Stockwerkseigentum: Geschichte, Theorie und Praxis der materiellen Gebäudeteilung unter besonderer Berücksichtigung von Rechtstatsachen aus Österreich [1 ed.] 9783428522941, 9783428122943

Bei Stockwerkseigentum, einem seit dem Mittelalter nachweisbaren und praktisch in ganz Europa bekannten Rechtsinstitut,

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German Pages 576 Year 2007

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Stockwerkseigentum: Geschichte, Theorie und Praxis der materiellen Gebäudeteilung unter besonderer Berücksichtigung von Rechtstatsachen aus Österreich [1 ed.]
 9783428522941, 9783428122943

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Schriften zur Europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte Band 55

Stockwerkseigentum Geschichte, Theorie und Praxis der materiellen Gebäudeteilung unter besonderer Berücksichtigung von Rechtstatsachen aus Österreich

Von

Gerald Kohl

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

GERALD KOHL

Stockwerkseigentum

Schriften zur Europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte Herausgegeben von Prof. Dr. Martin Schermaier, Bonn Prof. Dr. Reiner Schulze, Münster Prof. Dr. Elmar Wadle, Saarbrücken Prof. Dr. Reinhard Zimmermann, Hamburg

Band 55

Stockwerkseigentum Geschichte, Theorie und Praxis der materiellen Gebäudeteilung unter besonderer Berücksichtigung von Rechtstatsachen aus Österreich

Von

Gerald Kohl

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien hat diese Arbeit im Jahre 2005 als Habilitationsschrift angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2007 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0937-3365 ISBN 978-3-428-12294-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Für Susanne, Amalia und Wolfgang

Vorwort Dieses Buch beruht auf meiner 2005 an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien angenommenen Habilitationsschrift, die für die Drucklegung geringfügig überarbeitet wurde. Von den ersten Überlegungen und Vorarbeiten bis zur Publikation sind nahezu zehn Jahre vergangen – eine in Relation zur menschlichen Lebenszeit bedeutende Zeitspanne, die man als Autor nicht allein auf sich gestellt durchlebt. Viele Menschen haben mich durch diese Jahre begleitet, vielen ist daher zu danken. Zunächst gilt dieser Dank Herrn o.Univ.-Prof. MMag. Dr. Dr. h. c. Wilhelm Brauneder, dessen Assistent ich seit 1991 sein durfte. Seine Arbeit war prägend für mein rechtshistorisches Interesse, sein Vertrauen in meine Fähigkeiten herausfordernd und ehrend zugleich, seine Hilfe so wertvoll und vielfältig, daß sie hier kaum adäquat gewürdigt werden kann. Hervorgehoben seien jedoch die Unterstützung meines Forschungsvorhabens gegenüber dem Bundesministerium für Justiz, die Abwicklung des Nationalbank-Jubiläumsfonds-Projekts Nr. 8.139 („Rechtstatsachen des Stockwerkseigentums in Österreich seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert“) über das von ihm geleitete Ludwig-Boltzmann-Institut für vergleichende Rechtssystemforschung sowie schließlich seine Vermittlung bei der Drucklegung und Finanzierung dieses Buches. Herrn em. Prof. Dr. Pio Caroni (Bern), Frau Prof. Dr. Barbara Dölemeyer (Frankfurt) sowie weiters Herrn Univ.-Prof. Dr. Franz Stefan Meissel und Herrn Univ.-Prof. Dr. Reinhard Willvonseder (Wien) habe ich einerseits dafür zu danken, daß sie sich der Belastung nicht entzogen, die mit der Erstellung von Gutachten in Habilitationsverfahren verbunden ist, andererseits natürlich auch für die wohltuend positiven Beurteilungen, die jeden Autor – besonders aber einen Habilitanden – mit den Mühen seiner Arbeit versöhnen. Auf dieser Grundlage konnten die Mitglieder der vom Senat der Universität Wien eingesetzten Habilitationskommission ihre Aufgabe ohne weitere Verzögerungen abschließen, wofür ihnen ebenfalls zu danken ist. Das Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte (zuvor Institut für österreichische und europäische Rechtsgeschichte, einst Institut für österreichische und deutsche Rechtsgeschichte) an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien bot mir durch viele Jahre ausgezeichnete Arbeitsbedingungen, zu denen die Institutsangehörigen ganz wesentlich beigetragen haben. Viele muß ich um Verständnis dafür bitten, daß es mir leider nicht möglich ist, in diesem Rahmen alle Namen in der ihnen jeweils angemessenen Weise zu erwähnen. Die Verschie-

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Vorwort

denartigkeit der mir geleisteten Hilfe soll aber doch anschaulich gemacht und mit dem Dank an einzelne Personen verknüpft werden: Frau Ass. Mag. Karin Ostrawsky hat mich mit ihren profunden EDV-Kenntnissen unter anderem bei Datenbankabfragen unterstützt. Herr Mag. Dr. Josef Pauser, inzwischen Leiter der Bibliothek des Verfassungsgerichtshofes, stellte mir nicht nur eine Druckformatvorlage für das Typoskript meiner Habilitationsschrift zur Verfügung, sondern versorgte mich auch immer wieder mit Literaturempfehlungen; schließlich war er mein erster kritischer Leser. Auch von Herrn ao. Univ.-Prof. Dr. Christian Neschwara erhielt ich wertvolle Hinweise. Vom sogenannten „nichtwissenschaftlichen Personal“ seien genannt Frau Emma Babor und Frau Eva Szleszak, die insbesondere im Anhang abgedruckte Texte schrieben, sowie vor allem Herr Kurt Papesch, der unzählige Fernleihebestellungen abwickelte, manchen Titeln geradezu nachspürte, tonnenweise Bücher und Zeitschriften schleppte und Kopien anfertigte. Sogleich nach seinem Dienstantritt hatte er das Scannen und Bearbeiten der ersten ADV-Grundbuchsdaten übernommen, die mir für diese Arbeit so wichtig waren. Überhaupt ist rund um die bereits erwähnte Rechtstatsachenuntersuchung vieles geleistet worden, dessen ich mich nicht selbst rühmen kann. Im Bundesministerium für Justiz haben Sektionschef Hon.-Prof. Dr. Gerhard Hopf, Ltd. StA Hon.Prof. Dr. Georg Kathrein und AD Regierungsrat Peter Frank meinem Forschungsanliegen ihre Aufmerksamkeit geschenkt und es für ausreichend interessant befunden, um mir die Kosten der Herstellung von Grundbuchsabschriften zu erlassen. In der Folge haben Ministerialrat DI Leopold Kopsa und seine Mitarbeiter im Bundesrechenzentrum die Abfragen durchgeführt und einen ganzen Karton mit Grundbuchsabschriften gefüllt. Deren Auswertung ermöglichte mir sodann der Jubiläumsfonds der Oesterreichischen Nationalbank durch Finanzierung des bereits erwähnten Projekts Nr. 8.139, auf dessen Grundlage ich mich den vielen Verpflichtungen des universitären Alltags für zwei Jahre nur halbtags zu stellen brauchte. Die Projektmittel ermöglichten mir auch die Besichtigung vieler materiell geteilter Objekte und bei dieser Gelegenheit die Erhebung historischer Rechtstatsachen. Dabei haben mich in Vorarlberg Frau Mag. Patricia Laesser (Bregenz) und in Tirol Frau Mag. Birgit Haidacher (Schwaz) unterstützt. Wesentlich profitiert hat die Rechtstatsachenuntersuchung von persönlichen Auskünften und Gesprächen mit „Betroffenen“, wie insbesondere mit Stockwerkseigentümern, Mietern, Justizangehörigen oder Vertretern von Immobilienberufen. Nur einen Teil dieser Auskunftspersonen bzw. jener Menschen, die mir derartige Kontakte vermittelten, kann ich hier namentlich (in alphabetischer Reihenfolge) anführen: RA Dr. Peter Bartl (Graz), Ingrid Berer (Salzburg), Vizebgm. a. D. Regierungsrat Helmut Deinhammer (Neumarkt), RA Dr. Gabriele Freudling (München), Mag. Peter Genser (Salzburg), Anton Grabmayr (Oberndorf), Dr. Gerhard Hagen (Oberndorf), Franz Hitsch (Salzburg), AD Melitta Lerchner (Hallein), Dr. Jakob Mayer (Innsbruck), Mag. Margot Opferkuch (Salzburg), Dr. Michael Schnell (Telfs), AD Richard Steininger (Neumarkt), Dr. Theodor Thanner (Salzburg), DI Georg Walter (Landeck). Weitere Hinweise erhielt ich von Dr. Gerhard Baumgart-

Vorwort

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ner (Wien), Ministerialrat a. D. RA DDr. Gebhard Klötzl (Wien) und DI Dr. Wolfgang Schnizer (Innsbruck). Sie alle – und viele, die ich hier nicht nennen kann – ermöglichten mir Eindrücke aus erster Hand, für die ich dankbar sein muß. Wertvolle Impulse erhielt ich durch meine Mitwirkung an einem von der Bundesfachgruppe Vermessungswesen (Obmann DI Hans Polly) in der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten organisierten Arbeitskreis, der sich mit Möglichkeiten zur Steigerung des Informationsgehalts der Grundbücher beschäftigte. Für das Interesse an meiner Arbeit sowie für die meinen Horizont erweiternden, teilweise visionären Ideen danke ich allen Arbeitskreisteilnehmern, besonders aber Herrn Ministerialrat Univ.-Doz. DI Dr. Christoph Twaroch, auf dessen Initiative ich zu diesen Gesprächen eingeladen wurde. Nicht vergessen werden soll auch der Beitrag, den das Personal von Bibliotheken und Archiven zum Gelingen wissenschaftlicher Arbeit leistet. In diesem Sinne danke ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Österreichischen Staatsarchivs und seiner Abteilungen, des Salzburger Landesarchivs, des Steiermärkischen Landesarchivs, des Tiroler Landesarchivs, des Schweizerischen Bundesarchivs Bern, des Baden-Württembergischen Hauptstaatsarchivs Stuttgart, des Stadtarchivs Burghausen und des Archivs der Wochenzeitung „Die Zeit“ in Hamburg, weiters jenen der Fachbereichsbibliothek für Rechtswissenschaften, der Universitätsbibliothek der Universität Wien, der Österreichischen Nationalbibliothek, der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Wien, der Administrativen Bibliothek des Bundeskanzleramtes sowie der vielen verschiedenen Bibliotheken des deutschen Sprachraums, deren Fernleiheeinrichtungen ich in Anspruch nahm. Zu Dank verpflichtet bin ich schließlich den Herausgebern der „Schriften zur Europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte“ für die Bereitschaft zur Aufnahme meiner Arbeit in diese Reihe sowie dem Verlag Duncker & Humblot für die angenehme Zusammenarbeit. Über die Bedeutung der nächsten Angehörigen eines wissenschaftlichen Autors, insbesondere seines Ehepartners, für das Gelingen eines Forschungs- bzw. Publikationsvorhabens sowie über dementsprechende Würdigungen ist schon manches geschrieben worden (vgl. z. B. M. Herberger, Die Frau im Vorwort, in: Rechtshistorisches Journal 1987). Tatsächlich wäre es ebenso geboten wie mittlerweile schwierig, die bei der Beschreibung lobenswerter Qualitäten üblichen Superlative zu übertreffen; nahezu jeder Ausdruck des Dankes wirkt schon ziemlich abgenützt. Dazu kommt, daß vieles von außenstehenden Lesern oft nicht mehr richtig nachempfunden werden kann: Was etwa der berühmt-berüchtigte „Rückzug vom Familienleben“ tatsächlich für die Beteiligten bedeutet, muß all jenen, die dieses entbehren, unverständlich bleiben. Die Dankesworte für meine Familie will ich daher lieber dem höchstpersönlichen Gespräch vorbehalten. Bloß ein Aspekt sei erwähnt, der nicht nur das Ausmaß der mir seitens meiner Familie zuteil gewordenen Unterstützung erahnen läßt, sondern auch einen Eindruck von Problemen und psychologischen Rahmenbedingungen der Rechtstatsachenuntersuchung vermittelt: Nie

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Vorwort

ließ sich ein persönliches Gespräch mit Stockwerkseigentümern so leicht anknüpfen, nie fand es in so entspannter Atmosphäre statt wie dann, wenn ich in Begleitung meiner Frau und meiner Kinder vor einem Haus stand. Wien, im Oktober 2006

Gerald Kohl

Inhaltsübersicht 1. Teil Grundlagen

27

§ 1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

§ 2 Die Verbreitung des Stockwerkseigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

2. Teil Geschichte des Stockwerkseigentums § 1 Das Stockwerkseigentum bis zum Ersten Weltkrieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62 62

§ 2 Das Stockwerkseigentum vom Ersten Weltkrieg bis zum Entstehen des Wohnungseigentums nach 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 3. Teil Grundfragen des Stockwerkseigentums

226

§ 1 Zur Rechtsnatur des Stockwerkseigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 § 2 Alternativkonstruktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 § 3 Zum historischen Ursprung des Stockwerkseigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 4. Teil Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

279

§ 1 Topographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 § 2 Eigenschaften der materiell geteilten Objekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 § 3 Die Verbücherung des Stockwerkseigentums im allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 § 4 Die Stockwerkseigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 § 5 Der Erwerb von Stockwerkseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369

12

Inhaltsübersicht

§ 6 Verhältnisse der Stockwerkseigentümer untereinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 § 7 Der Stockwerkseigentümer im Verhältnis zu Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 § 8 Die Beendigung von Stockwerkseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 § 9 Die Rechtsnatur des Stockwerkseigentums im Lichte der österreichischen Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569

Inhaltsverzeichnis 1. Teil Grundlagen

27

§ 1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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A. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

B. Begriffliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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C. Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

D. Zielsetzung und Methode: Allgemeines zur Rechtstatsachenuntersuchung . . . . .

43

§ 2 Die Verbreitung des Stockwerkseigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

B. Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

1. Hypothesen und historische Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

2. Die heutige Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Teil Geschichte des Stockwerkseigentums

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§ 1 Das Stockwerkseigentum bis zum Ersten Weltkrieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

B. Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

1. Das Stockwerkseigentum im ABGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Die regionalen Neubegründungsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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a) Salzburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

b) Hallein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

c) Ödenburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

d) Böhmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis e) Ödenburger Verwaltungsgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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f) Galizien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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g) Motivation und Umdeutung der regionalen Verordnungen . . . . . . . . . . . . . .

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3. Die Durchführung der regionalen Teilungsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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a) „Irrige Ansichten“ und „langsame Fortschritte“: Zur Effektivität der regionalen Verordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

b) Ein Teilungsfall in Böhmen: Die Wende der Gesetzesinterpretation . . . . .

98

4. Der lange Weg zum allgemeinen Teilungsverbot 1879 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 a) Die Grundbuchsanlegung in Salzburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 b) Die Grundbuchsanlegung in Böhmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 c) Die Grundbuchsanlegung in Istrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 d) Vorbereitung einer Enquete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 e) Ergebnisse der Enquete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 f) Referat und Votum Harrasowskys . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 g) Das Gutachten des OGH und Harrasowskys Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 h) Vom ersten Gesetzentwurf zur Regierungsvorlage: Die Meinungsbildung im Justizministerium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 i) Der Vortrag des Justizministers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 j) Gesetzentwurf und Erläuternde Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 k) Reichsratsberatungen und Publikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 l) Würdigung des StWEG 1879 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 5. Die Ausdehnung des Geltungsbereichs des StWEG 1879 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 6. Die Vollziehung des StWEG 1879 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 a) Zur Durchsetzbarkeit des Teilungsverbotes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 b) Zweifel am Gesetzesvollzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 c) Das Stockwerkseigentum und seine grundbücherliche Behandlung . . . . . . 158 aa) Die Anlegung besonderer Eigentums- und Lastenblätter . . . . . . . . . . . 158 bb) Die Anfertigung von Skizzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 C. Deutsches Reich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 1. Die Beratungen zum BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 2. Das Stockwerkseigentum in BGB und EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 3. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 4. Ausführungsgesetze im Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

Inhaltsverzeichnis

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D. Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 1. Die Rechtslage bis zum ZGB im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 2. Stockwerkseigentum und ZGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 § 2 Das Stockwerkseigentum vom Ersten Weltkrieg bis zum Entstehen des Wohnungseigentums nach 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 A. Chronologischer Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 2. Das Stockwerkseigentum in den Arbeiten der Akademie für Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 3. Stockwerkseigentumsprojekte in Österreich vor 1938 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 a) Der Vorschlag Heinrich Goldemunds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 b) Der Gesetzentwurf Heinrich Kiwes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 c) Das Projekt des „Blauen Adler“ und sein Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 4. Ausblick: Vom Stockwerkseigentum zum Wohnungseigentum . . . . . . . . . . . . . 196 a) Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 b) Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 c) Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 B. Probleme und Argumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 1. Bekämpfung der Wohnungsnot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 2. Stockwerkseigentum und Mietrechtsreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 3. Das Stockwerkseigentum als „Quelle“ von Streitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 4. Das Eigentum und sein sozialer Wert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 5. Änderungen der Bau- und Wirtschaftsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 3. Teil Grundfragen des Stockwerkseigentums

226

§ 1 Zur Rechtsnatur des Stockwerkseigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 B. Sondereigentumstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 C. Miteigentumstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230

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Inhaltsverzeichnis D. Superfiziarrechtstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 E. Gemeinsame Probleme: Basis einer Teileigentumstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238

§ 2 Alternativkonstruktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 A. Miteigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 B. Gesellschaftsrechtliche Ersatzformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 C. Eigentumsbelastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 2. Wohnungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 D. Miete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 § 3 Zum historischen Ursprung des Stockwerkseigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 A. Entstehungsursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 1. Armut und Not . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 2. Teilung bestehender Objekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 a) Erbteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 b) Andere Teilungsursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 3. Gemeinsame Errichtung von Gebäuden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 4. Raummangel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 5. „Rasse“ und Nationalcharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 6. Soziale Bedeutung des Eigentums: Selbständigkeit und Teilnahme an der Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 7. Technische Ursachen: Bautechnik und Gebäudequalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 8. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 B. Entstehungszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 4. Teil Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

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§ 1 Topographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 A. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 B. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280

Inhaltsverzeichnis

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§ 2 Eigenschaften der materiell geteilten Objekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 A. Größe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 2. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 B. Die Zahl der materiellen Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 2. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 C. Anordnung und Abgrenzung der materiellen Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 2. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 a) Horizontalteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 b) Vertikalteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 c) Gemengelagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 aa) Grenzübergreifende Gebäudeteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 bb) Diagonale Teilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 cc) Sonstige Gemengelagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 d) Indikatoren der Zersplitterung: Geschoßverteilung und Zahl der Raumeinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 e) Fehlende Abgrenzung der materiellen Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 f) Exkurs: Von der fehlenden Raumabgrenzung des Stockwerkseigentums zur Abgeschlossenheit des Wohnungseigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 D. Größe der materiellen Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 2. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 E. Widmung und Nutzung der materiellen Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 2. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 F. Gemeinsame Gebäudeteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 2 Kohl

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Inhaltsverzeichnis 2. Grundfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 a) Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 b) Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 3. Dach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 a) Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 b) Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 4. Mauern und Geschoßdecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 a) Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 b) Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 5. Stiegen und Gänge, Tennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 a) Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 b) Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 6. Gebäudeinfrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 a) Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 b) Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 7. Sonstige gemeinsame Gebäudeteile: Beispiele aus der Rechtstatsachenuntersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 G. Mit Stockwerkseigentum verbundene Rechte: Rechtstatsächliche Beobachtungen 324

§ 3 Die Verbücherung des Stockwerkseigentums im allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 A. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 B. Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 1. Methoden der Verbücherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 a) Objekt der Grundbuchseinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 b) Besondere (abgesonderte) Eigentums- und Lastenblätter . . . . . . . . . . . . . . . . 332 c) Bildung der Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 d) Bezeichnung der Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 e) Aufschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 f) Zuweisung der materiellen Anteile an die Eigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 g) Verbale Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 h) Skizzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 i) Hausparzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 j) Zusatzinformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342

Inhaltsverzeichnis

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2. Probleme der Verbücherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 a) Probleme der verbalen Beschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 b) Probleme aufgrund der Grundbuchsumstellung ab 1981 . . . . . . . . . . . . . . . . 347 c) Probleme der mangelnden Aktualisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 d) Grundbuchsberichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 e) Gesamtbeurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 § 4 Die Stockwerkseigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 A. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 B. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 1. „Arme Leute“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 2. Eigentümerstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 b) Geschlechterverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 c) Personenmehrheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 d) Ehegatten-Stockwerkseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 e) Wohnungseigentum an materiellen Anteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 f) Exkurs: Die Verbücherung von Wohnungseigentum an materiellen Anteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 g) Naheverhältnis zwischen den Eigentümern materieller Anteile . . . . . . . . . . 367 § 5 Der Erwerb von Stockwerkseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 A. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 B. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 § 6 Verhältnisse der Stockwerkseigentümer untereinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 B. Miteigentum von Stockwerkseigentümern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 2. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 a) Quotenmäßige Anteilsbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 b) Quotenbemessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 c) Miteigentum und Mitbenützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 2*

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Inhaltsverzeichnis C. Betriebskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 2. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 D. Instandhaltung gemeinsamer Gebäudeteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 b) Gemeinsame Erhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 2. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 b) Gemeinsame Verpflichtungen und Quotenbemessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 c) Modelle der Dacherhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 aa) Allgemeines: Fehlende Regelung und Quotenteilung . . . . . . . . . . . . . . . 391 bb) Reale Teilung der Dacherhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 cc) Dacherhaltung durch einen der Stockwerkseigentümer . . . . . . . . . . . . . 394 dd) Exkurs: Dacherhaltung aufgrund Eigentums am Dach . . . . . . . . . . . . . 396 d) Erhaltung sonstiger Gebäudeteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 e) Nebeneinander verschiedener Erhaltungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 E. Erhaltung der einzelnen materiellen Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 2. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 F. Bauliche Veränderungen und Veränderungen der Eigentumsverhältnisse . . . . . . . 402 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 b) Mauerdurchbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 c) Aufstockung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 d) Grenzverschiebungen zwischen den materiellen Anteilen . . . . . . . . . . . . . . . 406 2. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 G. Nachbarrechtliche Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 2. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413

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b) Dulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 c) Unterlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 d) Aktives Tun – Reallastartige Verpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 e) Stockwerkseigentümer als Grundstücksnachbarn: „Indirekte“ Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 H. Einstands- und Vorkaufsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 2. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 I. Belastungs- und Veräußerungsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428 2. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428 J. Konfliktpotential der materiellen Teilung: „Streithäuser“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 1. Vorkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 a) Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 b) Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 2. Ursachen für Streitigkeiten – Abhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 K. Innere Ordnung und Verwaltung materiell geteilter Gebäude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 2. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 § 7 Der Stockwerkseigentümer im Verhältnis zu Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 A. Die Vermietung von Stockwerkseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 2. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 B. Stockwerkseigentum und Nachbarrecht: Rechtstatsächliche Beobachtungen . . . 444 C. Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 2. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 3. Exkurs: Verbücherung der Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449

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Inhaltsverzeichnis D. Vollstreckung / Versteigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 2. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 E. Verhältnis zum Baurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 2. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453

§ 8 Die Beendigung von Stockwerkseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 B. Zerstörung und Wiederaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 a) Die Bedeutung der Rechtsnatur des Stockwerkseigentums . . . . . . . . . . . . . . 454 b) Wiederaufbaupflicht oder Zwangsverkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 2. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460 C. Die Vereinigung materieller Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 b) Förderung der Vereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 2. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 b) Exkurs: Die Verbücherung der Vereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 aa) Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 bb) Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472 c) Die Neubegründung von Stockwerkseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 D. Sonstige juristische Zwangsmittel: Theoretische Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . 478 1. Teilungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478 2. Aufhebung der materiellen Teilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 3. Ausschluß eines Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 E. Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 2. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484

Inhaltsverzeichnis

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§ 9 Die Rechtsnatur des Stockwerkseigentums im Lichte der österreichischen Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 A. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 B. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 1. Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 2. Handlungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 1. Materialien zur Verordnung RGBl 1853 / 25 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 a) Entwurf des Innenministeriums (Oktober 1852) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 b) Entwurf des Justizministeriums (November 1852) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 c) Textierungsvorschlag des Reichsrats von Buol für § 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 498 d) RGBl 1853 / 25 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 498 2. Materialien zu RGBl 1879 / 50 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 a) Erster Referentenentwurf (Harrasowsky, Anfang 1877) . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 b) Umgearbeiteter Gesetzentwurf (Juli 1877) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 c) RGBl 1879 / 50 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501 3. Heinrich Kiwe, Die Hausgemeinschaft mit beschränkter Haftung (1925) . . . 502 4. E. H. Wilhelm Meyer, Das Stockwerks-Eigentum (1930) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509 5. Alfred Hugenberg, Die neue Stadt (1935): Gesetzesentwurf betreffend das Stockwerkseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 6. „Der Blaue Adler“, Gesetz betreffend Eigentum an Wohnungen und Geschäftsräumen (1935) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523

Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569

Abkürzungsverzeichnis Ergänzend zu beachten sind das Quellen- und Literaturverzeichnis sowie Gerhard Friedl / Peter Dax (Hrsg. / Bearb.), Abkürzungs- und Zitierregeln der österreichischen Rechtssprache und europarechtlicher Rechtsquellen (AZR), zuletzt 5. Auflage Wien 2001. ADR

Akademie für Deutsches Recht

AVA

Allgemeines Verwaltungsarchiv, Wien

BG

Bezirksgericht

BGBl

Bundesgesetzblatt

BlgLT-Tirol

Beilagen zu den Stenographischen Berichten des Landtages der gefürsteten Grafschaft Tirol

BlgLT-Vorarlberg

Beilagen zu den Stenographischen Sitzungsberichten der ( . . . ) Landtagssession in Vorarlberg

BlgNR

Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates der Republik Österreich, Wien

DJT

Deutscher Juristentag

DRWB

Deutsches Rechtswörterbuch

EZ

Einlagezahl

GB

Grundbuch

GBG

Grundbuchsgesetz

GP

Gesetzgebungsperiode

HHStA

Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien

IM

Innenministerium

JGS

Justizgesetzsammlung („Gesetze und Verfassungen im JustizFach“)

JM

Justizministerium

KG

Kreisgericht / Katastralgemeinde

LG

Landesgericht

LGBl

Landesgesetzblatt

MittBlAdler

Mitteilungen des „Blauen Adler“

MTA

Manzsche Taschenausgabe der österreichischen Gesetze

NDB

Neue Deutsche Biographie

NÖProvGS

Niederösterreichische Provinzialgesetzsammlung („Sammlung der Gesetze für das Erzherzogthum Oesterreich unter der Enns“)

OAG

Oberappellationsgericht

ÖBL

Österreichisches Biographisches Lexikon

Abkürzungsverzeichnis

25

ÖWT

Österreichische Weistümer

OGH

Oberster Gerichtshof (Österreich)

OLG

Oberlandesgericht

OÖProvGS

Oberösterreichische Provinzialgesetzsammlung („Sammlung der politischen Gesetze und Verordnungen für das Erzherzogthum Oesterreich ob der Enns und das Herzogthum Salzburg“)

RGBl

Reichsgesetzblatt

RR

Reichsrat

StenProtAH

Stenographische Protokolle des Hauses der Abgeordneten des Reichsrates

StenProtHH

Stenographische Protokolle des Herrenhauses des Reichsrathes

StenProtLT-Tirol

Stenographische Berichte des Landtages der gefürsteten Grafschaft Tirol

StenProtLT-Vorarlberg

Stenographische Sitzungsberichte der ( . . . ) Landtagssession in Vorarlberg

StenProtNR

Stenographische Protokolle über die Sitzungen des Nationalrates der Republik Österreich

StWE

Stockwerkseigentum

StWEG 1879

Gesetz betreffend die Theilung von Gebäuden nach materiellen Antheilen, RGBl 1879 / 50

TirProvGS

Tiroler Provinzialgesetzsammlung („Provinzial-Gesetzsammlung von Tyrol und Vorarlberg“)

WEG

Wohnungseigentumsgesetz

WEG 1948

Wohnungseigentumsgesetz 1948, BGBl. 1948 / 149

WEG 1975

Wohnungseigentumsgesetz 1975, BGBl. 1975 / 417

WEG 2002

Wohnungseigentumsgesetz 2002, BGBl. I 2002 / 70

1. Teil

Grundlagen § 1 Allgemeines A. Vorbemerkung Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem sogenannten „Stockwerkseigentum“ (in der Folge StWE), einem Rechtsinstitut, das romantisierend als „naive[s] Rechtsgebilde“1 bezeichnet wurde, wohlwollend als „eine zwar interessante, aber doch schon recht verstaubte Antiquität“2, sachlich als „undeveloped and primitive form of apartment-ownership“3, zweifelnd als „fragwürdige Rechtsform“4, kritisch als verwirrende „Spaltung dessen, was zusammengehört“5, brüsk ablehnend sogar als „Abnormität“6. Vor einem knappen Jahrhundert schien es keiner Begründung bedürftig, „daß jedem Juristen, der an einer klaren, logisch aufgebauten Konstruktion eines Rechtsgebildes seine künstlerische Freude hat, die Konstruktion des StWEs als eine unschöne, gezwungene erscheinen muß.“7 Verdächtig machte das StWE nicht nur der Umstand, daß sich auftretende Probleme, wie ein Tiroler Richter in den Zwanzigerjahren des 20. Jahrhunderts feststellte, „einer exakt juristischen Auslegung nicht unterwerfen lassen, daher die Sache unter Heranziehung natürlicher Rechtsgrundsätze zu entscheiden“ sei8: Für den „heimischen Juristen, der darin nur ein Labyrinth verworrener Rechtsverhältnisse und unerquicklicher Streitsachen findet“, waren Gebäude mit StWE auch „die sauersten Äpfel“ bei der praktischen Arbeit der Grundbuchsanlegung.9 Doch des einen Leid ist des anderen Freud: Schon 1895 fand sich die Meinung, daß StWE „der natürlichen Auffassung ( . . . ) mehr entspricht“ als ein Quoteneigentum und Kommentatoren der „Juristenschöp1 2 3 4 5 6 7 8 9

Kuntze, S. 1 f. Freyer, S. 83. Van der Merwe, S. 4. Steimle, Wiedereinführung, S. 361; vgl. Steimle, Frage, S. 106. Bluntschli, Privatrecht, S. 249; vgl. Carlen, S. 244. Randa, Eigenthumsrecht, S. 246 (in Anm. 58). Schott, S. 56; vgl. Steimle, Frage, S. 88, dem dies wörtlich zitierenswert war. JBl 1928, S. 297. Plangg, S. 85.

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1. Teil: Grundlagen

fung“ des modernen Wohnungseigentums trauerten noch Jahrzehnte später der „ehrlichere[n] und auch gemeinverständlichere[n] Lösung“ des StWEs nach, die „sich der Laie leichter vorstellen“ könne.10 Als eine „aus früherer Zeit übernommene lästige Erbschaft, die möglichst rasch liquidiert werden sollte“11, erschien das StWE schon in den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts „überlebt und unbrauchbar“12 und daher als „eine im Absterben begriffene Einrichtung“13, als Ausdruck „morsche[r] und unzeitgemäße[r] Verhältnisse“14. Doch nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges existierte das StWE nicht nur immer noch, es wurde sogar seine Wiederbelebung diskutiert: Während die einen nicht ohne Bewunderung eine „erstaunliche, fast zäh anmutende Lebenskraft“ dieses Rechtsinstituts konstatierten15, erblickten andere in ihm eine „ewige Krankheit“ im Sinne von Goethes Faust und warnten vor einem „Splitterbesitz ( . . . ), dessen Handhabung und Betreuung sowohl bei den Eigentümern als auch bei den Behörden nur Verärgerung und Nervosität hervorruft“.16 Man solle sich davor hüten, „diesen bisherigen Querulanten und Armenhäusler der Rechtsgeschichte zum König unserer verarmten Zeit auszurufen“.17 Am Ende der Diskussionen fand „der tief menschliche Hang zum Privateigentum“18 seinen Ausdruck im Kompromiß des Wohnungseigentums, eines Rechtsinstituts, dessen Nichtexistenz wir uns heute kaum mehr vorstellen können. Die hier zusammengefaßten Zitate zeigen die Ambivalenz des Rechtsinstituts StWE; sie sind so auch ein Motiv für die vorliegende Untersuchung und umreißen deren Zeitraum.

B. Begriffliches Der Begriff StWE findet in der deutschen Rechtssprache für verschiedene Institutionen Verwendung. Gegenstand dieser Arbeit ist primär das „echte Stockwerkseigentum“: Dieses Rechtsinstituts ist durch eine materielle Gebäudeteilung, also durch den Bestand rechtlich selbständiger Teile eines faktisch ungeteilten Bauwerks gekennzeichnet.19 Soweit gelegentlich noch weitere Charakteristika erforFaistenberger / Barta / Call, Rz 5 zu § 1 WEG 1975. So beschreibt Eugen Huber die Ansichten der kantonalen Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts: Huber III, S. 243; vgl. Carlen, S. 244. 12 Krückmann, StWE, S. 723. 13 Ebel, Frage, S. 86. 14 Steimle, Wiedereinführung, S. 358. 15 Freyer, S. 83. 16 Bernhardt, S. 3 f. 17 Lange, S. 207. 18 Carlen, S. 247. 19 „Realgeteiltes Eigentum ist selbständiges Eigentum an unselbständigen, realen Teilen einer Sache“: Gschnitzer, S. 68. 10 11

§ 1 Allgemeines

29

dert wurden, wie etwa eine rechtliche Loslösung von Grund und Boden oder die Notwendigkeit einer horizontalen Teilung20, bleiben sie an dieser Stelle noch unberücksichtigt, um den Forschungsgegenstand nicht schon zu Beginn durch eine bestimmte dogmatische Einordnung einzuengen. Mittlerweile bekannter als das hier zu behandelnde „echte StWE“ ist das „unechte StWE“ des Schweizer Zivilgesetzbuchs; auf dieses wird man bei einer Suche nach dem Begriff „StWE“ in der Regel zuerst stoßen. Das „unechte StWE“ besteht nach der Definition des Art. 712a ZGB aus dem „Miteigentumsanteil an einem Grundstück, der dem Miteigentümer das Sonderrecht gibt, bestimmte Teile eines Gebäudes ausschließlich zu benutzen und innen auszubauen“. Gegenstand dieses Sonderrechts können nach Art. 712b ZGB „einzelne Stockwerke oder Teile von Stockwerken sein, die als Wohnungen oder als Einheiten von Räumen zu geschäftlichen oder anderen Zwecken mit eigenem Zugang in sich abgeschlossen sein müssen, aber getrennte Nebenräume umfassen können.“ Es handelt sich hier also um ein Bruchteilseigentum 21, das dogmatisch eng mit dem Wohnungseigentum des österreichischen WEG verwandt ist.22 Dieses „unechte StWE“ wird wie das Wohnungseigentum im Rahmen dieser Arbeit nur soweit behandelt, als die Schaffung dieser Rechtsinstitute in einem Zusammenhang zum „echten StWE“ steht. Das gleiche gilt für verschiedene hier ebenfalls beleuchtete Konstruktionen, die weder eindeutig als echtes noch eindeutig als unechtes StWE zu qualifizieren sind. Sie wurden in der Literatur teils mit dem Begriff „StWE“, teils aber auch mit anderen Ausdrücken bezeichnet und können als Weiterentwicklungen des echten StWEs oder als von diesem bloß inspirierte Alternativen in Form eines neuen, mehr oder weniger allgemeinen Rechtsinstituts verstanden werden.23 Derartige Projekte waren als Überlegungen auf dem Weg vom alten StWE zum neuen Wohnungseigentum von nicht geringer Bedeutung und sollten als „missing link“ zwischen diesen Rechtsinstituten nicht ausgeklammert werden. Ein Ausschluß solcher Ideen nur aufgrund abweichender dogmatischer Konstruktion erschiene ebenfalls als eine für das Forschungsziel hinderliche Einengung. Der Name „StWE“ setzte sich erst um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert in der rechtswissenschaftlichen Diskussion gegen die Bezeichnungen „Geschoßeigentum“ oder „Etageneigentum“ durch. Soweit erkennbar, begegnet er uns in einem Buchtitel erstmals 1891 bei Ackermann und wird dann 1907 von Schott und 1912 von Zoeppritz aufgegriffen. Kuntze hatte 1888 noch das Wort „Geschoßeigentum“ vorgezogen. Nicht ohne Einfluß auf diese Entwicklung war wohl das EGBGB, das in Art. 182 den Begriff StWE verwendete; dies ist 1957 auch der einKohl, Wohnungseigentümergemeinschaft, S. 78; Thun, S. 1; Zipperer, S. 50. Dies zeigt besonders deutlich die Bestimmung des Art. 712e ZGB, daß der Anteil jedes Stockwerkseigentümers in Hundertsteln oder Tausendsteln zum Ausdruck zu bringen ist. 22 M. w. N. Kohl, Wohnungseigentümergemeinschaft; Schmid, S. 12 ff. 23 Vgl. z. B. Hugenberg, S. 49 f.: „Stockwerkseigentum, das auf dem Gesamtgrundstück begründet ist, bildet keinen Bestandteil des Gesamtgrundstücks.“ (§ 4) 20 21

30

1. Teil: Grundlagen

zige Beleg in Grimms Deutschem Wörterbuch.24 Man faßte damit die in verschiedenen partikularen Rechtskreisen gewohnheitsrechtlich entstandenen Erscheinungen zusammen, die von begrifflicher Vielfalt gekennzeichnet waren. In für das Gewohnheitsrecht typischer Weise hatten diese Begriffe vor allem an äußere Merkmale angeknüpft, wie den Gegenstand des Rechts oder der Art der Gebäudeteilung. So entstand aus der z. B. in Bayern und Thüringen zur Beschreibung von Wohnräumen gebräuchlichen Bezeichnung „Herberge“ der Begriff „Herbergsrecht“, der allerdings auch noch andere Rechtsverhältnisse umfassen konnte; bei der Betrachtung eines „Herbergsrechts“ war und ist daher stets darauf zu achten, ob es sich um StWE oder um ein Mietverhältnis handelt, konnte doch sogar die Benützung einzelner Räume in Gasthäusern diesen Namen erhalten.25 Ähnlich der „Herberge“ wurden auch Gelasse, Geschoße, Etagen26, Hausböden oder Schirnen (Fleischbänke) zum Anknüpfungspunkt für das Eigentum herangezogen; man sprach dann von einem Gelaß-, Geschoß- oder Etageneigentum bzw. einem Hausboden- oder Schirnenrecht.27 Sogar ein „Zimmerrecht“ ist bekannt.28 Das Wort „Stockwerk“ – der Begriff umfaßt idR auch das Erdgeschoß29 – war als Erweiterung des Wortes „Stock“ ursprünglich weniger geeignet, als Anknüpfungspunkt für ein „Stockwerkseigentum“ oder „Stockeigentum“ zu dienen, denn mit „Stock“ bzw. „Stöckl“ wurden auch vertikal abgegrenzte oder überhaupt einzeln stehende Gebäude bezeichnet.30 Wenngleich mit den verschiedenen Begriffen jeweils bestimmte Vorstellungen vom Gegenstand und Umfang des Stockwerkseigentums verbunden sind, so ist doch vor einer Überbewertung der einzelnen Wortbestandteile zu warnen. Schon Kuntze hatte eine regional übliche Bezeichnung im Sinne einer sachlich-inhaltlichen Besonderheit interpretiert, als er meinte, die Salzburger „Hausböden“ seien als „Trockenräume oder Oberböden“ zu qualifizieren.31 Noch vor wenigen Jahren veranlaßte dies zur Annahme, es handle sich um eine besondere Variante der materiellen Gebäudeteilung, die sich auf einzelne Räume, „unter Umständen sogar nur wie Etagen übereinander angeordnete Plattformen zur Gewinnung von doppelten Veranden, Trockenböden oder Oberböden“ beziehe, woraus die Vorstellung resul24 Grimm XIX, Sp. 137 f. – Bei Bökelmann, S. 1711, entsteht fälschlich der Eindruck, der Begriff StWE sei bereits im Mittelalter nachweisbar. 25 Dölker, S. 5 f., S. 24; Fricke, S. 9. Bei Schott, S. 17, erscheint das Herbergsrecht hingegen fälschlich als Synonym für StWE. 26 Ungeachtet seines nichtdeutschen Ursprungs wurde der Begriff „Etage“ tatsächlich in Urkunden verwendet: Freudling, S. 391, S. 393. 27 Vgl. z. B. Speck, S. 134; Leemann, S. 353. Zum Frankfurter Schirnenrecht vgl. Seufferts Archiv IX / 264. 28 So Mitte des 18. Jahrhunderts in München: vgl. Dölker, S. 52. 29 Vgl. PraxisRG X, 43. 30 Grimm XIX, Sp. 45 ff. Diese Bedeutung findet sich z. B. in der Regensburger Wacht-, Gerichts- und Bauordnung 1657, vgl. Möller, S. 12. 31 Kuntze, S. 45 f.

§ 1 Allgemeines

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tierte, diese Böden hätten lediglich „Aufbewahrungs- oder Zwischenlagerungszwecken“ gedient.32 Blickt man hingegen in die Rechtswirklichkeit, so zeigt sich, daß „Boden“ in Salzburg nur ein Synonym für Stockwerk war, die Häuser also in Böden zerlegt wurden, die tatsächlich Wohnzwecken dienten.33 Dabei handelt es sich um eine Salzburger Besonderheit; andernorts, etwa in Hallstatt34 oder im Bayrischen Wald35, wird unter „Hausboden“ nämlich tatsächlich der Dachboden verstanden. In diesem Sinne stellten manche Autoren richtig fest, daß die von ihnen gebrauchten Begriffe keinen Anspruch auf eine inhaltlich genaue Beschreibung des Rechtsverhältnisses erheben könnten, und hatten demnach keine Scheu, ihre eigenen Definitionen unmittelbar nach deren Niederschrift sogleich wieder ad absurdum zu führen: „Wie schon der Name StWE sagt, hat man darunter das Eigentumsrecht zu verstehen, das sich auf ein einzelnes Stockwerk beschränkt. Dabei braucht sich dieses Recht nicht auf ein ganzes Stockwerk zu beziehen ( . . . ) und ebenso kann es an zwei oder mehreren Stöcken bestehen“.36 Ebenso umfassen Geschoß- oder Etageneigentum nicht immer exakt eine ganze Ebene des Gebäudes; Gelaßeigentum beschränkt sich nicht nur auf ein Gelaß, also einen einzelnen Raum. Vielfach wurden jedoch individuelle Vorstellungen von bestimmten Merkmalen des Rechtsinstituts als begriffswesentlich überhöht; auch fehlte es nicht an Versuchen, zwischen den vorgefundenen Begriffen Differenzierungen vorzunehmen, neue Begriffe zu bilden oder alten neue Inhalte zu geben. Diese Bestrebungen haben dem ohnedies noch relativ jungen Begriff des „Stockwerkseigentums“ nicht genützt, sondern vielmehr zur Verwirrung beigetragen. Es scheint geradezu unmöglich, alle einschlägigen Versuche an dieser Stelle wiederzugeben; die Tendenzen seien jedoch an einigen Beispielen illustriert. Ein Teil der Definitionsprobleme entstand durch eine Überbewertung von Begriffen: Diesem Fehler unterlag etwa Möller, der „zwei Spielarten“ verwirklicht sah: Von StWE sei „die Rede, wenn alle in derselben Höhenlage über der Grundoberfläche befindlichen Räume einer Person übereignet sind“; dagegen sei das Gelaßeigentum ein „Sondereigentum an einzelnen Räumen“.37 Diese Unterscheidung projizierte er in die Vergangenheit und meinte, das Eigentum an einzelnen Räumen sei von Verboten des StWEs nicht mitumfaßt gewesen: Seine Begriffsbildung machte ihn blind dafür, daß die von ihm zitierte Stelle aus der Frankfurter Reformation 1578 die Horizontalteilung ausdrücklich nur „Exempelsweyß“ nennt.38

32 33 34 35 36 37 38

Thun, S. 6. GB 56537; exemplarisch Strasser, S. 51. 4200700119. Freudling, S. 392. Dittus, S. 8. Möller, S. 44. Möller, S. 10; vgl. Thun, S. 53; Frankfurter Reformation 1578, VI 4 § 6.

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1. Teil: Grundlagen

Das Charakteristikum einer horizontalen Teilung39 scheint überhaupt dafür anfällig, einer Überbewertung unterworfen zu werden: Es findet sich vom Lexikon – der Brockhaus versteht unter StWE das „Eigentum an Gebäudeteilen, bei dem die einzelnen Stockwerke eines Gebäudes im Eigentum verschiedener Personen stehen“40 – bis zur österreichischen Judikatur: Für sie ist das Wort StWE geradezu ein Synonym für „die horizontale Teilung von Gebäuden“ und kann als solches dieser Beschreibung in Klammern beigesetzt werden.41 Umso auffallender sind die gelegentlich anzutreffenden Relativierungen, die erkennen, daß StWE ein Gebäude „nicht buchstäblich ( . . . ) gleich Schichten“42 erfaßt. Sie geben den Teilungsarten unterschiedliches Gewicht: Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts faßte Zoeppritz den Begriff der Horizontalteilung negativ auf; eine solche sei stets dann vorhanden, wenn sich die den Beteiligten zugewiesenen Teile „nicht nur durch vertikale Flächen trennen lassen“.43 Putzer, der an sich in einem „landläufigen, umgangssprachlichen Sinne“ unter StWE „eine jeweils komplette Etage eines mehrgeschoßigen Bauwerkes“ verstehen würde, sah hingegen die vertikale nur als „allenfalls dazutretende Teilung“, demnach als Verfeinerung der horizontalen Teilung, die ihm doch das wesentliche Kriterium für StWE zu sein scheint.44 Die Definition des StWEs als „Alleineigentum an einem wa[a]gerecht abgegrenzten Teil eines bebauten Grundstückes“45 ist schließlich gleich in zweierlei Hinsicht bedenklich: Neben einer Horizontalteilung scheint auch ein Alleineigentum an einem Gebäudeteil nicht als zwingend notwendig; der Praxis genügte zur Bildung eines materiellen Anteils sogar Miteigentum an einem Gebäudeteil.46 Probleme bei der Begriffsbestimmung zog weiters die Frage nach sich, ob „den Berechtigten auch verschiedene Räume gemeinsam zustehen müssen (Vorplatz, Flur, Treppen usw.)“.47 So ist das „Vorliegen von Miteigentum an einem beliebigen Gebäudeteil“ nach für Deutschland herrschender Lehre notwendige Mindestvoraussetzung für das Bestehen von StWE im Sinne des Art. 182 EGBGB.48 Eine noch engere Grenze hatten die Ausführungsgesetze Bayerns und Hessens zum BGB gezogen: Hier wurde nach den Regeln des StWEs nur dann verfahren, wenn ein Miteigentum an der Grundfläche vorhanden war; fehlte dieses, so wurde das Recht nicht als StWE qualifiziert, sondern als Recht an fremder Sache.49 Vgl. z. B. Leemann, S. 353; Freudling, S. 388. Brockhaus XVIII, 17. Auflage 1973, S. 154. 41 OGH 15. 10. 1996, 4 Ob 2229 / 96 (Unterinstanzen OLG Innsbruck 18. 6. 1996, 1 R 136 / 96; LG Innsbruck 29. 3. 1996, 5 Cg 84 / 95): JBl 1997, S. 233 = ÖJZ 1997 / 92 (EvBl). 42 Schott, S. 43. 43 Zoeppritz, S. 2. 44 Putzer, S. 581. Die Abtrennung geschieht jedoch real, nicht „durch ideelle, horizontale Trennungslinien“ (so aber Putzer, S. 581). 45 Krückmann, StWE, S. 714 46 Z. B. 8000900328. 47 Krückmann, StWE, S. 714. 48 Freudling, S. 395 ff. 39 40

§ 1 Allgemeines

33

Selbst die Entstehungsart der Teilung konnte mit der Begriffsbildung verknüpft werden: So war es für Hensler „ein Wesensmerkmal des materiell geteilten Hauses, daß ein ursprünglich Ganzes nachträglich geteilt worden ist“.50 Damit würde in wenig zweckmäßiger Weise der oft im Dunkel liegenden Geschichte des einzelnen Objekts eine ihr mE nicht zukommende Bedeutung beigelegt. Die vorliegende Arbeit wird derartigen einschränkenden Überlegungen nicht folgen. Dementsprechend sollen hier all jene Fälle als StWE aufgefaßt werden, in denen ein Gebäude auf irgendeine Weise materiell geteilt ist.51 Zahlreich sind auch die Versuche, die begriffliche Vielfalt dadurch zu erklären, daß man eine der möglichen Bezeichnungen als Oberbegriff auffaßte: Den in Süddeutschland gebräuchlichen Begriff des „Herbergsrechts“ interpretierte Möller nach seiner verfehlten Differenzierung zwischen Stockwerks- und Gelaßeigentum als beide erfassenden Oberbegriff; er meinte, mit dem Begriff Herbergsrecht werde „sowohl Stockwerkseig[entum] als auch Gelaßeig[entum] bezeichnet“.52 Daran anknüpfend setzte Dölker, der 1969 die Herbergen der Münchner Vorstadt Au erforscht hatte, seinen Untersuchungsgegenstand bloß wegen seiner Bezeichnung geradezu in einen Gegensatz zum StWE:53 Unter letzteren verstand auch er nämlich nur das „Eigentum an einem ganzen Stockwerk“, also jene Sondereigentumsform, bei der „alle in derselben Höhenlage über der Grundfläche befindlichen Räume“ einem Eigentümer gehören. Für das Eigentum an einzelnen Räumen innerhalb eines einzigen Stockwerks verwendete er den Begriff „Gelaßeigentum“. Keinen vergleichbaren Begriff fand er etwa für jene Objekte, bei denen die einzelnen Räume in verschiedenen Stockwerken lagen: Sie waren für Dölker weder Stockwerks- noch Gelaßeigentum.54 Insgesamt sind die von ihm erarbeiteten „6 Möglichkeiten des Umfangs von Herbergen“ nicht nur unvollständig, sondern auch ohne juristisch weiterführenden Wert. Im Gegensatz dazu war für Ackermann das „Herbergsrecht (an einzelnen Wohnräumen)“ eine der „Variationen des Geschosseigentums“, neben u. a. Hausbodenrecht, „Schienenrecht (an Fleischbänken)“ – wohl das Schirnenrecht – und Gelaßeigentum55. Andere Autoren trafen solche Unterscheidungen innerhalb des Begriffs StWE: So differenzierte Novak zwischen StWE im engeren Sinne, das sich tatsächlich auf Stockwerke erstrecke, und StWE im weiteren Sinn, bei dem einzelne Teile oder 49 In Parallele zum Erbbaurecht und gemäß §§ 1016 f. BGB wurde dabei allerdings angenommen, daß das Recht durch Gebäudeuntergang nicht erlosch: Habicht, S. 404 f. 50 Hensler, S. 56. 51 Die für Bayern von Freudling, insbes. S. 398 f., formulierten Abgrenzungsbedenken sollen hier unberücksichtigt bleiben. 52 Möller, S. 15 (FN 19). 53 Dölker, S. 1, S. 70 ff. 54 Dölker, S. 71. 55 Ackermann, S. 6.

3 Kohl

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1. Teil: Grundlagen

Räume den Gegenstand des Sondereigentums bildeten.56 Auch Sokolowski verwendete den Begriff des StWEs „in weiterem Sinne“, wenn es sich um „Gebäudeteile aller Art“ handelte.57 Weiter kompliziert wurde die Begriffsvielfalt durch die Notwendigkeit, die infolge der Neubegründungsverbote aufkommenden Ersatzkonstruktionen mit Begriffen zu erfassen; so trat das eingangs erwähnte unechte StWE neben das echte.58 Pointiert unterschied Lange zwischen dem StWE „in einer dogmatisch wilden und in einer dogmatisch milden Form“, womit er eben echtes und unechtes StWE charakterisierte.59 Leider wurde aber auch diese wichtige Unterscheidung durch individuelle Begriffsbildungen verwirrt wie etwa von Habicht, der für das echte StWE den Begriff „eigentliches StWE“ verwendete.60 Jüngst hat Freudling, der neueren bayrischen Judikatur folgend, mit dem „echten StWE im engeren Sinn“ eine neue Variante erfunden; damit sollte jenes echte StWE gekennzeichnet werden, bei dem ein gemeinschaftliches Eigentum sämtlicher Stockwerkseigentümer am Grund und Boden besteht.61 Weitaus zweckmäßiger als die bisher gezeigten Versuche erscheint die Differenzierung von Gschnitzer, der zwischen dem „Stockwerkseigentum (Salzburg)“ und „den realgeteilten Häusern (Westtirol)“ unterschied. Diese Typen waren ihm jedoch nur verschiedene tatsächliche Erscheinungsformen bei gleicher rechtlicher Qualität, sodaß er sie als „realgeteiltes Eigentum“ zusammenfaßte.62 Wen die vorgefundene Begrifflichkeit nicht befriedigte, der versuchte es mit Neuschöpfungen. Wie die alten gewohnheitsrechtlichen Bezeichnungen knüpften auch sie an Teilungsart oder Objekt an: So war 1876 von sogenannten „seitlichen Theilungen“ die Rede gewesen63, nach dem Zweiten Weltkrieg von „kubischem Eigentum“64. Die Vorstellung, daß es sich beim StWE „um das Recht an Räumen und ihrer Umschließung“ handeln müsse65, zog den Begriff des „Raumrechts“ Novak, S. 89. Sokolowski, S. 6. 58 Zur Abgrenzung der beiden Begriffe vgl. BGHZ 46, S. 281. 59 Lange, S. 206. 60 Habicht, S. 399. 61 Freudling, S. 389. 62 Gschnitzer, S. 68, S. 132 ff.; vgl. Putzer, S. 581. Putzer, S. 603, übertreibt diese Typenzeichnung jedoch, wenn er eine strenge Abgrenzung vornimmt „zwischen der horizontal durchgeführten Teilung und der vertikalen, in Westösterreich eigentümlichen, wobei jeder Hausteil auf eigener Area steht, gesondert zugänglich ist und vom anderen durch eine lotrechte Trennwand geschieden sein muß“. – Zur Berechtigung (bzw. zur Wertlosigkeit) einer solchen Differenzierung vgl. die Ergebnisse der Rechtstatsachenuntersuchung unten 4. Teil, § 2 F. 63 JM 16388 / 1876: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Häuserteilungen), Post-Nr. 37. 64 Bärmann, S. 3. 65 Dittus, S. 9. 56 57

§ 1 Allgemeines

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nach sich.66 Eine andere begriffliche Neuschöpfung wurde von einem Synonym67 sukzessive zu einem eigenständigen Rechtsinstitut: das Wohnungseigentum. Ein früher Schritt auf diesem Weg war ein Gesetzentwurf Wilhelm Meyers von 1930, der als „Stockwerk im Sinne dieses Gesetzes“ auch jede Wohnung ansah, sofern diese eine gewisse Mindestgröße aufwies und „für sich abgeschlossen liegt“ – womit übrigens eine Anforderung der Wohnungseigentumsgesetze vorweggenommen war.68 Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich der Begriff Wohnungseigentum dann langsam gegen konkurrierende Bezeichnungen durch, was erst ex post durch eine andere juristische Konstruktion gerechtfertigt erscheint, von den Zeitgenossen aber nicht in diesem Sinne gesehen worden war. So hatte etwa Louis die Begriffe StWE und Wohnungseigentum verworfen: Der Begriff StWE suggeriere ein Alleineigentum, das wegen der Eigenschaft als Bestandteil des gesamten Gebäudes und wegen der mit ihm verbundenen Miteigentumskomponenten nicht bestünde; der Begriff Wohnungseigentum sei „nicht erschöpfend“. Der daraus resultierende Vorschlag, das Rechtsinstitut als „gemeinschaftliches Hauseigentum“ zu bezeichnen, hatte keinen Erfolg; dieser Terminus war einerseits wohl zu sperrig, andererseits ebenfalls mangelhaft.69 Soweit oben festgestellt wurde, daß die Bezeichnungen des Rechtsinstituts nicht überbewertet werden sollten, ist davon eine Ausnahme näher zu betrachten: das „Kellerrecht“70, das gelegentlich mit dem StWE vermengt wurde71. Gemeinsam haben StWE und Kellereigentum, daß sie beide Ausnahmen von der Grundbuchsführung über „Teile der Erdoberfläche“ sind.72 Versteht man das Kellerrecht entsprechend dem „Gelaßeigentum“, hat man also die Vorstellung, daß sich das Recht nur auf unterhalb der ebenerdigen Räume eines Hauses gelegene Räumlichkeiten beziehe, so wäre es einfach als StWE zu qualifizieren. Diese Zuordnung würde sich jedoch dann als problematisch erweisen, wenn ein Keller in keinerlei Beziehung zum darüber befindlichen Gebäude steht oder sogar in ansonsten unbebauten Grundstücken gelegen ist. In letzterem Fall unterscheidet sich das Kellereigentum nur durch die Künstlichkeit des Objekts vom Höhleneigentum, dessen Gegenstand ohne menschliche Baumaßnahmen entstanden war und bei dem ähnliche Fragen auftreten.73 Möller, S. 90. Vgl. z. B. die Arbeiten von Lefford, Loebell und Mosing. 68 Meyer, StWE 1930, S. 19 f. 69 Louis, S. 183. Vgl. die heutige Kritik am Begriff des Wohnungseigentums, wie sie regelmäßig von der Konsumentenschutzorganisation „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ vorgebracht wird: z. B. Mentschl, S. 1 f. 70 Zum Kellerrecht vgl. Spinka; Pitreich, S. 495 f.; Randa, Eigenthumsrecht, S. 16, S. 484; Spielbüchler in: Rummel, Rz 7 zu § 297 ABGB; Möller, S. 11; Thümmel, Kellerrecht, S. 76 ff.; Rechberger / Bittner, Rz 89; SZ 53 / 109 = EvBl 1981 / 18 = JBl 1981, S. 266 [Hoyer]. 71 Sokolowski, S. 8. 72 Angst, S. 181. 73 Dazu Willner, S. 65 ff. 66 67

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1. Teil: Grundlagen

In diesem Sinne hatte die Rechtswissenschaft eine allgemeine Differenzierung zu treffen, schien es doch nicht sinnvoll, jeden Fall einzeln nach der wirtschaftlichen Benutzungsweise und der Baugeschichte prüfen.74 Ältere Abgrenzungsversuche waren noch ziemlich schwammig: So hatte 1867 das OAG München darauf abgestellt, ob ein Keller „ein eigenes Ganzes für sich ausmachen und als solches aufgefaßt werden“ könne.75 Im gleichen Jahr schien es dem preußischen Obertribunal wichtig, ob „eine ähnliche Zusammengehörigkeit der ( . . . ) Keller mit dem ( . . . ) Hause wie des einen Stockwerks mit dem anderen“ bestünde; Kriterien dafür fehlten jedoch.76 Nicht als Abgrenzungsmerkmal geeignet war auch das Miteigentum an der Grundfläche, dessen Fehlen die Wahrscheinlichkeit erhöhte, daß man eine alternative Rechtsform wie (Erb-)Baurecht oder Dienstbarkeit annahm.77 Als Unterscheidungskriterium durchgesetzt hat sich die bauliche Selbständigkeit oder Unselbständigkeit: Als Keller im Sinne des Kellereigentums sind demnach all jene „Räume und Bauwerke“ zu verstehen, „die nicht der Fundierung eines über der Erdoberfläche liegenden Gebäudes dienen“78, sodaß „der Keller sich als ein selbständiges Bauwerk darstellt, d. h. vom Bestand des Gebäudes gänzlich unabhängig ist“.79 Besteht hingegen eine bauliche Verbindung zwischen dem Kellergewölbe und den Mauern der darüberliegenden Häuser, so handelt es sich um materiell geteiltes Gebäudeeigentum (StWE), nicht um einen Keller im Sinne des Kellereigentums.80 Daran orientiert sich auch die österreichische Praxis der Grundbuchsführung. Im Gegensatz zum StWE existierten für die Kellerrechte besondere Regelungen, insbesondere wurden für sie gemäß Hofkanzleidekret von 2. Juli 183281 eigene Bücher geführt. Daran anknüpfend bestehen in den Grundbüchern für Keller und Preßhäuser nun eigene Einlagen („Keller unter fremdem Grund“).82 Ein Keller, der mit dem darüber gebauten Haus baulich verbunden ist, wird hingegen als materieller Anteil verbüchert.83 Auf die Prioriät der Errichtung kommt es nicht an: In Axams bildeten 1899 der östliche und der westliche „Kellerraum“ je einen materiellen Anteil, „das oberhalb der beiden Kellern(!) befindliche EinDies wollte noch Zoeppritz, 5. Seufferts Archiv XXI / 99. 76 Striethorsts Archiv LXVIII (= 2. Folge IV) / 37. In diesem Fall war der Verkauf eines Hauses zu beurteilen, dessen Keller nur von den Nachbarhäusern aus zugänglich waren. 77 Freudling, S. 389 f.; Hammer, S. 22. – Auch der Vorstellung, daß bei Fehlen von Miteigentum an der Grundfläche die „Rechtsauffassung der Beteiligten“ entscheidend sein sollte, war kein Erfolg beschieden. 78 So Angst, S. 183; Iro, Rz 1 / 32; zum Kellereigentum überhaupt m. w. N. Angst, S. 181 ff. 79 So die Formulierung von Leemann, S. 355. 80 EvBl 1967 / 265 = SZ 39 / 212. 81 Niederösterreichische Provinzialgesetzsammlung XIV Nr 151. 82 Mit Hinweisen auf einschlägige Justizministerialerlässe von 1875 und 1893: Sokolowski, S. 9. 83 8000300192; ebenso z. B. 8000400243, 8110400290, 9110300378. 74 75

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familienhaus (Erd- und Obergeschoß) wurde erst 1942 und sodann 1999 als mit dem materiellen Anteil I „verbunden“ erklärt.84 In Deutschland war die Abgrenzung des StWEs vom Kellereigentum bei der Einführung des BGB von besonderer Bedeutung. In jenen Gebieten, in denen der Code civil oder das Badische Landrecht gegolten hatte, wurden Kellerrechte nämlich nicht als Eigentum aufgefaßt. Ihnen drohte, im Gegensatz zum StWE, das durch Art. 182 EGBGB aufrecht erhalten wurde, gemäß Art. 181 EGBGB die „Umwandlung“ in ein Erbbaurecht oder eine Grunddienstbarkeit. Einen Lösungsansatz bot der Umstand, daß das BGB gar keine Definition des StWEs kannte, sodaß man zu einer weiten Definition Zuflucht nehmen und all jene Verhältnisse als StWE verstehen konnte, bei denen Teile durch horizontale Linien gebildet wurden, „wenn nur ihre wirtschaftliche Bedeutung und Entstehung dem StWE im engeren Sinne nahekommen“. Diese Lösung fand jedoch nur dann Akzeptanz, wenn sich der jeweilige Keller „als Bestandteil des Gebäudes darstellt“.85 Selbst in solchen Fällen war die Qualifikation aber strittig: So etwa beurteilte das deutsche Reichsgericht 1904 sogar die Keller eines „unterkellert[en]“ Hauses als Kellereigentum, was wegen der daraus folgenden Uminterpretation für den bisherigen „Eigentümer“ besonders unangenehm war.86 Andererseits gibt es auch Aspekte, die es günstiger erscheinen lassen, einen Keller nicht als StWE anzusehen: So endet zwar die rechtliche Selbständigkeit von StWE, nicht jedoch jene eines als Erbbaurecht qualifizierten Kellers, wenn Eigentümeridentität mit anderen Gebäudeteilen eintritt (vgl unten 4. Teil, § 8 C.).87

C. Forschungsstand Überblickt man die Literatur zum StWE, so fällt auf, daß sich Veröffentlichungen meist auf regional mehr oder weniger eng begrenzte Gebiete beschränken; z. B. gibt es Arbeiten zum StWE in einzelnen Orten88, Kantonen89 oder Ländern.90 Die untersuchten Gebiete liegen außerhalb Österreichs, eine Monographie zum StWE in Österreich existiert nicht. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem StWE hat keine sehr lange Tradition. Bis 1888 war dieses Rechtsinstitut von der „Doctrin nie eingehend behandelt“ worden; eine „eingehende und zusammenhängende wissenschaftliche Beleuch8110400295. Zoeppritz, S. 35 f. 86 RGZ LVI (= NF VI) / 68. 87 Hammer, S. 21 f. 88 Dölker (Au bei München). 89 Bielander (Wallis). 90 Ackermann (Preußen), Hintze (Meiningen), Thümmel, StWE Württemberg (Württemberg), Thümmel, StWE Baden (Baden). 84 85

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1. Teil: Grundlagen

tung“ fehlte.91 In den „Monographien über Besitz und Eigenthum“ war „die Frage nirgends eingehend erörtert“92, Savignys später so hoch bewertete Feststellung, an verschiedenen Stockwerken desselben Hauses könnten nicht „verschiedene Eigenthümer vorkommen“93, blieb vorerst nahezu unbeachtet. Monographien zum Thema StWE gab es überhaupt nicht, Aufsätze wurden nur sehr vereinzelt publiziert.94 In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erhielt die wissenschaftliche Bearbeitung des Themas erste Impulse durch Judikatur und Gesetzgebung: 1869 anerkannte das Stuttgarter Obertribunal ein dem gemeinen Recht widersprechendes Württembergisches Gewohnheitsrecht, wonach Gebäude auch anders als in vertikaler Richtung geteilt werden könnten, und belebte dadurch die Diskussion.95 In Österreich stand eine vereinzelte Aufsatzpublikation in einem deutlichen Naheverhältnis zu einem Gesetzesvorhaben.96 Das um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert deutlicher einsetzende Interesse am Rechtsinstitut97 – es war die Zeit, in der sich der Begriff „StWE“ gegen ältere Bezeichnungen durchzusetzen begann – war hervorgerufen durch den Widerspruch des pandektistischen Grundsatzes „superficies solo cedit“ mit der Realität des praktischen Rechtslebens. Das Akzessionsprinzip erschien seinen Gegnern geradezu als kulturschädlich angesichts notwendiger Tunnelbauten, „Viaducte, Telegraphen- und Telephondrähte“: Der „einfache Grundsatz der Römer scheint solchen complicirten Schöpfungen gegenüber unrettbar, und das in Frage befangene Accessionsprincip ist in dieses Schicksal verflochten“.98 Insbesondere vor dem Hintergrund der Bemühungen um ein Bürgerliches Gesetzbuch für das Deutsche Reich und in den ersten Jahren von dessen Geltung entwickelte sich das StWE, dessen Neubegründung die auf dem Boden des Akzessionsprinzips stehende Kodifikation verbot, zu einem Gegenstand von Kontroversen und erlebte einen ersten Höhepunkt seiner wissenschaftlichen Behandlung.99 Die damals verfaßten Werke sind bis in neuere Zeit grundlegend. Bis zum Ersten Weltkrieg ebbte das Interesse allerdings rasch wieder ab. In der Zwischenkriegszeit100 wurden dann, erst zaghaft, dann lauter, Überlegungen zur Wiedereinführung des StWEs angestellt, wobei man Kritik am Neubegründungsverbot des BGB äußerte: Die ersten Arbeiten, von der Nachkriegsnot beeinflußt, 91 Kuntze, S. 53, S. 43. Er führt dies gleich zu Beginn seiner Arbeit auf den im StWE spürbaren „Pulsschlag volksthümlicher Neigung“ zurück, der sich „abseits vom Weltverkehr, gleich Dialekten, Sagen und Mährchen, entwickelt und behauptet“ habe. Die „stolze“ Wissenschaft sei daher am StWE „ganz oder fast theilnahmslos vorübergegangen“: Kuntze, S. 1. 92 Kuntze, S. 44. 93 Savigny, S. 302. 94 Finger, Hausantheile; Finger, Wesen. 95 Seufferts Archiv XXIV / 239; vgl. die Arbeiten von Krauß und Mandry, S. 329 ff. 96 Talasiewicz. 97 Vgl. Steimle, Wiedereinführung, S. 343; Steimle, Frage, S. 83. 98 Kuntze, S. 69 ff. nach einem Überblick über die Befürworter des StWEs (S. 60 f.). 99 Vgl. z. B. die Arbeiten von Kuntze, Ackermann, Schröder, Pineles, Schott, Zoeppritz. 100 Einen Überblick über die Zwischenkriegszeit liefert Bärmann, S. 9 f.

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erschienen in den Zwanzigerjahren, wobei die Diskussionen am 33. Deutschen Juristentag 1924 einen Höhepunkt bildeten.101 Eine zweite, umfangreichere Publikationswelle setzte 1930 mit einer ausführlichen Arbeit von Wilhelm Meyer ein und erreichte ihren Höhepunkt 1935.102 1936 konstatierte ein Autor daher „eine Neuentdeckung des Stockwerkseigentum[s]“103, allerdings fand sich, wie ein anderer kritisierte, „verhältnismäßig wenig Erschöpfendes“104. Nicht alle Arbeiten der Dreißigerjahre kannten die durchaus „zahlreiche und manigfaltige Literatur der Nachkriegszeit“105, manche nahmen nur wenig auf jene der Zwanzigerjahre Bedacht. Steimle sah zwischen Zoeppritz 1911 und Wilhelm Meyer 1930 sogar eine „Lücke“ in der „Literatur über das StWE“; nur die Gesetzgebung habe die Frage kurz berührt mit dem Verbot der Beschränkung des Erbbaurechts auf einen Gebäudeteil.106 Ein Teil der Arbeiten der Dreißigerjahre entstand vor dem Hintergrund nationalsozialistischer Gesellschafts- wie Stadtplanungsvorstellungen, ohne sich in den Vorarbeiten zur Schaffung eines Volksgesetzbuches erfolgreich niederschlagen zu können. Im StWE erblickten manche zu dieser Zeit eine „Verbindung von berechtigtem Eigennutz mit vorbildlichem Gemeinnutz“, die „zu einer typisch deutschen Erscheinung nationalsozialistischer Prägung emporwachsen könnte“107, ein Rechtsinstitut, das „im Sinne einer wahrhaft nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik“ lag108. Daher erfreute sich das StWE nach dem „Umbruch des Jahres 1933“ mit Veränderungstendenzen „an Begriff und Inhalt des bisherigen Eigentums“ wieder „steigender Beachtung“.109 In der Zwischenkriegszeit wandte sich auch die Rechtsgeschichte diesem Forschungsgegenstand zu.110 Insgesamt blieb das StWE in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts allerdings – nach einer Einschätzung von 1950 – ein Thema nur „von rechtshistorisch oder rechtspolitisch bestimmten Außenseitern“, eine Beschäftigung mit dem StWE nur „historische oder 101 Vgl. Verh.33.DJT; Leemann (1922); Jünger (1924); Krückmann, Wohnungsnot; Sontag (1927); Speck (1927); Stoehr (1928). 102 Vgl. Meyer, StWE 1930; Konrad (1930); Krückmann, StWE; Ruth, Wohnungsrecht; Ebel, Frage; Prost (1932); Ebel, StWE; Herschel (1935); Hugenberg (1935); Loebell (1935); Meyer, StWE 1935; Mosing, Wohnbauförderung I und II; Raudszus, Wohnrecht; Raudszus, StWE; List (1936); Möller (1936); Teufel (1936); Steimle, Wiedereinführung (1938); Steimle, Frage (1939). 103 Teufel, S. 16. 104 Steimle, Wiedereinführung, S. 343; Steimle, Frage, S. 83. 105 Möller, S. 65. 106 Steimle, Frage, S. 89; dementsprechend fällt auch der kurze Überblick über die Wissenschaftsgeschichte bei Steimle, Frage, S. 83 ff. (gekürzt auch bei Steimle, Wiedereinführung, S. 343 f.) aus. 107 List, S. 57. – Es entbehrt dabei nicht einer gewissen Tragikomik, daß, wie zu zeigen sein wird, ein Teil der materiellen Gebäudeteilungen des heutigen Österreich auf die jüdischen Wohnverhälnisse zurückgeht. 108 Raudszus, Wohnrecht, S. 1098. 109 Meyer, StWE 1935, S. 1352. 110 Oppikofer (1924); Novak (1934).

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1. Teil: Grundlagen

dogmatische Liebhaberei“. 111 Wenngleich dieses Urteil hart scheint, so gibt es doch Indizien für seine Richtigkeit: Josef Bielanders Dissertation über das Walliser StWE hatte 1931 an der Fakultät von Freiburg deutliche Vorbehalte ausgelöst und war nur knapp angenommen worden. Suspekt schien die ZGB-kritische Grundeinstellung der Arbeit: „Die neue Zeit wollte etwas Neues haben, sie hat es. Uns aber will es scheinen, als ob mit dem Untergehen eines alten Rechtes ein Stück Heimat verlorengegangen wäre. ( . . . ) Vielleicht wird eines Tages das StWE wieder das einzig Wahre und Praktische sein.“112 Nach dem Zweiten Weltkrieg wiederholte sich angesichts des Wohnungsmangels der Effekt aus den Zwanzigerjahren: Im Vorfeld zu den Wohnungseigentumsgesetzen war ein deutlicher Anstieg des Interesses am Rechtsinstitut des StWEs zu verzeichnen. Diese Tendenz war in Österreich113, wo schon 1948 das erste Wohnungseigentumsgesetz erschien, weniger deutlich als in Deutschland, wo man länger Überlegungen zur Wiedereinführung des StWEs anstellen konnte114 und wo eine ganze Reihe von Dissertationen zu dieser Frage erarbeitet wurde.115 In Österreich konnten die Autoren allerdings leichter an ihre Vorarbeiten der Dreißigerjahre anknüpfen als ihre aus dieser Zeit nationalsozialistisch kompromittierten deutschen Kollegen. So erinnerte Mosing schon 1946 an seine 1935 erschienenen Arbeiten; Sokolowski hatte Teile seiner Arbeit wohl ebenfalls schon knapp nach 1935 geschrieben, bevor er sie als „erweiterte Seminararbeit“ 1948 zur Erlangung des juristischen Doktorats vorlegte.116 Dabei konnte vieles unverändert bleiben: Zu beiden Zeitpunkten gleichermaßen gültig war etwa seine Feststellung, das StWE habe „in Oesterreich nur mit einem gewissen Misstrauen zu kämpfen“.117 Nach dem Erscheinen der Wohnungseigentumsgesetze geriet das StWE, ähnlich wie nach dem Inkrafttreten des BGB, als Gegenstand wissenschaftlicher Beschäftigung beinahe wieder in Vergessenheit. Nur sein „Absterben“ rief es gelegentlich in Erinnerung.118 Das nach rund zwei Jahrzehnten einsetzende Lange, S. 204 f. Bielander, S. 119 f.; Carlen, S. 244. 113 Z. B. Mitterauer (1946); Mosing, Wohnungseigentum; Mosing, StWE. 114 Dittus (1947); Hesberg (1947); Wirths, StWE (1947); Bernhardt (1948); Freyer (1948); Hampe (1949); Louis (1949); Wicher (1949); Diester (1950); Heilig (1950); Lange (1950); Lütge, Streit (1950). 115 Centner (1949); Preyer I+II (1949); Wander (1949); Spitzner (1950); Wünsch (1950); Hintze (1951); Schlüter (1951); Goepfert (1952). 116 Dies wird m.E. deutlich sowohl aus dem Nichteingehen auf das bevorstehende Wohnungseigentumsgesetz 1948 bei gleichzeitiger deutlicher Bedachtnahme auf den 1935 veröffentlichen Hugenberg-Plan (Sokolowski, S. 25) als auch in einer zwischen Stockwerkseigentum und Wohnungseigentum schwankenden Terminologie. – Sokolowskis Arbeit wurde von den Referenten Hans Kreller und Franz Leifer begutachtet. 117 Sokolowski, S. 26. 118 Vgl. für Baden und Württemberg die Arbeiten von Thümmel. 111 112

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rechtshistorische Interesse119 knüpfte an Arbeiten aus den Dreißigerjahren an; Putzer verdankte „Grundlegendes“ für seine Arbeit noch 1971 einem Aufsatz aus dem Jahre 1934 und stellte dazu fest, die Literatur habe „seither kaum wesentliche Bereicherungen erfahren“. Diese „Dürftigkeit der Literatur in neuerer Zeit“ führte er darauf zurück, „daß das Stockwerkseigentum völlig aus der Aktualität herausgetreten ist“.120 Heute führt das StWE in der Rechtswissenschaft nur mehr ein Schattendasein. Meist dient es der österreichischen Zivilrechtsdogmatik bloß als Beispiel rechtlicher Unmöglichkeit im Sinne des § 878 ABGB.121 Kurz erwähnt wird die (Noch-) Existenz des Stockwerkseigentums auch zur Vervollständigung des Überblicks über die Eigentumsarten, allenfalls als Kuriosum im Rahmen der Beschäftigung mit dem Wohnungseigentum.122 Ein moderner Bibliothekskatalog wirft bei einer Suche nach dem Schlagwort StWE bereits „assoziativ“ auch Titel zum Wohnungseigentum aus.123 Der Begriff des StWEs wird gelegentlich auch einmal verwendet, um die steuerliche Behandlung des, eine Liegenschaft allein nutzenden ideellen Miteigentümers zu illustrieren.124 Wenn ein österreichischer Jurist in den letzten Jahren mit dem Begriff StWE konfrontiert wurde, so war damit eher das Schweizer Pendant zum österreichischen Wohnungseigentum gemeint.125 Wie schon in der Zwischenkriegszeit hat sich im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts wieder die „Eule der Rechtsgeschichte“126 dieses scheinbar im Dunkel der Vergangenheit verschwundenen Rechtsinstituts angenommen: Diese bislang letzte Periode wissenschaftlichen Interesses steht in Zusammenhang mit der verVgl. die Arbeiten von Dölker und Putzer. Putzer, S. 582. 121 Koziol / Welser I13, S. 171; ähnlich schon Ehrenzweig II / 1, S. 157 f.; vgl. OGH 13. 12. 1994, 5 Ob 138 / 94: MietSlg. 46.051 = JBl 1995, S. 788 (mit Glosse von Meinhard Lukas) = Wohnrechtliche Blätter 1996, 36 (mit Glosse von Christian Markl); vgl. weiters Ertl, S. 150, unter Berufung auf eine frühere Auflage von Koziol / Welser. Vgl. unten 2. Teil, § 1 B. 1. 122 Barta, Zivilrecht-Einführung, S. 282; als „sicherlich die wesentlichste Vorstufe zum Wohnungseigentum“ bei Lattenmayer / Rheindorf, S. 17; Dirnbacher, S. 14; nicht mehr hingegen bei Palten. – Geradezu ausführlich Doralt, S. 238: „Das Wohnungseigentum bedeutet also nicht Alleineigentum an einer Wohnung, die etwa der Gesetzgeber entgegen der bautechnischen Realität als gesonderten Baukörper fingieren würde. Insofern unterscheidet sich also das Wohnungseigentum vom echten, dem heutigen Recht fremden Stockwerkseigentum. Denn seit dem RGBl 1879 / 50 kann ,an materiellen Teilen eines Gebäudes, welche nicht so beschaffen sind, daß sie als selbständige Körper dieser Sache angesehen werden können, wie z. B. an einzelnen Stockwerken oder Räumen desselben Gebäudes . . . ein selbständiges Eigentumsrecht nicht erworben und zu diesem Ende eine Eintragung in das Grundbuch nicht erwirkt werden‘. Ein Stockwerkseigentum kann daher seit dem vorigen Jahrhundert in Österreich nicht mehr begründet werden“. 123 GBV Gesamtkatalog, SWD-Nummer 41833909, Hauptschlagwort StWE. (Abfrage vom 12. August 1998, 13.40 Uhr.) 124 Kohler, S. 123. 125 Wehrens, S. 181 ff.; Kohl, Wohnungseigentümergemeinschaft. 126 Vgl. Stolleis, Zeitschriften, S. XI. 119 120

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mehrten Beschäftigung mit wohnrechtshistorischen Fragen. Sie resultierte ihrerseits aus der Hinwendung der Geschichtswissenschaften zu sozial- und wirtschaftshistorischen Fragestellungen sowie aus einer angespannten Wohnraumsituation, für die ein vielfach als antiquiert angesehenes Mietrecht verantwortlich gemacht wurde, dessen Wurzeln man nachspüren wollte. So ist nun das Eigentum am Wohnraum im Sog der Mietrechtsgeschichte wieder ans Licht wissenschaftlicher Bearbeitung gezogen worden: Nils Thun, der seine monographische Untersuchung als „grundlegende Lektüre“ für „die Wissenschaft und die Rechtsprechung“ verstand, erblickte im StWE ein „rehabilitiertes Rechtsinstitut“127, begnügte sich jedoch überwiegend mit einer Kompilation älterer Erkenntnisse.128 Mit der hier skizzierten Entwicklung der juristischen bzw. rechtshistorischen Arbeiten ist die Literatur zum Thema StWE jedoch nicht zur Gänze erschöpft. Daneben entstanden immer wieder einzelne sehr quellenfundierte Orts-, Häuserund Höfegeschichten, die trotz ihrer regionalen bzw. lokalen Beschränkung sehr wertvolle Erkenntnisse über materielle Teilungen ermöglichten.129 Vereinzelt tauchten materiell geteilte Gebäude auch im biographischen Zusammenhang als Kuriosa auf.130 Trotz umfangreicher Literatur blieben viele Fragen offen, denn während die Orts-, Häuser- und Höfegeschichten die Realität des StWEs nur unter einem mikrohistorischen, nicht unter einem juristischen Aspekt betrachteten, beschränkten sich die juristischen Arbeiten oft auf dogmatische Fragen, ohne sich mit der Rechtspraxis auseinanderzusetzen. Allerdings wurden in einigen älteren Untersuchungen gelegentlich einzelne Fälle aufgeworfen; ein „Rechtsstreit, mit welchem der Verfasser beschäftigt war“ bildete offenbar den Anlaß für die Arbeit von Schott, der auch später auf die „Praxis“ und einen „Blick in derartige Häuser“ verwies.131 Im Bewußtsein, es könne „die lückenhafte Gesetzgebung kein genügendes Bild von der rechtlichen Ausgestaltung“ des StWEs liefern, versuchte Möller „auf dem Umweg über eine Untersuchung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ergangener Urteile eine Erforschung der Einzelheiten“. Erst dadurch könnte „festgestellt werden, wie dieses Sondereigentum im Leben zu Tage getreten ist, wie es ausgestaltet war, und welche Schwierigkeiten es bot“.132 Obwohl die Thun, S. III, S. 175. Vgl. Thun sowie die Besprechung dieser Arbeit von Kohl, Rezension, S. 472, S. 474 f. 129 Z. B. Luschin-Ebengreuth (Graz); Zillner; Pagitz-Roscher; Klehr, Getreidegasse; Klehr, Linzer Gasse; Klehr, Steingasse (Salzburg); Deinhammer; Goiginger (Neumarkt a. W.); Morton (Hallstatt); Heidegger (Laudegg); Hölzl (Tösens); Mair (Fügen im Zillertal); MüllerSchuler (Serfaus); Nöbl (Grins); Plangg (Oberinntal); Lanzinger (Innichen); Grunwald (Mattersdorf); Lichtenberger (jüdische Gemeinden des Burgenlandes). 130 Leisching, S. 104; verständnislos, weil „Verstuckung“ (= Teilung) als architektonische Ausschmückung (Anbringung von Stuck) interpretierend, Strasser, S. 51. 131 Schott, S. 19 f., S. 37. 132 Möller, S. 18 f. Zu einigen Problemkreisen (Verwaltung, Tragung öffentlicher Lasten etc.) konnte Möller keine Ergebnisse erzielen: Möller, S. 44. 127 128

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Rechtspraxis bei einer derartigen Methode nur indirekt, von Literatur und Judikatur gefiltert, ermittelt wurde, lobte Steimle Ende der Dreißigerjahre des 20. Jahrhunderts jene Arbeiten, die „eine Fülle von Tatsachenmaterial“ enthielten133, und ging selbst darüber sogar noch hinaus, indem er eine Umfrage unter württembergischen Notaren veranstaltete. 134 Dies blieb eine Ausnahme: Die schon 1930 von Krückmann empfohlene „genaue Umfrage“ nach Alternativkonstruktionen zum herkömmlichen StWE scheint über das Stadium der Anregung nicht hinausgekommen zu sein.135 Ähnliche Anregungen gab es auch nach dem Zweiten Weltkrieg. Hensler stellte schon 1957 anläßlich der detaillierten Untersuchung eines Einzelfalls fest, daß sich „gerade in den Grundbüchern ein ausgedehntes Studienmaterial für diesen rechtlichen und sozialen Zustand“ darböte.136 Putzer, dem wir für Österreich den letzten ausführlicheren Beitrag „Zur Rechtsgeschichte des Stockwerkseigentums“ verdanken, regte dann 1971 ausdrücklich „ein Studium der Grundbuchspraxis“ an: Auftretende Probleme würden, wie Putzer annahm, „entweder nach altem Herkommen, nach freier Übereinkunft der daran Interessierten, oder nach einem allenfalls entstandenen neuen Gewohnheitsrecht geregelt werden“. Daher bot sich ihm „das Stockwerkseigentum gerade in seiner gegenwärtigen Verfassung als Objekt der Rechtstatsachenforschung an, die allein in der Lage wäre, das Stockwerkseigentum und seine rechtliche Handhabung in den übereinstimmenden Grundzügen zu erfassen und darzustellen“.137 Dessen ungeachtet ist eine Rechtstatsachenuntersuchung in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur in Österreich unterblieben.138

D. Zielsetzung und Methode: Allgemeines zur Rechtstatsachenuntersuchung Der Überblick über den Forschungsstand zeigt, daß eine neue Arbeit zum Thema mehrere Zielrichtungen haben sollte. Einerseits fehlte bislang eine befriedigende Zusammenfassung der überaus zersplitterten, in Publikationswellen unter bloß kursorischer Berücksichtigung früherer Arbeiten entstandenen Literatur, andererseits mangelte es an einer umfassenden monographischen Untersuchung des StWEs insbesondere in Österreich. Schließlich durfte ein gewohnheitsrechtlich entstandenes Rechtsinstitut, das bis 1888 von der „Doctrin nie eingehend behandelt“ worden Steimle, Frage, S. 87 f. Steimle, Wiedereinführung, S. 350; Steimle, Frage, S. 94. 135 Krückmann, StWE, S. 723. 136 Hensler, S. 55. 137 Putzer, S. 604 f. 138 Carlen, S. 245, bedauerte 1988 das Fehlen von „Arbeiten, welche historischen Bestand und Alter des StWEs in den einzelnen Gebieten der Schweiz genauer erforschen.“ 133 134

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1. Teil: Grundlagen

war139 und hinsichtlich dessen dann schon 1971 wieder eine „Dürftigkeit der Literatur in neuerer Zeit“140 diagnostiziert werden konnte, nicht ausschließlich aus den Blickwinkeln der Gesetzgebung und der Wissenschaft beleuchtet werden, wie dies bislang meist geschah141, sondern sollte durch eine verstärkte Berücksichtigung von Rechtstatsachen gekennzeichnet sein. Diesen Forschungsdesideraten versucht die vorliegende Arbeit in einer Verbindung verschiedener Ansätze gerecht zu werden. Neben das Literaturstudium und die archivalische Aufarbeitung insbesondere der österreichischen Gesetzgebungsgeschichte trat eine Untersuchung mit Methoden der Rechtstatsachenforschung 142, um das Vorkommen und die Gestaltung des StWEs besser darstellen zu können, wobei sich diese Arbeiten auf das Gebiet der heutigen Republik Österreich beschränkten. Die Orientierung am aktuellen Gebietsumfang soll über das rechtshistorische Interesse hinausgehend den Nutzen für die heutige Rechtspraxis fördern, die immer wieder mit Problemen des StWEs befaßt sein wird, solange noch derartige Objekte existieren. Ungeachtet dieser Beschränkung war schon aus Vergleichsgründen eine Beachtung von aus Quellen und Literatur erkennbaren Rechtstatsachen anderer Regionen geboten und beabsichtigt, da ein gewohnheitsrechtlich entstandenes Rechtsinstitut auf diese Weise umfassender dargestellt und besser verstanden werden kann. Die überaus aufwendige Ermittlung von Rechtstatsachen wurde erst im Rahmen eines vom Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank geförderten Forschungsprojekts143 möglich. Deren Grundlage bildete das moderne ADV-Grundbuch Österreichs144, dessen Existenz die Anwendung einer Methode erlaubte, die in anderen europäischen Ländern wohl noch längere Zeit Utopie bleiben muß: Vom Bundesrechenzentrum145 wurden die Aufschriften aller Einlagen des österreichischen Bundesgebietes (Stand 1. 1. 1998) nach den Begriffen „materiell“ und „körper“ (einschließlich Variationen) durchsucht, wodurch eine sehr weitgehende Erfassung garantiert werden kann. Es könnten dabei nämlich nur jene Objekte nicht aufgefunden werden, bei denen die materiellen Anteile in jeweils eigenen Einlagen verbüchert, also nicht in einer von der Aufschrift eigens gekennzeichneten „Einlage mit materiellen Anteilen“ zusammengefaßt worden waren; dies war zwar gem §§ 5 f. AGAG 1930 möglich, kam jedoch nur bei übersichtlichen Verhältnissen in Betracht.146 Außerdem war die Grundbuchsanlegung beim ErscheiKuntze, S. 53. Putzer, S. 582. 141 Vgl. zuletzt etwa Thun. 142 Vgl. Rehbinder, Rz 52 ff.; Nußbaum, S. 18 ff.; Wach, S. 97 ff.; Pflüger, S. 561 ff. 143 Nr. 8139. 144 Vgl. dazu allgemein Kralik / Rechberger; Limberger, S. 315 ff. 145 Zu danken ist hier MinR DI Kopsa und seinen Mitarbeitern. 146 Vgl. OGH 30. 6. 1982, 3 Ob 559 / 82 (Unterinstanzen OLG Innsbruck 1 R 336 / 81, LG Innsbruck 14 Cg 465 / 81): EvBl 1982 / 176 = MietSlg. XXXIV / 23 = MietSlg. 34.085. 139 140

§ 1 Allgemeines

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nen dieses Gesetzes schon so weit fortgeschritten, daß man hinsichtlich der Verbücherung materieller Teile vermutlich nicht leicht von eingeübten Gewohnheiten abwich. Für die vom Bundesrechenzentrum ermittelten 1467 Einlagezahlen wurden nach weiteren Vorarbeiten und Vorgesprächen im März 2000 Grundbuchsabschriften angefertigt. Angestrebt wurde die Erfassung der Rechtsverhältnisse an den bestehenden Stockwerkseigentumsobjekten in einer Datenbank. Um während des Erfassungsvorgangs möglichst keine Änderungen am Aufbau dieser Datenbank mehr vornehmen zu müssen, wurden vorerst Erfahrungen durch die Untersuchung einzelner konkreter Objekte gesammelt. Auf dieser Grundlage wurde eine Datenbankstruktur erstellt und sodann mit der Erfassung der aktuellen Rechtstatsachen, also der Grundbuchsabschriften gemäß Stand vom März 2000, begonnen. Um die Verknüpfung mit einer Datenbank historischer Rechtstatsachen (siehe sogleich) zu ermöglichen, erhielt jede Einlage eine aus zehn Ziffern bestehende Nummer: Diese setzt sich zusammen aus der fünfstelligen Grundbuchsnummer und der Einlagezahl, wobei letztere meist durch vorangestellte Nullen auf fünf Stellen ausgedehnt werden mußte. Erhoben wurden: Anzahl der Grundstücksnummern, Grundstücksgröße, Objektbezeichnung, Widmung (soweit feststellbar), Anzahl und Art der Adressen, Unterschutzstellung durch Denkmalschutz oder ähnliches, mit den materiellen Anteilen verbundene Rechte, Jahr der Anteilsbeschreibung, Anzahl und Bezeichnung der Anteile, Vorliegen eines Plans über die Teilung, Verteilung der Anteile auf verschiedene Stockwerke und Anzahl der in der Beschreibung aufgezählten Raumbestandteile (als leicht meßbare Parameter für die Kompliziertheit der Verhältnisse), Vorliegen besonderer Teilungsformen (Vertikalteilung, Horizontalteilung, Stockwerkseigentum aufgrund grenzübergreifender Gebäudebestandteile, fehlende Raumabgrenzung), Durchgangsrechte, Erhaltungsregeln; Anzahl der Eigentümer, Vorliegen von Identität oder einem Naheverhältnis zwischen den Eigentümern der materiellen Anteile, Eigentümerstruktur147 (männliche / weibliche Einzelpersonen, Ehepaare, sonstige Personenmehrheiten, juristische Personen), Identität der Eigentümer- mit den Objektadressen (als – wenn auch nur schwaches – Indiz für zumindest zeitweise Eigennutzung), Quoteneigentum an materiellen Anteilen, Wohnungseigentum an materiellen Anteilen, Eigentumstitel mit Eintragungsjahr, Jahr einer eventuellen Vereinigung materieller Anteile; Belastungen sowohl zwischen den materiellen Anteilen als auch zugunsten Dritter sowie schließlich der Hypothekenstand. Auf diese Weise wurden 835 Objekte erfaßt, was aufgrund des Ausscheidens fehlerhafter Eintragungen sowie von Zubehörliegenschaften knapp 900 Einlagen entspricht, also nicht ganz zwei Drittel des Gesamtbestandes. Die Erhebung erstreckt sich auf das gesamte Bundesgebiet mit Ausnahme der einen quantitativen Schwerpunkt bildenden BG-Sprengel Landeck und Reutte; diese wurden aufgrund einer dort besonders häufigen Verbücherungsmethode nicht in die quantita147

Personenbezogene Informationen wurden dabei nicht verarbeitet.

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1. Teil: Grundlagen

tive – sehr wohl aber in eine qualitative – Untersuchung einbezogen. Es handelt sich also um eine Totalerhebung für ein definiertes (umfangreiches) Untersuchungsgebiet, die für dieses relativ genaue Aussagen ermöglicht, jedoch mangels Repräsentativität um keine verallgemeinerungsfähige Stichprobe aus dem österreichischen Gesamtbestand.148 Die Rechtstatsachenforschung erschöpfte sich jedoch nicht in einer Dokumentenanalyse, also einer Untersuchung der Grundbuchsabschriften. Ergänzt wurde dies durch „Beobachtung“, das heißt die Durchführung von Lokalaugenscheinen, in deren Rahmen über 200 Fotos aufgenommen wurden, sowie durch Befragung von Richtern, Grundbuchs-Rechtspflegern, Vermessungsbeamten sowie Immobilienverwaltern und -maklern. Schließlich sollten persönliche Gespräche mit Eigentümern materieller Anteile dazu beitragen, ein Bild von den tatsächlich auftretenden Problemen zu gewinnen. Im Rahmen der modernen Rechtstatsachenuntersuchung bereiteten vor allem diese begleitenden Erhebungen Probleme. Erheblich aufwendiger als erwartet gestaltete sich die Durchführung von Lokalaugenscheinen, insbesondere in Streusiedlungsgebieten oder bei lückenhafter Anbringung von Orientierungsnummern. Vor allem aber erwies sich die erwünschte Kontaktaufnahme mit Stockwerkseigentümern als schwierig: Neben dem Problem der Ortsabwesenheit Berufstätiger zeigte sich vor allem ein Mißtrauen gegenüber einem Interesse Fremder an den individuellen Wohnverhältnissen, das wohl als Eindringen in die Privatsphäre empfunden wird. In besonderem Maß fühlte man sich daran erinnert, was Hermann Wopfner schon 1927 festgestellt hatte: „Zum Reizvollsten, aber ( . . . ) auch zum Schwierigsten, gehört der Verkehr mit der ansässigen Bevölkerung.“149 Durch die Publikation von Projektbeschreibungen150 wurde versucht, vermehrte Kontakte zu Stockwerkseigentümern oder anderen möglichen Auskunftspersonen, z. B. Heimatforschern, herzustellen und das Verständnis für das Projekt zu verbessern. Insgesamt war – bei regionalen Unterschieden – die Resonanz gering. Kurz erwogen, jedoch verworfen wurde die Aussendung von Fragebogen. Abgesehen vom hohen Zeit- und Kostenaufwand versprach auch diese Methode keine besonders umfangreichen Ergebnisse; es ist vielmehr, wie etwa ein vergleichbares Projekt zum modernen Wohnungseigentum gezeigt hat, mit einer nur relativ geringen Rücklaufquote zu rechnen.151 Neben den modernen Rechtstatsachen wurden zur Feststellung möglicher Veränderungen auch historische Rechtstatsachen in einer Datenbank erfaßt. Dabei wurden für die heute noch bestehenden Objekte aufgrund der alten Hauptbücher die Eigentumsveränderungen erhoben, d. h. Erwerbsjahr, Erwerbstitel und Erwerber sowie allenfalls stattgefundene Vereinigungen materieller Anteile. Diese Unter148 Dazu und zum Folgenden Rehbinder, Rz 52 ff.; Wach, S. 99 f. Der Wert von Statistiken darf ohnehin nicht überschätzt werden: Nußbaum, S. 76 ff. 149 Wopfner, Anleitung, S. 60. 150 Kohl, Rechtstatsachen; Kohl, Hausteilungen. 151 Havel / Fink / Barta, S. 57.

§ 1 Allgemeines

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suchung erstreckte sich auf den Zeitraum von der Grundbuchsanlegung bis zur Grundbuchsumstellung ab 1981, also auf 60 bis 150 Jahre152; die ältesten auf diese Weise ermittelten Eintragungsgrundlagen stammen aus dem 18. Jahrhundert. Geographisch umfaßte dieser Projektteil die heute im Burgenland, in der Steiermark (Graz), in Oberösterreich, in Salzburg (Stadt und Land mit Ausnahme von Hallein), in Vorarlberg und in den Tiroler Sprengeln Innsbruck, Hall, Rattenberg, Schwaz sowie in den Grundbüchern Imst und Pitztal im Sprengel Imst bestehenden Stockwerkseigentumsobjekte. Das ursprüngliche Ziel einer flächendeckend kompletten Erfassung der historischen Rechtstatsachen für alle heute noch materiell geteilten Objekte wurde, nicht zuletzt aufgrund einer aus der Praxis geäußerten Anregung, zugunsten einer über die ursprüngliche Arbeitsplanung hinausgehenden Erhebung aufgegeben. Als problematisch erwies sich nämlich das Ausgehen von den heute noch bestehenden Objekten, wenn man Erkenntnisse über Vereinigung und Untergang des Stockwerkseigentums, also die Beendigung materieller Teilungen, gewinnen wollte. Um auch diesen Aspekt berücksichtigen zu können, wurde für die Stadt Salzburg eine vollständige Untersuchung jener Grundbücher durchgeführt, die heute noch materiell geteilte Objekte enthalten (Grundbücher Salzburg Innere Stadt, Äußerer Stein und Mülln). Eine Durchsicht von mehr als 1000 Einlagen ermöglichte hier jene Erkenntnisse, die durch eine Untersuchung allein der heute noch bestehenden Objekte nicht hätten gewonnen werden können. Insgesamt wurden mehr als 5000 Eigentumsveränderungen seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Umstellung auf ADV – zwischen 1981 und 1993 – erfaßt. Im Rahmen dieser Arbeit versteht sich die Rechtstatsachenuntersuchung sowohl in diesen historischen als auch in den zuvor beschriebenen aktuellen Teilen als eine rechtshistorische Methode.153 Dies nicht nur, weil mit dem „echten, dem heutigen Recht fremden(!) Stockwerkseigentum“154 ein Rechtsinstitut untersucht wird, das eben wegen dieser Eigenschaft als historisch bezeichnet werden kann. Vor allem ist es möglich, aus den bei der Grundbuchsanlegung aufgenommenen Beschreibungen155 oder Erhaltungsregeln auf schon zuvor bestandene Probleme zu schließen, so wenn etwa Regeln der Senkgrubenräumung ins Grundbuch Eingang fanden.156 Umgekehrt sind auch die in der heutigen Rechtspraxis auftretenden Schwierigkeiten zum Teil zeitlos. 152 Die Grundbuchsanlegung erfolgte in Teilen Vorarlbergs erst in den 1940er-Jahren, die älteren Titel der ersten Grundbücher reichen etwa bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Die Grundbuchsumstellung erfolgte zwischen 1981 und 1993: Limberger, S. 317 ff. 153 Eugen Ehrlich stellte schon 1911 fest, der „Rechtshistoriker“ könne in Rechtstatsachen „nicht bloß vieles finden, wovon seine Quellen schweigen, sondern sich auch lebendige Anschauung von so manchem verschaffen, wovon man gemeiniglich annimmt, es gehörte einer längst verflossenen Zeit an“: Ehrlich, S. 37. 154 Doralt, S. 238. 155 Sie wurden weitgehend in das moderne ADV-Grundbuch übernommen, sodaß auf Grundbuchsanlegungsprotokolle in der Regel nicht zurückgegriffen werden mußte. Auf ein solches bezieht sich etwa Leisching, S. 104. 156 8502000321.

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1. Teil: Grundlagen

Daneben ist die Untersuchung von Rechtstatsachen natürlich für die moderne Rechtsanwendung von Bedeutung. Das StWE ist nämlich durch den „Mangel ( . . . ) der gänzlichen gesetzlichen Ungeregeltheit“ gekennzeichnet, denn es gibt „das positive österreichische Recht keinerlei Anhalt, wie die aus dem Bestand realgeteilter Häuser erwachsenden Rechtsprobleme anzufassen sind“157. In diesem Sinne beklagte der Verwaltungsgerichtshof 1978, daß „eindeutige ges[etzliche] Grundlagen über das Verhältnis der Miteigentümer bei materiell geteiltem Eigentum fehlen“.158 Der OGH hatte dieses Problem dadurch zu lösen versucht, daß er die „einer gesetzlichen Regelung entbehrende alte Einrichtung“ des Stockwerkseigentums „denjenigen gesetzlichen Bestimmungen unterstellt[e]“, die „darauf am besten passen“.159 Angesichts dieser Rechtslage kann zur Lösung konkreter Rechtsprobleme ein Blick auf vergleichbare Verhältnisse durchaus wertvoll sein. Nicht zuletzt ist eine Rechtstatsachenuntersuchung auch von rechtspolitischem Wert. Einerseits kann sie als Bestandsaufnahme der Vorbereitung einer künftigen gesetzlichen Regelung des StWEs dienen, sollte man sich doch einmal zu einer solchen durchringen. Als man diesen Schritt 1931 in Württemberg mit einem neuen AGBGB tat, hatte man dies damit begründet, daß das alte Recht „mehr und mehr dem Vorstellungskreis der Beteiligten entschwinden“ würde.160 Diese „Voraussetzung“ für eine gesetzliche Regelung wäre in Österreich schon lange gegeben. Andererseits fand das StWE in jüngster Zeit als Beispiel für die Verbücherung dreidimensionaler Eigentumsobjekte Beachtung.161 Der zeitliche Rahmen der Arbeit wurde relativ eng gezogen. Neben der Zielsetzung, aus den untersuchten Rechtstatsachen auch für die aktuelle Rechtspraxis nutzbare Erkenntnisse zu gewinnen, war dafür vor allem der Umstand verantwortlich, daß das StWE in den letzten Jahrzehnten als „wesentlichste Vorstufe zum Wohnungseigentum“162 erschien – die jüngste monographische Darstellung von Thun ist etwa von latentem Vergleich mit dem modernen Wohnungseigentum geprägt. Dennoch haben sich die meisten Arbeiten zum Stockwerkseigentum bisher vor allem auf die grundlegenden Abhandlungen des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts gestützt, während die Geschichte des Wohnungseigentums kaum bis vor den Zweiten Weltkrieg zurückverfolgt wurde und sich nur in sehr pauschalen Hinweisen auf die Existenz eines Vorgänger-Rechtsinstituts erschöpfte. Mit den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wurde aber gerade die Periode des Überganges vom Stockwerks- zum Wohnungseigentum vernachlässigt. Es erschien nun wichtiger, diese Epoche mit insbesondere den Überlegungen der Zwischenkriegszeit zu beleuchten, als neuerlich altbekannten Fragestellungen zur 157 158 159 160 161 162

Putzer, S. 598, S. 603. VwGH 30. 5. 1978, 393 / 77: ZfVB 1978 / 2025a. OGH 1. 3. 1951, 1 Ob 130 / 51: SZ 24 / 58; Putzer, S. 604. Vgl. Steimle, Wiedereinführung, S. 348; Steimle, Frage, S. 93. Eigentumssicherung; insbesondere Kohl, Methoden. Lattenmayer / Rheindorf, S. 17.

§ 1 Allgemeines

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älteren Zeit nachzugehen. Für die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Verhältnisse liegen ohnehin detailreiche Untersuchungen vor.163 Den hier gezeigten Forschungsdesideraten und -ansätzen entsprechend sollen im 4. Teil, nach Sachproblemen des Rechtslebens thematisch geordnet, Theorie und Rechtstatsachen des StWEs betrachtet und einander gegenübergestellt werden: Als „Theorie“ erscheinen dabei in der Regel die gesetzgeberischen Vorstellungen sowie die in Wissenschaft und Rechtsprechung geäußerten Überlegungen jeweils ungeachtet ihres Einflusses auf das praktische Rechtsleben; ein Werturteil ist mit dieser Bezeichnung nicht verbunden. – Zuvor wird jedoch ein Überblick über das Vorkommen des Rechtsinstituts gegeben (sogleich § 2), seine Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert dargestellt (2. Teil) sowie einigen Grundfragen des StWEs nachgegangen wie insbesondere Überlegungen zu seiner Rechtsnatur und seinem Ursprung (3. Teil).

163

4 Kohl

So für Wien die Arbeit von Novak, für München jene von Dölker.

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1. Teil: Grundlagen

§ 2 Die Verbreitung des Stockwerkseigentums A. Allgemeines Die „übliche Ansicht, das StWE sei eine typisch deutschrechtliche Einrichtung, ist unrichtig.“1 StWE ist „alles eher ( . . . ), denn eine deutschrechtliche Besonderheit“2; es ist geradezu „Gemeingut der Menschheit“3. Zwar ist es eine Übertreibung, wenn man annimmt, das StWE sei „schon den Pfahlbauern bekannt“ gewesen4, doch immerhin war seine Begründung, wie ein rund 4000 Jahre alter Kaufvertrag über eine einzelne Kammer zeigt, schon im altbabylonischen Recht möglich5, ebenso im alten griechischen Recht6. Auch im oströmischen Reich, in Chaldäa, Ägypten, Palästina, Syrien und Kleinasien hat man vermutlich Gebäude materiell geteilt.7 Ob es StWE im antiken Rom gegeben hat, ist umstritten.8 Für das klassische römische Recht wurde die Geltung des Grundsatzes „superficies solo cedit“ doch überwiegend angenommen.9 So schien Schott die Frage „unzweideutig“ beantwortet durch Ulpians „Naturale ius, quod superficies ad dominum soli pertinet“; entgegenstehende Ansichten verwarf er als Fehlinterpretationen.10 Als Erklärung für die Strittigkeit erscheint eine sukzessive Entwicklung hin zu einer teilweisen Zulassung von StWE und zu dessen Anerkennung im nachklassischen Rom11. Sicher bekannt war das Rechtsinstitut auch im mohammedanischen und jüdischen Recht.12 All diese Verhältnisse bleiben hier jedoch ebenso ausgeklammert wie jene des angloamerikanischen Rechts13; zum Teil war es zweifelhaft, ob dieses ein echtes StWE kannte oder ob sich hinter ähnlichen Erscheinungen bloß Nutzungsrechte im Rahmen von Baugenossenschaften verbargen.14 In der Literatur Erwähnung fanden auch die von europäischen Zivilrechtskodifikationen beeinflußten außereuropäischen Rechtsordnungen: So gab es StWE auf dem amerikaFuchshuber, S. 87. Wenger, S. 77. 3 Putzer, S. 581. 4 Mosing, Wohnbauförderung II; Mosing, Wohnungseigentum, S. 25; Mosing, StWE, S. 2. 5 Wenger, S. 78; Novak, S. 89. – Nach van der Merwe, S. 3, ist StWE seit dem fünften vorchristlichen Jahrhundert bekannt. 6 M. w. N. Sokolowski, S. 7. 7 Bärmann, S. 3 ff.; Wenger, S. 78. 8 Bärmann, S. 1 ff.; m. w. N. der älteren Literatur Novak, S. 90. 9 Ausführlich m. w. N Rainer, S. 348 ff.; vgl. Gruchot, S. 104. 10 Schott, S. 10 ff. 11 Bärmann, S. 5 f.; Putzer, S. 583 f. 12 Novak, S. 91; Pineles, S. 710, S. 714 ff. 13 M. w. N. Biermann, S. 244 ff.; Meyer, StWE 1930, S. 5; Novak, S. 93; Bärmann, S. 43 ff.; Van der Merwe, S. 4 f. 14 Ebel, Frage, S. 85, gegen Stoehr, S. 734 f. 1 2

§ 2 Die Verbreitung des Stockwerkseigentums

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nischen Kontinent15 etwa in Brasilien, Chile, Ecuador, Honduras, Mexiko, Panama, Venezuela und Quebec, in Asien nach dem japanischen (§ 208) und dem chinesischen bürgerlichen Gesetzbuch (Art. 799f)16. Ungeachtet seines weltweiten Vorkommens wird die Existenz von StWE in bestimmten Ländern und Regionen von der Literatur besonders hervorgehoben. In Europa ist es vor allem Frankreich17 wegen der Regelung des StWEs in Artikel 664 Code civil, die 1938 durch Spezialgesetz ergänzt wurde; eigens genannt wird auch das frühere Vorkommen insbesondere in den Städten Grenoble, Rennes, Lyon und Orléans18. In Belgien19 war die materielle Teilung schon vor dem Code civil in den flandrischen Städten Brüssel, Antwerpen, Gent, Louvain und Yper bekannt und erfuhr 1924 eine detailliertere Regelung. Italien20 wird von jenen Ländern, deren Rechtsordnungen vom Code civil beeinflußt waren, am häufigsten wegen des StWEs genannt, insbesondere wiederholt Sardinien, aber auch Mailand und Genua.21 Die Çondominio“-Regelungen des italienischen Codice civile 1865 wurden ab 1934 ergänzt, bevor sie im Codice civile 1942 ausgebaut wurden. Neben Italien haben auch andere vom französischen Recht beeinflußte Gesetzgebungen in den regelmäßigen Aufzählungen der Literatur Erwähnung gefunden: Eine dem Art 664 des französischen Code civil entsprechende Bestimmung enthielten das portugiesische Zivilgesetzbuch von 186822 sowie der spanische Código civil 1889, letztere wurde 1939 durch Spezialgesetz ergänzt23. In Griechenland wurde das StWE durch das Gesetz 3741 / 1929 eingeführt, wobei man an lokale Bärmann, S. 16 f., S. 23, S. 43. Bärmann, S. 43. Die Bestimmungen des chinesischen Zivilgesetzbuchs lauteten (in englischer Übersetzung von Hsia / Chow / Chang): Art 799: When a building is partitioned by several persons, and each of them owns a part of it, the part in common use of the building and its accessories is presumed to be jointly owned by all the owners. The costs of repairs to the building and other charges shall be borne by all the owners in proportion to the value of their own respective parts. – Art 800: In the case of the preceding article, if it is necessary for the owner of a part of the building to make use of the middle gate which belongs to another owner, he is entitled to do so; but if it is otherwise provided for by a special agreement or custom, such agreement or custom shall be followed. 17 Bökelmann, S. 1711; Bärmann, S. 11 (detailliert nach Regionen), S. 24 ff.; Möller, S. 78 ff.; Raudszus, Wohnrecht, S. 1098; Freyer, S. 85; Carlen, S. 245; Meyer, StWE 1930, S. 5; Kuntze, S. 6; Ackermann, S. 5 f. 18 Van der Merwe, S. 3 f.; Fuchshuber, S. 109. 19 Bärmann, S. 12; van der Merwe, S. 3 f.; Möller, S. 78 ff.; Raudszus, Wohnrecht, S. 1098; Sokolowski, S. 15. 20 Bökelmann, S. 1711; Schott, S. 18; Bärmann, S. 18 ff.; Sontag, S. 592; Sokolowski, S. 15; Ackermann, S. 5 f.; van der Merwe, S. 3 f.; Raudszus, Wohnrecht, S. 1098; Freyer, S. 85; Meyer, StWE 1930, S. 5; Fuchshuber, S. 110; vgl. auch Riedl, S. 35 ff. 21 Van der Merwe, S. 3 f.; Carlen, S. 245. 22 Möller, S. 78 ff.; Raudszus, Wohnrecht, S. 1098; Freyer, S. 85; Schott, S. 18; Sokolowski, S. 15. 23 Bärmann, S. 33 ff.; Möller, S. 78 ff.; Raudszus, Wohnrecht, S. 1098; Freyer, S. 85; Schott, S. 18; Ackermann, S. 5 f.; Sokolowski, S. 15. 15 16

4*

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1. Teil: Grundlagen

Gesetzbücher (Ionisches Zivilgesetzbuch 1841, Zivilgesetzbuch von Samos 1899, Kretisches Zivilgesetzbuch 1903) anknüpfte und auf das Vorbild des belgischen Gesetzes vom 8. Juli 1924 sowie eines Gesetzentwurfs der französischen Société d’Études législatives zurückgriff.24 Nach längeren Diskussionen blieb das StWE auch unter dem Zivilgesetzbuch von 1940 erhalten25, wofür sich Ministerpräsident Venizelos ausdrücklich eingesetzt hatte. Die Gegner einer Einführung des StWEs hatten im Vorfeld auf das deutsche BGB verwiesen, ohne auf die damals in Deutschland zu beobachtenden Wiederzulassungstendenzen einzugehen.26 Doch das StWE war nicht bloß im romanischen Rechtskreis bekannt, sondern auch etwa in Schweden27 oder in Holland28. Wer sich in der Zwischenkriegszeit mit StWE beschäftigte, blickte aber auch auf eine rege Gesetzgebungstätigkeit in den ost- und südosteuropäischen Ländern, wobei die Grenzen zwischen echtem und unechtem StWE gelegentlich verschwammen. Ungarn etwa führte durch GA XII / 1924 ein Miteigentum nach Gebäudeteilen ein.29 Hier hatte es schon früher materielle Teilungen gegeben: So waren im schließlich nicht zu Österreich gelangten ungarischen Ödenburg Gebäude in sogenannte „Halbwirtschaften“ geteilt.30 Auch in Fiume (heute Rijeka) und Kaschau / Kassa (heute Košice) hatte es StWE gegeben; Almási berichtete 1922, nachdem Ungarn diese Gebiete verloren hatte, daß das Rechtsinstitut dort noch „geduldet“ werde.31 StWE gab es in Rumänien durch Gesetz vom 30. April 192732 ebenso wie in Bulgarien, wo 1935, zwei Jahre nach einer früheren und einfacheren Regelung, ein besonders ausführliches, 75 Artikel umfassendes Gesetz erlassen wurde.33 Etwa gleichzeitig erfuhr das StWE in Polen eine von der deutschen Rechtswissenschaft beachtete Regelung.34 Zweifellos echtes StWE gab es in der Schweiz35 in den Kantonen Freiburg, Genf, Neuenburg, Waadt, Tessin, Basel36 und Baselland, Aargau, Schaffhausen Plagianakos, S. 65. Art. 1002 („Stockwerkseigentum“): „Sondereigentum an einem Gebäudestockwerk oder an einem Stockwerksteil kann nur durch Rechtsgeschäft des Eigentümers des ganzen Grundstücks begründet werden. Als Stockwerke gelten auch die Keller und die unter dem Dach sich befindenden Zimmer.“ Vgl. Gogos, S. 119. 26 Plagianakos, S. 65 f., S. 142 f. 27 Novak, S. 91. 28 Möller, S. 78 ff. 29 Bärmann, S. 15. 30 F. Schuster, S. 61; RGBl 144 / 1855. Vgl. unten 2. Teil, § 1 B. 2. c). 31 Almási I, S. 92. 32 Raudszus, Wohnrecht, S. 1098; Bärmann, S. 15. 33 Bärmann, S. 22 f. 34 Möller, S. 78 ff.; Freyer, S. 85; Sokolowski, S. 15; Bärmann, S. 18; Raudszus, StWE, S. 1301. 35 Möller, S. 78 ff.; Carlen, S. 245; van der Merwe, S. 3 f.; Caroni, S. 1 ff.; Sattiva, S. 41 ff. 36 H.-R. Hagemann, S. 228 FN 1380, S. 230 f. 24 25

§ 2 Die Verbreitung des Stockwerkseigentums

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und Zug sowie insbesondere im Wallis. Hier sind materielle Teilungen schon seit dem ausgehenden 12. Jahrhundert nachweisbar.37 Noch Anfang der Sechzigerjahre des 20. Jahrhunderts schätzte man tausende Fälle von Stockwerkseigentum38, 1965 wurde die Zahl der Gebäude mit altrechtlichem StWE – in Gemeinden ohne modernes Grundbuch – konkreter mit etwa 8.000 beziffert.39 In Deutschland, wo StWE seit dem 12. Jahrhundert in Städten wie Köln, Freiburg und Frankfurt erschienen war40, fand sich die materielle Teilung im „ganzen Gebiet des alten Reichs“.41 Detailliertere Angaben zum Verbreitungsgebiet wurden zuweilen in geographische Regionalbezeichnungen zusammengefaßt; demnach sei der Schwerpunkt des StWE „namentlich in West- und Süddeutschland“ oder, noch enger, „vorzugsweise [im] süddeutschen Gebirgsland“ gelegen.42 Tatsächlich kam die materielle Gebäudeteilung in Bayern43, Baden44 und Württemberg45 häufig vor, vor allem gab es hier detaillierte Ortsangaben: So finden sich Berichte über StWE in den Münchner Vorstädten insbesondere an der Isar (Au, Haidhausen, Gising, Lehel)46, aber auch in der Stadt München selbst47 sowie weiters in Ansbach48, Regensburg, Würzburg, Nürnberg, Kempten49 oder noch jüngst aus dem Bayrischen Wald50. Ein Fehlen vergleichbarer Nachrichten aus anderen Orten – wie etwa aus Burghausen – bedeutet jedoch nicht, daß es dort keine materiellen Teilungen gegeben hätte.51 Bielander; Carlen, S. 244 f. Bundesblatt 1962 / II, S. 1466. 39 Carlen, S. 245. 40 Hübner, S. 189; Gierke, Privatrecht, S. 41 FN 12. 41 Freyer, S. 83. 42 Habicht, S. 397; enger Kuntze, S. 1, bzw. Ackermann, S. 5 f.; vgl. auch „Süddeutschland“ bei Carlen, S. 245; Bogenschütz, S. 58. 43 Habicht, S. 397; Ebel, Frage, S. 85; Dittus, S. 9; Bökelmann, S. 1711; Freyer, S. 83; Sontag, S. 592; Krückmann, StWE, S. 714; Biermann, S. 192 f. 44 Ebel, Frage, S. 85; Dittus, S. 9; Bökelmann, S. 1711; Kuntze, S. 6; Freyer, S. 83; Sontag, S. 592; Thümmel, Abschied, S. 131 f.; Thümmel, StWE Baden, S. 5 f.; Bogenschütz, S. 58. 45 Habicht, S. 397; Ebel, Frage, S. 85; Dittus, S. 9; Bökelmann, S. 1711; Kuntze, S. 6; Freyer, S. 83; Sontag, S. 592; Krückmann, StWE, S. 714; Biermann, S. 192 f.; Thümmel, Abschied, S. 131 f.; Thümmel, StWE Württemberg, S. 97 ff.; Bogenschütz, S. 58. 46 Dazu detailliert Dölker, S. 1 ff.; mit zahlreichen alten Ansichten: Wilhelm, Au, S. 27 ff.; Wilhelm, Haidhausen, S. 51 ff.; Peter, S. 81 ff. Weiters: Wischermann, S. 349 ff.; Krauß, S. 337; Kuntze, S. 5. 47 Vgl. Roth, Civilrecht, S. 57. 48 Die Anerkennung des StWEs im Gebiet des Ansbacher Provinzialrechts zeigt auch Seufferts Archiv XXXVI (= NF VI) / 106. 49 Kuntze, S. 5; Möller, S. 14 f.; Seufferts Archiv LVIII (= 3. Folge III) / 99. 50 Freudling, S. 386. 51 Für Burghausen wurden für diese Arbeit die Steuerfassionen von 1809 und 1850 durchgesehen, wobei für 1809 einige materielle Teilungen nachweisbar sind (die Fassion 1850 enthält leider keine ausreichenden Detailangaben mehr): Stadtarchiv Burghausen, Steuerfassionen 1809, Nummern 1, 2, 42, 92, 94, 95. 37 38

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1. Teil: Grundlagen

Überliefert wurden eben vor allem quantitativ bemerkenswerte Beispiele oder spektakuläre Einzelfälle: So ist aus Freiburg im Breisgau besonders die materiell geteilte Münsterbauhütte bekannt.52 Das StWE im württembergischen Kurort Wildbad erlangte besondere Bedeutung dadurch, daß es Kuntze zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema bewegte.53 Aus Süd- und Südwestdeutschland haben auch genauere Zahlen über die Häufigkeit des StWEs Eingang in das Schrifttum gefunden. So zählte man in München und seinen Vorstädten im Jahr 1900 noch 1.671 Herbergen.54 Detaillierte Orts- und Zahlenangaben zur Verbreitung des StWEs in Württemberg lieferte Steimle:55 Demnach war das StWE 1931 „allenthalben anzutreffen“, insbesondere in den Städten; z. B. schätzte man allein in Tuttlingen die Anzahl der Stockwerksrechte auf etwa 1.00056, 1933 nahm man für ganz Württemberg noch rund 10.000 Fälle von StWE an.57 In Baden ergab eine 1946 angestellte Rundfrage bei nur 14 Grundbuchsämtern bereits 145 Fälle.58 Doch das Rechtsinstitut war nicht auf Süd- und Südwestdeutschland beschränkt. Es bestand in Hessen59, hier zumindest teilweise unter den jüdischen Bewohnern60, ebenso in Frankfurt / Main61 und in Nassau62 sowie in den thüringischen Staaten63, insbesondere Sachsen-Meiningen64 und Rudolstadt65; weiter nördlich fanden sich materielle Gebäudeteilungen in Braunschweig66, Lübeck67 und Kiel68 bzw. Schleswig69. Die weite Verbreitung veranlaßte Möller 1937 zu einer negativen Beschreibung des vermuteten Verbreitungsgebietes, indem er meinte, das StWE sei in HamStutz, S. 31 f. bzw. S. 35; Carlen, S. 245. Kuntze, S. 6. 54 Wischermann, S. 351. 55 Steimle, Wiedereinführung, S. 351; Steimle, Frage, S. 96. 56 Ebel, Frage, 86; Ebel, StWE, 162. 57 Freyer, S. 84. 58 Freyer, S. 84. 59 Ebel, Frage, S. 85; Kuntze, S. 6; Freyer, S. 83; Sontag, S. 592; Ackermann, S. 6. 60 Seufferts Archiv XXXIV (= NF IV) / 10 („Laubhütte“). 61 Habicht, S. 397; Ebel, Frage, S. 85; Dittus, S. 9; Carlen, S. 245; Kuntze, S. 6; Sontag, S. 592; Ackermann, S. 6; Biermann, S. 192 f. 62 Ebel, Frage, S. 85; Kuntze, S. 6; Sontag, S. 592; Ackermann, S. 6. 63 Ebel, Frage, S. 85; Kuntze, S. 6; Sontag, S. 592; Ackermann, S. 18. 64 Habicht, S. 397; Dittus, S. 9; Carlen, S. 245; Kuntze, S. 6; Freyer, S. 83; Ackermann, S. 6; Möller, S. 43; Schröder, S. 28; Heimbach, S. 498; Biermann, S. 192 f. 65 Bernhardt, S. 3. 66 Ebel, Frage, S. 85; Kuntze, S. 6; Sontag, S. 592; Ackermann, S. 6. 67 Ebel, Frage, S. 85; Kuntze, S. 6; Freyer, S. 83; Sontag, S. 592; Ackermann, S. 6; Möller, S. 41 f. 68 Möller, S. 41 f. 69 Habicht, S. 397; Dittus, S. 9; Kuntze, S. 6; Sontag, S. 592; Ackermann, S. 6; Biermann, S. 192 f. 52 53

§ 2 Die Verbreitung des Stockwerkseigentums

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burg, Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz „von jeher unbekannt gewesen“70 – für Hamburg scheint dies nicht haltbar zu sein, standen doch etwa Räume der Hamburger Technischen Universität noch Anfang der 1990er-Jahre in deren StWE.71 Aus preußischen Gebieten hat Ackermann unter Zuhilfenahme konkreter Fälle gezeigt, daß die geographische Verbreitung von den Kreisen Minden / Westfalen und Wesel im Westen über den Kreis Wittstock (nordwestlich Berlins) und die Mark Brandenburg bis nach Breslau und Danzig reichte.72 Es war daher ein Irrtum, wenn Kuntze 1888 die Ablehnung des StWEs durch große Teile der deutschen Rechtswissenschaft als Ausdruck von „begriffsnüchternen Anforderungen“ empfand, die als „kühler, nüchterner Hauch“ aus den „Ostgebieten Deutschlands“ stammten, wo „die Bevölkerung spät eingewandert und bunt gemengt, also kaum wurzelfest“ sei: Auch im Osten Deutschlands war das StWE bekannt. Wilhelm Meyer nahm daher 1930 an, das StWE sei „ursprünglich wohl über ganz Deutschland verbreitet [gewesen], besonders in den süddeutschen Ländern, bis nach Österreich und in die Schweiz hinein“.73

B. Österreich 1. Hypothesen und historische Verbreitung Die Existenz materieller Gebäudeteilungen in Österreich wurde niemals bezweifelt, doch über das genauere Vorkommen, die Schwerpunkte und die Häufigkeit des Rechtsinstituts finden sich im Laufe des Untersuchungszeitraums verschiedene Annahmen. Das Verbreitungsgebiet wurde, wenn überhaupt74, meist nur sehr allgemein umschrieben. Nicht durchgesetzt hat sich der vereinzelte Hinweis auf die angebliche Existenz in „den südlichen Gebieten Österreichs“75 – zurecht, denn er traf auch, wie zu zeigen sein wird, überhaupt nicht zu. Im Laufe der Zeit festigte sich in Literatur wie Judikatur hingegen der floskelhafte Stehsatz, das StWE bestünde „in den Alpenländern“; so nahm etwa der OGH noch 1992, Klang folgend, eine Verbreitung „in den Alpenländern“ an.76 Während Binder dazu apodiktisch „nur ( . . . ) Möller, S. 41. http: // www.tu-hamburg.de/rzt/jb/jb92/subsection3_12_2.html (Die Abfrage ist bereits 1998 erfolgt, bei Überprüfung vor Drucklegung wurde die Seite nicht mehr gefunden.) 72 Ackermann, S. 18 ff. 73 Meyer, StWE 1930, S. 4. 74 So findet sich z. B. kein entsprechender Hinweis bei Iro, Rz 5 / 2. 75 Schey / Klang in: Klang 1950, S. 73. 76 Klang in: Klang 1952, S. 1128, zitiert in: OGH 11. 6. 1992, 7 Ob 565 / 92 (Unterinstanzen LG Salzburg 27. 2. 1992, 21 R 336 / 91; BG Hallein 6. 9. 1991, 4 C 194 / 91): JBl 1992, 70 71

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1. Teil: Grundlagen

Salzburg und Tirol“ nennt, umgehen Koziol / Welser diese Frage vorsichtig durch einen pauschalen Hinweis, das StWE bestünde „in einzelnen Bundesländern“.77 Barta ergänzt eine ähnliche Umschreibung – „in verschiedenen Bundesländern“ – durch Beispiele für die heutige Verbreitung, wobei er Salzburg, Burgenland sowie das Tiroler Oberland aufzählt.78 Dies ist umso bemerkenswerter, als es schon 1935 beinahe in Vergessenheit geraten zu sein schien, daß es materielle Teilungen auch außerhalb von „Salzburg, Tirol und Vorarlberg“ gibt.79 Denn auch die Aufzählung der angeblichen Schwerpunkte blieb durch Jahrzehnte unverändert: Schon 1888 hob Kuntze Salzburg besonders hervor, aber auch Prag.80 Unbeeindruckt vom Ende des einigenden Bandes der Habsburgermonarchie kannte Sontag noch 1927 „Salzburg und Prag“ als Zentren des StWEs.81 Versucht man, abseits dieser Klischees Angaben über die historische Verbreitung des StWEs zu finden, so muß man sich vielfach mit sehr punktuellen Erkenntnissen zufriedengeben. So findet man einzelne Fälle über die Judikatur, die das Vorkommen in Dalmatien82 oder im Südtiroler Städtchen Ala83 dokumentieren, aber auch den nach rund zwei Jahrzehnten letztlich gescheiterten Versuch einer materiellen Teilung in Zell bei Waidhofen / Ybbs (1832 – 1853).84 Detaillierter erforscht wurde die Existenz materieller Teilungen in Tirol, wo sich gelegentlich sogar genaue Zahlenangaben feststellen lassen: So waren 1739 etwa in der Gemeinde Tösens in Tirol 40 Häuser von 75 „Parteien“ bewohnt; nur 18 standen in Alleineigentum, die übrigen 22 verteilten sich also auf 57 Anteile.85 Ein ähnliches Bild zeigen die von Wopfner präsentierten durchschnittlichen Hausbewohnerzahlen, die in den nordöstlichen Gerichtsbezirken Tirols, in denen StWEs-Objekte heute nur mehr selten oder sogar überhaupt nicht mehr zu finden sind, schon um die Wende zum 19. Jahrhundert erheblich niedriger lagen als in Westtirol: 1791 / 92 war ein Haus im Gerichtssprengel Kufstein von durchschnittlich 6,4 Personen bewohnt, ein Haus im Sprengel Landeck von 9,3 Personen.86 Für Müller-Schuler war die Häuserteilung daher ein besonderes Çharakteristikum des oberen und besonders des obersten Inntales“87 sowie des benachbarten oberen Vinschgaus und des Engadin.88 S. 724 = MietSlg. 44.417 = EvBl 1992 / 158. Meinhart, S. 48.– Ähnlich Mitterauer, S. 22: „in den österreichischen Alpenländern“. 77 Binder, Rz. 5 / 2; Koziol / Welser I13, S. 294. 78 Barta, Zivilrecht-Arbeitsbuch, S. 250. 79 Vgl. Loebell, S. 7; Mosing, Wohnbauförderung II, berichtet allerdings von StWE in „Graz und Salzburg“. 80 Kuntze, S. 5. 81 Sontag, S. 592. 82 Vgl. GlU 6776. 83 GlU 5696. 84 GZ 1854, S. 30. 85 Hölzl, S. 42; Heidegger, S. 94. Bis 1810 hatte sich dieses Verhältnis noch geringfügig verschlechtert (90 Familien in 47 Häusern): Hölzl, S. 18; Heidegger, S. 96. 86 Wopfner, Güterteilung, S. 218 f.; Wopfner, Bergbauernbuch, S. 415.

§ 2 Die Verbreitung des Stockwerkseigentums

57

Das Vorkommen in Städten ließ sie dabei außer Acht: Orts- und Häusergeschichten belegen jedoch das Vorkommen z. B. in Graz89 und Salzburg90. Für Wien ist StWE seit dem 13. Jahrhundert nachweisbar.91 Während eine Häuserchronik des 19. Jahrhunderts für unser Thema keine Aufschlüsse liefert92, berichtete Novak noch 1934 von zwei real geteilten Häusern93. Aus dem Fehlen einschlägiger Judikatur oder Literatur kann jedoch nicht auf die Nichtexistenz von StWE geschlossen werden. So schien etwa die große Zahl materieller Teilungen in Hallein 1870 einer Beschreibung der Stadt nicht erwähnenswert.94 Grunwald ging in seiner detailreichen Studie über das Judenviertel in Mattersdorf, dem späteren Mattersburg, nicht auf die geteilten Häuser ein, deren Häufigkeit noch heute die alten Hauptbücher bezeugen; er stellte bloß fest, die Häuser der Gemeinde seien „klein und wenig wohnlich eingerichtet und entbehrten der wichtigsten hygienischen Erfordernisse.“95 An anderer Stelle beschrieb er zwar „ein Konglomerat von aneinandergeklebten, windschiefen und eckigen Häuschen und Lehmhütten mit zwischen durchlaufenden Passagen und Zugängen“, worin man durchaus eine Beschreibung materiell geteilter Häuser erblicken könnte, auf besondere juristische Konstruktionen gab er aber keinen Hinweis.96 Andererseits kam das StWE der Prager „Judenstadt“97 sogar zu literarischen Ehren. Der Schriftsteller Max Brod, promovierter Doktor iuris, hatte die Verhältnisse im jüdischen Wohnviertel Prags nicht nur selbst erlebt98, sondern schildete sie auch mehrfach in Werken mit „autobiographische[m] Einschlag“99, wie etwa in „Die Rosenkoralle“: „Tante Julie hatte bei ihrer Heirat mit Onkel Rapp die Wohnung nebst Hausrat als Mitgift erhalten, drei Zimmer mit Küche und einem langgestreckten, mit schadhaften knarrenden Holzdielen belegten Vorzimmer, anders gesagt: ein Stockwerk des uralten Hoftrakts, – denn in der Judenstadt gab es kurioMüller-Schuler, S. 90; vgl. auch Heidegger, S. 91. Müller-Schuler, S. 80. 89 Luschin-Ebengreuth, S. 544. 90 Pagitz-Roscher, S. 153 ff. 91 QGW I / 1, S. 729 (27. November 1271): Novak, S. 92; vgl. Putzer, S. 585. 92 Schimmer. 93 Novak, S. 115; vgl. auch Fuchs, S. 617 f. 94 Gruber – Ähnlich findet sich zum (angeblichen) Vorkommen von StWE in St. Pölten / Herzogenburg / Kirchberg kein Hinweis bei Buchinger. 95 Grunwald, S. 413. 96 Grunwald, S. 415. 97 Hier waren im Jahr 1866 bei 281 Häusern ungefähr 1900 Grundbuchsobjekte zu verzeichnen: Haan, S. 219. – Zur Prager „Judenstadt“ weiters Rybár, S. 63 ff., S. 95 ff.; aufgrund zahlreicher Abbildungen anschaulich Volavková / Belina, S. 19 ff. 98 Brod, Leben, S. 12, S. 115. Brods „Großvater väterlicherseits“ war „durch einen Gewinn in der ,Kleinen Lotterie‘ zu einigem Vermögen, zum Besitz eines ,Teilhauses‘ im Prager Ghetto gelangt“. 99 Brod, Leben, S. 116 f. 87 88

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1. Teil: Grundlagen

serweise noch auf Grund mittelalterlicher Ausnahmerechte Eigentum auch an einzelnen Stockwerken. Die Großeltern hatten hier friedlich und mit ihrem Geschick einverstanden gehaust. Für Onkel Rapp aber gehörte der ihm aufgedrängte Wohnsitz zu den Dingen, die seinen Ingrimm gegen die Familie ( . . . ) immer wieder neu herausforderten.“100 Auch in „Ein Sommer, den man sich zurückwünscht“ konnte Brod nicht am Stockwerkseigentum vorübergehen: „In grauer Vorzeit also hatte der lebenskluge Großvater mit seinem Lotteriegewinn ein Haus im damaligen Prager Ghetto gekauft, in der ,Judenstadt‘, die seit Kaiser Josefs II. aufgeklärten Tagen und Taten nicht mehr von Gesetzes wegen, sondern aus freier Wahl vielen Judenfamilien der natürliche Mittelpunkt ihres Lebens geblieben war. Ein Haus – das ist nun freilich übertrieben gesagt. Es war ein sogenanntes ,Teilhaus‘; denn in diesem Stadtviertel, nur hier, gab es noch die Besonderheit, die später den Grundbüchern und Juristen einige Kopfschmerzen machte: Man konnte auch einzelne Stockwerke erwerben, ohne den Boden selbst in Eigentum zu bekommen. Man lebte also eigentlich im wahren Sinn der Worte in der Luft, in einem Luftschloß – ein Ausdruck, der Erwin allerdings nie in den Sinn kam, wenn er ( . . . ) die Großeltern in ihren engen, kaum von der Sonne erreichten Stuben besuchte. ( . . . ) Denn nicht das Parterre, nur der erste und zweite Stock, alles in allem vier Zimmer und zwei Küchen, gehörten dem Großvater; er teilte sie mit der zahlreichen Familie eines Verwandten ( . . . ).“ Aber immerhin: „Gesichert durch seinen, sei es auch zwerghaften Hausbesitz, hatte der Großvater alles, was er fleißig erwarb, der guten Erziehung seiner Kinder gewidmet.“101 Die wichtigste Quelle zur Feststellung der historischen Verbreitung des StWEs in Österreich sind jedoch Akten der mit seiner Regelung beschäftigten Organe, insbesondere des Reichsrats und des Justizministeriums. Hier haben vor allem die Vorarbeiten zu den gesetzlichen Verboten einer Neubegründung des StWEs sowie Überlegungen zur Regelung der Verbücherung materiell geteilter Gebäude das tatsächliche Vorkommen vielfach aktenkundig gemacht. So beschäftigten sich die Wiener Zentralstellen mit StWE in Salzburg, Hallein, Böhmen, insbesondere Prag, Ödenburg, Güns und Lemberg102. Aus dem Küstenland erfuhr das Justizministerium, daß in Istrien, wie der Triestiner OLG-Rat Zörrer 1875 in einem Referat feststellte, „die Häuser vielleicht nirgends, gewiß aber in den seltensten Fällen, nach aliquoten Theilen, sondern fast durchgehends nach fisischen Theilen getheilt“ würden103, später wurde Grado als Beispiel für das Vorkommen materieller Teilungen genannt104. Die territorial umfassendste Erhebung über die Existenz von StWE fand im Vorfeld des StWEG 1879 statt, als die cisleithanischen Gerichtshöfe im Rahmen einer Brod, Rosenkoralle, S. 33. Brod, Sommer, S. 19 f. 102 Vgl. unten 2. Teil, § 1 B. 2; RR 1445 / 1857 (entspricht 1230 / 1857): HHStA, Reichsrat / Gremialakten, Karton 179. 103 JM 8600 / 1875: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 59. 104 JM 18155 / 1887: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 141. 100 101

§ 2 Die Verbreitung des Stockwerkseigentums

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Enquete unter anderem über das Vorkommen materieller Teilungen zu berichten hatten. Von den 61 Gerichtshöfen, deren Äußerungen, verarbeitet in einer ministeriellen Zusammenstellung, erhalten geblieben sind, kannten fast alle das Problem der materiellen Gebäudeteilung aus eigener Anschauung. Nur vier Gerichtshöfe, nämlich die Kreisgerichte Reichenberg und Böhmisch Leipa im Prager und die Kreisgerichte Krems und Wiener Neustadt im Wiener OLG-Sprengel hatten keine materiell geteilten Objekte in ihren Sprengeln. Von 21 weiteren Gerichtshöfen wurde das vereinzelte Auftreten der materiellen Gebäudeteilung berichtet, in 34 Gerichtshofsprengeln scheint es häufiger vorgekommen zu sein. In sieben Sprengeln des OLG Brünn wurde ausdrücklich die Verbreitung in den jeweiligen „Judengemeinden“ genannt.105 Während man sich 1876 in der Regel mit allgemeinen Äußerungen über Bestand oder Nichtbestand des StWEs begnügen mußte, weil den Gerichten für ihre Erhebungen nur wenige Wochen Zeit gegeben worden war, wurden für manche Sprengel später auch genaue Zahlenangaben bekannt: Im Gerichtsbezirk Saalfelden bestanden 1880 neun materiell geteilte Gebäude106, in Zell am See 1882 drei107; in der Stadtgemeinde Rovigno gab es 1903 682 Einlagen mit materiell geteilten Häusern.108 Die vor der Ausdehnung des Allgemeinen Grundbuchsgesetzes auf Tirol abgehaltenen „Local-Enqueten“ scheinen sich hingegen nicht erhalten zu haben. Ihre Ergebnisse können sich von jenen der 1876 stattgefundenen Erhebung jedoch nicht wesentlich unterscheiden; auch sind sie durch Schiffner wenigstens indirekt überliefert. Demnach war die materielle Teilung „in Nordtirol ( . . . ) weniger häufig“ als in Südtirol, wobei Schiffner allerdings den etwas irreführenden Eindruck eines besonderen Schwerpunkts in Reutte erweckte. Aus dem Innsbrucker Sprengel nannte er insbesondere die Gemeinden Hötting, Zirl, Völs, Götzens, Axams, Inzing.109 Schließlich lassen sich auch aus der modernen Rechtstatsachenuntersuchung (siehe sogleich 2.) Erkenntnisse über das historische Vorkommen gewinnen. Aufgrund der Neubegründungsverbote kann man nämlich annehmen, daß sich in der heutigen Häufigkeit der Häuserteilung die früheren Verhältnisse widerspiegeln.

105 JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. Von zwei Gerichtshöfen fehlen Angaben zum Vorkommen. – Soweit sich die Enquete auf die Grundbücher stützte, ist dabei noch zu beachten, daß manche nach Absicht der Parteien vorgenommenen materiellen Teilungen nicht ins Grundbuch eingetragen wurden, was in der Regel später zur erheblichen Problemen führte: Vgl. GZ 1854, S. 30. 106 JM 7275 / 1880: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 35. 107 JM 11886 / 1882: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 71. 108 JM 2062 / 1903: AVA Justiz II genus 3 Küstenland, Post-Nr. 109. 109 Schiffner, S. 169. Heute befinden sich in diesen Grundbüchern insgesamt noch etwa 15 Objekte.

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1. Teil: Grundlagen

2. Die heutige Verbreitung Aufgrund der Neubegründungsverbote schien das StWE in Österreich wie auch in Deutschland „zum Aussterben verurteilt“.110 Putzer sah den Gesetzgeber von 1879 „von der Überzeugung geleitet ( . . . ), daß dieses altüberkommene Stockwerkseigentum auf dem Wege der Vereinigung binnen kurzem eines natürlichen Todes sterben würde“111, ein Befund, der zwar hinsichtlich des Ergebnisses zutreffend erscheinen mag, nicht jedoch, was die angenommene Dauer des Aussterbens betrifft. 1908 erwartete man als Folge der Inkraftsetzung des StWEG 1879 in den zuvor davon ausgenommenen Teilen Tirols erst „in Dezennien, wenn nicht in Jahrhunderten“ eine allmähliche Rückkehr zu ungeteilten Gebäuden.112 Vierzig Jahre später, 1948, war das StWE noch „erstaunlich verbreitet“113 und man wußte, daß „noch zahlreiche Fälle von StWE“ bestünden.114 Dennoch nahm 1951 der Vorsteher des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements an, in Österreich, Deutschland und in der Schweiz sei „das Rechtsinstitut im Absterben begriffen“.115 Nach einem weiteren halben Jahrhundert glaubte man dies offenbar nicht mehr: Löcker erklärte 1997, das „sog[enannte] StWE“ bestünde „vereinzelt noch“116; Rechberger / Bittner meinten wenig später, die „Rechtsfigur des StWEs“ sei „noch immer in einigen Grundbüchern anzutreffen“.117 Auch dies erscheint als Untertreibung: Tatsächlich fanden sich im Jahr 2000 materielle Teilungen noch in sechs der neun österreichischen Bundesländer. In der Steiermark existierte bloß noch ein einziges Objekt in der Stadt Graz, das seither (2001) allerdings in Wohnungseigentum umgewandelt wurde118; im Burgenland und in Oberösterreich liegen jeweils rund 1 % der materiell geteilten Gebäude Österreichs, im Land Salzburg 8,7 %. Zentren sind hier die Städte Salzburg119 (ca 4 %) und Hallein (ca 3,5 %), die gemeinsam also mehr als drei Viertel der Salzburger Objekte beherbergen, während sich die restlichen Gebäude auf die BGSprengel Abtenau, Neumarkt120, Saalfelden und vor allem Oberndorf verteilen. In Vorarlberg finden sich etwas über 12 % der materiellen Teilungen, davon fast die Hälfte im Montafon. Der Schwerpunkt der Verbreitung des Rechtsinstituts liegt in Tirol121 mit rund drei Viertel aller materiell geteilten Objekte Österreichs. Dabei 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121

Krückmann, StWE, S. 715. Putzer, S. 598. Vortrag Isottis in JM 28701 / 1908: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 13. Sokolowski, S. 10. Weiß, S. 470. Schweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4001 (C) - / 1 Bd. 129 Az. 47.33. Löcker, S. 8 (FN 7). Rechberger / Bittner, Rz 105. Freundliche Auskunft von RA Dr. Peter Bartl, Graz. Vgl. Kohl, Rechtstatsachen. Goiginger, S. 75 ff., S. 105 (mit Fotos); Deinhammer, S. 76. Vgl. Kohl, Hausteilungen.

§ 2 Die Verbreitung des Stockwerkseigentums

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dominiert das alte Realteilungsgebiet, vor allem der BG-Sprengel Landeck, in dem sich rund ein Drittel aller österreichischen Objekte befindet, gefolgt von den Gerichtsbezirken Silz und Imst mit jeweils etwa 10 % sowie Innsbruck und Reutte mit jeweils etwa 5 %. Deutlich weniger Stockwerkseigentumsobjekte sind in der östlichen Hälfte Nordtirols zu finden, so etwa nur 2 in Hopfgarten, je 3 in Schwaz und Kitzbühel, 6 in Kufstein, 10 in Rattenberg, 12 in Hall, 21 in Zell am Ziller. In Osttirol liegen bloß 1,8 % der materiell geteilten Gebäude Österreichs. Kein StWE fand sich 2000 in Wien, Niederösterreich und Kärnten, inzwischen ist wegen der Umwandlung des Grazer StWEs-Hauses in Wohnungseigentum auch die Steiermark zu den Bundesländern ohne materielle Teilungen hinzugekommen. Die bereits oben zitierte Vorstellung, StWE käme besonders in „den südlichen Gebieten Österreichs“122 vor, trifft also nicht zu. Der soziale und wirtschaftliche Hintergrund des Stockwerkseigentums ist jedoch nicht in allen Ländern gleich; es können vielmehr verschiedene Typen unterschieden werden. So entspricht die Verbreitung der materiellen Teilungen im Burgenland jener der ehemaligen jüdischen Gemeinden; die Objekte befinden sich in Lakkenbach, Hornstein, Mattersburg, Unterberg-Eisenstadt, Oberwart, Rechnitz und Stadtschlaining, und zwar auch ganz überwiegend in den ehemals jüdischen Ortsteilen.123 Bei den materiell geteilten Gebäuden Tirols und Vorarlbergs handelt es sich hingegen überwiegend um landwirtschaftlich genutzte Objekte mit spezifischen, durch diese Nutzung geprägten Problemlagen. Das aus dem Blickwinkel des modernen Wohnungseigentums besonders interessante „städtische“ StWE ist in Tirol hingegen seltener; einige solche Gebäude finden sich vor allem in Innsbruck sowie in den kleineren Städten des Unterinntals. Der Schwerpunkt dieses Typs liegt in Salzburg (Details siehe unten 4. Teil, § 2).

Schey / Klang in: Klang 1950, S. 73. Vgl. Lichtenberger, S. 119 ff. (Lackenbach), S. 167 ff. (Neufeld an der Leitha / Hornstein), S. 127 ff. (Mattersdorf / Mattersburg), S. 143 ff. (Unterberg-Eisenstadt), S. 175 ff. (Oberwart), S. 183 ff. (Rechnitz), S. 190 ff. (Stadtschlaining). 122 123

2. Teil

Geschichte des Stockwerkseigentums § 1 Das Stockwerkseigentum bis zum Ersten Weltkrieg A. Überblick Am Beginn des 20. Jahrhunderts, als man sich vermehrt wissenschaftlich mit dem StWE beschäftigte, stellte man fest, daß dem Rechtsinstitut „bis zum 19. Jahrhundert keine genauere Beachtung geschenkt“ worden war.1 Man glaubte sich daher auch auf einem Gebiet, „welches frei geblieben ist von den Experimenten des Gesetzgebers“.2 Diese Vorstellung trifft allerdings nur dann zu, wenn man von der Gesetzgebung – unter verfehlter Anlegung moderner Maßstäbe – detaillierte Regelungen erwartet. Solche wird man tatsächlich lange vergeblich suchen; abgesehen von Verpflichtungen zur „nottürfftiglich[en]“ Erhaltung3 und der Aufforderung, daß „ainer den andern, und zuvoran der Ober den undern nit ubermessig beschwere“4, fehlte es nämlich bis zu den Kodifikationen und teilweise darüber hinaus weitestgehend an gesetzlichen Bestimmungen über das faktische Gemeinschaftsverhältnis der Stockwerkseigentümer.5 Unschwer wird man jedoch auf Beschränkungen der materiellen Gebäudeteilung stoßen, wobei teils eine Begrenzung der Anteilszahl, teils eine Reglementierung der Entstehungsbedingungen des StWEs erfolgte. So wurde im mittelalterlichen Basel, wo fünf materielle Teile innerhalb eines Hauses offenbar keine Seltenheit gewesen waren, schon nach dem Großbrand von 1417 die Teilung unter mehr als zwei Parteien verboten, wobei vor allem Bauordnungsüberlegungen das Verbot der „engen underslagenen“ – d. h. baulich durch Holz- oder Gipswände getrennten – Häuser motivierten.6 Aus anderen Gründen, nämlich zum Schutz vor zu großen Belastungen für die Gemeinde, geschah ähnliches 1629 im Tiroler Ort Mötz; hier 1 2 3 4 5 6

Schott, S. 14 f. Ähnlich („stiefmütterlich“) noch 1960 Dietrich, S. 84. Kuntze, S. 1. Zu den folgenden Gesetzen vgl. Thun, S. 49 ff. Würzburger Bauordnung 1722: Roth, Civilrecht, S. 57. Nürnberger Reformation 1564: Roth, Civilrecht, S. 56; Bärmann, S. 7. Putzer, S. 590 f.; Bärmann, S. 7. H.-R. Hagemann, S. 228, S. 230 f.

§ 1 Das Stockwerkseigentum bis zum Ersten Weltkrieg

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durften Ganz- oder Halblehenhäuser nur mehr in zwei Teile, Söllhäuser hingegen überhaupt nicht mehr geteilt werden.7 Bei den Entstehungsbedingungen schien vor allem die Erbteilung problematisch; nur gegen diese Ursache materieller Teilung wandte sich etwa die Frankfurter Reformation 1578: „Wir Ordnen und woellen auch insonderheyt / wann ein Behausung in der Erbschafft sol getheylt werden / die aber füglich / und ohn mißstandt nicht zu theylen were / daß sie in alle wege gantz / und unzerrissen beysammen gelassen / und nicht (Exempelsweyß) einem theyl unden der Kaeller / dem andern das erst / widerumb dem andern das zweyt / oder Oberst Stockwerck / zugetheylt sol werden / Wie dann von Alters in dieser Statt sehr breuchlich / (wie noch vor augen) gewaesen ist / aber offtmahls grosse unrichtigkeyt verursacht hat. Darumb dann in diesem Fall / ein Erb dem andern solch untheylbar Behausung / umb ziemlichen waehrt lassen / oder ins Loß setzen / oder dieselbige samptlich verkauffen / und das Gelt theylen sollen.“8 Hier wurde also kein allgemeines Verbot von StWE normiert, sondern die materielle Teilung nur zwischen Erben untersagt; dies übersehend wunderten sich spätere Autoren darüber, daß die materiellen Teilungen zumindest hinsichtlich der Fleischbänke (Schirnen) gewohnheitsrechtlich erhalten geblieben waren.9 Auch die württembergischen Landesordnungen von 1552, 1567 und 1621 empfahlen bei Erbfällen die möglichste Einschränkung der Gebäudeteilung, was noch 1735 eingeschärft wurde.10 Die Regensburger Wacht-, Gerichtsund Bauordnung von 1657 versuchte hingegen besonders, einer weiteren Zersplitterung der Eigentumsverhältnisse entgegenzutreten und die gleiche Stockwerkslage aller Räume desselben Eigentümers zu fördern.11 Auch die Salzburger Einstandsordnungen 1679, 1695 und 1801 bemühten sich um Vereinigung der materiellen Gebäudeteile, indem sie Einstandsrechte vorsahen.12 7 ÖWT 19, S. 193: „Seitemalen durch die zertheilung der heiser, sonderlich mit dahero ervolgter einziechung vilfeltiger persohnen, den gemainsleiten großer übertrang und nachthail, auch andere beschwärung ervolgt, hat mann auf ain stäte ehewigkait beschlossen: Das firterhin kain lechenhaus mer als auf zwai wohnungen – es sei zu selbigem hauß ain ganz oder halb lechen geherig – zuegerist oder, mer als auf zwai partheien darynnen heißlich zu wohnen, verwilligt. Wie dann auch inskonftig – von iezt dato an uber kurz oder lang – aus ainem sölhauß, es sei groß oder klain, merer als ain feurstat zu machen, wenigist nit zuegelassen, sonder dasselb bei vermeidung ainer gewissen straff – so inskonftig durch die oberkait zu benennen, vorbehalten – genzlichen und gar verpoten und abgestelt. Dann unzthero den angesessnen lechenleiten mit der behilzung, wun, waid, ströb und in anderweg nit wenig beschwärlichhaiten angetan worden.“ – Unter einem Söllhaus (Sölde, Selde) versteht man ein Gebäude ohne nennenswerten Grundbesitz, also ohne Möglichkeit zur Führung eines selbständigen landwirtschaftlichen Betriebes. 8 Frankfurter Reformation 1578, VI 4 § 6; abweichende Transkription bei Thun, S. 53 f.; vgl. Bärmann, S. 7. 9 Gierke, Privatrecht, S. 41 FN 13; Schröder, S. 28; Möller, S. 11; Kuntze, S. 49. 10 Kuntze, S. 48 f.; Zoeppritz, S. 11. 11 Bärmann, S. 7; Roth, Civilrecht, S. 56 f.; Kuntze, S. 49; Dölker, S. 16 f. 12 Bärmann, S. 7; Dölker, S. 18; Roth, Civilrecht, S. 56 f.; Pichler, Vorkaufsrecht, S. 220 f. – Erst eine Verordnung des königlich bayerischen Generalkommissariates für den Salzach-

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Daneben gab es auch wirkliche Verbote der materiellen Teilung: Solche ergingen für die Münchner Vorstadt Au, wenn auch erfolglos, 1679 und 172813; sie waren weiters z. B. in der Würzburger Bauordnung 172214, der für Ansbach und Bayreuth erlassenen Feuerordnung 176015 oder in einer Braunschweiger Verordnung von 176316 enthalten. In Tirol sah schon 1685 eine gegen Holzverschwendung gerichtete Waldordnung für das Ober- und Unterinntal ein Hausteilungsverbot vor, womit sie ein Motiv für das Teilungsverbot deutlich machte (vgl dazu unten 3. Teil, § 3).17 1770 erließ dann Maria Theresia ein umfassendes Patent über die Grundzerstückung, um deren „dem gemeinen Wohlstand nachtheilige Folgen“ hintanzuhalten. Darin wurde auch die Teilung „einfache[r] mit ihren Feuerstätten, und Ingebäuen nicht vollkommen abgesönderte[r] Behausungen“ verboten. Wohl mangels Effektivität wurde es 1840 neu aufgelegt und in der Tiroler Provinzialgesetzsammlung publiziert.18 Wenige Jahre zuvor, 1835, hatte eine „Norm für die Grundzerstückungen in Vorarlberg“ die Teilung von Häusern hier nur dann gestattet, „wenn sie nach dem Befunde der Sachverständigen hinreichenden Raum zur entsprechenden Unterkunft [der Parteien] darbiethen, und jede Partey eine abgesonderte Feuerstätte erhält“.19 Diese Normen richteten sich also nur gegen manche Auswüchse der materiellen Teilungen, nicht gegen das StWE an sich. Dessen prinzipielle Möglichkeit war im Gegenteil durch ein Hofdekret vom 14. Dezember 1790 ausdrücklich anerkannt worden, das die Teilung in „specifique Bestandteile“ von jener nach ideellen Quoten sowie vom Gesamteigentum unterschied.20 So wie die Einzelgesetze gingen auch die Kodifikationen unterschiedliche Wege. Ausdrückliche Regelungen der Verhältnisse zwischen den Stockwerkseigentümern enthielt nur Art. 664 des Code civil.21 Obwohl die Bestimmung als „dürftig kreis vom 28. August 1815 enthielt dann ein Verbot neuer Teilungen, dafür jedoch keine Perspektive mehr für die Wiedervereinigung geteilter Häuser: IM 9313 / 151 bzw. JM 6248 / 107 Praes 28. April 1852: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 2. 13 Dölker, S. 10. 14 Kuntze, S. 49; Roth, Civilrecht, S. 56 f.; Zoeppritz, S. 25; Dölker, S. 19. 15 Möller, S. 36. 16 Kuntze, S. 49; Möller, S. 40 f. 17 Wopfner, Güterteilung, S. 221. 18 TirProvGS 1840, S. 807 ff., insbes. S. 817 ff. 19 HKD vom 23. März 1835 bzw. Gubernial-Circulare vom 10. April 1835: TirProvGS 1835, S. 197 ff. 20 JGS 96 / 1790; vgl. auch Sokolowski, S. 15 f. Némethy, S. 11, charakterisierte dies als „unglückliche Nachsicht“. Kritisch zu diesem HD äußerte sich auch Haan, S. 218; er stellte ihm lobend das Landtafelpatent für das Innviertel vom 10. Jänner 1791, JGS 113 / 1791, gegenüber, das eine Eintragung nur nach Quoten zuließ. 21 Artikel 664 CC: „Wenn die verschiedenen Stockwerke eines Hauses verschiedenen Eigentümern zugehören und die Urkunden über das Eigentum nicht bestimmen, wie es in Betreff der Ausbesserungen und des Wiederaufbaues gehalten werden soll, so sind dabei

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( . . . ) und äußerst lückenhaft“ charakterisiert wurde22, erlangte sie doch große Bedeutung dadurch, daß zahlreiche gesetzliche Regelungen des StWEs in der Folge an diesen Artikel anknüpften. Neben der Ausstrahlung des Code civil in fast alle romanischen Rechte23 ist für Deutschland besonders das Badische Landrecht24 zu nennen, dessen Artikel 664 ein wenig detaillierter als die Parallelbestimmung des Code civil war25: „Wenn die verschiedenen Stockwerke eines Hauses verschiedenen Eigentümern zugehören und die Urkunden über das Eigentum nicht bestimmen, wie es in Absicht auf die Ausbesserungen und das Wiederaufbauen gehalten werden soll, so sind dabei folgende Grundsätze zu beobachten: – Die Kosten der Hauptmauern und des Daches samt seinen Fußböden und dem Teil der Kamine, der durch das Dach läuft, auch der Treppe vom obersten Stock in das Dach, fallen auf alle Eigentümer nach Verhältnis des Wertes des Stockwerkes, das jedem zugehört. – Der Eigentümer eines jeden Stockwerks macht den Fußboden, worauf er geht, samt seiner oberen Bekleidung und die Decke oder untere Bekleidung des Fußbodens eines höheren Stocks. – Der Eigentümer des zweiten Stocks macht die Treppe, welche dahin führt. – Der Eigentümer des dritten Stocks macht, von dem zweiten an zu rechnen, die Treppe, die zu ihm führt, und so weiter.“ Das Badische Landrecht hatte damit jedoch nicht das StWE „nach dem Muster des Code civil“ neu eingeführt, sondern dessen Bestimmungen auf das schon zuvor gewohnheitsrechtlich in Baden bestehende Rechtsinstitut angewendet. Die Lückenhaftigkeit der Bestimmungen des Badischen Landrechts war daher kein Problem: Die älteren gewohnheitsrechtlichen Instandhaltungsregeln blieben weiterhin ein „Fundament für dieses Sonderrecht“.26 Dieser Anwendungsbereich des Art 664 fand noch eine bedeutende Einschränkung dadurch, daß – außerhalb der Kodifikation – ein Edikt vom März 1808 eine horizontale Gebäudeteilung bei Erbteilung verboten hatte.27 folgende Grundsätze zu beobachten: – Die Hauptmauer[n] und das Dach fallen allen Eigentümern zur Last, jedem nach Verhältnis des Wertes des Stockwerkes, das ihm zugehört. Der Eigentümer eines jeden Stockwerkes macht den Fußboden, worauf er geht. – Der Eigentümer des ersten Stocks macht die Treppe, welche dahin führt; der Eigentümer des zweiten Stocks macht, von dem ersten an zu rechnen, die Treppe die zu ihm führt, und so weiter.“ Zitiert nach Ebel, Frage, S. 85; Ebel, StWE, S. 163, abweichende Übersetzung bei List, S. 51. Original und deutsche Übersetzung der einschlägigen Bestimmungen des Code civil auch bei Schröder, S. 24 f. In den Code civil waren diverse regionale coutumes eingeflossen, die das StWE gekannt hatten, insbesondere jene von Orleans: Bärmann, S. 11. Vgl. zum StWE im Code civil weiters: Krauß, S. 339; Sontag, S. 593; Sokolowksi, S. 11 f. 22 Möller, S. 18. 23 Zu den Ausstrahlungen des französischen Civil code in Europa und Übersee mit Bestimmungen entsprechend dem Art 664: van der Merwe, S. 5 f. Vgl. Bärmann, S. 13. 24 Schlosser, S. 133; Bärmann, S. 8. 25 Text bei Ebel, Frage, S. 85; Ebel, StWE, S. 163; geringfügig abweichend bei Möller, S. 20 f. Zum StWE im Badischen Landrecht vgl. weiters Zoeppritz, S. 18 f.; Sontag, S. 593; Thümmel, Abschied, S. 132; Thun, S. 133 ff. 26 Möller, S. 20 ff. 27 Schröder, S. 26; Möller, S. 22 f.; Zipperer, S. 50; Thun, S. 133. 5 Kohl

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Im Gegensatz zum Code Civil und zum Badischen Landrecht fehlte eine ausdrückliche Erwähnung des Rechtsinstituts sowohl im preußischen Allgemeinen Landrecht28 als auch im österreichischen ABGB (zu letzterem im Detail unten B.1.). Ähnlich wie zum römischen entstand also auch zum preußischen Recht die viel diskutierte Streitfrage, ob das StWE anerkannt sei oder nicht. Die Ansicht, das ALR kenne kein StWE, wurde von einer Reihe namhafter Juristen, unter ihnen etwa Roth, Gierke, Schröder und Hübner, in Werken mit Überblickscharakter vertreten29, daher oftmals ohne nähere Begründung. Eine Anerkennung der materiellen Gebäudeteilung durch das ALR nahmen hingegen, sieht man von Stobbe30 ab, vor allem solche Autoren an, die sich eingehender mit dem StWE auseinandersetzten, allen voran Ackermann. Diese Annahme stützte sich vor allem auf den Umstand, daß nach ALR I 8 § 2 alles, was einen „ausschließenden Nutzen“ gewährte, Gegenstand des Eigentums sein konnte; dabei handelte es sich um eine Tatsachenfrage, die in jedem Einzelfall zu beurteilen war.31 Daneben wurde für die Anerkennung des StWEs auch ALR I 22 § 200 angeführt32, der ein Eigentum an Bäumen ohne solches an Grund und Boden regelte, woraus eine Distanz zum Akzessionsprinzip erkennbar war. Untermauert wurde die Annahme der Möglichkeit von StWE schließlich noch durch konkrete Fälle materieller Teilungen.33 Darüber hinaus wurde die Zulässigkeit von StWE nach ALR auch auf einschlägige Judikatur des preußischen Obertribunals gestützt.34 Diese Argumentation überzeugt jedoch nicht, denn das preußische Obertribunal zeigte in dieser Frage keine kontinuierliche Meinung35: 1834 hatte es ein Sondereigentum an Gebäuden abgelehnt, 1860 und 1864 anerkannt, 1865 abermals abgelehnt, 1874 wieder für möglich angesehen, 1877 schließlich nur dann für möglich erachtet, wenn dadurch selbständige Häuser oder Hausteile geschaffen würden, über die eine ausschließliche Herrschaft möglich wäre. Selbst bei gleichem Ergebnis differierten die Begründungen: 1860 nahm das Obertribunal, gestützt auf die Regeln über die Besitzergreifung in ALR I 7 §§ 46 f., an, ein Sondereigentum an einzelnen Gebäudeteilen widerspreche nicht dem „Begriff“ und der „rechtliche[n] Natur des Eigenthums“. Vielmehr stünde die Voraussetzung eines „Miteigenthum[s] zu ideellen Antheilen“ im Widerspruch zu ALR I 17 §§ 89 f., worin eine Zivilteilung vorgesehen war.36 Kuntze, S. 50. Roth, Civilrecht, S. 56; Gierke, Privatrecht, S. 41 FN 13; Schröder, S. 27; Hübner, S. 190; vgl. Ackermann, S. 21 ff. 30 Stobbe, S. 56; vgl. Ackermann, S. 25. 31 Ackermann, S. 34 ff., S. 40; Möller, S. 35 f.; Bärmann, S. 8 (jeweils Ackermann folgend). 32 Zoeppritz, S. 26. 33 Ackermann, S. 18 ff.; Möller, S. 38. 34 Vgl. Möller, S. 38 ff. 35 Dazu m. w. N. Ackermann, S. 28 ff.; Kuntze, S. 50. 36 Striethorsts Archiv XXXVI (= NF IV) / 62. 28 29

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1864 leitete das Obertribunal die Zulässigkeit einer Teilung nach Stockwerken aus dem Begriff der unteilbaren Sache nach ALR I 2 § 41 ab. Ergänzt wurde dies durch einen Hinweis auf § 143 des Grundsteuergesetzes für die westlichen Provinzen vom 21. Jänner 1839, worin die Art der Verzeichnung materiell geteilter Gebäude im Kataster geregelt wurde; demnach sollte darin „der Eigentümer des Erdgeschosses, unter Bemerkung der übrigen Eigentümer, eingetragen“ werden.37 Nur ein Jahr später, 1865, hielt es eine Realteilung hingegen nur dann für möglich, wenn „der Gegenstand des Eigenthums eine theilbare Sache ist“. Dies sei „ein Haus in der Regel nicht“.38 1867 ging das Obertribunal dann ausführlich auf die Überlegungen der das StWE ablehnenden Meinung ein, die „auf die Begriffe von Eigenthum, Besitz und Besitzergreifung“ gestützt werden könne.39 Dieser Zickzack-Kurs des preußischen Obertribunals, die unterschiedlichen Interpretationsansätze zum ALR sowie die konsequente Sammlung und teils mißverständliche Überlieferung stockwerkseigentumskritscher Rechtsquellen aus vorkodifikatorischer Zeit gehen auf die gleiche Wurzel zurück, nämlich auf die Pandektistik, die einen wichtigen Einschnitt in Literatur, Judikatur und Gesetzgebung zum StWE bildete.40 Die pandektistische Ablehnung des StWE ging zwar auf Savigny selbst zurück, begann aber doch eher unspektakulär: In seinem „Recht des Besitzes“ erläuterte er, es könne „kein Besitz an einer solchen Sache entstehen, deren wir uns nicht als einer einzelnen Sache für sich bewußt werden können“41. Dieser notwendige animus possidendi könnte „reelle Theile eines Ganzen“ nur bei Grundstücken erfassen, deren willkürliche Abteilung möglich wäre. Der Erwerb einer Quote sei hingegen deshalb möglich, weil dabei diese Quote das vom Erwerber Vorgestellte sei, was Savigny am Beispiel eines gedrittelten Ackers wenig überzeugend darzulegen versuchte: Es sei hier das Drittel „das, was er [= der Käufer] sich als Gegenstand seines Besitzes denkt“.42 In allen anderen Fällen sei der Besitzerwerb an einzelnen Teilen eines Ganzen ausgeschlossen; insbesondere könnte aus physischer wie auch juridischer Unmöglichkeit „ein Gebäude ohne den Boden, worauf es ruht, nicht besessen werden“: Es sei als „unzertrennlich von dem Boden“ anzusehen, wofür Savigny einige Belege aus dem römischen Recht anführte.43 Nur eine Konsequenz aus dieser Überlegung war es, „daß nicht an dem Boden und Gebäude (und ebenso an verschiedenen Stockwerken desselben Hauses) verschiedene Eigentümer vorkommen können. ( . . . ) Boden und Haus also, eben so auch verschiedene StockStriethorsts Archiv LIV (= 2. Folge II) / 17. EOT LIII (= 5. Folge III), Nr. 2. 39 Striethorsts Archiv LXVIII (= 2. Folge IV) / 37. Bezug genommen wurde dabei auf ALR I 8 § 1, I 7 §§ 1 – 37, 46 – 48. 40 Zur Pandektistik allgemein m. w. N. Schlosser, S. 144 ff.; zum Folgenden vgl. Weis, S. 1 ff. 41 Savigny, S. 280, S. 297. 42 Savigny, S. 297 ff. 43 Vgl. Gruchot, S. 103 f. 37 38

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werke, können nicht verschiedene Besitzer haben, gerade so wie an einer Bildsäule nicht einer den Kopf und die Arme, ein anderer das übrige zu gleicher Zeit besitzen kann“.44 Dies mag zwar überzeugend klingen, doch zeigen die praktischen Erfahrungen mit dem modernen österreichischen Wohnungseigentum, daß Savignys Annahme, man könne sich eine Quote vorstellen, einen realen Teil hingegen nicht, von den meisten Wohnungseigentümern nicht geteilt würde: Sie stellen sich nämlich gerade keine Miteigentumsquote, sondern ein Sondereigentum vor.45 Doch „Savignys Irrtum erwies sich im Laufe der Zeit viel stärker denn die historische Wahrheit.“46 Während Savigny das StWE noch in teils eingeklammerten Halbsätzen abgehandelt hatte, gewann das Problem in den folgenden Jahrzehnten an eigenständigem Gewicht und grundsätzlicher Bedeutung. Zunehmend erschien das Rechtsinstitut als Verstoß gegen das Akzessionsprinzip47 sowie gegen den Grundsatz der Selbständigkeit einer Sache.48 Die Ablehnung des StWEs wurde damit zu einem „Gebot der Rechtslogik“.49 Die von einer historischen Schule zu erwartende Frage, ob das historische Recht eine Teilung nach Stockwerken gekannt hätte, wurde zwar ebenfalls diskutiert, blieb aber vergleichsweise im Hintergrund.50 Praktische Überlegungen fanden daneben fast gar keinen Platz: Sie erschöpften sich etwa darin, daß Zaun bei der Anwendung des StWEs auf die großstädtischen Wohnhäuser mit „20 und noch mehr Familien“ Probleme befürchtete.51 Auch jene Juristen, die ein StWE rechtlich für möglich hielten, zweifelten übrigens die Prinzipien des römischen Rechts in der Regel nicht an. So erschien es Kuntze als „Naturbedingtheit“, daß sich aus der tatsächlichen Unbeweglichkeit eines Grundstückes eine besondere „Attractivkraft“ ergebe, sodaß man gewöhnlicher Weise der Grundfläche ein Übergewicht über das darauf erbaute Bauwerk beilege und daher das Grundstück als räumlich bestimmendes Element ansehe. Neben dem Gesichtspunkt einer „rein physikalischen Betrachtungsweise“ wollte er aber auch ein „zweites, freies, kulturelles Moment“ berücksichtigen, nämlich das Wertverhältnis, in dem menschliche und daher veränderliche Anschauungen zum Ausdruck kämen. Der „ästhetische, moralische, pecuniäre Schwerpunct“ könne Savigny, S. 301 f. Havel / Fink / Barta, S. 63. 46 So Mosing, Wohnungseigentum, S. 26; ohne „viel“ auch Mosing, StWE, S. 3. Vgl. Weis, S. 1 ff. 47 Zaun, S. 218: Das „den Römern charakteristische Streben nach Einfachheit, Klarheit, Durchsichtigkeit und Sicherheit des Rechtes“ müsse sich „nothwendig für das Gesetz des einheitlichen Eigenthums entscheiden“. In diesem Sinne auch Mandry, S. 197 f. 48 StWE sei „unmöglich, denn weder ein Stockwerk noch ein Zimmer ist eine selbständige Sache“: Randa, Besitz, S. 500; Randa, Eigenthumsrecht, S. 245. 49 Das Akzessionsprinzip wäre schon deshalb gültig, weil „dieses Prinzip allein vernünftig sei“. Vgl. Schott, S. 15, unter Hinweis auf Zaun und Arnold. 50 Kuntze, S. 59. 51 Zaun, S. 221. 44 45

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aber sowohl im Boden als auch im Gebäude gesehen werden.52 Auf der gleichen Linie liegt auch die Vorstellung, daß der Wille der Beteiligten auf ein Sondereigentum an bestimmten Gebäudeteilen gerichtet sei.53 Wiederholt findet sich also das Argumentationsmuster, die prinzipielle Richtigkeit des römischen Akzessionsprinzips anzuerkennen, gleichzeitig jedoch einer davon abweichenden Regelung Vorrang einzuräumen: Schon Sintenis hatte kritisiert, was Savigny „anscheinend(!) gegen die Theilbarkeit von Gebäuden überhaupt sagt“. Es müßte „das Deduziren aus vermeintlichen Principien vor dem einfachen direkten Zeugniss von der Thatsache zurücktreten“, das er in Berichten über das Vorkommen von StWE erblickte. Die streng pandektistische Sicht Zauns, wonach ein Rechtsprinzip, „wenn es sonst auf gesunder Rechtsanschauung“ beruht, nicht „leichthin zu Gunsten anscheinend entgegenstehender Rechtsverhältnisse aufgegeben werden“ dürfe, verkehrte sich in ihr Gegenteil: In „unzweifelhafter Wirksamkeit bestehende Rechtsverhältnisse“ sollten „nicht einem Princip zu Liebe verleugnet“ werden.54 In diesem Sinne charakterisierte Heinrich Dernburg das Prinzip „superficies solo cedit“, in dem er geradezu ein Paradebeispiel für das römische Recht erblickte, lobend als „einfach“ und „logisch“, aber auch kritisch als „starr“; die „volksthümliche Rechtsbildung“ des partikularrechtlichen StWEs sei „nicht um des romanistischen Princips willen zu ersticken“.55 Er verschärfte damit die differenziertere Wortwahl Bluntschlis, der nur „um einer abstrakten Schultheorie willen“ das nach „deutschem Recht ( . . . ) ausnahmsweise“ mögliche Vorkommen von „Herbergen“ nicht „willkürlich negirt“ wissen wollte, obwohl er dem Rechtsinstitut ablehnend gegenüberstand.56 Mit der Berufung auf deutsches Recht war Bluntschli seinen Kritikern allerdings zu weit gegangen: StWE sei, so meinte etwa Wächter, „gewiss nicht gemeines Deutsches Recht und sehr bedauerlich würde es seyn, wenn irgendwo nach einem Particularrechte eine solche allen Principien widersprechende und ( . . . ) zur Verwirrung führende Spaltung bestände“.57 Das Ergebnis der wissenschaftlichen Diskussionen war damit letztlich ein Kompromiß: Die „Möglichkeit einer Abtheilung ( . . . ) bei Gebäuden“ wurde nicht vollständig verworfen, sondern mußte „besonders hergebracht sein“58; im Gegenzug anerkannten selbst Befürworter des StWEs die Berechtigung, „auf gesetzlichem Wege gewisse Schranken der planlosen Zerstückelung zu ziehen“.59 Kuntze, S. 62 f. Krauß, S. 343 f. 54 Sintenis, S. 445 f. 55 Dernburg, Pandekten, S. 176 (Anm. 3). 56 Bluntschli, Privatrecht, S. 249; vgl. Mandry, S. 201; ebenso Unger, S. 415. 57 Wächter, Platzrecht, S. 11; vgl. Krauß, S. 342. – Noch 1844 hatte sich Wächter ausführlich mit der Teilbarkeit von Sachen beschäftigen können, ohne dabei das StWE zu erwähnen: Wächter, Theilung, S. 174. 58 Roth, System, S. 429. 59 Kuntze, S. 79. 52 53

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Diese Entwicklung zeigte sich auch in der Judikatur, wo um die Mitte des 19. Jahrhunderts ebenfalls die pandektistische Sichtweise an Bedeutung gewann. Schon 1848 hielt das OAG Kassel die Naturalteilung eines Gebäudes nur dann für möglich, wenn jeder Teil „von der Grundfläche an bis zum Ende des Daches ein zusammenhängendes Ganze[s]“ bilde.60 Wenig später zeigten auch die österreichischen Gerichte bereits eine deutliche Hinwendung zum pandektistischen Standpunkt.61 Andere zweifelten noch, wie das OAG Lübeck, das der Frage nach der Zulässigkeit materieller Gebäudeteilung 1855 auswich und das Problem einer Frankfurter Schirne (Fleischbank) durch die Annahme einer materiell geteilten Grundfläche löste, die mit einem Keller bzw. einem Überbau belastet sei.62 Während sich das preußische Obertribunal, wie erwähnt, nach einem ZickzackKurs schließlich doch der Ablehnung des StWEs zuneigte63, zeigte sich in Württemberg eine letztlich entgegengesetzte Tendenz.64 1864 hatte hier das Obertribunal in Stuttgart eine Teilungsklage zur Beendigung einer materiellen Teilung zugelassen und dies unter anderem auf die 5. Auflage von Savignys Besitz und die Abhandlung von Zaun gestützt, wobei insbesondere Savigny geradezu wörtlich rezipiert erscheint: Es sei „rechtlich nicht möglich, daß das Gebäude und der Boden, und ebensowenig, daß die einzelnen Stockwerke eines Hauses verschiedene Eigenthümer haben“.65 Zwei Jahre später verwarf das Stuttgarter Obertribunal eine reale Teilung sogar für einen Fall, in dem sie vertikal ausführbar erschien.66 Einen schweren Rückschlag für die pandektische Sicht bildete dann jedoch die Plenarentscheidung des württembergischen Obertribunals vom 22. Jänner 1869. Darin verließ das Gericht seinen früheren Standpunkt und anerkannte nun „ein in Württemberg bestehendes Gewohnheitsrecht ( . . . ), nach welchem Gebäude auch in anderer als vertikaler Richtung geteilt werden können und daß daher in Fällen der vorliegenden Art [= bei StWE] die Theilungsklage ausgeschlossen sei“.67 Dieser Gesinnungswandel ging auf ein ausführliches Gutachten des Referenten Krauß zurück, der eine „Allgemeinheit der Sitte, die Häuser in einer dem Accessionsprinzip zuwiderlaufenden Weise zu theilen“, konstatierte. Darin liege „der Beweis, daß in Hinsicht der Frage von der Theilbarkeit der Häuser ein von jenem Prinzip abweichendes Gewohnheitsrecht besteht, welches als solches von den Gerichten anerSeufferts Archiv XIV / 10. GZ 1854, S. 30; vgl. unten 2. 62 Seufferts Archiv IX / 264; Gruchot, S. 106 f. 63 Striethorsts Archiv XXXVI (= NF IV) / 62; Striethorsts Archiv LIV (= 2. Folge II) / 17; EOT LIII (= 5. Folge III), Nr. 2; Striethorsts Archiv LXVIII (= 2. Folge IV) / 37. 64 Zum Folgenden vgl. Zoeppritz, S. 12 ff.; Schott, S. 21 ff.; Kuntze, S. 50 f. 65 Seufferts Archiv XVIII / 242. 66 Seufferts Archiv XX / 32 mit kritischer Anmerkung – es stehe „der Grundsatz des römischen Rechts, welcher die Theilung eines Hauses nach Stockwerken und Gelassen unbedingt ausschließt, mit dem heutigen Leben in Widerspruch“. 67 Seufferts Archiv XXIV / 239; Krauß, S. 334. 60 61

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kannt werden muß.“68 Auf dieser Grundlage konstruierte die Plenarentscheidung ein gewohnheitsrechtliches Sondereigentum. Rasch setzte, geführt von Mandry, massive Kritik an dieser Konstruktion ein.69 Existiere tatsächlich ein Gewohnheitsrecht, so sei dessen Gegenstand nicht ein Sondereigentum; die Anerkennung eines solchen Sondereigentums sei daher verfehlt. Das Gewohnheitsrecht könnte allenfalls nur darauf gerichtet sein, bei „Theilung nach Stockwerken und Gelassen“ den Anspruch auf jederzeitige Theilung des Rechtes und der Sache selbst“ zu beschränken, wie dies auch durch eine entsprechende Vereinbarung möglich wäre.70 Eine Teilungsbeschränkung erschien also dem StWE gewohnheitsrechtlich immanent. Dieser Sichtweise Mandrys war jedoch kein Erfolg beschieden, da sich die Gerichte dem Standpunkt des Obertribunals anschlossen.71 In den folgenden Jahren setzte sich die Anerkennung des StWEs als Ausnahme vom Akzessionsprinzip auch andernorts langsam durch, wenn auch mit unterschiedlicher Bedeutung für die gerade anhängigen Einzelfälle: Das Obertribunal Berlin lehnte 1877, gestützt u. a. auf Savigny, Wächter, Zaun, Sintenis und Unger, die Möglichkeit echter materieller Teilung in der Regel ab und gab einer Teilungsklage statt: Wenn auch „deutsche Rechtsanschauungen andere Erscheinungen vereinzelt in Rechtswirksamkeit erhalten“ hätten, so könnten diese „doch nur für Ausnahmen gehalten werden“.72 Das OLG Braunschweig verneinte 1881 die „Möglichkeit horizontal getheilten Eigenthums an Gebäuden unzweifelhaft“, allerdings von „Particular- und Localrechten abgesehen“.73 Auch ein Urteil des obersten Landgerichts für Bayern anerkannte 1890 die Zulässigkeit von StWE nach Partikularrecht.74 Angesichts des wissenschaftlichen Meinungsstreites und der schwankenden Judikatur verwundert es nicht, daß auch über die Frage der Anerkennung oder Nichtanerkennung des StWEs in den einzelnen Landesrechten keine Einigkeit bestand. So widersprach beispielsweise Schott der von Ackermann und Biermann geäußerten Ansicht und nahm an, dem preußischen Recht wäre das StWE nicht bekannt. Während Ackermann das StWE als in Braunschweig und Hessen anerkannt bezeichnete, war Schott der Ansicht, die Judikatur habe die materielle Gebäudeteilung auch hier verworfen.75 Unstrittigkeit hätte ausdrücklicher Gesetzgebung bedurft. 68 Krauß, S. 346; Seufferts Archiv XXIV / 239; Krauß wird ausführlich nacherzählt von Steimle, Frage, S. 85. 69 Mandry, S. 193 ff.; vgl. Schott, S. 29 ff. 70 Mandry, S. 220. 71 Schott, S. 35. 72 Seufferts Archiv XXXIV (= NF IV) / 10. 73 Seufferts Archiv XXXVII (= NF VII) / 97. 74 Seufferts Archiv XLVI (= NF XVI) / 85. 75 M. w. N. Schott, S. 17.

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2. Teil: Geschichte des Stockwerkseigentums

Die Gesetzgebung hatte sich jedoch lange Zeit nicht um das StWE gekümmert. Als dies unter zunehmendem pandektistischem Einfluß dann doch geschah, waren dafür neben dogmatischen Überlegungen vor allem Schwierigkeiten „für die Polizeiverwaltung, die Grundsteuerverwaltung und die Grundbuchführung“ verantwortlich.76 In diesem Sinne ergingen, teils unter Aufrechterhaltung von bestehenden Teilungen, Verbote des StWEs in Nassau 1827, in Sachsen-Weimar 1841, in Schwarzburg-Rudolstadt 1858, in Sachsen-Coburg 1869, im Großherzogtum Hessen sowie etwa in der Stadt Basel 1881.77 Auch die österreichische Gesetzgebung insbesondere der Fünfzigerjahre des 19. Jahrhunderts ist hier zu nennen (siehe dazu im Detail unten B.2.). Daneben wurde die Frage des StWEs im Rahmen von Kodifikationen oder Kodifikationsprojekten behandelt. Sieht man von den schon erwähnten Gesetzestexten ab, so findet sich der früheste Regelungsversuch 1851 im Entwurf eines BGB für das Großherzogtum Hessen.78 Er entsprach in den Artikeln II / 3 / 99 f. dem Code civil, führte dessen Bestimmungen jedoch in der Folge noch genauer aus: So kannte er beispielsweise eine Ersatzvornahme für unterlassene Erhaltungsarbeiten und die Möglichkeit einer zwangweisen Eigentumsübertragung an jenen Stockwerkseigentümer, der für Erhaltungspflichten eines anderen in Vorlage getreten war. Späteren Beurteilern erschien dies zwar als die „umfassendste“ Regelung79, doch wurde der Entwurf nicht zum Gesetz. Dreißig Jahre später, 1881, wurde das StWE durch Art. 53 der hessischen Allgemeinen Bauordnung verboten.80 Zehn Jahre nach dem hessischen Entwurf, 1861, anerkannte der erste Teil des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs für Bayern (1861 / 64) ein Sondereigentum an „räumlich ausgeschiedenen Teilen“ eines Hauses.81 Die Motive erläuterten Ackermann, S. 6. Schröder, S. 28; Zoeppritz, S. 22; Gierke, Privatrecht, S. 41 FN 13; Möller, S. 40 f.; Sontag, S. 593. 78 Möller, S. 24 f.; Kuntze, S. 51; Schröder, S. 27 f. 79 Möller, S. 18. 80 Möller, S. 24 f.; Bärmann, S. 8. 81 BGBE / Bayern III, S. 256 f. (Text; wiedergegeben auch bei Dölker, S. 106 f.), BGBM / Bayern III, S. 681 f. III Art. 212: (1) Wenn Mehreren das Eigenthum an räumlich ausgeschiedenen Theilen eines Gebäudes zusteht, so sind Grund, Dach, Hofraum und die anderen zum gemeinschaftlichen Gebrauche dienenden Bestandtheile des Gebäudes unter ihnen nach Verhältniß des Werthes der Sondertheile gemeinschaftlich. (2) Dieses Miteigenthum gilt als Bestandtheil des Eigenthums an dem Sondertheile und kann nur mit dem letzteren zur Veräußerung gebracht werden. (3) In dem Absatz 1 bezeichneten Verhältnisse haben die Theileigenthümer zu den Unterhaltungs- und Wiederherstellungskosten der ihnen gemeinschaftlich dienenden Theile des Gebäudes beizutragen. Art. 213: (1) Gehören verschiedene Stockwerke eines Hauses verschiedenen Personen, so hat der Eigenthümer eines jeden Stockwerkes den Aufwand für Erhaltung des Fußbodens und seiner Unterlage, sowie der Decke seines Stockwerkes, dann der Treppe, welche von dem nächst unteren Stockwerke zu dem seinen führt, für sich allein zu bestreiten. (2) Verzögert der Eigenthümer die ihm obliegende Ausbesserung oder Wiederherstellung ungeachtet geschehener Aufforderung, so hat jeder Theileigenthümer das Recht, die nothwendigen Verwendungen zu machen und die Rückerstattung seines Auf76 77

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dazu, es hätte das bei der „weniger bemittelten Einwohnerklasse“ vorkommende StWE trotz des Widerspruchs zu „allgemeinen Rechtsbegriffen“ – woraus die Charakteristik „anomal“ resultierte – als „in der Rechtssitte und in lokalen Bedürfnissen begründet, auch keinem öffentlichen Interesse widerstreitend, weder verboten noch ignorirt werden“ dürfen.82 Für eine gesetzliche Regelung sprach insbesondere der Umstand, daß „selten eine Regelung im Wege der Privatübereinkunft stattfindet“.83 Der Entwurf, der Vereinbarungen der Parteien Vorrang einräumte, nahm als Regelfall Miteigentum an Grundfläche und Dach an, regelte die Instandhaltung von Treppen und Zwischendecken und gab den Eigentümern ein wechselseitiges Vorkaufsrecht. Die Nachwelt beurteilte die vom bayrischen Entwurf 1861 / 64 vorgesehenen Bestimmungen über das StWE positiv: Schon 1888 vertrat Kuntze die Ansicht, es hätte sich um eine Regelung „in einfacher, sachgemäßer und der Praxis entsprechender Weise“ gehandelt84, Möller hielt sie für „sorgfältiger“ als jene des Code civil, wenngleich nicht an den hessischen Entwurf heranreichend.85 Obwohl auch der bayrische Text nicht Gesetzesrang erlangte, blieb er doch nicht ohne Bedeutung: Er wurde nämlich als Aufzeichnung des in der Praxis gelebten Rechts angesehen, sodaß er als Beleg für die Anerkennung eines partikularrechtlich begründeten, dem gemeinen Recht widersprechenden StWEs durch die bayrische Rechtsprechung dienen konnte.86 Im Gegensatz zu Hessen und Bayern waren die Kodifikationsbemühungen in Sachsen von Erfolg gekrönt. Das sächsische BGB87 kannte nur „Bau- und Kellerrechte“, die vererblich und veräußerlich waren, wenn sie ein besonderes Grundbuchsblatt erhalten hatten; die Verhältnisse zwischen den Beteiligten waren dabei entsprechend den persönlichen Dienstbarkeiten zu beurteilen (§ 661). Ein StWE erwähnte das sächsische BGB nicht, vielmehr schrieb es in § 218 das Prinzip „superficies solo cedit“ fest. Es setzte sich daher die Ansicht durch, das sächsische BGB hätte dem StWE „die Anerkennung versagt [ . . . ]“88. wandes zu verlangen. Art 214: (1) Verabredungen, wodurch die Bestimmungen der Art. 212 und 213 abgeändert werden, sind nur giltig, wenn hierüber eine öffentliche Urkunde errichtet ist. (2) Dritten gegenüber wirken dieselben nur unter den Voraussetzungen des Art. 59. Art. 215: Im Falle des Verkaufes eines räumlich ausgeschiedenen Antheiles eines Gebäudes steht den übrigen Theileigenthümern ein gesetzliches Vorkaufsrecht zu, welches nach den Bestimmungen der Art. 384, 385, 387 und 388 Th. II zu beurtheilen ist. Art. 216: Die auf das Nachbarrecht bezüglichen Bestimmungen der Bauordnungen bleiben vorbehalten. – Vgl. Freudling, S. 394; Kuntze, S. 51; Steimle, Frage, S. 87. 82 So BGBM / Bayern III, S. 681; vgl. auch Krauß, S. 341; Dölker, S. 107. 83 BGBM / Bayern III, S. 681. 84 Kuntze, S. 84 f. 85 Möller, S. 18. Schröder, S. 27 f., anerkannte hingegen nicht, daß die Bestimmungen des bayrischen Entwurfs 1861 / 64 über jene des Code civil hinausgingen. 86 OLG Bayern vom 26. 1. 1877: Dölker, S. 111; Seufferts Archiv XLVI (= NF XVI) / 85; Zoeppritz, S. 25. 87 BGB / Sachsen, 28, 79; vgl. Möller, S. 42.

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2. Teil: Geschichte des Stockwerkseigentums

Schließlich fand die Ablehnung des StWEs durch die Pandektistik gesetzlichen Niederschlag im BGB sowie im ZGB (unten C. und D.). Als diese Kodifikationen in Kraft traten, war in Österreich der Höhepunkt des pandektistischen Einflusses auf die Gesetzgebung bereits überschritten. Aufbauend auf dem ABGB (unten B.1.) war es hier zu einer Aufeinanderfolge von Normen höchst unterschiedlichen Charakters gekommen (unten B.2. bis B.6.). Die österreichische Gesetzgebungsgeschichte des StWEs, die in der Folge im Detail dargestellt wird, zeigt daher besonders deutlich Einfluß und Wirkungsweise der Pandektistik.

B. Österreich 1. Das Stockwerkseigentum im ABGB Das ABGB erwähnt ein StWE nicht.89 Die Frage, ob die Kodifikation das Rechtsinstitut kenne, hat daher zahlreiche Juristen beschäftigt und wurde im Laufe der Zeit unterschiedlich beantwortet, wobei man verschiedene Paragraphen argumentativ heranzog. Ein Teil der Überlegungen knüpfte im Sinne der Pandektistik an Bestimmungen an, die das Akzessionsprinzip zum Ausdruck bringen. Deutlich am häufigsten, doch nur pauschal genannt wurden die §§ 417 bis 419 ABGB, um mit ihnen die Ablehnung des StWEs durch die Kodifikation zu begründen90; der OGH ging noch 1976 von dieser Annahme aus.91 Diese Paragraphen regeln jedoch nur den Erwerb des Eigentums durch Zuwachs im Verhältnis zwischen Grund- und Baumaterialieneigentümern und sind insofern Ausdruck des Akzessionsprinzips. Die kleinere Gruppe stützt sich direkt auf die sachenrechtliche Kategorienbildung: Schon 185492 hielt man das StWE für einen Widerspruch „gegen den Begriff des Zugehörs“ und damit für einen Verstoß gegen das in § 297 ABGB formulierte Akzessionsprinzip. „Häuser und andere Gebäude mit dem in senkrechter Linie darüber befindlichen Luftraume“ gehörten demnach zu den unbeweglichen Sachen, für eine horizontale Teilung schien dabei kein Platz. Diese Interpretation wird dem Zweck der Gesetzesbestimmung nicht gerecht, die lediglich die Beweglichkeit von Sachen erläutern sollte. Im Sinne dieser Be88 Vgl. Zoeppritz, S. 26. – Hübner, S. 190, meint das Gleiche auch vom ABGB, bei dessen Interpretation er jedoch irrt. 89 Vgl. Putzer, S. 591 f. 90 Z. B. Unger, S. 415; Randa, Eigenthumsrecht, S. 245; Schiffner, S. 169; Johow, S. 178; Kuntze, S. 49; Schröder, S. 27; Gierke, Privatrecht, S. 41 FN 13; Schott, S. 18; Hübner, S. 190; List, S. 51; Möller, S. 81. 91 OGH 4. 3. 1976, 7 Ob 512 / 76: JBl 1976, S. 642 = NZ 1978, S. 110 (mit Verweis auf Schiffners Formulierung vom „Abusus“, gegen den sich die Ministerialverordnungen der 1850er-Jahre gerichtet hätten). – Vgl. dagegen OGH 1. 3. 1951, 1 Ob 130 / 51: SZ 24 / 58. 92 GZ 1854, S. 30; Slg. Peitler.

§ 1 Das Stockwerkseigentum bis zum Ersten Weltkrieg

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stimmung sind auch materielle Gebäudeteile nicht zu den beweglichen Sachen zu rechnen. Die Redaktionsgeschichte des ABGB gibt sowohl zu den §§ 417 ff. als auch zu § 297 nicht den geringsten Hinweis auf eine Bedeutung für die Frage der materiellen Gebäudeteilung. Anders verhält es sich mit § 361 ABGB, der feststellt: „Wenn eine noch ungetheilte Sache mehrern Personen zugleich zugehört, so entsteht ein gemeinschaftliches Eigenthum. In Beziehung auf das Ganze werden die Miteigenthümer für eine einzige Person angesehen; in so weit ihnen aber gewisse, obgleich unabgesonderte Theile angewiesen sind, hat jeder Miteigenthümer das vollständige Eigenthum des ihm gehörigen Theiles.“ Diese Textierung geht auf Zeiller zurück, der damit Wünschen nach genaueren Bestimmungen über die „verschiedenen Arten des Miteigenthums und ihrer Wirkungen“ entgegenzukommen und Urentwurf II § 79 „klärer ( . . . ) abzufassen“ glaubte.93 Tatsächlich war nahezu das Gegenteil der Fall, kehrte doch mit der Formulierung „unabgesonderte Theile“ ein differenziertes Verständnis von Teilbarkeit in den Gesetzestext zurück, das dort, wo die Teilbarkeit ursprünglich geregelt werden sollte, verdrängt worden war.94 Urentwurf II § 27 sah dazu nämlich bloß noch einen Satz vor: „Alle Sachen, die nach ihrer Trennung noch ihre vorige Wesenheit und Benennung beibehalten, werden teilbare Sachen genannt ( . . . )“. Im Lichte dieser Bestimmung wäre ein Haus nur dann teilbar erschienen, wenn sich daraus zwei Häuser bilden ließen, nicht aber, wenn das Ergebnis der Teilung mit einer anderen „Wesenheit und Benennung“, etwa nur mehr als „Raum“, „Wohnung“ oder „Stockwerk“ bezeichnet werden könnte. Geht man in der Kodifikationsgeschichte jedoch weiter zurück, so zeigt sich, daß diese Strenge ursprünglich nicht beabsichtigt war. Im Codex Theresianus (II / 1 / 202) fand sich eine weniger rigide Definition der Teilbarkeit: „Theilbare [Sachen] sind [diejenigen], welche sich ohne Verletzung ihrer Gestalt füglich in 93 Urentwurf II § 79 lautete: „Wenn eine noch ungetheilte Sache zweien oder mehrern Personen zugleich gehört, so werden sie nur für eine einzige Person angesehen: Doch hat jede von ihnen ein Recht sowohl auf die Substanz, als auf die Nutzungen dieser Sache, und folglich das vollständige Eigenthum auf den sie treffenden Theil derselben.“ Ofner I, S. XXXVII. 94 Nicht zu Unrecht führte daher Fuchshuber, S. 85, die Probleme mit der Einordnung des StWEs darauf zurück, daß die im Urentwurf zum ABGB vorgesehenen Bestimmungen über die Teilbarkeit von Sachen entfallen waren. Nicht überzeugend scheint in Anbetracht der im Folgenden skizzierten Entwicklung seit dem Codex Theresianus die Ansicht von Pineles, S. 728, wonach die „unabgesonderten Theile“ aus den Erinnerungen der Wiener juridischen Fakultät von 1798 übernommen worden seien. Sie hatten folgenden Wortlaut: „Das Miteigenthum kann von zweyerley Art seyn. Eines bestehet in dem Rechte eines jeden Miteigenthümers über die ganze Sache (Gesammteigenthum, condomium in solidum, pro indiviso), die andere bestehet in dem Rechte eines jeden Miteigenthümers auf einen gewissen, aber unabgesonderten Theil des Ganzen – Miteigenthum“. Obwohl also ausdrücklich von zwei Arten des Miteigentums die Rede war, unterstellte Pineles der Wiener Juristenfakultät, sie hätte „im Falle der ,abgesonderten Theile‘ nicht einmal Miteigenthum ( . . . ) anerkennen“ wollen.

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2. Teil: Geschichte des Stockwerkseigentums

beschiedene oder abgesönderte Theile zertheilen lassen, als eine Summe Gelds, eine Maß Getreids, Grund und Boden“. Damit tritt eine Mehrstufigkeit der Teilbarkeit zutage, die der Codex Theresianus noch weiter ausführt (II / I / 203): „Die Untheilbare[n Sachen] sind wiederum von zweierlei Art, dann entweder nehmen sie gar keine Theilung weder zu beschiedenen, noch zu unbeschiedenen Theilen an, als da insgemein ist das Recht einer Dienstbarkeit, oder sie können zwar in unbeschiedene, nicht aber ohne ihrer gänzlichen Vernichtung oder wesentlichen Verringerung in beschiedene Theile getheilet werden, als einzle Thiere, Edelsteine, Gemälde, Bildsäulen und dergleichen Kunststücke, deren Werthschaft ungleich mehr nach ihrer Form und Gestalt, welche durch die Zertheilung vernichtet würde, als nicht nach dem Zeug, woraus sie verfertiget sind, geschätzt wird.“ Neben der Teilbarkeit findet sich also als Unterkategorie eine „Unbeschiedenheit“ bzw. „Beschiedenheit“, wobei für das StWE insbesondere letztere von Bedeutung ist: „Ein beschiedener Theil ( . . . ) ist von dem zertheilten Ganzen wirklich abgesönderet, welcher anwiederum als ein Ganzes für sich in die Sinnen fällt.“ (Codex Theresianus II / I / 204). Hier bestehen demnach zwei Objekte nebeneinander, die jeweils als „Ganzes“ erscheinen; ihre „Benennung und Wesenheit“ wird zwangsläufig ungleich sein. Hinsichtlich des einen „Ganzen“ besteht zwischen den Eigentümern der jeweils als „Ganzes“ erscheinenden beschiedenen oder abgesonderten Teile eine Gemeinschaft. Mit der Beschiedenheit finden wir im Codex Theresianus also die çommunio pro diviso“.95 Mit beschiedenen Teilen einer Sache ist Miteigentum an dieser Sache verbunden, wie Codex Theresianus II / I / 161 deutlich macht: „Deme eine Sache nicht allein, sondern mit Anderen zusammengehörig ist, dieser hat solche für den Antheil der Anderen, er seie beschiedn oder noch unbeschieden, als eine fremde Sache anzusehen, und ist auch für seinen Antheil an dem Willen des Miteigenthümers dergestalten gebunden, daß er ohne solchem die gemeinschaftliche Sache zur Gänze an Andere zu übertragen, zu beschweren oder deren Gestalt zu verminderen nicht vermag; dann in gemeinschaftlichen Dingen hat derjenige ein stärkeres Recht, der sich der Neuerung widersetzet, als Jener, welcher solche vorzunehmen Willens ist.“96 Schon im Entwurf Horten fehlte aber die Unterscheidung in beschiedene und unbeschiedene Teile97, ebenso dann 1796 im Entwurf Martini98. Ohne in der weiteren Kodifikationsdiskussion eine Rolle zu spielen99 kehrte sie nun mit Zeillers Textierung des § 361 ABGB wieder, wenn auch nur zwischen den Zeilen: Der Hinweis auf „gewisse, obgleich unabgesonderte Teile“ zeigt, daß man sich auch „ge95 Dazu Pineles, S. 728. Statt von Beschiedenheit und Unbeschiedenheit sprechen andere zeitgenössische Quellen von abgeteilter und unabgeteilter Herrschaft: Kreittmayr II / 2 / § 16. 96 Harrasowsky II, S. 34. 97 Entwurf Horten III / 9 / § 11: Harrasowsky IV, S. 381. 98 Entwurf Martini II / 3 / § 7: Harrasowsky V, S. 90. 99 Ofner I, S. XXXVII (Urentwurf II § 79), S. 246 (Beratung vom 2. Mai 1803); vgl. Pineles, S. 728.

§ 1 Das Stockwerkseigentum bis zum Ersten Weltkrieg

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wisse abgesonderte Teile“ vorstellen konnte. Dies verwundert nicht, wenn man bedenkt, daß erst wenige Jahre zuvor das bereits erwähnte Hofdekret von 1790 „specifique [ . . . ] jedem eigens zugewiesene [ . . . ] Bestandtheile [ . . . eines] Hauses“ gekannt hatte.100 Ausdrücklich erwähnte Zeiller diese Möglichkeit übrigens in seinem Kommentar: Gehört „jedem ein Stockwerk vom Hause, so hat jeder sein abgesondertes Eigenthum, und wenn das Nutzungseigenthum von dem Obereigenthume getrennt ist, so entsteht ein getheiltes Eigenthum, kein Miteigenthum“.101 Er unterschied also abgesonderte von unabgesonderten Teilen, damit materielle Teile von Quoten – und anerkannte dadurch das StWE.102 Die gegenteilige Vorstellung wäre aber auch schon deshalb befremdlich, weil Zeiller, wenn er aus den Fenstern seines Geburtshauses über den Grazer Hauptplatz blickte, das berühmte, materiell geteilte Weißsche Haus103 vor Augen hatte. Ungeachtet der in ihm enthaltenen Anerkennung abgesonderter Teile wurde der zitierte Satz aus Zeillers Kommentar jedoch rasch zum Ausgangspunkt einer verfehlten Auffassung des StWEs. Sie ist durch einen Gegensatz zwischen abgesondertem Eigentum104 und Miteigentum gekennzeichnet: Schon Scheidlein verkürzte Zeillers Erläuterung in diesem Sinne105: Seien „mehreren Personen besondere physische Theile einer Sache, z. B. jedem eine bestimmte Hälfte des Grundes, oder ein Stockwerk vom Hause angewiesen, so ist das Eigentum abgesondert, folglich nicht gemeinschaftlich“. 106 Nippel bemerkte zu § 361 ABGB sogar, es dürfe „eine Sache mehreren Personen nicht in der Art zukommen, daß jeder derselben ein physischer, materieller Theil der Sache, z. B. daß dem A das erste, dem B das zweyte usw. Stockwerk eines Hauses zugewiesen werde“. Es wäre verfehlt, diese Textpassage im Sinne eines Verbots von StWE zu interpretieren, wie dies später geschah.107 Nippel wollte damit nur wie Scheidlein zum Ausdruck bringen, daß „in diesem Falle ( . . . ) die Sache unter mehrere Personen vertheilt“ sei, sodaß „von einem gemeinschaftlichen Eigenthume keine Rede“ sein konnte. War aber auf StWE „der Begriff eines gemeinschaftlichen Eigenthumes ( . . . ) nicht anwendbar“, so war auch seine Unterstellung unter § 361 ABGB sowie in der Folge unter die BestimHD vom 14. Dezember 1790, JGS 96. Zeiller, S. 120 f. 102 Dies war schon 1911 Pitreich, 1934 Novak und 1951 sogar dem OGH bewußt: Pitreich, S. 490; Novak, S. 112; SZ 24 / 58. 103 StmkLA, BG Graz, KG Innere Stadt, GB IV, EZ 87; vgl. Luschin-Ebengreuth, S. 544. 104 Manche Kommentatoren des ABGB gehen – im Gegensatz zu den in der Folge zitierten – auf das Eigentum an abgesonderten Teilen überhaupt nicht ein: So kennt etwa Linden I, S. 111, nur „ideale“ Teile, ebenso wohl Bergmayr II / 1, S. 82 f. 105 Diese Vorgangsweise Scheidleins ist häufiger festzustellen: vgl. Brauneder, Person, S. 177 f. 106 Scheidlein I, S. 43. 107 So z. B. von Harrasowsky in seinem Referat JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. 100 101

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mungen des 16. Hauptstückes „von der Gemeinschaft des Eigenthumes und anderer dinglichen Rechte“ ausgeschlossen.108 Es bedurfte also einer im Sinne des § 361 ABGB „noch ungetheilte[n] Sache“, um Miteigentum zu ermöglichen, während bei einer materiell geteilten Sache diese Voraussetzung für Miteigentum nicht mehr vorhanden schien. Allerdings nahm selbst Nippel im Zusammenhang mit § 842 ABGB – abweichend von seinen Ausführungen zu § 361 ABGB – ein, wenn auch gelockertes, Miteigentumsverhältnis zwischen den Stockwerkseigentümern an.109 Auch Winiwarter erläuterte § 361 ABGB dahingehend, „gemeinschaftliches oder Miteigenthum“ sei nur dann vorhanden, „wenn die nähmliche Sache ohne Theilung mehreren Personen zugleich und auf gleiche Art zusteht“. Zwar unterschied er dabei zwischen çondominium pro indiviso“ und çondominium pro diviso“, doch galt ihm ersteres als Synonym des Gesamteigentums çondominium in solidum“, letzteres als Ausdruck des Quoteneigentums.110 In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde auch diese Differenzierung verworfen: Es gäbe weder ein „Miteigenthum in solidum“, noch könnte „von einem Miteigenthum weiter die Rede sein ( . . . ), wenn die Antheile der einzelnen körperlich ausgeschieden“ würden; sowohl das condominium in solidum als auch das condominium pro diviso seien daher „in sich widersprechende Begriffe“.111 Der seit Scheidlein und Nippel vertretenen Argumentationslinie 112 folgte noch 1982 der OGH: Die Schöpfer des ABGB hätten zwischen „gewissen, obgleich unabgesonderten Teilen“ im Sinne des § 361 ABGB und „gewissen, abgesonderten Teilen“, die schließlich im ABGB nicht erwähnt worden seien, unterschieden und dabei das abgesonderte Eigentum dem Miteigentum gegenübergestellt. Bei materieller Gebäudeteilung bestünde demnach „gar kein echtes Miteigentum“. 113 Der angenommene Gegensatz zwischen abgesondertem Eigentum und Miteigentum stützt sich jedoch weniger auf den Text des § 361 ABGB als auf dessen Kommentierung durch Zeiller.114 Dieser hatte nämlich zwei jeweils einen Gedanken enthaltende Satzgefüge durch ein „und“ zu einem sich über neun Zeilen ziehenden Satz kombiniert: Etwas mehr als dessen erste Hälfte nimmt eine Erklärung des abgesonderten Eigentums in Anspruch, der Rest widmet sich dem Entstehen des geteilten Eigentums. Die beiden letzten Worte des Satzes – „kein MiteigenNippel III, S. 196 f.; vgl. Putzer, S. 593. Nippel V, S. 278; vgl. Pineles, S. 729; Putzer, S. 593. 110 Winiwarter II, S. 105 f. Die gleiche Ansicht hatte schon 1798 die Wiener juridische Fakultät vertreten: Pineles, S. 728. 111 Stubenrauch I, 4 S. 45 f. 112 Vgl. weiters z. B. Pineles, S. 728 f., der dies auf seine Interpretation der Redaktionsgeschichte zu stützen versuchte; Randa, Eigenthumsrecht, S. 226 f.; Randa, Besitz, S. 500 f. 113 Vgl. OGH 30. 6. 1982, 3 Ob 559 / 82 (Unterinstanzen OLG Innsbruck 1 R 336 / 81, LG Innsbruck 14 Cg 465 / 81): SZ 55 / 99 = EvBl 1982 / 176 = MietSlg. XXXIV / 23 = MietSlg. 34.085. Weitere Nachweise für die Vorstellung eines Gegensatzes zwischen abgesondertem Eigentum und Miteigentum liefert auf den der OGH 1982 zurückgriff. 114 Zum Folgenden Zeiller, S. 120 f. 108 109

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tum“ – erscheinen bei genauer Lektüre als Ergänzung nur des unmittelbar vorangehenden Satzteiles „so entsteht ein getheiltes Eigenthum“. Das abgesonderte Eigentum steht hingegen im ersten Satzgefüge; von ihm sind die Worte „kein Miteigentum“ daher nicht nur durch ein anderes Verb, sondern auch durch ein Komma sowie ein „und“ getrennt. § 361 ABGB selbst läßt hingegen „ein gemeinschaftliches Eigenthum“ dann entstehen, wenn „eine noch ungetheilte Sache mehrern Personen zugleich zugehört“. In diesem Fall werden „die Miteigenthümer“ in „Beziehung auf das Ganze ( . . . ) für eine einzige Person angesehen“. Im Anschluß an das „Ganze“ wendet sich der Gesetzestext den „Theile[n]“ zu: Soweit den „Miteigenthümer[n] ( . . . ) gewisse, obgleich unabgesonderte Theile angewiesen sind, hat jeder Miteigenthümer das vollständige Eigenthum des ihm gehörigen Theiles.“ Das „obgleich“ schließt im konzessiven Sinne eines „wenn auch“ die Rechtsfolge des vollständigen Teileigentums für abgesonderte Teile nicht aus; sie scheint im Gegenteil gerade nur für die unabgesonderten erwähnenswert: Würde sich das „vollständige Eigenthum“ nur auf unabgesonderte Teile beziehen, so hätte das Wort „obgleich“ keine Bedeutung.115 Dazu kommt, daß der Gesetzestext zwischen „ungeteilt“ und „unabgesondert“ unterscheidet; eine Absonderung von Teilen widerspricht daher entgegen der seit Scheidlein tradierten Vorstellung „gemeinschaftliche[m] Eigenthum“ an „eine[r] noch ungetheilte[n] Sache“ nicht.116 Insgesamt zeigt sich, daß das ABGB in beiden Fällen Miteigentum annimmt und die Anwendung von Bestimmungen seines 16. Hauptstückes auf StWE möglich macht. Tatsächlich lieferte auch das 16. Hauptstück gelegentlich Argumente zur Frage des StWEs, wobei man im Zusammenhang mit den §§ 842 f. die Frage der Teilbarkeit thematisierte.117 Da diese Bestimmungen jedoch die Art der Teilung bei Miteigentum an einer gemeinschaftlichen Sache regeln, war Überlegungen auf ihrer Grundlage der Boden entzogen, sobald man gerade die Voraussetzung des Miteigentums bestritt. Daher wurde auch übersehen, daß bei Zeiller – anknüpfend an eine andere Stelle des 16. Hauptstücks – ein weiterer Hinweis darauf zu finden wäre, daß StWE und Miteigentum einander nicht ausschließen. Dabei handelt es sich um die „vermutete Gemeinschaft“ bei sogenannten „Scheidewänden“ (§§ 854 ff. ABGB). Selbst der bedeutendste österreichische Pandektist Josef Unger hatte noch anerkannt118, daß 115 So schon Pineles, S. 729, der daran jedoch die Schlußfolgerung knüpfte, man hätte „im Falle der ,abgesonderten Theile‘ nicht einmal Miteigenthum ( . . . ) anerkennen“ wollen. 116 Deutlich macht dies übrigens auch die italienische Übersetzung des ABGB, die ebenfalls zwei verschiedene Begriffe – „indivisa“ und „non separate“ – verwendet: Castelli, S. 122; Reale II / 1, S. 102; Basevi, S. 118. 117 Vgl. schon Nippel V, S. 278. 1854 wurde eine materielle Teilung als Widerspruch gegen den „Begriff ( . . . ) einer untheilbaren Sache (§ 843 b.G.B.)“ bezeichnet: GZ 1854, S. 30. 118 Unger, S. 414; Pineles, S. 738 ff.

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das ABGB hier eine Form der çommunio pro diviso“ kenne119; heute nimmt man an ihnen überhaupt gewöhnliches Miteigentum an.120 Eine Teilungsklage kommt dabei nicht in Betracht. Es ist daher von besonderem Interesse, daß zumindest Zeiller die dazu gehörigen Regeln auf StWE angewendet wissen wollte. Bei § 856, der die Erhaltung derartiger Scheidewände regelt, merkte er an, es lasse sich „hieraus ( . . . ) abnehmen, wie in dem Falle, daß die Stockwerke eines Hauses verschiedenen Eigenthümern gehörten, die Erhaltungskosten zu tragen seyn“ – wozu er ausdrücklich auf Art. 664 des Code civil verwies.121 StWE erschien ihm demnach nicht nur als zulässig; es sollte auch teils nach Allein-, teils nach Miteigentumsregeln beurteilt werden. Dies bestätigt die zu § 361 ABGB angestellten Überlegungen. Von großer Bedeutung für das StWE ist schließlich § 878 ABGB, der anfänglich mit dem Problem der Teilbarkeit in Verbindung gebracht wurde. Schon122 1853 argumentierte das BG Waidhofen / Ybbs mit dieser Bestimmung und hielt auf ihrer Grundlage die Abtrennung eines Gebäudeteils ohne besondere politische Teilungsbewilligung für „gänzlich unzulässig“. Ein über einen solchen materiellen Teil abgeschlossener Vertrag betreffe eine dem Verkehr entzogene Sache und sei nach § 878 ABGB ungültig. Das OLG Wien als Berufungsgericht ging auf diesen Aspekt indirekt ein und anerkannte in diesem Fall eine materielle Teilung, weil das konkrete Objekt nicht von jenen Gesetzen erfaßt worden sei, die eine politische Teilungsbewilligung verlangten. Für eine Anwendung des § 878 war im Anlaßfall demnach kein Raum. Der OGH stellte schließlich fest, daß materielle Teilungen unabhängig von einer speziellen Verbotsnorm dem „Begriffe der Untheilbarkeit eines Hauses“ widersprächen und ohne besondere politische Bewilligung ungültig seien, wobei er die Unmöglichkeit der grundbücherlichen Durchführung eines solchen Vertrages betonte. Im Ergebnis wurde damit wieder § 878 herangezogen. Den durch dieses Urteil um seinen Hausanteil gekommenen Mann verwies der OGH auf eine Entschädigung durch den ursprünglichen Verkäufer oder seine Rechtsnachfolger, was angesichts der mehr als zwanzig seit dieser Abtrennung verflossenen Jahre praktische Probleme aufgeworfen haben dürfte.123

119 Solche Scheidewände konnten gemäß § 854 nicht nur als Mauern in Erscheinung treten, sondern in vielfacher anderer Art; denkbar wären etwa auch Stiegenhäuser. 120 Vgl. mit weiteren Nachweisen Böhm / Egglmeier-Schmolke, S. 3; Gamerith in: Rummel, Rz 1 ff. zu § 854 ABGB. 121 Zeiller, S. 918. Bei anderen ABGB-Kommentatoren fehlen solche Überlegungen, vgl. z. B. Scheidlein II, S. 328 ff.; Winiwarter III, S. 479 ff.; Klang in: Klang 1952, S. 1154 ff. Für die Außenmauer(!) eines materiell geteilten Gebäudes wurde die Anwendung des vermuteten Miteigentums ausgeschlossen durch OGH 1. 3. 1951, 1 Ob 130 / 51, SZ 24 / 58; Hofmeister / Egglmeier in: Schwimann III, Rz 5 zu § 857 ABGB; Gamerith in: Rummel, Rz 4 zu § 854 ABGB (über den Sachverhalt des Falles hinausgehend verallgemeinert für „Mauern eines Hauses, das im StWE steht“). 122 Zum Folgenden: GZ 1854, S. 30. 123 GZ 1854, S. 30.

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Heute ist § 878 ABGB mit dem StWE auf das engste verknüpft. Der modernen österreichischen Zivilrechtsdogmatik dient die materielle Gebäudeteilung nämlich als besonders abschreckendes Lehrbuchbeispiel rechtlicher Unmöglichkeit; die Neubegründung von StWE erscheint ebenso als „geradezu unmöglich“ wie die Lieferung eines „Hippozentaurus“ oder die „Verschaffung des Königreiches Böhmen“.124 Wie diese Beispiele illustrieren, werden der Anwendung des § 878 allerdings nur solche Fälle rechtlicher Unmöglichkeit unterstellt, die der faktischen Absurdität entsprechen, nicht aber jene, die durch eine bloße Unerlaubtheit gekennzeichnet sind, wie sie sich aus Verstößen gegen Justiz- oder politische Gesetze ergibt. Auf diesem Wege hat sich die Einschätzung der Pandektistik erhalten, daß es sich beim Akzessionsprinzip um ein „Gebot der Rechtslogik“ handle, dessen Gültigkeit sich darin gründe, daß „dieses Prinzip allein vernünftig sei“.125 Schon 1924 hatte Heinrich Klang dies am Deutschen Juristentag festgestellt: „Allein das StWE war und blieb den Romanisten strenger Observanz eine begriffliche Unmöglichkeit und mußte deshalb verschwinden.“126 Bemerkenswert ist es insbesondere, daß das StWE als Beispiel für § 878 ABGB von dessen Änderung durch die 3. Teilnovelle 1916 unbeeinflußt blieb.127 Während das ABGB in § 878 alt nämlich das geradezu Unmögliche mit dem Unerlaubten verbunden, damit also physische und rechtliche Unmöglichkeit gleichgestellt hatte, enthielt der novellierte § 878 nur mehr Bestimmungen über das geradezu Unmögliche, während das Unerlaubte seinen Platz im neugefaßten § 879 fand. Dessen ungeachtet hat die Lehre unter dem, was „geradezu unmöglich“ sei, weiterhin das faktisch Absurde sowie bestimmte, besonders gravierende Fälle rechtlicher Unmöglichkeit verstanden. Nur solche Versprechen seien demnach nichtig, „deren Erfüllung der Rechtsordnung evidentermaßen unbekannt ist; nicht hingegen bloß verbotene Leistungen“.128 Es sollte der Lehre zu denken geben, daß ein anderes Beispiel für rechtliche Unmöglichkeit, der „Kauf einer Eigentumswohnung durch unverheiratetes Paar“, sieben Jahre, nachdem man ihn auf eine Stufe mit dem Verkauf des Hippozentaurus gestellt hatte, durch das WEG 2002 in die Normalität verschoben wurde.129 Der vermeintlich feste Maßstab rechtlicher Unmöglichkeit ist also eher ein höchst elastisches Gummiband. 124 Koziol / Welser I13, S. 171; ähnlich schon Ehrenzweig II / 1, S. 157 f.; vgl. OGH 13. 12. 1994, 5 Ob 138 / 94: MietSlg. 46.051 = JBl 1995, S. 788 (mit Glosse von Meinhard Lukas) = WoBl 1996 / 7 (mit Glosse von Christian Markl); weiters z. B. Ertl, 150, unter Berufung auf eine frühere Auflage von Koziol / Welser. Vgl. Kohl, Erklärung, S. 101 ff. 125 Zu Savignys Theorie von der juristischen Unmöglichkeit Angst, S. 190 f.; vgl. Schott, S. 15, unter Hinweis auf Zaun und Arnold. Kritisch zum „Gebot der Rechtslogik“ schon Gierke, Entwurf, S. 324. 126 Klang in: Verh.33.DJT, S. 240 f. 127 Zum Folgenden StenProtHH, XX. Session 1909, Beil. 2, 126; Beil. 78, 137; allgemein zu den Teilnovellen Dölemeyer, S. 274 ff. 128 Rummel in: Rummel, Rz 2 zu § 878. 129 „Kauf ( . . . ) durch unverheiratetes Paar“: JBl 1995, S. 788; Apathy in: Schwimann, Rz 4 zu § 878. Inzwischen ist dieses Beispiel in Koziol / Welser I12, S. 155, bereits ersetzt

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Zu Unrecht nur sehr vereinzelt argumentiert wurde schließlich mit § 1092130, der die im alten § 878 ABGB berührte Verkehrsfähigkeit von Sachen konkretisiert. Können nämlich „Mieth- und Pachtverträge über die nähmlichen Gegenstände und auf die nähmliche Art, als der Kaufvertrag, geschlossen werden“, so gilt dies auch umgekehrt, woraus sich angesichts der alltäglichen Wohnungsmiete die Möglichkeit eines Wohnungskaufs ergibt. Leider wurde im Rahmen der Redaktionsgeschichte des ABGB, abgesehen von der oben skizzierten Vorgeschichte des § 361, bei keiner der erwähnten Bestimmungen das StWE auch nur andiskutiert.131 2. Die regionalen Neubegründungsverbote132 a) Salzburg Die ausdrückliche legislative Beschäftigung mit dem StWE begann in Österreich auf eine sehr unscheinbare Art und zu einer Zeit, als die Wissenschaft an diesem Rechtsinstitut noch kaum Interesse zeigte.133 Mit Note vom 26. August 1852 teilte das Innenministerium dem Justizministerium mit, daß der Gemeinderat der Stadt Salzburg die Erlassung einer Verordnung erbeten habe, um der „bisher dort üblichen Zerstückung der Häuser“ entgegenzutreten. Der Gemeinderat hatte dies mit verschiedenen „Übelständen“ begründet, wie der „Erschwerung einer geregelten Bau- und polizeilichen Ordnung“, der „Vervielfältigung von Rechtsstreiten“ sowie der „übermäßige[n] Anhäufung von Hypothekarlasten“. Neben diesen sehr konkreten Argumenten blieben andere vorerst undeutlich und verschwommen; so etwa wurde argumentiert, daß das StWE die „Erreichung von Gemeindezwekken“ erschwere. Das Innenministerium beabsichtigte nun beim Kaiser die Erlassung eines Gesetzes zu beantragen, mit dem „die Zerstückung der noch ungeteilten Häuser in Salzburg in sogenannte Hausböden [= StWE] untersagt und angeordnet würde, daß, in Fällen der Besitz-Vereinigung von bisher getrennten Hausböden oder einzelnen Bestandteilen eines und desselben Hauses der neue Besitzer eine Trennung oder vereinzelte Belastung derselben nicht vornehmen darf“. Zu dieser Absicht des Innenministeriums sollte das Justizministerium Stellung nehmen. Die durch den „Kauf einer Eigentumswohnung, durch den ein Eigentumsübergang an drei Schwestern angestrebt wird“; so auch Koziol / Welser I13, S. 171. 130 Sokolowski, S. 20. 131 Putzer, S. 592, interpretierte dieses Schweigen der ABGB-Redaktoren über das StWE als „Ausdruck einer gewissen Verlegenheit eines zwischen Naturrecht und Pandektistik schwankenden Gesetzgebers“; dem kann allerdings angesichts der für die ABGB-Arbeiten zu spät einsetzenden Pandektistik nicht gefolgt werden. 132 Die österreichische Entwicklung der Verbote skizzierte auch kurz Sokolowski, S. 16 ff.; vgl. Putzer, S. 595; Novak, S. 113 ff. 133 Zum Folgenden IM 9313 / 151 bzw. JM 6248 / 107: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 2. Vgl. Anhang 1.

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Antwort vom 18. Mai fiel geradezu euphorisch aus: Das Justizministerium trat dem Antrag des Innenministeriums „unbedingt bei“. Allerdings sprach es sich gegen eine von der Statthalterei 134 angeregte Begleitmaßnahme aus, wonach in Fällen der zustandekommenden Eigentümeridentität in den öffentlichen Büchern angemerkt werden sollte, „daß der neue Besitzer nicht berechtigt sei, diese vereinten Teile wieder zu trennen oder vereinzelt zu belasten“. Dies schien dem Justizministerium „zwar unbedenklich“, doch als eine „überflüssige Geschäftsvermehrung“: Werde ein allgemeines Verbot erlassen, so bedürfte es keiner Kennzeichnung seines Bestehens in jedem konkreten Einzelfall. Das Justizministerium nutzte die Gelegenheit seiner Stellungnahme sogleich für einen Hinweis darauf, daß „ähnliche Zerstückungen“ auch andernorts auftreten würden. Genannt wurden Graz und Prag; in der böhmischen Hauptstadt käme die Teilung „bei fast allen dortigen sogenannten Judenhäusern“ vor. Vorgeschlagen wurde daher, ein Gesetz „nicht bloß für Salzburg sondern ganz allgemein [zu] erlassen“.135 Dem Innenministerium136 schien der Zeitpunkt für ein solches allgemeines Gesetz zu früh; „vorerst“ sollte durch Umfrage bei den übrigen Statthaltereien ein Überblick über die Verbreitung des Problems gewonnen werden. Dafür wäre es von Vorteil, auf ein schon bestehendes Verbotsgesetz für ein enger begrenztes Gebiet verweisen zu können. Diese Umfrage sollte also erst nach Erledigung des Salzburger Problems begonnen werden. Zu diesem verteidigte das Innenministerium die Idee der Anmerkung in den öffentlichen Büchern: Ohne bücherliche Kennzeichnung könnte der Fall eintreten, daß jemand im Vertrauen auf das von ihm eingesehene öffentliche Buch einen Hausboden erwirbt, der eigentlich nicht mehr abgesondert veräußert werden dürfte. Mit der Kenntnis des Verbotes der abgesonderten Veräußerung allein sei es nicht getan; über die Anwendung des Gesetzes im konkreten Falle dürfe man aus den öffentlichen Büchern Aufschluß erwarten. In diesem Sinne legte das Innenministerium dem Justizministerium einen Verordnungsentwurf vor, der ein Zerstückungsverbot enthielt und das nach Vereinigungen eintretende Trennungsverbot durch Anmerkung in den öffentlichen Büchern sichtbar machte. Dieser Entwurf fand im Justizministerium offenbar nur wenig Zustimmung, denn man legte dem Innenministerium mit 15. November 1852 sogleich einen eigenen Gegenentwurf vor:137 Nach diesem sollte das Trennungsverbot nur wirkBericht vom 1. Oktober 1851 Nr. 5733. IM 9313 / 151 bzw. JM 6248 / 107: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 2. Zur Häufigkeit des StWEs in Prag – ungefähr 1900 Grundbuchsobjekte bei 281 Häusern – vgl. Haan, S. 219. 136 Zum Folgenden IM 13754 / 205: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 2. 137 Zum Folgenden JM 16817 / 1852, 23. / 25. Oktober 1852: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 2. 134 135

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lich neue Eigentümer treffen, nicht aber jene Fälle erfassen, in denen ein Hausbodeneigentümer einen weiteren materiellen Anteil hinzuerwarb. Im Justizministerium befürchtete man von einer allzu großen Ausdehnung des Trennungsverbots nämlich Nachteile für die Gläubiger: Sie würden „nicht nur in eine schwierige Kaufschillingsberechnung, daher in Prozesse untereinander verwickelt“, sondern auch dadurch „Verluste erleiden“, daß mehrere „vereinte Hausböden nicht so viele Kauflustige finden könnten“, daß also nur ein geringerer Erlös erzielt würde als bei abgesondertem Verkauf. Daher sollten nach Vorstellung des Referenten zumindest die Gläubiger das Recht behalten, auch bloß einen der materiellen Anteile versteigern zu lassen; dieser Standpunkt wurde allerdings in einer „legislativen Sitzung“ am 3. November aufgegeben, um das Trennungsverbot nicht zu vereiteln. Die Rechtsstellung der Gläubiger wollte man nun dadurch wahren, daß die materiellen Anteile gesondert geschätzt und der Versteigerungserlös nach dem Verhältnis dieser Schätzwerte auf die verschiedenen Gläubigergruppen verteilt werden sollte.138 Das Justizministerium verzichtete auch darauf, abermals die Erlassung eines allgemeinen Gesetzes anzuregen, „um nicht die Erlassung des insbesondere für Salzburg dringlichen Trennungsverbotes zu verzögern.“ Am 8. Februar 1853 konnte der Innenminister dem Justizministerium das Ergebnis der gemeinsamen Bemühungen mitteilen.139 Es war durchaus gemischt ausgefallen. Zwar hatte der Kaiser mit allerhöchster Entschließung vom 30. Jänner 1853 seine „Minister des Innern und der Justiz“ ermächtigt, die „angetragene Verordnung für die Stadt Salzburg zu erlassen“. Dem vom Innenministerium entgegen den Empfehlungen des Justizministeriums formulierten „Vorbehalt“, daß „nach Erhalt einer allerhöchster Genehmigung die übrigen Landesstellen um ihre Äußerungen gebeten werden sollten“, blieb der Erfolg allerdings versagt: Die „angedeuteten Vernehmungen und Aufforderungen der übrigen Länderstellen“ hätten „auf sich zu beruhen“, entschied der Kaiser. Eine nicht unwesentliche Grundlage dieser Entscheidung war das Gutachten des Reichsrates gewesen, dessen Beratung der Vortrag des Innenministers140 unterzogen worden war.141 Reichsrat Freiherr von Buol, der in dieser Sache das Referat zu erstatten hatte, sah die materielle Gebäudeteilung „mit unverkennbaren öffentlichen Nachtheilen verbunden“. Neben jenen Problemen, die schon in den ministeriellen Beratungen zur Sprache gekommen waren, betonte Buol auch die aus dem StWE resultierende „Leichtigkeit der Ansäßigmachung“ und die dadurch entstehende „Belastung der Gemeinde und ihrer Wohlthätigkeitsanstalten“. Insgesamt Diese Lösung fand später Eingang in das StWEG 1879. Zum Folgenden IM 3396 in JM 2492 vom 8. / 9. Februar 1853: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 3. 140 Vortrag des Ministeriums des Inneren vom 6. Jänner 1853 Z 30773, MCZ 91 / 1853: HHStA, Ministerconferenz, Karton 1 / 1853. 141 Zum Folgenden RR 43 / 1853 (entspricht RR 21 / 1853): HHStA, Reichsrat / Gremialakten, Karton 24. 138 139

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erschien das StWE als „Förderung des Pauperismus“. Eine gesetzliche Maßnahme hielt Buol daher für „ganz angemessen“ und empfahl die Genehmigung des vorgelegten Entwurfs. Dafür fand er die Zustimmung fast aller Reichsräte, von denen Baron Haimberger die Ausdehnung auf andere Orte der Monarchie als besonders wünschenswert betonte. Nur Reichsrat Freiherr von Krauß, offenbar unterstützt durch Reichsrat Freiherrn von Krieg142, sprach sich gegen den Verordnungsentwurf aus. Ein unbedingtes Teilungsverbot sei eine „empfindliche Einschränkung des Eigenthumsrechtes“, wie sie „nur aus sehr wichtigen Gründen veranlaßt werden sollte“. Solche gäbe es aber nicht: Im Gegensatz zu den bestehenden Teilungsverboten hinsichtlich des großen adeligen sowie des bäuerlichen Grundbesitzes wären im Fall der Salzburger Häuser keine „höheren politische[n] und staatswirthschaftliche[n] Gründe“ für eine derartige Maßnahme vorhanden. Seit einer Verordnung vom 7. August 1805 sei die Zerstückung hier „ohnehin von der Bewilligung der Behörden abhängig gemacht“, sodaß man den Problemen im Einzelfall entgegentreten könne. Diese massive Opposition motivierte Buol zu einem vermittelnden Textierungsvorschlag, der mehrheitliche Zustimmung fand: Materielle Teilungen sollten demnach „für die Zukunft in der Regel verbothen“ sein, „Ausnahmen ( . . . ) von der politischen Landesstelle nur aus besonders rücksichtswürdigen Gründen bewilligt werden“. Diese „Modifikation“ schien jedoch den Reichsräten Haimberger und Hietzinger kontraproduktiv. Der „Zweck der Verordnung“ würde dadurch „ganz verrückt“. Im Ergebnis zeigten sich im Reichsrat also drei Fraktionen: Die eine Gruppe (Krauß, allenfalls auch Krieg) lehnte ein gesetzliches Verbot überhaupt ab, die zweite (Haimberger und Hietzinger) hielt nur das von den Ministern vorgeschlagene unbedingte Verbot für zielführend, die Mehrheit (Referent Buol, Szögyény, Salvotti, Kulmer, Salm) sprach sich für den von Buol modifizierten Text aus, der Ausnahmen vom Teilungsverbot ermöglichte. Allein mit diesem Ergebnis wäre der Kaiser wohl mehr verwirrt als beraten gewesen. Den Ausschlag für ein unbedingtes Teilungsverbot im Sinne des ministeriellen Vorschlages und somit gegen die Mehrheit des Reichsrates gab vermutlich das Gutachten von dessen Präsidenten Baron Kübeck, der sich Haimberger und Hietzinger anschloß. Auf Kübeck geht es auch zurück, daß von den geplanten, über Salzburg hinausgehenden Maßnahmen Abstand genommen wurde: Während diese Frage in den Beratungen des Reichsrates nämlich keine Rolle gespielt hatte, sah Kübeck „keine zureichende Veranlassung, aus diesem speciellen Falle eine allgemeine Verfügung für andere Städte hervorzurufen“. Da „keine Staatsrücksichten“ betroffen seien und auch „keine Klagen oder Anträge“ von Städten oder Landesbehörden vorgekommen waren, empfahl er, die vom Innenministerium beabsichtigten Erhebungen nicht durchzuführen.143 Diesem Rat war der Kaiser also gefolgt. 142 Laut Protokoll äußerte sich nur Krauß, nach der späteren Zusammenfassung der Beratungen im Bericht des Reichsratspräsidenten war Krieg derselben Ansicht gewesen. 143 RR 43 / 1853 (entspricht RR 21 / 1853): HHStA, Reichsrat / Gremialakten, Karton 24.

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Am 15. Februar 1853 erschien die Verordnung vom 8. Februar 1853 als Nummer 25 im Reichsgesetzblatt.144 Sie galt – entgegen späteren Fehlinterpretationen145 – nicht für das Land Salzburg, sondern bloß für die gleichnamige Stadt!

b) Hallein Mit der für die Stadt Salzburg erlassenen Verordnung war eine Kettenreaktion ausgelöst. Der Gemeindeausschuß der Stadt Hallein beschloß in seiner Sitzung vom 15. April 1853, also nur wenige Wochen nach Erscheinen der für Salzburg ergangenen Verordnung im Reichsgesetzblatt, auch für Hallein „um die Erlassung einer Vorschrift über das Verbot der Häuserzerstückung zu bitten“. Zur Begründung dieses Ansuchens wurde vor allem ein im Falle Salzburgs noch verschämt durchschimmerndes Argument massiv vorgetragen: Das „in Hallein bestehende, unverhältnißmäßig zahlreiche Proletariat mit allem daran hängenden Elende und Uibel“ sei „großenteils der Gepflogenheit der Häuserzerstückung zu danken“. Sie hätte es „Jedem“ ermöglicht, „sich mit einigen Gulden in den Besitz eines, wenn auch noch so kleinen Hausantheiles zu setzen und die Gemeindezuständigkeit zu erlangen“. Darüber hinaus würde die „Zerstückung der Häuser in so viele Theile die Ordnung in Betreff der Bau-[,] Feuer- und Fremden[-]Polizei ungemein erschwere[n], häufig Rechtsstreite hervorrufe[n], und eine Menge Uibelstände im Gefolge“ haben. Die Salzburger Statthalterei bestätigte die „Wahrheit der vom Gemeindeausschuß von Hallein angeführten Übelstände der Häuserzerstückung sowohl in finanzieller als polizeilicher Beziehung“ und erklärte, daß die für die Stadt Salzburg festgestellten Probleme in Hallein „in einem noch höheren und bedenklicheren Grade ( . . . ) vorhanden seien“. Dies liege daran, daß „dieser Gemeinde ungleich geringere materielle Kräfte [als der Stadt Salzburg] zu Gebote ständen, um die mit dem geteilten Hauseigentum notwendig verbundenen Unzukömmlichkeiten möglichst zu beseitigen, verarmten Herbergsbesitzern Erwerb und Unterstützung zu gewähren, und den üblen moralischen Folgen einer verkümmerten bürgerlichen Existenz wirksam zu begegnen.“ Die Statthalterei befürwortete daher die Ausdehnung des für Salzburg erlassenen Verbots umsomehr, als ihr, wie sie ergänzend ausführte, eine „die Häuserzerstückung in der Stadt Hallein verbietende Vorschrift nicht bekannt sei“: Das ABGB wurde also nicht in einem solchen Sinn interpretiert! Das Innenministerium war zu einem entsprechenden Antrag an den Kaiser bereit, wollte jedoch zwei Modifikationen vornehmen: Einerseits war der in Salzburg übliche Ausdruck „Hausböden“ durch den in Hallein gebräuchlichen Begriff „Herbergen“ zu ersetzen, andererseits hatte der in die Salzburger Verordnung aufgenommene Hinweis auf ein schon früher bestandenes Teilungsverbot zu entfallen. Vgl. dazu Zillner, S. 194. Justizminister Glaser in JM 13122 / 1877: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Häuserteilungen), Post-Nr. 28 (siehe unten 3.); Randa, Eigenthumsrecht, S. 245 (in Anm. 57). 144 145

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Diese Überlegungen legte das Innenministerium am 4. September 1854 dem Justizministerium zur Stellungnahme vor. Es bedurfte allerdings einer Urgenz am 14. November 1854, bevor das Justizministerium am 28. November 1854 im allgemeinen146 zustimmend antwortete. Es müsse „als sehr erwünscht bezeichnet werden“, daß der „dem Grundbuchsinstitute widerstrebende Mißbrauch“ der materiellen Teilung „überall dort, wo er sich eingeschlichen hat, behoben werde“.147 Damit erschien das StWE zwar erstmals als „Mißbrauch“, doch vorerst nur als solcher der Verbücherung, nicht allgemein des Eigentumsbegriffs des ABGB. Der Vortrag des Innenministers Bach vom 17. Dezember 1854148 wurde im Reichsrat abermals von Buol als Referenten begutachtet.149 Er bezog sich auf Kübecks Gutachten über die für Salzburg erlassene Verordnung, als er feststellte, es liege nun also der – seinerzeit fehlende – Antrag einer weiteren Gemeinde vor. Im Sinne der damals angestellten Überlegungen könnte man dieser ein gleiches Verbot jetzt nicht verweigern. Da im Gegensatz zur Stadt Salzburg ein älteres Teilungsverbot nicht bestünde, sei die Erlassung einer Verordnung für Hallein sogar „noch im verstärkten Grade ( . . . ) zu empfehlen“. Unterstützung fand Buol in der am 28. Dezember darüber abgehaltenen Sitzung bei fast allen Reichsräten150, darunter auch bei Krieg, der sich damit also, glaubt man dem Kübeckschen Referat zum Salzburger Teilungsverbot [oben a)], vom Saulus zum Paulus gewandelt hätte. Krieg betonte sogar, daß die materielle Gebäudeteilung „auch dem guten Baustande ( . . . ) sehr nachtheilig sey, indem es in der Regel bekanntlich vielen Schwierigkeiten unterliegt, die Miteigenthümer im Falle, wenn sich ein Brand ereignet, und überhaupt Wiederherstellungen oder Ausbesserungen nothwendig sind, zur Tragung der Kosten zu verhalten; die Folge hievon sey, daß die Häuser in einen immer schlechteren Zustand kommen und endlich gänzlich verfallen.“ Reichsrat Salvotti versuchte hingegen, die Unbedingtheit des Teilungsverbotes zu beseitigen, und wies darauf hin, daß etwa in Erbfällen „eine Zerstückung ganz unbedenklich und oft sehr zweckmäßig“ sein könne. Dagegen wandte Haimberger ein, daß die Unbedingtheit schon für Salzburg die kaiserliche Sanktion erhalten hätte; es wäre merkwürdig, sie nun wieder in Frage zu stellen. Außerdem sei eine Ausnahmebewilligung ohnehin stets möglich und bedürfte nicht einer eigens eingefügten Bestimmung. Haimberger muß also dahin verstanden werden, daß er die geplante Verordnung nicht für eine (Legal-)Interpretation des ABGB hielt. 146 Das JM regte allerdings eine Textierungsänderung an: Der vom Innenministerium vorgeschlagene letzte Satzteil des § 4, wonach „jeder dahin [= auf die weitere Zerstückung eines Hausanteiles] abzielende Akt als null und nichtig anzusehen“ sei, sollte als „überflüssig“ entfallen. 147 IM 8271 / 1854 vom 4. September 1854, IM 25747 / 1854 vom 14. November 1854, JM 17345 vom 28. November 1854: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 5. 148 MCZ 3869 / 1854: HHStA, Ministerconferenz, Karton 20 / 1854. 149 Zum Folgenden: RR 5 / 1855 (entspricht RR 813 / 1854): HHStA, Reichsrat / Gremialakten, Karton 69. 150 Szögyény, Zichy, Purkhart, Haimberger, Salm, Hietzinger und Krieg.

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2. Teil: Geschichte des Stockwerkseigentums

Abermals kam prinzipieller Widerstand nur von Reichsrat von Krauß, der konsequent zu seiner bereits früher geäußerten, grundsätzlich ablehnenden Meinung stand und dieser auch durch neue Argumente zum Durchbruch zu verhelfen suchte. So vertrat er die Ansicht, ein Zerstückungsverbot könnte seinen Zweck ohnedies nicht erfüllen, da es nicht zu verhindern sei, daß Miteigentümer nach ideellen Anteilen eine im Ergebnis ähnliche Benützungsteilung vornähmen. Vor allem schien Krauß die Motivation der Halleiner offenbar unehrlich und insbesondere durch das in Österreich erst wenige Jahre zuvor, 1849, geschaffene Gemeindewahlrecht motiviert: Solle „die Erwerbung der Zuständigkeit zu einer Gemeinde und eines Einflußes auf die letztere durch Erwerbung unbedeutender Haustheile gehindert werden, so kann diese Absicht nur durch das Gemeindegesetz oder ein besonderes Gemeinde-Statut über die Stimm- und Wahlfähigkeit in der Gemeinde, nicht aber durch das vorgeschlagene Verboth erreicht werden“.151 Reichsratspräsident Kübeck empfahl dem Kaiser die Sanktion des Gesetzentwurfes, allerdings unter Entfall des das Teilungsverbot charakterisierenden Wortes „unbedingt“. Diese Beifügung erschien ihm überflüssig, weil die Verordnung keinerlei Bedingungen enthalte. Auch würde es dieses Wort erschweren, „insoferne besondere Rücksichten für eine Ausnahme eintreten“, eine solche zu genehmigen.152 Hier kommt also die Vorstellung zum Ausdruck, daß materielle Teilungen zwar im allgemeinen unerwünscht, doch keinesfalls prinzipiell unmöglich seien. Der Kaiser folgte bei seiner Entschließung vom 5. Jänner 1855 abermals Kübeck. Am 25. Jänner konnte Innenminister Bach, ohne auf den Entfall des Wortes „unbedingt“ besonders einzugehen, dem Justizministerium berichten, daß die Verordnung die kaiserliche Genehmigung erhalten hätte und daher die Publikation im Reichsgesetzblatt veranlaßt worden sei.153 Sie erfolgte am 27. Jänner 1855 unter RGBl 1855 / 18. c) Ödenburg Wieder vergingen kaum zwei Monate, bis die beiden Ministerien sich abermals mit einem auf ein Verbot der materiellen Teilung abzielenden Antrag zu beschäftigen hatten, der nun jedoch aus einem ganz anderen Teil der Monarchie stammte.154 Der Bürgermeister von Ödenburg hatte die Statthaltereiabteilung und das OLG dafür gewonnen, einen entsprechenden Antrag an das Innenministerium zu richten. 151 Dies zeigt, welch wichtigen Aspekt Kuntze, S. 63, berührt, wenn er als Faktor für den Wert des Bodens den Umstand nennt, daß, „der Grundbesitz politische Rechte verleiht“. Genau dieses Problem scheint in Hallein den Wunsch nach Beendigung der materiellen Gebäudeteilung mitgetragen zu haben; vgl. zum Gemeindewahlrecht RGBl 1849 / 170, insbes. §§ 27 ff. 152 RR 5 / 1855 (entspricht RR 813 / 1854): HHStA, Reichsrat / Gremialakten, Karton 69. 153 IM 387 / 1855, JM 1875 / 1855: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 6. 154 Zum Folgenden IM 3223 / 1855, JM 5737 / 1855: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 7.

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Aus den vorhandenen Akten lassen sich einige Angaben über Art und Ausmaß der materiellen Teilung in Ödenburg gewinnen:155 Manche Häuser seien an 8 „und noch mehr Hauseigenthümer vertheilt“, der „schönste Platz der Stadt“, die „Grabenrunde“, sei „durch Errichtung kleiner Häuschen und Gewölbhäuschen bis ins Fabelhafte entstellt“. Es kämen Flächen von 11/2 Quadratklaftern vor. Ein Teilungsverbot hätte bislang nicht bestanden – wieder dachte man nicht an das ABGB, obwohl dieses erst kurz zuvor in Ungarn in Geltung gesetzt worden war. Nun konnte die eben erst für Hallein erlassene Verordnung als Vorlage dienen: Einzig der Begriff „Herbergen“ war durch den in Ödenburg üblichen Begriff „Halbwirtschaften“ zu ersetzen. Schon am 15. März 1855 teilte das Innenministerium dem Justizministerium mit, daß es eine entsprechende Verordnung beim Kaiser beantragen würde, bat jedoch um Äußerung. Der Referent des Justizministeriums, Ministerialrat Dr. Joseph Wessely, faßte aus diesem Anlaßfall die „Gründe für das Verbot“ kompakt zusammen: „Hintanhaltung eines städtischen Proletariates; Ermöglichung neuer Bauten; Aufrechthaltung der Steuerfähigkeit; Beseitigung oft skandalöser Streitigkeiten unter den Teilbesitzern, und dergleichen.“ Unter letzterem waren wohl auch die Argumente mitgemeint, die das OLG gegen die materiellen Teilungen angeführt hatte und die in Summe darauf hinausliefen, daß „eine geregelte Grundbuchführung unmöglich gemacht werde“. Juristisch-dogmatische Argumente mit dem Eigentumsbegriff des ABGB wurden nicht geäußert. Trotz Zustimmung in der Sache schien das Justizministerium aber durch die Aussicht beunruhigt, wegen der Frage der materiellen Gebäudeteilung regelmäßig mit Arbeit belastet zu werden: In der schließlich am 23. April 1855 an das Innenministerium abgeschickten Note wurde nämlich vorgeschlagen, „sich von ( . . . ) seiner Majestät die Ermächtigung zu erbitten“, für jene Orte, „rücksichtlich welcher ein gleiches Bedürfnis hervortritt, die gleichartigen Vorschriften erlassen zu dürfen“. Ein solches Bedürfnis sei angesichts der Grundbuchsarbeiten „vorauszusehen“ und es sei daher „unangemessen“, in jedem „einzelnen solchen Falle“ den Kaiser mit einer „Anfrage zu belästigen“. Bachs Vortrag vom 16. Juli 1855156 wurde diesmal, wohl weil die Angelegenheit Ungarn betraf, von Reichsrat von Szögyény begutachtet:157 Für ihn unterlag die Notwendigkeit eines gesetzlichen Teilungsverbots angesichts der „maßlose[n] Zerstücklung der Häuser in der Stadt Ödenburg ( . . . ) keinem Zweifel“. Auch der erbetenen Verordnungsermächtigung stand er positiv gegenüber. In der Sitzung vom 28. Juli fand er für das Teilungsverbot für Ödenburg allgemeine Zustimmung. Nur Reichsrat von Krauß erklärte abermals seine prinzipielle Ablehnung, doch hatte er soweit resigniert, daß er angesichts der bereits erlassenen Verordnungen dem Antrag Szögyénys „in meritaler Beziehung“ nicht mehr entgegentrat. Vgl. dazu F. Schuster, S. 61. MCZ 2244 / 1855: HHStA, Ministerconferenz, Karton 12 / 1855. 157 Zum Folgenden RR 799 / 1855 (entspricht 708 / 1855): HHStA, Reichsrat / Gremialakten, Karton 91. 155 156

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Weniger glatt verlief die Diskussion hinsichtlich der Verordnungsermächtigung, die schließlich nur mit Stimmenmehrheit empfohlen wurde. Den Reichsräten Salvotti und Salm schien eine solche Ermächtigung „bedenklich, da es sich hier um eine wichtige Beschränkung des Eigenthumsrechtes handelt, welche nicht lediglich dem ministeriellen Ermessen anheimzustellen wäre“. Sie sollte weiterhin für jeden einzelnen Fall der kaiserlichen Genehmigung – und damit wohl auch der reichsrätlichen Begutachtung – vorbehalten werden. Gewichtige Unterstützung erhielt diese Minorität durch den Reichsratspräsidenten Kübeck: Er argumentierte, daß es sich bei jeder solchen Verordnung „um einen gesetzgebenden Akt“ handle, „der stets dem allerhöchsten Thron vorbehalten werden soll“. Diese Überlegung mußte den Kaiser überzeugen: In seiner „allerhöchsten Entschließung“ vom 6. August 1855 bewilligte er zwar das Verbot der materiellen Teilung für die Stadt Ödenburg, erteilte jedoch den gutgemeinten Ambitionen seiner Ministerien eine Abfuhr: Soweit „eine solche gesetzliche Verfügung in ähnlichen Fällen sich begründet darstellen sollte, ist meine Entschließung einzuholen“. Von diesem Ausgang informierte das Innenministerium am 18. August 1855 das Justizministerium; auch die Kundmachung im Reichsgesetzblatt war zu diesem Zeitpunkt bereits vom Innenministerium veranlaßt worden.158 Sie erfolgte am 21. August 1855 unter RGBl 1855 / 144.

d) Böhmen Das nächste regional begrenzte Problem, diesmal ausgelöst durch das Vorkommen von StWE in Jungbunzlau, schloß abermals geradezu nahtlos an: Seit der Publikation der für Ödenburg erlassenen Verordnung waren kaum zwei Monate vergangen, als das Innenministerium am 27. September 1855 erneut an das Justizministerium herantrat.159 Schon zuvor hatten die böhmische Statthalterei und das OLG Prag das von der Bezirkshauptmannschaft Jungbunzlau für die Stadt und Vorstädte von Jungbunzlau angeregte Teilungsverbot zum Anlaß genommen, die böhmischen Bezirks- und Kreisämter über dieses Problem zu befragen, die sich über die Sinnhaftigkeit eines Verbots offenbar einig waren. Als Ergebnis beantragten Statthalterei und OLG ein Verbot der „Häuserzerstückung“ für das gesamte Kronland Böhmen. Dieser Antrag unterschied sich in zweierlei von den bisher bearbeiteten: Einerseits betraf er nicht bloß eine Stadt, sondern sogleich ein ganzes Kronland, andererseits wollte man in Böhmen die materielle Gebäudeteilung nicht absolut verbieten: Vielmehr sollte die „Theilung des physischen Eigenthumes eines Hauses 158 IM 17768 / 1855 vom 18. August 1855, JM 17567 vom 31. August 1855: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 8; MCZ 2244 / 1855: HHStA, Ministerconferenz, Karton 12 / 1855. 159 Zum Folgenden IM 27198 / 1855 vom 27. September 1855, JM 27274 / 1856 vom 3. Juni 1856: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 9.

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nicht anders, als mit ausdrücklicher Bewilligung der politischen Behörde und nach erwirkter Zustimmung sämtlicher Tabular-Interessenten erfolgen“. Darin kommt abermals die Vorstellung zum Ausdruck, daß materielle Gebäudeteilungen nach den Grundsätzen des ABGB durchaus möglich und zulässig seien. Doch das Innenministerium verwarf diesen Antragsteil und gab einem „ausnahmslosen Verbot der Häuserzerstückung“ den Vorzug. Das in dieser Angelegenheit befragte Justizministerium ließ sich mit seiner Antwort diesmal mehr Zeit als in früheren Fällen, vielleicht um die Umständlichkeit des Prozederes deutlich spürbar zu machen. Erst nach mehr als einem halben Jahr teilte man dem Innenministerium das vollkommene Einverständnis mit. Dies fällt umso mehr auf, als Referent Wessely von der Sinnhaftigkeit eines Teilungsverbotes gerade für Böhmen nicht überzeugt zu werden brauchte. Die „durch die Teilungen der Judenhäuser entstandenen Übelstände“ waren ihm nämlich „aus seiner in Prag erlangten Erfahrung“ persönlich bekannt. Daraus schöpfend berichtete er von Versuchen, solche Häuser wegen ihrer Baufälligkeit zu versteigern und den Erwerbern ein Teilungsverbot auf dem Weg der Versteigerungsbedingungen aufzuerlegen. – Diese Bemerkung Wesselys hat nicht bloß anekdotischen Charakter. Sie macht vielmehr deutlich, daß man auf der Grundlage des ABGB eine gesetzliche Zulässigkeit der materiellen Teilungen angenommen hatte. Den in der Folge am 23. Oktober 1856 vom Innenminister erstatteten Vortrag, worin entgegen den böhmischen Überlegungen das ausnahmslose Verbot nochmals betont wurde160, begutachtete im Reichsrat wieder Freiherr von Buol: Er befürwortete die Erlassung der beantragten Verordnung, doch schien ihm die Erstreckung des Verbotes auf ein ganzes Land besonderer Rechtfertigung bedürftig. Dementsprechend betonte er die allgemeine Verbreitung des Rechtsinstituts, die allgemeine Zustimmung der Behörden zum beabsichtigten Verbot sowie auch die „in mehreren Bezirken schon eingetretenen Nachtheile“. Als solche verzeichnete er die „Erschwerung der Polizei[-]Aufsicht[,] Überfüllung der Wohnungen, Vermehrung des Proletariats, Verschlechterung des Bauzustandes der Gebäude, Erschwerung der Vertheilung der Steuern und Gemeindelasten, Verwirrung in der Grundbuchsführung etc.“. Abermals findet sich in Buols Referat übrigens die Ansicht, Teilungen könnten auch weiterhin ausnahmsweise bewilligt werden, wenn sie „unschädlich oder wohl gar angezeigt“ seien. In der Reichsratssitzung vom 13. November 1856 wurde Buols Antrag durch „überwiegende Stimmenmehrheit“ unterstützt. Krauß, dem sich diesmal Reichsrat Graf Zichy anschloß, votierte abermals dagegen und begründete dies nun damit, daß „es sich hier nicht um die Beschränkung des Eigenthumes der Hausbesitzer einer einzelnen Stadt sondern eines ganzen Kronlandes handelt“. Eine solche Einschränkung sei jedoch „nur aus überwiegenden politischen und staatswirthschaftlichen Gründen gerechtfertigt“, an denen es fehle, insbesondere deshalb, weil der 160

MCZ 3787 / 1856: HHStA, Ministerconferenz, Karton 18 / 1856.

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gleiche wirtschaftliche Effekt auch durch ideelles Miteigentum mit Benützungsregelung erzielt werden könnte. Es müßte zumindest klargestellt werden, „daß sich die betreffende Verordnung auf die Gebäude, welche dem, viel weiter reichenden Zerstückungsverbote des bäuerlichen Grundbesitzes unterliegen, nicht zu erstrecken habe.“ Dieser Beisatz fand auch die Unterstützung des Reichsratsvizepräsidenten Purkhart, der an Stelle des Präsidenten sein Gutachten abgab. Ohne einen derartigen Beisatz könnte nämlich, so argumentierte Purkhart, „leicht das Mißverständnis entstehen“, daß die strengeren Zerstückungsverbote des „urbarialen Grundbesitzes“ durch das Häuserteilungsverbot „abrogiert“ worden seien.161 Diesen Überlegungen folgte der Kaiser und genehmigte die beantragte Verordnung mit dem klarstellenden Beisatz, daß sich das Teilungsverbot nicht auf solche Gebäude erstrecke, die ohnehin dem Zerstückungsverbot des bäuerlichen Grundbesitzes unterlagen. Von diesem Ergebnis unterrichtete Bach am 27. Dezember 1856 das Justizministerium.162 Die mit diesem Tag datierte Verordnung erschien am 3. Jänner des folgenden Jahres als RGBl 1857 / 1. Keiner der Beteiligten konnte ahnen, daß die als Klarstellung gedachte Bestimmung zur Abgrenzung der Gebäudeteilung von der Teilung bäuerlichen Grundbesitzes eine Quelle für Verwirrungen, Ursache neuer materieller Gebäudeteilungen sowie schließlich ein Anstoß zur umfassenden gesetzlichen Regelung durch das StWEG 1879 werden würde.163

e) Ödenburger Verwaltungsgebiet Weniger wissen wir über die Entstehung der letzten in Kraft getretenen regionalen Verbotsverordnung, mit der das für die Stadt Ödenburg erlassene Zerstückungsverbot auf das gesamte Ödenburger Verwaltungsgebiet, d. h. auf eines der fünf ungarischen Verwaltungsgebiete, ausgedehnt wurde. Die ministeriellen Akten zur Vorgeschichte dieser Verordnung scheinen nicht erhalten geblieben zu sein, sodaß der Ablauf der Geschehnisse nur aus den reichsrätlichen Unterlagen164 ersehen werden kann. Den unmittelbaren Anlaßfall dürfte diesmal die Stadt Güns geliefert haben, doch beantragten das Ödenburger OLG, die Ödenburger Statthaltereiabteilung und das dieser vorgesetzte Generalgouvernement in Ofen übereinstimmend die Ausdehnung des Teilungsverbotes sogleich auf alle Orte, in denen „derlei Zerstückungen nicht ohnehin schon durch die in Kraft stehenden Urbarial-Gesetze Schranken gesetzt“ seien. Dieser Vorschlag entsprach zweifellos den Absichten der beteiligten Ministerien, die schon früher ihr Interesse an einer möglichst einfachen RR 1395 / 1856 (entspricht 1243 / 1856): HHStA, Reichsrat / Gremialakten, Karton 139. IM 30996 / 1856 vom 27. Dezember 1856, JM 28560 / 1856 vom 2. Jänner 1857: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), PostNr. 10. 163 Vgl. dazu unten 3. b). 164 RR 1445 / 1857 (entspricht 1230 / 1857): HHStA, Reichsrat / Gremialakten, Karton 179. 161 162

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Vorgangsweise – und daher einer territorial möglichst umfassenden Regelung – gezeigt hatten. Innenminister Bach erinnerte in seinem Vortrag den Kaiser daran, daß sich dieser anläßlich der für Ödenburg erlassenen Verordnung Entschließungen in ähnlichen Fällen vorbehalten hätte. Ein solch ähnlicher Fall liege mit Güns und dem übrigen Ödenburger Verwaltungsgebiet nun vor. Die seinerzeit für das Ödenburger Verbot angeführten Argumente wurden daher abermals strapaziert. Nach Vorberatung durch die Reichsräte Geringer und Haimberger, die sich dem Antrag Bachs anschlossen und die Erlassung der gewünschten Verordnung empfahlen, zeigte sich in der Reichsratssitzung vom 14. September 1857 das bereits bekannte Bild: Alle Reichsräte waren mit dem Referentenantrag einverstanden, nur Reichsrat von Krauß opponierte unter Wiederholung seiner bekannten Argumente gegen die „Absicht“, die Eigentümer „in ihrem Verfügungsrechte zu beschränken“. Zwar könne er in Anbetracht „der Gleichheit der Verhältnisse eine Zurückweisung des ministeriellen Ansuchens, so weit es die Stadt Güns betrifft“, nicht beantragen, doch eine Ausdehnung des Teilungsverbotes auf das gesamte Ödenburger Verwaltungsgebiet lehnte er ab. Für die übrigen Gemeinden dieses Gebietes sei „noch kein ähnliches Bedürfniß wie für Güns nachgewiesen“ worden. Das beantragte umfassende Verbot wäre „schon im Sinne der a. h. Entschließung vom 6. August 1855“ abzulehnen: Krauß unterstellte den Ministerien damit indirekt, sie würden den aus Anlaß der Ödenburger Verordnung festgestellten Entscheidungsvorbehalt des Kaisers umgehen wollen. Reichsratspräsident Erzherzog Rainer äußerte in seinem Vortrag keine eigene Meinung; an der Stelle seines Votums findet sich jedoch die Äußerung des Vizepräsidenten Purkhart: Er schloß sich hinsichtlich des Geltungsgebietes Krauß an, weil er „keinen Grund findet, weßhalb von der allerhöchsten Entschließung vom 6. August 1855 abgegangen werden sollte“.165 Der Kaiser selbst war weniger konsequent, jedenfalls genehmigte er mit Entschließung vom 8. Oktober 1857 die Erlassung einer entsprechenden Verordnung für das ganze Ödenburger Verwaltungsgebiet. Diese Verordnung wurde vom Innenministerium Ende Oktober, vom Justizministerium Anfang November unterzeichnet 166 und am 10. November als RGBl 1857 / 211 publiziert. f) Galizien Ebenfalls am 10. November 1857 konfrontierte das Justizministerium das Innenministerium mit einem neuen Antrag gleicher Zielrichtung. Er war diesmal im Justizressort eingelangt, da er vom OLG Krakau stammte. Der Anlaßfall ging dennoch wie schon in den früheren Fällen auf kommunale Interessen zurück: Der Magistrat von Tarnow hatte beschlossen, insbesondere „im Interesse der Hintanhaltung eines städtischen Proletariats, zumal unter den Israeliten, dann der AufRR 1445 / 1857 (entspricht 1230 / 1857): HHStA, Reichsrat / Gremialakten, Karton 179. IM 28636 / 1857 vom 29. Oktober 1857, JM 24660 vom 3. November 1857: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 11. 165 166

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rechterhaltung der Steuerfähigkeit, so wie der Vermeidung zahlloser Besitzstörungen und Eigentumsprozesse, endlich der Aufrechterhaltung des auf Hypotheken gegründeten Kredits“ ein Verbot nach dem Vorbild der Städte Salzburg und Hallein zu beantragen. Zur Unterstützung wandte man sich an das KG Tarnow, das vor Abgabe einer Äußerung das Problem dem OLG Krakau unterbreitete. Das OLG spielte den Ball zurück und befragte sämtliche ihm unterstehenden Gerichtshöfe, ob ein Verbot der Häuserzerstückung nicht sogleich auf alle Städte „Westgaliziens“ und des Großherzogtums Krakau ausgedehnt werden sollte. Nachdem die Antworten positiv waren, wandte sich das OLG an die Landesregierung, von wo offenbar ebenfalls Zustimmung signalisiert wurde. Dem Justizministerium schien es nach dieser Vorgeschichte am besten, das Zerstückungsverbot nach den Vorbild Böhmens sogleich auf ganz Galizien und die Bukowina auszudehnen.167 Das mit dieser Frage konfrontierte Innenministerium forderte die „betreffenden Länderstellen“ zu Stellungnahmen auf. Sie waren fast ausschließlich positiv und befürworteten ein Teilungsverbot. Man erhoffte sich davon „Beseitigung vieler Besitzstreitigkeiten, Beseitigung der Schwierigkeiten in der Grundbuchsführung, Execution, Kaufschillingsverteilung, Verlaßabhandlung, Gebahrung mit dem Pupillarvermögen, Ermöglichung neuer Bauten, Hintanhaltung eines städtischen Proletariats, Aufrechthaltung der Steuerfähigkeit, u[nd] Aufrechthaltung des Credits“. Auf diese breite Zustimmung gestützt wollte das Innenministerium den Kaiser bitten, die Erlassung einer entsprechenden Verordnung zu genehmigen. Daß man dies nicht sogleich tat, sondern doch nochmals das Justizministerium befragte, lag an einer Ausnahme von dieser großen Zustimmung. Zwei Stimmführer des OLG Lemberg waren nämlich gegen die Einführung eines Teilungsverbotes gewesen und hatten erklärt, „daß in rechtlicher Beziehung ein wesentlicher Nachtheil der bisher unbeschränkten Theilbarkeit der Häuser bisher nicht offenkundig wurde, die dießfalls bei den Gerichten vorkommenden Schwierigkeiten nicht wichtig genug sind, um die freie Verfügbarkeit des Eigenthumsrechtes wegen zu erzweckender leichterer Rechtspflege zu beschränken, endlich ein solches Verboth in Galizien ausschließlich die Judenschaft in höchst unbilliger Weise treffen würde, während doch die Juden, welche rücksichtlich des Besitzes, der Erwerbung und Bauführung neuer Häuser in sehr enge Gränzen eingezwängt sind, deren Zahl sich aber fortwährend vermehrt, zur Theilung ihrer Häuser genöthigt sind.“ Das Innenministerium sah diese Argumentation zwar durch eine Stellungnahme der Lemberger Statthalterei als entkräftet an, die Abhilfe von der „gerade in Verhandlung schwebenden Regelung der JudenGesetze, sei es durch die Regulierung und Erweiterung der in den Städten für Juden bestehenden Rayone, oder durch die gänzliche Aufhebung derselben“ erwartete. Unter dieser „Voraussetzung“ war dann auch das Justizministerium einverstanden mit dem vom Innenministerium beabsichtigten Antrag.168 Wohl aufgrund 167 JM 10940 vom 10. November 1857: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 12. 168 IM 30668 / 1858 vom 20. Dezember 1858, JM 25505 / 1858 vom 5. Jänner 1859: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 14.

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dieser Verquickung mit einer ganz anderen Frage scheiterte das Vorhaben jedoch – ein Verbot der materiellen Teilung trat für Galizien und die Bukowina vorerst nicht in Kraft.

g) Motivation und Umdeutung der regionalen Verordnungen Insgesamt zeigt die Gesetzgebungsgeschichte der regionalen Verbotsverordnungen, daß diese politisch-administrativ motiviert waren.169 Sie bezweckten die „Hintanhaltung eines städtischen Proletariats, zumal unter den Israeliten“, die „Ermöglichung neuer Bauten“, die „Aufrechthaltung der Steuerfähigkeit“ sowie die „Beseitigung oft skandalöser Streitigkeiten unter den Teilbesitzern“. Dazu kamen verbücherungstechnische Überlegungen, die in Summe darauf hinausliefen, daß „eine geregelte Grundbuchführung unmöglich gemacht werde“.170 Kritisiert wurde das Stockwerkseigentum überdies wegen der damit verbundenen Effekte der „Erschwerung einer geregelten Bau- und polizeilichen Ordnung“171, der „Leichtigkeit der Ansäßigmachung“ und der „Belastung der Gemeinde und ihrer Wohlthätigkeitsanstalten“; das Rechtsinstitut erschien geradezu als „Förderung des Pauperismus.“172 Dadurch würde das Stockwerkseigentum die „Erreichung von Gemeindezwecken“ erschweren.173 Einerseits bestand also ein Interesse der Gemeinden an zahlungskräftigen statt bedürftigen Gemeindebürgern, andererseits sollten letztere wenigstens nicht durch „Erwerbung der Zuständigkeit“ politischen Einfluß erlangen.174 Der politisch-administrative Charakter der regionalen Verbotsverordnungen kommt aber nicht nur in deren Motiven zum Ausdruck. Er findet eine weitere Stütze auch im wiederholt erkennbaren Bestreben, materielle Teilungen nicht ausnahmslos zu verbieten. In diesem Sinne hatte Reichsratspräsident Kübeck bei der Erörterung des Teilungsverbotes für Hallein erfolgreich das Wörtchen „unbedingt“ bekämpft, das ihm als Hindernis für Ausnahmegenehmigungen aus „besondere[n] Rücksichten“ erschien.175 Noch weiter ging der Antrag der böhmischen Statthalterei und des OLG Prag, StWE „mit ausdrücklicher Bewilligung der politischen 169 Vgl. zum Folgenden die kompakte Zusammenstellung der „Gründe für das Verbot“ durch den Justizministerialbeamten Wessely in JM 10940 vom 10. November 1857: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 12. 170 IM 3223 / 1855 vom 15. März 1855, JM 5737 vom 23. April 1855: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 7. 171 IM 9313 / 151 bzw. JM 6248 / 107 Praes 28. April 1852: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 2. 172 RR 43 / 1853 (entspricht RR 21 / 1853): HHStA, Reichsrat / Gremialakten, Karton 24. 173 IM 9313 / 151 bzw. JM 6248 / 107 Praes 28. April 1852: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 2. 174 RR 5 / 1855 (entspricht RR 813 / 1854): HHStA, Reichsrat / Gremialakten, Karton 69. Das Gemeindewahlrecht regelte RBGl 1849 / 170. 175 RR 5 / 1855 (entspricht RR 813 / 1854): HHStA, Reichsrat / Gremialakten, Karton 69.

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Behörde und nach erwirkter Zustimmung sämtlicher Tabular-Interessenten“ zuzulassen.176 Derartige Überlegungen konnten nur dann angestellt werden, wenn man materielle Teilungen zivilrechtlich für möglich und zulässig hielt. Es verwundert daher kaum, daß juristisch-dogmatische Argumente in den Materialien der regionalen Verbotsverordnungen völlig fehlen. Keiner der Beteiligten meinte eine schon im ABGB enthaltene Regelung zu wiederholen, niemals wurde mit dessen Bestimmungen argumentiert. Insgesamt erscheinen die Verordnungen damit als politische Gesetze im engeren Sinne, als Regeln, die man heute dem Bereich des öffentlichen Rechts zuordnen würde. Sie traten neben das ABGB und ergänzten es durch eine Einschränkung der Teilbarkeit von Gebäuden. Doch schon am Beginn des folgenden Jahrzehnts kam es zu einer pandektistischen Umdeutung und Neuinterpretation der regionalen Neubegründungsverbote. Bereits 1861 wurden sie vom OGH als „Ausfluß eines gemeinrechtlichen Grundsatzes“ aufgefaßt: Entgegen der unbekannt bleibenden wahren Entstehungsgeschichte der Verordnungen glaubte man hier, es sei damit eine „Uebung ( . . . ) abgestellt worden“, die der „Unverträglichkeit einer solchen Theilung mit dem gesetzlichen Begriffe des Eigenthums an Grund und Boden“ widersprochen hätte.177 Dadurch erlangten die Verordnungen eine über ihr eigentliches Geltungsgebiet hinausreichende Bedeutung, denn sie dienten nun als Begründung für eine allgemeine Unzulässigkeit der materiellen Gebäudeteilung.178 Ein knappes Jahrzehnt später, 1870, sollte sich diese Deutung auch im Justizministerium durchsetzen, dort allerdings wider besseres Wissen, kannte man doch die wahren Motive aus den eigenen Akten.179 Die Literatur übernahm diese Sichtweise, teils aufgrund fehlender Aktenkenntnis, teils aus eigener pandektistischer Überzeugung. Die „ausdrücklichen Verbote in den Ministerialverordnungen aus den Fünfzigerjahren“ erschienen in der Folge daher als Normen, die sich „eigentlich nur gegen einen factisch bestehenden Abusus“ gerichtet hätten180, als Einschärfung angeblich im ABGB enthaltener Bestimmungen181. Möller erblickte in den einzelgesetzlichen Verboten der 1850erJahre sogar ein Beispiel für den schwierigen Kampf bei der Durchsetzung des ABGB gegen ein ihm widerstrebendes Gewohnheitsrecht.182 176 IM 27198 / 1855 vom 27. September 1855: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 9. 177 GlU 1427; vgl. Pitreich, S. 491. 178 Noch zweifelnd im Falle eines Wiener Gebäudekomplexes: IM 28532 / 1854, FinM 41678 / 1854, Finanzprokuratur Z 17759 / 1854, JM 24767 / 1854 vom 18. / 19. 12. 1854: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 4. 179 JM 7061 / 1870 vom 27. Juni 1870: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 19; vgl. unten 3. b). 180 Schiffner, S. 169; Randa, Eigenthumsrecht, S. 246 (FN 58). 181 Kuntze, S. 49 (FN 8). 182 Möller, S. 81 f.; vgl. Pitreich, S. 490 („eines der interessantesten Beispiele für den Kampf der Volksanschauung mit einer ihr widerstrebenden Rechtsgestaltung“).

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3. Die Durchführung der regionalen Teilungsverbote a) „Irrige Ansichten“ und „langsame Fortschritte“: Zur Effektivität der regionalen Verordnungen Das für Böhmen erlassene Teilungsverbot warf nach etwa zweieinhalb Jahren ein interessantes Problem auf. Die Finanzlandesdirektion in Prag berichtete 1859 und sodann abermals 1860 dem Finanzministerium nämlich von einer übertrieben weiten Interpretation der Verordnung RGBl 1857 / 1: Demnach hatte man das Teilungsverbot so verstanden, als ob es auch ideelle Teilungen umfasse. Diese Vorstellung war der Finanzverwaltung als nachteilig für die Gebührenbemessung aufgefallen, weil die „gesetzlich untheilbaren Güter“ aufgrund „dieser Eigenschaft durch die kaiserliche Verordnung vom 19. März 1853 (RGBl Nr. 53) eine Begünstigung genießen“. Das Finanzministerium hielt eine solche Interpretation für unzulässig: „Es dürfte ( . . . ) aus dem Verbot der materiellen Teilung ein Verbot der ideellen Teilung nicht abgeleitet werden können.“ Dennoch wollte man sich der Meinung des Justizministeriums versichern. Dieses sah entweder keinen dringenden Handlungsbedarf oder es stellte ausführliche Erhebungen an; jedenfalls erfolgte eine Antwort erst nach knapp vier Monaten mit dem Hinweis, es hätte nur ein einziges Bezirksamt – jenes in Zbirow – diese „irrige Ansicht“ vertreten. Bei einer Wiederholung des Problems würde Abhilfe „wohl am zweckmäßigsten ( . . . ) im vorgeschriebenen Instanzenzug“ erfolgen. Die Verordnung RGBl 1857 / 1 sei „sowohl bezüglich des Objektes als auch des Umfanges ( . . . ) so klar und bestimmt abgefaßt ( . . . ), daß darüber wohl nicht so leicht ein Zweifel entstehen könne“. Eine allgemeine Belehrung der Gerichte erschien demnach unnötig.183 Eine solch übertriebene Auslegung blieb tatsächlich die Ausnahme. Größere Gefahr ging von der mangelnden Beachtung der Teilungsverbote aus. So empfahl der Salzburger juristische Verein 1873 eine „Einschärfung“ der zwei Jahrzehnte zuvor für Salzburg erlassenen Verordnung. Sie sollte „mit aller Strenge ihrem Wortlaute nach“ durchgeführt werden, „um allfälligen weiteren Teilungen der Häuser in fisische Theile einen Damm zu setzen“.184 Die Verordnung allein hatte also offenbar nicht genügt. Diese Annahme wird durch Erfahrungsberichte über die Vollziehung der für Salzburg und Böhmen ergangenen Teilungsverbote bestätigt, die das Justizministerium 1876 im Rahmen einer Enquete sammelte185: Dabei berichtete das LG Salzburg, daß die Vereinigung von Hausanteilen nur „sehr langsam“ vor sich gehe, und nutzte die Gelegenheit, dafür die Spruchpraxis des ihm übergeordneten OLG Wien verantwortlich zu machen. Nach dieser war eine Abtrennung einzelner Räume 183 FinM 37540 / 1860 vom 10. August 1860, JM 12322 vom 1. Dezember 1860: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 15. 184 JM 2820 / 1874: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 61. 185 Zu dieser im Detail unten 4. e).

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dann zulässig, wenn der abgetrennte Teil mit einem anderen Hausanteil vereinigt wurde. Zurecht verteidigte das OLG seine einschlägigen Entscheidungen mit dem Hinweis, daß ein solcher „Tausch“ von Räumen nicht verboten worden sei. Auch in Böhmen war die Zahl der materiellen Gebäudeteile durch Vereinigungen zwar reduziert worden, doch mit nur mäßigem Erfolg, wie den Berichten der Gerichtshöfe zu entnehmen ist: Diese konstatierten überwiegend nur „allmählich[e]“ (Kuttenberg) oder „langsame Fortschritte“ (Prag). Vereinigungen wären nur „in geringer Zahl“ (Eger) vorgekommen oder hätten schon wieder „sehr abgenommen“ (Jungbunzlau). Das KG Chrudim wußte überhaupt nur über „einzelne Vereinigungen“ seit 1856 zu berichten. Nach Ansicht des KG Leitmeritz hätte die Verordnung von 1856 sogar bloß „eine Steigerung der Teilungen verhindert“. Das LG Prag mußte zugeben, daß die Verbücherung der Vereinigung oft unterblieben war und erst „aus Anlaß der Berichterstattung nachgetragen wurde“. Dieser Nachlässigkeit ist es allerdings zuzuschreiben, daß gerade nur aus diesem Sprengel genaue Zahlenangaben über die Vereinigungen überliefert sind: Von 625 Anteilen waren 111 mit anderen vereinigt worden, d. h. in zwanzig Jahren waren knapp 18 Prozent der materiellen Gebäudeteile verschwunden. Andernorts kam es ungeachtet des Verbotes zu neuen Gebäudeteilungen: In Wildstein im Sprengel des KG Eger wurde noch 1869 im Rahmen einer Verlassenschaftsabhandlung eine Teilung vorgenommen. Sieben Jahre später mußte das KG Chrudim berichten, daß das BG Leitomischl weiterhin Teilungen von Scheunen nach materiellen Anteilen zulasse, weil Scheunen keine Häuser seien; offensichtlich hatte das KG aber auch nichts gegen diese Interpretation unternommen. Nicht zuletzt schienen hinter so manchen aliquoten Miteigentumsverhältnissen tatsächlich materielle Anteile zu stehen, wie etwa das KG Eger über den Sprengel des BG Tachau zu berichten wußte.186

b) Ein Teilungsfall in Böhmen: Die Wende der Gesetzesinterpretation Die Wende in der dogmatischen Auffassung des StWEs bildete ein Fall materieller Teilung, der die Ministerien des Inneren und der Justiz 1870 beschäftigte.187 Sein Anlaß lag zu diesem Zeitpunkt allerdings schon einige Jahre zurück: Im böhmischen Schönberg war neben dem Bauernhaus Nr. 16 ein kleines Ausgedingehaus gestanden. Nach dem Tod der Hofübergeber sollte es an den Bruder Heinrich des Hofübernehmers Josef Kruta fallen, und zwar gemeinsam mit einigen Grundstücken, weshalb diese Vereinbarung unter der Bedingung der „politischen Teilungsbewilligung“ stand. Nach einem Brand wurde an der Stelle der beiden Ge186 JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. Von einer uneinheitlichen Vollziehungs- bzw. Verbücherungspraxis berichtet auch Sokolowski, S. 17 f. 187 Das Folgende nach JM 7061 / 1870 vom 27. Juni 1870: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 19.

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bäude nur ein Haus aufgebaut, allerdings mit einer Raumeinteilung, die den Anschein erweckte, als sei lediglich ein früher zwischen den Gebäuden bestehender Zwischenraum beseitigt worden. Diese Art des Wiederaufbaues war von Josef Kruta und seinen Eltern ohne Wissen des Heinrich Kruta gewählt worden. Im Jahr 1865 wandte sich nun Josef Kruta an die Bezirkshauptmannschaft mit der Bitte um die Entscheidung, ob die Abtrennung des dem früheren Ausgedingehäuschen entsprechenden Teiles des Hauses zulässig sei. Bei einer darüber durchgeführten Verhandlung erklärten die Sachverständigen eine Teilung für physisch unmöglich. Die Abtrennung wurde daher unter Berufung auf RGBl 1857 / 1 für unzulässig erklärt. Heinrich Kruta erhob dagegen erfolglos Rekurs; die Statthalterei bestätigte die Entscheidung 1869. Nun beantragte Heinrich Kruta, der das von seinem Bruder angestrengte Verfahren damit verloren hatte, in einem neuen Verfahren, die Teilung zu gestatten, wobei er die Anwendbarkeit der Verordnung RGBl 1857 / 1 für den konkreten Teilungsfall bestritt. Bei einer neuen Verhandlung bezeichneten die Sachverständigen eine physische Teilung als ausführbar, sofern geringe bauliche Veränderungen erfolgten; zu diesen erklärte sich Heinrich Kruta selbstverständlich sogleich bereit. Aufgrund dieser Umstände bewilligte die Bezirkshauptmannschaft nun am 13. November 1869 die Abtrennung, wogegen wieder Josef Kruta Rekurs erhob: Er hätte durch die frühere Entscheidung ein Recht erworben und wollte in diesem Sinne seinem Bruder statt des Anwesens jene Geldsumme überlassen, die im ursprünglichen Vertrag für den Fall versagter Teilungsbewilligung als Äquivalent bestimmt worden war. Die Statthalterei sah den abzutrennenden Teil des Hauses jedoch ebenfalls als ein Objekt an, das für sich bestehen könne, und bestätigte daher am 19. Februar 1870 die Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft: Die gemeinschaftliche Zwischenmauer verhindere die Selbständigkeit des Hauses nicht; die „Gemeinschaft des Kamins“ könnte durch eine geringfügige Bauführung getrennt werden. Gegen diese Entscheidung erhob Josef Kruta Rekurs an das Innenministerium, wobei er sich abermals auf die Rechtskraft der früheren Entscheidung sowie auf die Verordnung RGBl 1857 / 1 berief. Im Innenministerium war man uneins: Problematisch war insbesondere die Bestimmung des § 5 RGBl 1857 / 1, wonach sich diese Verordnung nicht auf jene Gebäude erstrecken sollte, die den Zerstückungsverboten des bäuerlichen Grundbesitzes unterlagen. Diese Verbote waren nämlich in der Zwischenzeit außer Kraft getreten. Nur eine Minderheit vertrat die Ansicht, § 5 habe dadurch einfach seine Anwendbarkeit verloren: Dies war unter anderem von der Vorstellung getragen, das Verbot der Grundteilung sei aus ganz anderen Gesichtspunkten zu beurteilen als jenes der Hausteilung. Die Mehrheit folgte hingegen dem Referentenentwurf, der eine solche Unterscheidung nicht traf; sie hielt das Teilungsverbot weiterhin für unanwendbar auf die in § 5 RGBl 1857 / 1 genannten Fälle: Das fragliche Gebäude sei den bis 1. Februar 1870 bestehenden „politischen Zerstückungsverboten“ des bäuerlichen Grundbesitzes unterlegen, sodaß RGBl 1857 / 1 darauf keine Anwendung finden könnte. In Ansehung dieses Gebäudes bestünde nun also überhaupt kein Teilungsverbot mehr. 7*

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Bestürzt stellte man im Justizministerium, das um Äußerung gebeten worden war, fest, daß sich das Innenministerium – offenbar unter dem Eindruck der um sich greifenden Freiteilbarkeit von Grundstücken – „für die Aufhebung des Hausteilungsverbotes de lege ferenda erwärmte“! In einer Note an das Innenministerium versuchte der Referent des Justizministeriums, Philipp Harras von Harrasowsky188, vor allem klarzulegen, daß Grundteilungsverbote und Hausteilungsverbote „ganz verschiedener Natur“ seien: Bei Grundteilungen entstünden mehrere selbständige Einheiten, woran die prinzipielle Teilbarkeit der Grundstücke erkennbar werde. Während bei Grundstücken also diese Teilungsmöglichkeit die Verbote motiviert hätte, sei das Hausteilungsverbot durch eine Unmöglichkeit der Teilung begründet. Die Anwendung der Grundteilungsverbote sei demnach kein Ausschließungsgrund für die Anwendung des Hausteilungsverbotes: Das Grundteilungsverbot sei politischer, das Gebäudeteilungsverbot privatrechtlicher Natur. Damit interpretierte Harrasowsky die zwischen 1853 und 1857 erlassenen Hausteilungsverbote also in neuem Licht: Es wären in diesen Verordnungen „keineswegs ( . . . ) nur exceptionelle Beschränkungen des Eigentumsrechts“ enthalten, sondern man hätte damit versucht, einer Verletzung von Grundsätzen des Privatrechts, einer dadurch „entstandenen Rechtsverwirrung und der damit verbundenen Verwirrung in den Grundbüchern Einhalt“ zu gebieten. Die auf die politischen Teilungsverbote hinweisende Bestimmung der für Böhmen erlassenen Verordnung dürfe also keinesfalls so verstanden werden, daß die Bildung materieller Anteile bei Häusern, die zu einem bäuerlichen Grundbesitz gehören, zulässig sei. Wegen dieses Unterschiedes schien Harrasowsky auch der Anlaßfall beim Innenministerium in den falschen Händen zu liegen, insbesondere befürchtete er präjudizielle Äußerungen der nicht kompetenten Verwaltungsbehörden. Die Frage, ob das strittige Gebäude als eine Sache oder als zwei selbständige Sachen „im juristischen Sinn des Wortes angesehen werden könne“, würde nämlich nur am Rande – hinsichtlich baupolizeilicher Maßnahmen – die Verwaltungsbehörden tangieren. Der konkrete Parteienstreit könnte „ohne Anrufung einer richterlichen Entscheidung kaum ( . . . ) gelöst werden“. Daher empfahl Harrasowsky dem Innenministerium, sich im anhängigen Fall auf diesen administrativen Standpunkt zurückzuziehen, „ohne sich in eine meritorische Entscheidung über die Zulässigkeit des gestellten Begehrens einzulassen“. Im Innenministerium blieben die Differenzen bestehen. Eine Mehrheit fand sich schließlich für die Erklärung, „es obwalte vom politischen Standpunkt kein Anstand gegen die beabsichtigte Hausteilung“, was für den antragstellenden Wirtschaftsbesitzer Josef Kruta eine Abweisung seines Rekurses bedeutete.189 Es ist nicht überliefert, ob die bei Heinrich Kruta dadurch ausgelöste Freude durch eine entgegengesetzte gerichtliche Entscheidung abrupt beendet wurde. Doch insgesamt Über Philipp Harras von Harrasowsky (1833 – 1890) siehe ÖBL II, S. 191. JM 8418 / 1870 vom 16. Juli 1870: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 19. 188 189

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hat die Behandlung dieses Falles dem Vertrauen in eine rechtsstaatliche Ordnung wohl nicht genützt. 4. Der lange Weg zum allgemeinen Teilungsverbot 1879 a) Die Grundbuchsanlegung in Salzburg Seit dem letzten, 1859 im Sande verlaufenen Versuch, eine regionale Verbotsverordnung gegen das StWE zu erlassen [siehe oben 2. f)], waren rund eineinhalb Jahrzehnte vergangen, als die Wiener Zentralstellen sich wieder legislativ mit dem Problem materieller Gebäudeteilung zu befassen hatten. Dabei ist die Kompetenzverteilung aufgrund des Grundgesetzes über die Reichsvertretung zu beachten: Demnach fiel zwar das allgemeine Grundbuchsgesetz 1873 als Çivilrechtsgesetzgebung“ in den Wirkungskreis des gesamtstaatlichen Parlaments, also des aus Abgeordnetenhaus und Herrenhaus bestehenden Reichsrates, die „Gesetzgebung über die innere Einrichtung der öffentlichen Bücher“ jedoch in jenen der Landtage, sofern diese ihre Kompetenz nicht der Reichsgesetzgebung überließen.190 In beiden Fällen war zur Gesetzeswerdung schließlich noch eine Sanktion des parlamentarisch verabschiedeten Gesetzentwurfs durch den Monarchen erforderlich. Aufgrund dieser Kompetenzlage mußte nun gerade in den sogenannten Grundbuchsanlegungs-Landesgesetzen eine geeignete Verbücherungsmethode für das StWE gefunden werden.191 Dabei sollte nicht nur die praktische Eignung, sondern auch die dogmatische Richtigkeit gewährleistet sein. Insbesondere Harrasowsky, der zuständige Referent im Justizministerium, legte auf letzteres größten Wert, wie das Beispiel Salzburgs zeigt. Der für das Land Salzburg erstellte Entwurf eines Grundbuchsanlegungsgesetzes sah vor, daß ein materiell geteiltes Haus „bei der neuen Anlegung der Grundbücher als Ein Grundbuchskörper zu behandeln“ sei. Diese Bestimmung orientierte sich am Vorbild des für Böhmen vorbereiteten Gesetzentwurfs und sollte in gleicher Weise auch für Salzburg in Kraft treten. Den neuernannten juristischen Beirat des Regierungsvertreters bei den Verhandlungen des Salzburger Landtages, OLG-Rat Joseph Petermandl, machte Harrasowsky am 21. Oktober 1873 eigens auf diese Bestimmung aufmerksam.192 Der Landtag hatte zur Beratung der Grundbuchs190 § 11 Abs. 2 lit. k, § 12 Abs. 2 StGG / RV RGBl 1867 / 141; vgl. Brauneder, Verfassungsgeschichte, S. 170, S. 178. 191 Die Texte der im folgenden genannten Gesetze finden sich in: GBG-MTA. – Parallel zu den materiell geteilten Häusern warf auch die Behandlung von Kellern und Preßhäusern immer wieder Fragen auf: Vgl. etwa JM 5111 / 1875: AVA Justiz II genus 3 Österreich, PostNr. 66; 21726 / 1893: AVA Justiz II genus 3 Böhmen, Post-Nr. 49. 192 JM 11095 / 1873 bzw. JM 13605 / 1873: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 51. – Petermandl sollte im Salzburger Entwurf auch einen Hinweis auf die 1855 für Hallein erlassene Verordnung nachtragen, die „bei Ausarbeitung der Salzburger Vorlage übersehen worden“ war.

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anlegungsfrage einen Ausschuß eingesetzt, der sich bei seinen Spezialberatungen am 6. Dezember 1874 an einem Gutachten des Salzburger juristischen Vereins orientierte. Diesem war die vorgesehene Zusammenfassung mehrerer materieller Hausanteile in einer Einlage als eine „sehr wichtige Neuerung“ erschienen, besonders deshalb, weil sich der Entwurf dabei „nicht blos [auf die Stadt] Salzburg“ bezog. Die Regelung sollte natürlich „auch an anderen Orten des Kronlandes“ in Kraft treten, also auch dort, wo „diese Teilung gesetzlich zulässig ist“. Diese Feststellung ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert: Einerseits hatte man im Salzburger juristischen Verein damit ein Gefühl dafür bewiesen, daß die Diskussion um die richtige Verbücherung nur ein Schritt auf dem Weg zu einer umfassenden Ablehnung der materiellen Gebäudeteilung war, andererseits hatte man sich nicht gescheut, diese materielle Teilung als prinzipiell erlaubt zu bezeichnen. Die Zusammenfassung verschiedener materieller Anteile eines Gebäudes in einer Grundbuchseinlage erschien dem Salzburger juristischen Verein demnach als Ausführungsbestimmung zum Teilungsverbot, seine Übertragung auf Gebiete ohne Teilungsverbot als Kampf gegen die materielle Teilung durch die Hintertüre. Der Verein sah in dieser Verbücherungstechnik „eine große Schwierigkeit, sowo[h]l für die Vorna[h]me, als auch für die Uebersicht der Grundbuchs-Eintragungen“. Ein „praktischer Nutzen“ resultiere daraus „nicht im mindesten“, da die Vereinigung der materiellen Anteile „nur auf dem Papiere hergestellt, in Wirklichkeit aber um nichts gefördert“ werde. Von dieser Überlegung ausgehend wurde sodann die materielle Teilung an sich verteidigt: „Für die Bevölkerung ist die freie Theilbarkeit der Häuser und die dadurch bedingte Erleichterung zum Erwerbe von Grund und Boden förderlicher u[nd] dem sozialen Bedürfniße entsprechender, wenn auch die bestehende Theilbarkeit unbequeme Complikationen im Gefolge haben mag.“ Es bleibe „Aufgabe der Jurisprudenz ( . . . ), die Mittel und Wege zu finden, um die vorkommenden Schwierigkeiten unbeschadet der Wohlthat der freien Theilbarkeit der Häuser“ zu lösen. Empfohlen wurde daher lediglich eine „Einschärfung“ der für Salzburg 1853 erlassenenVerordnung, die „mit aller Strenge ihrem Wortlaute nach durchzuführen sei“.193 Im Landtagsausschuß widersprach man diesen Überlegungen nicht. Die beiden protokollarisch überlieferten Äußerungen beschäftigten sich jedoch nur mit einem Teilaspekt der gemeinsamen oder getrennten Verbücherung, nämlich mit der Frage, wie mehrere materielle Anteile desselben Eigentümers zu verbüchern seien.194 All diese in Salzburg angestellten Überlegungen konnten im Salzburger Landtag aber nichts mehr bewirken: Er hatte die Regelung der Grundbuchsanlegung und der inneren Einrichtung der Grundbücher inzwischen gemäß § 12 Absatz 2 StGG / Reichsvertretung der Reichsgesetzgebung überlassen. Offenbar bedauerte man dies aber recht bald. Die Protokolle des Landtagsausschusses und das Gutachten JM 2820 / 1874: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 61. Vertreten wurde sowohl deren Zusammenziehung als auch die Weiterführung von Unterabteilungen bis zur vollständigen Eigentümeridentität, bis also alle Anteile in einer Hand vereinigt wären: JM 2820 / 1874: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 61. 193 194

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des Salzburger juristischen Vereins wurden vom Landesausschuß nämlich dem Justizministerium übersendet, wobei sich der Landeshauptmann in seinem Begleitschreiben vom 20. Februar 1874 kritisch zu der im Abgeordnetenhaus bereits eingebrachten Regierungsvorlage äußerte. Sie würde „mehrere höchst beachtenswerthe Eigenheiten unseres Landes nicht berücksichtige[n]“. Der Landesausschuß empfahl daher die beiden nach Wien nachgereichten „Aktenstücke [ . . . ], die auf unmittelbarer Anschauung und Kenntnißna[h]me“ grundbücherlicher Zustände „in unserem Lande von Seite praktischer Juristen beruhen“ und die „mehrere Uebelstände in dem Entwurfe“ aufzeigen würden, ministerieller Beachtung und bat um ihre Weiterleitung an den Grundbuchsausschuß des Abgeordnetenhauses. Als die Akten am 1. März 1874 in Wien eintrafen, waren die Ausschußberatungen jedoch schon abgeschlossen. Harrasowsky stellte fest, daß die Salzburger Überlegungen ohnehin teils berücksichtigt, teils abgelehnt worden seien. Insgesamt schien ihm „kein Anlaß vorhanden zu sein, die Wiederaufnahme der bereits abgeschloßenen Ausschußberathungen anzuregen“.195 Das im Juni 1874 publizierte Grundbuchsanlegungsgesetz für Salzburg196 ordnete an, ein materiell geteiltes Haus sei jeweils „als Ein Grundbuchskörper zu behandeln“ (§ 5 Absatz 2). Es eröffnete allerdings die Möglichkeit, in solchen Fällen besondere Eigentums- und Lastenblätter anzulegen, wozu eine spezielle Bewilligung des Justizministeriums erforderlich war. Sogleich im Juni 1874 sprach sich das OLG Wien mehrheitlich dafür aus, diese Verbücherungstechnik zumindest in den Sprengeln Salzburg-Stadt und Hallein anzuwenden. Auch die Gerichte dieser von materiellen Teilungen besonders betroffenen Städte hatten, vom OLG darüber befragt, die Anlegung besonderer Eigentums- und Lastenblätter befürwortet. Bei einer neuerlichen Verhandlung stimmte im OLG nur OLG-Rat Georg Lienbacher197 gegen diese Maßnahme: Ihm, der 1879 als Reichsratsabgeordneter für das StWE eintreten sollte (siehe unten k), schien eine derartige besondere Verbücherung offenbar als indirekte Anerkennung der materiellen Teilungen und damit als Widerspruch zur Gesetzgebung, die „nach dem Aufhören derartiger Teilungen strebt“. In den „einzelnen Fällen“ könnte man die „Schwierigkeiten“ auch anders überwinden; selbst die Grundbuchsführer würden eine solche Ausnahmeregelung nicht für notwendig halten. Besonders letzteres interessierte Harrasowsky, der eine derartige Ausnahmeregelung möglichst beschränken wollte.198 Trotz seiner Abneigung gestattete aber schließlich am 20. September 1874 ein Erlaß des Justizministeriums dem OLG eine Verordnung, die besondere Eigentums- und Lastenblätter zuließ und darüber detailliertere Vorschriften enthielt.199

JM 2820 / 1874: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 61. RGBl 1874 / 90. 197 Vgl. ÖBL V, S. 210; Steinkellner, insbes. S. 361 f. 198 JM 13879 / 1874: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 42. 199 Diese Verordnung vom 30. September 1874, Z. 16760, ist abgedruckt in: GBG-MTA, S. 435 f. 195 196

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b) Die Grundbuchsanlegung in Böhmen Der Salzburger Regelung hatte, wie erwähnt, der Entwurf des Grundbuchsanlegungsgesetzes für Böhmen zum Vorbild gedient. Gerade in Böhmen wurde aber eine andere Verbücherungstechnik beschlossen: Hier sollten die einzelnen materiellen Anteile jeweils als eigene Grundbuchskörper behandelt werden.200 Dies war, wie die Akten201 zeigen, eine vom Justizministerium vergeblich, weil letztlich nur halbherzig bekämpfte Methode: Der juristische Beirat des Regierungsvertreters im böhmischen Landtag, OLG-Rat Dr. Franz Petruska, hatte am 3. Oktober 1874 dem Ministerium berichtet, daß eine Mehrheit der zur Beratung des Gesetzentwurfes eingesetzten Landtagskommission die „Beibehaltung der besonderen Einlagen für Bestandtheile der Theilhäuser“ wünsche. Die Abgeordneten nahmen dabei in zutreffender Weise an, das Justizministerium werde wegen dieser Frage nicht versuchen, die kaiserliche Sanktion zu verhindern: Zwar vermerkte Harrasowsky im Akt, es würde von ihm „einiger Werth darauf gelegt werden, daß speziell in Böhmen keine weiter gehende Ausnahme von der regelmäßigen Einrichtung der Grundbuchseinlagen geschaffen werde“. Doch Harrasowskys Vorgesetzter, Sektionschef Benoni, wollte dieser Frage „keine solche Wichtigkeit beilege[n], daß ein Beharren des Landtages auf seiner Ansicht ( . . . ) geeignet schiene, den Erfolg der ganzen Vorlage in Frage zu stellen“. Petruska wurde daraufhin instruiert, er möge vorerst auf das im Grundbuchsanlegungsgesetz für Salzburg enthaltene „Auskunftsmittel“ der besonderen Eigentums- und Lastenblätter hinweisen.202 Schon wenige Tage später, am 7. Oktober 1874, mußte Petruska jedoch berichten, daß sein entsprechender Versuch „ohne Erfolg“ geblieben war: Der zentrale Kritikpunkt gegen die Übernahme der für Salzburg getroffenen Bestimmung, formuliert vom Landtagsabgeordneten Dr. Raudnitz, war die dem Justizministerium eingeräumte Ermächtigung, „in Ansehung jedes Hausantheiles die Eröffnung eines besonderen Eigenthums- und Lastenblattes im Verordnungswege“ zu bewilligen. Offenbar hatte man in Prag erkannt, daß das Justizministerium dieser Buchführungsmethode skeptisch gegenüberstand und eine restriktive Handhabung zu erwarten war. Petruska erbat sich nun eine Instruktion, ob er der Verbücherung von Hausanteilen in jeweils eigenen Einlagen auch im Plenum des Landtages noch entgegentreten sollte; durch Telegramm wurde er angewiesen, den Çomißionsantrag ( . . . ) nicht zu bekämpfen“.203 Für Böhmen konnte Harrasowsky demnach eine seinen dogmatischen Überlegungen widersprechende Verbücherungstechnik nicht verhindern.

200 § 5 Absatz 2 LGBl Böhmen 1874 / 92; vgl. JM 18155 / 1887: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 141. 201 AVA Justiz II genus 3 Böhmen, Post-Nr. 47 f. 202 JM 13615 / 1874: AVA Justiz II genus 3 Böhmen, Post-Nr. 47. 203 JM 13905 / 1874: AVA Justiz II genus 3 Böhmen, Post-Nr. 471/ . 2

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c) Die Grundbuchsanlegung in Istrien Das in Salzburg und Böhmen auf verschiedene Art gelöste, dabei aber letztlich nur erfolgreich verdrängte Problem eskalierte in Istrien. Hier sollte die Grundbuchsanlegung den letzten Anstoß für eine Gesetzesinitiative zum Verbot der Neubegründung des StWEs liefern.204 Die Anfänge verliefen noch in den gewohnten Bahnen: Wie der Salzburger Landtag hatte auch jener von Istrien die Regelung der Anlegung von Grundbüchern und deren innerer Einrichtung gemäß § 12 Absatz 2 des StGG / Reichsvertretung der Reichsgesetzgebung überlassen. Das daraufhin ergangene Gesetz vom 11. März 1875205 ermöglichte in § 5 Absatz 2 die Eröffnung „abgesonderte[r]“ Eigentums- und Lastenblätter für materielle Hausanteile, sofern dies durch ministerielle Verordnung genehmigt wurde. Diese Bestimmung war auf den Abgeordneten Winkler206 zurückgegangen, der auf das Bestehen materiell geteilter Häuser in Istrien hingewiesen hatte.207 Im Justizministerium fand man sich durch diese Regelung nun in eine schwierige Lage gedrängt208: Da für Istrien keine regionale Verbotsverordnung wie für Salzburg, Hallein, Ödenburg und Böhmen bestand, hätte man durch eine besondere bücherliche Behandlung von Hausanteilen „indirekt einen faktischen Zustand“ anerkannt. Das Justizministerium forderte daher das OLG Triest auf, sich zu diesem Problem zu äußern; das OLG befragte seinerseits die Gerichtshöfe in Triest und Rovigno sowie die Universität Triest. Das LG Triest beantragte de lege ferenda ein Verbot der materiellen Gebäudeteilung nach dem Vorbild der „für Salzburg, Hallein und Böhmen“ erlassenen Gesetze.209 Das KG Rovigno hingegen regte lediglich eine „Beschränkung der physischen Theilungen“ an: Dabei sollten Teilungen nur soweit zugelassen werden, „daß die Sicherheit der Eigenthumsrechte an den einzelnen Antheilen und die Evidenz des Grundbuchsstandes nicht darunter leidet“. Diese Bedingung sah das KG sowohl 204 Das Folgende, soweit nicht durch andere Akten belegt, nach JM 7272 / 1876 und JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 21, 24 f. 205 RGBl 1875 / 29. 206 Andreas Winkler (1825 – 1916), Reichsratsabgeordneter der Landgemeindekurie für Görz 1873 – 1880: Knauer, S. 188. 207 § 5 Absatz 2 sollte, wie im Vortrag für den Kaiser erläutert, die „Möglichkeit gewähren, den Schwierigkeiten zu begegnen, welche daraus entstehen können, daß in Istrien ( . . . ) physisch getheilte Häuser bestehen, deren einzelne Theile verschiedenen Eigenthümern gehören und verschieden belastet sind“: JM 3457 / 1875: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 55. Vgl. auch JM 18155 / 1887, worin aus Anlaß der Ausdehnung dieser Verbücherungstechnik auf Görz und Gradiska die Vorgeschichte des Grundbuchsanlegungsgesetzes für Istrien zusammengefaßt wird: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, PostNr. 141. 208 Vgl. zum Folgenden auch JM 3457 / 1875, worin Harrasowsky dem OLG Triest eine äußerst restriktive Handhabung der Bestimmung über die abgesonderten Eigentums- und Lastenblätter nahelegt: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 55. 209 Hier (JM 8600 / 1875) wie an zahlreichen anderen Stellen zeigt sich, daß die für Ödenburg bzw. das Ödenburger Verwaltungsgebiet ergangenen Verordnungen aus den Augen der cisleithnischen Juristen entschwunden waren.

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bei vertikaler Teilung durch eine „Scheidewand“ als auch bei einer „Teilung nach ganzen Stockwerken“ als erfüllt an. Nur mehr diese Teilungsarten sollten also erlaubt sein. Das OLG selbst sprach sich ebenfalls nicht für ein Verbot, sondern bloß für eine Beschränkung der Gebäudeteilung aus: Teilungen sollten demnach nur soweit vorgenommen werden, „als dies die Evidenz des Grundbuchsstandes – unterstützt durch Zeichnungen – gestattet“. Ob „die leichte Übersicht des Grundbuchsstandes nicht beeinträchtigt werde“, sei im Einzelfall vom Gericht zu entscheiden. Ein „absolutes Verboth der Theilung“ wollte das OLG nicht empfehlen, und zwar „mit Rücksicht auf die gedrückten Vermögensverhältniße“ der Bevölkerung. Aufgrund dieser Stellungnahmen gestattete das Justizministerium die Eröffnung besonderer Lasten-, nicht jedoch besonderer Eigentumsblätter.210 Doch Harrasowsky war mit den erhaltenen Berichten nicht zufrieden. Vorwurfsvoll vermerkte er, das OLG Triest hätte „die Frage, ob besondere Eig[entums-] od[er] Lastenblätter zu errichten sind, nicht als eine Rechtsfrage“, sondern nur „als eine Frage der Evidenz“, also der Grundbuchsführung, behandelt.211 Er entwarf nun ein Schreiben an den istrianischen Landesausschuß, in dem er zwar die „Berücksichtigung bestehender anomaler Verhältniße“ als „unvermeidlich“ bezeichnete, jedoch zur „Erwägung der Frage“ aufforderte, „ob die Fortdauer und weitere Verbreitung dieser anomalen Verhältniße mit dem Institute des Grundbuches vereinbar und den Bedürfnißen des Verkehres angemessen sei“. Die Gründe, die gegen die materielle Gebäudeteilung sprachen, bedurften nach Harrasowskys Ansicht „keiner ausführlichen Darlegung“: Nur kurz verwies er „auf die Ungewißheit über Inhalt und Umfang der Privatrechte, auf die Unsicherheit in Beziehung auf die Vertheilung öffentlicher Lasten, auf die gegenseitige Hemmung des wirthschaftlichen Verkehres“. Auch dogmatische Überlegungen konnte Harrasowsky „nicht unberücksichtigt“ lassen: Die materielle Gebäudeteilung widerspreche, so führte er aus, „der bestehenden Civilgesetzgebung und insbesondere ( . . . ) der Grundbuchsgesetzgebung“. Bei der physischen Hausteilung werde „nicht über die Substanz, sondern nur über die Benützung der Sache verfügt“, worin ein Widerspruch zum Eigentumsbegriff liege. Dementsprechend sei es zumindest „zweifelhaft ( . . . ), ob die Gerichte eine der Anlegung eines Grundbuches nachfolgende sogenannte physische Haustheilung als zur grundbücherlichen Durchführung geeignet betrachten werden“. Mit diesem Hinweis sollte dem Landesausschuß wohl suggeriert werden, daß materielle Teilungen ohnehin nicht mehr möglich sein würden. Ein „Ausspruch der Gesetzgebung“ erschien demnach als „Klarstellung der Verhältniße“, die „wünschenswerth“ sei. In diesem Sinne erhoffte Harrasowsky vom Landesausschuß „einen diese Frage betreffenden Antrag“ oder wenigstens die „Abgabe seines Gutachtens“, um dem Justizministerium die Vorbereitung einer Gesetzesvorlage zu ermöglichen. 210 JM 8600 / 1875: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 59. Vgl. zur Verbücherung des StWEs 3. Teil, VI. 211 Zum Folgenden weiterhin JM 8600 / 1875: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 59.

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Dieser Entwurf Harrasowskys für ein Schreiben an den istrianischen Landesausschuß wurde allerdings nicht abgefertigt. Sektionschef Benoni ersetzte ihn durch einen eigenen Text, der in der Form etwas verbindlicher, im Inhalt aber nicht weniger deutlich war: Er bezog sich nun auf die §§ 297 und 418 ABGB und bezeichnete die Vorstellung eines Eigentums an materiellen Teilen ausdrücklich als „eine Täuschung“: Nur die Benützung sei geteilt. Deutliche Grenzen würden zwar eine ausschließliche Besitzergreifung ermöglichen, doch hinsichtlich der Substanz der Sache „giebt es faktisch keine physisch trennenden, keine greifbaren materiellen, sondern nur ideelle Grenzen, nur Luftlinien und Luftflächen, welche dem ausschließlichen Besitze keine greifbare Schranke zu setzen vermögen. Das Haus als Ganzes bleibt ungetheilt.“ Eine gesetzliche Maßnahme gegen die materielle Gebäudeteilung sah Benoni nicht als eine „besondere Eigenthümlichkeit unserer politischen Gesetzgebung“ an, sondern „vielmehr [als] eine in der Natur der Sache gelegene Voraussetzung jeder Gesetzgebung[,] die den Begriff des dinglichen Rechtes logisch konstruirt und praktisch durchführt“. Daher hätte man Eigentumsrechte auch „unter den früher bestandenen Gesetzen“ nicht „gültig und mit der Wirkung [erwerben können], daß dieses vermeintliche Eigenthum und die volle freie Dispositionsberechtigung über dasselbe auch in Zukunft aufrecht erhalten werden müße“. Etwas zynisch mutet Benonis Versuch an, das Argument zu entkräften, wonach die materielle Gebäudeteilung eine Folge der Armut der Bevölkerung sei und daher entsprechende Rücksichtnahme verdiene: „Daß ärmere Familien, besonders bei Erbgängen, in Verlegenheit kommen und sich der Unmöglichkeit gegenüber gestellt sehen können, einem jeden Angehörigen ein ausschließliches, frei disponibles Besitzthum zuzuweisen oder ihn sonst mit einem vollkommen gleichen Vermögensantheile abzufertigen, ist ein in der Natur der Dinge liegender Übelstand, wogegen kein Civil- oder Rural [= Landwirtschafts]gesetz ein ausreichendes Heilmittel biethen kann.“ Eine Diskussion sei, so wurde dem istrianischen Landesausschuß mitgeteilt, allenfalls noch über die Übergangsbestimmungen zu führen, obwohl auch hier dem Justizministerium eine Übernahme der für Salzburg getroffenen Bestimmungen am einfachsten und sinnvollsten erschien. Insgesamt wäre eine Regelung dringlich; die Anlegung der Grundbücher sei der richtige Moment, um die bestehenden „verworrenen Verhältniße“ zu klären. In diesem Sinne findet sich schließlich auch erstmals die Andeutung, das Justizministerium könnte eine geographisch umfassende Lösung des Problems in Angriff nehmen.212 Die vom Justizministerium geäußerte Hoffnung, der Landesausschuß würde den ausführlich „entwickelten Anschauuungen und ihrer Begründung seine Zustimmung nicht versagen“, sollte sich aber nicht erfüllen. Die Probleme begannen schon mit Prozeduralem: Nach einer ersten Verschiebung seiner Antwort im Juli 212 JM 8600 / 1875: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 59. Hier auch noch das folgende Zitat.

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2. Teil: Geschichte des Stockwerkseigentums

1875 begnügte sich der Landesausschuß dann nicht mit der Zuschrift des Justizministeriums, sondern ersuchte im Jänner 1876 um Mitteilung der Meinung des OLG.213 Einen Monat später mußte der Justizminister von der Statthalterei erfahren, daß der Landesausschuß eine Stellungnahme nicht selbst abgeben, sondern diese dem Landtag überlassen wollte.214 Im Landtag215 setzten sich die Probleme auf inhaltlicher Ebene fort. Zur Erörterung der Frage, ob die materielle Gebäudeteilung zu beschränken sei, wurde ein Ausschuß eingesetzt, der die materielle Gebäudeteilung für „gesetzlich zulässig“ hielt, jedoch eine „Beschränkung der Theilbarkeit ( . . . ) aus wirtschaftlichen Gründen“ befürwortete. Mangels allgemeingültiger Kriterien wurde vorgeschlagen, die „Angemessenheit einer Theilung ( . . . ) von Fall zu Fall“ vom Grundbuchsrichter prüfen zu lassen, der dabei insbesondere auf die „Evidenz des Grundbuchstandes“ Bedacht nehmen sollte. Diese Ansicht entsprach also jener des OLG Triest. Eine „vollständige“ Übernahme der für Salzburg, Hallein und Böhmen erlassenen Verordnungen lehnte man in Istrien hingegen ab. Als Begründung diente abermals die „Armut des Landes“. Ihretwegen wäre zu befürchten, „daß viele obdachlos würden, weil es ihnen am Geld fehlen würde, um sich Häuser zu kaufen oder zu mieten“. Darüber hinaus sei eine Teilbarkeit der Häuser „vom Standpunkt der Bedürfnisse der Landwirtschaft“ notwendig. Hinsichtlich der grundbücherlichen Behandlung der materiellen Gebäudeteile sprach sich der Ausschuß dafür aus, jeden Hausteil als selbständige Grundbuchseinlage zu behandeln. Im Landtag wurde ein auf diese Art der grundbücherlichen Behandlung abzielender Antrag zwar abgelehnt, doch ging dies bloß auf die bereits reichsgesetzlich getroffene Regelung zurück. Die „Ansicht, daß die physische Theilung von Häusern ( . . . ) gesetzlich zulässig“ sei, fand hingegen „allseitige Zustimmung“. Während aber die Bevölkerung Maßnahmen gegen die Gebäudeteilung ablehnte, befürwortete die Mehrheit des istrianischen Landtages Teilungsbeschränkungen für die Zukunft. Dabei schien jedoch eine Prüfung im Einzelfall, wie sie der Ausschuß im Sinne des OLG Triest vorgeschlagen hatte, zu kostspielig: Beschlossen wurde vielmehr der Antrag des Stellvertreters des Landeshauptmanns – eines „Advokaten“, wie man im Justizministerium mit spürbarem Unmut feststellte –, wonach nur rein vertikale Teilungen „von oben nach unten“ oder rein horizontale Teilungen nach Stockwerken zugelassen werden sollten. Diese Lösung entsprach dem schon früher geäußerten Vorschlag des KG Rovigno.

213 JM 11642 / 1875: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 60; JM 964 / 1876: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 65. 214 JM 2361 / 1876: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 66. 215 Das Folgende, soweit nicht durch andere Akten belegt, wieder nach JM 7272 / 1876 und JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 21, 24 f.

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d) Vorbereitung einer Enquete Im Beschluß des istrianischen Landtages war also abermals die Ansicht zum Ausdruck gekommen, daß materielle Teilungen unter der Herrschaft des ABGB möglich und erlaubt seien. Den Beamten des Justizministeriums schien es untragbar, derartige Vorstellungen, die der eigenen Auffassung diametral widersprachen, tatenlos zu akzeptieren. Die Ursache des Problems war rasch gefunden: Aus den Vorakten sei zu ersehen, so argumentierte Harrasowsky, daß man sich bei der Vorbereitung der für Salzburg, Hallein, Ödenburg und Böhmen erlassenen Teilungsverbote „nicht auf den juristischen sondern auf den wirtschaftlichen Standpunkt gestellt hatte“. Die materielle Gebäudeteilung sei also abgelehnt worden, weil sie die „Heranziehung eines Proletariates fördere“, den Erhalt der „Steuerkraft gefährde“ und zu „ärgerlichen Streitigkeiten führe“. Die „juristische Grundlage“ hätte man seinerzeit aber nicht untersucht. Auch einen Schuldigen für dieses Versäumnis hatte Harrasowsky schon gefunden: Es wäre dem „Einfluß des früheren Reichsrathes ( . . . ) zuzuschreiben, daß ein allgemeiner Ausspruch der juristischen Unzulässigkeit physischer Hausteilungen nicht schon früher erfolgt ist.“ – Tatsächlich hatte aber der Reichsrat [siehe oben 2. c)] nicht eine bestimmte juristische Argumentation verhindert, sondern nur die Kompetenz des Kaisers gegen Bestrebungen der Ministerien verteidigt, die auf eine Ermächtigung zum selbständigen Erlaß von Verordnungen abzielten. – Eine Beurteilung der Hausteilung vom Standpunkt des Privatrechts sei daher erstmals 1870 anläßlich eines konkreten Problemfalls erfolgt216 – Harrasowsky verschwieg bei dessen lobender Erwähnung geflissentlich, daß der damals zuständige Referent er selbst gewesen war. Für eine Änderung der istrianischen Zustände hielt es Harrasowsky nun für unausweichlich, den „Weg der Gesetzgebung“ zu beschreiten. Dabei schien es ihm empfehlenswert, sich nicht auf Istrien zu beschränken: Würde dem Reichsrat „ein nur für Istrien bestimmtes Gesetz vorgelegt“, so sei eine Wiederholung der im Landtag verwendeten Argumente zu befürchten. Bei der „herrschenden Neigung[,] jede persönliche Ansicht [als] Eigenthümlichkeit des Landes, aus welchem der Redner stammt“, auszugeben, könnte es dann nicht gelingen, „die Verschiedenheit zwischen landesüblichen juristischen Mißverständnißen und Landeseigenthümlichen klar zu machen.“ Harrasowsky schlug daher einen grundlegenden, territorial umfassenderen Gesetzgebungsakt vor: „Mehr Chancen des Erfolges dürften sich biethen, wenn man ein mehrere Länder betreffendes Materiale vorführt, hiermit nachweist, daß nicht die Verhältniße sondern nur die subjectiven Ansichten verschieden sind, und dadurch die nationale Beeinflußung der Würdigung der Argumente herabdrückt“. Um nun das „nötige Material zu gewinnen, aufgrund dessen eine allgemeine Regelung dieser Frage auf dem Weg der Gesetzgebung vorzubereiten wäre“, wurden die Oberlandesgerichte am 14. Juni 1876 aufgefordert, Erhebungen über das Vorkommen materieller Gebäudeteilungen einzuleiten. Sie 216

Zum Fall Kruta siehe oben 3. b).

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mußten sich weiters darüber äußern, ob die „Unzulässigkeit solcher Teilungen durch allgemeines Gesetz auszusprechen“ wäre und ob man dabei die „Übergangsbestimmungen“ der zwischen 1853 und 1857 erlassenen Verordnungen anwenden sollte. Die Berichte wurden bis zur ersten Septemberhälfte in Wien erwartet; dann sollte allenfalls noch ein Gutachten des OGH eingeholt werden.217 Das Justizministerium ging jedoch kein Risiko ein: Der Aufforderung zur Meinungsäußerung wurde nämlich jeweils eine suggestive Einleitung vorangestellt. Darin wurden die Oberlandesgerichte belehrt, daß es mit dem „Begriff des Eigentumsrechtes, dessen wesentlichstes Merkmal in der Ausschließlichkeit der Herrschaft über eine Sache liegt, ( . . . ) unvereinbar“ sei, das „Recht der Benützung einzelner Räume in einem Haus, welches ohne Verletzung der Substanz nicht physisch geteilt werden kann“, als ein „Eigentumsrecht“ zu behandeln. Dadurch waren die Gerichte schon vor der eigentlichen Fragestellung mit der ministeriellen Ansicht konfrontiert, daß jene Verhältnisse, die sich „in einigen Gebieten aus älterer Zeit“ erhalten hätten, mit dem Prinzip des Eigentums „im Widerspruch stehen“. Als Beweis dafür wurden – wider besseres Wissen – die regionalen Verordnungen der 1850er-Jahre angeführt! Je nach den Verhältnissen der einzelnen Sprengel wurde die Fragestellung für die jeweiligen Oberlandesgerichte geringfügig modifiziert: So sollten die Oberlandesgerichte Wien und Prag noch jene Erfahrungen mitteilen, die in Salzburg und Hallein bzw. in Böhmen mit den dort schon erlassenen Verbotsverordnungen gemacht worden waren. Die Oberlandesgerichte Brünn und Graz wurden befragt, ob Maßnahmen zur Verbesserung der Übersichtlichkeit des Grundbuchs erforderlich seien; Harrasowksy dachte dabei wohl an die andernorts bereits eröffnete Möglichkeit, besondere Eigentums- und Lastenblätter einzurichten. Besonderes Augenmerk schenkte er schließlich der Note an das OLG Triest, dessen Stellungnahme zu den istrianischen Gebäudeteilungen eine der Ursachen für die nun angekurbelte Aktion gewesen war. Die Tatsache, daß dieses Gericht ein absolutes Teilungsverbot abgelehnt hatte, provozierte Harrasowsky zu einer nochmals gesteigerten Suggestivität. Der istrianische Landtag hätte, so wurde geradezu vor Nachahmung gewarnt, zu wenig beachtet, „daß es sich um eine Maßregel der rechtlichen Ordnung handelt, welche es erfordert, daß die Rechtsgeschäfte in die dem herrschenden Rechtssystem entsprechende Form gebracht werden“. Das herrschende System lasse ohnehin „jede Art von Benützungsrechten ( . . . ) in dem von den Parteien gewünschten Umfang zu“, die Beteiligten müßten sich allerdings innerhalb der vorhandenen „Kategorien von Rechten“ bewegen. Es wäre eine „Verwechslung ( . . . ), wenn man das Recht einzelne Räumlichkeiten in einem Hause, das ohne Verletzung der Substanz nicht in materielle Teile zerlegt werden kann, zu nützen, als Eigentumsrecht“ behandeln wollte. Die im Landtag geäußerten Besorg217 Eine ähnliche Erhebung, allerdings nur hinsichtlich der Neubegründungen zwischen 1877 und 1881, wurde dann übrigens 1882 in Bayern angeordnet: Jacubetzky, S. 188 f.; Zoeppritz, S. 40 f.

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nisse im Hinblick auf die „wirtschaftlichen Verhältnisse des Landes“ seien „kaum gerechtfertigt“, wenn die legislative Maßnahme, wie vorgesehen, „alle bestehenden Rechtsverhältnisse ( . . . ) unberührt“ ließe. Mit diesen Bemerkungen hoffte Harrasowsky vermutlich, den Argumentationsspielraum des OLG Triest zur Verteidigung des StWEs ausreichend eingeschränkt zu haben. Von dieser Rundfrage ausgenommen blieben vorerst nur die Oberlandesgerichte Krakau und Lemberg. Hier fehlte ein interessanter Vorakt, nämlich jener, der das 1859 begonnene, dann jedoch im Sande verlaufene Projekt einer regionalen Verordnung für Galizien und Bukowina betraf. Wie sehr die materielle Gebäudeteilung Harrasowsky ein persönliches Anliegen war, zeigt der Umstand, daß er „im kurzen Weg ( . . . ) ermittelt“ hatte, daß diese Angelegenheit beim Innenministerium „ins Stocken“ geraten war. Daran war das Justizministerium nicht ganz unschuldig: 1859 hatte man das Teilungsverbot mit einer „Regulierung der Frage über die Besitzfähigkeit der Israeliten“ in Zusammenhang gebracht. Das „Wohnungsbedürfnis“ der Juden sollte nämlich in einer Weise „berücksichtigt“ werden, die „eine nachteilige Rückwirkung des Verbots der physischen Hausteilungen“ ausschloß. Das Innenministerium hatte daher eine „Erledigung der Frage über das Hausteilungsverbot“ bis zur „Beendigung der Verhandlungen über die Besitzfähigkeit der Israeliten“ aufgeschoben, „ohne jedoch auf jene Frage nach der Aufhebung der den Israeliten in Beziehung auf ihre Besitzfähigkeit auferlegten Beschränkungen zurückzukommen.“ Ungeachtet seines inoffiziellen Wissens forderte Harrasowsky in einer ebenfalls mit 14. Juni 1876 datierten Note die Rücksendung des inzwischen 17 Jahre(!) alten Aktes ein. Das Innenministerium sah sich daher am 1. Juli 1876 zum schriftlichen Eingeständnis gezwungen, daß die „Angelegenheit“ nach Klärung der staatsbürgerlichen Verhältnisse der Juden „nicht mehr zur Frage gekommen“ sei.218 Mit rund einem Monat Verspätung konnten daher am 12. Juli 1876 auch die Oberlandesgerichte Lemberg und Krakau, gleichfalls eindrücklich belehrt, zur Berichterstattung bis Ende September 1876 aufgefordert werden.219 Das OLG Lemberg, das neben der aktuellen Note auch die Vorakten von 1859 erhalten hatte, war dadurch verwirrt; vielleicht stellte man sich auch nur so, um einer Entrüstung über die Widersprüchlichkeit der aus verschiedenen Zeiten stammenden Akten, über die suggestive Fragestellung oder über die lange Untätigkeit der Zentralstellen ein Ventil geben zu können220: Einerseits sollte es beachten, daß materielle Teilungen „mit dem Begriff des Eigentumsrechts und seiner Ausschließlichkeit“ unvereinbar seien, andererseits sich über die grundbücherliche Behandlung geteilter Objekte äußern. Man ersuchte daher um „Aufklärung“, ob dies so zu interpretieren sei, daß „in gewissen durch ein Gesetz festzustellenden Fällen den218 IM 8509 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 22. Vgl. RGBl 1860 / 44, RGBl 1860 / 45, StGG über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger RGBl 1867 / 142. 219 JM 8594 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 22. 220 OLG Lemberg 14848 / 1876 vom 1. August 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 23.

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noch die Teilung von Häusern nach physischen Anteilen zulässig sein solle“. Leider enthalten die Akten keinen Hinweis darauf, wie Harrasowsky diese Frage beantwortet hat, die ihm fast als Provokation erschienen sein mußte.

e) Ergebnisse der Enquete Die Ergebnisse der Enquete221 sind eine herausragende Quelle für die Geschichte des StWEs. Von den 61 Gerichtshöfen, deren Äußerungen in einer Zusammenstellung Harrasowskys erhalten geblieben sind, kannten fast alle das Problem der materiellen Gebäudeteilung aus eigener Anschauung. Nur vier Gerichtshöfe, nämlich die Kreisgerichte Reichenberg und Böhmisch Leipa im Sprengel des Prager und die Kreisgerichte Krems und Wiener Neustadt in jenem des Wiener OLG hatten keine materiell geteilten Objekte in ihren Sprengeln. Von 21 weiteren Gerichtshöfen wurde das vereinzelte Auftreten der materiellen Gebäudeteilung berichtet, in 34 Gerichtshofsprengeln scheint sie häufiger vorgekommen zu sein.222 Weitaus bunter gestaltet sich das Bild der juristischen Würdigungen. Es war von einer für Harrasowsky geradezu niederschmetternden Uneinheitlichkeit: „Die von den verschiedenen Gerichten ausgesprochenen Ansichten[,] insbesondere aber deren Begründungen“, seien „so divergierend“, daß man „nicht den Eindruck gewinnen kann, daß der juristische Bildungsgang der österreichischen Richter und das von denselben anzuwendende Gesetz einheitlich sei“.223 Eine „Verschiedenheit der Verhältnisse“ könnte zur Erklärung dieser „auffallenden – und vom Standpunkt der Rechtssicherheit nicht eben beruhigenden – Erscheinung“ nicht herangezogen werden, denn die Teilungen hätten „z. B. in Südtirol und in Galizien ( . . . ) in den Städten wie am Lande dieselbe Gestalt.“ Nur 19 der 61 Gerichtshöfe und 3 der 8 Oberlandesgerichte, insgesamt also 22 von 69 Gerichten – rund 30 Prozent –, rangen sich zu der ausdrücklichen Feststellung durch, daß die materielle Gebäudeteilung unzulässig sei. Von diesen 22 Äußerungen vermieden 12 die Angabe eines konkreten Rechtsgrundes für die Unzulässigkeit und beließen es bei allgemeinen Hinweisen auf die bestehende Gesetzgebung oder den „Begriff des Eigentumsrechtes“. Acht Gerichtshöfe führten die Unzulässigkeit auf das Grundbuchsgesetz zurück; das KG Tarnow ergänzte dies sogar noch durch die Feststellung, daß eine Unzulässigkeit der materiellen Gebäudeteilung allein nach dem ABGB nicht gegeben wäre! Das genaue Gegenteil behaupteten hingegen das KG Trient und das LG Lemberg, die das Grundbuchsgesetz daher nicht als Rechtsgrundlage benötigten. Kryptisch war die Äußerung 221 JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. Zur Enquete vgl. Talasiewicz, S. 407 f.; zu Tiroler Reaktionen Kohl, Hausteilungen, S. 45 ff. 222 Von zwei Gerichtshöfen fehlen Angaben zum Vorkommen. 223 „Besondere Überraschungen“ hatten Harrasowsky die Bezirksgerichte Galiziens geboten.

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des KG Ragusa, das ein Teilungsverbot nicht ablehnte, „wenn es die Grundlage des ABGB nicht verläßt“. Harrasowskys pandektistische Ansicht, daß die materielle Gebäudeteilung schon vom ABGB verboten worden sei, unterstützten demnach bestenfalls 3 von 69 Gerichten – weniger als fünf Prozent! Höchst unterschiedlich waren auch die Schlußfolgerungen und Vorschläge für die Zukunft, die im Rahmen der Enquete geäußert wurden. Die überwiegende Mehrheit von 43 Gerichtshöfen empfahl ein Verbot der materiellen Gebäudeteilung bzw. eine „Generalisierung“ der für einzelne Gebiete bereits ergangenen Verordnungen. Dies stand nicht selten in einem Widerspruch zur vorangegangenen Feststellung, daß materielle Teilungen unzulässig seien: Nur 5 Gerichtshöfe zeigten sich so konsequent, ein gesetzliches Verbot des StWEs für unnötig zu halten, weil es ohnehin schon im Grundbuchsgesetz enthalten wäre. Die anderen rechtfertigten diesen Widerspruch meist gar nicht und empfahlen ein Teilungsverbot aus „allgemeinen Gründen“. Drei Gerichtshöfe hielten ein Gesetz zur Beseitigung von Zweifelsfragen aus Gründen der Rechtssicherheit für wünschenswert: Das KG Königgrätz erhoffte sich dadurch ein Ende der „zahlreichen ( . . . ) Streitigkeiten“, das LG Linz und das OLG Wien erwarteten davon eine Klarstellung der Unanwendbarkeit des Grundstücksteilungen regelnden Gesetzes von 1869.224 Nur 5 Stellungnahmen – sie stammten aus den OLG-Sprengeln Innsbruck, Triest und Zara – sprachen sich offen gegen ein Teilungsverbot aus. Im Sprengel des KG Trient lehnten die Mehrzahl der Bezirksgerichte sowie die Advokatenkammer jedes Teilungsverbot ab. In aus heutiger Sicht geradezu prophetischer Weise verwarf die Trientiner Advokatenkammer die Verbotsbestrebungen und zog aus den – überhaupt nicht geleugneten – Mißständen den naheliegenden Schluß, daß daraus nur ein Bedürfnis nach gesetzlicher Benützungsregelung der gemeinschaftlichen Teile erkennbar sei. Auch das KG Roveredo befürchtete wie jenes von Trient „Mißstimmung unter der Landbevölkerung“, wenn ein gegen die wirtschaftlichen Verhältnisse und Gewohnheiten gerichtetes Gesetz in Kraft trete. Die Advokatenkammer von Roveredo argumentierte mit der Wertminderung, die mit den Teilungen einhergehe: Diese sei von den Betroffenen selbst zu beurteilen, die „einer Tutel durch das Gesetz“ nicht bedürften. Das KG Feldkirch anerkannte zwar, daß aus der materiellen Teilung die „widerlichsten Verhältnisse entstehen“ könnten, die „der gedeihlichen Entwicklung der Wirtschaften hinderlich sind, Streitigkeiten und Feindschaften hervorrufen“, dennoch zögerte es, „mit relativ glücklichen Existenzen aufzuräumen“. 224 RGBl 1869 / 18. Dieses Teilungsbeschränkungen abbauende Gesetz scheint tatsächlich vielfach – etwa beim OLG Krakau – die Ansicht genährt zu haben, es sei auch auf Gebäude anzuwenden. In Galizien hatte die Aufhebung der Teilungsbeschränkungen für landwirtschaftliche Gründe zu einer besonderen Vermehrung von Gebäudeteilungen geführt, die auch noch 1935 erinnernswert erschien: BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3. Selbst wenn regionale Hausteilungsverbote existierten, wie etwa in Böhmen, glaubte man diesen dadurch derogiert; vgl. den oben dargestellten Teilungsfall der Brüder Kruta, oben 3. b).

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Nur vereinzelt fanden sich differenziertere Äußerungen, die weder klar für noch klar gegen ein Teilungsverbot Stellung bezogen, sondern Beschränkungen nach Lage oder Größe des betreffenden Gebäudes oder des entstehenden Hausanteils vorschlugen: So wollte das im Sprengel des KG Cattaro gelegene BG Budva vom Teilungsverbot die „größeren Gebäude“ ausnehmen, die Minorität des OLG Zara entweder diese oder, unabhängig von der konkreten Objektgröße, die Gebäude der „größeren Städte“. Das KG Tarnopol hingegen wollte Teilungen gerade nur in den Städten verbieten, die Minorität des KG Trient in Orten mit mindestens 1000 Einwohnern. Diesen diametralen Unterschieden liegen offenbar verschiedene Überlegungen zugrunde: An die Gebäudegröße knüpfte an, wer die Teilbarkeit eines einzelnen Objekts nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten beurteilen und dessen sinnlose Zersplitterung über ein bestimmtes Maß vermeiden wollte. Wer aber weniger den Einzelfall als vielmehr einen Immobilienmarkt im Auge hatte, dachte an lokale Differenzerungen: Wollte man dabei einer in den Städten stärkeren Nachfrage entsprechen, so mußte man Teilungen befürworten; glaubte man an ein hier ohnehin ausreichendes Angebot, dann schienen Teilungen gerade in Städten entbehrlich. Von den neun Oberlandesgerichten waren sieben für ein Teilungsverbot, davon zwei nur mehrheitlich: Am OLG Zara war nicht nur der eben erwähnte Vorschlag von Ausnahmebestimmungen für größere Städte oder größere Gebäude in der Minderheit geblieben, sondern auch die Ablehnung eines Teilungsverbotes überhaupt. Am OLG Wien hatten zwei Stimmen die Notwendigkeit einer „Änderung der bestehenden Verhältnisse“ bestritten, die sich „aus praktischen Bedürfnissen entwickelt“ hätten: Viele Arbeiter würden nur durch die ihnen gehörenden Wohnungen seßhaft bleiben, ihnen sollte man die Möglichkeit zum Eigentumserwerb nicht nehmen. Das OLG Innsbruck lehnte dagegen „alle Teilungsbeschränkungen“ als „unberechtigte Eingriffe“ in das Eigentumsrecht ab. Die Ursache der auftretenden Probleme liege nicht in der Teilung an sich, sondern in der „Mangelhaftigkeit der Verträge“. Das OLG Triest schließlich beharrte auf seiner schon früher geäußerten Ansicht, daß die Entscheidung über die Zulässigkeit der Teilung jeweils im Einzelfall den Gerichten überlassen bleiben sollte.225 Insgesamt hatte die Enquete also die von Harrasowsky in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt, sondern – ganz im Gegenteil – gezeigt, daß die im Justizministerium herrschende pandektistische Meinung nicht auf breite Zustimmung zählen konnte. f) Referat und Votum Harrasowskys Angesichts der für ihn enttäuschenden Enquete mußte Harrasowsky besonderes Gewicht auf sein eigenes Referat legen, worin er die Frage der Häuserteilung 225 Weitergehende Äußerungen der befragten Gerichte finden in den jeweils sachlich einschlägigen Kapiteln dieser Arbeit Berücksichtigung.

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auf insgesamt 26 Bogen untersuchte.226 Er ging dabei auch auf die Entstehungsgeschichte des ABGB ein und betonte, daß unter den „gewissen unabgesonderten“ Teilen des § 361 nur bestimmte aliquote Teile verstanden werden könnten. Das ABGB habe sich damit, wenngleich vielleicht ungewollt, vom Galizischen Bürgerlichen Gesetzbuch entfernt, das umfassender einen den Miteigentümer „treffenden Teil“ genannt hätte. Das in § 361 ABGB vorkommende Wort „obgleich“, aus dem man e contrario die Möglichkeit „abgesonderter Teile“ erschließen kann (siehe oben 1.), problematisierte er aber nicht. Zutreffend stellte Harrasowsky sodann fest, daß die Gesetzgebungsgeschichte der §§ 842 und 843 ABGB das Problem der materiellen Teilung nicht berührt hatte. So würde das Beratungsprotokoll vom 5. August 1805 erkennen lassen, daß man nicht daran gedacht hatte, bei § 842 die Frage der Teilbarkeit von Gebäuden zu entscheiden. Auch die im GBGB (II § 27) enthaltene Bestimmung über die Einteilung der Sachen in teilbare und unteilbare hätte keinen Anlaß geliefert, die materielle Teilung zu diskuteren. Sie wurde im Gegenteil, wie sich aus dem Protokoll vom 28. Mai 1803 ergebe, als entbehrlich weggelassen. Auf die weitere Vorgeschichte, insbesondere den von ihm selbst später herausgegebenen Codex Theresianus, ging Harrasowsky nicht ein. An diese Überlegungen schloß sich ein Überblick über die Literatur an, wobei Harrasowsky nur am Rande auf die Kommentare von Zeiller und Nippel sowie auf die Überlegungen Fingers einging. In der Regel hätte die Ansicht, daß eine „Benützungsregelung“ als Teilung und das entsprechende „Benützungsrecht“ als Eigentum anzusehen sei, in der österreichischen Literatur keine Anhänger gefunden, was Harrasowsky mit Verweisen auf Winiwarter227, Ellinger228, Unger229 und Stubenrauch230 zu untermauern suchte. Dieser etwa hätte die materiellen Teilungen als „einen abenteuerlichen Gebrauch“ bezeichnet. Nicht verschweigen konnte Harrasowsky allerdings die Tatsache, daß nach Ungers Ansicht eine solche Teilung mit dem Geist des deutschen Rechtes verträglich sei, was auch von Roth231 bestätigt werde. Das französische Recht würde StWE zwar gestatten, die einzelnen Eigentümer jedoch teilweise auch als Miteigentümer ansehen. Daran anschließend wandte sich Harrasowsky der Gesetzgebungsgeschichte zu. Ältere Rechtsquellen, die der materiellen Gebäudeteilung positiv gegenüberzustehen schienen, ordnete er der „Verwaltungsgesetzgebung“ zu, die „nur die wirtschaftliche Bedeutung des Teilens im Auge“ gehabt hätte, und vermied damit eine inhaltliche Auseinandersetzung. Auf diese Weise in die Bedeutungslosigkeit gedrängt wurde etwa das Hofdekret vom 24. November 1790 JGS 96, das von „speciJM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. Winiwarter II, S. 23. 228 Vgl. Ellinger, S. 387 f. (Von Harrasowsky zitiert wurde jedoch die vierte Auflage von Ellingers Handbuch, S. 381). 229 Unger, S. 415. 230 Stubenrauch, S. 1121. 231 Roth, Civilrecht, S. 56. 226 227

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fiquen jedem eigens zugewiesenen Bestandtheilen des Hauses“ handelte, ebenso ein Regierungsdekret vom 10. März 1838232, das Teilungsbewilligungen in Städten und Märkten nicht für notwendig hielt, sowie das bekanntere Hofkanzleidekret vom 2. Juli 1832233 über die Kellergrundbücher. Letztere hätten ausdrücklich darauf hingewiesen, daß bei Teilungen die privatrechtlichen Verhältnisse maßgebend seien: Nach Harrasowskys Auffassung konnte dies nur als implizites Teilungsverbot zu verstehen sein! Weitere Patente erwähnte er ohne echte inhaltliche Auseinandersetzung.234 Abschließend ging das Referat noch auf Judikaturstimmen ein. Berücksichtigung fanden dabei jedoch nur einige nach 1852 in pandektistischem Geist erschienene Entscheidungen des OGH, die „ausnahmslos“ Harrasowskys Ansicht zu bestätigen schienen.235 In seinem persönlichen Votum teilte Harrasowsky die Ergebnisse der Enquete in zwei Gruppen ein und unterschied zwischen Anträgen, die „nicht [zu] berücksichtigen“, und solchen, die „zu erwägen“ seien. In die erste Kategorie ordnete er, leider ohne Motivierung, neben angeblich inkonsequenten Ausführungen des OLG Innsbruck zwei Positionen ein, die seinen Absichten nicht entsprachen: Der Vorschlag des OLG Triest, wonach die Gültigkeit von Teilungen dem Ermessen des jeweiligen Grundbuchsgerichtes überlassen werden sollte, schien wohl als zu teilungsfreundlich, während ihm die „von mehreren Seiten insbesondere aber vom OLG Lemberg“ geäußerte Idee, durch das Gesetz eine „zwangsweise Umgestaltung der bestehenden Verhältnisse“ rückwirkend herbeizuführen, vermutlich zu riskant war. Sie wäre auch in einen besonders deutlichen Gegensatz zu früheren Maßnahmen geraten. In der zweiten Kategorie, also unter den erwägenswerten Vorschlägen, fand sich abermals das OLG Innsbruck, doch ist nach der Vorgeschichte kaum anzunehmen, daß Harrasowsky den von dort gekommenen Vorschlag, von jeder „legislativen Einwirkung“ abzusehen, ernstlich in Betracht gezogen hätte. Der größte Teil der erwägenswerten Vorschläge stammte von der überwiegenden Mehrzahl der OberlandesOÖProvGS 1838, S. 85 f. NÖProvGS 1832, S. 340 ff. 234 So das in Tirol 1840 publizierte Grundzerstückungspatent von 1770 (TirProvGS 1840, S. 807 ff., insbes. S. 817 ff.), das von der Teilung einfache Behausungen ausgeschlossen hatte, sofern sie mit ihren Feuerstätten und Ingebäuden nicht vollkommen abgesondert waren; eine Verordnung vom 10. April 1835 für Vorarlberg (ProvGS 1835, S. 205), worin die Erteilung einer beim Kreisamt anzusuchenden Bewilligung zur Hausteilung davon abhängig gemacht wurde, daß Sachverständige ausreichenden Raum zu entsprechender Unterkunft und für jede Partei eine abgesonderte Feuerstätte konstatierten. Obwohl diese älteren Normen zeigten, daß eine Gebäudeteilung unter bestimmten Bedingungen für möglich gehalten worden war, schob Harrasowsky sie als für die zivilrechtliche Hauptfrage der Teilbarkeit bedeutungslose politische Bestimmungen zur Seite. 235 OGH 26. 5. 1857, 3898: Glaser / Unger Nr. 363; OGH 2. 11. 1858, 10931: Glaser / Unger Nr. 649; OGH 18. 3. 1868, 1522: Glaser / Unger Nr. 3016; OGH 26. 8. 1853, 8372: Gerichtszeitung 1854, 9; OGH 4. 11. 1861, 8048: Glaser / Unger Nr. 1427. 232 233

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gerichte, nämlich jenen in Brünn, Graz, Krakau, Lemberg, Prag, Wien und Zara. Sie hatten sich, nach der ihnen vorgelegten Fragestellung eigentlich kaum verwunderlich, dafür ausgesprochen, den „durch die Verordnungen für Salzburg und Böhmen betretenen Weg“ fortzusetzen. Obwohl dieser Weg angesichts der vorliegenden Verordnungstexte eindeutig schien, unterschied Harrasowsky dabei doch zwei Varianten: Man könnte entweder „ein Verbot“ formulieren, wie es zwischen 1853 und 1857 geschehen sei, oder die „unrichtige Auffassung der bestehenden Gesetzgebung durch eine gesetzliche Interpretation ( . . . ) berichtigen“. Auch letzteres deklarierte er damit als Fortsetzung des in den Fünfzigerjahren begonnenen Weges. Zu einer Entscheidung über den letztlich einzuschlagenden Weg gelangte Harrasowsky durch Erforschung der „Ursache der vorhandenen Meinungsverschiedenheiten“. Sie bestünde letztlich darin, daß der „römischrechtliche Eigentumsbegriff, welcher unsere Gesetzgebung beherrscht“, nicht überall „in die Lebensgewohnheiten eingedrungen“ sei. Das ABGB würde – so behauptete er – der römischrechtlichen Auffassung folgen, wonach die ausschließliche Herrschaft über(!) eine Sache, also die Verfügung über die Substanz, das wesentlichste Merkmal des Eigentums sei. Im Gegensatz dazu könnten aus deutschrechtlicher Sicht mehrere Personen an(!) einer Sache Rechte ausüben; diese Berechtigten würden sich zwar gegenseitig ausschließen, doch käme ihnen selbst in ihrer Gesamtheit keine ausschließliche Herrschaft über die Sache zu. Mit der deutschrechtlichen Sicht werde zwar „oft das praktische“, aber „nie das logische Bedürfnis befriedigt“. Weiters würde „unsere dem römischen Recht folgende Gesetzgebung“ jede Gemeinschaft des Eigentums für auflösbar ansehen, während „deutschrechtliche Anschauungen“, der „Veränderlichkeit menschlicher Verhältnisse wenig Rechnung“ tragend, nur eine einverständliche Lösung gemeinschaftlicher Eigentumsverhältnisse erlaubten. Es wäre daher nur natürlich, daß dort, wo man auf „neue Bedürfnisse“ nicht reagieren könne, „unlösbare Streitigkeiten“ entstünden. Sie würden nur dann unterbleiben, wenn „Gemeinsinn, Duldsamkeit oder das Vorhandensein einer unbestrittenen überwiegenden Kraft über die Schwierigkeiten“ hinweghelfen könnten.236 Das Bestreben, die aus unauflöslichen Konstruktionen zwangsläufig resultierenden Probleme zu vermeiden, war nach Harrasowskys Ansicht dafür verantwortlich, daß sich das ABGB den „eine größere Beweglichkeit ermöglichenden römischrechtlichen Anschauungen angeschlossen“ habe. – Diese Überlegungen überzeugten allerdings nicht einmal Harrasowskys Vorgesetzten Benoni: Er merkte dazu am Rande mit Bleistift an, die „Beschränkung auf die ideelle Teilung“ erleichtere „eigentlich bloß die logische Konstruktion, nicht die praktische Auseinandersetzung“. Ausdrücklich betonte Harrasowsky, daß es beim StWE um eine dogmatische Frage ginge: Die „wirtschaftlichen“, „sanitären“ und andere „das Gebiet der öffentlichen Verwaltung berührenden Gesichtspunkte“ müßten „außer Betracht gelassen werden“. Sie wären jedoch nicht wertlos. Da von den gesetzgebenden 236 Diese Kraft sollte man ein halbes Jahrhundert später in einem starken Verwalter sehen: Siehe unten § 2 sowie 4. Teil, § 6 K.

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2. Teil: Geschichte des Stockwerkseigentums

Körperschaften weniger Verständnis für juristische Prinzipienfragen erwartet werden könnte, sollten diese anderen Aspekte „dazu dienen[,] die Aufmerksamkeit der Gesetzgebung“ auf das Problem der materiellen Teilung zu lenken: Der Reichsrat sollte also, auch wenn dies nur verschämt zugegeben wurde, von den wahren Motiven und Hintergründen des geplanten Gesetzes zumindest abgelenkt, wenn nicht sogar über sie getäuscht werden! Insgesamt ergab sich damit, daß den „wahrgenommenen Übelständen“ nicht durch „Aufstellung eines neuen Rechtssatzes“, sondern durch ein „Interpretativgesetz“ entgegengetreten werden sollte. Während man zwischen 1853 und 1857 „ein Verbot der Teilung“ formuliert hätte, habe man nun bloß „auszusprechen“, daß Häuser nur wie alle anderen Sachen geteilt werden könnten. Dessen ungeachtet erfordere die „notwendige Schonung der bestehenden, wenn auch auf unrichtigen Grundlagen aufgebauten“ Verhältnisse Übergangsbestimmungen nach dem Vorbild der früheren regionalen Verordnungen. Derartige Schonung würden jedoch „nur reale Verhältnisse“ verdienen, nicht auch „subjektive Meinungen“ ungeachtet deren besonderer Verbreitung in einzelnen Gebieten des Reiches. Obwohl Harrasowsky also bereits eine feste Vorstellung von der weiteren Vorgangsweise hatte, schien es ihm, auf seine schon vor der Enquete angestellten Überlegungen zurückkommend, doch empfehlenswert, vor der „Vorbereitung eines Interpretativgesetzes ( . . . ) insbesondere mit Rücksicht auf die divergierenden Anschauungen der Gerichte“ ein Gutachten des OGH einzuholen. Nachdem sich auch Sektionschef Benoni mit dieser Vorgangsweise einverstanden erklärt hatte, erging am 13. November 1876 eine Note an den OGH, worin dieser um Erstattung eines „Gutachtens“ über die geplante „Gesetzesinterpretation“ gebeten wurde. Die Vorakten der 1850er-Jahre und Harrasowskys umfassendes, die Ergebnisse der Enquete darstellendes Referat lagen bei.237 g) Das Gutachten des OGH und Harrasowskys Kritik Das Gutachten des OGH, dessen Autor leider nicht mehr festgestellt werden kann, lag rund einen Monat später, am 12. Dezember 1876, vor.238 Es war durchaus zwiespältig: Einerseits wurde, gestützt auf Zitate u. a. von Savigny, Pagenstecher, Zaun, Gruchot, Unger und Bluntschli, festgestellt, daß es nach österreichischem und gemeinem Recht unzulässig sei, Eigentumsrechte an einzelnen Räumen eines Hauses zu begründen. Andererseits schien es beachtenswert, „daß zu jeder 237 JM 11729 / 1876, Bogen 27: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. – Nachträglich erhielt der OGH vom Justizministerium auch noch einen über das OLG Zara verspätet eingelangten Bericht der Bezirksahauptmannschaft in Spalato mit Äußerungen der Steuerämter, welche allerdings „in facto wenige Aufklärung zu geben wissen“: Note vom 5. Dezember 1876 in Ergänzung zu JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Häuserteilungen), Post-Nr. 37. 238 OGH Zl 13.656 vom 12. 12. 1876 in JM 16388 / 1876: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Häuserteilungen), Post-Nr. 37. Nur mit Datumsangabe erwähnt bei Weis, S. 3; ohne Quellenangabe von Angst, S. 191.

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Zeit und überall“ materielle Teilungen vorgekommen waren, ohne daß sich die Rechtswissenschaft dagegen geäußert hätte; teils waren sie sogar durch ausdrückliche gesetzliche Bestimmungen oder Richtersprüche anerkannt worden. Tatsächlich hatte es der OGH noch 1875, also nur ein Jahr zuvor, für möglich gehalten, daß „ein Haus in der Weise getheilt werden kann, daß dem Eigenthümer der oberen Stockwerke ausschließend die Verbindlichkeit zur Instandhaltung des Daches gegenüber dem Eigenthümer des ersten Stockes ( . . . ) zukommt“, womit eine horizontale Teilung anerkannt war.239 Im Ergebnis gelangte der OGH zwar zur Auffassung, daß die Teilungen „rechtlich unzulässig“ seien, dennoch hielt er eine legislative Lösung für notwendig, um das Mißverständnis aufzuklären, wonach „in der Aufhebung der Grundzerstükkungsverbote [ein] Ausspruch der Gestattung der Häuserteilungen“ zu erblicken sei. Der bloßen „Generalisierung der für Böhmen und Salzburg erlassenen Verordnungen“ zog der OGH „eine selbständige Codification“(!) vor. Dabei sollten Zwangsmaßnahmen vermieden, stattdessen Vereinigungen durch unterstützende Maßnahmen wie etwa Gebührenbefreiungen gefördert werden. Vor allem aber schien dem OGH für Tirol, Vorarlberg und Dalmatien ein Gesetz wegen der ohnehin bereits vorhandenen öffentlichen Bücher nicht dringlich. Insbesondere dort, wo niemals Teilungsbeschränkungen bestanden hätten, wie in Südtirol, sollte kein „Umsturz der agrarischen Verhältnisse“ durch Maßnahmen erfolgen, die „Mißstimmung und Unzufriedenheit erzeugen“ würden. Hier schien dem OGH die Einholung eines Gutachtens des Landtages jedenfalls unabdingbar. In Dalmatien sollte überhaupt zuerst für eine „Hebung des Wohlstandes“ gesorgt werden, „ehe man mit einem Federstriche Hunderte von Existenzen obdachlos mache“. In dieser Hinsicht unterstellte der Gerichtshof dem dalmatinischen OLG, das sich für ein Teilungsverbot ausgesprochen hatte, mangelndes Verständnis. Insgesamt empfahl er für diese Länder also, „daß sich das Recht mit den gegebenen Zuständen abfinden müsse, wie dies bisher geschah“. So faßte zumindest Harrasowsky die Tendenz des Gutachtens auf, von dem er schwer enttäuscht war.240 Verärgert stellte er fest, daß die österreichische Literatur und Judikatur in seinem eigenen Referat „vollständiger berücksichtigt worden“ seien. Nur bei oberflächlicher Betrachtung könnte man meinen, daß die im Gutachten geäußerten Ansichten mit dem Vorschlag des Justizministeriums „dem Wesen nach in Einklang“ stünden und sich bloß durch die vom OGH vorgeschlagene territoriale Beschränkung des geplanten Gesetzes unterschieden. Tatsächlich aber bestünde ein fundamentaler Gegensatz zwischen einem solchen „beschränkten Teilungsverbot“ und dem „Vorschlag des Justizministeriums, der irrigen Auffassung des Begriffs der Teilbarkeit durch eine Gesetzesinterpretation zu begegnen“. Auf diese Charakteristik des Vorhabens sei der Gerichtshof mit keinem Wort eingeganGlU 5696. Das Folgende (soweit nicht anders angegeben) nach JM 16388 / 1876: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Häuserteilungen), Post-Nr. 37. 239 240

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gen, sodaß es Harrasowsky schien, als ob die Senatsmitglieder davon gar keine Kenntnis genommen hätten. Es sei daher „gewiß sehr bedauerlich, darauf verzichten zu müssen, die hierortige Ansicht durch den Obersten Gerichtshof begutachtet zu sehen“. Die Bedeutung der von seiner eigenen Ansicht abweichenden Meinung des OGH wußte Harrasowsky jedoch durch eine geschickte Argumentation zu beschränken: Man müsse zwischen den Äußerungen über Auffassung und Anwendung des bestehenden Rechts einer- und de lege ferenda gemachten Vorschlägen andererseits unterscheiden. Dem OGH gebühre „eine so hohe Autorität, daß es das Justizministerium kaum unternehmen könnte, sich mit der Auffassung des Obersten Gerichtshofes in Widerspruch zu setzen“ – allerdings nur, soweit es sich um Interpretationen des geltenden Rechts handle. Den Hinweisen auf frühere Judikatur des OGH, die Harrasowskys Ansichten stützten, kam daher große Bedeutung zu. Anders lagen die Dinge bei jenen Äußerungen des Gutachtens, die Harrasowskys Vorstellungen zuwiderliefen: Diese deutete er als „Vorschläge de lege ferenda“; damit handelte es sich um ein „Gebiet, auf welches [dem OGH] die Kritik“ unbeeindruckt durch „das dem höchsten Gerichtshof gebührende Ansehen viel leichter folgen kann“. Nachdem durch diesen Kunstgriff die Möglichkeit zu Kritik am Gutachten eröffnet war, wandte sich Harrasowsky den inhaltlichen Fragen zu. Man hätte, so argumentierte er, selbst beim OGH nicht verstanden, daß es um eine „Beseitigung der alten Verwechslung zwischen wirtschaftlichen Teilungsbeschränkungen und den in der Natur der Dinge liegenden begrifflichen Grenzen der Teilbarkeit“ ginge. Vor allem störte ihn die regionale Differenzierung, auf der das Gutachten beruhte: Sie stünde in einem unüberbrückbaren „Gegensatz“ zu dem im ganzen Reich geltenden ABGB, aus dem sich doch eine begriffliche Unzulässigkeit der Häuserteilungen ableiten lasse. Was nämlich aufgrund der „physischen Beschaffenheit der Sachen und der rechtlichen Natur des Eigentums“ nach der bestehenden Gesetzgebung rechtlich unzulässig sei, könnte nicht von einer – überdies mangelhaft begründeten241 – „soziale[n] und wirtschaftliche[n] Verschiedenheit“ einzelner Länder oder vom Bestand von Grundbüchern abhängig gemacht werden. Das Grundbuchsgesetz habe „keinen neuen zivilrechtlichen Satz aufgestellt“, sondern nur die Konsequenzen aus den Prinzipien des allgemeinen Zivilrechts gezogen. Die von der Zivilrechtskodifikation geschaffene Rechtseinheit dürfe aber nicht preisgegeben werden. Statt regionaler Unterschiede sah Harrasowsky vor allem Inkonsequenzen des Gutachtens: Für das Küstenland hätte der OGH kein Argument gegen ein Teilungsverbot gefunden, während er für Dalmatien befürchtete, daß „Hunderte von Existenzen obdachlos werden“ könnten. Für Südtirol hätte er vor einer „Revolution 241 In diesem Zusammenhang kritisierte Harrasowsky, daß sich der OGH zwar auf soziale und wirtschaftliche Verschiedenheiten berufen, jedoch kaum Argumente von bloß lokaler Bedeutung verwendet habe. Die geschilderten Zustände würden so wie ihre Nachteile „hinsichtlich aller Länder ( . . . ) Anerkennung“ beanspruchen; Raum für regionale Differenzierung gäbe es demnach nicht.

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der Agrarverhältnisse“ gewarnt und mit drohender „Mißstimmung und Unzufriedenheit“ argumentiert, während „die Stimmung der Bevölkerung aller anderen Länder gar nicht in Betracht“ gezogen worden sei. Ohne sachliche Begründung hätte der Gerichtshof für Dalmatien und Tirol die Einholung von Gutachten der politischen Behörden sowie der Landtage empfohlen, während ihm für alle anderen Länder die vorliegenden Äußerungen der Gerichte genügten. Insgesamt erschien Harrasowsky jegliche Differenzierung als Zumutung, denn das geplante Gesetz sollte nur daran „erinnern, daß man auf die in der Natur körperlicher Sachen liegenden begrifflichen Grenzen der Teilbarkeit auch in Beziehung auf Gebäude nicht vergesse“. In diesem Sinne wäre es vollkommen verfehlt, das Gesetz nur auf „gewisse Kategorien von Gebäuden“ zu beschränken oder besondere „Voraussetzungen festzustellen, unter denen eine Teilung bewerkstelligt werden kann“. Die Frage der Teilbarkeit wäre überhaupt keine Rechts- sondern ausschließlich eine „Tatfrage“. Methodisch warf Harrasowsky dem OGH weiters vor, mit „Vorliebe ( . . . ) die Gutachten der den Verhältnissen ferner stehenden Kollegien“ berücksichtigt zu haben, soweit diese ein Akzeptieren der „herrschenden Verwirrung“ empfahlen, während die „Voten der den Verhältnissen näher stehenden Einzelrichter, welche um Abhilfe gegen unerträgliche Übelstände rufen, ignoriert“ worden seien. Auch zwischen den Stellungnahmen der Oberlandesgerichte sei unsachlich differenziert worden: So hätte der OGH dem Gutachten des OLG Innsbruck, „welches sich von dem alten Irrtum[,] die begrifflichen Grenzen der Teilbarkeit mit wirtschaftlichen Teilungsbeschränkungen zu verwechseln, nicht trennen kann“, mehr Bedeutung beigelegt als etwa jenem des dalmatinischen OLG, das der materiellen Teilung kritisch gegenüberstand. Letzteres sei als „durch ein Mißverständnis beeinflußt“ abgetan worden. Schließlich verwarf Harrasowsky auch den im Gutachten enthaltenen Vorschlag, sich mit den bestehenden Verhältnissen abzufinden: Ein solches Ignorieren von Mißständen könnte nicht „mit der hohen Aufgabe der Gesetzgebung und Verwaltung in Einklang gebracht werden“. Dementsprechend negativ fiel Harrasowskys Resümee über das Gutachten des OGH aus: „Diese an inneren Widersprüchen leidenden Vorschläge dürften kaum als Verbesserung der Anträge des Justizministeriums anzusehen sein.“

h) Vom ersten Gesetzentwurf zur Regierungsvorlage: Die Meinungsbildung im Justizministerium Das gesamte aufwendige Verfahren der Enquete hatte also, wie gezeigt, nichts an jenem Standpunkt verändert, den Harrasowsky schon in seinem ersten Referat entwickelt hatte. In diesem Sinne legte er einen Gesetzentwurf242 vor, der weitge242 JM 13122 / 1877: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Häuserteilungen), Post-Nr. 28. Vgl. Anhang 2.

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hend als Interpretation konzipiert war und einen deutlich belehrenden Charakter zeigte. Sowohl im Titel als auch im Eingang des Gesetzes wurde die „Berichtigung irriger Ansichten über die Theilbarkeit von Gebäuden“ betont. Der wichtige § 1 war wie ein Lehrbuchsatz formuliert, wenn er feststellte: „Gebäude sind so wie andere körperliche Sachen nur insoweit als physisch theilbar anzusehen, als durch eine Theilung zwei oder mehrere gleichartige und selbständige körperliche Sachen entstehen können. Durch eine Verfügung über die Benützung der Räume in einem Gebäude kann demnach eine den Gegenstand des Eigenthumsrechtes bildende körperliche Sache nicht geschaffen werden.“ Sektionschef Benoni stimmte Harrasowksy in einer Stellungnahme vom 14. Jänner 1877 „grundsätzlich“ zu, war aber vom Gutachten des OGH weit mehr beeindruckt: Dieses hätte „eine neue Schwierigkeit geschaffen ( . . . ), die zu erhöhter Vorsicht mahnt“. Es sei zwar richtig, daß die „Erörterungen vielfach die juristische Konsequenz vermissen“ ließen, doch dürfe man „nicht übersehen ( . . . ), daß die Proclamierung der Untheilbarkeit für Tirol und Dalmatien von Seite des Obersten Gerichtshofs geradezu als ein gefährliches Unternehmen bezeichnet“ worden sei, falls dies „mit Übergehung der Landtage geschehen“ sollte. Diese Warnung des OGH interpretierte Benoni als „eine ziemlich unverhüllte Verwahrung“. Wollte man aber die Landtage einbinden, so müßte man, eventuell mit Ausnahme von Salzburg und Böhmen, „alle Landtage befragen“, was für Benoni geradezu ein Horrorszenario war: Die „unausbleibliche Folge“ einer solchen Vorgangsweise wäre nämlich „eine Verschleppung der Gutachten durch mehrere Jahre“ sowie ein Ergebnis, das „die Verlegenheiten der Regierung vermehrt, statt sie zu vermindern“. Diese Prognose begründete er mit einer pointiert-prägnanten Skizze der zeitgenössischen Gesetzgebung, die ein interessantes Schlaglicht auf die Einstellung eines hohen Beamten gegenüber dem Föderalismus und Konstitutionalismus wirft: „Der Regionalismus, der Lokalismus würde sich in seiner ganzen Mannigfaltigkeit breit machen und in den Landtagen die bereitwilligste Pflege und Unterstützung finden, denn unausbleiblich ist es, daß sooft von oben an hergebrachten Einrichtungen und eingelebten Gewohnheiten, die den Beutel des Bauers und Bürgers in Frieden lassen und ihm momentan bequem sind, gerüttelt wird, der allgemeinste Argwohn erwacht und in den autonomen Körperschaften ( . . . ) entschiedenen Widerstand hervorruft. Das einfache, das einzige richtige dringt hier niemals durch; begegnet es nicht einer unüberwindlichen Verschleppung, so ruft es zum mindesten die sonderbarsten und widersprechendsten Verbesserungsanträge hervor, die stets als die einzig möglichen Vorkehrungen gegenüber den ganz eigentümlichen Bedürfnissen des Landes oder Landesteiles bezeichnet werden.243 Um unsere Enquete, die so vollständig als möglich ist, um die Rücksichten auf das 243 In einem Vorakt hatte Benoni selbst dieses Klischee bemüht. Vom istrianischen Landesausschuß in Parenzo hatte er 1875 zwar die Zustimmung zu den Rechtsansichten des Justizministeriums erhofft, diesen aber zugleich eingeladen, „neue Gesichtspunkte und mögliche Bedenken, die etwa in ganz besonderen Eigenthümlichkeiten des Landes fußen“ mitzuteilen: JM 8600 / 1875: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 59.

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ganze, wird sich niemand bekümmern. Die Regierung aber, die auf dem Gebiet der einheitlichen Zivilgesetzgebung diesen Weg der Umfrage einzuschlagen versucht, müßte bald gewahr werden, daß sie ohne Not eine partikularistische Strömung entfesselt, welche wieder einzudämmen schwer genug werden würde“. Wenn man sich „einer solchen zeitvergeudenden und nur neue Schwierigkeiten schaffenden Umfrage ( . . . ) entziehen“, die Landtage also übergehen wolle, so müsse man jederzeit beweisen können, daß „das wirkliche Bedürfnis nach ausschließlicher Benützung gesonderter Räume“ auch ohne materielle Teilung ausreichend zu erfüllen sei. Mit dieser Seite des Problems hätte sich Harrasowsky jedoch noch nicht im erforderlichen Ausmaß beschäftigt. Beantwortet werden sollten also Fragen danach, auf welche Art ausschließliche Benützungsrechte an Gebäuden und Gebäudeteilen bestehen und wie solche Rechte begründet werden könnten, wie deren Dauerhaftigkeit zu garantieren sei, welche Rechtsnatur und welche Bestandskraft gegenüber Dritten sie hätten, ob und wie sie übertragen werden könnten, wann und wie sie enden würden. Vom Ergebnis einer solchen Untersuchung und aus deren Vergleich mit den praktischen Bedürfnissen erhoffte sich Benoni eine ausreichende Grundlage, um das Gesetzesprojekt „im Reichsrat, welcher doch für die höheren Rücksichten der Rechtseinheit empfänglicher“ als die Landtage sei, „erfolgreich zu vertreten“. Eine solche Untersuchung der bestehenden Alternativen sei jedoch eine „mühsame und zeitraubende Arbeit“, der man sich nur dann unterziehen sollte, wenn sicher sei, daß der Justizminister keinen anderen Weg einschlagen wolle. So mußte sich schließlich auch Justizminister Julius Glaser zur „Frage der Häuserteilung“ in einem ebenso übertitelten Papier vom 30. Jänner 1877 äußern. Er sah das Problem von „Schwierigkeiten umgeben“ und „hier Gefahren drohen, die zu ernster Achtsamkeit dringend mahnen“. Zwar bestünde über die „logische Voraussetzung“ und über das „letzte Ziel ( . . . ) vollkommene Übereinstimmung“, doch relativierte er diese Vollkommenheit in weiterer Folge: Man sei „doch nahezu(!) einig“, daß Häuserteilungen mit dem „Eigentumsbegriff“ des ABGB ( . . . ) nicht vereinbart werden könnten. Uneingeschränkte Einigkeit konstatierte Glaser dazu, daß derartige Teilungen „vom Standpunkt der Wohlfahrtspolizei keine Förderung“ verdienten. Dennoch würden die Meinungen über die zu wählende Vorgangsweise „weit auseinander“ gehen. „Ohne Zweifel“ sei die nächstliegende Konsequenz des festgestellten Prinzips eine entsprechende „authentische Interpretation“. Doch sie unterscheide sich „von anderen Gesetzen hauptsächlich [durch] die Rückwirkung“. Wolle man diese ausschließen, entstehe ein merkwürdiges Ergebnis: „Eine authentische Interpretation mit dem Verbot der Rückwirkung“ bringe „den Gesetzgeber und den Anwender in eine gleich schiefe Stellung“. Es sei „ganz unmöglich“, einen Rechtssatz als Ergebnis des geltenden Rechts zu erklären und gleichzeitig entgegenstehende, aus „Schwankungen“ oder „beharrlichen Abirrungen der Praxis“ entstandene Zustände „unberührt“ zu lassen.244 Wichtiger als Er244

Vgl. Putzer, S. 599.

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klärungen wäre eine „positive rückwirkende Ordnung“ insbesondere des wechselseitigen Verhältnisses der Eigentümer materieller Anteile. Von einer Befragung der Landtage über bestehende Zustände oder von deren Aufforderung zum Vorschlag von „Abhilfsmitteln“ erwartete auch Glaser „kein Resultat“. Erfolgversprechender, wenngleich mühsam und zeitraubend, erschien es ihm, sogleich einen Vorschlag zu formulieren oder zumindest zu skizzieren, wie die Ordnung geregelt werden sollte, und sodann die Landtage zum Vergleich mit den bestehenden Bedürfnissen aufzufordern. Wähle man diesen Weg, so erschien Glaser auch eine länderweise Differenzierung gerechtfertigt: Dort, wo „die Grundbücher jetzt neu angelegt werden“, wo sich auch „der Unfug“ materieller Teilungen keinesfalls einbürgern sollte, bedürfte es „unverzüglich einer Vorsorge“ gegen „vermeidliche Verwirrungen“. Während also in diesen Ländern „das Eingreifen dringlich“ sei, könnte man „anderswo ( . . . ) auch langsamere Wege ( . . . ) wandeln“. Im praktischen Ergebnis kam Glaser damit zu einer Unterscheidung ähnlich jener, wie sie der OGH – „theoretisch ( . . . ) allerdings nicht haltbar“ – formuliert hatte. Glaser unterschied demnach bei Verzicht auf eine „authentische Interpretation des bürgerlichen Gesetzbuches“ drei „Gruppen von Ländern“: In Böhmen und Salzburg schien ihm die Frage „gelöst“ – wobei er übersah, daß materielle Teilungen im Kronland Salzburg auch außerhalb der Städte Salzburg und Hallein vorkommen konnten. In Istrien sei das Problem ohnehin ausdrücklich „auf den Verordnungsweg gewiesen“; hier übersah Glaser, daß dies nur die Anlegung besonderer Eigentums- und Lastenblätter, also ein Detail der Verbücherung materieller Gebäudeteile betraf. Als dritte Gruppe verblieben schließlich „die übrigen Grundbuchsländer“, in denen „es sich um eine authentische Interpretation des allgemeinen Grundbuchsgesetzes(!) handeln würde“. Auf der Grundlage dieser Unterscheidung sollte weitergearbeitet werden, wobei sich Glaser sowohl eine Verordnung für Istrien als auch ein Gesetz für die Grundbuchsländer oder eine auf das Votum des OGH gestützte Anweisung an die Gerichte vorstellen konnte. Daraufhin verfaßte Harrasowsky Anfang März 1877245 ein neues Referat, „die sogenannten Häuserteilungen betreffend“, worin er auf die Argumente Benonis und Glasers in gesonderten Kapiteln einging. Hinsichtlich der möglichen Alternativen zum StWE, deren Untersuchung Benoni verlangt hatte, differenzierte Harrasowsky zwischen zwei „Grundformen“ des StWEs, die sich durch den Bestand „gemeinschaftliche[r] Rechte oder ( . . . ) Pflichten“ unterschieden. Fehlte eine „Rechtsgemeinschaft“, so schienen ihm Hausservituten als geeignete Alternativkonstruktion, lag das Eigentum an der Bodenfläche in den Händen eines Dritten, so wäre auch ein „Bodenzinseigentum“ vorstellbar. Ergänzend verwies er auf persönliche Servituten und den Bestandvertrag: Ihnen seien zwar jeweils „zeitliche Schranken“ gesetzt, doch empfand Harrasowsky dies als durchaus wünschenswert: „Erbpacht, Erbzins und die denselben gleichartigen Verhältnisse“ hätte man doch bewußt und „nicht ohne Mühe“ 245

Immer noch unter gleicher Aktenzahl.

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überwunden. Dementsprechend sei es nicht zielführend, den in der „modernen Volkswirtschaft“ wurzelnden „Drang nach Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Einzelnwirthschaft“ durch Förderung unauflöslicher Verhältnisse zu durchkreuzen. Bestünde hingegen eine Rechtsgemeinschaft, so führe dies „unausweichlich zur Anwendung der Form des Miteigentums“ selbst dann, wenn eine „Sonderung der Benützung“ der gemeinschaftlichen Sache vereinbart worden wäre. Die „Unmöglichkeit der Teilung“ bilde stets ein „Hindernis für die Sonderung der Wirtschaft, über dessen Vorhandensein man sich täuschen, dessen Bedeutung man durch lange Zeit paralysieren, das man aber doch weder faktisch noch rechtlich“ beseitigen könne. Zwar dürften die Miteigentümer „alle beliebigen Vereinbarungen“ treffen, doch wäre es eine „Selbsttäuschung“, würden sie dabei von der Annahme fehlender Rechtsgemeinschaft ausgehen. Durch eine solche Selbsttäuschung könne man jedoch „nicht die sich aus dem Verhältnis der Rechtsgemeinschaft ergebenden Konsequenzen abwenden“246. Wer kritisiere, daß man das Verhältnis zwischen den Stockwerkseigentümern nicht geregelt habe, sei demnach dieser Selbsttäuschung schon erlegen: Regelungen bestünden, denn es seien die allgemeinen Regeln des Miteigentums! Seine Replik auf die Überlegungen Glasers leitete Harrasowsky mit Berichtigungen ein; durch sie sollte wohl die Unsachlichkeit der regionalen Differenzierungen bewiesen werden, die Glaser befürwortet hatte. So erläuterte Harrasowsky, daß die für Salzburg erlassenen Verordnungen nicht das Land Salzburg, sondern bloß die Städte Salzburg und Hallein erfaßt hatten. Weiters erinnerte er an die für Böhmen aufgetretenen Zweifel, inwiefern der bäuerliche Grundbesitz von der Wirksamkeit der Verordnung RGBl 1857 / 1 ausgenommen worden sei247, und zeigte, daß die von Glaser als eigene Kategorie aufgefaßte Verordnungsermächtigung für Istrien keine richtige Problemlösung lieferte, sondern bloß die Anlegung besonderer Eigentums- und Lastenblätter ermöglichen sollte. Schließlich stellte er die Differenzierung nach Dringlichkeit in Frage, indem er vergebens nach einem überzeugenden Merkmal dieser Dringlichkeit suchte. Dann widmete sich Harrasowsky der seiner Ansicht nach zentralen Entscheidungsfrage: Wolle man „das bestehende Recht ( . . . ) erhalten und ernsthaft zur Geltung ( . . . ) bringen“ oder wolle man es „in einer an den Code civil anlehnenden Weise“ ändern? Letzteres wäre die „Konsequenz des Widerstands [gegen] die Geltendmachung des bestehenden Rechts“. Um diesen Weg sogleich zu diskreditieren, verwies er auf den Umstand, daß niemand „eine derartige Änderung“ befürwortet hatte – es war wohl Benoni, der dazu mit Bleistift zynisch anmerkte, dies bedeute nur, daß niemand „seine Wünsche konkretisiert“ hätte. Doch nicht nur das „gänzlich[e]“ Fehlen diesbezüglicher Vorschläge sprach gegen eine Gesetzesänderung: 246 Diesen Satz könnte man vielen modernen Wohnungseigentümern ins Stammbuch schreiben, denen der Miteigentumscharakter oft nicht bewußt wird: Vgl. dazu z. B. Havel / Fink / Barta, S. 63. 247 Vgl. zum Fall Kruta oben 3. b).

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Harrasowsky verwies auch auf eine allgemeine „Richtung der modernen Wirtschaft und Gesetzgebung“, die auf der „Befreiung von Abhängigkeits- und Gemeinschaftsverhältnissen“ beruhe; das ABGB erschien ihm demnach moderner als der Code civil. Auch solle man sich nicht über den Aufwand einer anderen gesetzlichen Regelung täuschen: Jeder Änderungsvorschlag würde ebenso auf Widerstand stoßen wie die „Absicht ( . . . ), eine der bestehenden Gesetzgebung widerstrebende Begriffsverwirrung zu beseitigen“. Die sonst naheliegende Lösung, einer Begriffsverwirrung durch einzelne, regional begrenzte Belehrungen zu begegnen, schien Harrasowsky beim Problem StWE nicht mehr zu genügen: „Natürlich möchte es auch scheinen, daß es keinen Kandidaten der Rechte gebe, dem nicht der Unterschied zwischen Raumeinteilung und körperlicher Teilung geläufig wäre, und daß es keinen Richter gebe, der im Stande wäre, sich aus Anhänglichkeit an einen liebgewordenen lokalen Irrtum mit dem Gesetz absichtlich in Widerspruch zu setzen“. Doch gerade die Ergebnisse der Enquete ließen es notwendig erscheinen, den Irrtümern auf gesetzgeberischem Weg, also in „Form ( . . . ) der Gesetzesinterpretation“ entgegenzutreten. Diese Form sei entgegen Glasers Ansicht mit dem gleichzeitig beantragten „Ausschluß der Rückwirkung“ durchaus vereinbar, was sich mit einem Satz untermauern ließ, den Pfaff und Hoffmann in ihrem Kommentar zu § 8 ABGB formuliert hatten und der für das Problem StWE geradezu maßgeschneidert schien248: „Wenn der Gesetzgeber wahrnimmt, daß eine mißverständliche Auslegung allgemein geworden und durch zahlreiche Judikate befestigt ist, kann er wohl aus Schonung vorschreiben, daß seine Interpretation nicht auf früher begründete Rechtsverhältnisse angewendet werden solle.“ In diesem Sinne möge man, so erklärte Harrasowsky fast drohend, die Gesetzgebung nicht dazu zwingen, „unnötige Härte zu üben“.249 Schließlich bediente sich Harrasowsky noch einer besonders bemerkenswerten Argumentationslinie. Er verwies nämlich darauf, daß auch die für Salzburg und Böhmen erlassenen Verordnungen „ungeachtet der gewählten Form des Verbotes“ von „Literatur und Judikatur als Gesetzesinterpretation aufgefaßt“ worden wären. Er bediente sich damit der mittlerweile von der Historischen Rechtsschule gelieferten wissenschaftlichen Interpretation dieser Verordnungen [oben 2. g)], statt deren wahre Entstehungsgeschichte anhand der ihm bekannten Vorakten heranzuziehen. So untermauerte sich die Historische Rechtsschule letztlich selbst! Nun schien die Situation innerhalb des Justizministeriums geklärt: Mit 13. Juli 1877 konnte der gesamte Akt mit einem neuen Gesetzentwurf (siehe sogleich) dem Innenministerium übersandt werden. Dies geschah mit der Begründung, daß das Pfaff / Hofmann, S. 212 FN 9. Mit einer Regelung ausschließlich pro futuro bewegte man sich übrigens in ausgefahrenen Bahnen. So hatte etwa schon die Regensburger Wacht-, Gerichts- und Bauordnung von 1657 trotz der darin zum Ausdruck kommenden Ablehnung des StWEs die bestehenden Verhältnisse nicht angetastet und keine zwangweisen Vereinigungsmaßnahmen vorgesehen. Schon damals setzte man auf ein Absterben durch die üblichen Rechtsgeschäfte: Möller, S. 13. 248 249

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Innenministerium „in früherer Zeit“ an „allen Verhandlungen [über die materiellen Teilungen] mitgewirkt“ hätte. Es war vermutlich Benoni, der die von Harrasowsky entworfene Begleitnote um den Hinweis ergänzte, daß man durch eine „vorsichtige Fassung“ des Gesetzentwurfes versucht habe, eine „ausreichende Abhilfe“ für die Grundbuchsländer zu schaffen und dabei zugleich den „schwerwiegenden praktischen Bedenken“ des OGH Rechnung zu tragen – dies alles, ohne wichtige „allgemeine Prinzipien unseres ABGB preiszugeben“. Die Stellungnahme des Innenministeriums sollte möglichst rasch erfolgen, um „den Gesetzentwurf im Reichsrat bald nach Wiedereröffnung seiner Sitzungen vorlegen zu können“. Am 22. September 1877 stellte das Innenministerium seine Antwort in Aussicht; es wollte jedoch zuvor Gutachten der Statthalter von Tirol und Küstenland einholen.250 Etwa einen Monat später, am 20. Oktober 1877, teilte es sein Einverständnis mit.251 Nun war also der Weg frei, den Kaiser um die Ermächtigung zu bitten, den Gesetzentwurf als Regierungsvorlage in den Reichsrat zu bringen.

i) Der Vortrag des Justizministers Der mit 22. November 1877 datierte Vortrag252, den Justizminister Glaser dem Kaiser zu unterbreiten hatte, war überwiegend von Harrasowsky verfaßt, allerdings mit einigen stilistischen Veränderungen durch Benoni. Dieser empfahl auch, das Gesetz im Herrenhaus einzubringen, die „voluminösen“ erläuternden Bemerkungen daher schon vorab „für Rechnung des Herrenhauses drucken zu lassen“ und ein Druckexemplar dem Vortrag beizulegen. Von Glaser selbst scheint hingegen eine Verfügung zu stammen, die zwar keinen Niederschlag im Gesetzgebungsverfahren fand, aber doch zeigt, für wie heikel er die Angelegenheit hielt: Mit violetter Tinte trägt der Akt den Vermerk, er sei „vor dem Vortrag im Ministerrat seiner Exzellenz dem Herrn Minister Dr. Unger zur gefälligen Einsicht“ vorzulegen. Der Vortrag präsentierte das Gesetz als Resultat der Grundbuchsanlegung, bei der sich regional „im Widerspruch mit dem geltenden Recht die Übung einer anormalen Teilung von Gebäuden“ gezeigt hätte. Dabei wären – nun wurde dieses Argument wieder herangezogen – „sehr bedauerliche Übelstände“ aufgetreten, nämlich insbesondere „fortwährende Streitigkeiten“ als Konsequenz der „Unsicherheit über die gegenseitigen Beziehungen“ der Betroffenen. Für diese Unsicherheit sei der Umstand verantwortlich, „daß die Vereinbarungen unter den Parteien, welche nur die Benützung des Hauses ins Auge fassen, alle die Erhaltung desselben betreffenden Fragen ungelöst lassen“ und damit die Grenzen der individuellen Rechte 250 IM 3857 / 1877 vom 22. September 1877 in JM 13122 / 1877: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Häuserteilungen), Post-Nr. 28. 251 IM 4203 / 1877 vom 20. Oktober 1877 in JM 13122 / 1877: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Häuserteilungen), Post-Nr. 28. 252 Zum Folgenden: JM 13122 / 1877: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Häuserteilungen), Post-Nr. 28.

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2. Teil: Geschichte des Stockwerkseigentums

„unbestimmt“ blieben. Es wäre daher sinnvoll, sich nicht mit den „partiellen Maßregeln“ der Verordnungen der 1850er-Jahre zu begnügen. Geschickt stellte der Vortrag das vorzuschlagende Gesetz als eine Maßnahme dar, mit der den unliebsamen Folgen früherer Reformen entgegengetreten werden sollte: Die Enquete habe nämlich ergeben, daß die materiellen Teilungen besonders häufig dort vorkämen, wo Grundbücher weitgehend fehlten, und daß diese Teilungen „in einigen Gebieten infolge der Beseitigung der Grundzerstückungsverbote zugenommen haben“. Der Akzeptanz des Gesetzentwurfs sollte auch der mehrfach beschworene „Einklang mit dem obersten Gerichtshof“ bzw. mit dessen „Vorschlägen“ dienen. Ein solcher Hinweis unterstützte die Beschränkung auf das „Grundbuchsgebiet“ ebenso wie jene auf die Zukunft: Wenn „jeder Eingriff in die bestehenden Rechtsverhältnisse“ vermieden werden sollte, so fiel das wohl auch beim Kaiser auf fruchtbaren Boden. Die kaiserliche Zustimmung sollte schließlich auch durch eine andere Argumentationslinie gefördert werden: Abermals wurde behauptet, mit dem vorgeschlagenen Gesetz werde jene „Bahn nicht verlasse[n]“, die man mit den Verordnungen für Salzburg, Hallein, Ödenburg und Böhmen „betreten“ habe. Man würde also nur „von der Form, in welcher ein an sich richtiger Gedanke damals Ausdruck gefunden hat, abgehen“. Die Verordnungen der 1850er-Jahre hätten „die an sich rechtlich unmöglichen Teilungen als verboten“ erklärt und dadurch zur „irrigen Annahme“ veranlaßt, es handle sich um ein dem „Grundzerstückungsverbot“ entsprechendes, also um ein „durch volkswirtschaftliche Rücksichten veranlaßtes“ Verbot. So habe man nicht erkannt, daß die Teilungen aufgrund eines „Grundsatzes unseres bürgerlichen Rechts“ aus prinzipiellen Gründen unmöglich seien. Es wäre daher notwendig, entstandene „Mißverständnisse“ nun „ausdrücklich zu korrigieren“. – Für die Länder außerhalb des Grundbuchsgebietes, in denen eine gesetzliche Maßnahme „minder dringend“ sei und überdies „größeren Schwierigkeiten begegnen“ würde, empfahl der Vortrag, das Problem „der Judikatur [zu] überlassen“.

j) Gesetzentwurf und Erläuternde Bemerkungen Die im Reichsrat einzubringende Regierungsvorlage war gegenüber der ursprünglichen Textierung deutlich verändert. Während der erste von Harrasowsky formulierte Gesetzentwurf253, wie [oben h)] gezeigt, als Interpretation konzipiert war und seinen belehrenden Charakter durch wiederholten Hinweis auf die „Berichtigung irriger Ansichten über die Theilbarkeit von Gebäuden“ sowie durch lehrbuchartige Textierung zum Ausdruck gebracht hatte, fehlten diese Merkmale nun weitgehend. So wurde im Titel des Gesetzes mit der „Theilung von Gebäuden nach materiellen Antheilen“ bloß noch das Sachproblem genannt. Auch der zentrale § 1 verlor sukzessive seinen lehrbuchhaften Ton: Zuerst waren die materiellen 253

JM 13122 / 1877: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Häuserteilungen), Post-Nr. 28.

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Gebäudeteile noch dadurch charakterisiert worden, daß sie „ihrer Beschaffenheit nach nicht geeignet(!) sind, als selbstständige körperliche Sachen behandelt zu werden“. In weiterer Folge wurde dies stilistisch abgeschwächt: Der erläuternde Relativsatz – „welche nicht so beschaffen(!) sind, daß sie als selbstständige körperliche Sachen behandelt werden können“ – vermied das Eingehen auf eine „Eignung“ und trug damit keinen absoluten Charakter mehr. Er konnte auch so gelesen werden, als ob es materielle Gebäudeteile anderer Beschaffenheit gäbe. Eine weitere, besonders für die künftige Ausdehnung des Gesetzes bedeutsame Änderung erfuhr die Bestimmung des Geltungsgebietes: Vorerst sollte der Entwurf für „alle im österreichischen Reichsrathe vertretenen Länder mit Ausnahme von Tirol, Vorarlberg und Dalmatien“ in Kraft treten. Wohl um das Gesetz als logische Konsequenz früherer Reformen erscheinen zu lassen, wurde dieser gleiche Geltungsbereich schließlich komplizierter umschrieben als „das Gebieth, in welchem das allgemeine Grundbuchsgesetz vom 25. Juli 1871 RGBl Nr. 95 in Wirksamkeit steht“. Dieser Technik ist es jedoch zu verdanken, daß bei der Ausdehnung dieses Geltungsgebietes auch das Verbot der materiellen Teilungen auf bisher davon nicht betroffene Gebiete geradezu automatisch übertragen wurde (siehe unten 5.). In den ebenfalls von Harrasowsky verfaßten und von Benoni geringfügig umformulierten Erläuternden Bemerkungen254, die mit sieben Druckseiten ziemlich umfangreich geraten waren, wurden abermals die „Bestimmungen unseres Civilrechtes über die das Eigenthumsrecht charakterisierende Ausschließlichkeit der Beherrschung einer Sache“ betont. Auch hier erschien der Gesetzentwurf als Konsequenz der Grundbuchsanlegung und Weiterführung des von den Verordnungen der 1850Jahre begonnenen Weges.255 Die Bemerkungen skizzierten sodann Typen und Entstehungsursachen der Teilungen und breiteten Probleme aus, die, wie gezeigt, im Vorfeld keine Rolle gespielt hatten, nämlich Streitigkeiten über die „Benützung und Erhaltung“ der gemeinsamen Teile. Harrasowsky schreckte auch nicht davor zurück, die Ergebnisse der Enquete zu entstellen: „Aus den Berichten der ersten und zweiten Instanzen“ sei zu ersehen, „daß bei der überwiegenden Mehrzahl der Gerichte eine richtige Auffassung der in Frage stehenden Rechtsverhältnisse vorherrsche“. Durch Hinweis auf Vorschläge zur Förderung der Vereinigung oder zur zwangsweisen Beendigung der materiellen Teilungen wurde die Regierungsvorlage als vergleichsweise moderate Initiative positioniert. Den wirtschaftlichen Bedürfnissen könnte durch Miteigentum, Servituten oder Bestandverträge Rechnung getragen werden, die allerdings nicht „über das natürliche Maß ihrer Dauer hinaus“ verlängert werden dürften. In diesem Zusammenhang präsentierte sich das Gesetzesvorhaben als moderne Reaktion auf die Anforderungen der „Gegenwart“, die nach wirtschaftlicher Flexibilität verlange. Nur kurz gestreift wurde die Alternative, die Probleme „durch positive AnordnunVgl. 426 BlgHH 8. Session. Dabei wurde der Eindruck einer für das gesamte Land und nicht nur für die Stadt Salzburg geltenden Bestimmung gefördert. 254 255

9 Kohl

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2. Teil: Geschichte des Stockwerkseigentums

gen zu lösen“: Dieser vom Code civil und vom Codice civile beschrittene Weg sei deshalb nicht gangbar, weil jede Regelung „mit Rücksicht auf die unübersehbare Manigfaltigkeit der Verhältnisse und auf die unbegrenzbare Verschiedenheit der Construction von Gebäuden“ zwangsläufig einen gewaltsamen Eingriff in bestehende Verhältnisse bedeuten würde. Die Regierung wolle hingegen „die bestehenden Rechtsverhältnisse unangetastet lassen“; daher hätte man sich für ein Interpretativgesetz ohne rückwirkende Kraft entschieden.256

k) Reichsratsberatungen und Publikation Nach der am 1. Jänner 1878 erfolgten kaiserlichen Ermächtigung zur Einbringung des Gesetzentwurfs als Regierungsvorlage wurden Vortrag, Gesetzentwurf und Erläuternde Bemerkungen am 3. Jänner 1878 dem Präsidium des Herrenhauses übersendet.257 Dort wies man das Problem der juridischen Kommission zu258, deren Bericht die Argumentation der Erläuternden Bemerkungen weitestgehend übernahm und die Annahme der Regierungsvorlage empfahl.259 Vorgeschlagen wurde nur eine geringfügige Umformulierung in § 3 des Gesetzentwurfs, um damit klarzustellen, daß sich eine Schätzung vereinigter Anteile bei der Verteilung des Kaufpreises nicht nur auf die Realgläubiger, sondern auch auf die Eigentümer auswirken sollte. Dessen ungeachtet gab es im Plenum des Herrenhauses keinerlei Debatte; die geschäftsordnungsmäßige Behandlung der Vorlage nahm gerade eine Spalte des Protokolls in Anspruch.260 Ganz anders lagen die Verhältnisse im Abgeordnetenhaus, wo eine kontroverse Diskussion stattfand.261 Sie wurde überwiegend von den beiden Salzburger Abgeordneten Lienbacher und Keil bestritten, daneben äußerten sich Harrasowsky als Regierungsvertreter und Abgeordneter Dinstl als Berichterstatter.262 256 Der dies ausführende vorletzte Absatz der Erläuternden Bemerkungen stammte überwiegend von Benoni. 257 JM 29 / 1878 vom 1. Jänner 1878: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Häuserteilungen), Post-Nr. 29. – Zum Folgenden vgl. insbesondere Kaserer; weiters Putzer, S. 597; Novak, S. 113; Möller, S. 47. 258 StenProtHH 8. Session, 1155, 1158 (21. Februar 1878). 259 453 BlgHH 8. Session. Bei der Aufzählung der Verordnungen der 1850er-Jahre unterlief hier allerdings ein peinlicher Druckfehler, indem als Geltungsbereich von RGBl 1855 / 18 Italien statt Hallein angegeben wurde! 260 StenProtHH 8. Session, 1335 (21. Juni 1878). 261 Zum Folgenden StenProtAH 8. Session, 13723 ff. (18. März 1879); vgl. Kaserer, insbes S. 20 ff.; Putzer, S. 597. 262 Hofrat Georg Lienbacher (1833 – 1896), Abgeordneter von 1873 bis 1896; Dr. Franz Keil (1830 – 1909), Rechtsanwalt in Salzburg, Abgeordneter von 1871 bis 1897; Dr. Ferdinand Dinstl (1821 – 1885), Rechtanwalt in Krems, Abgeordneter von 1867 bis 1879: Knauer, S. 80, S. 113, S. 126.

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Lienbacher, Vertreter der Landgemeinden, noch als OLG-Rat bei der Behandlung des StWEs im Rahmen der Salzburger Grundbuchsanlegung aufgefallen263, sprach als einziger gegen den Gesetzentwurf. Er bestritt dessen Dringlichkeit, bezweifelte die Behauptung, daß „verwickelte Processe“ entstanden seien und rügte hämisch das Fehlen eines entsprechenden Beweises: Wenn „die Regierung in der Lage gewesen wäre, das nachzuweisen, so hätte sie es gethan, und zwar durch Vorlage eines statistischen Ausweises wenigstens für ein Jahr“. Unter Berufung auf persönliche Erfahrung264 konnte er çonstatiren, daß Processe wegen materieller Theilung von Gebäuden keineswegs zahlreicher vorkommen als aus anderen Eigenthumsverhältnissen“. Als Beweis für seine Ansicht diente ihm unter anderem die Tatsache, daß über die Verbreitung des Rechtsinstituts falsche Vorstellungen geherrscht hatten; wären Prozesse wirklich so zahlreich gewesen, so hätte die Regierung über diese Frage besser unterrichtet sein müssen. Darüber hinaus würden Schwierigkeiten etwa bei der Grundbuchsführung durch ideelle Teilungen mindestens in gleichem Ausmaß entstehen. Die materielle Teilung böte jedoch viel bessere Sicherheit als die ideelle, „bei welcher auch der Eigenthümer delogirt und der Zorn gesteigert werden kann“. Auch der Behauptung des Motivenberichts, wonach Regelungen über die gemeinsamen Gebäudeteile fehlen würden, widersprach Lienbacher „aus eigener Erfahrung“: Einerseits seien solche „Verabredungen“ durchaus „zahlreich“, andererseits könnte bei deren Fehlen „der Richter zur Judicatur aufgefordert“ werden. Schließlich wäre es auch möglich gewesen, diesem Problem durch „besondere legislative Bestimmungen“ nach dem Vorbild Frankreichs oder Italiens zu begegnen. Man käme auch nicht auf die Idee, so argumentierte Lienbacher weiter, die Ehe oder das Eigentum abzuschaffen, nur um Eheoder Eigentumsprozesse zu verhindern. Einen weiteren Ansatzpunkt für Kritik bot das vorgesehene beschränkte Geltungsgebiet. Materielle Teilungen hätten sich nicht bloß in Tirol, Vorarlberg und Dalmatien eingelebt, sondern auch andernorts; wolle man auf diesen Umstand Rücksicht nehmen, so sei „dies das beste Motiv für die Ablehnung des Gesetzes auch in Bezug auf die anderen Kronländer“. Die Behauptung, StWE sei auch eine Gefahr für die „Sittlichkeit“, konnte ebenfalls nicht unwidersprochen bleiben; sie erschien Lienbacher „ganz irrig angeführt“. Könne man etwa den ersten Stock eines Gebäudes mieten, so sei die „Sittlichkeit“ davon nicht weniger betroffen, als wenn man Eigentümer dieses Gebäudeteils sei. Gleiches galt für die Gesundheit; der Eigentümer einer Wohnung würde im Gegenteil „viel mehr für die Reinlichkeit, für gutes Licht, für die Bequemlichkeit dieser Wohnung thun“ als ein jederzeit kündbarer Mieter. Siehe oben a); ÖBL V, S. 210. Über deren Beschaffenheit äußerte sich Lienbacher nicht, doch ist zumindest ein Aspekt bemerkenswert: Lienbachers Vater hatte 1831 vier „Herbergen“ am Karolinenplatz in Hallein erworben und – wohl aufgrund dieses Realitätenbesitzes – auch das Bürgerrecht von Hallein erhalten. Diesem Bürgerrecht verdankte Georg Lienbacher während seines Studiums den Erhalt eines Stipendiums: Steinkellner, S. 361. 263 264

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Nachdem Lienbacher derart ausführlich die von Harrasowsky eigentlich nur vorgeschobenen Gründe besprochen hatte, ging er auf die juristischen Argumente ein. Befremdet stellte er fest, daß der Motivenbericht von „juristischen Schlagern oder juristischen Schmähungen [der] bestehenden Rechtszustände“ geprägt sei265, was er durch penible Statistik zu untermauern suchte: Der Bericht würde die „jetzt bestehenden Rechtszustände“ 21 Mal als „Anomalie“ bezeichnen, „fünfmal [als] einen Uebelstand, dreimal [als] Verwirrung der Rechtsbegriffe, zweimal [als] eine nie versiegende Quelle schwer lösbarer Streitigkeiten“; dazu komme „eine Fluth von anderen Worten, als: Irrweg, irrthümliche Auffassung, unrichtige Auffassung, Zwiespalt der thatsächlichen Verhältnisse mit den bestehenden Gesetzen, diametraler Gegensatz, wirthschaftlicher Mißgriff, verderbliche Wirkung, Gemeinschädlichkeit, Verhängniß u.s.w.“. Dies seien zwar „kräftige Worte“, doch nicht „kräftige Argumente“ – Lienbacher bewies damit Gespür für Harrasowskys pandektistische Aversion gegen das StWE, die dieser nicht restlos hatte übertünchen können. In der Sache selbst bestritt Lienbacher den Grundsatz, „daß der Charakter des Eigenthumsrechtes die Ausschließlichkeit der Beherrschung einer Sache“ sei. Das ABGB würde in den §§ 357 ff. zwischen vollständigem und unvollständigem Eigentum unterscheiden, ein gemeinschaftliches Eigentum kennen sowie Beschränkungen der dem Eigentümer zukommenden Rechte berücksichtigen. Die ausschließliche Beherrschung des Gebäudes, die im Motivenbericht durch die Möglichkeit des jeweils gesonderten Abrisses veranschaulicht wurde, wäre auch bei Gebäudeservituten nicht gegeben; auch an benachbarten Felsen angebaute Häuser könnten ohne diese nicht für sich bestehen, weil ihnen sonst eine Wand fehlen würde. Treffsicher kritisierte Lienbacher die veränderte Rechtsprechung des OGH, der „in früherer Zeit“ materielle Teilungen anerkannt hatte, und knüpfte daran eine allgemeine Kritik an der Pandektistik: „Mit der Berufung auf den Geist des römischen Rechtes ist nicht geholfen, nachdem in Oesterreich nicht nach dem römischen Rechte judicirt wird; man muß sich auf das österreichische Gesetz berufen können und dieses ist durch Jahrzehnte in dem Sinne aufgefaßt worden, daß die materielle Theilung gesetzlich zulässig ist und volles Eigenthumsrecht begründet.“ Dies hatte er schon zuvor durch Verlesung des § 842 ABGB illustriert, in dem ausdrücklich die Teilung von Gebäuden genannt wurde. Die Gesetzgebung sollte, so argumentierte Lienbacher im germanistischen Sinn, den „praktischen Bedürfnisse[n]“ entsprechen und „das Recht, wie es sich im Volksleben entwickelt hat, zur Anerkennung, zur Geltung bringen“. In diesem Zusammenhang kritisierte er auch die Widersprüchlichkeit der Gesetzgebung: Ein Hausteilungsverbot stünde in klarem Gegensatz zur freien Teilbarkeit von Grundstücken, die erheblich schädlicher sei und dringender einer gesetzlichen Regelung bedürfte. Zuletzt wandte sich Lienbacher noch einem juristischen Detail zu. Der § 3 des Gesetzentwurfs sah vor, daß einer Exekution selbst dann, „wenn es sich um ein vor der Vereinigung erworbenes Recht handelt, nur die vereinigten Antheile unter265

Vgl. Möller, S. 47; Novak, S. 113.

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zogen werden“ dürften. Damit würden Objekte versteigert, „welche zur Executionsführung nicht nöthig wären“ – dies sei „ein Unrecht“ sowohl gegenüber den Eigentümern als auch gegenüber anderen Gläubigern. Damit beendete Lienbacher sein Plädoyer für die materielle Teilung, das hier so ausführlich dargestellt wurde, weil es die einzige derart geballte Abrechnung mit dem Gesetzesvorhaben war. Dies war dem Redner auch selbst bewußt gewesen: er hatte nur gesprochen, „damit doch auch das, was gegen das Gesetz gesagt werden kann, dem hohen Hause mitgetheilt werde“; einen Antrag stellt er nicht, vermutlich war ihm dessen Aussichtslosigkeit bewußt. Der Abgeordnete Keil, der für den Gesetzentwurf sprach266, beschränkte sich auf den Aspekt der Praxis des StWEs. Die juristische Seite des Problems wäre nur für jene Abgeordneten interessant, die selbst Juristen seien; bei diesen könne man aber voraussetzen, daß ihnen „die gesetzlichen Bestimmungen ( . . . ) hinlänglich bekannt sind“. Gestützt auf 19 Jahre Praxis bestätigte Keil die Streitanfälligkeit des Rechtsinstituts: „Sie sind unzählige der minimsten und gehässigsten Art“. Die meisten Auseinandersetzungen würden durch die Stadt, insbesondere durch Stadtbauamt und Bürgermeisteramt, „schon beim Beginne erstickt“. Nur rund ein Zehntel käme vor die Zivilgerichte; auch diese Prozesse seien „zum großen Theile von sehr geringer Bedeutung ihrem Werthe nach“, doch gekennzeichnet von „großer Hartnäckigkeit und von der tiefgehenden Feindschaft unter der Nachbarschaft“. Mit dieser Charakterisierung widersprach Keil eigentlich dem Motivenbericht zur Regierungsvorlage, in dem „verwickelte Processe“ behauptet worden waren – es waren also nicht komplizierte, sondern bestenfalls besonders abstoßende Streitigkeiten durch die materielle Teilung hervorgerufen worden. Ausführlich ging Keil sodann auf die Erscheinungsformen und Geschichte des StWEs seit etwa 1790 ein, wobei dies insbesondere darauf hinauslief, daß gegen die Verordnungen für Salzburg 1853 und Hallein 1855 „niemals Klagen“ geäußert worden seien, daß man also deren Sinnhaftigkeit weitgehend anerkannt hätte. Nicht nur im Hinblick auf allgemeine Reparaturen, sondern auch hinsichtlich kommunaler Vorhaben wie der Kanalisierung sei es für die Gemeinden unzumutbar, „mit fünf, sechs oder sogar acht Eigenthümern zu verhandeln“; dies wäre ein „schwieriger, zeitraubender“ Weg. Dadurch sei das StWE durchaus eine Gefahr für „Sicherheits- und Gesundheitspolizei – das Problem der „Sittlichkeit“ blieb ausgeklammert. Auch Keil besprach das Verhältnis zwischen Gebäude- und Grundstücksteilung. Wer, wie die klerikale Partei, der Lienbacher angehörte, gegen die Freiteilbarkeit von Liegenschaften sei, müßte noch viel mehr gegen jene von Gebäuden eintreten. Letztere sei nämlich „weit schädlicher“, und zwar aufgrund der größeren Komplexität der Verhältnisse in den Häusern, wo man es nicht nur mit einer Fläche, „sondern auch mit Stockwerken, mit Dächern zu thun“ habe, also mit der dritten 266

StenProtAH 8. Session, S. 13730 ff. (18. März 1879).

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Dimension. Darüber hinaus sei die Gebäudeteilung aufgrund geänderter Rahmenbedingungen – für Salzburg aufgrund der Auflassung des Festungsrayons, innerhalb dessen Bauten stets von Demolierung bedroht gewesen wären – nicht mehr erforderlich: Jeder könne nun „bauen, wo und wie er will“. Bei Beschluß des Gesetzes würden die für Salzburg schon beobachteten „wohlthätigen Wirkungen in volkswirthschaftlicher, sanitäts- und sicherheitspolizeilicher und auch in civilrechtlicher Hinsicht ( . . . ) nicht ausbleiben“. Dieser letztgenannte, von Keil nur en passent erwähnte Aspekt sollte aber doch noch ausführlich erörtert werden. Harrasowsky meldete sich als Regierungsvertreter zu Wort267 und berichtete über die Vorgeschichte des Gesetzesvorhabens, das mit der Grundbuchsanlegung in Zusammenhang stünde und insoweit durchaus dringlich sei. Auch im weiteren Verlauf seiner Rede bewegte sich Harrasowsky in den bereits bekannten Bahnen: Es handle sich darum, „durch ein interpretatives Gesetz die bestehenden Zustände zu ordnen“. Dies würde durchaus in moderater Form geschehen, da man „dem natürlichen Lauf des Verkehres freien Spielraum lassen“ wolle, um die Wiederherstellung materiell ungeteilter Objekte „ohne directen Zwang auf die Parteien auszuüben.“ Es sei also „keineswegs ( . . . ) irgend eine volkswirthschaftliche Neuerung“, kein Eingriff in die Rechte der Parteien. Aufgrund der Charakteristik der Vorlage als „eine Interpretation unserer bestehenden Gesetzgebung“ müßte man „Rechtsfragen ( . . . ), die rein theoretischer Natur sind“, doch diskutieren. Harrasowsky wollte sich dabei auf „zwei Kernfragen“ beschränken, nämlich auf „die Frage, was ist eine Sache, und ist es möglich, daß es an einer Sache mehrere ausschließliche Eigenthümer gebe“. Beide Problemkreise löste er in bekannter pandektistischer Weise, wobei er sich unter anderem auf jenes Gutachten des OGH berief, das er innerhalb des Ministeriums negativ beurteilt hatte. Zu dem von Lienbacher zitierten § 842 ABGB, worin die Teilung von Gebäuden erwähnt war, erläuterte er, daß hier nicht „von der Theilung eines Gebäudes“, sondern von einer „Theilung von Gebäuden“ die Rede sei, also von der Möglichkeit, „einen Complex von Wirthschaftsgebäuden“ zu teilen. Auch die sonstigen juristischen Argumente Lienbachers seien nicht stichhaltig, weil die materiellen Teilungen nicht mit den patrimonialen Verhältnissen, also den Rahmenbedingungen früherer Grundteilungsverbote, vergleichbar wären. Auf das von Lienbacher problematisierte Merkmal der Ausschließlichkeit des Eigentums ging Harrasowsky allerdings nicht ein. Stattdessen verwies er wie schon im ministeriellen Akt darauf, daß „Niemand ( . . . ) befürwortet hat, das französische Recht in seinen diesbezüglichen Bestimmungen bei uns einzuführen“. Solange dies nicht geschehen sei, dürfe man es nicht „dem Belieben jedes Einzelnen ( . . . ) überlassen, sich mit den Cardinalgrundsätzen eines Rechtes in Widerspruch zu setzen.“ Mit diesem Appell an das Bewußtsein staatlicher Autorität endete die Generaldebatte. Der abschließend zu Wort kommende Berichterstatter Dinstl mußte auf Lien267

Zum Folgenden StenProtAH 8. Session, S. 13733 ff. (18. März 1879).

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bachers „Einwendungen ( . . . ) nicht mehr eingehen“, Keil und Harrasowsky hatten dies zur Genüge getan. Dennoch unterstützte Dinstl insbesondere die juristischen Ausführungen Harrasowskys und betonte abermals die Schonung der bestehenden Teilungen, wodurch der Gesetzentwurf „eher zu wenig weit geht, als daß er zu weit geht“. Lienbachers Kritik an § 3 des Gesetzentwurfs wies er zurück: Wer einen weiteren Anteil erwerben würde, wüßte um die mögliche Konsequenz gemeinsamer Versteigerung; eine Verletzung von Eigentumsrechten fände somit nicht statt. In der folgenden Spezialdebatte gab es keine Wortmeldungen mehr. Die Bestimmungen wurden in der vom Justizministerium erarbeiteten und vom Herrenhaus geringfügig modifizierten Fassung verlesen und jeweils problemlos angenommen. In der auf Antrag Dinstls sogleich anschließenden Dritten Lesung wurde der Gesetzentwurf sodann endgültig verabschiedet. Noch am selben Tag, dem 18. März 1879, informierte der Präsident des Abgeordnetenhauses den Ministerpräsidenten von der Annahme des Gesetzes, die dem Justizministerium am darauffolgenden Tag offiziell zur Kenntnis gebracht wurde. Nun konnte Justizminister Glaser den Entwurf dem Kaiser zur Sanktion unterbreiten.268 Nach Rückerhalt der vom 30. März 1879 datierten „allerhöchsten Entschließung“ verfügte das Justizministerium am 3. April nicht bloß die Einschaltung im Reichsgesetzblatt, wo das Gesetz unter Nummer 1879 / 50 publiziert wurde, sowie die üblichen Mitteilungen an die Präsidenten der Parlamentskammern. Darüber hinaus forderte es die Oberlandesgerichte eigens auf, die ihnen unterstehenden Gerichte auf die Anwendung des neuen Gesetzes aufmerksam zu machen.269 Während man im Inland die Bekanntmachung des neuen Gesetzes betrieb, interessierte sich das Ausland unaufgefordert für die dadurch geregelte Problematik, wobei eine von organisiertem Neubau charakterisierte neue Zeit ihre ersten Schatten voraus warf: Nur wenige Jahre nach der Publikation des StWEG 1879, im November 1884, erkundigte sich die schwedisch-norwegische Gesandtschaft in Wien, ob das österreichische Recht die Möglichkeit eröffne, „das Eigenthum eines gewissen Theiles von einem Stadtgebäude zu erwerben“; die Gesandtschaft interessierte sich auch für „Verhältnisse, welche in Schweden die sogenannten Wohnungsbauvereine erzeugt haben“. Dem Justizministerium erschien diese Anfrage „ziemlich dunkel“: Man beantwortete sie durch Übersendung eines dazu eigens angekauften Exemplars der von Josef Kaserer veröffentlichen Gesetzesausgabe mit Materialien zum StWEG 1879 und verwies hinsichtlich der Wohnungsbauvereine auf den Umstand, daß im Gesetz über die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften „ausdrücklich auch die Wohnungsgenossenschaften angeführt werden“.270 Ins268 JM 4206 / 1879 (mit u. a. MinPräs 293 / 1879): AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Häuserteilungen), Post-Nr. 30. 269 JM 4895 / 1879: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Häuserteilungen), Post-Nr. 31. – Zum StWEG 1879 vgl. Putzer, S. 595 f.; Hofmeister / Egglmeier in: Schwimann, Rz 17 zu § 843 ABGB; Gamerith in: Rummel, Rz 5 zu § 843 ABGB. 270 JM 18620 / 1884: AVA Justiz I V I 12, Post-Nr. 33.

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gesamt zeigte die Anfragebeantwortung, daß das Justizministerium einen Zusammenhang zwischen genossenschaftlichem Wohnbau und StWE nicht sah und entsprechende Genossenschaften nicht kannte – die praktische Seite des Problems StWE hatte hier entgegen anderslautender Beteuerungen eben kaum interessiert.

l) Würdigung des StWEG 1879 Wollte man die Entstehungsgeschichte des StWEG 1879 in zwei Sätzen zusammenfassen, so könnte man dies kaum treffender tun als Klang 1924: „Für die Beseitigung des StWEs waren, wie die Materialien erkennen lassen, in erster Linie juristisch-konstruktive Gründe maßgebend. Was sonst noch dafür angeführt wurde, ist nicht durchschlagend.“271 Tatsächlich setzte sich die pandektistische Sichtweise Harrasowskys, im Rahmen der Enquete von 1876 noch eine Minderheitsmeinung, in der Literatur rasch und problemlos durch. Obwohl der Interpretativcharakter des StWEG 1879 im Laufe der Gesetzgebungsarbeiten immer mehr zurückgedrängt worden war, festigte sich also dennoch die Vorstellung, daß man mit diesem Gesetz eine Interpretation des ABGB vorgenommen hätte.272 So behauptete etwa Randa, die „nun mit dem Gesetz vom 30. März 1879 Z. 50 zur ausdrücklichen Anerkennung gelangte Anschauung liegt schon den Bestimmungen des A.B.G.B. (§§ 417 – 419) zu Grunde, welche ausnahmslos den Grundsatz festhalten, daß das Eigenthum des Grundes und des Hauses jederzeit ungetheilt in Einer Hand verbleibt.“273 In diesem Sinne sah man im StWEG 1879 den „endgültigen Durchbruch von Savignys Behauptung“ einer juristischen Unmöglichkeit des StWEs.274 Doch schon zur Jahrhundertfeier des ABGB zeigte sich auch eine kritische Distanz gegenüber der pandektistischen Sichtweise: Pitreich kritisierte 1911 die Widersprüchlichkeit, die darin lag, daß das Verbot des StWEs als Ausfluß des bürgerlichen Rechts dargestellt, gleichzeitig aber der Geltungsbereich auf jenen des Allgemeinen Grundbuchsgesetzes eingeschränkt worden war.275 Nach 1945 erschien das Gesetz einfach „als Kind seiner Zeit“.276 Für die zumindest teilweise feststellbare Abkehr von der Annahme eines Interpretativgesetzes mag der Umstand mitverantwortlich sein, daß diese Deutung sehr rasch an den Realitäten der praktischen Rechtsanwendung scheitern sollte [unten 6. a)].

271 272 273 274 275 276

Klang in: Verh.33.DJT, S. 241. Vgl. Putzer, S. 596; Pitreich, S. 489 ff. Zum StWE im ABGB siehe oben B. 1. Randa, Eigenthumsrecht, S. 245 f. Fuchshuber, S. 87. Pitreich, S. 492. Schwarzacher, S. 99.

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5. Die Ausdehnung des Geltungsbereichs des StWEG 1879 Das StWEG 1879 galt, wie erwähnt, vorerst nur in „jenem Gebieth, in welchem das allgemeine Grundbuchsgesetz vom 25. Juli 1871 RGBl Nr. 95 in Wirksamkeit steht“277, damit also nicht für Tirol, Vorarlberg und Dalmatien. In Tirol wurden erst 1897 nach langjährigen Diskussionen die bis dahin bestehenden Verfachbücher, denen es mangels eines Hauptbuches an Übersichtlichkeit sowie insbesondere am öffentlichen Glauben fehlte, durch Grundbücher ersetzt.278 Im Vorfeld hatten sogenannte „Local-Enqueten“ stattgefunden279, in deren „kunterbuntem Fragebogen“280 ein Themenkomplex das StWE betraf. Die dazu gestellten Fragen lauteten: „In welchen Gegenden und in welchem Maße besteht eine Theilung von Gebäuden nach materiellen Theilen? Erscheint das Verbot oder eine Beschränkung solcher Gebäudetheilungen für die Folge angezeigt?“ Dies zeigt zweierlei: Einerseits waren die Ergebnisse der bereits 1876 stattgefundenen Enquete nach eineinhalb Jahrzehnten offenbar bereits in Vergessenheit geraten281; andererseits war man sich aber nicht mehr sicher, ob statt eines Verbotes nicht auch mit bloßen Beschränkungen das Auslangen gefunden werden könnte. Offenbar herrschte aber bei den Befragten weitgehende Einigkeit darüber, daß durch die Anknüpfung des Gesetzes von 1879 an das Allgemeine Grundbuchsgesetz 1871 ohnedies die Richtung bereits vorgegeben sei, daß also die Bestimmungen von 1879 mit der Ausweitung des Grundbuchsgesetzes nun auch in Tirol in Kraft zu setzen seien. Bei den legislativen Arbeiten zur Einführung der Grundbücher in Tirol blieb die materielle Gebäudeteilung dementsprechend von untergeordneter Bedeutung. Die Regierungsvorlage eines Gesetzes, „womit für den Fall der Einführung der Grundbücher in Tirol einige grundbuchsrechtliche Sonderbestimmungen ( . . . ) erlassen und Beschränkungen der Theilung von Gebäuden nach materiellen Antheilen eingeführt werden“ – später nicht weniger aufwendig „Tiroler Grundbuchsanlegungsreichsgesetz“ genannt – , sah die Ausdehnung des StWEG 1879 nur „auf die Sprengel des Land[es]gerichtes Innsbruck und des KG Bozen mit Ausschluß der BG-Sprengel Ampezzo und Buchenstein“ vor. Die Erläuternden Bemerkungen nahmen auf die Enqueten Bezug und berichteten über das häufige Vorkommen 277 Irrrig nahm etwa Kuntze, S. 57, an, das – seiner Ansicht nach schon im ABGB bestehende – Verbot materieller Gebäudeteilung sei durch das Gesetz von 1879 „auf alle Länder erstreckt worden“. 278 LGBl Tirol 1897 / 9 und RGBl 1897 / 77; ausführlich Wopfner, Verfachbuch; vgl. dazu die Erinnerungen des dabei wortführenden Politikers: Grabmayr, S. 14 ff. 279 Dazu und zum Folgenden: Schiffner, S. 155 ff. insbes. S. 169. 280 So die Charakteristik durch Grabmayr in StenProtLT-Tirol 5. Session, 40 (15. Jänner 1895). 281 In der archivalischen Überlieferung haben die Vorgänge von 1897 – 1900 das Gegenteil bewirkt: Nur für Tirol und Vorarlberg blieben nämlich die 1876 abgelieferten Berichte der einzelnen Gerichte erhalten; vermutlich waren sie aus Anlaß der späteren Gesetzgebungsakte von den übrigen Enqueteergebnissen getrennt worden.

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materieller Teilungen „im italienischen Tirol, wo gesetzliche Vorschriften über die bäuerliche Erbfolge“ und die „Theilbarkeit von Grund und Boden niemals in Geltung kamen“. Die materielle Gebäudeteilung würde hier „auf der Anlage, Lebensart und Wirtschaftsführung der Bevölkerung“ beruhen; sie sei das sichtbare „Ergebnis des Individualitätsprincipes“. In diesem Sinne werde, so konkretisierte der Bericht seine allgemeinen Ausführungen, in Erbfällen „der Nachlaß regelmäßig ( . . . ) in natura getheilt“; jeder Erbe erhalte „ein Stück Grund, jedem wird ein Antheil am Hause zugewiesen“. Für diese Praxis sei die „Armut der Bevölkerung“ verantwortlich, welche „die Erbauung neuer Häuser verhindert“. Unter derartigen Umständen komme die Gebäudeteilung auch in Deutschtirol vor, doch sei sie hier schon 1770 an eine behördliche Bewilligung geknüpft worden. Da „bei den physischen Häusertheilungen eine sichere und dauernde Abgrenzung der Räume“ verschiedener Eigentümer fehle und die einzelnen materiellen Anteile „für den Gebrauch oft als unzureichend und unzweckmäßig sich erweisen“, wären Streitigkeiten und Probleme „in wirtschaftlicher und sanitärer Beziehung“ die Folge; auch sei es „vom Standpuncte der Grundbuchsführung wünschenswert“, den materiellen Teilungen entgegenzutreten. Dies sei jedoch „nur in Deutschtirol ohne besondere Beeinträchtigung der allgemeinen Landesinteressen thunlich“. Für den italienischen Landesteil wäre nach den angestellten Erhebungen „eine gesetzliche Hemmung der bisherigen, seit Jahrhunderten fest eingewurzelten Gepflogenheit von sehr bedenklichen Folgen begleitet und kaum durchführbar“. Insbesondere bestünde die Gefahr, daß die beteiligten Kreise dem gesetzlichen Verbot nur äußerlich durch Verzicht auf grundbücherlichen Eigentumserwerb entsprechen könnten, während der faktische Besitz weiter geteilt würde. Damit hätte man Streitigkeiten nicht beseitigt, sondern im Gegenteil sogar vermehrt, sodaß eine Rücksichtnahme auf die „regionalen Verschiedenheiten“ geboten schien. Die somit weiterhin möglichen Häuserteilungen wären für die Grundbuchsführung „allerdings mißlich, aber nicht unbedingt verhängnisvoll“, da man ihnen durch abgesonderte Eigentums- und Lastenblätter gerecht werden könnte.282 Im Bericht, den die juridische Kommission des Herrenhauses über die Regierungsvorlage anfertigte, wurde das Problem der materiellen Gebäudeteilung keiner besonderen Erwähnung mehr für wert befunden283; im Plenum sprach es Berichterstatter Vinzenz von Haslmayr im Rahmen seines Überblicks über den Gesetzesinhalt nur kurz an.284 Im Abgeordnetenhaus zeigte sich kein wesentlich anderes Bild. Der Bericht des Justizausschusses begnügte sich bei der materiellen Gebäudeteilung mit der Wiedergabe der „den Thatsachen vollkommen entsprechende[n]“ Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage.285 In der Generaldebatte des Ple282 531 BlgHH 11. Session, S. 22 f.; Anlage zu 25 BlgLT-Tirol VIII. Periode, 1. Session, S. 11 ff.; zu den abgesonderten Eigentums- und Lastenblättern vgl. unten 4. Teil, § 3 B. 1. b). 283 581 BlgHH 11. Session. 284 StenProtHH 11. Session, S. 994 (12. Mai 1896); Senatspräsident Dr. Vinzenz Ritter von Haslmayr (1826 – 1896), Herrenhausmitglied 1891 – 1896: Knauer, S. 34. 285 1516 BlgAH 11. Session, S. 10 f.

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nums wurde immerhin der „Dualismus“ zwischen deutschem und italienischem Landesteil besprochen: Dabei erklärte zwar der italienische Abgeordnete Johann Debiasi, im Zivilberuf Rechtsanwalt, er hätte auf die „unbegrenzte Freiheit der Theilung der Gebäude nach materiellen Antheilen ( . . . ) aus mehreren Gründen ( . . . ) gerne verzichte[t]“, doch schien es ihm „zu weit [zu] führen“, diese detailliert zu besprechen. Ansonsten stand das StWE im Schatten anderer Inhalte des Gesetzentwurfes, insbesondere der zur Beglaubigung von Urkunden eigens vorgesehenen Legalisatoren. Bloß im Schlußwort des Berichterstatters Adalbert Hellrigl, ebenfalls Rechtsanwalt von Beruf, wurde die „im Volkscharakter begründete Rechtsübung“ der materiellen Teilung nochmals kurz erwähnt, doch ohne jede inhaltliche Auseinandersetzung. Zur Spezialdebatte meldete sich überhaupt kein Abgeordneter mehr, problemlos wurde der Gesetzentwurf in zweiter und sogleich in dritter Lesung beschlossen.286 Für diese glatte parlamentarische Behandlung war nicht zuletzt der Umstand verantwortlich, daß die Vorlage mit dem Tiroler Grundbuchsanlegungs(landes)gesetz in ganz besonderer Weise engstens verknüpft war. Im Landtag von Tirol287 hatten Befürworter und Gegner einer Grundbuchseinführung einander heftige Rededuelle geliefert. Letztere propagierten eine Reform des Verfachbuchwesens als dem Land besser entsprechende Lösung; sie kritisierten die Rechtsscheinwirkung des Grundbuchs, die Erleichterung des Realkreditwesens als Förderung des Schuldenmachens, die Tendenz, Grund und Boden als Ware in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem anzusehen, schließlich befürchteten sie höhere Kosten. Gegenüber derart prinzipiellen Themen geriet die materielle Teilung in den Hintergrund: Ihr versuchte das Grundbuchsanlegungslandesgesetz durch Einführung abgesonderter Eigentums- und Lastenblätter ohnehin gerecht zu werden. In der Regierungsvorlage war dazu folgende Bestimmung vorgesehen: „Hinsichtlich derjenigen Häuser, bei welchen eine physische Theilung gesetzlich besteht, sind für die in verschiedenem Besitz befindlichen Hausantheile abgesonderte Eigenthums- und Lastenblätter zu eröffnen.“288 Die Erläuternden Bemerkungen stellten fest, die für Italienisch-Tirol zu erwartende „uneingeschränkte Theilbarkeit der Gebäude nach materiellen Antheilen“ würde, „wie mißlich auch dieselbe für die Grundbuchsführung erscheint, keine unüberwindlichen Schwierigkeiten bereiten.“ Es sei nicht notwendig, „den natürlichen Begriff des Ganzen zu verleugnen“, sodaß auch ein materiell geteiltes Haus als ein einziger Grundbuchskörper behandelt werden sollte. Eine „zweckmäßige bücherliche Durchführung der die einzelnen Gebäudetheile betreffenden Rechtsgeschäfte“ sei „wohl nur bei Eröffnung abgesonderter 286 StenProtAH 11. Session, S. 25691 ff. – Dr. Johann Debiasi, Reichsratsabgeordneter 1889 – 1897, war Rechtsanwalt in dem wegen seines materiell geteilten Theatergebäudes bereits erwähnten Städtchen Ala: Knauer, S. 79. Zu Dr. Adalbert Edler von Hellriegl, Reichsratsabgeordneter 1891 – 1897, siehe Knauer, S. 103. 287 Zum Folgenden StenProtLT-Tirol VIII. Periode, 1. Session, 171 ff. (5. Februar 1896); vgl. Kohl, Rechtsvielfalt. 288 § 6 Abs. 2 der Regierungsvorlage: 25 BlgLT-Tirol VIII. Periode, 1. Session.

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Eigenthums- und Lastenblätter für jeden Antheil, selbstverständlich unter genauer Bezeichnung desselben erzielbar.“289 Der vom Landtag eingesetzte Grundbuchsausschuß teilte diese Ansicht zwar, übte aber Kritik an zwei Formulierungen: Einerseits hielt er es für besser, die Teilungen als materielle statt als physische zu bezeichnen, weil ersteres „den logischen Gegensatz zur ideellen Theilung“ bilde; andererseits sei es „ungenau“, von „gesetzlich bestehenden“ Teilungen zu sprechen: Diese Teilungen würden nämlich „nicht gemäß dem Gesetze, sondern trotz des Gesetzes bestehen“ – damit kam abermals eine pandektistische Sicht zum Ausdruck.290 In dieser Textierung wurde der Gesetzentwurf schließlich auch im Landtag beschlossen. Doch damit war die Einführung der Grundbücher in Tirol noch nicht perfekt. Ausführlich hatte sich der Grundbuchsausschuß nämlich auch mit dem Verhältnis zwischen dem Grundbuchsanlegungslandesgesetz und dem Reichsgesetz über grundbuchsrechtliche Sonderbestimmungen und die Ausdehnung des Verbots materieller Gebäudeteilung zu beschäftigen. Über letzteres als Gegenstand eines Reichsgesetzes, dessen Wirkung sich auf Tirol erstreckte, äußerte er sich gutachtlich im Sinne des § 19 der Tiroler Landesordnung; ersteres beschloß er „nur unter der Voraussetzung, daß von der Reichsvertretung ( . . . ) Erleichterungen und Begünstigungen gewährt werden“. Diesem „eigenthümlichen Verhältnisse zwischen den beiden Vorlagen“ wurde der Landtag dadurch gerecht, daß er auf Antrag des Grundbuchsausschusses beschloß, den „Beginn der Wirksamkeit“ des Grundbuchsanlegungslandesgesetzes „durch ein besonderes Landesgesetz“ zu bestimmen. Entspreche die Reichsgesetzgebung den „Wünschen des Landes“, so könnte der Landtag in der nächsten Session „das von der Reichs- und Landesvertretung geschaffene legislative Gesammtwerk“ durch Beschluß in Kraft treten lassen, andernfalls stünde es „im freien Ermessen des Tiroler Landtages, das Landesgesetz nicht in Wirksamkeit zu setzen, und damit auf die Einführung der Grundbücher zu verzichten“.291 Im Landtag nahm man an, die Regierung werde es „vermeiden“ wollen, „in diese Situation zu kommen“.292 Diese Vorgeschichte erklärt also, warum das Tiroler Grundbuchsanlegungsreichsgesetz den Reichsrat so glatt – „ganz ohne Sang und Klang“, wie es ein Abgeordneter formulierte – passiert hatte. Im Abgeordnetenhaus wußte man und sprach es auch aus: „Wenn man hier etwas macht, und es paßt ihnen im Lande nicht, so nehmen sie es nicht an“.293 Nachdem die Reichsgesetzgebung den Tiroler Wünschen weitestgehend entsprochen hatte – teils durch wörtliche Übernahme des Textes der gutachtlichen Anlage zu 25 BlgLT-Tirol VIII. Periode, 1. Session, S. 5, S. 9. 87 BlgLT-Tirol VIII. Periode, 1. Session, S. 19. 291 87 BlgLT-Tirol VIII. Periode, 1. Session, S. 10; StenProtLT-Tirol VIII. Periode, 1. Session, S. 221 (5. Februar 1896). 292 StenProtLT-Tirol VIII. Periode, 1. Session, S. 224 (5. Februar 1896). 293 StenProtAH 11. Session, S. 25664 (3. Juni 1896). 289 290

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Landtagsäußerungen – nützte der Landtag die neuerliche Beratung der Grundbuchsfrage zu einigen kleinen Änderungen des Grundbuchsanlegungslandesgesetzes. Unter anderem wurde eine Bestimmung eingefügt, wonach „bei Liegenschaften, deren Miteigenthumsantheile als Realrechte zu geschlossenen Höfen gehören, ( . . . ) die Eintraguung des Eigenthums zu Gunsten der jeweiligen, nicht namentlich zu bezeichnenden Eigenthümer der betreffenden Höfe“ zu erfolgen habe294 – diese Bestimmung legte den Grundstein für die besondere Verbücherung des StWEs in Teilen Tirols (siehe unten 4. Teil, § 3) Den Beginn der Wirksamkeit des Grundbuchsanlegungslandesgesetzes legte man schließlich doch nicht durch ein eigenes Landesgesetz fest. Vielmehr wurde der gesamte Gesetzentwurf in der geringfügg modifizierten Form neuerlich beschlossen, wobei das Inkrafttreten von der Kundmachung des Landes- sowie des Reichsgesetzes, also beider Gesetze, abhängig gemacht wurde.295 Sie traten daher nach kaiserlicher Sanktion zugleich am 17. März 1897 in Kraft.296 Rund einen Monat zuvor, am 16. Februar 1897, hatte der Vorarlberger Landtag, dem Tiroler Vorbild folgend, die Einführung von Grundbüchern beschlossen, dies jedoch ebenfalls an die Voraussetzung reichsgesetzlicher Sonderbestimmungen geknüpft. Dazu war ein Reichsgesetzentwurf erstellt worden, der sich eng an das für Tirol erarbeitete Grundbuchsanlegungsreichsgesetz anlehnte und wie dieses eine Ausdehnung der Bestimmungen des StWEG 1879 vorsah. Der Motivenbericht des Landesausschusses bemerkte dazu lapidar, in Vorarlberg kämen „mehrfach Gebäude vor, die nach materiellen Antheilen getheilt“ seien; durch „Ausdehnung“ des StWEG 1879 würde „den bezüglichen Rechtsverhältnissen in vollem Maße Rechnung getragen“.297 Im Landtagsplenum standen die materiellen Teilungen, ähnlich wie schon in Tirol, vollständig im Schatten der prinzipiellen Frage der Grundbuchsanlegung und insbesondere der Schaffung von Legalisatoren. Einzig der Regierungsvertreter, Ministerialsekretär Dr. Schumacher, erwähnte in einem Halbsatz, es würden durch die Vorlage „hinsichtlich der Theilbarkeit von Gebäuden und Grundstücken ( . . . ) wohlthätig wirkende Einschränkungen festgesetzt“.298 Da Vorarlberg das letzte Land ohne Grundbuch war – auch hier gab es nur Verfachbücher – schien der Reichsgesetzgebung die „thunlichste Berücksichtigung“ der Vorarlberger Sonderwünsche empfehlenswert. Das Verbot der materiellen Gebäudeteilung wurde dabei, wie zahlreiche andere Bestimmungen, „lediglich als eine Ausdehnung des für Tirol erlassenen Gesetzes ( . . . ) auf Vorarlberg“ aufgefaßt 294 § 9 Abs. 3 GBAG-Tirol LGBl 1897 / 9; 39 BlgLT-Tirol VIII. Periode, 2. Session, S. 4; StenProtLT-Tirol VIII. Periode, 2. Session, S. 105 f. (20. Februar 1897). 295 StenProtLT-Tirol VIII. Periode, 2. Session, S. 101 f., S. 106 (20. Februar 1897). 296 LGBl Tirol 1897 / 9; RGBl 1897 / 77. 297 7 BlgLT-Vorarlberg VIII. Periode, 1. Session, S. 30; vgl. auch 24 BlgLT-Vorarlberg VIII. Periode, 1. Session, S. 161 ff. 298 StenProtLT-Vorarlberg VIII. Periode, 1. Session, S. 72 ff., insbes S. 81.

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und nicht weiter problematisiert.299 Dem Bericht des Justizausschusses im Abgeordnetenhaus war die materielle Gebäudeteilung dementsprechend nur sieben Zeilen wert: Unter Übernahme bekannter pandektistischer Formulierungen wurde die Abstellung der „aus mancherlei wirtschaftlichen und socialen Gründen unzuträgliche[n] und mit den Grundsätzen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches unvereinbare[n] Sitte“ darin als logische Konsequenz des „Übergang[s] zum Grundbuchsrechte“ präsentiert.300 Für die reibungslose und zügige parlamentarische Behandlung des Gesetzentwurfes war im Fall Vorarlbergs neben der Rücksichtnahme auf die inhaltlichen Wünsche des Landtages auch noch der Umstand verantwortlich, daß die Vorlage schon mehrmals am Sessionsschluß des Reichsrates gescheitert und immer wieder neu eingebracht worden war. Die Abgeordneten wußten also, daß „das Land Vorarlberg ( . . . ) seit drei Jahren sehnlich“ auf einen Gesetzesbeschluß des Reichsrates wartete, und stimmten dem Entwurf ohne Debatte zu.301 Auch im Herrenhaus meldeten sich keine Gegner der Vorlage zu Wort.302 Nach Sanktion durch den Kaiser traten auch für Vorarlberg Landes- und Reichsgesetz am selben Tag, dem 1. März 1900, in Kraft.303 Die letzte vor 1918 erfolgte Ausdehnung des Geltungsgebietes des StWEG 1879 ist wegen der vollkommen veränderten Rahmenbedingungen besonders interessant: Sie betraf mit den italienischen Teilen Tirols jene Gebiete, die von Artikel XVI RGBl 1897 / 77 nicht erfaßt worden waren, wo also weiterhin mit neuen materiellen Teilungen gerechnet werden mußte. Als anläßlich der Visitation der Grundbuchsanlegungskommission in Ampezzo im Mai 1907 festgestellt wurde, daß in der einzigen Gemeinde dieses BG-Sprengels 132 materiell geteilte Häuser aufgenommen worden waren, veranlaßte dies den Visitator Dr. Karl Isotti zu einer ausführlichen Auseinandersetzung mit den „Unzukömmlichkeiten, die die Zulassung der materiellen Teilung der Gebäude vom grundbuchsrechtlichen Standpunkte aus zur Folge haben wird“. Im Gegensatz zu Nordtirol, wo „eine Verbesserung durch nachträgliche Vereinigung der Anteile zu erhoffen“ war, mußte man in Ampezzo mangels eines Teilungsverbotes eine „Verschlimmerung dieses Zustandes“ befürchten. Bei jeder Teilung würde „die ursprüngliche Einlage unbrauchbar“, Reserveeinlagen müßten eröffnet sowie neue Skizzen angefertigt und beigebunden werden. Selbst geringste Änderungen im Gutsbestande würden es vielfach notwendig machen, neue Beschreibungen in das Grundbuch aufzunehmen. Die „größte Gefahr ( . . . ) für die materielle Wahrheit des Grundbuches“ bestand nach Ansicht Isottis jedoch darin, daß die Parteien, die meist „den ärmsten und ungebildetsten Bevölkerungsschichten“ entstammten, gewöhnt seien, materielle Gebäudeteile 299 300 301 302 303

243 BlgAH 16. Session, S. 10. 447 BlgAH 16. Session, S. 5. StenProtAH 16. Session, S. 1933 ff., insbes (Zitat) S. 1934 (16. Dezember 1899). StenProtHH 16. Session, S. 59 ff. (21. Dezember 1899); 12 BlgHH 16. Session. LGBl Vorarlberg 1900 / 18; RGBl 1900 / 44; vgl. Bartsch, S. 626 ff.

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ohne Urkundenaufnahme zu veräussern. Derartige Veränderungen würden selbst bei periodischen Revisionen unentdeckt bleiben, sodaß das Grundbuch schon „in 20 Jahren ( . . . ) nicht mehr den tatsächlichen Besitzverhältnissen entsprechen“ werde. Engagiert hatte Isotti dieses Problem bereits „mit den intelligentesten italienischen Kommissären ( . . . ) besprochen“ und insgesamt den Eindruck gewonnen, „daß auch die maßgebenden politischen Persönlichkeiten auf Grund der durch das Grundbuch neu geschaffenen Lage bei einer etwa im Wege einer Enquete zu veranlassenden Besprechung von der Unhaltbarkeit der Ausnahmsbestimmung überzeugt werden könnten“. Im Justizministerium erinnerte man sich noch gut daran, daß ein solches Verbot für Südtirol 1897 „von den beteiligten Kreisen allgemein und entschieden“ als „kaum durchführbar“ bezeichnet worden war. Man hatte damals befürchtet, ein Teilungsverbot könnte sich nur auf das Grundbuch, nicht jedoch auf die tatsächlichen Verhältnisse auswirken, weil sich die Beteiligten „mit blossem faktischen Besitze ihrer Hausanteile begnügen“ würden. Insgesamt wären Streitigkeiten und Probleme durch ein Teilungsverbot also nur vermehrt statt vermindert worden, weshalb man das StWEG 1879 schließlich nicht in allen Sprengeln in Kraft gesetzt hatte. In Anbetracht derartiger Gefahren schien immer noch Vorsicht angebracht: Das Präsidium des OLG Innsbruck sollte daher bei Gelegenheit berichten, „ob auch derzeit noch im italienischen Landesteile die Anschauungen über die Untunlichkeit der Einführung eines Verbotes der materiellen Gebäudeteilungen so allgemein verbreitet sind wie zur Zeit der Erlassung der Grundbuchsanlegungsgesetze vom J. 1897 oder aber ob ein Umschwung wahrnehmbar sei und eine diesfällige legislative Aktion, die etwa durch eine Enquete vorzubereiten wäre, Aussicht auf Erfolg hätte“.304 Bevor noch eine Antwort aus Innsbruck in Wien eingelangt war, hatte sich Justizminister Franz Klein selbst bei einem Besuch im Sprengel des BG Ampezzo ein Bild machen können; handschriftliche Notizen zeigen, daß ihn dieser Besuch sehr beeindruckt haben mußte. Er regte an, die Grundbuchsanlegung „wenn nicht zu einer Beseitigung, doch zu einer Einschränkung und Verminderung dieser Teilungen zu benützen“. Klein dachte an „eine den Parteien vom Richter nahezulegende Umwandlung“ in ideelles Miteigentum mit vertraglicher „Verteilung der Geschoße und Räume“. In dem aus Kleins Initiative resultierenden Amtsvortrag vom September 1907 schien dem Ministerium eine „durchgreifende Besserung ( . . . ) nur durch ein unmittelbares gesetzliches Verbot der Häuserteilung“ nach dem Vorbild Deutschtirols möglich. Bis dahin sollte der OLG-Präsident „einstweilen im Dienstaufsichtswege“ den Grundbuchsanlegungskommissären und den Abhandlungsgerichten „nahe( . . . )legen“, in Fällen, in denen ihnen eine Einflußnahme auf urkundliche Formulierungen möglich war, der materiellen Teilung „tunlichst“ entgegenzuwirken. Viele Teilungen würden nämlich nur aus Gewohnheit vorgenommen und könnten durch andere Konstruktionen wie Miteigentum mit 304

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obligatorischen Benützungsregeln oder Servituten problemlos ersetzt werden. In diesem Lichte sollte das Problem der materiellen Gebäudeteilung „einer Beratung der verstärkten Grundbuchsanlegungs-Landeskommission“ unterzogen werden.305 Diese Kommission hielt das ideelle Miteigentum allerdings „nicht für ausreichend, da den Benützungsrechten in diesem Falle jede dingliche Grundlage fehlt“. Die Begründung entsprechender Servituten erschien hingegen „sehr zweckmässig“. Vor allem sollte den materiellen Teilungen, was auch in einem Erlaß zum Ausdruck kam, durch „entsprechende Einflußnahme auf die Parteien seitens der Nachlaßrichter“ entgegengearbeitet werden. Diese sollten die Übernahme des Nachlasses durch nur einen, zu Abfindungszahlungen verpflichteten Erben empfehlen. Auch die Pflegschaftsrichter könnten, wenn sie Verträge zu genehmigen hatten, auf die Verhinderung materieller Teilungen hinwirken.306 Trotz dieses ministeriellen Interesses vergingen noch etwa sieben Monate, bevor der Innsbrucker OLG-Präsident Dr. Friedrich Freiherr von Call307 dem Justizministerium im April 1908 seinen Bericht erstattete; seit der ersten Aufforderung war somit fast ein ganzes Jahr vergangen. Dieses Jahr war jedoch nicht in Untätigkeit verstrichen: Call hatte den Gerichtssekretär Isotti, der als GrundbuchsanlegungsVisitator die Angelegenheit ein Jahr zuvor ins Rollen gebracht hatte, beauftragt, „gelegentlich seiner Amtsreisen in Italienisch-Tirol mit maßgebenden Persönlichkeiten in Fühlung zu treten“ und herauszufinden, „ob die beabsichtigte Aktion Aussicht auf Erfolg hätte“. Isotti führte daraufhin Gespräche mit Bezirksrichtern, Notaren und Advokaten in Cles, Strigno und Riva, mit einem Vertreter des Landeskulturrates in Trient sowie mit den Politikern Heinrich Conci, Albin Tonelli und Anton Stefenelli.308 Die Reaktionen waren sachlich zwar eindeutig, politisch-strategisch jedoch zwiespältig: „Alle waren der Ansicht, daß sie persönlich die Vorteile des Verbotes der Weiterteilung anerkennen, daß sie aber wegen der Wichtigkeit der Frage für den italienischen Landesteil eine Enquete mit den beteiligten Kreisen der Bevölkerung als notwendige Voraussetzung betrachten, um endgiltig in der Sache Stellung nehmen zu können. Nur der Abgeordnete Tonelli, der als Evidenzhaltungs-Inspektor das ganze Unheil der materiell geteilten Häuser näher kennt, erklärte ohne weiteres, daß er selbst auf die Gefahr hin, sich unpopulär zu machen, für ein Verbotsgesetz warm einstehen würde.“ In diesem Stadium wollte Call eine Landtagssession zu einem persönlichen Überzeugungsgespräch nutzen. Dazu organisierte er mit dem Abgeordneten Conci einen Termin, zu dem er eine Delegation aus den beiden Klubs italienischer Abgeordneter treffen wollte. Diese persönliche Begegnung entfiel jedoch, offiziell JM ad 18098 / 1907: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 4. JM 29770 / 1907: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 5. 307 Vgl. Laich, S. 403. 308 Dr. Heinrich / Enrico Conci, Advokat in Trient, Landeshauptmann-Stellvertreter, Obmann des italienischen Klubs und Reichsrats- sowie Landtagsabgeordneter; Albin / Albino Tonelli, Reichsrats- sowie Landtagsabgeordneter; Dr. Anton Stefenelli, Advokat in Riva, Landtagsabgeordneter. 305 306

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„wegen Zeitmangels auf Seite der Abgeordneten“. Call selbst deutet in seinem Bericht an das Ministerium jedoch an, daß dafür auch sachliche Argumente ausschlaggebend gewesen sein könnten: Conci wollte nämlich „die Frage noch eingehender besprechen ( . . . ), weil sie bei einzelnen Abgeordneten auf Opposition zu stoßen scheine“. Der Termin wurde bis zum nächsten Zusammentreten des Landtages, das Call innerhalb eines Monats erhoffte, aufgeschoben.309 Parallel zur Überzeugungsarbeit bei den Politikern hatte man jene bei den juristischen Praktikern vorangetrieben. Im Mai 1908 wurde dazu die jährlich stattfindende Zusammenkunft der „9 italienischen Grundbuchsanlegungs-Kommissäre“ benutzt. Zu dieser Veranstaltung, die in Trient stattfand, entsandte Call abermals Isotti, „der den Kommissären eine einstündige Konferenz hielt über die materiell geteilten Häuser“. Besprochen wurden insbesondere die Gefahren, die bei weiterer Zulässigkeit von Teilungen nach Eröffnung des Grundbuches „in land- und volkswirtschaftlicher, moralischer, hygienischer und baulich-ästhetischer Beziehung“ sowie natürlich im Hinblick auf die Grundbuchsführung drohten. Die versammelten Kommissäre faßten „nach Anhörung des Vortrages“ Isottis einen einstimmigen Beschluß: Darin gaben sie „auf Grund der gemachten Erfahrungen und der von ihnen anlässlich der Erhebungen für die Grundbuchsanlegung gewonnenen Kenntnisse ihrer übereinstimmenden Meinung“ Ausdruck, daß ein Verbot der materiellen Teilungen „dem Lande nur einen grossen sozialen, ökonomischen und moralischen Vorteil bringen und überdies einer grundbücherlichen technischen Notwendigkeit entsprechen würde“. Diese Überzeugung sollten die Kommissäre auch sonst nicht für sich behalten; sie wurden aufgefordert, in diesem Sinne die „Belehrung der maßgebenden Faktoren“ intensiv zu betreiben. Dabei dachte man weniger an Juristenkreise als an „Gemeindevorsteher, Vertrauensmänner, Seelsorger“. Im Ministerium nahm man den neuen Bericht und die geradezu feierliche Erklärung der neun italienischen Grundbuchsanlegungskommissäre zwar „mit Interesse“ zur Kenntnis, doch nicht ohne Besorgnis hinsichtlich des Zeitplans. Eine Randbemerkung bringt den Wunsch zum Ausdruck, die „legislative Arbeit tunlichst zu beschleunigen“, damit die „geplante Reform ( . . . ) der Grundbuchsanlegung zu statten kommen kann“. Eine endlose Verzögerung schien den Wert der beabsichtigten Maßnahme überhaupt in Frage zu stellen.310 Umsomehr wurde es wohl bedauert, daß es nicht im Mai oder Juni, sondern erst am 25. September 1908 endlich zum Treffen des Innsbrucker OLG-Präsidenten mit Politikern des Landes kommen konnte. Bei diesen Politikern handelte es sich um Dr. Heinrich Conci, Monsignore Balthasar Delugan, Dr. Josef Cappeletti311 und Albin Tonelli, von denen sich die beiden letzteren neben ihrer Abgeordnetenerfahrung auch auf hauptberufliche Kenntnisse des Liegenschaftsverkehrs stützen JM 12159 / 1908: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 9. JM 16069 / 1908: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 10. 311 Msgr. Balthasar / Baldassare Delougan, Domkanonikus in Trient, Reichsrats- sowie Landtagsabgeordneter; Dr. Joseph Cappeletti, Advokat und Landtagsabgeordneter. 309 310

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konnten: Cappeletti fungierte als Direktor der Banca cattolica und der Vereinigung der Raiffeisenkassen Italienisch-Tirols, Tonelli als „Evidenzhaltungs-Oberinspektor“, also als Beamter des Grundsteuerkatasters. Die ebenfalls zur Teilnahme vorgesehenen städtischen Abgeordneten Dr. Adolf von Bertolini312 und Dr. Anton Stefenelli hatten sich mit dem Vorhaben eines gesetzlichen Verbots schon früher einverstanden erklärt und waren dem Treffen mit dem Hinweis ferngeblieben, „daß die Führung in dieser Frage den konservativen Abgeordneten als Vertretern der Landgemeinden, die am Gesetze beinahe ausschließlich interessiert seien, überlassen bleiben müsse“. Den Erschienenen hielt abermals Isotti einen Vortrag über die Nachteile und Probleme der materiellen Gebäudeteilung313, den er durch „die von ihm gesammelten Beispiele von Hausbeschreibungen und Skizzen“ unterstützte. Isotti präsentierte die materielle Teilung als – überholte – wirtschaftliche Notwendigkeit einer vergangenen Zeit. Sie trage dazu bei, „ein bäuerliches Proletariat zu schaffen, welches an der Scholle gebunden, und infolgedessen weniger als das industrielle Proletariat geeignet ist, rasch dem Strome von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkte zu folgen“. Das „unvermeidliche Schicksal eines solchen Arbeiters“, der „am väterlichen Besitze hängt“, sei es, „ewig der Handlanger, der am schlechtesten entlohnte Erdarbeiter zu bleiben“. Es ist bemerkenswert, daß dogmatische Überlegungen, wie sie Harrasowsky bei der Vorbereitung des StWEG 1879 angestellt hatte, vollkommen fehlten: Isotti zählte dieses Gesetz zu den „prohibitiven“ und stellte aufgrund der in ihm liegenden Eigentumsbeschränkung Parallelen zur Enteignung, zu den Bauordnungen und Tierseuchengesetzen, also „überhaupt [zu] politischen“ Gesetzen, her. Die Aufklärungsarbeit war ein voller Erfolg; Conci regte sogar an, den Vortrag Isottis als Motivenbericht zu dem geplanten Gesetz oder durch die Zeitungen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Alle vier Abgeordneten waren „mit der sofortigen Einbringung eines Gesetzentwurfes einverstanden“, wobei sie jeweils ihre spezifisch-beruflichen Standpunkte betonten. So begrüßte Monsignore Delugan das Gesetzesprojekt „auch als Geistlicher insbesondere in sittlicher und hygienischer Rücksicht“, Cappeletti „mit Rücksicht auf den Realkredit“, Tonelli „vom Standpunkte der Evidenzhaltung des Grundsteuerkatasters“. Von „diesem ungeahnt günstigen Ergebnisse“ berichtete Call sogleich an das Ministerium und bat darum, einen entsprechenden Gesetzentwurf „ohne weiters“, insbesondere also ohne die ursprünglich ins Auge gefaßte Enquete, im Reichsrat einzubringen. Er unterstützte dies auch mit dem Hinweis auf eine positive Prognose des Abgeordneten „Dr. von Grabmayr, der als Vater des tirolischen Grundbuches in dieser Angelegenheit besondere Beachtung beanspruchen“ könne, wonach „die glatte Annahme eines solchen Gesetzes gesichert“ sei.314 Advokat und Vizebürgermeister von Trient. Eine deutsche Übersetzung dieses Vortrages ist erhalten in JM 28701 / 1908, AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 13; danach das Folgende. 314 JM 28701 / 1908, AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 13. Zu Grabmayr vgl. ÖBL II, S. 39 f.; Grabmayr (Autobiographie). 312 313

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Im Justizministerium war man zwar erfreut, doch noch nicht vollkommen beruhigt: Würde es sich um ein Landesgesetz handeln, so wurde argumentiert, könnte die Einbringung eines entsprechenden Gesetzentwurfes sogleich erfolgen. Da aber ein Reichsgesetz erforderlich sei – „zumal nicht von einer ausschließlichen Landeskultursache die Rede sein kann“ – sollten noch weitere „Faktoren“ befragt werden. Dies umso mehr, als es sich um ein „wirtschaftlich tief eingreifendes Gesetz“ handle, das „mit einer seit Jahrhunderten fest eingewurzelten Gepflogenheit im italienischen Tirol aufräumen soll“. Call wurde daher angewiesen, Stellungnahmen von Landeskulturrat, Landesausschuß, Statthalterei, GrundbuchsanlegungsLandeskommission und im Hinblick auf den Kataster auch von der Finanzlandesdirektion einzuholen.315 Am 10. März 1909 lagen sämtliche Stellungnahmen vor.316 Sie befürworteten die Ausdehnung der Bestimmungen des StWEG 1879 – mit einer Ausnahme: Der ständige Ausschuß der Sektion Trient des Landeskulturrates für Tirol hatte sich in seiner Sitzung vom 22. Dezember 1908 gegen das geplante Gesetz ausgesprochen und stattdessen ein „Spezialgesetz“ befürwortet, mit dem unter Erhaltung der üblichen gemeinsamen Bestandteile nur die „Teilung einzelner Wohnräume oder Lokale“ verboten werden sollte. Der Ausschuß folgte damit seinem Referenten Dr. Georg Dalla Fior. Auch er hatte, wie Isotti, die weit fortgeschrittene Gebäudeteilung beklagt, die mit dem Mangel an Baugrund, dem Mangel an Geld und dem Mangel an Trinkwasser zu erklären sei. Es wäre jedoch keine Lösung des Problems, „das agrarische Proletariat zur Industrie und zur Auswanderung [zu] treiben“. Der „agrarische Proletarier“ sei „dem Umherziehenden vorzuziehen, da der erstere an der Scholle mehr gebunden ist; er ist arbeitsamer, genügsamer und mehr vaterlandsliebend“. Die geplante Ausdehnung des StWEG 1879 würde mit der Zeit zu einer „Zentralisierung des Grundbesitzes“ führen, die unerwünscht schien. Geradezu vorweihnachtlich war Dalla Fiors Alternative: „Brüderliche Liebe rät uns, diese armen Leute besser zu behandeln und ihnen jene Freiheit zu erhalten, die ihre Väter ihnen hinterlassen haben.“ Eine andere Argumentationslinie klang hingegen weniger versöhnlich: Die materielle Gebäudeteilung sei eines „der vielen charakteristischen Merkmale, wegen welcher unser Land sich von Deutsch[-]Tirol unterscheidet“; sie trage dazu bei, „unser Recht auf eine gerechte und rationelle Autonomie zu beweisen. Es geht daher nicht an, unser Land mit Vintsgau(!) und Gröden zu vergleichen“. Gegen diese nationalistischen Töne verwies Call auf den Umstand, daß die Politiker Italienisch-Tirols sich für ein Teilungsverbot ausgesprochen hatten. Nachdem ein daraufhin erstellter Gesetzentwurf des Justizministeriums am 21. April 1909 den Ministerrat passiert hatte, wurde er dem Kaiser vorgelegt, damit dieser die Einbringung im Reichsrat genehmigen konnte. Die dabei bereits ge315 Dabei wurde ihm die Textierung des zu erlassenden Gesetzes angedeutet: JM 28701 / 1908, AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 13. 316 Zum Folgenden JM 7905 / 1909: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 15.

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druckt vorgelegten „Erläuternden Bemerkungen“ beruhten in weiten Teilen auf dem Text jenes Vortrages, den Isotti den Politikern aus Italienisch-Tirol gehalten hatte. Als Einleitung vorangestellt fand sich jedoch, nur geringfügig modifiziert, der erste Absatz der Erläuternden Bemerkungen zum StWEG 1879 mit pandektistischen Argumenten, durch die Harrasowskys Geist beschworen schien. Die Vorarbeiten und gesetzgeberischen Motive rechtfertigten dies nicht; sie waren, wie gezeigt, durchaus nicht dogmatisch geprägt. Der erste Entwurf der Erläuternden Bemerkungen hatte dieser Vorgeschichte entsprochen und sich jeder juristischdogmatischen Argumentation enthalten. Leider erlauben die erhalten gebliebenen Akten keinen Rückschluß auf den Grund dieser Veränderung! Der Kaiser genehmigte die Einbringung des Gesetzentwurfs am 23. Mai 1909, fünf Tage später wurde er als Regierungsvorlage im Reichsrat eingebracht.317 Gleichzeitig wurde eine vereinfachte Kurzfassung der Erläuternden Bemerkungen für ein Çommunique“ vorbereitet.318 Im Reichsrat schloß sich die Kommission für Justizgegenstände des Herrenhauses am 9. November 1909 den Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage vollinhaltlich an und empfahl dem Herrenhaus den Beschluß des Gesetzentwurfs319, der schon wenige Tage später, am 18. November 1909, in dritter Lesung erfolgte. Im Abgeordnetenhaus erstattete der Justizausschuß am 4. März 1910 seinen Bericht unter Wiedergabe der Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage und stellte den Antrag auf Zustimmung zum Gesetzentwurf320, die im Abgeordnetenhaus am 18. März 1910 erfolgte. Berichterstatter Friedrich Nitsche, von Beruf Notar321, hatte zuvor erklärt, das Verbot materieller Teilungen stünde in allen anderen Teilen Cisleithaniens „in voller wohltätigster Wirksamkeit“.322 Insgesamt war die parlamentarische Behandlung rasch und unkompliziert, eine Änderung am Gesetzentwurf wurde nicht vorgenommen.323 Schon am 21. März 1910 konnte daher Ministerpräsident Bienerth den Nachfolger Kleins als Justizminister, Viktor Ritter von Hochenburger, von der parlamentarischen Zustimmung verständigen. Am 11. April 1910 wurde der Kaiser um seine Sanktion gebeten324, die er am 27. April 1910 erteilte.325 Schließlich wurde das Gesetz als RGBl 1910 / 92 publiziert. 317 JM 15664 / 1909: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 16; 45 BlgHH 19. Session, 6 BlgHH 20. Session. 318 JM 15664 / 1909: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 16. 319 17 BlgHH 20. Session. 320 756 BlgAH 20. Session. 321 Dr. Friedrich Nitsche, Notar in Hohenfurt, Reichsratsabgeordneter 1877 – 1911: Knauer, S. 139. 322 StenProtAH 20. Session, S. 2073 f. 323 45 BlgHH 19. Session; 6 BlgHH 20. Session; 17 BlgHH 20. Session; 469 BlgAH 20. Session. 324 JM 8624 / 1910: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 19. 325 JM 11714 / 1910: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 20.

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Etwa drei Wochen später, am 20. Mai 1910, richtete das OLG Innsbruck einen Erlaß an die Grundbuchsanlegungskommissäre in Italienisch-Tirol, worin auf das neue Gesetz eigens aufmerksam gemacht wurde.326 Rund drei Jahre nach der ersten Initiative war das Problem der materiellen Gebäudeteilung damit auch für die italienischen Teile Tirols gelöst – allerdings nur für kurze Zeit: Nach der Abtrennung Südtirols von Deutschösterreich infolge des Vertrags von St. Germain wurde im nunmehr italienischen Gebiet das Neubegründungsverbot durch königliches Dekret vom 1. September 1920 schon wieder aufgehoben.327 Innerhalb des heutigen österreichischen Bundesgebietes erfolgte die letzte Ausdehnung des Geltungsgebietes des StWEG 1879 durch das Inkrafttreten der Verordnung vom 29. Mai 1922, BGBl. 1922 / 315 (§§ 1 und 4) im Burgenland.328 Das Verbot der materiellen Gebäudeteilung scheint dabei nicht als besonders schwieriges Problem angesehen worden zu sein; soweit erkennbar, gehen die Akten auf diese Frage nicht ein. Darin mag der Grund dafür liegen, daß diese letzte Ausdehnung des Neubegründungsverbots wiederholt übersehen wurde: So ging etwa Putzer irrig davon aus, daß das StWEG 1879 nach seinem im Jahr 1900 erfolgten Inkrafttreten in Vorarlberg im „Gebiet der heutigen Republik Österreich ( . . . ) uneingeschränkt Wirksamkeit“ erlangt hätte!329 Andere behaupteten verkürzt, StWE könne „seit dem vorigen [= 19.] Jahrhundert in Österreich nicht mehr begründet werden“.330 6. Die Vollziehung des StWEG 1879 a) Zur Durchsetzbarkeit des Teilungsverbotes Wie schon die Verordnungen der 1850er-Jahre zog auch das StWEG 1879 Vollziehungsprobleme nach sich.331 Einen tiefen Einblick in die Schwierigkeiten bei der Anwendung dieses Gesetzes ermöglicht ein Fall materieller Teilung, der zwi326 JM 16078 / 1910: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 21. Irrig behauptete VwSlgNF 9571 (A), das StWEG 1879 sei durch RGBl 1910 / 93 „auf das Land Tirol“ ausgedehnt worden. 327 Wahle, Sp. 328 f.; Sp. 331; Novak, S. 115; zum Verlust Südtirols an Italien allg. z. B. Brauneder, Deutschösterreich, S. 209 ff., S. 217 ff. 328 Vgl. dazu Spielbüchler in: Rummel, Rz 8 zu § 297 ABGB (ohne Hinweis auf die gesetzliche Grundlage dieser Ausdehnung, sondern nur mit solchem auf SZ 39 / 212 = EvBl 1967 / 265). 329 Putzer, S. 596. 330 Doralt, S. 238. 331 Die Folgen des durch das StWEG 1879 statuierten Neubegründungsverbotes sind nur schwer abzuschätzen. Es beeinflußte zweifellos, wie in der Folge gezeigt werden wird, individuelle Planungen, aber dies läßt sich nicht quantifizieren. Ein Vergleich mit Bayern, wo etwa zur gleichen Zeit Erhebungen über die Zahl von Neubegründungen angestellt wurden – hier hat man für das Gebiet rechts des Rheins zwischen 1877 und 1881 158 Fälle von Neubegründungen registriert (Jacubetzky, S. 188; vgl. Zoeppritz, S. 40 f.) – erlaubt kaum Rückschlüsse auf die österreichischen Verhältnisse.

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schen 1889 und 1892 Verwaltungsbehörden und Gerichte beschäftigte und von dem das Justizministerium erst relativ spät, im Oktober 1891, durch einen Bericht des Wiener OLG-Präsidenten Karl Graf Chorinsky erfuhr.332 In der Stadt Baden bei Wien war ein Haus333 „Gegenstand der theilweisen Veräußerung gewesen“, was vorerst dem Stadtvorstand nur als Verstoß gegen Bestimmungen der niederösterreichischen Bauordnung erschien. Als die Gebäudeeigentümerinnen dem behördlichen Auftrag, binnen 6 Wochen eine bauliche Trennung „im Sinne der bau-, feuer- und sanitätspolizeilichen Vorschriften“ an der Grundstücksgrenze durchzuführen, nicht nachkamen, sondern dagegen Rekurs erhoben, gelangte die Angelegenheit an die Bezirkshauptmannschaft Baden sowie über Vermittlung der niederösterreichischen Statthalterei schließlich an das OLG Wien. Erst dieses stellte ausdrücklich einen Verstoß gegen das StWEG 1879 fest und überlegte, sämtlichen Grundbuchsgerichten Niederösterreichs die „Vorschriften des Gesetzes vom 30. März 1879“ vorbeugend in Erinnerung zu bringen. Für den konkreten Fall hingegen schien Abhilfe nur über den Instanzenzug möglich, der aber von den Parteien nicht eingeschlagen worden war – kein Wunder, hatten sie die verbotene Teilung doch selbst gewollt. Daher wurde vorerst das BG Baden zur Berichterstattung aufgefordert. Davon erwartete man sich am OLG Aufklärung nicht nur über das rechtliche und faktische Verhältnis der beiden Einlagen zueinander, sondern vor allem darüber, wieso das StWEG 1879 nicht befolgt worden war. Schon nach knapp zwei Wochen lag eine erste Antwort vor: Ohne auf die tatsächlichen Umstände des Falles näher einzugehen, erklärte das BG reumütig, daß die „Außerachtlassung der Vorschriften des § 1 des Gesetzes vom 30. 3. 1879 RGBl Nr. 50 auf einem Versehen beruht, für welches um Nachsicht gebeten wird“. Die Hoffnung, daß allein mit dieser kleinlauten Entschuldigung die unangenehme Angelegenheit überstanden wäre, erfüllte sich jedoch nicht. Das OLG beharrte auf der Vorlage von Grundbuchsauszügen und eines Sachverständigengutachtens über die Selbständigkeit oder Unselbständigkeit der Gebäudeteile. Als man nach Vorliegen dieser Unterlagen am 12. Mai 1891 „endlich“ zur inhaltlichen Auseinandersetzung schreiten konnte, wurde beschlossen, die vom BG Baden bewilligte Grundtrennung als dem StWEG 1879 „widersprechend und ungesetzlich“ aufzuheben. Das BG sollte davon die Parteien verständigen, sie auffordern „Anträge zu stellen“ und darüber schließlich befinden. Der Bericht, den das BG innerhalb von 14 Tagen dem OLG vorzulegen hatte, enttäuschte vermutlich die dort gehegten Erwartungen. Die Parteien nahmen den von der Justiz an sie gespielten Ball nämlich nicht auf: Sie stellten keinerlei „Anträge“, sondern erhoben Revisionsrekurs an den OGH. Dieser stellte fest, daß es an 332 Zum Folgenden OLG-Präs 9084 / 1891, OLG Wien 13099 / 1891: AVA Justiz I D I 2c Post-Nr. 32 (enthält überhaupt alle Aktenstücke mit Ausnahme des Erledigungsberichts) bzw. 33 (Erledigungsbericht). Zu Chorinsky siehe ÖBL I, S. 146. 333 Betroffen waren die EZ 574 und 588 des GB Baden, Alleegasse 3, heute ErzherzogRainer-Ring: vgl. Böheimer, S. 36.

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einer bekämpfbaren meritorischen Entscheidung überhaupt noch fehlte: Die Parteien hätten keine Anträge gestellt, das BG daher nichts entschieden. Da „die Beteiligten einer Änderung des derzeitigen Grundbuchsstandes nicht zustimmten“, legte das nun ratlose BG die gesamten Akten abermals dem OLG vor. In einer verstärkten Ratssitzung beschäftigten sich neun Juristen am 13. Oktober 1891 also erneut mit diesem Fall. Der Antrag des Referenten, OLG-Rat Klaunzner, dem BG Baden die Wiederherstellung des früheren Grundbuchsstandes aufzutragen, fand keine Mehrheit; nur zwei Votanten unterstützten ihn. Drei andere Räte sahen für eine solche Vorgangsweise keine Rechtsgrundlage; sie wollten den Fall dem Justizministerium zur Kenntnis bringen. Einer aus dieser zweiten Gruppe, OLG-Rat Illizstein, hatte zuvor auch überlegt, „die Parteien von Amts wegen eventuell unter Androhung von Pönfällen [aufzufordern], um die Richtigstellung des Grundbuchsstandes einzuschreiten“; er erhob diese bemerkenswerte Kombination von amtlichem und Parteien-Interesse jedoch nicht zu einem Antrag. Die zwei verbleibenden Stimmführer versuchten einen Ausweg über die Zustellung des Grundbuchsbeschlusses zu finden: Nach dem Vorschlag des OLG-Rates Hye sollte das BG einen Kurator für die, durch die ungesetzliche Handlung in ihren Rechten gefährdeten dritten Personen einsetzen und diesem den Grundbuchsbeschluß zustellen. Vizepräsident Azwanger hingegen wollte diesen Beschluß der politischen Behörde zustellen, die „vor allem berufen erscheint, das gefährdete öffentliche Interesse zu wahren“. In beiden Fällen sollte nämlich nach erfolgter Zustellung der dadurch Informierte Rekurs erheben, dem dann stattzugeben gewesen wäre. Das Abstimmungsergebnis 3:3:2 zog eine neuerliche Abstimmung nach sich, die abermals kein eindeutiges Ergebnis brachte: Azwanger und Hye, die eine Lösung mittels Zustellungstricks vorgeschlagen hatten, schlossen sich jeweils einer der beiden entgegengesetzten Hauptmeinungen an. Erst die Stimme des dirimierenden Präsidenten Chorinsky gab den Ausschlag zugunsten des Berichts an das Justizministerium. Dies war der Stand der Dinge, als Chorinsky im Oktober 1891 das Justizministerium informierte. Er begnügte sich jedoch nicht mit einem Bericht des Verfahrensablaufes, sondern schloß sogleich seine eigene Meinung an. Obwohl es sich beim StWEG 1879 um eine absolut zwingende Norm handle, könne ein diesem Gesetz widersprechender Zustand nicht geändert, das absolut zwingende „praktisch nicht verwirklicht“ werden. Den Grund dafür erblickte Chorinsky in der Tatsache, daß dieses Gesetz zwar den „Justizminister mit dem Vollzug des Gesetzes beauftragt“ hätte, jedoch eine „besondere Vollzugsvorschrift zu diesem Gesetz noch nicht erschienen“ sei. Weder das Grundbuchsgesetz noch die dazu erlassene Instruktion würden diesen Fall berücksichtigen. Chorinsky wies in diesem Zusammenhang auch auf das verwandte Problem der Berücksichtigung von Bauordnungsbestimmungen durch die Gerichte hin. Insgesamt hielt er es für „schwer“, den „rein privatrechtlichen Standpunkt des Grundbuchsgesetzes mit vielen neuen Gesetzen in Einklang zu setzen, welche vom Grundbuche die Übereinstimmung mit dem Kataster, in vielen Punkten die Darstellung materieller Wahrheit und in zahlreichen

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Fällen die Berücksichtigung öffentlicher Interessen fordern, denen im Rahmen des bestehenden Grundbuchsgesetzes nicht Rechnung getragen werden kann“. Im Justizministerium eröffnete dieser Badener Fall erstmals die Möglichkeit zu neuen Perspektiven, denn an der Stelle des 1883 aus dem Justizministerium ausgeschiedenen und im Juni 1890 verstorbenen Harrasowsky, zu dessen Anliegen der Kampf gegen die materielle Gebäudeteilung gehört hatte, war nun ein neuer Referent, Ministerialrat Johann Hrouzek, mit diesem Problem befaßt.334 Auch er hielt zwar den Badener Kaufvertrag für „rechtsunwirksam und ungültig“, doch seine Auffassung des Rechtsproblems hätte Harrasowsky vermutlich entsetzt: Für Hrouzek gehörte das StWEG 1879 nicht bloß in die Kategorie der zwingenden Gesetze, sondern wegen der berührten öffentlichen Interessen an entsprechenden sanitätsund feuerpolizeilichen Verhältnissen auch in das „Gebiet des öffentlichen Rechts“! Daher dürfe der Gesetzgeber nichts akzeptieren, was mit den von ihm erlassenen Verboten im Widerspruch stünde. In diesem Sinne hätte das OLG sogleich den Grundbuchsbeschluß von Amts wegen aufheben sollen, was Hrouzek auch noch in diesem Verfahrensstadium empfahl. Bei der Lösung des konkreten Anlaßfalles ging Hrouzek also mit keinem Wort auf den von Harrasowsky so strapazierten Eigentumsbegriff ein! Erst als Hrouzek die von Chorinsky angeregte Frage einer Vollzugsverordnung untersuchte, knüpfte er an die seinerzeitigen Überlegungen Harrasowskys an. Sachlich referierte er, daß eine Vollzugsverordnung „als entbehrlich angesehen“ worden war, weil sich das StWEG 1879 nach den Erläuternden Bemerkungen „als ein bloßes Interpretativ-Gesetz gestaltete“, weil also „die Bestimmungen dieses Gesetzes aus der Begriffsbestimmung des Eigentumsrechtes an der Hand unseres Zivilrechts abgeleitet wurden“. Eine Vollzugsverordnung müßte anordnen, „daß grundbücherliche Eintragungen, welche entgegen dem im Gesetz vom 30. März 1879 ausgesprochenen Verbote der Teilung von Gebäuden nach materiellen Anteilen erwirkt wurden, von dem oberen Richter auch außer dem gesetzlichen Instanzenzug, sobald eine solche Eintragung dem Oberrichter zur Kenntnis gelangt, als rechtsunwirksam zu erklären und aufzuheben sei, sofern nicht inzwischen erworbene bücherliche Rechte dritter Personen der Aufhebung“ entgegenstünden. Eine solche Verordnung schien Hrouzek allerdings nicht empfehlenswert: Einerseits wäre die Kompetenz des Justizministeriums zweifelhaft, weil nach dem Grundbuchsgesetz Grundbuchsbescheide nur mit dem Rechtsmittel des Rekurses bekämpft werden könnten; daher hätten im Anlaßfall die Gerichte eine Abänderung bzw. Aufhebung nur im gesetzlichen Instanzenzug für möglich gehalten. Diesen Bedenken könnte man zwar die allgemeine Kompetenz des Justizministeriums entgegenhalten, doch sei die „Kompetenzfrage“ insgesamt „immerhin zweifelhaft“. Eine Vollzugsverordnung wäre demnach „geeignet ( . . . ), Bedenken hinsichtlich ihrer Legalität zu erwecken“. Darüber hinaus würde eine solche Verordnung „jedenfalls Aufsehen verursachen“, weil seit dem Erscheinen des Gesetzes fast 13 Jahre verstrichen waren. 334

JM 20929 / 1892: AVA Justiz I D I 2c Post-Nr. 32.

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Vor allem aber bezweifelte Hrouzek die Notwendigkeit einer Vollzugsverordnung: Eine offenbar rechtsunwirksame Amtshandlung könnte ohnedies außerhalb des Instanzenzuges saniert werden, was er „insbesondere“ auf ein Hofdekret vom 5. Oktober 1816 (JGS Nr. 1285) stützte. Diese in der Praxis weitgehend unbekannte Norm gab den „Appellations-Gerichte[n]“ das Recht, „in jenen Fällen, wo von der politischen Landesstelle sich an dasselbe um Aufhebung eines von einem Unterrichter wider bestehende politische(!) höchste Vorschriften geschöpften Spruches verwendet(!) wird, jederzeit der Sache genau auf den Grund zu sehen, und sonach bey vorliegender Nichtigkeit der unterrichterlichen Amtshandlung dieselbe außer Kraft zu setzen“. Dem Rückgriff auf dieses Hofdekret liegt also die Auffassung zugrunde, daß es sich beim StWEG 1879 um ein politisches Gesetz gehandelt hätte. Trotz der Skepsis von Hrouzeks Vorgesetztem, Sektionschef Krall, ob dieses Hofdekret „hier angewendet und für aufrecht bestehend dermalen noch behauptet werden kann“ – immerhin gab es schon lange keine Appellationsgerichte mehr und als Unterinstanzen amtierten seit über vier Jahrzehnten staatliche Gerichte –, gab es grünes Licht für eine Note dieses Inhalts an das OLG. Krall sah kein anderes Mittel, „um Abhilfe zu schaffen“. Insgesamt schien ihm der Zustand „sehr bedauerlich ( . . . ), daß eine öffentliche Einrichtung ( . . . ) besteht, welche lediglich die privatrechtlichen Interessen berücksichtigt“, während das öffentliche und überdies sogar in Gesetzen begründete Interesse unbeachtet bleibe. Das Innenministerium335, dem der Akt zur Einsicht überlassen wurde, wollte daher mehr auf die Verwaltungsbehörden vertrauen: Es wies auf die Notwendigkeit hin, Teilungen im Grundbuch erst nach Vorliegen einer baubehördlichen Bewilligung vorzunehmen. Hrouzeks Strategie wurde umgesetzt: Das OLG erhielt also die Empfehlung, den Beschluß des BG Baden unter Hinweis auf das Hofdekret von 1816 aufzuheben. In diesem Sinne beschloß es am 2. August 1892, „als Oberaufsichtsbehörde im Sinne des Hofdekrets vom 5. Oktober 1816 JGS 1285“ den „Grundbuchsbescheid“ des BG Baden aufzuheben, die Teilung für ungültig zu erklären, die neugebildete Einlage zu löschen und die frühere Einlage in ihrem früheren Bestand wiederherzustellen. Am 9. August 1892 wurde dieser Beschluß des OLG vom BG Baden grundbücherlich durchgeführt. Die betroffenen Parteien hatten in der Zwischenzeit wohl für sich selbst eine Lösung gefunden: Am 14. Oktober 1892 konnte Chorinsky dem Justizministerium erleichtert berichten, daß der Grundbuchsbescheid, „da eine Beschwerde nicht erhoben wurde, in Rechtskraft erwachsen“ war.336 Der Rückgriff auf ein fast acht Jahrzehnte altes und für ganz andere Rahmenbedingungen konzipiertes Hofdekret konnte auf Dauer nicht befriedigen. Schon wenige Jahre später bot die Ausdehnung des StWEG 1879 auf Tirol und Vorarlberg dem Justizministerium die Gelegenheit, wenigstens für diese Länder die ersehnte 335 336

IM 14963 / 1892: AVA Justiz I D I 2c Post-Nr. 32. OLG-Präs Wien 8141 / 1892; OLG Wien 13548 / 1892: AVA Justiz I D I 2c Post-Nr. 33.

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Vollzugsvorschrift in unauffälliger Weise in Kraft zu setzen. Für Tirol widmete sich Artikel XVII des Tiroler Grundbuchsanlegungsreichsgesetzes RGBl 1897 / 77, im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens weitestgehend unbeachtet, der „Beseitigung gesetzwidriger Eintragungen“. Dazu hatte das OLG, „wenn es in Kenntnis kommt, daß eine Eintragung im Grundbuche vorgekommen ist, welche nach dem bestehenden Gesetze dem Gegenstande und Inhalte nach eine grundbücherliche Eintragung überhaupt nicht bilden kann, von amtswegen auf die Löschung der Eintragung zu erkennen“. Um allfälligen Zweifeln zu begegnen wurde ausdrücklich festgestellt, daß zu „diesen gesetzwidrigen Eintragungen ( . . . ) insbesondere die dem Gesetze widerstreitende Theilung von Gebäuden nach materiellen Antheilen“ gehöre. Ebenfalls zu löschen waren sogar „grundbücherliche Rechte für dritte Personen“, die man „auf Grund der gesetzwidrigen Eintragung ( . . . ) eingetragen“ hatte.337 Diese Regelung wurde mit der „Reinheit des Grundbuches“ motiviert, durch die eine „Irreführung dritter Personen verhütet und auch die etwaige Schädigung öffentlicher Interessen hintangehalten werden“ sollte. Wie ein Bericht über den Badener Teilungsfall klingt die Erkenntnis, die „an der Eintragung direct betheiligten Personen [hätten] zumeist keinen Anlaß, dieselbe im Recurswege als gesetzwidrig anzufechten.“ Eine „Verständigung der Verwaltungsbehörden aber [fände] in der Regel nicht statt“, sodaß diese „gar nicht in die Lage [kämen], im Recurswege die Löschung der Eintragung zu erwirken, um gesetzlich geschützten öffentlichen Interessen Geltung zu verschaffen.“ Es verwundert nach der Vorgeschichte nicht, daß die so begründete Gesetzesbestimmung unter anderem durch einen Verweis auf das Hofdekret vom 5. Oktober 1816 JGS 1285 gestützt und dadurch vom Anschein einer inhaltlichen Neuerung befreit wurde.338 Für Vorarlberg sah die Regierungsvorlage zum Grundbuchsanlegungsreichsgesetz RGBl 1900 / 44 die gleichen Bestimmungen vor.339 Diesmal aber schien die im Fall Tirols noch widerspruchslos akzeptierte Löschung grundbücherlicher Rechte Dritter dem Justizausschuß des Abgeordnetenhauses doch zu weitgehend. Der Ausschuß schlug daher eine Änderung vor, die „der nothwendigen Rücksicht auf das Princip der publica fides Rechnung trägt“. Der materiellen Gebäudeteilung sollte dabei als Sonderfall „gesetzwidriger Eintragungen“ ein eigener Absatz des entsprechenden Paragraphen gewidmet werden: „Die Löschung der dem Gesetze widerstreitenden Eintragung der Theilung von Gebäuden nach materiellen Antheilen darf, wenn auf solchen Antheilen nachträglich erworbene Rechte dritter Personen haften, nur mit deren Zustimmung erfolgen.“ Damit war die materielle Teilung gegenüber anderen gesetzwidrigen Eintragungen privilegiert, bei denen weiterhin eine Löschung der Rechte Dritter auch ohne deren Einwilligung möglich sein sollte.340 Diese für das StWE nicht unwichtige Änderung schien dem BerichterArt XVII § 1 RGBl 1897 / 77. Regierungsvorlage 531 BlgHH, 11. Session, S. 23; zustimmend der Bericht des Justizausschusses des Abgeordnetenhauses 1516 BlgAH, 11. Session, S. 11. 339 Art XII § 1: 243 BlgAH, 16. Session, S. 7. 340 447 BlgAH, 16. Session, S. 3 f., S. 13. 337 338

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statter des Justizausschusses im Abgeordnetenhaus, Dr. Karl von Grabmayr, im Plenum jedoch keiner Erwähnung wert. Ohne Diskussion im Abgeordnetenhaus angenommen341, gab sie auch im Herrenhaus keinen Anlaß zu Widerspruch342 und fand somit in RGBl 1900 / 44 Eingang.343 Damit gab es hinsichtlich der Beseitigung gesetzwidriger Gebäudeteilungen ab 15. März 1900 bis 1942 drei verschiedene Rechtsgebiete344: Während man in den meisten Ländern weiterhin auf das Hofdekret von 1816 zurückgreifen mußte, konnte man sich in Tirol und Vorarlberg auf moderne, aber inhaltlich voneinander abweichende Gesetzesbestimmungen stützen. Im Justizministerium wurden keine einschlägigen Fälle mehr aktenkundig.

b) Zweifel am Gesetzesvollzug Vollziehungsmängel, wie sie in Baden zutagegetreten waren, wurden auch im Sprengel des OLG Triest befürchtet. Schon 1903 hatte dieses OLG den istrianischen Gerichten die Bestimmung des § 3 StWEG 1879 eingeschärft und dabei empfohlen, die eingetretene Vereinigung materieller Anteile „sowohl im Eigenthums- als auch im Lastenblatte durch Anmerkung auszuzeichnen“. Das Justizministerium akzeptierte diese Belehrung zwar, wies aber zugleich darauf hin, daß die „Tatsache der Vereinigung mehrerer345 Anteile in einer Hand ex-lege“ eintrete und von den Gerichten amtswegig zu berücksichtigen sei. Eine „ausdrückliche Ersichtlichmachung“ wäre demnach nicht notwendig, sie würde jedoch die „Gefahr eines Übersehens“ verringern.346 Vier Jahre später, 1907, fiel bei der Inspektion des BG Cherso auf der gleichnamigen istrianischen Insel ein Urteil auf, das „in Übereinstimmung mit dem Klagebegehren“ aussprach, „daß ein Haus materiell zu teilen oder wenn dies untunlich sein sollte, öffentlich zu versteigern sei“. Der darüber befragte „Prozeßrichter bekannte sich zu der Anschauung, daß das Gesetz [StWEG 1879] nur horizonStenProtAH 16. Session, S. 1933 ff., insbes S. 1936 (16. Dezember 1899). StenProtHH 16. Session, S. 59 ff. (21. Dezember 1899). 343 Art XII § 1 RGBl 1900 / 44; vgl. GBG-MTA, S. 483. 344 Die hier interessierenden Bestimmungen der Grundbuchsanlegungsreichsgesetze für Tirol bzw. Vorarlberg wurden durch § 11 Ziff 3 der Verordnung dRGBl I 1942, S. 37, aufgehoben. Die Aufhebung dieser Verordnung durch das Allgemeine Grundbuchsgesetz BGBl. 1955 / 39 wird im Hinblick auf § 130 GBG, worin die Löschung unzulässiger Eintragungen geregelt ist, nicht als Wiederinkraftsetzung der entsprechenden (unterschiedlichen) Sonderbestimmungen für Tirol und Vorarlberg verstanden; dies erläutern entsprechende Hinweise zum Tiroler bzw. Vorarlberger Grundbuchsanlegungsreichsgesetz im RIS, dem Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes. Kommentare zum Grundbuchsgesetz gehen auf dieses Problem hingegen nicht ein, so z. B. Marent / Preisl, S. 154 ff. 345 Das Justizministerium forderte also nicht die Vereinigung aller(!) materiellen Anteile; vgl. unten 4. Teil, § 8 C. 346 JM 2062 / 1903: AVA Justiz II genus 3 Küstenland, Post-Nr. 109. 341 342

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tale Teilungen (nach Stockwerken) verbiete, dagegen vertikale Teilungen (von oben nach unten) zulasse“. Wegen der angeblichen Häufigkeit der Vertikalteilung – später stellte sich allerdings heraus, daß nur ein einziger weiterer Fall einer Teilung (in vier materielle Anteile) bekannt war – hielt sich der Gerichtsinspektor nicht für befugt, diese Teilungsart für ungesetzlich zu erklären. Der wesentliche Kritikpunkt lag darin, daß das BG Cherso im Anlaßfall keine Erhebungen über die Möglichkeit einer realen Teilung angestellt, sondern ohne derartige Prüfung der Klage stattgegeben hatte. Dies war aber leicht zu erklären: Es hatte sich um ein Versäumnisurteil gehandelt. Die Sachverständigen, denen aufgrund der klagsstattgebenden Formulierung des Urteilsspruches besondere Bedeutung zukam, hatten eine Teilung ohnehin für unmöglich gehalten, sodaß das Haus schließlich versteigert worden war.347 Im Sinne der vom BG Cherso geäußerten Rechtsansicht hatten die istrianischen Gerichte gegen derartige vertikale Teilungen nichts unternommen. Das Triestiner OLG-Präsidium teilte diese Ansicht und wies darauf hin, daß den Gerichten „keine Mittel zu Gebote standen, um diesem Brauche entgegenzutreten“. Auch dem Justizministerium schienen die von den istrianischen Gerichten geäußerten Rechtsansichten „vollkommen zutreffend“, eine Belehrung daher nicht erforderlich: Sei ein Haus „so konstruiert, daß nach Zerlegung jeder Teil unabhängig von dem anderen fortbestehen“ könne, etwa bei separaten Eingängen oder massiven Trennmauern, so wäre eine Teilung zulässig, ebenso bei „hölzernen Häusern ( . . . ) die auseinander genommen werden können“.348 Auch für Galizien zeigen die überlieferten Akten, daß man – letztlich grundlos – Schwierigkeiten bei der Umsetzung des StWEG 1879 vermutete. Das Präsidium des OLG Lemberg berichtete im August 1912 dem Justizministerium vom Erhalt einer Zuschrift des galizischen Landesausschusses, worin dieser Umgehungsversuche aufzeigte: Demnach seien „scheinbar selbständige Parzellen geschaffen [worden], um die Eröffnung von neuen Grundbuchseinlagen zu erwirken“, obwohl die „den Gegenstand dieser Einlagen bildenden Objekte tatsächlich nichts anderes sind, als materielle Teile von Gebäuden“. Der Landesausschuß ersuchte daher das OLG um eine Weisung an die Grundbuchsgerichte, wonach den Parteien vor der bücherlichen Teilung die Vorlage einer baubehördlichen Bestätigung über die Selbständigkeit der betreffenden Objekte aufgetragen werden sollte, und zwar in Form „eines rechtskräftigen Baukonsenses“.349 Dem OLG-Präsidium schien eine gesetzliche Grundlage dafür zu fehlen: Nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen genüge die Vorlage eines Teilungsplanes; entspreche dieser den Vorschriften, 347 JM 28455 / 1907: AVA Justiz II genus 3 Küstenland, Post-Nr. 124 / 2. Cherso trägt heute den Namen Cres. 348 JM 28455 / 1907: AVA Justiz II genus 3 Küstenland, Post-Nr. 124 / 2. – Es wäre ein interessantes Experiment, heute ein solches Haus mit dieser Begründung zu errichten. 349 Dies erinnert an die für die Begründung von Wohnungseigentum notwendige Bestätigung der baulichen Abgeschlossenheit der einzelnen Wohnungen; vgl. Faistenberger / Barta / Call, Rz 16 ff. zu § 1 WEG 1975.

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so dürfte der Grundbuchsrichter die Teilung nicht verweigern. Es wäre im Gegenteil die Bedingung eines Baukonsenses ein „unzulässiger Vorbescheid“. Außerdem sei eine „etwa zu liberale Handhabung der Bestimmungen“ des StWEG 1879 nicht bekannt geworden. Das Justizministerium teilte zwar die Rechtsansicht des OLG-Präsidiums, es empfahl jedoch, „den Landesausschuß um Bekanntgabe einiger konkreter Fälle zu ersuchen“, um diese anhand der Gerichtsakten überprüfen zu können. Darüber hinaus sollte das Einvernehmen mit dem OLG Krakau gesucht werden, um allenfalls widersprüchliche Reaktionen der Oberlandesgerichte zu vermeiden.350 Im März 1913 waren diese Schritte erledigt worden.351 Wie sich dabei zeigte, hatte der Landesausschuß die Oberlandesgerichte nur aufgrund eines einzigen Falles angeschrieben, der dadurch immerhin zur Kenntnis des Justizministeriums – und der Nachwelt – gelangte: Ein „Ingenieur des galizischen Landesausschusses“ hatte anläßlich des Wiederaufbaues der abgebrannten Häuser der Gemeinde Przemyslany davon erfahren, „daß ein gewisser Majer Katz sein Haus K.Nr. 50 in mehrere materielle Teile geteilt und einzelne Teile davon verschiedenen Personen veräußert hat“. Er verständigte von dieser Wahrnehmung das BG, das daraufhin die von Katz beantragte Teilung und Eröffnung neuer Einlagen abwies. Der von Katz beim KG Brzezany angestrengte Rekurs blieb erfolglos. Da es vergleichbare Fälle sonst nicht gab, sahen die galizischen Oberlandesgerichte sowie das Justizministerium auch keinerlei Handlungsbedarf. Dem Landesausschuß wurde daher mitgeteilt, daß eine Belehrung der Gerichte nicht erforderlich sei, auch bestünde keine Rechtsgrundlage dafür, die grundbücherliche Teilung von der Vorlage einer baupolizeilichen Bestätigung abhängig zu machen. Diesen aus dem vorangegangen Verfahren erklärbaren Argumenten fügte das Justizministerium allerdings noch eine kompetenzrechtlich befremdliche Ansicht an: Demnach hätten es die Gemeinden ohnedies in der Hand, durch Verweigerung „einer besonderen Hausnummer die Zerlegung des Gebäudes in mehrere Gebäude zu verhindern“! Diese Überlegung, mit der die Vollzugskompetenz für das StWEG 1879 auf einem Umweg den Gemeinden überlassen worden wäre, blieb aber auf eine bürokratieinterne Bemerkung beschränkt und zog nicht weitere Kreise. In Italienisch-Tirol traten nach Ausdehnung des StWEG 1879 durch RGBl 1910 / 92 zwei Probleme im Gesetzesvollzug auf. Eines betraf die Frage, ob der „Handel mit einzelnen Räumen zwischen Eigentümern materieller Anteile eines Gebäudes“, also die Verschiebung dieser Räume von einem materiellen Anteil zum anderen, verboten sein sollte. Das OLG Innsbruck befürchtete in dieser Hinsicht eine unterschiedliche Interpretation des Gesetzes: Während sich einige Gerichte am Wortlaut des Gesetzes orientieren und dementsprechend einen solchen Handel für zulässig ansehen würden, könnten andere Gerichte mehr den Geist des 350 351

JM 24416 / 1912: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 37. Das Folgende nach JM 10166 / 1913: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 37 / 1.

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2. Teil: Geschichte des Stockwerkseigentums

Gesetzes im Auge haben. Diesem schien es nach Ansicht des Innsbrucker OLG zu entsprechen, „daß solche Räume, die nicht als selbständige körperliche Sachen angesehen werden können, nicht mehr für sich allein Gegenstand von das Eigentumsrecht begründenden Rechtsgeschäften sein können“. Tatsächlich traf das aber, wie im Justizministerium festgestellt wurde, nur auf Rechtsgeschäfte „mit Dritten“ zu, während „unter den Miteigentümern des Hauses“352 solche Rechtsgeschäfte weiterhin möglich sein sollten – „denn dies fördert ja die Vereinigung“. Auch der Innsbrucker OLG-Präsident Call hatte die „Zulässigkeit dieses Handels“ vom „volkswirtschaftlichen Standpunkte“ als „nützlich“ begrüßt und darin „eine wichtige Ausgleichsfunktion [für] die Härten des plötzlichen Teilungsverbotes“ gesehen.353 Das zweite Problem bestand in der Feststellung jener Teilungen, die vor Inkrafttreten des Gesetzes tatsächlich bestanden hatten. Offenbar war wiederholt der Versuch gemacht worden, neue Teilungen vor das Inkrafttreten von RGBl 1910 / 92 zu datieren. In einem Erlaß wurden die Gerichte im Februar 1911 darüber belehrt, daß für die Annahme einer bereits bestehenden Teilung deren vertragliche Feststellung und der faktische Besitz der Teile wesentlich waren, während das Vorliegen einer grundbücherlichen Urkunde oder einer Teilungsskizze „irrelevant“ erschien. Der Beweis für das Bestehen einer Teilung schon vor Inkrafttreten des Teilungsverbotes war vom „Gesuchsteller [zu] liefern“ und konnte durch „jedes, dem Gerichte hiezu zweckdienlich erscheinende Beweismittel erbracht werden“.354 c) Das Stockwerkseigentum und seine grundbücherliche Behandlung Ein eigenes Problemfeld eröffnete sich mit der grundbücherlichen Erfassung des StWEs, denn eine wesentliche Voraussetzung für die konsequente Durchsetzung der Bestimmungen des StWEG 1879 war eine geordnete bücherliche Behandlung der materiell geteilten Objekte. Sie war wiederholt Thema gerichtlicher wie auch justizministerieller Akten, die sich vor allem zwei Aspekten zu widmen hatten: der Anlegung besonderer Eigentums- und Lastenblätter [sogleich aa)] sowie der Anfertigung von Skizzen über die materiellen Teilungen [unten bb)]. aa) Die Anlegung besonderer Eigentums- und Lastenblätter Das für die Stadt Salzburg sogleich 1874 eingeführte System der besonderen Eigentums- und Lastenblätter wurde schon im Mai 1880 auf den Sprengel des BG Saalfelden ausgedehnt.355 Zwei Jahre später wurde das OLG Wien neuerdings Man ging also von der Miteigentumstheorie aus; vgl. unten 3. Teil, I. JM 2341 / 1911: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 22, JM 4275 / 1911: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 23. 354 JM 2341 / 1911: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 22, JM 4275 / 1911: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 23. 355 JM 7275 / 1880: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 35. 352 353

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beim Justizministerium vorstellig, berichtete vom Vorkommen materieller Gebäudeteile in dem an der Salzach gelegenen Markt Oberndorf und ersuchte, auch für diesen Sprengel besondere Eigentums- und Lastenblätter zu genehmigen. Harrasowsky, der dieser Verbücherungsmethode bekanntlich aus prinzipiellen Gründen ablehnend gegenüberstand, weil sie ihm im Widerspruch zur angenommenen Unteilbarkeit von Gebäuden zu stehen schien, wollte den Bericht zurückstellen. Die „Mittheilung über das Vorkommen von mehreren physisch getheilten Häusern“ genüge nicht, um „beurtheilen zu können, ob [eine solche Maßnahme] zur Evidenz des Grundbuchsstandes ( . . . ) nothwendig sei“. Es wäre vielmehr ein detailliertes Eingehen auf konkrete Probleme erforderlich. Sektionschef Benoni hielt jedoch nichts von weiteren Nachforschungen über die „Bedürfnißfrage“; diese sei durch die übereinstimmenden Berichte des BG Oberndorf, des LG Salzburg und des OLG Wien „als gelöst [zu] betrachten“. Seinem Antrag folgend wurden die besonderen Eigentums- und Lastenblätter auch für Oberndorf bewilligt.356 Einen Monat später folgte ein entsprechender Antrag für das BG Zell am See. Resigniert stellte Harrasowsky fest, der „Zweck des Gesetzes, welches einem Nothstande abhelfen sollte“, sei „dem Gesichtskreis der unterstehenden Organe entschwunden“. Da aber aufgrund der Erledigung des Oberndorf betreffenden Voraktes „jede Ueberprüfung ausgeschlossen erscheint“ – eine merkliche Kritik an seinem Vorgesetzten Benoni – bleibe nichts anderes übrig als zuzustimmen. Anfang August wurde die Schaffung besonderer Eigentums- und Lastenblätter daher auch für Zell am See genehmigt.357 – Im Jahr 1900 beschäftigte das einzige Grazer Stockwerkseigentumsgebäude die Justizbehörden, da eine Neuanlegung des Grazer Grundbuchs für diesen singulären Fall besonderer Aufmerksamkeit bedurfte; auch hier entschied man sich für eigene Eigentums- und Lastenblätter.358 Auch die weniger weitgehende Eröffnung bloß abgesonderter Lastenblätter bei einem gemeinsamen Eigentumsblatt, wie sie schon 1875 für Istrien ermöglicht worden war, wurde regional ausgedehnt: Im Oktober 1887 wandte sich das OLG Triest an das Justizministerium mit der Bitte, diese Verbücherungsmethode auch auf Görz und Gradiska anwenden zu dürfen. Problematisch war dabei der Umstand, daß das Grundbuchsanlegungsgesetz für Görz und Gradiska im Gegensatz zu den entsprechenden Gesetzen für Istrien oder Salzburg materiell geteilte Häuser nicht erwähnte und daher auch keine, die Verbücherung betreffende Verordnungsermächtigung vorsah. Angesichts der gleichen tatsächlichen Verhältnisse und aufgrund der gleichen Geltung des StWEG 1879 schien dem OLG Triest die beantragte Ausdehnung dennoch gerechtfertigt. Das Justizministerium teilte diese Ansicht und hielt auch hier die Schaffung besonderer Lastenblätter für „ganz sachgemäß“. Eine Aus-

356 JM 10083 / 1882: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 68. Heute gehört Oberndorf zum Sprengel des OLG Linz. 357 JM 11886 / 1882: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 71. 358 JM 5764 / 1900: AVA Justiz II genus 3 Steiermark, Post-Nr. 82 / 13; vgl. dazu 3. Teil, VI.

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dehnung der Sonderbestimmungen erschien somit als Durchführung und „nothwendige Folge“ der reichsgesetzlichen Regelung des StWEG 1879.359 Am Beginn des 20. Jahrhunderts stellte sich allerdings heraus, daß kein einziges istrianisches Gericht von der Möglichkeit zur Eröffnung abgesonderter Blätter Gebrauch gemacht hatte. Diese Erkenntnis ist dem Umstand zu verdanken, daß im Justizministerium offenbar Überlegungen darüber angestellt worden waren, wie man die grundbücherliche Behandlung der materiell geteilten Objekte einfacher und übersichtlicher gestalten könnte. Dabei scheint man auch die durchgehende Eröffnung abgesonderter Eigentums- und Lastenblätter erwogen zu haben; Details dazu lassen sich aber leider nicht mehr rekonstruieren. Jedenfalls berichtete das Präsidium des OLG Triest aus diesem Anlaß im Jänner 1903 im ablehnenden Sinne: Ein Bedarf für eine derartige „Umarbeitung“ bestünde nicht, niemals sei in Istrien „wegen der cumulativen Eintragung ( . . . ) eine Klage erhoben“ worden. Aus den bestehenden Eintragungen könnten die Rechtsverhältnisse „mit Leichtigkeit und Sicherheit“ entnommen werden.360

bb) Die Anfertigung von Skizzen 1907 nahm in Tirol eine Diskussion ihren Ausgang, die man plakativ als „Skizzenstreit“ bezeichnen könnte.361 Es ging dabei um die Frage, von wem und in welcher Art und Weise jene Skizzen anzufertigen seien, die in den Grundbüchern die materiellen Teilungen illustrieren sollten. Den Stein ins Rollen brachte ein Bericht des „Evidenzhaltungsgeometers“ in Cavalese: Demnach hätten „sich an ihn Parteien sehr oft mit dem Ansuchen um Verfassung von Skizzen über die ( . . . ) materiellen Teilungen von Häusern“ gewendet, weil die Gerichte bei Teilungen solche Skizzen verlangten. Er ersuchte nun um Belehrung, ob er zu dieser Arbeit verpflichtet sei, nach welchem Tarif sie behandelt werden sollte und wer das Papier beizustellen habe. Schließlich warf er die allgemeine Frage auf, ob überhaupt „diese Arbeit als Evidenzhaltungsarbeit betrachtet werden“ könnte. Seine vorgesetzten Stellen, die Finanzlandesdirektion Innsbruck und das Finanzministerium, verneinten dies, wenngleich sie anerkannten, daß diese Arbeit für die Parteien „von großem Vorteile wäre“. Die Vermessungsbeamten seien jedoch „ohnehin mit dienstlichen Arbeiten überbürdet“. Die Skizzen von materiellen Teilungen könnten durch Zivilgeometer, nach Ansicht des Finanzministeriums auch bloß durch „zeichenkundige Hilfskräfte“ angefertigt werden. Bevor das Finanzministerium diese Ansicht jedoch an seine nachgeordneten Dienststellen weitergab, sandte es den Akt zur Einsicht an das Justizministerium. Dieses zeigte sich durch die Aussicht, 359 JM 18155 / 1887: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 141 (mit Verweis auf JM 8600 / 1875). 360 JM 2062 / 1903: AVA Justiz II genus 3 Küstenland, Post-Nr. 109. 361 Zum Folgenden JM 21334 / 1907: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 2. Zu den Skizzen im allgemeinen 4. Teil, § 3 B. h).

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daß „das Finanzministerium [die Anfertigung von Skizzen] durch die Evidenzhaltungsgeometer künftighin [nicht mehr] zulassen“ würde, beunruhigt. Sogleich wurde der Innsbrucker OLG-Präsident Call aufgefordert, über mögliche „Vorkehrungen im Interesse der Erhaltung eines geordneten Grundbuchsstandes“ zu berichten. Call schienen, solange eine materielle Teilung möglich sei, „die tunlichsten Erleichterungen bei Verbücherung dieser Teilungen geboten“.362 Er schlug daher vor, den Evidenzhaltungsgeometern die „Anfertigung von Freihandskizzen“ auch weiterhin aufzutragen, insbesondere deshalb, weil diese Arbeit „mit keinem großen Zeitverlust“ verbunden sei. Könnte sich das Finanzministerium nicht zu dieser Lösung durchringen, sollten „Privatzeichner nach vorausgegangener Beeidigung lediglich zur Aufnahme dieser Skizzen ermächtigt werden“. Dies würde genügen, da die materiellen Teilungen keine Änderungen der Grundbuchsmappen nach sich zögen und ohnehin „von einer Beschreibung der Anteile begleitet“ seien. Falls sich ausnahmsweise doch kein Privatzeichner fände, „dürfte der Grundbuchsführer, der sicher die nötigen Fertigkeiten hiezu besitzt, mit dieser Arbeit betraut werden können“. Das Justizministerium ersuchte daraufhin das Finanzministerium, den Evidenzhaltungsgeometern aufzutragen, wenigstens aber zu gestatten, weiterhin Teilungsskizzen „auf Ansuchen der Parteien zu verfassen“. Die materiellen Hausteilungen wären, so wurde dem Finanzministerium abweichend vom Bericht Calls erläutert, „mitunter sehr verwickelt“, sodaß „die Anfertigung der Skizzen eine große Sorgfalt und Sachkenntnis“ erfordere. In der überwiegenden Mehrzahl der einfachen Fälle sei ohnehin keine Skizze anzufertigen.363 Das Finanzministerium ließ sich von diesen Argumenten überzeugen und gestattete, „daß von den Evidenzhaltungsbeamten gelegentlich ihres ämtlichen Aufenthaltes in der Gemeinde über Ansuchen der Parteien Erhebungen behufs Verfassung von Skizzen über materielle Hausteilungen“ durchgeführt werden konnten – allerdings „nur in den ( . . . ) verwickelten Fällen“. Dieses Charakteristikum wurde durch Unterstreichung des Adjektivs noch eigens betont.364 Dennoch wurden den Evidenzhaltungsbeamten weiterhin die meisten Skizzenarbeiten überlassen. 1911 versuchte das Innsbrucker OLG-Präsidium die Grundbuchsanlegungskommissäre zu einer Abstellung dieses Mißbrauchs zu bewegen und empfahl ihnen, die Skizzen nach Möglichkeit selbst zu verfassen oder durch den Schriftführer der jeweiligen Grundbuchsanlegungskommission anfertigen zu lassen.365 Aus diesem Grund sollten die Skizzen auch nicht mehr von den Geo362 Dieser Hinweis könnte auch als Aufforderung aufgefaßt werden, das Teilungsverbot auf Italienisch-Südtirol auszudehnen. 363 JM 22454 / 1907: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 3. – Dies stützte sich auf § 26 Ministerialverordnung vom 10. April 1898, LGBl Tirol 1898 / 9): Vgl. Kohl, Methoden, S. 90 f. 364 JM 502 / 1908: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 7. 365 JM 8960 / 1911: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 25; JM 16790 / 1011: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 26; sodann JM 27513 / 1911: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 28.

11 Kohl

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metern unterschrieben werden. Gleichzeitig wurde den Geometern die Anfertigung von Reinzeichnungen zu jenen Handskizzen untersagt, die von den Grundbuchsanlegungskommissären angefertigt worden waren; sie durften Skizzen also nur mehr für jene Objekte zeichnen, die sie im Zuge einer Lokalerhebung persönlich gesehen hatten.366 Insgesamt zeigt auch diese Diskussion die Schwierigkeiten, die die materielle Gebäudeteilung im Rahmen der Grundbuchsanlegung verursachte. Sie wurde hier beleuchtet, um den Zusammenhang zwischen Grundbuchsanlegung und Ausdehnung des Geltungsgebietes des StWEG 1879 verständlicher zu machen.

C. Deutsches Reich Die Zurückdrängung des StWEs ist keine Besonderheit der österreichischen Gesetzgebungsgeschichte; sie ist auch im Deutschen Reich sowie in der Schweiz festzustellen. 1. Die Beratungen zum BGB Der pandektistische Standpunkt und mit ihm die Diskussion über das StWE erreichte den Höhepunkt mit den Arbeiten am BGB.367 Der Redaktor des Sachenrechts für den ersten Entwurf eines BGB, Reinhold Johow368, hatte schon in seiner Vorlage das Akzessionsprinzip festgestellt (§§ 6 ff.) und das StWE verworfen: „Einzelne Zimmer oder Stockwerke eines Hauses ( . . . ) sind nicht Sachen im juristischen Sinne, sondern Bestandtheile des Gebäudes, und dieses wieder ist integrirender Theil des Grundstücks, auf welchem es errichtet ist“. Dazu hatte er umfangreiche Belege über die Anerkennung oder Nichtanerkennung des StWEs im ALR, im Code civil, in Gesetzentwürfen und Judikatur aus Bayern, Württemberg, Hessen etc zusammengetragen; u. a. meinte er auch im ABGB ein Verbot des StWEs finden zu können.369 Im ersten Entwurf eines BGB370 fand sich das Akzessionsprinzip in § 783. In den Motiven wurde es unter teils wörtlicher Übernahme der Überlegungen Johows hinsichtlich des StWEs konkretisiert und ausführlich die „Ablehnung des Stockwerkseigenthumes“ – so die Marginalrubrik – begründet. Die Vorstellung des EntJM 22955 / 1911: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 27. Zum StWE im BGB vgl. u. a. Ackermann, S. 11 ff.; Gierke, Privatrecht, S. 44; Schröder, S. 29 f.; Schott, S. 40 ff.; Zoeppritz, S. 30 ff.; Hübner, S. 190; Steimle, Wiedereinführung, S. 345 f.; Steimle, Frage, S. 90 f.; Sokolowski, S. 12 ff.; Speck, S. 134; Fuchshuber, S. 109 f.; Dölker, S. 116 ff. – Aus den Beratungsprotokollen zum BGB referiert Möller, S. 45 ff.; die BGB-Motive zitieren auch Turnau / Förster, S. 22. 368 Über diesen Werner Schubert in: Johow, S. XXIff. 369 Johow, S. 178. 370 Motive, S. 44 ff.; vgl. Ebel, Frage, S. 85; Ebel, StWE, S. 162. 366 367

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wurfs eines BGB für Bayern 1861 / 64, derartige Verhältnisse könnten, obgleich „anomal“, „weder verbothen noch ignorirt werden“, teilte man nicht. Zwar habe der Gesetzgeber „die auf Begründung eines festen Heim[s] gerichteten Bestrebungen möglichst zu begünstigen“, doch dürfe dies nicht durch die Schaffung von Verhältnissen geschehen, die „ihrer ganzen Struktur nach dazu angethan sind, den Frieden in dem Inneren der Häuser zu gefährden.“ Während bei der Miete die „Unzuträglichkeiten“ des engen Zusammenwohnens durch Kündigung entschärft werden könnten371, seien beim StWE die Beteiligten „durch ein dauerndes Recht an das Haus gefesselt“ – die Möglichkeit, sich durch Verkauf des materiellen Gebäudeteiles zu lösen, blieb unerwähnt. Eine derartige „indivision forcée“ eröffne „eine Quelle fortwährender Streitigkeiten“. Es wäre daher im öffentlichen Interesse gelegen, „die sich geltend machende Neigung zu solchen Verhältnissen zu bekämpfen“. Die Befriedigung lokaler Bedürfnisse könnte allenfalls den „betheiligten Bundesstaaten“ überlassen werden, doch dürften dabei die „Grenzen des Bestandtheilsbegriffes“ nicht überschritten werden. Dies wäre „das Äußerste“, was die Reichsgesetzgebung tun könne. Die „Zulassung der rechtsgeschäftlichen Begründung von Sonderrechten an Gebäudetheilen in der Konstruktion als Miteigenthum unter dinglicher Regelung des Benutzungsrechtes und der Unterhaltungslast“ ohne Beschränkungen des Miteigentums durch Teilungsklage etc sollte durch das Einführungsgesetz den „Landesgesetzen“ zugewiesen werden.372 Im Sinne dieser Bestimmungen wurde auch die „Stockwerkssuperfizies“ in § 961 des ersten Entwurfs ausdrücklich abgelehnt.373 Die Kommision für die zweite Lesung des BGB hatte sich mehrmals mit der Frage des StWEs auseinanderzusetzen. Bei Beratung des Bestandteilsbegriffs verwarf man einen Antrag, der das Akzessionsprinzip nur als eine widerlegliche Vermutung ansehen wollte, um die „in einigen Theilen Deutschlands noch häufiger vorkommenden Fälle des Stockwerkseigenthums“ berücksichtigen zu können. Von einer solchen Maßnahme im Rahmen der Begriffsbildung befürchtete die Kommission „größte Unklarheit“, außerdem schien ihr die Rechtsentwicklung ohnehin „mehr und mehr auf Beseitigung derartiger anormaler Rechtsverhältnisse, wie sie sich im Stockwerkseigenthum ( . . . ) darstellten, hinzudrängen“.374 – Diesen Eindruck schien übrigens eine 1882 in Bayern angestellte Erhebung über das Vorkommen von Neugründungen zu bestätigen. Als deren Ergebnis war festgestellt worden, daß das StWE, „von einigen Bezirken abgesehen, im Absterben begriffen“ sei.375 Auch der Versuch, „wenigstens ein Erbbaurecht an einem Gebäudetheile“ zu ermöglichen, scheiterte: Die Mehrheit der Kommission war der „Ansicht, daß die gleichen Gründe, welche gegen die reichsrechtliche Anerkennung des Stockwerks371 372 373 374 375

11*

Vgl. Möller, S. 47; ebenfalls zitiert in Wiederbelebungsversuche. Motive, S. 436 f. Motive, S. 470. Protokolle III, S. 4 f. Jacubetzky, S. 188 f.; Zoeppritz, S. 40 f.

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eigenthums sprächen“, auch der „Zulassung eines entsprechenden Erbbaurechts entgegenständen“.376 Bei der Beratung des Miteigentums gedachte man der Notwendigkeit, den Landesgesetzen die Möglichkeit zum Ausschluß der Teilungsklage vorzubehalten.377 Abgelehnt wurde auch ein Antrag, der die landesgesetzlichen Vorschriften über das StWE ausdrücklich „unberührt“ lassen wollte. Dies hätte bedeutet, daß es dem Landesrecht auch weiterhin möglich gewesen wäre, ein StWE als echtes Sondereigentum zu konstruieren. Damit sollte der von einigen Gutachten geäußerten Kritik entsprochen werden, wonach der Entwurf „dem Institute Gewalt anthue“, wenn er ihm mit dem Miteigentum eine „juristische Konstruktion“ aufzwinge; namentlich für das StWE im Gebiet des französischen Rechts wurde eine Gemeinschaft zwischen den einzelnen Stockwerkseigentümern eines Hauses bestritten. Die Kommission beharrte auf ihrem Standpunkt: Künftige Rechtsbegründungen dürften nur in einer Form erlaubt werden, die mit den „allgemeinen Grundsätzen“ des Entwurfs im Einklang stehe. Es lasse sich „nicht bestreiten“, daß bei StWE eine Gemeinschaft bestehe; gewisse Teile wie Grundfläche, Dach, Treppen und Hof „seien gar nicht anders, denn als eine Gemeinschaft aufzufassen“. Der Entwurf dürfe keine den allgemeinen sachenrechtlichen Grundsätzen zuwiderlaufen[de]“ Rechtsgestaltung wählen.378 Schließlich wurde mit der Bestimmung des späteren Art 182 EGBGB das Schicksal des bereits bestehenden StWEs diskutiert. Diese Frage geriet in den Theorienstreit über die Rechtsnatur des StWEs379: Während die einen ein Eingehen auf das von älteren Rechtsquellen angenommene Sondereigentum verlangten, schien anderen dies als ein Untergraben der vom BGB selbst betonten Miteigentumstheorie. Beschlossen wurde schließlich, „einen die Konstruktionsfrage unentschieden lassenden Satz ( . . . ) aufzunehmen“; demnach sollten die „bestehenden Stockwerksrechte“ bestehen bleiben.380

2. Das Stockwerkseigentum in BGB und EGBGB Mit 1. 1. 1900 war die Neubegründung von StWE unmöglich, denn das BGB stand mit seinen §§ 93, 94 und 946 auf dem Boden des Akzessionsprinzips. Dabei machte die Bestimmung des § 93 BGB, wonach wesentliche Bestandteile einer Sache nicht Gegenstand besonderer Rechte sein können, nicht nur ein StWE unmöglich, sondern auch einen Fruchtgenuß an real begrenzten Gebäudeteilen.381 Auf376 377 378 379 380 381

Protokolle III, S. 282. Protokolle III, S. 279. Protokolle VI, S. 437. Vgl. unten 3. Teil, I. Protokolle VI, S. 629 f. RGZ CLXIV / 32.

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grund des Neubegründungsverbots war auch eine weitere Teilung bestehenden StWEs ausgeschlossen; so scheiterte 1905 eine beabsichtigte Realteilung von StWE an einer Entscheidung des OLG Stuttgart.382 Bestehendes StWE blieb nach Art 182 EGBGB bestehen, während im Gegensatz dazu das zum Stichtag bestehende Kellerrecht durch Art 181 EGBGB nicht als Eigentum aufrecht erhalten, sondern je nach Umständen des Einzelfalls in Dienstbarkeiten oder Erbbaurechte uminterpretiert wurde.383 Diese Alternative blieb anderen Konstruktionen verwehrt: Superfiziarische Rechte an einzelnen Stockwerken durften nach Inkrafttreten des BGB nicht als Erbbaurecht im Sinne des BGB qualifiziert werden, da dessen Beschränkung auf einen Gebäudeteil für unzulässig erklärt worden war384; sie blieben daher bestehen. Weiterbestehen konnte nur jenes StWE, dessen Begründung am 1. Jänner 1900 vollendet war. Es war strittig, ob dazu der Vertragsabschluß allein genügte oder ob auch die Übergabe erfolgt sein mußte. Letzteres hätte zur Folge gehabt, daß die Erfüllung des darin im Vertrag enthaltenen Übertragungsversprechens nicht mehr möglich gewesen wäre.385 Das weiterbestehende StWE war im Innenverhältnis nach den früheren partikularrechtlichen Bestimmungen zu beurteilen386, wobei den Landesgesetzgebern nach Art 218 die Möglichkeit gewahrt blieb, diese Fragen einer neuen gesetzlichen Regelung zu unterwerfen. Veräußerungen, Übertragungen und Belastungen hatten jedoch nach den Bestimmungen des BGB zu erfolgen. Daneben wurde die Möglichkeit geschaffen, ein dem StWE ähnliches, jedoch juristisch anders konstruiertes Rechtsinstitut zu begründen. Durch § 1010 BGB und Art 131 EGBGB wurde „ein Surrogat in der Form des Miteigentums mit dinglichen Benutzungsrechten der einzelnen Miteigentümer zugelassen“.387 Dabei mußte insbesondere die Dauerhaftigkeit des Rechtsverhältnisses gegenüber jener des herkömmlichen Miteigentums erhöht werden. Auszuschließen war daher die gemäß §§ 749 – 751 BGB bestehende Berechtigung jedes einzelnen Miteigentümers, die Auflösung des Miteigentums verlangen zu können. Darüber hinaus mußten aber auch die Möglichkeiten zwangsweiser Beendigung des BGB-Miteigentums ausgeschlossen werden, die allen Beteiligten bei Pfändung oder Konkurs auch nur eines von ihnen drohten. Art 131 EGBGB ermöglichte es, Pfandgläubigern und Konkursverwaltern das Recht zu nehmen, eine Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen.388 Dessen ungeachtet blieben Nachteile des Miteigen382 383 384 385 386 387 388

Vgl. Steimle, Frage, S. 86. RGZ LVI (= NF VI) / 68. Habicht, S. 414 f. M. w. N. in dieser Frage Schott, S. 43 f. Vgl. RGZ LXI (= NF XI) / 47. Klang in: Verh.33.DJT, S. 241. Wirths, StWE, S. 27; vgl. Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 8.

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tums bestehen: Die gemeinschaftliche Verwaltung des Miteigentums erfaßte auch die in Sondernutzung stehenden Räume, hinsichtlich derer ein Eigentümergefühl daher nur schwer aufkommen konnte; Belastungen zugunsten einzelner Miteigentümer erfaßten nach § 1009 BGB die gesamte Sache.389

3. Kritik Der 1888 vorgelegte Erste Entwurf zum BGB390 stieß insgesamt auf heftige Kritik. Dabei wurde auch das geplante Schicksal des StWEs bemängelt. Die wichtigste Gegenstimme stammte von Otto Gierke, der mit seiner Arbeit „Der Entwurf eines BGB und das deutsche Recht“ (1889) geradezu einen Gegenentwurf391 vorlegte. Darin beklagte er die fehlende Anerkennung des StWEs392, wobei ihm die im Entwurf zutagetretende Tendenz, den Gemeinschaftsgedanken aus dem Miteigentum zu entfernen, fragwürdig schien: Es sei nicht „die Aufgabe des deutschen Gesetzbuches, das StWE als ,Regelwidrigkeit‘ und schon um der mit ihm verbundenen ,Gemeinschaft‘ willen so viel wie möglich zu ,bekämpfen‘“.393 Es ist wohl kein Zufall, daß nahezu gleichzeitig mit dem Ersten BGB-Entwurf erstmals eine ausführliche Studie zum StWE veröffentlicht wurde. In ihrem Verfasser Johannes Emil Kuntze fand das Rechtsinstitut einen vehementen Verteidiger, der zwar schon die Tendenz des Entwurfs, doch noch nicht dessen Detailbestimmungen gekannt zu haben schien. Von dem zu schaffenden BGB befürchtete er Übles und sah mit dem StWE „germanische Grundneigungen und Unterströmungen“ in Gefahr: Ein „kühler, nüchterner Hauch“ aus „den Ostgebieten Deutschlands“, deren Bewohner nicht wahrhaft verwurzelt seien, bedrohe „germanische Stämme von ursprünglicher Reinheit und Geschlossenheit“. Wolle man wirklich „dem deutschen Volke seine Seele, seine Mannichfaltigkeit rauben, um eine einförmige, kalte, gemüthlose Rechtsmasse zu erzwingen?“ Die Rechtswissenschaft habe „ihre Hand bewahrend über dem Volksleben zu halten“.394 Wohl als Mahnung für die prononcierten Vertreter der Pandektistik beschwor Kuntze das Vorbild der Römer: Sie hätten ein solches Rechtsinstitut keinesfalls „mit dem Messer durchgeschnitten“, sondern es „langsam absterben [ . . . ] lassen“.395 Inhaltlich empfahl er für das BGB eine Orientierung am Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs für Bayern von 1861 / 64.396 Thun, S. 153 ff. Zur Gesetzgebungsgeschichte des BGB im Überblick Schlosser, S. 183 ff. 391 So Schlosser, S. 185. 392 Gierke, Entwurf, S. 102; Zusammenstellung BGB III, S. 219. 393 Gierke, Entwurf, S. 289; Zusammenstellung BGB III, S. 16, S. 216 f.; vgl. Möller, S. 59 f. 394 Kuntze, S. 6 f. vgl. Zusammenstellung BGB III, S. 17. 395 Kuntze, S. 6. 396 Kuntze, S. 84 f.; vgl. zum Entwurf für Bayern 1861 / 64 oben I.A. 389 390

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Strittig war die Bedeutung der Möglichkeit, landesgesetzlich unechtes StWE zuzulassen. Gierke hatte sich über diese Alternativkonstruktion noch abfällig geäußert und sie als „doktrinäre Gewalttat“ bezeichnet. Zynisch bemerkte er, das „häßliche Institut“ des StWEs würde in dieser „Vermummung“ dennoch „nicht salonfähig“, weshalb es nicht in den „Hallen des Gesetzbuches“, sondern bloß „in dessen Vorhalle ( . . . ) geduldet“ würde. Der Gesetzgeber hätte durch diese Konstruktion das „naturwüchsige Gebilde seinem wahren Wesen entfremdet und in seiner praktischen Brauchbarkeit verkümmert“.397 Doch schon Ackermann schien die Begründung unechten StWEs einen geeigneten Ausweg zu bieten.398 Nach Vorliegen des Zweiten Entwurfs zum BGB festigte sich diese Vorstellung. Dem „Bedürfnis nach Anerkennung eines Stockwerkeigenthums“ würde durch dessen § 922 in Verbindung mit Artikel 73 des Entwurf für ein EGBGB „genügt“, das StWE aufrechterhalten. Dabei schien es „ohne Bedeutung“, daß dies mit einer anderen juristischen Konstruktion geschehen sollte.399 Das StWE habe sich „in wirtschaftlicher wie sozialer Beziehung vielfach bewährt und in dem Rechtsbewusstsein des Volkes ungeachtet aller gesetzgeberischen Anfeindungen behauptet“ und würde daher „auch für die Zukunft ( . . . ) seinen Platz behaupten“, wenn auch „nach Massgabe der Landesgesetzgebung und innerhalb des gesetzlich allein anerkannten Rahmens des Miteigentums mit Nutz- und Gebrauchsteilung“.400 Erst im 20. Jahrhundert kehrte als Ergebnis nicht nur des BGB selbst, sondern insbesondere seiner in den Ländern ergangenen Ausführungsgesetze wieder eine pessimistischere Sicht zurück: Als „Gesamtwirkung dieser Vorschriften“ prognostizierte etwa Meyer 1930, daß „nach und nach das altrechtliche StWE verschwindet“.401 Kritik am BGB wurde aber nicht nur offen geäußert. Am Vorabend des BGBInkrafttretens lobte eine Festschrift über die Münchner Vorstadt Au die dort konzentrierten „Herbergen“ in sozialer Beziehung, worin man auch eine besonders subtile Form der Kritik am mangelnden sozialen Verständnis des BGB sehen konnte: Die Herbergen würden dem „kleinen Mann ihr(!) eigenes Heim bieten, das ihn gegen die sozialistischen Irrlehren vielfach feit, die ja bekanntlich darauf hinausgehen, Unzufriedenheit und Haß zu säen, und den diesen Gefühlen Verfallenen zum Kampfe gegen die Besitzenden aufzustacheln, wogegen jeder, der einen, wenn auch noch so kleinen Besitz hat, veranlaßt und verpflichtet ist, für Erhaltung der bestehenden Verhältnisse einzutreten. Nimmt man ihm aber diesen Besitz, fertigt man ihn und seine Ansprüche mit einer schnöden Summe Geldes ab, so wirft man ihn der Umsturzpartei förmlich in die Arme.“402 397 398 399 400 401 402

Gierke, Entwurf, S. 102. Ackermann, S. 53. Biermann, S. 278. Schröder, S. 30. Meyer, StWE 1930, S. 4. Zitiert nach Dölker, S. 22; vgl. Wilhelm, Au, S. 30.

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Noch Jahrzehnte später galt die Behandlung des StWEs durch das BGB als Beweis einer übertrieben dogmatischen, dafür aber unsozialen Betrachtung. Während aber die einen kritisierten, daß „die fadenscheinigsten Gründe zu den Verboten als volle Argumente gewertet“ worden wären und daß eine „rechtstheoretisch getrübte Brille“ die Schöpfer des BGB daran gehindert habe, „die Grundsätze für eine wahrhaft soziale Lösung des Eigentumsproblems an einem Hausgrundstück zu finden“403, empfanden andere den dogmatischen Zugang geradezu als Entschuldigung für das Ergebnis: Das Verbot von Sondereigentum durch § 93 BGB erschien demnach nicht als „eine speziell stockwerkseigentumsfeindliche Einstellung des Gesetzes“. Es hätte sich vielmehr „um einen allgemeinen, rechtspolitisch begründeten und durch Notwendigkeiten des rechtsgeschäftlichen Verkehrs bedingten Grundsatz“ gehandelt, der die „unvermeidliche geradlinige Konsequenz aus dem organischen Charakter des Gebäudes als Ganzem zieht.“404

4. Ausführungsgesetze im Wandel Nach 1900 setzte sich die Vorstellung durch, das StWE hätte durch Art. 182 EGBGB „nur noch eine landesrechtliche Altersversorgung erhalten“.405 Diese abwertende Beurteilung wird den der Landesgesetzgebung prinzipiell eingeräumten Gestaltungsmöglichkeiten nicht gerecht. Ihnen wäre nun „die große Aufgabe zur Lösung gestellt“ gewesen, das StWE „zu einem praktischen, und vor allem friedlichen Institut auszugestalten“.406 Doch das erwartete Aussterben des Rechtsinstituts lähmte offenbar den gesetzgeberischen Eifer, nicht zuletzt deshalb, weil ein dringender Handlungsbedarf nicht bestand: Zum Teil galten die älteren partikularrechtlichen Regelungen ohnehin weiter.407 Doch selbst von der durch Landesgesetzgebung vorzunehmenden „Ausgestaltung des sog. unechten StWEs“ wurde „wenig Gebrauch gemacht, so daß das StWE in seiner Verbreitung stark zurückging“.408 Insgesamt ergab sich nach späterer Ansicht durch die Ausführungsgesetze zum BGB „zweifellos eine gefährliche Situation“, denn das Miteigentum konnte „den Notwendigkeiten des StWEs in keiner Weise gerecht werden“.409 Wenn man, wie erwähnt, als „Gesamtwirkung“ der Vorschriften des BGB und seiner Ausführungsgesetze erwartete, daß „nach und nach das altrechtliche StWE Möller, S. 45 f. Dittus, S. 9. 405 Lange, S. 204. Dies und die Feststellung, „Gesetzesmotive und Schrifttum waren sich darüber einig, daß dieses Institut überlebt sei“, bringen eine Vorstellung vom absehbaren Absterben des Rechtsinstituts zum Ausdruck. 406 Möller, S. 54. 407 Raudszus, Wohnrecht, S. 1095; RGZ LXI (= NF XI) / 47. 408 Bökelmann, S. 1711. 409 Bärmann, S. 9. 403 404

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verschwindet“410, so traf man diese allgemeine Prognose ungeachtet der höchst unterschiedlichen Wege, die die Ausführungsgesetze der Länder zur Bewältigung des Problems StWE beschritten.411 Dabei interessierte nur vereinzelt das Preußische AGBGB, das in Art 89 Ziffer 2 Bestimmungen des rheinischen Rechts aufhob, während älteres StWE in seiner ursprünglichen Form bestehen blieb.412 Wissenschaftliches Interesse und breitere Aufmerksamkeit beanspruchten und erhielten vor allem die Ausführungsgesetz von Hessen, Bayern, Baden und Württemberg. In Hessen413 entschied sich das AGBGB vom 17. Juli 1899 für die Beibehaltung des StWEs als Sondereigentum. Wie schon sein Entwurf vom 21. Dezember 1898 nahm es dabei an den gemeinschaftlichen Bestandteilen Miteigentum nach dem Verhältnis des Wertes der Stockwerke an. Dieser Miteigentumsanteil bildete „einen wesentlichen Bestandteil des Alleineigentums“ am Stockwerk und war daher unteilbar. Diese Annahme eines Miteigentums insbesondere an der Grundfläche war für die Qualifikation des Rechts wesentlich. Stockwerkseigentümer ohne Miteigentum an der Grundfläche konnte es demnach nicht mehr geben; hatte ein solches Rechtsverhältnis bestanden, so war es nicht mehr nach den Regeln des StWEs zu behandeln. Den Betreffenden verblieb nur mehr ein Superfiziarrecht, ein dem Erbbaurecht vergleichbares, veräußerliches und vererbliches Recht an fremder Sache. Die Ausgestaltung des weiterbestehenden StWEs regelten die Artikel 216 – 219 des Hessischen AGBGB. Sie ordneten die Erhaltung teils in Anlehnung an den Code civil, teils durch Pflicht zur „verhältnismäßigen“ Kostentragung, und gaben den Stockwerkseigentümern gegeneinander ein gesetzliches Vorkaufsrecht. Im Falle der Gebäudezerstörung bestand keine Pflicht zum Wiederaufbau; weigerte sich einer der Beteiligten, am Neubau teilzunehmen, so hatte jeder andere das Recht, gegen einen angemessenen Preis den „Anteil“ des Unwilligen zu übernehmen. All diese besonderen Regeln galten eben nur dann, wenn ein Miteigentum an der Grundfläche bestand. Einen ganz anderen Weg beschritt die Gesetzgebung in Bayern, der man später die „größte Veränderung der bestehenden Verhältnisse“ bescheinigte.414 Das Gesetz vom 9. Juni 1899 betreffend Übergangsvorschriften zum Bürgerlichen Gesetzbuch (ÜGBGB) machte in Art 42 (später Art 62 bayr. AGBGB) nicht von Art 131 EGBGB, sondern von Art 218 EGBGB Gebrauch und wandelte das bis dahin bestehende echte in unechtes StWE um. Das frühere Sondereigentum wurde also durch ein unteilbares Miteigentum mit dinglich wirkender „BenutzungssondeMeyer, StWE 1930, S. 4. Vgl. zu den Ausführungsgesetzen Zoeppritz, S. 33 ff. 412 Wicher, S. 623. 413 Dazu Wolf / Gauf / Fuchs, S. 336 ff.; Habicht, S. 401, S. 404 f.; Zoeppritz, S. 34 f., Raudszus, Wohnrecht, S. 1095; Möller, S. 60 f.; Wicher, S. 623; Freyer, S. 84. 414 So Möller, S. 61 ff.; vgl. weiters Dölker, S. 118 f., sowie die in den folgenden Fußnoten genannten Literatur. 410 411

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rung“, also Sonderbenützungsrechten ersetzt415, deren Wirkung von der Eintragung im Grundbuch abhängig gemacht wurde.416 Durch diese Umwandlung von echtem in unechtes StWE wurde das bis dahin „nebensächliche“ Miteigentum zur „Hauptsache“ erhoben.417 Ähnlich wie bei der Beibehaltung des Sondereigentums in Hessen ging man auch bei seiner Umwandlung in Bayern davon aus, daß alle Stockwerkseigentümer gemeinsam Eigentümer von Grund und Boden seien. War ein solches Miteigentum an der Grundfläche also nicht vorhanden gewesen, so wurden die Stockwerkseigentümer auch nicht zu Miteigentümern nach den neuen Gesetzesbestimmungen, sondern blieben auf ein dem Erbbaurecht vergleichbares, veräußerliches und vererbliches Recht an fremder Sache beschränkt.418 Lange Zeit glaubte man daher mit 1. Jänner 1900 „jedes Sondereigentum an einzelnen Räumen oder Stockwerken in Bayern erloschen“.419 Erst vor wenigen Jahren zeigte jedoch Freudling einen durch die Maschen der Gesetzgebung gerutschten Fall materieller Gebäudeteilung auf.420 Eine Ausnahme von der hier skizzierten Regelung machte übrigens die damals bayrische Pfalz: Durch Artikel 20 des Pfälzischen Liegenschaftsgesetzes wurde das in der Pfalz bis dahin als Superfiziarrecht behandelte StWE in Erbbaurecht umgewandelt.421 In Baden wurde der für das StWE einschlägige Artikel 664 des Badischen Landrechts zwar mit diesem aufgehoben, doch ersetzte ihn weder das AGBGB vom 17. Juni 1899 noch dessen Neufassung vom 13. Oktober 1925 durch eine neue Bestimmung. Das bestehende StWE war daher nach Gewohnheitsrecht zu beurteilen; als solches wurden die Regeln des Badischen Landrechts zum Teil weiter angewendet.422 In Württemberg enthielt das erste AGBGB keine Regelung des StWEs. Die Unzufriedenheit mit dieser Nicht-Lösung zeigt der von Schott 1907 gemachte Vorschlag, auch für Württemberg eine Umwandlung in Miteigentum mit dinglich wirkender Benützungsregelung nach bayrischem Vorbild vorzunehmen.423 Doch erst 1931 brachte das zweite württembergische AGBGB (Art 226 – 231) genauere Bestimmungen und eine weitgehende Anwendung der Gemeinschaftsbestimmun415 Gierke, Privatrecht, S. 44 FN 26; Freudling, S. 397 f. Oberflächlich die Charakteristik von Freyer, S. 83, der dies als Umwandlung „in Miteigentum des BGB“ bezeichnete; vgl. auch Bärmann, S. 9. 416 Krückmann, StWE, S. 717; Raudszus, Wohnrecht, S. 1095; Wicher, S. 623. 417 Habicht, S. 402 f. 418 Habicht, S. 404 f. 419 Möller, S. 62. 420 Freudling, S. 384 ff. 421 Wicher, S. 623. 422 Dorner / Seng, S. 4 f., S. 192 ff.; Möller, S. 60 f.; Raudszus, Wohnrecht, S. 1095; Wicher, S. 623; Freyer, S. 83; Bärmann, S. 9; Thümmel, Abschied, S. 132. 423 Schott, S. 58 f.

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gen des BGB; insbesondere schuf es die Möglichkeit, „unhaltbar“ gewordene Verhältnisse zwangsweise durch Versteigerung zu beenden.424 Die neuen Bestimmungen über das StWE, die zu den „schwierigsten Punkten“425 des AGBGB gezählt hatten, waren gegenüber der Nichtregelung zweifellos ein Fortschritt. Doch gerade dies erschien Kritikern des Rechtsinstituts bedenklich. „Manches“ spreche dafür, „daß diese Rechtseinrichtung überhaupt beseitigt wird, da sie vielfach zu Unzuträglichkeiten führt“.426 Um eine „allmähliche Beseitigung der Stockwerksrechte“ zu erreichen, bedürfe es jedoch „einschneidender Maßregeln“: Eine Umwandlung in Miteigentum mit Benützungsregelung sollte daher schon bei Vorhandensein eines „wichtigen Grundes“ möglich sein. Das Abstellen auf eine Unhaltbarkeit als Voraussetzung zwangsweiser Beendigung schien vor diesem Hintergrund als abzulehnende „Konservierung“ eines „veraltete[n] Recht[s]“; die Versteigerung wegen der Belastungen als zu problematisch.427 Ungeachtet solcher Kritik wurden die Bestimmungen des württembergischen AGBGB 1931 im Jahr 1975, als man das bis dahin unterschiedliche Landesprivatrecht Baden-Württembergs durch ein neues AGBGB vereinheitlichte, auch auf Baden ausgedehnt. Das neue AGBGB versuchte besonders die Überleitung von StWE in Wohnungseigentum zu fördern.428

D. Schweiz 1. Die Rechtslage bis zum ZGB im Überblick In der Schweiz bestand bis zum ZGB 1907 / 1912 eine Vielfalt an kantonalen Privatrechten, wobei sich drei Gruppen unterscheiden lassen.429 Die erste Gruppe war vom Code civil beeinflußt; hier fanden sich zum StWE teils in wörtlicher Übernahme, teils mit geringfügigen Änderungen oder Zusätzen die Regeln des Artikel 664 Code civil. Beispiele dafür sind Waadt (Art 451), Freiburg (Art 487), Neuenburg (Art 515), Tessin (Art 313) sowie das Walliser Zivilgesetzbuch von 1855 (Art 503), das auch vom sardinischen Zivilkodex beeinflußt war430. 424 Ausführlich dazu Thümmel, StWE Württemberg, S. 97 ff.; weiters Steimle, Wiedereinführung, S. 346 ff.; Steimle, Frage, S. 91 ff.; Freyer, S. 84; Wicher, S. 623. 425 Steimle, Wiedereinführung, S. 347; Steimle, Frage, S. 92. 426 Mayer, S. 65. 427 Mayer, S. 71. 428 Zipperer, S. 49 ff.; Thümmel, StWE Baden, S. 5 ff.; Thümmel, Abschied, S. 125, S. 131 f.; Thümmel, StWE Württemberg, S. 99. – Keine derartige Ausdehnung erfolgte auf das Gebiet von Hohenzollern, wobei man (fälschlich) annahm, StWE würde dort nicht existieren: Bogenschütz, S. 58, S. 60. 429 Allgemein Schlosser, S. 209 f.; speziell hinsichtlich des StWEs neben den in den folgenden Fußnoten genannten Werken detailliert Huber III, S. 241 ff. 430 Carlen, S. 245.

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Eine zweite Gruppe bildeten jene kantonalen Gesetzbücher, die dem ABGB nahestanden. Sie begnügten sich aber nicht ausschließlich damit, ihrem Vorbild folgend das StWE mit Stillschweigen zu übergehen. So fand sich etwa im ABGB für den Kanton Aargau eine Bestimmung, die eher an den Code civil erinnert: „Wenn ein Haus unter mehrere Eigenthümer vertheilt und über dessen Bau und Unterhaltung nichts bestimmt ist, so fallen die Hauptmauern, das Dach und was im Innern des Hauses zur gemeinschaftlichen Benutzung dient, allen Eigenthümern nach Verhältniß des Werthes ihrer Antheile zur Last.“431 Schließlich orientierte sich die dritte Gruppe der kantonalen Rechte am Zürcher Privatrechtlichen Gesetzbuch 1853 / 1855. Dieses nahm zwar im allgemeinen an, daß Gebäude und Bodenfläche dem gleichen Eigentümer gehörten (§ 548), doch gestattete es Ausnahmen, insbesondere reale Gebäudeteilungen, wenn ein entsprechender Parteiwille vorlag. Er mußte nicht ausdrücklich erklärt sein, sondern konnte auch aus den örtlichen Verhältnissen folgen. Die das StWE anerkennende Bestimmung des § 549 lautete432: „Ausnahmsweise können verschiedene über einander liegende Abtheilungen eines Gebäudes oder auch das ganze Gebäude einerseits und der Boden andererseits verschiedene Eigenthümer haben, wo solches durch den ausdrücklichen oder aus den örtlichen Verhältnissen folgenden Willen der Parteien so geordnet worden ist. Die Landschreiber sollen indessen bei Fertigungen von Rechtsgeschäften derartige Spaltungen des Grundstücks möglichst zu verhüten trachten.“ Der letzte Satz zeigt die doch recht deutlichen Bedenken des Gesetzgebers gegen das StWE. Bluntschli führte dazu in seinem Kommentar aus, daß „jede derartige Spaltung der Einfachheit des Grundeigenthums ( . . . ) mancherlei Bedenken für den vollen friedlichen Genuß und für die Freiheit der Disposition“ mit sich brächte, weshalb diese „Mahnung an die Landschreiber“ erfolgt sei.433 Das Zürcher Gesetzbuch weist damit jene differenzierte Haltung auf, die sein Endredaktor Bluntschli nahezu gleichzeitig in seinem „Deutschen Privatrecht“ formulierte: Hier hatte er das StWE als „eine Spaltung dessen, was zusammengehört“ bezeichnet, die „freilich zur Verwirrung führt und nicht begünstigt“, die „aber auch nicht, wo sie wirklich besteht, um einer abstracten Schultheorie willen willkürlich negirt werden darf“.434 Während das Zivilgesetzbuch von Schaffhausen 1864 / 65 dem Zürcher Vorbild fast wortgleich folgte, ohne allerdings den kantonalen Amtsträgern Anstrengungen zur Verhinderung des StWEs aufzuerlegen435, verließ das revidierte Zürcher Gesetzbuch von 1887 den von seinem Vorgänger eingeschlagenen Weg und verbot die Neubegründung von StWE. Das bestehende StWE wurde zwar anerkannt, doch geschah dies in einer Weise, die keinen Zweifel daran ließ, daß die materielle Teilung 431 432 433 434 435

Hirzel, S. 42 f. Bluntschli, Sachenrecht, S. 69 ff.; vgl. Krauß, S. 338; Kuntze, S. 52; Schröder, S. 29. Bluntschli, Sachenrecht, S. 71. Bluntschli, Privatrecht, S. 249; vgl. Carlen, S. 244. Huber III, S. 243.

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ihrem Ende entgegenginge. § 133 des Gesetzbuchs hielt fest: „Ausnahmsweise wird eine Teilung des Eigentums in der Art, daß verschiedene über einander liegende Abteilungen eines Gebäudes oder das Gebäude einerseits und der Boden andererseits verschiedenen Eigentümern gehören, noch(!) anerkannt, soweit derartige Spaltungen zur Zeit bestehen. Neue Fertigungen, welche derartige Spaltungen des Eigentums zur Folge hätten, sind nicht zulässig.“436 Im gleichen Jahr wurde auch in Basel-Stadt durch § 2 des Nachbarrechtsgesetzes vom 26. September 1881 die Neubegründung materieller Teilungen verboten: „In Zukunft sind dergleichen Bauten auf fremdem Boden oder Abteilungen von Häusern untersagt, und können nicht in das Grundbuch (Kataster) eingetragen werden.“437 2. Stockwerkseigentum und ZGB Die Unzulässigkeit künftiger materieller Teilungen fand sich dann auch im ZGB.438 Dies wurde gelegentlich damit in Zusammenhang gebracht, daß Eugen Huber, der Redaktor des Gesetzbuches, das StWE als „eine aus früherer Zeit übernommene lästige Erbschaft, die möglichst rasch liquidiert werden sollte“, bezeichnet hätte439; tatsächlich hatte Huber damit aber nicht seine persönliche Meinung zum Ausdruck gebracht, sondern die Tendenz der kantonalen Gesetzgebung zu beschreiben versucht.440 Das Neubegründungsverbot des ZGB war nicht unumstritten gewesen: In der im Vorfeld des ZGB eingesetzten Expertenkommission des schweizerischen Nationalrates hatte sich ein Vertreter des Kantons Wallis vergebens gegen die Ablehnung des in seiner Heimat so verbreiteten StWEs ausgesprochen.441 Wie im BGB war auch im ZGB keine ausdrückliche Verbotsnorm enthalten; man hatte einfach „dem StWE keine Aufnahme gewährt“.442 Dieser Effekt konnte schon auf das Akzessionsprinzip, das in Art 642 ZGB allgemein festgestellt und speziell für Grundstücke in Art 667 ZGB wiederholt wurde, zurückgeführt werden. Vor allem kam die Ablehnung des StWEs durch das ZGB im Schlußtitel zum Ausdruck, der Anwendungs- und Einführungsbestimmungen enthielt: Dessen Art 45 nannte das StWE als Beispiel für jene dinglichen Rechte, „die nach dem Grundbuchrecht nicht mehr neu begründet werden können“. Den Weiterbestand des bereits existierenden StWEs ermöglichte Art 17 des Schlußtitels, wonach die „beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehenden dinglichen Rechte ( . . . ) unter Vorbehalt Huber III, S. 243; Meyer-Hayoz / Rey, Rz 4 zu Vorbemerkungen. Huber III, S. 243; Schröder, S. 29. 438 Zum Folgenden vgl. Bärmann, S. 48 ff.; Carlen, S. 247; Fuchshuber, S. 109; Caroni, S. 1 ff.; Tuor / Schnyder / Schmid, S. 703. 439 Carlen, S. 244. 440 Vgl. Meier-Hayoz / Rey, Rz 6 zu Vorbemerkungen. 441 Carlen, S. 244. 442 Leemann, S. 353. 436 437

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der Vorschriften über das Grundbuch auch unter dem neuen Rechte anerkannt“ wurden. Solche weiterbestehenden Rechte waren gemäß Art 1 des Schlußtitels nach den früheren Bestimmungen zu beurteilen, im Falle des StWEs also nach jenen der kantonalen Rechte. Diese waren also nicht nur für den Begriff des StWEs zu beachten, sondern auch für die Rechtsverhältnisse der Beteiligten wie Erhaltungspflichten, Verfügungsbeschränkungen wie z. B. Vorkaufsrechte sowie für die Rechtsfolgen des Untergangs des Gebäudes.443 Die Anknüpfung an das Grundbuchsrecht brachte das StWE allerdings in ein auswegloses Dilemma.444 War die Neubegründung eines dinglichen Rechts verboten, so konnte dieses nach Art 45 des Schlußtitels zum ZGB nämlich nicht ins Grundbuch eingetragen werden, sondern war bloß „in zweckdienlicher Weise anzumerken“. Die Verbücherung des StWEs wurde damit problematisch und wirkte sich wegen der Nachteile bei Veräußerung oder Belastung negativ auf die Attraktivität des Rechtsinstituts aus. Wollte man diese Schwierigkeiten vermeiden, so schien das Ausweichen auf ein Quotenmiteigentum mit servitutarischen Sonderrechten an den einzelnen Stockwerken empfehlenswert. Abgesehen vom nicht dauerhaft auszuschließenden Teilungsanspruch litt diese Lösung allerdings an dem Mangel, daß eine solche Umwandlung die Natur des Rechtsinstituts zu weitgehend veränderte: Die auf Bruchteilseigentum aufgebaute Rechtskonstruktion war naturgemäß kein StWE mehr und unterstand daher nicht mehr dem kantonalen Recht. Man mußte sich also zwischen den hergebrachten Rechtsnormen und der Verkehrsfähigkeit seines Gebäudeteils entscheiden. Insgesamt ist die auf das Neubegründungsverbot des ZGB folgende Entwicklung durch Versuche charakterisiert, den wirtschaftlichen Effekt des StWEs durch dingliche wie gesellschaftsrechtliche Umgehungskonstruktionen zu erreichen445: So etwa konnte einer der Beteiligten als Eigentümer eingetragen werden, während sich die übrigen mit Dienstbarkeiten begnügen mußten. Häufiger begründete man Quoten-Miteigentum und ergänzte dieses durch dauernde und übertragbare Nutzungsrechte, also irreguläre Personaldienstbarkeiten nach Art 781 ZGB, hinsichtlich der im „Sondereigentum“ stehenden Teile. Man schätzt, daß diese Konstruktion zwischen 1912 und 1965 für etwa 3000 Gebäude mit altrechtlichem StWE gewählt wurde. Problematisch machte sie der Anspruch der Miteigentümer auf Teilung der Gemeinschaft gemäß Art 650 ZGB, den schließlich auch das Bundesgericht anerkannte: Unter Annahme einer Teilnichtigkeit der beschränkten dinglichen Dienstbarkeiten blieb Miteigentum mit rein obligatorischer Nutzungsberechtigung übrig, eine Eigentumsform, die den Zwecken des StWEs auch nicht annähernd entsprach. In der Westschweiz fand vor allem die Mieter-Aktiengesellschaft (Société d’actionnaires-locataires) Verwendung. Leemann, S. 353. Leemann, S. 354; Meyer-Hayoz / Rey, Rz 7 ff. zu Vorbemerkungen. 445 Zum folgenden Meyer-Hayoz / Rey, Rz 7 ff. zu Vorbemerkungen; Tuor / Schnyder / Schmid, S. 703 f.; Carlen, S. 247; vgl. unten 3. Teil, II. 443 444

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§ 2 Das Stockwerkseigentum vom Ersten Weltkrieg bis zum Entstehen des Wohnungseigentums nach 1945 A. Chronologischer Überblick 1. Allgemeines In den wenigen Friedensjahren, die nach Inkrafttreten der oben (§ 1) dargestellten Gesetze und Verordnungen verblieben, sowie während des Ersten Weltkrieges hatte keine bedeutende öffentliche Diskussion über das StWE mehr stattgefunden.1 Das Rechtsinstitut interessierte weder anläßlich des Baurechtsgesetzes 1912, worin die „Beschränkung des Baurechtes auf einen Teil eines Gebäudes, insbesondere ein Stockwerk, [für] unzulässig“ erklärt worden war2, noch im Zusammenhang mit den schließlich während des Ersten Weltkrieges erlassenen Teilnovellen zum ABGB.3 Auffallend ist dies vor allem deshalb, weil in beiden Fällen der für das StWE dogmatisch bedeutsame Grundsatz „superficies solo cedit“ durchbrochen wurde, sei es durch ein vom Grundeigentum während bestimmter Zeit getrenntes Gebäudeeigentum, sei es durch die Ermöglichung des Sondereigentums an Maschinen (§ 297a ABGB) durch § 10 der dritten Teilnovelle. Das Desinteresse am StWE führte man später darauf zurück, daß sich in jener Zeit „weite Kreise des Volkes durch Sparsamkeit, früher oder später, ein Guthaben anhäufen“ hätten können, das „ihnen den Bau oder den Kauf eines Miethauses sicherte“.4 Nach dem verlorenen Krieg war dies jedenfalls nicht mehr so.5 Einerseits hatte die Inflation, die schon zu Kriegsende bei mehr als 1000 Prozent gegenüber 1914 lag und weiter anstieg, die Sparguthaben entwertet, andererseits unterlag der Wohnungsmarkt massiven Veränderungen: Sie gingen nur zum Teil auf Bevölkerungsverschiebun1 Ein Indiz dafür, daß man im Entfall des StWEs einen Mangel empfand, ist allerdings die verstärkte Beschäftigung mit Alternativen wie z. B. einem dinglichen Wohnrecht, dem sich etwa Fricke 1908 ausführlich widmete. 2 § 1 Abs. 3 Baurechtsgesetz 1912, RGBl 1912 / 86, verhinderte damit eine Umgehung des Verbotes von StWE; vgl. für Deutschland § 1 / 3 Erbbaurechtsverordnung, (dt)RGBl 1919 S. 72; für die Schweiz Art 675 / 2 ZGB. Eine erste kommentierte Gesetzesausgabe erläuterte dazu lediglich, es handle sich um „eine Beschränkung, die notwendig erscheint aus denselben Gründen, aus welchen unsere Gesetzgebung ( . . . ) das Stockwerkseigentum überhaupt abgeschafft hat“: Salzberg, S. 5. Signifikant für das Desinteresse an dieser Bestimmung auch Forchheimer, insbes. S. 32. Selbst Franz Klein, einer der „Väter“ des Baurechtsgesetzes, verknüpfte seine wohnungsreformerischen Ideen nicht mit dem StWE: Klein I, insbes. S. 509 ff. 3 Zu diesen ausführlich Dölemeyer, S. 274 f.; zum Folgenden Klang, Bemerkungen, S. 1 ff. Er stellt eine Parallele von § 297a ABGB nur zu einem „partikularrechtlichen Vorläufer“ her, nämlich der „Behandlung von Bäumen als selbständige Grundbuchskörper im Tiroler Grundbuche“: Klang, Bemerkungen, S. 5 (Anm. 13a). 4 Möller, S. 63. 5 Zum Folgenden Stampfer, S. 110 ff., S. 200 ff. Einen Überblick über die Zwischenkriegszeit liefert Bärmann, S. 9 f.

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gen der unmittelbaren Nachkriegszeit zurück. Auch der fortschreitende Urbanisierungsprozeß und die Tendenz zu kleineren Haushalten wirkten sich spürbar aus. So hatte Wien im Jahr 1920 zwar um 190.000 Einwohner weniger als zehn Jahre zuvor, die Zahl der Haushalte war im gleichen Zeitraum jedoch um 40.000 gestiegen.6 Dazu kam die Mieterschutzgesetzgebung, die Kündigungen verhinderte, zugleich aber Wohnungslosen die Chance nahm, eine freie Wohnung zu finden. Vor diesem Hintergrund gab es im Deutschen Reich schon 1923 rund 600.000 wohnungslose Haushalte, bis 1932 stieg diese Zahl auf 1 Million an. Dem standen nur 150.000 leerstehende Wohnungen gegenüber, die zu teuer waren. Die Wohnungsnot verstärkte die schon vor 1918 gesundheitsgefährdende „Überfüllung“.7 All dies belebte die Diskussion auch über das StWE und ähnliche Rechtsformen des Wohnens und förderte die europaweit bzw. international feststellbare Tendenz, das Wohnbedürfnis durch Lösungen auf der Grundlage des Eigentums zu befriedigen. Dazu traten in der Zwischenkriegszeit in zahlreichen europäischen, aber auch in außereuropäischen Ländern Stockwerks- oder Wohnungseigentumsgesetze in Kraft.8 In Österreich setzte die Diskussion 1922 mit einem Vorschlag des ehemaligen Wiener Stadtbaudirektors Goldemund ein9, im Deutschen Reich 1923 mit einem – allerdings erfolglosen – Antrag im Preußischen Landtag, der eine Prüfung der Frage anregen wollte, „ob durch Wiedereinführung des Begriffs des Stockwerkseigentums die Herstellung von Mehrfamilienhäusern in der heutigen Notzeit gefördert werden“ könne.10 6 Stampfer, S. 114 (m. w. N.); detaillierte Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung liefert Weigl, S. 82 ff.; zu den Tendenzen allgemein Weigl, S. 46 ff., S. 298 ff. 7 Kornemann, S. 640; Rodenstein / Böhm-Ott, S. 462 ff.; Kähler, S. 321 f. 8 Ungarn führte durch GA XII / 1924 ein Miteigentum nach Gebäudeteilen ein, Rumänien durch Gesetz vom 30. April 1927, Griechenland 1929 (Bärmann, S. 15, S. 17), Polen durch Verordnung vom 24. Oktober 1934 (Raudszus, StWE, S. 1301; Bärmann, S. 18), Bulgarien durch ein mit 75 Artikeln besonders ausführliches Gesetz von 1935 nach einem Vorläufer 1933 (Bärmann, S. 22 f.). In Italien kannte schon der Codice civile 1865 das StWE; am 15. Jänner 1934 erging ein spezielles Gesetz über das Miteigentum bzw. „condominio“, worin das Sondereigentum an Stockwerken oder einzelnen Wohnungen mit einem Miteigenum am Grund und an den gemeinsam benützten Gebäudeteilen verbunden war. An die Stelle dieser Regelungen traten dann die Bestimmungen des Codice civile 1942. (Bärmann, S. 18 ff.; vgl. zur Kenntnisnahme des „condominio“-Gesetzes in Österreich: BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3.) In Frankreich wurden 1938 die Bestimmungen des Code Civil durch ein Spezialgesetz über Appartementeigentum ergänzt; zu Spanien Codigo Civil trat 1939 ebenfalls ein Spezialgesetz (Bärmann, S. 24 ff., S. 33 ff.). Außerhalb Europas ergingen einschlägige Gesetze z. B. in Brasilien 1928 und Chile 1937 (Bärmann, S. 16 f., 23). 9 Auf die österreichischen Überlegungen wird hier vorerst nur verwiesen. Sie werden im Detail unten 3. dargestellt. 10 Der Ausschuß für Siedlungs- und Wohnungswesen des Preußischen Landtages stellte erfolglos den Antrag, der „Landtag wolle folgende Entschließung fassen: Das Staatsministerium zu ersuchen, in die Prüfung der Frage einzutreten, ob durch Wiedereinführung des Be-

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Ihren ersten Höhepunkt erreichte die Beschäftigung mit dem StWE 1924 in den Beratungen des 33. Deutschen Juristentages in Heidelberg. Den Anlaß dazu bildete die Frage, „welche Richtlinien ( . . . ) für die zukünftige Gestaltung des Wohnungsmietrechts aufzustellen“ seien.11 Berichterstatter waren Rudolf Ruth und Heinrich Klang. Ruth hatte das StWE schon 1923 für ein Rechtsinstitut gehalten, dessen „Neubelebung unter den heutigen Verhältnissen sich lohnen würde“, wenngleich ihm die Gefahr einer „schematischen Neueinführung überlebter Bestimmungen“ durchaus bewußt gewesen war.12 Dessen ungeachtet sah nun einer von Ruths Leitsätzen die „Wiedereinführung des Stockwerkseigentums“ als geeignete rechtliche Maßnahme zur Wiederherstellung einer freien Wohnungswirtschaft vor.13 Klang war ausführlicher und für Alternativen offener: „Es empfiehlt sich, neben der Reform der schuldrechtlichen Wohnungsmiete durch Wiedereinführung des StWEs oder einer ähnlichen Rechtsform Einrichtungen zu schaffen, durch welche die reale Teilung von Wohngebäuden und der Erwerb voller Sachherrschaft durch den Inhaber einer nicht das ganze Gebäude erfüllenden Wohnung ermöglicht wird.“14 Darüber nachzudenken, schien ihm notwendig, wenn „wir ( . . . ) in der Reform des Mietrechts ganze Arbeit leisten wollen“. In den Beratungen des Juristentages wurden die Vorschläge von Klang und Ruth zur Wiedereinführung eines StWEs ohne Diskussion unverändert angenommen.15 Ganz im Sinne der empfohlenen „ähnlichen“ Rechtsformen schlug im gleichen Jahr 1924 Krückmann ein unechtes StWE vor, noch mehr aber favorisierte er eine eigene „Hausgewerkschaft“ oder „Hausgesellschaft“.16 Die Beratungen des Deutschen Juristentages wurden zwar zur Kenntnis genommen, sie konnten aber nicht in gesetzliche Maßnahmen umgesetzt werden. So wurden sie 1925 in Österreich bei der Behandlung eines entsprechenden Gesetzentwurfs bloß kurz erwähnt (siehe dazu im Detail unten), eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Ideen fand aber nicht statt. Während die französische Société d’Études Législatives 1925 / 26 eine Ergänzung der Stockwerkseigentumsbestimmungen des Code civil diskutierte17, wurde es im deutschsprachigen Raum in der zweiten Hälfte der Zwanzigerjahre still um das StWE.18 Umso einschneidenderen Eindruck hinterließ 1930 das Erscheinen griffs des Stockwerkseigentums die Herstellung von Mehrfamilienhäusern in der heutigen Notzeit gefördert werden kann“.Vgl. Möller, S. 65 f., Raudszus, Wohnrecht, S. 1098. 11 Verh. 33. DJT, S. 165 ff. Zu den auf dem 33. DJT angestellten Überlegungen vgl. auch BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3. 12 Ruth, Veränderungen, S. 357. 13 Verh.33.DJT, S. 166. 14 Verh.33.DJT, S. 170. Vgl. dazu Barta in: Havel / Fink / Barta, S. 213 ff. 15 Verh.33.DJT, S. 246 ff., S. 251, S. 253, S. 554. 16 Krückmann, Wohnungsnot, S. 1925 f. 17 Division, S. 155 ff.; Discussion, S. 187 ff. 18 Dies führte man später auf das „Aufkommen der Bausparkassen“ und damit auf eine erleichterte Finanzierung des Eigenheimbaues zurück: Wirths, StWE, S. 27; vgl. Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 6. Zu den Bausparkassen m. w. N. Kornemann, S. 630 f. 12 Kohl

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des Büchleins „Das Stockwerks-Eigentum. Ein Vorschlag zur Förderung des Wohnungsbaues“ des Bielefelder Justizrates Dr. E. H. Wilhelm Meyer.19 Ihm schien „auch für Deutschland die Zeit gekommen ( . . . ), in der das StWE eingeführt werden muß“, wobei er auf die „Erfahrungen des Auslandes“, die „Nöte der deutschen Wohnungswirtschaft im allgemeinen“, die „Bedürfnisse und Wünsche des einzelnen Wohnungssuchenden“ sowie schließlich die „Notwendigkeit, dem Sparsinne der Bevölkerung ein neues und erreichbares Ziel zu setzen“, verwies.20 Daher verfaßte er einen Gesetzentwurf, mit dem er sich „nicht nur an den Juristen und an die gesetzgebenden Stellen, sondern auch an den Laien“ wenden wollte, „da schließlich das Stockwerksrecht als Erscheinung des wirtschaftlichen Lebens nicht nur den Gesetzestechniker, sondern die Volksgesamtheit angeht“.21 Dieser Entwurf hatte nicht nur neu zu begründendes StWE vor Augen, sondern seine Bestimmungen sollten auch auf das noch bestehende StWE Anwendung finden.22 Es wäre damit also zu einer Vereinheitlichung der unterschiedlichen Gewohnheitsrechte und gesetzlichen Regelungen gekommen. Nur Vereinbarungen sollten ihre Gültigkeit behalten. Meyers Gesetzentwurf enthielt jedoch auch eine ganze Reihe von höchst unpraktischen Bestimmungen und öffnete Inkonsequenzen Tür und Tor. So konnten etwa das Eigentum an der Grundfläche, die Beurkundung des Begründungsaktes, die Verbücherung oder die Feuerversicherung jeweils in ganz unterschiedlicher Weise vorgenommen werden.23 Dessen ungeachtet fand dieser Gesetzentwurf rasch publizistische Unterstützung. Ruth lobte ihn im Deutschen Wohnungsarchiv als „sorgfältig ausgearbeitet“ und konstatierte: „Mit diesen sorgfältig durchdachten Vorschlägen wird man sich sehr wohl einverstanden erklären können.“24 Der Vorschlag Meyers sei zwar nicht neu, doch würde das Rechtsinstitut dabei „in den Einzelheiten seiner Durchführung eingehender als in bisherigen Vorschlägen behandelt.“ Auf Kritik stieß allerdings der Umstand, daß Meyer die frühere Literatur zu diesem Thema nicht einmal erwähnt hatte, wodurch der Eindruck entstand, „als ob hier der Vorschlag einer Wiedereinführung des StWEs zum ersten Male zur Diskussion gestellt werde“.25 Neben solcher Detailkritik zeigten sich weiterhin Tendenzen gegen die materielle Gebäudeteilung. Noch im Erscheinungsjahr von Meyers Arbeit, 1930, be19 Meyer, StWE 1930; dazu Ebel, Frage, S. 85; Möller, S. 71 ff.; Prost, S. 1380. – Vgl. Anhang 4. 20 Meyer, StWE 1930, S. 11. 21 Meyer, StWE 1930, S. 18 f. 22 Meyer, StWE 1930, S. 34 (§ 23). 23 Meyer, StWE 1930, S. 19 ff. 24 Ruth, Wohnungsrecht, S. 245 ff. 25 Ruth, Wohnungsrecht, S. 246, dachte dabei wohl besonders an seine eigenen Vorschläge und jenen Klangs auf dem Deutschen Juristentag 1924, verwies auch auf mehrere Empfehlungen auf „mietrechtlichen Tagungen“. – Tatsächlich hielt etwa Prost, S. 1380, den Gesetzentwurf Meyers für den ersten seiner Art, was zumindest bei Berücksichtigung Österreichs nicht zutraf.

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schäftigte sich auch der württembergische Landtag im Rahmen der Diskussion über ein neues AGBGB mit dem StWE. Dabei sprach sich die württembergische Regierung erfolgreich gegen eine Weiterentwicklung des StWEs aus.26 Das schließlich 1931 beschlossene Gesetz, das eine Zurückdrängung des StWEs erwarten ließ, wurde zustimmend besprochen.27 Auch davon unabhängig gab es Veröffentlichungen, die das StWE ablehnten und etwa wegen zu erwartender Verwaltungsprobleme „noch den ablehnenden Standpunkt der Verfasser des Bürgerlichen Gesetzbuches für richtig“ hielten.28 Insgesamt entstand dennoch, wohl vor allem durch das Gewicht der Veröffentlichung Meyers, der Eindruck: „In Deutschland mehren sich die Stimmen, welche die Wiedereinführung des Stockwerkseigentums fordern.“29 1935 rief Meyer seinen Entwurf in der deutschen Juristen-Zeitung wieder in Erinnerung30 und stellte dabei, den Kritikern entgegenkommend, klar, daß das StWE nur Ersatz für das vielfach nicht erreichbare Ideal des Eigenheims sei und damit zweifellos „zweitklassig“. Mit ein wenig Stolz konnte er aber berichten, seine Broschüre von 1930 habe – „namentlich im Baugewerbe“ – „vielfach Beachtung“ gefunden, doch sei für eine „Wiedereinführung des StWEs“ die Zeit „noch nicht reif“ gewesen, wofür er die „damalige liberale Rechtsauffassung mit ihrer folgerichtigen Gestaltung des römisch-rechtlichen Eigentumsbegriffs“ verantwortlich machte. Der „Umbruch des Jahres 1933“ rüttle aber „an Begriff und Inhalt des bisherigen Eigentums“, wie etwa die Diskussionen um eine „Verdinglichung des Mietrechtes“ zeigten, das StWE erfreue sich seither „steigender Beachtung“.31 Eine der Arbeiten, die diese Feststellung Meyers untermauerten, hatte kurz zuvor, ebenfalls 1935, Alfred Hugenberg unter dem Titel „Die neue Stadt“ veröffentlicht.32 Dieses Buch enthielt „Visionen“ für die „Umgestaltung deutscher Großstädte“; dabei handelte es sich um die Ergebnisse von „Beratungen und Arbeiten“, die auf Anregung Hugenbergs „in einem kleinen Kreise von sachverständigen Beurteilern“ ausgearbeitet worden waren.33 Es sollten „praktische Vorschläge“ sein, 26

Ebel, Frage, S. 86; Möller, S. 68; Thümmel, StWE Württemberg, S. 98 ff. Vgl. oben § 1

C. 4. Mayer, S. 65. Ebel, Frage, S. 86 (Zitat); leicht umformuliert Ebel, StWE, S. 164. 29 Ebel, Frage, S. 85; ähnlich 1934 Novak, S. 116: „Immer lauter werden die Stimmen, die für diese Rechtseinrichtung eintreten“. – Noch 1930 hatte hingegen Konrad, S. 147, die Wiederherstellung eines StWEs zu den „Forderungen von geringerer Wichtigkeit“ gerechnet. 30 Meyer, StWE 1935, S. 1351 f. 31 Meyer, StWE 1935, S. 1352. 32 Über Alfred Hugenberg, der auch am Arbeiter-Siedlungswesen interessiert war, siehe Hoepke, S. 10 ff. Zum StWE in Hugenbergs „neuer Stadt“ vgl. Möller, S. 73 ff.; Wiederbelebungsversuche, o.S.; Thiele, S. 1. Eine Zusammenfassung der städtebauliche Diskussion dieser Zeit liefert Kähler, S. 404 ff. 33 Hugenberg, S. 7. 27 28

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die sich allerdings nicht als in allen Einzelheiten festgelegte Pläne verstanden, sondern als „Anregungen, die Ziel und Richtung des Weges andeuten“. Die Grundidee für diese „neue Stadt“ war es, mit herkömmlichen „Mietskasernen“ dicht besiedelte Stadtgebiete durch die Errichtung von Hochhäusern zu ersetzen, die bei erheblich geringerem Flächenbedarf die gleiche Personenanzahl beherbergen konnten. Die so gewonnenen Flächen sollten als Grün- und Erholungsräume einer gesteigerten Lebensqualität zugute gekommen. Zur Realisierung dieser Ideen waren zwei Gesetzentwürfe erstellt worden: Einerseits erforderte die Verwirklichung dieser „neuen Stadt“ eine Zusammenlegung von Grundstücken; diesem Problemkreis war der erste Gesetzentwurf gewidmet. Andererseits sollten sich die Bewohner der Hochhäuser „nicht als Mieter auf kurze Zeit fühlen, sondern in der neuartigen Wohnform wieder ein Heimatgefühl gewinnen“ können34; daher enthielt der zweite Entwurf die Einführung eines Stockwerkseigentums. Damit würden „Wünsche aufgenommen, die in den beteiligten Bevölkerungskreisen in der letzten Zeit immer stärker geworden sind.“35 Beide Gesetzentwürfe sollten jedoch nicht sogleich allgemein gelten, vielmehr war vorgesehen, sie durch Entschließung der Reichsregierung im Einzelfall „auf ein bestimmtes Grundstück für anwendbar“ zu erklären. Dabei erhoffte man sich „durch methodisches und geregeltes Vorgehen“ eine Sammlung von Erfahrungen; erst der „weiteren Entwicklung“ sollte es „vorbehalten bleiben, ob sich aus den Vorschriften des Gesetzes ein allgemeines Rechtsinstitut bildet, das ohne besondere Genehmigung dem allgemeinen Rechtsverkehr zur Verfügung steht“.36 Das Hochhauskonzept erregte, wie man sich später erinnerte, „Aufsehen“.37 Es ist nicht auszuschließen, daß es auch mit einem österreichischen Vorstoß zur Wiedereinführung eines StWEs in Verbindung steht, der 1935 Verwaltung und Medien beschäftigte (dazu unten). Jedenfalls war er von anhaltender, den Zweiten Weltkrieg überdauernder Attraktivkraft.38 Einem der Exponenten der österreichischen Diskussion von 1935 schien er noch 1948 „für eine künftige Fortbildung unseres österreichischen Wohnungseigentumsrechtes von Interesse“!39 Schon ein Jahr nach Hugenberg verfaßte Möller im Rahmen seiner Dissertation ebenfalls einen Gesetzentwurf. Im Gegensatz zu den von Hugenberg veröffentlichten Ideen war er jedoch nicht visionär, sondern knüpfte „an das frühere deutsche Recht“ an, dessen Regelungen „aus der Praxis heraus geboren“ und damit von erwiesener „Zweckmäßigkeit“ seien.40 Gemeinsam war beiden Vorstößen, daß sie dem StWE eine Bedeutung für die Zukunft zugestanden. 34 35 36 37 38 39 40

Hugenberg, S. 44. Dennoch waren gemischte Häuser durchaus vorgesehen. Hugenberg, S. 42 ff. Vgl. Anhang 5! Hugenberg, S. 42, S. 49 (§ 1). Louis, S. 183. An den Hugenberg-Plan knüpft noch Sokolowski, S. 25, an. Mosing, StWE, S. 4. Möller, S. 90.

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Genau gegenteiliger Ansicht war Steimle, der in zwei weitgehend textidenten Aufsätzen die Ergebnisse einer Umfrage unter württembergischen Bezirksnotariaten präsentierte und kommentierte. Dabei zeigte sich, daß die in der Literatur gängigen Argumente pro und contra StWE ihren Weg zu den Praktikern gefunden hatten und nun von dort als teils stereotype Stimme des Volkes wiederkehrten. Hinweise auf die Förderung des Heimatgefühls und der Seßhaftigkeit einerseits oder ein angeblich geringes Interesse an StWE aufgrund der günstigen Möglichkeit zum Erwerb von Siedlungshäusern andererseits waren wohl kaum ein Ergebnis praktischer Erfahrungen.41 Schon angesichts dieses Überblicks ist es unzutreffend, von Jahrzehnten juristischer Stagnation des StWEs zu sprechen.42 Vollends unhaltbar erscheint diese Beurteilung jedoch, wenn man die Arbeiten der Akademie für Deutsches Recht berücksichtigt, einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft des Reichs, die sich der Rechtsreform widmete: Hier war die Diskussion über Veränderungen des Zivilrechts in Deutschland seit 1933 institutionalisiert43; hier erreichte auch die Beschäftigung mit dem StWE ihren formalen Höhepunkt. Diese Arbeiten wurden in der Nachkriegszeit zwar in die Vergessenheit verdrängt44, haben jedoch zweifellos dazu beigetragen, eine gewisse Kontinuität der Diskussion herzustellen.

2. Das Stockwerkseigentum in den Arbeiten der Akademie für Deutsches Recht Innerhalb der Akademie waren mehrere Ausschüsse mit dem Problem des StWEs befaßt. Die ausführlichste Diskussion fand im Ausschuß für Personen-, Vereins- und Schuldrecht statt, der sich zwischen 1934 und 1936 unter anderem auch mit Fragen des Mietrechts beschäftigte. Hier trat nur eine Minderheit für die Einführung des StWEs ein.45 Der Vorsitzende dieses Ausschusses, Justus Wilhelm Hedemann, konstatierte dazu in einer ersten Denkschrift zur Reform des Mietrechts im April 1934, daß aus der „Verflochtenheit des Mietsrechts mit anderen Materien“ ein „Hemmnis“ für die mietrechtliche Entwicklung resultiere; ausdrücklich nannte er als eine solche Materie unter anderem das StWE.46 Dieses war für ihn ein Rechtsinstitut, das sich im Rahmen der Diskussion über die Verbesserung der Stellung des Mieters besonders aufdrängte: „Für eine ernsthafte praktikable juristische Behandlung bietet sich aus dem Schatz der historischen Figuren zuSteimle, Wiedereinführung, S. 353; Steimle, Frage, S. 97. So formulierte Steimle, Frage, S. 102 f., wohl bewußt manipulativ. Die Stagnation, so behauptete er, habe schon begonnen, bevor das BGB die „Fortentwicklung des StWEs ( . . . ) vollständig abgebrochen“ hätte. 43 Schlosser, PRG, S. 194 ff.; Hattenhauer, S. 680 ff. 44 Z. B. Bökelmann, S. 1712. 45 ADR III / 3, S. 15. 46 ADR III / 3, S. 96, S. 100 ff. 41 42

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nächst das Stockwerkseigentum dar.“ BGB und EGBGB hätten das StWE zwar „geschont“, doch habe man damals „mit dem Aussterben dieser Institution“ gerechnet, „zumal das Gebilde in seiner rechtlichen Konstruktion reichlich umstritten war.“ Hedemann sprach sich auch selbst gegen das StWE aus: Es hätte „nur für einen geringen Teil der Bevölkerung Bedeutung gehabt“, sei „auf ganz bestimmte ländlich gerichtete Verhältnisse beschränkt“ und passe „auf Großstadtverhältnisse ( . . . ) von vornherein nicht“. Daher sei aus „eigentlichen Volkskreisen kein wirklicher Wunsch nach Wiederaufnahme und Verallgemeinerung dieses Gebildes laut geworden“, vielmehr habe es sich um einen „akademisch-programmatischen Vorschlag“ gehandelt. Für das StWE spreche die Tendenz, „möglichst viele deutsche Mitbürger ( . . . ) an den Boden ( . . . ) so nahe“ heranzubringen, „daß sie sich mit ihm verwachsen fühlen“. Hedemann bezweifelte allerdings, daß dazu „wirklich eine Anteilnahme des Mieters am Eigentum nötig“ sei. Insbesondere befürchtete er, die mobileren Stockwerkseigentümer in flüchtigeren Großstadtverhältnissen würden dem besonderen „sittlichen Ernst“ des künftigen Bodeneigentums nicht entsprechen. Dadurch drohe das Gegenteil des angestrebten Zieles einzutreten, indem „durch das Millionenheer der Mieter“ das Eigentum „denaturalisiert“ würde.47 Problematisch erschien das StWE auch noch aus einem weiteren Grund: Eine Zulassung neuen StWEs würde eine „völlige Veränderung und Erschütterung des Bodenkredits zur Folge haben“; es müßte das „gesamte Hypothekenrecht vollständig umgebaut werden“. Dies sei ein „Wagnis“, das man „zur Zeit keinesfalls verantworte[n]“ könnte. Als Alternative zum StWE schlug Hedemann daher die Schaffung eines verdinglichten Mietrechts vor, dem er den plakativen Namen „Insitzrecht“ geben wollte. Dieser Begriff berge „genügende Lebendigkeit in sich, um bei der Bevölkerung werbend zu wirken und symbolhaft“ eine über den Mieter hinausgehende, stärkere Stellung zu verdeutlichen. Allerdings glaubte Hedemann selbst nicht daran, daß ein Bedürfnis an einem solchen verdinglichten Recht bestünde! Es ging also vor allem um Propaganda.48 Einen „gewissen Höhepunkt“49 der Mietrechtsdiskussion im Ausschuß für Personen-, Vereins- und Schuldrecht bildete Anfang Oktober 1934 ein Referat von Staatssekretär Dr. Roland Freisler, das als eine der Grundlagen für die Beratungen dienen sollte.50 Freisler, der später berüchtigte Präsident des Volksgerichtshofs, ging von der Notwendigkeit aus, „dem Mieter ein Heimgefühl“ zu vermitteln, also zu erreichen, „daß sich der Mieter in seiner Mietswohnung wohl und zuhause fühlt“ und „die gemieteten Räume als Mittelpunkt seines Lebens und seines Berufes“ empfindet. Dazu sollte dem – immer noch so bezeichneten – „Mieter“ eine ADR III / 3, S. 101. ADR III / 3, S. 101. 49 So laut Arbeitsbericht der Akademie für Deutsches Recht: ADR III / 3, S. 148. 50 Dazu: ADR III / 3, S. 90 f. Über Freisler (1893 – 1945) liefert Buchheit eine ausführliche Biographie, die jedoch nichts über das Interesse Freislers am StWE enthält. 47 48

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„Eigenwohnung“ verschafft werden, und zwar durch die „Einführung eines Stockwerks-Eigentums“. Dabei hätte jeder „Mieter“(!) die „Gewähr dafür, daß er auf Lebenszeit mit der Wohnung verbunden ist, daß ihn niemand kündigen kann, weil er eben Eigentümer(!) seiner Wohnung ist. Bei „Einverständnis zwischen Mieter und Vermieter“ sollte dieses StWE auch in Althäusern zugelassen werden, wobei allfällige Hypotheken abzulösen oder auf die einzelnen Stockwerke zu verteilen gewesen wären. Für Neubauten sah Freisler eine Belastungsmöglichkeit der einzelnen Stockwerke vor. Eine „eingehende Aussprache“ über Freislers Vorschlag fand sogar „in einer Sondersitzung“ statt, wobei eine „einheitliche Meinung ( . . . ) nicht erzielt“ werden konnte: „Es überwog aber durchaus eine ablehnende Haltung.“51 Die Stimmung war dem StWE also trotz Freislers Befürwortung nicht günstig. Im Jänner 1935 verfaßte Hedemann eine „Abschließende Denkschrift zur Neugestaltung des Mietsrechtes“, in der er erneut ausführlich auf das StWE einging und der man anmerkte, daß im Ausschuß wohl verschiedene nationalsozialistische Sichtweisen aufeinandergeprallt waren, die sich auch in der zeitgenössischen Literatur fanden.52 Einerseits erschien die Einführung des StWEs53 als die „ausgeprägteste“ Möglichkeit zur „Hebung der Stellung des Mieters“(!), andererseits nannte Hedemanns Denkschrift eine ganze Reihe von Gründen gegen das StWE: „1. Abdrängung von dem eigentlichen Ideal des selbständigen Einfamilienhauses und Erhaltung des ,kasernenmäßigen‘ Wohnwesens. 2. Beschränkung auf die wohlhabenden Kreise, die sich ein solches Stockwerk ,kaufen‘ können. 3. Gefahr, daß solche Stockwerke eine Ware, ein Handelsobjekt werden könnten. 4. Umgekehrt Gefahr, daß der Erwerber eines Stockwerkes nicht mehr davon loskommt (keinen Käufer findet), wenn er später wegziehen will; also ein ,Danaergeschenk‘. 5. Leichtfertigkeit beim Erwerb, Verschuldung, Unterschätzung des Risikos, das nun einmal mit dem Eigentümersein verbunden ist. 6. Erschütterung des Realkredits in seinem bisherigen Bestande. 7. Schwierigkeiten mit dem Grundbuch (Gutglaubensschutz; soll ein Stockwerksbuch eingeführt werden?) 8. Ständige Reibereien unter den mehreren ,Eigentümern‘, vor allem bezüglich der gemeinschaftlichen Einrichtungen, damit sogar Steigerung des Egoismus (‘Summenindividualismus‘).“54 Insgesamt war das stärkste Argument für das StWE „seine offenbare und reibungslose Verwendung in anderen Ländern“; gegen das Rechtsinstitut sprach die Sorge, daß es ein „Schlag ins Wasser“ werden könnte, denn es schien fraglich, „ob ein wirkliches lebendiges Bedürfnis für diese doch recht starre und eng begrenzte RechtsADR III / 3, S. 90 f.; zur „Sondersitzung“ Bericht Hedemanns in ADR III / 3, S. 122. Dazu ADR III / 3, S. 121 f. 53 Aufgrund des noch bestehenden StWEs zog Hedemann in Betracht, die Einführung des StWEs als „Wiedereinführung“ oder „Wiederbelebung“ zu bezeichnen, verwarf dies jedoch sogleich, weil „ein heutigen Verhältnissen angepaßtes ,Stockwerkseigentum‘ doch mit neuartigen Wesenszügen ausgestattet werden“ müßte: ADR III / 3, S. 122. 54 ADR III / 3, S. 122. Bemerkenswert ist, daß hier Begriffe wie „kaufen“ oder „Eigentümer“ unter Anführungszeichen gesetzt wurden, worin die Skepsis gegenüber dem StWE zum Ausdruck kommt. 51 52

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form im Volksleben vorhanden sein würde“. Diese Zweifel wurden durch die Hoffnung genährt, das Mietrecht auf eine „gesündere und volkstümlichere Grundlage“ stellen zu können, was „einem viel größeren Teil der Volksgenossen zugute käme“.55 Diesen Zusammenhang machen übrigens auch andere zeitgenössische Quellen deutlich. Einerseits entwickelte sich eine Diskussion über Vor- und Nachteile des Mietrechts. Für die einen entsprach eine „Verdinglichung des Wohnrechtes“ den „völkischen Notwendigkeiten des heutigen Staates, den Städter bodenständiger und seßhafter zu machen“56, dem Familiengedanken und der Herstellung von „EigenGefühl“. Zwar sei das Ideal dafür das „alleinige Eigenheim“, doch „soweit dieses unerreichbar sei, käme dem Ideal die Rechtsform des StWEs am nächsten.“57 Anderen erschien es sinnvoller, das Mietrecht auszubauen, als daneben ein dingliches Recht anzubieten: Es läge „nicht im Interesse der Allgemeinheit ( . . . ), einen Großteil der Bevölkerung wohnungsmäßig stärker als bisher zu binden“, etwa weil „dem Staate bei der Versetzung von Beamten Schwierigkeiten“ erwachsen würden.58 Daneben wurde aber auch das StWE selbst als Abkehr vom klassischen Eigentumsgedanken gesehen. Es sollte nicht „Anwendungsfall des Eigentums“ sein, sondern müsse vom „Willen zur Gemeinschaft“ ausgehen. Für „deutsches Rechtsempfinden“ sei das Rechtsinstitut Ausdruck einer „genossenschaftliche[n] Gesinnung“ und damit „Eigennutz erhöht durch Gemeinnutz“.59 Der „Stolz als Eigentümer“ würde beim StWE „freiwillig durch freie Wahl einer Gemeinschaft gebändigt und erhoben“; insgesamt könnte die im StWE liegende „Verbindung von berechtigtem Eigennutz mit vorbildlichem Gemeinnutz zu einer typisch deutschen Erscheinung nationalsozialistischer Prägung emporwachsen“.60 Das StWE sei es daher „wert, von der Gesetzgebung des Dritten Reiches berücksichtigt und wieder eingeführt zu werden“.61 Wohl in diesem Sinne hielt es Reichsminister Seldte für „wünschenswert, wenn die Neubautätigkeit dem Stockwerkseigentum zugute käme.“62 ADR III / 3, S. 122. Raudszus, Wohnrecht, S. 1093. 57 ADR III / 3, S. 122. Umgekehrt sah dies ein „Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung“, das „gleichsam ein rechtspolitisches Bekenntnisbuch mit dem Charakter einer partei- und reichsamtlichen Gesetzesdeutung“ sein sollte: Nach ihm stand 1935 „der Gedanke der Einführung des StWEs“ im „Vordergrunde der Erwägungen“, wie die „Vermehrung von Eigenheimen gefördert werden“ könnte. Im Gegensatz zu der in der Akademie für Deutsches Recht dominierenden Auffassung, die den Siedlungsbau favorisierte, wurden dem StWE hier „die gleichen Vorteile“ wie dem „Einzeleigenheim“ bei darüber hinaus sogar geringeren Kosten zugeschrieben: Schmitz, S. 988; die Charakteristik des Handbuches im Vorwort (S. VII). StWE erschien übrigens auch als „Parallele des Erbhofrechts“; so wie die Erbhofbauern auf dem Lande könnten die Stockwerkseigentümer in den städtischen Bezirken „ein gesundes Kernstück der Nation“ bilden: ADR III / 3, S. 122. 58 Buchwald, S. 11 f. 59 List, S. 55. 60 List, S. 57. 61 List, S. 55. 55 56

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In den Ausschüssen der Akademie für Deutsches Recht setzten sich jedoch die Gegner des StWEs durch; die früher erwähnten Vorteile sah man nicht mehr. Schon Ende Oktober 1937 bezeichnete Karl Gelpcke in einer Sitzung der Vorsitzenden der bürgerlich-rechtlichen Ausschüsse das StWE als „nichts Erstrebenswertes“: Es hätte „in Deutschland niemals [ . . . ] Anhänger gefunden“; selbst in den linksrheinischen Gebieten Preußens sei man bestrebt, an die Stelle des StWEs „ein Miteigentum zu setzen“. Diese Ablehnung betraf nicht nur die bestehenden Häuser, sondern auch Neubauten. Verunsichert zeigte sich Gelpcke lediglich dadurch, „daß Staatssekretär Freisler noch immer ein Anhänger dieses beschränkten Eigentumes sein soll“. Wohl deshalb formulierte er vorsichtig die Empfehlung, sich sehr eingehend mit den Problemen des Rechtsinstituts zu beschäftigen. Als solche nannte er das Vorkaufsrecht sowie die Belastbarkeit, wozu er feststellte, es sei aus Sicht des Immobiliarkredites „nicht wünschenswert, ein Stockwerkseigentum beleihbar zu machen“.63 Dies bestätigte ein Jahr später, Anfang Dezember 1938, ein Bericht aus dem Immobiliarkreditausschuß, wonach „das StWE, das einzelne unentwegte Verfechter wieder zu künstlichem Leben zu erwecken versucht haben, ( . . . ) im Ausschuß einstimmig abgelehnt“ würde.64 Ähnliches war am 31. Juli 1941 im Bodenrechtsausschuß zu hören. Nachdem hier verschiedene Probleme des Siedlungsrechts diskutiert worden waren, resümierte der Vorsitzende Franz Felgentraeger, das StWE werde „allgemein abgelehnt“65 und die „einhellige Meinung [gehe] dahin, daß es nicht wieder belebt werden kann und soll“.66 Weniger deutlich klingt diese Ablehnung dann 1942 in der Schrift „Die Neugestaltung des Liegenschaftsrechtes“, worin Eugen Locher die Beratungsergebnisse des Bodenrechtsausschusses über ein allgemeines Grundstücksrecht zusammenfaßte. Zu den hier diskutierten Themen zählte auch die Frage, „ob an der nur vertikalen Begrenzung des einzelnen Grundstücksraumes festgehalten“ werden sollte, also das Problem der Dreidimensionalität des zu verbüchernden Objekts67, wobei vor allem an das StWE gedacht wurde. Offenbar scheute man sich, die Verantwortung für die Ablehnung des StWEs auf sich zu nehmen, denn Locher hielt fest, daß die „entscheidenden Gesichtspunkte, die für und gegen die Zulassung des StWEs oder in ähnlicher Weise räumlich begrenzter Rechtsverhältnisse sprechen, ( . . . ) außerhalb des Grundbuchsrechtes“ zu finden seien. Zwar würde es bei Wiedereinführung der materiellen Teilung „buchungs- und vermessungstechnisch[e] Schwierigkeiten“ sowie „Verwirrungsgefahren“ geben, die „nicht zu unterschätzen“ seien, sie könnten aber „kaum als unüberwindlich bezeichnet werden“. Diese 62 Nach Möller, S. 89, jedoch ohne Beleg, äußerte sich Seldte in diesem Sinn auf einem Reichsparteitag. In den offiziellen Bänden zu den Reichsparteitagen konnte diese Aussage nicht gefunden werden. 63 ADR III / 1, S. 309. 64 ADR III / 7, S. 220. 65 ADR III / 7, S. 152. 66 ADR III / 7, S. 154. 67 Vgl. dazu den Band Eigentumssicherung, S. 1 f.

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nahezu positiv klingende Beurteilung wurde durch einen Vergleich mit den „sachlichen Bedenken, denen solche Rechtsgebilde begegnen“, relativiert.68 Auch bei den Arbeiten zur Schaffung eines Volksgesetzbuches war man mit dem StWE konfrontiert. So hielt 1941 ein von Wilhelm Epping erstattetes Gutachten über das Erbbaurecht fest, die „Möglichkeit der Beschränkung des Rechts auf einen Teil eines Gebäudes, insbesondere ein Stockwerk“ würde „ausdrücklich abgelehnt“.69 Zwar wäre „bisweilen die Wiedereinführung des vom BGB nicht aufgenommenen Stockwerkseigentums zur Behebung der Wohnungsnot empfohlen“ worden, dies sei jedoch „kein geeignetes Mittel, weil es unklare Verhältnisse schaffen und die Quelle vieler Streitigkeiten sein würde“.70 1942 berichtete Hedemann von der „Arbeit am Volksgesetzbuch“, daß dabei auch eine Ausweitung der Rechtsinstitutionen notwendig sei: Neben den „im 20. Jahrhundert neu entsprungenen Wohn- und Siedlungsformen“ müßten im Volksgesetzbuch auch „etwaige im Landesrecht weiterlebende ältere deutsche Bodenwirtschaftsfiguren“ enthalten sein. Neben einem Heimstättenrecht und einem Erbpachtrecht nannte er „etwaige neue Wohnungsformen“ wie ausdrücklich das StWE, das ihm jedoch „sehr problematisch“ erschien.71 So zeigt sich insgesamt, daß die anfänglichen Sympathien, positiven Stellungnahmen und Erwartungen einer zunehmenden Skepsis Platz machten. Zwar hielt man das StWE als deutschrechtliche Konstruktion für beachtenswert, doch sei es eine „alte Wahrheit, daß deutschrechtliche Rechtsgebilde in einem römisch-rechtlichen Gesamtbau sich niemals so entwickeln können, wie dies den ihnen innewohnenden Rechtsgedanken entsprechen würde“.72 Schon 1939 hatte Steimle für eine Trendwende die zeitgeistig passende Begründung geliefert, sozusagen das perfekte Ausstiegsszenario aus dem Zug Richtung StWE: In der „liberalistischen Epoche“ hätten „bodenreformerische und sozialpolitische Kreise mit Recht“ eine Wiedereinführung des StWEs überlegt, nämlich als „Angriff auf die städtische Grundrente“ und „zum Kampf gegen die Ausbeutungsbestrebungen des meist jüdischen Grundstücksspekulantentums“. Der „nationalsozialistischen Wohnungs- und Siedlungspolitik“ werde es hingegen auch ohne diese Konstruktion gelingen, die „Vorherrschaft der großstädtischen Mietskaserne zu brechen“.73 Die – echte oder nur vorgebliche – Erwartung, eine „Neugestaltung unseres Eigentumsrechts im Zuge des deutschen Rechtsneubaus“74 würde für das StWE Ersatz bieten können, erfüllte sich nicht: In das Volksgesetzbuch hätte das StWE, wie gezeigt, nicht Eingang gefunden. 68 69 70 71 72 73 74

ADR III / 7, S. 615 (im Original Seite 16). ADR III / 7, S. 192. ADR III / 7, S. 194. ADR III / 1, S. 506. Steimle, Wiedereinführung, S. 363; Steimle, Frage, S. 111. Steimle, Frage, S. 106. Steimle, Wiedereinführung, S. 362; Steimle, Frage, S. 110.

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3. Stockwerkseigentumsprojekte in Österreich vor 1938 Auch in Österreich hatte die Idee des StWEs die Gemüter bewegt. Die dazu angestellten Überlegungen wurden in der chronologischen Überblicksdarstellung schon zum Teil erwähnt; sie sollen aber hier in einem eigenen Abschnitt detaillierter dargestellt werden, weil diese Ansätze einer Wiederherstellung oder Weiterentwicklung des StWEs bisher kaum bekannt waren. Die militärische Niederlage der Habsburgermonarchie und das gegenüber dieser massiv reduzierte Staatsgebiet hatten eine bis dahin wohl unbekannte Wohnungsnot zur Folge. Ihr versuchte man durch Ausbau einer Wohnungszwangswirtschaft zu begegnen, die sowohl die Sicherung der Mieter (Mietengesetzgebung) als auch die Umverteilung von Wohnraum (Wohnungsanforderung) beinhaltete. Daneben wurde zunehmend nach Wegen gesucht, den Wohnbau anzukurbeln.75 a) Der Vorschlag Heinrich Goldemunds Im August 1922 wurde das Bundesministerium für Justiz mit einem Vorschlag konfrontiert, den der ehemalige Wiener Stadtbaudirektor Dr. Heinrich Goldemund76 dem Bundesministerium für soziale Verwaltung unterbreitet hatte. Goldemund schlug vor, eine gesetzliche Regelung für Stockwerksaufbauten auf fremden Häusern zu schaffen. Diese Aufbauten sollten durch den Bund oder durch die Gemeinden auch gegen den Willen der Eigentümer erfolgen und sodann vermietet werden, wobei die administrativen Aufgaben wie Mietzinseinhebung und Betriebskostenverteilung von den Eigentümern zu leisten gewesen wären. Dadurch könnten gegenüber dem Bau neuer Häuser Ersparnisse von rund einem Viertel erzielt werden, da man sich „Kosten für den Baugrund, für Grundmauern, Unterkellerung, Kanal-, Wasserleitungs-, Lichtanschluß, Bürgersteig, Strasse und Dach erspart“. Nach Ablauf einer Frist von 35 bis 40 Jahren sollten die Aufbauten an die Hauseigentümer fallen, wobei die Frage einer Entschädigungszahlung offen blieb. Das Justizministerium stellte fest, daß die Idee Goldemunds „eine Reihe neuer gesetzlicher Bestimmungen privatrechtlicher Natur erfordern“ würde; insbesondere müßten „Rechtsverhältnisse geschaffen [werden], die wohl einer dem § 10 GBG zuwiderlaufenden Teilung von Gebäuden nach materiellen Anteilen zumindest nahekommen“. – Harrasowsky wäre mit dieser Begründung nicht glücklich gewesen, wurde hier doch die Unzulässigkeit materieller Teilung nicht unmittelbar auf das ABGB gestützt, sondern auf jene Bestimmung des Grundbuchsgesetzes, die eine Eigentumseinverleibung nur nach Quoten vorsah. Aber auch sonst warf das Projekt Goldemunds zahlreiche Fragen auf: Wie sollte politische Willkür bei der Auswahl der betroffenen Hauseigentümer vermieden werden? War eine Belebung der Bautätigkeit angesichts der leeren öffentlichen 75 76

Stampfer, insbes. S. 22, S. 27 ff., S. 93, S. 191 ff.; Matis / Stiefel I, S. 216 ff. Über Goldemund siehe Czeike II, S. 564 f.

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Kassen überhaupt zu erwarten? Insgesamt schien es dem Justizministerium „fraglich“, ob ein „so starker Eingriff in das Privateigentum und die Schaffung neuer verwickelter Rechtsverhältnisse heute zeitgemäß wäre“; eine „gewisse Zurückhaltung“ wurde empfohlen. Der Vorschlag verschwand daher in den ministeriellen Schubladen.77 b) Der Gesetzentwurf Heinrich Kiwes Im Oktober 1925 erhielt das Bundeskanzleramt, das zu dieser Zeit auch die Justizangelegenheiten verwaltete, eine Zusendung von Dr. Heinrich Kiwe, einem Wiener Strafverteidiger.78 Er berichtete, daß er einige Zeit zuvor im Rahmen eines Vortrages das StWE erwähnt und den Ausbau dieses Rechtsinstituts „als wünschenswert dargestellt“ hätte. Ein anwesender Nationalratsabgeordneter, dessen Name leider ungenannt bleibt, habe ihn in der Folge zur Ausarbeitung seiner Anregung aufgefordert, die er nun vorlege. Beigeschlossen war ein Gesetzentwurf von 29 Paragraphen über eine „Hausgemeinschaft mit beschränkter Haftung“ samt erläuternden Bemerkungen. Auch diese Idee verstand sich als „Vorschlag zur Entlastung des Wohnungsmarktes“. Die Existenz eines solchen Marktes konstatierte Kiwe im Hinblick auf die allerorts gezahlten Ablösen für Mietwohnungen, wobei es ihm volkswirtschaftlich schädlich erschien, daß die bezahlten Summen ohne Effekt auf den Arbeitsmarkt blieben. Es wäre besser, so argumentierte er, die durchaus hohen Beträge der bisherigen Ablösen für etwas bezahlen zu lassen, was einen bleibenden Wert für den Zahler und gleichzeitig eine belebende Wirkung für die Bauwirtschaft habe. Durch die Wiedereinführung eines StWEs würden Sondereigentumsrechte geschaffen, deren Eigentümer „für ihr Geld ein Wertobjekt erhalten, das sich nicht in einem ideellen Miteigentum an dem Bauobjekte oder gar nur in unübertragbarem Besitz eines Bestandrechtes ausdrückt“. Eine solche Wohnung wäre ein „Verkehrsobjekt“, das „verpfändet und veräussert werden kann und sohin demjenigen, der Kapital investiert hat, auch die Möglichkeit verschafft, jederzeit das investierte Kapital zurückzuerlangen, da er für sein Geld Ware erhalten hat, die nicht extrakommerziell ist“. Der von Kiwe formulierte Gesetzentwurf konstruierte, ähnlich dem heutigen deutschen Wohnungseigentum, ein ideelles Miteigentum am Grundstück und den allgemeinen Gebäudeteilen in Verbindung mit einem Sondereigentum an einzelnen Wohnbestandteilen, wobei die so geschaffene „Hausgemeinschaft mbH“ auf einem Hausgemeinschaftsvertrag beruhen und in ein eigenes Hausgemeinschaftsregister eingetragen werden sollte. Da das Rechtsinstitut nur für Neubauten konzipiert war, wurde die Gründungsphase mit einer vorbereitenden und einer konstituierenden Generalversammlung besonders ausführlich geregelt. Die laufenden Geschäfte sollten von einem gewählten „Hausbeirat“ und einem „Hausadministrator“ geführt werden.79 BMJ 33561 / 1922: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 1. BKA 213088 / 1925: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 2. Vgl. Anhang 3! 79 BKA 213088 / 1925: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 2. 77 78

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Dem Justizressort schien Kiwes Gesetzentwurf „sehr umständlich und weitschweifig“. Wolle man „der ganzen Frage überhaupt näher treten ( . . . ), müßte die Regelung wohl viel einfacher ausfallen“. Gegen das StWE wurden geradezu klassische Argumente angeführt: Aus „der Verwaltung der gemeinschaftlichen Hausteile“ könnten „leicht Zwistigkeiten unter den Mitgliedern“ entstehen; die Möglichkeit der realen oder ideellen Teilung der in Sondereigentum stehenden Wohnbestandteile würde „wohl eine gewisse Verwirrung im Grundbuchsstande nach sich ziehen“. Man habe „seinerzeit mit dem materiell geteilten Hauseigentum keine guten Erfahrungen gemacht, so daß, wenn nicht zwingende Gründe für dessen Wiedereinführung sprechen, davon besser abzusehen wäre“. Auch sei die Schaffung eines derartigen Gesetzes „noch von keiner Seite verlangt worden“. Diese Bemerkung wurde nachträglich durch den Hinweis ergänzt, daß „die Frage ( . . . ) den Heidelberger Juristentag 1924 beschäftigt“ habe. Ein Argument gegen Kiwes Vorschlag war es schließlich auch, daß sich laut Auskunft des Vorstandes des Wiener Wohnungsamtes die Gemeinde Wien „von einem Gesetze über materiell geteiltes Hauseigentum kaum viel erwartet“. Dies verwundert nicht, lag doch die Hauptzielrichtung des „roten Wien“ im Gemeindewohnungsbau. Insgesamt sah man daher zu „einer Prüfung des Kiwe’schen Entwurfes im Einzelnen ( . . . ) kein[en] Anlaß“. Kiwe erhielt ein Dankschreiben, auch sein Entwurf verschwand in den Schubladen.80 c) Das Projekt des „Blauen Adler“ und sein Umfeld Rund ein Jahrzehnt später, im Juli 1935, begann in Österreich eine Zeit intensiverer Diskussion über das StWE. Ernst Mosing, Präsident der Baugesellschaft Porr81, schlug in einem Artikel der „Wiener Wirtschafts-Woche“ zur Förderung des Wohnungsbaues die Wiedereinführung von „Stockwerks- und Wohnungseigentum“ vor und löste damit in diesem Blatt eine publizistische Diskussion aus.82 Sie steht vermutlich in einem Zusammenhang mit dem wichtigsten Versuch der österreichischen Zwischenkriegszeit, ein StWE oder ein diesem zumindest ähnliches Rechtsinstitut wieder einzuführen. Dessen Unterstützung war diesmal gewichtiger und organisierter, die ministerielle Auseinandersetzung detaillierter, das Ergebnis sollte jedoch vorerst dasselbe sein. 1934 war „Der Blaue Adler“ , ein „Verband zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit“, gegründet worden. Der unter der Ehrenpräsidentschaft des Wiener Kardinals Theodor Innitzer stehende Verband hatte es sich zum Ziel gesetzt, durch verschiedenste Maßnahmen die Wirtschaft zu beleben und dadurch die „Arbeitslosigkeit ( . . . ) in ihren Wurzeln und in ihrer Auswirkung“ zu verringern. Er wollte daher „alle jene Zustände und Einrichtungen, die Arbeitslosigkeit erzeugen“, bekämpfen, 80 81 82

BKA 213088 / 1925: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 2. Mosing, Wohnbauförderung I. Über ihn Matis / Stiefel, S. 238 ff., S. 287 ff. Lefford, S. 7 f.; Loebell, S. 7.

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„alle jene Ideen und Vorschläge, die Arbeit schaffen“, fördern. Die Grundlage seines Wirkens sollten „soziale Gerechtigkeit und ( . . . ) praktische Anwendung der christlichen Ethik im täglichen Leben“ sein; seine Tätigkeit erstreckte sich auf „alle Möglichkeiten der Arbeitsbeschaffung, wie sie auf den verschiedenen Gebieten der Wirtschaft vorkommen“. Die anläßlich des ersten Tätigkeitsberichts 1935 präsentierten Überlegungen zeigten demnach ein buntes Bild: So waren Schaufensterwettbewerbe veranstaltet worden, eine Aktion sollte arbeitslose „Künstler aufs Land“ führen, monatliche Theaterbesuche wurden ebenso beworben wie häufigeres Taxifahren. Man propagierte die Anlegung von „Nebenerwerbssiedlungen“ durch und für Arbeitslose, die Schaffung tauschbarer Wochenendhäuschen oder die Förderung des Kraftfahrwesens u. a. durch bewachte Autoparkplätze, erstellte aber auch Pläne für eine Steuerreform. Das StWE fand sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der Liste von Vorschlägen.83 Im Verlauf des folgenden Jahres sollte sich dies ändern: Am 6. November 1935, also einige Monate nach der von Ernst Mosing im Juli ausgelösten öffentlichen Diskussion, langte im Justizministerium ein aus 16 Paragraphen bestehender und mit 5 Seiten Erläuterungen versehener Entwurf für ein „Gesetz betreffend Eigentum an Wohnungen und Geschäftsräumen“ ein, den Rechtsanwalt Dr. Egon Bergel84 verfaßt hatte. Absender war „Der Blaue Adler“, dessen Präsident und Generalsekretär in ihrem Begleitschreiben darauf hinwiesen, sie würden den Gesetzentwurf „im Namen der Bausektion des Blauen Adler“ vorlegen. In dieser Teilorganisation waren die Bauwirtschaft, in der Mosing an maßgeblicher Stelle tätig war, Gewerbe, Kaufmannschaft sowie Ingenieure und Architekten vertreten; ihr Gewicht wurde schließlich durch die Mitgliedschaft des Wirtschaftsreferates der Vaterländischen Front verstärkt.85 Die „Bausektion“ widmete sich unter dem Vorsitz des berühmten Architekten und Staatsrates Prof. Dr. Clemens Holzmeister der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit im Bereich der Bauwirtschaft.86 In diesem Sinne verwies das Begleitschreiben auf die Bedeutung des Baufaches als für die allgemeine Konjunktur wertvolle „Schlüsselindustrie“ und faßte die bekannten Argumente der „wirtschaftlichen“ und „moralischen Vorteile“ eines StWEs kurz zusammen. Der Gesetzentwurf, den „Der Blaue Adler“ knapp 14 Tage später übrigens auch an das Bundesministerium für Handel und Gewerbe sowie an das BundesministeMittBlAdler 1, insbes. S. 55 ff., S. 62. Vgl. Wrabetz, S. 135 f. – Vgl. Anhang 6! 85 Aufgezählt wurden folgende vertretene „Körperschaften“: Niederösterreichischer Gewerbeverein, Österreichischer Ingenieur- und Architekten-Verein, Verband österreichischer Bauunternehmungen, Österreichischer Arbeitgeberbund für das Baugewerbe, Österreichischer Gewerbebund, Gremium der Wiener Kaufmannschaft, Ingenieurkammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Zentral-Vereinigung der Architekten Österreichs, Vaterländische Baugesellschaft AG, Wirtschaftsreferat der Vaterländischen Front: BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3. 86 MittBlAdler 4, S. 14 ff. 83 84

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rium für soziale Verwaltung geschickt hatte und der auf diesem Wege am 24. Dezember 1935 ein zweites Mal ins Justizministerium gelangte, konstruierte eine dem späteren deutschen Wohnungseigentum ähnliche Verbindung eines Sondereigentums an einer Wohnung oder Geschäftsräumen mit einem Miteigentum an der Liegenschaft und den allgemeinen Gebäudeteilen. Er regelte unter anderem die Verwaltung, die Aufbringung der Mittel, ein gegenseitiges Vorzugspfandrecht der Miteigentümer, ein Ausschlußverfahren anstelle der unmöglichen Teilung sowie das Erlöschen des Sondereigentums. Das StWEG 1879 sowie die entsprechenden Bestimmungen von RGBl 1900 / 44 und 1910 / 92 sollten ausdrücklich aufgehoben werden.87 Die erläuternden Bemerkungen sind vor allem deshalb bemerkenswert, weil sie im „Gegensatz zu einer vielfach verbreiteten Meinung“ die Anerkennung des StWEs durch das ABGB postulierten, was übrigens in der Folge auch die Zustimmung des Justizministeriums finden sollte. Der Satz „superficies solo cedit“, den vor allem Savigny als für den Eigentumsbegriff des römischen Rechts maßgeblich betont hätte, spreche nicht gegen das StWE und sei überdies von der österreichischen Gesetzgebung insbesondere des Baurechtsgesetzes RGBl 1912 / 86 „längst aufgegeben“. Durch eine Aufhebung des StWEG 1879 sollte „der Anschluss an die früher bestandenen eigenen Rechtseinrichtungen, wie an die sich durchaus bewährenden gleichartigen Einrichtungen der Nachbarstaaten hergestellt werden“. Die ausländische Gesetzgebung war allerdings für die Erstellung des Gesetzentwurfs „im einzelnen nicht benütz[t] worden“. Das italienische Gesetz vom 15. Jänner 1934 über das Miteigentum war als „zu umfangreich“ und „wenig übersichtlich“ erschienen, die Regelungen des Code civil und des Codice civile hingegen als „so kärglich ( . . . ), dass sie nicht ausreichen“. Um die „Einheitlichkeit der gesamten Rechtsordnung“ so wenig wie möglich zu stören und keine „unnötige Verwirrung durch unbekannte Neuerungen zu schaffen“, lehnte sich der Entwurf „vornehmlich an das Mietengesetz an, so dass das Sondereigentum geradezu als eine Form der Miete mit erweitertem Verfügungsrecht über die Wohnung erscheint“. Dieses Eingeständnis, das einen Leser im Justizministerium ein Ausrufungszeichen an den Rand schreiben ließ, erwies sich als Bumerang. Es bot die Gelegenheit, dem Gesetzentwurf am Schluß eines dem Gewicht der Proponenten angemessen ausführlichen Referates von knapp 30 Seiten, das detailreich auf rechtshistorische, vergleichende, dogmatische und rechtspolitische Aspekte des Problems einging, den Todesstoß zu versetzen, indem es die Idee als inkonsequent und unaufrichtig erscheinen ließ und sie in den Dunstkreis eines ohnehin reformbedürftigen Mietrechts rückte. Es sei mit diesem Eingeständnis „der wahre Sachverhalt enthüllt“, wonach „gar kein Eigentum an Wohnungen oder Stockwerken, sondern eine besondere Form der Miete geschaffen werden“ solle. Erst bei der Neugestal87

BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3.

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tung des Mietrechts könne man daher die Überlegungen des Blauen Adler erwägen, „die nach einem Stockwerkseigentum rufen, aber tatsächlich ein besonders gesichertes Mietrecht meinen“.88 Die Stellungnahme des Justizministeriums, deren Verfasser leider nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann, ist allerdings insofern interessant, als die „rechtstheoretischen Bedenken, die in früherer Zeit gegen die Gebäudeteilung erhoben“ worden waren, nun „nicht mehr als entscheidend betrachtet“ wurden. Diese Sicht gipfelte in der 50 Jahre zuvor unvorstellbaren Bemerkung, „dem römisch-rechtlichen Grundsatz ,superficies solo cedit‘ [sei] keine dogmatische Bedeutung beizumessen“, die materielle Gebäudeteilung „dürfte ( . . . ) nach § 361 abGB zulässig sein“! Wichtiger erschien es, die Nützlichkeit des Vorschlages im Hinblick auf die konkreten österreichischen Verhältnisse zu prüfen. Sie wurde allerdings verneint: So wie die Vorschläge Goldemunds und Kiwes schon „durch den blossen Zeitablauf gegenstandslos geworden“ seien, so liege auch dem Entwurf des Blauen Adler eine spezifisch zeitgebundene Annahme zugrunde, nämlich, daß „die Neuerwerbung einer Wohnung mit einer Kapitalszahlung (Ablöse) verbunden“ sei. Aus heutiger Sicht mutet es kurios an, daß es dem Justizministerium 1935 „nicht ausgeschlossen“ erschien, daß „die Wohnungsablöse, die seit Jahren in ständiger Rückbildung begriffen ist, in absehbarer Zeit gänzlich verschwinden wird“! Das Beispiel der italienischen Gesetzgebung dürfe nicht zu kritikloser Nachahmung verleiten und vergessen lassen, daß die materielle Gebäudeteilung „sich auf deutschem Rechtsboden nicht zu erhalten vermochte“.89 Insgesamt kritisierte das Justizministerium den engen Blickwinkel der Vorschläge, denen es nur um eine Belebung der Bauwirtschaft gehe. Im Gegensatz dazu schienen dem Ministerium die Lehren aus der geschichtlichen Entwicklung maßgeblich: Hier fand es die für die Abschaffung des StWEs entscheidenden Nachteile der Eigentumszersplitterung „mit ihren sanitären o[der] sittlichen Folgen“ sowie der Schaffung von „unlöslichen Streitigkeiten innerhalb der Hausgemeinschaft“. Ersteres müßte rechtzeitig beschränkt werden, wobei es schwierig wäre, eine Teilungsgrenze festzulegen; letzteres sei durch gesetzliche Sonderregelungen zu verhindern. Die Vorschläge Kiwes und des Blauen Adler, die in dieser Hinsicht detaillierte Regelungen enthalten hatten, bewirkten im Justizministerium gerade das Gegenteil ihrer Absicht: Sie zeigten nach ministerieller Auffassung nämlich weniger die Lösbarkeit der Probleme des Gemeinschaftsverhältnisses, sondern dienten vielmehr als Beleg dafür, daß solche Probleme auftreten müßten und waren insoferne „nicht ermutigend“. Das vorgeschlagene Ausschlußverfahren enthülle, daß das Sondereigentum kein echtes Eigentum sei!90 BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3. BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3. – Die heutige Existenz von StWE zeigt, daß auch dieses Argument verfehlt war. 90 BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3. Vgl. dazu unten 4. Teil, VIII.D. 88 89

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Insgesamt anerkannte man im Justizministerium zwar das „Bestreben nach einer völlig gesicherten Heim- oder Betriebsstätte“ als berechtigt, doch sei „die Wiedereinführung des StWEs ( . . . ) nicht der geeignete Weg, den geltend gemachten rechtspolitischen Gedanken zu verwirklichen“. Es sei vielmehr „irreführend, den Wunsch nach einem gesicherten Benützungsrecht an Wohn- und Geschäftsräumen mit dem überkommenen Begriff des Stockwerkseigentums zu verbinden, weil [es] ja tatsächlich nur der Wunsch nach einem gesicherten Benützungsrecht an fremder Sache ist, der vom Eigentumsbegriff und dem damit verbundenen Vorstellungskreis losgelöst werden muss“.91 Eine Lösung konnte damit bis zur Neuregelung der Mietrechtsfrage aufgeschoben werden. Ablehnend war auch die Stellungnahme des Bundesministeriums für soziale Verwaltung ausgefallen: Hier befürchtete man neben Uneinigkeit in Verwaltungsangelegenheiten vor allem Kapitalverlust der Beteiligten, die weder im freihändigen Verkauf noch bei gerichtlicher Versteigerung des Sondereigentums ihre Investitionskosten zurückerhalten würden. Diese Annahme stützte man auf Erfahrungen aus der Wohnbauförderung, die gezeigt hätten, daß ideelle Miteigentumsanteile „nur schwer verkäuflich“ seien, daß „familienfremde Personen nur ausnahmsweise sich zur gemeinsamen Bauführung zusammengefunden hätten und dass sich dabei häufig grosse Schwierigkeiten ergaben“. Obwohl dies alles gerade für das StWE gesprochen hätte, erwartete das Sozialministerium von ihm keine „wesentliche Belebung der Bautätigkeit“. Im Gegensatz zu den früheren Vorstößen Goldemunds und Kiwes wurde der Gesetzentwurf des Blauen Adler durch wiederholte Propaganda auch in der Öffentlichkeit bekannt, sodaß er als „der erste Entwurf“ eines Wohnungseigentums noch 1947 in Erinnerung war, wenngleich er später in Vergessenheit geriet.92 So wurde der Gesetzentwurf des Blauen Adler schon Mitte Dezember 1935 in der Grazer „Tagespost“ unter dem Kolumnentitel „Volkswirtschaft“ besprochen. Der Autor des Artikels, der Richter Dr. Rudolf Bischoff, unterstützte den Entwurf; der Zeitpunkt für die Wiedereinführung des „materiellen Teileigentums“ erschien ihm günstig, die damit verbundenen Probleme, auf deren rechtliche Natur aber nicht näher eingegangen wurde, seien lösbar. Schwierigkeiten dürften „kein Hindernis sein, wenn es gilt, die heimische Wirtschaft zu heben, der zu dienen eine der vornehmsten Pflichten des Rechtes ist“.93 Besondere Propagandawirkung entfaltete eine von der „Bausektion“ des „Blauen Adler“ veranstaltete Kundgebung mit dem Titel „Wer baut – baut auf“, die am 25. März 1936 im „bis auf das letzte Plätzchen gefüllt[en]“ Großen Konzerthaussaal in Wien stattfand. Eine ausführliche Wiedergabe dieser Veranstaltung BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3. Schuppich, S. 184. – Barta nennt ihn in seinen Ausführungen zur Geschichte des Wohnungseigentums nicht mehr: Havel / Fink / Barta, S. 183 ff. 93 Bischoff, S. 4. 91 92

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war nicht nur im zweiten Tätigkeitsbericht des Blauen Adler94 enthalten, die Referate wurden auch in einer eigenen Broschüre veröffentlicht.95 Im Rahmen dieser Kundgebung behandelte Dr. Alexander Globocnik, Bürgermeister von Mariazell, „den vom Blauen Adler bei den maßgeblichen Stellen eingereichten Antrag, das Wohnungs-, Stockwerks- und Geschäftslokaleigentum einzuführen, um so auch kleinere Kapitalien in den Dienst der Bautätigkeit zu stellen“. Globocnik informierte die Kundgebungsteilnehmer darüber, daß der eingereichte Gesetzentwurf die Wiederermöglichung von „Sondereigentum an einzelnen Wohnungen und Geschäftsräumen“ zum Ziel habe, sich dabei an „bereits bestehende Rechtseinrichtungen des heimischen Rechtes“ anlehne, dabei allerdings „die grundsätzliche Regelung ausländischer Gesetze [übernehme], wonach die Sondereigentümer zugleich Miteigentümer der Grundfläche und der gemeinsamen Bestandteile des Hauses“ seien. Das StWE würde die Neubautätigkeit fördern, im Altbau die Investitionslust heben und belebend auf den Realitätenmarkt wirken. Neben diesen wirtschaftlichen Vorteilen habe das StWE „auch eine kulturelle Bedeutung ( . . . ), weil hiedurch ein Teil der Bevölkerung, denen (sic!) die Erwerbung von Grund und Boden sonst versagt wäre, seßhaft und bodenständig wird“. Wolle man „durchaus etwas gegen das Stockwerkseigentum vorbringen, so müßte man auf den Vorakt aus dem Jahre 1879 zurückgreifen und die damals laut gewordenen Bedenken wiederholen“. Dies sei jedoch nicht zielführend, denn man könne „die Verhältnisse in Polen usw.(!) nicht mit den heutigen Verhältnissen in Österreich vergleichen“. Hinter diesem Hinweis auf die polnischen Verhältnisse versteckte sich wohl ein solcher auf die Probleme der zusammengedrängten Wohnungen in den jüdischen Gettos. Globocnik empfahl daher den versammelten Kundgebungsteilnehmern die Annahme einer „Entschließung“, mit der die österreichische Regierung ersucht werden sollte, den vorgelegten Gesetzentwurf zu prüfen und dem Gesetzgebungsverfahren zu unterziehen.96 Diesem Antrag folgend wurde schließlich beschlossen, die „Schaffung eines Gesetzes für Stockwerks- und Geschäftslokal-Eigentum (Gesetzentwurf des Blauen Adler)“ in die Empfehlungen aufzunehmen.97 Diese neuerliche Werbewelle provozierte auch öffentliche Kritik an der Idee, das StWE wiederzubeleben. Sogleich im April erschien im Neuen Wiener Tagblatt ein kurzer Artikel von Sektionschef i. R. Dr. Otto Bazant-Hegemark, worin dieser bezweifelte, daß die Umwandlung von Altbauten in StWE den angestrebten belebenden Effekt auf die Bauwirtschaft hätte. Gemeinschaftliche Neubauten könnten hingegen „ohne Einführung eines unserem Rechtssystem widersprechenden Instituts“ durch eine Verbindung von Miteigentum mit verbücherten Mietverträgen verwirklicht werden. Vor der „eventuellen Wiedereinführung des geteilten Eigentums“(!) sollte jedenfalls „eine eingehende Klärung der einschlägigen Verhältnisse 94 95 96 97

MittBlAdler 4, S. 14 ff. Zum Folgenden: Wer baut, S. 20 f. Wer baut, S. 20 f. Wer baut, S. 24.

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durch eine Enquete von Fachmännern“ veranstaltet werden, wobei man sich nicht „auf eine Fünfminutendiskussion beschränken dürfte“. Dies war wohl als eine Anspielung auf die Kundgebung des Blauen Adler zu verstehen.98 Auch die „Einheitsfront der Hausbesitzerschaft Österreichs“ stand der Idee des Blauen Adler skeptisch gegenüber, wenngleich „Optimisten“ im StWE „die Formel ( . . . ) sehen, mit welcher man dem Mietengesetz erfolgreich und sozusagen auf kaltem Wege den Garaus machen könnte“. Zwar würde durch die materielle Teilung dem „Gefühl des Besitzes besser entsprochen“ als durch kleine ideelle Quoten, doch wären „alle Schrecken und Schwierigkeiten des Teileigentümers [bei] StWE nur in noch höherem Maße“ zu erwarten. Besser wäre, so war auch hier zu lesen, eine Lösung „im Rahmen intabulierter Mietverträge“, weil dabei „die reinliche Scheidung zwischen Eigentümer und Mieter ( . . . ) gewahrt“ bleibe.99 Weniger diese negativen Stellungnahmen als die Ablehnung des Justizministeriums ließen auch den Gesetzentwurf des Blauen Adler scheitern; zu einer Wiedereinführung des StWEs kam es nicht. Die Idee geriet allerdings auch nicht in Vergessenheit. Im Dezember 1937 erschien unter dem Titel „Wir müssen bauen“ eine weitere Schrift des Blauen Adler.100 Darin erinnerte dessen Präsident Dr. Karl Drexel an den Jahre zurückliegenden Gesetzentwurf, dessen Absicht nicht wörtliche Gesetzwerdung, sondern fundierte Diskussionsanregung gewesen sei. Drexel berichtete, daß der Entwurf teils sehr positive, teils ablehnende Reaktionen hervorgerufen habe. Das Hauptargument der Gegner des StWEs seien die „Streitigkeiten“ gewesen. Dieses Problem sei jedoch, so erklärte Drexel, nicht so schwerwiegend, wie vielfach angenommen werde. Man habe sich dazu im Ausland „Bauten angeschaut“: Als wichtigste Maßnahme zur Verringerung der Streitanfälligkeit erschien eine günstige bauliche Gestaltung; die Wohnungen sollten „schon im Bau klar umschrieben“ werden. Drexel berichtete von verschiedenen begonnenen Versuchen, durch alternative rechtliche Konstruktionen einem StWE nahezukommen, und beklagte die dadurch entstehende Verwirrung. Im Interesse der Rechtssicherheit stelle der Blaue Adler „neuerdings das Ersuchen, hier durch ein Gesetz“ geeignete Abhilfe zu schaffen. Drexels Beitrag ist der einzige, in dem bei der öffentlichen Diskussion jener Jahre auch das dogmatische Problem kurz angeschnitten wurde: Er hielt es nämlich für notwendig, auf „die ganz strengen Anhänger des römischen Rechtes mit ihren schweren Bedenken“ einzugehen. Ihnen hielt er entgegen, man habe das römische Recht „auf anderen Gebieten auch schon längst“ durchbrochen; „bei aller Hochachtung vor dem römischen Rechte werden wir das wohl noch öfters tun müssen“. Dies sei „nirgends so unbedenklich und gefahrlos“ möglich wie im Bereich des „gemeinsamen Wohnens unter einem Dache“.101 Bazant-Hegemark, S. 7. ZösterrHausbesitz, S. 4. 100 MittBlAdler 13. Unter den Autoren findet sich übrigens Ing. Ottokar Stern, als Vizepräsident des Verwaltungsrates der Porr AG Stellvertreter Mosings: Matis / Stiefel I, S. 239 f. 101 Drexel, S. 39 ff. 98 99

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In der gleichen Publikation präsentierte übrigens Otto Troidl, Obmann der Gewerkschaft der Arbeiter im Baugewerbe, ein „Arbeitsbeschaffungsprogramm für das Baugewerbe“, das auf der „Reichskonferenz“ dieser Gewerkschaft, die von 31. Oktober bis 1. November 1937 in Salzburg stattgefunden hatte, formuliert worden war. Auch darin fand sich unter anderem die Forderung nach „Zulassung des Stockwerks- und Wohnungseigentums“ – eine Idee, die man in österreichischen Parteiprogrammen vor 1952 vergeblich sucht.102 Wenn auch in den wenigen verbleibenden Monaten der Existenz Österreichs kein Gesetz über ein StWE zustande kam, so hatte das Projekt des Blauen Adler doch jenen Boden bereitet, aus dem nach dem Zweiten Weltkrieg das Wohnungseigentum erwachsen konnte. Insofern erscheint das WEG 1948 vom Entwurf des Blauen Adler inspiriert; aufgrund der gemeinsamen Anknüpfung an mietrechtliche Bestimmungen lassen sich zum Teil sogar wörtliche Parallelen nachweisen.

4. Ausblick: Vom Stockwerkseigentum zum Wohnungseigentum a) Österreich In Österreich setzten die Bestrebungen zur Wiedereinführung eines StWEs schon Anfang 1946 ein. Im März 1946 erschien in „Neue Ordnung“, einer neu erscheinenden „Monatsschrift für Gesellschaftsfragen“, ein Artikel des Wiener Ministerialbeamten Dr. Hans Mitterauer, worin dieser eine „Neuordnung des Wohnungswesens“ anregte. Aus dem Scheitern der Extrempositionen des Hausherrensystems und der Sozialisierung des Wohnungswesens folgerte er die Notwendigkeit, „neue Wege zu gehen“, und propagierte, anknüpfend an Vorstellungen des Mittelalters, eine „Unterscheidung von Boden und Ware“ sowie ein geradezu geteiltes Eigentum mit einem „Obereigentum“ der Gemeinden. Wohnungsbau und Mietzinsbildung sollten „nach rein wirtschaftlichen Grundsätzen“ erfolgen, jeder also „die Kosten seiner Wohnung aus eigenen Mitteln“ bestreiten. StWE schien als logische Konsequenz dieser Überlegungen: „Bezahlt ein jeder die Kosten seiner Wohnung, so soll er auch deren Eigentümer sein.“ Unter der – zutreffenden – Annahme, daß das ABGB StWE nicht ausgeschlossen hätte, hielt es Mitterauer zur Wiedereinführung der materiellen Gebäudeteilung für ausreichend, „nur das ( . . . ) Verbot vom Jahre 1879 aufzuheben“. Dennoch sollten „zur Vermeidung von Streitigkeiten und Prozessen ( . . . ) weitere gesetzliche Maßnahmen getroffen werden.“ Dabei dachte er insbesondere an Probleme der Verwaltung und der Instandhaltung; erstere wollte er mittels subsidiärer Verwaltungsführung durch bezirksweise zu errichtende gemeinnützige Wohnungsgesellschaften vermeiden, letztere durch eine obrigkeitliche 102 MittBlAdler 13, S. 11 ff., insbes. S. 15, sowie S. 46. – Erst 1952, also nach Inkrafttreten des WEG 1948, enthielt Punkt 27 der programmatischen Grundsätze der Österreichischen Volkspartei („Alles für Österreich“) den Satz: „Die Einrichtung von Eigentum an einzelnen Wohnungen und Geschäftsräumen sowie Eigenheim-Siedlungen ist besonders zu fördern“: Berchtold, S. 385.

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„Wohnungsinspektion“. Auch die Ansammlung der erforderlichen Kapitalien sollte nicht durch Privatinitiative und Freiwilligkeit erfolgen, sondern auf der Grundlage einer Zwangsmitgliedschaft bei öffentlich-rechtlichen Bausparkassen.103 Mitterauers Vorschläge riefen sehr rasch Ernst Mosing auf den Plan. Er warb auch nach dem Zweiten Weltkrieg wiederholt für das „Stockwerks- und Wohnungseigentum“, das ihm „zwar antik aber nicht antiquiert“ erschien104, wobei die erste seiner beiden Veröffentlichungen, sogleich im Mai 1946, eben eine Reaktion auf die im gleichen Periodikum publizierten Überlegungen Mitterauers war. Damit sollte gezeigt werden, „daß der Vorschlag Dr. Mitterauers ( . . . ) im wesentlichen bereits vor zehn Jahren gemacht wurde, daß sich leider in den Jahren 1934 / 38 niemand fand, der diesen Vorschlag aufgegriffen hätte, obwohl es der Regierung damals leicht gewesen wäre, und daß leider bedeutende Schichten unserer praktischen und theoretischen Juristen völlig unschöpferisch geworden sind“.105 Mosing griff nach dem Zweiten Weltkrieg natürlich auf seine Arbeiten aus dem Jahre 1935 zurück und konnte dabei unter anderem seinen Einleitungssatz unverändert lassen, der die Feststellung enthielt, daß „grössere Kapitalien für Wohnhausbauten nicht zur Verfügung gestellt werden können“.106 Zur Förderung der privaten Bautätigkeit sollten „geeignete Rechtsformen“ gefunden werden, die „ein echtes Wohnungseigentum praktisch sicherstellbar und verwertbar machen.“107 Schon108 am 13. Juni 1946 wurde im Nationalrat ein Initiativantrag des ÖVPAbgeordneten Prinke eingebracht, der ein „Sondereigentum an Wohnungs- und Geschäftsräumen“ bezweckte. Klang, der 1947 in den Juristischen Blättern ein Wohnungsrecht vorschlug, deutete ihn als Antrag „auf Wiedereinführung des Stockwerkseigentums ( . . . ), dessen Absicht es ist, durch Wiederbelebung dieser Rechtseinrichtung den Wiederaufbau der zerstörten und beschädigten Wohnstätten zu erleichtern“.109 Schwarzacher lobte diese Überlegungen als Zeichen „von wirtschaftlicher Aufgeschlossenheit und sozialem Denken“.110 Der Justizausschuß, dem dieser Antrag zugewiesen worden war, setzte am 16. Juni 1948 einen Unterausschuß ein; gleichzeitig wurde das Justizministerium ersucht, einen neuen Gesetzentwurf auszuarbeiten. Dieser Entwurf sah, dogmatischen Bedenken Rechnung tragend, unter der Bezeichnung „Wohnungseigentum“ Mitterauer, S. 19 ff.; über ihn Havel / Fink / Barta, S. 221. Mosing, Wohnungseigentum, S. 26; Mosing, StWE, S. 3. 105 Einleitung zu Mosing, Wohnungseigentum, S. 23. Ungeachtet dieser Bestreitung der Vaterschaft Mitterauers widmet Barta ein eigenes Kapitel dem „Beitrag Hans Mitterauers“, während er Mosing nicht erwähnt: Havel / Fink / Barta, S. 221 ff. 106 Mosing, StWE, S. 1; Mosing, Wohnungseigentum, S. 23 bzw. Mosing, Wohnbauförderung I. 107 Mosing, StWE, S. 2. 108 Zum folgenden Gesetzgebungsverfahren vgl. 676 BlgNR V.GP. 109 Klang, Wohnungsrecht, S. 227. 110 Schwarzacher, S. 99. 103 104

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ein unechtes StWE vor, verknüpfte also das Miteigentumsrecht an einer Liegenschaft mit dem dinglichen „Recht auf ausschließliche Nutzung und alleinige Verfügung über bestimmte Wohnungen und Geschäftsräume“. Der neue Entwurf passierte schon am 1. Juli 1948 den Unterausschuß sowie am 5. Juli den Justizausschuß, der in einem Bericht die Annahme des Gesetzentwurfes empfahl. In diesem Zusammenhang wurde das echte StWE verworfen: „Der Gedanke, einen Ausweg in der Richtung zu finden, daß an einer Wohnung allein durch reale Teilung der Liegenschaft in einzelne Wohnungen oder Stockwerke Eigentum begründet und die Verpflichtung für die Erhaltung der gemeinsamen Teile des Hauses lediglich den Vereinbarungen der Wohnungseigentümer überlassen werden soll, muß abgelehnt werden. Eine solche Einrichtung kommt als Kreditbasis überhaupt nicht in Frage, widerspricht übrigens auch dem österreichischen Rechtssystem und der darauf aufgebauten Grundbuchsordnung.“111 Diese Meinung wurde von der Minderheitsfraktion SPÖ geteilt: Der Abgeordnete Pittermann, SPÖ-Mitglied des Justizunterausschusses, betonte in der Plenardiskussion, es sei auch seine Partei „zur Ansicht gekommen, daß der ursprüngliche Plan des Stockwerkseigentums bei seiner Durchführung in Österreich auf größte Schwierigkeiten sowohl auf dem Gebiet der Rechtsordnung wie des Kreditwesens stößt“.112 Mit dem unechten StWE sah der Justizausschuß einen Weg beschritten, der dem „Wohnungswerber vollständige Sicherheit für das beigestellte Kapital und eine dauernde Befriedigung seines Wohnungsbedürfnisses“ garantieren könne. Als Vorteil dieser Konstruktion erschien nicht nur der Aufbau „auf der bewährten Grundlage des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches“; hervorgehoben wurde weiters der Umstand, daß aufgrund des zentralen Miteigentumsrechts „für die Verwaltung einer solchen Liegenschaft keine neuen besonderen Vorschriften erlassen werden“ müßten. Die Abgeordneten des Nationalrates konnten davon überzeugt werden: Das neue Wohnungseigentumsgesetz vom 8. Juli 1948 wurde als BGBl. 1948 / 149 veröffentlicht. Damit hatte sich das WEG vom „seit Jahrtausenden“ bekannten StWE abgewendet. Zwar handelte es sich nicht um „eine ganz neue, anscheinend vollkommen originelle Lösung“ – unechtes StWE kannte z. B. schon das EGBGB – doch sollte die „begriffliche Erfassung“ dieser Konstruktion „die Wissenschaft des österreichischen Privatrechtes vor eine nicht ganz leichte Aufgabe“ stellen.113 Vor allem aber waren die Anhänger des alten StWEs enttäuscht. Bei Ernst Mosing beispielsweise sprach aus allen seinen Ausführungen die Sehnsucht nach einem „echten“ Wohnungseigentum, also dem StWE. Mit ihm hielt er es für möglich, „einen zeitbedingten Einbruch in das Österreichische Rechtssystem gutzumachen“114, also durch die Irrtümer der Pandektistik wieder zu dem vom ABGB 111 112 113 114

676 BlgNR V.GP. StenProtNR V.GP, 2483 ff. (8. Juli 1948); vgl. Havel / Fink / Barta, S. 238 ff. Weiß, S. 469. Mosing, StWE, S. 12.

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erlaubten StWE zurückzufinden. Immer noch schien ihm der bei Hugenberg vorgestellte Gesetzentwurf „für eine künftige Fortbildung unseres österreichischen Wohnungseigentumsrechtes von Interesse“, während er den „ganz anderen Weg“ des WEG 1948 kritisierte, der „leider auch vielfache Hindernisse schafft, die seine Anwendung allzusehr belasten“.115 Das WEG 1948 bringe nur ein „Quasieigentum“; dieses könne sich nicht auf alle Liegenschaftsteile beziehen, wobei Mosing interessanterweise u. a. Gärten und Garagen nannte; ein Nebeneinander von Wohnungs- mit sonstigen Miteigentümern schaffe zwei Kategorien von Miteigentümern116; eine Teilung sei selbst im Erbfall ausgeschlossen; die Verwaltung sei schwierig; die Ausschlußregelungen wären teils unzureichend, teils zu streng gefaßt.117 Zwar können manche von Mosings Kritikpunkten durch mangelndes Einfühlungsvermögen in die Grundstrukturen des WEG 1948 erklärt werden, doch zeigen gerade sie, wie prägend die Vorstellung eines StWEs war und wie unzureichend das neugeschaffene Wohnungseigentum in diesem Lichte erschien. Zwei von Mosings Argumenten sind übrigens im Hinblick auf Reformen der letzten Jahre besonders interessant: So hatte er kritisiert, daß eine „besondere Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ( . . . ) im Gesetz nicht vorgesehen“ sei – sie wurde erst durch das 3. WÄG als „quasi-juristische Person“ geschaffen118 – und daß „die Bestellung eines gemeinsamen Vertrauensmannes ( . . . ) durch das Gesetz nicht gefördert“ werde119 – dies wurde auch im Vorfeld des WEG 2002 diskutiert.120 Fuchshuber, dem das Wohnungseigentum, weniger negativ, als „Weiterentwicklung“ des StWEs erschien121, kritisierte dennoch die „Behauptung“ des Justizausschusses, wonach das StWE als Kreditbasis ungeeignet sei; sie könnte „kaum die Praxis hervorgerufen haben“.122 Verworfen wurde später auch das Argument, wonach das StWE „dem österreichischen Rechtssystem und der darauf aufgebauten Grundbuchsordnung“ widerspreche: „Warum dies der Fall ist, wird nicht gesagt.“123 Tatsächlich gab es die Zivilrechtswissenschaft aber bald auf, den Ursachen des dogmatischen Wandels nachzugehen: Zwei Jahrzehnte nach Inkrafttreten des WEG 1948 sah Gschnitzer, abgeklärt, mit dem Wohnungseigentum einfach ein allgemeines, politisch begründetes Phänomen verwirklicht, wonach der Gesetzgeber Neukonstruktionen meist dem Rückgriff auf Altbekanntes vorziehe.124 Mosing, StWE, S. 4, S. 6. Diese Kritik erwies sich, wenn auch in anderem Zusammenhang geäußert, angesichts der Probleme im „gemischten Altmiethaus“ als geradezu prophetisch. 117 Mosing, StWE, S. 6 ff. 118 BGBl. 1993 / 800; Kohl, Wohnungseigentümergemeinschaft, S. 78 ff. 119 Mosing, StWE, S. 9 f. 120 Z. B. Havel / Fink / Barta, S. 269. 121 Fuchshuber, S. 85. 122 Fuchshuber, S. 110. 123 Angst, S. 191. 124 Gschnitzer, S. 132 ff.; vgl. Putzer, S. 581. 115 116

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Immer wieder wurde diese Neukonstruktion allerdings bedauert. Selbst Klang, der die Anknüpfung an das Miteigentum früher als gangbaren Weg angesehen hatte, kritisierte die „propagandistisch wirksamere, aber rechtlich irreführende Bezeichnung Wohnungseigentum“, denn dieses sei entgegen seiner „Bezeichnung“ eben „nicht ( . . . ) Eigentum“.125 Noch der Standardkommentar zum WEG 1975 hielt das StWE für die „ehrlichere und gemeinverständliche Lösung“, die „sich der Laie leichter vorstellen“ könnte.126 Barta kritisierte die Konstruktion des WEG erst vor wenigen Jahren als eine „reine ,Juristenschöpfung‘“, die den Laien „immer wieder (Vorstellungs)Schwierigkeiten“ bereite: „Volksnäher wäre es gewesen, das eingelebte Real- oder Stockwerkseigentum zu belassen.“127 In diesem Sinne regte er sogar die Aufhebung des StWEG 1879 an.128 Mit zunehmender Distanz zum StWE änderte sich aber zumindest die Beurteilung des Begriffs „Wohnungseigentum“: Wurde er beim WEG 1948 noch als irreführend kritisiert, weil er ein Eigentum an der Wohnung suggeriere129, so empfand man ihn 1976 „trotz seiner nicht ganz korrekten Ausdrucksweise“ doch als „glücklich gewählt“, weil das Wort die „komplizierte begriffsjuristische Konstruktion“ überdecke.130 Dennoch geriet das StWE mit dem Wohnungseigentumsgesetz 1948 nicht sogleich in Vergessenheit. Vorerst empfanden viele trotz des dogmatischen Unterschiedes das Wohnungseigentum noch als StWE: So schien einem populären „Orientierungsbehelf für einen größeren Interessentenkreis“ sogleich 1948 das StWE „unter der Bezeichnung ,Wohnungseigentum‘ wieder eingeführt“.131 In ähnlicher Weise stellte sogar der OGH in einer Entscheidung aus dem Jahre 1951 fest, daß das StWE „gegenwärtig nur unter den Voraussetzungen des Wohnungseigen125 Klang in: Klang 1952, S. 1172 (FN 40), zugleich Klang, Wohnungseigentum, S. 31 (FN 38). Der propagandistische Aspekt wurde auch in Deutschland wahrgenommen; so wußte Bärmann, S. 37: „Die Österr. Volkspartei hat sich des [Wohnungseigentums] als Wahlkampfmittel mit Erfolg bedient.“ Parteiprogrammatischen Niederschlag fand das „Eigentum an einzelnen Wohnungen und Geschäftsräumen“ – also vorerst ohne Verwendung des Begriffs Wohnungseigentum – hier dennoch erst 1952. Im Grundsatzprogramm 1958 („Was wir wollen“) hieß es dann: „Die mehr als zehntausend Eigentumswohnungen, die bisher durch die Initiative der ÖVP fertiggestellt oder in Angriff genommen wurden, sollen wegweisend sein für eine Wohnbaupolitik, deren Endziel das eigene Heim für jede Familie ist.“ Berchtold, S. 385, S. 390. 126 Faistenberger / Barta / Call, S. 35. Vgl. OGH 11. 6. 1992, 7 Ob 565 / 92 (Unterinstanzen LG Salzburg 27. 2. 1992, 21 R 336 / 91; BG Hallein 6. 9. 1991, 4 C 194 / 91): JBl 1992, S. 724 = MietSlg. 44.417 = EvBl 1992 / 158. 127 Barta, Zivilrecht-Arbeitsbuch, S. 250; Havel / Fink / Barta, S. 197. 128 Havel / Fink / Barta, S. 356. 129 Klang in: Klang 1952, S. 1172 (FN 40), zugleich Klang, Wohnungseigentum, S. 31 (FN 38); Fuchshuber, S. 110. 130 Faistenberger / Barta / Call, S. 34 f. 131 Oberndorfer, S. 9 f., verwendet in diesem Zusammenhang „Einführung des Wohnungseigentums“ und „Wiedereinführung des Stockwerkseigentums“ als Synonyme. An anderer Stelle ergänzt er das „Wohnungseigentum“ durch den Zusatz „bisher Stockwerkseigentum genannt“: Oberndorfer, S. 13.

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tumsgesetzes [1948] neu begründet werden“ könne.132 Ein interessierter ausländischer Beobachter, der Schweizer Nationalrat Dr. Meili, sah 1955 ungeachtet der neuen juristischen Grundlage das StWE durch das WEG 1948 als „wieder eingeführt“ an.133 Das BG Salzburg erklärte 1965, daß der „Hausbestand“ eines konkreten materiell geteilten Hauses „auf zwei verschiedene Arten geteiltes Eigentum“ umfasse, wie „überall dort, wo Häuser Stockwerks- oder Wohnungseigentum enthalten“134 – die beiden Begriffe erschienen dabei geradezu als Synonyme. Solcher Interpretationen ungeachtet kann ein anfängliches Mißtrauen gegen die vom StWE abweichende Konstruktion nicht ganz ausgeschlossen werden: Bis 1950 war etwa im Sprengel des BG Innsbruck, wo StWE bekannt gewesen war, noch kein Wohnungseigentum begründet worden.135 Wurde jedoch Wohnungseigentum begründet, so verstärken manche der frühen Wohnungseigentumsverträge den Eindruck, daß man noch in den Kategorien des StWEs dachte. So wirkte etwa dort, wo Wohnungseigentum als Ersatz untergegangenen StWEs begründet wurde, die Erinnerung an die materielle Gebäudeteilung so stark nach, daß die Gebäudeteile erheblich mehr betont wurden als die Miteigentumsquoten.136 Auch sonst war man noch den Gedankengängen des StWEs verhaftet; dies zeigt etwa der Umstand, daß 1959 in einem Salzburger Fall Wohnungseigentum u. a. an einer „im Hof gelegenen Abstellnische per 2,2 m2“ begründet wurde und auch sonst von einer „Wohnung“ kaum gesprochen werden konnte – im Grundbuch scheint ein „Wohnungseigentum an Zimmer im 2. Stock“ auf. Für die Verhältnisse zwischen den Wohnungseigentümern berief man sich auf „die Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes 1950“(!) – mit den neuen gesetzlichen Grundlagen hatte man sich demnach nicht besonders intensiv beschäftigt.137 Interessante Tendenzen zeigt auch die Judikatur. Einerseits läßt sie das weiterhin bestehende Bedürfnis nach StWE erkennen: So scheiterte ein Versuch, durch eine 1964 abgeschlossene Vereinbarung materieller Gebäudeteilung deren irrtümliches Verschwinden im Grundbuch wettzumachen; obwohl also nur eine Ordnung des Grundbuchsstandes beabsichtigt war, qualifizierte dies der OGH als unzulässige Neubegründung von materiell geteiltem Eigentum und erzwang eine (kompliziertere) Rekonstruktion der früheren Verhältnisse.138 Auch einem Stockwerksaufbau in Form eines Superädifikates mußte der OGH den erwünschten Erfolg versagen, da nur selbständige Gebäude, nicht aber Gebäudeteile, Bauwerke i. S. d. § 435 ABGB sein konnten.139 Erschwert war auch der Wunsch, eine ein132 133 134 135 136 137 138

OGH 1. 3. 1951, 1 Ob 130 / 51: SZ 24 / 58. Schweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4001 (D) 1973 / 125 Bd. 6 Az. 3. 07. 03. TZ 1296 / 1965 zu 5653700434. Fuchshuber, S. 110. Vgl. TZ 4083 / 1954 und TZ 1156 / 1955 zu 5653700353. TZ 631 / 1959 zu 5653700016. EvBl 1967 / 265 = SZ 39 / 212.

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zelne Wohnung bei der Vererbung aus dem in die Erbmasse fallenden Haus auszuscheiden.140 Andererseits unterstellte die Judikatur das noch bestehende StWE den Regeln über Wohnungseigentum: So erklärte der OGH die Sonderbestimmungen des Mietrechtsgesetzes über die Vermietung von Wohnungseigentum für analog anwendbar auf StWE.141 Auch hinsichtlich der Verjährung von Honorarforderungen und Auslagenersatz des Verwalters wendete er die im Wohnungseigentum gefundene Lösung bei StWE an.142 Vielleicht liegt in diesen Analogien schließlich ein Grund dafür, daß der OGH noch in den Neunzigerjahren seine Unterinstanzen über Unterschiede zwischen Wohnungs- und StWE belehren mußte: Der Kauf einer Eigentumswohnung beziehe sich auf einen Miteigentumsanteil an der ganzen Liegenschaft, Belastungen an nicht im Wohnungseigentum des einzelnen Erwerbers stehenden Teilen seien daher für diesen nicht belanglos. Die Vorstellung, „daß der Kläger ausschließlich einen Miteigentumsanteil zum Erwerb von WE an einer bestimmten Wohnung samt Kfz-Abstellplatz gekauft habe“, nicht aber „die übrigen Teile der Liegenschaft“ bei seiner Kaufentscheidung berücksichtige, mag zwar den individuellen Überlegungen entsprechen, sei jedoch „mit dem Wesen von WE als qualifiziertem Miteigentum nicht vereinbar“. Eine solche Sicht würde auf Umwegen „zu einem Quasi-Stockwerkseigentum“ führen.143 b) Deutschland Auch in Deutschland144 setzte die Beschäftigung mit dem StWE unter dem Eindruck der „bittere[n] Not der Gegenwart“ ein. Die Verhältnisse der Zwischenkriegszeit erschienen nun als geradezu rosig; damals wären die Rufe nach „Wiederbelebung“ des StWEs „von rechtshistorisch oder rechtspolitisch bestimmten Außenseitern“ gekommen, nun, nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges, sei eine Beschäftigung mit diesem StWE nicht mehr bloße „historische oder dogmatische Liebhaberei“ 145, sondern eine dringende und „zeitbedingte wirtschaftliche 139 OGH 17. 12. 1991, 5 Ob 116 / 91 (Unterinstanzen LG Salzburg 12. 9. 1991, 22 R 606 / 90; BG Hallein 30. 8. 1990, TZ 1524 / 90, Uh 1 / 90): NZ 1992, S. 257 f. (mit Glosse von Herbert Hofmeister S. 260). – Erst die BaurechtsG-Novelle 1990 bot für derartige Fälle das Baurechtswohnungseigentum an. 140 OGH 18. 5. 1988, 3 Ob 592 / 87 (Unterinstanzen OLG Linz 27. 5. 1987, 6 R 63 / 87; KG Wels 7. 1. 1987, 3 Cg 230 / 86): NZ 1990, S. 151 = EvBl 1988 / 117. 141 OGH 11. 6. 1992, 7 Ob 565 / 92 (Unterinstanzen LG Salzburg, 21 R 336 / 91; BG Hallein, 4 C 194 / 91): EvBl 1992 / 158 = MietSlg. 44.417 = JBl 1992, S. 724 = WoBl 1992 / 138 = ImmZ 1992, S. 341. 142 OGH 10. 1. 1984, 4 Ob 515, 516 / 83: MietSlg. 36.229. 143 OGH 23. 10. 1991, 3 Ob 572 / 91 (Unterinstanzen OLG Wien, 5 R 204 / 90; LGZ Wien, 5 Cg 307 / 88): WoBl 1992 / 115 mit Glosse von Gottfried Call. 144 Zum Folgenden grundlegend Bärmann, S. 65 ff. 145 Lange, S. 204 f.; an die Diskussionen der Dreißigerjahre erinnerte auch z. B. Freyer, S. 85.

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Notwendigkeit“146 wenigstens als Übergangslösung „für die nächsten 10 bis 20 Jahre“.147 Ihr dürften sich die Juristen „nicht länger verschließen“, wenn sie sich nicht dem „Vorwurf der Rückständigkeit aussetzen“ wollten.148 Ungeachtet dieser Abstempelung gab es aber doch einige Stimmen, die davor zurückschreckten, Rechtsinstitute „als vorbildlich und rettende Lösung“ zu empfehlen, „die in normalen Zeiten einer ernsten Prüfung nicht hätten standhalten können oder wegen schwerwiegender Gegenargumente kaum Gegenstand einer eingehenden Prüfung wurden.“149 Pathetisch warnte man davor, das StWE, „diesen bisherigen Querulanten und Armenhäusler der Rechtsgeschichte zum König unserer verarmten Zeit auszurufen“.150 Vorerst schien die Ablehnung des StWEs stärker als die Zustimmung, wie nicht nur Zeitungsstimmen vom Sommer 1946 erkennen lassen.151 Am deutlichsten kam dies in Thüringen zum Ausdruck. Hier wurde das besonders in der Gegend von Meiningen noch vorkommende StWE mit Wirkung vom 1. Jänner 1947 in Miteigentum nach ideellen Anteilen umgewandelt152, überraschend für die Stockwerkseigentümer und viele Gerichte, doch „auf Anregung kommunaler Stellen“, denen es als „veraltet“ galt.153 Durch die Einrichtung eines vereinfachten, gebühren- und kostenfreien Vergleichs- und Schiedsverfahrens vor dem Grundbuchsrichter sollte die Auseinandersetzung erleichtert werden. Die Belastungen wurden auf die ideellen Anteile übertragen, die Größe der ideellen Anteile wurde nach dem Einheits- bzw. in dessen Ermangelung nach dem Ertragswert der Stockwerke vorgenommen. Durch die Einführung des Schiedsverfahrens wurde die Aufhebungsklage ausgeschlossen.154 Thüringen blieb jedoch eine Ausnahme; bald gewannen gegenteilige Tendenzen an Boden. Die Bandbreite der Ideen war dabei nahezu unbegrenzt: Als einfachster Weg erschien es, durch eine bloße „Beseitigung [von] Lücken und Einschränkungen“ das Miteigentum des BGB zu modifizieren, insbesondere dem vertraglichen 146 Diester, S. 55. Er verwies auch auf die drückenden Zeitumstände: „In einem Lande mit blühender Wirtschaft und geordneten Baufinanzierungsmöglichkeiten spricht manches gegen das [Stockwerkseigentum]. Deshalb ist es auch 1900 abgeschafft und in den zwanziger Jahren nicht wieder eingeführt worden.“ Diester, S. 52. 147 Freyer, S. 85. 148 Diester, S. 55. 149 Dittus, S. 8. 150 Lange, S. 207. 151 So z. B. in der Hamburger „Zeit“ Nusseck: „Lassen wir das Stockwerkseigentum dort, wo es hingehört: in der Vergangenheit.“ E. F. in der Stuttgarter „Wirtschafts Zeitung“: „Man sieht also, die Abschaffung des Stockwerkeigentums (sic!) hatte ihre guten Gründe.“ 152 Regierungsblatt für das Land Thüringen, Nr 29 / 1946 (ausgegeben 20. 12. 1946), in Kopie bei Hintze, Anhang Nr. 19. Das Gesetz stammt, wie Bärmann, S. 69, richtig feststellte, vom 10. 10. 1946; Bernhardt, S. 4, datierte es auf 10. 9. 1946, Zwanziger, S. 262, auf 17. 9. 1946. Seine zentrale Wirkung entfaltete es nach § 2 „mit Beginn des Jahres 1947“. 153 Hampe, S. 646; Zwanziger, S. 262; Wicher, S. 623. 154 Hintze, Anhang Nr. 19; Bernhardt, S. 4.

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Ausschluß der Aufhebung dauerhaften Bestand zu verschaffen.155 Den Regelfall stellten Tendenzen zur Wiedereinführung von StWE dar. Aus Kompetenzgründen dachte man dabei vor allem an ein unechtes StWE, denn während die Einführung eines echten StWEs eine Änderung des BGB erfordert hätte, gab es mit der Bestimmung des Art. 131 EGBGB einen Ansatzpunkt, der den Ländern ein Tätigwerden ermöglichte. Bestrebungen dazu setzten 1947 im Rheinland und in Hessen ein.156 Auf Betreiben des Bundestagsabgeordneten Wirths stellte die FDP 1947 und 1948 im Landtag Nordrhein-Westfalens Anträge, die ebenfalls eine Verwirklichung der durch Art. 131 EGBGB ermöglichten Konstruktion bezweckten. Auch in Bayern beschäftigte sich der Landtag mit diesem Problem.157 Das erste Land, in dem diese Bemühungen in einen konkreten Gesetzentwurf mündeten, war jedoch Württemberg-Baden, der amerikanisch besetzte Teil der beiden alten Länder: Ungeachtet einer ablehnenden Äußerung des Zentraljustizamtes konnte hier am 12. Juni 1950 ein „Gesetz über das Miteigentum nach Wohneinheiten“ erlassen werden, das in Abkehr vom echten ein unechtes StWE ähnlich dem österreichischen Wohnungseigentum konstruierte, wobei sich das österreichische WEG 1948 auf dieses Vorhaben günstig ausgewirkt hatte. Doch schon drei Jahre später – inzwischen war das deutsche WEG 1951 in Kraft getreten – wurde dieses Gesetz vom neuen Land Baden-Württemberg 1953 wieder aufgehoben.158 Daneben gab es aber doch auch Überlegungen zur Wiedereinführung echten StWEs.159 Im Hamburger Senat war schon am 8. Oktober 1947 ein Antrag der CDU eingebracht worden, der eine Prüfung dieser Frage bezweckte; er wurde, da eine solche Maßnahme die Möglichkeiten eines Landes überstiegen hätte, an das Zentraljustizamt für die britische Besatzungszone Deutschlands weitergeleitet.160 Dieses erstellte im März 1948 ein Gutachten, worin das StWE als ein „überlebtes Rechtsinstitut“ bezeichnet wurde, „dessen Wiederbelebung nicht angezeigt erscheine“.161 155 Louis, S. 183. Ausgeschlossen werden mußte also der Anspruchs auf Aufhebung der Gemeinschaft aus wichtigem Grund, bei Pfändung und im Konkurs. 156 Hesberg, S. 343; Bernhardt, S. 4 („Dies dürfte keinen Fortschritt, sondern einen Rückschritt bedeuten und ( . . . ) für alle Beteiligten mehr Nachteile als Vorteile bringen.“); Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 14. 157 Bärmann, S. 67. 158 „Gesetz über das Miteigentum nach Wohneinheiten“ vom 12. Juni 1950, RegBl vom 20. 7. 1950, 57: Miteigentum, S. 547; Bärmann, S. 67 ff., insbes S. 70; Thümmel, Abschied, S. 130. Ausführlich dazu Hauptstaatsarchiv Stuttgart, EA2 / 502 Bü 120, Post-Nr. 1 ff. (eine Arbeit zum Verhältnis dieses Gesetzes zum österreichischen WEG 1948 ist in Vorbereitung). 159 Freyer, S. 85 f.: 1948 „De lege ferenda wäre zunächst zu überlegen, ob man nicht den Mut haben sollte, das StWE in der Form des Sondereigentums wieder einzuführen“; alternativ schlug Freyer jedoch auch die Zulassung eines unechten StWEs oder eines Miteigentums in Verbindung mit einem dinglichen Wohnrecht am einzelnen Stockwerk vor. 160 Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 17. 161 Zitiert von Bärmann, S. 68; ergänzend dazu sodann eine Stellungnahme vom Juni 1948: Beilage 1313 zu den Protokollen des Württemberg-Badischen Landtages 1949, Anlage 3; auch in: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, EA2 / 502 Bü 120, Post-Nr. 31.

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Gegen das StWE sprachen abermals die zahllosen „Friktionsmöglichkeiten“. Während aber andere den befürchteten Verwaltungsproblemen durch einen starken Hausverwalter vorbeugen wollten, sah das Zentraljustizamt gerade dadurch den Blockwart wiederauferstehen; ausnahmsweise sprach hier also gerade der Verwalter gegen das StWE!162 – Später, Anfang April 1949, hatte sich übrigens auch das Rechtsamt der Verwaltung des vereinigten Wirtschaftsgebietes mit der Frage des StWEs zu beschäftigen. Dieser Verwaltungsstelle der Bizone schien in einem Gutachten vom 1. April 1949 das StWE vor allem wegen der Möglichkeiten für den stockwerksweisen Wiederaufbau teilzerstörter Häuser sowie für die Aufstockung interessant; Probleme sah man bei der „Frage der Einzelbeleihung“. 163 1949 beschäftigte das StWE erstmals den Bundestag.164 Der geistige Vater dieses Projekts war abermals der Unternehmer und FDP-Abgeordnete Wirths. Er hatte schon 1947 das StWE propagiert und 1948 seine Überlegungen in einer selbständigen Schrift zusammengefaßt.165 Innerhalb dieses einen Jahres wurde der Begriff StWE zugunsten des „Wohnungs-Eigentum[s]“ aufgegeben, denn: „Man sollte die Bezeichnung Stockwerks-Eigentum fallen lassen und dafür Wohnungs-Eigentum 166 sagen, da die Wohnung nicht mehr gleichbedeutend mit Stockwerk ist.“ Dieser neue Begriff schien auch anderen „zutreffender“ als „Stockwerks-Eigentum“.167 Die inhaltliche Veränderung wurde hinter dieser begrifflichen versteckt: Es ging Wirths nämlich vorerst um das „uneigentliche Wohnungseigentum“, also ein ideelles Miteigentum, weil dessen Neubegründung ohne Änderung des BGB möglich war. Das Ideal des StWEs gab er aber noch nicht gänzlich auf: „Die Weiterentwicklung zum eigentlichen Wohnungs-Eigentum scheint uns bei voller Würdigung der Wiederaufbaumöglichkeiten sicher zu sein.“168 Im darauffolgenden Jahr 1949 legten Wirths und Konsorten bereits einen neuen, nicht mehr dem unechten StWE verhafteteten Gesetzentwurf vor.169 Er sah echtes Bärmann, S. 68. Zl 1102 / 49: Beilage 1313 zu den Protokollen des Württemberg-Badischen Landtages 1949, Anlage 2; auch in: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, EA2 / 502 Bü 120, Post-Nr. 31. Vgl. Bärmann, S. 69. 164 Zum Folgenden Bärmann, S. 65 ff. Der Entwurf der FDP-Abgeordneten vom 30. November 1949 ist als Bundestagsdrucksache 252 veröffentlicht. 165 Wirths, StWE; Wirths, Wohnungs-Eigentum. Hier, S. 10 ff., ging er auch auf zahlreiche ausländische Gesetze ein, die in den vorangegangenen Jahren in anderen europäischen Staaten zur Neuregelung des StWEs erlassen worden waren. So skizzierte er die Regelungen von Frankreich, Italien, Belgien, Griechenland, Bulgarien, Chile, Portugal, Spanien, Ungarn, Polen, Rumänien, Schweden, England und USA. Von ihnen hätte man „wegen der Abschließung des Dritten Reiches gegen die Außenwelt wenig erfahren“. Vgl. jedoch Raudszus, StWE. 166 Wirths, StWE bzw. Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 9 f. 167 Hampe, S. 646. Gegen beide Begriffe Louis, S. 183. 168 Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 9 f. 169 Bundestagsdrucksache 252 vom 30. November 1949: Bärmann, S. 67 ff. 162 163

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Wohnungseigentum auf der Grundlage einer Verbindung von Allein- und Miteigentum vor. Dieser Entwurf wurde dem Bundesjustizministerium überwiesen, das sich in einer Denkschrift zu möglichen Rechtsformen des Eigentums oder des Gebrauchs von Wohnungen äußerte170 und schließlich im September 1950 einen eigenen Gesetzentwurf vorlegte, der bereits die wesentlichen Bestimmungen des späteren deutschen WEG enthielt. Dieses wurde schließlich nach weiteren textlichen Veränderungen am 15. März 1951 beschlossen und trat am 20. März 1951 in Kraft.171 Gleichlautende Vorschriften enthielt sodann ein Berliner WEG vom 2. August 1951.172 Im Saarland erging am 13. Juli 1952 ein Gesetz über Wohnungseigentum und Dauerwohnrecht, das sich zwar an das deutsche WEG anlehnte, jedoch auch eine Reihe von Unterschieden aufwies: So vermied es die begriffliche Differenzierung zwischen Wohnungs- und Teileigentum, gewährte den Wohnungseigentümern ein wechselseitiges Vorkaufsrecht, regelte die Auseinandersetzung zwischen Erben einer Eigentumswohnung und sah bei mehr als vier Wohnungseigentümern, vermutlich italienischem Vorbild folgend, eine zwingende Verwalterbestellung vor.173 In der SBZ bzw. der DDR kam es zu keiner vergleichbaren Entwicklung. Das bereits oben erwähnte „Gesetz über die Aufhebung des StWEs im Lande Thürigen“ war zwar „nicht ausschließlich aus politischen Gründen“ erlassen worden, doch erschien seine Tendenz schon 1950 als „symptomatisch“ für die Ablehnung des Rechtsinstituts durch den „sozialistischen“ Staat. Eine „Verfeinerung und Intensivierung des Privateigentums an Grundstücken, wie sie das StWE mit sich bringen würde“, liefe, so wurde argumentiert, der „politischen Zielsetzung“ des Staates entgegen. Dabei stützte man sich auf Friedrich Engels, der schon 1872 die Förderung der Wohneigentumsbildung als einen Trick der herrschenden Klasse aufgefaßt hatte: Damit würde einerseits der revolutionäre Geist erstickt und eine „Armee gegen das Proletariat“ geschaffen, andererseits wären die Arbeiter „gleichzeitig durch ihren Grundbesitz an die Fabrik, in der sie einmal arbeiteten“, gefesselt. Vor diesem Hintergrund konnte die Frage, ob dem StWE oder einem ähnlichen Rechtsinstitut in der DDR Bedeutung zukommen sollte, nur durch ein „klares Nein“ beantwortet werden.174

170 In Deutschland interessierte man sich noch 1950 für Mieter-Aktiengesellschaften als mögliche Alternativkonstruktion: Helg, S. 345 f. 171 § 64 (deutsches) WEG: Bärmann, S. 1009. 172 GVBl Seite 547: Bärmann, S. 71. 173 Bärmann, S. 40 f. 174 Spitzner, S. 125 ff.; Engels, S. 18 ff., insbesondere S. 21 (unter Bezugnahme auf einen Artikel in der spanischen Zeitung „La Emancipacion“ vom 16. März 1872).

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c) Schweiz In der Schweiz175 erfolgte der erste Vorstoß zur Wiedereinführung des StWEs Ende März 1951 durch das in der Frühjahrssession des Nationalrats eingereichte „Postulat“ des Lausanner Nationalrates Cottier, das von 16 weiteren Nationalräten mitunterzeichnet war.176 Cottier stellte eingangs eine „starke Erhöhung der Baukosten“ fest, die „einen bedeutenden Kreis von Personen“ am Erwerb von Grundeigentum hindere, da es ihnen an Kapital fehle „um ein ganzes Haus zu kaufen“. Um also „zu verhindern, dass das Grundeigentum in unserem Lande in die Hände grosser Kapitalgesellschaften gerät, um es gegenteils einer immer grösseren Zahl von Mitbürgern zu ermöglichen, Eigentümer ihrer Wohnung, ihrer Werkstatt oder ihres Geschäftes zu werden und um so eine gesunde und gerechte Politik im Grundstückshandel führen zu können“, wurde der Bundesrat „eingeladen, die Anpassung der Bestimmungen des Zivilgesetzbuches und der Grundbuchverordnung zwecks Wiedereinführung des Begriffes des Stockwerkeigentums zu prüfen“. Der Vorsteher des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements, Bundesrat von Steiger, verwies in seiner Beantwortung des Postulats auf die Möglichkeit, durch eine Kombination von Miteigentum und Dienstbarkeiten „altes Stockwerkseigentum in Formen des schweizerischen Zivilrechts über[zu]führen“ oder auch neu zu begründen. Es bestehe daher „keine Veranlassung, alte rechtliche Konstruktionen des StWEs, wie sie vereinzelte kantonale Zivilgesetze kannten, wieder aufleben zu lassen ( . . . ) und damit fundamentale Sätze des schweizerischen Immobiliarsachenrechtes preiszugeben und einen Teil der seit 1912 geleisteten Arbeit auf dem Gebiet der Vermessung und des Grundbuches als vergeblich zu erklären“.177 Das Postulat wurde angenommen, ohne eine Änderung des ZGB herbeizuführen. Am 10. Oktober 1951 erließ der Bundesrat allerdings ein Rundschreiben an alle kantonalen Grundbuchsämter, worin die in der Beantwortung des Postulats präsentierten Ersatzformen und deren Anwendung erläutert wurden und worin eine Aufforderung enthalten war, zu diesen Alternativen Stellung zu nehmen.178 175 Es ist mir ein Bedürfnis, an dieser Stelle Dr. D. Bourgeois und H. von Rütte vom Schweizerischen Bundesarchiv Bern für Recherchen und die ausführliche Beantwortung von Fragen zu danken. – Soweit in der Folge Angaben über die Entstehungsgeschichte der StWEs-Bestimmungen des ZGB nicht weiter belegt sind, beruhen sie auf dem im Bundesblatt 1962 / II, S. 1466 ff., enthaltenen Überblick sowie den m. w. N. versehenen Angaben bei Meyer-Hayoz / Rey, S. 7 f. Vgl. weiters Bärmann, S. 48 f. (er erwähnt auch einen ähnlichen Vorstoß des Abgeordneten Jean Poncet im April 1951 vor dem Genfer Großrat); Carlen, S. 244, Schmid, S. 14. 176 Schweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4001 (C) - / 1 Bd. 129 Az. 47.33. Vgl. Bärmann, S. 48 f. 177 Schweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4001 (C) - / 1 Bd. 129 Az. 47.33. 178 So Nationalrat Meili in der Begründung seiner Interpellation vom 8. Juni 1955: Schweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4001 (D) 1973 / 125 Bd. 6 Az. 3. 07. 03; Bundesblatt 1962 / II, S. 1469.

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Im Juni 1955 wurde die Frage des StWEs in einer Interpellation des Nationalrats Dr. Meili, eines Architekten, erneut parlamentarisch thematisiert.179 Meili erinnerte an das folgenlos gebliebene Postulat Cottier und regte trotz dieses erfolglosen Beispiels abermals an, „die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Wiedereinführung des Stockwerkseigentums ( . . . ) einer einlässlichen Prüfung zu unterziehen“. In seiner Begründung ging er, nach historischen und rechtsvergleichenden Bemerkungen, ausführlich auf die Veränderungen der städtischen Bebauungsweise ein, die sich unter dem Druck steigender Boden- und Baupreise zunehmend von der herkömmlichen Struktur eigenbewohnter Häuser entfernte. „Nur noch überdurchschnittlich kapitalkräftige Personen und Gesellschaften“ könnten „grosse Wohn- und Geschäftshäuser erstellen oder kaufen“. Die mögliche Teilung „städtische[r] Grossbauten“, wie der als Folge innerstädtischer Raumnot immer häufiger errichteten Hochhäuser verglich er mit der Zerstückelung von „Grossaktien in kleinere Teile“. Meili hielt es für signifikant, daß er als Architekt dieses Problem thematisiere, dessen Zusammenfassung in einem Satz zu finden sei: „In den modernen Städten stellen sich Aufgaben, die ohne das Stockwerkeigentum überhaupt nicht gelöst werden können.“ Die Argumente gegen das Rechtsinstitut hielt Meili für nicht stichhaltig: Auseinandersetzungen kämen zwischen Mietern und Vermietern ebenso vor wie zwischen Stockwerkseigentümern, verbücherungstechnische Probleme seien lösbar. Diesen zweifelhaften Nachteilen stünden eindeutige Vorteile gegenüber, die Meili prägnant wie folgt zusammenfaßte: „Erstens: Der Aufstieg des Mieters zum Miteigentümer. Zweitens: Sicheres Eigentum für den kleinen Mann, Erleichterung der Schaffung eines eigenen Heimes. Drittens: Die breitere Verteilung des Kapitals, die Sicherung der Geschäftsleute zu langjährigem Geschäftsaufbau. Viertens: Bessere Ausnützung des Bodens, Schonung des grünen Landes. Fünftens: Krisensicherung. Sechstens: Erleichterung der Finanzierung grosser Wohn- und Geschäftshäuser. Siebentens: dürfte das Stockwerkeigentum auch einen wertvollen Baustein für den Familienschutz darstellen. Ausserdem würde das getrennte und Stockwerkeigentum verhindern, dass ,schäbig‘ und unreell gebaut wird, denn Installationen und Isolierungen sind für getrenntes Eigentum von entscheidender Bedeutung!“180 Die juristische Seite seines Vorschlages schien Meili unproblematisch, obwohl er „Vereinbarungen unter den Wohnungseigentümern“ für „natürlich selbstverständlich“ hielt. In geradezu weltfremder Weise nahm er besondere Einfachheit eines entsprechenden Gesetzesvorhabens an, denn es handle sich „in der Hauptsache um die Aufhebung eines Verbotes und nicht um die Schaffung eines neuen Gesetzes“!181 Diesmal war die Antwort der Regierung vielversprechender. Bundesrat Feldmann als Leiter des Justizressorts ging zwar ebenfalls auf die möglichen AlterSchweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4001 (D) 1973 / 125 Bd. 6 Az. 3. 07. 03. Schweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4001 (D) 1973 / 125 Bd. 6 Az. 3. 07. 03. 181 Vgl. für Österreich den wiederholten Vorschlag von Barta: Havel / Fink / Barta, S. 356; Barta, Zivilrecht-Einführung, S. 282. 179 180

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nativkonstruktionen ein, berichtete jedoch auch davon, daß die Frage des StWEs in der Jahresversammlung des Verbandes schweizerischer Grundbuchsverwalter im September 1953 als Hauptpunkt auf die Tagesordnung gesetzt worden war.182 Professor Peter Liver, einer der damaligen Referenten, sei zum Schluß gekommen, daß die Miteigentumsbestimmungen des ZGB überholt seien und sich die traditionelle Ablehnung des StWEs nicht mehr aufrechterhalten lasse. Auch Feldmann anerkannte die von Meili genannten Vorteile des StWEs und äußerte namens des Bundesrates die Meinung, „es sei eine Partialrevision des Zivilgesetzbuches ins Auge zu fassen“; eine solche kündigte er sogleich für einen „nicht allzu fernen Zeitpunkt“ an.183 Rund einen Monat später hakte der „Landesverband freier Schweizer Arbeiter (Freiheitlich-nationaler Arbeiter- und Angestelltenbund der Schweiz)“184 in einem an Bundesrat Feldmann gerichteten Brief vom 14. Juli 1955 nach185: Dr. Gustav Egli, der Zentralsekretär des Landesverbandes, erklärte darin – übrigens unter dem Betreff „Einführung des Wohnungseigentums“(!) –, der Verband würde den Vorstoß Meilis „voll und ganz unterstützen“. Es sei „aus sozialen sowie auch aus politischen Erwägungen“ wichtig, den Anteil an „Eigentümerwohnungen“, der in den Städten über 100.000 Einwohner auf nur 10,8 Prozent gesunken war, zu stabilisieren oder sogar anzuheben. Es entspreche „einer bekannten Tatsache, dass der Besitz eines eigenen Heimes die Menschen im allgemeinen zufriedener, sowie aufgeschlossener und interessierter für das Staatsgeschehen macht“. Das „Verbot der Neubegründung von Stockwerkseigentum im Schweizerischen Zivilgesetzbuch“ erschien demnach „als durch die Zeitververhältnisse überholt“ – doch nicht nur dies: Man müsse „die Frage aufwerfen ( . . . ), ob dieses Verbot überhaupt jemals ausreichend gerechtfertigt war“! Egli stellte auch Überlegungen zu einer Frage an, die in Österreich schon in der Zwischenkriegszeit Justizministerium und Befürworter eines StWEs getrennt hatte: Wie ausführlich sollte eine gesetzliche Regelung sein? Egli widersprach dabei der Ansicht, man könnte sich bei einer Revision des ZGB auf einige Artikel beschränken und „die Einzelheiten der vertraglichen Regelung überlassen“: Es sollten nicht nur „alle wichtigen Punkte für die Begründung von Wohnungseigentum Erwähnung finden“, sondern überhaupt „alle Gebiete erfasst werden, die einen Herd für Streitigkeiten bilden könnten“. In diesem Sinne fand sich in Eglis Schreiben eine Liste der wichtigen, „vom Gesetzgeber zu behandelnden Punkte“, die von begrifflichen Grundlagen über außerordentliche Maßnahmen wie etwa „AufVgl. Bundesblatt 1962 / II, S. 1469. Schweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4001 (D) 1973 / 125 Bd. 6 Az. 3. 07. 03. 184 Statuten und allgemeine Informationen über diesen Zusammenschluß bürgerlich gesinnter Arbeitnehmer, die weder den sozialdemokratischen Gewerkschaften noch den konfessionellen Arbeitnehmerverbänden beitreten wollten, enthält: Schweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4001 (D) 1973 / 125 Bd. 146 Az. 200 – 328. 185 Schweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4110 (B) 1981 / 70 Bd. 9, H. I. Allgemeine Korrespondenz. 182 183

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stockung“ bis zu einem Schiedsgericht reichte. Durch derart eingehende gesetzliche Regelung sollte verhindert werden, daß wichtige Fragen „wegen allfälliger Uneinigkeit“ aus den Verträgen ausgeklammert blieben. Insgesamt wird hier besonders deutlich, wie man bei der Schaffung des modernen Wohnungs- bzw. StWEs von den Argumenten gegen das alte StWE geleitet war. Als „gesetzlichen Ausgangspunkt“ befürwortete der Landesverband undifferenziert „denjenigen von Deutschland und Österreich – wo das Miteigentum den elementaren Bestandteil bildet – nämlich, dass das Wohnungseigentum ein Sonderrecht des Miteigentums darstellt“. Keine ausgeprägte Meinung hatte man hingegen zur gesetzestechnisch nicht unbedeutenden Frage, ob die erwünschte Regelung nach deutschem (und auch österreichischem) Vorbild in einem „Sondergesetz“ oder nach italienischem Vorbild innerhalb der Kodifikation des ZGB „untergebracht“ werden sollte.186 Anfang November 1955 hatte sich das Gerücht gebildet, daß Bundesrat Feldmann an Prof. Liver bereits den Auftrag erteilt hätte, „einen Gesetzentwurf über das Wohnungseigentum auszuarbeiten“. Gegenüber einer Journalistin der Neuen Zürcher Zeitung konnte dies am 2. November noch dementiert werden187; tatsächlich erteilt wurde der Auftrag dann am 16. November 1955.188 Der Wunsch des Landesverbandes freier Schweizer Arbeiter, daß nämlich ein Gesetzentwurf „innerhalb der nächsten 2 Jahre“ – also bis Mitte 1957 – in der Bundesversammlung beraten werden könnte189, erfüllte sich zwar nicht, doch fanden Beratungen auf einer anderen Ebene statt. Der Schweizerische Juristenverein beschäftigte sich in seiner Sitzung vom 10. September 1956 ausführlich mit dem Programmpunkt der „propriété par étages“. Berichterstatter waren Hans-Peter Friedrich aus Basel und Guy Flattet aus Lausanne.190 Im Mai 1957 legte Liver seinen Entwurf vor, der in der Folge Kommissionsberatungen unterzogen wurde, bevor 1959 das „Vernehmlassungsverfahren“ (Begutachtungsverfahren) stattfand. Nach weiteren Änderungen und Ergänzungen im Dezember 1962 der Bundesversammlung vorgelegt und mit deutlicher Mehrheit beschlossen, wurde das „Bundesgesetz vom 19. Dezember 1963“, um Spekulationen zu verhindern, nicht sogleich, sondern gemäß Beschluß des Bundesrates vom 24. November 1964 erst mit Wirkung vom 1. Jänner 1965 in Kraft gesetzt. Es 186 Schweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4110 (B) 1981 / 70 Bd. 9, H. I. Allgemeine Korrespondenz. 187 Schweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4001 (D) 1973 / 125 Bd. 6 Az. 3. 07. 03. Dr. Tina Peter-Ruetschi, die in dieser Frage bereits in der Neuen Zürcher Zeitung vom 28. Mai 1955 hervorgetreten war, fungierte 1956 in den Beratungen des Schweizerischen Juristenvereins als Aktuarin des „Vereins für Wohnungseigentum“: Séance, S. 1009a ff. 188 Schweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4110 (B) 1981 / 70 Bd. 5 B. I. 189 Brief Eglis an Feldmann vom 14. Juli 1955: Schweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4110 (B) 1981 / 70 Bd. 9, H. I. Allgemeine Korrespondenz. 190 Friedrich, S. 1a ff.; Flattet, S. 591a ff.; Séance, S. 969a ff.

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brachte die Einführung eines unechten StWEs im Zusammenhang mit einer Revision der Miteigentumsordnung und auf deren Grundlage.191

B. Probleme und Argumente Die Argumente für und wider das StWE waren nicht beliebig vermehrbar, sondern wiederholten sich in den verschiedenen Diskussionswellen mehr oder weniger häufig mit allenfalls wechselndem Gewicht. Daher sollen sie in der Folge nach inhaltlich-sachlichen Kriterien zusammengefaßt werden.

1. Bekämpfung der Wohnungsnot Den Ausgangspunkt bildete sowohl in der Zwischenkriegszeit als auch nach 1945 ein großer Mangel an Wohnraum, der eine Belebung des Wohnbaues wünschenswert erscheinen ließ. So ging man auf dem Deutschen Juristentag 1924 für die Weimarer Republik von etwa 1,2 Millionen fehlenden Wohnungen aus.192 Angesichts dieser „Wohnungsnot und der Unfähigkeit, ihr abzuhelfen“, drängte sich schon der „Gedanke auf, wie wünschenswert es wäre, wenn das BGB das Geschoßeigentum anerkannt hätte“.193 Die Annahme von dessen besonderer Eignung zur Wohnraumschaffung gründete sich unter anderem auf die ökonomischen Vorteile des mehrgeschoßigen Baues sowohl hinsichtlich der reinen Baukosten als auch im Hinblick auf die laufenden Betriebs- und Erhaltungskosten194: So würde ein Dach geringere Reparaturkosten verursachen als eine größere Zahl von Dächern beim Bau von Eigenheimen, eine Grundfläche hätte weniger Steuerlast zu tragen.195 Als Folge einer längerfristigen Reduzierung der Wohnkosten erhoffte man sich eine allgemeine Belebung der Wirtschaft.196 Doch vorerst stagnierte die Bautätigkeit aus Geldmangel. Noch 1930 erschien es zwar „fraglich, ob bei der herrschenden Kapitalnot Wohnungssuchende in nennenswertem Umfang [vom StWE] Gebrauch machen“ könnten197, doch waren die Spareinlagen inzwischen auf immerhin 8,2 Milliarden Mark allein bei den öffentli191 Bundesblatt 1962 / II, S. 1470; Meyer-Hayoz / Rey, S. 7 f.; Kohl, Wohnungseigentümergemeinschaft, S. 78 ff. Eine detailliertere Darstellung des modernen Schweizer StWEs würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. – Zur Ausstrahlung des Schweizer StWEs auf Liechtenstein sowie zu vorangegangenen Überlegungen, das österreichische WEG 1948 für Liechtenstein zu adaptieren, siehe Kohl, Rezeption. 192 Vgl. auch Möller, S. 88. 193 Sontag, S. 592. 194 Meyer, StWE 1930, S. 10. 195 Möller, S. 84. 196 Möller, S. 64 f., unter Hinweis auf Klang in: Verh.33.DJT. 197 Ruth, Wohnungsrecht, S. 244.

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chen Sparkassen angestiegen. Der größte Teil dieser Guthaben war, so wurde vermutet, „zum Erwerbe eines Eigenheimes“ angelegt worden, also für ein 1930 geradezu unerreichbar scheinendes Ziel.198 Nun schien die Stunde des StWEs gekommen. Unter Ausnützung der „Sparkraft des deutschen Volkes“ wollte man der Wohnungsnot mit privaten Kapitalien begegnen und zugleich die wichtige Bauwirtschaft ankurbeln. Der Sparer sollte zwar vom Eigenheim träumen, das als Ideal weiterhin bestehen blieb, sich aber „in Zeiten der Not ( . . . ) mit dem Erreichbaren begnügen“.199 Selbst das StWE kam nur für wohlhabendere Personen in Frage, doch erwartete man immerhin eine Entlastung des Wohnungsmarkts: „Luft von oben gibt auch wieder Luft unten“, so faßte dies Krückmann 1930 zusammen.200 Diese Prognosen teilten andere nicht: Ebel etwa erwartete keine nennenswerte Belebung der Bautätigkeit durch die Wiedereinführung des StWEs, weil nur eine Minderheit über das erforderliche Kapital verfüge und selbst aus dieser Personengruppe all jene ausgeschieden werden müßten, die lieber doch weiter auf ein Einfamilienhaus sparen wollten oder aus anderen Gründen einer Mietwohnung den Vorzug gaben.201 Schließlich verkehrten sich die Hoffnungen sogar in ihr Gegenteil: Von einem „großzügigen“ nationalsozialistischen Wohnbauprogramm versprach sich Steimle abnehmendes Interesse an den „engen, stickigen Kleinstadtwohnungen, um die es sich bei StWE meist handelt“202, und stellte damit eine höhere Wohnqualität über den Massenwohnbau. „Selbst Bewohner städtischer Mietswohnungen“ würden sich bei Schwarzwaldurlauben von den dortigen Stockwerkseigentums-Wohnverhältnissen „mit Grausen abwenden und ihre Vorstellungen von ländlicher und kleinstädtischer Naturverbundenheit grausam zerstört sehen.“203 Hier zeigt sich besonders deutlich die immer wieder zu beobachtende Unfähigkeit, das Rechtsinstitut als solches von konkreten, auf seiner Grundlage beruhenden Wohnverhältnissen zu unterscheiden. Tatsächlich brachte der Nationalsozialismus aber keine Vermehrung hochwertigen Wohnraums, sondern aufgrund des verlorenen Krieges abermals Wohnungsnot. In der neu entflammenden Diskussion wiederholten sich daher zum Teil die Argumente der Zwischenkriegszeit, sodaß man, wüßte man nicht das Erscheinungsjahr der jeweiligen Publikation, aus deren Inhalt oft kaum eine zeitliche Zuordnung vorMeyer, StWE 1930, S. 7 f. Meyer, StWE 1930, S. 3. – Es ist übrigens interessant zu beobachten, wie sich die Einstellung zum StWE in Abhängigkeit auf die gesamt- wie auch bauwirtschaftliche Lage ändern konnte: In den 1850er-Jahren war dem StWE vorgeworfen worden, es würde „die bei der großen Vermehrung der Bevölkerung so wünschenswerthe Baulust gehemmt“, nun erwartete man sich bei veränderter Gesamtwirtschaftslage durch das gleiche Rechtsinstitut eine Ankurbelung der Bauwirtschaft: RR 1445 / 1857 (entspricht 1230 / 1857): HHStA, Reichsrat / Gremialakten, Karton 179. 200 Krückmann, StWE, S. 720. 201 Ebel, Frage, S. 86. 202 Steimle, Wiedereinführung, S. 357; Steimle, Frage, S. 101. 203 Steimle, Wiedereinführung, S. 357; Steimle, Frage, S. 102. Es ist dies eine von mehreren offenen Anspielungen auf die positive Sicht von Kuntze. 198 199

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nehmen könnte. Beispielsweise motivierte Hans Diester sein Eintreten für das StWE mit dem Fehlen öffentlicher Mittel für den Wohnbau, an deren Stelle privates, daher nach Wertbeständigkeit und Sicherheit verlangendes Sparkapital treten sollte.204 Doch neben der Hoffnung auf Überwindung der Finanzprobleme205 gewannen andere Aspekte an Bedeutung, weil im Unterschied zur Zwischenkriegszeit nun großflächige Zerstörungen durch den Bombenkrieg zu beklagen waren. Einerseits brachte der Wiederaufbau kriegszerstörter Häuser ein juristisches Çhaos“ mit sich: Viele Mieter bauten nämlich, ohne die Eigentümer zu fragen, auf eigene Kosten206 und zahlten keine Miete; durch Mietvorauszahlungen und Baukostenzuschüsse verwickelten sich die vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen Eigentümern und Mietern immer mehr. Dabei drohte vor allem den – in der Regel ungesicherten – Mietern erheblicher Schaden. Geriet der Vermieter in Zahlungsschwierigkeiten, so hatte ein „Aufbaumieter“ meist das Nachsehen: Mietvorauszahlungen waren gegenüber allfälligen Erwerbern oder Konkursgläubigern des Vermieters sowie bei Zwangsverwaltung unwirksam, sodaß der Mieter vor dem Bezug der von ihm finanzierten Wohnung deren anderweitige Vermietung befürchten mußte.207 Neben der Begründung von Hypotheken mit einem im Darlehensvertrag zugesicherten „Wohnungsnutzungsrecht“, also der Koppelung eines Hypothekardarlehens an einen während der Laufzeit des Darlehens unkündbaren Mietvertrag, schien nun ein – wenigstens unechtes – StWE als Alternative zu riskanten Zahlungen, wobei nicht zuletzt der Begriff des „Eigentums“ einen positiven Klang hatte.208 Vorstellbar waren auch verschiedene Varianten für unterschiedliche Fallkonstellationen: Für die „Wiederherstellung beschädigter Häuser“ wollte Heinrich Klang ein modifiziertes Wohnungsrecht zur Verfügung stellen, für die Herstellung von Neubauten aber das StWE wiederzulassen.209 Andererseits schien das StWE auch aus städtebaulichen Gründen für den Wiederaufbau besonders empfehlenswert. Bei der Neuplanung der zerstörten Städte wurden nämlich Straßen verbreitert oder verlegt, wodurch es zu einer Verkleinerung der Bauparzellen teils in einem solchen Ausmaß kam, daß eine Bebauung unmöglich oder zumindest unrentabel wurde. Mußte man nun die bisherigen Grundeigentümer im Rahmen eines Zusammenlegungsverfahrens zwangsweise zusammenDiester, S. 52. Louis, S. 183; Bökelmann, S. 1712; Wirths, StWE, S. 27; Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 5; Henning, S. 301, Schwarzacher, S. 99. 206 Schwarzacher, S. 99, machte übrigens für die Tatsache, daß die Mieter das für den Wiederaufbau erforderliche Kapital hatten, die Hauseigentümer aber nicht, die „volkswirtschaftlich verfehlte Mietenpolitik“ verantwortlich. 207 Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 18; Diester, S. 53. Lange, S. 205, stellte dazu ungeschminkt fest: „Es gibt zahlreiche Schwindler, die mit dem Aushängeschild eines Ruinenaufbaues Arglosen das Geld abnehmen“. – Baukostenvorschüsse waren schon in der Zwischenkriegszeit als ungeeignet zum Ersatz des StWEs erkannt worden: Ruth, Wohnungsrecht, S. 245. 208 Lange, S. 205 f.; Dittus, S. 11. 209 Klang, Wohnungsrecht, S. 229. 204 205

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schließen, so hätte StWE die Möglichkeit geboten, ihnen eine im Vergleich zu Bruchteilseigentümern selbständigere Stellung einzuräumen und zugleich ihr „ererbte[s] Gefühl des Besitzes“ zu befriedigen.210 Aufgrund dieser besonderen Vorteile für den Wiederaufbau sollten „leichtere Nachteile“ wie eine „etwaige Mehrbelastung von Behörden oder Kreditanstalten ( . . . ) in Kauf genommen werden“.211 Letzteres verweist auf ein wiederholt vorgebrachtes Argument gegen das StWE, nämlich die Annahme, das Rechtsinstitut sei nicht als Grundlage hypothekarischer Belastungen geeignet. Während nämlich die Befürworter des StWEs hofften, den „Bausparkassen würde ein neuer Zweig ihrer Tätigkeit erwachsen ( . . . ), wenn sie Sparverträge für zukünftige Stockwerks-Eigentümer abschlössen“212, befürchteten die Gegner „eine Zersplitterung der Kräfte“, weil diese Kapitalien den Banken entzogen würden213, und beriefen sich auf Signale aus der Kreditwirtschaft. Schon 1948 verwies das Zentraljustizamt für die britische Besatzungszone der Bundesrepublik in dieser Hinsicht auf eine Tagung von Hypothekenbankdirektoren, bei der sich Skepsis gegenüber der Beleihbarkeit von StWE gezeigt habe.214 1950 hielt es Lütge aufgrund von Gesprächen mit Angehörigen der Kreditwirtschaft für unwahrscheinlich, daß für den Bau von Stockwerkseigentum Kredite vergeben würden: Die Belastung eines relativ kleinen Objekts, die vergleichsweise hohen Verwaltungsfixkosten der Kreditinstitute sowie Zweifel an dem bei allfälliger Vollstreckung erzielbaren Preis schienen dafür ursächlich. Dabei ist die zeitgenössische Vorstellung zu berücksichtigen, daß ein Stockwerkseigentümer aufgrund einer „mieterschutz-ähnlichen“ Position im Vollstreckungsfall nicht aus seiner Wohnung zu entfernen wäre: „Damit aber fällt jedes noch so sorgfältig ausgebaute Rechtsgebilde mangels wirtschaftlicher Realisierungsmöglichkeiten in sich zusammen.“215

2. Stockwerkseigentum und Mietrechtsreform Besonders in der Zwischenkriegszeit – und hier vor allem bis 1930 – wurde das StWE gemeinsam mit Problemen der Mietrechtsreform untersucht. So beschäftigte sich der 33. Deutsche Juristentag 1924 mit dem StWE aus Anlaß der Frage: 210 Henning, S. 301; vgl. Diester, S. 52 f. („Wohnungseigentum“ sei die „beste Form der Abfindung für die durch Zusammenlegung fortfallenden Grundstücksteile.“); Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 17 f. 211 Diester, S. 53. 212 Wirths, StWE, S. 27; vgl. Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 9. 213 Hesberg, S. 343. 214 Bärmann, S. 68. 215 Lütge, Streit, S. 56; Wicher, S. 623 f.; O. Hagemann, S. 398. Hesberg, S. 343, schien es zweifelhaft, „ob die Träger des Realkredits bereit sein werden, solche Objekte in gleicher Weise zu finanzieren, wie den in einer Hand befindlichen Gebäudebesitz“; im besten Fall erwartete er höhere Zinsen durch „eine wesentliche vermehrte Verwaltungsarbeit“ sowie aufgrund höherer Risiken, wie z. B. „Schwierigkeiten ( . . . ) bei der Durchführung von Zwangsmaßnahmen“.

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„Welche Richtlinien sind für die zukünftige Gestaltung des Wohnungsmietrechts aufzustellen?“216 Einer der Berichterstatter, Heinrich Klang, empfahl, „neben der Reform der schuldrechtlichen Wohnungsmiete durch Wiedereinführung des StWEs oder einer ähnlichen Rechtsform Einrichtungen zu schaffen, durch welche die reale Teilung von Wohngebäuden und der Erwerb voller Sachherrschaft durch den Inhaber einer nicht das ganze Gebäude erfüllenden Wohnung ermöglicht wird.“ Über solche Fragen nachzudenken schien ihm notwendig, wenn man „in der Reform des Mietrechts ganze Arbeit leisten“ wolle.217 Tatsächlich zeigen sich, überblickt man die Diskussionen, wiederholt Zusammenhänge zwischen StWE und Mietrechtsreform, wobei sich mehrere Aspekte unterscheiden lassen. Einerseits wurde der Entfall des StWEs in den Augen mancher Zeitgenossen durch einen verstärkten Mieterschutz ausgeglichen, der den Hauseigentümer zu einem „Angestellten der Mieter“ absinken ließ. Schon 1920 kommt eine solche Sichtweise in einer Äußerung von Seiten der SPD zum Ausdruck: „Wer eine Wohnung [als Mieter] innehat, ist heute eigentlich nicht mehr ihr Mieter, sondern ihr Besitzer. Denn was heißt Besitz? Die dauernde rechtmäßige Innehabung einer Sache, die mir niemand nehmen darf.“218 Dementsprechend erschien das Mietrecht zunehmend als Vermögenswert. So hielt es Kunwald für falsch, mangelnde Liegenschaftserträge zu beklagen; eine Rente bestehe nach wie vor, doch fließe sie „dem mietvertragsgemäßen Inhaber der Wohnung“ zu.219 Von dieser Erkenntnis ausgehend, ließ sich die Entwicklung vom Mietrecht in die Richtung eines dem StWE verwandten Rechtsinstituts steuern. „Das Privileg der Mieter von 1917 und der übrigen nachträglichen Teilhaber dieses Privilegs bildet heute einen wirklichen Vermögensbestandteil dieser Mieter. Es ist zwar ein Privileg, ein Recht an fremdem Eigentum, das sie als solches und nicht anders rechtlich empfinden; aber es ist ein Privileg, das sie erworben haben, ein Vermögenswert, den sie genießen und mit dem sie wirtschaftlich seit Jahr und Tag rechnen.“ Daher sollte man, so schlug Kunwald vor, die Kündigungsbeschränkungen „positiv und klar als Eigenrechte“ feststellen und dem Mieter den „Vermögenswert des Wohnungsrechtes ( . . . ) rechtlich ( . . . ) geben“. Im Rahmen eines sich entwickelnden Wohnungs- und Ablösungsmarktes sollten die marktgerechten Ablösungserträge für die quasi-dinglichen „Mieterschutzrechte“ die Mieter in die Lage versetzen, echtes Eigentum zu erwerben, indem sie „diese Ablösungen zur Anzahlung auf ein Eigenhäuschen ( . . . ) verwenden“. Damit könnte über Umwege aus dem Mietrecht ein Wohnen im Eigentum entstehen.220 Was Kunwald programmatisch entwickelte, war in der Praxis freilich schon existent. Pointiert beklagte Mosing diesen „Weg der getarnten Expropriation des Hauseigentümers“: „Die Mietengesetzgebung der NachkriegsVerh.33.DJT, S. 165 ff. Verh.33.DJT, S. 170. 218 Zitiert nach Führer, S. 237. Vgl. zur Stellung des Hauseigentümers unter diesen Bedingungen Ruth, Wohnungsrecht, S. 244. 219 Kunwald, S. 11. 220 Kunwald, S. 17 f., S. 21 f. 216 217

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2. Teil: Geschichte des Stockwerkseigentums

zeit hat die Institution der Miete völlig wesenswidrig mit so viel Erweiterungen der Rechte der Mieter durchsetzt, dass die Mieter nachgerade bereits ein Eigentum an ihrer Wohnung zu besitzen glauben und sie daher – trotz aller moralischen Stigmatisierung durch das Gesetz – ohne weiteres verkaufen. Es steht daher bei uns ,einfach‘ so, dass man eine Wohnung zwar mieten, aber nicht kaufen darf, sie aber trotzdem kauft, um sie zu mieten.“221 Noch 1947 sah Schwarzacher die Mietengesetzgebung als Ausdruck eines im „Unterbewußtsein“ des Volkes „weiterschlummern[den]“ Rechtsbegriffs, nämlich der „Gewere“: Aus dem obligatorischen Mietrecht sei ein vererbliches und wegen der Wohnungsablösen de facto auch veräußerliches Nutzungsrecht entstanden. Um diese „volkswirtschaftlichen Schäden des Mietenrechtes“ zu beseitigen, sollte der ehrlichere Weg einer Wiederzulassung von StWE beschritten werden.222 Sie war auch für die Hauseigentümer vorteilhaft, die sich unter der Herrschaft des Mieterschutzes auf die „Stellung eines ziemlich einflußlosen und vielleicht schlecht bezahlten Hausverwalters“ reduziert sahen, während sie beim Verkauf von StWE ihr Kapital wieder investieren konnten.223 Andererseits konnte das StWE in einem weiteren Zeitrahmen auch als Vollendung einer durch die Mieterschutzgesetzgebung bloß beschleunigten Entwicklung angesehen werden, die der Miete im allgemeinen eine „ständige Tendenz zur Verstärkung der Rechtsstellung des Mieters“ und zur „Umbildung seiner schuldrechtlichen Stellung in Sachherrschaft“ unterstellte.224 Vor diesem Hintergrund erschien das StWE geradezu als Weiterführung des Mietrechts mit anderen Mitteln. Der Kündigungsschutz der obligatorischen Wohnungsmiete würde „zwangsläufig“ zum nächsten Schritt, der Begründung eines dinglichen Rechtes, führen.225 Aus diesem Blickwinkel war gerade das Verbot des StWEs für die Auswüchse des Mietrechts verantwortlich, das nur deshalb eine ungesunde Entwicklung genommen hätte, weil die gesunde abgeschnitten worden war. In diesem Sinne zeigte sich Mosing überzeugt, daß man „viele Torheiten der Mietengesetzgebung hätte vermeiden können, wenn rechtzeitig ein modern konstruiertes Institut des Stockwerks- und Wohnungseigentums allen jenen Mietern zur Verfügung gestellt worden wäre, die sich vor einer schikanösen Delogierung und ihren finanziellen Konsequenzen 221 Mosing, Wohnbauförderung II; Mosing, Wohnungseigentum, S. 26 f.; Mosing, StWE, S. 3 f. Zur Abstellung dieser Mißstände wurde später sogar eine Wiederholung der Grundentlastung angeregt: Faistenberger / Barta / Call, Gedanken zur Mietrechtsreform, in: ÖJZ 1980, S. 487; vgl. Pichler, Eigentum, S. 24. 222 Schwarzacher, S. 99 f., empfahl für dessen Regelung eine sinngemäße Anwendung der Bestimmungen über Agrargemeinschaften, weil diese ebenfalls „deutschrechtlichen“ Ursprungs seien. Nicht bekannt war ihm der Umstand, daß mit vielen materiellen Anteilen Mitgliedschaftsrechte in Agrargemeinschaften verbunden sind, deren innere Ordnung den Betroffenen also bekannt gewesen wäre. Ablehnend zu Schwarzachers Idee Fuchshuber, S. 110. 223 Ruth, Wohnungsrecht, S. 244. 224 Klang in: Verh.33.DJT, S. 243. 225 Ebel, StWE, S. 162. In diesem Sinne sprach sich 1937 auch ein Artikel in der Bayrischen Mieter-Zeitung aus; über ihn berichtet Schubert, Einleitung, in: ADR III / 3, S. 19 f. 226 Mosing, Wohnungseigentum, S. 27; Mosing, StWE, S. 4.

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fürchteten und ein absolutes Recht an ihrer Wohnung erwerben wollten.“226 Besonderes Interesse am StWE erwartete man daher von Seiten der Gewerbetreibenden und freien Berufe, da diese durch Kündigung „ihre oft in jahrelanger Arbeit geschaffene Existenz verlieren“ würden.227 Tatsächlich hatte sich aber der Mietausschuß des deutschen Hauptverbandes des Einzelhandels in den Zwanzigerjahren gegen die Wiederbelebung des StWEs ausgesprochen: Nur „sehr wenige“ Kaufleute wären „in der glücklichen Lage“, über die zum „Erwerb der benötigten Geschäftsräume“ erforderlichen Mittel zu verfügen. Kündigungsbeschränkungen für Mietverhältnisse seien daher „wichtiger und technisch wie auch rechtlich weit einfacher durchzuführen“. Diese Argumentation kommentierte Ruth mit einem zynischen „Sicherlich! Warum soll man erst kaufen, was man mit Hilfe des Gesetzgebers umsonst zu erlangen hofft.“228 Wenn das Verbot von StWE für die Auswüchse des Mietrechts verantwortlich war, so konnte die Wiederzulassung der materiellen Teilung als Steuerungsinstrument zu deren Zurückdrängung empfohlen werden. Mit StWE könnte man „dem berechtigten Verlangen der Mieter nach einem gesicherten Eigenheim ein Ventil öffnen“ – das Rechtsinstitut erschien daher als Voraussetzung, geradezu als „Schlüssel“ zur Abschaffung der „Zwangswirtschaft für Mietverhältnisse“.229 In diesem Sinne wurde das StWE auch nach dem Zweiten Weltkrieg in einen Zusammenhang mit der Mietrechtsdiskussion gestellt. Es erschien als Weg, „den schon seit langem bestehenden Mieterschutz zu legalisieren und damit auch dem Mieter die Pflichten des Hauseigentümers aufzuerlegen“.230 Zugleich galt der Mieterschutz als Hindernis für die Verbreitung und das Populärwerden des neuen Wohnungseigentums, sodaß man erst mit dem Rückgang des Mieterschutzes einen verstärkten Bedarf an Eigentumswohnungen erwartete.231 Schließlich ist noch ein dritter Zusammenhang zwischen dem StWE und dem geschützten Mietrecht zu nennen. Durch die Verschärfung des Mieterschutzes verlor das Argument an Boden, StWE sei eine Quelle von Streitigkeiten.

227 Ebel, Frage, S. 86 f., meinte in diesem Zusammenhang, es sei für einen Geschäftsinhaber „von entscheidendem Wert ( . . . ), an der Stelle, an der er sich eine Kundschaft geschaffen habe, auch dauernd bleiben zu können“. Schon Meyer hatte diesen Aspekt betont; die Wirtschaftstreibenden könnten „ohne Sorge vor einer etwaigen Kündigung ihr Geschäft entwickeln“ könnten wären durch Zinssteigerungen nicht mehr erpreßbar: Meyer, StWE 1930, S. 15. 228 Ruth, Wohnungsrecht, S. 247. Allerdings gab es noch 1935 den Vorschlag, lieber kein StWE einzuführen, sondern bei der Miete „die Handhabung des Kündigungsrechts ( . . . ) zu veredeln“: Herschel, S. 491. 229 Ruth, Wohnungsrecht, S. 247 f. 230 Wirths, StWE, S. 28; vgl. Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 9. 231 Fuchshuber, S. 110. 232 Zaun, S. 211 ff.; Motive III, S. 45; Thun, S. 44 f.; vgl. unten 4. Teil, § 6 J.

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3. Das Stockwerkseigentum als „Quelle“ von Streitigkeiten Schon im 19. Jahrhundert war eine besondere Streitanfälligkeit des StWEs behauptet worden. Sie motivierte die ablehnende Haltung der Schöpfer des BGB und wurde in weiterer Folge durch wiederholte Übernahme der dabei gebrauchten Formulierungen geradezu kanonisiert.232 Die „Quelle fortwährender Streitigkeiten“, so die Diktion der BGB-Motive, wurde dabei jedoch eher logisch konstruiert als empirisch nachgewiesen. Dessen ungeachtet warnten die Gegner des StWEs gebetsmühlenartig vor „Streitigkeiten und Unzuträglichkeiten“ des Rechtsinstituts, das ihnen als „eine verzweifelte und gänzlich unbefriedigende Notlösung“ erschien, wie sie stets nur „in den ärgsten Krisenzeiten positiv beurteilt“ würde.233 Dabei hatte man schon bei den Arbeiten am BGB dem StWE das Mietrecht gegenübergestellt und als dessen Vorteil betont, daß die Probleme des Mehrparteienhauses „in dem Falle der Miethe ihr Korrektiv durch das Recht der Betheiligten [finden], nach Ablauf einer gewissen Zeit das Verhältniß zu lösen“. Bei StWE bestünde hingegen eine „indivision forcée“.234 Diese Argumentation mußte nach den jahrelangen Erfahrungen mit dem Mietrecht und insbesondere den Problemen des Mieterschutzes ihre Bedeutung verlieren. Schon vor dem Zweiten Weltkrieg wies etwa Mosing darauf hin, daß „Jahr für Jahr Tausende von Mietprozessen abgeführt werden, ohne dass jemand sich veranlasst gesehen hätte, deshalb das Institut der Miete als solches aufzuheben“.235 Noch weiter ging Meyer, nach dessen Ansicht das StWE wenigstens die zwischen Vermieter und Mietern wegen der Instandhaltung entstehenden Streitigkeiten vermeiden konnte.236 1948 erschien der „in Deutschland übliche Mietvertrag“ als „eine Quelle von ganz erheblichen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien“237, „Reibereien“ würden sich „überall zwischen Eigentümern und ihren Mietern sowie ( . . . ) ihren Untermietern abspielen“238. Dabei konnten aufgrund des Mieterschutzes selbst unverträgliche und gemeinschaftsunfähige Mieter kaum mehr gekündigt werden; das Mietrecht näherte sich damit der einst am StWE kritisierten „indivision forcée“. Zunehmend erkannte man auch, daß Probleme des täglichen Zusammenlebens – fahrlässig verstopfte Toiletten oder aus dem Fenster entleerte Aschenbecher – „zwischen Mitmietern

So O. Hagemann, S. 397. Motive III, S. 45. In diesem Sinne verwies z. B. Hesberg, S. 344, auf die Möglichkeit eines „Räumungsurteil[s]“. 235 Mosing, Wohnbauförderung II; Mosing, StWE, S. 3. Bei Mosing, Wohnungseigentum, S. 25, sind es sogar „Zehntausende von Mietprozessen“. 236 Meyer, StWE 1930, S. 10 f. Auch auf diesen Problemkreis wirkte sich das Mietrecht aus, weil es zeigte, daß Benützung und Erhaltung allgemeiner Gebäudeteile gesetzlich geregelt werden können: Sokolowski, S. 20 f. 237 Freyer, S. 85. 238 O. Hagemann, S. 397. 233 234

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ebensogut ( . . . ) wie zwischen Miteigentümern“ vorkommen könnten; davor „schützt keine Rechtsform“. Vor diesem Hintergrund konnte der einstige Nachteil des StWEs zurücktreten und durch den Vorschlag, bei der Wiederzulassung des Rechtsinstituts gesetzliche Modifikationen vorzunehmen, sogar zu einem Vorteil ausgebaut werden: Bei einem „abgewandelten Stockwerkseigentum“ könnte man sich „unerzogener Miteinwohner ( . . . ) leichter entledigen, als nach Mietrecht“. Während man hier nämlich „den Weg über den Vermieter“ nehmen müßte, den man zur Kündigung eines anderen Mieters nicht zwingen könne, würde ein neugestaltetes StWE die Möglichkeit bieten, „unmittelbar gegen ein räudiges Schaf vor[zu]gehen“.239 Die Ausschlußklage des Wohnungseigentumsrechts warf also ihre Schatten voraus240, während Streitigkeiten bei StWE fast in Vergessenheit gerieten: Bärmann schienen sie 1958 „beinahe unbeachtlich“.241

4. Das Eigentum und sein sozialer Wert Zwar hatte der Mieterschutz die Position der Mieter gefestigt, doch mußte ihnen eine Lockerung dieser Normen angesichts ihrer Finanzlage besonders bedrohlich erscheinen. Aufgrund der Inflation der Nachkriegsjahre hatten ihre Ersparnisse nämlich an Wert verloren. Während die Mieter also davon auszugehen hatten, daß sie „für ihr ganzes Leben auf ein eignes Haus verzichten“ müßten, hatte ihr „Vermieter sein Vermögen über die Inflation gerettet“.242 Vor diesem Hintergrund mußte nicht nur der Mieterschutz nahezu als Ausdruck ausgleichender Gerechtigkeit angesehen werden, auch das StWE rückte mit dem Argument der „sicheren Vermögensveranlagung“ in den Blickpunkt.243 Meyer formulierte die Gefühle der Inflationsverlierer: „Wäre das StWE bereits vor dem Kriege eingeführt worden, so würden heute zahllose Mieter sagen können: ,Wir haben wenigstens unser Heim für uns und die Kinder gerettet‘.“244 Angesichts abermals drohender Geldentwertung begnügte man sich aber nicht nur mit wehmütigen Hypothesen, sondern zog aus den Erfahrungen der Vergangenheit rechtspolitische Folgerungen für die Zukunft. Bevor die nächste Inflation die restlichen Ersparnisse vernichte, sollte man es jenen, die sich kein „ganzes Haus“ leisten konnten, ermöglichen, wenigstens „ein Stockwerk als unverlierbares Eigentum zu erwerben.“245 239 Krückmann, StWE, S. 723 („Die früher unnötigerweise gehegten, jedenfalls erheblich überschätzten Bedenken schlagen also nicht durch.“). Vgl. unten 4. Teil, VIII. 240 Vgl. m. w. N. Faistenberger / Barta / Call, Rz 1 zu § 22 WEG 1975. 241 Bärmann, S. 62. 242 So Möller, S. 64. 243 Lefford, S. 7; Möller, S. 82 f., meinte, daß bei stärkerer Verbreitung von Immobilienbesitz „das deutsche Volk wirtschaftlich gesünder“ geblieben wäre. 244 Meyer, StWE 1930, S. 8. 245 Meyer, StWE 1930, S. 8.

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Daneben wurde das Eigentum auch als sozial stabilisierendes Institut angesehen.246 In diesem Sinne äußerte sich Klang 1924 kritisch über die Miete als bis dahin wichtigste Rechtsgrundlage des Wohnens. Sie sei entweder von der „Ausbeutung kraft des Monopols des Bodenbesitzes oder seiner durch die Mieterschutzgesetzgebung geschaffenen Umkehrung“ gekennzeichnet, woraus vielfach „Erbitterung“ resultiere. StWE vermeide diese Extrempositionen und sei daher besonders zur „Verminderung der sozialen Spannungen“ geeignet.247 Dieser gesellschaftlich-ideologische Aspekt überflügelte bald den materiellen. Von einem „nationalsozialistischen Standpunkt“ schien es erwünscht, „daß möglichst viele deutsche Volksgenossen zu Eigentümern eines wenn auch noch so kleinen Stückchens“ Land werden, um ihnen damit „bleibendes Heim und zugleich einen bescheidenen Anteil an der deutschen Erde“ zu sichern.248 Dieses Argument übte zwar auf führende nationalsozialistische Juristen wie etwa Roland Freisler keine geringe Attraktivität aus, wurde jedoch mehrfach bestritten, wobei darin eine nicht geringe Widersprüchlichkeit zutage tritt: Selbst wer die Diagnose teilte, daß „der Liberalismus ( . . . ) den deutschen Menschen weitgehend entwurzelt“ habe und die Deutschen „nur dann wieder ein Volk im tiefsten Sinne des Wortes werden“ könnten, wenn es gelänge, „diesen Zustand zu überwinden“, mußte im StWE noch lange nicht die geeignete Therapie sehen. So bezweifelte Herschel, daß eine Besserung durch „formal-juristische Dinge“ herbeigeführt werden könnte. Die Forderung nach Wiedereinführung von StWE entspringe auch gar nicht „volkstümlichem Rechtsempfinden“, sondern nur „theoretischen Überlegungen“, wobei es fraglich sei, ob das Rechtsinstitut „wirklich zu den Grundsätzen der deutschen Rechtserneuerung paßt.“ Diese stelle nämlich nicht auf das Individuum und seine Interessen ab, „sondern auf die Gemeinschaft“.249 Gerade für sie wäre das StWE aber eine große Gefahr: Aufgrund häufiger Streitigkeiten „könne man keineswegs von einer Förderung der Volksgemeinschaft durch StWE sprechen“250, da „die Menschen dieselben geblieben sind und immer sein werden“251 – der Glaube an einen neuen Menschen war also nicht besonders ausgeprägt. Doch auch ohne Streitigkeiten stand das StWE im Konflikt mit nationalsozialistischen Grundsätzen, war doch eine „einheitliche straffe Führung dieser Gemeinschaft“ schwer vorstellbar.252 Vgl. für die Diskussion über das Einfamilienhaus Zimmermann, Wohnungsfrage, S. 39. Klang in: Verh.33.DJT, S. 243. Noch in den Dreißigerjahren propagierte Möller, S. 83, das StWE als Mittel einer „Befriedung des sozialen Lebens“. 248 Meyer, StWE 1935, S. 1353; Steimle, Wiedereinführung, S. 357, und Steimle, Frage, S. 102 (jedoch ablehnend). 249 Herschel, S. 487 ff.: Hitler habe in „Mein Kampf“ zwar „,die geringe Verbundenheit‘ des Großstadtmenschen mit seinem Wohnort beklagt“, dabei aber nicht konkrete Eigentumsgestaltung im Auge gehabt. 250 Steimle, Wiedereinführung, S. 352, S. 356; Steimle, Frage, S. 96, S. 101. 251 Steimle, Frage, S. 104. 252 Herschel, S. 489. 246 247

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Schließlich hatte das StWE auch noch einen praktischen Nachteil für das nationalsozialistische Deutschland. Zwar wünschte man sich den bodenverbundenen Menschen, doch konnten es wirtschaftliche Veränderungen notwendig machen, „daß zahlreiche Volksgenossen ihren Arbeitsplatz wechseln“, wodurch sich „nicht selten zugleich Zwang zum Wohnungswechsel“ ergeben würde. Insbesondere dachte man an die Möglichkeit, daß „sich der Standort der Werke und Industrien verlagert“. Daher sollte „Vorsorge getroffen werden, daß die minderbemittelten Volkskreise sich nicht wohnungsmäßig zu sehr festlegen“.253 Damit setzte sich eine Argumentationslinie fort, die schon 1859 nachweisbar ist. Auch damals warnten Kritiker davor, die Arbeiterbevölkerung zu sehr „an das eigene Haus“ zu binden, weil die „Fabrikarbeiterfamilien“ sonst „fast ohne Widerrede der Willkür des einen nahen Fabrikherrn untergeben“ wären, geradezu als eine „neue Art glebae adscripti.“254 Im gleichen Sinne äußerte sich 1872 Friedrich Engels; 1899 war eine solche Argumentation von SPD-Seite im deutschen Reichstag zu hören.255 1935 gestand selbst einer der prononciertesten Befürworter des StWEs, Wilhelm Meyer, zu, daß es Personen gäbe, die wegen Mobilitätsanforderungen auf einen Mietvertrag nicht verzichten könnten256, und auch nach 1945 erschienen „Starrheit und lästige Bindung“ als Nachteile des StWEs. Nun aber dominierte die individuelle über die gesellschaftliche und gesamtwirtschaftliche Perspektive. Im Vordergrund stand also der Nachteil, daß die Eigentümer materieller Gebäudeteile im Gegensatz zu Mietern nicht flexibel auf geänderten Raumbedarf etwa durch veränderte Familienverhältnisse reagieren könnten und daher unter Umständen gezwungen wären, ihr StWE zu einem wirtschaftlich ungünstigen Zeitpunkt zu veräußern.257 Unvertretbar schien StWE auch im Hinblick auf die Idealvorstellung verbesserter „Wohnkultur“. Die materiell geteilten Gebäude seien „in keiner Weise“ mit den Forderungen in Einklang zu bringen, die vom „nationalsozialistischen Standpunkt an ein menschenwürdiges Wohnen“ gestellt würden.258 Das StWE geriet hier in einen Gegensatz zum Einfamilienhaus und zur Siedlungsbewegung. So erhoffte Ebel 1935 unter Hinweis auf einschlägige „Förderungen der Siedlungstätigkeit durch das Reich“ die „Schaffung von Eigenheimen mit Gartenland“ mit der zeittypischen Begründung, daß „auf diese Weise auch für die städtische Bevölkerung Herschel, S. 490. Knies, S. 100; über ihn vgl. Zimmermann, Wohnungsfrage, S. 43. 255 Engels, S. 18 ff.; SPD-Abgeordneter Emanuel Wurm im Deutschen Reichstag, 10. Legislaturperiode, 3. Session 1898 / 1900, III S. 2295 f.: Die „Seßhaftmachung der Arbeiterbevölkerung liegt in erster Linie nicht im Interesse der Arbeiter, sondern derjenigen Unternehmer, die, wenn sie eine an die Scholle gebundene Arbeiterbevölkerung haben, leichter in der Lage sind, die Löhne zu drücken, weil die Arbeiter sich dann nicht mehr so frei bewegen können“. Vgl. Zimmermann, Wohnungsfrage, S. 205. 256 Meyer, StWE 1935, S. 1353; verallgemeinernd Thiele, S. 1. 257 Lange, S. 207. 258 Steimle, Wiedereinführung, S. 350, S. 356; Steimle, Frage, S. 95, S. 101. 253 254

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nach Möglichkeit eine Verbundenheit mit dem Boden“ hergestellt würde.259 Selbst Befürworter des Rechtsinstituts bezweifelten, ob das StWE im Hochhaus, wie es vom Hugenberg-Entwurf vorgeschlagen worden war, ein engeres Gefühl der Verbundenheit mit dem „heimischen Grund und Boden“ herstellen könnte.260 Gegner des StWEs hielten das StWE für einen „Kompromiß(!), das keinen Anreiz ausübt“. Wenn man „sich nicht eigenen Grund und Boden leisten“ könne, so bleibe „man lieber ,Nomade‘.“261 StWE fördere als „besondere Eigentumsform für die großstädtische Citywohnung“ die Verstädterung.262 Die Zukunft gehöre jedoch, so meinte Steimle, „dem Wohnen auf eigener Scholle, in erster Linie dem Einfamilienhaus“; dieses entspreche „dem Wesen des deutschen Menschen am meisten“ und verbürge „die Verwirklichung eines deutschen Sozialismus“.263 – Der Meinungsstreit um Eigenheim oder StWE ist nicht nur aus heutiger Sicht unverständlich, sondern wurde schon von Zeitgenossen für unzulässig gehalten, die das StWE richtigerweise eher mit der Mietwohnung vergleichen wollten.264 Die zwiespältige Beurteilung durch den Nationalsozialismus war für das Rechtsinstitut jedoch längerfristig von Vorteil. Auch nach 1945 war das StWE nämlich nicht kompromittiert, sodaß manche Argumentationslinie sich nahezu ungebrochen fortsetzen konnte. Weiterhin erschien zwar das Eigenheim als „die weitaus gesündeste Form des Eigentums“265, doch war der Wunsch nach dieser besseren Alternative, wie einst durch die Inflation, unter den Rahmenbedingungen des Wiederaufbaus eine „in das Reich der unerreichbaren Ideale“ entrückte Illusion, weil man tatsächlich bloß mit der Herstellung von Mietskasernen zu rechnen hatte.266 Man erkannte aber auch, daß ein Nachgeben gegenüber dem Wunsch nach Einfamilienhäusern ein großer städtebaulicher Fehler wäre. Beim „Wiederaufbau unserer Städte“ konnte man schon aus Gründen des Platzes und der erforderlichen Infrastruktur „die mehrgeschossigen Häuser nicht durch Einfamilienhäuser ersetzen“.267 War man aus finanziellen wie städtebaulichen Gründen auch gezwungen, sich von der Vorstellung der Eigenheimsiedlung zu verabschieden, so bestand doch keine zwingende Notwendigkeit, „das Wohnungsbedürfnis der zum dichten Neben259 Ebel, StWE, S. 164 f. Tatsächlich kam der „Kleinsiedlungsbau“ etwa um diese Zeit gerade zum Erliegen: Kähler, S. 412. Zur „Siedlungsbewegung“ allgemein vgl. Kähler, S. 418 ff. 260 Meyer, StWE 1935, S. 1352. 261 Prost, S. 1380. 262 Steimle, Wiedereinführung, S. 360. Das StWE würde zwar „ein gewisses Bedürfnis“ erfüllen, doch nur „in gewissen, kleineren Kreisen der Stadtbevölkerung“, wofür aber die „Schaffung eines besonderen Rechtsinstituts ( . . . ) nicht ratsam“ wäre: Steimle, Frage, S. 108, S. 110. 263 Steimle, Wiedereinführung, S. 363; Steimle, Frage, S. 111. 264 Möller, S. 84. 265 Lütge, Streit, S. 55; für das Einfamilienhaus auch Sekerl, S. 628 f. 266 Lange, S. 207. 267 Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 17; im gleichen Sinn schon Meyer, StWE 1930, S. 8 f.

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und Uebereinanderwohnen genötigten städtischen Bevölkerung nur schuldrechtlich zu befriedigen“.268 Unverändert fand sich nach 1945 nämlich auch das Argument, StWE würde dazu beitragen, den „Städter wieder mehr bodenständig und seßhaft zu machen und ihm ein verstärktes Heimatgefühl zu ermöglichen“.269 Das „Neben-, Unter- und Übereinanderleben von selbständigen Eigentümern“ erschien im Vergleich zu einem „Miteinanderhausen von Hauptmieter und Untermietern in einer Wohnung“ zumindest als geringeres Übel.270 „Durch das Stockwerkseigentum könnte der Wunsch, unabhängig von dem Willen eines anderen ein eigenes Heim zu besitzen, auch für Minderbemittelte Erfüllung finden und dadurch zur Vermeidung oder wenigstens zur Verminderung der sozialen Spannung beitragen.“271 Dabei dachte man nicht bloß an die Stockwerkseigentümer selbst, sondern auch an einen gesamtgesellschaftlichen Effekt: Die „soziale Aufstiegsmöglichkeit vieler Mieter“ durch ein StWE könnte dazu beitragen, „das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter bei den verbleibenden Bestandrechten zu entgiften“.272 In diesem Sinne gestand Friedrich Lütge 1950 zu, daß „gewichtige sozialpolitisch-ethische Gründe für das StWE“ sprächen, und nannte in diesem Zusammenhang „Entmassung“, „Entproletarisierung“ sowie die Neubildung von Vermögen nach den Zerstörungen des Krieges.273 Wieder standen also soziale bzw. gesellschaftliche Vorteile des Rechtsinstituts neben den materiellen Aspekten einer Eigentumsbildung und -sicherung: Das nun als „Wohnungs-Eigentum“ bezeichnete Institut war „eine soziale Lösung“, ermöglichte „die besonders wirkungsvolle Art des Zwecksparens“ und führte zur „Neubildung von Eigentum des Einzelnen“. Es würde den Menschen ein Ziel geben und sie „der Mutlosigkeit, der Verproletarisierung und dem Nihilismus“ entreißen.274 Ungeachtet zahlreicher Einschränkungen durch eine starke Verwaltungsgesellschaft wurde sogar das unechte Wohnungseigentum als „echtes, festes und dauerhaftes Eigentum“ propagiert, „besser geeignet, die Leute wirklich zu Staatsbürgern zu machen, als irgend etwa anderes.“ Der „Miteigentümer an Grund und Haus“ sei „wirklich Bürger der ,polis‘“; er werde „den Zusammenhang der ,Politik‘ begreifen und sie als seine Sache ansehen, weil sie sein Eigentum angeht“. Das Wohnungseigentum hatte demnach eine „nicht zu unterschätzende politische Seite“, die „positiv“ und „staatsaufbauend“ sei.275 Sokolowski, S. 22. Dittus, S. 10 f. Er hielt für das Heimatgefühl jedoch weniger den Rechtsgrund des Wohnens als die Bauweise für ausschlaggebend; Hochbau schade, Flachbau fördere das Heimatgefühl. 270 Lange, S. 206. 271 Sokolowski, S. 22; Schwarzacher, S. 99. 272 Schwarzacher, S. 99. 273 Lütge, Streit, S. 55. 274 Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 33. 275 Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 33 f. – Als Beweis für diese politisch-sozialen Vorteile, die in Griechenland 1929 die Einführung und 1940 die Beibehaltung des StWEs motiviert hatte, nannte Plagianakos die Tatsache, „daß die Französische Revolution von 1789 in 268 269

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Dazu wurden auch durchaus radikale Vorstellungen entwickelt: Hans Mitterauer schlug in Anknüpfung an „Ideen ( . . . ), die im Mittelalter vorherrschend waren“, die Schaffung eines geradezu geteilten Liegenschaftseigentums vor.276 Dazu sollten die Hauseigentümer gegen eine jährliche Rente enteignet, die Wohnungen „in das Sondereigentum ihrer Mieter übertragen“ und diese damit auch Miteigentümer der Liegenschaft werden. Ein solcher Schritt wäre „für die Entwicklung der Volksgemeinschaft und der Persönlichkeiten und damit für die ganze Kultur von größter Bedeutung“. Eigentum an unbeweglichem Gut bedeute eine „Erweiterung der Betätigungsmöglichkeit und Schöpferkraft der Persönlichkeit“ sowie „gleichzeitig die sachliche Grundlage zur Freiheit der Persönlichkeit“; überdies erwartete Mitterauer von den Besitzenden einen größeren „Wille[n] zum Kind“ als positiven bevölkerungspolitischen Aspekt.277 – Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, daß die frühen Eigentumswohnungen geradezu als „Statussymbol“ empfunden wurden.278 5. Änderungen der Bau- und Wirtschaftsweise Eine eigene Diskussionsrichtung beschäftigte sich mit der architektonischen Seite des Problems StWE. Schon in der Zwischenkriegszeit verbreitete sich die Vorstellung, es könne die – angenommene – „primitive wa[a]gerechte Teilung des früheren Rechts nicht einfach wieder eingeführt werden, mit ihr ist es vorbei und muß es vorbei sein“.279 Vielmehr sollten „Reibungen der Stockwerks-Eigentümer untereinander“ durch „neue Formen in Grundriß und Bauausführung“ vermieden werden, wozu es insbesondere gehörte, die „gemeinsam zu benutzenden Gebäudeteile und Einrichtungen auf ein Mindestmaß zu beschränken“.280 In diesem Sinne wurden statt eines gemeinsamen Stiegenhauses eigene Zugänge und Treppenaufgänge empfohlen; als fast perfekte Lösung erschien das Laubenganghaus.281 Waschküchen, Dachböden und Keller, die „nicht für alle Zeiten notwendiges Zubehör zu einer Wohnung“ sein müßten, sollten durch Dachgeschoßausbauten mit Grenoble, wo das Rechtsinstitut des StWEs bereits existierte, milde vonstatten“ gegangen sei: Plagianakos, S. 142 f. – Auch für das StWE trifft demnach zu, was Clemens Zimmermann für die Diskussion über das Kleinhaus festgestellt hat: „Es ( . . . ) basierte generell auf dem Verständnis von Wohnreform als Mittel gesellschaftlicher Stabilisierung“: Zimmermann, Wohnungsfrage, S. 39. 276 Mitterauer, S. 19. 277 Mitterauer, S. 21, S. 24 f. 278 So die Zusammenfassung einer Anfang der Sechzigerjahre in Wien durchgeführten „tiefenpsychologischen Untersuchung“ der Landesgruppe Wien des Österreichischen Akademikerbundes: Günzl, S. 12 f. 279 Krückmann, Wohnungsnot, S. 1926. Ähnlich Diester, S. 53, der meinte, StWE hätte „vornehmlich in den veralteten und hierfür ungeeigneten Häusern Süddeutschlands“ zu Streitigkeiten geführt. 280 Wirths, StWE, S. 28; vgl. Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 9. 281 Meyer, StWE 1930, S. 13; Hesberg, S. 344; vgl. zu diesem Haustyp Kähler, S. 374 ff.

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Flachdächern sowie die Schaffung von Abstellräumen innerhalb der Wohnungen ersetzt werden.282 Diese architektonischen Veränderungen erforderten auch einen Wandel in der Wirtschaftsweise, der zum Ausdruck einer umfassenden Modernisierung stilisiert wurde. Gab es keine Waschküchen und Trockenräume mehr, so sollte eine „Waschanstalt“ mit moderner Technik die Arbeit erleichtern; verzichtete man auf gesonderte Keller, so genügte es nicht, Abstellräume zu schaffen, sondern man mußte die Haushalte überzeugen, sich von Lebensmitteleinlagerung auf regelmäßige Lieferungen umzustellen.283 In diesem Zusammenhang wurde das StWE als nahezu optimale Form moderner Haushaltsführung präsentiert. Eine „im Berufe tätige Frau“ könne sich nicht „um ein ganzes Haus kümmern“; „andere, die seit dem Zusammenbruche Deutschlands kein Mädchen mehr halten können, würden sich gern dem dienstbotenlosen Haushalte nach amerikanischem Vorbilde anpassen und sich mit einem Geschosse begnügen“.284 Diese Verhältnisse schienen überhaupt als Inbegriff des modernen und durchtechnisierten Haushalts in einem vollgewarteten und Serviceeinrichtungen anbietenden Haus.285 Nach 1945 stand wieder die bauliche Seite im Vordergrund; StWE wurde zur architektonischen Herausforderung.286 Neubauten sollten so gestaltet werden, „daß wenig Reibungsmöglichkeiten unter den einzelnen Eigentümern oder Mietern auftreten können.“287 Den Architekten wurde die Aufgabe zugeschrieben, „durch geeignete Vorschläge“ insbesondere entsprechender Hausformen und -grundrisse „die noch vorhandenen rechtlichen Bedenken allmählich zu zerstreuen“.288 Die „Westdeutsche Rundschau“ veranstaltete zu diesem Zweck sogar ein Preisausschreiben, bei dem 83 Arbeiten eingereicht wurden. Sie waren alle vom Gedanken der „Trennung der Wohnungen“ und der „Ausschaltung von gegenseitigen Störungen“ getragen289 und spiegelten damit die sich abzeichnende legislative Entwicklung zum Wohnungseigentum wider.290

Meyer, StWE 1930, S. 13 f. Meyer, StWE 1930, S. 13. 284 Meyer, StWE 1930, S. 11. 285 Stoehr, S. 734 f. 286 Vgl. Bärmann, S. 63 ff. 287 Henning, S. 301. 288 Hampe, S. 646 f. (mit Grundrissen, Querschnitt und Ansicht). 289 Einige der Entwürfe präsentiert Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 21 ff. Zur „Ausschaltung gegenseitiger Störungen“ gehörte es unter anderem, die Steigleitungen der Versorgungseinrichtungen in eigene, vom Treppenhaus in ganzer Länge zugängliche Schächte zu verlegen. 290 Der dem deutschen Bundestag 1950 zur Beratung vorliegende Gesetzentwurf verlangte „Gebäude mit selbständigen, abgeschlossenen Wohnungen“, das deutsche WEG 1951 enthielt zumindest eine entsprechende Sollvorschrift: Diester, S. 53; Bärmann, S. 245 ff. 282 283

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3. Teil

Grundfragen des Stockwerkseigentums § 1 Zur Rechtsnatur des Stockwerkseigentums A. Allgemeines Die Frage nach der Rechtsnatur des StWEs war „von jeher sehr umstritten“.1 Zwei germanistischen Sichtweisen, von denen eine das Alleineigentum, die andere das Miteigentum betont, steht eine romanistische Auffassung gegenüber, die im StWE einen Fall von Superfiziarrecht erblickte (siehe im Detail unten, B. bis D.). Neben diesen in der Folge näher zu beleuchtenden Haupttheorien gab es gelegentlich auch Überlegungen zu einer gänzlich anderen juristischen Erfassung zumindest besonderer Fallkonstellationen. Davon war insbesondere jener Typ materieller Teilung betroffen, bei dem einzelne Teile eines Gebäudes über die Grundstücksgrenze in das Nachbarhaus hineinragen; dieses Verhältnis konnte als Realservitut gedeutet werden.2 So wurden auch die Rechte an einer Frankfurter Fleischbank qualifiziert, allerdings mit der Besonderheit, daß das Grundeigentum hinsichtlich des auf diese „Schirne“ entfallenden Grundstücksteils für den Schirneneigentümer angenommen wurde, obwohl die Schirne vom Haus über- und unterbaut war.3 In der modernen Praxis bildet die Vorstellung, bei der materiellen Teilung handle es sich um eine „Dienstbarkeit“, hingegen nur einen Einzelfall.4 Die Theorien haben nicht bloß dogmatische Bedeutung, sondern auch erhebliche praktische Auswirkungen, vor allem bei außergewöhnlichen Ereignissen. Je nachdem, welcher Theorie man folgt, kommt man zu verschiedenen Ergebnissen insbesondere bei den Fragen nach Vereinigung, Neuverteilung, Teilung und Neubegründung von StWE, bei den Folgen des Gebäudeunterganges sowie des Stockwerksaufbaues (siehe im Detail jeweils unten).5 1 Novak, S. 104 f. Zum Folgenden vgl. Putzer, S. 600 ff. – Auch das Kellerrecht bereitete Probleme bei der juristischen Einordnung, wobei Eigentumsrecht oder und Einordnung als Servituten in Frage kam. Letztere wären nicht belastbar; insbesondere hätte aber die Deutung als persönliche Servituten durch die zeitliche Beschränkung einen massiven Eingriff in die Rechte der „Kellereigentümer“ bedeutet: Spinka, S. 285 ff. 2 Zaun, S. 227. 3 Zoeppritz, S. 24 f. 4 „Vertrag über die Aufhebung von materiellen Anteilen“, TZ 2347 / 1998 zu 9000200697. 5 Siehe unten 4. Teil, § 6 F., § 8 B. und § 8 C. Vgl. Zoeppritz, S. 37 ff.

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B. Sondereigentumstheorie Die Sondereigentumstheorie6 geht davon aus, daß am materiellen Gebäudeteil ein Sondereigentum besteht, also ein volles, veräußerliches und belastbares Eigentum. Gut illustriert wird dieser Standpunkt durch das im Rahmen des Theorienstreits beliebte „Sandkastenspiel“ des Schatzfundes: Nach der Sondereigentumstheorie gehört ein innerhalb eines materiellen Anteils gefundener Schatz dem betreffenden Stockwerkseigentümer allein.7 Ebenfalls plakativ, aber doch ein wenig irreführend ist die Deutung des zwischen den verschiedenen Stockwerkseigentümern eines Hauses bestehenden Verhältnisses „als ein bloßes Nachbarschaftsverhältnis“8. Tatsächlich ist nämlich der einzelne durch die übrigen Stockwerkseigentümer im Rahmen des realen Gemeinschaftsverhältnisses innerhalb eines Gebäudes beschränkt. Nicht zufällig bezeichneten daher selbst Vertreter der Sondereigentumstheorie die Stockwerkseigentümer als „Teilhaber“!9 In diesem Sinne bedarf das Sondereigentum zumindest der ergänzenden Zuhilfenahme wechselseitiger Reallasten und Servituten oder der Annahme gemeinschaftsimmanenter Pflichten. Diese konnten auf die Entstehung des StWEs aus Gemeinschaften mit Nutzungsteilung zurückgeführt werden; so zog etwa Oppikofer den Schluß, man müsse, ungeachtet des im Laufe der Jahrhunderte verlorengegangenen Gemeinschaftsbewußtseins, zur „rechtlichen Würdigung dieses ,Alleineigentums‘ ( . . . ) auf das naturbedingte Gemeinschaftsverhältnis“ zurückgehen.10 Neben diese strengere Variante der Sondereigentumstheorie trat eine gemäßigte, die das Gemeinschaftsverhältnis durch ein mit dem Sondereigentum an den einzelnen Stockwerken verbundenes ideelles Miteigentum an den gemeinschaftlichen Gebäudeteilen und insbesondere dem Grundstück erfaßt.11 Für den österreichischen OGH etwa war es 1982 „geradezu das Typische, daß an einzelnen nicht den einzelnen materiellen Anteilen zugewiesenen Teilen eines Gebäudes, vor allem auch an Grund und Boden selbst, echtes Miteigentum besteht“.12 Dieses Miteigentum ist, wie der OGH schon 1951 festhielt, nach Maßgabe der Alleineigentumsobjekte räumlich begrenzt und steht innerhalb dieser räumlichen Grenzen den Berechtigten in der Regel zu gleichen Anteilen zu.13 Es „gilt als Bestandtheil des Eigenthums an dem Sondertheile und kann nur mit dem letztern zur Veräußerung 6 Vgl. dazu Zoeppritz, S. 7 ff.; Raudszus, Wohnrecht, S. 1094; Dölker, S. 30 f.; Schott, S. 36 f. 7 Schott, S. 37. 8 Putzer, S. 602. 9 Schott, S. 37. 10 Oppikofer, S. 42 ff. 11 Putzer, S. 600 f.; Freyer, S. 83; Rechberger / Bittner, Rz 105 unter Hinweis auf SZ 55 / 99 = EvBl 1982 / 176 = MietSlg. XXXIV / 23. 12 EvBl 1982 / 176 = MietSlg. 34.085 = SZ 55 / 99. 13 OGH 1. 3. 1951, 1 Ob 130 / 51: SZ 24 / 58.

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3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums

gebracht werden“14; die Verbindung zwischen Sondereigentum und Miteigentum ist also untrennbar. Die Hauptsache bleibt aber der materielle Gebäudeteil: Er darf „nicht als Zubehör des Grundes behandelt werden; vielmehr ist mit dem Eigentum am Stockwerk ein ideeller Anteil am Grunde als Zubehör verbunden.“15 Es leitet sich also das Miteigentum aus dem Sondereigentum ab, „nicht umgekehrt“.16 Insgesamt entspricht diese Theorie weitgehend dem modernen deutschen Wohnungseigentum. Die Sondereigentumstheorie insbesondere in ihrer gemäßigten Variante war meist die überwiegend herrschende Auffassung.17 Schon 1934 ließ sich feststellen, es befinde sich die „moderne zivilrechtliche Doktrin ( . . . ) so gut wie einmütig“ auf diesem „richtigen Standpunkt“18, fünfzehn Jahre später, 1949, sah man sie ebenso als „herrschend und wohl auch richtig“19 an wie im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts.20 Dabei ist heute im allgemeinen anerkannt, daß an bestimmten Gebäudeteilen ein Miteigentum besteht, worauf nicht zuletzt die Anwendung des WE-Rechts auf das StWE hindeutet. In diesem Sinne folgen der Sondereigentumstheorie auch die österreichischen Höchstgerichte; OGH21 und Verwaltungsgerichtshof22 fassen das StWE als eine „Sammlung von selbständigen Eigentums- und unselbständigen Miteigentumsrechten“ auf.23 Die Bedeutung der Sondereigentumstheorie reichte sogar über das StWE hinaus: Gschnitzer vertrat sie nicht nur für das StWE, sondern auch für das Wohnungseigentum. Seiner Auffassung nach würden Stockwerkseigentümer und Wohnungs14 Art 212 Absatz 2 des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs für Bayern: Krauß, S. 341. Ähnlich Art 216 des Hessischen AGBGB, wonach der Miteigentumsanteil „wesentlicher Bestandteil des Alleineigentums am Stockwerk“ ist: Gierke, Privatrecht, S. 42 FN 15. 15 Klang in: Klang 1950, S. 28. 16 EvBl 1982 / 176 = MietSlg. 34.085 = SZ 55 / 99; Fuchshuber, S. 109. 17 Sondereigentum nahmen z. B. Bluntschli, Heimbach, Roth und Stobbe an (vgl. den Überblick bei Schott, S. 16), ebenso Gierke, Privatrecht, S. 42; Ackermann, S. 10. Die badische, bayrische, württembergische und französische Rechtspraxis (Freyer, S. 83; Zoeppritz, S. 15) stand ebenso auf dem Boden der Sondereigentumstheorie wie das rheinische Recht, nach welchem insbesondere die Grundfläche ein gemeinschaftliches Eigentum der Stockwerkseigentümer war (m. w. N. Turnau / Förster, S. 22 f.). Weiters entsprachen der Sondereigentums Frankreichs Code civil und Italiens Codice civile (vgl. Möller, S. 76 ff.), der bayrische Entwurf eines BGB und das Hessische AGBGB (Zoeppritz, S. 25, S. 33). 18 Novak, S. 104 f. 19 Wicher, S. 623. 20 Putzer, S. 602. 21 OGH 30. 6. 1982, 3 Ob 559 / 82 (Unterinstanzen OLG Innsbruck 1 R 336 / 81, LG Innsbruck 14 Cg 465 / 81): EvBl 1982 / 176 = MietSlg. XXXIV / 23 = MietSlg. 34.085. 22 VwSlg. 9571 A stützt sich auf SZ 24 / 58 (OGH 1. 3. 1951, 1 Ob 130 / 51) und wird seinerseits wieder zitiert vom OGH 30. 6. 1982, 3 Ob 559 / 82 (Unterinstanzen OLG Innsbruck 1 R 336 / 81, LG Innsbruck 14 Cg 465 / 81): EvBl 1982 / 176 = MietSlg. XXXIV / 23 = MietSlg. 34.085. 23 OGH 10. 1. 1984, 4 Ob 515, 516 / 83: MietSlg. 36.074.

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eigentümer gleichermaßen „ihren realen Teil allein“ besitzen; zum Alleineigentum des Wohnungseigentümers an seiner Wohnung würde ein „Miteigentum am Haus“ hinzutreten.24 Die Attraktivität der Sondereigentumstheorie liegt wohl darin, daß sie einige erhebliche Vorteile aufweist. Dazu gehört es vor allem, daß sie in höherem Maße als andere Interpretationen den Absichten der Parteien entspricht, die ihre Rechtsstellung möglichst als Alleineigentum ansehen wollen.25 Vorteilhaft ist es auch, daß nicht das Sondereigentum Zubehör des Miteigentumsanteils, sondern umgekehrt das Miteigentum Zubehör des Sondereigentums ist. Dadurch vermied die Sondereigentumstheorie auch eine Gefahr des Miteigentums: Als Alleineigentum unterliegt das StWE nämlich nicht der Teilungsklage.26 Schließlich hatte der Miteigentumsanteil an Grund und Boden den Vorteil, von einer Zerstörung des Gebäudes nicht betroffen zu sein, sodaß zumindest dieses Miteigentum bestehen bleiben konnte.27 Doch es gab durchaus auch Kritik. Schon Zoeppritz hatte die Sondereigentumstheorie vom Standpunkt eines romanistischen Eigentumsbegriffs mit der Überlegung in Frage gestellt, wie man die angeblich im „ausschließlichen Eigentum“ stehenden Räume denn aus dem Haus „herausnehmen wollte“; das Ergebnis wäre doch eine „fast wertlose Masse von Baumaterialien“. 28 Interessanter Weise fand dieses Argument in der publizistischen Auseinandersetzung um das StWE aber kaum Nachahmer: Es war weniger das Sondereigentum selbst als vielmehr das von der gemäßigten Sondereigentumstheorie postulierte Miteigentum, an dem sich die Kritik überwiegend entzündete, wobei sich hier prinzipielle Gegner der materiellen Teilung mit Anhängern der „radikaleren“ Sondereigentumstheorie einig waren. Einem prinzipiellen Gegner der materiellen Gebäudeteilung wie Harrasowsky schien es inkonsequent, ein bisher nicht zum Ausdruck gekommenes Miteigentum nur für bestimmte Gebäudeteile „den Parteien ( . . . ) durch gesetzliche Verfügung aufzuzwingen“, während man sich andererseits davor scheue, ein Miteigentum insgesamt anzunehmen.29 Andere empfanden dieses mit dem Sondereigentum verbundene Miteigentum „an sehr wichtigen Teilen, insbesondere der Area“ angesichts des Umstandes, daß mit dem Sondereigentum gerade die „Einheitlichkeit des Eigentumsrechts“ durchbrochen worden war, als „geradezu stilwidrig“.30 Erst Gschnitzer, S. 12 f. Vgl. Zoeppritz, S. 26. 26 OGH 30. 6. 1982, 3 Ob 559 / 82 (Unterinstanzen OLG Innsbruck 1 R 336 / 81; LG Innsbruck 14 Cg 465 / 81): SZ 55 / 99 = MietSlg. 34.085 = MietSlg. XXXIV / 23 = EvBl 1982 / 176. 27 Vgl. Möller, S. 76 ff. 28 Zoeppritz, S. 27. 29 JM 16388 / 1876: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Häuserteilungen), Post-Nr. 37. 30 Schott, S. 56. 24 25

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3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums

„nach Lösung aus den römisch-rechtlichen Verstrickungen eines gar nicht gewollten ,Miteigentums‘“ könnte das StWE als „eine geradezu ideale Mischung der Tatbestände des Eigentums einerseits und einer Gemeinschaft zur gesamten Hand andererseits“31 seine Vorteile unter Beweis stellen. Zur dogmatischen Kritik trat eine soziologische, die ebenfalls das Problem der Sachherrschaft thematisierte: Die positiven Aspekte des Eigentumsgedankens würden durch die dem Sondereigentum anklebenden Miteigentumsbefugnisse aufgehoben; die Anknüpfung an ein Sondereigentum wäre nicht ausreichend. So kritisierte Lette schon 1866: „Bei solchem Eigenthumsverhältniß gewinnt kein Theilhaber das den Menschen erhebende Gefühl, seinen ganzen Willen an den Gestaltungen der Außenwelt zu bethätigen“.32 Rund 70 Jahre später setzte Steimle den zur Charakteristik des StWEs herangezogenen Begriff „Volleigentum“ eben wegen der mit dem Sondereigentum verbundenen Miteigentumsrechte unter Anführungszeichen.33 Ihm erschien das StWE selbst im Rahmen der Sondereigentumstheorie nur als „etwas Halbes, ein ,Aucheigentum‘“.34 Schließlich machte selbst die „gewagte Konstruktion“ einer Kombination von Sondereigentum mit Miteigentum Servituten und Reallasten vielfach nicht unnötig. Umsomehr konnte man die „strenge Sondereigentumstheorie“ kritisieren, die zur Erklärung zahlreicher gemeinsamer Zwecke und Nutzungen auf die „Annahme der verschiedensten wechselseitigen Reallasten, Grunddienstbarkeiten ( . . . ) und aus der Gemeinschaft entspringenden gesetzlichen Pflichten der einzelnen Stockwerkseigentümer gegen einander“ angewiesen war.35 Da schien es schon einfacher, sogleich ausschließlich Miteigentum anzunehmen.36

C. Miteigentumstheorie Die Notwendigkeit von Servituten und die Annahme eines mit dem Sondereigentum verbundenen Miteigentums waren also die Ansatzpunkte der Kritik an der Sondereigentumstheorie; sie führten zum Entstehen der Miteigentumstheorie. 37 Diese geht von einem Miteigentum aller Beteiligten am gesamten Gebäude einschließlich des Grundstücks aus, wobei die Miteigentumsanteile nicht in Quoten, sondern in einzelnen Gebäudeteilen ausgedrückt sind.38 Damit verbunden ist eine List, S. 54; ihm folgend Steimle, Wiedereinführung, S. 358 f.; Steimle, Frage, S. 104. Lette, S. 24. 33 Steimle, Wiedereinführung, S. 361; Steimle, Frage, S. 109. 34 Steimle, Wiedereinführung, S. 360; Steimle, Frage, S. 106. 35 Schröder, S. 31. 36 Schröder, S. 31 ff.; vgl. Zoeppritz, S. 21 f. 37 Vgl. dazu Raudszus, Wohnrecht, S. 1094; Zoeppritz, S. 28; Dölker, S. 31 ff. 38 Schröder, S. 33: Die „Wertteile“ werden „nicht in Geld ausgedrückt, sondern in den einzelnen Gebäudeteilen verkörpert“. 31 32

§ 1 Zur Rechtsnatur des Stockwerkseigentums

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dauernde Gebrauchs- und Nutzungsteilung mit dinglicher Wirkung. Der Wert des Rechts richtet sich dabei „nach der Bedeutung des benutzten Stockwerks“.39 Da die einzelnen Teile also nicht im Eigentum der Stockwerkseigentümer stehen, besteht eine mit dem Benützungsrecht korrespondierende Erhaltungspflicht hinsichtlich der Teile.40 Die Miteigentumstheorie wird seltener vertreten41, wobei auch eine differenziertere Betrachtung möglich ist, die sie bloß als Regelfall ansieht, daneben aber Ausnahmen kennt: So findet sich die Vorstellung, es sei bei Verkauf eines Gebäudeteils durch den bisherigen Alleineigentümer anzunehmen, daß sich dieser das Grundeigentum vorbehalten, also keinen Miteigentumsanteil übertragen habe. In diesem Fall würde ebenso kein Miteigentum vorliegen wie bei StWE aufgrund von über die Grundstücksgrenze ragenden Gebäudeteilen.42 Die Miteigentumstheorie läßt sich auch unter den Stellungnahmen bei der in Österreich 1876 stattgefundenen Enquete nachweisen. So wollte die Mehrheit des OLG Lemberg, offenbar einem Vorschlag des KG Stanislau folgend, die materielle Teilung durch Anwendung des in § 843 ABGB enthaltenen Rechts auf Aufhebung der Gemeinschaft beenden, nahm damit also ein Miteigentumsverhältnis an.43 Auch das KG Trient empfahl § 843 ABGB als „Schutzmittel“ gegen das StWE.44 Manchmal bleibt es auch zweifelhaft, ob die Miteigentumstheorie oder eine gemäßigte Sondereigentumstheorie vertreten wird, insbesondere, wenn zur Beschreibung des zwischen den Stockwerkseigentümern bestehenden Verhältnisses zwar der Begriff Miteigentum verwendet wird, weitere Überlegungen jedoch fehlen: So sprach Franz Freiherr von Krieg anläßlich der im Reichsrat 1854 stattfindenden Beratungen über die Verordnung zum Verbot der materiellen Gebäudeteilung für Hallein über die „Miteigenthümer“ der materiell geteilten Häuser45; ähnliches geschah 1911, als das österreichische Justizministerium die Eigentümer der materiellen Anteile als „Miteigentümer des Hauses“ bezeichnete.46 Wie schon die Sondereigentumstheorie bringt auch die Miteigentumstheorie Vor- und Nachteile mit sich. Vor allem weckt das ehrliche Zugeständnis von Mit39 Freyer, S. 83. – Nach einem halben Jahrhundert Erfahrung mit dem Wohnungseigentum kann man annehmen, daß sich dieses Wertverhältnis natürlich problemlos in einer Bruchteilsquote ausdrücken ließe, womit sich die Miteigentumstheorie dem unechten Stockwerkeigentum des modernen österreichischen Wohnungseigentums annähern würde. 40 Zoeppritz, S. 9 f. 41 Wicher, S. 623, berichtet, daß die „alte württembergische Praxis“ dieser Theorie gefolgt wäre. 42 Zoeppritz, S. 29 f. 43 JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. 44 JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. 45 RR 5 / 1855 (entspricht RR 813 / 1854): HHStA, Reichsrat / Gremialakten, Karton 69. 46 JM 2341 / 1911: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 22.

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3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums

eigentum im Einzelnen nicht die Vorstellung völliger Unabhängigkeit47 und fördert dadurch die Verantwortung für gemeinsame Entscheidungen oder Erhaltungsmaßnahmen. Zwar wird mit ihr nicht dem Wunsch nach alleiniger Verfügungsmacht, doch „wenigstens ( . . . ) der regelmäßigen Vorstellung der Erwerber von Hausanteilen, als völlig Gleichberechtigte in die Hausgemeinschaft einzutreten, Genüge getan“.48 Dem stehen die allgemeinen Nachteile einer Gemeinschaft gegenüber, in die sich der Einzelne einordnen muß – der in den 1840er-Jahren von Finger vertretene extreme Gegenstandpunkt, wonach nicht bloß bei materieller Teilung, sondern selbst bei grundbücherlich ausgewiesenen Quoten keine Eigentumsgemeinschaft bestünde49, hatte sich nicht durchsetzen können. Vor allem sah man im Miteigentum eine Gefahr für die Dauerhaftigkeit des Rechtsverhältnisses, und das gleich mehrfach: Einerseits wurde befürchtet, das StWE könnte wegen des Miteigentums bis zu einer echten, d. h. realen Teilung durch Teilungsklage beendet werden.50 Andererseits mußte man die bei StWE vorgefundene Teilung, wenn sie keine echte war, als Benützungsteilung auffassen: Einer reinen Benützungsregelung unter Miteigentümern kam aber schon nach gemeinem Recht keine dauerhafte Wirkung zu, da sie nur zwischen den Vertragsparteien galt und es an einer Bindung der Rechtsnachfolger mangelte.51 Im Zusammenhang damit war schließlich die Belastbarkeit des StWEs problematisch, da der einzelne dazu die Mitwirkung aller anderen Miteigentümer benötigte.52

D. Superfiziarrechtstheorie Die dritte, von der gemeinrechtlichen Lehre favorisierte Richtung sieht im StWE überhaupt kein „Eigentum“, sondern eine Berechtigung an fremdem Grund, „gewissermaßen ( . . . ) ein erbbaurecht-ähnliches Superfiziatrecht“. 53 Die Superfiziarrechtstheorie54 ist das Ergebnis eines Kompromisses zwischen dem römischrechtlichen Grundsatz „superficies solo cedit“ und den „Bedürfnissen des Lebens“55: „Superficies ist das Recht, den Boden oder das Gebäude eines AnKrauß, S. 335 f. Zoeppritz, S. 29. 49 Finger, Hausantheile, S. 224 ff.; Finger, Wesen, S. 298 ff. 50 Krauß, S. 335 f.; List, S. 52; Mandry, S. 194. 51 Mandry, S. 218 f. 52 Ackermann, S. 9; Kuntze, S. 75. – Darüber hinaus erschien es als „Widerspruch“, wenn einer der Eigentümer „zugleich Träger eines jus in re aliena an derselben Sache“ wäre, weil man darin eine Belastung der eigenen Sache erblickte: Kuntze, S. 83. 53 So die Beschreibung von Freyer, S. 83. 54 Dazu insbesondere Mandry, S. 211 ff.; vgl. Kuntze, S. 58 f.; Zoeppritz, S. 10 f., S. 16 f., S. 29; Dölker, S. 39 ff. 55 Krauß, S. 334 f. 47 48

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deren, zur Anlage oder zum Haben von Bauten oder Pflanzungen darauf, wie ein Eigenthümer zu benutzen, während diese nach den Grundsätzen von der Adjunktion ( . . . ) dem Grundeigenthümer gehören.“56 Der Superfiziar oder Geschoßberechtigte hat auch ein Gebrauchsrecht an jenen Teilen der Liegenschaft, die für die allgemeine Verwendung bestimmt sind, wie insbesondere Stiegen und Gänge, Haustür, Hof, Dach etc, die aber ebenfalls im Eigentum des Grundstücksund Gebäudeeigentümers stehen. Während jedoch bei der Miteigentumstheorie das Miteigentum durch Benützungsregelungen bloß ergänzt würde, die wegen ihres vertraglichen Charakters vielfach nicht auf Einzelrechtsnachfolger übergehen konnten, wäre beim Superfiziarrecht der Umfang der Benützung dem Recht selbst immanent, die Rechtsposition des Superfiziars daher von ebensolcher Dauer wie das eingeschränkte Eigentumsrecht. Der Berechtigte könnte somit sein Superfiziarrecht „ohne alle Schranken vererben und veräußern“57, womit die von den Parteien gewünschte Dauerhaftigkeit des Rechtsverhältnisses gegeben wäre.58 In diesem Sinne verstand es sich von selbst, daß der Superfiziar den Bestand anderer Geschoßberechtigungen dulden mußte, sodaß ein Nebeneinander mehrerer Superfiziarrechte möglich war. Deren gegenseitige Beschränkung – schon durch das Aufeinanderruhen der einzelnen Geschoße offensichtlich – würde keiner Servituten bedürfen, sondern sei als logischer Ausfluß der gegenüber dem Eigentümer und im Vergleich zu diesem beschränkten Stellung dem Rechtsinstitut ebenfalls immanent. Im Gegensatz dazu käme die Beschränktheit der Berechtigungen bei der Annahme eines Sondereigentums nicht zum Ausdruck.59 Mangels einer Miteigentumsgemeinschaft sei die gesamte Konstruktion auch nicht von einer Teilungsklage bedroht.60 Die Superfiziarrechtstheorie verstand sich als vermittelnde Position. Schon 1860 hatte Zaun festgestellt, die Rechtswissenschaft sollte „vermeiden ( . . . ), bestehende Rechtsverhältnisse bloß deshalb zu desavouieren, weil sie mit gewissen Rechtsprinzipien nicht im Einklang sind“, man dürfe aber andererseits auch richtige Prinzipien nicht wegen „anscheinend entgegenstehender Rechtsverhältnisse“ aufgeben. In diesem Sinne sah er im Superfiziarrecht eine mit den Prinzipien des Rechts harmonierende Interpretation des vorgefundenen StWEs.61 Der bedeutendste Vertreter der Superfiziarrechtstheorie war jedoch Gustav Mandry mit seiner 1870 veröffentlichten Kritik an den, ein gewohnheitsrechtliches StWE anerkennenden Entscheidungen des württembergischen Obertribunals. Auch So Sintenis, S. 556. Mandry, S. 204 ff. 58 Kuntze, S. 58 f.; Mandry, S. 211 ff. 59 Mandry, S. 205. 60 Mandry, S. 216. 61 Zaun, S. 220 ff. In dieser Überzeugung deutete er selbst die Bestimmungen des Code civil im Sinne des Superfiziarrechts: Zaun, S. 218; vgl. Schott, S. 15; Zoeppritz, S. 19. 56 57

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3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums

für ihn war das Superfiziarrecht ein „Rechtsinstitut, das für gewöhnlich völlig auszureichen scheint, um die durch Theilung nach Stockwerken und Gelassen entstandenen Verhältnisse rechtlich zu gestalten“, eine „für die Regel ( . . . ) den vorliegenden Bedürfnissen, dem Willen der Interessenten und den thatsächlich vorhandenen Verhälnissen entsprechende Rechtsgestaltung“.62 Gerade dies wurde allerdings wiederholt bezweifelt.63 Den behaupteten Vorteilen standen nämlich erhebliche Kritikpunkte gegenüber. Die Probleme begannen schon damit, daß das Rechtsinstitut der Superficies „in Deutschland wenig bekannt“ war und „in gewissen Anwendungen, wie z. B. nach Stockwerken desselben Hauses, ( . . . ) nur selten“ vorkam.64 Noch radikaler brachte dies Schott für sein engeres Untersuchungsgebiet Württemberg auf den Punkt und lehnte ein superfiziarisches Recht deshalb ab, weil hier „die Konstruktion des Superfiziarrechts völlig unbekannt war“.65 Derartigen Einwänden versuchten Befürworter der Superfiziarrechtstheorie noch mit dem Argument zu begegnen, daß es nicht auf den in den Quellen verwendeten Begriff des Rechtsinstituts, sondern nur auf die Erfüllung der praktischen Bedürfnisse ankomme.66 Doch damit war es nicht getan: Die geringe Kenntnis des Superfiziarrecht zog nämlich begriffliche Probleme nach sich: Schon 1888 konstatierte Kuntze, die Juristen würden bei der Superficies „in Nebel und Dämmerung“ arbeiten67, insgesamt sah man diese Theorie später als „in den Begriffen des römischen Rechts befangen“ an, wodurch sie „dem StWE nicht gerecht“ würde.68 Auch mangelte es der Konstruktion an Volksnähe: Das Eigentum des Grundeigentümers am gesamten Gebäude entsprach zwar dem Akzessionsprinzip, doch war es durch Superfiziarrrechte soweit beschränkt, daß bloß noch ein nacktes Eigentum übrigblieb. Der Grundeigentümer hatte also nichts von seinem Eigentumsrecht an den übrigen Gebäudeteilen, insbesondere ermöglichte die „inutilis proprietas“ keine ausschließliche Herrschaft über die Sache. Die darauf abzielende Kritik an der Sondereigentumstheorie galt daher ebenso für die Superfiziarrechtstheorie.69 Dazu kamen Zweifel hinsichtlich der Kriterien eines Superfiziarrechtes: Zwar betonte Mandry, daß „irgend eine periodische Gegenleistung des Superfiziars“ an Mandry, S. 194, S. 202; vgl. Kuntze, S. 58. So anerkannte z. B. Schott, S. 33, den von Mandry vertretenen Standpunkt zwar „sowohl vom theoretischen als auch vom praktischen Standpunkt aus de lege ferenda als den richtigen“, doch hielt er ihn für die praktischen und konkreten Verhältnisse der ihn interessierenden württembergischen Objekte nicht für brauchbar. 64 Sintenis, S. 548, ähnlich S. 586. 65 Schott, S. 33. 66 Stobbe II, S. 55 f.; Ackermann, S. 26 f. 67 Kuntze, S. 76. 68 Wicher, S. 623. 69 Schott, S. 34. 62 63

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den Eigentümer nicht erforderlich sei70, doch im Allgemeinen nahm man an, daß der Superfiziar für sein eigentumsgleiches Nutzungsrecht an den Eigentümer einen Zins zu bezahlen hätte.71 An einer derartigen Zahlung, selbst eines Anerkennungszinses, fehlte es aber in der Realität: „Die Horizontaltheilung ist nie mit einer Abgabe des Einen an den Anderen verbunden, welche die Natur eines Erbzinses trüge“, so stellte schon Kuntze fest.72 Damit sank das Recht des Eigentümers aber vollends zu einem „leeren Titel“ herab.73 Ein nacktes Eigentum sei jedoch eine bloße „Form ohne jeden, auch den geringsten Inhalt“: „Ein Nichtjurist wird das nie verstehen. Und das ist bedenklich.“74 Obwohl also, wie gezeigt, das Eigentum bei der Superfiziarrechtstheorie ohne praktischen Wert war, bestand dennoch eine weitere große Schwierigkeit darin, unter den mehreren möglichen „Kandidaten“ den Eigentümer auszuwählen und damit die anderen auf eine Stellung als Superfiziar zu beschränken.75 Diese Frage erschien nur bei ausdrücklicher Parteienvereinbarung über das Grundflächeneigentum unproblematisch. Bei besonders markantem Überwiegen des Anteils eines der Beteiligten könnte man, wenn auch gewagt, immerhin eine entsprechende Vorstellung der Beteiligten dazu annehmen, was aber nicht geschah.76 Mit der Erklärung eines der Beteiligten zum Eigentümer geriet die Superfiziarrechtstheorie in Konflikt mit den Vorstellungen der Parteien von einer Gleichberechtigung. Im Gegenzug verwarf Mandry das Abstellen auf die „Absicht der Interessenten ( . . . ) das Gebäude in rechtlich gleichartige Antheile zu zerlegen“, als verfehlt; der „Irrthum der Kontrahenten ( . . . ) über die rechtliche Form, in welcher der durch das Geschäft beabsichtigte Erfolg allein einzutreten vermag“, könnte den Eintritt dieses Erfolges doch nicht verhindern.77 Selbst Mandry mußte jedoch gestehen, daß das Fehlen von „Anhaltspunkten für die Entscheidung der Frage ( . . . ), wer Eigenthümer und wer Superfiziar sei“, durchaus zu „Schwierigkeiten“ führen könne. Eine allgemeine Antwort auf diese Frage gab er nicht; die Entscheidung schien ihm jeweils „nur mit Rücksicht auf die Umstände des konkreten Falles“ möglich. Es werde, so hoffte er, „in der Regel aus den Umständen des konkreten Falles unschwer zu entnehmen sein“, wer von den Beteiligten Eigentümer des Baugrundes sein sollte. So hielt er es etwa für „unMandry, S. 202. Sintenis, S. 557. 72 Kuntze, S. 77. 73 Kuntze, S. 76. 74 Biermann, S. 191. 75 Krauß, S. 345; Seufferts Archiv XXIV / 239. 76 Dölker, S. 115. In diesem Sinne wäre etwa jener Typ des Stockwerkseigentums besonders anfällig für die Deutung als Superfiziarrecht, bei dem StWE nur wegen eines über die Grundstücksgrenze ragenden, mit dem angrenzenden Haus in Verbindung stehenden Gebäudeteils existiert: Dölker, S. 75. 77 Mandry, S. 206 f. 70 71

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3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums

bedenklich“, bei der Entstehung von StWE infolge Teilung einer Miteigentümergemeinschaft jenen Beteiligten als Grundeigentümer anzusehen, dem der „Parterrestock“ zugewiesen werde. Zweifelhafter schienen Mandry jene Fälle, in denen der bisherige Alleineigentümer des Hauses gerade den „Parterrestock“ verkauft hatte; hier nahm er fortbestehendes Eigentum am Haus, belastet durch Superfiziarrecht am Erdgeschoß an. Die tatsächlichen Verhältnisse würden aber jedenfalls „einen sicheren Entscheidungsgrund an die Hand geben“.78 Mit dieser Erwartung stand Mandry weitgehend allein: Die Kritiker der Superfiziarrechtstheorie empfanden eine „vorzugsweise Berechtigung“ eines Beteiligten, also die Zuweisung der Eigentümerposition an einen mehrerer Prätendenten, überwiegend als „blanke Willkür“79 und schlossen aus der Unmöglickeit, in dieser Frage ein allgemeines Kriterium festzustellen, daß StWE doch ein Eigentum sein müßte. Das Problem der Auswahl eines Eigentümers war deshalb so bedeutend, weil die Superfiziarrechtstheorie nur dann anwendbar war, wenn der einzelne Stockwerkseigentümer „nachgewiesenermaßen nicht zugleich Miteigentümer des Grund und Bodens ist, auf dem das Haus steht“.80 Die Subsumtion einer vorgefundenen Teilung unter die Superfiziarrechtstheorie war also jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn die Begründung von Miteigentum aller Beteiligten an der Grundfläche zweifelsfrei feststand. Ein Miteigentümer der Grundfläche konnte nicht gleichzeitig Superfiziarberechtigter an dem darauf erbauten Haus oder einzelnen seiner Teile sein.81 Selbst Mandry, der die möglichst breite Anwendbarkeit der von ihm verfochtenen Theorie im Auge hatte, hielt dazu fest, daß „Eigenthum, wenn auch nur Miteigenthum, und jus in re aliena in Beziehung auf die gleiche Sache in der gleichen Person sich nicht zu vereinigen vermögen.“82 Man sah die Miteigentumsgemeinschaft also nicht als selbständige, andere Person an. Gerade durch den Ausschluß des Miteigentums an Grund und Boden konnte die Superfiziarrechtstheorie in einen erheblichen Widerspruch zum Parteiwillen geraten.83 Über dessen Inhalt bestanden allerdings geteilte Ansichten: Sie schwankten zwischen der Vorstellung, das, „was die Parteien fast stets wollen, ist ein Miteigentum am Grund und Boden“84, und jener, das Rechtsinstitut müßte „aus den römisch-rechtlichen Verstrickungen eines gar nicht gewollten ,Miteigentums‘“ befreit werden.85 Tatsächlich wäre wohl auf die Entstehungsgeschichte der jeweiligen materiellen Teilung Bedacht zu nehmen: Zumindest bei Abverkauf eines Teiles sollte, wie Schott durch Befragung von Grundbuchsbeamten sowie 78 79 80 81 82 83 84 85

Mandry, S. 207 ff.; vgl. Schott, S. 30 f. Kuntze, S. 74 f.; Ackermann, S. 9 f. Zoeppritz, S. 18. Krauß, S. 335. Mandry, S. 217 f. Ackermann, S. 9. So Zoeppritz, S. 29. List, S. 54; Steimle, Wiedereinführung, S. 358 f.; Steimle, Frage, S. 104.

§ 1 Zur Rechtsnatur des Stockwerkseigentums

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aus der Praxis der Gebäudeversicherungsanstalten ermittelte, meist auch eine Quote an den gemeinsamen Einrichtungen und insbesondere an der Baufläche verbunden sein.86 Praktisch bedeutsam war das Problem fehlenden Miteigentums etwa beim Untergang des Gebäudes. Zwar blieb ein Superfiziarrecht nicht auf die konkrete Superfizies beschränkt, sodaß in Fällen des Gebäudeunterganges bzw. der Zerstörung des einzelnen Gebäudeteils der Superfiziar zur Neuerrichtung einer gleichartigen Superfizies berechtigt war, doch während dies den praktischen Bedürfnissen entsprechen mochte, geriet der Fall eines einhellig unterbleibenden Wiederaufbaues zur dogmatischen Herausforderung: Wenig überzeugend erscheint dabei die von Mandry formulierte Rechtsfolge, dem Superfiziar einen „Anspruch auf die Zuscheidung eines Theiles der Area, beziehungsweise ihres Wertes“ zuzuerkennen, dies aber als Erscheinungsform des Wiederaufbaurechts zu verstehen.87 Gegen die Superfiziarrechtstheorie sprach weiters die mangels Eigentums fehlende Belastbarkeit. Dem Superfiziar war es nämlich nicht möglich, Dritten dingliche Rechte einzuräumen, womit er vor allem vom Hypothekarkreditmarkt ausgeschlossen blieb.88 Schließlich fehlten auch für die Superfiziarrechtstheorie Regelungen „über die Baulast und ihre Vertheilung“, sodaß „die entscheidenden Sätze auf dem Wege der Analogie gefunden werden“ mußten89 – womit man hinsichtlich der Gebäudeerhaltung die gleichen Probleme bekam wie bei Eigentumskonstruktionen. Kritik gab es nicht zuletzt abseits der zentralen dogmatischen Probleme. So bot die Superfiziarrechtstheorie hinsichtlich der am StWE vielfach kritisierten „Unzuträglichkeiten für die häusliche Gemeinschaft“ keinen Vorteil gegenüber den auf Eigentum gegründeten Theorien.90 Eine solche Probleme indirekt vermeidende Begriffsbildung Zauns hatte sich nicht durchgesetzt. Seiner Ansicht nach sollte das Superfiziarrecht nämlich „nicht beliebig in jedem Hause, sondern nur ausnahmsweise unter solchen Umständen vorkommen“ können, die eine „selbständige Benutzung“ der Superficies ermöglichten. Der Superfiziar durfte dabei also „nicht in ständige Berührung mit den anderen Räumlichkeiten des Hauses ( . . . ) kommen“, deren Bewohner nicht „behelligen“. Diese Anforderungen leitete Zaun unmittelbar aus dem Begriff der Superfizies ab, die er als Recht verstand, „fremdes Eigenthum unabhängig(!) vom Eigenthümer“ zu gebrauchen. Objekte des Superfiziarrechtes 86 Schott, S. 34. – Mandry, S. 222, zeigte sich vom damit zusammenhängenden Argument, die Beteiligten würden echtes Eigentum übertragen bzw. erwerben wollen, unbeeindruckt: Es sei zu beachten, „daß nicht die Anschauungen des Volkes über die rechtliche Natur gewisser thatsächlicher Verhältnisse zu objektivem Rechte werden und werden können“. 87 Mandry, S. 215, näherte sich damit doch weitestgehend einem Miteigentum an! 88 Ackermann, S. 11. 89 Mandry, S. 213. 90 Ackermann, S. 10.

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3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums

wären demnach in der Regel „gegen die übrigen Räumlichkeiten des Hauses vollständig abgeschlossen und mit besonderen Zugängen von der Straße her versehen“. Damit hätte Zaun zwar manchen Streitigkeiten entgegengewirkt, die praktische Anwendbarkeit der von ihm vertretenen Theorie förderte diese Begriffsbildung jedoch nicht: Während er wußte, daß beim real existierenden StWE „regelmäßig von einem herrschenden Grundstück nicht die Rede“ sein könne, war ihm offenbar nicht klar gewesen, daß das Superfiziarrecht an einer Forderung nach Abgeschlossenheit vielfach scheitern mußte.91 In Summe überzeugte die Superfiziarrechtstheorie wegen ihres Widerspruchs zu den Vorstellungen der Betroffenen sowie wegen der zahlreichen Modifikationen, die zur Anpassung an die tatsächlichen Lebensverhältnisse notwendig waren, insbesondere wegen der fehlenden Zinszahlung, nicht. Schon 1888 resümierte Kuntze, die „Rechtsfigur der Superficies“ sei „auf deutschem Boden nirgends recht zum Leben gekommen, der Gedanke eines jus in re aliena, wo im Leben durchaus alle Symptome des Eigenthums zutreffen, schlechterdings nicht populär geworden. Die Superficies ist ein künstliches Gebilde, die Theorie derselben voll Zweifel und Streitfragen . . .“.92 Er warnte daher davor, „dem etwas monströsen Gebilde [der Superficies] neuen Lebensodem künstlich einzublasen“93 – und blieb damit erfolgreich. Mandrys Überlegungen wurden für „die Praxis ( . . . ) nicht entscheidend“.94 Nur in der Pfalz war das StWE vielfach als Superfiziarrecht konstruiert worden; dort wurde es später in Erbbaurecht umgewandelt.95

E. Gemeinsame Probleme: Basis einer Teileigentumstheorie Überblickt man die im Laufe der Zeit entwickelten Theorien, so zeigt sich, daß die dogmatischen Probleme bei der Erfassung des StWEs um einige wenige Aspekte kreisen. Verständigungsschwierigkeiten bereitete schon die unterschiedliche Auffassung des Eigentumsbegriffes. Wer im Eigentum einen Vermögenswert erblickte, den alles darstellen kann, was einen ausschließenden Nutzen gewährt, der konnte die Möglichkeit von Eigentum an einzelnen Wohnräumen nicht bezweifeln; wer für das Eigentum Herrschaft über eine Sache verlangte, mußte sie bestreiten, erfordert doch Herrschaft einen Ausschluß der Einwirkungsmöglichkeiten anderer, was bei Räumen innerhalb von Gebäuden nicht behauptet werden könnte.96 Zaun, S. 225 f. Kuntze, S. 60; vgl. Ackermann, S. 9. 93 Kuntze, S. 76. 94 So 1912 Zoeppritz, S. 17; vgl. Ackermann, S. 26 f. An dieser Beurteilung ändert die weitere Entwicklung nichts. 95 Freyer, S. 83. 91 92

§ 1 Zur Rechtsnatur des Stockwerkseigentums

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Hauptsächlich von der Diskussion betroffen war der Sachbegriff mit insbesondere den Fragen der Teilbarkeit und der Selbständigkeit einer Sache. Die ältere Doktrin „betrachtete das einzelne Stockwerk als selbständige Sache“, sodaß ein Gemeinschaftsverhältnis am Gesamtgebäude nicht interessierte.97 Erst durch die Betonung des Akzessorietätsprinzips durch die Pandektistik erlangte das Kriterium der Selbständigkeit erhöhte Bedeutung. Das StWE war ein klarer Widerspruch zur Vorstellung Çuius est solum, eius est usque ad coelum, usque ad inferos“.98 Wer dennoch das StWE verteidigen wollte, versuchte daher die Akzessorietät zu relativieren. Dies konnte etwa dadurch geschehen, daß die Veränderlichkeit im Wertverhältnis zwischen Gebäude und Grundstück betont wurde: „Je mehr nun in dem Wertverhältnis zwischen Bauwerk und Grundstück das eine zunimmt, um so mehr wird es berufen, rechtlich selbständig, ja für das andere mitbestimmend zu sein.“99 In diesem Sinne war dann die Verbindung des Gebäudes mit dem Grundstück keine „Rechtsnotwendigkeit“ mehr, sondern bloß eine Vermutung, „sodass bei uns ein gesondertes Eigentum eines Dritten an individuell gestalteten, mit dem Grundstück verbundenen Objekten möglich bleibt.“100 Die Selbständigkeit einer Sache war aber bloß eine Konsequenz aus der Teilbarkeit einer anderen Sache. Es mußte also die Frage interessieren, inwiefern eine Sache, insbesondere ein Haus, teilbar wäre oder nicht. Den Wandel im Verständnis dieses Problems zeigt deutlich Wächter. Er unterschied ursprünglich zwischen einer natürlichen oder realen Teilbarkeit „im weiteren Sinn“ und einer solchen im engeren Sinn – Jahrzehnte später skizzierte er diesen Unterschied radikaler als jenen zwischen Zerstörung und Teilung einer Sache.101 Die natürliche Teilbarkeit im weiteren Sinn bejahte er auch für den Fall einer Statue, Savignys Vergleichsobjekt zu einem Haus, jene im engeren Sinn lag nur dann vor, wenn eine Sache „unbeschadet ihres Wesens und Werthes in, dem Ganzen gleichartige, Theile zerlegt werden kann“. Für die Unterscheidung maßgeblich waren also ökonomisch-praktische Überlegungen.102 Es genügte nicht, daß die abgeteilte Sache wieder „ein Ganzes“ sei, sie müßte vielmehr ein solches Ganzes bilden, „in welchem das frühere Ganze wieder in seinem Wesen, nur verhältnißmäßig gemindert, erscheint“.103 Überspitzt Ackermann, S. 27 f. Schey / Klang in: Klang 1950, S. 73. 98 Goeke, S. 1. 99 Ackermann, S. 8. 100 Dernburg, Lehrbuch I, S. 531; Ackermann, S. 25. 101 Wächter, Pandekten, S. 292. – Benoni verglich das Problem des StWEs 1875 mit dem Versuch der Teilung eines „lebendige[n] Thier[es], woran von zwei Personen die eine das Eigenthum am Vordertheil, die andere am Hintertheil ansprechen wollte“: JM 8600 / 1875: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 59. 102 Wächter, Theilung, S. 172 f. 103 Wächter, Theilung, S. 174. Diese sehr verengende Vorstellung ist keinesfalls zwingend: Um 1930 definierte ein Entwurf eines polnischen Zivilgesetzbuches eine Sache dann als teilbar, wenn sie „in Teile von selbständigen sozialen oder wirtschaftlichen Zwecken zerlegt 96 97

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3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums

formuliert sollte das Ergebnis einer Hausteilung also wieder als Haus bezeichnet werden können. Dem sich hier schon abzeichnenden Bedürfnis nach einer mehrstufigen Teilbarkeit schien das geteilte Eigentum zu entsprechen. Anknüpfend an die Feststellung Zeillers, es könne „auch ein getheiltes Eigenthum zugleich ein Miteigenthum seyn, indem entweder das Obereigenthum oder das Nutzungseigenthum Mehreren gemeinschaftlich zusteht“104, konnte man alle Stockwerkseigentümer als Mitberechtigte des Obereigentums, jeden einzelnen als Nutzungseigentümer hinsichtlich seines materiellen Anteils ansehen: „Die richtige Konstruktion des Verhältnisses vom Standpunkt des ABGB ( . . . ) wäre: Eigentum oder Besitz des Grundeigentümers an dem ganzen Bauwerk, also Sachbesitz[,] und Nutzungsrecht oder Rechtsbesitz des ,Stockwerkseigentümers‘ an dem Bauwerk[steil]“.105 Diese Sicht scheint durch den zeitlichen Zusammenhang der Ablehnung beider Rechtserscheinungen – des geteilten Eigentums und des StWEs – gestützt. Durch die Zurückdrängung des geteilten Eigentums mußte ein zum Alleineigentum aufgestiegenes StWE problematisch erscheinen. In diesem Sinne könnte man das Verbot des StWEs dann als Facette jener im Sachenrecht der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts herrschenden Tendenzen verstehen, die Ogris vereinfachend unter dem „Schlagwort ( . . . ) Kampf dem geteilten Eigentum“ zusammenfaßte.106 Tatsächlich war das geteilte Eigentum aber keine Grundlage des StWEs107; vielmehr verstellte der Hinweis darauf den Blick auf eine andere Form abgestufter Teilung.108 Noch dem Codex Theresianus waren diese zwei Stufen der Teilung bekannt gewesen, als er bei einer ungeteilten Sache, an der weiterhin eine gemeinschaftliche Berechtigung bestand, „unbeschiedene“ und „beschiedene“, d. h. „abgesonderte“ Teile voneinander unterschied. Der aus diesen Bestimmungen schließlich hervorgehende § 361 ABGB erwähnte dann nur mehr „gewisse, obgleich unabgesonderte Theile“ einer in Miteigentum stehenden Sache ausdrücklich, während „gewisse abgesonderte“ Teile von den Kommentatoren ergänzt werden mußten. Diese Konstruktion erschien jedoch bald als Gegenmodell zum Miteigentum, obwohl die auch bei abgesonderten „Teilen“(!) vorhandene ganze, also „ungetheilte Sache“, wenn sie „mehrern Personen zugleich zugehört“, ein „gemeinschaftliches Eigenthum“ blieb. Die Frage, was als „Sache“, werden kann“; aus dieser Definition ergab sich die Möglichkeit von StWE: KoschembahrLyskowski, S. 78. 104 Zeiller, S. 120 f. 105 So Schey / Klang in: Klang 1950, S. 73. 106 Ogris, S. 594; vgl. zum geteilten Eigentum (ohne Problematisierung des StWEs) Pichler, Eigentum, S. 23 ff. 107 Das geteilte Eigentum konnte bestenfalls indirekt dazu beitragen, sich an die Möglichkeit eines anderen, nicht auf absolute Herrschaft gerichteten Eigentumsbegriffs zu erinnern; vgl. van der Merwe, S. 4. 108 Dazu und zum Folgenden vgl. oben 2. Teil, insbesondere § 1 B. 1.; Zeiller, S. 120 f.; Scheidlein I, S. 43.

§ 1 Zur Rechtsnatur des Stockwerkseigentums

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was als „Teil“ aufzufassen sei, führte zu unterschiedlichen Interpretationen sowohl des § 361 ABGB selbst als auch des Zeillerschen Kommentars, die später in den Meinungsstreit zwischen Sondereigentums- und Miteigentumstheorie gerieten.109 Die Ursache der Differenzen liegt darin, daß sich in § 361 ABGB nur mehr Spuren einer Konstruktion finden, die das StWE gut zu erfassen vermochte, der çommunio pro diviso“, auch çondominium pro diviso“ genannt.110 Dieses Verhältnis entsteht durch „Realtheilung einer Sache“, wobei die „einzelnen Theile äußerlich nicht getrennt werden“, sondern „in dem bisherigen Zusammenhang verbleiben“. Bei diesem „geteilten Miteigentum“111 liegt im allgemeinen „nur scheinbar eine Gemeinschaft vor, in Wirklichkeit stehen die einzelnen Theile in ausschließlichem Eigenthum des Einzelnen“.112 Bei StWE besteht aufgrund der weiterhin existierenden gemeinsamen Teile „ein aus getheiltem und ungetheiltem Miteigenthum gemischtes Verhältnis“.113 In diesem Sinne charakterisierte der OGH das Rechtsinstitut 1951 als „eine in mehr oder weniger gelockertem Zustand befindliche Gemeinschaft“.114 Besonders deutlich wurde diese Konstruktion schon 1790 in jenem Hofdekret, das die Möglichkeiten gemeinsamer Berechtigung „an einem Hause“ erläuterte. Demnach war das Gesamteigentum an „einem unzertheilten Gute“ von zwei Arten der „Abtheilung“ zu unterscheiden: Bei der ideellen Quotenteilung fiel jedem der Eigentümer ein im Grundbuch anzugebender „Antheil des Ganzen“ zu, bei der materiellen Teilung waren die „specifiquen, jedem eigens zugewiesenen Bestandtheile des Hauses“ deutlich zu machen. Im zweitgenannten Fall gab es also „bey einem(!) Hause mehrere Eigenthümer“(!), denen als „einzelnen Eigenthümer[n]“ zugleich „eigends zugewiesene[ . . . ] Bestandtheile ( . . . ) angehörig“ waren.115 Das StWE ist somit durch ein Nebeneinander von Elementen der Teilung und solchen der Gemeinschaft charakterisiert; in diesem Sinne schien es mit der Gebrauchs- und Nutzteilung (Mutschierung, Oerterung) von Ganerbschaften eng 109 Während etwa Novak, S. 112, aus Zeillers Kommentar zu § 361 ABGB die Anerkennung des StWEs erschloß, behauptete Fuchshuber, S. 85 f., das genaue Gegenteil. Da beim StWE „das Haus aus mehreren rechtlich selbständigen Sachen besteht“, könne das Haus selbst nicht „eine Sache“ sein. Er nahm demnach (im Sinne der Sondereigentumstheorie) „alleiniges Eigentum“ an den rechtlich selbständigen Räumlichkeiten an, verbunden allerdings mit Miteigentum an bestimmten Teilen des Hauses. 110 Dazu Pineles, insbesondere S. 705 ff. Allerdings war auch der Begriff einer „communio pro diviso“ eine Quelle von Mißverständnissen, da manche Autoren darunter keine Gemeinschaft, sondern Nachbarschaft verstanden, Pineles hingegen eine „wirkliche Rechtsgemeinschaft“ annahm: vgl. Novak, S. 105. 111 Schröder, S. 33 ff. 112 Roth, Civilrecht, S. 54 ff.; Wächter, Pandekten, S. 293; Sokolowski, S. 6. 113 Roth, Civilrecht, S. 58. 114 OGH 1. 3. 1951, 1 Ob 130 / 51: SZ 24 / 58. 115 Hofdekret vom 24. November 1790, JGS 96.

16 Kohl

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3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums

verwandt.116 Dieses Nebeneinander rechtfertigt insbesondere im Hinblick auf die oben skizzierte österreichische Gesetzgebungsgeschichte die Charakterisierung des Rechtsinstituts als „Teileigentum“. 117

116 Schröder, S. 35 ff., illustrierte dies durch Urkundenauszüge betreffend eine hessische Ganerbenburg (1395): Hier beruhten die Rechtsverhältnisse innerhalb des Lehenssystems zwar auf dem Grundsatz der Gesamtbelehnung, sodaß ein Heimfallsrecht kaum eintreten konnte; im Innenverhältnis nahmen die Gesamtbelehnten aber eine Teilung vor, deren Beschreibung frappant an die auch heute noch zu findenden Beschreibungen des StWEs erinnert. So erhielt ein Familienmitglied aus dem Nachlaß eines Verwandten „nit mee ( . . . ) von mins obgenannten aneherstorbens virtels wegen, dann die under grosse stube ( . . . ) und die grosse kammern ( . . . ) und die hohe kuche, gelegen zwischen miner kuchen und mins bruder Eberhards kuchen“, während nach einer anderen Urkunde „die cappelle, der torne und mantel, die zisterne und brunne, das thorhus, alle phorten, alle stege und wege in der obgenannten unsser burg zum Hirtzhorn“ ausdrücklich „ungeteilt und ungemutschart“ blieben. – Vgl. auch Putzer, S. 601; ausführlich zu Ganerbenburgen Alsdorf, S. 137 ff. 117 Siehe oben 2. Teil, § 1 B. 1. Zum Begriff vgl. Schreuer, S. 151, der ein „Sachteileigentum“ nannte; zu Teilbarkeit und Beschiedenheit als Grundproblemen bei der Erfassung des StWEs Kohl, Erklärung. – Ohne juristischen Hintergrund verwendet den Begriff „Teileigentum“ Wilhelm, Au, S. 30.

§ 2 Alternativkonstruktionen

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§ 2 Alternativkonstruktionen In einem engen Zusammenhang mit der Frage nach der Rechtsnatur des StWEs steht jene danach, mit welchen alternativen Konstruktionen Ersatz für das abgelehnte Rechtsinstitut geschaffen werden könnte. Ausführungen dazu sollten einerseits, wie etwa bei der Vorbereitung des österreichischen StWEG 1879, dem Nachweis dienen, daß der gleiche wirtschaftliche Zweck eines aus juristischen Gründen abzulehnenden StWEs auch auf juristisch einwandfreiem Weg zu erreichen sei. Andererseits brachte man durch derartige Überlegungen bestimmte Zukunftserwartungen zum Audruck, sei es, daß man skeptisch die Sinnhaftigkeit jedes Verbots der materiellen Teilung in Zweifel zog, weil der Hydra des praktischen Rechtslebens ohnehin ständig neue und schrecklichere Köpfe nachwüchsen1, sei es im Gegenteil, um dieses Verbot, dessen wirtschaftliche Folgen man kaum abschätzen konnte, als ungefährliches, weil durch die Flexibilität des Rechtslebens abgefedertes Experiment darzustellen. In letzterem Sinne hatte etwa Steimle 1938 angenommen, das „Leben“ werde sich „selbst helfen und wird sich derjenigen Rechtsformen bedienen, die weniger große Nachteile aufweisen.“2 In der Vielfalt der Alternativkonstruktionen lassen sich drei größere Gruppen unterscheiden. In der ersten wird auf einem Miteigentum aufgebaut, in der zweiten auf einem Gesellschaftsverhältnis, in der dritten auf Dienstbarkeiten oder anderen Belastungen. Schließlich wird auch auf das Mietrecht als Ersatz für StWE hingewiesen.

A. Miteigentum Gewöhnliches Miteigentum wurde im allgemeinen nicht als Alternative zum StWE angesehen.3 Problematisch war vor allem die Dauerhaftigkeit: Das ABGB gab jedem Miteigentümer das Recht, durch Teilungsklage das Miteigentumsverhältnis zu beenden; eine Benützungsteilung wirkte nicht auf die Erben (§§ 831, 832).4 Nach BGB konnte die gewöhnliche Aufhebung der Gemeinschaft nach § 749 BGB zwar ausgeschlossen werden, nicht aber jene aus wichtigem Grund. Dieser Ausschluß der Aufhebung der Gemeinschaft wirkte gegen Sonderrechtsnachfolger nur bei Grundbuchseintragung (§ 1010 BGB); bei Zwangsversteigerung 1 In diesem Sinne war schon 1854 im Reichsrat die Ansicht vertreten worden, ein Teilungsverbot könnte seinen Zweck nicht erfüllen, da es nicht zu verhindern sei, daß Miteigentümer nach ideellen Anteilen eine im Ergebnis ähnliche Benützungsteilung vornähmen: so Krauß in RR 5 / 1855 (entspricht RR 813 / 1854): HHStA, Reichsrat / Gremialakten, Karton 69. 2 Steimle, Wiedereinführung, S. 362. 3 Wenn es jedoch bei ausschließlicher Nutzung durch einen der Quoteneigentümer steuerlich so behandelt wurde, griff man zur Illustration auf den Begriff des StWEs zurück: Kohler, S. 123. 4 Klang, Wohnungseigentum, S. 8, hielt daher das „Miteigentum in der im ABGB geregelten Form“ für „ungeeignet“.

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3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums

war er überhaupt unwirksam. Einem Gläubiger, der einen Miteigentumsanteil gepfändet hatte, konnte er ebensowenig entgegengehalten werden wie dem Konkursverwalter:5 Der Vermögensverfall eines einzigen Miteigentümers gefährdete also die gesamte Gemeinschaft; weder nach ABGB noch nach BGB konnte der Einzelne sicher sein, „daß es nicht eines Tages mit seinem Miteigentum ein Ende hat“, weshalb mit dieser Rechtsform dem „Kleinkapitalisten“ nur „wenig gedient“ war.6 Doch auch ohne jede Aufhebung war das Miteigentum gefährlich: Da sich der Einzelne Mehrheitsentscheidungen zu beugen hat, schienen „Miteigentümer mit kleineren Anteilen ( . . . ) wehrlos“ etwa gegen Veränderungen der Raumzuteilung. Daraus resultierte der weitere Nachteil mangelnder Identifikation mit der eigenen Wohnung samt weitreichenden Konsequenzen: Die zur Hebung des Wohnungsstandards wünschenswerten Verbesserungen würden beim Miteigentum „zunächst ( . . . ) nur zum besten aller, nicht aber bloß [zum] eigenen Vorteil“ des Einzelnen geschehen. Streitigkeiten seien daher unausweichlich.7 Aufgrund dieser Nachteile erlangte das schlichte Miteigentum nur selten praktische Bedeutung als Ersatz für StWE.8 Um es doch noch als Alternative nutzbar zu machen, bedurfte es Modifikationen: Überlegt wurden daher teils obligatorische, teils dingliche Ergänzungen des Miteigentums. Schon 1870 fand sich die Annahme, nach einem württembergischen Gewohnheitsrecht könnte mit einer Quotenteilung von Grundstück und Gebäude eine obligatorische Gebrauchsteilung einhergehen. Dabei würde die Teilungsvereinbarung auf die Singularsukzessoren übertragen und die Teilungsklage zumindest für eine gewisse Zeit ausgeschlossen.9 An die Einführung einer ähnlichen Konstruktion dachte man im österreichischen Justizministerium noch 1907.10 Häufiger fanden sich jedoch Überlegungen, das Miteigentum durch dingliche Rechte zu verstärken. In der Schweiz dachte man vorerst daran, für jeden einzelnen Miteigentümer eines Gebäudes ein dingliches Wohnrecht zu begründen. Diese Konstruktion hatte allerdings den Nachteil, daß das Wohnrecht nicht veräußert werden konnte und mit dem Tode des Berechtigten erlosch; es wäre dabei also notwendig gewesen, mit jedem Erben eine neue Vereinbarung zu treffen.11 Später wurde daher empfohlen, das Miteigentum (Art. 646 ZGB) mit Dienstbarkeiten (Art. 781 ZGB) zu kombinieren, um Vererblichkeit und Veräußerlichkeit zu ermög5 Habicht, S. 398; Krückmann, Wohnungsnot, S. 1925; Wirths, StWE, S. 27; vgl. Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 6 f.; List, S. 51 f. 6 Krückmann, Wohnungsnot, S. 1925. 7 Krückmann, Wohnungsnot, S. 1925; vgl. auch Krückmann, StWE, S. 716. 8 Allerdings mußte 1955 ein Stockwerksaufbau über zwei benachbarten Häusern als Miteigentum qualifiziert werden, nachdem eine materielle Teilung im Sinne des „grenzübergreifenden“ Typs nicht mehr in Frage kam: SZ 28 / 141 = JBl 1955, S. 575 f. 9 Vgl. Kuntze, S. 59. 10 JM ad 18098 / 1907: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 4. 11 Tuor, Recht, S. 378 f.

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lichen.12 Dies erschien noch 1951 dem Vorsteher des Eidgenössischen Justizdepartments zweckmäßig; der Weg zum unechten StWE des ZGB zeichnete sich hier schon ab. Die „Beteiligten“ sollten als „Miteigentümer mit einer ihrem Hausteile entsprechenden Quotenberechtigung“ eingetragen und damit ausschließliche Nutzungsrechte „subjektiv-dinglich verknüpft“ werden. Gleichzeitig wollte man die „Unterhaltspflicht“ regeln; das gesetzliche Vorkaufsrecht (Art. 680 Absatz 2 ZGB) sollte „wegbedungen“ werden können. Eine solche Lösung, so wurde erläutert, würde sich vom „alten StWE nur der juristischen Konstruktion, nicht aber der Sache nach“ unterscheiden. Notwendig erschien es nur, Nachteile des Gebührenrechts zu beseitigen, wofür jedoch die Kantone zuständig waren.13 Tatsächlich war diese Ersatzform jedoch mit schweren Mängeln behaftet: Einerseits gab es unter den vom ZGB vorgesehenen Dienstbarkeiten keine, die genau dem erwünschten vererblichen Wohnrecht entsprach: Dienstbarkeiten erloschen als persönliche Rechte mit dem Tod des Berechtigten, eine Neukonstruktion wäre mit dem sachenrechtlichen Typenzwang in Konflikt geraten. Noch erheblich schwerer wog es allerdings, daß das Miteigentum nach Art. 650 ZGB von einem jederzeit möglichen Aufhebungsanspruch bedroht war. Dessen rechtsgeschäftlicher Ausschluß war zwar möglich, konnte jedoch höchstens auf zehn Jahre wirksam vereinbart werden.14 Das Problem der Aufhebung war von den Behörden vermutlich nicht bedacht worden und auch zahlreiche Stockwerkseigentümer, die der Umwandlung in diese Ersatzform zugestimmt hatten, damit ihr StWE im Grundbuch eingetragen und durch Grundbuchseintrag auch übertragen werden konnte, mußten plötzlich diese wesentliche Veränderung ihres Rechts feststellen. Daher hatten sich in den 1950er-Jahren wiederholt die Gerichte mit der Frage zu beschäftigen, ob die Umwandlung von StWE in eine Ersatzform rückgängig gemacht werden könnte, und diese Frage eher bejaht.15 Abgesehen von den genannten Risken hatte die Konstruktion den Nachteil, kompliziert zu sein. Dem „Landesverband freier Schweizer Arbeiter“, der ein Stockwerks- oder Wohnungseigentum wiedereinführen wollte, schien die Kombination von Miteigentum und Dienstbarkeiten daher „zu unübersichtlich, um jemals populär zu werden“. Daran knüpfte Gustav Egli, der Zentralsekretär des Landesverbandes, eine Forderung, die auch dem österreichischen Wohnrechtsgesetzgeber ins Stammbuch geschrieben werden könnte: „Die Bestimmungen, welche das Wohnungseigentum regeln, müssen so gehalten sein, dass sie der einfache Mann ohne Konsultation eines Anwaltes ebenfalls versteht“.16 Die Gefahr der Aufhebung des Miteigentums bestand auch nach ABGB. Eine Lösung fand die Praxis daher nur für den zweiten Problemkreis, die Vererblichkeit Z. B. Tuor, ZGB 1934, S. 472; Tuor, ZGB 1953, S. 494. Schweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4001 (C) - / 1 Bd. 129 Az. 47.33. 14 Meyer-Hayoz / Rey, S. 4 f.; Bundesblatt 1962 / II, 1464 ff.; Bärmann, S. 50 f. 15 Bundesblatt 1962 / II, S. 1464 ff. 16 Brief Eglis an Bundesrat Feldmann: Schweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4110 (B) 1981 / 70 Bd. 9, H. I. Allgemeine Korrespondenz. 12 13

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3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums

jenes Rechts, das neben das Miteigentum treten sollte: Beim Neubau des Hauses Weyrgasse 5 im dritten Wiener Gemeindebezirk wurden im Jahr 1925 Miteigentumsquoten gebildet und zugunsten der jeweiligen Quoteneigentümer Mietrechte an einzelnen Wohnungen einverleibt.17 Wohl aufgrund dieser Erfahrung schien eine Kombination von Miteigentum mit intabulierten Bestandverträgen noch 1936 als systemkonforme Alternative zu dem „unserm Rechtssystem widersprechenden“ StWE.18 Eine weitere Alternative schließlich, die uns heute geradezu selbstverständlich erscheint, war von den Juristen des ausgehenden 19. Jahrhunderts überwiegend verworfen worden, nämlich die schon 1870 von Mandry für Ausnahmefälle angenommene Konstruktion einer çommunio pro indiviso mit dinglich wirkender Vereinbarung über die Benutzungsweise“. Diese dem heutigen Wohnungseigentum am nächsten kommende Lösung hielt man für unmöglich: „Ein condominus kann weder ein ius in re aliena an derselben Sache haben, noch kann er Dritten ein Recht an der Sache erwerben“.19 Ungeachtet dieser Ablehnung sollte das „unechte StWE“ besondere Bedeutung erlangen, wie sich schon im Umfeld des BGB abzeichnete. Dieses ermöglichte zwar ein Miteigentum „nach Bruchteilen mit servitutarischen Sonderrechten an den einzelnen Stockwerken“, doch bestand, wie erwähnt, die Gefahr der Aufhebung des Miteigentums zumindest in bestimmten Fällen.20 Dafür bot nun Art 131 EGBGB Abhilfe: Auf landesgesetzlichem Weg konnten diese Teilungsgefahren ausgeschlossen werden, wenn jedem der Miteigentümer die ausschließliche Benützung eines Gebäudeteils eingeräumt worden war. So wurde zwar nicht juristisch ein Sondereigentum, aber wirtschaftlich ein diesem gleichwertiges Miteigentum geschaffen.21 Ein ähnliches Ergebnis versuchte die Praxis auch dann zu erzielen, wenn es an einer landesgesetzlichen Regelung im Sinne des Art. 131 EGBGB fehlte; dies war meist der Fall, weil nur Bayern und Hessen von der hier eingeräumten Ermächtigung Gebrauch machten.22 Dabei mußte im Rahmen eines notariellen Begründungsvertrages jeder Miteigentümer den übrigen Teilhabern ein Ankaufsrecht für den Fall einräumen, daß er aus nichtigem Grund die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen oder in Konkurs geraten sollte. Dadurch war das Interesse des Einzelnen an der Aufhebung der Gemeinschaft minimiert; die bei schlichtem Miteigentum Novak, S. 116. Bazant-Hegemark, S. 7; ZösterrHausbesitz, S. 4. 19 Schott, S. 35; Krauß, S. 343. Dementsprechend hielt man das tatsächliche Vorkommen dinglicher Belastungen nur bei Sondereigentum für denkbar. 20 Kein Ausschluß der Aufhebung bei wichtigen Gründen, gegenüber Personen, die als Gläubiger eines Miteigentümers dessen Anteil gepfändet hatten, sowie bei Konkurs eines Miteigentümers gegenüber dem Masseverwalter: Habicht, S. 398. 21 Habicht, S. 399; Krückmann, Wohnungsnot, S. 1925 f.; Krückmann, StWE, S. 717. 22 Krückmann, Wohnungsnot, S. 1926. 17 18

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nach BGB bestehenden Probleme erschienen zumindest wirtschaftlich umgangen. Die Vorteile waren allerdings durch ein erheblich aufwendigeres Gründungsverfahren und komplizierte Grundbuchseintragungen erkauft. In Anbetracht dieser Nachteile schien es fast einfacher, ein echtes StWE wieder zuzulassen.23 Kritisiert wurde aber auch der von Art. 131 EGBGB selbst vorgezeichnete Weg. Eine ausschließliche Nutzungsberechtigung würde wegen des vorausgesetzten Miteigentums dem Miteigentümer nur „scheinbar die Stellung eines Stockwerkseigentümers“ verschaffen: „Weder tatsächlich, noch rechtlich ist dieses Ziel erreicht.“ Problematisch erschien das Miteigentum an sich, das bei Verwaltung und Belastung im Spannungsfeld von Mehrheitsprinzip bzw. Einstimmigkeitserfordernis stand. Daraus würden, so nahm man an, Gefahren für die Erhaltung des Hauses resultieren. Auch wurde es als ungerecht empfunden, werterhöhende Maßnahmen des Einzelnen der Miteigentümergemeinschaft zuzuweisen. Insgesamt war ein unechtes StWE im Sinne von Art. 131 EGBGB daher etwa für Möller kein „Ersatz für das Hauseigentum“.24 Andererseits wurde, insbesondere nach 1945, die Anknüpfung am Miteigentum auch positiv beurteilt. So nahm zum Beispiel Dittus 1947 an, das unechte StWE biete „weniger Anlaß zu Streitmöglichkeit ( . . . ), weil letztlich durch Stimmenmehrheit eine Benutzungsordnung geschaffen werden kann, die alle bindet, während beim eigentlichen StWE zwei selbständige Parteien existieren, die im Falle der Widerspenstigkeit mit keinem Mittel unter einen Hut gebracht werden können.“ Die bei Miteigentum gegebene Möglichkeit, Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, präsentierte sich vor diesem Hintergrund geradezu als Vorteil, „obwohl sich mit dieser Forderung möglicherweise ein unerwünscht starker Druck auf die anderen ausüben läßt“.25 Die Ausschlußklage des sich abzeichnenden modernen Wohnungseigentums erschien damit nicht bloß als juristische Notwendigkeit, sondern als Fortschritt, der von den Erfahrungen des StWEs geprägt wurde.26 Dazu kamen dogmatische Überlegungen: Lütge hob den Umstand hervor, „daß sich eine Fortbildung dieses Miteigentumsrechtes weniger schwer durchführen läßt und im Grunde auch einfacher ist als das Stockwerksrecht, da sie weniger einschneidend in das gesamte heute gültige Rechtsgefüge eingreifen würde“.27 Diese vermeintliche Einfachheit hatte auch den Gesetzgeber des österreichischen WEG 1948 fasziniert, dem das unechte StWE den Vorteil zu bieten schien, „daß für die Verwaltung einer solchen Liegenschaft keine neuen besonderen Vorschriften erlassen werden müssen“.28 Gerade das Fehlen spezieller Verwaltungsbestimmungen 23 24 25 26 27 28

So Diester, S. 54. So Möller, S. 58. Dittus, S. 9 f. Lütge, Streit, S. 57. Lütge, Streit, S. 57. 676 BlgNR V. GP; Faistenberger / Barta / Call, S. 890.

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3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums

für Wohnungseigentum zeigte sich in der Praxis dann als großes und anhaltendes Problem: Das WEG 1975 versuchte unter anderem der Erkenntnis Rechnung zu tragen, daß „die geltenden Verwaltungsvorschriften des 16. Hauptstücks [des ABGB] nicht immer ausreichen“.29 Einer ähnlichen Illusion wie der österreichische Gesetzgeber hinsichtlich der Verwaltung war übrigens Lütge im Hinblick auf die Belastung erlegen: Er hatte angenommen, unechtes StWE wäre eher zu beleihen, da eine gesamtschuldnerische Haftung der Miteigentümer leichter vereinbart werden könnte: Tatsächlich wollen die einzelnen Eigentümer aber gerade diese Gefahr in der Regel ausschließen.30 Betrachtet man schließlich die heutige Praxis, so spiegelt sich in ihr die historische Diskussion: Vielfach dient das Wohnungseigentum als „Umgehungskonstruktion“ für Verhältnisse, in denen die Beteiligten lieber nicht in eine Eigentümergemeinschaft eingebunden wären und, gäbe es StWE, dieses auch wählen würden: Über Gemeinschaftsordnungen wird dann versucht, trotz Miteigentums eine der materiellen Teilung vergleichbare Unabhängigkeit zu erreichen. Beispiele sind zahllose Doppel- oder Reihenhaussiedlungen, die oft nur wegen öffentlichrechtlicher Probleme etwa mit Parzellierung oder Bebauungsdichte als Wohnungseigentum konstruiert werden.31

B. Gesellschaftsrechtliche Ersatzformen Noch bevor das unechte StWE dominante Bedeutung erlangt hatte, führte eine andere Weiterentwicklung des Miteigentumsgedankens dazu, als Alternative zum StWE die Bildung von Gesellschaften nach bürgerlichem Recht oder juristischer Personen ins Auge zu fassen.32 Für Deutschland wurden gewöhnliche „Gesellschaft[en] zum Zweck gemeinsamen Hausbesitzes“ überlegt, deren Gesellschaftvermögen das Eigentum am jeweiligen Haus bilden sollte. Dies hätte gegenüber dem Miteigentum zwar den Vorteil geboten, Abstimmungen nach Köpfen zu ermöglichen (§ 709 BGB) und dadurch die Interessen der Eigentümer mit kleineren Gesellschaftsanteilen (Wohnungen) besser zu schützen, das Grundproblem der Mehrheitsentscheidungen wäre jedoch erhalten geblieben. Auch war zu befürchten, daß sich die Eigentümer der größeren Anteile den Gefahren eines solchen Abstimmungsmodus nicht aussetzen würden.33 Schließlich war jede derartige Gesellschaft ähnlich dem Mit29 Erläuternde Bemerkungen zum Ministerialentwurf 1971: Faistenberger / Barta / Call, S. 908; ebenso in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage 1972, 240 BlgNR XIII. GP; Faistenberger / Barta / Call, S. 949. 30 Lütge, Streit, S. 57. 31 Vgl. Röll, S. 749 f. 32 Dittus, S. 10 f.; Ebel, Frage, S. 85; Mosing, Wohnbauförderung I; Mosing, StWE, S. 2. 33 Krückmann, Wohnungsnot, S. 1925.

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eigentum durch zahlreiche Auflösungsgründe problematisch, deren Ausschluß erforderlich, aber nicht restlos möglich gewesen wäre. Insgesamt schien eine solche Gesellschaft daher „ungeeignet ( . . . ), Grundlage für einen gemeinsamen Hausbau zu sein“.34 Notwendig war vielmehr eine von den Individuen losgelöste und dadurch von erhöhter Bestandskraft gekennzeichnete juristische Person. Nachdem die Begründung eines registerfähigen Vereins wegen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes und der erzielten kaufmännischen Rente ausschied35, konzentrierten sich entsprechende Vorschläge auf die Gesellschaft mit beschränkter Haftung und die Aktiengesellschaft. Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind unter anderem aus Berlin und Hamburg überliefert.36 Dabei war, wie die von Krückmann überlieferte Satzung37 zeigt, mit jedem „Geschäftsanteil ( . . . ) das Recht auf Benutzung von Wohnungen auf dem Grundstück zu Wohnzwecken nach [einer in der Folge näher bestimmten] Verteilung verbunden“, und zwar in der Weise, „daß jeder Teil mit mindestens einem Wohnrecht verknüpft bleibt“. Ausgenommen von dieser Regelung, die an den Mindestanteil des österreichischen Wohnungseigentums erinnert, war lediglich der Fall der Vererbung, nach welcher das Wohnrecht auch nur mehr „mit einem Teil des Geschäftsanteils verknüpft“ sein konnte. Die Gesellschaft hatte einen relativ starken Geschäftsführer38, der etwa dem Verkauf eines Geschäftsanteils zustimmen mußte, diese Zustimmung aber nur aus wichtigen Gründen verweigern durfte. Den Gesellschaftern standen gegenseitig Vorkaufsrechte zu. Gesellschafter, die ein halbes Jahr ihre Beiträge nicht leisteten, konnten ihr Wohnrecht verlieren, wodurch die Wohnung zur Vermietung primär zugunsten der übrigen Gesellschafter frei wurde. Im Extremfall konnte sogar der Geschäftsanteil eingezogen werden. Die Rechtsgrundlage für die Benützung der konkreten Wohnung waren dessen ungeachtet ein „echter Mietvertrag“. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung wies jedoch auch erhebliche Nachteile auf. Der „erhebliche Aufwand an Steuern“39 bei der Gründung der Gesellschaft sowie die laufenden Kosten der regelmäßigen Vorlage von Unterlagen an 34 Krückmann, StWE, S. 716 f. – Auflösungsgründe sind nach §§ 723 – 728 BGB Kündigung durch Gesellschafter, Kündigung durch Pfandgläubiger, Erreichen oder Unmöglichwerden des Gesellschaftszweckes (für Wohnhäuser unproblematisch), Tod eines Gesellschafters, Insolvenz der Gesellschaft oder eines Gesellschafters. 35 Krückmann, StWE, S. 720. 36 Steimle, Frage, S. 108; Sontag, S. 593; Krückmann, StWE, S. 718 ff. 37 Krückmann, StWE, S. 718 ff.: Die Satzung enthielt Regeln über den Geschäftsführer, ordentliche und außerordentliche Gesellschafterversammlung, Beschlußfassung – sie war auch im Umlaufweg möglich – und Jahresabrechnung. 38 Krückmann, StWE, S. 720, sah die Satzung als „auf die Vertrauensstellung des Geschäftsführers“ zugeschnitten an. 39 Vgl. O. Hagemann, S. 397.

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das Registergericht steigerten die Wohnkosten. Auch erforderte die kaufmännische Gesellschaftsform an sich „eine Rechts- und Geschäftskenntnis, die bei den sog. kleinen Leuten nicht zu finden ist“40 weshalb Kritiker anmerkten, es müsse für „den Mittelstand und gar den Arbeiter ( . . . ) eine einfachere Rechtsform gefunden werden“.41 Ungeachtet dieser Nachteile waren in Hamburg bis 1930 ein bis zwei Dutzend derartiger Gesellschaften gegründet worden. Aus München42 sowie aus Österreich43 sind hingegen Aktiengesellschaften als Alternative zum StWE überliefert. Ihren Schwerpunkt hatte diese Konstruktion jedoch in der französischsprachigen Schweiz mit der „Mieter-Aktiengesellschaft“ oder „Société d’actionnaires-locataires“. 44 Die Aktien lauteten auf Namen und waren in „unteilbare Zertifikate“ zusammengefaßt. Jedes dieser Zertifikate gab dem Aktionär das Recht, mit der Aktiengesellschaft, die Eigentümerin von Grundstück und Gebäude war, einen Mietvertrag auf unbestimmte Zeit über einen bestimmten Gebäudeteil abzuschließen. Dieser Mietvertrag konnte vom Mieter unter Beachtung einer Kündigungsfrist, von der vermietenden Aktiengesellschaft hingegen nur aus wichtigem Grund aufgelöst werden: Dazu zählten vertragswidriger Gebrauch des Mietgegenstandes, Nichtbezahlung des Mietzinses oder der Verwaltungskostenbeiträge oder andere schwerwiegende Umstände. Die Mietzinsforderung der Aktiengesellschaft gegen den einzelnen Mieter wurde gegen dessen Dividendenanspruch verrechnet. Die Aktien konnten je nach den Statuten mehr oder weniger frei verkauft werden, womit gleichzeitig der Mietvertrag mit dem bisherigen Mieter-Aktionär endete. Diese Konstruktion gewährte allerdings keinen dinglichen Anspruch auf eine bestimmte Wohnung. Um die Stellung des Aktionärs dennoch ähnlich einem echten StWE abzusichern, waren daher weitere Vorkehrungen in den Statuten zu treffen: Dazu zählte vor allem ein Vetorecht des Aktionärs gegen Beschlüsse, die seiner Rechtsstellung gefährlich werden konnten. Für die Auflösung der Gesellschaft, die Änderung ihres Zweckes, Veräußerung oder Belastung des Hausgrundstückes war daher unbedingt Einstimmigkeit erforderlich.45 Diese Verbindung von Gesellschaftsrecht und Mietrecht erschien als geeignete Lösung, die erwünschte Verfügbarkeit über eine Wohnung mit den juristisch-dogmatischen Anforderungen auf einen Nenner zu bringen. Damit würde, so nahm man an, „der gleiche wirtschaftliche Zweck erreicht wie mit dem Stockwerkseigentum“. In Genf wurde diese Lösung, sofern der Ertrag des Objekts eine beKrückmann, StWE, S. 720. Meyer, StWE 1930, S. 12. 42 Krückmann, StWE, S. 718. 43 Drexel, S. 40. 44 Dazu m. w. N. Meyer-Hayoz / Rey, S. 5; Bärmann, S. 49 f.; Helg, S. 345 f.; Sattiva, S. 66 ff. – Vgl. Beantwortung der Interpellation Meili durch Bundesrat Feldmann vom 8. Juni 1955: Schweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4001 (D) 1973 / 125 Bd. 6 Az. 3. 07. 03. 45 Helg, S. 345 f. 40 41

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stimmte Grenze nicht überschritt, sogar durch 20-jährige Befreiung von Kantonsund Gemeindesteuern gefördert.46 Doch auch die Mieter-Aktiengesellschaft war nur in bestimmten Fällen sinnvoll. Für kleine Häuser mit zwei bis drei Wohneinheiten oder für bäuerliche Wirtschaftsgebäude blieb sie wegen des juristisch-administrativen Aufwandes ungeeignet.47 Auch sonst erhöhten sich durch die Gesellschaftsform die Kosten, erforderte doch die Aktiengesellschaft einen aus mindestens drei Personen bestehenden Aufsichtsrat.48 Doch es war nicht nur die Kostenintensität, die gegen beide handelsrechtlichen Gesellschaftsformen sprach. Problematisch war weiters die eher schwierige Belastbarkeit des Gesellschaftsanteils.49 Dies wieder hängt mit einem prinzipiellen Nachteil zusammen, den ein Ausweichen auf GmbH oder AG mit sich brachte: In allen hier skizzierten Konstruktionen wurden nämlich die Gesellschaften zu Grundeigentümern, was mit dem Verlust des Liegenschaftseigentums für den einzelnen Genossenschafter, Gesellschafter oder Aktionär einherging.50 Damit hatte man sich vom StWE jedoch bereits weit entfernt. Treffend resümierte Otto Hagemann 1950: „In Einzelfällen hat sich ( . . . ) die Gründung einer AG oder GmbH bewährt“, im allgemeinen sei dieser Weg aber „für die breite Masse zu schwerfällig und zu undurchsichtig“.51 Zur Vermeidung von Nachteilen, die aus dem Gebrauch handelsrechtlicher Gesellschaftsformen für die Zwecke von Privatpersonen resultierten, hatte Krückmann schon 1924 den Zusammenschluß in einer „Hausgewerkschaft“ oder „Hausgesellschaft mit den Rechten einer juristischen Person“ empfohlen, also eine neue juristische Person kraft Verleihung (§ 22 BGB).52 Die Hausgewerkschaft – ebenfalls als grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft – sollte „Anteilscheine“, „Hauskuxe“ genannt, ausgeben, deren erleichterte Übertragung „durch schriftlichen Uebertragungsvermerk auf der Urkunde, Umschreibung auf einen anderen Namen und Uebergabe der Urkunde“ teure Grundbuchseintragungen erspart hätte. Die Satzung wäre so zu gestalten gewesen, daß an die Stelle des einfachen Austritts eine Veräußerung des Hausanteils treten mußte. Als „Geschäftsführer für gewisse gemeinschaftliche Angelegenheiten“ sollte „ein außerhalb der Gewerkschaft stehender Sachverständiger“ fungieren. Diese Konstruktion verstand sich als Alternative auch zu den gesellschaftsrechtlichen Formen von GmbH und AG und sollte deren Nachteile vermeiden. Insbesondere wäre im Hauskux – ganz im Gegensatz Helg, S. 345 f. Vgl. Beantwortung der Interpellation Meili durch Bundesrat Feldmann vom 8. Juni 1955: Schweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4001 (D) 1973 / 125 Bd. 6 Az. 3. 07. 03. 48 Krückmann, StWE, S. 720. 49 Krückmann, StWE, S. 720. 50 Diester, S. 54. 51 O. Hagemann, S. 397. 52 Krückmann, Wohnungsnot, S. 1925 f. 46 47

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zu dem mit einem Gesellschaftsanteil verbundenen Mietrecht – ein dingliches Recht verkörpert gewesen. Auch sollte die Hausgewerkschaft, vom Zwang der gesellschaftsrechtlichen Formalien befreit, „wesentlich billigeres Wirtschaften“ ermöglichen. Allerdings schien, wollte man diese Hausgewerkschaft realisieren, eine Abänderung des BGB, am besten durch „reichsgesetzliche Regelung“53, unausweichlich: Einerseits wäre ein solcher Verein ein Kapitalverein statt des vom BGB angenommenen Beitragsvereins gewesen; andererseits und vor allem sah das BGB in einem solchen Verein ein Stimmrecht nach Köpfen vor, während für die Zwecke der Wohnhausverwaltung ein nach Anteilen abgestuftes Stimmrecht möglich sein sollte. Problematisch war es schließlich, derartige Vereinsmitgliedschaftsrechte zur Grundlage von Belastungen zu machen, sodaß Krückmann Hypotheken überhaupt ausschließen wollte. Schließlich findet sich als Alternative zum StWE der Genossenschaftsgedanke: An darauf aufgebaute „Hauseigentumsgesellschaften“ dachte man etwa in Österreich während der Dreißigerjahre des 20. Jahrhunderts. Als „neue Rechts- und Wirtschaftsform gemeinsamen Hauseigentums“ sollte diese Lösung den Anforderungen von Wertbeständigkeit und Liquidität gleichermaßen gerecht werden, während beim StWE „keine jederzeitige Verwertbarkeit ohne Verlust gewährleistet“ erschien. Genauere Vorstellungen über die rechtliche Gestaltung fehlten allerdings.54

C. Eigentumsbelastungen 1. Allgemeines Eine weitere Gruppe von Überlegungen versuchte, StWE durch verschiedene Belastungen des – einem der Beteiligten zuzuweisenden – Grund- und Gebäudeeigentums zu ersetzen.55 So sah man schon 1875 die „Servituten des Gebrauches, des Fruchtgenußes und der Wohnung“ als mögliche Alternativen zum StWE an.56 Gelegentlich dachte man auch an Grunddienstdienstbarkeiten, die jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen in Frage kommen konnten.57 Praktisch wurde eine solche Deutung in einem vom OGH 1976 entschiedenen Fall, bei dem ein urKrückmann, StWE, S. 721 f. Josef Peßl in: MittBlAdler 13, S. 26 f. 55 Vereinzelt blieben Versuche, an der Stelle des StWEs (Erb-)Baurechte zu begründen: Krückmann, Wohnungsnot, S. 1926; Meyer, StWE 1930, S. 9; Hammer, S. 20 ff. 56 JM 8600 / 1875: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 59. – Einer preußischen Gemeinde schien 1881 ein (wohl als Servitut zu qualifizierendes) „Mitbenutzungsrecht“ trotz dabei fehlender Verfügungsmöglichkeit als ausreichende Alternative zum Eigentumsrecht am Obergeschoß eines Gebäudes: Seufferts Archiv XXXVII (= NF VII) / 97. – Für Österreich vgl. Dietrich, S. 87; Fuchs, S. 566 f. 57 Seufferts Archiv IX / 264; Krückmann, StWE, S. 715; vgl. die Parteienargumentation in dem von Freudling geschilderten Fall: Freudling, S. 385. 53 54

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sprünglich (1897) ersessenes StWE dadurch erloschen war, daß es bei der Grundbuchsanlegung innerhalb der Ediktalfrist nicht geltend gemacht wurde. Während nun ein Eigentum an materiellen Gebäudeteilen wegen Unzulässigkeit der Neubegründung von StWE nicht mehr wieder ersessen werden konnte, war immerhin die Ersitzung einer Grunddienstbarkeit möglich. Diese Umdeutung von StWE in eine Dienstbarkeit war jedoch nur aufgrund der besonderen Verhältnisse des Falles möglich, in dem einzelne Räume mit dem Nachbarhaus in Verbindung standen.58 Sämtliche Dienstbarkeiten sind jedoch Rechte an fremden Sachen. In diesem Sinne wurde etwa kritisiert, daß Fruchtgenußrechte keine geeignete Alternative seien, weil sie nicht das Recht zur Vernichtung der Substanz beinhalten könnten.59 In der Schweiz wußte man 1951, daß die in der Grundbuchverordnung vorgesehene „Ersatzform“, bei der nur einer der Beteiligten als Eigentümer des Gebäudes, die anderen als Dienstbarkeitsberechtigte einzutragen gewesen wären, „meistens den Absichten der Parteien nicht voll entsprechen [würde], da beide Eigentümer sein und sich nicht mit der Rolle eines Dienstbarkeitsberechtigten begnügen wollen“. Dies wurde unter anderem damit erklärt, daß Dienstbarkeiten bei Zerstörung des Gebäudes untergingen, wodurch der als Eigentümer Eingetragene einen ungerechtfertigten Vorteil erlangen würde.60 Zu diesen Vorbehalten kam hinzu, daß sich die Ablehnung der materiellen Gebäudeteilung durch das BGB nicht nur gegen entsprechende Eigentumsverhältnisse richtete. So scheiterte der Versuch, statt eines StWEs Fruchtgenußrechte an einzelnen Räumlichkeiten eines Hauses zu begründen, 1940 in letzter Instanz am Reichsgericht: Der Senat stellte fest, daß § 93 BGB, wonach wesentliche Bestandteile einer Sache nicht Gegenstand besonderer Rechte sein könnten, nicht nur das StWE ausschließe, sondern auch Fruchtgenußrechte an real begrenzten Gebäudeteilen.61 In Österreich wurden Fruchtgenußrechte aber doch praktisch bedeutsam, als in einem Salzburger Fall für neu errichtete Wohnungen im Dachgeschoß eines materiell geteilten Hauses eine Alternative zum StWE benötigt wurde: Auf der Grundlage verdinglichter Fruchtgenußrechte konnte der nominell weiterhin gemeinsame Dachboden in Sondernutzungsrechte für die jeweiligen Eigentümer der bestehenden materiellen Anteile zerlegt werden.62 Ohne die Existenz dieser Anteile wäre das Fruchtgenußrecht allerdings nicht sinnvoll einsetzbar gewesen.

58 59 60 61 62

OGH 4. 3. 1976, 7 Ob 512 / 76: JBl 1976, S. 642 = NZ 1978, S. 110. Talasiewicz, S. 407. Schweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4001 (C) - / 1 Bd. 129 Az. 47.33. RGZ CLXIV / 32. TZ 13436 / 1983 zu 5653750041.

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2. Wohnungsrechte Da das StWE vielfach der Befriedigung eines Wohnbedürfnisses diente, war es naheliegend, auch seinen Ersatz durch Wohnungsdienstbarkeiten ins Auge zu fassen.63 Sie erschienen als Parallele zum bäuerlichen Ausgedinge, wobei statt einer Hofübergabe ein einmaliger Kapitalerlag das Rechtsverhältnis begründet hätte. Damit glaubte man sich dem StWE „erheblich annähern“ zu können64; Lütge empfand ein solches Wohnungsrecht sogar als ein „festes Besitzrecht“ und verglich es als durchaus überlegenswerte Alternative zum StWE mit „dem ,Untereigentum‘ vergangener Zeiten“.65 Doch auch Wohnungsrechte waren problematisch. Ihre Unübertragbarkeit, Unveräußerlichkeit und Unvererbbarkeit ließ erwarten, daß die Berechtigten Investitionen scheuen würden, wodurch Auseinandersetzungen mit dem Eigentümer vorprogrammiert schienen.66 Es fehlte daher nicht an Überlegungen, wie man diese Nachteile vermeiden könnte. Ohne Gesetzesänderung wollte Hagemann die Probleme der Unveräußerlichkeit und Unvererblichkeit durch die Zuweisung der Berechtigung an juristische Personen umgehen. Dabei dachte er vor allem an Bausparkassen, die dieses Recht zugunsten ihrer Sparer nutzen könnten, sowie an Unternehmen hinsichtlich ihrer Betriebsstätten. Der Grenzen seiner Idee war er sich selbst bewußt: „Demjenigen, der unbedingt nach Sicherheit strebt, kann diese durch ein beschränktes dingliches Recht nicht geboten werden, er muß danach trachten, zumindest Miteigentümer zu werden.“67 Klang schlug 1947 als Ergänzung zum StWE, das nur für relativ kleine Einheiten sinnvoll sei, die Schaffung eines neuen „Wohnungsrechts“ für den raschen Wiederaufbau großer Gebäude, insbesondere bisheriger Zinshäuser vor. Dabei sollte das herkömmliche Wohnungsrecht des ABGB erhalten bleiben, daneben jedoch eine durch geringfügige Änderungen den neuen Bedürfnissen besser angepaßte Variante geschaffen werden. Sie wäre vor allem durch einen Entfall der Höchstpersönlichkeit charakterisiert gewesen, um Veräußerlichkeit und Vererbbarkeit zu ermöglichen. Nahm man nicht auf die persönlichen Bedürfnisse des Berechtigten Bezug, so konnte dieser seine Wohnung auch vermieten. Die freie Verfügung des Wohnungsberechtigten wollte Klang allerdings durch ein dingliches Vorkaufsrecht des Hauseigentümers mit dessen berechtigten Interessen in Einklang bringen. Das Ergebnis erschien als ein StWE ohne Miteigentum „an den nicht zur Wohnung gehörigen Teilen des Gebäudes“. Die Verwaltung konnte Klang daher 63 So z. B. Fricke, S. 1 ff.; Diester, S. 54; Ebel, Frage, S. 85; Raudszus, Wohnrecht, S. 1096; Mosing, Wohnbauförderung I; Mosing, StWE, S. 2. 64 Dittus, S. 11. 65 Lütge, Streit, S. 58. 66 Krückmann, Wohnungsnot, S. 1925; Diester, S. 54. 67 O. Hagemann, S. 398.

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dem „daran stärker interessierten Hauseigentümer“ überlassen, wodurch sie „nicht von zufälligen Mehrheitsbeschlüssen abhängig“ gewesen wäre.68 Problematisch war allerdings die Tatsache, daß ein solches Wohnungsrecht nur dann eine Exekution auf das Haus bzw. Grundstück unbeschadet überstehen konnte, wenn es den Rechten des betreibenden Gläubigers vorging. Insgesamt sah Klang aber in dem von ihm vorgeschlagenen Wohnungsrecht die Möglichkeit, „ein gegen die Unbeständigkeit des Mietrechtes gefeites Eigenheim zu erwerben“.69 Auch in der österreichischen Praxis findet sich ein Wohnungsrecht als Alternative zum StWE. Im Fall einer wegen des Neubegründungsverbotes des StWEG 1879 unwirksamen „Wohnungsschenkung“, bei der sich die Parteien die „Begründung eines dinglichen Rechts“ vorgestellt hatten, deutete der OGH das beabsichtigte Rechtsverhältnis in eine Wohnungsdienstbarkeit (§ 521 ABGB) um: Sie käme dem „Zweck, das Wohnrecht auch im Fall eines Eigentümerwechsels dauernd zu sichern“, am nächsten.70

D. Miete Mietrechte wurden schon als Ergänzung von Miteigentumsrechten erwähnt. Doch auch ohne eine solche Grundlage schien die Miete manchem als mögliche Alternative zum StWE. So hatte der Präsident des OGH 1876 empfohlen, darauf hinzuwirken, „daß die Theilungen nach materiellen Antheilen durch Miethverhältnisse ersetzt werden“.71 Während dies in Österreich vor allem das – schon von anderen potentiellen Alternativkonstruktionen her bekannte – Problem aufgeworfen hätte, unter mehreren Stockwerkseigentümern eines Gebäudes den künftigen Eigentümer auszuwählen, die anderen aber auf die Stellung eines Mieters zu beschränken, waren in Deutschland „Sicherheit und Beständigkeit des Mietvertrages“72 als solche ein Problem. Überlegungen zur Einführung einer „Erbmiete“ scheiterten nämlich am BGB, das in § 567 Bindungen über 30 Jahre ausschloß, selbst wenn man an das Eigentum eines Nachbargrundstückes anknüpfen konnte.73 Um eine Gesetzesänderung etwa durch Einführung eines dinglichen Miet- oder „Insitzrechts“74 zu vermeiden, schlug Herschel 1935 vor, „die Handhabung des Kündigungsrechts ( . . . ) zu veredeln“. Auf der Basis des im Parteiprogramm der NSDAP enthaltenen Grundsatzes „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“ und der Diese Tendenz erinnert an die Absichten des Hugenberg-Entwurfs. Klang, Wohnungsrecht, S. 228 f. 70 OGH 18. 3. 1997, 1 Ob 14 / 97h: MietSlg. 49.030 = immolex 1997 / 143. 71 JM 16388 / 1876: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Häuserteilungen), Post-Nr. 37. 72 Herschel, S. 491 f. 73 Krückmann, StWE, S. 717; O. Hagemann, S. 397. Die Anknüpfung an das Eigentum eines Nachbargrundstückes hätte das Rechtsinstitut überdies der Anwendung durch weniger wohlhabende Bevölkerungskreise entzogen. 74 M. w. N. Raudszus, Wohnrecht, S. 1096. 68 69

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3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums

„Lehre von der unzulässigen Rechtsausübung“ sollte der Richter „jede Kündigung darauf prüfen“ können, „ob sie sich als Mißbrauch darstellt“ – ein typisches Beispiel für das Operieren mit allgemeinen Rechtsbegriffen.75 Mit einer derartigen Handhabung des Mietrechtes werde „ein guter Teil des Rechtsschutzes verwirklicht, den die Befürworter des StWEs erstreben“; auch biete sie den Vorteil, daß „der Gemeinschaftsgedanke viel klarer herausgestellt und eine elastische Lösung geschaffen“ werde, die „konkretem Ordnungsdenken entspricht und die mit der deutschen Rechtserneuerung anderer Gebiete auf das engste Schritt hält“.76 Dieser Weg wurde allerdings nicht beschritten. Zu einer Neubelebung der Diskussion über die Tauglichkeit des Mietrechts als Alternative zum StWE kam es nach 1945 infolge der, wie erwähnt, teils chaotischen Zustände beim Wiederaufbau.77 Obwohl sich schon in der Zwischenkriegszeit Mietkostenvorauszahlungen als untaugliche Ersatzkonstruktion für StWE gezeigt hatten78 und diese Zahlungen wegen der damit einhergehenden Mißstände teilweise sogar verboten wurden79, wollte man auch diese Möglichkeit ausschöpfen. So dachte man etwa daran, die Begründung von Hypotheken mit einem im Darlehensvertrag zugesicherten „Wohnungsnutzungsrecht“ zu koppeln, wobei dies auf einem während der Laufzeit des Hypothekardarlehens unkündbaren Mietvertrag beruhen sollte.80 Selbst Alternativen ohne Grundbuchseintragung faszinierten: So hielt es Lange 1950 für ausreichend, Baukostenzuschüsse oder Mietvorauszahlungen gerichtlich oder notariell zu beurkunden, ihre Höhe gesetzlich zu begrenzen, die Auszahlung vorausgezahlter Beträge an die Bauhandwerker notariell zu kontrollieren und jenen Mietern, die solche Mietzinsvorauszahlungen geleistet hatten, dafür einen erhöhten Kündigungsschutz zu gewähren. Ein solches Maßnahmenpaket würde sich, wie Lange betonte, problemlos in die Rechtsordnung einfügen und könnte nach Beseitigung der Nachkriegsnot leicht wieder beseitigt werden, „ohne stärkere Spuren im ( . . . ) Rechte zurückzulassen“.81 Gerade dies tat dann das neue Rechtsinstitut des Wohnungseigentums. Auch Bestandrechte werden in der modernen Rechtspraxis alternativ zur materiellen Teilung gebraucht. In manchen Fällen, in denen früher zweifellos StWE begründet worden wäre, finden sich in den Grundbüchern heute langfristige Bestandrechte.82

75 76 77 78 79 80 81 82

Stolleis, Gemeinwohlformeln, S. 76 ff.; Rüthers, S. 210 ff. Herschel, S. 491 f. Siehe oben 2. Teil, § 2 B. 1. Krückmann, Wohnungsnot, S. 1924. So z. B. in Hamburg: Dittus, S. 10. Dittus, S. 11. Lange, S. 207 f. Z. B. 3406200055 (Mietzinsvorauszahlung bis 2056).

§ 3 Zum historischen Ursprung des Stockwerkseigentums

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§ 3 Zum historischen Ursprung des Stockwerkseigentums Die Frage nach dem Ursprung des StWEs hat die Juristen des 19. und 20. Jahrhunderts stets beschäftigt: Teils suchten sie nach einer Begründung dafür, warum ein Rechtsinstitut doch existierte, das sie für dogmatisch unmöglich hielten, teils wollten sie damit beweisen, daß ein Bedürfnis nach StWE nicht mehr oder – im Gegenteil – noch immer oder sogar schon wieder bestand. Überlegungen dazu finden sich daher nicht nur in ausdrücklicher Form; Schlüsse auf die vermuteten Motive materieller Gebäudeteilung lassen sich auch aus jenen Argumenten ziehen, die Teilungsverbote begründeten oder zur Wiedereinführung von StWE bzw. zur Schaffung von Wohnungseigentum angestellt wurden. Aufgrund dieser Vielfalt dominierte die Suche nach den Entstehungsursachen (siehe sogleich), während die Frage der Entstehungszeit keine vergleichbare Rolle spielte.

A. Entstehungsursachen 1. Armut und Not Schon im 19. Jahrhundert findet sich die Vorstellung, die materielle Gebäudeteilung sei durch Armut (mit) verursacht.1 Typisch dafür war die Annahme Ackermanns, „wer es nicht nötig hat, sehnt sich nicht nach Stockwerkseigenthum; wo aber die Noth dazu drängt, scheint man es nicht verbieten zu dürfen.“2 Doch erst in Nachkriegszeiten wurde die „den Häuserbau hindernde Armut“3 zum Klischee und konnte als ökonomische Grundlage rechtspolitische Wünsche in der einen oder anderen Richtung untermauern.4 Aus dem Befund, daß das bestehende StWE „in solchen Zeiten der Armut entstanden sei“, wurde schließlich fast ein Naturgesetz abgeleitet, wonach „Zeiten der Verarmung das StWE gleichsam erzwängen“.5 1 So erklärte Zillner, S. 192 ff., S. 324, bestimmte Höhepunkte der Gebäudeteilung durch Verarmung der Bevölkerung, die er in Zusammenhang mit den Auswanderungswellen brachte; allerdings finden sich vor diesem Hintergrund auch Einzelpersonen, die gezielt Häuser zum Zweck der „Verstuckung“ aufkaufen. – Ebenso führte das KG Rovigno die materiellen Teilungen 1907 auf die „Armut der Bevölkerung“ zurück: JM 28455 / 1907: AVA Justiz II genus 3 Küstenland, Post-Nr. 124 / 2. 2 Ackermann, S. 17. 3 Klang in: Verh.33.DJT, S. 242 f. 4 So erklärte Steimle, StWE sei „in Zeiten der größten Not des Vaterlandes entstanden ( . . . ), z. B. nach dem Dreißigjährigen Kriege“; da er jedoch große Hoffnungen auf einen nationalsozialistischen Aufschwung hegte, war er gegen die Wiederzulassung eines solchen Rechtsinstituts: Steimle, Wiedereinführung, S. 352; Steimle, Frage, S. 97. 5 Lütge, Streit, S. 57; Lange, S. 205: Die Entstehung von StWE sei eine „Folge von Kriegen und Bränden“, das Rechtsinstitut selbst daher nur ein „Notbehelf“.

17 Kohl

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3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums

Das Argument der „Armut“ weist jedoch mehrere Aspekte auf: Einerseits fördert Geldmangel die Naturalteilung vorhandener Gebäude, andererseits bringt gemeinsamer Bau Kostenvorteile. Dementsprechend setzten Erklärungsversuche entweder bei der Teilung von Gebäuden (sogleich 2.) oder bei ihrer gemeinsamen Errichtung (unten 3.) an, allenfalls kombinierten sie diese Momente.6 Daneben gibt es Überlegungen zur Entstehung von StWE, die von der Armutsdebatte weitgehend unabhängig sind (unten 4. bis 7.).

2. Teilung bestehender Objekte a) Erbteilung Ein Teil der Lehre nahm an, StWE sei überwiegend „durch die Teilung bereits [be]stehender Häuser, meist unter Erben“7, entstanden. Dabei dürfte die „Aufteilung des Familiengutes“, wie Novak anhand von Wiener Quellen vielfach belegen konnte, die ältere Entstehungsursache sein, während sich der Verkauf eines Teiles oder die Schenkung unter Vorbehalt eines Teiles – wie auch die später zu betrachtende gemeinsame Bauführung – seltener und erst später, d. h. seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, finden.8 Dafür können mehrere Indizien angeführt werden. So enthielten die seit dem 16. Jahrhundert bekannten Normen gegen das StWE, wie sie etwa in den württembergischen Landesordnungen von 1552, 1567 und 1621 zu finden waren9, Verbote schädlicher Teilungen. Auch die von der Frankfurter Reformation 1578 genannten Alternativen zur materiellen (Horizontal-)Teilung – Bestimmung eines Übernahmspreises, Auslosen, Zivil- oder Vertikalteilung – können als Hinweis auf die Entstehung aus Teilung interpretiert werden.10 Noch 1808 wurde in Baden die Horizontalteilung von Gebäuden nur für den Erbfall verboten.11 Ein weiteres Indiz für die Erbteilung als Entstehungsgrund für StWE liegt in einem auffallenden Zusammenhang zwischen dem Vorkommen materieller Teilungen und den Erbgewohnheiten.12 So fand und findet sich StWE besonders häufig in Südtirol, Westtirol und Vorarlberg, also in Realteilungsgebieten. Über Südtirol 6 So in JM 21334 / 1907: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 2; Carlen, S. 246; Schott, S. 36; ADR III / 3, S. 122; Krückmann, StWE, S. 714; Kuntze, S. 48; Schott, S. 19 f.; Sokolowski, S. 23 ff.; Mandry, S. 194; Krauß, S. 343. 7 Lütge, Streit, S. 57; ein anschauliches Beispiel aus dem mittelalterlichen Basel liefert H.-R. Hagemann, S. 227 f. In diesem Sinne auch 426 BlgHH 8. Session. 8 M. w. N. und insbesondere Quellenzitaten Novak, S. 95 ff. 9 Krauß, S. 347; Möller, S. 31; Kuntze, S. 48 f.: Der Inhalt der Landesordnung 1621 wurde 1735 nochmals eingeschärft. 10 Möller, S. 10; Thun, S. 53 f. 11 Zoeppritz, S. 21. 12 Vgl. Kretschmer, S. 83 ff.

§ 3 Zum historischen Ursprung des Stockwerkseigentums

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etwa hörte man im Tiroler Landtag: „In Erbfällen wird der Nachlaß regelmäßig unter die Interessenten in natura geteilt. Jeder derselben erhält ein Stück Grund, jedem wird ein Anteil am Hause zugewiesen, zumal die Armut der Bevölkerung die Erbauung neuer Häuser verhindert; daher tritt nicht selten der Fall ein, daß das Haus sogar nach Zimmern unter die Besitzer geteilt erscheint.“13 Einen Schwerpunkt seiner Verbreitung hat das StWE im oberen Inntal, wo die Güterteilung bis zur Güterzersplitterung getrieben worden war und wo sich das Anerbenrecht erst im 19. Jahrhundert langsam durchzusetzen begann: 1935 etwa gab es im Westen Tirols 12 Prozent, im Osten hingegen 75 Prozent geschlossene Höfe.14 Für diese unterschiedlichen Erbgewohnheiten sind nun vermutlich weder unterschiedliche Gesetze noch unterschiedliche naturräumliche Gegebenheiten verantwortlich, wenngleich gewisse Zusammenhänge zwischen der „Intensität der Wirtschaftsweise“ und der Güterteilung festgestellt werden können; überholt scheint auch die Vorstellung einer bestimmten Stämmen eigentümlichen Erbsitte.15 Vielmehr besteht ein auffallender Zusammenhang der verschiedenen Erbgewohnheiten zu den unterschiedlichen Formen bäuerlichen Besitzrechtes: Im westlichen Nordtirol fällt das Vorhandensein freier Güter mit dem Realteilungsgebiet und auch dem Gebiet der Verbreitung materiell geteilter Häuser zusammen, sodaß man annehmen kann, die Möglichkeit zur realen Teilung sei eben erst durch freien Besitz ermöglicht worden.16 Im Gebiet der grundherrschaftlichen Güter im Osten Nordtirols findet man hingegen kaum materiell geteilte Häuser: Hier wird es auf die Einstellung der Grundherrschaft angekommen sein, deren Mitwirkung bei Teilungen erforderlich war.17 Sie mußte zwar an wirtschaftlich starken Grundholden interessiert sein, konnte aber auch der Verlockung erliegen, die Zahl der Abgabepflichtigen zu erhöhen.18 Gerade in Tirol meinte man die Entstehung von StWE aus Teilungen vielfach auch noch an den Haustypen bzw. ihren Modifikationen erkennen zu können. Dabei war es problematisch, daß mit der Teilung auch kleinere Umbaumaßnahmen zur besseren Nutzung des Objekts einhergehen konnten, wie nachträgliche Teilunterkellerung oder Anbau eines Seitenflurs.19 Diese baulichen Veränderungen konn25 Beil StenBerTirLT, VIII. Periode, 1. Session 1896, 11 f.; vgl. Wenger, S. 77. Müller-Schuler, S. 85. 15 Kretschmer, S. 85. 16 Allerdings gehörte Böhmen, wo StWE häufig war, dem Gebiet der geschlossenen Vererbung an: Kretschmer, S. 85. 17 Kretschmer, S. 86; vgl. hinsichtlich Teilungsbewilligungen z. B. Schopf, S. 35 ff. Dieses Element fand später seine Fortsetzung im Erfordernis einer „politischen Teilungsbewilligung“, deren Vorliegen von weitreichender Bedeutung war. Das Fehlen einer solchen Bewilligung führte etwa 1853 zur oberstgerichtlichen Feststellung, daß der zwei Jahrzehnte zuvor gebildete Hausteil unwirksam begründet und daher als eine dem gemeinen Verkehr entzogene Sache anzusehen sei: GZ 1854, S. 30. 18 Vgl. für städtische Verhältnisse H.-R. Hagemann, S. 231. 19 Wiesauer, S. 42. 13 14

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ten „den ursprünglichen Charakter ganz verwischen“, sodaß es dann schwerfiel, den ursprünglichen Haustyp zu erkennen.20 Mehr als nur ein bloßes Indiz für die Entstehung des StWEs aus (Erb-)Teilung ist schließlich unsere Kenntnis davon, wie sich Teilungen konkret vollzogen. So wurde im mittelalterlichen Wien21 die ursprünglich bloß vertragliche Teilung schon seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts als unzulässig angesehen und durch ein außerstreitiges Teilungsverfahren unter Beteiligung des Stadtrates ersetzt. Dabei war eine aus Stadträten und zwei, später vier Sachverständigen (Zimmermann bzw. Maurer- oder Steinmetzmeister) zusammengesetzte Kommission tätig, die bei einem Lokalaugenschein die Teilung vornahm und allenfalls auch Grenzzeichen setzte. Die konkrete Zuteilung der Anteile erfolgte dann jedoch durch das Los. An diesen Befund knüpft die These an, wonach StWE bloß eine Stufe in der fortschreitenden Individualisierung des Eigentums sei. In diesem Sinne stellte etwa Oppikofer das StWE in eine Entwicklungslinie, die mit der familiären Hausgemeinschaft begann und in eine Hausanteilschaft überging: In die durch Abschichtung der Kinder freigewordenen Räume habe man Fremde aufgenommen, was ursprünglich zugleich eine Aufnahme in die Hausgemeinschaft bedeutete, deren Zentrum die gemeinsame Küche war.22 Von wechselnder Benutzung der Stockwerke im 2-Jahres-Turnus sei man gegen Ende des 14. Jahrhunderts zu dauernder Nutzteilung übergegangen, gemeinsam mit dem Übergang zur Steinbauweise mit mehreren Herden pro Haus habe dies zum Schwinden des Zusammenlebens geführt. Die „Vorstellung vom Vorhandensein einer Gemeinschaft“ konnte in der Folge soweit schwinden, daß sich die Beteiligten als „Alleineigentümer“ der einzelnen Stockwerke fühlten.23 StWE schien demnach als Weiterentwicklung einer „Vorstufe“, der Gesamthand, durch zunehmende Abteilung, vergleichbar der Nutzungsteilung bei Gesamtbelehnung, die man zur Verringerung von „Unbequemlichkeiten“ vornahm.24 Diese Annahme wird durch die Herausbildung von Bauerngütern aus ursprünglichen Höfen bestätigt: So zeigte Winz am Beispiel von Haiming im Oberinntal, wie sich aus zehn „Höfen“ bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts 40 Güter entwickelt hatten. Durch das Hinzutreten materieller Teilungen verteilten sich die insgesamt 53 Besitzer auf 42 Häuser.25 In ähnlicher Weise wird angenommen, daß die Teilung der städtischen Häuser vorerst in immer schmälere Parzellen erfolgte, während später „der Teilung kein Winz, S. 64 f. Dazu H. M. Schuster, S. 120 f.; Novak, S. 100 ff. 22 Oppikofer, S. 34 ff. 23 Oppikofer, S. 37 ff. 24 Bärmann, S. 7; Putzer, S. 586 ff. Daher nahm man an, das StWE habe lange „im Zwielicht der Unfertigkeit und Zweifelhaftigkeit vegetirt“: Kuntze, S. 2. 25 Winz, S. 48. 20 21

§ 3 Zum historischen Ursprung des Stockwerkseigentums

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anderer Raum als die Höhe zur Ausdehnung vergönnt war“, womit hinsichtlich der Teilbarkeit städtischer Häuser „die äußerste Grenze des Möglichen erreicht“ wurde.26 Eine entsprechende Differenzierung von Teilungsarten nach sachlichen Erfordernissen ist etwa aus Schaffhausen überliefert, wo ab einer Hausbreite von 26 Schuh Vertikalteilung durch eine Mauer geboten war, während schmälere Gebäude nach Räumen geteilt werden konnten.27 StWE konnte jedoch nicht nur aus einer Gesamthand, sondern auch aus ideellem Miteigentum entstehen28: So nahm etwa das preußische Obertribunal 1860 auf der Grundlage von ALR I 7 §§ 46 f., 613, 625 an, eine reale Teilung könne auch ohne formellen Teilungsvertrag oder sonstigen Titel infolge einer mehr als dreißigjährigen Benutzungsregelung durch „Verjährung“ aus einer ideellen Teilung entstehen.29 Tatsächlich zeigt die Teilungsgeschichte Salzburger Häuser die materielle Teilung vielfach als Weiterführung einer ideellen Erbteilung oder als deren Alternative. So kommt der Fall vor, daß ein Haus zuerst in Zweiunddreißigstel oder Zweiundsiebzigstel und sodann in reale Teile (vorderer und hinterer Stock bzw. Böden) zerlegt wurde.30 In einem anderen Fall erfolgte zuerst die ideelle, dann die reale Teilung und schließlich die ideelle Teilung der realen Teile.31 Seltener ging man von einer ideellen zu einer vertikalen und damit vollständigen Hausteilung über.32 Das StWE entstand in solchen Fällen zwar nicht unmittelbar bei der Erbteilung, aber in weiterer Folge bei Ablösung der Erben voneinander, vielleicht im Hinblick auf den nächsten Generationswechsel.33 Zu einer besonderen Art der Neubegründung von StWE aus Quotenmiteigentum scheint es übrigens in den ersten Jahren nach Inkrafttreten des BGB in Württemberg gekommen zu sein. Hier war zur Begründung von StWE weder ein förmlicher Vertrag noch ein Grundbuchseintrag notwendig gewesen. Daher war für die Gerichte „besondere Vorsicht geboten“, denn es lag „die Gefahr nahe, daß Teilhaber, welche tatsächlich vor dem 1. Januar 1900 keine reale Teilung durchgeführt hatten, nachher auf diesem Schleichweg unzulässiger Weise Stockwerkseigentum begründen wollen“.34 Ideelles Miteigentum diente demnach als Ausgangspunkt für materielle Teilungen, was für eine gewisse Beliebtheit des Rechtsinstituts StWE sprach. Aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind – schon nach den ersten Teilungsverboten – Erbfälle bekannt, bei denen noch materielle Teilungen erfolgten. Arnold, S. 183. Huber IV, S. 695; vgl. Möller, S. 80. 28 Mandry, S. 216 f. 29 Striethorsts Archiv XXXVI (= NF IV) / 62. 30 Zillner, S. 276, S. 278, S. 394 (zuvor in Drittel geteilt gewesen), S. 395 (zuvor in Hälften geteilt gewesen). 31 Zillner, S. 382. 32 Zillner, S. 407. 33 Zillner, S. 352. 34 Schott, S. 46 f. 26 27

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3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums

So war im Sprengel des KG Eger noch 1869 eine Teilung im Rahmen einer Verlassenschaftsabhandlung vorgenommen worden35; ein Jahr jünger ist der von Innenund Justizministerium bearbeitete Fall Kruta im böhmischen Schönberg, der die zur Entstehung materieller Gebäudeteilung führenden Interessenlagen gut illustriert: Hier sollte nach einem Brand die materielle Teilung eines Gebäudes den Bestand zweier getrennter, aber eng benachbarter Gebäude derselben Eigentümer ersetzen, wovon eines für den Hoferben bestimmt war, während das andere, vorerst dem Ausgedinge der Hofübergeber dienend, dessen Bruder zufallen sollte. Diese Teilung wollten die Beteiligten nach dem Brand der beiden Gebäude innerhalb eines Hauses realisieren.36 Aus der gleichen Zeit datiert übrigens eine in Bayern 1882 durchgeführte Erhebung, bei der festgestellt wurde, daß die seltenen Neubegründungen zwischen 1877 und 1881 fast auschließlich bei Erbteilungen erfolgt waren.37 b) Andere Teilungsursachen Die Entstehung von StWE durch Teilung blieb jedoch nicht auf Fälle der Erbteilung beschränkt. Möglich war ebenso der Verkauf eines Gebäudeteils „von dem bisherigen Alleineigenthümer des Gebäudes an einen Dritten“; Mandry nahm sogar, um damit seine Superfiziarrechtstheorie zu untermauern, an, daß etwa in der Hälfte aller Fälle das StWE durch „Wegveräußerung einzelner Gelasse und Stockwerke“ durch den bisherigen Alleineigentümer entstanden sei.38 Tatsächlich gibt es für diese Entstehungsart nicht wenige Beispiele39; so war nebem dem Salzburger Steintor „aus dieser Behausung auf dem ersten Poden Stuben und Kuchl von einer löbl. Landtschafft erkhaufft und daraus eine Wachtstuben gemacht worden.“40 Je nach den Umständen des Einzelfalls wurde dabei mehr der Verkauf eines Gebäudeteils betont oder aber der Vorbehalt einzelner Teile beim Verkauf des gesamten Gebäudes.41 Der Verkauf konnte auch sukzessive erfolgen; ein besonders schönes Beispiel dafür ist das sogenannte Niederleghaus in der Salzburger JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. JM 7061 / 1870: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 19. 37 Es handelte sich um 158 Fälle in 26 der 240 rechtsrheinischen Amtsgerichtsbezirke, um 127 Fälle in 19 der 30 pfälzischen Amtsgerichtsbezirke, wobei sich jeweils Schwerpunkte zeigten: Jacubezky, S. 188; Zoeppritz, S. 40 f. 38 Mandry, S. 204, S. 210 f. 39 In der Literatur erwähnte Verkaufsfälle sind z. B. Fügen 1719: Mair, S. 123. – Stuttgart 1763: Zoeppritz, S. 1. – Preußen 1803: OT Berlin 14. 2. 1865, EOT LIII / 2; Möller, S. 38. – Württemberg 1850: Hammer, S. 20. – Ein Verkauf lag auch der gescheiterten Teilung eines Hauses in Baden bei Wien zugrunde: AVA Justiz I D I 2c Post-Nr. 32 und 33. –Vgl. weiters GlU 1427; 8521100099. 40 Bezieht sich auf Steingasse 21: Zillner, S. 409. 41 So OLG Bayern vom 25. 6. 1890: Seufferts Archiv XLVI (= NF XVI) / 85; vgl. Dölker, S. 113 f. Weiters z. B. Seufferts Archiv VI / 152; RGZ LXI (= NF XI) / 47. 35 36

§ 3 Zum historischen Ursprung des Stockwerkseigentums

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Getreidegasse, dessen Veräußerung durch die Stadt Salzburg sich in mehreren Etappen teils mit freiwilligen Versteigerungen zwischen 1804 und 1875 vollzog.42 Den Beginn machte der Verkauf der in einem Trakt untergebrachten Mühle samt der Mühlengerechtigkeit.43 Hier zeigt sich ein für Kauf und Verkauf von StWE wichtiger Aspekt, nämlich die Radizierung von Gewerben auf materielle Gebäudeteile. So wurde im eben genannten Objekt 1924 unter anderem ein Bäckerladen mit der „auf der Niederlege dahier radicierte[n] b[ürgerlichen] Weißbackersgerechtsame“ verkauft, im Nebenhaus war mit dem Eigentum eines Hausbodens die „Kaffee- und Chocolade Ausschanks-Gerechtsame“ verbunden.44 Der geschlossene Verkauf des ganzen Objekts mit allen hier radizierten Gewerben hätte wohl vergleichweise weniger Interessenten gefunden. Vergleichbare Fälle sind beispielsweise für das bayrische Burghausen45, das Südtiroler Innichen46 oder im bayrischen Wald nachweisbar; hier konnte sich die Verkäuferin nicht nur über einen Bargeldbetrag von 700 Gulden freuen, sie blieb auch im Besitz von zwei Dritteln des Hauses „mit realer Hufschmiedgerechtigkeit“. 47 Radizierte Gewerbe konnten die materielle Teilung aber auch dadurch fördern, daß sie Betriebsverlegungen hinderten. Brauchte man mehr Platz für den Gewerbebetrieb, so versuchte man eben einen Teil des Nachbarhauses dafür zu erwerben.48 Materielle Gebäudeteile waren jedoch auch für nicht radizierte Gewerbe von Interesse, befriedigten sie doch das Bedürfnis nach Lokalen in besonders attraktiver Lage: Aus Ödenburg wurde berichtet, die Teilungen seien das Ergebnis „von dem Drange [der Geschäftsleute], auf der Grabenrunde ein Haus zu besitzen“, dem wichtigsten Handelsplatz der Stadt.49 Dieses Motiv brachte auch eine Vorarlberger Stockwerkseigentümerin zum Ausdruck: „Wir wollten ein Haus mitten im Zentrum, da mein Mann ein Schneidermeister war und wir ein Geschäft hatten, da muß man präsent sein.“50 In weiterer Folge garantierte das StWE dann den Betriebsstandort, der in gemieteten Objekten vielfach durch Nachgiebigkeit gegenüber den Hauseigentümern teuer erkauft werden mußte.51 42 Pagitz-Roscher, S. 169 ff.; Zillner, S. 370 ff. Vor dem Verkauf 1804 hatte ein Lokalaugenschein durch eine Kommission stattgefunden, der als Sachverständige ein Maurerund ein Zimmermeister angehörten. Diese Professionisten waren schon im mittelalterlichen Wien für entsprechende Aufgaben herangezogen worden: H. M. Schuster, S. 120 f.; Novak, S. 100 ff. 43 Pagitz-Roscher, S. 169 ff., S. 174 f. 44 Pagitz-Roscher, S. 169 ff., S. 174 f., S. 178; vgl. 5653700272 (altes Hauptbuch). 45 Stadtarchiv Burghausen, Steuerfassionen 1809, Nummern 1, 94, 95. 46 Bäckereigerechtsame: Lanzinger, S. 193 ff. 47 Freudling, S. 391. 48 So, wenn auch längerfristig erfolglos, GZ 1854, S. 30. 49 RR 799 / 1855 (entspricht 708 / 1855): HHStA, Reichsrat / Gremialakten, Karton 91. 50 Gesprächsprotokoll zu 9000200440. 51 Vgl. die Begründung des Schweizer Nationalrats Dr. Meili zu seiner Interpellation vom 8. Juni 1955: Schweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4001 (D) 1973 / 125 Bd. 6 Az. 3. 07. 03.

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3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums

Andererseits versprach der Verkauf einzelner materieller Gebäudeteile auch den bisherigen Hauseigentümern Vorteile durch größere Flexibilität. In der Münchner Vorstadt Au dominierte die Entstehungsart der „Haus- oder Herbergszertrümmerungen“, also der Abteilung einzelner „Herbergen“, die zuvor vermietet oder vom Eigentümer allein genutzt worden waren.52 Daneben gab es aber auch Fälle, in denen eigens Neubauten bzw. Aufstockungen zum Zwecke der Herbergenerrichtung erfolgten. Dies wurde als allgemein nützliches Unternehmen dargestellt, weil ein vermehrtes Wohnungsangebot die Preise drücke. Aus einem gerichtlichen Gutachten wird allerdings erkennbar, daß es sich dabei um geradezu gewerbsmäßiges Bauspekulantentum handeln konnte: In einem konkreten Fall war der Neubau „von einer so schlechten Bauart [ . . . ], daß [er] schon vor vollendetem Bau durch einen Sturmwind eingestürzt wurde“. Derart mangelhafte Gebäudequalität und die Vorspiegelung falscher Tatsachen schädigten die Erwerber der Herbergen und legten den Grundstein für „Zank und Streitigkeiten“. Der Schwerpunkt solchen Spekulantentums wird zwischen 1700 und 1800 angenommen.53 Organisierte Neubautätigkeit mit anschließendem Verkauf erfolgte aber nicht nur aus individuellem Profitdenken, sondern konnte auch gemeinnützige Züge tragen. Schon 1656 wurden in Neufeld an der Leitha von der Herrschaft erbaute Häuser an jeweils 2 jüdische Parteien um 130 Gulden verkauft.54 Zwei Jahrhunderte später sahen die Pläne der als Bauträger und Verwalter agierenden Berliner Gemeinnützigen Baugesellschaft einen Abzahlungserwerb durch die Mieter der Wohnungen vor.55 In ähnlicher Weise dachte man schließlich in der Zwischenkriegszeit an organisierte Neubautätigkeit teils durch die Eigentümergemeinschaften selbst56, teils durch Bauunternehmer, die eigens dazu errichtete Gebäude an eine große Zahl von Eigentümern abverkaufen könnten.57 Beim herkömmlichen Verkauf wurde bereits die Möglichkeit freiwilliger Versteigerungen zur Maximierung des Erlöses erwähnt. Auch beim exekutiven „Gantverkauf“ konnte die materielle Teilung in diesem Sinne vorkommen.58 Doch die Gläubiger waren nicht auf diese Verwertungsmöglichkeit beschränkt, sie konnten auch selbst unmittelbar durch reale Gebäudeteile befriedigt werden. Schon nach einem Generalmandat Ferdinands I. vom Mai 1550 konnte sich die Exekution bei Gebäuden auf einen dem erforderlichen Wertbetrag entsprechenden Gebäudeteil beschränken.59 In diesem Sinne ging man knapp 200 Jahre später beim sogenann52 Dölker, S. 6, S. 27 ff. Daher ist, wie einleitend erwähnt, auf den Bedeutungswandel des Begriffs Herberge zu achten. 53 Dölker, S. 137 ff. 54 Lichtenberger, S. 167. 55 Vgl. Zimmermann, Wohnungsfrage, S. 64 ff.; Zimmermann, Wohnen, S. 568 ff. 56 BKA 213088 / 1925: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 2. 57 Meyer, StWE 1930, S. 6. 58 Zillner, S. 290. 59 Suttinger HS 7870, S. 27a: „Welcher ansatz auff ain Hauß geführt wirdt, solle nit auff das ganze Hauß, sonder auff ain orth, dem werth gemäß, geschehen“. Vgl. Schröder, S. 33 f.,

§ 3 Zum historischen Ursprung des Stockwerkseigentums

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ten Weißschen Haus auf dem Grazer Hauptplatz vor, das in Österreich eine Ausnahmeerscheinung hinsichtlich der Entstehung von StWE bildet. Die materielle Teilung entstand hier im Gefolge des 1729 geschehenen Zusammenbruchs des Wechslerhauses Johann Adam Weiß: Nachdem den Gläubigern zunächst je nach der Größe ihrer Forderungen einzelne Wohnungen zur Benützung zugewiesen wurden, erhielten sie in weiterer Folge auch das Eigentum an diesen Hausanteilen; das Gebäude wurde zum „Haus der Johann Adam Weyßischen Creditores“.60 Abschließend sei hier noch ein weiterer untypischer Entstehungsfall erwähnt, der nicht nur wegen der Unentgeltlichkeit des Erwerbs so manches Vorurteil in Frage zu stellen geeignet ist. Er findet sich im Grundbuch Salzburg Innere Stadt und betrifft ein Gebäude, das fast jeder Salzburg-Tourist schon gesehen hat: „Das vom Erzbischof Guidobald anno 1657 auf dem Domplatze vis a vis der kk. WinterResidenz erbaute mit dieser Residenz und dem Stifte St. Peter in Verbindung stehende Gebäude ( . . . ) einschließlich der südlichen Arcaden (Dombögen)“. Dieses Gebäude war „laut Schenkungsvertrag des Erzbischofs Guidobald vom 4. Mai 1657 physisch getheilt in nachfolgende Bestandtheile“: Während der Salzburger Landesfürst den untersten Teil des Gebäudes behielt, schenkte er das zweite bis vierte Geschoß dem Benediktinerstift St. Peter, allerdings mit einer Ausnahme, die den Bau wohl mit-motiviert hatte: In seinem landesfürstlichen Eigentum verblieb nämlich „vom dritten Theile oder dritten Geschoße der ,Umgang‘ oder wie man es nennt: die Gallerie, auf solche Weise, daß man aus der erzbischöfl. Residenz bis zum äußersten Ende des neuen Klostergebäudes und zu den an selbes anstossenden ( . . . ) Bögen in die Metropolitankirche gehen kann“. Nach Übernahme Salzburgs durch die Habsburger wurde diese Galerie – in den „faktischen Besitz des kk. HofAerars“ gelangt – dann „laut allerhöchster Resolution vom 12. Juli 1819 an das Stift St. Peter unentgeldlich, jedoch ,für jedenfalls als zeitweilig und widerruflich‘ insbesondere gegen dem überlassen ( . . . ), daß dieselbe der Bedingung ihrer ausschließlichen Benützung zur Erweiterung und Aufstellung der literarischen Institute des Stiftes untergeordnet sei“. Erst etwa ein Jahrhundert später führte eine „Erklärung Sr. Maj[estät]“ Kaiser Franz Josephs vom 30. Jänner 1905 dazu, daß das Stift an diesen von ihm schon lange genutzten Teilen endlich auch das Eigentum erwarb, wodurch die materielle Teilung endete.61 An diesem Fall zeigt sich besonders deutlich, daß die materielle Gebäudeteilung nicht zwangsläufig eine Folge von Armut sein mußte. 3. Gemeinsame Errichtung von Gebäuden Beim oben erwähnten Abverkauf einzelner Gebäudeteile in mehr oder weniger organisierter Form erstreckt sich über längere Zeit, was bei einer gemeinsamen der dies in FN 1 (vom Original orthographisch abweichend) zitiert, da diese Stelle in den Druckausgaben nicht enthalten ist, sowie Codex Austriacus I, S. 63. 60 Luschin-Ebengreuth, S. 544. 61 GB Salzburg Innere Stadt, EZ 224 (Domplatz 1).

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3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums

Errichtung von Gebäuden sogleich von Beginn an geschieht: Die Kosten werden auf mehrere Personen verteilt. Bei einer gemeinsamen Bauführung reduzieren sich insbesondere die Aufwendungen für Keller, Fundament und Dach62, was aus der Sicht des Einzelnen vorteilhaft, vom volkswirtschaftlichen Standpunkt jedoch ungünstig ist; 1857 beklagte man daher, daß durch das StWE „die bei der großen Vermehrung der Bevölkerung so wünschenswerthe Baulust gehemmt“ werde.63 Mit der Existenz materieller Anteile ist zwar das juristische Ergebnis von Teilung und gemeinsamer Errichtung gleich, nicht aber das äußere Erscheinungsbild. So lassen sich bei den materiell geteilten Häusern Tirols zwei Typen unterscheiden: Den einen bilden komplexe Hausanlagen, die sich auf einen einfachen „Küche und Stube-Typ“ zurückführen lassen. Durch die in Berglagen enge Nachbarschaft würden die Dachvorsprünge gemeinsame Höfe entstehen lassen, aus deren sukzessiver Verbauung das später unübersichtlich verschachtelte Durcheinander resultiere.64 Daneben konnte, wie Atzwanger betonte, die „heute oft unverständlich wirre Besitz- und Wohnungsaufteilung“ auch auf die in den vergangenen Jahrhunderten vorgekommenen „Besitzverschiebungen“ zurückgeführt werden: „Von Anfang an war in dieser Hinsicht bestimmt Klarheit vorhanden. Die Parteien waren entweder den Stockwerken entsprechend aufgeteilt, oder jede bewohnte je eine der kleinen Wohnbaueinheiten mit zusammengehörigem Haupt- und Obergeschoß, deren eine oder zwei für die Mehrparteien an einer oder an beiden Seiten der Durchfahrt eingebaut waren. Viele dieser letzteren Mehrparteienwohnungen wurden erst nachträglich in große ältere Einparteienhäuser eingebaut“.65 Diesem Typ ordnete z. B. Hensler das von ihm dargestellte in vier materielle Anteile geteilte Haus zu und begründete dies unter anderem mit auseinanderlaufenden Flurwänden und einem „eingeflickt“ aussehenden Mittelteil; hier hätten also zwei urprünglich selbständige Gebäude ein gemeinsames Dach erhalten.66 Als zweite Erscheinungsform sind „mehr oder minder symmetrisch um den gemeinsamen Flur“ angelegte Doppelhäuser zu nennen, die in der Regel vertikal in der Firstlinie geteilt sind und häufig eine gemeinsame Durchfahrt und Tenne aufweisen. Dieser vor allem im Oberinntal anzutreffende Typus ist vermutlich durch gemeinsamen Bau zweier sogenannter Seitenflurhäuser entstanden, wobei die beiden Flure ineinander geschoben wurden.67 Derart regelmäßige Mehrparteienanlagen lassen erkennen, daß sie bereits von Anfang an als solche erbaut sind.68 Im 20. Jahrhundert schien die gemeinsame Bauführung schwer vorstellbar: Dittus hielt sie aufgrund der praktischen Probleme, die sich aus einer Mehrzahl von 62 63 64 65 66 67 68

Krückmann, StWE, S. 714. RR 1445 / 1857 (entspricht 1230 / 1857): HHStA, Reichsrat / Gremialakten, Karton 179. Hensler, S. 58. Atzwanger, S. 252. Hensler, S. 58. Hensler, S. 58. Atzwanger, S. 252.

§ 3 Zum historischen Ursprung des Stockwerkseigentums

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Bauherren ergäben, für ausgeschlossen und nahm an, daß „die Trennung immer(!) erst später durch Teilung entstanden ist, sei es daß Erbteilungen stattfanden oder daß der Eigentümer bei verringertem eigenem Raumbedarf und dem Wunsche nach Erlangung von Bargeld eine Veräußerung an einen Dritten vorgenommen hat“.69 Er übersah dabei nicht nur, daß es seit dem 19. Jahrhundert wiederholt Projekte zu einer genossenschaftlich-organisierten Neubautätigkeit mit längerfristig angestrebter Eigentumsbildung gegeben hatte70, sondern auch konkrete Fälle aus Literatur und Judikatur, die diese Entstehungsart bezeugten71. Das berühmteste Beispiel für die gemeinsame Errichtung eines materiell geteilten Gebäudes ist wohl der Fall des nach Logen materiell geteilten Theatergebäudes von Ala in Südtirol. Hier wurde die infolge gemeinsamer Bauführung entstandene materielle Teilung durch eine Art von Gesellschaftsvertrag ergänzt, in dem der Theaterbetreiber gegenüber den Logeneigentümern bestimmte Pflichten hinsichtlich der Aufrechterhaltung eines Theaterbetriebes übernahm.72 Auch dieses Beispiel zeigt, daß gemeinsam finanzierte Bautätigkeit nicht das Ergebnis von Not und Armut sein mußte, wenngleich dies vielfach der Fall gewesen sein mag.

4. Raummangel Sowohl bei der Teilung bereits bestehender Bauten als auch bei der gemeinsamen Errichtung sogleich anfänglich materiell geteilter Gebäude ist die Annahme eines Raummangels von Bedeutung. So findet sich verbreitet die Vorstellung, die Enge der mittelalterlichen Stadt sei für die Entstehung des StWEs ursächlich73, wobei je nach geographischem Interessenschwerpunkt der betreffenden Autoren die Raumbegrenzung durch Stadtmauern74 oder durch die „natürliche Lage“ etwa der „Städtchen“ im Schwarzwald75 verantwortlich gemacht wurde. So vermutete Ackermann das StWE in „alten Festungen, wo der Gürtel der Wälle den Raum zum Bauen um so enger eingeschnürt hat, je mehr die Stadt seit ihrer Gründung an Wohlstand und Bevölkerung zugenommen hat“, woraus er folgerte, daß die so geteilten Häuser mit der Schleifung der Festungswerke langsam durch Um- oder Dittus, S. 9. So z. B. 1841 die „Berliner gemeinnützige Baugesellschaft“ (Lette, S. 23 ff.; Zimmermann, Wohnen, S. 568), 1886 die „Berliner Baugenossenschaft“ (Nathan). 71 Von einem Fall gemeinsamer Bauführung der links und rechts angrenzenden Eigentümer berichtet auch Zoeppritz, S. 6. 72 GlU 5696. 73 Zoeppritz, S. 6; Bökelmann, S. 1711; Freyer, S. 85; Sontag, S. 593; van der Merwe, S. 3. 74 Steimle, Wiedereinführung, S. 361; Steimle, Frage, S. 109; Meyer, StWE 1935, S. 1351; Speck, S. 134; ähnlich für das StWE auf den Kykladen und den Ionischen Inseln Plagianakos, S. 141 f. 75 Zoeppritz, S. 11; ähnlich, aber allgemeiner, nannte Steimle „natürliche Hindernisse an einer Breitenentwicklung“ als Entstehungsgrund des StWEs: Steimle, Wiedereinführung, S. 350; Steimle, Frage, S. 95. 69 70

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3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums

Neubauten verschwinden würden.76 Allerdings zeigte schon Zillner für Salzburg im 17. und 18. Jahrhundert, daß dieser Vorstellung nicht gefolgt werden sollte: Innerhalb der Festungsbauten blieben nämlich leere Bauplätze erhalten, Stadel wurden nicht in Wohngebäude umgebaut und rund fünf Prozent der Häuser standen nach zeitgenössischen Dokumenten überhaupt leer.77 Die – wie auch immer entstandene – „Knappheit an bebaubarem Grund und Boden“ habe, so wird weiter angenommen, die Grundpreise steigen lassen und nach einer intensiveren Landnutzung verlangt, um die Kosten für den Einzelnen zu verbilligen. Nur so konnten auch jene in der Nähe ihrer Arbeitsstätten wohnen, denen dies die Bodenpreise sonst nicht gestattet hätten.78 Die Dogmatik hat diesen natürlichen Zusammenhang jedoch gelegentlich ins Gegenteil verkehrt und einen geringen(!) Wert der Baufläche für die Entstehung materieller Gebäudeteilung verantwortlich gemacht, um das Gebäude verstärkt zu betonen und dadurch die Abkehr vom Akzessionsprinzip plausibel zu machen: „Die ( . . . ) Werthsteigerung des Bauwerks gegenüber dem Werth der Baufläche ermöglicht die Erhebung des Bauwerks zum selbständigen Rechtsobjekt“.79 Tatsächlich nötigte aber gerade der hohe Wert der Fläche zur Teilung der darauf errichteten Bauten. Der Raummangel wurde oft als typisch städtisches Phänomen betrachtet: „Da auf dem Lande Baugrund in Menge vorhanden war, kam es nur selten vor, daß mehrere Familien ein Haus unter sich teilten“, so behauptete etwa Möller.80 Tatsächlich konnte jedoch auch in der vermeintlich unendlichen Weite des ländlichen Raumes eine Siedlungskonzentration zwingend erforderlich sein. Hier waren es aber nicht sichtbare Einengungen des Raumes, die eine materielle Gebäudeteilung nach sich zogen, sondern unsichtbare Zwänge, hervorgerufen durch die äußeren Bedingungen der landwirtschaftlichen Nutzungsverhältnisse. Dies kann an einem Pitztaler Beispiel glänzend illustriert werden: Das Wirtschaftsgebäude des im 16. Jahrhundert noch einen einzigen Hof bildenden Ortes Plangeroß blieb wegen seiner Lage an dem für die Viehtränkung unabdingbaren Pitzbach bis in die Dreißigerjahre des 20. Jahrhunderts als solches erhalten. Im gleichen Zeitraum erhöhte sich die Zahl der wirtschaftlich selbständigen Hofeinheiten zuerst auf zwei am Anfang des 17. Jahrhunderts, später auf drei; gegen Ende des 18. Jahrhunderts waren bereits 10 Haushaltungen entstanden. Während die Häuserzahl also anstieg, wurde das Stallgebäude materiell geteilt und durch Anbauten vergrößert, sodaß es 1912 neun Eigentümer hatte. Erst in den Dreißigerjahren wurde es durch – bloß drei – Neubauten ersetzt, die weiterhin von den Wohngebäuden getrennt blieben.81 Ackermann, S. 18. Zillner, S. 92. 78 Möller, S. 6; Dölker, S. 21 f. 79 Kuntze, S. 66, S. 73 f. 80 Möller, S. 7. In diesem Sinne meinte auch Dölker, S. 20, Herbergen fänden sich nur in Städten. 76 77

§ 3 Zum historischen Ursprung des Stockwerkseigentums

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Neben Wassermangel konnte übrigens auch ein Zuviel an Wasser eine Art von Raumnot und daher das Entstehen von StWE verursachen. So berichtete Zoeppritz von Fällen, in denen ein hoher Grundwasserspiegel die Anlegung von Kellern unmöglich gemacht hatte, sodaß man den Bedarf an Kellerräumen in anderen Häusern mittels deren materieller Teilung deckte.82 Eine mit den Überlegungen zum Raummangel verwandte Richtung stellt etwas allgemeiner die Bevölkerungsentwicklung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Eine starke Zunahme der Einwohnerzahl würde auf gleichbleibender Bodenfläche automatisch zur Teilung drängen. Dieses Modell sah man dadurch bestätigt, daß es trotz unterschiedlicher Rahmenbedingungen auf die Entwicklung des mittelalterlichen Wien ebenso paßte wie auf jene des neuzeitlichen Salzburg.83 Auch für Tirol wurde wiederholt darauf hingewiesen, daß die materielle Gebäudeteilung – wie auch die Mehrstöckigkeit der Tiroler Bauernhäuser84 – „Hand in Hand“ mit der Güterteilung als Folge der Übervölkerung entstanden sei.85 Dies zeigen schon amtliche Berichte aus dem übervölkerten Osttiroler Defereggental, die um 1760 die Bevölkerungszunahme auf das „vorhero allzu vielfältig gestattete Heiraten“ zurückführten.86 Detailliert erforscht wurde der Zusammenhang zwischen Bevölkerungsdichte und Häuserteilung durch Hermann Wopfner, der Tabellen über die durchschnittliche Einwohner- bzw. die durchschnittliche Familienzahl pro Haus zusammenstellte. 87 Teilung und Übervölkerung „bedingen sich wechselseitig“, so formulierte Wopfner sein Ergebnis; sie bieten die Voraussetzung für eine Verbilligung der Arbeitskraft und damit für intensivste Landwirtschaft mit einem hohen Anteil von Ackerbau.88 Allerdings kann auch diese Erklärung nicht verabsolutiert werden, nicht überall ist es bei Übervölkerung zu Häuserteilungen gekommen: Im Lechtal, aus dem viele Menschen als Saisonarbeiter auspendelten, zeigte sich eine geringere Häufigkeit von Hausteilungen. Diesen Umstand führte Wopfner auf „völkische Eigenart“ zurück; dem Lechtaler ginge „ein honettes zierliches Haus ( . . . ) über eine wohleingerichtete Bauernstube“.89 Nicht unberücksichtigt sollte man aber auch den Umstand lassen, daß aus dem Lechtal aufgrund der geographischen Umstände ein Auspendeln leichter möglich war. 81 Beyer, S. 47 ff. (mit Abbildungen). Ebenso wirtschaftlich sinnvoll war das gemeinschaftliche Eigentum an abgesondert stehenden Backöfen: Beyer, S. 49. 82 Zoeppritz, S. 5. 83 Novak, S. 97 f.; Lütge, Wohnungswirtschaft, S. 6 f. 84 Ilg, S. 112. 85 Wopfner, Güterteilung, S. 215; Hensler, S. 55; Atzwanger, S. 249. 86 Vgl. Wopfner, Güterteilung, S. 216; zu diesem Themenkomplex allg. Mantl, die auf die Häuserteilung jedoch nur punktuell (S. 66) eingeht. 87 Wopfner, Güterteilung, S. 228 ff.; nur teilweise übernommen in: Wopfner, Bergbauernbuch, S. 416 f. 88 Wopfner, Güterteilung, S. 226; ähnlich Wopfner, Bergbauernbuch, S. 231. 89 Wopfner, Güterteilung, S. 217, bzw. Wopfner, Bergbauernbuch, S. 212, zitiert dazu jeweils ältere Literatur.

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3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums

Einen besonderen Fall von Raummangel und eng begrenzter Übervölkerung stellen die Wohnverhältnisse in den Judengemeinden dar.90 Als etwa in Wien 1624 neuerlich Juden angesiedelt wurden, standen dafür nur 14 Häuser zur Verfügung. Schon 1632 findet man im Grundbuch der Judengemeinde daher mehrere Fälle von StWE, u. a. ein in sieben Teile zerlegtes Haus.91 Ähnliche Entwicklungen sind auch aus dem Burgenland bekannt. Maßgeblich war hier der Umstand, daß Juden eine Heirat nur erlaubt war, wenn sie ein eigenes Haus bzw. einen eigenen Herd hatten.92 Wenn die Herrschaft also keine neuen Bauplätze genehmigte, so war man zur Verdichtung der Besiedlung gezwungen, also zur Aufstockung, zur Bebauung von Hofflächen und zur Gebäudeteilung. In der jüdischen Gemeinde von Mattersdorf (heute Mattersburg) waren 1744 30 Häuser von 352 Menschen und 1785 43 Häuser von 767 Menschen bewohnt; die Häuserzahl konnte mit der Bevölkerungsentwicklung also nicht Schritt halten.93 Die Belegdichte, die 1744 11,7 Personen und 1785 17,8 Personen betragen hatte, stieg 1811 auf 32 und somit in weniger als 70 Jahren auf 274 Prozent! Es verwundert daher nicht, daß diese Häuser noch mehr als ein Jahrhundert später als „dumpfe[ . . . ] und ungesunde[ . . . ] Wohnstätten“ beschrieben wurden.94 In Unterberg-Eisenstadt zählte man 1836 für 908 jüdische Bewohner in 191 Haushalten 378 Zimmer, 63 Kammer, 154 Küchen, 25 offene Gewölbe und 16 Magazine95; es gab also auch hier mehr Haushalte als Küchen. 5. „Rasse“ und Nationalcharakter Das Vorkommen materieller Teilungen in den Judengemeinden mag zum Entstehen einer Theorie beigetragen haben, die den Ursprung des StWEs in der Eigentümlichkeit gewisser „Rassen“ suchte. Demnach wären Germanen und Slawen für StWE weniger empfänglich als Romanen, Kelten und Juden.96 Als Erfinder und Vertreter dieser Theorie wird stets Stanislaus Pineles genannt.97 Tatsächlich hat Pineles aber wohl auf ältere Klischees aufgebaut, denn schon ein Vierteljahrhundert früher, 1876, hatte sich das österreichische Justizministerium bemüßigt gefühlt, dazu Stellung zu nehmen. Dabei wurde die Vorstellung, das Vorkommen materieller Teilungen hätte etwas mit einem „Nationalcharakter“ der Bevölkerung zu tun, mit dem Hinweis abgetan, die „intelligenten Italiener“ würden ebenso auf materielle Teilungen Wert legen wie die Juden Galiziens, die „sehr prolitive“ seien.98 90 91 92 93 94 95 96 97 98

Putzer, S. 587. M. w. N. Novak, S. 98 f. Lichtenberger, S. 129. Lichtenberger, S. 129, S. 148. Lichtenberger, S. 140. Vgl. Lichtenberger, S. 147. Pineles, S. 735 ff. Thun, S. 13; Putzer, S. 582 f. JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f.

§ 3 Zum historischen Ursprung des Stockwerkseigentums

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Ausführlich kritisiert wurde die Theorie Pineles‘ von Novak, der durch Aufzeigen ihrer „Widersprüche“ die „Unhaltbarkeit dieser Ansicht“ demonstrierte: Während Pineles bei den Slawen das „Festhalten an der ungeteilten Familiengemeinschaft“ für das Fehlen von StWE verantwortlich machte, war es bei den Germanen deren „tiefer Individualismus“. Das tatsächliche Vorkommen von StWE in germanisch besiedelten Gebieten müßte Pineles daher stets mit „romanisch-keltischen Einflüssen“ erklären!99 Andere differenzierten innerhalb der germanischen Bevölkerung nach „Stämmen“, um die regionalen Unterschiede der Verbreitung zu erklären: So war StWE für Kuntze „hauptsächlich schwäbischen Ursprungs“100 und Wopfner machte, wie erwähnt, für die im Lechtal geringere Häufigkeit von Hausteilungen die „völkische Eigenart“ der Lechtaler verantwortlich.101 Ungeachtet aller Kritik hat sich der Gedanke einer „rassischen“ Vorliebe lange gehalten. Noch 1950 knüpfte Fuchshuber an ihn an, wenn er meinte, das StWE „liegt ( . . . ) den romanischen Völkern mehr als den germanischen“.102 Zwei Jahre zuvor, 1948, hatte in Deutschland das Zentraljustizamt für die britische Besatzungszone in einem Gutachten ähnlich differenziert, doch den Unterschied nicht auf explizit rassische Ursachen, sondern auf die klimatischen Bedingungen zurückgeführt. Die in anderen Ländern positiven Erfahrungen mit dem StWE seien, so meinte man, auf Deutschland nicht übertragbar, da hier die „klimatisch günstigere Lage in den romanischen Ländern“ fehle, die Wohnungen also in Deutschland eine größere Rolle spielten.103

6. Soziale Bedeutung des Eigentums: Selbständigkeit und Teilnahme an der Gemeinde Eine weitere Ursache für die Entstehung von StWE wurde hingegen zumeist als psychologische „Vorliebe für das StWE“ abgetan, wobei man sich über einen „Wunsch der Leute kleinerer Verhältnisse“ amüsierte, jenen nämlich, „auch einmal selbständige Eigentümer ihres Wohnhauses zu sein, sich als Grundbesitzer fühlen zu dürfen und der bescheidenen Lage eines Mieters entrückt zu werden.“104 Das Gefühl, „sein eigener Herr zu sein“105, kam nicht von ungefähr. Der Realbesitz wirkte bürgerrechtsbegründend: Stockwerkseigentümer hatten sich wie Hauseigentümer an den öffentlichen Lasten zu beteiligen, dafür brachte ihnen die EigenNovak, S. 93f. Kuntze, S. 1. 101 Wopfner, Güterteilung, S. 217; Wopfner, Bergbauernbuch, S. 212. 102 Fuchshuber, S. 111. 103 Diester, S. 52; vgl. Bärmann, S. 68 f. 104 Novak, S. 99; ähnlich Möller, S. 6. Im Jahr 1938 führte Steimle dann das StWE auf dem „dem deutschen Menschen innewohnende[n] Besitzdrang“ zurück: Steimle, Wiedereinführung, S. 361; vgl. Steimle, Frage, S. 109. 105 Carlen, S. 246. 99

100

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3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums

tümerstellung auch rechtliche und soziale Vorteile.106 Zu Unrecht liest man daher, die Stockwerkseigentümer wollten sich als „Grundbesitzer fühlen“107 oder „in der Gemeinde als Grundbesitzer gelten“.108 Es war kein bloßes „Gefühl“109, sondern vielfach Realität. So war es ein Vorteil des StWEs, daß auf Stockwerkseigentümer die gleichen heimatrechtlichen Regeln wie auf Hauseigentümer anzuwenden waren, sodaß etwa die Herbergseigentümer von Au bei der Eingemeindung nach München trotz Unterschreitung der sonst üblichen Steuergrenzen doch Münchner Bürger wurden, weil sie ihre geringen Steuern von einem Immobilienbesitz zahlten.110 Dem durch den Besitz von Herbergen begründeten Bürgerrecht von Hallein hatte Georg Lienbacher, der als Abgeordneter im österreichischen Reichsrat 30 Jahre später für das StWE sprechen sollte, ein Stipendium zur Finanzierung seines Rechtsstudiums zu verdanken.111 Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch zu beachten, daß das StWE dadurch Einfluß auf Gemeindeangelegenheiten gewähren konnte, beispielsweise soll es in Schleswig bei der Besetzung von Predigerstellen von Bedeutung gewesen sein.112 Im österreichischen Reichsrat kam dieser Aspekt 1854 zur Sprache, als der Verdacht laut wurde, die offiziellen Motive der Gemeinden, das Verbot materieller Teilungen zu beantragen, seien nur vorgeschoben; tatsächlich würde das StWE vor dem Hintergrund des 1849 geschaffenen Gemeindewahlrechts zur „Erwerbung der Zuständigkeit zu einer Gemeinde und eines Einflußes auf die letztere“ verwendet und deshalb auch bekämpft.113 Schon mehr als 100 Jahre früher war allerdings der Besitz bloß eines halben Hauses im Südtiroler Innichen kein Hindernis gewesen, Bürgermeister zu werden.114 Tatsächlich kann der Einfluß, den die Gemeinden auf die materielle Gebäudeteilung ausübten, nicht verallgemeinert werden. Zwar gingen die ersten Neubegrün106 Novak, S. 99; Dölker, S. 20, S. 104. Dementsprechend erschienen Herbergseigentümer als „Hausbesitzer“: Dölker, S. 37 f. – Daß man als Stockwerkseigentümer vergleichbar einem Hauseigentümer akzeptiert wurde, zeigt exemplarisch ein „Halleiner Adressen- und Handbuch“ von 1925, das im Häuserverzeichnis unter jeweils einer Hausnummer alle Anteilseigentümer nennt: Sandner / Steindl, S. 27 ff. Ein Häuser-Verzeichnis für Innsbruck hingegen kennt 1888 bei keiner Hausnummer auffällige Personenmehrheiten; hier waren aber halben Katasternummern (z. B. 413 und 4131/2) jeweils eigene Hausnummern zugewiesen worden: Häuser-Verzeichnis, z. B. S. 12: drei solche Nummern in der Höttingergasse, wo sich heute noch materiell geteilte Objekte finden. 107 Novak, S. 99; Kuntze, S. 47: Der Stockwerkseigentümer „fühlt sich als Grundbesitzer in der Gemeinde“. 108 Kuntze, S. 48. 109 Carlen, S. 246. 110 Dölker, S. 100 ff. 111 Steinkellner, S. 361. 112 Kuntze, S. 47, unter Berufung auf eine kirchliche Statistik von Schleswig. 113 RR 5 / 1855 (entspricht RR 813 / 1854): HHStA, Reichsrat / Gremialakten, Karton 69. Das Gemeindewahlrecht regelte RBGl 1849 / 170. 114 Lanzinger, S. 195.

§ 3 Zum historischen Ursprung des Stockwerkseigentums

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dungsverbote auf kommunale Anregung zurück, da den Gemeinden im Interesse der von ihnen zu bestreitenden Armenfürsorge reichere Hauseigentümer lieber waren als relativ ärmere Stockwerkseigentümer. Dies darf jedoch nicht den Blick darauf verstellen, daß insbesondere die ländlichen Gemeinden durch Jahrhunderte einen wesentlichen Beitrag zur Entstehung von Gebäudeteilungen geleistet hatten, indem sie die Verbote mittrugen, die gegen die Neuerrichtung von Häusern erlassen wurden. Diese Bautätigkeit war nicht nur ein Ergebnis von Erbteilung und Neurodungen, sondern auch des Zurückdrängens „hausrechtlich organisierter Produktionsformen“. Für jene, die selbständige Haushalte begründen konnten, bedeutete dies die Herauslösung aus der hausrechtlichen Abhängigkeit, was Heirat und Familiengründung ermöglichte oder zumindest erleichterte und zum bereits erwähnten Bevölkerungsanstieg führte.115 Die Vermehrung der Haushalte beunruhigte nun die Gemeinden, wobei der Einblick in die Motive hinter den Teilungsverboten zugleich einen Rückschluß auf die Ursachen der Teilungen zuläßt. Ein Weistum von Mötz verbot 1629 die Errichtung von mehr als zwei Wohnungen in Lehenhäusern bzw. von mehr als einer „feurstat“ in Söllhäusern und begründete dies zuerst allgemein damit, es sei aufgrund der „zerthailung der heiser, sonderlich mit dahero ervolgter einziechung vilfeltiger persohnen(!), den gemainsleiten großer übertrang und nachthail, auch andere beschwärung ervolgt“. Dies wurde in der Folge dahingehend konkretisiert, es seien „den angesessnen lechenleiten mit der behilzung, wun, waid, ströb und in anderweg nit wenig beschwärlichkeiten angetan worden“.116 Die Gemeinden waren also von der Sorge um die Allmendenutzungen getrieben, die möglichst im hergebrachten Anteilsverhältnis den altbestandenen Häusern erhalten werden sollten. Es schien besser, die Nutzungsrechte eines Hauses an Gemeindewald und Gemeindeweide zu teilen, als neuen Häusern Anspruch auf einen gleichen Anteil zu gewähren. Von der Teilung eines Hauses waren auf diese Weise nur dessen unmittelbare Bewohner betroffen, während bei einer Neuerrichtung alle Gemeindemitglieder anteilsmäßig verloren.117 Noch heute läßt sich dies im modernen Grundbuch nachempfinden, wenn, wie etwa bei einem Objekt in Tux, mit jedem der beiden Anteile „1 / 2 Anteilsrecht“ an einer „Agrargemeinschaft“ verbunden ist.118 So blieb allen durch Teilung entstandenen Gütern ein, wenn auch geringes „Recht auf Nutzung der Allmende in Form von Heimweiden oder Almen“ erhalten.119

115 Sandgruber, S. 48 f.; Kretschmer, S. 87; Lanzinger, S. 197. – Dies ist übrigens kein auf Tirol beschränktes Phänomen: In ähnlicher Weise findet sich, wie bereits oben erwähnt, StWE auch bei den Juden, denen eine Heirat nur erlaubt war, wenn sie ein eigenes Haus bzw. einen eigenen Herd hatten: Lichtenberger, S. 129. 116 ÖWT 19, S. 193. 117 Wopfner, Güterteilung, S. 220, unter Hinweis auf Tiroler Weistümer II. 118 8712200016. 119 Kretschmer, S. 87.

18 Kohl

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3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums

Die Interessen der Tiroler Gemeinden trafen sich auch mit jenen der landesfürstlichen Verwaltung.120 Sie war wegen des damit verbundenen Holzverbrauchs ebenfalls gegen Neubauten, da das Holz für die Saline in Hall benötigt wurde.121 In diesem Sinne verbot eine Waldordnung für das Ober- und Unterinntal 1685 die Schaffung von Bauplätzen auf Gemeindegrund und motivierte dies ausdrücklich mit den waldschädigenden Auswirkungen.122 Vielfach wurde jedoch nur die Anlegung neuer Feuerstätten untersagt. Wie wichtig das Recht war, eine Herdstätte zu betreiben, zeigen Beispiele aus dem Zillertal: Hier fand sich etwa eine Verpflichtung, die Errichtung eines Gebäudes zu unterlassen, in dem „Feuer aufgemacht“ werden kann, weil das Holzbezugsrecht an ein anderes Objekt verkauft worden war.123 Möglich war auch der Verkauf eines Wiesengrundstückes „mit radizierter Feuergerechtigkeit“124 oder die Übertragung eines „Feuerrechts“ von einem verschwundenen Haus auf einen Neubau.125 Für die Entstehung der materiellen Gebäudeteilung als Folge dieser Feuerstättenbeschränkung spricht der Umstand, daß noch heute im Grundbuch Küchen, Backöfen oder Ofenheizungen zu den Gebäudeteilen gehören, bei denen unangenehme wechselseitige Rechte bestehen: So hat z. B. „der Eigentümer des Anteils II das Recht[,] von der Küche [des] Anteiles [I] aus, seinen Stubenofen zu beheizen“126, in einem anderen Fall hat ein Stockwerkseigentümer „zum Zweck der Benützung des Backofens ( . . . ) das Recht des Betretens der hausnachbarlichen Küche.“127 Es verwundert nicht, daß durch solche Bestimmungen Unfrieden entstand und man die „Zustände in solchen Häusern“ als „erschütternde Zeugnisse ländlichen Wohnungselends“ ansehen mußte.128 Insgesamt blieb die Errichtung neuer Häuser unter solchen Rahmenbedingungen weit hinter dem Bedarf des Bevölkerungsanstieges zurück. Mit diesem erreichten in Tirol auch die Hausteilungen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ihren Höhepunkt, bevor in Zeiten des massiven Bevölkerungsrückganges auch die Zahl der materiellen Teilungen wieder abnahm.129 Weniger eindeutig als die Interessen der Gemeinden oder des Landesfürsten waren jene der unmittelbaren (Grund-)Herrschaften. Sie waren zwischen der Gefahr erhöhter Inanspruchnahme für Armenversorgung und der Möglichkeit, durch Kretschmer, S. 87. Heidegger, S. 92. 122 Wopfner, Güterteilung, S. 221. Das gleichzeitige Verbot der Hausteilungen blieb erfolglos. 123 Mair, S. 237. Zum Problem der Feuerstätten vgl. auch Lanzinger, S. 177. 124 Mair, S. 319. 125 Mair, S. 394. 126 8010900507. 127 8010900576. 128 Sandgruber, S. 49. 129 Kretschmer, S. 87. 120 121

§ 3 Zum historischen Ursprung des Stockwerkseigentums

275

die Förderung selbständiger Haushalte ihre Einnahmen z. B. aus Besitzveränderungsabgaben steigern zu können, hin- und hergerissen.130 So förderte etwa das für die Münchner Vorstadt Au zuständige Hofkastenamt die Errichtung von Herbergen auf dem früheren Ödland, weil dadurch „dem höchsten Aerario an Steuern, Anlagen, und Laudemien ein großer Nutzen zufließet“ – und dies, obwohl die Herbergseigentümer überwiegend arme Leute waren.131 Schließlich gewährleistete der Bevölkerungsanstieg eine ausreichende Anzahl von Taglöhnern, um auf grundherrschaftliche Arbeitsverpflichtungen verzichten zu können.132

7. Technische Ursachen: Bautechnik und Gebäudequalität Schließlich wurden gelegentlich auch technische Ursachen für das Entstehen von StWE verantwortlich gemacht, die allerdings schon aufgrund ihrer Widersprüche nicht überzeugend erscheinen. Einerseits fand sich der Gedanke, daß die Entstehung des StWEs mit der Beweglichkeit der ursprünglich bevorzugten leichten Holzhäuser zusammenhänge. Holzbauten seien demnach nicht als unbewegliche Sachen angesehen worden, was etwa das Rechtssprichwort „Was die Fackel verzehrt, ist Fahrnis“ illustrieren sollte.133 In diesem Sinne berichtete noch 1876 das LG Krakau, daß es bei hölzernen Häusern strittig sei, ob sie als bewegliche oder unbewegliche Sachen zu qualifizieren seien.134 Im Widerspruch dazu steht andererseits die Annahme, daß die Entstehung von StWE durch das „Aufkommen größerer, steinerner Häuser“ bzw. des Steinbaues an sich gefördert worden sei.135 Der Umstand, daß im Oberinntal schon früh gemauerte Stockwerke vorhanden waren136, könnte also hier die Teilung von Häusern erleichtert haben. Beide Hypothesen wurden nur am Rande anderer Überlegungen aufgestellt und nicht näher begründet. Bautechnische Gründe reichen in ihrer Bedeutung daher an die zuvor genannten Entstehungsursachen nicht heran.

130 StenProtAH 8. Sess, S. 13736 (Berichterstatter Dinstl in der Sitzung des Abgeordnetenhauses am 18. März 1879); auch bei Kaserer, S. 43, worauf Putzer, S. 589, verweist; Sandgruber, S. 48. – Dölker, S. 102 f., nennt in diesem Zusammenhang den Umstand, daß manche Belastungen, wie etwa das Ewiggeld, nicht auf einen Quotenanteil gelegt werden konnten, sondern eines real ausgeschiedenen Gebäudeteils als Grundlage bedurften. 131 Dölker, S. 65. Der Laudemienbezug wurde auch im österreichischen Reichsrat als teilungsfördernder Aspekt erwähnt: Abg. Dinstl in StenProt AH 8. Session, S. 13736 (18. 3. 1879). 132 Sandgruber, S. 48 f. 133 Putzer, S. 585; Gierke, Privatrecht, S. 40. 134 JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. 135 Hübner, S. 190; Novak, S. 100; dagegen Putzer, S. 582. 136 Wopfner 1923, S. 20.

18*

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3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums

8. Ergebnis Der vorstehende Überblick zeigt, daß die Entstehung von StWE einer monokausalen Erklärung nicht zugänglich ist. Vielmehr haben viele verschiedene Faktoren137 in zeitlich und regional wechselnder Gewichtung zur materiellen Gebäudeteilung beigetragen. Mit ihr konnte, wie Margareth Lanzinger treffend bemerkte, den unterschiedlichsten Bedürfnissen des Einzelfalles Rechnung getragen werden: „Die Palette an konkreten Möglichkeiten, die ein halbes Haus bot – vom ,Starthaus‘ in einer ,Aufstiegsgeschichte‘ über das Ausweichquartier zur ,Abstiegsgeschichte‘“ machte StWE „in bestimmten Situationen“ und „in bestimmten Lebensphasen ( . . . ) attraktiv“.138 Es war also wohl seine Vielseitigkeit, der das Rechtsinstitut StWE Entstehung und Erfolg zu verdanken hatte. Die Gemeinsamkeit aller Erscheinungsformen liegt lediglich darin, daß den Betroffenen die materielle Teilung stets sozial und / oder wirtschaftlich zweckmäßig erscheint.139 Dabei ist anzunehmen, daß es weniger auf die tatsächlichen als auf die erhofften Vorteile ankam. In diesem Sinne hatte man 1907 im österreichischen Justizministerium von den Südtiroler Teilungen den Eindruck gewonnen, „daß vielfach nicht die Familien- u. wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien es wirklich erfordern, aus einzelnen Bestandteilen von Gebäuden selbständige Vermögensobjekte für jeden Teilhaber zu schaffen“. Oft würden die Teilungen bloß „auf ein unbegründetes Anlehnen an bestehende Gewohnheiten zurückzuführen“ sein.140 Die multifaktorielle Komplexität der Entstehung von StWE verwundert nicht, wenn man vergleichbare moderne Fragestellungen betrachtet. Erst jüngst zeigte eine Untersuchung über die Gründe der unterschiedlichen Wohneigentumsbildung in verschiedenen europäischen Staaten, daß diese Frage ebenfalls nicht mit einzelnen Aspekten allein erklärt werden kann. Auch hier wurde festgestellt, daß manche Grundhaltungen auf „Glaubenssätze[n]“ beruhen, die selbst dann, wenn sie „keine objektive Grundlage mehr haben, ( . . . ) weiter reproduziert und tradiert“ werden.141

137 Bärmann, S. 61 f., lieferte eine „soziologische Rechtfertigung“ des StWEs durch Aufzählung solcher Faktoren: Erfassung kleinerer Kapitalien, Verwertbarkeit bei der Erbteilung, bessere wirtschaftliche Auswertung, Verbilligung gegenüber dem Einfamilienhaus, „sozialer Erfolg“ durch „das Gefühl des Eigenbesitzes“, Pflege der Selbstverantwortlichkeit und des Selbstbewußtseins, bessere Ausnützung des wertvollen Baulandes, Verkehrserleichterungen durch dichtere Bebauung, Beseitigung des „Hausgehilfinnenproblems“. 138 Lanzinger, S. 200, S. 197. 139 Eine „wirtschaftliche Notwendigkeit“ nennt Sokolowski, S. 10; Meyer, StWE 1935, S. 1351. 140 JM ad 18098 / 1907: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 4. 141 Behring / Helbrecht, S. 21; zur Wohneigentumsquote auch Zapf, S. 581 ff.

§ 3 Zum historischen Ursprung des Stockwerkseigentums

277

B. Entstehungszeit Aufgrund der gewohnheitsrechtlichen Entstehung des StWEs schien es aussichtslos, das Alter dieses Rechtsinstituts feststellen zu wollen142, wenngleich nachgewiesen ist, daß es seit dem 12. Jahrhundert vorkommt.143 Versucht man, Perioden mit besonderer Häufigkeit der materiellen Teilung festzustellen, so zeigen die drei vorhandenen Regionaluntersuchungen eine gemeinsame Tendenz. In Tirol hatten Hausteilungen bereits vor 1427, allerdings in relativ geringem Ausmaß, stattgefunden. Der Schwerpunkt liegt jedoch im 17. und 18. Jahrhundert144: In der Gemeinde Kappl im unteren Paznauntal stieg die Zahl der Wohnhäuser zwischen 1628 und 1775 um 29 %, jene der Eigentümer jedoch um 162 %.145 Innerhalb des letzten Vierteljahrhunderts dieses Zeitraums, also zwischen 1749 / 50 und 1775, erhöhte sich die durchschnittliche Eigentümerzahl je Haus in der Gemeinde See, im gleichen Tal gelegen, von 1,3 auf 1,7.146 Der Rückgang der Hausteilungen setzte in der Regel in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Folge von Bevölkerungsabnahme und Landflucht ein.147 Im Nordosten Tirols stagnierten die Hausteilungen hingegen schon um 1600 als Folge des sich durchsetzenden Anerbenrechts.148 Für die Stadt Salzburg verteilen sich die von Zillner verzeichneten „Verstuckungen“, d. h. Teilungen, bzw. korrespondierend die Vereinigungen wie folgt:149

Kuntze, S. 2. Mutius, S. 57; Leemann, S. 353; Novak, S. 92. 144 Vgl. Hensler, S. 55 f. Auch heute noch vorhandene Objekte datieren lange zurück etwa auf 1772: 9000900122. 145 Zangerle, Entwicklung der Siedlungs- und Besitzverhältnisse im Unterpaznaun, S. 71, nach Wopfner, Güterteilung, S. 219. 146 Zangerle, Entwicklung der Siedlungs- und Besitzverhältnisse im Unterpaznaun, S. 72, nach Wopfner, Güterteilung, S. 220. Unterschiede in der Entwicklung scheinen davon abhängig, ob es sich um ältere oder jüngere Siedlungen handelte, ob also unter den landwirtschaftlichen Rahmenbedingungen noch Siedlungsraum verfügbar war oder nicht: Wopfner, Güterteilung, S. 223 ff. 147 Wopfner, Güterteilung, S. 220. Hier (S. 222 ff.) finden sich auch Angaben zur Bevölkerungsentwicklung Tirols: Von 1427 bis 1837 zeigt sich ein Bevölkerungsanstieg auf das 3,5fache. 148 Wopfner, Güterteilung, S. 225. 149 Zillner, S. 193 f.; Zählung durch den Verfasser. 142 143

278

3. Teil: Grundfragen des Stockwerkseigentums Zahl der bei Zillner verzeichneten Zeitraum Teilungen

Vereinigungen

1. Hälfte 15. Jahrhundert

1

0

2. Hälfte 15. Jahrhundert

3

0

1. Hälfte 16. Jahrhundert

0

0

2. Hälfte 16. Jahrhundert

3

0

1. Hälfte 17. Jahrhundert

8

0

2. Hälfte 17. Jahrhundert

26

2

1. Hälfte 18. Jahrhundert

24

1

2. Hälfte 18. Jahrhundert

7

4

1. Hälfte 19. Jahrhundert

8

8

3 (zuletzt 1881!)

2

83

17

2. Hälfte 19. Jahrhundert (bis 1888) Insgesamt

Selbst wenn diese Zahlen, wie Zillner selbst meinte, keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben können, so zeigt sich doch auch hier ein Schwerpunkt zwischen 1650 und 1750. Für die Münchner Vorstadt Au sind die von Dölker gelieferten Zahlen nicht zuletzt aufgrund von Begriffsunschärfen nur eingeschränkt verwendbar. Immerhin läßt sich feststellen, daß die Zahl jener Herbergen, die als StWE zu qualifizieren sind, zwischen 1686 und 1693 ebenso stark anstieg wie die Zahl der Mietherbergen150, während in der Folge eine deutlichere Zunahme des StWEs zu verzeichnen war: Zwischen 1693 und 1717 betrug der Anteil von StWE an den neuerrichteten Herbergen über 62 Prozent.151 Nach 1800 scheinen hingegen kaum noch Eigentumsherbergen entstanden zu sein.152 Auch hier ist also um das Jahr 1700 eine besonders intensive Teilungsaktivität festzustellen. Weitere lokale oder regionale Untersuchungen dazu bleiben jedoch wünschenswert.

150 Dölker, S. 9. Ingesamt entstanden in der Au in den sieben Jahren zwischen 1686 und 1693 112 (15,8 Prozent) der 1693 vorhandenen 707 Herbergen. Nur beim Zuwachs ist der Anteil von StWE eindeutig; sonst stolpert Dölker über seine eigene Begriffsunschärfe. 151 169 Herbergen, aber nur 103 Mietwohnungen kamen in diesem Zeitraum hinzu: Dölker, S. 26 f. 152 Peter, S. 82.

4. Teil

Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben § 1 Topographie A. Theorie Mit der Frage nach dem Ursprung des Rechtsinstituts in Zusammenhang steht jene danach, unter welchen topographischen Bedingungen StWE vorkommt. Dabei finden sich zwei – gelegentlich kombinierte1 – Meinungen. Die eine geht davon aus, StWE hänge mehr „mit städtischem Leben und Wesen zusammen“2, sodaß man es „fast nur in Städten“3 finden könnte. Das „offene, entlegene Land“ schien also kein geeigneter Boden für dieses Rechtsinstitut, denn „nur in Verhältnissen enger Zusammenschichtung“ würde „man sich der bequemen Vortheile isolirten Wohnens entschlagen“.4 Die andere Ansicht vermutet das StWE in den „Gebirgsgegenden“5, zumindest aber „in engen Thälern“6 bzw, noch allgemeiner, in Hanglagen.7 Diese „besondere Oberflächengestaltung gestattet die Anlehnung des Hauses an den Berg und den Bau gesonderter Eingänge zu jedem Stockwerk, wodurch das Gefühl des Alleinwohnens wesentlich erhöht“ würde.8 Dies führte zu einer sehr schematischen Vorstellung von der baulichen Gestaltung der Gebäude. So formulierte schon Kuntze ohne Bezug auf Tatsachen und daher wohlweislich im Konjunktiv eine hypothetische Objektbeschreibung: „Ohne Schwierigkeit ließe sich an irgend einem beliebigen Abhange ein Wohnhaus construiren, welches an jeder der vier Seiten einen selbständigen Eingang ( . . . ) hätte: auf der Straßenseite zum Erdgeschoß 1 Ackermann, S. 6: „Seine Heimat hat [das Stockwerkseigentum] im Gebirge und in den Städten; im Gebirge, weil sich da leicht Stockwerke mit unabhängigen Eingängen an einem Berghange auf einander bauen lassen; in den Städten wegen Mangels an Bauplätzen.“ – Schott, S. 15, meinte, StWE finde sich „hauptsächlich in gebirgigem Gelände und in Städten“. 2 Kuntze, S. 1. 3 Meyer, StWE 1935, S. 1352. 4 Kuntze, S. 44. 5 Kuntze, S. 44. 6 Sintenis, S. 446. 7 Vgl. Zoeppritz, S. 4; Atzwanger, S. 255. 8 Dölker, S. 20.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

( . . . ), auf der rechten Seite zum ersten, auf der linken Seite zum zweiten und auf der Hinterseite zum dritten Obergeschoß ( . . . ); vier Familien könnten ein solches Gebäude im Wesentlichen getrennt und unverwickelt bewohnen“. Geprägt war diese Vorstellung, wie eine Fußnote erkennen läßt, von den bekannten „Scheunen mit einer Anfahrt, welche bergan nach dem Heuboden führt und gewöhnlich als zweites Thor an der Seite liegt“9. Weniger vorsichtig war Krückmann, der diese hypothetische Beschreibung unter Beseitigung des Konjunktivs so stilisierte, als ob er gerade vor einem solchen Hause stünde: „Ein dachloses Haus ist an die Bergwand gebaut und darauf ein zweites Haus gesetzt. Beide Häuser haben – und das ist sehr wichtig – gesonderte Ausgänge, das untere auf die untere, das obere auf die obere Straße.“10 Sechs Jahre später relativierte er diesen Eindruck und meinte, daß „unter Umständen(!) jedes Stockwerk seinen eigenen Eingang“ haben könnte.11 Diese Vorstellungen über StWE in Hanglagen hat schon Dölker für die Münchner Vorstadt Au zurechtgerückt. Die dortigen Herbergshäuser waren zwar tatsächlich auf Steilhängen oder in aufgelassenen Kiesgruben errichtet worden, doch kann dies nicht auf eine besondere topographische Eignung zurückgeführt werden. Das StWE war hier vielmehr ein Ergebnis des Umstandes, daß die finanziell schwächeren Stockwerkseigentümer auf die Vorstadt auswichen, wo Neubauten kein landwirtschaftlich nutzbares Grundstück beanspruchen, sondern nur auf „oedem Grund“ errichtet werden durften.12 Selbst bei derartigen Handlagen konnten die Zugänge aber alle auf der gleichen Gebäudeseite – eben der Straßenseite – liegen.13

B. Rechtstatsachen Für Österreich wurde im Rahmen der Rechtstatsachenuntersuchung festgestellt, daß sich StWE unter allen topographischen Bedingungen findet, also sowohl in unauffälligen, weitgehend ebenen Lagen14 als auch an Hängen. Zum Teil ist die Hanglage schon aus den Beschreibungen des Grundbuchs erkennbar15, wie etwa bei der Anteilsbeschreibung „Alles im ersten Stock, von der Gasse aus gerechnet ebenerdig“.16 Kuntze, S. 44. Krückmann, Wohnungsnot, S. 1925. 11 Krückmann, StWE, S. 714. 12 Dölker, S. 4, S. 7; anschaulich Peter, S. 81 ff.; Wilhelm, Haidhausen, S. 51 ff. 13 Vgl. Pläne und Abbildungen zum Objekt Lohstraße 3 in Giesing: Peter, S. 83 f.; Adam, S. 94 ff. 14 Z. B. in der Stadt Salzburg, GB 56537. Möglich sind relativ ebene Grundstücke aber auch in sonst zerklüftetem Streusiedlungsgebiet, z. B. 4201800134. 15 Z. B. 8100700032, 8400100244, 8400600516; 8400900178: „im ersten Stock (von Norden her gesehen zu ebener Erde)“. 16 8001500419. 9

10

§ 1 Topographie

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Berühmt wurden die extremen Hangverhältnisse in Hallstatt, das zwischen Berghang und Seeufer praktisch keine ebene Fläche aufweist.17 Ein Reisender beschrieb sie 1794 so: „Lassen Sie uns noch über die Dächer von Hallstadt weg in den Felsen umhersteigen. Ich sage über die Dächer weg, denn die Häuser sind so dicht an Felsen hingebaut, daß, wenn Sie unten am See von dem schmalen Ufer in das erste Stockwerk hinaufsteigen, Sie aus den Zimmern desselben rückwärts ebenen Weges auf die Felsen kommen, die über die Dächer in den See herabblicken. An einigen Stellen ist kein anderer Weg in Hallstadt, als über eine Art von Brücke, die über die Dächer der Häuser gespannt ist.“18 Dennoch wird hier nicht den Annahmen über das StWE entsprochen: Zwar sind die Objekte teils von außen über öffentliche Wege bzw. Treppen erschlossen, teils aber entgegen dem Klischee von der Bergseite her überhaupt nicht zugänglich, sodaß der Zugang für alle materiellen Anteile von der gleichen Seite über Innenoder Außenstiegen erfolgt.19 Vor allem aber müßte die Zahl von Stockwerkseigentumsgebäuden unter den topographischen Bedingungen in Hallstatt erheblich größer sein als sie es tatsächlich ist.

GB 42007. J. A. Schultes, Reisen durch Oberösterreich (Tübingen 1809), zitiert nach Morton, S. 13. 19 Ersteres z. B. 4200700053, letzteres z. B. 4200700035. Eine Kombination von Treppen und Ausnützung der natürlichen Hanglage findet sich z. B. in St. Wolfgang: 4202100075. Bei 4202100062 spielt der Hang nur indirekt eine Rolle, weil einer der Anteile als Keller in den Berg reicht. 17 18

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

§ 2 Eigenschaften der materiell geteilten Objekte A. Größe 1. Theorie Die Größe der von materieller Teilung betroffenen Objekte hat die Theorie so gut wie gar nicht interessiert. Eine Ausnahme bildete die Annahme, Gebäude mit StWE seien „lange vor dem Jahr 1900 erbaute Häuser, die naturgemäß sehr klein sind“.1 Trotz dieses weitgehenden Desinteresses hat Dölker diese Frage in seine Untersuchung einbezogen und für die Herbergshäuser der Münchner Vorstadt Au eine durchschnittliche Grundfläche von 40 bis 80 m2 errechnet.2

2. Rechtstatsachen Im österreichischen Untersuchungsgebiet zeigt sich hinsichtlich der Liegenschaftsgröße eine beachtliche Schwankungsbreite. Die kleinste erfaßte Einlage hat gerade 6m2 und ist horizontal in einen Stall sowie einen darüberliegenden Backofen geteilt, wobei dem Eigentümer des Stalles zugleich die Hälfte des Backofens gehört, während dessen zweite Hälfte auf zwei andere Eigentümer verteilt ist.3 Auch Einlagen mit 8, 10, 11 oder 12 m2 kommen vor.4 Andererseits gibt es Grundstücksgrößen über 50.000 m2; sie resultieren jedoch aus Almen, die mit den materiell geteilten Objekten verbunden sind.5 Die Berechnung einer durchschnittlichen Liegenschaftsgröße für den gesamten erfaßten Datenbestand erschien daher nicht sinnvoll. Stattdessen wurden Durchschnittsgrößen für einzelne Grundbücher berechnet; die Berücksichtigung verzerrender Faktoren war hier leichter möglich. Deutlich erkennbar wurden dabei die verschiedenen Erscheinungsformen der materiellen Teilung. So umfassen die materiell geteilten Bauernhöfe Tirols meist mehrere hundert Quadratmeter, der höchste Durchschnittswert liegt bei 676 m2.6 Die Almhütten des Montafon liegen auf kleinen Grundstücken mit durchschnittlich unter 100 m2.7 Die städtischen Objekte sind hingegen von mittlerer Größe, ihre Fläche beträgt durchschnittlich etwa 208 m2 in Hallein oder 251 m2 in der Stadt Salzburg. Bernhardt, S. 3. Dölker, S. 73. Die bei Peter, S. 83 f., mit Grundrissen dargestellten Objekte gehören demnach zu den kleineren. 3 8400600699. 4 8000900364 (8m2), 9210500452 (10m2), 8010100322, 8010100417 (jeweils 11m2), 8400600298 (12m2). 5 Z. B. 8400600348; ähnlich (wenn auch kleiner) 8400600363. 6 Grundbuch 80103 (Mieming). – Zu beachten ist dabei, daß die BG-Sprengel Landeck und Reutte nicht in die quantitative Untersuchung einbezogen wurden! 7 Grundbuch 90108 (Tschagguns): 83 m2; Grundbuch 90102 (Gaschurn): 84 m2; Grundbuch 90107 (St. Gallenkirch): 101 m2. 1 2

§ 2 Eigenschaften der materiell geteilten Objekte

283

B. Die Zahl der materiellen Anteile 1. Theorie Soweit die Frage nach der Zahl der materiellen Anteile von der Literatur überhaupt thematisiert wurde – was eher selten der Fall war –, herrschte die Annahme vor, daß Gebäude mit StWE normalerweise in zwei materielle Anteile geteilt seien.8 Tatsächlich hatte sich bereits im Mittelalter eine besondere Bedeutung der Teilung in zwei Anteile gezeigt: Nachdem man in Basel beim Stadtbrand 1417 offenbar schlechte Erfahrungen mit „engen underslagenen“, nicht selten in fünf materielle Anteile geteilten Häusern gemacht hatte, wurde hier die Teilung unter mehr als zwei Parteien verboten.9 Mehr Aufmerksamkeit wurde der Zahl der materiellen Anteile von den Überlegungen zur Wiedereinführung eines StWEs gewidmet. Dabei zeigten sich zwei entgegengesetzte Tendenzen: Einerseits überlegte man für das „abgewandelte Stockwerkseigentum“, ob „ein Mindestmaß von Beteiligten“ oder ein Mindestwert vorgeschrieben werden sollte; damit wollte etwa Krückmann größere Objekte mit höherer Anteilszahl fördern. Dennoch riet er schließlich von einer gesetzlichen Regelung dieser Frage ab, weil sie ihm unnötig schien: Die äußeren Verhältnisse würden „gerade bei den Personen, die aus wirtschaftlichen Gründen in eine billigere und darum größere Hausgemeinschaft hineingehören“, von selbst den Anschluß an solche Gemeinschaften „erzwingen“. Darüber hinaus wäre es „schon an sich sehr unwahrscheinlich“, daß eine bloß aus zwei Personen bestehende Gemeinschaft lieber abgewandeltes StWE begründen statt zu gewöhnlichem Miteigentum greifen würde.10 Die gegenteilige Tendenz wollte vor allem Klang fördern: Ihm schien eine Beschränkung der Eigentümeranzahl sinnvoll, um Mehrheitsentscheidungen fällen zu können. Es wäre „absolut unzweckmäßig, das Eigentum an großen städtischen Zinshäusern in dieser Form [eines Stockwerks- oder Wohnungseigentums] zu organisieren“. Dies würde nämlich zu einer solchen „Art von Hausparlamenten“ führen, die „kaum die zweckmäßige Form für die Erhaltung und Verwaltung der Häuser darstellen dürften.“11 – Wie prophetisch diese Ansicht war, zeigen heute 8 In diesem Sinne meinte Fuchshuber, S. 86, „selten [sei] ein Gebäude in mehr als zwei Anteile geteilt“. Atzwanger, S. 253, differenzierte 1956 zwischen dem „rätoromanischen Haus“, worin „im allgemeinen zwei Parteien“ wohnen, und den „anderen Wohnbaugemeinschaften lockerer Zusammensetzung, in welchen die einzelnen Wohnungen genauer auseinander gehalten sind“, mit „3 Parteien“. Eine Ausnahme war Bernhardt, S. 3, der nicht nur von zwei, sondern sogar von vier oder acht Anteilen berichtete. 9 H.-R. Hagemann, S. 228, S. 230 f. 10 Krückmann, StWE, S. 723. Diese Annahme wird heute allerdings dadurch relativiert, daß auch Objekte mit nur zwei materiellen Anteilen in Wohnungseigentum umgewandelt werden und dieses Rechtsinstitut schlichtem Miteigentum in der Regel vorgezogen wird. 11 Klang, Wohnungsrecht, S. 228.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

die Probleme von Wohnungseigentums-Großanlagen, in denen die Hausverwaltung in der Regel ohne nennenswerten Einfluß der Eigentümer wirtschaftet.

2. Rechtstatsachen Die Rechtstatsachenforschung12 bestätigt für das Untersuchungsgebiet die Dominanz jener Fälle, in denen Gebäude in nur zwei materielle Anteile geteilt sind: Sie machen rund drei Viertel der untersuchten Einlagen aus, nur 15 % weisen drei, 6 % vier und 5 % fünf oder mehr materielle Anteile auf, woraus sich ein rechnerischer Durchschnitt von knapp 2,5 Anteilen pro Einlage ergibt. Keinen maßgeblichen Einfluß auf die hier präsentierten Werte hat übrigens die nur vereinzelt festgestellte Praxis, gemeinschaftliche Gebäudeteile als eigene materielle Anteile zu verbüchern.13 Überraschender als diese Werte ist die Bandbreite der Ergebnisse bei regionaler Differenzierung: Während in der Stadt Salzburg weniger als ein Drittel der materiell geteilten Gebäude nur zwei Anteile aufweist, sind es im Sprengel des BG Imst fast zwei Drittel, in jenem des BG Innsbruck sogar über 90 %. Vorarlbergs StWE wird hingegen mit über 80 % von Häusern mit drei materiellen Anteilen beherrscht. In der Stadt Salzburg gehören immerhin fast 30 %, in Hallein knapp 20 % in diese Kategorie, während es in Innsbruck nur 6 % sind. Hier gibt es hingegen keine Objekte mit fünf oder mehr materiellen Anteilen, in der Stadt Salzburg sind es knapp 20 %, in Hallein sogar 26 %. Den Maximalwert wies im Jahr 2000 das inzwischen in Wohnungseigentum umgewandelte Weißsche Haus auf dem Grazer Hauptplatz mit fünfzehn materiellen Anteilen auf; in älterer Zeit war dieses „Haus der Johann Adam Weyßischen Creditores“ sogar in zwanzig Teile zerlegt gewesen.14 Dies fiel wegen der dadurch komplizierteren Verhältnisse besonders auf, benötigte doch eine Einlage einen ganzen Grundbuchsband. Im gleichen Sinne wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus dem Südtiroler Gerichtsbezirk Schlanders ein 12 Es sei an dieser Stelle betont, daß die Zahl der materiellen Anteile ausschließlich aus dem Grundbuch zweifelsfrei festgestellt werden kann. Die von den Gemeinden vergebenen Gebäudeanschriften können dies nicht ersetzen. Meist sind die materiellen Anteile nämlich unter einer gemeinsamen Adresse zusammengefaßt, seltener durch Nummernzusätze mit Buchstaben unterschieden; auch müssen Hausnummernzahl und Zahl der Anteile nicht übereinstimmen (z. B. 8130400692). Ein Objekt, bei dem alle sechs materiellen Anteile jeweils eine eigene Hausnummer erhielten (8011200972), ist eine Ausnahmeerscheinung. 13 Z. B. 8111000101. Ebenfalls ohne Bedeutung für die hier gezeigten (gerundeten) Ergebnisse ist es, ob man Einlagen oder Gebäude betrachtet: In der Regel entspricht die Zahl der Anteile einer Einlage auch jener an den betroffenen Gebäuden. Eine der seltenen Ausnahme ist eine Einlage des Grundbuchs Roppen; hier sind zwei Gebäude zusammengefaßt, die in jeweils zwei materielle Anteile geteilt sind, wobei allerdings nur einer der Eigentümer an beiden Gebäuden beteiligt ist: 8010700223. 14 StmkLA, BG Graz, KG Innere Stadt, GB IV, EZ 87; vgl. Luschin-Ebengreuth, S. 544. – Übertroffen wird diese Zahl noch von einem Objekt des einstigen Prager Ghettos, das im Jahr 1900 33 Eigentümer hatte: Rybár, S. 65 f.

§ 2 Eigenschaften der materiell geteilten Objekte

285

Fall berichtet, in dem eine Teilung in elf materielle Anteile bestand, sodaß die Einlage mit 194 Seiten „einen halben Band des Grundbuches in Anspruch“ nahm.15 Derartige historische Nachrichten über die Zahl materieller Anteile sind in der Regel also nicht zu verallgemeinern, weil sie Extremfälle zeigen sollten. Nur vereinzelt finden sich seriöse Berechnungen: In der Stadtgemeinde Rovigno etwa wiesen die 682 materiell geteilten Einlagen durchschnittlich 4 materielle Teile auf.16 Versucht man die differenzierten Ergebnise der Rechtstatsachenuntersuchung auf einen Nenner zu bringen, so läßt sich folgendes Bild skizzieren: Im allgemeinen enthalten die größeren städtischen Wohnhäuser auch eine größere Zahl materieller Anteile als die geteilten Bauernhöfe. In ländlichen Gebieten ist eine höhere Anteilszahl vor allem bei landwirtschaftlichen Gemeinschaftsobjekten festzustellen, deren Verbreitung bzw. deren Fortbestand ausnahmsweise eine städtisch anmutende Durchschnittszahl materieller Anteile nach sich ziehen kann: So weist das StWE im Osttiroler St. Jakob in Defereggen durchschnittlich 3,28 Anteile auf und damit kaum weniger als jenes in der Stadt Salzburg (3,3). Dieses Phänomen ist jedoch keine Tiroler Spezialität; ähnliches berichtet Carlen aus dem Wallis, wo bäuerliche Wirtschaftsgebäude sogar „mit mehr als dreissig Anteilen“ vorgekommen seien.17

C. Anordnung und Abgrenzung der materiellen Anteile 1. Theorie Von zentraler Bedeutung für das StWE, insbesondere für die Probleme und Reibungsflächen des täglichen Zusammenlebens in den geteilten Häusern, sind Anordnung und Abgrenzung der materiellen Anteile. Dabei gibt es mit horizontaler und vertikaler Teilung zwei idealtypische, modellhafte Teilungsarten aufgrund geometrischer Logik, deren Einfachheit so attraktiv erschien, daß etwa das KG Rovigno 1875 eine „Beschränkung der physischen Theilungen“ nur auf diese beiden Varianten vorschlug: Erlaubt werden sollten also nur vertikale Teilungen durch eine „Scheidewand“ sowie die „Teilung nach ganzen Stockwerken“.18 Die Literatur ging vielfach davon aus, das StWE beruhe auf dem „Princip der Horizontaltheilung“.19 Dies mag teils schon mit der Bezugnahme des Begriffes auf einzelne Stockwerke zusammenhängen, teils wurde es durch die Annahme erleichtert, daß eine der möglichen Entstehungsarten im Verkauf eines Stockwerks(!) durch den „Hausbesitzer, der Geldbedarf hat“, bestünde.20 Diese Vorstellungen wirkten Vortrag Isottis in JM 28701 / 1908: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 13. JM 2062 / 1903: AVA Justiz II genus 3 Küstenland, Post-Nr. 109. 17 Carlen, S. 246. 18 JM 8600 / 1875: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 59. 19 So Kuntze, S. 43, obwohl er (S. 46) eine ganze Reihe von verschiedenen Aufteilungsmöglichkeiten kannte. Zu „grenzübergreifendem“ StWE vgl. z. B. Thümmel, StWE Baden, S. 13. 20 ADR III / 3, 121 f. 15 16

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

sich auch auf die Überlegungen zur Wiedereinführung eines StWEs aus: So meinte man angesichts „überspannt[er]“ Teilungen schon 1927, es müsse „der planlosen Zerstückelung ( . . . ) durch den Gesetzgeber vorgebeugt werden“. Daher sollte ein „geringerer Teil als ein ganzes Geschoß ( . . . ) nicht zu selbständigem Eigentumserwerbe zugelassen werden.“21 2. Rechtstatsachen a) Horizontalteilung Im Untersuchungsgebiet sind lediglich 8 % der Objekte durch eine rein horizontale Teilung gekennzeichnet. Dadurch unterscheidet sich das österreichische StWE deutlich von jenem Thüringens, wo dieser Typus angeblich überwog.22 Innerhalb des Untersuchungsgebietes ist nur sehr vereinzelt eine lokale Häufung der Horizontalteilung festzustellen23, die jedoch nicht ein solches Ausmaß erreicht, daß eine örtliche Teilungsgewohnheit angenommen werden könnte. Abfallendes Gelände ist weder Voraussetzung noch Hindernis für eine Horizontalteilung, ein signifikanter Zusammenhang zwischen diesen Merkmalen war nicht festzustellen.24 Dementsprechend findet auch das Klischee von den auf verschiedenen Seiten des Gebäudes liegenden Eingängen zu den einzelnen materiellen Anteilen keine Bestätigung. Zwar gibt es durchaus Fälle, in denen, wie einst in der Münchner Vorstadt Au25, der Zugang zum oberen Anteil tatsächlich modellhaft über eine Außentreppe erfolgt26, wobei dies sogar die Begründung von (abgeschlossenem) Wohnungseigentum erleichtern kann27, doch ebenso kommen Fälle vor, in denen der Zugang mit einem Durchgangsrecht des oberen durch den Anteil des unteren Eigentümers gesichert wird.28 Für den geringen Anteil reiner Horizontalteilung sind verschiedene Umstände verantwortlich zu machen. Bei städtischen Gebäuden29 gibt es selbst bei sonst horizontaler Teilung doch zumeist Abstell- oder ähnliche Nebenräume im Keller, Sontag, S. 593. Ackermann, S. 18. – Eine rein horizontale Teilung lag auch einem dalmatinischen Fall zugrunde, den der OGH 1878 zu entscheiden hatte: GlU 6776. 23 Z. B. 8130700153, 8130700156, 8130700159. 24 Vgl. aber z. B. 8100700032. 25 Dölker, S. 5 f. (mit Fotos S. 157 ff.). Allerdings gab es auch in den Münchner Vorstädten im flachen Gelände liegende Objekte: Peter, S. 83 f.; Wilhelm, Au, S. 27 ff.; Wilhelm, Haidhausen, S. 53 ff. 26 Z. B. 8311500091, 8130400600, 8111700023. 27 8401000147. 28 Z. B. 8010500365. 29 Schon im mittelalterlichen Wien gab es kein StWE im engeren Sinne, bei dem den Eigentümern tatsächlich ganze Stockwerke zugeteilt gewesen wären: Novak, S. 102. Vgl. Atzwanger, S. 254. 21 22

§ 2 Eigenschaften der materiell geteilten Objekte

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Erdgeschoß oder im Dachboden. Diese vom BG Salzburg 1964 unter dem Begriff „Gutsbestands-Sonderrechte“ zusammengefaßten Bestandteile30 führen, je nach Umfang, zu einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Gemengelage, jedenfalls schließen sie reine Horizontalteilung aus. In der Stadt Salzburg ist reine Horizontalteilung daher eine Seltenheit.31 In Hallein scheint sie hingegen häufiger vorzukommen; dies ist allerdings nur das trügerische Resultat einer oberfächlichen grundbücherlichen Beschreibung, die über Keller- oder Dachbodenräume gar keine Feststellungen trifft. Bei ländlichen Objekten verunmöglichen meist die landwirtschaftlichen Betriebserfordernisse eine horizontale Gebäudeteilung, die sich daher nur für kleine Nebengebäude wie etwa einen „Kasten“32 eignet. Da aber z. B. Rinder kaum anders als ebenerdig untergebracht werden können, ist Horizontalteilung für größere Wirtschaftsgebäude praktisch ausgeschlossen. In diesem Sinne können Horizontal- und Vertikalteilung auch unmittelbar nebeneinander bestehen; so ist bei einer Einlage des BG Telfs das Wohnhaus horizontal, das Wirtschaftsgebäude hingegen vertikal geteilt.33 b) Vertikalteilung Die reine Vertikalteilung ist mit rund 5 % der untersuchten Fälle noch seltener als die reine Horizontalteilung. Dies mag auf den ersten Blick verwundern, sieht man doch z. B. im Land Salzburg relativ häufig Häuser, deren vertikale Teilung schon von außen durch die Fassadengestaltung erkennbar scheint. Tatsächlich handelt es sich dabei aber vielfach um baulich selbständige Häuser, die, auf benachbarten Grundstücken stehend, bloß aneinandergebaut wurden; sie sind also nicht materiell geteilt.34 So wie bei dieser nur scheinbaren ist auch bei der echten Vertikalteilung meist der Dachfirst die bestimmende Linie, sodaß etwa die „Hausbestandteile vom Firste aus gegen die Kirche“ zum einen, alle anderen zum anderen Anteil gehören.35 Eine solche Teilung „vom Grunde bis zum Dache“ ist nur selten „begrenzt durch eine feste Mauer“, häufiger erfolgt sie nur „durch eine gedachte senkrechte Linie“36 bzw. mittels einer „durch [den First] gedachten Vertikalen“37. Fast jede derartige Linie läßt in der Gebäudemitte geteilte Räume entstehen. Dabei handelt es sich bei Wohngebäuden meist um Gänge und Stiegen38, bei größeren landwirtschaftlich genutzten Objekten39 vor allem um Tennen, TZ 1296 / 1965 zu 5653700434. 5653700440. – Die Salzburger Verhältnisse hatte Putzer, S. 589, vor Augen, als er feststellte, StWE bringe „in der Regel keine Abteilung in Stockwerke im technischen Sinn“. 32 8011000281. 33 8131200103. 34 Dies ist zum Teil der Fall bei den von Goiginger, S. 75 ff., gezeigten Häusern. 35 8000800442. 36 Beide Varianten nebeneinander in 8010800334. 37 8000201563. 38 Z. B. 8000201563, 8000500117 30 31

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

gelegentlich auch um Hofflächen40 oder sogar um einen Backofen41. Diese Räume sollten trotz vertikaler Realteilung aber weiterhin ihren jeweiligen Zweck erfüllen können: Daher wird meist festgestellt, daß die „Trennhälften ( . . . ) der wechselseitigen Mitbenützung“ unterliegen.42 Diese Mitbenützungs- und die mit ihnen korrespondierenden Eigentumsrechte haben sich am jeweiligen Raumzweck zu orientieren; in diesem Sinne erfolgt die Mitbenützung „zu wirtschaftlichen Zwecken soweit es das Bedürfnis erheischt“43, „soweit es die Verhältnisse erfordern“44 oder „soweit es die Bedürfnisse erfordern“45 [siehe im Detail 4. Teil § 6 B. 2. c)].

c) Gemengelagen Erfolgte weder eine horizontale noch eine vertikale Teilung, so liegt eine Gemengelage vor. Dies ist in rund 87 % der untersuchten Einlagen der Fall. Hier können zwei besondere Typen von der übrigen Vielfalt an Teilungsmöglichkeiten unterschieden werden, nämlich einerseits die materielle Teilung aufgrund grenzübergreifender Gebäudeteile, andererseits die diagonale Teilung.

aa) Grenzübergreifende Gebäudeteile In 5,7 % der untersuchten österreichischen Fälle besteht die materielle Gebäudeteilung darin, daß ein vergleichweise kleiner, abgegrenzter Raum eines Hauses nur vom Nachbarhaus aus zugänglich ist und daher auch dessen Eigentümer gehört. Der bemerkenswerteste Fall einer solchen Teilung findet sich wohl in Salzburg: Ausgehend von einem Haus in der Getreidegasse durchstößt ein Gang von mehr als zehn Metern Länge das gesamte Nachbarhaus zwischen dessen erstem und zweitem Stock, um schließlich bloß „Aussicht auf die Salzach“ und die Staatsbrücke zu bieten.46 Normalerweise ist dieser Typ jedoch weniger spektakulär: So etwa bilden „die [vom Nachbargrundstück] aus zugängliche, ebenerdige Holzlege und der daran anstoßende, unterirdische Keller“ den materiellen Anteil I, „alle übrigen Räumlichkeiten“ den Anteil II einer Einlage im Sprengel des BG Hall in 39 Bei kleineren landwirtschaftlichen Nebengebäuden, wie etwa einer „Wagenschupfe“ oder einer „Schupfe“ (vgl. z. B. 8010700189, 8010700198) bleiben bei vertikaler Teilung meist keine geteilten Räume übrig. 40 8000500117. 41 8010300300. 42 8000201563; ähnlich 8001000638, 8000201592 (Gänge, Stiegen, Stallgang und Tenne werden hier, „soweit es die Bedürfnisse erfordern zum Gehen bzw. Fahren gemeinsam benützt“.) 43 8000201563. 44 8000500117. 45 8000201592. 46 5653700330; Ebner, S. 58 (Pläne S. 120 ff.); Klehr, Getreidegasse, S. 149.

§ 2 Eigenschaften der materiell geteilten Objekte

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Tirol.47 Zu beachten ist dabei, daß dieser Teilungstyp im Grundbuch auf zwei verschiedene Arten in Erscheinung tritt: Einerseits können beide Gebäude zur Gänze unter einer Einlagezahl verbüchert sein48, andererseits kann auch nur eines von ihnen mit dem in dieses hineinragenden Teil des anderen Gebäudes zusammengefaßt sein. Im zweitgenannten Fall ist jenes Haus, von dem aus man grenzüberschreitend Teile des anderen betritt, meist in unauffälliger Weise verbüchert, sodaß der Zusammenhang mit der materiellen Teilung des Nachbarhauses aus dem Grundbuch nicht erkennbar wird.49 Vorgeschlagen wurde auch, nur die „Überlappungszone“ der beiden benachbarten Häuser als eigenes, real geteiltes Gebäude zu definieren50; dies scheint jedoch wenig praktisch. Die Grenze zwischen den betroffenen Gebäuden verläuft also „verzahnungsartig“51, die einzelnen Räume werden als „herüberragend“52 oder „hinübergreife[nd]“53 beschrieben. Für den Typ an sich hat sich jedoch kein Begriff gebildet; die von Ripfel offenbar in Analogie zum Kellerrecht gewählte Bezeichnung als „Zimmerrecht“ konnte sich nicht durchsetzen.54 Dieses Teilungsmodell ist schon für das römische Recht, das es teils als „Stockwerksservitut“ auffaßte55, sowie für das mittelalterliche Lübeck belegt56; im 17. Jahrhundert versuchte dann die Regensburger Wacht-, Gerichts- und Bauordnung solchen Teilungen wohl vor allem aus feuerpolizeilichen Gründen entgegenzuwirken, da sie mit dem Durchbrechen von Feuermauern einhergehen.57 Trotz solcher Bedenken haben sich diese Teilungen über das 19. Jahrhundert, aus dem sich dafür zahlreiche Belege aus Judikatur und Literatur finden lassen58, bis heute erhalten59. Dabei sind zwar lokale Häufungen möglich, so etwa sind alle drei Objekte des Grundbuchs Arzl solche mit grenzübergreifenden Gebäudeteilen60; sie 8100700048. Z. B. 8111000103. 49 Z. B. 8111100979, 8111101074; doch auch materiell geteilt 8111300033. 50 Zoeppritz, S. 5 f. 51 Dittus, S. 9. 52 8401700177, 8401700191. 53 RGZ LVI (= NF VI) / 68. 54 Ripfel, S. 279. 55 Fuchshuber, S. 86; Kuntze, S. 65; Zaun, S. 227. 56 Möller, S. 10. 57 Möller, S. 12, S. 88; Dölker, S. 73f. 58 Seufferts Archiv IV / 101; Seufferts Archiv LVIII (= 3. Folge III) / 99; Striethorsts Archiv LIV (= 2. Folge II) / 17; Striethorsts Archiv LXVIII (= 2. Folge IV) / 37; Möller, S. 39 f.; Ackermann, S. 20 f., S. 26; m. w. N. Thümmel, StWE Baden, S. 13. 59 Z. B. 5653700118, 8100700008, 8401700177, 8401700191. Vgl. auch OGH 15. 10. 1996, 4 Ob 2229 / 96 (Unterinstanzen OLG Innsbruck 18. 6. 1996, 1 R 136 / 96; LG Innsbruck 29. 3. 1996, 5 Cg 84 / 95): JBl 1997, S. 233 = EvBl 1997 / 92. 60 8110300441, 8110300442, 8110300460. – Ähnlich Sprengel Hall / Tirol: 8100700008, 8100700048. 47 48

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

erreichen aber kein Ausmaß, das auf entsprechende örtliche Teilungsgewohnheiten schließen lassen würde. Es handelt sich vielmehr um eine Teilungsform, die konkreten Bedürfnissen entsprechen sollte; allenfalls wäre die Vorbildwirkung eines einzelnen Falles für einige wenige andere Objekte denkbar. Wahrscheinlicher ist es jedoch, daß das Vorkommen oder Fehlen dieser Teilungsart von der Aufmerksamkeit abhängig ist, die die jeweilige Obrigkeit dem Gesichtspunkt der Brandverhütung beilegte.61 bb) Diagonale Teilung Während die Existenz grenzübergreifender Gebäudeteile bei besonderen Raumbedürfnissen im Einzelfall leicht nachvollziehbar erscheint, wirkt der Typ der diagonalen Teilung willkürlich und geradezu schikanös für die betroffenen Eigentümer. Es handelt sich um Fälle, bei denen die Räume des gleichen Eigentümers eben gerade nicht übereinander oder nebeneinander liegen, sondern nur „über Kreuz“ zusammenhängen: So gehört etwa bei einer Söldener Einlage zum materiellen Anteil I vom Haus die „westliche Hälfte vom Grunde bis zum Dache“, vom Wirtschaftsgebäude allerdings die „östliche Hälfte vom Grunde bis zum Dache“; beim materiellen Anteil II ist es umgekehrt.62 In ähnlicher Weise war bei den Montafoner Almhütten die Raumverteilung oft so vorgenommen worden, daß der im Erdgeschoß gelegene Anteil (Stall) eines Eigentümers im ersten Stock (Heustadel) von den Gebäudeteilen des anderen Eigentümers bedeckt war. Diese Aufteilung wurde gewählt, um sich „gegenseitig in die Pflicht zu nehmen“63; man erhoffte sich also aus dem Umstand, daß die Gebäudeteile nicht separiert, von auftretenden Schäden am Dach also letztlich beide Anteilseigentümer betroffen waren, eine sorgfältigere und dauerhaftere Erhaltung. Diagonale Teilungen dienten also vor allem einem Interessenausgleich. Dieses Motiv ist aus dem Gerichtsbezirk Ampezzo aktenkundig: Ein „mittelgroßer Stall“ war dort deshalb in vier Teile geteilt worden, „weil jeder Teil gewöhnlich bei der Teilung einen besseren (gut beleuchteten) Platz für die Kuh haben will und einen schlechteren, rückwärts [also von der Tür entfernten] für die Streu annehmen muß und beide Anteile durch den gemeinsamen Gang getrennt sind“.64 Dieser Grundgedanke kann auch auf Freiflächen Anwendung finden: Schon Kuntze berichtete von einem Garten, der unter Bedachtnahme sowohl auf die Entfernung vom Haus als auch auf den Sonneneinfall in vier Flächen geteilt worden war, die den beiden Stockwerkseigentümern „übers Kreuz“ Vgl. Dölker, S. 73 f. 8011000157. Trotz jeweils vertikaler Teilung ist in diesem Fall eine Umwandlung in Alleineigentum praktisch ausgeschlossen. – Ähnliches kam auch im Sprengel des Landgerichts Karlsruhe vor: Hier wurde jedoch eine horizontale Teilung der Hauptgeschoße dadurch ergänzt, daß dem Eigentümer des straßenseitigen Kellers der straßenabgewandte Dachboden zugewiesen war und umgekehrt dem Eigentümer des straßenabgewandten Kellers der straßenseitige Dachboden: BGHZ 46, S. 281. 63 Gesprächsprotokoll BG 901. 64 JM 18098 / 1907: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 13 / 15. 61 62

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zugewiesen wurden.65 Diesem Teilungsmodell werden wir übrigens bei den Regeln zur Dacherhaltung ebenfalls begegnen [siehe unten § 6 D. 2. c)].

cc) Sonstige Gemengelagen Alle übrigen zu einer Gemengelage führenden Teilungen entziehen sich Systematisierungsversuchen.66 Dies ist deshalb bemerkenswert, weil die Verteilung der materiellen Anteile doch mit dem ursprünglichen Haustyp zusammenhängt: Die Teilung eines Seitenflurhauses mußte anders erfolgen als jene eines Mittelflurhauses.67 Sind Wohn- und Wirtschaftsräume in einem Gebäude vereinigt, so war schon die Aufteilung dieser Bereiche entweder nach der Firstlinie oder quer dazu erfolgt68; eine spätere Hausteilung hatte diese Voraussetzungen zu berücksichtigen. Bei landwirtschaftlich genutzten Gebäuden wurde bereits bei der erstmaligen Teilung eine relativ starke Zersplitterung notwendig, wenn jeder die für einen geordneten Wirtschaftsbetrieb notwendigen Gebäudeteile erhalten sollte. Ähnliches galt für Räume, die nicht beliebig vermehrt werden konnten und daher gemeinsam bleiben mußten. Hier wurde innerhalb dieser gemeinsamen Räume eine Verteilung von Eigentumsrechten vorgenommen, die das Durcheinander noch verstärkte: Typisch ist ewa der gemeinsame Abort, „in welchem der nördliche Abortsitz dem Anteil I, der südliche dem Anteil II gehört“69; in einer gemeinsamen Waschküche kann „der nördliche Waschkessel dem Anteil I, der westliche Waschkessel ( . . . ) dem Anteil II gehören“70, in einer „gemeinsamen Küche der südliche Herd und der Waschkessel im Osten“ einem der Anteile zugeschrieben sein71. Selbst „der eingemauerte Küchenkasten“72 oder „ein Küchenplatz in der Länge von 2,9m und in der Breite von 1,8m“73 kann einem der Anteile gehören. Diese Verhältnisse finden sich allerdings fast ausschließlich im Sprengel des BG Landeck. Dazu kamen im Zuge der Häuserteilung erfolgende Um- und Zubauten. Einbauten für neu hinzutretende Parteien erfolgten zwar „von kleineren Ausmaßen und Kuntze, S. 45. Einen solchen unternahm Dölker, S. 71 ff.; er unterschied zwar je nach Umfang und Verteilung der Räumlichkeiten sechs verschiedene „Herbergsarten“, knüpfte daran jedoch keine weiteren Konsequenzen. 67 Vgl. Wopfner 1927, S. 48 ff., mit Skizzen (S. 58). 68 Wopfner 1927, S. 47. 69 8410300095; ähnlich 8410300192 (3 Abortsitze), 8410700070, 8411000313 (4 Abortsitze), 8411000318, 8411100105 (4 Abortsitze verteilt auf zwei Anteile), 8411100108. 70 8411100110, 8411100188. 71 8411000246, ähnlich 8411000318, 8411000330, 8411000335, 8411000577, 8411100096, 8411300111. 72 8411000335; eingemauerte Kästen ohne genauere Bezeichnung in 8411100096, 8411100097; ähnlich der im gemeinsamen „Hausgange eingemauerte Hauskasten“ in 8411000577. 73 8411000434. 65 66

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

von dürftiger Ausführung“, meist aber doch entsprechend der üblichen Grundform.74 Die Wände der Durchfahrt bzw. des Hausganges wurden „immer belebter durch vor- und rückspringende Wandteile, durch Stuben-, Küchen- und Kellertüren, durch schwarzschlündige Rauchabzugslöcher, weitläufige gemauerte Stubenofenfeuerungen und aus den Kuchln in den Hausgang herausgebaute Backöfen.“75 All dies veränderte die ursprünglichen Typen und gab den Häusern „eine regellose, willkürliche Gestalt“.76 Alle Veränderungen entsprachen einfach dem jeweiligen „Familien- und Erbinteresse“77, sodaß eine Regelmäßigkeit nicht zu erwarten ist. Auch blieben die Besitzverhälnisse, einmal verschachtelt, nicht unveränderlich, sondern verschoben sich beinahe in jeder Generation durch – überwiegend mündliche – Abmachungen, Tausch und Verkauf.78 Dabei ist anzunehmen, daß eine Verringerung der in Anspruch genommenen Fläche bei gleichzeitiger Vermehrung der beanspruchten Stockwerke ein Indiz für die erneute Teilung eines bereits früher geteilten Objekts ist.79 Insgesamt entstanden so durch einen jahrhundertelangen Prozeß eine „heute oft unverständlich wirre Besitz- und Wohnungsaufteilung“80 und eine „gänzliche Verbauung“81; letztere wird etwa dann deutlich, wenn sich ein „Hof“ bloß noch als Grundstreifen „in der Breite von 76 cm“ erweist.82 Hensler hat in einer Fallstudie über ein vierfach materiell geteiltes Haus sehr gut illustriert, wie aus einer ursprünglich relativ regelmäßigen Anlage durch Zubauten und weitere Teilungen ein unübersichtlich ineinander verschachtelter Gebäudekomplex entstand.83 Zugleich gehörten die materiell geteilten Häuser dadurch zu Atzwanger, S. 253. Atzwanger, S. 251. Für Heidegger, S. 91, war ein solcher Hausgang daher „ein erlebnisreicher sozialer Raum“. 76 Wopfner 1927, 39 f. 77 Kuntze, S. 47. 78 Heidegger, S. 92; sehr anschaulich Lanzinger, S. 194 f. 79 Dölker, S. 73. Andererseits erkennt Dölker nicht die Möglichkeit, daß sich hinter dem von ihm als besonders streitanfällig bezeichneten Typ der sich über mehrere Stockwerke erstreckenden Herberge eine Wiedervereinigung ehemals getrennter Herbergen verstecken kann. 80 Atzwanger, S. 252: „Auf viele Besucher macht das rätoromanische Mehrparteienhaus durch die mehreren gedrängten Wohnungen, die unübersichtlichen Verbindungen und durch die vielen Inwohner einen geradezu verwirrenden Eindruck.“ 81 OGH 30. 6. 1982, 3 Ob 559 / 82 (Unterinstanzen OLG Innsbruck 1 R 336 / 81, LG Innsbruck 14 Cg 465 / 81): EvBl 1982 / 176 = MietSlg. 34.085 = MietSlg. XXXIV / 23. 82 8411100173. 83 Hensler, S. 56 ff.; Tafel I (nach S. 148). Immerhin konnte Hensler dabei aufgrund der Tatsache, daß den materiellen Anteilen 1 und 2 nur Teile nördlich des Firstes, den Anteilen 3 und 4 nur Teile südlich des Firstes gehörten, die Entstehung des Gebäudes durch Zusammenwachsen zweier ursprünglich selbständiger, jeweils bereits in zwei Teile geteilter Häuser nachweisen. 74 75

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den „auffälligsten baulichen Erscheinungen“84, deren malerischer Charakter früh Fremde anlockte wie etwa nach Grins im Tiroler Oberland. Dieser bei Künstlern beliebte Ort war „im wesentlichen ein lückenlos aneinanderschließender Komplex von Häusern, Städeln, Hütten und Schupfen, die vielfach noch der engen Dorfstraße ihr Recht streitig machten“. Mit einer solchen „beängstigend ineinander gepferchten Siedlungsform“ ging naturgemäß eine erhöhte Feuergefahr einher und tatsächlich führte Ende 1945 ein Großbrand zur Zerstörung zahlreicher Häuser.85 Waren die Gebäude von außen auch malerisch anzusehen, so verstärkte im Inneren die verwinkelte Raumaufteilung den Eindruck der Enge86 und erforderte vermehrt Durchgangsrechte [siehe unten § 6 G. 2. b)]. Vor allem im Sprengel des BG Landeck tritt zu dieser allgemeinen Eigentumszersplitterung noch das Problem von Niveauunterschieden: Manche Räume sind „um 1 m tiefer gelegen“87 als andere oder um „50 cm höher“88, gelegentlich sogar teils „1,5 m tiefer“, teils „um 2 m höher“89. Gelegentlich finden sich aber auch Versuche, den Zusammenhang der einzelnen Räume eines Anteils zu stärken und die durch die Zersplitterung entstehenden Reibungsflächen zu verringern. In diesem Sinne ist z. B. im Sprengel des BG Telfs ein „Zimmer nur von [einer] Stube aus mittels einer dort befindlichen Stiege zugänglich“.90 Neben einem derartigen „Aufgang aus der Stube“ oder einer „Küche mit eigenem Eingang“91 kann der Vermeidung von Reibungen schließlich sogar die Errichtung nebeneinander liegender Stiegen dienen, von denen „die nördliche dem jeweiligen Eigentümer des m. A. I, die südliche jenem des m. A. II gehört“92. Letztes Ziel solcher Maßnahmen ist die Schaffung abgeschlossener Teile: „Sämtliche für sich abgeschlossenen Bestandteile gegen die Kirche“ bieten kaum mehr Berührungspunkte mit den anderen Eigentümern; schwieriger war dies hingegen, wenn zwar „sämtliche für sich abgeschlossenen Bestandteile gegen den See“ einen materiellen Anteil bildeten, dazu aber noch ein Keller in einem sonst ebenfalls „abgeschlossenen“ anderen Anteil gehörte. Dies machte nämlich ein „Gehrecht durch Vorraum und Stall“ notwendig, sodaß die Abgeschlossenheit im Ergebnis doch beeinträchtigt war.93 Heidegger, S. 91. Nöbl, S. 154. Vgl. unten 4. Teil, § 8 B. 86 Dölker, S. 22. Vgl. die Charakteristik des von zahlreichen Malern und Fotografen besuchten Prager Ghettos („bizarre picturesque character“) bei Volavková / Belina, S. 15. 87 8410300246, 8411000296, 8411000539 („80 cm tiefer“), 8411100097 („2,5m tiefer“), 8411100109 („1,8m tiefer“) 88 8411000301, 8411000603, 8411100105 („70 cm höher“). 89 8411000599. 90 8130300445. 91 8300900011. 92 8130300574. 93 8000800443. 84 85

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

d) Indikatoren der Zersplitterung: Geschoßverteilung und Zahl der Raumeinheiten Zwar läßt sich die Gemengelage nicht restlos in Typen erfassen, doch kann man immerhin Indikatoren für das Ausmaß der Eigentumszersplitterung finden. Dazu wurden im Rahmen dieser Rechtstatsachenuntersuchung zwei Parameter94 erhoben: Einerseits wurde ermittelt, auf wieviele Ebenen sich die Räume eines Anteiles verteilen, wobei jeweils der Maximalwert jeder Einlage erfaßt wurde (Geschoßverteilung). Andererseits erfolgte eine Zählung jener Raumeinheiten (Substantive), die das Grundbuch bei der Beschreibung der Anteile eigens nennt (Zahl der Raumeinheiten).95 Auch hier wurde für jede Einlage nur der Maximalwert berücksichtigt; Formulierungen wie „alle übrigen Räume“ konnten das Ergebnis daher nicht beeinflussen. Hinsichtlich der Geschoßverteilung zeigte sich, daß weniger als 10 % der untersuchten Objekte sich auf eine Ebene beschränken, fast 45 % zwei, immerhin noch gute 25 % drei und knapp 18 % vier oder mehr Ebenen erfassen. Auch die Zahl der Raumeinheiten zeigt eine bemerkenswerte Bandbreite. Bei knapp der Hälfte aller untersuchten Einlagen (47,6 %) besteht der größte materielle Anteil aus maximal 10 Raumeinheiten, bei etwa einem weiteren Viertel (24,3 %) konnte er mit 11 bis 20 Raumeinheiten beschrieben werden, nur das letzte Viertel benötigte für offenkundig besonders komplexe Verhältnisse noch umfangreichere Beschreibungen von 21 bis zu 70 Substantiven. Eine regionale Differenzierung zeigt für beide Parameter interessante Unterschiede. So verteilen sich in Salzburg fast drei Viertel der untersuchten Einlagen auf vier oder mehr Ebenen, wofür Anteile an Dachböden, Kellern und im Erdgeschoß liegenden Abstellräumen verantwortlich sind. Während sich hier kein einziger Anteil auf bloß eine Ebene erstreckt, scheint der Vergleichswert für Hallein bei 28,3 % zu liegen – ursächlich dafür ist allerdings die in Hallein eben gerade fehlende Klarstellung der Eigentumsverhältnisse an Kellern und Dachböden. Aufgrund der durchschnittlich niedrigeren Häuser liegt die Quote der vier oder mehr Stockwerke erfassenden materiellen Anteile in Hallein hingegen nur bei 6,5 % und damit sogar niedriger als in Vorarlberg (19,7 %) oder im Sprengel Imst (10,2 %). Ähnlich ist das Bild hinsichtlich der Zahl der Raumeinheiten. Während in Salzburg nur ein schwaches Drittel (31,6 %) der materiellen Anteile mit bis zu 10 Raumeinheiten beschrieben werden konnte und etwa ebensoviele (33,3 %) aus 94 Einen weiteren Indikator stellt die Häufigkeit von zwischen den materiellen Anteilen bestehenden Durchgangs- oder Durchfahrtsrechten dar. Sie liegt bei immerhin 20 %. Siehe im Detail unten § 6 G. 2. b). 95 Insbesondere bei diesem Wert ist die exakte Zahl weit weniger wichtig als die Größenordnung, da er nicht bloß von den tatsächlichen Umständen, sondern auch von den Formulierungskünsten des jeweiligen Grundbuchsanlegungs-Kommissärs abhängig ist.

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mehr als 20 Raumeinheiten bestand, finden in Hallein fast zwei Drittel (65,2 %) mit fünf Substantiven oder weniger das Auslangen, kein einziger materieller Anteil weist mehr als 15 Raumeinheiten auf. Auch in Tirol gibt es erhebliche Unterschiede: Die einfachsten Objekte mit bis zu 5 Raumeinheiten machen im Sprengel Imst 29 %, im Sprengel Innsbruck hingegen 47 % aus, während die komplizierteren Verhältnisse mit über 20 Raumeinheiten im Sprengel Imst (36,5 %) deutlich häufiger sind als im Sprengel Innsbruck (27,3 %).

e) Fehlende Abgrenzung der materiellen Anteile Ein spezielles Problem bildet im Zusammenhang mit der Gemengelage die Abgrenzung der einzelnden materiellen Anteile. Sie ist dort unstrittig, wo die einzelnen Räume und mit ihnen die materiellen Anteile ohnehin durch Mauern getrennt sind96; diese Trennung mag gelegentlich die Hauptfunktion der dann als „Scheidewand“97 bezeichneten Mauer sein. Gelegentlich sparte man sich das Geld für eine massive Mauer und begnügte sich damit, einen „Dachbodenanteil“ bloß „durch eine Holzplanke“98 abzugrenzen. Fehlt jedoch eine solche – mehr oder weniger feste – Abgrenzung, so mußte man sich auf andere Weise behelfen. 1806 wurde aus dem Oberinntal und aus Südtirol berichtet, daß dort „die kleinsten Häuser zwischen zwei, drei und vier Familien verteilt [seien], die in der ärmlichen Küche ihre Nahrung bereiten und zur Winterszeit in der nämlichen Stube in Bezirken, deren Grenzen mit Kohle bezeichnet sind, Tag und Nacht zubringen.“99 Es war wohl eine besonders unglückliche und Auseinandersetzungen fördernde Teilung, wenn „nur eine Familie den Ofen hatte und die andere kein Recht hatte, sich auf die Ofenbank zum wärmenden Ofen zu setzen“.100 Im schon erwähnten Grins wurden mit „einem Kreidestrich ( . . . ) in den gemeinsamen Räumen die Grenzen des Eigentums festgelegt.“101 Gleiches berichtete 1876 das KG Tarnow; hier wurde in „einzelnen Fällen“ der „Fußboden ( . . . ) mit Kreide abgeteilt“.102 Im Vintschgau wurden die Zimmer hingegen mit Kreidestrichen am Plafond geteilt, wobei die einzelnen Teile „ungefähr dem für je einen Tisch und eine[ . . . ] Sesselreihe notwendigen Platz“ entsprachen.103 Auch von der Kennzeichnung „mit Farbstrichen“104 kann man lesen. In Galizien wurden 96 So z. B. der „durch eine Mauer abgegrenzte Dachboden mit Dachkammer“ in 8400900184. 97 8000800480. 98 8130300467. 99 Der Sammler I, Innsbruck 1806, S. 169, zitiert nach Wopfner, Güterteilung, S. 215. 100 So eine Beschreibung von Sandgruber, S. 49, leider ohne konkreten Beleg. 101 So berichtet für Grins Nöbl, S. 154. 102 JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. 103 Vortrag Isottis in JM 28701 / 1908: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 13. 104 Sandgruber, S. 49.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

die einzelnen Anteile sogar durch „gespannte Schnüre“ voneinander getrennt. Aus Istrien ist die Teilung von Räumen nach „bestimmten Tragebalken“ überliefert, wobei etwa „von einem Lokale A das Eigenthum bis zum dritten, B bis zum 7ten, C bis zum 9ten Trambaum hat“.105 Diese einst besonders problematisierten Verhältnisse106 sind heute kaum mehr zu finden107. Die Rechtstatsachenuntersuchung hat gezeigt, daß nur mehr bei etwa 3 % aller Einlagen eine Raumabgrenzung fehlt. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, daß bei Räumen, die laut Grundbuch mehreren Anteilseigentümern gemeinschaftlich zustehen, eine reale Nutzungsteilung vorgenommen wurde. Andererseits konnten oder könnten manche der im Grundbuch noch aufscheinenden Problemfälle durch geringfügige Umbaumaßnahmen entschärft werden: So ist etwa eine „östliche Hälfte der Küche“ mit dem Durchgangsrecht eines anderen materiellen Anteils belastet, sodaß dessen Bewohner in die „anstoßende Küchenhälfte“ gelangen können. Allerdings grenzt dieser Küchenteil an die eigene Stube dieses Anteils an; dieses „hausinterne Wegerecht“ hätte wohl durch Durchbruch einer Türe leicht umgangen werden können. Heute besteht jedoch wegen längst eingetretener Eigentümeridentität beider Anteile kein Bedarf mehr an derartigen Umbaumaßnahmen.108 Die Erscheinungsformen fehlender Raumabgrenzung sind vielfältig.109 Eine Gruppe teilt bestehende Räume in gleichmäßige Teile, in der Regel Hälften, und weist diese nach Himmelsrichtungen den materiellen Anteilen zu. So gehört zu einem der Anteile etwa „die nördliche Hälfte der Küche“110 oder „von der an der Nordseite zu ebener Erde gelegenen Küche die südliche Hälfte“111, auch – ver105 So die Beschreibung des Referenten des Triestiner OLG, Zörrer, in JM 8600 / 1875: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 59. 106 Fälle fehlender Raumabgrenzung hinsichtlich großer Keller oder der einzigen großen Stube eines Hauses finden sich schon im mittelalterlichen Wien (Novak, S. 103). In der Neuzeit waren es dann vor allem die Schlafräume, deren Teilung als nachteilig geschildert wurde. So hieß es in einem amtlichen Bericht aus dem übervölkerten Defereggental in Osttirol um 1760: „Durch das vorhero allzu vielfältig gestattete Heiraten ist das Personale dermaßen unglaublich angewachsen, daß nunmehr in teils Häusern zwei oder drei Eheleut in einer Kammer beisammen ihre Liegestatt nehmen müssen und zu einer Absonderung keine Gelegenheit ausfindig zu machen ist“. Ähnliches ist aus dem Gebiet von Zürich aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert überliefert: Manche Stockwerkseigentümer wünschten „wehmütig ( . . . ), daß sie nur einmal in ihrem Leben dazu kommen möchten, mit ihren Kindern ein Winklein, so klein es auch wäre, allein bewohnen zu können, um ihren Pflichten als Väter und als Christen Genüge leisten zu können“ (Wopfner, Güterteilung, S. 216; Wopfner, Bergbauernbuch, S. 214). 107 Z. B. 8111300438, 8410400098. 108 8400100306. 109 Vgl. zu den Verbücherungsproblemen Kohl, Methoden, S. 92 ff. 110 8010800248. 111 8001000638. Entschärft wird dieser Fall durch die teilweise personelle Verflechtung der Anteilseigentümer. 112 8113000074.

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mutlich besonders lästig – „die südliche [bzw. nördliche] Hälfte des vor der Werkstätte des Anteiles II befindlichen Abortes“112. Neben Küchen und Aborten sind vor allem Tennen auf diese Weise geteilt. In einem Extremfall wird einem der Anteile sogar die „südliche Hälfte des östlichen Drittels“ einer Tenne113 zugewiesen. Eine zweite Gruppe bedient sich bei der Abteilung Messungen: So steht in Lermoos einem der Anteile „von der Küche an der Ostseite 1,89 m“ zu114, einem anderen Stockwerkseigentümer ist im sonst „gemeinsamen Kellergang“ ein Lagerplatz „in der Länge von 8,7m und in der Breite von 1,77m“115 zugewiesen. In Landeck wurde eine Wagenschupfe durch eine „gerade Linie“ geteilt, „welche 2,38 m von der Westecke des Stalles des Anteils II beginnend bis zur Mitte der Eingangstüre (83 cm Mitte der Türe) verläuft“.116 Auch alte Maße können bei solchen Messungen noch Verwendung finden: Der „nördliche sieben Fuß lange Schafstallteil“ sowie drei weitere derartige Abschnitte117 würden heute nach Umrechnung ins metrische System verlangen. Schließlich begnügt sich eine dritte Gruppe mit ungenauen Angaben über die Abgrenzung: So reicht in Silz die „Heupille [des Anteils I] ungefähr 2 – 3 Schritte über die Firstlinie“118, anderen Anteilen ist „ein kleiner Raum nördlich vom Backofen von ungefähr 11/2 m2“119 oder „ein etwa 1 m2 großer offener Platz“120 zugewiesen121, gelegentlich nahm man bei der Teilung überhaupt nur eine „ungefähr gerade Linie“122 an. Auch die ausdrückliche Nennung „nichtabgegrenzte[r] Anteile im Unterdache“123, eines nicht weiter definierten „Streifen[s] Niederlage nördlich von den Stallungen“124 oder einer „Holzlege längs des Gemeindeweges“125 gehört zu diesem Typus. Die meisten Fälle fehlender Raumabgrenzung finden sich übrigens bei den materiell geteilten Bauernhöfen Tirols, städtisches StWE ist davon kaum betroffen. Eine Ausnahme stellt etwa ein Haus in der Salzburger Getreidegasse dar, wo 8001000595. 8602200383. 115 8411000246. 116 8410300093. Dieser Beschreibungsaufwand ist seit 1983 wegen Eigentümeridentität gegenstandslos. 117 8400600546, ähnlich z. B. 5653700272 („9 Schuh breit“). 118 8010900507. 119 8010900541. 120 8401300083. 121 Ähnlich 8001000620. 122 8502000319. 123 5653700012. 124 8010600358. 125 8010600379. 126 5653700272. 113 114

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

zu einem der Anteile „ein Spatium so verschlagen werden kann“ gehört, und zwar „9 Schuh breit“.126

f) Exkurs: Von der fehlenden Raumabgrenzung des Stockwerkseigentums zur Abgeschlossenheit des Wohnungseigentums Die Problematik fehlender Raumabgrenzung wurde schon im 19. Jahrhundert erkannt. Kuntze und Biermann wollten für die Anerkennung eines StWEs sogar verlangen, daß die Gebäudeteile „deutlich und dauernd geschieden und mit besonderem Zugange versehen sein“ müßten127. Mit dieser Kategorisierung setzten sie sich allerdings nicht durch, zu sehr stand sie, wie schon Schott argumentierte, mit den realen Gegebenheiten in Widerspruch: Die Praxis hatte dieses Erfordernis „nirgends aufgestellt“, wie „ein Blick in derartige Häuser“ lehre.128 Die Betroffenen legten vermutlich „gar keinen Werth auf ( . . . ) äußerste Abschließung“ und mauerten abgesonderte Eingänge zu, wie die 1886 gegründete Berliner Baugenossenschaft feststellte; sie veränderte daher den Grundriß der von ihr erbauten Häuser so, daß das ursprünglich am Gebäuderand situierte abgetrennte Treppenhaus des oberen Bewohners mit dem Eingang des unteren verbunden wurde.129 Erst im 20. Jahrhundert gewann die Abgeschlossenheit der Gebäudeteile an Bedeutung.130 Sie sollte nun den Gegnern einer Wiedereinführung des StWEs den Wind aus den Segeln nehmen: Bei den bereits bestehenden Stockwerkseigentumshäusern hätte es sich tatsächlich um alte, baulich ungünstig gestaltete und unzweckmäßig eingerichtete Häuser gehandelt. Die dort herrschenden Verhältnisse könne man ablehnen, nicht aber das Rechtsinstitut an sich. So wurde die Wiedereinführung des StWEs zu einer auch architektonischen Herausforderung.131 In Österreich nahm der Gesetzentwurf des Blauen Adler auf Probleme der Anteilsabgrenzung besonders Bedacht: Tauglicher Gegenstand des Sondereigentums waren nur Wohnungen und Geschäftsräume; deren „Zugehör (wie Boden, Keller, Garten)“ konnte vom Sondereigentum nur dann erfaßt werden, wenn es „durch äussere Kennzeichen (Mauern, Pflöcke u. dgl.) von den anderen Teilen der Liegenschaft

127 Biermann, S. 194; Kuntze, S. 79. – Weniger weit war die Anregung der Universität Triest gegangen, die 1875 die Art der Grundbuchsführung vom Bestehen geteilter Räume abhängig machen wollte; abgesonderte Eigentums- und Lastenblätter schienen ihr nur bei vollständig abgegrenzten Räumen angemessen: JM 8600 / 1875: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 59. 128 Schott, S. 36 f. 129 Nathan, S. 71. 130 Sie findet sich etwa 1934 in einer polnischen Verordnung, die primär für Neubauten konzipiert war: Raudszus, StWE, S. 1301. 131 Bärmann, S. 68.

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deutlich geschieden“ war.132 Ähnliches sah im Deutschen Reich der Entwurf Hugenberg vor und verlangte eine „in sich abgeschlossene Wohnung“, wobei die dafür zu stellenden Anforderungen unter Berücksichtigung der „Landessitte“ sowie des Zweckes „der Gesamtunternehmung“ zu bestimmen waren.133 Nach 1945 verlangte der dem deutschen Bundestag vorgelegte Entwurf eines Wohnungseigentumsgesetzes „Gebäude mit selbständigen, abgeschlossenen Wohnungen“, wobei die Erfahrung von Streitigkeiten „vornehmlich in den veralteten und hierfür ungeeigneten Häusern Süddeutschlands“ prägend gewesen war.134 Diese Abgeschlossenheit der Wohnungen wurde eines der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale zwischen dem modernen deutschen Wohnungseigentum und dem StWE.135 In Österreich resultierte aus negativen Erfahrungen mit dem StWE die schon im WEG 1948 enthaltene Beschränkung des Wohnungseigentums auf „Wohnungen und Geschäftsräume“, begrifflich also abgeschlossene Einheiten; das WEG 1975 forderte dann sogar ausdrücklich „selbständige“ Wohnungen. Liegenschaftsteile, die das Wohnungseigentum als Zubehör ergänzten, mußten jeweils „deutlich abgegrenzt“ sein.136 Auch die bis zum WEG 2002 weitgehend (außerhalb von Parkhäusern) bestehende Unmöglichkeit der Begründung von WE an Kraftfahrzeugabstellflächen ist wohl auf die Angst vor stockwerkseigentumsähnlichen Zuständen zurückzuführen.137 Umso bemerkenswerter ist es, daß bei frühen Wohnungseigentumsbegründungen im Umfeld des StWEs eine großzügige Einstellung gegenüber dem Merkmal der Abgeschlossenheit festgestellt werden kann: So wurde etwa 1959 in einem Salzburger Fall Wohnungseigentum u. a. auch an einer „im Hof gelegenen Abstellnische per 2,2 m2“ begründet.138

D. Größe der materiellen Anteile 1. Theorie Ähnlich der Zahl und Abgrenzung der materiellen Anteile wurde auch die Frage ihrer Größe kaum thematisiert. Einzige Ausnahme sind die seit dem 19. Jahrhundert gelegentlich nachweisbaren Überlegungen, dem Überhandnehmen des StWEs und dabei besonders der Zersplitterung materieller Gebäudeteile durch die Festsetzung einer Mindestgröße zu begegnen. Schon 1876 schlug die Vorarlberger 132 §§ 1 und 2 des Entwurfs in BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3 (vgl. Anhang 6). 133 Hugenberg, S. 50 (§§ 9 und 10; vgl. Anhang 5). 134 Diester, S. 53. 135 Dölker, S. 127 f. 136 Jeweils § 1 / 1 und § 1 / 2: WEG 1948, BGBl. 1948 / 149; WEG 1975, BGBl. 1975 /417. 137 Vgl. Palten, Rz 7 ff. zu § 1 WEG. 138 TZ 631 / 1959 zu 5653700016.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

Advokatenkammer im Rahmen der StWEs-Enquete vor, Teilungsbewilligungen nur dann zu erteilen, wenn der abgetrennte Gebäudeteil dem Wohnbedarf einer Familie von durchschnittlich 5 Personen entsprach. Auch das BG Dornbirn, dem dann das KG Feldkirch folgte, stellte derartige Überlegungen an, die ein wenig von den Kriterien für Erbhöfe inspiriert erscheinen.139 Ein halbes Jahrhundert später stößt man auf eine ähnliche Idee, nun auch motiviert durch Skepsis, ob kleinere Stockwerkseigentumswohnungen Käuferakzeptanz finden würden.140 Meyer empfahl in diesem Sinne eine Mindestgröße von vier Zimmern und erntete dafür sowohl Zustimmung als auch Kritik.141 Weniger vom Immobilienmarkt beeinflußt waren Überlegungen des österreichischen Justizministeriums; hier dachte man 1935 an eine Mindestgröße „in Quadratmetern“, um den Gefahren zu weitgehender Eigentumszersplitterung vorzubeugen. Zu diesen zählten einerseits „unvorstellbare“ Belastungen für die Grundbuchsführung, andererseits auch soziale Probleme: Man nahm nämlich an, daß höhere Eigentümerzahlen vermehrt Streitigkeiten nach sich zögen, während dadurch gleichzeitig die „sozial wertvolle Bindung, die den Eigentümer mit der ihm zugehörigen Sache verbindet“, verringert würde.142 Ungeachtet all dieser Bedenken wurde eine Mindestgröße niemals festgesetzt, auch übten diese Gedanken keinen Einfluß auf das Wohnungseigentum aus.

2. Rechtstatsachen Die genaue Größe der materiellen Anteile ist ohne Heranziehung von Bauakten bloß durch eine Rechtstatsachenuntersuchung des Grundbuches nicht zu ermitteln.143 Ihre Bandbreite ist jedoch beträchtlich. Unter den materiellen Anteilen des Untersuchungsgebietes finden sich Ställe von wenigen Quadratmetern144 ebenso wie mehrstöckige Stadthäuser, die bloß wegen eines aus dem Nachbargebäude herüberragenden Raumes als materiell geteilt erscheinen.145 So konnten bei einem Objekt in der Salzburger Altstadt innerhalb eines materiellen Anteiles 23 Eigentumswohnungen gebildet werden.146 JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. Ebel, Frage, S. 86. 141 Zustimmend Ruth, Wohnungsrecht, S. 247; ablehnend Möller, S. 90 f. 142 BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3. 143 In der Literatur sind kaum Angaben dazu überliefert; vgl. jedoch die Grundrißpläne bei Peter, S. 83 ff., die Wohnungen von 15 bis 30 m2 zeigen. Die damit illustrierten „Lebensverhältnisse“ sollten jedoch nicht, wie dies implizit geschieht, mit heutigen Wohnstandards verglichen werden; zu bedenken ist vielmehr, wie viele Menschen nicht einmal ein eigenes Bett besaßen. 144 Z. B. 8010100322, 8010100417 (jeweils 11 m2). 145 Z. B. 5653700395. 146 5653700253, materieller Anteil A. 139 140

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Rückschlüsse auf die Größe der materiellen Anteile können weiters aus anderen Merkmalen gezogen werden: Einerseits eignet sich dafür die Fläche der von der materiellen Teilung betroffenen Grundstücke, die bis zu 6m2 klein sein kann147 (siehe dazu oben § 2 A. 2.), andererseits die Zahl der zur Anteilsbeschreibung erforderlichen Raumeinheiten [siehe oben § 2 C. 2. d)].

E. Widmung und Nutzung der materiellen Anteile 1. Theorie Mit der Widmung und Nutzung materieller Gebäudeteile hat sich die Theorie ebenfalls kaum beschäftigt. Die unausgesprochen, doch wohl überwiegend angenommene Wohnnutzung war dafür vermutlich zu uninteressant. Erwähnt wurden bloß Ausnahmeerscheinungen wie das Theater von Ala, in dem die Logen materiell geteilt waren148, die Danziger „Hauptwache“, ein horizontal geteiltes Gebäude, dessen Erdgeschoß als Wachlokal dem „Militärfiskus“ gehörte149, sowie schließlich das Münster von Freiburg im Breisgau150: Hier wurden 1901 durch einen Vergleichsvertrag zwischen der Stadtgemeinde Freiburg und der „Münsterfabrik Unserer Lieben Frauen Bau“ die bestehenden Rechtsverhältnisse am Münster und an der Münsterbauhütte festgestellt.151 Demnach gehörte der Münsterfabrikstiftung das Münster samt Turm sowie von der Münsterbauhütte nur der Werkplatz sowie der untere Stock, während am oberen Stock sowie am Dach das Eigentum für die Stadt eingetragen wurde. Erst im Zuge der Diskussionen über die Wiedereinführung eines StWEs gewann die zuvor nur vereinzelt erwähnte Widmung für geschäftliche Zwecke152 an Bedeutung. Betont wurde dabei die Eignung des Rechtsinstituts für „gewerbliche Zwecke jeder Art“, bot es doch Standortsicherheit, also Schutz vor erzwungener Übersiedlung und den damit einhergehenden Folgen.153 Für den Kaufmann 8400600699; vgl. auch 8000900364 (inzwischen Quoteneigentum). GlU 5696. 149 Ackermann, S. 19. 150 Stutz, S. 31 ff.; Hübner, S. 190; Novak, S. 92; Carlen, S. 245. Der erste Satz von Punkt 6 der Vereinbarung lautete: „An der Münsterbauhütte soll das Eigenthum von Werkplatz und unterem Stock für die Münsterfabrik, am zweiten Stock und Dach für die Stadt eingetragen werden.“ 151 Die Grundlage der entsprechenden Grundbuchseintragung bildete der im Jänner bzw. Februar 1901, also nach Inkrafttreten des BGB, geschlossene Vergleich. Man ging also davon aus, daß es sich nur um eine Feststellung älterer Eigentumsverhältnisse handelte, nicht um eine Neubegründung von StWE. 152 Bekannt war die Nutzung als Fleischbank (sogenannte „Schirne“): Seufferts Archiv IX / 264; Schott, S. 16. Ackermann, S. 19 f., berichtete aus Danzig von Handelsgewölben. 153 Meyer, StWE 1930, S. 15; Sontag, S. 593. 147 148

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bedeute „die Ortslage seines Geschäftes einen Teil des Wertes seines Unternehmens“154: „Die Lage des Geschäfts, der damit verbundene, oft mit langjähriger Mühe erworbene Kundenkreis, sind in vielen Fällen für die Wirtschaftlichkeit des Betriebes entscheidend und für den Inhaber eine Lebensfrage.“155 1931 erwartete man daher von Seiten der Gewerbetreibenden, aber auch von Ärzten und Rechtsanwälten „in größerem Umfange“ Interesse am StWE, da diese durch Kündigung „ihre oft in jahrelanger Arbeit geschaffene Existenz verlieren“ würden.156 Andererseits hatte die Geschäftsraummiete größte Bedeutung für die Rentabilität eines Gesamtobjekts; für Hauseigentümer war ein Verkauf gerade dieses Hausteils daher eher unwirtschaftlich. Das StWE schien somit vor allem für Neubauten reiner Geschäftshäuser geeignet.157 Ähnliches wurde nach dem Zweiten Weltkrieg propagiert; 1947 / 48 dachte man daran, ein geringfügig modifiziertes StWE nicht nur auf Wohn- und Geschäftshäuser, sondern auch auf „Erholungsheime in Verbindung mit Restaurant, Kino usw.“ anzuwenden.158 „Gewerbetreibenden, Ärzten, Rechtsanwälten“ und ähnlichen Berufsgruppen sollte das StWE „eine größere und vor allem auch gegen Mietsteigerung schützende Sicherheit zum Verbleib am gewohnten Platz ( . . . ) gewähren“. Es war eine kurzsichtige und Veränderungen der Marktlage außer Acht lassende Gegenargumentation, auf den ohnehin durch „Mietstopp und Mietpreisüberwachung“ gewährten Schutz zu verweisen und anzunehmen, daß nach Wiederherstellung normaler Verhältnisse „in der Regel für den Vermieter kein Anlaß zum Wechsel“ des Mieters bestünde.159 Auch in der Schweiz war die Möglichkeit beruflicher oder geschäftlicher Nutzung ein wesentliches Argument für die Wiedereinführung von StWE.160 Nationalrat Dr. Meili wies darauf hin, daß es vor dem Hintergrund steigender Bodenund Baupreise für „Vertreter der freien Berufe und des Gewerbes ( . . . ) von ausschlaggebender Bedeutung [sei], wenn sie ihre Bürotätigkeit, ihre Praxis, ihre Werkstatt, ihren Laden auf eigenem Grund und Boden betreiben können“. Ohne StWE wären sie nämlich „als Mieter oft genug gezwungen, nur um einer katastrophalen Geschäftsverlegung vorzubeugen und um da bleiben zu können, wo sie in jahrelanger Arbeit ihren ,good-will‘ aufgebaut haben, das Haus zu kaufen“. Möller, S. 89. Raudszus, Wohnrecht, S. 1095; ähnlich Ebel, Frage, S. 86 f.: Es sei für einen Geschäftsinhaber „von entscheidendem Wert ( . . . ), an der Stelle, an der er sich eine Kundschaft geschaffen habe, auch dauernd bleiben zu können“. 156 Ebel, Frage, S. 86 f. 157 Ebel, StWE, S. 165. 158 Henning, S. 301. 159 So aber Dittus, S. 10 f.: „Die Gefahr, durch Kündigung zum Umzug genötigt zu werden, ist zur Zeit und noch auf lange denkbar gering, da durch Mieterschutz und Wohnungszwangsbewirtschaftung hinreichend Vorkehr getroffen ist.“ 160 Dem Wunsch nach Sicherung von Geschäftsräumlichkeiten hatte man auch mit der Mieter-Aktiengesellschaft entsprechen wollen: Helg, S. 345 f. 154 155

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Dies sei volkswirtschaftlich nachteilig, würden doch dadurch den Betrieben die notwendigen Mittel entzogen und immobilisiert.161 – Angesichts solcher Überlegungen verwundert es nicht, daß Geschäftsräume im WEG 1948 ausdrücklich genannt wurden. Schließlich wurden von der Theorie gelegentlich Bedingungen für Widmungsänderungen überlegt. Sie waren dem Stockwerkseigentümer ursprünglich in sehr weitem Rahmen gestattet: Bei Österreichs OGH war daher keine Abhilfe zu finden, als in einer der Wohnungen eines materiell geteilten Hauses in Dalmatien plötzlich Webstühle aufgestellt und betrieben wurden, wodurch das Leben in der darunterliegenden Wohnung zur Qual wurde.162 Im 20. Jahrhundert schien dies nicht mehr befriedigend: Meyers Gesetzentwurf von 1930 enthielt ein Verbot der Widmungsänderung als Ausdruck eines allgemeinen Rücksichtnahmegebotes. Der einzelne Stockwerkseigentümer sollte insbesondere nicht dazu berechtigt sein, „Wohnräume in gewerbliche Räume ohne Zustimmung der anderen Beteiligten umzuwandeln“.163 Dieser Vorschlag entsprach einem international feststellbaren Trend: In Bulgarien war gemäß Gesetz vom 7. 11. 1935 die Zustimmung der anderen Eigentümer erforderlich, wenn in einem Anteil ein Gewerbe betrieben werden sollte.164 2. Rechtstatsachen Ein großer Teil der materiell geteilten Gebäude dient zumindest teilweise Wohnzwecken. Zu dieser Gruppe zählen städtische Wohnhäuser, etwa in Salzburg, Hallein oder Innsbruck, ebenso wie die Stuben und Kammern von Bauernhöfen und sogar sogenannte „Türme“, einst Sitze niederen Adels.165 Teils handelt es sich um exquisit ausgestattete Wohnungen166, teils läßt der Umstand, daß bei Lokalaugenscheinen keine deutschsprachigen Bewohner anzutreffen waren, die durchschnittlich niedrige Wohnqualität von Gastarbeiterquartieren vermuten.167 Manche ehemals Wohnungen enthaltenden Häuser sind auch derart verfallen, daß sie überhaupt nicht mehr vermietet werden können.168 Daneben gibt es Gebäude mit wohnungsergänzender Widmung, etwa eine „Waschhütte“169, sowie ebensolche Gebäudeteile in überwiegend Wohnzwecken 161 162 163 164 165

Schweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4001 (D) 1973 / 125 Bd. 6 Az. 3. 07. 03. GlU 6776. Meyer, StWE 1930, S. 26 f. (§ 11 / 2). Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 11. Winz, S. 68; vgl. 8411100109; 5622500013 (spätgotisches Schloß Puchstein bei Hal-

lein). 166 167 168 169

Gesprächsprotokoll BG 565 / 1. Bestätigt durch Gesprächsprotokoll BG 562. Besonders extrem 5641000125, 5641000126, 5641000127. 8710700122.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

gewidmeten Häusern, so z. B. einzelne Nischen, die Aufbewahrungszwecken dienen können170, ein „Krautbehältnis“ 171 oder sogar – ohne Gebäudeteileigenschaft – ein „Frühgartl“172. In Tirol und Vorarlberg überwiegt hingegen die landwirtschaftliche Nutzung. Unter diesen Objekten finden sich beispielsweise ein „Futterhaus“173, ein „Kornkasten“174, ein „Feldkasten“175, ein „Stadel“176, eine „Mühle“177, eine „Hütte“178, eine „Wagenschupfe“179 oder ein Gebäude, das ausschließlich aus Heuböden besteht180. Andere materielle Anteile dienen als „Schweinstall“181 (sic), „Hennenstall“182 oder ohne nähere Beschreibung bloß als „Stallele“183. Eine Tiroler „Alphütte samt Stall“184 ist ebenso materiell geteilt wie im Montafon zahlreiche „Maisässen“ mit Wohnraum, Stall und Stadel.185 Über solche Gebäude wird auch aus dem Schweizer Kanton Wallis berichtet: Hier bestand StWE u. a. an „Ställen, Scheunen, Speichern ( . . . ) an Stadlen (Mazots), in denen man das Getreide drischt und stapelt“, sowie „an den aus Keller, Stall und kleiner Wohnung im ersten Geschoss bestehenden Gebäuden auf den Voralpen, den Maiensässen (mayens)“.186 Einen eigenen Objekttyp bilden Wirtschaftsgebäude, die bloß aus Ställen und Schupfen bestehen, mit in der Regel mindestens vier187, aber auch 6188, 7189, 8190, 9191 oder sogar 10192 materiellen Anteilen.193 Sie haben ihre Entstehung Zwängen Pagitz-Roscher, S. 177. 5653700362. 172 8010100388. 173 8520600065. 174 8520600197, 8500400053, 8510300260. 175 8400600457. 176 8400600602. 177 8011000354; „Mahlmühle“ in 8010200965. 178 8401700192, 8410600134. 179 8010700189. 180 8601800182. 181 8010500423. 182 8010800274. 183 8010100322. 184 8510600301. 185 Diese wurden in Gesprächsprotokoll BG 901 als wesentlicher Anwendungsfall materieller Teilung genannt. 186 Carlen, S. 246. Geteilte Maiensäßhütten gibt es auch in Vorarlberg! 187 Z. B. 8400100301, 8410600117. 188 8400500151, 8400600296, 8400600297, 8400600380, 8400600398, 8400600407, 8400600411; 8410600095, 8411000253, 8411000283; 8411000624. 189 8400500148, 8400600344, 8400600402; 8410600097. 190 8400600316, 8400600374, 8400600377, 8400600431. 191 8400500158. 192 8400600445. 170 171

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der Bewirtschaftung zu verdanken, wie Beyer am Beispiel des Pitztaler Ortes Plangeroß illustriert hat.194 In vielen Fällen besteht allerdings, wie Lokalaugenscheine ergeben haben, die aus dem Grundbuch noch ablesbare landwirtschaftliche Nutzung heute nicht mehr. So wurden die teils großen Wirtschaftsgebäude für Wohnzwecke umgebaut und enthalten auch Mietwohnungen195, ein angeblicher „Schüttkasten“ wird für einen Gastgewerbebetrieb genützt196. Wie das letztgenannte Beispiel gezeigt hat, eignen sich materielle Gebäudeteile natürlich auch für gewerbliche Nutzung. Sie ist teilweise schon aus dem Grundbuch ersichtlich, das z. B. Hinweise auf eine Gastwirtschaft197, ein bloßes „Gastzimmer“198, eine „Gemischtwarenhandlung“ sowie eine „Metzgerei“ samt „Kühlraum“199 oder sogar auf eine umfassende Nutzung als „Geschäftshaus“200 enthält. Zum anderen Teil zeigte sich die gewerbliche Nutzung erst bei Lokalaugenscheinen: So stehen in StWE ein Gästehaus und ein Restaurant201, ein „Schnitzelhaus“202, Ferienwohnungen203 oder ein Bootsverleih204. Ein ehemaliger „Eiskeller“ ist heute in ein Geschäftsgewölbe umgebaut.205 Unübersehbar ist die Zahl der Büros, insbesondere bei den innerstädtischen Objekten. Die Vorteile, die ein materieller Gebäudeteil einem Geschäftsmann bieten konnte, wurden nicht nur, wie oben gezeigt, publizistisch propagiert, um das StWE populär zu machen, sie waren zumindest teilweise den Unternehmern durchaus bewußt: Eine Bludenzer Auskunftsperson stellte dazu fest: „Wir wollten ein Haus(!) mitten im Zentrum, da ( . . . ) wir ein Geschäft hatten, da muß man präsent sein.“206 Einige der untersuchten Gebäude oder materiellen Anteile sind oder waren Zwecken des öffentlichen Interesses gewidmet. Der in der Literatur erwähnten Danziger Hauptwache207 entsprach etwa in der Salzburger Steingasse die „von 193 Immer wieder sind davon jedoch mehrere in einer Hand, z. B. bei 8400600402 gleich 4 von 7 Anteilen (seit 1978 / 1985). 194 Beyer, S. 47 ff. (mit Abbildungen). 195 Dies ergaben z. B. Lokalaugenscheine in Vorarlberg. 196 3000100356 und 3000100357. 197 Vgl. TZ 909 / 1906 zu 5653700093. 198 8001000604. 199 8010500499. 200 8400701052. 201 4202100060. 202 3000500004. 203 3000100136. 204 4200700119. 205 4202100062. 206 Gesprächsprotokoll zu 9000200440. 207 Ackermann, S. 19.

20 Kohl

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einer löbl. Landtschafft erkhaufft[e] ( . . . )Wachtstuben“ beim Steintor.208 Ein Einzelfall ist auch die Widmung als „kk Postamtskanzlei“.209 Häufiger sind Teilungen, bei denen die materiellen Anteile Zwecken der Gemeinde, Schule oder Kirche gewidmet sind. Bei diesen, im Untersuchungsgebiet nur in Tirol und Vorarlberg nachweisbaren Objekten210 kommen verschiedene Kombinationen vor, etwa für Gemeinde und Schule211, Schulhaus und Mesner212 oder Gemeinde einer- und Pfarrpfründe andererseits213. In einem solchen Fall findet sich übrigens die einzige zwischen materiellen Anteilen nachweisbare Widmungsbeschränkung214: Die „Römisch-katholische Pfarrpfründe zum heiligen Georg“ in Neustift im Stubaital hat demnach einen Anspruch darauf, daß die Gemeinde als Eigentümerin des zweiten materiellen Anteils diesen „nur für Kanzleizwecke der Gemeinde gewidmet“ belassen muß.215 An der Grenze zwischen gemeindlichen und kirchlichen Interessen stehen schließlich materielle Gebäudeteile, die als Leichenkammer 216 oder Leichenkapelle 217 Verwendung finden. Zuletzt sind materielle Bestandteile zu erwähnen, die nicht als Gebäudeteile qualifiziert werden können und denen deshalb eine Zweckwidmung in der Regel fehlt. Vereinzelt findet sich in den grundbücherlichen Beschreibungen nämlich ein „freie[r] Raum“218 wie etwa der „leere Raum gegen den Berg“219 oder bloß ein „Luftraum“220. Deren Bedeutung liegt vor allem darin, Anbauten oder Aufstokkungen der Alleinherrschaftssphäre des jeweiligen Stockwerkseigentümers zuzuweisen.

Bezieht sich auf Steingasse 21: Zillner, S. 409. 8510600239. 210 Ein ähnlicher Fall, bei dem zwei Schwestergemeinden an der preußisch-braunschweigischen Grenze um den oberen Stock des „Gemeindekrugs“ stritten, den sie jeweils „zum Zweck von Gemeindeversammlungen und öffentlichen Festlichkeiten“ benutzen wollten, beschäftigte die Justiz 1881: Seufferts Archiv XXXVII (= NF VII) / 97. 211 8503800071. 212 8301800011. 213 8112300250. 214 Zu Beschränkungen der Widmung und Nutzung siehe unten § 6 G. 215 8112300250. 216 8000201576. 217 8112400085. 218 Z. B. 8000900348, 8000900352. 219 8000900320. 220 8000201253. 208 209

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F. Gemeinsame Gebäudeteile 1. Allgemeines Mit der Beschreibung der einzelnen Anteile ist das materiell geteilte Gebäude jedoch nicht restlos erfaßt: Es verbleiben daneben gemeinschaftliche Gebäudeteile.221 Während van der Merwe glaubte, daß „in most cases no common property existed“222, geht die österreichische Lehre davon aus, daß „mit dem selbständigen materiellen Anteil ( . . . ) meist(!) Miteigentum an gemeinsamen Teilen, insb an Grund und Boden als untrennbares u unauflösliches Zubehör verbunden sei“.223 Diese Auffassung wird unter anderem mit Entscheidungen des OGH untermauert; dieser allerdings nahm sogar an, es gäbe „stets(!) Teile ( . . . ), die den Bedürfnissen aller Hauseigentümer dienen, wie Hauptmauern, Stiegenhaus, Dach etc“.224 Manchen erschienen diese gemeinschaftlichen Teile des Gebäudes geradezu als Beleg für die Einheitlichkeit des Gebäudes und damit gegen die Zulässigkeit eines StWEs225, anderen zumindest als Quelle für „Reibungen“226 oder sogar „Streitigkeiten“ wegen der „Sauberhaltung, der Instandhaltung und der Benutzungsmöglichkeit“.227 Diese Vorstellung hatte die Vorarlberger Advokatenkammer 1876 zum Vorschlag bewogen, die politischen Behörden sollten eine Teilungsbewilligung nur dann erteilen, wenn die Teilungen restlos wären, wenn also keine derartigen gemeinschaftlich zu benützenden Teile übrigblieben.228 Als ein halbes Jahrhundert später die Wiedereinführung des StWEs diskutiert wurde, propagierte man in diesem Sinne eine Zurückdrängung von gemeinsamen Einrichtungen etwa durch Schaffung eigener Eingänge oder den Ersatz von Dachböden durch Dachgeschoßausbauten und Flachdächer. Zur Vermeidung von Streitigkeiten hoffte man aber vor allem auf eine geänderte Wirtschaftsweise. So sollte an die Stelle gemeinsamer Waschküchen und Trockenräume eine „gemeinsame Waschanstalt“ treten, Keller schienen durch die Schaffung von Abstellräumen 221 Solche waren schon im mittelalterlichen Wien bei den behördlichen Teilungen stets übriggeblieben: Novak, S. 103, nennt Haustor, Einfahrt, Gänge, Stiegen, Dach, Brunnen oder Abort. Vgl. Carlen, S. 245. 222 Van der Merwe, S. 4. 223 So Spielbüchler in: Rummel Rz 8 zu § 297 unter Hinweis auf OGH 30. 6. 1982, 3 Ob 559 / 82 (Unterinstanzen OLG Innsbruck 1 R 336 / 81, LG Innsbruck 14 Cg 465 / 81): SZ 55 / 99 = EvBl 1982 / 176 = MietSlg. XXXIV / 23 = MietSlg. 34.085. 224 OGH 10. 1. 1984, 4 Ob 515, 516 / 83: MietSlg. 36.074 (unter Hinweis auf OGH 1. 3. 1951, 1 Ob 130 / 51: SZ 24 / 48; OGH 30. 6. 1982, 3 Ob 559 / 82: SZ 55 / 99 = EvBl 1982 / 176 = MietSlg. XXXIV / 23 = MietSlg. 34.085); vgl. m. w. N. Gamerith in: Rummel, Rz 3 zu § 825 ABGB. 225 Mandry, S. 198. 226 Hensler, S. 60. 227 Bernhardt, S. 3. 228 JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f.

20*

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innerhalb der Wohnungen und eine Umstellung von Lebensmitteleinlagerung auf regelmäßige Lieferungen entbehrlich.229 Nach dem Zweiten Weltkrieg war es auf dem Weg zum Wohnungseigentum dann die „weitestgehende Einschränkung der gemeinsam zu benutzenden Gebäudeteile und Einrichtungen, klare und einfache Trennung der Wohnungen voneinander und dadurch Verringerung der Reibungsflächen zwischen den einzelnen Wohnungseigentümern“, wodurch die Architekten den von den Juristen gegen das Rechtsinstitut gehegten Bedenken entgegenwirken sollten.230 Selbst Heinrich Klang, der dem StWE grundsätzlich positiv gegenüberstand, wies 1947 auf „gewisse Gefahren“ hin, die ihre „Ursache vor allem in der Schwierigkeit [hätten], die Erhaltung der gemeinsamen Teile des Hauses sachgemäß zu regeln“231, weshalb ihm zumindest deren Einschränkung erstrebenswert schien. Die Frage jedoch, welche Gebäudeteile nun konkret gemeinsam seien oder gemeinsam sein sollten, blieb meist offen. Man begnügte sich damit, das allgemeine Merkmal eines gemeinschaftlichen Gebrauchs232 durch demonstrative Aufzählungen zu konkretisieren. Die wichtigsten Beispiele waren das Grundstück233, das Dach234, Keller235 und Boden236, die Hauptmauern237, Stiegen und Gänge238, Wasser- und Gasleitungen239, Kamine und Zentralheizung 240; vereinzelt genannt wurden auch exotische Gebäudeteile wie Wetterhahn und Glockenturm241. Einige der besonders häufig genannten Objekte seien in weiterer Folge näher beleuchtet, wobei hier vorerst nur der Gegenstand des Miteigentums interessiert, während das rechtliche Verhältnis zwischen den Miteigentümern unten (§ 6) behandelt wird.

Meyer, StWE 1930, S. 13 f. Siehe dazu oben 2. Teil, § 2 B. 5. Hampe, S. 646. 231 Klang, Wohnungsrecht, S. 227. 232 Krauß, S. 329; Schröder, S. 31 f.; Krückmann, StWE, S. 714; Speck, S. 134; Putzer, S. 589 (mit Hinweis auf Bartsch7, S. 142); SZ 55 / 99 = EvBl 1982 / 176; Spielbüchler in: Rummel Rz 8 zu § 297 ABGB. 233 Z. B. Finger, Wesen, S. 417; Mandry, S. 198; Möller, S. 44; Sontag, S. 593; Freyer, S. 83; Fuchshuber, S. 86; Putzer, S. 589; Carlen, S. 245; Speck, S. 134; Krauß, S. 329. 234 Z. B. Finger, Wesen, S. 417; Mandry, S. 198; Möller, S. 44; SZ 55 / 99 = EvBl 1982 / 176; Schröder, S. 31 f.; Sontag, S. 593; Freyer, S. 83; Fuchshuber, S. 86. 235 Schröder, S. 31 f.; Sontag, S. 593; Fuchshuber, S. 86. 236 Krückmann, StWE, S. 714. 237 Finger, Wesen, S. 417; SZ 55 / 99 = EvBl 1982 / 176; Schröder, S. 31 f.; Möller, S. 44; Sontag, S. 593; Freyer, S. 83; Fuchshuber, S. 86. 238 Mandry, S. 198; SZ 55 / 99 = EvBl 1982 / 176; Schröder, S. 31 f.; Krückmann, StWE, S. 714; Fuchshuber, S. 86. 239 Schröder, S. 31 f.; Krückmann, StWE, S. 714; Fuchshuber, S. 86. 240 Schröder, S. 31 f.; Krückmann, StWE, S. 714; Fuchshuber, S. 86. 241 Ackermann, S. 10. 229 230

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2. Grundfläche a) Theorie Die häufige Nennung der Grundfläche als Beispiel für gemeinsames Eigentum der Stockwerkseigentümer242 ist zweifellos darauf zurückzuführen, daß sich diese Auffassung einer territorial weitgespannten Verbreitung erfreuen konnte. Entsprechende Nachweise finden sich in der rheinischen Rechtsprechung243 ebenso wie in jener des württembergischen Obertribunals244 oder der österreichischen Höchstgerichte245. Nach Badischem Landrecht war gemeinschaftliches Grundeigentum zwar nicht zwingend erforderlich, aber doch „regelmäßig ( . . . ) anzunehmen“.246 Gleiches gilt für Bayern247; für die Münchner Vorstadt Au ist das Miteigentum an der Grundfläche durch diverse, von der Grundstücksgröße abhängige Abgaben belegt, die bei den Herbergen in Bruchteile zerlegt wurden.248 Deutlich seltener fand sich die Vorstellung, daß an der Grundfläche kein Miteigentum bestehen müßte.249 Von dieser Annahme ging vor allem die Superfiziarrechtstheorie aus: Mandry versuchte sie durch Rechtstatsachen zu untermauern und verwies darauf, daß Kaufverträge in der Regel „keinerlei Bestimmungen über die Grundfläche enthalten, namentlich nicht die Bestimmung, daß sie gemeinschaftliches Eigenthum der sämmtlichen Betheiligten sein solle“.250 Später dachte Dittus an die Möglichkeit, daß einem „Haupteigentümer“ das Grundstück gehören 242 Z. B. Finger, Wesen, S. 417; Mandry, S. 198; Möller, S. 44; Sontag, S. 593; Freyer, S. 83; Fuchshuber, S. 86; Putzer, S. 589; Carlen, S. 245; Speck, S. 134; Krauß, S. 329; Bartsch7, S. 142. 243 M. w. N. Turnau / Förster, S. 22 f. 244 Krauß, S. 333; Mandry, S. 195. 245 Rechberger / Bittner, Rz 105 unter Hinweis auf SZ 55 / 99 = EvBl 1982 / 176 = MietSlg. XXXIV / 23; VwGH 30. 5. 1978, 393 / 77: MietSlg. 30.633 = VwGH 30. 5. 1978, 393 / 77: ZfVB 1978 / 2025a = VwGH 30. 5. 1978, 393 / 77: ÖJZ 1979 / 108 A (VwGH A). 246 Zoeppritz, S. 21. 247 Ein Fehlen von Miteigentum am Grundstück war für Bayern eine besondere Ausnahme; dieser seltenen Bedingung hatte der von Freudling, S. 388 ff., dargestellte Fall seinen Weiterbestand nach 1900 zu verdanken: Hätte Miteigentum bestanden, so wäre das StWE nämlich gemäß Artikel 42 des bayrischen ÜGBGB in unechtes StWE übergeleitet worden. – Auch der Entwurf eines BGB für Bayern war 1861 von einem Miteigentum an der jeweiligen Grundfläche ausgegangen: Krauß, S. 340; Möller, S. 26; Dölker, S. 108. 248 Dölker, S. 60. Auch zeigt es sich im Grundbuch in den sogenannten Sternplannummern, also der mehrfachen Verbücherung ein- und desselben Grundstückes bei allen betroffenen Herbergen: Dölker, S. 36 f. 249 Wohl in diesem Sinne muß man den Vorschlag des OLG Krakau verstehen, das 1876 nur „den Besitzer der Bauparzelle als Eigentümer“ ins Grundbuch eintragen wollte: JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. 250 Mandry, S. 210 f. Ihm schien insbesondere bei Abverkauf einzelner Geschoße durch den bisherigen Alleineigentümer das Entstehen von Miteigentum an der Grundfläche „von vorneherein unmöglich“. Dagegen nahm später Ripfel, S. 282, für solche Fälle eine stillschweigende Begründung von Miteigentum an.

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könnte, dem ein Stockwerkseigentümer gegenüberstünde251; 1967 hielt Hammer ein „SWE ohne Eigentumsbeteiligung an der Grundfläche“ für zulässig.252 Noch vor wenigen Jahren nahm van der Merwe als Regelfall an, daß der unterste Stockwerkseigentümer auch Eigentümer der Grundfläche sei.253 Es scheint bemerkenswert, daß im Rahmen der Bestrebungen zur Wiedereinführung von StWE diese Minderheitsmeinung überproportional stark vertreten war254, wohl um die Anpassungsfähigkeit des Rechtsinstituts unter Beweis zu stellen. So ging Meyer zwar davon aus, daß zum StWE „das Eigentum an dem bebauten Grund und Boden oder an einem Bruchteile von ihm“ (§ 3) dazugehöre, doch hielt er dies nicht für zwingend: Das Verhältnis von Gebäude- und Grundstückseigentum könnte sich vielmehr „mannigfaltig und nicht immer einfach gestalten“, wobei auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen war. Beim Verkauf eines Obergeschosses durch den bisherigen Alleineigentümer nahm Meyer etwa an, das Grundstück würde weiterhin im Alleineigentum des bisherigen Eigentümers stehen, wenn nicht anderslautende Vereinbarungen abgeschlossen worden waren.255 Nicht wünschenswert schien ihm ein herkömmliches Miteigentum; insbesondere sollte verhindert werden, daß ein Käufer mit dem Miteigentum an der Grundfläche Miteigentum auch am Gebäude erwirbt. Dies entspreche „nicht dem wirklichen Willen der Vertragschließenden“. Auch hätte ein „Miteigentum im Sinne des geltenden Rechtes“ die Gefahr einer Teilungsklage mit sich gebracht. Daher sollte ein Eigentum am Baugrund nur „als Bestandteil des Stockwerkseigentums angesehen werden“ und kein „eigenes Rechtsleben“ führen, sondern von den Verfügungen über das StWE mitumfaßt werden. Die einzige Grenze, die Meyer bei der Frage des Grundeigentums zog, lag darin, daß ein vollkommen Hausfremder (abgesehen vom Fall des Baurechts) nicht Grundeigentümer sein sollte.256 Insgesamt schien das, was Meyer selbst als „freie Gestaltung des Begriffes“ auffaßte, doch ziemlich unpraktisch und unlogisch. Die von Hugenberg für die „neue Stadt“ vorgeschlagenen Hochhäuser enthielten naturgemäß „sehr große Bauteile und Flächen ( . . . ), die für die allgemeine Benutzung wesentlich sind“, sodaß für das Grundbuch sogar ein eigenes „Anlagenverzeichnis“ der gemeinschaftlichen Teile vorgesehen war. Obwohl „Grundstücksteile“, die „für die Benutzung des Gesamtgrundstücks durch die Bewohner wesentlich“ waren, eigens als gemeinschaftlich erwähnt wurden, sollte die Grundfläche nicht im Miteigentum aller Stockwerkseigentümer stehen!257 Dittus, S. 8. Hammer, S. 21 m. w. N. 253 Van der Merwe, S. 4. 254 Der Mehrheitsmeinung, die Miteigentum an der Grundfläche annahm, folgte der Gesetzentwurf von Möller, S. 91 f. 255 Vgl. Mandry, S. 210 f. 256 Meyer, StWE 1930, S. 20 f. 257 Hugenberg, S. 44. 251 252

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Den im Hugenberg-Entwurf enthaltenen Regelungen liegt eine Differenzierung zugrunde, die auch von anderen wiederholt getroffen wurde: Jene Grundfläche „auf der das Gebäude oder Teile desselben sich befinden“, war anders zu beurteilen als der Garten oder ein „Höfl“, das ein Stockwerkseigentümer zu seiner „Herberge“ besaß.258 Während die Gebäudegrundfläche als Bestandteil des StWEs aufgefaßt werden konnte, schienen Freiflächen als nicht notwendig „für die Existenz des Ganzen oder was dem Gebrauch aller Stockwerke dient“.259 In diesem Sinne nahm das OLG Jena 1935 nur die „Bodenfläche des Hausgrundstücks“ als gemeinsam an260, nicht aber die gesamte Parzelle, auf der das geteilte Gebäude stand.

b) Rechtstatsachen Im Jahr 1933 vertrat Heinrich Bartsch die Ansicht, die „wirtschaftliche Notwendigkeit der gemeinsamen Benützung des Grundes durch die Stockwerkseigentümer“ bringe es mit sich, „daß das Eigentum an dem Grundstück nur als Miteigentum aller Stockwerkseigentümer zum Ausdruck kommen kann, und daß ein Sondereigentum an dem Baugrund ausgeschlossen ist. Gemäß § 10 AGBG wird dieses Miteigentumsrecht nach im Verhältnis zum Ganzen bestimmten Anteilen im Grundbuch eingetragen werden müssen“.261 Die Tatsache, daß solche Quoten nicht verbüchert wurden, blieb vorerst jedoch unbekannt: Noch über 30 Jahre später empfahl Putzer, dazu die „Grundbuchspraxis“ zu konsultieren, tat dies selbst jedoch nicht. Tatsächlich scheint die Praxis für diese Frage wenig ergiebig: In der Regel fehlen in den Grundbüchern nämlich überhaupt jegliche Eintragungen über die Rechtsverhältnisse an der Grundfläche, insbesondere ist ein Miteigentum an der Baufläche aus dem Grundbuch nicht zu erkennen.262 Dies mag daran liegen, daß der „Grundstücksanteil ( . . . ) für den Verkehrswert des ganzen Stockwerkseigentums, der sich ( . . . ) nach dem Nutzen bestimmt, den die Sache gewährt, geradezu in den Hintergrund [tritt] gegenüber dem Geschosse, das eine sofortige Verwertung für den Ersteher gewährt.“263 Doch von der Regel fehlender Aussagen über das Grundeigentum gibt es durchaus einzelne Ausnahmen, die meist ein Alleineigentum264 zum Gegenstand haben: Dölker, S. 34; Ripfel, S. 283. Ripfel, S. 278 f., kritisiert das Fehlen einer solchen Differenzierung in einer Entscheidung des OLG Karlsruhe. 260 ARSTA XII, Nr. 20. 261 Bartsch7, S. 142; Putzer, S. 604. 262 Dies wußte schon Fuchshuber, S. 86. 263 So Meyer, StWE 1930, S. 17. – Die Stockwerkseigentümer interessierten sich dafür so wenig, daß ein Sondereigentum an Grundparzellen, also das Fehlen eines im Miteigentum stehenden Grundstücks, seitens der Obrigkeit bei der Landvermessung geschaffen werden konnte: Freudling, S. 394. 264 Eine Ausnahme, bei der die moderne Auffassung eines Miteigentums an der Grundfläche zum Ausdruck kommt, bildet etwa eine 1991 vorgenommene Flächenzuschreibung aus einer anderen Einlage nach 8112300412. 258 259

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So etwa besteht eine Einlage des Grundbuchs Karres (BG Imst) aus vier Grundstücken, wobei sich auf einem von diesen das aus drei materiellen Anteilen bestehende Haus befindet. 1934, 28 Jahre nach der Grundbuchsanlegung, wurde festgestellt, daß nur mit zwei dieser drei Anteile das Eigentum an Grundstücken verbunden sei. Während zum materiellen Anteil I dadurch Flächen von insgesamt nur 30 m2 gehören, ist der Eigentümer des materiellen Anteils II Eigentümer nicht nur einer kleinen Parzelle mit 18 m2, sondern auch Eigentümer jenes 364 m2 großen Grundstücks, auf dem das materiell geteilte Haus errichtet worden war. Der Eigentümer des materiellen Anteils III, der etwa aus ebensovielen Raumeinheiten besteht, hat demnach überhaupt kein Grundeigentum.265 Ein ähnlicher Fall findet sich in Lustenau (Vorarlberg): Hier ist die Grundfläche einem der beiden Stockwerkseigentümer zugewiesen; ausdrücklich heißt es: „Das Gst 1002 / 1 gehört zum mat Anteil I.“ Für den Eigentümer des materiellen Anteils II wird daher „das Recht [festgestellt], über das Gst 1002 / 1 neben dem und um das Haus herum zu gehen“; bei Anteil I findet sich eine korrespondierende Pflicht.266 Solche Fälle sind nicht nur von vorneherein Ausnahmen, sie stehen auch unter einem starken Druck seitens der Dogmatik, die gemeinschaftliches Grundeigentum postuliert. So war bei einem Objekt in Abtenau die „Bauarea“ im alten Hauptbuch als Bestandteil nur des Erdgeschoß-Anteils verzeichnet; bei der ADV-Umstellung verschwand dieser Hinweis ohne ersichtlichen Grund, offenbar aber auch ohne Aufregung unter den Betroffenen.267 Die unverbaute Fläche einer Salzburger Stockwerkseigentumsliegenschaft gehörte nach dem alten Hauptbuch nur zu einem der drei materiellen Anteile, während die den beiden anderen auf diese Fläche eingeräumten Rechte nur auf Lebenszeit jener Eigentümer gültig sein sollten, die diese Anteile zur Zeit der Grundbuchsanlegung besaßen. In das ADV-Grundbuch wurden diese Regelungen jedoch nicht übernommen; alle Stockwerkseigentümer erscheinen nun gleichberechtigt. 268 Neben eindeutigen Fällen gibt es auch solche, in denen die Formulierungen des Grundbuchs zweifelhaft sind.269 So kann sich der Satz „Zu diesem Anteil gehören auch ( . . . ) sämtliche Grundstücke dieses Grundbuchskörpers“ auf 13 weitere, landwirtschaftlich genutzte Grundstücke einer Einlage beziehen, seinem Wortlaut nach aber auch auf das 14. Grundstück, auf dem das materiell geteilte Gebäude errichtet ist.270 Die gelegentlich anzutreffende Beschreibung materieller Anteile als „vom Grunde bis zum Dache“ reichend könnte als Indiz für Alleineigentum an der Grundfläche des jeweiligen Gebäudeteils dienen.271 Dies würde gelegentlich 265 266 267 268 269 270 271

8000500118. 9200501315. 5600200018. 5653710005. 8000900427; vgl. auch unten § 3. 9010100145. Z. B. 8000201552, 8000900373, 8010300305.

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sogar durch die sonstigen Teilungsverhältnisse gestützt.272 Kein Miteigentum an der Grundfläche wird auch in einem Fall aus dem Tiroler Sellraintal anzunehmen sein, in dem „alle Räume auf Gst .124“ den einen, „alle Räume auf Gst .126“ den anderen materiellen Anteil bilden und von diesen Sondereigentumsrechten lediglich „die Hausgänge ebenerdig und im 1. Stock sowie die in den ersten Stock und in den Dachboden führenden Treppen“ ausgenommen sind.273 Andererseits gibt es durchaus Fälle, in denen das sonst meist unsichtbar bleibende Miteigentum an der Grundfläche ausnahmsweise doch in Erscheinung tritt, meist auf dem Umweg über das C-Blatt: So belasten eine Hochspannungsleitung274, ein Fahrweg275 oder eine Dienstbarkeit „des Dachvorsprunges“276 sicherheitshalber jeden einzelnen Anteil, selbst wenn sie sich auf das einzige Grundstück der Einlage beziehen. Das gleiche ist anzunehmen, wenn ein Grundstück insgesamt ohne Bezugnahme auf einen der materiellen Anteile von einer Belastung betroffen wird, etwa von einem „Seilweg“.277 Während hier also Zweifel am Miteigentum an der Grundfläche ausgeschlossen erscheinen278, belastet ein anderer Seilweg im gleichen Grundbuch nur einen der beiden Anteile. Dies wäre nun ein Indiz für Alleineigentum an der Grundfläche. Wahrscheinlicher ist jedoch, daß die „Überfahrung im Luftweg“ hier in ihrer Bedeutung hinter die „Errichtung und Erhaltung einer Stütze des Seilweges“ zurücktrat und letzteres eben nur einen bestimmten Gebäudeteil betrifft.279 Diese Beispiele zeigen, daß die Frage des Miteigentums an der Grundfläche jeweils nach den Umständen des Einzelfalles zu beantworten sein wird. Dabei ist großes Einfühlungsvermögen erforderlich; zum Beispiel ist es nicht im Sinne einer Aussage über das Grundeigentum anzusehen, wenn die Beschreibung eines Anteils diesem etwa einen einzelnen „Hofraum“ zuweist.280 Solche Flächen finden sich relativ häufig, wobei die Sonderrechte auch nur Teilflächen erfassen können. So ist der Hofraum eines anderen Objekts den Anteilen zwar grundsätzlich gemeinsam, doch nur „soweit er nicht als Holz- oder Mistlege dient“.281 Hinsichtlich derartiger Freiflächen zeigte sich die Praxis von dogmatischen Überlegungen der Judikatur weitgehend unbeeindruckt, wonach es zwar materiell geteilte Häuser, nicht aber materiell geteilte Parzellen geben könnte: 1928 hatte der OGH festgestellt, daß 9200103747; ebenso etwa 9200401087, 9200402162 u. a. 8110900071. 274 8400100414. 275 8000800448. 276 8400600296. 277 8600400376. 278 8000800448. 279 8400600464. Diese Art der Belastung hat vermutlich zum Unterbleiben eines Vereinigungsbeschlusses geführt. 280 8130100327. 281 8010900496. 272 273

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„ein Sondereigentum an einem Teile einer einen Grundbuchskörper bildenden, einheitlichen Grundfläche nicht möglich“ sei. Die Eigentumsverhältnisse an unverbauten Teilen einer Parzelle würden sich „von selbst“ aus dem Eigentum der ganzen Parzelle ergeben: Das Eigentum „an dem Grunde, auf dem das Haus steht“, wäre also mit jenem „an der ganzen Bauparzelle“ ident.282 Diese Ansicht wurde nicht nur gegen die Realitäten des praktischen Rechtslebens oder zumindest ohne deren Berücksichtigung entwickelt, sie widersprach auch einer Erfahrung, die der OGH ein knappes Vierteljahrhundert zuvor gemacht hatte. Den Hintergrund dieses 1906 entschiedenen Rechtsstreites283 bildete ein von den Erdgeschoßeigentümers eines Salzburger Altstadthauses betriebener Gastgarten, der den übrigen Eigentümern offenbar lästig geworden war. Da er sich auf einem unverbauten Teil der Bauparzelle befand, lag es nahe, das Problem auf dem Weg über das Eigentumsrecht aus der Welt zu schaffen. Den Erhebungen des Erstgerichts zufolge hatten die Beteiligten bzw. ihre Voreigentümer in der Vergangenheit wechselnde Rechtsstandpunkte eingenommen: Die beiden Extreme, wonach das Eigentum an der Freifläche entweder ausschließlich den Eigentümern des Erdgeschoßes oder ausschließlich den Eigentümern der anderen materiellen Anteile zugekommen wäre, hatten sich jedoch nicht durchsetzen können, sodaß sich schließlich ein Kompromiß ergab, wonach Miteigentum zu bestimmten Quoten angenommen wurde. Trotz Einigkeit in der Sache weigerten sich die Erdgeschoßeigentümer jedoch, eine entsprechende einverleibungsfähige Urkunde zu unterzeichnen, weshalb sie von den anderen Stockwerkseigentümern auf Anerkennung des Miteigentums geklagt wurden; auch sollte im Hinblick auf den Gastgarten eine Benützungsregelung für die Miteigentumsfläche getroffen werden. Vergleichsversuche des Richters scheiterten „hauptsächlich daran, daß die Kläger ein Recht der Beklagten und ihrer Besitznachfolger, einen Teil der unverbauten Fläche wie bisher und wie die unmittelbaren Besitzvorgänger der Beklagten als Gastgarten für ihr Wirtsgeschäft zu benützen, nicht zugestehen“ wollten. Schließlich folgte das Erstgericht der Argumentation der Beklagten, die zwar eine „Gemeinschaft des Eigentums an der unverbauten Fläche“, jedoch keinen Anlaß für eine „bücherliche[ . . . ] Auszeigung“ dieses Miteigentums anerkannten. Die Teilung beziehe sich, so stellte der Richter fest, nur auf das Haus; das Miteigentum an der Grundfläche sei aufgrund der „nach dem Gesetze ohnedieß selbstverständlichen Gemeinschaft des Eigentums“ nicht eigens auszuweisen. Auch andere, nicht ausdrücklich erwähnte Teile, wie „Hauseingang, Vorhaus ( . . . ) Hauptmauern [und] Dach“ stünden in gemeinschaftlichem Eigentum. Die Beklagten hätten keinen Anlaß zur Klagsführung gegeben. Das LG Salzburg als Berufungsinstanz gab jedoch den Klägern Recht: Die beklagten Erdgeschoßeigentümer sollten binnen 14 Tagen eine einverleibungsfähige Urkunde unterschreiben, widrigenfalls die entsprechende Eintragung unmittelbar 282 283

JBl 1928, S. 297. TZ 909 / 1906 zu 5653700093.

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auf Grundlage des Urteils erfolgt wäre. Die Beklagten hätten durch ihre Weigerung, eine das Miteigentum anerkennende Urkunde zu unterzeichnen, ausreichenden Anlaß zur Klage gegeben. Da in der Vergangenheit „zwischen den jeweiligen Hausteilbesitzern die verschiedensten Ansichten in Hinsicht auf die Art der Eigentumsbeteiligung geherrscht“ hätten, bestünde „eine unabweisliche Notwendigkeit, Ordnung zu schaffen“. Die Ansicht des Erstgerichts schütze „nicht gegen das Aufwerfen neuerlicher Streitfragen bezüglich des Umfanges des den einzelnen Teilbesitzern zustehenden Miteigentums“. Dies zeige schon der Umstand, daß mit „den Vorbesitzern der Beklagten eine Einigung zu Stande gekommen [wäre], da dieses Übereinkommen bücherlich nicht durchgeführt wurde, habe der Streit vom Neuen beginnen können“. Zwar sei die Ansicht des Erstgerichts richtig, wonach sich die Teilung nur auf das Gebäude beziehe, sodaß an den unverbauten Grundstücksflächen Miteigentum bestehe, für die allseits anerkannten Quoten der Miteigentümer im einzelnen – teils Achtel, teils Viertel – fehle es jedoch an einer gesetzlichen Vermutung. Die bücherliche Eintragung sei „daher mangelhaft und ergänzungsbedürftig“.284 Auch der OGH anerkannte „das Recht [der Kläger] zu fordern, daß auch im Grundbuch Ordnung geschaffen werde“, und gab der von den beklagten Erdgeschoßeigentümern angestrengten Revision keine Folge. Dabei wird vor allem die Begründung geschmerzt haben: Der OGH untermauerte die Notwendigkeit zur Herstellung klarer Verhältnisse im Grundbuch nämlich mit dem sonst ungelösten Widerspruch zwischen den anerkannten Miteigentumsverhältnissen und einer kurz zuvor aufgetauchten Liegenschaftsbeschreibung des „Notlbuch[s]“ von 1787. Nach ihr gehörte „das ,Gärtl‘ innerhalb der Stadtmauer, welches mit dem [streitgegenständlichen] unverbauten Teile der Bauparzelle identisch zu sein scheint, ganz zum Anteile A“ der Beklagten.285 Sie waren demnach wohl im Recht gewesen und hatten das Miteigentum aller Beteiligten voreilig anerkannt; verloren hatten sie dennoch! Von den unverbauten Teilen der Parzellen, auf denen die materiell geteilten Gebäude stehen, sind übrigens jene Parzellen zu unterscheiden, die bloß in der gleichen Einlage verzeichnet werden. Rund ein Viertel der von materiellen Teilungen betroffenen Einlagen enthält nämlich mehr als eine Parzelle, wovon etwa die Hälfte zwei, ein Extremfall286 aber auch 14 Parzellennummern aufweist. Für die Gesamtzahl der untersuchten Einlagen ergibt sich ein Durchschnittswert von 1,4 Parzellen. Ausdrücklich zu bestimmten Anteilen zugewiesen sind im Untersuchungsgebiet Flächen im Ausmaß von über 60.000 m2; rund 20 % der EinlagenGesamtfläche stehen also zweifelsfrei in Alleineigentum. Meist handelt es sich dabei um die Flächen von Höfen, Schupfen, Hausgärten etc, also um Flächen, die in einem engen tatsächlichen Verhältnis zu den materiellen Anteilen stehen. 284 285 286

TZ 909 / 1906 zu 5653700093. TZ 909 / 1906 zu 5653700093. 9010100145.

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Die bücherliche Behandlung dieser Flächen hatte schon 1903 die Tiroler Grundbuchsanlegungs-Landeskommission entzweit. Am OLG Innsbruck, das daraufhin um eine „Richtschnur“ ersucht wurde, schien es der Mehrheit nicht sinnvoll, den Zusammenhang dieser Flächen zum materiell geteilten Hauptgebäude durch Eröffnung eigener Einlagen zu leugnen und als deren Eigentümer die jeweils aktuellen Stockwerkseigentümer einzutragen; vielmehr sollten Verweisungen vorgenommen werden. Die Minderheit lehnte einen erzwungenen grundbücherlichen Zusammenhang hingegen als Einschränkung des freien Verfügungsrechts ab: Soweit eine Verbindung sinnvoll sei, würde sie schon durch die „Macht der Umstände“ weiterbestehen und bedürfe keines bücherlichen Zwanges. Der Präsident des OLG Innsbruck, Baron Call, sprach sich gegen eine Komplizierung des Grundbuches durch „Schaffung zahlreicher kleiner Einlagen“ aus, insbesondere weil dies dazu zwinge, die „meist gemeinsame Belastung nach dem System der Symultanhypotheken durchzuführen“. Call favorisierte die bücherliche Zuschreibung zum materiell geteilten Haus, also eine „Zusammenfassung der Parzellen und des Hauses in einem Grundbuchskörper“, wenngleich dadurch „materiell geteilte mit ungeteilten Parzellen in einem Grundbuchskörper vereinigt“ würden. Diesem Vorschlag schloß sich auch das Justizministerium an. Die materiell ungeteilten Parzellen wurden demnach sowohl in das A1-Blatt des Grundbuches als auch „in die Beschreibung der Hausanteile im Blatte A2“ aufgenommen.287

3. Dach a) Theorie Wie die Grundfläche konnte auch das Dach als eine von mehreren Schichten aufgefaßt werden, an denen sowohl Miteigentum als auch reale Teilung denkbar war. Ersteres hielt man überwiegend für den Normalfall288, der in Gesetze und Gesetzentwürfe Eingang fand289, letzteres für eine Ausnahme: Zu „solcher Gestaltung [würde] kaum gegründeter Anlaß irgendwo gegeben seyn“.290 Nur van der Merwe nahm als Regelfall an, daß dem obersten Stockwerkseigentümer das Dach gehören würde.291

JM 26538 / 1903: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 291. Z. B. Finger, Wesen, S. 417; Mandry, S. 198; Möller, S. 44; SZ 55 / 99 = EvBl 1982 / 176; Schröder, S. 31 f.; Sontag, S. 593; Freyer, S. 83; Fuchshuber, S. 86. 289 Z. B. in den Entwurf eines BGB für Bayern (1861): Krauß, S. 340; Möller, S. 26; vgl. weiters Carlen, S. 246. 290 Kuntze, S. 80. 291 Van der Merwe, S. 4. 287 288

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b) Rechtstatsachen Wie das Grundeigentum ist auch das Dacheigentum dem Grundbuch nur in Ausnahmefällen zu entnehmen. Sie bestätigen jedoch die schon von Atzwanger getroffene Feststellung, daß es sowohl gemeinsame als auch „gesonderte Dächer“ gäbe.292 Ein regionales Gewohnheitsrecht existiert dabei nicht; selbst innerhalb von Katastralgemeinden finden sich unterschiedliche Eigentumsverhältnisse: So gibt es etwa im Sellraintal sowohl gemeinsame Dächer, deren Erhaltung real geteilt ist293, als auch real geteiltes Dacheigentum.294 Selbst Kombinationen von Alleinund Miteigentum sind möglich, beispielsweise sind bei einem aus zwei Häusern bestehenden Komplex in Hall nur die „Dachmulden ( . . . ) samt Ablaufrohr“ gemeinsam.295 Wie schon Kuntze richtig festgestellt hatte, kann aus dem Eigentum am Dachboden ein Eigentum am Dach nicht abgeleitet werden.296 So wurde in Hallstatt 1939 in einem Vergleich klargestellt, daß die „Bedachung“ gemeinsames Eigentum der beiden materiellen Anteile sei, obwohl der Dachboden im Alleineigentum des oberen Stockwerkseigentümers stand.297 Umgekehrt muß mit einem Alleineigentum am Dach kein solches am Dachbodenraum verbunden sein.298 Abermals zeigen die Rechtstatsachen also ein vielfältigeres Bild als die Dogmatik.

4. Mauern und Geschoßdecken a) Theorie Ein weiteres oft gebrauchtes Beispiel für gemeinsame Gebäudeteile sind Mauern und Geschoßdecken. Noch im 19. Jahrhundert war es allerdings unklar, ob Umfassungsmauern als gemeinschaftliches Eigentum der Beteiligten anzusehen seien oder ob sie im Alleineigentum jenes Stockwerkseigentümers stünden, dem die von diesen Mauern eingeschlossenen Räume gehörten.299 1864 hatte das preußische Obertribunal die Ansicht vertreten, Zwischenmauern und „Zwischenlagen“ zwischen den Stockwerken könnten ebensogut gemeinschaftlich sein wie auch im Alleineigentum stehen und dem Hausteil des anderen „blos dienen“.300 Durchgesetzt hat sich die Überlegung, Umfassungsmauern hätten die „Bestimmung, das 292 293 294 295 296 297 298 299 300

Atzwanger, S. 256; Alleineigentum z. B. in 3000500004. So 8110900079, 8110900080. 8110900085. 8100700184. Kuntze, S. 80. TZ 1114 / 1939 zu 4200700143. 8300800488. Seufferts Archiv XLVI (= NF XVI) / 85. Striethorsts Archiv LIV (= 2. Folge II) / 17.

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ganze Gebäude zu tragen“ und seien daher gemeinschaftliches Eigentum.301 Sie ist heute die in Österreich herrschende Auffassung; erst vor wenigen Jahren hat der OGH302 sie in einer Entscheidung bestätigt: In diesem Fall hatte ein Stockwerkseigentümer in einem Kellerraum eine Tür durch die Außenmauer gebrochen, um diesen Raum besser bewirtschaften zu können. Nachdem die Eigentumsverhältnisse an der Außenmauer im Grundbuch nicht geregelt waren, nahm der OGH daran ideelles Miteigentum an; im Zweifelsfall seien die Berechtigungen gleichteilig. Keiner der Beteiligten könnte daher den anderen überstimmen, im Streitfall müßte der Richter angerufen werden.303 Wiederholt wurde zwischen der „Substanz der Mauer“ und den übrigen Teilen wie z. B. dem Fassadenanstrich unterschieden.304 Diese Lösung mag logisch überzeugen, hinsichtlich ihrer Durchführung würde sie aber große Probleme aufwerfen. Daher unterstellten die Altstadterhaltungsgesetze für Salzburg und Graz die Fassadengestaltung den Regeln des schlichten Miteigentums.305 Keine „Außenwirkung“ haben, im Gegensatz zur Fassade, Zwischenwände und Zwischendecken. Auch hier wurde eine Differenzierung zwischen tragenden Teilen und Verkleidungen getroffen. Unterschiedlich definiert wurde allerdings der Kreis der Eigentümer: Denkbar schien sowohl ein Miteigentum aller als auch ein solches bloß der angrenzenden Stockwerkseigentümer.306 Von großem Wert für alle hier aufgeworfenen Fragen ist eine Entscheidung des OGH von 1951, worin dieser für das Problem des Eigentums an Mauern eine differenzierte Lösung erarbeitete; die dabei angestellten Überlegungen können auch auf Zwischenwände und -decken angewendet werden. Die Umfassungsmauern der im Alleineigentum stehenden Räume stünden, so stellte der Gerichtshof fest, in Miteigentum und sind weder von diesem Alleineigentum erfaßt noch real nach der Mauerdicke geteilt – diese Lösungen waren von den Untergerichten gewählt worden. Eine reale Teilung einer Mauer nach der Dicke könnte zwar „für klare Grenzscheiden angenommen“ werden, würde aber dem bei StWE bestehenden „innigen Zusammenhang der beiderseitigen Zwecke der Mauer“ nicht gerecht. Vom Miteigentum seien die Außenmauern allerdings „nur insoweit“ erfaßt, „als die nicht teilbaren Hausbestandteile im konkreten Fall für das StWE von Bedeutung sind“. Daher könnte z. B. der Eigentümer eines Kellers am westlichen Gebäuderand kein Seufferts Archiv XXIV / 299; Dölker, S. 76 f. OGH 15. 10. 1996, 4 Ob 2229 / 96 (Unterinstanzen OLG Innsbruck 18. 6. 1996, 1 R 136 / 96; LG Innsbruck 29. 3. 1996, 5 Cg 84 / 95): EvBl 1997 / 92 = JBl 1997, S. 233. 303 OGH 15. 10. 1996, 4 Ob 2229 / 96 (Unterinstanzen OLG Innsbruck 18. 6. 1996, 1 R 136 / 96; LG Innsbruck 29. 3. 1996, 5 Cg 84 / 95): EvBl 1997 / 92 = JBl 1997, S. 233. 304 Als Konsequenz der Entscheidung des OLG Bayern vom 25. 6. 1890: Dölker, S. 113 f.; Freudling, S. 405. 305 § 8 Grazer Altstadterhaltungsgesetz LGBlStmk 1980 / 17 idF 2001 / 71; § 7 Salzburger Altstadterhaltungsgesetz LGBlSbg 1980 / 50; vgl. Putzer, S. 605. 306 Dittus, S. 9; Dölker, S. 76 f.; Freudling, S. 396 (Thümmel folgend). 301 302

§ 2 Eigenschaften der materiell geteilten Objekte

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Miteigentum an den östlichen Außenmauern beanspruchen. Der OGH trat damit einer Meinung Klangs entgegen, wonach für die Größe der Miteigentumsanteile das Wertverhältnis der im Alleineigentum stehenden Gebäudeteile maßgeblich sei. Im Gegensatz zu einem Miteigentum z. B. an einem gesamten Gebäude handle es sich hier nur „um begrenzte Teile“, wobei die innerhalb der Grenzen liegenden Miteigentumsobjekte „in gleichem Ausmaß den Interessen beider Miteigentümer dienen, ohne daß das Wertverhältnis zwischen den im materiell geteilten Haus bestehenden Anteilen darauf Bezug haben könnte“. Im Zweifelsfall bestünde demnach „gleichteilige[ . . . ] Berechtigung“ der Beteiligten.307 Das hier postulierte Miteigentum in Abhängigkeit von Betroffenheit und Sachinteresse der Stockwerkseigentümer dürfte dem StWE am Besten entsprechen. Demnach wäre nur bei Problemen, die die Statik des gesamten Gebäudes betreffen, von einem Miteigentum aller Stockwerkseigentümer auszugehen. Diese Lösung hat auch den Vorteil, daß sie den dogmatisch-konstruktiven Unterschieden zwischen StWE und Wohnungseigentum Rechnung trägt. b) Rechtstatsachen Die Rechtstatsachenuntersuchung hat keinerlei Hinweise über das Eigentum an Mauern und Geschoßdecken geliefert. Insbesondere konnten, im Gegensatz zu Grundflächen und Dächern, keine Fälle von Sondereigentum nachgewiesen werden. Es wird also uneingeschränkt der theoretisch erarbeiteten Lösung zu folgen sein.

5. Stiegen und Gänge, Tennen a) Theorie Stiegen und Gänge sind ebenfalls häufig genannte Beispiele für den Stockwerkseigentümern gemeinschaftliche Gebäudeteile.308 Dafür können entsprechende gesetzliche Regelungen309 ebenso verantwortlich sein wie die Vorstellung, es handle sich um zwingend gemeinsam zu benützende Einrichtungen.310 Von einem bestimmten Haustyp inspiriert, verglich etwa Ackermann die „allen dienende Treppe“ mit einer „Landstrasse, neben welcher Wohnhäuser liegen; kaum braucht sich einer der Einwohner darum zu kümmern, wer sein Nachbar ist.“311 OGH 1. 3. 1951, 1 Ob 130 / 51: SZ 24 / 58. Z. B. Mandry, S. 198; SZ 55 / 99 = EvBl 1982 / 176; Schröder, S. 31 f.; Krückmann, StWE, S. 714; Fuchshuber, S. 86; „gemeinschaftlicher Treppenthurm“ bei Sintenis, S. 446. 309 Ungewöhlich die Differenzierung des Walliser Zivilgesetzbuches von 1855, wonach in Miteigentum nur jene Treppen stehen sollten, die in den Keller oder auf das Dach führten, während die einzelnen Geschoßtreppen in der Regel ein Sondereigenum der jeweiligen Stockwerkseigentümer bildeten: Carlen, S. 246. 310 So z. B. Krückmann, StWE, S. 714. 311 Ackermann, S. 39. 307 308

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

b) Rechtstatsachen Auf den ersten Blick scheint die Rechtstatsachenuntersuchung die theoretischen Annahmen zu bestätigen. In knapp 30 % der untersuchten Einlagen sind gemeinsame Gänge ausdrücklich genannt, in ca 10 % gemeinsame Stiegen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Erwähnung gemeinsamer Teile regionalen Unterschieden unterliegt. In Hallein etwa ist in der Regel kein Hinweis auf die Gemeinsamkeit von Gängen oder Treppen zu finden, dennoch kann eine solche Gemeinsamkeit angenommen werden. Deutlich macht das ein Fall, in dem einem der materiellen Anteile das Eigentum an „einer Kammer im gemeinsamen Hausgange“ zusteht; dieses gemeinsame Eigentum am Hausgang ist hier also nur wegen des ausnahmsweisen Einbaues erwähnt.312 In der Stadt Salzburg verbergen sich Stiegen wohl vielfach313 hinter nicht näher spezifizierten Çomunalräume[n]“314 oder Çomuneräume[n]“315. Gelegentlich liefern die Rechtstatsachen sogar eine Begründung für die Gemeinsamkeit: Die Aufbewahrungszwecken dienenden Keller des sogenannten Niederleghauses in der Salzburger Getreidegasse wurden durch einen Gang „in einer Breite von 4 Schuhen“ erschlossen, der ausdrücklich „der Zugänglichkeit wegen“ gemeinsam blieb.316 Dennoch sind Stiegen und Gänge nicht immer gemeinsam; Fuchshubers Behauptung, es seien „niemals ( . . . ) die Stiegen und ein gemeinsamer Flur“ als Sondereigentumsteile verbüchert, beruhte auf unzulässiger Verallgemeinerung bloß lokaler Erfahrungen.317 Tatsächlich gibt es derartige Gebäudeteile, die im Alleineigentum einzelner Stockwerkseigentümer stehen. Dabei handelt es sich teils um die schon von Atzwanger erwähnten, „für jede Partei eigens an den Wänden der Durchfahrt angebrachte[n] Treppen mit Podesten“, ergänzt durch „Plattformen mit Geländern, Laufstege und Söller“, wodurch aus der Durchfahrt des Hausganges unmittelbar ein Zugang ins Oberschoß möglich wurde318, teils aber auch um Abschnitte der allgemein zugänglichen Erschließungswege im Hausinneren. So sind bei einem Gebäude in Hohenems „Stiegen und Gänge“ ausdrücklich gemeinsam, jedoch „mit Ausnahme des Hausganges im 1. Stock, welcher dem mat. Anteil I allein gehört“.319 Die gemeinschaftlichen Stiegen „in den ersten Stock und in den Dachboden“ können von einer „Stiege des mat Anteiles II in den zweiten Stock“ geradezu unterbrochen sein320, zumindest aber ist ein Nebeneinander von gemein5620900183. Ausdrücklich genannt ist ein gemeinsamer Stiegenaufgang ausnahmsweise in TZ 5227 / 1953 zu 5653700125. 314 Z. B. 5653700016. 315 Z. B. 5653700150. 316 Pagitz-Roscher, S. 176. 317 Fuchshuber, S. 86. 318 Atzwanger, S. 251. 319 9200401256. 320 9200402045. 312 313

§ 2 Eigenschaften der materiell geteilten Objekte

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samen Stiegen mit solchen im Alleineigentum möglich321. Gerade das Kriterium der gemeinsamen Benützung kann zum Ausschluß eines Stockwerkseigentümers vom gemeinsamen Eigentum an den Stiegen führen, wenn dieser ohnehin „für sich abgeschlossene Hausbestandteile“ hat, die Stiegen also nicht benötigt.322 Selbst Gänge können realgeteilt sein323, wobei dann allenfalls – damit sie ihrem Zweck zu entsprechen vermögen – Durchgangsrechte bestehen.324 Als Gänge im weitesten Sinn fungieren auch Tennen, die in landwirtschaftlich genutzten Objekten den Zugang bzw. die Zufahrt zu den angrenzenden Ställen oder Heulagern ermöglichen. Innerhalb des Untersuchungsgebietes weisen rund 30 % aller Objekte gemeinsame Tennen auf, in etwa einem Sechstel dieser Fälle sind solche Tennen die einzigen gemeinschaftlichen Gebäudeteile.325 Sie sind besonders als Streitauslöser berüchtigt und geeignet, weil sie nicht gleichzeitig von mehreren benützt werden können, was in der Erntezeit, „wenn es jeder eilig hat“, besonders problematisch ist. Da liege, wie Hensler formulierte, „immer Streit in der Luft. Die Bezirksgerichte wissen ein Lied davon zu singen.“326 Allerdings kann, eher als Ausnahme, eine Tenne auch nur einem der Eigentümer gehören, wobei dann zwar die Erhaltungslast unstrittig ist, ein Durchgangsrecht des anderen Eigentümers aber immer noch Konfliktmöglichkeiten bietet.327

6. Gebäudeinfrastruktur a) Theorie Den „gemeinsam benutzten Gebäudeteilen“ stellte die Literatur gelegentlich „gemeinsame Installationen“ zur Seite328 und erwähnte als solche meist nur Wasserund Gasleitungen sowie Kamine und Zentralheizung 329, vereinzelt auch „Abwasserleitungen, Heizungsrohre, elektrische und Telephonkabel“330 oder einen Aufzug331. 8401400232; 9200401178. 8010500373. 323 8411000320. 324 8411000299; hier stehen die Gänge in Sondereigentum, die Stiegen hingegen in gemeinschaftlichem Eigentum. 325 Gemeinsame Tennen finden sich in Tirol und Vorarlberg (besonders im Montafon); ein solcher Fall beschäftigte aber auch das Hofgericht in Gießen 1870: Archiv für praktische Rechtswissenschaft . . . , NF VIII, Nr. 14; Zimmermann, Theilbarkeit, S. 424 f. 326 Hensler, S. 60. 327 9010800399. 328 Henning, S. 301. 329 Schröder, S. 31 f.; Krückmann, StWE, S. 714; Dittus, S. 9; Henning, S. 301; Fuchshuber, S. 86. 330 Dittus, S. 9. 331 Henning, S. 301. 321 322

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

Eine weitere Beschäftigung mit solchen Anlagen der Haustechnik unterblieb jedoch. b) Rechtstatsachen Die Rechtstatsachenuntersuchung zeigte, daß gemeinsame Einrichtungen der Gebäudeinfrastruktur von großer praktischer Bedeutung waren und sind. Am Häufigsten nennen die Grundbücher gemeinsame Aborte; sie finden sich im Untersuchungsgebiet in über 8 % der Fälle.332 Gelegentlich eigens erwähnt wird auch eine gemeinsame Abortgrube333, obwohl diese bei jedem gemeinsamen Abort ohnehin anzunehmen ist. Ebenfalls der Entsorgung dient ein gemeinsamer Mistplatz.334 Seltener finden sich Versorgungsanlagen: Nur in 0,5 % der Einlagen des Untersuchungsgebietes werden gemeinsame Brunnen angeführt.335 Das heißt jedoch nicht, daß die Wasserversorgung in allen anderen Fällen materiell geteilt gewesen wäre; nur ausnahmsweise wurde ein „Brunnen im Hofe samt Brunnengewölbe“ als Gegenstand des StWEs verzeichnet.336 Als gemeinsames Eigentum genannt wird gelegentlich auch die „Hauswasserleitung“337, in einem anderen Fall kann die Gemeinsamkeit der Steigleitung hingegen nur a minori ad maius aus der Bemerkung erschlossen werden, daß die „Wasserleitung im Anschluß an das Hauptrohr im 2. Stock ( . . . ) gemeinsam“ sei338. Auch ein gemeinsamer „Waschkessel“ ließ sich finden.339 In einem Salzburger Fall wurden unter anderem Waschküche, Trockenterasse und Wäschetrockenboden als gemeinsame Teile festgestellt.340 Von großer Bedeutung sind weiters gemeinsame Backöfen, die in über 5 % der Einlagen des Untersuchungsgebietes vorkommen. Sie können als solche eigens erwähnt sein341 oder sich auch hinter dem gemeinsamen Eigentum jener winzigen Grundstücke verbergen, auf denen sie errichtet sind oder waren342. Nur vereinzelt stehen Backöfen im Sondereigentum eines Stockwerkseigentümers; hier kann das weitgehend gleiche wirtschaftliche Ergebnis durch ein „Benützungsrecht“ erreicht werden343 Z. B. 8010700231, 8000700066. 8100700184, 8411000434. 334 8400500077. 335 Z. B. 5653700362, 5653700340 (hier wurde die Gemeinsamkeit in Quoten umgerechnet), 8411100105, 8411100107, 8411200119, 8400100254 (hier findet sich sogar ein gemeinsames „Brunnenhäuschen mit Zisterne“). 336 So 5653700260. 337 9001200195. 338 8411000998. 339 8411000330. 340 TZ 5227 / 1953 zu 5653700125. 341 Z. B. 8400600360. 342 Z. B. 8000900317, 8000900367, 8010100306, 8010300332, 8011000326. Zum typischen gemeinschaftlichen Backofen vgl. auch SZ 55 / 99. 332 333

§ 2 Eigenschaften der materiell geteilten Objekte

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Ein den gemeinsamen Backöfen verwandtes Phänomen sind die gemeinsamen, in der Regel „halbe[n]“ Küchen344, deren Entstehung vermutlich eng mit den Verboten der Errichtung neuer Feuerstätten zusammenhängt. 2,4 % der untersuchten Einlagen verzeichnen solche gemeinsamen Küchen.345 Sie müssen jedoch nicht allen Eigentümern gemeinschaftlich sein, sondern können etwa nur 2 von 4 Anteilen gehören.346 Gemeinsame Küchen finden sich heute nur mehr in Tirol und Vorarlberg. Es hatte sie jedoch auch in der jüdischen Gemeinde von Eisenstadt gegeben, wo 1836 für 191 Haushalte nur 154 Küchen zur Verfügung standen.347 Ihre einstige, dem einfachen Hausverstand einleuchtende Streitanfälligkeit 348 ist heute kein Problem mehr. Durch das Aufkommen des damals sogenannten Sparherdes, der leicht auch in ehemaligen Kammern oder kleinen Anbauten aufgestellt werden konnte, wurde für das alltägliche Kochen eine räumliche Trennung geschaffen; die gemeinsamen Küchen wurden nur mehr, weit weniger konfliktträchtig, als Selchküchen verwendet.349

7. Sonstige gemeinsame Gebäudeteile: Beispiele aus der Rechtstatsachenuntersuchung Das praktische Rechtsleben ist bunter und vielfältiger als die Vorstellungen der theoretischen Rechtswissenschaft. Unter den gemeinsamen Gebäudeteilen finden sich daher auch exotische Fälle, die niemals den Weg in die Beispielsreihen der Literatur fanden, wie eine „Laubhütte“ für das jüdische Laubhüttenfest350, eine einzelne Dachkammer351, „das fünfte Sechstel der Obtenne“352 oder ein „Hundskotter“353. Ebenso ungewöhnlich, doch argumentativ interessanter sind jene – allerdings sehr seltenen – Fälle, in denen die gemeinsamen Gebäudeteile einen großen, wenn nicht sogar den größten Anteil am gesamten Gebäude ausmachen, so wenn „sämtliche Bestandteile vom Grunde bis zum Dache westlich vom Firste“354, „das ganze Erdgeschoß“ eines im 1. Stock real geteilten Gebäudes355 oder fast ein 343 8001000589; hier zieht das Benützungsrecht am Backofen sogar ein Durchgangsrecht durch die Küche nach sich. 344 Heidegger, S. 94; Hölzl, S. 39; vgl. Nöbl, S. 154. 345 Z. B. 8000300159, 8000700066, 8312100149. 346 8010900516. 347 Vgl. Lichtenberger, S. 147. 348 Vgl. Heidegger, S. 94. 349 Hensler, S. 60; vgl. auch gemeinsame „Selchhänge“ in 8411000318, 8411000326. 350 Seufferts Archiv XXXIV (= NF IV) / 10. 351 5653700357. 352 8000201532. 353 8411100108. 354 8010100313. 355 8601800204.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

gesamtes Wohnhaus356 gemeinsam blieben.357 Die materielle Teilung kann in solchen Fällen nämlich erheblich leichter im Sinne der Miteigentumstheorie als Gestaltungsvariante eines umfassenden Miteigentums gedeutet werden.

G. Mit Stockwerkseigentum verbundene Rechte: Rechtstatsächliche Beobachtungen Mit dem Eigentum materieller Anteile sind jedoch nicht nur die der Theorie bekannten Rechte an gemeinschaftlichen Gebäudeteilen verbunden. Die Rechtstatsachenuntersuchung hat gezeigt, daß in Tirol und Vorarlberg die Rechtsposition der Stockwerkseigentümer auch durch Miteigentumsrechte an anderen Liegenschaften, insbesondere durch Anteilsrechte an Agrargemeinschaften abgerundet werden kann358; der materielle Anteil dient dabei als „Stammsitzliegenschaft“.359 Teils stehen den Stockwerkseigentümern solche Rechte ausdrücklich „zusammen“ zu360, wobei also im Zweifel gleiche Berechtigung aller Beteiligten anzunehmen ist, vielfach finden sich aber ausdrücklich ungleiche Quoten361. Sie zeigen zuweilen sehr feine Unterschiede im Gewicht der materiellen Anteile, mit denen etwa 5,09 bzw. 5,43 Anteilsrechte362 oder 5,97 bzw. 5,36 Anteilsrechte363 verbunden sind. Ein solches Verhältnis zwischen mehreren Stockwerkseigentümern ist jedoch nicht stabil und verallgemeinerungsfähig, vielmehr können die Berechtigungen an verschiedenen anderen Einlagen ungleich sein. Sehr gut zeigt dies z. B. eine Roppener Einlage mit zwei materiellen Anteilen: Sie sind an einer anderen Liegenschaft in gleichem Ausmaß, nämlich zu je einem Drittel, beteiligt, an einer weiteren Einlage hingegen höchst ungleich mit 46.200 bzw. 31.856 von insgesamt 3.506.360 Teilen, also Quoten von etwa 1 / 75 bzw. 1 / 110.364 Im Extremfall kann einer der Beteiligten auch gar keine Quote an einer solchen weiteren Liegenschaft besitzen: So verteilen sich bei einer Einlage des Grundbuchs Sautens Miteigentumsrechte ungleich auf nur drei der vier materiellen Anteile, wobei der vierte nicht der unbedeutendste ist, sondern im Gegenteil jener, dessen Beschreibung die meisten Raumteile aufweist.365 8401500415. Ähnlich auch 9212100525; hier sind „die übrigen nicht namentlich angeführten Bestandteile des Wohnhauses“ als gemeinschaftlich genannt. 358 Die Häufigkeit dieser Erscheinung ist regional unterschiedlich, so sind etwa im Paznauntal solche Verhältnisse selten; vgl. aber z. B. 8400600453, 8400600720. 359 Z. B. 8510600239. 360 So z. B. die „Zugehörigkeit zur Agrargemeinschaft“ in 8001000597. 361 Z. B. 1 / 5 zu 2 / 5 zu 2 / 5 in 8010800248. 362 8401100202. 363 8401100204. 364 8010700243; ähnlich 8011200922: An zwei Agrargemeinschaften sind beide materiellen Anteile beteiligt, an einer dritten nur Anteil I. 365 8010800248. 356 357

§ 2 Eigenschaften der materiell geteilten Objekte

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Das Miteigentumsrecht eines Stockwerkseigentümers an einer anderen Liegenschaft muß sich übrigens nicht auf eine ganze Einlage beziehen. Es kommen auch Fälle vor, in denen mit dem Eigentum eines materiellen Gebäudeteils das (Mit-) Eigentum eines anderen materiellen Anteils einer anderen Einlage verbunden ist.366 Hinter solchen kompliziert anmutenden Verhältnissen stehen meist enge wirtschaftliche Verflechtungen wie etwa zwischen Haus und Wirtschaftsgebäude, denen man andernorts durch Zusammenfassung in einer Einlage Rechnung getragen hätte.367

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Z. B. 8010800241, 8010800270. Z. B. 8001000891, 8001000892; 8000201270, 8000201280.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

§ 3 Die Verbücherung des Stockwerkseigentums im allgemeinen A. Theorie Mit der Verbücherung des StWEs hat sich die Wissenschaft1 nicht besonders intensiv, dafür jedoch mit einem eindeutigen Interessenschwerpunkt beschäftigt: Schwierigkeiten bei der Verbücherung konnten als Argument gegen das StWE verwendet werden.2 In diesem Sinne warnte schon Zaun, daß auch das „geordnetste“ Grundbuchssystem „selbst bei der größten Vorsicht Irrungen und folgeweise Benachtheiligungen der Käufer und Darleiher unvermeidlich“ machen würde.3 Die angebliche „Unmöglichkeit einer sachentsprechenden Behandlung im Grundbuch“4 motivierte die Neubegründungsverbote ebenso wie Alternativkonstruktionen.5 Doch erst in der Debatte über eine allfällige Wiedereinführung des StWEs – nachdem moderne Grundbücher flächendeckend eingerichtet waren – entwickelte sich die Frage der Verbücherung zu einem Dauerbrenner. Den Befürwortern des StWEs schienen „technische Bedenken wegen des Grundbuchs ( . . . ) bei gutem Willen“ überwindbar.6 Radikal wies Heinrich Klang schon 1924 am deutschen Juristentag darauf hin, daß Verbücherungsprobleme entfallen würden, „wenn man sich entschließt, in den verschiedenen Eigentümern gehörigen Gebäudeteilen selbständige Rechtsobjekte anzuerkennen.“7 Die Gegner des Rechtsinstituts beschworen hingegen eine drohende „Überlastung unsres Grundbuches mit der Eröffnung neuer Grundbuchblätter für jedes Stockwerk oder jede Wohnung“.8 In der Akademie für Deutsches Recht befürchtete man zwar „Schwierigkeiten mit dem Grundbuch“9, doch scheute zumindest der Bodenrechtsausschuß die Verantwortung für eine Ablehnung des Rechtsinstituts: Die „entscheidenden Gesichtspunkte“ für oder gegen die Zulassung des StWEs lägen „außerhalb des Grundbuchsrechtes“, wenngleich 1 Die Gesetzgebung wird hier nicht im Kapitel „Theorie“, sondern gemeinsam mit den Rechtstatsachen unter „Praxis“ behandelt: Das von staatlichen Institutionen unmittelbar vollzogene Grundbuchsrecht gehört nicht nur zu den sehr detailliert geregelten Materien, es wird auch traditionell möglichst penibel befolgt. Die einschlägigen Vorschriften haben daher nicht bloß theoretische, sondern durchaus praktische Bedeutung. 2 Vgl. Meyer, StWE 1930, S. 12. 3 Zaun, S. 219. 4 Tuor, ZGB 1934, S. 472; Tuor, ZGB 1953, S. 494. 5 Gehörte das Gebäude beispielsweise einer Mieter-Aktiengesellschaft, so war deren Eigentum leicht zu verbüchern: Helg, S. 346. Vgl. oben II. 6 Ruth, Veränderungen, S. 357. 7 Klang in: Verh.33.DJT, S. 241. 8 Bazant-Hegemark, S. 7; ähnlich Thiele, S. 1, der vor einer „Aufblähung“ des Grundbuchs warnte. 9 ADR III / 3, S. 122.

§ 3 Die Verbücherung des Stockwerkseigentums im allgemeinen

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es bei der Verbücherung „Schwierigkeiten“ und „Verwirrungsgefahren“ gäbe.10 An diesen Befürchtungen änderte sich auch nach 1945 nichts: Mit der Einführung von StWE würde man „einen weiteren Schritt zur Zersplitterung und Unübersichtlichkeit unseres Grundbuchs tun“.11 Viel seltener als allgemeine Erwägungen über Schwierigkeiten oder Möglichkeit der Verbücherung finden sich konkrete Vorschläge. Als die österreichischen Gerichte bei der Enquete 1876 befragt wurden, welche Verbücherungstechnik für das StWE empfehlenswert sei, gingen 36 von 69 befragten Gerichten, also mehr als die Hälfte, nicht auf dieses Problem ein: Teils war es für ihre Sprengel bereits entschieden (OLG Prag, LG Salzburg), teils lehnten sie eine besondere gesetzliche Aufmerksamkeit überhaupt ab, nicht zuletzt, weil Grundbücher ohnehin noch nicht anzulegen waren (OLG Innsbruck). Von den übrigen Gerichten sprach sich die relative Mehrheit (12) dafür aus, für jeden Anteil eine eigene Einlage zu eröffnen, wozu allenfalls – wie etwa vom KG Rudolfswarth vorgeschlagen – Verweisungen auf die anderen Anteile treten konnten. Nur halb so viele Befürworter (6) fand die Möglichkeit, alle Anteile eines Gebäudes in einer Einlage zu vereinigen. Verstärkt wird diese Gruppe durch eine andere (3), die das gleiche Ergebnis gemeinsamer Einlagen bei anderer Akzentuierung erreichen und materielle Gebäudeteile überhaupt wie aliquote Teile behandelt wissen wollte. Das KG Tarnopol schlug eine Kombination der beiden Basis-Varianten vor und zwar erstere für das Land, letztere für die Städte. Einen Mittelweg beschritt die drittstärkste Gruppe (5), die das Problem durch abgesonderte Eigentums- und Lastenblätter lösen wollte, wie sie für Salzburg und Istrien bereits vorgesehen worden waren; nach Ansicht des OLG Triest sollte die Anwendung dieser Maßnahme im Einzelfall jedoch dem jeweiligen Grundbuchsgericht überlassen bleiben. Anderen schienen besondere Verfügungen über die Verbücherung überhaupt nicht erforderlich. Das OLG Krakau nahm einen auch dogmatisch besonders interessanten Standpunkt ein und wollte nur „den Besitzer der Bauparzelle als Eigentümer“ ins Grundbuch eintragen, die Anteilseigentümer hingegen auf den Rechtsweg verweisen.12 Der OGH empfahl, „neben den Blättern, welche den einzelnen Anteilen gewidmet sind, ein Blatt für das ganze Haus“ einzurichten und hier die „Eigentümer der einzelnen Anteile als Miteigentümer in dem nach dem Wert der Anteile ermittelten Verhältnis einzutragen“13, also nach Quoten. Neben der Verbücherung im herkömmlichen Grundbuch regte das KG Tarnow an, „besondere Verzeichnisse über Teilhäuser und ihre Bestandteile“ anzulegen.14 Dieses Konzept eines eigenen, speziell auf StWE zugeschnittenen Verbücherungsortes dominierte dann die wissenschaftlichen Überlegungen der Zwischenkriegs10 11 12 13 14

ADR III / 7, S. 615 (im Original Seite 16). Lange, S. 206. JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. JM 16388 / 1876: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Häuserteilungen), Post-Nr. 37. JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

zeit. So sah Heinrich Kiwes Gesetzentwurf über die „Hausgemeinschaft mbH“ ein eigenes, beim Grundbuch zu führendes „Hausgemeinschaftsregister“ vor15, auch Möller konnte sich die Eintragung von StWE „in einem besonderen anzulegenden Register“ vorstellen16, während im gewöhnlichen Grundbuch der Bestand eines Raumrechts nur vermerkt, sonst aber auf ein „Register des Raumrechts (Raumbuch)“ verwiesen werden sollte. Mit diesem „Raumvermerk“ im Grundbuch korrespondierte ein „Grundvermerk“ im Raumbuch, womit die beiden Bücher ähnlich wie Stammeinlage und Baurechtseinlage miteinander verknüpft worden wären. Außer dem Verweis auf das Grundbuch sollten in das Raumbuch noch die „Räume nach dem Wortlaut der Zulassungsbewilligung“ sowie die „Benutzungsweise der Räume“ eingetragen werden.17 Selbst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Einführung eigener Stockwerksgrundbücher noch überlegt.18 Der Gedanke, das Grundbuch nicht mit Eintragungen über StWE zu belasten, konnte auch von der Vorstellung eines eigenen Registers losgelöst werden, was im Ergebnis jedoch eine unzureichende Publizität mit sich bringt: So sollte das von Meyer 1930 in Vorschlag gebrachte StWE in der Regel im Grundbuch nur angemerkt werden; ein besonderes Grundbuchsblatt, das insbesondere bei Belastung notwendig wurde, wäre nur auf „Antrag des Stockwerkseigentümers“ anzulegen gewesen. Eine detaillierte Eintragung erschien Meyer als „unnötige Belastung des Grundbuchamtes“, da sich der „nähere Inhalt des Rechtes“ ohnehin aus der „bei den Akten befindlichen Abschrift des Vertrages“ erschließen lasse.19 Auch Raudszus wollte ein besonderes Grundbuchsblatt für das einzelne Stockwerk nur bei dessen Belastung anlegen und glaubte damit sogar einer „Verwirrung des Grundbuchwesens“ vorzubeugen!20 Der entgegengesetzte Weg kennzeichnet den Hugenberg-Entwurf, der eher durch ein Zuviel an Verbücherung gekennzeichnet war: Sie sollte sowohl für das Grundstück als auch für jedes einzelne StWEs vorgenommen werden, wobei an allen Stellen ein „Verzeichnis der gemeinschaftlichen Anlagen“ aufgenommen worden wäre. Diese Information hätte das Grundbuch also mehrfach enthalten.21 Damit ersparte man sich die Entscheidung, ob das Gebäude als Ganzes oder der materielle Anteil im Vordergrund stehen sollte.

15 16 17 18 19 20 21

BKA 213088 / 1925: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 2. Möller, S. 5. Möller, S. 96 f. Lange, S. 206. Meyer, StWE 1930, S. 23 f. Raudszus, Wohnrecht, S. 1097. Hugenberg, S. 52 (§ 20).

§ 3 Die Verbücherung des Stockwerkseigentums im allgemeinen

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B. Praxis Im folgenden werden zuerst die Methoden, daran anschließend die Probleme der Verbücherung im allgemeinen beleuchtet; Sonderfragen, wie sie bei Wohnungseigentum am StWE, bei der Belastung einzelner materieller Gebäudeteile oder bei deren Vereinigung entstehen, sind jeweils im inhaltlichen Zusammenhang zu betrachten.22 Ausgeklammert bleibt in der Folge die Möglichkeit, daß die materielle Teilung im Grundbuch überhaupt nicht aufscheint23; darüber könnten bestenfalls Vermutungen angestellt werden. Nicht hierher gehört auch eine allenfalls neben die Verbücherung tretende Form der Publizität materieller Teilung, nämlich die unterschiedliche Fassadengestaltung.24 Sie zeigte sich im Rahmen der Rechtstatsachenuntersuchung nicht als typisches Merkmal materieller Teilung, wenngleich sie – insbesondere im ländlich-kleinstädtischen Bereich – durchaus vorkommt.25 1. Methoden der Verbücherung a) Objekt der Grundbuchseinlage Die grundlegendste Entscheidung bei der Verbücherung von StWE besteht darin, das Objekt der bücherlichen Einlage zu bestimmen. Als Einheit kann dabei entweder das gesamte auf einer bestimmten Grundfläche errichtete Gebäude betrachtet werden oder jeder einzelne materielle Gebäudeteil.26 In Österreich war diese Siehe unten § 4 B. 2. f), § 7 C. 3., § 8 C. 2. b). Dies war etwa der Fall bei jenem Objekt, mit dem sich die in GZ 1854, S. 30, publizierte Entscheidung beschäftigt. Auch in Istrien soll die materielle Teilung aus den alten, vor dem Grundbuchsgesetz angelegten Grundbüchern oft nicht ersichtlich gewesen sein, wie OLGRat Zörrer in seinem Referat in JM 8600 / 1875 berichtete: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / bIstrien, Post-Nr. 59. – Vgl. für Württemberg, wo sich StWE vielfach hinter Eintragungen verbarg, die ideelles Miteigentum suggerierten, Krauß, S. 360; RGZ LXI (= NF XI) / 47. Hier war nach 1900 für die Gerichte „besondere Vorsicht geboten“, denn es lag „die Gefahr nahe, daß Teilhaber, welche tatsächlich vor dem 1. Januar 1900 keine reale Teilung durchgeführt hatten, nachher auf diesem Schleichweg unzulässiger Weise Stockwerkseigentum begründen“ wollten: Schott, S. 46 f. 24 Vgl. Seufferts Archiv XLVI (= NF XVI) / 85. Über dieses Phänomen berichtete Loebell 1935 hinsichtlich der Münchner Altstadt, „wo die einzelnen Eigentümer zur äußerlichen Bekräftigung ihres Eigentums ,ihr Stockwerk‘ durch besonderen Anstrich kennzeichnen; rot, grün, gelb und blau zeigt vier oder mehr Eigentümer an, was mitunter ein recht buntes Bild der alten Häuschen ergibt“: Loebell, S. 7. Dölker, S. 89, erblickte darin „eine originelle und deutliche, freilich vom städtebaulichen Gesichtspunkt her nicht wünschenswerte Art der Publizität“. Ebenfalls ablehnend Möller, S. 44, S. 87, S. 98. 25 So z. B. 5641000253. Bei vielen Gebäuden mit unterschiedlicher Fassadengestaltung handelt es sich um zwar zusammengebaute, doch ohne materielle Teilung auf eigenen Parzellen errichtete Gebäude. So ist 5641000019 zwar materiell geteilt, doch wirkt sich dies nicht auf die Fassadenfarbe aus; der Anstrich unterscheidet das Gebäude hingegen vom unmittelbar angebauten Nachbarhaus. 22 23

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Entscheidung, da sie eine Frage der inneren Einrichtung der Grundbücher betraf, von den Grundbuchsanlegungsgesetzen (GAG) der einzelnen Länder zu treffen, sodaß es verschiedene Regelungen gab. Die Wahl der Verbücherungsmethode war dogmatisch belastet, auch wenn später betont wurde, der „Umstand, ob für die einzelnen materiellen Anteile getrennte Einlagezahlen ( . . . ) oder eine gemeinsame Einlagezahl ( . . . ) bestehen“, sei für zivilrechtliche Fragen bedeutungslos und gründe sich auf eine „rein grundbuchsmäßige Zweckmäßigkeitsüberlegung“.27 Vom Standpunkt des Akzessionsprinzips erschien nur die letztgenannte Variante vertretbar, mit der die Einheit des Gebäudes betont wird. Sie wurde vom österreichischen Justizministerium, insbesondere von Harrasowsky, mit Nachdruck propagiert.28 Der Salzburger juristische Verein sah das Anlegen einer gemeinsamen Einlage geradezu als Ausführungsbestimmung zum lokalen Teilungsverbot von 1853 an, sodaß deren Übertragung auf Gebiete ohne Teilungsverbot verwunderte. Dabei prognoszierte man für diese Verbücherungsmethode „eine große Schwierigkeit, sowo[h]l für die Vorna[h]me, als auch für die Uebersicht der GrundbuchsEintragungen“, während ein „praktischer Nutzen“ daraus „nicht im mindesten“ resultiere: Die Vereinigung der materiellen Anteile würde nämlich „nur auf dem Papiere hergestellt, in Wirklichkeit aber um nichts gefördert“. Der Verein vertrat daher die Ansicht, „daß auch fernerhin die fisischen Theile von Häusern im Herzogthume Salzburg, insoweit sie bisher selbstständige Grundbuchs-Einlagen gebildet haben, auch künftighin solche ( . . . ) bilden können.29 Für Salzburg kam 26 Für Österreich dazu (und zum folgenden) Talasiewicz, S. 408; Burckhard III / 1, S. 241; Jaksch, S. 621; Kohl, Methoden, S. 85 ff., S. 100. – Im Deutschen Reich war die Art der Verbücherung nach § 85 GBO Landessache und daher unterschiedlich gelöst; dazu vgl. allgemein Habicht, S. 400 ff.; Zoeppritz, S. 36 f. In Preußen, Hessen und Württemberg wurde für jeden materiellen Anteil ein Grundbuchsblatt angelegt, ebenso in Baden; hier wurde jedoch bei jedem Anteil das gesamte Objekt beschrieben: Ripfel, S. 277; Freyer, S. 85. In Meiningen war die Verbücherung unterschiedlich: Bernhardt, S. 4. Gleiches galt für Bayern; während in der Pfalz für das gesamte Grundstück nur ein Grundbuchsblatt angelegt wurde, waren sonst die sogenannten Sternplannummern üblich. Dabei wurde bei jedem Anteil die Grundstücksnummer angeführt, aber durch einen beigefügten Stern klargestellt, daß sich das Recht des Betreffenden nicht auf das gesamte Grundstück erstreckte. Dies galt als bedeutendes Indiz für Miteigentum an der Grundfläche: Dölker, S. 35, S. 103 f., S. 122 ff.; Freudling, S. 394, S. 400. – In der Schweiz stand das Grundstück im Zentrum der Betrachtung; dingliche Rechte, deren Neubegründung verboten war, also u. a. das Stockwerkseigentum, konnten nach 1912 nicht mehr als Grundeigentum eingetragen, sondern nur noch „in zweckdienlicher Weise angemerkt“ werden: Leemann, S. 354; Bundesblatt 1962 / II, S. 1464. – In Polen sah die Verordnung von 1934 für jedes Stockwerkseigentum ein eigenes Blatt vor: Raudszus, StWE, S. 1302. 27 OGH 30. 6. 1982, 3 Ob 559 / 82 (Unterinstanzen OLG Innsbruck 1 R 336 / 81, LG Innsbruck 14 Cg 465 / 81): SZ 55 / 99 = EvBl 1982 / 176 = MietSlg. XXXIV / 23 = MietSlg. 34.085. 28 Zum Folgenden ausführlich oben 2. Teil, § 1 B. 4., insbesondere a) und b). 29 JM 2820 / 1874: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 61. Dementsprechend schien eine Ausführungsbestimmung über die Verbücherung mehrerer in einer Einlage vereinigter Grundbuchskörper überflüssig.

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diese Kritik jedoch zu spät. Im Sinne der pandektistischen Sicht des Justizministeriums enthielt das vom Reichsrat verabschiedete Salzburger Grundbuchsanlegungsgesetz30 folgende Bestimmung: „Ein Haus, in Ansehung dessen eine physische Theilung gesetzlich besteht, ist ( . . . ) bei der Anlegung neuer Grundbücher als Ein Grundbuchskörper zu behandeln.“31 In Böhmen konnte das Justizministerium eine solche Vorschrift hingegen nicht durchsetzen, weil die Vorlage sonst im Landtag zu scheitern drohte32; hier lautete der einschlägige Absatz: „Bezüglich eines Hauses, in Ansehung dessen eine physische Theilung gesetzlich besteht, sind die einzelnen physischen Theile ( . . . ) als abgesonderte Grundbuchskörper zu behandeln“.33 Nur im Liegenschaftsverzeichnis fand auch in Böhmen der tatsächliche Zusammenhang dadurch seinen Niederschlag, daß bei der einzelnen Grundparzelle alle materiellen Anteile des darauf errichteten Hauses angeführt wurden.34 Die Gesetze der meisten anderen cisleithanischen Länder enthielten zwar die gleichen Bestimmungen wie das GAG-Böhmen, doch ohne den hier zitierten Satz. Im Ergebnis kam man damit zur gleichen Rechtslage wie für Salzburg, denn in der Regel fand sich in § 5 / 1 der Grundbuchsanlegungsgesetze die Bestimmung: „Jede Liegenschaft, welche ein physisch zusammenhängendes Ganzes ausmacht, kann einen selbstständigen Grundbuchskörper bilden.“35 Sie wurde im Sinne einer Zusammenfassung der physisch zusammenhängenden Gebäudeteile in einer Einlage interpretiert. Würde man die Frage der dogmatischen Einordnung des StWEs aufgrund der angewandten Verbücherungsmethode entscheiden, so müßte man also die Miteigentumstheorie als herrschend ansehen: Die materiellen Anteile wurden nicht in jeweils eigenen Einlagen verbüchert, sondern in einer Einlage für das gesamte Haus zusammengezogen. Diese Argumentation fand sich besonders deutlich anläßlich eines Wechsels der Verbücherungsmethode in Graz: Das sogenannte Weißsche Haus am Grazer Hauptplatz war bei der ersten Anlegung des Grundbuches in analoger Anwendung des § 5 / 2 GAG-Böhmen behandelt worden, d. h., es wurde für jeden der damals 20 Anteile eine eigene Einlage eröffnet. Als 1900 eine Neu30 Die Tätigkeit des Reichsrates in dieser Sache beruhte auf § 12 Abs. 2 StGG / RV, RGBl 1867 / 141. 31 § 5 Abs. 2 GAG-Sbg RGBl 1874 / 90. – Hier und in weiterer Folge werden Grundbuchsanlegungsgesetze und einschlägige Verordnungen zitiert nach GBG-MTA. 32 AVA Justiz II genus 3 Böhmen, Post-Nr. 47 f. Vgl. oben 2. Teil, § 1 B. 4. b). 33 § 5 Abs. 2 GAG-Böhmen LGBl Böhmen 1874 / 92. Vgl. Schiffner, S. 169. 34 § 4 V 8. 2. 1875 LGBl Böhmen 1875 / 13. 35 Z. B. § 5 Abs. 1 GAG-Dalmatien LGBl Dalmatien 1881 / 15; § 5 Abs. 1 GAG-Bukowina LGBl Bukowina 1873 / 23; § 5 Abs. 1 GAG-Galizien LGBl Galizien 1874 / 29; § 5 Abs. 1 GAG-Görz und Gradiska LGBl Görz und Gradiska 1875 / 2; § 5 Abs. 1 GAG-Istrien RGBl 1875 / 29; § 5 Abs. 1 GAG-Kärnten RGBl 1874 / 91; ausnahmsweise § 4 Abs. 1 GAG-Krain LGBl Krain 1874 / 12; § 5 Abs. 1 GAG-OÖ RGBl 1874 / 89; § 5 Abs. 1 GAG-NÖ RGBl 1874 / 88; § 5 Abs. 1 GAG-Schlesien RGBl 1874 / 98; § 5 Abs. 1 GAG-Steiermark LGBl Steiermark 1874 / 28.

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anlegung des Grundbuchs erfolgte, entschied man sich dafür, in analoger Anwendung des § 5 / 2 GAG-Salzburg alle Anteile als einen einheitlichen Grundbuchskörper aufzufassen und dementsprechend auch nur eine gemeinsame Einlage zu eröffnen. Während das OLG dadurch vor allem den „ganz unhaltbaren Zustand“ beendet sah, daß wichtige gemeinsame Teile des Hauses „im Grundbuche gar nicht vorkommen“, ging die Interpretation im Justizministerium noch weiter: Es empfand dadurch die Einheitlichkeit des Grundbuchskörpers betont, der „im Miteigenthum (zu materiellen Antheilen) der Theilhaber steht“.36 – Andererseits wird dieses angenommene Miteigentumsrecht nicht, wie von § 10 GBG vorgesehen, nach im Verhältnis zum Ganzen bestimmten Anteilen im Grundbuch eingetragen.37 b) Besondere (abgesonderte) Eigentums- und Lastenblätter Mit der Zusammenfassung mehrerer materieller Gebäudeteile in einer Einlage hatte die Dogmatik angesichts der praktischen Erfordernisse jedoch einen Pyrrhussieg errungen; die Grundbücher drohten nämlich unübersichtlich zu werden. Noch heute kann man sich etwa im alten Hallstätter Hauptbuch einen Eindruck vom „Durcheinander“ verschaffen, das in den Eigentums- und Lastenblättern herrschte: Bei Grundbuchsanlegung wurde unter der gleichen Postnummer, nur durch den Zusatz „a“ bzw. „b“ unterschieden, das Eigentum „auf den unteren Teil“ bzw. „auf den oberen Teil“ einverleibt. Die weiteren Veränderungen wie auch die Eintragungen im Lastenblatt wurden in chronologischer Reihenfolge eingetragen und nur jeweils durch einen an die Tagebuchzahl anschließenden Beisatz wie etwa „auf die dem NN gehörige untere Hälfte des Hauses ( . . . )“ einem der materiellen Anteile zugeordnet.38 Auch Halbsätze wie „auf die erblasserische Realhälfte“ 39 fanden Verwendung. Noch unübersichtlicher lagen die Verhältnisse, wenn die Nennung des Anteils, wie es ebenfalls zum Teil geschah, nicht der Tagebuchzahl beigesetzt, sondern in den Text verwoben wurde: „Aufgrund des [Titels] vom [Datum] wird das Eigentumsrecht für NN einverleibt und zwar auf den unteren Teil mit Nr. 42 bestehend aus dem Erdgeschosse mit Stube, Küche, Keller und einer an das Haus angebauten Holzhütte und Abort“, wobei die Übersichtlichkeit durch die Unterstreichung des materiell einschränkenden Satzteils – „und zwar auf den unteren Teil mit Nr. 42“ – nur wenig verbessert wurde.40 Neben solchen Unterstreichungen konnten auch Absatzgestaltung (Einrückungen) und Schriftbild (Wechsel zwischen Kurrent- und Lateinschrift) zur Verbesserung der Lesbarkeit angewendet werden. 36 JM 5764 / 1900: AVA Justiz II genus 3 Steiermark, Post-Nr. 82 / 13. Anschaulich das alte Hauptbuch der KG Innere Stadt Graz, „5ter Band enthaltend die Einlage Zahl 87“, eröffnet am 1. Mai 1904: Steiermärkisches Landesarchiv, GB IV BG Graz I KG Innere Stadt. Vgl. Luschin-Ebengreuth, S. 544. 37 Bartsch, S. 140; Putzer, S. 604. 38 Vgl. z. B. 4200700014. 39 4200700035. 40 4200700053.

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Insgesamt kam es sehr auf die individuellen Fähigkeiten des Grundbuchsführers an, wie übersichtlich die Seitengestaltung ausfiel.41 Abhilfe erwartete man sich von der Einführung „besonderer“ bzw. „abgesonderter“ Eigentums- und Lastenblätter.42 Dabei wurden zwar alle Anteile im gemeinsamen A-Blatt verzeichnet, B- und C-Blätter hingegen für jeden Anteil gesondert geführt. Diese Methode bedurfte anfangs, etwa nach den Grundbuchsanlegungsgesetzen für Salzburg, Dalmatien oder Istrien, der Genehmigung für jeden einzelnen Sprengel43: „Bezüglich derjenigen Häuser, bei denen eine physische Theilung gesetzlich besteht, kann(!) in Ansehung jedes Hausantheiles die Eröffnung eines besonderen Eigenthums- und Lastenblattes im Verordnungswege bewilligt werden“.44 Die Ursache für diese Zurückhaltung war abermals die ablehnende Haltung Harrasowskys, dem selbst dies als Mißachtung des Gebäudezusammenhanges und damit des Akzessionsprinzips erschien.45 Mit mäßigem Erfolg und zunehmender Resignation versuchte er entsprechende Genehmigungen zu verhindern, die für die Städte Salzburg und Hallein schon 187446, für Saalfelden 1880, für Oberndorf und Zell am See erst 1882 auf Ersuchen der jeweiligen Gerichte erteilt wurden.47 In Istrien hingegen war, obwohl das Grundbuchsanlegungsgesetz die Möglichkeit zur Bildung abgesonderter Eigentums- und Lastenblätter eröffnet hatte, von dieser Verbücherungstechnik niemals Gebrauch gemacht worden. Verantwortlich dafür war ein sogleich 1875 mit Bewilligung des Justizministeriums ergangener Erlaß des OLG Triest, wonach abgesonderte Eigentumsblätter überhaupt nicht, abgesonderte Lastenblätter aber nur dann eröffnet werden durften, „wenn nach strenger Beurtheilung aller Umstände die cumulative Eintragung der Lasten ( . . . ) eine solche Verwirrung im Lastenstande besorgen lässt, dass die leichte Übersicht des Lastenstandes verloren ginge“. Diese Bedingung war kaum zu erfüllen, denn die Deutlich erkennbar bei Wechsel der Handschrift z. B. 4202100075. Vgl. dazu oben 2. Teil, § 1 B. 6. c). 43 Z. B. für Salzburg und Hallein durch V des OLG Wien 30. 9. 1874, Z 16760: GBGMTA, S. 435. Für Istrien war übrigens entgegen dem Gesetzeswortlaut die Anlegung abgesonderter Lastenblätter bei gemeinsamen Eigentumsblättern angeordnet worden: JM 8600 / 1875: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 59 (siehe sogleich). 44 § 6 Abs. 2 GAG-Salzburg RGBl 1874 / 90; ähnlich § 5 Abs. 2 GAG-Dalmatien LGBl Dalmatien 1881 / 15 und § 5 Abs. 2 GAG-Istrien RGBl 1875 / 29. Vgl. JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. 45 Vgl. JM 13879 / 1874: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 42; JM 7275 / 1880: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 35; JM 10083 / 1882: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 68; JM 11886 / 1882: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 71. 46 JM 13879 / 1874: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 42; JMVO vom 2. Juni 1874, RGBl 1874 / 90; VO des OLG Wien vom 30. September 1874, Zl 16.760; vgl. Schiffner, S. 169. 47 JM 7275 / 1880: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 35; JM 10083 / 1882: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 68; JM 11886 / 1882: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 71. 41 42

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materielle Teilung kam, wie das Justizministerium feststellte, in den Landbezirksgerichten nur relativ selten vor, und selbst wo sie vorkam, wurden die Verhältnisse als „nicht sehr kompliziert“ beurteilt.48 Das OLG hatte sich bei seinem Erlaß wohl von der andernorts ausdrücklich formulierten Ansicht leiten lassen, durch abgesonderte Eigentumsblätter würde „die Evidenz geradezu ( . . . ) erschwert“, weil die einzelnen Eigentümer nicht „nacheinander aufgeführt“ wären, sondern man gezwungen sei, „den Stand der Eigenthumsrechte aus mehreren Blättern zusammen[zu]suchen“. Für getrennte Lastenblätter wurde die größere Zahl an Belastungen angeführt. Nur eine Minderheit im OLG sah keinen Grund, die Frage der Eigentums- anders als die Frage der Lastenblätter zu behandeln.49 Interessant ist das Argument, mit denen die Gerichtshöfe des Triestiner OLGSprengels die Notwendigkeit abgesonderter Eigentums- und Lastenblätter begründet hatten: Das LG Triest war dabei von der Ansicht ausgegangen, „daß die einzelnen Antheile – falls gemeinschaftliche Blätter geführt würden – aufhören müßten selbständige Grundbuchsobjekte zu sein“; auch das KG Rovigno hielt die abgesonderten Blätter für eine notwendige Konsequenz daraus, „daß die einzelnen Hausantheile selbständige Grundbuchskörper bilden“. Eine höchst originelle Überlegung stammte von der Universität Triest: Hier wollte die Mehrheit der Stimmen besondere Eigentums- und Lastenblätter nur dann eröffnen, wenn den materiellen Anteilen ausschließlich „abgegrenzte Räume“ zugewiesen waren; waren Räume hingegen geteilt, „sollten gemeinschaftliche Blätter geführt werden“.50 Solche Argumente mußten die ablehnende Grundhaltung Harrasowskys noch verstärken. Nach dessen Ausscheiden aus dem Justizministerium änderte sich die Haltung gegenüber abgesonderten Eigentums- und Lastenblättern. Bei der Neuanlegung des Grazer Grundbuchs 1900 wurden sie in analoger Anwendung der für Salzburg ergangenen Vorschriften eröffnet, wobei man dies als Fortschritt gegenüber einer Vielzahl getrennter Grundbuchseinlagen empfand. In diesem Zusammenhang hatte das LG Graz übrigens eine Modifikation des Systems abgesonderter Eigentums- und Lastenblätter überlegt, nämlich die „Einlegung eines eigenen Lastenblattes für das ganze Haus als solches“. Diese Alternative zur Begründung von, die einzelnen materiellen Anteile belastenden, Simultanhypotheken hielt das OLG jedoch für „nicht unbedenklich“, vor allem aber für „entbehrlich“, weil solche Eintragungen „kaum je zu gewärtigen seien“. Auch das Justizministerium gab 1900 der simultanen Belastung aller Anteile den Vorzug51, während Harrasowsky ein Vierteljahrhundert zuvor die mangelhafte Darstellung der „Gemeinsamkeit einer Last“ kritisiert hatte.52 48 JM 2062 / 1903: AVA Justiz II genus 3 Küstenland, Post-Nr. 109. Vgl. auch JM 3457 / 1875, worin Harrasowsky dem OLG Triest eine äußerst restriktive Handhabung der Bestimmung über die abgesonderten Eigentums- und Lastenblätter nahelegte: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 55. 49 JM 8600 / 1875: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 59. 50 JM 8600 / 1875: AVA Justiz II genus 3 Küstenland / b-Istrien, Post-Nr. 59. 51 JM 5764 / 1900: AVA Justiz II genus 3 Steiermark, Post-Nr. 82 / 13. 52 JM 13879 / 1874: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 42.

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Kurz vor der Grazer Neuanlegungsaktion wurde in Tirol, nahezu gleichzeitig dann in Vorarlberg jene Vorgangsweise zwingend angeordnet, die in Salzburg noch den Zweckmäßigkeitsüberlegungen der Gerichte überlassen worden war: „Bei materiell getheilten Häusern ist(!) für jeden Hausantheil ein besonderes Eigenthumsund Lastenblatt zu eröffnen.“53 Genau das Gegenteil hatte im Vorfeld der Tiroler Grundbuchsanlegung Schiffner für den Fall empfohlen, daß man nicht nach böhmischem Vorbild besondere Grundbuchskörper bilden könne: Die Eintragungen sollten nur im Gutsbestandsblatt „räumlich abgesondert, auf den beiden anderen Blättern aber für alle Grundbuchskörper promiscue unter Berufung der Ziffer des bezüglichen Gutskörpers“ vorgenommen werden. Die Möglichkeit zur Schaffung abgesonderter Eigentums- und Lastenblätter empfand er hingegen als derart merkwürdig, daß er sie mit einem Ausrufungszeichen versah.54 Mit den Grundbuchsanlegungsgesetzen für Tirol und Vorarlberg schien die Idee, jeden einzelnen materiellen Anteil in einer eigenen Einlage zu verbüchern, überwunden. Beinahe hätte diese Verbücherungsmethode aber eine Renaissance erlebt, als 1927 bei der Neuanlegung der Grundbücher im Burgenland das aus Böhmen bekannte Modell vorgesehen wurde: „Die einzelnen Theile eines materiell getheilten Hauses sind bis zu ihrer Vereinigung ( . . . ) als abgesonderte Grundbuchskörper zu behandeln.“55 Doch bald nach Beginn der Arbeiten wurde die burgenländische Grundbuchsanlegung von dem mit 7. April 1930 in Kraft getretenen Allgemeinen Grundbuchsanlegungsgesetz (AGAG)56 überholt. Dieses trug der Verschiedenheit der Verbücherungsmethoden dadurch Rechnung, daß es sowohl abgesonderte Grundbuchskörper (§ 5 / 4 AGAG) als auch abgesonderte Eigentums- und Lastenblätter (§ 6 / 2 AGAG) ermöglichte. Letzteres wurde wohl weit überwiegend gewählt: In Tirol etwa hatte die Grundbuchsanlegung schon vor 1900 begonnen und dauerte bis 194157 – man kann annehmen, daß die Grundbuchsanlegungskommissäre nach rund drei Jahrzehnten bzw. drei Viertel des gesamten Anlegungszeitraums ihre Arbeitsmethode nicht mehr grundlegend änderten. Fällen aus der Judikatur läßt sich jedoch entnehmen, daß beide Techniken angewendet wurden.58 53 § 6 Abs. 2 GAG-Tirol LGBl Tirol 1897 / 9; § 6 Abs. 2 GAG-Vorarlberg LGBl Vorarlberg 1900 / 18; GBG-MTA, S. 443, S. 474. Dennoch ging das Justizministerium 1935 von der Annahme aus, daß in Tirol die einzelnen materiellen Anteile als abgesonderte Grundbuchs-körper verbüchert worden seien: BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3. 54 Schiffner, S. 169. 55 § 6 Abs. 3 BGBl. 1927 / 119; nicht berücksichtigt von Klang, der 1930 annahm, daß das ganze Haus einen Grundbuchskörper bilde, die „Besitzverhältnisse“ im Gutsbestandsblatt angegeben seien und „jeder Hausanteil ( . . . ) ein besonderes Eigentums- und Bestandblatt“ erhalte: Klang in: Klang 1930, S. 188. In der Folgeauflage seines Kommentars erwähnte er dann auch § 5 / 4 AGAG: Klang in: Klang 1950, S. 341. 56 BGBl. 1930 / 2. 57 In Vorarlberg war die Grundbuchsanlegung erst 1951 beendet: Laich, S. 128. 58 OGH 30. 6. 1982, 3 Ob 559 / 82 (Unterinstanzen OLG Innsbruck 1 R 336 / 81, LG Innsbruck 14 Cg 465 / 81): SZ 55 / 99 = EvBl 1982 / 176 = MietSlg. XXXIV / 23 = MietSlg.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

Die praktische Handhabung dieser abgesonderten Blätter erfolgte meist in der Weise, daß die B-Blätter der verschiedenen materiellen Anteile nacheinander eingebunden wurden, erst daran schlossen sich die C-Blätter an. Manchmal wurden die Blätter aber auch nach Anteilen geordnet gebunden, dann wechselten B- und C-Blätter einander ab. Die Informationen über den jeweiligen materiellen Anteil waren dabei also nicht durch die zu anderen Anteilen gehörigen Blätter voneinander getrennt. In beiden Fällen waren die abgesonderten Eigentums- und Lastenblätter ein erheblicher Schritt zu mehr Klarheit und Übersichtlichkeit im Grundbuch, wovon die alten Hauptbücher noch heute Zeugnis ablegen. Die Umstellung des Grundbuchs auf ADV in den Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts beendete jedoch das in der Zwischenzeit vor allem für Wohnungseigentum angewendete System abgesonderter Eigentums- und Lastenblätter59; ihr Zweck wurde dabei durch die Möglichkeit, das Grundbuch nach einzelnen Miteigentumsanteilen abzufragen, viel besser erfüllt. c) Bildung der Anteile Der Umfang der einzelnen Anteile steht zwar aus materiellrechtlicher Sicht fest, dennoch kann er, soweit davon gemeinsame Gebäudeteile betroffen sind, im Grundbuch auf verschiedene Weise abgegrenzt werden. In der Regel sind die gemeinsamen Teile einfach im Anschluß an die materiellen Anteile beschrieben; ausnahmsweise können sie jedoch als eigener materieller Anteil aufscheinen: An ihm besteht dann beispielsweise Hälfteeigentum der beiden Stockwerkseigentümer.60 Im Grundbuch Götzens (Tirol) haben die den materiellen Anteilen gemeinsamen Teile hingegen dazu bewogen, in die Aufschrift einen Hinweis auf „realrechtlich gebundene[n] Gemeinschaftsbesitz“ aufzunehmen.61

d) Bezeichnung der Anteile Vor wie nach der Grundbuchsumstellung auf ADV (ab 1981) erfolgte die Bezeichnung der materiellen Anteile regional unterschiedlich mit Buchstaben oder mit Ziffern, vereinzelt auch durch Hausnummernangabe oder ähnliche Individualisierungsmerkmale. Die Bezeichnung „mit Buchstaben in der Reihenfolge des Alphabetes“ ist die älteste Variante; sie wurde etwa für die Städte Salzburg und 34.085 (gemeinsame Einlage) bzw. OGH 17. 1. 1968, 5 Ob 4 / 68, JBl 1968, S. 478 = MietSlg. 20.045 (zwei Einlagen). 59 § 18 Abs. 1 GBUG BGBl. 1980 / 550 normierte: „Abgesonderte Eigentums- und Lastenblätter sind nicht anzulegen.“ – Wohl deshalb erwähnt Iro, Rz 5 / 2, nur die Verbücherung nach § 5 Abs. 4 AGAG. 60 8110500122, ähnlich 8111000101. – Nicht typisch gemeinsame Teile enthaltend, daher wohl auf herkömmlichen gemeinsamen Erwerb zurückgehend 8400100302. 61 8110800193, 8110800201; eine andere Grundlage für einen derartigen Hinweis bietet nur 8110800186.

§ 3 Die Verbücherung des Stockwerkseigentums im allgemeinen

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Hallein ausdrücklich angeordnet, wobei darüber schon im Vorfeld Einigkeit geherrscht hatte.62 Die Praxis zeigte sich davon weniger überzeugt; im nördlich an Salzburg grenzenden BG-Sprengel Neumarkt finden sich jedenfalls gleich drei verschiedene Varianten.63 Auch in Istrien, einem anderen Gebiet früher Grundbuchsanlegung, erfolgte die Bezeichnung der materiellen Teile mit Großbuchstaben. Deren auffallendes Erscheinungsbild ließ weitere Maßnahmen zur Steigerung der Übersichtlichkeit des Grundbuches entbehrlich erscheinen. So hatte das Triestiner OLG-Präsidium die verschiedenfarbige Einrahmung der Buchstaben vorgeschlagen, während das Justizministerium eine auffallende Schrift wählen und die Buchstaben in die für die Post-Zahlen reservierte Rubrik einrücken wollte.64 Das KG Rovigno hätte diesen Maßnahmen durchaus positive Seiten abgewinnen können, das OLG Triest war jedoch skeptisch, ob dadurch der Übersichtlichkeit des Grundbuches nicht mehr geschadet würde. Schließlich erteilte das Justizministerium den Auftrag, für eine Hervorhebung der Buchstabenbezeichnungen mit „größerer und stärkerer“ Schrift zu sorgen.65 Bei der Grundbuchsanlegung in Tirol und Vorarlberg verließ man den ein Vierteljahrhundert zuvor eingeschlagenen Weg; nun wurde angeordnet, die materiellen Gebäudeteile „unter fortlaufenden arabischen Ziffern anzuführen“.66 Diese wird man im umgestellten Grundbuch jedoch kaum finden: Von vereinzelten Ausnahmen abgesehen67, wurden die arabischen zu römischen Ziffern, die heute das Bild der materiell geteilten Einlagen dominieren. Daneben finden sich gelegentlich ergänzende Individualisierungsmerkmale wie Lagebezeichnungen („Materieller Anteil I Erdgeschoß“)68 oder Hausnummern.69

62 VO des OLG Wien 30. 9. 1874, Zl 16.760; GBG-MTA, S. 435; vgl. JM 13879 / 1874: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 42. 63 5630500269 („Materieller Anteil Haus 69 B-LNR 1“), 5630800016 (römische Ziffern), 5631400063, 5631900391 (Großbuchstaben). 64 JM 2062 / 1903: AVA Justiz II genus 3 Küstenland, Post-Nr. 109. 65 JM 5653 / 1903: AVA Justiz II genus 3 Küstenland, Post-Nr. 109 / 1. 66 Tirol: VO der Ministerien der Justiz, des Ackerbaues und der Finanzen vom 10. April 1898, LGBl 1898 / 9; Vorarlberg: VO der Ministerien der Justiz, des Ackerbaues und der Finanzen vom 27. Februar 1901, LGBl 1901 / 15; GBG-MTA, S. 485, S. 509. Fuchshuber, S. 86, verallgemeinert seine regionale Erfahrung und erweckt den Eindruck, materielle Gebäudeteile seien stets mit arabischen Ziffern bezeichnet. 67 Z. B. 8010900531, 8111300438, 8211400271, 8300800488, 8301600125. 68 So im GB 42007 Hallstatt. 69 Z. B. 8000400569, 8130700153.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

e) Aufschrift Die eben genannte Bezeichnung findet sich in einer Einlage meist mehrmals; einerseits in der Aufschrift, andererseit in den Beschreibungen des A2-Blattes (siehe sogleich). In der Aufschrift war nämlich ersichtlich zu machen, ob das Gut „in einem von dem vollständigen Eigenthum verschiedenen Verhältnisse steht“70, was auf die materielle Teilung zutrifft. Daneben konnte die Aufschrift auch eine „Benennung“ des Grundbuchskörpers enthalten, wenn diese „allgemein bekannt“ erschien. Dies ermöglichte die Ersichtlichmachung von Haus- oder Hofnamen, die manchmal, wenngleich wohl nur mehr von historischem Interesse, noch ins ADVGrundbuch übernommen wurden. Selbst wo ein solcher Name noch erhalten ist, läßt er in aller Regel aber nicht auf die materielle Teilung schließen.71

f) Zuweisung der materiellen Anteile an die Eigentümer Die Zuweisung der materiellen Anteile an die Eigentümer wird in der Regel sowohl in der Aufschrift als auch im B-Blatt vorgenommen, teils aber auch nur an der erstgenannten Stelle. Insbesondere dieser Mißbrauch der Aufschrift für eigentumsrelevante Eintragungen zieht nicht wenige Probleme nach sich (siehe unten 2.) In Tirol und Vorarlberg beruht die Verbücherung häufig auf der realrechtlichen Verbindung zu anderen Liegenschaften: Als Eigentümer scheint hier also, meist seit der Grundbuchsanlegung unverändert72, der „jeweilige Eigentümer“ einer anderen Einlage auf, wobei auch mehr als zwei Einlagen durch „Verweisketten“ miteinander verbunden sein können.73 Meist stehen dahinter engste wirtschaftliche Verflechtungen wie etwa zwischen Haus und Wirtschaftsgebäude, die andernorts in einer Einlage zusammengefaßt worden wären.74 Problematisch ist diese Verbücherungstechnik im Hinblick auf die Bestimmungen des StWEG 1879 über das Erlöschen materieller Teilungen durch Vereinigung materieller Anteile: Mit der realrechtlichen Verbindung werden die Bestimmungen des StWEG 1879 nämlich geradezu bewußt unterlaufen75, denn es wird nicht sichtbar, wenn sich hinter den Verweisen auf verschiedene andere Einlagezahlen die gleichen Eigentümer verbergen76. 70 § 7 der weitgehend gleichlautenden Grundbuchsanlegungsgesetze: GBG-MTA, S. 343; vgl. Randa, Eigenthumsrecht, S. 481. 71 Eine Ausnahme ist das Haus „Simeler und Tunig“, 8111500149. 72 „Letzte TZ 0 / 1900“: 8110900087, 8113000078. 73 Z. B. 8000201280 bzw. 8000201270, 8130400614 bzw. 8130400579 bzw 8130490055, 8411100173 bzw. 8411100191, 8411100188 bzw. 8411100097. Solche Verweisketten machen die Feststellung von Eigentümeridentitäten besonders schwer. 74 So 8001000891 (Haus) und 8001000892 (Wirtschaftsgebäude). 75 Vgl. z. B. 8712200207: Hier wurde 1929 eine Verbücherung des Eigentums für die „jeweiligen Eigentümer“ anderer Einlagen vorgenommen, obwohl die konkreten Erwerbstitel – Übergabsverträge und Einantwortungsurkunde aus den Jahren 1919 bis 1925 – noch nicht lange zurücklagen.

§ 3 Die Verbücherung des Stockwerkseigentums im allgemeinen

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g) Verbale Beschreibung Die Zusammenfassung mehrerer materieller Anteile in einer gemeinsamen Einlage macht es besonders wichtig, den Umfang der einzelnen Eigentumsobjekte zu beschreiben. Dazu wird, von einzelnen Ausnahmen abgesehen77, die Methode der verbalen Beschreibung der materiellen Anteile im A-Blatt angewendet. Dabei gibt es sehr oberflächliche (dadurch aber dem heutigen Verständnis eher entsprechende) Beschreibungen78 ebenso wie sehr detaillierte79, nur ausnahmsweise ergänzt durch die Angabe einer Quote am Gesamtobjekt; sie bringt jedoch kein Quotenmiteigentum mit sich, sondern ist lediglich als Näherungswert etwa zur Kostenverteilung zu verstehen.80 Gelegentlich werden nicht alle Anteile gleich detailliert beschrieben; so gehören zum materiellen Anteil II einer Söldener Einlage „zu ebener Erde die übrigen nur nicht beschriebenen Bestandteile“.81 Die heute im Grundbuch zu findenden Beschreibungen entsprechen in der Regel jenen, die bei der Grundbuchsanlegung – mit mehr oder weniger Geschick – vorgenommen wurden. Bei den realgeteilten Bauernhöfen Tirols und Vorarlbergs, die oft aus mehreren Gebäuden bestehen, zeigen sich solche Qualitätsunterschiede z. B. hinsichtlich der Abfolge der Beschreibungen: Häufiger erfolgte die Ordnung primär nach materiellen Anteilen und erst innerhalb dieser nach Gebäudeteilen, gelegentlich – mit Schwerpunkt insbesondere im Sprengel des BG Dornbirn – wurden aber auch die Gebäude in den Vordergrund gestellt, sodaß man sich den Umfang materieller Anteile erst aus mehreren Absätzen zusammensuchen muß.82

76 8411000627, 8411100189, 8130600055, 8411200111 (seit 1965, also vor der Grundbuchsumstellung); vgl. TZ 742 / 2000 zu 9001200195. 77 So fehlt z. B. bei 4200700119 und 4200700149 im A2-Blatt jegliche Beschreibung; Horizontalteilung und dementsprechende Bezeichnung der Anteile (als „Erdgeschoß“ bzw. als „I. Stockwerk“) schon in der Aufschrift schienen ausreichend (anders z. B. 4200700180). Bei 8000201350 und 8600300210 begnügte man sich mit Verweisen auf die Urkundensammlung. 78 Z. B. Grundbuch 56209 Hallein. 79 Z. B. Grundbuch 56537 Salzburg Innere Stadt; ebenso die Grundbücher in Tirol. 80 Regelmäßig nur im Grundbuch 56410 Oberndorf, vereinzelt in Tirol, z. B. 8400600602. Es handelt sich dabei nicht um Miteigentumsquoten im Sinne von § 10 GBG; vgl. Bartsch, S. 140; Putzer, S. 604. – Über ergänzende Quotenangaben für die württembergischen Stockwerkseigentumsgebäude berichten Kuntze, S. 52 f.; Schott, S. 55. 81 8011000325; ähnlich 8010900538: „Hofraum ( . . . ) samt ( . . . ) den übrigen kleinen Objekten“. 82 Ordnung primär nach materiellen Anteilen: 8112300412, 8401500221, 8410300093, 8411000296, 9010700703, 9111700219 (Gebäude sind gesperrt gedruckt), 9211900041; Ordnung nach Gebäuden: 8400600348 (vier Gebäude), 9200103742, 9200103743, 9200103747, 9200400044, 9200401087, 9200401198, 9200401204 (zwei Gebäude); eine Kombination der Ordnungskriterien findet sich in 9200401192, 9200401235.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

h) Skizzen Dort, wo wegen der späteren Grundbuchsanlegung schon ein größeres Problembewußtsein bestand, wurde die verbale Beschreibung in komplizierteren Verhältnissen durch Skizzen ergänzt. Die dabei zu beachtende Vorgangsweise war in den Vollzugsvorschriften zur Grundbuchsanlegung für Tirol und Vorarlberg detailliert geregelt: „Ist die materielle Teilung eines Hauses eine so verwickelte, daß sie durch die bloße Beschreibung nicht in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ersichtlich gemacht werden könnte, so ist eine Skizze zu verfassen, in welcher die in verschiedenen Eigentumsverhältnissen stehenden Teile des Hauses anschaulich dargestellt werden. Insofern nicht etwa die Skizze auf Grund vorhandener Baupläne durch den Grundbuchsanlegungskommissär oder den ihm beigegebenen Schriftführer angefertigt werden kann, ist eine solche durch den Evidenzhaltungsbeamten, und zwar ohne Vornahme von Vermessungen lediglich nach dem Augenmaße zu entwerfen. In dieser Skizze ist in jedem Bestandteile durch Einsetzung der entsprechenden arabischen Ziffern ersichtlich zu machen, zu welchem Anteile er ausschließlich gehört, bzw. von welchen Teilhabern er gemeinschaftlich benützt wird. Die Skizze, welche dazu bestimmt ist, seiner Zeit einen Bestandteil der betreffenden Grundbuchseinlage zu bilden, ist auf Papier von Format und Qualität der Grundbuchseinlagen anzufertigen, oben links in der Ecke mit der Protokollzahl zu versehen und vom Grundbuchsanlegungskommissär und dem Evidenzhaltungsbeamten zu unterschreiben. Die oben angeordnete Beschreibung der materiellen Hausanteile ist auch im Falle der Anfertigung einer Skizze beizubehalten.“ 83 Die Frage, wer die Skizzen anfertigen sollte, beschäftigte noch im Vorfeld zu RGBl 1910 / 92 das Justiz- und das Finanzressort (siehe oben 2. Teil). Entgegen der zitierten Vollzugsvorschrift scheint die Praxis nämlich überwiegend Katasterbeamte zum Zeichnen der Skizzen herangezogen zu haben, was zunehmend auf Kritik stieß. Die Frage beschränkte sich nicht bloß darauf, ob man zur Erstellung von Skizzen tatsächlich beeidete Katasterbeamte brauche oder ob Zivilgeometer ausreichend wären. In einfacheren Fällen schien es auch vorstellbar, daß „zeichenkundige Hilfskräfte“, Privatzeichner nach vorangegangener Beeidigung, Grundbuchsführer, Grundbuchsanlegungskommissäre oder Schriftführer der Grundbuchsanlegungskommissionen diese Aufgabe übernehmen. Dabei war unter anderem die Überlegung angestellt worden, daß die Skizzen ohnehin von Beschreibungen begleitet würden.84 Auch bei der Grundbuchsanlegung im Burgenland war die Möglichkeit von Skizzen vorgesehen, doch wurden Voraussetzungen dafür nicht definiert. Vorgesehen war lediglich, bei materiell geteilten Gebäuden „die einzelnen Teile zu erheben, unter fortlaufenden Zahlen anzuführen und nötigenfalls durch eine Skizze 83 § 26 V 10. 4. 1898 LGBl Tirol 1898 / 9 bzw. § 26 V 27. 2. 1901 LGBl Vorarlberg 1901 / 5. Für einfache Fälle waren also keine Skizzen vorgesehen. 84 AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 2, 3, 7, 25, 26, 27, 28.

§ 3 Die Verbücherung des Stockwerkseigentums im allgemeinen

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anschaulich zu machen“.85 Die Prüfung der Notwendigkeit wurde demnach dem Ermessen der Grundbuchsanlegungsbeamten überlassen. Der Vielfalt möglicher Skizzenverfasser entsprechend sind die Skizzen von höchst unterschiedlicher Qualität. Manche sind durchaus detailliert, meist aber beschränken sie sich nur auf schematische Darstellungen, wobei etwa für die Orientierung wichtige Türen oder Einfahrtstore fehlen. Zwar ist die Nordausrichtung meist angegeben, dennoch haben die Benutzer Schwierigkeiten, die Skizzen mit der Realität in Verbindung zu bringen.86 Dies mag nicht zuletzt daran liegen, daß eine Verknüpfung von Text und Skizzen fast immer fehlt, diese beiden also fast beziehungslos nebeneinander stehen.87 Doch auch das Gegenteil kommt vor: Gelegentlich wird nämlich – entgegen den oben zitierten Erwartungen – auf echte Beschreibungen überhaupt verzichtet, sodaß sich die „Beschreibung“ im Verweis auf eine Skizze erschöpft.88 Mit der Anfertigung von Skizzen und deren Einbindung ins Grundbuch war man dem zeitgenössischen Standard übrigens weit voraus. Als der Schweizer Nationalrat Dr. Meili 1955 vorschlug, „die Grundrisse der Stockwerke in irgendeiner Weise im Grundbuch“ einzutragen89, blickte das österreichische Grundbuch bereits auf mehr als ein halbes Jahrhundert einschlägiger Erfahrungen zurück.

i) Hausparzellen Mehr als nur gewöhnliche Skizzen enthielt das Grundbuch bei dem schon mehrfach erwähnten Weißschen Haus in Graz. Hier hatte die Neuanlegung des Grundbuches mittels einer geänderten Methode offensichtlich für die Probleme sensibilisiert90, sodaß die Verbücherungstechnik bei diesem Objekt zweifellos die (vergleichsweise) höchste Qualität erreichte: Das gesamte Gebäude wurde vom Keller bis zum zweiten Dachraum in 138 einzelnen Räumen entsprechende „Haus-Parcellen“ geteilt.91. Für jedes der – einschließlich Keller und Oberdach – acht Geschoße § 10 V 15. 4. 1933 BGBl. 1933 / 141. So zeigt etwa die Skizze TZ 848 / 88 zu 9000200453 eine spätere Ergänzung von zweiter Hand, mit welcher die Lage der „Strasse“ gezeigt wurde. 87 Eine Ausnahme, bei der die Beschreibung durch eine Anführung der in der Skizze mit Kleinbuchstaben bezeichneten Eckpunkte der Räume vorgenommen wurde, ist 8130100348. 88 8100700682: „Die im Plan punktierte rote Linie bezeichnet die Grenze zwischen dem Dachbodenraum und Dach der beiden Anteile“. 8400701161: „Das auf Gst .666 stehende Gebäude ist gem der zu TZ 590 / 1989 in der Urk.Sammlung erliegenden Skizze materiell in 2 Teile geteilt.“. 89 Schweizerisches Bundesarchiv Bern, E 4001 (D) 1973 / 125 Bd. 6 Az. 3. 07. 03. 90 JM 5764 / 1900: AVA Justiz II genus 3 Steiermark, Post-Nr. 82 / 13. 91 Der Begriff „Hausparzelle“ erinnert ein wenig an die in Spanien vorgeschlagene Bezeichnung des Rechtsinstituts als „kubische Parzellierung“; vgl. Bärmann, S. 83. Vom „parzellieren“ eines Hauses hatte auch Ruth, Wohnungsrecht, S. 245, gesprochen. 85 86

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

enthielt das Grundbuch einen Plan, in dem die einzelnen Hausparzellen mit Nummern versehen waren. Der Text des A-Blattes knüpfte an diese Nummern an und faßte sie unter Beifügung einer verbalen Beschreibung zusammen: So etwa bestand der Anteil I aus den Hausparzellen 1 („Ostseitiger Keller mit einem Fenster, der erste südlich vom Hausthor“), 2 ( . . . ), 18 ( . . . ), 28, 29, 37, 41, 42, 52 – 62, 135 sowie dem Miteigentum an den Hausparzellen 7, 8, 15, 31, 32, 33, 35, 133 und 138.92 Ergänzend wurden die Anteile später in „perzentuelle[s] Miteigentum“ umgelegt93, womit eine Entwicklung vorweggenommen war, die 2001 in die Begründung von Wohnungseigentum münden sollte.

j) Zusatzinformationen Gesteigerte Information gegenüber herkömmlichen Liegenschaften liefern im A-Blatt enthaltene Erhaltungsregeln. Hier gibt es ebenfalls regionale Unterschiede: In Tirol und Vorarlberg ordneten die Vollzugsvorschriften Erhebungen über die Erhaltung des Daches an, machten dies jedoch von einer bemerkenswerten Bedingung abhängig: „Wenn bei materiell geteilten Häusern, ohne Streit zwischen den Teilhabern hervorzurufen(!), erhoben werden kann, wem die Erhaltung des Daches obliegt, so wird die Ersichtlichmachung des betreffenden Rechtsverhältnisses in der Gutsbeschreibung den Zwecken der Grundbuchsanlegung nur förderlich sein.“94 Auch dabei wurden vielfach, den Text ergänzend, Skizzen eingesetzt. In knapp 3 Prozent aller Fälle begnügt sich der Text aber mit dem Verweis auf eine Skizze.95 – Ansonsten finden sich nur vereinzelt Regelungen über die Verteilung von Erhaltungs- und Betriebskosten, z. B. durch Festsetzung eines Turnus der Senkgrubenräumung.96 2. Probleme der Verbücherung a) Probleme der verbalen Beschreibungen Schon vor über 100 Jahren, 1906, bedauerte das LG Salzburg den Umstand, daß die Beschreibung materieller Anteile „mangelhaft und ergänzungsbedürftig“ sei.97 Bedenkt man, wie viele Veränderungen seither stattgefunden haben, so kann man bereits Art und Ausmaß der heutigen Probleme erahnen. 92 StmkLA, BG Graz, KG Innere Stadt, GB IV, EZ 87; heute 6310100087. Für freundliche Auskünfte zur diesem Objekt danke ich Herrn RA Dr. Peter Bartl, Graz. 93 Z. B. TZ 5465 / 1963 zu 6310100087. 94 § 37 V 10. 4. 1898 LGBl Tirol 1898 / 9; § 38 V 27. 2. 1901 LGBl Vorarlberg 1901 / 5. 95 Außerhalb Tirols und Vorarlbergs finden sich solche Informationen nur ausnahmsweise. 96 8502000321. Man könnte darin eine Parallele zur Ersichtlichmachung eines abweichenden Verteilungsschlüssels nach WEG sehen. 97 TZ 909 / 1906 zu 5653700093.

§ 3 Die Verbücherung des Stockwerkseigentums im allgemeinen

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Die verbale Beschreibung kann per se nur eingeschränkt ein „Bild“ von den realen Gegebenheiten vermitteln.98 Exakte Maße fallen wegen ihrer Seltenheit auf, so z. B. ein „Heubarren in der Länge von 6,86 m“99, „7,33 m“100, „7,56 m“101, ein „östliche[r] Stall mit einer Breite von 2,45 m“102 oder eine „Dille in der Breite von 1,72 m“103. Noch seltener finden sich genaue Quadratmeterangaben. 104 In einem bemerkenswerten Einzelfall wurden sogar geringfügige Längendifferenzen wie jene zwischen einer „südwestliche[n] Breitseite [von] 1,75 m“ und der „nordöstliche[n]“ von 1,7 m eigens verzeichnet.105 Beeinträchtigt wird die Benützbarkeit gelegentlich dadurch, daß das Grundbuch noch alte Maße enthält, die nach Umrechnung verlangen: So finden sich etwa bei einem Wirtschaftsgebäude der „nördliche sieben Fuß lange Schafstallteil“ sowie drei weitere derartige Abschnitte106, eine andere Einlage greift auf das Flächenmaß Quadratklafter zurück107. Auch die Sprache der Gutsbestandsbeschreibungen wird mit der Zeit immer schwerer verstanden; 1964 kämpfte etwa das BG Salzburg mit Rechten „in altertümlicher sprachlicher Fassung“.108 Dazu kommen vereinzelt umgangssprachliche Bezeichnungen für Räume oder Gebäudeteile, die überhaupt nur dem historischen Parteienverständnis entsprachen: „Der Hofraum westlich vom Haus- und Wirtschaftsgebäude das sogenannte Gassele ist gemeinsam.“109 Im Extremfall geriet, von den detailkundigen Betroffenen vorerst nicht beachtet, der Wortsinn mit den realen Gegebenheiten sogar in klaren Widerspruch. So war der „Boden über zwei Stiegen in der Bescheidlschen Behausung in der Linzergasse ( . . . ) nach dem Lokalerhebungsprotokolle vom 18. April 1882 nur der vordere(!) gegen die Linzergasse gelegene Theil des zweiten Stockes“110, also bestenfalls die Hälfte dessen, was man bei Wortinterpretation erwarten durfte. Schließlich wird es immer schwieriger, jahrzehnte- oder jahrhundertealte Beschreibungen, selbst wenn man sie versteht, auf die geographischen und topographischen Verhältnisse der Gegenwart anzuwenden.111 98 Gelegentlich fehlen sogar verbale Beschreibungen (z. B. 8400600298, 8131000537) oder sie sind unklar (8130800107, 8601700187, 8130700190). 99 8411000253; ähnlich 8411001022. 100 8411000329. 101 8411000329. 102 9010800398. 103 8411000313. 104 8112400085; erst aus dem Jahre 1995 in 8113100126; sogar unter Berücksichtigung der „Mauergrundfläche“ in 8502000319. 105 8411000246. 106 8400600546. 107 8411000624: „beide Räume haben ein Flächenmaß von 8 Kl-2“. 108 TZ 1296 / 1965 zu 5653700434. 109 8000201563. Ähnlich 8000700067 („Wagenremise genannt Wagenstall“); 8400100261 (nicht mit dem gewöhnlichen Hofraum identer „Hof“). Manche Begriffe können heute nur mehr unter Zuhilfenahme volkskundlicher Literatur verstanden werden: Vgl. Wopfner, Bauernhaus, Wopfner, Anleitung, jeweils mit interessanten Fotos. 110 GB Salzburg Innere Stadt, EZ 502.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

Ein anderes Problem besteht darin, daß sich zahllose Beschreibungen von Haus aus mit einer „ungefähr[en]“ Angabe begnügten112 – offenbar war bei so mancher Begehung und Beschreibung kein Maßstab zur Hand gewesen: So reicht in Silz die „Heupille“ eines Anteils „ungefähr 2 – 3 Schritte über die Firstlinie“113, in Dornbirn ist eine Grenzlinie zwischen zwei Anteilen „beiläufig 1 Meter nach Westen verschoben“114, im Tiroler Mils eine „südwestliche Hälfte des Hausdachbodens ( . . . ) durch den Dachboden des Anteiles II um ungefähr 2 Meter geschmälert.“115 In Oberndorf wurde ein materieller Anteil mit „einem Teile(!) des unbebauten Grundstückes“ ergänzt, dessen Maß und Gestalt im Dunkel blieb.116 Überblickt man diese Beispiele, so ist man versucht, die Grundbuchsanlegungskommissionen als unfähig oder unwillig abzuqualifizieren; man sollte jedoch bedenken, daß sie nicht nur Widersprüchlichkeiten bewältigen mußten117, sondern daß sie teils auch wenig Unterstützung erhielten. Der bei der Grundbuchsanlegung beschäftigte Rudolf Plangg überlieferte einen solchen Fall von Desinteresse an der genauen Anteilsbeschreibung – „mögt’s mocha was wöllts“, rief ein eben den Backofen ausbessernder Stockwerkseigentümer lachend dem verdutzten Plangg zu, statt sich „in diesem für ihn nicht belanglosen Augenblicke“ der Kommision für Auskünfte zur Verfügung zu stellen.118 Verschärft wird die Ungenauigkeit, wenn sich das „ungefähr“ nicht auf eine Strecke, sondern auf eine Fläche bezieht, so wenn einem der Anteile „ein kleiner Raum nördlich vom Backofen von ungefähr 11/2 m2“ zugewiesen ist.119 Das hier zum Ausdruck kommende Problem fehlender Raumabgrenzung geistert als wahres Schreckgespenst durch die Geschichte des StWEs; berichtet wird von gespannten Schnüren, Kohle- oder Kreidestrichen zur Abgrenzung der Eigentumssphären.120 Tatsächlich wird die Beschreibung besonders schwierig, wenn keine Anhaltspunkte vorhanden sind, um eine Strecke oder Fläche zu teilen: Ein „etwa 1 m2 großer offener Platz“121 kann quadratisch, lang und schmal oder breit und kurz 111 Dennoch sollte man entsprechende Recherchen nicht unterlassen: 1906 verloren die Eigentümer eines materiellen Anteils in Salzburg das ihnen vermutlich zustehende Eigentumsrecht an einer Freifläche, weil sie zu spät das alte „Notlbuch“ von 1787 konsultiert und voreilig das Miteigentum der anderen Stockwerkseigentümer anerkannt hatten; allerdings wäre der OGH bei der Anwendung der alten Beschreibung auf Vermutungen angewiesen gewesen („identisch zu sein scheint“): TZ 909 / 1906 zu 5653700093. 112 8411200105. 113 8010900507. 114 9200103742. 115 8000700066. 116 5641000253. 117 Vgl. 9001200195: „Sicher(!) gehört auch noch der bergseits gelegene Keller und der straßenseits gelegene Dachbodenraum dazu“. 118 Plangg, S. 88. 119 8010900541. 120 Vgl. z. B. StenProtAH VIII. Session, 429. Sitzung 18. 3. 1879, S. 13724. 121 8401300083.

§ 3 Die Verbücherung des Stockwerkseigentums im allgemeinen

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sein. In solchen Fällen nützt auch eine vordergründig mathematisch exakte Beschreibung nicht viel wie etwa diese: „Vom Dachboden 22,4 m2 südöstlich des [Baumittelpunktes].“ 122 Immer wieder nahmen die Grundbuchsanlegungskommissäre Zuflucht zu „gedachten“ Linien, wenn reale Abgrenzungen fehlten. Ein schönes Beispiel dafür bietet eine Landecker Einlage, bei der ein Wagenschuppen durch eine bloß gedachte Grenzlinie geteilt wird. Es handelt sich dabei um eine „gerade Linie ( . . . ), welche 2,38 m von der Westecke des Stalles des Anteils II beginnend bis zur Mitte der Eingangstüre (83 cm Mitte der Türe) verläuft“.123 Im gleichen Sinne erhielt einer der beiden Anteile eines Objekts im Grundbuch Kappl noch 1970 das „Recht des Fahrens mit einem gummibereiften Schubkarren zum Zwecke der Mistausbringung in einer Breite von 0,50 m in gerader Linie von der Stalltüre des Wirtschaftsgebäudes ( . . . ) zur bestehenden Mistlege“ über ein dem anderen Anteil gehöriges Grundstück.124 – Andere ersparten sich auch in solchen Fällen das Messen und nahmen bloß eine „ungefähr gerade Linie“125 an: Vermessungstechnikern mag eine solche Kuriosität heute zur Erheiterung dienen, man muß aber auch die ungewöhnliche Aufgabe bedenken, vor die sich die Grundbuchsanlegungskommissäre gestellt sahen. Hatte man schon bei der Beschreibung von Flächen seine Probleme, so verstärkten sich diese noch in der dritten Dimension, wenn die einzelnen Ebenen eines Gebäudes nicht bloß mit den herkömmlichen Bezeichnungen („1. Stock“ usw.) versehen werden konnten. Besonders im Sprengel des BG Landeck finden sich häufig solche Niveauunterschiede: Manche Räume sind „um 1 m tiefer gelegen“126 als andere oder um „50 cm höher“127, gelegentlich sogar teils „1,5 m tiefer“, teils „um 2 m höher“128. Ein großes Problem bestand also darin, daß die Gebäude nicht in eindeutige Ebenen zerlegt werden konnten, sondern eine Vielzahl von „Zwischengeschossen“ aufwiesen – dies hat etwa der Grundbuchsanlegungskommissär Rudolf Plangg 1927 anschaulich geschildert:129 „Nach der Mitteilung, daß sich diese Behausung dreier Eigentümer erfreue, deren Besitztum vom Keller bis unters Dach nach allen vier Winden zerstreut liege, blieb uns nichts übrig, als Raum für Raum von unten bis oben zu durchgehen und Lage, Bestimmung und Größe neben dem Namen des Eigentümers fein säuberlich auf eine Skizze zu bringen. So stiegen wir also zunächst in die unterirdischen Räume, mit Papier und Bleistift ver8000500118. 8410300093; dieser Beschreibungsaufwand ist seit 1983 wegen Eigentümeridentität gegenstandslos. Ähnlich 9200401360: „als Teilungslinie ist die Mittellinie der Längsseite der Tenne gedacht“. 124 8400600613. 125 8502000319. 126 Weitere Beispiele (bis zu 2,5m Niveauunterschied): 8410300246, 8411000296, 8411000539, 8411100097, 8411100109. 127 Weitere Beispiele: 8411000301, 8411000603, 8411100105. 128 8411000599. 129 Plangg, S. 85. 122 123

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

sorgt und mit einem Stocke bewaffnet, hinab. Dieser tat uns vorderhand die unentbehrlichsten Dienste, denn Stufe um Stufe abtastend, kamen wir auf tückisch abschüssigen und ungleichen Steinstufen in das stockdunkle Verlies des Vorkellers. Ein schmaler Gang weitete sich auf einmal zur breiten, hochgewölbten Grotte. ( . . . ) Bei näherem Zusehen erblickte ich einige Seitenlöcher, zu denen von unserem Boden Stufen hinabführten. Das waren die Eingänge zu den eigentlichen Kellern. Wir krochen in einen solchen hinein, um seine Lage zu zeichnen, da wir uns aber im Vordringen ein, paarmal gedreht hatten, war uns die Orientierung verlorengegangen und wir mußten bis zum Hausgange zurück, um die vermißte Weltrichtung wieder aufzunehmen. Beim zweiten Keller erging es uns nicht anders. Beim dritten machten wir eine neue unliebsame Entdeckung; da verloren wir das Bewußtsein über unsere Höhenlage. Endlich brachten wir heraus, daß dieses Dunkelgemach um eine Manneslänge tiefer lag als die anderen.“ Auch im Wohnbereich fand man außer einem „bunten Nebeneinander ( . . . ) noch ein verquickteres Übereinander der verschiedenen Eigentumspartikeln. So gestaltete sich unsere Skizze immer mehr und mehr zu einem Mosaik ineinander geschachtelter Eigentumsanteile aus. ( . . . ) Wir waren gerade im Begriff, eine Stube zu verlassen, als ich im Umsehen noch zwei kaum merkliche Türen in der getäfelten Rückwand entdeckte. Wir öffneten die eine Tür, um eben hineinzugehen, und wären dabei bei einem Härchen in die Tiefe gestürzt; die Nebenkammer lag nämlich ein halbes Stockwerk unter der Stube, von der eine steile Holztreppe hinabführte. Wir betraten die andere Kammer, deren Türe neben der einen Kammertüre war. Ich ging hinein, in der Meinung, wieder einige Stufen abwärts zu steigen, doch da ging ich abermals fehl. Wohl war wieder eine Stiege hinter der Tür, diese führte jedoch in die Höhe, denn diese Kammer lag über der einen, somit um einen halben Stock höher als die Stube.“ Auch Skizzen, wie sie Plangg erwähnt, wurden den Problemen der Niveauunterschiede nicht gerecht. Die normalen Ebenen ließen sich leicht dadurch darstellen, daß man jedes Stockwerk einzeln bezeichnete („Erdgeschoß“, „ebenerdig“, „1. Stock“ usw.) und durch einen Grundriß skizzierte. Schwierig wurde es schon, wenn sich in einer der Ebenen – insbesondere im Keller – nur an manchen Stellen Räume befanden. Diesem Problem versuchte man dadurch gerecht zu werden, daß die Lage dieser Räume in der Skizze des darüberliegenden Geschosses durch strichlierte Linien angegeben wurde, während die Zuweisung an die Eigentümer außerhalb der eigentlichen Skizze erfolgte, wohin die strichliert umgrenzten Räume parallelverschoben worden waren.130 In Graz versuchte man auch geringere Niveauunterschiede durch farbliche Darstellung z. B. erhöhter Gebäudeteile, Fenster oder Türen sichtbar zu machen. Die Legende, die eine Farbe mit dem Hinweis auf z. B. „etwas erhöht[e]“ Teile erklärte, zeigte die bald erreichten Grenzen dieser Bemühungen: Genauere Angaben fehlten.131 130 131

Z. B. 8000201270, 8000201549. Oben 4. Teil, § 3, FN 36..

§ 3 Die Verbücherung des Stockwerkseigentums im allgemeinen

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b) Probleme aufgrund der Grundbuchsumstellung ab 1981 Die vorhandenen Schwierigkeiten wurden durch die Grundbuchsumstellung auf ADV, die Anfang der Achtzigerjahre des 20. Jahrhunderts einsetzte132, eher vermehrt als verringert. Am offensichtlichsten ist der Umstand, daß die verbalen Beschreibungen wegen der größeren Textmengen zu zahlreichen Fehlern geführt haben. Nicht schwerwiegend sind dabei Grammatikprobleme in Formulierungen wie z. B. „der ganze Erdgeschoß“133; sie entstanden meist dadurch, daß die Aufzählung der Gebäudebestandteile ursprünglich im ersten Fall erfolgt war, dann aber eine Umformulierung vorgenommen wurde. So heißt es heute, grammatikalisch mangelhaft, beispielsweise: „Der materielle Anteil A besteht aus ein heizbares Zimmer ( . . . )“.134 Leicht erkennbar sind Schreibfehler bei der Anteilsbeschreibung, etwa wenn ein „Keller oberhalb“ eines anderen Raumes desselben Anteils liegen soll, obwohl er tatsächlich „unterhalb“ dieses Raumes liegt.135 Zur Verwirrung führen Tippfehler bei der Anzahl der Anteile136 oder deren Bezeichnung137, in den Texten doppelt vorkommende Worte138 bzw. Wortfolgen139 oder verschobene Textteile140. Auch Wortauslassungen kommen nicht selten vor: Läßt sich ein fehlendes Wort aus der Beschreibung eines anderen Anteils ergänzen, so handelt es sich nur um ein geringfügiges Verbücherungsproblem.141 Der Satz „Das wird von beiden Anteilen gemeinsam gedeckt“ kann immerhin aufgrund regelmäßiger Bestimmungen in anderen Einlagen mit dem zentralen Substantiv „Dach“ vervollständigt werden.142 Fundiertere Kenntnisse verlangt hingegen der beziehungslos stehende Halbsatz „Soweit es die landwirtschaftlichen Arbeiten erfordern“; er ist im Sinne einer beschränkten Tennenbenützungsregel zu ver132 Zur Umstellung des Grundbuchs auf Automationsunterstützte Datenverarbeitung vgl. Dittrich / Angst / Auer; Limberger, S. 315 ff. 133 8130600068. 134 5653700118. 135 8010200964. 136 8130700156: Das Gebäude sei in „2 Teile“ geteilt, beschrieben sind jedoch drei, auch ist ein „gemeinschaftliches Eigentum zwischen den Eigentümern aller 3 Anteile“ genannt. 137 So scheinen in 8400600621 zwei materielle Anteile „IV“ auf, während „V“ fehlt; 8400600380 enthält ebenfalls zwei materielle Anteile „IV“, von denen einer mit „VI“ bezeichnet sein sollte. In 9200401489 ist statt „materieller Anteil II“ versehentlich ein zweites Mal „materieller Anteil I“ genannt. 138 Z. B. 8113200083. 139 9210600840: „1.Anteil Haus Nr 6 (sämtliche Räume auf der Nordseite gelegen) / Im Kellergeschoß: ein Kellerraum / zu ebener Erde: der nördlich vom Haus befindlichen 6 (sämtliche Räume auf der Nordseite gelegen) / Im Kellergeschoß: ein Kellerraum / zu ebener Erde: der nördlich vom Haus befindliche Hofraum, . . .“. Weitere Beispiele etwa 8111900155, 8111900156. 140 Z. B. 8400400320, 8401400234. 141 8400600506: „sämtliche Räume mit Ausnahme des(!) an der Nordostseite“. Ähnlich geringfügig 8000900354. 142 8011000313.

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stehen.143 Als schwerwiegend erweist sich das Fehlen von nur zwei Worten in einer Vorarlberger Einlage: Die Beschreibung eines der Anteile wird hier – im Widerspruch zu jener des anderen – abgeschlossen mit der Wortfolge „somit sämtliche Wohnräume des im südöstlichen Eck befindlichen Zimmers“. Tatsächlich sollte es „somit sämtliche Wohnräume mit Ausnahme(!) des im südöstlichen Eck befindlichen Zimmers“ heißen.144 Manche Beschreibungen wurden überhaupt grob verstümmelt.145 Viele solcher Fehler entstanden dadurch, daß die Kurrentschrift der alten Hauptbücher oft nur mangelhaft entziffert wurde146: So zieht sich durch das ADV-Grundbuch von Salzburg Innere Stadt die Wortschöpfung des „Antendaches“, womit in Wahrheit das „Unterdach“ beschrieben sein sollte.147 Bestand ein materieller Anteil in der Salzburger Getreidegasse ursprünglich unter anderem aus „einer verschlagenen Unterdachkammer“, so laut ADV-Grundbuch aus „einem Verschlage vom Antendachkammer“. 148 Während hier die mangelnde sprachliche Qualität aber immerhin stutzig macht und weitere Nachforschungen nahelegt, wirkt eine Beschreibung, die einem materiellen Anteil statt aller „restlichen Entitäten“ nur mehr die „westlichen“ zuweist, auf den ersten Blick richtig – und ist daher wohl besonders schädlich.149 Prinzipiell problematisch scheint der Umstand, daß die Anteilsbeschreibungen bei der Grundbuchsumstellung redaktionell bearbeitet wurden. Zwar ist manche Umformulierung harmlos – aus einem „Dienstbotenzimmer“ wurde etwa ein bloßes „Zimmer“150 – doch fielen dieser Bearbeitung auch potentiell interessante Details der alten Hauptbücher zum Opfer.151 Beispielsweise wurden grob geschätzte Quoten, die den Raumaufzählungen einleitend vorangestellt waren – z. B. die „Untere“ bzw. „Obere Hälfte des Hauses“ – nicht immer ins ADVGrundbuch übernommen.152 Im Extremfall erfolgte die Beseitigung einer Information offensichtlich deshalb, weil sie der herrschenden Dogmatik widersprach: In Abtenau war die Baufläche im alten Hauptbuch als Bestandteil nur des Erdgeschoß-Anteils verzeichnet, bei der ADV-Umstellung verschwand dieser Hinweis – die inzwischen eingetretene Eigentümeridentität hat diesen Fall allerdings entschärft.153 8131000542; vgl. oben § 6 B. 2. c). 9001300730. 145 Z. B. 5653700568. 146 Auf einen Lese- oder Hörfehler zurückzugehen scheint die Verwechslung zwischen „First“ und „Lift“ in 9200103742. 147 Z. B. 5653700268, 5653700272, 5653700357. 148 5653700272. 149 5653700057. 150 3000500008. 151 4200700035. 152 4202100075. 153 5600200018. 143 144

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Auch die Skizzen blieben von der Grundbuchsumstellung nicht unberührt. Kein wirkliches Problem ist dabei der immerhin erwähnenswerte Umstand, daß die ursprünglich mit arabischen Ziffern bezeichneten Anteile in der Aufschrift und im A2-Blatt nun mit römischen Ziffern versehen wurden, während in den Skizzen der frühere Zustand erhalten blieb. Dies ist jedoch ein Symptom für die fortschreitende Entflechtung der Texte und Skizzen: Während sie früher im Hauptbuch enthalten waren, wurden sie bei der Grundbuchsumstellung, weil nicht ADV-tauglich, als Kopien in die Urkundensammlung ausgelagert; vereinzelt findet sich auch noch ein Verweis auf das alte Hauptbuch. In jedem Fall ist damit der einst enge Zusammenhang zwischen Text und Skizze deutlich gelockert; die Skizzen sind fast aus dem Bewußtsein verschwunden. Dies mag für das Problem veralteter Skizzen (siehe sogleich) mitverantwortlich sein.

c) Probleme der mangelnden Aktualisierung Während die zuvor genannten Probleme als Begleiterscheinungen des einzigartigen Unternehmens der Grundbuchsumstellung angesehen werden können, entstehen laufend Probleme mit der Aktualität des Grundbuchs. Im Vorfeld zu RGBl 1910 / 92 hatte das StWE zur Befürchtung Anlaß gegeben, daß bei jeder Veränderung „die ursprüngliche Einlage unbrauchbar“ würde; es müßten daher Reserveeinlagen eröffnet, neue Skizzen angefertigt und beigebunden werden, insgesamt würden selbst geringste Änderungen im Gutsbestande neue Beschreibungen erfordern.154 Diese Sorge vor Arbeitsüberlastung war zwar theoretisch durchaus begründet, praktisch „löste“ man das Problem jedoch dadurch, daß die beschriebenen Tätigkeiten einfach unterblieben: Bauliche Veränderungen finden also in der Regel weder in den verbalen Beschreibungen noch in den allenfalls existierenden Skizzen einen Niederschlag.155 Dies betrifft nicht nur geringfügige, sondern auch ganz erhebliche Baumaßnahmen wie z. B. den Ersatz von Wirtschaftsgebäuden durch Wohnungen und Garagen156 oder einen Fall, in dem das Grundbuch zwei Geschoße nennt (und Eigentümern zuordnet), das Gebäude aber tatsächlich vier Geschoße aufweist.157 Auch Änderungen der Grundstücksfläche oder der Grundstücksnummern finden keine Beachtung: In Oberndorf sollte laut Beschreibung zu einem der Anteile noch eine Gartenparzelle gehören, die aber schon 1969 unter Eröffnung einer neuen Einlagezahl abgeschrieben wurde.158 Die Beschreibung JM 18098 / 1907: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 13 / 15. Die Skizzen entsprechen also nicht mehr dem tatsächlichen Zustand; z. B. die Skizze in TZ 2999 / 1990 zu 9212100525 mit der Beschreibung in 9212100525. Dieses Problem wurde wiederholt bestätigt: Gesprächsprotokolle zu BG 813 und zu BG 840. 156 Z. B. 9200103742. 157 4200700180. Die Veränderungen wurden hier nicht bloß durch Eigentümeridentität der beiden Anteile erleichtert, sondern auch durch den Bau der Seestraße unmittelbar am Ufer des Hallstättersees; vgl. Morton, S. 13. 158 5641000126; ähnlich z. B. 8130400614. 154 155

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eines Pitztaler Objekts beginnt im A2-Blatt zwar mit dem Hinweis, das „auf Gst .159 erbaute Wohnhaus [sei] materiell in zwei Teile geteilt“, diese Grundstücksnummer ist im A1-Blatt aber überhaupt nicht genannt. Dies verwundert nicht, entspricht doch die Beschreibung ausdrücklich dem Stand von 1909!159 Keine substantielle Abhilfe, doch wenigstens ein Zeichen für entsprechendes Problembewußtsein, ist das Anknüpfen an einen historischen Zustand etwa mit der Formulierung: „Das auf der ehemaligen(!) Gst .157 erbaute Haus ist materiell in 2 Teile geteilt.“160 Die ADV-Grundbuchsabschrift alleine reicht in solchen Fällen jedenfalls nicht zur Rekonstruktion der Rechtsverhältnisse aus; der Wert des Grundbuchs erscheint erheblich gemindert. Besonders deutlich zeigt sich dieses Problem dann, wenn im Grundbuch zwar noch materielle Anteile aufscheinen, diese aber aufgrund von Eigentümeridentität de facto nicht mehr existieren. Das Grundbuch verliert dann fast jeden Bezug zur Realität: So wurden Objekte ermittelt, bei denen zumindest ein Abriß des Altbestandes, teils auch ein völliger Neubau in veränderter Gestalt erfolgt war, sodaß die im Grundbuch vorgenommene Anteilsbeschreibung schon deshalb gegenstandslos geworden war.161 Differenzen zwischen den Objektbeschreibungen der Grundbücher und den tatsächlichen Verhältnissen resultieren unter anderem daraus, daß sich die Beschreibungen der Anteile nicht vergleichsweise zeitlos an Bauteilen orientieren, sondern auf eine bestimmte Nutzung zurückgreifen: So ist etwa eine Bezugnahme auf die im Gebäude untergebrachte „kk Postamtskanzlei“162 am Beginn des 21. Jahrhunderts und in Anbetracht der Schließung zahlloser Postämter nicht mehr sehr nützlich, bedarf es doch im Ernstfall einer Rekonstruktion der Lokalverhältnisse zur Zeit der Grundbuchsanlegung. Gleiches gilt für Objektbezeichnungen wie etwa „derzeit Gasthaus zur blauen Ente“.163 Manche Beschreibungen waren aber schon zum Zeitpunkt ihrer Aufzeichnung nicht mehr aktuell, wie Hinweise auf „teilweise demoliert[e]“ oder „verfallene“ Bestandteile zeigen.164 Auch außerhalb des A-Blattes bereitet die Aktualisierung Probleme. Die Zuweisung der materiellen Anteile an die Eigentümer in der Aufschrift ist im Vergleich zum mittlerweile bekannteren und häufigeren Wohnungseigentum165 ungewöhnlich, wodurch immer wieder Fehler auftreten. Vielfach unterbleiben nämlich die 159 8000900316. Das Eigentum an den drei im A1-Blatt aufgezählten Grundstücken ist nach der Beschreibung des A2-Blattes „je zur ideellen Hälfte mit dem Eigentum der vorbeschriebenen zwei materiellen Anteile verbunden.“ Weitere Beispiele: 8010200657 (zwei Grundstücksnummern), 8010900538, 8011000157 (teilweise), 8601700255. 160 8010600376. 161 5630800016; 9101400221. 162 8510600239. 163 5653700043. 164 Z. B. 8400900178. 165 Vgl. z. B. 5653700452.

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Aktualisierungen dieser Aufschriften (wohl mangels entsprechenden Antrags), sodaß materielle Anteile an nicht mehr bestehende laufende Nummern des B-Blattes zugewiesen erscheinen.166 Wird etwa auf „B-LNR 1 2“ verwiesen, sollten diese Nummern doch noch existieren und nicht bereits durch B-LNR 4 oder 6 ersetzt sein.167 Unübersichtlich ist es auch, in der Aufschrift den Verweis auf eine nicht mehr existente Nummer des B-Blattes zu belassen, dann jedoch durch einen Zusatz im A2-Blatt („Materieller Anteil I nunmehr BLNR 3 4“) zu aktualisieren.168 Im Extremfall besteht gar keine materielle Teilung mehr.169 Besonders verwirrend ist das Zusammentreffen eines Hinweises auf die materielle Teilung in der Aufschrift mit der Nennung rechnerischer Quoten im B-Blatt unter gleichzeitigem Entfall von Anteilsbeschreibungen im A2-Blatt; hier verdeckt die mangelnde Aktualisierung der Aufschrift für den ersten Blick den Umstand, daß Quoten an die Stelle materieller Anteile getreten sind.170 Beim oberflächlichen Betrachter entsteht nämlich eher der Eindruck, daß sich die Quoten auf die materiellen Anteile beziehen, wodurch beispielsweise die Hälfte jedes Anteils herrenlos wäre.171 Um die richtigen Eigentumsverhältnisse zu bestimmen, sind also gelegentlich zusätzliche Nachforschungen zumindest über das Verzeichnis der gelöschten Eintragungen erforderlich. Probleme der Aktualität des Grundbuchs zieht auch die Begründung von Wohnungseigentum an einem materiellen Anteil nach sich. Dieser wurde in der Aufschrift einer Einlage des BG Telfs in „Wohnungseigentum“ umbenannt und die Beschreibung des Objekts im A2-Blatt dahingehend geändert, daß das Gebäude „materiell in den Anteil I und in das Wohnungseigentum geteilt“ sei. Keine Modifikation erfolgte jedoch hinsichtlich der Angabe, daß diese Beschreibung dem „Stand 1904“ entspreche; solchen Angaben ist also nicht immer zu trauen. Der Telfser Fall gewinnt noch dadurch an Brisanz, daß (übrigens unter einer falschen Aufschrift) bei der benachbarten Einlage das Eigentum für den jeweiligen „Eigentümer des m. A. II“ des ersteren Grundstücks verbüchert ist, ein solcher Eigentümer bei streng formalistischer Betrachtung der Anteilsbezeichnungen aber nicht mehr vorhanden wäre.172 – Unübersichtlich bis problematisch ist auch die Eigen166 Z. B. 3000500008, 5641000019, 5641000131, 5653700093, 5653700125, 5653700127, 8010700198, 8601800242, 8604100197, 8700700696, 9000300183, 9200401087, 9200401839. Zu den Gründen für den Wechsel einer B-LNR siehe Dittrich / Pfeiffer, S. 15. 167 4200700119; 4202100060. 168 So geschehen in 4000500426. 169 8010800318, 8600300078, 8600600175, 8603100769. 170 8010700199 (Aufschrift enthält Hinweis auf die materiellen Anteile und verweist auf die Nummern 1 und 2 bzw. 4 bis 7 des B-Blattes; dort findet sich davon jedoch nur mehr Nummer 6, daneben existieren die neuen Nummern 8 bis 10. Ihnen allen sind aber nur mehr Quoten von 1 / 6 bis 1 / 2 zugewiesen.); ähnlich, doch durch einen weiteren Fehler (die Aufschrift enthält nur mehr die Zeile „Materieller Anteil I“) weniger typisch, 8010700168. 171 Z. B. 8010500410, 8011000282, 8011000292. 172 8130300572 und 8130300573; ähnlich (doch ohne zweite Einlage) 8600300363.

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tümerzuweisung bei mehreren Wohnungseigentumsgemeinschaften innerhalb desselben Objekts: Sonst eindeutige Bezeichnungen wie „Wohnung 1“ können ausnahmsweise mehrfach vorkommen.173 Schließlich entstehen Probleme der Aktualität des Grundbuchs vielfach im Zusammenhang mit der Anordnung des § 3 StWEG 1879, wonach beim Zustandekommen einer „Vereinigung“ materieller Anteile „eine Trennung oder abgesonderte Belastung derselben nicht mehr vorgenommen werden“ kann. Die bücherliche Behandlung solcher Vereinigungen bzw. von Eigentümeridentitäten hängt jedoch eng mit materiellrechtlichen Fragen zusammen und soll daher gesondert dargestellt werden [siehe unten § 8 C. 2. b)].

d) Grundbuchsberichtigung Die Aktualität des Grundbuchs könnte durch dessen konsequente Berichtigung spürbar verbessert werden174, doch kommt dies nur selten vor.175 Die nachweisbaren Fälle sind stets auf das Vorliegen besonderer Umstände zurückzuführen. Am offensichtlichsten war die Notwendigkeit, bei der Grundbuchsanlegung vergessene Anteile zu reklamieren.176 Ähnliches gilt für Gebäudeteile, die bei der ersten Beschreibung des Objekts nicht genannt wurden.177 Die Ergänzung zuvor nicht genannter Teile wurde gelegentlich auch dazu verwendet, durch Wiederholung der Eigentumsverhältnisse an bereits erwähnten Teilen eine Klarstellung vorzunehmen, vielleicht um aufgetretenen Zweifeln zu begegnen: So hatten „der Abort sowie der Hauseingang an der Ostseite“ schon laut „Stand 1906“ zum Anteil II einer Einlage des Grundbuchs Tarrenz gehört; 1937 wurden nicht nur Gebäudebestandteile ergänzt, die zuvor nicht erwähnt worden waren, sondern zugleich wurde wiederholt: „Der Hauseingang an der Ostseite und der Abort gehören zum m. A. II.“ Da solche Nachträge regelmäßig nicht in die ursprünglichen Beschreibungen eingearbeitet werden, sondern zu diesen unter eigener Tagebuchzahl hinzutreten, ist diese Information damit doppelt vorhanden.178 Zweifellos am häufigsten wird eine Grundbuchsberichtigung dadurch ausgelöst, daß einzelne Gebäudeteile eines Stockwerkseigentümerns einem anderen zufal5653700117, 5653700331. Zur Grundbuchsberichtigung Rechberger / Bittner, Rz 308 ff. – Ein davon zu unterscheidendes Kuriosum ist die „Berichtigung gem § 12 Abs. 3 WEG 1975“ in 9200401361, also eine solche der Mindestanteile nach Neufestsetzung der Nutzwerte, obwohl es sich bei dem betreffenden Objekt nicht um Wohnungseigentum handelt! 175 Z. B. 8200200217 („Besitzrichtigstellungsurkunde“), 8010900510, 8400800170 („Richtigstellungsvertrag“). 176 So z. B. 1908 in 4202100042. 177 Schon 1917 in 8010100374. 178 8001000627; weiters z. B. 8411000620, 8712200016. – Manche Richtigstellungen werden auch in die Urkundensammlung verlagert. 173 174

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len.179 Dabei ist es einem korrekten Grundbuchsstand vermutlich förderlich, wenn Raumgewinne und Raumverluste Hand in Hand gehen, weil die Sinnhaftigkeit einer Berichtigung dann allen Betroffenen eher einleuchtet. Im allgemeinen zeigte sich jedoch eine erschreckende Sorglosigkeit der Parteien. In einem Salzburger Fall wurde ihnen erst nach mehreren Jahren bewußt, daß außerbücherliche Vereinbarungen ihnen längerfristig eher schaden: „Wir haben nun schon vor mehr als sechs Jahren mündlich ( . . . ) die vorgenannte Holzlage und das Holzgewölbe im hinteren Stöckl getauscht“, stellten die Eigentümer zweier materieller Anteile 1941 fest, um sodann „zum Zwecke der Ordnung des Grundbuchsstandes im Sinne der tatsächlichen Besitzverhältnisse ( . . . ) im Wege dieses schriftlichen Vertrages den oben geschilderten Rechtsvorgang“ anzuerkennen und die grundbücherliche Durchführung in die Wege zu leiten.180 Bei einem anderen Salzburger Haus blickte man 1993 sogar auf mehr als drei Jahrzehnte der Veränderungen zurück; in einer „Anerkennungsurkunde“ stellten die Parteien fest: „Der Grundbuchsstand gibt ( . . . ) nicht die tatsächlichen in der Natur bestehenden Besitz- und Eigentumsverhältnisse wieder. Es hat sich daher im Zuge eines Umbaues ( . . . ) als notwendig erwiesen, die tatsächlich bestehenden Eigentumsrechte klarzustellen“.181 Die Parteien bedurften also eines konkreten Anlasses, um die Eigentumsverhältnisse richtig zu stellen. Dementsprechend halbherzig fiel die Aktion aus, bei der man sich nicht zu einer vollständigen Neubeschreibung durchrang: Auf ehemalige Eigentümer bezogene und daher veraltete Beschreibungselemente, wie etwa der „Keller des M.“ oder das „Glasergewölbe des R.“, blieben weiter erhalten!182 In einem dritten Fall schließlich hätten selbst umfangreiche bauliche Veränderungen die zerstrittenen Stockwerkseigentümer nicht zu einer Berichtigung bewogen. Erst dem BG schien 1964 eine Neubeschreibung „zum Zwecke der endlichen Anpassung des Grundbuchsstandes an die seit bald 20 Jahren (Zerstörung des Altbestandes) und seit 8 Jahren (Fertigstellung des Neubestandes) veränderte Wirklichkeit unerlässlich und gemäss §§ 132 ff. Grundbuchsgesetz geboten“.183 Damit zeigte man sich am BG Salzburg als wesentlich sensibler gegenüber den Problemen der materiellen Teilung als anderenorts: In Tirol war wenige Jahre zuvor die Neubeschreibung eines materiell geteilten Gebäudes gescheitert, weil man dies als verbotene Neubegründung von StWE qualifiziert hatte.184 Die Salzburger Fälle zeigen jedenfalls deutlich die Einigkeit der Parteien als wichtige Voraussetzung für die Vornahme von Berichtigungen bzw. Neubeschrei179 In 8010900510 wurde 1982 festgestellt, es seien „mit dem materiellen Anteil I ( . . . ) nunmehr beide Keller an der Südwestecke im Erdgeschoß verbunden“, während die Beschreibung von 1911 hier nur einen Keller gekannt hatte. – In 8001000649 heißt es: „Die vormals beiden Teilen gemeinsame Küche gehört nun zum m. A. I.“ 180 TZ 2168 / 1942 zu 5653700127. 181 TZ 18171 / 1993 zu 5653700039. 182 TZ 18171 / 1993 zu 5653700039. 183 TZ 1296 / 1965 zu 5653700434. 184 Dazu Dietrich, S. 85 ff.

23 Kohl

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bungen. Sie kommt in der Charakteristik eines „Richtigstellungsvertrag[s]“185 ebenso zum Ausdruck wie in einem „Übereinkommen“ als Verbücherungsgrundlage: „Aufgrund Zeugnisses d. Stadtgemeindeverwaltung in Salzburg vom 10. Jänner 1900 Z. 44.186 und des Übereinkommens vom 14. Juli 1899 wird: ein weiterer Boden über drei Stiegen bei dem physischen Hausantheile lit A ausgezeigt“.186 Neben fehlender Einigkeit der Parteien könnten aber auch die angenommenen Kosten einen Einfluß auf die Zurückhaltung gegenüber Grundbuchsberichtigungen haben. Dieser Aspekt fand 1954 sogar in einen der abgeschlossenen Verträge Eingang: „Da die gegenständliche Vereinbarung nur die Feststellung der tatsächlich bestehenden Verhältnisse zur Ersichtlichmachung im Grundbuche bezweckt, liegt keine gebührenpflichtige Vereinbarung vor“, stellten die Parteien darin fest.187 – Rechtspolitisch wäre es demnach empfehlenswert, ausdrücklich klarzustellen, daß derartige Berichtigungen keine Eintragungsgebühren auslösen. Darüber hinaus sollte im Interesse der Richtigkeit des Grundbuchs auch eine Befreiung von der Eingabengebühr überlegt werden.188

e) Gesamtbeurteilung Insgesamt189 ist festzustellen, daß die bisherige Grundbuchsführung den Problemen materiell geteilter Gebäude nicht vollkommen gerecht werden konnte. Das zu beobachtende Prinzip, die räumlichen Eigentumsobjekte möglichst genau zu beschreiben, ist jedoch positiv zu beurteilen. Die Tatsache, daß es mit den früheren technischen Möglichkeiten nicht gelang (und wohl auch gar nicht gelingen konnte), dem hohen Anspruch gerecht zu werden, der insbesondere in der Erfassung der Dreidimensionalität liegt, sollte nicht dazu führen, diesen Anspruch selbst aufzugeben. Es wäre zweifellos ein Rückschritt, wollte man sich vor diesem Problem in eine bloße Verbücherung rechnerischer Quoten flüchten. Im Sinne der Rechtssicherheit wäre es wünschenswerter, unter Ausnützung des technischen Fortschritts das bisher verfehlte Ziel zu erreichen und eine allenfalls zu erwartende Erfassung der dritten Dimension so zu planen, daß sie auch den komplizierteren Verhältnissen des vorhandenen StWEs gerecht werden kann. Einen bemerkenswerten Eindruck von den dabei bestehenden Möglichkeiten vermittelt etwa die digitale Erfassung und Darstellung mittelalterlicher Kelleranlagen.190

8400800170. GB Salzburg Mülln, EZ 43 (heute ist 5653750043 nicht mehr materiell geteilt). 187 TZ 2808 / 1954 zu 5653700527. 188 Vgl. zu den Grundbuchsgebühren Rechberger / Bittner, Rz 324 f. 189 Vgl. Kohl, Methoden, S. 98 f. 190 Fabiankowitsch / Wagner, S. 119 ff.; allg. zu Problemen der „Dreidimensionalität“ und Möglichkeiten, den Informationswert von Grundbuch und Kataster zu steigern, Muggenhuber / Schernthanner / Twaroch, S. 453 ff. 185 186

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§ 4 Die Stockwerkseigentümer A. Theorie Relativ häufig finden sich in der Literatur Überlegungen zur Eigentümerstruktur des StWEs. Sie wurden von der Annahme dominiert, StWE sei ein „Ersatzinstitut des Grundeigentums für wirtschaftlich schwächere Kreise“.1 Gestützt wurde dies wiederholt auf die Motive zum Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs für Bayern, die das Vorkommen bei „der weniger bemittelten Einwohnerklasse“ behauptet hatten.2 Für Münchens Vorstädte hat die spätere Forschung dies bestätigt: Da die Stadt selbst nämlich von ihren Neubürgern ein bestimmtes Vermögen verlangte, wichen jene, die dieses nicht aufbringen konnten, auf die Vorstadt aus.3 Die Bevölkerung der Münchner Au setzte sich daher aus kleinen Gewerbetreibenden und vor allem unselbständig Erwerbstätigen der schlechtesten Berufe zusammen; Dölker nennt unter anderem Lumpensammler, Landmusikanten, Froschhändler, Sesselträger, Mausfallen- oder Sterbkreuzmacher. Die Menschen, die solchen Berufen nachgehen mußten, wurden früher oder später zu Fällen der Armenpflege. Diese war ab 1790 von München selbst zu bestreiten, weil es eine eigene Armenpflege für die Vorstadt Au gar nicht gab. Im Jahrzehnt zwischen 1829 und 1839 wendete München beispielsweise 131.000 Gulden für die Armen von Au auf. Von den Herbergseigentümern konnten allerdings – und dies relativiert das „Arme-Leute“-Klischee – durch Verwertung der Herbergen kleinere Beträge hereingebracht werden.4 Kritisiert wurde aber auch eine Folgeerscheinung dieser Armut, nämlich die „Überfüllung“ der Wohnungen, die etwa für Tirol „in sittlicher und hygienischer Beziehung höchst bedenklich“ erschien.5 Diese Argumentation fand sich übrigens gleichermaßen in Württemberg, wo die „sittlichen Gefahren eines zu engen Zusammenwohnens“ beschworen wurden und man daher die Abschaffung des StWEs aus Gründen „sittlicher Art“ forderte.6 Andererseits erklärten die Anhänger des StWEs, das Rechtsinstitut sei „bei weitem besser geeignet, sich den Bedürfnissen wirtschaftlich schwächerer Kreise anzupassen“, und daher sozialer.7 Erst im Rahmen der Überlegungen zur Wiedereinführung eines StWEs verschwand dieses „Arme-Leute“-Argument. So handelte es sich bei den Mitgliedern der Hamburger „Wohnhaus Grüner Baum GmbH“, einer Alternativkonstruktion, 1 Möller, S. 76, S. 84; in diesem Sinne auch etwa Zoeppritz, S. 4; Krückmann, StWE, S. 714. 2 Krauß, S. 341; Biermann, S. 193; Schott, S. 17. 3 Dölker, S. 7; Wilhelm, Haidhausen, S. 51; Peter, S. 81. 4 Dölker, S. 10 ff. 5 Vortrag Isottis in JM 28701 / 1908: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 13. 6 Steimle, Wiedereinführung, S. 355, S. 357; Steimle, Frage, S. 100, S. 102. 7 Möller, S. 3.

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von der Krückmann 1930 berichtete, um wohlhabende Gesellschafter (je ein Rechtsanwalt, Bankier, Kaufmann und drei Witwen) sowie „um ein anspruchsvolles und kostspieliges Haus“.8 Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm man dann an, die Eigentümergemeinschaft eines neubegründeten StWEs würde „sich typisch aus Leuten mit einigen Ersparnissen zusammensetzen ( . . . ), die zwar einige tausend Mark, aber nicht so viel besitzen, daß sie sich ein eigenes Haus auf eigenem Grund bauen können“.9 Andere Aspekte der Eigentümerstruktur fanden in der Literatur keinen Niederschlag.

B. Rechtstatsachen 1. „Arme Leute“? Die Rechtstatsachenuntersuchung zeigt ein vielschichtiges und überaus differenziertes Bild. Zum Teil schuf die materielle Gebäudeteilung wirklich geringwertige Liegenschaftsanteile, die auf die Bedürfnisse weniger wohlhabender Interessenten zugeschnitten waren. Dies betrifft besonders landwirtschaftlich genutzte Objekte; so erinnert man sich im Montafon heute noch daran, daß die Stockwerkseigentümer „sehr arme Bauern“ gewesen seien, denen die Notare zu dieser kostengünstigen Gebäudeart geraten hatten.10 Tatsächlich wurde etwa ein Stallanteil samt Heuboden im Jahr 1994 um nur 5.000 Schilling verkauft.11 Doch auch Armut ist relativ: Man sollte nicht übersehen, daß selbst „sehr arme Bauern“ wirtschaftlich und sozial besser gestellt waren als bäuerliche Dienstboten oder Taglöhner. Dazu kommt, daß zwar ein einzelner materieller Anteil nur geringen Wert hat, nicht selten aber eine Kumulation von Eigentumsrechten an materiellen Anteilen stattfindet. So besitzt der gleiche „Eigentümer der EZ 75“ des Grundbuchs Kappl (Tirol) jeweils gleich 2 materielle Anteile an den Einlagen 316 und 319, also insgesamt zumindest vier materielle Anteile12, die Eigentümer zweier anderer Einlagen des gleichen Grundbuchs haben jeweils materielle Anteile an mindestens drei weiteren Einlagen13. Krückmann, StWE, S. 719. Lange, S. 207. – Betrachtet man die heutige Situation des Wohnungseigentums insbesondere in Ballungsräumen, so wird man dieser Einschätzung in der Regel zustimmen müssen, auch wenn es einerseits vereinzelte Luxuswohnungen in der Preiskategorie von Häusern gibt, andererseits sogar Substandardwohnungen als Eigentumswohnungen verkauft werden. Eine durchschnittliche Eigentumswohnung wird stets deutlich günstiger sein als ein Haus in vergleichbarer Lage. Man stelle sich nun vor, daß alle Personen, die das Kapital für einen Hauskauf nicht aufbringen können, auf Mietverhältnisse angewiesen wären! 10 Gesprächsprotokoll BG 901. 11 TZ 1798 zu 9010200804. 12 8400600316 bzw. 8400600319. 13 8400600192 und 8400600193 an 8400600389, 8400600390, 8400600391. 8 9

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Auch bei städtischen StWE entspricht das Klischee vom armen Stockwerkseigentümer oftmals nicht der Realität. Unter den Stockwerkseigentümern befanden sich „Private“, Militärbeamte und Offiziere14 oder Kaufleute mit und ohne den Titel eines kaiserlichen Rates15. So wechselte etwa ein materieller Anteil des sogenannten „Niederleghauses“ in der Salzburger Getreidegasse 1848 von einem Handwerksmeister an einen Beamten: Anton Enigl, Hofrichter von St. Peter, erwarb Erdgeschoß und ersten Stock um 4.060 Gulden vom Tapezierer Georg Fraissam, der diesen Gebäudeteil ein Jahr zuvor um 5.000 Gulden erstanden hatte.16 Fast gleichzeitig kämpften die Wiener Arbeiter um einen täglichen Mindestlohn von 1 Gulden!17 Überhaupt erreichen die Kaufpreise teils beeindruckende Höhen: Ein Gassengewölbe samt Magazin in der Salzburger Getreidegasse wechselte 1911 für 28.000 Kronen den Besitzer, also um einen Betrag, der etwa dem 25fachen Jahresgehalt einer Kalkulantin der Postsparkasse entsprach.18 Der vierte Stock eines Hauses am Residenzplatz kostete im August 1921 30.000 Kronen; der dabei der Verkäuferin verbleibende erste Stock samt Gewölben und Kellern bot auch nach dieser Abtrennung noch ausreichende Sicherheit für ein Darlehen von 26.000 Kronen.19 Dieser Fall zeigt auch den großen Umfang der Gebäudeteile, der einen geringen Wert vielfach ausschloß: So ließen sich materielle Anteile später in bis zu 23 abgeschlossene Wohneinheiten20 teilen – von einem „Arme-Leute-Eigentum“ kann man hier kaum sprechen. Doch selbst bei geringer Größe kann der Wert beachtlich sein, wenn sich die Objekte in begehrten zentralen und daher teuren Wohn- bzw. Geschäftslagen befinden.21 Wo dies nicht der Fall ist, finden sich aber natürlich auch Substandardwohnungen, die als Gastarbeiterquartiere noch heute tatsächlich arme Leute beherbergen, auch wenn diese vielfach nur als Mieter auftreten. Schließlich zeigen markante Einzelfälle, daß das Rechtsinstitut des StWEs auch für sehr bedeutende Vermögen und dementsprechende Eigentümer geeignet sein konnte: So gehörte ein Gebäude am Salzburger Domplatz teils dem Erzbischof bzw. später dem „kk Hof-Aerar“, teils dem Stift St. Peter.22 In Innsbruck war das TZ 659 / 1921 zu 5653700039. TZ 586 / 1911 zu 5653700367. 16 Pagitz-Roscher, S. 183. 17 Häusler, S. 180 f., S. 191. 18 TZ 586 / 1911 zu 5653700367; Ernennungsdekrete des (Gouverneurs des) k.k. Postsparkassenamtes Wien für Luise Linhart, Zl 15.365 / 24.Juli 1910 (1. Dienstaltersklasse, 1100 Kronen) bzw. Zl. 18.766 / 24. Oktober 1911 (2. Dienstaltersklasse, 1150 Kronen): Privatarchiv des Verfassers. 19 TZ 659 / 1921 zu 5653700039. 20 5653700253. (Sie gehörten 2000 allerdings nur 6 Personen.) 21 Gesprächsprotokoll BG 565 / 1; Gesprächsprotokoll BG 565 / 3. 22 GB Salzburg Innere Stadt, EZ 224 (Domplatz 1). 14 15

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Grundstück der „Silbernen Kapelle“ zwischen dem Hofärar und dem jeweiligen Eigentümer der Nachbarliegenschaft geteilt, bevor es 1902 im Eigentum des ersteren vereinigt wurde.23 Ähnlich lagen in Wien die Verhältnisse zwischen der Pfarrkirche „Zu den neun Chören der Engel“ und dem benachbarten Gebäude des Kriegsministeriums Am Hof.24

2. Eigentümerstruktur a) Allgemeines Im Rahmen der Rechtstatsachenuntersuchung wurden auch Aspekte erhoben, die von der Literatur bislang nicht thematisiert worden waren, insbesondere wurde die Eigentümerstruktur erforscht. Die in der Folge genannten Prozentsätze beziehen sich jeweils auf die Gesamtzahl der im Grundbuch namentlich genannten Eigentümer. Nicht in die Berechnungsbasis einbezogen wurden die Fälle realrechtlicher Verbindung, also jene, in denen als Eigentümer die „jeweilige[n] Eigentümer“ anderer Einlagen aufscheinen.25 Sie machen, bezogen auf alle Stockwerkseigentümer im Untersuchungsgebiet sowie auf den Zeitraum 1800 bis 1999, immerhin 9,2 % aus, in Vorarlberg 18,3 %, in Tirol sogar 25,5 %; in Salzburg kommen derartige realrechtliche Verbindungen hingegen nicht vor. Der tatsächliche Eigentümer wäre dabei erst am Schluß einer Verweisungskette zu ermitteln26; von diesem unverhältnismäßigen Aufwand wurde abgesehen. Im März 2000 waren im Untersuchungsgebiet rund 77 % der Stockwerkseigentümer Einzelpersonen (44 % männlichen, 33 % weiblichen Geschlechts), 6,9 % Ehepaare, 8,4 % sonstige Personenmehrheiten und 7,5 % juristische Personen.27 Über den historischen Untersuchungszeitraum (1800 – 1991) waren von den Erwerbern von StWE etwa 65 % Einzelpersonen (35 % männlich, 30 % weiblich), 15 % waren Ehepaare, knapp 16 % sonstige Personenmehrheiten, 3,6 % juristische Personen.28 23 TLA, GBA-Protokoll KG Innsbruck 7 / 23, EZ 1085. Für diesen Hinweis danke ich Herrn MinR a.D. RA MMag. Dr. Gebhard Klötzl. 24 Fuchs, S. 566. 25 Beachtet wurden hier lediglich Eigentümeridentitäten, die durch den Verweis auf die gleiche Einlagezahl – „Eigentümer der EZ 90060“ (8001100437), „Eigentümer der EZ 90072“ (8001100413) – oder zufällig etwa durch die gleiche Rangordnungsanmerkung (8001100410) sichtbar werden. 26 8411100173 – 8411100191 – 8411100145 bzw. 8411100036; 8411100188 – 8411100097 – 8411100326 bzw. 8411100443 bzw. 8411100038. 27 Unter letzteren findet sich sogar noch ein „Chevra-Kadischa-Verein“, eine jüdische Beerdigungsbruderschaft, die eigentlich nicht mehr existiert: 3010900057; Lichtenberger, S. 136; Auskunft Dr. Gerhard Baumgartner (Wien). – Diese Berechnung erfolgte unter Hinweglassung der zahlreichen Verweise auf die „jeweiligen Eigentümer“ anderer Liegenschaften. 28 Der Anteil juristischer Personen ist in Tirol (2,5%) und Vorarlberg (2,9%) niedriger als in der Stadt Salzburg (3,6%).

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Leider liefern die für Österreich vorliegenden Rechtstatsachenuntersuchungen keine geeigneten Vergleichswerte für materiell ungeteilte Objekte.29

b) Geschlechterverhältnis Betrachtet man das Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen Stockwerkseigentümern, so zeigt eine regionale Differenzierung bemerkenswerte Unterschiede. Der Anteil männlicher Stockwerkseigentümer liegt in Tirol (49,9 %) deutlich über jenem in Vorarlberg (35 %); in der Stadt Salzburg ist er mit 31 % sogar niedriger als der Anteil weiblicher Stockwerkseigentümer (33 %), der in Tirol (29,9 %) und Vorarlberg (27,1 %) unter der 30 %-Marke bleibt. Dieses Geschlechterverhältnis unterlag im Laufe der Zeit erheblichen Veränderungen, wie eine Detailuntersuchung für den aufgrund der frühen Grundbuchsanlegung umfangreichsten und am weitesten in die Vergangenheit zurückreichenden Datenbestand, jenen der Stadt Salzburg, illustriert: Während im 19. Jahrhundert unter den Stockwerkseigentümern mehr Männer als Frauen zu finden waren, zeigte das erste Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts ein ausgeglichenes Verhältnis, bevor der Anteil weiblicher Stockwerkseigentümer stark anstieg. Schon zwischen 1930 und 1939 standen 24 % Männern 36 % Frauen gegenüber; wohl aufgrund der Kriegsereignisse verschob sich dieses Verhältnis im folgenden Jahrzehnt nochmals zu Ungunsten der Männer (25 % zu 43 %). Seither stieg der Anteil männlicher Stockwerkseigentümer wieder kontinuierlich an: Über 28 % bzw. 29 % im 6. bzw. 7. Jahrzehnt kletterte er auf 38 % bzw. 39 % im 8. bzw. 9. Jahrzehnt. Dem zuletzt genannten Wert steht ein Frauenanteil von bloß noch 28 % gegenüber. Eine mögliche Erklärung für diese Veränderungen könnte in einer sinkenden Attraktivität des Rechtsinstituts liegen, die erst vor dem Hintergrund verschwimmender Grenzen zum Wohnungseigentum zum Stillstand kam bzw. sich sogar in ihr Gegenteil verkehrte. c) Personenmehrheiten Bei einem knappen Drittel (30,3 %) der untersuchten Einlagen ist zumindest ein materieller Anteil ideell geteilt. In Sprengeln mit einer durchschnittlich hohen Anzahl materieller Anteile je Gebäude liegt dieser Wert nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit deutlich höher – so findet sich in rund drei Viertel (75,4 %) der Objekte in der Stadt Salzburg zumindest ein ideell geteilter Anteil – sonst niedriger wie etwa im Sprengel der Bezirksgerichte Imst und Innsbruck mit jeweils rund 20 %. Bei weit mehr als der Hälfte der Fälle (55,9 %) erfolgte die Teilung in Hälften, bei 9,1 % in Drittel; sonst sind die Quoten noch kleiner, wobei die Nenner 29 Vgl. Fedynskyj (Gerichtsbezirk Innsbruck); Prokopp (Gerichtsbezirk Baden); Eigner (Gerichtsbezirk Hartberg); Rettig-Strauss (Gerichtsbezirk Mistelbach); Kristen (Gerichtsbezirk Mödling); Plankl (Gerichtsbezirk Liesing).

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auch ohne Wohnungseigentum weit über 1.000 ansteigen.30 Derartiges ideelles Miteigentum bedeutet, daß als Eigentümer des materiellen Gebäudeteils eine Personenmehrheit fungiert. Mit 8,4 % sind heute nur vergleichsweise wenige Stockwerkseigentümer Mehrheiten miteinander nicht verheirateter Personen; Ehepaare wurden eigens erfaßt (siehe sogleich). Bezogen auf den historischen Zeitraum 1800 bis 1991 und das gesamte Untersuchungsgebiet liegt der Anteil dieser Personenmehrheiten bei 15,7 %, woran die sinkende Bedeutung dieser Eigentümergruppe sichtbar wird. Die größte Bedeutung haben Personenmehrheiten in Vorarlberg (25,5 % im Gesamtzeitraum), Tirol (15 %) liegt ziemlich genau im Durchschnitt, Salzburg bleibt hinter diesem zurück (13 %). Hier zeigt die historische Rechtstatsachenuntersuchung starke Veränderungen: Bis 1929 machten Personenmehrheiten nur einen Anteil von 5 bis 12 % aller Stockwerkseigentümer aus, im folgenden Jahrzehnt stieg dieser Anteil jedoch auf 32 %, um sich dann zwischen 13 und 20 % einzupendeln. Zwischen 1980 und 1989 verdoppelte sich die Zahl der Personenmehrheiten jedoch gegenüber dem vorangegangenen Jahrzehnt und betrug nun 27 %: Ein Grund dafür mag in der im städtischen Bereich steigenden Anzahl von Lebensgemeinschaften liegen. Personengemeinschaften treten in verschiedenen Formen in Erscheinung: Einerseits befinden sich unter den Personenmehrheiten nicht wenige Geschwister, bietet doch das StWE den Vorteil, daß es auch an mehrere Kinder vererbt oder übergeben werden kann31; für das Wohnungseigentum besteht diese Möglichkeit erst seit dem WEG 2002, dessen Eigentümerpartnerschaft jedoch auf zwei Personen beschränkt ist. Im Gegensatz zu dieser steht bei der Quotenteilung des StWEs nicht unbedingt der materielle Anteil selbst im Mittelpunkt der Interessen. Dies zeigt etwa ein Objekt in Gaschurn mit einer Liegenschaftsfläche von bloß 25 Quadratmetern: Einer der Anteile, bestehend aus einem Stall von rund 10 Quadratmetern, ist in 93 / 96 sowie in vier je 1 / 128 geteilt. Dabei geht es wohl kaum um die Stallnutzung oder die unbedeutende Grundfläche als vielmehr um die an dieses Eigentum geknüpften Holzbezugsrechte an anderen Liegenschaften.32 Andererseits gibt es auch manche Fälle, in denen durch die ideelle Teilung offenbar das Verbot materieller Teilung umgangen werden sollte. Indizien dafür können Titel, Quotenbemessung oder beteiligte Personen33 sein, allenfalls auch die Anteilsbeschreibung, insbesondere, wenn es sich um ehemals getrennte „Herbergen“ handelt.34 So wurden z. B. 27 bzw. 23 / 50stel eines zuvor in Alleineigentum stehenden Anteils innerhalb eines Jahres an verschiedene, offenbar weder mit dem 30 31 32 33 34

8601800242 (1440stel), 5620900037 (2336stel). Z. B. 5620900252. 9010200374. Z. B. 5653700052. 5620900207.

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Verkäufer noch miteinander verwandte Personen verkauft.35 Das Ergebnis ist ein durchaus riskantes Miteigentum: Es ist letztlich – im Gegensatz zum StWE selbst36 – stets von der Teilungsklage bedroht! Das Quoteneigentum an materiellen Anteilen37 schien stets besonders problematisch und wurde auch dazu verwendet, die materielle Teilung als absurde Erscheinung darzustellen – obwohl man dabei ebensogut die ideelle Teilung hätte kritisieren können. So erfuhren die Abgeordneten Italienisch-Tirols 1908 von einem Fall, in dem an einem von vier materiellen Teilen eine Quote von 2 / 96tel bestand, deren Wert auf 3 Kronen und 75 Heller geschätzt wurde.38 Tatsächlich hielten aber auch viele Betroffene wenig von einer Zersplitterung des Eigentums an einem materiellen Gebäudeteil. Zwar gibt es – entgegen entsprechenden Erwartungen des 19. Jahrhunderts39 – keine Teilungsklagen und auch Vorkaufsrechte, wie sie etwa Artikel 228 des württembergischen AGBGB vorgesehen hatte40, fehlen, dennoch finden sich Wege zur Vereinigung. Eine besondere Rolle können dabei die Ehepartner einzelner Stockwerkseigentümer spielen, die, ähnlich dem einheiratenden Ehegatten bei der bäuerlichen Betriebsnachfolge, ihr Kapital zum Kauf von Miteigentumsanteilen nutzen: So kaufte z. B. eine Frau dem Bruder ihres Ehemannes seine Hälfte eines materiellen Anteils ab, sodaß dieser dann im Miteigentum von Ehegatten stand41, ein Mann erlangte durch den Kauf der Anteile seiner beiden Schwägerinnen sogar eine höhere Quote als seine Frau42. Es ist allerdings auch möglich, daß die Quotenteilung eines materiellen Anteils über Jahrzehnte bestehen bleibt; beispielsweise gelang es in einem Salzburger Fall erst nach 45 Jahren, wieder Alleineigentum an einem materiellen Anteil herzustellen.43 Ein Einzelfall blieb die Umsicht einer Salzburger Stockwerkseigentümerin, die der drohenden Zersplitterung ihres materiellen Anteils nach ihrem Tod durch Bestimmung einer Nacherbschaft vorbeugte und damit einen Effekt erzielte, für den man sich in Mittelalter und Früher Neuzeit des Miteigentums auf Überleben bedient hätte: Festgehalten wurde hier im Grundbuch nämlich „die von der Erblasserin ( . . . ) im Testament 5653700093; TZ 5206 / 1954 und TZ 5999 / 1954 zu 5653700093. Zu Verwechslung bzw. Abgrenzung dieser Probleme m. w. N. OGH 30. 6. 1982, 3 Ob 559 / 82 (Unterinstanzen OLG Innsbruck 1 R 336 / 81, LG Innsbruck 14 Cg 465 / 81): SZ 55 / 99 = EvBl 1982 / 176 = MietSlg. XXXIV / 23 = MietSlg. 34.085 (über Interpretation von JBl 1968, S. 478). 37 Aufgrund der Ablehnung von Gesamthandeigentum findet sich Miteigentum an materiellen Anteilen in Österreich nur in der Form von Quoteneigentum. In der Münchner Vorstadt Au war hingegen nach Dölker, S. 87, auch Gesamthandeigentum möglich gewesen. 38 Vortrag Isottis in JM 28701 / 1908: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 13. – Derartige Kritik bereitete den Boden für den unteilbaren Mindestanteil des WEG 1948. 39 Vgl. Zimmermann, Wohnungsfrage, S. 43. 40 Hammer, S. 23. 41 5653700127. 42 5653700120. 43 5653700621. 35 36

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vom 26. Juli 1869 getroffene Bestimmung, daß dieser Hausantheil auf Jede der Beiden [erbenden Schwestern] nach dem Tode der Einen ganz in den Besitz der Andern übergeht, wenn sie beide nicht freiwillig untereinander ein anderes Uibereinkommen treffen“ – was sie allerdings taten und den Hausanteil verkauften.44

d) Ehegatten-Stockwerkseigentum Im März 2000 waren 6,9 % aller Stockwerkseigentümer Ehepaare, die ihren materiellen Anteil je zur Hälfte besaßen. Über den historischen Zeitraum 1800 bis 1991 liegt dieser Wert bei 15,2 %. Dabei ist Ehegatten-Stockwerkseigentum bei den materiell geteilten Objekten Tirols (6 %) und Vorarlbergs (8,1 %) erheblich seltener als in der Stadt Salzburg (19 %). Allerdings zeigt eine zeitliche Differenzierung nach Jahrzehnten, daß dieser hohe Durchschnittswert dem 19. und beginnenden 20. Jahrhundert zu verdanken ist, jener Zeit, für die aufgrund der späteren Grundbuchsanlegung nur vereinzelte Daten aus Tirol und Vorarlberg vorliegen. In der Periode 1850 bis 1909 lag der Anteil von Ehepaaren an den Stockwerkseigentümern in Salzburg zwischen 25 und 32 %, während er im Laufe des 20. Jahrhunderts überwiegend unter 15 % blieb und z. B. zwischen 1980 und 1989 nur mehr 3 % erreichte. Zum Stichtag (3. 3. 2000) war in Salzburg der Anteil von Ehepaaren mit 4 % nur mehr halb so hoch wie in Vorarlberg. Insgesamt zeigt die langfristige Betrachtung also eine sinkende Bedeutung von Ehegatten-StWE, wobei vermutlich mehrere Faktoren zusammentreffen: Wirtschaftlich tätige Ehepaare wickeln ihre Immobiliengeschäfte heute eher über juristische Personen ab, deren Anteil im Vergleich zu früher stark zugenommen hat. Gleichzeitig verliert das gewöhnliche Quotenmiteigentum im privaten Bereich vor dem Hintergrund steigender Scheidungsraten an Attraktivität gegenüber dem zwingend verbundenen Ehegattenwohnungseigentum mit seinen speziellen Regelungen für den Todes-, vor allem aber für den Scheidungsfall. Nur selten wird nämlich das StWE von Ehegatten durch wechselseitiges Belastungs- und Veräußerungsverbot45 dem Ehegattenwohnungseigentum angenähert. Einen weiteren, wenngleich nur geringen Einfluß mag auch der Umstand haben, daß zu den Ehegatten all jene – früher häufigeren – Fälle gerechnet wurden, in denen die Betreffenden als Brautpaare noch vor ihrer Eheschließung das StWE miteinander erwarben.46 In manchen dieser Fälle dauerte dieser Brautstand übrigens ziemlich lange, etwa von 1870 bis 187947 oder von 1936 bis 1952.48 44 5653700367. Zum Miteigentum auf Überleben siehe Brauneder, Ehegüterrecht, S. 241; Brauneder / Jaritz, S. 20 f. 45 Z. B. 3000100136, 8010800328. 46 Z. B. 4201800134, 4202100044 (heute kein StWE mehr), 5653700042, 5653700093, 5653700108, 5653700121, 5653700150 (mehrmals), 5653700163, 5653700362, 5653700367 (mehrmals), 5653700434, 5653700452, 5653700567, 5653700568. 47 4202100062: Eigentumserwerb 1870, Trauung 1879.

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Das große Interesse von Ehe- und Brautpaaren am StWE sowie der insgesamt hohe Anteil von Personenmehrheiten machen es verständlich, daß die vom WEG 1948 vorgeschriebene Beschränkung des Wohnungseigentums auf eine Einzelperson nicht auf Dauer genügen konnte. Hätte man diese Umstände bei der Konstruktion des Wohnungseigentums berücksichtigt, so wäre das Ehegattenwohnungseigentum nicht erst 1975, eine Eigentümerpartnerschaft nicht erst 2002 einzuführen gewesen.49 e) Wohnungseigentum an materiellen Anteilen Eine Weiterentwicklung des Quoteneigentums, die besondere Beachtung verdient, ist das Wohnungseigentum an materiellen Anteilen. Es findet sich bei 2,9 % der untersuchten Einlagen und hat seinen Schwerpunkt naturgemäß bei den größeren Gebäuden des städtischen StWEs.50 Auf einen materiellen Anteil mit Wohnungseigentum entfallen durchschnittlich 4,96 Wohnungseigentumseinheiten, der Maximalwert liegt bei 2351. Die Begründung von Wohnungseigentum an materiellen Gebäudeteilen setzte sehr bald nach dem Inkrafttreten des WEG 1948 ein. Sie geschah, soweit erkennbar, stets vertraglich, wobei das Wohnungseigentum anfangs nicht immer dem Standard entsprach, der daran hinsichtlich Selbständigkeit bzw. Abgeschlossenheit der Wohnungseigentumseinheiten anzulegen gewesen wäre.52 Die ebenfalls mögliche richterliche Einräumung von Wohnungseigentum53 zur Beendigung einer gewöhnlichen Miteigentumsgemeinschaft hatte hingegen keine praktische Bedeutung. Bestimmte Fallkonstellationen scheinen für die Begründung von Wohnungseigentum prädestiniert. Einerseits findet sich Wohnungseigentum bei Objekten, bei 48 5653700367. – Vielleicht waren es solche Fälle, die zur Vorstellung führten, StWE sei ein sittlich gefährliches Rechtsinstitut. Ähnliche Sorgen zeigten sich dann im Vorfeld des WEG 2002, das die Eigentümerpartnerschaft einführte: „Vor allem ÖVP und FPÖ befürchten, daß mit einer Gesetzesänderung auch gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften Tür und Tor geöffnet werde“, so berichtete Rischanek ihren Lesern 1998. 49 Lange Zeit galt aber der Kauf einer Eigentumswohnung durch ein unverheiratetes Paar als Paradebeispiel rechtlicher Unmöglichkeit: OGH 13. 12. 1994, 5 Ob 138 / 94 (Unterinstanzen OLG Linz 1. 2. 1994, 4 R 113 / 93; KG Wels 8. 2. 1993, 1 Cg 151 / 92): JBl 1995, S. 788 (mit Glosse von Lukas) = MietSlg. 46.051 = WoBl 1996 / 7 (mit Glosse von Christian Markl) = EWr III / 878A / 1 f. 50 Z. B. 5653700108. 51 5653700253. 52 TZ 631 / 1959 zu 5653700016. – Zur Selbständigkeit bzw. Abgeschlossenheit siehe Faistenberger / Barta / Call, Rz 13 ff. zu § 1 WEG 1975; Bericht und Antrag des Justizausschusses zum WEG 1948, 676 BlgNR V.GP, zu § 1 des Entwurfs, abgedruckt in Faistenberger / Barta / Call, S. 890 f. 53 Hofmeister / Egglmeier, Rz 17 zu § 843 WEG.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

denen die materielle Gebäudeteilung wegen grenzübergreifender Gebäudeteile besteht. Hier sind oft sehr große materielle Anteile vorhanden, die ähnlich gewöhnlichen Althäusern in Wohnungseigentum umgewandelt werden. Eine Umgehung des Teilungsverbotes im StWEG 1879 ist hier nicht beabsichtigt.54 Andererseits handelt es sich um solche Stockwerkseigentumsobjekte, die bereits aus mehreren materiellen Anteilen zusammengewachsen sind55, und zwar zu teils sehr bedeutenden Gebäudeteilen: Allein aus dem heutigen materiellen Anteil A eines Salzburger Innenstadthauses, in dem mehrere andere Anteile aufgegangen waren, ließen sich 23 abgeschlossene Wohneinheiten bilden.56 Allerdings ist nicht unbedingt eine Identität zwischen den früheren materiellen Anteilen und den neugeschaffenen Wohnungseigentumseinheiten zu beobachten.57 – Schließlich kann das Wohnungseigentum am StWE im Einzelfall auch das Ergebnis einer gescheiterten Umwandlung des gesamten Hauses in Wohnungseigentum sein.58 Das durch Hälftequoten zum Ausdruck kommende Bestreben, bei nur zwei Wohnungseigentümern keinem ein überwiegendes Gewicht zu geben, läßt hingegen auf die Absicht schließen, das Teilungsverbot des StWEG 1879 zu umgehen.59 Noch deutlicher wird dies, wenn neben dem Wohnungseigentum auch noch schlichtes Miteigentum am materiellen Anteil erhalten bleibt.60 Bei dieser Konstruktion bestehen also drei verschiedene Ebenen: Wohnungseigentum und gewöhnliches Miteigentum an einem materiellen Anteil bilden gemeinsam ein „gemischtes“ Objekt, zusammen mit einem anderen materiellen Anteil ein materiell geteiltes Haus. Hier geht es vor allem um die Schaffung einer Rechtsgrundlage für den Verkauf eines materiellen Teiles, eine Miteigentumsquote ist bloß „notwendiges Übel“. Die Rechtsstellung des Verkäufers soll möglichst wenig verändert werden. Die aus Literatur und Praxis bekannten Probleme gemischter Häuser können dabei innerhalb eines materiellen Anteils entstehen, insbesondere bei fortbestehendem Übergewicht des „alten“ Stockwerkseigentümers, also etwa dann, wenn der neubegründete Wohnungseigentumsanteil nicht einmal ein Viertel des materiellen Anteils ausmacht.61 Die Begründung von Wohnungseigentum am StWE beseitigt die materielle Teilung nicht. Sie verändert primär nur das interne Verhältnis der Quotenmiteigentümer eines fortbestehenden materiellen Gebäudeteils. Dies wurde gelegentlich übersehen oder – vielleicht um höhere Käuferakzeptanz zu erreichen – sogar bewußt verschleiert, etwa durch die Umbenennung eines materiellen Anteils in 54 55 56 57 58 59 60 61

Z. B. 8120900240. Z. B. TZ 2473 / 1956 zu 5653700568. 5653700253. (Sie gehörten 2000 allerdings nur 6 Personen.) Vgl. TZ 983 / 1951 zu 5653700041. 5653750005; Gesprächsprotokoll zu 5653750005. 8111300033. 5620900159, TZ 983 / 1951 zu 5653700041. 5653700041.

§ 4 Die Stockwerkseigentümer

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„Wohnungseigentum“62 oder durch vertragliche Formulierungen: „Die Vertragsparteien vereinbaren hiemit ausdrücklich und unwiderruflich, das ,Stockwerkseigentum‘ am materiellen Anteil A ( . . . ) aufzuheben und Wohnungseigentum im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes 1975 zu begründen“.63 Bei Käufern eines solchen Wohnungseigentums können derartige Formulierungen leicht falsche Vorstellungen herbeiführen. Dennoch darf nicht übersehen werden, daß die Begründung von Wohnungseigentum an einem materiellen Anteil auch Auswirkungen auf die anderen Stockwerkseigentümer hat. Überwiegend handelt es sich dabei um praktische Probleme des täglichen Lebens, haben sie es doch nun mit einer speziell verfaßten und allenfalls von einem Verwalter vertretenen Gemeinschaft zu tun. Im Einzelfall gibt es aber auch juristisch interessante Konsequenzen: Wird etwa später das Eigentum aller materiellen Anteile, auch jenes der verschiedenen Wohnungseigentumseinheiten, in einer Hand vereinigt, so verhindert die geschehene Begründung von Wohnungseigentum die Rechtsfolgen des StWEG 1879 – die materiellen Anteile bleiben selbständig bestehen und können weiterhin gesondert Gegenstand des Rechtsverkehrs sein.64 Ungeachtet der Auswirkungen einer Wohnungseigentumsbegründung auf die anderen Stockwerkseigentümer geschieht diese in aller Regel ohne deren Mitwirkung.65 Die Bestimmung des § 4 WEG 1948 bzw. des § 2 Absatz 2 WEG 1975, wonach zur Wohnungseigentumsbegründung die Unterschriften aller Liegenschaftseigentümer erforderlich seien, wurde also nicht im Sinne der Miteigentumstheorie interpretiert. Als Liegenschaft galt der überwiegenden Praxis vielmehr jeder einzelne materielle Anteil, während darunter normalerweise der gesamte Grundbuchskörper verstanden wird, und zwar mit allen darauf errichteten Gebäuden.66 Es konnte nur ein einziger Fall ermittelt werden, in dem die anderen verbliebenen Anteilseigentümer eingebunden worden waren: Sie erklärten in einer schriftlichen Vereinbarung, „der Errichtung von Wohnungseigentum hinsichtlich des materiellen Anteiles A ihre ausdrückliche Zustimmung für sich und ihre Rechtsnachfolger im Besitze vorbezeichneter materieller Anteile D und F zu erteilen“ und „über Verlangen [der Eigentümer des Anteils A] auf deren Kosten einen Wohnungseigentumsvertrag hinsichtlich des materiellen Anteiles A in einverleibungsfähiger Form zu unterfertigen“. Im Gegenzug erklärten die Eigentümer des Anteils A „bereits ihre Zustimmung zur Errichtung eines Wohnungseigentumsvertrages[,] So 8130300572, 8600300363. TZ 24219 / 1997 zu 5653700120 (irreführend nun die Aufschrift, die zum Anteil A nicht mehr auf eine B-LNR verweist, sondern dazu bloß pauschal „Wohnungseigentum“ vermerkt). 64 5653700568 (WE begründet mit TZ 2473 / 1956 zu 5653700568). 65 Z. B. TZ 2473 / 1956 zu 5653700568, TZ 631 / 1959 zu 5653700016, TZ 24219 / 1997 zu 5653700120. 66 Palten, Rz 4 f. zu § 1 WEG. 62 63

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

falls die Eigentümer der physischen Hausanteile D und F entweder gemeinsam oder jeder für sich hinsichtlich seines materiellen Hausanteiles einen Wohnungseigentumsvertrag errichten wollen“.67 So richtig diese Vorgangsweise ist, wenn man vom Miteigentum an der Grundfläche ausgeht, so unerfreulich scheint die grundgelegte Tendenz, in einem Haus mehrere Wohnungseigentumsgemeinschaften zu begründen. Dies ist jedoch bereits mehrmals geschehen, wenn auch zum Teil nur auf Vorrat68, sodaß die zu erwartenden Probleme noch nicht schlagend geworden sind.

f) Exkurs: Die Verbücherung von Wohnungseigentum an materiellen Anteilen Wohnungseigentum am StWE ist eine besondere Herausforderung für die Grundbuchsführung. In der Regel findet sich in der Aufschrift der Zusatz „Wohnungseigentum am mat. Ant. ( . . . )“. Dabei ist es nicht unüblich, jedoch äußerst unpraktisch, die Information über das Vorliegen von Wohnungseigentum in der Aufschrift an die Stelle des sonst üblichen Hinweises auf die entsprechende B-LNR zu setzen, statt sie jenem auf die materielle Teilung bloß anzufügen. Es heißt dann also zB: „Einlage mit materiellen Anteilen / Materieller Anteil A: Wohnungseigentum / Materieller Anteil C: LNR 4 und 5“.69 Auch das Bestehen mehrerer Wohnungseigentumsgemeinschaften in einem Haus bereitet Probleme mit der Aufschrift. Unterschiedlich ist dabei die Praxis der Anbringung des Hinweises auf das Wohnungseigentum: Meist wird für jeden materiellen Anteil, an dem Wohnungseigentum begründet wurde, eine eigene Zeile mit dem Hinweis auf „Wohnungseigentum am mat. Anteil ( . . . )“ eingefügt.70 Irreführend ist hingegen das platzsparende Zusammenziehen zu einem gemeinsamen Hinweis auf „Wohnungseigentum hins mat. Anteile A D“71, suggeriert es doch die Vereinigung mehrerer materieller Anteile unter Begründung nur einer einzigen Wohnungseigentumsgemeinschaft und verschleiert damit die tatsächliche Komplexität der Verhältnisse. Auch die Bezeichnung der Wohnungseigentumseinheiten kann bei mehreren Wohnungseigentumsgemeinschaften zu Verwirrungen führen, gibt es doch „W1“ usw. mehrfach!72 Zweckmäßig ist es daher, die einzelnen WohTZ 9472 / 1986 zu 5653700463. 5653700117 (nach WE-Begründung 1999 schon 2000 wieder alle Anteile in der Hand einer Person), ähnlich 5653700199. 69 5653700120 (verursacht vielleicht durch mißverständliche Formulierung in der TZ 24219 / 1997 zu 5653700120). – Diese Methode bringt allerdings dadurch, daß die Aufschrift hinsichtlich des einen materiellen Anteils keiner Aktualisierung mehr bedarf, auch einen Vorteil mit sich. 70 Z. B. 5653700117, 5653700331. 71 So 5653700253. 72 Z. B. 5653700253, 5653700331. 67 68

§ 4 Die Stockwerkseigentümer

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nungen verwechslungssicher, etwa mit „1A“, „1B“ und „1C“73 zu bezeichnen. Dies kann in vorausschauender Weise bereits geschehen, solange nur an einem materiellen Anteil Wohnungseigentum begründet ist; mit Bezeichnungen wie „Geschäft A1“ oder Wohnung „A2“ sind Wohnungseigentumsbegründungen an anderen materiellen Anteilen erheblich erleichtert.74

g) Naheverhältnis zwischen den Eigentümern materieller Anteile Bei Betrachtung der Eigentümerstruktur des StWEs ist schließlich noch ein Phänomen zu beachten, das sich nicht bloß auf einzelne materielle Anteile, sondern meist auf das gesamte Gebäude bezieht. Es sind dies jene Fälle, bei denen zwischen den Stockwerkseigentümern ein Naheverhältnis besteht. Ein solches ist etwa anzunehmen, wenn eine Personengesellschaft den einen Anteil besitzt, der andere den Gesellschaftern gehört75, wenn die gleichen Personen als Eigentümer der Anteile aufscheinen, jedoch zu unterschiedlichen Quoten76, wenn der Alleineigentümer des einen Anteils auch Miteigentümer des anderen Anteils ist77 oder wenn der Hälfteeigentümer des einen Anteils am anderen durch mehrere Kaufverträge bereits 13 / 16 erworben hat.78 Typisch ist auch ein Nebeneinander verschiedener kirchlicher Widmungen, wenn also z. B. einer der Anteile der „röm.-kath. Pfarrpfründe“ gehört, der andere der „röm.-kath. Frühmesspfründe“79 oder der „röm.kath. Meßnerpfründe“80. Der häufigste Fall eines Naheverhältnisses zwischen den Anteilseigentümern ist es jedoch, wenn der eine Anteil einem, der andere dem anderen Ehepartner oder beiden Ehegatten gemeinsam gehört81, wobei nur ausnahmsweise ein gegenseitiges Belastungs- und Veräußerungsverbot besteht.82 Dieses „unechte Ehegatten-Stockwerkseigentum“ kann eine Vorstufe zur Vereinigung der materiellen Anteile – durch gemeinsamen Verkauf oder Übergabe – darstellen, doch muß das nicht sein. Immerhin organisieren die Beteiligten ihr gemeinsames Eigentum nicht als Ehegattenmiteigentum an den vereinigten materiellen Anteilen, teils ganz bewußt durch eine zumindest dem Geist des StWEG 1879 widersprechende 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82

8600300363. 5653700120. 8300800488. 8603100372. Z. B. 8010100407, 8411200119, 8411200195, 8411200196. 8000500117. 8010500476. 8410600125. Z. B. 5620900179, 8001000616, 8410800239, 8603100501, 8711300258. 3000100136.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

Gestaltung der Kaufverträge83, teils durch entsprechende Belastung84. Im Vergleich zu Ehegattenmiteigentum an den vereinigten Anteilen bietet das unechte Ehegatten-Stockwerkseigentum im Fall einer Ehescheidung den Vorteil, sich nicht auch noch mit der Trennung eines Miteigentumsverhältnisses beschäftigen zu müssen, doch wird dieser streitverringernde Aspekt gelegentlich durch unklare Belastungen in Frage gestellt.85

8000201259. 8001000616. 85 8001000616: Während die Zugehörigkeit zu einer Agrargemeinschaft 1995 ausdrücklich für beide Anteile „zusammen“ eingetragen wurde, ist Vergleichbares für die seit 1987 begründeten Pfandrechte unterblieben. 83 84

§ 5 Der Erwerb von Stockwerkseigentum

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§ 5 Der Erwerb von Stockwerkseigentum A. Theorie Mit dem Erwerb materieller Gebäudeteile hat sich die Theorie naturgemäß nicht beschäftigt. Man ging davon aus, daß für StWE als Eigentumsvariante alle möglichen Erwerbstitel in Frage kommen könnten. Nur eine Episode blieb der von Schwarzacher 1947 gemachte Vorschlag, bei StWE den Rechtsverkehr unter Lebenden zu beschränken. In Anlehnung an manche Agrargemeinschaften sollten Eigentumswechsel unter Lebenden sowie Belastungen einer Zustimmung aller übrigen Stockwerkseigentümer bedürfen. Weigerten sich diese, so hätte die Entscheidung einer Schlichtungsstelle diese Zustimmung ersetzen können, wenn der potentielle Erwerber „den anderen Teilhabern zugemutet werden kann“.1 Mit diese Idee wäre zwar den Gemeinschaftscharakter stark betont worden, doch hätte sie zweifellos eine große Erschwernis für die Marktfähigkeit des StWEs mit sich gebracht. Einer der großen Vorteile des StWEs lag eben darin, Eigentum zu sein.

B. Rechtstatsachen Im Rahmen der Rechtstatsachenuntersuchung wurden über 5.000 Erwerbsvorgänge, etwa je zur Hälfte aktuelle und historische Erwerbstitel, erfaßt. In rund einem Fünftel der 2398 aktuellen Erwerbstitel des Untersuchungsgebietes (20,8 %) beruht das Eigentum auf „Ersitzung“. Das Vorkommen dieses im 19. Jahrhundert schon dem preußischen Obertribunal2 und dem OAG München3 für materielle Gebäudeteile bekannten Erwerbstitels mag auf den ersten Blick verwundern, hatte doch der österreichische OGH festgestellt, eine Ersitzung physischer Teile sei unmöglich: Gemäß § 1455 ABGB könne nur ersessen werden, was ein möglicher Gegenstand privater Berechtigung sei; aufgrund des StWEG 1879 würde diese Voraussetzung auf materielle Gebäudeteile nicht zutreffen.4 Die ablehnende Haltung des OGH betrifft damit nur solche Ersitzungen, die zu einer Neubegründung von StWE führen. Ein bereits bestehender materieller Anteil kann also durchaus ersessen werden, wobei der Typus des grenzübergreifenden StWEs durch die allgemeine Lebenserfahrung der Vertikalteilung besonders anfällig erscheint: „Da Schwarzacher, S. 100. Striethorsts Archiv LIV (= 2. Folge II) / 17; vgl. für anfängliche Entstehung Striethorsts Archiv XXXVI (= NF IV) / 62. 3 Trotz seiner grundsätzlicher Ablehnung der materiellen Gebäudeteilung hielt das OAG München einen Keller dann für ersitzungsfähig, wenn er „ein eigenes Ganzes für sich ausmachen und als solches aufgefaßt werden“ könne, wobei man sich damit beruhigen konnte, daß in einem derartigen Fall selbst Savigny die Möglichkeit zu abgesondertem Besitzerwerb anerkannt hatte: Seufferts Archiv XXI / 99; Dölker, S. 110. 4 OGH 4. 3. 1976, 7 Ob 512 / 76: JBl 1976, S. 642 = NZ 1978, S. 110. 1 2

24 Kohl

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

sich die Holzlage zur Gänze im Erdgeschoß des Hauses ( . . . ) befindet, durften [der Ersitzungsbesitzer] und seine Rechtsvorgänger auch davon ausgehen, daß ihnen die Ausübung dieses Rechtes [= Eigentum] zusteht.“ Ungeachtet der grundbücherlichen Beschreibung gab hier also die berechtigte Annahme vertikaler Teilung den Ausschlag; die bisherige grundbücherliche Eigentümerin anerkannte den Verlust ihres Eigentums an einem in das Nachbarhaus hinüberragenden Gebäudeteil.5 Der hohe Anteil von Ersitzungen ist jedoch nicht auf solche Fälle zurückzuführen, sondern vielmehr auf die Praxis der Grundbuchsanlegung in Tirol und Vorarlberg, die – insbesondere bei realrechtlicher Verbindung mit anderen Liegenschaften – auf die Erhebung des konkreten Erwerbstitels verzichtete. Man begnügte sich mit der Feststellung, der „jeweilige Eigentümer“ einer anderen Einlage habe seit über 30 Jahren auch diesen materiellen Anteil besessen. Diese Fälle von Ersitzung mußten, ebenso wie die in 6 % vorkommenden Verweise auf die „Grundbuchsanlegung“, vor einer weiteren Analyse ausgeschieden werden, um die Ergebnisse der Rechtstatsachenuntersuchung nicht zu verzerren: Immerhin machen sie in Vorarlberg 43,2 % aller Erwerbstitel aus, während sie in der Stadt Salzburg vollkommen fehlen. Betrachtet man die derart bereinigten Erwerbsvorgänge, so zeigt sich, daß StWE zu 29,7 % durch Kaufverträge erworben wird, zu 26,7 % durch Einantwortung, zu 14,8 % durch Übergabsverträge und zu 10,6 % durch Schenkungsverträge.6 Der Rest verteilt sich auf verschiedene Titel wie Vergleiche oder Zuschlagserteilungen bei Versteigerungen. Unter Berücksichtigung der ebenfalls geringfügigen Anteile für Tauschverträge7 und Amtsurkunden für Legatare dominiert der unentgeltliche oder entgeltsfremde Erwerb mit etwa 53 % gegenüber dem entgeltlichen. Dieses Verhältnis unterliegt erheblichen regionalen Unterschieden: Das städtische StWE Salzburgs wird erheblich öfter entgeltlich erworben als das – zuweilen fast wertlose8 – ländliche Vorarlbergs (36,6 % gegenüber 27,7 %), dementsprechend findet hier öfter unentgeltlicher oder entgeltfremder Erwerb statt (62,8 % gegenüber 50,9 % in der Stadt Salzburg)9. Landwirtschaftliche Betriebe bleiben eben eher in der Familie.10 Vergleicht man mit diesen aktuellen Eintragungsgrundlagen alle erhobenen Erwerbstitel des Zeitraums 1800 bis 1999, so zeigt sich, daß der Anteil von KaufverTZ 18171 / 1993 zu 5653700039. Die Werte der beiden erstgenannten Erwerbstitel liegen damit deutlich niedriger als bei ostösterreichischen Erhebungen; Übergabs- und Schenkungsverträge scheinen dafür häufiger auf: Rettig-Strauss, S. 35 ff.; Kristen, S. 46; Plankl, S. 49. 7 Zum Tausch von Herbergen vgl. Dölker, S. 88. 8 TZ 1798 zu 9010200804. 9 Bestätigt wird dies durch die Vergleichswerte für Tirol (55,3%) und Hallein (47,9%). Eine größere Häufigkeit von Kaufverträgen im städtischen Bereich zeigten auch die ostösterreichischen Rechtstatsachenuntersuchungen, z. B. Eigner, S. 54 ff., 154; Kristen, S. 50 ff. 10 Vgl. Eigner, S. 37. 5 6

§ 5 Der Erwerb von Stockwerkseigentum

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trägen früher deutlich höher war (41 %) und nicht so weit hinter dem unentgeltlichen oder entgeltsfremden Erwerb11 zurückblieb wie heute. Diese Tendenz wurde schon in den ostösterreichischen Rechtstatsachenuntersuchungen deutlich.12 – Für Vorarlberg, wo die Bestimmungen des StWEG 1879 erst 1900 in Kraft traten, ermöglicht das vorhandene Datenmaterial auch Rückschlüsse auf jene Veränderungen, die das Teilungsverbot nach sich zog: Im Vergleich zur Zeit vor 1900 stieg der Anteil von Einantwortungsurkunden danach um 6 Prozentpunkte, jener der Kaufverträge sank um 3 Prozentpunkte. Insgesamt reduzierte sich also die Marktakzeptanz des StWEs.13 Die Befürworter des StWEs hatten die stärkere Verbundenheit des Stockwerkseigentümers mit Grund und Boden als Vorteil des Rechtsinstituts betont, während die Anhänger des Mietsystems dessen „Vorzug eines leichteren Wohnungswechsels“14 hervorhoben. Vor dem Hintergrund dieser Diskussion ist es interessant, daß es bei StWE durchaus häufige Eigentümerwechsel gab; so etwa konstatierte schon Wiesauer bei dem von ihm untersuchten materiell geteilten Haus „auffällig häufige[n] Besitzerwechsel“.15 Für das noch bestehende StWE zeigt sich ein differenziertes Bild, wenn man das Alter der aktuellen Eintragungsgrundlagen betrachtet. Während in Tirol (48,1 %) und Vorarlberg (42,9 %) aufgrund der dortigen Verbücherungspraxis jeweils fast die Hälfte der Eigentümstitel älter als 50 Jahre ist, sind das in der Stadt Salzburg nur 2,9 %, in Hallein sogar bloß 1 %. Hier stammen 40,2 % aus dem letzten Jahrzehnt 1990 bis 2000, in Salzburg sind es nur 32,2 %: Die attraktiveren Lagen der Salzburger Altstadt werden weniger oft verkauft.16

36,6% Einantwortungsurkunden, 7,1% Übergabsverträge, 3,5% Schenkungsverträge. Rettig-Strauss, S. 35 ff.; Kristen, S. 46; Plankl, S. 42 ff. 13 Eine in älterer Zeit gegenläufige Tendenz hat Dölker für die Münchner Vorstadt Au festgestellt: Hier dominierte im 16. / 17. Jahrhundert die Vererbung der Herbergen, im 18. / 19. Jahrhundert hingegen deren Veräußerung. Um 1700 setzte ein schwunghafter Handel mit Herbergen ein, an dem „Spekulanten“ nicht unbeteiligt waren – wohl auch deshalb war der An- und Verkauf von Herbergen noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts unter die Aufsicht des Magistrats gestellt: Dölker, S. 8 ff., S. 82 f. 14 Dölker, S. 22. 15 Wiesauer, S. 42. 16 Dies bestätigte auch eine Immobilienmaklerin: Gesprächsprotokoll BG 565 / 3. 11 12

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

§ 6 Verhältnisse der Stockwerkseigentümer untereinander A. Allgemeines Obwohl der Begriff „Stockwerkseigentum“, wie eingangs erwähnt, erst im 19. Jahrhundert von der Rechtswissenschaft geprägt wurde, gab gerade der Wortbestandteil „Eigentum“ Anlaß zur Kritik. Vor dem Hintergrund des römischrechtlichen Eigentumsverständnisses und der konkreten Eigentumsdefinition des § 354 ABGB – Eigentum als Befugnis, mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkür zu schalten und jeden Anderen davon auszuschließen – argumentierte Harrasowsky 1876, daß es den „sogenannten Teilhäusern“ an Eigentümern fehle: Zwar glaube man, durch Raumeinteilungen „Eigentumsrechte zu begründen, welche in(!) einem Hause ausgeübt werden sollen; allein das Objekt dieser Rechte ist ebenso wenig das Haus, als man die Einteilung der in einem Hause befindlichen Räume als Teilung des Hauses ansehen kann“. Ungeachtet der „Teilung der Räume“ höre das Haus nicht auf, eine „einzige Sache“, ein einziges „Object der Proprietät“ zu sein. Durch eine Teilung nach „Zimmerecken, Deckenbalken, Stockwerken oder in ähnlicher Weise“ werde bloß der Raum in dem ungeteilt bleibenden Haus verschiedenen Personen zur vermeintlich individuellen Beherrschung zugewiesen. Doch der „Raum“ könne kein Objekt des Eigentumsrechtes sein, eine Raumeinteilung daher nur als Benützungsregelung aufgefaßt werden. Benützungsrechte seien aber unveräußerlich und unvererblich. Aufgrund einer fehlerhaften Interpretation des Wortes „teilen“ gäbe es für die „Lösung der aus der tatsächlichen Gemeinschaftlichkeit der Benützer eines Hauses entspringenden Fragen“ gar keine Möglichkeit: Man komme schließlich „dahin, daß es nur Benützer des Hauses, nicht aber einen Eigentümer des Hauses gibt, dem die Ausübung der Rechte und Pflichten zukäme, welche das in Wirklichkeit nur eine Sache bildende Haus in privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Beziehung betreffen“.1 Im gleichen Sinne schien Mandry die Anerkennung materieller horizontaler Gebäudeteilung „überhaupt innerlich unwahr“: Die „Möglichkeit der ausschließlichen Herrschaft über die Sache“ sei „durch die faktische Natur eines jeden Gebäudes ausgeschlossen“; alle Geschoße seien „unselbständig nach ihrer Basis und unselbständig nach der Seite ihrer Benützungs- und Leistungsfähigkeit“.2 Dennoch setzte sich schließlich die Ansicht durch, daß bei StWE nicht Benützungsteilung, sondern „selbständiges Eigentum an den Teilen einer Sache“3 vorliege, also „Alleineigentum an einem Grundstücksteil“4, wenngleich man sich JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. Mandry, S. 198 f. 3 Klang in: Klang 1950, S. 149 4 Krückmann, StWE, S. 714; besonders radikal formuliert von Kuntze, S. 78: Die Teilgenossen stünden einander „vollkommen selbständig und gleichberechtigt gegenüber“, es sei „jeder Theilgenosse absoluter Herr in seiner Schicht“. 1 2

§ 6 Verhältnisse der Stockwerkseigentümer untereinander

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über solchen „Grundbesitz ( . . . ) in Deminutivform“5 oder gar „in grotesker Miniaturproportion“6 lustig machte. Für den Eigentumscharakter des StWE sprach nicht zuletzt die bei den Betroffenen feststellbare, „klar bewusste Vorstellung des Eigentums mit allen seinen Konsequenzen“.7 Deren Entstehung war nicht bloß das Ergebnis äußerer Bedingungen8, sie wurde durch einen juristischen Umstand wesentlich gefördert, der Sicherheit und Unabhängigkeit versprach, nämlich durch den Ausschluß der Teilungsklage.9 Im Gegensatz zum Miteigentum ist Stockwerkseigentum „abgesondertes Eigentum“. Eine Teilung ist damit schon vorgenommen, es ist dies „zwar keine vollständige, aber doch eine wahre Teilung“10. Zwar seien hinsichtlich der Benützung gemeinschaftlicher Teile die Bestimmungen über das Miteigentum (§§ 833 ff.) anzuwenden, doch resultiere allein daraus kein „echtes Miteigentum“. Aufgrund des „Wesens des materiell geteilten Eigentums“ müsse eine Ausnahme von § 830 ABGB (Teilungsklage) angenommen werden, wenn „gewisse gemeinschaftliche Teile einer Liegenschaft nur mehr Zubehör ( . . . ) zweier materieller Anteile darstellen“.11 Heute ist der Eigentumscharakter des StWEs also unbestritten.12 Wie jedes andere Mitglied der modernen Gesellschaft ist jedoch auch der Stockwerkseigentümer nicht vollkommen unabhängig, wie dies die „Ausschließlichkeit“ seines Eigentumsrechtes zu suggerieren scheint, sondern unterliegt einer Vielzahl von Bindungen. Am engsten sind diese zu den übrigen Stockwerkseigentümern des gleichen Gebäudes; dieses Naheverhältnis findet plastischen Ausdruck in der gelegentlich gebrauchten Bezeichnung als „Hausnachbarn“ oder „Hausgenossen“.13 In diesem Sinne werden im folgenden Abschnitt zuerst die Rechte und Pflichten des Stockwerkseigentümers gegenüber dieser Personengruppe untersucht, wobei die intensivsten Kontakte durch die im Miteigentum stehenden Gebäudeteile bedingt sind; erst später wird das Verhältnis zu Dritten betrachtet werden. Kuntze, S. 47. Kuntze, S. 48. 7 Ackermann, S. 9. 8 In diesem Sinne wollte Möller, S. 87, das Eigentumsbewußtsein durch die Errichtung abgesonderter Eingänge stärken: Wer „über Treppen steigen muß, die ihm nicht allein gehören“, hätte nicht das „Gefühl des eigenen Heims“. 9 Einen solchen wollte Mitte des 19. Jahrhunderts Finger auch für Quotenmiteigentum annehmen. Er hielt es nämlich für untragbar, „daß das, was im Grundbuche getheilt und abgesondert erscheint, von uns für ungetheilt und unabgesondert angesehen werden könnte und sollte“: Finger, Hausantheile, S. 230; vgl. Finger, Wesen, S. 419. 10 Pineles, S. 730, zitiert in SZ 55 / 99. 11 EvBl 1982 / 176 = MietSlg. 34.085 = SZ 55 / 99; vgl. Hofmeister / Egglmeier, Rz 17 zu § 843 WEG. In diesem Sinne z. B. schon Archiv für praktische Rechtswissenschaft . . . , NF VIII, Nr. 14. 12 Nichts an dieser Gesamtbeurteilung zu ändern vermag eine – an die Stelle der früheren Anteilsbeschreibung getretene – bloße „Nutzungsabgrenzung“ in einem Einzelfall: 8600300210. 13 Z. B. 8010300321, 8010900496, 8010900528, 8010900599, 8011200951. 5 6

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

B. Miteigentum von Stockwerkseigentümern 1. Theorie Die Theorie beschränkte sich meist darauf, das Miteigentum an bestimmten Gebäudeteilen zu erwähnen oder als Quelle von Streitigkeiten zu beklagen (siehe oben § 6 J.), ohne sich über die Gestaltung dieses Rechtsverhältnisses zu äußern. Eine Ausnahme bildete die singuläre Ansicht, daß „an den gemeinschaftlichen Treppen, Boden- und Kellerräumen und am Baugrunde Gesamteigentum“ bestünde.14 Erwähnung fanden auch Fälle, in denen die Abgrenzung zwischen Quoteneigentum und StWE problematisch erschien, weil die Beschreibung der materiellen Anteile mit der Nennung von Quoten einherging.15 Zoeppritz berichtete etwa über den Verkauf einer „Hälfte und zwar de[s] obere[n] Teil[s] einer Behausung“, wobei sich die Hälften auch hinsichtlich der Reparaturkosten wiederfanden.16 Die genannten Quoten beschränkten sich in der Regel auf einfache Bruchzahlen. Schon als sehr kompliziert erschien es, wenn einer von fünf Eigentümern 4 / 64 des Hauses besaß, „bestehend in einem Zimmer, einer halben Küche und 2 Kammern“17 – ein Verhältnis, das durchaus an eine kleine Eigentumswohnung erinnert. Bereits Krauß hatte richtig erkannt, daß die ergänzende Angabe von Quoten nur dazu diente, „das quantitative Verhältniß des einen Hausantheils zu dem andern ungefähr zu bestimmen“.18 Dieser Interpretation der „quotenmäßigen Anteilsbeschreibung“ schloß sich erst jüngst Freudling an: Der von ihr dargestellte Fall zeigt, daß diese Quoten, die zum Beispiel der vertraglich vereinbarten Steueraufteilung zugrundegelegt wurden, tatsächlich jenem Verhältnis nahekommen, auf das sich die beiden Eigentümer bei der vergleichsweisen Umwandlung in Wohnungseigentum einigten. Aus den Anteilen von einem bzw. zwei Dritteln wurden solche von 269,66 zu 730,34 Tausendstel.19 Schließlich beschäftigte sich die Theorie noch mit der Frage der Quotenbemessung. Dabei dominierte die mit der Sondereigentumstheorie besser harmonierende Auffassung, daß „die Teilhaber entsprechend dem Wert der ihnen zugeteilten Gelasse berechtigt sind“20, daß also das Wertverhältnis der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile für die Größe des Miteigentumsanteils wesentlich sei.21 In Schmitz, S. 988. Krauß, S. 344 f. (mit Beispielen für derartige Quotenangaben); Kuntze, S. 46; Seufferts Archiv XXIV / 239. 16 So in Stuttgart 1763: Zoeppritz, S. 1. 17 Zoeppritz, S. 5. 18 Krauß, S. 345 (mit Beispielen für derartige Quotenangaben S. 344 f.); Seufferts Archiv XXIV / 239. 19 Freudling, S. 390 ff., S. 405. 20 Schott, S. 38. 21 Freyer, S. 83; Ackermann, S. 10; ebenso das Obertribunal Stuttgart schon 1864: Seufferts Archiv XVIII / 242. 14 15

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diesem Sinne hatte sich schon der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs für Bayern ausgesprochen: „Wenn Mehreren das Eigenthum an räumlich ausgeschiedenen Theilen eines Gebäudes zusteht, so sind Grund, Dach, Hofraum und die anderen zum gemeinschaftlichen Gebrauche dienenden Bestandtheile des Gebäudes unter ihnen nach Verhältnis des Werthes der Sondertheile gemeinschaftlich“.22 Im 20. Jahrhundert fand diese Sicht dann etwa in Art 206 des Hessischen AGBGB Niederschlag.23 In Österreich hatte mit Heinrich Klang ein prominenter Jurist ebenfalls ein Miteigentum entsprechend dem Wert der im Alleineigentum stehenden Gebäudeteile angenommen24, damit jedoch nicht den OGH überzeugen können, der – gestützt auf § 839 ABGB – im Zweifelsfall von einem Miteigentum zu gleichen Teilen ausging25. Den Wünschen und Vorstellungen der Betroffenen, die das Eigentum an ihren materiellen Anteilen betonten und meist auf eine Nichtregelung der gemeinschaftlichen Verhältnisse verweisen konnten, wurde dies aber nicht gerecht: Die ersatzweise Anwendung der Miteigentumsbestimmungen und dabei insbesondere die vermutete Gleichheit der Anteile stünde, so meinte Sokolowski, im Widerspruch zur offenbaren Ungleichheit und zur „ausdrückliche[n] Ablehnung jedes Gemeinschaftsverhältnisses durch die Beteiligten“.26

2. Rechtstatsachen a) Quotenmäßige Anteilsbeschreibung Die weitestgehend fehlende Auseinandersetzung der österreichischen Rechtswissenschaft mit der quotenmäßigen Anteilsbeschreibung ist kein Zufall. Diese Technik findet kaum Anwendung, Ausnahmen bestehen vereinzelt in Tirol27, vor allem aber im Salzburgischen Oberndorf, wo nicht bloß „halbe Behausung[en]“28 genannt werden, sondern auch Drittel29 und sogar „Fünftel des Hau22 Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs für das Königreich Bayern 1861 – 1864 mit Motiven (= Neudrucke privatrechtlicher Kodifikationen und Entwürfe des 19. Jahrhunderts 3), Aalen 1973, Art 212; vgl. (mit falscher Absatzangabe) Krauß, S. 340. 23 Krückmann, StWE, S. 717. 24 Klang in: Klang III2, S. 1129. 25 OGH 1. 3. 1951, 1 Ob 130 / 51: SZ 24 / 58; vgl. Finger, Hausantheile, S. 228. – Eine Kombination dieser Möglichkeiten war übrigens bei der Umwandlung des echten StWEs in unechtes (Miteigentum mit Benutzungsregelung) in Bayern zur Anwendung gekommen: Dabei ging man nicht bloß von der Zahl der Stockwerke, sondern von deren Wert aus, wobei jedoch im Zweifel gemäß § 742 BGB Gleichheit der Teile angenommen wurde: Habicht, S. 402. 26 Sokolowski, S. 19 f. 27 8000800438: „gegen den Söllberg gelegene Hälfte“ bzw. „gegen die Kirche gelegene Hälfte“. 28 5641000063, 5641000124. 29 5641000126.

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ses“30 5oder „am Hause“, etwa „bestehend aus Wohnzimmer, Vorhaus, Küche und Keller“31. b) Quotenbemessung Gleiche Quoten sind in zahlreichen Fällen ausdrücklich genannt. Dies betrifft vor allem Backöfen oder Backofengrundstücke in Tirol32, wobei gelegentlich deutlich wird, daß diese Gleichheit der Miteigentumsquoten trotz fehlender Gleichwertigkeit der materiellen Anteile besteht: Während etwa das „Eigentum an Gst .158 Bauarea, Backofen ( . . . ) je zu einem ideellen Viertel mit dem Eigentum der vorbeschriebenen vier m. A. verbunden“ ist, sind diese hinsichtlich des Hauptgebäudes mit über 400 m2 Grundfläche höchst unterschiedlich; einer der Anteile besteht z. B. nur aus zwei Heubarren und der Hälfte der Obtenne.33 Zu einem anderen sonst bloß aus „1 Kammer und 1 kleinen Gang im ersten Stock gegen Osten“ bestehenden materiellen Anteil gehört „die ideelle Hälfte an dem Backofen an der Südwestecke“ und damit ebensoviel wie zum zweiten materiellen Anteil dieser Einlage, der „sämtliche übrigen Bestandteile“ des Gebäudes umfaßt.34 Auch bei einem Ötztaler Wirtschaftsgebäude ist das Verhältnis der materiellen Anteile sehr ungleich; Fällen von 10 Raumeinheiten stehen solche mit jeweils nur einer einzelnen „Heupille“ gegenüber. Dennoch ist der Hofraum auf alle 8 Anteile gleich verteilt, also zu je einem Achtel.35 In allen diesen Fällen sind also gerade die gleichen Quoten betonenswert, weil sie im übrigen Wertverhältnis der Anteile keine Entsprechung finden. Sie sollen vor allem gleichrangige Nutzungsmöglichkeit garantieren. Der Wert der teils winzigen Backofengrundstücke – z. B. 11 m2 im zuerst erwähnten Fall36 – tritt also gegenüber dem darauf errichteten „Spezialgebäude“ deutlich in den Hintergrund. Wer daraus jedoch eine allgemeine Regel ableiten wollte, würde den Tatsachen nicht gerecht: Auch ungleiche Quoten finden sich in großer Zahl. So ist im Sprengel des BG Landeck eine Tenne auf drei materielle Anteile zu 5 / 8, 1 / 8 und 2 / 8 verteilt37, eine andere zu 4 / 14, 5 / 14 und 5 / 1438; eine weitere gehört vier 5641000050. 5641000125. 32 8010100310 („Der Hofraum ist gemeinsam, der auf demselben befindlichen [sic!] Backofen ist je zu 1/2 Eigentum der vorbeschriebenen Anteile.“), 8010200566 („Backofen je zur ideellen Hälfte mit dem Eigentum der vorbeschriebenen materiellen Anteile verbunden“). 33 8000900317. 34 8000400246. 35 8010500380. 36 8000900317. 37 8400100252. 38 8400100306; ähnlich z. B. 8400100294, 8400600331, 8400600336 (mit einer fehlenden Anteilsbezeichnung), 8400600355, 8400600416, 8401200110, 8401200120; weiters 8010900519. 30 31

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materiellen Anteile im Verhältnis von 4 zu 5 zu 5 zu 2 Sechzehntel39. Dabei ist bemerkenswert, daß bei verschiedenen gemeinsamen Gebäudeteilen eine unterschiedliche Quotenverteilung platzgreifen kann: So verteilen sich bei einer Silzer Einlage die Rechte an den Gängen und Stiegen des Hauses, an Backofen und Hofraum zwischen den drei Anteilen im Verhältnis 2 zu 1 zu 1, an der Tenneneinfahrt ist dieses Verhältnis hingegen 3 zu 1 zu 0.40 In einem anderen Fall mit ebenfalls drei Anteilen stehen Gänge und Stiegen des Hauses sowie die Tenne in einem Miteigentumsverhältnis von 1 zu 2 zu 1, der Hofraum ist hingegen im Verhältnis 1 zu 0 zu 1 geteilt; das heißt, daß gerade jener Anteil beim Hofraum leer ausging, dem an Gängen, Stiegen und Tenne die größte Miteigentumsquote zugefallen war.41 Sowohl ungleiche als auch unterschiedliche Quotenbemessung findet sich auch bei zweipersonalen Verhältnissen.42 Die Gründe für diese Quotenbemessungen bleiben vielfach im Dunkeln. Zwei Ursachen lassen sich jedoch nachweisen: Einerseits können die unterschiedlichen Quoten auf weit zurückliegende Vereinigungen zurückgehen, wobei etwa aus ursprünglich drei Dritteln ein Verhältnis von 2 zu 1 entstand.43 Im Hinblick auf diese Möglichkeit ist auch das sonst normal erscheinende Miteigentumsverhältnis von 1 zu 1 betonenswert, wenn nach einer 1960 erfolgten Vereinigung von zwei der drei Anteile einer Einlage eher ein solches von 2 zu 1 zu erwarten wäre.44 Andererseits ergeben sich unterschiedliche Quoten aus einem jeweils anderen Kreis der Miteigentümer, der seinerseits eine Folge unterschiedlicher Interessen und Nutzungsmöglichkeiten ist: So bestehen innerhalb einer Einlage an der allen vier Anteilen gemeinsamen Tenne Quoten im Verhältnis von 3 zu 1 zu 1 zu 1 Sechstel, am nur drei Anteilen gemeinsamen Stadelgang Quoten von 4 zu 1 zu 0 zu 1 Sechstel.45 Diese Beispiele zeigen, daß einem einzelnen Wertverhältnis keinesfalls automatisch eine weitergehende Bedeutung beigelegt werden darf. Dies gilt in noch stärkerem Maße für das Verhältnis von Miteigentumsrechten an anderen Liegenschaften: Während die beiden materiellen Anteile einer Roppener Einlage an einem anderen Grundstück jeweils zu einem Drittel, damit also gleich beteiligt 8400600326. 8010900508. 41 8010900520. 42 Z. B. 8400600330, 8400600333 (Tenne jeweils im Verhältnis 1 zu 3 Viertel), 8400600388 (ebenfalls im Verhältnis 1 zu 3 Viertel, während der Vorstall „zu gleichen Teilen“ zu erhalten ist), ähnlich 8400600535 (Tenne und Obtenne im Verhältnis 1 zu 3 Viertel, Hofraum hingegen zu „gleichen Teilen“), umgekehrt (nämlich Tenne zu gleichen Teilen, Stadelgang im Verhältnis 1 zu 3) 8400600608, 8400600440 (Miteigentum der beiden Anteile am Stall im Verhältnis 1 zu 2 Drittel, an Tenne und Stadeleingang hingegen im Verhältnis 1 zu 4 Fünftel). – Weitere Beispiele für ungleiche Quoten: 8400600687, 8400600689, 8400700093, 8400700156. 43 So wohl bei 8010800335. 44 8010900523. 45 8400600434. 39 40

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sind, stellt sich ihr Gewicht hinsichtlich einer dritten Einlage höchst ungleich dar: Hier ist materieller Anteil I nämlich zu 46.200, materieller Anteil II zu 31.856 von insgesamt 3,506.360 Anteilen beteiligt, das entspricht einem Verhältnis von etwa 1 / 75 zu 1 / 110.46 Es wäre also unsachlich, eines dieser Wertverhältnis auf das StWE selbst zu übertragen.

c) Miteigentum und Mitbenützung Der Umstand, daß für eine unterschiedliche Bemessung von Miteigentumsquoten ein unterschiedliches Nutzungsinteresse verantwortlich sein kann47, lenkt den Blick auf die Frage, ob (Mit-)Eigentum und (Mit-)Benützung stets Hand in Hand gehen oder ob sich Differenzen ergeben. Überlegungen dazu setzen eine begriffliche Unterscheidung in den Beschreibungen der Grundbücher voraus, deren Notwendigkeit schon bei der Grundbuchsanlegung bekannt gewesen war: Anläßlich der Neuanlegung des Grazer Grundbuchs 1900 hatte das OLG Graz die Differenzierung zwischen Miteigentum und Mitbenützungsrechten an fremder Sache als wichtige Frage ausdrücklich der Beachtung des Erhebungsrichters empfohlen.48 Noch heute zeigen zahllose Formulierungen entsprechendes Problembewußtsein: So wird in der Stadt Salzburg das „Benützungsrecht der Comunalräume“49, ein „Mitgenuß an den sämtlichen Comunobjekten“50, aber auch konkreter z. B. das Recht zur „Mitbenützung der gemeinsamen Mistkrippe im Hofe“51 ausdrücklich festgestellt, die Aborte eines Objekts im Tiroler Sprengel Rattenberg sind den materiellen Anteilen „gemeinsam und werden gemeinsam benutzt“52. Ein solcher Gleichklang muß aber nicht bestehen: So ist bei einem Objekt in Galtür der „südliche Hofraum“ zwar gemeinsam, doch wird zugleich festgestellt, daß darin „der materielle Anteil I die westliche und der materielle Anteil II die östliche Mistablage allein benützt“.53 Auch den beiden Eigentümern einer Haiminger Einlage steht jeweils die „ideelle Hälfte am Hofraum“ zu, doch dem Eigentümer des Anteils I „die Nutzung des nördlich und westlich der Begrenzungsmauer gelegenen Hofes“, jenem des Anteils II „die Nutzung des östlich der Begrenzungsmauer ( . . . ) gelegenen Hofraumes“. Dennoch ist das Eigentum kein leeres Recht, denn „ungeachtet der vorgenommenen Nutzungsaufteilung des Hofraumes“ sind die „jeweiligen Eigentümer beider Anteile ( . . . ) berechtigt, zum Zwecke der Durchführung von Instandhaltungs- und Erneuerungsarbeiten an den ( . . . ) Gebäuden den 46 47 48 49 50 51 52 53

8010700243. Vgl. dazu für die Münchner Vorstadt Au Dölker, S. 36. JM 5764 / 1900: AVA Justiz II genus 3 Steiermark, Post-Nr. 82 / 13. Z. B. 5653700016, 5653700150. Vgl. 5653700362. 5653700127. 8311300070. 8400300157.

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gesamten Hofraum zu betreten und zu befahren – dies jedoch nur im unbedingt notwendigen Umfang“.54 Mit diesem Zusatz wird also das Nutzungsrecht wieder vor dem Eigentumsrecht in Schutz genommen. Die Unterscheidung zwischen Eigentum und Nutzungsrecht wird aber nicht nur dadurch sichtbar, daß gemeinsames Eigentum ausdrücklich gemeinsamer oder gesonderter Nutzung unterliegt. Auch der umgekehrte Fall kommt vor, daß nämlich materielle Anteile einzelner oder mehrerer Stockwerkseigentümer auch von anderen mitbenutzt werden. Beispielsweise ist bei einer aus drei materiellen Anteilen bestehenden Söldener Einlage der „Stallgang ( . . . ) den jeweiligen Eigentümern der Anteile I und II gemeinsam“, während dem Anteil III nur ein „Mitbenützungsrecht am Stallgang“ zusteht.55 Insbesondere die Vertikalteilung erzeugt in der Gebäudemitte eine Zone, an der zwar kein Miteigentum besteht, deren Benutzung aber für beide Anteile notwendig ist: Wurde eine Tenne also real geteilt z. B. in eine „westliche“ und eine „östliche Tennenhälfte“, so mußte man zugleich eine wechselseitige Mitbenützung „zum Gehen und Fahren“56 vorsehen. Hier wird eine für die Benützungsrechte typische Beschränktheit bzw. Bedingtheit sichtbar. Nur ausnahmsweise äußerst sich diese durch Verweis auf eine an anderer Stelle geregelte Benützungsordnung57 oder in einer konkreten Regelung58, wie etwa der Bestimmung, daß die „Hausgänge der beiden Anteile ( . . . ) von den Eigentümern derselben gegenseitig zum Gehen, jedoch nicht zum Fahren oder zu anderen Zwecken benützt“ werden59. In der Regel sind Art und Ausmaß der gemeinsamen Nutzung bloß durch eine allgemeine Zweckbestimmung definiert. So wird auf die Erfordernisse unspezifizierter „Verhältnisse“60, der „wirtschaftlichen“61 oder „landwirtschaftlichen Arbeiten“62 verwiesen und festgehalten: „Die beiden Tennenanteile unterliegen soweit es landwirtschaftliche Arbeiten erfordern der wechselseitigen Mitbenützung.“63 8010100320. 8011000235. 56 8130100319. 57 8001000642: „Die Benützung des Hofraumes, der Gänge und Stiegen des Hauses und der Tenne im Wirtschaftsgebäude richtet sich nach Maß des Hausteilbriefes vom 1867-08-04, fol. 2385.“ 58 So war in einem vom Hofgericht Gießen 1870 entschiedenen Fall die Benützung einer gemeinschaftlichen Tenne zeitlich derart geregelt, daß sie an den ersten drei Tagen der Woche vom Kläger, sonst von der Beklagten benutzt wurde: Archiv für praktische Rechtswissenschaft . . . , NF VIII, Nr. 14; Zimmermann, Theilbarkeit, S. 424 f. 59 8100100760. 60 8000500117: „Die Gänge und Stiegen im Haus, die Tenne im Wirtschaftsgebäude sowie der Hofraum werden soweit es die Verhältnisse erfordern gemeinsam benützt“. 61 8011000291. 62 8600600183, 8600600185, 8600600241. 63 8001000627; ähnlich z. B. 8000500123: „Die beiden Tennenhälften unterliegen soweit es landwirtschaftliche Arbeiten erfordern der wechselseitigen Mitbenützung.“ 54 55

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Doch selbst das eingeschränkteste Mitbenützungsrecht begrenzt die Freiheit des Eigentümers: So muß eine „Tenneneinfahrt“, die „für alle drei Anteile gemeinsam“ ist, um ihrem Zweck zu genügen, „stets [von beiden Seiten] frei sein.“64 Im Fall der vertikalen Teilung in eine östliche und eine westliche „Haushälfte“ dürfen die „Bestandteile des Hausganges im 1. Stock ( . . . ) nicht abgewandet werden“; der Gang wäre sonst nur eingeschränkt benützbar. Der praktische Effekt ähnelt also jenem einer anderen Rechtskonstruktion, wie sie hinsichtlich einer Stiege des selben Objekts gewählt wurde: „Die einzige Stiege ist gemeinsam.“65 Diese enge Verknüpfung und die – aus praktischer Sicht – weitgehende Austauschbarkeit von Eigentums-, Mitbenützungs- und Miteigentumsrechten zeigt besonders deutlich die Tenne eines Objekts im Grundbuch Tarrenz (Tirol). Sie ist in drei Drittel geteilt, von denen das mittlere allen vier Anteilseigentümern gemeinsam gehört, während das östliche und das westliche Drittel in je eine nördliche und südliche Hälfte geteilt und die derart entstandenen Sechstel als reale Teile den vier materiellen Anteilen zugeschlagen wurden. Gemeinsam benützt wird jedoch nicht nur der gemeinsame mittlere Sektor: Soweit es „die wirtschaftlichen Arbeiten unbedingt(!) erfordern unterliegen auch die übrigen Tennenteile der wechselseitigen Mitbenützung“.66 Das Extrembeispiel macht deutlich, daß der oft peniblen sprachlichen Differenzierung zwischen Eigentums- und Nutzungsrechten letztlich kein adäquater inhaltlicher Ertrag entspricht.67 Dies kann nicht verwundern: Den hier untersuchten Rechtsverhältnissen liegt nämlich nicht der moderne, auf Ausschließlichkeit beruhende Eigentumsbegriff zugrunde, sondern ein differenziertes Eigentumsverständnis, das an einer Sache mehrfache Berechtigungen zuläßt. In diesem Sinne wird ein „Tennenboden“ in St. Johann in Tirol „zum Dreschen von den jeweiligen Eigentümern der Teile 1. und 2. gemeinsam benützt, zur Einstellung von Ackergerätschaften jedoch nur vom jeweiligen Eigentümer des Teils 2.“ Dessen stärkere Stellung kommt auch dadurch zum Ausdruck, daß er bestimmte Teile alleine nutzt, während der materielle Anteil 1 seiner Mitbenützung unterworfen ist.68 Bei einem Wirtschaftsgebäude des Grundbuchs Kappl ist die Tenne allen vier materiellen Anteilen gemeinsam, dabei aber „im Miteigentumsrechte des materiellen Anteiles IV das Recht zum Dreschen nicht inbegriffen“.69 Der Hof8001000611. 8001000891. 66 8001000595. Kuntze, S. 3, hätte dies als Beispiel für „wunderliche Parcellirungen“ abgetan, durch welche das StWE „in Spielerei oder Karrikatur“ ausarte. 67 So auch z. B. 8502000319, wo an verschiedene Rechtskonstruktionen die gleichen Folgen geknüpft sind: „Alle Instandhaltungskosten an oder in den nicht zu Sondereigentum oder Nutzung zugewiesenen Gebäudeteilen treffen beide Teile im Verhältnis des umbauten Raumes“. 68 8211400271. 69 8400600272. Dies wird heute wohl nicht nur wegen des technischen Fortschritts nicht mehr als Nachteil empfunden, sondern auch wegen der 1969 erfolgten Vereinigung des minderberechtigten Anteils mit einem vollberechtigten. 64 65

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raum eines anderen Objekts steht zwar in gemeinsamem Eigentum, jedoch „für den materiellen Anteil II mit der Beschränkung, daß ihm das Grasnutzungsrecht nicht zusteht“.70 Als Ergebnis läßt sich festhalten, daß die bisherigen theoretischen Überlegungen zum Miteigentum, die meist nur die Quotenbemessung problematisierten, der Vielschichtigkeit des Problems nicht gerecht wurden. Die Rechtstatsachenuntersuchung zeigt, daß besonders bei diesem Themenkomplex Verallgemeinerungen unmöglich sind.

C. Betriebskosten 1. Theorie Eigentum ist auch mit Verpflichtungen verbunden. Deren regelmäßigste, die heute jedem Wohnungseigentümer bewußte Belastung mit Betriebskosten71, hat keine theoretischen Reflexionen ausgelöst. Allerdings konnte diese Frage im Theorienstreit mitgedacht gewesen sein. Während sich die Vertreter der Sondereigentumstheorie wohl scheuten, eine Frage zu thematisieren, die das Gemeinschaftsverhältnis so deutlich sichtbar werden ließ, war für die Miteigentumstheorie die Betriebskostentragung überhaupt kein Problem, hätte sie doch entsprechend den Miteigentumsanteilen erfolgen müssen. Für beide Richtungen gab es also keinen Anlaß, die Frage der Betriebskosten als solche zu thematisieren. Selbst im Rahmen der Bestrebungen zur Wiedereinführung von StWE blieb das Thema Betriebskosten weitestgehend ausgeklammert. Es war schon bemerkenswert, daß Meyers Gesetzentwurf 1930 vorsah, es „jedem Beteiligten [zu] überlassen, sein Stockwerkseigentum gegen Feuersgefahr und andere Gefahren besonders zu versichern“. Die dazu angestellten Überlegungen zeigen aber deutlich, wie wenig man die Betriebskostenprobleme bis dahin durchdrungen hatte: Meyer wäre nämlich eine einheitliche Versicherung zweckmäßiger erschienen; da er jedoch nicht zwischen dem Wert der Gebäudeteile und jenem des Hausrates unterschied, hielt er eine „gerechte Verteilung der Brandentschädigung“ für problematisch. Nur aus diesem Grund schob er die Verantwortung für die gehörige Versicherung den einzelnen Stockwerkseigentümern zu.72 70 8400600325. Vgl. Schwarzacher, S. 99, der auf die mangelnde Eignung des römischrechtlich-absoluten Eigentumsbegriffs für die komplexen landwirtschaftlichen Verhältnisse hingewiesen hatte. 71 „Unter dem Begriff der Betriebskosten werden dabei alle im Zug der Verwaltung üblicherweise regelmäßig wiederkehrenden Aufwendungen zu verstehen sein, also etwa Heizkosten, Servicegebühren, Rauchfangkehrergebühren, Wasser- und Kanalgebühr, Stiegenhausbeleuchtung, Müllabfuhr, Versicherungsprämien, Hausbesorgerkosten, Aufzugskosten, kleinere Reparaturen usw.“: OGH 10. 1. 1984, 4 Ob 515, 516 / 83: MietSlg. 36.229. Die in SZ 52 / 137 = MietSlg. 31.272 erarbeiteten Grundsätze sind demnach auch auf Stockwerkseigentum anzuwenden. 72 Meyer, StWE 1930, S. 27 f.

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Erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts hatte die österreichische Judikatur Gelegenheit, sich mit der Betriebskostentragung detailliert zu beschäftigen. Der OGH ging dabei vom Miteigentumsgedanken aus, berücksichtigte aber auch die Interessenlage des einzelnen Stockwerkseigentümers bzw. des Gesamtobjekts: „Mangels anders lautender Vereinbarungen haftet ein Stockwerkseigentümer ( . . . ) für Aufwendungen auf die im Miteigentum stehenden Teile des Hauses anteilsmäßig“; zu den „alle Miteigentümer treffenden Aufwendungen gehören jedenfalls Aufwendungen für die Kosten eines Hausbesorgers, für die Stiegenbeleuchtung, für Hausversicherungen und allenfalls auch für die Schädlingsbekämpfung, sofern sich letztere nicht nur auf die im Alleineigentum eines Stockwerkseigentümers(!) stehenden Gebäudeteile erstreckte und nicht auch im Interesse des gesamten Hauses(!) vorgenommen wurde. Hinsichtlich der Wassergebühren wird dann eine anteilsmäßige Verpflichtung bestehen, wenn entweder das betreffende Stockwerk an das Wassernetz angeschlossen ist oder dies zumindest für im Miteigentum der Stockwerkseigentümer befindliche Teile des Hauses der Fall ist.“73 Sind also weder der einzelne materielle Anteil noch die allgemeinen Teile mit Wasser versorgt, so besteht keine anteilsmäßige Verpflichtung zur Bezahlung der Wassergebühren. Diese Lösung entspricht jener, die für das Wohnungseigentum gefunden wurde: Nicht an den Kosten zu beteiligen hat sich derjenige, dem keine „objektive Nutzungsmöglichkeit“ zukommt.74 2. Rechtstatsachen Die Grundbücher geben über die Tragung von Betriebskosten nur wenig Aufschluß. Am ehesten finden sich Regelungen über die Kostentragung im (auch sprachlichen) Zusammenhang mit solchen über Eigentumsverhältnisse und Erhaltungskosten, teils im Anschluß an die Anteilsbeschreibungen des Gutsbestandsblattes, teils am Rande von Vereinbarungen über einen anderen Hauptgegenstand in den Urkundensammlungen. Die im Rahmen der Rechtstatsachenuntersuchung nachgewiesenen Regelungen sind höchst unterschiedlich: So ist zwei Anteilen eines Objekts im Grundbuch Kappl die „Abortgrube an der Südseite“ ausdrücklich „gemeinsam“, deren „Erhaltung und Entleerung dem Anteil I zu 4 / 5 und dem Anteil II zu 1 / 5 obliegt“; dieses Verhältnis entspricht ungefähr jenem der Anteilsgrößen.75 In der gleichen Angelegenheit kommt es bei einer Lienzer Einlage hingegen zu einer bemerkenswerten „realen Teilung“ auch der Betriebskosten: Die Räumung der gemeinschaftlich benützten Senkgrube „erfolgt abwechslungsweise jedes andere Jahr“.76 Dieser Modus erscheint insoferne problematisch, als knapp vor dem Jahreswechsel die Bereitschaft zur Räumung der Grube deutlich abnehmen wird. OGH 10. 1. 1984, 4 Ob 515, 516 / 83: MietSlg. 36.074. Hausmann in: Hausmann / Vonkilch, Rz 44 zu § 32 WEG 2002; MietSlg. 39.641; MietSlg. 41.485. 75 8400600732. 76 8502000321. 73 74

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Selbst innerhalb der Stadt Salzburg fanden sich verschiedene Modelle. 1887 wurden die Kosten einer Vereinbarung über Erhaltung und Erhaltungskostentragung, die als Verwaltungskosten im weiteren Sinne als Betriebskosten zu verstehen sind, zu gleichen Teilen verteilt.77 Man empfand das Interesse an einer derartigen Regelung offenbar als für alle Betroffenen gleich hoch. Anders beurteilte man dies 1953 in einem ähnlichen Fall: Die Kosten einer „Vereinbarung“ über den Umfang der einzelnen materiellen Anteile nach der Wiederherstellung eines bombenbeschädigten Hauses wurden auf die Beteiligten „entsprechend ihre[n] Nutzungsflächen“ verteilt.78 Hier wirkte wohl schon das Beispiel des Wohnungseigentumsrechts. Dessen Einfluß hat inzwischen noch weiter zugenommen. Die städtischen, von gewerblichen Immobilienverwaltern betreuten Stockwerkseigentumshäuser werden von diesen wie Wohnungseigentumshäuser behandelt79, was wohl nicht zuletzt an den zur Verfügung stehenden EDV-Programmen liegt.

D. Instandhaltung gemeinsamer Gebäudeteile 1. Theorie a) Allgemeines Die Instandhaltung materiell geteilter Gebäude und dabei insbesondere gemeinsamer Gebäudeteile ist der Theorie seit langem als Problem bekannt.80 Ausdruck dieses Problembewußtseins und zugleich Anstoß für weitere Auseinandersetzung mit der Frage der Erhaltung waren gesetzliche Regelungen, allen voran jene des TZ 7386 / 1887 zu 5653700035. TZ 5227 / 1953 zu 5653700125. 79 Gesprächsprotokoll BG 565 / 2; Gesprächsprotokoll zu 5653700615 („analog dem WEG“). 80 Vgl. die folgenden Literaturbelege, insbesondere zu unten b). Das Problem der Instandhaltung besteht unabhängig von der dogmatischen Einordnung des Rechtsinstituts. Auch für die Superfiziarrechtstheorie mußten Regelungen „über die Baulast und ihre Vertheilung“ gefunden werden; Mandry konstruierte sie durch analoge Anwendung der Bestimmungen über Gebäudedienstbarkeiten bzw. die Rechtsgemeinschaft. Nach ersteren traf die Erhaltungslast den Eigentümer des belasteten Grundstücks, also im horizontal geteilten Gebäude den Berechtigten des unteren Stockwerks; bei der Rechtsgemeinschaft konnte der von einem Teilhaber getätigte Aufwand anteilsmäßig von den übrigen Interessenten gefordert werden. Mandry wollte diese Bestimmungen je nach den tatsächlichen Verhältnissen zur Anwendung kommen lassen: Bei Erhaltung und Reparatur von Gebäudeteilen, die „ihrer hauptsächlichen Bedeutung nach nicht einem der Interessenten ausschließlich, sondern allen oder mehreren gemeinsam dienen“ (dazu zählte Mandry etwa Türen, Hauseingang, Gänge, Treppen, Außenmauern und Dach), sollte analog zur Rechtsgemeinschaft gemeinsame Erhaltung und Verteilung der Kosten nach den Wertanteilen eintreten, da aus der „Gemeinschaftlichkeit des Interesses“ eine „Gemeinschaftlichkeit des Aufwandes“ resultiere. In jenen Fällen, in denen der Nutzen andere Interessenten nur indirekt betraf, sollten diese nicht zu einer Leistung verpflichtet sein: Mandry, S. 213 ff. 77 78

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Code civil, der sich recht ausführlich damit beschäftigt hatte. Er sah, falls nichts anderes vereinbart worden war, eine gemeinsame Erhaltungspflicht der Hauptmauern und des Daches im Wertverhältnis der materiellen Anteile vor, während die Erhaltung von Fußböden und Treppen geteilt wurde: Jeder Stockwerkseigentümer sollte „den Fußboden, worauf er geht“ sowie die in sein Stockwerk führende Treppe erhalten.81 Das Badische Landrecht übernahm diese Regeln nicht nur, sondern präzisierte und ergänzte sie (im Folgenden kursiv): „Wenn die verschiedenen Stockwerke eines Hauses verschiedenen Eigentümern zugehören und die Urkunden über das Eigentum nicht bestimmen, wie es in Absicht auf die Ausbesserungen und das Wiederaufbauen gehalten werden soll, so sind dabei folgende Grundsätze zu beobachten: Die Kosten der Hauptmauern und des Daches samt seinen Fußböden und dem Teil der Kamine, der durch das Dach läuft, auch der Treppe vom obersten Stock in das Dach, fallen auf alle Eigentümer nach Verhältnis des Wertes des Stockwerkes, das jedem zugehört. Der Eigentümer eines jeden Stockwerks macht den Fußboden, worauf er geht, samt seiner oberen Bekleidung und die Decke oder untere Bekleidung des Fußbodens eines höheren Stocks. Der Eigentümer des zweiten Stocks macht die Treppe, welche dahin führt. Der Eigentümer des dritten Stocks macht, von dem zweiten an zu rechnen, die Treppe, die zu ihm führt, und so weiter.“82 Der Entwurf eines BGB für Bayern 1861 unterschied sich davon im Ergebnis nicht, wenngleich die Textierung allgemeiner blieb.83 Dafür wäre die Möglichkeit einer Ersatzvornahme vorgesehen gewesen, nachdem man sich zu einem „Expropriationsrecht an dem Haustheile des Säumigen“ nicht hatte durchringen können.84 Auch das Hessische AGBGB stellte die Erhaltungspflicht des Stockwerkseigentümers für Fußboden, Decke und die zum jeweiligen Stockwerk hinaufführende Treppe fest.85 Ungeachtet dieser späteren Lösungsversuche erschienen noch 1927 die Erhaltungsregeln des Code civil bzw. des Badischen Landrechts empfehlenswert.86 81 Art 664 Code civil (zitiert nach der Übersetzung von Ebel, Frage, S. 85; Ebel, StWE, S. 163, geringfügig abweichend übersetzt von List, S. 51): „Wenn die verschiedenen Stockwerke eines Hauses verschiedenen Eigentümern zugehören und die Urkunden über das Eigentum nicht bestimmen, wie es in Betreff der Ausbesserungen und des Wiederaufbaues gehalten werden soll, so sind dabei folgende Grundsätze zu beobachten: – Die Hauptmauer[n] und das Dach fallen allen Eigentümern zur Last, jedem nach Verhältnis des Wertes des Stockwerkes, das ihm zugehört. Der Eigentümer eines jeden Stockwerkes macht den Fußboden, worauf er geht. – Der Eigentümer des ersten Stocks macht die Treppe, welche dahin führt; der Eigentümer des zweiten Stocks macht, von dem ersten an zu rechnen, die Treppe die zu ihm führt, und so weiter.“ 82 § 664 des Badischen Landrechts (zitiert nach der Übersetzung von Ebel, Frage, S. 85; Ebel, StWE, S. 163); vgl. Freyer, S. 83. 83 BGBE / Bayern III, Art 212 f.; Dölker, S. 106. 84 BGBM / Bayern III, 71 (Neudruck 681). 85 Habicht, S. 401. 86 Sontag, S. 593. Ein Jahrzehnt später kritisierte Möller, S. 21, daß Code civil und Badisches Landrecht bei ihren detaillierten Vorschriften über die Erhaltung von Treppen die Möglichkeit einer Kellertreppe außer Acht gelassen hätten.

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Fragen der Instandhaltung materiell geteilter Gebäude begegnen auch in der österreichischen Gesetzgebungsgeschichte immer wieder. Schon 1854 war im Reichsrat das Argument zu hören, daß die materielle Gebäudeteilung „auch dem guten Baustande ( . . . ) sehr nachtheilig sey, indem es in der Regel bekanntlich vielen Schwierigkeiten unterliegt, die Miteigenthümer im Falle, wenn sich ein Brand ereignet, und überhaupt Wiederherstellungen oder Ausbesserungen nothwendig sind, zur Tragung der Kosten zu verhalten; die Folge hievon sey, daß die Häuser in einen immer schlechteren Zustand kommen und endlich gänzlich verfallen.“87 Mehr als ein halbes Jahrhundert später, als das StWEG 1879 auf die bis dahin von seinem Geltungsgebiet noch ausgenommenen Teile Tirols ausgedehnt werden sollte, erfuhren italienische Funktionäre vom Abgesandten des Innsbrucker OLGPräsidenten Ähnliches: StWE sei unter anderem „in baulich-ästhetischer Beziehung“ problematisch, da bei den materiell geteilten Häusern nicht nur „fruchtbringende Verbesserungen, Kapitalinvestitionen auf lange Frist“ unterblieben, „sondern nicht einmal die notwendigen Auslagen gemacht werden“, was auf die geringe Finanzkraft der Eigentümer zurückgeführt wurde. „Verschönerungsarbeiten werden bei solchen Häusern fast niemals gemacht, weil zu viel Personen mitbeteiligt sind, die schwer einheitlich vorgehen, sei es wegen der täglichen, durch die unbequeme unmittelbare Nachbarschaft geförderten Reibereien, sei es, weil im gleichen Zeitpunkte nicht alle die Mittel und den guten Willen haben, reine Sumptuarausgaben zu bestreiten“.88 Angesichts dieser regelrechten Kanonisierung des Erhaltungsproblems konnten Projekte für die organisierte Neubautätigkeit auf Grundlage des StWEs daran nicht vorbeigehen. Erste Ansätze genossenschaftlichen Bauens waren 1859 noch mit dem Vorurteil konfrontiert, der „Arbeiterstand“ sei unfähig, die für die Instandhaltung nowendigen Rücklagen zu bilden und die erforderlichen Berechnungen darüber anzustellen: „Die unwirthschaftlichste Consumtion des Hauses, übermässiges Gebrauchen des Stammcapitales durch Unterlassen der erforderlichen Reparaturen u. dgl. würde in weitester Verbreitung zu erwarten sein“.89 Diese Kritik vernachlässigte noch ein psychologisches Moment, auf das später die Befürworter des StWEs ihre Hoffnungen setzten: Sie nahmen nämlich an, daß das Bewußtsein des Einzelnen, Eigentümer einer Sache zu sein, geradezu automatisch auch eine Steigerung des Verantwortungsgefühls für diese Sache mit sich bringen würde: „Wer in seinen eigenen Räumen sitzt und diese, solange das Haus steht, auf Kind und Kindeskinder vererben kann, der wird rechtzeitig dafür sorgen, daß Decken und Wände gepflegt werden, daß der Fußboden rechtzeitig gestrichen wird und daß die

87 RR 5 / 1855 (entspricht RR 813 / 1854): HHStA, Reichsrat / Gremialakten, Karton 69. – Dem zwei Jahre später erschienenen populären „Stadt- und Landadvokaten“ von Werner / Schopf, S. 381, schien das StWEs vor allem wegen dabei vorkommender Prozesse erwähnenswert, „besonders, wenn es sich darum handelte, Reparaturen am Dachwerke vorzunehmen“. 88 Vortrag Isottis in JM 28701 / 1908: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 13. 89 Knies, S. 100.

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Fenster nicht erst nachgekittet werden, wenn die Sprossen bereits angefault sind.“90 Zu dieser gewandelten Sichtweise trug in Österreich nicht zuletzt die Tatsache bei, daß das Mietengesetz 1922 die Instandhaltungspflichten der Eigentümer auf unbedingt notwendige Erhaltungsarbeiten beschränkt hatte.91 Von dieser Änderung erwartete man große Nachteile; ein Wiener Baumeister prognostizierte sogar, daß „Deckeneinstürze ( . . . ) an der Tagesordnung“ sein würden.92 Das StWE mußte in der Erhaltungsfrage also nicht mehr mit einem professionell agierenden Hauseigentümer konkurrieren, sondern zum Teil mit geschützten, aber investitionsscheuen Mietern. Während man von diesen jedoch annahm, sie könnten Erhaltungsarbeiten zum Schaden des Gebäudes bzw. des Hauseigentümers in ferne Zukunft verschieben, war bei StWE nichts Vergleichbares zu befürchten. Dafür drohten den Stockwerkseigentümern unausweichliche finanzielle Belastungen, worauf wieder die Gegner des Rechtsinstituts hinwiesen: Der „vom Mieter zum Miniaturhausherrn avancierte Wohnungsinhaber“ habe durch die Schaffung von StWE keinesfalls „ausgesorgt“, habe er doch bei der Erhaltung, die „speziell bei dem Zustand des Großteiles der Wiener Häuser“ zeitweise „in die tausende Schilling“ gehe, „hübsch mitzuzahlen“. 93 Dieser Umstand würde vielfach nicht ausreichend berücksichtigt. Beide Systeme – Miete und StWE – miteinander in Einklang zu bringen, versuchte übrigens der Hugenberg-Entwurf 1935, der auf einer Trennung von Grundstückseigentum und StWE beruhte: Er bürdete die „Unterhaltung und Erneuerung der gemeinschaftlichen Anlagen einschließlich der Versicherung“ dem Grundeigentümer auf, doch konnte zwischen diesem und dem Stockwerkseigentümer eine Vereinbarung über einen „Beitrag“ zu diesen Kosten“ abgeschlossen werden. Sie sollte gegenüber dem Erwerber eines StWEs jedoch nur gelten, wenn sie ins Grundbuch eingetragen worden war.94

90 Meyer, StWE 1930, S. 11. Das derart angenommene größere Verantwortungsbewußtsein wurde dennoch durch detaillierte inhaltliche und prozedurale Regelungen ergänzt: Über Instandsetzungsarbeiten „an dem Gebäude oder den gemeinsamen Teilen“ sollte mit der auch sonst geforderten Zweidrittelmehrheit beschlossen werden; zur Vorbereitung einer solchen Abstimmung gehörte neben der Einhaltung von Fristen die „Mitteilung eines sachgemäß aufgestellten Kostenvoranschlages durch Einschreibebrief“. Notwendige Erhaltungsarbeiten konnte jeder Stockwerkseigentümer auch ohne Zustimmung der übrigen auf gemeinsame Kosten vornehmen. Für Änderungen verlangte Meyer Einstimmigkeit: Meyer, StWE 1930, S. 25 f., S. 28 f., S. 32. 91 Stampfer, S. 163 ff.; Hesse, S. 76, S. 85 f., S. 118; Swoboda, Mietengesetz, S. 125 ff. 92 Gröger, S. 20. 93 Bazant-Hegemark, S. 7. 94 Hugenberg, S. 54 (§ 33 f.).

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b) Gemeinsame Erhaltung Bei der gemeinsamen Erhaltung gemeinsamer Gebäudeteile – sie war schon im mittelalterlichen Wien vorgesehen95 – wiederholten sich jene Überlegungen, die schon für das Miteigentumsverhältnis an sich angestellt worden waren (siehe oben § 6 B.). Es war also die Frage zu beantworten, ob die Erhaltungskosten der gemeinschaftlichen Bauteile zu gleichen Teilen oder nach einem anderen Verhältnis zu tragen seien; im zweitgenannten Fall war zu klären, nach welchen Kriterien die Quoten bemessen werden sollten. Überwiegend wurde ein „Quotenverhältnis“96 angenommen, wonach sich jeder Stockwerkseigentümer „nach seinem Anteil“97 zu beteiligen hätte. Für dieses Prinzip sprach die „Billigkeit“98; es ließ sich mit einem unterschiedlichen „Interesse ( . . . ) an dem Gebäude“ begründen. Maßstab für die Beitragspflicht war demnach der „Kapitalwerth“ des Antheils, nicht hingegen die „räumlichen Verhältnisse“ des einzelnen Anteils zum ganzen Gebäude; die materiellen Anteile könnten zwar räumlich gleich, dennoch nach ihrem Kapitalwert wesentlich verschieden sein.99 In diesem Sinne enthielt etwa Möllers Gesetzentwurf eine nach dem Wert der einzelnen Raumrechte abgestufte Beitragspflicht zur Erhaltung der gemeinschaftlichen Teile.100 Die Methode der Wertberechnung blieb dabei offen. Mit ihr hatte sich nur Wilhelm Meyer auseinandergesetzt: Sein Entwurf sah die Verteilung der Instandhaltungskosten nach den auch für die Entscheidungsfindung maßgeblichen „Stimmen“ vor, deren Wertigkeit sich, allerdings sehr vereinfacht, nach dem Mietwert richtete: Erdgeschoß und 1. Stock standen je 10 Stimmen zu, darüber wurde das Stimmgewicht je Stockwerk um 1 verringert. Innerhalb der Stockwerke diente die „Bodenfläche“ der einzelnen Einheiten als Verteilungsmaßstab. Bei Hochhäusern mußte auf die auch sonst vorhandene Möglichkeit von Vereinbarungen über das Stimmgewicht zurückgegriffen werden, sollten nicht „die obersten Stockwerke leer ausgehen“.101 Jede Verteilung der Lasten nach dem Wert der einzelnen Anteile konnte in zweiter Linie dazu führen, daß im Zweifel deren Gleichheit anzunehmen war.102 Zu diesem Ergebnis führte auch ein anderer Weg; statt dem Interesse am GesamtNovak, S. 104. Schott, S. 39; in diesem Sinne auch Dölker, S. 77. 97 Fuchshuber, S. 86; ähnlich schon Krückmann, StWE, S. 717. 98 Sontag, S. 593; er konnte sich aber durchaus auch eine Gleichwertigkeit aller Anteile und daher bei Abstimmungen ein Kopfstimmrecht vorstellen, weil dieses Prinzip einfacher sei. 99 Krauß, S. 340, über die Motive zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Großherzogtum Hessen (I / 3 / Art. 97 ff.). 100 Möller, S. 92, S. 95 f. Zur Sicherung dieses Anspruchs sollte auf Betreiben mindestens der „Hälfte der Raumeigner“ eine Zwangshypothek verbüchert werden, wobei allerdings unklar blieb, ob dabei auf die Kopfzahl der Eigentümer oder, wie sonst meistens in diesem Entwurf, auf den Wert der Raumrechte abzustellen gewesen wäre. 101 Meyer, StWE 1930, S. 32 sowie S. 25 f. 102 Habicht, S. 402 f., unter Hinweis auf § 742 BGB; vgl. § 839 ABGB. 95 96

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gebäude ließ sich jenes an bestimmten Gebäudeteilen in den Vordergrund rücken. Dieses „Gebrauchsinteresse“ kann für die einzelnen materiellen Anteile höchst ungleich sein, ist jedoch an bestimmten Gebäudeteilen wie z. B. Trennwänden oder Deckenbalken vollkommen gleich.103 Neben der Kostenverteilung nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile ist schließlich auch eine reale Teilung der Erhaltungspflichten denkbar, sodaß etwa jeder Eigentümer die über seinen Räumen liegenden Dachteile erhalten muß.104 Diese Möglichkeit wurde der Literatur erst spät bekannt und spielte daher in der Theorie kaum eine Rolle. 2. Rechtstatsachen a) Allgemeines Bei 64 % der Einlagen des Untersuchungsgebietes enthalten die Grundbücher Informationen über die Erhaltung des Gebäudes oder einzelner seiner Teile. Dieser Anteil ist in Tirol und Vorarlberg höher; ursächlich dafür ist der Umstand, daß den hier tätigen Grundbuchsanlegungskommissionen ausdrücklich Erhebungen über die Dacherhaltungspflichten aufgetragen worden waren. Eine Ersichtlichmachung der Rechtsverhältnisse erfolgte allerdings nur dann, wenn dies keinen Streit zwischen den Beteiligten provozierte.105 Dementsprechend betreffen die meisten bekannten Instandhaltungsregeln Dächer. Informationen über andere Gebäudeteile oder gar umfassende, allgemeine Bestimmungen finden sich hingegen selten; kommen sie ausnahmsweise doch vor, so gehen sie auf Vereinbarungen oder gerichtliche Vergleiche zurück.106 So konnte bei einem Objekt der Salzburger Vorstadt Mülln im Rahmen eines Vergleiches, mit dem das Bestehen materieller Anteile überhaupt erst anerkannt wurde, die Beitragsverpflichtung der Anteile sogar auf Zehntelprozent genau festgelegt werden.107 Die meisten Instandhaltungsregeln wurden, wie im eben zitierten Auftrag an die Grundbuchsanlegungskommissionen vorgesehen, den Anteilsbeschreibungen des 103 Freudling, S. 404; m. w. N. Koziol / Welser I13, S. 289 f.; Böhm / Egglmeier-Schmolke, S. 3. – Ein typisches Beispiel für in der Praxis ungleiche Interessenlagen ist das Dach, von dessen Beschädigung (zumindest anfangs) nur der Eigentümer des obersten Geschoßes betroffen ist. Daher sei es, so berichtet Peter, S. 81, vorgekommen, daß die oberen Eigentümer kübelweise Wasser auf ihren Fußboden schütteten, um die unteren Eigentümer „drastisch an die gemeinsamen Verpflichtungen zu erinnern“. 104 Dölker, S. 78. 105 „Wenn bei materiell geteilten Häusern, ohne Streit zwischen den Teilhabern hervorzurufen(!), erhoben werden kann, wem die Erhaltung des Daches obliegt, so wird die Ersichtlichmachung des betreffenden Rechtsverhältnisses in der Gutsbeschreibung den Zwecken der Grundbuchsanlegung nur förderlich sein“: § 37 V 10. 4. 1898 LGBl Tirol 1898 / 9; § 38 V 27. 2. 1901 LGBl Vorarlberg 1901 / 5. 106 TZ 7386 / 1887 zu 5653700035; TZ 1114 / 1939 zu 4200700143; 8520100064. 107 TZ 6189 / 1963 zu 5653750005.

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Gutsbestandsblattes an- bzw. eingefügt. Gelegentlich finden sich allerdings auch Fälle, in denen die Erhaltungspflichten als Reallasten verbüchert wurden108: Beispielsweise schlossen 1887 die Eigentümer der vier Anteile eines Salzburger Hauses ein „Uebereinkommen“, worin sie vereinbarten, „die künftighin sich ergebenden Kosten aller nothwendig werdenden Ausbesserungen, Reparaturen, Adaptirungen oder Neuherstellungen des Daches ( . . . ) sowie die Kosten der Erhaltung des Bodens des Vorhauses ( . . . ) zu gleichen Theilen zu bezalen“, wobei diese Regelung durch „Einverleibung dieser Verpflichtung als Reallast“ bei den einzelnen materiellen Anteilen verdinglicht wurde.109 Das Fehlen von Erhaltungsinformationen kann verschiedene Gründe haben. Zum Teil war es schon bei der Grundbuchsanlegung die Gefahr, durch entsprechende Nachforschungen Streitigkeiten hervorzurufen; in Oberösterreich und Salzburg waren den Grundbuchsanlegungskommissionen überhaupt keine Erhebungen befohlen worden. Hier wurden offenbar nur außergewöhnliche Verhältnisse vermerkt, wobei dies auch bloß einen der materiellen Anteile betreffen kann, ohne daß sich daraus Rückschlüsse auf die anderen ziehen ließen. So ist bei einem Gebäude in Salzburg von einem der fünf materiellen Anteile „zu den Hauptbaureparaturen und anderen Comuneausgaben ( . . . ) der vierte Teil“ beizutragen, was wohl wegen des offenkundigen Widerspuchs zur Zahl der Anteile festgehalten wurde. Doch für die anderen Anteile gibt es keine vergleichbaren Angaben.110 Bei Objekten mit „grenzübergreifendem“ StWE fehlen vielfach Erhaltungsinformationen.111 Dabei herrscht wohl meist die Vorstellung, jeder Eigentümer erhalte „sein Haus“. Deutlich wird dies vor allem dann, wenn die Teile nur vom Nachbarhaus zugänglich und „vollständig abgemauert“ sind112; andererseits ergibt sich, wenn manche „Teile durch Holzwände getrennt“ sind, die Notwendigkeit, eben gerade deren Erhaltung zu regeln.113 Schließlich sind vereinzelt einst vorhanden gewesene Instandhaltungsregeln verschwunden, sei es bei der ADV-Umstellung114, sei es infolge der Vereinigung materieller Anteile.115 Die aus dem Fehlen von Regelungen resultierende Unsicherheit über die Kostenverteilung kann nicht nur zu Streit zwischen den Beteiligten führen, sondern auch zum Unterbleiben von Erhaltungsarbeiten und damit längerfristig zur Schädigung der Gebäudesubstanz. Nur in einem Fall ließ sich nachweisen, daß Streitigkeiten 5620100019, 9110300378. TZ 7386 / 1887 zu 5653700035. Ergänzt wurde dies durch Bestimmungen darüber, unter welchen Voraussetzungen (Stimmenmehrheit bzw. Sachverständigengutachten bei Stimmengleichheit) eine „Nothwendigkeit zur Vornahme diesbezüglicher Arbeiten“ anzunehmen war. 110 5653700615. 111 Z. B. 8100700008, 8100700048, 8110300460, 8130400725. 112 8520900118. 113 8111000103 (Erhaltung nur durch einen der Eigentümer!). 114 5653750041. 115 5653700035. 108 109

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über den Verteilungsschlüssel zu Lasten ausführender Professionisten gingen, die erst nach Vergleichsabschluß zwischen den Stockwerkseigentümern zu ihrem Geld kamen.116

b) Gemeinsame Verpflichtungen und Quotenbemessung Die „gemeinsame“ Erhaltung als solche findet sich relativ selten117; meist wird die Gemeinsamkeit auf irgendeine Weise präzisiert. Dabei kommen beide der Literatur bekannten Möglichkeiten, also gleiche wie unterschiedliche Quoten, vor. So kann die Kostentragung etwa „gemeinsam zu gleichen Teilen“118 vorgesehen sein, ebenso „gleichzeitig gemeinsam“119, womit es dem einzelnen Stockwerkseigentümer unmöglich gemacht wird, seine Leistung von jener des anderen abzukoppeln. Andererseits finden sich auch ungleiche und daher konkretisierte Quoten, die geradezu lehrbuchhaft berechnet scheinen. In diesem Sinne wurde bei einer Hallstätter Einlage die Dacherhaltung im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs derart geregelt, daß die „Bedachung des Hauses ( . . . ) gemeinsames Eigentum der Stockwerkseigentümer im Verhältnisse des Wertes ihres Eigentumsrechtes“ ist und „die Kosten der Instandhaltung oder allenfalls Neuherstellung der Bedachung in der Weise zu tragen sind, dass die Eigentümer des ersten Stockes 65 %[,] die Eigentümer des Erdgeschosses 35 % dieser Kosten zu tragen“ haben.120 Die Erhaltungspflichten an einem Halleiner Objekt wurden schon 1843 in verschiedene 163-stelQuoten aufgeteilt und damit auf eine Weise geregelt, die bereits ein wenig an die modernen Nutzwerte erinnert.121 Doch weder die gleichen noch die wertabhängig-unterschiedlichen Quoten sind verallgemeinerungsfähig; die Rechtstatsachen sind erheblich vielfältiger und bunter. Dabei stehen oft verschiedene Regeln nebeneinander, sodaß regionale Gewohnheiten meist ausscheiden. Eine gewisse Ausnahme bildet die Tennenerhaltung insbesondere im Paznauntal, die auf die angrenzenden Räume Bedacht nimmt, dabei allerdings verschiedene Varianten kennt. Meist ist die Tenne im „Größenverhältnis der anschließenden Stadelräume“122, mit geradezu beigefügter Begründung „nach dem Größenverhältnis der von der Tenne aus zugänglichen Stadelteile“ 123 oder Vgl. TZ 130 / 1901 zu 5653700127. Z. B. 8411000245, 8400700050. 118 8411000075. 119 8401200145. 120 4200700143 – TZ 1114 / 1939. 121 5620900103. 122 8400500158; vgl. weiters 8400600316, 8400600319, ähnlich 8400500195 („nach dem Größenverhältnis der anschließenden Räume“), 8400600377 („nach dem Größenverhältnis der zu jedem Anteil gehörigen Stadelräume“) sowie 8400600503 („nach dem Größenverhältnis der angrenzenden Barren“). 123 8400600414. 116 117

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„nach dem Raumverhältnis der zugehörigen Stadelteile“ 124 zu erhalten, weniger genau „nach dem Verhältnis der Beteiligung am Stadel“125. Doch es gibt auch eine Verteilung „nach dem Verhältnis der anschließenden Barrenlängen“126 oder „nach dem Ausmaß der darunter befindlichen Stallteile“. Letzteres ist deshalb besonders bemerkenswert, weil damit nur drei der vier materiellen Anteile zur Kostentragung verpflichtet sind, obwohl es für diese Tenne ein präzisiertes Miteigentumsverhältnis zu ideellen Quoten (8 zu 4 zu 3 zu 1 Sechzehntel) gäbe.127 Ähnliches findet sich auch im Ötztal, wo eine Tenne von 6 materiellen Anteilen „nach der Größe der [angrenzenden Heu-]Pillen“ zu erhalten ist, während das Miteigentum an einer Grundfläche allen 8 Eigentümern zu je einem Achtel zusteht.128 Diese Gestaltung ist nicht bloß auf Tennen beschränkt. Im Grundbuch Landeck ist eine „gemeinsame Dachmulde zwischen Haus- und Stadeldach ( . . . ) von beiden materiellen Anteilen im Verhältnis der Flächen der von ihnen einzuhaltenden Hausdächer instandzuhalten“. 129 Eine über Streckenlängen oder Flächenmaße hinausgehende, verstärkt die dritte Dimension berücksichtigende Verteilungsregel findet sich hingegen im weiter entfernten Lienz: „Alle Instandhaltungskosten an oder in den nicht zu Sondereigentum oder Nutzung zugewiesenen Gebäudeteilen treffen beide Teile im Verhältnis des umbauten Raumes“.130 c) Modelle der Dacherhaltung aa) Allgemeines: Fehlende Regelung und Quotenteilung Die Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten zeigt sich besonders deutlich bei der Dacherhaltung, wo der große Datenbestand eine modellhafte Differenzierung erleichtert. In nur 35,8 % der untersuchten Einlagen fehlt eine Information zu dieser Frage. Neben den allgemeinen Gründen für ein solches Fehlen (siehe oben) kann dies bei Dächern auch auf eine vollkommene oder zumindest deutlich überwiegende Vertikalteilung des Gebäudes zurückzuführen sein; dabei scheint die Verteilung der Erhaltungspflicht den Beteiligten offenbar selbstverständlich.131 Die schon allgemein thematisierte „gemeinsame“ Erhaltung ist nur in 2,7 % der Fälle mit Dacherhaltungsregeln vorgesehen.132 Dabei sei auf einen bemerkens8400600339, ähnlich 8400600404. 8400600328, ähnlich 8400600403, 8400600443 („nach dem Verhältnis der Stadelbeteiligung“). 126 8400500151. 127 8400600375. 128 8010500380. 129 8400700202. 130 8502000319. 131 Z. B. 8011200940, 8010300300, 8000800469, 8600400383. – Andererseits kann auch bei Horizontalteilung eine Dacherhaltungsregelung fehlen, z. B. 8400800205. 132 8400700045, 8400700050. 124 125

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werten Einzelfall aus Vorarlberg hingewiesen, bei dem diese Regel der Streitvermeidung nicht nutzbar gemacht werden kann: Die Dacherhaltung ist hier zwar „gemeinschaftlich“ vorzunehmen, doch gilt dies nur „mit Ausnahme von kleineren Reparaturen“, die „dem jeweiligen Eigentümer des II materiellen Anteiles allein obliegen“.133 Auseinandersetzungen über Begriff und Ausmaß dieser „kleineren Reparaturen“ scheinen also vorprogrammiert. Im Streitfall könnte man sich jedoch an einer Osttiroler Einlage orientieren, die eine detaillierte Pflichtenverteilung vornimmt und dabei zwischen zwei unterschiedlich schwer wiegenden Reparaturen differenziert: Die „Instandhaltung des Daches bezieht sich bloß auf das Gedecke (Brettchen und Latten) während den Dachstuhl ( . . . ) der Eigentümer des materiellen Anteiles II allein einzuhalten hat“.134 Diese Fälle bestätigen erneut, daß bei der materiellen Gebäudeteilung noch ein älterer, differenzierter Eigentumsbegriff nachwirken kann.135 bb) Reale Teilung der Dacherhaltung Bei über 50 % der untersuchten Einlagen ist auch die Dacherhaltung von der materiellen Gebäudeteilung erfaßt, sodaß die Stockwerkseigentümer reale Teile des Daches instandzuhalten haben. In mehr als der Hälfte dieser Fälle bzw. in 35 % aller untersuchten Einlagen richtet sich die Erhaltungspflicht ausdrücklich nach dem Eigentum der darunterliegenden Gebäudeteile.136 Dabei wird, um Zweifel auszuschließen, gelegentlich betont, daß das „Eigentumsrecht unmittelbar(!) unterhalb“ des Daches entscheidend sein solle137; diesen Effekt erzielt auch die ausdrückliche Bezugnahme auf die „Unterdachräume“ 138. Die mit 15,9 % aller untersuchten Einlagen zweitgrößte Gruppe ist durch Bildung regelmäßiger Sektoren gekennzeichnet, die den Stockwerkseigentümern meist nach Himmelsrichtungen zugewiesen sind. Dabei wird die Orientierung in der Regel durch den Dachfirst ermöglicht: „Die Instandhaltung des Daches obliegt südlich vom Firste dem jeweiligen Eigentümer des Anteiles II, nördlich vom Firste jenem des Anteiles I.“139 In selteneren Fällen erfolgte diese Beschreibung nicht geographisch, sondern topographisch mit Formulierungen wie „gegen die Ache“, „gegen den Berg“, „taleinwärts“ oder auch – wegen Veränderungsmöglichkeiten gefährlicher – „gegen die Straße“.140 Eine möglichst gerechte Risikoverteilung 9111400206. 8500400043. 135 Vgl. oben § 6 B. 2. c). 136 Dies sahen z. B. 1804 die Versteigerungsbedingungen beim Verkauf eines materiellen Anteils am sogenannten Niederleghaus in Salzburg vor: Pagitz-Roscher, S. 172. 137 Z. B. 8000400569, 8000800464. 138 Z. B. 8400600689. 139 8010900549. 140 8010500365, 8010500366. 133 134

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wird dann erreicht, wenn die regelmäßigen Sektoren den Stockwerkseigentümern „über Kreuz“, also diagonal, zugewiesen sind: „Der Eigentümer des mat. Ant. I deckt von der östlichen Dachhälfte den südlichen Teil und von der westliche[n] Dachhälfte den nördlichen Teil. Der Eigentümer des mat. Ant. II deckt von der westlichen Dachhälfte den südlichen Teil und von der östlichen Dachhälfte den nördlichen Teil.“141 Obwohl die Firstlinie in der Regel nur zwei Teilflächen des Daches entstehen läßt, kommt dieses Modell auch bei einer größeren Zahl materieller Anteile zur Anwendung: So ist in einer Einlage aus Tarrenz die Dacherhaltung der Firstlinie nach geteilt; während jedoch „östlich vom Firste ( . . . ) der Eigentümer des Anteils II“ das Dach zu erhalten hat, ist das „Hausdach, welches westlich vom Firste liegt“ in eine „südliche Hälfte“ des Anteils I und eine „nördliche Hälfte“ des Anteils III geteilt.142. Bei derart steigender Kompliziertheit tritt die Firstlinie in ihrer Bedeutung zurück, sodaß etwa „Querhälften“ entstehen: Der „mat Anteil III hält die südliche Querhälfte des Daches ein; von der nördlichen Querhälfte hat der mat Anteil II das westliche Viertel allein, das östliche Viertel die mat Anteile I und II zu gleichen Teilen gemeinsam einzuhalten“, was zum besseren Verständnis durch eine Skizze illustriert wird.143 Überhaupt finden häufig Skizzen Anwendung, um die Verteilung der Dacherhaltungspflichten zu veranschaulichen. In knapp 3 % aller untersuchen Einlagen wird auf eine verbale Beschreibung sogar gänzlich verzichtet und nur auf eine Skizze verwiesen.144 Besonders wichtig sind Skizzen bei detaillierteren Dacherhaltungsregeln, die nur zum Teil auf eine größere Zahl materieller Anteile zurückgehen. Vielfach sind komplexere Verhältnisse eher das Ergebnis früherer Um- und Zubautätigkeit; die Dächer der Anbauten sind dann von den jeweiligen Eigentümern zu erhalten.145 Die Bildung unregelmäßiger Teildachflächen – etwa von 6,17m und 7,18m Länge146 – erschwert die Verteilung der Instandhaltungslast ebenso wie architektonische Besonderheiten, die nach Klarstellung verlangen: So wird in einer Hohenemser Einlage eigens „bemerkt ( . . . ), daß die beiderseitigen Dachflügel des [Wirtschaftsgebäudes] mit Kreuzfirst zum Teil in die nördliche Hausdachhälfte hinein141 8604100219; ähnlich z. B. 9010701201: „Der mat Anteil I hält von der östlichen Dachhälfte das südliche Viertel, von der westlichen Dachhälfte das nördliche Dachviertel; der mat Anteil II von der östlichen Dachhälfte das nördliche Viertel, von der westlichen Dachhälfte das südliche Viertel ein“ – die Niederlegung dieser komplizierten Regelung befremdet umsomehr, als schon bei der Grundbuchsanlegung 1941 Eigentümeridentität bestand! 142 8001000614. Bei 8601800242 sind die Dachrinnen nach Himmelsrichtungen verteilt, wobei jede der beiden Dachrinnen von jeweils zwei Anteilseigentümern zu erhalten ist. 143 9010200370. 144 Z. B. 8010800253: „Die Instandhaltung des Daches ist aus der, seinerzeit ein[en] Bestandteil der Einlage bildenden Skizze ersichtlich.“ 145 Z. B. 8410800238, 8411000251, 8411000578, 8411100105, 8600400273. 146 8411000268.

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ragen, so daß sich die ( . . . ) Dachdeckung über die Fläche des Wirtschaftsgebäudes hinaus erstreckt.“147 Auch eine Anknüpfung an das Eigentum von Räumen, die weiter vom Dach entfernt in tieferen Geschoßen liegen, führt zu Unübersichtlichkeit. Dies zeigt ein Vorarlberger Fall, in dem sich die „Dachdeckung ( . . . ) nach der Grenzlinie zwischen dem Keller des Anteils I und der im Südosten anschließenden Werkstätte des Anteils II“ richtet. Der Grund für diese Regelung ist einfach: Die Hausteile sind nämlich „vollständig abgewandet[ . . . ]“, jedoch ist die Grenzlinie innerhalb des Gebäudes im Erdgeschoß und im 1. Stock um „1,5 m“ verschoben. Die Grenzlinie im Keller erscheint demnach als die „richtige“ Grenze, nach der sich die Dacherhaltung richten sollte.148 Schließlich können verschiedene Regelungstechniken bei einem Objekt zusammentreffen149, woraus ebenfalls ein detailreiches Gesamtbild resultiert. Ein besonders schönes Beispiel dafür ist eine Landecker Einlage, deren Dacherhaltungsregeln mehr Text in Anspruch nehmen als manche Anteilsbeschreibung: „Materieller Anteil I hat zu erhalten: Den nördlichen Flügel des Hausdaches und den südlichen Flügel des Stadeldaches, ausgenommen den südwestlichen Dachteil über den beiden Rumpelkammern des materiellen Anteiles II; Materieller Anteil II hat zu erhalten: Den südlichen Flügel des Hausdaches und den nördlichen Flügel des Stadeldaches sowie vom südlichen Stadeldachflügel den Teil über den beiden eigenen Rumpelkammern; die Dächer der Zubauten erhält deren Eigentümer allein; die Einhaltung der Dachtraufe richtet sich nach der Erhaltung der angrenzenden Dachteile; die über dem südwestlichen Hofraum (Gärtelein) gelegene Dachtraufe ist jedoch durch den materiellen Anteil I einzuhalten und durch diesen im Falle der Erneuerung des anschließenden Daches wieder zu entfernen und hernach wieder anzubringen; Die gemeinsame Dachmulde zwischen Haus- und Stadeldach ist von beiden materiellen Anteilen im Verhältnis der Flächen der von ihnen einzuhaltenden Hausdächer instandzuhalten“.150

cc) Dacherhaltung durch einen der Stockwerkseigentümer Die Dacherhaltung durch einen der Stockwerkseigentümer ist mit nur 4,2 % der untersuchten Einlagen erheblich seltener vorgesehen. Zum kleineren Teil handelt es sich dabei um Fälle vollständiger oder zumindest weitgehender Horizontalteilung, bei denen die Dacherhaltungslast in der Regel – doch nicht immer151 – 9200401192. 9200103747. 149 Z. B. 9211900041: Das Dach der allen drei Anteilen gemeinsamen Tenne wird „nach der aus der Skizze ersichtlichen Teilung“, also real geteilt erhalten, jenes des Wohnhauses hingegen „zu gleichen ideellen Anteilen“. 150 8400700202. 151 Bei einem horizontal geteilten Gebäude in Tux ist das Dach vom Eigentümer des Erdgeschosses zu erhalten, nicht von jenem des ersten und zweiten Stockwerks: 8712200120. 147 148

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dem oberen Stockwerkseigentümer aufgebürdet wird152; dieser Typus ist eng mit der Verteilung von Erhaltungspflichten nach Maßgabe der Eigentumsverhältnisse unmittelbar unter dem Dach verwandt.153 Ein entsprechendes Gewohnheitsrecht kann aber nicht angenommen werden: Dächer anderer, ebenfalls horizontal geteilter Gebäude sind nämlich „gemeinsam“154, nach rechnerischen Quoten155 oder real (nach Himmelsrichtungen) geteilt156 zu erhalten, wobei aus dieser Beteiligung an der Erhaltung auch ein eingeschränktes Durchgangsrecht des unteren Eigentümers resultieren kann, der zum Zweck der Dachinspektion bzw. der Beaufsichtigung von Reparaturarbeiten den oberen Anteil durchqueren muß.157 Die Hauptursache für Dacherhaltung durch einen der Stockwerkseigentümer liegt in einem auffallenden Ungleichgewicht der Beteiligten, zu dem die Lage innerhalb des Gebäudes allenfalls hinzutritt.158 So müssen sich die Eigentümer materieller Anteile, die bloß aus einem „einzelnen Keller an der Südseite“159, einem „Gaden zu ebener Erde“160, einem „Hennenstall an der Südwestecke“161, aus einem „Zimmer im 1. Stock“162 oder gar nur aus einem „Kämmerlein“163 bestehen, an der Dacherhaltung nicht beteiligen und können sie jenen überlassen, die „alle übrigen Bestandteile“164 ihr Eigen nennen.165 Diese „Verteilung“ findet sich auch bei Objekten mit mehr als zwei materiellen Anteilen.166 Besonders ausgeprägt zeigt sich das hier skizzierte Prinzip bei einer Einlage des Tiroler Grundbuchs Roppen, die zwei jeweils in zwei materielle Teile geteile Gebäude enthält: Während das Dach des einen vom Eigentümer des materiellen Anteils I erhalten wird, trifft diese Last beim anderen jenen des Anteils II; es handelt sich dabei jeweils um den Hauptnutzer des entsprechenden Gebäudes. Der Eigentümer von Anteil III ist hingegen von einer solchen Pflicht überhaupt nicht betroffen – er besitzt nur einen Keller.167 152 Z. B. 8010500370, 8010500419, 8112300433, 8113200099, 8130700172, 8130700190, 8401300089, 8410600125, 8411000271, 8411200195, 8411300119, 8603100371. 153 Dies zeigen z. B. 8400600270, 8400600305, 8400600420, 8400600546, 8400600732. 154 So 8400500274. 155 TZ 1114 / 1939 zu 4200700143. 156 8010500365. 157 TZ 1114 / 1939 zu 4200700143. 158 So 8401200104. 159 8200500251, ähnlich 8010700214, 8010800336. 160 8000100750 („Gaden“ = Zimmer, Kammer). 161 8010800274, ähnlich ebenerdiger Pferdestall in 8311500086. 162 8000300194. 163 8010700226, ähnlich 8011000334. 164 8110600101. 165 Weitere Fälle z. B. 8010100322, 8111101067, 8400400319, 8400400320, 8401100196, 8401100199. Vgl. auch OGH 1. 3. 1951, 1 Ob 130 / 51: SZ 24 / 58. 166 Z. B. 8010100401. 167 8010700223.

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Wenngleich diese Verteilungsregelung ebenso wie alle anderen nicht verallgemeinert werden kann168, so ließ sie sich doch auch in einem Fall nachweisen, in dem das Grundbuch darüber keine Informationen enthielt: Dabei weigerte sich der Eigentümer eines nur aus einem Keller bestehenden materiellen Anteils, sich an einer Dachreparatur zu beteiligen. Allerdings bestärkte dies die Eigentümer des restlichen Hauses darin, ihn nicht als gleichwertigen Miteigentümer anzusehen.169

dd) Exkurs: Dacherhaltung aufgrund Eigentums am Dach Meist ist die Dacherhaltung dadurch geregelt, daß die entsprechenden Pflichten im Anschluß an die Beschreibung der materiellen Anteile im Gutsbestandsblatt eingetragen wurden, ohne über das Eigentum am Dach eine Aussage zu treffen. In Ausnahmefällen erfolgte die Regelung allerdings durch materielle Eigentumsteilung auch des Daches. Auf diesem Weg kann so gut wie jedes der eben skizzierten Modelle verwirklicht werden. Teilung der Dacherhaltung auf dem Umweg über Sondereigentum an den Dachhälften170 findet sich ebenso wie Überwälzung dieser Pflicht auf einen der Stockwerkseigentümer; in diesem Sinne wurde bei der Neufassung der Anteilsbeschreibungen im Zuge der Grundbuchsumstellung in Eisenstadt ein Alleineigentum am „Dachboden mit Dach“ festgestellt.171 Auch die bei weitgehend vertikaler Teilung häufig zu findende Beschreibung „sämtliche[r] Bestandteile ( . . . ) bis zum Dache“172 ist so zu interpretieren. Meist entspricht ein echtes Eigentum am Dach173 ohnehin den Eigentumsverhältnissen unter demselben, ist das aber nicht der Fall, so bietet diese Konstruktion den anderen Stockwerkseigentümern keine vergleichbare Sicherheit: Mangelnder Instandhaltung kann man dabei nämlich nicht unter Hinweis auf eine konkrete einschlägige Regelung entgegentreten. Vielmehr bedürfte es eines Rückgriffs auf allgemeine Prinzipien, wonach auch der einzelne materielle Anteil nicht zum Schaden der übrigen vernachlässigt werden darf. Ungeachtet dieses prinzipiellen Problems kann die materielle Teilung des Daches im Gegenteil geradezu eine zweifelsfreie Erhaltung desselben bezwecken. Deutlich zeigt dies ein Ausnahmefall, in dem eine „idielle Hälfte der Alphütte mit der südöstlichen Dachhälfte“, die andere ideelle Hälfte „mit der nordwestlichen Dachhälfte“ verbunden ist: Damit bestehen an diesem Gebäude außer den Dachhälften überhaupt keine materiellen Anteile!174

168 Z. B. 8000400242: Obwohl einer der Anteile nur aus „1 Kammer an der Südwestecke des ersten Stockes“ besteht, konnte man keine unstrittige Dacherhaltungsregel feststellen, sodaß eine entsprechende Eintragung unterblieb. 169 Gesprächsprotokoll zu 4202100062. 170 8520200061, 8520600065. 171 3000500004. 172 Z. B. 8010500476. 173 Z. B. 8100100731, 8100100760, 8100100768. 174 9010900353. Die Alphütte ist jedoch nicht das einzige Gebäude dieser Einlage.

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d) Erhaltung sonstiger Gebäudeteile Die Erhaltung sonstiger Gebäudeteile wird nur selten geregelt. So korrespondiert bei einer Einlage des Tiroler Grundbuchs Kappl mit der Dacherhaltung durch den oberen Anteil die Pflicht des unteren zur „Erhaltung der Decke über den Räumen des Erdgeschoßes“.175 Die Bestimmung, daß ein „Stadelboden ( . . . ) nach Maßgabe des darunter befindlichen Stalleigentums“ zu erhalten sei176, ähnelt der häufigen Pflicht zur Dacherhaltung entsprechend dem Eigentum an den unmittelbar darunter liegenden Gebäudeteilen. Tennen werden, soweit sie nicht – wie oben gezeigt – gemeinsam zu erhalten sind, nach ungleichen Quoten177 oder nach realen „Teilstück[en]“178 erhalten. Regeln über die Instandhaltung gemeinsamer Stiegen, von der ausländischen Gesetzgebung teils detailreich berücksichtigt und in der Literatur daher immer wieder erwähnt179, finden sich in den österreichischen Grundbüchern hingegen nur ausnahmsweise. Dabei zeigt sich, daß zwar ein Zusammenhang zwischen Nutzung und Instandhaltung besteht, dies jedoch nicht in der Form eines Automatismus: Ein schönes Beispiel dafür liefert ein Tiroler Gebäude, dessen Stiegen zwar ausdrücklich gemeinsam sind, doch real geteilt erhalten werden müssen. Die „erste Stiege“ ist dabei vom Eigentümer des ersten Stocks, die „zweite und dritte Stiege“ von jenem des zweiten Stocks instandzuhalten, obwohl der über dem zweiten Stock liegende Dachboden zwischen den beiden Eigentümern real geteilt ist.180 Auf den ersten Blick mag dies ungerecht erscheinen; tatsächlich ist damit jedoch ein Ausgleich dafür geschaffen, daß der Eigentümer des oberen Anteils – vermutlich erheblich häufiger – die „erste Stiege“ benützt. Keinerlei Informationen sind den Grundbüchern über die Instandhaltung der Außenmauern bzw. Fassaden zu entnehmen.181 Der Lokalaugenschein zeigt jedoch, daß diese Gebäudeteile nicht immer als gemeinsam zu erhaltende empfunden werden: Es trifft dann jener Eindruck zu, den schon Ackermann für die Danziger Hauptwache gewonnen hatte: Die Fassadenerhaltung durch die einzelnen angrenzenden Stockwerkseigentümer geschah jeweils „nach eigenem Belieben und Geschmack“, wobei teilweise „keineswegs stilvoll verfahren“ wurde, sodaß „dieses 8400600731. 8400500266, ähnlich Pflicht zur Erhaltung eines Stadelganges in 8400600378. 177 8411000333. 178 8411200113. 179 Z. B. Bernhardt, S. 4 (allgemein); Zoeppritz, S. 3 (unterschiedliche Treppenerhaltungsregeln bei einem materiell geteilten Turm der alten Stuttgarter Stadtbefestigung). 180 8131000542. 181 Vgl. jedoch die schon von Zoeppritz, S. 1 ff., erwähnten Fälle aus Stuttgart. Sie wiesen, obwohl in der gleichen Stadt gelegen, verschiedene Erhaltungsregeln hinsichtlich der „Hauptwandungen“ auf: In einem Fall waren sie „von jedem Teil zur Hälfte zu übernehmen“, im anderen, abweichend von der dort sonst gemeinschaftlichen Erhaltungspflicht, „von jedem Besitzer, soweit sie sein Eigentum berühren“. 175 176

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( . . . ) ehrwürdige Bauwerk ( . . . ), statt einheitlich und stilgerecht erhalten zu werden, erbärmlich geflickt und verunstaltet“ erschien, jedem Freunde städtischer Baudenkmäler ein Dorn im Auge“.182 In diesem Sinne weist so manches österreichische Stockwerkseigentumshaus eine Fassade auf, mit der die materielle Teilung sichtbar nach außen gekehrt wird183 – die Zahl derartiger Fälle ist jedoch, nicht zuletzt wohl aufgrund öffentlichrechtlicher Bestimmungen (Denkmalschutz, Altstadterhaltung), erheblich geringer, als im allgemeinen angenommen wird.

e) Nebeneinander verschiedener Erhaltungsregeln Schon mehrmals wurde gezeigt, daß bei verschiedenen Objekten trotz jeweils gleicher Voraussetzungen nicht immer die gleichen Regelungen für die Instandhaltung gelten. Doch damit nicht genug: Zuweilen sind selbst innerhalb derselben Einlage auf verschiedene Gebäude unterschiedliche Modi der Kostenverteilung anzuwenden: So kann etwa das Wohnhausdach „gemeinsam zu gleichen Teilen“, das Stalldach entsprechend den darunter herrschenden Eigentumsverhältnissen zu erhalten sein.184 In einem Extremfall des Grundbuchs Kappl gilt sogar für die Dächer von drei Gebäuden die gleiche Regelung, nämlich reale Teilung der Dacherhaltung nach Himmelsrichtungen, dennoch ist für das Dach des vierten Gebäudes ein anderer Verteilungsschlüssel (Dacherhaltung nach den Eigentumsverhältnissen unter dem Dach) überliefert.185 Was innerhalb einer Einlage für mehrere gleichartige Gebäudeteile gilt, trifft umsomehr auf verschiedenartige Gebäudeteile zu; insbesondere dürfen die relativ oft den Grundbüchern zu entnehmenden Dacherhaltungsregeln nicht dazu verleiten, sie allgemein anzuwenden. So obliegt bei einem der typischen gemeinsamen Wirtschaftsgebäude die Dacherhaltung den jeweiligen Eigentümern der darunterliegenden Heulegen, alle „übrigen Erhaltungskosten“ sind jedoch nach Quoten zu tragen, deren Größe zwischen 1 / 12 und 2 / 6 (also 4 / 12) liegt.186 All dies zeigt, daß die Ergebnisse der Rechtstatsachenuntersuchung nur mit größter Vorsicht zu verallgemeinern sind.

182 183 184 185 186

Ackermann, S. 19; Möller, S. 22. Z. B. 5631400063, 5641000253. 9010700703. 8400600348. 8120900237.

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E. Erhaltung der einzelnen materiellen Anteile 1. Theorie Neben der Erhaltung der gemeinsamen Gebäudeteile ist auch jene der einzelnen materiellen Anteile ein Problem. Grundsätzlich würde man aus dem Eigentumscharakter des StWEs ableiten, daß der Eigentümer berechtigt sei, „mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkür zu schalten“.187 In diesem Sinne behauptete etwa Schott, der Stockwerkseigentümer könne „auch seine Räume verwahrlosen lassen“.188 Tatsächlich wird diese umfassende Berechtigung für das StWE allerdings nicht angenommen werden können. Schon für Kuntze189 verstand „es sich von selbst“, daß jeder Eigentümer gewisse Schranken seines Eigentums zu akzeptieren hat, die aus der Natur des StWEs resultieren; so ist er etwa nicht zur Zerstörung seines Eigentums berechtigt, wenn er damit einen anderen Stockwerkseigentümer seiner statischen Grundlage berauben würde. Daraus ergibt sich für den Einzelnen auch ein Minimum an Erhaltungspflichten hinsichtlich seines Anteils. Einzig Lette nahm 1866 eine gemeinsame Erhaltungspflicht auch für die „fremden Eigenthumsobjecte“, also die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile an: Von den Betroffenen sei „sich keiner der vollen Pflicht der Fürsorge, sowenig um die Erhaltung des Ganzen, wie der einzelnen Bestandtheile bewußt“ sei; bei letzteren sei dies besonders verständlich, weil diese Teile „im alleinigen Nießbrauch und Besitz anderer Hausgenossen sind“, die den einzelnen Stockwerkseigentümer davon „ausschließen und zurückweisen“. Investitionsbereitschaft sei da kaum zu erwarten, vielmehr „Uneinigkeiten und Mißstände“.190 Das Ausmaß der Instandhaltungspflicht hat die Theorie wiederholt beschäftigt.191 Dabei knüpfte man teils an die Nürnberger Reformation 1564 sowie die Regensburger Wacht-, Gerichts- und Bauordnung 1657 an, die eine Erhaltung in einem solchen Zustand verlangten, der das Aufbauen ermöglichte192; teils wurde, weniger weitgehend, gefordert, die anderen Stockwerkseigentümer dürften nicht gefährdet werden193. Einen Mittelweg beschritt der Hugenberg-Entwurf 1935, wonach jeder Stockwerkseigentümer die „ihm gehörenden Gebäudeteile, Anlagen und Einrichtungen ( . . . ) in einem ordnungsmäßigen Zustande zu erhalten [hatte], der eine Schädigung der berechtigten Interessen der übrigen Beteiligten aus§ 354 ABGB. Schott, S. 37. 189 Kuntze, S. 81 f.; vgl. zum Folgenden Burckhard II, S. 116, für den sich die Erhaltungspflicht aus der „Natur der Sache“ ergab. 190 Lette, S. 24. 191 Es gab allerdings auch Gesetzentwürfe, die sich mit einer unspezifizierten Instandhaltungspflicht begnügten: Möller, S. 95 f. 192 Möller, S. 11 ff.; Dölker, S. 15 f. 193 Ackermann, S. 11. 187 188

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schließt.“194 Für Österreich verlangte Fuchshuber, die materiellen Anteile in einem solchen Maß instandzuhalten, „daß dadurch die übrigen Eigentümer im ordentlichen Gebrauch ihrer Anteile nicht behindert“ seien.195 Unabhängig vom Maßstab, den man anlegte, bestand das Problem der Durchsetzung. Sie war schon im 18. Jahrhundert schwierig; Dölker überlieferte dazu die Reaktion eines Herbergseigentümers der Münchner Vorstadt Au auf die Forderung nach Dach- und Kaminerhaltung: „Wenn er [= der andere Stockwerkseigentümer] ein übriges Geld hat, so soll er klagen“.196 Ein knappes Jahrhundert später sahen die Entwürfe eines BGB für das Großherzogtum Hessen (1851) und eines BGB für Bayern 1861 eine Ersatzvornahme unterlassener Erhaltungsarbeiten vor, gaben also jedem Stockwerkseigentümer das Recht, selbst Arbeiten zu bewirken, deren Durchführung der Verpflichtete verweigerte.197 Nach dem hessischen Entwurf hätte der in Vorlage getretene Stockwerkseigentümer mangels Kostenersatz binnen 6 Monaten sogar die zwangweise Übertragung des Eigentums am Anteil des Verpflichteten verlangen können. Diese Ideen setzten sich jedoch nicht durch; weder die spätere Gesetzgebung, noch die sonst so phantasievollen Entwürfe der Zwischenkriegszeit enthielten Vergleichbares.

2. Rechtstatsachen Eine Pflicht zur Erhaltung des einzelnen materiellen Anteiles wird in den Grundbüchern in aller Regel nicht erwähnt. Eine 1977 festgestellte Verpflichtung, die Verschalung einer Außenstiege „dem Hauscharakter angepaßt zu erhalten“, ist ungewöhnlich und vermutlich nur durch ein in der Folge begründetes Wohnungseigentum am betroffenen StWE motiviert.198 Neben diesem Einzelfall gibt es auch eine Reihe typischer Ausnahmefälle, und zwar jene Objekte, bei denen die Erhaltungspflicht einer von den Eigentumsverhältnissen abweichenden Regelung unterliegt, was bei der Grundbuchsanlegung besonders erwähnenswert war. Ein Auseinanderfallen von Eigentum und Erhaltungspflicht ist meist199 das Ergebnis einer den Eigentümer belastenden Benützungsregelung, wobei ein Kostenbeitrag des 194 Hugenberg, S. 56 (§ 43). Damit wird die allgemeine Verhaltensbestimmung konkretisiert: „Jeder Stockwerkseigentümer hat bei der Nutzung des StWEs das gemeinschaftliche Interesse der übrigen Stockwerkseigentümer und des Eigentümers des Gesamtgrundstückes nach den Grundsätzen von Treu und Glauben unter Rücksicht auf die Verkehrssitte und die örtliche Übung zu beachten.“ 195 Fuchshuber, S. 86. 196 Dölker, S. 79. 197 Möller, S. 24 ff.; Dölker, S. 106, S. 109. 198 8401000147. 199 Eine Ausnahme mit unklarer Ursache ist ein Objekt in Prutz (BG Landeck); hier haben „den Fußboden des sogenannten ,Bodens‘ des Anteiles I ( . . . ) beide Anteile gemeinsam einzuhalten“: 8411100100.

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berechtigten Stockwerkseigentümers einen Ausgleich für die Inanspruchnahme des fremden Gebäudeteils bildet. So ist der Anteil II einer Rietzer Einlage „berechtigt zu landwirtschaftlichen Zwecken über die Tenne des Anteiles I zu fahren und hat hiefür(!) zu deren Erhaltung die Hälfte beizutragen“. 200 Der gleiche Gedanke findet sich bei einem Pitztaler Wirtschaftsgebäude, wenngleich er hier in eine heute – und wohl schon zur Zeit der Grundbuchsanlegung – unverständliche Beitragsbemessung mündet: Der Eigentümer des materiellen Anteils II hat hier das Recht, über die Vortenne des materiellen Anteils I zu gehen und zu fahren, jedoch „dafür ,Drei Flecken‘ derselben zu erhalten“.201 Im Extremfall eines Vorarlberger Objekts, bei dem die beiden Stockwerkseigentümer ihre Kellerräume – bei fortbestehenden Eigentumsrechten – durch Gebrauchsrechte wirtschaftlich „getauscht“ hatten, führt das gezeigte Prinzip sogar zu einer Instandhaltung allein durch den jeweils anderen Anteilseigentümer.202 Eine derartige wechselseitige Erhaltung kann aber auch dadurch entstehen, daß die Anteile einer wechselseitigen Mitbenützung unterliegen: Eine Tenne im Grundbuch Imst ist real geteilt, wobei jeder Teil „zu Wirtschaftszwecken, insoweit die Bedürfnisse es erfordern“ auch vom Nicht-Eigentümer benützt werden darf.203 Dabei wären nun mehrere Modelle für einen finanziellen Lastenausgleich denkbar. Einerseits könnten beide Teile jeweils von beiden Eigentümern gemeinschaftlich erhalten werden, andererseits wäre es auch möglich, die so entstehenden Forderungen gegeneinander aufzurechnen, wodurch in Anbetracht der annähernden Gleichwertigkeit der Anteile eine Instandhaltung durch die Eigentümer eintritt. Tatsächlich gewählt wurde keine dieser Varianten; vielmehr wurde der Aufrechnungsgedanke modifiziert, sodaß nun der Eigentümer von „Anteil I ( . . . ) den Tennenanteil des Anteiles II – der Anteil II den Tennenanteil des Anteiles I instand[zuhalten]“ hat.204 Diese Lösung scheint zwar kompliziert, doch berücksichtigt sie ein psychologisches Moment: Der Nichteigentümer wird aufgrund dieser Regelung bei Benützung des fremden Gebäudeteils schonender vorgehen, als wenn dessen Erhaltung dem Eigentümer zur Last fiele. Aus dem gleichen Grund, nämlich um sich „gegenseitig in die Pflicht zu nehmen“, war im Montafon eine bewußte Verschachtelung der materiellen Anteile erfolgt.205

8010600456. 8000900287. Die Unklarheit dieser Bestimmung findet ihren Ausdruck schon in ihrer Setzung unter Anführungszeichen. 202 TZ 2999 / 1990 zu 9212100525. 203 8000201286: Daher dürfen „die beiden Tennenanteile“ von den „Berechtigten“ nicht als „Lagerplätze“ verwendet werden. 204 8000201286. 205 Gesprächsprotokoll BG 901. 200 201

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F. Bauliche Veränderungen und Veränderungen der Eigentumsverhältnisse 1. Theorie a) Allgemeines Noch intensiver als mit der Instandhaltung der materiell geteilten Gebäude hat sich die Theorie mit dem Problem baulicher Veränderungen befaßt. Da beim StWE die Herrschaftssphären der Beteiligten ganz wesentlich durch Gebäudeteile bestimmt sind, Um- oder Neubauten also vielfach mit Veränderungen der Eigentumsverhältnisse einhergehen, werden diese beiden Themenkomplexe hier in einem gemeinsamen Abschnitt behandelt. Veränderungen einzelner materieller Teile sind, soweit man sie nur aus zivilrechtlichem Blickwinkel betrachtet, nicht umstritten. Sie stehen im Belieben des jeweiligen Stockwerkseigentümers, soweit davon andere Rechte nicht berührt werden.206 Dieses Prinzip, eine Ausprägung des Eigentumsbegriffs, führt im Zusammenleben aber zu erheblichen Streitigkeiten207, steht doch oft nicht fest, ob und inwieweit eine bauliche Maßnahme in einem materiellen Anteil einen anderen beeinträchtigt. Für Österreich ist dieses Problem dadurch entschärft, daß der Verwaltungsgerichtshof „Stockwerkseigentümer nicht [als] bloße Nachbarn“ ansieht, die lediglich „ihre subjektiv-öffentlichen Rechte einwenden können“, sondern als „Miteigentümer, deren Zustimmungserklärung der Bauwerber [gemäß den Bauordnungsbestimmungen] beizubringen hat.“208 Es findet dabei also ein spezieller öffentlich-rechtlicher Miteigentumsbegriff Anwendung.209 Problematischer sind Veränderungen, die sich auf gemeinschaftliche Gebäudeteile beziehen. Hier wird in der Regel Einstimmigkeit verlangt werden müssen.210 Dieser Grundsatz wurde nicht nur regional nachgewiesen211, er fand auch in die Gesetzentwürfe Eingang, mit denen die Wiederzulassung von StWE propagiert wurde.212 Nicht in vergleichbarer Weise durchgesetzt hat sich hingegen die Annahme, daß Veränderungen des äußeren Erscheinungsbildes unabhängig vom Eigentum der Einstimmigkeit bedürften.213 Vgl. Freudling, S. 402. Dölker, S. 29. 208 VwGH 30. 5. 1978, 393 / 77: MietSlg. 30.633 = ZfVB 1978 / 2025a = ÖJZ 1979 / 108 A (VwGH A). Stockwerkseigentümer als Miteigentümer im Sinne § 25 Tiroler Bauordnung auch in VwGH 27. 3. 1980, 2408 / 79: ÖJZ 1981 / 110 A (VwGH A). 209 Siehe dazu Brauneder, Begriffe, S. 73 ff., insbes. S. 82 f. 210 § 834 ABGB. 211 Dölker, S. 81. 212 Meyer, StWE 1930, S. 29; Möller, S. 98. 213 Möller, S. 98, nennt als Beispiele „Anstrich“, „Anlage des Gartens“, „Ausgestaltung des Treppenhauses“. In Seufferts Archiv XLVI (=NF XVI) / 85 hielt das Oberste Landgericht 206 207

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Ungeachtet der eher unkomplizierten Grundlagen wurden drei Fragenkomplexe immer wieder thematisiert, nämlich der Durchbruch von Außenmauern, das Aufsetzen neuer Stockwerke sowie die Veränderung der hausinternen Grenzen, also die „Verschiebung“ realer Gebäudeteile von einem Stockwerkseigentümer zum anderen. b) Mauerdurchbruch Das Durchbrechen der Außenmauer beschäftigte des öfteren die Judikatur, wobei man aufgrund gemeinrechtlicher Quellen zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangte. Während das OAG Kiel 1851 angenommen hatte, das Eigentum eines Kellers würde vom Recht begleitet, bauliche Änderungen an dessen Wänden oder Fenstern vorzunehmen, soweit dem darüberliegenden Gebäude kein Schaden drohe214, wollte das Stuttgarter Obertribunal 1870 das Durchbrechen von Hauptmauern den einzelnen Stockwerkseigentümern entziehen und solche Änderungen nur unter verschärften Bedingungen gestatten: Die gemeinschaftlichen Zwecken dienenden Außenmauern stünden im Miteigentum; Veränderungen daran könnten nur dann zulässig seien, wenn sie für die Miteigentümer „ganz unschädlich“ und „überhaupt ( . . . ) ohne wirkliches Interesse“ seien. Der im Anlaßfall geplante Durchbruch zur Herstellung eines Gassenlokals sei keine für die Bestandserhaltung notwendige Maßnahme, sondern läge im alleinigen Interesse eines Stockwerkseigentümers, während für die übrigen Miteigentümer mit einem solch tiefgreifenden Umbau erhebliche Risken und Gefahren verbunden wären. Solange sich also ein Widerspruch nicht als bloße Schikane darstelle, sei er gerechtfertigt; der Durchbruch habe daher zu unterbleiben.215 Die österreichische Judikatur, die sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wiederholt mit dem Problem des Mauerdurchbruchs zu beschäftigen hatte, folgte keiner dieser Entscheidungen, sondern fand zu einer vom Interessenausgleich geprägten Lösung. Schon 1951 war der OGH mit einem Fall konfrontiert, in dem einer der Stockwerkseigentümer eine Tür durch die Außenmauer gebrochen hatte, um den dahinter liegenden Kellerraum besser bewirtschaften zu können. Da nicht festgelegt war, wem das materielle Eigentum an der Außenmauer zukommen sollte, nahm der OGH ideelles Miteigentum an der Außenmauer an; im Zweifelsfall sei die Berechtigung gleichteilig. Keiner der beiden Stockwerkseigentümer dieses Objekts könne daher den anderen in Angelegenheiten der ordentlichen oder außerordentlichen Verwaltung überstimmen, im Streitfall müsse gemäß § 835 ABGB der Richter angerufen werden. Dieser habe eine Abwägung der Interessen vorzunehmen. Für den Anlaßfall kam der OGH zum Ergebnis, daß das Durchbrechen einer Außenfür Bayern die eigenmächtige Durchführung eines gesamten Fassadenneuanstriches durch den überwiegenden Hauseigentümer für unzulässig, weil dieser damit ein „das Besitzrecht des Klägers zum Ausdruck bringende[s] Kennzeichen beseitigt“ hätte. 214 Seufferts Archiv VI / 152. 215 Seufferts Archiv XXIV / 299. 26*

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mauer zwecks Anbringung einer Türe die Benützbarkeit des Kellers fördere, ohne für den anderen Stockwerkseigentümer einen „in die Waagschale fallenden Nachteil“ mit sich zu bringen; die Baumaßnahme wurde daher gestattet.216 Mit einem ähnlichen Fall, in dem ein ehemaliger Ölkeller durch Einbau eines Portales erschlossen werden sollte, mußte sich der OGH erst vor wenigen Jahren beschäftigen. Entgegen der Entscheidung von 1951 wurde diese Baumaßnahme von der den Umbau betreibenden beklagten Partei mit dem Argument zu rechtfertigen gesucht, die einen materiellen Anteil abschließende Außenmauer sei Teil dieses Anteils und stünde daher in ihrem Eigentum. Der OGH erteilte dieser Vorstellung neuerlich eine Absage und wiederholte seinen Standpunkt, wonach die Außenmauern im Miteigentum der Stockwerkseigentümer stehen. Die Prüfung der Interessenlage fiel jedoch abermals zugunsten des Umbauvorhabens aus; dieses beeinträchtige die Interessen des Klägers – wenn überhaupt – nur geringfügig, während es dem Beklagten eine wesentlich bessere Bewirtschaftung erlaube. Vom objektiven Standpunkt einer Eigentümergesamtheit sei der Umbau offenbar vorteilhaft. Der Argumentation des Klägers, ein Portaldurchbruch würde auf lange Sicht Sanierungsarbeiten im Bereich der Außenmauer erschweren, weil diese mit einem höheren Aufwand zur Sicherung von Passanten verbunden sei, folgte der OGH nicht: Personenverkehr sei auf dem Gehsteig auch dann vorhanden, wenn sich am strittigen Ort kein Geschäftslokal befinde.217

c) Aufstockung Während das Problem des Mauerdurchbruchs vor allem die Judikatur beschäftigte, wurde das Aufstocken eines materiell geteilten Gebäudes überwiegend von der Dogmatik thematisiert, wobei die angestellten Überlegungen um zwei Aspekte kreisten. Einerseits wurde die Frage behandelt, wer zum Aufsetzen eines neuen Stockwerks berechtigt sei bzw. wem dieses gehören sollte; andererseits geriet die Thematik in ein Spannungsverhältnis zu den Neubegründungsverboten. Der erstgenannte Problemkreis war eng mit den theoretischen Grundfragen des Rechtsinstituts verknüpft, dementsprechend waren die gefundenen Lösungen von den dabei eingenommenen Positionen abhängig. Nach der Miteigentumstheorie war ein Miteigentum am neu aufgesetzten Stockwerk anzunehmen, das der Einräumung dinglicher Nutzungsrechte zugänglich war.218 In diesem Sinne würden An- und Aufbauten „grundsätzlich in das Miteigentum der Stockwerkseigentümer“ fallen, wobei die Aufwendungen der einzelnen Stockwerkseigentümer idealerweise im Verhältnis des Werts der Stockwerksrechte stehen sollten. Dadurch könnten OGH 1. 3. 1951, 1 Ob 130 / 51: SZ 24 / 58. OGH 15. 10. 1996, 4 Ob 2229 / 96 (Unterinstanzen OLG Innsbruck 18. 6. 1996, 1 R 136 / 96; LG Innsbruck 29. 3. 1996, 5 Cg 84 / 95): EvBl 1997 / 92 = JBl 1997, S. 233. 218 Zoeppritz, S. 39. 216 217

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Ausgleichszahlungen entfallen; im Grundbuch wäre nur eine „Veränderung im Beschrieb“ notwendig. Mangle es an diesen Voraussetzungen, so müßte zwischen den Beteiligten ein entsprechender Vertrag abgeschlossen werden.219 Mehrere Varianten ermöglicht hingegen die Sondereigentumstheorie: Einerseits kann das neue Stockwerk unter Berücksichtigung der faktischen Verhältnisse und der materiellen Teilung dem Eigentümer des vor der Aufstockung obersten Stockwerkes gehören; eine solche Erweiterung des Eigentums am obersten Stockwerk wurde von französischen Gerichten bejaht.220 Anderen erschien dies als „unbillig“221: Einerseits wäre, wenn das Dach in gemeinschaftlichem Eigentum stünde, eine Einwilligung aller Stockwerkseigentümer erforderlich222; andererseits kann für den neuen, bis dahin „fehlenden“, also auch keiner materiellen Teilung unterliegenden Gebäudeteil der Grundsatz „superficies solo cedit“ zur Anwendung kommen, womit das neue Stockwerk dem Grundflächeneigentümer gehören würde. Nahm man Miteigentum an der Grundfläche an, so kam man dabei zum gleichen Ergebnis wie die Miteigentumstheorie: Das neue Stockwerk stand im (Quoten-)Miteigentum der am Gebäude berechtigten Stockwerkseigentümer.223 Die Möglichkeiten könnten also auf die Frage zugespitzt werden, ob ein neu aufgebautes Stockwerk dem Eigentümer des obersten Stockwerks oder jenem der Grundfläche zufallen solle.224 Eine durchaus überlegenswerte Mittelstellung bezog dazu Art 1127 des italienischen Codice civile: Er gibt das Recht zum Aufsetzen eines neuen Geschoßes, sofern nicht Abweichendes feststellbar ist, dem Eigentümer des letzten Stockwerks, der sein Aufbaurecht auch abtreten kann. Dieser wird jedoch „nur wegen seiner günstigen natürlichen Lage“ den anderen Kondomini vorgezogen, „ohne daß dies ( . . . ) einen wahren Rechtsgrund hat“. Daher sieht der Codice civile Entschädigungszahlungen an die übrigen Kondomini vor.225 Mit dem Aufkommen der Neubegründungsverbote mußte die jeweils gefundene Lösung eine weitere Voraussetzung erfüllen: Sie durfte mit diesen Verboten nicht Hammer, S. 27. Freyer, S. 84 f. 221 So Zoeppritz, S. 39. Vgl. weiters Schröder, S. 32 f., sowie das italienische condominioGesetz von 1934, beleuchtet in BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3. 222 Schott, S. 38. In diesem Sinne ist wohl auch die Ansicht van der Merwes über das Common Law aufzufassen: Er meint, die oberen Stockwerkseigentümer seien „not allowed to increase the burden on the lower storeys“: van der Merwe, S. 5. 223 Zoeppritz, S. 39; Schott, S. 53. 224 Diese Alternative setzt voraus, daß man nicht schon einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Eigentumsrechten als zwingend annimmt, wie dies ein sächsisches Urteil tat: „Schon der gewöhnliche Verstand“ könne „die Richtigkeit der Schlußfolge nicht verkennen, daß demjenigen, welcher das Eigenthum an dem oberen Stockwerk hat, präsumtiv auch das Erdgeschoß und das Areal des Hauses eigenthümlich gehöre, weil die Erbauung des oberen Stockwerks Rechte an dem Unterbau voraussetzt“: Seufferts Archiv IV, S. 174 ff.; Zaun, S. 219; vgl. Goeke, S. 109 ff. 225 Riedl, S. 36. 219 220

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in Widerspruch geraten. So wurde die Zuweisung des neuen Stockwerks an den obersten Stockwerkseigentümer als Erweiterung des StWEs und damit als unzulässige Neubegründung angesehen.226 Andere Literaturstimmen wollten unter diesem Begriff hingegen nur jene Fälle verstehen, in denen StWE an Grundstücken begründet wurde, die von materieller Teilung zuvor überhaupt nicht betroffen gewesen waren.227 Doch auch eine derartige Anknüpfung an die Grundfläche konnte bei deren realer Teilung zu einem real geteilten Neubau führen und damit den gesetzgeberischen Intentionen widersprechen. In einem solchen Fall nahm Freudling daher an, daß das Eigentum am Neubau doch jenem am unmittelbar darunterliegenden Stockwerk entsprechen sollte, der Neubau also in das Sondereigentum jenes Stockwerkseigentümers fällt, der ihn auf seinem bestehenden Sondereigentum aufbaut.228 d) Grenzverschiebungen zwischen den materiellen Anteilen Die Neubegründungsverbote erschwerten nicht nur ein Aufbauen neuer Stockwerke, sie ließen auch Grenzverschiebungen zwischen den materiellen Anteilen problematisch erscheinen. Zwar war eine Verschiebung einzelner Teile von einem der Stockwerkseigentümer an einen anderen auch nach Inkrafttreten des BGB 1900 vom württembergischen Justizministerium für möglich und zulässig gehalten worden, galt diesem also nicht als Fall rechtswidriger Neubegründung, doch wurde diese Auffassung heftig kritisiert. Ihre Gegner sahen darin eine „Erweiterung“ des StWEs und wollten nur das vor dem BGB bestandene StWE – unverändert – aufrechterhalten. Ergänzend stützte man sich auf die Grundbuchsordnung, die Abund Zuschreibungen nur dann gestattete, wenn keine „Verwirrung“ daraus resultieren konnte; diese Bedingung könnte bei Veränderungen zwischen materiellen Anteilen nicht erfüllt werden.229 Abermals schlugen dabei die unterschiedlichen Theorien auf eine praktisch bedeutsame Frage durch: So wollte Zoeppritz eine Neuverteilung der Räume nur dann nicht als verbotene Neubegründung qualifizieren, wenn im Sinne der Miteigentumstheorie das gesamte Haus betrachtet werde; in diesem Fall schien ihm sogar die Aufnahme neuer Stockwerkseigentümer zulässig. Folge man hingegen der Sondereigentumstheorie, die jedes „Stockwerk“ als eigenes Grundstück ansehe, so entstünde neues, verbotenes StWE.230 Die deutsche Judikatur folgte keiner dieser Varianten, sondern fand zu einer anderen, durchaus restriktiven Lösung. So wurde in Bayern 1902 der Verkauf eines Gewölbes durch die überwiegenden Gebäudeeigentümer an ein Ehepaar, das schon zuvor an einem anderen – an sein eigenes Haus angrenzenden – Gewölbe StWE 226 227 228 229 230

Freyer, S. 84 f. M. w. N. Freudling, S. 401 f. Freudling, S. 401 f. Schott, S. 48 ff.; Zoeppritz, S. 37 f.; Habicht, S. 397 FN 2; Freyer, S. 84. Zoeppritz, S. 37 f.

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besaß, als verbotene Neubegründung qualifiziert. Das Oberste Landgericht für Bayern stellte dabei fest, eine materielle Teilung dürfe sich nicht „über die Grundfläche hinaus erstrecken ( . . . ) auf der sie am 1. Januar 1900 bestanden hat“. Es ging nämlich von der Vorstellung aus, daß sich die Grundfläche, oberhalb der eine materielle Teilung bestand, im Miteigentum befinde und die Fläche dieses Miteigentums nicht vergrößert werden dürfe.231 Nach dieser Auffassung wäre eine Verkleinerung dieser Grundfläche, also ein Kaufvertrag mit umgekehrten Käuferund Verkäuferrollen, ebenso als gültig zu beurteilen gewesen wie ein Verkauf eines Gebäudeteiles über dem bereits früher ins Eigentum der Nachbarn übergegangenen Gewölbe, also innerhalb der im Miteigentum stehenden Grundfläche. Diesem Grundgedanken folgte der deutsche Bundesgerichtshof noch 1966. Er hatte die Frage zu beurteilen, ob eine „inhaltliche Änderung des Stockwerkseigentums“, nämlich konkret die Zuweisung ursprünglich gemeinschaftlicher Liegenschaftsteile in das Alleineigentum des einen oder anderen Stockwerkseigentümers, als verbotene Neubegründung von StWE zu qualifizieren sei. Der BGH verneinte dies unter Berufung auf „Sinn und Zweck der Vorschrift“, mit der nur erreicht werden sollte, „daß kein StWE mehr begründet werden kann an solchen Grundstücken, die im Jahre 1900 noch nicht Gegenstand von StWE waren“. Nicht verboten sein sollte die Veränderung der „Abgrenzung des beiderseitigen StWEs durch Rechtsgeschäft zwischen den Stockwerkseigentümern“, allerdings nur, soweit „diese Abänderung nicht zu einer Ausdehnung der waagrechten Eigentumsteilung auf bisher noch nicht davon betroffene Grundstücksteile ( . . . ) führt“. Im konkreten Fall der Teilung eines ursprünglich gemeinschaftlichen „Hinterhaustraktes“ mußte diese also vertikal erfolgen, obwohl der Gerichtshof unmittelbar zuvor eine Vertikalteilung als „weder notwendig noch auch nur typisch“ qualifiziert hatte.232 Folgt man dieser Lösung, so wird manch nützliche Eigentumsarrondierung unmöglich. Mehr die praktischen Bedürfnisse im Auge hatte man in Österreich. Schon 1911 bestand hier das Bewußtsein, daß der „Handel mit einzelnen Räumen zwischen Eigentümern materieller Anteile eines Gebäudes“ wirtschaftlich sinnvoll war, wenngleich er dogmatisch auf schwachen Beinen stand. Immerhin bedeutete ein solcher Handel nichts weniger als ein Eingeständnis des Umstandes, daß „Räume, die nicht als selbständige körperliche Sachen angesehen werden können“, entgegen dem Geist des StWEG 1879 doch noch „für sich allein Gegenstand von das Eigentumsrecht begründenden Rechtsgeschäften sein können“. Doch wichtiger schien allen Beteiligten die Erwägung, daß durch Geschäfte zwischen den Anteilseigentümern längerfristig die Vereinigung der Anteile gefördert werde.233

Seufferts Archiv LVIII (= 3. Folge III) / 99. BGHZ 46, S. 281. 233 JM 2341 / 1911: AVA Justiz II genus 3 Tirol, Post-Nr. 19 / 22. Für das Justizministerium traf dies sogar auf Rechtsgeschäfte „mit Dritten“ zu! 231 232

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2. Rechtstatsachen Die Rechtstatsachenuntersuchung hat im allgemeinen erhebliche bauliche Veränderungen der materiellen Gebäudeteile aufgezeigt. Dabei gehen Umbaumaßnahmen oft mit Widmungsänderungen Hand in Hand; so wurden etwa in der Stadt Salzburg zahlreiche Holzlagen und ähnliche Räume in Geschäftslokale umgebaut, ohne daß dies grundbücherlichen Niederschlag gefunden hätte.234 Die anderen Stockwerkseigentümer wurden mit derartigen Änderungen kaum befaßt, offenbar überwog der Wunsch, sich durch Nichteinmischung in die Sphäre des anderen indirekt einen eigenen Freiraum zu sichern.235 Was die in Literatur und Judikatur erörterten Hauptprobleme betrifft, kann die Rechtstatsachenuntersuchung über das Durchbrechen der Außenmauern keine neuen Erkenntnisse liefern. Fälle des Aufsetzens zusätzlicher Stockwerke kommen hingegen immer wieder vor, wenngleich es sich überwiegend um den Ausbau ohnehin real geteilter Dachböden handelt.236 Obwohl eine gravierende Baumaßnahme, finden Aufstockungen nur ausnahmsweise Niederschlag in den grundbücherlichen Anteilsbeschreibungen: „Aufgrund Zeugnisses d. Stadtgemeindeverwaltung in Salzburg vom 10. Jänner 1900 Z. 44.186 und des Übereinkommens vom 14. Juli 1899 wird: ein weiterer Boden über drei Stiegen bei dem physischen Hausantheile lit A ausgezeigt“.237 Berechtigt zum Stockwerksaufbau erscheinen nach den Grundbüchern jeweils einzelne Stockwerkseigentümer. Deutlich zeigt dies etwa eine „Dienstbarkeit des Nichthöherbauens“, die nur einen der materiellen Anteile belastet, nämlich jenen, dem der „gesamte Dachboden außer dem östlichsten Kamin“ gehört und der auch das Dach allein zu erhalten hat.238 Gelegentlich wird auch der „Luftraum“ über bestimmten Gebäudeteilen ausschließlich einem der Anteile zugewiesen239, was ebenfalls vor allem als Aufstockungsreserve verstanden werden muß. In einem Tiroler Einzelfall ist mit dem „Recht der Errichtung einer Terrasse über dem Keller des Anteiles Eins“ die erlaubte Baumaßnahme ausdrücklich genannt und damit gleichzeitig deren Ausmaß begrenzt – eine Garage dürfte beispielsweise nicht errichtet werden.240 234 Dies bestätigt, daß die Beschreibung in der Regel keine den Eigentümer bindende bzw. die anderen Anteilseigentümer berechtigende Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit ist; so darf z. B. ein „Streifen Niederlage nördlich von den Stallungen“ (8010600358) auch anders genützt werden. 235 In diesem Sinne äußerte sich etwa eine ehemalige Stockwerkseigentümerin in St. Wolfgang: Gesprächsprotokoll zu 4202100062. 236 Z. B. 3302500063. 237 GB Salzburg Mülln, EZ 43. 238 8411000271. 239 Z. B. 8100700681. 240 8011000327.

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Selbst bei Horizontalteilung, ausdrücklich erwähntem Dachgeschoßeigentum und ebensolcher Dacherhaltungspflicht kann dem oberen Stockwerkseigentümer das Aufstocken aber auch verboten sein. Kurz bevor am oberen Anteil eines Tiroler Objekts Wohnungseigentum begründet wurde – also wohl aus absehbarem Anlaß – hielt man fest, es dürfe „das Dach bzw. der Dachstuhl weder gehoben noch geändert werden“241: Es ist dies ein Ausnahmefall ausdrücklicher Regelung der Aufstockungsfrage. Die übrigen Stockwerkseigentümer sind also nicht unbeteiligt. Dies zeigt etwa ein Salzburger Fall, bei dem die Eigentümer des aus erstem und zweitem Stockwerk bestehenden Anteils A mit den Eigentümern des aus dem Erdgeschoß bestehenden Anteils B ein umfassendes „Übereinkommen“ trafen242: Sie „beabsichtigen nun auf ihre Kosten ein drittes Stockwerk auf diesem Hause aufzubauen und es erklären sich die [Eigentümer des Erdgeschoßes] mit dieser Bauführung unter den im nächsten Absatze stipulierten Bedingungen einverstanden“. Der Hauptinhalt dieser Bedingungen bestand in der Festsetzung eines neuen Kostenverteilungsschlüssel, der „von dem Tage der Collaudierung des neu zu erbauenden Stockwerkes“ an wirksam sein sollte: Die Eigentümer des Erdgeschoßes hatten ab diesem Zeitpunkt nur mehr „den vierten Theil der zur ordnungsgemäßigen Herhaltung des Vorhauses zu ebener Erde und des Hauskanales erforderlichen Kosten beizusteuern“. Alles andere, darunter die Kosten für Stiegenerhaltung, Dachboden, „Bedachung“, „Dachrinne“ und Rauchfänge, sollte „in die alleinige Za[h]lungspflicht“ der aufstockenden Eigentümer des Anteils A fallen. Abgesehen von diesem neuen Kostenschlüssel erzwangen die Erdgeschoßeigentümer aber auch eine Begrenzung der Zahl der in eine bestimmte Richtung zu öffnenden Fenster auf zwei, womit sie jedoch primär ihre Interessen als Eigentümer des davon betroffenen Nachbargrundstückes verfolgten.243 Dieser Fall bestätigt das Gesamtbild, daß das Aufsetzen eines Stockwerkes zwar den obersten Stockwerkseigentümern zusteht, worin vor allem deren faktische Herrschaftsmöglichkeit Ausdruck findet, die übrigen Stockwerkseigentümer aber dieser Veränderung zustimmen müssen. Erheblich häufiger als zum Bau neuer Stockwerke kam es in der Praxis zu Grenzverschiebungen zwischen den materiellen Anteilen244, wobei vor allem geringfügige Gebäudeteile ihren Eigentümer wechselten wie z. B. ein „separate[r] ebenerdige[r] Abort“245, ein Kelleranteil und eine Trockenstatt246. Als Titel für 8401000147. TZ 35 / 1901 zu 5653750043. 243 TZ 35 / 1901 zu 5653750043. 244 8411000292, 8520900125, 8603100107. – Im allgemeinen scheinen interne Besitzverschiebungen bei den geteilten Bauernhöfen Tirols aber seltener zu sein, obwohl gerade hier die materielle Teilung „modernes, rationelles Wirtschaften ( . . . ) unmöglich“ machte. Da „das ständige Aufeinander-Rücksicht-nehmen-Müssen ( . . . ) manche Neuerung“ verhinderte, beseitigte man die materielle Teilung lieber überhaupt: Hensler, S. 60. 245 Salzburg TZ 697 / 1914 zu 5653700362. 246 5653700054. 241 242

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den Eigentumsübergang finden sich meist Kauf- oder Tauschverträge247, letztere allenfalls mit hinzutretender Ausgleichszahlung248. Der größte Vorteil dieser Veränderungen liegt darin, daß sie der „Verflechtung von Eigentumsrechten“ entgegenwirken, mögliche Reibungsflächen verringern und damit der Streitvermeidung dienen.249 Dieses Motiv wurde in einem Vorarlberger Fall sogar ausdrücklich genannt: „Zweck der neuen Benützungsvereinbarung und baulichen Umgestaltung des Hauses ist die Schaffung von zwei getrennten Bereichen, welche von den beiden berechtigten Eigentümern bei getrenntem Zugang benützt werden können.“250 In eben diesem Sinne wurde es wohl auch als positiv empfunden, daß die Eigentümer eines materiellen Anteils in Hallstatt 1978 „auf das Gehrecht zum ehemals bestandenen Klosett (Abtritt) verzichten“ konnten.251 Doch auf der anderen Seite ist der grundbücherliche Aufwand unabhängig von der Größe des betroffenen Gebäudeteils und damit ein gegenüber dem eigentlichen Sachwert nicht vernachlässigbarer Kostenfaktor. Notwendig ist nämlich neben den bei jedem Liegenschaftsgeschäft erforderlichen Formalien eine Neubeschreibung der materiellen Anteile oder zumindest ein an die unverändert bleibende Beschreibung anschließender Nachtrag.252 Angesichts eines derartigen Aufwandes bei Eigentümerwechsel z. B. bloß eines Abortes mag man sich in der Ablehnung des StWEs bestätigt fühlen; man sollte jedoch nicht vergessen, daß beim modernen Wohnungseigentum gerade das Fehlen genauer Wohnungsbeschreibungen im Grundbuch Probleme schafft und die Übertragung einzelner Räume in der Regel einer Neufestsetzung der Nutzwerte bedarf.253 Zum juristischen Aufwand kam noch ein weiteres Problem hinzu: Vielfach wurde die Verschiebung einzelner Gebäudeteile von Gerichten und Verwaltungsbehörden mißtrauisch beobachtet, weil die Gefahr zu bestehen schien, daß sich dahinter eine unzulässige Neubegründung von StWE verbergen könnte. So mußten die Vertragspartner befürchten, daß ihr Handel nicht zum erwünschten Ergebnis führen, der hohe Kostenaufwand daher ein frustrierter sein würde. In einem Salzburger Kaufvertrag von 1911 findet sich dazu sogar eine eigene Bestimmung: „Die Giltigkeit dieses Vertrages wird ausdrücklich von der Bedingung abhängig gemacht, dass die grundbücherliche Ab[-] und Zuschreibung der verkaufte[n] Objekte im Sinne des Gesetzes vom 30. 3. 1879 RGB No. 50 durchführbar ist und auch vollzogen wird; widrigens dieser Vertrag als nicht geschlossen anzusehen wäre“.254 247 Z. B. Tausch Salzburg TZ 2711 / 1888, Kauf Salzburg TZ 586 / 1911, Kauf Salzburg TZ 867 / 1921, alle zu 5653700367; 5653700054. 248 So TZ 2168 / 1942 zu 5653700127. 249 Dölker, S. 80 f. 250 TZ 2999 / 1990 zu 9212100525. 251 TZ 1131 / 1978 zu 4200700035. 252 So 8411000620. 253 Faistenberger / Barta / Call, Rz 34 zu § 3 WEG 1975; Zemanek, S. 8. 254 TZ 586 / 1911 zu 5653700367.

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Wollte man das Risiko gering halten, so war es – wie entsprechende Bestätigungen in den Urkundensammlungen zeigen – wichtig, die Baubehörde für die geplante Maßnahme zu gewinnen: Erschien ihr die Veränderung wünschenswert, konnte man gestärkt die Verbücherung einer zweifelhaften Veränderung betreiben. So findet sich 1885 anläßlich des Verkaufs von 64 Quadratmetern (Zimmer, Küche, Vorraum und Abort) aus einer „Überlappungszone“ zweier aneinandergrenzender Häuser neben dem Situationsplan der Teilung auch eine Bestätigung des Salzburger Bürgermeisters: „Die gefertigte Stadtgemeinde Vorstehung Salzburg bestätiget hiemit als politische und baupolizeiliche Behörde, daß durch die Ab- und Zuschreibung der in diesem Plane bezeichneten Kaufsobjekte eine durch die Ministerial Verordnung vom 8. Februar 1853 (R.G.Bl. Stück VIII No. 25) verbothene Theilung des Eigenthumes eines Hauses nach einzelnen materiellen Bestandtheilen, insbesondere nach sogenannten Hausböden nicht bewirkt wird, weil ein neuer Bestandtheil gar nicht geschaffen wird, indem die Kaufsobjekte dem Hause der Käufer grundbücherlich zugeschrieben werden, somit in demselben aufgehen, und die bisher ganz unpaßende Zugehörigkeit durch die paßende ersetzt wird“.255 Hier kommt nicht nur eine eigenwillige Interpretation der gesetzlichen Begriffe zum Ausdruck; bemerkenswert ist auch, daß man sich 6 Jahre nach dem Inkrafttreten des StWEG 1879 immer noch auf die regionale Verbotsverordnung von 1853 bezog. Darüber hinaus scheint die Bestätigung aufgrund des Situationsplans inhaltlich nicht nachvollziehbar. Trotz allem hatte diese Erklärung jedoch den gewünschten Erfolg: Der Verkauf wurde bücherlich vollzogen. Das gleiche geschah 1921 anläßlich der Abtrennung des 4. Stockwerks von einem bis dahin aus Erdgeschoßteilen, 1. und 4. Stock bestehenden materiellen Anteil und des darauffolgenden Verkaufs an die Eigentümer des 3. Stockwerks. Hier bestätigte der Salzburger Magistrat sogar, daß dadurch „eine zweckmässigere Arrondierung der Hausanteile dieser Grundbuchseinlage bezw. des Hauses ( . . . ) erzielt“ werde.256 Doch auch wer den grundbücherlichen Aufwand und das Kostenrisiko scheute, verzichtete in der Praxis nicht immer auf die Vorteile eines hausinternen Eigentumswechsels. Man wich in solchen Fällen auf außerbücherliche, teils sogar bloß mündliche Vereinbarungen aus, deren Häufigkeit schwer abzuschätzen ist. Schon 1960 beschwor Dietrich die Gefahr, daß die Grundbücher „in diesen Belangen wertlos – ja geradezu schädlich“ werden könnten.257 Tatsächlich wurde der Rechtssicherheit mit solchen Methoden kein guter Dienst erwiesen, wie gelegentlich auch die Vertragspartner mit der Zeit erkannten: „Wir haben nun schon vor mehr als sechs Jahren mündlich ( . . . ) die vorgenannte Holzlage und das Holzgewölbe im hinteren Stöckl getauscht“, stellten die Eigentümer zweier materieller Anteile 1941 fest, um sodann „zum Zwecke der Ordnung des Grundbuchsstandes im Sinne der tatsächlichen Besitzverhältnisse ( . . . ) im Wege dieses schriftlichen Vertrages 255 256 257

TZ 2711 / 1888 zu 5653700367. TZ 659 / 1921 zu 5653700039. Dietrich, S. 88.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

den oben geschilderten Rechtsvorgang“ anzuerkennen und die grundbücherliche Durchführung in die Wege zu leiten.258 Aus der – teils unbegründeten – Sorge, die gewünschten Veränderungen stünden im Widerspruch zum gesetzlichen Verbot der Neubegründung von StWE, wurde auch noch ein anderer Weg beschritten, um den wirtschaftlichen Effekt eines Eigentümerwechsels ohne dessen grundbücherliche Durchführung zu erreichen. Dabei bediente man sich des Lastenblattes: So haben die Stockwerkseigentümer einer Vorarlberger Einlage (ohne juristischen Beistand) „abweichend von der Raumaufteilung im A-Blatt“ durch Begründung wechselseitiger Gebrauchsdienstbarkeiten eine „neue Benützungsvereinbarung“ getroffen, die auch „baulich ( . . . ) gestaltet“ werden sollte.259 Während hier für die merkwürdige Konstruktion wohl mangelnde Rechtskenntnis ausschlaggebend war, wurden in einem Salzburger Fall verschiedene Probleme einfach mit den gleichen Mitteln gelöst: Für im Dachgeschoß neu errichtete Wohnungen mußten zur Umgehung des Neubegründungsverbotes verdinglichte Fruchtgenußrechte begründet werden, um Sondernutzungsrechte am nominell immer noch gemeinsamen Dachboden zu schaffen. Diese Lösung wurde auf die gleichzeitig stattfindende Verschiebung einzelner Räume vom Eigentum des einen in das Eigentum des anderen Stockwerkseigentümers übertragen, also auf einen anderen Sachverhalt, der durchaus auch mit einem herkömmlichen Kaufvertrag zu bewältigen gewesen wäre.260 Insgesamt zeigt die Rechtstatsachenuntersuchung, daß die österreichische Praxis als Neubegründung von StWE nur solche Fälle interpretierte, bei welchen materiell geteiltes Eigentum an Räumen geschaffen wird, an denen solches früher nicht bestand – alle anderen Veränderungen waren zulässig und wurden auch vorgenommen.

G. Nachbarrechtliche Beschränkungen 1. Theorie Innerhalb eines materiell geteilten Hauses besteht zwangsläufig ein Naheverhältnis der Eigentümer. Dieses wurde teils „als ein bloßes Nachbarschaftsverhältnis“ verstanden261, teils geht es darüber hinaus; so hatte, wie bereits erwähnt, der österreichische Verwaltungsgerichtshof festgestellt, daß Stockwerkseigentümer „nicht bloße Nachbarn“ im Sinne der Bauordnungsvorschriften seien, sondern „Miteigentümer“. 262 Solcherart schwer faßbar, beschäftigte das Rechtsverhältnis TZ 2168 / 1942 zu 5653700127. TZ 2999 / 1990 zu 9212100525. 260 TZ 13436 / 1983 zu 5653750041. 261 Putzer, S. 602. 262 VwGH 30. 5. 1978, 393 / 77: MietSlg. 30.633 = VwGH 30. 5. 1978, 393 / 77: ZfVB 1978 / 2025a = VwGH 30. 5. 1978, 393 / 77: ÖJZ 1979 / 108 A (VwGH A). Stockwerkseigen258 259

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zwischen den Stockwerkseigentümern die Theorie nur im Rahmen der Diskussion über die dogmatische Natur des Rechtsinstituts. Dabei konnte die Miteigentumstheorie alle konkreten Beschränkungen des einen Stockwerkseigentümers durch einen anderen einfach durch das bestehende Miteigentum bzw. dessen Benützungsregeln erklären, während die Sondereigentumstheorie dafür eine Unzahl an Servituten etc benötigte.263 Im Ergebnis bestand jedoch kein nennenswerter Unterschied, sodaß der Judikatur Miteigentum und Servituten wiederholt als austauschbare Alternativen erschienen.264 Besonders gut zeigt dies eine 1935 ergangene Entscheidung des Landgerichts Rottweil: In dem ihr zugrundeliegenden Fall war ein verhältnismäßig kleiner Hofraum derart geteilt worden, daß der Eigentümer des einen Anteils keinen direkten Zugang zu seinem Hofteil gehabt hätte. Er stand vor der Wahl, den nur wenige Schritte breiten Hofraum des anderen zu überqueren oder einen Umweg um den gesamten Häuserblock zu nehmen. Die Ersitzung eines Wegerechts konnte nicht nachgewiesen werden. Das Gericht griff in diesem Fall, Art 226 des württembergischen AGBGB folgend, auf die Gemeinschaftsregelungen des BGB (§ 745 Abs. 2 BGB) zurück und nahm eine Interessenabwägung vor, bei der im konkreten Fall die Interessen des Belasteten nicht als schwerer wiegend anerkannt wurden. Das Gehrecht konnte also unmittelbar aus dem Gemeinschaftsaspekt des StWEs abgeleitet werden.265 Die konkreten Erscheinungsformen derartiger Beschränkungen interessierten bislang jedoch kaum.266 2. Rechtstatsachen a) Allgemeines Die Rechtstatsachenuntersuchung hat eine große Zahl und Vielfalt von Beschränkungen im Verhältnis zwischen den – teils ausdrücklich so bezeichneten – „Hausnachbarn“267 zutage gefördert. Während dieser Begriff beweist, daß man sich der Mittelstellung zwischen Hausmiteigentümern und Nachbarn bewußt war, zeigt die häufige Erwähnung und detaillierte Regelung dieser Beschränkungen insbesondere bei den materiell geteilten Gebäuden Tirols und Vorarlbergs die Aufmerksamkeit, die diesem Themenkomplex bei der Grundbuchsanlegung geschenkt wurde. Darin spiegelt sich das bedeutende Interesse der Betroffenen an entsprechender Rechtssicherheit. tümer als Miteigentümer im Sinne § 25 Tiroler Bauordnung auch in VwGH 27. 3. 1980, 2408 / 79: ÖJZ 1981 / 110 A (VwGH A). 263 Dölker, S. 81, meinte allerdings, daß solche Gebäude dann „besonders anfällig für Unstimmigkeiten“ gewesen seien. 264 Seufferts Archiv XV / 126 (Stuttgarter Obertribunal 1862); Striethorsts Archiv LIV (= 2. Folge II) / 17 (preußisches Obertribunal 1864). 265 Teufel, S. 17 ff. 266 Sintenis, S. 446, erwähnt Durchgangsrechte. 267 Z. B. 8010300321, 8010900496, 8010900528, 8010900599, 8011200951.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

Auch in der österreichischen Praxis scheinen Miteigentums- und Benützungsrechte wie kommunizierende Gefäße miteinander verbunden. Fehlt ein Miteigentumsrecht an einem gebrauchswesentlichen Gebäudeteil wie einer Stiege268, einem Gang269 oder einer Tenne270, so wird dies durch ein Benützungsrecht271 kompensiert, mit dem allenfalls, wie oben gezeigt, Miterhaltungspflichten verbunden sind.272 Umgekehrt kann, was sonst durch ein nachbarrechtliches Wegerecht erzielt wird, auch durch StWE erreicht werden: So besteht bei einem Wirtschaftsgebäude im Sprengel des BG Imst der materielle Anteil I lediglich aus dem „Durchgang unter der Tennenbrücke und unter dem angebauten Schupfen an der Westseite“273 – im Gegensatz zu einem Durchgangsrecht könnte dieser Durchgangsraum allerdings auch anders genutzt werden, etwa als Abstellraum. Den Durchgangszweck würde er dann freilich nicht mehr erfüllen. Selbst bei Miteigentum können einige der materiellen Anteile durch eine Dienstbarkeit an dem in ihrem Miteigentum stehenden Grundstück vor den anderen bevorzugt werden: „Das Eigentum an Gst .43 Hofraum ist zu je 1/4 mit dem Eigentum vorbeschriebener vier materiellen Anteile mit der Beschränkung verbunden, daß den Eigentümern der materiellen Anteile III [und] IV die Dienstbarkeit des Platzes für eine Mistlege am Nordostrand des Gst .43 zusteht.“274 Das gleiche Ergebnis wird im GB Jerzens auch ohne Dienstbarkeit erreicht; hier steht ein Grundstück „je zu einem ideellen Viertel“ im Eigentum der vier materiellen Anteile, „doch mit der Ausnahme, daß von den dort an der Ostseite des Gst befindlichen Aborten das westliche zum Anteil III, das östliche zum Anteil IV gehört“.275 Aufgrund dieser „Austauschbarkeit“ kann ein bloßes Benützungsrecht in seiner Realisierung sogar umfassender sein als ein Eigentumsrecht: So ist ein zwischen zwei materiellen Anteilen gemeinsamer Gang in seiner Benützung derart geteilt, daß „die östliche Seite in Alleinbenützung des Anteiles I, die westliche in ausschließlicher Benützung des Anteiles II“ steht. Das Durchgangsrecht eines dritten Anteils erstreckt sich hingegen auf den gesamten Gang!276 268 Z. B. 8000201593, 8410300192, 8010300304, 8010300305. Vgl. OLG Stuttgart vom 6. 2. 1923: Dölker, S. 115 f. 269 Z. B. 8000201593, 8000400212, 8000800468, ähnlich 8001000604. 270 In 8603100524 zieht das Alleineigentum an einer Tenne „das Mitbenützungsrecht zum Dreschen und [das Recht] bei der Einfahrt von Wirtschaftsfuhren soweit notwendig(!) mit dem Gespann auf die Tenne zu fahren“ nach sich, in 8604100219 „das Mitbenützungsrecht zwecks Durchganges zu ( . . . ) Stall und Abort“. 271 Weniger weitgehend ist ein Bestandrecht in 8001000504, das ebenfalls als Alternative zum Eigentum gedacht ist. Hier steht allerdings weniger die Benützung als die Nicht-Vereinigung im Mittelpunkt. 272 Z. B. 8410800231. 273 8001100551. 274 8000201298. 275 8000400212. 276 8411000330.

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b) Dulden Die meisten nachbarrechtlichen Beschränkungen erfordern ein Dulden auf der Seite des Verpflichteten. Dabei wurden nur ausnahmsweise baulich-konstruktiv bedingte Verhältnisse ausdrücklich festgestellt.277 Vor allem zu nennen sind vielmehr die zahlreichen Durchgangsrechte, ohne die eine Benützung der materiellen Anteile insbesondere in den von Gemengelage gekennzeichneten geteilten Gebäuden Tirols und Vorarlbergs vielfach ausgeschlossen wäre. Sie finden sich ausdrücklich in rund 20 % der erfaßten Einlagen, wobei der Begriff „Durchgangsrecht“ in einem weiten Sinn verstanden wurde. Er umfaßt also auch Fahrrechte278 oder „Viehdurchtriebsrecht[e]“ 279, selbst die Berechtigung zur Streuschüttung durch ein Loch im Tennenbereich des anderen Anteils in den eigenen, unmittelbar darunter gelegenen Stall280. Überwiegend ermöglichen derartige Rechte den Zugang zum eigenen materiellen Anteil, gelegentlich auch zu gemeinsamen Gebäudeteilen. Sie erscheinen dann als selbstverständliche281, logische Konsequenz aus dem Miteigentum und entsprechenden Erhaltungspflichten: „Der Eigentümer des Erdgeschosses dieses Hauses ist aber berechtigt, diesen Dachbodenraum als Durchgang zu benützen, wenn es erforderlich ist festzustellen, dass das [gemeinsame] Dach des Hauses einer Reparatur zu unterziehen und eine Reparatur an dem Dache zu überwachen ist.“282 Nicht alle Durchgangsrechte werden in gleicher Weise als lästig empfunden. Bei der Beurteilung der im Folgenden genannten Beispiele ist jedenfalls zu bedenken, daß sich das tägliche Leben aller Bewohner eines Bauernhofes sehr lange vor allem in der „Rauchstube“ abspielte, selbst dann, wenn der ganze Hof nur einem Eigentümer gehörte.283 Dies mag mit dazu beigetragen haben, daß man die übrigen Räume in einer Weise teilte, die heute unbequem erscheinen mag. Nicht vergessen sollte man auch, daß die unterbäuerliche Bevölkerung, vor allem die Dienstboten – ebenso übrigens auch ein bedeutender Teil der städtischen Bevölkerung – unter Bedingungen lebte, die jede Privatheit vermissen ließen. Einem historischen Stockwerkseigentümer wird daher die Belastung eines seiner Räume mit einem Durchgangsrecht eines anderen nicht so schwerwiegend erschienen sein wie dem heutiger Leser, der als Maßstab die Abgeschlossenheit eines „Etagenwohnhauses“ heranzieht.284 277 8010100402: „Der jeweilige Eigentümer dieses Anteiles ist verpflichtet, die Obtenne des Anteiles III auf seiner Obtenne aufruhen zu lassen.“ 278 Z. B. 9211900393. 279 8010100402, weiters z. B. 8411200102. 280 8110800201. 281 Meyer, StWE 1930, S. 29. 282 TZ 1114 / 1939 zu 4200700143 – Ähnlich das Recht, einen „Kellerraum zur Instandhaltung und Durchführung von Reparaturen der bestehenden Abwässerleitung zu betreten“, in TZ 1131 / 1978 zu 4200700035. 283 Sandgruber, S. 46.

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Aus moderner Sicht unangenehm ist zweifellos ein Durchgangsrecht durch die Küche des einen zum Abort des anderen Stockwerkseigentümers.285 Hingegen wird ein Durchgangsrecht, wenn es bloß der Erreichung eines unausgebauten Dachbodens dient, nicht akut als lästig empfunden.286 Es scheint allerdings zweifelhaft, ob den Betroffenen die potentiell konfliktträchtige Situation bewußt ist: In einem ähnlich gelagerten Fall ist ein „Recht ( . . . ) auf Benützung des Dachbodens“287 nach Aussage der Berechtigten nicht durchsetzbar, da der dazu notwendige Durchgang nicht ermöglicht wird.288 Während sie aber im Interesse des häuslichen Friedens auf das Recht praktisch verzichteten, wurde in einem anderen Fall ein Durchgangsrecht erstritten.289 Auch manche im Zuge der Grundbuchsanlegung formulierte Bestimmungen lassen das Konfliktpotential der Durchgangsrechte erkennen. Man braucht nicht viel Phantasie um sich auszumalen, warum etwa die Tatsache, daß einer der Anteilseigentümer „das Recht [hätte], Sachen von und zu seinem Keller durch den Keller und die Stiege“ des anderen zu bringen290, ausdrücklich festgehalten werden mußte. Auch das Klischee von der Außenstiege, durch die Streitigkeiten vermieden werden, hält einer praktischen Überprüfung nicht stand: Bei vollkommener Horizontalteilung gehört die Außenstiege nämlich zum unteren Anteil; obwohl dieser sie nicht benötigt, kann sich der obere Stockwerkseigentümer zur Feststellung seines Gehrechts auf den Rechtsweg gedrängt sehen.291 Nicht alle Durchgangsrechte weisen den gleichen Umfang auf; vielmehr waren der Gestaltungsphantasie keine Grenzen gesetzt. Dabei wurde offenbar versucht, Beeinträchtigungen des Eigentums eines materiellen Anteils nur in jenem Maß vorzunehmen, das dem Zweck des Eingriffes oder den wirtschaftlichen Bedingungen und Bedürfnissen der Beteiligten entsprach. Daraus erklärt sich beispielsweise das „Recht, von und zu seiner Kammer im 1. und 2. Stock Möbel jeder Gattung über den Hausgang und die Stiegen zum 1. und 2. Stock zu bringen“.292 Im gleichen Sinne wirken tages- oder jahreszeitlich beschränkte Rechte, die einen Durchgang z. B. nur „bei Tage“293 oder nur für die Zeit „vom 1. November bis 19. März (Josefi)“ gestatten, letzteres als Ergebnis einer ersessenen Berechtigung zur Heueinlagerung während dieser Zeit294. Solche zeitlichen Einschränkungen 284 Vgl. Wischermann, S. 353 ff. Bemerkenswerte Fotos zu solchen heute unvorstellbaren Wohnverhältnissen finden sich z. B. bei Rodenstein / Böhm-Ott, S. 469 f. 285 8410800243. 286 Gesprächsprotokoll zu 9000200440. 287 3000100356. 288 Gesprächsprotokoll zu 3000100356. 289 8401500221. 290 So 8411000603. 291 So TZ 1131 / 1978 zu 4200700035. 292 8410200052; dies zeigt übrigens die Enge der Verhältnisse. 293 8410800225. 294 8400600361.

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gehen oftmals mit sachlichen Einschränkungen einher und motivieren diese: Im Sprengel des BG Landeck ist ein „Durchfahrtsrecht mit Abortdünger“ in einem Fall auf die Zeit „vom 8. Sep[tember] bis 31. Mai jeden Jahres“295 beschränkt, in einem anderen allgemeiner auf „Frühjahr und Herbst“296, in einem dritten besteht das Recht zur „Durchfahrt mit dem Abortmiste“ sogar nur „zu Martini und Georgi jeden Jahres“297. In einer Einlage des BG Reutte ist es ein „Mitbenützungsrecht des [materiellen Anteils] I am Stallgang des mat[eriellen] Ant[eils] II“, das nicht während des gesamten Jahres besteht, sondern durch die wirtschaftlichen Zwänge des Belasteten begrenzt wurde. Dieses Recht besteht nämlich nur „mit der Beschränkung, daß für die Zeit von 1. Okt[ober] bis 30. April eines jeden Jahres der jeweilige Eigentümer des mat[eriellen] Ant[eils] II das Recht hat, im Raume zwischen der Stalltüre [des II] und der Stalltüre [des I] in der vollen Breite des Stallganges Streue abzulagern“, womit dem sonst berechtigten Eigentümer des materiellen Anteils I die Benützung des Durchganges abgeschnitten wird.298 Überhaupt sind zahlreiche Benützungsrechte durch die (früheren) landwirtschaftlichen Erfordernisse bestimmt und dadurch indirekt auch zeitlich eingeschränkt. Sie bestehen vor allem beim – eher seltenen – Alleineigentum an der Tenne oder dann, wenn die Tenne materiell geteilt ist. Letzteres zieht in meh-reren Vorarlberger Fällen die Bestimmung eines sonst kaum mehr bekannten „Deichselrechts“299 nach sich: Dabei hat „Anteil I ( . . . ) das Recht, bei Einbringung des Feldnutzens während des schnellstens zu besorgenden(!) Abladens die Wagendeichsel in den Tennenraum des Anteiles II hinüberragen zu lassen“, womit andererseits die Verpflichtung einhergeht, „den Anteil II den Tennenteil des Anteils I mit landwirtschaftlichen Fuhren befahren zu lassen“.300 Verbreiteter und häufiger ist das „Recht auf der Tenne des [anderen Anteiles] das Korn zu dreschen“.301 In einem Einzelfall hat der jeweilige Eigentümer auch das Recht, „die Läden der mittleren Obtenne [des anderen Anteils] zur Zeit der Ernte(!) 1 m weit zurück zu schlagen“, damit er „sein Heu in die bezügliche Heupille einbringen kann“.302 8411500071. 8411000318. 297 8411000296. 298 8604100382. 299 Vgl. Grimm II, Sp. 909; DRWB II, S. 774 f.; Kreittmayr II / 8 / § 3. 300 9200103742; weiters z. B. 9200103744, 9200400044. Ähnlich in Tirol 8602200383: „Mitbenützungsrecht, bei der Einfahrt in die Tenne mit den Zugtieren auf die Nachbartenne zu fahren“. 301 8000900359; allgemeiner formuliert 8010600462 (Nutzung der Tenne „zur Ausarbeitung von Feldprodukten“ bzw. „zwecks Verarbeitung der Feldprodukte“); weitergehend 8604000180 („Mitbenützungsrecht zwecks Durchfahrt und dreschens“), 8401200155 („Benützungsrecht [ . . . ] zum Korndreschen und zum Heueinbringen“). 302 8011100138. 295 296

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Weder einer direkten noch einer indirekten tages- oder jahreszeitlichen Einschränkung unterliegen landwirtschaftliche Lagerungsrechte wie „das Recht den Türken [= Mais] im Dachboden des Anteiles I ( . . . ) aufzuhängen“303 oder das Recht, „an der östlichen Seite der [gemeinsamen] Tenne[n]brücke einen Wagen hinzustellen“304. Allerdings kann die Dauer der Rechtsausübung eingeschränkt sein; in den erfaßten Fällen wurde jeweils ein überschaubarer Zeitraum von etwa 24 Stunden festgestellt. So ist ein Stockwerkseigentümer „berechtigt, [auf dem Grundstück des anderen] nächst des Kellers ( . . . ) einen Wagen voll Kartoffel oder Tuschen während der Nacht stehen zu lassen und dann abzuladen“305, wobei letzteres wohl als Pflicht zu verstehen ist. Deutlicher ist die Formulierung in einem anderen Fall, in dem der Eigentümer eines materiellen Anteils das Recht erhält, „auf dem zunächst dem Hause liegenden Drittel“ eines Hofraums „landwirtschaftliche Produkte für einen Tag nieder[zu]legen“.306 Insgesamt sind landwirtschaftlich motivierte Benutzungsrechte307 allerdings durch äußere Umstände wie den Rückgang der Landwirtschaft überhaupt und des inneralpinen Getreideanbaues im besonderen, die Konzentration auf Rinderzucht und Milchwirtschaft sowie durch technische Veränderungen wie z. B. das maschinelle Dreschen oder das Silageverfahren vielfach überholt. Entsprechende Grundbuchseintragungen haben daher heute oftmals keine praktische Bedeutung mehr. Andere Rechte können hingegen weiterhin nützlich sein. Dies gilt wohl vor allem bei der Zuweisung von Freiflächen, etwa durch das Recht, „einen 2 m breiten Streifen längs der rückwärtigen Anbauhälfte als Holzablageplatz zu benützen“308, oder bei allgemein gehaltenen Benützungsrechten ohne ausdrückliche Zweckbestimmung309, die flexibel an sich ändernde Bedürfnisse angepaßt werden können. Aus heutiger Sicht unpraktisch, wenngleich nicht vollkommen wertlos sind hingegen begrenzte Rechte wie ein „Möbeleinbringungsrecht“ 310, das „Recht der Niederlage von Truhen in der Länge von 2 m und in der Breite von 50 cm“311 oder ein „Platzrecht für 2 Kästen“ im Hausgang312. 8010100335. 8411200102; ähnlich 8411100111: „Platzrecht für einen zwei-rädrigen Karren“. 305 8011100138. 306 9200401418. 307 Eindrucksvoll kumuliert z. B. in 8520900125; hier finden sich: Durchgangsrecht, „Durchtrieb mit Ziegen“ durch einen Gang , zeitweise „Einbringung von Hausgerätschaften und Feldprodukten“ in einen Stadel, Durchfahrt „mit Holzfuhren“, „Führen von Mist mit Radelbögen(!) durch den westlich von Küche und Stall gelegenen ebenerdigen Gang“, „Ausfahrt mit dem Abortdünger“. 308 9000200520. 309 5620900162, 5653700039. 310 8400800178. 311 8410300192. 312 8410800243. 303 304

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Den zuvor ausführlich dargestellten Durchgangsrechten verwandt sind Leitungsrechte. Sie betreffen Wasser-313 und Abwasserleitungen314, wobei auch die Einleitung in das Rohrsystem eines anderen Anteils eigens genannt sein kann315. Ebenso gibt es Fälle der Rauchdurchleitung mittels eigenen Kamins316 neben solchen der Raucheinleitung in einen fremden Kamin317. In einem Einzelfall findet sich auch das „Recht der Führung 1 Lüftungsgasschlauches durch den darüber befindlichen Barren“ eines anderen Anteils.318 In der Regel waren die Leitungen zur Zeit der Grundbuchsanlegung offenbar bereits vorhanden, nur ausnahmsweise wurde das bloße Recht fixiert, „außer dem bereits vorhandenen einen weiteren Kamin über Dach zu führen und zu erhalten“, wobei dessen technische Ausführung näher bestimmt wurde.319 An den Enden der Leitungen befinden sich haustechnische Einrichtungen, deren Eigentums- und Benützungsverhältnisse in diesem Zusammenhang ebenfalls geregelt wurden. So ist einem Stockwerkseigentümer das Recht auf „alleinige Benützung eines Wasserklosetts“ vorbehalten.320 Während in diesem Fall der Berechtigte das Objekt seines Rechts selbst errichtet hatte, ging bei einer Stamser Einlage ein ähnliches Recht auf die Inanspruchnahme einer Grundfläche des einen durch einen anderen Stockwerkseigentümer zurück. Dieser erhielt das Recht (bzw. die Pflicht), „auf dem Hofraum des Anteiles I eine Kläranlage samt Sickergrube zu errichten und in diese die Abwässer durch eine unterirdisch verlegte Rohrleitung einzuleiten und diese ganze Klär- und Leitungsanlage ständig zu erhalten“, wofür dem jeweiligen Eigentümer des Anteils I die Berechtigung zugestanden wurde, seine „Abwässer in die Kläranlage des Anteiles II einzuleiten“. 321 Keiner herkömmlichen Leitung bedarf das Licht, dessen Einfall jedoch nur äußerst selten grundbücherlich garantiert wurde. Untypisch lichthungrige Eigentümer scheint eine Silzer Einlage gehabt zu haben, die sowohl ein „Fensterrecht des Kellers“ eines materiellen Anteils in den Hofraum des anderen, als auch für diesen ein „Lichtzutrittsrecht für den Stall“ enthält.322 Eine zweite Ausnahme regelt die Lichtverhältnisse sogar innerhalb eines Gebäudes; hier hat, bemerkenswert unjuristisch formuliert, die „Küche des Anteiles I ( . . . ) das Recht auf Lichtzutritt 8411000313, 8401000147. TZ 1131 / 1978 zu 4200700035, 8401000147. 315 8400700012 („Recht der Abwasserableitung aus dem Abort und dem Küchenbrunnen des 1. Stockes in die Klosettableitung“ des anderen Anteils). 316 8410700077 („Recht der Durchleitung des Kaminrohres“), 8411000313 („Recht den Rauch von seinem Stubenofen mittels eiserner Kaminröhren durch die Küche des Anteils II zu leiten“), weiters z. B. 8411300219, 8401000147. 317 5620900162, 5620900174, 8010900527. 318 8400600431. 319 8010900531. 320 8520900125. 321 8011100138. 322 8010900527. 313 314

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von der Küche des Anteiles II her, und zwar durch ein in der Trennungsmauer angebrachtes Fenster im Gevierte von 90 cm.“323 Fast alle der hier gezeigten Belastungen sind das Ergebnis ungünstiger Teilungen.324 Als Hauptproblem erweist sich dabei die Notwendigkeit, bestimmte Räume (wie z. B. Tennen oder Ställe) oder bestimmte haustechnische Einrichtungen allen Stockwerkseigentümern zur Verfügung zu stellen, obwohl sie dafür nicht in ausreichender Zahl vorhanden waren und nicht beliebig vermehrt werden konnten. Vor allem betrifft dies Öfen, Herde und Backöfen325, also jene Feuerstellen, deren Zahl in Tirol durch Jahrhunderte einer rigorosen Beschränkung unterlag. Dies zeigt, daß für die besonders merkwürdigen Teilungsverhältnisse, die im Folgenden dargestellt werden, weniger das Rechtsinstitut des StWEs als eine nicht sachgerechte Gesetzgebung verantwortlich zu machen ist. Während die Backöfen selbst meist ein gemeinsames Eigentum bildeten, bedurfte die damit zusammenhängende gemeinsame Benutzung auch des tatsächlichen Zuganges. Ausdrücklich formuliert dies die Beschreibung eines Objekts in Tarrenz: Der „östlich an die Küche [des Anteils II] angebaute Backofen“ steht im gemeinsamen Eigentum der beiden Anteile; aufgrund der baulichen Gestaltung war es unausweichlich, den Eigentümer des materiellen Anteils I zu berechtigen, „behufs Benützung des Backofens(!) die Küche des Anteiles II zu betreten.“326 Ein solches „Recht des Betretens der hausnachbarlichen Küche“327 wird jedoch nicht überall ausdrücklich erwähnt: So ist im Sprengel des BG Landeck ein gemeinsamer „Backofen in(!) der Küche des materiellen Anteiles I“ genannt, der wohl nicht anders als mittels eines Durchgangsrechts benützt werden kann.328 Derartige Probleme brauchten jedoch kein Miteigentum als Auslöser, ein bloßes Benützungsrecht genügte: „Der Eigentümer des Anteiles II hat das Benützungsrecht an dem zum Anteil I gehörigen Backofen und ist zu diesem Zwecke(!) befugt, den Vorraum und die Küche des Anteiles I zu betreten.“329 Lästiger als der Zugang zu Backöfen, die gewöhnlich nur in größeren Zeitabständen benützt wurden, war jener zu den Heizungsöfen, die vielfach nicht von jenen Räumen aus zu beheizen waren, die sie wärmen sollten. Daher erhielt der 8001000588. Vgl. TZ 659 / 1921 zu 5653700039, worin das Recht zur Durchleitung eines Kamins und ein Durchgangsrecht im Rahmen eines Verkaufs einzelner Räumlichkeiten von einem materiellen Anteil an einen anderen ausbedungen wurde. 325 Kaum zu finden ist Vergleichbares hinsichtlicher anderer Einrichtungen; eine Ausnahme ist das (allerdings erst 1959 verbücherte) Benützungsrecht eines Küchenstreifens „in einer Breite von 1,33 m mit dem an der Nordostecke gelegenen Waschkessel“ in 8602200383; im Ergebnis nutzt der Berechtigte hier die gesamte Küche, da der restliche Küchenteil ohnehin in seinem Eigentum steht. 326 8001000651, ebenso 8401200145. 327 So in 8010900576. 328 8401400140. 329 8001000589. 323 324

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Eigentümer eines materiellen Anteils das Recht, „behufs Benützung seines Ofens die Küche des Anteiles II zu betreten“330, spezieller „das Recht der Feuerung seines Stubenofens“ von der Küche des zweiten Anteils aus331 oder in einem Extremfall das Zugangsrecht „zu dem Ofenschürloch seines Stubenofens“332. Heute sind solche Verhältnsse in aller Regel durch den technischen Fortschritt überholt, wenngleich sich dieser in den Grundbüchern noch nicht niedergeschlagen hat.

c) Unterlassen Deutlich seltener als zu einem Dulden sind Stockwerkseigentümer zu einem Unterlassen verpflichtet. Der Zweck ist jedoch in beiden Fällen gleich; stets soll die Benutzung der jeweils anderen materiellen Anteile ermöglicht oder vor Beeinträchtigungen bewahrt werden. Dulden und Unterlassen greifen daher oft ineinander: So etwa darf ein gemeinsam benützter Gang „nicht überlagert werden“333, um das Durchgangsrecht nicht zu vereiteln. Im gleichen Sinne geht mit dem Dulden eines unter der real geteilten Fläche liegenden, aber nur einem der Anteile gehörenden „versenkte[n] große[n] Öltank[s]“ die ausdrückliche Verpflichtung einher, die Verbauung dieser Fläche zu unterlassen.334 Dem Dulden eines sich in den eigenen Hofraum öffnenden Fensters entspricht das Unterlassen einer „Verbauung oder Verlegung“ desselben.335 Gleich ein ganzes Paket derartiger Belastungen trifft einen Stockwerkseigentümer in Bregenz, der verpflichtet ist, zum Schutz des darunterliegenden Kellergewölbes „a) keine Feuerstätte, keine Stallung und keine Anlagen, wodurch Feuchtigkeit in das Gewölbe dringen kann, zu halten; b) die Vornahme von Baureparaturen am Keller zu gestatten; c) den Keller und Magazineingang und die Kellerfenster nicht zu versperren oder zu verbauen, damit Luft und Licht nicht dem Keller genommen werde“.336 Einen zweiten Typ von Unterlassungsverpflichtungen bilden Widmungsbeschränkungen. Gewöhnlich steht es dem Eigentümer eines materiellen Anteils aufgrund seines Eigentums frei, die Nutzungsart seines Gebäudeteils zu bestimmen; die übrigen Stockwerkseigentümer haben sich mit dieser Entscheidung abzufinden. In diesem Sinne mußte in einem vom OGH 1878 entschiedenen Fall die Eigentümerin eines Stockwerks sogar den Betrieb von drei Webstühlen im darüberliegenden Geschoß dulden, obwohl diese „eine starke Erschütterung und einen für Kinder und Kranke unausstehlichen Lärm“ verursachten, sodaß das Leben „für die 8010800253. 8411000326. 332 8411300219. 333 8010900527. Eine ähnliche Absicht zeigt sich in der Zweckbestimmung eines „Hofraum[s] als Ein- und Ausfahrt“, also nicht zur Ablagerung: 8010900576. 334 8502000319. 335 9200401087. 336 9110300378. 330 331

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Bewohner des unteren Stockes völlig unerträglich“ war. Solange weder „eine Beschädigung des Hauses oder eine Gefahr für die Baulichkeiten“ zu befürchten war, gab es keine zivilrechtliche Handhabe, „einen bestimmten Gebrauch ( . . . ) zu untersagen“.337 Heute würde man derart extremen Fällen mit verwaltungsrechtlichen Mitteln entgegentreten. Um Reibungsflächen aber von vorneherein möglichst gering zu halten, finden sich in den Grundbüchern gelegentlich Widmungsbeschränkungen zivilrechtlicher Natur. So ermöglicht das einem Stockwerkseigentümer gewährte Recht, „zu verbieten, daß der den I. Anteil bildende Raum in anderer Weise wie als Wagenschupfe verwendet wird“338, Vorbeugung gegen diverse Immissionsstreitigkeiten; hier dürften Webstühle nicht aufgestellt werden. Eine „Grunddienstbarkeit der Nichtbenützung eines Gewölbes als Stallung“339 dient der Hintanhaltung von (Geruchs-)Belästigungen, während an anderer Stelle eine „Weißgärberwerkstatt“ ausdrücklich „zu einem Pferdestall vorbehalten“340 wurde, um eine solche Widmungsänderung außer Streit zu stellen. Benützungs- und Verwertungsbeschränkungen sind wohl zumeist vertraglich begründet und damit von Problembewußtsein und Weitsicht der Beteiligten bei Teilung und Verkauf abhängig. Deutlich zeigt dies ein materieller Anteil im Sprengel des BG Lienz, der unglaublich weit gehenden Beschränkungen unterworfen wurde; er darf weder vermietet noch verpachtet noch von jenem Wohnhaus, dem er zugeschlagen worden war, wieder „fortveräußert“ werden, auch dürfen die Räume weder als Küche noch als Zimmer oder sonst als „Wohnbestandteil“ Verwendung finden.341 d) Aktives Tun – Reallastartige Verpflichtungen Schließlich können Stockwerkseigentümer im hausnachbarlichen Verhältnis nicht nur zu einem Dulden oder Unterlassen, sondern sogar zu aktivem Tun verpflichtet sein. Häufig findet sich dies im Rahmen der Erhaltungspflichten (siehe dort); diese werden jedoch in der Regel nicht als Belastung im herkömmlichen Sinn angesehen.342 Sonst hat die Rechtstatsachenuntersuchung kaum reallastartige Verpflichtungen zutage gefördert. Die wenigen nachweisbaren Fälle sind auch keineswegs so außergewöhnlich wie die der Literatur bekannte Verpflichtung, einen Theaterbetrieb aufrecht zu erhalten, wie sie der Eigentümer des Theatergebäudes von Ala Mitte des 19. Jahrhunderts gegenüber den Logeneigentümern übernommen hatte.343 Sie stehen vielmehr in engem Zusammenhang zu typischen Dul337 338 339 340 341 342 343

GlU 6776. 8100100726. 5653700253. 5653700395. 8521100099. Eine Ausnahme ist die in 9110300378 enthaltene „Reallast das Dach zu erhalten“. GlU 5696.

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dungspflichten und sind lediglich durch architektonische Besonderheiten bedingt. So ist dem materiellen Anteil I einer Hohenemser Einlage das Fahren über eine Tenne erst dadurch zu ermöglichen, daß „im Falle der Not die an der Nordseite der Tenne angebrachte Stiege des mat[eriellen] Anteiles II von diesem, in dessen Abwesenheit aber vom mat[eriellen] Anteil I einstweilen zu entfernen ist.“344 In einem anderen Fall ist kein subsidiäres Handeln durch den Berechtigten vorgesehen; hier hat ausschließlich der belastete Stockwerkseigentümer die Pflicht, die „gegenwärtig [in seinem] Tennenteil ( . . . ) angebrachten 2 Stiegen mit Brücke ( . . . ) zu entfernen“.345 Bei solchen Verhältnissen sind Konflikte natürlich vorprogrammiert. e) Stockwerkseigentümer als Grundstücksnachbarn: „Indirekte“ Belastungen Nicht immer bestehen die nachbarrechtlichen Beschränkungen unmittelbar zwischen den materiellen Anteilen eines Gebäudes. Im Rahmen komplex verwobener Eigentumsverhältnisse können Belastungen, die bei isolierter Betrachtung einer einzelnen Einlage als solche zugunsten liegenschaftsfremder Dritter erscheinen, den gleichen Zweck erfüllen. Dabei wird die Rechtsposition eines Stockwerkseigentümers durch einen anderen Stockwerkseigentümer eingeschränkt, der sich dazu auf seine Stellung als Eigentümer einer benachbarten Liegenschaft stützt. Rechte und Pflichten zwischen den Beteiligten bestehen also auf „indirekte“ Weise unter „Zwischenschaltung“ benachbarter Liegenschaften. Ungeachtet der juristischen Konstruktion werden auf diesem Wege aber typischerweise Interessen verfolgt, die sich auf das materiell geteilte Gebäude beziehen.346 Besonders gut erkennbar sind solche Verhältnisse bei der Verbücherung mittels realrechtlicher Verbindung zu anderen Liegenschaften; sie sind hier wohl auch besonders häufig, weil es sich dabei oft um eng ineinander verbaute Objekte handelt.347 So steht bei einer Einlage in Hall / Tirol nur dem materiellen Anteil II das Recht zu, „Laubengänge in den Luftraum des Lichthofes hinausragen zu lassen“, ebenso die „Mitbenützung der Abortgrube“ und das Recht „wegen Licht und Luft Fenster offen zu halten“; das gesamte Bündel an Rechten belastet jene Einlage, deren Eigentümer zugleich stets Eigentümer des materiellen Anteils I ist.348 In Silz steht nur einem der Anteile das „Recht der Durchfahrt auf Gst .77 / 2 in EZ 260“ zu, der Eigentümer des ande9200401087. 9200401204 (daneben besteht auch hier das Recht, „die Deichsel, während des ehestens zu besorgenden Abladens, in den Luftraum der Tenne des mat. Anteiles I hineinragen zu lassen“). 346 Eine Ausnahme, bei der – umgekehrt – die Nachbarn ihre Stellung als Stockwerkseigentümer im Interesse der Nachbarliegenschaft ausnützen, ist die Beschränkung eines Fensterrechts durch TZ 35 / 1901 zu 5653750043. 347 Z. B. 8110500144, 810800193, 8401200100 (sogar wechselseitig), 8411100148; weitere Beispiele in der Folge. 348 8100700048. 344 345

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ren Anteils ist ohnehin zugleich der „jeweilige Eigentümer“ dieser belasteten Einlage.349 Selbst ein bloßes Miteigentumsrecht an der belasteten Einlage genügte zur Differenzierung; nur der nicht schon dadurch gesichert scheinende Stockwerkseigentümer erhielt in einem Dornbirner Fall die Rechte „des Trink- und Nutzwasserbezuges und der Wäschereinigung beim Brunnen und des Wäscheaufhängens“.350 Inhaltlich unterscheiden sich „indirekte“ nicht von den zwischen Stockwerkseigentümern als solchen bestehenden Belastungen: Ein Geh- und Fahrrecht „zum Zwecke der Bringung der Feldfrüchte“351 findet sich ebenso wie ein „Recht des Platzes für eine Senkgrube“352 oder ein Wasserbezugsrecht353. Selbst die Verpflichtung „weder eine Spezerei oder Wachshandlung oder Bier- oder Branntweinausschank zu betreiben“354, kann einem Stockwerkseigentümer auf diesem Weg aufgebürdet werden.

H. Einstands- und Vorkaufsrechte 1. Theorie Im Gegensatz zu den nachbarrechtlichen Beschränkungen haben dingliche Einstands- und obligatorische Vorkaufsrechte die Theorie stets beschäftigt. Kaum eine Arbeit zum StWE hat es unterlassen, auf diese schon in vorkodifikatorischen Quellen statuierten Rechte hinzuweisen: Regelmäßig erwähnt wurde vor allem das württembergische Landrecht von 1610, das für den Fall, daß die Teilung „Noth halber“, also unfreiwillig geschehen war, den Stockwerkseigentümern ein Losungsrecht gab, damit die einzelnen Teile „widerumb zusammengebracht werden mögen“.355 Die 1760 erlassene Feuerordnung für Ansbach und Bayreuth führte ein Einstandsrecht auch für jene Fälle ein, in denen dies nicht vertraglich vereinbart worden war.356 Ein Vorkaufsrecht kannte die Baden-Durlachsche Landesordnung von 1715.357 Aus dem Gebiet des heutigen Österreich fanden insbesondere die Salzburger Einstandsordnungen von 1695 und 1801 in die Literatur Eingang, kaum 8010900506. 9200100789. 351 8130200117. 352 8130300565 353 8010300321; ebenso, jedoch hinsichtlich des Rechts „des Zuganges und der Zufahrt zum Stall und Stadel“ sowie hinsichtlich der „Benutzung, Erhaltung und Instandhaltung einer Jauchengrube“ 8010300325. 354 8111300095. 355 Württembergisches Landrecht 1610, II / 16 / § 6; zitiert bei Krauß, S. 348; vgl. Zoeppritz, S. 11; Möller, S. 31 f.; Thun, S. 55. Diese Regelung galt bis 1815: Krauß, S. 351. 356 Möller, S. 36; Thun, S. 59. 357 Freyer, S. 84 FN 18 gibt genauer an § V / 6 / 3; Thun, S. 58. 349 350

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jene von 1679.358 Sie zeigen eine zunehmende Präzisierung: Während das Einstandsrecht bei mehreren Interessenten gleicher Rangordnung359 von der Einstandsordnung 1695 noch nicht geregelt, sondern obrigkeitlicher Entscheidung vorbehalten worden war, fand sich 1801 eine detailliertere Bestimmung; sie verallgemeinerte wohl die bis dahin meist ausschlaggebenden Überlegungen. Primär war demnach der Eigentümer des größten, in zweiter Linie jener des unmittelbar angrenzenden Gebäudeteils einstandsberechtigt, dann war die Priorität des Erwerbswunsches zu beachten, letztlich Losentscheid vorgesehen.360 Zweck dieser Einstandsrechte war es, der Eigentumszersplitterung entgegenzuwirken. In diesem Sinne knüpfte die Historische Rechtsschule in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an diese Regelungen an, schien das doch der einfachste Weg, mit dem ungeliebten Rechtsinstitut StWE aufzuräumen. So sah 1864 der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs für Bayern ein gesetzliches Vorkaufsrecht vor. Die Motive führten dazu aus, daß das StWE „fast unausweichlich mit mannigfachen Mißständen verbunden sei, weßhalb die Konsolidirung mehrerer Antheile in einer Hand höchst wünschenswerth erscheint und Begünstigung verdient.“361 In Österreich tauchte diese Idee im Rahmen der 1876 abgehaltenen Enquete auf. Das KG Olmütz – es widersprach damit seinem Präsidenten – und das KG Pisek, ein Votant des KG Kuttenberg, das OLG Prag und das LG Innsbruck wollten damit die Vereinigung materieller Anteile fördern. Anderen ging ein gewöhnliches Vorkaufsrecht nicht weit genug: Das KG Jungbunzlau sprach sich dafür aus, dem Eigentümer des größeren materiellen Anteils ein Einlösungsrecht zu gewähren, das BG Kolin wollte den Stockwerkseigentümern einen Verkauf nur an die Eigentümer anderer materieller Anteile des gleichen Gebäudes gestatten.362 Auch in Württemberg wurde, von einer Gerichtsentscheidung aus dem Jahr 1663 inspiriert, überlegt, im Falle unbequemer Teilungen oder gefährlicher Zwistigkeiten – wenn also etwa „Mord, Todtschlag oder andere Weiterungen“ zu befürchten wären – dem Stockwerkseigentümer das Recht zu geben, andere materielle Gebäudeteile aufzukaufen, ohne auf einen Veräußerungsfall warten zu müssen.363 Kuntze regte sogar an, über die Wiedereinführung eines – unter begleiten358 Auch zum Folgenden Roth, Civilrecht, S. 56 f.; Schröder, S. 35; Möller, S. 14; Bärmann, S. 7; Dölker, S. 18; Thun, S. 57 f.; auf die Einstandsordnung 1679 geht nur Pichler, Vorkaufsrecht, S. 217 ff., vor allem S. 220 f., ein. 359 Dazu Pichler, Vorkaufsrecht, S. 227. 360 Die gleichen Grundsätze hatte schon im 17. Jahrhundert die Regensburger Wacht-, Gerichts- und Bauordnung aufgestellt: Möller, S. 14; Thun, S. 57 f. 361 BGBE / Bayern III, Art. 215; BGBM / Bayern III, 72 (Neudruck 682); vgl. Dölker, S. 107 ff.; Krauß, S. 342; Möller, S. 27. 362 JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. 363 Krauß, S. 361 f., m. w. N. Schott, S. 60, schlug eine dem bayrischen Entwurf von 1864 entsprechende Regelung vor.

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der gerichtlicher Kontrolle stehenden – dinglichen Retraktrechtes nachzudenken, „um einer übermäßigen Zerstückelung der Räume ( . . . ) entgegenzuarbeiten“. 364 All diesen Bestrebungen war vorerst kein Erfolg beschieden. Tatsächlich vorgesehen wurden Vorkaufsrechte erst in einigen Ausführungsgesetzen zum BGB. Das Hessische AGBGB 1899 (Art. 218) gab den Stockwerkseigentümern ein vom StWE untrennbares Vorkaufsrecht, das selbst nach geschehenem Verkauf noch gegenüber dem Käufer ausgeübt werden konnte; darüber hinaus sah es sogar ein Ablösungsrecht vor, jedoch nur gegenüber dem nach Gebäudezerstörung wiederaufbauunwilligen Stockwerkseigentümer.365 Auch das württembergische AGBGB 1931 (Art. 228) normierte ein Vorkaufsrecht. Dieses sollte nicht bloß die Vereinigung mehrerer Stockwerksrechte in einer Hand beschleunigen, sondern es erstreckte sich auch auf die Miteigentümer eines einzelnen Stockwerksrechtes, wenn einer dieser Miteigentümer aus der Gemeinschaft ausscheiden wollte.366 Allerdings waren diese Regeln wenig effektiv, was durch Steimle sogar in die Literatur Eingang fand: Bei der von ihm veranstalteten Umfrage wurde das Vorkaufsrecht zwar als eine „dankbare Einrichtung“ gelobt, doch war davon „bis jetzt nur in ganz wenigen Fällen Gebrauch gemacht“ worden, nicht zuletzt deshalb, weil es den Vorkaufsberechtigten an den erforderlichen Geldmitteln fehlte.367 Ungeachtet solcher Erfahrungen wurden Vorkaufsrechte in Gesetzentwürfe und Überlegungen zur Wiedereinführung eines StWEs aufgenommen. Schon 1937 hatte Karl Gelpcke in einer Sitzung der Vorsitzenden der bürgerlich-rechtlichen Ausschüsse der Akademie für Deutsches Recht eine eingehende Beschäftigung mit diesem Teilaspekt des StWEs für erforderlich gehalten; dies war jedoch eher ein Ausdruck der prinzipiellen Ablehnung des Rechtsinstituts.368 Nach 1945 gewannen Vorkaufsrechte in der Diskussion auch über Alternativen des StWEs an Bedeutung: 1947 sah Klang für sein „Wohnungsrecht“ ein Vorkaufsrecht für den Hauseigentümer vor369, 1948 empfahl Freyer ein Vorkaufsrecht im Rahmen seines, schon auf das moderne Wohnungseigentum hinzielenden Rechtsinstituts370. Wirths, einer der Väter des deutschen Wohnungseigentums, wollte das Vorkaufsrecht den Verwaltungsgesellschaften einräumen, dessen Ausübung im Einzelfall allerdings an die Zustimmung eines Verwaltungsrates binden, der aus dem Geschäftsführer der Verwaltungsgesellschaft und zwei jährlich zu wählenden Mit364 Kuntze, S. 82 ff., präzisierte seine Vorstellungen jedoch nicht; es sei „hier nicht der Ort, auf die rechtspolitische Frage einzugehen, wie abenteuerlichen Experimenten und launenhaften Liebhabereien in dem ernsthaften Gebiet des Grundbesitzes zu begegnen seyn möchte“. Vgl. Steimle, Frage, S. 87. 365 Wolf / Gauf / Fuchs, S. 338; Habicht, S. 401 f.; Zoeppritz, S. 34; Raudszus, Wohnrecht, S. 1095; Möller, S. 60 f. 366 Freyer, S. 84; Hammer, S. 23. 367 Steimle, Wiedereinführung, S. 352; Steimle, Frage, S. 96 f. 368 ADR III / 1, S. 309. 369 Klang, Wohnungsrecht, S. 228. 370 Freyer, S. 86.

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eigentümern bestehen sollte. Mit einem Ankaufsrecht sollte im Interesse aller Miteigentümer dem drohenden Aufhebungsanspruch eines Einzelnen entgegengetreten werden können.371 Hinsichtlich des Vorkaufsrechts verwies Wirths auf das Beispiel Bulgariens, wo solches 1935 gesetzlich normiert worden war.372 Noch 1950 propagierte Lange die Regelungen des württembergischen AGBGB 1931; gegenseitige dingliche Vorkaufsrechte gehörten für ihn zu jener Rechtsgestaltung, mit der man „das StWE zweckdienlich ausgestattet“ hätte.373

2. Rechtstatsachen Die intensive Diskussion über Vorkaufsrechte mag dafür verantwortlich sein, daß solche Rechte nach dem Inkrafttreten des WEG 1948 mit großer Regelmäßigkeit zugunsten der Wohnungseigentumsorganisatoren einverleibt wurden. Dabei handelte es sich jedoch, wie der Gesetzgeber des WEG 1975 richtig erkannte, um ein typisches Ergebnis einseitiger Vertragsübermacht.374 Ein solches Vorkaufsrecht findet sich etwa auch beim Verkauf bloß eines Teiles eines materiellen Anteils, wofür aufgrund des StWEG 1879 eigens Wohnungseigentum begründet werden mußte. Dabei trat also der verkaufende Stockwerkseigentümer als Wohnungseigentumsorganisator auf, in den Kaufvertrag wurde ein Vorkaufsrecht zu seinen Gunsten aufgenommen.375 Bei ausschließlich echtem StWE fehlt eine vergleichbare Vertragsübermacht normalerweise, daher kommen, wie die Rechtstatsachenuntersuchung zeigt, Vorkaufsrechte zugunsten anderer Stockwerkseigentümer nur ganz vereinzelt vor: In einem Fall ist der vorkaufsberechtigte Stockwerkseigentümer zugleich Hypothekargläubiger hinsichtlich einer bedeutenden Darlehenssumme376; hier besteht also ausnahmsweise doch eine gewisse Übermacht. Ein zweites Vorkaufsrecht begleitet einen Mietvertrag über Räume, die aus dem Nachbarhaus über die Grundstücksgrenze ragen: In Verbindung mit anderen Vertragsbestimmungen wie insbesondere über Umbaumaßnahmen, mit denen die bauliche Trennung entsprechend der Liegenschaftsgrenze hergestellt wurde, erweist sich das Vorkaufsrecht hier als Vorbereitung zu Vereinigung der materiellen Anteile.377 – Fehlen solche besonderen 371 Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 19 f. Dieser Verwaltungsrat sollte überhaupt eine ganze Reihe wichtiger Befugnisse haben. Seine Zusammensetzung garantierte der Verwaltung zweifellos ein starkes Gewicht. 372 Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 11. 373 Lange, S. 206. 374 Faistenberger / Barta / Call, Rz 1, Rz 35 zu § 24; JAB zum „WEG 1972“, 1681 BlgNR XIII. GP (auch bei Faistenberger / Barta / Call, S. 983 ff.). – Als Beispiel für eine typische Vertragsgestaltung nach WEG 1948 vgl. TZ 2669 / 1974 zu 0100600979. 375 TZ 983 / 1951 zu 5653700041. 376 8500400043. 377 TZ 623 / 1975 zu 8311500017.

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Rahmenbedingungen im Verhältnis zwischen den Eigentümern materieller Gebäudeteile, kommen Vorkaufsrechte nicht vor.378

I. Belastungs- und Veräußerungsverbote 1. Theorie Im Gegensatz zur Frage der Vorkaufsrechte hat die Möglichkeit, das Gemeinschaftsverhältnis zwischen den Stockwerkseigentümern durch wechselseitige Belastungs- und Veräußerungsverbote oder ähnliche Regelungen zu stärken, kaum Beachtung erfahren. Die von Schwarzacher 1947 formulierte Idee, die Belastung eines materiellen Gebäudeteils von der Zustimmung der anderen Stockwerkseigentümer abhängig zu machen, blieb Episode.379 Selbst der die Rechtsstellung des einzelnen Stockwerkseigentümers vergleichsweise stark einschränkende Gesetzentwurf des Blauen Adler von 1935 hatte solches nicht vorgesehen, sondern sich zur Sicherung der öffentlichen Abgaben, Erhaltungs- und Betriebskosten des jeweils letzten Jahres mit Vorzugspfandrechten sowie mit Pfand- und Zurückbehaltungsrechten „unter sinngemässer Anwendung des § 1101 ABGB“ begnügt.380 Die Einführung jeder umfassenderen Einschränkung wäre in einen unlösbaren Widerspruch zu den durch Jahrzehnte propagierten Vorteilen des StWEs gegenüber der Miete geraten, nämlich der Belastbarkeit und Veräußerlichkeit eines Eigentumsobjekts. 2. Rechtstatsachen Die Rechtstatsachenuntersuchung hat gezeigt, daß im Verhältnis zwischen den Stockwerkseigentümern eines Gebäudes so gut wie keine Belastungs- und Veräußerungsverbote begründet werden. Einzig bei Eigentümeridentität einer Personenmehrheit, wenn also mehrere materielle Anteile jeweils den gleichen Personen gehören, bezieht sich das zwischen den Miteigentümern bestehende Belastungsund Veräußerungsverbot auf die Miteigentumsanteile an allen materiellen Gebäudeteilen. Im Fall eines Ehepaares sollte die Rechtslage damit wohl der Verbindung von Ehegattenwohnungseigentum angenähert werden.381 Praktisch gibt es an derartigen Verhältnissen also keinen Bedarf, woran übrigens erkennbar wird, daß die Beteiligten das zwischen ihnen bestehende Verhältnis nicht als Miteigentum empfinden. 378 Dieses Bild bestätigt ein historischer Fall aus dem Zillertal für ein Rückkaufsrecht. Dieses wurde 1620 bei der Teilung vertraglich begründet, konnte jedoch nur alle zehn Jahre ausgeübt werden. Bis zur Vereinigung 1850 vergingen mehr als 200 Jahre; allerdings wurde nicht das Rückkaufsrecht realisiert, sondern der von diesem belastete Anteilseigentümer erwarb den berechtigten Anteil: Mair, S. 355. 379 Schwarzacher, S. 100; ablehnend dazu Fuchshuber, S. 110. 380 BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3. – Ähnliches wurde für das moderne Wohnungseigentum erst durch das 3. WÄG realisiert. 381 3000100136.

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J. Konfliktpotential der materiellen Teilung: „Streithäuser“? 1. Vorkommen a) Theorie In der Literatur zum StWE begegnet immer wieder die Charakteristik als „Streithäuser“ oder „Händelhäuser“382; dieser Begriff fand als „houses of dissent“ mit der Charakteristik von „endless disputes amongst the various owners“ sogar ins internationale Schrifttum Eingang.383 StWE sei, so wurde in auffallendem sprachlichen Gleichklang in Anlehnung an die Motive zum BGB384 behauptet, eine „Quelle unvermeidlicher Streitigkeiten“385, eine „unerschöpfliche Quelle von Reibereien und Streitigkeiten“386, oder sogar „endloser Streitigkeiten, Gewaltthätigkeiten(!) und Prozeße“387; es erzeuge Familienfeindschaften, die „auf Jahrzehnte die Ruhe eines Dorfes stören“ könnten.388 Auch die gleichlautend perhorreszierenden Beschreibungen schienen gestört, als Kuntze berichtete, er hätte die Stockwerkseigentümer in seinem Wildbader Kurdomizil „in lieblicher Friedlichkeit bei und über einander [hausen]“ gesehen.389 Diese Bemerkung wurde bald zur Zielscheibe teils spöttischer Kritik: Schott schrieb sie dem „rosigen Schein einer Schwarzwaldsommerfrische“ zu, Steimle den „offenbar nur oberflächlichen Eindrücken“ von Kuntzes „Ferienstimmung“.390 Die Kritiker übersahen jedoch, daß Kuntze selbst dem „Aufeinanderangewiesenseyn und Zusammenleben unter Einem Dach“ zwar „etwas Trauliches“ zugeschrieben, doch zugleich zugestanden hatte, StWE könne – die Wortwahl ist nicht neu – auch eine „Quelle unerträglichen und anhaltenden Unfriedens werden“, sodaß ihm ein „Interesse der Polizeibehörden gegenüber solchen Quellen der Zwietracht und Friedensstörung“ verständlich erschienen war.391 Doch es gab – vor allem seit der Zwischenkriegszeit – tatsächlich Stimmen, die sich gegen eine Überbewertung des Streithäuser-Arguments aussprachen.392 Nicht 382 Wicher, S. 623, sieht die beiden Ausdrücke als regionale Varianten. Demnach sei in Württemberg der Ausdruck „Streithäuser“, in Baden „Händelhäuser“ populärer. 383 Van der Merwe, S. 4. 384 Motive III, S. 45: StWE sei eine „Quelle fortwährender Streitigkeiten“. 385 Zaun, S. 217. 386 Zoeppritz, S. 4. 387 RR 799 / 1855 (entspricht 708 / 1855): HHStA, Reichsrat / Gremialakten, Karton 91. 388 Schott, S. 57. – In diesem Sinn wurde, als 1864 beim Obertribunal Stuttgart eine Teilungsklage zu behandeln war, ausdrücklich betont, daß diese erst nach „vieljährigem Unfrieden“ erhoben worden sei: Seufferts Archiv XVIII / 242. 389 Kuntze, S. 6. 390 Schott, S. 57; Steimle, Frage, S. 87, S. 100; Steimle, Wiedereinführung, S. 355 f. 391 Kuntze, S. 45, S. 52.

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ohne Einfluß waren dabei die Erfahrungen aus dem Bereich des Mietrechts, wo von der Mieterschutzgesetzgebung gestärkte Mieter mit den Hauseigentümern in Streit lagen, was unter anderem die Erhaltung der Gebäude erschwerte. Vor diesem Hintergrund ließ es sich als Vorteil des StWEs darstellen, daß dieses durch Vermeidung von Instandhaltungsschwierigkeiten wertvolles Volksvermögen nicht in gerichtlichen Auseinandersetzungen vernichtete.393 Auch ausländische Erfahrungen wurden zunehmend genutzt; so verwies Otto Troidl, Obmann der österreichischen Gewerkschaft der Arbeiter im Baugewerbe, 1937 auf die „mehr als 12jährigen guten Erfahrungen in Ungarn“: Sie würden „keineswegs die österreichische Angst ( . . . ) rechtfertigen“, daß durch die Wiedereinführung eines StWEs „Rattenschwänze von Prozessen ausgelöst“ werden könnten.394 Nach dem Zweiten Weltkrieg schienen Streitigkeiten dann „beinahe unbeachtlich“.395 Besonders deutlich zeigte sich die veränderte Beurteilung des bei StWE denkbaren Konfliktpotentials in Württemberg, wo die Beratungen zum AGBGB 1931 einen Wendepunkt markieren. Zwar fand sich noch das älteren Überlegungen entsprechende Argument, der Gesetzgeber habe „die auf Begründung eines festen Heims gerichteten Bestrebungen möglichst zu begünstigen“, dürfe dies aber dann nicht, wenn die Gefahr bestünde, dabei Verhältnisse zu schaffen, die „ihrer ganzen Struktur nach dazu angethan sind, den Frieden in dem Inneren der Häuser zu gefährden.“396 Doch zugleich stellte man fest, daß „eigentliche Streitigkeiten auf diesem Gebiet nicht gerade häufig seien“.397 Eine Ursache dieser plötzlich milden Einschätzung mag allerdings darin liegen, daß man annahm, mit dem StWE nunmehr „eine im Absterben begriffene Einrichtung“ vor sich zu haben. Obwohl also die Frage der Streitigkeiten zwischen Stockwerkseigentümern oftmals problematisiert wurde, schien es schwierig, die Häufigkeit von Auseinandersetzungen durch Justizstatistiken oder ähnliches zu beweisen. Diese Tatsache hatte etwa den österreichischen Reichsratsabgeordneten Lienbacher dazu bewogen, das Streithäuser-Argument insgesamt in Zweifel zu ziehen: Wenn „die Regierung in der Lage gewesen wäre“, das Entstehen „verwickelter Processe“ zu beweisen, „so hätte sie es gethan, und zwar durch Vorlage eines statistischen Ausweises wenigstens für ein Jahr“.398 Sein Salzburger Abgeordnetenkollege Keil erklärte diesen Mangel, gestützt auf 19 Jahre Anwaltspraxis, damit, daß die meisten bei StWE entstehenden Streitigkeiten durch die städtischen Behörden „schon beim Beginne erstickt“ würden; nur rund ein Zehntel käme vor die Zivilgerichte. Selbst diese 392 So betonte z. B. List, S. 55, das dem StWE anhaftende Merkmal „genossenschaftlicher Gesinnung“. 393 Meyer, StWE 1930, S. 10 f. 394 MittBlAdler 13, S. 15. 395 Bärmann, S. 62. 396 Motive III, S. 45; vgl. Prost, S. 1380. 397 Möller, S. 68; Steimle, Wiedereinführung, S. 348; Steimle, Frage, S. 93. 398 StenProtAH 8. Session, S. 13723 ff. (18. März 1879); vgl. Kaserer, S. 24 ff. (S. 26).

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Fälle wären „zum großen Theile von sehr geringer Bedeutung“, doch von „großer Hartnäckigkeit und ( . . . ) tiefgehende[r] Feindschaft“ der Beteiligten gekennzeichnet.399 Diese Argumentation wiederholte sich Jahrzehnte später an ganz anderem Ort: Auch das Zentraljustizamt für die britische Besatzungszone Deutschlands begründete das Fehlen echter justizstatistischer Nachweise 1948 mit dem Umstand, daß nur die ordentlichen Gerichte wenig mit Streitigkeiten zwischen Stockwerkseigentümern zu tun gehabt hätten, während Notare, Bürgermeister oder Gemeindegerichte damit stark beschäftigt gewesen seien.400 Sie hätten damit verhindert, daß die Streitigkeiten gerichtsnotorisch wurden – andererseits zeigt dies, daß die Auseinandersetzungen wohl nicht besonders schwerwiegend gewesen sein konnten. Für den Mangel an offiziellen Statistiken suchte Steimle anderweitig Ersatz: Er begnügte sich nicht mit Berichten über „viel Händel und Streit“ sowie über die angeblich starke Inanspruchnahme der Behörden401, sondern lieferte aufgrund seiner Umfrage auch differenzierte Zahlen über die Prozeßhäufigkeit in Württemberg: So gab es im Bezirk Leonberg bei 40 bis 45 materiell geteilten Objekten in 10 Jahren drei Streitfälle, die außergerichtlich erledigt wurden; etwa die gleiche Zahl gab es in Murrhardt jährlich, allerdings bei etwa 130 materiell geteilten Objekten im Sprengel.402 Die Häufigkeit von Konflikten war also in einem Bezirk rund dreimal so hoch wie im anderen. Daneben lagen auch Berichte aus Orten vor, „wo von Streitigkeiten kaum je einmal etwas bekannt geworden“ war, wo man „im allgemeinen günstige Erfahrungen gemacht“ hatte und nicht behaupten konnte, „daß sich ( . . . ) das StWE besonders nachteilig gezeigt hätte“.403 Für Österreich fehlen vergleichbare Angaben zur Häufigkeit von Streitigkeiten. Fuchshuber berichtete aus seiner Praxis, daß Streitigkeiten „verhältnismäßig recht selten“ vorkämen, „wohl deswegen, weil es sich um einen althergekommenen Zustand ( . . . ) handelt (und Meinungsverschiedenheiten in dieser Hinsicht schon früher zutage getreten wären)“. „Keineswegs“ gäbe es „in der Praxis mehr Unstimmigkeiten als beim Miteigentum“.404

b) Rechtstatsachen Die Rechtstatsachenuntersuchung der Grundbücher ermöglicht keine direkten Aussagen über die Häufigkeit von Streitigkeiten. Die Beschreibungen des A2-Blat399 StenProtAH 8. Session, S. 13730 ff. (18. März 1879). Im Gegensatz dazu hatte der Motivenbericht zur Regierungsvorlage „verwickelte Processe“ behauptet! 400 Vgl. Bärmann, S. 68. 401 Steimle, Wiedereinführung, S. 351 ff.; Steimle, Frage, S. 96 f. 402 Steimle, Wiedereinführung, S. 353 f.; Steimle, Frage, S. 99. 403 Steimle, Wiedereinführung, S. 352 f.; Steimle, Frage, S. 97 f., führte die unterschiedliche Häufigkeit von Streitigkeiten in verschiedenen Orten auf „die verschiedenen Stammeseigenschaften der Bewohner verschiedener Landesteile“ zurück. 404 Fuchshuber, S. 86.

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tes lassen jedoch erahnen, daß insbesondere das Ausmaß der Benutzung von Gebäudeteilen eines anderen Anteilseigentümers Anlaß zum Streit geben konnte: Feststellungen wie jene, ein „Gehrecht zu dem Garten“ umfasse auch das Recht, „mittels Handkarren den notwendigen Dünger“ dorthin zu führen, ein Gehrecht zu einer Kammer auch das Recht „Gegenstände dort hinzutragen“405, wurden wohl kaum aus akademischem Interesse getroffen. Die im Rahmen der Rechtstatsachenuntersuchung geführten Gespräche ergaben kein einheitliches Bild: Berichtet wurde von konkretem Streit, der eine sinnvolle Verwaltung verunmögliche406, aber auch von allgemein friedlichen Verhältnissen407: Bei StWE würden die meist unklaren Verhältnisse eine erhöhte Kompromißbereitschaft nach sich ziehen. Dadurch unterschieden sich die materiell geteilten Gebäude wohltuend von Wohnungseigentumsanlagen, wo man sich aufgrund der gesetzlichen Regelungen vielfach im Recht glaube und dieses auch durchsetzen wolle.408 Eine interessante Beobachtung machte man auch in Hallein: Hier wurden die vergangenen 20 bis 25 Jahre als friedlich geschildert, doch hätte es davor eher Streit gegeben. Eine mögliche Erklärung für diesen Wandel liege darin, daß in jüngerer Zeit zunehmend Gastarbeiterfamilien Eigentümer oder zumindest Bewohner der materiellen Gebäudeteile seien. Sie würden einerseits manche herkömmlichen Streitthemen wie etwa die Benützung gemeinschaftlicher Gebäudeteile nicht als problematisch ansehen, hätten andererseits aber auch größere Scheu, sich im Konfliktfall der staatlichen Gerichte zu bedienen.409 Auch wenn es nicht zu Streit kommt, so werden unterschiedliche Interessen von den Beteiligten durchaus als Problem registriert: „Der andere hat sich nie so für das Haus engagiert, jetzt vermietet er.“410

2. Ursachen für Streitigkeiten – Abhilfe Für Streitigkeiten wurden verschiedene Ursachen verantwortlich gemacht. Eine sah man in den sozialen Verhältnissen, insbesondere in der Enge des Zusammenlebens, die durch gemeinschaftlich benützte Räume noch verschärft wurde. Zwar hat man diesen Aspekt gelegentlich unseriös abgetan wie Steimle mit der Bemerkung, zu den Streitigkeiten würde „vielfach die Klatschsucht der Frauen wesentlich bei[tragen]“411; insgesamt ist das Ausmaß des Problems jedoch zu erahnen, wenn 405 8010900527. Ähnlich 8011100138 mit dem Recht, auf dem Hofraum des anderen „einen Wagen voll Kartoffel oder Tuschen während der Nacht stehen zu lassen und dann abzuladen“. 406 Gesprächsprotokoll BG 565 / 2. 407 Gesprächsprotokoll zu 5653700615. 408 Gesprächsprotokoll BG 564 / 1. 409 Gesprächsprotokoll BG 562. 410 Gesprächsprotokoll zu 9000200440. Dieses Problem ist auch bei Wohnungseigentum feststellbar.

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man sich etwa das Beispiel von Serfaus vor Augen hält: Diese Tiroler Gemeinde hatte bei ungefähr gleichbleibender Häuserzahl am Beginn des 19. Jahrhunderts rund doppelt so viele Einwohner wie 150 Jahre später.412 Die höhere Wohndichte wurde größtenteils durch die Häuserteilung ermöglicht.413 Doch selbst unter weniger beengten Verhältnissen galt StWE im 19. Jahrhundert als eine Form der „unbequeme[n] Theilung eines Hauses“, weil dabei „der Besitzer des unteren Stockes“ den Nachtheil hätte, „daß er sich über seinem Kopf herumpoltern und tanzen lassen müsse, wenn es dem Besitzer des oberen Theiles beliebe“.414 Eine weitere wesentliche Ursache für Streitigkeiten erblickte man in der Rechtsform des StWEs, insbesondere in der Unauflöslichkeit des zwischen den Stockwerkseigentümern bestehenden Verhältnisses.415 Sie kontrastierte mit anderen der Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses dienenden Rechtsinstituten: „Wenn einzelne Mieter die Hausgemeinschaft stören und den Mitbewohnern das Leben unerträglich machen, so läßt sich gegen sie ein Räumungsurteil erwirken. Gegen den Stockwerkeigentümer kann man nicht in der gleichen Weise vorgehen, weil er sich auf seine dinglichen Rechte berufen kann“; durch eine bloße Unterlassungsklage könnte „schwerlich der Friede im Haus wieder hergestellt werden“, so beklagte etwa Hesberg.416 Dieser Kritik versuchten die Bestrebungen zur Wiederzulassung von StWE gerecht zu werden. So sah beispielsweise Meyers Gesetzentwurf von 1930 als Sanktionen für grob gemeinschaftswidriges Verhalten „Räumung“ der Wohnung und „nötigenfalls die Ausschließung aus der Gemeinschaft“ vor417; Loebell erhoffte 1935, „der Gesetzgeber [könnte] vielleicht Mittel und Wege finden, um mit starker Hand Störefriede und Eigensinnige eines Besseren zu belehren“.418 Es gab allerdings auch Stimmen, die das StWE als solches für schuldlos hielten – vor fahrlässig verstopften Toiletten oder aus dem Fenster entleerten Aschenbechern schütze keine Rechtsform419 – oder die Rechtsform sogar als Milderung der aus den tatsächlichen Übelständen resultierenden Streitigkeiten ansahen: In diesem 411 Steimle, Wiedereinführung, S. 351 ff.; Steimle, Frage, S. 96 f. Ähnlich Sandgruber, S. 49: „In den gemeinsamen Stuben und Küchen hörte der Krieg zwischen den Frauen der Besitzer wie zwischen ihren Kindern in manchen Häusern überhaupt nicht mehr auf. Da wurden dann schon die Kinder in den Streit der Alten hineingezogen.“ 412 Müller-Schuler, S. 89 f. 413 Müller-Schuler, S. 80. 414 Vgl. Krauß, S. 350 f. 415 Motive III, S. 45; Zoeppritz, S. 31; Schott, S. 57. Sie wurde auch für die Superfiziarrechtstheorie kritisiert – „Allein zwischen dem Superfiziar eines einzelnen Stockwerks und dem Eigenthümer kann der häusliche Frieden eben so gut gestört werden, ohne daß eine Klage auf Aufhebung des Rechtsverhältnisses gegeben ist“: Krauß, S. 364; Seufferts Archiv XXIV / 239. 416 Hesberg, S. 344. 417 Meyer, StWE 1930, S. 32 f. (vgl. zur Beendigung XI.). 418 Loebell, S. 7. 419 Krückmann, StWE, S. 723.

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Sinn erklärte es Klang schon 1924 zu einem Vorteil des StWEs, daß Auseinandersetzungen dabei „nicht vergiftet [wären] von der Vorstellung, daß der Besitzende den nicht Besitzenden obdachlos machen kann, von dem Gefühle der Ausbeutung kraft des Monopols des Bodenbesitzes oder seiner durch die Mieterschutzgesetzgebung geschaffenen Umkehrung, der Erbitterung über den Mißbrauch gesetzlicher Schutzbestimmungen.“ 420 Ab etwa 1930 hoffte man, sowohl die sozialen Probleme des verdichteten Wohnens als auch die Unauflöslichkeit des Rechtsverhältnisses auf einen Schlag durch architektonische Maßnahmen entschärfen zu können. War es „schwerer ( . . . ), mißliebige Miteinwohner loszuwerden“, müßten sich diese „möglichst aus dem Wege gehen können“; sie waren daher „technisch soweit möglich voneinander zu isolieren“. Dies sollte durch „eine besonders solide Bauart der Häuser“ geschehen, insbesondere durch „starke, schallsichere Decken und Wände, selbstschließende Haustüren, solide Flure und Treppen, Stein, Zement, möglichst wenige gemeinsame Einrichtungen, besondere Anordnung der Räume usw.“421 In einem solchen, „mit reichlichem Geldaufwand erbauten Hause“ könnte man sich „mindestens ebenso aus dem Wege gehen wie in den besseren großstädtischen Miethäusern.“422 Dem gleichen Zweck sollten auch abgesonderte Eingänge dienen, die am besten im Typus des „Laubenganghauses“ realisierbar schienen.423 Schließlich ist eine dritte Ursache für Streitigkeiten zu nennen, nämlich das Fehlen vertraglicher oder gesetzlicher Regelungen des häuslichen Gemeinschaftslebens und der Verwaltung. Dieser Themenkomplex betrifft also wieder das Verhältnis der Stockwerkseigentümer zueinander.

K. Innere Ordnung und Verwaltung materiell geteilter Gebäude 1. Theorie Der hier zu behandelnde Themenkomplex umfaßt verschiedene Aspekte, die zueinander jedoch in enger Verbindung stehen: Einerseits sollte Streitigkeiten durch gesetzliche oder vertragliche Regelung der inneren Verhältnisse eines materiell geteilten Hauses vorgebeugt werden.424 Die so geschaffene „Hausordnung“ erforKlang in: Verh.33.DJT, S. 243. Krückmann, Wohnungsnot, S. 1927. 422 Krückmann, StWE, S. 719. 423 Möller, S. 38 ff.; Krückmann, StWE, S. 723. 424 Für gesetzliche Regelungen z. B. Mandry, S. 224; Louis, S. 183; selbst ein Gegner des StWEs wie Steimle gestand zu, „daß eine klare gesetzliche Regelung die Fülle der Streitigkeiten wohl etwas eingedämmt hätte“: Steimle, Wiedereinführung, S. 361; Steimle, Frage, S. 109. – Für Hausordnungen z. B. Meyer, StWE 1930, S. 14; Lefford, S. 7; Raudszus, Wohnrecht, S. 1097; Möller, S. 98 f. 420 421

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derte zur Konkretisierung bzw. Effektivierung im Einzelfall ein Verfahren zur Streitschlichtung.425 – Andererseits könnten, so hoffte man, Auseinandersetzungen zwischen den Stockwerkseigentümern verringert werden, wenn diese gewisse, das ganze Gebäude betreffende Probleme, insbesondere die Erhaltung gemeinschaftlicher Teile und den laufenden Betrieb, einem Verwalter überließen. Hatte man einen solchen aber erst für Verwaltungsaufgaben vorgesehen, so bot es sich sehr rasch an, mittels allgemeiner Regelungen auch Kompetenzen zur Durchsetzung der Hausordnung und zur Konfliktregelung an ihn zu übertragen. Der hier skizzierte Zusammenhang ist eine Entwicklung des 20. Jahrhunderts; ursprünglich war das echte StWE „permeated by the idea of individualism which left the management and maintenance of the building to the apartment owners themselves without providing for a central administrative body to deal with these matters.“426 Doch schon 1876 zeichnete sich ein Wandel ab. Harrasowsky unterschied – sieht man von möglicher „Duldsamkeit“ ab – zwei Wege, Streitigkeiten zu vermeiden, nämlich entweder „Gemeinsinn“ oder das „Vorhandensein einer unbestrittenen überwiegenden Kraft“.427 In diesem Sinne konnte die Verwaltung entweder genossenschaftlich geführt oder einer von den Stockwerkseigentümern „einzusetzenden Autorität“428 überlassen werden. Das erstgenannte Prinzip429 fand sich noch 1925 bei Heinrich Kiwes Projekt einer „Hausgemeinschaft mbH“; hier sollten etwa Streitigkeiten zwischen den Eigentümern durch einen „Hausbeirat von 3 bis 5 Mitgliedern“ entschieden werden, wogegen sodann die Mietkommission beim jeweiligen BG angerufen werden konnte.430 Die Verwaltung sollte jedoch nicht unmittelbar vom Hausbeirat, sondern durch einen von diesem bestellten „Hausadministrator“ übernommen werden.431 Spätestens gegen Ende der 1920er-Jahre setzte sich die Meinung durch, „daß die gemeinsame Verwaltung [durch mehrere Stockwerkseigentümer] praktisch zu zahlreichen Streitigkeiten und Schwierigkeiten führen“ würde.432 Gesetzentwürfe und Projekte zur Wiederzulassung von StWE enthielten daher stets Bestimmungen über einen Verwalter: Schon 1926 regelte der Entwurf der Société d’Études Législatives die Verwaltung auf der Grundlage von Wertanteilen; ein Verwalter bedurfte also des Vertrauens der Mehrheit in der Assemblée Générale.433 Krückmanns „Hausgewerkschaft“ oder „Hausgesellschaft“ kannte als 425 Vgl. van der Merwe, S. 4, der es als ein Hauptproblem des StWEs ansah, daß „no mechanism for the settling of disputes existed“. 426 Van der Merwe, S. 4. 427 JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. (Die unbestrittene überwiegende Kraft sah man ein halbes Jahrhundert später in einem starken Verwalter: siehe oben 2. Teil, § 2). 428 O. Hagemann, S. 398. 429 Unreflektiert angenommen wurde es z. B. von Nathan, S. 41. 430 BKA 213088 / 1925: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 2. 431 BKA 213088 / 1925: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 2. 432 Ebel, Frage, S. 86. 433 Division, S. 167 f.; vgl. Möller, S. 77.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

„Geschäftsführer für gewisse gemeinschaftliche Angelegenheiten“ einen „außerhalb der Gewerkschaft stehende[n] Sachverständige[n]“.434 Meyer wollte einen Geschäftsführer im Rahmen der mit Zweidrittelmehrheit zu beschließenden Hausordnung bestellen, wobei dieser nicht Stockwerkseigentümer sein mußte.435 Ausführlich widmete sich dann 1935 der Hugenberg-Plan dem Thema Verwaltung. Schon mit der Zulassungserklärung – der Erklärung, daß das Gesetz auf ein bestimmtes Grundstück anzuwenden sei – sollte behördlich ein „Treuhänder“ bestellt werden. Er hätte vorerst Aufgaben erfüllt, die mit der vor der Stockwerkseigentumsbegründung erforderlichen Grundstückszusammenlegung in Zusammenhang standen, wobei er die Interessen der Realgläubiger wahren sollte. In weiterer Folge wäre er für die laufenden Verwaltungsagenden zuständig gewesen, wie für die Evidenz der „öffentlichen Lasten und Pflichten“ sowie für die Verwaltung des Tilgungsstockes. Schließlich sollte er Streitigkeiten schlichten und entscheiden.436 Um dabei „einen Ausgleich zwischen den streitenden Interessen in möglichst kurzer Zeit und mit möglichst wenig Formalitäten [zu] erreichen“437, war das Verfahren genau geregelt: „Verstößt ein Stockwerkseigentümer gegen die ihm obliegenden Pflichten, so ist er auf Antrag des Betroffenen von dem Treuhänder zu mahnen. Kommt er der Mahnung des Treuhänders nicht nach, so kann er von der Benutzung seiner Räume ausgeschlossen werden, bis er Sicherheit für eine ordnungsmäßige Benutzung seines StWEs bietet.“438 Gegen den nach mündlicher Verhandlung gefällten, begründeten Schiedsspruch des Treuhänders wäre den Parteien der Rechtsweg an die ordentlichen Gerichte offengestanden. An dieser Kompetenz des Treuhänders war zweierlei bemerkenswert. Einerseits eröffneten ihm die unbestimmten Begriffe der gesetzlichen Vorgaben einen weiten Spielraum. Dies galt besonders für die allgemeine Verhaltensbestimmung: „Jeder Stockwerkseigentümer hat bei der Nutzung des StWEs das gemeinschaftliche Interesse der übrigen Stockwerkseigentümer und des Eigentümers des Gesamtgrundstückes nach den Grundsätzen von Treu und Glauben unter Rücksicht auf die Verkehrssitte und die örtliche Übung zu beachten. Die ihm gehörenden Gebäudeteile, Anlagen und Einrichtungen hat er in einem ordnungsmäßigen Zustande zu erhalten, der eine Schädigung der berechtigten Interessen der übrigen Beteiligten ausschließt.“439 Andererseits war der „Treuhänder“ trotz dieses Namens weitgehend unverantwortlich: So war er nur gegenüber dem Grundstückseigentümer, nicht aber den Stockwerkseigentümern zur Rechnungslegung verpflichtet; vor allem aber hatten weder der Grund- noch die Stockwerkseigentümer Einfluß auf die Bestellung des „Treuhänders“.440 434 435 436 437 438 439

Krückmann, Wohnungsnot, S. 1926. Meyer, StWE 1930, S. 26. Hugenberg, S. 53 (§ 23 f.). Vgl. Anhang 5. Hugenberg, S. 57. (§§ 44 bis 49; Erläuterung dazu). Hugenberg, S. 57 (§ 44). Hugenberg, S. 56 (§ 43).

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Ebenfalls 1935 kamen die autoritären Vorstellungen zur Verwaltung auch in der Besprechung einer neuen, 1934 erlassenen polnischen Verordnung über das StWE zum Ausdruck. Diese hatte eine auf drei Jahre gewählte Verwaltung in Form eines Kollegialorgans vorgesehen, dem auch Nichteigentümer angehören durften. Diese Verwaltung konnte von jedem Stockwerkseigentümer, aber auch von einer Revisionskommission kontrolliert werden, die auf Verlangen eines Zehntels der Eigentümer eingesetzt werden mußte. Als Beschlußorgan war die „Versammlung der Raumeigentümer“ vorgesehen, die in der Regel jährlich, aber auch auf Verlangen eines Zehntels der Eigentümer zusammentrat. 441 Raudszus kritisierte nun in seiner Besprechung die „komplizierte und schwerfällige Regelung“ und hob als negativ hervor, daß die Verordnung „für die Verwaltung geradezu eine Art von Hausparlament einführt“. Besser wäre das französische Modell der „Einsetzung eines einzelnen Treuhänders mit weitgehenden Vollmachten“. 442 Im gleichen Jahr 1935 gab es in Österreich noch Skepsis gegenüber einer institutionalisierten Fremdverwaltung. Zwar sah der Gesetzentwurf des „Blauen Adler“, um befürchteten Nachteilen des StWEs zu begegnen, die gerichtliche Einsetzung eines (mit den Rechten eines Zwangsverwalters ausgestatteten) Verwalters auf Verlangen auch nur eines Stockwerkseigentümers vor (§ 5), doch schien diese Idee dem österreichischen Justizministerium – noch – als zu massiver Eingriff in das Eigentum. Geradezu prophetisch prognostizierte man, der „Eigentümer des Hausanteiles“ würde bei Einsetzung eines solchen Verwalters „dieselbe Stellung einnehmen wie ein Mieter, nur mit dem Unterschied, dass ihm an Stelle des Hauseigentümers ein ,Verwalter‘ gegenübersteht“.443 Unbeeindruckt von den Konsequenzen und der politischen Niederlage des Führerprinzips knüpften schon die ersten Nachkriegsvorschläge für ein StWE an die autoritären Konzepte der Dreißigerjahre an. In Österreich konnte sich sogleich 1946 Mitterauer vorstellen, daß mangels Einigung der Sondereigentümer über die Verwaltung diese Aufgabe zwangsweise durch „eine der bezirksweise zu errichtenden gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft[en]“ übernommen werden könnte.444 Unproblematisch erschien ihm dabei, aus heutiger Sicht unverständlich, der Umstand, daß diese Gesellschaften gleichzeitig auch das Eigentum all jener Wohnungen in ihren Bezirken erhalten hätten, deren bisherige Mieter sie nicht in Sondereigentum übernehmen wollten.445 An die Möglichkeit von Interessenkollisionen 440 Hugenberg, S. 56 (§ 41). Diese autoritäre Tendenz entsprach der von Hugenberg, S. 44, formulierten Grundannahme: „Die Nutzung des StWEs muß seiner Natur nach enger begrenzt werden als die des Grundeigentums. Der Stockwerkseigentümer ist Glied der sozialen Gemeinschaft, die ihn mit anderen Stockwerkseigentümern und mit dem Eigentümer des Gesamtgrundstücks verbindet.“ 441 Raudszus, StWE, S. 1301. 442 Raudszus, StWE, S. 1302. 443 BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3. 444 Mitterauer, S. 21 f. 445 Mitterauer, S. 23.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

zwischen den gewöhnlichen Eigentümern und dem verwaltenden institutionellen Großeigentümer dachte Mitterauer offenbar nicht. Auch sonst machte man sich in Österreich vergleichsweise wenige Gedanken über die Verwaltung: Im Vorfeld des WEG 1948 betonte der Bericht des Justizausschusses, daß eine Ablehnung des StWEs „den Vorteil [hätte], daß für die Verwaltung einer solchen Liegenschaft keine neuen besonderen Vorschriften erlassen werden müssen“.446 Das WEG 1948 wurde also nicht zuletzt deshalb auf der Grundlage des Miteigentums konstruiert, weil man glaubte, dadurch mit den Verwaltungsbestimmungen des ABGB das Auslangen finden zu können.447 Diese Annahme hat sich im Laufe der weiteren Gesetzgebungsgeschichte als folgenschwerer Irrtum erwiesen. Sogleich 1948 wurde das Fehlen eigenständiger Verwaltungsbestimmungen sogar kritisiert, allerdings mit autoritärer Tendenz: „Das Gesetz [WEG 1948] sieht ja leider keine [zwangsweise] treuhändige Vertretung aller Hausparteien vor“, bedauerte Mosing, der offensichtlich noch dem Hugenberg-Plan nachtrauerte.448 Immer noch herrschte also die Vorstellung, es müsse „für die Regelung der Nutzung und Verwaltung der Gemeinschaftsanlagen eine Autorität geschaffen werden, wie es der Hausbesitzer war, etwa in Gestalt eines vertraglich eingesetzten Verwalters, der im Namen der Gemeinschaft der Wohnungs-Eigentümer Streitfragen endgültig entscheidet.“449 Wirths wollte die Verwaltung an im Grundbuch eingetragene450 Verwaltungsgesellschaften übertragen, für deren Kündigung er eine Zweidrittelmehrheit vorsah.451 Bemerkenswert war die Verknüpfung einer starken Verwaltungsgesellschaft mit den gleichzeitigen Bestrebungen, Streitigkeiten zwischen den Stockwerkseigentümern durch architektonische Maßnahmen zu verhindern: Angesichts konkreter Grundrißvorschläge, die die persönlichen Kontakte zwischen den einzelnen Eigentümern minimierten, wäre die Einschaltung von Verwaltungsgesellschaften von besonderer Wichtigkeit!452 Für die Stärkung der Position des Hausverwalters schien auch der Rechtsvergleich zu sprechen. Während ältere Gesetze der Einsetzung einer Verwaltung noch kritisch gegenüberstanden – so fehlten etwa in Belgien (1924) Bestimmungen über den Verwalter, in Griechenland (1929) bedurfte dessen Einsetzung der Einstimmigkeit – war rund ein Jahrzehnt später eine geänderte Tendenz festzustellen: In Frankreich hatte 1938 das Gesetz über Miteigentum einen Syndikus zur Verwaltung der gemeinsamen Hausteile vorgesehen, der aber auch jene Fragen regeln konnte, die im „Reglement“, dem grundlegenden Vertrag, nicht geregelt wurden. 446 447 448 449 450 451 452

676 BlgNR V.GP; vgl. Faistenberger / Barta / Call, S. 888 ff., insbes. S. 890. Vgl. Bärmann, S. 36. Mosing, StWE, S. 11. Vgl. Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 15. Vgl. die Ersichtlichmachung § 17 / 2 WEG 1975, § 19 WEG 2002. Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 20. Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 31.

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In Italien war schon durch das condominio-Gesetz von 1934 und sodann 1942 ein Verwalter bei mehr als vier Miteigentümern zwingend vorgeschrieben worden.453 Er sollte allerdings kein Entgelt erhalten, also wohl aus dem Kreis der Miteigentümer stammen. Bei besonders großen Miteigentümergemeinschaften konnte dem Verwalter sogar ein Verwaltungsausschuß zur Seite gestellt werden.454 In Deutschland gab es allerdings auch Stimmen, die einem starken Verwalter kritisch gegenüberstanden. So empfahl Hesberg 1947 zwar die Verwaltung durch eine Treuhandgesellschaft, wies aber zugleich darauf hin, daß damit die „möglichen Differenzen“ bestenfalls gemindert, „jedoch keineswegs restlos“ beseitigt werden könnten. Darüber hinaus würde durch die Verwaltungskosten „letzten Endes die Nutzung des Stockwerkeigentums gegenüber dem sonstigen Grundbesitz verteuert“.455 Henning sah 1947 / 48 für die „Organisation“ des von ihr propagierten Wohnungseigentums mit Stockwerkseigentumsaspekten einen von den Eigentümern bestimmten „Verwaltungsausschuß zur allgemeinen Verwaltung und Kontrolle des Gebäudes“ vor, aber keinen gewerblichen Hausverwalter.456 Noch deutlicher fiel die Ablehnung einer starken Einzelperson durch das Zentraljustizamt für die britische Besatzungszone aus. Hier sah man in einem Gutachten vom März 1948 sogar den Blockwart wiederauferstehen! Ausnahmsweise sprach damit die Idee eines starken Verwalters gegen das StWE!457 Überblickt man diese Entwicklung so ist man versucht, die Existenz eines Verwalters, zumindest aber dessen Kompetenzen geradezu als Indikator für den Wechsel vom StWE zum Wohnungseigentum zu betrachten, wobei sich eine starke Stellung des Verwalters, pointiert formuliert, als Spätfolge des Führerprinzips erweist.

2. Rechtstatsachen Die Rechtstatsachenuntersuchung hat bestätigt, daß weder die Einsetzung eines Verwalters noch die Schaffung von Normen zur Regelung der gemeinschaftlichen Verhältnisse bei StWE Tradition hat.458 Bei den meisten materiell geteilten Gebäuden gibt es keine Verwalter; erkennbar ist nicht einmal eine informelle Verwalterstellung einzelner Stockwerkseigentümer, wie sie Dölker für die Münchner Vorstadt Au bei den Eigentümern größerer Anteile oder geschäftlich gewandteren Per-

Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 10 ff.; Bärmann, S. 18 ff. Vgl. BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3. 455 Hesberg, S. 344. 456 Henning, S. 301 f. 457 Diester, S. 53; Bärmann, S. 68. 458 Nicht hierher gehört das Wirken eines Stockwerkseigentümers als öffentlicher Verwalter des in deutschem Eigentum befindlichen anderen Anteils während der Jahre 1945 – 1960, wobei in diesem Fall auch Verwandtschaft bzw. Schwägerschaft zwischen den Beteiligten bestand: Mair, S. 135. 453 454

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

sonen, z. B. Ratsdienern, nachgewiesen hatte.459 Einzig städtische Objekte wie etwa jene in Salzburg werden professionell verwaltet, wobei dies aus praktischen Gründen sowie mangels eigenständiger gesetzlicher Grundlagen vielfach nach den Regeln des Wohnungseigentums geschieht.460 In diesem Sinne wird etwa auch eine für „Wohnungseigentümer“ konzipierte „Hausordnung“ in einem materiell geteilten Haus angeschlagen.461 Echte Verfahrensbestimmungen zum Zweck organisierter Verwaltung wurden nur ausnahmsweise und aus konkretem Anlaß vereinbart: Bei einem Salzburger Haus war dies 1887 eine Regelung über die Tragung diverser Kosten, nämlich von „Ausbesserungen, Reparaturen, Adaptirungen oder Neuherstellungen des Daches ( . . . ) sowie ( . . . ) Erhaltung des Bodens des Vorhauses“. In diesem Zusammenhang einigten sich die Eigentümer der vier Anteile auch über die in solchen Fällen zu beobachtende Vorgangsweise: „Ueber die Nothwendigkeit zur Vornahme diesbezüglicher Arbeiten hat die Majorität dieser vier Interessenten zu entscheiden und dem Beschluße der Majorität ist sich unbedingt zu fügen. Bei Stimmengleichheit entscheidet hierüber mit Ausschluß jeder weiteren Beschwerde ein Sachverständiger des städtischen Bauamtes oder ein anderer unbetheiligter Bausachverständiger. Daraus folgt auch, daß jede beabsichtigte Vornahme einer solchen Arbeit von Seite eines oder mehrerer Interessenten den übrigen Interessenten respective deren Bevollmächtigten oder Hausbesorgern bekannt zu geben ist, außer es wäre diese Verständigung im Falle dringender Gefahr am(!) Verzuge nicht mehr möglich“.462 Der letzte Satz macht deutlich, daß sich die Stockwerkseigentümer eigener Bevollmächtigter bedienten, während die Verwaltung des gesamten Gebäudes nicht an Dritte überlassen wurde.

459 460 461 462

Dölker, S. 38 f. Gesprächsprotokoll BG 565 / 2. 5653700615; Gesprächsprotokoll zu 5653700615. TZ 7386 / 1887 zu 5653700035.

§ 7 Der Stockwerkseigentümer im Verhältnis zu Dritten

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§ 7 Der Stockwerkseigentümer im Verhältnis zu Dritten A. Die Vermietung von Stockwerkseigentum 1. Theorie Die längste Zeit hat das Problem der Vermietung von StWE die Theorie kaum beschäftigt.1 Dies änderte sich erst infolge zunehmender Differenzierung sowohl des Wohnungsmarktes als auch des Mieterschutzgedankens mit insbesondere der Schaffung mietrechtlicher Sonderbestimmungen für Wohnungseigentum. Vor diesem Hintergrund hatte sich die österreichische Judikatur seit den Neunzigerjahren des 20. Jahrhunderts mehrmals mit vermieteten Stockwerkseigentums-Wohnungen auseinanderzusetzen. In einem vom OGH 1992 entschiedenen Fall war es strittig, ob die Befristungsmöglichkeit für Mietverträge über Eigentumswohnungen (§ 29 Abs. 1 Z 3 lit b MRG) auf eine Wohnung, an der Stockwerkseigentum besteht, analog angewendet werden könnte. Obwohl diese Bestimmung aufgrund ihres Charakters als Ausnahmeregelung eng auszulegen war, stellte der OGH fest, Zeitmietverträge mit ursprünglicher oder verlängerter Vertragsdauer von höchstens fünf, später zehn Jahren würden sämtliche „Eigentumswohnungen unabhängig vom Baualter“(!) erfassen. Begründet wurde dies mit der Absicht des Gesetzgebers, alle Mietvertragstypen zu begünstigen, bei denen das „Begehren des Vermieters nach einer nur vorübergehenden und kurzfristigen Vermietung geradezu typisch“ sei, „wie bei Eigentumswohnungen, weil sie idR zur Befriedigung des eigenen Bedürfnisses errichtet“ worden seien. Diese Erwägungen würden auch für Wohnungen im Stockwerkseigentum zutreffen, die vom Gesetzgeber nur deshalb nicht eigens genannt worden wären, weil die Neubegründung von StWE verboten sei.2 Im 1 Vereinzelte Erwähnungen ändern dies nicht, eher verstärken sie diesen Eindruck. Nippel zeigte mit der Vermietung den Unterschied zwischen materieller und ideeller Teilung auf: Da der „ideale Theil ( . . . ) sich auf alle einzelnen physischen Theile des Hauses“ ausdehne, würde ein eingehender Mietzins im Verhältnis der Quoten geteilt, während er bei materiell geteiltem Eigentum dem jeweiligen Anteilseigentümer allein zustünde: Nippel III, S. 197. – Heinrich Kiwe erwähnt die Vermietung von StWE im Zusammenhang mit der Exekution gegen den Stockwerkseigentümer; dabei wollte er (§ 22 des Entwurfs) den Mieter zum gerichtlichen Erlag der Schuldsumme zwingen, wenn dieser die Räumung verhindern wollte: BKA 213088 / 1925, AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 2. – Der Entwurf des Blauen Adler stellte 1935 die Stockwerkseigentümer den Mietern gleich, wenn für einen Teil der Liegenschaft das Mietengesetz anwendbar war. Damit war nicht die Absicht verbunden, zwischen Stockwerkseigentümern und Hauseigentümern zu differenzieren, vielmehr bezweckte diese Bestimmung nur eine einheitliche Zuständigkeit der Mietkommission: § 7 des Entwurfes: BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, PostNr. 3. (Vgl. Anhang!) – Dölker, S. 88, nennt ein Beispiel aus dem Jahr 1839. 2 OGH 11. 6. 1992, 7 Ob 565 / 92 (Unterinstanzen LG Salzburg 27. 2. 1992, 21 R 336 / 91; BG Hallein 6. 9. 1991, 4 C 194 / 91): EvBl 1992 / 158 = JBl 1992, S. 724 = MietSlg. 44.417 = WoBl 1992 / 138 = ImmZ 1992, S. 341.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

Ergebnis profitiert also das StWE von der Aufweichung des Mieterschutzes durch Privilegierung vermieteten Wohnungseigentums. Genau dies wollte der Mieter in einem wenige Jahre später entschiedenen Fall nicht akzeptieren, bei dem es um eine Eigenbedarfskündigung ging. Während im Normalfall gemäß § 30 Abs. 2 Z 8 MRG beurteilt werden muß, ob dem Vermieter oder seinem Verwandten „aus der Aufrechterhaltung des Mietvertrages ein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwüchse als dem Mieter aus der Kündigung“, hat diese Interessenabwägung bei Wohnungseigentum zu entfallen. Diese Ausnahme wollte nun der betroffene Mieter auf StWE nicht angewendet wissen. Doch der Umstand, daß es sich um bei der vermieteten Wohnung um ein StWE handelte, wurde vom OGH letztlich überhaupt nicht problematisiert, vielmehr verneinte er schon den dringenden Eigenbedarf des Vermieters. Vielleicht hätten die dabei vorgenommenen Wertungen, die nicht zu unrecht kritisiert wurden, anders ausgesehen, wenn auf die Rechtsnatur des Mietgegenstandes eingegangen worden wäre, statt sie bloß im Sachverhalt kurz zu erwähnen!3 Gerade das Hinweggehen über diesen Aspekt des Falles zeigt hier, daß man einen Unterschied zwischen Wohnungs- und Stockwerkseigentum abermals nicht annahm. Ein Jahr später hatte sich der OGH abermals mit dem Eigenbedarf im Umfeld des StWEs zu beschäftigen. In diesem Salzburger Fall war kurz vor der Kündigung Wohnungseigentum an einem materiellen Anteil begründet worden. Fraglich erschien nun, ob sich diese Veränderung auch auf die Sperrfrist für Eigenbedarfskündigungen auswirken sollte, ob also die Begründung von Wohnungseigentum als ein solcher Erwerb des Mietobjekts durch Rechtsgeschäft unter Lebenden gilt, der für die folgenden 10 Jahre eine Eigenbedarfskündigung ausschließt (§ 30 Abs. 3 MRG): Der OGH verneinte dies zumindest hinsichtlich des früheren Mehrheitseigentümers des materiellen Gebäudeteils.4 Dennoch gelang es offenbar nicht, den Mieter aus der Wohnung zu verdrängen: Ein weiteres Verfahren zwischen denselben Streitparteien hatte unter anderem die Notwendigkeit einer Interessenabwägung zum Gegenstand. Hatte der OGH diese Frage im zuvor skizzierten Fall bestenfalls konkludent beantwortet, so stellte er nun ausdrücklich klar, daß StWE und Wohnungseigentum in dieser Hinsicht gleich zu behandeln seien, eine Interessenabwägung also nicht zu erfolgen habe. StWE diene, so formulierte er in Anknüpfung an seine 1992 getroffene Entscheidung, „der Befriedigung desselben Bedürfnisses wie Eigentumswohnungen“; der Wunsch „nach einer nur vorübergehenden und kurzfristigen Vermietung“ sei für 3 OGH 15. 10. 1998, 2 Ob 257 / 98b (Unterinstanzen LGZ Salzburg, 54 R 177 / 98p; BG Salzburg, GZ 33 R 818 / 97t): WoBl 2000 / 18 (mit Glosse von Wolfgang Dirnbacher) = EWr I / 30 / 347 ff. 4 OGH 26. 8. 1999, 2 Ob 202 / 99s (Unterinstanzen LG Salzburg, 54 R 18 / 99g; BG Salzburg, 15 C 843 / 98p): EvBl 2000 / 13 = ÖJZ-LSK 1999 / 275 = WoBl 2000 / 19 (mit Glosse von Christian Prader) = EWr I / 30 / 398 f. = MietSlg. 51.410. Vgl. Hausmann in: Hausmann / Vonkilch, Rz 68 zu § 30 MRG.

§ 7 Der Stockwerkseigentümer im Verhältnis zu Dritten

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beide „geradezu typisch“.5 Angesichts häufiger „Immobilienspekulationen“ überzeugt diese Argumentation nicht6; auch läßt sie den Umstand außer Acht, daß materielle Anteile insbesondere im städtischen Bereich vielfach von großer Ausdehnung und Mietshäusern dann deutlich ähnlicher sind als Eigentumswohnungen. Zu dieser Erkenntnis hätte der OGH keiner Rechtstatsachenuntersuchung bedurft: Die Beschreibung des Gebäudes in den Tatsachenfeststellungen zeigt materielle Anteile von ein, zwei und drei Stockwerken, wobei allein aus dem mittleren Anteil fünf Eigentumswohnungen geschaffen werden konnten. Dem Eigentümer eines kleineren Zinshauses wird es daher kaum nachvollziehbar erscheinen, wenn die Lehre aus der Judikatur des OGH nun den Schluß zieht, „auch bei Stockwerkseigentum die wohnrechtlichen Sondervorschriften im Zusammenhang mit Mietverträgen analog anzuwenden“.7 Ungeachtet solcher möglichen Bedenken hat der OGH die Gleichstellung von StWE mit Wohnungseigentum erst jüngst wieder bestätigt.8

2. Rechtstatsachen Vermietungen kamen und kommen im Rechtsleben laufend vor. Sie wurden nach 1945, wie ein gedruckter Augenzeugenbericht bestätigt, wegen des Mieterschutzes als problematisch empfunden.9 Die Rechtstatsachenuntersuchung des Grundbuchs ermöglicht naturgemäß keine Aussagen über die Häufigkeit der Vermietung. Ein bloß sehr schwaches Indiz könnte man darin sehen, daß nur in knapp über 30 % der erfaßten Objekte die Eigentümeradressen mit den Objektadressen übereinstimmen, was für eine zumindest zeitweise Eigennutzung spräche. Da die Aktualität der Adressen bisher jedoch ein bloßes Desiderat an das Grundbuch geblieben ist10, darf dieser Wert keinesfalls überinterpretiert werden. Allerdings war bei den erfolgten Lokalaugenscheinen vielfach festzustellen, daß die angesprochenen Hausbewohner über die Probleme der materiellen Teilung keine Auskünfte geben konnten, weil sie bloß Mieter der Wohnungen waren. Diese Beobachtung läßt sich zwar nicht quantifizieren, doch sind Vermietungen im städtischen Bereich zweifellos häufiger als im ländlichen. Dabei hinterfragen die Mietinteressenten, so die Beobachtungen eines Immobilienverwalters, die besondere rechtliche Konstruktion des Mietobjekts nicht, während die vermietenden 5 OGH 21. 5. 2003, 2 Ob 90 / 02b (Unterinstanzen LG Salzburg, 54 R 304 / 01x; BG Salzburg 26 C 290 / 01b): WoBl 2003 / 179 (mit Glosse von Christian Prader) = ecolex 2003 / 339 = immolex 2004 / 7 = MietSlg. 55.381. 6 So zutreffend Prader in seiner Glosse zu WoBl 2003 / 179. 7 Prader, Glosse zu WoBl 2003 / 179, unter Verweis auf Hausmann in: Hausmann / Vonkilch, Rz 5 zu § 1 WEG. 8 OGH 10. 2. 2004, 1 Ob 293 / 03z: EvBl 2004 / 136 = JBl 2004, S. 521 = EWr I / 30 / 506. 9 Klehr, Steingasse, S. 236. 10 Vgl. Auer, S. 38 f.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

StWEigentümer sich „höhere Mieten analog einem Ein- oder Zweifamilienhaus“ erwarten.11 Gerade bei den größeren städtischen Objekten finden sich Fälle, bei denen durch Vereinigungen während der vergangenen Jahrzehnte materielle Anteile bedeutender Größe entstanden sind. Beruhte die materielle Teilung auf der Existenz grenzübergreifender Gebäudebestandteile, so war eine solche Größe von Anfang an gegeben. In beiden Fällen ist eine ausschließliche Eigennutzung nahezu ausgeschlossen, so etwa bei jenem materiellen Anteil, der in 23 selbständige Wohneinheiten zerlegt werden konnte.12 Solche Gebäudeteile können kaum mehr unter „Eigentumswohnungen unabhängig vom Baualter“13 subsumiert werden; sie stehen dem herkömmlichen Mietshaus deutlich näher. Bei analoger Anwendung der für vermietetes Wohnungseigentum im MRG enthaltenen Sonderbestimmungen (siehe oben 1.) wäre daher mE die Größe des materiellen Anteils im Einzelfall zu berücksichtigen. Schließlich darf ein wichtiger Sonderfall der Vermietung von StWE nicht unerwähnt bleiben. Dabei handelt es sich um langfristige Bestandverträge, bei denen als Bestandnehmer der zweite Stockwerkseigentümer des Gebäudes auftritt. Diese Vermietung setzt die materielle Teilung in wirtschaftlicher Hinsicht zeitweise außer Kraft, ohne daß eine juristische Vereinigung der Anteile gemäß § 3 StWEG 1879 zustande kommt (siehe dazu unten § 8 C.).14

B. Stockwerkseigentum und Nachbarrecht: Rechtstatsächliche Beobachtungen Im Verhältnis zu Grundstücksnachbarn kann der Stockwerkseigentümer aufgrund seiner Eigentümer-Eigenschaft, daher von der Theorie als Selbstverständlichkeit nicht weiter beachtet, Berechtigter oder Verpflichteter von Servituten sein.15 Die so gesicherten Rechte und Pflichten beziehen sich entweder auf das gesamte Grundstück, wobei durch die Verbücherung bei jedem einzelnen Anteil möglichen Zweifeln am Miteigentum an der Grundfläche vorgebeugt wird16, oder nur auf einzelne materielle Anteile, was die Teilung betont. Dabei handelt es sich Gesprächsprotokoll zu 5653700615. 5653700253, materieller Anteil A. 13 OGH 11. 6. 1992, 7 Ob 565 / 92 (Unterinstanzen LG Salzburg 27. 2. 1992, 21 R 336 /91; BG Hallein 6. 9. 1991, 4 C 194 / 91): EvBl 1992 / 158 = JBl 1992, S. 724 = MietSlg. 44.417. 14 So wird z. B. bei 8300800488 die Vereinigung durch gemeinsame Belastung durch ein Bestandrecht von 1997 bis 2031 vorweggenommen. 15 Umgekehrt konnte bei der Konstruktion eines StWEs ohne Grundeigentum (wie im Hugenberg-Projekt 1935) der einzelne Stockwerkseigentümer mangels Grundeigentum keine Grunddienstbarkeiten „zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstückes“ begründen: Hugenberg, S. 50 (§ 7). 16 Z. B. Fahrweg in 8000800448. 11 12

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in der Regel17 um Verpflichtungen, seltener um Rechte18, die tatsächlich nur den jeweiligen Anteil betreffen oder interessieren, wie dies besonders für Leitungsund Durchgangsrechte typisch ist. So trifft die „Dienstbarkeit der Durchleitung des Regenwassers“ nur jenen von vier materiellen Anteilen, durch dessen Räume die Durchleitung tatsächlich vorgenommen wird.19 Dies ist zuweilen sogar ausdrücklich so begründet: Von der „Dienstbarkeit der Ableitung des Abort- und Stallwassers“ wird nur einer von zwei materiellen Anteilen belastet, weil diese Ableitung „durch die zu diesen(!) Anteil gehörige Schupfe und zwar an der nordwestlichen Seite“ erfolgt.20 Ist ein Nachbar zum Durchqueren eines Hofraumes berechtigt, der real geteilt ist, so werden mit dem Wegerecht hingegen beide betroffenen Anteil belastet.21 Umgekehrt ist nur einer der Stockwerkseigentümer verpflichtet, einem Nachbarn die „Errichtung, Einhaltung und Benützung eines Abortes mit einer Grundfläche von 1,5 m2 auf dem südöstlichen Eck des südlichen Hofraumes“ zu gestatten, weil dieser Hofraum ausschließlich zu seinem materiellen Anteil gehört.22 Bemerkenswert ist eine den Eigentümer eines Backofens im Sprengel des Grundbuchs Roppen treffende „Verpflichtung den auf Gst .20 befindlichen Backofen auf immerwährende Zeiten in feuersicherem Zustand zu erhalten“. Obwohl dies auch im Interesse des anderen Anteils liegt, erfolgte die Eintragung im Grundbuch nur zugunsten der vorüberführenden Arlbergbahn; der zweite Stockwerkseigentümer müßte den gleichen Anspruch mühsamer aus Grundsätzen der materiellen Teilung ableiten.23 Belastungen aller und solche einzelner materieller Anteile können auch nebeneinander bestehen: So sind zum Verzicht auf Schadenersatzansprüche durch einen benachbarten Eisenbahnbetrieb beide Anteile verpflichtet, zur Unterlassung des Höherbauens aber nur jener, der mit Ausnahme eines Pferdestalls „alle übrigen Räume dieses Gebäudes“ umfaßt.24 Das selbständige Auftreten der Stockwerkseigentümer gegenüber den Liegenschaftsnachbarn findet schließlich im Extremfall Ausdruck sogar in grenzüberschreitenden Miteigentumsverhältnissen: Bei zwei nebeneinander stehenden Häusern in Hall (Tirol), die beide materiell geteilt sind, 17 Ausnahmsweise kann auch eine typischerweise das Gesamtgrundstück treffende Belastung nur bei einzelnen materiellen Anteilen verbüchert sein; dies kommt meist bei den oben bereits erwähnten „indirekten“ Belastungen vor, z. B. 8010800267. 18 So steht z. B. nur einem von zwei Anteilen das „Recht ( . . . ) der Erhaltung eines Klettergewächses“ zu, das auf dem Nachbargrundstück wurzelt: 8010800240. – Untypisch das einem aus einer Mühle bestehenden materiellen Anteil zustehende „Recht des zeitweisen Verzichtes auf Ausübung des Sägebetriebs“: 8011000354. 19 8010800257. 20 8010800319. 21 Z. B. 8010900513. 22 8411000283. 23 8010700183. 24 8311500086.

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ist die an der Grundstücksgrenze verlaufende „Dachtraufenableitungsrinne ( . . . ) gemeinsames Eigentum der jeweiligen Eigentümer der zweiten materiellen Anteile“.25 Insgesamt zeigt sich in derartigen „Außenbeziehungen“ besonders deutlich ein Unterschied zwischen Stockwerks- und Wohnungseigentum.

C. Belastungen 1. Theorie Aus der Vielzahl denkbarer Belastungen wurde von der Theorie fast ausschließlich die Frage möglicher Hypothekarkredite erörtert und selbst dieses Thema interessierte erst im Rahmen der Bestrebungen zur Wiederzulassung von StWE. Insbesondere ab den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts konnte dann aber niemand, der sich mit dem StWE beschäftigte, an diesem Problem vorbeigehen. Dabei zeigten sich zwei Argumentationsrichtungen. Eine Gruppe betonte die Belastbarkeit ohne Mitwirkung der übrigen Stockwerkseigentümer26 als einen großen Vorteil des StWEs besonders gegenüber der Mietwohnung27; die andere befürchtete „Schwierigkeiten mit der Belehnung“28 und glaubte, ein „solches in Stücke zerteiltes Haus“ würde „natürlich ( . . . ) für keinen der Stockwerkseigentümer die Unterlage für einen Realkredit“ bieten. Dabei war man allerdings in erheblichem Maß von der zeitgenössischen Finanzlage beeinflußt, die es „schon für ganze Häuser schwer und jedenfalls nur im unzulänglichen Ausmaß“ möglich machte, Kredite zu sichern.29 In der Akademie für Deutsches Recht steigerte sich dies zur Sorge, die Zulassung neuen StWEs würde eine „völlige Veränderung und Erschütterung des Bodenkredits zur Folge haben.“30 Daher erschien es „aus der Sicht des Immobiliarkredites ( . . . ) nicht wünschenswert, ein Stockwerkseigentum beleihbar zu machen“.31 Die gleiche Grundeinstellung zeigte sich auch nach 1945. In Deutschland hielt man das StWE als „Kreditunterlage“ für „ungeeignet“32, daher die „rechtliche Einführung des StWEs“ für „zwecklos“.33 Mehrere Überlegungen standen hinter die8100700019. Zur Belastung des StWEs vgl. Kuntze, S. 84. 27 Dölker, S. 85. 28 ZösterrHausbesitz, S. 4. 29 Bazant-Hegemark, S. 7. Eine Parallele dazu bietet die Annahme, die „Veräußerung seines Wohnrechtes“(!) wäre für den Stockwerkseigentümer „wohl fast immer verlustreich“: Herschel, S. 491. 30 ADR III / 3, S. 101. 31 ADR III / 1, S. 309. 32 Wicher, S. 624. 33 O. Hagemann, S. 398; vgl. Diester, S. 53. 25 26

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ser Ansicht: Einerseits wäre, wie etwa Lütge aufgrund von Gesprächen mit Angehörigen der Kreditwirtschaft annahm34, eine ausreichende Rentabilität solcher Kredite aufgrund vergleichsweise hoher, durch ein „Mehr an Verwaltungsarbeit und Kosten“35 verursachter Verwaltungsfixkosten nicht gegeben. Die Alternative, das gesamte Haus zu belasten, wurde zwar glegentlich erwähnt36, doch gab (und gibt) es keinen Grund, warum ein Stockwerkseigentümer seinen Anteil für den Kredit eines anderen verpfänden sollte. Andererseits schien es auch unklar, „welchen Wert ein derartiges Stockwerk in der Zwangsversteigerung hat (vor allem, wenn der Bewohner nicht zu verdrängen ist).“ Man ging also von der Wohnungszwangswirtschaft der Nachkriegszeit und geradezu von einem „Mieterschutz“ für Stockwerkseigentümer aus.37 Auch in Österreich wurde im Vorfeld des WEG 1948 das StWE wegen seiner mangelnden Eignung als Kreditbasis kritisiert. Dieses Verdikt traf aber auch das neue Wohnungseigentum, dessen Eignung als Grundlage für „langfristige Realkredite“ gerade von Ernst Mosing, einem Verfechter des StWEs, der sich ein „echtes“ Wohnungseigentum erwartet hatte, bestritten wurde.38 Hier fand das Argument der mangelnden Belastungsmöglichkeit aber auch einen prominenten Kritiker in Heinrich Klang: „Warum das StWE als Kreditbasis nicht in Betracht kommen könnte“, war ihm „nicht erfindlich.“39 Noch weiter ging Karl Wirths in Deutschland; er zweifelte nicht an der Eignung des StWEs als Kreditbasis, sondern befürchtete offenbar das Gegenteil, eine Überbelastung. Daher schlug er vor, unter Berücksichtigung der „Einbeziehung der gemeinschaftlich benützten Teile der Gebäude“ eine „Beleihungsgrenze“ zu ziehen.40 Klang und Wirths waren jedoch nicht die ersten, denen eine hypothekarische Belastung des StWEs prinzipiell unproblematisch erschien. Schon 1930 hatte Wilhelm Meyer darauf hingewiesen, daß aufgrund des höheren wirtschaftlichen Nutzens, den ein materieller Gebäudeteil gegenüber einem bloßen Miteigentumsanteil bieten könnte, auch eine allfällige Verwertung (Versteigerung) erfolgversprechender sei, wobei jedoch „ganz andere Kreise der Bevölkerung als Bieter“ zu erwarten wären. Daher würde die Belastung des StWEs mit der Zeit sicherlich anerkannt werden.41

Lütge, Streit, S. 56. O. Hagemann, S. 398. 36 Wicher, S. 624; Meyer, StWE 1930, S. 17 f. 37 O. Hagemann, S. 398; Lütge, Streit, S. 56; Wicher, S. 624. 38 Mosing, StWE, S. 10 f. 39 Klang, Wohnungseigentum, S. 9. Im gleichen Sinne Fuchshuber, S. 110: Diese „Behauptung“ könnte „kaum die Praxis hervorgerufen haben“. 40 Wirths, StWE, S. 28; vgl. Wirths, Wohnungs-Eigentum, S. 9. 41 Meyer, StWE 1930, S. 16 ff. Einer, der dies offenbar tat, war vier Jahre später Roland Freisler; vgl. ADR III / 3, S. 90 f. 34 35

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2. Rechtstatsachen Die Rechtstatsachenuntersuchung hat gezeigt, daß StWE eine durchaus taugliche Kreditbasis darstellt. Zum Stichtag 3. März 2000 war rund ein Drittel der in die quantitative Analyse einbezogenen Objekte hypothekarisch belastet.42 Bei rund der Hälfte dieser Objekte überstiegen die dadurch gesicherten Beträge nicht die Grenze von 1 Million Schilling, nunmehr 72.673,– Euro. 4 % aller erfaßten Einlagen waren mit mehr als 5 Millionen Schilling (363.364,– Euro) belastet. Selbst zweistellige Schilling-Millionenbeträge kamen durchaus vor.43 Eine detaillierte Analyse zeigt deutliche Unterschiede zwischen Sprengeln mit überwiegend städtischem und solchen mit überwiegend ländlichem StWE. So waren in der Stadt Salzburg nur knapp 23 %, in Hallein nur knapp 35 % der untersuchten Einlagen unbelastet, während dieser Anteil in Vorarlberg bei ca 73 %, im Sprengel des BG Imst sogar bei knapp 79 % lag. Umgekehrt waren in den zuletzt genannten Gebieten jeweils weniger als 2 % mit mehr als 5 Millionen Schilling belastet, während dieser Anteil in der Stadt Salzburg über 21 % betrug. Dies bestätigt einmal mehr die großen Unterschiede zwischen den verschiedenen Erscheinungsformen materieller Teilung. Sie kommen auch bei Belastungen zum Ausdruck, die von der Theorie so gut wie gar nicht erwähnt wurden, nämlich bei den fast ausschließlich in Tirol und Vorarlberg vorkommenden Dienstbarkeiten und Reallasten. Überwiegend resultieren sie aus veralteten landwirtschaftlichen Nutzungsverhältnissen wie z. B. die „Mitbenützung des Stalles im Südwesten ( . . . ) zum Vieheinstellen während der Frühjahrs- Herbst- Heimweide und zur Zeit des Notstandes (Viehseuchen, Feuersbrunst, Stallumbau und dgl)“44 oder eine „Dienstbarkeit der Ziegeneinstellung im östlichen Ziegenstall ( . . . ) in der Zeit der allgemeinen Ziegenweide (vom 15. Mai bis 1. Okt)“45. Allerdings gibt es auch Fälle besonders weitgehender Belastung mit der „Dienstbarkeit der Benützung dieses Anteiles“46 oder sogar jener der „ausschließlichen Benützung“47 zugunsten einer anderen Einlage, womit dem betroffenen Stockwerkseigentümer nur mehr das nackte Eigentum verbleibt. Auch die zahlreichen Reallasten sind Zeugen einer überkommenen Wirtschaftsund Gesellschaftsordnung, so z. B. die Verpflichtung „alljährlich bis 24. April eine Fährte Holz (Schlitten voll Holz, 5 Schuh (156 cm) lang und 8 Schuh (250 cm) im Umfange [ . . . ] zum Pfarrhause zu stellen“.48 Berechtigt sind meist kirchliche 42 Zwischen Haupt- und Nebeneinlagen wurde nicht differenziert, da Grundbuchsabfragen für die jeweils anderen Liegenschaften nicht möglich waren. 43 Der Höchstbetrag war 79.335.000,– Schilling (5.765.499,30 Euro), allerdings wurde diese Summe auch durch andere Liegenschaften besichert. 44 8400600407. 45 8400300157. 46 8010100322. 47 8130300467. 48 9102100068.

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Pfründe, belastet teils die Liegenschaften als ganzes ohne Bezugnahme auf einzelne materielle Anteile49, teils aber auch diese letzteren jeweils für sich. Dabei sind die Verpflichtungen meist verschieden50; im Extremfall bleibt einer der Anteile von einer Leistungspflicht überhaupt verschont51.

3. Exkurs: Verbücherung der Belastungen Während die Verbücherung von Dienstbarkeiten und Reallasten in der Regel seit der Grundbuchsanlegung keiner Veränderung unterlag, werden Hypothekarkredite laufend aufgenommen oder getilgt, unterliegen also stetem Wandel. Dies führt bei materiell geteilten Objekten gelegentlich zu ungewöhnlichen Konstruktionen oder Problemen. Besonders anfällig dafür sind Fälle von Eigentümeridentität, also jene Objekte, bei denen verschiedene materielle Anteile dem gleichen Eigentümer gehören, ohne daß dies in eine bücherliche Vereinigung der Anteile gemündet hätte.52 Dabei werden teils Simultanhypotheken verbüchert, wobei einer der Anteile als Haupteinlage, der andere als Nebeneinlage fungiert53, teils werden die Pfandrechte ohne Bezugnahme auf einen konkreten materiellen Anteils auf die gesamte Liegenschaft bezogen54. Ausnahmsweise kann dies auch ohne Eigentümeridentität, also bei wirklich noch bestehender materieller Teilung vorkommen, wenn das Darlehen allen Beteiligten zugute gekommen ist wie etwa ein Wiederaufbaukredit.55 49 Z. B. die „Reallast jährlich eine Kröbe voll gescheiterten Holzes dem jeweiligen Kooperator in Huben in den Widum zu liefern“ für die „Kooperaturstiftung in Huben“ und die auf dem gleichen Grundstück zugunsten der „Pfarrpfründe zum hl Martin in Huben“ lastende „Verpflichtung jährlich eine Kuhfuhr Bäume für den jeweiligen Pfarrer in Huben in den Widum zu liefern“ in 8010200566; die „Reallast, jährlich 1/2 Klafter Scheitholz unentgeltlich zum Widum zu stellen ( . . . ) für röm. kath. Kaplaneipfründe zum hl. Thomas im Wald“ in 8000100647. Hier wird man nach § 839 ABGB im Zweifel Verpflichtung zu gleichen Teilen anzunehmen haben. 50 So leisten zwei der drei materiellen Anteile einer Einlage des Grundbuchs Arzl „jährlich 1 Klafter Scheitholz“, der dritte Anteil hingegen nur „jährlich 1/2 Klafter Scheitholz unentgeltlich“ an die Kaplaneipfründe zum heiligen Thomas: 8000100663. 51 Z. B. sind mit der „Reallast jährlich 11/ Pfund Schmalz, 1/ Klafter trockenes gehacktes 2 4 Holz, 1 Matzen Gerste, 1 Matzen Roggen unentgeltlich zum Widum zu stellen und das Holz aufzuschlichten oder für das Schmalz 1 K 80 h bar zu zahlen ( . . . ) für röm.-kath. ExpositurPfründe in Zaunhof“ nur zwei der drei materiellen Anteile einer Pitztaler Einlage belastet: 8000900365. 52 Die Ursache dafür liegt meist in anderen Belastungen wie z. B. Wohnungsrechten (8001000822; ähnlich – mit Wohnungsrecht für einen anderen Übergeber – 8001100435; weiters 8001000611, 8604100284; obsolet, weil für den aktuellen Eigentümer, 5620900037), Vorkaufs- und Fruchtgenußrechten oder Belastungs- und Veräußerungsverboten (alles zusammen in 8001000597). 53 So z. B. 8000201253, 8010200570. – Da bei der Rechtstatsachenuntersuchung in solchen Fällen beide Beträge erfaßt wurden, ist die errechnete Gesamtsumme der durch StWE besicherten Darlehen etwas zu hoch. 54 So z. B. 8001000616, 8001000822, 8001100435, 8410800228.

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D. Vollstreckung / Versteigerung 1. Theorie In Österreich wurde wiederholt auch das Problem der Versteigerung von StWE zur Hereinbringung offener Forderungen thematisiert.56 Im Gegensatz zur Diskussion über die Belastbarkeit des StWEs interessierte dabei weniger der eventuell geringe Erlös als die Frage, wie in dieser Hinsicht nach Vereinigung unterschiedlich belasteter Anteile vorgegangen werden sollte. 1852 hatte der zuständige Referent des Justizministeriums dazu vorgeschlagen, es solle möglich sein, auch nur einen von mehreren vereinten materiellen Anteilen alleine dem Versteigerungsverfahren zu unterwerfen. Das Verbot, vereinigte Anteile wieder zu trennen, hätte dadurch jedoch drastisch an Bedeutung verloren. So beschloß man bei einer „legislativen Sitzung“, die im Justizministerium am 3. November 1852 stattfand, vereinigte Anteile zwar gemeinsam zu versteigern, sie jedoch vorher getrennt zu schätzen und die Verteilung des Versteigerungserlöses im Verhältnis der Schätzwerte vorzunehmen.57 Diese Lösung wurde auch in das StWEG 1879 übernommen, dessen § 3 bestimmte: „(2) Der Exekutionsführung können, selbst wenn es sich um ein vor der Vereinigung erworbenes Recht handelt, nur die vereinigten Anteile unterzogen werden. (3) Es sind jedoch, soweit es zum Zwecke der Verteilung des Kaufpreises erforderlich ist, die einzelnen Anteile gesondert zu schätzen.“ Daraus resultierten in der Folge erhebliche Auslegungsprobleme. Zurecht nicht durchgesetzt hat sich die Auffassung von Jaksch, der in § 3 StWEG 1879 ein Veräußerungsverbot erblickte und aus diesem schloß, eine Exekution auf vereinigte materielle Anteile könnte nur durch Zwangsverwaltung geschehen. Auch die von ihm problematisierte Pfandrechtsausdehnung, bei deren Möglichkeit er zwischen Vereinigung in der Hand des Schuldners und jener in der Hand eines Dritten differenzierte, war ohne praktischen Wert.58 55 5653700163; bemerkenswert ist hier, daß ursprünglich (1954) einer der vier materiellen Anteile als Haupteinlage, die drei anderen als Nebeneinlagen fungiert hatten. Erst bei der ADV-Umstellung wurde dies zu einer alle gemeinsam treffenden Belastung des Grundstücks umgestaltet. 56 Zur Zwangsversteigerung von Herbergen vgl. Dölker, S. 89. – Von der Versteigerung zur Hereinbringung von Forderungen ist die nach dem württembergischen AGBGB 1931 vorgesehene Versteigerung zur Beendigung eines unhaltbar gewordenen StWEs zu unterscheiden. Dabei blieben, da es keinen betreibenden Gläubiger gab, sämtliche Belastungen bestehen und waren vom Ersteher zu übernehmen. Überdies wurde nur ein Gebot zugelassen, das den Schätzungswert aller an dem geteilten Gebäude bestehenden Stockwerksrechte deckte, um keinen der Stockwerkseigentümer, die dabei u. U. gegen ihren Willen ihr Recht verloren, allzusehr zu schädigen. Die Summe dieser Einzelschätzwerte konnte dabei einen Gesamtschätzwert des Hauses ohne Stockwerksrechte übersteigen. Kritiker waren daher skeptisch, ob ein entsprechendes Angebot erzielt werden konnte: Mayer, S. 67 ff. 57 JM 16817 / 1852, 23. / 25. Oktober 1852: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 2. 58 Jaksch, S. 621 f.

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Im Gegensatz dazu hat eine zur Frage der Versteigerung von StWE ergangene Entscheidung des OGH größere, wenngleich bisher nicht in voller Tragweite erkannte Bedeutung. Der Gerichtshof stellte darin fest, die „Bestimmung des § 3 des Gesetzes vom 30.3. 1879, RGBl 50, [stehe] einer gerichtlichen Feilbietung eines materiellen Teiles eines im Stockwerkseigentum stehenden Hauses nur dann im Weg, wenn alle materiellen Teile dieses Hauses in der Hand einer Person vereinigt sind“.59 Die darin zum Ausdruck kommende restriktive Bedeutung des Begriffs „Vereinigung“ ist von allgemeiner Bedeutung (siehe dazu unten § 8 C.).

2. Rechtstatsachen Versteigerungen von StWE machen nur etwa 1,5 % aller erfaßten Erwerbsvorgänge aus; die von der Theorie problematisierten Fälle vereinigter Anteile sind davon praktisch nicht betroffen. Fast die Hälfte der Erwerber, die durch Zuschlag Eigentümer eines materiellen Gebäudeteils werden, sind Männer, nur 20 % Frauen, ebenso groß ist der Anteil juristischer Personen. Die für die Stadt Salzburg vorgenommene Detailuntersuchung zeigt einen stetigen Rückgang der Versteigerungen: Machten sie zwischen 1879 und 1918 noch 2,1 %, zwischen 1919 und 1945 noch 1,6 % der Erwerbsvorgänge aus, so beträgt dieser Anteil zwischen 1946 und 1999 nur mehr 0,5 %. Theoretisches Desinteresse und praktische Bedeutungslosigkeit entsprechen einander also.

E. Verhältnis zum Baurecht 1. Theorie Projekte zur Wiedereinführung eines StWEs waren nicht bloß mit einer allgemeinen Ablehnung des Rechtsinstituts konfrontiert, sondern auch mit einem jeweils ausdrücklich normierten Sonderfall: „Die Abneigung gegen das StWE“ ging „so weit ( . . . ), daß auch ein auf ein Stockwerk beschränktes Erbbaurecht ausgeschlossen worden ist“.60 Entsprechende Bestimmungen fanden sich in Österreich, Deutschland und der Schweiz fast gleichlautend: „Die Beschränkung des Baurechtes auf einen Teil eines Gebäudes, insbesondere ein Stockwerk, ist unzulässig.“61 Obwohl auch diese Normen Hindernisse für eine umfassende Wiedereinführung von StWE gewesen wären, wurden sie nur gelegentlich problematisiert. So 59 JBl 1968, S. 478 = MietSlg. 20.045; Gamerith in: Rummel, Rz 5 zu § 843 ABGB; Feil, S. 66. 60 Krückmann, StWE, S. 715. 61 So für Österreich § 1 / 3 Baurechtsgesetz RGBl 1912 / 86; für Deutschland § 1 / 3 Erbbaurechtsverordnung, (dt)RGBl 1919 S. 72; für die Schweiz Art 675 / 2 ZGB; vgl. Leemann, S. 354.

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wollte Krückmann seine „Hausgewerkschaft“ schon 1924 auch auf Fälle ohne Miteigentum an der Grundfläche anwendbar machen und „das in reichlich blindem Eifer totgehetzte Erbbaurecht ( . . . ) gewissermaßen als räumlich auf Stockwerksnutzung beschränktes Erbbaurecht den Wohnungsbedürftigen zur Verfügung“ stellen.62 Das „Erbbaunutzungsrecht“ sollte durch zeitliche Unbegrenztheit und das Fehlen von Verfügungsbeschränkungen sowie eines Heimfallsanspruchs gekennzeichnet sein. Jeder Grundeigentümer hatte Anspruch auf einen Bodenzins; nur Gemeinden sollten darüber hinaus auch ein Vorkaufsrecht genießen. Die Verpfändung des Rechts wäre auf dem Weg über Anteilscheine nach den Regeln über bewegliche Sachen erfolgt, wobei analog zur Grundschuld kein Erlöschen bei Übertragung an den Grundstückseigentümer vorgesehen war. Insgesamt charakterisierte Krückmann sein Vorhaben dadurch, es müßte „nahezu alles umgekehrt, als wie es in der [Erbbaurechtsverordnung 1919] geregelt ist“, normiert werden.63 Wenige Jahre später kannte auch Wilhelm Meyer die Möglichkeit eines Baurechts-Stockwerkseigentums, und zwar nicht nur als exotische Ausnahme von der sonst engen Verbindung zwischen Stockwerks- und Grundeigentum: Eine der in Meyers Entwurf vorgesehenen Bestimmungen hätte ein Baurechts-Stockwerkseigentum als Folge von Gebäudezerstörung entstehen lassen, wenn jener Stockwerkseigentümer, dem die Grundfläche gehörte, sich nicht am Wiederaufbau des Gebäudes beteiligen wollte, die übrigen bauwilligen Stockwerkseigentümer jedoch nicht am Erwerb des Grundstücks interessiert waren.64 Diese Überlegungen blieben jedoch ohne dauernde Wirkung: Im Rahmen der Beratungen über ein Volksgesetzbuch hielt das 1941 von Wilhelm Epping erstattete Gutachten über das Erbbaurecht fest, die „Möglichkeit der Beschränkung des Rechts auf einen Teil eines Gebäudes, insbesondere ein Stockwerk“ werde „ausdrücklich abgelehnt“.65 Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dieser Aspekt des StWEs dann kaum mehr erwähnt.66 Einem Bedürfnis nach partiellen Baurechten kam in Österreich erst die Baurechtsgesetz-Novelle 1990 mit der Möglichkeit von Baurechts-Wohnungseigentum entgegen; dieses ist aber – unter Fortgeltung des § 1 Abs. 3 Baurechtsgesetz – als Wohnungseigentum konzipiert, das die Bauberechtigten einander einräumen.67

Krückmann, Wohnungsnot, S. 1926. Krückmann, Wohnungsnot, S. 1927. 64 Meyer, StWE 1930, S. 30 f. 65 ADR III / 7, S. 192, vgl. auch S. 194. 66 Eine Ausnahme war Louis, der § 1 / 3 Erbbaurechtsverordnung 1919 als Regelung nannte, die sich „ungünstig“ auf das von ihm propagierte gemeinschaftliche Hauseigentum auswirken würde: Louis, S. 183. 67 § 6a Baurechtsgesetz idF BGBl. 1990 / 258; dazu Call, S. 40 ff.; Verweijen, S. 115 f. 62 63

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2. Rechtstatsachen Die Rechtstatsachenuntersuchung zeigte eine insgesamt geringe Bedeutung des Baurechts im Bereich des StWEs. Nur bei zwei der erfaßten Einlagen gibt es Berührungspunkte: In einem Salzburger Fall erscheint ein Baurecht, über die materielle Teilung hinweg, an der gesamten Liegenschaft begründet; vermutlich liegt hier bloß ein typischer Verbücherungsfehler vor.68 Bei einem Tiroler Gebäude ermöglicht das Baurecht an einem früher materiell geteilten Objekt eine Rückkehr zu den Verhältnissen vor der Vereinigung der Anteile: Der Baurechtsvertrag sieht dabei nämlich vor, daß der Eigentümer bereits vor Ablauf des Baurechts ein neues Stockwerk aufsetzen und für sich nutzen könne! Im Ergebnis würde durch eine solche Bauführung ein Baurecht bloß an einem Gebäudeteil begründet, § 1 Abs. 3 Baurechtsgesetz somit verletzt. Die Tatsache, daß bei dieser Einlage trotz eingetretener Vereinigung im Grundbuch versehentlich immer noch materielle Anteile aufscheinen, gewinnt hier also geradezu programmatischen Charakter; zumindest aber zeigt sie, daß die ehemalige Teilung in den Vorstellungen der Beteiligten weiterwirkt.69

5653700621. TZ 4548 / 1971 zu 8112300871. – Vgl. dazu den Versuch, einen Stockwerksaufbau in die Form eines Superädifikates zu kleiden. Er scheiterte, weil nur selbständige Gebäude, nicht aber Gebäudeteile als Bauwerke iSd § 435 ABGB anzusehen sind: OGH 17. 12. 1991, 5 Ob 116 / 91 (Unterinstanzen LG Salzburg 12. 9. 1991, 22 R 606 / 90; BG Hallein 30. 8. 1990, TZ 1524 / 90, Uh 1 / 90): NZ 1992, S. 257 f. (mit Glosse von Herbert Hofmeister S. 260). 1 RGZ LXI (= NF XI) / 47. 68 69

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§ 8 Die Beendigung von Stockwerkseigentum A. Allgemeines Die Beendigung des StWEs beschäftigt weder Theorie noch Praxis in besonderer Weise, soweit sie wie bei gewöhnlichem Eigentum aus allgemein-juristischen Gründen geschieht, etwa infolge gutgläubigen Eigentumserwerbs Dritter1 oder durch Enteignung2. Problematisch sind hingegen zwei Themenkomplexe, bei denen die Beendigung des StWEs jeweils eine mögliche, doch keinesfalls unumstrittene Konsequenz faktischer Veränderungen ist. Einerseits handelt es sich dabei um die physische Zerstörung des materiell geteilten Gebäudes, wobei als Alternative zur Beendigung insbesondere ein Wiederaufbau samt Wiederaufleben der Teilung in Frage käme, andererseits um eine juristische Zerstörung der Teilung, nämlich die Vereinigung materieller Teile in der Hand eines Eigentümers. Beide Probleme sollten durch die Neubegründungsverbote an Brisanz gewinnen.

B. Zerstörung und Wiederaufbau 1. Theorie a) Die Bedeutung der Rechtsnatur des Stockwerkseigentums Die Antwort auf die Frage, ob die Zerstörung des materiell geteilten Gebäudes zur Beendigung des StWEs führt oder welche sonstigen Folgen daran geknüpft sein könnten, steht in einem engen Zusammenhang mit den Theorien zur Rechtsnatur des StWEs. „Während bei der Miteigentumstheorie als Träger der besonderen Rechte und Pflichten das Grundstück als solches erscheint, ist nach der Sondereigentumstheorie das StWE in den einzelnen Teilen des Gebäudes verkörpert“, so brachte es Zoeppritz 1912 auf den Punkt.3 Es sei demnach „klar, daß der Untergang des Gebäudes je nach der rechtlichen Konstruktion des StWEs einen ganz verschiedenen Einfluß ausüben“ müsse: Bei der Miteigentumstheorie ändere der Gebäudeuntergang nichts an den hinsichtlich des Grundstücks bestehenden Rechten und Pflichten, es sei „nur die Ausübung der Sondernutzungsrechte am Gebäude bis zu dessen Neuerrichtung suspen[d]iert“. Bei der Sondereigentumstheorie ginge das Stockwerkseigentum durch Zerstörung des Gebäudes unter, das Miteigentum am Grundstück müsse „mit der Hauptsache als deren Bestandteil“ ebenfalls untergehen, sodaß im Endeffekt gar kein Berechtigter hinsichtlich des Grundstücks mehr vorhanden zu sein schien. Bei der Superfiziarrechtstheorie würde sich das

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Meyer, StWE 1930, S. 27 f. Zoeppritz, S. 38 ff.

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Recht hingegen nicht auf eine konkrete Superfizies beschränken, sodaß im Fall der Zerstörung des Gebäudes oder eines einzelnen Gebäudeteils der Superfiziar zur Neuerrichtung einer gleichartigen Superficies berechtigt sei.4 Tatsächlich waren die Alternativen jedoch nicht so klar, wie dies Zoeppritz darstellte. Sowohl aus der Mit- als auch aus der Sondereigentumstheorie wurden nämlich verschiedene Schlußfolgerungen gezogen. Bei der Miteigentumstheorie bleibt zwar das Miteigentum selbst von der Zerstörung des Gebäudes unberührt und kann weiter als Kreditbasis dienen5, doch gilt dies nicht zwingend für die Sondernutzungsrechte. Vielfach wurde nämlich deren Erlöschen angenommen, wodurch gewöhnliches Miteigentum an der Gebäudegrundfläche6 übrigbliebe7. Dieses sollte sich nach überwiegender Ansicht nach dem Wertverhältnis der untergegangenen materiellen Anteile richten, um ungewollte Vermögensverschiebungen zu vermeiden.8 Neubauten waren dadurch nicht ausgeschlossen, sie stünden jedoch ebenfalls, dem Liegenschaftseigentum folgend, in Miteigentum. Solange es keine Neubegründungsverbote gab, wäre es den Quoteneigentümern freigestanden, dazu wieder eine materielle Teilung zu vereinbaren.9 Keinen Konflikt mit dem Neubegründungsverbot provozierte hingegen die schon angeklungene Vorstellung, die Sondernutzungsrechte wären „suspendiert“10, würden also bloß „ruhen“11, solange das Gebäude fehle. Damit wurde auch eine andere Konsequenz des Miteigentums abgefangen, die stets dann drohte, wenn die Beteiligten sich nicht über die weitere Vorgangsweise einigen konnten: die Zivilteilung.12 4 Zoeppritz, S. 30; vgl. auch Mandry, S. 215. Kurios war jedoch die von Mandry vertretene Ansicht, bei einhellig unterbleibendem Wiederaufbau hätte der Superfiziar als Ausdrucksform seines Wiederaufbaurechts „Anspruch auf die Zuscheidung eines Theiles der Area, beziehungsweise ihres Wertes“. 5 Ripfel, S. 284. 6 Sie ist nicht zwingend mit der Liegenschaftsfläche identisch, da den materiellen Anteilen auch Freiflächen zugewiesen sein konnten. Die Verwertung der Teilflächen ist dabei besonders schwierig: vgl. Ripfel, S. 280. 7 Schott, S. 53 ff.; Wicher, S. 623; Freyer, S. 84; Dölker, S. 94; BKA 213088 / 1925: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 2; BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3 (§ 10 des Gesetzentwurfs des Blauen Adler); Möller, S. 92 f. – In Baden hatte dies die Anwendung des BGB anstelle des Badischen Landrechts zur Folge und zog überdies erhebliche Probleme bei der Behandlung von Belastungen nach sich; diese wären nämlich als gegenstandslos zu löschen gewesen, wenn man sie nicht auf die Miteigentumsanteile umlegen konnte: Ripfel, S. 276, S. 286 f. 8 Schott, S. 40; Ripfel, S. 281. 9 Dölker, S. 94. 10 Zoeppritz, S. 38. 11 Dölker, S. 94. 12 Vgl. Schott, S. 39: Wenn „die Sondergelasse nicht mehr existieren“, so sei „nicht einzusehen, warum nach Wegfall dieser physischen Abhängigkeit nicht die allgemeinen Rechtsregeln“ über gemeinschaftliche Sachen angewendet werden sollten. – Ausdrücklich erwähnt

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

Noch gegensätzlicher waren die Folgerungen, die man aus der Sondereigentumstheorie ableitete. Einerseits findet sich, wie bereits erwähnt, die Annahme, das Miteigentum am Grundstück würde als bloßer „Bestandteil“ des realen Gebäudeteils mit diesem untergehen13, sodaß bei Zerstörung des gesamten Gebäudes das StWE „in nichts zerronnen“ und das Grundstück überhaupt herrenlos geworden wäre.14 Wirtschaftlich vermied man dieses Ergebnis allerdings durch die Annahme einer gleichzeitig mit dem Untergang des Gebäudes erfolgenden Okkupation des Grundes durch die bisherigen Stockwerkseigentümer, wobei jedoch die Frage ungelöst blieb, ob dadurch Miteigentum zu gleichen Teilen entstünde oder ob eine Okkupation entsprechend dem Wertverhältnis der untergegangenen materiellen Anteile möglich sei.15 Problematisch ist diese Theorie auch im Hinblick auf das Erlöschen von Hypotheken, eine Konsequenz, die das Oberste Landgericht für Bayern 1880 beschäftigte.16 In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall war ein aus zwei materiellen Anteilen bestehendes Gebäude durch Brand zerstört worden. Der Hypothekargläubiger des kleineren Anteil vertrat die Ansicht, die Belastung würde sich auch auf einen Miteigentumsanteil an der Grundfläche erstrecken; der Eigentümer des ehemals größeren Hausanteils widersprach dem und argumentierte, bei Untergang des Gebäudes sei auch das einen Bestandteil des Sondereigentums bildende Miteigentum untergegangen. Im Sinne der Sondereigentumstheorie obsiegte er, der Gläubiger konnte nach Untergang des Gebäudes also nicht auf einen Miteigentumsanteil zugreifen. Dieses Ergebnis darf jedoch nicht verallgemeinert werden. Es findet seine Grundlage vielmehr in einer im konkreten Fall zwischen den Stockwerkseigentümern getroffenen Vereinbarung, worin sie sich auf getrennte Neubauten auf verschiedenen Grundflächen geeinigt hatten. Der an der Stelle des zerstörten Gebäudes errichtete Neubau gehörte, so wurde angenommen, samt seiner Grundfläche aufgrund stattgefundener Okkupation dem Eigentümer des früheren größeren Anteils. Das Gericht nahm also an, daß auch das einen Bestandteil des Sondereigentums bildende Miteigentum an der Grundfläche „erloschen“ sei, jedoch nicht sogleich bei Gebäudeuntergang, sondern erst dann, wenn „die rechtliche Möglichkeit eines Wiederauflebens“ ausgeschlossen war. Dann allerdings, wenn also die Miteigentümer sich auf getrennte Neubauten geeinigt und diese im jeweiwird die Zivilteilung auch im Gesetzentwurf des Blauen Adler von 1935 (§ 10; BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3) sowie in jenem Möllers, S. 92 f. 13 Zoeppritz, S. 38 f.; Schröder, S. 32; ebenso wohl Lange, S. 206. 14 Ripfel, S. 279 ff.; Zoeppritz, S. 27; dagegen Dölker, S. 94, der ein Erlöschen jeglichen Grundeigentums als unbillig ablehnte. 15 Zoeppritz, S. 38 f.; Ripfel, S. 279 ff. – Die heutige österreichische Literatur geht allerdings davon aus, daß ein Eigentumserwerb durch Okkupation herrenloser Grundstücke heute keinerlei praktische Bedeutung mehr habe: Koziol / Welser I13, S. 311 f. 16 OLG für Bayern 4. 2. 1880, Seufferts Archiv XXXVI (= NF VI) / 106; Möller, S. 29 f.; Dölker, S. 112 f.

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ligen Alleineigentum errichtet hatten, war alten Hypotheken ihre Grundlage genommen, sodaß sie erloschen. Hier kam also, entgegen dem ersten Eindruck, eine andere Ansicht zum Tragen, die von einem „Ruhen“ des StWEs nach Zerstörung des Gebäudes ausgeht.17 Dabei wurde teils auf Code civil und Badisches Landrecht verwiesen, die ein Wiederaufleben des StWEs vorsahen, wenn eine Wiederherstellung innerhalb von 30 Jahren nach Zerstörung des Gebäudes vorgenommen wurde18, teils konnte man sich auch auf analoge Entscheidungen hinsichtlich des Wohnungsrechtes in einem zerstörten Gebäude stützen.19 Aus der Sicht der Gläubiger hatte eine solche Lösung, unabhängig von ihrer Begründung, den Vorteil, daß bis zum Wiederaufbau immerhin Hoffnung auf einen Wertzuwachs der Haftungsgrundlage bestand.20 Allerdings fehlte es auch nicht an kritischen Stimmen, wobei teils juristische, teils praktische Überlegungen bestimmend waren. So hatte das OLG Jena schon 1935 darauf verwiesen, daß das Wiederaufleben eines vorhergehenden Unterganges bedürfte, ein solcher aber bei einem im Grundbuch eingetragenen Recht nicht erfolgt sein könnte. Es sei lediglich die „Ausübung [des Stockwerkseigentumsrechts] durch die Berechtigten zur Zeit nicht möglich“, keinesfalls aber wäre das StWE, wie das Landgericht Meiningen behauptet hatte, „gegenstandslos“.21 Noch grundlegender war die Kritik Freyers; er hielt ein Wiederaufleben für „bedenklich“, da nach den Prinzipien des bürgerlichen Rechts das Eigentum untergehe, „wenn seine Substanz weggefallen ist“; ein „ruhendes Eigentum“ sei nicht vorstellbar.22 Schott bezweifelte das Wiederaufleben des StWEs hingegen aus tatsächlichen Gründen, weil ihm ein exakter Wiederaufbau unrealistisch erschien.23 Dies steht mit der Vorstellung in Zusammenhang, das StWE könnte nur durch einen Wiederaufbau „in derselben Weise, wie es [= das Gebäude] vorher bestanden habe“ vor dem endgültigen Erlöschen bewahrt werden.24 Ebenfalls praktische Überlegungen beschäftigten Dittus, dem es unvorstellbar erschien, daß „für jedes Stockwerk ein anderer Bauherr vorhanden ist“.25

17 So z. B. Leemann, S. 353, für die meisten kantonalen Rechte der Schweiz; in Genf ging hingegen das StWE mit dem zerstörten Gebäude unter. 18 Wicher, S. 623; Freyer, S. 84. 19 M. w. N. Ripfel, S. 285. 20 Ripfel, S. 284. 21 ARSTA XII, Nr. 20. 22 Freyer, S. 84. 23 Schott, S. 39 f. 24 So das Landgericht Meiningen: ARSTA XII, Nr. 20. 25 Dittus, S. 9.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

b) Wiederaufbaupflicht oder Zwangsverkauf Sowohl das ruhende Sondernutzungsrecht der Miteigentumstheorie als auch das ruhende StWE der Sondereigentumstheorie nötigten also zum Wiederaufbau des zerstörten Gebäudes. Dies brachte die beteiligten Stockwerkseigentümer aber in eine extrem schwierige Situation. Während die einen zur Abwehr existenzbedrohender Gefahren wie Rechtsverlust, Vermögenseinbußen oder gar Obdachlosigkeit nach Einigkeit streben und ein koordiniertes Vorgehen suchen mußten, hatten andere vielleicht kein Geld für den Wiederaufbau oder sahen die Zerstörung des Gebäudes als willkommene Gelegenheit, eine unerquickliche Gemeinschaft zu beenden. Soweit nämlich kein entsprechender Druck etwa durch die Bestimmungen der Gebäudebrandversicherung bestand26, wurde eine Wiederaufbaupflicht als „unnötige Härte“27 überwiegend abgelehnt.28 Gelegentlich versuchte man zwar, sie aus der Instandhaltungspflicht (siehe oben § 6 D.) zu erschließen, doch waren dabei Schwellenwerte unausweichlich. So zog der Entwurf der Société d’Études Législatives 1926 die Grenze bei einer Zerstörung von drei Vierteln des Wertes: Bis dahin waren die Beteiligten grundsätzlich zur Wiederherstellung, insbesondere zur Kostentragung hinsichtlich der gemeinschaftlichen Anteile, verpflichtet; bei darüber hinausgehender – also nahezu vollständiger – Zerstörung sollte die Unteilbarkeit des Rechtsverhältnisses enden.29 Auch beim italienischen Kondominium sahen sowohl das darüber 1934 ergangene Gesetz als auch später der Codice civile diese Grenze von drei Viertel des Wertes vor.30 Das geringe Interesse an einer Wiederaufbaupflicht mag damit zusammenhängen, daß nicht bloß ein mangelnder Wiederaufbauwille gebrochen werden mußte, sondern daß stets auch die Notwendigkeit bestand, mangelnder Wiederaufbaufähigkeit gerecht zu werden. Wer nun einmal kein Geld hatte, konnte nur schwer zur Teilnahme an Bauprojekten gezwungen werden. Wichtiger als ein solcher ins Leere laufender Zwang waren daher Maßnahmen, die eine Blockade des Wiederaufbaues durch einen Einzelnen verhinderten und für dessen geregeltes Ausscheiden aus dem Kreis der Stockwerkseigentümer sorgten. Dazu wurde meist eine zwangsweise Rechtsübertragung an die wiederaufbauwilligen und -fähigen Stockwerkseigentümer vorgesehen, die dem Ausscheidenden den von Experten ermittelten Schätzwert31 oder einen angemessenen, allenfalls gerichtlich festzusetzenden 26 Sie erlaubten z. B. in Württemberg einen Wiederaufbau nur an der gleichen Stelle, was eine Aufteilung der Versicherungssumme ausschloß: Schott, S. 40. 27 Meyer, StWE 1930, S. 29 f. 28 PraxisRG III, 17; Fuchshuber, S. 86; für das Badische Landrecht: Freyer, S. 84; Speck, S. 134 f.; Ripfel, S. 285. 29 Division, S. 160; vgl. Möller, S. 77 f. 30 BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3; Riedl, S. 36. 31 Möller, S. 77 f.; BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3; Riedl, S. 36.

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Betrag32 zu bezahlen hatten. Nach Meyers Gesetzentwurf von 1930 sollte mangels Einigung über den Preis oder Zahlungsmodalitäten ein Schiedsgericht entscheiden. Da Meyer ein StWE aber auch ohne Grund(mit)eigentum kannte, war ein solcher Zwangsverkauf nicht die einzige denkbare Konsequenz: Weigerte sich gerade der Grundstückseigentümer, am Wiederaufbau des zerstörten Gebäudes teilzunehmen, so sah der Entwurf auch die zwangsweise Begründung eines Erbbaurechts vor.33 Mit dem Inkrafttreten von Neubegründungsverboten verschärfte sich das Problem des Wiederaufbaues zerstörten StWEs, weil darin ein Verstoß gegen diese Verbote zu liegen schien. Vor allem die deutsche Literatur nach 1900 hat sich – nicht zuletzt unter dem Eindruck von Kriegsschäden – wiederholt mit dieser Frage auseinandergesetzt, ohne jedoch zu einem allgemein anerkannten, unstrittigen Ergebnis zu gelangen. Vielmehr lassen sich mindestens drei Meinungen unterscheiden: Eine Richtung qualifiziert generell jede Wiederaufbautätigkeit als verbotene Neubegründung, egal ob der Neubau dem zerstörten Altbau architektonisch vollkommen entspricht oder sich von diesem unterscheidet. In letzterem Fall könnten die Räume nicht mehr den einzelnen Eigentümern zugewiesen werden; beim Aufbau in gleicher Form handle es sich um eine Sache, die „seinerzeit noch nicht bestanden“ habe und daher auch nicht durch die Übergangsbestimmungen des EGBGB geschützt werden sollte.34 Diese Ansicht war durch Ablehnung des StWEs im allgemeinen bzw. durch den Wunsch nach Zurückdrängung des Rechtsinstituts motiviert.35 Dieser Zweck wurde höher bewertet als das Interesse der geschädigten Stockwerkseigentümer an einer Wiederherstellung der früheren Verhältnisse. Eine andere Gruppe versuchte diesen widerstreitenden Interessen durch einen Kompromiß gerecht zu werden und differenzierte zwischen Wiedererrichtung in gleicher oder in veränderter Gestalt: Bei ersterem sollte das StWE wieder aufleben, bei letzterem Miteigentum im Verhältnis des Werts der früheren Stockwerksrechte entstehen.36 Schließlich hielt eine dritte, dem StWE generell positiv gegenüberstehende Richtung die Form des Wiederaufbaues für „unerheblich“. In diesem Sinne vertrat etwa das OLG Jena 1935 die Ansicht, es dürfe „beim Aufbau nur kein neues Stockwerkseigentum begründet werden“.37 Noch weiter ging Möller, der selbst dann, wenn beispielsweise durch Aufbau eines weiteren Stockwerks die Anzahl der Stockwerkseigentumseinheiten vermehrt wurde, keine verbotene Art 219 HessAGBGB; Habicht, S. 402; Zoeppritz, S. 34; Krückmann, StWE, S. 717. Meyer, StWE 1930, S. 29 f. Diese Regelungen zeigen wieder, daß viele Probleme in Meyers Gesetzentwurf nur aus der Trennung des Stockwerkseigentums vom Grund(mit)eigentum entstanden. 34 Schott, S. 53 f.; dagegen Planck VI, S. 356; Oertmann, S. 319. 35 Steimle, Wiedereinführung, S. 348 f.; Steimle, Frage, S. 93; OLG Karlsruhe 29. 5. 1957: Ripfel, S. 276 ff., S. 284 ff.; Freyer, S. 84. 36 Habicht, S. 397 f.; Wicher, S. 623; wohl auch Ripfel, S. 284 (jedoch unklar); ablehnend z. B. Freyer, S. 84. 37 ARSTA XII, Nr. 20. 32 33

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

Neubegründung annahm. Er stützte dies auf die Annahme, daß von Art 182 BGB nur solche Liegenschaften erfaßt werden sollten, an denen vor Inkrafttreten des Gesetzes überhaupt kein StWE bestanden hatte.38 Diese Interpretation scheint jedoch unter Berücksichtigung der Folgen, die eine Vereinigung materieller Anteile nach sich ziehen soll (siehe unten § 8 C.), zu weitgehend und zumindest auf das österreichische Recht nicht übertragbar.

2. Rechtstatsachen Der Vielfalt an theoretischen Lösungsmöglichkeiten entspricht ein buntes Bild praktischer Lösungen. Für das 19. Jahrhundert zeigt der im Rahmen der Enquete von 1876 formulierte Vorschlag, das „Wiederaufleben der Teilverhältnisse nach dem physischen Untergange eines Hauses“ zu verbieten – so das KG Brüx, vom OLG Prag wurde dies auf Umbauten erstreckt39 – , daß dieses Wiederaufleben des StWEs die damals herrschende Lösung für den Fall des Gebäudeunterganges war. Dies bestätigt auch das Votum des KG Jungbunzlau, das „im Falle eines Neubaues“ die Baubewilligung von einer Vereinigung der Anteile oder einer Vereinbarung über die Begründung von Miteigentum abhängig machen wollte.40 Die gleiche Lösung ist übrigens für Württemberg noch aus dem ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts überliefert; Justizminister Beyerle berichtete im Rahmen der Beratungen zu einem württembergischen AGBGB 1931, es sei das StWE nach großen Brandfällen vielfach wieder gewählt worden.41 Einen ganz anderen Weg beschritt man, nachdem Ende 1945 fast der gesamte, von materiellen Teilungen geprägte Tiroler Ort Grins einem Großbrand zum Opfer gefallen war, der 73 Familien obdachlos machte. Dem Wiederaufbau, für den rund 100 Grundtauschverträge erforderlich waren, lag unter anderem die Zielsetzung einer „Aufhebung der materiellen Teilungen und Verselbständigung der Betriebe“ zugrunde42; es dominierte also der Wunsch, die Gemeinschaftsverhältnisse zu beenden. Ähnliches gilt für einen Fall, den der OGH 1982 zu entscheiden hatte: Die dabei angestrengte, bei StWE sonst ausgeschlossene Teilungsklage hatte hinsichtlich eines im Grundbuch aufscheinenden Backofens Erfolg, weil dieser entfernt worden war; an der somit unverbauten Bauparzelle wurde – teilbares – ideelles Miteigentum angenommen. Der Beklagte versuchte erst gar nicht, ein bloß ruhendes Recht zu behaupten.43 Bei einer anderen Tiroler Einlage kam es hingegen zu keiner Teilung, vielmehr wird als „gemeinsames Eigentum der Anteile“ ein NeuMöller, S. 53. JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. 40 JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. 41 Steimle, Wiedereinführung, S. 347; Steimle, Frage, S. 92. 42 Nöbl, S. 156. 43 OGH 30. 6. 1982, 3 Ob 559 / 82 (Unterinstanzen OLG Innsbruck 1 R 336 / 81, LG Innsbruck 14 Cg 465 / 81): EvBl 1982 / 176 = MietSlg. XXXIV / 23 = MietSlg. 34.085. 38 39

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bau verzeichnet, der offenbar an die Stelle eines älteren materiell geteilten Gebäudes getreten ist.44 Besonders deutlich wird das Nebeneinander verschiedener Lösungsvarianten in der Stadt Salzburg, wo der Wiederaufbau von im Bombenkrieg zerstörten Häusern mit „unglaublichen Schwierigkeiten“45 verbunden war. Wohl nicht alle lassen sich aus dem Grundbuch plastisch rekonstruieren. Die fünf Eigentümer eines zerbombten Hauses in der Salzburger Getreidegasse nahmen 1954 gewöhnliches Miteigentum an; sie stellten fest: „Da dieses Haus durch Bombeneinwirkung vollkommen zerstört ist, gebührt uns das ideelle Miteigentum an der Grundfläche“. Die physischen Hausanteile wurden daher gelöscht, die Idee der Sondernutzung geriet aber nicht in Vergessenheit: Ein halbes Jahr später begründeten die ehemaligen Stockwerkseigentümer Wohnungseigentum, und zwar mit einem Vertrag, der die einzelnen benützten Gebäudeteile besonders betonte und gegenüber den Miteigentumsquoten in den Vordergrund stellte.46 In anderen Fällen blieb hingegen die materielle Teilung ungeachtet baulicher Veränderungen erhalten. Offen zugegeben wurden diese Änderungen in einer vertraglichen Formulierung, wonach „infolge Wiederherstellung des bombengeschädigten ( . . . ) Hauses ( . . . ) einverständlich vereinbart und festgestellt [wurde], dass die physischen Anteile dieses Hauses ( . . . ) nunmehr aus folgenden Bestandteilen bestehen ( . . . ).“47 Nur verschämt schimmerte der Neubau hingegen bei einem anderen Gebäude durch: „Infolge der Wiederherstellungsarbeiten sind die räumlichen Verhältnisse etwas geändert worden und die Hauseigentümer sind sich einig, dass zur Vermeidung von Missverständnissen dieser Sachverhalt im Grundbuch ersichtlich gemacht werde.“ So befand sich ein „Holzgewölbe“ nun im ersten Stock statt im Erdgeschoß, eine Dachkammer war nicht mehr gassenseitig, sondern hofseitig orientiert. Trotz dieser nicht gerade geringfügigen Veränderungen wurde das „schwer bombenbeschädigt“ gewesene Haus nicht in ideelles Miteigentum überführt.48 Praktisch wichtiger als das Ausmaß der Zerstörung war also die Einigkeit oder Uneinigkeit der Stockwerkseigentümer. Bei einem dem zerstörten Gebäude architektonisch gleichen Neubau waren Streitigkeiten unwahrscheinlicher als bei Veränderungen, was besonders deutlich ein Fall teilweise gleichen, teilweise jedoch abweichenden Wiederaufbaues zeigt. Hier wurde trotz nahezu vollständiger Zer44 8010100417. Die stattgefundene Zerstörung des 1909 materiell geteilten Gebäudes ergibt sich mE daraus, daß sich auf dem 11 m2 großen Grundstück nicht sowohl ein aus Ställen und Tenne bestehendes Gebäude als auch ein Backofen befinden kann. Ein Lokalaugenschein war nicht möglich. 45 Putzer, S. 604, unter Hinweis auf ein Gespräch mit einem Grundbuchsführer. 46 TZ 4083 / 1954 und TZ 1156 / 1955 zu 5653700353; vgl. Klehr, Getreidegasse, S. 144. 47 TZ 5227 / 1953 zu 5653700125. 48 TZ 2808 / 1954 zu 5653700527. Das Ausmaß der Zerstörungen zeigt ein Foto bei Klehr, Linzer Gasse, S. 168.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

störung49 kein ideelles Miteigentum an Grundstück und Ruine angenommen, sondern es wurde das Haus „in nahezu vollkommener Übereinstimmung mit dem Altbestand wieder errichtet. Nur das Erdgeschoss und der Dachboden wurden beim Neubau nach modernen Grundsätzen, Notwendigkeiten und Zweckmässigkeiten so gänzlich verändert, dass im Neubestand sämtliche ,Gewölbe‘ zu ebener Erde und ,Plätze unter dem Dach‘ ( . . . ) völlig verschwunden sind“. Diese Teile wurden zum Zankapfel zwischen den Stockwerkseigentümern. Das Gericht sah die neu errichteten Räume als künstlichen Zuwachs sowohl zu dem in ideellem Miteigentum stehenden Grund als auch „zu dem aus 4 kompletten Stockwerken bestehenden Hauptteil des Hauses“ an und stellte Quotenmiteigentum an diesen neuen Räumen fest; gleichzeitig akzeptierte es aber die Existenz von StWE an den wiederhergestellten Wohnungen des ersten bis vierten Stockwerks, obwohl die Beteiligten eine ganze Reihe von Gerichtsverfahren angestrengt hatten und dadurch die Annahme ideellen Miteigentums samt der Möglichkeit zur Zivilteilung eigentlich fast provozierten. Die neuerrichteten und daher im ideellen Miteigentum stehenden Gebäudeteile wurden schließlich, um „den bisherigen Unrechtszustand der Benützung der neuen Hausteile im wohlerwogenen Interesse aller Hausparteien endlich zu beheben“, im Außerstreitverfahren vom Gericht den einzelnen Parteien zur ausschließlichen Benutzung zugewiesen, da eine Benützungsregelung durch die Miteigentümer offenbar nicht über Vorgespräche hinausgekommen war.50 Erschwert wurde eine außergerichtliche Einigung nicht zuletzt durch wiederholte Eigentümerwechsel. Bei diesen wurden „ruhende“ materielle Anteile verkauft, die keinen unmittelbaren Wohnnutzen gewähren konnten. Darin kommt einerseits die Hoffnung auf ein Wiederaufleben des StWEs zum Ausdruck, andererseits macht die Existenz eines derartigen Marktes eine Wiederaufbaupflicht entbehrlich. Die Wiedererrichtung bombenzerstörter Häuser scheint als selbstverständlich empfunden worden zu sein; wollte oder konnte man sich nicht daran beteiligen, so war man weder entsprechendem Zwang ausgesetzt, noch betrieb man selbst die Zivilteilung des Grundstückes, vielmehr wurde eben der „ruhende“ materielle Anteil verkauft.51 Diese Vorgangsweise sollte aber nicht, wie es die gezeigten Beispiele nahelegen könnten, im Sinne einer Tendenz zur Erhaltung der materiellen Teilung interpretiert werden. Nicht zu übersehen ist nämlich der Umstand, daß in zahlreichen, aus dem Grundbuch allein jedoch kaum rekonstruierbaren Fällen die Zerstörung des Gebäudes einen Handel mit materiellen Anteilen nach sich zog, der schließlich zu deren Vereinigung, zum Erlöschen des StWEs und zu materiell ungeteilten Neubauten führte: Die historische Rechtstatsachenuntersuchung zeigt in den beiden Jahrzehnten 1940 bis 1949 und 1950 bis 1959 49 TZ 1296 / 1965 zu 5653700434. Das Ausmaß der Zerstörungen zeigt ein Foto bei Klehr, Steingasse, S. 86. 50 Im Detail TZ 1296 / 1965 zu 5653700434. 51 Vgl. 5653700434; die aus den Eigentümerwechseln resultierenden Probleme beendet erst TZ 1296 / 1965 zu 5653700434.

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durchschnittlich mehr als doppelt so viele Vereinigungen wie im unmittelbar vorangehenden Jahrzehnt 1930 bis 1939. Angesichts des regen Handels mit materiellen Anteilen verwundert es nicht, daß die Rechtstatsachenuntersuchung kaum einen Hinweis auf das Bestehen eines Zwanges zum Wiederaufbau liefert. Der einzige Beleg, der sich für eine solche Pflicht auffinden ließ, stammt nicht aus den Nachkriegsjahren, sondern erst aus späterer Zeit: Ein 1980 in Salzburg geschlossener Kaufvertrag, mit dem – entgegen StWEG 1879 – eigentlich zu vereinigende Anteile wieder getrennt wurden, enthielt dazu folgende Klausel: „Die Käufer verpflichten sich, für sich und ihre Rechtsnachfolger zu ungeteilter Hand die Kaufliegenschaft gemeinsam mit den übrigen Miteigentümern(!) gegen Brandschaden stets in einem solchen Ausmass versichert zu halten, dass im Falle eines Brandes mit der Versicherungssumme der Wiederaufbau gesichert ist. Desgleichen verpflichten sie sich, die Versicherungssumme ausschließlich zum Wiederaufbau zu verwenden.“ Auch mußten sich die Käufer verpflichten, „alle wie immer Namen habende Verpflichtungen auf ihre Erben oder sonstigen Rechtsnachfolger zu überbinden“. Diese Bestimmungen entsprachen wohl den höchstpersönlichen Interessen und Wünschen des Verkäufers, der zu diesem Zeitpunkt noch Eigentümer eines anderen materiellen Anteils blieb; beim Verkauf dieses zweiten Anteils ein Jahr später fehlte dann nämlich eine entsprechende Vertragsbestimmung.52

C. Die Vereinigung materieller Anteile 1. Theorie a) Allgemeines Schon im 19. Jahrhundert wollte man sich in Österreich bei der Zurückdrängung des StWEs nicht bloß auf ein allgemeines Neubegründungsverbot verlassen. Vielmehr sollte auch „in Fällen der Besitz-Vereinigung von bisher getrennten Hausböden oder einzelnen Bestandteilen eines und desselben Hauses der neue Besitzer eine Trennung oder vereinzelte Belastung derselben nicht vornehmen“ dürfen.53 Tatsächlich besteht zwischen diesen Verboten ein natürlicher Zusammenhang, ist doch eine „Trennung“ nichts anderes als ein – durch die faktischen Umstände allenfalls erleichterter – Sonderfall der Neubegründung. Details waren 1852 noch durchaus strittig: Überlegt wurde etwa, das Trennungsverbot nur auf wirklich „neue“ Eigentümer einzuschränken, also jene Fälle auszuscheiden, in denen ein Stockwerkseigentümer zu seinem materiellen Anteil einen weiteren hinzuerwarb; TZ 12092 / 1981, TZ 3013 / 1982 zu 5653700296. IM 9313 / 151 bzw. JM 6248 / 107: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 2. 52 53

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

dies geschah schließlich nicht.54 Uneins waren die beteiligten Ministerien auch in der Frage, ob die zustandegekommene Eigentümeridentität im Grundbuch ersichtlich gemacht werden solle oder ob dies bloß eine „überflüssige Geschäftsvermehrung“ sei55, RGBl 1853 / 25 sah dann ersteres vor. Den Interessen der Gläubiger versuchte man durch getrennte Schätzung der nach Vereinigung gemeinsam zu versteigernden materiellen Anteile gerecht zu werden.56 Auch das StWEG 1879 verbietet eine „Trennung oder abgesonderte Belastung“ vereinigter materieller Anteile. Der Gesetzestext ist jedoch unklar, beginnt er doch im ersten Absatz des § 3 („Wenn eine Vereinigung der im § 2 bezeichneten Theile zu Stande kommt . . .“) sogleich mit den Rechtsfolgen, ohne zuvor die Voraussetzungen einer Vereinigung klargestellt zu haben. Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage hatten dazu lapidar festgestellt, „§ 3 des Entwurfes [bedürfe] keiner Erläuterung“.57 Die weitere Entwicklung belegte eindrucksvoll das Gegenteil: Das LG Innsbruck nahm 1958 unter mE zutreffender Berücksichtigung von „Sinn und Zweck des Gesetzes“ an, die Vereinigung trete von selbst ein, sobald der Eigentümer des einen materiellen Anteiles das Eigentumsrecht am anderen materiellen Anteil erwirbt“.58 Zehn Jahre später wurde dem OGH hingegen folgender Leitsatz unterlegt: „Nur wenn das Eigentum aller(!) materiellen Teile eines Stockwerkseigentumes (sic!) in einer Hand vereinigt wäre, stünde einer gerichtlichen Feilbietung des Stockwerkseigentums die Bestimmung des § 3 (1) cit. leg. [= StWEG 1879] im Wege“.59 Nach dieser Sicht wäre also eine „Vereinigung“ nicht „zu Stande“ gekommen, solange noch ein materieller Anteil im Eigentum einer anderen Person steht. Dies widerspricht nicht nur der gesetzgeberischen Absicht, es wäre auch nicht sachgerecht, den Zeitpunkt der Vereinigung dadurch indirekt von der Zahl der materiellen Anteile abhängig zu machen: Gerade bei Objekten mit vielen materiellen Anteilen wären Vereinigungen dringlich. Der Satz, der sich zum Leitsatz entwickelte, sollte daher nicht wörtlich ausgelegt werden; im Vordergrund war die Absicht gestanden, die Zulässigkeit einer Zivilteilung trotz Ausschluß der Naturalteilung zu begründen.60 54 JM 16817 / 1852, 23. / 25. Oktober 1852: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 2. 55 JM 6248 / 107: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 2. 56 Siehe oben 2. Teil, § 1 B. 2. a). 57 426 Beil. StenProt HH VIII. Session. 58 RPflSlgG 129. 59 OGH 17. 1. 1968, 5 Ob 4 / 68: JBl 1968, S. 478 = MietSlg. 20.045; Feil, S. 66. 60 Neben der grundlegenden Frage, was überhaupt als Vereinigung zu qualifizieren sei, gab insbesondere die Exekutionsführung bei vereinigten Anteilen Anlaß zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung: Jaksch, S. 621 f. Dabei wurde unter anderem die tatsächlich unzutreffende Vorstellung verworfen, vereinigtes StWE könnte nur durch Zwangsverwaltung verwertet werden. Der von Jaksch vertretenen Ansicht, daß die getrennte Schätzung der Anteile (in deren Folge der auf einen unbelasteten Anteil entfallende Teil des Meistbots dem Eigentümer verbleibt) einen „finanziellen Schaden“ verhindere, ist aus wirtschaftlicher Sicht nicht zu folgen.

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In Deutschland und der Schweiz erlangte die Vereinigungsproblematik keine mit Österreich vergleichbare prominente Stellung. Zwar führte auch nach ZGB die Vereinigung mehrerer Eigentumsrechte in einer Hand zum Erlöschen des StWEs, doch war dies nicht ausdrücklich normiert. Art. 45 Abs. 2 Schlußtitel ZGB bestimmte nämlich: „Sind sie [= u. a. Stockwerkseigentumsrechte] aus irgend welchem Grunde untergegangen, so können sie nicht neu begründet werden.“ Als solcher Untergang „aus irgend welchem Grunde“ wurde eben auch die Vereinigung materieller Teile angesehen.61 Für Deutschland wurde überwiegend „keine Vereinigung kraft Gesetzes“ angenommen62, vielmehr müßte im Sinne des § 890 / 1 BGB ein entsprechender Antrag gestellt werden, dessen positive Erledigung die Erfüllung allgemeiner Bedingungen wie Rechtsgleichheit oder fehlende Verwirrungsgefahr voraussetzt. Habicht vertrat sogar die Ansicht, eine Vereinigung der Stockwerksrechte komme nur dann in Frage, wenn „sich nach dem 1. Januar 1900 die Rechte der mehreren Stockwerkseigentümer in einer Hand [so vereinigen], so daß das einzelne Stockwerksrecht erlischt und das ganze Gebäude einem [Hervorhebung im Original] Eigentümer gehört“. Er nahm also keinen Untergang der Stockwerksrechte an, wenn zwar mehrere, doch nicht alle Anteile in einer Hand vereinigt werden.63 Solange die einzelnen Rechte aber im Grundbuch eingetragen sind, bleiben sie gemäß § 875 BGB bestehen und könnten auch wieder verkauft werden.64 Zur Begründung dienten im wesentlichen drei Argumente. Einerseits wurde der Vergleich mit selbständigen Grundstücken bemüht: Diese würden auch bei benachbarter Lage nicht automatisch vereinigt, nur weil sie in die Hand des selben Eigentümers gelangten; zur Vereinigung bedürfte es vielmehr einer grundbücherliche Veränderung und daher eines Antrages. Werde dieser unterlassen, so bleibe „SWE trotz Vereinigung erhalten“ und könnte entsprechend den früheren Grenzen später wieder verkauft werden.65 Andererseits zog man einen Vergleich zum Quoteneigentum: Im Gegensatz zu diesem sei das StWE räumlich begrenzt und könne daher, anders als das sich stets auf die ganze Sache beziehende Quoteneigentum, nicht automatisch zu größeren Teilen zusammenwachsen.66 Schließlich fand die Annahme, Vereinigungen bedürften einer grundbuchsfähigen Erklärung, eine Bestätigung auch durch einen rechtshistorischen Befund hinsichtlich der „Herbergen“ in den Münchner Vorstädten. Hier hatte die bloße Eigentümeridentität stets nicht genügt, um den Untergang der einzelnen Herbergen herbeizuführen, vielmehr mußte eine entsprechende Willenserklärung des Eigentümers über die „Aufhebung [der] Herbergseigenschaft“ hinzutreten. Solche Erklärungen, wonach – wie etwa Carlen, S. 247; Leemann, S. 353. Speck, S. 134; Wolf / Gauf / Fuchs, S. 338; weiters die in den folgenden Fußnoten genannten Arbeiten. Anderer Ansicht Dittus, S. 9. 63 Habicht, S. 397. Offen blieb die Frage, ob eine Personenmehrheit, etwa ein Ehepaar, ebenfalls als „ein“ Eigentümer angesehen werden solle. 64 Freyer, S. 84. 65 Schott, S. 51 f. 66 Dölker, S. 120. 61 62

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1839 – das „in den ungetheilten Besitz“ eines Eigentümers gekommene Haus „sohin künftig nicht mehr getheilt werden darf und kann“, wurden allerdings nur sehr selten abgegeben: Man zog es vor, sich die Wieder-Abtrennung einzelner Herbergen als Möglichkeit zu sichern, weil man dadurch bei Geldnot nicht das ganze Haus veräußern mußte.67 Es ist übrigens bemerkenswert, daß die Ablehnung einer automatischen Vereinigung auch mit angeblich drohenden „größten Verwicklungen im Hypothekenverkehr“ begründet wurde. Die Schwierigkeiten bei ungleichen Belastungen und Zwangsversteigerungen vereinigten StWEs lenkten den Blick nicht auf das österreichische Gesetz von 1879, das für diese Fragen Lösungen angeboten hätte.68 Eine Abkehr von der dem Weiterbestand des StWEs günstigen Interpretation des Vereinigungsbegriffs vollzog erst das württembergische AGBGB von 1931.69 Um die Zurückdrängung des ungeliebten Rechtsinstituts zu fördern, sah Art 227 leg.cit. ausdrücklich das Erlöschen der Sondereigentumsrechte bei deren Vereinigung vor, wobei diese Wirkung unmittelbar kraft Gesetzes beim Erwerb jedes weiteren materiellen Anteils eintrat.70 Da dies nur für StWE, nicht aber auch für Kellerrechte galt, wurde hier die Abgrenzung besonders wichtig.71 b) Förderung der Vereinigung Ungeachtet der Unterschiede in den gesetzlichen Bedingungen wurden immer wieder Überlegungen angestellt, wie man durch eine Förderung der Vereinigung das StWE rascher zurückdrängen könnte. Besonders bunt war das Bild der Vorschläge im Rahmen der Enquete von 1876; hier wurden fast alle denkbaren Maßnahmen vorgeschlagen72: Das gelindeste Mittel war die Einräumung von Gebühren- oder Steuerbefreiungen73, gefolgt von der zwangsweisen Einräumung wechselseitiger Vorkaufsrechte74. Einen schärferen Einschnitt hätte es bedeutet, dem Eigentümer des jeweils größeren materiellen Anteils ein Einlösungsrecht zu Dölker, S. 92 f. Schott, S. 51 f. 69 Freyer, S. 84; unverändert übernommen in das württembergische AGBGB 1974: Thümmel, StWE Württemberg, S. 99. 70 Thümmel, StWE Württemberg, S. 102 f.; ohne Deckung im Gesetzestext hielt Freyer, S. 84, eine „Vereinigung sämtlicher Rechte in einer Hand“ für erforderlich. – Nach dem württembergischen AGBGB 1975 gilt dies nicht mehr für Hohenzollern, sodaß hier (im Gegensatz zu den übrigen Landesteilen) das StWE bei Vereinigung weiterbesteht: Bogenschütz, S. 60. 71 Hammer, S. 21 f. 72 Das Folgende in: JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. 73 So das KG Neutitschein, das LG Troppau (entgegen OLG Brünn), das KG Brüx und das KG Tarnow. 74 So das LG Innsbruck, das KG Olmütz (gegen seinen eigenen Präsidenten und entgegen der Meinung des OLG Brünn), ein Votant des KG Kuttenberg, das KG Pisek und das OLG Prag. 67 68

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gewähren.75 Den Marktwert des StWEs zerstört hätte ein eingeschränktes Verfügungsrecht, das den Eigentümern einen Verkauf nur an andere Anteilseigentümer gestatten wollte.76 Auch der zwangsweise Verkauf des Hauses an einen Dritten, wie ihn etwa das LG Czernowitz anregte, hätte diesen Effekt gehabt, ebenso der etwas mildere Vorschlag des KG Tarnopol, das eine solche Maßnahme nur auf Antrag eines der Anteilseigentümer zugelassen hätte. Dogmatisch besonders interessant war der in die gleiche Richtung zielende Vorschlag des KG Stanislau bzw. der Majorität des OLG Lemberg: Sie interpretierten dies als Anwendung des in § 843 ABGB enthaltenen Rechts auf Aufhebung der Gemeinschaft, nahmen also ein Miteigentumsverhältnis an. Die Ideen ließen sich auch kombinieren. So wollte ein Votant des OLG Prag nach einer Übergangsfrist, innerhalb der die Vereinigung durch Gebührenbefreiungen begünstigt werden sollte, einen zwangsweisen Verkauf eintreten lassen und den Verkaufserlös „pro rata“ verteilen. Viele dieser Vorschläge sind wohl eher als Enteignung denn als Beendigung von Gemeinschaftsverhältnissen aufzufassen.77 – Realisiert wurde jedoch keine dieser Überlegungen, allenfalls versuchte man im Rahmen staatlicher Aktionen zur Assanierung78 oder zur Festigung des landwirtschaftlichen Besitzes materielle Teilungen zurückzudrängen.79 Im Deutschen Reich fielen entsprechende Maßnahmen in den Bereich der Ausführungsgesetze zum BGB. In diesem Sinne versuchte man sowohl in Hessen80 als auch in Württemberg81 durch Vorkaufsrechte (siehe oben § 6 H.) die Vereinigung der materiellen Anteile zu fördern. Nach 1945 galt dies als Beleg für das „Bestreben nach Erleichterung der Beseitigung dieser Rechtsform“.82

2. Rechtstatsachen a) Allgemeines Die Rechtstatsachenuntersuchung hat gezeigt, daß die Vereinigung materieller Anteile tatsächlich eine praktisch relevante Ursache für das Erlöschen der TeilunKG Jungbunzlau. BG Kolin. 77 JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. 78 Für Prag (ab 1893) Rybár, S. 95; ähnliches geschah ab etwa 1900 in den Münchner Vorstädten: Peter, S. 82; Wilhelm, Haidhausen, S. 66 f.; Adam, S. 96. 79 So wurde das gemeinsame Wirtschaftsgebäude von Plangeroß im innersten Pitztal (Tirol) in den 1930er-Jahren durch drei Neubauten ersetzt, die sich allerdings immer noch auf 10 Bauern verteilten: Beyer, S. 52. 80 Wolf / Gauf / Fuchs, S. 338; Zoeppritz, S. 34. 81 Hammer, S. 21 ff.; Freyer, S. 84. In Württemberg hatte schon das Landrecht bis 1815 ein Retraktrecht zur Förderung der Vereinigungen vorgesehen: Kuntze, S. 49. 82 Dittus, S. 9. 75 76

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gen darstellt. Deutlich häufiger davon betroffen scheinen städtische Objekte, doch ist dabei der Umstand zu berücksichtigen, daß die in Tirol und Vorarlberg anzutreffende realrechtliche Verbindung der materiellen Anteile mit anderen Liegenschaften hier Vereinigungen nahezu ausschließt und keine quantifizierenden Aussagen zuläßt.83 Die Untersuchung des Problemkreises Vereinigung und Untergang materieller Anteile erfordert überdies in besonderem Maß eine historische Perspektive und daher eine Gesamtbetrachtung aktueller und historischer Rechtstatsachen. Daher können auf der Grundlage der durchgeführten Erhebungen seriöse Aussagen nur für die Stadt Salzburg getroffen werden. Hier führten ca 10 % der Erwerbsvorgänge des 19. und 20. Jahrhunderts zur Vereinigung materieller Anteile.84 Die Bedeutung dieses Beendigungsgrundes ist allerdings rückläufig; rund zwei Drittel aller registrierten Vereinigungsvorgänge fanden zwischen 1880 und 1919 statt. Betrachtet man bloß die Entwicklung des 20. Jahrhunderts, so erfolgten etwa zwei Drittel der Vereinigungen dieses Jahrhunderts in dessen ersten drei Jahrzehnten, knapp 20 % zwischen 1940 und 1959; dazwischen und danach war die Bedeutung dieses Phänomens hingegen gering. Interessante Einblicke erlaubt auch eine Differenzierung nach Erwerbern und Erwerbstiteln. Rund je ein Drittel der materielle Anteile vereinigenden Erwerber waren Männer bzw. Ehepaare, der Anteil von Frauen lag hingegen bei nur 18 %. Zur Vereinigung von StWE führen vor allem Kaufverträge (65 %)85, in zweiter Linie Einantwortungsurkunden (21 %)86, deutlich seltener Übergabsverträge (3,7 %); alle anderen Titel sind vernachlässigbar. Die Verteilung der Erwerbstitel ist jedoch nicht bei allen Erwerbergruppen gleich. Bei Ehepaaren dominieren mit fast 95 % die Kaufverträge; ein gemeinsamer Erbantritt kommt naturgemäß kaum vor.87 Bei Männern und Frauen wäre in dieser Hinsicht kein Unterschied zu erwarten: Tatsächlich wird eine Vereinigung materieller Anteile in der Hand eines männlichen Erwerbers aber mehr als doppelt so oft durch Kaufvertrag (54 %) als durch Einantwortung (22 %) herbeigeführt. Bei Frauen überwiegt hingegen letzteres (54 %), 83 Es ist bei der realrechtlichen Verbindung von Liegenschaften vom Zufall abhängig, ob eine Eigentümeridentität erkennbar wird, z. B. durch die gleiche Rangordnungsanmerkung in 8001100410. 84 Dieser Wert kann nicht mit der Angabe von Steimle verglichen werden, wonach im württembergischen Wildbad von ursprünglich etwa 400 Fällen jährlich 5 bis 10 durch Vereinigung untergingen, also 1,25 bis 2,5 Prozent: Steimle, Wiedereinführung, S. 355; Steimle, Frage, S. 100. Im Rahmen der österreichischen Rechtstatsachenuntersuchung wurde nämlich bei jedem betroffenen StWE der jeweils letzte Erwerb erfaßt; bei der Vereinigung von zwei Anteilen waren also zwei Erwerbsvorgänge zu berücksichtigen. 85 Z. B. aktuell 8400700509, historisch Mair, S. 123. Bei einem solchen Kauf kann das bereits bestehende Eigentum an anderen materiellen Anteilen als besonders glaubwürdiges Argument für einen Preis der besonderen Vorliebe dienen: TZ 28875 / 1998 zu 6310100087. 86 Vgl. Beyer, S. 52. 87 Will ein Ehepaar die Vereinigung materieller Anteile verhindern, so kann jeder der Ehepartner jeweils einen der materiellen Anteile erwerben, z. B. 9211702206. Zum unechten Ehegatten-Stockwerkseigentum vgl. oben § 4 B. 2. g).

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während Kaufverträge erheblich seltener sind (39 %) als bei Männern. Offenbar wurde die materielle Teilung bzw. die räumliche Beschränktheit von männlichen Eigentümern in stärkerem Ausmaß als lästig empfunden, sodaß die Vereinigung der Anteile bewußter gesucht und betrieben wurde. Überwiegend gehen Vereinigungen auf sukzessiven Erwerb zurück, der sich über Jahrzehnte hinziehen kann88; gelegentlich zeichnet sich dies schon lange vorher etwa durch ein umfassendes „Gebrauchsrecht“ eines Anteils am anderen ab.89 Erwirbt jemand ausnahmsweise mehrere Anteile zugleich, so wird dies durch besondere Umstände erleichtert wie etwa ein Verwandtschaftsverhältnis der Voreigentümer.90 Auf zwei besondere Konstellationen ist noch eigens hinzuweisen. Im Burgenland erscheint als Hauptursache für Vereinigungen eine „Arisierung“, wobei die grundbücherlichen Beschlüsse teils erst nach 1945 erfolgten91, teils wohl aus Unsicherheit über den Ausgang von Rückstellungsverfahren unterblieben92. In Tirol fällt eine juristische Person als vereinigender Erwerber besonders auf, nämlich der Landeskulturfonds. Er erwirbt im Interesse der Förderung der Landeskultur auch materielle Anteile, die sonst wohl keinen Erwerber interessieren würden. Die längerfristige Eigentumspolitik ist allerdings unklar, insbesondere scheint kein besonderes Interesse an der grundbücherlichen Durchführung der Vereinigungen gegeben.93 b) Exkurs: Die Verbücherung der Vereinigung aa) Methoden Die Vereinigung materieller Anteile kann im Grundbuch heute auf verschiedenste Weise Niederschlag finden, wobei teils das A2-Blatt, teils das B-Blatt, gelegentlich auch die Aufschrift für einen entsprechenden Hinweis benützt wird. Ursächlich dafür – sowie für die in weiterer Folge zu beleuchtenden Probleme, die 88 GB Salzburg Innere Stadt, EZ 399: „Die untrennbare Vereinigung des phys. Hausanteiles E mit dem phys. Hausanteil A, mit welchem bereits die Anteile B und C untrennbar vereinigt sind wird ersichtlich gemacht.“ 89 5653700012. 90 Z. B. GB Salzburg Innere Stadt, EZ 470. 91 Besonders auffallend ist eine Serie von Beschlüssen des BG Mattersburg vom Dezember 1951: Zl 2684 (betreffend EZ 58), Zl 2685 (betreffend EZ 59), Zl 2686 (betreffend EZ 60), Zl 2687 (betreffend EZ 61), Zl 2688 (betreffend EZ 63), Zl 2689 (betreffend EZ 64), Zl 2690 (betreffend EZ 65), Zl 2695 (betreffend EZ 66). 92 Bei 3302500368 wäre die materielle Teilung 1941 durch Eigentümeridentität beendet gewesen; tatsächlich sind auch im B-Blatt des alten Hauptbuches entsprechende Durchstreichungen mit Bleitift erfolgt. Nach Abschluß eines Rückstellungsverfahrens (1962) fanden mehrere Eigentümerwechsel statt, keiner lieferte den Anlaß zur Löschung der materiellen Teilung. 93 Vgl. z. B. 8410300093 (ohne Anmerkung der Vereinigung). Leider hat der Landeskulturfond für Tirol eine schriftliche Anfrage – u. a. zu diesem Themenkreis – nicht beantwortet.

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der Grundbuchsführung aus der Vereinigung erwachsen – sind fehlende gesetzliche Bestimmungen. Hatte die für die Stadt Salzburg erlassene Verordnung RGBl 1853 / 25 noch vorgesehen, die „eingetretene Besitzvereinigung ( . . . ) in den öffentlichen Büchern ersichtlich zu machen“, so fehlt eine vergleichbare Bestimmung im StWEG 1879. Die Grundbuchspraxis nahm dies anfangs nicht zur Kenntnis, erst im Lauf des 20. Jahrhunderts sank die Zahl entsprechender Anmerkungen, wenngleich sie weiterhin – auch im ADV-Grundbuch – vorkommen. Einige Beispiele mögen die Methodenvielfalt illustrieren. Bei einer Vorarlberger Einlage findet sich im A2-Blatt ohne Datum der Satz „Materieller Anteil III wurde mit Materieller Anteil II vereinigt.“ Damit wird der Einleitungssatz der vorangegangenen Beschreibung („Das . . . Gebäude ist materiell in 3 Teile geteilt“) korrigiert, der nur dem veralteten „Stand 1942“ entspricht; die Beschreibung selbst erfolgt jedoch nur mehr für die Anteile I und II, wenngleich der Text weiterhin auf den untergegangenen Anteil III Bezug nimmt. Die Aufschrift nennt hingegen, aktuell, bloß noch zwei Anteile.94 Ganz anders eine Halleiner Einlage: Hier wurde der Beschluß über die „Zusammenziehung der Anteile infolge Vereinigung materieller Anteil D mit C“ unter einer eigenen Tagebuchzahl eingetragen, und zwar sowohl im A2- als auch im B-Blatt. In der Aufschrift und im A-Blatt scheint der untergegangene Anteil nicht mehr auf.95 Im gleichen Sprengel findet sich aber auch eine andere Variante: Dabei blieben die Anteile in der Aufschrift und im ABlatt unverändert; nur im B-Blatt wurde im Anschluß an den letzten Eigentumstitel eine Zeile eingefügt, die neben einer Tagebuchzahl bloß den kurzen Hinweis „Vereinigt mit B-LNR 4“ enthält.96 Diese Vereinigung nur über das Eigentumsblatt97 führt gelegentlich zu merkwürdigen Ergebnissen, so bei einem Objekt in Hallein, wo zwei von drei materiellen Anteilen jeweils im Hälfteeigentum derselben Ehepartner stehen. Die hier vorgenommene Vereinigung („Vereinigt mit B-LNR . . .“) verbindet nun lediglich die jeweils einem Ehepartner gehörigen Hälften miteinander, die materiellen Anteile damit bloß indirekt.98 Erheblich übersichtlicher wäre es gewesen, primär die Anteile zu verbinden und erst dann am (vergrößerten) materiellen Anteil Hälfteeigentum zu verbüchern. – Die erfolgte Vereinigung materieller Anteile wurde auch als „Zusammenziehung der Anteile“ wie bei Quoteneigentum mißverstanden.99 94 9010200007. Ähnlich z. B. 8000600130: Diese nach dem „Stand 1906“ aus vier materiellen Anteilen bestehende Einlage bestünde nach einem 1995 verbücherten Kaufvertrag heute eigentlich nur mehr aus zwei. 95 5620900104. 96 5620900192. 97 Zu Problemen dieser Methode im Hinblick auf mögliche Neubegründung siehe sogleich unten c). 98 5620900233. 99 Z. B. 8401400130; 8603100379 (hier wurde zwar der Teilungshinweis in der Aufschrift gelöscht; im A2-Blatt findet sich zwar noch eine Anteilsbeschreibung, im B-Blatt aber nur mehr ein Eigentümer).

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Schließlich wurde die Vereinigung ausnahmsweise sogar nur über die Aufschrift verbüchert: Dabei werden also weiterhin alle materiellen Anteile im A2-Blatt beschrieben, die Aufschrift verweist aber auf den gleichen Eigentümer, d. h. die gleiche Laufnummer des B-Blatts.100 In einem Extremfall findet sich in der Aufschrift anstelle des sonst üblichen Hinweises „Einlage mit materiellen Anteilen“ nur mehr der Vermerk „Materieller Anteil I II“; im B-Blatt scheint bloß noch ein Eigentümer auf.101 Unterschiedlich sind auch die Grundlagen für die Verbücherung der Vereinigung. Geradezu perfekt erscheint die Abfassung eines kurzen „Amtsbericht[s]“, der die Eigentumstitel anführt und mit der Schlußfolgerung endet: „Da nunmehr beide materiellen Anteile derselben Person gehören, ist die materielle Teilung gem. § 3(1) des Gesetzes vom 30. 3. 1879, RGBl 50, betreffend die Teilung von Gebäuden nach materiellen Anteilen zu löschen.“ Daran knüpft sogleich der Beschluß an, der „aufgrund des obigen Amtsberichtes ( . . . ) folgende Eintragungen“ anordnet: „[Gemäß StWEG 1879] wird 1. die Ersichtlichmachung der materiellen Teilung in der Aufschrift gelöscht 2. die Beschreibung der materiellen Teilung A2LNR 1a bzw. 3a gelöscht 3. das zu B-LNR 3 und 4 eingetragene Eigentumsrecht wie folgt zusammengezogen ( . . . )“. Im B-Blatt erscheint sodann unter Nennung der entsprechenden Tagebuchzahlung der unmißverständliche Hinweis „Zusammenziehung der Anteile unter Löschung der materiellen Teilung“.102 Andernorts finden sich nebeneinander Vereinigungen unter Bezugnahme auf einen erfolgten Beschluß103 und „kommentarlose“ Vereinigungen104, die sich als unmittelbare Befolgung der gesetzlichen Anordnung des StWEG 1879 zu verstehen scheinen. Sie prägten etwa die ältere Praxis in der Stadt Salzburg. In merkwürdigem Gegensatz dazu stehen Vereinigungen, die zwar ausdrücklich eine gesetzliche Grundlage nennen, jedoch eine falsche: So wurden etwa in Tirol die „materiellen Anteile Eins und Zwei des Gst .64 ( . . . ) gem. Art. XVI d. Ges. v. 17. 3. 1879 untrennbar vereinigt.“105 Ein solcher Artikel existiert jedoch nicht, tatsächlich wurde aber das StWEG 1879 in diesem Sprengel durch Art XVI von RGBl 1897 / 77 in Kraft gesetzt. Nicht nachvollziehbar erscheint hingegen das Gesetzeszitat in einer Neumarkter Eintragung, wonach „Gem. § 9 Absatz 2 Allg. GAG ( . . . ) der I. und III. Wohnbestandsteil zu einem Wohnbestandsteil zusammengelegt“ wurde.106 8000100767. Diese auffallende Verbücherungstechnik resultiert aus dem noch viel bemerkenswerteren Umstand, daß die Vereinigung hier schon 1906 erfolgt war, bei der ADV-Umstellung aber dennoch die Anteilsbeschreibung erhalten blieb: 5630800016. 102 TZ 326 / 2000 zu 9000200430. 103 4202100054 (heute 4202100634): „Aufgrund des hg. Beschlusses vom 26. Juli 1912 ( . . . ) wird infolge Vereinigung des Besitzes die Bezeichnung „a“ und „b“ in der I. Abtheilung gelöscht.“ 104 Z. B. 4200700118 (1894 vereinigt). 105 8001100393. 106 5631400063. – BGBl. 1930 / 2 enthält keinen § 9 Abs. 2! 100 101

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bb) Probleme Die Verbücherung der Vereinigung materieller Anteile ist, wie schon dieser Überblick über die verschiedenen Methoden erahnen läßt, besonders von Problemen geprägt. Deren größtes besteht wohl darin, daß eine solche Verbücherung vielfach überhaupt unterbleibt.107 Darunter ist aber nicht einfach jede Weiterexistenz von Anteilsbeschreibungen zu verstehen – eine solche kann im Hinblick auf § 3 Abs. 3 StWEG 1879, der bei Exekutionsführung zum Zweck der Meistbotsverteilung eine abgesonderte Schätzung der einzelnen Anteile vorsieht, unverzichtbar sein – sondern das Fehlen jeglichen wie immer gearteten Hinweises.108 Die Ursachen dafür sind vielfältig. Auf der Seite der Stockwerkseigentümer ist es teils Desinteresse109, teils der wohlkalkulierte Versuch, im Sinne größerer Gestaltungsfreiheit selbständig verwertbare Eigentumsobjekte zu erhalten110: „Wer etwa ( . . . ) aus Gründen der Veranlagung in Immobilienwerten derartige materielle Anteile erwirbt, hat ja nur daran ein Interesse, diese nach möglichst freier Wahl entweder geteilt oder ungeteilt wieder weiterveräußern zu können.“ Dabei ist zu berücksichtigen, daß verbundene Anteile bei einem größeren städtischen Gebäude ein bedeutendes Ausmaß erreichen; sie könnten kaum zu einem Preis veräußert werden, den die geteilten Anteile mit kleinerer Fläche erzielen. Seitens der Justiz mag für das Unterbleiben von Vereinigungshinweisen gelegentlich der Arbeitsaufwand verantwortlich sein, der mit Umformulierungen bzw. Neubeschreibungen einhergehen kann. So würde bei einer nach dem „Stand 1906“ aus vier materiellen Anteilen bestehenden Einlage seit einem 1995 verbücherten Kaufvertrag bloß noch eine Abgrenzung zwischen zwei Eigentümern notwendig sein. Wollte man dieser veränderten Situation in der Anteilsbeschreibung Rechnung tragen, so könnte etwa der Hinweis entfallen, daß eine Stiege „für die Anteile I und II gemeinsam“ ist; weiters wäre eine Neuberechnung von Miteigentumsanteilen an einem Grundstück notwendig, das ursprünglich „je zu 1/4 mit dem Eigentum der vorgeschriebenen vier m. A. verbunden“ war.111 Besonders arbeitsintensiv würden solche Veränderungen stets dann, wenn mit den materiellen Anteilen Rechte z. B. im Rahmen von Agrargemeinschaften verbunden sind, die sich auf eine große Zahl anderer Einlagen beziehen, da sich der Aufwand hier geradezu multipliziert.112 Es wäre jedoch zu einfach, das Unterbleiben einer Verbücherung der Vereinigung nur auf den Wunsch der Justizbediensteten nach Arbeitsersparnis zurückführen zu wollen. Vielfach verursachten grundlos weitergeführte materielle Teilungen nämlich erheblichen Aufwand: So wurden etwa seit 1959 in gleicher Hand befindliche materielle Anteile eines Gebäudes in Hopfgarten bei der ADV-Umstellung 107 108 109 110 111 112

Z. B. 8410300093; 8410300246. Z. B. 8401100137; 8411000626. Gesprächsprotokoll zu 9111700219. Gesprächsprotokoll zu 6310100087. 8000600130. Z. B. 8603100388.

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nicht einfach gelöscht; vielmehr wurde 1985 eine „Skizze über das materiell geteilte Haus“ in die Urkundensammlung eingebunden, 1988 nahm man im A2-Blatt sogar eine Klarstellung darüber vor, auf welche der beiden Grundstücksnummern sich die materielle Teilung beziehe.113 Ähnliches war schon bei der Grundbuchsanlegung geschehen; beispielsweise wurden 1941 in einer Einlage des Grundbuchs St. Gallenkirch drei materielle Anteile ausgewiesen, obwohl in diesem Zeitpunkt durch Ersitzung bereits zwei Anteile in der Hand des jeweiligen Eigentümers einer anderen Liegenschaft vereinigt gewesen wären.114 In nicht wenigen Fällen ist also das Unterbleiben von Vereinigungen mit einer mangelnden Sensibilität gegenüber den Stockwerkseigentumsverhältnissen und den Bestimmungen des StWEG 1879 zu erklären. Grundbuchsrechtspflegern blieb aus ihrer Ausbildung vor allem in Erinnerung, daß es verboten sei, StWE neu zu begründen; die Vereinigungsproblematik scheint weniger einprägsam vermittelt worden zu sein.115 Dies könnte erklären, warum die Löschung materieller Teilungen selbst dann unterbleibt, wenn sie leicht ohne großen Aufwand möglich wäre und überdies Umstände vorliegen, in denen die Einheitlichkeit des Eigentumsrechts besonders deutlich zum Ausdruck kommt: Dazu gehört etwa der Fall gleichzeitigen Erwerbs beider Anteile eines Gebäudes, also eines schon an sich auffälligen Vorganges, dem kurze Zeit später noch eine Fehlerberichtigung gemäß § 104 GBG folgte.116 Besonders auffallend ist das Unterbleiben einer Vereinigung materieller Anteile im Gegensatz zur Zusammenziehung von (Bruchteils-)Anteilen: So hatte die Eigentümerin einer Nassereither Einlage einen der beiden materiellen Anteile 1964 durch Kaufvertrag erworben, den anderen zur Hälfte schon 1950. Als sie 1998 die zweite Hälfte dieses Anteils erbte, wurde zwar die „Zusammenziehung der Anteile“ grundbücherlich vorgenommen, nicht jedoch die Untrennbarkeit der materiellen Anteile angemerkt.117 Angesichts solcher Fälle verwundert es nicht, daß erst recht keine Vereinigung vorgenommen wird, wenn die Verhältnisse unübersichtlicher sind. Darauf scheinen besonders drei Faktoren hinzuwirken. Einerseits wird die Tatsache der Eigentümeridentität bei Personenmehrheiten leichter übersehen; Miteigentum zu gleichen Quoten an mehreren materiellen Anteilen wird also nicht in ein solches Quoteneigentum am ganzen Objekt übergeführt.118 Andererseits werden – vor allem un8510100091. 9010701146. 115 Gesprächsprotokoll BG 563 / 1, 563 / 2. 116 3000500014. 117 8000800533. 118 3302500368, 8001000640 (Geschwister); 3407800037 (Vater mit Kindern); 8010800257 (Ehegatten) – Gerade dies kann in weiterer Folge übrigens den Aufwand der Grundbuchsführung erhöhen, denn teils werden Belastungen dann mehrmals (für jede Quote jedes Belasteten bzw. jedes materiellen Anteils) verbüchert: z. B. 3407800037; dagegen gemeinsame Belastung „auf Anteil 5 bis 10“ des B-Blattes in 8010800257. 113 114

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terschiedliche – Belastungen heute offenbar als Hindernis für Vereinigungen angesehen (dazu sogleich). Schließlich verunmöglicht die realrechtliche Verbindung materieller Anteile mit anderen Liegenschaften ein Erkennen von Eigentümeridentitäten (siehe unten). Bei den Belastungen sind vorgebliche von tatsächlichen Vereinigungshindernissen zu unterscheiden. Zur ersten Gruppe gehören vor allem Pfandrechte; dies ergibt sich schon aus der Bestimmung des § 3 StWEG 1879 über die Meistbotsverteilung. Dennoch wird die Vereinigung bei Existenz von Pfandrechten nicht vermerkt; neue Hypotheken werden aber ohne Bezugnahme auf materielle Anteile einfach auf die gesamte Liegenschaft sichergestellt119, worin offenbar die Vereinigung zum Ausdruck kommen soll. Grundlos als Vereinigungshindernis aufgefaßt werden auch dem StWE inhärente Belastungen im Verhältnis zwischen den verschiedenen Anteilen, etwa eine „Dachbodenanteilhälftebenützung“ 120, Erhaltungspflichten121 oder Durchgangsrechte, obwohl es wenig Sinn hat, die in der Hand eines Eigentümers vereinigten Anteile wegen eines zwischen diesen Anteilen bestehenden Durchgangsrechts aufrecht zu erhalten, anstatt A-, B- und C-Blatt gleichzeitig zu bereinigen122. Ähnliches gilt für Gebäudeservituten, die ohnehin meist nur einen kleinen Gebäudeteil betreffen: Mit einer Dienstbarkeit der „Balkeneinfügung“123 oder der „Dienstbarkeit der Durchleitung des Regenwassers“124 könnten problemlos auch die vereinigten Anteile belastet werden, ohne daß dies eine inhaltliche Ausdehnung oder Erschwernis wäre. Etwas anders zu beurteilen sind die besonders häufigen Wohnungsrechte125, die von der Grundbuchspraxis ebenfalls als Hindernis einer Vereinigung angesehen werden – selbst dann, wenn die Wohnungsrechte als gegenstandslos gelöscht werden könnten126. Eine Neubeschreibung etwa unter Bezugnahme auf einen vom Wohnungsrecht betroffenen „ehemals“ bestehenden materiellen Anteil wäre zwar denkbar127, doch mit großem Aufwand verbunden. IdR unterbleibt auch hier jeglicher Hinweis auf die Vereinigung. Ein echtes juristisches Vereinigungshindernis ist hingegen das Vorliegen von Wohnungseigentum: In Salzburg war 1956 an einem materiellen Anteil Wohnungs119 3000500011, 5653700043, 8011200972, 8510600198, 8604100372, 9200401360; dagegen fungiert jeweils ein Anteil als Haupt- der andere als Nebeneinlage in 8000201253, 8120900080. 120 5620900209. 121 5653700054. 122 3000500028. 123 8400500173. 124 8010800257; ähnlich 8120500144. 125 5620900258, 8604100372; 8130400692, 8131000524 (gemeinsame Belastung). 126 So wohl 5620900234; vgl. Rechberger / Bittner, Rz 310. 127 Ein Abstellen auf „ehemals“ Bestehendes z. B. in 8602200273; als Beispiel für ein nur einen kleinen Gebäudeteil („Stubenkammer“) erfassendes Wohnungsrecht 8711900087.

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eigentum begründet worden. Der ganz überwiegende Mehrheitseigentümer war zugleich Eigentümer eines (seit 1930) bzw. beider übrigen materiellen Anteile (seit 1984). 1985 erwarb er schließlich noch den Minderheitsanteil des zweiten Wohnungseigentümers, sodaß nun kein weiterer Eigentümer mehr an diesem Haus beteiligt war.128 Ohne die Wohnungseigentumsbegründung 1956 hätte die materielle Teilung aufgrund des StWEG 1879 beseitigt werden können, so aber bedürfte dies der Mitwirkung des Eigentümers. – Ganz offensichtlich keine Vereinigung liegt hingegen vor, wenn einer der Anteile durch ein langfristiges Bestandrecht geradezu eigentumsgleiche wirtschaftliche Selbständigkeit besitzt. Der Vereinigungseffekt ist dabei auf Jahrzehnte hinausgeschoben.129 Schließlich sieht die Grundbuchspraxis offenbar auch Vorkaufsrechte als Hindernis einer Vereinigung materieller Anteile an130 und weicht damit unabsehbaren Problemen aus. Würde man nämlich im gegenteiligen Sinne eine Vereinigung annehmen, so müßte das Vorkaufsrecht entweder auf den bisher davon nicht betroffenen Gebäudeteil ausgedehnt werden, wofür es jedoch an einem Titel mangelt, oder es wäre die Ausübung des Vorkaufsrechts unmöglich geworden, weil ein Kaufvertrag zwischen dem Vorkaufsverpflichteten und jedem Dritten am gesetzlichen Verbot des StWEG 1879 scheitern würde, somit also kein Vorkaufsfall mehr eintreten könnte.131 Allerdings bleibt es problematisch, das Vorkaufsrecht dadurch ins Belieben des Vorkaufsverpflichteten zu stellen, daß man diesem die Möglichkeit gibt, den Vorkaufsfall durch Ankauf eines anderen materiellen Anteils zu vereiteln. Unübersichtliche Eigentumsverhältnisse, die eine Vereinigung materieller Anteile geradezu ausschließen, finden sich nicht zuletzt immer dort, wo die materiellen Anteile mit anderen Liegenschaften realrechtlich verbunden sind, wo also der Stockwerkseigentümer bloß als „jeweiliger Eigentümer“ einer anderen Einlagezahl im Eigentumsblatt aufscheint.132 Zum Teil gibt es bei derartigen Objekten überhaupt keine Veränderungen, wie etwa eine „Letzte TZ 0 / 1900“133 oder 5653700568. 3406200055 (bis 2056), 5600200018 (bis 2078). Ein gegenläufiger Fall, bei dem eine Vereinigung von vorneherein vermieden werden soll, ist 8001000504; hier tritt der Eigentümer der Anteile I, II und IV als Bestandnehmer des Anteils III auf. – Nur wirtschaftliche Vereinigung über die juristische Trennung hinweg kennzeichnet 8300800488 mit gemeinsamer Belastung der materiellen Anteile durch ein Bestandrecht von 1997 bis 2031. 130 Z. B. 8301800011, 8411200105, 8411300255. 131 Faistenberger, S. 65. 132 Verbindung zur gleichen anderen Einlage z. B.: 8000700067, 8000900332, 8000900393, 8010100405, 8010300368, 8011000312, 80110004188110700465, 8130600055, 9010200404. – Gelegentlich verbergen sich hinter den „jeweiligen Eigentümern“ verschiedener anderer Einlagen aber ebenfalls die gleichen Personen, was man an den gleichen Eigentumstiteln, gleicher Rangordnung oder gleichen Belastungen erkennen kann: 8000900329, 8110900079, 8400600299, 8710700122. – Keine Vereinigung erfolgte auch, wenn einer der Anteile dem „Eigentümer der EZ 222“ gehört, der andere hingegen dem „Eigentümer des Gst 6761 in EZ 222“: 8400600405. 133 Z. B. 8110900087, 8113000078. 128 129

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„TZ 0 / 1904“134 deutlich machen; es fehlt den Gerichten dann jeder Anlaß, sich mit diesen Einlagen zu beschäftigen. Doch selbst, als es einen solchen mit der Grundbuchsumstellung gab, kam es in dieser Hinsicht zu keiner „Entrümpelung“ des Grundbuchs.135 Nicht anders war es Jahrzehnte zuvor bei der Grundbuchsanlegung gewesen: Vielfach wurden die materiellen Anteile damals zuerst getrennt beschrieben, um sie dann dem gleichen Eigentümer zuzuweisen!136 Entweder glaubte man gar nicht an die dauerhafte Geltung des StWEG 1879 oder man wollte der realrechtlichen Verbindung bewußt einen Vorrang gegenüber der Vereinigung materieller Anteile eines Hauses und damit gegenüber dem Gebäudezusammenhang einräumen.

c) Die Neubegründung von Stockwerkseigentum „Das vereinzelt noch bestehende sog StWE kann nicht mehr neu begründet werden.“137 Diese Feststellung ist juristisches Allgemeinwissen138 und ihr entspricht auch die Praxis, soweit es sich um ursprünglich materiell ungeteilte Liegenschaften handelt. Etwas anders stellt sich die Situation dar, wenn man materiell geteilte Objekte betrachtet, zu denen § 3 StWEG 1879 ausdrücklich feststellte, daß „eine Trennung oder abgesonderte Belastung“ vereinigter Anteile nicht mehr gestattet sei. Wie nicht anders zu erwarten gewinnt hier die Sichtbarmachung der Vereinigung besondere Bedeutung. Das Unterlassen eines entsprechenden Hinweises auf die Vereinigung erweist sich als Hauptursache für die rechtswidrige Trennung vereinigt gewesener materieller Anteile. So waren in der Salzburger Getreidegasse zwei solche Anteile 1974 wieder voneinander getrennt worden, als der Eigentümer nur einen der Anteile seinem Sohn übergab, diese Trennung wurde jedoch nach 10 Jahren durch Einantwortung des anderen Teils wieder beendet.139 Bei einem anderen Salzburger Innenstadthaus bestand die auf die Jahre 1981 / 82 zurückgehende Trennung noch im Jahr 2000: Der Erbe von zwei materiellen Anteilen verkaufte diese 1980 / 81 (verbüchert 1981 / 82) an zwei verschiedene Erwerber. Die Bedenklichkeit dieses Vorganges fiel niemandem auf, obwohl der erste der beiden Kaufverträge sogar indirekt auf die Eigentümeridentität hingewiesen hatte: „Der Verkäufer ist u. a.(!) Eigentümer des physischen Hausanteiles D der Liegenschaft“. 8211400271. Z. B. 8400100287 (seit 1952), 8400100294 (seit 1932 bzw. 1960), 8400200083 (seit 1969), 8400600595 (seit 1959), 8410200056 (seit 1930!, auch bei gemeinsamer Belastung 1999 wurde die materielle Teilung nicht beseitigt), 8411200111 (seit 1965); 8410200056 hat neben der Grundbuchsumstellung auch die gemeinsame Belastung mit einem Wohnungsrecht „überlebt“; in 8411100189 wurde sogar eine Skizze in die Urkundensammlung eingebunden. 136 8000400203, 8000400223, 8010500430. 137 Löcker, S. 8 (FN 7). 138 Im Rahmen der Rechtspflegerausbildung in Grundbuchssachen wird auf diese Kenntnis besonderer Wert gelegt: Gesprächsprotokolle BG 563 / 1, 563 / 2. 139 5653700268. 134 135

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Bei fortdauernder Vereinigung hätte man sich manches erspart: Wenig später (1981) wurde nämlich an zwei mit dem ersten Kaufvertrag verkauften Dachkammern das „immerwährende, unentgeltliche Recht der Fruchtnießung“ für den seinerzeitigen Verkäufer begründet („Grunddienstbarkeit des Benützungsrechts der zwei Dachkammern im Unterdach“), der sein neues Recht nach einigen Wochen gemeinsam mit dem zuvor bei ihm verbliebenen Gebäudeteil veräußerte.140 Auch in Graz wurden 1981 materielle Gebäudeteile wieder getrennt, nachdem der hier 1900 gehegte Vorsatz, künftige Vereinigungen im Grundbuch anzumerken, nicht realisiert worden war.141 Doch auch eine sichtbare Vereinigung materieller Anteile verhinderte nicht immer deren neuerliche Trennung. So wurden „vom materiellen Anteil C [einer Oberndorfer Liegenschaft] Räumlichkeiten an der Nordwestecke im Dachgeschoß und Teile des ( . . . ) Dachbodens“ verkauft: Das vorerst „außerbücherliche Eigentum“ an diesen Gebäudeteilen konnte nach über drei Jahren nur durch Umwandlung des gesamten Hauses in Wohnungseigentum in eine den Interessen der Erwerberin entsprechende, verbücherungsfähige Form gebracht werden.142 Bemerkenswert ist auch ein Fall aus Hallein, bei dem sich eine schon 1974 vorgenommene Vereinigung nur über das B-Blatt als besonders riskant erwies. Die materielle Teilung war damit zwar eigentlich untergegangen, blieb jedoch sichtbar. Als 1986 ein Ehepaar dieses Objekt kaufte, wurde das Eigentum am materiellen Anteil A für den Ehemann, am materiellen Anteil B für die Ehefrau verbüchert: Der weiterbestehende Hinweis auf Vereinigung wurde also im Sinne der Verbindung von Ehegatten-Wohnungseigentum mißverstanden!143 Seltener als die Trennung vereinigter Anteile ist deren abgesonderte Belastung.144 Dies mag daran liegen, daß die Gläubiger in der Regel an einer möglichst großen Haftungsgrundlage interessiert sind und Darlehen daher selbst dann, wenn ein Hinweis auf die eingetretene Vereinigung unterblieb, vielfach auf die gesamte Liegenschaft sichergestellt werden.145 Es ist demnach ein Ausnahmefall abgesonderter Belastung, wenn die materielle Teilung nur wegen älterer Belastungen im Grundbuch aufrechterhalten bleibt, neue Hypotheken dann aber bloß einen der Anteile treffen.146 In ähnlicher Weise war bei einem Halleiner Objekt ein Vereinigungsbeschluß wohl nur wegen bestehender Reallasten unterblieben, die Erhaltungspflichten hinsichtlich einer Waschküche regelten und durch die EigentümerTZ 12092 / 1981, TZ 3013 / 1982 zu 5653700296. 6310100087; JM 5764 / 1900: AVA Justiz II genus 3 Steiermark, Post-Nr. 82 / 13. 142 TZ 2686 zu 5641000050. 143 5620900237. 144 Wird eine Belastung gleichzeitig mit der Trennung vereinigt gewesener Anteile vorgenommen, so kann man sie wohl nicht mehr als „abgesonderte Belastung“ im Sinne des StWEG 1879 ansehen: Vgl. lebenslängliche Rente (1974 – 1984) in 5653700268. 145 Z. B. 3000500011, 5653700043, 8011200972, 8510600198, 8604100372, 9200401360. 146 5653700054. 140 141

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identität ohnehin obsolet gewesen wären. Das nur hinsichtlich eines Anteils eingeräumte Belastungs- und Veräußerungsverbot widerspricht also den Intentionen des StWEG 1879.147

D. Sonstige juristische Zwangsmittel: Theoretische Überlegungen 1. Teilungsklage Neben der Vereinigung materieller Anteile wurden auch andere Wege gesucht, das StWE gegen den Willen des einzelnen Stockwerkseigentümers zu beenden. Vor dem Hintergrund der strittigen dogmatischen Einordnung des Rechtsinstituts dachte man dabei sogar an die Möglichkeit einer Teilungsklage: Sie wurde vom Obertribunal Stuttgart 1864 zugelassen, wobei man, gestützt auf die pandektistische Autorität Savignys und die konkreteren Überlegungen Zauns, annahm, daß „einer solchen [materiellen Gebäude-]Theilung in keinem Fall die Wirkung einer reellen Eigenthumstheilung beigelegt werden“ könne.148 Dies blieb jedoch – selbst für dieses Gericht149 – eine vereinzelte Ausnahme; die Ablehnung der Teilungsklage setzte sich durch und stellt auch heute die herrschende Meinung dar.150 Zwei Argumente stützten dies: Aus dogmatischer Sicht wurde im Sinne der Sondereigentumstheorie betont, daß bei StWE eine reale Teilung bereits vorgenommen, eine Teilungsklage daher begrifflich ausgeschlossen sei.151 Allenfalls vorhandene gemeinschaftliche Teile würden daran nichts ändern, da eine Gemeinschaft hier wie bei manchen Nachbarschaftsverhältnissen unausweichlich notwendig wäre152 und Miteigentumsrechte nicht rechtlich selbständig, sondern dem „Alleineigentum am Stockwerk“ bloß als Zubehör untergeordnet seien.153 Davon selbstverständlich nicht betroffen ist eine Teilungsklage zwischen Miteigentümern eines materiellen 5620900134. Seufferts Archiv XVIII / 242. 149 Vgl. dazu die Entscheidungen des OT Stuttgart vom 1. 5. 1853 (Seufferts Archiv VII / 176) und vom 22.1. / 27. 1. 1869 (Seufferts Archiv XXIV / 239), dazu weiters Möller, S. 33 ff. 150 Gamerith in: Rummel, Rz 3 zu § 825 ABGB. 151 OGH 4. 3. 1976, 7 Ob 512 / 76: NZ 1978, S. 110; GlU 9409; vgl. Sokolowski, S. 7; OGH 30. 6. 1982, 3 Ob 559 / 82 (Unterinstanzen OLG Innsbruck 1 R 336 / 81, LG Innsbruck 14 Cg 465 / 81): SZ 55 / 99 = EvBl 1982 / 176 = MietSlg. XXXIV / 23 = MietSlg. 34.085. – Noch radikaler war übrigens Fingers vormärzliche Ausnahmeansicht, es sei untragbar „daß das, was im Grundbuche getheilt und abgesondert erscheint, von uns für ungetheilt und unabgesondert angesehen werden könnte und sollte“. Daher hielt er eine Teilungsklage sogar bei festgesetzten Quoten für unzulässig: Finger, Hausantheile, S. 230. 152 Kuntze, S. 79; Seufferts Archiv VII / 176; Seufferts Archiv XXIV / 239. 153 OGH 30. 6. 1982, 3 Ob 559 / 82 (Unterinstanzen OLG Innsbruck 1 R 336 / 81, LG Innsbruck 14 Cg 465 / 81): SZ 55 / 99 = EvBl 1982 / 176 = MietSlg. XXXIV / 23 = MietSlg. 34.085. 147 148

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Anteils.154 Aus praktischer Sicht schien eine Teilungsklage nicht nur gefährlich – weil von ihr „zur größten Bedrängnis des unbemittelten Theilhabers Gebrauch gemacht werden“ könnte – sondern vor allem als nicht erforderlich: Man ging davon aus, daß die „freie Veräußerlichkeit des Anteiles“ jede Zwangsmaßnahme „entbehrlich“ machen würde.155

2. Aufhebung der materiellen Teilung Ein Reiz der Teilungsklage war wohl darin gelegen, daß mit ihr die materielle Teilung insgesamt beendet werden konnte. Dieses Ziel ließ sich aber auch mit anderen Mitteln erreichen; in Ergänzung des Neubegründungsverbotes dachte man dabei vor allem an sondergesetzliche Maßnahmen: Schon im Rahmen der in Österreich 1876 abgehaltenen Enquete schlugen einige Gerichte eine nicht näher spezifizierte „Einräumung von Expropriationsrechten“ vor.156 Ein Votant des OLG Prag empfahl sogar – nach Ablauf einer Übergangsfrist – den zwangsweisen Verkauf und die Verteilung des Erlöses „pro rata“. Rund 60 Jahre später fanden sich solche Stimmen auch bei der von Steimle in Württemberg abgehaltenen Umfrage; eine zwangsweise Aufhebung von StWE wurde dabei unter anderem mit dem weit hergeholten und stark hinkenden Vergleich befürwortet, „selbst die Ehe könne ja geschieden werden“.157 Während man aber kaum zahllose Ehen gegen den Willen der Beteiligten getrennt hätte, wurde die Aufhebung von Stockwerksrechten nicht bloß angedacht, sondern tatsächlich durchgeführt – allerdings nur außerhalb Österreichs: Bereits 1858 war dies in Schwarzburg-Rudolstadt geschehen, wo die materiellen Teilungen in Miteigentum mit ausschließlichen Gebrauchsrechten umgewandelt wurden.158 Eine ähnliche Lösung wählte man in Bayern 1899 mit dem Überleitungsgesetz zum BGB159, 1946 dann in Thüringen mit Wirkung vom 1. 1. 1947160. In Württemberg scheiterte hingegen eine solche allgemeine Beseitigung materieller Teilungen 1931 aus „Rücksicht auf die wirtschaftlichen und sozialen 154 Zu Verwechslung bzw. Abgrenzung dieser Probleme m. w. N. OGH 30. 6. 1982, 3 Ob 559 / 82 (Unterinstanzen OLG Innsbruck 1 R 336 / 81, LG Innsbruck 14 Cg 465 / 81): SZ 55 / 99 = EvBl 1982 / 176 = MietSlg. XXXIV / 23 = MietSlg. 34.085. 155 Krückmann, StWE, S. 722; Krauß, S. 364; Seufferts Archiv XXIV / 239. Zweifelnd Möller, S. 57: „Wer wird sich aber finden, den Anteil an einer Hausgemeinschaft zu übernehmen, der wegen Unverträglichkeit der Beteiligten veräußert wird?“ 156 Präsident des LG Wien, LG Salzburg, slowenische Bezirksgerichte im Sprengel des KG Görz: JM 11729 / 1876: AVA Justiz I D I 2c, Post-Nr. 24 f. Hier auch das Folgende. 157 Steimle, Wiedereinführung, S. 352 f.; Steimle, Frage, S. 97. 158 Möller, S. 41 m. w. N. 159 Art 42 des BayrÜG 1899; Freyer, S. 83; Wicher, S. 623; Dölker, S. 121. 160 Die Quoten sollten hier primär durch Vergleich, in zweiter Linie durch Schiedsspruch des Grundbuchsrichters erfolgen: § 4 des Gesetzes vom 10. 9. 1946, Regierungsblatt für das Land Thüringen 1946 / 29 (bei Hintze, Anhang Nr 19); Hintze, S. 57 ff.; Zwanziger, S. 262; Wicher, S. 623; Freyer, S. 84.

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Verhältnisse“; man wollte sich stattdessen damit begnügen, „jede Gelegenheit einer Liquidierung des vorhandenen Bestandes“ auszunützen.161 In diesem Sinne sah das württembergische AGBGB 1931 eine Aufhebung des StWEs162 durch Zwangsversteigerung aller materiellen Anteile vor, wenn die Verhältnisse derart „unhaltbar geworden“ waren, daß eine Fortsetzung des StWEs unzumutbar erschien; ein „wichtiger Grund“ allein genügte nicht. Mancher empfand dies als „eine zu enge Schranke“, jedenfalls aber war dieser Aufhebungstatbestand ein „Warnungszeichen für unfriedfertige Stockwerksberechtigte“. Mit dem Maßstab der Zumutbarkeit ließen sich Härten vermeiden, wie sie etwa bei Klagserhebung durch den an der Unhaltbarkeit Schuldigen drohten, der eine Fortsetzung des StWEs auch durch bloße Änderung seines störenden Verhaltens bewirken konnte. Wurde die Unhaltbarkeit der Verhältnisse von den Beteiligten zugestanden, so entfiel eine richterliche Prüfung; waren sich die Stockwerkseigentümer über das Vorliegen unhaltbarer Zustände uneinig, so war eine Klage anzustrengen, bei deren Stattgebung das Urteil die Zustimmung des Beklagten ersetzte.163 Nach diesem Vorbild schien es noch 1950 „zweckdienlich“, eine Auflösung der Stockwerksgemeinschaft dann vorzusehen, „wenn die Verhältnisse in dem Gebäude so unhaltbar geworden sind, daß einem Stockwerkseigentümer die Weiterführung des StWEs nicht mehr zugemutet werden kann“.164 Tatsächlich hatte die Entwicklung zu diesem Zeitpunkt aber bereits eine ganz andere Richtung genommen.

3. Ausschluß eines Beteiligten Zunehmend an Boden gewonnen hatte der Gedanke, die konkrete Ursache für unhaltbare Zustände zu treffen, statt mit der materiellen Teilung die allgemeine Voraussetzung zu beseitigen. Wollte man das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, so mußte man also den Störenfried entfernen können – die Idee des Ausschlusses „unleidlicher Mitglieder“165 aus dem Kreis der Stockwerkseigentümer war geboren. So Steimle, Wiedereinführung, S. 349; Steimle, Frage, S. 94. Davon zu unterscheiden ist die amtswegige Löschung der materiellen Teilung: Da in Württemberg zur Begründung von StWE weder ein förmlicher Vertrag noch ein Grundbuchseintrag notwendig gewesen war, kam es hier in den ersten Jahren nach Inkrafttreten des BGB vermehrt zu rechtswidrigen Umwandlungen von Quotenmiteigentum in StWE. Für die Gerichte war daher „besondere Vorsicht geboten“, denn es lag „die Gefahr nahe, daß Teilhaber, welche tatsächlich vor dem 1. Januar 1900 keine reale Teilung durchgeführt hatten, nachher auf diesem Schleichweg unzulässiger Weise Stockwerkseigentum begründen“ wollten. Falls sich dies nachweisen ließ, konnte eine Löschung der materiellen Teilung erfolgen: Schott, S. 46 f. 163 Mayer, S. 66 f.; Hammer, S. 23 f.; Freyer, S. 84; Steimle, Wiedereinführung, S. 346 f.; Steimle, Frage, S. 92. 164 So Lange, S. 206. 165 Krückmann, StWE, 722. 161 162

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Schon 1925 fand sich dieser Gedanke in Heinrich Kiwes Gesetzentwurf über eine „Hausgemeinschaft mbH“. Er sah die Möglichkeit vor, ein Gemeinschaftsmitglied durch Zweidrittelmehrheit einer Plenarversammlung auszuschließen, wenn dieses einem anderen „das Wohnen im Hause unleidlich gemacht“ hatte; allerdings mußten sich entweder die den Ausschluß betreibenden oder die für ihn stimmenden Miteigentümer bereit erklären, den Gemeinschaftsanteil des Auszuschließenden innerhalb einer Frist von 3 Monaten zu erwerben.166 Fünf Jahre später, 1930, enthielt Meyers Gesetzentwurf zwei Sanktionen unterschiedlicher Schärfe, mit denen auf unterschiedliche Pflichtverletzungen reagiert werden konnte.167 Neben einer bloßen „Räumung“ konnte „nötigenfalls die Ausschließung ( . . . ) aus der Gemeinschaft“ verlangt werden, wenn „ein Beteiligter durch sein Verhalten oder das seiner Haushaltsangehörigen oder durch grobe Vernachlässigung wesentlicher Verpflichtungen das Zusammenleben derart stört, daß den übrigen Mitgliedern der Gemeinschaft nicht zugemutet werden kann, die Gemeinschaft aufrechtzuerhalten“. Bei rechtskräftigem Ausschluß sollten drei Monate Zeit zum freihändigen Verkauf bleiben; nach erfolglosem Verstreichen dieser Frist konnte eine Zwangsversteigerung beantragt werden. Angesichts dieser Mittel schien Meyer eine „Aufhebung der Stockwerksgemeinschaft“ verzichtbar.168 Die Ausschlußdrohung beruhte auf der Überlegung, daß die Räumung gegenüber einem nicht selbstnutzenden Stockwerkseigentümer wirkungslos bleiben müsse und insbesondere nicht ausreichend sei, um die Beteiligung an notwendigen Zahlungen zu erzwingen. Auch der Gesetzentwurf des Blauen Adler sah ein Ausschlußverfahren vor. Die Gesamtheit der Miteigentümer sollte das Recht haben, mittels Klage eine gerichtliche Zwangsversteigerung zu verlangen, wobei die Ausschlußgründe jenen des Mietengesetzes nachgebildet waren. Ein solches Verfahren drohte demnach, wenn ein Sondereigentümer nach Mahnung mehr als 8 Tage mit seinen Zahlungen im Rückstand blieb, durch „sein rücksichtsloses, anstössiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenleben verleidet“, insbesondere eine „nicht geringfügige Straftat gegen das Eigentum, die Sittlichkeit oder die körperliche Sicherheit“ seiner Miteigentümer beging oder von seinem Sondereigentum oder den allgemeinen Liegenschaftsteilen einen „erheblichen nachteiligen Gebrauch“ machte, der „geeignet“ schien, die „übrigen Miteigentümer empfindlich zu schädigen“.169 Die Tendenz derartiger Vorschläge war eindeutig: Sie sollten als ein dem Sondereigentumscharakter entsprechendes Pendant zur – Miteigentum voraussetzen166 167 168

BKA 213088 / 1925: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 2. Meyer, StWE 1930, S. 32 f. Meyer, StWE 1930, S. 33 f.; eine abweichende vertragliche Regelung sollte möglich

sein. 169 § 9 des Gesetzentwurfs in BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3. Zu den Kündigungsgründen des § 19 Mietengesetz siehe Sternberg, S. 18, S. 280 ff.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

den – Teilungsklage dienen und damit dem Vorwurf begegnen, das StWE sei eine Quelle unlösbarer Konflikte. Gerade diese Möglichkeit, einen Stockwerkseigentümer auch gegen seinen Willen auszuschließen, untergrub jedoch andererseits den Eigentumsgedanken: Das österreichische Justizministerium sah im Ausschluß des Stockwerkseigentümers, wie ihn der Gesetzentwurf des Blauen Adler ermöglichen wollte, „nichts anderes, als dass das Sondereigentum zu Gunsten der Miteigentümer in einem privatrechtlichen Verfahren und aus privatrechtlichen Gründen enteignet werden“ dürfe. Dies zeige, daß die Befürworter des StWEs das Sondereigentum „gar nicht unter die Kategorie des Eigentums bringen“ könnten, „ohne mit dessen Wesen in Widerspruch zu geraten“.170 Ähnliche Kritik hatte schon Meyers Gesetzentwurf hervorgerufen, wobei die widerstreitenden Argumente 1932 bei Prost besonders deutlich wurden: Einerseits nahm er an, die „Möglichkeit ( . . . ), einen der Eigentümer zur Aufgabe zu zwingen“, würde der „Beliebtheit des StWEs erheblichen Abbruch tun“; andererseits war er sich der „Notwendigkeit einer derartigen Lösung“ bewußt, der sich „kein ernsthafter Vorschlag entziehen“ könne.171 Zumindest letzteres blieb nicht unbestritten. Raudszus verwarf nur wenige Jahre später alle Ausschlußbestrebungen und forderte, „daß der Wohnungsinhaber nicht durch ,Kündigung‘ oder ,Aufsagung‘ usw. von seiten eines Dritten gegen seinen Willen aus der Wohnung gesetzt werden“ dürfte. „Jede Rechteinrichtung, die derartige, vom Willen des Wohnungsinhabers unabhängige Beendigungsmöglichkeiten des Wohnrechts vorsieht“, schien ihm schlichtweg „ungeeignet“.172 Tatsächlich kennt das echte StWE keinen derartigen Beendigungsgrund. Die dazu in den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts angestellten Überlegungen blieben ohne unmittelbare Wirkung. Sie mündeten jedoch u. a. in die Ausschlußklage des § 10 WEG 1948, der sich, wie schon der Entwurf des Blauen Adler, bei der Formulierung von Ausschlußgründen an die Kündigungsgründe des Mietengesetzes anlehnte. Der Bericht des Justizausschusses rechtfertigte § 10 WEG 1948 ausdrücklich „als Gegengewicht gegen den Ausschluß der Teilungsklage“; im Gegensatz zu den Überlegungen der Zwischenkriegszeit war 1948 allerdings keine qualifizierte Mehrheit der Wohnungseigentümer zur Klagseinbringung erforderlich.173

BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3. Prost, S. 1380. 172 Raudszus, Wohnrecht, S. 1096. 173 § 22 WEG 1975 schuf dann sogar die Möglichkeit einer Ausschlußklage durch einen einzelnen, unmittelbar beeinträchtigten Wohnungseigentümer: Faistenberger / Barta / Call, S. 576 ff.; Borotha, S. 47 f.; Swoboda, Mietengesetz, S. 193 ff. 170 171

§ 8 Die Beendigung von Stockwerkseigentum

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E. Vereinbarung 1. Theorie Waren Zwangsmaßnahmen bei echtem StWE ausgeschlossen, so lenkte dies die Aufmerksamkeit verstärkt auf konsensuale Lösungen, also Vereinbarungen, mit denen die materielle Teilung aufgehoben wird.174 Dabei kam eine reale Teilung aus bautechnischen Gründen kaum in Frage175, eine Umwandlung in gewöhnliches Miteigentum schien wegen dessen bekannter Nachteile nicht attraktiv. Überwiegend dachte man daher an die Vereinbarung von Miteigentum mit dauernder dinglicher Benutzungsregelung. Schon Ackermann, der diese Frage noch auf der Grundlage des ALR untersucht hatte, sprach sich für eine solche im wesentlichen dem heutigen österreichischen Wohnungseigentum entsprechende Konstruktion aus, die alle Zwecke des Sondereigentums zu erfüllen schien.176 Besondere Bedeutung erlangten solche Umwandlungen in der Schweiz, wo die materielle Teilung aufgehoben werden mußte, wenn man das Recht ins Grundbuch eintragen lassen wollte. Die „Ersatzform“ eines durch dauernde Nutzungsrechte modifizierten Miteigentums fand hier zwischen 1912 und 1965 bei etwa 3.000 Gebäuden mit StWE Anwendung. Problematisch wurde dies, als das Bundesgericht 1955 einen Aufhebungsanspruch der Miteigentümer gemäß Art 650 ZGB anerkannte; damit blieb nämlich Miteigentum mit rein obligatorischen Nutzungsrechten übrig, eine Eigentumsform, die den Zwecken des ursprünglichen StWEs auch nicht annähernd entsprach. Darin lag schließlich ein bedeutender Impuls zur Schaffung des modernen schweizerischen StWEs.177 Nach Inkrafttreten der Wohnungseigentumsgesetze war schließlich auch eine Vereinbarung zur Umwandlung von StWE in Wohnungseigentum denkbar. Im Gegensatz zum österreichischen WEG 1948 begünstigte das deutsche WEG 1951 (§ 63) solche Umwandlungen durch gebührenrechtliche Anreize.178 Darüber hinVgl. für Württemberg Mayer, S. 65. Hammer, S. 26. Er empfahl jedoch selbst dann, wenn eine solche reale Teilung ausnahmsweise möglich war, zuerst eine im Grundbuch erkennbare Miteigentumsgemeinschaft herzustellen, wobei Stockwerkseigentümer ohne Miteigentumsanteil an der Grundfläche entweder abgefunden oder quotenmäßig beteiligt werden mußten. Diese Bruchteilsgemeinschaft sollte dann nach der üblichen Vorgangsweise aufgeteilt werden. Zwar könnte auf diesen eher umständlichen Weg auch verzichtet werden, eine „vollständige grundbuchliche Wiedergabe der einzelnen Rechtsphasen“ würde sich jedoch „im Interesse der Klarheit empfehlen“. 176 Ackermann, S. 41 ff.: Für die keinem ausschließlichen Gebrauch vorbehaltenen Teile nahm er die Anwendung der gewöhnlichen Gemeinschaftsregeln an. Die auf die Quote entfallenden Nutzungen wären demnach den Miteigentümern in natura durch die Zuweisung realer Teile zugekommen. Problematisch war eine mögliche Teilungsklage; diese schloß Ackermann jedoch dadurch aus, daß er nicht bloß eine obligatorische Abrede der Nichtteilung annahm, sondern daraus eine Eigentumseinschränkung konstruierte. Auch auf ein Vorkaufsrecht könne Verzicht geleistet werden. 177 Bundesblatt 1962 / II, S. 1464 ff.; Carlen, S. 247. Vgl. oben 2. Teil, § 2 A. 4. c). 178 Bärmann, S. 1006 ff.; Freudling, S. 389. 174 175

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

aus wurden in Baden-Württemberg mit dem AGBGB 1975 sogar eigene Überleitungsbestimmungen geschaffen, mit denen die Zurückdrängung des StWEs gefördert werden sollte. Dabei wurden vor allem freiwillige Vereinbarungen der beteiligten Stockwerkseigentümer erleichtert, die eine Umwandlung in Wohnungseigentum auch bei mangelnder räumlicher Abgeschlossenheit ihrer Gebäudeteile vornehmen durften. Möglich war die Überleitung in Wohnungseigentum aber auch im außerstreitigen Verfahren auf Betreiben nur eines Stockwerkseigentümers oder sogar gegen den Willen aller Beteiligten, wenn die Baubehörde – etwa auf gerichtliches Ersuchen – einen entsprechenden Antrag stellte.179

2. Rechtstatsachen Die vertragliche Aufhebung der materiellen Teilung kommt in der Praxis in den verschiedensten Formen vor. In Tirol wurde sie als wirtschaftsfördernde Maßnahme nach dem Zweiten Weltkrieg „energisch betrieben“, und zwar von der öffentlichen Hand, die „mit allen Mitteln die Auflösung dieser ungesunden Hausgemeinschaften“ förderte. Teils blieb einer der Eigentümer im alten Haus, teils zogen auch alle Bewohner aus, wie in dem von Hensler dokumentierten Fall.180 Während hier also jegliches Gemeinschaftsverhältnis beendet wurde, die ehemaligen Stockwerkseigentümer somit vollkommen unbelastet ihrer Wege gehen konnten, blieb in anderen Fällen ein Naheverhältnis in Form von Miteigentum nach Bruchteilen erhalten.181 Dabei läßt die Quotenbemessung in Verbindung mit anderen Umständen (Erwerbstitel, Erwerber) gelegentlich vermuten, daß die Parteien sich des Risikos gewöhnlichen Miteigentums nicht bewußt waren und besser Wohnungseigentum begründet hätten.182 In diesem Sinne verwundert es nicht, daß in einem anderen Fall genau dies geschah, obwohl die Beteiligten in einem persönlichen Naheverhältnis standen und nur zwei annähernd gleichwertige Wohnungseigentumseinheiten geschaffen wurden.183 Überhaupt hat die Rechtstatsachenuntersuchung immer wieder Wohnungseigentum als Ergebnis der einvernehmlichen Beendigung von StWE gezeigt.184 Eine Ausführlich und kritisch dazu Thümmel, Abschied, S. 132 ff.; Zipperer, S. 49 ff. Hensler, S. 55, S. 60. Hier wurde das alte Gebäude abgetragen; leider hat Hensler das weitere Schicksal dieser Liegenschaft nicht mehr verfolgt. 181 Z. B. aktuell 8010800280; historisch GB Salzburg Innere Stadt, EZ 353. – Diese Umwandlung in gewöhnliches Miteigentum nach Quoten bringt in manchen Fällen ein Verbücherungsproblem mit sich: Die Aufschrift enthält zwar noch den Hinweis auf die materiellen Anteile und verweist auf die laufenden Nummern des B-Blattes, im B-Blatt selbst finden sich diese jedoch nicht, sondern bereits höhere Nummern; vor allem aber gibt es keine materiellen Anteile mehr, sondern nur noch Quoten wie Hälften oder Drittel. Auf den ersten Blick erweckt dies den Anschein, als ob von den materiellen Anteilen jeweils eine Quote „herrenlos“ wäre: Vgl. z. B. 8010500410, 8011000282, 8011000292. 182 Z. B. bei 8010800280 mit Quoten von 34 bzw. 21 / 55tel. 183 140 bzw. 146 / 286tel: 8000900383. 179 180

§ 8 Die Beendigung von Stockwerkseigentum

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solche „Umwandlung“ in Wohnungseigentum kann verschiedene Ursachen und Motive haben. Zu bedenken ist vor allem ein durch die Verwandtschaft der Rechtsinstitute bedingtes psychologisches Moment: Den Betroffenen scheint das Wohnungseigentum als jene Alternative, „durch die praktisch nicht in ihre bisherigen Eigentumsrechte eingegriffen“, bei der aber doch dem modernen Rechtsleben entsprochen werde: Es hätten, so wird argumentiert, dadurch „für alle Zukunft die Rechtsverhältnisse der Nachbarn(!) untereinander eine Grundlage ( . . . ), mit der in einem Streitfall jeder Anwalt oder Richter umgehen kann.“185 Hier ist schon angedeutet, daß Streitigkeiten wegen des StWEs den Weg zum Wohnungseigentum ebnen können: Freudling hat einen solchen Fall ausführlich dokumentiert, bei dem ein Streit um Renovierungskosten durch einen Vergleich beendet wurde, worin die Parteien die Begründung von Wohnungseigentum vereinbarten. Dabei räumten die bisherigen Stockwerkseigentümer einander die aufgrund der Quadratmeterflächen errechneten Quoten ein; das Verhältnis von 269,66 zu 730,34 entsprach immerhin näherungsweise einem schon 1813 für die Zwecke der Steuer festgelegten Schlüssel von einem zu zwei Dritteln.186 Die zitierte positive Beurteilung einer Umwandlung von StWE in Wohnungseigentum wird jedoch nicht von allen Stockwerkseigentümern geteilt. Nicht wenigen erscheint das StWE nämlich „als vollwertigeres Eigentum“, bei dem der einzelne Eigentümer „bei Instandhaltungen und Veränderungen“ seines Anteils „besser geschützt“ sei.187 Eine Umwandlung in Wohnungseigentum kann übrigens auch aus der Notwendigkeit folgen, eine verbotene Neubegründung von StWE zu sanieren. Dazu schlossen die Eigentümer von fünf materiellen Anteilen und eine – mangels Verbücherungsfähigkeit des entsprechenden Kaufvertrages – „außerbücherliche Eigentümerin“ eines Gebäudeteils 1995 ein „Übereinkommen“, worin sie vereinbarten, „das materielle Eigentum an der gegenständlichen Liegenschaft aufzuheben und anstelle dessen Wohnungseigentum zu begründen.“188 Da die festgestellten Nutzwerte der früheren Beschreibung der Anteile als jeweils ein „Fünftel des Hauses“ nicht entsprachen, war dazu eine Klarstellung erforderlich: „Sämtliche Parteien erklären unwiderruflich, daß ihr bisheriges materielles Eigentum an der 184 Z. B. TZ 476 / 1999 zu 8711000082 (4 Wohneinheiten) sowie die sogleich dargestellten Fälle. – Von der Beendigung der materiellen Teilung mit gleichzeitiger Neubegründung von Wohnungseigentum am gesamten Gebäude ist die Begründung von Wohnungseigentum an einem der materiellen Anteile zu unterscheiden: dazu oben § 4 B. 2. e). Unrichtig und irreführend ist daher die in einem Kaufvertrag enthaltene Bestimmung, wonach die Vertragsparteien vereinbarten, „das ,Stockwerkseigentum‘ am materiellen Anteil A ( . . . ) aufzuheben(!) und Wohnungseigentum im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes 1975 zu begründen“: TZ 24219 / 1997 zu 5653700120. 185 So für Bayern Freudling, S. 406. 186 Freudling, S. 405 f. 187 Gesprächsprotokoll zu 5653700615. 188 TZ 2686 / 1995 zu 5641000050.

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4. Teil: Das Stockwerkseigentum im Rechtsleben

gegenständlichen Liegenschaft nunmehr ihren Eigentumswohnungen gemäß der angeschlossenen Tabelle vollkommen entspricht, ohne daß irgend eine Ausgleichszahlung zu leisten wäre.“ Eine ebensolche Entsprechung war auch hinsichtlich eines zwei materiellen Anteilen zustehenden Nutzungsrechts an einer anderen Liegenschaft anzunehmen: Trotz Löschung der materiellen Teilung ist im A2-Blatt die „Grunddienstbarkeit des Nutzungsrechtes an EZ 984 für materiellen Anteil B und D (nunmehr Wohnung 2, 4 u 7)“ eingetragen. Die Umwandlung geschah in diesem Fall übrigens ohne jegliche Mitwirkung der Hypothekargläubiger, für die man eine Änderung nicht annahm: „Festgestellt wird, daß sich die ob den einzelnen materiellen Anteilen eingetragenen Pfandrechte dieser Liegenschaft nunmehr auf jene Miteigentumsanteile samt Wohnungseigentum beziehen, die aus den materiellen Anteilen entstanden sind.“189 Spätestens seit dem WEG 2002 wäre diese Vorgangsweise problematisch, unterliegt doch das Wohnungseigentum im Gegensatz zum StWE einem bevorzugten Zugriff der Miteigentümer. Schließlich ist noch ein untypischer Fall der vertraglichen Aufhebung von StWE zu erwähnen, der aus keiner der erwähnten Ursachen resultierte: In Bludenz waren beide materiellen Anteile eines Gebäudes ins Eigentum des gleichen Ehepaares gelangt. Statt nun eine Vereinigung im Sinne des § 3 StWEG 1879 anzunehmen und allenfalls auf eine amtswegige „Zusammenziehung der Anteile unter Löschung der materiellen Teilung“190 hinzuwirken, schlossen die Eheleute einen „Vertrag über die Aufhebung von materiellen Anteilen“: Darin hoben sie „einvernehmlich diese materielle Teilung auf und willig[t]en in die Löschung dieser Dienstbarkeit(!) ein“.191 Hier wurde also vertraglich jenes Ergebnis herbeigeführt, das andernorts der Aufmerksamkeit und dem Verständnis der Grundbuchsrechtspfleger überlassen worden war.192

189 190 191 192

25.

5641000050; TZ 2686 / 1995 zu 5641000050. So TZ 326 / 2000 zu 9000200430. TZ 2347 / 1998 zu 9000200697. Vgl. die Pflicht zur Ersichtlichmachung der eingetretenen Vereinigung in RGBl 1853 /

§ 9 Die Rechtsnatur des Stockwerkseigentums

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§ 9 Die Rechtsnatur des Stockwerkseigentums im Lichte der österreichischen Rechtstatsachen In den vorangegangenen Abschnitten wurden die Rechtstatsachen stets im Hinblick auf bestimmte Einzelprobleme betrachtet. Abschließend soll nun versucht werden, aus einer Zusammenschau rechtstatsächlicher Lösungen Anhaltspunkte zur Beurteilung der Frage nach der Rechtsnatur des StWEs zu gewinnen. Dazu gilt in Österreich, wie oben gezeigt, die Sondereigentumstheorie als herrschend; StWE ist demnach eine „Sammlung von selbständigen Eigentums- und unselbständigen Miteigentumsrechten“ 1, wobei nicht das Sondereigentum Zubehör des Miteigentumsanteils, sondern umgekehrt das Miteigentum Zubehör des Sondereigentums ist.2 Dieser Mischcharakter hinterläßt eine gewisse Ratlosigkeit der Praxis, die eher das Miteigentum betont3: Dafür spricht schon die Verbücherungstechnik (siehe oben § 3 B.), werden doch die materiellen Anteile in der Regel nicht in jeweils eigenen Einlagen verbüchert, sondern in einer Einlage für das gesamte Haus zusammengezogen. Anläßlich der Neuanlegung des Grundbuches in Graz 1900 sah das Justizministerium dadurch die Einheitlichkeit des Grundbuchskörpers betont, der „im Miteigenthum (zu materiellen Antheilen) der Theilhaber steht“.4 Aus dem gleichen Grund hatte schon ein Vierteljahrhundert zuvor Harrasowsky die Schaffung abgesonderter Eigentums- und Lastenblätter abgelehnt.5 Allerdings wurde dieser Zusammenhang mit der Zeit verdrängt; 1982 meinte der OGH, die Art der Verbücherung sei für zivilrechtliche Fragen bedeutungslos und gründe sich bloß auf eine „rein grundbuchsmäßige Zweckmäßigkeitsüberlegung“.6 Ausdrücklich gehen einzelne Verträge von der Existenz von „Miteigentümern“ der Liegenschaft aus7, ein Eindruck, den zahlreiche Faktoren fördern. Nicht nur beim Aufbau eines neuen Stockwerkes ist das Einverständnis aller Eigentümer einzuholen8, jeder Antrag eines Stockwerkseigentümers auf Erteilung einer Baubewilligung bedarf der Zustimmung der anderen.9 Der Umstand, daß eine Neuverteilung MietSlg. 36.074. EvBl 1982 / 176 = MietSlg. 34.085 = SZ 55 / 99. 3 Zum Teil mag dies auf die besondere Problematik des Gemeinschaftsverhältnisses zurückzuführen sein, zum Teil auf die Eignung des Miteigentumsgedankens für die Lösung praktischer Probleme. Vgl. auch z. B. VwSlg. 9571 (A). 4 JM 5764 / 1900: AVA Justiz II genus 3 Steiermark, Post-Nr. 82 / 13. 5 Vgl. JM 13879 / 1874: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 42; JM 7275 / 1880: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 35; JM 10083 / 1882: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 68; JM 11886 / 1882: AVA Justiz II genus 3 Österreich (Salzburg), Post-Nr. 71. 6 EvBl 1982 / 176 = MietSlg. 34.085 = SZ 55 / 99. 7 TZ 12092 / 1981 zu 5653700296, TZ 13436 / 1983 zu 5653750041. 8 Vgl. TZ 35 / 1901 zu 5653750043. 9 Vgl. OGH 20. 2. 1986, 7 Ob 518 / 86: MietSlg. 38.061. 1 2

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von Räumen als zulässig angesehen wird (siehe oben § 6 F.), widerspricht ebenfalls der Sondereigentumstheorie, für die solches eine verbotene Neubegründung wäre.10 Gleiches gilt für die Wiederaufbaupraxis (oben § 8 B.): Die festgestellten Lösungen – sowohl ein Wiederaufleben der materiellen Teilung als auch eine Umwandlung in Quotenmiteigentum – wären kaum vorstellbar, würde das StWE im Sinne der reinen Sondereigentumstheorie bei Gebäudezerstörung untergehen. Einen ganz besonderen Beweis einer Miteigentumsvorstellung liefert ein Haus in der Salzburger Steingasse: Hier wurde gegen den Eigentümer eines materiellen Anteils auf Betreiben der „Miteigentümergemeinschaft“ ein Versteigerungsverfahren eingeleitet und darüber hinaus 1999 eine „Klage gemäß § 13c Abs. 4 (!?) WEG“ angemerkt.11 Diese Bestimmung existierte zwar nicht, zeigt aber doch die prinzipielle Tendenz, Probleme des StWEs mit Mitteln des Wohnungseigentumsrechts zu lösen, das auf dem Miteigentum beruht. Auf der gleichen Linie liegt die Gleichstellung der beiden Rechtsinstitute im Bereich des Mietrechts (oben § 7 A.). Andererseits verzichtete die Vertragspraxis bei der Begründung von Wohnungseigentum an einzelnen materiellen Anteilen in der Regel auf eine Mitwirkung der anderen Anteilseigentümer.12 Da die Wohnungseigentumsgesetze zur Begründung des Wohnungseigentums stets ein gemeinsames Handeln aller Miteigentümer verlangten13, kommt darin eine Ablehnung von Miteigentum der Stockwerkseigentümer zum Ausdruck; hier folgte die Praxis also der Sondereigentumstheorie. Insgesamt zeigt sich also ein höchst widersprüchliches Bild, das, sieht man von gelegentlich mangelnder gegenseitiger Bedachtnahme zwischen öffentlichem (Bau-) und Privatrecht ab, vor allem auf dogmatisches Desinteresse aller Beteiligten zurückzuführen ist – so findet sich sogar die Vorstellung, bei der materiellen Teilung handle es sich um eine „Dienstbarkeit“.14 Zugleich machen die zwischen Sondereigentum und Miteigentum schwankenden Meinungen deutlich, daß das StWE Aspekte beider in sich vereinigt. So stützen die Rechtstatsachen insgesamt die Annahme eines Teileigentums, die, wie gezeigt, schon dem ABGB zugrunde lag.15

Vgl. Zoeppritz, S. 37. 5653700462. 12 Siehe oben § 4 B. 2. d) und f). Die vereinzelte Ausnahme in TZ 9472 / 1986 zu 5653700463 vermag an diesem Gesamtbild nichts zu ändern. 13 § 4 WEG 1948: „schriftliche Vereinbarung aller Miteigentümer“; ebenso § 2 Abs. 2 WEG 1975. 14 TZ 2347 / 1998 zu 9000200697. 15 Vgl. oben 2. Teil § 1 B. 1. und 3. Teil § 1 E.; den Begriff verwendete z. B. schon Schreuer, S. 151. 10 11

Zusammenfassung und Ausblick A. Zusammenfassung Das StWE, bei dem Gebäude nicht nach Quoten, sondern real nach materiellen Anteilen geteilt sind, ist seit dem 12. Jahrhundert nachweisbar und praktisch in ganz Europa bekannt, ohne daß es vor dem 19. Jahrhundert einer nennenswerten wissenschaftlichen Untersuchung unterzogen worden wäre. In der Behandlung dieses Rechtsinstituts durch die großen Kodifikationen können drei Typen unterschieden werden: Zur ersten Gruppe gehören die Kodifikationen des romanischen Rechtskreises, allen voran der französische Code civil, die Regelungen des Stockwerkseigentums enthielten. Diese Bestimmungen waren jedoch eher oberflächlich und wurden zunehmend als ergänzungsbedürftig angesehen. Den zweiten Typus bilden die pandektistischen Kodifikationen (BGB, ZGB / Schweiz), die durch das ausdrückliche Festschreiben des Akzessionsprinzips ein Verbot des Stockwerkseigentums mit sich brachten. Bei diesem Typ sollten Spezialgesetze der Länder oder Kantone die Rechtsverhältnisse bei weiterbestehendem Stockwerkseigentum bis zu dessen bald erwartetem Untergang regeln; es handelte sich bei diesen Gesetzen also um eine Art von Übergangsrecht. Das ABGB kann, wie auch das ALR, keinem dieser beiden Typen zugerechnet werden. Weder enthielt es eine Regelung des Stockwerkseigentums, noch verbot es dieses Rechtsinstitut: Das ABGB war vielmehr von einer „Nichterwähnung“ des Stockwerkseigentums gekennzeichnet. Dies geht unter anderem auf die Beseitigung der Bestimmungen über die Teilbarkeit von Sachen zurück, wodurch ein den Kodifikationsarbeiten zugrundeliegendes mehrstufiges Teilungssystem in Vergessenheit geriet. Es steht aber außer Zweifel, daß die Schöpfer des ABGB die materielle Teilung kannten und sie mit der Kodifikation keinesfalls abschaffen wollten, wie man dies später unterstellte. Während das ALR jedoch nicht von einschlägigen Einzelgesetzen begleitet wurde, trat neben das ABGB eine ganze Reihe von Normen. In einer ersten Gesetzgebungswelle wurden fünf Verordnungen mit regional begrenztem Geltungsgebiet erlassen, die Verbote der Neubegründung von Stockwerkseigentum normierten. Solche Verordnungen ergingen 1853 für Salzburg, 1855 für Hallein sowie für Ödenburg, 1857 schließlich für Böhmen sowie für das Ödenburger Verwaltungsgebiet. Rund ein Vierteljahrhundert später enthielt das StWEG 1879 ein gleiches Verbot, diesmal gültig für alle Länder, in denen das Allgemeine Grundbuchsgesetz in Wirksamkeit stand. Die Ausweitung des Instituts der Grundbücher zog zwei Jahrzehnte später eine Ausdehnung des Geltungsgebietes des StWEG 1879 nach

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sich, die 1897 auf die Tiroler Gerichtshofsprengel Innsbruck und Bozen mit Ausnahme der italienischen BG-Sprengel Ampezzo und Buchenstein, 1900 auf Vorarlberg, 1910 auf die Tiroler Kreisgerichte Trient und Rovereto sowie die beiden zuvor nicht erfaßten Südtiroler Sprengel, 1922 schließlich auf das früher ungarische Burgenland erfolgte. Die ersten Verbote waren ausschließlich mit praktischen Problemen der materiell geteilten Häuser begründet worden. Dazu zählten neben Fragen der Grundbuchsführung vor allem verschiedenste Aspekte der „politischen Verwaltung“, wie Sicherheits-, Bau- und Feuerpolizei, wobei manche dieser Argumente speziell auf die jüdischen Ghettos abzielten, deren weitere Bevölkerungszunahme man verhindern wollte. Die Kommunen, die das örtliche Verbot von StWE betrieben, waren an einer finanzkräftigen Einwohnerschaft interessiert und hofften, dem Problem des „Pauperismus“ durch das Verbot eines seiner Symptome begegnen zu können. 1870 markiert ein konkreter Streitfall um ein materiell geteiltes Haus in Böhmen den Wendepunkt der Entwicklung: Im Gefolge der allgemein erstarkten Pandektistik lehnte der maßgebliche Beamte des österreichischen Justizministeriums, Philipp Harras von Harrasowsky, das StWE nun nicht mehr aus politischen, sondern aus privatrechtsdogmatischen Gründen ab: Im Gegensatz zu Grundstücken, die prinzipiell teilbar seien, dürften Gebäude deshalb nicht geteilt werden, weil sie als unteilbare Sachen nicht geteilt werden könnten. Den Hausteilungsverboten der 1850er-Jahre unterstellte er tatsachenwidrig und wohl auch wider besseres Wissen, sie hätten „keineswegs ( . . . ) nur exceptionelle Beschränkungen des Eigentumsrechts“ enthalten, sondern versucht, einer Verletzung zivilrechtlicher Grundsätze sowie einer dadurch „entstandenen Rechtsverwirrung“ Einhalt zu gebieten. Die Grundbuchsanlegung lieferte dann den Anlaß, diese Ansicht allgemein durchzusetzen. Entgegen den Ergebnissen einer 1876 durchgeführten, umfangreichen Enquete wurde mit dem schließlich publizierten StWEG 1879 ein „Interpretativgesetz“ geschaffen, dem man jedoch keine rückwirkende Kraft gab: Bestehendes StWE blieb also erhalten, nur Neubegründungen wurden verboten. Der territoriale Geltungsbereich dieses Gesetzes erfuhr in den folgenden Jahrzehnten zwar mehrfache Erweiterungen, die Vorstellung eines Interpretativgesetzes wich aber schon um 1890 wieder einer Charakterisierung als „politisches Gesetz“ im Sinne einer öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkung; nicht zuletzt deshalb, weil es nur als solches wirklich zu vollziehen war. Die Zivilrechtsdogmatik blieb von diesem Wandel aber unbeeindruckt und hielt an der pandektistischen Auffassung fest: Der heutigen Zivilistik ist das Stockwerkseigentum ein besonders abschreckendes Beispiel rechtlicher Unmöglichkeit im Sinne des § 878 ABGB, sein Verbot wurde zu einem „Gebot der Rechtslogik“ hochstilisiert. Die dogmatische Ablehnung des Stockwerkseigentums störte in der Zwischenkriegszeit alle Überlegungen zu seiner Wiederzulassung. Zahlreiche Versuche in dieser Richtung, mit denen unter anderem auf die kriegs- und nachkriegsbedingte Wohnungsnot sowie die damit zusammenhängenden Entwicklungen des Mietrechts

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reagiert werden sollte, blieben zwar im Entwurfstadium stecken, doch beeinflußten sie nach 1945 das Entstehen des Wohnungseigentums. Dieses Rechtsinstitut geht somit teils auf Überlegungen zur Weiterentwicklung des Stockwerkseigentums zurück, wie sie in Österreich besonders durch die Bewegung des „Blauen Adler“, im nationalsozialistischen Deutschen Reich u. a. in der Akademie für Deutsches Recht angestellt worden waren, teils entstand es unter besonderer Berücksichtigung der beim Stockwerkseigentum aufgetretenen oder zumindest angenommenen Probleme. Besonders deutlich wird dies in Österreich, wo schon 1948 das erste Wohnungseigentumsgesetz erlassen wurde. Neben das BGB trat ein solches erst 1951, in der Schweiz wurde ein dem österreichischen Wohnungseigentum vergleichbares unechtes Stockwerkseigentum 1965 in das ZGB integriert. Die Rechtsnatur des Stockwerkseigentums war wiederholt Anlaß für Kontroversen. Mehrere Theorien wurden dazu entwickelt: Die dominante Sondereigentumstheorie nimmt ein echtes Eigentum an einem materiellen Gebäudeteil an, mit dem allenfalls Miteigentumsrechte verbunden sind. Die Miteigentumstheorie baut auf dem Miteigentum auf und ergänzt dieses um Sondernutzungsrechte. Keine dauernde Bedeutung konnte die Superfiziarrechtstheorie gewinnen, die das Stockwerkseigentum nicht als Eigentum, sondern als Recht an fremder Sache auffaßte; sie widersprach nicht nur besonders deutlich den Wünschen der Betroffenen, sondern warf auch die Frage auf, wer als Eigentümer der Liegenschaft angesehen werden sollte. In Vergessenheit geraten ist eine vierte Deutungsmöglichkeit, die am besten als Teileigentumstheorie bezeichnet werden kann: Im Sinne eines schon 1790 erlassenen Hofdekrets handelt es sich bei der materiellen Teilung demnach um eine solche in „specifique Bestandtheile“, also „beschiedene“ d. h. abgegrenzte Teile eines größeren Ganzen. Jeder Stockwerkseigentümer ist daher Eigentümer eines konkreten Sachteiles, sodaß am Gesamtgebäude kein Miteigentum im Sinne der §§ 825 ff. ABGB vorliegt. Manche Miteigentumsbestimmungen sind allerdings analog anzuwenden, soweit es die Sachlage erfordert. Diese Auffassung eines Teileigentums wird dem Mischcharakter des Stockwerkseigentums und dessen praktischen Problemen besser gerecht als die entweder auf einem Alleineigentum oder auf einem Miteigentum basierenden Theorien, treffen doch im Stockwerkseigentum Aspekte einer Alleinherrschaft und Aspekte einer Gemeinschaft zusammen. Deutlich wird dies an den theoretischen Überlegungen und praktischen Lösungen für jene Probleme, die mit dem Stockwerkseigentum von seiner Begründung und Verbücherung bis zu seiner Beendigung verbunden sind, sei es im Verhältnis der Stockwerkseigentümer zueinander, sei es gegenüber Dritten. Diesen Problemen widmet sich der vierte Teil dieser Arbeit unter wesentlicher Berücksichtigung von Erkenntnissen aus einer Rechtstatsachenuntersuchung des österreichischen Stockwerkseigentums, bei der das ADV-Grundbuch systematisch nach materiell geteilten Einlagen durchsucht worden war. Für rund zwei Drittel der so ermittelten 1.467 Einlagen wurden verschiedene Parameter in einer Datenbank erfaßt, um auch quantitative Aussagen zu ermöglichen.

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Materielle Teilungen kamen, wie die Erhebung gezeigt hat, zum Stichtag in sechs der neun österreichischen Bundesländer vor. Während die Theorie vor allem einen Bestand in Hanglagen mit dadurch ermöglichten abgesonderten Eingängen betont hatte, zeigen die Rechtstatsachen eine weitaus schwächere Abhängigkeit der materiellen Teilung von derartigen topographischen Gegebenheiten. Liegenschaften mit StWE sind zwischen 6 und über 50.000 Quadratmeter groß und in durchschnittlich etwa 2,5 Anteile geteilt. Rein horizontale oder rein vertikale Teilungen sind mit insgesamt 13 % seltener als dies aus den tradierten Klischees der Theorie zu vermuten gewesen wäre; ganz überwiegend (87 %) waren Gemengelagen der Anteile festzustellen. Auch die Größe der Anteile entzieht sich einer schablonenhaften Einteilung; sowohl Einzelräume als auch ganze Häuser mit Ausnahme einzelner Räume kommen vor. Während die Theorie fast ausschließlich von einer Wohnnutzung ausging und erst im Rahmen der Bestrebungen zur Wiederzulassung von StWE an Büro- oder sonstige gewerbliche Nutzungen dachte, kommen in Wirklichkeit so gut wie alle Widmungen vor. Insbesondere aufgrund der geteilten Bauernhöfe Tirols und Vorarlbergs war die landwirtschaftliche Nutzung materieller Gebäudeteile häufig, doch ist sie aufgrund allgemein-struktureller Veränderungen rückläufig. In Tirol zeigt sich wiederholt die Verwendung von Gebäuden teils für kommunale, teils für kirchliche Zwecke. Die von der Theorie häufig erwähnten und auch von der Gesetzgebung problematisierten gemeinsamen Gebäudeteile finden sich tatsächlich bei fast allen Objekten. Am häufigsten sind dabei Stiegen, Gänge und Tennen, doch erweisen sich die Rechtstatsachen als weitaus vielfältiger. Insbesondere ist festzustellen, daß keinesfalls alle Stiegen etc zwingend gemeinsam sind; Gebäudeteile gleicher Qualität können sich sogar beim gleichen Gebäude teils im gemeinsamen, teils im materiell geteilten Eigentum befinden. Die Verbücherung des StWEs steht in engem Zusammenhang mit der dogmatischen Erfassung des Rechtsinstituts. In Österreich sind zwei Möglichkeiten von Bedeutung: Einerseits kann das gesamte auf einer Grundfläche stehende Gebäude, andererseits jeder einzelne materielle Gebäudeteil als Einheit betrachtet werden; ersteres entspricht eher der Miteigentums-, letzteres eher der Sondereigentumstheorie. Dieser zweite Weg wurde nur ausnahmsweise beschritten, vor allem in Böhmen, aber auch vor 1900 in Graz. Überwiegend ließ sich die pandektistische Auffassung durchsetzen, die das Akzessionsprinzip durch gemeinsame Verbücherung aller materiellen Anteile in einer Einlage zum Ausdruck brachte. Dies zeigte sich als Pyrrhussieg der Dogmatik; die Grundbücher drohten wegen der Vermengung von sich auf verschiedene Anteile beziehenden Eintragungen unübersichtlich zu werden. Als Ausweg erwies sich die Anlegung „besonderer“ bzw. „abgesonderter“ Eigentums- und Lastenblätter, die anfangs noch spezieller ministerieller Genehmigung bedurfte, bei der Grundbuchsanlegung in Tirol und Vorarlberg dann jedoch schon gesetzlich angeordnet wurde. Bei der Neuanlegung der Grundbücher im Burgenland entschied man sich 1927 für das aus Böhmen bekannte Modell; das Allgemeine Grundbuchsanlegungsgesetz 1930 ermöglichte wenig später aber

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beide Verbücherungsvarianten. Die Rechtstatsachenuntersuchung zeigt erhebliche Probleme bei der Verbücherung von Stockwerkseigentum, insbesondere hinsichtlich der Beschreibung der materiellen Anteile und deren Aktualität. Die Grundbuchsumstellung auf ADV hat diese Mängel nicht behoben, sondern im Gegenteil neue Schwierigkeiten geschaffen. Ausführlich untersucht wurden im Rahmen der Rechtstatsachenforschung Eigentümerstruktur und Erwerbstitel. Dabei wurde deutlich, daß das traditionelle Klischee von den armen Stockwerkseigentümern einer realen Grundlage vielfach entbehrt. Materielle Teilungen kamen im Umfeld landesfürstlicher Residenzen ebenso vor wie in jenem kleinstbäuerlicher Wirtschaften. Stockwerkseigentümer sind zu 37,7 % männliche und zu 26,1 % weibliche Einzelpersonen, zu 8,8 % Ehepaare, zu 19,4 % sonstige Personenmehrheiten und zu 7,9 % juristische Personen; materielle Anteile werden zu über 50 % unentgeltlich oder entgeltfremd erworben, wobei städtisches StWE häufiger entgeltlich erworben wird als ländliches. Auch die genannte Eigentümerstruktur ist bloß ein statistischer Durchschnitt; tatsächlich zeigen sich hier ebenfalls bedeutende regionale Unterschiede insbesondere zwischen dem städtischen StWE Salzburgs und dem ländlichen Tirols oder Vorarlbergs. Die Eigentümerstruktur unterlag im Laufe der Zeit überdies verschiedenen Schwankungen: So hatten die gesetzlichen Maßnahmen gegen das StWE zu dessen verminderter Marktakzeptanz geführt, die sich in einer sinkenden Bedeutung entgeltlicher Erwerbsvorgänge niederschlug; zugleich erhöhte sich der Anteil weiblicher Eigentümer. – Eine besonders bemerkenswerte Eigentümerstruktur weisen jene Objekte auf, bei denen an materiellen Anteilen Wohnungseigentum besteht, wo also mehrere Wohnungseigentümer gemeinsam als Stockwerkseigentümer fungieren. Ein solches Wohnungseigentum am StWE, das bei rund 3 % der untersuchten Objekte vorkommt, wirft besondere Probleme bei der Verbücherung auf. Während sich Regeln über die Verteilung von Betriebskosten in den Grundbüchern nur selten finden, sind Bestimmungen über die Instandhaltung, die von der Theorie als besonderes Problem wiederholt besprochen worden waren, bei ca. 64 % der untersuchten Objekte vorhanden. Am häufigsten sind aufgrund entsprechender Erhebungen im Zuge der Tiroler bzw. Vorarlberger Grundbuchsanlegung Dacherhaltungsregeln: Sie zeigen eine große Vielfalt, wobei die feststellbaren Modelle (Quotenteilung, reale Teilung, Alleinerhaltungspflicht) oft unmittelbar nebeneinander bestehen. Vor Verallgemeinerung muß also gewarnt werden, wenngleich bestimmte Umstände die Wahrscheinlichkeit bestimmter Erhaltungsregeln deutlich erhöhen; so sind Eigentümer relativ kleiner, nicht im obersten Stockwerk liegender Räumlichkeiten vergleichsweise oft von der Pflicht zur Dacherhaltung befreit. Die Gemengelage der materiellen Anteile führt zu einer großen Zahl „nachbarrechtlicher“ Beschränkungen im Verhältnis zwischen den Stockwerkseigentümern. Sie sollen die Benützung der ineinander verschachtelten Räumlichkeiten gewährleisten und können nicht nur in einem Dulden oder Unterlassen, sondern selbst in reallastartigen Handlungsverpflichtungen bestehen.

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Während die Theorie und dabei insbesondere so manches Gesetzgebungsprojekt die Vereinigung materieller Anteile durch Vorkaufs- oder ähnliche Rechte zwischen den Stockwerkseigentümern fördern wollte, fehlt Derartiges im praktischen Rechtsleben so gut wie vollkommen: Hier war weitestgehende Verfügungsfreiheit des einzelnen Stockwerkseigentümers offensichtlich wichtiger. Gleiches gilt für Bestimmungen über die Verwaltung materiell geteilter Objekte, deren fehlende Regelung der Theorie wiederholt Anlaß zur Kritik gab. Besonders jene Gesetzgebungsprojekte, die eine Wiederzulassung von StWE anstrebten, widmeten sich daher diesem Problemkreis, wenn auch manche dabei über ihr Ziel weit hinausschossen und geradezu autoritäre Strukturen vorsahen. Die starke Stellung eines Hausverwalters wurde damit zu einer Art Lackmustest für den Übergang vom echten StWE zum modernen Wohnungseigentum. Von der Theorie besonders intensiv erörtert wurden die Wege zur Beendigung von StWE, wobei man neben entsprechenden Vereinbarungen auch an juristische Zwangsmittel dachte. Nachdem eine Teilungsklage zumindest der herrschenden Sondereigentumstheorie mangels selbständigen Miteigentums unmöglich erschien, wurde analog dazu eine Aufhebungsklage überlegt; diese hätte jedoch durch die Beseitigung der materiellen Teilung alle Beteiligten gleichermaßen getroffen, unabhängig davon, welcher von ihnen den Anlaß zur Aufhebung geliefert hatte. Als Konsequenz dieses Dilemmas entwickelte sich die Idee einer Ausschlußklage gegen einen störenden Eigentümer, die zwar für das echte StWE nie realisiert wurde, doch für das Wohnungseigentum Verwendung fand – ein typisches Beispiel dafür, wie das StWE auf dieses moderne Rechtsinstitut prägenden Einfluß übte. Kontrovers waren besonders die Auffassungen von den Folgen einer Gebäudezerstörung, wobei sich die Überlegungen zur Rechtsnatur des StWEs auswirkten: Die Annahmen reichten vom Weiterbestand der materiellen Teilung über deren „Ruhen“ oder die Umwandlung in ein Miteigentum zu ideellen Quoten bis zur Herrenlosigkeit der Liegenschaft mit anschließender fast automatischer Okkupation. Die Praxis zeigte sich von all dem unbeeindruckt: Entsprechende Fälle wurden pragmatisch auf nahezu jede denkbare Weise behandelt. Insgesamt bestehen erhebliche Diskrepanzen zwischen Theorie und praktischem Rechtsleben, wobei sich die von letzterem gefundenen Lösungen für verschiedene Probleme nicht in stimmiger Weise auf einen gemeinsamen dogmatischen Nenner bringen lassen. Manche Fragen werden im Sinne der Sondereigentumstheorie gelöst, andere entsprechend der Miteigentumstheorie: Dies bestätigt die Annahme einer zwischen diesen beiden stehenden „Teileigentumstheorie“, wie sie auch dem ABGB vorzuschweben scheint.

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B. Ausblick 1. Ausgangssituation Versucht man, die Ergebnisse dieser Arbeit zum Zweck eines rechtspolitischen Ausblickes zusammenzufassen, so lassen sich für Österreich folgende Feststellungen über die Ausgangssituation treffen: 1. Das noch heute geltende Verbot einer Neubegründung von StWE (StWEG 1879) war dogmatisch motiviert, praktische Probleme spielten nur eine untergeordnete Rolle. 2. Die seinerzeit verfolgte Strategie, dem StWE durch eine pandektistische Interpretation des ABGB entgegenzutreten, ließ die vorhandenen praktischen Probleme ungelöst. 3. Entgegen den Erwartungen des 19. Jahrhunderts hat das StWE eine erstaunliche Lebenskraft bewiesen und besteht noch in verhältnismäßig zahlreichen Fällen. 4. Unbeeindruckt von verschiedenen Versuchen einer theoretisch-dogmatischen Erfassung des Rechtsinstituts und seiner Probleme sind viele, teils auch wesentliche Fragen des StWEs unklar geblieben. Dazu kommt, daß das Rechtsinstitut zunehmend aus dem Verständnis der Rechtsanwender entschwindet. Vor diesem Hintergrund trifft die Praxis Einzelfallentscheidungen, die sich zu keinem in sich schlüssigen Gesamtbild zusammenfügen lassen. 5. In den meisten Fällen geben die in den Grundbüchern enthaltenen Objektbeschreibungen jenen Zustand wieder, der zum Zeitpunkt der Grundbuchsanlegung bestanden hatte; sie entsprechen also schon lange nicht mehr den tatsächlichen Verhältnissen. 2. Handlungsmöglichkeiten Von diesen Voraussetzungen ausgehend ergeben sich, sieht man von gesetzgeberischer Untätigkeit ab, folgende Handlungsmöglichkeiten: 1. Schon 1876 wurde vielfach vorgeschlagen, die materielle Gebäudeteilung zwangsweise zu beenden. Dazu könnte den Beteiligten vorerst eine nicht zu kurze Frist zur einvernehmlichen Neugestaltung ihrer Rechtsverhältnisse gesetzt werden. Begleitend wäre die Vereinigung materieller Anteile während dieses Zeitraums durch Gebührenbefreiungen bzw. steuerliche Anreize zu fördern. Nach Ablauf der Frist müßten die noch vorkommenden Teilungen in Miteigentum nach dem Wertverhältnis der bis dahin bestehenden materiellen Anteile oder, sofern die dazu notwendigen Voraussetzungen bestehen, in Wohnungseigentum umgewandelt werden. – Insgesamt brächte dieser radikale Weg einen beispiellosen, den vorhandenen Problemen nicht mehr angemessenen und wohl auch verfassungsrechtlich bedenklichen Eingriff in private Rechtspositionen.

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Zusammenfassung und Ausblick

2. Sachgerechter wäre es, nur die festgestellten Problembereiche durch entsprechende gesetzliche Maßnahmen zu entschärfen, nicht aber die materiellen Anteile insgesamt zu beseitigen. Dazu wäre einerseits eine Übereinstimmung der grundbücherlichen Objektbeschreibungen mit den tatsächlichen Gegebenheiten herzustellen: In einem der Grundbuchsanlegung analogen Verfahren müßten die wahren Eigentumsverhältnisse festgestellt und verbüchert werden. Dabei könnte allenfalls auch an den Einsatz moderner Technologien gedacht werden, wie sie etwa bei der dreidimensionalen Darstellung mittelalterlicher Kelleranlagen Verwendung finden. Eine laufende Aktualisierung ist unverzichtbar und sollte möglichst erleichtert werden. Andererseits wäre, wie dies schon vor 130 Jahren vorgeschlagen wurde, im Sinne der Rechtssicherheit eine gesetzliche Normierung der zwischen den Stockwerkseigentümern bestehenden Verhältnisse erforderlich. Sie müßte nicht unbedingt zwingenden Charakter haben; eine zu vorhandenen Regeln subsidiäre Geltung würde den sehr unterschiedlichen Voraussetzungen vermutlich besser entsprechen. 3. Sowohl bei radikaler Beseitigung des StWEs als auch bei dessen bücherlicher Ordnung und gesetzlicher Regelung sind Streitigkeiten zwischen den Beteiligten zu erwarten. Zur Entlastung der Gerichtsbarkeit wäre es daher sinnvoll, alternative Konfliktlösungsmodelle vorzusehen. – Selbst durch gesetzgeberische Untätigkeit würden Streitigkeiten übrigens nicht verhindert, sondern bloß auf einen längeren Zeitraum verteilt. 4. Schließlich könnte – doch erst nach Modernisierung der Verbücherung und gesetzlicher Regelung der Rechtsverhältnisse bei materieller Gebäudeteilung – daran gedacht werden, durch Aufhebung des StWEG 1879 eine Neubegründung von StWE wieder zuzulassen, wie dies im Hinblick auf die im Vergleich zum Wohnungseigentum „ehrlichere“, „verständlichere und volksnähere“ Konstruktion des Rechtsinstituts schon wiederholt angeregt wurde.1 Dabei ist der Umstand zu berücksichtigen, daß an zahlreichen Objekten wie etwa bei Reihenhaussiedlungen Wohnungseigentum ohne zivilrechtliche Notwendigkeit nur aus Rücksicht auf öffentlichrechtliche Rahmenbedingungen (Bebauungsvorschriften, Parzellierung etc) begründet wird. Die Bestimmungen des WEG sind hier teils unpassend, teils werden sie, wie etwa die Bestellung eines Verwalters, bloß als kostenerhöhend empfunden. Doch selbst im herkömmlichen Wohnungsbau wäre bei einer geringen Zahl an Wohneinheiten – Orientierung könnten hier die vorhandenen Stockwerkseigentumsobjekte bieten – ein materiell geteiltes Eigentum durchaus vorstellbar. Insgesamt würde das Angebot eines weiteren, in anderen Ländern der Europäischen Union ohnehin bestehenden Rechtsinstituts wohl eine Bereicherung der Rechtsordnung sein. 1 Havel / Fink / Barta, S. 356; Barta, Zivilrecht-Einführung, S. 282. In die gleiche Richtung deutet auch die persönliche Mitteilung eines Immobilienverwalters, der – anknüpfend an das bei Stockwerkseigentümern „deutlich besser ausgeprägt[e] Eigentümerdenken“ – die Ansicht vertrat, „das Relikt des Stockwerkseigentums“ könnte eher „als positives Beispiel für Reformschritte des Wohnungseigentumsgesetzes“ dienen als umgekehrt das WEG zum Vorbild einer Regelung des StWE: Gesprächsprotokoll zu 5653700615.

Anhang 1. Materialien zur Verordnung RGBl 1853 / 251 a) Entwurf des Innenministeriums (Oktober 1852) Verordnung der Ministerien des Innern und der Justiz giltig für die Stadt Salzburg, betreffend die Zerstückung der Häuser nach physisch gesonderten Bestandteilen. In Gemäßheit der aller höchsten Entschließung vom . . . wird verordnet: 1. Die Zerstückung der bisher noch ungeteilten Häuser in der Stadt Salzburg in sogenannte Hausböden, ist für die Zukunft unbedingt verboten. 2. In Fällen künftiger Besitzvereinigung von gegenwärtig getrennten Hausböden oder einzelner Bestandteile eines und desselben Hauses, darf eine abermalige Trennung oder eine abgesonderte Belastung derselben nicht vorgenommen werden. Bei sich ergebenden Besitzvereinigungen ist dieses Verbot in den öffentlichen Büchern anzumerken. 3. Die Dispositionsrechte der Besitzer einzelner schon gegenwärtig abgesondert bestehender Hausböden und Hausteile, werden durch diese Bestimmungen nicht geändert; es verbleibt jedoch für dieselben das bereits bestehende Verbot der Zerstückung eines Hausbodens in kleinere Bestandteile, in voller Kraft.

b) Entwurf des Justizministeriums (November 1852) Verordnung der Ministerien des Innern und der Justiz vom . . . über das Verbot der Zerstückung der in der Stadt Salzburg gelegenen Häuser In Gemäßheit der aller höchsten Entschließung vom . . . wird verordnet: 1. Die Teilung des Eigentums der in der Stadt Salzburg gelegenen Häuser nach einzelnen materiellen Bestandteilen, insbesondere nach sogenannten Hausböden ist für die Zukunft unbedingt verboten. 2. In Fällen künftiger Besitzvereinigung gegenwärtig schon getrennter Bestandteile eines und desselben Hauses darf eine abermalige Trennung oder eine abgesonderte Belastung desselben nicht mehr vorgenommen werden. Die ein1 IM 13754 / 205, JM 16817 / 1852: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Grundbuchordnung und Häuserteilungen 1852 bis 1870), Post-Nr. 2.

32 Kohl

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getretene Besitzvereinigung ist in den öffentlichen Büchern ersichtlich zu machen. 3. Die in Gemäßheit des § 2 vereinigten Bestandteile können nicht mehr einzeln in die Exekution gezogen werden, und im Falle der Exekutionsführung auf die vereinigten Bestandteile ist dann, wenn auf einem derselben schon vor der Vereinigung bücherliche Rechte hafteten, jeder Bestandteil besonders zu schätzen, hiernach der gemeinschaftliche Ausrufungspreis zu bilden und der Erlös nach dem Verhältnisse des besonderen Schätzungswerthes eines jeden Bestandtheiles unter die darauf versicherten Gläubiger zu verteilen. 4. Das Verfügungsrecht der Besitzer einzelner gegenwärtig schon getrennter Haustheile wird durch diese Bestimmungen nicht geändert; nur bleibt für dieselben das bereits bestehende Verbot der weiteren Zerstückung eines Hausantheiles in kleinere Bestandteile in voller Kraft. c) Textierungsvorschlag des Reichsrats von Buol für § 12 Die Teilung des Eigentumes der in der Stadt Salzburg gelegenen Häuser nach einzelnen materiellen Bestandtheilen, insbesondere nach sogenannten Hausböden ist für die Zukunft in der Regel verbothen; Ausnahmen können von der politischen Landesstelle nur aus besonders rücksichtswürdigen Gründen bewilligt werden.

d) RGBl 1853 / 25 Verordnung der Ministerien des Innern und der Justiz vom 8. Februar 1853, über das Verbot der Zerstückung der, in der Stadt Salzburg gelegenen Häuser. In Gemäßheit der Allerhöchsten Entschließung vom 30. Jänner 1853 wird verordnet: 1. Die Theilung des Eigenthumes der, in der Stadt Salzburg gelegenen Häuser nach einzelnen materiellen Bestandtheilen, insbesondere nach sogenannten Hausböden, ist für die Zukunft unbedingt verboten. 2. In Fällen künftiger Besitzvereinigung gegenwärtig schon getrennter Bestandtheile eines und desselben Hauses darf eine abermalige Trennung oder eine abgesonderte Belastung derselben nicht mehr vorgenommen werden. Die eingetretene Besitzvereinigung ist in den öffentlichen Büchern ersichtlich zu machen. 3. Die in Gemäßheit des § 2 vereinigten Bestandtheile können nicht mehr einzeln in die Execution gezogen werden, und im Falle der Executionsführung auf die vereinigten Bestandtheile ist dann, wenn auf einem derselben schon vor der Ver2

RR 43 / 1853 (entspricht RR 21 / 1853): HHStA, Reichsrat / Gremialakten, Karton 24.

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einigung bücherliche Lasten hafteten, jeder Bestandtheil besonders zu schätzen, hiernach der gemeinschaftliche Ausrufspreis zu bilden, und der Erlös nach dem Verhältnisse des besonderen Schätzungswerthes eines jeden Bestandtheiles unter die darauf versicherten Gläubiger zu vertheilen. 4. Das Verfügungsrecht der Besitzer einzelner, gegenwärtig schon getrennter Haustheile wird durch diese Bestimmungen nicht geändert, nur bleibt für dieselben das bereits bestehende Verbot der weiteren Zerstückung eines HausAntheiles in kleinere Bestandtheile in voller Kraft. 2. Materialien zu RGBl 1879 / 503 a) Erster Referentenentwurf (Harrasowsky, Anfang 1877) Gesetz vom . . . betreffend die Berichtigung irriger Ansichten über die Theilbarkeit von Gebäuden. Zur Berichtigung irriger Ansichten über die Theilbarkeit von Gebäuden finde Ich mit Zustimmung der beiden Häuser des Reichsrathes anzuordnen wie folgt: §1 Gebäude sind so wie andere körperliche Sachen nur insoweit als physisch theilbar anzusehen, als durch eine Theilung zwei oder mehrere gleichartige und selbständige körperliche Sachen entstehen können. Durch eine Verfügung über die Benützung der Räume in einem Gebäude kann demnach eine den Gegenstand des Eigenthumsrechtes bildende körperliche Sache nicht geschaffen werden. §2 Die Rechtsverhältniße, welche vor dem Beginne der Wirksamkeit dieses Gesetzes durch eine mit den Bestimmungen des § 1 nicht im Einklange stehende sogenannte Theilung eines Gebäudes nach materiellen Bestandtheilen z. B. nach Stockwerken oder einzelnen Räumen begründet wurden, so wie die über derartige Antheile erworbenen Verfügungsrechte bleiben unberührt. Eine weitergehende Zerstückung derartiger Antheile kann aber in Zukunft nicht mehr stattfinden. §3 Wenn eine Vereinigung der in § 2 bezeichneten Theile4 zu Stande kommt, so kann eine Trennung oder abgesonderte Belastung derselben nicht mehr vorgenommen werden. Der Executionsführung können, selbst wenn es sich um ein vor der Vereinigung erworbenes Recht handelt, nur die vereinigten Antheile unterzogen werden. Es 3 4

32*

JM 13122 / 1877: AVA Justiz I D I 2c (Konvolut Häuserteilungen), Post-Nr. 28. Ursprünglich: „Antheile“.

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sind jedoch, soweit es zum Zwecke der Vertheilung des Kaufpreises unter die Realgläubiger erforderlich ist, die einzelnen Antheile abgesondert zu schätzen. §4 Mit dem Vollzuge dieses Gesetzes ist der Justizminister beauftragt. b) Umgearbeiteter Gesetzentwurf (Juli 1877)5 Gesetz vom . . . betreffend die Theilung von Gebäuden nach materiellen Antheilen. Giltig für das Gebieth, in welchem das allgemeine Grundbuchsgesetz vom 25. Juli 1871 RGBl Nr. 95 in Wirksamkeit steht.6 Mit Zustimmung der beiden Häuser des Reichsrathes finde Ich anzuordnen wie folgt:7 §1 An materiellen Theilen eines Gebäudes, welche nicht so beschaffen sind, daß sie als selbstständige körperliche Sachen behandelt werden können, wie z. B. an einzelnen Stockwerken oder Räumen desselben Gebäudes, kann ein selbstständiges Eigenthumsrecht nicht erworben und zu diesem Ende eine Eintragung in das Grundbuch nicht erwirkt werden.8 Inwiefern an solchen9 Gebäude-Theilen oder Räumen ausschließliche und zur weiteren Uebertragung geeignete Benützungsrechte begründet und in das Grundbuch eingetragen werden können, ist nach den Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches und des allgemeinen Grundbuchsgesetzes zu beurtheilen. §2 Rechtsverhältnisse, welche vor dem Beginne der Wirksamkeit dieses Gesetzes durch Theilungen begründet wurden, die mit der Bestimmung des ersten Absatzes 5 Der Weg zu diesem Entwurf war, wie zahlreiche Veränderungen des Konzepts zeigen, schwierig. Präsentiert wird in der Folge die vermutliche (vorläufige) Letztfassung, auf bemerkenswerte vorangegangene Textvarianten wird in den Anmerkungen hingewiesen. 6 Eine vorangegangene Textvariante enthält an Stelle dieses Satzes den Hinweis: „Geltungsgebieth: Alle im österreichischen Reichsrathe vertretenen Länder mit Ausnahme von Tirol, Vorarlberg und Dalmatien“. 7 Dieser Satz fehlt in der vorangegangenen Textvariante. 8 Vorangegangene Textvariante: „An materiellen Theilen eines Gebäudes, welche ihrer Beschaffenheit nach nicht geeignet sind, als selbstständige körperliche Sachen behandelt zu werden, wie z. B. an einzelnen Stockwerken oder Räumen desselben Gebäudes, kann ein selbstständiges Eigenthumsrecht nicht erworben und zu diesem Ende eine Eintragung in das Grundbuch nicht erwirkt werden.“ 9 Vorangegangene Textvariante: „derlei“.

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des § 1 nicht in Einklange stehen, werden durch diese Bestimmung nicht berührt und können, soweit sie nicht schon durch frühere, für einzelne Gebiethe erlassene Theilungsverbothe getroffen sind, fortan den Gegenstand der Eintragung in das Grundbuch, so wie weiterer grundbücherlicher Übertragungen bilden. Eine weiter gehende Zerstückung von in solcher Art entstandenen Theilen kann aber in Zukunft nicht stattfinden. §§ 3 und 4 wie im Referenten-Entwurfe.

c) RGBl 1879 / 50 Gesetz vom 30. März 1879, betreffend die Theilung von Gebäuden nach materiellen Antheilen. (Giltig für das Gebiet, in welchem das allgemeine Grundbuchsgesetz vom 25. Juli 1871 (R.G.Bl.Nr. 95) in Wirksamkeit steht.) Mit Zustimmung beider Häuser des Reichsrathes finde Ich anzuordnen, wie folgt: §1 An materiellen Theilen eines Gebäudes, welche nicht so beschaffen sind, dass sie als selbstständige körperliche Sachen angesehen werden können, wie z. B. an einzelnen Stockwerken oder Räumen desselben Gebäudes, kann eine selbstständiges Eigenthumsrecht nicht erworben und zu diesem Ende eine Eintragung in das Grundbuch nicht erwirkt werden. Inwiefern an solchen Gebäudetheilen oder Räumen ausschließliche und zur weiteren Uebertragung geeignete Benützungsrechte begründet und in das Grundbuch eingetragen werden können, ist nach den Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches und des allgemeinen Grundbuchsgesetzes zu beurtheilen. §2 Rechtsverhältnisse, welche vor dem Beginne der Wirksamkeit dieses Gesetzes durch Theilungen begründet wurden, die mit der Bestimmung des ersten Absatzes des §. 1 nicht im Einklange stehen, werden durch diese Bestimmung nicht berührt und können, soweit sie nicht schon durch frühere, für einzelne Gebiete erlassene Theilungsverbote getroffen sind, fortan den Gegenstand der Eintragung in das Grundbuch, sowie weiterer grundbücherlicher Uebertragungen bilden. Eine weitergehende Zerstückung von in solcher Art entstandenen Theilen kann aber in Zukunft nicht stattfinden.

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§3 Wenn eine Vereinigung der im § 2 bezeichneten Theile zu Stande kommt, so kann eine Trennung oder abgesonderte Belastung derselben nicht mehr vorgenommen werden. Der Executionsführung können, selbst wenn es sich um ein vor der Vereinigung erworbenes Recht handelt, nur die vereinigten Antheile unterzogen werden. Es sind jedoch, soweit es zum Zwecke der Vertheilung des Kaufpreises erforderlich ist, die einzelnen Antheile abgesondert zu schätzen. §4 Mit dem Vollzuge dieses Gesetzes ist der Justizminister beauftragt. Wien am 30. März 1879. Franz Joseph m.p. Stremayr m.p.

Glaser m.p.

3. Heinrich Kiwe, Die Hausgemeinschaft mit beschränkter Haftung (1925)10 §1 Die Bestimmungen dieses Gesetzes haben Anwendung zu finden auf die Vereinigung von physischen oder juristischen Personen, welche Miteigentümer eines nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erbauten Bauobjektes sind, an dessen einzelnen Wohnbestandteilen unbeschadet des Haupteigentums aller Eigentümer (der Hausgemeinschaft) an der ganzen Baulichkeit ein Sondereigentum des Gemeinschaftsmitgliedes besteht. §2 Für die Verbindlichkeiten der Hausgemeinschaft, welche zum Zwecke der Errichtung des Gemeinschaftshauses begründet wurden, haften die Gemeinschaftsmitglieder mit ihrem Anteile am Haupteigentume und mit ihrem Sondereigentum nach Massgabe des § 19 dieses Gesetzes. §3 Zur Entstehung einer Hausgemeinschaft ist die Eintragung derselben in das Hausgemeinschaftsregister beim Grundbuchsgericht, zu dessen Sprengel das bebaute Areal gehört, erforderlich. Vor der Eintragung besteht die Gemeinschaft als solche nicht. Werden vorher im Namen der Gemeinschaft Rechtshandlungen vorgenommen, so haften die handelnden Personen zur ungeteilten Hand. 10 BKA 213088 / 1925: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 2. (Aus Kiwes Zuschrift ist hier nur der Gesetzentwurf abgedruckt.) Vgl. oben 2. Teil, § 2 A. 3. b).

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§4 Die Eintragung einer Hausgemeinschaft m.b.H. in das Gemeinschaftsregister kann nur erfolgen 1. Wenn ein Gemeinschaftsvertrag zwischen den Gemeinschaftsmitgliedern schriftlich errichtet wurde und dieser der Registerbehörde von den Gemeinschaftsmitgliedern unterzeichnet vorgelegt wird. 2. Wenn die vorbereitenden11 Gemeinschaftsversammlungen stattgefunden haben, welche die im §12 vorgesehenen Beschlüsse gefasst hat. 3. Wenn die in der vorbereitenden Gemeinschaftsversammlung gewählten provisorischen Geschäftsführer oder ein anderer Machthaber der Gemeinschaftsmitglieder alle nach den Grundbuchsgesetzen erforderlichen Belege und Behelfe und Urkunden dem Registergerichte vorgelegt hat und 4. Wenn alle Gemeinschaftsmitglieder unter ausdrücklicher Bezeichnung und Zitierung des § 28 dieses Gesetzes schriftlich erklären, dass entweder keine Lasten zu Gunsten von Berechtigten auf dem Bauobjekt als Ganzem oder auf Bestandteile desselben begründet wurden13 bezw. welche Lasten begründet erscheinen (§ 2) unter gleichzeitiger Vorlage der bezüglichen Schuldurkunden. §5 Der Hausgemeinschaftsvertrag muss enthalten 1. Den Namen der Hausgemeinschaft, welcher grundsätzlich mit der topographischen Bezeichnung des errichteten Hauses identisch zu sein hat, welcher der Beisatz Hausgemeinschaft m.b.H. hinzuzufügen ist. 2. die genaue Angabe der Geldleistungen oder der in Geld ausgedrückten Naturalleistung, welche die einzelnen Hausgemeinschafter zum Ankaufe des Areals, auf welchem das Bauwerk errichtet wurde bzw. zur Errichtung des Bauwerkes bereitgestellt haben. 3. Die Vereinbarung gemäss sei es auf Grund der von den Hausgemeinschaften nach dem Verhältnisse ihrer im Punkt 2. erwähnten Leistungen, sei es auf Grund einer anderen Proportion unter Berücksichtigung persönlicher Leistungen oder der Lage der einzelnen Wohnobjekte ermittelte ideelle Quote an den im § 7 vorgesehenen der Hausgemeinschaft als solcher gehörigen Gegenstände und Einrichtungen.14 4. Die Bedingungen, unter denen die Ausschliessung eines Gemeinschaftsmitgliedes aus der Hausgemeinschaft zu erfolgen hat. 11 12 13 14

Im Original: „vorbereiteten“. Verwiesener Paragraf nicht genannt; gemeint ist wohl § 11. Im Original: „wurde“. Sic!

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5. Die Bedingungen, unter denen die Teilung eines Gemeinschaftsanteiles erfolgen kann. 6. Die Gegenstände, über welche nicht mit einfacher Stimmenmehrheit sondern mit qualifizierter Stimmenmehrheit Beschlüsse gefasst werden können. §6 Der Hausgemeinschaftsvertrag sowie die im § 4 vorgesehenen Eingaben an die Hausgemeinschafts-Registerbehörde bedürfen zu ihrer Giltigkeit nur der schriftlichen Form, doch müssen die Unterschriften der Gemeinschaftsmitglieder beglaubigt sein. § 7 Vom Eigentume der Hausgemeinschaft. An dem durch die Hausgemeinschaftsmitglieder erworbenen Grund und Boden sowie an den der Gesamtheit des Hauses und nicht einzelnen Wohnbestandteilen dienenden Objekten und Einrichtungen wie z. B. dem Dache, den Fundamenten, den Gängen, der Wasserleitung, der Stiegenbeleuchtung, dem Aufzuge etc. besteht Eigentum der Hausgemeinschaft sohin ideelles Miteigentum der Gemeinschaftsmitglieder. Im Gemeinschaftsregister ist im Eigentümerblatt bei jedem topographischen Wohnbestandteile auch anzumerken, wie hoch die auf den Eigentümer des betreffenden Wohnbestandteiles entfallende Quote am Gesamteigentume der Hausgemeinschaft ist. § 8 Vom Sondereigentume der Hausgemeinschaftsmitglieder. Abgesehen von dem in Punkt 7 vorgesehenen Miteigentume des Gemeinschaftsmitgliedes an dem Vermögen der Hausgemeinschaft besteht noch ein Sondereigentum an dem Hausgemeinschaftsanteile. Unter Hausgemeinschaftsanteile 15 ist das16 unbeschränkte Eigentum an einer topographischen Wohnungseinheit des Hausgemeinschaftshauses zu verstehen. Der Eigentümer des Hausgemeinschaftsanteiles kann diesen frei erwerben, veräussern, verpfänden und in Bestand geben. §9 Die Übertragung von Gemeinschaftsanteilen bedarf nicht der Zustimmung der Hausgemeinschaftsmitglieder. Eine Teilung des Hausgemeinschaftsanteiles darf nur dann erfolgen, wenn diese dem Charakter des Gemeinschaftshauses nicht Abbruch tut.

15 16

Sic! Im Original: „der“.

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§ 10 Die Vereinigung von mehreren Hausgemeinschaftsanteilen ist zulässig und bedarf die in einem späteren Zeitpunkt erfolgte Teilung derselben in die ursprünglichen Bestandteile nicht der Zustimmung der Gemeinschaftsmitglieder. § 11 Von der vorbereitenden17 Generalversammlung der Hausgemeinschaft. Zwecks Eintragung der Hausgemeinschaft in das Gemeinschaftsregister hat eine Versammlung sämtlicher Gründer der Hausgemeinschaft zu erfolgen. Diese hat einen Bevollmächtigten zu wählen, welcher namens der Hausgemeinschaft den in Betracht kommenden Behörden gegenüber auftritt und Erklärungen abgibt. In der vorbereitenden Generalversammlung ist sohin dann der Vorvertrag zur Gründung der Hausgemeinschaft einer Revision nach der Richtung zu unterziehen, ob die von den Gemeinschaftsmitgliedern zur Verfügung zu stellenden Beträge tatsächlich dem Gründerkonsortium zur Verfügung gestellt wurden und von ihm auch verausgabt wurden. Nach Massgabe der vorgesehenen und tatsächlich zur Verfügung gestellten Beträge ist sohin allenfalls unter Berücksichtigung der Vereinbarungen in der vorbereitenden Generalversammlung die ideelle Quote am Eigentume der Hausgemeinschaft festzulegen. Erfolgt gegen die Festsetzung dieser Quote innerhalb einer Frist von 8 Tagen kein schriftlicher Widerspruch, so gilt dieselbe als genehmigt. § 12 Die vorbereitende Generalversammlung der Hausgemeinschaftsmitglieder ist mit rekommandierten Schreiben 14 Tage vor Abhaltung derselben einzuberufen. Im Einberufungsschreiben ist den Gemeinschaftsmitgliedern auch mitzuteilen, dass sämtliche Belege und Verrechnungen bei einem ausdrücklich bezeichneten Mitgliede des Gründerkonsortiums zur Einsicht und zur Prüfung für die Gemeinschaftsmitglieder oder ihres Bevollmächtigten aufliegen. § 13 Die vorbereitende Generalversammlung der Hausgemeinschaftsmitglieder ist beschlussfähig, wenn dieselbe ordnungsgemäss einberufen wurde und 2 / 3 der Hausgemeinschaftsmitglieder anwesend sind. Ist die erste Versammlung beschlussunfähig, so hat innerhalb einer Frist von 8 Tagen eine zweite einberufen zu werden, welche ohne Rücksicht darauf, wie viele Hausgemeinschaftsmitglieder vertreten sind, beschlussfähig ist.

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Im Original: „vorbereiteten“.

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§ 14 Das Stimmverhältnis der Gemeinschaftsmitglieder bestimmt sich nach den Hausgemeinschaftsanteilen, doch hat jedes Hausgemeinschaftsmitglied mindestens eine Stimme. § 15 Über Antrag eines Gemeinschaftsmitgliedes kann die vorbereitende Versammlung der Gemeinschaftsmitglieder mit einfacher Stimmenmehrheit den Beschluss auf Einleitung eines Schadenersatzprozesses gegen die Gründer der Hausgemeinschaft wegen doloser oder fahrlässiger Geschäftsführung beschliessen, doch steht es auch sonst innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Stattfinden der vorbereitenden Versammlung der Gemeinschaftsmitglieder jedem Mitgliede frei, diesbezüglich beim ordentlichen Gerichte Klage zu erheben. § 16 Von der konstituierenden Generalversammlung. Nach Registrierung der Hausgemeinschaft hat innerhalb einer Frist von 14 Tagen die konstituierende Generalversammlung zu erfolgen. Diese wählt aus der Mitte der Hausgemeinschaftsmitglieder einen Hausbeirat von 3 bis 5 Mitgliedern. Dieser Hausbeirat hat in allen Streitigkeiten [über]18 die Hausgemeinschaft betreffende Angelegenheiten eine Vorentscheidung zu treffen. Dieser Hausbeirat hat auch einen Hausadministrator zu bestellen. § 17 Beitragsleistung der Gemeinschaftsmitglieder zu den [die]19 Hausgemeinschaft betreffenden Ausgaben. Die die Hausgemeinschaft betreffenden Ausgaben sind von den Gemeinschaftsmitgliedern nach dem Verhältnisse ihres Hausgemeinschaftsanteiles zu leisten. Ausgaben, welche lediglich einen Hausgemeinschaftsanteil betreffen, sind vom Eigentümer dieses Anteils allein zu bestreiten. In Streitfällen hat der Hausbeirat die Vorentscheidung zu treffen. § 18 Von der Auflösung der Hausgemeinschaft. Die Hausgemeinschaft wird aufgelöst: 1. durch einstimmigen Beschluss der Gemeinschaftsmitglieder 2. durch Untergang des Bauobjektes. § 19 Von den bürgerlichen Lasten. Das Vermögen der Hausgemeinschaft kann nur in folgender Weise belastet werden: 1. Servituten betreffen das Hausgemeinschaftshaus als solches. 18 19

Ergänzung durch G. K.! Ergänzung durch G. K.!

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2. Ein Bestandrecht kann bücherlich nur hinsichtlich einzelner Gemeinschaftsanteile einverleibt werden. 3. Soferne anlässlich der Begründung der Hausgemeinschaft Darlehen aufgenommen oder sonstige Verbindlichkeiten zu Lasten der Hausgemeinschaft begründet wurden (vgl. § 2), so sind diese so zu verbüchern, dass auf jedem Hausgemeinschaftsanteile und der zu diesem Hausgemeinschaftsanteile gehörigen Miteigentumsquote eine entsprechende Quote der Schuld verbüchert wird. 4. Abgesehen von den durch die Hausgemeinschaft als solchen begründeten und verbücherten Verbindlichkeiten hat jedes Gemeinschaftsmitglied das Recht, seine Gemeinschaftsanteile hypothekarisch zu belasten, wobei die Immobiliarexekutionsbestimmungen auf die Versteigerung der Hausgemeinschaftsanteile Anwendung zu finden haben20. § 20 Für die Verbindlichkeiten der Hausgemeinschaftsmitglieder, welche diese zur Erhaltung des Gemeinschaftshauses eingegangen sind (Reparaturlasten, Betriebskosten, öffentliche Abgaben etc.) haften die Gemeinschaftsmitglieder in einer ihrem Gemeinschaftsanteile entsprechenden Quote nicht nur mit ihrem Gemeinschaftsanteile, sondern auch mit ihrem sonstigen Vermögen. Für Klagen, welche aus diesem Titel gegen Gemeinschaftsmitglieder angestrengt werden, ist allein der Gerichtsstand der Hausgemeinschaft gegeben. § 21 Wer einen Hausgemeinschaftsanteil erwirbt, haftet für die Verbindlichkeiten seines Vorgängers, welche anlässlich der Reparatur des Gemeinschaftshauses eingegangen wurden, soweit ihm dieselben bekannt waren oder doch bekannt sein müssten, mit dem Hausgemeinschaftsanteile. Die persönliche Haftung des ausgeschiedenen Hausgemeinschaftsmitgliedes bleibt unberührt, doch verjährt die Klage sowohl gegen das ausgetretene als auch gegen das neu eingetretene Gemeinschaftsmitglied in drei Jahren vom Zeitpunkte der Registrierung und Uebertragung des Gemeinschaftsanteiles bzw. vom Tage der Fälligkeit der Forderung, wenn diese später eingetreten ist. § 22 Die exekutive Verwaltung (Zwangsverwaltung des Gemeinschaftsanteiles) beinhaltet die Verwaltung des Wohnrechtes im Gemeinschaftshause. Bewohnt das Hausgemeinschaftsmitglied selbst die den Hausgemeinschaftsanteil bildenden Räume21, so kann die betreibende Partei innerhalb einer Frist von 3 Monaten nach Begründung des exekutiven Pfandrechtes die exekutive Räumung der zum Hausgemeinschaftsanteil gehörigen Räumlichkeiten begehren. 20 21

Im Original: „hat“. Im Original: „Raum“.

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Sind diese Räumlichkeiten jedoch in Bestand gegeben, so kann diese exekutive Räumung nur erfolgen, wenn der Bestandnehmer innerhalb einer Frist von 3 Monaten nach Verständigung von der Begründung des Pfandrechtes an dem Gemeinschaftsanteile nicht durch gerichtlichen Erlag der Schuldsumme samt Nebengebühren die Aufhebung der Exekution erwirkt hat. Der Bestandnehmer tritt durch den Erlag an die Stelle des betreibenden Gläubigers. Dieser Erlag kann von ihm anlässlich der Versteigerung des Hausgemeinschaftsanteiles zur Erwerbung desselben benützt werden und ist der Bestandnehmer für den Fall, als er bei der Versteigerung mitbietet, vom Erlage eines Vadiums befreit. § 23 Von der Ausschliessung eines Gemeinschaftsmitgliedes. Die Ausschliessung eines Gemeinschaftsmitgliedes kann durch eine Versammlung sämtlicher Gemeinschaftsmitglieder mit 2 / 3 Majorität beschlossen werden, wenn 1. das auszuschliessende Gemeinschaftsmitglied sich wiederholt gröblich gegen die Bestimmungen der Hausordnung vergangen hat, und durch dasselbe oder sonst wie durch Bewohner der zum betreffenden Hausgemeinschaftsanteil gehörigen Räumlichkeiten einem anderen Hausgemeinschaftsmitglied das Wohnen im Hause unleidlich gemacht wurde. 2. Wenn überdies entweder der Antragsteller oder die für die Ausschliessung stimmenden Gemeinschaftsmitglieder sich bereit erklären, den Gemeinschaftsanteil zu übernehmen und den hiefür zu entrichtenden Kaufpreis22 innerhalb einer Frist von 3 Monaten zu Gericht erlegen. § 24 Diese Ausschliessung wird wirksam, sobald sie die von einer der beiden Parteien angerufene Mietkommission bestätigt hat. Diese hat auch nach Anhörung von Sachverständigen ihre Entscheidung über die Angemessenheit des Kaufschillings zu fällen. § 25 Zuständigkeit. Soweit nicht in diesem Gesetze ausdrücklich die Zuständigkeit des ordentlichen Gerichtes ausgesprochen ist, entscheidet in sämtlichen Streitfällen, welche sich aus der Zugehörigkeit der Hausgemeinschaft ergeben, die Mietkommission des Bezirksgerichtes, in dessen Sprengel das Gemeinschaftshaus gelegen ist. Die Mietkommission kann jedoch erst angerufen werden, nachdem die Vorentscheidung des Hausbeirates angerufen wurde. Ist diese innerhalb einer Frist von 3 Wochen nicht getroffen, so kann die Entscheidung der Mietkommission begehrt werden.

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Im Original: „Kaufpreise“.

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§ 26 Privatverbindlichkeiten eines Hausgemeinschaftsmitgliedes berühren die Hausgemeinschaft in keiner Weise, können jedoch in den Hausgemeinschaftsanteil des verpflichteten Hausgemeinschaftsmitgliedes vollstreckt werden. § 27 Die Auflösung der Hausgemeinschaft erfolgt durch einstimmigen Beschluss der Gemeinschaftsmitglieder oder durch Untergang des Gemeinschaftsobjektes. Geht das Gemeinschaftsobjekt zu Grunde, so bleibt lediglich das Miteigentum der Gemeinschaftsmitglieder an Grund und Boden und an sonstigen noch vorhandenen Werten des Gemeinschaftshauses bezw. an der Versicherungssumme. § 28 Strafbestimmungen. Ein Vergehen begeht 1. wer vorsätzlich die anlässlich der Begründung einer Hausgemeinschaft eingegangenen Verbindlichkeiten, welche vereinbarungsgemäss zur Verbücherung zu gelangen haben, nicht anlässlich der Einreichung um Registrierung der Hausgemeinschaft zur Anzeige bringt, 2. wer vorsätzlich die Ausschliessung eines Hausgemeinschaftsmitgliedes durch unrichtige Angaben veranlasst, 3. die Strafen sind gemäß § 124 des Gesetzes vom 6. März 1906 R.G.Bl. Nr. 158 zu verhängen, das Verfahren steht den Gerichtshöfen erster Instanz zu. § 29 Steuer- und Gebührenbestimmungen. Die auf Grund dieses Gesetzes errichteten Gemeinschaftsverträge und Eingaben sind gebührenfrei. Die auf Grund dieses Gesetzes erbauten Häuser sind für einen Zeitraum von 50 Jahren von allen staatlichen und städtischen Abgaben befreit. 4. E. H. Wilhelm Meyer, Das Stockwerks-Eigentum (1930)23 § 1: Eigentum kann auch an einem Stockwerke bestehen (Stockwerkseigentum). Liegen mehrere Wohnungen in demselben Geschosse, so ist als Stockwerk im Sinne dieses Gesetzes jede Wohnung anzusehen, die für sich abgeschlossen liegt und aus mindestens 4 Wohnräumen einschließlich der Küche besteht. § 2: Das Stockwerkseigentum umfaßt die dem Geschosse zugeteilten Nebenräume, namentlich Bodenkammern, Keller, Stallungen, Abort, und ferner das 23 Meyer, StWE 1930, S. 19 ff. Im Original ist der Text des Entwurfes mit Erläuterungen verzahnt, von deren Abdruck hier aus Platzgründen Abstand genommen werden mußte. Vgl. oben 2. Teil, § 2 A. 1.

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Recht zur Mitbenutzung gemeinsamer Anlagen, namentlich der Waschküche, des Trockenraumes, der Sammelheizung, der Zugänge, des Hofes und des Gartens. § 3: Das Stockwerkseigentum kann auch das Eigentum an dem bebauten Grund und Boden oder an einem Bruchteile von ihm umfassen. Das Eigentum oder Miteigentum an dem Grund und Boden kann ein Beteiligter nur an einen anderen Beteiligten übertragen. § 4: Auf das Stockwerkseigentum sind die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke sinngemäß anzuwenden, soweit nicht die Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen. § 5: Das Stockwerkseigentum kann nur durch einen schriftlichen Vertrag begründet, abgeändert und aufgehoben werden. Umfaßt es das Eigentum oder Miteigentum an dem Grund und Boden, so sind auch die für Grundstücke gültigen Vorschriften zu beachten. Der Vertrag wird nicht schon dadurch ungültig, daß nebensächliche Abreden nicht beurkundet sind. § 6: Von allen Verträgen, die die Begründung, Abänderung oder Aufhebung des Stockwerkseigentums betreffen, ist zu den Grundakten des betreffenden Grundstückes eine öffentlich beglaubigte Abschrift einzureichen. Das Grundbuchamt hat in der zweiten Abteilung des Grundbuchblattes unter Hinweis auf den überreichten Vertrag zu vermerken, daß ein Stockwerkseigentum für das in Frage kommende Geschoß begründet, abgeändert oder aufgehoben ist. § 7: Auf Antrag des Stockwerkseigentümers ist für sein Recht ein besonderes Grundbuchblatt anzulegen, ferner auch, wenn über das Stockwerkseigentum durch eine Belastung verfügt wird, die in der zweiten oder dritten Abteilung des Grundbuches einzutragen ist. § 8: Die an dem Hause beteiligten Stockwerkseigentümer einschließlich des Hauseigentümers bilden eine Stockwerksgemeinschaft. Für diese Gemeinschaft gelten, soweit nichts anderes abgemacht ist, die nachstehenden Vorschriften und ergänzungsweise die §§ 741 – 757 des Bürgerlichen Gesetzbuches. § 9: Zu Beschlüssen der Gemeinschaft in ihren Angelegenheiten ist eine Mehrheit von zwei Dritteln aller Abstimmungsberechtigten erforderlich. Auf das Erdgeschoß und das erste Stockwerk entfallen je zehn Stimmen, auf das zweite, dritte und jedes fernere Stockwerk jedesmal eine Stimme weniger. Ist ein Geschoß an mehrere Stockwerkseigentümer vergeben, so richten sich die Stimmen der Beteiligten nach der Bodenfläche des einzelnen Stockwerkseigentums.

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§ 10: Soweit nicht vertragliche Abmachungen entgegenstehen, können die Beteiligten eine für alle verbindliche Hausordnung beschließen, in der die laufenden Angelegenheiten der Gemeinschaft, besonders die Reinigung und Beleuchtung der Zugänge und die Benutzung der gemeinsamen Anlagen, geregelt werden. Falls über die Hausordnung eine Einigung nicht zu erzielen ist, so hat auf Antrag eines Beteiligten das Amtsgericht diese nach Anhörung der übrigen Mitglieder festzusetzen. § 11: Jeder Beteiligte hat die ihm allein gehörigen Räume auf seine Kosten instandzuhalten. Er hat alles zu unterlassen, was das Gebäude und seinen Wert schädigen oder die Nutzungsrechte der übrigen Mitglieder der Gemeinschaft in erheblichem Maße mindern könnte. Namentlich ist er nicht berechtigt, Wohnräume in gewerbliche Räume ohne Zustimmung der anderen Beteiligten umzuwandeln. Dieses Verbot gilt auch für den Mieter, Pächter oder sonstigen Rechtsnachfolger des Beteiligten. § 12: Es bleibt jedem Beteiligten überlassen, sein Stockwerkseigentum gegen Feuersgefahr und andere Gefahren besonders zu versichern. Ist die Versicherung für das ganze Gebäude einheitlich aufgenommen, so ist im Schadensfalle der Schadensbetrag jedes Mitgliedes gesondert festzustellen und auszuzahlen. Das gleiche gilt, falls das Grundstück enteignet wird, für die Entschädigung. § 13: Jedes Mitglied der Gemeinschaft ist berechtigt, über Instandsetzungsarbeiten an dem Gebäude oder den gemeinsamen Teilen eine Abstimmung herbeizuführen. Er hat zu diesem Zwecke unter Mitteilung eines sachgemäß aufgestellten Kostenanschlages durch Einschreibebrief die übrigen Beteiligten aufzufordern, binnen einer Frist von zwei Wochen nach Eingang des Briefes sich schriftlich über den Vorschlag zu äußern. Wer binnen der Frist überhaupt keine Erklärung abgibt, gilt als zustimmend. Hierauf ist in dem Schreiben besonders hinzuweisen. § 14: Wird das Gebäude, an dem eine Stockwerksgemeinschaft besteht, vernichtet, so ist jedes Mitglied berechtigt, bei einem Neubaue sich entsprechend seinem Anteile und in demselben Geschosse zu beteiligen, wie er an dem früheren Gebäude berechtigt war. Das Mitglied hat die Kosten des Neubaus anteilmäßig zu tragen. Soweit nicht bauliche oder polizeiliche Bedenken bestehen, bestimmt es, wie seine Räume eingeteilt werden sollen. Hierdurch entstehende Mehrkosten und die besondere Ausstattung seines Stockwerkes hat jeder selbst zu tragen. § 15: Die Beteiligten beschließen über die Art und Ausführung des Neubaus, über die Vergebung der Arbeiten und was sonst zur Herstellung des Gebäudes erforderlich ist. § 16: Lehnt ein Mitglied der Gemeinschaft es ab, sich an dem Neubaue zu beteiligen, so verzichtet es dadurch auf seine Rechte, unbeschadet seines Eigentums oder Miteigentums am Grundstück.

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Als Verzicht gilt es auch, wenn ein Mitglied auf die ihm unter Einschreiben zugegangene Aufforderung der übrigen Mitglieder, sich am Bau zu beteiligen, binnen zwei Wochen nach Eingang des Briefes nicht geantwortet hat. In dem Briefe ist auf diese Wirkung des Schweigens besonders hinzuweisen. § 17: Ist der Verzichtende Eigentümer oder Miteigentümer des Grundstückes, so ist er auf Verlangen der übrigen Mitglieder der Gemeinschaft verpflichtet, diesen sein Eigentum am Grundstücke zu gleichen Rechten käuflich zu übertragen. Wollen nicht alle Mitglieder von diesem Rechte Gebrauch machen, so steht es den verbleibenden Mitgliedern zu. Steht dem Verzichtenden das Alleineigentum am Grundstücke zu, so können die übrigen Mitglieder auch verlangen, daß er ihnen das Grundstück zu Erbbaurecht überlasse. Falls über den Preis oder über den Erbbauzins eine Einigung nicht zu erzielen ist, so entscheidet endgültig ein Schiedsgericht, zu dem der Grundstückseigentümer und die übrigen Mitglieder je einen Sachverständigen und nötigenfalls das zuständige Amtsgericht einen sachkundigen Obmann ernennt. Das Schiedsgericht bestimmt auch, in welcher Weise der Kaufpreis zu tilgen und sicherzustellen ist. § 18: Die Kosten der Instandhaltung des Gebäudes und der gemeinsamen Einrichtungen, die Steuern, Abgaben und sonstigen Beiträge, die Kosten eines Neubaues werden nach der Zahl der Stimmen unter den Beteiligten umgelegt. Ist ein Mitglied an einer Einrichtung nicht beteiligt, so ist es von den darauf entfallenden Leistungen befreit. § 19: Geht das Recht eines Beteiligten auf einen Dritten über, so tritt dieser auch in alle Pflichten seines Vorgängers ein. Er haftet insbesondere dem Gläubiger der Gemeinschaft für rückständige Leistungen, unbeschadet der Weiterhaftung des Vorgängers. § 20: Wenn ein Beteiligter durch sein Verhalten oder das seiner Haushaltsangehörigen oder durch grobe Vernachlässigung wesentlicher Verpflichtungen das Zusammenleben derart stört, daß den übrigen Mitgliedern der Gemeinschaft nicht zugemutet werden kann, die Gemeinschaft aufrechtzuerhalten, so ist jeder Beteiligte berechtigt, die Räumung des Hauses und nötigenfalls die Ausschließung des Schuldigen aus der Gemeinschaft zu verlangen. § 21: Wer aus der Gemeinschaft ausgeschlossen ist, hat vom rechtskräftigen Ausschlusse ab drei Monate Zeit, um seine Rechte an einen anderen zu übertragen. Nach Ablauf dieser Frist kann jeder Beteiligte beim Amtsgericht die Zwangsversteigerung der Berechtigung des Ausgeschlossenen für dessen Rechnung beantragen. § 22: Die Aufhebung der Stockwerksgemeinschaft kann nicht verlangt werden.

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§ 23: Die Vorschriften dieses Gesetzes sind auf das bestehende Stockwerkseigentum anzuwenden.

5. Alfred Hugenberg, Die neue Stadt (1935): Gesetzesentwurf betreffend das Stockwerkseigentum24 Zur Schaffung eines unkündbaren Wohnungsrechts hat die Reichsregierung das nachfolgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird. §1 Die Reichsregierung bestimmt die Voraussetzungen, unter denen die Vorschriften dieses Gesetzes auf ein bestimmtes Grundstück für anwendbar zu erklären sind. Der Reichsminister des Innern bezeichnet die Grundstücke, auf welche die Vorschriften dieses Gesetzes anzuwenden sind (Zulassungserklärung). Die Zulassungserklärung ist dem Grundbuchrichter von Amts wegen zuzustellen. Der Grundbuchrichter trägt von Amts wegen einen Zulassungsvermerk ein. Erläuterung zu § 1 bis 13 Wie in der allgemeinen Begründung25 dargetan, wird mit dem neuen Stockwerkseigentum im Sinne dieses Gesetzentwurfs weder ein allgemeines Rechtsinstitut eingeführt noch das landesrechtliche Stockwerkseigentum, soweit es durch das Einführungsgesetz zum BGB aufrecht erhalten worden ist, weiter fortgebildet (vgl. Literaturverzeichnis betr. Stockwerkseigentum26). Vielmehr handelt es sich um ein Rechtsinstitut, das auf die Bedürfnisse der Großstadt und die Schaffung von Hochhäusern zugeschnitten ist und das zur Anwendung nur auf solche Grundstücke kommt, auf die es durch eine Entschließung der Reichsregierung für anwendbar erklärt wird (Zulassungserklärung). Der weiteren Entwicklung soll es vorbehalten bleiben, ob sich aus den Vorschriften des Gesetzes ein allgemeines Rechtsinstitut bildet, das ohne besondere Genehmigung dem allgemeinen Rechtsverkehr zur Verfügung steht. Vgl. im übrigen die allgemeine Begründung zu den Gesetzesentwürfen.27 Seiner rechtlichen Konstruktion nach ist das Stockwerkseigentum nichts anderes als das Eigentum an einem Gebäudeteil. Anders als das Eigentum an einem Grundstück ist aber das Stockwerkseigentum niemals für sich allein denkbar, und zwar weder in seiner Entstehung noch in seiner Nutzung. Erst muß ein Grundstück bebaut sein, bevor ein Teil des Gebäudes zu Stockwerkseigentum vergeben werden kann. Die Nutzung des Stockwerkseigentums wieder setzt ein Grundstück und Gebäudeteile voraus, die in anderem Eigentum stehen, aber von dem Stockwerkseigentümer mitbenutzt werden. Auch ist Voraussetzung, daß nicht das ganze Gebäude ein einziges Stockwerkseigentum ist; denn das Stockwerkseigentum erstreckt sich begrifflich auf einen Teil des Gebäudes. Insofern unterscheidet es sich von dem Erbbaurechte, d. h. dem Rechte, auf fremdem Grund und Boden ein Gebäude 24 25 26 27

Hugenberg, S. 49 ff. Vgl. oben 2. Teil, § 2 A. 1. Hier nicht abgedruckt. Hier nicht abgedruckt. Hier nicht abgedruckt.

33 Kohl

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zu haben. Geregelt werden soll hier das Zusammenwohnen mehrerer, ja unter Umständen sehr vieler Familien oder Haushaltungen in demselben Gebäude, dessen benutzte Teile die Inhaber nicht mieten, sondern zu Eigentum erwerben. Aus diesen Leitsätzen ergibt sich die Anwendung der für das Grundeigentum geltenden Vorschriften auf das Stockwerkseigentum, soweit dessen Natur es zulässt.

§2 28

Gesamtgrundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind diejenigen Grundstücke, auf welche die Vorschriften dieses Gesetzes gemäß § 1 für anwendbar erklärt werden. §3 Der § 905 des BGB erhält folgenden Absatz 2: Das Recht des Eigentümers eines Grundstückes erstreckt sich nicht auf Stockwerkseigentum, das nach Maßgabe des Gesetzes betr. das Stockwerkseigentum auf dem Grundstücke begründet wird. Erläuterung zu § 3 und 4 Das Stockwerkseigentum ist nicht, wie das Erbbaurecht, eine Belastung eines Grundstückes, sondern ist das Eigentum an bestimmten Gebäudeteilen und schließt daher insoweit das Recht des Eigentümers des Gesamtgrundstückes aus, das an sich nach § 905 BGB auf den gesamten Raum über der Oberfläche sich erstreckt. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer gesetzlichen Einschränkung des § 905 BGB. In § 4 ist klargestellt, daß das Stockwerkseigentum ein selbständiges Recht ist und nicht etwa einen Bestandteil des Gesamtgrundstückes bildet.

§4 Stockwerkseigentum, das auf dem Gesamtgrundstück begründet ist, bildet keinen Bestandteil des Gesamtgrundstückes. §5 Die dem Eigentümer eines Grundstückes gegenüber Einwirkungen von außen zustehenden Rechte (§ 903 ff. BGB) stehen auch dem Stockwerkseigentümer zu. §6 Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über das Eigentum an Grundstücken, insbesondere über den Erwerb und Verlust von Grundstücken, finden auf das Stockwerkseigentum entsprechende Anwendung. §7 Ebenso finden die allgemeinen Vorschriften des BGB über Rechte an Grundstücken sowie die Vorschriften über Dienstbarkeiten, Vorkaufsrecht, Reallasten, Hypothek, Grundschuld und Rentenschuld entsprechende Anwendung; jedoch sind 28

Die in der Folge kursiv gesetzten Hervorhebungen sind im Original gesperrt gedruckt.

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Grunddienstbarkeiten zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstückes als des Gesamtgrundstückes oder zugunsten eines außerhalb des Gesamtgrundstückes begründeten Stockwerkseigentums nicht zulässig. §8 Ebenso finden die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen entsprechende Anwendung. §9 Stockwerkseigentum kann an einem Stockwerk eines Gebäudes oder an Teilen eines Stockwerkes eines Gebäudes begründet werden; jedoch müssen die zu einem Stockwerkseigentum gehörenden Räume zusammen eine in sich abgeschlossene Wohnung bilden. § 10 In der Zulassungserklärung sind die Anforderungen zu bezeichnen, die an eine „in sich abgeschlossene Wohnung“ zu stellen sind. Hierbei sind die Landessitte sowie der Zweck der Gesamtunternehmung zu berücksichtigen. § 11 Das Stockwerkseigentum erstreckt sich auf die im Grundbuchblatt für das Stockwerkseigentum verzeichneten Räume und Rechte. In dem Einigungsvertrage, der das Stockwerkseigentum begründet, sind die zum Stockwerkseigentum gehörenden Gebäudeteile im einzelnen zweifelsfrei so festzulegen, daß eine Unklarheit über die Eigentumsrechte, beispielsweise an Wänden, Decken usw., nicht entstehen kann. Gleiches gilt von der Verteilung der Kosten für Unterhaltung, Erneuerung und Versicherung. § 12 Über das Stockwerkseigentum wird ein Stockwerksbrief erteilt. Die Bestimmungen der §§ 1116 und 1117 BGB über den Hypothekenbrief finden auf ihn entsprechende Anwendung. § 13 Der Eigentümer des Gesamtgrundstückes kann auch Stockwerkseigentümer auf demselben Grundstück sein. § 14 Gemeinschaftliche Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind diejenigen Grundstücksteile, Anlagen, Einrichtungen und Rechte, die für die Benutzung des Gesamtgrundstückes durch die Berechtigten wesentlich sind. Erläuterung zu § 14 bis 22 Die Aufteilung eines Gebäudes in eine Mehrzahl von Stockwerkseigentumsrechten setzt gemeinschaftliche Anlagen voraus, die allen Insassen des Gebäudes dienen. Diese gemein33*

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schaftlichen Anlagen gehören zum Gesamtgrundstück, aber mit jedem Stockwerkseigentum ist das Recht zur Benutzung der gemeinschaftlichen Anlagen verbunden. Dieses Recht muß daher auch aus dem Grundbuchblatt jedes Stockwerkseigentümers erkennbar sein. Die gemeinschaftlichen Anlagen selbst sind ein Bestandteil des Gesamtgrundstückes; dieses wieder besteht aus dem Grund und Boden und denjenigen Gebäudeteilen, die nicht zu Stockwerkseigentum vergeben sind. Zuerst ist also das Gesamtgrundstück da. Aus ihm spaltet sich durch Einigung und Eintragung das einzelne Stockwerkseigentum ab, wie sich bei Aufsiedlung eines Gutes aus dem Gesamtgut durch Parzellierung ein Siedlungshof nach dem andern abspaltet. Auch darin liegt eine Analogie, daß bei Aufsiedlung in der Regel durch den Siedlungsvertrag Bestimmungen über die Rechte an gemeinschaftlichen Anlagen (Wegen, Weiden, Gewässern usw.) getroffen werden müssen. Die gemeinschaftlichen Anlagen im Sinne des Stockwerksgesetzes erhalten diese Eigenschaft, soweit sie für die Benutzung wesentlich sind, kraft Gesetzes (§ 14), im übrigen durch Eintragung in das Grundbuchverzeichnis (§ 16). Im ersten Falle hat also die Eintragung deklaratorische (rechtsverkündende), im zweiten Falle konstitutive (rechtsbegründende) Wirkung. Der Grund für die Unterscheidung der beiden Gruppen liegt auf der Hand. Bestimmte Anlagen, z. B. der Zugang zur Straße, die Treppen usw. müssen stets zur gemeinschaftlichen Benutzung verfügbar sein. Das ergibt sich meist ebenso klar aus den örtlichen Verhältnissen wie aus den polizeilichen Vorschriften. Über den Rahmen der Mußvorschrift des § 14 hinaus können als gemeinschaftliche Anlagen z. B. Freiflächen, Gärten, Spiel- und Ruheplätze, aber auch Gebäude wie Garagen, Hallen usw. eingetragen werden.

§ 15 Zu den gemeinschaftlichen Anlagen im Sinne dieses Gesetzes gehören, falls nicht anderes vereinbart ist, der erforderliche Hofraum, das Treppenhaus, der Dachstuhl, die Versorgungsanlagen, Fahrstuhlanlagen. § 16 Als gemeinschaftliche Anlagen im Sinne dieses Gesetzes gelten auch solche Grundstücksteile, Gebäudeteile, Anlagen, Einrichtungen und Rechte, die, ohne für die Benutzung des Gesamtgrundstückes durch die Berechtigten wesentlich zu sein, in das Grundbuchverzeichnis der gemeinschaftlichen Anlagen im Grundbuch eingetragen worden sind. § 17 Nicht zu den gemeinschaftlichen Anlagen gehören solche Grundstücks- und Gebäudeteile, die für die Benutzung des Gesamtgrundstückes durch die Berechtigten nicht erforderlich sind, es sei denn, daß sie auf Grund der Bestimmung des § 16 in das Grundbuchverzeichnis der gemeinschaftlichen Anlagen eingetragen wären. § 18 Räume, die als Wohnungen nutzbar oder vermietbar sind, sowie Stockwerkseigentumsrechte, welche dem Eigentümer des Gesamtgrundstückes gehören, dürfen als gemeinschaftliche Anlagen nicht eingetragen werden.

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§ 19 Diejenigen Bestandteile usw., die als gemeinschaftliche Anlagen in das Grundbuchverzeichnis eingetragen sind, können selbständig weder veräußert noch belastet werden. Auch ist gemäß § 864 ZPO gesonderte Zwangsvollstreckung in die gemeinschaftlichen Anlagen nicht möglich. Erläuterung zu § 19 Besteht das Gesamtgrundstück nur aus den gemeinschaftlichen Anlagen, so ist Zwangsvollstreckung in diesen selbstverständlich möglich.

§ 20 Im Grundbuchblatt des Gesamtgrundstückes ist in die Abteilung: „Bestandteile“ ein Verzeichnis der gemeinschaftlichen Anlagen aufzunehmen. Ein gleiches Verzeichnis ist in das Grundbuchblatt jedes einzelnen Stockwerkseigentums aufzunehmen, das auf dem Gesamtgrundstück begründet ist. Mit der Eintragung werden die Benutzungsrechte des Stockwerkseigentümers an den im Verzeichnis angeführten gemeinschaftlichen Anlagen Bestandteile des Stockwerkseigentums. § 21 Die gemeinschaftlichen Anlagen dürfen ohne Zustimmung der Stockwerkseigentümer nur insoweit neu belastet werden, als durch die Belastung ihre Benutzung durch die Stockwerkseigentümer nicht eingeschränkt, gehindert oder sonst in ihrem Verkehrswerte gemindert wird. Die bestehenden Rechte der Realgläubiger bleiben unberührt. § 22 Veränderungen im Verzeichnis der gemeinschaftlichen Anlagen bedürfen der Zustimmung des Eigentümers des Gesamtgrundstückes, der Stockwerkseigentümer und des Treuhänders. Verweigert ein Stockwerkseigentümer seine Zustimmung aus einem anderen als einem wichtigen Grunde, so kann seine Zustimmung durch den Treuhänder ergänzt werden. § 23 In der Zulassungserklärung (§ 1) ist für das Gesamtgrundstück ein Treuhänder zu bestellen. Im Falle des § 26 des Gesetzes betr. die Zusammenlegung städtischer Grundstücke ist derselbe Treuhänder zu bestellen. Erläuterung zu § 23 bis 25 Nach dem Plane, der den Gesetzentwürfen über Zusammenlegung und Stockwerkseigentum zugrunde liegt, sind rechtlich und wirtschaftlich folgende Privatpersonen mittelbar oder unmittelbar beteiligt:

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der Eigentümer des Gesamtgrundstücks, die Stockwerkseigentümer, die alten Gläubiger (Inhaber der Schuldverschreibungen), die neuen (Baugeld-)Gläubiger. Es muß mit Interessenkonflikten und Reibungen zwischen diesen beteiligten Gruppen gerechnet werden, die unter Umständen die Zukunft des Unternehmens gefährden können. Diese Konflikte nach Möglichkeit zu verhüten oder auszugleichen, ist die Aufgabe des Treuhänders. Dies Rechtsinstitut ist durch die neuere Rechtsentwicklung in Deutschland bereits in so weitem Umfange eingeführt worden, daß auch hier mit einer nutzbringenden Wirkung dieser Einrichtung gerechnet werden kann.

§ 24 Dem Treuhänder obliegen folgende Aufgaben: a) Er stellt zu jedem Vertrage über Begründung von Stockwerkseigentum nach Prüfung eine Bescheinigung darüber aus, daß der Vertrag für die Interessen der Realgläubiger des Gesamtgrundstückes unbedenklich ist (Unbedenklichkeitszeugnis); b) er führt ein Verzeichnis der öffentlichen Lasten und Pflichten (§ 29); c) er verwaltet den Tilgungsstock (§ 35); d) er schlichtet und entscheidet Streitigkeiten gemäß § 43 ff. § 25 Weitere Aufgaben können dem Treuhänder durch die Satzung der Zusammenlegungsgesellschaft (§ 22 Ges. betr. die Zusammenlegung städtischer Grundstücke29) zugewiesen werden. § 26 Für die öffentlichen Lasten und Pflichten, die auf das Gesamtgrundstück fallen, haften neben dem Eigentümer des Gesamtgrundstücks die Stockwerkseigentümer als Zweitschuldner nach Maßgabe des Wertverhältnisses (§ 30). Erläuterung zu § 26 bis 32 Nach der hier vorgesehenen Regelung sind Lastenträger einmal die zu Stockwerkseigentum vergebenen Räume, sodann alle sonstigen nutzbaren Wohnungen und Räume, die im Eigentum des Eigentümers des Gesamtgrundstückes stehen, und zwar gleichgültig, ob sie vermietet oder sonst nutzbar gemacht oder ertraglos sind. Gemeinschaftliche Anlagen scheiden bei der Lastenverteilung aus, weil sie nicht selbständig nutzbar sind.

§ 27 Die öffentlichen Lasten und Pflichten, die auf das Gesamtgrundstück fallen, sind in dem Vertrage über die Begründung oder die Veräußerung von Stockwerkseigentum nach Möglichkeit klarzulegen. 29

Hier nicht abgedruckt.

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§ 28 Die zuständigen Behörden, insbesondere die Gemeindebehörde, sind verpflichtet, über die bestehenden öffentlichen Lasten und Pflichten sowie über eine etwa zu erwartende Veränderung derselben dem Treuhänder jederzeit Auskunft zu erteilen. § 29 Der Treuhänder hat auf Grund dieser Auskünfte ein Verzeichnis der öffentlichen Lasten und Pflichten zu führen und auf Erfordern den Beteiligten Einsicht zu gestatten. Diejenigen Wohnungen und Räume, die nicht zu Stockwerkseigentum vergeben sind, also dem Eigentümer des Gesamtgrundstückes gehören, fallen unter dessen Haftung für die öffentlichen Lasten und Pflichten. § 30 Im Grundbuchblatt sowohl des Gesamtgrundstückes wie jedes einzelnen Stockwerkseigentums ist anzugeben, in welchem Verhältnis die Werte a) jedes einzelnen Stockwerkeigentums, b) der sonstigen nutzbaren Bestandteile des Gesamtgrundstückes zueinander stehen (Wertverhältnis). § 31 Bei der Verteilung der öffentlichen Lasten und Pflichten bleiben die gemeinschaftlichen Anlagen außer Betracht. § 32 Die Aufstellung über das Wertverhältnis ist so einzurichten, daß aus ihr sowohl die Träger der öffentlichen Lasten und Pflichten wie deren Lastenanteile, letztere nach Hundertteilen berechnet, erkennbar sind. § 33 Die Unterhaltung und Erneuerung der gemeinschaftlichen Anlagen einschließlich der Versicherung obliegt dem Eigentümer des Gesamtgrundstückes (Verwaltungskosten). § 34 Zwischen dem Eigentümer des Gesamtgrundstückes und dem Stockwerkseigentümer kann vereinbart werden, daß der Stockwerkseigentümer einen Beitrag zu den Verwaltungskosten zu zahlen hat. Eine solche Vereinbarung gilt gegen den gutgläubigen Erwerber des Stockwerkseigentums nur, wenn sie in dessen Grundbuchblatt eingetragen ist. § 35 Sobald das Gesamtgrundstück belastet wird, ist auf Antrag des Eigentümers oder des durch die Belastung Berechtigten ein Tilgungsstock zu bilden. Als Belastung gilt auch die Übertragung alter Lasten oder Schulden auf das Gesamt-

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grundstück. Der Tilgungsstock gilt als Zubehör des Gesamtgrundstückes im Sinne von § 97 BGB. Er teilt das rechtliche Schicksal des Gesamtgrundstückes. Der Tilgungsstock wird von dem Treuhänder verwaltet. § 36 In den Tilgungsstock fließen diejenigen Werte, die den Gegenwert für die Begründung oder die Veräußerung von Stockwerkseigentum bilden, soweit dieser Gegenwert dem Eigentümer des Gesamtgrundstückes zusteht, ebenso die auf Grund von § 19 des Zusammenlegungsgesetzes zu leistenden Entschädigungen. Insbesondere muß der Gegenwert von Stockwerkseigentum, das für den Eigentümer des Gesamtgrundstückes begründet wird, dem Tilgungsstock zugeführt werden. § 37 Zwischen dem Eigentümer des Gesamtgrundstückes und den Realgläubigern des Gesamtgrundstückes kann vereinbart werden, daß auch andere Einnahmen aus der Nutzung oder Verwertung des Gesamtgrundstückes, und zwar einmalige oder laufende Einnahmen, in den Tilgungsstock fließen, z. B. Gegenwerte für veräußerte Bestandteile des Grundstückes, Verwaltungskostenbeiträge, auch Mieten u. a. m. In diesen Fällen sind entsprechende Vereinbarungen über Verwendung dieser Einnahmen des Tilgungsstocks zu treffen. § 38 Die Erträge des Tilgungsstocks (Zinsen und andere laufende Einnahmen) sind – soweit nichts anderes vereinbart ist – zur Deckung des laufenden Schuldendienstes (Zinsen- und Tilgungsraten) der auf dem Gesamtgrundstück haftenden Hypotheken, Grundschulden und Renten sowie der durch Sicherungshypothek auf dem Gesamtgrundstück gesicherten Schuldverschreibungen (§ 24 und 28 ff. des Gesetzes betr. die Zusammenlegung städtischer Grundstücke30) zu verwenden. Der Überschuß der Erträge ist, soweit nichts anderes vereinbart ist, dem Eigentümer des Gesamtgrundstückes zur Verfügung zu stellen. Erläuterung zu § 38 bis 42 Die Einrichtung des Tilgungsstocks ist eine weitere Sicherung der Realgläubiger sowie der Inhaber der Schuldverschreibungen. Sie tritt in dieser Beziehung neben die anderen Sicherheitsvorschriften, nämlich die obligatorische Tilgung und die Beleihungsgrenze. (Vgl. die Erläuterungen zu § 35 – 39 des Zusammenlegungsgesetzes.31) Der Tilgungsstock sichert die Erhaltung des Substanzwertes des Pfandobjektes, da ihm die Gegenwerte für den Abverkauf von Stockwerkseigentum zufließen. Gleiches gilt für den Fall, daß die Gemeinde ein Entgelt für Straßenland usw. zu zahlen hat. Außerdem aber können auf Grund freier Vereinbarung dem Tilgungsstock auch weitere einmalige oder laufende Einnahmen zugeführt werden. Es ist anzunehmen, daß in den Baugeldverträgen vielfach von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird. 30 31

Hier nicht abgedruckt. Hier nicht abgedruckt.

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Die Grundsätze für die Verwaltung des Tilgungsstocks scheiden zwischen den Erträgen und dem Kapitalbestand. Die Erträge dienen in erster Reihe zur Sicherung des Schuldendienstes. Das heißt: soweit der Eigentümer nicht Zins und Tilgung zum Fälligkeitstage zahlt, tritt der Tilgungsstock ein. Der Überschuß der Erträge gebührt dem Eigentümer, soweit nichts anderes zwischen ihm und den Realgläubigern vereinbart ist. Durch solche Vereinbarung kann z. B. bestimmt werden, daß Erträge, die für den laufenden Schuldendienst nicht erfordert werden, dem Kapitalstock zuzuführen sind. Auch der Kapitalstock soll nicht unnütz der freien Verfügung des Eigentümers entzogen werden. Daher bestimmt § 39, daß nur so viel Kapitalbestand angesammelt werden darf, als zur Deckung des zukünftigen Schuldendienstes erforderlich ist. – Der Treuhänder wird also einen Zins- und Tilgungsplan für die Gesamtbelastung an Hypotheken, Grundschulden und Renten aufzustellen haben, nach dem sich der zur Deckung dieses zukünftigen Gesamtbedarfs erforderliche Gegenwartswert bemisst. Ist der Kapitalbestand des Tilgungsstocks höher als der so berechnete Gegenwartswert der Gesamtbelastung, so hat der Treuhänder den überschießenden Betrag dem Eigentümer zur Verfügung zu stellen. Keinesfalls soll der Tilgungsstock länger bestehen, als bis alle Lasten getilgt sind (§ 40). Auch in dieser Beziehung können abweichende vertragliche Bestimmungen getroffen werden, z. B. nach der Richtung der Sicherung der Unterhaltung und Erneuerung der Bauten und Anlagen. Der Treuhänder wird dafür zu sorgen haben, daß auf diesem Wege nicht Beschränkungen eines Eigentümers des Gesamtgrundstücks eintreten, die eine freie und erfolgreiche geschäftliche Tätigkeit gefährden. Er muß im Auge behalten, daß die Interessen des Gläubigers am besten gewahrt werden, wenn das Unternehmen des Schuldners blüht. Im übrigen gilt auch für die Einrichtung des Tilgungsstocks das in der allgemeinen Begründung Gesagte: es soll die Möglichkeit gegeben werden, durch Versuche die besten Formen zu finden, in denen der Tilgungsstock zur Überwindung der bisherigen Mißstände auf dem Gebiete des städtischen Realkredites beitragen kann. Es kann nach vorstehendem z. B. auch vereinbart werden, daß Erträge oder Kapitalteile, die nicht für den Schuldendienst nötig sind, also an sich in die Verfügung des Eigentümers fallen würden, zur Bildung von Rücklagen, zu Verbesserungen der Substanz usw. verwendet werden und unter Treuhand zu bleiben haben. Dabei wird aber zu beachten sein, daß solche Beträge an sich aus dem Tilgungsstock im engeren Sinne dieses Gesetzes ausscheiden und daß für sie daher besondere vertragliche Bestimmungen zu treffen sind. An der Verwaltung des Tilgungsstocks können die Gläubiger beteiligt werden. Es ist anzunehmen, daß das in den Baugeldverträgen vielfach verlangt werden wird. Für diesen Fall ist vorgeschrieben, daß stets mindestens auch ein Vertreter der Schuldverschreibungsinhaber im Gläubigerausschuß Sitz und Stimme hat. Im übrigen werden die Ausschußmitglieder entweder durch die Zulassungserklärung oder durch die Vereinbarung oder durch die Entschließung des Treuhänders bestimmt. Gleiches gilt von der Amtsdauer, von der Geschäftsordnung usw.

§ 39 Übersteigt der Kapitalbestand des Tilgungsstocks den Wert, der nach den Grundsätzen ordentlicher Wirtschaftsführung zur Deckung des zukünftigen Schuldendienstes erforderlich ist, so ist der überschießende Bestand dem Eigentümer des Gesamtgrundstückes zur Verfügung zu stellen.

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§ 40 Sobald die das Gesamtgrundstück verhaftenden Hypotheken, Grundschulden und Renten getilgt sind, hat der Treuhänder den Tilgungsstock aufzulösen und den Bestand dem Eigentümer des Gesamtgrundstückes zu überweisen. § 41 Der Treuhänder ist dem Eigentümer des Gesamtgrundstückes zur Rechnungslegung verpflichtet. § 42 Durch die Zulassungserklärung (§ 1) sowie durch Vereinbarung des Eigentümers des Gesamtgrundstückes mit den Realgläubigern, endlich durch freie Entschließung des Treuhänders kann diesem ein Gläubigerausschuß zur Seite gestellt werden, der die Geschäftsführung des Treuhänders überwacht. Der Ausschuß besteht aus mindestens zwei und höchstens sieben Mitgliedern. Mindestens ein Mitglied ist durch die Vertretung der Inhaber der Schuldverschreibungen zu ernennen. § 43 Jeder Stockwerkseigentümer hat bei der Nutzung des Stockwerkseigentums das gemeinschaftliche Interesse der übrigen Stockwerkseigentümer und des Eigentümers des Gesamtgrundstückes nach den Grundsätzen von Treu und Glauben unter Rücksicht auf die Verkehrssitte und die örtliche Übung zu beachten. Die ihm gehörenden Gebäudeteile, Anlagen und Einrichtungen hat er in einem ordnungsmäßigen Zustande zu erhalten, der eine Schädigung der berechtigten Interessen der übrigen Beteiligten ausschließt. § 44 Verstößt ein Stockwerkseigentümer gegen die ihm obliegenden Pflichten, so ist er auf Antrag des Betroffenen von dem Treuhänder zu mahnen. Kommt er der Mahnung des Treuhänders nicht nach, so kann er von der Benutzung seiner Räume ausgeschlossen werden, bis er Sicherheit für eine ordnungsmäßige Benutzung seines Stockwerkseigentums bietet. Erläuterung zu § 44 bis 49 Die Grundgedanken für das hier vorgeschlagene Schiedsverfahren sind in der Allgemeinen Begründung32 dargelegt. Das Verfahren soll einen Ausgleich zwischen den streitenden Interessen in möglichst kurzer Zeit und mit möglichst wenig Förmlichkeiten erreichen.

§ 45 Über den Antrag auf Ausschluß sowie über die zu stellende Sicherheit entscheidet, sofern nichts anderes vereinbart ist, zunächst ein Schiedsspruch des Treuhänders.

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Hier nicht abgedruckt.

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§ 46 Der Schiedsspruch ergeht auf mündliche Verhandlung, zu der die Parteien mit der Verwarnung zu laden sind, daß im Falle ihres Ausbleibens ohne sie entschieden wird. § 47 Der Schiedsspruch ist so rasch wie möglich zu fällen. Er ist mit Gründen zu versehen und den Parteien zuzustellen. § 48 Gegen den Schiedsspruch steht den Parteien binnen vier Wochen nach Zustellung der Rechtsweg offen. Nach Ablauf der Frist ist Vollstreckungsbeschluß gemäß § 1042 Abs. 1 ZPO zu erlassen. § 49 Ist der Treuhänder verhindert, den Schiedsspruch zu fällen, so entscheiden die ordentlichen Gerichte. § 50 Die für die Veräußerung von Grundstücken bzw. deren Eigentumsübergang sowie deren Belastung festgesetzten Steuern, Abgaben und Gebühren finden auf das Stockwerkseigentum mit der Maßgabe Anwendung, daß ein Viertel der für die gleichen Rechtsgeschäfte über das Eigentum geltenden Sätze zur Hebung gelangt. § 51 Die Löschung des Zulassungsvermerkes hat auf Antrag des Eigentümers des Gesamtgrundstückes zu erfolgen, sofern dieser nachweist, daß ihm sämtliche auf dem Grundstücke begründeten Stockwerkseigentumsrechte gehören.

6. „Der Blaue Adler“, Gesetz betreffend Eigentum an Wohnungen und Geschäftsräumen (1935)33 §1 An Wohnungen und Geschäftsräumen kann durch Vertrag Sondereigentum begründet werden; das Sondereigentum bezieht sich auch auf das Zugehör (wie Boden, Keller, Garten) sofern es durch äussere Kennzeichen (Mauern, Pflöcke u. dgl.) von den anderen Teilen der Liegenschaft deutlich geschieden ist. §2 Bestandteile der Liegenschaft, die durch äussere Kennzeichen nicht deutlich von einander zu scheiden sind, können nicht im Sondereigentum stehen. Die 33 BMJ 12105 / 1935: AVA Justiz I D I 2c, Konvolut Stockwerkseigentum, Post-Nr. 3. Vgl. oben 2. Teil, § 2 A. 3. c).

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Scheidung darf nur so erfolgen, dass jeder Sondereigentümer zu den ihm gehörigen Bestandteilen gelangen kann, ohne im Sondereigentum anderer stehende Bestandteile zu betreten oder sonst zu benützen. Desgleichen kann kein Sondereigentum an jenen Hausteilen begründet werden, welche zur Benützung durch mehrere Wohnungs-(Geschäfts)-Inhaber bestimmt sind. Dies gilt insbesondere von Hauptmauern, Dach, Haustoren, Höfen, Stiegenhäusern, Personenaufzügen, Waschküchen, Sammelheizungsanlagen u.s.w. §3 Der Sondereigentümer ist zugleich Miteigentümer der Liegenschaft in Ansehung der Grundfläche und sämtlicher Bestandteile, die nicht im Sondereigentum stehen können. §4 Sofern nichts anderes bedungen ist, hat der Sondereigentümer keinen Anspruch auf die Nutzungen der Liegenschaft, soweit diese nicht im Sondereigentum steht, hat aber auch die Nutzungen seines Sondereigentums weder herauszugeben noch zu verrechnen. Hingegen ist er verpflichtet, zu den öffentlichen Abgaben, Erhaltungs- und Betriebskosten des Hauses mit jenem Anteil beizutragen, mit welchem er Miteigentümer des Hauses ist. Als Betriebskosten gelten die in § 2 Abs. 2 des Mietengesetzes angeführten Auslagen. §5 Wenn die sämtlichen Miteigentümer sich unter einander über die Verwaltung des Hauses nicht einigen können, hat das Gericht auf Antrag auch nur eines Miteigentümers einen Verwalter zu ernennen und zugleich dessen Entlohnung zu bestimmen. Der Verwalter ist zu entheben, wenn sämtliche Miteigentümer es verlangen. Der Verwalter hat die Rechte und Pflichten eines Zwangsverwalters im Sinne der Exekutionsordnung. Die Rechnungslegung hat jedoch nur dann vor Gericht zu erfolgen, wenn dies ein Miteigentümer verlangt. §6 Zur Sicherstellung der vom Sondereigentümer zu bestreitenden öffentlichen Abgaben, Erhaltungs- und Betriebskosten, soweit diese nicht länger als 1 Jahr aushaften, besteht ein Vorzugspfandrecht der Miteigentümer an dem im Sondereigentum stehenden Liegenschaftsanteil. Die Miteigentümer haben ferner zur Sicherstellung der vom Sondereigentümer zu bestreitenden öffentlichen Abgaben, Betriebs- und Erhaltungskosten ein Pfandrecht an den vom Sondereigentümer eingebrachten ihm oder seinen mit ihm im gemeinschaftlichen Haushalte lebenden Familienmitgliedern gehörigen Einrichtungsstücke[n] und Fahrnisse[n]34, soweit sie nicht der Pfändung entzogen sind. 34

Ergänzung durch G.K.!

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Ebenso steht den Miteigentümern ein Zurückbehaltungsrecht unter sinngemässer Anwendung des § 1101 ABGB zu. Die Pfandrechte der Miteigentümer beziehen sich jedoch nur auf solche öffentliche Abgaben, welche gemeinsam zu entrichten sind oder für welche die Miteigentümer haften. §7 Wenn auf einen Teil der Liegenschaft das Mietengesetz Anwendung findet, so ist der Sondereigentümer im Verhältnisse zu den Mietern gleichfalls wie ein Mieter zu behandeln. §8 Insoweit dieses Gesetz oder andere Vorschriften den Sondereigentümer nicht beschränken, ist er vollständiger Eigentümer seines Anteiles. Er kann über denselben nach den Vorschriften des § 829 ABGB verfügen. §9 Besteht Sondereigentum an Wohnungen oder Geschäftsräumen, so hat die Teilung der Liegenschaft gemäss § 843 ABGB nicht statt. Hingegen können die sämtlichen Miteigentümer mit Klage verlangen, dass die im Sondereigentum stehende Wohnung oder [der]35 im Sondereigentum stehende Geschäftsraum vermittels gerichtlicher Feilbietung verkauft werde, wenn der Sondereigentümer 1. trotz einer nach Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der Bezahlung des ihn treffenden Anteiles an den öffentlichen Abgaben, Betriebs- und Erhaltungskosten mindestens 8 Tage im Rückstande ist. 2. Durch sein rücksichtsloses, anstössiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenleben verleidet oder sich gegenüber einer im Hause wohnhaften Person einer strafbaren Handlung gegen das Eigentum, die Sittlichkeit oder die körperliche Sicherheit schuldig macht, sofern es sich nicht um geringfügige Fälle handelt; dem Verhalten des Sondereigentümers steht, insoweit er es unterliess, die ihm mögliche Abhilfe zu schaffen, das Verhalten der mit ihm wohnenden Familienmitglieder oder sonstiger in die Räume aufgenommener Personen gleich. 3. Von seinem Sondereigentum oder den im Miteigentum stehenden Liegenschaften einen erheblichen nachteiligen Gebrauch macht, der geeignet ist, die übrigen Miteigentümer empfindlich zu schädigen.

35

Ergänzung durch G.K.!

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Anhang

§ 10 Das Sondereigentum erlischt ausser durch Vereinigung mit den übrigen Anteilen: a) wenn das Haus abgebrochen wird, b) wenn das Haus durch Feuer, Erdbeben oder sonstige Elementarereignisse vernichtet wird. Das Miteigentum an der Grundfläche bleibt bestehen und die Teilung gem § 843 ist sohin zulässig. Versicherungssummen sind vorerst zur Wiederherstellung zu verwenden. Wenn aber das Haus gänzlich vernichtet ist, kann jeder Miteigentümer Auszahlung des auf ihn entfallenden Teiles, sowie die Teilung der Grundfläche gem. § 843 verlangen. § 11 Das Bezirksgericht, in dessen Sprengel die Liegenschaft gelegen ist, entscheidet im Verfahren ausser Streitsachen nach mündlicher Anhörung aller Beteiligten und allenfalls von Zeugen und Sachverständigen a) Ueber Ernennung, Enthebung und Rechnungslegung eines Verwalters, b) ueber die Zulässigkeit der Einhebung oder der Erhöhung von Betriebskosten, über die Zulässigkeit, Höhe und Aufteilung von Erhaltungsarbeiten. Die Entscheidung erfolgt mit Beschluss, welcher mit Rekurs angefochten werden kann. Die Rekursentscheidung unterliegt nur dann einem weiteren Rechtszuge, wenn dies die Rekursentscheidung selbst für zulässig erklärt. Die Entscheidung kann dem unterlegenen Teil den Ersatz der Kosten ganz oder teilweise auferlegen, wenn dies der Billigkeit entspricht, oder wenn der Unterlegene es mutwillig auf die gerichtliche Entscheidung ankommen lässt. § 12 Der Vertrag, mit dem ein Sondereigentum an einer Liegenschaft eingeräumt wird, muss in Form einer verbücherungsfähigen Urkunde errichtet werden und bei sonstiger Nichtigkeit die Angabe des Miteigentumsanteiles in einem im Verhältnis zum Ganzen bestimmten Teil sowie der Nummer (Orientierungsnummer) der im Sondereigentum stehenden Wohnung, (des Geschäfteraumes) enthalten. Die im Sondereigentum stehenden Liegenschaftsteile sind genau zu beschreiben. § 13 Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten als Ausnahmen im Sinne des § 10 des Grundbuchsgesetzes. § 14 Mit diesem Gesetze unvereinbare Vorschriften gelten als aufgehoben. Insbesondere werden das Gesetz vom 30. III. 1879 RGBl 50, Art. XI des Gesetzes vom 1. III. 1900, RGBL. 44 und das Gesetz vom 27. IV. 1910 RGBL. 92 aufgehoben.36 36

Sic! – Wohl versehentlich nicht ausdrücklich genannt ist RGBl 1897 / 77 (Tirol).

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§ 15 Durch Verordnung können Ausführungsbestimmungen insbesondere über die Erfordernisse der zur Verbücherung bestimmten Urkunden sowie über die Vollziehung der Grundbuchseintragungen erlassen werden. § 16 Mit der Vollziehung dieses Gesetzes ist der Bundesminister für Justiz betraut. Bemerkungen zum Entwurf über das Gesetz betreffend Eigentum an Wohnungen und Geschäftsräumen Das Sondereigentum an Gebäudeteilen in Form der Teilung von Gebäuden nach Materiellen Anteilen – meist nach der häufigsten Art Geschoss- oder Stockwerkseigentum genannt – ist eine uralte, bei zahlreichen Völkern verbreitete Einrichtung. (Am ausführlichsten handelt hierüber Dr. Stanislaus Pineles, die communio pro diviso, Grünhuts Zeitschrift 29. und 30. Band.) Insbesondere in den österreichischen Alpenländern war diese Einrichtung altes Rechtsgut. (Vergleiche Klang im Kommentar zum allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch § 843 Seite 894). Im Gegensatz zu einer vielfach verbreiteten Meinung hat das a.b.G.B. diesen Rechtszustand nicht angetastet und das Stockwerkseigentum nicht verboten. Dieses bestand vielmehr unverändert fort. Erst unter dem Einfluss des Eigentumsbegriffes des römischen Rechtes, wie er namentlich von Savigny entwickelt wurde, befestigte sich die Meinung, dass das Stockwerkseigentum mit dem Grundsatz „superficies solo cedit“ unvereinbar sei. Dass diese Ansicht auch theoretisch falsch ist, sondern dass es sich um eine blosse Konstruktionsfrage handelt, die ohne weiteres auch in römisch-rechtlichem Sinn möglich ist, hat Ehrenzweig in seinem System des österreichischen Privatrechtes 1 / 2 Seite 23 f. überzeugend dargelegt. Ihm schliesst sich auch Klang an, so dass nach dem Stand der heutigen Rechtswissenschaft theoretische Schwierigkeiten nicht mehr bestehen. Uebrigens hat die österreichische Gesetzgebung die Anlehnung an die vermeintliche römische Auffassung des Eigentumsbegriffes längst aufgegeben. Der Grundsatz „superficies solo cedit“ ist nicht nur mit den Rechtsverhältnissen an Superaedificaten, sondern insbesondere auch mit den Baurechtsbestimmungen, wie sie im Gesetz vom 26. 4. 1912 R.G.Bl. No. 86 enthalten sind, unvereinbar. Die früher vorhandenen juristischen Bedenken führten aber schliesslich zum Verbot der materiellen Teilung durch das Gesetz vom 30. 3. 1879 R.G.Bl. No. 60 und einiger anderer Gesetze. Dieses Verbot soll nun durch den vorliegenden Entwurf wieder beseitigt und damit sowohl der Anschluss an die früher bestandenen eigenen Rechtseinrichtungen, wie an die sich durchaus bewährenden gleichartigen Einrichtungen der Nachbarstaaten hergestellt werden.

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In dieser Beziehung sei hervorgehoben, dass selbst das reichsdeutsche bürgerliche Gesetzbuch, welches vielmehr als das österreichische bürgerliche Recht unter römisch-rechtlichen Einflüssen steht, das Bestehen des Stockwerkseigentums unangetastet liess. (Art. 182 des Einführungsgesetzes.) Was die sonstigen europäischen Rechte anbelangt, sei nur hervorgehoben, dass das Stockwerkseigentum in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal lebendiges Recht ist, das sich ausserordentlich bewährt, dass Belgien dieses Stockwerkseigentum vor verhältnismässig kurzer Zeit ausdrücklich für zulässig erklärt hat und dass Italien, ungeachtet der bereits bestehenden Möglichkeiten, wie sie in §§ 562, 563 des Codice civile vorgesehen sind, sich veranlasst gesehen hat, durch das Gesetz vom 15. 1. 1934 No. 56 eine besonders ausführliche Neuregelung dieses Rechtsgebietes vorzunehmen; dass diese Neuregelung ausserordentliche wirtschaftliche Erfolge hatte, ist bekannt. Bei der Verfassung des vorliegenden Entwurfes sind aber diese ausländischen Gesetze im einzelnen nicht benützt worden. Das neue italienische Gesetz ist zu umfangreich und daher wenig übersichtlich. Die Vorschriften des italienischen Codice civile und des französischen Code civil sind aber wieder so kärglich – sie bestehen aus zwei bezw. gar nur einem einzigen Paragraphen –, dass sie nicht ausreichen. Es sollte aber auch der Anschluss an bereits bestehende Rechtseinrichtungen des heimischen Rechtes gesucht werden, um möglichst wenig unbekannte Neuerungen zu treffen und so weder die Einheitlichkeit der gesamten Rechtsordnung zu stören, noch unnötige Verwirrung durch unbekannte Neuerungen zu schaffen. Aus diesem Grunde lehnt sich der Entwurf vornehmlich an das Mietengesetz an, so dass das Sondereigentum geradezu als eine Form der Miete mit erweitertem Verfügungsrecht über die Wohnung erscheint. (Wobei an Stelle der regelmässig wiederkehrenden Zinszahlung ein einmaliger „Ablösebetrag“ oder Kaufschilling gedacht werden kann.) Bei Streitigkeiten über die Handhabung der Verwaltung wurde auf die bewährten Vorschriften des Exekutionsrechtes zurückgegriffen. Schliesslich sei hervorgehoben, dass die Einführung des Stockwerkseigentums seit dem allgemeinen Grundbuchsanlegungsgesetz vom 19. 12. 1929 B.G.Bl. 2 aus 1930 wesentlich erleichtert wird, da in § 6 dieses Gesetzes bereits Regelung für ein derartiges materiell geteiltes Eigentum getroffen wird, so dass weder eine Aenderung des Grundbuchsgesetzes notwendig, noch eine Störung des ganzen so bewährten Grundbuchsystems zu befürchten ist.

Bemerkungen zu den einzelnen Bestimmungen Zu § 1: Da das Stockwerkseigentum immerhin erhebliche Eingriffe in die freie Verfügungsmacht des Eigentümers bringt, soll es ohne Zustimmung dieser Eigentümer nicht begründet werden können. Darum sieht das Gesetz als einzige Begründungsart den Vertrag, also freie Willenseinigung vor. Daher kann dieses Eigentum

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insbesondere durch Erbgang nicht begründet37 werden. (Bestehendes Sondereigentum ist selbstverständlich erblich.) Es bleibt den Erben überlassen, sich im Wege der Erbteilung darüber zu einigen, ob sie Sondereigentum wünschen oder nicht. Zu § 3: Die Begründung des Miteigentumsrechtes an den von allen benützten Hausteilen ist notwendig: a) Wegen der Aufteilung der Lasten, b) wegen des Benützungsrechtes, c) wegen des Anteiles an der Grundfläche, der jedenfalls bei mehrstöckigen Gebäuden nur ein ideeller sein kann. Zu § 4: Die hier getroffene Regelung soll zum Ausdruck bringen, dass der Sondereigentümer weder Zins zu zahlen, noch von den anderen zu erhalten hat, hingegen zu den Lasten des Hauses anteilig beitragen muss. Zu § 5: So lange die Miteigentümer das Haus reibungslos verwalten, besteht kein Anlass zu gesetzlichem oder behördlichem Eingriff. Entsteht Uneinigkeit, so gibt die bisherige Gesetzgebung demjenigen, der sich verletzt fühlt, nur das Recht der Teilungsklage. Dadurch entstehen unnötige Prozesse, die oft zu Erpressungen von Eigentümern mit kleinen Anteilen, denen an der Veräusserung nichts gelegen ist, ausgenützt werden. Dem wird dadurch vorgebeugt, dass bei Streitfällen ein Verwalter vom Gericht zu ernennen ist. Zur Vermeidung von Kostenersparnissen38 soll die gerichtliche Rechnungslegung des Verwalters nur über Verlangen erfolgen. Zu § 6: Die Miteigentümer haben an der Bezahlung der Lasten durch den Sondereigentümer dieselben Interessen wie der Hauseigentümer an der Bezahlung des Zinses durch den Mieter. Daher wird den Miteigentümern ein, dem § 1101 a.b.G.B. nachgebildetes gesetzliches Pfand- und Zurückbehaltungsrecht an den Fahrnissen eingeräumt. Dieselben Erwägungen führen zur Einräumung des Vorzugspfandrechtes an dem Liegenschaftsteil selbst. Zu § 7: Diese Bestimmung dient der Vereinfachung. Wenn ein Teil des Hauses vermietet ist, der andere im Sondereigentum steht, soll nicht neben der Mietkommission noch eine andere Behörde zuständig sein. Zu § 9: Der Ausschluss der Teilungsklage ist notwendig, wenn nicht der Zweck des Gesetzes verhindert werden soll. Denn nach § 843 a.b.G.B. könnte jeder Miteigentümer die gerichtliche Feilbietung verlangen. Diese Bestimmung erweist sich auch zweckmässig, weil der Teilung nach § 843 regelmässig ein Prozess vorangeht, der dann vermieden wird. 37 38

Die Wortfolge „nicht begründet“ ist im Original unterstrichen. Sic!

34 Kohl

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An Stelle der allgemeinen Teilung tritt die gerichtliche Feilbietung des Sondereigentums, wenn der Sondereigentümer die übrigen schädigt oder die gemeinsame Nutzung unmöglich macht oder verleidet. Selbstverständlich kann der Sondereigentümer die ihm drohende gerichtliche Feilbietung jederzeit dadurch verhindern, dass er seinen Liegenschaftsteil freiwillig veräussert. Zu § 11: An Stelle der Mietkommission tritt der Einzelrichter des Bezirksgerichtes. Die Laienbeisitzer aus dem Mieter- und Hausherrenstand entfallen, was zur Vereinfachung des Verfahrens beiträgt. Um in grundsätzlichen Fragen eine einheitliche Rechtssprechung zu ermöglichen, wird der Rechtszug an den obersten Gerichtshof ermöglicht, falls die Rekursinstanz dies für zulässig erklärt. Die Bestimmungen der § 12 – 16 dienen der Durchführung der materiell rechtlichen Bestimmungen und bedürfen keiner besonderen Erläuterung.

Quellen- und Literaturverzeichnis Ungedruckte Quellen Archivalische Quellen (ausgenommen Grundbücher) Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand EA2 / 502 Bü 120 Österreichisches Staatsarchiv Wien, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Justiz Sign. I Index 1850 – 1899, 1900 – 1924, 1925 – 1939 Österreichisches Staatsarchiv Wien, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Faszikel I D I 2c („Stockwerkseigentum“) (enthält auch Stücke aus dem urspr. Bestand I.G.2. Verz 43) Österreichisches Staatsarchiv Wien, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Justizministerium, II genus 3 Österreich (Oberösterreich, Niederösterreich, Salzburg): Kartons 1923, 1924 (1850 – 1877); Karton 1925 (1878 – 1883, 1884 – 1917) Österreichisches Staatsarchiv Wien, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Justizministerium, II genus 3 Küstenland B) Istrien: Karton 1916 (1851 – 1877); Kartons 1917, 1919 (1878 – 1892, 1893 – 1917) Österreichisches Staatsarchiv Wien, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Justizministerium, II genus 3 Böhmen: Karton 1878 (1850 – 1877); Karton 1879 (1850 – 1877, 1878 – 1881); Kartons 1881, 1882, 1883 (1890 – 1917 / 18) Österreichisches Staatsarchiv Wien, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Justizministerium, II genus 3 Burgenland: Karton 1884 (1923 – 1932) Österreichisches Staatsarchiv Wien, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Justizministerium, II genus 3 Steiermark: Kartons 1931, 1932 (1888 – 1917) Österreichisches Staatsarchiv Wien, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Justizministerium, II genus 3 Tirol und Vorarlberg: Karton 1941 (1896 – 1905); Kartons 1948, 1950, 1952, 1953 (1906 – 1917) Österreichisches Staatsarchiv Wien, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Justizministerium, II genus 3 Galizien und Bukowina: Kartons 1907, 1909 (1888 – 1917) Österreichisches Staatsarchiv Wien, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Justizministerium, II genus 3 Dalmatien: Karton 1890 Österreichisches Staatsarchiv Wien, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Justizministerium, II genus 3a (Grundbuchstatistik): Kartons 1957, 1958 (1852 – 1917, 1918 – 1928) Österreichisches Staatsarchiv Wien, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Justizministerium, I.V.I. / 12: Karton 1821 (1873 – 1917) Österreichisches Staatsarchiv Wien, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Reichsrat (Gremialakten) Kartons 23, 24, 69, 89, 91, 139, 174, 179 Österreichisches Staatsarchiv Wien, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Ministerconferenz, Kartons 1 / 1853, 20 / 1854, 12 / 1855, 18 / 1856 34*

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Privatarchiv Rechtsanwältin Dr. Gabriele Freudling, München: Gabriele Freudling, Die Rechtsverhältnisse an den Anwesen K-Platz 8 und 6 in R. / Bayr. Wald (ungedrucktes Gutachten; VIII und 70 Seiten sowie 13 Seiten Anlagen mit Plänen und Fotos). – Gemäß Schreiben von Dr. Freudling vom 14. Juli 2000 durfte dieses Gutachten nur anonymisiert verwendet werden. Privatarchiv Dr. Gerald Kohl, Wien: Ernennungsdekrete des Österreichischen Postsparkassenamtes für Luise Linhart, verehel. Kohl (1911, 1912). Schweizerisches Bundesarchiv, Bern: E 4001 (C) - / 1 Bd. 129 Az. 47.33 Schweizerisches Bundesarchiv, Bern: E 4001 (D) 1973 / 125, Bd. 6 und 7, Az. 3. 07. 03; Bd. 146 Az. 200 – 328 Schweizerisches Bundesarchiv Bern: E 4110 (B) 1981 / 70 Bd. 9 H I Stadtarchiv Burghausen: Steuerfassionen 1809, KB 4, KB 5, KB 6 (entspricht Staatsarchiv München, Kataster 2422) Stadtarchiv Burghausen: Grundsteuerkataster 1850, KB 76

Handschriften Suttinger HS 7870: Johannes Baptista Suttinger, Consuetudinarium Austriacum . . . Nachgehents in diesem Volumine . . . mit beytragung dessen, wasz in publicis ergangen . . . fast um die Helfft vermehrt . . . Welches nach seinem Todt dessen Ayden Ott Ferdinand Gottlieb Graf Volkra . . . völlig . . . schreiben und einbinden lassen, 27. Dezember 1682, Handschrift Nr 7870 der Österreichischen Nationalbibliothek, Wien

Gesprächsprotokolle und schriftliche persönliche Mitteilungen Persönliche Mitteilungen wurden in den Fußnoten einheitlich – ihrem weitaus überwiegenden Charakter entsprechend – als „Gesprächsprotokolle“ zitiert, auch wenn sie, was nur vereinzelt der Fall war, (ergänzend) schriftlich erfolgten.

1. Zu einzelnen Objekten Gesprächsprotokoll zu 3000100356 (Breitenbrunn) Gesprächsprotokoll zu 4000500426 (Braunau) Gesprächsprotokoll zu 4202100062 (St. Wolfgang) Gesprächsprotokoll zu 5631400063 (Neumarkt) Gesprächsprotokoll zu 5653700127 (Salzburg) Gesprächsprotokoll zu 5653700615 (Salzburg) Gesprächsprotokoll zu 5653750005 (Salzburg) Gesprächsprotokoll zu 6310100087 (Graz) Gesprächsprotokoll zu 9000200440 (Bludenz) Gesprächsprotokoll zu 9111700219 (Lochau)

Quellen- und Literaturverzeichnis

533

2. Zum Stockwerkseigentum in ganzen Sprengeln Gesprächsprotokoll BG 562 (Hallein, Rechtspflegerin) Gesprächsprotokoll BG 563 / 1 (Neumarkt, Rechtspfleger) Gesprächsprotokoll BG 563 / 2 (Neumarkt, ehem. Rechtspfleger) Gesprächsprotokoll BG 564 / 1 (Oberndorf, Richter) Gesprächsprotokoll BG 564 / 2 (Oberndorf, Rechtspfleger) Gesprächsprotokoll BG 565 / 1 (Salzburg, Immobilientreuhänder) Gesprächsprotokoll BG 565 / 2 (Salzburg, Hausverwalterin) Gesprächsprotokoll BG 565 / 3 (Salzburg, Maklerin) Gesprächsprotokoll BG 811 (Innsbruck, Immobilientreuhänder) Gesprächsprotokoll BG 813 (Telfs, Richter) Gesprächsprotokoll BG 840 (Landeck, Vermessungsbeamter / Sachverständiger) Gesprächsprotokoll BG 901 (Montafon, Grundbuchsbeamter) Grundbücher BG 010 Wien Innere Stadt, GB Landstraße, TZ 2669 / 1974 zu 0100600979. BG 015 Döbling, GB Unterdöbling, TZ 231 / 1977 zu 0151200201. BG 301 Mattersburg, GB Mattersburg. BG 420 Bad Ischl, GB St. Wolfgang, EZ 54 = 4202100054 (heute 4202100634). BG 564 Oberndorf, GB Oberndorf, TZ 2686 / 1995 zu 5641000050. Salzburger Landesarchiv, BG Salzburg, KG Innere Stadt, KG Äußerer Stein, KG Mülln. Steiermärkisches Landesarchiv, BG Graz, KG Innere Stadt, GB IV (=EZ 87). Tiroler Landesarchiv, Verfachbuch Imst 1854 III (Bd. 11 / 506), fol. 2384 – 2387. Tiroler Landesarchiv, GBA-Protokoll KG Innsbruck 7 / 23, EZ 1085. (Für diesen Hinweis danke ich Herrn MinR a.D. RA MMag. DDr. Gebhard Klötzl, Wien.)

ADV-Grundbuch Die folgende Tabelle enthält die in die Untersuchung einbezogenen, am 3. 3. 2000 materiell geteilt gewesenen Einlagen. Sie wurden in den Fußnoten nach folgendem Schema zitiert: 3000100136: Grundbuch 30001, Einlagezahl 00136 = EZ 136. Aus computertechnischen Gründen mußte also die Einlagezahl durch vorangestellte Nullen auf fünf Stellen erweitert werden. Zur besseren Übersicht sind die ersten fünf Stellen (Grundbuchsnummer) und die zweiten fünf Stellen (Einlagezahl) in dieser Tabelle durch Leerzeichen getrennt, während sie in den Anmerkungen zu zehnziffrigen Zahlen verbunden wurden. Tagebuchzahlen (TZ), die sich auf hier genannte Einlagen beziehen, sind zwar in den Anmerkungen zitiert, hier aber nicht eigens verzeichnet!

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Quellen- und Literaturverzeichnis Burgenland

Eisenstadt 30001 00136 30001 00356 30001 00357 30005 00004 30005 00008 30005 00011 30005 00014 30005 00028 30007 00822

Mattersburg 30109 00054 30109 00057 Oberpullendorf 33007 00360 33025 00063 33025 00368

Oberwart 34062 00055 34062 00056 34062 00057 34062 00058 34078 00037

Oberösterreich Braunau am Inn 40005 00426 Bad Ischl 42007 00014 42007 00035 42007 00053

42007 42007 42007 42007 42018 42021 42021

00119 00143 00149 00180 00134 00042 00046

42021 00060 42021 00062 42021 00075 Aigen 47006 00113

Salzburg Radstadt 55317 00161 Abtenau 56002 00018 Hallein 56201 00019 56204 00007 56204 00031 56204 00034 56204 00111 56204 00113 56209 00037 56209 00050 56209 00057 56209 00058 56209 00060 56209 00061 56209 00069 56209 00074 56209 00090

56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209

00103 00104 00105 00107 00128 00134 00152 00153 00159 00160 00162 00169 00173 00174 00176 00179 00180 00182 00183 00184 00192 00196

56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56209

00202 00205 00206 00207 00209 00211 00212 00222 00232 00233 00234 00237 00252 00258 00296 00297 00300 00302 00304 00305 00306 00312

Quellen- und Literaturverzeichnis 56209 56209 56209 56209 56209 56209 56225 56225 56225 56225 56225 56225 56225

00313 00314 00315 00316 00317 00322 00013 00077 00127 00128 00129 00130 00131

Neumarkt 56305 00269 56308 00016 56314 00063 56319 00391 Oberndorf 56410 00019 56410 00063 56410 00124 56410 00125 56410 00126 56410 00127 56410 00130 56410 00131 56410 00151 56410 00246 56410 00253

Salzburg 56537 00005 56537 00012 56537 00016 56537 00035 56537 00039 56537 00041 56537 00042 56537 00043 56537 00052 56537 00054 56537 00057 56537 00081 56537 00093 56537 00104 56537 00108 56537 00117 56537 00118 56537 00120 56537 00121 56537 00125 56537 00126 56537 00127 56537 00130 56537 00150 56537 00163 56537 00199 56537 00253 56537 00260 56537 00268 56537 00272 56537 00281

535 56537 56537 56537 56537 56537 56537 56537 56537 56537 56537 56537 56537 56537 56537 56537 56537 56537 56537 56537 56537 56537 56537 56537 56537 56537 56537

00296 00298 00330 00331 00340 00357 00362 00367 00395 00434 00437 00440 00452 00462 00463 00482 00527 00567 00568 00576 00595 00615 00621 10005 50005 50041

Saalfelden 57122 00176

Steiermark Graz 63101 00087 Tirol Imst 80001 80001 80001 80001 80001 80001 80001 80001

00630 00633 00634 00637 00642 00643 00644 00647

80001 80001 80001 80001 80001 80001 80001 80001 80001

00655 00660 00661 00663 00666 00682 00691 00750 00767

80002 80002 80002 80002 80002 80002 80002 80002 80002

00693 01239 01248 01251 01253 01255 01259 01262 01263

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Telfs 81301 81301 81301 81302 81302 81303 81303 81303 81303 81303 81303 81303 81303 81304 81304 81304 81304 81304 81304 81304 81304 81304 81304 81304 81304 81305 81306

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545 92119 92121 92122 92122 92122

00393 00525 00464 00465 00469

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Sachregister ABGB 41, 66, 74, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 82, 86, 87, 89, 91, 96, 107, 109, 112, 113, 115, 117, 120, 123, 126, 127, 132, 134, 136, 172, 187, 191, 192, 196, 198, 201, 231, 240, 241, 243, 244, 245, 248, 254, 255, 372, 373, 375, 403, 428, 438, 467, 488, 489, 490, 491, 494 Abgeschlossenheit 238, 298, 299, 363, 415, 484 Abgesonderte Belastung siehe Belastungen abgesonderte Eigentums- und Lastenblätter siehe Verbücherung Abgrenzung 285, 295, 296, 297, 298, 299, 344, 345 Abort 291, 297, 322, 332, 352, 378, 409, 410, 411, 414, 416, 417, 445 Abortgrube 322, 382, 423 ADV-Grundbuch 44, 312, 336, 337, 338, 347, 348, 349, 350, 389, 470, 472, 491, 493 AGBGB Baden 170 AGBGB Baden-Württemberg 171, 484 AGBGB Bayern 169 AGBGB Hessen 169, 375, 384, 426, 467 AGBGB Preußen 169 AGBGB Württemberg 48, 170, 171, 179, 361, 413, 426, 427, 430, 460, 466, 467, 480 Agrargemeinschaften 324, 472 Akademie für Deutsches Recht 181, 185, 326, 426, 491 Aktiengesellschaft 249, 250, 251 Akzessionsprinzip 68, 69, 70, 71, 74, 163, 164, 173, 234, 239, 330, 333, 492 Allmende 273 ALR 66, 67, 162, 261, 483, 489 Alternativkonstruktionen 34, 124, 209, 243, 245, 247, 248, 249, 251, 252, 253, 254, 255, 256, 326, 355 Anerbenrecht 259

Anlagenverzeichnis 310 Anteilsrechte 324 Antendach 348 Arbeitslosigkeit 189 Arisierung 469 Armut 107, 108, 138, 257, 258, 259, 265, 267, 355, 356, 357 Assanierung 467 Aufschrift 44, 336, 338, 349, 350, 351, 366, 469, 470, 471 Aufstockung siehe Veränderungen Ausschlußklage 247, 480, 482, 494 Aussicht 288 authentische Interpretation 123, 124, 126 Backofen 274, 282, 288, 292, 322, 344, 376, 377, 420, 445, 460 Badisches Landrecht 37, 65, 170, 309, 384, 457 Baurecht 37, 39, 163, 165, 169, 170, 186, 238, 451, 452, 453, 459 Baurechts-Stockwerkseigentum siehe Baurecht Baurechts-Wohnungseigentum 452 Baurechtsgesetz 1912 175, 191 Baurechtsgesetz-Novelle 1990 452 Bausparkassen 197, 214, 254 Bebauungsdichte 248 Beendigung 47, 70, 129, 165, 171, 454, 455, 457, 459, 461, 463, 465, 467, 469, 471, 473, 475, 477, 479, 481, 482, 483, 484, 485, 491, 494 Begriff 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 38 Belastungen 45, 82, 165, 166, 171, 202, 203, 214, 243, 248, 250, 252, 316, 328, 329, 334, 352, 368, 369, 420, 421, 423, 424, 445, 446, 447, 448, 449, 456, 463, 464, 466, 474, 477 Belastungs- und Veräußerungsverbot 362, 367, 428, 478

570

Sachregister

Benützungsordnung 379 Benützungsvereinbarung 410 Berliner Baugenossenschaft 298 Berliner Gemeinnützige Baugesellschaft 264 Beschreibung 142, 161, 316, 339, 340, 341, 342, 343, 344, 345, 347, 348, 349, 350, 352, 353, 374, 393, 410, 470, 471, 485, 493 Besondere (abgesonderte) Eigentums- und Lastenblätter siehe Verbücherung Bestandrechte 256 Bestandvertrag 124, 129 Betriebskosten 381, 382, 383, 493 Bewertung 27, 28, 132 BGB 32, 37, 38, 52, 74, 162, 163, 164, 165, 166, 167, 168, 171, 173, 179, 182, 186, 203, 204, 211, 218, 243, 244, 246, 248, 251, 252, 253, 255, 261, 406, 413, 429, 460, 465, 467, 489, 491 BGB-E Bayern 1861 / 64 72, 73, 163, 166, 355, 375, 384, 400, 425 BGB-E Hessen 1851 72, 400 Blockwart 205, 439 Bodenpreis 268 Brunnen 322, 424 Code civil 37, 51, 64, 65, 72, 73, 80, 125, 126, 130, 162, 169, 171, 172, 177, 191, 384, 457, 489 Codex Theresianus 75, 76, 115, 240 Codice civile 191, 405, 458 communio pro diviso 80, 241 communio pro indiviso 246 condominium pro diviso 78, 241 condominium pro indiviso 78 Dach 233, 266, 308, 316, 317, 384, 389, 390, 391, 392, 393, 394, 395, 398, 405, 409, 415 Dachboden 31, 253, 287, 313, 317, 345, 396, 397, 408, 409, 412, 416, 462, 477 Dachmulde 391 DDR 206 Deichselrecht 417 Denkmalschutz 45, 398 Der Blaue Adler 189, 190, 192, 193, 298, 428, 437, 481, 482, 491, 523

388, 396, 344, 418,

195,

Diagonale Teilung 290 Die neue Stadt 179, 310 Dienstbarkeiten 243, 244, 245, 253, 414, 449, 474 Dienstboten 225, 415 Dreidimensionalität 185, 354 Durchgangsrechte 293, 296, 321, 395, 414, 425, 416, 417, 419, 420, 421, 432, 445, 474 EGBGB 32, 37, 164, 165, 167, 168, 169, 182, 198, 204, 246, 247, 459 Ehe 131 Ehegatten-Stockwerkseigentum 362, 367, 368 Ehegattenwohnungseigentum 362, 428, 477 Eigenbedarf 441, 442 Eigenheim 222 Eigentümerpartnerschaft 360, 363 Eigentümerstruktur 355, 358, 359, 362, 367, 493 Eigentumsbegriff 117, 123, 238, 372, 380 Eigentumsbeschränkung 90, 91, 114 Eigentumsblatt, besonderes siehe Verbücherung Einheitsfront der Hausbesitzerschaft Österreichs 195 Einlösungsrecht 425 Einstandsrecht 424, 425 Enquete 112, 113, 114, 116, 118, 121, 122, 128, 129, 136. 137, 231, 327, 425, 460, 466, 479, 490 Entstehungsursachen 147, 257, 262, 265, 267, 270, 271, 275, 276 Entstehungszeit 277, 278 Entwurf Horten 76 Entwurf Martini 76 Erbbaurecht siehe Baurecht Erbgewohnheiten 258, 259 Erbmiete 255 Erbpacht 124 Erbpachtrecht 186 Erbteilung 63, 65, 258, 261, 262, 267, 273 Erbzins 124 Erhaltung siehe Instandhaltung Ersatzkonstruktionen siehe Alternativkonstruktionen Ersatzvornahme 400

Sachregister Ersitzung 253, 369, 473 Erwerbstitel 369, 370, 409, 468, 493 Etageneigentum 30 Fassade 397, 398 Fassadengestaltung 329 Fensterrecht 419, 421, 423 Feuerstätten 273, 274, 323, 420 Firstlinie 393 Flachdächer 307 Föderalismus 122 Fruchtgenußrecht 253, 412 Gänge 233, 287, 288, 308, 313, 319, 320, 321, 377, 379, 492 Ganerbschaften 241 Gastgarten 314 GBGB 115 Gelaßeigentum 30, 33 Gemeinde 62, 82, 84, 86, 87, 88, 91, 95, 133, 157, 272, 273, 274, 306 Gemeindewahlrecht 88, 272 Gemeinschaft 62 gemeinschaftliche Gebäudeteile 307 Gemengelage 288, 291, 294, 295, 415, 492, 493 Geschlechterverhältnis 359 Geschoßdecken 317 Geschoßeigentum 30 Geschoßverteilung 294 Gesellschaft mit beschränkter Haftung 249 Gesellschaftsrecht 250 Gesellschaftsverhältnis 243 Gewerbe 305 Gewerbe (radizierte) 263 Gewere 216 Gewerkschaft 196, 430 Glockenturm 308 Grenzverschiebungen siehe Veränderungen Größe der materiellen Anteile 299, 300, 301 Grundbuch 45, 46, 47, 53, 87, 89, 91, 94, 95, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 108, 110, 128, 131, 137, 138, 139, 141, 142, 143, 145, 150, 151, 152, 153, 154, 157, 161, 170, 173, 174, 183, 198, 199, 201, 207, 241, 243, 245, 251, 265, 270, 273, 274, 280, 284, 289, 294, 296, 300, 305, 310, 311, 312, 313, 315, 316, 318, 324,

571

326, 327, 328, 329, 330, 331, 332, 336, 339, 340, 341, 342, 343, 345, 349, 350, 351, 352, 353, 354, 356, 358, 361, 366, 380, 382, 386, 391, 395, 396, 397, 398, 401, 405, 406, 410, 411, 418, 438, 443, 445, 453, 457, 460, 461, 462, 464, 465, 474, 476, 477, 483 Grundbuchsanlegung 27, 44, 47, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107, 124, 127, 129, 131, 134, 137, 139, 140, 141, 142, 143, 145, 149, 154, 159, 162, 253, 312, 316, 330, 331, 332, 333, 334, 335, 337,338, 339, 340, 342, 344, 345, 350, 352, 359, 362, 370, 378, 388, 389, 400, 401, 413, 416, 419, 449, 473, 476, 487, 490, 492, 493, 496 Grundbuchsberichtigung 352, 354 Grundbuchsgesetz 59, 101, 112, 113, 120, 124, 129, 136, 137, 151, 152, 187, 311, 353, 489 Grundbuchsumstellung 47, 347, 348, 349, 396, 476, 493 Grundfläche 32, 33, 36, 68, 70, 73, 164, 169, 170, 178, 194, 211, 236, 282, 309, 310, 311, 312, 313, 314, 316, 329, 348, 360, 366, 376, 391, 405, 406, 407, 419, 444, 445, 452, 456, 461, 492 Grundstücksteilung 100 Güterteilung 259, 269 Gutsbestands-Sonderrechte 287 Halbwirtschaften 52, 89 Hanglage 279, 280, 281 Häuserzerstückung 86, 90 Haus-Parcellen 341 Hausbeirat 188, 435 Hausbodenrecht 30, 33 Hausböden 30, 82, 86, 411, 463 Hauseigentumsgesellschaften 252 Hausgemeinschaft mit beschränkter Haftung 188, 328, 435, 481 Hausgemeinschaftsregister 328 Hausgesellschaft 177, 251, 435 Hausgewerkschaft 177, 251, 252, 435, 452 Hauskux 251 Hausnachbarn 413 Hausordnung 434, 435, 436, 440 Hausparlament 283, 437

572

Sachregister

Hausverwalter 205, 216, 438, 439, 494 Heimatrecht 272 Heimstättenrecht 186 Herbergen 54, 86, 89, 167, 264, 275, 278, 309, 355, 465 Herbergsrecht 30, 33 Hippozentaurus siehe Unmöglichkeit Hochhäuser 180, 208, 222, 310 Höhleneigentum 35 Hofdekret 1790 64, 77, 115, 241, 491 Hofraum 313 Holzverbrauch 274 Horizontalteilung 32, 45, 108, 119, 224, 258, 285, 286, 287, 394, 409, 416, 492 indirekte Belastungen 423, 424 indivision forcée 163, 218 Inflation 175, 219 Insitzrecht 182, 255 Installationen 321 Instandhaltung 62, 383, 385, 387, 388, 390, 391, 392, 393, 394, 395, 396, 398, 399, 400, 401, 402, 422, 435, 493 Interpretativgesetz 118, 122, 128, 130, 136, 152, 490

389, 397, 458, 134,

Juden 57, 59, 61, 83, 91, 93, 94, 95, 111, 157, 194, 264, 270, 323, 490 Juristentag 1924 39, 81, 177, 189, 211, 214, 326 juristische Person 249 Kamin 65, 99, 308, 321, 384, 400, 408, 419 Keller 35, 36, 37, 70, 116, 224, 225, 266, 269, 286, 287, 288, 293, 294, 298, 304, 305, 307, 308, 318, 320, 332, 341, 342, 345, 346, 347, 353, 354, 374, 376, 394, 395, 396, 403, 404, 408, 409, 416, 419, 421 Kellereigentum 35 Kellerrecht 35, 36, 37, 73, 165, 289, 466 Kirche 265, 306, 358 Kläranlage 419 Kodifikationen 489 Konstitutionalismus 122 Krautbehältnis 304

Küche 274, 291, 296, 323, 332, 376, 416, 420 Küchenkasten 291 Kündigung 442 Lagerungsrechte 418 Landeskulturfonds 469 Landesverband freier Schweizer Arbeiter 209, 210, 245 Landwirtschaft 287, 304, 305, 401, 417, 418, 448, 467, 492 Lastenblatt, besonderes siehe Verbücherung Laubengänge 423 Laubenganghaus 224, 434 Lebensmitteleinlagerung 225 Leitungsrechte 419, 445 Lichteinfall 419 Liegenschaftsgröße 282 Loch 415 Luftraum 306, 408, 423 Maisässen 304 Maße 297, 343 Mauerdurchbruch siehe Mauern Mauern 308, 317, 318, 319, 384, 397, 403, 404 Miete 163, 191, 213, 215, 216, 218, 220, 255, 386, 428 Mieter-Aktiengesellschaft 174, 250, 251 Mieterschutz 176, 215, 216, 217, 218, 219, 220, 430, 434, 441, 442, 443, 447 Mietkommission 435 Mietrecht 42, 181, 182, 183, 184, 187, 191, 192, 202, 214, 215, 216, 217, 218, 219, 243, 246, 250, 255, 256, 386, 430, 491 Mindestgröße 35, 299, 300 Mitbenützung 378, 379, 380, 401, 414, 417, 423 Miteigentum 32, 77, 78, 79, 125, 129, 143, 164, 165, 166, 188, 198, 202, 203, 205, 207, 210, 226, 227, 228, 229, 230, 231, 232, 233, 236, 240, 243, 244, 245, 246, 247, 248, 254, 307, 309, 310, 311, 313, 314, 315, 316, 318, 319, 342, 361, 364, 366, 373, 374, 378, 380, 381, 382, 391, 402, 403, 404, 405, 413, 414, 415, 420, 428, 431, 45, 455, 456, 459, 460, 461, 462, 479, 481, 483, 487, 488

Sachregister Miteigentumsanteil siehe Miteigentum 487 Miteigentumstheorie 230, 231, 233, 241, 331, 381, 404, 405, 406, 413, 454, 455, 458, 491, 492, 494 Mittelflurhaus 291 Mobilität 221 Münster 301 Münsterbauhütte 301 Mutschierung 241 nachbarrechtliche Beschränkungen 412, 415, 423 Nationalcharakter 270 Neubegründung 201, 406, 407, 410, 412, 463, 476, 485, 496 Neubegründungsverbote 34, 59, 60, 82, 174, 273, 326, 404, 405, 406, 412, 454, 455, 459, 463, 479, 489, 490 Niveauunterschiede 293, 345, 346 Nutzung 301, 304, 305, 350, 379, 380, 397, 421, 492 Oerterung 241 Ofen 274, 421 Okkupation 456 Pandektistik 67, 70, 72, 74, 81, 96, 112, 114, 116, 126, 132, 134, 136, 142, 148, 166, 198, 239, 331, 490 Parzellierung 248 Pauperismus 85, 95, 490 Platzrecht 418 Preisausschreiben 225 Preßhäuser siehe Keller PRGB Zürich 172 Proletariat 86, 89, 91, 93, 94, 95, 109, 146, 147, 206 Quasieigentum 199 Quoten 374, 375, 376, 377, 387, 390, 391, 395, 397, 485 Raumbuch 328 Raumeinheiten 294, 295, 312 Raummangel 267, 268, 269, 270 Raumrecht 34, 328, 387 realgeteiltes Eigentum 34

573

Reallasten 227, 230, 389, 422, 448, 449, 477, 493 realrechtliche Verbindung 338, 358, 370, 423, 468, 474, 476 Realteilungsgebiet 259 Rechtslogik 68, 81, 117, 490 Rechtsnatur 226, 454, 487, 491, 494 rechtspolitische Handlungsmöglichkeiten 495 rechtspolitischer Ausblick 495 Rechtstatsachen 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 280, 282, 284, 286, 300, 303, 309, 311, 317, 319, 320, 322, 324, 356, 369, 375, 382, 388, 390, 400, 408, 413, 427, 428, 431, 439, 443, 448, 451, 453, 460, 467, 468, 484, 487, 488, 492 Rechtstatsachenforschung 43, 44, 46, 284, 493 Rechtstatsachenuntersuchung 34, 43, 46, 47, 48, 59, 280, 285, 294, 296, 300, 319, 320, 322, 323, 329, 356, 358, 360, 369, 370, 381, 382, 398, 408, 412, 413, 422, 427, 428, 431, 432, 439, 443, 448, 449, 453, 462, 463, 467, 468, 484, 491, 493 Regionalismus 122 Reglement 438 Reihenhaus 248, 496 Retraktrecht 426 Revisionskommission 437 Rückstellung 469 Ruhen der materiellen Teilung 457, 460, 462, 494 Sachbegriff 239 Sachverständige 260 Sächsisches BGB 73 SBZ 206 Scheidewände 79, 80, 106, 285, 295 Schenkungsvertrag 265 Schirnenrecht 30, 33, 63 Schule 306 Schweizerischer Juristenverein 210 Seitenflurhaus 291 Selbständigkeit einer Sache 239 Senkgrubenräumung 342 Servituten 124, 129, 174, 227, 230, 233, 252, 413 Seßhaftigkeit 181, 184, 221, 223

574

Sachregister

Siedlungswesen 221 Silberne Kapelle 358 Skizzen 142, 146, 158, 160, 161, 162, 340, 341, 342, 346, 349, 393, 473 Société d’actionnaires-locataires 174, 250 Société d’Études Législatives 177, 435, 458 Sondereigentum 227, 228, 229, 230, 233, 246 Sondereigentumstheorie 227, 228, 229, 230, 231, 234, 241, 381, 405, 406, 413, 454, 455, 456, 458, 478, 487, 488, 491, 492, 494 Sozialismus 167, 206, 222 Städtebau 213 Stammsitzliegenschaft 324 Stiegen 287, 293, 308, 319, 320, 321, 377, 380, 397, 414, 416, 423, 492 Streithäuser 429 Streitigkeiten 218, 225, 247, 307, 429, 430, 431, 432, 433, 434, 435, 436 Stubenofen 274, 421 Superädifikat 201 superficies solo cedit 38, 69, 73, 175, 191, 192, 232, 405 Superfiziarrecht 169, 170, 226, 233, 234, 236, 237, 238 Superfiziarrechtstheorie 232, 233, 234, 235, 236, 237, 238, 262, 309, 454, 491 Syndikus 438 Teilbarkeit einer Sache 239, 240 Teileigentum 242, 488, 491 Teileigentumstheorie 488, 491, 494 Teilnovelle 1916 81, 175 Teilung 62, 63, 64, 65, 70, 98, 99, 106, 126, 150, 174, 232, 239, 240, 258, 260, 262, 262, 267, 269, 275, 297, 373, 411, 422, 455 Teilungsbewilligung 80, 98, 99, 116, 300, 307 Teilungsklage 70, 71, 80, 163, 164, 229, 232, 233, 243, 244, 247, 310, 361, 373, 460, 478, 479, 482, 494 Teilungsverbot 64, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 94, 95, 97, 99, 100, 101, 102, 109, 110, 111, 113, 114, 116, 119, 120, 132, 142, 143, 147, 149, 158, 257, 261, 273, 330, 364, 371, 490

Tenne 266, 287, 297, 319, 321, 347, 376, 377, 379, 380, 390, 391, 397, 401, 414, 417, 420, 423, 492 Theater 267, 301, 422 Topographie 279, 280, 281, 392 Treuhänder 436, 437 Treuhandgesellschaft 439 Türme 303 Überfüllung 355 Übersichtlichkeit des Grundbuches 337 Übervölkerung 269, 270 Umbau siehe Veränderungen Umfassungsmauern 317, 318 Unmöglichkeit 81 Unterdach 348 Unterlassen 421 Urentwurf zum ABGB 75 Veränderungen 210, 264, 402, 403, 404, 405, 406, 407, 408, 409, 410, 411, 412, 422, 459 Verband schweizerischer Grundbuchsverwalter 209 Verbote 64 Verbücherung 36, 87, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 108, 110, 124, 125, 138, 139, 141, 155, 158, 159, 160, 161, 174, 183, 185, 289, 316, 326, 327, 328, 329, 330, 331, 332, 333, 334, 335, 336, 338, 341, 354, 366, 423, 449, 469, 471, 472, 487, 492, 493 Verbücherungsprobleme 342, 344, 347 Verein 249 Vereinigung 46, 47, 60, 63, 82, 83, 97, 98, 102, 119, 129, 132, 142, 155, 158, 226, 277, 329, 330, 335, 338, 352, 361, 366, 367, 377, 389, 407, 425, 426, 427, 444, 450, 451, 453, 454, 460, 462, 463, 464, 465, 466, 467, 468, 469, 470, 471, 472, 473, 474, 475, 476, 477, 478, 486, 494, 495 Vererblichkeit 244, 245, 254 Verfachbücher 137, 141 Vermietung 441, 443, 444 Versammlung der Raumeigentümer 437

Sachregister Versteigerung 84, 91, 132, 135, 155, 171, 193, 243, 263, 264, 370, 447, 450, 451, 466, 480, 481, 488 Vertikalteilung 45, 108, 156, 258, 285, 287, 369, 379, 380, 391, 407, 492 Verwaltung 166, 179, 189, 191, 193, 196, 198, 199, 247, 248, 254, 283, 403, 432, 434, 435, 436, 437, 438, 439, 440, 447, 494 Verwaltungsausschuß 439 Verwaltungsgesellschaften 223, 426, 438 Volksgemeinschaft 220, 224 Volksgesetzbuch 39, 186, 452 Volleigentum 230 Vorkaufsrecht 73, 169, 174, 185, 206, 245, 249, 254, 361, 424, 425, 426, 427, 452, 466, 475, 494 Vorkommen 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 61 Wachlokal 301 Wachstube 306 Waschanstalt 307 Waschhütte 303 Waschkessel 291, 322 Waschküche 224, 225, 291, 307, 322, 477 Wasserleitung 322 Wassermangel 269 Webstühle 303, 421 WEG (Berlin) 1951 206 WEG (Saarland) 1952 206 WEG 1948 198, 199, 200, 201, 247, 299, 303, 363, 365, 427, 438, 447, 482, 483 WEG 1951 206, 483 WEG 1975 248, 299, 427 WEG 2002 81, 299, 360, 486 Wetterhahn 308 Widmung 301, 303, 305, 408, 421, 492 Widmungsänderung 303 Widmungsbeschränkungen siehe Widmung Wiederaufbau 99, 157, 169, 197, 205, 213, 214, 222, 237, 254, 256, 384, 449, 452,

575

454, 457, 458, 459, 460, 461, 462, 463, 488 Wiederaufleben 456, 457, 460, 462, 488 Wirtschaftsgebäude 251, 268, 285, 287, 290, 304, 305, 325, 338, 343, 349, 376, 380, 393, 398, 401, 414 Wohnhaus Grüner Baum GmbH 355 Wohnrecht 244, 245, 255 Wohnungsablöse 192 Wohnungsamt (Wien) 189 Wohnungsanforderung 187 Wohnungsbauvereine 135 Wohnungseigentum 29, 35, 41, 48, 60, 61, 68, 171, 188, 191, 193, 196, 197, 198, 199, 200, 201, 202, 205, 206, 209, 210, 223, 225, 228, 245, 246, 248, 256, 257, 284, 286, 298, 299, 308, 319, 336, 342, 350, 351, 359, 360, 363, 364, 365, 366, 367, 374, 383, 400, 409, 410, 427, 432, 439, 440, 441, 442, 443, 446, 447, 461, 474, 483, 484, 485, 486, 488, 491, 493, 494, 496 Wohnungseigentum an materiellen Anteilen siehe Wohnungseigentum Wohnungseigentumsorganisatoren 427 Wohnungsgenossenschaften 135 Wohnungsgesellschaften 196, 437 Wohnungsinspektion 197 Wohnungsnot 176, 187, 211, 212, 490 Wohnungsrecht 213, 254, 255, 474 Zahl der materiellen Anteile 283, 284, 285 Zentralheizung 308, 321 Zentraljustizamt 204, 205, 214, 271, 431, 439 Zerstörung 454, 455, 456, 457, 458, 460, 462 Zerstückung 82, 86, 87 ZGB 29, 40, 74, 171, 173, 174, 207, 209, 210, 244, 245, 465, 483, 489, 491 Zimmerrecht 30, 289 Zwangsversteigerung siehe Versteigerung