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German Pages 167 [172] Year 1949
SOKRATIKON HANDWÖRTERBUCH DER PHILOSOPHIE NACH PERSONEN
Erste Lieferung
W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. / B E R L I N 1948 vormals G. J. Göschensche Verlagshandlung / J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer / Karl J.Triibner / Veit & Comp.
D e r K a u f d e r 1. L i e f e r u n g v e r p f l i c h t e t z u r A b n a h m e d e s g a n z e n W e r k e s
SOKRATIKON
SOKRATIKON HANDWÖRTERBUCH DER P H I L O S O P H I E NACH PERSONEN
E R S T E R BAND
WALTER DE G R U Y T E R & CO. / BERLIN 1948 vormals G. J. Göschensche Verlagshandlung / J.Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg ileimer / Karl J.Trübner / Veit & Comp.
A r c h i v - N r . 42, 46, 48 P r i n t e d in G e r m a n y Druck: Gerhard
S t a l l i n g AG,, O l d e n b u r g
(Oldb)
Vorwort Im Jahre 1912 erschien zum ersten Mal aus der Feder von Dr. Rudolf Eisler, dem Verfasser des „Lexikon der philosophischen Begriffe", im Verlag E. S. Mittler u. Sohn ein Philosophen-Lexikon. Seit 1924 war dieses Werk vergriffen, jedoch konnte es zunächst nicht neu bearbeitet werden, da der Verfasser im Jahre 1926 verstarb. Als indessen in den folgenden Jahren auch von anderer Seite ein ähnliches Unternehmen nicht verwirklicht wurde, entschloß sich der Verlag, das Philosophen-Lexikon durch einen anderen Autor wieder herausgeben zu lassen. Hierbei stellte es sich als notwendig heraus, den T e x t vollkommen neu zu gestalten, da das Buch in seiner ersten Fassung unlösbar mit dem philosophischen Denken seines Verfassers verbunden war und in so charakteristischer Weise den Geist seiner Zeit ausprägte, daß es durch Änderungen im einzelnen nur seine Vorzüge verloren hätte, ohne darum besser den wesentlich gewandelten Aufgaben genügen zu können, die eine andere Zeit jetzt stellte. Dr. Eugen Hauer übernahm im Jahre 1931 den Auftrag, das PhilosophenLexikon völlig neu zu verfassen, und entwarf den T e x t in seinen Grundzügen nach zeitlicher Ordnung bis zur Darstellung der Hegelschen Philosophie. Es war ihm jedoch nicht vergönnt, seine Entwürfe auszuführen und sein Werk abzuschließen. Er erlag im Sommer 1933 einem schweren Leiden, Die Arbeiten ruhten seitdem, bis der Unterzeichnete sie übernahm. Die aus der Feder von Dr. Hauer stammenden Handschriften sind umgearbeitet und ergänzt in die vorliegende Fassung eingegangen. Über die Absicht des Werkes und die Art, wie danach gestrebt wurde, sie zu verwirklichen, unterrichtet das Vorwort vom Januar 1937 mit folgenden Ausführungen: Der Zweck des Buches, auch dem nicht fachlich mit der Philosophie dauernd Verbundenen geistigen Menschen unserer Zeit ein zuverlässiges und verständliches Nachschlagewerk in die Hand zu geben, hat es mit sich gebracht, daß der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts und vor allem dem 20. Jahrhundert ein überwiegender Teil der Darstellung eingeräumt wurde. Weit mehr als die Hälfte des Raumes gehört der Zeit nach Hegel, da gerade über diese Epoche bis in unsere Zeit hinein sachlich eingehende und leicht zu verwendende Uberblicke und zusammenfassende Forschungen sehr wenig zu finden sind. Die Darstellung der Philosophie der lebenden deutschen Philosophen wurde dadurch bedeutend gefördert, daß der Verlag an fast 700 deutsche Philosophen Rundfragen sandte, durch die die wichtigsten Lebensdaten, die entscheidenden Wesenszüge ihrer Philosophie, Verzeichnis der Werke und der über diese erschienenen Schriften von den Autoren selbst festgestellt werden sollten. Es gingen über 600 Antworten ein, so daß für die deutschen Philosophen der jüngsten Zeit zuverlässige Angaben über Lebens-
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Vorwort
lauf, erschienene Werke und meist auch philosophische Grundabsicht hier veröffentlicht werden können. Einige Philosophen haben für das Lexikon knappe Darstellungen der eigenen Philosophie verfaßt, die dankbar übernommen wurden und als solche gekenhzeichnet sind. In den Fällen, in denen die Autoren darauf verzichtet haben, Angaben über ihre sachlichen Absichten zu machen, wurde in der Regel nur eine knappe Kennzeichnung ihrer Stellung ohne systematische Charakteristik gegeben, um die Denker nicht auf bisher veröffentlichte Gedanken festzulegen, die vielleicht schon überholt sind oder der ganzen Weite ihrer Lehren nicht entsprechen. Die Philosophie des Auslandes wurde in ihren heute hervorragenden Vertretern und außerdem in den Denkern dargestellt, die auf die deutsche Gedankenwelt Einfluß gewonnen haben oder mit ihr in besonders lebendigem Zusammenhang sind. Vollständigkeit im Erfassen aller wesentlichen philosophischen Erscheinungen zu erreichen, war zwar das Leitziel des Verfassers, jedoch ist er sich der unvermeidlichen Grenzen in seiner Verwirklichung bewußt. Die Aufgabe, die sich das Lexikon im ganzen gestellt hat, ist nach Anlage und Ausführung: die reiche Gedankenwelt der Philosophie, die wesentlich mit den Persönlichkeiten der Philosophen verbunden ist, von ihren Schöpfern her zu erschließen und von ihnen aus übersehbar und möglichst leicht zugänglich zu machen. Über Lebensschicksal und Werk, Widerhall und Nachwirkung soll der Leser eine dem gegenwärtigen Stande des Wissens entsprechende schnelle Auskunft erhalten, Die Darstellung hat sich bemüht, in keiner Richtung Werturteile zu fällen und sich in der Auswahl und Wiedergabe nicht von Bewertungen leiten zu lassen., Sie ist bestrebt, den philosophischen Gehalt der Lehren in seiner Tiefe und Fülle soweit zu erfassen, wie dies für die notwendig knappe Textgestaltung eines Lexikons möglich ist. Für den weiter Forschenden wurden die wichtigsten neueren monographischen Untersuchungen über einzelne Denker und Richtungen in einem von dem Verzeichnis der philosophischen Werke getrennten Literaturnachweis zusammengestellt. Verlag und Bearbeiter hoffen damit dem Fachmann eine Hilfe zu schneller Orientierung, dem Studierenden eine Einführung und dem an der Philosophie interessierten Leser aus allen Provinzen der weiten geistigen Welt die Möglichkeit eines raschen und zuverlässigen Einblickes zu vermitteln . . . Sehr zu Dank verbunden bin ich allen Autoren, die durch eine Selbstdarstellung das Bild der gegenwärtigen Philosophie farbiger und lebendiger gestaltet oder mir durch ihre Angaben die Arbeit erleichtert haben. Besonderen Dank schulde ich Fräulein Dr, Gertrud Jung für ihre wertvolle Mitarbeit. Sie hat das Lexikon um eine größere Anzahl von Darstellungen aus ihr besonders vertrauten Gebieten der Geschichte der Philosophie bereichert und die Einzelangaben des ganzen Werkes einer letzten Überprüfung und Ergänzung unterzogen. — Nachdem das Werk fast fertig ausgedruckt war und mit sechs ausgegebener! Lieferungen zu einem erheblichen Teil zu erscheinen begonnen hatte, stellte der Verlag auf einen politisch formulierten Einspruch von
Vorwort
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autorisierter Stelle hin im Einvernehmen mit dieser Stelle ohne Wissen des Herausgebers die weitere Veröffentlichung des Werkes ein. Da dem Herausgeber ein Exemplar des fast fertig ausgedruckten Textes erhalten geblieben war, glaubte er das Werk unter gewandelten Voraussetzungen einem anderen Verlag anbieten zu sollen, um es seiner sachlichen Absicht entsprechend der wissenschaftlichen und wissenschaftlich interessierten Welt dienstbar machen zu können. Der Verlag Walter de Gruyter u. Co. hat es in dankenswerter Weise übernommen, das umfangreiche Buch trotz der gegenwärtig bestehenden großen Schwierigkeiten unter seine ersten größeren Publikationen nach dem zweiten Weltkrieg aufzunehmen. Der Text des Philosophen-Lexikons wird unverändert so dargeboten, wie er vor mehr als zehn Jahren zuerst ausgedruckt worden war. Abgesehen davon, daß die gegenwärtigen Umstände eine neue Bearbeitung noch nicht wieder möglich machen, erhoffen sich Verlag und Herausgeber von dieser Form der Veröffentlichung des Buches, daß sie dazu beitragen möge, über mancherlei Störungen der wissenschaftlichen Arbeit und einige Trübungen der sachlichen Haltung, wie sie für die Darstellung gerade auch zeitlich nahestehender Erscheinungen des Geisteslebens unerläßlich ist, hinweg eine Brücke in eine Zukunft hinein schlagen zu helfen, die der großen Tradition wieder würdiger sein wird. Die Verurteilung des Werkes im Jahre 1937 war damit begründet worden, die „ganze Aufmachung des Philosophen-Lexikons" sei so, „als wäre ein 30. Januar 1933 auf dem Gebiet einer so stark mit Weltanschauung verbundenen Wissenschaft wie der Philosophie völlig bedeutungslos." Im Sinne der so gerügten von ihm und seiner Mitarbeiterin erstrebten stetigen Sachlichkeit des Denkens, wüßte der Herausgeber sich für die erneute Veröffentlichung dieses Buches keinen größeren Erfolg zu wünschen, als daß es an seinem bescheidenen Teil dazu beitragen möge, die geistigen Bemühungen auf dem Gebiete der Philosophie in unserem so schwer getroffenen Land zu ermutigen und anzuregen, sie in ihrer lebendigen Wechselwirkung mit der Philosophie aller Völker zu stärken und sie in die geistige Gemeinschaft der Weltphilosophie zurückzuführen, aus der sie während einer schließlich doch nur kurzen Zeit herausgerissen worden waren. Die Verzeichnisse der Schriften der Philosophen und der Literatur über die dargestellten Denker konnte der Herausgeber dank besonderen Entgegenkommens der Deutschen Bücherei in Leipzig, soweit es sich um Publikationen in deutscher Sprache handelt, bis auf den Stand des Jahres 1945 ergänzen. Die Angaben über außerdeutsches Schrifttum konnten ebenfalls über den Stand von 1937 hinaus erweitert werden. Hierfür erhoffen wir uns künftighin noch bessere Gelegenheiten in dem Maße, in dem es wieder möglich sein \yird, das Geistesgut aller Völker und die Entwicklung der wissenschaftlichen Arbeit der Gelehrten aller Nationen zu studieren. Insbesondere sind wir dankbar für alle Anregungen zur Ausgestaltung des Werkes. Werner Ziegenfuß Dr. phil. habil.
A. Aall, Anathon, 1867 bis 1943 in Norwegen, Professor in Oslo. Aall gewinnt die ursprünglichen Antriebe seines Philosophierens im Konflikt zwischen dem Abfeolutheitsanspruch des Christentums und den Ergebnissen einer kritischen Betrachtung der Theologie. Eindrucksvoll waren ihm auch die Schriften von Lotze, Spencer, Höffding, daneben die sozialen Dramen Ibsens. Auch dem Einfluß der naturwissenschaftlichen Philosophie seiner Zeit entzog er sich nicht. Sein eigener Standpunkt allerdings ist entschieden von der idealistischen Tradition bestimmt, vor allem Piaton und Kierkegaard beschäftigten ihn frühzeitig. In den J a h r e n 1894 bis 1899 widmete er sich dem ersten größeren Werk, einer „Ideengeschichte" des Logosbegriffs in der griechischen Philosophie und in der früheren christlichen Literatur. Ein Konflikt mit der offiziellen Theologie ließ sich nicht vermeiden. Ein Versuch der Habilitation an 'der Universität zii Kristiania scheiterte daran. Nach Abschluß seiner Universitätsexamina hatte er drei J a h r e auf Reisen in Deutschland, Frankreich und England zugebracht. 1900 kam er von England nach Berlin und studierte unter C. Stumpf und Fr. Schumann experimentelle Psychologie, außerdem Rechtswissenschaft. Eine Studie über Macht und Pflicht wurde in monistischem Geist abgefaßt. 1904 habilitierte sich Aall in Halle und studierte weiter noch experimentelle Psychologie bei Wundt und Krüger. Vorlesungen über Ibsen führten zur Klärung der Bedeutung des Dichtwerkes für die Philosophie eines Volkes. An eigenen psychologischen Untersuchungen veröffentlichte er Studien über Traum und Gedächtnis. Die im engeren Sinn philosophischen Interessen Aalls gelten der Philosophie in der Geschichte und der Daseinsphilosophie. Die Philosophie wird von ihm in die Geschichte selbst hineinverlegt, so daß seine Betrachtung der Geschichte der Philosophie zur Philosophie der Philosophiegeschichte wird. E r bettet das philosophische Denken in die geographische, soziale, politische und technologische Raum - Zeit -.Lage ein. Die kritische Daseinslehre hat an der Psychologie ihren Ausgangspunkt. Für diese ist jedes Seelenleben nur in aktuellen Betätigungen gegeben und jedes neue psychische Phänomen nur im Zusammenhang mit dem Ganzen der bisherigen. Aall stellt außerdem ein Mittelfeld fest zwischen dem Seelischen und Nichtseelischen, in dem das Seelische selbst, in inniger Verbundenheit mit dem physiologischen Leben, seinen eigentlichen Ursprungsort hat. Von der Psychologie leiten einige Feststellungen zur kritischen Daseinsphilosophie über, wie diese: „Durch die Pforte der Sinne gehen uns Eindrücke zu, deren Summe die Wirklichkeit für uns bedeutet, ergänzt durch die logische Tätigkeit des Vorstellungslebens." „Durch den Raumsinn spricht sich die Seele als Lehrer der Metaphysik aus." Als gewiß gilt, daß der Raum entsprechend den subjektiv erfaßbaren Raumwerten als kosmophysische Größe existiert. Ähnlich ist das Existieren von Zeit und Bewegung zu erschließen. Bei aller starken Verbindung von S e e lischem und Leiblichem und bei der innigen Beziehung des Seelischen zum Kosmos bleibt die Einheit von Seele und Körper, Geist und Materie nur funktionell. Wir wissen nur von Spezialäußerungen der Bewußtseinsqualitäten. Der Reichtum an diesen freilich spiegelt-ein Grundverhältnis der Wirklichkeit ab. Von diesem Standpunkt aus begründet sich für Aall eine pluralistische Weltauffassung. S c h r i f t e n : Der Logos, 2 Bde., 1896 u. 1899. — Macht und Pflicht. Eine natur- und rechtsphilosoph. Untersuchung. 1902. — Henrik Ibsen als Dichter und Denker, 1906. — Philosophen-Lexikon
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Aars — Abaelard
Sokrates — Gegner oder Anhänger der Sophistik, in: Philosophische Abh. Max Heinze zum 70. Geburtstag, 1906. — Logik. 4. Aufl. 1926 (Oslo). — Philosophie in Dänemark und Norwegen, in: Überweg, Grundriß, 4. Teil, 1928. — Selbstdarstellung in: Philos. d. Gegenw. in Selbstdarst., Bd. V, 1924.
Aars, K. Birch-Reichenwald, geb. 1868, Privatdozent in Oslo, gest. 1917. S c h r i f t e n : Die Autonomie der Moral, 1896. — Die Erwartung, in: Ztschr. f. Psychol., 1900. — Zur psychologischen Analyse der Welt, 1900. — Zur Bestimmung des Verhältnisses zwischen Erkenntnistheorie u. Psychologie, in: Ztschr. f. Philos. u, philos. Krit., 1903. — Pragmatismus und Empirismus, ebenda, 1909. — L a nature de la pensée logique, in: Rev. de Métaph. et de Morale, 1909. — Haben die Naturgesetze Wirklichkeit? 1907. — Gut und Böse. Zur Psychol. d. Moralgefühle, 1907. — Analyse de l'idée de la morale, 1899. — Die Idee. Zum Ursprung des Gedankens, 1911.
Abaelard (Abeilard, Abeillard, Abelard), Peter, geb. 1079 in dem Flecken Paletz oder Palet oder Palais bei Nantes (daher Doctor Palatinus), gest. 21. April 1142. A. ist Schüler des Roscelin ünd des Wilhelm von Champeaux. Er lehrte in eigner Schule zu Melun, Corbeil und Paris, wo er 1113 die Leitung der Schule von Notre Dame übernahm. Nach dem unglücklichen Ausgang seines Liebesverhältnisses zu Héloise, der Nichte des Kanonikus Fulbert, ging A. als Mönch in die Abtei St, Denis. Eine große Zahl von Anhängern und Schülern folgte ihm in die Einöde bei Nogent sur Seine und sie bauten dort das Kloster zum Parakleten. Er verließ es plötzlich und wurde 1125 Abt von St. Gildas zu Rhuys in der Bretagne. Infolge Streites mit den Mönchen gab er sein Amt bereits wieder nach vier Jahren auf; zwischen 1136 und 1140 lehrte er auf dem Genovefaberge, 1141 wurde er erneut verurteilt, diesmal auf dem Konzil zu Sens. Die letzten beiden Lebensjahre verbrachte er bei dem Abt Petrus Venerabilis zu Cluny und in der Priorei St. Marcel sur Saòne. Im Universalienstreit vertritt A. unter Hinneigung zum Nominalismus den sogenannten K o n z e p t u a l i s m u s . Er rückte von der Auffassung seines Lehrers Roscelin, der das Universale als Vox bezeichnet hatte, ab, indem er dessen Formel in das „Universale est sermo" umwandelte. Die Allgemeinheit kommt danach in der Bedeutung (Significatio) des Wortes zum Ausdruck, sie liegt also in dem Conceptus oder Intellectus; das Genus hat dabei eine Grundlage in den realen Dingen selbst. Die Bedeutung in dem von A. gemeinten Sinne ist dabei nicht die eines objektiven logischen Gehaltes, sondern ohne jeden realistischen Charakter durch menschliche Konvention festgesetzt. Die Universalia werden durch Abstraktion gebildet; diese ist eine Methode der Vernunft, bestimmte einzelne Merkmale begrifflich zu isolieren, wobei dieser begrifflichen Isolierung eine reale nicht entspricht. Die Abstraktion verändert infolgedessen die Sache gegenüber ihrem Sein in der Wirklichkeit. Hier kommt A. zu der Formel, daß der Modus intelligendi ein anderer ist als der Modus subsistendi. Daß ferner die Universalia sich auf eine Vielheit von Individuen beziehen können, beruht nach A. dementsprechend darauf, daß die Einzeldinge teilweise in ihrer Natur miteinander übereinstimmen, wobei er ausdrücklich die Bildung einer logischen Res als ideellen und zugleich realen Grundes der Übereinstimmung der Einzeldinge ablehnt. Dies ist jedoch nicht im Sinne eines fextremen Nominalismus gemeint. A. will im Gegenteil diese Ansicht mit der platonischen Ideenlehre in Beziehung setzen. Freilich teilte er die abgeblaßte Auffassung von den platonischen Ideen, wie sie allgemein von den christlichen Theoretikern vertreten wurde; die Ideen besitzen nicht mehr die Substanzialität von Wesenheiten, die Piaton ihnen beigelegt hatte, sondern sind Begriffsinhalte, Conceptus, die Gott vor Erschaffung der Dinge gebildet hatte und nach denen er die Dinge erschuf.
Abaelard
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Mit vielen unter den christlichen Apologeten beschränkt A. die Gotteserkenntnis nicht allein auf die Christen, sondern nimmt sie auch für die Heiden und besonders für die griechischen Philosophen an. Freilich, die Klarheit und Höhe der christlichen Gotteserkenntnis können diese nicht erreichen. Wie Augustin, so nimmt auch A. an, daß Piaton unter den heidnischen Philosophen dem Christentum am nächsten gestanden habe, und parallelisiert die platonische Lehre von dem Einen Guten, dem Nous und der Weltseele mit der christlichen Lehre von der Trinität. Infolge der Anklage des Bernhard von Clairvaux, der die Nebeneinanderstellung der platonischen Weltseele und des Heiligen Geistes als Häresie verdächtigte, widerrief A. diese Darstellung und neigte nunmehr stärker zu einem M o d a l i s m u s , der die drei Personen des göttlichen Wesens als Attribute (Macht, Weisheit und Güte) auffaßte. Er konnte sich hierfür besonders an Augustin anschließen, der mit Nachdruck das Moment der Zeitlichkeit in dem Verhältnis des göttlichen Wesens und der drei göttlichen Personen abgelehnt hatte; bei der früheren Auffassung der Trinität, in der sie mit der platonischen Kosmologie parallelisiert worden war, wurde durch den zeitlichen Hervorgang der Seele aus dem Nous die zeitlose Einheit der Triilität bedroht. Für die Darstellung der Trinität verwendete A. in dieser späteren Zeit das Gleichnis vom Siegel; an diesem und seiner Wirksamkeit seien ebenfalls drei Momente unterscheidbar; es bedürfe zunächst des Erzes, sodann der Form, durch die das Erz erst zum Siegel wird, schließlich der Wirksamkeit des Siegels im Akte des Siegeins. Hierin ist aber bereits in gewissem Gegensatz zu der modalistischen Auffassungsweise der Trinität eine U n t e r o r d n u n g s l e h r e gegeben, und in der Tat definiert A. (in Theol. 1,10 994 B.) die göttliche Weisheit (den Sohn) als eine bestimmte göttliche Macht, mit Hilfe deren Gott alles vollkommen entscheiden und erkennen kann, so dfiß er nicht zu irren vermag, und den Geist als die Güte Gottes, in deren Setzung Gott noch stärker seiner Macht entsagt und nur noch seinem Willen Verwirklichung gibt, alles zum Besten zu wenden. Denkt man bei der Weltschöpfung allein an Gottes Macht, so muß man zugeben, daß die Schöpfung auch anders sein könnte als sie ist; berücksichtigt man jedoch, daß Gottes Macht und die im Sohne personifizierte Weisheit eine Einheit sind, so wird dieser Gedanke hinfällig, die Welt kann nicht anders geschaffen werden als sie ist, sie ist also die beste, die von Gott überhaupt geschaffen werden konnte. Für die Ethik hat A. darum Bedeutung, weil er mit großer Klarheit die Gesinnung als den Gegenstand der sittlichen Beurteilung bezeichnete. Das Werk oder die Handlung selbst sagen über die Sittlichkeit noch nichts aus, Das Gute ist zu lieben und das Böse zu hassen, nicht aus Furcht vor Strafe, sondern aus Liebe zur Tugend, Tugend aber ist die Verhaltungsweise, welche zur Erlangung des höchsten Gutes führt. Dieses muß gemäß der christlichen Überzeugung des A. Gott sein; der Mensch erlangt die Gemeinschaft mit ihm durch die Liebe, die ihn zu Gott bringt. Das größte Übel ist darum: der Haß gegen Gott, durch den sich der Mensch selbst von Gott scheidet. — Der Unterschied zwischen den bloß fehlerhaften Handlungen und den wirklich bösen, die sündhaft sind, liegt in der Stellung des Gewissens zu den beabsichtigten Handlungen. Ist ein Fehlerhaftes als solches erkannt und erfolgt es dennoch, also gegen das Gewissen, dann ist die Handlung Sünde, weil die' Zustimmung zum Bösen Verachtung Gottes ist. Obwohl der Mensch einen Hang zur Sünde, das ist zur Verachtung Gottes, hat, kann er dennoch tugendhaft sein; denn er kann den Hang zum Bösen bekämpfen, wenn dieser Kampf auch größte Anstrengung erfordert.'— Der theonomische Charakter dieser Ethik A.s kommt in besonderer Schärfe und Deutlichkeit in der These zum Ausdruck, daß das Kriterium der Unterscheidung des guten und des bösen l"
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Abbt — Abs
Handelns allein in der freien Willensentscheidung Gottes liegt, so daß sogar das als gut getan werden müßte, das dem Menschen als das schlechteste erscheint, wofern Gott dieses als gut bestimmt hätte. S c h r i f t e n : De unitate et trinitate, ed. Stölzle, 1891. — Theologia Christiania, 1353. — Sic et non. — Scito te ipsum. — Gesamtausg. V. Cousin, Pétri A b a e l a r d i opéra I, Paris 1849, II, Paris 1859. — Migne, Patrologia latina, 178, Paris. — Philosophische Schriften, hrsg. von B. Geyer, 3 Bde., Münster 1919—1932, in: Beiträge z, Gesch. der Philos, des Mittelalters, 21, — B. Geyer, Ecrits philosophiques inédits des A., Band II, M ü n s t e r 1933. — Theol. summi boni, hrsg. v. H. Ostlender, 1939. L i t e r a t u r : A. Hausrath, P e t e r Abaelard, 1893. — M. Grabmann, D. Gesch. d. schol. Methode, Freibg. 1911, II 168—229. — B. Geyer, D. Stellg. A.s i. d. Universalienfrage nach neuen hds, Text., 1. Baeumkerfestschr. Suppl. I d. Beiträg. z. Gesch. d. Philos, d. Mittelalt., Münst. 1913, 101—127. — Mc Cabe, J o s e p h , P. A., New York 1901. — Moore, George, Héloïse and Abélard, 2 Bde., London 1921. — Hesse, Theodor, Gottes Liebesoffenbarung als Begründung der menschl. Liebesgerechtigkeit bei A., Diss., Basel 1939.
Abbt, Thomas, geb. 25. November 1738 in Ulm, gest. 3. November 1766 in Bückeburg, 1758 Privatdozent in Halle, 1760 a. o. Prof. der Philosophie in Frankfurt, 1761 für Mathematik in Rinteln. 1765 Konsistorialrat in Bückeburg. Popularphilosoph der Aufklärung, mit Mendelssohn befreundet. A. befaßte sich vor allem mit Fragen der Methode der Geschichtswissenschaft sowie mit charakterologischer Psychologie. Er war ein ausgezeichneter Patriot, der für die Anerkennung der Idee des Vaterlandes sich kraftvoll einsetzte. S c h r i f t e n : Vom Tode f ü r das Vaterland, Bln. 1761. — Vom Verdienste, Bln. 1765. — Geschichte des menschlichen Geschlechts, . . . Alte Historie, Halle 1766. — Vermischte Sehr., hrsg. v. Nicolai, Bln. 1772—81, 6 Teile. L i t e r a t u r : Herder über Th. A., 1768. — A. Bender, Th. A., Bonn 1922. — G e r t r u d Brück, Die Bedeutung J u s t u s Mosers für das L e b e n und D e n k e n Thomas Abbts, W ü r z burg 1937. — Hans-Joachim Koerber, Die Staatsanschauung Th. A b b t s als Beispiel f ü r die Möglichkeiten deutschen S t a a t s d e n k e n s im achtzehnten J a h r h u n d e r t , Königsberg 1941.
Abel, Jakob Friedrich von, geb. 9. Mai 1751 in Vaihingen, gest. 1. Juli 1829, 1790 Prof. in Tübingen. Gegner Kants. Lehrer Schillers auf der Karisschule. S c h r i f t e n : Einleitung in die Seelenlehre, 1786. — Über die Quellen der menschlichen Vorstellungen, 1786. — Versuch über die Natur der speculativen Vernunft. 1787. L i t e r a t u r : F. Aders, J . Fr. Abel als Philosoph. 1893.
Abicht, Johann Heinrich, 1762 bis 1816, Professor in Erlangen, später in Wilna. Anhänger der Kantischen Philosophie, Rechtsphilosoph. S c h r i f t e n : Vers, einer krit. Unters, üb. d, Willensgeschäft, 1788. — Neues System ein. philos. Tugendlehre, 1798. — Syst. d. Elementarphilos., 1795. — Verbesserte Logik, 1802. — Enzyklopädie der Philosophie, 1804.
Abraham ben David. Jüdischer Philosoph des 12. Jahrhunderts aus Toledo. Gegner des Neuplatonismus, für Aristoteles. Schriften: setzung 1852.
Emunah Raah (der erhabene Glaube),
1160. Mit deutscher
Über-
Abs, Josef, geb. 20. Jan. 1880 in Öspel. Legt das Ordensexamen der PP Kapuziner in scholastischer Philosophie und Theologie ab und wird in Indien Bibliothekar ufod Missionar. 1914 Ruf an die Universität Kalkutta, S c h r i f t e n : Indiens Religion der Sanatama Dharma, 1923. — Zur Kritik der h e t e r o d o x e n . Philosophiesysteme in den Pranas, in: Festschrift für J a c o b i von Kirfel. — Some early Buddhistic T e x t s in relation to the Philosophy of Materialism in India, in: Actes du Congrès International des Orientalistes, Leiden 1932.
Abubacer — Adam
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Abubacer (Ibn Tofail), geb. um 1100 zu Wadi-Asch (Guadix) in Spanien, gest. 1185. Arabischer Philosoph, Anhänger des Avempace, Hauptwerk „Der Lebende, der Sohn des Wachenden". Wie in der Schrift des Avempace „Leitung des Einsamen" wird in dem in der Form eines Romans geschriebenen Werke die Entfaltung der intellektuellen Fähigkeiten des Menschen von dem Befangensein in der Materialität bis zur Erkenntnis und Gemeinschaft Gottes dargestellt. Dabei bringt A. dadurch, daß er den Entwicklungsgang an einem Menschen schildert, der einsam auf einer Insel aufwächst, zum Ausdruck, daß er die geschichtlichen und kulturellen Bindungen für die menschliche Entwicklung für unwesentlich hält, die mithin allein von der Gottheit begonnen und weitergeführt wird. In der E k s t a s e , welche die Vereinigung mit Gott bringt, hört die Erfahrungswelt und ihre Mannigfaltigkeit auf zu existieren, da sie überhaupt nur für die sinnliche Erfahrung vorhanden ist, und alles verschmilzt zu dem Einen Gott. S c h r i f t e n : I, T., D. Erwach, d. Seele, übers: u. eingel. von P. Brönnle. — El filosofo autodidacto, trad. del árabe por D. F r . Pons Boigues, con un prólogo de Menéndez y Pelayo, Zaragoza 1900. L i t e r a t u r : Ferd. Burchard, T.s Naturmensch u. Rousseaus Emil, Programm d. Semin. Löbau, 1877—1879. — L. Gauthier, I. T., Paris 1909.
Ach, Narziss, geb. 29. Oktober 1871 in Ermershausen, Privatdozent in Göttingen 1902, in Marburg 1904. Professor in Berlin 1906. Ord. Professor in Königsberg 1907, in Göttingen 1922. S c h r i f t e n : Uber die Beeinflussung der Auffassungsfähigkeit durch einige Arzneimittel, 1900. — Über die Willenstätigkeit und das Denken, 1905. — Über den Willensakt und das Temperament, 1910, — Replik, 1911. — Über den Willen, 1910. — Serienmethodfe, 1912. — Über die Erkenntnis a priori, insbesondere i. d. Arithmetik, 1913. — Über die Begriffsbildung, 1921. — Beiträge zur Lehre von der Perseveration, 1926. — Über die Objektion . . . . 1930. — Über die Determinationspsychologie, 1933. — Analyse des Willens, Berlin 1935, in: Handbuch d. biol. Arbeitsmethoden v. Abderhalden, Abt. 6.
Achelis, Thomas, geb. 17. Juni 1850 in Gröpelingen bei Bremen, gest. 17. Juni 1909 auf Capri. S c h r i f t e n : Ethik, 1898. — Soziologie, 1899; 2. Aufl. 1908. — Vergleichende R e ligionswissenschaft, 1904. — Die philosophische Bedeutung der Ethnologie, 1903. — Das Zweckprinzip in der modernen Philosophie, in: Arch, f. d. Gesch. d. Philos., IV. — F r . Nietzsche, 1895. — H. Steinthal, 1898. — M. Lazarus, 1900.
Achelis, Werner, geb. 19. April 1897 in Berlin, Dr. phil. S c h r i f t e n : Die Deutung Augustins (Analyse seines geistigen Schaffens auf Grund seiner erotischen Struktur), 1921. — D. philos. Reichweite d. Graphologie, K e t t wig 1925, in: Proteus, N. F . H. 2. — Das Problem des Traumes (eine philosophische A b handlung), 1928. — Principia Mundi Bd. I, 1930.
Achillini, Alexander, geb. 29. Oktober 1463 in Bologna, gest. um 1518. Lehrte Philosophie und Medizin in Padua und Bologna. Er bekämpfte vom averroistischen Aristotelismus aus die platonische Philosophie, besonders die Ideenlehre. Es gibt in der Natur als Form in der Materie liegende Allgemeinheiten, die natürlichen Universalien. S c h r i f t e n : Opera Venet. 1545, 1568.
Adam, Charles Ernest, geb. 1857, Rektor der Universität Nancy. S c h r i f t e n : Essai sur le jugement esthétique, 1885. — Études sur les principaux philosophes, 1903. — La philosophie en France, 1894. — Herausg. gemeins. m. Tannéry: Oeuvres de Descartes, darin von Adam: Víe et oeuvres de Descartes, T. 12, Paris 1910.
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Adam von Marsh — Adickes
Adam yon Marsh (de Marisco), gest. 1258, Franziskaner, 1247/48 Magister regens an der Universität Oxford. A. wurde von Roger Bacon hochgeschätzt; dieser ließ ihm auch wegen seiner mathematischen Kenntnisse große Anerkennung zuteil werden. Außer seinen wertvollen Briefen ist nichts von ihm herausgegeben. L i t e r a t u r : Reinh. Pauli, Bischof Grosseteste u. A. v. M., 1864. — Brewer, Monumenta franciscana I, Préface LXXVI—CI.
Adam Wodham, gest. 1358, unmittelbarer Schüler Occams, Franziskaner. Adamson, Robert, geb. 1852 zu Edinburgh, gest. 1902. 1876 Professor der Philosophie in Manchester, 1893 in Aberdeen, 1895 Professor der Logik in Glasgow. Kritischer Empirist und Realist. A. greift entschieden auf die Lehre Kants zurück und sucht die Kantischen Probleme weiterzuführen. E r unterscheidet besonders die psychologischen Phänomene von den erkenntnistheoretisch zu deutenden. Der Erkenntnislehre legt er zwei Prinzipien zugrunde. 1. Die Unterscheidung von Vorstellungsinhalt und Akt des Vorstellens wird vollzogen gegenüber einer einheitlichen Tatsache, dem Akt des Vorstellens selbst. 2. Erscheinungen haben Existenz und werden durch Bewußtseinszustände hindurch erkannt, denen kein eigener Existenzmodus zukommt. S c h r i f t e n : Roger Bacon, An Address, 1876. — On the Philosophy of Kant, Edinburgh 1879, deutsch Leipzig 1880. — Fichte, 1881 u. 1908. — The Development of Modern Philosophy, ed. by W . R. Sorley and R. P. Hardie, Lond. u. Edinburgh, 1903. — A short Hist. of Logic, ed. by R. Sorley, Lond. u. Edinb. 1911. — Schopenhauers Philos., in: Mind, 1, 1876. — Sullys Psych., ebenda, 1884. — Lotzes Logic, «benda, 1885. — Lotzes Metaph., ebenda. — Riehl on Philos. Qriticism, ebenda, 1889. L i t e r a t u r : Henry Jones, Prof. Adamson, in: Mind, N. S, XI, 1902. — R. Latta, A.s Development of modern Philosophy, Hibbert J., 1903. — G. Dawes Hicks, Prof A s Philosophical Lectures, in: ,Mind, N. S. XIII, 1904. — Metz, Rudolf, Das philos. W e r k R. A.s, in: Archiv f. Gesch. der Philos., Bd. 41 (1932), S. 214—229; Die philos. Strömungen der Gegenwart in Großbritannien, 1935, Bd. II, S. 45—58.
Adelard von Bath, englischer 'Scholastiker um 1100, vertrat eine Auffassung der Universalien, nach der sie mit dem Einzelnen zusammenfallen; es hängt von dem in der Betrachtung Gewollten ab, was an den realen Objekten interessiert, entweder ihre individuelle Besonderung oder das Gleichartige in ihnen, das sich zur Spezies und zum Genus zusammenfassen läßt. A. will hierin die Lehre des Piaton und Aristoteles kombinieren. S c h r i f t e n : De eodem et diverso, herausg. von Hans Willner, Münster 1903. L i t e r a t u r : J . Reiners, D. aristotel. Realis. i. d. Frühscholastik, Bonn 1907, I. D., 20—25. — U. Berliére Dict. d'histoire et de géographie ecclésiastique, I, 522 f. — Franz Bliemetzrieder, A. v. B., München 1935.
Adickes, Erich, geb. 29. Juni 1866 in Lesum bei Bremen, gest. 8. Juli 1928 in Tübingen. Nach Besuch des Gymnasiums in Altona Studium der Theologie, Philosophie und Geschichte in Tübingen, unter dem Einfluß von Kautzsch. 1885 Studium in Berlin, bei Paulsen. 1887 Promotion mit einer Arbeit über „Kants Systematik als systembildender Faktor". 1895 Habilitation in Kiel, 1902 Ordinarius in Münster, Herbst 1904 in Tübingen als Nachfolger Chr. Sigwarts. In Übereinstimmung mit seiner Ansicht, daß bestimmte Probleme der Philosophiegeschichte nach philologischer Methode zu behandeln sind, hat A. auf die Herausgabe von Kants handschriftlichem Nachlaß für die Preußische Akademie der Wissenschaften aufopferungsvolle philologische Kleinarbeit verwendet. Auch eine Kant-Bibliographie für Deutschland, die bis zu Kants Todesjahr reicht, hat
Adickes
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A. ausgearbeitet. „Nur auf dieser Grundlage kann die Geschichte der einzelnen philosophischen Schulen und der großen philosophischen Strömungen geschrieben werden." Endlich hat A. die Entstehungsgeschichte und den Gedankeninhalt von Kants nachgelassenem Werk, dem sog. Opus Postumum, an Hand der Textüberlieferung durchforscht. Kants Gedanken wurden zur Grundlage von A.'s M e t a p h y s i k ; A. entnahm ihnen „die Lehre des erkenntnistheoretischen Idealismus-Phänomenalismus von dem bloßen Erscheinungscharakter der Erfahrungswelt und von der Unmöglichkeit, auf dem Wege der Wissenschaft je über sie hinauszukommen und über das Transzendente Ansichten aufzustellen, die mehr sind als bloß subjektiver Glaube". Metaphysik ist also nicht Wissenschaft. Aus den'„Tiefen der Persönlichk e i t " stammt die Beweiskraft ihrer Gründe und Gegengründe; Herz und Gemüt bestimmen die Gestalt, die die Weltanschauung des Einzelnen annimmt, nicht Verstand und Vernunft. Im Unterschied von Kant sieht A. diesen Glauben nicht als beweisbar und allgemeingültig an, sondern als ganz individuell, subjektiven Ursprungs und subjektiver Gültigkeit. Als Erkenntnistheoretiker ist A. Empirist. Nur dem Sein kommen Notwendigkeit und durchgehende Gesetzmäßigkeit zu, nicht dem Erkennen. Diesen Empirismus hält A. für vereinbar mit einem „gemäßigten Apriorismus". Die Dinge an sich sind immer nur erschlossen, nie gegeben. „Die Empfindungen sind das einzig primär Gegebene, sie müssen daher den Ausgangspunkt für die Erklärung bilden." Sie tragen alle einen räumlichen Exponenten an sich. Da A. „als Empirist mit einem Minimum von Apriori auszukommen versucht", so nimmt er nicht eine reine Raumanschauung, sondern nur eine Raumfunktion an; auch für die Zeit bedarf es nach ihm nicht einer besonderen apriorischen Anschauung. Die Kategorien sind nicht apriorische B e griffe; auch von ihrer Zwölfzahl will A. nichts wissen. „Es genügt vollkommen, e i n e ursprüngliche Verstandesfunktion der Verbindung und Trennung (Synthesis und Analysis) anzunehmen, die sich in ihrer Wirksamkeit nach dem Empfindungsmaterial richtet und sich im Anschluß an die in ihm zutage tretenden Regelmäßigkeiten und Unregelmäßigkeiten in mannigfacher Weise differenziert und spezialisiert." Ein starkes realistisches Bedürfnis veranlaßt A. zur Aufnahme des naturwissenschaftlichen Realismus in sein Weltbild und gibt seinem Denken eine Wendung vom erkenntnistheoretischen Idealismus zum metaphysischen Realismus. „So gern ich mit jenem anerkenne, daß die ganze Erfahrungswelt nur Erscheinung ist, und so sehr ich mit dem Apriorismus betone, daß unser Geist mit seinen apriorischen Funktionen es ist, der aus den ursprünglich allein gegebenen Empfindungen die Welt der körperlichen Gegenstände schafft: so energisch halte ich daran fest, daß es sich dabei nicht um eine freie Konstruktion, sondern nur um Rekonstruktion einer auch im Ansich vorhandenen Einheit und Ordnung handelt." Das Verhältnis von Gott zur Welt deutet A. pantheistisch. Ein einheitliches geistiges Leben durchwaltet die Welt. Für die Erklärung des Körper-Geist-Verhältnisses zieht A. den psycho-physischen Parallelismus heran. Aus ihm folgert er die Allbeseelung in monadologischer Form, „d. h. die kleinsten materiellen Einheiten sind und bewegen sich im Raum, zugleich aber spielen sich in ihnen, den Bewegungen parallel gehend, auch psychische Prozesse ab". Durchgehenden Parallelismus fordert A.'s „monadologisch-substanzialistische" Lehre nicht. Die monistische Tendenz treibt A. zur deterministischen Weltanschauung „mit ihrer Annahme einer allgemeinen, ausnahmslosen Gesetzmäßigkeit auch auf geistigem Gebiet".
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Adler, Alfred
Als E t h i k e r vertritt A. den Relativismus und Eudämonismus. Schon ins Gefühls- und Triebleben verlegt er einen natürlichen Drang zum Guten. S c h r i f t e n : Kants Systematik als systembildender Faktor, 1887. — GermanKantian Bibliography, T. 1 in der Philosophical Review, Mai 1893 bis Februar 1894; 1896 wieder abgedruckt; T. 2, J u n i 1895, und T. 3, J u n i 1896 als Supplement Nr. 1 und 2 zur Philosophical Review. — Kant contra Haeckel, Bin, 1901, 2. A. 1906. — Charakter und Weltanschauung, Antrittsrede, Tüb. 1907. — Liebmann als Erkenntnistheoretiker, Kantstudien 1910. — Die Zukunft der Metaphysik, Bln. 1911, in: Weltanschauung. — Untersuchungen zu Kants physischer Geographie, Tüb. 1911. — Kants handschriftlicher Nachlaß, Akademie-Ausgabe Bd. I—III, 1911—14. — Kants Ansichten über Geschichte und Bau der Erde, Tüb. 1911. — Ein neu aufgefundenes Kollegheft nach Kants Vorlesung über physische Geographie, Tüb. 1913. — Kants Opus postumum dargestellt und beurteilt, Kantstudien, Ergänzungsheft Nr, 50, 1920. — Selbstdarstellung in: Philosophie der Gegenwart in Selbstdarstellungen Bd. II, Lpz. 1921. — Kant u. das Ding an sich, Bln. 1924. — Kant als Naturforscher, 2 Bde., Bln. 1924/25. — Kant u. die Als-Ob-Philosophie, Stuttgart 1927. — Kants Lehre v. d. doppelten Affektion unseres Ich, Tüb. 1929. L i t e r a t u r : Paul Menzer, Erich A., Kantstudien Bd. 33, S. 369 ff. — Dem Gedächtnis der Professoren D. Dr. Erich Adickes usw., Reden, Universität Tübingen 1929.
Adler, Alfred, geb. 7. Febr. 1870 in Wien, gest. 28. Mai 1937 in Aberdeen. Promotion Wien 1894, tätig als Psychiater und Dozent des pädagogischen Instituts der Stadt Wien nach früherer Tätigkeit als Lehrer an der Columbia University New York, Die Grundanschauungen der von Adler vertretenen Individualpsychologie sind folgende: Alle Ausdrucksformen des menschlichen Seelenlebens sind ausnahmslos vom individuellen Bewegungsgesetz des Einzelnen beherrscht und können nur als Bewegung nach einem Ziel der Überwindung hin verstanden werden. Deshalb läßt sich in jeder Ausdrucksbewegung eine Phase der UnerfüHtheit unterscheiden, die als Minderwertigkeitsgefühl in Erscheinung tritt. Die Tendenz der Bewegung strebt nach Überlegenheit in der Lösung eines vorliegenden Problems. Alle menschlichen Probleme sowie alle auf deren Lösung abzielenden seelischen Bewegungen tragen in ihrer Struktur Gemeinschaftscharakter. Die glückliche Lösung der Aufgaben hängt davon ab, ob das durchgreifende Bewegungsgesetz einen genügenden Grad von Gemeinschaftsgefühl in sich trägt. Der Grad des Gemeinschaftsgefühls bildet sich endgültig in den ersten Jahren der Kindheit aus und verharrt in gleicher Stärke bis ans Ende des Lebens, sofern nicht durch Erkenntnis des Mangels eine Verstärkung des Gemeinschaftsgefühls erzielt wird. Alle Fehlschläge des Lebens gehen aus einem Mangel an Gemeinschaftsgefühl hervor, wenn nicht gerade menschlich unüberwindbare Schwierigkeiten die Lösung der Aufgaben verhindern. Eine günstige Lösung der Fehlschläge (Schwererziehbarkeit, Neurose, Psychose, Selbstmordneigung, Verbrechen, Intoxikationsneigung usw.) kann «nur von einer Verstärkung des mitmenschlichen Kontaktes erwartet werden, der unter subtiler Beachtung der Einmaligkeit des vorliegenden Lebensstiles, immer auch im Sinne der Ermutigung, eine Erweiterung erfahren muß. Das Bewegungsgesetz des Einzelnen ergibt sich aus der scharfsinnigsten Betrachtung aller Ausdrücke und Stellungnahmen und deren Beziehung auf ein einheitliches Ziel. S c h r i f t e n : Studie über Minderwertigkeit von Organen, 1907. — Über den nervösen Charakter, 1912, 4. Aufl. 1930. — Praxis und Theorie der Individualpsychologie, 1912, 4. Aufl. 1930. — Menschenkenntnis, 1927, 4. Aufl. 1930. — Das Problem der Homosexualität, 1930. — Individualpsychologie in der Schule, 1929, — Die Technik der Individualpsychologie, I 1928, II 1930. — The Education of Children, 1930. — The Pattern of Life, 1930. — The Science of Living. Problems of Neurosis. What Life should mean to you, in: Ztschr. für Individualpsychologie, IX, Jahrg. — Der Sinn des Lebens, 1933,
Adler, Felix — Adler, Max
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L i t e r a t u r : Rühle-Gerstel, Alice, Freud und Adler, Dresden 1924, — Sperber, Hans, A. A., München 1926. — Neuer, Alexander, Mut und Entmutigung. Die Prinzipien der Psychol'ogie A. A.s, München 1926, — Adler, Gerhard, Entdeckung der Seele. Von Sigmund Freud und Alfred Adler*zu C. G. Jung, Zürich-Leipzig-Stuttgart 1934. — Oswald Bumke, Die Psychoanalyse u. ihre Kinder. E. Auseinanders. m. Freud, Adler u. Jung, 2. Aufl., Berlin 1938. — Nikolaus Seelhammer, Die Individualpsychologie A." A.s. Dargest. u. krit. unters, v. Standp, d. kath, Moraltheologie, Düsseldprf 1934. — Wendeler, Josef, Die Individualpsychologie A. A.s in ihrer Beziehung zur Philosophie des AisOb Hans Vaihingers, Diss., Freiburg, 1932.
Adler, Felix, geb. 1851, gest. 1933. Professor der Ethik in New York 1902, an der Columbia-Universität. Gründer der amerikanischen Gesellschaft für ethische Kultur (1876). S c h r i f t e n : Die ethischen Gesellschaften, 1892. — The moral instruction of children; Der Moralunterricht der Kinder, 1892. — Marriage and divorce, 1905. — Religion of duty, 1905. — Essentials of spirituality, 1905. — An Ethical Philosophy of Life, New York 1918; 2. A. 1923. — The Reconstruction of the Spiritual Idea], New York 1923.
Adler, Max, geb. 15. Januar 1873 in Wien. Promotion zum Dr. juris 1896, Habilitation für Soziologie und Sozialphilosophie 1920. Die Hauptrichtung des Forschens von M. Adler besteht in dem Bemühen um eine erkenntniskritische Begründung der Soziologie. Er hat als Grundüberzeugung dies, daß die Soziologie eine kausale Wissenschaft ist, deren bis jetzt konsequenteste Form durch die Lehren von JViarx und Engels, insbesondere durch die materialistische Geschichtsauffassung und die Lehre von der ökonomischen Vergesellschaftung- des Menschen gegeben sei. Andererseits findet er die richtunggebenden Gedanken aller Erkenntniskritik in dem prinzipiellen Standpunkt der Kantischen Erkenntniskritik vorliegen. Hierauf beruht die alle Schriften von A. durchziehende Verbindung von Marx und Kant. Diese Verbindung will aber nicht im Sinne der ethischen Kantianer aufgefaßt werden, welche den Marxismus durch Ethik ergänzen oder läutern wollen, beruht auch nicht auf einer Verschmelzung bestimmter kantischer Lehren mit marxistischen Gedanken. Diese Verbindung ist vielmehr durchaus nur im logisch - methodologischen Sinne zu verstehen. Die Sozialwissenschaft soll sich genau so wie früher die Naturwissenschaft auf ihre Erkenntnisbedingungen besinnen, um sich von vager Sozialmetaphysik und Verwirrung ihrer Methoden zu befreien. Dieses kritische Werk kann aber nur auf demselben Wege erfolgen, auf dem Kant mit der Erkenntniskritik der Naturwissenschaften vorangegangen ist. Auf diesem Wege gelangt A. dazu, in der Schrift über Kausalität und Teleologie (1904) den Begriff eines Sozial-Apriori darzulegen, d. h. den Nachweis zu versuchen, daß das Soziale nicht ein historisches Produkt aus dem Zusammenleben der Menschen ist, sondern daß schon das Individualbewußtsein sich selbst nur als ein soziales Bewußtsein, d. h. als ein Exemplar von einer unbestimmt großen Zahl von gleichartigen Bewußtseinsträgern gegeben ist, mit denen es sich verbunden erlebt. Das Soziale liegt nicht zwischen und auch nicht über den Individuen, sondern es ist der Seinscharakter des Bewußtseins, für welches daher sowohl eine Natur, als eine soziale Welt gegeben ist, auch wenn es nur ein einziges Individuum gäbe. Mit anderen Worten: Das Bewußtsein ist bereits vergesellschaftet, und nur so ist überhaupt historische Vergesellschaftung möglich. Ebenso beruht darauf die Möglichkeit des Verstehens.
S c h r i f t e n : Kausalität und Teleologie im Streite um die Wissenschaft, 1904, — Marx als Denker, 1. Aufl. 1908, 3. umgearb. Aufl. 1925. — Kant und der Marxismus, 1925. — Wegweiser, Studien zur Geistesgeschichte des Sozialismus, 1914, 5. umgearb. Aufl. 1931. — Das Soziologische in Kants Erkenntniskritik, 1925. — Neue Menschen, 2. Aufl. 1926. — Lehrb. d. materialist. Geschichtsauffass., Berl. 1930. — Das Rätsel d. Gesellschaft, Wien 1936.
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Adrastos von Aphrodisias — Agrippa von Nettesheim
L i t e r a t u r : Max Nußbaum, Kantianismus u. Marxismus in der Sozialphilosophie M. A.s, Diss., Würzburg 1934.
Adrastos von Aphrodisias, Peripatetiker aus dem Anfang des 2. Jahrhunderts n. Chr., Aristoteleskommentator. Aenesidem, s. Schulze, Gottlob. Agatharchides, Peripatetiker der hellenistischen Zeit. L i t e r a t u r : E. A. Wagner, A. und d. mittl. Peripatos, Annaberg 1901, Pr O. Immisch, Agatharchidea, Sitz. Heidi. Ak., phil.-hist. Kl., 1919, 7. Abhandl.
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Aegidius Romanus, geb. um 1245 in Rom; um 1260 Eintritt in den Orden der Augustinereremiten, in Paris Schüler des Thomas von Aquin, 1285 Magister der Theologie, 1292 Ordensgeneral, 1295 Erzbischof von Bourges, 1316 starb er zu Avignon. A. wurde nach Ausbildung eines eigenen, an Thomas und Augustinus anknüpfenden Systems, der Führer einer besonderen augustinischen Theologie, die in den folgenden Jahrhunderten neben Thomismus und Scotismus eine selbständige Stellung einnahm und behauptete. Seine Lehre war 1287 zur Ordensdoktrin erhoben worden. L i t e r a t u r : K. Werner, D. Scholastik d. späteren Mittelalt. III, Wien 1883; D. august. Psychologie in ihr. mittelalt. scholast. Einkleid, u. Gestalt. Sitzungsber. d. Wien. Akad. d. Wiss. 100 (1882) 435—499. — A. Dyroff, Aegidius v. Colonna? Aegidius Conigatius? Philos. Jahrb. 38 (1925) 18—25. — Richard Egenter, Die Erkenntnispsychologie des Ae. R., Diss., München 1925. — Otto Hieronimi, Die allgemeine Passionslehre bei A. R., Würzburg 1934. — The L. J. S. Makaay, Der Traktat des Ae. R. u. d. Einzigkeit der substantiellen Form, Würzburg 1924. — Axel Munthe, Ae. R., De regimine principum, Lund 1929. — Placidus Vollmer, Die Schöpfungslehre des Ae. R., Würzburg 1931.
Agricola, Rudolf (Rolef Huysiiian), geb. 1442 in Baflo bei Groningen, gest. in Heidelberg 1485. A. bekämpfte die Scholastik und war einer der Verkünder des neuen humanistischen Ideals. Er fordert Prudentia, die sich im richtigen Urteil ausdrücken und Eloquentia, die diesem Ausdruck die notwendige Eleganz verleihen soll. Als Quellen der Lebensweisheit sollen die Bibel, sodann besonders Aristoteles, Cicero und Seneca dienen. — Das logische Universale ist nach ihm die wesentliche Ähnlichkeit in dem Mannigfaltigen. S c h r i f t e n : Opera cura Alardi ed., 2 Bde., Col. 1539. L i t e r a t u r : Biographie von Ihme, 1893. — A. Faust, D. Dialektik R. A.s, Arch. f. Gesch. d. Philos. 34 (1922). — Wilhelm Ehmer, Beitr. z. Gesch. d. Entw. der Persönlichkeit u. d Einfluß d. Humanism. in Deutschi., T. 1 , R. A. u. Konrad Mutian, Diss , München 1925.
Agrippa, Skeptiker aus dem 2. Jahrhundert v. Chr., führt die zehn skeptischen „Tropen" auf fünf zurück. Agrippa (Heinrich Cornelius) von Nettesheim, geb. 14. September 1486 zu Köln, gest. 18. Februar 1535 zu Grenoble. A. war Anhänger des Neuplatonismus und der Kabbala und nahm an, daß die Magie ein taugliches Instrument zur Beherrschung der Natur darstelle. — Die Ideen sind in Gott, und nach ihnen wurde von Gott das Universum aus dem Nichts geschaffen. Die Götter der Alten, die Sephirot der Kabbala, die Gott zugeschriebenen verschiedenen Eigenschaften, sie alle bedeuten nach A. das gleiche, er nennt sie die Strahlen Gottes. Im Universum sind drei Bereiche unterscheidbar; einmal der der Elemente, sodann der des Himmels und der Gestirne und endlich der des Intelligiblen oder der Engel. Die innere Verbindung des Universums schafft der Spiritus mundi, der ein viertes Element darstellt. Durch ihn findet die Leitung der niederen Bereiche des Uni-
Ahrens — Ainesidemos aus Knosos
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versums durch den höheren statt. Der Mensch ist ein Mikrokosmos, so daß er auch die Welt zu erkennen vermag. Da er selbst teil hat an den im All wirkenden Kräften, kann er dadurch, daß er sich erkennend ihrer bemächtigt, auch der höheren K r ä f t e zum Zwecke seiner Herrschaft über die Natur Meister werden. In der späteren Schrift Declamatio de vanitate et inoertitudine scientiarum äußert er sich skeptisch gegenüber der Philosophie und besonders dem von ihm gelehrten Okkultismus und verlangt Rückgang auf die Offenbarung, ohne daß er freilich den Nutzen der Magie für ein tieferes Wissen bestreiten will. S c h r i f t e n : De occulta philosophia, Colon. 1510, 1531—33. — De vanitate et incertitudine scientiarum, Colon. 1527. — Werke deutsch, Stuttgart 1856. — Die Eitelkeit u. Unsicherheit der Wissenschaften, hrsg. v. Fritz Mauthner, 2 Bde., München 1913. — Magische Werke , 5 Tie., Bln. 1916; 5. Aufl. 1925. L i t e r a t u r : Chr. Sigwart, C. A. v. Nettesheim, in: Kl. Sehr. I 1—24. — J . Meurer, Zur Logik des C. A. v. N., in: Renaiss. u. Philos., hrsg. v. Dyroff, Heft 11, Bonn 1920.
Ahrens, Heinrich, geb. 14. J u l i 1808 in Kniestedt, gest. 2. August 1874. Wirkte, infolge revolutionärer Tätigkeit zur Flucht gezwungen, lange Zeit in Paris, Brüssel und G r a z als Professor der Philosophie und Politik, lehrte seit 1860 in Leipzig und starb in Salzgitter. A. war Anhänger der Philosophie K . Chr. Fr. K r a u s e s und gehört zu dessen bedeutendsten Schülern, besonders auf dem Gebiete der Rechtsphilosophie. D a s Recht ist nach ihm „ d a s organische Ganze der von der Willenstätigkeit abhängigen Bedingungen zur Verwirklichung der Gesamtbestimmung d e s menschlichen Lebens und der darin enthaltenen wesentlichen Lebenszwecke". S c h r i f t e n : Cours de droit naturel ou de philos. du droit, Paris 1838, 8. Aufl. Leipzig 1892. — Naturrecht od. Philos. d. Rechts u. d, Staates, Wien 1850 f., 6. Aufl. 1870 f. — Jurist. Enzyklopäd., Wien 1858. L i t e r a t u r : Chauffard, Essai critique sur les doctrines philos., sociales et relig. de H. Ahrens, Paris 1880. — M. Brasch, Leipziger Philosophen, Leipzig 1894.
Ahron ben Elias, gest. 1369. Jüdischer Karäer, Gegner des Maimonides. S c h r i f t e n : Ez chajim (Lebensbaum) herausg. 1841. L i t e r a t u r : Fürst, Geschichte des Karäertums, 1862/65.
Aidesios aus Kappadokien, Schüler d e s Neuplatonikers Iamblichos, gest. um 355 n. Chr. A. gründete eine philosophische Schule in Pergamon, die auch von dem späteren Kaiser Julian aufgesucht wurde. Ainesidemos aus Knosos, Erneuerer d e r pyrrhonischen Skepsis, lehrte um 70 n. Chr. in Alexandria. Für die Unmöglichkeit eitles sicheren Wissens, das nach ihm weder durch die Sinneswahrnehmung noch durch das Denken erreicht werden kann, stellte er zehn „ T r o p e n " (toot^oi) auf, welche besagen, daß nichts gewiß sein könne, weil dem entgegensteht: erstens die Verschiedenheit der beseelten Wesen überhaupt, zweitens die Verschiedenheit der Menschen, drittens die Verschiedenheit der Aussagen der fünf Sinne untereinander, viertens die Verschiedenheit der menschlichen Zustände, fünftens die Verschiedenheit der Lokalisationen, sechstens d a s Vermischtsein der wahrzunehmenden Gegenstände mit anderen, siebentens die quantitative und synthetische Verschiedenheit der Gegenstände, achtens die Relativität überhaupt, neuntens die Verschiedenheit durch die Häufigkeit des Wahrnehmens, zehntens die ethnologische und kulturelle Verschiedenheit der Maßstäbe. L i t e r a t u r : Photios, Bibl. cod. 212. — Wendland, Hell.-röm. Kultur II, 202 ff. — H. v. Arnim, Philo u. a„ Philol. Unters., 11. Heft, Bln. 1888, 53—100.
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Aischines — Alanus ab Insulis
Aischines, ein Anhänger des Sokrates, der in einer Reihe von Dialogen die Lehre des Sokrates darstellte. L i t e r a t u r : Diog. L, 2, 61. acad., Gött. 1850.
— K. F. Hermann, De Aesch. Socraticis reliquis disp.
Aischines, aus Neapel, um 200 v. Chr» Einer der Vorsteher der Platonischen Schule zu Athen. Aithiops, Schüler des Aristippos von Kyrene. Aksakow, Alexander, 1832 bis 1903. Animist. S c h r i f t e n : Animismus und Spiritismus, Petersburg 1890, 3. Aufl. 1898. Franz, Paris 1895, deutsch Lpz. 1895, 5. Aufl. 1919. — Die Vorläufer des Spiritismus in den letzten 250 J a h r e n , Petersburg 1895, deutsch Lpz. 1898.
Aksakow, Konstantin, 1817 bis 1860, Slawophiler Anhänger Hegels. L i t e r a t u r : F. Stepuhn, Der deutsche Romantismus und die Slavophilen, Russk. Mysl, 1910. — Der Panslawismus bis zum Weltkrieg, Stuttg. 1919.
Alain, Pseudonym für E, Chartier, geb. 1868. Professor am Lyzeum Henri IV, S c h r i f t e n : Les Cent un Propos d'Alain, Paris 1908, 2. Serie Rouen-Paris 1910; 3. Rouen 1911; 4. Rouen-Paris 1914. — Les Propos d'Alain, 3. Aufl., Paris 1920, 2 Bde. — Quatre-vingt-un Chapitres sur l'Esprit et les Passions, p a r l'auteur des Propos d'Alain, Paris 1917. — Système des Beaux-Arts, 1920. — Mars ou la guerre jugée, 6. éd. 1921. — Propos sur le christianisme, 1915. — Les Marchands du Sommeil, 1919. — Éléments d'une doctrine radicale, 1925. — Libres Propos, 1921/24, éd. de la N. R. F. — E. Chartier, Commentaires au fragments de J u l e s Lagneau, in: Rev. de Mét. et de mor., 1898. — Sur la mémoire, ebda. 1899. — Valeur morale de la joie d'après Spinoza, ebda. 1899. — Le problème de la perception, ebda. 1900. — Sur les perceptions du toucher, ebda. 1901. — Les éléments principaux de la Représentation p a r O. Hamelin, cbda. 1907. — Idées, Platon, Descartes, Hegel, Paris 1932. — Les idées et les âges, 7e éd., Paris 1927. — Propos sur l'éducation, 9e éd. Paris 1932. — Deutsche Auswahl: Lebensalter und Anschauung, 1932. L i t e r a t u r : Hess, Gerhard, Alain (Émile Chartier), in der Reihe der französischen Moralisten, Romanische Studien, Heft 30; Berlin 1932.
Alanus ab Insulis, Alain de Lille, geb. 1120, gest. um 1203, beeinflußt besonders von Boëthius, Martianus Capella, Bernhard Silvestris und Thierry von Chartres. A. versucht von dem Boden seiner wichtigen Grundthese aus, daß alle Wissenschaften sich auf oberste Sätze stützen, die ihnen ihr Fundament geben, auch die Theologie deduktiv zu entwickeln. Auf diese Weise entwirft er ein System, das alle christlichen Dogmen und selbst die in ihnen enthaltenen Mysterien in logisch eindeutiger Verbindung darstellen soll. — Nach dem Vorgange des Thierry von Chartres bestimmt A. G o t t als die Unitas oder Monas, aus der er mit Hilfe der Zahlenspekulation die Trinität zu entwickeln unternimmt. Sein apologetisches Werk: De fide catholica contra haereticos verteidigt mit Vernunftgründen unter gleichzeitiger Berufung auf die Heilige Schrift und «die Väter die christlichen Dogmen gegen die Waldenser, Juden und Mohammedaner. S c h r i f t e n : Ausgabe in: J . P. Migne, Patrologia Latina, Bd. 210, 1855. — Anticlaudianus und De planctu nat.: Th. Wright, T h e Anglo-Latin Satirical Poets and Epigrammatists of the twelfth Century, London 1872, Rer. Brit. script, medii aevi scriptores, II 268—522. L i t e r a t u r : M. Grabmann, Die Gesch. d. scholast. Methode, Freibürg 1911, II 452—76. — M. Baumgartner, Die Philos, d. A. de Ins., in: Beiträge z., Gesch. d. Philos, des Mittelalt., II 4, 1896. — J . Huizinga, Verknüpfung des Poetischen mit dem Theol. bei A., 1932.
Albalay — Albertus Magnus
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Albalay, Isaac. Jüdischer Philosoph des 13.—14. Jahrhunderts. L i t e r a t u * : Auerbach, Heimann, A., Breslau 1906.
Alberich von Reims. Gegner des Nominalismus, Zeitgenosse von Albaelard. Alberini, Coriolano. Dr., Ordentl. Professor d e r Philosophie an der Universität Buenos Aires. Gründer des philosophischen und philologischen Instituts an der Universität. S c h r i f t e n : Die Philosophie in Südamerika. — Das Geschichtsstudium an den deutschen Universitäten. — Die epistemologische Reform Einsteins. — Die deutsche Philosophie in Argentinien, mit einem Geleitwort von Albert Einstein, herausg. von Iso Brante Schweide, Berlin 1930.
• Albert, Georg, geb. 3. Oktober 1869 in Wien. Dr. phil. 1895. S c h r i f t e n : Kants transcendentale Logik, mit besonderer Berücksichtigung der Schopenhauerschen Kritik der Kantischen Philosophie, 1895. — Die Platonische Zahl, 1896. — Die Platonische Zahl als Praecessionszahl, 1907. — Ein Wort für das humanistische Gymnasium, 1908.
Albert von Sachsen (de Saxonia, Albert von Helmstedt, von Ricmestorp, Albertutius, Albertus parvus), geb. 1316 (unsicher), gest. 1390. 1353 Rektor der Pariser Universität, 1365 erster R e k t o r der neugegründeten Universität Wien, 1366 Bischof von Halberstadt. A.s L o g i k ist occamistisch, in der P h y s i k folgte er Buridan und vertrat dessen Impetustheorie sowie die Himmelsmechanik. Im Mittelpunkt der Welt nahm er das Schwerezentrum an. 1372 wurde gegen A. auf Grund seiner Lehre von d e r Naturnotwendigkeit alles, auch des sittlichen Geschehens, ein Verfahren wegen Ketzerei eingeleitet, über dessen Verlauf je» doch Näheres nicht b e k a n n t ist. S c h r i f t e n : Quaestiones et decisiones physicales in Aristotelis libros Physicorum . . . , Paris 1516. L i t e r a t u r : J. Aschbach, Gesch. d. Wiener Univ., 1865, 359—366. — P. Duhem, Études sur .Léonard de Vinci, 1. série Paris 1906, 334—338, 341—344; 2e série Paris 1909, 367. — A. Dyroff, Üb. A. v. S., Festg. für Clemens Baeumker, 1913, 330—342. — G. Heidingsfelder, A. v. S., Sein Lebensgang u. s. Kommentar z. Nikomachischen Ethik d. Aristoteles, Beitr. z. Gesch. d. Philos, d. Mittelalt. XXII 3—4, 2. Aufl., Münst. 1921.
Albertus Magnus (Albert Graf ^,on Boilstädt). A. wurde 1193 oder nach anderen 1206/7 zu Lauingen in Schwaben geboren. Er trat 1223 in den Dominikanerorden ein, lehrte von 1228 bis 1245 in Köln, Hildesheim, Freiburg, Regensburg und Straßburg, 1245 wurde er in Paris Magister der Theologie; 1248 erhielt er eine Berufung an das Studium generale in Köln, das damals neu gegründet wurde; 1254 wurde A. Provinzial seines Ordens in Deutschland und versah dieses Amt bis 1257; 1258—1260 lehrte er wiederum in Köln; 1260 wurde er Bischof von Regensburg, legte aber bereits zwei J a h r e später diese W ü r d e nieder. In diese Zeit scheint ein längerer Aufenthalt in Italien zu fallen. 1263—1264 war er als Legat in Böhmen und Deutschland tätig. 1269 ging er wiederum als Lektor nach Köln und starb dort 1280. Die wissenschaftliche Arbeit A.s diente dem großen Plane, dem christlichen Abendland die gesamte Philosophie und Wissenschaft, die seit den Zeiten der Griechen sich entfaltet hatte, zu übermitteln. Bei diesem Unternehmen stand die Philosophie des Aristoteles, dem gesamten Zuge der Zeit entsprechend, im Vordergrund, neben ihr die Interpretationen, die ihr besonders in dem arabischislamitischen Kulturkreise zuteil geworden waren. Daneben war die platonische Philosophie bei A. in weniger großem Ansehen, wenn sie auch besonders in der
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Albertus Magnus
Psychologie, der Naturphilosophie und der Ideenlehre seine Ansichten mitbestimmt und beeinflußt hat. Mehr als der des Piaton wirkte sich der Einfluß des Neuplatonismus aus, der der mystischen Neigung A.s stärker entgegenkam und ihr Nahrung gab. Es war die Form des Neuplatonismus, die bereits durch Alfaräbi und Avicenna hindurchgegangen war und mehr oder weniger umfangreiche aristotelische Denkelemente in sich aufgenommen hatte. Schließlich rezipierte A. auch den Augustinismus. Bei seinem Versuch eines Ausgleiches der philosophischen Dogmen mit denen der Kirche trat das Gefühl und die Überzeugung von der Diskrepanz der natürlichen und der geoffenbarten Religion bestimmend in das wissenschaftliche Bewußtsein ein. A. versuchte diese Aufgabe zu lösen, indem er einerseits die Rationalisierbarkeit bestimmter theologischer Lehrstücke, wie zum Beispiel des Trinitäts- und Inkarnationsdogmas verneinte, andererseits philosophische Probleme, wie den Schöpfungs- oder Ewigkeitscharakter der Welt, aus der Philosophie verwies und der Kirchenlehre anheimgab. Dieser Ausweg konnte ihm nur dadurch möglich werden, daß er sich zu der These entschloß, die Seele vermöchte nur das zu erkennen und zu wissen, dessen Prinzipien sie in sich selbst habe, das „natürliche Licht" der menschlichen Vernunft reiche also zur Erkenntnis der vollen und ganzen Wahrheit nicht aus. Die Lösung, die A. für dieses fundamentale Problem des Glaubens und Wissens vorschlägt, hat zur Voraussetzung die Erteilung des Primates an den Glauben. Die Philosophie steht dadurch bei ihm im Dienste der Theologie. Bedeutung hat für A. die Philosophie des Moses Maimonides, unter dessen Einfluß seine physikalische Lehre steht. Er betont, daß der Glaube, der einer Rationalisierung unzugänglich ist, gerade deshalb verdienstlich sei: für A. ist die Offenbarung übervernünftig, nicht aber widervernünftig. Die Logik hat es einerseits mit der Frage nach dem Wesen des Elementaren zu tun und erstrebt dann die Definition, andererseits mit dem Zusammengesetzten, das den Gegenstand des Urteilens und Schließens darstellt. Gott besitzt als der Urheber des Natürlichen die eigentliche und höchste Wahrheit, und daher eignet aller menschlichen Erkenntnis nur insofern Wahrheit, als sie die Ausstrahlung des göttlichen Geistes auffängt und mit ihrer Hilfe das Bewußtsein inhaltlich aufbaut. Der göttliche Intellekt wirkt auf das endliche Bewußtsein vor allem durch die Universalien, die real sind. Neben dieser Form des Universellen, zu existieren, stehen die beiden anderen, einmal die Form der Existenz in den Dingen, endlich die nach den Dingen, welche in der menschlichen denkenden Abstraktion gegeben ist; dabei sind die objektiven Denkinhalte in allen Denkenden gemeinsam und identisch. In der Materie liegen die Formen der Entwicklung, die zugleich deren Ziel bestimmen, der Möglichkeit nach bereit, in der Materie ist die Potentia inchoationis formae. Daher wird das Werden zu einem Entwickeltwerden (educi) aus der Materie, welche durch ein wirklich, d. h. aktuell Existierendes vollzogen wird. Dieser Sachverhalt darf aber nicht dahin verstanden werden, als hätte die Materie von sich aus auch die Fähigkeit, die Verschiedenheit der Formen zu verursachen, sie ist vielmehr selbst abhängig von dieser; von der Materie hängt nur die numerische Vielheit der Individuen ab. Die Materie besitzt für A. wirkliche und empirische Realität, sie ist bei ihm nicht wie in der vorherrschenden Meinung des Aristoteles der zur Form gehörende Begriff der Materie als eines zu Formenden. Das Allgemeine ist eine Essenz, welche in der als empirisch real von A. anerkannten Materie mit ihrer numerischen Vielheit des Seins angelegt ist, aktuell aber nur im Verstände existiert. In unserem Erkennen müssen wir von den Wirkungen ausgehen, welche allein uns als Wirklichkeit gegeben sind; das metaphysisch und logisch Spätere ist das
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Frühere für uns. Die Aufgabe des Erkennens besteht in der Auffassung des Wirklichen, um mit seiner Hilfe, indem wir über sie hinausgehen, zur Erkenntnis Gottes fortzuschreiten, um die wahren Gründe der Existenz der Natur und ihres Wesens zu erfassen; analog erheben wir uns von der Erfahrung der göttlichen Gnade zum Erfassen der Gründe des Glaubens. Das Erkennen des Menschen kann zwar Gott nicht adäquat begreifen, andererseits aber ist eine Erkenntnis nicht völlig unmöglich. Freilich ist auch die uns zugängliche Erkenntnis des göttlichen Wesens nur durch die B e r ü h r u n g mit dem göttlichen Geiste möglich, erst durch seine Begnadung vermag der menschliche Intellekt Begriffe, die das Göttliche intendieren, zu vollziehen. — Den B e w e i s für die Existenz G o t t e s führt A. aus dem kosmologischen Argument. Entsprechend seiner Erkenntnistheorie lehrt A. die dauernde Schöpfung neuer Intelligenzen durch Gott, der ihm überhaupt der allgemein und umfassend tätige Intellekt und darum das Erste Prinzip alles Seienden ist; von Gott als dem Einfachen ist streng das oberste Allgemeine der Materia universalis zu unterscheiden. Auf Grund dieser Gotteslehre steht A. der Theorie einer zeitlichen Schöpfung der Welt näher als dem aristotelischen Theorem von ihrer Ewigkeit; darüber hinaus aber lehnt er diese Frage als philosophische ab, weil sie ein Wunder betrifft, deshalb also für unsere Vernunft unlösbar ist und Gegenstand der Glaubenslehre wird. Die Unsterblichkeit der Seele begründet A. mit dem Hinweis, daß die Geschöpfe, da sie aus dem Nichts stammen, Gott allein ihre Existenz verdanken. Gerade diese Gemeinschaft aber mit dem göttlichen Wesen begründet ihre Unsterblichkeit, und zwar allen den Momenten nach, welche vom Körperlichen getrennt werden können. Diese sind nach ihm die vegetativen, sensitiven, appetitiven und motiven Kräfte, die bereits Aristoteles unterschieden hatte. Sie werden von dem aktiven Intellekt umschlossen, der als das formgebende Prinzip ein Teil der Seele ist, und zwar ein individuell besonderter Teil, von dem andere Individuen ausgeschlossen sind. Die Entscheidung des Menschen zu seinen Handlungen ist frei. Der vollständige Wille ist die Formung des triebhaften Begehrens durch die Vernunft und die Richtung auf das so gewonnene Ziel des Handelns. Sofern die Vernunft sich auf das Praktische richtet, wird sie als Gewissen (Conscientia) wirksam; A. unterscheidet an ihm die sittliche Haltung als das in die Erscheinung wirkende volle Bewußtsein des ethischen Wertes der Handlung und die sittliche Formkraft, die im Gestalten des einzelnen ethischen Falles wirksam wird und also die Anwendung der sittlichen Vernunftgesetzlichkeit im konkreten Falle der Erfahrung ist. Die sittliche Anlage, welche in der Haltung sich manifestiert, nennt A. Synderesis oder Synteresis, welche A. übrigens etymologisch unerwartet als die sittliche diakritische Instanz bezeichnet, indem er die Entstehung des Terminus aus einer Verbindung der griechischen Präposition 2i6v mit dem Substantiv haeresis (haesio per scientiam boni et mali) herleitet. Er nennt sie auch den Funken (Scintilla) des Gewissens, der von der wahren Sittlichkeit untrüglich Kunde gibt und während des ganzen Lebens wirksam ist. Sie zieht den Menschen zum Guten und sucht, ihn vom Bösen fern zu halten, und ist der Rest des unmittelbar moralisch guten Lebens vor dem Sündenfall und deshalb unvergänglich; darum irrt ihr Urteil niemals, während der Irrtum in der Beurteilung und Gestaltung des konkreten Erfahrungsfalles möglich ist. — Entsprechend dieser ethischen Theorie ist die Tugend, wie A. nach dem Vorgange Augustins definiert, die gute Beschaffenheit des Geistes, durch die man recht zu leben vermag, durch welche nichts Böses geschieht und welche Gott selbst im Menschen wirkt. A. übernimmt die vier platonischen Kardinaltugenden (Weisheit, Tapferkeit, Besonnenheit und
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Albinos — Alcuinus
Gerechtigkeit), zu denen die aristotelischen Tugenden als beigegebene kommen; schließlich bezeichnet er noch den Glauben, die Hoffnung und die Liebe als Virtutes infusae und nennt sie die dem Menschen außer den genannten philosophischethischen notwendigen theologischen Tugenden. S c h r i f t e n : Gesamtausg. v. A. Borgnet, Paris 1890—1899, 38 Bde. — De animalibus libri XXVI, herausg. v. H. J . Stadler, 2 Bde., Münster 1916 f. L i t e r a t u r : J . Sighart, A. M., Sein Leben u. s. Wiss., 1857. — Fr. Pangerl, Stud. üb. A. d. Gr., Zeitschr. f. kath. Theol. 36: 304—331, 332—346, 512—530, Innsbr. 1912. — G v. Hertling, A. M., Münster 1914. — Fr. Pelster, Krit. Stud. z. Leben u. zu d. Sehr. A.s d. Gr., 1920; Ders., A.s d. Gr. Jugendaufenth. in Italien, Histor. Jahrb. 42 (1923) 102—106. — E. Michael, Gesch. d. deutsch. Volkes III, 1903, 113 ff., 143, 245 ff. — P. Duhem, Le systeme du monde, V 412—468, Paris 1913—1917. — W. Betzendörfer, Glaub, u. Wiss. bei A. d. Gr., Zeitschr. f. Theol. u. K., 1926, 280—300. — CI. Baeumker, Witelo, 1908, 407—414. — A. Schneider, D. Psychologie A.s d. Gr., 2 Tie., Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. IV 5—6, Münst. 1903 u. 1906. — J . Verweyen, D. Probl. d. Willensfreih. in d. Scholast., 1909, 112—127. — H. Lauer, D. Moraltheol. A. d. Gr. usw., 1911. — Dähnert, Ulrich, Die Erkenntnislehre des A. M., m. e. ausf, system. Sachverzeichnis u. e. monogr. Bibliographie: A. M., Leipzig 1934. — A. M.-Festschrift, Freiburg 1932. — Wilhelm Arendt, Die Staats- u. Gesellschaftslehre A.s d, Gr., Jena 1929. — Jakob Bonne, Die Erkenntnislehre A.s d. Gr., m. bes. Berücks. d. arabischen Neuplatonism., Bonn 1935. — Bernhard Geyer, Die A. d. Gr. zugeschriebene Summa Naturalium «Philosophia Pauperum». Texte u. Untersuchungen, Münster 1938. — Martin Grabmann, Der hl. A. d. Gr., München 1932. — Ferdinand Haberl, Die Inkarnationslehre d. hl. A. M., Freiburg 1939. — Theodor Haering, A. d. Deutsche, Stuttgart 1941, — Alfons Hufnagel, Die Wahrheit als philos.-theol. Problem bei A. d. D., Bonn 1940. —> Wilhelm Kübel, Die lateinischen Metaphysikübers. in d.. Frühwerken A.s d. Gr., Freiburg (Schw.) 1933. — Franz-Joachim v. Rintelen, A. d. Deutsche u. wir, Leipzig 1935. — Heribert Christian Scheeben, A. M., Bonn 1932. — Dionys Siedler, Intellektualismus u. Voluntarismus b. A. M., Münster 1941. — Macarius Wengel, Die Lehre von den rationes seminales bei A. d. Gr., Würzburg 1937. — Ludwig A. Winterswyl, A. d. Gr., Potsdam 1936. Albinos, Platoniker, Schüler des Gaios, schrieb über die Lehren Piatons. E r war von der Akademie, dem Peripatos und der S t o a beeinflußt, polemisierte a b e r gegen die stoische Philosophie. Schriften: Piatons, 147—189 liefert). Literatur: Hermes 51 (1916),
Schriftsamml. bei K. F. Hermann im 6. Bande seiner Ausg. d. Sehr, (Der „Didaskalikos" wird irrtümlich als Werk eines Alkinoos überJ . Frpudenthal, Hellen. Studien, Heft 3, Bln. 1879. — K, Praechter, 511 ff.
Alcuinus (Alchvine, Albinus, Flaccus, Flaccus Albinus), geb. 730 in Northumbrien, erhielt seine Bildung in der Schule von York, die er später von 778 bis zum J a h r e 781 leitete; in diesem J a h r e berief ihn K a r l der Große an seinen Hof, wo er als Organisator des Bildungs- und Unterrichtswesens wirkte. 796 wurde er A b t von St. Martin in Tours, wo er einen Musterunterricht einrichtete. E r starb 804. Schriftstellerisch hat er Bedeutung neben der Übertragung besonders des griechisch-lateinischen Kulturgutes durch seine Rezeption der augustinischen und cassianischen Seelenlehre, E r b e a r b e i t e t e diese und wurde so der Autor der ersten Psychologie des Mittelalters. Die S e e l e ist unkörperlich und unsterblich und in ihren Willensentscheidungen frei. S c h r i f t e n : Gesamtausg.: J . P. Migne, Patrologia Latina, 100—101, Paris 1851. L i t e r a t u r : K. Werner, D. Entwicklungsgang d, mittelalterl. Psychol. v. A. bis Albertus Magnus. 1876. — W. Werner, A. u. sein Jahrh., Ein Beitrag zur christl.-theolog. Literaturgesch., 1881. — Kreuthe, Die Unsterblichkeitslehre in d. Scholastik von Alcuin
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Alemanni — Alexander von Hales
bis Thomas v. Aquin, Fulda 1918. — E. M. Wilmot-Buxton, A., London 1922. — M. Boas, A. u. Cato, Leiden 1937.
Alemanni, Vittore. Salerno. Positivist. S c h r i f t e n : Introduzione ad una psicologia del dubbio, Riv. di filosofia, 1903. — L'elemento psichico, 1903. — P. Ceretti, 1903.
d'Alembert, J e a n Lerond, geb. 16. November 1717 in Paris, gest. 29. Okt. 1783. Mitglied der Akademie, Mitherausgeber der Enzyklopädie, deren Einleitung er schrieb. Naturwissenschaftler. D'A. legt mit seiner Lehre, daß es die Philosophie einerseits nicht mit metaphysischen Hypothesen, andererseits aber auch nicht ausschließlich mit Eindrücken im naturalistischen und materialistischen Sinne zu tun hat, sondern auf Grund der definitorischen und vergleichenden Kraft des Denkens zu einem methodischen Aufbau der Wissenschaften zu gelangen vermag, den Grund des Positivismus. Theoretisch vermögen wir außer Phänomenen nichts zu erkennen, ihr Wesen also und die Frage einer Realität der Außenwelt oder die Materie sind unserer Erkenntnis unzugänglich. Die Skepsis gegenüber allen Aussagen über diese Probleme bleibt allein übrig. Sie kann aber nicht das Erfahrungswissen betreffen, und die Erfahrungswissenschaft erweist ihre Berechtigung darin, daß sie uns die Möglichkeit unseres Handelns schafft. Im Sinne dieser Wissenschaft wird es möglich, von einer Außenwelt zu sprechen, die spekulativ niemals als real gesichert werden kann. Dem Denken, fällt die Aufgabe zu, die Begriffe, die für die Beherrschung der Phänomene herangezogen werden, in Beziehung zueinander zu setzen, sie zu vergleichen und zu vereinigen, um so zu der Feststellung von festen Abhängigkeiten in der Welt -der Erfahrung zu gelangen. Alle Phänomene, die in den Wissenschaften erforscht werden, hängen als eine einzige Tatsache miteinander zusammen, und wir könnten diese Einheit mit einem einzigen Begriff umfassen, wenn unser Denken dazu ausreichen würde. Das Vorhandensein dieser Einheit äußert sich in der inneren Verbindung der wissenschaftlichen Urteile sowie in dem Zusammenhang der Einzeldisziplinen untereinander. — Das Prinzip der Sittlichkeit ist das Interesse der Individuen, das mit dem öffentlichen Wohl der Gesellschaft zusammenstimmen muß. S c h r i f t e n : Traité de dynamique, Paris 1743; dtsch. in: Ostviraids Klassiker. Nr. 106. — Discours préliminaire de l'encyclopédie, Paris 1751; deutsch Lpz. 1911. — Mitherausgeber: Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers, par une société de gens de lettres, 33 Bde., 1751—1777. — Mélanges de littérature, d'histoire et de philosophie, Paris 1752, 1770, 5 Bde. — Essai sur les éléments de philosophie, Paris 1759. — Oeuvres philosophiques, historiques et littéraires, v. Bastian, Paris 1805, 18 Bde.; v. Didot, Paris 1821, 5 Bde. L i t e r a t u r : L. Kunz, D. Erkenntnistheorie d'Al.'s, Arch. f. Gesch. d. Philos, 20 (1907), 96—126. — M. Schinz, D. Anfänge d. franz. Positivismus I: D. Erkenntnislehre, Straßburg 1914. — Muller, Maurice, Ess. sur la philosophie de J. d'A., Paris 1926.
Alexander, Bernhard, geb. 1850, gest. 1927. Professor in Budapest. Verbreiter und Verfechter der Kantischen Philosophie in Ungarn. S c h r i f t e n : Kants Lehre vom Erkennen, Diss., Lpz. 1877. — Biogr. Kants, I, 1881. — Übersetzung von Kants Prolegomena 1887, 2. Aufl. 1909 und Kritik d. r. V., 1892, 2. Aufl. 1909. — Kr. d. pr. V., 1921. — Der Pessimismus des 19. Jahrh., 1884. — Die Kunst, 1898. — Diderot-Studien, 1908. — Spinoza, 1923. L i t e r a t u r : Festschr. z. 60. Geb., 1910.
Alexander von Damaskus, um 170 n. Chr. Peripatetiker in Athen. Alexander yon Haies, geb. zu Haies um 1175, starb 1245, lehrte in Paris Theologie, trat 1231 in den Franziskanerorden ein. „Doctor irrefragabilis" (der UnPhilosophen-Lezikon
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Alexander Neckham — Alexander, Samuel
widerlegbare). A. gelangte zur Berühmtheit durch seine umfangreiche Summa universae theologiae, die unvollendet blieb; es ist nicht sicher, daß A. der alleinige Verfasser dieses Werkes ist. Auch A. will in seiner Summa, wie die anderen Autoren von Summen und Sentenzenbüchern, ein System der Theologie geben und verfährt neben der Verwendung der Sic-et-non-Methode des Abaelard dialektisch. Alexander rezipierte die g e s a m t e aristotelische Philosophie und verwandte sie gleichmäßig zur Begründung der- Theologie; da er in allen Fragen, in denen Aristoteles gegen die Kirchenlehre steht, den Piatonismus und vor allem die augustinischen Lehren heranzieht, entwickelte er eine besondere von Augustin mitbestimmte Geisteshaltung, die für das 13. Jahrh. vorbildlich wurde. Erkenntnistheoretisch lehrt er die Realität der Universalien, wobei er diese als im Verstände Gottes nicht selbständig existierend auffaßt. Sie fallen nach ihm als Causa exemplaris mit der göttlichen Causa efficiens zusammen; als Form der Einzeldinge sind sie in re. In der Kosmologie nimmt A. sodann eine Schöpfung der Welt durch Gott an, in welcher er sich offenbart, so daß uns die Dinge der Erfahrung Gott und sein Wesen erkennen lehren können; es findet sich bei ihm auch der ontologische Beweis für die Existenz Gottes, wie ihn Anseîm von Canterbury entwickelt hat. Der Schöpfung und allem Einzelnen in ihr, wie auch den Seelen, sind Materie und Form als Elemente eigentümlich, wie A. nach dem Vorgange Plotins annimmt. In seiner Psychologie trennt A. den Intellectus agens von dem Intellectus possibilis, ohne daß doch der erster« als selbständige Substanz außerhalb der Seele wäre, wie er gegen die islamitischen Philosophen betont; auch er gehört als eine besondere Eigenschaft zur vernünftigen Seele. Über der wirkenden vernünftigen Seele steht als erster Beweger Gott und sein urgeistiger Intellekt, durch den der menschliche Intellekt zum Begreifen überrationaler Wahrheiten erleuchtet wird, S c h r i f t e n : Doctoris irrefragabilis A. d. H. O. M. Summa theologica, studio et cura P. S. Collegii S. Bonaventurae édita, Ad Claras Aquas (Quaracchi), T. I, 1924; II, 1928; III, 1930. L i t e r a t u r : J . A. Endres, Des A. v. H. Leben u. psychol. Lehre, Philos. Jahrb. I (1888) 24—55, 203—225, 227—296. — P. Minges, D. theologische Summe Wilhelms v. Auxerre u. A. v. H., Theolog. Quartalsschr. 97, 508—529, Tüb. 1915. — P. Duhem, L e système du monde, III 399—407; V 316—341, Paris 1913—17. — J a k o b Bisson, Die Willensfreiheit bei A. v. H., Fulda 1931. — Johann Fuchs, Die Proprietäten des Seins bei A. v. H., München 1930. — Ernst Schlenker, D. Lehre v. d. göttlichen Namen in d. Summe A. v. H.s, Freiburg 1938.
Alexander Neckham, gest. 1217 zu Kempsey. A. lehrte um 1180 in Paris, 1213 Abt von Cirencester. A., besonders Naturwissenschaftler, war erkenntnistheoretisch Realist (Universalia ante res). Alexander, Samuel, geb. 1859 zu Sidney, Australien, studierte in Oxford. 1893 bis 1923 Professor der Philosophie in Manchester, gest. 13. September 1938 ebda. A. vertritt einen erkenntnistheoretischen Apriorismus und Objektivismus. In der Verbindung von Raum und Zeit, deren Bestandteile Punkt-Momente oder reine Ereignisse sind und sich in einem System von Bewegungen darstellen, findet er die umfassende Realität. Aus ihr erst entstehen Dinge als Komplexe von B e wegungen. Das Vorhandensein von Kategorien als durchgehenden Zügen des Weltalls läßt er gelten (Identität, Relation, Substanz und Kausalität). Daneben gibt es als empirische Züge die Qualitäten, die in einer Rangordnung stehen (Materialität, Farbe, Leben, Bewußtheit), deren innere Richtung analog ist der von Körper zu Geist.
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Alexandros von Aigai — Alexandros von Aphrodisias
Die gleiche Überordnung des Geistigen zeigt sich im Erkenntnisvorgang, bei dem der Geist ein ihm gegenüber niedrigeres Objekt vorstellt. Subjekt wie Objekt werden in die Raum-Zeitwirklichkeit eingeordnet. Da bei allem Erkennen eine Auswahl aus dem Vorgestellten vollzogen wird, entsteht ein Unterschied zwischen Erscheinung und Wirklichkeit. Die Erscheinungen selbst werden im Hinblick auf das in ihnen Erscheinende der Wirklichkeit eingeteilt in reale Erscheinungen, die die Wirklichkeit zum Ausdruck, bringen, bloße E., die in ihrem dinglichen Charakter nicht präzisiert werden, und trügerische E., bei denen das erkennende Subjekt in die Erscheinung willkürlich wirklichkeitsfremde Elemente einführt. Ihren objektiven Charakter behalten die Erscheinungen aber durchweg. Als Ethiker vertritt A . einen geläuterten Evolutionismus, wobei er im Gegensatz zu Spencer den ethischen Charakter der Entwicklung betont und eine vollkommene Anpassung .des Menschen an die Umwelt und eine darauf beruhende vollkommen mögliche Moral deshalb leugnet, weil die Umgebung des Menschen sich ständig wandelt. Der sittlich geformte Kampf ums Dasein kennt an Stelle der Ausrottung die Formen der Erziehung Und Überredung. Das Gute erscheint in ihm als das Ideal, d a s sich als das geeignetste im Kampf zwischen den Idealen erhalten hat. Gott ist das ideale Ziel des Emporstrebens des Weltalls. S c h r i f t e n : Moral Order and Progress, Lond. 1889. — Locke, 1908. — Space, Time and Deity, Gifford Lectures, 2 Bde, Lond. 1920, 2. Aufl. 1927. — Spinoza and Time, Lond. 1921, — Art and instinct, Oxford 1927. — Art and the material, Manchester 1925. — Beauty and other forms of value, London 1933. — Zahlr. Aufs, in Procs. of British Academy, Mind, British J . of Psychol., Holborn R. N. S., J . of Philos. Studies, Procs. of Arist, Soc. L i t e r a t u r : A. F. Liddell, A.'s Space, Time and Deity, Chapel Hill, N. Carolina 1925. — P. Devaux, Le système d'Alexander, 1929. — G. van Hall, The Theory of Knowledge of S. A., 1936. — Metz, Rudolf, Die philos. Strömungen in Großbritannien, 1935, Bd. II, S. 169—196. Alexandros von Aigai, Peripatetikeir a u s dem 1. Jahrh. n. Chr., Lehrer des Kaisers Nero, forschte besonders zur aristotelischen Kategorienlehre, L i t e r a t u r : H. Martin, Questions connexes sur deux Sosigènes . . . et sur deux péripatéticiens Al., l'un d'Égée et l'autre d'Aphrodisias, Ann. de la faculté des lettres de Bordeaux, 1 (1879), 174—187. Alexandros von Aphrodisias (Karien), der hervorragendste Kommentator d e s Aristoteles, lebte um 200 n. Chr. und lehrte von 198—211 peripatetische Philosophie in Athen, Obwohl er in seinen Kommentaren nur die reine Lehre d e s Aristoteles wiedergeben und verdeutlichen will, weicht er von der aristotelischen Lehre ab. Nach ihm existiert d a s Allgemeine nur im Denken. Er unterscheidet drei Arten des Nous: den natürlichen (voù? cpuaixoc), der die Noesis vor allem ihrer Möglichkeit nach ist, zwei'ens den wissenden (voùç STîitj-TjToç), der die Fähigkeit zur Anwendung der Vernunftkraft darstellt. Drittens den gestaltenden (voùç -mr^r/Jjç), der die Entwicklung .des ersten zum zweiten Nous bewirkt und von außen in uns hereintritt: die Gottheit, Ein Teil der Kommentare und Schriften ist erhalten. S c h r i f t e n : Commentaria in Aristotelem Graeca, Berl. Akad. I; II, 1—3; III, 2; Suppl. Aristot., ebd., II, 1—2. — Themistii opera, Venet. 1534 (De Anima, De fato], —• Quaest. nat. et mor., ed. L. Spengel, Monachii 1842. L i t e r a t u r : A. Günß, Die Abhandl. AI. v. Aphr. üb. d, Intellekt, mit Einleitung über die Nouslehre des A., Bln. 1886, Lpz. Diss. — J . Freudenthal, Die Fragm. AI. usw., Abh. Berl. Akad. 1885. — Volait, Georges, Die Stellung des A. v. A. ^ur Aristotelischen Schlußlehre, Halle 1907. 2*
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Alexandros von Lykopolis — Alkendi
Alexandros von Lykopolis (Ägypten), Neuplatoniker, der in seiner Lehre der alexandrinischen Richtung nahesteht, lebte um die Wende des dritten und vierten Jahrhunderts n. Chr. Literatur:
K. Praechter, Byz. Ztschr. 21 (1912) 9 ff.
Alexandros Polyhistor (um 80 v. Chr.) gab einen Bericht über die pythagoreische Lehre, der vielfach den Einfluß stoischer Anschauungen zeigt. L i t e r a t u r : Diog. Laert. 8, 24 ff.
Alexinos, Schüler des Eukleides von Megara, der eine besonders scharfe Eristik handhabte, unternahm es, jede bestimmte philosophische Ansicht zu bestreiten. Aliarabi s. Farabi. Alfredus Anglicus (Alvredus Anglus oder de Sarevel, Sarechel, Sarchel, Sareshel, Sereshel), um 1200, unternahm, wie bereits Wilhelm von Auvergne versucht hatte, die Verbindung des platonischen mit dem aristotelischen Begriff der Seele, indem er einerseits sie als unkörperlich und vernunfthaft, andererseits als Formprinzip oder Entelechie des Körpers bestimmte. Er eröffnete zugleich damit der Physiologie den Zugang zur Psychologie und bemühte sich um eine Lokalisation der psychischen Funktionen im Körper; so bezeichnete er beispielsweise das Herz als den Sitz der Seele und zugleich des aristotelischen Nous. S c h r i f t e n : Cl. Baeumker, Des Alfred von Sareshel Sehr. De motu cordis. Zum erstenmal hrsg., Beiträge z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. XXIII 1—2, Münster 1923.
Algazel (Gazali; Abu Hamid Mohammed Ibn Ahmed Al-Gazali), geb 1059 zu Tus in Chorasan, gest. 1111 bei Tus. A. war Lehrer in Bagdad, später in Syrien Sufi. Er verband erkenntnistheoretischen Skeptizismus durch neuplatonistische Elemente mit orthodoxer theologischer Überzeugung. Philosophisch ist vor allem des A. Leugnung der Verbindlichkeit des Kausalitätsgesetzes wichtig. Wie später Malebranche vertritt auch A. den Okkasionalismus, der die Naturnotwendigkeit in der Kausalität verneint und Gott durch sein Eingreifen in jeden Fall von Kausalität die kausale Verbindung bewirken läßt. Als Beispiel zieht er den physikalischen Vorgang des Brennens und Verbrennens heran und weist darauf hin, daß die Philosophen für die Herstellung des Kausalnexus zwischen dem Feuer und dem Verbrennen des Brennenden kein anderes Zeugnis angeben können als die Beobachtung der Folge, des Zusammentreffens der Verbrennung mit der Berührung durch das Feuer. Aber dieses Zeugnis besagt nur, daß sie mit dieser sich ereignet, aber nicht, daß sie aus ihr eintrifft und daß nicht eine andere Ursache statthabe außer ihr. Das Auseinander der Kausalverbindung wird zum bloßen Nacheinander, dessen Zusammenhang unverkennbar ist. L i t e r a t u r : Boer, Tjitzede, Die Widersprüche der Philosophie nach Al-Gazzali und ihr Ausgleich durch Ibn-Rosd, Berlin u. Leipzig 1894. — M. Horten, Die Philosophie des Islam, Bonn 1924, 227—234. — Carra de Vaux, Gazali, Paris 1902. — H. Frick, Ghazälis Selbstbiographie, Ein Vergleich mit Augustins Konfessionen, 1919; Theol. Literaturzeitung 1920, 30 f.; 1922, 446—448. — J . Hell, Von Mohammed bis Ghazäli, 1925, 75—138. — Karim Azkoul, Al-Ghazali, u. d. Titel: Glaube u. Vernunft im Mohammedanismus, München 1938. — A. J . Wensinck, La pensée de G., Paris 1940.
Alkendi, geb. zu Basra um 800, gest. 870. Aristoteliker, der erste Philosoph der Araber. Er gibt der Mathematik hervorragende Bedeutung für die Begründung aller Wissenschaft. S c h r i f t e n : Die philosophischen Abhandlungen des Ja'qüb ben Ishàq al-Kindi, 1897, in Baeumker, Beiträge zur Geschichte der Philosophie des Mittelalters, hrsg. von A. Nagy.
Alkidamas — Althusius
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Alkidamas, Sophist. Schüler des Gorgias. Alkinoos. Wird als Platoniker genannt. L i t e r a t u r : J . Freudenthal, Hellenistische Studien, 1879.
Alkmeion, Arzt aus Kroton, jüngerer Zeitgenosse des Pythagoras, vertrat mit dem Pythagoreismus die Lehre von den Gegensätzen, die er besonders auf die Therapeutik übertrug. Allen, Charles Grant, geb. 24. Februar 1848 in Kingston in Kanada, gest. 24. Oktober 1899 in Surrey. 1873—1876 Professor der Philosophie in Spanish Town. Lebte dann in England. Wendet die evolutionistischen Theorien auf die Ästhetik an. Er führt die ästhetische Tätigkeit auf den Spieltrieb zurück, betont aber den passiven Charakter des Kunstgenusses. S c h r i f t e n : Physiological aesthetics, 1877. — The colour sense, 1879, deutsch 1883. — The Evolutionist at Large, 1881. — Charles Darwin, 1885. — Force and energy, 1888. — The Evolution of the idea of God, 1897, deutsch 1906. — Ferner: Strange stories, 1884. — The Woman who did, 1895, deutsch 1896, — The British barbarians, 1896. — Autobiographie: Philistia, 1884. L i t e r a t u r : Clodd, G. A., 1900.
Allievo, Giuseppe, geb. 1830, verstorben. Professor in Turin. Idealist. S c h r i f t e n : Saggi filosofici, Mil. 1866. — L'hegelianismo, la scienza e la vita, Mil. 1868. — Studi psico-fiios., Tor. 1896. — Principii di metafisica, antropologia, e logica, Tor, 1897. — Esame dell' hegelianismo, Torino 1897, 1904. — L'uomo e la natura, in: Atti R. Accad. d. Se. di Torino, 1906. L i t e r a t u r : A. Paoli, Delle dottrine filos. e pedag. di Giuseppe Allievo, Fermo 1878. — Gerini, La mente di Gius. Allievo, Tor. 1904.
Allihn, Friedr. Heinrich Theodor, 1811 bis 1885. Anhänger von Herbart. S c h r i f t e n : Antibarbarus logicus, 1850. — Der verderbliche Einfluß der Hegelschen Philosophie, 1852. — Die Umkehr der Wissenschaft in Preußen, mit besonderer Beziehung auf Stahl und auf die Erwiderungen seiner Gegner Braniss und Erdmann, 1855. — Die Grundlehren der allgemeinen Ethik nebst einer Abhandlung über das Verhältnis der Religion zur Moral, 1861. — Grundriß der Ethik, Neu bearbeitet und erweitert von Ò. Flügel, 1898.
Alrutz, Sidney, 1868 bis 1925. Dozent der Psychologie in Uppsala. A. erforschte die Dynamik des Nervensystems. S c h r i f t e n : Über den Schmerzsinn, 1901. — Zur Physiologie u. Psychologie der Gemütsbewegungen, 1901.
Alstedt, Joh. Heinrich (Alstedius), geb. 1588, gest. 1638, Professor in Herborn. Anhänger des Ramus, in gemäßigter Weise. ,,Semi-Ramist". S c h r i f t e n : Politica, 1603, 1610. — Panacea philosophica, Herborn 1610, — Theologia scholastica, 1618. — Cursus philosophici Encyclopaedia, Herb, 1620. — Compendium philosophicum, 1626. — Encyclopaedia septem tomis distincta. Herb. 1630.
Althusius, Johannes (Althus, Althusen), geb. 1557 zu Diedenhausen, gest. 1638. 1586 Rechtslehrer in Herborn. A. ist einer der Rechtsphilosophen der Reformation, welche die Naturrechtslehren von der Volkssouveränität und dem Widerstandsrecht begründeten. Die Politik hat nach A. die Aufgabe, für die Durchführung des natürlichen Sittengesetzes und des Willens Gottes in der Gesellschaft Sorge zu tragen. Die Wissenschaften, welche die Aufgaben der Politik erforschen und untersuchen, sind Philosophie und Theologie. Die menschliche Gesellschaft beruht auf dem Vertrage, der entweder stillschweigend oder ausdrücklich abgeschlossen wird. Zum Zusammenschluß führt ein natürliches Bedürfnis der Men-
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Amafinius — Ambrosius
sehen, welches zu seiner Erfüllung den Gesetzen des Verkehrs, der 'Leitung und der Verwaltung untersteht und zu den Formen der Familie, der Korporation, der Gemeinde, der Provinz und des Staates führt. Der Staat ist die universale öffentliche Vergesellschaftungsform, sein Ius maiestatis gründet "in dem Willen des Volkes, das der eigentliche Souverän ist. Ihm sind darum auch die Träger der Regierungsgewalt verantwortlich. Der öffentlichen Gewalt des Herrschers, dem Summus magistratus, stehen die Ephoren als die Rechtsvertreter des Volkes gegenüber; sie wählen auch den Herrscher, der mit dem Volke durch einen widerrufbaren Vertrag verbunden ist. S c h r i f t e n : Politica etc., Herborn 1603, erweitert: Groningen 1610. — Dicaeologicae libri III etc., Herborn 1617, Frankf. 1618 u. ö. L i t e r a t u r : O. Gierke, J . A. u. d. Entwickl. d. naturrechtl. Staatstheor., in: Unters, z. dtsch. Staats- u. Rechtsgesch., Breslau 1880, 4. Aufl., 1929. — Wilfried Buchholz, Rousseau u. A., Diss., Breslau 1922.
Amafinius. Aus Cicero bekannter früher römischer Philosoph. Atnalrich von Bène (Amaury de Bène, bei Chartres), gest. 1206/07 zu Paris. Nach Gerson verfocht A. die These des Pantheismus, Gott und die Schöpfung seien eins. A. soll gelehrt haben, daß Gott die Essenz aller Kreaturen und alles Seins sei, ferner, daß Gott wie das Licht nicht in sich sèlbst sichtbar sei, sondern in dem Medium der Luft, ebenso weder von einem Engel noch von einem Mensohen gesehen werden könne, sondern nur in der Schöpfung. — Die Anhänger A.s bildeten die häretischen Ansichten ihres Meisters besonders auch nach der ethischen Seite hin aus. Nach ihnen gibt es kein Recht, gut und böse zu trennen; denn von Gott stammt alles. Ebensowenig kann daher von Verdienst oder Schuld gesprochen werden; die Gotteserkenntnis .allein ist das Entscheidende, wer sie besitzt, mag fröhlich sein; denn er hat die Freiheit, Darum ist die Gesinnung allein wichtig, nicht die Werke. Auferstehung und Jüngstes Gericht sind eine Fabel: die richtige Erkenntnis Gottes bedeutet bereits den Himmel, die Abwendung von ihm die Hölle. Alle diese Lehren verwarfen die Synode zu Paris 1210 und das vierte Laterankonzil 1215. Gegen die Amalricaner ging man mit Gefängnis- und Scheiterhaufenstrafe vor und verbot gleichzeitig mit den Werken des Johannes Eriugena auch die des Aristoteles über die Natur. L i t e r a t u r : Kroenlein, Jos. Herrn., Diss. de genuina A. a Benae . . . doctrina, Gissae 1842. — B. Hauréau, Histoire de la philos. scoi-, II 1, 83—107, Paris 1872—1880.
Ambrosi, Luigi. 1870 bis 1924. Privatdozent in Rom. Vertritt einen dynamischen Monismus auf spiritualistischer Basis. S c h r i„f t e n : Saggio sull' Immaginazione, Roma 1892, — Sulla natura del]' inconscio, ebenda 1893. — L a dottrina dell' sentimento nella storia della filosofia, ebenda 1894. — La psicologia dell' immaginazione nella storia della filosofia, ebenda 1898. — I principii della conoscenza, ebenda 1899. — Che cos'è la materia? ebenda 1899. — Il primo passo alla filosofia, 3 vol., 1902/04, 5. Aufl. 1912. — Lotze e la sua filosofia, Roma 1912. — L' „Einfühlung" nella storia della filosofia, Roma 1913. — Psicologia applicata all' Educazione, Roma 1914/18. — Dottrina morale sec. principii della dottrina della Scienza di G. A. Fichte, Trad. it. e Introd., Mil. 1918.
Ambrosius, geb. wahrscheinlich zu Trier etwa 340 n. Chr., gest. 4. April 397 in Mailand. Bischof von Mailand 375. A. ist philosophisch charakterisiert durch seine 386 verfaßte ethische Schrift De offieiis ministrorum, die unter dem Einfluß von Ciceros De offieiis entstand. Nach A. ist das Ziel die ewige Glückseligkeit in Gott in einem jenseitigen Leben, und Tugend ist die Ausrichtung auf
Amelios — Ammonios Sakkas
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dieses Ziel. Bei A. sind also Glückseligkeit, Tugend und ewiges Leben in eigenartiger Weise zu einer Einheit zusammengeschlossen. S c h r i f t e n : Migne, S. L., Bd. 14—17. — De officiis ministrorum, hrsg. von Krabinger, 1857. L i t e r a t u r : Th. Schmidt, A., sein Werk De officiis libri très u. die Stoa, Erlang 1897, I.D. — P. Cannata, De S. A. libris, qui inscribuntur De officiis ministrorum, quaestiones, Modica 1909. — Maria Assunta Nagl, D. h. A., Münster 1940. — Jakob Rinna, Die Kirche als Corpus Christi Mysticum beim hl. A., Rom 1940.
Amelios (Gentiiianus), einer der ältesten Schüler Plotins, hörte ihn seit 246 in Rom. Seine beiden weiterführenden Hauptlehren betreffen den Nous, den er in drei Hypostasen auseinanderlegte und diese als den dreifachen Demiurgen, auch als drei Könige benannte: den Seienden, den Habenden und den Schauenden; sowie die Seele, deren Vielheit er in der Einheit der Weltseele zusammenfaßte. Âmerbach. Vitus, 1494 bis 1557. Professor in Wittenberg und Ingolstadt. Streitet gegen Melanchthons Lesart: ÈVSsXs'xeia statt der Aristotelischen Entelechie. S c h r i f t e n : Libri quattuor de anima, Arg. 1542. — De philosophia naturali, 1549. L i t e r a t u r : Fischer, Ludwig, Veit Trolmann, gen, Vitus Amerpachius als Professor in Wittenberg, Freiburg 1926.
Ameseder, R. Bibliothekar an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Anhänger Meinongs. Ihm verdankt die Gegenstandstheorie die Kennzeichnung des Objektivs als des Gegenstandes, der nicht nur günstigenfalls Sein hat, sondern unter allen Umständen Sein ist. Auf einem Grenzgebiet zwischen Werttheorie und Ästhetik bewegen sich seine Untersuchungen über. Wertschönheit. S c h r i f t e n : Elemente der Gegenstandstheorie, 1908.
Amiel, Henri Frédéric, geb. 27. September 1821 in Genf, gest. 11. März 1881 in Genf. Psycholog. Professor der Philosophie an der Genfer Universität. S c h r i f t e n : Fragments d'un journal intime, 2 Bde., 1883/84. — Fragments inédits du journal indime, publ. par Bernard Bouvier, P. 1927. L i t e r a t u r : Hilz, Hedwig, H, F. Amiel und die Deutschen, Münster 1930. — Merian Genast, Ernst, H. F. Amiel im Spiegel der europäischen Kritik 1881, Marburg 1931.
Ammon, Otto, geb. 7. Dezember 1842, gest. 15. Januar 1916. Sozialbiologe, der die Rassenlehre in der Soziologie stark getont. Er sucht auf Grund statistischer Nachweise die These zu belegen, daß die besseren Rassen in den höheren 'Ständen vertreten sind, während die niederen Stände von vorarischen Rassen abstammen. S c h r i f t e n : Die natürliche Auslese beim Menschen, 1893. — Die Gesellschaftsordnung und ihre natürlichen Grundlagen, 3. Aufl. 1900. L i t e r a t u r : Tanck, Paul, Die Gesellschaftsordnung, und ihre natürlichen Grundlagen nach O. A Langensalza 1928.
Ammonios von Alexandria. 1. Jahrhundert nach Christus. Lehrer des Plutarch von Chaironeia. Ammonios Hermeiou, Neuplatoniker der alexandrinischen Schule um 500 n. Chr. S c h r i f t e n : A. H. De fato, ed. C. J . Orellius, Zür. 1824. — Arist.-Komment.: Comm. in Aristot. Graeca, ed. Acad. litt. Boruss. Berol. 1882 sqq., IV, 3—6.
Ammonios Sakkas, lebte ungefähr von 175 bis 242 n. Chr. A. S. war der Lehrer des Plotin. Einigermaßen sicher ist der Bericht des Neuplatonikers Hierokles, nach welchem A. eine Vereinigung der Philosophien des Piaton und des Aristoteles angestrebt habe. Eine größere Übereinstimmung mit den von Plotin vertretenen
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Ampère — Anaxagoras
Lehren besteht nach Nemesios in der Psychologie hinsichtlich des Verhältnisses der Seele zu Leib und Nous. L i t e r a t u r : G. V. Lyng, D. Lehre d. A. S., Abhandl. d. Gesellsch. d. Wissensch, z. Christiania, 1874. — E. Zeller, A. S. u. Plotinos, Kl. Schriften II, 91—107, Bln.-Lpz. 1908/10. — F . Heinemann, A. S. u. der Urspr. d. Neupiaton., Hermes 61 (1926), 1—27.
Ampère, André Marie, geb. 22. Januar 1775 in Lyon, gest. 10. Juni 1836 in Marseille. Professor der Mathematik und Physik. A. teilt die Wissenschaften in kosmologische und Geisteswissenschaften ein (sciences cosmologiques und noologiques). S c h r i f t e n : Essai sur la philosophie des sciences, 1834/43, 2. Aufl. 1857. L i t e r a t u r : Barthol. Saint - Hilaire, Philosophie des deux Ampères, 1866. J . J . Ampère, Introduction à la philosophie de mon père, 1855.
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Anatolios von Alexandreia, hervorragender Gelehrter, dem der Lehrstuhl für aristotelische Philosophie in Alexandria übertragen wurde. Er wurde um 268 n.Chr. Bischof von Laodikeia. Es ist wahrscheinlich, daß er der Lehrer des Iamblichos gewesen ist. In seiner mathematischen Abhandlung stützt er sich auf den Timaioskommentar des Poseidonios und zeigt sich durch pythagoreische Zahlenspekulation beeinflußt. L i t e r a t u r : J . L. Heiberg, Anatolius sur les dix premiers nombres, Mémoire lu an Congr. d'hist. des sciences, Paris 1900, Mâcon 1901. — Fragm. eines mathem. Werkes bei Hultsch, Heronis Alex. geom. et stereom. reliqu., Bln. 1864, 276—280. — G. Borghorst, De A. fontibus, Bln. 1905, Diss.
Anaxagoras aus Klazomenai (Kleinasi-en), lebte etwa von 499/8 v. Chr. bis 428/7 v. Chr. In Athen, wo er 30 Jahre verbracht haben soll, war er ein Freund des Perikles, wurde aber schließlich auf Betreiben der politischen Gegner des Perikles der Gottlosigkeit angeklagt, weil er lehrte, daß die Sonne eine glühende Masse sei. Er war dadurch gezwungen, Athen zu verlassen (431 v. Chr.), und wandte sich nach Lampsakos, wo er wahrscheinlich auch gestorben ist. — Von Piaton und anderen wird die philosophische Schrift des Anaxagoras erwähnt, die den Titel llspl csûuscuç getragen haben soll. — Empedokles hatte vier Elemente von qualitativ verschiedener Beschaffenheit angenommen; A. lehrt demgegenüber, daß es eine unendlich große Zahl solcher Urstoffe gäbe. Was nun aus qualitativ gleichartigen Teilmengen besteht, wie das Wasser, dessen einzelne Mengen dem Ganzen gleichartig sind, ist in der Weise entstanden, daß die Teile, die zwar vorhanden, aber voneinander getrennt waren, sich miteinander verbanden, und zwar iti einer Bewegung, die von der Weltvernunft, dem Nous, hervorgebracht wurde. Die Vereinigung der Teile ist das scheinbare Werden, ihre Trennung die scheinbare Zerstörung. A. sagt: „Werden und Vergehen sind unrichtige Vorstellungen der Griechen; denn kein Ding wird, noch vergeht es, sondern es mischt sich aus bereits vorhandenen Dingen oder zerscheidet sich wieder. Und so könnte man richtigerweise das Werden einen Mischungs- und das Vergehen einen Zerscheidungsprozeß nennen" (Vors. 46, B 17). Diese ein Größeres ergebenden gleichartigen Teile nennt Aristoteles dann Homöomerien, die also soviel wie die homogenen Urstoffe bedeuten. A. selbst bezeichnete sie als Zeugungsstoffe oder Samen aller Dinge, zuweilen auch selbst als Dinge. Von den Dingen der erfahrbaren Wirklichkeit ist nichts wirklich und rein gleichteilig, sondern stets auch ein Gemisch aus heterogenen Teilchen. Rein und ohne Beimischung ist nur der Geist. Ihn setzt A. an Stelle der Kräfte der Liebe und des Hasses, die Empedokles für die Weltentstehung in Anspruch nahm. Er sagt: „Und alles in der Beschaffenheit, wie es werden sollte und wie es war, sofern es jetzt
Anaxarchos — Anaximandros von Milet
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nicht mehr ist, und alles in der Beschaffenheit, wie es jetzt ist, ordnete der Geist" (Frgm. 12). Der Geist ist im Gegensatz zu den immer zusammengesetzten Dingen einfach, von keinem anderen abhängig und beherrscht das Materielle. Zugleich aber bestimmt A. den Geist doch als ein Materielles, wenn er lehrt, daß der Geist das feinste und reinste aller Dinge sei. — Vor der Weltentstehung waren alle Dinge im Zustande der Ruhe beisammen, „dann kam der Geist und ordnete sie" (viOç itflcvta 015/03117)33), indem er eine Bewegung unter ihnen erzeugte. Diese Bewegungmahm ihren Anfang in einem Wirbel an einem einzelnen Punkt, in den dann immer mehr Dinge hineingezogen wurden. Es schieden sich zuerst dr,p (das Kalte, Feuchte, Dichte, Dunkle) und ocithrjp (das Warme, Trockene, Lichte), die Scheidung ging dann weiter, ohne daß sie jemals zum Abschluß kommen kann. Das Warme und Lichte sammelte sich am Rande des Wirbels, während das Kalte und Dunkle zu dem Mittelpunkt getrieben wurde. Aus diesem entstand die Erde. Sie ist flach und wird von der Luft getragen. — Die Gestirne, so lehrt A. gegen die weitverbreitete Meinung, sie sich als beseelte Wesen vorzustellen, sind leblose Körper und entstanden aus von der Erde losgerissenen Steinmassen, die sich in Rotation befinden. Der Mond, der nach A. bewohnt ist, erhält sein Licht von der Sonne, wie auch Parmenides lehrte, und es ist möglich, daß A. die wirkliche Ursache der Mondfinsternis erkannt hat. — Der Nous ist unmittelbarer Bestandteil der Pflanzen, Tiere und Menschen, in denen er Empfindung bewirkt. Er ermöglicht ferner Bewegung, Vorstellen, Erkennen und Handeln. Empfunden und erkannt wird etwas nur durch ein Ungleichartiges; denn allein das Ungleichartige kann aufeinander Eindruck machen (gegen Parmenides). Die Sinne geben nur ein mangelhaftes Wissen, wahre Erkenntnis kann nur die Vernunft geben. A. schätzt den Wert des Denkens so hoch, daß das Erkennen der Weltordnung das höchste Glück für den Menschen ist. L i t e ' r a t u r : Diels, Vors., c. 46 (Nachtr. in Vors. 4 ). — P. Tannéry, La Théorie de la matière d'A., Rev. philos. 1886, 255—271. — M. Heinze, Über den vio; d. A., Ber. d. Ges. d. Wiss., phil.-hist. Kl., Lpz. 1890, 1--45. — F . Löwy-Cleve, Die Philosophie des A., 1917.
Anaxarchos (o EôSatjj/mx'iç:), Schüler des Demokritschülers Metrodoros oder dessen Schülers Diogenes, Begleiter Alexanders. Van seiner Schrift FIspl ßaaiXsia; sind zwei Fragmente erhalten. L i t e r a t u r : Diels, Vorsokr., c. 56ff. (Nachtr. in Vors. 4 ).
Anaximandros von Milet, Mitbürger, Schüler und Nachfolger des Thaies. Er lebte von 610/9 v. Chr. bis kurz nach 547/6 v. Chr., starb also etwa in dem Jahr der Zerstörung von Sardes (546/5). A. war ein Denker von weitreichendem Einfluß. Seine verlorengegangene Schrift,bekannt unter dem Titel ilsot 'j'jssfür.soll die älteste philosophische Schrift der Griechen überhaupt sein, so daß A. als der erste philosophische Schriftsteller zu gelten hätte. Er besaß ausgedehnte astronomische und geographische Kenntnisse, faßte den Gedanken, daß der Himmel eine Vollkugel sei, und entwarf eine Tafel der bewohnten Erde (die dann Hekataios vervollständigte). A. bezeichnet als erster die gesuchte dpyrr¡ Ausdrücklich als Prinzip, das er in seinem Begriff des "A-sipov näher charakterisiert. Dieser Begriff bedeutet „das Unendliche". Das Apeiron stellt den unendlichen Urstoff dar und ist unbegrenzt, ungeworden und unabhängig, aber auch ewig in seiner Bewegung. Die Bewegung führt zur Entstehung besonderer Stoffe durch „Ausscheidung". A. stellt sich den Vorgang in der Weise vor, daß er annimmt, es habe sich zunächst das Warme und das Kalte getrennt, aus welchem „das Feuchte" entstanden sei. Aus diesem wiederum besondern sich Erde, Luft und der Feuerkreis. Dieser stellt die äußere
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Anaximenes von Milet
kugelförmige Schale dar, von welcher die Welt umgeben ist. A. verbindet diese kosmogonische Theorie mit dem Versuch, die empirisch wahrnehmbare Bewegung des Gestirns mechanistisch zu erklären. Für dieses Unternehmen hat er, so weit wir sehen können, keinen Vorgänger. — Er entwickelt die Anschauung, daß der Feuerkreis dadurch, daß er zersprang, sich in viele Feuerkreise zerteilte, die unter dem Bilde von ungeheueren Radkränzen vorgestellt werden können. Die Ursache für dieses Zerspringen liegt in dem Andringen der Luftmassen von der Erde her gegen den Feuerkreis, so daß also auch die Trennung der einzelnen Feuerkränze durch die Luft erfolgt, die sich um sie als Wandung herumfegte. Damit können sie auch etwa als Schläuche gedacht werden. Auf der Innenseite enthalten sie Öffnungen, durch die das Feuer in ihrem Inneren ausströmt und sichtbar wird: die Gestirne; Gestirnsfinsternisse entstehen durch Verstopfung der Öffnungen. Das Feuer in den Kränzen erneuert sich ununterbrochen aus den Ausdünstungen der Erde. Und da nun diese geschlossenen und mit Öffnungen versehenen Feuerkränze durch die Luftströmungen in Bewegung gehalten werden, entsteht die Drehung der Gestirne um die Erde. — Die Erde selbst hat die Gestalt einer Walze, und auch hier meint A. ein gegenüber seinem Lehrer Thaies vollkommen Neues; denn dieser dachte die Erde noch als flache Scheibe. AucK darin weicht er von seinem Vorgänger ab, daß er die Erde nicht mehr vom Wasser getragen sein läßt; sie bedarf überhaupt keiner Stütze mehr, sondern hält sich dadurch, daß sie einen gleichmäßigen Abstand von den Grenzen der Welt hält, in ruhigem Gleichgewichtszustand. Bei der Theorie des A. über die Entstehung der Organismen drängt sich der Gedanke einer Ähnlichkeit mit der Deszendenztheorie auf. A. spricht davon, daß die frühesten tierischen Lebewesen im Meere zur Entstehung gekommen seien und daß die Menschen sich aus Wesen anderer Art entwickelt haben. In Verbindung mit dieser Entwicklungstheorie gibt A. eine ethisch-religiöse Beurteilung des gesamten Vorganges; „Woraus ; r, irspl ^paxr^ptov. A. lehrte selbst; als er aber mit Sokrates in Berührung gekommen war, war er so stark ergriffen, daß er mit seinen eigenen Schülern zusammen Schüler bei Sokrates wurde. Er hat durch seine Vortragskunst zur Erweckung der Aufmerksamkeit besonders für die ethische Lehre des Sokrates viel geleistet. Für seine Darstellung verwandte er die Methode der Typenbildung; die Idealgestalten hierfür entnahm er der Mythologie und der ältesten Geschichte: Herakles war danach das Ideal des Kynikers, Kyros das des Herrschers usf.
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Antisthenes von Rhodos — Antonin von Florenz
Die Lehre des A. stellt eine Vereinigung der Lehre der Sophistik und der des Sokrates dar; denn neben der Dialektik war es die Ethik, um deren Begründung und Ausgestaltung er sich bemühte. In der Dialektik steht voran sein Satz, daß sich nicht widersprechen läßt. Er sucht ihn dadurch zu begründen, daß er argumentiert, min könne entweder von Demselben oder von Verschiedenem sprechen; da es aber von Jedem nur einen ousw; kojo; gäbe, so müsse, wenn von dem Gleichen gesprochen werde, auch das Gleiche gesagt werden, so daß ein Widerspruch unmöglich sei: wenn aber von Verschiedenem gesprochen werde, dann bestehe aus demselben Grund wiederum keine Möglichkeit, einander zu widersprechen. Die Konsequenz des Satzes liegt in der einseitigen Anerkennung nur identischer Urteile. Hieraus erklärt sich auch die Gegnerschaft des A. gegen Piatons Ideenlehre; er bezeichnet die Ideen als leere Einfälle. Es gibt nach ihm auch keine Möglichkeit einer Definition durch Merkmale, sondern es kann das Zusammengesetzte nur durch Aufzählung seiner einzelnen Teile beschrieben werden; das Einfach? ist nicht definierbar. Die Grundlage seiner Ethik übernahm er von Sokrates. A u t a r k i e ist Tugend, die in keiner Weise über sich selbst hinausweist, sondern in sich selbst ruht. Die Bedürfnislosigkeit stellt das oberste Ziel der Tugend dar. „Mavsnjv ¡xaMov rj r;aftsirjv" (Lieber wahnsinnig, als vergnügt). — Dennoch hält er an der These des Sokrates fest, daß Tugend und Wissen identisch seien. Aber dieses Wissen ist bei ihm in eigenartiger Weise veräußerlicht. Es handelt sich bei ihm nicht mehr wie bei Sokrates um die Eröffnung des Zuganges zu d^r sachlichen Einsicht, sondern das Wissen des A. bleibt bei der ersten Etappe der sokratischen Kritik stehen und erblickt in dem „Wissen" lediglich die Kenntnis der Unsicherheit des Erfahrungswissens. Hieraus schließt dann A., daß die Glückseligkeit vom Menschen nur deshalb nicht erreicht werde, weil er seinem Erfahrungswissen anhänge. In Übereinstimmung mit seiner ethischen Lehre scheint A. die Rückkehr zum Naturzustand des menschlichen Lebens als erstrebenswert hingestellt und ein menschliches Herdenleben als Ideal bezeichnet zu haben. In engem Zusammenhang hiermit steht die Tendenz des A., die überkommene Religion, die Sokrates als verbindlich anerkannt hatte, aufzulösen. Er lehrt, daß nach dem Gesetz, das heißt: durch den Staat, viele Götter vorgeschrieben seien, nach der Natur aber gäbe es nur einen Gott. Trotzdem verwirft er die Mythologie nicht, die durch Homer und Hesiod überkommen war, sondern er verwendet die Mythen als Allegorien für die Darstellung von Moralforderungen und für die Verdeutlichung anderer Begriffe. L i t e r a t u r : Diog. Laert., Buch 6. — Prosopographia Attica 1188. — Fragm. philos. Graec,, coli. Mullachius, II, 259—395. — Fragm. coli. A. Guil. Winckelmannus, Turici 1842.
Antisthenes von Rhodos, vielleicht um 180 v. Chr., Peripatetiker, der die Geschichte der Philosophie erforschte. Antonin von Florenz, geb. 1389 in Florenz, gest. 2. Mai 1459, seit 1406 Dominikaner, 1446 Erzbischof von Florenz, Anhänger des Thomas v. Aquin. In seiner Summa theologica gibt A. ein System der Ethik nach dem Vorgang des Thomas. Von besonderer Bedeutung sind die sozialethischen und nationalökonomischen Erörterungen A.s. L i t e r a t u r : H. Crohns, D. Summa theologica d. A. v. F. usw., Helsingfors 1903. — C. ligner, Die Volkswirtschaft!. Anschauungen A.s v. F., 1904. — Zu beiden: Schaub, Histor. Jahrb. 26 (1905) 112—124. — A. Masseron, S. Antonin (1389—1453), Paris 1926. Philosophen-Lexikon
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Apel — Apollodoros
Apel, Max, geb. 16. Mai 1869 in Berlin, gest. 1945 ebda. Dr. phil 1894, Neukantianer. S c h r i f t e n : Kants Erkenntnistheorie, 1895. — Kommentar zu Kants Prolegomena, 2. Aufl. 1923. — Die Weltanschauungen der großen Denker, 1929. — Philosophisches Wörterbuch, 1931. — Einführung in die Philosophie, 1932.
Apelles, Gnostiker, Schüler des Marcion von Sinope, gest. um 180 n. Chr. A. lehrt, daß es nur einen höchsten Urgrund, den ungeschaffenen Gott, gäbe, der eine Welt des Himmels erschuf. Unter den in dieser Welt lebenden Engeln ist der höchste der Weltschöpfer, ein anderer der Gott der Juden, der die Seelen dazu vermochte, sich mit den materiellen Körpern zu verbinden. L i t e r a t u r : Bardenhewer, Altkirchl, Lit. I2, 343—376, — A. Harnack, De Apellis Gnosi monarchica, 1874; Sieben neue Bruchst. d. Syllogismen d. A., Texte u. Unters, d. altchristl. Lit., 6, 3, 111—120, 1890; ebda. 1900, 20, 3, 93—100.
Apelt, Ernst Friedrich, geb. 3. März 1812 in Reichenau in Sachsen, gest. 1859 auf seinem Gut Oppelsdorf in der Oberlausitz. 1839 Privatdozent, später Pror fessor in Jena, persönlicher Schüler und Anhänger von Fries. Die „Metaphysik" A.s ist ein Lehrbuch der Friesschen Philosophie, dessen Darstellung die von Fries gegebene in mancher Hinsicht übertrifft. Er nimmt in Weiterführung Friesscher Ideen eine ursprüngliche Grundform an, die den Kategorien zugrunde liegt: „Sie ist eine ursprüngliche Grundvorstellung der objektiven synthetischen notwendigen Einheit im Wesen der Dinge, welche im dunklen Innern unserer Erkenntnis verborgen liegt und nach ihren verschiedenen Grundverhältnissen, gleichsam nach ihren Dimensionen, in den drei Kategorien der Relation vor das Bewußtsein tritt und welche in ähnlicher Weise die notwendige Verknüpfung der Existenz der Dinge rpöglich macht wie der Raum die zufällige Zusammensetzung der Gegenstände" (Metaphys., § 37). Wichtig ist die Lehre A.s von der Induktion, die von einem auf Einheit der Erkenntnis gehenden Hang der Vernunft ermöglicht und gefordert wird; sie setzt das A priori voraus und ist überhaupt „der Knotenpunkt, in welchem Empirie und Metaphysik zusammenhängen". In den „Epochen der Geschichte der Menschheit" entwirft A. die geschichtliche Entfaltung der Kultur mit ihrem Höhepunkt in der Kant-Friesschen Weltanschauung. S c h r i f t e n : De viribus naturae primitivis, J e n a 1839. — E. Reinhold u, d. Kantische Philosophie, Lpz-. 1840. — Anti - Orion zu Nutz und Frommen des Herrn von Schaden, J e n a 1843. — Die Epochen der Geschichte der Menschheit, 2 Bde., J e n a 1845—46, 2. Aufl. 1851. — Kepplers astronomische Weltansicht, Lpz. 1849. — D. Reformation d. Sternkunde, J e n a 1852. — D. Theorie d. Induktion, Lpzg. 1854. — Metaphysik, Lpz. 1857, hrsg. v. R. Otto, Halle 1910. — Religionsphilos., Lpz. 1860, hrsg. v. Frank. L i t e r a t u r : Routh, Reliqu. sacrae, 2. ed., 1, 155—174. Schule, N.F.II, 361—411. — Walter Gresky, Die Ausgangspunkte der Philosophie E.F. A's, m. neuen Veröff, aus A's Nachlaß, Würzburg 1936.
Apollinaris, Bischof von Hierapolis, einer der Apologeten des Christentums, etwa um 170 n. Chr. I . i t e r a t u r : Routh, Reliqu. sacra«, 2. ed., 1, 155—174,
Apollodoros von Athen, Chronologe, „beeinflußt von der älteren stoischen Philosophie. Apollodoros 6 K^uoiupawo;, lebte in der 2. Hälfte d. 2. Jahrh. v. Chr., SchoIarch der epikureischen Schule. L i t e r a t u r : H. Usener, Epicurea, Lpz. 1887. — H. Diels, Sitz. Berichte Berl. Akad., 1897, 1063; Ders., Abhandl. Berl. Akad., Jahrg. 1916, phil.-hist. Klass., Nr. 6, 32.
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Apollodoros von Seleukeia — Ardigo
Apollodoros von Seleukeia, Angehöriger der Alten Stoa. Literatur:
J . v. Arnim, Stoic. vet. fragm., III, S. 259 ff., Lpz, 1921/24.
Apollonides, Spätstoiker, Freund des Antipatros aus Tyros. Apollonios von Tyana, lebte gegen Ende des 1. Jahrh. n. Chr. Vertreter des Neupythagoreismus, A.f mehr Prediger als Gelehrter und Philosoph, verherrlichte auf seinen Wanderungen durch die östlichen Länder den Pythagoras und entwarf nach dessen Lehre ein Ideal des Lebens und Handelns, dem er selbst nachlebte. Ein stoisches Element seines Denkens verrät sich in dem Kosmopolitismus, dem er anhing. Aus seiner Religionsphilosophie ist bemerkenswert, daß er einen ersten höchsten Gott von den übrigen Göttern unterscheidet, dem nicht geopfert werden darf und der überhaupt mit keinem Namen• genannt werden kann; er wird erreicht nur durch den oberen Logos, der auch nicht der Sprache bedarf. Die übrigen Götter müssen jedoch neben ihm verehrt werden, auch durch Opfer. L i t e r a t u r : Jambl. Vita Pyth., 254—264. — Euseb. Praep. evang. 4, 13, evang. 3 , 3 , 1 1 . — R. Meyer-Krämer, A. v. T., Monatsh. d. Comeniusges. 1—41. — Ed. Meyer, A. v. T. u. Philostratos, Hermes 52 (1917), 371—424. — Hempel, Unters. 2. Überl. von A. v. T„ Halle 1921. — Fritz Kliem, A., Berlin
Demonstr. 15 (1906), Johannes 1927.
Apollonios von Tyros, Spätstoiker, der sich vor allem mit der Entstehung und Entwicklung der stoischen Philosophie, besonders mit den Werken des Zenon von Kition befaßte. Apuleius, geb. um 125 n. Chr. in Madaura (Numidien), vielleicht Schüler des Gaios. Nach A. besitzt jeder Mensch einen Dämon zu seiner Führung, wie es auch das sokratische Daimonion gewesen sei. Auch sonst zeigt er in seinen religiösen Auffassungen Anlehnungen an Plutarch. S c h r i f t e n : A. Madaurensis opuscula quae sunt de philosophia, rec. A. Goldbacher, Wien 1876. — Ap. Ilepl £pfjLT)VEi'as, hrsg. v. A. Goldbacher, Wiener Studien 7, 1885, 259 ff. — Dass., rec. P. Thomas, Lips. 1908. L i t e r a t u r : Th. Sinko, De Apul. et Albini doctr. Piaton, adumbratione, Cracov. 1905.
Aratos von Soloi, ein Dichter, der von der älteren stoischen Philosophie beeinflußt war. L i t e r a t u r : E. Schwartz, Dtsch. Literaturzeitg. 1893, 745 f.
Archedemos von Tarsos, Anhänger der Alten Stoa, gründete in Babylon eine Schule. L i t e r a t u r : J . v. Arnim, Stoic. vet. fragm., III, S. 259 ff., Lpz.1921/24.
Archelaos aus Athen (oder Milet), Schüler des Anaxagoras. L i t e r a t u r : Diels, Vorsokr. I, 323 f.
Archytas von Tarent, bald nach 400 v. Chr., Schüler des Pythagoras. Ardigo, Roberto, geb. 28. Januar 1828 in Casteldidone, gest. September 1920 in Mailand. 1881 bis 1909 Professor in Padua. A. vertritt einen Positivismus auf psychologischer Grundlage. Bewußtsein entfaltet sich in Empfindungen, von denen sich alles Denken ableitet. Physische Tatsachen und ihnen zugeordnete physiologische sind zwei Seiten des gleichen Phänomens. Beide werden von der natürlichen Kausalität beherrscht. Der menschliche Wille indessen kann eigenen, inneren Bedingungen unterliegen und ist insofern teilweise frei. Er unterliegt andererseits den Einwirkungen des sozialen Lebens, das die Normen der juristi3*
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Areios Didymos — Aristippos von Kyrene
sehen und ethischen Ordnung bestimmt und durch diese auf den Einzelnen einwirkt. S c h r i f t e n : Opere filosofiche, 11 vol., Padua 1882—1918. L i t e r a t u r : Marchesini, G., R. A., l'uomo e l'umanista, Florenz 1922. — R. A. scritti commemorativi nel I. centenario della sua nascita, Mailand 1929 (m. Bibliographie).
Areios Didymos aus Alexandreia, Rhetoriker aus der spätstoischen Schule. Arete, Tochter und Schülerin des Aristippos von Kyrene. Arethas, lebte 860 bis nach 932, 907 Erzbischof von Caesarea, Schüler des Photios, im Gegensatz zu diesem vornehmlich Piatonanhänger, erwarb sich Verdienste durch Erhaltung und Tradierung alter Handschriften (Piatonkodex) und bearbeitete die Kategorienlehre des Aristoteles. Arion, Schüler -des Pythagoras. Aristarchos von Samos, um 281/0 v. Chr., Schüler des Peripatetikers Straton aus Lampsakos, Vertreter der heliozentrischen Kosmologie. L i t e r a t u r : H. Diels, Über d. physikal. Syst. d. Straton, Sitz.-B. Berl. Akad. 1893, 118.
Aristides, Marcianus, ältester christlicher Apologet, der mit philosophischen Argumenten das Christentum verteidigte; seine Schrift stammt etwa aus dem Jahre 140. A. ist ein scharfer Gegner des Polytheismus und stellt in seiner Apologie den geistigen Monotheismus als das Hauptmerkmal des Christentums in den Vordergrund. Die geistige Gottesidee ist die höchsterreichbare und allein wahre. Es ist die Ordnung des Kosmos und die Notwendigkeit des Geschehens, in ihm also ein geistig-vernünftiges Moment, das den A. zur religiösen Andacht stimmt und die Grundlage seiner Religiosität wird. Daher legt er Gott das Prädikat vollkommener Vernünftigkeit bei. Daneben betont er, daß die Erkenntnis des Wesens Gottes unmöglich sei; denn es ist unendlich und unerreichbar. Weitere unter den negativen Prädikaten Gottes sind Bedürfnis-, Namen-, Bewegungs- und Gestaltlosigkeit. Alles hat Gott nach der Lehre des A. um der Menschen willen gemacht. A. unterscheidet vier Menschengeschlechter: Barbaren und Griechen, Juden und Christen. Die höchststehenden sind die Christen, vor allem deshalb, weil sie unter der Herrschaft der geistigen Liebe handeln. L i t e r a t u r : R. Seeberg, D. Apologet A., 1894. — A. d'Ales, L'apologie Rev. des questions hist., 1924.
d'Ar. etc.,
Aristippos, Enkel des Aristippos von Kyrene, wurde von seiner Mutter Arete in der Lehre des Aristippos unterrichtet. Aristippos von Kyrene, Schüler des Sokrates, führte ein Wanderleben, lehrte aber längere Zeit in Kyrene und gründete dort die Schule der Kyrenaiker. Nach Angaben, deren Sicherheit nicht feststeht, ist er um 435 v. Chr. geboren. Er hielt sich mehrmals am Hofe des älteren und des jüngeren Dionys auf. — Sokrates hatte gelehrt, daß mit dem Tugendhandeln unmittelbar Eudämonie verbunden sei; genau genommen war die Eudämonie also etwas Hinzutretendes, wobei der handelnde Mensch nicht eingreifen konnte. A. dagegen betont, daß nur dann von Eudämonie gesprochen werden könne, wenn die Person aktiv an ihrer Erzeugung beteiligt sei. Darum sah er Eudämonie nicht mehr als Begleiterin des Tugendhandelns, sondern als B e w u ß t s e i n d e r S e l b s t b e h e r r s c h u n g i n d e r L u s t (xpatst f ^ O V R , ; rtux O C ( T R S / 6 F J . £ V O ; , dkk' O ^pu^usvo; ¡ A S V , FXYJ itapsx