Sämtliche Briefe an Johann Heinrich Pestalozzi: Band 2 1805-1809 9783110228342, 9783110228335

The second volume of letters to Pestalozzi covers the years between 1805 and 1809 and contains almost 400 letters. In th

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German Pages 834 [840] Year 2010

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Vorwort zum zweiten Band
Abkürzungsverzeichnis
1805
1806
1807
1808
1809
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Sämtliche Briefe an Johann Heinrich Pestalozzi Kritische Ausgabe Band 2: 1805–1809

Sämtliche Briefe an Johann Heinrich Pestalozzi Kritische Ausgabe Band 2: 1805–1809 Herausgegeben von Rebekka Horlacher und Daniel Tröhler Unter Mitarbeit von Sandra Aebersold, Carla Aubry, Barbara Caluori, Luca Godenzi, Norbert Grube und Claudia Mäder

Verlag Neue Zürcher Zeitung De Gruyter

Der Druck dieses Bandes wurde in Zusammenarbeit mit dem Centre de documentation et de recherche Pestalozzi in Yverdon-les-Bains durch die Loterie Romande finanziert.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2010 Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich Gestaltung Umschlag: Atelier Mühlberg, Basel Gestaltung und Satz: Rebekka Horlacher, Zürich Druck, Einband: Druckerei Kösel GmbH, Altusried-Krugzell Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf andern Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. ISBN 978-3-03823-604-7 www.nzz-libro.ch NZZ Libro ist ein Imprint der Neuen Zürcher Zeitung Vertrieb ausserhalb der Schweiz und E-Book: Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin Print: ISBN 978-3-11-022833-5 E-Book: ISBN 978-3-11-022834-2 http://www.reference-global.com

Vorwort zum zweiten Band Der zweite Band der kritischen Edition sämtlicher Briefe an Pestalozzi enthält knapp 400 Briefe aus den Jahren 1805–1809, Pestalozzis ersten fünf Jahre in Yverdon. Diese Zeit kann als die erfolgreichste Phase seines beruflichen Lebens bezeichnet werden, steigt doch das europäische Interesse an seiner «Methode» ausserordentlich stark und macht aus seinem Entdecker – Pestalozzi – eine gefragte europäische «Kultfigur». Diese Stilisierung zeigt selbstverständlich die Leistungen der bezeichneten Person an, aber sie verweist noch viel mehr auf den europäischen Kontext, der spezifische Erwartungen entwickelt hatte, die Pestalozzi tatsächlich abdeckte oder doch zumindest abzudecken versprach. Die komplexe Topographie dieser Erwartungen im Europa nach 1800 kommt in den vorliegenden Briefen an Pestalozzi ungemein deutlich zum Ausdruck, die deshalb nicht nur den Aufstieg Pestalozzis zum europäischen Hoffnungsträger in Sachen Volksbildung kontextuell zu veranschaulichen helfen, sondern darüber hinaus einen zentralen Ausschnitt der europäischen Stimmung wiedergeben, die in der bisherigen Forschung noch eher wenig belichtet war: Es ist das Europa, in welchem im Zuge der napoleonischen Herrschaft begonnen wird, die nationalen Agenden von Zukunft und Fortschritt in den Begriffen von Bildung und Volkserziehung zu denken. Ein pädagogischer Universalansatz, der unter dem damaligen Zauberwort der «Methode» sowohl Effizienz als auch Moralität versprach und über dessen realen Erfolg in den zahlreichen Journalen und Gazetten der Zeit euphorisch berichtet worden war, musste unter diesen Vorzeichen an vielen Orten des erschütterten Kontinents fast zwangsläufig grosses Interesse erwecken. Als erster europäischer Staat hatte sich – nach der Helvetischen Republik – Dänemark für Pestalozzi und dessen «Methode» interessiert, und zwar um 1802/03 (vgl. Band 1). Im Zuge der napoleonischen Herrschaft in Europa gelangte anschliessend Spanien im Frühjahr 1807 an Pestalozzi, also zu einem Zeitpunkt, als Spanien Frankreich 15 000 Soldaten zur Eroberung Ostpreussens und Russlands bereitstellen musste. Entscheidender Anhänger war der einflussreiche und als «Friedensfürst» bezeichnete Staatsmann und Militär Manuel de Godoy, der allerdings bereits im Sommer 1808 nach heftigen innenpolitischen Unruhen Spanien zusammen mit dem spanischen König Karl IV. und dessen Frau Maria Luisa von Bourbon-Parma für immer verlassen musste und damit dem spanischen Engagement für die Einführung von Pestalozzis «Methode» eine

VI frühes Ende setzte (als Nachfolger von Karl IV. setzte Napoleon seinen ältesten Bruder Joseph (Giuseppe) Bonaparte als neuen König ein). Noch bevor das Schicksal von Pestalozzis «Methode» auf der iberischen Halbinsel besiegelt war, begann sich im Frühjahr 1808 das Königreich Württemberg, dessen König Friedrich I. 1806 von Napoleon eingesetzt worden war, für Pestalozzi zu interessieren. Kurze Zeit später, im September 1808, wandte sich der niederländische Innenminister Frederik Auguste van Leyden im Auftrag seines Königs – ein weiterer Bruder Napoleons, der 1806 inthronisiert worden war – an Pestalozzi, um die «Methode» in niederländischen Erziehungsanstalten zu implementieren. Im gleichen Monat bat auch das erschütterte Preussen im Namen seines Königs Friedrich Wilhelm III. Pestalozzi um Hilfe beim Aufbau des Unterrichtswesens, wobei zunächst der Staatsmann Friedrich Leopold von Schrötter korrespondierte und die Entsendung von Eleven organisierte, später Wilhelm von Humboldt. Im November 1808 nahm zudem Friedrich August, Herzog von Nassau-Usingen Kontakt zu Pestalozzi auf, um die «Methode» flächendeckend in seinem Herzogtum einzuführen, wobei Nassau-Usingen wie Württemberg im napoleonisch konzipierten antipreussischen Rheinbund organisiert war. Innerhalb von 1½ Jahren hatten sich somit zahlreiche besorgte Herrscher Europas (und zahlreiche regional engagierte Amtsträger wie Maine de Biran in Bergerac, aber auch eine grosse Zahl an pädagogischen ‹Unternehmern›) an Pestalozzi gewandt und das schmucke Städtchen Yverdon am südlichen Ende des Neuenburgersees in einen europäischen Brennpunkt der Bildungsreform und der durch sie erhofften Nationenbildung verwandelt. Das ist die eine Seite einer beeindruckenden und vermutlich unvergleichlichen Erfolgsgeschichte, die in den hier edierten Briefen sichtbar wird. Die andere Seite zeigt sich in der Korrespondenz zahlreicher Familienväter, die ihre Söhne zu Pestalozzi schickten, um ihnen durch eine progressive Bildungsmethode bessere Karrierechancen zu ermöglichen: Die (gebildete) Öffentlichkeit setzte zur Realisierung ihrer Zukunftsambitionen ebenso auf Bildung wie die zahlreichen Staaten. Dabei zeigt sich die ganze Palette von Engagement, die auch heute in vergleichbaren Situationen sichtbar wird. Es finden sich relativ unbesorgte Familienväter, die einfach die administrativen Pflichten erledigen bis hin zu besorgten Vätern, die immer wieder nachfragen, wie es um den Fortschritt ihrer Kinder stehe und sich durchaus auch mit der «Methode» theoretisch auseinandersetzten wie etwa der Neuenburger Generalstaatsanwalt Georges de Rougemont. Einige Schreiber erkundigten sich im Auftrag von

VII wohlhabenden Vätern über die Dignität der Methode, wie etwa Friedrich Fröbel, und selbst Berühmtheiten wie die äusserst erfolgreiche Schriftstellerin (und erbitterte Gegnerin Napoleons) Anne Louise Germaine de Staël-Necker wollten ihre Kinder nach Yverdon in Pestalozzis Anstalt schicken. Diese (internationale) Erfolgsgeschichte, die in diesen Briefen sichtbar wird, wird allerdings von nicht zu übersehenden Schwierigkeiten überschattet, die Pestalozzi in der Schweiz begegnen. 1807 wurde er mit der Bitte der Regierung des neuen Kantons Aargau konfrontiert, eine Erziehungsanstalt für Arme einzurichten, doch verhinderte die Verwaltung desselben Kantons eine erfolgreiche Umsetzung, weil sie gegenüber Pestalozzis organisatorischen und buchhalterischen Fähigkeiten (wohl zu Recht) skeptisch eingestellt war. Kurz darauf richtete Pestalozzi sein Augenmerk auf das nahe gelegene Neuenburg, das im Zuge der napoleonischen Herrschaft unter französische Verwaltung und durch die Kontinentalsperre in grosse finanzielle Schwierigkeiten geraten war und ernsthafte soziale Probleme zu bewältigen hatte – doch auch dieses Engagement scheiterte sehr zum Verdruss Pestalozzis. Allerdings hegte Pestalozzi die Hoffnung, seine «Methode» in der Schweiz flächendeckend einzuführen, so dass er 1809 – dem letzten in diesem Band edierten Jahr – eine öffentliche Prüfung durch die eidgenössische Tagsatzung beantragte. Der fünftägige Besuch der Kommission fand im November 1809 statt, und der 1810 veröffentlichte Bericht fiel weit weniger positiv aus, als sich Pestalozzi dies erwünscht hatte. Inwiefern sich diese amtliche Skepsis auf die offensichtliche Attraktivität auswirkte, wird im dritten Band der Briefe an Pestalozzi sichtbar werden. Die Edition dieses zweiten Bandes der Briefe an Pestalozzi wäre ohne die Mitarbeit und Unterstützung zahlreicher Personen nicht möglich gewesen. Bedanken möchten wir uns bei Andrea De Vincenti, die auch diesmal wieder eine grosse Hilfe beim Entziffern unleserlicher Briefstellen war. Anne Bosche unterstützte uns bei der Recherche und arbeitete an den Sacherklärungen mit, die Mitarbeitenden der Forschungsbibliothek Pestalozzianum beschafften die entlegensten Publikationen, Ruth Villiger danken wir für die Mitarbeit bei der Korrektur und der Erstellung des Registers. Daneben konnten wir auf eine überwältigende Unterstützung von Archiven, Bibliotheken und Forschenden aus dem In- und Ausland zählen, die unsere zahlreichen Anfragen immer kompetent und zügig beantwortet haben, auch wenn der Anspruch an Genauigkeit wohl nicht immer einfach zu befriedigen war. Spezieller Dank gebührt auch

VIII dem Schweizerischen Nationalfonds, dem Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Zürich, der Pädagogischen Hochschule Zürich sowie dem Centre de documentation et de recherche Pestalozzi in Yverdon-les-Bains und namentlich dessen Präsidenten JeanJacques Allisson, welche die Edition des zweiten Bandes der Briefe an Pestalozzi ideell und finanziell massgeblich unterstützten.

Daniel Tröhler / Rebekka Horlacher Luxemburg / Zürich, Oktober 2009

Editorische Hinweise Die Edition der Briefe an Pestalozzi hat den Anspruch, sämtliche überlieferten oder erschlossenen Briefe an Pestalozzi zum Abdruck zu bringen. Dabei wird nicht unterschieden, ob die Briefe Pestalozzi tatsächlich erreicht haben, auf dem Weg zu ihm verloren gingen oder gar nie abgeschickt wurden. Entscheidend für die Aufnahme ist die Absicht, einen Brief abzuschicken. Der Begriff «Brief» ist zudem weit gefasst; aufgenommen wurden sämtliche schriftliche Mitteilungen, von denen mit grosser Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass sie Pestalozzi zugekommen sind oder ihm hätten zukommen sollen. Briefe umfassen hier denn auch Rechnungen, Gedichte sowie kurze Mitteilungen und Notizen. Die Briefe wurden textgetreu transkribiert. Die Interpunktion wurde beibehalten, ebenso die Gross-/Kleinschreibung. Von den Herausgebern gesetzte Absätze sind mit ¬ markiert. Kommentarlos verändert wurde ÿ zu y, ß zu ss, die mit einem Strich bezeichnete Verdoppelung der Konsonanten wurde ausgeschrieben, ebenso Abkürzungen, wobei die Ergänzungen in eckige Klammern [] gesetzt sind. Jeder Brief wird nach einem identischen Muster zum Abdruck gebracht, die Sacherklärungen schliessen unmittelbar an. Die Edition orientiert sich an folgendem Schema: Brieftext 1. Zeile: Briefnummer. Die Briefe sind in chronologischer Reihenfolge nummeriert. 2. Zeile: Name des Absenders. Bei weiblichen Briefschreibern ist der Name zur Zeit des Briefdatums entscheidend. 3. Zeile: Datum des Briefes. Dieses wird von den Herausgebern gesetzt und verwendet moderne Bezeichnungen für Tag, Monat und Jahr. 4. Zeile: Originaladresse. Der Zeilenumbruch folgt dem Original. 5. Zeile: Originaldatum 6. Zeile: Brieftext. Beginnt mit der Anrede 7. Zeile: Unterschrift 8. Zeile: Nachschrift. Gleiche Gestaltung wie der Brieftext. Im Original unterstrichene Stellen werden g e s p e r r t gedruckt. Weitere Besonderheiten sind in der Textkritik erwähnt.

X Überlieferung 1 Bei handschriftlichen Zeugen erfolgt Siglierung sowie Angaben von Eigentümer, Ort der Aufbewahrung und Signatur. 2 Bei handschriftlichen Zeugen erfolgt Angabe zur Papierform (Blatt oder Bogen). Das Format wird in mm (Breite x Höhe) angegeben. Für die Bestimmung der Breite ist die Schreibrichtung massgebend. 3 Bei handschriftlichen Zeugen werden aussergewöhnliche Merkmale von Blatt und Schriftbild, Beschädigung sowie Unvollständigkeit verzeichnet. 4 Bei handschriftlichen Zeugen werden Angaben zur Adresse, zu Vermerken, zur Paginierung, zu Siegel(spuren) sowie zu Poststempeln gemacht. 5 Bei handschriftlichen Zeugen wird der Status der Handschrift angegeben. Unterschieden werden Original (in der vorliegenden Form zum Adressaten gelangt), Entwurf, Copia (zeitgenössische Abschrift), Abschrift, Protokolleintrag. 6 Probleme der Absender-Zuschreibung, Datierung und Bearbeitung werden hier aufgeführt, sofern sie textologischer Natur oder inhaltlich auf eine knappe Form eingrenzbar sind. Ist dies nicht möglich, werden sie in der Sacherklärung II. diskutiert. Textkritik H autorisierter handschriftlicher Zeuge mit Handschrift des Absenders (dazu gehören auch Zeugen, die bloss die Unterschrift des Absenders tragen sowie Zeugen mit gedruckten Bestandteilen) h autorisierter handschriftlicher Zeuge ohne Handschrift des Absenders [h] nicht autorisierter handschriftlicher Zeuge a autorisierter Druck [a] nicht autorisierter Druck Sacherklärung I. Biographie des Absenders. Diese versucht möglichst die ganze Lebensspanne abzudecken und verortet die Person im geistigen, politischen, ökonomischen und sozialen Kontext. Eine ausführliche Biographie findet sich jeweils beim ersten Brief eines Absenders. An allen anderen Stellen wird mit «⇒ Nr.» darauf verwiesen.

XI II. Kontext zum Brief. Erläutert den Anlass des Briefes, soweit dieser nicht aus dem Brief selbst ersichtlich wird, und verortet den Brief innerhalb einer längeren Korrespondenz oder im historischen Kontext. III. Einzelne Sacherklärungen. Hier werden sowohl Personen erläutert, die nicht als Absender in Erscheinung treten, als auch mundartliche Ausdrücke, unklare Begriffe sowie Anspielungen auf zeitgenössische Ereignisse. Verwendete Zeichen im Brieftext: [ ] Ergänzung des Herausgebers ¬ nicht originaler Absatz — Auslassung im Text * unleserliche Stelle Verwendete Zeichen im Anhang: ∫ Einfügungszeichen in der Handschrift Streichung des Autors

Abkürzungsverzeichnis Morf I–IV

Heinrich Morf: Zur Biographie Pestalozzi’s. Ein Beitrag zur Geschichte der Volkserziehung. 4 Bände. Winterthur 1868–1889 NPS Neue Pestalozzi-Studien. Daniel Tröhler (Hrsg.). Bern 1993ff. PSB I–XIV Johann Heinrich Pestalozzi: Sämtliche Briefe. Kritische Ausgabe. 14 Bände. Zürich 1946– 1995 P.-Bl. Pestalozzi-Blätter. Otto Hunziker (Hrsg.). Zürich 1878–1906 P.-St. Pestalozzi-Studien. Ludwig Wilhelm Seyffarth (Hrsg.). Liegnitz 1896–1903 PSW I–XXIX Johann Heinrich Pestalozzi: Sämtliche Werke. Kritische Ausgabe. 29 Bände. Berlin/Leipzig/Zürich 1927–1996 Schönebaum I–IV Herbert Schönebaum: Pestalozzi. 4 Bände. Leipzig/Erfurt/Langensalza 1927–1942 StA Staatsarchiv Stadler Peter Stadler: Pestalozzi. Geschichtliche Biographie. Band 1 und 2. Zürich 1988 und 1993 ZB Zentralbibliothek Zürich

Briefe an Johann Heinrich Pestalozzi

3 714. Johann Joseph Knusert um 1805 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB V, S. 111 Sacherklärung I./II.

Johann Joseph Knusert (1787–1811) aus Appenzell hält sich 1801–1807 bei Pestalozzi auf, vorerst als Schüler in Burgdorf, dann als Unterlehrer und wahrscheinlich ab 1805 als Lehrer in Münchenbuchsee und Yverdon. 1808 kehrt Knusert nach Appenzell zurück. Dort bewirbt er sich um die Landschreiberstelle, folgt aber schliesslich seiner Einberufung als Offizier in den französischen Militärdienst. 1811 fällt er in den Niederlanden.

715. Unbekannt 7. Januar 1805 [Reg.] Rechnungsangelegenheiten wegen den Gebrüder Knusert.

Überlieferung 1

PSB IV, S. 289.13ff. Sacherklärung I.

Es ist unklar, wer hier als Briefschreiber gemeint sein könnte, da der Vater der Gebrüder Knusert 1801 gestorben ist und sich in den Akten keine Angaben über einen allfälligen Vormund oder Paten finden lassen. III. Z. 4

Gebrüder Knusert: Johann Joseph Knusert (1787–1811, ⇒ Nr. 714) und Aloys/Alois/Aloise Knusert (1789–1836). Aloys stammte aus Appenzell und war von 1804 bis 1813 Schüler, Unterlehrer und schliesslich Lehrer für Gesang, Sprachen und militärische Übungen an Pestalozzis Instituten in Münchenbuchsee und Yverdon. Nach Auseinandersetzungen mit seinem Lehrerkollegen Joseph Schmid (1785–1851, ⇒ Nr. 712) wechselte er an das Institut von Hermann Krüsi (1775–1844, ⇒ Nr. 588), kehrte später als Leh-

4 rer nach Appenzell zurück und veröffentlichte 1827 eine FranzösischDeutsche Sprachlehre. Wie einem Brief an Christian Heinrich Schumacher vom 10. April 1812 zu entnehmen ist, hatte er geplant, im Frühjahr 1813 an die Schule von Jean François/Franz Barraud (1777–1830, ⇒ Nr. 987) in Bergerac zu wechseln (BBF Berlin, Autographen-Sammlung K).

716. Philipp Emanuel von Fellenberg 9. Januar 1805 Hofwil d[en] 9 ten Jenner 1805 5

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Geliebter in Iferten! Seit dem ich die Bürde auf mich nahm, welche ich zum Behufe meiner Zwecke a l s M i t t e l , jedem leichtem Gang vorzüglich glaubte, und für mich noch so finde; – seit dem ich zuerst jedem gewohnten Lebensgenuss entsagte, u[nd] mich in zahllose Mühseligkeiten warf um einem Berufe zu folgen, gegen den kein Lebensgenuss und keine Mühseligkeit das geringste vermag: kurz seit dem alle Schwierigkeiten des ersten Beginnens mich zuerst drückten, stürmte und tobte es noch nie so wie seit einigen Monathen in meinem Innern gegen die Last, daher mein gewaltigeres Streben, die Sache so geschwind als möglich dahin zu bringen, wo sie sich einer befriedigenden Direktion der edelsten Menschen welche auf dem Erden rund aufzufinden seyn möchten, hinlänglich empfehlen konnte, um durch sie meine Zwecke d e n e n , w e l c h e n z u h e l f e n e s v o r z ü g l i c h N o t h t h u t , sicher zu stellen, daher auch die im Verfolg eines früherhin in seinen Mitteln mit der grössten Genauigkeit berechneten Gangs so manchem unglaublich scheinende Noth u[nd] ihre natürlichen Begleiter seit dem das Institut meinen Gang so sehr erschwert, daher auch eine ungewöhnliche Steigerung einer aus der Elendigkeit und dem Unrecht der Welt fliessenden jedoch keineswegs lieblosen Gemüthsstimmung, daher endlich auch meine mit Ihren mich betreffenden Irrthümern in Verbindung stehenden Entschlüsse in Absicht auf das Institut in Buchsee Alles was darauf Bezug hat, in lebendiger Anschauung vor mir habend und mit lebhaften Bewusstseyn der Befriedigung, welche ich darinn finden würde, den Apostolischen Gang mit Ihnen gehen zu dürfen, habe ich Ihre Briefe vom Neujahrstag u[nd] vom 5 ten u[nd] 8ten diess gelesen und noch nie, so wie bey dieser Lektur habe ich es ausgesprochen gefunden, in meinem Innersten: E s i s t v o l l b r a c h t . Sogar die Schilderung

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wie Ihres Instituts Direktion auf mich gekommen seye und alles Nichtswürdige, so Sie mir beyzumessen scheinen und alles kleinliche, s o ä u s s e r s t b e s c h r ä n k t e was mir dabei aufgebürdet wird, trübt nicht im geringsten meine Freude über Ihr gegenwärtiges in allen andern Beziehungen heiliges so ausserordentlich befriedigendes Leben – ich danke Gott für Ihre himmlische Stimmung, und für Ihre daher rührende himmlische Kraft, u[nd] wünsche aus der Fülle eines auf einer sehr befriedigenden Stuffe humaner Existenz sich befindenden Herzens unbeschränktes Gedeyhen Ihrem Thun und Lassen; nichts kränkt mich mehr als Sie mehr als unumgänglich war gekränkt zu haben, und das sogar in meinem reinsten Bestreben meines A r m e n l e b e n s gethan zu haben – Was sie mir von Kraft u[nd] Grösse beyzumessen scheinen, kommt mir vor, als würde man die Menschheit dadurch tiefer als sonst in den Koth werfen, aber auch das macht keinen Eindruck von Bedeutung auf mich, mich jetzt weiter zu erklären befinde ich mich nicht berufen. Die fernere Entwicklung meines Thuns u[nd] Lassens, oder mein Testament falls die Vorsehung mich vor meiner Erwartung meiner gegenwärtigen ungeheuren Verantwortlichkeit über das Grab entziehen wollte, wird das übrige erklären. Auf die Stellen ihrer Briefe zu antworten, welche bestimmte Antworten heischen, muss ich Ihnen nun noch sagen dass manche meiner schönsten Hofnungen sich gerade auch auf den jungen Leutj stützen und sein Herz scheint bereits an dem meinigen zu hangen, wie das meinige an seiner Kraft. Thun Sie indessen auch mit Ihm nach Ihrem Belieben n a c h d e s V a t e r s W ü n s c h e n auf jeden Fall soll letzterer für seinen ältern Sohn bezahlen, und den jüngern unentgeltlich erziehen können.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 961/13, S. 12–14 Copia Textkritik

Zeuge [h] Z. 13 Z. 16 Z. 21 Z. 25 Z. 27 Z. 28 Z. 33

wie seit Direktion so manchem fliessenden jedoch Verbindung stehenden Buchsee Alles Lektur

6 Z. 35 Z. 38f. Z. 47f. Z. 48 Z. 52

Direktion Ihr gegenwärtiges beyzumessen scheinen Menschheit oder mein Sacherklärung I.

Pilipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 II. Nachdem es in den letzten Monaten wegen Fragen der Leitung und Organisationsform der Erziehungsanstalt in Münchenbuchsee zu einiger Missstimmung zwischen Pestalozzi, Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) und den Lehrern gekommen war, scheint sich Fellenberg hier mit diesem Brief hinter Pestalozzi und seine Anstalt in Yverdon zu stellen. Pestalozzi selber plante in Yverdon – so zumindest formuliert er es in seinem Brief an Fellenberg vom 4. Januar 1805 (PSB IV, Nr. 1012) – eher eine kleine und familiäre Armenanstalt. III. Z. 27

Z. 31f.

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Entschlüsse: Was genau gemeint ist, bleibt offen. Es könnte um den von Pestalozzi angezweifelten Plan Philipp Emanuel von Fellenbergs (1771– 1844, ⇒ Nr. 426) gehen, das Institut in Münchenbuchsee mit seiner im Entstehen begriffenen Armenschule zu vereinigen. Vielleicht ist auch die strengere wirtschaftliche Praxis angesprochen, die Fellenberg als ökonomischer Leiter der Anstalt einführen wollte. Ihre Briefe vom Neujahrstag: PSB IV, Nr. 1009. Dieser Brief war eine unmittelbare Antwort auf den Brief Philipp Emanuel von Fellenbergs (1771– 1844, ⇒ Nr. 426) vom 30. Dezember 1804 (⇒ Nr. 712), mit dem sich eine Versöhnung zwischen den beiden anbahnte. vom 5ten und 8ten: Unter diesen beiden Daten findet sich kein Brief von Pestalozzi an Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426), es kann jedoch vermutet werden, dass mit dem einen der beiden der Brief Nr. 1012 vom 4. Januar gemeint sein dürfte, der zweite bleibt unklar, eventuell ist damit der Nachtrag zum Neujahrsbrief gemeint, der ebenfalls am 4. Januar verfasst wurde. Leutj: Hans Jakob Lüthi (1795–1840) war um 1804 Schüler in Münchenbuchsee, um 1805 in Yverdon und steigt dort zum Unterlehrer auf. 1812 studierte er Chirurgie in Zürich und wird später Kaufmann in Neapel. letzterer: Konrad Lüthi (1762–1828) stammte aus Richterswil (Kt. Zürich). Er arbeitete zuerst als Weissgerber und war später Fabrikant und Gemeindeammann. ältern Sohn: Christoph Lüthi (1790–1815) war um 1804 Schüler in Münchenbuchsee und um 1805 in Yverdon als Unterlehrer tätig. Er starb jung an einem ‹Nervenfieber›. jüngern: Hans Jakob Lüthi (1795–1840) ⇒ Z. 58

7 717. Johannes von Muralt 9. Januar 1805 Buchsee den 9ten Januar 1805. 5

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Theüerster H[err] Pestalozzi! Werden Sie nicht ungeduldig, dass ich Ihnen auch mit diesem noch nicht überschicke, wovon ich Ihnen früher gesprochen; ich konnte noch nicht. Ich möchte Ihnen hierinn nur meine Empfindungen mittheilen, die sich bey Lesung Ihrer zwey letzten herzlichen Briefe in mir erregt haben, und zu gleicher Zeit Fellenbergs gegenwartige Stimmung etwas anschaulicher machen. Ihr idealischer Brief vom neüen Jahr rührte mich innigst. Wehmuth und Dank gegen Gott erfüllten mich dabey, Dank gegen Gott, Sie in einer so überaus glücklichen und erhabenen Gemüthslage zu wissen und Ihre nie versiegende Kraft und Liebe mit einer Gewalt darinn hervorsprudeln zu sehen; Wehmuth über Ihre Ausserungen Fellenberg und uns betrefend; Ihr zweiter Brief mildert zwar vieles, was Sie in der Fülle Ihres Herzens am Neüjahrstag ausgesprochen haben. Aber in dem ersten sind krankende Bitterkeiten enthalten. Sie waren aber mit einer solcher Güte und Empfindung angegeben dass ich sie gar nicht als solche aufnahm bey der ersten Lektur des Briefes, ich wurde zu voll davon, aber erst nachdem ich ihn zum zweiten mal gelesen, fielen mir die bittern Gedanken auf: ich befürchtete sie haben den H[errn] Fellenberg bey seiner gegenwärtigen Stimmung aufs tiefste gekrenkt, das fand ich auch, als er den Abend darauf zu uns kam. Er s c h i e n zwar ganz ruhig, weil er Willens war, mit uns über die neüen Einrichtungen zu sprechen aber ich bemerke nur zu wol, dass er bestimmt glaubt, von Ihnen und Ihrem ganzen Personale in Ifferten verkannt zu seyn; ich ausserte sein Brief an Pest[alozzi] u[nd] N[iederer] habe mich äusserst hart und wegwerfend gedünkt. Das wäre mir leid, erwiederte wenn es Ihnen selbst so vorkäme, ich schrieb ihn ganz schnell, ohne mir bewusst zu seyn, jemanden dadurch kränken zu wollen.» Ich erinnerte ihn an einige Stellen, da erkannte er, was ich gefunden. «Seit dem ich mein Testament gemacht habe, bin ich ruhiger das Missdeuten aller meiner Handlungen die Misskennung meiner reinen Ansichten gerade bey denen, die mich näher kennen könnten, hat mich verwundert, ich musste Einrichtungen treffen, die mich davor sicher stellen, und wo ich im Stande bin, mich darüber wegsetzen zu können. Sie sind getroffen. Das Urtheil der Welt kann mich nun nicht mehr treffen, ich fühle es nicht

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mehr, ich hange nur noch an einigen wenigen Herzen und an dem Geschlecht, das kommen wird, mit Innigkeit und Vertrauen. Ich würde Gott danken, wenn Sie finden könten, ich dürfte mich ausser alle Berührung mit so vielen Elendigkeiten setzen, um meinen Gang ganz rein vollenden zu können.» Über alles diess und Ahnliches redete ich nun mit der grössten Offenherzigkeit mit ihm, machte ihm, so gut ich’s konnte, die mir nöthig scheinenden Vorstellungen, suchte ihm zu beweisen, warum er sich an aller Welt stosse. Was ich sagte, nahm er mit der höchsten Liebenswürdigkeit auf, aber desto ungeachtet glaubt er Sie von ihm entfernt und kann sich nicht vorstellen, dass die Versicherung Ihrer Achtung und Liebe aufrichtig seyen. Noch was mich und Tobler betrift, muss ich Ihnen gestehen das folgende Stellen «Sobald Sie einige meiner Freünde und Theilhaber meiner Anstalt überzeugt hatten, dass dieselbe in ihrer Hand besser als in der meinigen werde geführt werden, und meine Freunde hierüber ihre Meinung ausgesprochen hatte ich keine mehr und b[e]gab und das Kind meines Herzens das Einzige das ich hatte, und legte es zwar mit Wehmuth aber mit Gelassenheit aus meiner Hand in die Ihrige u.s.w.» ?!!! mich eigentlich aufs allerempfindlichste beleidiget haben. Ich weiss, ich bin eins der ersten Triebbänder gewesen, Sie zur Übergabe zu veranlassen, wäre ich mir aber dessen bewusst, was Sie da sagen, so würde ich mich als ein Verbrecher anklagen und verachten. Allein es thut mir weh, die zunehmende V e r w i r r u n g und L i e b l o s i g k e i t in Ihrem Hause wahrzunehmen, es thut mir weh Sie unter der Last oekonomischer Sorgen u[nd] Beängstigungen ganze Tage in der höchsten Unruhe zu sehen, es that mir weh, die tägliche Abnahme ihres Ansehens und Ihrer Selbstständigkeit zu merken. Sie umgeben von unzähligen Krankungen und Bekümmernissen Ihr Leben so dahin schwinden zu lassen. Ich konnte es nicht mehr ansehen. Dazu kamen Ihre öftern dringenden Bitten, man möchte Sie doch einmal von diesen Mühseligkeiten entladen. Sie machten Drechseln und andern selbst mir Anträge das uns das ganze oder halbe Institut zu übergeben. Sie ersuchten uns Ihnen Hülfe zu schaffen. Als ich Ihnen sagte Fellenberg wolle es ja übernehmen, weil Sie mir s o o f t vorher davon gesprochen, so äusserten Sie Zweifel darüber, weil er sonst zu schwer beladen sey. Endlich that er es doch. Sobald es geschehen, gereüte mich alles, was ich dafur gethan und gereüt mich noch: ich kam mir verwerflich vor, als Ihre Unzufriedenheit und Ihre Traurigkeit über das Geschehene wahrnahm. Ich wiederhole, es thut mir leid, dass ich etwas zu dieser Übergabe beitragend, dass

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ich dastehe, wo ich stehe, u n d w o i c h n i c h t s t e h e n w o l l t e f r e y w i l l i g . Da es nun aber so ist, so werde ich aus harren, und in keiner Hinsicht eine neue Schuld auf mich laden. Ich bin höchst ärgerlich über das Misstrauen in dem Sie alle uns ansehen, und über die Verborgenheit, in der sich das Institut in Iferten gegen uns hält. Hätte ich nicht unüberlegt, wie ein Babe gehandelt, so hatte ich das vorsehen und mich keiner solchen Verantwortlichkeit Preis gegeben sollen. Gott erhalte Sie ich hange an Ihnen mit unaussprechlicher Liebe Ihr ergebenster Schüler Muralt Wegen Fellenbergs Veränderungen im Institute kan ich nicht eintretten ich will nur als Lehrer dastehen er hat einmal das Institut, ich habe Vertrauen zu Ihnen mache er was er gut findet, nur muss er Toblern die Haushaltung sichern, das sagte ich ihm, und uns unsern Weg ruhig und unangegriffen gehen lassen, alles das wird er traue ich ihm zu daher ist’s mir gleich, was er zu seiner Beruhigung und Erleichterung thut.

Überlieferung 1 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 5, 199/I, S. 5v–6r Datum am Schluss Copia Textkritik

Zeuge [h] Z. 7 Z. 13 Z. 20 Z. 22 Z. 34 Z. 61 Z. 77 Z. 102

früher∫ in∫ waren∫ erst∫ Das Anführungszeichen zu diesem Schlusszeichen fehlt. allerempfindlichste übernehmen, weil

Sacherklärung I.

Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610

10 II. ⇒

Nr. 716 III.

Z. 4 Z. 7 Z. 10 Z. 10 Z. 12 Z. 17 Z. 19 Z. 29 Z. 30 Z. 35

Z. 89 Z. 95

Z. 98

Buchsee: Abkürzung für Münchenbuchsee gesprochen: Es dürfte sich dabei um eine Abschrift von Pestalozzis Abendund Morgenunterhaltungen handeln (⇒ Nr. 705). Briefe: PSB IV, Nr. 1009, Nr. 1012 Fellenbergs: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 Brief: PSB IV, Nr. 1009 Brief: PSB IV, Nr. 1012 ersten: PSB IV, Nr. 1009 Ifferten: dt. Name für Yverdon Brief: Nr. 716 Testament: Ob Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) tatsächlich bereits ein Testament verfasst hatte (vgl. Nr. 716), muss offen bleiben. Das einzige heute überlieferte Testament ist auf den 2. August 1838 datiert und wurde nach seinem Tod zerschnitten aufgefunden, weshalb es ungültig war (BB Bern, FA von Fellenberg 168[1]). Babe: Dummkopf (mdl.) Fellenbergs Veränderungen: Nach Pestalozzis Wegzug nach Yverdon führte Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) das Institut in Münchenbuchsee als ökonomischer Leiter weiter. Dabei versuchte er, eine straffe Ordnung von Rechten und Pflichten durchzusetzen. Darüber hinaus plante er zusätzliche Anstalten einzurichten, insbesondere eine «Probeschule für Begüterte» (vgl. Denise Wittwer Hesse: Die Familie von Fellenberg und die Schulen von Hofwyl. Bern 2002, S. 66f.). Toblern: Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500

718. Philipp Emanuel von Fellenberg 19. Januar 1805 Hofwyl d[en] 19 ten Jenner 1805 5

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Geliebte in Iferten. Die Flucht der Zeit u[nd] die Übersicht der vor mir liegenden Arbeit lässt mir zur Beantwortung Euers gestern erhaltnen Briefs nur zu: euch die Hand der höchsten Achtung und Liebe und gemeinschaftlicher Dahingebung zur grössten u[nd] heiligsten aller Aufgaben auf Erden zu reichen. Was von Euch aus an und auf mich kommen mag wird in den Schoss der Liebe u[nd] des Vertrauens fallen, und mit Dank für das, was ihr am Menschengeschlecht thut, erwidert werden. Was von mir aus für Euch u[n]d für uns[ere] gemeinschaftl[iche] Sache geschehen kann, wird zuverlässig geschehen. Als ich sagte:

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es ist vollbracht, ward mir um den Kampf zu thun, den ich in meinem innersten bestanden habe, um aller Gegenwirkung der Welt gegen meine Aufgabe Trotz bieten zu können, mit Liebe, Vertrauen und Dank! Ich kann G[ott] nicht genug danken für seinen Seegen – denn auch ihnen, m[eine] Geliebten, wird bald ein Licht über mich aufgehen u[nd] eine Wärme v[on] Herzen zu Herzen sich ergiessen, gegen welche dann hofentlich keine Täuschungen einseitiger Ansichten u[nd] falscher Vorspieglungen wie sie allenfalls aus Benzigers Lanterne magique fliessen können, etwas vermögen sollen. Edler Pestalozzi. Du sollst das Kind deiner Dichtung noch zur Taufe tragen, dessen Geburtshelfer ich bin – die Verwürklichung der schönsten Träume der vollen Kraft deines Lebens wird dem lichten Abend desselben eine Befriedigung gewähren, welche Du auch jetzt noch nicht ahndest. Aber damit das geschehe, dürfen wir nicht verschwatzen die flüchtigen Momente des Handelns: ich umarme Euch von ganzem Herzen Euer F[ellenberg].

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal, 916/13, S. 26 Copia Textkritik

Zeuge [h] Sacherklärung I. Pilipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 II. ⇒

Nr. 716 III.

Z. 7 Z. 16 Z. 24

Z. 26

Briefs: PSB IV, Nr. 1022 es ist vollbracht: ⇒ Nr. 716 Benzigers Lanterne magique: Als Lanterne magique (Lanterna magica) wurde ein Projektionsgerät bezeichnet, dessen Bilder allerdings noch verzerrt waren. Hier dürfte der Ausdruck metaphorisch für den Klatsch oder die Zwischenträgereien des Knechtes Konrad Bänziger (1777–1854) aus Appenzell, eines Neffen Johannes Niederers (1779–1843, ⇒ Nr. 507), zu verstehen sein (vgl. Morf III, S. 250f.). Kind deiner Dichtung: Damit dürfte Philipp Emanuel von Fellenberg (1771– 1844, ⇒ Nr. 426) wohl Pestalozzis Bemühungen um die Einrichtung seiner

12 Armenanstalt in Yverdon ansprechen; ein Anliegen, das Pestalozzi publizistisch immer wieder propagiert hatte.

719. Johann Jakob Friedrich Ladomus Januar 1805 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

ZB Zürich, Ms Pestal 961/12 (Tagebuch Muralt, 20.1.1805), vgl. PSB IV, S. 280ff. Sacherklärung I.

Johann Jakob Friedrich Ladomus (1782–1854) ⇒ Nr. 689

720. Karl Heinrich Gottfried Witte ca. 20. Januar 1805 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

ZB Zürich, Ms Pestal 961/12 (Tagebuch Muralt, 20. und 26.1.1805) Sacherklärung I.

Karl Heinrich Gottfried Witte (1767–1845) aus Pritzwalk (Brandenburg) besucht das Gymnasium in Berlin unter der Leitung von Friedrich Gedike (1754–1803, ⇒ Nr. 637). 1792–1795 ist er Erzieher in der Familie des Freiherrn von Salis-Tagstein in Graubünden. Zurück in Berlin wird er 1795 zum Feldprediger ernannt und übernimmt 1796 das Pfarramt in Lochau bei Halle. 1797 heiratet er Luise Johanna Reimann (1778–1842, ⇒ Nr. 724). 1800 kommt der Sohn Karl zur Welt (†1883). Dieser wird von Kindesbeinen an vom Vater intensiv gefördert und erlangt schon nach wenigen Jahren den Ruf eines Wunderkindes. Wittes Sohn beginnt 1810 das Studium der Mathematik und der Philologie an der Universität Göttingen, später (1814) in Heidelberg. Dabei wird er von seinem Vater begleitet. Ab 1816 lebt Witte in Berlin. Hier verfasst er Karl Witte, oder Erziehungs- und Bildungsgeschichte desselben. Ein Buch für Eltern und Erziehende. Hrsg. von dessen Vater (1819), wobei sich die Beziehungen zu seinem Sohn und seiner Frau

13 zunehmend schwieriger gestalten. Über das weitere Leben in Berlin bis zu seinem Tod 1845 ist nichts bekannt. Lit.: Hermann Witte: Karl Witte: ein Leben für Dante: vom Wunderkind zum Rechtsgelehrten und grössten deutschen Dante-Forscher. Hamburg 1971 II. 1804 besuchte Karl Heinrich Gottfried Witte (1767–1845, ⇒ Sacherklärung I.) die Anstalt von Pestalozzi in Münchenbuchsee, worüber er einen Bericht verfasste: Bericht an Sr. Königliche Majestät von Preussen über das Pestalozzische Institut in Burgdorf (Leipzig 1805). Dieser muss gemäss dem Eintrag im Tagebuch von Johannes von Muralt (1780–1850, ⇒ Nr. 610) diesem Brief beigelegen haben.

721. Wilhelm Christian von Türk 25. Januar 1805 N[eu] Strelitz, 25. Jan[uar] [180]5. 5

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Es würde vergeblich sein, guter Vater Pestalozzi, Dir die Freude zu schildern, die mir die Briefe aus Yverdun; welche ich heute früh erhielt, verursachten. Ich war in Gedanken, unter Euch, Ihr Lieben! gerade diese Woche in Justiz-Sachen begraben, so dass ich kaum meine kl[eine] Schule abwarten, kein Wort für m[eine] Reisebeschr[eibung] niederschreiben konnte, waren mir diese Zeilen aus der Schweiz ein wahres Labsal. Du sagtest mir oft: Warum so ernst und still? Diesen Ernst, diese Stille, nahm ich als Richter an, unwillkührlich – meine Gefühle brachten es so mit sich. Aber Gott sei Dank! ich kann mich herzlich freuen mit den Fröhlichen, ich kann Kind sein mit den Kindern. Rousseau sagt im Emile: Je voudrois, que le gouverneur fut lui même enfant, s’il étoit possible, qu’il put devenir le compagnon de son eleve et s’attirer sa confiance, en partageant ses amusements. Ich finde das sehr wahr. Nun zur Antwort. Ostern wird die 1ste Lieferung alles dessen, was für Dich u[nd] die Deinen Interesse haben kann, erscheinen. Ich werde deshalb mit dem ehrwürdigen Greise Nicolai reden, der mir jenen Aufsatz von Trapp mit kindlicher Freude reichte, damit auch in Zukunft, wenn mein Schicksal mich abrufen sollte, Dein Wunsch ununterbrochen erfüllt werde. Weiss und Tillichs Beiträge sind doch jetzt schon in Euren Händen? Diese, Gruner und Witte haben viel gewürkt. Jenes treffliche Kleeblatt meiner Freunde in Yverdun wird viel, unendlich viel leisten und in der Schweiz, in Deutschland, wird die gute Sache bald gesiegt haben. In Russland will ich es versuchen, wenn es nicht früher durch andere ge-

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schieht. Schlagen nicht alle wahrscheinlichen Erwartungen fehl, so werde ich bald durch eine bedeutende Erbschaft in den Stand gesetzt werden, meine hiesige Stelle zu verlassen u[nd] auf eigne Kosten nach Petersburg oder Moskau zu gehen. Die Reinheit meiner deutschen Aussprache, die Kenntniss der Franz[ö]s[ischen], Engli[schen], Latein[i]schen Sprache, dass ich die meisten Höfe sah, dass ich dann nicht als ein Suchender komme, alles das soll mir den Weg öffnen u[nd] sichern. Ein mehrjähriger Freund ist Director des Cadetten-Hauses – ich würde dort selbst unterrichten (dass ich es kann, davon habe ich mich nun überzeugt) meine Versuche werden; ich bin es gewiss, Aufsehen erregen und Beifall finden, u[nd] so wird vielleicht von oben herab zuerst eine vernünftige, Naturgemässe Elementarbildung des Russ[isc]hen Volkes organisiert. Du giebst mir den einen Deiner Zöglinge zum Gehülfen und so wird auch im Norden der schöne Samen des Menschen Wohls ausgestreut u[nd] wird eine reiche Arndte bringen. Dieser Plan steht nunmehr fest, wie damals der, Dich in der Schweiz zu sehen, Dein Schüler zu werden. Ich werde ihn ausführen, wie jenen, wenn es der Vorsehung Wille ist. Als Vorbereitung will ich die Knaben 1 Jahr lang unterrichten, dann errichte ich eine 2te Schule, für Mädchen, die ich auch selbst unterrichten will. Machen die Inst[itute] in Yverdun u[nd] in Buochsee wichtige Fortschritte, so kehre ich dann zuvor dorthin zurück. Den Winter vor meiner Abreise nach R[ussland] will ich bei Carus in Leipzig die philosophis[chen] Collegia hören, ein Glück, das jetzt Ladomus geniesst. Doch ich kehre zum Antworten zurück. Bitten an einzelne Menschen können in Ansehung der Elem[entar] Bücher, wenig oder nichts helfen. Wenn Wittes Vorschlag, dass der König von Preussen 6 junge Leute unter seiner Leitung nach der Schweiz schicken möge, angenommen würde, so würden die El[ementar] B[ücher] im Preuss[isc]h[en] einen starken Absatz bekommen. Klewiz kann davon keinen Gebrauch machen, weil der gemeine Mensch in Süd-Preussen, seinem Würkungskreise, polnisch spricht u[nd] so unterrichtet wird. Ich vermuthe, dass der Absatz der E[lementar] B[ücher] eine Zeit lang stocken wird, weil nur wenige sie zu brauchen wissen u[nd] es entsteht daher die Frage: Soll der gänzliche Debit abgewartet oder soll sofort eine neue Auflage, mit der seitdem hiezugekommenen Erweiterungen u[nd] Vortheilen veranstallet werden? Oder sollen endlich diese einstweilen in einem Rechtanze geliefert werden, der auch ev[entuell] noch in dem Journale erscheinen u[nd] eine neue Ausgabe vorbereiten würde? Das Letztere scheint mir beinahe das Bessere, weil ökonomi[sche] Rück-

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sichten das 2te missrathen, dennoch aber zu wünschen ist, dass das neu Hinzugekommne bald bekannt u[nd] genutzt werde. – M e i n e Regierung schläfd; was i c h nicht für die Schulen thue, das geschieht nicht gerne hätte ich mir von Dir einen jungen Mann für unsre Schule erbeten, aber man will lieber eine ganze Generation durch schlechte Elementar-Lehrer verderben lasssen als nur 100 R[eichs]th[aler] ausgeben, um bessere zu erhalten, in einer Zeit, wo man einer Schauspieler-Truppe für 3 Monate 2000 R[eichs]th[aler] zahlt! H i e r schweige ich davon; mein Tadel würde erbittern, nicht bessern u[nd] um sich an mir zu rächen, würde man sogar das wenige Gute, das ich allenfalls durchsezze, hintertreiben. Du kannst Klewiz das Anerbieten machen, dass er Dir junge Leute schicken soll, um sie zu bilden. Er wird wahrscheinlich Gebrauch davon machen. Über Deine Verpflanzung nach, Dein Würken in Russland, denken wir gleich – vielleicht täuschen wir uns dord: Gehst Du mit den Deinen früher, so folge ich – gehe ich allein, so bahne ich Euch den Weg. – ich weiss, dass auch Krüsi u[nd] Niederer gerne mit uns sind. – Ich treffe Ostern mit Tillich und Olivier aus Dessau, mit Salinger u[nd] Bartholdi aus Stettin in Berlin zusammen, dann werde ich Massow u[nd] Himmly aufsuchen, auch Beime u[nd] über den Erfolg berichten. Eher schreibe nicht an Massow, – der Präs[ident] des Obern Consistorii, v[on] Scheven, wird im k[ommenden] Sommer nach der Schweiz reisen; er ist nicht günstig gestimmt – aber alles müsste mich trügen, wenn er in Buochsee u[nd] Yverdun nicht bekehrt würd u[nd] dass er dahin kommt, dafür werde ich, da ich ihn kenne, schon sorgen. Tillich ist Dir u[nd] Deiner Sache hold u[nd] hat mehr für sie gewürkt, als irgend einer in Deutschland, allein sein Zweck scheint mir etwas von dem Deinigen abzuweichen – er will die Pädagogik der gebildetern, der höhern Stände reformiren – Du willst vorzüglich aufs Volk würken, beides ist heilbringend; es sind Zwecke, die sich gegenseitig die Hand bieten. – Guthsmuths Bibliothek hat ein s[ehr] grosses Publicum besonders von Geistl[ichen] Schullehrern u[nd] Hofmeistern – es ist also wesentlich, jene ungünstigen Recensionen durch dasselbe Organ zu widerlegen, das sie verbreitete. Niederer wird sich daher wol dieser Arbeit unterziehen. Mein kleiner Versuch fängt an, Aufmerksamkeit zu erregen. Die Würkung, die er auf die Kinder hat, besonders, dass sie den ganzen Tag über zu Hause mit dem sich beschäftigen, was sie bei mir lernten, dass sie miteinander rechnen, dass sie zu mir eilen u[nd]

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ihre liebsten Vergnügungen freiwillig verlassen, wenn die Stunde des Unterrichts nahet, das sind den Ältern Probleme, die sie denn auch, selbst wider Willen, überzeugen. Was habe ich Dir zu danken, guter Pestalozzi! Erst lehrten Deine Schriften mich meine Pflichten als Mensch kennen, gaben mich mir selbst wieder u[nd] nun vollendete Dein Umgang, Dein Geist, Dein Wohlwollen, mit dem Du die Menschheit umfassest, das Anschauen dessen, was das r[ei]ne Wollen eines schwachen Sterblichen vermochte, was in mir, uns jene Schriften vorbereitet hatten. Dir danke ich das Glück u[nd] die Zufriedenheit meines Lebens, Dir werde ich meine Ruhe, mein frohes Bewusstsein in der letzten Stunde danken, wenn heute oder nach Jahren unser himmlischer Vater mich abrufd! – Krüsi und Niederer grüsse ich, doch schreiben kann ich Ihnen heut nicht, aber ich weiss, sie lesen diesen Brief u[nd] was mein Herz ihnen sagen möchte, das wissen sie. Lebe wohl. Ich habe heute 4 Stunden zu Gericht gesessen u[nd] 5 Stunden unterrichtet u[nd] bin ganz müde. Dein Türk.

Überlieferung 1 2 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a, Umschlag 372/1 Bogen, 111x189 mm Original Textkritik

Zeuge H Z. 4 Z. 11 Z. 15 Z. 15–18 Z. 17 Z. 21 Z. 22 Z. 24 Z. 24 Z. 25 Z. 25 Z. 27 Z. 27 Z. 27 Z. 28 Z. 28

N[eu] Strelitz: lateinische Schrift Schweiz: lateinische Schrift Rousseau: lateinische Schrift frz. Zitat: lateinischer Schrift et s’attirer Nicolai: lateinische Schrift Trapp: lateinische Schrift Weiss: lateinische Schrift Tillichs: lateinische Schrift Gruner: lateinische Schrift Witte: lateinische Schrift Yverdun: lateinische Schrift und in der Schweiz, in Schweiz: lateinische Schrift Deutschland: lateinische Schrift Russland: lateinische Schrift

17 Z. 33 Z. 33 Z. 34f. Z. 38 Z. 38 Z. 41 Z. 42 Z. 43 Z. 46 Z. 53 Z. 53 Z. 53f. Z. 54 Z. 56 Z. 57 Z. 57 Z. 58 Z. 60 Z. 60 Z. 62 Z. 64 Z. 66 Z. 69 Z. 71 Z. 77 Z. 84 Z. 87 Z. 89 Z. 90 Z. 90 Z. 91 Z. 91 Z. 91 Z. 92 Z. 92 Z. 92 Z. 92 Z. 92 Z. 93 Z. 93 Z. 93 Z. 93 Z. 94 Z. 95 Z. 95 Z. 95

Petersburg: lateinische Schrift Moskau: lateinische Schrift Franz[ö]s[ischen], Engli[schen], Latein[i]schen: lateinische Schrift Director: lateinische Schrift Cadetten: lateinische Schrift zuerst∫ Elementarbildung: lateinische Schrift organisiert: lateinische Schrift Schweiz: lateinische Schrift Carus: lateinische Schrift Leipzig: lateinische Schrift philosophis[chen] Collegia: lateinische Schrift Ladomus: lateinische Schrift Elem[entar]: lateinische Schrift Wittes: lateinische Schrift Preussen: lateinische Schrift Schweiz: lateinische Schrift Preuss[isc]h[en]: lateinische Schrift Klewiz: lateinische Schrift Süd-Preussen: lateinische Schrift wird, weil Debit: lateinische Schrift Journale: lateinische Schrift ökonomi[sche]: lateinische Schrift Generation: lateinische Schrift Klewiz: lateinische Schrift Russland: lateinische Schrift ich∫ Krüsi: lateinische Schrift Niederer: lateinische Schrift Tillich: lateinische Schrift Olivier: lateinische Schrift Dessau: lateinische Schrift Salinger: lateinische Schrift Bartholdi: lateinische Schrift Bartholdi aus Stettin: lateinische Schrift Berlin: lateinische Schrift Massow: lateinische Schrift Himmly: lateinische Schrift aufsuchen, auch Beime: lateinische Schrift Massow: lateinische Schrift Präs[ident]: lateinische Schrift Consistorii: lateinische Schrift Scheven: lateinische Schrift

18 Z. 96 Z. 97 Z. 98 Z. 99 Z. 102 Z. 103 Z. 105 Z. 106 Z. 107 Z. 107 Z. 108 Z. 108 Z. 112 Z. 115 Z. 122 Z. 126 Z. 126

Schweiz: lateinische Schrift Buochsee: lateinische Schrift Yverdun: lateinische Schrift Tillich: lateinische Schrift Pädagogik: lateinische Schrift reformiren: lateinische Schrift Guthsmuths: lateinische Schrift Publicum: lateinische Schrift wesentlich, jene Recensionen: lateinische Schrift Organ: lateinische Schrift Niederer: lateinische Schrift sich∫ beschäftigen , was Probleme: lateinische Schrift was in mir∫ Krüsi: lateinische Schrift Niederer: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Wilhelm Christian von Türk (1774–1846) ⇒ Nr. 653 II. Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653) hatte während einer Studienreise durch Deutschland und die Schweiz im Sommer 1804 auch Yverdon besucht (⇒ Nr. 661). Offenbar überzeugte ihn das dort Gesehene, setzte er sich doch nach seiner Rückkehr unter anderem beim preussischen König Friedrich Wilhelm III. (1770–1840, ⇒ Nr. 568) für die Einführung der pestalozzischen Methode ein. III. Z. 6 Z. 9

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Briefe aus Yverdun: Damit ist wahrscheinlich der Brief Pestalozzis vom 20. Dezember 1804 gemeint (PSB IV, Nr. 1004). meine k[leine] Schule: Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653) hatte in Neustrelitz ein Dutzend Knaben, meist Kinder von Bekannten, zwischen drei und sechs Jahren und auch mehrere Lehrerinnen und Lehrer um sich geschart und unterrichtete sie zwei Stunden täglich. m[eine] Reisebeschr[eibung]: Wilhelm Christian von Türk: Beiträge zur Kenntnis einiger deutscher Elementar-Schulanstalten, namentlich der zu Dessau, Leipzig, Heidelberg. Frankfurt am Main/Berlin/Leipzig 1806 Jean-Jacques Rousseau: Émile ou De l’éducation (1762). In: ŒC IV, S. 21 1ste Lieferung: Pestalozzi ermunterte Wilhelm Christian von Türk (1774– 1846, ⇒ Nr. 653) in seinem Brief vom 20. Dezember 1804 (PSB IV, Nr. 1004), seine Reisebeschreibungen zu veröffentlichen. Damit unter Zugzwang gesetzt, kündigte von Türk das Erscheinen seiner Reisebeschreibungen trotz der erwähnten geringen Zeit wegen der Inanspruchnahme durch Verwaltungsgeschäfte wohl zu optimistisch für Ostern 1805 an. Die Beiträge zur Kenntnis einiger deutscher Elementarschulanstalten sowie die

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Briefe aus München-Buchsee über Pestalozzi und seine Elementarbildungsmethode erschienen jedoch erst Anfang 1806. Nicolai: Friedrich Nicolai (1733–1811) war als Leiter der väterlichen Verlagsbuchhandlung (ab 1758), als Schriftsteller und Historiker sowie als Mitglied der Freimaurer und Illuminaten eine prägende Figur der Berliner Aufklärung. Mit seinem strikten Rationalismus geriet er bald in Opposition zu seinen berühmten literarischen Zeitgenossen Johann Wolfgang von Goethe (1749–1831, ⇒ Nr. 811) und Johann Gottfried von Herder (1744– 1803, ⇒ Nr. 833). Bedeutender als mit seinen eigenen literarischen Werken war Nicolai als Organisator einer literarischen und intellektuellen Öffentlichkeit, etwa durch die Herausgabe der Allgemeinen deutschen Bibliothek (1765–1806). jenen Aufsatz von Trapp: Ernst Christian Trapp: Ueber Pestalozzi. In Briefen an den Herausgeber. Erster Brief: Pestalozzi’s Elementarbücher. In: Neue Berlinische Monatschrift 12(1804), S. 321–345. Diesem Aufsatz liess Trapp zwei weitere folgen: Ueber Pestalozzi. Zweiter Brief: Pestalozzi’s Lehrweise. In: Berlinische Monatsschrift 13(1805), S. 3–26. Ueber Pestalozzi. In: Neue Berlinische Monatsschrift 13(1805), S. 424–440. Weiss und Tillichs Beiträge: Christian Weiss/Ernst Gotthelf Albrecht Tillich: Beiträge zur Erziehungskunst. Zur Vervollkommnung sowohl ihrer Grundsätze als ihrer Methode; Eltern und Erziehern gewidmet. Leipzig 1803. Ein zweites (und letztes Heft) der Beiträge erschien 1806. Gruner: Gottlieb Anton Gruner (1778–1844) ⇒ Nr. 611 Witte: Karl Heinrich Gottfried Witte (1767–1845) ⇒ Nr. 720 Freund: Damit dürfte wohl Friedrich Maximilian von Klinger (1752–1831) gemeint sein. Klinger wurde 1785 an das Erziehungsinstitut des adeligen Kadettenkorps in St. Petersburg berufen, 1788 zum Kapitän, 1798 zum Generalmajor und 1801 zum Direktor ernannt, nachdem er seit 1780 in russischem Militärdienst stand. 1802 wurde Klinger Mitglied der Hauptschulverwaltung beim russischen Ministerium für Volksbildung und wiederum ein Jahr später Kurator der Universität in Dorpat (Tartu, Estland). Zöglinge: Sowohl in Pestalozzis voran gegangenem als auch im nachfolgenden Brief vom 20. Dezember 1804 (PSB IV, Nr. 1004) und 2. Februar 1805 (PSB IV, Nr. 1031) findet sich hierzu kein Hinweis. Konkrete Pläne schien es zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegeben zu haben. Erst im Frühjahr 1805 (⇒ Nr. 739) kam der Gedanke wieder auf, einen Zögling Pestalozzis als Gehilfen zu Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653) zu schicken. Ein Jahr später reiste dann Johann Michael Schmid (1788– 1807, ⇒ Nr. 739) zu von Türk nach Oldenburg, wo er kurze Zeit später starb. Buochsee: Münchenbuchsee Carus: Friedrich August Carus (1770–1807) aus Bautzen wirkte ab 1795 als Frühprediger in Leipzig und wurde dort 1805 ordentlicher Professor für Philosophie. Beeinflusst von Immanuel Kant (1724–1804, ⇒ Nr. 442) und Friedrich Heinrich Jacobi (1743–1819, ⇒ Nr. 439) war Carus ein wichtiger Vertreter der empirischen Psychologie des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Ladomus: Johann Jakob Friedrich Ladomus (1782–1854) ⇒ Nr. 689 Wittes Vorschlag: An Stelle des plötzlich verstorbenen preussischen Oberschulrats Friedrich Gedike (1754–1803, ⇒ Nr. 637) hielt sich Karl Heinrich Gottfried Witte (1767–1845, ⇒ Nr. 720) im Auftrag des preussischen Königs Friedrich Wilhelm III. (1770–1840, ⇒ Nr. 568) im Sommer 1804 für zehn Ta-

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ge in Pestalozzis Institut in Münchenbuchsee auf und berichtete darüber positiv im Schreiben an die Herausgeber der A.L.Z. das Pestalozzische Institut zu Burgdorf (jetzt in Buchsee) betreffend, das im Halleschen Intelligenzblatt am 27. Oktober 1804 veröffentlicht wurde. Am 14. Dezember 1804 sandte Witte einen weiteren umfassenden Erfahrungsbericht (veröffentlicht 1805) über seinen Aufenthalt in Münchbuchsee an den preussischen König und schlug im Begleitbrief vor, mit drei bis sechs jungen Leuten vom Land ein Vierteljahr lang den Unterricht bei Pestalozzi eingehender zu studieren. Dieser Antrag wurde jedoch aufgrund von Widerständen im preussischen Oberkonsistorium und von Bernhard Moritz Snethlage (1753–1840), Direktor am Joachimsthaler Gymnasium, und dessen 1804 veröffentlichten Bemerkungen über Pestalozzi’s Lehrmethode nicht umgesetzt. El[ementar] B[ücher]: Johann Heinrich Pestalozzi: ABC der Anschauung, oder Anschauungslehre der Massverhältnisse. Zürich 1803 (PSW XV, S. 175–340); Johann Heinrich Pestalozzi: Das Buch der Mütter, oder Anleitung für Mütter, ihre Kinder bemerken und reden zu lehren. Zürich 1803 (PSW XV, S. 341–424); Johann Heinrich Pestalozzi: Anschauungslehre der Zahlenverhältnisse. Zürich 1803/04 (PSW XVI, S. 93–110) Klewiz: Wilhelm Anton von Klewitz (1760–1838) ⇒ Nr. 651 Rechtanze: «Restanz» ist ein Rückstand oder Restbetrag. Hier dürfte damit wohl eine Art Supplementband gemeint sein, der den bisherigen Käufern der Elementarbücher nachgeliefert werden soll. Journale: Pestalozzi plante, neben seinen theoretischen Schriften und den Elementarbüchern eine Zeitschrift mit dem Zweck herauszugeben, die Methode noch populärer zu machen. Für 1806 war unter dem Titel Ansichten, Erfahrungen und Mittel zur Beförderung einer der Menschennatur angemessenen Erziehungsweise. Eine Zeitschrift in freyen Heften ein erstes Heft angekündigt, das allerdings erst 1807 als Stücktitel des ersten Heftes des Journals für die Erziehung erschien (PSW XVIIB, PSW XIX). Dieses erste Heft war gleichzeitig auch das letzte des Journals, erschien doch ab 1807 (bis 1811) die Wochenschrift für Menschenbildung, die einem ähnlichen Zweck diente. Anerbieten: Ein Briefwechsel zwischen Pestalozzi und Wilhelm Anton von Klewitz (1760–1838, ⇒ Nr. 651) ist nur für den Oktober 1803 und Mai 1804 überliefert (PSB IV, Nr. 927, Nr. 961). Deshalb bleibt unklar, ob Pestalozzi sich mit diesem Anliegen an Klewitz gewandt hatte. Sicher ist hingegen, dass die Preussische Regierung ab 1808 Eleven zur Ausbildung nach Yverdon schickte (⇒ Nr. 992). Dein Würken in Russland: Pestalozzi hatte im Spätsommer 1804 eine Anfrage erhalten, als Professor an die Universität von Dorpat (Tartu, Estland) zu gehen (⇒ Nr. 672, Nr. 687). Anfang Dezember schien Pestalozzi von diesen Plänen Abstand genommen zu haben. Am 22. Januar 1805 lehnte Pestalozzi ein neuerliches Angebot des Universitätsrektors Georg Friedrich von Parrot (1767–1852, ⇒ Nr. 687) definitiv ab, als Mitglied der Schulkommission an der Kaiserlichen Universität zu Dorpat die Einrichtung neuer Volksschulen in Russland zu fördern (PSB IV, Nr. 1027). Krüsi: Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588 Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Tillich: Ernst Gotthelf Albrecht Tillich (1780–1807) ⇒ Nr. 688 Olivier: Ludwig Heinrich Ferdinand Olivier (1759–1815) ⇒ Nr. 615

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Salinger: Franz Wilhelm Salinger (1775–1850), auch François Guillaume Salingre, Geheimer preussischer Kommerzienrat und Ritter des Königlichpreussischen Roten Adler-Ordens 3. Klasse, stammte aus einer kultur- und bildungsbewussten hugenottischen Familie, die sich im 17. Jahrhundert in der französischen Kolonie in Stargard Szczecinski (Westpommern, Polen) niederliess. Franz Wilhelm erbte von seinem Vater, dem Kaufmann Isaac Salingre/Salinger (1717–1801), nicht nur das Gutspalais, sondern die 1755 gegründete florierende Tabakspinnerei, die Tonpfeifenfabrik und die Weinhandlung, sowie über die mütterliche Linie den Besitz von acht Frachtschiffen für den Getreide- und Weinhandel. Salingers Ehe mit der Hamburger Pastorentochter Margarete Catharina Elisabeth Flügge (1795– 1841) blieb kinderlos, er selbst litt an Hypochondrie und musste die Tabakund Tonpfeifenfabrik im 19. Jahrhundert wegen steigender Konkurrenz mit Berliner Unternehmungen und veränderter Rauchgewohnheiten sukzessive einstellen. Bartholdi: Georg Wilhelm Bartholdy (1765–1815) wuchs in Kolobrzeg (Westpommern, Polen) auf, besuchte das Gymnasium in Stettin (Westpommern, Polen) und studierte anschliessend in Halle/Saale bei Johann Salomo Semler (1725–1791). Von 1787 bis 1797 arbeitete er in Berlin am Seminar für gelehrte Schulen unter Friedrich Gedike (1754–1803, ⇒ Nr. 637) und als Gymnasiallehrer. 1797 wechselte er als Mathematik- und Physiklehrer an das Gymnasium zu Stettin und avancierte dort zum Direktor des pädagogischen Seminars und zum Schulrat. Massow: Julius Eberhardt Wilhelm Ernst von Massow (1750–1816) ⇒ Nr. 637 Himmly: Johann Friedrich Wilhelm Himly (1769–1831) ⇒ Nr. 637 Beime: Karl Friedrich von Beyme (1765–1838) ⇒ Nr. 637 v[on] Scheven: Adolf Friedrich von Scheve (1752–1837) bekleidete zahlreiche Ämter in der preussischen Staatsverwaltung. 1798 bis 1806 war er Kammergerichtsrat beim Berliner Kammergericht sowie zweiter Präsident des Oberkonsistoriums und Präsident des kurmärkischen Konsistoriums zu Berlin. 1802 bis 1806 übernahm von Scheve die Präsidentschaft des Oberschulkollegiums, bevor er von 1813 an während elf Jahren das für Vormundschaftsfragen zuständige preussische Pupillenkollegium beim Kammergericht zu Berlin sowie das die Armendirektorium bei der Regierung zu Berlin präsidierte. Guthsmuths Bibliothek: Johann Friedrich Gutsmuths (Hrsg.): Bibliothek der pädagogischen Literatur. Gotha 1800–1805 Recensionen: In Gutsmuths Bibliothek bestand die Gelegenheit zur Replik auf erschienene Rezensionen. Pestalozzi wurde darin seit 1802 verschiedentlich besprochen (vgl. PSB IV, S. 628). Die letzte, kritische Rezension mit dem Titel Pestalozzis Elementarbücher war in der September/Oktober Ausgabe von 1804 erschienen – gezeichnet von einem «Kr.» (1804, S. 30– 66). Arbeit: 1805 ist keine positive Rezension Johannes Niederers (1779–1843, ⇒ Nr. 507) über Pestalozzi in GutsMuths Bibliothek erschienen, wohl aber eine neuerliche von Kr. (⇒ Z. 107) gezeichnete kritische Besprechung des ABCs der Anschauung (1805, H. 2, S. 143–147). In der Gutsmuths Bibliothek nachfolgenden, nur zwei Jahre von 1806 bis 1807 bestehenden Zeitschrift für Pädagogik, Erziehungs- und Schulwesen folgten dann zahlreiche Aufsätze, die Pestalozzi verteidigen, etwa die Jahresfeyer der Pestalozzischen

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Z. 110

Lehranstalt in Iferten (1806, H. 2, S. 138–141) oder Einige Beobachtungen und Berücksichtigungen über Pestalozzis Elementarmethode (1806, H. 3, S. 189–203) und schliesslich auch der von Niederer gezeichnete Aufruf Pestalozzis an das Publikum über das Bedürfniss einer Wochenschrift für Menschenbildung (1807, H. 1, S. 40–60). Mein kleiner Versuch: Damit dürfte Wilhelm Christian von Türks (1774– 1846, ⇒ Nr. 653) Privatschule in Neustrelitz (Mecklenburg-Vorpommern) gemeint sein, in der er ein Dutzend Knaben zwischen drei und sechs Jahren täglich zwei Stunden unterrichtete. Er hatte diese Privatschule nach der Rückkehr von seiner pädagogischen Studienreise im November 1804 gegründet.

722. Frédéric César de Laharpe 27. Januar 1805 e

Lausanne le 27 Janv[ier] 1805 5

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Très cher concitoyen – Votre lettre est fort bonne. J’ai marqué en marge Ce que vous pourriez changer. – La Comission de l’Université peut savoir que vous m’avez aussi entretenu de la question; mais pour éviter de donner lieu aux petites rivalités qui sont quelquefois l’àppanage des Corporations Savantes, il ne faut pas me citer parmi les Individus formant autorité. C’est pour la même raison qu’il faut adresser votre Mémoire à cette Comission, parce que ses offres montrant ses bonnes dispositions, vous ne pourriez vous adresser à son Supérieur, sans la blesser; elle aurroit sujet de penser que vous vous défiez d’elle, et s’en plaindroit avec raison. Vous pouvez seulement lui manifester le grand desir que vous auriez, de faire parvenir votre Mémoire à l’Empereur, par son Canal et recommandé par elle. – Cela n’empèche pas que vous ne m’envoyiez un Extrait abrégé, mais bien clair, de ce même Mémoire que je ferai parvenir directement, comme intéressant mon Correspondant. – La Titulature est fort bonne; d’ailleurs vous êtes étranger. – M[onsieu]r le Conseiller Lambert a bien voulu se charger de vous faire compter les 15 Louis que Secretan et moi avons rassemblé pour l’objet que vous savez; ainsi soyez tranquille – On ne peut faire plus de Vœux que nous en formons pour la réussite de vos vues philanthropiques, Hélas! nous n’en serions pas où nous sommes, s’il y avoit eu plus de lumières chez nous! – Agréez mes cordiales Salutations. Ma femme très sensible à votre

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bon souvenir me charge vous le témoigner; elle a été et est encore malade. Dès que la Saison le permettra je veux aller vous voir en famille. – Vale, Vale! Laharpe Avant hier j’ai écrit à S.e Pet[ersbourg] la substance de ce dont nous avions parlé –

Überlieferung 1 2 5

ZB Zürich, Ms Pestal 52/53, Umschlag 181/1 Bogen, 97x119 mm Original Textkritik

Zeuge H Sacherklärung I. Frédéric César de Laharpe (1754–1838) aus Rolle (Kt. Waadt) besucht in Haldenstein (Kt. Graubünden) das nach republikanischen Grundsätzen geführte Erziehungsinstitut unter der Leitung von Martin von Planta (1727–1772) und Johann Nesemann (1720– 1802). 1774 promoviert er in Tübingen in Recht und wird Anwalt am Berner Gericht, 1781 gibt er die Juristerei auf. Stattdessen begleitet Laharpe den russischen Prinzen Alexander Lanskoi (1758–1784) nach St. Petersburg. Zarin Katharina II. (1729–1796) überträgt ihm 1784 die Erziehung ihrer Enkel, den späteren Zaren Alexander I. (1777– 1825, ⇒ Nr. 520) und Konstantin (1779–1831). Ab 1790 fordert Laharpe mit revolutionären Broschüren die Berner Regierung auf, der Waadt entzogene Vorrechte zurückzugeben. Bern verurteilt ihn in Abwesenheit als Anstifter der ausgebrochenen Wirren und fordert 1793 vergeblich seine Entlassung in Russland. Zwei Jahre später verliert Laharpe im Zusammenhang mit einer Intrige am Hof dennoch seine Anstellung und lässt sich in Paris nieder. Vor dem Hintergrund der gespannten politischen Lage Europas und in einem Umfeld mit guten Beziehungen zum Französischen Direktorium verstärken sich Laharpes politische Aktivitäten: 1797 erscheint sein Essay sur la constitution du Pays de Vaud, sowie zwei Bittschriften, in denen er Frankreich um Interventionshilfe ersucht, damit aus der Waadt ein freier Staat unter französischem Prorektorat hervorgehen könne; des weiteren arbeitet er mit Peter Ochs (1752–1821, ⇒ Nr. 1077) einen unitären und demokratischen Verfassungsentwurf aus (Ochsenbüchlein). Nach dem französischen Einmarsch setzt sich Laharpe gegen Guillaume Brunes (1763– 1815) Plan zur Wehr, die Eidgenossenschaft in drei Republiken zu teilen. Im Juni 1798 folgt Laharpe einem Ruf in die Helvetische Regierung (⇒ Nr. 488). Kurz nach seiner Amtsenthebung wegen des Staatsstreichs im Januar 1800 wird Laharpe auf Grund eines angeblichen Komplotts gegen Napoleon I. Bonaparte (1769–1821, ⇒ Nr. 580) verhaftet, es gelingt ihm jedoch die Flucht nach Frankreich. Ausser eines Besuchs bei Zar Alexander I. (1801) lebt er bis 1814 zurückgezogen in Le Plessis-Piquet (Île-de-France). Als sich Napoleons Niederlage abzuzeichnen beginnt, stellt sich Laharpe erneut in den Dienst

24 Russlands. Er beteiligt sich am Wiener Kongress (1815) und kehrt anschliessend endgültig in den Kt. Waadt zurück. 1816 wird Laharpe Mitglied des Grossen Rates und bald Anführer der liberalen Partei, die erheblichen Einfluss auf die kantonale Verfassungsrevision (1830) ausübte. II. Pestalozzi kennt Frédéric César de Laharpe (1754–1838, ⇒ Sacherklärung I.) seit seiner Zeit als Mitglied der Helvetischen Regierung (⇒ Nr. 488). Da Laharpe als ehemaliger Erzieher der Söhne des Zaren mit den Verhältnissen in Russland vertraut war, bitte t Pestalozzi ihn um Unterstützung bei der Beantwortung der Anfragen aus Russland (⇒ Nr. 672, Nr. 687). III. Z. 6 Z. 12

Z. 18 Z. 23 Z. 24 Z. 29

Z. 34

Votre lettre: PSB IV, Nr. 1026 votre Mémoire: Dieses von Frédéric César de Laharpe (1754–1838, ⇒ Sacherklärung I.) durchgesehene und offenbar kommentierte Manuskript für Russland ist nicht erhalten, falls es überhaupt vollendet wurde. Noch im April 1805 bittet Pestalozzi Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) dringend, er soll die Bemerkungen für den russischen Kaiser vollenden (PSB IV, S. 292). l’Empereur: Alexander I., Zar von Russland (1777–1825) ⇒ Nr. 520 Lambert: Louis Lambert (1751–1811) ⇒ Nr. 663 Secretan: Philippe Secrétan (1756–1826) ⇒ Nr. 624 Ma femme: Dorothea (Catharina) Laharpe-Boehtlingk (1775–1858) wurde in St. Petersburg geboren, wo sie in einer Kaufmanns- und Bankiersfamilie aufwuchs. 1790 heiratete sie Fréderic César de Laharpe (1754–1838, ⇒ Sacherklärung I.), der zu dieser Zeit als Erzieher am Hof der Zarin Katharina II. (1729–1796) tätig war. Die Ehe blieb kinderlos. j’ai écrit à S.e Pet[ersbourg]: Frédéric César de Laharpe: Brief vom 25. Januar 1805 (Moskau, Staatliches Archiv der Russischen Föderation (CGAOR), 728.1. 359/III; eine Kopie dieses Briefes befindet sich in der Bibliothèque Cantonale et Universitaire Lausanne, Fonds Laharpe, G. Aa70).

723. Ernst Karl Kleinschmidt Januar/Februar 1805 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB IV, S. 306.3ff. und Nr. 730

25 Sacherklärung I. Ernst Karl Kleinschmidt (1775–1847) ist Erzieher in Kreuznach bei Bingen (RheinlandPfalz). 1802 reist er nach Burgdorf, um sich mit der Methode Pestalozzis vertraut zu machen. Nach seiner Rückkehr 1803 wird die «Pestalozzische Lehranstalt» in Kreuznach offiziell eröffnet (⇒ Nr. 605). Kleinschmidt verlässt Kreuznach vermutlich 1803 oder 1804. Ab 1807 amtet er als reformierter Pfarrer in Pforzheim, wo er um 1807/1808 eine Privatschule gründet. 1810 wird er Professor am Gymnasium in Heidelberg und übernimmt da 1822 die Stelle als Pfarrer. Seit 1845 ist er zudem Kirchenrat in Karlsruhe. Er stirbt am 13. Mai 1847 in Heidelberg.

724. Luise Johanna Witte-Reimann Februar 1805 5

[Reg.] Frau Witte-Reimann hofft, im Sommer Pestalozzi besuchen zu können und schickt ihm einen Teil ihres Tagebuchs.

Überlieferung 1

PSB IV, S. 308.10ff. und Z. 28ff. Sacherklärung I.

Johanna Klara Wilhelmine Witte-Reimann, genannt Luise Johanna (1778–1842) aus Salzwedel (Sachsen-Anhalt) beginnt schon früh, einfache Gedichte zu schreiben. Im Jahre 1796 reist sie nach Berlin, wo sie Karl Heinrich Gottfried Witte (1767–1845, ⇒ Nr. 720) trifft, den sie 1797 heiratet. In Anlehnung an das Gedicht Luise von Voss von Johann Heinrich Voss (1751–1826, ⇒ Nr. 933) wird sie von ihrem Mann Luise genannt. Unter dem Pseudonym «Malvina» veröffentlicht sie mehrere Gedichte in Symansky’s Leuchte und dessen Freimüthigen, eine Zeitschrift für Wissenschaft, Kunst und Leben. Witte-Reimann wird 1820 Gesellschafterin der Prinzessin Luise von Preussen (1799– 1882). 1840 zieht sie zu ihrem Sohn nach Halle, wo sie 1842 stirbt. II. Karl Heinrich Gottfried Witte (1767–1845, ⇒ Nr. 720) hatte Pestalozzi 1804 in Münchenbuchsee besucht. Ob seine Frau ihn auf dieser Reise begleitet hat, ist unklar. Es kann aber aufgrund der Formulierungen in Pestalozzis Briefen an Johanna Klara Wilhelmine Witte, genannt Luise Johanna (1778–1842, ⇒ Sacherklärung I.) angenommen werden, dass sie sich persönlich kannten. III. Z. 5

Tagebuchs: Das Tagebuch scheint nicht erhalten zu sein.

26 725. Anna Pestalozzi-Schulthess Februar 1805 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

Nr. 736 Sacherklärung I.

Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 II. Der Brief wurde offenbar «geschrieben, nachdem … eüre Zusamenkonft in Burgdorf» (⇒ Nr. 736), womit Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815, ⇒ Nr. 3) ein Treffen zwischen Pestalozzi und dem Landvogt Karl Rudolf Kirchberger/Kilchberger (1739–1808, ⇒ Nr. 659) aus Fraubrunnen in der Angelegenheit der Besitzverhältnisse um Münchenbuchsee und einer strittigen Ableitung meinen dürfte (vgl. PSB IV, Nr. 1035, Nr. 1036). Annas Formulierung lässt aufgrund ihrer häufigen Helvetismen keine eindeutige zeitliche Zuordnung zu; die Rückübersetzung in den Schweizerdialekt erlaubt sowohl die Auslegung, sie habe den Brief vor als auch jene, sie habe den Brief nach der Zusammenkunft gesandt. Diese müsste zwischen dem 20. Februar, dem überraschenden Auftauchen Pestalozzis in Münchenbuchsee und dem 25. Februar 1805 stattgefunden haben, weil Kirchberger und Pestalozzi vom Finanzrat (⇒ Nr. 639) aufgefordert worden waren, innerhalb von 14 Tagen Meldung zu erstatten (⇒ Nr. 727). Annas Schreiben dürfte deshalb wahrscheinlich im Februar, allenfalls anfangs März 1805 verfasst worden sein.

726. Franz Joseph Nikolaus Näf Februar 1805 5

[Reg.] Näf bietet sich in einem Brief in einem «unverschämten rohen Ton» dem Institut in Yverdon an, «wenn er die Leitung des Unterichts in s[eine] Gewalt bekomme u[nd] wenn seine Frau Leiterinn der Oekonomie werden könne».

Überlieferung 1

ZB Zürich, Ms Pestal 961.12, S. 71 (Tagebuch von Muralt)

27 Sacherklärung I. Franz Joseph Nikolaus Näf (1770–1854) ⇒ Nr. 641 II. Franz Joseph Nikolaus Näf (1770–1854, ⇒ Nr. 641) hatte im Herbst 1803 eine nach pestalozzischen Grundsätzen geführte Schule in Paris eröffnet, welche aber nicht auf das erhoffte Interesse der französischen Regierung stiess. Das dürfte wohl der Grund gewesen sein, weshalb er sich hier für die Leitung des Instituts in Münchenbuchsee empfiehlt. III. Z. 6

seine Frau: Luise Näf-Buss (1784–1845) ⇒ Nr. 641

727. Karl Rudolf Kirchberger/Kilchberger von Mont 11. Februar 1805 Den 11t Hornung 1805. 5

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Fraubrunen Oberamtmann. Aus dem Ihnen abgeforderten Bericht vernimt nun der Finanzrath, dass sich mit der Pestalozzischen Lehranstalt in Buchsee, durch das Wegziehen des eigentlichen Unternehmers mancherley Veränderungen zugetragen haben. Damit der Finanzrath bestimmt wissen möge, wie es sich alles diessorts verhalte, so werden Sie beauftragt; Sich an den Herrn Pestalozzi selbst, als mit welchem die Regierung den Miethsaccord geschlossen hat, zu wenden, und ihm zu Sinne zu legen, dass wenn er eine Verlängerung des Accords verlange, er sich vor Auslauf des gesetzten Termins und zu rechter Zeit, nach Inhalt des Accords selbst dafür anzumelden habe, und sodann von ihm zu vernehmen, was seine jetzigen Verhältnisse zu dem Institute seyen? ob er noch immer als der Unternehmer und Vorsteher desselben anzusehen und mithin der Pächter des Schlosses Buchsee sey? oder ob Jemand anders und wer seine Stelle eingenommen habe? Übrigens dann wollen Sie dem Herrn Pestalozzi, welcher der Regierung einzig als Pächter bekannt ist, derjenigen Beschwerden von Ableitung der Baugruben mitzutheilen von welchen Sie in Ihrem Schreiben Erwähnung thun und ihm seinen Bericht darüber in 14. Tagen Zeit abzuforderen. Diesen Bericht dann wollen Sie nach eigenen an Ort und Stelle vorgenommener Untersuchung der Sache mit Ihrem Amtlichen Bericht und Befinden begleitet dem Finanzrathe einsenden.

Überlieferung 1 5

StA Bern BVII 2586, S. 418–419 Original

28 Textkritik Zeuge h Z. 4 Z. 5

Den 11t Hornung 1805: lateinische Schrift Fraubrunen: lateinische Schrift I.

Karl Rudolf Kirchberger/Kilchberger von Mont (1739–1808) ⇒ Nr. 659 II. Am 4. Februar 1805 wird im Protokoll des Finanzrates (⇒ Nr. 639) vermerkt, dass der Pachtvertrag mit Pestalozzi wegen des Schlosses Münchenbuchsee zu Jakobi 1805 (25. Juli) auslaufe (StA Bern BVII 2586, S. 373–374). Dem Finanzrat sei nun aber zu Ohren gekommen, dass Pestalozzi nicht mehr der Vorsteher der Anstalt sei. Karl Rudolf Kirchberger/ Kilchberger von Mont (1739–1808, ⇒ Nr. 659) wird deshalb beauftragt, sich deswegen mit Pestalozzi in Verbindung zu setzen (11. Februar 1805). Am 18. März wird festgehalten, dass Herr Pestalozzi das Institut verlassen und Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) dasselbe übernommen habe (StA Bern BVII 2587, S. 181). Da der Brief von Kirchberger an Pestalozzi nicht mehr erhalten ist, kommt hier der Protokolleintrag zum Abdruck. III. Z. 6 Z. 19

Z. 22f.

Finanzrath: Finanzrat Bern ⇒ Nr. 639 Beschwerden von Ableitung der Baugruben: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426), obwohl zu diesem Zeitpunkt noch nicht Pächter, hatte hinter dem Haus eine Jauchegrube ausheben lassen (vgl. Tagebuch Muralt, 20. Februar 1805; ZB Zürich, Ms Pestal 961.12). Die Beschwerde über die Ableitung der Jauche aus der Dunggrube hatte Karl Rudolf Kirchberger/Kilchberger von Mont (1739–1808, ⇒ Nr. 659) am 7. Februar der Antwort auf eine Anfrage des Berner Finanzrates (⇒ Nr. 639) wegen der Pachtverhältnisse in Buchsee beigefügt (vgl. PSB IV, S. 637). Pestalozzi signalisierte Kirchberger, dass Fellenberg zögere (vgl. PSB IV, Nr. 1035), er aber die Arbeiten auf Geheiss sofort werde rückgängig machen lassen (vgl. PSB IV, Nr. 1036). Amtlichen Bericht: StA Bern, Archiv des Finanzrates, B III 898, Nr. 30

728. Philipp Emanuel von Fellenberg 16. Februar 1805 H[err] v[on] Muralt. 5

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Hofwyl d[en] 16te n Febr[uar] 1805. Bereits seit einiger Zeit beweisen mir Ihr Tun u[nd] Ihr Benehmen dass mir ein wesentlicher Theil der Mittel fehlt, auf die ich zählte, um der Aufgabe, welche ich in Absicht auf das Institut in Buchsee übernommen habe, genug zu thun. Ich kann daher nicht umhin, Ihnen, dem Herrn Tobler u[nd] dem H[errn] Pestalozzi sofort zu erklären, dass ich es als eine meiner heiligsten Pflichten betrachten muss, mich sobald als möglich davon zurückzuziehen, um aufs neue dem Werke zu leben, welchem ich m[eine]

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bisherige Anstrengung gewidmet habe, ich muss freylich zugleich bedauren, dass ich mich so lange täuschen konnte, aber ich werde Mittel finden, mich zu rechtfertigen und alles wieder gut zu machen und m[eine] Gesundheit wird ebenso natürlich als wahr erklären, weswegen ich so schnell meinen laut dem Prospekt im Institut übernommenen Verbindlichkeiten entsagen muss. Bis auf den Anfang des nächsten Heumonaths werde ich jemanden anders an meine Stelle setzen. Ihr F[ellenberg]

Überlieferung 1

ZB Zürich, Ms Pestal 961/12 (Tagebuch von Muralt, 16.2.1805) Textkritik

Zeuge [h] Sacherklärung I. Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 II. Das gemeinsame Institut von Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) war seit Beginn von unterschiedlichen Ansprüchen und Missverständnissen der beteiligten Parteien begleitet gewesen. Während Pestalozzi und seine Mitarbeiter sich über die kleinkrämerische Haltung Fellenbergs beschwerten, sah sich dieser in die Rolle des Sponsors ohne Mitsprache gedrängt. Mit diesem Brief kündigte er an, seine Rechte verteidigen zu wollen. Allerdings sollte es noch bis im Juni 1805 dauern, ehe konkrete Forderungen gestellt wurden (⇒ Nr. 757). Dieser Brief ist zwar an Johannes von Muralt (1780–1850, ⇒ Nr. 610) adressiert, da Pestalozzi aber ebenfalls angesprochen wird (⇒ Z. 9), wird er hier petit abgedruckt. III. Z. 4 Z. 9 Z. 11

Z. 15f.

H[err] v[on] Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 Herrn Tobler: Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500 dem Werke zu leben: Damit dürften die Bemühungen Philipp Emanuel von Fellenbergs (1771–1844, ⇒ Nr. 426) gemeint sein, eine eigene Armenschule (⇒ Nr. 680) zu errichten. Erste Bestrebungen hierzu lassen sich schon 1801 nachweisen. Prospekt: Es könnte sich dabei um das Informationsschreiben an die Eltern vom 27. Juli 1804 handeln, in dem Pestalozzi die Abgabe der ökonomischen Leitung ankündigte und erklärte (vgl. PSW XVIIA, S. 63–66).

30 729. Johann Georg Gessner Ende Februar 1805 5

[Reg.] Gessner will Pestalozzi einen Schüler vermitteln, den er als nicht geeignet für das Theologiestudium erachtet.

Überlieferung 1

PSB IV, S. 309.4ff. Sacherklärung I.

Johann Georg Gessner (1765–1843) ⇒ Nr. 586 II. Ende Februar 1805 hielt sich Pestalozzi in Münchenbuchsee auf, um die Auflösung des Instituts in die Wege zu leiten. Da Pestalozzi im Antwortbrief an Gessner schreibt, er sei «beym Empfang Ihres Schreibens abwesend» gewesen, fällt die Datierung auf Ende Februar 1805. III. Z. 4

Schüler: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. Möglicherweise ist damit ein Schüler der Höheren Schule in Zürich gemeint, da Johann Georg Gessner (1765–1843, ⇒ Nr. 586) zwischen 1804 und 1806 die Oberaufsicht über diese Schule hatte.

730. Ernst Karl Kleinschmidt März 1805 [Reg.] Kleinschmidt erkundigt sich nach einem Brief, den er geschickt hat.

Überlieferung 1

PSB IV, S. 306.3ff. Sacherklärung I.

Ernst Karl Kleinschmidt (1775–1847) ⇒ Nr. 723

31 II. Wie aus dem Brief Pestalozzis zu erschliessen ist (PSB IV, Nr. 1041), hat sich Ernst Karl Kleinschmidt (1775–1847, ⇒ Nr. 723) in diesem nicht erhaltenen Brief beklagt, dass Pestalozzi auf seinen vorherigen Brief (⇒ Nr. 723) nicht geantwortet habe, der aber gemäss Pestalozzi gar nicht angekommen ist. III. Z. 4

Brief: ⇒ Nr. 723

731. Munizipalität von Yverdon 8. März 1805 Du 8. Mars 1805. 5

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Nous venons de nouveau de prendre en considération le contenu de votre lettre du 14. Xbre derniere, sur la quelle Nous avons l’avantage de vous mander en réponse. Quant au 1er point: Que la ville a traité avec le Gouvernement, pour vous fournir un local propre a votre établissement, non pas seulement pour quelques années, mais pour tout le tems qu’il plaira au Ciel de conserver vos jours; de sorte qu’il nous paroitroit superflû de convenir d’une autre époque de jouissance puisque par cet arrangement Nous esperons qu’elle sera très longue. Nous nous ferons d’ailleures toujour un plaisir de vous remettre Monsieur, à fur et mesure que votre Institut prendra de l’accroissement, les pièces qui pourront lui devenir nécessaire et à cet effet Nous avons chargé une Commission de nos Membres de conferer avec vous pour les a[d]jonctions qu’en ce moment vous pouvez déja desirer: Cette Commission est composée de Mess[ieur]s Perceret Syndic Pillivuyt, Combettaz Inspecteur et du secrettaire. Sur le 2.d point: Il est décidé qu’on va s’occuper incessamment de la redification de prisons nouvelles; après quoi Vous aurez la libre disposition de Celles sur la Cour avec le Vestibule y coutigû, pour leur donner une destination conforme a votre établissement. Sur le 3.e & 4.e article; la Commission s’entendra avec vous pour l’arrangement en dortoirs de l’un des greniers, selon que la chose a déja précédemment été accordée. Sur le 5.e ; la Construction d’un fourneau Œconomique dans la Cuisine aura lieu quand il vous plaira, comme il vous a déja été promis; Aussibien que les Puisards réceptacles d’égrut, Ecury à Porcs etc. mentionné à l’art 6.e Enfin, sur le 7.e , le Public vous remettra toujours avec empressement du terrain sur le Pré du Chateau en quantité suffisante pour des plantages à l’usage de votre Institut. Prenez Monsieur, avec les

32 vœux que Nous formons pour le succes de vos travaux, la reïtération de nos sentimens d’estime et de consideration tres particulier.

Überlieferung 1 5

Yverdon, Archives de ville, Ag 3 p. 285–286 Copia Textkritik

Zeuge h Sacherklärung I. Munizipalität von Yverdon ⇒ Nr. 643 II. Obwohl Pestalozzi schon im August 1804 das Schloss in Yverdon zugesprochen erhalten hatte, waren die Instandstellungsarbeiten auch im März 1805 immer noch nicht abgeschlossen. III. Z. 6 Z. 19

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votre lettre: scheint nicht erhalten zu sein Perceret: Jean Jacques Perceret (1739–1811) war Apotheker und besass in Yverdon zwischen 1777 und 1801 ein eigenes Geschäft. Er gehörte 1765– 1799 dem Rat der Gemeinde Yverdon an, 1804–1806 war er Syndic (Bürgermeister) und zuletzt Kämmerer. Zudem war Perceret seit 1787 Mitglied der örtlichen société littéraire. Pillivuyt: Louis Ferdinand Pillivuyt (1750–1817) war Richter. 1776–1799 sass er im Yverdoner Rat und war 1803–1817 Mitglied der Munizipalität (⇒ Nr. 643). Combettaz: Jean Louis Combettaz (ca. 1759–1807) war Wirt und Kaufmann. 1803 wurde er Mitglied der Munizipalität (⇒ Nr. 643) von Yverdon und zum Bauinspektor ernannt. secrettaire: Louis Frédéric Felaction (1772–1841) ⇒ Nr. 643

33 732. Anna Magdalena Custer-Pestalozzi, geb. Frölich 11. März 1805 5

An Herrn Pestalozzi – Director des Loblichen Instituts – Yverdun – d[en] 11 Marz

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Lieber Papa Wir sind am Samstag glüklich hier angelangt und doch denkt Eüch ist bey Bruneg uns die Chaise noch einmahl brochen, ach ich bin so froh daheim zu sein. Denn ich bin sehr ermüdet. Hoffe wils Gott ihr seit mit dem l[ieben] Gottlieb und H[er]r Dibec auch glüklich in Iferten angelangt ach es freüte mich den lieben Buben so wohl zu sehen. Aber der Abscheid that mir sehr weh von ihm und von Euch l[ieber] Papa – – – Danke Euch herzlich für alle Liebe und Güte und sonderbahr für dass Begleit ach es that mir so wohl. Hier trafe G[ott] L[ob] auch alles wohl an. Das Lisabetli haben nun bey uns. Von H[errn] Mendelini noch keine nachricht – – – Von der l[ieben] Mama haben vernohmen, dass Sie nicht wohl gewesen aber nun wieder besser oder vielmehr recht wohl indem Sie nun der l[ieben] Tanten abwarten kann die im Bett sich aufhalten muss. – Gott Lob dass schöne Wetter komt nun auch bald bald kan man auf dem Feld und Garten arbeiten. Die lieb Lisabet und mein l[ieber] Man grüssen Eüch herzlich und ich bitte auch die l[ieben] Hern in meinem Nahmen vielmahl herzlich zu grüssen. Denkt morgen werden wir Bericht erhalten ob wir unseren H[er]r Pfarer verlohren haben oder nicht. Den er für heüte bey Büren seine Gründe eingelegt und wahrscheinlich solche erhalten wird. Ich habe jzt schon wieder Angst der H[er]r von Holderbank komme in unser Bir und das gefiel mir noch minder. Lebt Gesund l[ieber] Papa küst mir meinen l[ieben] Gottlieb recht herzlich grüsst mir H[errn] Kreüsi. H[err] Kreüsi wird nun auch wieder bey Euch sein wie dass Lisabetli mir gesagt. Gottes Segen und Beystand sey mit Euch und uns allen. Euer Eüch aufrichtig [lieben]des Kind C[uster-]Fr[ölich]. H[er]r Hauptman grüsst Eüch herzlich.

34 Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 50/51, Umschlag 87/1 Blatt, 175x230 mm Stempel Brugg, Siegelspuren und -ausriss, Dorsualvermerk Frau Custer in Neuhof Original Textkritik

Zeuge H Z. 5 Z. 7 Z. 11 Z. 13 Z. 18 Z. 19f. Z. 21 Z. 23 Z. 27 Z. 31

Pestalozzi – Director: lateinische Schrift Yverdun: lateinische Schrift Chaise: lateinische Schrift Dibec: lateinische Schrift wohl. Hier Mendelini: lateinische Schrift Mama: lateinische Schrift Tanten: lateinische Schrift ich bitte wird. Ich Sacherklärung I.

Anna Magdalena Custer-Pestalozzi, geb. Frölich (1767–1814) ⇒ Nr. 547 II. Die Schwiegertochter Pestalozzis, Anna Magdalena Custer-Pestalozzi, geb. Frölich (1767–1814, ⇒ Nr. 547) hatte sich am 16. August 1804 wieder verheiratet und lebte seither mit ihrem Mann Laurenz Jakob Custer (1765–1822, ⇒ Nr. 748) auf dem Neuhof. Möglicherweise hatte sie Pestalozzi in Münchenbuchsee getroffen, zumindest ist ein Besuch Pestalozzis in Münchenbuchsee am 20. Februar 1805 nachweisbar (⇒ Nr. 736). III. Z. 11 Z. 11 Z. 13 Z. 13

Z. 14 Z. 19 Z. 19f. Z. 21 Z. 23

Bruneg: Brunegg (Kt. Aargau), Nachbargemeinde der Gemeinde Birr, in welcher der Neuhof liegt. chaise: Handwagen, Kutsche (mdl.) Gottlieb: Gottlieb Pestalozzi (1798–1863) ⇒ Nr. 594 H[er]r Dibec: Christian Dybeck (1783–1823) aus Stockholm hielt sich von 1804–1806 in Pestalozzis Privathaushalt auf. Der Aufenthalt bei Pestalozzi endete mit einem Fiasko, weil er ein «verzogenes Mutterkinde» sei und offenbar fahrlässig mit Geld umging. Nach seiner Rückkehr nach Stockholm lebte er dort als Buchhalter. Iferten: dt. Name für Yverdon Lisabetli: Elisabeth Krüsi-Näf (1762–1836) ⇒ Nr. 594 Mendelini: Joseph-Louis Mandiléni (*1788) ⇒ Nr. 621 Mama: Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 Tanten: Dorothea Schulthess-Ulrich (1739–1805, ⇒ Nr. 323). Seit dem Frühsommer 1805 pflegte Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815, ⇒ Nr. 3) ihre erkrankte Schwägerin und Freundin Dorothea, die im August desselben

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Jahres verstarb (laut den Angaben in Annas Tagebuch schon im Juni, vgl. NPS I, S. 49, S. 70). mein l[ieber] Man: Laurenz Jakob Custer (1765–1822) ⇒ Nr. 748 Hern: Damit dürften wohl die Lehrer in Yverdon gemeint sein. H[er]r Pfarer: Daniel Küpfer (1741–1821) stammte aus Bern und war seit 1782 Pfarrer in Birr, bevor er 1805 an die Kirche in Rüti bei Büren an der Aare (Kt. Bern) wechselte. Sein Fortgang steht im Zusammenhang mit der kantonalen Trennung des Aargaus von Bern, in deren Verlauf zahlreiche bernische Pfarrer zurück in ihren Heimatkanton wechselten. Ihre Stellen wurden mit Aargauer Geistlichen besetzt. Küpfers Nachfolger in Birr wurde der aus Aarau stammende Johann Jakob Schmuziger (1771–1844, ⇒ Nr. 837). Büren: Büren an der Aare (Kt. Bern) H[er] von Holderbank: Das Dorf Holderbank unterlag seit dem 15. Jahrhundert der Twingherrschaft der Berner Patrizierfamilie von Effinger, die auf Schloss Wildegg in der Nähe des Neuhofs residierte. Die Rechte der Effingers umfassten auch das kirchliche Patronat und das Vorschlagrecht (Kollatur) für die Besetzung der Pfarrstelle in Holderbank. Die Kollatur wurde erst im Oktober 1805 an die aargauische Kantonsregierung abgetreten. Seit 1794 übte die Herrschaftsrechte über Holderbank der manisch depressive Bernhard Sigmund Wilhelm von Effinger (1769–1825) aus, der Burgbesitz und Rechte jedoch zum 1. Januar 1803 an seinen jüngeren unverheirateten Bruder Ludwig Albrecht (1773–1853) verpachtete. Ludwig Albrecht erwarb Burg und Herrschaft Wildegg endgültig im Jahr 1815. Welcher der beiden Brüder hier als «Her von Holderbank» bezeichne t wird, ist unklar. Unklar ist ebenfalls, ob und warum der Herr von Holderbank im Zusammenhang mit der Besetzung der Pfarrstelle in Birr ins Dorf kam. Die Kollatur kam ihm in diesem Fall nicht zu. Bir: Birr (Kt. Aargau) Kreüsi: Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588 H[er]r Hauptmann: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte.

733. Frau Leriche März 1805 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

Nr. 736 Sacherklärung I.

Frau Leriche ⇒ Nr. 686

36 734. Johannes Niederer 30. März 1805 Murten den 30ten Merz 1805. 5

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Theurster Vater Pestalozzi! Ich bin bei Schury, und jetz eben in seiner Schule. Schon längst verlangte er zum Gebrauch für seine Schüler die Bruchtabellen, ohne sie erhalten zu können. Tragen Sie doch Krüsi auf, ihm dieselben so bald möglich zu übermachen. Schury scheint sich sehr wohl zu befinden. Allein noch habe [ich] im Ganzen wenig mit ihm gesprochen. Er ist der Alte, und will so bald das Examen vorbey, in Ostern Sie in Iferten besuchen. Hier ist das Provisorat ledig. Wäre irgendwo ein gebildetes Subjekt, so würden Sie es wahrscheinlich plazier[en] können. Das Einkommen beträgt 60 Loui[s d’or]. Was mich betrift, so habe [ich mei]nen ganzen Muth wider gefunden. Mit dem reinen Willen und der reinen Liebe ist die ganze Zuversicht meiner Seele widergekehrt. Warlich, dem der glaubt ist alles möglich. Güte und Liebe sind die wahren Schöpferinnen der Ruhe, der Kraft und einer göttlichen Stärke. Aber der Zusammenhang und die gegenseitige Unterstützung der Bildung des Geistes und Herzens hat mir nie, wie jetz so lebendig eingeleüchtet. Ohne Festigkeit und Bestimmtheit des Zwecks und einer besonnenen Richtung des Geistes, kan der Mensch seine Liebe desto weniger erhalten je ausgedehnter sein Gesichts[-] und Wirkungskreis ist. Es verwirt ihn alles, und erregt seine Leidenschaften, eben weil ihm die Dinge getrübt erscheinen und er ihre Verhältnisse nicht durchschaut. Sie haben durch die Geistesbildung warlich auch eben so wohl das Gemüth widergeboren. Es ist unsinnig zu behaupten, dass die Helden der Liebe schwache Köpfe gewesen. Schon das einzige unentbehrliche: unerschütterliche Festhaltung des Zwecks würde das Gegentheil beweisen. Die gemeinschaftliche Vereinigung der Kräfte in E i n e m Institute kommt mir immer nothwendiger und wünschenswürdiger vor. Es liesse sich denn ein Punkt fixiren, von wo aus wir immer brauchbare und kraftvolle Köpfe aussenden könnten, die widerum dahin zurückkehrten. Von beiden Enden der bürgerlichen Existenz, dem Volk und den Vornehmen oder von unten herauf und von oben herab, [kann] gleich zweckmässig Gutes [erzie]let werden. Es ist vielleicht ein grosser Fehler von mir, dass ich fest *ssend von der ersten Seite Wesentliches möglich glaube. Auch hier wie überal müssen alle Mittel ergriffen werden. Übrigens darf ich Sie nicht erst bitten meine Briefe,

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so wie die die ich in Ihrem Zimmer aufbewahre unter keine fremde Hände kommen zu lassen. Wenn je ein Zusammenhang und eine Innigkeit möglich seyn soll in die wir uns vor einiger Zeit träumten so ist diess nebst anderm, wovon sich in Zukunft reden lässt, schlechterdings nöthig. Allein ich träume ja schon wider, und habe so nahe Beweise von der Eitelkeit dieses träumens. Ach Gott, eben das tiefe Gefühl eines mangelnden Vertrauens und einer innigen Herzlichkeit wars, was mich schon lange beunruhigte, und die Äusserungen veranlasste, in denen ich jede Hofnung wegwarf. Ich muss enden. Von Buchsee aus schreibe [ich] Ihnen wider. Leben Sie wohl und erhalten Sie Ihr Herz Ihrem Niederer.

Überlieferung 1 2 3 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 53/54, Umschlag 262/IV,4 Blatt, 175x220 mm Siegelausriss Dorsualvermerk den 30 Marz 1805 Niederer Original Textkritik

Zeuge H Z. 28

Es ist unsinnig Sacherklärung I.

Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 II. Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) war offenbar zu Besuch bei dem ehemaligen Lehrer Christoph Maximilan Jury (⇒ Nr. 706). Der Grund für diesen Besuch ist nicht bekannt, möglicherweise befand sich Niederer auf einer Erholungsreise (⇒ Z. 15). Anfang 1805 war der Streit zwischen Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) und den Lehrern Pestalozzis in Münchenbuchsee eskaliert. Obwohl Pestalozzi zur Beendigung dieser Auseinandersetzung sämtliche Kompetenzen an Fellenberg abgegeben hatte (Stadler II, S. 262ff.), beantragte er am 25. Februar 1805 bei Karl Rudolf Kirchberger/Kilchberger von Mont (1739–1808, ⇒ Nr. 659) die Verlängerung des Pachtvertrages für Münchenbuchsee (PSB IV, Nr. 1036). Offenbar hielt Pestalozzi auch einen Monat später immer noch an der Idee fest, das Institut in Münchenbuchsee weiter zu führen, bevollmächtigte er doch Niederer am 30. März 1805 (PSB IV, Nr. 1045) die Verhandlungen an seiner Stelle zu führen. III. Z. 4

Murten: Gemeinde Kt. Fribourg

38 Z. 6 Z. 7 Z. 8 Z. 12

Schury: Christoph Maximilian Jury ⇒ Nr. 706 Bruchtabellen: ⇒ Nr. 549 Krüsi: Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588 Provisorat: Damit ist ein Schulgehilfe oder Unterlehrer gemeint. In den Lateinschulen wird damit aber auch das Lehramt in der zweitobersten Klasse bezeichnet, während insbesondere an Lateinschulen im Kt. Aargau der Oberlehrer Provisor genannt wurde, dem als Unterlehrer die Präceptoren nachgeordnet waren.

735. Anna Magdalena Custer-Pestalozzi, geb. Frölich April 1805 5

[Reg.] Elisabeth Krüsi-Näf leidet unter heftigen Kopfschmerzen. Sie lässt Pestalozzi herzlich grüssen.

Überlieferung 1

PSB IV, S. 318.5 Sacherklärung I.

Anna Magdalena Custer-Pestalozzi, geb. Frölich (1767–1814) ⇒ Nr. 547 III. Z. 4

Elisabeth Krüsi-Näf: Elisabeth Krüsi-Näf (1762–1836) ⇒ Nr. 594

736. Anna Pestalozzi-Schulthess 3. April 1805 5

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A Monsieur Monsieur Pestalozzi au L’institut – à Yverdun Canton Leeman en main propre – Zürich, den 3. apprill 1805 Ich werde wieder Lieber! unschuldig angeklagt wegen meinem Stillschweigen, ich habe dir einen grosen mächtigen brief zuge-

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sandt, gros zusammen gelegt, u[nd] gross Canton Lem[an] darauf geschrieben, nachdem war eüre Zusamenkonft in Burgdorf, aber ich habe niemal antwort bekommen, ob du diessen brief empfangen; Ich bin noch immer in Zürich, weis nicht ob ich dir gemeldet, dass unsere Schwester die besorgte Krankheit gehabt – u[nd] 2. Tage sehr mislich ware, mit meinem daseyn so herzlich zu frieden, dass ich einmal nach hier bin – auch nicht so gar vest aufeinander der gesundheit wegen, da sie wieder besser hat es mich auch angegrifen – zum 3ten mahl mit Schlafsucht, Fieber u[nd] Erbrechen, nun ist es wieder besser – wen mich nicht Schreken von unserer l[ieben] Lisebeth wieder aufs neüe mitnemmen die wie du wissen wirst, eine fause couche gemacht, sehr dabey lidte, dabey aber die Sorgfalt der jungen Frau gesehen da sie hofentlich auch wieder näher zusammen gebracht werden, auch weiss ich nicht ob ich die erste bin die dir den Tod unsers L[ieben] bruders Leonhards ankündet – er starb verwichenen Freytag im Neühoof. Vast stehend, hate er seine Beschwerde der Enge bekomen, u[nd] sank der lisabeth Schwester in die Armme u[nd] verschied – – – gottlob dass er nicht lange hat Leiden müssen er hat angefangen geschwollene Beine zu bekommen, war Montag u[nd] dienstags zu vor noch bey unserer lieben Fr[au] oberh[errin] sie wollte ihn nicht in einem Tag hin u[nd] herr lassen, u[nd] schriebe mir dass sie Vorgefühl gehabt es seyen seine lezten Tage, hiemit ihm die lezte Liebe bewiessen, ach! so ist der so der jüngste von uns ware, auch voran gegangen, der schwache aber gute Lienj – es ist mir beruhigung u[nd] auch hier danken sie uns dass er noch seine lezten Tage bey uns zu gebracht, u[nd] bey den gebeinen seines u[nd] unsers Vatters ruhet – Kuster betrug sich ausnemend sorgsam u[nd] liebreich gegen ihm, er hat gewis sein gutes, obschon er ein so wunderlicher heiliger ist, ach! wer ist nicht eigen – u[nd] wer schauet nicht auf sein eigen intresse – niemand – als du guter! wenn man es dir nur auch dafür dankte; dein letzter brief ist so müde u[nd] traurig, dass ich weinen musste – mit Buss ware es mir nicht unerwartend – sein Karacter war nie offen – dankbar aber ist’s ja nicht – ich komme bis jezt noch nicht daraus – wie du es nun im institut anfangen willt, ich sage nur, sorge auch einmal für dich s e l b s t u[nd] u n s u[nd] leihe Dein Ohr beyden klagenden partyen nur zu erst thue alles damit dein angefangenes Werk nicht wanke, sonder im flohr bleibe – kan meine Wenigkeit viel oder wenig leisten, so weissest du dass ich es für meine erste pflicht achte –

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Mad[ame] Le Riche hat mir geschrieben, u[nd] gemeldt, ob ich nun aufhören wolle ihr zu schreiben, so sehr freündschaftlich als man kann, auch seye es viel wie Schweizer wieder fort leben könne ich werde ihr antworten, auch wie du dich befindest sie häte an dich geschrieben, aber sie seye noch sicherer dass ich ihr antworte, es gienge durch Muralt der mir dann auch schriebe, sie häten keine kinder mehr u[nd] keine minder als sie gehabt im übrigen sehr anhänglich war sein brief – Toblers schweigen überall – auch Baureaux sage mir nur einmal seit ihr ganz gegen einander? u[nd] was lebt gottlieb küsse mir ihn – was hofest du von ihm ziehe ihn doch wozu er fähig ist, Lieber! nur zur Ordnung u[nd] einem sichern brod erwerb, wäre es eine Handarbeit – ach! wen nur uns die Lisebeth geschenkt wird – mir ist sehr bange, es häte viele Folgen – mit geld ist mir etwas zu 2. Dobl eingegangen, von R[ichter]schweil, wen ich es behalten darf, so gebe ich pfarrers Tochter noch dazu meine Gotte eine auf den Weege, sie reisst könftigen Montag mit den leipziger kaufleüten dahin ab, in eine dortige Condition, wo es nichts als französisch reden u[nd] lernnen muss u[nd] 100. R[eichs]thaler gage nebst freyen Tisch u[nd] Wohnung hat ich habe seinetwegen an H[errn] Gross geschrieben, dass sie ihre Freündschafft ihm geben, Nanette ist wol versorgt u[nd] glüklich in Moscau angelangt u[nd] hat sehr Schwagers in Leipzig gedankt – wie viel liebe es empfangen. hüte dich vor gatiker in arburg, falls er etwa auch nach Yverd[on] käme er seye im faall sich zu flüchten, weil er was weis ich einen getödet neües von hier kan ich dir nichts melden, weil ich bald 2. Monat nicht aus dem Haus gekommen, hier ist alles nun gut u[nd] sehr freündschafftlich, ich solle jezt auch noch ein wenig bleiben, sie wollen mich dan heim begleiten, aber bis es ganz besser lassen sie mich nicht fort – gottlob dass es so ist, wer weis wen wir durch den Tod getrent werden, auch Fr[au] v[on] H[all]weil will dass ich dorthin komme, aber ich gehe doch zuerst in Neühoof; Schwester tragt mir auf dich freündlich zu grüssen, u[nd] dir danken, dass du deine Frau da gelassen, ich soll es dir recht sagen, Jacob ist auch recht, aber wir haben gut – weil wir nicht mehr von alten Sachen reden – u[nd] die … lasse ich gern liegen; gott erhalte dich gesund nach Seel u[nd] Leib – ach es ist kein Tag dass ich ihm nicht für beydes für dich danke, grüsse mir Krüsj, Niederer, Knusers, Baurauds auch – u[nd] vergiss nicht deine Nane

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Den ewigen Taufzedel wenn erscheint er auch die alte auf den blaten war sehr krank, u[nd] der alte sehr ungereimt, der bub dein götj, hat schon die Kühpoken glüklich überstanden, adieu Zerreiss den brief oder verbirg ihn

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 54a, Umschlag 281/8 Bogen, 119x191 mm, Blatt 193x232 mm Stempel Zürich, Siegelspuren, Datum am Schluss, Notiz von späterer Hand Frau Pest[alozzi] an ihren Gatten in Iferten. 1805 Original Textkritik

Zeuge H Z. 4–9 Z. 48 Z. 54 Z. 66 Z. 67 Z. 70 Z. 72 Z. 75 Z. 77 Z. 91 Z. 96

lateinische Schrift institut: lateinische Schrift Mad[ame] Le Riche: lateinische Schrift wen nur Dobl: lateinische Schrift leipziger kaufleüten gage: lateinische Schrift Moscau: lateinische Schrift Yverd[on]: lateinische Schrift für dich∫ adieu: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 II. Nach der Auflösung des Instituts in Burgdorf hielt sich Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815, ⇒ Nr. 3) meist auf dem Neuhof, in Zürich oder auf Schloss Hallwyl auf, bis sie im Sommer 1807 definitiv nach Yverdon übersiedelte. III. Z. 14 Z. 17 Z. 23 Z. 24 Z. 28 Z. 30 Z. 33 Z. 40

Zusamenkonft in Burgdorf: Damit dürfte der Besuch Pestalozzis am 20. Februar 1805 in Münchenbuchsee gemeint sein (⇒ Nr. 725). unsere Schwester: Dorothea Schulthess-Ulrich (1739–1805) ⇒ Nr. 323 Lisebeth: Elisabeth Krüsi-Näf (1762–1836) ⇒ Nr. 594 fause couche: Fehlgeburt (frz.) Leonhards: Leonhard Schulthess (1747–1805) ⇒ Nr. 241 lisabeth Schwester: Elisabeth Krüsi-Näf (1762–1836) ⇒ Nr. 594 Fr[au] oberh[errin]: Franziska Romana von Hallwil (1758–1836) ⇒ Nr. 744 Kuster: Laurenz Jakob Custer (1755–1822) ⇒ Nr. 748

42 Z. 44f. Z. 45

Z. 54 Z. 56 Z. 58 Z. 59 Z. 61 Z. 62 Z. 63 Z. 67

Z. 68f.

Z. 70 Z. 71 Z. 73 Z. 74 Z. 75 Z. 76

Z. 85 Z. 87 Z. 91 Z. 91 Z. 91 Z. 94

Z. 94f.

dein letzter brief: scheint nicht erhalten zu sein Buss: Johann Christoph Buss (1776–1855) ⇒ Nr. 582. Diese Stelle bezieht sich wohl auf den abrupten Wechsel von Buss an die Stadtschule in Burgdorf, nachdem er eben erst nach Yverdon gekommen war. Mad[ame] Le Riche: Frau Leriche ⇒ Nr. 686 Schweizer: Johann Kaspar Schweizer (1754–1811) ⇒ Nr. 1041 an dich geschrieben: ⇒ Nr. 725 Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 Toblers: Johann Georg Tobler (1769–1843, ⇒ Nr. 500) und Magdalena Tobler-Gengenbach (1779–1854, ⇒ Nr. 543) Baureaux: Jean François/Franz Barraud (1777–1830) ⇒ Nr. 987 gottlieb: Gottlieb Pestalozzi (1798–1863) ⇒ Nr. 594 Dobl: Eine Doblone war eine zunächst im 16. Jahrhundert in Spanien (Doblon), später in Italien und auch in Luzern geprägte Goldmünze, wörtlich: Doppelstück. Sie hatte den Wert von einem Louis d’or. pfarers Tochter: Susanna Schulthess (1786–1835) war die jüngste Tochter des Pfarrers Johann Kaspar Schulthess (1744–1816, ⇒ Nr. 239) und seiner Frau Susette Judith Schulthess-Motta (1744–1818, ⇒ Nr. 323). Susanna Schulthess heiratete den Pfarrer und nachmaligen Bibliothekar des belgischen Königs, Sigmund Scheler (1792–1865). leipziger kaufleüten: konnten nicht näher bestimmt werden Condition: Anstellung H[errn] Gross: Christian Gottlob Gross (1739–1807) ⇒ Nr. 470 Nanette: Anna Salome, genannt Nanette Halder-Schulthess (1773–1854) ⇒ Nr. 431 Schwagers: Christian Gottlob Gross (1739–1807, ⇒ Nr. 470) und Anna Barbara Gross-Pestalozzi (1751–1832, ⇒ Nr. 2) gatiker: Ein Mörder Gatiker/Gattiker ist im Missivenbuch und in den Ratsprotokollen des Kt. Aargaus nicht nachweisbar. Dort ist allerdings ein Rudolf Gattiker aus Wädenswil (Kt. Zürich) verzeichnet, dessen Niederlassung in Aarburg (Kt. Aargau) laut Mitteilung an den Zofinger Amtmann im Aargauer Missivenbuch am 10. September 1804 bewilligt wurde (StA Aargau, R.M./0008). Dieser Rudolf Gattiker kam wegen Urkundenfälschung in Konflikt mit der Aargauer Justiz (Ratsprotokolle V, 7. Juni und 22. Juli 1805). Es kam nach einem Austausch der Prozessunterlagen mit den Zürcher Behörden augenscheinlich zu einem Gnadengesuch. Die juristische Auseinandersetzung endete wohl damit, dass der erst gerade in Aarburg niedergelassene Gattiker sich bereit erklärte, den Kanton Aargau zu verlassen und nach Zürich zurückzukehren (Missivenbuch 14, 30. Juni 1806). Schwester: Dorothea Schulthess-Ulrich (1739–1805) ⇒ Nr. 323 Jacob: Hans Jakob (Jacques) Schulthess (1739–1806) ⇒ Nr. 48 Krüsj: Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588 Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Knusers: Johann Joseph Knusert (1787–1811) ⇒ Nr. 714 Taufzedel: Taufzettel oder Taufpatenbriefe sind beschriebene oder vorgedruckte, zum Teil schön verzierte und bemalte Papiere, die am Tag der Taufe von Paten für den Täufling übergeben wurden. Sie waren Träger frommer und guter Wünsche und zugleich Hülle für den mehr oder weniger grossen «Göttibatzen», ein Geldgeschenk. die alte auf den blaten: In Fluntern, auf der so genannten Platte (Blaten) am unteren Zürichberg ausserhalb der Stadtmauern gelegen, hatte Pesta-

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lozzi mit seinem entfernten Verwandten Hans Caspar Notz (1752–1827, ⇒ Nr. 463) am 8. April 1796 eine Seidenweberei gegründet, die dann rasch an dessen 1773 geehelichte Frau Maria Salomea Notz-Wellauer (1748– 1825) überging. Sie dürfte mit der «alten auf der blaten» gemeint sein. Die Firma hatte nur bis zum Beginn der Helvetischen Republik Bestand, allerdings besass Pestalozzi in diesem Anwesen noch langjährig ein Zimmer, bestanden also die Beziehungen zum Ehepaar Notz, das hier angesprochen ist, fort. der alte: Hans Caspar Notz (1752–1827) ⇒ Nr. 463 bub: Der Patensohn Pestalozzis, Heinrich Notz (1804–1879), war der Sohn von Elisabeth Notz-Wegelin (1783–1839) und Heinrich Notz (1775–1826, ⇒ Nr. 803). Er wurde wie sein gleichnamiger Vater im Zürcher Bürgerverzeichnis als Kaufmann geführt und zudem als Bezirksrichter und Ersatzmann am Obergericht. Kühpoken: Kuhpocken sind eine milde, pockenartige Erkrankung, die hauptsächlich Rinder befällt, Menschen können aber ebenfalls daran erkranken.

737. Johannes Trösch April 1805 5

[Reg.] «Meine Frau wundert, was Ihre Pension seye», schreibt Trösch in einem Brief an Pestalozzi, was dieser offenbar falsch interpretiert.

Überlieferung 1

PSB IV, S. 329.24 Sacherklärung I.

Johannes Trösch (1767–1824) ⇒ Nr. 525 II. Johannes Trösch (1767–1824, ⇒ Nr. 525) trug sich mit dem Gedanken, als Lehrer zu Pestalozzi nach Yverdon zu gehen. Er scheint diesen Plan aber nicht verwirklicht zu haben. III. Z. 4

Meine Frau: Johannes Trösch (1767–1824, ⇒ Nr. 525) heiratete am 24. Novemer 1797 Magdalena Staub von Thörigen (Kt. Bern). Über seine Ehefrau sind weder Lebensdaten noch weitere Daten zu ihrer Biographie bekannt.

44 738. Johannes Niederer 21. April 1805 Buchsee den 21en April. 1805 5

10

Brief an H[err] P[estalozzi] über die Unterredung mit Herr F[ellenberg]. Hauptpunkte von F[ellenberg]: 1. dass er den Lehrern aufgekündet. 2. So gehandelt als hange alles von ihm ab. 3. P[estalozzi] ausser allen Einfluss gesetzt, u[nd] doch die Lehrer n[icht] und das Schloss solligitieren lassen. 4. Verschweigung auferlegt. 5. Die Pension der Lehrer in die Krüsis erhöht –

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 621/1, S. 180 (Tagebuch Niederer) Zusammenfassung Textkritik

Zeuge h Sacherklärung I. Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 II. ⇒

Nr. 734 III.

Z. 4 Z. 5f. Z. 10 Z. 12

Buchsee: Abkürzung für Münchenbuchsee Herr F[ellenberg]: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 solligitieren: anfordern, beanspruchen (frz. solliciter) Krüsis: Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588

739. Wilhelm Christian von Türk Frühjahr 1805 5

[Reg.] Von Türk bittet um einen zuverlässigen Gehilfen von Pestalozzi für seine Schule in Oldenburg.

45 Überlieferung 1

PSB V, S.10.19f. Sacherklärung I.

Wilhelm Christian von Türk (1774–1846) ⇒ Nr. 653 III. Z. 4

Gehilfen: Die Wahl fiel allem Anschein nach auf Johann Michael Schmid (1788–1807), dem Bruder von Joseph Schmid (1785–1851, ⇒ Nr. 712). Auf jeden Fall wurde Johann Michael Schmid nach seiner Ausbildung bei Pestalozzi als Hauslehrer zu Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653) nach Oldenburg geschickt, wo er jedoch schon nach Jahresfrist wegen Erkrankung an Tuberkulose seine Rückreise in die Schweiz antrat, auf der er in Göttingen verstarb.

740. Johann Ernst Plamann Mai 1805 5

[Reg.] Plamann ist der Ansicht, dass alle pädagogischen Versuche besser unabhängig vom Staat gemacht werden sollen. Er erkundigt sich, wie sich Buss auf seine Anfrage, als Lehrer zu ihm nach Berlin zu kommen, entschieden hat.

Mag auch mein Streben die Spanne meines phisischen Daseyns um etwas verkürzen.

Überlieferung 1

PSB IV, S. 346ff. Sacherklärung I.

Johann Ernst Plamann (1771–1834) ⇒ Nr. 616 II. Nach Johann Ernst Plamanns (1771–1834, ⇒ Nr. 621) Besuch in Burgdorf im Sommer 1803 blieb er mit Pestalozzi in ständigem Briefkontakt. In diesem nicht erhaltenen Brief dürfte Plamann Pestalozzi wohl von den Vorbereitungen zur Eröffnung einer eigenen Anstalt berichtet haben, die am 29. September 1805 stattfand. III. Z. 5

Buss: Johann Christoph Buss (1776–1855) ⇒ Nr. 582

46 741. Johann Georg Tobler 17. Mai 1805 Buchsee den 17. May 1805. 5

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Theüerster Vater Pestalozzi! Wen es möglich ist, so sind wir samt u[nd] sonders anfangs July wieder an Ihrer Seite, Sie sind wieder unser Vater, wir Ihre Kinder! Aber freylich wenn es möglich ist, wir ahnen, dass die Spinne in deren Netze wir sind, ökonomische Fäden um uns gesponnen habe, welche wir nicht zu zerreissen vermögen. Ach was sollen wir noch länger an der Seite eines Mannes, dem kein Heiliges mehr heilig seyn kann u[nd] der das Heiligste zum Fussschemel seines Ehrgeizes macht, wie sollen wir mit einem Manne zu irgend einem Ziele laufen, der an kein reines Streben irgend einer Menschenseele mehr glauben kann u[nd] keinen graden Weg zu irgend einem edeln Zwecke mehr kennt; der den Menschen nur dann noch schätzt, wenn er sich in seinen Koth ziehen u[nd] mit diesem Nimbus geschmükt, der Welt als einen Heiligen aufschwazen lässt, aber ihn zu Boden tritet wenn er es wagt diesen Koth stinkend zu finden? Nein! theürer Vater Pestalozzi! anders könnte ich nicht mehr von diesem Manne denken! So sehr ich seine Kraft anerkenne, so sehr verabscheue ich einen Willen, dem nichts mehr wichtig ist. Noch sind wir in der nemlichen, oder in der schlimmern Lage als vor 5. Wochen. Noch wissen wir nicht, ob das Schloss von der Regierung gegeben wird, obschon er den Regierungsbeschluss schon lange in Händen haben mag; noch haben wir nichts von der Rechnung gesehen, die uns wahrscheinlich in seinem Garne festhalten soll; noch hat er auf unsre Fragen oder Vorschläge uns nicht beantwortet, während er allen Eltern schreibt, welche Einrichtungen er machen wolle, ohne uns nur ein Wort um unsre Einwilligung zu fragen. Sogar allen Fremden, sogar den Eltern sucht er das Zutrauen in uns zu rauben; wahrscheinlich möchte er uns noch so lange, bis er die Fliege ausgesogen u[nd] uns dann als Balg auf s e i n e Art wegwerfen könnte. Aber wir sind des Zögerns, Dahinhaltens u[nd] der Intrigen müde, und es ist jetz blos darum zu thun, w i e wir es ihm erklären sollen, dass wir ihn verlassen wollen u[nd] müssen; da wir nach unsrer innigsten Überzeügung ihn nie für uns ehrenvoller verlassen können als jetz. Wir bitten Sie daher inständig, geben Sie uns schleünig über die folgende Punkte Antwort.

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1. Wie sollen wir unsre Aufkündung abfassen? Ich dachte anfangs, ihm seine Zögerungen u[nd] Intriguen gerade zu als die Ursache unsrer völligen Trennung vorzuwerfen. H[err] v[on] Muralt glaubt aber, es sey besser, ihm blos die Unmöglichkeit von der Erreichung unsers Vereinigungszweckes, als Motiv vorzulegen u[nd] dann zu erwarten, welche Erklärung er an das Publikum machen werde. Ich bins wohl zufrieden; aber noch mehr wünschte: Sie würden uns einen solchen Aufsatz senden, den wir dann eingeben könnten, ohnehin möchten wir durchaus keinen Schritt wagen, der auch nur im geringsten Ihr Gefühl stossen würde. 2. Was sollen wir an die Eltern schreiben? Wollten nicht Sie es thun? und wenn wir es sollen, wie? Es ist begreiflich, dass es sehr schnell, u[nd] mit der Aufkündigung fast zu gleicher Zeit geschehen müsste. H[err] Schmid wollte gestern schon zu E[manuel] Fellenberg, um ihm aufzukünden. Seine Äusserung ist rührend bey der Anhörung Ihres letzten Briefes: Er sagte ich an Pestalozzis Seite, so lange er lebt, bleiben, u[nd] Freüde u[nd] Leid mit ihm theilen, weil er unter uns sterben will! und zu einem andern Entschlusse wäre er nicht zu bewegen gewesen, wenn wir es auch versucht hätten. Ich freue mich innigst, der lange gewünschten Vereinigung; Sie werden uns wieder mit Ihrer vollen Väterlichkeit umschliessen, und wir werden gerne den Abend Ihres Lebens mit all unserm Streben erheitern. Ich bin der einzige, der der Sache mehr als andre zur Last fallen muss; es macht mir Mühe; aber ich mag in keines Menschen Hand mehr fallen u[nd] in Ihrer Hand allein glaube ich mein Schicksal auch in der Hand Gottes. Ich bitte um Ihre Liebe u[nd] Ihren Seegen. Niederer u[nd] Krüsi sollen doch jetz auch schleunig mit Ihnen an einer Übereinkunft zur Vereinigung arbeiten. Gott wird uns segnen! Ich umarme Sie herzlich. Ihr Tobler. Herzliche Grüsse an alle. Meine Frau stimmt innig mit ein.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a, Umschlag 368/30 Blatt, 190x232 mm Dorsualvermerk den 17 May 1805 Tobler Original

48 Textkritik Zeuge H Z. 9 Z. 14 Z. 17 Z. 31 Z. 35 Z. 35 Z. 52 Z. 56 Z. 58 Z. 59f. Z. 71

sind, ökonomische zu irgend er sich Wort um unsre Balg auf wir sind an die zu E[manuel] an Pestalozzis weil er unter uns sterben will∫ einer Übereinkunft Sacherklärung I.

Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500 II. Obwohl Pestalozzi Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) am 30. März 1805 (PSB IV, Nr. 1045) eine Vollmacht zu Verhandlungen über die Verlängerung des Pachtvertrages für das Institut Münchenbuchsee erteilt hatte, war die Zukunft immer noch ungewiss. Offensichtlich war aber die Situation zumindest aus der Sicht von Pestalozzis Mitarbeitern unerträglich geworden, so dass sie vorschlugen, die gemeinsame Anstalt vollständig aufzulösen. In einem undatierten (von den Herausgebern auf April 1805 angesetzten) Brief Pestalozzis hatte er noch für die Aufnahme von Verhandlungen plädiert (PSB IV, Nr. 1052). III. Z. 4 Z. 11 Z. 25

Z. 44 Z. 56 Z. 58

Z. 70 Z. 70 Z. 74

Buchsee: Abkürzung für Münchenbuchsee Mannes: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 Schloss: Damit ist das ehemalige Klostergebäude in Münchenbuchsee gemeint, in welchem das gemeinsame Institut von Pestalozzi und Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) für ein Jahr untergebracht war. [Herr] v[on] Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 [Herr] Schmid: Joseph Schmid (1785–1851) ⇒ Nr. 712 letzten Briefes: Wahrscheinlich bezieht sich Joseph Schmid (1785–1851, ⇒ Nr. 712) mit seiner Loyalitätsbekundung auf Pestalozzis Antwort an meine nehere Freunde in Buchsee und Yverdon auf die Erklerung, die Herr Tobler und Herr von Muralt in Rüksicht eines neuen Accord an Herrn Fellenberg ausgestellt haben [April 1805] bzw. An die Freunde in Buchsee [Mai 1805] (PSB IV, Nr. 1052, Nr. 1055). Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Krüsi: Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588 meine Frau: Magdalena Tobler-Gengenbach (1779–1854) ⇒ Nr. 543

49 742. Philipp Emanuel Fellenberg 20. Mai 1805 5

An die H[erre]n Pestalozzi Niederer Krüsi und die Lehrer des Instituts zu Buchsee. gegeben zu Hofwyl den 20ten May 1805

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Aus der Ubersicht der Rechnungen des Instituts in Buchsee erkenne ich nun, dass ich dasselbe auf den 1sten nächsten July einer andern Führung schuldenlos werde übergeben können. Wenn man nun bedenkt wie überladen das Institut in der ersten Hälfte dieses Jahres ware (1) auf welchem Fuss sich die Pensionen damals befanden (2) und was sie jetzt abwerfen, (3) ferner dass H[er]r Pestalozzi von der Instituts Einnahme dieses Jahres laut vorhandenen Rechnungen Fr. 2238.10 zugeflossen (4) und dass zu dem, beträchtliche Summen auf ausserordentliche Ausgaben welche nicht wieder kommen, (5) und auf den Ankauf von Effeckten verwendet worden sind, (6) so darf mann nicht daran zweifeln dass das Institut ökonomisch sehr gut stehe. Die Vorausbezahlung der Pensionen ist im Gange, der Credit des Hauses établiert, die innere Ordnung ist befriedigend bestellt, das Dienst Personal lässt wenig mehr zu wünschen übrig und das Local zu Buchsee ist auf 6 Jahre versprochen. also darf ich unbesorgt meinem und des Instituts Bedürfniss genugthun indem ich mich a l l e r meiner bissherigen Verantwortlichkeit in Absicht auf die Fuhrung und Besorgung desselben auf eine Comission entlade zu der ich die H[erre]n Niederer Krüsi v[on] Muralt Tobler Steiner und Schmid als die ältesten Mitarbeiter Pestalozzis einlade sich unter seiner oder eines von ihm zu ernennenden Stellvertretters Vorsitz zu vereinigen. Es wäre zu wünschen mann möchte der Gleichen Commission eben dieselbe Führung in Hinsicht auf das Institut in Iferten anvertrauen. Auf diese Commission trage ich hiemit alle Rechte Pflichten und Sorgen über, welche ich in Absicht auf die Intressen der Zöglinge, der Lehrer und des Instituts mit der Führung desselben übernohmen hatte. Ein von der erwähnten Commission zu ernennender Geschäftsmann des Instituts wird die Ökonomie desselben in Buchsee führen er soll gegen einen aus der Mitte der Commission von ihr dazu zu erwählenden bevollmächtigten Inspektoren für seine Geschäftsführung verantwortlich seyn, er führt die Cassa dess Instituts und jedem

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dabey intressirten offene Buchhaltung er schliesst halbjahrlich seine Rechnung. Als ihm vorzuschreibende unablässliche Regeln wünschte ich ferner angenommen zu wissen: 1° Von den für die Zöglinge bezahlten Pensionen soll vor allem aus erhoben werden was die Erhaltung und äussere Besorgung der Unterricht und die Bildung der Zöglinge erheischen. 2° Wann die Erhaltungs- und Bildungsbedürfnisse derselben a l l e , soweit die Hülfsmittel des Instituts es erlauben, Gedeckt seyn werden, so soll sein Geschäftsmann dem H[err]n Pestalozzi aus seiner Cassa vierteljärlich 100 L[ivre] de S[uis]se und jeder im Institut zu besoldenden Person den viertheil des ihr von mehrgedachter Commission zuerkanten Jahresgehalts ausbezahlen, insofern die Summe der Gehalte die Hülfsmittel des Instituts nicht übersteigen. Sollte sich dan am Ende des Jahres auf den 1sten July nach ein Uberschuss der Einnahme über die Ausgabe in der Cassa des Instituts vorfinden, so soll derselbe dem H[err]n Pestalozzi zu gut kommen. ____________

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Die den Preisen des Cantons zur Richtschnur dienenden Marktpreise von Bern sollen in den von dem Geschaftsm[ann] des Instituts anzuordnenden Ankäufen desselben nicht überschritten werden; Es versteht sich, dass wenn er unter denselben einkaufen kann, seine Pflicht ihms zu thun gebiethet er soll alles was für dasselbe Angekauft wird, baar ausbezahlen. Er soll die Cassa desselben durchaus niemahls unter den Betrag von Fr. 800 fallen lassen, es geschehe dann um die Nahrungsbedürfnisse desselben auf eine vortheilhafte Weise zu decken. Obige Ubergabe der Direcktion des Instituts in Buchsee geschieht unter dem Beding dass alle in seinem Nahmen bis dahin eingegangenen Verbindlichkeiten respectirt werden. Diejenigen welche ich für dasselbe eingegangen bin, scheinen mir durchaus zu seinem Vortheil zu gereichen. Unter oberwähnten Bedingen entziehe ich mich hier mit d u r c h a u s allen meinen Rechten auf das Institut und auf das Local von Buchsee solange als dasselbe den Interessen des H[err]n Pestalozzi und seiner Unterrichtsmethode zuträglich seyn kan – bis auf den 1sten nächsten July werde ich indessen für die Befriedigung seiner Bedürfnisse unter meiner Leitung fortsorgen lassen. signiert J[un]k[e]r Emanuel Fellenberg.

51 Überlieferung 1 2 4 5

Burgerbibliothek Bern, FA Fellenberg 167.34 Bogen, 164x219 mm Datum am Schluss Entwurf mit eigenhändigen Korrekturen und Unterschrift Textkritik

Zeuge h Z. 8 Z. 13 Z. 18 Z. 19 Z. 19 Z. 21 Z. 26 Z. 27f. Z. 28 Z. 30 Z. 31f. Z. 35 Z. 37 Z. 39 Z. 43 Z. 44 Z. 49 Z. 50 Z. 51f. Z. 52 Z. 54 Z. 54 Z. 56 Z. 59 Z. 63 Z. 64 Z. 69 Z. 75 Z. 76 Z. 77 Z. 77 Z. 78 Z. 79

nun∫ Pestalozzi: lateinische Schrift sehr∫ Credit: lateinische Schrift établiert: lateinische Schrift Local: lateinische Schrift Comission: lateinische Schrift als die ältesten Mitarbeiter Pestalozzis∫ seiner∫ oder eines Commission: lateinische Schrift Commission: lateinische Schrift Commission: lateinische Schrift Commission: lateinische Schrift Cassa: lateinische Schrift ferner angenommen den∫ Pestalozzi: lateinische Schrift Cassa: lateinische Schrift viertheil des ihr∫ von mehrgedachter∫ Commission: lateinische Schrift dan am den∫ Cassa: lateinische Schrift Cantons: lateinische Schrift zu thun∫ Cassa: lateinische Schrift in seinem∫ Local: lateinische Schrift Pestalozzi: lateinische Schrift den∫ July: lateinische Schrift unter meiner Leitung∫ signiert Sacherklärung I.

Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426

52 II. Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) war in Münchenbuchsee für die Finanzen verantwortlich. Da Pestalozzi am 30. März 1805 mit der Erteilung einer Vollmacht (PSB IV, Nr. 1045) an Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) den Anspruch auf eine erneute Übernahme der Leitung anmeldete, scheint sich Fellenberg eher für den Rückzug aus dem gemeinsamen Institut entschieden zu haben, zumindest legt er hier einen finanziellen Schlussbericht des ersten Jahres vor. III. Z. 4 Z. 4 Z. 5 Z. 27 Z. 27 Z. 27

Z. 27

Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Krüsi: Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588 Buchsee: Abkürzung für Münchenbuchsee v[on] Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 Tobler: Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500 Steiner: Rosemann Steiner (*1781) stammte aus dem Ober-Toggenburg (Kt. St. Gallen) und absolvierte von ca. 1800 bis 1807 seine Schullaufbahn in den Instituten von Burgdorf, Münchenbuchsee und Yverdon. Nach seiner Schulzeit in Burgdorf avancierte er zum Hilfslehrer in Münchenbuchsee. 1805 wechselte Steiner auf Pestalozzis Wunsch und gegen den Widerstand Johann Georg Toblers (1769–1843, ⇒ Nr. 500) und Johannes von Muralts (1780–1850, ⇒ Nr. 610) von Münchenbuchsee nach Yverdon, wo er an Stelle des Lehrers Johann Christoph Buss (1776–1855, ⇒ Nr. 582) unterrichtete und zum Unterlehrer aufstieg. Obwohl er von Pestalozzi zusammen mit den renommierten Lehrern als eine Art geistiger Nachlassverwalter zum Erhalt der aufgebauten pädagogischen Institute vorgesehen war, beendete Steiner seine Lehrtätigkeit in Yverdon wohl zum Jahresende 1807 – ein 1808 veröffentlichter Schulbericht führte ihn noch als einen von neun am Jahresende 1807 tätigen (Haupt-)Lehrern. Steiner trat in französische Dienste und meldete sich brieflich zuletzt 1811 als Korporal der siebten Kompanie im dritten Bataillon des dritten Regiments aus Lille. Anschliessend verliert sich seine Spur. Schmid: Joseph Schmid (1785–1851) ⇒ Nr. 712

743. Philipp Emanuel von Fellenberg 24. Mai 1805 5

[Reg.] Fellenberg schickt Pestalozzi einen Brief mit der Erklärung von Tobler und von Muralt vom 23. Mai 1805.

An Herrn Fellenberg zu Hofwyl. Münchenbuchsee d[en] 23ten Mai 1805. Da nach der neuesten Erklärung H[err]n Fellenbergs vom 20te n May 1805 an Hern Pestalozzi und seine Gehülfen derselbe alle seine bis dahin gegen das hiesige Institut

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übernommenen Rechte, Pflichten und Sorgen einer Kommission überträgt, und sich hiemit aller fernern Einmischung und Wirksamkeit auf dasselbe entzieht – Da Er durch diese Erklärung alle gegenwärtig am Institute thätigen Lehrer ihrer gegen Herrn Fellenberg eingegangene Verpflichtungen ebenfalls losspricht – Da die Lehrer des Instituts mit inniger Überzeugung an der Sache und Methode H[err]n Pestalozzis hängen und entschlossen sind, ohne Rücksicht auf irgend einen Nebenzweck, oder ein Intresse, derselben ihre geringen Kräfte mit reiner Hingebung und nach bestem Wissen zu widmen. – Da die Methode selbst noch einer vielseitigen Vollendung bedarf; und diese nur durch vereinigte Kräfte und an der Seite ihres Stifters möglich ist – Da die hiesigen Lehrer ihre Kräfte dem Herrn Pestalozzi verdanken, und sie ihm auch zunächst schuldig zu seyn glauben – Da sie kein höhers Bedürfniss kennen, als sich mit dem Geiste seines Wesens und der Anwendung seiner Mittel immer vertrauter zu machen; und an seiner Seite noch so schnell und so viel als möglich die kostbaren Reste seines theuren Lebens zu benutzen, um dasselbe zu befriedigen; und da sie getrennt von ihm weder die erforderlichen Kräfte, noch die Befriedigung und Würksamkeit besitzen, deren sie zu ihrer Bestimmung bedürfen, und dieselben bey längerer Trennung auch nicht zu erlangen hoffen können – Da nebst dem allgemeinen Zwecke auch der besondern der Instituts-Führung, ohne gemeinsame Vereinigung aller Lehrer und aller Hülfsmittel durch die Vereinzelung leidet; und mir dem Wohl des Ganzen jede Nebenrücksicht unterordnen zu müssen glauben – Da die Thätigkeit und das reine Streben der Lehrer von ihrer innern Befriedigung abhängt, und diese nur unter der Leitung eines Mannes möglich wird, der das unbegrenzteste Zutrauen aller besitzt, dessen Daseyn und Beyspiel das gemeinschaftliche Band immer enger und inniger knüpft, der für alle lebt, wie alle für ihn, der sich ausschliesslich und ganz diesem Einen Zwecke widmet, und der durch keine anderseitigen Entwürfe und Versuche, sie möchten auch noch so wohlthätig sein, Kollisionen herbey führt – Da fernen zu dieser Befriedigung nothwendig die Vereinigung von Menschen erfordert wird, die aus Liebe und Intresse für Eine und dieselben Sache arbeiten, mit gleichem Sinne unter einander leben, und mit ungetheilter Aufmerksamkeit mit Einem Willen beseelt sind. Da wir obige Bedingungen nur an der Seite von Herrn Pestalozzi und seiner bey ihm lebenden Freunde erreichbar glauben – Herr Pestalozzi aber, ungeachtet unserer Wünsche auf das bestimmteste erklärt hat, dass er die Anstalt in Yverdon nicht verlassen und bey der gegenwärtigen Lage der Umstände dem hiesigen Institute nicht als Führer vorstehen könne – Da endlich die hiesigen Lehrer das Institut ohne H[err]n Pestalozzis Einwirkung u[nd] persönliche Gegenwart niemals fortzuführen gedachten – so finden sie sich durch Genannte Beweggründe in die Nothwendigkeit gesetzt, dem Herrn Fellenberg die Anzeige zu machen: 1) Dass sie entschlossen sind, mit dem ersten Juli 1805. sich mit Herrn Pestalozzi und seinen dortigen Freunden in Yverdon zu vereinigen: wenn keine besondern Umstände es ihnen unmöglich machen. 2. Dass wir wünschen, in Verbindung mit Herrn Fellenberg den Eltern der hiesigen Zöglinge in einem Schreiben ihren Entschluss bekannt zu machen, damit dieselben zu rechter Zeit, falls sie dem Erziehungspersonale in Yverdon ihr Zutrauen schenken, und ihre Zöglinge anvertrauen wollten, ihre Wünsche eingeben könnten.

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Diese Erklärung ist der volle Ausdruck unsrer Empfindung und unsrer Überzeugungen: wir möchten auch dieselbe ohne alle Nebenrücksichten als eine nothwendige Massregel zum Gedeihen der Pestal[ozzischen] Sache angesehen wissen, der wir entschlossen sind, unsere nur in Vereinigung bedeutenden Kräfte zu weihen; Sie ist aber zugleich mit den Gefühlen des wärmsten Dankes begleitet, für alles Zweckmässige und Wohlthätige, das Herr Fellenberg während seiner Führung des Instituts zur Befestigung desselben zur Beförderung der Sache selbst und zum Besten der dabey Intressierten mit der ihm eignen Kraft gethan hat. Es wird uns inniges Vergnügen machen, wenn wir, ungeachtet unsrer Trennung, dennoch zu den vielseitigen Erziehungszwecken Herrn Fellenbergs unser geringes Schärflein werden beytragen können, und bitten Herrn Fellenberg uns Gelegenheit zu geben, Ihm in irgend etwas helfen zu können. J[ohann] G[eorg] Tobler J[ohannes] Muralt

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PSB IV, S. 339.7ff. und BB Bern, FA von Fellenberg 167 (Erklärung) Datum am Schluss Copia (Erklärung) Textkritik

Zeuge H (Erklärung) Z. 15 Pestalozzis: lateinische Schrift Z. 17 widmen. – Z. 20 Pestalozzi: lateinische Schrift Z. 44 Pestalozzi: lateinische Schrift Z. 45 Pestalozzi: lateinische Schrift Z. 46 Yverdon: lateinische Schrift Z. 49 Pestalozzis: lateinische Schrift Z. 53 Pestalozzi: lateinische Schrift Z. 54 Freunden in Z. 54 Yverdon: lateinische Schrift Z. 56 Eltern der Z. 57 Schreiben ihren Z. 58 Yverdon: lateinische Schrift Sacherklärung I. Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 II. ⇒

Nr. 742 III.

Z. 4 Z. 4

Erklärung: Z. 6–73 Tobler: Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500

55 Z. 5 Z. 8

Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 neuesten Erklärung: ⇒ Nr. 742

744. Franziska Romana von Hallwil 26. Mai 1805 Hofwyl, den 26ten May 1805. 5

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Seit 8 Tagen bester Freund bin ich hier – was ich von den H[erre]n Muralt und Tobler, vernohmen, thut mir im innersten der Seele weh – Sie wissen wie ich über beyde denke – und ihre izige Verfahrungsarth beweist mir leider das ich mich nie in Ihnen geirrt habe – die Welt wird förchte ich, nicht zu günstig über die Lieblinge von Pestalozi (wie sie sich nennen) urtheilen – und ich glaube nicht – das in einer Sache die mir so wichtig scheint – das Urtheil der Welt ganz zu verwerffen ist – da es Einfluss auf die Methode und ihren Fortgang haben kan – Es soll, e s d a r f , und kan Ihnen nicht gleichgültig sein ob, und auf welche Arth das hiesige Institut gänzlich zu grunde geht – Es kan Sie wohl nicht freuen – das Menschen die Sie niderträchtig verlassen haben – izt eben so niderträchtig wider zu Ihnen zurückkehren und der der kleine Triumph, der daraus entspringt kan wie mich dünkt – den widrigen Eindruk nicht tilgen den Ihrem Herzen der Gedanke machen m u s s – u[n]edel an einem ehmahligen Freund gehandelt zu haben – Von diesem Freund sage ich Ihnen nur wenig schriftlich – ich bin überzeugt es würde nichts nützen – da ich förchte man hat Sie zu sehr eingenohmen – Viel hätte ich unmölich, mit Ihnen von ihm zu reden – Vieleicht wäre ich so glüklich, als ganz unbefangen, Ihnen manches zu zeigen – Sie auf manches aufmerksahm zu machen – das Muralt u[nd] Tobler im Unmuth nicht bemerkten – Bester Freund – Sie wissen das ich diesen Freund – den ich zwar als einen vorzüglichen Menschen ehrte und schäzte – doch nie zu einem Engel erhob – das ich so gar nie wünschte dass Sie in so ganz enge Verbindung mit ihm treten möchten – da ihre Wege so ganz verschieden zum gleichen Zwek lauffen – so sah ich manchen notwendigen Stoss voraus –; allein eben so wenig könte ich mich je entschliessen – allein auf die Sage kleiner Seelen – die ihn zu beurtheilen unfähig sind – ihn für einen Teufel zu erklären. – indessen gehört das nicht zur Sache – er ist ihr Freund – e r h a t v i e l f ü r S i e g e t h a n – und kan i h r e r Methode sehr nützlich sein – darum

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sollen und dürffen Sie nicht mit ihm brechen – kommen Sie bester Pestalozi – ist es Ihnen möglich so kommen Sie hieher – man redt mündlich freyer – und zwar M e n s c h e n wie Sie beyde – müssen einander verstehen wen das Herz reden darf – könten Sie biss Donstag kommen, so würden Sie mich noch hier finden. Vermuthlich bleibe ich so lange – bin ich nicht mehr hier so kommen Sie auf Hallweil – ich bitte Sie inständig dafür. Ihre Ergebenste Hallweil

Überlieferung 1 2 5

StA Bern, FA v. Hallwyl, Aktensammlung, Nr. 3821 Blatt, 192x232 mm Original Textkritik

Zeuge H Z. 12 Z. 15f. Z. 18 Z. 20 Z. 22 Z. 31 Z. 32 Z. 34 Z. 35 Z. 37

es Einfluss geht – Es kan der der kleine Triumph m u s s – u[n]edel Ihnen nur treten möchten so sah allein∫ auf sind – ihn∫ kan i h r e r Sacherklärung I.

Franziska Romana von Hallwil (1758–1836) aus Wien ist die Tochter von Maria Anna Garelli (1717–1784), welche in zweiter Ehe mit dem österreichischen Grafen Franz Anton von Hallweil (1702–1779) verheiratet war. Franziska Romana wächst gemeinsam mit ihren fünf Halbgeschwistern, darunter der 15 Jahre älteren Leopoldine von Suttner (†1789) auf. Im Februar 1775 flieht die schwangere Franziska Romana mit Hilfe und in Begleitung ihrer Halbschwester Leopoldine zu ihrem Geliebten, Johann Abraham von Hallwyl (1746–1779), einem entfernten Verwandten aus der Schweizer Linie, welcher zuvor die Familie in Wien besucht hatte. Ihre katholischen Eltern hatten sich vehement gegen eine Eheschliessung mit dem Reformierten ausgesprochen. Die Flucht gelingt und die beiden heiraten am 16. Februar, Franziska Romana verliert aber wahrscheinlich infolge der Aufregung und Strapazen kurz darauf ihre Zwillinge. Sie konvertiert, weil die Berner Religionsgesetze von 1715 vorschreiben, Mischehen mit dem Verlust aller Burger- und Landrechte zu bestrafen. Nach dem frühen Tod ihres Mannes, mit dem sie die drei Söhne Johann/Jeannot/Janot (1776–1802, ⇒ Nr. 455), Franz (1777–1852, ⇒ Nr. 686) und Karl (1778–1827, ⇒ Nr. 434) hat, lebt sie bis 1809 auf Schloss Hallwyl, weicht dann ihrem Sohn Franz und kehrt erst 1834 zurück, als ihn

57 dessen Gattin Adrienne Hallwil-de Loys (1789–1850) verlässt. Ihr Vormund ist lange Zeit der helvetische Senator Johann Rudolf Meyer (1739–1813). 1798 verzichtet Franziska Romana auf ihren Adelstitel und wird Bürgerin von Brugg (Kt. Aargau). Lit.: Alois Koch: Franziska Romana von Hallwil. Freiburg 1967 II. Pestalozzi war mit Franziska Romana von Hallwil (1738–1836, ⇒ Sacherklärung I.) schon seit den späten 1770er- oder frühen 1780er-Jahren bekannt. Wie genau die Bekanntschaft zustande kam ist unklar, die geographische Nähe von Hallwil und dem Neuhof in Birr dürften aber zumindest eine unterstützende Rolle gespielt haben; zudem gab es viele gemeinsame Bekannte (vgl. NPS 1, S. 179f.). Als enge Freundin Pestalozzis wollte sie offenbar auch zu den Auseinandersetzungen in Münchenbuchsee Stellung beziehen und war deshalb zu Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) nach Hofwyl gereist, von wo sie jetzt Pestalozzi ihre Einschätzung mitteilt. III. Z. 6 Z. 6 Z. 16f.

Z. 21

Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 Tobler: Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500 niderträchtig verlassen: Damit könnten Johannes von Muralt (1780–1850, ⇒ Nr. 610) und Johann Georg Tobler (1769–1843, ⇒ Nr. 500) gemeint sein, die sich im Sommer 1804 für eine enge Zusammenarbeit mit Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) eingesetzt hatten, nachdem klar geworden war, dass Pestalozzi das Schloss in Burgdorf verlassen musste (⇒ Nr. 639). Von dieser Zusammenarbeit hatten sie sich eine Entlastung Pestalozzis in organisatorischen Belangen versprochen und damit für ihn die Möglichkeit gesehen, sich wieder vermehrt der schriftstellerischen Tätigkeit zuzuwenden. Freund: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426)

745. Johan Henrik Anton Torlitz Mai/Juni 1805 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB V, S. 7.13f. Sacherklärung I.

Johan Henrik Anton Torlitz (1777–1834) ⇒ Nr. 629

58 746. Johann Ernst Plamann Juni 1805 5

[Reg.] Plamann teilt Pestalozzi mit, dass Buss nicht als Lehrer zu ihm nach Berlin komme.

Überlieferung 1

PSB V, S. 6.17; Nr. 787 Sacherklärung I.

Johann Ernst Plamann (1771–1843) ⇒ Nr. 616 II. Johann Ernst Plamann (1771–1843, ⇒ Nr. 621) hatte Pestalozzi in einem nicht erhaltenen Brief im Mai 1805 (Nr. 740) angefragt, ob sich Johann Christoph Buss (1776–1855, ⇒ Nr. 582) schon entschieden hätte, als Lehrer in sein Institut in Berlin einzutreten. Mit diesem Brief teilt Plamann Pestalozzi die Absage mit. III. Z. 4

Buss: Johann Christoph Buss (1776–1855) ⇒ Nr. 582

747. Anders Rothe Juni 1805 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB V, S. 6.29f. Sacherklärung I.

Anders Rothe (1787–1833) stammt aus Schweden. Er immatrikuliert sich 1803 als Student in Lund, wird 1808 Lehrer in Karlskrona und 1813 Pfarrer an einem nicht näher bekannten Ort.

59 II. Anders Rothe (1787–1833, ⇒ Sacherklärung I.) war Schüler in Burgdorf. Weshalb er im Juni 1805 in der Schweiz weilte ist unklar, möglich ist, dass er sich bei Pestalozzi zum Lehrer ausbilden lassen wollte. Da die Geschäftsbücher von Yverdon aber erst ab 1807 erhalten sind und zudem keine Korrespondenz zwischen Rothe und Pestalozzi überliefert ist, bleibt diese Vermutung Spekulation.

748. Laurenz Jakob Custer 5. Juni 1805 [Reg.] Meldet die Geburt der Tochter und bedankt sich für eine Weinlieferung.

Überlieferung 1

Nr. 752 Sacherklärung I.

Laurenz Jakob Custer (1765–1822) aus Altstätten (Kt. St. Gallen) bildet sich zum Kaufmann aus. Über seine konkreten ersten beruflichen Tätigkeiten und örtlichen Aufenthalte ist nichts bekannt. Nach der Heirat 1804 mit Anna Magdalena Pestalozzi-Frölich (1767–1814, ⇒ Nr. 547), Pestalozzis verwitweter Schwiegertochter, bewirtschaftet das Ehepaar den Neuhof bei Birr. Ab 1807 bis zu seinem Tod ist Custer als Verwalter des Schlossguts in Pestalozzis Anstalt in Yverdon tätig. III. Z. 4

Tochter: Anna Franziska Theresia, genannt Therese, Custer (1805–1880), war die älteste der drei Töchter von Laurenz Jakob Custer (1765–1822) und Anna Magdalena Custer-Pestalozzi, geb. Frölich (1767–1814, ⇒ Nr. 547) sowie die Patentochter von Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815, ⇒ Nr. 3). Therese verbrachte nach dem Tod ihres Vaters fast drei Jahre im Töchterinstitut (⇒ Nr. 867) von Yverdon. Nach Gerüchten über eine mögliche Heirat mit Joseph Schmid (1785–1851, ⇒ Nr. 712), verheiratete sie sich 1829 mit dem Burgdorfer Kaufmann Johann Anton Kraft (1792–1857).

749. Philipp Emanuel von Fellenberg 5. Juni 1805 Gegeben zu Hofwyl den 5. Juny 1805. 5

Die Endes-Untschriebenen kommen mit einander überein

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1.° Herr Fellenberg entlade sich von nun an aller Verantwortlichkeit in Absicht auf das Institut in Buchsee so wie der Direktion desselben auf Herrn Pestalozzi. – 2.° Werde Herr Fellenberg die Ökonomie dess Instituts unter seiner Aufsicht, wie biss dahin fortführen lassen biss dass derselbe nach Iferten fortziehen kann. Schuldenlos übergebe er Ihm dan dieselbe unter folgenden Bedingen: 3.° Um Herrn Fellenbergs Unternehmen zu Hofwyl für seine der Sache Herrn Pestalozzis dargebrachten Opfer einige Schadloshaltung zu gewähren, sollen demselben nebst der dem Institut biss auf sein Weggziehen pro rata der Zeit zufallende Einnahme zur Erhaltung dess Instituts und zur Bestreitung seiner Ausgaben alle Effekten und jede Art Vorraths eigenthümlich zufallen, welche H[err] Fellenberg für das Institut hat anschaffen lassen. 4.° Herr Pestalozzi nihmt hingegen alle seine ihm laut hier beigelegten Verzeichniss von Burgdorff her zugehörenden Effekten als sein Eigenthum nach Iferten. – 5.° Was dann über den nach oben festgesezten Reglen dem Herrn Fellenberg zu gut kommenden Betrag zu Handen dess Instituts biss auf sein Weggziehen von Buchsee eingehen mag wird bey desselben Abziehen zu H[errn] Pestalozzis Disposition gesezt – vorausgesezt dass die durch dieses Weggziehen wiederrechtlich beschädigt sein mögenden Persohnen aus diesen Mitteln billich entschädiget seyn werden. H[err] Fellenberg wird jedoch auch diese Entschädigung zum möglichsten Vortheil H[errn] Pestalozzis auszumitteln trachten. In Folge dieser Übereinkunft sind alle übrigen Rechnungs Sachen in Absicht auf das Institut biss auf sein Abziehen von Buchsee als beendiget anzusehen. –

Überlieferung 1 2 4 5

BB Bern, FA v. Fellenberg 177(2) Blatt, 204x170 mm Datum am Schluss, Stempel Canton Bern 1. B a t z . Copia Textkritik

Zeuge h

61 Sacherklärung I. Philipp Emanuel von Fellenberg (1779–1843) ⇒ Nr. 426

750. Philipp Emanuel von Fellenberg 6. Juni 1805 Hofwyl den 6ten Juny 1805. 5

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An H[err] Pestalozz i ! Ihr gestriges Benehmen gegen mich und Ihre nebst H[err]n v[on] Muralts heütige Zuschriften worinnen wir erklärten, wir können jene obenstehende Verkommniss nicht unterschreiben setzen mich in den Fall Ihnen hiermit z[u] erklären, was hiernach von einem zu andern folget 1. Für Ihr in m[einem] nähern Wirkungskreise festzusetzendes u[nd] allda zu erhaltendes Institut konnte ich thun, was ich für Ihr in die Ferne zu ziehendes Institut nicht thun durfte, ich muss daher m[ein]e Rechnungen für das von Buchsee wegziehende Institut nach der Regel einer gerechten u[n]d billigen Vergütung dessen, was ich für dasselbe gethan habe, ausfertigen lassen; da ich’s hingegen als Hausvater u[n]d Vorsteher meiner vorhabenden Erziehungsanstalten zu Hofwyl verantworten zu können glaubte, m[eine] Rechnungen für das in Buchsee bleiben sollende Institut mit den Aufopferungen zu bestellen, welche ich unter dieser Voraussetzung für dasselbe hätte über mich nehmen können. 2. Um nun aber bey den bewussten Verumständungen jeder unbeliebigen, ja widerlichen Diskussion über das D e i n u[n]d das M e i n den Faden abzuschneiden, ja einzig u[n]d allein zu diesem Zwecke habe ich das Übergabereglement entworfen, wodurch alle Rechnungsangelegenheiten des Instituts in Buchsee zu Her ren Pestalozz is u[n]d aller dabey Mitinteressi rten V o r t h e i l , ohne a l l z u grossen S c h a d e n für mich hätten beendet werden können. Wenn dieser Zweck durch eine pünktlich spezifizierte Bestimmung der Anwendung dieses Reglements erreicht werden kann, so werde ich diese spezifizierte Bestimmung durch den Sekretär an H[errn] Pestal[ozzi] ausfertigen lassen. 3. Sollte aber eine weitere Erörterung verlangt werden so werde ich 2 beeidigte Schätzer bestellen um den angeblichen Geld-

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werth dessen was H[err] Pestal[ozzi] u[n]d die auf s[eine] Rechnung lebenden Personen u[n]d das Institut in s[einen] verschiedenen Beziehungen von mir aus dem meinigen empfangen haben zu bestimmen. Ich werde dann ferners einen zuverlässigen Geschäftsmann beauftragen, die Rechnungen des Instituts doppelt auszufertigen. Erstens, nach dem Massstabe, den ich für das in Buchsee bleiben sollende Institut annehmen d u r f t e und z w e y t e n s nach demjenigen welchen ich für das von Buchsee wegzuziehende Institut befolgen m u s s . Diese Rechnungen sollen dann zu Einsicht eines jeden, den dieselben interessieren mögen mit den dazu gehörigen Erklärungen bekannt gemacht werden – Indessen aber kann ich mich nach den bis dahin gemachten Erfahrungen mit denen Herren Pestalozzi, Muralt u[n]d Tobler durchaus in keine weitere Diskussion unmittelbar darüber einlassen, wenn sie dergleichen zu verlangen belieben, so werde ich einen Geschäftsmann ernennen, um dieselben auf dem obbemeldten Fuss in meinem Nahmen zu besorgen. Möchten aber bestimmte u[n]d thatsächliche Aufschlüsse über den einen oder den anderen der Zweifel, durch welchen man den Herrn Pestalozzi zu beunruhigen scheint, demselben erwünscht seyn, so werde ich ihme dieselben ausfertigen lassen sobald er solche unzweydeutig bestimmt verlangt haben wird. Ph[ilipp] Em[anu]el Fellenberg.

Überlieferung 1 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 961/12, S. 81–82 (Tagebuch von Muralt) Datum am Schluss Abschrift Textkritik

Zeuge h Z. 6–10 Z. 12 Z. 50 Z. 50 Z. 57 Z. 59

Randnotiz: Fellenberg behandle nach Urechs Aussage wie ein Missethäter thun, was Pestalozzi, Muralt: lateinische Schrift Tobler: lateinische Schrift Pestalozzi: lateinische Schrift bestimmt∫ Sacherklärung I.

Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426

63 II. Am 5. Juni 1805 muss es in Hofwyl zur Diskussion über die Modalitäten der Auflösung der gemeinsamen Leitung des Instituts in Münchenbuchsee gekommen sein, wobei Nr. 749 als Tischvorlage aus der Feder Philipp Emanuel von Fellenbergs (1771–1844, ⇒ Nr. 426) diente. Eine Einigung scheint offensichtlich nicht zustande gekommen zu sein, worauf Fellenberg einen neuerlichen Anlauf unternimmt und seine Sicht der Dinge schriftlich wiederholt. III. Z. 7 Z. 33

Z. 50

Muralts: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 Sekretär: Als Sekretär kommen sowohl Herr Eyer (⇒ Nr. 781) als auch Heinrich Wilhelm Urech aus Lenzburg in Frage, der um 1805 in den Dienst Philipp Emanuel von Fellenbergs (1771–1844, ⇒ Nr. 426) in Hofwil trat und sicher zwischen 1813 und 1815 in Yverdon als Privatlehrer – möglicherweise bei Pestalozzi – tätig war. Im Juni desselben Jahres kam es aber wohl zum Bruch zwischen Urech und Fellenberg, so dass Eyer als Nachfolger Urechs angesehen werden kann. Tobler: Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500

751. Johann Georg Tobler 10. Juni 1805 Buchsee den 10. Jun[i] 1805. 5

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Theürster Vater Pestalozzi! Gestern Abend waren die Neapolitaner hier. Über ihr Benehmen wird Ihnen v[on] Muralt rapportiren. Steiner sprach heute H[errn] F[ellenberg]. Dieser lächelte – – Steiner sagte wahrscheinlich müssen Sie nicht über alles berichtet worden seyn, wie es sich wirklich verhalte. Ja äusserte H[err] F[ellenberg] diese Leüte haben wahrscheinlich sich eine Art Universität vorgestellt u[nd] nicht das Institut von einem armen Particularen. H[err] Pestalozzi werde wahrscheinlich auf seine gewöhnliche Weise sich in Peterlingen an sie hingedrängt haben u[nd] ihnen seine Methode erklärt – hm – hm – – – Also auch wieder anderer Schuld, dass seine erbärmlichen Pralereyen selbst Neapolitaner prellten – – – Heüte erhielten wir wieder ein allerliebstes Briefchen von ihm, es lautet Wort für Wort also:

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«Die Pestalozzische Institutsdirection an die Herrn v[on] Muralt u[nd] Tobler. Hofwyl den 10. Juny 1805.

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In Betrachtung der von Herrn Pestalozzi über alle gegenwartigen, von ihm u[nd] seinen Gehülfen beschlossenen Convenienzen – aus des Instituts u[nd] aus Herrn Fellenbergs Cassa bezogenen Geldern u[nd] daherrührenden von dieser Letztern schon allzu beträchtlichen, dem Institut gemachten Vorschüssen, wird derselbe durchaus nichts mehr für das Institut bezahlen, als was zu den bis auf den 1. nächsten Jul[i] nothwendigen Ausgaben gehört. Da sich die erwähnten Vorschüsse, der ausstehenden Pensions Gelder wegen, bereits über 3000 Franken belaufen; – Auch durch Missbräuche u[nd] durch Verschwendung, welche in dem Institute keineswegs Platz haben sollen kann und wird sich H[err] Fellenberg keine neüen Lasten auflegen lassen; und anderseits, ohne dass schon ein Theil dessen, was H[err] Pestalozzi über das aus, was ihm gebührt, von der Instituts Einnahme des laufenden Jahres bezogen hat als Eigenthum des Instituts in Anspruch genommen werden müssen, um dasselbe zu liquidiren. Die ohne Vorwissen noch Genehmigung H[errn] Fellenbergs angestellten Personen, kann er umso weniger bezahlen, da das Institut in dieser Hinsicht über seine wahren Bedürfnisse überladen ist. Die Direcktion des Instituts bis auf den 1.ten nächsten July. 1805 Sie sehen daraus theils wie gross die Humanität des Mannes ist, theils was er noch zu thun vermögen wird. Ich wenigstens bin so fest, wie von meinem Daseyn überzeügt, dass er uns bis zum Einpacken alles bestellen u[nd] bezahlen lassen wird, u[nd] dann einsmal seinem Herzen die Freude der Rache durch einen Arrest macht. Auf alles müssen wir gefasst seyn so lange sein Triumph, uns auf das Äusserste gebracht zu haben, nicht vollbracht ist. Und warlich es ist nicht leicht ruhig zu bleiben bey solchen Äusserungen u[nd] gar nicht zu antworten, wenn auf solche Weise gerufen wird. Ich hätte oft gute Lust ihn zu höhnen, wenn ich nicht lieber sein Äusserstes abzuwarten gesonnen wäre. H[errn] v[on] Muralt krappelts auch schon gewaltig. Allein wenn unsre Geduld bleiben soll, so sollten entweder Sie selbst hier seyn, oder uns bestimmte Weisung zuschicken, was wir thun sollten, auf alle Fälle. Mit dem Cassa erschöpfen, mit allem Elenden womit er uns nun alle Tage

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über den Hals kömmt hoffe ich doch werde er nur sich selbst den Becher nach u[nd] nach so voll machen, dass er überläuft. Es wäre wirklich zu hart sich immer fort ausschimpfen, beleidigen zu lassen, ohne einmal auch eine Parthie Maulschellen austheilen zu dürfen. Wie stehts mit dem Kochofen? Wir sollten nun bald u[nd] bestimmt wissen, was wir in dieser Hinsicht zu thun hätten u[nd] ob wir den Maurer schicken sollten. Der Schneider Eggimann von Bern will uns für alles was Schiffe betrift sorgen. Ein Schiff kostet etwa 17 Kronen, auf dem bis auf 100 Zentner geführt werden können u[nd] man kan es nachher wieder verkaufen, ohne viel Schaden zu leiden. Kein Schiff hingegen sagt man uns führe man die Aare hinauf. So würden wir dann unsre Sachen nur bis Reichenbach führen dürfen. Abends. 11. Uhr. Diesen Abend schrieb H[err] Urech dass H[err] Fellenberg es durchaus nicht leiden wolle, dass er auch nur eine Feder, zur Ausfertigung unsrer Sachen, anrühre. Diesen Abend um 8½ Uhr war ein sehr heftiges Gewitter über viele Gegenden, nicht gerade über Buchsee mit Hagel begleitet. Der Blitz traf in Wiggiswyl ein Haus u[nd] zündete es an. Wir sahen ins Feuer, die übrigen Haüser konnten mit grosser Mühe gerettet werden. Menschen kamen keine um, wohl aber mehreres Vieh. Geben Sie uns doch bald Nachricht wie wir uns verhalten sollen. In Eile. Mit herzlichem Verlangen sehen wir dem Tage unsrer gänzlichen Vereinigung entgegen. Alle Grüssen u[nd] umarmen Sie mit mir herzlich. Ihr Sie liebender Tobler. H[err] F[ellenberg] will gar nichts mehr geben als den nöthigen Mundvorrath. Er sagte wen man Papier oder so was will, wir werden uns wohl auf ein halb Jahr verproviantiren wollen.

Überlieferung 1 2 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a, Umschlag 368/31 Bogen, 118x191 mm Original

66 Textkritik Zeuge H Z. 9 Z. 12 Z. 29 Z. 32f. Z. 38 Z. 46 Z. 54 Z. 63 Z. 71 Z. 79 Z. 81 Z. 83 Z. 90

seyn, wie armen Particularen nächsten∫ keineswegs Platz liquidiren: lateinische Schrift er noch höhnen, wenn austheilen leiden. Kein Hagel begleitet Feuer, die uns verhalten will gar Sacherklärung I.

Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500 III. Z. 4 Z. 6

Z. 7 Z. 7 Z. 8 Z. 13 Z. 68

Z. 73 Z. 75 Z. 80

Buchsee: Abkürzung für Münchenbuchsee Neapolitaner: Schüler aus Neapel, die explizit Pestalozzi anvertraut wurden, kamen erst später, teilweise ab 1817 nach Yverdon. Als einer der ersten Neapolitaner besuchte der Bankierssohn Georges/Georg Meuricoffre (1795–1858, ⇒ Nr. 936) von Dezember 1807 bis November 1810 das Institut in Yverdon, doch dürfte er an dieser Stelle nicht gemeint sein. Die neapolitanischen Schüler schienen sich zunächst an Philipp Emmanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) gewandt zu haben, der sie dann in Pestalozzis Institut in Münchenbuchsee schicken wollte (PSB IV, Nr. 1012). Wer das im Einzelnen war, ist unbekannt. Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 Steiner: Rosemann Steiner (*1781) ⇒ Nr. 742 F[ellenberg]: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 Peterlingen: dt. Name für Payerne (Kt. Waadt) Eggimann: Wahrscheinlich ist hier Samuel Friedrich Eggimann (1737–1806) aus Eriswil (Kt. Bern) gemeint, der in den Kirchenbüchern als Schneider aus Bern bezeichnet und laut Eidverzeichnis von 1798 Bürger der Stadt Bern war. Auch sein Sohn Samuel Ludwig Eggimann (1776–1845) übte den Beruf des Schneiders aus, er könnte also auch gemeint sein. Reichenbach: heute Teil der Gemeinde Zollikofen (Kt. Bern) Urech: Heinrich Wilhelm Urech ⇒ Nr. 750 Wiggiswyl: Gemeinde Kt. Bern

67 752. Anna Pestalozzi-Schulthess und Laurenz Jakob Custer 12. Juni 1805 5

A Monsieur Pestalozzi à Yverdun Hallweil den 12. Juin 1805

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Lieber! Es häte mich gefreüet wen es möglich gewessen wäre – dass du mit der lieben Fr[au] Ob[er]h[errin] vollends heim gekommen ich bin aber sehr gewonnt, Verzicht auf diesse Hofnungen uns zu sehen gewont, dass auch diesmal dachte, es hat nicht seyn müssen – Nun hast du einmal Zwetschgen Strümpf u[nd] Brieffe empfangen, hoffe ich, berichte uns auch – was mit dem F[ellen]berg u[nd] Buchsy Wesen geschiehet, machet mir bang, es kann wieder zu manchem unangenemen für dich führen; nur das lieber! bite ich dich, unterscheide deine Freünde nach Prüffungen, es konnte seyn du sähest Wahre für falsche u[nd] im Gegentheil falsche für wahre an – das liebe jntresse herschet immer zu voderst – u[nd] Papa P[estalozzi] kann man glauben machen es seye für sein jntresse – Kurz – Mein Herz hat bange – du verwiklest dich wieder stark – u[nd] das alter rükt mit schnellen Schriten – bey dir u[nd] bey mir – ich kan mich nicht erklären wie ich will – nur das noch, Haushaltungen sind nicht einzeln Menschen, das lauft weit – eine einige schon, geschweige 2. o[der] 3. – Gott verlasse dich auch diesmal nicht; ist alles was ich sagen kann; ich ware herzlich frohe kamme unsere gute Fr[au] Ob[er]h[errin] in diessem Zeitpunkt in diesse Gegenden – Nun ist auch unser L[aurenz] Kuster u[nd] seine Frau erfreüet; er ist hier wird dir nun selbst schreiben, ich bin Nachg o t t e u[nd] du G ö t t j am Sonntag gehet die liebe Fr[au] Ob[er]h[errin] u[nd] ich als Gotten hin, Gott segne dich lieber – u[nd] seye mit dir u[nd] deiner Nane – Lieber Papa u[nd] Gevatter Sie werden doch den Brief den ich Ihnen am Kindbettag meiner Geliebten vorigen Mittwoch schrieb, und worin ich Ihnen das freüdige Ereignis in der Überzeugung dass Sie herzlichen Antheil daran nehmen, empfangen haben. Noch geht alles gut, Mutter und Kind habe ich diesen Morgen bei bestem Wohlbefinden verlassen, die kleine zeigt viel Kräfte und

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vortreflichen Appetit, nur dass es bei der Heftigkeit womit es über die mütterliche Nahrung herfällt, zuweilen etwas Kindliweh bekommt. – Obschon nach hiesigen Gebrauche nur ein Göthe für Mädchen Gewohnheit ist, so hoffe ich Sie werden gerne eine Ausnahme von der Regel machen, und nepst meinem Bruder als Mitgevatter; den Pathennamen, eben so freudig als den eines zärtlichen Gross Papas sich beilegen lassen Von Ihrem treu gesinnten Custer. Herzlichen Gruss v[on] Frau Oberherrin: Den Wein haben wir wie ich lezt schon schrieb wolbeschaffen empfangen; er ist recht gut, und wird hoffentlich auch die l[iebe] Kindbetterin stärken helfen. Wir danken nochmal.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 54a, Umschlag 281/10 Bogen, 168x216 mm Datum am Schluss, Siegelspuren, Dorsualvermerk Frau Pestalozzi an ihren Gatten 1805, Stempel Muri-Route Original Textkritik

Zeuge H Z. 15 Z. 16 Z. 29 Z. 30 Z. 45 Z. 50

für dich∫ nach Prüffungen Nach∫g o t t e als Gotten∫ Pathennamen wie ich lezt schon schrieb∫ Sacherklärung I.

Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 Laurenz Jakob Custer (1765–1822) ⇒ Nr. 748 II. Franziska Romana von Hallwil (1758–1836, ⇒ Nr. 744) hatte Ende Mai das Institut in Münchenbuchsee besucht um sich selber ein Bild von der Situation zu machen (⇒ Nr. 744). Nach ihrer Rückkehr hatte sie Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815, ⇒ Nr. 3), die sich immer wieder während längerer Zeit in Hallwil aufhielt, von ihren Eindrücken erzählt. Anna hatte offenbar gehofft, dass Pestalozzi auf den Neuhof zurückkehren würde.

69 III. Z. 9 Z. 14

Z. 28 Z. 34 Z. 38 Z. 41 Z. 44

Fr[au] Ob[er]h[errin]: Franziska Romana von Hallwil (1758–1836) ⇒ Nr. 744 F[ellenberg] u[nd] Buchsy Wesen: Damit ist wohl das Anwesen von Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) in Hofwyl und Münchenbuchsee gemeint. Frau: Anna Magdalena Custer-Pestalozzi, geb. Frölich (1767–1814) ⇒ Nr. 547 den Brief: ⇒ Nr. 748 Kind: Anna Franziska Theresia, genannt Therese, Kraft-Custer (1805–1880) ⇒ Nr. 748 Kindliweh: Bezeichnung für (Schüttel-)Krämpfe aber auch Epilepsie bei Kindern. Hier dürften wohl Magenbeschwerden gemeint sein. Bruder: Johann Heinrich Custer (1757–1818), Garn und Leinwandhändler aus Altstätten (Kt. St. Gallen), übersiedelte 1800 nach Rheineck, wo er eine auf seinen Namen lautende Privatbank gründete, die bis 1886 existierte. 1804–1812 war er Kantonsrat sowie von 1805–1817 Distriktsgerichtspräsident.

753. Johann Georg Tobler 14. Juni 1805 Buchsee den 14. Juni 1805. 5

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Theürer Vater Pestalozzi! Nur ein Paar Worte. Heüte werden wir die Rechnungen des Instituts von H[errn] Fellenberg erhalten. Er sagte gestern, dass er sich mit den Effekten, welche er im Anfang zum Zurückbleiben foderte nicht befriedigen könne, er wolle uns ziehen lassen, so bald wir ihn bezahlen. Auf diese Rechnung sind nun auch alle Mittags- u[nd] Abendessen geschrieben, welche Freunde u[nd] wir bej ihm genossen. Ein trolliger Wirth, bey Gott! der die Leute zu sich zum Essen einladet, u[nd] es durch Fremde, welche keinen Theil daran hatten, bezahlen lässt. Es muss weit mit seinem Kopfe gekommen seyn, nicht einsehen zu können was er hier macht. Es wird nun bald Zeit seyn, ein Wort gegen den Mann zu sprechen, der das Institut s c h u l d e n f r e y abzugeben versprach; der den Eltern schreibt, er habe das Institut gerettet, da ers doch Schuldenfrej übernahm, nichts für dasselbe anschaffte, u[nd] es in Schulden stürtzte; ihm, nachdem sich seine Gewaltthätigkeit sein Druck u[nd] seine Verläumdung alle ausgesprochen haben werden, etwas zusagen, das er publizirt. Doch wir wollen sehen. Wenigstens erhält er von uns keine Unterschrift.

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Gestern war der Sekretär der spanischen Gesandschaft hier. Er ist ganz Enthusiasmus für die Methode. Gott mit uns allen! Lieben Sie uns ferner tausend Grüsse an alle, alle. Ihr Sie liebender Tobler

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a, Umschlag 368/33 Blatt, 116x191 mm Dorsualvermerk Der 14 Juny 1805 Tobler bet. Fellenberg Original Textkritik

Zeuge H Z. 20

stürtzte; ihm Sacherklärung I.

Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500 II. Mit diesem Brief wird deutlich, dass sich der Streit in Münchenbuchsee unterdessen hauptsächlich auf materielle Güter verlagert hatte. III. Z. 7 Z. 23

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Fellenberg: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 Unterschrift: Damit dürfte Johann Georg Tobler (1769–1843, ⇒ Nr. 500) wohl andeuten, dass seine «Fraktion» in diesem Streitfall einen Brief an die Eltern der Schüler, in welchem über die getroffenen Lösungen informiert würde, nicht unterschreiben werde. Sekretär: José López de la Torre Ayllón y Bustos (1767–1813) aus Madrid war Sekretär des spanischen Gesandten Joseph Bentura de Caamaño Gayoso Arias Varela et Mendoza (1735–1815 ⇒ Nr. 852) in Bern. Davor hatte er als Legationssekretär in Dänemark gearbeitet, wo er enorme Spielschulden anhäufte, 1796 wurde in die Schweiz abberufen. Die Schulden verhinderten seine Ausreise, so dass er erst am 22. April 1799 in Luzern eintraf. Zwischen dem 31. Juli 1802, der Abreise des Gesandten Gaspar María de Nava Alvarez de Noroña (1760–1816), und der Ankunft seines Nachfolgers Caamaño im August desselben Jahres führte Torre Ayllón vorübergehend die Geschäfte. Am 15. Dezember 1806 begab er sich – wiederum stark verschuldet – nach Spanien in einen Urlaub, den er am 30. Juli 1807 verlängern sollte. 1808 verweigerte Torre Ayllón dem französischen Herrscher Joseph die Gefolgschaft, setzte sich aus Madrid ab und verstarb 1813 in Cadiz an Gelbfieber.

71 754. Munizipalität Yverdon 15. Juni 1805 15: Juins 1805 5

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L’on a pris lecture d’une lettre addressée au Corps, par le Citoyen Pestalozzy, sur le contenu de laquelle il a été résolu de lui répondre 1°. Qu’il est – d’écidément arrêté, que toutes les Prisons seront sorties du Château et de son enceinte, sans qu’il puisse plus être question de revenir jamais en arriére à cet égard. 2°. Que vû l’acoroissement que prend son Etablissement, qu’on désire toujours favorisér, on remet d’ors et déjà à sa disposition les trois greniers de ce Bâtiment. 3°. Quant au foyer oëconomique, pour la construction duquel il désirait pouvoir faire venir un Maître de la Suisse allemande; on lui observera que ce serait des fraix frustraires, puis qu’il éxiste ici des Maîtres très capables de cet ouvrage. 4°. Enfin, on lui accorde très agrèablement l’usage de la grande Salle de l’Hôtel de Ville, pour y coucher de ses jeunes Gens, en attendant la confection du premièr dortoire. Et comme par la résolution ci-dessus, coincidente avec celles des 29e avril et 18e May dernier, la seule place restante pour la construction des Prisons, serait celle des anciennes Ecuries, déjà enlevées dans ce but; La Municipalité avant d’ordonner cet ouvrage, a désiré voir aussi un plan et dévis de cet objet adapté à l’intérieur du Grenier contigû, et a chargé l’Inspecteur des Bâtimens d’en ébaucher un pour lui être présenté en même tems que le Plan et dévis de la place raze, dans sa Séance du 29e du courant, qui aura lieu expressément pour traiter définitivement de cet objet.

Überlieferung 1

Yverdon, Archive de ville, Régistre de la Municipalité d’Yverdon, Ab 3, 1803–5, S. 439–440 Sacherklärung I.

Munizipalität Yverdon ⇒ Nr. 643 II. Während dem ersten Jahr in Yverdon waren die Forderungen Pestalozzis nach genügend Raum im Schloss sowie nach der Übernahme der notwendigen Instandstellungsarbeiten ein ständig wiederkehrendes Thema in seiner Korrespondenz mit der Stadtverwaltung. III. Z. 5 Z. 12 Z. 16

lettre: PSB V, Nr. 1067 Maître: Damit könnte der Maurer Fürst (⇒ Nr. 755) gemeint sein, der im Brief von Johann Georg Tobler (1769–1843, ⇒ Nr. 500) erwähnt wird. celles des 29e avril et 18e May: Als neue Lokalität für die Gefängnisse, die sich bis anhin im Schloss befanden, standen ein Haus des alten Spitals, das zweite Stockwerk des Schlosses auf östlicher Seite, die beim Schloss gelegenen alten Pferdestallungen oder ein Stockwerk der neuen Kornkam-

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mer zur Diskussion. Gestützt auf eine Expertise, die der Lausanner Architekt Mathieu Henri Perregaux (1785–1850) im Auftrag der Munizipalitä t erstellt hatte, entschied man, die beiden ersten Vorschläge weiterzuverfolgen. Perregaux wurde abermals zur Ausarbeitung von Plänen beauftragt (Yverdon, Archive de ville, Régistre de la Municipalité d’Yverdon, Ab 3, 1803–5, S. 407–408 und 423–424). l’Inspecteur des Bâtimens: Jean Louis Combettaz (ca. 1759–1807), ⇒ Nr. 731 Séance du 29e du courant: An dieser Sitzung wurde beschlossen, dass die Gefängnisse in den alten Pferdestallungen einzurichten seien. Die Kommission dieses Gebäudes wurde zur Verfeinerung der Pläne angewiesen, damit man in Kürze mit dem Umbau beginnen könne (Yverdon, Archive de ville, Régistre de la Municipalité d’Yverdon, Ab 3, 1803–5, S. 447–448).

755. Johann Georg Tobler 15. Juni 1805 Buchsee den 15. Juny 1805. 5

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Theürer Vater Pestalozzi! Der Maurer F ü r s t von hier, welcher den hiesigen Koch Ofen vortreflich aufgeführt, verspricht nach Iferten zu kommen, wenn ihm pr[o] Tag 50. Batzen garantirt, u[nd] alle Materialien angeschaft werden. Dann will er aber sich selbst ganz allein verköstigen. Wir haben ihm 50 Batzen für die Reise pr[o] Tag garantiren wollen, aber gesagt wir könnten nicht accordiren. Meldet uns doch unfehlbar u[nd] so schnell Ihr könnt ob er kommen soll. Wir erwarten bis zum nächsten Posttag Antwort, weil es die gröste Eile hat. Auch muss unumgänglich dafür gesorgt werden dass der Maurer dann alle Materialien u[nd] andre Hülfe vorfinde. H[err] Fellenberg wird uns heute die Rechnung senden. Die Neuigkeiten also Morgen. Herzliche Grüsse von Ihr Sie herzlich liebenden Tobler. allen an alle.

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Nachtrag. Ich habe noch Zeit u[nd] Gelegenheit noch ein Paar Worte hinzuzusetzen.

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H[err] Fellenberg wollte einen Schreiner Conto, den ich wie gewöhnlich, da er zu allem Befehl gegeben unterschrieb, nicht bezahlen u[nd] sagte in Gegenwart des Schreiner- u[nd] Maurermeisters: er bezahle nicht mehr, das Institut sey ihm ohnehin 4000 Franken schuldig u[nd] wenn alle Gelder eingegangen seyn werden, so seyen wir ihm doch noch über 1000 Gulden schuldig. Diese elende Schwätzerej u[nd] Rechtfertigung an allen Dornhecken veranlaste dass wir dem Schreiner sagten: er solle aller Orten, wo er sich berufen fühle, dieses zu erzählen auch hinzufügen: Wir wissen von keinen Schulden er müsse sie gemacht haben u[nd] sey in dem Fall ein schlechter Ökonom gewesen. H[errn] Fellenberg selbst schrieben wir darüber folgendes: «Wir waren sehr verwundert, v o n S c h r e i n e r n u [ n d ] M a u r e r n zu vernehmen, dass H[err] Fell[enberg] ihnen sage dass das Institut 1000. Gulden Schulden habe, zu einer Zeit, da uns H[err] Fellenberg schriftlich die Versichrung in die Hände gegeben: das Institut sey schuldenfrey.» Er bringt nun alle Mahlzeiten – u[nd] zwar jede einzelne, von allen Personen die er eingeladen in Rechnung. Im Anfange soll er alles sehr hoch zu setzen im Sinn gehabt haben. Jetz scheint es etwa zu 4 bis 5 Batzen. Da Viertausend u[nd] etliche hundert male bey ihm gespeist worden, so könte sich das Ding auf 2000 Franken belaufen. Dazu rechnet er E y e r n , den Sekretär, alles, alles. Nicht wahr, das Ding geht gut. Wir werden ihm antragen dass er jedes besonders anschreibe, damit man den H[erren] Ewald u[nd] Comp. ihr Cöntchen schicken kan. Doch heüte werden wir wills Gott! erfahren was an allem ist. Es ist gut dass er sich ganz ausspreche. Adieü.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a, Umschlag 368/34; Umschlag 368/32 (Nachtrag) Blätter, 111x92 mm Dorsualvermerk den 14 Juny 1805 Tobler bet. Fellenberg und den 15 Juny 1805 Tobler (Nachtrag) Original Textkritik

Zeuge H Z. 15 Z. 16 Z. 28

es die dass der sagte in

74 Z. 29 Z. 31 Z. 34 Z. 34f. Z. 39 Z. 40 Z. 52

mehr, das so seyen wo er Wir wissen H[err] Fell[enberg] ihnen sage∫ da uns erfahren was Sacherklärung I.

Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500 II. Dass die Auflösung des Instituts in Münchenbuchsee nicht schmerzlos vonstatten ging (⇒ Nr. 757), wird auch mit diesem Brief belegt. III. Z. 6

Z. 18 Z. 28f. Z. 48 Z. 50f.

F ü r s t : In Münchenbuchsee weisen die Bürgereidlisten von 1798 und die Kirchenbücher vier Steinhauermeister dieses Namens nach: den aus Kerzers (Kt. Fribourg) stammenden Bendicht Fürst (1737–1818) mit seinen Söhnen Samuel Fürst (1762–1833), Niklaus Fürst (*1765) und Bendicht Fürst (1767–1830). Welcher hier gemeint ist, ist unklar. H[err] Fellenberg: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 Schreiner- u[nd] Maurermeisters: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. E y e r n : Herr Eyer ⇒ Nr. 781 Ewald u[nd] Comp.: Diese wohl in Bern ansässige Firma konnte nicht näher bestimmt werden.

756. Kleiner Rat Bern Mitte Juni 1805 5

Der Rat «findet keinen Anstand, Herrn Pestalozzi die Benutzung des Schlosses 3 oder 4 Wochen über den 1. Juli hinaus zu gestatten», weist aber das Gesuch «wegen dem fernern Aufenthalt einer Dienstmagd» ab.

Überlieferung 1

Morf III, S. 294

75 Sacherklärung I. Kleiner Rat Bern ⇒ Nr. 644 II. Die von Morf zitierte Akte kann in den Manualen des Kleinen Rates nicht nachgewiesen werden. Zwar wird der Finanzrat des Kantons Bern (⇒ Nr. 639) am 10. April 1805 aufgefordert, ein Gutachten wegen der verlängerten Nutzung des Klosters in Münchenbuchsee einzuziehen, in den Folgemonaten ist jedoch kein weiterer Hinweis auf einen derartigen Beschluss zu finden (StA Bern, A II, 1052, S. 270f.). III. Z. 4 Z. 5 Z. 7

keinen Anstand: Anstand nehmen = Bedenken haben Schlosses: Damit ist das ehemalige Johanniter-Kloster in Münchenbuchsee gemeint. Dienstmagd: Es ist unklar, worum es sich hier handelt.

757. Philipp Emanuel von Fellenberg 17. Juni 1805 5

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Herrn Herrn Pestalozzi in Jfferten Die Zuschriften, Ansuchen und Gelderpressungen, mit welchen immer mehr und mehr, bald das Secretariat, bald die jetzt aufgekündete Direktion, des Instituts Pestalozzi’s zu Buchsee, auf Unkosten des zurückgetrettenen Direktor desselben von Seiten der Herren von Muralt und Tobler heimgesucht werden, setzen den Herrn Fellenberg in den Fall diesen Herrn anmit erklären zu lassen, was folgt. 1. Als das Institut in Buchsee der Führung des Herrn Fellenberg übergeben wurde, erklärte derselbe, sowohl dem Herrn Pestalozzi als seinen Mitgehülfen, dass er bey seinem Unternehmen zu Hofwyl, nicht im Stande sey, dem Institut Pestalozzi’s beträchtliche Geldopfer zu bringen; was in seinen Kräften stehe, werde übrigens in der Überzeugung geschehen, dass das Institut durch die von ihnen abhangende Herren Fellenberg’s vorhabender Armenschule und häuslicher Erziehung zu gewährende Hülfe, ihm seine Anstrengungen vergüten würde. H[err] Fellenberg’s Bericht, über seine Übernahme, Führung und Ab-

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legung der Direktion des Instituts in Buchsee, u[nd] desselben Rechnungen, werden zeigen, was er diessfalls gethan hat, u[nd] die Geschichte von Hofwyl wird seiner Zeit an den Tag legen, was von Seiten der Herrn Pestalozzi, von Muralt u[nd] Tobler dagegen geschehen ist. Es wird sich daraus unterandern ergeben, wie es sich ergiebt, dass 2 mal 2, 4 ist, ob Herr Fellenberg nicht allerdings genöthigt gewesen seye, wie das geschehen ist, dafür zu sorgen, dass das Gut der armen Kinder des Landes nicht über ein gewisses Mass von Herrn Pestalozzi bey ihm aüfgezehrt u[nd] dass er nicht selbst dahin gebracht werde mit Weib u[nd] Kindern betteln zu gehen. 2. Herr Fellenberg weiss von keinem Vertrag, durch den er verbunden seyn könnte, irgend jemanden gegen seinen Willen am wenigsten so weit aber seine Kräfte gehende Vorschüsse zu machen, wie die Herrn von Muralt u[nd] Tobler zu meynen scheinen, dergleichen ertrotzen zu dürfen. Herr Fellenberg hat sich seiner Zeit als Conditio sine qua non von seiner Übernahme der Direktion des Institut’s Pestalozzi’s ausdrüklich vorbehalten nur von ihm bestellte Ausgaben für dasselbe zu machen zu haben, wenn daher die Heren v[on] Muralt und Tobler wähnen, es seye an ihnen zu befehlen, was für das Institut gemacht und bezahlt werden sollte, so können sie noch öfters durch den Erfolg davon erfahren, was an der Sache seye und dass um so mehr je geneigter die Herrn scheinen, sich noch vor ihrer Abreise von Buchsee auf Herrn Fellenberg’s Unkosten mit allem, was ihnen sonst abgehen möchte versehen zu lassen. 3° Die Vorschläge selbst welche Herr Fellenberg dem Herrn Pestalozzi gemacht hat, um demselben sein Hinziehen nach Yverdon zu erleichtern und die eigene Art womit die Herrn von Muralt, und Tobler, dem Herrn Pestalozzi auch bey dieser Gelegenheit selbst, die seiner Sache mit der höchsten Delicatesse gewiedmeten Opfer ungeniessbar gemacht, und also entwendet haben, werden seinerzeit beweisen, wem die Schwierigkeiten, mit welchen das Institut jetzt geschleppt wird, beizumessen sind. Gewiss ist es dass H[err] Fellenberg weder in diesem Benehmen noch sonst bey den bemeldten Herrn irgend eine Sicherheit für seine dem Institut gemachten Vorschüsse findet, er betrachtet diesen Umstand als entscheidend um die gedachten Vorschüsse keineswegs über die unumgänglichen Bedürfnisse der Zöglinge anwachsen zu lassen; nach dieser Regel wird H[err] Fellenberg hinfüro nicht nur alle auf unrichti-

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ge Fundamente gegründete Pretensionen sondern sogar auch die Brief Porto behandeln, deren Wiedererstattung sich als unversichert erweiset. Da übrigens H[err] Pestalozzi dem H[errn] F[ellenberg] abgeschlagen hat, irgend eine Ansprache auf die Eltern der bleibenden Zöglinge der abtretenden Direction zu vergüten u[nd] zu übernehmen, so siehet sich diese genöthigt der künftigen Direction alle Rechnungen (nach dem Abschlusse derjenigen der Eltern) zuzuweisen, welche neüe, u[nd] dem H[errn] F[ellenberg] unschickliche Ansprachen auf dieselben veranlassen würden, wen er dergleichen bezahlen wollte. 4.° Da die H[erren] Pestalozzi, von Muralt u[nd] Tobler durch ihr neüestes Benehmen den Bestand des Instituts in Buchsee, wie es H[err] F[ellenberg] seiner Zeit hinlänglich erklären wird, seit seinem bekannt gemachten Schreiben vom 23. May wesentlich verändert haben, so kann derselbe jetzt nicht umhin jenen Herren hiemit anzukündigen, dass er von denselben Sicherheit für die Zurükbezahlung der, dem H[errn] Pestalozzi u[nd] seinem Institute gemachten Vorschüsse finden muss, bevor er irgend einen Effecten des Instituts zu Buchsee aus demselben wegziehen, oder veräussern lassen darf. Die H[erren] Pestalozzi, von Muralt u[nd] Tobler werden anmit insgesammt u[nd] insbesondere dafür verantwortlich gemacht, wenn sie dieser unumgänglichen Sicherheitsmaassnahm der, bis auf den 1sten July bestehenden Directionsauthorität zuwiederlaufende Verfügungen treffen wollten. 5.° Endlich werden die H[erren] von Muralt u[nd] Tobler hiemit noch ernstlich u[nd] ein für allemal ersucht, dem H[errn] Fellenberg ja doch hinfüro mit dem Spiel ihrer Leidenschaften zu verschonen; dasselbe wird ohne das noch, frühe genug, mit der ganzen Last seiner Folgen auf seine Urheber zurückfallen. Wenn Zöglinge des Instituts in Buchsee, welchen H[err] Fellenberg im Falle seyn mag Sackgelder zu geben, derselben bedürfen, um Briefporto zu bezahlen oder sonstige kleine Bedürfnisse zu bestreiten, so haben sie sich auf die angeordnete Weise dafür bej ihm zu melden. H[errn] Fellenbergs Instruction gemäss expedirt bescheint den 17. Jun. 1805. zu Hofwyl Ph. Em. Fellenberg.

Überlieferung 1

ZB Zürich, Ms Pestal 50/51, Umschlag 82/11

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Blatt, 200x241 mm Siegel, Dorsualvermerk den 17 Juny 1805. Fellenberg. Copia Textkritik

Zeuge h Z. 41 Z. 55 Z. 56 Z. 61 Z. 67 Z. 68 Z. 76

Conditio sine qua non: lateinische Schrift Muralt, und Delicatesse: lateinische Schrift bemeldten Herrn Pretensionen: lateinische Schrift Porto: lateinische Schrift würden , wen Sacherklärung I.

Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 II. Nachdem Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844), ⇒ Nr. 426) in zahlreichen Anläufen versucht hatte, eine aus seiner Sicht einvernehmliche Lösung mit Pestalozzi zu finden, führte ihn offenbar der Misserfolg dazu, eine andere Strategie anzuwenden und deutliche Forderungen zu formulieren. III. Z. 11

Z. 12 Z. 12 Z. 22 Z. 80

zurückgetrettenen Direktor: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) hatte am 20. Mai 1805 vorgeschlagen (⇒ Nr. 742), alle seine bisherigen Pflichten einer Kommission zu übertragen. Dies wurde von Johannes von Muralt (1780–1850, ⇒ Nr. 610) und Johann Georg Tobler (1769– 1843, ⇒ Nr. 500) als Rücktrittserklärung interpretiert; eine Interpretation, die Fellenberg offensichtlich übernahm. von Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 Tobler: Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500 Armenschule: ⇒ Nr. 680 Schreiben vom 23. May: Am 23. Mai 1805 hatten Johannes von Muralt (1780–1850, ⇒ Nr. 610) und Johann Georg Tobler (1769–1843, ⇒ Nr. 500) Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) schriftlich mitgeteilt, dass sie das Institut in Münchenbuchsee auf Ende Juni 1805 verlassen würden und sich Pestalozzi in Yverdon anschliessen werden, da sie nur so die Möglichkeit sehen, ihre pädagogischen Ziele zu verwirklichen (Morf III, S. 285–286).

79 758. Johann Georg Tobler 17. Juni 1805 Buchsee den 17. Jun. 1805. 5

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Theürer Vater Pestalozzi! Gestern übergab H[err] Fellenberg, dem H[errn] B a u r mit folgenden Worten beyliegende Erklärung: «E r f r e ü e s i c h s e h r , dass d ie Methode denno c h fortgeh en u[nd] b l ü h e n w e r d e ». Er soll wahr gesprochen haben! Er mache uns nackt u[nd] bloss, er nehme was er nehmen kann, ich hoffe, so Gott will! die Meübeln welche man im höchsten Falle zurücklassen müsste, werden den Sinn der Sache noch nicht entscheiden u[nd] Kopf u[nd] Herz u[nd] Kraft uns nicht rauben. Ach wenn nur das Maass Ihrer Leiden, unglücklicher Mann! nicht allzuvoll würde; wenn nur Sie im Geiste Ihrer Kraft u[nd] Liebe sich erhalten u[nd] gesund bleiben. Wir können mit Wucher bezahlen auf unsrer künftigen Laufbahn, was wir hier leiden machen müssen. Das Wort V e r e i n i g u n g müsste heüte noch ausgesprochen werden, nach allen neüsten Erfahrungen, wenn es noch nicht ausgesprochen wäre. Lassen Sie den Muth nicht sinken! Er wird vor Eüropa es doch nicht aussprechen, dass er Sie u[nd] die Sache zu Boden getreten, so sehr er auch droht u[nd] so schlimm es auch in seinem Kopf u[nd] seinem Herzen aussieht! Darum richtet er nun auch seine Pfeile gegen u n s u[nd] nicht mehr gegen Sie u[nd] wir, nehmen gern alles auf uns. Die Gelderpressung, u[nd] der Zwang den wir ihm zu zahlen aufgelegt u[nd] uns v o r a u s m i t d e m w a s u n s n o c h f e h l e n s o l l t e , v e r s e h e n haben sollen, bezieht sich auf ein Schumacher Cöntli, welches er zurücksandte; er wolle für, D a p p l e s , D ü d r e s s i e r , M i t t e l h o l z e r u[nd] unsre Unterlehrer nicht mehr bezahlen. M u r a l t schrieb, dass es sonderbar sey, vor dem 1ten Jul[i] aus dem Accord zu gehn, u[nd] überhaupt können die Bezahlungen u n s nichts angehn bis dahin; auch das Briefporto macht er uns bezahlen. Das sind nun unsre Erpressungen. Heute sandte H[err] U r e c h uns folgendes Billet: Gestern Abend gab es einen hef[tigen] Strauss zwischen mir u[nd] H[errn] Fe[llenberg. Es] mag vermuthlich wohl auch in se[inem] Plane gelegen seyn. Er suchte [und fing verbo]rgen an, den ganzen Tag du[rch d]en Anlaas u[nd] fand ihn, als ich m[it der Be]endigung der Rechnung einig[e unbe]deütende Ziffern ausstri[ch, such-

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te er unser] Gefühl der Ehre auf eine [misslic]he Art zu verletzen. Er [hob her]vor, in Gegenwart seines neüen Sekretärs: ich wäre im Einverständnisse mit Ihnen, «– u m i h n z u b e r a u b e n » . Sie können denken, was ich nach aller angewandten Delikatesse u[nd] Gewissenhaftigkeit musste gereizt werden. Er brauchte die unerhörtesten Ausdrücke, ich wurde heftig, besass mich aber doch genug. Nun habe ich bis Morgen um 1. Uhr die Rechnungen ausgearbeitet u[nd] solche, nebst einem Billet auf den Tisch gelegt. Ich fordere ihn auf mir die Treüe u[nd] Rechtschaffenheit womit ich ihm gedient habe zu bezeugen. Ich werde mich nachher wegbegeben, wenn alle meine Sekretärspflichten erfüllt sind. Leben Sie wohl! Urech. Die Rechnung haben wir noch nicht. Er wird wahrscheinlich auch warten wollen, bis er weiss wozu wir uns entschliessen wollen; und also ohne uns weitere Auskunft zu geben über den wirklichen Bestand der Dinge lässt er alles arretiren. Vom Oberamtmann ist noch keine Antwort gekommen. H[err] Fellenberg ist bey ihm gewesen. Die Frau unsre Köchin, die Sie empfohlen zur Gartenbenutzung, war gestern bey dem H[errn] O[beramtmann] u[nd] erhielt zur Antwort; man könne denselben dann versteigern lassen u[nd] dann wolle man an sie vorzüglich denken. Das Küherhäusli ist dem Schneider gegeben worden. Wir werden also nackend u[nd] bloss zu Ihnen kommen müssen. Mir aber in Gottes Namen immer noch lieber, als d i e s e m M a n e ein für mich demüthigendes Wort sagen. Ich war gesonnen ihm heüte einen Brief zu schreiben, der meine Willigkeit mich vertreten zu lassen ausdrückt u[nd] den ich vielleicht noch beylegen kan. Prüfen Sie ob etwas darinn zu einem Processe Gelegenheit geben könnte, diese scheue am meisten u[nd] möchte durchaus nichts dergleichen veranlassen, wenn ich schon fühle, dass ich ihm das was ich gesagt noch sagen muss u[nd] sagen werde. Ich hielt ihn aber zurück um Ihrer Liebe u[nd] Ihrem Plane nicht zuvorzukommen. Kommen Sie immerhin, u[nd] bald, u[nd] thun Sie was Sie können. Gelingts nicht – nun dann in Gottes Namen! Gott wird auch diessmal Ihr Leben u[nd] Ihr Werk retten u[nd] uns vor dem völligen Untergange bewahren. Muralt fragte H[errn] Fellenberg gestern schriftlich; ob er erlaube, dass er mit Steinern zu ihm komme. [Er] lies nur sagen: er habe jetz nicht Zeit zu antworten. Ich wünsche [aber] diese Zusammenkunft nicht. [Die] Leidenschaft ist auf beiden Seiten is[t sehr g]ross. Grüsst alle herzlich von allen Ich uma[rme Sie] mit inniger Liebe

81 Ihr [Tobler].

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*** habe das Recht nicht ih* *** Besitzen vom Schlosse *** *tagen. Er werde * der Garten in Aug*

Überlieferung 1 2 3 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a, Umschlag 368/35 Blatt, 175x231 mm Ausriss am unteren Rand Original Textkritik

Zeuge H Z. 9 Z. 18 Z. 28 Z. 28 Z. 30 Z. 33 Z. 37–43 Z. 61f. Z. 66 Z. 67 Z. 67 Z. 68 Z. 74 Z. 80f. Z. 83 Z. 85–86

w e r d e ». müssen. Das aufgelegt u[nd] uns∫ Cöntli, welches Accord: lateinische Schrift Ausriss denselben dann für mich∫ ihm heüte meine Willigkeit zu∫ bald, u[nd] diese Zusammen∫kunft von allen∫ Ausriss Sacherklärung I.

Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500 III. Z. 6

H[errn] B a u r : Karl von Bauer (1777–1847) aus Ludwigsburg war zunächst als Offizier im württembergischen Militärdienst am Krieg gegen Frankreich beteiligt, bevor er 1801 als Hauptmann und Sektionschef ins Kriegsdepartement der Helvetischen Republik wechselte und bis 1805 nebenbei an Pestalozzis Institut in Münchbuchsee als Lehrer tätig war. Nach seinem Übertritt in den bayerischen Militärdienst übernahm er als hoher Offizier, zuletzt als Generalmajor, im bayerischen Generalstab diplomatische Missionen, war als Lehrer von Offizieren tätig und trat als militärpolitischer Publizist hervor.

82 Z. 7

Z. 30f.

Z. 31

Z. 31

Z. 32 Z. 36 Z. 38 Z. 43 Z. 58 Z. 59 Z. 63 Z. 63

Z. 79

beyliegende Erklärung: Damit dürfte wohl der Brief von Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) vom 17. Juni 1805 (⇒ Nr. 757) gemeint sein. D a p p l e s : Christian Dapples (1797–1864) aus Lausanne (Kt. Waadt), war von 1805–1811 Schüler in Münchenbuchsee und Yverdon, anschliessend in einer Pariser Privatschule. Als Kaufmann schlug er denselben Berufsweg ein wie sein Vater Christian Samuel Ferdinand Dapples (1768–1848, ⇒ Nr. 1301), der vor allem in Frankreich und Italien Handel trieb. Der junge Dapples liess sich nach seiner Heirat mit Anna-Ursula Honnerlag (1806– 1845) in Genua nieder. D ü d r e s s i e r : Über den Schüler Dudressier aus dem Kt. Waadt sind keine weiteren Angaben bekannt. Er wird im Schülerverzeichnis ohne Vornamen als Schüler von Burgdorf, Münchenbuchsee und Yverdon genannt. M i t t e l h o l z e r : Johann Anton Mittelholzer war zwischen 1805 und 1810 Schüler in Yverdon und anschliessend Strumpfwirker. Sein Vater war vermutlich Anton Josef Mittelholzer (1758–1827, ⇒ Nr. 604). M u r a l t : Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 H[err] U r e c h : Heinrich Wilhelm Urech ⇒ Nr. 750 H[errn] Fe[llenberg: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 neüen Sekretärs: Herr Eyer ⇒ Nr. 781 Oberamtmann: Karl Rudolf Kirchberger/Kilchberger von Mont (1739–1808) ⇒ Nr. 659 Frau unsre Köchin: konnte nicht eruiert werden Küherhäusli: Küher ist die Bezeichnung für den Bauern, der im Sommer mit den Kühen auf die Alp zieht und aus der Milch Käse herstellt. Schneider: Möglicherweise ist hier Johann Jakob Schneider (⇒ Nr. 940) gemeint. Er stand seit März 1805 in Kontakt mit Pestalozzi, war seit dieser Zeit auch in Yverdon, bevor er Ende Oktober nach Wädenswil (Kt. Zürich) ging. Möglich ist, dass Schneider im Juni 1805 von Yverdon nach Münchenbuchsee wechselte und ihm da das Küherhäusli angeboten wurde. Steinern: Rosemann Steiner (*1781) ⇒ Nr. 742

759. Philipp Emanuel von Fellenberg 24. Juni 1805 5

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Bei der Wendung, welche Sie und Ihre Gehülfen den Geschäften des Instituts in Buchsee gegeben haben, bleibt mir in Hinsicht auf dasselbe nichts mehr zu thun übrig als für die Sicherheit des auf dieses Institut gewendeten Eigenthums, meines Unternehmens zu Hofwyl und meiner Familie zu sorgen. Aus den Rechnungen des gedachten Instituts, welche Sie im Lauf dieser Woche erhalten sollen, werden Sie ersehen, was mir diesfalls zu verwahren obliegt. Indessen kann ich aber nicht umhin, Sie zu benachrichtigen, dass entweder die Gelder, welche im Lauf dieses Jahrs auf Rechnung der durch Sie dem Institute in Buchsee abgetretenen Effekten von

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Ihnen und den Ihrigen bezogen worden sind, in Anspruch genommen werden müssen, um den gegenwärtigen Bedürfnissen des Institutes zu entsprechen; oder dass diese von mir für das Institut erkauften und bezahlten Effekten selbst dazu benutzt werden müssen, um diese Bedürfnisse zu decken. Ohne das würde es aufs gleiche hinauskommen, als wären Ihre Effekten zu meiner Cassa gefallen, und vorerst aus derselben bezahlt und dann ohne Vergütung für diese Cassa nebst dem für die Effekten aus derselben bezogene[n] Betrag weiters geschafft zu werden. Das kann aber nun um so weniger angehen, nachdem Sie die Ausführung der von mir zu allseitig möglichst befriedigender Ausgleichung aller Interessen gemachten Vorschläge unmöglich gemacht haben. Da es sich erst jetzt noch beim Liquidationsgeschäfte des Instituts durch einlangende Reklamationen Herrn Dyons ergiebt, dass Sie mir unbewusst und gegen alle meine Erwartungen auch die Ressourcen des Instituts, auf die ich glaubte zählen zu können, geschwächt haben. In diesen Umständen sehe ich mich genöthigt darauf zu dringen, dass vor der Wegziehung der Effekten des Instituts die in denselben für mich liegende Sicherheit für die Ihnen gemachten Vorschüsse durch eine andre Garantie ersetzt werde, durch welche die Sicherstellung meines Eigenthums ausser allen Zweifel gebracht werden könne. Ohne vorläufige Erfüllung dieses Begehrens kann ich nach allem, was vorgegangen ist, durchaus nichts von den bemeldten Effekten von Buchsee abziehen lassen. Zudem muss ich Sie endlich auch noch für die Publizität der gegen mich mündlich und schriftlich verbreiteten Anschuldigungen oder um befriedigende Genugthuung angehn. Auch ich befinde mich in dem Fall zu verlangen, dass die Beurtheilung Ihres und meines Benehmens in dem quästionierlichen Fall durch Richter geschehe welche in den Augen von Europa als competent erscheinen. Der von meiner Seite erforderliche Bericht über meine Übernahme, Führung und Ablegung der Direktion Ihres Institutes wird zu derselben Prüfung bereit sein, sobald ich Zeit finden werde, a l l e dazu gehörende, Gott sei Dank, in meiner Verwahrung liegende Belege zu ordnen. Übrigens werde ich auch damit so offen und gerade zu Werke gehn, als Sie nebst Ihren Gehülfen das Gegentheil gegen mich üben; meine Darstellung unsers gegenseitigen Benehmens und die mir über den innern Zustand Ihres Instituts und über die geheimen Verhältnisse Ihrer Umgebungen aufgefallenen Beobachtungen werden vor jeder weitern Mittheilung nebst all ihren Belegen Ihrer Einsicht offen stehen. In Erwartung einer baldigen Antwort, nach der ich meine

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Massnahmen richten könne, habe ich die Ehre mich Ihnen bestens zu empfehlen.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 962/3 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 20

vorerst aus Sacherklärung I.

Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 III. Z. 4

Z. 8 Z. 27

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Ihre Gehülfen: Denkbar sind hier Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507), Hermann Krüsi (1775–1844, ⇒ Nr. 588), Jean François/Franz Barraud (1777–1830, ⇒ Nr. 987) oder Johann Christoph Buss (1776–1855, ⇒ Nr. 582), die mit Pestalozzi schon im November 1804 nach Yverdon zogen und das ganze Jahr 1805 dort arbeiteten. Rechnungen: Damit ist möglicherweise die Rechnung von Herrn Bonarotti/Bonorotti gemeint (⇒ Nr. 764). Herrn Dyons: Es dürfte sich hier um den Vater des Schülers Dyon/Dijon aus Bern handeln, der die Institute in Burgdorf und Münchenbuchsee besuchte. Nähere Angaben konnten aber nicht eruiert werden. Anschuldigungen: Vermutlich sind hier Pestalozzis privat gedruckte Anzeige (PSB IV, S. 342–344) und sein Rundschreiben An die Eltern der Zöglinge in Buchsee von Anfang Juni 1805 (PSW XVIIA, S. 177–180) gemeint. Darin warf er Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) vor, dass dieser wegen eigener dringender Geschäfte die Direktion des Instituts in Münchenbuchsee abgeben wolle.

760. Philipp Emanuel von Fellenberg 28. Juni 1805 Hofwyl, den 28ten Juny. 1805. 5

Herrn Pestalozzi Nach reiferer Überlegung sehe ich einen schiedsrichterlichen Abspruch über die Angelegenheiten derentwegen wir uns nicht einverstehen können, als unnachlässlich an. ich ersuche Sie daher

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diejenige Person welche Sie zu Ihrem Schiedrichter ernennen einzuladen: sich mit H[errn] Doctor Lüthard einzuverstehen auf welchen Tag Sie bey uns zusammentreffen können. ich würde dann H[errn] Lüthard auch bitten mit dem von Ihnen zu ernennenden Schiedrichter das erforderliche zu verabreden, wenn ich wüsste auf wen Ihre Wahl fallen wird. Nach dem Ausspruch dieser Schiedrichter wird dann alles was wir gegenseitig weiteres zu thun haben bestimmt werden bis dahin aber alles in statu quo bleiben – P.E. Fellenberg.

Überlieferung 1 2 4 5

Burgerbibliothek Bern, FA v. Fellenberg 167 Bogen, 115x179 mm Datum am Schluss Original Textkritik

Zeuge H Z. 9 Z. 9 Z. 12 Z. 12 Z. 15 Z. 16 Z. 16

Person∫ Sie zu H[errn] Lüthard zu∫ dann alles dahin aber alles∫ statu quo: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 II. Da der Pachtvertrag für das Klostergebäude in Münchenbuchsee Ende Juni 1805 auslief – der Kleine Rat Berns (⇒ Nr. 644) hatte zwar Mitte Juni zugestimmt, den Vertrag für drei bis vier Wochen zu verlängern ⇒ Nr. 756 – musst möglichst schnell eine Lösung für die anstehenden Probleme gefunden werden. Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) erklärte sich deshalb mit der Einsetzung eines Schiedsgerichts einverstanden. III. Z. 10

Doctor Lüthard: Samuel Friedrich Lüthard (1767–1823) war als Jurist seit 1798 Mitglied des obersten Gerichtshofs der Helvetischen Republik und wurde in der Mediation 1803 zum Grossrat ernannt. Lüthard wurde von Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) als Schiedsrichter zur Beilegung der Streitfragen mit Pestalozzi vorgeschlagen. Ob er diese

86 Funktion übernahm, ist unklar. Lüthard hat sich anschliessend aus der Politik zurückgezogen und widmete sich der Fertigung astronomischer und physikalischer Instrumente.

761. Johannes von Muralt oder Johann Georg Tobler Ende Juni 1805 5

[Reg.] Von den Lehrern in Münchenbuchsee vernimmt Pestalozzi, dass «die Darstellung des gegenseitigen Benehmens», die Fellenberg am Ende seiner Erklärung vom 24. Juni in Aussicht stellt, den Titel Marterbüchlein trage und in einer Zusammenstellung von Fakten bestehe, die beweisen sollten, wie sehr Fellenberg unter Pestalozzi gelitten habe. Die Sammlung zirkuliere bereits unter den Freunden des Anklägers.

Überlieferung 1

Morf III, S. 307 Sacherklärung I.

Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500 III. Z. 5 Z. 5

Fellenberg: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 Erklärung: ⇒ Nr. 759

762. Mitarbeiter des Instituts in Yverdon Anfang Juli 1805 5

[Reg.] Die Arbeiter in Yverdon können in der Küche des Schlosses mit dem Bau des Kunstofens nicht weiterfahren, solange der Bratofen von Münchenbuchsee nicht eingetroffen ist.

Überlieferung 1

PSB V, S. 16.26ff.

87 Sacherklärung I. Wer Absender dieses Briefes ist, bleibt unklar. Denkbar wären Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507), Hermann Krüsi (1775–1844, ⇒ Nr. 588), Jean François/Franz Barraud (1777–1830, ⇒ Nr. 987) oder Johann Christoph Buss (1776–1855, ⇒ Nr. 582), da sie alle zu den Lehrern und Mitarbeitern Pestalozzis gehören, die schon im November 1804 nach Yverdon ziehen und das ganze Jahr 1805 dort arbeiten. Es ist aber unklar, ob überhaupt einer dieser Lehrer der Absender ist. II. Da bei der Auflösung des Instituts in Münchenbuchsee Unstimmigkeiten über die Besitzverhältnisse entstanden, konnte der Umzug nicht wie gewünscht abgewickelt werden (vgl. Nr. 763). III. Z. 5 Z. 5

Kunstofens: Kochherd, Kachelofen Bratofen: Schliessbarer Ofenraum zum Braten oder Backen

763. Karl Rudolf Kirchberger/Kilchberger von Mont Anfang Juli 1805 5

[Reg.] Der Oberamtmann schreibt Pestalozzi wegen des Bratofens und der Gartenbenutzung in Münchenbuchsee.

Überlieferung 1 6

PSB V, S. 16.25ff. und S. 17.12ff. In den Akten des Bezirks Fraubrunnen (StA Bern, A130) findet sich im Register unter «Julius» der Vermerk «431. Pestalozzi in Yverdon», der Brief selber ist aber nicht mehr erhalten, auch keine Angaben zum Inhalt. Sacherklärung I.

Karl Rudolf Kirchberger/Kilchberger von Mont (1739–1806) ⇒ Nr. 659 II. ⇒

Nr. 762 III.

Z. 4

Bratofens: Schliessbarer Ofenraum zum Braten oder Backen

88 764. Philipp Emanuel von Fellenberg 6. Juli 1805 Yverdon Pestalozzi den 6. Juillet 1805

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Herr F[ellenberg] hat ihnen den Brief von H[errn] Bonarotti zugeschickt den er glaubt gleich auf denjenigen geschrieben worden zu sein, worinnen er ihnen meldet dass er dem H[er]r P[estalozzi] das Institut unter dem Beding übergeben dass er die von ihm für dassselbe eingegangenen Verbindlichkeiten respectieren werde und bittet ihn daher, dies[en] Herrn nicht länger in Ungewissheit zu lassen über das was seiner, von s e i n e r Seite wartet. Er bemerkt ihm dass seine, d[ur]ch presset zugesandten assignation von 15 Duplonen aus Irrung auf die Pariser Post bekommen, u[nd] bittet ihn, sein B o n , dass zu Quittung der Bezahlung derselben dienen werde, indessen zu honorieren. Er bemerkt ihm 2.ten dass er glaube mehrere der ihm an Zahlungsstatt überlassenen Effecten als Tuchwaare nicht absagen zu können, und wünscht ihm dafür Ford[erungen] zu übermachen, u[nd] dieselben an sich zu ziehen worüber er baldigst Antwort verlangt. Er zeigt ihm leztlich den Empfang der L[ivres] 107.11.6 d[er] Fr[anken] von J[osef] Mittelholzer zum Behuf der Kleidung seines Sohnes an, um damit zu disponieren. Überlieferung 1 5

BB Bern, FA v. Fellenberg 167, Copie de lettres n° 1 Copia Textkritik

Zeuge h Z. 6 Z. 10 Z. 13 Z. 13f. Z. 13f. Z. 15 Z. 15 Z. 15 Z. 16 Z. 16 Z. 17

Bonarotti: lateinische Schrift respectieren: lateinische Schrift d[ur]ch presset zugesandten∫ assignation: lateinische Schrift assignation von B o n : lateinische Schrift Quittung: lateinische Schrift der Bezahlung∫ indessen∫ honorieren: lateinische Schrift er glaube∫

89 Z. 24

disponieren: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 II. Mit der Abtretung des Instituts in Münchenbuchsee an Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) traten auch einige Unklarheiten in Bezug auf Zuständigkeiten und Besitzverhältnisse zutage. Da nicht definitiv geklärt werden konnte, um wen es sich bei Herrn Bonarotti (⇒ Z. 6) handelt, kann auch der Anlass des hier vorliegenden Briefes nicht weiter erhellt werden. III. Z. 6 Z. 6

Z. 13 Z. 13f. Z. 22 Z. 23 Z. 24

den Brief: vgl. PSB V, S. 18.28ff. H[errn] Bonarotti: Mit Herrn Bonarotti/Bonorotti ist eventuell ein Maurer gemeint, der an Umbauarbeiten in Münchbuchsee beteiligt war (vgl. PSB V, S. 18). presset: Damit könnte eine eingedeutschte Version des französischen «pressant» (eilig, dringend) gemeint sein. assignation: Geld-, Zahlungsanweisung L[ivres]: frz. Silberwährung Mittelholzer: Anton Josef Mittelholzer (1758–1827) ⇒ Nr. 604 Sohnes: Johann Anton Mittelholzer ⇒ Nr. 758

765. Karl Rudolf Kirchberger/Kilchberger von Mont ca. 12. Juli 1805 5

[Reg.] Der Oberamtmann erkundigt sich, wann die auf den 1. Juli fällige Rückgabe des ehemaligen Johanniterklosters vollzogen werde.

Überlieferung 1

PSB V, S. 20.31f. Sacherklärung I.

Karl Rudolf Kirchberger/Kilchberger von Mont (1739–1806) ⇒ Nr. 659

90 766. Schulrat des Kantons Thurgau 14. Juli 1805 Herrn Pestaloz in Yverdon. 14. Julj

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Schon von Anfang dieses Jahres an, richtete der Schulrath, bey der Überzeugung wie nothwendig eine Verbesserung der bisherigen Lehrmethode in den Schulen sey, seine Aufmerksamkeit vorzüglich auf die von Ihnen seit einigen Jahren ganz neu geschaffene, und nach dem unverwerflichen Zeugniss Einsichtsvoller Männer mit so viel Erfolg angewandte Methode, wünschte mit derselben in unserm Kanton einen Versuch zu machen, und da wir an ihrer Anwendbarkeit nicht zweifeln, sie und zwar so bald möglich einzuführen. Der nächste und sicherste Weg hierzu schien uns, wenn wir einen nach ihrer Methode gebildeten und derselben ganz mächtigen Lehrer für 1. od[er] 2. Jahre anstellen, und durch ihn in einer Schule von Kindern verschiedenen Alters, künftige Schullehrer praktisch bilden lassen würden. Dessnahen ersuchen wir Sie um beförderliche Antwort darüber, ob Sie uns ein solches Subjekt aus ihrem Institute für benannte Zeit überlassen könnten; und wen das wäre, unter welchen Bedingung? Fürs Locale zum Schulhalten würden wir sorgen, und wenn der Lehrer es wünschte für einen anständigen Tischort und Logi, oder wir überliessen das ihm. Welches wären in beyden Fällen seine Forderung? Je eher Sie unserm Wunsch entsprechen könnten desto angenehmer würde es uns seyn, wen aber eben das nicht möglich wäre, so ersuchen wir Sie uns ihre Gedanken mitzutheilen, auf welch anderm Wege wir bald zu unserm Zweck kommen würden. Ihre gemeinnuzige u[nd] edle Denkungsart flöst uns das vollkommenste Vertrauen ein, Sie werden uns gerne mit Rath u[nd] That da unterstüzen, wo wir eine Wohlthat die Sie der ganzen Menschheit bestimmt haben unserm Kanton zuwenden wollen. Überlieferung 1 5 6

StA Thurgau, Missiven-Buch des engern Schulrates, Nr. 47650 Copia Die Datierung 1805 ergibt sich aus der Platzierung der Abschrift im Kopierbuch. Textkritik

Zeuge h

91 Z. 28

mitzutheilen, auf Sacherklärung I./II.

Am 24. Juli 1798 tritt ein Dekret des Vollziehungsdirektoriums (⇒ Nr. 488) der Helvetik über «die Ernennung und die Amtsbefugnisse der Erziehungsräte» in Kraft. In jedem Kantonshauptort werden vom Helvetischen Minister für Wissenschaften, Künste, Gebäude und Strassen, Philipp Albert Stapfer (1766–1840, ⇒ Nr. 899), zwei Professoren oder Lehrer bestimmt und nachfolgend auf der Grundlage von Vorschlägen des Regierungsstatthalters des jeweiligen Kantons weitere Mitglieder ernannt. Am 25. Februar 1799 findet die offizielle Einsetzung des Erziehungsrates im Kanton Thurgau mit 14 Mitgliedern statt. Zu den Amtsgeschäften zählen: Vollzug der Schulgesetze, Wahl der Inspektoren und Lehrer, Anordnung von Schulmeisterprüfungen, Aufsicht über Lehrpersonen, Schulbücher und Lehrmethoden, Kontrolle privater Erziehungsanstalten und Bekanntmachen der Tätigkeiten durch öffentliche Berichte. Die Mediationsverfassung vom 19. Februar 1803 bringt dem konfessionell gemischten Kanton Thurgau die Selbstständigkeit als Staatswesen, nachdem er bis 1798 eine «Gemeine Herrschaft» gewesen war und in der Helvetik eine unselbstständige Verwaltungseinheit der Zentralregierung. Noch im selben Jahr erlässt der Grosse Rat (Parlament) ein Gesetz für das Schulwesen. Darin wird das Wahlgremium des Erziehungsrates, der neu Schulrat heisst, bestimmt: «Die Wahl und Organisation des Schulrates ist dem kleinen Rat vorbehalten». 1804 wird die Aufsicht einem zwölfköpfigen, paritätischen (bi-konfessionellen) Schulrat anvertraut. Dieser schlägt als Konzept einer Schulorganisation neben sechs Alltagsschuljahren und drei Repetierschuljahren eine Bildungsschule für Schulentlassene vor. Er ernennt Schulinspektoren zur Aufsicht des öffentlichen Schulwesens und kümmert sich um die Ausbildung der Lehrkräfte. Zu diesem Zweck werden vom Stadtpfarrer Hans Georg Kappeler (1775–1818, ⇒ Nr. 776), zugleich Aktuar des Schulrates, Lehrerfortbildungskurse durchgeführt. Der vorliegende Brief dürfte von Johann Melchior Sulzberger (1760–1841) geschrieben worden sein (vgl. PSB V, Nr. 1085). Sulzberger ist erst Hauslehrer, übernimmt 1793 die Stelle als reformierter Pfarrer in Kurzdorf bei Frauenfeld, die er bis zu seinem Tode 1841 betreut. 1795 verfasst er einen neuen Schulplan für die Lateinschule in Frauenfeld. In der Helvetik (1798–1803) ist er Mitglied des Erziehungsrates des Kantons Thurgau und bleibt ab 1803 in der Nachfolgebehörde, dem paritätischen Schulrat tätig. 1804 wird er erster Antistes, das heisst oberster Geistlicher der evangelischen Thurgauer Kirche. Bis 1833 verfasst er regelmässig die Bettagsgebete für die evangelischen Kirchgemeinden.

767. Johann Georg Tschanz & Comp. 18. Juli 1805 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

Nr. 771

92 Sacherklärung I. Johann Georg Tschanz (1758–1832) aus dem bernischen Wichtrach verlegt 1784 die Produktion seiner «Indienne Druckerei» von Othmarsingen (Kt. Aargau) in die Räumlichkeiten der «Bleiche und Walke» in der «Rybimatte» (Kirchberg, Kt. Bern). Dieser Bau war 1753 vom Berner Rat bewilligt worden, allerdings gegen den Widerstand der «Schön- und Schwarzfärber» aus Burgdorf. Der Ausbau der Fabrik bringt eine grosse Anzahl Arbeitskräfte ins Dorf. Die Anzahl der Drucktische wird auf 20 bis 30 mit je drei Arbeitskräften geschätzt. An jedem Drucktisch steht auch ein Kind, ein «garçon tireur», das die Druckstöcke einfärbt und sie nach dem Druck wieder reinigt. Diesen Fabrikkindern wird in einer Nachtschule Unterricht erteilt. Im Dorf steigt die Zahl der Hintersässen, die nicht stimm- und wahlberechtigte Einwohner, in kurzer Zeit auf 80 an. Die Gemeinde Kirchdorf erlässt 1794 ein Reglement, um die Bewohnerzahlen zu begrenzen, wogegen sich Tschanz zur Wehr setzt. 1840 wird sein Schwiegersohn Henry Cuenin Alleinbesitzer. II. Pestalozzi hatte laut seines Briefentwurfs (PSB IV, Nr. 825a) an Johann Melchior Mohr (1762–1846, ⇒ Nr. 532) wohl zum Jahresende 1800 die Fabrikschule für das Unternehmen von Johann Georg Tschanz (1758–1832, ⇒ Sacherklärung I.) in Kirchberg eingerichtet. In der Folgezeit scheint Pestalozzi einige seiner Schüler zu Tschanz geschickt zu haben, während er wohl auch umgekehrt Kinder aus Kirchberg phasenweise in seinem Institut unterrichtete.

768. Gottlieb Anton Gruner 19. Juli 1805 5

An Vater Pestalozzi. Fr[ank]f[urt] M[ain] d[en] 19 Jul 5.

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Habt Dank für Eure herzlichen Worte mein Vater; sie haben mich in der Tiefe meines Herzens erfreut. Meine Bitte an Euch war keine andre als dass Ihr mir Euer Urtheil sagen möchtet über meine Lotte. Nun habt Ihr es schon gethan ohne, dass Ihr Euch meiner Bitte erinnertet. Als ich Euch drum bat wollt ich Euch noch nicht sagen was sie mir ist denn damals machten die Verhältnisse es mir noch zur Pflicht schweigend zu hoffen und zu fürchten. Wen habe ich lieber, als Euch, Bester der M[en]schen, zum Vertrauten wer nimmt mehr Theil an dem was mich erfreut als Ihr, wer versteht mich besser als Ihr in meiner Freude. Ihr wisst nun selbst aus dem Munde der Guten, dass wir uns lieben, aber wie glücklich ich bin dass ich sie bey Euch, mein Vater weiss – nun seid Ihr doppelt mein Vater – das wisst Ihr nicht nur wie viel sie mir ist, wie ich in ihr Ersatz finde für

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alles was je das Geschick mich dulden liess und entbehren, diess hat Euch die Bescheidene auch nicht gesagt. Nehmt meinen Dank hin dass Ihr so ihr Vater seyd und ich bitte Euch nicht dass Ihr diess bleibet mögt in jeder Bedeutung des Worts. Einen glücklichern Moment konnte selbst der Regent der Welt für mich nicht ausdenken für mich nicht bereiten als wenn es mir vergönnt wäre s i e bey E u c h wieder zusehen, aber das hiesse vom Schicksal allzuviel wünschen, dass hiesse glücklicher seyn wollen als der Sterbliche seyn soll. Nun die Freude, dass Ihr, mein Vater, nach solchen Stürmen nach solchen Verfolgungen, nach solchen Entbehrungen eine so ruhige schöne Stelle gefunden habt um Eure Sonne so schön untergehen zu sehen. Wer es je recht meinte mit der Menschheit, dem werde dieser Lohn! Heil auch Eurer Sache! Nie wird sie untergehen, denn sie ist aus den innersten Keimen der Menschennatur hervorgegangen, schön wird und muss sie sich jetzt entfalten; aber schwerlich wird sie je für den grossen Hauffen in den grossen Schulen werden, wie ihr es wünscht, schon deswegen nicht wil dann die Menschheit mehr werden würde, als die ewige Weisheit haben will. Aber ein herrliches werden und bleiben für gute Familien und gute Erziehungsanstalten; an ihr wird sich auf Jahrhunderte das Salz der Erde anschiessen und cristallisiren auf dass es nie daub werde. Ich gedenke noch manches in Absicht auf die Methode zu thun; nur meine grosse Schule die den Geschmak annehmen muss den das Zeitalter ihr aufdringt die Kinder aller Religionen von aller auch der schlechtesten Erziehung aufnehmen muss wird für sie ewig zu unintensiv bleiben. Doch davon mehr wenn meine Beobachtungen noch mehr zur Reife gekommen seyn werden – Ewalds Schrift habe ich recensirt, mache eben daraus ein Geheimniss. Mit unserer Schule hier finden wir Schwierigkeiten, wenn es nicht geht so komme ich zu Euch. Ihr werdt mich doch in Euer Haus aufnehmen denn ich bin so anspruchlos und einfach als meine Lotte. Nun es bleibt dabey dieser, bleibt Ihr Vater mit Rath und Lehre. Seyd glücklich u[nd] gesund theurer Vater lebt noch lange der Menschheit. Mein Nanny u[nd] ich umarmen Euch u[nd] die Euren Gruner. N.S. Ich muss Euch gestehen, dass mir Fellenbergs Verheltnis zu Euch und sein Betragen gegen Euch ganz dunkel und unbegreiflich bleibt und dass ich sogar mit meiner Lotte ein wenig schmolle, dass

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sie uns den Mann zu viel heruntersezt nach Art erzürnter und gereizter Mädchen. Überlieferung 1 2 5

Hauptstaatsarchiv Wiesbaden Abt. 1036 Nr. 25a/202 Blatt, 193mmx238mm Original Textkritik

Zeuge H Z. 25 Z. 32 Z. 44

bereiten meinte mit Geschmak: unsichere Lesart Sacherklärung I.

Gottlieb Anton Gruner (1778–1844) ⇒ Nr. 611 II. Gottlieb Anton Gruner (1778–1844, ⇒ Nr. 611), Leiter der Musterschule in Frankfurt am Main, hatte sich mit Lotte Lutz (1776–1832, ⇒ Nr. 640) verlobt, die ursprünglich zu Pestalozzi nach Burgdorf hatte gehen wollen, wegen dessen Umzugs nach Münchenbuchsee und Yverdon aber als Erzieherin bei Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) in Hofwyl arbeitete. Dort lernte sie im Februar 1805 Pestalozzi persönlich kennen und folgte ihm im Juni 1805 für kurze Zeit nach Yverdon. III. Z. 7 Z. 9 Z. 48

Z. 49

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Eure herzlichen Worte: Damit dürfte wohl der Brief Pestalozzis vom [Juli 1805] gemeint sein (PSB V, Nr. 1081). Lotte: Lotte Gruner-Lutz (1776–1832) ⇒ Nr. 640 Ewalds Schrift: Johann Ludwig Ewald: Geist der Pestalozzischen Bildungsmethode, nach Urkunden und eigener Ansicht: Zehn Vorlesungen. Bremen 1805 habe ich recensirt: Wo Gottlieb Anton Gruners (1778–1844, ⇒ Nr. 611) vermutlich anonym veröffentlichte Rezension gedruckt ist, konnte nicht eruiert werden. Schwierigkeiten: Gottlieb Anton Gruner (1778–1844, ⇒ Nr. 611) hatte im Frühjahr 1805 als Oberlehrer die Leitung der seit 1804 bestehenden Musterschule (vormals: Neue Bürgerschule) in Frankfurt am Main (1805–1810) übernommen. Sie sollte Versuchsschule für die Frankfurter Schulreform sein. Mit Gruner erfolgte ein «Kurswechsel» und die Schule wurde nun an der Methode Pestalozzis ausgerichtet. Die Schule hatte zwar steigende Schülerzahlen zu vermelden, offenbar konnte Gruner seine pädagogischen Vorstellungen aber nicht wunschgemäss umsetzen. Lit.: Rebekka Horlacher: Kopie, Adaption oder Label? Die Pestalozzische Musterschule in Frankfurt und ihr Burgdorfer Vorbild. In: Michael Göhlich/Caroline Hopf/Daniel Tröhler (Hrsg.): Persistenz und Verschwinden.

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Z. 55 Z. 58

Pädagogische Organisationen im historischen Kontext. Wiesbaden 2008, S. 203–215 Nanny: Johann/Hans Konrad Nänny (1783–1847) ⇒ Nr. 523 Fellenbergs: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426

769. Monsieur Leriche 27. August 1805 5

A Monsieur Monsieur Pestalozzi Chéf de L’Institut à Yverdun Paris, le 27. Août 1805, an 13.

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Leriche, Inspecteur des Postes, A Monsieur Pestalozzi, à Yverdun Monsieur, L’autorisation que vous me demandez par votre lettre du 4 de ce mois, pour donner à Félix des leçons de Musique-vocale, m’annonce qu’il a quelque Disposition pour cette science, et Cela me fait grand plaisir. Je desire donc qu’il participe aux leçons qu’on En donnera dans votre institut. Après vous avoir fait tous mes remerciements et du meilleur de mon Cœur, il faut aussi que je vous gronde, Mon bon et très cher Monsieur Pestalozzi; car il faut que je vous dise que c’est bien méchant a vous, de ne m’avoir laissé connoitre, que par le papier public, l’ouvrage de M[onsieur] de Chavannes. J’ai lu et rélu avec autant d’avidité que de Contentament l’extrait qu’en a fait le journal que je vous envoye cijoint, et qui n’est pas hazard, tombé sous les mains dans une de mes tournées: il me tardoit bien d’être à Paris pour lire aussi M[onsieur] de Chavannes et j’ai été dans l’enchantement en le parcourant. Je me suis vraiment Cru au millieu de Vous a Bouchsée où à Yverdun et j’étois encore une fois heureux. J’ai fait partager mon Bonheur a plusieurs de mes amis et de mes Connoissances et je ne doute pas que bientôt vous n’ayez dans le pays des incrédule[s] (Paris) autant d’admirateurs que de lecteurs. Croyez, Monsieur et Cher ami, que vous n’aurez jamais de plus Sincère et de plus devoué que Leriche

96 P.S. Comme c’est à Madame de Lezay que je dois le bonheur de Vous Connoître, j’ai voulu qu’elle connut aussi M[onsieur] de Chavannes; et lui ai Envoyé un de ses Extraits à Salzbourg où elle est maintenant.

Überlieferung 1 2 3 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 52/53, Umschlag 192/1 Bogen, 202x250mm lädiertes Papier, gedruckter Briefkopf Inspection des Postes, Dép. de Seine-et-Oise, et Seine-et-Marne. N° Dorsualvemerk den 27 aout Leriche, Siegelspuren Original Textkritik

Zeuge H Z. 8 Z. 8 Z. 9–10

Paris, le: vorgedruckt an: vorgedruckt vorgedruckt Sacherklärung I.

Über Herrn Leriche, «inspecteur des postes» in Paris, ist nichts weiter bekannt. II. Wie Herr Leriche (⇒ Sacherklärung I.) selbst schreibt, kennt er Pestalozzi durch die Vermittlung von Paul-Adrien-François-Marie, Graf von Lezay-Marnésia (1769–1814, ⇒ Nr. 582). Dieser hatte im Sommer 1802 das Institut in Burgdorf besucht. III. Z. 14 Z. 15

Z. 22f.

Z. 24

votre lettre: scheint nicht erhalten zu sein Félix: Felix Leriche, Sohn von Herrn (⇒ Sacherklärung I.) und Frau Leriche (⇒ Nr. 686) war zwischen 1806 und 1812 Schüler in Yverdon, möglicherweise auch schon seit der zweiten Jahreshälfte 1805. le papier public, l’ouvrage de M[onsieur] de Chavannes: Daniel-Alexandre Chavannes (1765–1846, ⇒ Nr. 661), Mitglied der waadtländischen Regierungskommission, die 1806 Yverdon besuchte, publizierte das Buch Exposé de la méthode élementaire de H. Pestalozzi. Suivi d’une Notice sur les travaux de cet homme célèbre, son Institut et ses principaux collaborateurs. Es wurde 1805 in Paris auf Veranlassung Albrecht Renggers (1764–1835, ⇒ Nr. 646) als Aufsatz teilveröffentlicht und gilt als eine der ersten Publikationen über Pestalozzis Methode in Frankreich. 1806 wurde es als komplette Fassung in Vevey gedruckt, eine Neuauflage wurde 1809 in Paris und Genf veröffentlicht. l’extrait: Dabei dürfte es sich um einen Ausschnitt von Daniel Alexandre Chavannes Exposé de la méthode élementaire de H. Pestalozzi. Suivi d’une Notice sur les travaux de cet homme célèbre, son Institut et ses principaux

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Z. 38

collaborateurs (1805) handeln. In welcher Zeitung dieser veröffentlicht wurde, ist unklar. Madame de Lezay: Françoise Renée de Lezay-Marnésia (ca. 1763–1820), geborene Carbonnel de Canisy vermählte sich 1783 mit Vicomte François Claude Marie de Briqueville (1761–1796). Nach der Scheidung erfolgte 1796 die Heirat mit Paul Adrien François Marie Marquis de LezayMarnésia (1769–1814, ⇒ Nr. 582). Dessen Diplomatenkarriere führte sie nach Paris, Lausanne, Salzburg, Koblenz und Strassburg. 1816 zog sie in die heimatliche Normandie zurück. Um diese Zeit schloss sie sich enger dem pietistischen Kreis um Barbara Juliane von Krüdener-von Krüger (1764–1824, ⇒ Nr. 1478) an.

770. Johann Ernst Plamann Sommer 1805 5

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Guter, lieber Pestalozzi! Herzlichen Dank für den kräftigen, liebevollen Brief! Er verdiente von allen Regierungen gelesen zu werden. Ja, wir wollen uns allein an den Menschen-Sinn und an das Menschenherz wenden! Damit wenden wir uns an Gottes Gesetze, und die gelten mehr denn des Kaisers Gesetze, und sind ewig unauslöschlich und wohlthätig, wie die Strahlen der Sonne. O Sie glauben nicht, edler Freund, wie voll Leben und Trost Ihre Worte mir sind. Ich kann sie nicht oft genug lesen und möchte sie jedem zurufen, der mir in den Weg tritt. Ich zweifle auch nicht mehr an dem Gelingen meines Unternehmens. Was in Gott gethan wird, ist recht gethan, und was recht gethan wird, können Menschen nicht vernichten. Vermag auch eine Regierung, wenn Sonnenschein und Regen die Keime der Erde treibt und entfaltet, ihr zu gebieten: Du sollst nicht tragen? Muss sie nicht vielmehr dankbar annehmen was sie trägt? Muss sie gesunde, nahrhafte Früchte nicht lieber haben, als giftige Schwammgewächse, von faulen Dünsten genährt und gezeitigt? – Schon wird man immer aufmerksamer auf mein Thun; schon sind mir Besuche von bedeutenden Personen angekündigt, wenn die Sache erst im Gange ist; schon fängt man überall an, (freilich nur die Gebildeten) lauter für die Wahrheit zu sprechen, und da die Ungebildeten nur erst sehen dürfen, so wird es am Ende nur Eine Stimme geben. Ich freue mich dieser Zukunft, und erflehe mir von der Gottheit, Ihrer Lebensdauer noch ein recht weites Ziel zu setzen, damit auch Sie noch dieser segensreichen Zukunft sich erfreuen mögen. Ja, lieber Freund, thun Sie Alles, was Sie vermögen, sich Ihrer Sache und Ihren Freunden noch lange zu erhalten. Ich werde auch auf meine Erhaltung be-

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dacht seyn. O wie hat mich diese Ihre zärtliche Besorgniss für mich gerührt! Mein Herz ist im Laufe meines Lebens bis auf diese Stunde von bocksledernen Seelen so oft zurückgestossen und gemissbraucht worden, dass es ihm eine innige wahre Erquickung gewährt, von Ihnen mit Sanftheit und liebevoller Theilnahme berührt zu werden. Ich leide seit einem Jahre an Nervenschwäche und daraus entstehenden hypochondrischen Zufällen, jetzt indessen weniger als im Frühjahr, und ich hoffe daher, bei gemässigter Thätigkeit und angemessener Muskularbewegung von meinem Übel allmälig wieder ganz geheilt zu werden. Ich danke Ihnen für den warmen Antheil, welchen Sie daran nehmen. Ihren Vorschlag, Herrn Breisig in Lausanne betreffend, nehme ich gern an. Mein letzter Brief wird Ihnen gesagt haben, dass Buss nicht kommen kann, und dass ich gleichwohl noch eines Gehülfen bedarf. Um so mehr habe ich mich gefreut, dass Sie einen andern vorzuschlagen wissen. Aber sehr übel wäre es, wenn er unter den ihm gethanen Versprechungen nicht geneigt wäre, zu kommen, wenn seine dortige Lage ihm vortheilhafter wäre. Wenn er sich dahin erklärt, so bitte ich Sie, ihm zu sagen, dass er seine Bedingungen mir nur schreiben möchte. In der Noth, worin ich bin, da der Fortgang des Instituts mit davon abhängt, werde ich eingehen, was ich nur kann. Senden Sie ihm nur gütigst meinen Brief so schleunig als möglich zu. Recht ärgerlich ist es mir, dass die Gräffsche Buchhandlung in Leipzig meinem Auftrag, Ihnen ein Exemplar von meinem Buche, in Begleitung des 1.ten Briefes, den Sie erhielten, zu übersenden, so ganz vernachlässigt hat. Ich werde mich deshalb auch bei Gräff beschweren. Damit Ihre Erwartung aber nicht länger getäuscht werde, erhalten Sie hierbei ein anderes Exemplar. Von Buchholz soll ich freundlich wieder grüssen, und Ihnen sagen, dass er Sie für einen der grössten Dichter hielte, die je gelebt haben. Ihm ist nähmlich jede Zeugungskraft des Geistes ein poetisches Talent, und in so fern ist ihm auch Alles, was Bonaparte thut, poetisch. Seine Meinung über diesen Mann und sein Thun und Lassen, so wie über die französische Regierung überhaupt, die er dem Ideal am nächsten glaubt, hat er in seinem n e u e n L e v i a t h a n offenbart, einem Buche, das hier viel Aufsehen macht, und wofür ihn Bonaparte wenn er es läse, gewiss in die Ehrenlegion aufnähme. Auch Ihrer Methode ist darin rühmlichst gedacht. Buchholz ist ein scharfsinniger Kopf, dessen Originalität aber, wie ich glaube, oft nur darin besteht, dass er auf den Kopf stellt, was auf den Beinen stand.

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Das geht aber doch nicht überall. Himly ist schon seit einigen Monathen verreist; ich erwarte sehnlichst seine baldige Rückkehr. Die Herren vom Schulcollegium, denen ich meinen Lehrplan zugeschickt habe, verhalten sich ganz ruhig. Auch keiner hat mir etwas darüber gesagt. Gott erhalte Sie, lieber Pestalozzi, der Welt und Ihren Freunden zum Segen und zur Freude, und so auch dessen, der nie aufhören wird, Sie innig und kindlich zu lieben als der Ihrige Plamann. Allen in Ihrem Hause meinen wärmsten [Dan]k!

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Auch Dich lieber Krüsi grüsse ich, und danke Dir für die gütige Zuschrift. Wirke ferner für mich, wo Du kannst; fördere insonderheit jetzt mein Unternehmen durch Unterstützung meiner Bitte an Breisig. Es liegt mir viel daran, ihn zum neuen Jahre hier zu haben. Lebe wohl und bleib ferner gut Deinem Plamann.

Überlieferung 1 2 5

ZB Zürich, Ms Pestal 54a, Umschlag 295/1 Bogen, 188x227mm Original Textkritik

Zeuge H Z. 18 Z. 69 Z. 75

annehmen was rühmlichst gedacht ganz ruhig Sacherklärung I.

Johann Ernst Plamann (1771–1834) ⇒ Nr. 616 II. Johann Ernst Plamann (1771–1834, ⇒ Nr. 616) eröffnete am 29. September 1805 zusammen mit Johann Marius Friedrich Schmid (1766–1849, ⇒ Nr. 637) in Berlin eine Schule auf der Grundlage von Pestalozzis Methode. Im Vorfeld diskutierten sie, wer aus dem Umfeld Pestalozzis beim Aufbau der Schule in Berlin helfen könnte. III. Z. 5

Brief: Johann Ernst Plamanns (1771–1834, ⇒ Nr. 616) eigene Brieferöffnung legt nahe, dass er sich auf eine Textpassage Pestalozzis bezieht, in welcher jener sich über den Menschen-Sinn und das Menschenherz äussert. Plamanns enthusiastischer Brief passt nicht recht als Reaktion auf

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Z. 42 Z. 43 Z. 43 Z. 54 Z. 55

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Z. 63 Z. 66 Z. 72 Z. 74

Z. 75 Z. 83 Z. 83

den letzten von Pestalozzi überlieferten Brief; darin schlägt dieser Johannes/Johann/Jean Preisig (1775–1814, ⇒ Nr. 963) als Ersatz für Johann Christoph Buss (1776–1855, ⇒ Nr. 582) vor und äussert sich zu allfälligen Massnahmen wegen des (Linear-)Zeichenunterrichts (vgl. PSB V, Nr. 1069). Es ist daher wahrscheinlich, dass Pestalozzi ihm einen weiteren, nicht erhaltenen Brief hatte zukommen lassen. Herrn Breisig: Johannes/Johann/Jean Preisig (1775–1814) ⇒ Nr. 963 letzter Brief: ⇒ Nr. 746 Buss: Johann Christoph Buss (1776–1855) ⇒ Nr. 582 Gräffsche Buchhandlung: ⇒ Nr. 678 meinem Buche: Johann Ernst Plamann: Einzige Grundregel der Unterrichtskunst nach Pestalozzis Methode, angewandt in der Naturgeschichte, Geographie und Sprache. Halle 1805 1.ten Briefes: ⇒ Nr. 739 Buchholz: Paul Ferdinand Friedrich Buchholz (1768–1843) aus Neuruppin (Brandenburg) wurde nach dem Studium der Theologie und der neueren Sprachen in Halle Lehrer für Latein, Italienisch, Französisch und Englisch an der Ritterakademie in Brandenburg/Havel, anschliessend ab 1799 Privatgelehrter in Berlin. Buchholz wandelte sich vom Anhänger Napoleon I. Bonapartes (1769–1821, ⇒ Nr. 580) zum nationalen, deutschen Publizisten, arbeitete bei den führenden Zeitschriften der Epoche, so von 1804 bis 1806 als Redakteur der Vossischen Zeitung, als Herausgeber des Historischen Taschenbuchs (1814–1837), des Journals von und für Deutschland (1815–1819) und der Neuen Monatsschrift für Deutschland (1820–1835) und verfasste zahlreiche historische Bücher und Romane. Bonaparte: Napoleon I. Bonaparte (1769–1821) ⇒ Nr. 580 n e u e n L e v i a t h a n : Paul Ferdinand Friedrich Buchholz: Der neue Leviathan. Tübingen 1805 Himly: Johann Friedrich Wilhelm Himly (1769–1831) ⇒ Nr. 637 Schulcollegium: Preussen hatte mit den Ober-, Unter- und ProvinzialSchulcollegia Schulaufsichtsbehörden eingeführt. In Berlin war es das 1787 gegründete Ober-Schulcollegium, welches die verschiedenen ProvincialSchulcollegia und die «Schulanstalten für den Civilstand» in allen königlichen Provinzen beaufsichtigte. Es verwaltete die königlichen Gelder zur Verbesserung des Schulwesens, «besetzte die Lehranstalten», entschied über die Errichtung von Seminarien und über Schulvisitationen. Lehrplan: Johann Ernst Plamann: Anordnung des Unterrichts für die Pestalozzische Knabenschule in Berlin. Berlin 1805 Krüsi: Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588 gütige Zuschrift: scheint nicht erhalten zu sein

101 771. Johann Georg Tschanz & Comp. 31. August 1805 5

Monsieur Pestalozzy Yverdon. Kirchberg den 31 August 1805.

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Werthester Herr Pestaluz! Ohne dero werthe Zuschrift uns befindend beziehen [wir] uns an unser ergebenst leztes vom 18ten July u[nd] kommen Ihnen hiermit anzuzeigen, dass da der Schaden an des Nusbergers seinem Bein wieder so stark zugenohmen dass er beynahe nicht mehr gehen konnte, wir für nöthig befunden haben, Ihn gestern mit der Landkutsche ins Schintznachter Baad zu senden, wir zweiflen nicht Sie, so wohl als Frau Ober Herrin von Hallwill, werden solches bewilligen, wir haben ihn dem H[errn] Rauschenbach Bad-Wirth empfohlen u[nd] ihn ersucht diesen Knaben so ökonomisch als möglich zu behandlen. Mit unsrem Nächsten werden [wir] Ihnen ein Verzeichnis unsrer Auslagen mittheilen; für die Reissekosten der 2 Knaben Pestaluz u[nd] May haben Sie mit L[ivres] 14.8 S[ols] S[uiss]e debitirt. Ubrigens empfehlen [wir] uns Ihnen u[nd] den werth[en] ihrigen bestens u[nd] sind mit freündschaftlicher Ergebenheit J.G. Tschantz & Comp. Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a, Umschlag 371/1 Bogen, 193x240mm Dorsualvemerk Kirchberg d[en] 31. Augt 1 8 0 5 Tschantz & C°. r[épondu] den 4. 7b r i s , Siegelspuren Original Textkritik

Zeuge H Z. 9 Z. 19f.

July: lateinische Schrift debitirt: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Johann Georg Tschanz & Comp. ⇒ Nr. 767 II. ⇒

Nr. 767

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Z. 14 Z. 15

Z. 19 Z. 19

Z. 19 Z. 19

ergebenst leztes: ⇒ Nr. 767 Nusbergers: Damit könnte Johann Nussberger (*1781) gemeint sein. Nussberger war wie seine Schwester Elisabeth (*1794) von 1803 bis 1805 und 1807 bis 1808 Schüler und (Unter-)Lehrer in den Instituten Münchenbuchsee und Yverdon. Frau Ober Herrin von Hallwill: Franziska Romana von Hallwil (1758– 1836) ⇒ Nr. 744 H[errn] Rauschenbach: Damit dürfte der gebürtige Schaffhauser Johann Rauschenbach (1770–1845) gemeint sein, der in die Familie des BadBesitzers Gottlieb Rohr (1769–1844) einheiratete. Er übernahm zum Jahresende 1806 als Teilhaber zusammen mit seinem Schwager Gottlieb Rohr das Bad bis 1830. Pestaluz: Gottlieb Pestalozzi (1798–1863) ⇒ Nr. 594 May: Damit dürfte Carl Friedrich Albrecht von May (1792–1806) gemeint sein, der älteste Sohn von Carl Friedrich Rudolf von May (1768–1846) und Johanna Margaretha von Steiger Montricher (1772–1843). Er verunglückte im darauf folgenden Jahr beim Bergsturz von Goldau (Kt. Schwyz). L[ivres]: frz. Silberwährung S[ols]: frz. Münzeinheit

772. Johann Rudolf Marti 2. September 1805 5

[Reg.] Marti erkundigt sich bei Pestalozzi nach dem Ergehen der Anstalt und nach seinen drei Söhnen. Er legt dem Schreiben zugleich ein Urteil über die Anstalt in Münchenbuchsee bei.

Überlieferung 1

PSB V, S. 47ff. Sacherklärung I.

Johann Rudolf Marti (1765–1824) ⇒ Nr. 626 III. Z. 5

Z. 5

drei Söhnen: Hans Burchard von Bippen (1796/97–1811, ⇒ Nr. 626), Diedrich von Bippen (*1798, ⇒ Nr. 626) und David Edouard Marti (1797–1827, ⇒ Nr. 626) Urteil: Wie aus dem Antwortbrief Pestalozzis an Johann Rudolf Marti (1765–1824, ⇒ Nr. 626) von Ende September (PSB V, Nr. 1111) geschlossen werden kann, hielt sich Marti zu dieser Zeit wahrscheinlich in Riga auf. Davon ausgehend müsste das «Urteil» geografisch nahe Riga geschrieben worden sein. Zwei Anlässe drängen sich auf: Entweder Karl

103 Wittes Bericht an S. Königl. Majestät von Preussen über das Pestalozzische Institut in Burgdorf (jetzt in Buchsee) (1805) – oder eine (unbekannte) Reaktion darauf – oder eine Reaktion auf den Prospekt des Pestalozzischen Instituts zu München-Buchsee, in Verbindung mit den Erziehungsanlagen zu Hofwyl (1805).

773. Johannes Niederer 7. September 1805 5

Monsieur Monsieur Henry Pestalozzi Dans son Institut à Yverdun. Gurnigel den 7ten 7brs Morgens.

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Theüerster Vater Pestalozzi! Obgleich wir uns bei der Abreise verspäteten, und bis jetz keine grossen Tagreisen machten so gieng unsre Reise bis jetz überaus glücklich vonstatten. Ihr Wunsch meine Gesundheit befestigt zu wissen, scheint gottlob ganz in Erfüllung zu gehen. Wir haben harte Anstrengungen ohne die mindesten Beschwerden für mich ausgestanden. Es wird alles gut gehen, denn ich darf mit Einiger Zuversicht hoffen, kraft- und muthvoller als lange zu Ihnen zurückzukommen. Mitwoch den Tag unsrer Abreise kamen wir noch Nachts bei prächtigem Mondschein nach Bellefaux eine Stunde vor Freiburg. Alles war schon zu Bette. Wir mussten uns daher über Nacht blos mit Wein und Brod begnügen. Zu Freiburg verlebten wir den folgenden Tag bis Abends um fünf Uhr mit äusserstem Vergnügen. H[err] Jäger führte uns überal herum. Unglücklicherweise konnten wir den Pater Guardian der Franziskaner nicht sehen weil er abwesend war. Es scheint dass er ausserordentlich thätig für das Schulwesen ist. Er hat wie mir scheint nach einer sehr richtigen Idee wenn gleich unvollständig Tabellen für das Lesen und Sprechen der französischen Schüler verfertigt, von denen ich H[errn] Jäger bat uns wenn sie vollendet sind eine Copie mitzutheilen. Sie sind auf die Aussprache gegründet. Anstatt des Quadrats bedient sich H[err] Jäger bei der Begriff des Parallelogramms, wodurch zugleich die Richtung der Buchstaben bestimmt wird. In der Weinlese wird er wahrscheinlich nach Iferten kommen. An den Tabel d[’]hote zu K r ä m e r n , wo wir um I h r e t w i l l e n sehr freündschaftlich auf-

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genommen wurden fanden wir intressante Gesellschaft. Ein Kaufmann Fassnacht von Murten sagte: Er wolle in einem Jahr einen seiner Söhne und später einen Andern ins Institut thun. Herrenschwand von dort Cavallerie-Offizier, unterhielt uns über das Alphirtenfest in Unspunnen. Es seyen fast keine Landleute dort gewesen: 1. Weil sie mit der Regierung unzufrieden. 2. Weil gerade der Festplatz bey Burg Unspunnen sey, von wo die ersten Unterdrücker des Landes ausgegangen! Psichologisch wichtig? H[err] Zeehnder hingegen wollte von diesem nichts wissen, und sagte vielmehr die dortigen Volksführer seyen unzufrieden gewesen, weil man sie nicht zu bedeutenden Rollen beim Feste gewählt, und man habe das Gerücht ausgestreüt, es werden bei diesem Anlas die Leüte zum Militärdienst ausgehoben und gezwungen. Überaus intressant war mir an der nemlichen Tafel die Bekantschaft eines jungen freiburgischen Patriziers Küenlin, der eine Eisenhandlung hat. Er glüht für die deutsche Literatur und sammelt sich alle Werke der vorzüglichsten Schriftsteller. Mit dem Gange der Regierung in Hinsicht auf Volksbildung und dem Geiste seiner Vaterstadt ist er ausserordentlich unzufrieden. Den Exjesuiten, und dem Jesuitismus schreibt er alles Unheil in der Erziehung zu und erzählte mir manches darüber. Ich bat ihn um seine Addresse. Er kennt von Affry sehr genau. Die grossen militärischen Anstrengungen und die enge Verbindung die zwischen den bernerischen und freiburgischen Magnaten herscht fällt auf. Der kleine Rath thut nichts für die Erziehung. Der Stadtrath ist desto besser gestimmt. – Unter seinen Gliedern soll Savary sich auszeichnen. Die Trappisten sollen das Zutrauen beim Volk wegen ihrer Erziehung verliehren. So wollen diese sie in Romontry nicht mehr leiden, weil sie lauter Dumköpfe bilden. In den Schulen habe man sagte Jäger so ziemlich freye Hände und die Methode könne ohne Widerstand angewendet werden – aber im Ganzen seye wenig Theilnahme für sie da. Wir waren übrigens gerade an einem Tage in Freiburg wo keine Schulen gehalten wurden. Es war die Prüfungswoche, wo Prämien ausgetheilt und Comödien gespielt wurden von den Studenten. Der folgende Nachmittag sollte ebenfalls dazu verwendet werden. Ich hatte ausserordentliche Lust die Sache mit anzusehen und bei diesem Anlase Lehrer und Schüler kennen zu lernen, allein wir hätten 2 Tage aufopfern müssen. Um 5 Uhr giengen wir alle von Freiburg weg und wanderten bis Nachts 10 Uhr nach Guggisberg. Das Landvolk habe ich um seiner Biederherzigkeit willen, besonders aber wegen seiner Frölichkeit lieb gewonnen. Am Abend nach Sonnenuntergang war es ein einziges Schauspiel, die vom Mond beleuchtete Gegend vom Jubel des Volkes wie beseelt zu

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hören. Alles jauchzte einander zu, die Freude ertönte von Hügel zu Hügel. Ich war in Wehmuth und Wonne versunken – – Die ungewöhnliche Ermüdung veranlaste uns in Guggisberg auszuruhen. Wir hörten den Pfarrer predigen. Die Leute mit denen ich sprach waren mit den Schulen sehr unzufrieden. Aber doch ohne Interesse für die Methode. Bei dem grossen Gefühl der Bedürfnisse würde ihre Einführung gewiss nur vom Willen der Führer abhangen. Von Guggisberg nach Gurnigel machten wir einen fürchterlichen Weg 5 Stunden weil wir verirrten. Der gute Wein den wir hier antraffen stellte uns jedoch so bald wieder her, dass wir ohne zu wissen wie den Berg bestiegen, und da die entzückende Aussicht genossen. Es that uns wohl zu denken, dass wir da stehen wo Sie, in den Geburthswehen der Methode standen. Beim Nachtessen traf ich den liebenswürdigen, treflichen H[errn] Zehnder am Tische. Wir sprachen bis 10 Uhr von Ihnen. Er nahm den lebhaftesten Antheil und wünscht ungemein Sie hier zu sehen. Er sagte mir Ein[iges In]tressante von Ihrem hiesigen Aufenthalt und war sehr begierig zu erfahren welche Fortschritt[e die] Methode gemacht und wie sie ausgeführt werde in der Anwendung auf den Unterricht. Molzheim war hier und soll unzufrieden sich geäussert haben dass sein Sohn im Gewöhnlichen Rechnen gar nichts verstehe und daher in den Classen in die er jedz in Bern getreten sehr zurückstehe. Es sey grosses Bedürfniss, dass man über die Unterrichtsmittel belehrt werde. Von hiesiger Gegend glaube er nicht dass die Anstalt viele Zöglinge zu erwarten habe weil die Eltern unfähig die Kräfteentwicklung gehörig zu schätzen die Zeit für verlohren halten wenn die Kinder nicht zugleich in den positiven Kenntnissen mit Andern Schritt halten. Noch werde ich H[errn] Zehnder einige Augenblicke sprechen und dann reisen wir unter besserm Wetter als wir es noch gestern Abend erwarten konnten nach Thun. Wir hoffen dort um 12 Uhr mit dem Marktschif nach Interlachen abzufahren. Müssen wir bleiben, so schreibe von Thun aus Ihnen wieder. Herzliche Grüsse an Alle Lehrer Freunde und auch besonders an die Frauenzimmer. Ihnen aber lieber V[ater] Pest[alozzi] meinen innigsten Dank für Ihre Sorgfalt. Gott gebe dass der glückliche Erfolg derselben mich in den Stand setze Ihnen zu erwiedern was so unerlässlich und heilig soll Ihr Niederer. Überlieferung 1 2 4

ZB Zürich, Ms Pestal 53/54, Umschlag 262/IV,5 Bogen, 191x240mm Siegelausriss, Siegel, Dorsualvermerk den 7ten 7bre 1805 Niederer an Pestalozzi

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Original Textkritik

Zeuge H Z. 14 Z. 24 Z. 59 Z. 63 Z. 64 Z. 92

scheint Guardian: lateinische Schrift Savary: lateinische Schrift man∫ sagte Jäger so ohne Widerstand∫ angewendet hier∫ Sacherklärung I.

Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 II. Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) erkrankte im Herbst 1804 schwer und litt auch im Frühjahr 1805 immer wieder an Rückfällen. Deshalb dürfte er beschlossen haben, zu einer Erholungsreise durch die Schweiz aufzubrechen. III. Z. 19 Z. 23 Z. 24 Z. 27

Z. 34 Z. 35f. Z. 36f. Z. 37 Z. 37f.

Bellefaux: Belfaux (Kt. Fribourg) H[err] Jäger: Johann Philipp Jäger (1781–1839) ⇒ Nr. 564 Pater Guardian: Père Grégoire Girard (1765–1850) ⇒ Nr. 1156 Tabellen: Père Grégoire Girard (1765–1850, ⇒ Nr. 1156) verfasste 1806 die Eléments de lecture et de calcul à l’usage de l’école francaise de Fribourg en Suisse. Anschliessend folgten 1818 die Eléments de lecture et d’orthographe mis en tableaux à l’usage des écoles d’enseignement mutuel und zur Instruktion für die Lehrer Emploi des tableaux de lecture et d’orthographe dans les écoles d’enseignement mutuel. Das darin dargestellte Konzept zum Erlernen der Muttersprache vervollständigte Père Girard schliesslich in seinen Werken Grammaire des Campagnes à l’usage des Ecoles rurales du canton de Fribourg (1821) und De l’enseignements régulier de la langue maternelle dans les écoles et les familles (1844). K r ä m e r n : Über das Wirthaus von Krämer ist nichts weiter bekannt. Kaufmann Fassnacht: Damit könnte der Handelsmann und Tuchfabrikant Daniel Fasnacht oder sein Sohn Alexander gemeint sein. einen seiner Söhne: Kinder mit dem Nachnamen Fas(s)nacht sind in den Schulverzeichnissen nicht nachweisbar. einen Andern: konnte nicht eruiert werden Herrenschwand: Ob es sich hier um Johann Anton von Herrenschwand (1764–1835) oder Abraham Theodor Herrenschwand (†1813) handelt, ist unklar. Johann Anton kämpfte als Major im Regiment Nassau-Usingen in holländischen Diensten gegen die napoleonischen Truppen, zog sich nach der Eroberung Hollands nach Murten zurück, wo er in verschiedene Ämter gewählt wurde, unter anderem in den Staatsrat des Kantons Freiburg 1803 und zum Gesandten der eidgenössischen Tagsatzung. 1813/14 stand er als Oberst den eidgenössischen Truppen bei Basel vor. Abraham Theo-

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dor, 1792 Hauptmann, war zwei Jahre später Spitalmeister des grossen Rats zu Freiburg und 1803 Regierungsstatthalter zu Murten. Alphirtenfest in Unspunnen: Das von Angehörigen des Berner Patriziats organisierte Fest fand am 17. August 1805 bei der unweit von Interlaken (Kt. Bern) gelegenen Burg Unspunnen statt und sollte das eidgenössische Nationalgefühl nach dem Ende der als französische Fremdherrschaft geltenden Helvetik revitalisieren. Das explizite Ziel der Festorganisatoren, aufbrechende Konflikte der in der Helvetik gleichgestellten Stadt- und Landbevölkerung zu dämpfen, gelang in der Folgezeit allerdings kaum: Das an traditionelle Alphirtenfeste angelehnte Unspunnenfest wurde von der Landbevölkerung nur wenig akzeptiert und verkam eher zu einer touristischen Veranstaltung für die von weit her aus ganz Europa anreisenden reichen Bürger und Adeligen, so dass entgegen der Planungen nach dem zweiten Fest im Jahr 1808 die dritte Veranstaltung erst 1905 stattfand. H[err] Zeehnder: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. Möglicherweise ist damit Samuel Gottlieb Zehender (1756–1840) gemeint, der 1801 als Pfarrer eine bis 1806 bestehende Erziehungsanstalt in Gottstadt bei Nidau (Kt. Bern) gründete und 1803 als Mitglied einer amtlichen Kommission Pestalozzis Institut besuchte. Denkbar wäre allenfalls auch, dass der Besitzer des Gurnigelbades, Niklaus Albrecht Zehender (1770–1849, ⇒ Z. 90) sich in Fribourg aufgehalten hatte. Küenlin: François Nicolas Kuenlin (1781–1840) verfasste zahlreiche Bücher zur Geographie und Geschichte, etwa der 1832 erschienene zweibändige Dictionnaire Géographique, Statistique et Historique du Canton de Fribourg. Von 1814–1820 war er Mitglied im Freiburger Grossrat, von 1814–1825 im Staatsrat und anschliessend bis 1840 im Justizrat, ausserdem zählte er 1812 und 1813 zu den Mitbegründern der Musikgesellschaft und der ökonomischen und gemeinnützigen Gesellschaft. von Affry: Louis d’/Ludwig von Affry (1743–1810) ⇒ Nr. 618 kleine Rath: Die Exekutive des Kantons Fribourg bestand aus 15 Mitgliedern, die aus der Mitte des Parlaments (60 Mitglieder) gewählt wurden. Stadtrath: Munizipalität Fribourg ⇒ Nr. 563 Savary: François Pierre Savary (1750–1821) ⇒ Nr. 505 Trappisten: Der Orden der Trappisten mit strengen Klosterregeln entstand im 17. Jahrhundert als Abspaltung von den Zisterziensern und wurde im Zuge der Französischen Revolution aus Frankreich vertrieben. Der letzte Novizenmeister von La Trappe, Augustin de Lestrange (1754–1827) und die verbliebenen Mönche erhielten vom Kleinen Rat in Fribourg 1791 das Niederlassungsrecht im ehemaligen Karthäuserkloster Valsainte, flohen mit Beginn der Helvetik 1798 nach Russland und kehrten 1802 nach La Valsainte zurück, wo sie – stets bedroht von erneuter Ausweisung, jedoch mit Unterstützung durch eine Petition von 30 Gemeinden und Geistlichen vornehmlich aus dem Gebiet um La Gruyère (Kt. Fribourg) – nach dem Ende der Helvetischen Republik verbleiben konnten. Mit der Ankunft in La Valsainte eröffnete Lestrange eine Knabenschule und verschärfte in diesem Zusammenhang die Klosterregeln durch Ausdehnung der Handarbeit und Einschränkung der Schlaf- und Ruhezeiten. Romontry: Damit dürfte wohl Romont (Kt. Fribourg) gemeint sein.

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Pfarrer: Pfarrer von Guggisberg war seit 1801 Joh[ann] Fried[rich] Gysi (1768–1838), zuvor Helfer in Saanen. 1809 ging er als Pfarrer nach Kallnach, wurde vier Jahre später Helfer am Berner Münster, wechselte 1821 auf die Pfarrstelle in Wichtrach, bevor er 1828 zweiter Pfarrer in Thun wurde, wo er 1832 zum Dekan aufstieg (alles Kt. Bern). Geburthswehen der Methode: Pestalozzi hatte während seines Erholungsaufenthaltes auf dem Gurnigel im Spätsommer 1799 seine Erlebnisse in Stans (Dezember 1798–Juni 1799) reflektiert und dabei vermutlich eine erste Fassung der Schrift verfasst, die später als Stanser Brief bekannt wurde (PSW XIII, S. 1–32). Der Stanser Brief galt schon damals als erste Schrift zu Pestalozzis Methode, er wurde allerdings erst 1807 veröffentlicht. H[errn] Zehnder: Niklaus Albrecht Zehender (1770–1849) war Besitzer des Gurnigel-Bades, ein Heil- und Kurort südlich von Bern, wo sich Pestalozzi 1799 nach seiner Stanser Tätigkeit erholte. Zwischen 1814–1831 war Zehnder Mitglied des Grossen Rates und von 1817 bis 1830 Stadtschreiber in Bern. Molzheim: konnte nicht näher bestimmt werden sein Sohn: Molzheim war 1804 Schüler in Münchenbuchsee und fiel wegen disziplinarischen Verstösse auf. Nähere Angaben konnten nicht eruiert werden. Interlachen: Interlaken

774. Johannes Niederer 8. September 1805 5

Herrn Herrn Pestalozzi in Yferten Canton Wadt Interlachen den 8ten 7brs 1805.

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Theürster Vater Pestalozzi! Wenn ich Ihnen auch nichts Wichtiges schreiben kann, so setze ich dennoch die Feder an, um Ihnen fortdauernde Nachrichten zu geben. Mein erster Brief ist aus dem Gurnigelbad. Bey[m] Abschied sagte mir H[err] Zeender, mit dem viel über Sie und das Institut sprach ausdrücklich, ich solle Sie bitten doch ja nie auf Bern zu kommen, ohne ihn zu besuchen. Er widerholte mehrmal ausdrücklich wie sehr er bedaure, dass wir Sie nicht in unsrer Mitte haben. In Thun kamen wir gestern gerade um 12 Uhr an. Ich wollte nicht mehr zu H[errn] Koch vor dem Essen. Hernach bedauerte ich es wirklich, weil ich einen einfachen äusserst gutmüthigen Mann an-

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traf, der Sie und Ihre Methode schätzt, und es bedauerte, nie in Ihrem Institute gewesen zu seyn. Er äusserte etwas von den Brüdern Beck als Gegnern der Sache, weil man sie in Burgdorf nicht wohl aufgenommen, und einem andern Vorsteher einer Pensionsanstalt, der sich der Einladung an Sie, auf Thun zu kommen, ausserordentlich entgegensetzte, weil er seine Zöglinge einzubüssen gefürchtet. An der Table d’hote traf H[err] Forer einen bekanten Thunerarzt, Masset, der sehr gegen die Methode eingenommen war, verächtlich von ihr sprach: sie würde in der Schweiz nie eingeführt werden, und überhaupt ihr alle höhere Bedeutung absprach: Wie Brusch drückte er sich aus: die Schulanstalten in Thun seyen vortreflich. Überhaupt hatte ich mehreremal auf der Reise Gelegenheit, mich über die Festsetzung der Anstalt in Iferten zu freuen, wenn gleich unter anderm auch Thun eine vortrefliche Lage und einen wichtigen Pass hat. Über persönliche Dinge will ich Sie nicht unterhalten. Ich bin Gottlob sehr gesund, und habe den heutigen Festtag verdächtig in 2 Kirchen, Unterseen und Ringgenberg, wo ich H[errn] Pf[arre]r Hermanns Empfehlungsschreiben abgab gefeyrt. Pf[arre]r Immer in Ringgenberg würdigte das Institut und auch Sie nicht einmal einer Nachfrage. Nicht enthalten konnte ich mich aber in seiner Predigt, wo er sich und sein Volk so herzbrechend dem Schutze Gottes empfahl, an folgendes Epigram zu denken: für dich und deine Gemeinde flehtest du Lehrer Erbarmen von Gott – Gewisslich bist du erhört, denn auch das härteste Herz nicht kan der Erbärmlichkeit Mitleid versagen. Grösser war meine Befriedigung bei Mahler König. Seine Schweizertrachten sind selbst für den Geschichtforscher wichtig. Seine Ritterstücke scheinen mir von wahrem Kunstwert, auch seyn Unspunnenfest hat viel Intressantes, obgleich es meiner Erwartung nicht ganz entsprach. Der Mensch intressierte auch gleichfalls als solcher sehr. Ich habe darum Ihrem Auftrage gemäss auf das Stück subskribiert. Er freute sich ungemein, dass Sie an seiner Sache Intresse finden und versprach mir ohne dass ich ihm Anlas dazu gegeben eins der schönsten und gelungesten Exemplare. Ich hätte hier unsern Schöner gewünscht. König gab mir die Erlaubnis Bekannte an ihn zu addressieren. Er hat auch eine kleine Naturaliensammlung. Wenigstens sah ich mehrere Vögel. Das hiesige Landvolk scheint mir überaus verdorben. Ich habe Mädchen gefunden aus dem Grindelwald, die sich uns sehr deutlich anboten. Unmittelbar von der Kirchthüre in Ringgenberg säugte ein Halbdutzend Weiber ganz offen ihre Kinder ohne das mindeste Gefühl von Schaam vor uns Fremden. Der Sektengeist sagte der dortige Pfarrer nehme sehr überhand. Eine Art Pietismus,

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die Erleuchteten sagen von sich, sie besitzen den Geist, die Pfarrer hingegen nur den Buchstaben. Mag wohl etwas davon wahr seyn. Sie sehen, theüerster Vater Pest[alozzi], dass ich Ihnen schreibe was und wie mirs in die Feder kommt, ohne meine Gedanken zu ordnen. Die beständigen Abwechslungen von Gegenständen und Empfindungen machen mir es unmöglich. Indessen bleibt wenigstens immer die Eine, und dieses ist der Wunsch und die Hoffnung Sie bald Gesund und kraftvoll wiederzusehen und mit erneüerter Lust und Streben an Ihrem Werke zu arbeiten. Fremde sind hier keine mehr. Die herzlichsten Grüsse an alle Freünde. Fahren Sie fort zu lieben Ihren ewig dankbaren und ergebenen Joh. Niederer. Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 53/54, Umschlag 262/IV,56 Bogen, 191x239mm Dorsualvemerk [Interla]chen den 8ten 7bre 1805 N i e d e r e r , Siegel Oberland Original Textkritik

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ich ihm∫ Sacherklärung I.

Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 II. ⇒

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Z. 22f.

H[err] Zeender: Niklaus Albrecht Zehender (1770–1849) ⇒ Nr. 773 H[errn] Koch: Karl Koch (1771–1844) aus Thun betrieb nach Beendigung seines Jurastudiums in Bern und Tübingen von 1804 bis 1831 eine Anwaltskanzlei in Bern und amtierte ab 1840 als Präsident des Obergerichts. Als gemässigter Anhänger der Helvetischen Republik und des Einheitsstaates vertrat er den Kanton Oberland 1798 im helvetischen Grossen Rat, wurde 1802 Delegierter an der Consulta in Paris, ein Jahr später Mitglied der provisorischen Regierung und des Grossen Rats in Bern, dem er auch von 1831 bis 1840 angehörte und gründete die Berner Militärschule, deren erster Direktor er war. Brüdern Beck: Johann Heinrich Beck (1773–1811) studierte Theologie, orientalische Sprachen und Mathematik in Bern, Paris und Deutschland, war Sekretär im Erziehungsdepartement im Kanton Oberland 1798–

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1803 und ab 1805 Professor für Physik und Chemie in Bern. Sein Bruder Georg Friedrich Beck (*1770) wurde 1791 ins Predigeramt eingeführt, übernahm 1809 das Pfarramt von Reichenbach, bevor er es 1827 niederlegte und anschliessend als «gelehrter Sonderling» auf seinem Landsitz Schönbühl bei Thun (Kt. Bern) lebte. H[err] Forer: Damit könnte der Chirurgus Emanuel Furer/Forer (1733– 1813) aus Bern gemeint sein. Masset: Damit könnte Johann Friedrich Masset (*1778) gemeint sein. Er war Arzt in Thun. Brusch: Damit könnte Johann Caspar Brusch (1784–1852) aus Wartau (Kt. St. Gallen) gemeint sein, der 1809 Helfer in Oberdiessbach war, 1811 Pfarrer in Eriswil wurde und fünf Jahre später das Basler Bürgerrecht erhielt – wahrscheinlich im Zusammenhang mit seiner Heirat mit A. Marg. Bernoulli. 1828 wurde Brusch Pfarrer in Roggwil (alle Kt. Bern), wo er im Amt verstarb. H[errn] Pf[arre]r Hermanns: Jean François Hermann (1752–1813) aus Bern war Pfarrer an der deutschen Kirche in Yverdon und engagierte sich in dieser Funktion während der Helvetik für das Schulwesen. Er wurde im April 1799 zum Inspektor des öffentlichen Bildungswesens im Distrikt Yverdon ernannt und verfasste ein Jahr später einen an den Stadtrat gerichteten Bericht über das öffentliche Schulwesen in Yverdon, der aber offenbar nicht mehr erhalten ist. Pf[arre]r Immer: Heinrich Immer (1751–1820) bekleidete zunächst von 1777–1782 das Provisorat in Thun, eine seit der Reformation von der Stadt finanzierte Lehrerstelle, amtierte anschliessend bis 1797 als Pfarrer zu Haberkern und schliesslich bis zu seinem Tod in Ringgenberg (alle Kt. Bern). Mahler König: Franz Niklaus König (1765–1832) aus Bern betrieb dort seit 1786 eine eigene Flachmalerwerkstatt, bevor er von 1797 bis 1809 in Interlaken und Unterseen lebte. Er schuf vor allem Radierungen von Landschaftsbildern, aber auch Kupferstechereien und Illustrationen für Zeitschriften, etwa für den Helvetischen Almanach. 1805 und 1806 war er Mitglied im Organisationskomitee der Unspunnenfeste. Schöner: Georg Friedrich Adolf Schöner (1774–1841) aus Mansbach bei Eisenach wurde als Lithograph und Maler vor allem durch ein Porträt Napoleon I. Bonapartes (1769–1821 ⇒ Nr. 580) bekannt. Zwischen 1803 und 1808 hielt er sich mehrere Jahre in der Schweiz auf, porträtierte mehrfach Pestalozzi, etwa im Kreis seiner Familie zusammen mit seinem Enkel Gottlieb (1805), und bis zu seinem Tod in Bremen auch andere berühmte Persönlichkeiten in Deutschland. Sektengeist: Damit dürften volksfrömmige Varianten oder gar Auswüchse pietistischer Gemeinschaften angesprochen sein, die sich im Berner Oberland ausgehend vom reformierten Pfarrer Samuel Lutz (1674–1750) bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts ausbreiteten. Während diese Heimberger oder Oberländer Brüder genannten Gemeinschaften weitgehend konform zu weltlichen und kirchlichen Obrigkeiten standen, agitierten radikale pietistisch beeinflusste Gruppierungen, wie etwa die Antonianer des religiösen Fanatikers Anton Unternährer (1759–1823), im von Ringgenberg nahe gelegenen Amsoldingen (beide Kt. Bern) für die Abschaffung der Ehe und der Schule, sowie für Pazifismus und Gütergemeinschaften.

112 775. Johannes Niederer ca. 15. September 1805 [Reg.] Niederer schreibt einen Brief aus Luzern.

Überlieferung 1

PSB V, S. 43.5f. Sacherklärung I.

Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 II. Auf seiner Erholungsreise durch die Schweiz vom 4. September bis 26. Oktober 1805 ist auch Luzern eine Zwischenstation (⇒ Nr. 773, Nr. 774).

776. Hans Georg Kappeler 16. September 1805 5

[Reg.] Der Schulrat des Kantons Thurgau beschliesst, einen geeigneten jungen Mann zur Ausbildung zu Pestalozzi zu entsenden.

Überlieferung 1

PSB V, S. 46.7 Sacherklärung I.

Hans Georg Kappeler (1775–1818) ist nach Abschluss seiner Ausbildung an der Lateinschule von Frauenfeld und am Collegium humanitatis in Zürich Erzieher bei der Handelsfamilie Zeller in Trogen (Kt. Appenzell-Ausserrhoden). 1797 wird Kappeler Lehrer an der reformierten Lateinschule in Frauenfeld (Kt. Thurgau). Ende März 1800 unternimmt er den Versuch, ein Wochenblatt (Wochenblatt für den Kanton Thurgau) herauszugeben. Diese Zeitung bringt Nachrichten aus dem Ausland und Ratschläge für die Bevölkerung. Seit 1801 amtet er als Pfarrer in Frauenfeld. 1804 wird er Mitglied des Schulrates, führt gemeinsam mit Meinrad Kerler (1778–1830, ⇒ Nr. 853) Lehrerfortbildungskurse durch und gründet eine Schullehrer-Bibliothek (⇒ Nr. 871). Zentraler Bestandteil der Kurse ist unter anderem die Einführung der Einheitstabelle von Pestalozzi. Im Hungerjahr 1817 gründet Kappeler einen kantonalen Armenunterstützungsverein, dessen Präsident er gleichzeitig ist.

113 II. Der hier von Hans Georg Kappeler (1775–1818, ⇒ Sacherklärung I.) kommunizierte Beschluss wird in der Sitzung vom 20. September 1805 auch offiziell gefasst: «Hr. Pestaloz aus Yverdon meldet, dass er bereit sei, einen jungen Menschen in sein Institut aufzunehmen und ihn seine Methode zu lehren, dass er für Kost und Unterkunft 25 Louisdor jährlich verlange, dass Logis aber noch besonders besorgt werden müsse. Auf dieses hin wurde beschlossen, einen jungen Menschen unverzüglich nach Yverdon zu senden und hierzu der bereits vorgeschlagene Caspar Meier, Sohn Heinrich Meiers von hier, bestimmt. Dem Actuar dann aufgetragen mit dem Vater Meier zu reden, dass sein Sohn so bald wie möglich abgehen könne, diesem einen Platz in der Dilligence und das nöthige Reisegeld bis Yverdon zu bezahlen» (StA Thurgau 4’761’0–2; ⇒ Nr. 780). III. Z. 4 Z. 4

Schulrath des Kantons Thurgau: Schulrat des Kantons Thurgau ⇒ Nr. 766 jungen Mann: Caspar Meier aus Frauenfeld weilte von 1806–1808 auf Kosten des Kantons Thurgau zur Ausbildung bei Pestalozzi in Yverdon. 1808 erfolgte eine Anstellung an der höheren Schule in Frauenfeld, die den Versuch mit konfessionell gemischten Klassen startete. Dieser Versuch wurde 1810 abgebrochen und die Konfessionen führten wieder ihre eigenen Schulen. Caspar Meier engagierte sich unter anderem in der Umgebung Frauenfelds in der Ausbildung angehender Lehrer. Im Januar 1811 wurde er wegen angeblich sittlicher Vergehen entlassen. Über seinen weiteren Lebenslauf ist nichts bekannt.

777. Franz Bernhard Meyer von Schauensee Ende September 1805 5

[Reg.] Meyer von Schauensee gibt seiner Überzeugung Ausdruck, dass die Methode zu einem Siegeszug ansetzen und die Erziehung reformieren werde.

Überlieferung 1

PSB V, S. 55.25f. und S. 56.18ff. Sacherklärung I.

Franz Bernhard Meyer von Schauensee (1763–1848) ⇒ Nr. 443 II. Nachdem der Kontakt zwischen Pestalozzi und Franz Bernhard Meyer von Schauensee (1763–1848, ⇒ Nr. 443) während einiger Zeit unterbrochen war, dürfte der Besuch Johannes Niederers (1779–1843, ⇒ Nr. 507) in Luzern Anlass zur erneuten Kontaktaufnahme geboten haben (⇒ Nr. 775).

114 778. Karl Viktor von Bonstetten Anfang Oktober 1805 5

[Reg.] Bonstetten teilt Pestalozzi mit, dass er mehr und mehr vom Nutzen und der Wahrheit der Methode überzeugt sei. Bonstetten möchte, dass sich die Mittel der Methode an die wissenschaftlichen Ansichten anknüpfen und lädt einen jungen Mann aus dem Institut für den Winter nach Genf ein.

Überlieferung 1

PSB V, S. 64 Sacherklärung I.

Karl Viktor von Bonstetten (1745–1832) ⇒ Nr. 265 II. Karl Viktor von Bonstettens (1745–1832, ⇒ Nr. 265) Bekanntschaft mit Pestalozzi geht auf die 1770er-Jahre zurück, als beide die Versammlungen der Helvetischen Gesellschaft (⇒ Nr. 971) besuchten. Nach einem längeren Aufenthalt in Dänemark kehrte von Bonstetten 1801 in die Schweiz zurück, publizierte über pädagogische Fragen und liess sich in Genf nieder. Im November desselben Jahres besuchte er Pestalozzi in Burgdorf, worauf sich ein loser Briefwechsel entwickelte. III. Z. 6

jungen Mann: Wie Pestalozzi in seinem Antwortbrief vom 23. Oktober 1805 (PSB V, Nr. 1127) schreibt, hat er zurzeit niemanden, den er nach Genf schicken könnte.

779. Johannes Niederer ca. 3. Oktober 1805 [Reg.] Niederer schreibt von Sennwald mit unbekanntem Inhalt.

Überlieferung 1

Nr. 783 Sacherklärung I.

Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507

115 780. Hans Georg Kappeler 10. Oktober 1805 [Reg.] Begleitbrief für Caspar Meier.

Überlieferung 1

PSB V, S. 59.11 Sacherklärung I.

Hans Georg Kappeler (1775–1818)



Nr. 776 II.

Der Schulrat des Kantons Thurgau (⇒ Nr. 766) beschloss am 16. September 1805, einen jungen Mann zur Ausbildung nach Yverdon zu schicken. III. Z. 4

Caspar Meier: Caspar Meier ⇒ Nr. 776

781. Herr Eyer 10. Oktober 1805 H[err] Pestalozzy in Yverdon. 5

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du 10. 8bre 1805. Ich habe die Ehre Ihnen hiermit in folge des Auftrags zu schreiben den mir H[err] F[ellenberg] ertheilt die Rechnungen H[errn] Urechts den Aufenthalt Ihres Instituts in Buchsee betreffend, zu prüfen, und die daherrührenden Geschäfte zu liquidieren. Da H[err] F[ellenberg] auf seine wiederholten Zuschriften an Sie keine Antwort empfangen hat, so soll ich Sie auch in seinem Nahmen bitten, 1stens die mitgehenden Resultate meiner Prüfung der erwähnten Rechnungen so bald als möglich zu erdauren. 2.° jemand zu beauftragen meine dissfehlige Arbeit und derselben Resultate vermittelst der Einsicht der Rechnungsbücher worauf sie sich gründen zu verificieren. 3. mit Beförderung dafür zu sorgen, dass dem Herr Fell[enberg] seine Ihnen gemachten Vorschüsse ersezt werden weil er unausbleiblich aller seiner Hülfsmittel bedarf um sein Unternehmen zu vollenden.

116 Der Betrag der Unkösten der questionierlichen sehr weitläufigen Rechnungsgeschäfte wird Ihnen überschrieben werden wenn durch Beendung derselben der Schluss davon gemacht werden kann. Indessen habe die Ehre mit vollkommener Hochachtung zu sein Überlieferung 1 5

BB Bern, FA v. Fellenberg 167, Copie de Lettres N° 1 Copia Textkritik

Zeuge h Z. 9 Z. 19

liquidieren: lateinische Schrift unausbleiblich Sacherklärung I.

Eyer, Sohn des Berner Fabrikanten und Anhängers der Helvetik, Philipp Eyer, stammt aus Thurnen (Kt. Bern) und war Schüler in Burgdorf und Münchbuchsee. In den Kirchenbüchern von Thurnen sind aufgrund zahlreicher Personen mit dem Namen Philipp Eyer keine Rückschlüsse auf die Identität des Sohnes möglich. Auch im Nachlass Fellenberg in der Burgerbibliothek Bern lassen sich keine weiteren Hinweise über Eyer finden. III. Z. 7 Z. 7

H[err] F[ellenberg]: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) 426 H[errn] Urechts: Heinrich Wilhelm Urech ⇒ Nr. 750



Nr.

782. Johann Kaspar Häfeli 13. Oktober 1805 5

Herrn Herrn P e s t a l o z z i zu Yverdun. Frauenfeld, den 13ten Octbr 1805.

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Verehrtester! Einst sandte mein Vater Ihnen den Jüngling Blendermann, dass er unter Ihrer Anleitung sich zu dem edeln Geschäfte bilde, die ersten Keime geistiger und sittlicher Kräfte in den Seelen junger Menschen zu entwickeln. Ich sende Ihnen zu gleichem Zwecke einen meiner

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bisherigen Schüler, den, d e r m i c h n i e b e t r ü b t e . Mit gerührtem Herzen ertheile ich ihm diess ehrenvolle Lob, das zu geben mir selbst noch süsser ist, als es dem seyn muss, der es erhält. Meine besten Wünsche begleiten ihn; und meine i n n i g s t e – ich weiss es, nicht vergebene Bitte an Sie ist: nehmen Sie ihn mit d e r L i e b e auf, mit der ich ihn von mir lasse. – – Voll der grössten Hochachtung bin ich Ihr ergebenster Verehrer J.C. Haefeli. Überlieferung 1 2 3 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 51/52, Umschlag 105/1 Bogen, 183x225mm lateinische Notizen Dorsualvermerk den 13 Oct. 1805 Haefely, Siegelspuren Original Textkritik

Zeuge H Z. 10

Blendermann: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Johann Kaspar Häfeli (1778–1812) aus Zürich bildet sich an der Academia Julia Carolina in Helmstedt und in Göttingen zum evangelischen Theologen aus. 1804 wird er Lehrer an der Lateinschule in Frauenfeld. Im selben Jahr erfolgt die Heirat mit Anna Notz (1780–1829). Häfeli gibt 1809 seine Stelle auf und wechselt nach AnhaltBernburg (Sachsen-Anhalt), wo er zweiter Prediger wird. Ein Jahr vor seinem Tod zieht er nach Zürich. Dort wirkt er als Aktuar des evangelischen Kirchenrats des Kantons Thurgau und als Vikar in Kilchberg (Kt. Zürich). III. Z. 10

Z. 10 Z. 14

mein Vater: Johann Kaspar Häfeli (1754–1811) aus Basadingen (Kt. Thurgau) wurde in Zürich zum Theologen ausgebildet. Nach der Ordination (1774) war er Vikar in Elsau (Kt. Zürich), 1784 bis 1792 Hofkaplan in Wörlitz (Sachsen-Anhalt), Prediger in Bremen (1793–1805), dann Oberkonsistorialrat und Oberprediger in Bernburg (Sachsen-Anhalt). 1799 wurde ihm der Doktortitel in Theologie verliehen. Blendermann: Johann Jakob Blendermann (1783–1862) ⇒ Nr. 627 Schüler: Caspar Meier ⇒ Nr. 776

118 783. Johannes Niederer 15. Oktober 1805 5

Herrn Herrn Pestalozzi in seinem Institut zu I f e r t e n den 10ten 8bis 1805.

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Theurster Vater Pestalozzi! Ich bin in Heidelberg bei Murals vortreflichen Angehörigen. Sein Bruder Leonhard nebst Gattin befinden sich gerade auch hier. Der frohe, glückliche Kreis der mich umgiebt unterdrückt auf einige Augenblicke die Gewissensbisse über meine lange Abwesenheit, die mich alle Morgen und Abend wie Furien anfallen. Ich habe auf meinen letzten Stationen besonders in S. Gallen manches gelernt, unter anderm auch nichts zu hoffen wo nichts zu hoffen ist. Meine Muter ist krank. Im Bette musste ich von ihr Abschied nehmen. Vielleicht habe ich sie zum letztenmale gesehen. Jammernd und fast trostlos würde sie verlassen haben wenn nicht Pflicht und Gefühl zugleich mich zu Ihnen hingezogen und mir die Trennung nöthig und erträglich gemacht hätten. Im Appenzellerlande ist von der Methode fast alles still aber voll gespanter Erwartung was aus den Appenzeller Zöglingen werde. Viele warten nur auf den Erfolg um Ihnen ihre Söhne auch anzuvertrauen, und ein paar sind schon entschlossen. Zu den letztern gehört H[err] Ochsenwirth Heim von Gais, der in dem December oder am Neuenjahr, Ihnen, wenn Sie ihn annehmen einen hofnungsvollen Zehnjährigen Knaben zuführen wird. Ein Schläpfer im Speicher, H[errn] Pf[arre]r Schiessers Sohn von Herisau und H[err] Hartman von S. Gallen sind halb und halb entschlossen, und werdens wahrscheinlich künftigen Frühling ganz. Dienstags den 15ten 8brs 1805

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Bis hieher, theuerster Vater Pestalozzi, ward ich in Heidelberg. Jetz bin ich in Zürich, wo so eben ein junger Mensch von Frauenfeld zu Ihnen abreisst, dem ich diesen Brief, und 2 Päckchen Bücher unter denen das Lindauer Journal und der Erinnerer übergebe. Ich wollte mitreisen allein Gessner forderte von mir zu bleiben, um mit Ullerich ausführlicher zu reden. Füssly hat mich sehr gut aufgenommen, und will mir so viel möglich literarische Notitzen verschaffen. Die Journale sind von ihm. Ich bedaure melancholisch wehmüthig, dass ich nicht bei Ihnen bin, allein, es wäre mir unangenehm hier gewe-

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sen zu seyn nicht alles zu thun, was bei diesem Anlase möglich. Vogel hat mich in sein Heim eingeladen und ich nehme den Antrag an. Meine Gesundheit ist vortreflich. Die gute Frau Pestalozzi sprach ich gestern und gehe diesen Augenblick wider zu ihr. Eine Anekdote: Füssly weiss, dass H[err] F[ellenberg] mit den Italienern die die Anstalt so verleümdeten, während der ganzen Zeit in Correspondenz stand. Ein dänischer Graf beglückwünschte H[errn] Rathsh[errn] Pestaluz in öffentlicher Sitzung der Finanzkammer zur Ehre zu I h r e r Famille zu gehören und Ihren Namen zu tragen mit Enthusiasme. Prinz Esterhazy habe ich gestern an der Tafel gesehen mit seinem begeisterten Begleiter für Ihre Sache gesprochen der mich aus dem Portrait erkannte. Sie verreisten schleünig nach Bregenz und voll Trauer. Alles alles grüsst Sie besonders Frau Pestalozzi. Ich aber kan nur noch mit herzlicher Umarmung Ihnen die Freude meiner Hofnung baldigen Wiedersehens ausdrücken, für Ihre 3 Briefe, die hier erhielt danken, und die unzerbrüchliche Treue versich[ern], mit der ich ewig bin ganz der Ihrige Niederer Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 53/54, Umschlag 262/IV,7 Bogen, 196x239mm Siegelspuren, Dorsualvermerk Niederer 30/4, zweites Datum am Schluss Original Textkritik

Zeuge H Z. 10 Z. 26 Z. 50

Heidelberg [ein Landgut bei Bischoffzell] bei Murals: [ ] später von fremder Hand hinzugefügt December: lateinische Schrift ich∫ Sacherklärung I.

Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 II. Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) befindet sich noch immer auf einer Reise durch die Schweiz und berichtet darüber nach Yverdon. Dabei sammelt er in Zürich Unterlagen für eine Biographie Pestalozzis aus dessen Jugendzeit. III. Z. 10

Heidelberg: Schloss Heidelberg (Kt. Thurgau)

120 Z. 10 Z. 11 Z. 11 Z. 16

Z. 22f.

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Z. 29 Z. 33 Z. 35

Murals: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 Bruder Leonhard: Leonhard von Muralt (1778–1848) ⇒ Nr. 705 Gattin: Über Anna Elisabeth von Muralt-Schinz (1773–1858) ist nichts weiter bekannt. Meine Muter: Catharina Niederer-Jakob stammt aus Lutzenberg (Kt. Appenzell-Ausserrhoden) und ist wahrscheinlich vor 1761 geboren worden, da die ersten Geburtseinträge im Pfarrbuch von Lutzenberg aus dem Jahr 1761 stammen und sie nicht verzeichnet ist. Ihr Todesjahr ist ebenfalls unklar. Appenzeller Zöglingen: Damit dürften wohl die 26 Kinder gemeint sein, die 1800 mit Hermann Krüsi (1775–1844, ⇒ Nr. 588) nach Burgdorf gereist waren. Samuel Heim (1764–1860, ⇒ Z. 25f.) hatte ihnen in seiner Funktion als Statthalter ein Empfehlungsschreiben für die Reise mitgegeben, welches ihnen in den zu passierenden Gemeinden Unterstützung bringen sollte. H[err] Ochsenwirth Heim: Samuel Heim (1764–1860) übernahm 1791 den väterlichen Gasthof Ochsen im Molkenkurort Gais (Kt. AppenzellAusserrhoden), welchen er bis zur Übergabe an seinen Sohn Salomon 1822 führte. Heim wurde 1797 Aktuar der Verfassungsrevisions-Kommission in Appenzell-Ausserrhoden, 1799 Gerichtspräsident und 1800 Statthalter des Distrikts Teufen (Kt. Appenzell-Ausserrhoden). Zehnjährigen Knaben: Um wen es sich hier handelt, ist nicht eindeutig zu bestimmen, da von den Söhnen Samuel Heims (1764–1860, ⇒ Z. 25f.) keiner zehnjährig ist. Infrage kommen der etwas ältere Johann Ulrich (1793–1843) oder der etwas jüngere Salomon (1798–1881), wobei kein Sohn Heims in den Schülerverzeichnissen von Yverdon nachweisbar ist. Schläpfer: Gemeint ist wahrscheinlich Hans Georg Leonhard Schläpfer (1766–1840), welcher sich offenbar mit dem Gedanken trug, seinen Sohn Johann/Jean Schläpfer (*1800) zu Pestalozzi in die Schule zu schicken. Leonhard Schläpfer heiratete 1793 Anna Hirzel (1773–1825) aus Zürich, die älteste Tochter des Säckelmeisters Johann Kaspar Hirzel (1746–1827, ⇒ Nr. 1). 1802 übernahm er die väterliche Textilhandelsfirma in Speicher (Kt. Appenzell-Ausserrhoden). Etwa zur gleichen Zeit wurde er auch Ratsherr von Speicher, ein Amt, das er 1831 quittierte. Ab 1825 gehörte er der Aufsichtsbehörde der Kantonsschule an und war mit der Verwaltung ihrer Finanzen betraut. H[errn] Pf[arre]r Schiessers Sohn: Möglicherweise trug sich Johann Ulrich Schiess (1775–1849, ⇒ Nr. 465) mit der Idee, seinen ältesten Sohn Johann Martin (*1799) zu Pestalozzi zu schicken. In den Schülerlisten lässt sich aber kein Schiess(er) nachweisen. H[err] Hartman: Georg Leonhard Hartmann (1764–1828) ⇒ Nr. 889 junger Mensch: Caspar Meier ⇒ Nr. 776 Lindauer Journal: Vollständige und Kritische Nachrichten von den besten und merkwürdigsten Schriften unserer Zeit nebst zur Gelehrtheit gehörigen Sachen. Lindau/Leipzig 1763/64–1768/69. Nr. 1–7 (1763/64) erschienen unter dem Titel: Ausführliche und Kritische Nachrichten von den besten und merkwürdigsten Schriften unserer Zeit. Pestalozzi hatte darin 1766 seinen ersten Aufsatz publiziert, Agis, in dem es um eine historisch verkleidete heftige Zeitkritik mit einer Legitimation des Tyrannenmordes geht (PSW I, S. 1–21).

121 Z. 35

Z. 36 Z. 36f. Z. 37 Z. 43 Z. 43 Z. 45 Z. 45 Z. 47 Z. 47f. Z. 50

Z. 51 Z. 55f.

Erinnerer: Johann Caspar Lavater (Hrsg.): Der Erinnerer, eine moralische Wochenschrift. Zürich 1765–1767. Pestalozzi half zeitweise bei der Redaktion dieser Wochenschrift und verfasste einige Beiträge. Die Zeitschrift musste Ende Januar 1767 aufgrund eines behördlichen Urteils eingestellt werden, da die offizielle Politik der Stadt Zürich kritisiert worden war. Lit.: Johann Caspar Lavater: Ausgewählte Werke. Band I/2: Der Erinnerer. Zürich 2009; Bettina Volz-Tobler: Rebellion im Namen der Tugend. «Der Erinnerer» – eine Moralische Wochenschrift, Zürich 1765–1767. Zürich 1997 Gessner: Johann Georg Gessner (1765–1843) ⇒ Nr. 586 Ullerich: Johann Konrad Ulrich (1761–1828) ⇒ Nr. 694 Füssly: Johann Heinrich Füssli (1745–1832) ⇒ Nr. 1 Vogel: David Vogel (1760–1849) ⇒ Nr. 1360 Frau Pestalozzi: Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 H[err] F[ellenberg]: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 Italienern: ⇒ Nr. 751 dänischer Graf: konnte nicht näher bestimmt werden H[errn] Rathsh[errn] Pestaluz: Johann Jakob Pestalozzi (1749–1831) ⇒ Nr. 286 Prinz Esterhazy: Fürst Nikolaus II. Esterházy (1765–1833) wurde in Wien geboren und schlug entsprechend der Familientradition und seiner Herkunft eine militärische und politische Karriere ein. Sein Hauptinteresse galt allerdings der Kunst und Musik: Esterházy baute eine weltberühmte Gemäldesammlung auf und engagierte als Leiter seiner Hofmusikkapelle erst Joseph Haydn (1732–1809), ab 1804 Johann Nepomuk Hummel (1778–1837). Seine zahlreichen Investitionen in die Kunst und sein Mäzenatentum brachten ihn gegen Ende seines Lebens in eine wirtschaftliche Krise und Teile seiner Güter unter Zwangsverwaltung. Er starb in Como. begeisterten Begleiter: Um wen es sich hier handelt, ist unklar. 3 Briefe: Es dürfte sich dabei um die Briefe vom 11. und 20. September 1805 (PSB V, Nr. 1106, Nr. 1107) handeln. Ob es sich beim dritten Brief um jenen nicht genauer datierten von Oktober 1805 (PSB V, Nr. 1118) oder um einen nicht überlieferten handelt, ist unklar.

122 784. Johannes Niederer 17. Oktober 1805 5

A Monsieur Monsieur Pestalozzi, dans son Institut à Yverdun Zürich donnerstags den 17ten 8brs 805.

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Theürster Vater Pestalozzi! Noch einen Augenblick vor meiner Abreise setze mich hin, um Ihnen zu schreiben zu voll um Ihnen etwas anders sagen zu können, als dass mein hiesiger Aufenthalt mir sehr lehrreich war, und weit angenehmer als ich hofte und erwartete. – H[err] Rathsh[err] Vogel behandelte mich mit einer Sorgfalt und Liebe, wiedmete mir so viele Zeit, und sorgt so gütig für meinen Zweck, dass ich sein Haus mit wahrer Wehmuth verlasse. Von allem Andern mündlich. Ich habe Ullerich, Bremi, Brunner, den alten Prof[essor] Müller und andre noch gesehen und gesprochen. Letztrer ist mir durchaus der Intressanteste gewesen. Alle diese Leüte sprechen mit inniger Achtung und Rührung von Ihnen. Bremi hat mehrere Einwendungen gegen die Methode gemacht, obgleich nicht eigentlich als Gegner aber doch solche die vom Mangel einer reifen Ansicht zeügen. Der Hauptpunkt um welchen sich alles dreht ist: die Methode soll in die bisherigen alten Schulreinrichtungen passen, und diese sollen nicht nach jener und dem Geist derselben verbessert werden. So z.B. taugen die Zahlenverhältnisse nach seinem Ausdruck nicht, ausser dem Grundsatz die Elemente anschaulich zu machen, weil in der höhern Klasse in der die Zürcherischen Knaben fortrücken, sie des gewöhnlichen Rechnungsunterrichts nicht mehr bedürfen und daher in dieser Stunde langweilen. Und diese Ansicht von B r e m i ! Bey Gessnern war ich nicht. J[un]gf[e]r Arter ist krank. Die politische Stimmung scheint im ganzen gut und ruhig zu seyn. Dieser Augenblick geht die Nachricht ein, dass die Franzosen unter Murat, 12 ungrische Bataillion umringt und samt allem Gepäck und Munition ohne Ausnahme eines Mannes zu Gefangenen gemacht haben. Lieber theuerster Vater P[estalozzi] schliesse ich hier als weiter ins Detail zu [gehen] weil ich Ihnen zwar noch Vieles aber gar nichts Ausgezeichnetes und Intressantes sagen könnte. Meine Materialien u[nd] H[errn] Vogels Beckantschaft freuen mich am besten. Eben so meine Gesundheit die über alles Erwarten die Probe hielt und mich

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mit der Hofnung beglückt Ihnen thätig beweisen zu können, dass ich besser als je Ihren Foderungen zu entsprechen suche, und mit unverbrüchlicher Treüe sey Ihr eigner Niederer Haben Sie keine Briefe von mir von Sennwald aus erhalten? Ich hofte hier Antwort auf Fragen. Fr[au] Pest[alozzi] grüsst herzlich und ist wie ich glaube ganz beruhigt. Überlieferung 1 2 3 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 53/54, Umschlag 262/IV,8 Bogen, 225x182mm leicht defekt Stempel Zurich, Siegelspuren Original Textkritik

Zeuge H Z. 38

Detail: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 II. ⇒

Nr. 783 III.

Z. 14 Z. 18 Z. 18

Z. 18

H[err] Rathsh[err] Vogel: David Vogel (1760–1849) ⇒ Nr. 1360 Ullerich: Johann Konrad Ulrich (1761–1828) ⇒ Nr. 694 Bremi: Johann Heinrich Bremi (1772–1837) aus Zürich studierte ebenda Theologie und 1793–1794 Philologie in Halle. 1794 wurde er Adjunkt an der Lateinschule in Zürich, 1797–1800 war Bremi Professor für Kirchengeschichte und 1800–1829 für Glaubenslehre am Collegium Carolinum, 1800–1809 Professor für Katechetik am Collegium humanitatis und 1809–1829 Griechischlehrer an der Gelehrtenschule. Bremi gilt als Zürcher Schulreformer und Pestalozzi-Kritiker. Brunner: Johannes Brunner (1755–1820) aus Zürich schloss 1778 das Theologiestudium ab und unterrichtete anschliessend von 1779 bis 1782 an der Lateinschule in Chur. Er wurde 1783 Schlossprediger in Hauptwil (Kt. Thurgau), 1792–1802 war er Lehrer an der Privatschule im Riedtli (⇒ Nr. 879) in Zürich, ab 1797 Spitalpfarrer in Zürich. Brunner gehörte 1799 zu den Mitbegründern der Zürcherischen Hülfsgesellschaft.

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Z. 34

Z. 47 Z. 48

Prof[essor] Müller: Damit dürfte Christoph Heinrich Müller (1740–1807) gemeint sein. Müller, in Zürich geboren, studierte ebenda Theologie. In Folge einer von ihm anonym verfassten, gegen die Obrigkeit gerichteten Schmähschrift floh er 1767 unter Beihilfe Pestalozzis ausser Landes und wurde in der Folge von der Behörde offiziell des Landes verwiesen; 1772 wurde die Verbannung aufgehoben. In Berlin fand er eine Anstellung als Professor für Philosophie und Geschichte am Joachimthalschen Gymnasium. Bekanntheit erlangte er vor allem durch die erstmalige Publikation des Nibelungenlieds 1782 sowie durch das mit Unterstützung seines ehemaligen Lehrers Johann Jakob Bodmer (1698–1783) herausgegebene Sammelwerk deutscher Gedichte des 12.–14. Jahrhunderts. 1788 kehrte Müller nach Zürich zurück, wo er 1807 auch verstarb. Gessnern: Johann Georg Gessner (1765–1843) ⇒ Nr. 586 J[un]gf[e]r Arter: Katharina Arter (1778–1809) aus Zürich war ebenda Lehrerin an der von Johann Georg Gessner (1765–1843, ⇒ Nr. 586) geleiteten Privatschule für Mädchen. Die auch «zur Meisen» genannte Schule zählte 1803 etwa 40 Mädchen. 1806 wurde das Institut der Töchterschule im «Napf» angegliedert. Katharina Arter besuchte 1804 zwecks Weiterbildung Pestalozzis Anstalt in Yverdon. Murat: Joachim Murat (1767–1815) aus La Bastide Fortunière (Midi-Pyrénées) brach 1787 sein Theologiestudium ab und schlug eine von seinem Schwager Napoleon I. Bonaparte (1769–1821, ⇒ Nr. 580) geförderte und von zahlreichen gegenseitigen Vertrauensmissbräuchen begleitete Militär- und Regierungskarriere ein: 1796 Brigadegeneral, 1804 Marschall von Frankreich, 1806–1808 Grossherzog von Kleve und Berg, 1808–1815 König von Neapel. Murat wurde 1815 in Pizzo (Kalabrien) zum Tode verurteilt. Briefe von mir: ⇒ Nr. 779 Fr[au] Pest[alozzi]: Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3

785. Emmanuel Develey Oktober 1805 [Reg.] Develey gibt seiner Überzeugung Ausdruck, dass die Methode nutzbar sei.

Überlieferung 1

PSB V, S. 61.35 Sacherklärung I.

Emmanuel Develey (1764–1839) aus Yverdon ist der Sohn eines Grundbesitzers und Kaufmanns und gilt als Anhänger der Revolution. Ab 1784 studiert er Mathematik und Physik und erhält 1798 eine Honorarprofessur für Mathematik, seit 1804 ist er Professor für Physik an der Akademie von Lausanne. Develey ist seit 1789 mit Louise (Jeanne Elisabeth) Lise de Felice (1764–1838) verheiratet, Mitglied der Société des amis de la liberté sowie verschiedener gelehrter Gesellschaften in Frankreich, Sachsen und Russland.

125 II. Wie genau der Kontakt zwischen Emmanuel Develey (1764–1839, ⇒ Sacherklärung I.) und Pestalozzi zustande gekommen ist, ist unklar. Develey interessierte sich aber schon im Sommer 1804 für Pestalozzi (⇒ Nr. 661) und schickte im Oktober 1805 seinen Sohn Charles Gabriel Frédéric Carl (1799–1866, ⇒ Nr. 1005) nach Yverdon.

786. Jean Rudolphe Burnier Oktober 1805 5

[Reg.] Burnier teilt Pestalozzi mit, dass er seinen Sohn und seinen Neffen ins Institut schicken wolle.

Überlieferung 1

PSB V, S. 65.10 Sacherklärung I.

Jean Rudolphe Burnier (1757–1833) stammt aus Lutry (Kt. Waadt). Neben seiner notariellen Tätigkeit (1778–1827) amtet er dort als Gemeinde- und Kirchenratssekretär. 1784 wird er zum Gerichtsherrn befördert. Burnier nimmt 1791 am revolutionären Banquet des Jordils in der Waadt teil. 1798 vertritt er Lutry an der provisorischen Versammlung und wird Kantonsrichter des neu gegründeten Kantons Léman. Nach der Helvetik arbeitet Burnier, der von 1803 bis zum altersbedingten Rücktritt 1824 im Grossrat des Kantons Waadt politisch aktiv bleibt, als Distriktsrichter (1803–1809), Schreiber und Notar. III. Z. 4

Z. 4

Sohn: (Pierre) Louis (Etienne) Burnier (1795–1873) studierte an der Lausanner Académie Theologie, erhielt 1817 die Priesterweihe und war anschliessend Pfarrer in Lucens (1822–1824), Cossonay (1824–1826), Vich (1826–1827), Rolle (1827–1840) und Morges (alle Kt. Waadt), wo er 1841 demissionierte. Burnier gilt als Mitbegründer der freien evangelischen Kirche des Kantons Waadt und Förderer der Schulreform. Neffen: Henri Burnier (1799–1877) promovierte in Medizin an der Universität in Jena. 1823–1877 war er Arzt in Lausanne.

126 787. Frau Gordon Oktober 1805 5

[Reg.] Frau Gordon teilt Pestalozzi mit, dass ihr Sohn für den diplomatischen Dienst vorgesehen sei und fragt an, ob er für einige Zeit ins Institut aufgenommen werden könne.

Überlieferung 1

PSB V, S. 66.23ff. Sacherklärung I.

Es ist unklar, um wen es sich hier handelt. Frau Gordon muss gemäss des Briefes von Pestalozzi in London und «Lazzaro» (La Sarraz, Kt. Waadt) gelebt haben. III. Z. 4

ihr Sohn: Ein Schüler namens Gordon lässt sich in den Schülerverzeichnissen nicht nachweisen. Gemäss einem Schreiben Pestalozzis handelte es sich um den «fils cadet», also den jüngeren bzw. jüngsten Sohn Frau Gordons (vgl. PSB V, Nr. 1130).

788. Johannes Schulthess Oktober 1805 5

10

[Reg.] Schulthess teilt seine Überzeugung mit, dass Pestalozzi, vereinigt mit seinen Freunden in Yverdon wirklich etwas Gutes stifte. Er schickt den jungen Johann Georg Simmler als offiziellen Zögling Zürichs (Stadtrat und Hilfsgesellschaft bezahlen die Pension von 50 Neuthalern) nach Yverdon. Es soll aber auch darauf geachtet werden, dass Simmler nicht weitergehende Berufswünsche entwickelt. Zudem formuliert er Hinweise zur Leistungsfähigkeit eines Zimmermanns und teilt unerfreuliche Nachrichten aus Wädenswil mit.

Überlieferung 1

PSB V, S. 70ff. Sacherklärung I.

Johannes Schulthess (1763–1836) aus Mönchaltorf (Kt. Zürich) besucht die höhere Schule in Zürich. 1791 heiratet er Elisabetha Rahn (1773–1798). Im selben Jahr gründet er das Verlagshaus Schulthess, das unter dem Namen Schulthess und Co. und unter der Leitung seines Sohnes Friederich (1804–1869) berühmt wird. 1796 wird

127 Schulthess Professor für alte Sprachen und Theologie an der Universität Zürich und Chorherr des Stifts zum Grossmünster. Seine Frau stirbt 1798 an den Folgen einer Geburt. Ein Jahr später heiratet er Maria Hafner. 1801 tritt Schulthess dem Erziehungsrat (⇒ Nr. 1218) als Aktuar bei. Er gilt als «begeisterter Freund und Verehrer Pestalozzis» und setzt sich für Schulreformen im Kanton ein. Um dem niedrigen Ausbildungsstand der Lehrkräfte entgegenzuwirken, beschliesst der Erziehungsrat 1806 die Durchführung von Unterrichtskursen. Schulthess organisiert die Kurse zusammen mit Johann Heinrich Rusterholz (1760–1806, ⇒ Nr. 958) und mit Hilfe von Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656). Zu diesem Zweck wird auf dem Gut «Riedtli» von Rusterholz in Zürich ein «Institut zur Ausbildung von Landlehrern» gegründet (⇒ Nr. 879). In diesem Zusammenhang entsteht von Schulthess ein Leitfaden zum Kopfrechnen nach der Pestalozzischen Einheitstabelle (1808). Mit Johann Melchior Schuler (1779–1859, ⇒ Nr. 1087) ist Schulthess zudem Herausgeber der ersten vollständigen Ausgabe von Zwinglis Werken (1828–1842, 8 Bände und Supplement). II. Um die Unterrichtsqualität der Zürcher Schulen zu verbessern, möchte Johannes Schulthess (1763–1836, ⇒ Sacherklärung I.) als Mitglied des Erziehungsrats (⇒ Nr. 1218) Lehrer zur Ausbildung nach Yverdon schicken. Dieses Bemühen schlug sich auch in Protokollen des Zürcher Stadtrates nieder. Unter dem Datum 16ten September 1805 ist dieser Eintrag zu finden: «Dem Ansuchen des Herrn Professor Schulthess und Herr Pfarrer Nägeli […] zu Verbesserung des Elementarunterrichts der hiessigen Stadtjugend […] die Anziehung tüchtiger Lehrer vornemlich beitragen könne […] ein solches Subjekt in der Person des Georg Simmlers, des Tischmachers Sohn […] zu Vollendung seiner Studien in der Pestalozzischen Lehrmethode in den Stand gesetzt werden möchte, noch für einige Zeit dieses Institut zu Yverdon zu besuchen […] einen Beitrag von 200 * Geld aus dem Brügger Fond dem H[er]r Pestalozzi zu Yverdon zulassen.» «Actum, Samstag den 28ten September 1805: Bey der dankbaren Empfangsbescheinigung von Professor Schulthess und Herr Pfarrer Nägeli […] den Betrag aus dem Brüggerfond, zu der Reise und den Aufenthalt des jungen Simmlers in dem Pestaloz[zischen] Institut zu Yverdon» (Stadtarchiv Zürich, Sig. V.B.a.3:4). Lit.: Luca Godenzi: Das erste staatliche Lehrerweiterbildungsinstitut im Kanton Zürich 1806–1808: Eine erfolgreiche Kurzgeschichte. In: Michael Göhlich/Caroline Hopf/Daniel Tröhler (Hrsg.): Persistenz und Verschwinden. Pädagogische Organisationen im historischen Kontext. Wiesbaden 2008, S. 227–235 III. Z. 6

Z. 7 Z. 9

Simmler: Johann Georg Simmler (1787–1867) wuchs in Zürich in einfachen handwerklichen Verhältnissen auf. Nach der Ausbildung zum Lehrer arbeitete Simmler als Hauslehrer bei Pfarrer Jakob Christoph Hug (1776–1855, ⇒ Nr. 879) in Thalwil (Kt. Zürich). Wann genau er Elisabeth Benner (*1794) heiratete ist nicht bekannt, sie hatten vier Kinder. Ab 1830 war er Professor am Kollegium in Mulhouse. Neuthalern: französische Grosssilbermünze Zimmermanns: Dabei könnte es sich um Christoph Zimmermann (1752– 1807) handeln, der seit 1793 Pfarrer an der französischen Kirche in Zürich war, und der vom langjährigen Redaktor der Kritischen Ausgabe Pestalozzis, Emanuel Dejung, als zeitweiliger Lehrer in Yverdon vermutet wird. Allerdings kann diese Vermutung nicht weiter bestätigt werden, da im Lehrerverzeichnis nur ein Zimmermann ohne Vornamen und ohne weiteren Hinweis auftaucht.

128 Z. 9f.

unerfreuliche Nachrichten aus Wädenswil: In Wädenswil (Kt. Zürich) wurde zwar am 14. Oktober 1805 das Project zu Errichtung einer Pestaluzischen Lehranstalt schriftlich besiegelt, und die ersten Besuche stimmten Pestalozzi auch zufrieden. Doch schienen die Gegenstimmen in Wädenswil, dessen Einwohnerschaft durch ein beträchtliches wirtschaftliches Gefälle in zwei Lager gespalten war, immer noch virulent gewesen zu sein.

789. Herr Eyer 30. Oktober 1805 Pestalozzi à Yverdon. du 30. 8bre 1805

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Ist ihm angezeigt, dass der Schrank, dessen Schazung er verlangt zu seinen Gunsten, gegen H[errn] F[ellenber]g zu 10 Fr[anken] i[n] p[uncto] verrechnet worden, da derselbe aber um diesen Preis hier nicht weiters angebracht werden könne, er froh sei, ihn dem H[errn] Saugi wieder zuzustellen – Da H[err] Potanchenay auf seiner von Burgdorf herrührenden Reclamation beharre, so werde er daher dem H[errn] F[ellenberg] zu vergüten haben L[ivres] 21.19 Diesem Betrag ist beizufügen für einen, bei den ihm übersandten R[echnun]gen übergangenen Fehler im Berechnung der Tuchwaaren 5.12 für Melkenbachers Rechenbuch 4.10 für den Schweiz[erischen] Republikaner 24. – Fr. 56.1– Ist gebeten sein dem H[errn] F[ellenberg] gemachtes Versprechen nicht zu vergessen, NB. dass von den L[ivres] 660 7 S[ols] 7 d[eniers] L[ivres] 495.10 eingegangen sind. Überlieferung 1 5

BB Bern, FA v. Fellenberg 167, Copie de Lettres N° 1 Copia Textkritik

Zeuge h Z. 10 Z. 11

Saugi: lateinische Schrift Potanchenay: lateinische Schrift

129 Z. 11 Z. 12 Z. 16

Burgdorf: lateinische Schrift Reclamation: lateinische Schrift Fehler im Berechnung∫ Sacherklärung I.

Herr Eyer ⇒ Nr. 781 II. Die Auflösung des Instituts in Münchenbuchsee war von Misstönen und Unklarheiten begleitet, unter anderem waren auch die Eigentumsverhältnisse an einzelnen Einrichtungsgegenständen unklar. III. Z. 7 Z. 7f. Z. 10 Z. 11

Z. 17

Z. 18

F[ellenber]g: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 i[n] p[uncto]: in dieser Angelegenheit (lat.) Saugi: Daniel Louis Frossard de Saugy (1752–1808) ⇒ Nr. 801 Potanchenay: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. Möglicherweise ist der Name falsch abgeschrieben worden, im Personal-Etat der Pestalozzischen Erziehungsanstalt in Yverdon 1812 ist nur ein Zögling namens Poterat aufgeführt, der in Burgdorf und Münchenbuchsee war. Melkenbachers Rechenbuch: Es ist unklar, um was es sich hier handelt. Denkbar sind sowohl ein Rechenbuch, das sich im Besitz eines Herrn Melkenbachers befand, als auch ein Rechenbuchautor namens Melkenbacher. Beide Möglichkeiten konnten aber nicht verifiziert werden. Schweiz[erischen] Republikaner: Infrage kommen drei Zeitschriften: Der Schweizerische Republikaner (1798–1799), Der Neue Schweizerische Republikaner (1799–1801) oder Der Republikaner (1801–1803).

790. Philipp Emanuel von Fellenberg 5. November 1805 5

Monsieur Monsieur Pestalozzi à Yverdon Hofw[il], den 5ten 9bres 1805.

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Pestalozzi! Ach, Geliebter! Wie ist es möglich dass du fortdauernd gegen mich und mein Unternehmen dich benihmst wie du es thust? Ach du weist nicht was du thust. Du nihmst keine Notiz, weder von allem was für dich geschehen ist, noch von dem was daraus für mich erfolgte, noch von dem was ich von dir forderen m u s s , noch von deinem Versprechen, aber einst wirst du dich ab deinem Benehmen gegen mich entsezen! Indessen kann ich unmöglich länger

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auf Antwort von dir warten – heilige Menschen und Bürgerpflichten nöthigen mich hinfür würksamer als bis dahin zu handlen, sollte es mir auch noch so wehe thun. Ich beschwöre dich bey allem was dir theüer ist, komme doch dieser so harten Nothwendigkeit zuvor – du könntest vielmehr als du gedenkst dadurch verlieren – möge Gott mit dir Seyn ich wäre so von ganzem Herzen gerne dein F[ellenberg] Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 50/51, Umschlag 82/3 Bogen, 191x232mm Dorsualvermerk den 5ten 9brs 1805. Fellenberg, Siegelspuren, Datum am Schluss Original Textkritik

Zeuge H Sacherklärung I. Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 II. Mit diesem Brief griff Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) wahrscheinlich in die Diskussionen um die Aufteilung des Mobiliars von Münchenbuchsee ein (⇒ Nr. 781, Nr. 789) und drohte offensichtlich im Falle von Pestalozzis Resistenz mit gerichtlichen Sanktionen. Pestalozzi reagierte umgehend mit einem sehr langem Rechtfertigungsbrief am 12. November (PSB V, Nr. 1147), auf den Fellenberg wiederum am 28. November (⇒ Nr. 797) antwortete.

791. Henri Monod Anfang November 1805 5

[Reg.] Henri Monod teilt Pestalozzi mit, dass der Kleine Rat des Kantons Waadt bereit sei, die Methode zu prüfen.

Überlieferung 1

PSB V, S. 101.15ff. Sacherklärung I.

Henri Monod (1753–1833) ⇒ Nr. 624

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II. Wie aus dem Brief Pestalozzis an Jean Henri Samuel Sterchi (1760–1847, ⇒ Nr. 798) zu entnehmen ist (PSB V, Nr. 1161), plante der Kanton Waadt zu prüfen, ob Pestalozzis Methode an den Landschulen eingeführt werden soll (⇒ Nr. 799). Anfang 1806 besichtigte eine Kommission Yverdon, der Bericht kam jedoch zum Schluss, dass die Methode (noch) nicht für eine breite Einführung in den Landschulen geeignet sei (Archives cantonales vaudoises, K XIII. 226, J.C. und J.C.l.). III. Z. 4

Kleine Rat: Regierung des Kantons Waadt ⇒ Nr. 667

792. Frau Hamilton November 1805 [Reg.] Frau Hamilton fragt nach, ob das Pensionsgeld für ihren Sohn eingetroffen sei.

Überlieferung 1

PSB V, S. 91.27f. Sacherklärung I./II.

Nähere Angaben zu der in England lebenden Frau Hamilton konnten nicht eruiert werden. Zwei Verbindungen zu Pestalozzi scheinen denkbar, lassen sich aber nicht belegen: Es könnte sich bei Frau Hamilton um eine Verwandte der schottischen Pädagogin und Autorin Elizabeth Hamilton (1758–1816) handeln, welche in ihrem Buch Hints Addressed to the Patrons and Directors of Schools (London 1815) die Methode Pestalozzis beschreibt. Da Frau Hamilton Pestalozzi über den Advokaten Louis de Felice bezahlt (PSB V, Nr. 1151) ist auch eine Verbindung über Emmanuel Develey (1764–1839, ⇒ Nr. 785) denkbar, der mit einer geborenen de Felice verheiratet war. III. Z. 4

ihren Sohn: Es handelt sich hier möglicherweise um Charles Hamilton, sein Name taucht im Personal-Etat der pestalozzischen Erziehungsanstalt in Yverdon von 1812 unter den ausgetretenen Zöglingen auf (vgl. P-Bl. 1904, Nr. 4, S. 54). Im Nachlass Dejung hingegen (Forschungsbibliothek Pestalozzianum Zürich, P 38) taucht dieser Name für die Jahre 1812 und 1813 in der Liste der Yverdoner Schülern auf. Da nähere Angaben zu Charles Hamilton fehlen bleibt offen, ob es sich dabei um die identische Person oder um einen Namensvetter handelt. Mit Sicherheit wurde ein Sohn Frau Hamiltons – wahrscheinlich um Mitte November 1805 – in die Schule aufgenommen (vgl. PSB V, Nr. 1151).

132 793. Anna Barbara Gross-Pestalozzi Spätherbst 1805 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB V, S. 108.31f. Sacherklärung I.

Anna Barbara Gross-Pestalozzi (1751–1832) ⇒ Nr. 2

794. Susanne Elisabeth Frossard de Saugy-de Ribaupierre ca. 15. November 1805 5

[Reg.] Der Armbruch ihres Sohnes und Zögling in Pestalozzis Institut, Jules Frossard, sei doch nicht so problemlos, wie die Ärzte Pestalozzi versichert hätten.

Überlieferung 1

PSB V, S. 92.17ff. Sacherklärung I.

Susanne Elisabeth Frossard de Saugy-de Ribaupierre (1758–1844), verheiratet mit Daniel Louis Frossard de Saugy aus Moudon (Kt. Waadt) (1752–1808, ⇒ Nr. 801), hatte drei Söhne, die alle bei Pestalozzi die Schule besuchten. II. Unfälle und Krankheiten waren heikle Ereignisse, da Pestalozzis Anstalten als Privatschulen direkt von der Gunst der Eltern abhängig waren. Negative Meldungen konnten zum Anlass genommen werden, Kinder in eine andere Privatschule zu schicken. III. Z. 4

Jules Frossard: Jules Frossard (1795–1869) schlug eine militärische und später auch politische Karriere ein, welche ihn nach Westfalen, 1813/14 nach Frankreich und 1825 bis nach Russland führte. Nach seiner Rückkehr in den Kanton Waadt wurde er 1834 Generalinspektor der Waadtländer Milizen. Zwischen 1832 und 1834 war er Präfekt des Bezirks Nyon und von 1835 bis zu seinem Sturz in der Revolution 1845 Staatsrat. Anschliessend wanderte er nach Lyon aus, wo er eine Fabrik für Eisenbahnzubehör gründete.

133 795. Herr Zwicky 18. November 1805 [Reg.] Zwicky schickt das Pensionsgeld für den Zögling Fridolin Zwicky.

Überlieferung 1 6

PSB V, S. 93.34 Für die Datierung 18. November 1805 vgl. PSB V, S. 119.14 Sacherklärung I.

Beim Briefschreiber dürfte es sich um eines der fünf älteren Geschwister von Fridolin/Friedrich/Frédéric Zwicky (1794–1846, ⇒ Z. 4) handeln, da sowohl der Vater, Johann Heinrich Zwicky (1752–1798), als auch die Mutter, Anna Maria ZwickySteinmüller (1761–1794) schon verstorben sind. III. Z. 4

Fridolin Zwicky: Fridolin/Friedrich/Frédéric Zwicky (1794–1846) aus Mollis und Glarus besuchte 1805–1809 Pestalozzis Institut in Yverdon. Danach studierte er an den Universitäten Erlangen, Würzburg und Strassburg Medizin mit Doktoratsabschluss (1815). Nach einem Praktikum am Würzburger Spital kehrte er 1816 in den Kanton Glarus zurück, wo er zuerst in Bilten, dann in Mollis als Arzt tätig war. Zwicky war Gründungsmitglied der Medizinisch Chirurgischen Kantonalgesellschaft von Glarus 1834.

796. Johann Heinrich Tschudy November 1805 [Reg.] Tschudy diskutiert die berufliche Zukunft seines Schwagers.

Überlieferung 1

PSB V, S. 118.30ff. Sacherklärung I.

Johann Heinrich Tschudy (1779–1841) aus Glarus ist Appellationsrichter, Säckelmeister und Kleinrat. III. Z. 4

Schwagers: Fridolin/Friedrich/Frédéric Zwicky (1794–1846) ⇒ Nr. 795

134 797. Philipp Emanuel Fellenberg 28. November 1805 Herrn Pestalozzi in Yverdon. 5

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Hofwyl, den 28. November 1805. Geliebter! Verschiedene in Deinem Briefe vom 12. c[ou]r[ant] enthaltene Darstellungen nötigen mich, Dir noch einmal entgegengesetzte Ansichten ans Herz zu legen. Erinnere Dich, wie oft Du von Burgdorf herkommend, mir klagtest, in unaufhörlicher Not seiest Du in Deinem eigenen Hause als der letzte geachtet, sogar von denen zertreten, deren Glück Du machtest, währenddem auch Deine Feinde Dich auf jede mögliche Weise verfolgten; man habe nun auch das Debouchieren Deiner Freunde versucht, mit M u r a l t e n sei’s bereits gelungen u.s.w. Zu gleicher Zeit erklärten mir Deine Gehilfen, wie es so durchaus nicht mehr gehen könne, es seien bald alle gegen jeden, bald jeder gegen alle u.s.w. Auch nachdem M u r a l t s Vorsorgung bei F r i s c h i n g zu Ende war, wollte er ja doch nicht mehr wie früher bei Dir bleiben. – Diesem Zustande musste entweder durch ausserordentliche Mittel abgeholfen werden oder Dein Institut musste untergehen und die Vollendung Deiner Unterrichtsmethode unterbleiben. Dagegen hofftest Du früherhin bei T r e c h s e l für Deinen Aufenthalt zu Burgdorf die nötige Hilfe zu finden, und welche Vollmachten trugest Du ihm zu diesem Ende nicht an? Aber nach reiflicher Überlegung schlug er Dir alles, ja gar alles aus. Infolge der Versetzung Deines Instituts nach Buchsee ward Dein Hilfsbedürfnis noch dringender als je. Von Dir und Deinen Gehilfen angesprochen, demselben zu begegnen, sah ich da Eure Lage mit all ihren Gefahren, – das war mir genug, um mich zum Entschluss zu bringen, Euch in unsrer gemeinschaftlichen Sache zu helfen und ich versprach Euch, dazu zu tun, was ich nur immer vermöchte. Vergebens eiferten alle meine Verwandten, alle meine Freunde gegen diesen Entschluss, – ja auch mein Unternehmen in seiner damaligen Stellung war im höchsten Grade dagegen, besonders meinen Kredit sah ich dadurch auf’s nachteiligste gefährdet, aber alle diese und noch manche andere Rücksichten, so wichtig sie mir auch sein mochten, setzte ich heiligeren Interessen hintan, und wenn ich alles dessen wegen, was durch diese neue Unternehmung auf mich fallen musste, oft mit unbeschreiblicher Bangigkeit auf mein Weib und auf meine Kinder blickte, wenn ich oft in unaussprechlicher Wehmut über das, was sie von Deinen und Deiner Gehilfen verzehrenden

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Gewohnheiten zu gefahren hätten, beinahe zum Verzweifeln kam, so erhob ich mich doch immer wieder beim lebendigen Bewusstsein des reinsten und besten Willens zu unbedingtem Vertrauen auf Gott und also zu überwiegender Kraft. Ich sah für den damaligen Zeitpunkt nirgends ein Rettungsmittel, weder für Dein Unternehmen, noch für Dich, als in meiner Hilfe, und wäre Deine Unterrichtsmethode infolge des Untergangs Deines Unternehmens untergegangen, so wäre ich wahrscheinlich niemals befriedigend zu der einigen Frucht meines Unternehmens gelangt, welche mir so vorzüglich am Herzen liegt; – auf jeden Fall bedurftet Ihr übrigens, Du und Deine Gehilfen, was Ihr durch mich fandet. Ich betrachtete Deine und meine Sache als dieselbe Aufgabe, Dein Institut und mein Institut, Deine grosse Familie und meine als Teile eines einigen Ganzen, und daher half ich in Deinem Wirkungskreis immerhin aufs kräftigste da, wo es am dringendsten not war zu helfen, ohne zu fragen: wo ist’s? hier oder dort? bei mir oder bei Pestalozzi? Es kam mir, wenn nur einmal Dein Institut geordnet sei und gut gehe, meinem Haus und Hof, meinem vorhabenden Institut werde ich zu seiner Zeit schon wieder zu helfen wissen. Mein Haus ward nicht allein zu Euerm Haus, sondern für Euch sogar zu einem Spital, zu einem Zuchthause, zu einem Gasthofe für alle die, zu deren gunsten Ihr darüber zu disponieren für gut fandet; – meine Kasse ward zu Eurer Kasse, nicht allein für Euch selbst, sondern auch für Eure Begünstigten, – und worüber disponiertet Ihr nicht, das in meinem Vermögen stand? – Meine Bibliothek, meine Effekten, mein eignes Bett sogar ward Euch preisgegeben, alle meine Zeit, alle meine Kräfte sind Euch gewidmet gewesen; ja noch mehr, auch die Zeit und die Kräfte meiner Gemahlin und meiner Bedienten, ja, wo ich auf irgend jemanden etwas vermochte, da setzte ich ihn in Tätigkeit zu Euerm Besten. Aber weiterhin durften auch meine vielfachen Anstrengungen für Euch nicht reichen – besonders wollte ich mein Gewissen, meine Ehre und mein Unternehmen keineswegs von Euch vertreten lassen. Gerade deswegen, weil ich Dich, geliebter P e s t a l o z z i , um Deiner unschätzbaren Eigenschaften, Deines Herzens und Deines Genies willen immer lieben werde, auch wenn Du grenzenlos unedel gegen mich handeln würdest –, gerade deswegen musste ich Euerer Zigeunerart und Euerm Sansculottismus lebhafter widerstehen; – daswegen sollte ich die Eindrücke, die Ihr durch dasselbe auf mich machtet, gegen Euch selbst entstellen? Nichts konnte mich dahin bringen, Euch die Wahrheit, welche in mir lebte, zu verbergen, – ich durfte es keineswegs; – freilich hatte ich es sofort mit Euch verdorben. In dem Kreise, In welchem ich zu Euch fiel, waren

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Eure Apotheosen Euch allzusehr Bedürfnis geworden, als dass Ihr mich mit meinen Eigenheiten lange vertragen mochtet. … Pestalozzi! Du willst also noch einmal von mir erfahren, was Du gegen mich und mein Unternehmen getan habest? Wohlan, ich will Dir dies bestimmt noch einmal wiederholen. Du hast mich und die Hilfsmittel von Hofwyl auf eine unverantwortliche Art missbraucht und geschwächt; ich weihte alles, was in meinem Vermögen stand, Deinem Werk unter dem Beding, dass es meiner vorhabenden Armenschule vergolten werde. Kaum hatte ich aber im Kampfe für Dich und Dein Institut Verbindungen mit Verwandten und Freunden aufgegeben und meinen Kredit, meine Gelder und meine Kräfte aufgeopfert, so folgtest Du Deinen Konvenienzen nach Iferten, ohne Dich im geringsten mehr um die Ansprüche meiner Armenschule an Dich und Dein Institut zu bekümmern, als wäre durch die gegen mich verbreiteten Verleumdungen jede Schuld, wäre sie auch noch so geheiligt gewesen, abgetragen worden. Nachdem Du und die Deinigen mich wie einen Schwamm ausgedrückt hattet, warfet Ihr mich mit meinen Rechten weg, als wäre ich bloss ein verfaulter Schwamm gewesen etc. etc. Ich nehme nun aufs neue Deinen Vorschlag an, eine gewisse Anzahl von einsichtigen Männern zu Schiedsrichtern zwischen uns zu ernennen, weil ich kein besseres Mittel finde, das Recht meiner Armenschule gegen Euch zu behaupten. Ich schlage Dir die Schiedsrichter alle aus der Zahl Deiner Freunde vor, nämlich L a h a r p e , Colomb, Chavannes, v. Türk, Secretan, Gruner, E w a l d , I t h , K u h n und S c h n e l l . Meine Angaben und Urechts Instituts-Rechnungen werde ich ausserdem durch zwei Geschäftsmänner, wovon Du einen ernennen wirst und ich den andern, noch einmal untersuchen lassen, aber nur auf Hofwyl und auf des Unrecht Habenden Kosten. In Erwartung einer baldigen Antwort empfehle ich Dir unsre gemeinschaftliche Sache. Fellenberg. Überlieferung 1 6

P.-St. IX(1903), S. 139–143 Die Zwischenbemerkungen Seyffarths werden hier nicht wiedergegeben, ebenso ein längerer Einschub, der von Pestalozzi in dritter Person spricht. Es dürfte sich dabei um eine Äusserung Fellenbergs an einen von Pestalozzis Lehrern handeln. Textkritik

Zeuge [a]

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Sacherklärung I. Philipp Emanuel Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 III. Z. 6 Z. 6 Z. 13f. Z. 14

Z. 17 Z. 22 Z. 39 Z. 40

Z. 78

Z. 92f. Z. 96 Z. 108 Z. 109

Z. 109 Z. 109 Z. 109 Z. 109 Z. 110 Z. 110 Z. 110 Z. 110 Z. 110 Z. 111f.

Deinem Briefe: PSB V, Nr. 1147 c[ou]r[ant]: laufend (frz.) M u r a l t e n : Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 Gehilfen: Hier dürften wahrscheinlich Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507), Hermann Krüsi (1775–1844, ⇒ Nr. 588), Jean François/Franz Barraud (1777–1830, ⇒ Nr. 987) und Johann Christoph Buss (1776–1855, ⇒ Nr. 582) gemeint sein, die seit November 1804 mit Pestalozzi in Yverdon arbeiteten. F r i s c h i n g : Gabriel Friedrich von Frisching (1762–1844) ⇒ Nr. 650 T r e c h s e l : Friedrich Trechsel (1776–1849) ⇒ Nr. 1184 mein Weib: Margaretha von Fellenberg-von Tscharner (1778–1839) ⇒ Nr. 451 meine Kinder: Wilhelm Tell (1798–1880, ⇒ Nr. 680), Friedrich Rudolf (1800– 1834, ⇒ Nr. 680), Elisabeth Charlotte (1801–1875, ⇒ Nr. 680), Emanuel Emil (1802–1806, ⇒ Nr. 680) und Elisabeth Olympia (1804–1870, ⇒ Nr. 680) Sansculottismus: Mit dem Begriff «Sansculotten» wurden während der Französischen Revolution die Pariser Arbeiter und Kleinbürger bezeichnet, die sich politisch für eine Volksherrschaft einsetzten. Sehr bald erhielt der Begriff aber auch eine pejorative Färbung, hier etwa dürfte «Gesetzlosigkeit» bzw. «Eigentumsraub» gemeint sein. Armenschule: ⇒ Nr. 680 Iferten: dt. Name für Yverdon L a h a r p e : Frédéric César de Laharpe (1754–1838) ⇒ Nr. 722 C o l o m b : Jean Etienne/Georges Collomb (1767–1826) war zunächst Kaufmann in Bern und hatte seine drei Kinder als Zöglinge in Pestalozzis Institut in Yverdon untergebracht. Im Auftrag Pestalozzis verhandelte er mit Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 431) über die wirtschaftlichen Details nach der Auflösung des Instituts von Münchbuchsee und wurde anschliessend 1806 in Yverdon zum Geschäftsführer ernannt. Nachdem er von dieser Funktion 1808 zurücktrat, arbeitete er zeitweise für Fellenberg in Hofwil. Anschliessend wechselte er 1814 in den Postdienst in Lausanne, wo er bis zu seinem Tod arbeitete. C h a v a n n e s : Daniel-Alexandre Chavannes (1765–1846) ⇒ Nr. 661 v . T ü r k : Wilhelm Christian von Türk (1774–1846) ⇒ Nr. 653 S e c r e t a n : Philippe Secrétan (1756–1826) ⇒ Nr. 624 G r u n e r : Gottlieb Anton Gruner (1778–1844) ⇒ Nr. 611 E w a l d : Johann Ludwig Ewald (1748–1822) ⇒ Nr. 529 I t h : Johann Samuel Ith (1747–1813) ⇒ Nr. 650 K u h n : Bernhard Friedrich Kuhn (1762–1825) ⇒ Nr. 607 S c h n e l l : Johannes Schnell (1751–1824) ⇒ Nr. 504 Urechts: Heinrich Wilhelm Urech ⇒ Nr. 750 zwei Geschäftsmänner: konnten nicht näher bestimmt werden

138 798. Jean Henri Samuel Sterchi 1. Dezember 1805 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB V, S. 105.5 Sacherklärung I./II.

Jean Henri Samuel Sterchi (1760–1819) steht als junger Offizier zunächst in französischen Diensten, bevor er als Leutnant in die Schweizer Armee eintritt und in der Helvetik als Delegierter seiner Heimatorte Morges und Echichens in der Assemblée Provisoire für die Unabhängigkeit des Kantons Waadt vom Kanton Bern kämpft. Mit der Reorganisation der Waadt im Jahr 1803 übernimmt Sterchi bis zu seinem Tod verschiedene politische Führungsämter, amtet als Strassen- und Brückenbauinspektor und ist Offizier der waadtländischen Miliz. 1795 heiratet er Jeanne Susanne Muret (1768–1803) aus Morges. Das Paar bekommt fünf Kinder: Susanne (*1796), François Henri (1797–1883), Louise (*1799), Jean Henri Samuel Louis (*1800) und Louis Henri (*1802). 1805 bis 1807 besucht Sterchis ältester Sohn François Henri Pestalozzis Institut, um 1809 der zweitgeborener, Jean Henri Samuel Louis.

799. Regierung des Kantons Waadt 4. Dezember 1805 5

10

15

Ayant fait lecture d’une lettre du C[itoy]en Pestalozzi datée d’Yverdon le 19. 9bre, dans la quelle ce Citoyen prie le Petit Conseil de nommer une Commission pour examiner les résultats de la méthode afin de se convaincre à quel point son introduction générale pourrait être convenable aux intérêts du Canton. Le Département a pensé que le gouvernement ne peut se refuser à témoigner l’intérêt qu’il prend à l’essai d’une méthode d’instruction nouvelle et à en examiner les résultats sans se livrer à aucun préjugé pour rencontre cette entreprise dont le but en soi est louable. En conséquence il a résolu de proposer au Petit Conseil d’envoyer à Yverdon un Membre du Petit conseil, et un membre du Conseil d’Education publique pour visiter l’établissement du C[itoy]en Pestalozzi et faire leur rapport au Petit Conseil à ce sujet. adopté, en designant le C[itoyen] Conseiller Couvreu, comme le M[onsieur] du Petit-Conseil le C[itoyen] Professeur Pichard comme le membre du Conseil d’Education qui auront cette mission et en ajoutant à la Députation les CC[itoyens] Henri Monod et Chavannes, membres du Grand-Conseil.

139 Überlieferung 1 5

Archives cantonales vaudoises, K XIII, 226 Copia Textkritik

Zeuge h Sacherklärung I. Regierung des Kantons Waadt ⇒ Nr. 667 II. ⇒ Nr.

791 III.

Z. 4 Z. 5

Z. 15

Z. 16

Z. 18 Z. 18

une lettre: PSB V, Nr. 1154 Commission: Die Kommission wurde am 6. Dezember 1805 auf Antrag des Département de Législation mit dem Auftrag eingesetzt, die Regierung ausführlich über das Schulmodell in Yverdon zu informieren. Das Institut wurde kurz nach Neujahr 1806 während mehrerer Tage besucht (Morf IV, S. 2). Laut Mitteilung der Allgemeinen Zeitung vom 1. März 1806 hatte die Kommission dem Waadtländer Regierungsrat vorgeschlagen, 3–4 junge Lehrkräfte in Yverdon auszubilden, denen zur weiteren Erprobung der Methode die ersten im Kanton vakant werdenden Stellen zugesprochen werden sollten. Am 2. April wurden der Regierung zwei zum Teil identische Berichte vorgelegt, der eine war von Daniel-Alexandre Chavannes (1765–1845, ⇒ Nr. 661), der andere von Henri Monod (1753–1833, ⇒ Nr. 624) verfasst worden. Obwohl in beiden Schreiben etliche positive Würdigungen festgehalten sind, wurde von einer sofortigen Übertragung der Methode auf das kantonale Schulsystem abgeraten. Da jedoch auch über eine Entsendung von Junglehrern nichts bekannt ist, ist davon auszugehen, dass die Regierung das Vorhaben nicht mehr weiter verfolgt hat. Couvreu: Daniel Emmanuel Couvreu (de Deckersberg) (1756–1831) kehrte nach dem Besuch der Schule in Aarwangen (Kt. Bern) nach Vevey (Kt. Waadt), seinem Bürgerort, zurück. 1789–1798 war er Chorrichter, 1798 Tagsatzungsabgeordneter und 1799 erster Präsident der Gemeinde Vevey, später Richter des Kantons Waadt und Friedensrichter des Bezirks Vevey und syndic (Bürgermeister) von Vevey. Couvreu nahm 1803– 1806 Einsitz im Kleinen Rat und war 1803–1830 Mitglied des Grossen Rats. Pichard: (Francois-Ferdinand) Gabriel Pichard (1753–1809) wurde 1777 zum Pastor geweiht. Er war Professor für Theologie an der Académie de Lausanne, der er von 1805–1809 als Rektor vorstand. Monod: Henri Monod (1753–1833) ⇒ Nr. 624 Chavannes: Daniel-Alexandre Chavannes (1765–1846) ⇒ Nr. 661

140 800. Johann Heinrich Tschudy Dezember 1805 [Reg.] Tschudy diskutiert die berufliche Zukunft seines Schwagers.

Überlieferung 1

PSB V, S. 118.30ff. Sacherklärung I.

Johann Heinrich Tschudy (1779–1841) ⇒ Nr. 796 II. Wie aus dem Antwortbrief Pestalozzis vom 7. Januar 1806 (PSB V, Nr. 1183) ersichtlich wird, hatte Johann Heinrich Tschudy (1779–1841, ⇒ Nr. 796) zwei Briefe geschrieben, bevor Pestalozzi antwortete. Es ist deshalb anzunehmen, dass Tschudy hier sein Anliegen vom November 1805 (⇒ Nr. 796) nochmals wiederholt. III. Z. 4

Schwagers: Fridolin/Friedrich/Frédéric Zwicky (1794–1846) ⇒ Nr. 795

801. Daniel Louis Frossard de Saugy 17. Dezember 1805 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB V, S. 116.5 Sacherklärung I.

Daniel Louis Frossard de Saugy (1752–1808) war in Russland Oberstleutnant und Hofrat, bevor er 1794 das Genfer Bürgerrecht erhielt und zwischen 1798 und 1801 als Senator der Helvetischen Republik fungierte. Seine drei Söhne Jules (1795–1869, ⇒ Nr. 793), Louis (1796–1853) und Alexander (1791–1880) waren Zöglinge in Münchbuchsee und Yverdon.

141 802. Georg Franz/Franz Georg Hofmann Dezember 1805 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB V, S. 98.10 Sacherklärung I.

Georg Franz/Franz Georg Hofmann (um 1765–1838) aus Burrweiler (Rheinland-Pfalz) zieht nach seiner Tätigkeit als Privatlehrer in Mannheim als Anhänger der pfälzischen Jakobiner nach Frankreich und 1799 in die Schweiz. Dort steht er bis 1802 als erster deutscher Redaktionssekretär im Dienst der Helvetischen Regierung und wird anschliessend Lehrer für Philosophie und Rhetorik sowie Vorsteher der Kantonsschule in Aarau, die er 1804 nach Differenzen mit dem neuen Rektor Ernst August Evers (1779–1823, ⇒ Nr. 1081) verlässt. Von 1806 bis 1810 arbeitet er an Pestalozzis Institut in Yverdon und bemüht sich dort um die finanzielle Konsolidierung. Nach einem Aufenthalt in Rom leitet er die Pestalozzi-Schule in Neapel, die 1816 im Zuge restaurativer Politik geschlossen wird. Hofmann gründet daraufhin 1818 ein Töchterinstitut in Pest (Ungarn) und übernimmt 1823 ein Milchwirtschaftsbetrieb in Wien.

803. Heinrich Notz Dezember 1805 [Reg.] Notz empfiehlt Pestalozzi eine Bekannte für eine Stelle im Institut.

Überlieferung 1

PSB V, S. 105.30ff. Sacherklärung I.

Heinrich Notz (1775–1826) führt seit 1803 zusammen mit seinem Vater, Hans Caspar Notz (1752–1827, ⇒ Nr. 463) eine Seidenweberei in Zürich-Fluntern, die 1824 geschlossen wird. Anschliessend betreibt er bis zu seinem Tod eine Bierbrauerei. II. Pestalozzi ist mit der Familie Notz entfernt verwandt. Während des Ancien Régimes war er Inhaber einer gemeinsamen Fabrik in Fluntern (heute Stadtteil von Zürich), da Hans Caspar Notz (1752–1827, ⇒ Nr. 463) wegen Gläubigerforderungen nicht mehr geschäftsfähig war.

142 III. Z. 4

Bekannte: Es ist unklar, wer damit gemeint sein könnte.

804. Andreas Konrad/Conrad Peter Graf zu Rantzau Ende 1805 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB V, S. 113.25f. Sacherklärung I.

Andreas Konrad/Conrad Peter Graf zu Rantzau (1773–1845) tritt nach seinem Jurastudium in Kiel und Göttingen 1797 als Kammersekretär in die Dienste von Georg I. Friedrich Karl Herzog von Sachsen-Meiningen (1761–1803), kehrt jedoch 1801, während des dänisch-englischen Konflikts, in seine Heimat zurück, um dem regierenden dänischen Kronprinzen Friedrich VI. (1768–1839) seine Hilfe anzubieten. 1802 wird er nach seiner Erbschaft der Herrschaft Breitenburg, des grössten Privatbesitzes in den Herzogtümern Schleswig und Holstein, ausserordentliches Mitglied der Landkommission und einflussreiches Mitglied der Ritterschaft. Trotz verschiedener Ämter am Kopenhagener Hof Friedrichs VI. ab 1813 hegt Konrad Graf zu Rantzau kaum politische Karriereambitionen, verbleibt häufig auf seinem Gut oder geht auf europäische Bildungsreisen.

805. Johannes Tobler Ende 1805 5

[Reg.] Johannes Tobler erkundigt sich, ob Pestalozzi seinen Bruder Hans Martin zum Lehrer ausbilden würde.

Überlieferung 1

PSB V, S. 114.20ff. Sacherklärung I.

Vermutlich handelt es sich bei dem Absender um Johannes Tobler (1771–1820/29). Er vertritt 1804 als Anwalt die Angeklagten im Prozess um den Bockenkrieg, einem Aufstand der Landgemeinden gegen die Restituierung der Stadtzürcher Herrschaft. Seit 1805 ist er Kantonsfürsprech in Zürich und stirbt als Schriftsteller in München.

143

III. Z. 4

Hans Martin: Hans Martin Tobler (1781–1813) besuchte als erwachsener Zögling Yverdon, wurde aber wegen undiszipliniertem Lebenswandel und labilen Charakters als für den Lehrberuf ungeeignet bezeichnet (PSB V, S. 128ff.). Anschliessend arbeitete Tobler als Schriftsetzer in München.

806. Christian Dybeck Anfang 1806 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB V, S. 123.22 Sacherklärung I.

Christian Dybeck (1755–1831), Besitzer einer Zuckerfabrik in Stockholm, schickt 1804 seinen gleichnamigen Sohn (1783–1823, ⇒ Nr. 732) nach Yverdon. Ausstehende Zahlungen und der fehlende Lernerfolg des Sohnes führen zu einem Konflikt zwischen Dybeck und Pestalozzi, der durch den Weggang des Sohnes 1806 aufgelöst wird.

807. Johan Henrik Anton Torlitz Januar 1806 [Reg.] Torlitz teilt mit, dass er möglicherweise wieder nach Yverdon komme.

Überlieferung 1

PSB V, S. 136.29ff. Sacherklärung I.

Johan Henrik Anton Torlitz (1777–1834) ⇒ Nr. 629 II. Johan Henrik Anton Torlitz (1777–1834, ⇒ Nr. 629) hielt sich 1803 als dänischer Eleve in Burgdorf auf und arbeitete anschliessend als Lehrer an der Probeschule in Kopenhagen. Da diese 1806 geschlossen wurde, hatte Torlitz wohl einen Wechsel nach Yverdon in Betracht gezogen, entschied sich dann aber für eine Hauslehrerstelle in Russland.

143

III. Z. 4

Hans Martin: Hans Martin Tobler (1781–1813) besuchte als erwachsener Zögling Yverdon, wurde aber wegen undiszipliniertem Lebenswandel und labilen Charakters als für den Lehrberuf ungeeignet bezeichnet (PSB V, S. 128ff.). Anschliessend arbeitete Tobler als Schriftsetzer in München.

806. Christian Dybeck Anfang 1806 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB V, S. 123.22 Sacherklärung I.

Christian Dybeck (1755–1831), Besitzer einer Zuckerfabrik in Stockholm, schickt 1804 seinen gleichnamigen Sohn (1783–1823, ⇒ Nr. 732) nach Yverdon. Ausstehende Zahlungen und der fehlende Lernerfolg des Sohnes führen zu einem Konflikt zwischen Dybeck und Pestalozzi, der durch den Weggang des Sohnes 1806 aufgelöst wird.

807. Johan Henrik Anton Torlitz Januar 1806 [Reg.] Torlitz teilt mit, dass er möglicherweise wieder nach Yverdon komme.

Überlieferung 1

PSB V, S. 136.29ff. Sacherklärung I.

Johan Henrik Anton Torlitz (1777–1834) ⇒ Nr. 629 II. Johan Henrik Anton Torlitz (1777–1834, ⇒ Nr. 629) hielt sich 1803 als dänischer Eleve in Burgdorf auf und arbeitete anschliessend als Lehrer an der Probeschule in Kopenhagen. Da diese 1806 geschlossen wurde, hatte Torlitz wohl einen Wechsel nach Yverdon in Betracht gezogen, entschied sich dann aber für eine Hauslehrerstelle in Russland.

144 808. Johann Heinerich/Heinrich Gräff 13. Januar 1806 5

[Reg.] Gräff zeigt die Sendung eines kleinen Pakets an und bestellt 600 Exemplare Buchstabierbücher sowie 100 Beilagen.

Überlieferung 1

PSB V, S. 121.26ff. Sacherklärung I.

Johann Heinerich/Heinrich Gräff (1765–1827) ⇒ Nr. 678 III. Z. 4 Z. 5 Z. 5

Pakets: Es ist unklar, was dieses Paket enthalten hat, es dürfte sich aber um ein Bücherpaket gehandelt haben. Buchstabierbücher: Johann Heinrich Pestalozzi: Anweisung zum Buchstabieren- und Lesenlernen. Bern 1801 (PSW XIII, S. 133–174) Beilagen: Die Beilagen der Anweisung waren auf Karton aufgezogene, gross gedruckte Buchstaben und das Dreyfache ABC (PSW XIII, S. 142). Dieses enthielt die deutsche und die lateinische Schrift (PSW XIII, S. 145).

809. Schulrat des Kantons Thurgau 30. Januar 1806 an H[err] Pestaloz. 5

10

15

den 30. Jan. [1806] Ich soll Ihnen im Namen des Schulrathes anzeigen wie sehr denselben ihr leztes Schreiben den jungen Meier betreffend gefreüt hat, indem er dadurch in allen Hofnungen aufs neüe bestärkt wurde, welche er von diesem Jüngling gehoft hatte. Die Aussicht einstens einen solchen Lehrer zur Einführung ihrer Methode, von derren Werth und Nuzen der Schulrath vollkommen überzeügt ist, zu bekommen ist ihm sehr angenehm, aber ein nicht geringeres Zeugniss ist es für ihn glauben zu dürfen, dass der Jüngling seinem wakeren Lehrer selbst zur Freüde sey, und er seine schäzbare Freündschaft durch Fleiss und gutes Betragen sich für die Zukunft erwerbe. Angelegentlich soll ich Ihnen dan aufs neüe Meiern emp-

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20

fehlen und Sie zugleich der dankbaren Achtung des Schulrathes versichern. Die Rechnung von Liv[res] 160.12 habe an H[er]r Scherb l[au]t anvies berichtiget, und er wird Ihnen dafür Rechnung tragen.

Überlieferung 1 5

StA Thurgau, Missiven-Buch des engern Schulrathes, Nr. 47650 Copia Textkritik

Zeuge [h] Sacherklärung I. Schulrat des Kantons Thurgau ⇒ Nr. 766 II. Am 16. September 1805 wurde vom Schulrat des Kantons Thurgau offiziell beschlossen, einen jungen Mann zur Ausbildung nach Yverdon zu schicken (⇒ Nr. 775). Am 21. September hatte Pestalozzi sich mit dem Plan einverstanden erklärt (PSB V, Nr. 1110) und am 15. Oktober hatte er die Ankunft Caspar Meiers (⇒ Nr. 776) bestätigt (PSB V, Nr. 1121). Am 15. Januar 1806 äusserte er sich sehr positiv über Caspar Meier (PSB V, Nr. 1184) und wies auf den Beginn des zweiten Vierteljahres von dessen Aufenthalt hin, was die Geldanweisung notwendig machte. III. Z. 7 Z. 7 Z. 19 Z. 20

ihr leztes Schreiben: PSB V, Nr. 1184 Meier: Caspar Meier ⇒ Nr. 776 Scherb: Damit dürfte Jakob Christoph Scherb (1736–1811, meint sein. anvies: Anweisung (mdl.)



Nr. 297) ge-

810. Daniel Benjamin Rapin Februar 1806 [Reg.] Rapin will das Institut besuchen, um sich mit der Methode bekannt zu machen.

Überlieferung 1

PSB V, S. 135.4ff.

146 Sacherklärung I. Hier ist vermutlich Daniel Benjamin Rapin (1760–nach 1810) gemeint. Er ist mit Jeanne-Rose Detrey (1761–1823) verheiratet, von 1788 bis 1810 Notar in Payerne (Kt. Waadt) und Mitglied des Gemeinderats. 1798 wird er Richter beim Kantonsgericht Fribourg. Seine vehemente öffentliche Opposition 1803 gegen die Rückverlegung der Bezirke Payerne und Avenches von Fribourg in den Kanton Waadt verursacht heftige Proteste, in deren Folge Rapin, von 1808 bis 1810 Abgeordneter des Rates von Grancour (Kt. Waadt) und gemeindlicher Vermögensverwalter, bei einem Attentatsversuch auf ihn den Angreifer erschiesst und trotz juristischen Freispruchs ins Ausland auswandert.

811. Sozietät für die gesammte Mineralogie zu Jena 16. Februar 1806 Jena d[en] 16 t[e]n Febr[uar] 1806. Die von dem Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn Herrn Carl August, Herzogen zu Sachsen Weimar u[nd] Eisenach etc. gnädigst sanctionirte Societät für die gesammte Mineralogie zu Jena, urkundet durch gegenwartiges DIPLOM dass sie den Herrn Pestallozzy zu Zürich zu ihrem Ehren Mitgliede ernannt hat. von Balo Secretär von Göthe Präsident. von Trebra, V[ize] P[räsident] D[oktor] Jo[hann] Georg Lenz, Director.

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Überlieferung 1 2 3 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 200/2,7 Blatt, 310x195 mm, gedruckte Figurenrandung eigenhändige Unterschriften, ganzer Brief in lateinischer Schrift Datum am Schluss Original

147 Textkritik Zeuge H Sacherklärung I. Die Sozietät für die gesammte Mineralogie zu Jena wird 1796 als eine der ersten geowissenschaftlichen Vereinigungen weltweit ins Leben gerufen, nachdem 1779 Karl August, Grossherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach (1757–1828, ⇒ Z. 6) auf Anraten des Medizinprofessors Justus Christian Loder (1753–1832) und seines Geheimrats Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832, ⇒ Z. 16) das Naturalienkabinett des Jenaer Philosophieprofessors Johann Immanuel Walch (1725–1778) erworben und mit Sammlungsbeständen aus Weimar zusammengelegt hatte. Auf den 1780 angestellten Betreuer der Sammlung, Johann Georg Lenz (1745–1832, ⇒ Z. 18), geht die Entstehung der Sozietät massgeblich zurück. Lenz erweitert die Sammlung, so dass sie um 1820 als eine der grössten und berühmtesten in Europa gilt. Zur erfolgreichen Entwicklung der Mineralogie tragen auch die zunächst 19, rasch zahlreichen internationalen SozietätsMitglieder bei, indem sie Eigenfunde oder ganze Mineral- und Gesteinssuiten der Sammlung überlassen. Ab 1803 amtiert Goethe annähernd dreissig Jahre als Präsident dieser Sozietät. II. Nach den Statuten der Sozietät kann sie Ordentliche und Korrespondierende Mitglieder sowie Ehrenmitglieder ernennen. In ihrer Blütezeit von 1797 bis 1832 sind 2500 Mitglieder verzeichnet, wobei die zehnjährige Gründungsphase bis 1806 durch eine Ernennungswelle gekennzeichnet ist. Neben namhaften Geowissenschaftlern und Naturforschern treten auch Schriftsteller, Maler, Pfarrer und Lehrer oder ganze Gesellschaften der Sozietät bei. Bezüge zur Schweiz gab es vor allem durch das Gründungsmitglied Heinrich Rudolf Schinz (1777–1861), Mediziner, Lehrer und Zoologe aus Zürich, dessen Vater Johann Rudolf Schinz (1745–1790, ⇒ Nr. 236) ein Jugendfreund Pestalozzis war. Ob ihm die Ehrenmitgliedschaft Pestalozzis zu verdanken ist, ist unklar, auch bleibt ungewiss, wer allenfalls sonst dafür verantwortlich sein könnte. III. Z. 6

Z. 14

Carl August: Karl August, Grossherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach (1757–1828) etablierte während seiner 53jährigen reformfreudigen, aufgeklärt-absolutistischen Regentschaft, in deren Folge 1816 die erste deutsche, relativ liberale landständische Verfassung in Kraft trat, Weimar als Mittelpunkt der Klassik. Zu diesem Kreis gehörten Johann Wolfgang von Goethe (1749–1831, ⇒ Z. 16), Johann Gottfried von Herder (1744–1803, ⇒ Nr. 833) und Johann Christoph Friedrich von Schiller (1759–1805, ⇒ Nr. 427) und Jena als philosophisches Zentrum mit Johann Gottlieb Fichte (1762– 1814, ⇒ Nr. 1039), Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831), Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (1775–1854, ⇒ Nr. 1136) und den Brüdern August Wilhelm von Schlegel (1767–1845, ⇒ Nr. 891) und Karl Wilhelm Friedrich von Schlegel (1772–1829). Durch Carl Augusts aussenpolitische Anlehnung an Preussen und Russland erreichte er 1815 auf dem Wiener Kongress die Erhebung seines kleinen Herzogtums zum Grossherzogtum. Balo: Samuel von Balo (†1814) war «beständiger auswärtiger Secretär der Siebenbürgischen Nation» der Sozietät für die gesammte Mineralogie zu Je-

148

Z. 16

Z. 17

Z. 18

na (⇒ Sacherklärung I.) und bis zu seinem Tod Rektor der Schule in Orastie (Siebenbürgen, Rumänien). Göthe: Johann Wolfgang von Goethe (1749–1831) war Dichter, Naturwissenschaftler, Kunsttheoretiker, Staatsmann und der bekannteste Vertreter der Weimarer Klassik. Als Autor von Gedichten, Dramen und ProsaWerken gilt er als bedeutendster deutscher Dichter. Trebra: Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra (1740–1819), Geologe, arbeitete als Bergmeister in Marienberg (Sachsen), Berghauptmann in Clausthal (Niedersachsen), stand schliesslich ab 1801 als Oberberghauptmann an der Spitze des sächsischen Bergbaus in Freiberg und nahm ein Jahr später als Freund und Berater Johann Wolfgang von Goethes (1749– 1831, ⇒ Z. 16) und Grossherzog Karl Augusts (1757–1828, ⇒ Z. 6) die Stelle des Vize-Präsidenten der mineralogischen Sozietät (⇒ Sacherklärung I.) an. Lenz: Johann Georg Lenz (1745–1832) wurde als promovierter Theologe mit naturgeschichtlichem Interesse auf Betreiben Johann Wolfgang von Goethes (1749–1831, ⇒ Z. 16) 1780 wissenschaftlicher Betreuer der mineralogischen Sammlung und initiierte, nach der Veröffentlichung zahlreicher Fachbücher und seiner Ernennung zum ersten Professor für Mineralogie an der Universität Jena 1794, wo er bis zu seinem Tod lehrte, zwei Jahre später massgeblich die Gründung der Sozietät (⇒ Sacherklärung I.), als deren Direktor er zahlreiche Mitglieder warb und europaweites Ansehen genoss.

812. François Malardeau 19. Februar 1806 5

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A Monsieur Monsieur Pestalozzi, Directeur d’un Etablissement d’éducation à Yverdon Près Lausanne à Yver don / E n Suisse Marmande d’arrondissement du département de Lot-et-Garonne Monsieur La haute réputation dont jouit votre établissement d’éducation, me fait désirer, depuis quelque tems, qu’il vous soit agréable, d’y admettre, comme élève, mon fils, âgé de 12 ans et demi qui, toujours a resté auprès de moi, et à qui, comme je l’ait çu, j’ai appris à lire, écrire et calculer. Si cette admission peut vous convenir, vous voudrez bien m’en faire connaitre la condition le plutôt possible. De mon côté, je vous fixerai, invariablement, sur le dégré de confiance que je dois vous inspirer

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J’ai l’honneur d’être avec une respectueuse considération, Monsieur Votre très-humble et très obéissant Serviteur C[onseiller] Malardeau No[tai]re à marmande, rue du perron No. 127 P.S. Si vous avez quelques éleves de ce Département ou de ceux de la Gironde ou Dordogne, vous voudrez bien m’en donner les noms.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 53/54, Umschlag 198/1 Bogen, 185x246 mm Siegelspuren, Poststempel, Dorsualvermerk Marmande Dép. de Lot-et Garonne Malardau Not[ai]re Rue du Perron N° 127. r[eçu] le 19 fevrier le 21 dét[aché] Original Textkritik

Zeuge H Sacherklärung I. François Malardeau (ca. 1758–1845), geboren in Castelnau sur Gupie, wirkt als Notar in Marmande, Saint Bazeille und Castelnau sur Gupie (alle Aquitaine). 1807–1813 ist er Conseiller (Gemeinderat) von Marmande. Aus der Ehe mit Marie Sarazzin (ca. 1764– 1821) lassen sich die Kinder Catherine (ca. 1780–1797), Henriette (1782–1837) und Henriette (1787–1812) nachweisen. III. Z. 14

mon fils: Der ca. 1794 geborene Sohn konnte in den Akten der Aufenthaltsorte, die von der Familie Malardeau bekannt sind, nicht ermittelt werden.

150 813. Baron Gotthard Ernst von Derschau Februar/März 1806 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB V, S. 144.27 Sacherklärung I.

Baron Gotthard Ernst von Derschau (1769–1836), Gutsbesitzer von Gross- und KleinBojen in Kurland (Lettland), amtet 1796–1797 als Assessor des Kreisgerichts in Hasenpoth (Aizpute, Lettland), nimmt als Kirchspieldeputierter an mehreren Landtagen teil und arbeitet seit 1812 als Kirchenvisitator in der kurländischen Region Semgallen. Zusammen mit Peter Ernst von Keyserling veröffentlicht er 1805 die Beschreibung der Provinz Kurland. Nach Anleitung der unter allerhöchstem Schutz Seiner kaiserlichen Majestät von Einer freien ökonomischen Gesellschaft zu St. Petersburg im Jahre 1802 angefertigten Entwurf. Im Zuge der Neuordnung des russischen Bildungswesens in sechs Lehrkreise – das heute zu Lettland gehörige Kurland zählt seit 1795 als «deutsche Provinz» zu Russland – plädiert von Derschau 1798 und 1800 als Deputierter des piltenschen Kreises in der Kommission zur Errichtung einer Universität vergeblich für den Hochschulstandort Piltene (Lettland); Dorpat (Tartu, Estland) wird als Universitätsstadt vorgezogen. II. Im Sommer 1804 scheint Pestalozzi einen Ruf an die Universität in Dorpat erhalten zu haben, den er jedoch ausschlägt (vgl. PSB IV, Nr. 975; ⇒ Nr. 672). Auch von Derschau versucht – gleichfalls vergeblich – Pestalozzi für Kurland zu gewinnen, reist nach Yverdon und interessiert sich für die Unterrichtsmethode Pestalozzis.

814. Christian Dybeck Frühjahr 1806 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB V, S. 149.4f.

151 Sacherklärung I. Christian Dybeck (1755–1831) ⇒ Nr. 806

815. Friedrich Wilhelm Lindner Winter/Frühjahr 1806 5

[Reg.] Lindner verfasst einen Brief an Pestalozzi, möglicherweise im Zusammenhang mit der Aufnahme in die Gesellschaft deutscher Armenfreunde.

Überlieferung 1

PSB V, S. 152.3 Sacherklärung I.

Friedrich Wilhelm Lindner (1779–1864) aus Thüringen lehrt seit 1808 an der Universität Leipzig, zunächst als ausserordentlicher Professor für Philosophie, später als ausserordentlicher Professor für Pädagogik und Katechetik an der Theologischen Fakultät. Lindner ist ab 1812 Ehrenmitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Erziehung (⇒ Nr. 1012) in Lenzburg und verfasst zahlreicher Schriften, darunter auch Lehrbücher. III. Z. 5

Gesellschaft deutscher Armenfreunde: Die 1804 gegründete Gesellschaft hatte sich zum Ziel gesetzt, über die jährliche Publikation von Aufsätzen zu Themen rund um das Armenwesen und einem daraus zu gewinnenden Fonds die Situation Notleidender praktisch zu verbessern. Im Sommer 1805 trat sie mit einer in verschiedenen Journalen abgedruckten Rechenschaft und Ankündigung an die Öffentlichkeit. Die über ganz Deutschland verstreuten Mitglieder des Vereins wollten laut dieser Anzeige vorerst ungenannt bleiben; ein Zentrum der Gesellschaft scheint aber in Leipzig gelegen zu haben, wo 1806 der angekündigte erste Band der Gesellschaft, Das Armenwesen in Abhandlungen und historischen Darstellungen, verlegt wurde. Der Umstand, dass zahlreiche in diesem Werk erschienene Beiträge von Ludwig Lüders (1776–ev. 1822, ⇒ Nr. 816) verfasst wurden, lässt zudem darauf schliessen, dass dieser eine treibende Kraft des Vereins war, über den und dessen Mitglieder nichts Genaueres bekannt ist, da entgegen aller Ankündigungen dem ersten keine weiteren Bände folgten und damit anzunehmen ist, dass die Gesellschaft nach 1806 keinen Fortbestand hatte.

152 816. Ludwig Lüders Winter/Frühjahr 1806 5

[Reg.] Lüders verfasst einen Brief an Pestalozzi, möglicherweise im Zusammenhang mit der Aufnahme in die Gesellschaft deutscher Armenfreunde.

Überlieferung 1

PSB V, S. 152.3f. Sacherklärung

I. Ludwig Lüders (1776–ev. 1822) ist Mathematiker und stammt vermutlich aus Hannover. Er arbeitet als Sekretär des Fluss- und Strassendepartements im Herzogtum Sachsen-Altenburg, ist anschliessend Kammerarchivar und Kammersekretär des gothaischen Rates in Altenburg. 1806 veröffentlicht er Gedanken über Armenversorgung sowie 1809 die Geschichte der Mathematik bey den alten Völkern. III. Z. 5

Gesellschaft deutscher Armenfreunde: ⇒ Nr. 815

817. Wilhelm Christian von Türk März 1806 [Reg.] Von Türk meldet seine Verlobung.

Überlieferung 1

PSB V, S. 141.17ff. Sacherklärung I.

Wilhelm Christian von Türk (1774–1846) ⇒ Nr. 653 III. Z. 4

Verlobung: Wilhelmine Amalie von Türk-von Buch (1784–1850), aus einer altpreussischen Adelsfamilie stammend, folgte ihrem Mann trotz Vorbehalten ihrer Eltern und starkem Heimweh in die Schweiz und engagierte sich nach der Rückkehr nach Preussen in den 1830er-Jahren für Kleinkinderheime.

153 818. Andreas Konrad/Conrad Peter Graf zu Rantzau März 1806 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB V, S. 166.20ff. Sacherklärung I.

Andreas Konrad/Conrad Peter Graf zu Rantzau (1773–1845) ⇒ Nr. 804 II. Andreas Konrad/Conrad Peter Graf zu Rantzau (1773–1845, ⇒ Nr. 804) hatte seinen Sekretär, Johann Matthäus Schlesinger (1779–1859, ⇒ Nr. 1086), zu Pestalozzi zur Ausbildung geschickt. Dieser reiste an Ostern (6. April) 1806 von Yverdon ab. In dem nicht erhaltenen Brief dürfte Rantzau wohl seine Hoffnungen bezüglich der Lernfortschritte Schlesingers in der Methode und im Französisch zum Ausdruck gebracht haben.

819. François Malardeau 15. März 1806 5

A Monsieur Monsieur Pestalozzi, Directeur d’un Etablissement d’éduction a Yverdon Suisse Bordeaux Le 15 mars 1806

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Monsieur Voici, les renseignemens que vous me demandez par la Lettre que vous m’avez fait l’honneur de m’écrire le 20 fevrier dernier et qui de marmande, m’a été envoyée ici où quelqu’affaire de confiance me retient depuis quelques Jours. Je vous garantis les mœurs, l’honnetêté et la docilité de mon fils. Il est le moins repandu au dehors, de tous les enfans de la ville que j’habite, et le plus en relation avec les gens raisonnables. J’exerce la profession de notaire: mon fils l’exercera-t-il à son tour ou non? Je suis sans projet fixe à cet égard.

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Né de parens peu fortunés qui, par parenthèse tirent leur origine de votre patrie, mon éducation fut bornée à la seule pratique des affaires chez des notaires et des procureurs. Jusques là point d’instruction. J’en excepte, qui y suppléoit pour beaucoup, du moins quant aux mœurs, l’exemple d’un pere, notaire comme moi, et d’une mere, morte l’un à 81 ans, l’autre à 75, après avoir élevé neuf enfans. Le défaut de cette instruction, de ces premiers principes, m’a toujours donné des regrets que je ne voudrais point préparer à mon fils. Ainsi je désirerai qu’il connut sa langue assez méthodiquement qu’il apprit bien le Latin, qu’il suivit les mathématiques. Je tiens surtout au Latin. Si dans ces trois classes, qui n’y peuvent aller d’abord d’emblée, il était reconnu un gout et une perspicacité plus marquante dans l’une que dans les autres, les conseils alors, deviendraient ma boussole, comme il le seraient pour toute autre partie. Si mon fils vous est agréable, Monsieur, mon intention est qu’il vous appartienne, sans interruption, jusqu’à l’âge de 18 ans accomplie. Alors vos conseils seront ma boussole pour déterminer si ce doit être pour plus longtems. Au sortir de votre institut, il passera trois mois de vacance en famille, et en repartira pour suivre ses instructions dans L’etat où la profession à laquelle il aura été jugé le plus propre. À cet égard je ne me suis encore fait d’idée que pour un professions, avocat notaire ou négociant. Le génie germerait-il dans sa tête, alors on verrait si je suis bon pere. Je veux tout faire pour l’éducation de mon fils, me gener pour cela, sans cependant trop sortir de mes facultés, avec lesquelles, en tout et pour tout, il faut se tenir au rapport. Dureste, Monsieur, si vous admettes définitivement mon fils au nombre de vos éleves, il arrivera chez vous sans délai, avec moi peut-être, muni de certifficats de son médecin et de tous les chefs d’autorités constitués de la ville que J’habite. Un Général, mon ami, vous fera attester par M[onsieur] L’ambassadeur d’Helvétie et parmi des premiers présidens de vos Cour de Justice si ma famille peut être comptée parmi les gens de bien. J’ai l’honneur d’être avec respect Monsieur, Votre très-humble et obéissant serviteur C. Malardeau

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P.S. il me reste encore a vous prier de me dire quel sera le supplément de la pension pour le latin, et quel serait, a peu près, le prix des effets de Lit et autres (divers), L’argent de poche excepté pris en Suisse. Je désire aussi que mon fils s’applique à l’écriture par elle, un enfant borné se place toujours bien en France chez les négocians et les financiers.

Überlieferung 1 2 3 4 5

ZB Zürich Ms Pestal 52/53, Umschlag 198/2 Bogen, 185x246 mm fleckig Stempel P32P BORDEAUX, Siegelspuren, Dorsualvermerk Bordeaux 15 Mars 1806. Malardeau Notaire de Marmande r[eçu] le 23 Mars, le 29e dét[aché] Original Textkritik

Zeuge H Sacherklärung I. François Malardeau (ca. 1758–1845) ⇒ Nr. 812 II. ⇒

Nr. 812 III.

Z. 10 Z. 12 Z. 14 Z. 50

Z. 51

Lettre: scheint nicht erhalten zu sein marmande: Stadt im Département Lot-et-Garonne fils: Sohn Malardeau (*ca. 1794) ⇒ Nr. 812 Général: Damit könnte aus geografischen Gründen Jean-Girard Lacuée (1752–1841) oder Guillaume Joseph Nicolas de Lafon-Blaniac (1773– 1833) gemeint sein. Lacuée, comte de Cessac, war 1790 Generalstaatsanwalt, 1793 Brigadegeneral, 1807 Staatsminister und 1810 Kriegsminister. Lafon-Blaniac war 1806 Brigadegeneral, 1810 Gouverneur von Madrid und 1813 Divisionsgeneral. Eine persönliche Beziehung konnte aber nicht nachgewiesen werden. L’ambassadeur d’Helvétie: Sehr wahrscheinlich handelt es sich um Antoine Constantin de Maillardoz (1765–1832) aus Fribourg. Maillardoz war 1795–1798 und 1812–1831 Mitglied des Freiburger Grossrats. 1803– 1804 war er als ausserordentlicher Gesandter der Eidgenossenschaft bei Napoleon I. Bonaparte (1769–1821, ⇒ Nr. 580) und 1804–1814 als bevollmächtigter Minister in Paris tätig.

156 820. Johann Christian Ludvig Strøm und Johan Henrik Anton Torlitz Frühjahr 1806 5

[Reg.] Strøm und Torlitz fühlen sich zuwenig über den Fortgang des Instituts in Yverdon informiert.

Überlieferung 1

PSB V, S. 158.5f. Sacherklärung I.

Johann Christian Ludvig Strøm (1771–1859) ⇒ Nr. 629 Johan Henrik Anton Torlitz (1777–1834) ⇒ Nr. 629

821. Wilhelm Christian von Türk April/Mai 1806 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB V, S. 160.5 Sacherklärung I.

Wilhelm Christian von Türk (1774–1846) ⇒ Nr. 653

822. Johann Heinerich/Heinrich Gräff Mai 1806 5

[Reg.] Gräff schickt Pestalozzi einen Wechsel und teilt ihm seine Ansicht über das Journal mit.

157 Überlieferung 1

PSB V, S. 162.25ff. Sacherklärung I.

Johann Heinerich/Heinrich Gräff (1765–1827) ⇒ Nr. 678 II. Pestalozzi plante, ein Periodikum über Erziehung zu veröffentlichen. 1807 erschien die erste (und einzige) Nummer des Journals (⇒ Z. 5), im selben Jahr erschien auch die erste Ausgabe der Wochenschrift für Menschenbildung, die bis 1811 Bestand hatte.

III. Z. 5

Journal: Ansichten, Erfahrungen und Mittel zur Beförderung einer der Menschennatur angemessenen Erziehungsweise. Eine Zeitschrift in freyen Heften (PSW XVIIB, XIX)

823. Anna Pestalozzi-Schulthess 12. Mai 1806 Zürich den 12. May 6. 5

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Jezt will ich dir einen Brief lieber! durch Fr[au] Hohl parat halten, wiewol ich nicht weis wen u[nd] wie sie abgehen will – mich dünkt sie habe des Zaudernds viel, so dass sie dich wen du selbst gekommen wärest, länger als du gewünscht aufgehalten häte, der Knab gefällt mir nicht übel, er hat seit etlichen Jahren zu seinem Vortheil geändert; meiner gesundheit halber ist mir wieder ganz wol, allein ich habe selbst geglaubt, da das Häuslein gebauen war – lag Lazarus nieder u[nd] starb – nun, wen ich Leben mus so lobe ich gott dass ich nicht krank so lästig allen Menschen seyn mus wie ich ihm dann auch für so vieles nicht genug loben kann, so auch am meisten für die Hofnungen deren du einen Schimmer hast, den gott erfüllen wolle, dass du in deinem alter mit Ruhe gekrönt werdest – u[nd] mit Freüden auf dein Werk u[nd] Mühseligkeiten diesses Lebens herab sehen könnest – nur lege dir nicht Last mehr auf, als du ertragen kanst, ist meine herzliche Bitte; schon oft habe ich in mir selbst gedacht, wen wir nur einige 20zig weniger häten, auch in Betracht des häufigen güterlastes u[nd] N[eu]hoof, dan aber denke ich wieder es ist gut so. das keine Stunde wir weniger zehlen können, wir suchen uns eher zu entladen so viel möglich –

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Natur u[nd] Umstände fodern es – doch – warum diese Sprache? Darum lieber! weil es so unendlich viel gebraucht im Neühooff aufzuhelfen u[nd] die Sachen wie sie seyn sollten dort zu richten – aber davon einst mündlich – lassen wir wie du schon oft gesagt den Karren so gut möglich gehen, bis er mit 8 Pferden oder gar nicht gezogen wird – Siehe! lieber! ich möchte alles mit Sorgfalt thun, sonst würde ich nicht so reden – Lisebeth sagt das gleiche, nun einmal scheint es, wolle das Wetter günstig seyn, aber das gras giebt wenig Hofnung – Nun ist alles unterschrieben, u[nd] in Ordnung, weil ich jemand zur Besorgung hier haben mus, habe ich Schirmschreiber dazu erwaält, ich wollte dir gern die Sachen senden namlich die Schriften, aber ich hofe deine Reisse hieher werde später doch noch möglich werden, froh bin ich dass es ein Hindernis für diessen Moment nun gegeben das gestehe ich dir freymüthig, entweder häte es früher geschehen können, als jezt so hinten drein, u[nd] mit Fr[au] Hohl wärest du gewis nicht wolfeil davon gekommen indessen wünsche ich J[un]gf[e]r Barraüd gute Besserung – Hier sind Br[uder] Pf[arre]rs ungemein liebreich gegen mich, weder sie noch ich aber haben Lust, den wunderlichen Heinrich Bruder u[nd] seine noch wunderlichere Frau zu besuchen, er selbst ware auch nie über das Theilen zugegen – er wusste aber gut dass die Pvaffen par nature nichts dahinten lassen, darum er weislich seinen Tochterman u[nd] Frau gesandt, die dann bey allem geld oder hausrath gesprochen Papa wünscht das so – – wir dörfen nicht anders – kurz – es ist endlich alles im Frieden volendet aber nach genauem Umgang sehne ich mich nicht. Zwar wäre ich gerne nach Wäde[n]schw[eil] gegangen, um des Vetter Blatmans sowol als um der Einrichtung der Schuhle willen, aber ich mus mir schonen, u[nd] trachte nun bald wieder heim, auch um der jungen Frauen willen die künftigen Monat ihre Niederkunft erwartet – es gehet schnell – – – nicht wahr? indessen habe ich Blatman wegen seiner Mühe ein N[eu] L[ouis] d’or gesandt auch etwas dem Sohn in seiner Frauen Kindbeth, es hat mich gedünkt da man es ein wenig könne, so häte es lange schon geschehen sollen; ach! lieber! ich weis bisweilen nicht wie mir ist, nicht immer die Hände in allem gebunden zu haben, doch glaube nur das ich nicht um Eytelkeit oder für mich ausgaben mache, u[nd] genau berechne, wo es nothwendig, dann aber für meine gesundheit will ich hingegen nichts versäumen, ich danke dir für deine Liebe dass du es auch so willt; immer mus ich sagen wie alles so wunderbar hat kommen müssen. Pfarrers waren auch auf dem Troknen, u[nd] der august ist hier, u[nd] glaubt er seye

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nun einziger Sohn, es ist ein wunderbarer Mensch, ich möchte gern auch dein Urtheil über ihn haben, verkauffen verstands halber thäte er seine Eltern für Morgenbrod, aber was ihr ihm Kentnissen halber zutraut? darum habe ich auch die Herren gebäten, durchzusezen was er will konnte er von jugend auf. Neües wollte ich dir gerne schreiben, mehr oder minder förchtet man Franzosen. Häuser sind keine in dem Contre bande Geschäfft, als ein gewisses Meyer Haus u[nd] ein arter von Hotingen, also dass sie an den Zürichern deshalb keine handhaben haben können; allein wen sie kommen wollen oder sich der einträchtig, herzhafften Schweiz bemächtigen werden sie es immer thun, man spricht von einem französischen Gouverneur den Näpj uns geben werde; Du hast Besuche gehabt, von Zürichern – wirst sie aber einmal Usterj für schwache Köpfe erfunden haben, Pf[arre]r Bruner freüete mich dass er zu Eüch kamme, aber wie es seye, lassen sie deine Methode verhunzen, ich sollte ja villicht nicht als ein Schwaches Weibsbild so absprechen, aber so viel begreife ich hier doch nachdeme ich sehe sicher; dass es so ist, da man daneben viel für die Erziehung aller Ständen u[nd] geschlechter thut, Gessners Schuhle wird nun volends zur Töchterschuhle, u[nd] mit weiblicher arbeit verbunden; Rathsherr Gessner ist in Troggen sehr gefährlich krank geworden, dass die Söhne die auf einer Schweizerreise waren, eilend zurük u[nd] zu ihr beruffen würden, nun bessert es, siehe lieber! wie die alten Weiber so zähe; Mich sehnet herzlich nach der Zeit dich wieder zu sehen lieber Teürer! um über Klein u[nd] grosses zu reden, Gottlieb küsse mir, haltet ihn doch zu Fleis u[nd] Ordnung, er ist noch so ungeschikt u[nd] verzogen; villeicht schwach dabey, da bestimme ihn wozu seine Fähigkeiten es erlauben, aber immer an etwas, dass sein Leben er wen es jezt schon mehr aussicht hat durch diessen Fleis nicht müssig in etwas gründlichem kann durchgebracht werden ich kenne kein glüklicherer Zustand, als durch dies, dass man von niemand abhangen mus, u[nd] so schlecht u[nd] recht durch die Welt kommt, ein Gelehrter wird er scheints nicht werden, mir ist immer ich müsse von ihm auf diesse art reden, je mehr ich junge Leüte sehe, die so wenig dem entsprechen, was man aus ihnen haben wollte. – H[all]weil ist wieder ein trauriges Beyspiel – Karl will nun wieder umsattlen u[nd] von seinem Bruder das Land begehren um dass er es selbst übernemme, eine reiche gute Tochter die er vor einem Jahr von sich gestossen, die ihn so gern haben wollte, nun will er sie wieder, u[nd] glaubt in allen liederlichem leben so er seitdem gewandlet habe es nichts zu bedeüten – man fürchtet offt für sei-

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nen Kopf, Franz ist Leicht – doch horcht er auf guten Rath, alles dies kostet geld u[nd] gesundheit die gute Treüe Mutter, die es auch je länger je weniger ertragen mag; R[athsherr] Usterj ist immer kränklend wird wahrscheinlich es nicht auf ein hohes alter bringen, hallt die Welt ist Welt – Lieber! wol dennen die ihr Schiksaal mit gedult u[nd] ausharrung ertragen können. du wirst denken ich habe ein scheussliches gedamm, Nein das denkst du nicht – weil du immer liebest deine Nanne – die geschwisterte grüssen dich herzlich – villicht verreisse ich noch vor Fr[au] Hohl, die ich weil ich ausser der Stadt u[nd] nun sie darinnen wenig sehe – gott mit uns allen. Mitkommend 2 p[aar] Strümpf, ich habe mehr, aber daheim, wen du zu uns kommst, so kleide dich auch ordentlich ich bite dich – doch nichts von dem übersandten. – – – – – Dem Gottlieb häte gern auch etwas gesandt, wen ich in der Stadt wäre adieu – In N[euen]burg bezeigen sie sich gegen der neüen Regierung sehr unzufrieden u[nd] beherzt, ob es ihnen glüket mehr als andern die wiederstreben? ihr seyt näher u[nd] werdet die Vorfälle wissen – auch wird die Muralt sagen, dass ich das Vernügen hate ihre Mama unvermuthet hier zu sehen, welches mich unaussprechlich gefreüet, die Fr[au] Hohl brachte uns zusammen, u[nd] gestren lezeten wir auf uns blatten die dich auch sehr gerühret. Nachdem dies alles fix u[nd] fertig, verreisste Fr[au] Hohl noch 8 Tage nicht, da kame das schöne Wetter u[nd] ich ein wenig unter die Leüte, Gessners lassen dich zu vielen Mahlen grüssen, auch zu denen Lavatter leuten zu Fr[au] Schulthess u[nd] Fr[au] Schinz, die mich einladen liessen u[nd] in der Kutsche abholten. Fr[au] Schinz hat sich jntressiert für dich u[nd] deine Methode, so gar mich geschmält dass ich die Methode nicht noch erlernt. Ich sagte ich wäre zu alt. Nein freylich nicht, sagte sie, recht schnöd, u[nd] ihr Vatter H[err] Rathsherr lasse dich noch drucken soll grüssen; er zörne nicht mit dir wegen der änderungen der Dingen, denn du seyest selbst betrogen worden, da du Fr[au] Schinz immer gesagt, die Revolution hätte 15. Jahr später kommen sollen.

Sende noch für Gottlieb den Nanquin zu ein[em] Kleid. Habe ihn noch hier beyschliessen wollen, er soll Sorg dazu haben.

161 Recevez m[il]le fois de mon marj mes salutations. Mon cher Frére venéz donc bientot nous revoir. Nous le desirons ce plaisir dejas si long tem[p]s *

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ZB Zürich, Ms Pestal 54a, Umschlag 281/9 und 281/6 Bogen, 196x241 mm Datum am Schluss, Dorsualvermerk Mai 1806 Original Textkritik

Zeuge H Z. 23 Z. 23 Z. 25 Z. 26 Z. 33f. Z. 45 Z. 56 Z. 66 Z. 73 Z. 80 Z. 95 Z. 97 Z. 105 Z. 106 Z. 108 Z. 120 Z. 138 Z. 144 Z. 144 Z. 146–148

können, wir eher∫ im Neühooff∫ dort∫ ich Schirmschreiber die Pvaffen etwas∫ nun∫ an∫ zu Eüch∫ nicht müssig∫ als durch gestossen, die seitdem∫ Kopf, Franz Mitkommend 2 gar mich noch∫ ihn∫ fremde Hand Sacherklärung I.

Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 II. Nach der Auflösung des Instituts in Burgdorf hielt sich Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815, ⇒ Nr. 3) meist auf dem Neuhof, in Zürich oder auf dem Schloss Hallwyl auf, bis sie im Sommer 1807 definitiv nach Yverdon übersiedelte.

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Fr[au] Hohl: Es ist unklar, wer damit gemeint ist. Die in diesem Brief mehrfach erwähnte Frau Hohl war offenbar mit den Zürcher Verhältnissen und Familien vertraut, so dass anzunehmen ist, dass sie aus Zürich stammte. Zwar weilte Anfang 1807 eine Frau «Hol née Appenzeller» in Yverdon, die möglicherweise zürcherischen Ursprungs war – das Geschlecht «Appenzeller» ist seit dem 15. Jahrhundert in Zürich-Höngg ansässig und es sind auch Beziehungen zur Familie von Anna PestalozziSchulthess (1738–1815, ⇒ Nr. 3) nachgewiesen (vgl. PSB II, S. 370) –, in den Geburts-, Tauf- und Sterbebüchern konnte aber keine später mit einem Herrn Hohl verheiratete geborene Appenzeller gefunden werden. Knab: Damit ist möglicherweise Johann Ulrich Hohl gemeint, der zwischen 1809 und 1811 mit dem Vermerk «aus dem Kanton Zürich» im Schülerverzeichnis von Pestalozzis Institut figuriert. Nähere Daten konnten aber nicht eruiert werden. Lazarus: Damit dürfte Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815, ⇒ Nr. 3) auf die Geschichte von Lazarus im Johannes-Evangelium (Joh. 11,1–45) anspielen. Lazarus wurde von Jesus von den Toten auferweckt. im Neuühooff aufzuhelfen: Anna Magdalena Custer-Pestalozzi, geb. Frölich (1767–1814, ⇒ Nr. 547) übersiedelte nach ihrer Heirat mit Laurenz Jakob Custer (1765–1822, ⇒ Nr. 748) auf den Neuhof. Da sie nach dem Tod von Hans Jacob Pestalozzi (1770–1801, ⇒ Nr. 296) nach Burgdorf umgezogen war, ist zu vermuten, dass der Neuhof während dieser Zeit schlecht bewirtschaftet worden war und deshalb einige Investitionen anstanden. Lisebeth: Elisabeth Krüsi-Näf (1762–1836) ⇒ Nr. 594 Schirmschreiber: Damit dürfte wohl Salomon Paur (1771–1850) gemeint sein. Paur war Schirmschreiber, das heisst der Schreiber des Schirmvogtes. Der Schirmvogt beaufsichtigte im Auftrag der Gemeinde die Verwaltung der Vormundschaften. J[un]gf[e]r Barraüd: Suzanne/Suzette Barraud (*1779), die Schwester des bis 1807 in Münchenbuchsee und Yverdon tätigen Lehrers Jean François Barraud (1777–1830, ⇒ Nr. 987), stammte aus Essertines (Kt. Waadt), arbeitete als Polisseuse (Feinhandwerkerin) und seit 1805 bis 1814 zeitweilig anstelle der auf dem Neuhof aushelfenden Elisabeth Krüsi-Näf (1762–1836, ⇒ Nr. 594) als Haushälterin in Pestalozzis Institut in Yverdon, wo sie sich auch um die Erziehung ihres Neffen Louis (1798–1875) kümmerte. Br[uder] Pf[arre]rs: Damit ist die Familie von Johann Kaspar Schulthess (1744–1816, ⇒ Nr. 239) gemeint, einem engen Jugendfreund Pestalozzis und Bruder von Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815, ⇒ Nr. 3). Zu dieser Familie gehörten neben Susette Judith Schulthess-Motta (1744–1818, ⇒ Nr. 323) auch noch die vier Kinder Anna (Maria) Salome, genannt Nanette Halder-Schulthess (1773–1834, ⇒ Nr. 431), Karl Johann Jakob Schulthess (1775–1854, ⇒ Nr. 1551), Susette Scheler-Schulthess (1786–1835, ⇒ Nr. 736) und August Schulthess (1785–1846, ⇒ Z. 65). Heinrich Bruder: Hans Heinrich (Henry) Schulthess (1746–1812) ⇒ Nr. 48 Frau: Anna Barbara Schulthess-Locher (1754–1812) ⇒ Nr. 323 über das Theilen zugegen: Hans Jakob (Jacques) Schulthess (1739–1806, ⇒ Nr. 48) war am 12. Februar kinderlos verstorben und hatte kein Testament hinterlassen, so dass als nächste Verwandte Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815, ⇒ Nr. 3), Johann Kaspar Schulthess (1744–1816, ⇒ Nr. 239) und Hans Heinrich (Henry) Schulthess (1746–1812, ⇒ Nr. 48) ein beträchtliches

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Z. 53 Z. 55

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Erbe erhielten. Anna hatte nicht erwartet, als Erbin berücksichtigt zu werden, hatte der Verstorbene doch ihr und ihrem Mann 1778 aus finanziellen Schwierigkeiten geholfen, ohne sein Geld vollständig zurück zu erhalten. Tochterman: Als Schwiegersöhne von Hans Heinrich (Henry) Schulthess (1746–1812, ⇒ Nr. 48) kommen zwei Personen in Betracht. Schulthess war in erster Ehe mit Regula Hirzel (1741–1776, ⇒ Nr. 230) verheiratet, sie hatten zwei Töchter. Anna Schulthess (1774–1811) blieb ledig. (Maria) Elisabeth (1776–1842, ⇒ Nr. 521) heiratete den Messerschmied und Nagler Johann Jacob Hemmann (1775–1845), Sohn eines Kupferschmiedes aus Lenzburg. Aus Hans Heinrich Schulthess’ zweiter Ehe mit Anna Barbara Schulthess-Locher (1754–1812, ⇒ Nr. 323) starben drei Kinder nach wenigen Monaten, so dass hier nur Anna Barbara Schulthess (1779–1820, ⇒ Z. 46) in Frage kommt. Sie heiratete den Pfarrer Jakob Christoph Hug (1776– 1855, ⇒ Nr. 879). Dieser dürfte hier (als Pfarrer) wohl eher als Tochtermann in Frage kommen. Frau: Damit dürfte dann wahrscheinlich Anna Barbara Hug-Schulthess (1779–1820) gemeint sein. Nähere Angaben zu ihrer Person sind nicht bekannt. Vetter Blatmans: Es ist unklar, welcher Vetter aus der Familie Blattmann hier gemeint ist. Johannes Blattmann (1771–1854), der über seine Mutter Anna Blattmann-Hotz (1736–1807) mit der Familie von Pestalozzis Mutter Susanna Pestalozzi-Hotz (1720–1796, ⇒ Nr. 44) verwandt war, war Bauer, Weinhändler, Mitglied der Wädenswiler Lesegesellschaft und einer der neun Unterzeichnern des Projects zu Errichtung einer Pestaluzischen Lehranstalt vom 14. Oktober 1804. Er scheint aber eher nicht in Frage zu kommen, da er weder einen Sohn noch einen Enkel hatte, der im Mai 1806 zur Welt kam (⇒ Z. 56). Einrichtung der Schuhle: Mit Hilfe Johannes Niederers (1779–1843, ⇒ Nr. 507), der im Oktober 1805 Wädenswil (Kt. Zürich) besuchte, wurde am 14. Oktober 1805 das Project zur Errichtung einer Pestaluzischen Lehranstal t verfasst und von neun Gemeindehonoratioren unterzeichnet. Als Lehrer wurde Johann Jakob Schneider berufen (⇒ Nr. 940), der sich zuvor bei Pestalozzi in Yverdon aufgehalten hatte. Pestalozzi besuchte die Schule in Wädenswil im Oktober 1806. jungen Frauen: Anna Magdalena Custer-Pestalozzi, geb. Frölich (1767– 1814) ⇒ Nr. 547 seiner Mühe: Johannes Blattmann (1771–1854, ⇒ Z. 51) hatte als Säckelmeister der Wädenswiler Lesegesellschaft gemäss den Statuten ein Buchgeschenk zu geben und schaffte 1804 Pestalozzis Nachforschungen an. Möglicherweise sind hier diese Ausgaben und Mühen zugunsten der Lesegesellschaft und damit auch zur Einrichtung der neuen Schule gemeint, für die Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815, ⇒ Nr. 3) eine Art Dankesspende gibt. Lit.: Diethelm Fretz: Pestalozzi in Wädenswil, 1946, S. 163f. N[eu] L[ouis] d’or: französische Goldmünze Sohn: Es ist unklar, wer aus der Familie Blattmann hier gemeint sein könnte (⇒ Z. 51). Frauen: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte (⇒ Z. 51). august: August Schulthess (1785–1846) war zwischen 1827 und 1842 als Mineralwasserfabrikant und zwischen 1811 und 1842 als Münzprüfer tä-

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Z. 71f.

Z. 72 Z. 73

Z. 73 Z. 77 Z. 77 Z. 78 Z. 78

Z. 79 Z. 84 Z. 86 Z. 91 Z. 102 Z. 103 Z. 104 Z. 109 Z. 117 Z. 124

tig. Zudem besass er den militärischen Rang des Hauptmanns der Infanterie und der Bundesreserve. förchtet man Franzosen: Nach dem Sieg der Franzosen bei Austerlitz und dem Frieden von Schönbrunn im Dezember 1805 hing die Schweiz mehr denn je vom Willen Frankreichs ab, waren doch alle ehemals vorderösterreichischen Gebiete an die napoleonischen Vasallenstaaten Baden, Württemberg und auch Bayern gefallen. Auch das Fürstentum Neuenburg war von Preussen an Frankreich übergegangen. Diese Entwicklungen liessen Befürchtungen wachsen, die Schweiz werde ähnlich wie die Niederlande oder Neapel vollständig von den Franzosen annektiert oder unter die Regentschaft eines napoleonischen Verwandten gestellt. Weitere Ängste hinsichtlich einer Teilung der Schweiz entstanden wegen Expansionsambitionen des Grossherzogtums Baden. Diese Befürchtungen traten jedoch nicht ein. Napoleon I. Bonaparte (1769–1821, ⇒ Nr. 580) achtete die von ihm 1803 diktierte Mediationsakte und unterliess aus Rücksicht auf Zar Alexander I. von Russland (1777–1825, ⇒ Nr. 520) weitere Annektionen. Contre bande Geschäfft: Illegaler Schmuggel oder Schwarzmarktgeschäft Meyer Haus: Welche Geschäfte mit den Franzosen Anna PestalozziSchulthess (1738–1815, ⇒ Nr. 3) hier genau anspricht, ist unklar. Möglicherweise wurden Besetzungen oder Einquartierungen befürchtet. arter von Hotingen: ⇒ Z. 73 (Meyer Haus) französischen Gouverneur: Diese Befürchtungen bewahrheiteten sich nicht (⇒ Z. 71f.). Näpj: Napoleon I. Bonaparte (1769–1821) ⇒ Nr. 580 Zürichern: Es ist unklar, wer damit gemeint sein könnte. Usterj: Damit dürfte vermutlich Paul Usteri (1768–1831) gemeint sein. Usteri war Arzt und helvetischer Politiker, seit 1803 Zürcher Kleinrat und 1831 Bürgermeister, sowie Herausgeber der Zeitschrift Der schweizerische Republikaner (1798–1803). 1802/03 nahm er mit Pestalozzi an der Pariser Consulta teil und war Pestalozzis Unterstützer und Gesprächspartner, wenn es um politische Konflikte besonders auch in und um Zürich ging (vgl. PSB V, Nr. 1280). Pf[arre]r Bruner: Johannes Brunner (1755–1820) ⇒ Nr. 784 Gessners Schuhle: Johann Georg Gessner (1765–1843) ⇒ Nr. 586 Rathsherr Gessner: Johann Georg Gessner (1765–1843) ⇒ Nr. 586 Gottlieb: Gottlieb Pestalozzi (1798–1863) ⇒ Nr. 594 Karl: Karl von Hallwil (1778–1827) ⇒ Nr. 434 seinem Bruder: Franz von Hallwil (1777–1852) ⇒ Nr. 686 Tochter: Es ist unklar, um wen es sich hier handelt. Mutter: Franziska Romana von Hallwil (1758–1836) ⇒ Nr. 744 geschwisterte: Damit sind wohl Johann Kaspar Schulthess (1744–1816, ⇒ Nr. 239) und seine Familie (⇒ Z. 41) gemeint. N[euen]burg: Nach fast hundertjähriger preussischer Hoheit seit 1707 wurde das Fürstentum Neuenburg nach der Schlacht bei Austerlitz und dem Frieden von Schönbrunn vom 15. Dezember 1805 an Frankreich abgetreten. Nachdem französische Truppen im März 1806 in Neuenburg eingerückt waren, ernannte Napoleon I. Bonaparte (1769–1821, ⇒ Nr. 580) seinen Kriegsminister, Generalmajor Louis-Alexandre Berthier (1753–1815, ⇒ Nr. 937) zum neuen Fürsten. Berthier, bis zum Sturz Napoleons 1814 im Amt, war wegen seiner übrigen militärischen Aufgaben nie in seinem Fürstentum anwesend und liess sich durch seinen Generalkommissar

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Z. 127 Z. 128 Z. 130 Z. 130 Z. 134

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Z. 135 Z. 135f.

Z. 140

Z. 141f.

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François Victor Jean de Lespérut (1772–1848) vertreten. Das Fürstentum Neuenburg erlitt durch diesen Herrschaftswechsel erhebliche wirtschaftliche Nachteile. Muralt: Damit dürfte Anna Elisabetha Cloëtta-von Muralt (1787–1850, ⇒ Nr. 610) gemeint sein. Mama: Maria Ursula von Muralt-Scherb (1751–1823) ⇒ Nr. 610 lezeten: geniessen (veraltet) uns blatten: Damit könnte der Ort Platte oberhalb Zürichs gemeint sein (unsichere Lesart). Gessners: Hier könnte Charlotte Louise/Lotte Gessner-Wieland (1776–1816, ⇒ Nr. 637) gemeint sein, eventuell zusammen mit ihren Kindern Salomon (1796–1818), Christian Heinrich (1798–1872), Eduard (1799–1862), Wilhelm (1802–1872) und Luise (1805–1883). Mit einem Grossteil der Kinder war Charlotte Gessner-Wieland von 1803 bis 1804 zu Pestalozzi nach Burgdorf gezogen, nachdem sie sich kurzzeitig von ihrem Mann, dem Buchhändler Heinrich Gessner (1768–1813, ⇒ Nr. 607), getrennt hatte. Lavatter leuten: Eine eindeutige Zuweisung kann hier nicht gemacht werden, da aufgrund mangelnder weiterer Hinweise mehrere LavaterFamilienmitglieder in Frage kommen. Möglich wäre, dass das Ehepaar Jakob Lavater (1750–1807, ⇒ Nr. 245), ein Jugendfreund Pestalozzis, und Regula Lavater-Schinz (1755–1829) gemeint ist. Fr[au] Schulthess: Barbara Schulthess-Wolf (1743–1818) ⇒ Nr. 231 Fr[au] Schinz: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. Käte Silber spricht im Kontext dieses Briefes davon, dass Frau Schinz die Schwägerin von Barbara Schulthess sei (NPS 1, S. 209). Falls dem so wäre, würde es sich bei Frau Schinz um Anna Schinz-Schulthess (1734–1811) handeln, die seit 1764 mit dem Pfarrer Wilhelm Schinz (1739–1806) verheiratet war. Was allerdings ein Fragezeichen hinter diese These setzt, ist die Bemerkung, dass «ihr Vatter H[err] Rathsherr» Pestalozzi noch umarmen lasse (⇒ Z. 140). Denn sowohl der Vater von Anna Schinz, als auch ihr Schwiegervater waren zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben. H[err] Rathsherr: Wenn der betreffende Ratsherr aus der Familie Schinz stammte (⇒ Z. 135f.), dann kommt zu diesem Zeitpunkt nur Hans Caspar Schinz (1755–1839) in Frage. Er war von 1803 bis 1830 Kleinrat und von 1803 bis 1832 Grossrat. Er war jedoch weder der Vater noch der Schwiegervater von Anna Schinz-Schulthess (1734–1811, ⇒ Z. 135f.). Möglich ist aber auch, dass Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815, ⇒ Nr. 3) sich verschrieben hat und eigentlich ein «Vetter» anstelle des «Vater» gemeint war. änderungen der Dingen: Damit dürfte wohl der Umschlag der Französischen Revolution in das autoritäre bonapartistische Regime gemeint sein und dessen Konsequenzen für die Schweiz, vor allem hinsichtlich des Zusammenbruchs der Helvetischen Republik und der schon oben genannten Sorge, unter die Suprematie der Franzosen zu gelangen. Nanquin: Nanquin (franz.) – auch Nankin/Nanking – bezeichnet ein ursprünglich chinesisches, glattes und festes Baumwoll-Gewebe aus Nanking, welches eine natürliche, rötlichgelbe Farbe aufwies. Das Textil galt als gut waschbar, also pflegeleicht, und besonders geeignet für leichte Sommeranzüge. In Europa (Schweiz, Deutschland, Frankreich) wurde das Textil durch Einfärben der Baumwolle mit Eisen kopiert.

166 Z. 146

mon marj: Damit dürfte wohl Johann Kaspar Schulthess (1744–1816, ⇒ Nr. 239) gemeint sein. Der französische Nachsatz wäre demzufolge von Pestalozzis Schwägerin Susette Judith Schulthess-Motta (1744–1818, ⇒ Nr. 323) verfasst worden.

824. Herr Schrötter Sommer 1806 [Reg.] Schrötter berichtet über seine glückliche Reise und dass er nahe am Ziel sei.

Überlieferung 1

PSB V, S. 168.14ff. Sacherklärung I.

Es ist unklar, wer diesen Brief verfasst hat. Die Herausgeber der Sämtlichen Briefe Pestalozzis schreiben den Brief Ämil Ludwig Philipp Schröder (1764–1835) zu, der aber als Absender eher nicht in Frage kommt, da es keinerlei Hinweise in den Archiven gibt, dass dieser Schröder Pestalozzis besucht haben sollte. Viel nahe liegender scheint es, dass hier ein Herr Schrötter aus Königsberg gemeint ist, der nach Pestalozzis Aussagen mit den Söhnen des Baron Karl Alexander von Bardeleben (1770–1813, ⇒ Nr. 1059) etwa um 1806 in seiner Anstalt war (vgl. PSB VI, S. 167). Nähere Angaben zu einem allfälligen Hofmeister Schrötter konnten aber nicht eruiert werden.

825. Monsieur Monnet 15. Juni 1806 5

Monsieur Pestalozzi À Yverdun. Suisse Chablis 15 Juin 1806.

10

Monsieur, J’ai un Enfant de sept ans que je desire plaçer dans Votre institut. Il n’est pas gâté par L’instruction, car désirant faire moi même son éducation, je l’avais abandonné a la nature jusqu’au moment ou je pourrai m’occuper Utilement de ce projet au fait des circonstances fâcheuses me forcent de renoncer.

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J’aime a penser qu’il trouvera dans votre école les soins que je me proposais de lui donner, et cette austerité de mœurs dont les écoles françaises sont si éloignées aujourd’hui. Je Vous prie donc, Monsieur, de me faire savoir Le prix de la pension pour un Enfant de cet âge. Les objets qu’il faut fournir pour y entrer, les habits Linge etc. ou bien si c’est a la volonté des parents. Enfin quand je pourrai vous le conduire. Agréez, Monsieur, L’assurance de mon Estime. Monnet propr[iétair]e à Chablis dép[artement] d[e] Lyonne.

Überlieferung 1 2 4

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ZB Zürich, Ms Pestal 53, Umschlag 230/1 Bogen, 182x247 mm Stempel P83P AUXERRE, Siegelspuren, Datum am Schluss, Dorsualvermerk Chablis le 15 Juin 1806. Monnet, propriétaire à Chablis dep[artemen]t de Lyonne R[eçu] le 21 dit, le 29 dét[aché] Original Textkritik

Zeuge H Sacherklärung I./II./III. Es ist unklar, um wen es sich bei Monsieur Monnet handelt. Wie aus dem Brief vom 5. Oktober 1806 (⇒ Nr. 836) zu rekonstruieren ist, war der Knabe im August an einem Fieber erkrankt und scheint nie nach Yverdon gekommen zu sein, lässt sich doch ein Zögling mit diesem Namen in den Akten nicht nachweisen.

826. Philipp Emanuel von Fellenberg 17. Juni 1806 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB V, S. 171.25 und Nr. 831

168 Sacherklärung I. Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426

827. Monsieur Monnet 8. Juli 1806 5

Monsieur Pestalotzi À Yverdun Suisse Chablis, 8 Juillet 1806

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Monsieur, D’après votre Lettre du 28 de L’expiré, je vous prierai de me réserver un numéro pour le mois d’octobre prochain 1806. Profitant toutes fois de Votre permission, je vous menerai mon Enfant avant ce tems. Mais je ne peux vous déterminer l’Époque qui est subordonnée a la durée des fauchaisons et des moissons, Cependant je pourrais le fixer a la fin d’Aout. Je me conformerai autant que possible a v[otr]e s[incère] note relative aux Effets. Il en Est tels qu’Habits, par exemple, qu’il serait a propos. Je pense, de faire faire sur les Lieux. Agréez, Monsieur, Les sentiments distingués avec les quels j’ai l’honneur d’Etre V[otre] S[incère] T[rès] h[umble] s[erviteur] Monnet p[r]op[riétai]re a Chablis Lyonne

Überlieferung 1 2 3 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 53, Umschlag 230/2 Blatt, 205x254 mm fleckig Datum am Schluss, Siegelspuren, Dorsualvermerk Chablis 8 Julliet 1806. M o n n e t – Proprietaire r[épondu] le 14e dét Original

169 Textkritik Zeuge H Sacherklärung I. Monsieur Monnet ⇒ Nr. 825 II. ⇒

Nr. 825 III.

Z. 9

Lettre du 28: scheint nicht erhalten zu sein

828. Johann Ludwig Ewald 12. Juli 1806 Heidelberg den 12/7. [180]6. 5

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Eine Zeile muss ich dir doch schreiben, du mein Theurer, Geliebter, damit dein Glaube an mich nicht aufhöre. Nein das muss er nicht. Ich trage noch die nemliche Wärme für Menschenbildung und Menschenwohl in mir, die ich ehemals, in deinem Buchsee fühlte, also auch für dein Beginnen und Wirken, das in gerader Linie dahin wirkt. Aber ich bin belastet mit gelehrter Dogmadick, Moral, Homilitick, bin Direcktor eines Ephorats, das Jünglings Sittenverderbniss bessern soll, die so oft arg verderbt sind. Ich muss in Ackten herum wühlen. Kurz: I c h m u s s w a r t e n l i e b e n , es wird besser werden; und dann werd ich wieder l e b e n wirken für Jugendbildung und Menschenwohl. Vergesset mich nicht, fahr[et] fort mich zu lieben, bedauert mich; denket nicht übel von mir. Dein Werk wird gelingen so gewiss Menschennatur ist, was sie ist, so gewiss Gott ist. Ich drücke dich an mein Herz, N i e d e r e r und alle die deinigen mit e w i g e r innerlicher Liebe. Ewald.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 1470/I, 35 Abschrift

170 Textkritik Zeuge [h] Z. 5 Z. 9

Zeile fühlte Sacherklärung I.

Johann Ludwig Ewald (1748–1822) ⇒ Nr. 529 II. Johann Ludwig Ewald (1748–1822, ⇒ Nr. 529) hatte 1805 den Lehrstuhl für Pastoraltheologie und Moral in Heidelberg übernommen. Da der vorangehende Brief Pestalozzis an Ewald nur als Abschrift eines Entwurfes erhalten ist (PSB V, Nr. 1114), kann im Detail nicht eruiert werden, worauf Ewald hier Bezug nimmt. III. Z. 8 Z. 11 Z. 11 Z. 19

Buchsee: Abkürzung für Münchenbuchsee Homilitick: Homiletik (Predigtlehre) Ephorats: Amt des Leiters eines evangelischen Predigerseminars oder Wohnheims N i e d e r e r : Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507

829. Wilhelm Christian von Türk August 1806 5

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Der Tag, der mir Nachrichten von dir und den deinen bringt, ist immer ein Tag der Freude, ein Festtag für mich. O! schreibe fortdauernd, recht fleissig. Ich bedarf dieser Erheiterung in einer Lage, die mir nur wenige Stunden des Tags für meine Lieblings Geschäfte übrig lässt, die mich zwingt, meine kostbarste Zeit der Rechtspflege zu widmen, wodurch für die Menschheit wenig gewonnen werden kann! Dass Du zufrieden bist mit meinem Thun, das, guter Vater! ist mein schönster Dank – du willst rein und absichtslos das Wohl der Menschheit – mein Thun kann nur dann dir gefallen, wenn es diesem Wollen entspricht und so ist deine Zufriedenheit mir der sicherste Bürge, dass ich den Zweck meines Daseyns erfülle. Auch hab ich dir, dir allein, meine Zufriedenheit, meine Heiterkeit zu danken und den Muth, dessen ich bedarf, um jezt, da alle Bande des Vaterlandes, alles was den Deutschen an Deutschland fesselte sich gewaltsam auflöst, nicht zu verzagen. Jetzt find ich überall

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mein Vaterland. ich diene ihm, indem ich mich dem Wohl der Menschheit weihe. Ehemals war es nur Wunsch meines Herzens, mit dir u[nd] den deinen zu leben – auch wusst ich nicht, dass ich euch nüzen könnte. Erziehungs-Versuche haben mir eine Liebe, eine Wärme gegeben, welche Kinder u[nd] Erwachsene ergreift u[nd] meinen Zweken näher bringt. Es war den Alteren in Strelitz räthselhaft, dass ihre Kinder mit solcher Liebe an mir hiengen; es ist es auch den hiesigen; dabey übertreffen die Fortschritte der Kinder alle Erwartung, wie die meinige. Jezt weiss ich es mit unumstösslicher Gewissheit, dass es möglich ist, den Kindern eine befriedigende Bildung zu geben u[nd] der Traum meines Lebens ist erfüllt. Aber ich hab’ es auch erfahren, dass unter 1000 vielleicht nur einer das vermag, was ich und Krusi und du und die deinen über sie vermögen. Aber es giebt tausend, die eben so gut, vielleicht besser decretiren, protocoliren, condemniren, als ich es vermag. Sollt ich jennes Geschenk der Vorsehung nicht benuzen, sollt ich meinen innren Beruf nicht folgen? – Erhält der Himmel dich nun so lange, so bleibe ich bey dir – ich möcht den Abend meines väterlichen Freundes mit feiren u[nd] durch sein Beyspiel, seine Liebe mich stärken, auf dass ich einst in seinem unsterblichen Geist fort arbeiten könne. Nie, nie werd ich dich erreichen, aber, was ich nicht allein vermag, vermag ich vielleicht in der Verbindung mit den deinen. Nimm daher auch du mein Wort freundlich an, dass ich fortan deinen Zweck u[nd] namentlich dem, was du für die Erziehung der Armen willst, mich widmen, mit Krüsi u[nd] Schmid, die mich gern in ihrer Mitte aufnehmen werden, verbinden will. Ich wiederhohle die Bitte, dass er mir alle Materialien mittbringen möge, die einiges Interesse, für mich, als Verehrer der Methode u[nd] als Lehrer haben können. Ich wünsche, dass man bey mir deine Methode in der höchsten Vollendung, welche ausserhalb Yverdun erreichbar ist schauen möge den es ist mir um so wichtiger, da sie iezt Pensions Unterricht Anstalt für Knaben und Mädchen und zugleich Seminar für Lehrer und Lehrerinn werden wird. Jezt sind vier Personnen aus Bremen hier: Blendermann, M[es]d[a]me[s] Frikke, Sölker u[nd] Rövekamp – aus Detmold hat mir die Fürstinn 2 junge gesendt, welche, so wie jene, sich mit der Methode bekannt machen sollen. Beide leztere geben mir viele Hofnung; das ist mir um so lieber, als Passavant für das Practh[icum] verlohren ist. Blendermann wird zu Plamann auf Berlin ge-

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hen – die Direction meiner Mädchenanstalt übernimmt meine Frau. Krüsi schreib ich nächstens. – Auf Schmidt freu ich mich herzlich, grüsse ihn von mir u[nd] sage ihm, dass wir einst beyde nach der Schweiz hinkehren würden. Von Russland hab ich keine Nachricht. Schreibe doch einige Zeilen an Salingne nach Stettin! Er ist der Freude werth, von dir einen Brief zu erhalten. Er schreibt mir über Schmidt. Sie bildet sich immer noch aus, welches besonders in seinem Geographie Unterricht bemerkbar ist. Die Sache findet überhaupt guten Fortgang; schon besuchen Kinder aus den benachbarten Dörfern die Schulen meines Guts. Meine Schrifte Beiträge zur Kenntniss einiger deutschen Schul-Anstalten – hat in Berlin grosse Sensation gemacht u[nd] wie mir Plamann sagt, schon eine Verbesserung der dortigen Elementarschulen veranlasst. von Türk.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 15a–17, S. 28–31 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 18 Z. 24 Z. 27 Z. 27 Z. 32f. Z. 33 Z. 35 Z. 41 Z. 46 Z. 46 Z. 52 Z. 54 Z. 55 Z. 55 Z. 56 Z. 56 Z. 56 Z. 56 Z. 59

Deutschen an könnte. Erziehungs-Versuche mir∫ ist es∫ auch das vermag ich und protocoliren, condemniren: lateinische Schrift fort arbeiten Krüsi: lateinische Schrift Schmid: lateinische Schrift Yverdun: lateinische Schrift Seminar: lateinische Schrift Bremen: lateinische Schrift Blendermann: lateinische Schrift Frikke: lateinische Schrift Sölker: lateinische Schrift Rövekamp: lateinische Schrift Detmold: lateinische Schrift Passavant: lateinische Schrift

173 Z. 59f. Z. 60 Z. 60 Z. 60 Z. 63 Z. 63 Z. 66 Z. 67 Z. 67 Z. 69 Z. 70 Z. 74 Z. 74

Practh[icum]: lateinische Schrift Blendermann: lateinische Schrift Plamann: lateinische Schrift Berlin: lateinische Schrift Krüsi: lateinische Schrift Schmidt: lateinische Schrift Russland: lateinische Schrift Salingne: lateinische Schrift Stettin: lateinische Schrift Schmidt: lateinische Schrift Geographie: lateinische Schrift Berlin: lateinische Schrift Plamann: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Wilhelm Christian von Türk (1774–1846) ⇒ Nr. 653 II. Die Datierung des Briefes muss aus dem Inhalt rekonstruiert werden. Für August 1806 spricht, dass Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653) zu diesem Zeitpunkt in den Oldenburgischen wöchentlichen Anzeigen sein Institut vorstellte und betont, dass in Zukunft die Knaben und Mädchen getrennt unterrichtet würden. Zudem kündet er an, dass Johann Jakob Blendermann (1783–1862, ⇒ Nr. 627) nach Berlin zu Johann Ernst Plamann (1771–1834, ⇒ Nr. 616) ziehen werde, was er 1807 auch tatsächlich macht. Zudem schreibt Pestalozzi am 1. August 1806 einen Brief an von Türk (PSB V, Nr. 1216), auf welchen von Türk wohl mit obigem Brief antwortet. Von Türk wiederum schrieb am 1. August 1806 einen Brief an Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507), der einige inhaltliche Übereinstimmungen mit dem vorliegenden Brief aufweist (ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 21–22a, S. 39–42). III. Z. 9

Z. 26

Rechtspflege: Als oldenburgischer Justiz- und Konsistorialrat seit Januar 1806 war Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653) vorrangig mit juristischen Aufgaben befasst und anders als in Mecklenburg-Strelitz ohne Zuständigkeit für Schulsachen, über die sein Kontrahent Generalsuperintendent Anton Georg Hollmann (1756–1831) Aufsicht führte. So war von Türks pädagogisches Wirkungsfeld trotz seines privaten Engagements begrenzt. Strelitz: Als Assessor der Justizkanzlei in Mecklenburg-Strelitz war Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653), zumal er seit 1801 auch für Schulsachen zuständig war, zunehmend der Ansicht, Verbrechen seien durch Erziehung zur Sittlichkeit, Religiosität und Arbeitsamkeit zu verhindern, so dass er sich autodidaktisch, unter anderem durch zwei Studienreisen 1802 und 1804, pädagogisch weiterbildete und am Ende seiner Tätigkeit in Strelitz 1805 nicht nur Lehrer aus der Umgebung, sondern bis zu 14 kleine Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren unter Berufung auf Pestalozzis Methode unterrichtete und sogar erfolgreich einer öffentlichen Prüfung unterzog.

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Z. 56 Z. 56 Z. 57

Z. 57

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Z. 60 Z. 61f. Z. 63 Z. 66

Z. 67 Z. 69

Z. 69

Krusi: Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588 Schmid: Joseph Schmid (1785–1851) ⇒ Nr. 712 Blendermann: Johann Jakob Blendermann (1783–1862) ⇒ Nr. 627 M[es]d[a]me[s] Frikke: Hier könnte die Witwe des Bürgerschullehrers Anton Frikke gemeint sein. Madame Frikke war Normallehrerin und hatte den Beinamen «Pädagogische Pythia». Sölker: Hier dürfte wohl Achatz Sölter gemeint sein, Kirchspielschullehrer an der Gemeindeschule «U[nsere] L[ieben] Frauen». Rövekamp: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. Fürstinn: Fürstin Pauline von Lippe-Detmold (1769–1820) setzte 1802 nach dem Tod ihres geisteskranken Mannes, des Fürsten Leopold zur Lippe (1767–1802), auch de jure die Regentschaft für ihren unmündigen Sohn Leopold II. (1796–1851) fort und verhinderte die Mediatisierung ihres Kleinstaates. Sie richtete im Rahmen umfassender sozial- und bildungspolitischer Reformen Arbeitsschulen für Jugendliche und die erste Aufbewahrungsanstalt für Kinder als Vorläufer des Kindergartens ein und wurde 1812 ausländisches Ehrenmitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Erziehung (⇒ Nr. 1012). 2 junge: Fürstin Pauline von Lippe Detmold (1769–1820, ⇒ Z. 57) schickte zwei Seminarhilfslehrer, Rüttger Sprütten (1786–1822) und Ludwig Nieländer (1787–1860), für sechs Wochen nach Oldenburg. Rüttger Sprütten veröffentlichte 1815 in Detmold ein Gemeinverständliches Rechenbuch für Schulen, während Ludwig Nieländer als Lehrer an einer der zahlreichen lippischen Industrieschulen und an der 1830 gegründeten höheren Töchterschule von Detmold unterrichtete. Passavant: Karl Wilhelm Passavant (1779–1846) aus dem Fürstentum Lippe studierte Theologie und besuchte im Auftrag von Fürstin Pauline von Lippe-Detmold (1769–1820, ⇒ Z. 57) im Frühjahr 1804 zusammen mit Johann Ernst Plamann (1771–1834, ⇒ Nr. 616) als Eleve Pestalozzis Institut in Münchbuchsee. Nach seiner Rückkehr gründete er eine Pestalozzi-Schule in Detmold (Nordrhein-Westfalen), avancierte dort anschliessend zum Gymnasiallehrer und danach zum ersten Pfarrer an der Bremer Frauenkirche. Er publizierte 1804 die Darstellung und Prüfung der Pestalozzischen Methode nach Beobachtungen in Burgdorf. Plamann: Johann Ernst Plamann (1771–1834) ⇒ Nr. 616 meine Frau: Wilhelmine Amalie von Türk-von Buch (1784–1850) ⇒ Nr. 817 Schmidt: Johann Michael Schmid (1788–1807) ⇒ Nr. 739 Russland: Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653) erwog 1805, eine eigene Unterrichtsanstalt in Moskau oder St. Petersburg zu gründen, fand dafür die Unterstützung von Zar Alexander I. (1777–1825, ⇒ Nr. 520) und wurde auch von Pestalozzi unterstützt, der ungefähr zur selben Zeit den Ruf an die deutsche Universität im estnischen Dorpat (Tartu) ablehnte. Von Türk verwarf seine Russland-Pläne allerdings bald wieder. Salingne: Franz Wilhelm Salinger (1775–1850) ⇒ Nr. 721 Schmidt: Damit ist wohl der Berliner Seminarist Eduard Schmid gemeint, der auf Veranlassung Franz Wilhelm Salingers (1775–1850, ⇒ Nr. 721) Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653) bei dessen Studienreise 1803/04 zu Pestalozzi begleitete, 1813/14 selbst in Yverdon unterrichtete, bevor er Lehrer an der Knabenschule von Königsberg in der Neumark wurde und dort zumindest für 1816 nachweisbar ist. Sie: Damit dürfte wohl die Methode gemeint sein.

175 Z. 72

Meine Schrifte: Wilhelm Christian von Türk: Beiträge zur Kenntniss einiger deutschen Elementar-Schulanstalten, namentlich der zu Dessau, Leipzig, Heidelberg, Frankfurt am Mayn und Berlin. Leipzig 1806

830. Philipp Emanuel von Fellenberg August 1806 5

[Reg.] Fellenberg lässt Pestalozzi durch Collomb-Roulet mehrere kurze Schriftstücke zukommen.

Überlieferung 1

PSB V, S. 171.32ff. Sacherklärung I.

Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 II. Jean Etienne/Georges Collomb (1767–1826, ⇒ Nr. 797) wurde im Streit über das Institut in Münchenbuchsee als Vermittler eingesetzt. III. Z. 4

Collomb-Roulet: Jean Etienne/Georges Collomb (1767–1826) ⇒ Nr. 797

831. Philipp Emanuel von Fellenberg 24. August 1806 Herr Pestalozzi in Jferten. 5

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den 24.ten August 1806 Da der Endsunterschriebene auf seine an H[errn] Pestalozzi in Jferten den 17.ten lezten Juny gemachten Vorschläge keine Antwort erhalten hat, da auch H[errn] F[ellenber]gs freundschaftliche Bemühungen fernere Verdriesslichkeiten zu vermeiden ohne Erfolg zu bleiben scheinen, und der lezte Termin auf welchen H[err] Pest[alozzi] versprochen hat seine Schuld an mich vollends abzutragen bald seit 2 M[ona]ten verflossen seyn wird ohne dass eine Zahlung erfolgt wäre so sehe ich mich genöthigt zu Behauptung meines

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Eigenthums den Weg rechtens gegen H[errn] P[estalozzi] zu versuchen und zu diesem End alle bis dahin an denselben gethanen Ausgleichungs Vorschläge hiermit zurückzuziehen.

Überlieferung 1 5

BB Bern, FA v. Fellenberg 167, Copie de Lettres N° 1 Copia Textkritik

Zeuge h Sacherklärung I. Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 III. Z. 7 Z. 7 Z. 8f.

Jferten: dt. Name für Yverdon Vorschläge: ⇒ Nr. 826 freundschaftliche Bemühungen: Damit dürften wohl die Vermittlungen von Jean Etienne/Georges Collomb (1767–1826, ⇒ Nr. 797) gemeint sein (⇒ Nr. 830).

832. Munizipalität Yverdon 9. September 1806 Du 9.e 7bre 1806. 5

10

15

Monsieur! Nous avons vû avec beaucoup de satisfaction l’accueil gracieux que vous avez bien voulu faire à n[otre] proposition de laisser participer aux Leçons de v[otre] Institut, le jeune Comte, de cette Ville. Nous avons parfaitement saisi l’Observation que v[ou]s avez pris la peine de n[ou]s faire, quant à l’application de Votre Méthode, vis à vis de Jeunes gens destinés, pour le manque de facultés soit pécuniaires soit intellectuelles, a devenir de simples Manouvriers: Mais ce ne sera pas le cas, à l’égard du jeune Comte, que les Parens désirent de vouer au Commerce, et au quel conséquemment vos soins pourront être de grand secours. Nous profiterons avec plaisir encore, s’il est possible de v[otre] offre obligeante d’instruire dans les principes de v[otre] Méthode, quelques Jeunes Gens de 15 à 16 ans, qui desireroient se vouer à la

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partie de l’Education publique: Et nous allons dans ce but, faire les démarches nécessaires chez n[o]s Concitoyens. Agréez Mons[ieur] etc.

Überlieferung 1 5

Yverdon, archives de ville; Ag 3 p. 367–368 Copia Textkritik

Zeuge h Sacherklärung I. Munizipalität Yverdon ⇒ Nr. 643 III. Z. 8

Z. 13

Z. 16f.

jeune Comte: Samuel Beat Comte (1798–1853) wurde nach dem frühen Tod seines Vaters Samuel Joseph Comte (1773–1806, ⇒ Z. 13) auf Begehren der Gemeinde Yverdon von Pestalozzi als Schüler aufgenommen und war bis 1817 als Unterlehrer am Institut. Anschliessend arbeitete er als Lehrer in Paris bevor er wieder nach Yverdon zurückkehrte, wo er auch starb. les Parens: Samuel Joseph Comte (1773–1806) war Bürger von Yverdon, wo er als Fuhrmann tätig und seit 1793 mit der aus Cuarny (Kt. Waadt) stammenden Jeanne Correvon (1770–1843) verheiratet war. v[otre] offre: Anfang September hat Pestalozzi dem Gemeinderat Yverdon angeboten, zwei oder drei junge Leute kostenlos nach der Methode für den Lehrerberuf auszubilden (vgl. PSB V, Nr. 1218). Ob von dem Angebot tatsächlich Gebrauch gemacht worden ist, geht aus der erhaltenen Korrespondenz zwischen Pestalozzi und der Munizipalität Yverdon nicht hervor, da diese Angelegenheit keine weitere Erwähnung findet.

833. François Joseph Kirgener, Baron de Planta 20. September 1806 La Tour près Pignerol, Dép[artemen]t du Po, 20. 7bre 1806 5

10

Monsieur La lenteur à vous répondre vous a mis en Droit de faire sur mon compte Diverses conjectures plus ou moins défavorables; mais il faut que vous sachiez que depuis le lendemain du jour où votre lettre me fut remise, il existe sur mon bureau une volumineuse épitre, à vous destinée. Pourquoi ne l’envoyer-pas? c’est qu’on accuse

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la poste d’être quelques fois curieuse; et que je n’aime à m’ouvrir que devant un fort petit nombre de gens. Quoique n’ayant pas le précieux avantage de vous connoître personnellement, je m’étois sentis, monsieur, entraîné à causer avec vous comme avec un ancien ami; mais il faut ajourner ce plaisir à des tems plus heureux. Vous m’excuserez sans doute de vous écrire dans ma langue; on m’assure quelle vous est familière; et la votre au contraire ne me l’est pas au point de pouvoir la parler ou l’écrire: je l’entends passablement: j’en appercois quelques beautés que Klopstock, Goethe, Herder et Schiller me font vivement sentir; je lui donne même le pas sur toutes celles dont j’ai quelques connaissances, comme se prêtant mieux qu’aucune autre aux modifications subtiles de la pensée, aux nuances délicates du sentiment et c’est précisément mon respect pour elle, qui fait que je m’abstient de la profaner en la parlant tout de travers. C’est à l’amitié de M[onsieu]r Appia que je dois, M[onsieu]r, l’avantage d’entrer en correspondance avec vous, et les préventions bienveillantes que vous daignez me montrer. Il ne pouvoit me fournir un témoignage plus, flateur et plus touchant de son estime; et mon attachement pour lui s’en est accrû de moitié. Oui, Monsieur, mon attention s’est fixée de longues mains sur vos travaux, vos succès et vos espérances. Tout ami de l’humanité ne peut qu’aplaudir à ce que vous avez fait, se feliciter de ce que vous avez trouvé, et se livrer au bonheur d’attendre pour la société les plus heureux effets de l’application de vos principes et de vos moyens sur une grande échelle. La perfectibilité humaine n’est pas une chimère. D’autres l’avoient dit et cherchoient à l’établir dans la speculation. Vous l’avez prouvée par le fait, vous en avez expliqué la nature, le mode d’action et les infiniment précieux resultats. La génération prochaine vous devra ses lumières et ses vertus, désormais compagnes inséparables; et votre nom est attaché d’avance à ce qui se fera de bon et de beau parmi les hommes. Ces phrases ne sont point, Monsieur, l’expression d’un enthousiasme factice ou le produit d’une effervescence momentanée: elles contiennent au contraire le résumé des etudes de toute ma vie, point de liberté sans vertus; point de vertus s o l i d e s sans lumières p u b l i q u e s ; et ces dernières supposent l’art de développer d’une manière s û r e , f a c i l e et p e u c o u t e u s e les organes intellectuels et moraux de l’universalité des enfans; or cet art, vous nous l’avez enseigné. C’étoit là le grand point! se fera: le tems est un truissant ouvrier.

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Dans une liste de projets litteraires, dont je comptois de m’occuper des que je serois à portée de ressources qui me manquent ici, u n e x a m e n d e l a m é t h o d e d e P e s t a l o z z i se trouve noté entre un commentai re sur l’esquisse des p rogrès de l’esp r it humain par Condor cet et un essai sur l’ap p retiation mor a l e d e l ’ i n d i v i d u s p a r r a p p o r t à l a s o s c i é t é . Je doute fort que j’aye jamais le courrage et le tallent de remplir dignement ces t i t r e s ; mais ils vous prouveront au moins que ma pensée s’est constamment tournée dignes d’un homme de sens et de bien. A la vérité, je suis très décourragé d e p u i s q u e l q u e s a n n é e s ; et j’étois au moment de faire inscrire sur la muraille de mon cabinet solitaire, ce passage de Schiller, trop bien assorti au sentiment douloureux et profond dont je suis pénetré: Das Ja h r hun dert ist ni c ht reif für meinen Sinn. Mais nos relations nouvelles me rendent et du Zèle et des forces; et dans l’enchantement d’être appelé peut-être à servir encore utilement, sous vos drapeaux, la cause de l’humanité, après avoir craint, de ne devoir plus vivre que pour ma famille et pour moi, je m’unirois volontiers avec l’illustre Goethe: Ich fuhle, nah und fern Ist mir noch manches zubereitet. O, wäre doch das rechte Mass getroffen! Ainsi, mon très cher et très respectable Monsieur, dès ce moment, si vous voulez m’honorer, m’obliger m’encourrager à bien faire, daignez me ranger au nombre de vos disciples; voila le seul titre que j’embitionne; et laissons de côté qualification, qui me rappelle une profession, à la quelle je serois presque tenté de rougir d’avoir appartenu. Agréez, le tribut sinsère d’attachement et de vénération, que méritent votre âge, vos talens, vos vertus et vos utiles travaux, de la part de tout homme qui sait sentir et penser, et particulièrement de celle de J. Planta

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 29–31 Abschrift

180 Textkritik Zeuge [h] Z. 6 Z. 8 Z. 21 Z. 23f. Z. 29 Z. 30 Z. 32 Z. 34 Z. 36 Z. 37 Z. 37 Z. 39 Z. 43f. Z. 44 Z. 47 Z. 76 Z. 83

vous a que∫ dont j’ai∫ quelques c’est précisément∫ mon respect plus, flateur accrû ami société perfectibilité l’avoient cherchoie∫n∫t infiniment d’un enth∫ousiasme produit d’une supposent rechte Mass de vénération Sacherklärung I.

François Joseph Kirgener, Baron de Planta (1766–1813) aus Paris verfolgt eine militärische Laufbahn. 1796 wird er zum Oberstleutnant ernannt, 1807 in die Ehrenlegion aufgenommen und 1813 zum General befördert. Er stirbt 1813 auf dem Russlandfeldzug. II. Der Kontakt zwischen François Joseph Kirgener, Baron de Planta (1766–1813, ⇒ Sacherklärung I.) und Pestalozzi kommt über den piemontesischen Gelehrten Paul-Joseph Appia (1782–1849, ⇒ Z. 26) zustande. Wie aus dem Brief von Camille Jordan (1771– 1821, ⇒ Nr. 1095) ersichtlich wird, stand er auch in Kontakt mit den Franzosen Marie Joseph de Gérando (1772–1842, ⇒ Nr. 900) und Anne Louise Germaine de Staël-Necker (1766–1817, ⇒ Nr. 997). III. Z. 8f. Z. 19 Z. 19 Z. 20 Z. 20 Z. 26

votre lettre: PSB V, Nr. 1211 Klopstock: Friedrich Gottlieb Klopstock (1724–1803) ⇒ Nr. 427 Goethe: Johann Wolfgang von Goethe (1749–1831) ⇒ Nr. 811 Herder: Johann Gottfried von Herder (1744–1803), Philosoph, Theologe und Dichter, gilt als Vertreter des Sturm und Drangs. Schiller: Johann Christoph Friedrich von Schiller (1759–1805) ⇒ Nr. 427 M[onsieu]r Appia: Paul-Joseph Appia (1782–1849) stammte aus der piemontesischen Gemeinde Torre Pellice, einem Hauptort der Waldensertäler, und zog nach einem Aufenthalt in Genf 1811 als protestantischer Pfarrer nach Hanau, wo er der hugenottischen Gemeinde vorstand. Appia galt als erschütternder Bussprediger.

181 Z. 52 Z. 55f. Z. 65

Z. 74–76

projets litteraires: Dieser Plan scheint nicht umgesetzt worden zu sein, zumindest ist nichts im Druck erschienen. l ’ e s q u i s s e : Jean-Antoine-Nicolas de Caritat, marquis de Condorcet: Esquisse d’un tableau historique des progress de l’èsprit humain. Paris 1794 ce passage des Schiller: Ausspruch des Marquis von Posa, als er dem König von Spanien in Friedrich Schillers 1787 uraufgeführtem Drama Don Carlos (III. Akt, 10. Szene) seine republikanische Gesinnung offenbart. Ich fuhle … getroffen!: Hierbei handelt es sich um die Verse sechs bis acht des 1776 entstandenen, 1789 veröffentlichten Gedichts Einschränkung von Johann Wolfgang von Goethe.

834. Anna Pestalozzi-Schulthess September 1806 [Reg.] Anna Pestalozzi schickt Pestalozzi Geld von Jungfer Wild zuhanden von Heitz.

Überlieferung 1

Nr. 837 Sacherklärung I.

Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 III. Z. 4 Z. 4

Wild: konnte nicht näher bestimmt werden Heitz: konnte nicht näher bestimmt werden

835. Margarete/Magarete/Margarethe Waser-Blank 2. Hälfte 1806 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB V, S. 112.22f.

182 Sacherklärung I. Margarete/Magarete/Margarethe Waser-Blank (1766–1835) aus Schaffhausen ist seit 1793 mit dem Zürcher Kaufmann Johann (Hans) Jakob Blank (1752–1816, ⇒ Nr. 1116) verheiratet, der jedoch 1795 mit seinen Geschäften in Konkurs geht und sich um 1800 in Basel und um 1806 in Wien niederlässt. Margarethe Waser-Blank lässt sich 1804 in Münchbuchsee ausbilden, einer anschliessenden Mitarbeit in Yverdon zur Erlernung der Methode erteilt Pestalozzi unter anderem aus Altersgründen eine Absage. 1808/09 wird sie kurzzeitig – bis zur Ablösung durch Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857, ⇒ Nr. 842) – in die Leitung des Töchterinstituts (⇒ Nr. 867) zur Unterstützung Hermann Krüsis (1775–1844, ⇒ Nr. 588) berufen. Zusammen mit Krüsis Schwester Elisabeth (1773–1819, ⇒ Nr. 594) leitet sie 1811/12 eine Privatschule im elsässischen Mulhouse, der sie bis 1816, dem Todesjahr ihres Mannes, allein vorsteht. Sie zieht anschliessend nach Tübingen. II. In seiner Antwort auf diesen nicht erhaltenen Brief berichtet Pestalozzi, dass er «auf eine sonderbare Weise in eine zimlich nahe Bekandschafft mir Herrn Ratherr [Maurer] von Schaffhausen gekommen» sei (PSB V, S. 113). Damit bezieht er sich auf die Patenschaft Anna Pestalozzi-Schulthess’ (1738–1815, ⇒ Nr. 3) für die am 12. Juli 1806 geborene Gertrud Maurer. Der nicht erhaltene Brief von Margarete/Magarete/Margarethe Waser-Blank (1766–1835, ⇒ Sacherklärung I.) dürfte wohl in diesem Zeitraum verfasst worden sein.

836. Monsieur Monnet 5. Oktober 1806 5

Monsieur Pestalozzi A Yverdun. Suisse Chablis 5 Octobre 1806

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Monsieur, L’enfant que Je me proposais de mettre dans votre Institut, a la fievre depuis deux mois, Cette circonstance m’a Empêché de vous le conduire. Je suis fâché que cet accident Le prive de Votre Enseignement, mais J’espère que ce n’est que différé, et aussitot qu’il sera assez bien portant pour supporter le voyage, Je vous le menerai. Agréez, Monsieur, avec le témoignage de mes regrets, L’assurance de mon Estime. Monnet

183 Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 53, Umschlag 230/3 Bogen, 174x227 mm Datum am Schluss, Stempel 83 CHABLIS, Dorsualvermerk Chablis 5. 8br 1806 Monnet Original Textkritik

Zeuge H Z. 12

de Votre Sacherklärung I.

Monsieur Monnet ⇒ Nr. 825 II. Da der Knabe (⇒ Nr. 825) in den Schülerverzeichnissen von Yverdon nicht auftaucht und auch keine Korrespondenz Pestalozzis mit einem Monsieur Monnet (⇒ Nr. 825) überliefert ist, kann davon ausgegangen werden, dass sich die Pläne verflüchtigten, möglicherweise, weil der Knabe an dem hier erwähnten Fieber starb. III. Z. 9

L’enfant: ⇒ Nr. 825

837. Anna Pestalozzi-Schulthess 10. Oktober 1806 Neuhof den 10. Oct[obe]r 1806. 5

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Nun hoffe ich, Lieber! habest Du 2 Briefe von mir in Handen, so dass Du meiner Gesundheit halben beruhigt sein kannst, denn die Krankheit geht wie es scheint auch diesmal nicht zum Tode, aber ist sehr schmerzhaft, weil die Wunde immer mehr um sich greift, u[nd] in mitten auf dem Knochen am bessern Bein, sodass Koller gut findet, ich müsse im Bett abwarten, ich bin wirklich froh, dass alles noch geschehen ist, ehe ich meine Reise zu Dir angetreten, ich wäre mir u[nd] Euch beschwerlich gefallen, ich war noch 8 Tage zu baaden, mit br[uder] Pfarrers da uns im übrigen wohl war, aber es hat mir nicht weder gebessert noch geschlimmert, seitdem waren sie mit mir heimgekommen u[nd] 8 Tage bei uns gewesen, sehr bedauert statt Dir nur Deine Bildnisse anzuschauen von dem letzgesprochem Pfarrer sehr eines gelüstet, wenn Du deren noch hast, das meinige wollte ich nicht geben. Vogel hat das

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Geld gesandt, aber nur f. 86.–, wie Du hier aus seinem Brief selbst sehen kannst, wie er es abgezogen, ich wüsste nichts von dieser Schuld u[nd] habe ihm geantwortet ich wolle es Dir schreiben, Du werdest ihm ohne Fehl eine Obligation senden, das eine Theil des Briefes schicke mir wieder zurück, weil ich es zur Rechnung behalten muss, vergiss es jetzt nicht Lieber! Ich denke Du habest das Recept in die Apotheke für Pfarrers in Birr auch vergessen, kurz nur keine Commissionen mehr sollte ich annehmen oder Dir auftragen sonst, was ich will, n’est-ce pas? Dass Gott ferner mit Dir sei, lässt mich Dein letzter zufriedener Brief schliessen, ich habe auch einen Theil zu Baden deswegen Vergnügen gehabt – ich traf Fr[au] Schintz an, wo etwa vor 3 Wochen bei Euch gewesen, die hat mir viel gutes u[nd] angenehmes von Euch erzählt; sonderbar von Niederer mit dem sie sich vortrefflich eingelassen u[nd] sehr mit ihm zufrieden war, ich will ihm aber selbst ein paar Worte schreiben – Lieber! warum Du ihn wegen Menalk so berichtet? ist eine Irrung, ich wollte lieber es würde in Deiner Lebensbeschreibung nur was nothwendig oder lieber nichts von mir erwähnt u[nd] kommt etwas zum Vorschein, so muss es die Wahrheit sein; Menalk war mir nie mehr als Freund, im Gegentheil, darum war er mir theurer u[nd] schätzenswerther, weil er nie Nebenabsichten als mich moralisch besser zu machen nur von weitem Gedanken hatte. Ferner kam in Baden von München aus Fr[au] Zunftmeister Wegmann einst spät 8 Uhr in unser logement die Dich dann auch sehr erhebet u[nd] Dich herzlich grüssen lässt, sie ist aber allein ohne ihren Mann in der Schweiz [und] sehr zufrieden mit Rudolf Meyer, der in München ihren Sohn etabliert u[nd] es gehe ihnen wohl – ob es Dir auch recht wohl gehe? fragte sie nachdrücklich. Hier gehet es so gut oder schlecht [als] möglich, brav Provisionen von Obst u[nd] Erdäpfeln, die bis ins Frühjahr von unserm Volks verzehrt werden u[nd] 2 Saum Wein ist die ganze Recolte nun man muss immer zufrieden sein u[nd] bessere Zeiten erwarten. Der Neuhof ist ein Schlund, mich dünkt immer wenn wir ihn gegen ein artiges Gütchen im Welschland wohl verkauften, so wären wir dann nahe oder überall beisammen und eines grossen, grossen Lasts ab, dennoch will ich thun was möglich um den Karren gehen zu machen. Lisebeth lässt Dich grüssen u[nd] Dir sagen 8 sei nicht 12; doch haben wir getheilt wie gut wir konnten. In H[all]weil geht es immer fatal, bei 6 Wochen waren die Knaben in Banden – nebst Ross u[nd] Knecht u[nd] nun Taumeln und Zanken sie sich wieder um die Theilung, so wird es gehen, bis nichts mehr zu theilen vorhanden, nun haben sie Gedanken den Winter in Lau-

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sanne bei Nigaut zuzubringen ach! – niemand kann der guten Mutter aus ihrem Kummer u[nd] Verlegenheit heraushelfen, auch macht der Kummer ihrer Gesundheit sehr schade. Wenn ich an die vorigen Zeiten gedenke so ist mir traurig, dass ich oder Du ihr nicht beistehen können. Was macht Gottlieb. Grüsse mir ihn Gott sei mit seinem Thun. Hier sind die Eltern zärtlich aber schwach, man höret mehr kindergeschrei als bei Euern 100 – Kuster doch ist wieder ein wenig besser, gesundheitshalber. Wir hatten auch Besuch von G o l d e n e r , der ein Pfaff lernt u[nd] nun in Solothurn ist; Der alte gutmüthige aber einfältige Schwärmer, der aber dennoch seinen Weg machen wird. Er hat Dir Krüssi mit Thränen nachgefragt u[nd] grüsst und dankt herzlich. Meine Gedanken sind immer bei Dir lieber! u[nd] Deinem thun, mit Euch allen, dass Gott Euer Werk mit Segen begleite ich mag krank oder gesund sein, leben oder sterben, so bin ich bis an den letzten Athemzug, dann wieder jenseits Deine getreue Nane. Schreibe doch bald Dolder er ist traurig. Ich bitte mir Ehrerbietigst Antwort u[nd] Willfahr über das was in diesem Brief nothwendig ist aus Die J[ungfer] Wild hat mir zu Handen von Heitz Dein Geld wieder gesandt, weil sie es noch einmal von mir empfangen, von dem Brief aber, in dem ich Dir das Geld übergab schreibt sie nichts hast Du ihn eröffnet u[nd] ihr nicht geschickt – Lieber! so zernichte ihn, wie auch den gegenwärtigen u [ n d ] a l l e . Noch wiederhole ich an Dich die Bitte, dass unser Gottlieb von unsern Freunden zur Ordnung u[nd] Aufmerksamkeit gehalten werde, es ist so wesentlich, dass Du es mir nicht übel nimmst – dass ich es in allen Briefen wiederhole. Denke doch Lieber! den Moment Morgens a 9 Uhr schickte Fr[au] Seiler in Lentzburg ihre Magd, mir anzuzeigen, dass diese Nacht Fr[au] Dolder wahrscheinlich gestorben. Indem sie im Bett gelesen sei ihr Bett angezündet u[nd] nachdem man Rauch verspürt, habe man sie aus dem Bett halb fallend ohne Besinnung herausgezogen, da das ganze Bett schon brannte. Du denkest leicht wie sehr mich diser Fall betrübt u[nd] ich sie herzinig betraure u[nd] bereue. Sie verdiente auch meine Liebe u[nd] Anhänglichkeit. Da ich den Brief schliessen will kommt wieder ein Bote: die gute Dolder ist wirklich todt, erstickt vom Rauch. Schriebe auch ihrem Manne bald.

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ZB Zürich, Ms Pestal 994, S. 225–227 ganzer Text in lateinischen Buchstaben Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 14 Z. 16 Z. 34 Z. 41 Z. 42 Z. 53f. Z. 76 Z. 97

mir nicht nur Deine so aus Fr[au] Wegmann und eines grossen, grossen Lasts ab∫ getreue kommt Sacherklärung I.

Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 II. Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815, ⇒ Nr. 3) zog erst 1807 – kurz nach diesem Brief – nach Yverdon. Nach der Aufhebung des Instituts in Burgdorf 1804 lebte sie abwechselnd in Zürich, auf Schloss Hallwyl sowie auf dem Neuhof. III. Z. 5 Z. 6

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Z. 18 Z. 19 Z. 19

2 Briefe: Damit ist wohl der vorliegende und derjenige vom September 1806 (⇒ Nr. 834) gemeint. meiner Gesundheit halben: Es ist nicht klar, an welcher Krankheit Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815, ⇒ Nr. 3) litt. In ihrem Tagebuch sind im Jahr 1806 vor allem Hinweise auf Verwandtschaft und Bekanntschaft verzeichnet, von einer allfälligen Krankheit ist nicht die Rede (NPS 1, S. 51ff.). Koller: Johann Franz Koller (1738–1823) aus Bözberg (Kt. Aargau) war Chirurg und Experte für Impfungen in Brugg (Kt. Aargau), wo er 1808 zum Ehrenbürger ernannt wurde. Er behandelte als langjähriger Hausarzt die Familie Pestalozzi seit den 1770er-Jahren auch die Kinder der Armenanstalt auf dem Neuhof sowie 1819 Elisabeth Krüsi-Näf (1762–1836, ⇒ Nr. 594) in Schinznach (Kt. Aargau). br[uder] Pfarrers: Johann Kaspar Schulthess (1744–1816, ⇒ Nr. 239), Susette Judith Schulthess-Motta (1744–1818, ⇒ Nr. 323), Anna (Maria) Salome, genannt Nanette Halder-Schulthess (1773–1834, ⇒ Nr. 431), Karl Johann Jakob Schulthess (1775–1854, ⇒ Nr. 1551), Susette Scheler-Schulthess (1786– 1835, ⇒ Nr. 736) und August Schulthess (1785–1846, ⇒ Nr. 823). Vogel: David Vogel (1760–1849) ⇒ Nr. 1360 f.: Abkürzung für Gulden seinem Brief: scheint nicht erhalten zu sein

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Z. 28 Z. 30 Z. 32 Z. 34 Z. 41f.

Z. 42 Z. 44

Z. 44f. Z. 45 Z. 49

Z. 49 Z. 55 Z. 57

Z. 61

Z. 65 Z. 67 Z. 69

Z. 71 Z. 78 Z. 80

Pfarrers in Birr: Johann Jakob Schmuziger (1771–1844) aus Aarau, Nachfolger von Daniel Küpfer (1741–1821, ⇒ Nr. 732) in Birr, wechselte 1819 nach Kölliken (Kt. Aargau), wo er bis zu seinem Tod amtierte. Vor dem Antritt seiner Pfarrstelle in Birr war Schmuziger von 1795 bis 1798 und von 1798 bis 1805 jeweils Pfarrer in Mönthal und Gontenschwil (Kt. Aargau). letzter zufriedener Brief: scheint nicht erhalten zu sein Fr[au] Schintz: Anna Schinz-Schulthess (1734–1811) ⇒ Nr. 823 Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Menalk: Hans Kaspar Blun(t)schli, genannt Menalk (1743–1767) ⇒ Nr. 1 Fr[au] Zunftmeister Wegmann: Emerentia Vogel (1753–1833), genannt Meret, heiratete 1783 den Metzger und Zunftmeister Johannes Wegmann (1742–1815, ⇒ Z. 44), mit dem sie einen Sohn hatte (⇒ Z. 45). logement: Wohnung (frz.) ihren Mann: Johannes Wegmann (1742–1815), Metzger und Zunftmeister, amtierte zwischen 1798 und 1813 als Kantonsrichter, zuvor 1782 als Obervogt von Rümlang und 1790 in derselben Funktion von Meilen (Kt. Zürich). 1799 wurde er helvetischer Senator, später Kleinrat. Aus der ersten Ehe mit Susanna (†1782) entstammten vier Töchter und ein Sohn, aus der zweiten Ehe mit Emerentia Wegmann-Vogel (1753–1833, ⇒ Z. 41f.), ein weiterer Sohn (⇒ Z. 45). Rudolf Meyer: Damit dürfte wohl Johann Rudolf Meyer (1768–1825, ⇒ Nr. 571) gemeint sein. ihren Sohn: Johannes Wegmann (*1785) war als Kaufmann tätig. 2 Saum Wein: Ein Saum (auch Ohm oder Ahm) ist eine altdeutsche Volumeneinheit, welche sich vom lateinischen Namen ama (Eimer) ableitet. Sie bezeichnet die Belastungsfähigkeit eines Saumtieres und konnte je nach Lastentier zwischen 134 Litern (Esel, Maultier) und 151 Litern (Pferd) variieren. Da an unterschiedlichen Orten unterschiedliche Lasttiere zum Einsatz kamen, divergieren die Umrechnungen regional. Für die Schweiz werden 1 Saum = 150,1 Liter überliefert. Recolte: Ernte (frz.) Lisebeth: Elisabeth Krüsi-Näf (1762–1836) ⇒ Nr. 594 Knaben: Franz von Hallwil (1777–1852, ⇒ Nr. 686) und Karl von Hallwil (1778–1827, ⇒ Nr. 434). Der älteste Sohn Johann/Jeannot/Janot von Hallwil (1776–1802, ⇒ Nr. 455) ist zu dem Zeitpunkt bereits verstorben. Nigaut: Gemeint ist wahrscheinlich die Familie Nicod, mit der die Familie von Hallwil eine langjährige Freundschaft verband. Über die einzelnen Mitglieder der Familie konnten keine weiteren Angaben eruiert werden. Gottlieb: Gottlieb Pestalozzi (1798–1863) ⇒ Nr. 594 Kuster: Laurenz Jakob Custer (1765–1822) ⇒ Nr. 748 G o l d e n e r : Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. Denkbar wäre der Pfarrer Karl Marian Goldener (*1756) aus dem Kt. Appenzell-Innerrhoden, aber auch ein Karl Goldener, der 1812 Yverdon schon verlassen hatte und im Personal-Etat als Hauslehrer geführt wird. Bei seinem Austritt scheint es zu finanziellen Unklarheiten gekommen zu sein, zumindest sind Briefe Pestalozzis aus den Jahren 1824 und 1825 überliefert, in welchen ausstehende Geldbeträge angemahnt werden (PSB XIII, Nr. 6013, Nr. 6156, Nr. 6163). Krüssi: Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588 Dolder: Johann Rudolf Dolder (1753–1807) ⇒ Nr. 410 J[ungfer] Wild: Frau Wild ⇒ Nr. 834

188 Z. 80 Z. 82 Z. 89

Z. 90 Z. 90

Heitz: ⇒ Nr. 834 Brief: ⇒ Nr. 834 Fr[au] Seiler: Da der Familienname Seiler in Lenzburg weit verbreitet war und keine weiteren Kontakte einer Frau Seiler zu Pestalozzi nachweisbar sind, ist es unklar, wer hier gemeint sein könnte. Magd: Damit ist vermutlich Barbara Frei-Gallmann (1784–1814, ⇒ Nr. 594) gemeint. Fr[au] Dolder: Anna Dorothea Dolder-Kölliker (1751–1806) war mit Johann Rudolf Dolder (1753–1807, ⇒ Nr. 410) verheiratet und eine enge Freundin von Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815, ⇒ Nr. 3).

838. Ignaz Heinrich von Wessenberg November 1806 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB V, S. 181.24 Sacherklärung I.

Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774–1860) ⇒ Nr. 683 II. Möglicherweise wurde der Brief in der Kritischen Ausgabe, auf welchen sich dieser Regest bezieht, von den Herausgebern der Pestalozzi-Briefe falsch datiert. Im Brief Pestalozzis wird erwähnt, dass Philipp Nabholz (1782–1842, ⇒ Nr. 967) mit einem Brief von Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774–1860, ⇒ Nr. 683) angekommen sei, was auf Oktober 1807 als Datum hinweisen würde, weil Nabholz in diesem Monat in Yverdon ankam (⇒ Nr. 901). Dieser Regest könnte somit auch auf Oktober 1807 datiert werden.

839. Johannes Schulthess 15. November 1806 [Reg.] Inhalt unbekannt.

189 Überlieferung 1

PSB V, S. 183.17ff. Sacherklärung I.

Johannes Schulthess (1763–1836) ⇒ Nr. 788 II. Pestalozzi bedankt sich in einem undatierten Brief an Johannes Schulthess (1763– 1836, ⇒ Nr. 788) für einen Brief vom «15. pass.» (PSB V, Nr. 1228), in welchem Schulthess ihm den Tod Johann Heinrich Rusterholz’ (1760–1806) mitgeteilt hat. Das macht die Datierung des Briefes von Schulthess auf den 15. November 1806 wahrscheinlich.

840. Diego López, Herzog von Frias 20. November 1806 Madrid 20 du Nove. 1806 5

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Monsieur! La Députation de la Société Cantabrique séante à Madrid, et dont j’ai l’honneur d’être le Président, persuadée intimement que le bonheur de l’homme a sa source dans sa premiére éducation, songeait depuis plusieurs années à faire un établissément pour l’éducation des enfans afin qu’ils pussent quelque jour être utiles à euxmêmes, à leurs familles, à la province cantabrique et à l’Espagne entière. Le Roi daigna protéger des idées si libérales, assigna des fonds à l’entretien de l’établissément, et en donna direction, à la Députation. Nos desirs etant ainsi realises l’on pensa à trouver la méthode meilleure possible pour l’enseignement des élèves, et à en poser les fondements avec solidite, dans la crainte de bâtir sur des bases fragiles, comme cela arrive ordinairement dans tous les établissémens consacrés jusqu’à présent à l’éducation, même parmi les nations les plus éclairées. Mais, graces au sage vertueux et immortel Auteur de la Méthode unique de la Naturé, à Vous bienfaisant Pestalozzi, l’enfance et la jeunesse trouvent déja applanie la route pour arriver au veritable savoir. La Société Cantabrique instruite par la renommé de la bonté de la nouvelle Méthode, convaincue par l’examen qu’elle en fit de la préférance qu’on lui devoit sur toutes les méthodes connues voyoit avec plaisir que D. Jean Andujar, un de nos membres établi chez moi, se chargea de l’édition espagnole de vos ouvrages élémentaires. En méme tems un heureux hozard procura a la Société

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dans l’abbé Dr. Joseph Döebely, recemment arrivé de Bourgdorf en Espagne, la personne qui lui convenoit pour remplir ses vues et après l’avoir admis dans son sein elle l’employa à l’instruction de la jeunesse. Les éleves du Collège de la Société Cantabrique ont été les premiers Espagnoles qui ont recueilli les fruits de vos lumineuses recherches en faisant des progrès rapides et honorables pour le professeur Döebely, qui justifient les avantages de la nouvelle méthode ainsi que les espérances de la Société. En considération de tous ces motifs, la Députation de la Société Cantabrique dans la Séance du 16 du courant, a voté à l’unanimité votre admission en qualité de membre de merite, et en même tems elle m’a chargé de vous remettre le titre et les Constitutions cijointes. Il m’est bien doux, Monsieur, d’être l’organe de l’estime et de la reconnoissance generale pour le reformateur de l’education et bienfaiteur du genre humain, et d’ajouter le temoignage des sentiments particuliers de consideration et respect, avec lesquels j’ai l’honneur d’être Monsieur v[otre] t[très] h[umble] et t[très] o[béissant] serv[iteur] Le duc Frias

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 35–35a Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 34 Z. 41

faisant Il m’est bien doux, Monsieur, d’être l’organe de l’estime∫ Sacherklärung I.

Diego López, Herzog von Frias (1754–1811) wird in Madrid geboren und ist Inhaber zahlreicher weiterer Herrschafts-, Grafschafts- und Herzogstitel. 1780 heiratet er Francisca de Paula (1763–1827), mit welcher er drei Söhne – Bernardino Fernández de Velasco Benavides, Herzog von Frias (1783–1851, ⇒ Nr. 854), José Bernardino Cayetano Diego María del Milagro Pacheco y Benavides (1788–1846, ⇒ Nr. 860) und Andrés Pascual Pedro Nolasco Juan Nepomuceno María del Milagro Pacheco y Benavides (1791–1854, ⇒ Nr. 860) – sowie eine Tochter, Maria de la Visitación (1801–1873) hat. Diego López wird verschiedentlich als Gesandter und Diplomat in Portugal, Grossbritannien und Frankreich eingesetzt. Er sympathisiert mit Napoleon I. Bonaparte (1769– 1821, ⇒ Nr. 580), der 1808 seinen Bruder Joseph I. (1768–1844) zum König von Spanien erklärt. Im Zuge dessen Einsetzung und den darauf folgenden heftigen spanischen

191 Aufständen wird Diego López des Landesverrates bezichtigt und sein enormes Vermögen konfisziert; er wird aber schliesslich unter Joseph I. Hofmeister und ausserordentlicher Gesandter. Am 11. Februar 1811 stirbt er in Paris. II. Die Real Sociedad Ecónomica Cantàbrica gründete das Seminario Cantábrico (1801) und das Real Seminario de Educación (1802), welches erst in Comilla, dann in Guarnizo und schliesslich ab 1808 in Corbán angesiedelt wurde und 1813, mit der Auflösung der Gesellschaft seine Tore wieder schloss. Die 1833 wieder errichtete Gesellschaft schaffte es 1839 in Zusammenarbeit mit den politischen Gremien als Nachfolgeeinrichtung das Instituto Cantábrico zu errichten, welches ab 1843 aus dem Vermögen des alten Seminars gespeist und zwei Jahre später in Instituto Superior de Santander (1845) umbenannt wurde. III. Z. 6

Z. 26 Z. 28 Z. 29 Z. 38 Z. 40

Société Cantabrique: Die Real Sociedad Ecónomica Cantàbrica, gegründet 1791, gehört zu den aufklärerischen Gesellschaften. Sie hatte die Förderung der Landwirtschaft (agricultura), Künste und Handel (artes y comercio), Naturwissenschaften und exakten Wissenschaften (ciencias naturales y exactas) sowie der Volksbildung (instrucción publica) zum Ziel und war entsprechend der Anliegen in vier Sektionen gegliedert. D. Jean Andujar: Juan/Jean Andujar ⇒ Nr. 881 hozard: Verschrieb für hazard Dr. Joseph Döebely: Johannes Paul Döbeli (1755–1843) ⇒ Nr. 883 la Séance du 16 du courant: scheint nicht erhalten zu sein Constitutions: Es ist unklar, ob diese erhalten geblieben sind.

841. Johann Andreas Schmeller 28. November 1806 Madrid den 28. Nov[ember] 1806 5

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Achtungswürdiger Herr! Erinnern Sie sich unter der Menge ihrer Geschäfte des jungen Mannes noch der im July 1804 aus Payern nach Burgdorf kam, um bey Vater P[estalozzi] einen Übungsplatz in seinem Lieblingsfache der Erziehung zu suchen, ohne weitere Hülfsmittel und Empfelung als die Lakonische des Professors Müllers in Passau und seinen Aufsatz über Schrift und Schriftunterricht, den sie vielleicht als eine Probe dessen, wohin jugendlicher Eifer einen unreifen Kopf führen kann, noch in irgend einem Winkel aufzubewahren für gut finden. Die Briefe des Zutrauens und der Theilnahme an seinem Schicksale, die sie ihm damals gaben, scheinen ihm jetzt, da es sich nach beträchtlichen Stürmen wieder etwas zu erheitern be-

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ginnt, Grundes und Aufforderung genug, durch diese Zeilen eine Neugirde zu befriedigen die er dreiste genug ist, ihrem menschenfreundlichen Herzen für das Loos eines Verlassenen wie er es war, vorauszusetzen. Ja, edler Mann, Freund möchte ich sie nennen, wenn ich es verdiente, ihr Freund zu seyn, der Rath, den Sie mir in jener warmen Unterredung auf der Schlossterrasse von Burgdorf gaben, nach Bern zu gehen, um dort ein einstweiliges Auskommen zu suchen, bis nach der Versetzung des Instituts nach Buchsee, mein heiligster Wunsch konnte in Erfüllung gebracht werden, – war die Veranlassung zu einer Kette von Begebenheiten, die mich zu nichts geringerem, als in das Spanische Werbhaus in Solothurn und von da unter das Schweizer Regiment Wimpfer nach Tarragona in Katalonien führte. Ich schweige von dem Seelenzustande, mit dem ich beynahe 2 Jahre hindurch kämpfte, bis schon nah zu unterliegen, eine unbegreifliche Vorsicht mich rettete, und mir an dem edlen Voitel, Hauptmann dieses Regiments, einen Genius sandte, der den nider gebeugten neu aufrichtete und meinem Geist ein neues Leben gab. Gewiss kennen auch Sie den Namen und Karackter dieses Menschenfreundes, der mit so vieler Anstrengung an der Ausbreitung des grossen Werkes der Methode in dem finstern mehr als jeder andern Land, des Lichts bedürftigen Spaniens arbeit[et], durch ihn wurde ich auf ein mal werde in meine vorige lieblingssphäre versetzt, aus der mich mein Schicksal auf eine so sonderbare, alle Hoffnung benehmende Art so lange entrückt hatte. Ich praktizierte aus seiner Leitung in der Regimente Schule zu Taragona, und als er vor kurzem durch eine Reihe ausserst delikater und gefährlicher Schritte, zu denen, ich rede aus inniger Überzeugung, unter Tausend keiner als er, der Mann gewesen wäre, einen Ruf nach dieser Hauptstadt erhielt, um unter der Schutze der Regierung, ein pest[alozzisches] Institut zu eröffnen, hielt er mich würdig, ihm als Gehülfe mit hieher zu folgen. Unsere Sache [steht] unter den glücklichsten Auspizen, der Friedensfürst betrachtet Sie mit persönlicher Vorliebe und alle Hindernisse die hier im Wege stehen könte verschwinden auf seinem Werk. Das Publikum ist durch zweckmässige Vorbereitung in offentlichen Blättern und das Individuelle Benehmen H[errn] Voitels auf so eine Art für die Sache eingewonnen, dass der Fürst unter die auf 100 festgesetzte Zahl der Zöglinge, nur Kinder aus der ersten Häusern von Madrid aufzunehmen gut fand. 50 erwachsene Schullehrer, Geistliche oder sonst Männer denen das

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Erziehungswesen am Herzen liegt, sind als beobachtende Schüler admitiert, um die Methode zu lernen, anzuüben, und zu seiner Zeit zu verbreiten, von Seite der Regierung, in besondere Comission, bestehend aus 6 der geschätztesten Gelehrten unter dem Vorsitze eines Staatsraths niedergesetzt, um dem Gang und Erfolg der Methode in unserem Institute Tag für Tag zu beobachten, und nach einem Jahre, oder eher, wenn sie es für gut erachtet, der Regierung und der Nation ihr Resultaten vorzulegen. Die aussen Seite der Anstalt entspricht der grösse ihrer Unterstützer und die Fonds fliessen mit einer, bey dem grossen Geldmangel des Staats wahrhaft bewunderungswürdigen Ergiebigkeit zusamen. Dem Direcktor J. Voitel sind 4 Lehrgehülfen mit Besoldung zugegeben, unter denen auch ich begriffen binn, und den Augenblick nicht erwarten kann, in welchem ich meinen edlen unbekanten Mitarbeiter J. Studer mit dem Gefühl der ganzen Würde unsers gemeinschaftlichen Geschäftes in die Arme schliessen werden. Etc. Ich sie verehrender Andreas Schneller.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 66–67a Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 9 Z. 10 Z. 18 Z. 20 Z. 21 Z. 27 Z. 30 Z. 31 Z. 32 Z. 34 Z. 35 Z. 56 Z. 56 Z. 63 Z. 65 Z. 71

weitere als die genug, durch Loos eines vorauszusetzen war Wimpfer Seelenzustande nah Voitel: lateinische Schrift sandte Voitels: lateinische Schrift eingewonnen unter dem in unserem Voitel: lateinische Schrift

194 Sacherklärung I. Johann Andreas Schmeller (1785–1852) gilt früh als begabt und besucht zunächst die Lateinschule des Benediktinerklosters Scheyern (Bayern) und wechselt später an das Gymnasium nach Ingolstadt und danach an das Wilhelm-Gymnasium nach München. 1804 zieht er in die Schweiz und kämpft in den Napoleonischen Kriegen als Schweizer Söldner für Spanien. 1813 kehrt er nach Bayern zurück und wird ab 1814 Oberleutnant der bayrischen Armee. Ab 1815 veröffentlicht er zahlreiche Schriften und Bücher zu Grammatik und Mundart. 1824 wird er Mitglied der Bayrischen Akademie der Wissenschaften (⇒ Nr. 985). 1827–1836 verfasst er ein vierbändiges Bayrisches Wörterbuch und hält ab 1826 Vorlesungen an der Universität München. 1827 wird er Professor am Kadettenhaus (weiterführende Schule zur Ausbildung von Offiziersanwärtern) in München und 1828 ausserordentlicher Professor für ältere deutsche Literatur an der Universität München. 1840 übernimmt er zusätzlich eine Stelle als Unterbibliothekar an der Staatsbibliothek Bayern und wird 1846 zum ordentlichen Professor an der Universität München befördert. III. Z. 10 Z. 11 Z. 30

Z. 34 Z. 44

Z. 51f. Z. 62f.

Z. 71

Professors Müllers: Franz Joseph Müller (1779–1827) ⇒ Nr. 609 Aufsatz: Johann Andreas Schmeller: Über Schrift und Schriftunterricht: ein ABC-Büchlein in die Hände Lehrender (1803). München 1965 Schweizer Regiment Wimpfer: Das Erste der fünf Schweizer Regimente, welche im Dienste Spaniens und damit in einer Söldnertradition (Reisläuferei) standen, die bis ins 14. Jahrhundert zurückreicht, stand ab 1804 unter der Leitung des Regimentsoberst Ludwig von Wimpfen (1765–1831). Seine Söldner stammten aufgrund des ihm zugewiesenen Werbegebietes ausschliesslich aus den Kantonen Solothurn, Freiburg und Aargau und waren, wie alle Söldner in spanischen Diensten, Katholiken. Voitel: [Franz] Joseph Stephan Voitel (1773–1839) ⇒ Nr. 895 Regimente Schule: Die Schule, ausgerichtet nach «Pestalozzischer Lehrart» wurde im Herbst 1803 durch Oberst Ludwig von Wimpfen (1765–1831) ins Leben gerufen und Hauptmann [Franz] Joseph Stephan Voitel (1773–1839, ⇒ Nr. 895) unterstellt. Unterrichtet wurden 20–30 Soldatenkinder des Regiments. Wimpfen war nach Darstellung Johann Andreas Schmellers (1785–1852, ⇒ Sacherklärung I.) überzeugt, dass «unterrichtete, vernünftige Leute leichter zum Guten und Rechten geleitet werden können als rohe, halsstarrige Strohköpfe» (Werner Winkler (Hrsg.): Johann Andreas Schmeller, Briefwechsel. Band 1. Grafenau 1989, S. 21). Friedensfürst: Manuel de Godoy (1767–1851) ⇒ Nr. 854 Comission: Die Aufsichtskommission bestand aus sechs Mitgliedern. Präsident der Kommission war der Rechtsgelehrte José Maria Puig de Sauper/de Samper (1751/1753–1833), der zudem Mitglied des königlichen Staatsrates war. Vize-Präsident war der Geistliche Juan/Jean Andujar (⇒ Nr. 881). Die übrigen vier, die alle der Sozietät von Madrid angehörten, waren: der Richter und Politiker Juan Antonio Almagro (*1774), der Justizbeamte und Abgeordnete José Costa y Gali, der Übersetzer und Autor pädagogischer Werke Abate José Miguel de Aléa (um 1750–1824?) sowie Felipe Banza. 4 Lehrgehülfen: Johann Andreas Schmeller (1785–1852, ⇒ Sacherklärung I.), Gabriel Friedrich Studer (1784–1824, ⇒ Nr. 860), Antoni (*ca. 1793) und Augustín Petitpierre (ca. 1798–1841). Bei Antoni könnte es sich um Anto-

195

Z. 74 Z. 77

nio Bürgermeister handeln, den Sohn von Jorge Bürgermeister, der ebenfalls als Gehilfe erwähnt wird. Petitpierre stammte aus Cartagena (Murcia) und war Hauptmann der Guardia Real de Infantería. Seine Militärkarriere nahm 1804 ihren Anfang: als Sechsjähriger wurde er cadate sin antigüedad, drei Jahre später Leutnant (subteniente) und 1809 cadate con antigüedad. Bei der Eröffnung des Real Instituto Militar (⇒ Nr. 882) führte er nach zuvor neunmonatigem Unterricht in Tarragona, neunjährig, die Methode vor. J. Studer: Gabriel Friedrich Studer (1784–1824) ⇒ Nr. 860 Schneller: Verschrieb für Schmeller

842. Rosette Kasthofer Dezember 1806 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB V, S. 188.15f. Sacherklärung I.

Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857) ist das jüngste der sieben überlebenden Kinder des Ehepaares Emmanuel Gottlieb Kasthofer (1725–1803, ⇒ Nr. 975) und seiner Frau Susanne Chaillet (1737–1822, ⇒ Nr. 979) aus Neuenburg und Murten (Kt. Fribourg). Nach der häuslichen Erziehung tritt sie 1792 in die in Bern neu gegründete Mädchenschule David Müslins (1747–1821, ⇒ Nr. 1117) ein. Nach dem Tod des Vaters 1803 pflegt sie zunächst die erblindete Mutter im Haus ihres Bruders Gottlieb Rudolf Kasthofer (1767– 1823, ⇒ Nr. 1426). Um 1805 beschliesst sie, sich zur Erzieherin ausbilden zu lassen. Durch Johannes von Muralt (1780–1850, ⇒ Nr. 610) – mit dem sie später durch ihre gegenseitige, unerfüllte Liebe bis kurz vor von Muralts Tod in einem Briefwechsel steht – wird sie anlässlich ihrer Besuche bei der nahe des Instituts Münchenbuchsee lebenden Schwester Juliane Margareta Kasthofer (1776–1813) in die Methode Pestalozzis eingeführt. Im November 1808, nach einigen Monaten Aufenthalt in Paris, tritt Rosette eine Stelle als Hospitantin im Mädcheninstitut (⇒ Nr. 867) von Yverdon an und übernimmt bereits im Frühling 1809 – nach dem Ausscheiden der bisherigen Institutsleiterin Klara/Claire von Hartmann (*1774, ⇒ Nr. 984) – die Leitung. Ab Mitte 1810 wird Kasthofer heftig vom Aargauer Schulrat (⇒ Nr. 868) umworben, die Schulleitung des Mädcheninstitutes im ehemaligen Damenstift Olsberg (Fricktal) zu übernehmen. Sie schlägt das attraktive Angebot aber aus, wahrscheinlich, weil sie aufgrund eines Angebotes Pestalozzis aus dem Jahre 1808 glaubt, jederzeit das Mädcheninstitut übernehmen zu können. Tatsächlich übergibt Pestalozzi es ihr aber erst 1813 – allerdings schuldenfrei – und vereinbart mit ihr die Konditionen der weiteren Zusammenarbeit. Im Dezember 1813 verlobt sich Kasthofer eher unerwartet mit Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) und heiratet ihn im Mai 1814; die Ehe bleibt kinderlos und ist

196 geprägt von (gegenseitigen) Enttäuschungen, aber auch von grosser Achtung Rosettes für das Werk Niederers. Gemeinsam übernehmen sie um 1816 die Pflegschaft der verwaisten Schülerin Fortunée d’Albepierre (1801–1876), der späteren Leiterin der höheren Mädchenschule Biberach (Baden-Württemberg). Nachdem sich Niederer 1817 mit Pestalozzi überwirft, was erst Diskussionen um gegenseitige finanzielle Ansprüche und schliesslich einen bis 1824 währenden Rechtsstreit nach sich zieht, den Pestalozzi gewinnt, gerät Rosette in das Spannungsfeld der zwei Männer, erkrankt psychisch und zieht sich von April bis November 1817 aus Yverdon zurück. Ab 1820 wird sie schriftstellerisch und dichterisch tätig. Weil die Niederers das Institutsgebäude nicht erwerben können, ziehen sie 1837 mit dem Institut nach Genf um. 1846, drei Jahre nach Niederers Tod, verkleinert Rosette das Mädcheninstitut und zieht damit nach Servette bei Genf. Rund ein Jahr später, am 9. März 1847, übergibt sie es zwei Nachfolgerinnen (Mademoiselle Flaction und Mademoiselle Broillat); ihre weitere Mitarbeit scheitert, weil die Nachfolgerinnen «Tischgeldforderungen» stellen, was Rosette derart kränkt, dass sie sich ganz abwendet. Sie zieht nach Thun, um ihre ebenfalls verwitwete Schwester Katharina Susanne Hunziker-Kasthofer (1769–1853, ⇒ Nr. 975) zu pflegen und reist nach deren Besserung im August für zwei Monate nach Interlaken, wo sie in Johann Jakob Guggenbühls (1816–1863) «Kretinenanstalt» mitarbeitet und ihr Interesse für die Heilpädagogik entdeckt. Aufgrund heftiger Auseinandersetzungen mit dem Leiter reist sie schliesslich ab. Ab Herbst 1849 lebt sie gemeinsam mit ihrer ehemaligen Schülerin Emerenzia Michel in Zürich. Ihre zunehmenden Altersbeschwerden (diverse Stürze und allmähliche Erblindung auf einem Auge) verhindern die Erfüllung ihres Wunsches nach der Herausgabe eines weiteren pädagogischen Werkes. Rosette Niederer Kasthofer stirbt am 14. August 1857. Quellen: Rosette Niederer-Kasthofer: Blicke in das Wesen der weiblichen Erziehung. Für gebildete Mütter und Töchter. Berlin 1828; Rosette Niederer-Kasthofer: Dramatische Jugendspiele für das weibliche Geschlecht. Aarau 1838

843. Johann Jakob Blendermann Ende 1806 5

[Reg.] Blendermann berichtet über den erfreulichen Fortgang der Methode in Bremen und über den weiteren Aufbau der Mädchenschule.

Überlieferung 1

PSB V, S. 191f. Sacherklärung I.

Johann Jakob Blendermann (1783–1862) ⇒ Nr. 627 III. Z. 5

Mädchenschule: Betty Gleims (1781–1827, ⇒ Brief vom 17. September 1817) Mädchenschule war am 14. Oktober 1805 öffentlich angekündigt

197 worden und hatte zu Ostern 1806 eröffnet. Sie richtete sich an vier- bis sechzehnjährige Kinder. In der ersten Phase wurde sie dreiklassig, ab 1812 vierklassig abgestuft geführt. Gleim zog sich 1815 nach Spannungen mit Mitarbeiterinnen und Eltern von der Leitung zurück.

844. Johann Heinerich/Heinrich Gräff Anfang 1807 5

[Reg.] Gräff berichtet, dass er nicht in der Lage gewesen sei, den Wechsel Pestalozzis zu «berichtigen».

Überlieferung 1

PSB V, S. 189.32 Sacherklärung I.

Johann Heinerich/Heinrich Gräff (1765–1827) ⇒ Nr. 678

845. Unbekannt Anfang 1807 5

[Reg.] Der Briefschreiber teilt Pestalozzi mit, dass die Prinzessin von Piombino das Journal subskribiert.

Überlieferung 1

PSB V, S. 228.5ff. Sacherklärung I.

Da sich keine späteren Kontakte zu der Prinzessin von Piombino, Maria Anna Elisa Bonaparte (1777–1820, ⇒ Z. 4) nachweisen lassen, was Rückschlüsse auf den möglichen Briefschreiber erlauben würde, ist unklar, wer diesen nicht erhaltenen Brief verfasst hat. III. Z. 4

Prinzessin von Piombino: Maria Anna Elisa Bonaparte (1777–1820), eine Schwester Napoleon I. Bonapartes (1769–1821, ⇒ Nr. 580), wurde 1805 von

197 worden und hatte zu Ostern 1806 eröffnet. Sie richtete sich an vier- bis sechzehnjährige Kinder. In der ersten Phase wurde sie dreiklassig, ab 1812 vierklassig abgestuft geführt. Gleim zog sich 1815 nach Spannungen mit Mitarbeiterinnen und Eltern von der Leitung zurück.

844. Johann Heinerich/Heinrich Gräff Anfang 1807 5

[Reg.] Gräff berichtet, dass er nicht in der Lage gewesen sei, den Wechsel Pestalozzis zu «berichtigen».

Überlieferung 1

PSB V, S. 189.32 Sacherklärung I.

Johann Heinerich/Heinrich Gräff (1765–1827) ⇒ Nr. 678

845. Unbekannt Anfang 1807 5

[Reg.] Der Briefschreiber teilt Pestalozzi mit, dass die Prinzessin von Piombino das Journal subskribiert.

Überlieferung 1

PSB V, S. 228.5ff. Sacherklärung I.

Da sich keine späteren Kontakte zu der Prinzessin von Piombino, Maria Anna Elisa Bonaparte (1777–1820, ⇒ Z. 4) nachweisen lassen, was Rückschlüsse auf den möglichen Briefschreiber erlauben würde, ist unklar, wer diesen nicht erhaltenen Brief verfasst hat. III. Z. 4

Prinzessin von Piombino: Maria Anna Elisa Bonaparte (1777–1820), eine Schwester Napoleon I. Bonapartes (1769–1821, ⇒ Nr. 580), wurde 1805 von

198 ihrem Bruder zur Fürstin von Piombino und Lucca ernannt, 1806 zur Herzogin von Massa-Carrara und drei Jahre später zur Grossherzogin der Toskana. Sie war seit 1797 mit dem korsischen Adeligen Felice Bacciocchi (1762–1841) verheiratet. Nach dem Sturz ihres Bruders lebte sie erst in Bologna, dann als Gräfin von Compigniano zu Triest, wo sie auch starb. Journal: Wochenschrift für Menschenbildung (1807–1811)

Z. 5

846. Hermann Christoph Baier 1806/1807 [Reg.] Baier berichtet, dass er eine Pfarrei in Aussicht habe.

Überlieferung 1

Nr. 864 Sacherklärung I.

Hermann Christoph Baier (1775–1822), Sohn des Pfarrers Johann Christopher Baier (1744–1790) aus Bobbin (Rügen), studiert nach dem Besuch des Stralsunder Gymnasiums von 1795 bis 1797 an der Universität Greifswald und anschliessend bis 1800 an der Universität in Jena, wo er Johann Gottlieb Fichte (1762–1814, ⇒ Nr. 1039) gegen Vorwürfe des Atheismus und der Gottlosigkeit verteidigt und 1803 zum Doktor der Philosophie ernannt wird. Von 1801 bis 1803 ist Baier als Hauslehrer beim Pfarrer Ludwig Gotthard Kosegarten (1758–1818) in Altenkirchen auf Rügen tätig, der ab 1808 Professor für Griechische Literatur und Geschichte und ab 1812 Rektor an der Universität Greifswald ist. Baier übernimmt nach seinem von 1803 bis 1806 währenden Aufenthalt in Genf, Paris und Lausanne ab 1808 das Diakonat der immer noch unter dem Pastorat Kosegartens stehenden Pfarrei von Altenkirchen, heiratet dessen Tochter Alwine Kosegarten (1787–1864) und übernimmt 1817 endgültig das Altenkirchener Pfarramt von seinem Schwiegervater. II. Baier dürfte während seines Aufenthalts in Genf und Lausanne (1803–1806) mit Pestalozzi in Kontakt getreten sein, sodass dieser nicht erhaltene Brief nach seiner Rückkehr nach Rügen verfasst worden sein dürfte. III. Z. 4

Pfarrei: Ob Hermann Christoph Baier (1775–1822, ⇒ Sacherklärung I.) nach seiner Rückkehr aus Frankreich und der Schweiz 1806 noch andere Pfarreien in Aussicht gehabt hatte, ist unklar. Vermutlich ist hier die Übernahme des Diakonats von Altenkirchen am 31. Juli 1808 gemeint. Die Pfarrei in Altenkirchen dürfte Baier in Abwesenheit seines an der Universität Greifswald tätigen Schwiegervaters nahezu selbstständig verwalte t haben. Der Brief vom 1. Mai 1807 (⇒ Nr. 864) deutet darauf hin, dass Baier

199 zwischen 1806 und 1808 in Bobbin bei seiner Mutter Margaretha Amalia Behrens (1753–1834) lebte, sich dort um Schulreformen bemühte, jedoch nicht die dortige Pfarrei in der Nachfolge seines Vaters übernahm. Dort amtierte bereits ab 1791 sein Schwager Bernhard Friedrich Olivius Franck (1759–1833, ⇒ Nr. 944) als Pfarrer.

847. Regula von Orelli-Escher 2. Januar 1807 5

An Herren Herren Pestalozzi in Y v e r d u n par inclus. Zürich, den 2ten 1. 1807.

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Die Gefühle wahrer Hochachtung, und alter Freündschaft, bewegen mich meine weibliche Schüchternheit zu entfernen, und es zu wagen, einige Zeilen, an Sie, Verehrungswürdiger Mann zu schreiben, bey der angenehmen Gelegenheit, da unser Ältere Sohn, Hans Caspar Orell, mit seinem bessten Freünd, Heinrich Wirz, dem Sohne Herrn Pfarrer Wirzen von Kilchberg, den Sie persöhnlich kannten, und im Hause unsres seeligen unvergesslichen Freünd Hotzens öfters gesehen haben, auf Yverdun reissen; diese Beyden jungen Menschen, kann ich nicht umhin, Ihnen auf das besste zu empfehlen, zu gütiger Aufnahme in Ihr Institut – welches Sie für eine kurze Zeit zu besuchen wünschen; hauptsächlich zum Zwek, Ihrer eignen Belehrung, und wenns möglich ist, in den Geist und Sinn, Ihrer Ideen einzudringen, um davon so viel aufzufassen, dass Sie fähig werden möchten, als junge Pädagogen, auch andern jungen Menschen, auf dem von Ihnen gebahnten Wege zu nützen! Der Zeitraum ist zwahr sehr klein, und zu klein, als dass es möglich wäre, sich ein ganzes aufzunehmen, aber da Beyde Lehrnbegierig und fleissig sind, so bitte ich Sie Verehrungswürdigster als Muter und als Müterliche Freündin, um gütige Mittheilungen, die nie auf die Erde fallen werden. Darf ich wohl die Erinnerungen an Unser ehemaliges Glük, Sie in Richters- und Wadenschweil gesehen zu haben Erneüen? und die Reihe der Jahren die Uns trennten überschreiten, und Ihnen sagen, dass so viele glükliche Erinnerungen an S i e uns ewig unvergesslich bleiben, E i n e der vortreflichsten, die Mühe die Sie nahmen, Uns Ihres unsterbliche Werk, nach dem Sie es uns

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schenkten, Lienhardt und Gertrud selbst vorzulessen, in jenner neü gebauten Stube des nun zu Asche versunkenen Schlosses, ohne Thränen berühre ich dieses nicht! wie vieles häte ich Ihnen noch zu sagen, aber so einem Mann darf man nicht Zeit rauben, nur noch sage ich Ihnen, dass ich mit unter den fühlenden Menschen lebe! die Sie als einen der grössten Wohlthäter der Menschheit verehrt, und Sie segnet, mit welchem Gefühl, ich mich mit tiefster Hochachtung empfehle und ewig verbleibe Ihre Verehrerin und Freündin Regula Orell-Escher.

Überlieferung 1 2 3

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ZB Zürich, Ms Pestal 54a, Umschlag 271/1b Blatt, 229x95 mm Der Rand ist am Anfang leicht ausgerissen. Diese Stellen werden hier ohne Kommentar aus dem Briefentwurf (ZB Zürich, Ms Pestal 54a, Umschlag 271/1) ergänzt. Der Entwurf trägt das Datum 21. Januar, der Brief hingegen (eindeutig an der Adresse und am Siegel identifizierbar) trägt das hier gesetzte Datum. Original Textkritik

Zeuge H Z. 16

Yverdun: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Regula von Orelli-Escher (1757–1829) aus Zürich wird von Privatlehrern unterrichtet. 1776 heiratet sie David von Orelli (1749–1813), einen Mitinhaber der Buchhandlung Orell (Gessner) Füssli & Co. Zwischen 1789 und 1799 lebt die Familie mit den Kindern Johann Caspar (1787–1849, ⇒ Nr. 851), Hans Conrad (1788–1854) und Regula (1789– 1801) in Wädenswil (Kt. Zürich), wo David von Orelli als Landvogt amtet. Hier trifft sich die Familie auch mit Pestalozzi, der im Winter 1793/94 das Haus seines Cousins Johannes Hotz (1734–1801, ⇒ Nr. 115) im benachbarten Richterswil hütete. Schon vor der Wädenswiler Zeit pflegt Regula von Orelli engen Kontakt mit Johann Caspar Lavater (1741–1801, ⇒ Nr. 29). Nach dem Ende des Ancien Régime kehrt die Familie nach Zürich zurück. III. Z. 13 Z. 13f.

Hans Caspar Orell: Johann Caspar von Orelli (1787–1849) ⇒ Nr. 851 Heinrich Wirz: August Heinrich Wirz (1787–1834), 1806 zum Pfarrer ordiniert und 1809 in Halle promoviert, war kurzzeitig Feldprediger im Engadin, dann Hauslehrer in Leipzig und Wien. Ab 1811 unterrichtete er Französisch an der Bürgerschule in Zürich, ab 1818 war er ebenda Pfarrer an der Französischen Kirche. Zudem leitete Wirz, mehrfacher Vize-Präsident der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft, die städtische Armen-

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schule in Zürich (1819–1825 und ab 1830), die sich alsdann zu einer Musteranstalt für verbesserte Lehrmethoden für Armenlehrer entwickelte. Diese Anstalt bestand neben dem Seminar in Küsnacht, dem ersten staatlichen Volksschullehrerseminar des Kantons Zürich. Herrn Pfarrer Wirzen: Johann Heinrich Wirz (1756–1834) ⇒ Nr. 560 Hotzens: Johannes Hotz (1734–1801) ⇒ Nr. 115 Asche versunkenen Schlosses: Damit ist das Schloss Wädenswil (Kt. Zürich) gemeint, in welchem die Familie von Orelli bis 1799 wohnte. Am 24. März 1804 war nach einem Brandanschlag das Vogteischloss Wädenswil im Kontext des «Bockenkriegs» vollständig zerstört worden.

848. Johannes Marti 14. Januar 1807 [Reg.] Johannes Marti äussert sich zufrieden über die Fortschritte seines Sohnes.

Überlieferung 1

Schloss Burgdorf, Rittersaalverein, Konvolut Marti, Nr. 5 Sacherklärung I.

Johannes Marti (1768–1810) betreibt in Fraubrunnen (Kt. Bern) den Gasthof zum Brunnen, der zwischen 1741 und 1979 im Besitz der Familie Marti ist und zahlreiche internationale Gäste, darunter 1797 auch Napoleon I. Bonaparte (1769–1821, ⇒ Nr. 580), beherbergt. Lit.: Arthur Brühlmeier/Kurt Werder (Hrsg.): Habe Ihren Sohn ungern verloren. Johann Heinrich Pestalozzi – Johannes Marti Vater und Sohn. Briefwechsel 1806– 1809. Merenschwand 2008 III. Z. 4

Sohnes: Johannes Marti (1796–1820) besuchte zwischen 1806 und 1809 das Institut in Yverdon und verstarb kurz nach seiner Heirat mit einer Wirtstocher aus Bätterkinden (Kt. Bern).

202 849. Franz Bernhard Meyer von Schauensee 16. Januar 1807 5

à Monsieur Monsieur Pestalozzi à Yverdon. Luzern 16. Jenner 1807.

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Ich danke Dir, lieber Freund, dass Du Dich meiner erinnertest, und mir die Ankündigung Deiner Wochenschrift zukommen liessest. Ich habe diese schon lange mit Ungeduld erwartet: finde aber, dass Du gut daran thatest, damit noch zugewartet zu haben: denn so lange Du, und Deine Mitlehrer sich nur auf das Raisoniren, und phylosophiren hättet beschränken müssen, so würde man Euch entweder nicht verstanden, oder misverstanden haben: und überhaupt sucht der Geist des Zeitalters die Blösse seiner Caracterlosigkeit durch eitele Raisonnemens zu deken, das mit der grösten Anmaasung für und wieder eine Sache geführt wird, ohne den Grund derselben zu kennen. Das Publikum dadurch verwirrt vermag nicht tiefer zu sehen, und der Glaube hat sich verlohren. Unterdessen haben Deine Versuche zu Erfahrungen geführt, und Dich in Stand gesezt, auf Thatsachen Dich zu berufen, die nicht geläugnet werden können, und die gröste Ueberzeugung hervorbringen müssen. Entwikle daher diese besonders in der Wochenschrift, und führe alle Deductionen aus ihnen; denn das allein muss entscheiden. Wie warm muss Dein Herz in Deiner Jugend für die Menscheit entflammt gewesen seyn, da es jezt noch in Deinem Alter, und unter Umständen, in denen man die Hände ringt, und zu zagen anfängt, so feurig für dieselbe fortgluet! Gott möge diese Flamme noch lange in Deinem Busen erhalten, und ihr Seegen und Gedeien gewähren! Gerne will ich mich daran wärmen, und meinen Muth aufrecht erhalten, und fortfahren zu hoffen, wenn schon Ahndungen mich verfolgen, die mich schwerlich eine bessere Zukunft erwarten lassen. Ich kann Dir nicht bergen, dass mich die Geschichte des Tages ausserordentlich erschüttert, und der so schnelle Fall der grösten Monarchien auf Gebrechen aufmerksam macht, die man vielleicht weder genugsam kennt, noch vermögend seyn wird, zu heilen. Besass Preussen nicht alles, was wenigstens den hartnäkigsten Wiederstand hätte vermuthen lassen können? Eine unbeschränkte

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Alleinherschaft mit Mässigung ausgeübt, die Bewunderung und Liebe erregte? Eine Staatscasse, die vermögend war alles zu beleben, und für die Selbstständigkeit des Staats alle Mittel zu verschaffen? Eine Heeresmacht, die, im Gefühl grosser Thaten, berühmt durch seine Taktik, erprobt in hundert Schlachten, und stark durch seine strenge Kriegszucht unüberwindlich zu seyn schien. Feste Pläze, die jedem Feind zu trozen schienen. Ein Land in welchem die Wissenschaften, Auf[k]lärung im höchsten Grad blühten; das durch Industrie und Handel die Unfruchtbarkeit seines Bodens verschwinden machte, und durch Sparsamkeit und Genügsamkeit zur Ausharrung und jeder Art von Aufopferung fähig war. Ein Volk endlich, das an Krieg gewöhnt, ihn schon unter ungünstigern Umständen gegen das vereinte Europa mit Glük führte, ihn dermahlen forderte, und mit Patriotisme und Hingebung für seinen König die Waaffen ergrief. – Wenn so ein Staat in Zeit von 7 Tagen, besiegt und erobert wird, von einem Feind, in dem ich nichts enteke, das ihm einen Vorzug geben, oder es bereichtigen könnte, ein solches Ereigniss dem Uebergewicht seiner moralischen oder physischen Stärke zuzuschreiben, so glaube ich vielmehr diese Wirkung Ursachen zuschreiben zu müssen, die dieselbe schon seit langer Zeit herbeyführten, und die gesellschaftlichen Bande so auflösten, dass man sich fragen muss, auf was gegenwärtig noch die Stärke eines Staats sich gründe? Wichtig mag es immer seyn diesen Ursachen mit tieferm Blik in die Sitten, Gewonheiten, Begriffe, Denkungs und Seynsart des gegenwärtigen Zeitalters nachzuforschen, als es bis dahin geschehen ist. Aber ich zweifle immer an einer Radical cur, da die Herscher, die mit der Menschheit spielen, und ihre Ketten mit aller Verfeinerung des Despotismus um sie schlingen, niemahl zugeben werden, dass Mittel angewandt werden, durch die sie sich zu ihrer Bestimmung und Würde emporarbeiten könnte. Mir ahndet vielmehr, dass das Uebel noch ärger werden dürfte, und dass sich die Anzahl derer, so auf diesem weiten Meer noch aus dem Schifbruch könnten gerettet werden, sich immer mehr und mehr vermindern wird. Zeichne mich, lieber Freund, einstweilen unter die Zahl Deiner Abonnenten auf, und melde mir, ob ich den Betrag in hier an Herr Xav[er] Meyer, Buchdruker, erlegen, oder anderstwie Dir zukommen lassen solle. Ich umarme Dich indessen auf das freundschaftlichste. F. B. Meyer

204 Überlieferung 1 2 3 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 53, Umschlag 221/7 Bogen, 238x192 mm ganzer Text lateinische Schrift Stempel LUCERNE, Siegelspuren Original Textkritik

Zeuge H Z. 17 Z. 17 Z. 38 Z. 59 Z. 60 Z. 67

Sache geführt geführt wird∫ wird, zu zuschreiben zu müssen∫ und ihre Sacherklärung I.

Franz Bernhard Meyer von Schauensee (1763–1848) ⇒ Nr. 443 II. Pestalozzi pflegte während der Amtszeit (1798–1801) des Helvetischen Finanzministers Franz Bernhard Meyers von Schauensee (1763–1848, ⇒ Nr. 443) einen intensiven Briefwechsel und wollte ihn auch als Subskribenten der Wochenschrift für Menschenbildung (1807–1811) gewinnen. III. Z. 9 Z. 35

Z. 77

Wochenschrift: Wochenschrift für Menschenbildung (1807–1811) Geschichte des Tages: Die Niederlage bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 und der Einmarsch französischer Truppen in Berlin eine Woche später führten zum Zusammenbruch Preussens, das im Frieden von Tilsit am 9. Juli 1807 die Hälfte seines Territoriums verlor und hohe, an Frankreich zu zahlende Kontributionen auferlegt bekam. Preussen hob in der Folge die bäuerliche Erbuntertänigkeit auf, führte die städtische Selbstverwaltung sowie die Gewerbefreiheit ein und begann mit der Reform des Bildungswesens. Xav[er] Meyer: Xaver Meyer von Schauensee (1769–1829) betrieb zusammen dem nachmaligen Aargauer Kantonsbibliothekar Josef-Anton Balthasar (1761–1837) eine Buchhandlung und Buchdruckerei, die ab 1801 die Zeitschrift Luzerner Hauskalender herausgab und im selben Jahr wegen regierungskritischer Publikationen vorübergehend geschlossen wurde. Nach Meyers Tod wurde sie von seinem gleichnamigen Sohn Xaver Meyer von Schauensee (1803–1884) weiter geführt.

205 850. Wilhelm Christian von Türk 16. Januar 1807 Oldenburg, den 16ten Janvier 1807. 5

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Seitdem ich dir, lieber Vater Pestalozzi zum lezten mal schrieb, haben sich grosse Dinge ereignet – mögte dadurch für die Menschheit etwas gewonnen worden seyn! Auch unser Ländchen ward am 12. Nov[ember] von Königl[ich] holländischen Truppen in Besitz genommen. Dieser Zeit-Ereignisse ungeachtet haben Schmidt, Urbach und ich ununterbrochen fortgearbeitet. Mit Schmidt bin ich sehr zufrieden. Er ist so rein, so anspruchslos, so heiter und fest; er widmet sich so ganz seinen Geschäften, dass mir in dieser Hinsicht nichts zu wünschen übrig bleibt. Seine, in Vergleichung mit der hiesigen Schein-Cultur etwas rauhe Aussenseite übersehe ich gerne, da sie nicht vom Mangel an Gefühl herrührt, das in ihm in aller Kraft und Reinheit sich erhalten hat – vielmehr ist sie mir lieb. Für die Sprache möchte ich ihm mehr Empfänglichkeit wünschen – indessen wird Urbach versuchen, ihn mehr dafür zu bilden und dann werde ich mit beyden einen Versuch mit der englischen Sprache machen. Er giebt den Knaben 5, und den Mädchen 1. Stunde täglich. Das ABC der Anschauung, wie er es behandelt, hat meinen ganzen Beyfall – eben so seine Behandlungs Art der Zahlen-Verhältnisse und der Geographie. Ich wünschte jezt beynahe mein Buch nicht geschrieben zu haben, denn es steht weit hinter dem zurück, was die Methode jezt ist. Indessen hat es doch hie und da der Methode Freünde gewonnen und so ist es doch nicht ganz unnütz gewesen. Wie es mit dem Absetzen gehet, weis ich nicht. In Bremen sind über 100. Exemplare verkauft worden. – Dein Journal habe ich erst kürzlich erhalten, es hat mir einen seltenen Genuss gewährt; ich las es Abends nach Tisch meiner Frau und Schmidt vor. 2. Abende in der Woche sind dem ABC der Anschauung gewidmet, mit dem Schmidt, mich, meiner Frau und des Urbachs Ehefrau bekannt macht. – Ich habe mir bey den Kindern den Unterricht in der französischen Sprache ausschliesslich vorbehalten, um zu sehen was sich aus dem von mir eingeschlagenen Weg leisten lässt, denn dieser Weg muss für jede Sprache anwendbar sein. Ich will ihn denn mit Schmidt und Urbach in der englischen Sprache nehmen. Seit dem 12ten Dec[ember] haben wir 2. Pensionairs im Hause; Ostern kommen vielleicht noch 2. hinzu; ich wünschte ihre Zahl noch mehr vermehrt zu sehen, weil ich mich nach dem Augenbli-

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cke sehne, wo es mir erlaubt sein wird, mich ganz dem Erziehungsfache zu widmen. Da jezt meine gute Frau mit meinen Zweken vollkommen einverstanden ist, da sie sie lieb gewonnen hat und sich ihnen ganz zu widmen bereit ist, so kann ich jezt dich und die Deinen fragen: Was soll ich thun? Es sind der Wege 3, die ich einschlagen kann – dein Rath soll entscheiden. Der Erste ist: Bleiben, wo ich bin, meine Anstalt erweitern, vervollkommenen und von diesem Punkt aus vielleicht nach NordDeütschland, Holland, England zu würken. Der 2te : Zu dir gehen und mit dir und den Deinen mich zu gleichen Zwecken verbinden. Diesen Weg würde mein Herz wählen allein die Pflichten des Weltbürgers scheinen mich mehr nach einem von deinem Würkungskreise entpfernten Punkte zu rufen. Der 3te : Ins Ausland zu gehen um dort die Methode zu begründen. Ehe ich indessen diesen Weg einschlagen dürfte müsste ich mein bestens ein Jahr bey eüch verlebt haben. Wird der erste Weg eingeschlagen, gelingt es mir, mein Institut zu verweitern, dann besuche ich dich auch auf jeden Fall, sey es auch nur auf 6. Wochen, vielleicht schon in diesem Jahr und denn würde ich gerne auch einen Zögling des Instituts hieher rufen. – In Hinsicht des 2ten bemerke ich, dass ich glaube alle Fächer sind in deinem Institut besezt und was die *** des Ganzen anbetrifft, so würde ich auch hierin von wenigem Nuzen seyn, aber denoch, glaubst du, dass ich dir helfen könne, so komme ich, und wohne unter eüch. Der 3te Weg lenkt mein Blick vorzüglich nach England, wo ich, mit der Sprache bekannt, weniger Schwierigkeiten zu überwinden hätte, als in Russland. Dabey bin ich überzeügt, dass dort die Methode Beifall finden und ein sicheren Füss fassen würde. Ich käme denn vorher zu dir, und arbeitete in Yverdon Elementar-Bücher in englischer Sprache aus; vielleich wären auch die englischen Fonds für die Armen-Schule zu finden und die Industrie seiner Bewohner dürfte für deinen Zweck wichtig seyn. Unser hiesiges Institut geht ruhig seinen Gang – von Oldenburg wird es fast nie besucht – desto mehr von Fremden. Es zählt 28. Knaben aus der Stadt, und 2. Pensionairs aus Bremen; sodann 12. Mädchen, die nur die Schreibstunde und den französischen Unterricht mit den Knaben gemeinschaftlich haben. Einige der Knaben sind schon in Schulen zu sehr verdorben gewesen – andre, die eine wohlwollende Erziehung im Aelterl[ichen] Hause genossen, machen vortrefliche Fortschritte – Alle Kinder ohne Ausnahme

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kommen mit dem grössten Vergnügen und versäümen ungern eine Stunde. Manche Aeltern sind entschieden für die Methode – die Übrigen schicken ihre Kinder, weil diese es wollen. Der Herzog hat seine Meinung geändert; zuvor glaubt er, dass es eine Methode à la Basedou sey, den Kindern alles spielend beyzubringen – jezt meinte er es strenge die Kinder zu sehr an. Immer gut, dass er seine Meinung änderte. Aus habe ich keine Nachricht, wie man dort meine Schrift aufgenommen. Von Ström aus Koppenhagen habe ich kürzlich einen Brief erhalten, der aber nichts Neües enthält. Türck.

Überlieferung 1 3 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 70–71a, S. 132–135 Datum sowohl am Anfang als auch am Schluss Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 4 Z. 5 Z. 8 Z. 11 Z. 14 Z. 21 Z. 24 Z. 29 Z. 32 Z. 35 Z. 39 Z. 39 Z. 64 Z. 68 Z. 72 Z. 73 Z. 74 Z. 78 Z. 88 Z. 91

Janvier: lateinische Schrift Pestalozzi: lateinische Schrift Nov[ember]: lateinische Schrift anspruchslos hiesigen Schein-Cultur etwas ra∫uhe Aussenseite ABC: lateinische Schrift mein Buch∫ nicht Journal: lateinische Schrift ABC: lateinische Schrift sich aus Dec[ember]: lateinische Schrift Pensionairs: lateinische Schrift ***: Lücke im Text mein Blick Yverdon: lateinische Schrift Fonds: lateinische Schrift Armen-Schule Pensionairs: lateinische Schrift à la Basedou: lateinische Schrift Aus habe

208 Sacherklärung I. Wilhelm Christian von Türk (1774–1846) ⇒ Nr. 653 III. Z. 6

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grosse Dinge: Seit dem letzten Brief Wilhelm Christian von Türks (1774– 1846, ⇒ Nr. 653) im August 1806 war das Heilige Römische Reich Deutscher Nation am 6. August 1806 untergegangen, zwei Monate später folgte der Zusammenbruch Preussens nach der Niederlage von Jena und Auerstädt am 14. Oktober 1806. Zudem hatten am 6. November 1806 französische Truppen Lübeck eingenommen. Das Herzogtum Oldenburg, das aus dem Fürstbistum Lübeck hervorging und in dessen Staatsdiensten von Türk wirkte, wurde 1806 kurzzeitig gemeinsam von holländischen und französischen Truppen besetzt. Schmidt: Johann Michael Schmid (1788–1807) ⇒ Nr. 739 Urbach: Herr Urbach wurde von Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653) aus Dessau geholt, damit er als Lehrer an seiner Oldenburger Unterrichtsanstalt mitarbeitete. Urbach folgte 1807 einem Ruf nach Bremen. ABC der Anschauung: Johann Heinrich Pestalozzi: ABC der Anschauung oder Anschauungslehre der Massverhältnisse. Zürich/Bern 1803 Zahlen-Verhältnisse: Johann Heinrich Pestalozzi: Anschauungslehre der Zahlenverhältnisse. Drei Hefte. Zürich/Bern 1803 Geographie: Ob hier das Manuskript von Johann Georg Tobler (1769–1843 ⇒ Nr. 500) zu einem auf Pestalozzis Lehrgrundsätzen beruhenden Geographie-Lehrbuch (⇒ Nr. 706) gemeint ist, ist fraglich. Es wurde nie veröffentlicht und daher scheint es unwahrscheinlich, dass es in Wilhelm Christian von Türks (1774–1846, ⇒ Nr. 653) Oldenburger Schule verwendet wurde. In Frage käme auch Karl/Carl Ritters (1779–1859, ⇒ Nr. 908) Aufsatz Einige Bemerkungen über den methodischen Unterricht in der Geographie (Zeitschrift für Pädagogik, Erziehungs- und Schulwesen 2(1806), Nr. 7, S. 198– 218). Ritter bezog sich dabei wohlwollend auf Pestalozzis Lehrart, wenngleich er vor deren einseitigen Anwendung warnte. Lit.: Ernst Martin: Das Verhältnis Carl Ritters zu Pestalozzi und sein Einfluss auf die Geographie als Wissenschaft und als Schulfach. Zürich 2003 mein Buch: Wilhelm von Türk: Briefe aus München-Buchsee über Pestalozzi und seine Elementarbildungsmethode. Ein Handbuch für alle die, welche dieselbe anwenden und Pestalozzi’s Elementarbücher gebrauchen lernen wollen, vorzüglich für Mütter und Lehrer bestimmt. Erster Band. Leipzig 1806 Journal: Wochenschrift für Menschenbildung 1807–1811 meiner Frau: Wilhelmine Amalie von Türk-von Buch (1784–1850) ⇒ Nr. 817 Urbachs Ehefrau: konnte nicht eruiert werden 2. Pensionairs: Damit sind Wilhelm Ludwig Oelrichs (1800–1868) und Gabriel August Friedrich Oelrichs (1801–1868) gemeint. Sie waren Zöglinge, die von Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653) nicht nur unterrichtet, sondern auch in Pension genommen, das heisst in seinen Haushalt aufgenommen und dort erzogen wurden. Wilhelm Ludwig heiratete 1829 Marie Amalie Heloise Albers (1803–1873) und war Kurfürstlich Hessischer Generalkonsul in Bremen, während August Friedrich die Toch-

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ter eines königlich preussischen Regierungspräsidenten heiratete und als preussischer Offizier im Revolutionsjahr 1848 den Prinzen Wilhelm von Preussen, später Kaiser Wilhelm I. (1797–1888), auf dessen Flucht nach England begleitete. noch 2. hinzu: Hier könnten Friedrich Luther und Gustav Conrad Kulenkamp (1800–1877) gemeint sein. Luther kam auf Empfehlung des Hamburger Reichsfreiherrn Caspar/Kaspar von Voght (1752–1839, ⇒ Nr. 1096), bzw. der Hamburger Patriotischen Gesellschaft (⇒ Nr. 902) zu Pestalozzi nach Yverdon (⇒ Nr. 935), wo er 1808/09 als Unterlehrer arbeitete, bevor er Lehrer am Hamburger Waisenhaus wurde. Kulenkamp war Jurist und arbeitete seit 1835 als Amtmann in Vegesack (heute Ortsteil von Bremen) und ab 1850 als Richter in Bremen. 1823 legte er seine Prüfung vor dem Oberappellationsgericht in Lübeck ab. Mit seiner Frau, der Kaufmannstochter Rebecca Amalia Mooyer (1802–1865) hatte er vier Kinder. Herzog: Peter Friedrich Ludwig (1755–1829), Herzog, ab 1815 Grossherzog von Oldenburg und Cousin der russischen Zarin Katharina II. (1729–1796), führte für den regierungsunfähigen Erbprinzen Peter Friedrich Wilhelm (1754–1823) als Co-Adjutor (ab 1776) die Regierungsgeschäfte (ab 1785) im Fürstbistum Lübeck, das 1803 in das oldenburgische Erbfürstentum umgewandelt wurde. Nach seinem Exil in Russland während der französischen Besetzung zwischen 1810 und 1813 übernahm Herzog Peter wieder die Regierung. Basedou: Johann Bernhard Basedow (1724–1790) ⇒ Nr. 610 Ström: Johann Christian Ludvig Strøm (1771–1859) ⇒ Nr. 629

851. Johann Caspar von Orelli ca. 25. Januar 1807 5

[Reg.] Am 25. Januar notiert von Orelli in sein Notizbuch: «Wir schrieben nach Yverdun an Pest[alozzi] erhielten Antw[ort] v[on] Niederer mit Einlad[ung] zu kommen.»

Überlieferung 1

ZB Zürich, FA von Orelli 15.6, S. 4 Sacherklärung I.

Johann Caspar von Orelli (1787–1849) besuchte in Wädenswil (Kt. Zürich) die Dorfschule, dann die Lateinschule und ab 1801 das Carolinum in Zürich. Nach der Ordination (1806) war er 1807–1814 Pfarrer in Bergamo, 1814–1818 Lehrer für Geschichte und Sprachen an der Kantonsschule in Chur und ab 1819 Professor für Eloquenz und Hermeneutik am Carolinum. Von Orelli war 1820–1839 Erziehungsrat des Kantons Zürich, 1831–1849 leitete er als Oberbibliothekar die Stadtbibliothek Zürich.

210 II. Johann Caspar von Orelli (1787–1849, ⇒ Sacherklärung I.) kennt Pestalozzi durch seine Eltern Regula von Orelli-Escher (1757–1829, ⇒ Nr. 847) und David von Orelli (1749– 1813), der in den 1790er-Jahren Landvogt in Wädenswil (Kt. Zürich) war. Am 2. Januar hatte schon seine Mutter einen Brief an Pestalozzi geschrieben (⇒ Nr. 847), in welchem sie die Ankunft ihres Sohnes und seines Freundes August Heinrich Wirz (1787– 1834, ⇒ Nr. 847) ankündigte. III. Z. 5

Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507

852. Joseph Bentura de Caamaño Gayoso Arias Varela et Mendoza Frühjahr 1807 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB V, S. 257.20 und S. 260.17 Sacherklärung I.

Joseph Bentura de Caamaño Gayoso Arias Varela et Mendoza (1735–1815) aus Santiago de Compostela (Galicien) wird 1771 durch den spanischen König Karl IV. (1748–1819, ⇒ Nr. 860) als Generalleutnant der königlichen spanischen Armeen und ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister seiner Majestät des Königs von Spanien in der Eidgenossenschaft akkreditiert. Caamaño lebt in Luzern, wo er sich um die Schweizerregimente in Spanien kümmert. Zwischen 1782 und 1810 sowie zwischen 1813 und 1815 wirkt er als spanischer Gesandter in Bern. Nachdem er 1810 erst aus gesundheitlichen Gründen beurlaubt worden war, hatte ihn der Bruder Napoleon I. Bonapartes (1769–1821, ⇒ Nr. 580), König Joseph I. von Spanien (1768–1844), während seiner Regentschaft des Amtes enthoben. Mit dem Ende der napoleonischen Herrschaft kehrt Caamaño in sein Amt als Gesandter zurück.

853. Karl August Zeller 4. März 1807 Riedli bey Zurich den 4 ten Mars 1807 5

Dass es mir gelungen ist, den Abend Ihres wohlthätigen Lebens, ehrwürdiger theürer Freünd! verschönern zu helfen – dass ich der

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Unwürdige gewürdigt worden bin, dem armen blinden Volke den Staar zu stehen und es sehen und schmecken zu lassen, was sein so lange verkannter Freünd ihm bisher hat seyn wollen, und was er ihm künftig seyn könne – dieser Gedanke – nun ich möchte den sehen, der ihn mir abzukaufen vermöchte. Freund, keinen Zweifel mehr! Es ist anschaulich, dass Gott mit uns ist. Je mehr ich Eüer Wesen kennen lerne, je schärfer ich in den Abgrund von Meinungen, Leidenschaften, Interessen, Thorheiten hinabblicke, durch welche das Bessere hat hervorquellen müssen, bis jene sich zu Boden setzen mussten, dieses aber den Lauf beginnen konnte, den kein Mensch mehr zu berechnen vermag; desto fester wird mein Vertrauen, desto kindlicher mein Dank gegen Gott, desto vorsichtiger aber auch jeder Schritt, den ich in dieser Sache vorwärts thue. Uber den Erfolg des Schulmeisterunterrichts wird in 14 Tagen von den Pfarern und Schulmeistern des Landes Bericht erwartet, darüber wird dann der Erz[iehungs] Rath einen ausführlichen officiellen Bericht an die Regierung gelangen lassen, welche sodann weiter verfügen wird, wie sie muss. Einstweilen nur s o viel: dass der Canton Luzern einen Geistlichen hieherschickte, um die Behandlung einer Schulmeisterschule zu lernen, dass der Erziehungsrath mit dem Erfolg seiner Mission wohl zufrieden ist, und dass der Kaplan sonst ein müssiger, unnützer Geistlicher wieder fast ohne alle pädagogische Vorkenntnisse, mit vielem Eifer sich vor bereitet, die Wichtigkeit seines Berufs tief fühlt und seinen Credit beym bigoffen Volke mit Klugheit benutzen wird, seiner Dummheit beyzukommen (das alles bezeugt mein Freünd Kaufmann, der ihn wohl kennt, mit mir correspondirt und neüen Muth gefasst hat). Dass der würdige Landammann Heer von Glarus – gewonnen durch einen kleinen Knaben, der im Wirthshause zu Meila; in welchem jener einkehrte, seine zwey kleinen Geschwister unterrichtete – mehrere unserer Schulmeister besucht hat, in den hiesigen vornehmen Gesellschaften sie laut rühmte, der Regierung gratulirte, sie neü animirte, an mich schrieb, viele seiner reichsten Landsleüte begeistert und uns 3 geistliche angekündigt hat, welche im Aprill hier eintreffen sollen. Dass mein Bruder in St. Gallen eine G e r t r u d e n s c h u l e beysammen hat, Mütter die ihre kleinsten Kinder mitbringen, und die er täglich 2 Stunden lehrt, ihre kleinen zu behandeln. Freünd! ich wäre längst nicht mehr hier, wenn nicht dieser Gedanke an die nicht zu berechnenden Folgen dieses günstigen Zufalls mich fest hielte.

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Leben Sie wohl! Mein theürer, mein unvergesslicher Freünd und geben Sie Ihren Segen Ihrem C.A. Zeller, Direktor des Schulmeisterseminarums von Zürich.

Überlieferung 1 2 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a/56, Umschlag 398/2 Blatt, 245x203 mm Original Textkritik

Zeuge H Z. 4 Z. 4 Z. 4 Z. 21 Z. 33

Riedli: lateinische Schrift Zurich: lateinische Schrift Mars: lateinische Schrift Pfarern correspondirt: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656 II. Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) hatte den Winter 1806/07 in Zürich in schlechter finanzieller Lage verbracht. Nachdem er bereits 1806 unbezahlt für die Lehrerfortbildungskurse arbeitete, konnte er auch für die Kurse der Sommermonate 1807, falls diese denn weitergeführt werden sollten, weder Lohn noch eine sichere Anstellung erwarten. Zudem war der auswärtige Zeller als Schulreformer in Zürcher Kreisen umstritten. So hatte er sich mit dem Druck von Lehrmitteln Feinde geschaffen, da das bisherige Namenbüchlein aus der Druckerei Bürkli abgeschafft werden sollte. Mit dem Wunsch nach einer gesicherten Zukunft trug er zum einen den Gedanken, in Konstanz ein Privatinstitut zu gründen. Zum andern bewarb er sich im Frühjahr 1807 für eine Beamtenstellung in Württemberg. Lit.: Annedore Bauer: Die Pädagogik Carl August Zellers (1774–1846). Frankfurt am Main 1989 III. Z. 4 Z. 6

Riedli: heute Teil der Stadt Zürich verschönern zu helfen: Seit dem Besuch des Burgdorfer Instituts im August 1803 hatte sich Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) verschiedentlich publizistisch für die Verbreitung der Pestalozzischen Methode eingesetzt. Vor allem aber arbeitete er am Aufbau seines eigenen Rufs als Pädagoge und Schulreformer, der nun durch die Leitung der Lehrerfortbildungskurse auf dem Riedtli (⇒ Nr. 879) stärkeres Gewicht erhielt. Obgleich Zeller hier

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das Lebenswerk Pestalozzis als Volksbildner zu huldigen scheint, wird angedeutet, dass er selbst sich daran mitbeteiligt sieht. Bericht erwartet: Die Einzelberichte sind zusammengetragen worden in: General-Conspect aus den pfarramtlichen und Inspektoratsberichten über den Gebrauch und Erfolg der von dem Normalinstitute ausgegangenen Lehrart (StA Zürich, U 69a/2). Erz[iehungs] Rath: Mitglied des Zürcher Erziehungsrats (⇒ Nr. 1218) waren: Hans von Reinhard (1755–1835, ⇒ Nr. 1108), Johann Jakob Hess (1741– 1828, ⇒ Nr. 560), David von Wyss (1763–1839, ⇒ Nr. 416), Johann Georg Gessner (1765–1843, ⇒ Nr. 586), Felix Nüscheler (1738–1816), Johann Christoph Tobler (1743–1823), Hans Conrad von Meiss (1764–1845, ⇒ Nr. 1108), Johann Konrad Ulrich (1761–1828), ⇒ Nr. 694), Johannes Schulthess (1763– 1836, ⇒ Nr. 788), Ludwig Meyer von Knonau (1769–1841, ⇒ Nr. 1276), Johann Heinrich Bremi (1772–1837), ⇒ Nr. 784), Johann Martin Usteri (1763– 1827, ⇒ Nr. 420), Hand Konrad Escher (von der Linth) (1767–1823, ⇒ Nr. 1094) und Hans Conrad Escher (vom Luchs ) (1743–1814). Bericht: Am 23. April beschloss der Erziehungsrat (⇒ Nr. 1218) die Fortführung der Kurse für das Jahr 1807. Die Regierung wurde brieflich über die Wirkung der Schulmeisterkurse informiert. Das Urteil fiel weitgehend positiv aus (vgl. Schreiben des Erziehungsrates vom 16. April 1807 an den Amtsbürgermeister, StA Zürich, U 69a/2). Geistlichen: Heinrich Sebastian Meyer (1775–1823) von Willisau (Kt. Luzern) besuchte die Klosterschule Rheinau (Kt. Zürich). Nach abgeschlossenen Studien in Rhetorik und Theologie in Luzern (1789–1797) war Meyer Vikar in Willisau (1798–1800), Pfarrhelfer am Stift St. Leodegar in Luzern (1800–1803), Kaplan in Littau (1803–1806) und Ruswil (1806–1809) und Pfarrer im nidwaldnerischen Hergiswil (1809–1823). Im Auftrag des Erziehungsrates des Kantons Luzern führte Meyer 1807 und 1808 in Ruswil und in Willisau mehrwöchige Kurse für angehende Landschullehrer durch. bigoffen: bigotten Kaufmann: Fridolin Kaufmann (1778–nach 1830) ⇒ Nr. 599 mit mir correspondirt: Brief von Fridolin Kaufmann an Karl August Zeller vom 26. Februar 1807 (ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 68a, S. 129) Landammann Heer: Niklaus Heer (1755–1822) ⇒ Nr. 472 kleinen Knaben: Diese Geschichte konnte anhand von Quellen nicht verifiziert werden. Meila: Meilen (Kt. Zürich) 3 geistliche: Sehr wahrscheinlich handelt es sich um die Hospitation von Meinrad Kerler (1778–1830), Philipp Nabholz (1782–1842, ⇒ Nr. 967) und Johann Baptist Wepfer (1784–1860). Die Delegation besuchte das Normalinstitut im Riedtli (⇒ Nr. 879) im Auftrag des Augustinerstifts in Kreuzlingen, wo seit 1806 ein Lehrerseminar unter der Leitung von Kerler geführt wurde. Kerler, geboren in Nassenbeuren im Allgäu, trat 1797 nach Besuch der Gymnasien in Neuburg (Bayern) und Augsburg ins Kloster Kreuzlingen ein. Nach Lehrtätigkeit in der Kreuzlinger Elementarschule war er massgeblich am Aufbau und an der Durchführung der Fortbildungskurse für thurgauische Landschullehrer (1806–1809) beteiligt und Leiter einer im Klosterstift wenige Jahre existierenden Landwirtschaftsschule. Wepfer, geboren in Diessenhofen (Kt. Thurgau), war 1806 Lehrer am Lehrerseminar im Kloster Kreuzlingen, ab 1816 Lehrer an der Waldshuter Realschule (Baden-Württemberg). Der 1807 ordinierte Wepfer war Pfarrer in Min-

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seln bei Rheinfelden (1822), Waldshut (1831), Inzlingen (1843) und Krotzingen (1848) (alle Baden-Württemberg). mein Bruder: Christian Heinrich Zeller (1779–1860), geboren auf Schloss Hohenentringen (Baden-Württemberg), begann nach dem Jurastudium an der Universität Tübingen (1796–1800) und einer kurzen Zeit als Kanzleiadvokat in Ludwigsburg (Baden-Württemberg) eine Laufbahn als Pädagoge. Nach Privatlehrertätigkeiten in Augsburg, ab 1803 in St. Gallen und ab 1806 in Hautpweil bei Bischofszell (Kt. Thurgau), wurde er 1809 Schuldirektor in Zofingen (Kt. Aargau). 1820 eröffnete Zeller in Beuggen (BadenWürttemberg) bei Basel eine Armenschullehreranstalt und eine Rettungsherberge für arme und verwahrloste Kinder, die er bis zu seinem Tode leitete. Zeller gilt als Vorläufer der Inneren Mission, eine protestantischen Reform-Bewegung, die nebst der Linderung der äussern Not zugleich die Befestigung des christlichen Sinns bei gefährdeten oder bereits entfremdeten Gemeindemitgliedern anstrebt. G e r t r u d e n s c h u l e : Christian Heinrich Zeller (1779–1860, ⇒ Z. 42) führte diese private Elementarschule – deren Namen sich wohl auf Pestalozzis Wie Gertrud ihre Kinder lehrt beziehen dürfte – von Mai 1803 bis zu seinem Wegzug 1806 nach Hauptweil bei Bischofszell (Kt. Thurgau). Die Schule soll auf Initiative einiger bemittelter Familien – bekannt sind die Namen Aepli, Keller, Specker – entstanden sein.

854. Manuel de Godoy März 1807 [Reg.] Godoy lässt Pestalozzi durch Amorós ein Buch von sich schicken.

Überlieferung 1

PSB V, S. 248.5ff. Sacherklärung I.

Manuel de Godoy (1767–1851) entstammt dem niederen Adel Spaniens und kommt am 12. Mai 1767 in Badajoz (Extremadura) zur Welt. 1784 tritt er in die königliche Garde ein. Zum engeren Kreise des Kronprinzenpaares Karl IV. (1748–1819, ⇒ Nr. 860) und Maria Luisa von Bourbon-Parma (1751–1819, ⇒ Nr. 893) gehörend, gilt er als Maria Luisas Liebhaber und macht nach deren Thronbesteigung im Dezember 1788 politische Karriere: 1790 wird er Generalleutant der Garden, im Jahr darauf Sekretär der Königin und Ende 1792 Staatsminister. Wie seine Vorgänger vertritt er eine Neutralitätspolitik, allerdings verschärft er den diplomatischen Druck auf das revolutionäre Frankreich. Auf seine Einmischungen reagiert der französische Nationalkonvent mit einer Kriegserklärung an Spanien. Der kriegerische Konflikt endet im Juli 1795 mit dem Friedensvertrag von Basel; Spanien überträgt seine Kolonie Santo Domingo (Haiti) an Frankreich und erhält dafür die verloren gegangenen Grenzgebiete zurück, Godoy erhält

215 dafür vom König den Ehrentitel Principe de la Paz, Friedensfürst. Nachdem ihm die wirtschaftlichen Folgen des gemeinsamen Krieges mit Frankreich gegen Grossbritannien eine grössere Gegnerschaft eingetragen hatte – Grossbritannien hatte Spaniens Schiffsverkehr mit seinen amerikanischen Kolonien zum Erliegen gebracht –, verliert Godoy sein Amt als erster Staatsminister im Mai 1798. Die Gunst des Königspaares befördert Godoy 1801 in das Amt des Generalissimus und Admirals von Spanien. Noch im selben Jahr folgt ein erfolgreicher Eroberungskrieg gegen Portugal und im Oktober 1805 die vernichtende Niederlage der spanisch-französischen Flotte gegen Grossbritannien bei Trafalgar. Godoy wendet sich 1806 gegen Frankreich, nachdem ihm die hohen Verluste bei Trafalgar von seinen Gegnern persönlich angerechnet werden, muss aber schon im nächsten Jahr klein beigeben: der Frieden von Fontainebleau regelt im Oktober 1807 die französisch-spanische Allianz neu und Spanien muss die Besetzung Portugals durch französische Truppen zulassen. Als 1808 die Franzosen Spanien besetzen, können sich Godoy und die Königsfamilie zunächst nach Aranjuez in Sicherheit bringen. Am 17. März wird sein Palast in der «Meuterei von Aranjuez» von der aufgebrachten Menge gestürmt, welche ihn für die Besetzung Spaniens verantwortlich sieht, wo er aber nicht gefunden wird. Karl IV. wird gezwungen, ein Dekret zur Verhaftung Godoys zu unterzeichnen, worauf dieser am 19. März verhaftet wird und seine Ämter ablegen muss. Karl IV. muss zugunsten seines Sohnes Ferdinand VII. (1784–1833, ⇒ Nr. 893) abdanken. Noch im selben Jahr reist Godoy mit seinen Gönnern nach Frankreich aus. Er betätigt sich nicht mehr politisch, begleitet Karl und Maria Luisa auf ihren Frankreich- und Italienreisen und verstirbt 1851 in Paris. II. Die Verbreitung Pestalozzis in Spanien wird wesentlich durch [Franz] Joseph Stephan Voitel (1773–1839, ⇒ Nr. 895) und Johannes Paul Döbeli (1755–1843, ⇒ Nr. 883) vermittelt. Döbeli führte einige seiner Schüler der Société Cantabrique (⇒ Nr. 840) vor und erweckt damit das Interesse von Diego López, Herzog von Frias (1754–1811, ⇒ Nr. 840). Darauf hin wird Döbeli zum Leiter des Seminars in Santander berufen, Voitel hingegen zum Direktor des Real Instituto Militar Pestalozziano (⇒ Nr. 882) befördert. In diesem Kontext dürfte wohl auch Manuel de Godoy (1767–1851, ⇒ Sacherklärung I.) auf Pestalozzi aufmerksam geworden sein. III. Z. 4 Z. 4

Amorós: Francisco Amorós y Ondeano (1767–1848) ⇒ Nr. 892 Buch: Gemeint ist der von der Aufsichtskommission (⇒ Nr. 841) verfasste und anschliessend veröffentlichte Bericht. Er erschien unter dem Titel: Noticia de las providencias tomadas por el gobierno para observar el nuevo método de la ensenanza primaria de Enrique Pestalozzi: y de los progresos que ha hecho el establecimiento formado en Madrid con este obgeto, desde su orígen hasta principio del ano de 1807. Madrid 1807.

855. Herr Gonzales de Villar März 1807 [Reg.] Inhalt unbekannt, Ode als Beilage.

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Ode à Henry Pestallozzi. Dediée à Son Excellence M[onsieu]r le Duc de Frias, comme un témoignage d’amour filial et d’application aux lettres par son fils Don Bernadin Fernandez de Velasco. L’erreur n’est pas éternelle. L’aurore tant désirée de la saine raison vint à briller dans un jour agréable. L’ame pensante rompit dans un tems les ténèbres horribles qui separoient l’homme de la science. Mais aussitot que la nature vit ses enfants fascinés agiter leur entendement incertain avec des vaines discussions, et perdre ainsi des heures qui ne reviennent plus, elle ecarta ses yeux et cacha son visage. Leur peine fut sans fruit et inutile. En vain leur esprit gigantesque tenta de parvenir jusques à la belle vérité par des faux sentiers et en y apportant ses pas faibles, tels que ceux d’un enfant peureux. Mais Bâcon naquit … Permets, oh Clio que je répande des fleurs sur son auguste tombeau que je verse sur lui des larmes delicieuses, et que je les mêle aux ondes de la Tamise qui se précipite dans la mer à travers des monumens de gloire. Bâcon nait et l’homme endurci méprise et hait dans son orgeuil inconsidéré ce qui auroit fait son bonheur et son plaisir. Deux siécles s’écoulent, son génie alors commença à eclairer, et, tel que le berger saisi d’effroi, regarde depuis la vallée verdâtre et à travers les tenèbres de la nuit, le ciel enflammé par des nuages de feu et decouvre la cime de la montagne à travers la lueur tremblante de leur sombre lumière; ainsi l’Univers entier vit le jour souhaité, où le rayon de la science frappa son visage, enveloppé des tenèbres épaisses qui couvroient la raison naissante. Newton Lock Condillac firent aussi des pas glorieux dans ce sentier difficile, et Vives Herder, Kant et celui qui vient de s’élever en Helvétie, et dont aucun autre n’apprit, enseignèrent aussi à penser au mortel ignorant. Celui-ci rompt avec hardiesse les chaînes de fer dont l’erreur le tenoit opprimé au fond de ses cachets obscurs, et le génie fécond se déploye, bat des ailes, et parcourt promptement tout autour les vastes espaces de l’Univers. Rien n’échappe alors à ses observations continuelles. La mer orageuse, lui offre des chemins et des nouvelles régions. Les plantes, les minéraux, la terre, le ciel, tout s’humilie devant la profondeur de son savoir, et la même Nature a dit en lui donnant le haut nom de sage siécle passés, regardez, voici l’homme. Génie divin de la poésie, inspirez moi, et je chanterai si tes inspirations peuvent suffire à l’entreprise, Oh Stanz, Oh Yverdon! Oh sage Henry! combien je me suis ému en prononcant ton nom! Ah! Si j’étois … Mais parlez, belles villes de l’Helvétie vous nobles rivales de la Grèce savante, parlez à ma place vous, qui entend pleines de joie au milieu de vos grottes verdies et de vos près fleuris les échos à jamais renommès du génie sans égal. Gloire, Gloire au mortel! à son nom! Que la mer profonde agite avec des vagues douces et rapides les vaisseaux espagnols qui porteront ton invention au notre monde! Qu’il sache qu’au moment où on te rend justice, et où tu commences a jouir de la recompense de tes longues fatigues tu la consacre au bien de l’homme, en élévant un monument éternel qui dira au tems a venir: Respecté destructeur, le nom d’Henry. Le triomphe est à ma patrie; c’est elle, qui la première a adopté la méthode divine, qui devroit être chantée par l’harmonieux Maron. Oh dignes fils du sublime Henry! Jeunesse Espagnolle! C’est en vous que votre valeur guerrière trouvera avec orgueil l’espoir de voir renaître son éclat, et l’Univers entier devenu muet d’étonnement verra et vos exploits immortels et vos triomphes. Suivez-moi, parcourons l’Espagne. Il se présenteront à vos yeux ces monumens qui nous rappelent des victoires éclatantes de

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tant de Héros qui ont illustré éminemment la patrie chérie, les uns en brisant les fers des Arabes, les autres en repoussant les Gaulois belliqueux et les autres enfin en vaincant toute sorte d’ennemis. Regardez la belle Hispalis, regardez le Bétis paisible qui coule dans sa source des eaux teintes du sang des Maures. Regardez Léon, Burgos et Tolède. Contemplez et admirez, leurs enceintes renfermèrent jadis les Héros que la Patrie veuve pleure encore aujourd’hui avec douleur. Leur nom seul a pu la garantir de la ruine malheureuse, dont elle se voit menacée depuis longtemps. Oui jeunesse précieuse, que vos espérances assurent le succès de celle de la patrie! Ceignez vous avec courage de vos armes et que l’Europe tremble devant nous, comme on trembloit jadis à l’aspect des traits enflammés sous les étendards triomphants de Pelage! Et si votre ardeur guerrière prefére les dangers de la mer, volés aux vaisseaux, et que le monde stupe fait voye qu’ainsi que les Lauria et les Basan ont éxisté un jour et porté la terreur chez les nations étrangéres, les bâtimens Iberiens sont montrés aussi aujourd’hui par d’illustres Capitaines! Qu’il disparoisse ce brouillard errant qui empêche de jouir du soleil de la vérité, et que les arts et les sciences opposent leur égide brillante à l’oubli honteux dont la vérité se voit menacée! Que ma nation retrouve son éclat à l’aide de leur flambeau, et qu’un tribut de louanges en soit payé à Pestalozzy. Que jamais, ô Génie, tu ne sois obscurci par la succès des âges et par la marche du tems, qui entraine tout a sa course rapide! Homére vit encore, des siécles ont passé sur sa tombe glorieuse, et lorsque l’écho sonore répéte son nom, Homére et gloire retentissent san cesse. Les peuples chanteront aussi ta sagesse sous le sombre cyprès qui ombragera tes cendres respectées. La mére affligée en voyant son fils bien aimé qui lève ses mains et forme des voeux, y répandra dans sa tristesse des fleurs des aromates et des larmes abondantes, tournera vers le ciel son front, image de la douleur et de l’effroi et en proie à des angoisses mortelles, embrassera le marbre et s’écriera: Oh Ciel! rends moi Mon espérance!

Überlieferung 1 5

PSB V, S. 249.20 und ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 13–14a, S. 23–26 (Beilage) Abschrift (Beilage) Textkritik

Zeuge [h] (Beilage) Sacherklärung I. Gonzales de Villar konnte nicht näher bestimmt werden. Es muss es sich um die Vertretung beziehungsweise um den Nachfolger des Gesandtschaftssekretärs José López de la Torre Ayllón y Bustos (1767–1813) handeln, der sich am 15. Dezember 1806 nach Spanien in den Urlaub begeben hatte, den er wenige Monate darauf verlängerte. Das seinem Namen manchmal vorangestellte A.R.L. könnte die Abkürzung für ambassadeur [avec] responsabilité limitée bedeuten.

218 II. Gonzales de Villar hat für Pestalozzi die Ode von Bernardino Fernandez de Velasco, Herzog von Frias (1783–1851, ⇒ Z. 9) aus dem Spanischen übersetzt. III. Z. 8 Z. 9

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le Duc de Frias: Diego López, Herzog von Frias (1754–1811) ⇒ Nr. 840 Don Bernadin Fernandez de Velasco: Bernardino Fernández de Velasco, Herzog von Frias (1783–1851) trat 1796 als Kadett in den Militärdienst ein, wurde 1802 zum Leutnant und Offizier befördert, desertierte dann aber 1808, um im Spanischen Unabhängigkeitskrieg (1808–1813) gegen die Herrschaft Frankreichs zu kämpfen. Nachdem er sich einige Jahre vom politischen Leben zurückgezogen hatte, übernahm er 1820 den Posten als Botschafter in London, und 1822, nach seiner Rückkehr nach Spanien, denjenigen als Berater der Regierung. 1828 ging er wegen der erneuten absoluten Machtübernahme von König Ferdinand VII. (1784–1833) ins Exil nach Montpellier, bevor er 1834 wieder als Spanischer Botschafter, diesmal in Paris, tätig wurde. Erneut zurück in Spanien wurde er 1837 zum Senator der Provinz Leon gewählt, 1838 wurde er zum Ministerpräsidenten ernannt. In seinen letzten Jahren widmete er sich vor allem der Schriftstellerei und Dichtung, 1839 erfolgte seine Berufung zum Mitglied der Königlich spanischen Akademie, welche 1857 unter dem Titel Obras poéticas seine poetischen Werke veröffentlichte. Bâcon: Sir Francis Bacon (1561–1626), englischer Philosoph und Staatsmann, gilt als Wegbereiter des Empirismus. Clio: Klio ist in der Griechischen Mythologie eine der neun Musen. Sie ist die Muse der Heldendichtung und Geschichtsschreibung. Newton: Sir Isaac Newton (1643–1727), englischer Physiker und Mathematiker, seit 1699 Mitglied der Pariser Akademie und 1703–1727 Präsident der Royal Society entdeckte das Gravitationsgesetz und formulierte die Axiome der Dynamik. Lock: John Locke (1632–1704), englischer Philosoph, Arzt und Erzieher, gilt als wichtigster Vertreter des englischen Empirismus (An Essay Concerning Human Understanding, 1690) und als Begründer des Toleranzgedankens in der politischen Philosophie (A Letter Concerning Toleration, 1689). Condillac: Etienne Bonnot de Condillac (1715–1780) ⇒ Nr. 568 Vives: Juan Luis Vives (1492–1540), spanischer Humanist und Lehrer, studierte in Paris, lehrte in Leuven (Belgien) und Oxford und veröffentlichte zahlreiche Werke, die zumeist die herrschende Schulmeinung kritisierten. Herder: Johann Gottfried von Herder (1744–1803) ⇒ Nr. 833 Kant: Immanuel Kant (1724–1804) ⇒ Nr. 442 Maron: Hier könnte es sich um eine Anspielung auf Vergil handeln. Publius Vergilius Maro (70–19v.Chr.) war einer der bedeutendsten römischen Dichter und gilt als Autor der Aeneis als Verfasser des römischen Nationalepos. Léon: León ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz der autonomen Region Kastilien-León. Sie war Hauptstadt des Königreiches León, eines wichtigen Vorläufers des spanischen Staates. Burgos: Stadt in Kastilien-León Tolède: Toledo ist die Hauptstadt der spanischen Provinz Toledo, sowie der autonomen Region Kastilien-La Mancha. Ihre Hochblüte erlebte die Stadt während der Herrschaft der Mauren. Sie war ein Zentrum für die Überset-

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zung arabischer Schriften ins Lateinische und Romanische und spielte dadurch eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung arabischer Philosophie und Wissenschaft und ihrer griechisch-antiken Quellen in Europa. Toledo wurde 1087 Residenz des Königreichs Kastilien und blieb bis 1561 Hauptstadt Spaniens. Pelage: Pelagius (†nach 418) war ein britischer Mönch, nach dem die Lehre des Pelagianismus benannt wurde. Sie vertritt gegen den Augustinismus die Überzeugung, dass der Mensch die sittliche Freiheit sowohl zum Guten als auch zum Bösen habe und die Sünde deshalb immer eine einzelne Tat sei. Die Erbsünde wird abgelehnt und der Mensch kann, kraft der Gnade, durch eigene Bemühungen zum Heil gelangen. Damit ist der Pelagianismus letztlich eine Lehre der Selbsterlösungsmöglichkeit und -fähigkeit des Menschen. Lauria: Hier könnte Roger de Lauria (1245–1305) gemeint sein, ein italienischer Kriegsherr im Dienste des Königshauses von Aragón. Basan: Alvaro de Bazán (1526–1588) stammte aus einer alten spanischen Adelsfamilie, war Flottenkommandant und an der Eroberung von Lissabon sowie der Azoren (1582) für Spanien beteiligt. Homére: Homer ⇒ Nr. 439

856. E. A. Wiesand 28. März 1807 Madrid den 28 März 1807. 5

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Mein guter Vater, du hast vielleicht schon längst auf Nachricht von mir gewartet, ich will es nicht länger verschieben; mein Herz drängt mich, bester Freund, du mir vor vielen geliebter, dein Herz ist rein. Nicht das Äussere suchst du, Liebe zu den Menschen ist dein Beruf. Wohl dir, noch lange nach deinem Tode wird so manches Menschenherz für dich glühen, sich an deinen Worten erwärmen und mit Sehnsucht deiner gedenken. Bester du sagtest das bedeutende Wort zu mir, wir beide sind für das Allgemeine geschaffen; und ich bewahre es tief in meinem Herzen. Vielleicht kann ich noch einmal, wenn es dich intressiert, dir mein Innerstes aufdecken. Die Gottheit ist mit mir, so wie mit dir, und nur so viel, dass ich der innigsten Vereinigung mit dem Höchsten als dem einzigen Ziele meines Lebens immer näher rücke. O möge der Glanz der erhabenen unaussprechlichen Harmonie des Ganzen dein fühlendes Herz recht oft erquicken und erwärmen. O möge die Seligkeit des Universums dich erheben über die Qual, und den Jammer des einzelnen. O möge dein menschliches liebendes Auge zu fest an den Sterne hängen, um von den Finsternissen der Erde beschattet und getrübt werden. Ist Gott mit uns, wer oder was

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kann noch wieder uns seyn? In ihm sind wir eins mit allem, mit dem Bösesten wie mit dem Besten, mit dem Hässlichsten wie mit dem Schönsten. Alles ist sein Werk, die Heiligen Gesetze des Alles spiegeln sich in allem und alles alles erfüllt uns mit Liebe und tiefer Ehrfurcht. Was hat nicht die Wahrheit, die du aus reinem Herzen glühend aussprachst, schon für Früchte getragen und was kann, was wird sie nicht noch wirken. Höre, was ich von der Sache deines Herzens in Spanien gefunden habe. In Tarragona war die Schule des Regiments Wimpfen die erste Schule nach deiner Methode geformt, die ich besuche, aber leider fand ich im ganzen genommen wenig von deinem Geiste. Man trieb deine Elementtarbücher mehr maschinenmässig als selbstthätig und schien es bey den Kleinern zu mal zu vergessen, dass klare feste Anschauung das Fundaments deines ganzen Unterrichts ist. Die Grössern Knaben gefielen mir schon mehr und ich sah, dass wenn auch nicht alles doch etwas und weit mehr al[s] gewöhnlich geleistet wird. Der jetzige Lehrer heisst Helmold und hat den Geist der Methode nicht. Da wir uns endlich Madrid näherten, kam uns Voitel und Schmöller einige Stünden entgegen. Sie empfiengen uns mit der grösten Herzlichkeit, erzählten uns wie die Sache immer mehr an Umfang gewänne und welche grosse Aussichten sie für das Wohl des Spanischen Volkes gewähre. Das Haus selbst wo das Institut ist, fand ich bequem, einfach und geschmackvoll eingerichtet, über die Thüre auf die Strasse hinaus hängt eine grosse runde Tafel, worauf einige Knaben nebst der ersten Rechnungstabelle gemahlt sind und zwar vom Hofmahler auf Befehl des Fürsten. Der Fürst liess mir sogleich durch seinen Sekretair Amoros ein Zimmer im Institut anweisen, das für mich und Herrn Studer bereitet und der Hauptman nahm mich auf Kösten des Instituts an seinen Tisch. Ich nahm dieses an, weil ich entschlossen war, wenigstens einige Monate für das Institut moglichst zu Arbeiten und gleich den andern Lehrern zu unterrichten. Eben erhalte ich Hopfs Briefe an mich und Studer nebst 2 inliegenden Briefen. Wir erhalten diesen Brief von Taragona aus. Tausend dank Eüch allen, Ihr guten und Braven, für Euere Liebe und Sorgfalt in meinen Angelegenheiten. Ich hoffe ihr werdet nun die 200 restierenden sachsischen Thal[er] erhalten haben und mir das meinige auf einem schicklichen Wege zukommen lassen. O wie liebe ich Euch doch alle! Jetzt in der Fremde fehlt ich erst recht. Nun weiter von dem was hier ist. Das Institut zählt gegen 100 Zöglinge aus den mittlern Ständen gröstentheils von 5–14 Jahren ungefähr. Die täglich 6 Stunden haben. Der Unterricht wird in

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dem Mass. Zahlverhältnissen und Kenntniss der Gegenstände nach den Elementarbüchern gegeben. Die Sprachtonlehre und das Lesen wird nach den Ideen des Herrn Schmöller getrieben, womit bey den Erwachserern eine Übung des Gefühlssinnes verbunden wird. Ordentliche Lehrer sind die 4 Adjudanten des Herrn Direcktors Voitel Schmöller, Studer, Antoni und Petitpiere, wovon die beiden letzten zwischen 12 und 15 Jahren ungefähr wenig oder gar nicht unterrichten. Was getrieben wird wird gründlich getrieben und manche Ideen und Eigenheiten gefallen mir ausserordentlich. Ausser dem unterrichten noch eine Menge andrer Personnen meistentheils aus dem Lehrsstande auch ein Paar Militairs. Für die Gymnastik ist besonders nach Guthmuth ein Raum neben dem Institut geschmackvoll eingerichtet, wo 3 Offizieren zweymal die Woche im Manövriren, Klettern Springen u.s.w. Unterricht geben. Hier bin ich jetzt nun auch placiert und gebe täglich einige Stunden allen Zöglingen Unterricht in der elementarischen Bewegungslehre. Einmal hat die niedergesetzte Kommission, die aus ausgesuchten Männern besteht, einen vortheilhaften Bericht über die Sache drucken lassen. Bis zum 4. November dieses Jahres dauert das gegenwärtige Institut als Probeschule, das weitere wird dann entschieden. Von der Hand ist es nun aüsserst wichtig, dass ihr uns alles Eigene das von Euerer Methode ausser den Elementarbüchern gedruckt oder geschrieben werden kann, so bald als möglich zukommen lasst. Die hiesige Lage ist sehr delikat. Es ist mir auch um der Sache wegen lieb, dass ich hieher gegangen bin, Ich subscribire hier mit für meine werthe Persohn auf ein Exemplar der Wochenschrift und eins des Journals. Es ist Hoffnung da, dass für deine weitern Pläne, guter Pestalozzi, von hier aus etwas gründendes gethan werden könte. Guter Vater und ihr braven Freunde, die Ihr zu nächst an seiner Seite steht in Euch allen glüht ein reiner [Funke] für Wahrheit. Dies verbindet uns näher und wird uns ewig verbinden. Wir sind auch näher dem Heiligsten und sein Anschauen hat uns mehr oder weniger auf das tiefste ergriffen. Niederer, Hopf, Tobler, Krüsi, Muralt, Schmidt, Steiner lebet wohl Lebet wohl. Ich drücke eüch herzlich die Hand. Und du mein guter Vater Ich bin dein Sohn A. W[iesand] aus Sachsen. Pf[arre]r

Überlieferung 1

ZB Zürich, Ms Pestal 57, S. 136–139

222 5

Copia Textkritik

Zeuge h Z. 32 Z. 66 Z. 78 Z. 79 Z. 80 Z. 81f. Z. 95f. Z. 103

Tarragona Kenntniss der Gegenstände wo 3 Manövriren placiert: lateinische Schrift der elementarischen die … reiner∫ Pf[arre]r: fremde Hand Sacherklärung I.

Über den Theologen und Prediger E. A. Wiesand aus Sachsen ist wenig bekannt. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts ist Wiesand Diakon in Pretzsch an der Elbe (SachsenAnhalt) und reist 1806 zu Pestalozzi nach Yverdon. Aufgrund der Tagebücher Johann Andreas Schmellers (1785–1852, ⇒ Nr. 841) ist gesichert, dass sich Wiesand 1807 mit Gabriel Friedrich Studer (1784–1824, ⇒ Nr. 860) nach Madrid aufmacht und dort unter [Franz] Joseph Stephan Voitel (1773–1839, ⇒ Nr. 895) als Lehrer arbeitet. Danach verliert sich seine Spur, möglicherweise kehrt er 1808 in sein Diakonat zurück (vgl. Schönebaum III, S. 389). Schmeller hält am 5. September 1822 in seinem Tagebuch fest, dass Wiesand in einer Predigerstelle in Gretsch (womit Pretzsch gemeint sein dürfte) bei Wittenberg in Dienst getreten war (⇒ Nr. 1143) und wahrscheinlich um 1816 – unter anderem infolge eines in Madrid zugezogenen Übels – verstorben sei (vgl. Paul Ruf (Hrsg.): Schmeller Tagebücher, I Band. München 1954, S. 451). II. Kurz nach diesem Brief an Pestalozzi erschient am 10. April 1807 in der Gazette de Madrid ein Bericht über den Besuch E. A. Wiesands (⇒ Sacherklärung I.) in Madrid (ZB Zürich, Ms Pestal 1470/I,35). Es kann vermutet werden, dass eine Abschrift dieses Beitrages Pestalozzi zur Kenntnis gebracht wurde. Ob es diesem Brief von E. A. Wiesand (⇒ Sacherklärung I.) beigelegt war oder auf anderem Weg nach Yverdon gelangte, muss offen bleiben. Madrid le 10 Avrill 1807. M[onsieu]r Wiesand se trouvant à Jverdun pour observer la nouvelle Methode d’enseignement de Pestalozzi par comission de la cour de Saxe eut des nouvelles de l’Institut qui venait se former à Madrid dans le but d’essayer et de propager cette methode. Ces nouvelles furent si satisfaisantes et parurent si intéressantes que M[onsieu]r Wiesand assuré d’ailleurs de la protection spéciale que sa Majesté et le Prince Généralissime Amiral accordent à l’Institut royal espagnol Pestallozzi prit la resolution de se rendre en Espagne. Il entreprit un aussi long voyage en la compagnie de Monsieur Frederic Studer, nommé second colaborateur de cet établissement qui venait s’y incorporer et y apporter les derniéres découvertes du célébre Pestalozzi. On fit part à S[on] A[ltesse] S[érénissime] le prince de la Paix de l’arrivée prochaine de M[onsieur]r Wiesand et S[on] A[ltesse] ordonna qu’on lui fournit un logement dans la maison de l’Institut et qu’il fût traité comme il le méritait. Le Saxon, homme éclairé, arriva et il fut surpris de voir un établissement naissant aussi avancé et colossal, qu’on pourrait croire qu’il

223 compte beaucoup d’années d’existence. Il avoua qu’il ne s’attendait pas à le trouver dans un état si florissant et qu’on y marchait pour toutes les branches de l’éducation selon l’esprit qui règne à l’institut d’Jverdun, ce qui fut confirmé par le Collaborateur Studer. Il ajouta que les mesures dietées par le Gouvernement étaient une preuve de sa sagesse et de la conviction intime que le gouvernement avait de l’utilité de la méthode ainsi que de l’idée juste qu’il s’en etait formé. M[onsieu]r Viesand enthousiasmé par tout ce qu’il voyait et par l’accueil distingué que lui avait fait S[on] A[ltesse] S[érénissime] le Prince de la Paix offrit d’aider aux employés dans l’Institut royal espagnol en tout ce qui dependrait de lui durant son sejour à Madrid particuliérement pour la Gymnastique, à la quelle il consacre principalement ses méditations. III. Z. 32 Z. 40

Z. 42 Z. 42 Z. 49

Z. 50 Z. 51 Z. 52 Z. 52 Z. 56 Z. 56 Z. 56f. Z. 68

Z. 71 Z. 71 Z. 77

Z. 82

Z. 89

Z. 92

Schule des Regiments Wimpfen: ⇒ Nr. 841 Helmold: Konnte nicht näher bestimmt werden. Im September 1806 hatte [Franz] Joseph Stephan Voitel (1773–1839, ⇒ Nr. 895) seine Regimentsschule in Tarragona einem Herrn Vilmold aus Lausanne übergeben, über den ebenfalls nichts Weiteres bekannt ist. Die von hier abweichende Schreibweise «Vilmold» ergibt sich laut Morf aus einem Brief Voitels an Johann Samuel Hopf (1784–1830, ⇒ Brief vom 22. Juni 1817). Lit.: Heinrich Morf: Pestalozzi in Spanien. Winterthur 1876, S. 32f. Voitel: [Franz] Joseph Stephan Voitel (1773–1839) ⇒ Nr. 895 Schmöller: Johann Andreas Schmeller (1785–1852) ⇒ Nr. 841 Hofmahler: Francisco José de Goya y Lucientes (1746–1828) war Hofmaler am spanischen Königshof bei Karl IV. (1748–1819, ⇒ Nr. 860). Er gilt als «Beender» der Alten Meister und als «Begründer» der Moderne. Fürsten: Manuel de Godoy (1767–1851) ⇒ Nr. 854 Amoros: Francisco Amorós y Ondeano (1767–1848) ⇒ Nr. 892 Herrn Studer: Gabriel Friedrich Studer (1784–1824) ⇒ Nr. 860 Hauptmann: [Franz] Joseph Stephan Voitel (1773–1839) ⇒ Nr. 895 Hopfs: Johann Samuel Hopf (1784–1830) ⇒ Brief vom 22. Juni 1817 Briefe an mich: scheint nicht erhalten zu sein 2 inliegenden Briefen: scheint nicht erhalten zu sein Ideen des Herrn Schmöller: Damit dürfte folgende Schrift gemeint sein: Johann Andreas Schmeller: Über Schrift und Schriftunterricht; ein ABCBüchlein in die Hände Lehrender. o.O. 1803 Antoni: Antonio Bürgermeister (*ca. 1793) ⇒ Nr. 841 Petitpiere: Augustín Petitpierre (ca. 1798–1841) ⇒ Nr. 841 Gutmuth: Johann Christoph Friedrich GutsMuths: Gymnastik für die Jugend: enthaltend eine praktische Anweisung zu Leibesübungen: ein Beytrag zur nöthigsten Verbesserung der körperlichen Erziehung (1793). Schnepfenthal 1804 Kommission: Die spanische Regierung hatte eine Aufsichtskommission (⇒ Nr. 841) eingesetzt, welche den Gang der Methode täglich beobachte und Bericht erstatten sollte. Lit.: Johann Valentin Keller-Zschokke: Franz Josef Stephan Voitel von Solothurn, 1773–1839. Solothurn 1929 hiesige Lage: Damit dürfte wohl der Umstand angesprochen sein, dass die Schule noch im Versuchsstadium und damit noch nicht endgültig etabliert war. Wochenschrift: Wochenschrift für Menschenbildung (1807–1811)

224 Z. 92

Z. 99 Z. 99 Z. 99 Z. 99 Z. 99 Z. 99

Journals: Ansichten, Erfahrungen und Mittel zur Beförderung einer der Menschennatur angemessenen Erziehungsweise. Eine Zeitschrift in freyen Heften (PSW XIX) Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Tobler: Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500 Krüsi: Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588 Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 Schmidt: Joseph Schmid (1785–1851) ⇒ Nr. 712 Steiner: Rosemann Steiner (*1781) ⇒ Nr. 740

857. Johann Konrad Appenzeller 29. März 1807 Winterthur den 29 ten Mars 1807. 5

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Dass ich mich in meinen Hoffnungen nicht täuschte sondern dass unbegrenztes Vertrauen, welches ich von jeher in Ihr Herz sezte, gerechtfertigt sah; dass sie meinen Wunschen auf eine so edelmüthige Weise entsprochen u[nd] eines Menschen sich angenommen haben, der in Ihnen seinen Zweyten Vater und Freund finden wird, ist allerdings ein Gefühl dass ich nicht auszusprechen vermag – ich weiss Ihnen auch dasselbe nicht anders auszudrücken, als dass ich sie bitte – wo sich immer ein Anlas darbieten mag – unbedingt über das kleine Gebiet meines Wirkens und meiner aufrichtigen, dankbaren Freundschaft, zu gebieten – jede Gelegenheit, ihnen Beweise meines erkenntlichen u[nd] für ihre Güte gerührten Herzens zu geben, wird mir eben so erwünscht als angenehm seyn. Genehmigen sie; diese Versicherung als den reinen u[nd] aufrichtigen Ausdruck meiner Gesinnungen. Seit dem Spätjahr 1798, wo ich in Ihrer, General Webers u[nd] einiger andrer Bekannten, ich glaube auch Zschockkes Gegenwart in Luzern Zu Nacht spies (auch ihr Sohn war da) hab ich sie nie, nie mehr wieder gesehen; damals sass ich ihnen zur Seite – als ein Unbekannter – aber sie waren u[nd] blieben mir seither in liebem Andenken – als ich Anno 1803 in Burgdorf war, befanden sie sich eben abwesend u[nd] das Vergnügen war mir damals nicht zu Theil, meiner Person Bekanntschaft Ihnen kennbarer zu machen. Aber ich weiss es u[nd] hoffe es, dass der Tag auch noch erscheinen wird, wo ich Sie werde an mein Herz drücken u[nd] Ihnen dasselbe ausschütten können. Zeller ist für einige Wochen nach Hause. Er sagte mir, dass Glarus u[nd] Luzern ihm einige Geistliche schicken würden, um die Weihe der Methode zu emp-

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fangen. Landammann Heer von Glarus interessirt sich mit ganzer Seele dafür u[nd] auch Thaddäus Müller will das Seinige thun. – Genug, die Morgenröthe ist angebrochen u[nd] es lässt sich der grosse Gedanke, wenn einmal die Pest u[nd] Geissel der Menschheit, der Krieg, würd ausgewüthet haben, bald denken, dass unser Vaterland mit Ernst an der Verbesserung der Volksschulen arbeiten werde. Der Himmel unterstütze Sie, theuerster Freund, ferner mit seinem Segen u[nd] lasse Sie eine reichliche Erndte finden, bei all dem herrlichen Saamen, den Sie ausgestreut haben u[nd] der bereits so wohlthätige Früchte zeigt. Ewig der Ihrige sig. Appenzeller, Lehrer am Nieder’schen Institut. Meine höflichen Empfehlungen dem mir persönlich unbekannten Herrn.

Überlieferung 1 3 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 51a, S. 97 (nur erster Teil) und Ms Pestal 994, S. 155– 156, S. 172–173 (ganzer Brief) Das Datum bei Ms Pestal 994 lautet am Ostertag 1807. was dem 29. März entspricht. Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 4–26 Z. 20 Z. 23 Z. 30 Z. 30 Z. 32

bis meiner Person Bekannt folgt der Text Ms Pestal 57, ab schaft Ihnen folgt der Text Ms Pestal 994 Zschockkes: fremde Hand blieben mir seither in Glarus: lateinische Schrift Luzern: lateinische Schrift Heer: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Johann Konrad Appenzeller (1775–1850) besucht die Schulen in Bern und ab 1785 in St. Gallen. Er beginnt ein Theologiestudium, das er in den Wirren der Helvetik abbricht, jedoch autodidaktisch weiterführt und auch abschliesst. Nach kurzer Hauslehrertätigkeit in Winterthur wird Appenzeller 1799 Lehrer an der dortigen Stadtschule. 1809 erfolgt die Wahl zum Pfarrer von Brütten (Kt. Zürich). Ab diesem Zeitpunkt forciert er seine schriftstellerische Tätigkeit und es entstehen rege Kontakte zu Gelehrten und

226 Künstlern. In den Heimatkanton zurückgekehrt, wirkt Appenzeller 1817–1831 in Biel als Rektor des Gymnasiums und ab 1818 bis zu seinem Tod auch als Stadtpfarrer. III. Z. 19

Z. 20 Z. 21 Z. 29 Z. 30f.

Z. 32 Z. 33 Z. 44

General Webers: Johann Weber (1752–1799) diente bis 1795, zuletzt als Adjudant des Prinzen von Oranien, im holländischen Militär, anschliessend als Generaladjudant im Rang eines Majors in der bernischen Armee, die er am 5. März 1798 zum Sieg gegen die Franzosen bei der Schlacht von Neuenegg führte. Er starb wenige Tage nach seiner Beförderung zum General als Oberbefehlshaber der helvetischen Truppen im Kampf gegen österreichische Verbände bei Frauenfeld am 25. Mai 1799. Zschockkes: Johannes Heinrich Daniel Zschokke (1771–1848) ⇒ Nr. 561 ihr Sohn: Hans Jacob Pestalozzi (1770–1801) ⇒ Nr. 296 Zeller: Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656 einige Geistliche: Aus dem Kanton Luzern ist einzig die Visitation von Heinrich Sebastian Meyer (1775–1823, ⇒ Nr. 853) bekannt. Besucher aus dem Kanton Glarus konnten nicht nachgewiesen werden. Landammann Heer: Niklaus Heer (1755–1822) ⇒ Nr. 472 Thaddäus Müller: Thaddäus Müller (1763–1826) ⇒ Nr. 559 Nieder’schen Institut: Damit dürfte die «niedere Schule» in Winterthur gemeint sein.

858. Anna Pestalozzi-Schulthess April 1807 5

[Reg.] Anna schickt Pestalozzi den Brief ihrer Schwägerin weiter, in welchem diese den Tod ihres Mannes anzeigt.

29. Merz 1807.

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Schwester! waine mit mir und flehe mit mir zu Gott, dass ich ihm bald nachfolge. – Meine Kinder sind meine Stüze und mein Trost, aber ich bin ihnen nichts. Ich sorge für ihr Wol, für ihre Tugend, haben mir manche kummer volle Stunde gemacht. Jezt ist will’s Gott der Zweck erreicht, und nun sehne ich mich zur bessern Welt, zur Nachfolge meines Mannes. Ich habe dir und deinem Gatten lange lange nicht geschrieben, verziehe mir ja. Die Unzufriedenheit mit mir selbst ist allein Schuld meines Stillschweigens. In meinem Cörper, der nicht schwach ist, wohnt ein Geist, der abgestumpft ist und der nur nach Erlösung aus diesser jrdischen Hülle sich sehnet. Und nun den Wunsch in meinem Herzen tragend, kannst du dir den Schmerz denken, dass die Vorsehung gewollt hat, dass nicht ich, nein, sonder mein Gatte diesse Erde verlies, um in ein vollkommneres Leben über zu gehen, o meine Theüre! Waine mit mir, ich die alle Schwachheit des Alters empfinde, muss meinen kraffvollern Mann sehen vorangehen! Am 11. Merz war sein Geburtstag, wo er sein 68. Jahr zurük legte. Sein Nervenfieber ware sehr bosartig.

227 Überlieferung 1

PSB V, S. 256.8ff. und NPS 1, S. 54–55 Textkritik

Zeuge [a] Sacherklärung I. Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 III. Z. 4 Z. 5 Z. 8

Z. 19f.

Schwägerin: Anna Barbara Gross-Pestalozzi (1751–1832) ⇒ Nr. 2 Mannes: Christian Gottlob Gross (1739–1807) ⇒ Nr. 470 Meine Kinder: Anna Barbara Gross-Pestalozzi hatte drei Kinder: Christine Charlotte/Lotte Caspari-Gross (1781–nach 1846), Johann Karl Gross (1778– 1866) und Johann Wilhelm Gross (1779–1852). Christine Charlotte/Lotte heiratete 1812 den in Zschortau (Sachsen) amtierenden Pastor Christian Gottlob Caspari (1764–1846), der bereits fünf Kinder aus seiner ersten Ehe mitbrachte. Johann Karl war Jurist und Politiker. Nach seiner Promotion zum Dr. jur. (1803) trat er dem Leipziger Rat bei (1808–1831), wurde Beisitzer des Strafgerichts und später Senator (1815). Seine weitere politische Karriere führte über das Stadtrichteramt (1828) ins Bürgermeisteramt der Stadt Leipzig (1840–1848). Johann Wilhelm war Kaufmann in Leipzig. Nervenfieber: Typhus

859. Friedrich Wilhelm Hagen April 1807 5

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Nach einigen wichtigen Kämpfen, und Vorbereitungen gelang es mir, Ihre – Methode in den zwey untern Klassen unsrer Schule einzuführen, und die Lehrer sehen jetzt schon den grossen Segen voraus, welchen die neue Einrichtung bringen wird. Erst am 8. Januar wurde der – Geist ihrer Methode eingeführt, und schon am 24. Merz konnten wir in einer öffentlichen Prüfung solche Proben ablegen lassen, welche unsern Bürgerrath in Staunen versetzten und ihn veranlassten, uns zu bitten, dass wir diese Wohlthat über die ganze Provinz verbreiten möchten. Dies wird auch halb geschehen. Wenigstens sind Sie schon in meinen zwey Filialen, Schönwald und Spielberg, der herrschende Geist des bessern Unterrichts und in unsern achtzehn eingepfarrten Dörfern habe ich alles so vorbereitet, dass wenigstens das Buch der Mütter schon im künftigen Winter wird eingeführet seyn. Gerade unter den Menschen, die man für verwahrloset, für grob, roh,

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für unbildsam hielt, in unsrer Provinz, für die Bewohner einer der rauhesten Gegenden des Fichtengebirges gehet also zuerst in unserm Vaterland die wohlthätige Sonne Ihrer Methode auf, die für die zuletzt geachteten sind die ersten. Aber schnell wird das Licht um sich greifen, der geistvolle Superintendent Vogel in Wunsiedel, wird diese Methode bald in allen Schulen seines Sprengels einführen, und von uns aus wird es bald weiter gehen. Doch zu meiner Bitte! Ich will nehmlich eine Industrieschule auch anlegen in unserm Markte, weil nur ein neuer, kräftiger gewandter Geist der Industrie unsern Ort und unsre Gegend sichern kann, gegen den Verfall, der nicht nur nahe, sondern schon da ist, ob ihn gleich die Leute noch nicht lebhaft genug empfinden in ihrer höchst traurigen Lage. Ich möchte gern den G e i s t d e r I n d u s t r i e nach allen Richtungen hin wecken, beleben und heben und stärken. Jetzt ist mir noch das Industriewesen im engern Sinn übrig. Ich möchte die Anlage ganz nach Ihren Ideen machen. Ich weiss, dass Sie darüber lang und viel gedacht haben. W e l c h e Arbeiten und wie sollen sie betrieben werden von der Jugend in der Industrieschule, damit diese werde für den künftigen Handwerker und Künstler eine sichere Anleitung zur Industrie? Ich denke mir darunter helle Einsicht, regen lebendigen Sinn, behende Fertigkeit und beharrlichen Fleiss, freudigen Fleiss des Arbeiters und die Gabe, in seiner Kunst durch sich selbst immer weiter zu kommen, immer mehr zu veredeln, zu verschönern. Diesen Geist soll die Industrieschule für alle Bürger, Landleute, Handwerker und Künstler in unsrer Gegend herstellen. Wie ist dazu die Industrieschule einzurichten?

Überlieferung 1

Wochenschrift für Menschenbildung (1807), Bd. 1, S. 28–30 Textkritik

Zeuge [a] Sacherklärung I. Friedrich Wilhelm Hagen (1767–1837) stammt aus Bayreuth und ist Autor, Stadtpfarrer und Distriktschulinspektor. 1791 bis 1795 studiert er Theologie und Philosophie in Erlangen, ab 1797 ist er ebendort Privatdozent und ausserordentlicher Professor. Zwei Jahre später, 1799, wird er Professor für Theologie und Geschichte am Gymnasium Bayreuth und übernimmt 1802 eine Pfarrstelle in Selb (Bayern). 1809 wird er nach Dottenheim (Bayern) versetzt, wo er neben seinem Pfarramt eine Fortbildungsanstalt

229 für Lehrer betreibt und 1810 eine Schrift mit dem Titel Über das wesentliche der von Pestalozzi aufgestellten Menschenbildungsweise publiziert. 1816 wechselt er als Dekan, Stadtpfarrer und Distriktschulinspektor nach Windsheim (Bayern). II. Die Datierung des Briefes kann aus dem Briefinhalt rekonstruiert werden. Er muss nach dem 24. März verfasst worden sein (⇒ Z. 9) sowie vor dem Erscheinungstermin des 2. Stücks der Wochenschrift (20. Mai) in Yverdon eingetroffen sein. III. Z. 5

Z. 10

Z. 14 Z. 14 Z. 16f. Z. 23

unsrer Schule: Damit ist die öffentliche Volksschule in Selb (Bayern) gemeint, an welcher Friedrich Wilhelm Hagen (1767–1837, ⇒ Sacherklärung I.) zwischen 1802 und 1810 tätig war. Bürgerrath: Gelegentlich wurde der Stadtmagistrat als Bürgerrat bezeichnet. Dieser bestand aus 16 gewählten Bürgern der Stadt. Ob alle oder nur eine Auswahl an dieser öffentlichen Prüfung teilgenommen haben, lässt sich nicht mehr feststellen, da Selb 1856 vollständig abgebrannt ist und dabei die Schulakten sowie grosse Teile der städtischen Registratur verloren gingen. Schönwald: heute Teil von Selb (Bayern) Spielberg: Gemeinde in Bayern Buch der Mütter: Johann Heinrich Pestalozzi: Buch der Mütter, oder Anleitung für Mütter, ihre Kinder bemerken und reden zu lehren. Zürich 1803 Superintendent Vogel: Erhard Friedrich Vogel (1750–1823) war 1772 Vikar in Bayreuth und 1798 Pfarrer in Arzberg (Bayern). 1803 wurde er Pfarrer und Superintendent in Wundsiedel (Bayern), 1810 Dekan und 1811 Distriktschulinspektor.

860. Gabriel Friedrich Studer 11. April 1807 Madrid den 11. Aprill 1807. 5

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Theürer Pestalozzi! Seit einem Monathe hier, im Kreise der Kinder lebend, beobachtend, vergleichend und wirkend, glaube ich, es ist Zeit und ich bin einigermassen im Stande, Ihnen meine Ansichten über den Zustand unserer Anstalt vorzulegen; so vorzulegen, wie ein liebendes Kind dem liebenden Vater, gern und wahr, sein Inners enthüllt. Soll ich das Bild aufstellen, das der Anblick dessen, was hier getrieben wird, in den Spiegel meiner Seele wirft? «Ich fand Burgdorf wieder» fand Burgdorf wieder, in dem Zeitpunkt, da Ihre Methode, rein aus den Händen ihres Erfinders hervorgegangen, bloss auf Entwicklung dessen hinzweckend, dessen Entwicklung

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jeden Menschen zum Mensch macht – und unvermischt von jedem Zusatze getrieben wurde. Ich fand die Anschauung der Zahl- und Massverhältnisse, ganz im Geiste der Methode und soviel ich bis jezt bemerkte, gleichzeitig vorgerückt; Die Elemente der Sprache durch Thonlehre so bearbeitet, wie Sie es in Gertrud ahnten; hieran knüpfen wir jezt noch die Formenlehre und leben nach diesem allen in der Überzeügung: 1°. Dass Zahl und Form und Maass, die allgemeinen, in der Natur jedes sichtbaren Gegenstandes unveräusserlich liegenden Verhältnisse sind; dass wir also die körperlichen Dinge, mit denen uns dieses körperliche Leben in Berührung bringt, nach diesen ihren ewigen Eigenschaften, müssen anschauen lernen, um sie so zu sehen, wie sie kein Vieh auf Gottes Boden sieht. 2°. Dass dieses die einzigen wahren Grundlagen alles ächten Wissens sind. 3°. Dass die innern Kräfte des Menschen, welche durch sie entwickelt werden, hinreichend sind, den grössern Theil unsers Geschlechts und namentlich die guten Leüte in den unteren Stockwerken, zu einem zufriedenen Daseyn zu führen. Diese Erstlinge der Methode: Sprache, Zahl, Mass und Form, rein zu erhalten, rein in die Dorfschulstuben des Volks zu bringen und soviel an uns liegt, kommenden Millionen zum Erbe zu lassen, diess ist unser Wille, das Ziel unsers Wirkens – und unsere Hoffnung. Thun wir, was wir thun sollen? thun wir das Rechte? thun wir genug? Diese Fragen, Theurer Pestalozzy, sollen Sie uns beantworten und ich glaube, dass uns unser gute Wille berechtigt, auf Ihre Billigung oder Ihre Zurechtweisung, Anspruch zu machen. Noch eins, was Ihrem Herzen wohl thun wird: wir haben Hoffnung, durch Lehrerinnen-Anstalten, die Methode nach und nach ins häusliche Leben, in die Hände der Mütter zu bringen wohin sie gehört. Guter Pestalozzy! könnten Sie die Neige Ihrer hingeopferten Tage, unter Spanniens Zone verleben wie manches edle Herz würden sie kennen lernen, das Ihnen so warm schlägt – mit welcher Liebe, würde der Nation edelste Theil, Sie als der Wolthäter d[er] Menschheit lieben. Vater Pestalozzy! Hier ein Beyspiel, wie der wahre Spanier die Methode behandelt: Anduxar (l[ies] Anduschar), Hofmeister d[er]

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Söhne des Grafen von Frias – ein Mann, der nicht reich ist, liess auf seine Kosten die Elementarbücher übersetzen und arbeitete die Übersetzung in spanischer Sprache aus; Buchhändler bothen ihm mehrere tausend Thaler für das Manuskript – – – er schenkt es dem Institut. Ihr Bild hängt in unserem grösten Saale neben dem des Königs und des Friedensfürsten und beyde gefallen sich wohl, in dieser Nachbarschaft. Von mir nur diess: Ich fühle mich alle Tage mehr hingezogen, Vergangenheit und Zukunft zu vergessen, um mit den Kindern die schöne kindliche Gegenwart zu leben. St[u]d[e]r.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 6a–7a, S. 10–13 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 42f. Z. 55 Z. 58 Z. 58 Z. 66

eigentlich: thun wir wir genug? lieben Frias: lateinische Schrift eigentlich: der nicht nicht reich ist eigentlich: Von mir um diess Sacherklärung I.

Gabriel Friedrich Studer (1784–1824) aus Thun (Kt. Bern) ist Pfarrer und 1800 bis 1801 Herausgeber des Oberländer Boten. Im Herbst 1806 geht er auf Empfehlung Johann Samuel Hopfs (1784–1830, ⇒ Brief vom 22. Juni 1817) nach Yverdon, um dort als Lehrer ausgebildet zu werden. 1807 wird er Lehrer an der königlich-spanischen Pestalozzischen Militärschule (⇒ Nr. 882) in Madrid. 1810 tritt er in holländische Dienste ein und stirbt 1824 in Südamerika. III. Z. 21 Z. 57 Z. 58

Gertrud: Johann Heinrich Pestalozzi: Wie Gertrud ihre Kinder lehrt. Bern 1801 Anduxar: Juan/Jean Andujar ⇒ Nr. 881 Söhne: Bernardino Fernández de Velasco Benavides, Herzog von Frias (1783–1851, ⇒ Nr. 854), José Bernardino Cayetano Diego María del Milagro Pacheco y Benavides (1788–1846) und Andrés Pascual Pedro Nolasco Juan Nepomuceno María del Milagro Pacheco y Benavides (1791–1854). José Bernardino war Hilfsgeneral der Leibgarde des Königs und Kammerherr der Königin Isabel II. (1830–1904) sowie Feldmarschall und kämpfte im

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Z. 58 Z. 60 Z. 63

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spanischen Unhabhängigkeitskrieg gegen Frankreich (1808–1812) mit. Andrés Pascual war Oberleutnant der Dragoner und nahm später wie seine Brüder ebenfalls am spanischen Unhabhängigkeitskrieg gegen Frankreich teil. Grafen von Frias: Diego López, Herzog von Frias (1754–1811) ⇒ Nr. 840 Übersetzung: Johann Heinrich Pestalozzi: Libros elementales de Enrique Pestalozzi. Madrid 1807 Königs: Karl IV. (1748–1819) war während fast zwanzig Jahren, von 1788 bis zu seiner von Napoleon I. Bonaparte (1769–1821, ⇒ Nr. 580) erzwungenen Abdankung 1808, spanischer König. Er überliess die Regierungsgeschäfte allerdings weitgehend seiner Frau Maria Luisa von Bourbon-Parma (1751–1819, ⇒ Nr. 893) und deren Liebhaber Manuel de Godoy (1767–1851, ⇒ Nr. 854). Friedensfürsten: Manuel de Godoy (1767–1851) ⇒ Nr. 854

861. Herr Borel 12. April 1807 [Reg.] Borel schickt 200 L[ivres] Pensionsgeld für seinen Sohn.

Überlieferung 1

PSB V, S. 273.9f. Sacherklärung I.

Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. III. Z. 4

seinen Sohn: Louis Borel aus Couvet war von November 1804 bis August 1809 Zögling in Yverdon. Ob es sich bei diesem Zögling jedoch um Charles Louis Borel (1791–1838) handelt, der 1828 Major der Miliz, Vorsteher des Département du Val de Ruz (Kt. Neuenburg) und 1832 Oberstleutnant war, muss offen bleiben, da in den Taufregistern von Couvet in der in Frage kommenden Zeit mehrere Louis sowie Charles Louis Borel eingetragen sind.

862. Samuel Charrière 18. April 1807 [Reg.] Betrifft die militärischen Übungen seines Sohnes Louis.

233 Überlieferung 1

PSB XIV, S. 94.6 Sacherklärung I.

Samuel Charrière (1760–1807) aus Cossonay (Kt. Waadt) tritt 1777 in französische Dienste ein. Nach seiner Rückkehr heiratet er 1789 Susanne Louise Gaulis (1763–1837). Als Verwalter seiner Güter «aux Chavannes» wurde er bernischer Hauptmann und Gemeinderat von Cossonay. III. Z. 4

Louis: (Pierre Marc) Louis Charrière (1795–1874) aus Cossonay (Kt. Waadt) besuchte 1803–1807 Pestalozzis Institute in Burgdorf, Münchenbuchsee und Yverdon. Nach Studien der Rechtswissenschaften an der Lausanner Académie wurde er 1816–1819 Hauslehrer in St. Petersburg und war 1821– 1839 als Junker oder Hofmeister an verschiedenen Höfen tätig. Anschliessend liess sich Charrière in Senarclons bei Cossonay nieder, wo er sich vornehmlich seinen Studien über Schweizer Geschichte widmete.

863. Munizipalität Yverdon 28. April 1807 Du 28.e avril 1807. 5

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Monsieur! Déja à reitérées fois et dernièrement encore, nous avons reçu des représentations de la part de nombre de Particuliers de cette Commune au sujet des arrosages que vos gens ont coutume de faire sur le terrein derriére le Chateau avec les matiéres fécales tout recemment puisées de vos latrines; ce qui repand des éxhalaisons méfitiques et très insalubres dans tout le Quartier. Nous devons à cette occasion vous prévenir, Monsieur, qu’il existe ici un règlement de Police qui veut que tous les sacs de latrines soyent habituellement tenus fermés, et qu’elles ne soyent vuidées que hors les tems de chaleurs, et autant que possible pendant la nuit, afin que public n’en soit pas incommodér. – D’aprés cette règle, nous ne pouvons nous dispenser de vous inviter Monsieur, de veiller à ce que les sacs de vos Latrines tant sur la Place que du côté de la Campagne, sojent toujours bien fermées, de maniére de ce qu’il n’en ressorte pas de vapeurs. Nos Inspecteurs ont en même été chargés de pourvoir à ce qu’il peut manquer à cet établissement, pour que la chose soit faite convenablement. – Nous comprenons que vu le grand nombre de Personnes qui habitent votre Maison, le curage

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curage des latrines doit étre répeté beaucoup plus fréquemment que par tout ailleurs; mais cette operation deviendroit beaucoup moins incommode pour le public, si en suivant nos usages, vous y faisiez jetter des failles, des ballayures ou autres matiéres, qui prendroient consistance de feuirier, et qui enfouies en terre aulieu d’être répandues – sur le terrein, produiroient un bien meilleur effet tout évitant au Public ces vapeurs insalubres; cette maniére vous produiroit d’ailleurs infiniment plus d’engrais. Vous pouvez être persuadé, Monsieur, qu’aucun autre motif que celui de la santé de nos Concitoyens, ne nous a diéte cette mesure; et que dans touts les circonstances où nous pourrons vous obliger, nous serons toujours empressés à le faire. Agréez Vc:

Überlieferung 1 5

Yverdon, Archives de ville, Ag 3, p. 412–413 Copia Textkritik

Zeuge h Z. 7f. Z. 11 Z. 21 Z. 28

Commune Quartier peut∫ feuirier Sacherklärung I.

Munizipalität Yverdon ⇒ Nr. 643 II. Der bauliche Zustand des Schlosses in Yverdon war seit Beginn Gegenstand von Diskussionen. In der Regel war es Pestalozzi, der sich über die mangelnde Unterstützung der Munizipalität Yverdon (⇒ Nr. 643) beklagte, so auch am 9. Juli 1807 (PSB V, Nr. 1292), als seine Familie endgültig nach Yverdon zog. Hier allerdings war es die Gemeindebehörde, die sich bei Pestalozzi beschwerte.

235 864. Hermann Christoph Baier 1. Mai 1807 Bobin auf Rügen, den 1ten May 1807. 5

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Verehrungswürdiger Freund. Ich will es versuchen, ob bey unsrer jetzigen politischen Lage noch ein Blatt von hier in Ihre Hände kommt, denn ich denke immer noch es ist Ihnen lieb von Zeit zu Zeit von mir zu hören. Wie geringe ich auch bin unter den Ihrigen, so könnte ich es doch nimmer mehr ertragen, dass Sie auf mich nicht rechneten und hofften. Ich freüe mich herzlich lieber Pestalozzi, Ihnen sagen zu dürfen dass nun auch in dieser – kleinen Insel der Grund zu einer künftigen höheren Entwicklung des Geschlechts, auf dem Wege den Sie uns offenbart haben, gelegt ist. – Wie geringe auch dieser Anfang ist, so ist der Anfang doch da – und dünkt mich oft unaussprechlich gross, da er treuen Händen anvertraut ist, denen es ein Ernst ist um ihr eigen Leben und um ihr Thun. – Von oben her meinte ich erstlich müsste es kommen, und der König müsste dazu erst gnädig sehen, und es unterstützen, ich betrog mich und hätte das vorher wissen können. Die Erlaubnis in unsere beyden grossen Dorfschulen zu gehen die Lehrer die nichts haben, als was Ihr Heidelberger Katechismus war, den Sie in Stanz fanden – diese Lehrer und die Kinder und ihre Eltern zu gewinnen, diese Erlaubniss nahm ich mir selbst und weil sich freilich keiner der Obern darum bekümmerte, was dort in den Schulen geschieht, so habe ich auch über das was ich dort thue, keine Verantwortung als vor unserm lieben Gott. Die Hindernisse und Kämpfe, die sich aber durch eine gänzlich entgegengesezte Richtung der Kinder, dann aufdrängen, wenn man es nun wirklich unter 30 und 40 allein beginnen will, die kennt wohl Niemand so wie Sie. Auch bin ich auch keines Weges stark sie zu überwinden. Drum bin ich hier mit einer Reformation der Schule zufrieden gewesen, die wenig von dem hat, was Sie wollen. [Ich] habe mir aber 3 junge Leute von 12–15 Jahren ausgewählt und lasse sie täglich in mein Zimmer kommen, wo ich mit ihnen nach herzens Lust, in Gottes Namen schalte und walte. Zwey von ihnen werden, wenn wir sie einmahl tauglich finden werden, in die Stelle der alten Lehrer treten und man weiss es mir ausserordentlichen Danck, dass ich sie ein wenig in Religion und Rechnen und Schreiben vorbereiten will. Ich lasse sie bey ihrem Glauben, und thue dann ungehindert, was ich muss. Wie sich auch die ersten Versuche an solchen Knaben, die

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ein gutes Herz und Muth haben, belohnen wissen Sie genug. So hab ich einen jungen brafen Mann einen Schweden, der ganz nahe bey mir Hauslehrer ist, der Sie um ihres Lienhard und Gertruds willen so unendlich liebte, mich sehr bald verständlich machen könen, der auch mit dem glüklichsten Erfolge arbeitet: Zwey junge Frauenzimmer, die kleine Knaben und Mädchen unterrichten, arbeiten mit Leib und Seele – und eine heimliche unaussprechliche Freude ist es mir, dass es zur Zeit noch unbemerkbar geschieht. Ob ich jene Pfare bekommen werde, von der ich Ihnen im letztern Briefe vielleicht geschrieben habe, weiss ich noch nicht, ich zweifle und klage darum nicht, vielmehr wünsche ich jetzt es nicht. B[ayer].

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 63–64, S. 119–121 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 11 Z. 13 Z. 16 Z. 25 Z. 26 Z. 36 Z. 36 Z. 37 Z. 38 Z. 41 Z. 42 Z. 45 Z. 49

Pestalozzi: lateinische Schrift höhe∫ren denen darum thue schalte und walte wir∫ sie ∫ einmahl finden man weiss eigentlich: die n ersten und Muth willen∫ unbemerkbar Sacherklärung I.

Hermann Christoph Baier (1775–1822) ⇒ Nr. 846 II. ⇒

Nr. 846

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Z. 43 Z. 46f. Z. 50 Z. 51

jetzigen politischen Lage: Schwedisch-Pommern und somit auch Rügen geriet nach der preussischen Niederlage 1806 wegen der anti-napoleonischen Politik des schwedischen Königs Gustav IV. Adolf (1778–1837, ⇒ Z. 18) ins Visier der französischen Truppen, die bereits im Januar 1807 die Peene überschritten hatten und nach ihrem zwischenzeitlichen Rückschlag im April im Sommer des gleichen Jahres Stralsund einnahmen und den Abzug des schwedischen Königs von Rügen zum 1. Oktober 1807 erzwangen. König: Gustav IV. Adolf, König von Schweden (1778–1837) übernahm 1792 nach der Ermordung seines Vaters Gustav III. (1746–1792) minderjährig die bis 1796 unter der Vormundschaft seines Onkels Karl XIII. (1748–1818) stehende Regentschaft und war damit Landesherr von Schwedisch-Pommern. Im Krieg gegen Napoleon I. Bonaparte (1769–1821, ⇒ Nr. 580) verlor Gustav IV. Adolf Finnland und Pommern, zog sich im Herbst 1807 nach Schweden zurück und wurde nach seiner Absetzung 1809 durch seinen Onkel Karl XIII. ersetzt. Ab 1810 lebte er meist in Basel oder zog durch Europa. 1834 übersiedelte er nach St. Gallen, wo er auch starb. jungen brafen Mann: Es ist unklar, wer damit gemeint sein könnte. Zwey junge Frauenzimmer: Es ist unklar, wer damit gemeint sein könnte. Pfare: ⇒ Nr. 846 letztern Briefe: ⇒ Nr. 846

865. Rosette Kasthofer Mai 1807 5

[Reg.] Rosette Kasthofer überbringt Pestalozzi positive Nachrichten bezüglich der Behandlung seines Memorandums wegen der Armenanstalt im Aargau.

Überlieferung 1

PSB V, S. 250.25 Sacherklärung I.

Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857) ⇒ Nr. 842 II. 1806 dachte Pestalozzi erneut darüber nach, eine Armenanstalt zu gründen. Der hoch vermögende Gutsbesitzer Franz Wilhelm Salinger (1775–1850, ⇒ Nr. 721) galt als möglicher Mäzen, so dass Pestalozzi ihn im März 1806 auf Anraten Wilhelm Christian von Türks (1774–1846, ⇒ Nr. 653) um finanzielle Unterstützung bat (PSB V, S. 137–141). Anfang 1807 bot sich im Kanton Aargau mit dem Schloss Wildenstein eine konkrete Möglichkeit an. Pestalozzi verfasste deshalb ein Konzept (Vorschläge zur Errichtung einer Armenanstalt im Kanton Aargau, PSW XX, S. 37–44), welches er am 23. März 1807

238 dem Regierungsrat unterbreitete. Das Projekt wurde aber nicht realisiert (⇒ Nr. 898), so dass Pestalozzi diesen Plan auf die Verhältnisse in Neuenburg anpasste, das wegen der von Napoleon I. Bonaparte (1769–1821, ⇒ Nr. 580) verhängten Kontinentalsperre besonders litt. Rosette Niederer-Kasthofer war durch ihren Bruder, Gottlieb Rudolf Kasthofer (1767–1823, ⇒ Nr. 1426), Staatsschreiber in Aarau, gut über die innerkantonalen Ereignisse informiert. III. Z. 5

Memorandum: Vorschläge zur Errichtung einer Armenanstalt im Kanton Aargau (PSW XX, S. 37–44)

866. Victor Henri Crinsoz Mai 1807 [Reg.] Crinsoz bezahlt die Pension für sein Mündel.

Überlieferung 1

PSB XIV, S. 96.11 Sacherklärung I.

Victor Henri Crinsoz (1769–1845) aus Cottens (Kt. Waadt) wird 1797, zehn Jahre nach seinem Eintritt in das bernische Regiment auf Sardinien, zum bernischen Major für vier Regimente in der bernisch besetzten Waadt befördert. Während der Helvetischen Republik tritt er zwischen 1799–1802 in den Dienst des Fürsten von Reuss-Greiz (Thüringen), kehrt anschliessend jedoch in die Schweiz zurück und lebt als Verwalter seiner Güter auf Schloss Cottens. Mit seiner Ehefrau Marianne Mayor hat er zwei Kinder, Jeanne Marie (1811–1874) und Henri Jean (1814–1897). III. Z. 4

Mündel: François Crinsoz (1797–1865) besuchte 1806–1808 das Institut in Yverdon und anschliessend die Schule in Lausanne. Nach der Heirat mit Jeanne Françoise Henriette Cornabe (1805–1882) aus Morges (Kt. Waadt) übernahm er 1826 das Pfarramt in Le Chenit (Kt. Waadt). Vermutlich zahlte Victor Henri Crinsoz (1769–1845, ⇒ Sacherklärung I.) das Schulgeld für den Halbwaisen François, auch wenn kein Verwandtschaftsverhältnis ermittelt werden konnte.

239 867. Peter Vischer Mai 1807 5

[Reg.] Vischer fragt an, ob seine Tochter ins Mädcheninstitut in Yverdon eintreten könne.

Überlieferung 1

PSB XIV, S. 97.5ff. Sacherklärung I.

Peter Vischer (1751–1823) aus Basel wird nach einer kaufmännischen Ausbildung Grosskaufmann, ab 1802 tritt er als Seidenfabrikant auf. Neben seiner industriellen Tätigkeit erwirbt sich Vischer, der sich gelegentlich selbst als Maler und Radierer versucht, alsbald als Kunstsammler einen Namen. 1792 wird er Herr auf Burg Wildenstein (Kt. Basel-Landschaft). Auf politischer Ebene agiert Vischer im Grossen Rat (ab 1777), im Kleinen Rat (1788–1798) und präsidiert während der Helvetik (1798–1803) das Kantonsgericht. III. Z. 4

Z. 4

Tochter: Emma Vischer (1794–1849) aus Basel besuchte ab 1807 in Yverdon die an Pestalozzis Erziehungsinstitut angeschlossene Töchteranstalt (⇒ Z. 4). Über dortige Verhältnisse unzufrieden, platzierte sie ihr Vater 1809 in ein nobles Genfer Pensionat um. Emma Vischer war mit dem Kaufmann Johann Heinrich Passavant (1776–1849) verheiratet. Mädcheninstitut: Das Institut wurde im Mai 1806 in einem in unmittelbarer Nähe zum Schloss Yverdon gelegen Stadthaus gegründet. Über die Anfänge des Instituts, das unter der Leitung von Hermann Krüsi (1775–1844, ⇒ Nr. 588) und Johann Samuel Hopf (1784–1830, ⇒ Brief vom 22. Juni 1817) stand, ist kaum etwas bekannt. Laut einem Plan von 1806 (PSW XVIII, S. 135–138) sollten die Mädchen – mit Ausnahme von Nähen, Stricken und Sticken – auch in Lesen, Rechnen, Schreiben, Zeichnen, Geografie, Naturgeschichte, Deutsch, Französisch, Singen, Religion und Sittenlehre unterrichtet werden. Ferner ist in einer Schrift (1808) festgelegt, dass die Töchter zu nach der Elementarmethode handelnden Lehrerinnen und Mütter ausgebildet werden sollen. 1809 ging die Leitung an Rosette NiedererKasthofer (1779–1857, ⇒ Nr. 842) über. Auf Grund hoher Schulden trat Pestalozzi 1813 das Institut als Schenkung ganz an Niederer-Kasthofer ab. Daraufhin begann sie vorerst allein, dann zusammen mit Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507), den sie 1814 heiratete, den Anteil an wissenschaftlicher Bildung zu Gunsten eines Ausbaus der weiblichen Arbeiten zu reduzieren. Die unstete Politiklage, wirtschaftlich schlechte Zeiten, aber auch ein Lehrermangel und ein mehrjähriger Streit zwischen den Niederers und Pestalozzi, der im Bruch der einstigen Weggefährten endete, bescherten dem Institut schwierige Jahre. Im Verlauf der 1820er-Jahre folgte indes eine Blütezeit. Nachdem das Institut um 1830 auf über 60 interne

240 und externe Zöglinge angewachsen war, setzten erste Niedergangserscheinungen ein. Um einer Schliessung zu entgegnen, wurde das Institut 1838 mit einem auf elitäre Bedürfnisse ausgerichteten Konzept nach Genf verlegt. Nach dem Tod ihres Mannes (1843) führte Niederer-Kasthofer das Institut kurzzeitig in Eigenregie weiter. 1847 wurde es geschlossen. Lit.: Eva Schaffner: Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857). L’éducation des jeunes filles au XIXe siècle entre idéal et réalité: libre choix d’une profession ou vocation domestique? In: Annales Pestalozzi: Education des filles aux XVIIIe et XIXe siècles (2004/05) H3, S. 19–39

868. Schulrat Kanton Aargau anfangs Juni 1807 den 1ten Junii 1807. 5

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SchulRath! H[err] Heinrich Pestalozzi, hat durch beyliegende Vorstellung den Antrag gemacht, eine Indrustie Anstalt für arme Kinder in hiesigem Kanton zu errichten, mit dem Ansuchen, dass Ihm zu dem End das Schloss Wildenstein zur Wohnung, die Befeürung, etwas Planzland, und eine mit der Anzahl der Kinder verhältnissmässige Summe, als Lehrgeld bewillligt werden: Nachdem Wir vor allem aus dem Vortrag unsres verordneten Finanzraths eingefordert, und aus demselben ersehen, dass gegen die Forderungen des Herrn Pestalozzi in Rüksicht auf das verlangte Gebaüde und Pflanzland, keine Schwierigkeiten vorwalten; so werden Wir uns seiner Zeit zu Überlassung derselben, so wie zu Ablieferung eines Quantums Holz und Torf etc. geneigt finden lassen. Ehe Wir aber in den gemachten Antrag eintretten, wünschten Wir von Seite H[err] Pestalozzi, die nähere Erlaüterungen und den bestimmten Bericht über die Ausführung desselben zu erhalten; Sie hochgeehrte Herren! sind daher ersucht, sich diessorts mit Ihm in Correspondenz zu sezen, eine bestimmte Übereinkunfft mit Ihm zu verabreden, und dieselbe uns zur Bestätigung, nebst Ihrem befinden über diesen Gegenstand vorzulegen. etc.

Der Finanz Rath an Präsident und Rath des Kantons Argau. Arau den 5t[en] May 1807.

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Hochgeachte Herren! Sie haben uns das Memoriale des Herren Pestallozi, abzwekend auf die Errichtung eines Instituts in hiesigem Kanton, sowohl zu einer Schul Anstalt, als der Kunst und Berufsbildung in Oekonomischer Hinsicht der Jugend insbesonders Armen Kinderen, mit dem Auftrag zugesendet, Ihnen in Hinsicht des Oekonomischen Theils unseren Bericht zu erstatten. – Nach Masgab dessen beschränken wir uns in unserem Bericht lediger Dingen auf das was das Oekonomische betrift ein, das ist: das von Herrn Pestallozi verlangte Local, Land und Holz, nebst dem Beytrag an den Kosten zum Unterhalt des Instituts. – Das Schloss Wildenstein, ist in der That zu Aufnahm dieses Instituts ganz geeignet. – Die geräumigen Wohnungen, sammt Küche, Wasche und Bakhause nebst Kellern

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sind in einem kleinen Umfang, und von der Scheünen und dem Lehenhause die am Fusse des Schlosses stehen ganz abgesondert. – Die Schlossgebäude sammt den Gärten der eine am Schlossrain, und der andere in der Ebene bey dem Lehenhause sind dermahl nicht verpachtet, indem auf die ergangene Publikation sich keine Liebhabere angemeldet, – die übrigen zum Schloss gehörenden Güter sind A[nn]o 1805. theils stüksweise theils aber an den zu Wildenstein wohnenden Lehenmann verliehen worden, unter den ersteren befindet sich ein Stük Land von circa 8. à 9. Juch[art]en die Mühlematt genannt, nahe beym Schloss wo das Schachenholz anfangt, welches dem in der Aare verunglükten Ammann Wild von Holderbank um 264. L[ouisdor] – jährlich verliehen, auf dessen Absterben aber, in Betracht der misslichen Lage seiner Verlassenschaft zurükgezogen worden, welches nunmehr, da bey einer abgehaltener Steigerung kein Liebhaber für diesen Werth sich gemeldet, – auf Rechnung des Staats durch die Verwaltung von Kastellen besorgt und benuzt wird. – Von diesem Stük Land könnte also auch ein Stük dem Institut überlassen werden. Dass also wegen Überlassung des Lokals und Lands keine Hinternisse im Wege stehen, da hingegen die Verschaffung des dem Institut bedürftigen Brennholzes mit mehrerer Schwierigkeit verbunden ist. – Freylich gehört zum Wildensteiner Schloss nebst dem mit Holz bewachsenen Aarau Schachen, ein kleiner Wald das Erli genannt, woraus der Lehenmann zur Nothdurft und wegen den ruinierten Habspurgischen Waldungen dem Baad Schinznacht das ihme jährlich bestimte Kontingent von Kl[a]f[te]r … verzeigt, nebst dem das Hauholz zu den mittelbaren und unmittelbaren Staats Gebäuden dasiger Jugend erhoben werden mus; sollte nun das dem Institut Jährlich erforderliche Quantum circa 20. Klafter auch noch auf die angemerkten Wildensteiner Waldungen verlegt werden, so würden dieselben – besonders der kleine Erliwald – der in vermischtem Laubholz, Tannen und Eychen mitlerer Grösse besteht, über alles Verhältniss beschwärt, da ohnehin der Schachen beynahe schon abgeholzet ist; – um diese Schwierigkeit zu erleichtern, müsste ein Theil von dem, dem Institut nöthigen Brennholz auf die Auensteiner und übrige Kastellische Staats Waldungen, so viel es sich nach ihrer Beschaffenheit thun lässt, verlegt werden, von wo aber die Fuhrlöhne weit höher ansteigen würden. – Um aber die seit der Revolution unbewohnten Schlossgebäude, welche in A[nn]o 1799.–1800. von dem Fränkischen Venerischen Spithal ocupiert gewesen, und vorzüglich die Feuerherde, Öfen und Waschhause nebst den Fensteren etc. stark beschädiget worden, zur Nothdurft und Sicherheit der Feurs Gefahr zu reparieren, müsste nach einer aproximativen Übersicht ein Kosten von L[ouisdor] 1000. verwendet werden. – Nebst deme ist der Brunnen zum Schloss in den Hoof seit mehreren Jahren ganz abgestanden, und aus der Leitung bis zur Quelle nachgegraben und mit neuen Dunklen versehen, dessen Kosten wenigstens auf L[ouisdor] 400. ansteigen würden. – Wenn nun die durch dieses neue Institut dem Staat auffallenden Kösten übersichtlich berechnet werden; so belaufen sich dieselben: für das 1te Jahren a. Für die Bewohnung der Schlossgebäud, und Benuzung der Gärten welche zwar bis anhin kein Vortheil gewährt, dennoch aber bey einer Verpachtung ein gemässigtes Intresse nicht sowohl wegen dem Kapitalwerth als rüksichtlich der Unterhaltung der Gebäuden zu berechnen ist. – – – L[ouisdor] 500. – – b. Für circa 2. Jucharten von dem unterpachteten Mühlaker, nach dem Maasstab der Verlehnung de 1805. – – 66. – – c. Für circa 20 Kl[a]f[te]r Holz zu L[ouisdor] 12. – 240. – – d. Von jedem der 10. Ersten Schulkindern 3 Louisdor der 10. 2ten – –

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2. d[it]o der 10. 3te – – 1½ d[it]o 6½ also in Toto Jährlich 65. L[oui]s d’or 1040. – – e. Die vorzunehmenden Reparationen nebst dem Brunnen vom 1t Jahr 1400. – – Nach Masgab dessen kan der Kosten aproximativ für das Erste dem Staat zu stehen kommen auf – – L[ouisdor] 3246. – – Für das 2te und folgende Jahre würde der Kosten wenn die Reparationen durchschnittlich nur auf L[ouisdor] 350. – – reduciert werden, um L[ouisdor] 1050. weniger, also in Toto auf L[ouisdor] 2196. – – zustehen kommen. – Dieses ist nun, wodurch wir glauben Ihrem Auftrag entsprechen zu können, überlassen nun alles Ihrem klugen Ermessen und haben die Ehre Hochdieselben Unserer wahren Hochachtung zu versicheren. – der Präsident des Finanz Raths Fetzer

P.S. Das Memorial von Herrn Pestaloz folgt wieder zurük. – Für den Finanz Rath. – J.G. Frinz

Überlieferung 1

StA Aargau, Missiven des Finanzrat, Bd. 16, S. 335 (Z. 4–20), R01.IA10/0003, Nr. 50, RRB v. 1.06.1807 (Z. 21–102) Textkritik

Zeuge h Z. 30f. Z. 38 Z. 41 Z. 57 Z. 65 Z. 80 Z. 81 Z. 82 Z. 84 Z. 88 Z. 92 Z. 93

Local: lateinische Schrift Publikation: lateinische Schrift circa: lateinische Schrift Quantum circa: lateinische Schrift Revolution: lateinische Schrift circa: lateinische Schrift de: lateinische Schrift circa: lateinische Schrift Louisdor: lateinische Schrift Reparationen: lateinische Schrift Reparationen: lateinische Schrift reduciert: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Der kantonale Schulrat statuiert sich am 23. Juni 1803. Er setzt sich aus 13 vom Kleinen Rat gewählten Mitgliedern zusammen, worunter mindestens ein Mitglied des Kleinen und zwei Mitglieder des Grossen Rats darin Einsitz nehmen sollten. Um die konfessionellen Unterschiede des 1803 neu gegründeten Kantons Aargau zu berück-

243 sichtigen, die durch die Zusammenführung des überwiegend reformierten helvetischen Kantons Aargau mit den mehrheitlich katholischen helvetischen Kantonen Baden und Fricktal entstanden waren, wird der Schulrat in zwei Kommissionen aufgeteilt; die eine beaufsichtigt die reformierten, die andere die katholischen Schulen. Die Verabschiedung des ersten aargauischen Primarschulgesetzes erfolgt 1805. Im Rahmen einer 1807 erlassenen Neuorganisation des Schulrats wird seine Mitgliederzahl auf sieben reduziert und die konfessionelle Aufteilung wieder aufgehoben. II. Nachdem Pestalozzi schon Ende 1805 einen Aufruf zur Gründung einer Armenanstalt verfasst hatte (PSW XVIII, S. 77–80), ergab sich im Frühsommer 1807 die Möglichkeit, diese Pläne konkret werden zu lassen. Da der Brief des Schulrates (⇒ Sacherklärung I.) an Pestalozzi nicht erhalten ist, wird hier der entsprechende Protokolleintrag abgedruckt. Trotz viel versprechenden Anfängen liess sich aber auch diesmal der Plan nicht verwirklichen. III. Z. 6

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beyliegende Vorstellung: Johann Heinrich Pestalozzi: Vorschläge zur Errichtung einer Armenanstalt im Kanton Aargau, März 1807 (PSW XX, S. 37–44) Memoriale: ⇒ Z. 6 Lehenmann: Es ist unklar, um wen es sich hier handelt. Ein vom Aargauer Grossrat Carl Friedrich Rudolf von May (1768–1846) 1805 beantragtes Kaufgesuch scheiterte; der Kleine Rat legte dieses bald ad acta und wies den Finanzrat an, die beste Nutzungsmöglichkeit zu eruieren (StA Aargau, Protokoll des Kleinen Rats vom 1. März 1805 und vom 24. März 1805, MF.1 RU-0058). Juch[art]en: Die genaue Grösse ist unterschiedlich, da eine Jucharte in der Regel die Grössenangabe für die Fläche war, welche während eines Tages bearbeitet werden konnte, was wiederum von der Bodenbeschaffenheit sowie der Topographie abhängig ist (ca. 36 Aren). Ammann Wild: Jakob Wild (†1806) von Holderbank (Kt. Aargau) war zum Zeitpunkt seines Todes Gemeindeammann der Kirchgemeinde Holderbank. L[ouisdor]: französische Goldmünze Fränkischen Venerischen Spithal: Einrichtung zur Behandlung von Geschlechtskrankheiten Dunklen: hölzerne Leitungsröhren Fetzer: Johann Karl Fetzer (1768–1847) aus Rheinfelden (Kt. Aargau) übernahm nach seinem Jura-Studium in Freiburg im Breisgau verschiedene Ämter in der vorderhabsburgischen Verwaltung und amtierte nach seinem Militärdienst als Präsident der Verwaltungskammer des helvetischen Kantons Fricktal. Von 1803 bis 1837 war er aargauischer Regierungsrat, sass bis 1839 im Grossrat und übernahm dort mehrfach die Präsidentschaft. Frinz: Johann Georg Frinz (†1827) liess sich 1805 in Niederzeihen (Kt. Aargau) einbürgern. 1806–1820 war er Oberschreiber des Finanzrats des Kantons Aargau und 1820–1827 Sekretär der kantonalen Finanzkommission.

244 869. Herr Trümbach 11. Juni 1807 5

An Herrn Pestalozzi Wohlgeb[or]en in Yverdun Hanau, den 11. Juni 1807.

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Euer Wohlgeb[or]en haben mir durch Ihre Zuschrift die lebhafteste Freude gemacht. Ich bin stolz darauf, dass ein Mann mir diesen Beweis seines Wohlwollens giebt, den ich als den Vater des teutschen Volks betrachte, dessen warmer Eifer für Menschen-Bildung die reinste Ehrfurcht erweckt. Ich verdanke diese gute Meinung ohne Zweifel den Äusserungen unseres Freundes Lehr, und werde mir alle Mühe geben, sie zu verdienen. Ihre Methode hat schon längst meine ganze Aufmerksamkeit nebst dem innigen Wunsch erweckt, dass ich Gelegenheit finden möchte, meine Verhältnisse zu deren Ausbreitung zu benutzen. Bey den jetzigen traurigen Umständen, welche alle Kräfte erschöpfen, alle Thätigkeit für das gemeine Beste lähmen, kann ich die Erfüllung jenes Wunsches nicht in dem Umfang betreiben, wie es mir vielleicht alsdann möglich seyn wird, wenn die Vorsehung Uns wieder Frieden schenkt. Inzwischen werde ich aber doch nichts ausser Acht lassen, was die Erreichung des guten Zwecks vorbereiten kann. Ich werde nicht aufhören, Ihre Schriften, so oft ich Musse dazu finde, zu studiren, und hoffe dadurch die schicklichsten Mittel kennen zu lernen, wodurch ich alle Hindernisse, welche in Local-Umständen ihren Grund haben, nach und nach aus dem Wege räumen kann. Es gehörte lange zu meinen und meiner guten Gattin lieblings Planen, die Wunder der Natur in der Schweitz zu sehen, und zugleich durch eignes Anschauen mit dem Geist einer Methode vertraut zu werden, deren Werth durch das Urtheil competenter Richter längst entschieden ist. – Wir freuten Uns, dann auch den Mann kennen zu lernen, dessen reiner Sinn und hoher Muth sich durch keine Hindernisse abschrecken lies, und dessen edle Menschenliebe, entfernt von allem Eigennutz, nur in der Erreichung des vorgesteckten Ziels ihre Belohnung findet. Leider erlaubt unsere Lage Uns nicht, jetzt an die Ausführung dieses Plans zu denken; aber unsere Verehrung für jene wichtige Unternehmung und unser Wunsch, davon selbst

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Nutzen zu ziehen, ist darum nicht geringer. Über die Ausführung dieses Wunsches werden Euer Wohlgeb[or]en von H[errn] Lehr das nähere erfahren – Vielleicht könnte hierdurch der erste Schritt zu mehrerer Verbreitung Ihrer Methode in unserer Gegend geschehen. Ich wage es daher, Sie um Mitwirkung zu dessen Erfüllung zu bitten, und beharre mit der grössten und ungeheucheltesten Hochachtung Euer Wohlgeb[or]en gehorsamter Diener Trümbach.

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ZB Zürich, Ms Pestal 52/53, Umschlag 174 Blatt, 221x187 mm Datum am Schluss, Siegelspuren Original Textkritik

Zeuge H Z. 10

durch Ihre Sacherklärung I.

Herr Trümbach (ev. auch Prümbach) konnte nicht näher bestimmt werden. III. Z. 10 Z. 15 Z. 30

Ihre Zuschrift: scheint nicht erhalten zu sein Lehr: Friedrich Lehr (1782–1854) ⇒ Nr. 1019 Gattin: Frau Trümbach (ev. Prümbach) konnte nicht näher bestimmt werden.

246 870. Franz Adam Lejeune 12. Juni 1807 5

à Monsieur Monsieur Pestalozzi à Yverdon. M:a: Francfort s/m 12 juin 1807.

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Digne et bon Papa! Je ne Sais si vous vous rappellez de moi, n’ayant eu le Plaisir de vous voir qu’une Seule courte Soirée que vous voulutes bien m’accorder et le Lendemain Matin, un petit instant, avant votre Depart pour Lausanne ou vous alliez pour affaires; avec une Dame parisienne, qui vennoit reprendre Son petit de chez vous: Soit au reste j’espere que nous renouvellerons la Connoissance – le peu de tems que j’ai passé chez vous, m’a inspire le Vif desir que mes Enfans soient élevés par vous. j’en parlai alors à M[e]ss[ieu]rs vos Collaborateurs Krüsy von Muralt et Schmidt; ce desir n’a fait qu’augmenter dépuis, par la Reflexion, qu’outre, que mes occupations ne me permettent pas de m’occuper, autant que je voudrois, de mes chers Enfans, et que je ne me Sens pas les Capacités nécessaires pour les élever duement, j’ai la Persuasion que je ne puis faire d’avantage pour Leur Bonheur futur, qu’en vous les Confiant – en Consequence, mon bon Papa, je vous demande que vous veuillez bien les recevoir dans votre institut: Monsieur Mieg, qui m’honnore de Son Amitié, et en qui j’ai une Confiance méritée, pourra, en vous remettant celle-ci, vous donner Sur moi, toutes les informations que vous pourrez desirer, ainsi que Sur mes Enfans, qu’il connoit; je lui en écris au Long et franchement, Sans la moindre reticence; il est autorisé, Si, comme j’espère de Son amitié obligeante, il veut bien s’en charger à traiter et conclure avec Vous – n’ayant que tres peu de tems dont je puisse disposer, je vous serois infiniment obligé, Si vous vouliez me donner le plus tôt possible un Mot de Réponse, pour que je puisse faire de Suite les préparatifs de mon Voiage, et saisir le premier Moment que je trouverai pour pouvoir partir; je L’attens avec impatience, et Suis avec respectueux et Sincère dévouement, Votre attaché Serviteur et Ami le Docteur Lejeune

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t[ourner] s[’il] v[ous] p[laît] P.S. on dit ici que vous quittez yverdon pour aller former un nouvel institut dans une autre partie de la Suisse: on m’ecrit de Berne, en date du 6 courrant, que le Bruit y court que non Seulement vous quittez yverdon, mais que vous transplantez votre institut dans un autre Canton: dans le premier Supposé, Sachant combien votre présence vivifiante, a d’influence Sur L’institut; dans le Second, preferant d’attendre, pour vous conduire mes Enfans, que le deplacement soit operé, je vous Supplie de vouloir m’en dire un Mot dans votre Reponse – je vous prie de présenter de ma Part un Salut amical, à Messieurs Krüsy, Niederer, von Muralt, Tobler, Schmidt, Hopf, Steiner et Barraud, que je reverrai avec bien du plaisir.

Überlieferung 1 2 3 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 52/53, Umschlag 190 Bogen, 223x193 mm leicht defekt Datum am Schluss Original Textkritik

Zeuge H Sacherklärung I. Franz Adam Lejeune (1765–1854) stammt aus Verviers (Belgien) und studiert in Frankfurt Medizin. 1796 erhält er die Zulassung als Arzt. Im gleichen Jahr heiratet er Maria Helene d’Orville (1768–1843, ⇒ Nr. 924), das Paar hat zwei Söhne: August Eduard Adam (1797–1882, ⇒ Nr. 926) und Johann Gustav Adolf (1800–1888, ⇒ Z. 16f.). Lejeune behandelt verschiedene Adelige, darunter auch den damaligen Preussischen Gesandten beim Deutschen Bund und späteren Reichskanzler Otto von Bismarck (1815–1898). Er stirbt 1854 in Frankfurt. II. 1806 unternimmt Franz Adam Lejeune (1765–1854, ⇒ Nr. 870) eine Reise zu Pestalozzi nach Yverdon, um ihn und sein Institut kennen zu lernen, bevor er 1807 seine zwei Söhne für vier Jahre dorthin schickte. Lejeune dürfte durch Friedrich Wilhelm August Fröbel (1782–1852, ⇒ Nr. 980) auf Pestalozzi aufmerksam geworden sein, da Fröbel, der 1805 das Institut in Yverdon besucht hatte, ab 1806 Hauslehrer der Familie Holzhausen war, deren Hausarzt Lejeune war.

248 III. Z. 13f.

Z. 16f.

Z. 18 Z. 18 Z. 18 Z. 25 Z. 42 Z. 51 Z. 51 Z. 52 Z. 52 Z. 52

Dame parisienne: Damit ist wahrscheinlich Henriette Hedelhofer-Rieux (†vor 1825) gemeint, seit 1795 Ehefrau von Gaspard Samuel Hedelhofer (1771–1838, ⇒ Nr. 874). Der Sohn Albert Louis Frédéric (1797–nach 1858, ⇒ Nr. 1301) war von März 1807 bis Juli 1810 in Yverdon, doch fiel er als gefährdeter Jugendlicher auf (vgl. PSB V, S. 267). Möglich ist, dass wegen dieser Negativbeurteilung Frau Hedelhofer-Rieux den Rückzug ihres Sohnes aus dem Institut erwog. mes Enfans: August Eduard Lejeune (1797–1882, ⇒ Nr. 926) und Johann Gustav Adolf Lejeune (1800–1880). Johann Gustav Adolf besuchte von 1807 bis 1809 Pestalozzis Institut in Yverdon und war anschliessend als Handelsmann tätig. 1832 heiratete er in erster Ehe Charlotte Ida Amalie Schmid (1799–1834), 1836 in zweiter Ehe Franziska de Neufville (1805– 1870). Krüsy: Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588 von Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 Schmidt: Joseph Schmid (1785–1851) ⇒ Nr. 712 Monsieur Mieg: Johann Elias Mieg (1770–1842) ⇒ Nr. 1244 on dit: ⇒ Nr. 898 Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Tobler: Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500 Hopf: Johann Samuel Hopf (1784–1830) ⇒ Brief vom 22. Juni 1817 Steiner: Rosemann Steiner (*1781) ⇒ Nr. 740 Barraud: Jean François/Franz Barraud (1777–1830) ⇒ Nr. 987

871. Balthasar Hanhart 14. Juni 1807 5

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Monsieur Monsieur Pestalozzi au chateau à Yverdon fr[anco] Arau Steckborn, den 14e Juny 1807. S[upra] S[criptum] Hochzuverehrender Herr! Dero geschätzteste Zuschrift, enthaltend die Ankündigung Ihres Wochenblattes, ist mir seiner Zeit richtig zugekommen. Ihrem Wunsche gemäss habe dieselbe an einige meiner Freunde communicirt, u[nd] die Hoffnung von diesen einige Aufträge zu erhalten, die ich Ihnen hier gerne mitgetheilt hätte, ist Theils die Ursache der Verzögerung meines Schreibens, u[nd] Theils wollte ich es

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auch dahin ersparen, um Ihnen die eben so zweckmässig als angenehme Nachricht geben zu können, dass der H[ohe] Schulrath unsers Cantons in jedem Districte eine kleine Samlung der unentbehrlichsten pädagogischen Schriften unter den Schulmännern circulirend veranstaltet habe, worunter ich so dann Ihre Zeitschrift rechnete – allein dieses ist auf das Gutachten d[es] Herrn Schulinspector Pestaluz zu Berlingen (welcher, für den im vorigen Sommer an 8. Schulm[ei]st[e]r ertheilten Unterricht mit ca . 5. N[euen] L[ouis]d’or aus der Schul-Casa beschenkt worden ist, u[nd] diese zum Ankauf solcher Schriften angebotten hat) nur von dem H[errn] Schulrathe genehmiget, bis dahin aber noch nicht ausgeführt worden. Da ich nun für diesmal weiter keine Subscribenten finde, so nehme die Freyheit Sie zu bitten, mich einzig unter die Anzahl derselben aufzunehmen. Von demjenigen was ich während meines kurzen Aufenthalts in Ihrem Institut gesehen u[nd] gelernt habe, kann ich das Tabellenrechnen mit dem grössten Vortheile in meiner Schule anwenden, u[nd] da ich die andern Lehrgegenstände immer in einer der Tabelle ähnlichen Stufenfolge zu behandeln suche, so finde in meinen Bearbeitungen zuweilen Schwierigkeiten, u[nd] in diesem Falle dienen mir Ihr Journal u[nd] mehrere Bücher die ich über Ihre Methode angeschaft habe, zum besten Hülfsmittel. – Auf die methodische Bearbeitung der Geographie v[on] H[errn] Tobler warte mit Verlangen. Beym Antritt meiner Schule hatte an 80. Knaben u[nd] Töchtern v[on] 9. à 13.e Jahren in meiner Schule zu unterrichten. Ich fand dass mein Vorfahrer in allen Theilen ganz unrichtig zu Werke gegangen ist, u[nd] war also genöthigt a l l e s anders einzurichten u[nd] mit m[eine]n Schülern ganz von vorn anzufangen. – Anfangs wollte es mir freylich nicht recht gelingen, es gab da u[nd] dort etwas zu murren; allein von H[errn] Decan nebst den H[erren] Schulvorgesetzten in allen Fällen kräftig unterstützt, gelang es mir endlich trotz allen Einwendungen der niedrigsten Volksklasse, es dahin zu bringen, dass ich ganz nach meinen Einsichten arbeiten u[nd] handeln kann. Meine Schulkinder machen täglich grössere Fortschritte im Rechnen, worauf hier am Meisten gesehen wird, u[nd] nehmen überhaupt an nützlichen Kenntnissen zu, so dass ich mit Freuden den besten Erfolg meiner bis dahin freylich starken Bemühungen entgegen sehe. Auch das neulich, im Beyseyn des H[errn] Schulinsp[ectors] H[errn] Decan u[nd] H[erren] Schulvorstehern bey mir gehaltene Examen ist zur Zufriedenheit dieser Herren ausgefallen. –

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Ich habe die Ehre theuerster Herr Pestalozzi Ihnen u[nd] Ihren Herren Freunden dem H[errn] Niederer, Muralt, Krüsy u[nd] Tobler, für die gütige Aufnahme derer Sie mich würdig [fanden], nochmals meinen verbindlichsten Dank zu wiederhollen, u[nd] mich hochachtungsvoll u[nd] ergebenst zu empfehlen Dero Diener Balth. Hanhardt Provisor

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 51/52, Umschlag 114/1 Bogen 238x191 mm Siegelausriss, Siegelspuren, Dorsualvermerk Steckborn den … Xbre 1806, Notiz Hanhardt Steckborn, dem Auftrag entsprochen den 4ten Jul. 1807. Original Textkritik

Zeuge H Z. 15f. Z. 21 Z. 21 Z. 22 Z. 23 Z. 24f. Z. 26f. Z. 30 Z. 34 Z. 34 Z. 36f. Z. 39 Z. 40 Z. 41 Z. 41 Z. 41 Z. 49 Z. 58 Z. 58 Z. 59 Z. 61 Z. 62 Z. 62 Z. 62 Z. 62f.

communicirt: lateinische Schrift Cantons: lateinische Schrift Districte: lateinische Schrift pädagogischen: lateinische Schrift circulirend: lateinische Schrift Schulinspector: lateinische Schrift N[euen] L[ouis]d’or: lateinische Schrift Subscribenten: lateinische Schrift Institut: lateinische Schrift Tabellen: lateinische Schrift Tabelle: lateinische Schrift Journal: lateinische Schrift Methode: lateinische Schrift methodische: lateinische Schrift Geographie: lateinische Schrift Tobler: lateinische Schrift Decan: lateinische Schrift Schulinsp[ectors]: lateinische Schrift Decan: lateinische Schrift Examen: lateinische Schrift Pestalozzi: lateinische Schrift Niederer: lateinische Schrift Muralt: lateinische Schrift Krüsy: lateinische Schrift Tobler: lateinische Schrift

251 Sacherklärung I. Johann Balthasar Hanhart (1784–1840) aus Steckborn (Kt. Thurgau) unterstützt als Jugendlicher seinen Vater Hans Ludwig Hanhart (1748–1806), der damalige Lehrer in Steckborn, schlägt dann aber vorerst eine andere berufliche Laufbahn ein und lässt sich in einem Zürcher Fabrikations- und Handelshaus zum Kaufmann ausbilden. Nach dem Tod seines Vaters bietet ihm der Stadtrat von Steckborn dessen Stelle an. Vor seinem Stellenantritt Ende 1806 besucht er zur Vorbereitung auf die künftige Rolle zuerst einen Fortbildungskurs auf dem Riedtli in Zürich (⇒ Nr. 879) und bis November das Pestalozzische Institut in Yverdon. Die Schule Hanharts dient dem damaligen Schulinspektor und Förderer Hanharts, Pfarrer Mathias Pestaluz/Pestalozzi (1777– 1829, ⇒ Z. 25), bei den von ihm veranstalteten Lehrkursen als eine Art Musterschule. In den Jahren 1820 bis 1822 erteilt Hanhart in der Funktion als Kreislehrer selber zwölfwöchige Lehramtskurse, später wird ihm gar der Unterricht der Bezirksschullehrer anvertraut. 1823 gründet Hanhart zusammen mit einigen Schulmeistern eine Freiwillige kantonale Schullehrer-Gesellschaft, die sich berufliche Förderung, die Bildung eines kollegialen Verhältnisses und die Stiftung einer Witwen-, Waisen- und Alterskasse für evangelische Schullehrer als Ziele setzt und sich in der Folge zu einer obligatorischen Kantonallehrerkonferenz erweitert. Nachdem er lange vergeblich auf die von ihm angeregte Errichtung einer höheren Lehranstalt in Steckborn gehofft hat, nimmt er 1827 einen Ruf an die Realschule in Stein am Rhein an, an der er wahrscheinlich bis 1833 tätig ist. III. Z. 11 Z. 13

Z. 20 Z. 21

S[upra] S[criptum]: oben angegeben (lat.) Zuschrift: 1806 verfasste Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) eine Ankündigung für die Wochenschrift für Menschenbildung, die überall verbreitet wurde, wo man glaubte, dass ein Interesse an Erziehungsfragen gegeben war (Johannes Niederer: Ankündigung einer Wochenschrift für Menschenbildung. Lausanne 1806). In diesem Zusammenhang verschickte Pestalozzi auch persönlich verfasste Briefe, denen er die Ankündigung als Beilage dazulegte. Ein Brief an Balthasar Hanhart (1784–1840, ⇒ Sacherklärung I.) hat sich aber nicht erhalten. Jedoch hat Pestalozzi im Februar 1807 dem thurgauischen Schuldirektor Johann Melchior Sulzberger (1760– 1841, ⇒ Nr. 766) eine Ankündigung zugeschickt, welche der engere Schulrat (⇒ Nr. 1008) dann in seiner Sitzung vom März 1807 besprochen hat (StA Thurgau, Aktennummer 4’763’0 und 4’761’0). Sulzberger seinerseits leitete die Information mittels eines Briefes an den Schulinspektor Mathias Pestaluz (1777–1829, ⇒ Z. 25) weiter, der unter anderem für die Gemeinde Steckborn zuständig war (StA Thurgau, Aktennummer 4’783’13). Somit dürfte Hanhart über Pestaluz vom geplanten Erscheinen des Wochenblattes erfahren haben. H[ohe] Schulrath: ⇒ Nr. 1008 Samlung: Im März 1799 beschloss der Erziehungsrat die Schaffung einer Schullehrerbibliothek (StA Thurgau, Aktennummer 1’50’0), im Oktober 1806 wurde von den Lehrern in Berlingen und Frauenfeld an den engeren Schulrat der Wunsch einer Lehr-Bibliothek herangetragen (StA Thurgau, Aktennummer 4'761’0). Ob damit zwei unterschiedliche oder ein und dieselbe Bibliothek gemeint sind, ist unklar. 1808 waren laut einem Rechenschaftsbericht des Regierungsrates des Kantons Thurgau an den Grossen

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Z. 25

Z. 39 Z. 41 Z. 49

Z. 49f.

Z. 58f. Z. 59

Z. 62 Z. 62

Rat 150 Bände im Umlauf und der Jahresbeitrag pro Lehrer betrug 50 Kreuzer, im Mai 1810 wird ein Schullehrer-Lesezirkel und ein LesezirkelVerzeichnis erwähnt (StA Thurgau, Aktennummer 1’50’0). In einem weiteren Rechenschaftsbericht des Regierungsrates des Kantons Thurgau an den Grossen Rat von 1854 gibt es den Hinweis, dass die Bibliothek des Erziehungsrates aufgelöst und der Bestand auf die Seminar-, Lehrer- und Kantonsschulbibliothek aufgeteilt worden war. 300 Bücher befanden sich zum Zeitpunkt der Auflösung noch im Umlauf. Pestaluz: Mathias Pestaluz/Pestalozzi (1777–1829) wurde 1798 in Zürich zum Pfarrer ordiniert und leitete Ende des 18. Jahrhunderts eine Privatlehranstalt in Küsnacht (Kt. Zürich), bevor er 1805 eine Stelle als Pfarrer in der thurgauischen Gemeinde Berlingen antrat. Nebenamtlich war er als Schulinspektor tätig und erteilte zwecks besserer Ausbildung Kurse für Schullehrer, welche er auch fortsetzte, als er 1808 Pfarrer in Hüttlingen (Kt. Thurgau) wurde. 1818 erfolgte seine Wahl als Pfarrer nach Richterswil (Kt. Zürich), wo er 1821 Kämmerer des Pfarrkapitels und 1828 Dekan wurde. Journal: Wochenschrift für Menschenbildung 1807–1811 Geographie v[on] H[errn] Tobler: ⇒ Nr. 706 H[errn] Decan: Jakob Gutmann (1753–1813) wurde 1779 ordiniert und war anschliessend ab 1781 Provisor in Frauenfeld, bevor er von 1785 bis 1813 die Stelle als evangelischer Pfarrer in Steckborn übernahm. Nebenbei wurde er 1799 vom ersten thurgauischen Erziehungsrat zum Inspektor des Distriktes Steckborn gewählt, 1801 zum Dekan ernannt und 1804 Mitglied des Kirchenrates sowie des thurgauischen Ehegerichts. H[erren] Schulvorgesetzten: 1806 erliess der Kleine Rat, die Exekutive des Kantons, eine Schulordnung für die niederen Schulen. Sie verlangte, dass es in jeder Kirchgemeinde mindestens eine von Vorgesetzten beaufsichtigte Schule geben soll. Die Vorgesetzten wurden von den Hausvätern des Schulkreises gewählt und setzten sich aus dem Ortspfarrer sowie fünf Wahlmännern zusammen. Sie waren zuständig für Ordnung in der Schule und hatten nebst der Lehrerwahl die Aufgabe, dem Schulmeister Schutz zu gewähren, ihn aber auch auf seine Treue und seinen Fleiss hin zu überwachen. Zu diesem Zweck waren sie angewiesen, die Schule fleissig zu besuchen. Schulvorstehern: ⇒ Z. 49f. Examen: Einen Bericht, der sich eindeutig auf dieses Examen bezieht, scheint nicht (mehr) vorzuliegen. Allerdings existiert eine tabellarische Darstellung von 1807 mit dem Titel Das Personale der Schullehrer, auf welcher auch Johann Balthasar Hanhart (1764–1840, ⇒ Sacherklärung I.) aufgeführt ist. Folgende Rubriken werden aufgeführt: Gesundheitsumstände, sittlicher Charakter und Verhalten in den hervorstehenden Zügen, Lehrgeschicklichkeiten, Vervollkommnungsfähigkeiten/Neigung. Die Aufzeichnungen über Hanhart stammen wahrscheinlich von einem oder evtl. mehreren Schulbesuchen bei ihm. Ob allerdings genau das im Brief erwähnte Examen der Anlass, respektive Mitanlass der Notizen war, lässt sich auf Grund des Fehlens eines genaueren Datums nicht mehr rekonstruieren (StA Thurgau, Aktennummer 4’783’13, Primarschulen: Inspektorate Bezirk Steckborn 1803–1819). Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610

253 Z. 62 Z. 62f.

Krüsy: Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588 Tobler: Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500

872. Joseph Bentura de Caamaño Gayoso Arias Varela et Mendoza 25. Juni 1807 5

[Reg.] Inhalt unbekannt. Möglicherweise schreibt er, dass Godoy Pestalozzi «ein Zeichen seiner Achtung zusenden werde».

Überlieferung 1

PSB V, S. 260.13 und S. 277.11f. Sacherklärung I.

Joseph Bentura de Caamaño Gayoso Arias Varela et Mendoza (1735–1815) ⇒ Nr. 852 III. Z. 4

Godoy: Manuel de Godoy (1767–1851) ⇒ Nr. 854

873. François Pierre Gauthier, Maine de Biran 28. Juni 1807 5

Le Sous-Préfet de l’Arrondissement de Bergerac, à Monsieur Pestalozzi auteur de l’institution célèbre qui porte son nom à Yverdon Bergerac le 28 juin 1807

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Monsieur Appellé à administrer un arrondissement considérable, où l’éducation de la jeunesse a été malheureusement trop négligée, j’ai cru devoir porter mes premiers regards sur cette branche d’administration la plus importante. J’ai travaillé d’abord à organiser l’enseignement publié sur le plan le plus propre à former des esprits justes et raisonnables ou à développer convenablement ce germe de raison inhérent à notre nature intellectuelle, trop communément étouffé par les fausses méthodes d’éducation et par la multitude d’illusions ou de préjugés dont les pédagogues environnent le berceau de l’enfance.

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Je connoissois déjà votre méthode; la théorie des opérations de l’entendement humain à l’étude de laquelle je me suis particulièrement attaché, un essai seul me convainquit que cétoit la bonne et la seule bonne. Les résultats étonnants que je lui ai vu produire à Paris dans une maison particulière où elle étoit pratiquée ont pleinement confirmé l’opignion excellente que j’en avois conçue. Je ne désire donc rien tant que de pouvoir aujourd’hui introduire Votre institution dans le nouveau collége que j’établis à Bergerac, cheflieu de mon arrondissement et j’espère par cela seul acquérir des droits à la reconnoissance du petit pays confié à mon administration comme vous Monsieur (si parva licet componere magnis) comme vous, inventeur de la plus belle des méthodes, aves acquit des droits éternels à l’admiration et à la gratitude du monde savant. Animé de ce grand but, je viens en qualité de fondateur de l’école primaire de Bergerac vous demander au nom de mon pays, ou au nom de tous les intérêts les plus pressants pour votre belle ame, de vouloir bien nous choisir un instituteur pris immédiatement dans votre école, et de nous l’envoyer à Bergerac, dép[artemen]t de la Dordogne pour y porter l’esprit veritable de votre institution et nous faire participer à tous les avantages. Dés que j’aurois reçu l’heureuse nouvelle que vous voulez bien accéder au Vœu que j’ai l’honneur de vous addresser. J’attendrai votre reponse positive avec une véritable impatience et vous prie de m’écrire – en attendant je suis avec la haute considération et le respect qu’inspire le genie bienfaisant votre très humble et devoué Serviteur Maine-Biran S[ous] préf[et] de Bergerac, correspondant de l’institut de France

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 37–37a, S. 68–69 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 5 Z. 13 Z. 16 Z. 18 Z. 20 Z. 21 Z. 22

l’institution ce germe environnent Je connoissois essai seul me∫ convainquit produire à étoit pratiquée

255 Z. 37 Z. 40 Z. 41

faire impatience je suis∫ Sacherklärung I.

François Pierre Gauthier, Maine de Biran (1766–1824) stammt aus Bergerac bei Bordeaux. Nach dem Besuch des Collège in Périgueux (Dordogne) tritt er 1785 in den Militärdienst der königlichen Leibgarde ein. Um den Unruhen der französischen Revolution zu entgehen, zieht er sich 1793 auf sein Landgut in Grateloup nahe seiner Heimatstadt zurück, wo er sich philosophischen, psychologischen und mathematischen Studien widmet. Obwohl Gauthier kein geschulter Philosoph ist, erhalten seine Schriften grosse Aufmerksamkeit und bringen ihm die Mitgliedschaft im Institut de France ein. Ursprünglich dem Sensualismus verpflichtet, entwickelt Gauthier ein Interesse für das menschliche Innenleben; ein Merkmal seiner Philosophie ist, dass der Wille bei der Entfaltung des Denkens Vorrang hat, so dass die menschliche Handlungsfreiheit nicht (z.B. von Begierden) vorbestimmt ist. Gauthier wird 1797 Mitglied des Rats der Fünfhundert und 1809 Staatsrat, 1813 gehört er der Opposition gegen die Herrschaft Napoleon I. Bonapartes (1769–1821, ⇒ Nr. 580) an. Nach der Restauration amtet er als Schatzmeister der Deputiertenkammer. II. François Pierre Gauthier, Maine de Biran (1766–1824, ⇒ Sacherklärung I.) war seit 1806 Unterpräfekt in Bergerac. 1807 lernte er in Paris Philipp Albert Stapfer (1766–1840, ⇒ Nr. 899) kennen, der ihm vermutlich auch von Pestalozzi erzählt haben dürfte und ihn in seinen Aktivitäten zur Verbesserung des Schulwesens bestärkte (vgl. Brief von Maine de Biran an Philipp Albert Stapfer vom 1. August 1807, abgedruckt in: Ernest Naville: Pestalozzi, Stapfer et Maine de Biran. In: Bibliothèque universelle et revue suisse 14(1890), no.6, S. 89–90). Da Maine de Biran auf den hier vorliegenden Brief offenbar nicht schnell genug Antwort erhalten hat, wendet er sich mit seinem Anliegen am 23. August 1807 auch an Johannes von Muralt (1780–1850, ⇒ Nr. 610) (ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 45–45a, S. 84–85). III. Z. 21

Z. 34

Les résultats étonnants: François Pierre Gauthier, Maine de Biran (1766– 1824, ⇒ Sacherklärung I.) bezieht sich vermutlich auf seinen Besuch der Schule von Franz Joseph Nikolaus Näf (1770–1854, ⇒ Nr. 641), der 1803– 1806 im Orphelinat de la pitié im Pariser Waisenhaus Fauburg Saint Marceau die Pestalozzische Methode einführen sollte (Regula Düggelin: Die Gründung der ersten Pestalozzi-Schule in ihrem historischen Kontext. Basel 1998, S. 22f.). instituteur: Jean François/Franz Barraud (1777–1830) ⇒ Nr. 987

256 874. Gaspar Samuel Hedelhofer Sommer 1807? [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB V, S. 267.20 Sacherklärung I.

Gaspard Samuel Hedelhofer (1771–1838) ist in Lausanne als Händler tätig, bevor er sich in Frankreich niederlässt. Ob er zuerst nach dem damals von Frankreich annektierten Genf zieht, wofür er 1795 vom Bürgermeister von Lausanne einen Pass erhalten hat, oder ob er direkt oder mit weiteren Umwegen nach Paris übersiedelt, wo er letztlich stirbt, lässt sich nicht mehr feststellen. Sicher dagegen ist, dass er aktiv an der Unhabhängigkeitsbewegung des Waadtlandes beteiligt ist; 1798 ist er Sekretär des Comité central de réunion. II. Da der Sohn von Gaspard Samuel Hedelhofer (1771–1838, ⇒ Sacherklärung I.), Albert Louis Frédéric (1797–nach 1858, ⇒ Nr. 1301), 1807 Schüler in Yverdon war, dürfte der Brief in diesem Zusammenhang verfasst worden sein.

875. Johann Jakob von Willemer Sommer 1807 [Reg.] Willemer schickt Pestalozzi Schriften.

Überlieferung 1

PSB V, S. 275.10f. Sacherklärung I.

Johann Jakob von Willemer (1760–1838) aus Frankfurt bildet sich zum Bankkaufmann aus und übernimmt früh die Leitung der familieneigenen Bankfirma Johann Ludwig Willemer & Co. Die Finanzgeschäfte bringen ihn mit den gehobenen Gesellschaftskreisen und mit der Politik in Kontakt: 1788 wird er Geheimer Rat, 1789–1792 ist er Senator, ab 1800 amtet er als Direktionsmitglied des Frankfurter Nationaltheaters. Zu dieser Zeit beginnt Willemer die Bankiertätigkeiten zu reduzieren und seine Mitte der

257 1790er-Jahre begonnene dichterische und schriftstellerische Tätigkeit zu intensivieren. Im Zentrum stehen moral-pädagogische Schriften und staatsphilosophische Abhandlungen. II. Johann Jakob von Willemer (1760–1838, ⇒ Sacherklärung I.) hatte 1807 Yverdon besucht, wohl deshalb, weil er seinen Sohn Abraham (Brami) Ludwig Heinrich Jakob von Willemer (1797–1818, ⇒ Nr. 948) da zur Schule schicken wollte. III. Z. 4

Schriften: Es ist unklar, um welche Schriften es sich hier handelt. Falls aber eine der pädagogischen Schriften Johann Jakob von Willemers (1760–1838, ⇒ Sacherklärung I.) gemeint sind, könnte es sich um die Gedanken, veranlasst durch Salzmanns Ameisenbüchlein (Zeitschrift für Pädagogik, Erziehungs- und Schulwesen, Band 1, Heft 114, 1807) oder um Teilausschnitte des im Jahre 1810 erstmals erschienenen, später stetig ausgebauten Werks Bruchstücke zur Menschen- und Erziehungskunde religiösen Inhalts handeln.

876. Johann Balthasar Streiff Juli 1807 5

[Reg.] Streiff möchte seinen älteren Sohn aus gesundheitlichen Gründen aus dem Institut nehmen und den jüngeren nach Yverdon schicken.

Überlieferung 1

PSB V, S. 266.12ff. Sacherklärung I.

Johann Balthasar Streiff (1762–1828) aus Mollis (Kt. Glarus) arbeitet bereits in seiner Jugendzeit in der väterlichen Baumwolldruckerei mit. 1787 heiratet er Anna Katharina Schindler (1769–1827). Unter finanzieller Mitbeteiligung seines Schwiegervaters, des Arztes Konrad Schindler (1734–1809), erbaut Streiff 1791 in Mollis eine eigene Baumwollfabrik, die aber 1798/1799 infolge der ins Glarnerland einmarschierenden französischen Truppen geschlossen wird. In der Helvetik ist Streiff Vizepräsident der örtlichen Munizipalität (1799) und Richter des Distriktes Glarus (1801). II. Wie dem Brief Pestalozzis an Johann Balthasar Streiff (1762–1828, ⇒ Sacherklärung I.) vom 30. Juli 1807 (PSB V, Nr. 1296) zu entnehmen ist, kennen sich die beiden von früher, wobei unklar bleibt, wo und wann sie sich kennen gelernt haben. Denkbar wäre eine Bekanntschaft über Johann Rudolf Marti (1765–1824, ⇒ Nr. 626), aber auch über Johann Peter Zwicky (1762–1820, ⇒ Nr. 471), Konrad Schindler (1734–1809), 1801

258 Erziehungsrat des Kantons Linth, sowie Johann Heinrich Tschudy (1779–1841, ⇒ Nr. 796), welcher Fridolin/Friedrich, gen. Frédéric Zwicky (1794–1846, ⇒ Nr. 795) betreute, der 1805–1809 Schüler in Yverdon war. III. Z. 4

Z. 5

älteren Sohn: Es ist unklar, wer damit gemeint sein könnte, da in den Kirchenbüchern von Glarus und Mollis kein älterer Sohn verzeichnet ist und in den Yverdoner Geschäftsbüchern nur Konrad Streiff (1794–1825, ⇒ Z. 5), der jüngere Sohn, auftaucht. Der ältere Sohn müsste zwischen 1805 bis ca. Ende 1807 in Yverdon gewesen sein. jüngeren: Konrad Streiff (1794–1825) aus Mollis (Kt. Glarus) besuchte 1807 bis 1812 Pestalozzis Anstalt in Yverdon. 1813 beantragte er ein Visum zur Ausreise nach München um Baukunst zu studieren. Nach seiner Rückkehr arbeitete er in Glarus als Richter und Schützenhauptmann.

877. Franz Anton Voll 10. Juli 1807

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Bamberg im K[öniglich] Bayrischen Fürstenthum Fr[anken] den 10ten July 1807 Beantwortet d[en] 4 ten 7brs .

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Überzeugt von Eüer Wohlgeboren biderer Theilnahme, nicht nur an das Interesse der gesammten Menschheit überhaupt, sondern selbst auch an das jedes Individuums, das Ihrer Hilfe bedarf; überzeügt von dem innigsten Wohlwollen, mit dem Sie gleichsam die ganze Welt umfassen, darf es gewiss auch der entfernteste wagen, Sie, der nur allein die zuverlässigste Kunde ertheilen kann, in seiner Angelegenheit zu berathen. Ihre so wichtige und höchst wohlthätige Reform des Erziehungswesens hat längstens die volle Aufmerksamkeit der Sachverständigsten Gelehrten erregt und beschäftiget. Auch ich bin stolz darauf, unter die eifrigsten Anhänger Ihrer Wunder- und doch so natürlichen Methode gezählt zu werden; und wenn ich gleich noch weit entfernt stehe, in den praktischen Theile derselben hinlänglich genug einzudringen, wozu doch immer, wenn man nicht selbsten Gelegenheit hat, sie anzustellen, Beobachtung an Ort und Stelle erforderlich ist; so darf ich mich doch keiner Nachlässigkeit beschuldigen in Erforschung dessen, was den tiefen Geist Ihrer Bildungsmethode charakterisiert. Man kann aber den Geist des grossen Mannes nicht besser erforschen, als aus seinen Werken, wodurch er sich und ihn zugleich ausspricht; die Kenntniss derselben ist daher jedem grünlichen Forscher von äusserster Wichtigkeit. Schon geraume Zeit wandte ich

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mich deshalb an mehrere Buchhändler meines Vaterlandes, um durch sie zur genauern Kenntniss all’ Ihrer Schriften zu gelangen, und mir solche nach und nach an zu schaffen. Mit vieler Mühe und nach mancherley langen Harren erhielt ich endlich derselben Einige, aber noch immer nicht die volle Kenntniss dessen, was überhaupt als Ihre Arbeit in der Gelehrten- und Lese-Welt zirkulirt. Manche Schrift ist nun gar nicht zu erhalten, und man sieht sich in der grössten Verlegenheit, wie man zu ihrem Besitze kommen könne; so z[um] B[eispiel] ist jenes Werk, dessen Sie in Ihrer «Wie Gertrud ihre Kinder lehrt[»], ein Versuch etc. Bern und Zürich, bey G. Gessner 1801 fol.: erwährend, wo es heisst: «Im Gefolge dieses Grundsatzes, von der Wichtigkeit des Bewusstseyns von Schall und Ton, ehe das Kind sie nachsprechen kann, und in Überzeügung, dass es eben so wenig gleichgültig seye, was für Bilder und Gegenstände dem Unmündigen Kinde vor die Augen, als was ihm für Töne vor die Ohren gebracht werden, habe ich ein Buch für die Mutter zu Stande gebracht, darin ich nicht nur die Anfangsgründe von Zahl und Form, sondern auch die wesentlichsten übrigen Eigenschaften, welche uns die fünf Sinne von diesen Gegenständen an den Tag legen, durch illuminirte Holzschnitte anschaulich mache und s.f.» dem deütschen Buchhandel ganz unbekannt; ich wenigstens suche es bereits schon mehrere Jahre vergebens! Dem ausgezeichneten Interesse nun, dessen ich Ihre Methode so über Alles werth halte, müssen Sie es zu schreiben, dass ich, um doch endlich einmal befriedigt zu werden, an Sie unmittelbar meine Bitte richte: 1tens um ein vollständiges Titelverzeichniss all’ Ihrer litterarischen Arbeiten, wobey auch Drukort und Name des Verlegers zu bemerken wäre; 2tens um zwey Exemplare des erwähnten in Ihrem Werke wie Gertrud ihre Kinder lehrt, cit. loc. beschreibenen Buches, wenn Sie, wie man vermuthet, dasselbe auf eigene Kosten sollten herausgegeben haben. Dem Betrag der Kosten, und jener Auslagen, mit denen die Erfüllung dieses meines sehnlichsten Verlangens Sie noch beschweren könnte, werde ich auf der Stelle herzlich gerne vergüten, und ersuche Sie des halb recht angelegentlichst, mich darüber gefälligst benachrichtigen zu wollen. Mit der grössten Hochachtung, die ein Sterblicher dem Andern erweisen kann, verharre ich und darf mich nennen: Ihrem aufrichtigst-dankbaren Verehrer, bereitwilligsten Diener und ergebensten Freund. Franz Anton Voll. denmalen Privaterzieher bey

260 der Familie der Witwe Frau Hofmarschallin von Redwitz dahier.

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Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 18a–19a, S. 34–36 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 11 Z. 12 Z. 14 Z. 18 Z. 23 Z. 33 Z. 40

entfernteste wagen zu∫verlässigste Reform in∫ den charakterisiert zirkulirt Ton Sacherklärung I.

Franz Anton Voll (1776–1838) aus Würzburg studiert von 1791 bis 1798 in Bamberg Philosophie und promoviert auch in diesem Fach. Danach ist er als Erzieher tätig, zuerst bei der Familie des Freiherrn Carl Albrecht von Welden (†1808) in Laupheim, dann bei den Kindern der Familie von Redwitz (⇒ Z. 70f.) in Bamberg. 1810 wird er Stadtschullehrer (wahrscheinlich ebenfalls in Bamberg), 1816 heiratet er Maria Anna Humann (1797–1882) und wird 1817 Inspektor des Schullehrerseminars in Kaiserslautern, bevor er dieselbe Funktion von 1823 bis 1837 in Bamberg übernimmt. III. Z. 26 Z. 36

Z. 38f. Z. 70f.

grünlichen: wahrscheinlich Verschrieb für gründlichen jenes Werk: Damit dürfte das 1803 erschienene Buch der Mütter gemeint sein (PSW XV, S. 341–424). Die geplanten illuminierten Holzschnitte wurden zwar zum Teil angefertigt, fanden dann aber weder Verwendung noch wurden sie zum Verkauf angeboten, weil Pestalozzi sich entschieden hatte, für den Zweck der Anschauung echte Gegenstände statt Zeichnungen derselben einzusetzen. Im Gefolge dieses Grundsatzes: PSW XIII, S. 260 Witwe Frau Hofmarschallin von Redwitz: Damit ist wahrscheinlich Charlotte von Redwitz (1773–1832), geborene von Ritter zu Grünstein gemeint, die seit 1790 oder 1791 mit Philipp Anton von Redwitz (1748–1802/03), dem Hofmarschall des Fürstbischofs von Bamberg, verheiratet war. Sie hatten drei Kinder: Maria Anna Christina (*1792), Karoline Christine Franziska (*1796) und Friedrich Karl (1797–1857).

261 878. Fulwar Skipwith und William (James) Maclure Juli 1807 Paris, le _ Juillet 1807 5

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Monsieur. La réputation de votre école, les conseils d’un ami commun Monsieur Maclure et la connoissance que j’ai prise moi-même de votre excellente méthode d’enseignement, m’ont déterminé à vous envoyer mon fils, dans l’espoir ou plutôt avec la certitude qu’il rapportera de vos leçons un esprit juste, une raison cultivée et un cœur droit. Vous vous appercevrez aisément que Charles n’a reçu jusqu’ici qu’une éducation en quelque sorte décousue et incohérente, il est temps que ses études soient assujetties à un plan fixe et régulier, sans lequel vous le savez mieux que moi, l’esprit ne fait que courir sans rien connoitre. Je ne vous dirai point que je désire qu’il étudie ceci ou cela puisqu’en vous le confiant, Monsieur, je n’ai eu d’autre intention que de le soumettre sans restriction aux procédés que vous avez adoptés pour vos élèves; je voudrois seulement qu’il ne perdît pas le peu d’anglais qu’il sait, attendu que c’est la langue du pays où il doit vivre, et qu’il prît, s’il étoit possible quelque teinture de l’Espagnol qui se parle maintenant dans une partie du territoire soumis aux Etats-Unis. Je crois à Charles quelques dispositions, de la bonne volonté et le degré de sensibilité nécessaire pour qu’un maître puisse exciter son esprit en parlant à son cœur. Mais c’est à vous, Monsieur, beaucoup mieux qu’à moi, à juger de tout cela. Mon fils passera deux ans au moins à Yverdon, après quoi il devra s’appliquer à ce qu’exigera la profession qu’il aura choisie; cette époque décidera vraisemblablement du sort de sa vie entière, et c’est à ce sujet, Monsieur, que je reclame le secours de vos lumières et de votre expérience. Comme on ne fait bien en général que ce à quoi l’on est propre je désirerois que d’ici à six mois (terme que je suppose suffisant pour cette épreuve) vous voulussiez bien me dire à qu’elle partie vous croyez qu’il soit le plus propre soit à quelqu’unes des professions savantes, soit au Commerce, aux arts soit libéraux soit même mécaniques: c’est sur l’habitude que vous avez d’étudier et de pénetrer la tournure d’esprit et les dispositions des jeunes gens que je m’en repose pour la solution de ce problême moral, solution d’autant plus importante pour Charles qu’il ne doit attendre sa fortune et son bonheur que de lui-même, une bonne éducation est son seul patrimoine; il faut qu’il se le répéte et qu’il

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travaille en conséquence. Vous m’obligerez aussi de me faire l’honneur de m’écrire de temps à autre pour m’instruire de ses progrès et de sa conduite. Fulvar Skipwith. J’ajouterai quelques mots à la lettre de M[onsieur] Skipwith Monsieur pour vous recommander son fils à qui je crois rendre un service en contribuant à lui procurer tous les avantages attachés à votre Institution. Veuillez le recevoir comme le fils d’un de mes amis et le traiter en père. J’aurai l’honneur de correspondre avec vous pour ce qui est rélatif à sa pension qui sera acquitée par M[essieurs] Mallet frères de Paris et c’est pour moi que je vous prie de donner à M[onsieur] Skipwith les informations que vous jugerez nécessaires. J’ai l’honneur de vous saluer. Wm. Maclure

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 10–11a, S. 17–20 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 26 Z. 36 Z. 52

moi soit libéraux M[essieurs]: eigentlich MM. Sacherklärung I.

Fulwar Skipwith (1765–1839) aus Dinwiddie County (Virginia, USA) ist Diplomat und Politiker. Während der Amerikanischen Revolution (1775–1783) in die Armee eingetreten, wird er US-Konsul auf Martinique, dann Mitglied der amerikanischen Delegation in Frankreich (1791–1795) und schliesslich US-Generalkonsul ebenda. 1809 zieht er nach West Florida, wo er Mitglied der ersten Judikative und erster und gleichzeitig letzter Präsident der kurzlebigen Republik West Florida (23. September bis 27. Oktober 1810) wird. Zudem ist er Mitglied des Senates von Louisiana. Skipwiths private Umstände sind diffus: Gesichert ist, dass zwischen 1807 und 1811 ein Charles Skipwith (⇒ Z. 9) aus den USA Pestalozzis Schule in Yverdon besuchte. Über die Eheverhältnisse sowie die Anzahl möglicher weitere Kinder lassen sich aufgrund divergenter Aussagen in den wenigen Quellen keine sicheren Aussagen machen: Es scheint, dass Skipwith eine Verbindung zu einer Frau Vandenclooster/Van den Clooster, wahrscheinlich einer Flämin, eingegangen ist. Dabei bringen die Quellen aber gleich zwei Schwestern ins Spiel, eine Thereze Josephine, welche die Mutter der gemeinsamen Kinder Lelia/Leila

263 (1804–1844), George Grey (nach 1800–1859), Evalina (*nach 1800) sein soll und eine Evelina Barlie oder Barbie (1767–1800), welche die Mutter seines Sohnes Archibald (1784–1841) gewesen sein soll. Es ist anzunehmen, dass Skipwith nach dem Tod von Evalina deren Schwester geheiratet hat. Sein Sohn Charles, welcher bei Pestalozzi war, ist dagegen nicht erwähnt. Gesichert ist hingegen, dass Skipwith 1802 in Paris geheiratet hat. William Maclure (1763–1840) wird als James Maclure in Ayr (Schottland) geboren – den Namen William legt er sich später selbst zu. Sein Beruf als Kaufmann führt ihn wahrscheinlich bereits 1782 ein erstes Mal in die USA. Nach seiner Rückkehr wird er Partner in einer amerikanischen Firma; in dieser Funktion bereist er in den folgenden 15 Jahren verschiedentlich Europa. 1796 übersiedelt Maclure nach Philadelphia und erhält noch im gleichen Jahr die amerikanische Staatsbürgerschaft (Detroit). Seine erfolgreiche Geschäftstätigkeit und das Familienerbe ermöglichen ihm in den folgenden Jahren, sich auf die Erforschung der Mineralogie und Geologie zu konzentrieren. 1799 wird er Mitglied der American Philosophical Society, ab 1812 auch der Academy of Natural Sciences in Philadelphia, deren Präsidium er auch übernimmt (1817–1840). Auf extensiven Europareisen (1801–1808, 1809–1815, 1818–1825) betreibt er einerseits geologische Studien und besucht andererseits verschiedene Pädagogen. Überzeugt von Pestalozzis Methode versucht Maclure diese durch Schulgründungen zu befördern. Er eröffnet 1809 eine Schule unter der Leitung Franz Joseph Nikolaus Näfs (1770–1854, ⇒ Nr. 641) in der Nähe von Philadelphia und unterhält eine weitere in seiner Pariser Residenz (die er allerdings 1825 aufgibt). 1820 erwirbt er in der Nähe von Alicante (Spanien) zehntausend Morgen konfisziertes Land und saniert die darauf befindlichen vormals kirchlichen Güter mit dem Ziel, eine Industrieschule zu gründen. Das Projekt scheitert infolge des politischen Umsturzes, der das liberale Regime beseitigt (1823) und die Kirche wieder mächtig werden lässt. In der Folge unterstützt Maclure 1824/25 Robert Owen (1771–1858) massgeblich bei der Gründung der frühsozialistischen Produktionsgemeinschaft New Harmony (Indiana) und zeichnet weitgehend verantwortlich für die Rekrutierung des wissenschaftlichen und erzieherischen Personals; drei seiner zuvor in Paris, dann in Philadelphia tätigen Lehrer folgen seinem Ruf: Näf, Marie Duclos Fretageot (1783–1833) und William Phiquepal d’Arusmont (1779–1855). Der Versuch scheitert 1827, New Harmony bleibt aber aufgrund der damit verbundenen publizistisch tätigen Wissenschaftler ein Ort mit wissenschaftlicher Ausstrahlung. 1838 gründet Maclure dort schliesslich das Workingmen’s Institute, eine Bibliothek, welche die Bildung der Arbeiterschaft zum Ziel hat. William Maclure stirbt 1840 unverheiratet und kinderlos. III. Z. 9

Z. 52

mon fils: Charles Skipwith könnte möglicherweise mit Archibald Skipwith identisch sein und wäre dann ein Sohn aus erster Ehe. Diese These kann in den Akten aber nicht nachgewiesen werden. M[essieurs] Mallet frères de Paris: Gemeint ist das Pariser Bankhaus unter der Leitung der Gründerenkel Guillaume Mallet (1747–1826) und [Issac] Jean-Jacques Mallet (1763–1815) und deren Cousin väterlicherseits, Jacques Torras, welches seit 1792 unter dem Namen Mallet Frères &Cie. geführt wurde.

264 879. Johannes Schulthess 18. Juli 1807 Zurich den 18ten Juli 1807. 5

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Verehrenswürdiger Herr! Immer wollte ich eine ungestörte Musse erwarten, um Ihnen recht ausführlich und nach Herzenslust zu sagen und zu melden, was von den hiesigen Schulgelegenheiten Sie intressiren möchte. Allein diese Musse flieht immer vor mir, und ich kan u[nd] darf es nicht länger anstehen lassen, das wenigstens im Kleinen zu thun, was ich so gern im Grossen thäte. – Zuerst meinen warmen Dank für alles, was in Ihrem Institute zur Bildung des Simmlers gethan worden ist! Denn wie ich finde, ist alles an ihm gethan worden, was seine Empfänglichkeit erlaubte, u[nd] ich zweifle nicht, er wird ein brauchbares Werkzeug seyn, um die Methode bey uns besser bekannt u[nd] herrschender zu machen. Für ein Mahl haben seine Besorger gut gefunden, ihn H[errn] Pfarrer Hug zu Thalwil als Hauslehrer zu überlassen, der ihn nicht nur für seine Familie, sondern auch für seine Dorfschule benutzen will, die nur eben nach der Lehrart unserer Normalschule umgeschaffen wird. An diesem Orte kann nur Simmler mehr ausreifen, u[nd] ist intellektuell wie moralisch wohl aufgehoben, da H[err] Hug ein aufgeklärter, die Litteratur, besonders auch die pädagogische, liebender, mittheilender Mann von guter Lebensart u[nd] gefälligen Sitten ist; auch hat er so noch keine Nahrungssorgen bey freyer Kost, Herberg, u[nd] 240. Fr[anken] Gehalt. In ein paar Jahren ist ein Elementarschuldienst in der Stadt ihm gewiss. Den Erfolg der letzjährigen Bemühungen zur Verbesserung der Landschulen werde Sie am besten aus den Beylagen entnehmen, der allerdings die Erwartung der Freunde selbst übertroffen u[nd] die Feinde beschämt hat. – Mit neuen Kräften u[nd] neuem Muthe wird das Institut for[t]gesetzt, u[nd] die Regierung sieht immer mehr ihre Verbindlichkeit ein, das wohl angefangene Werk zu befördern u[nd] nicht auf halbem Wege stehen zu bleiben, oder durch Gleichgültigkeit blinder Vorurtheile, Eigendünkel u[nd] Eigennutz der Ortsbehörden u[nd] der Volkshefen die die Ausführung hemmen zu lassen. – Man nöthigt einmal die Gemeinden, für eigene Schulstuben zu sorgen, man macht die Pfarrer u[nd] Stillstände für jede Hintertreibung der verbesserten Lehrart verantwortlich, man schliesst, niemand soll mehr als Prätendent einer Schulmeisterwahl zugelassen werden, der nicht bey

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einem anerkannten Meister oder in einer bewahrten Anstalt zu dem Schulberuf gebildet worden. Mit diesen Früchten u[nd] Aussichten des pädagogischen Feldes im Canton Zürich werden Sie hoffentlich vergleichungsweise zufrieden seyn; es sind wenigstens auch Lebenszeichen u[nd] wenn nur kleine Schritte zu dem freylich unermesslich weit entfernten Ideal. Neben dem Normal Institute selbst bemühe ich mich gegenwärtig am meisten Hülfsmittel des Unterrichts für Lehrer u[nd] Schüler zu Stande zu bringen. Zum Behufe des Elementarunterrichts in den Zahlen-Verhältnissen, u[nd] um die Methode allgemeiner beliebt zu machen, ist für unsere Schullehrer, die darin nicht mehr als 30. Lectionen empfangen können, u[nd] doch von allen 8 Übungen der Einheitstafel einen Begriff davon tragen sollen, ein Subsidium nöthig vermittels dessen sie nachher besonders die praktische Anwendung in Handel u[nd] Wandel für sich erlernen u[nd] treiben u[nd] den Übergang zum schriftlichen Rechnen finden u[nd] zeigen könnten. Erst dann wird das Volk, das fürs Materielle Sinn hat, – doch was sage ich? das Volk; die Majorität seiner Vorsteher u[nd] Führer – diesem Theile des Unterrichts vollen Beyfall schenken, u[nd] den formalen Nutzen unvermerkt mitnehmen. Ich habe von dem wackern Dändliker zu Stäfa ein solches Subsidium machen lassen; u[nd] Herr Zeller fing an, dasselbe ordnen. S c h u l t h e s s . Prof.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 39–39a, S. 72–73 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 11 Z. 15 Z. 17f. Z. 30 Z. 40 Z. 44f. Z. 52 Z. 61 Z. 62

warmen brauchbares als Hauslehrer Mit zuge∫lassen zufrie∫den Schullehrer formalen Dändliker

266 Sacherklärung I. Johannes Schulthess (1763–1836) ⇒ Nr. 788 II. Johannes Schulthess (1763–1836, ⇒ Nr. 788) hatte im September 1805 als Mitglied des Zürcher Erziehungsrats (⇒ Nr. 1218) beantragt, zur Verbesserung des Schulwesens Lehrer als Zöglinge nach Yverdon zu schicken (⇒ Nr. 788). Johann Georg Simmler (1787–1867, ⇒ Nr. 788) wurde vom Zürcher Stadtrat ausgewählt und mit einem Stipendium unterstützt. III. Z. 12 Z. 16f.

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Simmlers: Johann Georg Simmler (1787–1867) ⇒ Nr. 788 seine Besorger: Johann Georg Simmler (1787–1867, ⇒ Nr. 788) war zwischen 1795 und 1803 Zögling des Zürcher Waisenhauses. Da der Begriff «Besorger» synonym zu «Pfleger» verwendet wurde, ist anzunehmen, dass mit Besorger in diesem Fall die im Juli 1803 konstituierte und nun von der «Armencommission» getrennte «Waisenhauspflege» gemeint ist. Diese Kommission bestand aus ca. 8–10 weltlichen und geistlichen Mitgliedern und hatte die «Besorgung der Waisen» (Entscheide über Aufnahme und Entlassung der Zöglinge) zur Aufgabe. Pfarrer Hug: Jakob Christoph Hug (1776–1855) studierte Theologie und war 1798 bis 1807 Pfarrer in Thalwil (Kt. Zürich). 1807 wurde er Mitinhaber der Nägelischen Musikhandlung in Zürich und amtete daneben noch als Katechet in Wiedikon (heute Teil der Stadt Zürich). 1818 trennten sich Hug und Hans Georg Nägeli (1773–1836, ⇒ Nr. 998) im Streit voneinander, die Musikalienhandlung nannte sich nun Gebrüder Hug. 1828 übergab Hug das Geschäft seinem Sohn Jakob Christoph Hug (1801–1852) und amtete bis zu seinem Tod wieder als Pfarrer in Wetzikon (Kt. Zürich). Beylagen: Dabei dürfte es sich wohl um Briefe handeln, die von Johannes Schulthess (1763–1836, ⇒ Nr. 788) in seiner Funktion als Aktuar des Erziehungsrates (⇒ Nr. 1218) und der für die Beurteilung der Lehrerkurse verordneten Aufsichtskommission, aber auch als Besorger des SchullehrerInstituts «Riedtli» (⇒ Z. 31) verfasst wurden. Adressaten waren die Schulinspektoren des Kantons, Pfarrämter der Gemeinden aus denen Schulmänner an den Sommerkursen teilgenommen hatten, der Amtsbürgermeister und andere «hochgeachtete Herren und Obere». Inhaltlich enthielten diese Briefe Informationen über die Wirkungen und den Erfolg der ersten Sommer-Unterrichtskurse für Landlehrer, die 1806 auf dem Gut «Riedtli» abgehalten wurden (vgl. StA Zürich, U 69a/2). Institut: Das von 1806–1808 bestehende Normalinstitut (Riedtli) war als Weiterbildung für die Landschullehrer auf der Zürcher Landschaft konzipiert. Jeweils im Sommer wurden auf dem Riedtli im heutigen ZürichUnterstrass drei je einmonatige Kurse durchgeführt. An den Kursen, in denen Choralgesang, Schuldisziplin und insbesondere der Erwerb von Methodiken im Lesen, Rechnen und Schreiben und der Methodik des Frontalunterichts gelehrt wurde, nahmen ca. 270 Lehrkräfte teil. Lit.: Luca Godenzi: Das erste staatliche Lehrerweiterbildungsinstitut im Kanton Zürich 1806–1808: Eine erfolgreiche Kurzgeschichte. In: Michael Göhlich/Caroline Hopf/Daniel Tröhler (Hrsg.): Persistenz und Verschwin-

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den. Pädagogische Organisationen im historischen Kontext. Wiesbaden 2008, S. 227–235 Volkshefen: Hier liegt möglicherweise ein Abschreibfehler vor. Denkbar ist, dass in der Vorlage «Volkshilf» stand, was eine bewaffnete Schar oder Mannschaft bedeutet. Stillstände: Kirchenpfleger Normal Institute: ⇒ Z. 31 Einheitstafel: Johannes Schulthess (Hrsg.): Leitfaden zum Kopfrechnen nach der Pestalozzischen Einheitstafel, und zur Anwendung desselben auf Handel und Wandel, wie auch zum Zifferrechnen. Zürich 1808 Subsidium: Unterstützung (lat.) Dändliker: Johann Jakob Dändliker (1780–1859), geboren im Riet bei Stäfa (Kt. Zürich), war nach dem Tod des Vaters früh in die Bewirtschaftung des elterlichen Bauernguts eingebunden. Seine Bildung erwarb er sich über einen dreijährigen Besuch einer Abendschule und über Privatstunden. Dändliker, der 15jährig als Schulmeister zugelassen wurde, unterrichtete 1795–1798 in Uerikon und 1798–1800 in Uetikon (beide Kt. Zürich). Nach mehrwöchigem Aufenthalt bei Pestalozzi in Burgdorf gründete er 1803 in Kirchbühl-Stäfa (Kt. Zürich) eine Privatschule, die ein Jahr später in die öffentliche Dorfschule integriert wurde. Über seine Lehrertätigkeit hinaus engagierte er sich für das zürcherische Schulwesen, ab 1809 auch als Lehrerbildner, als Verfasser von Lehrmitteln (Deutsche Sprachlehre für Volksschulen, 1833) und 1831–1833 als Erziehungsratsmitglied des Kantons Zürich. Dändliker trat 1848 vom Schuldienst zurück. Zeller: Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656

880. Gottlieb Konrad Pfeffel 21. Juli 1807 5

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Es war vor zehn Jahren, mein theurer alter Freund! dass Sie mir in Arau die Grundideen ihres grossen Planes mitteilten. Ganz konnte ich ihn nicht durchschauen; ich sah aber doch die Lichtstrahlen, die daraus hervor blitzten, und als ich zu Hause mehr darüber nachdachte, wurde der Plan und der Urheber desselben mir um desto schätzbarer, da hier von keiner einseitigen Verbesserung im Erziehungsfache, von keiner Wohlthat die Rede war, an der blos die gebildetern Klassen der Gesellschaft Teil nehmen konnten, sondern von einer allumfassenden Reform, die zunächst dem grossen Haufen zu Gute kommen sollte. Aber eben deswegen stiessen mir oft Zweifel auf, nicht gegen den innern Gehalt, sondern gegen die Ausführbarkeit Ihres Plans, weil ich nur allzuoft Gelegenheit gehabt zu bemerken, wie wenig man sich auch da, wo die Erziehungsanstalten bis zur Ungebühr vervielfältigt sind, um den gemeinen Mann, das ist, um die neun Zehntheile der Bewohner

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unser kultivirten Reiche bekümmert. Ihre Beharrlichkeit, mein theurer Freund, hat endlich gesiegt, und ich habe Ihnen seit einigen Jahren, mehr als einmal Beyfall und Seegen zugenickt. Ich habe manches über Ihre Lehranstalt gelesen, manches erzählen gehört, allein ich glaube mit unserm Freund M ä d e r , dass der kürzeste und einzig sichere Weg, die Unglaubigen und Trägherzigen zu gewinnen, nicht in Demonstrationen, so bündig sie auch immer seyn mögen, sondern in evidenten Thatbeweisen bestehen, gegen welche weder der Unwissenheit noch der Schikane Einwendungen übrig bleiben. Deswegen habe ich mit so vieler Freude beide Hände angeboten, als in unsrer Nacheiferungsgesellschaft die Frage war, hier einen Versuch mit Ihrer Lehrart zu machen.

Überlieferung 1

Wochenschrift für Menschenbildung (1807), Bd. 1, S. 112 Textkritik

Zeuge a Sacherklärung I. Gottlieb Konrad Pfeffel (1736–1809) ⇒ Nr. 257 II. Abel Théodore Guillaume Mäder (1765–1834, ⇒ Nr. 910) hatte zuerst nur regelmässig Kinder aus Mulhouse zur Ausbildung nach Yverdon geschickt. Im Herbst 1807 (⇒ Nr. 910) begann er auch selbst zu unterrichten, anfänglich an den Particularschulen. Mit der Re-Etablierung der protestantischen Kirchenschulen ein Jahr später ergab sich die Möglichkeit, die Methode breiter zu etablieren (⇒ Nr. 1015). Schon im Vorfeld dieser Veränderungen hatte sich Mäder mit Gottlieb Konrad Pfeffel (1736–1809, ⇒ Nr. 257) beraten, der sich schon seit längerem für die Wiedereinsetzung protestantischer Schulen engagiert hatte. Lit.: Philippe Mieg: L’influence pédagogique de Pestalozzi à Mulhouse. In: Bulletin du Musée historique Mulhouse 72(1964), S. 107–146 III. Z. 23

M ä d e r : Abel Théodore Guillaume Mäder (1765–1834) ⇒ Nr. 910

269 881. Juan/Jean Andujar (?) Ende Juli 1807 5

[Reg.] Andujar teilt Pestalozzi mit, dass er «Votre Excellence» Bücher und Schriften von sich schicken könne.

Überlieferung 1

PSB V, S. 265.28f. Sacherklärung I.

Juan/Jean Andujar ist Geistlicher und Hauslehrer bei den Söhnen von Diego López, Herzog von Frias (1754–1811, ⇒ Nr. 840), Sekretär der Société Cantabrique (⇒ Nr. 840) und Ehrenmitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Erziehung (⇒ Nr. 1012). Im August 1811 wird er zudem in die Helvetische Gesellschaft für Jugendbildung aufgenommen (Forschungsbibliothek Pestalozzianum Zürich, D III, 1). Zwischen 1808 und 1818 lebt er in Paris und Bordeaux. II. Ob dieser nicht erhaltene Brief tatsächlich von Juan/Jean Andujar (⇒ Sacherklärung I.) verfasst worden ist, ist unklar. Die Absenderzuschreibung folgt hier der Kritischen Ausgabe. III. Z. 4

Votre Excellence: Joseph Bentura de Caamaño Gayoso Arias Varela et Mendoza (1735–1815) ⇒ Nr. 852

882. Manuel de Godoy 28. Juli 1807 Señor Don Enrique Pestalozzi 5

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Madrid 28 de Julio de 1807. He recibido con mucho gusto la carta de V[uestra] m[er]c[ed] de 1° de este mes, y ha reproducido su lectura en mi corazon los mismos sentimientos que el nombre benefico de Pestalozzi y su objeto predilecto habian estimulado varias veces. La infancia ha inspirado siempre interès y ternura, y ha contribuido á dulcificar mis sinsabores y à aliviar mis cuidados; pero la infancia Pestalozziana me ha hecho gozar de unos momentos y ha excitado en mi una admi-

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racion y una sensibilidas, que solo pueden explicarse por lo que me han hecho executar. Yo he visto siempre á estos jovenes precoces en torno de mi con el mayor contento. Yo he recibido los sentimientos agradecidos de sus padres y aun de ellos mismos con un placer infinito. Yo he conducido à tres Pestalozzianos hasta la presencia de los Reyes y han dado pruebas incontextables de sus asombrosos adelantarmientos, y de la excelencia del nuevo metodo. En fin tiene Pestalozzi la gloria de que sus tablas adornen el gabinete de un Ynfante de España, y de que se esté educando ya por los principios filosoficos, solidisimos y sublimes del Redentor de la niñez. Todo esto he hecho à favor del nuevo metodo y de la fama de su respetable autor, y aun no está satisfecho mi corazon, pues desea nuevas ocasiones en que acreditar su constan cia y su aprecio. El Real Ynstituto militar Pestalozziano de Madrid ha tenido sus emulos, como los tiene siempre pas establecimiento nuevo y util, y el metodo sus contrarios, pues el numero de los ignorantes y prescupados es siempre mayor que el de los sabios, pero no se han atrevido á respirar; no han hallado razones para impugnar el nuevo sistema, y ninguno ha sabido á contrariarlo. La Comision de Observadores ha concluido su informe; es imparcial, es propio de la ilustracion de los miembros que la componian y digno de Pestalozzi. Este bienhechor de la humanidad puede tener el consuelo de que en España se hace justicia á su verdadero me rito, y estar seguro de que el Principe de la Paz le ama y amará mientras viva, tanto como apre cia sus virtudes y el hermoso y sazonado fruto de sus meditaciones. Principe de la Paz

Madrid ce 28 Juillet 1807.

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J’ai reçu avec beaucoup de plaisir votre lettre du 1er de ce mois, et sa lecture a produit dans mon cœur les mêmes sentimens que le nom du bienfaisant Pestalozzi et son objet cheri y ont excité plusieurs fois. L’enfance m’a toujours inspiré de l’interêt et de la tendresse et a contribue à adoucir mes peines, et à soulager mes Soins; mais l’enfance Pestalozzienne m’a fait jouir de tels momens et a excité en moi une telle admiration et sensibilité qu’on ne peut les exprimer que par ce que j’ai fait en faveur de la methode. J’ai toujours vu ces enfans precoces autour de moi avec la plus grande joie. J’ai reçu les sentimens de reconnaisance de leurs parens, ainsi que d’eux mêmes, avec un plaisir inexprimable. J’ai presenté de-

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vant Leurs M[ajesté] trois jeunes Pestalozziens, qu’y ont donné de preuves incontestables de leurs etonnans progrès et de l’excellence de la nouvelle methode. En fin, les tables de Pestalozzi font dejà l’ornement du cabinet d’un Ynfant d’Espagne, le quel est elevé dans les principes philosophiques, solides et sublimes du Regenerateur de l’enfance. Malgré tout ce que j’ai fait en faveur de la nouvelle methode et de la renommée de son respectable auteur, mon cœur n’est pas encore satisfait, et il souhaite de nouvelles occasions pour montrer sa constance et son estime. Le Royal Institut militaire Pestalozzien à Madrid a en ses emules et la methode ses adversaires, comme les ont toujours tous les etablissemens nouveaux et utiles, car le nombre des ignorans est toujours superieur à celui des Sçavans; mais ils n’ont pas osé lever la tête; ils n’ont pas trouvé des raisons pour attaquer le nouveau systeme, et personne s’est montré sur l’arenne pour le combattre. La Commision des observateurs a donné son dernier rapport; il est impartial, il est digne de l’illustration des membres qui l’ont composeé, ainsi que de la gloire de Pestalozzi. Ce bienfaiteur du genre humain doit avoir la consolation de savoir qu’en Espagne on rend justice á son vrai merite, et il peut être assuré que le Prince de la Paix l’aime, et l’aimera toute sa vie, autant qu’il fait apprecier ses vertus et le beau et parfait fruit de ses meditations. Le Prince de la Paz

Überlieferung 1 2 3 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 1470, Abt. I/6 Bogen, 300x213 mm Brief ist zweispaltig spanisch – französisch geschrieben Datum und Adresse am Schluss, eigenhändige Unterschrift, Dorsualvermerk Madrid 28e Juillet 1807. Le Prince de la Paz, 21e août Original Textkritik

Zeuge H Sacherklärung I. Manuel de Godoy (1767–1851) ⇒ Nr. 854 II. ⇒

Nr. 872

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Z. 17

Z. 18 Z. 21

Z. 27

la carta: Der Brief selber ist nicht erhalten, nur der Brief an Joseph Bentura de Caamaño Gayoso Arias Varela et Mendoza (1735–1815, ⇒ Nr. 852), der den Brief Pestalozzis weiterleiten sollte (PSB V, Nr. 1290). tres Pestalozzianos: Die Namen sind nicht überliefert. Acht Tage zuvor war bereits ein Schüler, Georg Burgermeister, den [Franz] Joseph Stephan Voitel (1773–1839, ⇒ Nr. 895) aus Tarragona mitgebracht hatte, erfolgreich geprüft worden. los Reyes: Karl IV., König von Spanien (1748–1819) ⇒ Nr. 860 Ynfante de España: Francisco Antonio de Paula de Borbón (1794–1865), Herzog von Cádiz, war der jüngste Sohn des spanischen Königs Karl IV. (1748–1819, ⇒ Nr. 860) und wurde von Francisco Amorós y Ondeano (1767–1848, ⇒ Nr. 892) erzogen. 1819 heiratete er Luisa Carlota von Neapel-Sizilien (1804–1844), eine Cousine zweiten Grades. El Real Ynstituto militar Pestalozziano: Nachdem die privat organisierten pestalozzianischen Regimentsschulen [Franz] Joseph Stephan Voitels (1773–1839, ⇒ Nr. 895) – unter der Leitung Ludwig von Wimpfen (1765– 1831) – in Tarragona und des vom Cantabrischen Teils der Gesellschaft der Freunde des Vaterlandes (⇒ Nr. 840) ins Leben gerufenen Schulversuches unter Johannes Paul Döbeli (1755–1843, ⇒ Nr. 883) in Santander (Kantabrien) durch staatliche Kommissionen untersucht worden waren, wurde am 4. November 1806 mit dem Real Ynstituto militar Pestalozziano ein königlich autorisierter einjähriger Schulversuch – mit Aussicht auf Verlängerung bei Erfolg – initiiert. In der ersten Phase stand das Real Instituto militar Pestalozziano unter der Leitung Voitels. Am 7. August 1807 wurde die Leitung aufgrund eines Beschlusses Manuel de Godoys (1767–1851, ⇒ Nr. 854) auf Francisco Amorós y Ondeano (1767–1848, ⇒ Nr. 892) übertragen, der seit Beginn des Jahres für die Erziehung des Infanten Francisco de Paula de Borbón (1794–1865, ⇒ Z. 21) verantwortlich war. Die Finanznot veranlasste den König schliesslich, das Institut am 18. Januar 1808 zu schliessen.

883. Johannes Paul Döbeli 28. Juli 1807 5

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A Monsieur Monsieur Pestalozzi Instituteur. à Yverdun en Suisse. Par Bayone et Lyon. – Santander den 28 Juli 1807. Theüer lieber Papa Pestalozzi!

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Noch wirklich ist es mir unmöglich ihre Abwesenheit zu verdauen, die mich so bitterlich gezwungen hatte ohne Abschieds Kuss von Yverdun abzureisen. Wie gern’ hätte ich mit Ihnen gesprochen! von vielem gemeldet und gefragt, das sich nit schreiben lässt! … Meine reise ist glücklich gemacht worden; alles ist, Gott Lob, gesund. Schmid und andere 2 arbeithen braf, man ist mit Ihnen zufrieden. Aber Herr Direktor ist nach einigen Tagen meiner Ankunft fast bis zum sterben kranck gefallen. Nun gehts wieder besser, aber noch ohne Hoffnung wieder recht hergestelt zu werden. In der Methode habe [ich] wieder frisch in die Hände gespeüzt, es geht wieder braf. Auch H[err] Voitel arbeithet wacker und ist glücklich. Der 3te Königssohn hat auch angefangen die Methode zu lernen. Gläublich wird diese in allen Universitäten eingeführt werden. Ihr Portret habe ich dem Friedensfürst direkte zu geschickt. Herr Voitel hatte es verlangt; aber es war schon zu späth. In der Landwirtschaft ist bis her noch nichts als einige Vorbereithung gemacht worden. Das Colegi hat 45 Jucharten ungebautes Lands übernommen. Wenns mit Engelland Friede wird, so wird Schulund Landinstit[ut] gewiss bald in guten Stand kommen. Geben Sie mir bald gute Berichte von Ihnen und ihren Fortschritten; auch ob in unserm Argaü bald was möge angefangen werde[n]. Ich bin wieder aufs neü ihr Schuldner geworden, mein Bruder wird Aufträge bekommen fürs Hemte, Jurnal und was immer seyn mag mit Ihnen abzuschaffen. Grüssen Sie mir alle Herrn Lehrer und Lehrerinnen, Freünde und Bekante; alle recht herzlich. Geharre mit wahrer Freündschafts Liebe ihr alter Döbely Schmid sagte mir dass Er seinem H[errn] Bruder schreiben würde; weil es nit geschen ist, so möchte Er sich mit einem Gruss begnügen.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 50/51, Umschlag 63/1 Bogen, 212x151 mm Stempel ESPAGNE PAR BAYONNE SANTANDER MONTAÑA, Siegelspuren Original Textkritik

Zeuge H

274 Z. 11 Z. 12 Z. 23 Z. 25 Z. 26 Z. 27 Z. 29 Z. 31 Z. 31 Z. 35

Santander: lateinische Schrift Papa Pestalozzi: lateinische Schrift Voitel: lateinische Schrift Universitäten: lateinische Schrift Portret: lateinische Schrift Voitel: lateinische Schrift Colegi: lateinische Schrift Siegelausriss in∫ Jurnal: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Johannes Paul Döbeli (1755–1843) von Sarmenstorf (Kt. Aargau) betreut nach der Ordination 1780 die Kaplaneien in Grandson (Kt. Waadt) und Sarmenstorf, anschliessend begibt er sich als Feldprediger eines Schweizerregiments nach Spanien. 1794 bewirbt er sich für die heimatliche Kaplaneistelle, die er 1796 antritt. Im Verlauf einer längeren Urlaubsreise besucht Döbeli 1802 das Pestalozzi-Institut in Burgdorf, wo er katholische Religion unterrichtet und sich mit der Methode vertraut macht. 1803 kehrt Döbeli nach Spanien zurück. Von der Société Cantabrique (⇒ Nr. 840) gefördert, führt er kurzzeitig eine pestalozzische Probeschule in Madrid, ab Herbst 1805 leitet er in Santander (Kantabrien) ein Lehrerseminar, deren Abgänger die Methode verbreiten sollten. Nach der Schliessung des Seminars um 1808 ist Döbeli wieder als Feldprediger tätig. 1811 kehrt er in die Schweiz zurück, ein Jahr später wird er Stiftskaplan am Kollegienstift St. Urs und Victor in Solothurn. III. Z. 18

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Schmid: Welcher Schmid zusammen mit Johannes Paul Döbeli (1755–1843, ⇒ Sacherklärung I.) in Santander wirkte, lässt sich nicht eruieren. Ausgeschlossen werden können Joseph Schmid (1785–1851, ⇒ Nr. 712), der sich im Sommer 1807 in Yverdon aufhielt, und dessen Bruder Johann Michael (1788–1807, ⇒ Nr. 739), der im Frühjahr 1807 in Deutschland verstarb. Dass allenfalls ein weiterer Bruder Joseph Schmids, Johann Kaspar (*1787), in Spanien tätig war, ist mangels weiterer Informationen zum Lehrpersonal in Santander weder auszuschliessen noch zu belegen. andere 2: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. Möglicherweise handelt es sich um Juan de Dios Gil y Lara, welcher ein Jahr zuvor anlässlich der öffentlichen Prüfung zwischen dem 29. September und dem 3. Oktober 1806 das Können der Schüler demonstrierte und um Torquato Torio de la Riba (1759–1820), dessen «Musterschrift» anlässlich der Prüfung gefolgt wurde. Allerdings ist ebenfalls unklar, ob diese nicht externe Prüfungsexperten waren (vgl. Heinrich Morf: Pestalozzi in Spanien. In: Friedrich Dittes (Hrsg): Paedagogium 1879, S. 292f.). Herr Direktor: Luis Arguedas, ehemaliger Kapitän der königlichen spanischen Flotte, Ritter von Santiago und Intendant von Guatemala in Madrid, war seit dem 15. April 1805 Direktor der Unterrichtsanstalt in Santander. gespeüzt: gespuckt (mdl.) H[err] Voitel: [Franz] Joseph Stephan Voitel (1773–1839) ⇒ Nr. 895

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Z. 33 Z. 34f.

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3te Königssohn: Francisco Antonio de Paula de Borbón, Infant von Spanien (1794–1865) ⇒ Nr. 882 Friedensfürst: Manuel de Godoy (1767–1851) ⇒ Nr. 854 Colegi: Aus Platzgründen zog das colegio (Lehrerseminar) der Sociedad Cantabrica (⇒ Nr. 840), das Real Seminario Cantabrica, 1806 von Comillas nach Santander um. Jucharten: Eine Juchart entspricht in der Regel der Grösse eines in einem Tag gepflügten Stücks Ackerland. Engelland Friede wird: Vermutlich hoffte Johannes Paul Döbeli (1755–1843, ⇒ Sacherklärung I.) auf einen ähnlichen Friedensschluss Frankreichs mit England wie er mit Preussen und Russland im Frieden von Tilsit am 7. und 9. Juli 1807 besiegelt wurde. Doch diese Hoffnung trog, denn französische Truppen marschierten 1807/08 in Spanien und Portugal ein, um die Kontinentalsperre auch auf das von England unterstützte Portugal auszudehnen. Erst der von englischen Truppen unterstützte spanische Aufstand gegen Napoleon I. Bonaparte (1769–1821, ⇒ Nr. 580) im Frühjahr 1808 markierte einen Wendepunkt in der imperialen Ausdehnung Frankreichs. Argaü: Damit sind die Initiativen Pestalozzis gemeint, in den Kanton Aargau zurückzukehren (⇒ Nr. 865, Nr. 868). mein Bruder: Welcher von den fünf Brüdern Döbelis – Anton Paul (*1757), Johann Joseph (1764–1854), Johann Jakob (1766–1844), Johann Xaver (1768– 1845) oder Johann Joseph (1780–1808) – hier gemeint ist, bleibt unklar. Hemte: Hemden (mdl.) Jurnal: Wochenschrift für Menschenbildung (1807–1811) H[errn] Bruder: Es ist unklar, wer hier gemeint ist (⇒ Z. 18).

884. Société économique de Valencia Sommer 1807 5

[Reg.] Durch die Vermittlung des Fürsten von Masserane wird Pestalozzi zum Mitglied der Real Sociedad Económica de Amigos del País de Valencia ernannt.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 13.16f. Sacherklärung I.

Die Real Sociedad Económica de Amigos del País de Valencia (Société économique de Valencia) wurde 1776 nach dem Madrider Vorbild (1775) gegründet, zu einer Zeit, als sich in ganz Spanien gleichartige, aufgeklärte ökonomische Gesellschaften zu verbreiten begannen. Sie war in sieben Kommissionen gegliedert: economía, agricultura, artes y oficios, escuelas patrióticas, fabricas y manufacturas, comercio, navegación y marinería.

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Fürst von Masserane: Carlo Sebastiano Ferrero-Fieschi (1760–1826), principe di Masserano gehörte als Grand d’Espagne zum höchsten spanischen Adel. Er war Ritter des Ordens vom Goldenen Fliess.

885. Johannes Hanhart Sommer 1807 5

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Erinnerung verflossner Stunden. An meine Freunde in Yverten. 1 Kennst du den Ort, wo reges Leben wohnt; Wo frühe Wirksamkeit des Geistes thront, Und guter Kinder zarte Blüthen schmückt, Wo dich ihr hoher Anblick hoch entzückt Kennst du ihn wohl? dahin! dahin! Zu Euch möcht ich dem Weltgewühl entfliehen. 2 Kennst du den Mann? (für Brüder glüht sein Herz) Theilst du mit ihm der Menschheit Wohl und Schmerz? Hab dich sein Geist zu höherm Schwung empor? Lauscht seinem Wort dein wonnetrunken Ohr? Kennst du ihn wohl? dahin! dahin! Zu ihm dem Edlen wird dich Sehnsucht ziehn. 3 Kennst du den Bund, den treue Freundschaft schliesst, Wo Geist und Herz in Liebe überfliesst Der Männer Bund, dem Guten nur geweiht, Für anderer Wohl zu opfern stets bereit Kennst du ihn wohl? dahin! dahin! In Eüern Kreis, Geliebte, möcht ich ziehn. 4 Kennst du den Pfad? den tiefe Stille weiht, In heilger Nacht, wenn Luna Schimmer streut, Wo Ahndung bessrer Zukunft uns umspielt, Und ganze der Freund dem Freunde sich enthüllt? Kennst du ihn wohl? dahin! dahin! Zu dir, o mein Geliebter, möcht ich ziehn. H[anhart] v[on] Wi[nterthur].

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ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 62–62a, S. 117–188 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 4 Z. 18 Z. 24 Z. 34

verflossner Wort Herz in enthüllt: eigentlich entschüllt Sacherklärung I.

Johannes Hanhart (1773–1829) ist der Sohn des Winterthurer Schulrektors Jakob Hanhart (1750–1820) und wird 1794 ordiniert. Zunächst folgt er dem Berufsweg seines Vaters und ist seit 1799 im Schuldienst tätig. Hanhart besucht mehrmals das Institut in Yverdon, setzt sich 1817 für die Zusammenlegung von Yverdon und Hofwyl, dem Institut von Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426), ein und wirbt für die Umsetzung von Pestalozzis Methode und Erziehungsziele in der Winterthurer Stadtschule. Nach seiner Ernennung zum Subdiakon in der Winterthurer Kirche St. Georgen 1816 übt er ab 1819 bis zu seinem Tod das Amt des ersten Stadtpfarrers aus. Johannes Hanhart veröffentlicht neben einigen Predigten auch einen Band Gedichte (1818). II. Da im Kopierbuch, das als Quelle des vorliegenden Briefes dient, der nachfolgende Brief mit 17. August 1807 datiert ist, dürfte dieser Brief im Sommer 1807 geschrieben worden sein. In welcher Form das Gedicht den Weg nach Yverdon gefunden hat, ist unklar. Die Anrede «An meine Freunde» weisst jedoch darauf hin, dass auch Pestalozzi zu den Angesprochenen gehört. Das Gedicht selber ist dem Gedicht «Mignon» (aus: Wilhelm Meisters Lehrjahre, 1782) von Johann Wolfgang von Goethe (1749–1831, ⇒ Nr. 811) nachempfunden. III. Z. 5

Yverten: dt. Name für Yverdon

886. Johann Balthasar Streiff Ende Juli 1807 [Reg.] Streiff ist mit den Fortschritten seines Sohnes nicht zufrieden.

278 Überlieferung 1

PSB V, S. 271.29ff. Sacherklärung I.

Johann Balthasar Streiff (1762–1828) ⇒ Nr. 876 III. Z. 4

seines Sohnes: Konrad Streiff (1794–1825) ⇒ Nr. 876

887. Unbekannt um August 1807 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB V, S. 271.4f. Sacherklärung I./II.

Wie aus dem Antwortbrief Pestalozzis deutlich wird, muss der Absender der Vater eines Zöglings sein, der Pestalozzi und seine Anstalt sehr schätzt, was er offenbar in seinen Briefen zum Ausdruck bringt. Der Absender ist zudem von «alten häuslich schweizerischen Gesinnungen», was auch für seine Frau gilt. Sie wohnen zudem in einer städtischen Umgebung.

888. Wilhelm Christian von Türk 3. August 1807 Oldenburg, 3. Aug. 1807. 5

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Freue Dich mit mir, guter Vater! mein Entschluss steht fest und ist der Ausführung nahe. Noch im Laufe dieses Mondes fordre ich meine Entlassung, werde aber wahrscheinlich doch bis zum kommenden Frühjahr hier aushalten müssen, aber im April oder spätstens im May trete ich mit Frau und Kind und Zöglingen die Reise zu Dir an, um so lange bei Dir zu bleiben, als Du es nöthig findest u[nd] als es mit meiner weiteren Bestimung, die ich von

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Dir geleitet zu sehen wünsche, vereinbarlich ist. – Da ich das wenige Vermögen, so ich hatte, in zweier Herren Diensten zugesetzt habe, so musste ich auf ein Mittel zur Subsistenz denken; dieses soll mir eine kleine Pensions-Anstalt gewähren; den Plan lege ich hier bei u[nd] bitte Dich, mir Deine Bemerkungen darüber u[nd] allenfallsige Zusäzze sobald als möglich mitzutheilen, weil er spätestens zu Ende Septembers gedruckt und versendet werden muss, nach Copenhagen, nach Petersburg, London; damit ich bis zum Frühjahr die bestimmte Anzahl Pensionaire beisammen haben könne. Meine Absicht ist, meine Zöglinge in den meisten Stunden in Dein Institut zu schicken, einige Stunden aber ihnen selbst zu geben, mich selbst aber mit der Methode in allen ihren Zweckgen so genau bekannt zu machen, dass ich die Lehrer, welche sie einst unter meiner Leitung ausüben sollen, anweisen kann. Hauptsächlich aber will ich D i c h finden, an Deinem Beyspiel mich stärken, von Deiner Kraft, von Deinem Geiste beseelt werden, um einst ganz in Deinem Eifer zu würken, so viel meine Kräfte vermögen. Auch für meine Frau, wie ehemals für mich, ist durch das Lesen Deiner Schriften durch Deine Methode, eine neue Welt aufgegangen, in der sie sich glücklicher fühlt. Jetzt lasse mich in die Geschichte der letzten 5 Wochen zurückgehen sie waren für mich sehr belehrend. – Meine Frau steht im Begriff, Mutter zu werden! Ihre Mutter wünschte, sie in der entscheidenden Periode zu pflegen – ich musste dem Willen ihrer Aeltern nachgeben u[nd] sie zu ihnen, an die Ufer der Oder nach Stolpe bei Schwedt geleiten. Ladomus reist mit uns auch diesen Freund erwarb ich bei Euch und er wird nie von mir weichen, so wie ich nie von ihm. Die Reise gieng über Bremen, Hannover nach Braunschweig. Hier besuchten wir den würdigen Pastor Lachmann u[nd] seine Industrie-Schul, eine herrliche Anstalt, von der ich Dir einmal mündlich mehr sage – ich war, als ich mich in ihr befand, die trotz des eisernen Drucks der Zeiten von ihren Vorstehern mit einer seltnen Beharrlichkeit u[nd] Aufopferung erhalten wird, so froh u[nd] doch so wehmüthig gestimmt – ich hatte in ihr gefunden, was ich längst gesucht. Wir reisten weiter durch Magdeburg, Potsdam nach Berlin. Welche Anschauungen wurden mir hier! Die Verheerungen des Krieges, die Ruinen einer schlechten Regierung, zahlloses, gränzenloses Unglück und denoch keine Besserung! Hier war es deutlich zu sehen, dass Menschen, die so erzogen werden, wie ich es in meinen Beiträgen bei Berlin nach dem Leben geschildert habe, unheilbar verdorben worden. Die Erziehung der höheren Stände zu schildern, bleibt mir noch

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vorbehalten; die Resultate ihres Unsinns sprechen sich auch hier deutlich genug aus. Ich eilte, meine gute Frau von hier weg in ihre stille, ländliche Heimath, in die Arme ihrer vortrefflichen Mutter zu führen – hier ergötzte sich mein Gemüth an der Freude des Wiedersehens und froh gestimmt, war mir jetzt der vornehme Ton in dem Hause meiner Schwieger-Aeltern, den vielleicht diese Freude und die Leiden der Zeit herabgestimmt hatten, weniger auffallend, als ehemals. – Meine Frau übernahm es, ihre Aeltern auf die Ausführung meines Vorhabens, mich dem pädagog[ischen] Fach ausschliessend zu widmen, vorzubereiten. Es ist ihr sehr gut gelungen. Da ich nur auf 4 Wochen Urlaub hatte, so musste ich meine Rückreise beschleunigen. Ich besuchte noch Salinger in Stettin, um ihn womöglich zu bereden, mir einst nach der Schweiz zu folgen. Er wird es wahrscheinlich thun. Ein Mann von seinem Vermögen (er hat es bei den franz[ösischen] Behörden zu 300’000 R[eichs]th[alern] Geld angegeben) von seinem Sinne, was könnte der würken! u[nd] wie wenig, wie unrichtig würkt er würklich! Die jezzigen Drangsale kosten ihn bereits den 3 ten Theil seines Vermögens. – Von da eilten wir zu dem edlen, herrlichen Gerling, Prediger in Ballwitz. Seine Gattinn, seine Kinder, seine kleine Welt um ihn her, alles ist so einfach u[nd] so schön – es ist ein Geist der Liebe, der hier alles belebet u[nd] dennoch trauert er, denn der gemeine Mann ist! zu tief gesunken, die höheren Stände sind zu sehr abgestumpft, zu sehr verdorben, als dass seine Liebe, seine Wärme, sein Feuer-Eyfer etwas fruchten könnte – er würde sich Dir hingeben, wie es Niederer thut, wenn er keine Familie hätte. In seinem Zimmer hängt ein schöner Christus-Kopf – ihm gegenüber Dein Bild! Er ist der einzige seit Christus, sagte er mir, der es würdig ist, ihm gegenüber zu stehen. O! könnte ich ihn einst mit uns verbinden. Er fühlt sich so elend, so verlassen. Unsre Reise gieng von da nach Neustrelitz – noch blüht da die von mir eingerichtete Töchter-Schule, noch wird da nach Deiner Methode unterrichtet. Das Land ist ruinirt, dennoch lebt der Hof u[nd] was dazu gehört, nach der alten Weise; ich besuchte ihn wieder, um mich meiner Freiheit doppelt zu freuen. Auch einen reichen Mecklenburg[ischen] Guts-Besitzer besuchten wir mit Gerling, der bei uns sein wollte, so lange wir in dieser Gegend weilten. Der Mann lebt ganz seinen Kindern und ihrem dereinstigen Reichthum; er meint es gut, aber er täuscht sich selbst – nie sah ich so arge Egoisten im kindlichen Alter, als es seine Knaben sind. Auch dieser Besuch war uns belehrend. Die Rückreise gieng sehr

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schnell, Tag u[nd] Nacht ich freute mich, endlich den fremden Kriegern auf deutschem Boden zu entkommen. Was fand ich hier? Die beiden Männer, auf die ich hier mich verlassen kann, sagten mir: Ihre Collegen haben sich eifrig bemüht, ihre Arbeiten, ihren Fleiss dem Herzoge verdächtig zu machen. Der Herzog, unzufrieden darüber, dass sie sich mit NebenDingen (so nennt man hier, was nicht ins Amt einschlägt) beschäftigen, glaubt den gerne u[nd] ist sehr unzufrieden mit ihnen. Geben Sie ihre Anstalt u[nd] ihre pädagog[ischen] Beschäftigungen auf oder Sie kommen hier nie auf einen grünen Zweig. – Mein Entschluss war schon vorher gefasst gewesen. Diese Ereignisse u[nd] Dein Brief reiften ihn zu schnellerer Ausführung. Wenn ich meine hiesige Laufbahn übersehe, so finde ich, dass ich binnen Jahresfrist 34 Criminal-Urtheile angefertigt habe, die sämmtlich ohne Widerrede durchgiengen, dass unter 30 Civil-Urtheilen, die ich zu machen hatte, nur 3 eine Änderung erlitten, dass ich gegen 1000 Decrete angefertigt habe, gegen die nichts zu erinnern war, dass ich also doch mit Fleiss u[nd] nicht ohne Sachkenntniss muss gearbeitet haben. Ich weiss aber auch, dass ein Advokat dasselbe gethan hätte u[nd] dass ich einem Herrn nicht dienen mag, der meine Absichten kennt und mich zu einem Decretir-Menschen herabwürdigt. Daher fordre ich noch im Lauf d[ieses] M[onats] meinen Abschied, den ich sonst vielleicht 6 Monat später doch genommen hätte u[nd] im kommenden Frühjahr bin ich dann bei Dir. Ob ich bei Euch, Ihr Lieben, bleibe, ob ich einst die Direction des Schul- u[nd] Erziehungs-Wesens in einem grössern Kreise übernehme, oder im Ausland ein Institut errichte, darüber sollst Du selbst dereinst entscheiden, wenn ich Jahr u[nd] Tag bei Dir werde gewesen sein. Danke Muralt für seinen Brief u[nd] für den ihn begleitenden Aufsatz; nächstens schreibe ich ihm darüber. – Mit Schmidts Gesundheit geht es besser. Meine Zöglinge blühen u[nd] werden gut. Dass die Sache in Spanien so herrlich gedeihet, freut mich herzlich. Hier war auch eine öffentliche Prüfung, aber es kamen wenige, sie zu sehen. Diese Wenigen waren ausserordentlich zufrieden. Die Fortschritte der Kinder im Rechnen, in der FormLehre, in der Geographie, im Französ[ischen] frappierten die Anwesenden. In Hinsicht einiger ökonom[ischer] Einrichtungen werde ich an H[err]n — schreiben, den Du herzlich von mir grüssen wirst. Ich denke noch oft an unsre lustige Reise über den Gurnikel.

282 Lebe recht wohl u[nd] antworte mir ja bald auf diesen Brief. Ewig Dein Türk.

Überlieferung 1 2 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a, Umschlag 372/2 Bogen, 245x206 mm Original Textkritik

Zeuge H Z. 8 Z. 9 Z. 15 Z. 19 Z. 19 Z. 19 Z. 20 Z. 23 Z. 33 Z. 37 Z. 37 Z. 37 Z. 39 Z. 39 Z. 40 Z. 41 Z. 47 Z. 47 Z. 47 Z. 51 Z. 62 Z. 65 Z. 65 Z. 66 Z. 69 Z. 72 Z. 73 Z. 76 Z. 79 Z. 84 Z. 89 Z. 89f. Z. 98 Z. 103

April: lateinische Schrift May: lateinische Schrift Pensions: lateinische Schrift Copenhagen: lateinische Schrift Petersburg: lateinische Schrift London: lateinische Schrift Pensionaire: lateinische Schrift selbst aber∫ belehrend: eigentlich belelehrend Stolpe: lateinische Schrift Schwedt: lateinische Schrift Ladomus: lateinische Schrift Bremen: lateinische Schrift Hannover: lateinische Schrift Braunschweig: lateinische Schrift Lachmann: lateinische Schrift Magdeburg: lateinische Schrift Potsdam: lateinische Schrift Berlin: lateinische Schrift Berlin: lateinische Schrift pädagog[ischen]: lateinische Schrift Salinger : lateinische Schrift Stettin: lateinische Schrift Schweiz: lateinische Schrift könnte: lateinische Schrift Gerling: lateinische Schrift Ballwitz: lateinische Schrift Mann ist Niederer: lateinische Schrift Neustrelitz: lateinische Schrift Mecklenburg[ischen]: lateinische Schrift Gerling: lateinische Schrift Collegen: lateinische Schrift pädagog[ischen]: lateinische Schrift

283 Z. 106 Z. 107f. Z. 108 Z. 109 Z. 111 Z. 113 Z. 115 Z. 120 Z. 125 Z. 126 Z. 128 Z. 132 Z. 132 Z. 134

zu∫ binnen Jahresfrist∫ Criminal: lateinische Schrift Civil: lateinische Schrift Decrete: lateinische Schrift Advokat: lateinische Schrift Decretir: lateinische Schrift Direction: lateinische Schrift Muralt: lateinische Schrift Schmidts: lateinische Schrift Spanien: lateinische Schrift Geographie: lateinische Schrift frappierten: lateinische Schrift ökonom[ischer]: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Wilhelm Christian von Türk (1774–1846) ⇒ Nr. 653 III. Z. 9 Z. 9 Z. 9

Z. 15

Z. 34 Z. 35f.

Z. 37 Z. 37 Z. 40f.

Z. 41

Frau: Wilhelmine Amalie von Türk-von Buch (1784–1850) ⇒ Nr. 817 Kind: Louise Friederike Charlotte Sophie von Türk wurde am 29. August 1807 geboren und starb nach wenigen Monaten am 26. März 1808. Zöglingen: Damit sind Wilhelm Ludwig Oelrichs (1800–1868, ⇒ Nr. 850), Gabriel August Friedrich Oelrichs (1801–1868, ⇒ Nr. 850) und Gustav Conrad Kulenkamp (1800–1877, ⇒ Nr. 850) gemeint. Plan: Die Gründung der Pensions- und Erziehungsanstalt hatte Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653) am 24. August 1806 in den Oldenburgischen wöchentlichen Anzeigen (Nr. 34) angekündigt. Sie wurde eine erfolgreiche, besonders bei wohlhabenden und gebildeten Oldenburger Bürgern nachgefragte Privatschule für ältere Knaben, die in von Türks Privatwohnhaus lebten. Ihre Mutter: Über Charlotte Phil. Jul. von Buch-von Arnim-Suckow (1746– 1810) ist nichts Näheres bekannt. ihrer Aeltern: Charlotte Phil. Jul. von Buch-von Arnim-Suckow (1746–1810, ⇒ Z. 34) und Adolf Friedrich von Buch (1733–1811). Der Vater war Gutsbesitzer auf Stolpe (Brandenburg) und preussischer Gesandter in Dresden. Stolpe bei Schwedt: heute Teil von Angermünde (Brandenburg) Ladomus: Johann Jakob Friedrich Ladomus (1782–1854) ⇒ Nr. 689 Pastor Lachmann: Karl Ludolf Friedrich Lachmann (1756–1823) studierte ab 1776 Theologie in Halle, legte 1782 sein Examen ab und erteilte zunächst als Hauslehrer und Hofmeister Privatunterricht. 1783 bis 1792 war Lachmann Feldprediger beim Königlich Preussischen Leibkürassierregiment in Schönebeck bei Magdeburg, anschliessend übte er bis zum seinem Tod das Pfarramt an der Andreaskirche in Braunschweig aus und setzte sich zugleich für Schulreformen ein. Industrie-Schul: Die Industrieschule der Braunschweiger Andreasgemeinde, wo Karl Ludolf Friedrich Lachmann (1756–1823, ⇒ Z. 40f.) erster Prediger war, vereinigte den gängigen Schulunterricht mit manuellen Arbeiten,

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um die Produktivität des späteren Erwerbslebens zu steigern. Als Befürworter einer Nationalerziehung mit einem einheitlichen Schulsystem war Lachmann der Auffassung, dass die Industrieschulkonzeption auch in den Landschulen und den Bürgerschulen eingeführt werden sollte. Lit.: Carl Ludolf Friedrich Lachmann: Das Industrieschulwesen, ein wesentliches und erreichbares Bedürfnis aller Bürger- und Landschulen. Braunschweig/Helmstedt 1802 meinen Beiträgen: Karl Ludolf Lachmann: Beiträge zur Kenntnis einiger deutscher Elementar-Schulanstalten, namentlich der zu Dessau, Leipzig, Heidelberg, Frankfurt am Main und Berlin. Leipzig 1806 Salinger: Franz Wilhelm Salinger (1775–1850) ⇒ Nr. 721 Gerling: Adolf Friedrich Gerling (1769–1828) ⇒ Nr. 989 Gattinn: Carolina Friederike Anna Gerling-Eggers (1786–1853) heiratete 1802 den Pfarrer Adolf Friedrich Gerling (1769–1828, ⇒ Nr. 989), mit dem sie acht Kinder hatte. Kinder: Hier kommen wohl zu diesem Zeitpunkt zwei von insgesamt acht Geschwister in Frage: Emma Gerling (1804–1831) und Hermann Gerling (1805–1857). Emma Gerling heiratete 1830 Professor Ferdinand Groth aus Neustrelitz. Hermann Gerling wurde 1829 Leiter des Lehrerseminars in Mirow (Mecklenburg-Vorpommern), 1838 zum Professor ernannt und gilt als Schulreformer des Herzogtums Mecklenburg-Strelitz. Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Töchter-Schule: Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653) hatte in Neustrelitz einen zweistündigen Privatunterricht eingerichtet, an dem 12 Knaben, zumeist von Bekannten, teilnahmen. 1807 wurde die grossherzogliche höhere Mädchenschule zu Neustrelitz gegründet, nachdem zuvor schon seit 1795 mit der Gründung der Neustrelitzer Schulkommission das Mädchenschulwesen forciert wurde, zuletzt 1803 mit der Anstellung der Lehrerin Sauerwein. Vielleicht meinte von Türk hier diesen Vorgang 1803, da er zu dieser Zeit noch in mecklenburgischen Diensten und damit potenziell daran beteiligt war Lit.: Robert Praefcke: Geschichte der Grossherzoglichen höheren Mädchenschule zu Neustrelitz. Neustrelitz 1907, S. 8–13 Guts-Besitzer: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. beiden Männer: Johann Christoph Eckardt und Herr Urbach (⇒ Nr. 850). Johann Christoph Eckardt, Kantor an der Neustrelitzer Bürgerschule, wurde von Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653) als Deutschund Religionslehrer an seine 1805/06 gegründete private Unterrichtsanstalt nach Oldenburg geholt, die Eckardt nach von Türks Fortgang aus Oldenburg Ende Mai 1808 von der Ausrichtung an Pestalozzi löste und in eine Freischule, schliesslich in eine vierklassige Mädchenschule umwandelte. Herzoge: Peter Friedrich Ludwig, Herzog von Oldenburg (1755–1829) ⇒ Nr. 850 Dein Brief: scheint nicht erhalten zu sein Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 Brief: schein nicht erhalten zu sein Aufsatz: Es ist unklar, welcher Aufsatz hier gemeint sein könnte. Schmidts: Johann Michael Schmid (1788–1807) ⇒ Nr. 739 Sache in Spanien: ⇒ Nr. 882 H[err]n: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte.

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Gurnikel: Der Gurnigel ist ein Passübergang und ein Kurbad im Kt. Bern.

889. Georg Leonhard Hartmann 12. August 1807 5

Herrn Pestalozzi, Vorsteher eines Erziehungs Institut, in I f e r t e n . durch Einschluss. St. Gallen den 12. Augst. 1807.

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Ich fühle zwar, mein lieber Herr Pestalozzi, dass nach so vieler empfangener Freündschaft, es meine Pflicht gewesen wäre, Ihnen eher zu schreiben; allein meine Lage war seither etwas besonder[s]. Die Trennung von meinem einzigen Kinde hat mich so angegriffen, dass ich in eine Stumpfheit verfiel, wodurch selbst die in meiner Abwesenheit angehäuften Amtsgeschäfte litten. Von dieser mich beschämenden Schwäche fange ich erst jzt mich wieder zu erholen an, u[nd] dazu tragen die Nachrichten nicht wenig bej, die Sie, u[nd] mein Knabe selbst, mir über sein Befinden u[nd] Benehmen schreiben. Ich überlasse es Ihnen ganz, wie die Lüken auszufüllen sejen, damit seine Bildung harmonischer werde, indem ich überzeügt bin, Sie werden darauf so viel Rüksicht nehmen, als es beym Individuellen von einem Institut geschehen kann. Dass er in aller körperlichen Gewandtheit so zurüke ist, da[ran] ist – wie es oft zu geschehen pflegt – seine liebe Mamma schuld. Überhaupt ko[nnte sie] z u w e n i g u m i h n s e y n , er war in seiner Eingespertheit zu sehr sich selbst überlassen, daher auch die Ausbildung seiner geistigen Kräfte zu ungleichartig geworden ist. Es ist mir gar recht, dass er in nichts weiter gelassen werde, bis die Anfangsgründe seiner Seele ganz eigen sind. R e c h n e n soll er einmal recht lernen. Das F r a n z ö s i s c h e muss frejlich auch sejn, aber wenn nur das L a t e i n i s c h e darüber nicht vernachlässiget wird; was mir eine Hauptsache ist, wie ich schon zum voraus Herrn Niederer geschrieben hab: In Betreff der N a t u r g e s c h i c h t e hat er allerdings einen grossen Vorsprung, vor allen Ihren Zöglingen, daher kann ich einigen Stillstand wohl zugeben, wünsche aber nichts minder, als dass er darin viel zurük käme, u[nd] Sie haben desnahen von mir keine Vorwürffe zu besorgen, wenn Sie ihm Zeit lassen können, auch in

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diesem Fache, selbst mit Beschränkung eines andren; sich fortzuhelfen. Brauchen Sie ihn immerhin, die Charaktere der natürlichen Körper nach Ihrem Plane aufzusuchen u[nd] in Z e i c h n u n g e n darzustellen; es liegt mit in meiner Absicht, dass er darin weiter komme, ich werde aber diesfalls Herrn Niederer weitläufiger schreiben. Ihr Institut hat in dieser Rüksicht noch selbst eine Lücke. Das Steinmüllersche Schullehrer Examen war abgehalten, am 2ten Tag nach meiner Rückkunft; es ist wahrscheinlich; dass der Lehrer es betreiben wolte, um m i c h nicht dabej zu haben. Es ist so ordentlich gegangen; die Leüte können u[nd] wissen nun allerdings mehr als zuvor. Er ist zimlich nach unsrer Anleitung gefahren u[nd] hat durch den L ö w e n e r nach I h r e r M e t h o d e sie rechnen lassen; was aber bloss eine Probe in den ersten Anfangsgründen war – indessen, lieber Pestalozzi, immer ein Sieg für S i e , über einen Mann, der in offnen Schranken mit Ihnen eine Lanze brechen wolte, w e i l (möchte ich sagen) er damals noch ein Bub war! Überhaupt spricht Steinmüller immer bescheidener von den Pestalozzianern, aber es wird noch lange währen, ehe man den Geist Ihrer Methode überall fasst – es scheint mir dass nicht das richtige u[nd] ganze Auffassen der Methode, sondern mehr ihre Wirkungen Tolleranz gebiethen. Wehe, daher den Behörden, die diese Wirkungen hervorbringen wollen, durch Leüte die den Geist dafür nicht haben. Ich kam als ein Blinder nach Yverdon, nun sehe ich die Sache im Halblicht – nicht wie bejm täuschenden Mondenschein, aber immerhin in Dämmerung. Wäre ich bis izt geblieben, vielleicht würde ich nicht besser sehen – aber wenn ich nun wieder hinkäme, so glaube ich, ich würde zur Tageshelle gelangen. Bej gewissen Untersuchungen ist es nicht genug, die Brille des Vorurtheils von den Augen wegzulegen; wenn das Auge lange nicht gewöhnt war frej zu sehen, so sieht es zwar anders, als durch seine Brille, aber es fasst die neüen Formen noch nicht scharf, u[nd] wenn es ihnen durch die Imagination nicht nachhelfen, sondern sie an sich selbst erkennen will, so muss es erst ruhen, u[nd] dann den Gegenstand von neüem anschauen. Ich werde so etwas in meinem Rapport an den Erziehungsrath sagen. Ihre Wochenschrift wird gewiss immer mehr zur allgemeinern Kenntniss und richtigern Beurtheilung Ihrer Methode bejtragen; aber das Vorrücken Ihrer Elementarbücher muss mithelfen. Machen Sie doch, dass die Publikation von Schmidts A.B.C. der Anschauung bald erscheint, u[nd] auch Tobler wenigstens mit einem

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seiner geographischen Hefte herausrükt. Sie sind es sich selbst, dem Publikum, u[nd] noch mehr Ihren Eleven schuldig – u[nd] dabey können sich dann die A.B.Cschüzen nicht mehr mit Ihnen balgen. Ihre Rechnung habe erhalten; was Ihnen nach der lezten Vorausbezahlung noch zu gut kömmt, werde ich, Ihrem Vorschlag zufolge, mit der vom ersten October zu erwartenden abtragen. Indessen nochmals meinen herzlichen Dank für Ihre freundschaftliche Aufnahme u[nd] Unterhaltungen. Lassen Sie sich mein liebes Kind ferner empfohlen sejn! u[nd] sejen Sie meiner Hochachtung u[nd] Ergebenheit versichert. G. L. Hartmann.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 51/52, Umschlag 118 Bogen, 231x190 mm Dorsualvermerk St. Gallen den 12. Aug G. L. Hartmann R[épondu] den 15ten, Siegelspuren Original Textkritik

Zeuge H Z. 23–24 Z. 34 Z. 56 Z. 70 Z. 86

verwischte Stelle kann ich wird∫ wenn es October: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Georg Leonhard Hartmann (1764–1828) aus St. Gallen nimmt nach Abbruch seines Theologiestudiums 1785 eine Ausbildung zum Maler auf. Nach einem Deutschlandaufenthalt kehrt er Ende 1789 nach St. Gallen zurück. Er publiziert historische und naturwissenschaftliche Beiträge und gibt ab 1798 das prohelvetische Wochenblatt für den Kt. Säntis heraus. 1803 wird er Sekretär des kantonalen Departements des Inneren und Aktuar des sankt-gallischen Erziehungsrates. III. Z. 6 Z. 12

Iferten: dt. Name für Yverdon Kinde: Johann Daniel Wilhelm Hartmann (1793–1872) war zwischen 1807 und 1808 Schüler in Yverdon. Er arbeitete als Naturalienmaler, Heraldiker und Genealoge, nachdem er (unter anderem bei seinem Vater) eine Ausbildung in Malerei, Aquatinta, Kupferstich, Lithographie, Heraldik und Naturwissenschaften genossen hatte. Johann Daniel Wilhelm Hartmann

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war zweimal verheiratet, in erster Ehe mit Elsbeth Wartmann (∞ 1816) in zweiter Ehe mit Emerentia Hortensia Hirzel (∞ 1833). Mamma: Margaretha Hartmann-Wetter (1759–1828) heiratete 1791 Georg Leonhard Hartmann (1764–1828, ⇒ Sacherklärung I.). Sie war zeitlebens kränklich – ihr Sohn Johann sprach offenbar auch von einer geistigen Krankheit, welche den Haushalt erheblich störte – und übersiedelte 1824 ins «Prestenhaus», ein Pesthaus bzw. eine Einrichtung für unheilbar Kranke. Herrn Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Steinmüllersche Schullehrer Examen: Das Examen wurde am 30. Juni 1807 in Anwesenheit einiger Mitglieder des Erziehungsrates abgehalten (Beschluss vom 22. Juni 1807, StA St. Gallen, KA R. 126 B 1). Da die ordentlichen, dreimonatigen Lehrerbildungskurse bei Johann Rudolf Steinmüller (1773–1835, ⇒ Nr. 508) jeweils von Januar bis März, später von Dezember bis Februar dauerten, wäre es möglich, dass das Examen als Vorbedingung für die Zulassung eines Lehrers in eine Lehrstelle abgehalten wurde. der Lehrer: Es ist unklar, wer damit gemeint sein könnte. L ö w e n e r : Damit könnte Jakob Laurenz Custer (1755–1828) gemeint sein, ab 1807 Mitglied des Erziehungsrates und Besitzer und Bewohner des «Löwenhofes» in Rheineck (Kt. St. Gallen). Custer leitete ab 1775 das Handelshaus Heer, war 1802 Helvetischer Staatssekretär für Finanzen und 1803–1817 St. Galler Grossrat. Steinmüller: Johann Rudolf Steinmüller (1773–1835) ⇒ Nr. 508 Rapport: Georg Leonhard Hartmann (1764–1828, ⇒ Sacherklärung I.), Aktuar des St. Galler Erziehungsrates (1799–1828) hatte gemäss Protokolleintrag vom 25. Mai 1807 diesen um drei bis vier Wochen Urlaub gebeten, um seinen Sohn nach Yverdon zu begleiten und ihm gleichzeitig angeboten, gegen Entschädigung etwas länger zu bleiben, um bei Pestalozzi «Methode, ihre Anwendung und Wirkung» zu studieren, wie der Erziehungsrat es schon lange wünschte. Dem Gesuch und dem Vorschlag wurden stattgegeben und «ihm für einen schriftlich zu erwartenden Rapport eine anständige Entschädigung vorläufig zugesichert» (vgl. StA St. Gallen, KA R. 131–1). Wochenschrift: Wochenschrift für Menschenbildung (1807–1811) Schmidts A.B.C. der Anschauung: Das ABC der mathematische Anschauung für Mütter oder Anweisung, die Geistesthätigkeit der Kinder an Form, Grösse und durch damit verbundene Zeichnungsübungen anzuregen und sie auf bildende Weise zu beschäftigen erschien 1808 in der Wochenschrift für Menschenbildung (1808, viertes Stück, S. 60–64, fünftes Stück, S. 65–80, sechstes Stück, S. 81–96.). Die darin enthaltenen Übungen werden eindeutig Joseph Schmid (1785–1851, ⇒ Nr. 712) zugeordnet, während die Autorenschaft der Einleitung umstritten ist (vgl. PSW XXI, S. 337f.). Tobler: Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500 geographischen Hefte: ⇒ Nr. 706 Ihre Rechnung: scheint nicht erhalten zu sein

289 890. Johann (Hans) Jakob Pestalozzi 12. August 1807 5

Monsieur Monsieur Pestalozzi au Chateau a Yverdon Zürich d[en] 12. Aug. 1807.

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Hochzuverehrender Herr! Das Andenken an die so äusserst liebreiche Aufnahme, die mir bey meiner Ankunft in Yverdon durch Sie zu Theil ward, und an die Freundschaft; welche mir während meines leider nur kurzen Aufenthaltes daselbst erwiesen wurde, macht es mir zur angenehmen Pflicht, sogleich nach meiner glücklich erfolgten Rückkehr in Zürich, einig Zeilen an Sie zu schreiben, und meines wärmsten Dankes Sie zu versichern. Ich gestehe es Ihnen, ewig unvergesslich werden mir die Tage und Stunden seyn, die mir in Ihrer und Ihrer Freunde Gesellschaft so belehrend, so heiter dahin geflossen sind. Der Umgang mit Männern, deren edel vereinte Kräfte so unverdrossen einzig nur zu dem Ziele hinstreben, wozu Sie den Weg gezeigt haben, that meinem Herzen wohl; der Anblick sovieler muntrer, in Unschuld aufblühender Knaben, an denen so glückliche Proben Ihrer Methode gemacht werden, erfüllte mich mit Bewunderung; ich lernte einsehen, welch einen entschieden wohlthätigen Einfluss auf den kindlichen Geist ein naturgemässer auf psychologische Ansichten der kindlichen Seele gegründeter Unterrichtsgang hat und haben muss. Sehr bedaure ich es, dass die Zeit mir es nicht erlaubte, länger in Yverdon zu verweilen. Gerne würde ich noch tiefer in den Geist der Methode eingedrungen seyn. Denn schon das Wenige davon, welches ich näher ins Auge zu fassen Gelegenheit hatte, lehrte mich auf das Ganze als auf etwas schliessen, das nicht vernachlässigt zu werden verdient, und worüber man unmöglich richtig, sey es günstig oder ungünstig, urtheilen kann, ohne es mit eigenen Augen betrachtet, und dann mit eigenem Geiste geprüft zu haben. Ich einmahl werde mir nie wegen meines kurzen Aufenthaltes in Yverdon, eben weil er so kurz war, ein entscheidendes Urtheil über Ihre Methode anmassen, sondern statt dessen jeden, der, ohne die Sache gesehen zu haben, sich in meiner Gegenwart zum unberufenen schiefen Richter derselben aufwerfen wollte, an die Quelle selbst hinweisen, in

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der festen Überzeugung, er werde, wenn er dort eine Weile aufmerksam gesessen, wo nicht gänzlich seine bisherige Meynung ablegen, doch wenigstens den Spötterton herunterstimmen, und es einsehen, dass mehr an der Sache sey, als er vorher glaubte. – Doch ich schweife gänzlich von dem eigentlichen Zwecke dieses Schreibens ab; ich wollte Sie eigentlich nur meines wärmstens Dankes für die von Ihnen mir erwiesene Freundschaft versichern, hoffe jedoch, Sie werden mein Raisonnement als das ansehen, was es ist, als das Produkt einer jugendlichen Ansicht. Empfangen Sie noch einmahl meinen aufrichtigsten Dank für alles das Liebe und Gute, das während meines Aufenthaltes in Yverdon durch Sie mir zu Theil ward. Möge der Himmel immer mehr Ihre und Ihrer Freunde edle Bemühungen so segnen, wie er sie bisher gesegnet hat. Empfehlen Sie mich Ihrer theuren Gattinn; versichern Sie dieselbe meiner stets aufrichtigen Hochachtung und Ergebenheit. Sagen Sie Herrn Schmid, dass das Andenken an ihn und an seinen Umgang mir ewig theuer seyn werde, dass ich gerne einen äusserlichen Beweis meines innigen Dankes für das, was er an mir gethan hat, bey ihm zurückgelassen haben würde, wenn ich nicht befürchtet hätte, durch etwas von der Art seiner Bescheidenheit und seinem edlen Herzen zu nahe zu tretten, das kraftvoll und energisch einzig nur für Ihre Methode schlägt. Empfehlen Sie mich allen Ihren Freunden und Mitarbeitern in Yverdon, besonders aber auch Herrn Niederer und Muralt (denen ich nächstens schreiben werde.) versichern Sie dieselben meiner aufrichtigsten Hochachtung, und Dankbarkeit. Meine l[ieben] Eltern haben mir Empfehlungen an Sie und Ihre l[iebe] Gattinn aufgetragen, nebst Versicherung ihrer Hochachtung. Ewig unvergesslich wird mir der Umgang mit Ihnen und der Aufenthalt in Yverdon seyn Ihrem ergebensten J.J. Pestaluzz

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 58/1 Bogen, 191x238 mm Siegelspuren, Stempel ZÜRICH, Dorsualvermerk Z ü r i c h d[en] 12ten A[ugust] J.J. Pestaluz, R[épondu] d[en] 15ten Original Textkritik

Zeuge H

291 Z. 4–7 Z. 38f.

lateinische Schrift ohne die Sache gesehen zu haben∫ Sacherklärung I.

Johann (Hans) Jakob Pestalozzi (1785–1849), ein Sohn des Zürcher Ratsherrn Johann Jakob Pestalozzi (1749–1831, ⇒ Nr. 286), studiert in Göttingen und promoviert zum Dr. phil. 1816 wird er an der Universität Zürich zum Professor für Kirchengeschichte und Katechetik ernannt und veröffentlicht 1811 die Grundlinien der Geschichte der kirchlichen Literatur der ersten sechs Jahrhunderte. Er ist zudem Aktuar des Kirchenrates und Mitglied der alteingesessenen, seit 1380 bestehenden Gesellschaft der Schildner zum Schneggen. III. Z. 54 Z. 56 Z. 64 Z. 64 Z. 64f. Z. 67

Gattinn: Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 Schmid: Joseph Schmid (1785–1851) ⇒ Nr. 712 Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 denen ich nächstens schreiben werde: Damit könnte der Brief vom 20. August 1807 gemeint sein (ZB Zürich, Ms Pestal 58,4). Eltern: Johann Jakob Pestalozzi (1749–1831, ⇒ Nr. 286) und Anna Cleophea Pestalozzi-Lochmann (1763–1824). Sie ist die Tochter des Zunftmeister Conrad Lochmann vom Wellenberg (1737–1815) und war nach dem frühen Tod von Anna Barbara Pestalozzi-Escher vom Adlerberg (1751–1781) ab 1782 die zweite Ehefrau Pestalozzis, mit dem sie neun Kinder hatte.

891. Karl Jacob Alexander, Edler von Rennenkampf 15. August 1807 Am Léman d[en] 15ten August 1807. 5

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Mein Herr und Meister. möchte ich sie nennen, wenn Sie mich würdigen wollten, Ihr Jünger zu seyn. Ich entbiete Ihnen Gruss, Kuss und deütschen Mannes Handschlag. ich habe nicht unterlassen können, Ihnen nochmals meine Ehrfurcht, Liebe und Dankbarkeit zu bezeügen dann ich fühle tief in meinem Innersten das Bedürfniss, Ihnen zu sagen, wie nicht blos mein kleiner Verstand Ihr grosses Verdienst um die Menschheit erkennt in seinem ganzen gewaltigen Umfange, sondern vielmehr, wie mein Herz mit der innigsten Liebe an dem Manne hängt der das Ideal der Menschenwürde in erhöheter Potenz der blödsichtigen Welt aufstellte und die ganze Menschheit einschliesst in sein grosses, volles Herz, wie ein Breütigam die Braut, die sich das gern gefallen lässt, aber sich verwundert, wie

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aus einem Traume erwachend, selbst betrachtet und nicht begreifen kann, woher die Liebe dieses Hochherzigen. – Ich habe schon zu oft die Erfahrung gemacht, dass die Tiefe der Empfindungen mit dem Ausdruck der Worte (um mich mathematisch auszudrücken) in umgekehrtem Verhältniss steht, als dass ich’s hätte wagen wollen, ohne andere Veranlassung, von aussen, mit den kleinsten Worten meine grössten Empfindungen auszudrücken, und habe Ihnen nur erzählen wollen, was mir gestern vorgekommen ist, weil es sie betrift und interessiren muss. Ich war gestern zu Tische bey Madame de Staël de M[ada]me de Récamier und die erstere sagte mir: «On m’a dit, que vous étiez très enthousiasmé de Monsieur Pestalozzi ou de sa Methode» – autant de l’un que de l’autre, antwortete ich, et vous le seriez autant que moi, si vous connoissiez l’un et l’autre. – M[ada]me de Récamier sagte nichts, war auch nicht enthusiasmirt und brachte eine schöne Locke in Ordnung. Der P r i n z A u g u s t F e r d i n a n d von Preüssen, der zugegen war, sagte auch nichts, dachte auch nichts und sah blos die schöne Lockenbändigerinn an. Es sass aber ein recht gescheüter Mann neben mir, M[onsieur] Benjamin Constant, der mich bat, ihm und der berühmten Frau von Ihnen und Ihrer Methode zu erzählen. Mir konnte nichts Erwünschteres kommen und ich habe gefaselt wie ein begeisterter Schamann. Um aber diese Konventionsmenschen gleich aus ihrem sumpfigen Gleise zu rücken und all die falschen Münzer in der Pädagogick an den Galgen zu bringen, wie das Bild eines Hanreis an dem Halse seiner Angetrauten hängt, so fing ich mit der Bemerkung an: «in der ganzen Welt ist Beybringung der Kenntnisse Zweck und wenn man den Verstand des Kindes zu entwickeln sucht, so geschieht das darum, weil man sich desselben als Mittel zum Zwecke bedienen will, Pestalozzi aber hat Entwickelung des Verstandes zum Zwecke und Erlernung der Kenntnisse wird dazu in vielen Fällen Mittel.» C’est fort bien entendu! hallte es wieder durch alle Perioden, die ich häufte, wie das Echo einer Kinderklapper in der Felsenwelt hinter unserm See. Nachher war von nichts, als von deütscher Literatur die Rede, über welches Kapitel die berühmte Frau nach A[ugust] W[ilhelm] Schlegel Dicktaten sehr viel auswending gelernt zu haben scheint. Ich habe Sie fragen wollen, ob Sie’s für heilsam halten, dass diese Frau das Institut besuche und die Methode kennen lerne in welchem Fall wir sie Ihnen portofrey übersenden wollen, auch die Kosten für Embalage übernehmen und Eu[er] Edl[en] um geneigte Resolution mit Nächstem ersuchen.

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Frau von Staël ist eins von den weiblichen Ungeheüren in der Gelehrtenrepublick und wenn sie nicht durch ihre französische Leichtfertigkeit dem Dinge einen lustigen Mantel umhinge, so wäre sie abgeschmackt. Aber eben dieser fränkische Modegeist macht sie ungeachtet ihres unleügbar hellen Verstandes höchst oberflächlich und bringt daher die Sache wieder ins Gleis. Wäre sie eine Deütsche, so müsste sie Eckel erregen. So aber ist alles nur auf B e w u n d e r u n g und auf Zeitungsschreiber berechnet. Grosse Gesellschaften von Männern von Ton und Celebritäten aller Art sind ihre Tummelplätze, sie kann nichts bewundern, sondern will nur bewundert werden. Sie wohnt am Leman, bekömmt ihn aber nur selten und auch dann nur durch Zufall zu sehn. Sie ist der Natur entwachsen. «Die Nachtigallen haben nicht g e l e s e n , Die Lilien b e w u n d e r n n i c h t .» Wie kämen diese Frau und Pestalozzi zusammen! Wo die b e r ü h m t e F r a u gezwungen wird zu bewundern, da geht sie gewiss nicht hin denn sie ist klüger als die Fliegen, die die Flammen auf Kosten ihrer bunten Flügel umflattern. Indessen lässt sich doch erwarten dass einer ihrer Satelliten schon einen Artickel für die Zeitung vorläufig ausgefertigt habe über den Empfang der B e r ü h m t e n im Institute, und dass sie diesem zu gefallen wie ein Nordlicht bey Sonnenschein auch an dem Horizont von Iverdun aufginge. – Sollte sie zu Ihnen kommen so werden Sie einen ihrer Begleiter, H[errn] Benjamin Constant, als den Gescheütesten kennen lernen, dessen Verstand viel Einfluss auf diese Ninon von Copet hat. von R[ennenkampf].

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 54–56, S. 102–106 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 12 Z. 13f. Z. 14 Z. 14 Z. 22 Z. 27f. Z. 28ff.

erkennt dem Manne der∫ erhöheter in umgekehrtem Madame de Staël de M[ada]me de Récamier: lateinische Schrift On m’a dit … l’autre: lateinische Schrift

294 Z. 30ff. Z. 35 Z. 36f. Z. 39 Z. 44f. Z. 47 Z. 49 Z. 52 Z. 53 Z. 56 Z. 56 Z. 60 Z. 64 Z. 75 Z. 82 Z. 84 Z. 85 Z. 85f.

et vous … Récamier: lateinische Schrift sah blos Benjamin Constant: lateinische Schrift gefaselt Kenntnisse Zweck Pestalozzi: lateinische Schrift C’est fort bien entendu: lateinische Schrift nichts, als A[ugust] W[ilhelm] Schlegel: lateinische Schrift in∫ Fall Staël: lateinische Schrift unleügbar Pestalozzi: lateinische Schrift Iverdun: lateinische Schrift Benjamin Constant: lateinische Schrift Ninon: lateinische Schrift Copet: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Karl Jacob Alexander, Edler von Rennenkampf (1783–1854, wird auf Schloss Helmet (Valgamaa, Estland) geboren, besucht die Domschule in Riga und das Institut von Ignaz Fessler (1756–1839) in Berlin. 1801 kehrt er nach Riga zurück, wo er in der Ritterschaftskanzlei und beim Landgericht tätig wird. Nach dem Studium in Kunst und Naturwissenschaften in Göttingen (1805–1807) und einer Bildungsreise, die ihn in die Schweiz, nach Italien und Frankreich führt, wird er 1811 Lehrer für deutsche und französische Literatur und Ästhetik am kaiserlichen Lyzeum in Zarskoje Selo bei St. Petersburg. 1814 tritt er als Adjudant in den Dienst des Erbprinzen und späteren Grossherzogs Paul Friedrich August von Oldenburg (1783–1853) ein, ab 1816 amtet er als Kammerherr des Oldenburger Hofstaats. Als Berater des Prinzen ist er an der Anschaffung der privaten Sammlungen beteiligt, die den Grundstock des Naturhistorischen Museums bilden, dessen Leitung er 1837 übernimmt. Nach der Märzrevolution von 1848 zieht sich von Rennenkampf von seinen Geschäften weitgehend zurück. III. Z. 27 Z. 27f.

Z. 33

Madame de Staël: Anne Louise Germaine de Staël-Necker (1766–1817) ⇒ Nr. 997 M[ada]me de Récamier: Jeanne Françoise Julie Adélaïde Récamier-Bernard (1777–1849) aus Lyon heiratete 1793 den Bankier Jacques Récamier (1751– 1830), mit dem sie in Paris einen Salon unterhielt, wo sich unter anderem eine Napoleon kritische Gesellschaft traf. 1811–1814 wurde sie aus Paris verbannt. Nach dem Konkurs des familieneigenen Bankhauses zog sie sich 1819 in das Pariser Kloster Abbaye-aux-Bois zurück. Prinz: Prinz August Ferdinand von Preussen (1730–1813), der jüngste Sohn von König Friedrich Wilhelm I. (1688–1740), nahm in der königlichen Infanterie früh hohe Positionen ein, bis hin zum General (1767). 1763 wurde

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er Herrenmeister des Johanniterordens, ab 1812 trug er den Titel eines Grossmeisters. Benjamin Constant: (Henri) Benjamin Constant de Rebecque (1767–1830) aus Lausanne studierte in Oxford, Erlangen und Edinburgh. Zwischen 1787 und 1794 war er Kammerherr am Hof in Braunschweig. Nach seiner Rückkehr nach Lausanne lernte er 1794 Anne Louise Germaine de StaëlNecker (1766–1817, ⇒ Nr. 997) kennen und begleitete sie 1795 nach Paris, was ihn in Kontakt mit der politischen Elite brachte. Ab 1796 veröffentlichte er mehrere politische Schriften zu den Grundlagen der alten und modernen Republiken und wurde 1802 aus dem Tribunat ausgeschlossen. Die Jahre im Exil in der Schweiz und in Deutschland gelten als literarisch fruchtbare Zeit. Während seiner Mitgliedschaft in der Abgeordnetenkammer (1819–1822/1824–1830) kämpfte Constant als Führer der liberalen Opposition entschieden gegen die restaurativen Kräfte. Schlegel: August Wilhelm Schlegel (1767–1845) aus Hannover begann nach dem Theologie- und Philologiestudium in Göttingen (1786) eine produktive Zeit als Rezensent, Literat, Literaturtheoretiker und Übersetzer. 1818 wurde er Professor der Literatur in Bonn. Schlegel gilt als Mitbegründer der Romantik und der altindischen Philologie. ihrer Satelliten: Gemeint ist die sich um Anne Louise Germaine de StaëlNecker (1766–1817, ⇒ Nr. 997) versammelnde groupe de Coppet, einer lose organisierten Konstellation von Intellektuellen, die seit der Französischen Revolution und bis zum Beginn der Restauration auf dem feudalen Anwesen der Madame de Staël in Coppet ein europäisches Diskussionsforum bildeten. Zu der Gruppe gehörte auch Karl Viktor von Bonstetten (1745– 1832, ⇒ Nr. 265). Lit.: Etienne Hofmann/François Rosset: Le Groupe de Coppet. Une constellation d’intellectuels européens. Lausanne 2005 Ninon von Copet: Damit ist Anne Louise Germaine de Staël-Necker (1766– 1817, ⇒ Nr. 997) in Anlehnung an Ninon de Lenclos (1620–1705) gemeint. Diese war eine französische Kurtisane und Salonière und gilt als eine der bedeutendsten Frauen Frankreichs des 17. Jahrhunderts.

892. Francisco Amorós y Ondeano 28. August 1807 St. Ildefonso den 28ten August 1807. 5

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Menschenfreünd Pestalozzi. Als erkanntlicher Hausvater, als Kenner, wie vil an der guten öffentlichen Erziehung liegt, und als Bewunderer Ihrer neuen Lehrart, wünschte mein Herz schon längsten Ihnen seine Gefühlungen zu erklären; aber diese waren keine hinlängliche Ursachen, um Sie in Ihren kostbaren Geschäften zu unterbrechen; derowegen, da ich Ihnen die Exemplare des Berichts zuschickte, so ich aus Befehl des durchlauchtigsten Herrn Friedens-Fürsten, über die Untersuchung

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der Lehrart in Madrid verfasste, begnügte ich mich, die Anzeige meiner Empfindsamkeit und Zuneigung in selbem Ausdruck zu setzen: An Heinrich Pestalozzi; Franziscus Amoros. Aber jetz und, da ich Ihnen nicht nur allein aus Zuneigung, sondern schuldigkeithalber schreiben muss, so gehe ich es um mit vollem Vergnügen zu erfüllen. Dem Voitel ist der Oberst-Leütenant-Grad bewilliget worden, da man Ihne als hauptsächlichsten Meister der Unterrichtung in dem Institut lässt: dem Schmeller und Studer ist, zu Belohnung Ihrer Mühe, der Gehalt vermehret; und Ich bin als erster Befehlhaber der Errichtung erkläret, weilen die Staatsklugheit der E[hrwürdigen] Regierung und die Verbindung so des Instituts schon mit vielen Städten, Gelehrten und patriotischen Züngften hat, diese Verordnung verursachet haben. Auch hat man mir die Leitung des Unterrichts des durchlauchtigsten Herrn Infant von Franciskus von Paula übergeben, und ich kann Sie mit aller Wahrheit und Reinigkeit versichern, dass ich gekannte Vortheile erwerben thue, und dass die Naturgab Seiner Hoheit und meiner Hochachtung und blindes Anhängen an Ihre Grundreglen, das Kunstreiche der Lehrart leehren werden, und dieser Beweis wird die stärkeste Empfehlung seyn, damit selbe in meinem geliebten Vatterland allgemein werde. Dieses ist der Gedanken unseres allerehrwürdigsten Beschützers, des durchlauchtigsten Herrn Friedens-Fürsten, nach diesem wichtigen Zweck haben gezihlet und zihlen alle meine Geschäften und Zusammenfügungen und ich habe alle die Hitze, welchen mir die Sterbkraft meiner angebohrnen Eigenschaften verschaffet, der Vater von drey Söhnen zu seyn, die Liebe das allgemeinen Wohles, und andern Umstände so rein wie diese um mit Standhaftigkeit und Entschlossenheit in diesem Unternehmen fortzufahren. Aber der wohlthätige Pestalozzi wird wohl kennen, dass die vollständige Änderung der Erziehung eines Staates, ein schweres und zärtliches Werk ist, welches viele Gewalt, viele Klugheit und Kenntnissen erfordert, so sich glücklicherweise in dem Mecenas, welcher Ihre Lehrart beschützet, vereinigen. Eines der nothwendigsten Dingen und, welche mir in dem Verhaltungs-Befehl, so ich übersetzet beylage, befohlen sind, ist, dass ich die fremde und nationale Briefwechsel, welche in betreff der Gegenständen des Instituts unentbehrlich sind, führen und unterzeichnen solle. Es ist wohl bekannt, dass keine Errichtung ohne Einheit der Grundreglen und Verrichtungen gelingen kann.

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Also dann empfehle ich, und begehre von Pestalozzi mir alle Werke so über seine Lehrart an Tag kommen, allsogleich doppelt zu überschicken, jede Arbeit so man zurüstet, wann selbe auch handschriftlich ist, mir ohne Anstand auf französisch übersetzt zuzusenden und so wohl die Umkösten welche sich Ihme dadurch verursachen, wie das Postgeld, und andere Aufträge welche ich hinfüran machen werde, sollen unmittelbarerweise durch Wechselbriefe, so Er auf der königlichen militärischen Pestalozzischen Institut auf 15. Tage Sicht ziehen wird, entrichtet werden. Ihre Abbildung welche Döbely mitbrachte, hat dem Herrn Fürsten sehr gefallen; er wünschet, den Namen, das Wohnort, und übrige Umstände des Mahlers, so selber gemacht hat, zu wissen. Ich bin im thun die Vollendung des grossen Gemähldes, welches Ihnen Seine Hoheit schickt, zu beschleunigen, und Zusammensetzung ich das Vergnügen gehabt habe auszudenken; wünsche dass es Ihre Genehmigung verdienen. Ich erbiethe dem Pestalozzi ein aufrichtiges Herz, eine entschlossene Hochachtung, beständige Dankbarkeit, und bitte Gott um seine und seiner Lehrarth Wohlfahrt. Fran[cis]co Amoros.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 1470, I/9 Bogen, 250x206 mm eigenhändige Unterschrift, Datum am Schluss, Dorsualvermerk Fr. Amoros 1807 an Pestalozzi Original Textkritik

Zeuge H Z. 46 Z. 62

Mecenas: lateinische Schrift 15. Tage Sacherklärung I.

Francisco Amorós y Ondeano (1767–1848) aus Valencia schlägt zunächst eine Militärkarriere ein, ehe er in öffentliche (administrative) Ämter eintritt. Manuel de Godoy (1767–1851, ⇒ Nr. 854), mit dem er seit 1800 in persönlicher und professioneller Verbindung steht, beruft ihn zu seinem Privatsekretär. Im August 1807 wird er per Dekret zum Leiter der spanischen Pestalozzi-Bewegung ernannt. Amorós gehört zu den Förderern und Lehrern des am 4. November 1806 eröffneten Real Instituto Pestalozziano Militar (⇒ Nr. 882) in Madrid. Am 7. August 1807 wird er zum Direktor der Anstalt ernannt, welcher er bis zu ihrer Schliessung am 13. Januar 1808 vorsteht. Nach dem

298 Sturz König Karls IV. (1748–1819, ⇒ Nr. 860) und von dessen Günstling Godoy stellt er sich in den Dienst des neuen Königs Joseph I. Bonaparte (1768–1844). Als die Franzosen am 21. Juni 1813 die Schlacht von Vitoria im Baskenland verlieren, zieht sich Joseph aus Spanien zurück und geht nach Mortefontaine (Picardie, Frankreich). Auch Amorós y Ondeano muss ins Exil und wandert 1814 nach Paris aus, wo man sich schon bald für seine Methode (método de educación física) zu interessieren beginnt. Bereits im Juli 1816 erhält er die französische Staatsangehörigkeit und wird 1820 in Paris als Direktor des Gymnase normal militaire et civile eingesetzt. In den 1830er-Jahren gehen die Unterstützungsgelder der Behörden immer weiter zurück, bis die Schule 1837 schliessen muss. Amorós y Ondeano stirbt 1848 in Paris. III. Z. 11

Z. 12 Z. 19 Z. 21 Z. 21 Z. 24 Z. 28 Z. 30f. Z. 40

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die Exemplare des Berichts: Gemeint ist der von der Aufsichtskommission verfasste und anschliessend veröffentlichte erste Bericht (⇒ Nr. 854): Noticia de las providencias tomadas por el gobierno para observar el nuevo método de la ensenanza primaria de Enrique Pestalozzi: y de los progresos que ha hecho el establecimiento formado en Madrid con este obgeto, desde su orígen hasta principio del ano de 1807. Madrid 1807 Friedens-Fürsten: Manuel de Godoy (1767–1851) ⇒ Nr. 854 Voitel: [Franz] Joseph Stephan Voitel (1773–1839) ⇒ Nr. 895 Schmeller: Johann Andreas Schmeller (1785–1852) ⇒ Nr. 841 Studer: Gabriel Friedrich Studer (1784–1824) ⇒ Nr. 860 Regierung: Manuel de Godoy (1767–1851) ⇒ Nr. 854 Infant: Francisco Antonio de Paula de Borbón, Infant von Spanien (1794– 1865) ⇒ Nr. 882 Seiner Hoheit: Karl IV., König von Spanien (1748–1819) ⇒ Nr. 860 drey Söhnen: Über Antonio, Manuel und Buenaventura Amorós ist wenig bekannt. Manuel starb kurz nach dem Sieg über die Franzosen, also um 1813, die beiden anderen Söhne folgten ihrem Vater Francisco Amorós y Ondeano (1767–1848, ⇒ Sacherklärung I.) ins Exil, wo sie offenbar vor ihrem Vater verstarben. Mecenas: Damit dürfte in Anspielung auf die historische Figur des Gaius Cilnius Maecenas (70–8v.Chr.) Manuel de Godoy (1767–1851, ⇒ Nr. 854) gemeint sein. Maecenas war ein Vertrauter und politischer Berater Augustus’, für den er loyal diplomatische Verhandlungen führte und Staatsgeschäfte wahrnahm. Verhaltungs-Befehl: Damit ist wohl das Pflichtenheft zu Francisco Amorós y Ondeanos (1767–1848, ⇒ Sacherklärung I.) neuem Amt als «erstem Befehlshaber der Einrichtung», das heisst des Direktors gemeint. Döbely: Johannes Paul Döbeli (1755–1843) ⇒ Nr. 883 Mahlers: Georg Friedrich Adolf Schöner (1774–1841) ⇒ Nr. 774

299 893. Gaspar/Kaspar Neff 29. August 1807 St. Ildefonso am 29ten August 1807. 5

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Verehrungswürdigster Herr. Nachdem der Brief vom Herrn Don Franziscus Amoros geschrieben war, hat sich eine einnehmende Begebenheit ereignet, welcher sie Ihnen bekannt zu machen, mir anbefohlen hat, glaubend, dass Sie die Nachricht mit Freüde empfangen werden. Der König, die Königinn und semtliche königlichen Personen, mit dem durchlauchtigsten Herrn Friedens-Fürsten seynd in das Zimmer des pestalozzischen Herrn Infant gegangen, welcher mit seinem vier Mitschülern ist examiniert worden, wornach jedermann sehr zufriden war. Ohngeachtet der Kürtze der Zeit des Unterrichts hat der Eifer und Einsicht des Herrn Amoros erlangt, seine Hoheit in der ersten Uebung, und einem Theil der zweiten der Zahlenverhältniss auf Spanisch und französisch zu unterrichten, wie auch in fünf abtheilungen, davon drey auf französisch, von der ersten Übung des Alphabeths der anschauung, etwas von dem Buch der Müttern, nebst verschiedenen Gymnischen Uebungen so dem König unserm Herrn, und dem Herrn Fridens-Fürsten überaus wohl gefahlen haben. Da alles was Seine Hoheit gethan hat, so reizend vor kam, war es am Hof ein Jubel-Tag. Gestern hat der Herr Friedens-Fürst gesagt, dass alle Pestalozzier seine Kinder seyn, und auf Begehren des Herrn Amoros ist uns allen der Gebrauch der Himmelblauen Feder, welche das Unterscheidungs-Zeichen Seiner Hoheit und dessen Ehrenwacht ist, bewilliget worden. Mit diesem wäre nun der auftrag geendigt; aber weilen ich die Feder nehme, um meinem Mitbürger Pestalozzi zu schreiben, und als Mitarbeiter seines Lehrgebäudes den ersten Saal des Instituts leitete, und jetz und über die Vier Pestalozzer, welche zu diesem königlichen Lustschloss gekommen synd, Obsorg trage, will ich Ihnen sagen, dass, das Schicksahl für Ihre Ehre und Wohl dieser Nation verordnet hat, dass erwähnter Amoros dise Pestalozzischen Grundlaagen leite, und wenn Sie Ihnen alles zum Unterricht der Lehrart gehörige, wie Er es Ihnen in seinem Brief begehret, überschicken, dann wird das Gebäude so fest werden, dass es niemand im Gewalt haben wird um zustürtzen.

300 Ihr Mitbürger Gaspar Neff Hauptmann vom Regiment N° 2.

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Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 33–33a, S. 60–61 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 9 Z. 34 Z. 41

Nachricht mit und Wohl Gaspar Neff: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Gaspard/Kaspar Neff (ca. *1766) tritt 1784 in das in spanischen Diensten stehende Schweizerregiment St. Gallen ein. Im Verlauf eines jahrzehntelangen Aufenthalts in Spanien steigt er vom Kadetten über den Rang eines Teniente (Leutnants) bis hin zum Capitan (Hauptmann) auf. Nebenbei wird ihm aber auch eine nicht militärische Bildung und, daran anschliessend, die Ausübung pädagogischer Tätigkeiten gewährt. Neff studiert zuerst an der Königlichen Akademie von Barcelona Mathematik (1789–1792), dann wird er Lehrer des Infante Francisco Antonio de Paula de Borbón (1794–1865, ⇒ Nr. 882) in Gymnastik. Für seine Verdienste an der Pestalozzi-Schule in Madrid erhält er am 15. Januar 1808 auf königliche Anordnung hin in Aranjuez den Titel eines Teniente Coronel de Infanteria. Die genaue Rolle Neffs an dieser Schule sowie das weitere Leben nach 1808 sind unklar. III. Z. 6 Z. 6 Z. 10 Z. 10

Z. 10

Brief: ⇒ Nr. 892 Amoros: Francisco Amorós y Ondeano (1767–1848) ⇒ Nr. 892 König: Karl IV., König von Spanien (1748–1819) ⇒ Nr. 860 Königinn: Maria Luisa von Bourbon-Parma, Königin von Spanien (1751– 1819), ist die Enkelin des französischen Königs Louis XV. (1710–1774) und griff als Ehefrau des spanischen Königs Karl IV. (1748–1819, ⇒ Nr. 860) mit Beginn der Regentschaft 1788 in die Regierungsgeschäfte ein, nicht zuletzt durch ihre Affäre mit dem ersten Staatsminister Manuel de Godoy (1767–1851, ⇒ Nr. 854). Nach dem Sturz Karls IV. folgte sie ihrem Mann ins Exil nach Compiègne (Picardie) und Rom, wo sie starb. semtliche königlichen Personen: Damit dürften neben dem elterlichen Königspaar Karl IV. (1748–1819, ⇒ Nr. 860) und Maria Luisae von BourbonParma (1751–1819, ⇒ Z. 10) sämtliche Kinder gehören, die ihnen zugeschrieben wurden: Charlotte Johanna (1775–1830), Maria Louisa (1782– 1824), der spätere König Ferdinand VII. (1784–1833), Carlos Maria Isidro Benito de Borbón y Borbón-Parma (1788–1855), Maria Isabel (1789–1848) und Francisco Antonio de Paula de Borbón (1794–1865, ⇒ Nr. 882).

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Friedens-Fürsten: Manuel de Godoy (1767–1851) ⇒ Nr. 854 Herrn Infant: Francisco Antonio de Paula de Borbón (1794–1865) ⇒ Nr. 882 vier Mitschülern: konnte nicht eruiert werden Alphabeths der anschauung: Johann Heinrich Pestalozzi: ABC der Anschauung oder Anschauungslehre der Massverhältnisse (1803) (PSW XV, S. 175– 340) Buch der Müttern: Johann Heinrich Pestalozzi: Das Buch der Mütter, oder Anleitung für Mütter, ihre Kinder bemerken und reden zu lehren (1803) (PSW XV, S. 341–424) Vier Pestalozzer: Es dürfte sich hier um Johann Andreas Schmeller (1785– 1852, ⇒ Nr. 841), Gabriel Friedrich Studer (1784–1824, ⇒ Nr. 860), Antonio Bürgermeister (*ca. 1793, ⇒ Nr. 841) und Augustín Petitpierre (ca. 1798– 1841, ⇒ Nr. 841) handeln.

894. Unbekannt Ende August/Anfang September 1807 5

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Auszug aus einem Brief aus Zürich über einen Knaben, der ins Institut in Yverdon gehen soll.

Der Knabe hat bis jetzt immer auf dem Lande gelebt und wird in der Folge wohl immer dort bleiben, nur seinem Vater in seiner Stelle folgen – sein Umstand auf den bey der Erziehung immer Rücksicht zu nehmen ist; er ist sehr rauh, lebhaft über die Massen, allein von dem besten Herzen, ohne allen städtischen Schliff und kennt gar keine Umschweife, aber so auch nichts von dem Conventionellen Anstand und der Höflichkeit, die man sonst bey Kindern dieses Alters finden zu dürfen, erwartet; kurz – er ist ungezähmter Natur, mit allem dem guten und schlimmen; was sich bey einer eben nicht sorgfältigen Aufsicht, unter Bauern, wie die Grüninger sind, geben muss. – aber der erste und angesehenste seiner Altergenossen wurde er, begreiflich, gebietrisch und trotzig und auch wohl pralerisch – zugleich indessen sehr fest und determinirt –. Es ist also höchst nöthig, ihn wohin zu bringen, wo er solche findet die ihm überlegen sind, er sich darum v e r t r a g e n und in die Welt schicken lernt, und gute Sitten und Manieren erhält – nur wie sie ein rechtlicher Mann haben soll, der sich überall mit Anstand zeigen will. Gelernt hat er eigentlich noch gar nichts – in der Ordnung. – er liest und schreibt so gut man es von ihm fordern kann; und rechnet so nothdürftig; – weiter geht seine Kunst aber nicht seine ganze wissenschaftliche Bildung fiele also auch wieder Eüch zu, was vielleicht noch recht gut ist – einen fähigen Kopf und ein besonde-

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ren treüen Gedächtniss brächte er jedoch mit, geistliche Lieder und dergleichen kann er die Menge hersingen.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 33a–34, S. 61–62 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 11f.

Conventionellen: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Unbekannt II. Die Datierung ergibt sich aus dem vorangehenden Eintrag (29. August 1807) im Kopierbuch. III. Z. 6 Z. 7 Z. 15f.

Knabe: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte (⇒ Z. 7). seinem Vater: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. Grüninger: Einwohner der Gemeinde Grüningen (Kt. Zürich)

895. [Franz] Joseph Stephan Voitel Herbst 1807 [Reg.] Voitel schickt sechs kleine Pakete aus Madrid.

Überlieferung 1

PSB V, S. 282.13f. Sacherklärung I.

[Franz] Joseph Stephan Voitel (1773–1839) aus Solothurn wird 1797 zum ersten Hauptmann der Grenadiere befördert und ins Schweizerregiment in Tarragona aufgenommen. 1803 gründet er für die über 20 Knaben der Regimentsangehörigen eine Schule, die sich an pestalozzischen Methoden orientiert; Nachweise eines direkten Kontaktes zu Pestalozzi fehlen, allerdings dürfte Voitel über den befreundeten Traugott Pfeiffer (1771–1849, ⇒ Nr. 917) und dessen private Knabenschule in Solothurn mit den Ideen

303 und Schriften Pestalozzis in Kontakt gekommen sein. Voitels Schule zieht 1804 das Interesse der Sociedad económica cantábrica de amigos del país (⇒ Nr. 840) auf sich, die daraufhin eine Versuchsschule in Madrid unter ihrem Protektorat anregt, in welche Voitel den ehemaligen Feldprediger Johannes Paul Döbeli (1755–1843, ⇒ Nr. 883) vermittelt. Aufgrund der zufrieden stellenden Resultate wird Döbeli in der Folge auch mit der Reformation der Schulanstalten in Santander beauftragt. Die neue Lehrart unter Voitel und Döbeli erhält 1806 zudem staatlichen Zuspruch, worauf auf königlichen Beschluss (August 1806) und auf Staatskosten das Real Instituto Pestalozziano (⇒ Nr. 882) in Madrid – zunächst auf ein Jahr befristet – errichtet und Voitel als Direktor eingesetzt wird. Nach der Schliessung der Schule 1808 gerät Voitel, inzwischen Oberstleutnant, in französische Kriegsgefangenschaft, die er aber ab 1810 bis zu seiner Freilassung 1814 in Solothurn verbringt. Es folgt die Rückkehr in den spanischen Dienst, seine Inhaftierung im Zuge der politischen Verfolgung von «Freisinnigen und namentlich gegen die Freimaurer» 1829, Galeerenhaft und schliesslich, 1831 seine Freilassung und Rückkehr nach Solothurn. Seine letzten Lebensjahre verbringt er dort als Staatsarchivar (1832–1835) und als liberaler Grossrat, zu dem er anfangs 1839, wenige Monate vor seinem Tode, gewählt wird. III. Z. 4

sechs kleine Pakete: Was genau der Inhalt dieser Pakete war, ist unklar. Gemäss dem Brief Pestalozzis war der Inhalt für «Tschokke und Fremde» bestimmt gewesen (PSB V, S. 282).

896. [Franz] Joseph Stephan Voitel 1. September 1807 Madrid den 1te n Herbstmond 1807. 5

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Mein Theurer, edler Niederer. Die beyden Briefe meines verehrungswürdigen Vaters Pestalozzi, nebst den dreyen Ihrigen mit Allen einlagen sind mir richtig zugekommen – – ich danke Ihnen indessen recht herzlich für Ihre freundschaftliche Behandlung – mit nächster Post will ich Ihnen Alles umständlich beantworten, ich würde es schon gethan haben wenn es meine Gesundheit erlaubt hätte, ich leide seid einigen wochen heftige Schmerzen auf der Brust mit gott wird es auch wieder gut werden. Ich habe Ihnen vieles sehr vieles und wichtiges zu sagen: wenn ich nur erst gesund wäre. – Viele wichtige Ereignisse sind vorgefallen, mancher Schurke hat die Maske abgelegt – die Methode und Pestalozzis Nahme sollte den elenden zum trug Schleyer ihrer Plane dienen … aber eher sollen sie mich unter den Trümmern des aufgeführten Gebäudes begraben eher ich es zugebe, das die elendesten durch Geiz und Ehrsucht ausgehekten misgeburten einer überspanten einbildungskraft, unter Pestal[ozzi]s Nahme und als eine Metode aufgestelt werde – – Gerade zu habe ich mich dagegen erklärt –. ich werde mich aufopfern ganz hingeben aber nur für das wohl meiner mitbrüder – nur allein für P[estalozzis] Metode – –. Ich sage Ihnen schon mehr als ich Ihnen in diesem Briefe sagen Wollte – doch zur Sache. Amoros – – hat Ihnen geschrieben aus seinem schreiben werden sie viel nües sehen – von mir sollen sie nächstens den Schlüssel zum Rätsel erhalten. dieser Mann ist ein Schurke, er betrügt den edlen braven Fürsten und die gute Nation, mich wollte er

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zum Werkzeuge einer Herrsch und Geldsucht machen – – der Bube hätte bedenken Sollen das ein Jünger P[estalozzis] nur einen Weg, den Weg der ehre kennt. Ich werde den letzten, aber einen entscheidenden und des ehrlichen Mannes würdigen Schritt tun, ich will alles alles was ich habe, alles was mir lieb und Theür ist, auf das Spiel setzen – Und Gott seye mein zeüge – Ich beabsichte nichts als reine aufrechthaltung der metode) ich will dem Fürsten eine Note eingeben, (sie liegt schon in meinem Pulte) ich will mit würde und Kraft ihm ans herz reden ich will ihm rein und unverholen die Wahrheit Sagen – die Fürsten so selten zu ohren Konnt – dann werde ich meine Pflicht gethan haben entstehe nun was wolle – Sie werden und müssen mich unterstüzen darauf darf ich zählen. Für jetzt verlange ich nur von Ihnen, dass sie Amoros Briefe so lange unbeantwortet lassen, bis ich sie berichte, über die nähere Verhältnisse des ganzen – Schicken sie mir mit abgehender Post eine Abschrift von Amoros Brief, unter meiner Adresse – ¬

Ich bitte Sie lieber V[ater] P[estalozzi] und sie edler Niederer, Keinen Schritt ohne mein mitwissen, in dieser Sache zu thun, mann legt uns Fahlstricke, ich bitte Sie um das Wohl so vieller braven, menschen willen, um P[estalozzis] Ehre und Ruhm, um die unseres Vatterlandes willen – nun! Basta. Der Herzog von Frias geht in Begleitung seiner 3 Söhne, als auserordentlicher Abgesanter nach Paris – auch mein freünd der edle brave Anduchar welcher mit mir der erste arbeiter am grossen Gebaü war begleitet ihn, gläublich werden sie sie in iferten besuchen, sie haben es mir versprochen Anduchar und mich wollten die Buben entzweyen sie fürchten sich vor der vereinten Kraft, zweyer ehrlicher unbestechbahrer Menschen – Sie werden von anderen selbst ein mehreres erfahren. Schreiben Sie mir mit abgehender Post, ohne die Abschrift von Amorosens Brief zu vergessen. Uber alles mus das gröste Stillschweigen beobachtet werden das darf ich Ihm ja nicht anbefehlen – nächstens die ganze Geschichte – tausend Grüse von meiner Gattin, Schmeller – Umarmen Sie in meinem Nahmen V[ater] P[estalozzi] und leben Sie indesen wohl – vergesen Sie nie Ihren dankbahren und Standhaften Freund Voitel

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 58/8 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 24 Z. 34

Schurk∫e ich zählen Sacherklärung I.

[Franz] Joseph Stephan Voitel (1773–1839) ⇒ Nr. 895

305 II. Was genau zum Konflikt führte, den [Franz] Joseph Stephan Voitel (1773–1839, ⇒ Nr. 895) hier andeutet, ist unklar. Es ist aber davon auszugehen, dass seine Unzufriedenheit mit seiner faktischen Entmachtung als Institutsleiter zusammenhängt, wird doch Francisco Amorós y Ondeano (1767–1848, ⇒ Nr. 892) die Weisungsbefugnis übertragen (⇒ Nr. 892). Für Pestalozzis Reaktion vgl. PSB VI, Nr. 1387. III. Z. 5 Z. 6

Z. 6f.

Z. 22 Z. 22 Z. 24 Z. 30 Z. 43 Z. 43

Z. 44 Z. 46 Z. 51f.

Z. 52

Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 beyden Briefe: Es ist unklar, welche Briefe hier gemeint sind, da keine Angaben zum Inhalt vorliegen. Sofern es sich um überlieferte Briefe handelt, kommen folgende drei in Frage: PSB V, Nr. 1298, Nr. 1299 und Nr. 1312. den dreyen Ihrigen: Zwei undatierte Briefe von Johannes Niederer (1779– 1843, ⇒ Nr. 507) an [Franz] Joseph Stephan Voitel (1773–1839, ⇒ Nr. 895) sind in der ZB Zürich zu finden (Ms Pestal 1470, Nr. 23 und 24). Es ist jedoch unklar, ob diese hier gemeint sind. Amoros: Francisco Amorós y Ondeano (1767–1848) ⇒ Nr. 892 schreiben: ⇒ Nr. 892 Fürsten: Manuel de Godoy (1767–1851) ⇒ Nr. 854 Note: Damit könnte der Brief vom 28. August 1807 (⇒ Nr. 892) gemeint sein. Herzog von Frias: Diego López, Herzog von Frias (1754–1811) ⇒ Nr. 840 3 Söhne: Bernardino Fernández de Velasco Benavides, Herzog von Frias (1783–1851, ⇒ Nr. 854), José Bernardino Cayetano Diego María del Milagro Pacheco y Benavides (1788–1846, ⇒ Nr. 860) und Andrés Pascual Pedro Nolasco Juan Nepomuceno María del Milagro Pacheco y Benavides (1791– 1854, ⇒ Nr. 860). Anduchar: Juan/Jean Andujar ⇒ Nr. 881 die Buben: ⇒ Z. 43 meiner Gattin: Francisca Voitel-Wirz (1772/1782–1854) kam auf Mallorca zur Welt, wo ihr Vater als höherer Offizier des Schweizer Regiments Trachsel stationiert war. Die Quellen geben unterschiedliche Geburtsjahre an. Das Ehepaar Voitel-Wirz hatte drei Töchter, es überlebte nur die letztgeborene Maria Josepha (1816–1896), welche 1840 Alexander Zschokke (1811–1859) heiraten sollte. Franziska (1800–1802) und Anna Maria Sophronia (1802–1802) starben innerhalb von fünf Tagen während eines Heimaturlaubes in Solothurn. Schmeller: Johann Andreas Schmeller (1785–1852) ⇒ Nr. 841

897. Heinrich Rieter 19. September 1807 Winterthur d[en] 19 ten 7bre 1807. 5

VerEhrtester Herr und Freünd! Sonsten ist der Knabe von starker und gesunder Leibes-Constitution, gar nicht verzärtelt, und aller Strapazen gewohnt, ein Natur-

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Kind mit den besten Anlagen, aber noch unausgebildet, von jugend auf ist er zu allem Guten angehalten worden, haubtsächlich auch zur Besuchung der Schulen welche er mit Freuden frequentiert ohne besondere Lernbegirde zu zeigen, sein lebhaftes Temperment hat ihn immer von ernsthaften Nachdenken abgehalten, und ihme immer die Bilder auf der Gasse vorgegaugelt, er ist also in Sprachen und Studien zimlich zurück, hingegen ist er im Rechnen und Mechanik zimlich fertig und gewandt, er kennt alles gute und Nüzliche, ermüdet aber im Fortstreben nach Vervollkommnung desselben, hat zu wenig Ehrgeiz sich gegen andere hervor zu thun, und bedarf des Treibens und Anmahnes, sonsten hat er guten Verstand und richtige Beurtheilungs Kraft, ist unverdorben an Kopf und Herz, er erlaubt sich zwar zuweilen Näckereyen gegen andere ohne boshaft zu seyn, beleidiget niemand vorsezlich, ist aber bey jeder Beleidigung die ihme widerfährt, zur Rache geneigt, sonst ist er voll guten Willen, folgsam, und seinen Vorgesezten sehr ergeben, sein gröster Fehler ist Nachlässigkeit in Kleidern und etwas unordentlich in seinen Sachen, er ist sonst gerade und redlich, frey von Lug und Trug, er sucht zwar seine Fehler zu verheimlichen, hat aber noch niemahl die Frechheit gehabt, dieselben zu verläugnen, von jedem Laster ist er G[ott] L[ob] unsers Wissens gänzlich frey. Dieses ist es was ich bis dahin an ihme beobachten können, und welches ich mit der reinsten Wahrheitsliebe zu sagen verpflichtet und verbunden bin. Sie werden aus dieser Beschreibung sehen, dass er einem Acker zu vergleichen, der für alle gute Früchte empfänglich ist, aber mit viel Fleiss bearbeitet werden muss, und das zimlich Unkraut auszujäten ist, um selbige zu ihrer vollkommenen Schönheit und Reife zu bringen. Und so übergeben und anempfehlen wir Eltern, Ihnen und Ihren verehrtesten Herren Mitcollegen; unseren Knaben als das Beste und Theüerste, was wir besizen, in der besten Hoffnung dass ihre vortrefliche Pflege, Sorgfalt und Belehrung, welche sich schon an so vielen Jünglingen erprobt hat, auch an ihme würksam und von gesegneten Folgen seyn werde. Nehmen sie ihn mit Liebe auf, und bilden sie ihn zu einem rechtschaffenen, geschickten und tugendhaften Menschen, und nützlichen Mittglied der menschlichen Gesellschaft. Gottes Seegen ruhe ferner auf ihrem Institut, auf ihren Bemühungen und Arbeiten, so sie zum besten ihrer Zöglinge unternehmen, mögen Ihnen die seligsten Früchte Ihres Strebens, Menschen-Wohl und Menschen-Glück zubefördern, im vollsten Maasse zu theil werden.

307 Ich bin mit Werthschäzung und Ergebenheit Heinrich Rieter, Ind[ienne]fabrikant ins Vogelis Mühlen

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Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 69–69a, S. 130–131 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 6f. Z. 9f. Z. 10 Z. 15 Z. 15 Z. 47 Z. 47

Constitution: lateinische Schrift auch zur frequentiert: lateinische Schrift Mechanik: lateinische Schrift Mechanik seligsten Strebens Sacherklärung I.

Heinrich Rieter (1757–1840) aus Winterthur ist Indiennefabrikant und trägt auch den Namen «Vögelimüller». Er ist mit Anna Maria Däniker (1763–1841) verheiratet und Vater von sechs Kindern, von denen aber nur zwei Mädchen und ein Knabe die frühe Kindheit überleben. III. Z. 6

Z. 36 Z. 52

Knabe: (Jakob) Heinrich/Henry Rieter (1795–1851), Sohn von Heinrich Rieter (1757–1840, ⇒ Sacherklärung I.), war Schüler Pestalozzis. Er verliess Yverdon vor 1810/11 und liess sich darauf, gemäss Vermerk in Pestalozzis Personal-Etat 1812, in Winterthur zum Kaufmann ausbilden. Die BürgerEtat der Stadt Winterthur führen ihn als Obermüller und Kantonsrat (1842) und als Müller, Gutsbesitzer und Alt-Kantonsrat (1848). Eltern: Heinrich Rieter (1757–1840, ⇒ Sacherklärung I.) und Anna Maria Rieter-Däniker (1763–1841, ⇒ Sacherklärung I). Vögelis Mühlen: Die Winterthurer Vögelimühle, auch unter dem Namen Untere Mühle und Stubenwegs-Mühle bekannt, verdankt ihren Namen einem Vorbesitzer aus dem 16. Jahrhundert (Hans Vögeli).

308 898. Georg Viktor Keller 22. September 1807 Aarau 22. Sept[ember] 1807. 5

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Hochzuverehrender Herr! Schon an mehrern Orten hörte ich Äusserungen des Befremdens, dass von Ihrer Anstalt für arme Kinder in Wildenstein wieder alles still sey. Die hohe Regierung des Kantons will alles thun, um ein so wohlthätiges Unternehmen zu befördern; es ist also Jedermanns Wunsch, recht bald zu vernehmen, ob Sie noch auf ihrem ersten Antrag bestehen, und unter welchen Bedingungen Sie sich einem so heilsamen Werk unterziehen wollten? – Das Hinderniss wegen dem Religionsunterricht der kathol[ischen] Zöglinge dürfte dadurch gehoben werden, wenn Sie sich, anstatt Wildenstein, entweder das Schloss Biberstein, oder die Kommende Leuggern, die ohnlängst dem Staat anheim fiel, von der Regierung zu Errichtung Ihrer so viel versprechenden Anstalt ausbäten. Herr Krüsi zeigte mir einen weitläufigen Plan vor, den Sie einzusenden Willens wären. Thun Sie das recht bald. jeder Aufschub ist Zeit Verlurst. Längeres Zögern dürfte den Verdacht bestärken, dass Sie Ihr schönes Vorhaben aufgegeben haben. Ich freue mich recht herzlich darauf, ehestens darüber dem Schulrath beruhigenden Bericht zu erstatten. Genehmigen Sie die redliche Versicherung meiner unbegränzten Hochachtung! Ihr ergebenster von Herzen Keller Kath[olischer] Pf[arre]r.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 52/53, Umschlag 159 Bogen, 236x195 mm Dorsualvermerk Aarau 22. 7bre 1807. Keller, Min. Catholisch. 2 5 . Original Textkritik

Zeuge H Z. 15

die

309 Sacherklärung I. Georg Viktor Keller (1760–1827) besucht die Schule der Benediktiner in Villingen (Baden-Württemberg) und das Gymnasium in Freiburg. Nach dem Philosophiestudium in Wien tritt er 1778 als Novize in die Benediktinerabtei St. Blasien (Schwarzwald) ein, wo er Philosophie, Mathematik, Diplomatik und Numismatik und ab Erhalt der Priesterweihe im Jahre 1785 auch Kirchengeschichte und Kirchenrecht lehrt. 1804–1806 verwaltet er im Kanton Aargau die der Abtei zughörige Pfarrei Wislikofen, 1806–1814 ist er Pfarrer in Aarau und 1807–1814 Erziehungsrat des Kantons Aargau. Seine Pfarrtätigkeit führt er ab 1816 in Grafenhausen, ab 1820 in Pfaffenweiler (beides BadenWürttemberg) weiter. Keller gilt als Vertreter der katholischen Aufklärung. II. 1807 ergab sich für Pestalozzi eine konkrete Möglichkeit, sein Traum einer Armenerziehungsanstalt zu verwirklichen, da ein Schloss im Kanton Aargau zur Verfügung gestellt werden sollte (⇒ Nr. 865). Pestalozzi verfasste ein Konzept (Vorschläge zur Errichtung einer Armenanstalt im Kanton Aargau, März 1807, PSW XX, S. 37–44), welches in der Ratssitzung vom 23. März 1807 diskutiert wurde. Anschliessend wurde Pestalozzi beauftragt, sein Konzept auszuarbeiten. Dieses zirkulierte in der Folge in der Regierungsratssitzung vom 31. März und wurde zur ökonomischen Begutachtung dem Finanzrat überwiesen, welcher das Schloss Wildenstein zur Nutzung vorschlug. Trotz diesen viel versprechenden Anfängen gelangte das Projekt aber nicht zur Umsetzung. Was genau der Grund für das Scheitern war, ist unklar, aus den Briefen Pestalozzis wird aber deutlich, dass die beiden Parteien von unterschiedlichen Voraussetzungen ausgingen. Während Pestalozzi glaubte, dem Kanton Aargau mit seinem Projekt ein Angebot zu machen, sah der Kanton Aargau in ihm einen Bittsteller, von welchem zum Beispiel auch Angaben über die finanzielle Organisation der Anstalt eingeholt werden sollten (PSB V, S. 236). Dies wiederum stiess bei Pestalozzi auf wenig Verständnis und die Verhandlungen schleppten sich dahin, bis sie schliesslich abgebrochen wurden (PSB VI, S. 12). III. Z. 7 Z. 15

Z. 15

Z. 17 Z. 18 Z. 22

Ihrer Anstalt: ⇒ Sacherklärung II. Schloss Biberstein: 1537–1798 diente das Schloss Biberstein als Verwaltungssitz der Landvogtei Biberstein, 1802–1804 wurde das unterdessen leer stehende Schloss an Johannes Heinrich Daniel Zschokke (1771–1848, ⇒ Nr. 561) vermietet und ging anschliessend in den Besitz des Kantons Aargau über. Kommende Leuggern: Als Kommende bezeichneten die geistlichen Ritterorden ihre Niederlassungen. Die seit 1231 den Johannitern zugehörige Kommende Leuggern bestand aus einem burgähnlichen Gebäude, welches 1806 an den Kt. Aargau überging. Krüsi: Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588 Plan: Johann Heinrich Pestalozzi: Vorschläge zur Errichtung einer Armenanstalt im Kanton Aargau, März 1807 (PSW XX, S. 37–44) Schulrath: Aargauer Schulrat ⇒ Nr. 868

310 899. Philipp Albert Stapfer 24. September 1807 Taley près Mer, Loir et Cher 24 Sep. 5

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Mon cher ami, Cette lettre vous sera remise par Monsieur de Grange, savant mathématicien, occupé, conjointement avec Monsieur Maine-Biran, Administrateur et homme de lettres distingué, d’organiser un Collège à Bergerac dans le Département de la Dordogne. M[onsieu]r Maine est un méthaphycicien aussi lumineux que profond, son ami M[onsieu]r de Grange un habile Professeur de mathématiques; sciences qu’il a enseignées avec une grande réputation à l’Ecole de Brest. Ces Messieurs ont, l’un et l’autre, conçu une idée très avantageuse de Votre méthode, et ont un vif désir de la naturaliser dans leur patrie, en la faisant entrer dans l’enseignement de leur nouvelle institution. Leur savoir, leur pénétration et la considération dont ils jouissent, donnent à leur suffrage un grand poids, et si Votre méthode doit être enfin appréciée en France comme presque partout ailleurs, et y prendre racine pour le bien de l’humanité, il lui faut de pareils amis et de pareils propagateurs. M[onsieu]r Maine-Biran Vous a, mon cher ami, au mois de Juin dernier, écrit pour vous prier de lui envoyer un Instituteur formé sous vos yeux que vous crussiez propre à prêcher Votre Evangile dans les Gaules; et il est peiné de n’avoir pas encore reçu de réponse. Je suis convaincu que Votre silence n’est point dû à un manque de desir de seconder les vuës liberales et bienfaisantes de M[onsieu]r le Sous-préfet de Bergerac; mais à Vos travaux multipliés et peutêtre à la difficulté de trouver parmi vos amis et Vos éléves un homme qui convienne à la France, et à qui le séjour en France convienne. Dans tous les cas, soyez persuadé que l’instituteur que vous jugerez propre et qui se sentiroit la capacité de remplir cette mission n’auroit point le sort de Naëf, il auroit des protecteurs, des coopérateurs et des éléves pleins des meilleures dispositions pour lui et la méthode. Il ne s’agit pas ici d’un essay, inspiré par la curiosité et combattu dès son origine par une partie des administrateurs qui en fournissoient les moyens, comme il est arrivé au pauvre Naëf quand il a été appellé à instruire à la Pitié les enfans du vice et de la misère sous les auspices des Directeurs qui étoient remplis de préventions contre la méthode et impatians de voir des résultats rapides, n’importe comment; mais d’un Etablissement organisé par des savans et des administrateurs animés des plus nobles in-

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tentions, doués de connoissances étendues et d’une volonté énergique et disposant de tous les moyens d’entretien et d’aggrandissement qui peuvent assurer un état de prospérité durable et croissante à un Collège formé sur les bases les plus larges dans une ville qui offre beaucoup de ressources. Je vous serai en particulier, cher et respectable ami, personnellement redevable pour tout ce que vous voudrez bien faire pour remplir les vœux et le but du voyage de Monsieur de Grange. Je n’ai dans cette pressante recommandation aucun autre objet envue que la propagation de Votre méthode que j’ai, comme Vous savez, dès sa naissance considéré comme l e v e r i t a b l e E v a n g i l e d e l ’ E d u c a t i o n , et pour laquelle je n’ai jusqu’ici vu en France de possibilité de l’acclimater que dans le zèle et l’appui éclairé de Messieurs de Grange et Maine-Biran. J’ai reçu Vos deux lettres, mon cher ami, par mon parent M[onsieu]r de Lond celle qui accompagnoit les cinq ouvrages sur Votre méthode publiés par différens savans de l’Allemagne que vous avez eû la bonté de m’envoyer, et par M[onsieu]r Benj[amin] de Lessert, celle qui accompagnoit les prospectus et le premier Numero de Votre Journal Encyclopédique. J’ai aussi reçu l’intéressante lettre de M[onsieu]r Niederer à la quelle je me propose de répondre plus au long. J’ai en attendant, remis à mon Cousin m[onsieu]r de Saugy un paquet pour votre excellent collaborateur comme une foible marque de l’estime et de la consideration dont je suis pénétré pour lui. Ce que vous me dites des facilités que le Gouvernement Argovien vous accordera pour réaliser le projet longtems nourri dans votre belle ame de venir au secours de la classe misérable par l’établissement d’une école d’industrie uniquement destinée aux indigens, me cause un sensible plaisir. Mais je vous recommande toujours de ne pas perdre de vue la transition de Votre instruction élémentaire aux connoissances tant usuelles que scientifhiques dont la société Européenne ne peut pas se passer dans l’état actuel de sa civilisation, et qu’il faut absolument rattacher à Votre méthode si vous voulez qu’elle opère véritablement la régénération de l’enseignement. Adieu, mon respectable ami; je vous recommande encore une fois, avec de vives instances, les interets de M[onsieu]r de Grange et de son institut. Encore une fois adieu Votre dévoué P. A. Stapfer

312 Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, B. 52–54, S. 98–102 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 10 Z. 26

méth∫aphycici∫en les∫ Sacherklärung I.

Philipp Albert Stapfer (1766–1840) aus Brugg (Kt. Aargau) stammt aus einer Theologenfamilie. Er studiert in Bern Theologie, wird im Frühjahr 1789 zum Pfarrer ordiniert und studiert darauf in Göttingen weiter. Anschliessend unternimmt er eine Bildungsreise nach Holland, London und Paris. Zwischen 1791 und 1798 arbeitet Stapfer in Bern als Lehrer: Er übernimmt 1791 die Stellvertretung seines Onkels Johann Stapfer (1719– 1801), Professor für theoretische Theologie an der Akademie und etwa gleichzeitig engagiert ihn das Politische Institut in Bern als Deutsch, Latein- und Philosophielehrer. 1792 erhält er zusätzlich die Stelle des Professors für Philologie an der Akademie. 1798 entsendet Bern den zweisprachigen Stapfer als Sekretär des ausserordentlichen Gesandten und Juristen Samuel Friedrich Lüthardt (1767–1823, ⇒ Nr. 760) nach Paris, um beim Französischen Direktorium eine Verkleinerung der Kompensationszahlungen zu erwirken und ihm den Vorschlag für eine neue Helvetische Verfassung zu unterbreiten. Hier lernt er seine spätere Frau Marie Madeleine Pierrette Vincent (1778–1854) kennen, welche er am 1. August 1798 heiratet. Bereits während dieses Parisaufenthaltes, am 2. Mai 1798, ernennt ihn das helvetische Direktorium (⇒ Nr. 488) zum Minister «der Wissenschaften und Künste, der öffentlichen Gebäude, Brücken und Strassen». Von 1800 bis 1803 ist Stapfer Gesandter der Helvetischen Regierung in Paris, anschliessend zieht er sich aus der Politik zurück. Bis zu seinem Tod am 27. März 1840 in Paris lebt er mit seiner Familie in Frankreich, widmet sich der schriftstellerischen Tätigkeit und arbeitet bei kirchlichen Hilfswerken und beim Aufbau von Bibelkreisen mit. 1835 erhält er eine Ehrenpromotion von der Berner Hochschule (Juristische Fakultät). Stapfer verfolgt in seiner politische Tätigkeit verschiedene Ziele im Schul- und Bildungswesen, etwa die Gründung einer eidgenössischen Hochschule, die Schaffung eines Helvetischen Volksblattes und eines Bureaus für Nationalkultur, die Förderung von Bibliotheken, Künsten und Wissenschaft – wobei nicht alle erfolgreich abgeschlossen werden konnten. Lit.: Anna Bütikofer: Staat und Wissen. Ursprünge des modernen schweizerischen Bildungssystems im Diskurs der Helvetischen Republik. Bern 2006 III. Z. 4 Z. 6 Z. 7 Z. 8f.

Taley près Mer: Talcy (Centre) de Grange: Marie Joseph de Gérando (1772–1842) ⇒ Nr. 900 Monsieur Maine-Biran: François Pierre Gauthier, M de Biran (1766–1824) ⇒ Nr. 873 Collège à Bergerac: Die im Oktober 1807 eröffnete Schule war für 100 Pensionäre gedacht, die von fünf Lehrern unterrichtet werden sollten. Dem Collège war eine pestalozzische Elementarschule angegliedert, die von Jean François/Franz Barraud (1777–1830, ⇒ Nr. 987) geführt wurde.

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Z. 21 Z. 22 Z. 24

Z. 32 Z. 56

Z. 56f. Z. 57 Z. 59f.

Z. 61 Z. 62 Z. 63f. Z. 67

Diese Schule wurde 1810 vom Collège losgelöst und existierte autonom bis zu ihrer Verstaatlichung im Jahre 1881 weiter. Lit.: Regula Düggelin: Die Gründung der ersten französischen PestalozziSchule in ihrem historischen Kontext. Lizentiatsarbeit Universität Basel 1998 Ecole de Brest: Damit dürfte das Collège communale gemeint sein. Die Schule wurde 1802 im Zuge der frankreichweiten Umorganisation der écoles centrales zu collèges communaux gegründet. ecrit: ⇒ Nr. 873 Instituteur: Jean François/Franz Barraud (1777–1830) ⇒ Nr. 987 réponse: Gemäss Pestalozzis Schreiben an François Pierre Gauthier, M de Biran (1766–1824, ⇒ Nr. 873) vom Herbst 1807 muss es eine solche Antwort gegeben haben, die aber offenbar verloren gegangen ist (PSB V, Nr. 1313). Naëf: Franz Joseph Nikolaus Näf (1770–1854) ⇒ Nr. 641 Vos deux lettres: Die letzten zwei erhaltenen Briefe Pestalozzis an Philipp Albert Stapfer (1766–1840, ⇒ Sacherklärung I.) stammen vom 7. August 1805 und vom 7. Juni 1807. Während der erste Brief zeitlich zu weit zurück liegt, als dass er in Frage käme, könnte das zweite Schreiben (PSB V, Nr. 1285) hier gemeint sein. Eine sichere Zuordnung ist aber nicht möglich. M[onsieu]r de Lond: konnte nicht identifiziert werden les cinq ouvrages: Es ist unklar, welche Publikationen hier gemeint sind. Benj[amin] de Lessert: (Jules Paul) Benjamin Delessert (1773–1847) aus Lyon leitete 1802–1847 die Banque de France in Paris. Als Industrieller gründete er im Pariser Arrondissement Passy eine der ersten mechanischen Baumwollspinnereien Frankreichs, später eine Runkelrübenzuckerfabrik. Delessert gehörte 1817–1838 der französischen Abgeordnetenkammer an. Er war Initiant und Mitglied zahlreicher gemeinnütziger Gesellschaften und gilt insbesondere als Förderer des Armen-, Spital- und Gefängniswesens. Journal Encyclopédique: Wochenschrift für Menschenbildung 1807–1811 M[onsieu]r Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 de Saugy: Daniel Louis Frossard de Saugy (1752–1808) ⇒ Nr. 801 le projet: Bei diesem Projekt handelt es sich um die geplante Armenanstalt auf dem Schloss Wildenstein (⇒ Nr. 898)

900. Marie Joseph de Gérando 27. September 1807 Paris, 27 Septembre 1807. 5

Je comptois Monsieur, avoir l’honneur de vous remettre moi-même la lettre de M[onsieu]r Stapfer que je joins ici; ma santé un peu dérangée et de nombreuses affaires, en prolongeant mon séjour dans cette ville, me privent du plaisir d’aller vous témoigner en

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personne combien vos rares talents et vos excellentes vues de bien public m’ont inspiré de considération et de respect. La lettre de votre ami et digne compatriote vous fera suffisamment connaitre ce que nous espérons, Monsieur, de votre zèle pour l’institution qui vous a fait sacrifier tant d’années à de longues et fatigantes recherces si souvent infructueuses. Heureusement pour l’humanité les vôtres ne l’ont point été et toutte l’Europe jouit aujourd’hui de leur résultat aussi avantageux qu’inespéré. La France seule n’a point encore eu le bonheur de se l’approprier, mais je n’ai aucun doute que, si vous nous sécondez, vous verrez promptement votre innappréciable méthode, jouir parmi nous des mêmes honneurs que ses succès lui ont merités en S u i s s e et en Allemag ne . M [ o n s i e u r ] L e S o u s - p r é f e t d e B e r g e r a c mon ami et comme moi votre admirateur homme plein de zèle pour l’instruction, vous a écrit dans le mois de Juin d[erni]er pour vous demander un professeur capable de seconder nos projets. comme vous le fait observer M[onsieu]r Stapfer, la personne que vous voudrez bien nous envoyer, sera dans une position et dans des circonstances beaucoup plus favorables que celles où m[onsieu]r Naëf se trouvait ici. Sûr de la considération publique, de l’appui et de la persévérance de l’administration, entouré de collaborateurs d’une volonté forte et bien disposés à le soutenir de tous leurs moyens il ne peut manquer de réussir et de faire apprécier votre utile méthode. Je ne vous parle pas, Monsieur, du traitement que nous lui ferons je vous prie de le fixer vous même et je sous crirai avec plaisir à tout ce que vous aurez décidé. Je me flatte, Monsieur, que vous voudrez bien m’honorer d’une réponse le plus promptement qu’il vous sera possible et dans le cas même òu vous n’auriez pas encore fait le choix que nous sollicitons de vous. Je ne serai tranquille qu’au moment ou j’obtiendrai votre promesse. Permettez, Monsieur, que je vous présente ici l’hommage des sentiments distingués d’estime et de vénération que depuis longtemps j’ai nourris dans mon cœur pour votre honorable personne et veuillez aussi me croire le plus dévoué de vos admirateurs. De Grange. P.S. Veuillez, Monsieur, m’adresser votre réponse – Directeur du Collège de Bergerac, Rue du jour N° 13 à Paris où je suis encore pour un mois.

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ZB Zürich, Ms Pestal 1470, Abt.I/8 Blatt, 335x212 mm Dorsualvermerk Degrange de Bergerac Paris 1807 à Pestalozzi Original Textkritik

Zeuge H Z. 30 Z. 34

l’administration parle Sacherklärung I.

Marie Joseph de Gérando (1772–1842) aus Lyon sollte eigentlich eine kirchliche Laufbahn einschlagen. Nach verlorenem Kampf gegen die Einnahme der Stadt durch die Truppen der Republik, flüchtet er 1793 über die Schweiz nach Italien. 1796 kehrt er nach gewährter Amnestie nach Frankreich zurück. Zeitgleich mit dem Eintritt in die französische Armee beteiligt sich de Gérando an einem vom Institut National lancierten Preisschreiben über die Frage nach dem Einfluss von Symbolen auf das Denken. Seinem prämierten Beitrag folgen zahlreiche philosophische Schriften und, im Anschluss an sein Engagement in der 1802 mit gegründeten Société d'encouragement pour l'éducation industrielle du peuple, alsbald auch pädagogische Publikationen. 1804– 1811 ist de Gérando wechselweise in Frankreich, Italien und Spanien in verschiedenen hohen Beamtfunktionen tätig. Ab 1815 widmet er sich als Präsident der Société pour l’instruction élémentaire intensiv der Verbesserung von Unterricht, Lehrerbildung wie auch der Entwicklung von Konzepten der Taubstummenpädagogik. Quellen: Marie Joseph de Gérando: Cours normales des instituteurs primaire ou directions relatives à l’éducation physique, morales, et intellectuelle dans les écoles primaires. Paris 1832; Marie Joseph de Gérando: De l’éducation des sourds-muets de naissance. Paris 1827 II. Marie Joseph de Gérando (1772–1842, ⇒ Sacherklärung I.) war Generalsekretär im französischen Innenministerium. Damit erhielten die Bemühungen, Pestalozzis Methode in Frankreich zu etablieren, einen «offiziellen» Anstrich (⇒ Nr. 903). Er schickte mit diesem Brief auch jenen Philipp Albert Stapfers (1766–1840, ⇒ Nr. 899), da er offenbar vom ursprünglichen Plan, jenen Brief Pestalozzi persönlich zu übermitteln, abkommen musste. III. Z. 6 Z. 6 Z. 22 Z. 24 Z. 25 Z. 28

la lettre: ⇒ Nr. 899 Stapfer: Philipp Albert Stapfer (1766–1840) ⇒ Nr. 899 L e S o u s - p r é f e t d e B e r g e r a c : François Pierre Gauthier, M de Biran (1766–1824) ⇒ Nr. 873 écrit: ⇒ Nr. 873 un professeur: Jean François/Franz Barraud (1777–1830) ⇒ Nr. 987 Naëf: Franz Joseph Nikolaus Näf (1770–1854) ⇒ Nr. 641

316 901. Johann Jakob Biedermann 28. September 1807 Konstanz d[en] 28 7bre 1807. 5

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Ich eile Ihnen, mein Lieber! zu melden, dass ich gestern vorzüglich desswegen bey Herr von Wessenberg zu Mitag speisen musste, um mit Musse von Ihnen und Ihrer Lehranstalt sprechen zu können. Er hat mir ganz besonders aufgetragen, Sie zu versichern, dass er Sie schon lange als vortrefflichen Mann schätze und herzlich liebe, und dass er ein a u s s e r o r d e n t l i c h e r V e r e h r e r Ihrer Lehrmethode seye; dass er ebenfalls Ihre Schrifften hierüber studiert, und wie auch die neüern Blätter von Herr Niederer alles kenne, was dem Publikum bekannt geworden; dass er auch schon wirklich praktisch verschiedenes in seinen neüangelegten Lehranstalten angewandt, und zum völligen Studium Ihrer Lehre bald einen Geistlichen Herren, aus dem Kloster Kreüzlingen, zu Ihnen nach Iverdon senden werde; worüber er Ihnen aber wahrscheinlich noch selbst vorher schreiben wird. – J.J. Biedermann.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 74a Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Sacherklärung I. Johann Jakob Biedermann (1763–1830) widmet sich schon als Jugendlicher in seiner Heimatstadt Winterthur der Zeichenkunst. In Bern und in Dresden, wo er zeitweise als Zeichenlehrer arbeitet, vervollständigt er unter anderem bei Johann Ludwig Aberli (1723–1786) seine Kenntnisse und Fertigkeiten in der Porträt-, Stadt- und idyllischen Landschaftsmalerei. Während der Helvetik ist er Sekretär der Helvetischen Regierung (⇒ Nr. 488) in Bern, zieht jedoch 1803 zeitweilig und von 1814 bis 1827 vollständig nach Konstanz, bevor er schliesslich in Zürich stirbt. II. Es ist unklar, wo und wie sich Johann Jakob Biedermann (1762–1830, ⇒ Sacherklärung I.) und Pestalozzi kennen gelernt haben. Es ist aber anzunehmen, dass Biedermann Pestalozzi in Yverdon besucht hat.

317 III. Z. 6 Z. 12 Z. 14f.

Z. 16

Herr von Wessenberg: Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774–1860) ⇒ Nr. 683 neüern Blätter von Herr Niederer: Damit dürfte die Zeitschrift Wochenschrift für Menschenbildung (1807–1811) gemeint sein. neüangelegten Lehranstalten: Damit sind wahrscheinlich frühe Lehrerbildungsanstalten gemeint. Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774–1860, ⇒ Nr. 683) unterstützte den Konstanzer Dom- und Münsterpfarrer Willibald Strasser (1769–1846) bei der Leitung eines privaten Lehrerseminars und unterstützte auch das am 2. Juni 1806 im ehemaligen Kloster eröffnete Lehrerseminar in Kreuzlingen. Zudem regte er im selben Jahr die Umwandlung des Klosters Rheinau (Kt. Zürich) in ein Gymnasium an. Geistlichen Herren: Philipp Nabholz (1782–1842) ⇒ Nr. 967

902. Wilhelm Christian von Türk 29. September 1807 Oldenb[urg] 29. Sept. 5

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Dein Brief, guter Vater Pestalozzi! hat mir sehr wohl gethan; also freust Du Dich mit den Deinen meines Kommens! Auch ich habe eine unbeschreibliche Sehnsucht, Dich u[nd] die mir wohlwollen in Yferten wiederzusehen. Dass Deine Gattin u[nd] M[a]d[a]me Kuster jetzt da sind, ist mir sehr lieb. Mir kam es immer vor, als hätte die Drechsel etwas von der Fellebergischen Kälte u[nd] überall vermisse ich die gute Frau Pestalozzi, die für alles u[nd] alle, auch für mich, den Fremdling, so mütterlich sorgte. Es sind nur noch Oekonomi[sch]e Sorgen, die mich etwas drücken; ich habe hier ein eignes Haus, das 1000 Louisd’or gekostet, das ich nicht gut verkaufen kann, weil der Zustand der Dinge so ungewiss ist, dass jetzt niemand kaufen will. Für Deutschland ist wol nie eine unglücklichere Zeit gewesen, als die jezzige. Sonst traf das Unglück des Kriegs einzelne Provinzen. Jetzt trifft das Unglück des Friedens ganz Deutschland. Sonst heilte der Frieden die Wunden, die der Krieg geschlagen; jetzt macht er die Wunden nur schmerzlicher, unheilbarer. Ich habe jetzt nur einen Gedanken, der mich tröstet und stärkt und aufrecht erhält – es ist das, dass durch Dein Werk über die Menschheit ein schönerer Morgen aufdämmern wird – den Blick nach diesem Morgen gerichtet, werde ich einst ruhiger scheiden, denn ich sehe dann mein armes Vaterland durch eigene Kraft sich schöner u[nd] kräftiger erheben. Ich lasse mir diese Hoffnung nicht rauben – sie ist gleich ihrem Symbol, dem Anker –

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ohne sie würde das Schiff meines Lebens ein Spiel u[nd] Raub der Wellen werden, die der Sturm der Zeit um uns her aufthürmt. Das Unglück, das jetzt die Grossen der Erde trifft, hat mehre herbe Lebens-Erfahrung wieder in mir aufgerufen. Ich theile Dir sie mit. – Als ich im vor[igen] Sommer in Weimar in dem herrlichen Schlosse (es kostet 2 Millionen Thaler) vor der E[rb]Pr[inzessin] von Weimar (einer der Edelsten ihres Geschlechts), stand, riss mich der Eifer für die gute Sache u[nd] der Abglanz himmlischer Tugenden in ihrem Antlitz hin, für Dich u[nd] Deine Sache, vor einem zahlreichen Hofe, mit Wärme u[nd] Feuer zu reden – ich bat, man möchte einen jungen Mann, den ich auswählen würde, auf 1 oder 2 Jahre zu Dir schicken. – Die jezzigen Verhältnisse (es war damals Frieden) erlaubten es nicht, war die Antwort; man müsse jetzt jede Ausgabe möglichst vermeiden etc. Ich gehe, etwas beschämt, die Stufen der Treppe herab (sie hatte tausende gekostet) u[nd] dachte: Für das äussere Auge wurden Bauten aufgeführt, die Millionen kosten – für das innere!! Der Hofmarschall begleitet mich, Ein Mops bellt uns an. Sehen Sie doch das kleine Thier recht an. Ists nicht ein allerliebster Hund! Ein eigner Courier hat ihn überbracht, er kostet der Grossfürstin 300 Ducaten! Fiat applicatio. Jenes Pracht-Gebäude kostete 2 Mill[ionen] u[nd] der Krieg hat uns eben so viel gekostet – aber für menschliche Zwecke. Als ich noch in Strelitz war, bat ich um Reise-Geld zu jener Reise, die ich zu Dir unternehme. ich bat, mir wenigstens einen jungen Mann mitzugeben. Vergeblich – hätte man damals meine Bitte erfüllt, die Dankbarkeit hätte mich an das Land gefesselt. Ich ward nach Brandenburg geschickt, die Schulen zu reguliren; es gelang mir Magistrat und Bürgerschaft zu beleben; es ward eine Collecte gemacht, wodurch eine jährliche Summe von 200 R[eichs]t[a]l[ern] zusammengebracht wurde zur Anstellung eines Elementar-Lehrers. Es fehlte ein Locale dazu; der Herzog sollte 40 R[eichs]t[a[l]er] dazu hergeben – er that es nicht. Während dem wurden einige überflüsige Zimmer im Schloss dekorirt – es kostete 30’000 R[eichs]t[a]l[er]. – Jetzt kostet der Krieg dem Lande eine halbe Million. So lange die Mittel da waren, that man nichts – ist da der Verlust der Mittel zu beklagen? Aber freilich geschieht jetzt auch nichts, als was einzelne Patrioten thun. Desto erfreulicher ist mir das Benehmen der patrioti[schen] Gesellschaft in Hamburg, die mir gerade jetzt, wo die Stadt so sehr leidet, einen jungen Mann hieher schickt, der für 1 Jahr bleiben u[nd] die Methode erlernen soll. Er ist seit 10 Tagen hier; ich unterweise ihn täglich selbst u[nd] er macht sehr gute Fortschritte.

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Lieber hätte ich es gesehen, wenn man ihn nach der Schweiz gesandt hätte, aber man scheute die zu grosse Entfernung; indessen hole ich nächstens meine Frau u[nd] mein Kind in Hamburg ab und dann denke ich, diese Gesell[schaft] dahin zu disponiren, dass sie einen jungen Mann dahin sende, noch besser einen Knaben von 10 bis 12 Jahren, der dort einige Jahre bliebe. Künftige Woche kommt Eckardt aus Neustreliz – durch ihn hoffe ich, in einer Mädchen-Anstalt, die Fortdauer der Anwendung der Methode auch sodann, wenn ich nicht mehr hier sein werde, zu sichern. – Ich wünsche sehr zu wissen, ob der Consul Kulenkamp, Vater meines Gustav, im Institute war? Mögte ich bald zu Deiner Zufriedenheit, mögte ich dazu etwas beitragen können, dass Du der Fortdauer Deines Werks noch mehr versichert würdest. Ich fühle es, ich werde thätiger, für das Gute, ich werde besser werden u[nd] mehr ausrichten, wenn Deine Nähe, Dein Umgang, Deine Umgebungen mich wieder erquicken, mir neuen Muth, neue Kräfte eingeflösst haben werden. Ich werde ganz glücklich sein, wenn ich nur erst mich Deinen Zwecken ausschliessend werde widmen können. – Niederer schreibe ich ausführlich (bis Carlsruhe mit Gelegenheit). Sprich für mich, dass er mir dann bald wieder antworte. Sei überzeugt, dass ich mit Freuden alles für Dich u[nd] Deine Zwecke thun werde, was in meinen Kräften steh. Lebe wohl. Dein Freund Türk.

Überlieferung 1 2 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a, Umschlag 372/3 Blatt, 243x206 mm Original Textkritik

Zeuge H Z. 5 Z. 8 Z. 9 Z. 10 Z. 10 Z. 11 Z. 13 Z. 14 Z. 14 Z. 32

Pestalozzi: lateinische Schrift Yferten: lateinische Schrift Kuster: lateinische Schrift Drechsel: lateinische Schrift Fellebergischen: lateinische Schrift Pestalozzi: lateinische Schrift Oekonomi[sch]e: lateinische Schrift das 1000 Louisd’or: lateinische Schrift Weimar: lateinische Schrift

320 Z. 32 Z. 46 Z. 47 Z. 50 Z. 54 Z. 55 Z. 55 Z. 57 Z. 58 Z. 61 Z. 65 Z. 66 Z. 67 Z. 70 Z. 72 Z. 73 Z. 76 Z. 76 Z. 79f. Z. 88 Z. 89 Z. 90

Weimar in Courier: lateinische Schrift Ducaten! Fiat applicatio: lateinische Schrift Strelitz: lateinische Schrift Brandenburg: lateinische Schrift Magistrat: lateinische Schrift Collecte: lateinische Schrift Elementar: lateinische Schrift Locale: lateinische Schrift dekorirt: lateinische Schrift patrioti[schen]: lateinische Schrift Hamburg: lateinische Schrift Jahr∫ Schweiz: lateinische Schrift Hamburg: lateinische Schrift disponiren: lateinische Schrift Eckardt: lateinische Schrift Neustreliz: lateinische Schrift Kulenkamp: lateinische Schrift Niederer: lateinische Schrift Carlsruhe: lateinische Schrift dann∫ Sacherklärung I.

Wilhelm Christian von Türk (1774–1846) ⇒ Nr. 653 III. Z. 5 Z. 8 Z. 8f. Z. 10

Z. 11 Z. 33f.

Dein Brief: PSB V, Nr. 1311 Deine Gattin: Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 M[a]d[a]me Kuster: Anna Magdalena Custer-Pestalozzi, geb. Frölich (1767–1814) ⇒ Nr. 547 Drechsel: Damit könnte die Haushälterin in Burgdorf gemeint sein, Maria Elisabeth Trechsel (*1774), Suzanne Trechsel (*1782, ⇒ Nr. 541) oder Anna Trechsel (*1778), die anschliessend zu Johann Georg Tobler (1769–1843, ⇒ Nr. 500) nach Basel geschickt wurde. Frau Pestalozzi: Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 E[rb]Pr[inzessin] von Weimar: Anna Amalie von Sachsen-Weimar-Eisenach (1739–1807) übernahm nach dem frühen Tod ihres Ehemanns Ernst August II. Constantin (1737–1758), Herzog von Sachsen-Weimar-Eisenach, bis zur Volljährigkeit ihres Sohnes Karl August (1757–1828, ⇒ Nr. 811) 1775 die herzoglichen Regierungsgeschäfte. Durch Einsparungen bei gleichzeitigen Investitionen in die Infrastruktur, sowie das Bildungs- und Gesundheitswesen stabilisierte sie die gebeutelte Wirtschaft des Herzogtums und etablierte zugleich Weimar als Kultur- und Wissenschaftszentrum, indem sie unter anderem 1772 Christoph Martin Wieland (1733–1813, ⇒ Nr. 637) an ihren Hof holte, während drei bzw. vier Jahre später Johann Wolfgang

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Z. 67 Z. 72 Z. 72 Z. 76 Z. 79f.

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von Goethe (1749–1832, ⇒ Nr. 811) und Johann Gottfried von Herder (1744–1803 ⇒ Nr. 833) nach Weimar kamen. Hofmarschall: Wolfgang Gottlob Christoph Freiherr von und zu Egloffstein (1766–1815) wurde 1786 Hofjunker und Regierungsassessor in Weimar, 1787 war er Kammerjunker und Regierungsrat, 1794 Hofrat und Kammerherr. 1802 erfolgte seine Ernennung zum Hofmarschall am Weimarer Hof, 1813 wurde er Oberkammerherr. Fiat applicatio: Man möge die Anwendung machen (lat.) die Schulen zu reguliren: Eine gründliche Visitation des Neubrandenburger Schulwesens 1805 durch Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653) im Auftrag von Herzog Karl II. (Ludwig Friedrich) von MecklenburgStrelitz (1741–1816, ⇒ Z. 58) legte die dortigen Missstände offen. Von Türks Forderung nach einer Reorganisation der höheren gelehrten Stadtschule wurde durch die Einrichtung einer Bürgerschule im selben Jahr seitens des Magistrats umgesetzt. Die Lehrergehälter in der Höhe von 523 Talern konnte die Stadt allein nicht leisten und bat daher um herzogliche Unterstützung. Herzog: Herzog Karl II. (Ludwig Friedrich) zu Mecklenburg-Strelitz (1741– 1816) übernahm 1794 die Regentschaft über das kleine Herzogtum, um dessen Modernisierung er sich durch Reformen im Landbau und Einführung der Schulpflicht bemühte. patrioti[schen] Gesellschaft: Die am 11. April 1765 nach dem Vorbild der englischen Society for the Encouragement of Arts, Manufactures and Commerce und der Pariser Société d’Encouragement de l’Industrie Nationale gegründete und bis heute bestehende Hamburgische Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe, kurz Patriotische Gesellschaft genannt, war ein Zusammenschluss alteingesessener Hamburger Bürger (Unternehmer, Kaufleute, Wissenschaftler, Geistliche, Senatoren). Einer der wichtigsten Impulsgeber war der Grosskaufmann und Sozialreformer Caspar/Kaspar Voght (1752–1839, ⇒ Nr. 1095). Die Gesellschaft wollte zu Verbesserungen im Gemeinwesen beitragen, etwa bei der Armutsbekämpfung durch die Gründung der ersten europäischen Sparkasse 1778 und die Reorganisation des Armenwesens auf staatlicher Grundlage 1788, bei der Förderung landwirtschaftlicher Reformen (Kartoffelanbau) und des Handwerks, der Verbesserung des Bildungswesens zu mehr beruflicher Anwendbarkeit schulischer Kenntnisse (Gründung von Zeichenschulen) und der städtischen Infrastruktur. jungen Mann: Friedrich Luther ⇒ Nr. 850 meine Frau: Wilhelmine Amalie von Türk-von Buch (1784–1850) ⇒ Nr. 817 mein Kind: Louise Friederike Charlotte Sophie von Türk (1807–1808) ⇒ Nr. 888 Eckardt aus Neustreliz: Johann Christoph Eckardt ⇒ Nr. 888 Consul Kulenkamp: Arnold Kulenkamp (1770–1826), seit 1809 königlich dänischer Konsul in Bremen, wurde im Dessauer Philanthropin (⇒ Nr. 568) erzogen und war als Mitglied einer alteingesessenen Bremer Kaufmannsfamlie im Handelsgeschäft tätig. Gustav: Gustav Conrad Kulenkamp (1800–1877) ⇒ Nr. 850 Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507

322 903. François Pierre Gauthier, Maine de Biran 30. September 1807 5

Le sous préfet de l’Arrondissement de Bergerac A monsieur Pestalozzi directeur de l’institut d’Yverdon Bergerac le 30 7bre 1807.

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Division. Section. Monsieur. Jai reçu hier seulement la derniere lettre que vous mavez fait l’honneur de mécrire jai engagé le directeur de notre nouveau collége m[onsieur] Degranges de faire lui même le voyage de Paris, d’abord pour se concerter avec des Savants qui connoissent votre methode, notamment avec M[onsieu]r Stapfer, ancien ministre de l’institution publique en Suisse, qui sait être en relation particuliere avec vous, Monsieur et qui m’honore aussi de son amities. Si notre directeur ne parvenoit pas à trouver par ce moyen ce qu’il cherchoit, il etoit convenu qu’il passeroit par la Suisse en revenant à Bergerac, qu’il tâcheroit de nous amener un élève formé à votre école vu qu’enfin il feroit en sorte de se mettre lui-même au courant de votre méthode en la voyant pendant quelque tems pratiqués sous ses yeux et réunissant aux données qu’il à deja par devers lui, celles qu’il ne pourroit manquer d’acquérir dans les conversations instructives qu’il auroit avec un instituteur aussi lumineux. Tout cela vous prouve, Monsieur, l’interêt et le zèle que nous mettons ici à propager parmi nous l’évangile de l’institution primaire dons vous êtes le créateur. Il n’y a pas plus que douze jours que m[onsieu]r Degranges notre directeur est parti pour Paris et nous n’avons encore aucune de ses nouvelles, il devoit voir en passant m[onsieu]r Stapfer qui demeure dans une campagne près d’Orléans, non loin de la route qui conduit de ce département à Paris. J’ignore encore quelles pourroient être les nouvelles dispositions que notre envoyé auroit pu faire d’après les conseils de Monsieur Stapfer pour se procurer un instituteur primaire et cette incertitude m’empêche de vous faire ici une reponse positive sur les propositions que vous avez eu la bonté de m’adresser je fais passer ma lettre à m[onsieu]r Degranges à Paris et ce sera lui qui devra la

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completter en vous fixant définitivement sur nos vues tant pour l’envoy du professeur primaire dont vous me parlies que sur les conditions à faire pour son traitement et les frais de son voyage, objets sur les quels je ne pense pas qu’il puisse y avoir de difficultes entre nous. J’adopte bien Monsieur, d’avance et dans tous les cas le parti que vous me proposez d’envoyer un jeune homme sage actif et zélé de notre pays dans l’école, pour s’y former et se mettre en etat de former d’autres. Ce projet qui m’est cher, sera suivi j’espère l’année prochaine, et je reclamerai alors pour assurer son exécution, vos bontes particulieres pour moi et pour le jeune candidat que j’aurai choisi mais il faut que notre organisation commence dans un mois et demi au plus tard et nous n’avons pas un instant à perdre, nous vous prierons donc s’il y a lieu, ainsi que vous le saurez par la lettre que m[onsieu]r Degrange joindra à la miene, de faire partir sur le camp m[onsieu]r B a r r a u d , pour qu’il soit arrivé dans notre ville le 15 novembre au plus tard. Je regrette beaucoup Monsieur, de ne pas être initie dans la langue allemande pour connoître les principaux ouvrages aux quels votre méthode a donné lieu m[onsieu]r Stapfer m’en a parlé, et m’a même promis de m’envoyer une traduction intéressante sur ce sujet, dont il s’occuppe en ce moment. Je désirerois être à porté de vous afin de puiser dans votre précieux commerce les lumières qui me manquent. Daignés, Monsieur, y supléer autant que les occasions et les circonstances pourront le permettre, et compléssnoi au nombre des admirateurs et des zélateurs d’une méthode, à laquelle me paroissent tenir tous les progrès ulterient de la raison humaine et le perfectionnement assuré de l’intelligence. Jai l’honneur de vous Saluer avec affection et respect. Maine Biran

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 65–66, S. 122–124 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 21 Z. 21 Z. 28 Z. 29 Z. 29

un formé prouve prop

ager l’évangile

324 Z. 36f. Z. 40 Z. 54f. Z. 55 Z. 61 Z. 63 Z. 65f. Z. 66 Z. 66

Monsieur Degran∫ges saurez par Degrange joindra intéressante précieux compléssnoi nombre méthode, à Sacherklärung I.

François Pierre Gauthier, Maine de Biran (1766–1824) ⇒ Nr. 873 III. Z. 12 Z. 14 Z. 16 Z. 17 Z. 21

Z. 56 Z. 61

la derniere lettre: PSB V, Nr. 1313 Degranges: Marie Joseph de Gérando (1772–1842) ⇒ Nr. 900 Stapfer: Philipp Albert Stapfer (1766–1840) ⇒ Nr. 899 institution publique: Hier handelt es sich wahrscheinlich um einen Abschreibefehler. Gemeint sein dürfte «instruction publique». un élève: Es gibt keinerlei Hinweise, dass Marie Joseph de Gérando (1772– 1842, ⇒ Nr. 900) zu dieser Zeit in Yverdon war oder jemanden in Yverdon ausbilden liess. Sicher ist, dass Jean François/Franz Barraud (1777–1830, ⇒ Nr. 987) bis 1815 die Pestalozzischule alleine führte. Vielleicht einigte man sich, auf Barrauds Sohn Louis (1798–1875) zu warten, der 1809–1815 in Yverdon war und dann als zweite Lehrperson an die Schule seines Vaters wechselte. Lit.: Regula Düggelin: Die Gründung der ersten französischen PestalozziSchule in ihrem historischen Kontext. Lizentiatsarbeit Universität Basel 1998 B a r r a u d : Jean François/Franz Barraud (1777–1830) ⇒ Nr. 987 traduction: Eine Übersetzung von Pestalozzis Schriften oder einer Sekundärliteratur über Pestalozzi durch Philipp Albert Stapfer (1760–1840, ⇒ Nr. 899) ist nicht nachweisbar.

904. Rosette Kasthofer Herbst 1807 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 7.14

325 Sacherklärung I. Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857) ⇒ Nr. 842

905. Philipp Jakob Rueff Herbst 1807 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 52.9 Sacherklärung I.

Philipp Jakob Rueff (1743–1831) aus Oehringen (Baden-Württemberg) erhält seine Ausbildung am dortigen Chorherrenstift und anschliessend am Konstanzer Jesuitenkollegium. 1761 tritt er in das Kloster Kreuzlingen (Kt. Thurgau) ein, wo er 1762 seine Ordensgelübde ablegt und im gleichen Jahr zum Priester geweiht wird. Zwei Mal fungiert er über Amtsperioden von je sechs Jahren als Dekan (1782–1788, 1797–1803). 1802 bis 1831 ist er zudem Abt des Klosters. Nachdem das Heilige Römische Reich 1806 aufgelöst wurde und das Kloster somit seinen Status als Reichskloster verloren hatte, kämpft Rueff mit zahlreichen Reformversuchen (Ausbildungsangebote, Lehrerseminar) um die Legitimität und die Weiterexistenz des Klosters. II. Im Herbst 1807 reiste Philipp Nabholz (1782–1842, ⇒ Nr. 967) zu Ausbildungszwecken nach Yverdon. Bei diesem erschlossenen Schreiben handelt es sich möglicherweise um ein Empfehlungsschreiben. Kennen gelernt haben dürfte Nabholz Philipp Jakob Rueff (1743–1831, ⇒ Sacherklärung I.) 1805 bei seinem Aufenthalt im Kloster Kreuzlingen.

906. Aaron Vail 4. Oktober 1807 Paris 4 Octobre 1807. 5

Monsieur! C’est sous les auspices de mon ami Monsieur Sullivan de Boston, et d’après la lecture de l’exposé par Mons[ieu]r Chavannes de votre excellente methode élémentaire: Le désir d’en profiter pour l’édu-

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cation de ma nombreuse famille, que je prends la liberté de vous en entretenir. J’ai donc pensé que nous pouvions seconder vos vues bienfaisantes et en profiter nous même, en faveur de nos enfans et ceux de quelques infortunes, sans moyens, en vous solicitant d’engager un de vos colaborateurs de venir s’établir parmi nous, et je me flatte que nous réussirons de nous rendre digne de vous, de lui et de votre incomparable institution; mais ayant été retenu quelque tems à Paris par des affaires. Je n’ai pu consulter mes voisins sur ce que je desire discuter de vive voix avec eux pour en assurer le succès et attendant de le faire. Je desirerois de savoir de vous même, s’il seroit en votre pouvoir de détacher de votre établissement, un homme tel qu’il faudroit, pour en fonder une dans un pays où elle seroit tout à fait nouvelle, c’est à dire un homme d’une morale à l’épreuve, et ayant une connoissance parfaite de votre méthode, doué d’une caractère doux et aimable tel que captiverait l’esprit et de l’amour de ses élevès, enfin Monsieur un homme qui vous ressemble autant que cela est possible et s’il peut réunir à ses talens la qualité de pasteur, cela augmenterois nos faibles moyens précumaires à lui procurer une honnête aisance pour lui et pour sa famille. A. Vail consul des Etats unis, de Lorent hotel des victoires, rue des fossées Montmarta à Paris.

Überlieferung 1 2 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a, Umschlag 374/1 Bogen, 235x195 mm Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 22

un homme Sacherklärung I.

Aaron Vail (1755–1813) stammt aus einer Quäker-Familie aus dem Dutchess County (New York). Er lebt und arbeitet von 1788 oder 1790 bis zu seinem Tod 1813 als USKonsul und Kaufmann in Lorient (Bretagne), wo er eine Französin mit Familienname

327 Dubois des Corbieres heiratet. Nach seinem Tod übersiedelt die Witwe Vail mit den Kindern (⇒ Z. 12) nach Washington. III. Z. 6 Z. 7

Z. 7 Z. 12

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Sullivan: George Sullivan (1771–1838) ⇒ Nr. 909 l’exposé: Daniel-Alexandre Chavannes: Exposé de la Méthode élémentaire de H. Pestalozzi, suivi d’une Notice sur le travaux de cet Homme célèbre, son Institut et ses principaux Collaborateurs. Paris [1805] Chavannes: Daniel-Alexandre Chavannes (1765–1846) ⇒ Nr. 661 nos enfans: Von den sieben Kindern der Familie Vail sind fünf namentlich bekannt: Eliza, Aaron (1796–1878), Eugène-Aaron (1794–1843), Edward und Jefferson. Aaron wurde Diplomat und lebte zeitweise in London, Washington, Spanien und New York, er starb in Pau (Aquitaine). Aaron pflegte zahlreiche prominente Kontakte, war seit 1835 mit Emilie Salles, Tochter eines bekannten New Yorker Händlers verheiratet und hatte fünf Kinder. Eugène-Aaron war zunächst Angestellter der amerikanischen Regierung, kehrte dann nach Frankreich zurück und liess sich in Paris nieder, wo er auch starb. Er verfasste verschiedene Werke über Amerika, unter anderem über die nordamerikanischen Indianer. Edward wurde Offizier der Navy und Jefferson Captain in der US-Armee. Über Eliza konnte nichts in Erfahrung gebracht werden. colaborateurs: Da die gleiche Bitte am 15. November 1808 (⇒ Nr. 1028) noch einmal formuliert wurde, hat ihr Pestalozzi zumindest bis dahin sicher nicht entsprochen. Lorent: Lorient (Bretagne) Montmarta: Verschrieb für Montmartre

907. Johannes Marti 7. Oktober 1807 5

[Reg.] Marti teilt Pestalozzi mit, dass er mit den Leistungen seines Sohnes in Pestalozzis Institut zufrieden sei.

Überlieferung 1

Schloss Burgdorf, Rittersaalverein, Konvolut Marti, Nr. 12 Sacherklärung I.

Johannes Marti (1768–1810) ⇒ Nr. 848 III. Z. 4

Sohnes: Johannes Marti (1796–1820) ⇒ Nr. 848

328 908. Karl/Carl Ritter 8. Oktober 1807 Basel den 8ten October Montag Abend 1807 5

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Ich kann nicht über den Rhein auf deutschen Boden treten, ohne noch vorher mit Wehmuth und frohen Muthes zugleich, zurück zu blicken auf den Ort, der mir als meine zweyte Heimath erscheint, und wenigstens flüchtig noch die mir ewig theuern Freunde zu begrüssen, die mir der Himmel dort gab. Ich kann mich von den helvetischen Boden nicht losreissen ohne dir Vater P e s t a l o z z i in der Einfalt meines Gemüths eine stille Thräne zu weihen, die dir sage, dass ich es ahnde, was du der Menschheit bist. Ich überlasse mich der tiefen Rührung und Andacht noch einmal auf dem Boden, den die Natur mit ihren herrlichen Gaben schmückte, um ihn einzuweihen zu einer Wiege des bessern Menschengeschlechtes – Ewig unvergesslich wird mir mein Leben in deiner neuen Schöpfung seyn! und sollte es auch nur das festere Einwurzeln meines Glaubens an die Menschheit seyn, so wird meine da verlebte Zeit nicht gehaltlos für die Zukunft bleiben. Mein heisser Wunsch, den Dulder und Kämpfer für Wahrheit und Liebe zu sehen, mich an der lebendigen Quelle seines Lebens zu erquicken ist mir gewährt, und noch mehr; denn ich habe seine L i e b e gewonnen und kehre nun reicher im Herzen in das kalte Leben der Welt zurück. Ich muss dir ehrwürdiger Menschenfreund für diese edle Gabe danken; a u s s p r e c h e n konnte ich es nicht, da ich gerührt bis an das Innerste meiner Seele neben Dir gieng, und erfüllt ward von dem hohen Sinne der zu zart war, um in ein zerbrechliches Thon gefäss zum Betasten der Menge auf gefasst zu werden. Ich danke dir, ehrwürdiger Vater, für Deine Liebe; sie hat mich wärmer und reiner lieben gelehrt, sie hat mich gestählt für den Kampf mit der Welt, den Jeder kämpfen muss, dem das Leben mehr ist als der Tod. Ich habe durch dich in dieser Liebe die ächte Christusliebe wieder erkannt, und ihre Macht im Reiche der Geisterwelt, die durch sie erwärmt wie durch die Idee erleuchtet wird. Noch hat kein glücklicher Augenblick mir meine Seelenruhe zurückgeführt, in der ich die Grund-Idee deiner Methode tiefer und im Zusammenhange mit mir selbst und der Sache, hätte verfolgen könnfen; aber sie hat sich dennoch meiner so bemächtigt, mit unwiderstehlicher, siegender Gewalt, dass sie mich für den übrigen Theil meiner Reise zum Beobachten dessen, was um mich

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her vorging, ganz unfähig macht. Daher ist die Ausbeute meiner weitern Reise von Yverdon sehr unbedeutend. In Bern erschien uns freylich alles im Contraste mit jenem Sitze der Einfalt und Liebe; was man sonst gut nennen möchte, schien uns nicht weniger zu seyn. Es war uns, da wir in den Elementarschulen, in Gymnasien und der Academie umherzogen, als wären wir aus der heissen Zone unter den Polarkreis wie durch ein Wunder versetzt. Was bey Euch m i r eins zu seyn scheint, Formal[-] und Realunterricht, das war hier durch eine grosse Kluft von einander getrennt, so dass es ganz unmöglich zu seyn scheint, hier das eine zum andern zu bringen. Man möchte behaupten, dass in Studiendirektoren dieser Anstalt durchaus noch kein Wort von Yverdon und von Pestalozzi erfahren haben können; denn dass sie absichtlich um der Menschenbildung gleichsam ein Gegengewicht zu geben, hier nur die Materie bedacht und den Geist ganz aus der Acht gelassen haben sollten, das wäre sicher noch weit paradoxer. Damit die neu und auf das schönste eingerichteten Classen der Elementarschule und des Gymnasiums nur Eigenthum der Reichen bleiben, hat man eine kostbare Uniform für die Schüler und ein hohes Schulgeld monathlich eingeführt. Dafür sieht man hier die schönsten Kinder aus aller ersten Geschlechtern der Stadt; natürlich werden diese die Bildung ihrer Kinder für die beste halten. Ich hatte keine Gelegenheit die grossen der Stadt zu sehen, selbst H[errn] Zerleder traf ich nicht in seinem Hause an; aber ich höre, dass man mit A c h t u n g von P[estalozzi] spricht, weil er sie sich erzwungen hat, und kein Teufel sie ihm entreissen könnte, wenn er auch wollte. Nur scheint es nicht die wahre Erkenntnis der Liebe Pestalozzis, noch die Erhebung zu seiner grossen Idee, noch die Einsicht in die Wahrheit ihrer Form zu seyn, sondern die menschliche Natur und der Mangel a b s o l u t e r Einfalt und Bösartigkeit. Prof[essor] Trechsel verehrt und liebt Sie und arbeitet in ihrem Geist, wenn auch nicht in derselben Form; ein andrer verehrt sie, glaubt zwar nicht an die Möglichkeit der Ausführung Ihrer Idee, dankt aber dem Himmel dass edle Menschen da sind, die sich aufopfern für das Beste der Menschen. Zerleder hat Frau Bethmann gefragt, ob sie wisse warum sich P[estalozzi] von Fellenberg getrennt habe, er wisse es nicht; sie hat ihm keine Aufklärung darüber geben können, ihm aber das Wort von der Thätigen Liebe mitgetheilt, das Sie ihr auf unserm Wege nach dem Schiffe sagten und das sie als den Ausspruch eines Kenners in sich wie eine Perle aufbewahrt. Z[erleder] hat mit der grössten Achtung von ihnen gesprochen. Die Berner Zeitungen schweigen ganz von ihrem

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Institut wie man mich versichert, da doch alle andern von Zeit zu Zeit Berichte (ob richtige oder falsche, weiss ich nicht) liefern. Dagegen spricht H[err] von Haller in seinem ersten Hefte des Bernes Archivs, dessen Direction er an sich gerissen, mit vieler Gemeinheit von der ungemeinsten Sache. Für ihre Idee scheint man in Ganzen noch nicht reif genug zu seyn, und es ist nur gar kein Wunder – Die Welt kennt kein Reich der Ideen, n u r ein Reich der Träume und in dessen Gebiet liegt ihr das Ideal. Selbst die mehrsten der bessern in dieser Welt haben nur ein Ideal für das Jünglingsalter, und die Gebildetsten nur eins in der Kunstwelt. Die P e s t a l o z z i s c h e M e t h o d e hat nun auch ihr I d e a l , und das Gesetz seiner Erscheinung in der Wirklichkeit ist ihr – N o t h w e n d i g k e i t – Es gehört zu dieser Ü b e r z e u g u n g , ein Geist der in seine eigene Tiefe hinabsteigt, oder ein glücklicher Sterblicher, der ein Jahr unter Pestalozzi und seinen Freunden leben kann, oder ein Glaube, der Berge versetzt – Aber an dem einfachsten und eben darum am grössten Gesetz geht das ganze blinde Geschlecht Jahrtausende vorüber, bis ein N e w t o n durch alle Zweige des Wissens L a v o i s i e r durch alle Jargänge des Versuchens, es entschleiert und hinstellt in seiner Reinheit, bis ein P [ e s t a l o z z i ] es hinaufführt vom Irdischen zum Überirdischen durch seine Nothwendigkeit. In Buchsee haben wir H[errn] Fellenberg besucht, und sind über die Menge steinerner Mauern erstaunt, die er zu seinen Verbesserungen braucht; sicher hindern diese schon die Allgemeinheit seiner Vorschläge. Seine Thätigkeit und der Ernst in seinen Unternehmungen sind bewunderswerth. Er sagte uns, dass er seine Kinder nach der P[estalozzischen] Methode unterrichte. Er steht mit der Regierung in Unterhandlungen wegen des Landbauinstituts und wegen der Patente für seine Maschine, die man ihm für seine Person aber nicht für sein Institut geben will. Meine Reise führt mich nun weiter, und ich besuchte mit Freund Engelmann den klassischen boden der Schweitz, der für ächte Pädagonen mehr Interess haben muss, als das Schlachtfeld von Troja. Wir sahen das Schloss in Buchsee, Burgdorf, Birrfeld, Wildenstein und dachten und lebten noch von neuem in der Erinnerung unsrer edle[n] Freunde in Yverdon. Ich grüsse sie diese herrlichen Menschen und danke auch in Engelmanns Namen noch einmal für alle Hingebung; für alle Freundschaft, und bitte einen Niederer, Krüsi, Muralt, Tobler und alle alle um ihr Andenken, um die Fortdauer ihrer Liebe. Ich grüsse die sanfte Mutter Pestalozzi

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und umarme Sie ehrfurchtsvoll wie ein Kind seinen Vater und bitte um Ihr Andenken auch in dies Ferne. C. Ritter in Frankfurt. N.S. Auch Freund Mieg grüsse ich herzlich. Alle Aufträge die ich für P[estalozzi] und seine Sache erfüllen kann, und für die Verbreitung der Methode etc. werde ich freudig empfangen.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 75–76a, S. 140–143 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 7 Z. 11 Z. 15 Z. 35 Z. 36 Z. 43f. Z. 46 Z. 50 Z. 57 Z. 72 Z. 73 Z. 82 Z. 95 Z. 100 Z. 102 Z. 107 Z. 113

Heimath weihen einzuweihen erleuchtet kein Bern erschien uns freylich alles seyn grosse eigentlich: weit∫ ent paradoxer liebt∫ andrer verehrt aufbewahrt Gesetz Gesetz des Wissens seinen Maschine Sacherklärung I.

Karl/Carl Ritter (1779–1859) aus Quedlinburg bei Halle besucht 1785–1795 zusammen mit seinem Erzieher Johann Christoph Friedrich Guts Muths (1759–1839, ⇒ Nr. 933) das Philanthropin in Schnepfenthal (⇒ Nr. 640). Unter der Vereinbarung, seine Söhne zu bilden, finanziert der Frankfurter Kaufmann und Bankier Johann Jakob BethmannHollweg (1748–1808) Ritter ein Studium in Kameralistik und (Moral-)Pädagogik an der Universität Halle (1795–1798). Neben seiner Hauslehrertätigkeit bei der angesehenen Familie Bethmann-Hollweg unterrichtet er am Frankfurter Gymnasium Geografie, Geschichte und Naturgeschichte. 1810–1812 lebt er mit seinen Zöglingen in Genf, 1813–1818 begleitet Ritter den jungen Moritz August von Bethmann-Hollweg (1795– 1877, ⇒ Nr. 1176) zum Studium nach Göttingen. Dort nimmt Ritter auch die Arbeiten

332 an seinem Hauptwerk Die Erdkunde im Verhältnis zur Natur und zur Geschichte des Menschen (1817/1822–1859) auf. Das Werk behandelt Afrika und Asien und besticht durch ausgefeilte Kartentechniken und seiner Ordnung der Informationen nach geografischen anstelle politischen Räumen mit dem Ziel, die Beziehungen zwischen natürlicher Umwelt einerseits und dem Mensch und seiner Kultur andererseits darzustellen. Von 1820 bis zu seinem Tod lehrt Ritter als erster Professor der Erd-, Länder-, Völker- und Staatenkunde an der Universität Berlin. Ritter ist Gründungsmitglied der Berliner Gesellschaft für Erdkunde (1828). Lit.: Max Linke: Ritters Leben und Werk: ein Leben für die Geographie. Halle an der Saale 2000 II. Als Hauslehrer der Familie Bethmann-Hollweg besuchte Karl/Carl Ritter (1779–1859, ⇒ Sacherklärung I.) 1807 Yverdon. III. Z. 65

Z. 72 Z. 76f.

Z. 77 Z. 86

Z. 102 Z. 102

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Zerleder: Vermutlich handelt es sich um einen der beiden Brüder Ludwig (1742–1840) oder Karl Zeerleder (1780–1851) aus Bern, die ebenda als Politiker hohe Ämter bekleideten. Trechsel: Friedrich Trechsel (1776–1849) ⇒ Nr. 1184 Frau Bethmann: Susanne Elisabeth Bethmann-Hollweg (1763–1831) wuchs als Bankierstocher in Frankfurt auf. 1780 erfolgte die Heirat mit Johann Jakob Hollweg (1748–1808), der Teilhaber des Frankfurter Kommissionsgeschäfts Hollweg und Laué und Partner der Bank der Bethmanns war. Sie hatten vier Kinder: Anna Elisabeth (1781–1850), Johann Philipp (1791– 1812, ⇒ Nr. 1358), Margarethe Luise (1793–1831) und Moritz August (1795– 1877, ⇒ Nr. 1176). Fellenberg: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 von Haller: Karl Ludwig von Haller (1768–1854) aus Bern machte als Vertreter eines dezidierten Konservatismus Karriere als Publizist, Staatsrechtler und Politiker im Berner Staatsdienst (1786–1817), in Wien (1801–1806) und im Kanton Solothurn (1834–1837). Sein Hauptwerk Restauration der Staatswissenschaft (1816–1834), worin die gottgewollte Herrschaft des Stärkeren über den Schwächeren gerechtfertigt und die These des Gesellschaftsvertrags abgelehnt wird, verschaffte Haller sowohl europaweit Anerkennung als auch Feindseligkeiten. N e w t o n : Sir Isaac Newton (1643–1727) ⇒ Nr. 855 L a v o i s i e r : Antoine Laurent de Lavoisier (1743–1794) war ein französischer Chemiker und gilt als einer der Begründer der neuzeitlichen Chemie. Landbauinstituts: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) richtete 1806 zu Versuchszwecken ein landwirtschaftliches Laboratorium ein. Daraus entwickelte sich das 1807 gegründete landwirtschaftliche Institut, mit welchem das Ziel verfolgt wurde, junge Männer auf die Führung landwirtschaftlicher Betriebe vorzubereiten. Patente: Im Dezember 1806 gelangte Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) mit einer Bittschrift an die Landesökonomiekommission. Darin äusserte er sein Begehren, dass von einer hohen Regierung «seinem Etablissement die Verfertigung und der Verkauf der in demselben erfundenen oder vervollkommneten Maschinen und Ackerwerkzeugen unter den gutfindenden Bedingungen ausschliesslich zugestanden

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Z. 116 Z. 118 Z. 119

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werde». Die Landesökonomiekommission kam nach einer Überprüfung zum Schluss, das Begehren zu unterstützen und leitete es zusammen mit dem Vorschlag, Fellenberg ein solches Privilegium für zwölf Jahre zu gewähren, an den Kleinen Rat (⇒ Nr. 644) weiter (StA Bern, Manuale der Landesoekonomiekommisssion, B IV 7, S. 436ff.; Manuale des Kleinen Rates, A II 1055, S. 188f.). Im März 1807 erteilte dann der Kleine Rat Fellenberg ein Privilegium exclusivum, welches ihm erlaubte, für 12 Jahre folgende Gerätschaften «zum Verkauf zu verfertigen oder verfertigen zu lassen: 1. Wegessen und Säch von gegossenem Eisen. 2. Die zu Hofwyl erfundenen oder auf unser Land anwendbar gemachten Pferdhacken aller Art. 3. Die zu Hofwyl erfundenen Saamen Reinigungs-Maschine für Klee und andere Sammen-Körner kleinerer Art» (BB Bern, FA von Fellenberg 195 [4]; StA Bern, Manuale des Kleinen Rates, A II 1056, S. 66f.). Engelmann: Julius Bernhard Engelmann (1773–1844) ⇒ Nr. 916 Birrfeld: Der Neuhof Pestalozzis ist auf dem Birrfeld (Kt. Aargau) gelegen. Wildenstein: Schloss Wildenstein war der Amtssitz von Niklaus Emanuel Tscharner (1727–1794). Er gilt Vorbild der Figur «Arner» in Pestalozzis Roman Lienhard und Gertrud. Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Krüsi: Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588 Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 Tobler: Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500 Mutter Pestalozzi: Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 Mieg: Johann Elias Mieg (1770–1842) ⇒ Nr. 1244

909. George Sullivan 13. Oktober 1807 Paris ce 13 d’Octobre 1807 5

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Monsieur Je suis fort heureux que le commencement de ma correspondance avec vous s’ouvre par l’introduction d’un ami, dont les bonnes volontés qu’il a de répandre votre système admirable, doivent vous l’enchérir beaucoup. Il est Consul des Etats Unis d’Amerique pour le port d’Orient; et sa situation distinguée parmi ses concitoyens, lui fournira l’occasion d’accélerer de beaucoup l’établissement de votre systéme dans les indignes écoles de notre pays, qui ne font actuellement qu’empauvriser la nation des talents glorieux qui ont du naître sous un gouvernement libre, juste et raisonable que le nôtre. Je vous prie donc, Monsieur, comme vous aimez, le bonheur du genre humain, de prêter toute attention à la requête que j’ai le plaisir de vous remettre ci incluse. Il ne faut pas que je vous en dise d’avantage. Ce vous est assez, que M[onsieu]r Vail, mon ami, se

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propose de pourvoir du bonheur de ses enfants par leur montrer le seul sentier, qui conduit au temple de la véritable connoissance. Faites pour moi les expressions d’une amitié auprès de mon ami Charles Skipwith, et dites lui, Monsieur de ma part, que je lui ai écrit aujourdhui même pour lui annoncer mon depart de Paris pour me rendre au printemps dans les Etats-Unis. En même temps, Monsieur s’il vous seroit convenable de m’accuser réception de ma lettre, vous pourrez être bien sur que je recevrai votre faveur si vous me l’adressez aux soins de M[onsieu]r Skipwith à Paris Croyez monsieur que je serai toujours avec le plus grand respect votre tres h[um]ble Serv[iteu]r Geo[rges] Sullivan.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, B. 3a–4, S. 6–7 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Sacherklärung I. Hier ist möglicherweise George Sullivan (1771–1838) aus Durham (New Hampshire) gemeint. 1790 graduiert er in Harvard in Rechtswissenschaften, erhält dann die Zulassung zum Anwaltsstand und ist ab 1793 in Exeter (New Hampshire) tätig. Im Jahre 1805 wird er Mitglied des Abgeordnetenhauses von New Hampshire und von 1805 bis 1806 Justizminister und Generalstaatsanwalt. 1811 wird der Föderalist Sullivan für zwei Jahre in den Kongress gewählt, 1813 wird er zum zweiten Mal Mitglied des Abgeordnetenhauses von New Hampshire. 1814 und 1815 ist er im Senat von New Hampshire tätig und von 1816 bis 1835 amtet er erneut als Generalstaatsanwalt von New Hampshire. Eine Reise nach Europa oder eine Beziehung zu Pestalozzi konnte nicht nachgewiesen werden. III. Z. 7 Z. 10

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Z. 22

ami: Aaron Vail (1755–1813) ⇒ Nr. 906 le port d’Orient: Ob damit ein bestimmter Hafen oder der Handel mit dem Nahen Osten im Allgemeinen gemeint ist, bleibt unklar. Möglicherweise handelt es sich aber auch um einen Abschreibefehler und es ist der «port de Lorient» gemeint, der Wohnort Aaron Vails (1755–1813, ⇒ Nr. 906). ses enfants: Eliza Vail (⇒ Nr. 906), Aaron Vail (1796–1878, ⇒ Nr. 906), Eugène-Aaron Vail (1794–1843, ⇒ Nr. 906), Edward Vail (⇒ Nr. 906) und Jefferson Vail (⇒ Nr. 906). Charles Skipwith: ⇒ Nr. 878

335 910. Abel Théodore Guillaume Mäder 13. Oktober 1807 Müllhausen d[en] 13 ten October 1807. 5

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Unsere Reiseabentheüer verspricht de L’Aspée zu erzählen. Gerne überlasse ich dem guten Mann diess Geschäffte, um mit dir und andern über andere Gegenstände zu schwatzen. Aber fodert nur nicht Heüte zu viel, denn noch bin ich von allen Seiten her bestürmt, selten einen Augenblick allein, und Morgen geht es schon wieder ans Wohlfahrten. Zur wichtigern Sache! – Beym ersten Blicke nimmt man gleich hier wahr, dass bey weitem nicht alles Sinn für die Methode hat, wiewohl es auf der andern Seite wieder gibt, die ihre Einführung wünschen und dringend verlangen. Gründlich, verständlich, kräftig wird uns niemand entgegen wirken; nur räsonieren werden einige eine Zeitlang und dann von selber schweigen; sieht man Resultate, so werden – um doch Verstand zu zeigen – uns alle mit lauten Beyfall beehren; also ist gar nichts zu besorgen. Gleich bey meiner Ankunft musste ich mich nehmlich entschliessen, unverzüglich nach Collmar zu reisen. Ein Brief von Pfeffel lud mich zur schnellen Berichterstattung, und gab mir die Versicherung dass ich Freünde und Protektoren finden würde. Nun reise ich mit meiner Frau und de L’Aspée schon Morgen, kommend mit des Präfekten und Pfeffels Approbation und Empfehlung zurück und beginne mit dem anfang der künftigen Woche mein Werk. – Dass es mir damit gelingen werde, ist mir so gewiss, als es mir jetzt nicht mehr zweifelhaft bleibt, Euch in allen bisher gearbeiteten Theilen der Methode richtig verstanden zu haben. Alles schwebt mir klar vor der Seele, – ich erinnere mich deütlich, zähle mich fähig Rechenschaft zu geben, und den Kindern das Gelernte wieder mitzutheilen. Eine reiche Erndte haben wir so vor uns, ohngeachtet hier und da noch mancher Schwachekopf uns nicht verstehen oder missverstehen und uns entgegen seyn wird. Es wird begonnen und aus dem kleinen Anfange entwickelt sich allmählig, aber unausbleiblich etwas Grosses. Mäder, Pfarer in Müllhausen

Überlieferung 1

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 7a–8, S. 13–14

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Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 4 Z. 5 Z. 11f. Z. 13 Z. 13 Z. 17 Z. 17 Z. 22 Z. 23 Z. 23 Z. 25 Z. 26 Z. 36

October: lateinische Schrift de L’Aspée: lateinische Schrift gleich hier∫ Seite∫ Einführung um doch alle∫ und Protektoren meiner Frau und de L’Aspée schon de L’Aspée: lateinische Schrift Woche mein ist mir etwas Grosses Sacherklärung I.

Abel Théodore Guillaume Mäder (1765–1834) war nach seiner Vikariatszeit (1785–1790) in Mulhouse zunächst erster Vikar und dann ab 1802 Pastor der deutschen reformierten Kirche ebenda. 1809 übersiedelte er nach Sainte-Marie-aux-Mines, wo er Pastor der reformierten Kirche wurde und von 1830 bis 1834 den Kirchenrat präsidierte – zuvor hatte er das Kirchenratspräsidium von Mulhouse bekleidet (1820–1830). Zudem war er Mitglied in der Société pour la Propagation du Bon Goût et des Belles Lettres und der Helvetischen Gesellschaft (⇒ Nr. 971). II. Pestalozzi hatte Abel Théodore Guillaume Mäder (1765–1834, ⇒ Sacherklärung I.) wahrscheinlich Anfang 1807 in Basel kennen gelernt (PSB V, Nr. 1268; vgl. Nr. 880). Weshalb Pestalozzi in jener Zeit nach Basel gereist war, bleibt unklar. III. Z. 5 Z. 5 Z. 12

Z. 20f.

de L’Aspée: Johannes de L’Aspée (1783–1825) ⇒ Nr. 959 zu erzählen: Falls dieser Brief geschrieben wurde, ist er sich nicht erhalten geblieben. hier: Abel Théodore Guillaume Mäder (1765–1834, ⇒ Sacherklärung I.) hatte in Mulhouse die Werbetrommel für Pestalozzi gerührt. Das hatte zur Folge, dass im Jahre 1807 einige Schüler aus Mulhouse nach Yverdon zur Ausbildung geschickt wurden. 1809 eröffnete zudem eine Schule in Mulhouse nach «Pestalozzischem Vorbild» (⇒ Nr. 1047). Lit.: Philippe Mieg: L’influence pédagogique de Jean-Henri Pestalozzi à Mulhouse. In: Bulletin du Musée Historique de Mulhouse 72(1964), S. 107– 146 Pfeffel: Gottlieb Konrad Pfeffel (1736–1809) ⇒ Nr. 257

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Z. 24

Frau: Anne Catherine Huguenin heiratete 1787 Abel Théodore Guillaume Mäder (1765–1834, ⇒ Sacherklärung I.). Sie hatten zwei Söhne: Pierre (1792–1836) und Adam (1791–1872). Präfekten: Nicolas-Félix Baron Desportes (1763–1849) war von 1802 bis 1813 Präfekt von Colmar, nachdem er 1790 als erster Bürgermeister von Montmartre und nach 1801 als Generalkommissar des Exekutivdirektors im französischen Departement Leman amtiert und verschiedene Dienststationen im auswärtigen diplomatischen Dienst Frankreichs durchlaufen hatte. Er wurde wegen Korruption seines Amtes enthoben und lebte anschliessend in Deutschland. Das 1800 durch Napoleon I. Bonaparte (1769–1821, ⇒ Nr. 580) gegründete Amt des Präfekten umfasste sowohl die Staatsrepräsentation als auch die Exekutivgewalt im jeweiligen Departement, im vorliegenden Fall des Departements Haut-Rhin.

911. Jean Stoll 14. Oktober 1807 Neüenburg d[en] 14ten 8b r e 1807. 5

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Mein lieber Pestalozzi! Unvergesslich wird mir die warme Liebe und Freündschaft seyn, mit der du mich bey meiner Durchreise durch Yverdon aufgenommen hast, und die ich auch von deiner wurdigen Gattinn, und deinen vortrefflichen Mitarbeitern genossen habe. Dass ich in Pestalozzi noch einen Freünd finden und mir von ihm eine gute Aufnahme zu versprechen haben werde, das erwartete ich, und freüete mich desswegen schon lange auf einen Besuch bey ihm; dass ich aber nach einer mehr als 30 jährigen Trennung von ihm, wieder mit der gleichen herzlichen, altzürcherischen, brüderlichen Liebe werde aufgenommen und behandelt werden, mit der er mir auf der Academie in Zürich zuvorkam, das durfte ich nicht hoffen, um so mehr, nachdem er eine so glänzende Laufbahn, obgleich unter vielen Schwierigkeiten zurück gelegt, und mich in meiner einsamen Dunkelheit so weit hinter ihm zurückgelassen hat. So selten es mir glückt, mich an einen Freünd, der nie mir mit einem warmen Herzen entgegen kommt, anschliessen zu können, so sehr fühl ich das Bedürftniss einer solchen, und freüe mich desswegen desto mehr, wann ich bey der grossen Seltenheit solcher Freünde nach altem Schrat und Korn wieder einen ausfündig machen kann, und leider bist du unter meinen Jugendfreünden der einzige, bey dessen Wiedersehen mir diese Freude zu Theil worden – Sey dafür gesegnet, und jede Bemühung, bey welcher

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dich dein immer gleich glühender Eifer für das Wohl deiner Mitmenschen belebt, müsse für dein edles Herz die erfreülichsten Früchte tragen! Alles, was ich in jedem deiner Lehr Säle an deinem Arm geleitet, gesehen, was ich von deinen Zöglingen, und ihren vortreflichen, nach deiner Methode gebildeten Lehrern gehört habe, übertraf meine Erwartung. Der richtige Gang, den du in Entwicklung der Begriffe deiner Zöglinge über jeden sich ihnen darbietenden Gegenstand, nimmst die arithmetische und geometrische Progression in Analysirung der Begriffe, muss nicht nur denselben die möglichste Deütlichkeit, dem Aug im Beobachten die gröste Richtigkeit, sondern selbst der Hand die glücklichste Fertigkeit bey mechanischen Übungen geben, und folglich dem Zöglinge zu den sichersten und schnellesten Fortschritten in jedem Beruf, dem er im Verfolg sich widmen möchte, vorbereiten. Die militarischen Übungen selbst, die einen Theil ihrer Amüsemens ausmachen, sind von sehr grossem Nutzen, indem sie vieles zu einer schicklichen Haltung, Stellung und Wendung des Körpers überhaupt, und jeder seiner Theile insbesondere beytragen, Gesundheit und Nerven stärken, und die Knaben gewöhnen, besonders unter einem so scharfen Beobachten wie ihr Komandant ist, ein Tacktmässige Ordnung und Pünktlichkeit sich zu erwerben die für sie von einem wichtigern Einfluss ist als man glaubt. Was mir an deinen Zöglingen besonders gefiel, und wodurch sie sich vorzüglich auszeichnen, ist die liebenswürdige Eintracht, das brüderliche Verständniss, in welchem sie mit und untereinander leben, so dass selbst in ihrem Stil nichts von Zank, Chicannes, Polissonneries und dergleichen weder bemerkt noch gehört wird. Mit Verwunderung sah ich besonders, dass, bey ihrem Herumspringen im Hofe in den Augenblicken ihrer Erhollung, nichts von der daselbst aufgehängten Wasche heruntergeschmissen, kein Stück Linge weder vorsetzlich noch unvorsetzlich beschädigt wurde, und dass sich ein jeder auf das gegebne Zeichen oder auf den ersten Ruf ohne zaudern, bey der zur Arbeit ihm angewiesene Stelle einfand. Auch in dieser Rücksicht fiel mir sehr das Wort auf da du sprachest: Wir gewöhnen unsere Zöglinge mehr an das Thun als an das Wissen, es ist bey uns nicht die Frage was weisst du, sondern was kannst, was thust Du? –

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Je mehr ich aber den Einfluss deiner Methode auf ihre Handlungen bemerkte, desto mehr äusserte sich bey mir auch der Wunsch, dass von derselben mehr Anwendung a u f d a s H e r z , vermittelst einer, ihrem Alter, ihrer Fassungskraft ihrer Lage angemessne Unterricht in der Sittenlehre, wär’s auch blos durch moralische Erzählungen, gemacht würde. In dieser Rücksicht schien mir die Samstag Morgenstunde, welcher ich mit einem besondern Vergnügen beywohnte, überaus wichtig. – Alle versammlen sich zu derselben in einem Saale. Der Actus fangt mit einem geistlichen Lied nach einer sehr angenehmen Melodie an – Auf diesen Hymnus folgt eine herzliche, fassliche, dem moralischen Bedürfniss der Zöglinge angemessne Vermahnung von dem ihnen so lieben Vater Pestalozzi, der seine Vermahnung mit diesen Worten beschliesst: Nun, Kinder, bethet – darauf folgt eine Pause von einigen Minuten, die ihnen zum stillen Gebeth beraumt wird – dann gehen sie wieder auseinander, und der ganze Actus, der einer vortrefflichen Anwendung auf das Gemüth der Kinder fähig wäre, nimmt mit dieser Pause, mit diesem s t u m m e n G e b e t h ein End. Das dauerte, das schmerzte mich – Ich hätte meinem Pestalozzy, dem die Sprache mit den Kindern so eigen ist, ich hätte ihn so gern mit Rücksicht auf seine Vermahnung mögen hören den Kindern v o r b e t h e n seine Vorstellungen gleichsam mit der Sanction einer Huldigung gegen den besiegeln, der Vater ist über alles, was Kinder heisst, im Himmel und auf Erden. O, Mein lieber, was ein solches Gebeth aus deinem Herzen, den Herzen deiner Zöglinge eingeflösst, deinen Vermahungen bey denselben für einen gesegneten Eindruck geben würde! daran kannst du als Verfasser einer Gertrud kaum zweifeln. Es mag seyn, Mein lieber, dass wir in unserer Arth, über das Gebeth, und dessen unumgängliche Nothwendigkeit zu Gründung einer christlichen pracktischen Moral – dass unsere Art hierüber zu denken, in etwas von einand abgeth; dann die Zeit war zu kurz als dass wir uns hierüber hätten mitteinander vergleichen können. Allein so verschieden auch diessfalls deine Denkungs Art von der meinigen seyn mag, die freylich für die heütige Welt zu altväterisch ist, so wird und muss dein für jedes Gute mit Wärme sich interressierendes Herz mir zugeben dass von deiner schönen, feyerlichen Samstagsmorgen Stunde sich noch ein besserer Gebrauch machen liess. Ich schlage dir darüber einige Gedanken vor – prüfe, wähle – Ich wünschte diese Handlung würde mit einem kurzen zweckmässigen Gebeth oder wenigstens mit einer Erinnerung an

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die Gegenwart Gottes und der ihm schuldigen Ehrfurcht angefangen. Auf dieses wird laut gesagt: L a s s t u n s d e n H e r r n p r e i s e n – Dann wird der abzusingende Hymnus, für die welche nicht singen können deutlich vorgelesen – darauf wird gesungen – Auf das Gesang folgt die Parainesis – Nach derselben werden von einem Lehrer, oder einem der Zöglinge ein Paar auf dieselben sich bezeichnende Stellen aus dem Alten od[er] Neüen Testament vorgelesen – Alles wird mit einem kurzen Gebeth und S e g e n s s p r u c h über die Kinder beschlossen – nach welchem es vielleicht dienlich wäre noch einen Hymnus folgen zu lassen – Meiner Überzeugung nach halte ich es zur moralischen Bildung junger Gemüther unumgänglich nothwendig sie an das tägliche Gebeth zu gewöhnen, mit welchem dann freylich die Art des Unterrichts von unsern Pflichten als einer g ö t t l i c h e n Anweisung zur Glückseligkeit harmonieren muss. Ich wünschte dass du den vortrefflichen allegorischen Unterricht für Kinder, unter dem Titul G u m a l u n d L i n a kenntest, der eines Lienhard und Gertrud würdig ist, und den H[errn] Lossius, Diacon bey der Prediger Kirche zum Verfasser hat. Man hat nun davon die 3t e Auflage von 1805. – Dieser Mann kommt deiner Methode in praktischer Entwicklung der Begriffe sehr nahe – Ich glaube zuversichtlich dass dieser liebenswürdige Kinderlehrer deinen ganzen Beyfall erhalten werde. Ob meine hier beygelegten Muster von täglichen Gebethern für Kinder, die in meiner Haushaltung mit Gebether, Lieder von Gellert und Lavatern abgewechselt werden, allenfalls auch brauchbar für die Jüngern von deinen Zöglingen seyn, überlass ich deinem Urtheil – Ich schmeichle mir wenigstens mit dem Beyfall deiner würdigen Gattin, welcher ich dich bitte meine Ehrerbietige Empfehlung und meinen herzlichen Dank für ihre liebreiche Aufnahme zu melden, auch denen H[erren] Mitarbeitern, besonders Muralt und Tobler meiner aufrichtigen Liebe und Achtung zu versichern – An die Nahmen der andern erinnere mich nicht mehr. Vielleicht wird Herr Pfarrer Waucher de St. Aubin, einer unsrer würdigsten Landpfarrer, den ich im Vorbeygang gesprochen ein Paar von seinen Söhnen von deinem Institut profitieren lassen. Er machte zwar etwelche Einwendungen um dieselben zu haben, wies ich ihn an den Herrn Auguste de Montmollin, und erwartete nun den Erfolg. Mad[ame] Waucher schien mir sehr gut für deine Methode gestimmt zu seyn – Ich schliesse mit der zuversichlichen Hofnung, dass du meine Freymüthigkeit und die alte Sprache deren ich mich gegen dich

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bediene, nicht übel nehme und dem deine brüderliche Freündschaft ferner schenken werdest, der mit aufrichtiger Liebe und Achtung verbleibt dein ergebener Freünd und Bruder Stoll. Pf[arre]r.

Überlieferung 1 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 46–48a, 51, S. 86–91, 96 Datum am Schluss Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 7 Z. 7f. Z. 11 Z. 15 Z. 16 Z. 18 Z. 21 Z. 32 Z. 43 Z. 48 Z. 52 Z. 57 Z. 57f. Z. 68 Z. 78 Z. 79 Z. 81f. Z. 83 Z. 83 Z. 85 Z. 86 Z. 90 Z. 93 Z. 116 Z. 124 Z. 129f. Z. 139f. Z. 141 Z. 145 Z. 149 Z. 150

Yverdon: lateinische Schrift aufgenommen eigentlich: Aufmahme aufgenommen Academie: lateinische Schrift Schwirigkeiten nie mir∫ mit Säle widmen insbesondere wichtigern ihrem Chicannes, Polissonneries: lateinische Schrift Wissen versammlen Actus: lateinische Schrift Vermahnung Vermahnung beschliesst: Nun beraumt wird Actus: lateinische Schrift die

Sprache besiegeln Parainesis: lateinische Schrift eigentlich: wewöhnen Lossius, Diacon: lateinische Schrift deiner würdigen meinen Waucher de St. Aubin: lateinische Schrift Auguste de Montmollin: lateinische Schrift Mad[ame] Waucher: lateinische Schrift

342 Sacherklärung I. Jean Stoll (1747–1833) aus Stein am Rhein (Kt. Schaffhausen) absolviert in Zürich am Collegium Carolinum die Ausbildung zum Pfarrer. Nach einer Lehrertätigkeit am Collège von Murten amtet er von 1778–1829, dem Jahr seiner Pensionierung, als Pfarrherr der deutschen Kirche von Neuchâtel, wo er 1784 eingebürgert wird. 1795 wird er als ein Geistlicher bezeichnet, der Emigrierte beherbergt. Aus der Ehe mit Elisabeth Vissaula (1758–1819) gehen 7 Kinder hervor. III. Z. 8 Z. 16 Z. 58 Z. 62 Z. 97f. Z. 116 Z. 128

Z. 129f.

Z. 142 Z. 143 Z. 145

Z. 147 Z. 149 Z. 150

Gattinn: Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 Academie: Damit dürfte das Collegium Carolinum gemeint sein. Polissonneries: Jungenstreich, jugendlicher Schabernack (frz.) Linge: Wäsche (frz.) Verfasser einer Gertrud: Ob Wie Gertrud ihre Kinder lehrt (1801) oder Lienhard und Gertrud (1781–1787) gemeint ist, ist unklar. Parainesis: tröstende Rede G u m a l u n d L i n a : Caspar Friedrich Lossius: Gumal und Lina. Eine Geschichte für Kinder, zum Unterricht und Vergnügen, besonders um ihnen die ersten Religionsbegriffe beizubringen. 3 Bände. Gotha 1797–1800 H[errn] Lossius: Kaspar Friedrich Lossius (1753–1817) aus Erfurt studierte ab 1770 ebenda und in Jena Theologie. 1779 wurde er Konrektor der Erfurter Predigerschule, 1785 trat er als Diakon der Predigergemeinde seine Lebensstellung an. Arbeiten wie die Systematisierung der Bibliotheksbestände des Evangelischen Ministeriums trugen ihm die Mitgliedschaft in der kurmainzischen Akademie nützlicher Wissenschaften ein. Neben verschiedenen schulreformerischen Tätigkeiten verfasste Lossius zahlreiche pädagogische Schriften unterschiedlichster Gattungen, in denen jeweils die Vermittlung kulturhistorischen Wissens im Zentrum stand. Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 Tobler: Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500 Waucher: Charles Daniel Vaucher (1760–1855) war Vikar in St. Aubin und Diakon im Val-de-Travers, dann Pfarrer in Lignières (1790–1803) und in St. Aubin (1803–1844). Er starb in Fleurier (alles Kt. Waadt). Vauchers Publikation Description topographique et économique de la mairie de Ligniéres wurde noch im Jahr ihres Erscheinens (1801) mit dem Prix de la Socié té d’Emulation Patriotique de Neuchâtel ausgezeichnet. Söhnen: Ein Aufenthalt einer seiner Söhne (⇒ Z. 150) im Institut in Yverdon ist nicht nachzuweisen. Auguste de Montmollin: Frédéric Auguste de Montmollin (1776–1836) ⇒ Nr. 941 Mad[ame] Waucher: Marianne Charlotte Vaucher-Guyenet (1765–1842) aus Couvet im Val-de-Travers (Kt. Neuenburg) war Mitbesitzerin des Benediktinerpriorats Saint-Pierre in Môtiers. 1792 heiratete sie Charles Daniel Vaucher (1760–1855, ⇒ Z. 145). Das Paar hatte drei Kinder: Marie Albertine (*1793), Georges Alfred (1795–1840) und Louis Theodor (1797–1842).

343 912. Marie Joseph de Gérando 14. Oktober 1807 Paris 9/14 Octobre 1807. 5

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Monsieur, Le sous Préfet de Bergerac vient de me faire part de la réponse que vous avez bien voulu lui adresser et de l’offre que vous y joignez de nous envoyer M[onsieu]r Barraud pour être notre collaborateur. je me flatte, Monsieur, qu’il n’aura point à se repentir de ce sacrifice que lui commande son zèle pour la propagation de la Méthode de son maître, notre amitié et l’estime de nos citoyens l’attendent au milieu de nous. Quand au traitement de M[onsieur] Barraud, vous voudrez bien Monsieur, le fixer d’accord avec lui je m’en remets entièrement à votre justice et souscris avec plaisir à tous les arrangemens que vous aurez faits. nous payerons également le voyage de votre envoyé, ainsi que son retour; mais nous nous flattons que nos soins l’empêcheront de penser à ce dernier article. Ces frais seront comptés à M[onsieu]r Barraud d’après la note qu’il nous fournira des depenses qu’il aura faites et nous nous en remettons à lui. J’offre à M[onsieu]r votre ami de lui rembourser ses dépenses à son arrivée et s’il le préfère, il voudra bien faire a peu près l’évaluation de ce qu’il peut lui en coûter je vous prierai alors, Monsieur, de lui en faire l’avance et de tirer une lettre de change de cette somme sur M[onsieu]r Charpin Négociant rue du jour N° 13 à Paris qui l’acquittera à vue vous trouverez facilement un Banquier de votre Pays ayant des relations à Paris qui s’en chargera. Monsieur Barraud pourrait emporter avec lui ses effets les plus pressés et mettre le gros bagage au roulage de Genève qui envoie assez fréquemment des Voitures dans nos contrées. Je joins, Monsieur, à toutes ces demandes une prière que je vous prie d’exaucer, c’est de charger Monsieur Barraud d’un exemplaire de vos ouvrages et des meilleurs qui ont été publiés sur votre précieuse méthode; la langue Allemande m’a été autrefois assez familière et avec un peu de travail je puis m’y remettre et l’entendre facilement; le désir que j’ai de me pénétrer de vos utiles travaux me rendra un tel envoi bien précieux. Je joins ici une lettre de mon ami le sous préfet et je m’unis à lui pour vous temoigner au nom de mes concitoyens mon admiration et ma reconnoissance, agréez en l’assurance ainsi que celle de

344 mon dévouement et mes vœux pour rencontrer un jour l’occasion de reconnaître un jour le service que vous voulez bien nous rendre. de Granges

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Nous desirons que M[onsieur] Barraud Nous arrive vers le milleu de 9bre.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 5–6, S. 8–10 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 18 Z. 27

penser relations à Sacherklärung I.

Marie Joseph de Gérando (1772–1842) ⇒ Nr. 900 II. Im Oktober 1807 eröffnete das Collège in Bergerac seine Tore, der Schulunterricht konnte jedoch erst vier Monate später aufgenommen werden. François Pierre Gauthier, Maine de Biran (1766–1824, ⇒ Nr. 873) hatte sich am 28. Juni bei Pestalozzi nach einem Lehrer erkundigt (⇒ Nr. 873), worauf dieser Jean François/Franz Barraud (1777–1830, ⇒ Nr. 987) vorschlug (PSB V, Nr. 1313). Bevor dieser Brief aber in Bergerac ankam, war Marie Joseph de Gérando (1772–1842, ⇒ Nr. 900) schon nach Paris geschickt worden, ebenfalls mit dem Auftrag, einen Lehrer für die neu gegründete Schule zu finden. Maine de Biran musste also zuerst bei de Gérando in Paris die Bestätigung für die Wahl Barrauds einholen, was dieser mit dem hier vorliegenden Brief auch tat. III. Z. 6 Z. 6 Z. 8 Z. 25 Z. 38

Le sous Préfet: François Pierre Gauthier, Maine de Biran (1766–1824) ⇒ Nr. 873 réponse: PSB V, Nr. 1313 M[onsieu]r Barraud: Jean François/Franz Barraud (1777–1830) ⇒ Nr. 987 M[onsieu]r Charpin: konnte nicht näher bestimmt werden une lettre de mon ami: Damit könnte der Brief vom 30. September 1807 (⇒ Nr. 903) gemeint sein.

345 913. Karl Jacob Alexander, Edler von Rennenkampf 28. Oktober 1807 Pisa d[en] 28. 8br 1807. 5

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Auszug aus einem Brief von A. v Rennecamp Nachdem ich, verehrtester Fr[eund] an jedem Orte an dem ich mich aufgehalten habe, die Bekanntschaft der Gelehrten dazu benuzte, sie, so weit es mir möglich ist, mit Ihnen und Ihrer Lehre bekannt zu machen, so ist es mir doch erst hier gelungen einen Mann zu finden, der ein guter Mensch ist, und dabei Kopf, Kraft Willen in gleichem Maasse zu vereinigen scheint; das ist der A b t P a c c h i a n i , der in hiesiger Universität die Lehrstufe der Physik und Metaphysik besezt. Er ist seiner Kenntnisse, aber noch mehr seines hellen Verstandes wegen allgemein geschäzt; was mir aber an ihm hauptsächlich lieb und interessant ist, ist sein tiefes inniges Gefühl ohne orienntalische Form, ohne falsche Richtung, das ihm als Ur abc der Natur angebohren zu seyn scheint. Denn auf keine Weise kann sein Verstand mit etwas bechäftiget seyn, ohne sogleich die nächsten Beziehungen aufs Herz zu finden, ja es scheint sogar, dass bei ihm Kopf und Herz immer zugleich durch einen und denselben Gegenstand in Thätigkeit gesezt würden. Bei dem Grafen Chasteluz, wo ich sehr viel von Ihnen und Ihrem Institute sprach, sah ich ihn zum ersten mal, und zwar sehr aufmerksam auf das was ich sagte. Am andern Morgen war er schon in meiner Stube, und bat mich inständig, ihn mit Ihrer Methode und Schriften genau bekannt zu machen. Ich sagte ihm dass die erste hauptsächlich aus den lezten hervor gienge, diese aber in deütscher Sprache abgefasst seyen. Er liess sich die deutschen Büchertitel von mir aufschreiben, will sie kommen und von einem Freünde ins italienische übersetzen lassen. Wieviel das helfen kann, weiss ich nicht; da er mich aber fragte, ob er sich zu Aufklärung vieler Zwecke und eigentlicher Bekanntschaft mit Ihrer Meth[ode] und Grundsätzen, geradezu an Sie selbst wenden könne, so gab ich ihm zur Antwort, ich glaubte Sie würden keinen Augenblik anstehen sich eben so gütig und gefällig gegen einen Mann von ausgezeichneten Verdiensten zu bezeigen, als gegen mich verdienstlosen, und somit muss ich also einen Brief anmelden, den Sie vermuthlich bald von ihm bekommen werden. Es muss sich freilich sonderbar genug ausnehmen einen heütigen Italiener, sich an deütscher Kraft messen zu sehen die er von dem Einfluss täglicher Umgebungen zu abstrahiren sucht, um einen kuhnen und grossen

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Deütschen nachzudenken. Aber glauben Sie nicht dass durch sorgsame Pflege eine ausländische Pflanze heimisch werden könne? Es mag freilich viel auf den Gärtner ankommen, indessen man sende uns viele Pfropfreiser, die in verschiedenen Winkeln und Gegenden des Gartens verpflanzt werden, eines muss denn doch vom Nordwind oder Sirocco verschont bleiben, und sollte auch vom Gärtner diese köstliche Pflanze verwahrlosen, so hat er doch eine grosse Familie und eins der Kinder nihmt sich sicher eines Pflänzchen an, und pflegt seines um so lieber und sorgsamer. Wo nichts gesäet wird, wird auch nichts geerndtet, und in einem Garten, wo der Wind nur immer heraus und nie hinein bläst, kann der Zufall keinen Saamen hintragen, wie auf andern fruchtbaren Boden zuweilen geschieht. – In Florenz sind mehrere Leüte die sich bei mir sehr eifrig nach Ihnen erkundigt haben, und denen ich [nach] meiner Rükkunft Rede stehen soll. – Gruss. A. von Rennecamp.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 12–12a, S. 21–22 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 22

Chasteluz: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Karl Jacob Alexander, Edler von Rennenkampf (1783–1854) ⇒ Nr. 891 II. Nach Abschluss seines Studiums in Göttingen (1805) begab sich Karl Jacob Alexander, Edler von Rennenkampf (1783–1854, ⇒ Nr. 891) auf eine Bildungsreise, die ihn zu Pestalozzi nach Yverdon und anschliessend nach Italien führte. Der vorliegende Brief zeigt zudem, wie sich die Besucher Pestalozzis jeweils nicht nur in ihrer Heimat, sondern auch auf ihren Reisen für die Verbreitung der Methode Pestalozzis einsetzten. III. Z. 12

Z. 22

P a c c h i a n i : Francesco Pacchiani (1771–1835) aus Prato bei Florenz studierte Naturwissenschaften an der Universität in Pisa, wo er anschliessend Logik und Metaphysik lehrte und 1802 zum Professor für Physik ernannt wurde. Er starb 1835 in Florenz. Chasteluz: Möglicherweise handelt es sich um Henri Georges César comte de Chastellux (1746–1814). Er war nach einer langjährigen Militärkarriere

347 bis zum Rang eines Maréchals (1788) von 1790 bis zur Rückkehr in seine Geburtsstadt Paris im Jahre 1810 mit seiner Familie in Italien im Exil, zu Beginn in Rom und die letzten Jahre in der Toskana.

914. Manuel de Godoy 29. Oktober 1807 Madrid, d[en] 29 October 1807. 5

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Seit dem ersten Tage, an welchem die neue Unterrichtsmethode von H e i n r i c h P e s t a l o z z i mir anfiel, (me impuse) fand ich bis auf diesen Augenblick, indem er mir durch sein schätzbares Schreiben vom 29 des verflossnen Herbstmonats alle seine Ideen und Absichten in Beziehung auf sie mittheilte, keine Ursache meinen Begriff von ihr zu ändern. Ich bildete mir selbst denselben mit Sicherheit, und nahm das neue System der Elementarerziehung in meinen Schutz, weil ich von der Vollkommenheit überzeugt war, die es erhalten konnte. Ich erinnerte mich gleich damals an die Fortschritte, welche die Sternkunde gemacht hat, seitdem K e p l e r , G a l i l a i , H u y g h e n s , R ö m e r , H e r s c h e l und andere, die Art ihre Gegenstände und die Menge von Eigenschaften und neuen Verhältnissen, welche an den Himmelskörper entdeckt wurden, ins Aug zu fassen, berichtigt haben. Ebenso dachte ich an das, was die Chemie den L a v o i s i e r s , F o u r c r o y ’ s , B r u g n a t e l l i ’ s und mehrer zu verdanken hat, die ihr eigenthümliches Wesen erfanden oder richtig bezeichneten, von welchem glücklichen Augenblick sich die reissenden Fortschritte dieser Wissenschaft herschreiben, die Auffindung neuer Elemente, neuer Combinationen und die Möglichkeit, sie auf eine so hohe Stufe von Vollkommenheit zu erheben, dass manche schwache Seelen sich vielleicht sogar ärgern würden, wenn sie nur hörten, wie hoch sie steigen kann. Dies sind die Betrachtungen, welche die Erfindung des Menschenfreundes P e s t a l o z z i in mir erregte. «Mitten,» sagte ich, «mitten in dem Chaos verwirrter, und durch einander geworfener Elemente, das die Wissenschaften in ihrem wirklichen Zustande bildeten, mitten unter der Menge von Lichtstrahlen, welche die Philosophen des 18ten Jahrhunderts schleuderten, erschien das Neunzehnte. Es erkannte die Nothwendigkeit, die wahren Grundsätze zu ergreifen, die falschen zu verwerfen, alle zu ordnen, und da die Vorsehung wollte, dass ein tie-

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fer Beobachter der Natur, ein ausharrender, genievoller und glücklicher Mann, ein P e s t a l o z z i existirte, so entstand die neue Ansicht der Erziehung und der Wissenschaft die keine andere sein konnte, als die der Natur und der Jugend. Die ersten Elemente wurden geordnet und die Grundlagen zu diesem unermesslichen Gebäude gelegt. Er hat nicht Zeit gehabt es zu vollenden, noch konnte er sie haben, um es auf eine der Grösse und Würde seiner Bestimmung entsprechende Weise zu schmücken. Aber die Hauptsache ist gethan. Die Nomenklatur des Unterrichts der Jugend ist gefunden. Der Gang der Ideenverknüpfung ist gegeben. Die Ordnung ist festgesetzt. Das Menschengeschlecht ist auf die Bahn der Vervollkommung gestellt, der es fähig ist, und der Verbrüderung, zu der es der Herr des Weltalls bestimmt hat. Was noch zur Ergänzung dieses grossen Werks übrig bleibt, ist weder die Aufgabe eines Tages, noch das Geschäft eines einzelnen Menschen. Allein lasst uns nur um so mehr mit unerschütterlichem Muth und wirksamer Thätigkeit alle Elemente sammeln die zur Vollkommenheit des Unternehmens beitragen, und da auch unsere Kinder seine Früchte nicht ganz geniessen können, so sollen sie darzu helfen, so sollen sie arbeiten für das Heil unsrer Enkel.» Das war meine Meinung von dem ersten Tage an, und jede Veranstaltung die ich zur Einführung und Etablirung der Methode in Spanien mit Sorgfalt traf, trägt den Stempel dieser Ansicht, die ich glücklicherweise nicht berichtigen musste, und von der ich mit Vergnügen sehe, dass sie mit der des Philosophen selbst, der den prachtvollen Tempel zur physischen, sittlichen und intellektuellen Wiedergeburt des Menschengeschlechts entwarf, genau übereinstimmt. Ja, liebenswürdiger und wohlthätiger Pestalozzi! Unsre Seelen, unsre Gefühle und unsre Absichten stimmen überein. Wir haben das Licht gesehen und unsre gierigen Augen blicken unermüdet und unverwandt danach hin. Die ganze Zeit Ihres Lebens wird diesem wichtigen Gegenstande gewidmet seyn, und der Friedensfürst wird den Rest seiner Tage dazu anwenden, ihn mit aller Kraft seines Geistes und mit dem Umfang seiner Macht zu fördern und zu schützen. Ich habe zugleich Befehl gegeben, dass Ihnen die Arbeiten, die die Individuen unsers Instituts liefern, mitgetheilt werden. Einer ihrer Gelehrten verfasste einen Versuch über die Möglichkeit, die pestalozzische Methode auf die vornehmsten Zweige der menschlichen Erkenntniss anzuwenden. Ein Andrer bewies, sie könne das Genie nicht unterdrücken, wie man vermuthen möchte, und noch

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viel weniger das Talent für die Künste der Nachahmung ersticken. Alle Spanier meines Madrider-Instituts befolgen, verehren, und bewundern die Grundsätze des schweizerischen Philosophen. Alle arbeiten mit Fleiss und Standhaftigkeit. Die Städte, durch Darstellungen die ich bekannt machen liess, und durch andere zweckmässige Veranstaltungen von der Vortrefflichkeit der Methode überzeugt, schicken freiwillig Observatoren. Auch könnte diese Reform nicht mit glücklicherm Erfolg geleitet werden, da die öffentliche Meinung sich nicht mit Gewalt beherrschen, sondern blos mit Scharfsinn, Klugheit und Vorsicht leiten lässt. Ich werde mit Vergnügen alle neuen Ideen und Entwürfe über diesen Gegenstand von Ihnen annehmen, und Sie sollen durch den Auftrag, den ich dem Chef des Instituts gegeben, mit Ihnen über alle nur vorkommenden Umstände und Angelegenheiten desselben, zu denen ich mich wegen der Menge und Wichtigkeit andrer Sorgen die mich umringen, nicht herablassen kann, zu korrespondiren, beständig von den Fortschritten unsrer Stiftung unterrichtet werden; um so zwischen beiden Anstalten die Verbindung und Mittheilung zu unterstützen, die beiden gegenseitig zur Verbreitung des Lichts, der Entdeckungen und der Anordnungen zu ihrer Leitung dienlich sind, welche zu ihrer immer bessern Einrichtung und weitern Emporkommen führen können. Verschiedene spanische Gelehrte suchen um die Erlaubniss an, nach Iferten zu reisen, und da ich diese Reise für sehr zweckmässig halte, werde ich mich genöthigt sehen, dem edlen Wunsch einiger von ihnen zu entsprechen. Durch diesen Anlass wird mein Gemälde, dem wohlthätigen Manne der es wünschte, überbracht werden, und seine Aufstellung in der Anstalt von Pestalozzi wird mir soviel Freude machen, als mir die Erhaltung seines Bildes gewährte, das Güte und Sanftheit athmet. Soviel deren mein Herz in sich schliesst, biete ich Ihnen dar, und bitte Gott für Sie um ein sehr langes Leben. Der Frie densfürst.

Überlieferung 1

Wochenschrift für Menschenbildung (1807), Bd. 1, S. 225–228 Textkritik

Zeuge [a] Z. 20

L a v o i s i e r s … B r u g n a t e l l i ’ s : lateinische Schrift

350 Sacherklärung I. Manuel de Godoy (1767–1851) ⇒ Nr. 854 III. Z. 8 Z. 15 Z. 15

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Z. 80 Z. 91 Z. 101

Schreiben: scheint nicht erhalten zu sein K e p l e r : Johannes Kepler (1571–1630) ⇒ Nr. 514 G a l i l a i : Galileo Galilei (1564–1642) aus Pisa war Mathematiker, Philosoph und Physiker und wurde wegen der Behauptung, die Erde drehe sich um die Sonne, 1633 vor Inquisitionsgericht unter Androhung der Folter zum Widerruf gezwungen. H u y g h e n s : Christian Huyghens/Hugens (1629–1695) aus den Niederlanden war Privatgelehrter mit naturwissenschaftlichem Interesse. Er machte sich als Astronom, als Begründer der Wahrscheinlichkeitsrechnung und mit seinen genaueren Pendeluhren einen Namen. R ö m e r : Olaf/Ole Christensen Rømer (1644–1710) aus Dänemark war Astronom und wurde durch die erstmalige Messung der Lichtgeschwindigkeit bekannt. H e r s c h e l : Sir Friedrich Wilhelm Herschel (1738–1822) aus Hannover war Astronom und Musiker in England. L a v o i s i e r s : Antoine Laurent de Lavoisier (1743–1794) ⇒ Nr. 908 F o u r c r o y ’ s : Antoine François Fourcroy (1755–1809) aus Paris war Chemiker, 1792 Mitglied des Nationalkonvents und im Komitee des öffentlichen Unterrichts tätig. 1801 übernahm er dessen Leitung. B r u g n a t e l l i ’ s : Luigi Vincenzo Brugnatelli (1761–1818) aus Pavia war Arzt und Chemiker. «Mitten,»: Es ist unklar, woher dieses Zitat stammt. Gelehrten: Damit dürfte wohl der Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) zugeschriebene Artikel Über Geist und Tendenz der Pestalozzischen Methode (Jenaische Allgemeine Literaturzeitung, 1806, Nr. 263–265, S. 249–270) gemeint sein. Ein Andrer: Damit könnte folgende Publikation gemeint sein: Wilhelm von Türk: Briefe aus Münchenbuchsee über Pestalozzi und seine Methode. Leipzig 1806. Madrider-Instituts: ⇒ Nr. 882 Chef des Instituts: Francisco Amorós y Ondeano (1767–1848) ⇒ Nr. 892 Verschiedene spanische Gelehrte: Wenige Monate später, am 13. Januar 1808, schloss Manuel de Godoy (1767–1851, ⇒ Nr. 854) das Instituto Pestalozziano (⇒ Nr. 882). Spanische Besuche in Yverdon liessen sich bis dahin keine nachweisen.

915. Franz Adam Lejeune Herbst 1807 [Reg.] Inhalt unbekannt.

351 Überlieferung 1

PSB V, S. 293.6 Sacherklärung I.

Franz Adam Lejeune (1765–1854) ⇒ Nr. 870

916. Julius Bernhard Engelmann 9. November 1807 Engelmann an einen Lehrer des Instituts Frankfurt den 9ten 9bre 1807.

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Pestalozzi und die Methode sind izt Mode zu Frankfort, so dass man kaum mit erzählen und erklären und wieder erzählen und wieder erklären fertig werden kann. mich hat eine solche Lehr und Lernsucht ergriffen dass ich bereit bey Frau Gunsen nach der Pest[alozzischen] Methode Unterricht gebe und mich so den ganzen Tag müde und heiser lehre und predige dort habe ich mich fürs erste die kleinsten ausgewählt und habe mit ihnen die Einheitstabelle und das Buch der Mütter angefangen habe ich Zeit so fange ich noch Maassverhältnisse und Sprachle[hre] an. Folgende biedere Männer haben mich gebeten sie als solche zu nennen: 1. R… bisher Privatlehrer in St. Lamprecht vermuthlich bald Lehrer an der neu zu erichtenden Sekundar Schule zu Neustadt an der Hard. 2 Roller, Vorsteher eines Privat Instituts zu Otterberg, und 3 Kraft Prediger in Alsenbern beyde bey Kaiserslautern 4 Fried[rich] Engelmann aspenteur forestier in Winweiler 5 Hilgard Prediger in Mosenheim 6 Kant. Kirchheim 6 Trevian Prediger in Durchnoth bey Kreutznach 7 Lonner Prediger in alten Laumberg bey Kreutznach 8 Pfarer Müller in Odenberg bei Meisenheim. Dem Vater Pestalozzi bitte zu sagen dass ich ihm danke für das zu Yverdon gelernte dass ich ihn kindl[ich] liebe und dass mit meinem Aufenthalt in Iverdon eine neue Periode meiner Existenz anfängt.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a/56, Umschlag 398/3 Blatt, 202x246 mm Dorsualvermerk Zeller an Pestalozzi 1808. Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 18

aspenteur forestier: lateinische Schrift

352 Z. 23 Z. 24

Yverdon: lateinische Schrift Iverdon: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Julius Bernhard Engelmann (1773–1844) aus Frankfurt am Main studiert evangelische Theologie und Philosophie, arbeitet als Lehrer am Mädcheninstitut von Charlotte Augusta Christiana Bunsen-Huth (1766–1847, ⇒ Z. 8) und hält zusammen mit seinen Freunden Johann Elias Mieg (1770–1842, ⇒ Nr. 1244) und Karl/Carl Ritter (1779–1859, ⇒ Nr. 908) privaten Musikunterricht. 1807 besucht er Pestalozzis Institut in Yverdon. Ein Jahr später eröffnet er in Frankfurt am Main eine eigene Töchterschule, an der Ritter für kurze Zeit den Geographieunterricht übernimmt. Zusammen mit Mieg und Ritter sorgt Engelmann durch öffentliche Auftritte und Disputationen für die Verbreitung von Pestalozzis Methode. Engelmann ist Verfasser zahlreicher pädagogischer Schriften, etwa der Neue Kinderfreund (1804), Einige Gedanken über Erziehung und Unterricht (1808), Deutsche Bibliothek für Jünglinge und Jungfrauen (1812). Seit 1834 lebt er in Bad Kreuznach (Rheinland-Pfalz). III. Z. 8

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Frau Gunsen: Charlotte Augusta Christiana Bunsen (1766–1847), geborene Huth, heiratete 1791 den Frankfurter Münzmeister, Münzrat und Stadtgeometer Johann Georg Bunsen (1766–1833) und leitete seit 1807 eine Töchterschule in Frankfurt am Main, die bis 1838 in den Adressbüchern der Stadt verzeichnet ist. Genaueres zur Schule ist nicht bekannt, da die Frankfurter Schulakten 1944 verbrannt sind. Lit.: Petra Meyer: Mädchenbildung in Frankfurt am Main zwischen 1816 und 1848. Diss. Frankfurt am Main 1979 Einheitstabelle: Dabei dürfte es sich um die Tabelle handeln, die am Schluss des zweiten Heftes der Anschauungslehre der Zahlenverhältnisse 1803 im Druck erschienen ist. Buch der Mütter: Johann Heinrich Pestalozzi: Buch der Mütter, oder Anleitung für Mütter, ihre Kinder bemerken und reden zu lehren. Zürich 1803 (PSW XV, S. 341–424) Maassverhältnisse: Johann Heinrich Pestalozzi: ABC der Anschauung, oder Anschauungs-Lehre der Massverhältnisse. Zürich 1803 (PSW XV, S. 175– 340) Sprachle[hre]: Johann Heinrich Pestalozzi: Anweisung zum Buchstabierenund Lesenlehren von Pestalozzi. Bern 1801 (PSW XIII, S. 137–179) R…: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. Roller: Georg Jakob Roller (1774–1857), Sohn eines Tuchfabrikanten aus dem württembergischen Wildberg, absolvierte die Präparandenanstalt seines Heimatorts und stand nach erfolgreicher Tätigkeit als Hauslehrer von 1804 bis 1813 in Otterberg bei Kaiserslautern einer von ihm gegründeten Privatschule, einer Art Lehrerseminar, vor, unterbrochen von einem Besuch in Yverdon 1810. Seit 1813 leitete er am Wormser Gymnasium die Vorbereitungskurse und gründete eine private Mädchenschule, bevor er sich dem Unterricht für taubstumme Kinder widmete und auf Geheiss der hessischen Regierung 1837 in Friedberg eine Taubstummenanstalt gründete, der er 1846 ein Lehrerseminar anschloss.

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Kraft: Johann Ludwig Krafft (1776–1847) war Pfarrer in Alsenborn und Katzweiler (Pfalz) und hatte mit seiner Frau Margarethe Hilgard (1786– 1813), der Schwester von Johann Jakob Hilgard (1751–1813, ⇒ Z. 19) vier Kinder. Fried[rich] Engelmann: Friedrich Theodor Engelmann (1779–1854) war Forstgeometer und Forstmeister in Bergzabern und Winnweiler (beide Rheinland-Pfalz), arbeitete von 1814 bis 1822 als königlicher Oberförster im bayerische Imsbach und entzog sich 1833 einer neuerlichen Versetzung nach Bayern durch Auswanderung nach Amerika. Zuvor zählte er lange Jahre zum Führungspersonal der liberalen Partei im Bayerischen Rheinkreis. Hilgard: Hier scheinen dem Briefabschreiber einige Irrtümer unterlaufen zu sein. Erstens handelt es sich bei dem genannten Ort nicht um Mosenheim, sondern um das rheinhessische Bosenheim. Zweitens hiess – und hier irrte der Briefschreiber – der Bosenheimer Pfarrer zum Zeitpunkt des Briefes nicht Hilgard, sondern seit 1796 Peter Paul Schäfer (1763–1824), der die Tochter Catharina Luisa Henrietta (1753–1830) seines Amtsvorgängers Gerhard Samuel Hilgard (1717–1803) geheiratet hatte. Es kann aber auch sein, dass hier dessen Sohn Johann Jakob Hilgard (1751–1813) gemeint ist. Er war zunächst Privatlehrer im Fürstenhaus Naussau-Weilburg, wurde 1781 Pfarrer in Marnheim, wo er als überzeugter Anhänger der Französischen Revolution vorübergehend abgesetzt wurde, und übernahm schliesslich das Pfarramt in Ilbesheim (beide Rheinland-Pfalz). Trevian: Johann Konrad Treviran (1777–1848) war nach seinem Theologiestudium in Heidelberg und Genf nur kurz (1797) reformierter Pfarrer in seiner Heimatgemeinde im pfälzischen Altdorf, weil er den Eid auf Frankreich verweigerte. Er wurde nach Reisen durch Holland, Brabant und Deutschland 1801 reformierter Pfarrer in Duchroth und wechselte 1809 nach Heiligenmoschel (beide Rheinland-Pfalz), wo er bis 1846 arbeitete. Lonner: Möglicherweise handelt es sich hier um Pfarrer Friedrich Christof Karl Vollmar (1733–1814) in Waldlaubersheim (Rheinland-Pfalz), der hier seit 1759 bis zu seinem Tod amtierte. Aufgrund der vielen Abschreibefehler in diesem Brief kann es sich aber auch um eine andere Person handeln. Pfarer Müller: Hier ist unklar, ob Georg Friedrich Ludwig Müller (1735– 1811), seit 1764 Pfarrer in Odenbach (Rheinland-Pfalz) und seit 1806 Lokalkonsistorialpräsident, gemeint ist oder sein Sohn Philipp Wilbrand Müller (1771–1851), der nach dem Studium in Marburg und Zweibrücken 1791 Vikar bei seinem Vater und ein Jahr später auch in Odenbach ordiniert wurde, wo er bis 1811 als Verweser und anschliessend bis zu seinem Tod als Pfarrer tätig war.

354 917. Michael Traugott Pfeiffer 22. November 1807

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L[enz]b[ur]g, am Vorabend des Festes der heil[igen] Cäcilia, 1807 Wie ein Kind mit seiner Lieblingspuppe, spielte ich, seit des Austrittes aus Ihrem Institut, mit dem Ihnen bekannten Versuche, den Unterricht im Gesange so zu elementarisiren und so zu organisiren, dass in und aus ihm der Genius Ihrer Methode wehe, und dass es ein Unterrichtsmittel werde welches nicht, gleich einer wilden, rauhen Bastarddissonanz, den reinen Akkord der übrigen Mittel des Elementarunterrichts unterbreche und zerstöre. Meine Puppe ist nicht mehr ganz hölzern und leblos. Seit einiger Zeit durchzuckt mich manchmal so etwas, das einst den Meister Pygmalion mag durchzuckt haben, als das zuvor kalte, todte Marmorbild, unter seiner tastenden Hand, Weichheit und Wärme des Fleisches und Lebensathem gewann. Ja, mein Versuch beginnt, mehr als blosser Versuch zu seyn. Darum, Vater meines Herzens! wünsche ich, Berichte über das, was ich that und thue und noch thun möchte, in dem Archiv Ihrer Wochenschrift niederzulegen. Aber – aber in der schönen besten Welt giebt es mitunter gar unschöne, erbärmliche Leute. Gemeinheit, Alltäglichkeit, Spiessbürglichkeit und Nachtgespenster und Quälgeister mancherley Art haben um diese Leute herum die Zirkellinie der thierischen (sie nennen es: praktischen) Erbärmlichkeit gezogen, den Magen zum Mittelpunkte genommen, und ihn gottesvergessner Weise zum Centrum des Guten, Wahren und Schönen gemacht. Der Menschen verschiedne Gewerbe, Künste und Wissenschaften sind die Radien der Zirkellinie; diese Radien stellen versinnlichend die Fahrgleise oder die Kanäle vor, auf denen die Nahrungsfracht dem Mittelpunkte Magen zuspedirt wird. Die Devise jener Leute heisst: «Brod! Brod! Brod!» Konsensikalisch für sie ist des Heilands göttliches Wort: «Der Mensch lebt nicht vom Brode allein.» In ihren Augen schwebt um das Haupt eines Homer’s, Klopstock’s, Herder’s, und aller Freunde Apolls und der himmlischen Urania, welche aus einer mit Schönem angefüllten Brust Schönes in die Brust der Mit- und Nachwelt hinüberfangen, lange nicht der heilige schöne Regenbogenschimmer, den der nächste beste Krambudendiener um seinen Schädel hat, wenn er die Worte eines Fuhrmannsbriefes: Im Namen und Geleite Gottes senden wir unten spezifizirtes Gut u.s.w.

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in grosser Frakturschrift hinmalt. In ihren Augen ist der Einmaleinskopf, der geschwind die Latera einer Rechnung summirt, achtungswürdiger und göttlicher, als alle Sterne’s und Jean Paul’s des Universums. Zu den Zeiten der schönen griechischen Welt hätten sie nicht leben mögen; damals stand manchmal oberhalb gewisser Hausthüren: «Hier wird Geometrie und Musik gelehrt.» Weit interessanter ist ihnen der Aushängeschild einer modernen Garküche: «Komm herein, du lieber Gast, wenn du Geld im Beutel hast! Wurst und Braten reicht man dir wohl zu jeder Stunde hier.» – Doch ich runzle die Stirne wieder, und bekenne meinem Vater Pestalozzi, dass mir vor dem Urtheile der obgedachten Leute bange, sehr bange ist. Meinem Geschlechte mögte ich, um die Liebe und Freundschaft eines Pestalozzi zu verdienen, dadurch recht nützlich werden, dass ich die Kinder, die ärmsten, die hintangesetztesten, singen lehre; sie bedürfen des Gesangs, denn sie bedürfen des Schönen. Gesang ist das erste und wohlfeilste Schöne. Aber die obgedachten werden mir zurufen: Schwärmer, hättest du nur Steine aufgelesen, wär’ es etwas doch gewesen! Dass man hier und dort damit umgeht, neue, verbesserte Gesangbücher in Schulen und Kirchen einzuführen, mögen die Praktischen noch so, obgleich mit Achselzucken, gedulden; denn es bringt Geld unter die Papiermüller, Buchdrucker, Buchbinder, somit unter die Leute. Aber dass ein Pestalozzianer glaubt und behauptet, man solle mit der Ersinnung, Aufstellung und Einführung einer bessern, und sicher und untrüglich zum Zwecke führenden Gesangsmethode anfangen: das ist zum mindesten Naseweisheit. Mir liegt daran, lieber Vater! dass die Briefe, die ich Ihnen, so Gott will und insofern Sie sich’s nicht verbitten, über meinen Versuch einer rein-pestalozzischen Gesangsmethode zusenden will, aus dem höhern und einzig richtigen Gesichtspunkte beurtheilt werden. Aber wie soll ich die lieben Praktischen auf diesen Standpunkt hinaufheben? Heute kann es mir nicht gemüthlich seyn, eine Dissertation zu schreiben, in welcher ein oberstes Prinzip als Hauptmann voran, und Atqui und Ergo als Lieutenants und als Gemeine hintennach marschiren. Ich bin, nachdem mich hundert hypochondrische Werkeltage geplagt haben, heute in einer lyrischen Sonnabendsstimmung. Es ist ja der Vorabend der heil[igen] Cäzilia, der Schutzpatronin der Musiker; vor meinem innern Ohre schwärmen die Lieder umher, womit meine Schüler, kleine liebenswürdige Enthusiasten für das Schöne, morgen das Cäciliafest feyern werden; vor meinen Augen, drei Spannen von mir, liegt die Guitarre, die bevor ich diesen Abschnitt zu schreiben anfing, mein

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Lieblingslied: Hanhardts Sehnsucht nach Iferten, mir begleiten musste. Ich bin in diesem Augenblicke zu warm und zu musikalisch-lyrisch, als dass ich ein logischkalter Dissertator seyn mögte. – Aber halt, Vater Pestalozzi! Neben der Guittare liegt in exemplarischer Verträglichkeit der Tome vingt-deuxième der Encyclopédie des sciences et des arts, par Diderot, Edition de Berne et de Lausanne 1780. Er enthält die Artikel: Musicien und Musique. Mein Freund, der liebenswürdige Rittmeister H–w–d–l, hat mir das Buch geliehen, damit ich mich mit der Historia litteraria Musices bekannt mache. Des Spasses halber und den Praktischen zu Liebe will ich e i n i g e S t e l l e n der Encyclopédie m i t R a n d g l o s s e n begleiten. T e x t . La musique est la science des sons, en tant qu’ils sont capables d’affecter agréablement l’oreille. Musik ist Wissenschaft der Töne, insofern sie fähig sind, das Ohr angenehm zu affiziren. R a n d g l o s s e . Dieser Satz, als Definition, kann mir kein Genüge thun. Musik ist mehr als Wissen und Wissenschaft; sie ist Können und Kunst. – Sodann soll Musik das Ohr nicht etwa nur so kitzeln, wie Champagnerwein die Zunge; sie soll Rührungen der Seele erzeugen, und zwar nicht nur Rührungen der Lust, sondern auch der Unlust. So soll z. B. ein Busspsalm Davids meine innere Welt mit dem Wermuthstrank der Reue, mit den Salzthränen angstvoller Betrübniss erfüllen; er soll die sündige Seele erschrecken, zerknirschen, vernichten. Und das ist ja ganz etwas anders als: «affecter agréablement l’oreille.» Dem zufolge mögte ich obiges provisorisch so abgeändert lesen: Musik ist die Wissenschaft und die Kunst, durch Töne Rührungen der Seele zu erzeugen. Aber, auch so abgeändert, ist die Definition nicht befriedigend, jedoch in Erwartung des Bessern – besser als die französische. Diese ist und bleibt so unstatthaft, als z. B. folgende von der Mahlerey seyn würde: Die Mahlerey ist die Kenntniss der Farben, insofern sie fähig sind, das Auge angenehm zu affiziren. T e x t . Elle est … l’art de disposer et de conduire tellement les sons, que de leur consonnance, de leur succession, et de leurs durées rélatives, il résulte des sensations agréables. Sie ist … die Kunst, Töne so zu ordnen und so fortzuführen, dass durch ihre längere oder kürzere Andauer, durch ihre Aufeinanderfolge und durch ihre Zusammenstimmung angenehme Empfindungen entstehen. (Geflissentlich übersetzte ich nicht ganz wörtlich getreu. Denn das erste musikalische Wohlgefallen ist rythmisch, das zweite melodisch und erst das dritte harmonisch. In einem der folgenden Briefe soll das besser probirt werden. – Aber mein französischer

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Enzyklopädist setzt die Harmonie vor der Melodie, und Melodie vor dem Rythmus.) R a n d g l o s s e . Mich ärgern schon wieder die «Sensations agréables.» «Ist und soll denn die Kunst überhaupt, und Musik insbesondere, nicht mehr seyn und nicht mehr leisten, als eine Flasche Burgunder, oder eine Lerchenpastete, oder ein Flaumpolster, oder eine rothmundige Dirne? Pfuy euch Herren Encyklopädisten, pfuy euern «Sensations agréables!» Es sey, unter den Rosen der Freundschaft, meinen Freunden hier gesagt, dass ich als Jüngling sogar dem alten seligen Philosophen in Königsberg recht sehr gram wurde, weil er der Musik das Prädikat «Schöne Kunst» wegnehmen, und ihr nur den Allerweltslaufpass «Angenehm» lassen wollte. Auf dass der Ärger mir heute das Blut nicht verschlimmere, soll hier mein a r t i s t i s c h e s G l a u b e n s b e k e n n t n i s s stehen. Die Erziehung, deren Zeitdauer nicht mit der Länge der Schulbank zu vergleichen ist, denn sie währt, wie allbekannt oder meinetwegen auch nicht bekannt ist, von der Wiege bis zum Grabe, und, wie eine beseligende Hoffnung mir zuflüstert, noch jenseits der Sterne, – die Erziehung soll den wunderbaren Mikrokosmus, Mensch genannt, allmählig und endlich zu einem schönen d r e y e i n i g e n Wesen machen. Bevor er erzogen ist, treiben die Drillinge, die in ihm wohnen, und V e r s t a n d , G e f ü h l und W i l l e heissen, ein gar ärgerlich wunderliches Spiel. Bald spielt das Gefühl, welches auch unter dem Namen: warmes Herz, gekannt wird, mit dem Verstande das Blindekuhspiel, oder es nimmt ihn sans façon auf die Schultern, rennt mit ihm auf und davon, und wirft ihn in eine Froschlache. Bald sitzt der Drilling Verstand so trocken und pedantisch da, dass um ihn her weder Gras noch Blumen wachsen; bald gebehrdet er sich so kalt und erfroren, dass in seiner Nähe auch den beiden andern Drillingen die Haut schauert, und sie sich nach warmen Winterpelzröcken mit seufzendem Verlangen sehnen. Bald mögte der Drilling Wille (videatur die Geschichte vieler Sektirer) dem Himmel zufliegen, und, weil ihm der Bruder Verstand keine Augen leihet, wird Nebelnacht um ihn, und er fällt in das todte Meer von Sodom und Gomorrha. Ein andersmal ist Bruder Verstand ein überfeiner Gaudieb, der die Brüder Gefühl und Wille, statt ins Thal Tempe, in Folterkammern und Zuchthäuser, und statt ins Eusium, in den Tartarus führt. Wenn es nun aber, wie ich meine, der einzige Zweck der Erziehung ist, drei Töne zum Einklang zu bringen, und aus Drillingen einen Einling zu machen: so muss der liebe Vater im Himmel

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meinem Geschlechte Mittel gegeben haben, aus jedem der Drillinge ein kräftiges Einzelwesen, und aus allen drei zusammen ein dreieiniges Himmelswesen zu bilden. Und dreimal, o Allvater im Himmel, dreimal sei dir gedankt! du gabst meinem Geschlechte jene Mittel. – Damit der Drilling Verstand seine Flügelkraft rege, übe und stärke, schufst du Sprache und Zahl und Maass. Dem Drillinge Willen grubst du mit unvertilgbaren Buchstaben das Sittengesetz ein, und setztest ihn gleich beim Eintritte in die Erscheinungswelt, in das unnachahmbare, unübertreffliche Institut der zarten Mutterliebe und der sorglichen Vaterpflege, auf dass er lieben lerne, und mit liebendem Sinne und mit liebenden Armen bald die Himmelstochter Religion umfasse. Und dem Drillinge Gefühl zu Liebe schufest du Farben und Töne, besäetest den Wiesenteppich mit Veilchen und das Himmelsgezelt mit Sternen, gabst dem Bache das Murmeln und dem Walde das Laubgesäusel und die flötende Nachtigall. Was nun, so fährt der Artist in seinem Glaubensbekenntisse fort, was Sprachstudien und mathematische Evidenzen für die Bildung des Verstandes, was Mutterliebe und Sittengesetz und Religion für die Bildung des Willens, das soll und kann die Kunst überhaupt, und die Musik insbesondre, für die Bildung des Gefühls seyn. Nicht nur nach Wahrheit und Güte, auch nach dem Schönen und nach Beseligung darf der Mensch schmachten. Er soll, er muss nach der Schönheit, wie nach einer Himmelsbraut, ringen; denn Wahrheit und Güte ist zuletzt doch nichts anders, als ein sich enthüllendes Schöne. Dass aber Musik das Gefühl für Schönheit und Erhabenheit, dass sie überhaupt die Empfänglichkeit für ästthetische, moralische und religiöse Empfindungen belebe, schärfe und verstärke: darauf lebt und stirbt der Artist. In diesem seinem Glauben macht ihn die Bemerkung nicht irre, dass die modernen Musiker von Profession, die Virtuosen sowohl als die Marktspielleute, gar sehr oft eben nicht die schönsten Apostel des Schönen sind. Wie diese Erscheinung zu erklären sey, soll die Randglosse über den Artikel: Musicien, besagen. Nur wie per parenthesin, soll hier zur Entschuldigung der Unschönheit der Virtuosen und der Marktspielleute gesagt werden, dass sie wenig oder nichts dafür können, wenn mein Zeitalter den Seiltänzer für ein schöneres, göttlicheres Subjekt hält, als den tanzenden Gottesmann David vor der Bundeslade. Arme, arme, bemitleidenswürdige Tonkunst! Die meisten Unschönen meines Zeitalters verstatten ihr nur den Zutritt zu ihnen, wenn die Tafel mit dem Braten und dem Dessert besetzt wird; diese die Verdauung befördernde Kunst heisst hier in der

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Schweiz sehr bezeichnend: B r a t i s g e i g e r e y . Andre unschöne Leute wollen die Musik nur darum noch in der Welt gedulden, weil sie auf die unschuldigste Weise die paar müssigen Augenblicke ausfüllt, welche ihnen der Brodbedarf und Sultan Magen übrig lässt, oder weil sie der Eitelkeit und Koketterie ein Mittel an die Hand giebt, in einer Soirée vor der Beau-Monde mit einer Romance zu brilliren. Andre, und das sind die Unschönsten der Unschönen, stehen gar in dem atheistischen Wahne, die Musik sey nur da, um den Schritt jener Armen im Takte zu erhalten, die da ausziehen müssen, um todtzuschlagen oder sich todtschlagen zu lassen. Nein, wahrlich! es soll und darf der Endzweck der Kunst nicht seyn, die Sinnlichkeit, dem Luxus, der Barbarey als Dienstmagd zu dienen. Was sie seyn könne und solle, sagt mir der Landmann, der, nachdem er für seinen und der Seinigen Magen sich während sechsmal vier und zwanzig Stunden matt und müde gesorgt hat, sich nun Sonntags vor seine Hausthüre hinsetzt, dann zu ahnen beginnt, dass in ihm ein Gemüth und eine Gemüthswelt liege, dann den Drang zu singen verspürt, und dann wirklich singt. Ich kann mich nicht enthalten, aus Martin Luther oder der Weihe der Kraft eine Meisterstelle hier herzuschreiben. « – – Das Liederwesen, Ich meine, so der Ton, die Melodey, – Das thut uns, mein’ ich, Noth, wie Brod und Wasser. Denn schau, wenn ich recht viel zu Tag gefördert, Und sitze Abends so bei meiner Gertraud, Und meine Buben spielen um mich her, Und’s jüngste Mädel schlummert mir im Arme, – Dann schau, Gevatter! – wenn ich auch nicht sing’, So ist’s mir doch, als säng’ mir was im Herzen, Als ob mir, Gott verzeih’s, der liebe Herrgott Ein Liedlein selber spiel’ in meiner Brust.» –

So sagt mir also das reine Herzensbedürfniss des unverdorbenen Landmanns, was die Musik seyn soll und somit seyn kann. Mir sagten es die hohen orientalischen Gestalten der Bibelwelt; mir sagten’s all’ die schönen und edlen Genien des griechischen Alterthums. Ein Beförderungsmittel ächter Humanität, ächter Religiosität soll sie seyn, und kann es, vorzüglich im Dienste der Poesie, werden; die Richtung zum Idealen soll sie uns geben, wenn so vieles um uns her uns nur die Richtung zum kleinbürgerlich- und stomachalische-Reellen geben mögte; aufschliessen soll sie uns die Gemüthswelt mit ihren holden Traumgestalten und sternigen Prachtwundern; die Leiter soll sie uns halten, oder vielmehr selbst eine Leiter seyn, an der wir aus dem Hässlichen, Kleinlichen, Irrdischen und Vergänglichen zu dem Schönen, Erhabenen, Göttli-

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chen, Ewigen hinaufsteigen; unser ganzes inneres Wesen soll sie zu einer süssen Melodie, all’ unsre Kräfte zu einer reinen Harmonie machen. Darum, weil Tonkunst dieses leisten soll und leisten kann, war ihr allüberall der Eintritt in den Tempel und zu dem Altare des ewigen Gottes gestattet. Darum mussten die strengen Reformatoren, als sie in den Hallen der Gottesverehrung keine Werke der Mahlerey und Bildhauerey mehr gedulden wollten, doch nachsichtiger für die Tonkunst seyn. Aber mein Herr und Gott! wie wird heut zu Tage in den Kirchen musizirt! In vielen katholischen Kirchen der südlichen, deutschen Welt singen die Dittersdorfische Opernarien, und meinen, sie hätten die profanen Melodien genug vergöttlichet, wenn sie denselben einen lateinischen Breviertext unterlegen; und in vielen reformirten Kirchen psalmiren sie so undavidisch, dass der liebe Gott, wie mir jetzt mein Dämon des Muthwillens sagt, wohl der Gott der Langmuth sein muss, um den wettmauligen Sängern nicht die Mäuler zu stopfen. In Folge alles dessen glaubt und behauptet gegen die Unschönen der Artist, es sei doch zum wenigsten eben so gut, als Steine auflesen, oder vielmehr es sei ein, jeder humanen, und vorzüglich der Pestalozzischen Schule würdiges Unternehmen, den Unterricht im Gesange so leicht, so sicher und untrüglich machen zu wollen, dass aus ihm zu Stadt und Land Sangfertigkeit resultire, eben so wie aus einer guten Lesemethode Lesefertigkeit resultirt, und insofern jene Sangfertigkeit zu dem Schönen und Göttlichen hinführt. Diese thut, wie die Pestalozzische Schule glaubt, der grossen Volksmasse Noth, alldieweil und sintemal die musikalischen Conservatoires nur für Bildung der Conzert- und Opernsänger sorgen. Ihr, der Pestalozzischen Schule, ist einsweilen weder mit Sammlungen neuer Lieder, noch mit Erfindung und Aufstellung neuer musikalischer Instrumente und Maschinen gedient. Auch geht, und soll gedachte Schule nicht darauf ausgehen, wie man ärgerlich genug selbst in I*** sich geäussert hat, neue Arten des musikalischen Rythmus erfinden, oder das Gebiet der Melodie und Harmonie erweitern zu wollen. Wir streben nur, d a s i n d e r m u s i k a l i s c h e n W e l t schon vorhan dene Mannigfaltige i n eine Met h o d e z u e i n e n , zu welcher Pestalozzi gern als Pathe seinen Namen hingeben mag. Also lautet mein a r t i s t i s c h e s G l a u bensbekenntniss! Aber, Vater! für heute bin ich müde, Randglossen und Glaubensbekenntnisse zu schreiben. Der nächste Brief soll musikalischpädagogisch interessanter werden. Möge der heutige den Unschö-

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nen nur gesagt haben, aus welchem Gesichtspunkte der nächste und die folgenden Briefe zu beurtheilen sind! M[ichael] Tr[augott Pfeiffe]r

Überlieferung 1

Wochenschrift für Menschenbildung (1808), Bd. 2, St. 4, S. 51–59 Textkritik

Zeuge [a] Z. 75 Z. 75 Z. 88 Z. 88ff. Z. 90 Z. 90 Z. 92 Z. 94 Z. 96f. Z. 108 Z. 116ff. Z. 128f. Z. 152 Z. 158 Z. 201 Z. 201 Z. 215 Z. 215 Z. 215

Atqui: lateinische Schrift Ergo: lateinische Schrift Tome vingt-deuxième: lateinische Schrift Encyclopédie … Lausanne 1780: lateinische Schrift Musicien: lateinische Schrift Musique: lateinische Schrift Historia litteraria Musices: lateinische Schrift Encyclopédie: lateinische Schrift La musique … l’oreille: lateinische Schrift affecter agréablement l’oreille: lateinische Schrift Elle est … agréables: lateinische Schrift Sensations agréables: lateinische Schrift sans façon: lateinische Schrift videatur: lateinische Schrift Musicien: lateinische Schrift per parenthesin: lateinische Schrift Soirée: lateinische Schrift Beau-Monde: lateinische Schrift Romance: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Michael Traugott Pfeiffer (1771–1849) aus Wilfershausen (Bayern) zieht mit knapp 19 Jahren nach Solothurn, wo seine Tante als Klosterfrau lebt und erteilt dort Musik-, Deutsch- und Lateinunterricht. Nach kurzem Aufenthalt in Genf 1796 steigt er in Solothurn zum Bürovorsteher der kantonalen Verwaltung und ersten Angestellten des Regierungsstatthalters auf. Bis zum Herbst 1803 hält er sich zwei Jahre lang am Institut in Burgdorf auf, gründet anschliessend in Solothurn eine private Erziehungsanstalt, die er zwischenzeitlich auf Intervention der Kantonsregierung wieder schliessen muss. 1805 errichtet er eine Privatschule für höhere Bildung in Lenzburg, wo er seine Kompositionen von Volksliedern fortsetzt. 1822 lässt sich Pfeiffer zum Lehrer für alte Sprachen an die Aarauer Kantonsschule wählen und übernimmt von 1834 bis zu seinem Tod 1849 den Musik- und Gesangsunterricht am Aargauer Lehrerseminar.

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Pygmalion: Pygmalion ist der Name eines Königs von Tyros, der möglicherweise den Ursprung der mythischen Geschichte darstellt sowie der Name eines Bildhauers in der griechischen Mythologie, der von Vergil und Ovid beschrieben wird: Aufgrund grosser Enttäuschungen mit Frauen beginnt Pygmalion, eine Elfenbeinstatue zu erschaffen, in die er sich verliebt. Im 18. Jahrhundert erhält diese Statue den Namen «Galatea». Am Ende wird die Statue lebendig und aus dieser Beziehung entsteht das Kind Paphos. Homer’s: Homer ⇒ Nr. 439 Klopstock’s: Friedrich Gottlieb Klopstock (1724–1803) ⇒ Nr. 427 Herder’s: Johann Gottfried von Herder (1744–1803) ⇒ Nr. 833 Apolls: Der griechische Gott Apollon ist zuständig für Weisheit und Weissagung. Urania: Urania ist der Beiname der Göttin Aphrodite und steht mit diesem Namen für die rein himmlische Liebe. Sterne’s: Laurence Sterne (1713–1768) war ein irischer Schriftsteller und anglikanischer Pfarrer. Sein berühmtester Roman ist The Life and Opinions of Tristram Shandy, Gentleman (1759–1766). Jean Paul’s: Jean Paul (eig. Jean Paul Friedrich Richter) (1763–1825) war ein deutscher Schriftsteller und gilt als Übergangs- und Vermittlungsfigur von der Klassik zur Romantik. die Briefe: Hier dürfte es sich um Korrespondenz zu der zusammen mit Hans Georg Nägeli (1773–1836 ⇒ Nr. 998) 1810 herausgegebenen Gesangsbildungslehre nach Pestalozzischen Grundsätzen handeln. Atqui: nun aber, aber doch (lat.) Ergo: also (lat.) Hanhardts Sehnsucht nach Iferten: ⇒ Nr. 885 Rittmeister H–w–d–l: Damit ist möglicherweise Hieronymus Hünerwadel (1772–1824) gemeint. Hünerwadel war Kaufmann, Stadtammann und Ratsherr von Lenzburg sowie Honorargesandter für die Zürcher Tagsatzung 1821. Er diente 1798 im Unteraargauer Dragonerregiment als Hilfsmajor, daher könnte die Bezeichnung «Rittmeister» herrühren. Michael Traugott Pfeiffer (1771–1849, ⇒ Sacherklärung I.) war 1809 mit Hünerwadel in Kontakt wegen der Gründung einer Privatschule für höhere Bildung in Lenzburg. Sodom und Gomorrha: In der frühen christlich-jüdischen Tradition ist Sodom und Gomorrha ein Symbol für Fremdenfeindlichkeit und Bruch der Gastfreundschaft, in der späten christlichen Tradition ein Symbol für die Sünde der Wollust und wird mit dem «Laster wider die Natur» (Sodomie) in Verbindung gebracht (vgl. 1. Buch Mose, Kapitel 8 und 19). Tempe: Tal in Griechenland, in welchem in der Antike ein ApollonHeiligtum stand. Eusium: Wahrscheinlich Verschrieb für Elysium, die Insel der Glückseligen in der griechischen Mythologie. Tartarus: Bezeichnet einen Teil der Unterwelt in der griechischen Mythologie. per parenthesin: durch einen Einschub (lat.) den tanzenden Gottesmann David vor der Bundeslade: Die Gesetzestafeln wurden zunächst, bevor sie unter König Salomo nach Jerusalem in den von ihm neu erbauten Tempel gelangten, in der Bundeslade umher getra-

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gen und mit ihr in einem zerlegbaren Zelttempel, der Stiftshütte, aufbewahrt und auf den Wanderungen mitgeführt. Nach der Festigung der politischen Macht König Davids wird die Bundeslade nach Jerusalem gebracht um die Stadt auch zum religiösen Zentrum zu machen (vgl. 2. Buch Samuel, Kapitel 6). Bei der Eroberung Jerusalems durch Nebukadnezar (um 640– 562v.Chr.) im Jahre 587/586v.Chr. wurde der Jerusalemer Tempel geplündert, seither gilt der Grossteil des Tempelschatzes als verschollen. Martin Luther: Martin Luther (1483–1546) war Reformator und legte mit seiner deutschen Bibelübersetzung die Grundlage für eine einheitliche neuhochdeutsche Sprache. Dittersdorfirsche Opernarien: Der gebürtige Wiener Karl Ditters von Dittersdorf (1739–1799) war Kapellmeister an verschiedenen Höfen im Deutschen Reich und gilt als Begründer der komischen Oper. Von seinen insgesamt 32 Opern waren die meisten wegen ihres volkstümlichen Witzes und eingängiger Melodien Publikumserfolge, etwa Doktor und Apotheker (1786), Hironimus Knicker (1789) oder Die lustigen Weiber von Windsor (1796). Welche Opernarie in dem vorliegenden Zusammenhang gemeint ist, muss offen bleiben.

918. Johann Jakob Friedrich Ladomus Herbst/Winter 1807 5

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Lieber Vater Pestalozzi! Zum Zeichen, dass ich Euch, Ihr Lieben, stets zugethan bin u[nd] lebenslang seyn werde, schicke ich beyfolgendes Schriftgen. Möge es Vergnügen machend Euch alle wohl u[nd] gesund antreffen so ist mein Wunsch erfüllt. Bey Euch Ihr Burgdorfs Männer! geht es mir mit Wünschen wie bey einem guten Freunde, dem ich, wie alle Welt zu seinem Geburtstage, der Wünsche eine ganze Menge ihm pressentirte, nichts als folgende Paar Distichen sagen konnte. Wünsche zu weihen dem Manne, der nur durch Thaten sich äussert, Sich, ein schaffender Gott; Jeglichem, Muster und Bild, Ist ein vergebliches Werk; ihn schauen das herrlichste Loblied. Lang zu geniessen diess Glück, einzig gestatteter Wunsch. _____________________________________________ Euere Elementargymnastik hat mich unendlich erfreut: um so viel mehr als ich in Stettin schon auf mehrere Übungen und Principien von selbst gekommen bin, ferner von den Arm-Übungen eine solche herrliche Anwendung auf die mathematische Geographie von dem Übernehmen meines Knaben-Instituts gemacht wurde, die Jedermann und auch Euch gewiss gefällt. Zum Zeugen führ ich Türk u[nd] Schmidt an. In Oldenburg habe ich nämlich die ma-

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thematische Geographie gelehrt u[nd] nach meiner Ansicht muss sie bis auf einen gewissen Grad vor den andern Abtheilungen vorhergehen; denn wenn von dem eigentlich Gegebnen immer ausgegangen werden soll, so ist es doch gewiss, dass es uns nicht gegeben ist. Die Erde sey rund, diese Wahrheit muss construirt werden. Ich bin jetzt theils mit meiner Einrichtung u[nd] andern Geschäften so überhäuft, dass ich diess für jetzt nicht weiter ausführen kann. Nur soviel noch von den math[ematisch] Geogr[aphischen] Übungen. a. Vorwärts = Nord b. Rückwärts = Süd a,b,c,d mit ausgestreckten Arc. Rechtsseitwärts = Ost } men durch’s Herumdrehen d. Linksseitwärts = West verbunden gibt den Horizont. e. [senkrecht] Aufwärts = Zenith f. senkrecht abwärts = Nadir Auf ähnliche Art gibt so a, b, e u[nd] f den H[au]ptmeridian; c, d, e, u[nd] f den Meridian von 90 Grad Azimuth etc. etc. Nun werden die Zwischen Richtungen auf ähnliche Art angewandt, zuerst die Einfachen, dann die Zusammengesetzten, z.B.: Vorwärts u[nd] Aufwärts auf die Höhenwinkel in Beziehung auf den Horizont u[nd] auf die A b w e i c h u n g s winkel in Beziehung auf den Äquator. 2. Vorwärts aufwärts u[nd] seitwärts, ausser den obengenannten Winkel-Arten auch auf den Azimuth. Diess auf die Erde angewandt zeigt die Nothwendigkeit der Länge u[nd] Breite einen Orts. – Ferner habe ich von diesen Armübungen noch eine Anwendung auf einen sehr schwierigen Theil der Mathematik in Petto. Die Idee davon muss aber noch mehr reifen. – Es klopft. Ein Examinandus. Adieu u[nd] sagt mir bald dass Ihr mich auch lieb habt wie ich Euch. Ewig Euer Ladomus.

Überlieferung 1 2 5

ZB Zürich, Ms Pestal 52/53, Umschlag 180/1 Bogen, 194x119 mm Original Textkritik

Zeuge H Z. 7 Z. 24 Z. 24

es Vergnügen Türk: lateinische Schrift Schmidt: lateinische Schrift

365 Z. 25 Z. 32f. Z. 40 Z. 41 Z. 42 Z. 45 Z. 46 Z. 47 Z. 50 Z. 51 Z. 53

Geographie: lateinische Schrift Geogr[aphischen]: lateinische Schrift meridian: lateinische Schrift Meridian: lateinische Schrift Richtungen auf Horizont: lateinische Schrift Äquator: lateinische Schrift Azimuth: lateinische Schrift ich von Petto: lateinische Schrift Examinandus. Adieu: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Johann Jakob Friedrich Ladomus (1782–1854) ⇒ Nr. 689 II. Es ist unklar, wann dieser Brief verfasst wurde. Als Anhaltspunkt kann die Erwähnung der Elementargymnastik (⇒ Z. 6) dienen, welche im Juni/Juli 1807 geschrieben wurde; Pestalozzi könnte diese kurz nach Erscheinen an Johann Jakob Friedrich Ladomus (1782–1854, ⇒ Nr. 689) geschickt haben. Der Begriff «Examinandus» weist zudem darauf hin, dass Ladomus wohl schon als Professor in Karlsruhe tätig war. Der Brief könnte somit möglicherweise auf den 12. Januar 1808 verfasst worden sein. Da der ebenfalls erwähnte Johann Michael Schmid (1788–1807, ⇒ Nr. 739) im Dezember 1807 verstarb, kann der Umstand, dass Ladomus noch nichts von seinem Tod erfahren hat, nicht zur genaueren Datierung herbeigezogen werden. III. Z. 6

Z. 18

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Schriftgen: Johann Jakob Friedrich Ladomus (1782–1854, ⇒ Nr. 689) dürfte sich wohl für Pestalozzis Zusendung der Elementargymnastik revanchiert haben und ihm sein neuestes Buch Pestalozzi’s Anschauungslehre der Zahlenverhältnisse in Beziehung auf die Arithmetik als Wissenschaft (1807) zugeschickt haben. Da die Datierung des Briefes unklar ist, kommt auch die Zeichnungslehre nach Pestalozzischen Grundsätzen (1805) in Frage. Elementargymnastik: Johann Heinrich Pestalozzi: Über Körperbildung als Einleitung auf den Versuch, einer Elementargymnastik, in einer Reihenfolge körperlicher Übungen (Juni/Juli 1807) (PSW XX, S. 45–68) Türk: Wilhelm Christian von Türk (1774–1846) ⇒ Nr. 653 Schmidt: Johann Michael Schmid (1788–1807) ⇒ Nr. 739

919. Monsieur Casanova um 1807? [Reg.] Inhalt unbekannt.

366 Überlieferung 1

PSB V, S. 302.15f. Sacherklärung I.

Um wen es sich bei diesem Handwerker aus Lausanne handelt, von dem sich Pestalozzi Anregungen für den industriellen Handarbeitsunterricht versprach, ist unklar.

920. Philipp Albert Stapfer Winter 1807/1808 [Reg.] Frossard de Saugy überbringt einen Brief unbekannten Inhalts.

Überlieferung 1

Nr. 946 Sacherklärung I.

Philipp Albert Stapfer (1766–1840) ⇒ Nr. 899 III. Z. 4

Frossard de Saugy: Daniel Louis Frossard de Saugy (1752–1808) ⇒ Nr. 801

921. Unbekannt Winter 1807/1808 [Reg.] Pestalozzi erhält ein Paket Bücher für das Institut in Madrid.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 13.35 Sacherklärung I.

Es ist unklar, von wem dieses Briefpaket stammt. Denkbar sind sowohl eine Buchhandlung in der Schweiz als auch eine Privatperson, die diese Bücher der Schule in Spanien

367 zukommen lassen und sie über Pestalozzi nach Madrid schicken wollte, weil dieser Versandweg als sicherer, schneller oder günstiger angesehen wurde. III. Z. 4

Institut in Madrid: Pestalozzische Militärschule Madrid ⇒ Nr. 882

922. Johannes Jäggi Dezember 1807/Januar 1808 5

[Reg.] Jäggi erkundigt sich, ob das Institut in Yverdon die richtige Schule für seinen Sohn sei.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 14.5 Sacherklärung I.

Johannes Jäggi (1766–1825) ist Kirchmeier und Wirt in Leuzigen (Kt. Bern). III. Z. 4f.

seinen Sohn: Es dürfte sich hier um Johannes Jäggi (1792–1857) handeln, über dessen Biographie nichts weiter bekannt ist.

923. Barbara Weber-Hotz um 1808 5

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Ihr herzlich trauliche Brief, mein theuerer, lieber Freund! und das übereinstimmende unsere Ansichten freuten mich innigst; Ihr Werk, und die Streitigkeiten hierüber brachten mich zur Sprache; oft sass ich sinnend an meiner Arbeit, was dann auch wohl die Menschen bewegen möchte, so gegen Ihre Anstalt zu seyn, und was für Gründe sie dagegen haben möchten, ich forschte nun ernstlicher was an hiesiger Anstalt gethan würde, und – richtiger durchsah ich die Ihrige; warhaftig; Freund! Sie sind gross, grösser in meinen Augen als die glänzensten Philosophen, die mit den schönsten Wortsetzungen begabt sind, und vieles über Erziehung schreibten, wie und was man thun solte; ja lieber Gott! bey dem, was man solte, blieb es imer stehen, sie hattens wie unsere Zür-

366 Überlieferung 1

PSB V, S. 302.15f. Sacherklärung I.

Um wen es sich bei diesem Handwerker aus Lausanne handelt, von dem sich Pestalozzi Anregungen für den industriellen Handarbeitsunterricht versprach, ist unklar.

920. Philipp Albert Stapfer Winter 1807/1808 [Reg.] Frossard de Saugy überbringt einen Brief unbekannten Inhalts.

Überlieferung 1

Nr. 946 Sacherklärung I.

Philipp Albert Stapfer (1766–1840) ⇒ Nr. 899 III. Z. 4

Frossard de Saugy: Daniel Louis Frossard de Saugy (1752–1808) ⇒ Nr. 801

921. Unbekannt Winter 1807/1808 [Reg.] Pestalozzi erhält ein Paket Bücher für das Institut in Madrid.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 13.35 Sacherklärung I.

Es ist unklar, von wem dieses Briefpaket stammt. Denkbar sind sowohl eine Buchhandlung in der Schweiz als auch eine Privatperson, die diese Bücher der Schule in Spanien

367 zukommen lassen und sie über Pestalozzi nach Madrid schicken wollte, weil dieser Versandweg als sicherer, schneller oder günstiger angesehen wurde. III. Z. 4

Institut in Madrid: Pestalozzische Militärschule Madrid ⇒ Nr. 882

922. Johannes Jäggi Dezember 1807/Januar 1808 5

[Reg.] Jäggi erkundigt sich, ob das Institut in Yverdon die richtige Schule für seinen Sohn sei.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 14.5 Sacherklärung I.

Johannes Jäggi (1766–1825) ist Kirchmeier und Wirt in Leuzigen (Kt. Bern). III. Z. 4f.

seinen Sohn: Es dürfte sich hier um Johannes Jäggi (1792–1857) handeln, über dessen Biographie nichts weiter bekannt ist.

923. Barbara Weber-Hotz um 1808 5

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Ihr herzlich trauliche Brief, mein theuerer, lieber Freund! und das übereinstimmende unsere Ansichten freuten mich innigst; Ihr Werk, und die Streitigkeiten hierüber brachten mich zur Sprache; oft sass ich sinnend an meiner Arbeit, was dann auch wohl die Menschen bewegen möchte, so gegen Ihre Anstalt zu seyn, und was für Gründe sie dagegen haben möchten, ich forschte nun ernstlicher was an hiesiger Anstalt gethan würde, und – richtiger durchsah ich die Ihrige; warhaftig; Freund! Sie sind gross, grösser in meinen Augen als die glänzensten Philosophen, die mit den schönsten Wortsetzungen begabt sind, und vieles über Erziehung schreibten, wie und was man thun solte; ja lieber Gott! bey dem, was man solte, blieb es imer stehen, sie hattens wie unsere Zür-

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cher Landleute über die Revolution, es hiess auch jmer, man solte, aber nie, wir wollen; Sie aber Theuerer! wolten, und seztens durch, unter tausenden hätte keiner Ihre Ausharlichkeit gehabt, auf halbem Weg würden sie schon wieder zurück geschreckt worden sein und hätten sich wieder bey Ihrem, man solte ihrem Stillstehen überlassen. allein Sie edler Muthvoller Mann! haben sich mit Ihren eignen Worten zu sagen – durchgekezert; Ihre Warheits Überzeugung die die Erfahrungen Ihres Lebens, gründeten, waren Ihnen Waffen gegen alle Kränkungen und Niederdrükungen, Sie zeigten sich auch hier, wie in allen Verhaltnissen Ihres Lebens Gross und Wahrhaft, auch war Ihr Werk zu heilig, als dass es hätte untergehen können, es blüht nun und wird immer fortblühen, und wird die Menscheit der Natur wieder zuführen; Ich hatte bis her nur einzelne Bildungs blätter gelesen ich habe aber vor einigen Tagen alle eingebunden hohlen lassen, ich lass die Darstellung des Wesens und Umfangs Ihrer Methode, Ihr tiefer Kenner und Forscher Blick ist überall unverkenbar, Sie giengen den Gang der Natur, den jene grosse Männer der Vorwelt auch giengen, die die Nachwelt jetzt noch anstaunt, Viele wollen ihnen nacheitlen, haben aber nur das Ausgebildete in Augen, den Entwicklungs gang aber nicht, Sonst würden sie nicht wieder Ihre Methode so eingenommen seyn; berühren Sie immerhin ungespante Saiten die nicht ein Modeton klingen es lisst sie oft ein Wahrer der Kraft und Leben darinn findt, mögen es einige belächeln, sie müssen doch früher oder später zur Erkentniss kommen, wenn sie fortstreben wollen, denn wirklich erwacht schon hin und wieder einer der sagt: «wir wollen unsre Jugend zu keinem Gelehrten, nur zu vernünftigen Menschen wollen wir sie wisen» J. wird Ihnen Auskunft darüber zu geben wiesen, sind ihm die Namen entfallen, so sind es Fetz an hiesiger Regierung, und Pfarrer Hüni in Lenzburg. E. St. lasst ihn noch nicht zur Vernunft kommen, E[vers] wird nicht nach Iferten gehen sagte mein Mann, als er bey seinem kürzlichen Hierseyn von einem Besuch von E[vers] kam, er sey zu sehr aufgebracht über das ihn angreifende Blatt von Iferten, indessen aber verachtet er die Armseeligkeit jenes Geschriebsel, in welchem weder Grund noch Sinn liegen, er habe was Satirisches darüber gemacht, allein er werde es nicht einmal ausgeben, nur im Allgemeinen werde er was darüber berühren, auch habe die Pestalozzische Methode mit seiner nichts gemein, indem er sich nur der höheren Bildung wiedme, für Bauern Kinder gehe die P[estalozzische] Methode schon an indem sie da was mehreres lernen können als in ihren bisherigen Schulen; mein Mann der E[vers] lieb hat, äusserte ihm

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seinen Wunsch, dass er sein an H[errn] Z[eller] gethanes Versprechen halten und zu Ihnen gehen möchte, indem er sich gewiss eines bessern überzeugen würde; von diesem wollte er nichts hören, es könne aber seyn dass er einstens hingehen werde. Ich kann mein Theurer! diese Handlung E[ver]s nicht billigen, noch weniger seine Verfahrungsweise mit Sch… u[nd] W…, beyde wurden von wohlthätigen Menschenfreunden 3 Jahre lang an hiesiger Anstalt unterstützt, um beyde zu tüchtigen Lehrern ihrer Vaterländischen Jugend zu bilden, beyde sollten vernünftige Lehrer – keine Gelehrte – werden; Sch. lernte die griechische Sprache im Geheim seine Wohlthäter wollten dis nicht wegen unnöthigem zeit Aufwand, das wusste E[vers], und doch lernte er griechisch. Sch… sollte nun nach Hause, und dann in ihre Anstalt zu gehen um sich da praktisch üben zu können, er sträubte sich mit E[vers] sehr dagegen, indem er in seiner höhern Bildung gehemmt würde, E[vers] wollte ihn als Hauslehrer in ein hiesiges privat Haus thun, wo er 2 bis 3 Kinder in den Nebenstunden unterrichten, seine höhere Bildung aber an hiesiger Schule fortsezen könnte; die Wohlthäter wollten dieses nicht, sie sagten Sch… soll nicht als Lockvogel der hiesigen Anstalt dienen und forderten von Sch… ernstlich Gehorsam. Heisst solche Verfahrungsart Wohlthäter und Unterstüzer nähren? sie waren gegenseitig aufgebracht, dies war E[ver]s Werk. Ich förchte Sch... nehme eine schiefe Richtung, und ich zweifle ob er dem Entzwek seiner Wohlthäter ganz entsprechen werde. Sch… schrieb lezte Woche an W…, dass ihm wohl die Art des Unterrichts in Ihrer Anstalt gefalle, allein für seine höhere Bildung sehne er sich immer wieder an hiesige Anstalt zurük; welches W… keine Lust macht in Ihre Anstalt zu kommen, denn mit diesem geht jezt das gleiche vor, der mit jenem in gleichem Alter ist; seine Wohlthäter wollen ihn nun nach einem 3jährigen Aufenthalt in eine andere Anstalt thun – wenn ich mich nicht irre in die Ihrige – um sich da praktisch für seine künftige Bestimmung üben zu können; auch dieser junge Mensch sträubt sich mit E[vers] dagegen; beyde schreiben nun nach F…, um sein längeres Verbleiben hier, er sollte auch in ein Privat Haus wenns möglich wäre, um sich mit 2 bis 3 Kindern praktisch zu üben in den Nebenstunden, seine höhere Bildung aber an hiesiger Anstalt fortsezen; wird indessen dieses mal so wenig auswirken als das vorige mal, hingegen den Missmuth bey W… gegen seine Wohlthäter mehr anreizen, welches ich aus einigen Äusserungen des leztern schon wahrnahm. Lieber Freund! ich erstaunte darüber als W… lezthin nach Tische sich so äusserte: «Er könne es sich wohl vorstellen, warum

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er schon von hier weg müsse, die Herren – seine Wohlthäter – scheuen vermuthlich die Unkosten, denn sie sind Kaufleuthe, sezte er spöttelnd hinzu.» Um Gottes willen, Freund! wo finden Sie Bescheidenheit, wo Dankbarkeit, – und wo bey E[vers] Gefühl? Wahrhaftig ich ehrte schon lange die Wohlthätigkeit dieser Männer, dass sie einen jungen Menschen aus seiner Dunkelheit hervorzogen indem sie Anlagen fanden, dessen Entwiklung sein Glük gründen, und ihrem Endzwek einstens für ihre Jugend entsprechen werde; er war in einem Alter wo man wahrhaftig in 3 Jahren was fordern darf; jedes Jahr kostete es die Herren für Logie, Schul, und Neben Ausgaben 50 Louisd’ors, nur sein leztjähriges Bücher Conto belief sich auf 120. Franken, wir getrauten uns nicht diese Summe ohne Beylage der Contis in der Rechnung den Herren anzusezen, wo es ihnen wirklich sehr auffallend war, und sie uns ihr Erstaunen darüber äusserten, welches ich W… und einem von den H[erren] Handlangern ernstlich anzeigte. mit lezterm ward ich heftig über das Einpfropfen des Bücherwissens. ich sagte ihm Einzelheiten über einen Aufsaz eines C[ollegiums] Schülers, die lächerlicher seyen als die ehemaligen Steinmüllerschen Einzelheiten. Der Auffallenheit wegen muss ich es doch Ihnen hersezen. Ein 15jähriger C[ollegiums] Schüler, freylich nicht der stärkste formte seinen Aufsaz in ein Gespräch unter Namen aus Gessners Schriften (diese Schriften müssen die Schüler haben um sich zu Stilisieren) das ganze stellt einen Mondhellen Abend vor, wo ein Vater mit seinen 3 Söhnen in einer Laube auf einem Bänklein die mondhelle Gegend betrachteten, und in Wechselgesprächen einander ihre Freude äusserten; den einten freute das liebliche Schlagen der Nachtigall, den andern der flötenartige Ton der fernen Amsel, den dritten das ruhige Gewissen, den vierten d a s S c h l i t t e n f a h r e n kleiner Buben die eben den Hügel hinunterfuhren. «Ey behüte sagte ich dem Jungen was machst du da für Absprünge, wie reimt sich auch die Laube, die schlagende Nachtigall, die Amsel und das Schlittenfahren an einem Abende zusammen, zeige ja deinen Aufsaz dem Lehrer nicht, er würde ihn dir unter den Augen zerreissen.» Stellen sie sich mein Erstaunen vor als der Junge mir sagte, sein Lehrer hätte ihm solchen schon corrigiert ich sollte nur auf die rothe Dinte sehen. Ich wunderte mich nicht über den Knaben, aber über den Lehrer wunderte ich mich; der Aufsaz ist in meinen Händen als kleines Denkmal der höhern Bildung. Ich bin Ihre Sie herzlich liebende und verehrende B[arbara] W[eber] née H[otz].

371 Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, B. 85a–86a, S. 160–163 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 62 Z. 63 Z. 74 Z. 86 Z. 94 Z. 98 Z. 106 Z. 109 Z. 109

Theurer! diese Handlung mit Sch… unterrichten , seine der mit fortsezen; wird als W... Glük gründen es die Logie: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Möglicherweise ist die Absenderin Barbara Weber-Hotz (1764–1810), die aus dem zürcherischen Dürnten stammt und nicht mit der Familie von Pestalozzis Mutter Susanna Pestalozzi-Hotz (1720–1796, ⇒ Nr. 44) verwandt ist. 1784 heiratet sie Jakob Weber (1758–1813, ⇒ Z. 47). II. Die Erwähnung der Schrift von Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) und die damit verbundene Kontroverse um die Publikation von Ernst August Evers (1779–1823, ⇒ Nr. 1081) führt zur Datierung dieses Briefes auf 1808. III. Z. 4 Z. 8

Z. 10

Brief: scheint nicht erhalten zu sein gegen Ihre Anstalt zu seyn: Nebst Johann Rudolf Steinmüller (1773–1835, ⇒ Nr. 508), dem wohl lautstärksten Antipoden Pestalozzis in der Schweiz, hatte sich spätestens um 1807 mit Ernst August Evers (1779–1823, ⇒ Nr. 1081) in Aarau und den Zürcher Gelehrten Johann Heinrich Bremi (1772– 1832, ⇒ Nr. 784) und Johann Jakob Hottinger (1750–1819, ⇒ Nr. 1108) eine publikumswirksame Gegnerschaft formiert, die aus einer humanistischen Position heraus den Allmachtsanspruch und das angeblich «Neue» der Methode scharf kritisierten. hiesiger Anstalt: Wahrscheinlich ist das Politische Institut in Zürich gemeint. Dieses wurde 1807 zur Ausbildung juristischer und amtlicher Berufe gegründet, da der übliche Bildungsweg über Praktika als unangemessen taxiert wurde. In der Öffentlichkeit wurde hingegen der Nutzen des Instituts im Allgemeinen und die wissenschaftlichen Ausbildungsinhalte im Speziellen mehr als in Frage gestellt. So wurde die Anstalt denn auch nur von wenigen Studenten besucht. Lit.: Monika Landert-Scheuber: Das politische Institut in Zürich 1807–1833: eine Vorstufe der Rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich. Zürich 1992

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Z. 54

Z. 58 Z. 63

Z. 63 Z. 64 Z. 91

Z. 117

Bildungs blätter: Wochenschrift für Menschenbildung, Band 1 (1807) J.: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. Fetz: Johann Karl Fetzer (1768–1847) ⇒ Nr. 868 Hüni: Hier dürfte eine Ungenauigkeit oder eine Art Kosewort bei der Abschrift vorliegen. Gemeint ist der Pfarrer Johann Heinrich Hünerwadel (1771–1831), welcher 1809–1825 Dekan von Lenzburg war. E. St.: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. E[vers]: Ernst August Evers (1779–1823) ⇒ Nr. 1081 Iferten: dt. Name für Yverdon mein Mann: Jakob Weber (1758–1813) aus Dürnten (Kt. Zürich) gehörte 1801 der Verfassungskommission an, wurde 1802 Statthalter und 1803 Grossrat. Als ein führendes Mitglied der Patriotenpartei im Zürcher Oberland plädierte er im Vorfeld des Bockenkriegs (1804) dafür, den geplanten Militärschlag gegenüber den aufständischen Teilen der Landbevölkerung zu unterlassen, wofür er zu einem Jahr Zuchthaus und fünf Jahren Verbannung verurteilt wurde. das ihn angreifende Blatt von Iferten: Johannes Niederer: Was heisst Methode? In: Wochenschrift für Menschenbildung 1807, S. 229–247. Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) reagierte mit dieser Schrift auf Ernst August Evers’ Zweite Nachricht über den Zustand der Kantonsschule zu Aarau (1807), in welcher das Konzept einer «absoluten Methode» kritisiert wurde. was Satirisches: Damit ist wahrscheinlich Ernst August Evers Aufsatz Über die Schulbildung zur Bestialität. Ein Programm zur Eröffnung des neuen Lehrkurses in der Kantonsschule in Aarau (1807) gemeint. Als Anhänger einer humanistischen Bildung wandte er sich in bitterer Ironie einerseits gegen Bildung als «Ware und Formelmasse» und andererseits, ohne Pestalozzi zu nennen, gegen den verbreiteten Glauben an eine absolute Methode. seiner: Vermutlich ist hier die Lehrart von Hans Konrad Escher (von der Linth) (1767–1823, ⇒ Nr. 1094) in Statistik am Politischen Institut angesprochen. Diese bestand aus einem Geographieunterricht, der mit tabellarischen Zusammenstellungen von vorwiegend demographischen und geografischen Daten verbunden wurde. Als Grundlage diente das 1795 erschienene Lehrbuch Geografisch-statistische Tabellen über die Schweiz von Johann Heinrich Körner. H[errn] Z[eller]: Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656 Sch…: Falls hier tatsächlich das Politische Institut (⇒ Z. 10) gemeint ist, handelt es sich gemäss der Schülerliste für das Jahr 1807 um Matthias Scheuchzer. W…: Es kommt einzig Rudolf Werdmüller in Frage, der sich am Politischen Institut nur als Hörer eingeschrieben hatte. wohlthätigen Menschenfreunden: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. F…: Es ist unklar, welche Ortschaft hier gemeint sein könnte. Auf Grund eines doch Pestalozzi freundlichen Frankfurter Gesellschaftskreises könnte der Buchstabe F für Frankfurt stehen. Allerdings stellt sich dann die Frage, warum mit Scheuchzer und Werdmüller (beides Zürcher Geschlechter) eine ausländische Klientel unterstützt werden sollte. Vielleicht ist hier auch eine Ortschaft in der Nähe von Zürich verfremdet worden wie Fällanden, Fehraltdorf, Feuerthalen, Fischenthal, Flaach oder Flurlingen. C[ollegiums] Schülers: konnte nicht eruiert werden

373 Z. 118

Z. 121

Steinmüllerschen Einzelheiten: Die zentralen Kritikpunkte Johann Rudolf Steinmüllers (1773–1835, ⇒ Nr. 508) an der Pestalozzischen Methode waren, dass man die Bedeutung der Anschauung massiv überschätze, die Begriffsbildung über das Denken und nicht über die Sprache aufzubauen sei und dass ein mechanisierter Unterricht erfolge, in dem überdies die Lehrgegenstände in zu viele Einzelteile zerlegt seien. Schliesslich sei die Methode für die öffentliche Schule unbrauchbar, denn die Schüler in Pestalozzis Anstalt würden nur deshalb etwas lernen, weil für sie nicht wie üblich ein einziger, sondern gleich mehrere Lehrkräfte zur Verfügung stünden. Diese Einwände formulierte Steinmüller in seinen Bemerkungen gegen Pestalozzi’s Unterrichtsmethode (1803). Gessners Schriften: Damit sind die Schriften des Idyllendichters Salomon Gessner (1730–1788) gemeint.

924. Franz Adam Lejeune Anfang 1808 5

[Reg.] Lejeune lädt Pestalozzi ein, nach Frankfurt zu kommen und bei ihm zu wohnen. Angefügt sind einige Zeilen von Frau Lejeune.

Überlieferung 1

PSB V, S. 31.16f. Sacherklärung I.

Franz Adam Lejeune (1765–1854) ⇒ Nr. 870 III. Z. 5

Frau Lejeune: Maria Helene Lejeune-d’Orville (1768–1843) aus Frankfurt heiratete 1796 den Arzt Franz Adam Lejeune (1765–1854, ⇒ Nr. 870). Sie hatten zwei Söhne, August Eduard Adam (1797–1882, ⇒ Nr. 926) und Johann Gustav Adolf (1800–1888, ⇒ Nr. 870). Offensichtlich zeichnete sie Mitglieder der Familie.

925. Wilhelm Christian von Türk Anfang 1808 [Reg.] Von Türk teilt mit, dass er definitiv nach Yverdon kommen werde.

374 Überlieferung 1

PSB VI, S. 10.12 Sacherklärung I.

Wilhelm Christian von Türk (1774–1846) ⇒ Nr. 653 II. Schon seit Januar 1807 (⇒ Nr. 850) hatte Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653) mit dem Gedanken gespielt, wieder nach Yverdon zu gehen und seine Anstalt in Oldenburg zu verlassen.

926. August Eduard Lejeune 12. Januar 1808 5

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Lieber Herr Pestalotzi Ich wünsche ihnen viel Glück zu ihrem heutigen Geburtstag, und ich wünsche dass sie noch recht lange leben, und dass sie noch recht viele Freuden erleben, ich will auch mein Mögligstes dazu thun. Ich danke ihnen auch von ganzem Herzen für alles Gute dass sie mir biss jetzt gethan haben und ich bitte sie noch fort zu fahren so gut zu seyn damit ich ein mal ein guter Mensch werde und meinen Lieben Eltern Freude mache. Ich bin euer sie Liebender Eduard Lejeune.

Überlieferung 1 5

Forschungsbibliothek Pestalozzianum Zürich, Ms V, 99, S. 2–3 Abschrift Textkritik

Zeuge h Sacherklärung I. August Eduard Lejeune (1797–1882) besucht zusammen mit seinem Bruder Johann Gustav Adolf Lejeune (1800–1888, ⇒ Nr. 870) von 1807–1811 Pestalozzis Institut in Yverdon. In den zwanziger Jahren gründet er eine Hasenhaarschneiderei (für die Herstellung von Zylinderhüten), steigt 1825 ins Holzgeschäft ein und importiert später Ruhrkohle. 1832 heiratet er Apollonia Eugenie Barre (1813–1863) und wird Vater von zwei Söhnen.

375 III. Z. 12

meinen Lieben Eltern: Franz Adam Lejeune (1765–1854, Maria Helene Lejeune-d’Orville (1768–1843, ⇒ Nr. 924)



Nr. 870) und

927. Joseph Schmid 19. Januar 1808 19. Jenner 1808. 5

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Inig geliebter Vater! Ich kenne keine Worte, Mein Glük, meine Liebe u[nd] Anhänglichkeit an dich aus zu drüken. Wer würde aber Worte dafür finden? Vater du bist mein Vater, meiner Entwiklung u[nd] Bildung, u[nd] ich bin dein Kind! Zähle du mit ganzem Vertrauen auf dein Kind, i m g l ü k u [ n d ] U n g l ü k , i m L e b e n u [ n d ] i m Tod. – Nimm diesen Kleinen Theil deines Geistes u[nd] Herzens durch dein Kind bearbeitet; als ein Zeichen meiner Kindlichen anhänglichkeit u[nd] Liebe von deinem Schmied auf deinen 63sten Geburtstag an – Er gabe sein mathematisches M[anu]s[kri]pt

Überlieferung 1 5 6

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 115, S. 216 Abschrift Der Abschreiber dürfte die Bemerkung Z. 16 als Erklärung hinzugefügt zu haben. Textkritik

Zeuge [h] Sacherklärung I. Joseph Schmid (1785–1851) ⇒ Nr. 712 II. Falls die Datierung dieser Abschrift korrekt ist, überreichte Joseph Schmid (1785–1851, ⇒ Nr. 712) Pestalozzi das Geburtstagsgeschenk mit einer Woche Verspätung.

376 III. Z. 16

mathematisches M[anu]s[kri]pt: Es dürfte sich um das Manuskript von Joseph Schmids (1785–1851, ⇒ Nr. 712) Alphabet der Anschauung handeln, von dem Pestalozzi Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857, ⇒ Nr. 842) einige Tage zuvor, am 15. Januar 1808 (PSB VI, Nr. 1339), berichtet hatte. Dasselbe Manuskript wurde von Georg Leonhard Hartmann (1764–1828, ⇒ Nr. 889) als A.B.C. der Anschauung (⇒ Nr. 889) bezeichnet. Die Verwandtschaft der Titel legt den Schluss nahe, dass es sich um die Vorlage zum 1808 erschienenen ABC der mathematische Anschauung für Mütter oder Anweisung, die Geistesthätigkeit der Kinder an Form, Grösse und durch damit verbundene Zeichnungsübungen anzuregen und sie auf bildende Weise zu beschäftigen (Wochenschrift für Menschenbildung 1808, viertes Stück. S. 60–64, fünftes Stück, S. 65–80, sechstes Stück, S. 81–96) handelte, dessen Übungen eindeutig der Autorenschaft Schmids zugeordnet werden, während jene der Einleitung umstritten ist (vgl. PSW XXI, S. 337f.).

928. Herr Gonzales de Villar 22. Januar 1808 5

[Reg.] Gonzales de Villar schickt einen Brief, in welchem Amorós über die schulischen Erfolge des spanischen Infanten berichtet.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 12.33 Sacherklärung I.

Herr Gonzales de Villar ⇒ Nr. 855 II. Als spanischer Gesandtschaftssekretär in Bern übernahm Gonzales de Villar (⇒ Nr. 855) die Kommunikation zwischen der spanischen Krone und Pestalozzi. III. Z. 4 Z. 5

Amorós: Francisco Amorós y Ondeano (1767–1848) ⇒ Nr. 892 Infanten: Francisco Antonio de Paula de Borbón (1794–1865) ⇒ Nr. 882

377 929. Rosette Kasthofer Januar 1808 [Reg.] Inhalt unbekannt

Überlieferung 1

PSB VI, S. 11.17f. Sacherklärung I.

Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857) ⇒ Nr. 842

930. Charles-Ferdinand Morel Januar 1808 5

[Reg.] Morel möchte nicht, dass sein Kind Schlittschuh laufen geht, zudem ist er dagegen, dass sein Kind geschlagen wird.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 24.29 Sacherklärung I.

Dieser nicht erhaltene Brief wird möglicherweise von Charles-Ferdinand Morel (1772– 1848) verfasst. Seit 1801 ist er Pfarrer in Corgémont (Kt. Bern) und engagiert sich für lokale landwirtschaftliche Verbesserungen und die Armenfürsorge. 1801 heiratet er die französischsprachige Schriftstellerin Isabelle de Gélieu (1779–1834), die 1821 Pestalozzis Buch der Mütter ins Französische übersetzt. III. Z. 4

sein Kind: Damit könnte Charles-Ernest Morel gemeint sein. Er war in den 1830er-Jahren als Arzt und Chirurg in Couvet (Kt. Neuenburg) tätig.

378 931. Johannes Schulthess 28. Januar 1808 Gedicht auf Pestalozzi von Schulthess. 5

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Zürich am St. Carolitag 1808 Eines nur wundert mich sehr, Pestalozzi, dass es dich wundert wie man dein grosses Verdienst konnte so lange verschmähn? wer das Menschengeleise, das vielbefahrne, nicht treibet, links u[nd] rechts abschweift, straubige Dornen nicht scheut, Jetzt ins Tobel sich senkt, dann Felsen und Firsten erklimmet, Nicht verzweifelt, wenn schon grässlich entgegen ihm bleckt, Wo er Auskunft dachte, der Abgrund; ahndend u[nd] glaubend, dennoch bessere Pfad rastlos spähet u[nd] sieht, Ob ihm auch blutet der Fuss, zerrissen die Kleider am Leibe Flattern, im Schweisse der Staub rinnt v[on] gefurcheter Stirn, O wie sollte d[ie] Menge dort auf dem ebenen Heerweg wo sie gemächlich einher sorglos plaudert und gafft, anders als Thor d e n nennen, als v[on] Dämonen besessen, nicht sich bekreuzigen, Gott dankend für ihre Vernunft? Und, je bekannter der Mensch, je mehr befreundet; je mehr ist hier mitleidiger Blick, Ärgerniss da u[nd] Gespött. Ja es kommen wol gar die lieben Seinigen sorgsam ihn zu verwahren aus Pflicht, dass er sich thue kein Leid. Sieh wie natürlich das göttliche Wort aus eigner Erfahrung: «Nirgends ist mehr ein Prophet als in der Heimath verhasst!» Hat er sich aber einmal hindurchgekämpfet, der Edle, Ist gebrochen die Bahn, kommt er bereichert zurück, Mit den seltnen Schätzen des aufgefunden Peru; dann noch bezweifelt man spät lieber ihm Ächtheit u[nd] Werth, Als dass die Weisen des Landes bereden sich könnten, sie hätten albern seiner gelacht, geistlos gekrittelt, geschimpft. Erst wenn rings alle Welt schon dem Wohlthäter der Menschheit huldiget, u[nd] v[on] fern Völker dem Lichte sich nahn, Kommt auch ungern, willig beschämt die Heimath, zu reichen vaterländisches Kreuz ihrem geborenen Schmuck. Allwärts handelten so zu allen Zeiten die Völker. Nun ein solches Geschick – Ungebühr oder Gebühr – Mit den Propheten gemein zu tragen, den Pfeilern der Vorzeit Sei dir seliges Loos herrlicher Preis u[nd] Gewinn! Doch beleidigter Stolz ist nicht was dich quälet, nein vielmehr

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Sehnsucht, über dein Land Samen des Heiles zu streuen. Sieh jetzt, was ich einst dir an der strömenden Emme gelobte: Schön aufkeimende Saat, heimischen Fluren entlockt. Darum verjünge dein Alter die unbewölkteste Wonne, Menschen[-] u[nd] Vaterlandsfreund! deines errungnen Zwecks! Johannes Schulthess.

Überlieferung 1 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 961/12, S. 84 und S. 89 Datum am Schluss Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 8

Menschengeleise Sacherklärung I.

Johannes Schulthess (1763–1836) ⇒ Nr. 788 III. Z. 42

einst: Johannes von Muralt (1780–1850, ⇒ Nr. 610), von dem die Abschrift stammt, hat hier eine Randbemerkung eingefügt: août 1802

932. Manuel de Godoy 1. Februar 1808 Aranjuez 1° de Febrero 1808. 5

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S . D . Enrique Pestalozzi Los hombres publicos se ven muchas veces en la precision de obrar de diferente modo que obrarian como particulares. Asi me ha sucedido á mi en el hecho de haberse extinguido el Real Instituto militar Pestalozziano. La ingratitud de unos, las supersticiones y fanatisimo de otros, y la ignorancia de muchos atribuian al metodo y al Establecimiento calidades perjudiciales que no existian, y fuè preciso destruirlo. Pero siguiendo Yo firme en el concepto de su excelencia, y para dar al Filantropo Pestalozzi y á la Europa toda un testimonio de que no puedo ser inconsecuente, voy á recoger bajo mi inmediata proteccion 12 jovenes huérfanos de militares, à quie-

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quienes se les continuara enseñando por el mismo sistema y cuya suerte y subsistencia correrà por mi cuenta. Esta circumstancia y el brillante resultado que ofrecieron los exâmenes de 1° de Enero, de que ya tiene V[uestra]m[erced] noticia, consolaràn su benefico corazon, y tampoco le privare del gusto de poseer mi retrato, pues ya he dado orn. para que se lo remitan en priméra ocasion. Dios gu[ard]e à V[uestra]m[erced] m[ucho]s a[ño]s Il Principe de la Paz Gegeben in Aranjuez den 1ten Februar 1808.

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Staatsmänner finden sich oft in der Nothwendigkeit ganz anders zu handeln, als sie als Privatpersone handeln würden. So ist es mir bey der Abschaffung des Königl[ich] militärischen Pestalozzischen Instituts gegangen. Die Undankbarkeit der Einigen, der Aberglaube und die Schwärmerei Andrer, wie auch die Unwissenheit von Vielen haben der Methode und der Anstalt einige nachtheilige Eigenschaften zugeschrieben, welche gar nie existirten: ihre Abschaffung wurde aber unumgänglich. Doch indem ich der Vortrefflichkeit der Methode sicher bin, und um dem Menschenfreunde Pestalozzi und dem ganzen Europa zu zeugen, dass ich niemals inconsequent handeln kann, so will ich in meinem unmittelbaren Schutz zwölf Waisenknaben von militärischen Ältern nehmen, welche man durch dieselbe Methode zu lehren fortfahren wird, und derer Schicksal und Unterhalt ich auf mich selbst nehmen werde. Diese Nachricht und der glänzende Erfolg der den 1 ten Jänner erhaltenen Examina, – wovon Sie schon Nachricht haben – werden noch ihr wohlthätiges Herz trösten; und Sie werden der Freude mein Bild zu besitzen auch nicht entzogen werden, wozu ich schon den gehörigen Befehl gegeben habe. Il Principe de la Paz

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ZB Zürich, Ms Pestal 1470/I, 3 Bogen, 290x207 mm, zweispaltig beschrieben (spanisch-deutsch) Dorsualvermerk Aranjuez 1t fevrier 1808. Le Prince de la Paz, Original Textkritik

Zeuge H

381 Sacherklärung I. Manuel de Godoy (1767–1851) ⇒ Nr. 854 II. Über die Schliessung des Instituts in Madrid (⇒ Nr. 882) berichtet auch der Brief (⇒ Nr. 934) von Francisco Amorós y Ondeano (1767–1848, ⇒ Nr. 892) sowie ein Brief von Johann Andreas Schmeller (1785–1852, ⇒ Nr. 841) an Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) vom 21. Februar 1808 (vgl. auch ⇒ Nr. 942). Darin berichtet Schmeller, dass [Franz] Joseph Stephan Voitel (1773–1839, ⇒ Nr. 895), Gabriel Friedrich Studer (1784– 1824, ⇒ Nr. 860) und er selber aufgefordert worden seien, Madrid möglichst bald zu verlassen. Manuel de Godoy (1767–1851, ⇒ Nr. 854) hätte aber zugesichert, 12 oder 18 Knaben aus der Schule als Pagen zu sich in den Palast zu nehmen und Voitel als Lehrer anzustellen. Voitel wiederum habe Schmeller gebeten, ebenfalls in Madrid zu bleiben und habe für ihn auch schon Privatlektionen organisiert. Trotz dieses verlockenden Angebots will Schmeller aber nicht in Spanien bleiben und kündet an, dass er zusammen mit Studer wieder nach Yverdon zurückreise (vgl. ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 79– 80, S. 148–150). Dass sich Godoy am 27. Oktober 1807 im Vertrag von Fontainebleau mit Frankreich zu einem Krieg gegen Portugal verbündet hatte und französische Truppen in Spanien einrücken liess, hatte zu Unmut in der Bevölkerung geführt. Dieser kumulierte im Sturz Godoys am 18. März 1808 und der Abdankung des spanischen Königs Karl IV. (1748–1819, ⇒ Nr. 860) zugunsten seines Sohnes Ferdinand VII. (1784– 1833, ⇒ Nr. 893).

933. Karl/Carl Ritter 1. Februar 1808 Frankfurt den 1 ten Februar 1808. 5

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Zu den grössten Genüssen würde es für mich gehört haben, öfter mit meinen theuern mir unvergesslichen Freunden in Y [ v e r d o n ] mich zu unterhalten, und den Gang ihrer Ideen weiter zu verfolgen. Auch habe ich es nicht ganz unterlassen, und in der Ferne doch ihnen nahe gelebt; aber in welchem matten Lebensgange, gegen jenen wahrhaft Bachantischen Taumel, der die schönste Episode meines Lebens ausmacht! Im nüchternen Gleise der bürgerlichen Beschränkung schrieb ich wovon mein Herz noch voll war, und woran die Zerstreuungen meiner Lage nicht hinderten, einen Brief an meinen edeln GuthsMuths über meine Erfahrungen in Y[verdon], der zu einer kleinen Abhandlung unvermerkt anwuchs. Er gefiel mir und Engelmann damals ganz gut; jetzt würde er es weniger, und seitdem ich N i e d e r e r s über alles Lob erhabenen classischen Aufsatz über M e t h o d e las, wird er mir nur höchst mittelmässig erscheinen, wenn ich ihn gedruckt

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lesen werde. G[uts Muths] macht ihn im Januarsheft der Neuen Päd[agogischen] Bibl[iothek] bekannt. Ich werde ihn mit wahrer Ängstlichkeit nach Y[verdon] schicken, so frey und unbefangen ich mich auch beym niederschreiben fühlte. Denn ich weiss es jetzt nur zu gut welcher Vollendung solche Gegenstände in der Darstellung fähig sind; ich fühle es zu welcher Klarheit die Ideen reifen müssen, um für a l l e Zeiten und Individualitäten fest und unerschütterlich ihre Bahn zu gehen. d[en] 1ten Februar

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Heute erst kann ich meinen angefangenen Brief fortsetzen. Als ich in der Mitte jener obern Zeile unterbrochen ward, hatte ich einige Ideen die ich Ihnen so gern mitgetheilt hätte, deren Zusammenhang mir aber die dazwischen eingetretne Alltagswelt verwischt hat. So viel weiss ich noch, dass ich Sie bitten wollte dem herrlichen Niederer für dieses Geschenk, das er in Wahrheit der ganzen pädagogischen Welt gemacht hat, recht inig in meinem Nahmen zu danken. Seit dem so viel über diesen Gegenstand von hohen Tribunälen herab, bey Gelegenheit des bäyerischen Schulplans und V o s s gehaltreicher Erklärung darüber abgeurtheilt wurde, war er immer für mich ein Gegenstand meines ganz besondern Interesses, über den ich mit Freunde N a c h t i g a l l beständig in polemischen Briefwechsel stand. Nie hatte ich das, worauf es ankommt, in dieser Klarheit und Vollendung gedacht; oft schon war es meine Absicht gewesen darüber gewisse Ansichten zur Sprache zu bringen, u[nd] ich habe besonders mit, um zu dieser vollendeten Überzeugung zu gelangen, den Gang des gelehrten Unterrichts hier im Gymnasium beobachtet. Wie freue ich mich dass ein N i e d e r e r diesen Punkt besonders ins Auge gefasst hat; ich sehe ihn für vollendet an in Hinsicht der Sache, und würde auch von der Wirkung seines h e i l i g e n G e i s t e s überzeugt seyn, wenn er von lauter Menschen gelesen würde, denen das Allgemeine über das Persöhnliche geht. Ungeachtet Niederers ganzer Aufsatz die höchste Würde athmet so werden doch einzelne durch einen gerechten Unwillen verstärkte, Ausdrücke, dem Schwachen ein Schild seyn sich dahinter zu verkriechen, damit die scharfen Geschosse der Wahrheit ihn nicht treffen mögen – doch diese Halbmenschen können immerhin im Tumult der Wiedergeburt einer neuen Welt zu Grunde gehen –. Aber so tritt die kluge Menschenweisheit in den Weg, u[nd] fragt noch, ob auch wirklich die Zeit nahe ist, d a i s t , wo die Wahrheit siegen soll? – Ich bin ausserordentlich begierig gewesen auf die Urtheile meiner Freunde, über das was ich ihnen von

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Y[verdon] mittheilte noch habe ich von den wenigsten eine bestimmte Erklärung erhalten; für einige zittere ich. Vater Salzmann schreibt nur dass er gern mit mir über P[estalozzi] sprechen mögte; ich habe ihm vieles geschrieben u[nd] seinen hoffnungsvollen Sohn C a r l aufgefordert, Vater P e s t a l o z z i und seine W e l t zu besuchen – G u t h s m u t h s hatte bis jetzt zu viele Abhaltungen um mir ausführlich zu antworten; aber wie gross war meine Freude im Sept[ember-]Heft seiner Zeitschrift bey Wiederlegung einiger Meynungen diese Worte von i h m zu finden den ich für einen der ersten Pädagogen unserer Zeit halte: «P e s t a l o z z i s M e thode wi rd – i ch bekenne es mit Freude – m e h r l e i s t e n , a l s w i r h o f f e n u n d v e r s t e h e n .» – Meinem Vater habe ich für seinen Schulfreund (Band 39) einige historische Nachrichten über den Entwicklungsgang der Methode mitgetheilt, weil mir dieser vorzüglich fähig zu seyn schien, die grössere Masse des Lehrerstandes für das Bessere und Nothwendige einer Methode zu gewinnen, an die die Nation, die Menschheit wie an einen längstersehnten Messias j a i n n i g g l a u b t , nur sie in ihrem Daseyn nicht für das wahre hält, weil sie wie jener, in der Hülle der Bedürfnislosigkeiten geboren, auf das Reich dieser Welt Verzicht thut! So fürchte ich von N i e m e y e r , mit dem ich in enger Verbindung stehe, sobald noch keine Antwort und Erklärung zu erhalten, da er nun von der neuen Regierung zum Kanzler perpetuus der Universität in Halle erklärt ist, u[nd] ich ihn einer Sünde bezichdigt habe, dass er als Blinder ein für die Welt gewichtvolles Urtheil über eine heilige Angelegenheit der Menschen gefällt habe. Einem anderen Manne, den ich das grosse Glück hier kennen zu lernen hatte, A l e x a n d e r v [ o n ] H u m b o l d t , habe ich die Pestalozzische Idee über Naturgeschichte mitgetheilt, um ihn um seine Ansicht über diesen Gegenstand zu bitten. Unglücklicher Weise traf er gerade mit der Preussischen Gesandschaft hier zusammen, die ihm einen grossen Theil seiner Zeit nahm; in Gesellschaften umringte den merkwürdigen Reisenden alles; in seinem Logis wo ich ihn öfters aufsuchte, traf ich ihn nie allein, u[nd] an einem unglücklichen Morgen den er zu einem Besuche für mich bestimmt hatte, musste ich gerade ausgegangen seyn! so konnte ich nicht einmahl den Nutzen von ihm ziehen, der für die Methode vielleicht nicht ohne Werth gewesen wäre: Ich sage v i e l l e i c h t ; weil ich nicht weiss, ob die Schicksalsgöttinnen so ohne allen Neid, den Triumph zweyer Männer über das Zusammentreffen in d e r Wahrheit geduldet hätten; welche sie beyde auf den entgegengesetzten Wegen ihr ganzes kraftvolles Leben

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hindurch zu erringen strebten. Humboldt stieg in die grössten Tiefen u[nd] auf die grössten Höhen, er durchlief alle chemischen u[nd] mathematischen Reiche, er umflog die Erde um alle möglichen Formen in sich zu fangen, damit das eine u[nd] das nothwendige sich in ihm gestaltete, weil er ein Experimentalgenie in der Anschauung des Innern durch das Äussere, so wie Pestalozzi das Äussere durch das Innere, ist. V[on] H u m b o l d t begriff oder kannte vielmehr sehr gut P e s t [ a l o z z i s ] U r t y p e n in der Natur, nur schienen sie ihm nicht bloss in der Form zu liegen, die daher kein sicherer Führer bey der Auffindung seyn würde. Wo nun die Grenze zu finden wäre, welches eine Urform u[nd] welches eine abgeleitete oder nur ein Mittelglied? das schien ihm sehr schwierig. Die Franzosen, sagte er, hätten dieses Bedürfniss am lebhaftesten gefühlt, daher bey ihnen alle Classifikation mehr in Gruppirung bestehe, diesem Bedürfnis hätten sie aber mehr durch äussere, dahinleitende Ansichten als durch Ahnden gewisser Urtypen oder Grundideen abzuhelfen gesucht. Indess köne beydes doch vielleicht nicht selten in ein anderfallen. V[on] Humboldt ist ein edler Mensch; er würde sich gewiss bereitwillig zeigen, er würde sich beeifern in einer so wichtigen Sache sein Gutachten zu geben, wenn P[estalozzi] ihm darüber seine Ideen mittheilte. Carl Ritter.

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ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 77–79, S. 144–148 Datum am Schluss Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 13 Z. 23 Z. 25 Z. 54f. Z. 56 Z. 60 Z. 60 Z. 61ff. Z. 84 Z. 85 Z. 98 Z. 106

Zerstreuungen fühlt∫e Ideen Wahrheit ihn nicht∫ immerhin bin begierig∫ ∫von Y[verdon] … Erklärung∫ Kanzler perpetuus: lateinische Schrift Nutzen Reiche

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eigentlich: Gut=achten Sacherklärung I.

Karl/Carl Ritter (1779–1859) ⇒ Nr. 908 II. Karl/Carl Ritter (1779–1859, ⇒ Nr. 908) war Hauslehrer der Frankfurter Familie Bethmann-Hollweg und besuchte Pestalozzi in Yverdon. III. Z. 10 Z. 14

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Bachantisch: trunken, ausgelassen. Bacchus ist der Name des römischen Gottes des Weines und der Vegetation. GuthsMuths: Johann Christoph Friedrich Guts Muths (1759–1839) stammt aus Quedlinburg (Sachsen-Anhalt), war seit 1777 Hauslehrer und Erzieher bei der Familie von Friedrich Wilhelm Ritter (1747–1784) und ab 1785, als Karl/Carl Ritter (1779–1859, ⇒ Nr. 908) Schüler am Philanthropin in Schnepfenthal (⇒ Nr. 640) wurde, dort als Lehrer angestellt. Guts Muths gilt als Mitbegründer des deutschen Schulturnens und Förderer des Sportund Geographieunterrichts. Er entwickelte eine systematisch, pädagogisch begründete Leibeserziehung und die Gymnastik für die Jugend (1793), ein Lehrbuch zur körperlichen Erziehung, das noch zu seinen Lebzeiten in viele Sprachen übersetzt wurde. Engelmann: Julius Bernhard Engelmann (1773–1844) ⇒ Nr. 916 N i e d e r e r s : Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 classischen Aufsatz: Johannes Niederer: Was heisst Methode? In: Wochenschrift für Menschenbildung 1807, S. 229–247 Januarsheft: Johann Christoph Friedrich Guts Muths: Schreiben eines Reisenden über Pestalozzi und seine Lehrart. In: Neue Bibliothek für Pädagogik, Schulwesen und die gesammte pädagogische Literatur Deutschlands 1808, Heft 1, S. 17–33 bey Gelegenheit des bäyerischen Schulplans: Im Zusammenhang mit der Ausrufung des Königreiches Bayern (1806) und den darauf folgenden Staatsreformen entwickelte sich im Bayerischen Bildungs- und Erziehungswesen ein Schulkampf zwischen den «Realisten», den Philanthropen, und den «Humanisten», die sich letztlich durchsetzten. 1808 wurde der 1804 in Kraft getretene Wismayrsche Lehrplan für alle kurpfalzbaierischen Mittelschulen, der Deutsch, Mathematik, Geschichte, Geographie und Naturkunde eingeführt hatte, durch das Allgemeine Normativ der Einrichtung der öffentlichen UnterrichtsAnstalten in dem Königreich Baiern, verfasst von Friedrich Immanuel Niethammer (1766–1848), abgelöst. V o s s : Johann Heinrich Voss (1751–1826), Schriftsteller, Dichter, Philologe und Übersetzer antiker Klassiker, war Mitbegründer des Dichterkreises Göttinger Hain (1772). Seine Redaktionsarbeit für den Göttinger Musenalmanach (1775/76) ermöglichte es ihm, nach seinem Studium an der Universität Göttingen einige Zeit als freier Schriftsteller tätig zu sein, bevor er von 1778–1782 das Rektorenamt der Lateinschule Otterndorf (Sachsen) übernahm und anschliessend bis 1802 in derselben Funktion an der Lateinschule Eutin (Schleswig-Holstein) tätig war. 1805 liess er sich in Hei-

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delberg nieder, wo er weitere Werke verfasste und Übersetzungen schrieb. N a c h t i g a l l : Franz Nachtegall (1777–1847) eröffnete im November 1799 in Kopenhagen ein von der dänischen Regierung unterstütztes gymnastisches Institut. Er gilt als Begründer der Gymnastik in Dänemark. Salzmann: Christian Gotthilf Salzmann (1744–1811) besuchte die Schule in seinem Geburtsort Sömmerda, ab 1756 die Lateinschule in Langensalza (beide Thüringen). 1761–1764 studierte er Theologie in Jena, 1768–1772 war er Pfarrer in Rohrborn (heute Stadtteil von Sömmerda), dann in Erfurt. 1781 trat Salzmann als Religionslehrer ins Dessauer Philanthropin (⇒ Nr. 568) ein, 1784 gründete er mit Unterstützung der Freimaurerloge und einflussreicher Illuminaten eine eigene philanthropische Anstalt (⇒ Nr. 640) in Schnepfenthal (heute Stadtteil von Walteshausen, Thüringen). C a r l : Johann Christian Karl Salzmann (1784–1870) wurde 1801 Lehrer am Philanthropin in Schnepfenthal (⇒ Nr. 640), das sein Vater Christian Gotthilf Salzmann (1744–1811, ⇒ Z. 63) leitete und das er ab 1789 als Schüler selbst besucht hatte. Nach abgebrochenen Studien in Göttingen (1803– 1805) und einem Aufenthalt in London (1805) kehrte Salzmann nach Schnepfenthal zurück, wo er zuerst Lehrer und 1811–1848 Leiter der Anstalt war. diese Worte: J.F. Schindler: Bemerkungen über den im Januarheft von dem Herausgeber mitgetheilten Aufsatz: Ideen über Zeichenkunst und deren Nothwendigkeit für alle Stände aus einem Schreiben des Hrn. Rectors Schindler zu Hamm, mit Zwischenworten von dem Herausgeber. In: Zeitschrift für Pädagogik, Erziehungs- und Schulwesen 1807, Heft 9/10, S. 32– 46, Zitat S. 44. Meinem Vater: Heinrich Gottlieb Zerrenner (1750–1811), Theologe und Pädagoge, war als Hauslehrer (1771) und von 1772–1775 als Lehrer im Konvent in Klosterberge (Sachsen-Anhalt) tätig, bevor er 1775 zum Prediger in Beiendorf bei Dodendorf und Sohlen (Sachsen-Anhalt) ordiniert wurde. 1787 wurde er zum königlich preussischen Kirchen- und Schulinspektor ernannt, seit 1791 gab er Den teutschen Schulfreund heraus. Zerenner sah sich selbst als Volksaufklärer und war ab 1778 erfolgreich als Schriftsteller tätig. Durch seine Heirat im Dezember 1788 mit Dorothea Ritter (1753–1800), der Witwe des Arztes Friedrich Wilhelm Ritter (1747– 1787), wurde er Karl/Carl Ritters (1779–1859, ⇒ Nr. 908) Stiefvater. Mi t seinem Stiefsohn korrespondierte er über pädagogische Fragen. Schulfreund: Heinrich Gottlieb Zerrenner (Hrsg.): Der neue deutsche Schulfreund: ein nützliches Hand- und Lesebuch für Lehrer in Bürger- und Landschulen. Berlin/Stettin (1801–1812) historische Nachrichten: Carl Ritter: Einige Bemerkungen über Pestalozzi’s Wirkungskreis und seine Methode; nach einer Schweizerreise im Herbste 1807. In: Heinrich Gottlieb Zerrenner (Hrsg.): Der neue deutsche Schulfreund: ein nützliches Hand- und Lesebuch für Lehrer in Bürger- und Landschulen, Band 15. Berlin/Stettin 1808, S. 1–64 N i e m e y e r : August Hermann Niemeyer (1754–1828), der Urenkel August Hermann Franckes (1663–1727, ⇒ Nr. 1216), begann seine berufliche Karriere 1777 an der Universität Halle, wo er als Privatdozent der Theologie, ab 1784 als ordentlicher Professor für Theologie und von 1787– 1806 als Direktor des Theologischen Seminars tätig war. Im Zusammenhang mit letzterer Funktion richtete er ein selbstständiges Pädagogisches

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Seminar ein, welches bis zu seinem Tod unter seiner Leitung stand. 1808 wurde Niemeyer zum Kanzler und Rector perpetuus der Universität Halle ernannt. Kanzler perpetuus: Bezeichnung für einen Kanzler, der sich keiner jährlichen Wiederwahl stellen muss. A l e x a n d e r v [ o n ] H u m b o l d t : Alexander von Humboldt (1769– 1859), Naturforscher, Geograph und Kosmograph, gilt als erster moderner Forschungsreisender. Als jüngerer Bruder des nicht minder berühmten Wilhelm von Humboldt (1767–1835, ⇒ Brief vom 6. Juni 1817), wurde er wie dieser durch die beiden Hauslehrer Gottlob Johann Christian Kunth (1757–1829) und Joachim Heinrich Campe (1746–1818, ⇒ Nr. 427) erzogen. Nach seinem Studium der Politik- und Wirtschaftswissenschaften (Kameralwissenschaften) trat er 1792 in preussischen Staatsdienst (Forschungsaufträge) ein, den er 1796 wieder quittierte, da er nach dem Tod der Mutter und der damit verbundenen Erbschaft finanziell abgesichert war. Seit 1794 wurde er zudem wiederholt in diplomatischer Mission eingesetzt. Pestalozzische Idee über Naturgeschichte: Pestalozzi äussert sich in keinem seiner Werke explizit zur Anwendung der Methode im Bereich der Naturgeschichte. Er bleibt mehr auf einer allgemeinen methodischen Ebene. In Wie Gertrud ihre Kinder lehrt beschreibt er, wie die Kreise der Anschauung (wobei die Anschauung als oberster Grundsatz des Unterrichts gilt) immer mehr zu erweitern seien. Aufgabe des Lehrenden ist es, in Kunst und Natur zur Erleichterung des Lernens Fundamentalpunkte, Urformen und Elementarformen zu suchen, sowie die Schüler mittels Rubriken zur Klassifikation der aufzunehmenden Vorstellungen zu leiten, um so Ordnung in die chaotische Masse bringen zu können und «das aufgestellte Fachwerk veranlasst das Kind, desto emsiger die einzelnen Fächer auszufüllen. Das gilt von den Hauptrubriken der Geographie, Naturgeschichte, Technologie u.s.w.» (PSW XIII, S. 207). Preussischen Gesandschaft: Nach den Niederlagen gegen die Franzosen während den Napoleonischen Kriegen (Schlachten von Jena und Auerstedt, 1806) wurden den Preussen hohe Zahlungsverpflichtungen auferlegt. Um über eine Milderung der Entschädigungen zu verhandeln, veranlasste der preussische Staatsmann Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom Stein (1757–1831) die Entsendung einer diplomatischen Gesandtschaft nach Paris. Anführer dieser preussischen Gesandtschaft war Prinz Wilhelm (1783–1851), der Bruder des preussischen Königs Friedrich Wilhelm III. (1770–1840, ⇒ Nr. 568). Alexander von Humboldt (1769–1859, ⇒ Z. 89), nahm als dessen Berater an dieser politischen Mission teil, die er zugleich nutzte, um ganz von Berlin nach Paris überzusiedeln. Franzosen: Alexander von Humboldt (1769–1859, ⇒ Z. 89) könnte hier folgende drei Franzosen gemeint haben, da sie zwischen 1749 und 1804 alle an der Ausgabe der Naturgeschichte von Georges Louis Leclerc, Comte de Buffon (1707–1788) mitgearbeitet haben. Diese war der erste moderne Versuch, das bestehende Wissen auf den Gebieten der Naturgeschichte, Geologie und Anthropologie in einer Publikation systematisch zu präsentieren. Buffon, französischer Biologe und Geologe, war ab 1734 Mitglied der Académie des Sciences. 1739 wurde er zum Direktor der Jardin du Roi (später Jardin des Plantes) ernannt und 1753 an die Académie Française gewählt. Louis Jean-Marie Daubenton/D’Aubenton (1716–1800) war ebenfalls ein französischer Naturforscher und wurde 1793 der erste Direktor

388 des Musée national histoire naturelle in Paris. Er war als Assistent und Autor an der Herausgabe der ersten 15 Bände der Buffonschen Naturgeschichte (1749–1767) beteiligt. Bernard Germain Etienne Médard de la Ville-sur-Illon, Comte de la Cépède (1756–1825), französischer Naturforscher, Zoologe und Ichthyologe war wie Daubenton mit Buffon, der ihn als Assistenzkurator des Naturalienkabinetts an den Jardin du Roi berief, befreundet. Nach Buffons Tod setzte er die Herausgabe der Naturgeschichte fort und gab acht weitere Bände heraus.

934. Francisco Amorós y Ondeano 4. Februar 1808 Madrid d[en] 4 ten Februar 1808. 5

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Mein liebster Freünd. Bey den erschrecklichen Sitzungen, welche ich erlitten habe, um ihre schätzbare Methode gegen die ungerechte Verfolg[un]g, die m[an] dawider hervorgebracht hat, zu vertheidigen habe ich den Saamen ausgestreüt, der ihre Existenz wieder hervorbringen soll. Ich habe den grossen Trost, dass sie aus der noch warmen Asche aufs neüe erstehe, wie ich es schon in der Eil an Caamano schrieb, damit er es ihnen mittheile; jetzt aber werden sie davon sicher werden; da sie den beygefügten Brief s[eine]r Durchlaucht des Friedensfürsten empfangen welcher mir denselben an m[einen] lieben Pestalozzi zu schreiben befiehlt; indem mir auch dieselben mündlich viel andre für sie u[nd] für mich sehr günstige Ausdrücke in Rücksicht der Hoffnung, dass uns[ere] grossen Absichten realisiert werden können, sagte. Ich schlug s[eine]r Durchlaucht die Send[un]g s[eine]s Bildes vor wozu dieselbe s[eine] Einwillig[un]g gab; ich eile denn, es einzupacken, damit es bald fortgebracht wird, ehe eine andre Neüigkeit vorfällt. Von Voitel kann ich Ihnen nur sagen, dass f[ür] ihn zwar k[eine] andre so ehrwürdige u[nd] dringende Empfehl[un]g in der Welt seyn kann, wie die Ihrige, dass ich ihn mit Wohlthaten überhäuft habe, worauf er nur mit Undankbark[ei]t correspondirt hat; dass er seiner so schlechten Aufführung u[nd] Unvorsichtigk[ei]t wegen von allen wahren Spaniern verachtet ist, u[nd] dass er dem Institut grosse Nachtheile gebracht hat, indem er über alle Fehler plapperte, u[nd] viele andre Sachen voraussetzte, welche n[icht] existirten. Kann ich als Privatmann alle diese Umstände vergessen, so kann ich es nicht als Staatsmann u[nd] so glaube ich, es wird unmöglich werden, was ihre schönen Gemüthsgefühle wünschen; doch um ihretwegen will

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ich alle möglichen Aufopferungen machen u[nd] wenn es möglich ist, so werde ich immer noch grossmüthiger u[nd] nachsehender seyn; denn Pestalozzis Meinung u[nd] Glück sind mir Lieblingsgegenstände. Ich habe k[eine] Zeit mehr, der Überbringer des Bildnisses wird sie umständlich davon unterrichten, was man nicht schriftlich sagen kann, u[nd] was Sie bey ihren grauen Haaren n[icht] mehr verwundern wird; denn Erfahr[un]g lehrt die Kunst, die M[en]schen kennen z[u] lernen und die Fabeln welche sie bearbeitet haben, u[nd] woran ich mich mit vielem Vergnügen erinnere, beweisen mir ihren erhabnen Geist u[nd] die Stärke ihrer Seele; ich beneide ja das Schicksal desjenigen, welcher meinen l[ieben] Freünd Pestal[ozzi] zu sehen verreist u[nd] würde diess Glück allen Ehrenbezeugungen Reichthümmern vorziehen. Ich sage allemal, was ich fühle, anders nichts. Von g[an]zem Herzen bin ich und werde ewig bleiben ihr aufrichtiger Freünd u[nd] Diener Amoros.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 38–38a, S. 0–71 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 15 Z. 21 Z. 39 Z. 40 Z. 45

lieben Pestalozzi wird, ehe verwundern lernen und Ehrenbezeugungen Reichthümmern∫ Sacherklärung I.

Francisco Amorós y Ondeano (1767–1848) ⇒ Nr. 892 II. ⇒

Nr. 932 III.

Z. 11 Z. 12 Z. 13 Z. 14 Z. 19

Caamano: Joseph Bentura de Caamaño Gayoso Arias Varela et Mendoza (1735–1815) ⇒ Nr. 852 er es ihnen mittheile: ⇒ Nr. 942 beygefügten Brief: ⇒ Nr. 932 Friedensfürsten: Manuel de Godoy (1767–1851) ⇒ Nr. 854 Send[un]g s[eine]s Bildes: ⇒ Nr. 932

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Voitel: [Franz] Joseph Stephan Voitel (1773–1839) ⇒ Nr. 895 Überbringer: Gabriel Friedrich Studer (1784–1824) ⇒ Nr. 860

935. Wilhelm Christian von Türk Februar 1808 5

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Von Herrn v[on] Türk. Die hamburger patriotische Gesellschaft hat dem Luther die Reise nach Yverd[on] bewilliget. Platow, der mit mir kommen wird, macht grosse Fortschritte im Latein u[nd] Griechischen, S[eine] Lehrer, sind ausserordentlich wohl mit ihm zufrieden. Ferner ist mir der Antrag geschehen ein junges Frauenzimmer, welches die Methode erlernen will, u[nd] ein Jahr in Yv[erdon] zu bleiben wünscht, mitzunehmen. Die Eltern dreyer meiner Zöglinge wollen mir Ihre Kinder wohl nach Yverd[on] aber nicht nach Dessau mitgeben, u[nd] auch dorthin nur, wenn ich mehrere Jahre in Yv[erdon] bleiben will – das ist gerade, was ich wünsche – du wirst einst zu uns sagen; «Ein neü Gebot gebe ich eüch, dass ihr Eüch unter einander liebeten, wie ich Eüch geliebet habe, und dass auch ihr einander lieb habet. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr m[eine] Jünger seyd, so ihr Liebe unter einander habet.» Mit dieser vollen Liebe komme ich zu Eüch, die ihr den Fremdling einst so freündlich aufgenommen habet, um bey Eüch einst auf immer zu bleiben. Ich arbeite jetzt eine Reihe von Aufgaben des gemeinen Lebens u[nd] der kaufmännischen Verhältnisse aus, um sie nach der Methode aufzulösen u[nd] dad[ur]ch ein Vorurtheil zu widerlegen, das man noch häufig gegen die Anwendbarkeit des arithmetischen Theils derselben hat den Geist der Methode vermögen wenige aufzufassen, um der Sache Eingang zu verschaffen, muss man die Form in einer fasslichen u[nd] einleüchtenden Gestalt darstellen. Ich habe Copie nehmen lassen von den Versammlungen der Mitglieder des hiesigen Consistoriums über die Frage: ob die Seminaristen mit der Methode bekannt gemacht werden sollen? die Frage wurde durch die Mehrheit verneinend beantwortet, die Versammlungen sind so intressant, dass sie verdienen gedruckt zu werden. In Hamburg ist entschieden worden, dass die Methode in der Armenanstalt nicht anwendbar sey. Man wird einst von diesem Irrthum zurückkommen. – Von meiner Naturaliensammlung bringe ich mit, was in der Schweiz nicht zu haben ist, das heisst, alle Russischen, Deütschen Ungarischen, Englischen Producte nebst

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allen Kupfern die darauf Bezug haben. Die 3 Monathe, die ich noch hier zuzubringen habe, werde ich zur Fortsetzung des Studiums der Englischen Sprache vorzüglich benutzen, um im Institut darinn zu unterrichten – Jetzt kannst du es öffentlich sagen, dass ich dir u[nd] den deinen angehöre. –

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 84a–85, S. 159–160 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 12

Dessau: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Wilhelm Christian von Türk (1774–1846) ⇒ Nr. 653 II. Die Datierung Februar 1808 beruht auf der Mitteilung Wilhelm Christian von Türks (1774–1846, ⇒ Nr. 653), noch drei Monate in Oldenburg zu bleiben, bevor er nach Yverdon abreise, was im Mai 1808 der Fall war. III. Z. 5 Z. 5 Z. 6

Z. 7f. Z. 9 Z. 11

Z. 12

hamburger patriotische Gesellschaft: Patriotische Gesellschaft Hamburg ⇒ Nr. 902 Luther: Friedrich Luther ⇒ Nr. 850 Platow: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. Da auch im PersonalVerzeichnis von Yverdon kein Platow verzeichnet ist, muss davon ausgegangen werden, dass er nicht nach Yverdon gekommen ist. S[eine] Lehrer: Es ist unklar, wer seine Lehrer waren. junges Frauenzimmer: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. Die Eltern dreyer meiner Zöglinge: Dabei dürfte es sich wahrscheinlich um den Bremer Kaufmann und Inhaber der Grosshandlung Johann Lange’s Sohn Wwe & Co., Wilhelm Ludwig Oelrichs (1770–1846) und seine Frau Margarethe Treviranus (1776–1852), die Eltern von Wilhelm Ludwig (1800– 1868, ⇒ Nr. 850) und Gabriel August Friedrich Oelrichs (1801–1868, ⇒ Nr. 850), handeln. Ausserdem schien Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653) seinen Zögling Gustav Conrad Kulenkamp (1800–1877, ⇒ Nr. 850) mitgenommen zu haben, sodass mit den Eltern hier Arnold Kulenkamp (1770–1826, ⇒ Nr. 902) und Charlotte Amalia Kulenkamp-Platzmann (1777–1862) gemeint sind. Dessau: Die Olivier-Tillichsche bzw. Tillichsche Erziehungs- und Unterrichtsanstalt in Dessau wurde Anfang 1805 von Ferdinand Ludwig Heinrich Olivier (1759–1815, ⇒ Nr. 615) und Ernst Gotthelf Albrecht Tillich (1780–1807, ⇒ Nr. 688), der bis 1805 eine ähnliche Anstalt in Leipzig ge-

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Z. 22

Z. 29f.

führt hatte, gegründet. Im Mai 1806 kam es wegen der prekären finanziellen Situation der Anstalt zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Olivier und Tillich, die dann zum Ausscheiden von Olivier führten. Nach dem Tod von Tillich 1807 übernahmen dessen Mitarbeiter die Anstalt. Wieder kam es jedoch zu persönlichen Differenzen und folglich zu erneuten Weggängen. Das Erziehungsinstitut musste im Jahre 1818 aus ökonomischen Gründen geschlossen werden. Reihe von Aufgaben: Damit ist wahrscheinlich eine Vorarbeit zu dem acht Jahre später veröffentlichten Rechenbuch gemeint (Wilhelm von Türk: Leitfaden zur zweckmässigen Behandlung des Unterrichts im Rechnen. Berlin 1816). Versammlungen der Mitglieder: Die Akten dieser Versammlung wurden nicht gedruckt, die Vorgänge sind jedoch bekannt. Die Zurückweisung durch das Oldenburger Konsistorium des Vorhabens von Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653), Seminaristen mit Pestalozzis Lehrart bekannt zu machen, beruhte vor allem auf der Ablehnung des Superintenden Anton Georg Hollmann (1756–1831) und des Leiters des Oldenburger Seminars und Gymnasiums, Konsistorialrat Christian Kruse (1753–1827).

936. Johann Konrad Ulrich Februar 1808 5

[Reg.] Ulrich rät Pestalozzi, sich wegen Georges Meuricoffre mit Ruprecht Friedrich Mörikofer in Verbindung zu setzen.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 68.2 Sacherklärung I.

Möglicherweise handelt es sich hier um den Zürcher Johann Konrad Ulrich (1761–1828, ⇒ Nr. 694). II. Der Anlass dieses Briefes ist unklar. III. Z. 4

Georges Meuricoffre: Georges/Georg Meuricoffre (1795–1858) war von 1807 bis 1810 Schüler in Yverdon. Er übernahm später gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Auguste (1801–1875) die Leitung der Bank Meuricoffre und Co. in Neapel und trat nach dem Tod seines älteren Bruders Achilles Pierre (1793–1840) dessen Nachfolge als Generalagent der Eidgenossenschaft in den Niederlanden (1840–1858) an.

393 Z. 4f.

Ruprecht Friedrich Mörikofer: Ruprecht Friedrich Mörikofer (1730–1810) aus Frauenfeld (Kt. Thurgau) hatte 1751 in Basel die Doktorwürde in Medizin erworben und war nach 1754 offenbar nach Yverdon ausgewandert. Später praktizierte er in Nidau (Kt. Bern) und verstarb als Stadtarzt von Payerne. Er war ein Grosscousin von Jean George II. Meuricoffre (1750– 1806), dem Ehemann von Céleste Meuricoffre-Coltellini (1760–1828, ⇒ Nr. 950).

937. Karl August Zeller 13. Februar 1808 Neuchatel den 13 Feb. 1808. 5

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Ich will doch gern sehen, wo es noch hinaus will mit meiner Reise; der Anfang ist sonderbar genug. – Dem edeln Montmollin gegenüber schreibe ich Ihnen, liebster Freund, u[nd] erzähle theils die Veranlassung meiner verzögerten Abreise, theils die schönen Hoffnungen, mit denen ich N[euchâtel] verlasse. In Bevaix musste ich den Schlitten mit einem Char vertauschen. Dieser Umstand veranlasste mich, die Papiere, die ich H[e]r[rn] M[ontmollin] zeigen wollte, in die Tasche zu stecken und – zu verlieren. Vor den Thoren von N[euchâtel] bemerkte ich meinen Verlust u[nd] nun darf ich Ihnen die Armesündermiene nicht mahlen, womit ich vor M[ontmollin] stand, um ihm zu sagen, dass die verlangten Raritäten im Schnee lägen. Nun ward überlegt u[nd] beschlossen dass ich am nemlichen Tage zurück sollte nach Bevaix. M[ontmollin] gab mir Briefe an die Notables in Colombier, Bevaix u[nd] Boudry. In Boudry blieb ich über Nacht u[nd] hier sowohl als in den dortigen Dörfern verkündigten die Tambours die verlornen Papiere mit einem Eifer als ob vom verlorenen Paradies die Rede wäre. Donnerstag kehrte ich zurück nach Neuchâtel, ass bei Montmollin u[nd] voilà vos papiers perdus u[nd] Glückwünsche von allen Seiten. Ein Bauer hatte sie zwischen Colombier et Boudry gefunden u[nd] dem Maire von Boudry eingehändigt. – Da ich die Diligence nachher abgehen lassen musste so war ich genöthigt bis heute hier zu bleiben. Diese Zeit ist vortrefflich benutzt worden. Montmollin schrieb an Pourtales. Dieser dann, zeigte mir seinen Plan zum Äussern des Hospitalls, und ich – mache nun den Plan zum Innern. P o u r t a l e s hat öffentlich erklärt dass er aus meinem (16 Seiten) langen Aufsaz in einer Stunde mehr gelernt habe als in B e r n binnen ganzer Tage und nun spricht man hier gar vieles von dem M[on]s[ieu]r de Zurich, qui a retrouvé

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ses papiers, der in Yverdon in die Schule gegangen u[nd] H[errn] Pourtales ein Plan perfectionné für sein Hospital mitgetheilt habe. Nun kommt aber das Wichtigste. H[err] Montmollin lud 15 der angesehensten Männer zu sich um die nouvelle et merveilleuse Methode de M[onsieu]r [Pestalozzi] d’apprendre le Chant, le lire et l’Orthographe en même tems kennen zu lernen und zu bewundern. Der Inspektor des hiesigen Schulwesens die ersten Geistlichen Stadträthe etc. waren unter ihnen. Der Beifall und die Bewunderung dieser mit dem neuen und bessern so ganz unbekanten Männer kan ich ihnen nicht beschreiben. Mehrere mal erhoben sich Zweifel, Einwürfe etc. aber die Briefe der F r a u E s c h e r das Dankschreiben des Erziehungsrath von Luzern vor allen aber R e i n h a r d s U n t e r s c h r i f t geboten Glauben und Beyfall. Nun denken sie sich das Erstaunen der ganzen Gesellschaft als der bewunderte Schulmeister mitten unter sie trat und ihnen die Nebensachlichkeit von allem was sie bewunderten klar und einfach vorthat den Zweck der Methode auseinandersetzte den Geist der Thätigkeit, der Liebe der zunehmenden innerm Kraft und ihre Wirkungen im Institut darstellte als der brafe d e M o n t m o l l i n von Zeit zu Zeit mit leuchtenten Augen dazwischen rief. Dass ist alles wahr, dass habe ich selbst gesehen man muss dass sehen wie ich. Kurz die Gesellschaft gieng mit sichtbarer Rührung und wahrer Erbauung auseinander und M o n t m o l l i n nachdem er sie eine Strecke begleitet hatte kam mit Freudenthränen in den Augen zurück, versicherte dass dieser Tag der wichtigste seines Lebens sey, denn die ganze Gesellschaft sey für die Methode eingenommen und beschlossen dass er mit dem Inspektor noch eimal noch einmal nach Yverdon gehen sollte, um genau und umfassend zu prüfen was ihnen bisher nicht möglich war. (Im Vertrauen das Alles gesagt, denn er will künftige Woche selbst schreiben u[nd] das Alles erzählen.) In diesem Augenblick übersetzt er meinen Plan für die Müttergesellschaft in Zürich eine Idee die grossen Beyfall gefunden hat. Meine Briefe an den Fürsten sind bestellt er wird einen Auszug machen übersetzen und sogleich an B e r t h i e r abgehen lassen. Bey mir ist angefragt ob ich den Schulmeister Unterricht von 60 Individuen falls ich bey F e l l e n b e r g bleibe übernehmen wolle; ob ich Lust habe in N e u c h a t e l zu bleiben wenn ich nicht in H o f w y l blieben um die Schul[lehrer] der Stadt die Erichtung des Spitals und anderer wohlthätiger Anstalten zu leiten. Ich antwortete gerührt u[nd] dankbar, dass ich Gott walten lassen wolle.

395 Vater ich will werth bleiben zu heissen Dein Sohn Zeller.

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Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a/56, Umschlag 398/4 (H1) und Ms Pestal 994, S. 123–125 (H2) Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 4 Z. 4 Z. 5–25 Z. 6 Z. 10 Z. 10 Z. 17f. Z. 18 Z. 18 Z. 19 Z. 19 Z. 20 Z. 22 Z. 23 Z. 23 Z. 24 Z. 24 Z. 25 Z. 25 Z. 26–32 Z. 26 Z. 28 Z. 28 Z. 32–36 Z. 33f. Z. 34 Z. 35 Z. 35 Z. 36–63 Z. 36 Z. 37ff. Z. 52 Z. 52f. Z. 57 Z. 62

Text folgt H1 Neuchatel: lateinische Schrift Text folgt H2 Montmollin: lateinische Schrift Bevaix: lateinische Schrift Char: lateinische Schrift Bevaix: lateinische Schrift Notables: lateinische Schrift Colombier: lateinische Schrift Bevaix: lateinische Schrift Boudry: lateinische Schrift (2x) Tambours: lateinische Schrift Neuchâtel: lateinische Schrift Montmollin: lateinische Schrift voilà vos papiers perdus: lateinische Schrift Colombier: lateinische Schrift Boudry: lateinische Schrift Maire: lateinische Schrift Boudry: lateinische Schrift Da … Tage.: Text folgt H1 Diligence: lateinische Schrift Montmollin: lateinische Schrift Pourtales: lateinische Schrift und … Wichtigste: Text folgt H2 M[on]s[ieu]r … papiers: lateinische Schrift Yverdon: lateinische Schrift Pourtales: lateinische Schrift perfectionné: lateinische Schrift H[err] … war.: Text folgt H1 Montmollin: lateinische Schrift nouvelle et … en même tems: lateinische Schrift Institut: lateinische Schrift d e M o n t m o l l i n : lateinische Schrift M o n t m o l l i n : lateinische Schrift Yverdon: lateinische Schrift

396 Z. 63–65 Z. 65–73 Z. 68 Z. 71 Z. 73–74 Z. 75–76

(Im … erzählen.): Text folgt H2 In … leiten.: Text folgt H1 B e r t h i e r : lateinische Schrift N e u c h a t e l : lateinische Schrift Ich … wolle.: Text folgt H2 Text folgt H1 Sacherklärung I.

Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656 II. Im Herbst 1807 war Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) in Zürich «entlassen» worden (⇒ Nr. 853) und für einige Monate nach Yverdon gekommen. Als Pestalozzi hörte, dass der sehr reiche Neuenburger Kaufmann Jacques-Louis de Pourtalès (1722– 1814, ⇒ Z. 28) im Januar 1808 der Stadt Neuenburg 600’000 Francs de France für den Bau eines Armen-Hospitals gestiftet hatte, plante er, sein umfassendes Konzept, das er ursprünglich für den Kanton Aargau entworfen hatte, auf die Lage in Neuenburg anzupassen. Im Februar 1808 schickte er Zeller nach Neuenburg, um an einem Treffen mit Frédéric Auguste de Montmollin (1776–1836, ⇒ Nr. 941) die Vorzüge von Pestalozzis Methode bzw. Armenerziehung zu besprechen. Zu diesem Gespräch lud Montmollin Pourtalès, weitere Politiker, Geistliche und Schulmänner ein. III. Z. 4 Z. 6 Z. 10 Z. 10 Z. 18 Z. 18 Z. 19 Z. 20 Z. 25 Z. 28

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Neuchatel: frz. Name für Neuenburg Montmollin: Frédéric Auguste de Montmollin (1776–1836) ⇒ Nr. 941 Bevaix: Gemeinde am Neuenburgersee (Kt. Neuenburg) Char: Kutsche, Karre (frz.) Notables: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. Colombier: Gemeinde am Neuenburgersee (Kt. Neuenburg) Boudry: Gemeinde am Neuenburgersee (Kt. Neuenburg) Tambours: Trommler (frz.) Maire von Boudry: konnte nicht eruiert werden Pourtales: Jacques-Louis de Pourtalès (1722–1814) gründete 1753 mit Claude-Abram Dupasquier (1717–1783) und Jean-Jacques Bovet (1728–1793) die Société Pourtalès et Cie, welche Indienne-Handel betrieb und in ganz Europa, in Indien und auf den Antillen (Kaffee- und Zuckerplantagen auf Grenada) Niederlassungen und Unternehmungen gründete. Pourtalès machte damit ein Vermögen und genoss den Ruf eines «roi des négociants». Hospitalls: Jacques-Louis de Pourtalès (1722–1814, ⇒ Z. 28) hatte am 14. Januar 1808 600’000 Francs de France für den Bau eines (Armen-)Hospitals in Neuchâtel gestiftet, welches 1811 seine Tore öffnete. Aufsaz: In den Aufzeichnungen zu seinem Leben notiert Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) folgendes: «Den Herren de Montmoll u. Rougemont in Neufchâtel bekannt geworden, bearbeitete ich ihrem Wunsche gemäss den franz. Sprachunterricht, ward eingeladen, Vorträge darüber zu halten u. meine Gedanken über die innere Einrichtung des von Pourtales gestifteten Hospitals zu Papier zu bringen» (ZB Zürich, Ms Pestal

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962.12). Beim erwähnten Aufsatz dürfte es sich wohl um diese Gedanken zum Hospital handeln, die aber weder in gedruckter noch handschriftlicher Form erhalten zu sein scheinen. 15 der angesehensten Männer: Es könnte sich hier um eine Zusammenkunft der Société d’Emulation Patriotique de Neuchâtel (⇒ Nr. 957) handeln, der Fréderic-Auguste de Montmollin (1776–1836, ⇒ Nr. 941) angehörte. Inspektor: konnte nicht eruiert werden Briefe der F r a u E s c h e r : Gemeint sein dürfte hier die Zürcher Pestalozzi-Förderin Margarete/Margaretha Escher-von Orelli (1745–1813, ⇒ Nr. 958), entsprechende Briefe scheinen aber nicht erhalten zu sein. Dankschreiben: Das von Altschultheisspräsident Georg Vincenz Rüttimann (1769–1844, ⇒ Nr. 513) unterzeichnete Schreiben des Erziehungsrates von Luzern (⇒ Nr. 599), datiert vom 30. Januar 1807, in welchem der Kanton sich bei Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) für die erfolgreiche Ausbildung eines jungen Luzerner Geistlichen am Zürcher Normalinstitut (⇒ Nr. 879) bedankte, ist als Beilage abgedruckt in: Karl August Zeller: Das Ziel der Elementarschule durch überzeugende und erhebende Tatsachen beleuchtet. Königsberg 1809, S. 104–105. R e i n h a r d s U n t e r s c h r i f t : Mit Schreiben vom 26. April 1808 dankte der Schulthess Hans von Reinhard (1755–1835, ⇒ Nr. 1108) im Namen des Zürcher Regierungsrates Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) für die «vortrefflichen Dienste», die dieser dem Kanton während zweier Jahre geleistet habe. Der Brief ist abgedruckt in: Karl August Zeller: Das Ziel der Elementarschule durch überzeugende und erhebende Tatsachen beleuchtet. Königsberg 1809, S. 105–107. Plan für die Müttergesellschaft: Über Pauline Fürstin von Lippe-Detmold (1769–1820, ⇒ Nr. 829) hatte Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) erfahren, dass im Seminar in Detmold Frauen zu Lehrerinnen ausgebildet wurden. Als auch das Frauenkloster Münsterlingen einige Nonnen zu Erzieherinnen auszubilden begann, wollte Zeller diese Idee auf die Gattinnen, Töchter und Schwestern der Zürcher Landschullehrer ausweiten. Der Plan zur Gründung einer solchen Anstalt wurde indes nie verwirklicht (vgl. ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 88–88a). Briefe an den Fürsten: Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) erstattete Pauline Fürstin von Lippe-Detmold (1799–1820, ⇒ Nr. 829) verschiedentlich Bericht über den Gang des Normalinstituts (⇒ Nr. 879) und seine pädagogischen Ansichten. Sechs Briefe wurden 1808 unter dem Titel Die Grundlage einer besseren Zukunft. In Briefen an die Fürstin von LippeDetmold hochfürstliche Durchlaucht gedruckt. B e r t h i e r : Louis-Alexandre Berthier (1753–1815) war zwischen 1799 und 1807 Kriegsminister von Napoleon I. Bonaparte (1769–1821, ⇒ Nr. 580) und wurde von ihm zum Fürsten von Neuenburg und Herzog von Valangin ernannt (1806–1814), nachdem Preussen 1805 infolge der Schlacht von Austerlitz das Fürstentum an Frankreich hatte abtreten müssen. Berthier blieb Neuchâtel fern, das er durch einen Gouverneur, François Victor Jean de Lespérut (1772–1848) verwalten liess. 1810 bis 1814 war er Oberbefehlshaber der Schweizer in französischen Diensten. F e l l e n b e r g : Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426

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M[uralt] äussert in seinem Brief an mich, dass sie etwas näheres über den Zustand unsers Schulwesens zu wissen wünschen. Ich will ihrem Verlangen in gedoppelter Hinsicht entsprechen: 1. im Allgemeinen, u[nd] dann in besonderer Rücksicht auf die Methode. Im Allgemeinen hat sich der Geist fürs Schulwesen an manchen Orten sehr gebessert, und durch die Schulgesetze ist ein regelmässiger Schulbesuch sehr befördert worden. Aber so wie es seyn sollte, ist es noch lange nicht; besonders finden die für Schulversäumnisse angesetzte Bussen grossen Widerstand. Wenigstens ist das an einzelnen Orten der Fall, wo vorher durchaus keine Ordnung war, sehr schwer fügt man sich in diesselbe, oft ist man zur Strenge gezwungen. Das ist aber nicht allein in unserm Canton so, auch in den benachbarten, wo eben die Schulgesetze weniger streng sind ist es der nemliche Fall. Nächstens May werden unsere Schulgesetze, wovon ich Ihnen ein Ex[emplar] beylege aufs Neue revidirt und vom Souverain, d[as] h[eisst] dem grossen Rath der fast aus lauter Bauren besteht entweder angenommen oder verworfen. Sehr viele Mitglieder dieses grossen Rathes sind dem Schuldespotismus, wie man die Schulordnung nennt sehr abhold; die Klugheit will denoch, dass man nicht zu sehr reitze. Durch die Bildungsinstitute in welchen an die Achtzig Schulmeister sint 2 Jahren unterrichtet wurden, haben diese ungemein gewonnen. Sie behandeln die Kinder weit besser und vernünftiger als vorher, und auch die Eltern finden die neue Schuldisciplin nützlich, denn die Kinder lernen bey der in diesen durchgängig eingeführten Klasseneintheilung weit mehr, als vorher. Die Schulmeister wissen den Kindern den Unterricht angenehmer zu machen, u[nd] sie gehen nun lieber zur Schule. Da bricht also die Morgendämmerung eines bessern Tages an. Letzten Sommer ist den Schulmeistern in den Instituten Unterricht in der Lese-Methode mit beweglichen Buchstaben gegeben worden. Dabey wurde es den so ziemlich den Schulmeistern überlassen, wie sie dieselbe gebrauchen wollten, und wenigstens würde das Lautiren nicht gefodert, sondern auch die alte Methode gestattet. Die Erfahrung hat nun bewiesen, dass das klug u[nd] nützlich war, denn diese Art lesen zu lernen, gefällt Eltern u[nd] Kindern.

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Diese bringen es bald zu einer artigen Fertigkeit im Lesen. Man hat mir den Einwurf machen wollen, lesen lernen müsse bey diesem Unterricht nur Nebensache, Hauptzweck aber denken l e r n e n seyn, und dieses befördern sehr die Zellerische Methode. Vielleicht hat niemand so schnell wie ich an eigentlichen Nutzen dieser Methode aufgefasst; aber denken lehrt sie die Kinder wahrlich nicht, weil der Denkstoff, der da dargereicht wird, über das Fassungs-Vermögen der Kinder, od[er] ohne Intresse für sie ist. In den Schulen wo ich sie treiben sah, bemerkte ich auch nicht eine Spur der Erreichung jenes angeblichen Zwecks, ob der Nutzen, den sie für die Kenntnisse der Sprache und Orthographie habe, in dem Grade für Landeskinder nöthig sey, könnte noch gefragt werden. Aber es unterliegt keiner Frage, dass auch einem dem Volke mit weniger Fragen das erreicht wird, was dem Volke hierin nöthig ist. Unsere eingeführte Methode giebt dem Lehrer, der selbst denken kann trefliche Gelegenheit das Denkvermögen der Kinder zu wecken u[nd] zu üben, nemlich an Anschauung aus der Kinderwelt und ihrer Erfahrung, die zum deutlichen Bewusstseyn gebracht werden, und dadurch die Aufmerksamkeit der Kinder auf die Sinnenwelt schärfen, und es nach u[nd] nach worüber alles auf sich, sich auf alles, und alles gegeneinander zu beziehen, od[er] zu vergleichen, daraus Schlüsse zu machen od[er] zu denken. Ein Lehrer aber, der selbst nicht denken, od[er] sich nicht zum Kinde herablassen kann, wird durch keine noch so scharfsinnig ausgedachten Denkformen Kinder denken lehren, denn das ist ein Widerspruch. Doch ich merke, dass wenn ich meine Gedanken darüber vollständig darlegen wollte, ich ein halbes Buch schreiben, und dann erst daraus wieder einen Auszug machen müsste. Genug die Erfahrung hat mich in meiner Schule gelehrt, dass vermittelst der ersten Anfangsgründe der Gramatik u[nd] der beweglichen Buchstaben in einem ½Jahr Baurenkinder von 10–12 Jahren fehlerfrey schreiben lernen, u[nd] noch dabey manche für ihr ganzes Leben nützliche Sachkenntniss sammeln, die wichtiger für sie ist, als die gelehrte Sprachkenntniss; Aber noch habe ich die Erfahrung nicht gesammelt, dass ich einen entscheidenden Ausspruch thun möchte. Aber je einfacher, je gleichförmiger dem allen desto besser für Landschulen, wenn dabey jener Grad von Kenntnissen leicht erreicht werden kann, das für die untern Volksklassen nöthig ist, dass ein jeder seinen Beruf gut abwarten könne, und bey dem Unterricht wohlthätig auf Moralität des Kindes gewirkt wird. Erleichterung, Vereinfachung des Unterrichts weckt Leben u[nd]

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Vertrauen des Kindes zum Lehrer, und dann hat er das Kind als einen zu allem bildsamen Stoff in seinen Händen. Das Rusterholzische Schreiben u[nd] das Pest[alozzische] Rechnen hat da wo es eingeführt wurde gute Folgen gehabt; aber gerade dagegen haben sich die meisten Stimmen erhoben. Und warum denken Sie? Weil die Sache den Eltern zu l a n g s a m geht, weil sie gar nicht begreifen wozu der Vorbereitungsunterricht dienen soll weil endlich die Sache ihnen ganz neu u[nd] fremd sind, weil die Lunge der Lehrer zu sehr in Anspruch genommen wird, weil das Zusammensprechen der Kinder einer katholischen Litanei gleicht. Das wird sie nun befremden, wenn ich Ihnen sage. Eine längere Zeit als 18 Wochen im Winter u[nd] 3/2 Tage pro Woche im Sommer ist in den eigentl[ichen] Landschulen nicht erhältlich. Und da noch manche rauhe Witterung bey einer Entfernung von ¾, ½ und ¼ St[un]den vom Schulhaus, Krankheiten der Eltern u[nd] Kinder öftere Abwesenheiten nothwendig, mithin wird der Unterricht unterbrochen, u[nd] man kann mit diesen Kindern dann nicht im Rechnen fortfahren, wie in Lesen. Es ist eine ganz andere Sache in einem Institute u[nd] in einer Dorfschuhle, wo der Schulkreis oft so sehr zerstreut ist, eine Methode treiben. Man fand es wie M[uralt] bemerkte sonderbar, dass der Schulrath den im P[estalozzischen] Rechnen unterrichteten Schulmeistern empfahl diesen Winter bey den 3 ersten Übungen es bewenden zu lassen. Aber er wusste wohl warum, der Schulmeister will auch gerne schnell weit kommen, er will Aufsehen machen, richtet ein Paraden Examen zu, und die Kinder haben nichts gelernt. – Die Schulmeister, wenn sie gleich das Mechanische der Einheitstabelle inne haben, kennen darum den Geist der Methode, u[nd] fahren drauf los, wenn man ihnen keinen Zügel anlegt; und nehmen Sie 18 Wochen und die 31 sten Übungen der Einheits-Tabelle neben dem andern Unterricht, ist das nicht noch zu viel. Mein Schulmeister, der unter meiner Aufsicht die Methode treibt, ist mit der 2ten Übung St. Martini noch nicht fertig, u[nd] ich wollte nicht, dass er um eine Nummer weiter wäre, denn jetzt rechnen die Kinder alle Anwendungen über das Erlernte fertig weg, u[nd] werden es den Sommer über bey einiger Repetition nicht vergessen. Aber mit flüchtiger Eile ist nichts gethan. Würde der Einleitungsunterricht mit der Ausdehnung gegeben, wie er nach M[uralts] Probe u[nd] was ich aus Türk sehe, im Institute gegeben wird; die Sache würde den Eltern noch mehr missfallen, u[nd] sie würden es den Kindern bey Hause noch mehr verleiden wollen, da wo die Schulmeister die Sache vernünftig treiben, da lernen die Kinder wirk-

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lich recht braf, und überzeugen nun die Eltern, dass die Sache gut sey. Lasse man das wirken, bald werden die Eltern der Methode ihr Zutrauen schenken, und den Schulmeister machen lassen. Die Schu[l]meister sind nicht alle gleich, für ein elendes Löhnlein von fl. 20–30 für 18 Wochen, muss man sich oft mit einem sehr mittelmässigen Subjekt begnügen. Ich kann das grosse Geschrey nicht leiden, das man da u[nd] dort erhebt, was man alles in wenigen Wochen aus den Schulmeistern gemacht. Man gehe hin u[nd] beobachte diese gepriesnen Wunder nun bey der Nähe, und man wird die Sache ganz anders finden. Ich könnte Beispiele aus der Nähe anführen. Einzelne glückliche Köpfe giebt es aller Orten, aber nicht en gros unter den Schulmeistern so wenig als unter andern Menschenkinder. In unserm Canton wird dennoch an einigen Orten die Methode mit Erfolg getrieben, an meistens noch gar nicht, an andern mit weniger, so wie anderwärts ist noch viel zu thun. Sobald aber der Schulrath wieder aufs neue bestätigt ist, wird er die geöffnete Bahn weiters verfolgen, und wie sich erwarten lässt allmählig zu erfreulichen Resultaten gelangen. Mit der freundschaftlichen Hochachtung Ihr ergebener Pf[arrer] Kappeler.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 82–83a, S. 154–157 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 4 Z. 20 Z. 20 Z. 28 Z. 29 Z. 52 Z. 70 Z. 80 Z. 87 Z. 95 Z. 100 Z. 103 Z. 108 Z. 136

14. Febr. revidirt: lateinische Schrift Souverain: lateinische Schrift disciplin: lateinische Schrift durchgängig eingeführten Sprache und mich in und bey Stimmen erhoben eigentl[ichen] Landschulen wie in sonderbar Examen zu en gros: lateinische Schrift

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an andern Sacherklärung I.

Hans Georg Kappeler (1775–1818) ⇒ Nr. 776 II. Hans Georg Kappeler (1775–1818, ⇒ Nr. 776) wurde 1804 Mitglied des Thurgauer Schulrates (⇒ Nr. 766) und führte auch Lehrerfortbildungskurse durch, weshalb Pestalozzi ihn wohl als Auskunftsperson für die Entwicklung im Kanton Thurgau zu Rate zog. III. Z. 5 Z. 5 Z. 10 Z. 25

Z. 45

Z. 85

Z. 85f.

M[uralt]: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 Brief: scheint nicht erhalten zu sein Schulgesetze: 1806 erliess der Kleine Rat des Kt. Thurgau eine Schulordnung für die niederen Schulen. Bildungsinstitute: Da die Lehrer meist schlecht ausgebildet waren, ordnete die thurgauische Schulbehörde (⇒ Nr. 766) ausserordentliche Lehranstalten an, die Bildungs- und Fortbildungskurse anbieten sollten, in denen den Lehrern die nötigsten Kenntnisse über Inhalte und Lehrmethoden vermittelt wurden. Oft wurden diese Kurse von Pfarrern gehalten, die von den Behörden als dazu fähig befunden wurden. Auch im Augustinerkloster in Kreuzlingen (Kt. Thurgau), wo es von 1806 bis 1809 ein kleines Lehrerbildungsinstitut gab, wurden unter der Leitung von Meinrad Kerler (1778– 1830, ⇒ Nr. 853) Lehrkurse für Lehrpersonen angeboten. Zellerische Methode: Aufbauend auf die Lautiermethoden von Ernst Gotthelf Albrecht Tillich (1780–1807, ⇒ Nr. 688) und Ludwig Heinrich Ferdinand Olivier (1759–1815, ⇒ Nr. 615) begann der Sprach- und Schrifterwerb im freien Gespräch, dem sich das «richtige und genaue Sprechen» anschloss. Dann zerlegte man die Sätze in Wörter, diese in Laute oder Silben und die Laute schliesslich in Buchstaben. Der Zerlegung folgte wieder der Gang bis zur Satzbildung zurück. Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) war der Ansicht, dass man eine Grundmenge an Lauten brauche, die in jeweils neuen Kombinationen einerseits zur Vergrösserung des Wortschatzes und andererseits durch Rückführung auf Basislaute zur Rechtschreibung führen sollte. Rusterholzische Schreiben: Bei der von Johann Heinrich Rusterholz (1760– 1806, ⇒ Nr. 958) entwickelten Schönschreibemethode erfolgte das Einüben der schrägen Schrift und der Buchstabenproportionen über Schreiblätter und Schiefertafeln, die mit einem speziellen Netz senkrechter, waagrechter und schiefer Hilfslinien versehen waren. Der Erziehungsrat des Kantons Zürich (⇒ Nr. 1218) liess die Methode 1806 in den Landschulen autorisieren, nach einer Probezeit von drei Jahren wurde sie 1809 unter dem Titel Anweisung zum fruchtbaren Unterricht im Schönschreiben auf die leichteste, kürzeste und wohlfeilste Weise für die gemeinen Volksschulen gedruckt. Pest[alozzische] Rechnen: Hier sind vorwiegend das Zu- und Wegzählen sowie das Bruchrechen im Kopf auf der Grundlage der Pestalozzischen Einheitstabellen gemeint. Der Schwerpunkt lag auf dem Zu- und Wegzählen, wobei die Zahl eins den Referenzpunkt allen Zählens und Rechnens

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Z. 103 Z. 115 Z. 121

bildete (vgl. Brief der Erziehungsratkommission (Riedtli): Nachricht über den Erfolg des ersten Kurses des Normalinstitutes, 1. Juli 1806, StA Zürich, U 69a/2 und Johann Heinrich Pestalozzi: Anschauungslehre der Zahlenverhältnisse. Zürich 1803/1804). Schulrath: Schulrat des Kanton Thurgaus ⇒ Nr. 766 St. Martini: 11. November Türk: Wilhelm von Türk: Briefe aus Münche-Buchsee über Pestalozzi und seine Elementarbildungsmethode. Ein Handbuch für alle die, welche dieselbe anwenden und Pestalozzi’s Elementarbücher gebrauchen lernen wollen, vorzüglich für Mütter und Lehrer bestimmt, 1. Band. Leipzig 1806

939. Karl August Zeller 15. Februar 1808 5

A Monsieur Pestalozzi a Yverdun Hofwil den 15 Febr. 1808.

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Wie viel, mein väterlicher Freund! möchte ich Ihnen in diesem Augenblik sagen, s a g e n statt zu schreiben! und was gäbe ich nicht darum, wenn Sie h ö r e n und s e h e n könnten, was ich sah und hörte. Fellenberg ist ein in jeder Rücksicht ausserordentlicher Mensch; seine Zwecke, wie seine Mittel sind unermesslich, und was aus d e m Kindlein noch werden wolle, das lässt sich unschwer errathen. Fellenberg empfieng mich, wie einen alten Bekannten, wie einen Menschen mit welchem man in der Ferne zu gleichen Zwecken arbeiten will. Denn Herr K. Fuessly hat ihn vorige Woche versichert, man denke jezt in Zürich besser von mir, und die Regierung sey gesonnen mich auf eine so gemeinnützige als ehrenvolle Weise festzuhalten. Um so angenehmer überrascht schien er mir, als ich ihn vom Gegentheil versicherte, ihm wenigstens bewies, dass ich vom Gegentheil überzeugt sey. Und nun erst begann er, mir bestimmte Anträge zu machen, dass ich doch hier bleiben möchte. Der Umstand mit meinem König war bald im Reinen. Vial soll nach 14 Tagen à dato, wenn ich von Zürich aus schreibe, dass ich dort entlassen und entschlossen sey, in Hofwil zu leben, durch den französischen Gesandten in Stuttgard unmittelbar mit dem König unterhandeln und die Erlaubniss bewirken. Sodann soll der hiesige Pfarrer (in M[ünchen] B[uchsee]), der so gehasst, als ver-

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achtet ist, versetzt werden und ich an seine Stelle kommen, falls ich entweder selbst nicht überzeugt bin, dass ich auch ohne diese Stelle oekonomisch wohlversorgt sey, oder falls ich meine Eltern nicht anders zu beruhigen weiss. Auf jeden Fall ist es Fellenbergs Plan, das Schulwesen aller umliegenden Dörfer, vor allem aber das zu Münchenbuchsee in einen solchen Stand zu stellen, dass das Gute auch dem gemeinsten Beobachter in die Augen schnellt; und dazu gehört vor allem die Entfernung des Pfarrers, und Besetzung seiner Stelle durch einen Mann, der einer im Schloss Buchsee zu etablirenden Anstalt vorstehen, durch Hülfe seiner Gattin, die «Gertrudenschule» des Dorfes nebst der Industrie leiten und kurz, aller Hände voll zu thun finden soll. Das Publikum selbst weiss und erfährt nichts, als: man will da Dinge machen, die Geld und Ehre bringen. Die unsichtbare Kirche hingegen öffnet sich nur den Eingeweihten. Von meinen Freunden in Xlingen und Münsterlingen erwartet F[ellenberg] grosse Dinge, und, was mir entschieden gewiss ist, das ist die Zweckmässigkeit der Mittel, die er einschlägt, um die thurgauische Landesregierung beynahe zu nöthigen, die Xlinger machen zu lassen. Die meisten Regierungspräsidenten der Schweiz haben sich bereits an F[ellenberg] gewendet, um Filialanstalten zu errichten und zu fundieren die mit der Centralanstalt in Verbindung bleiben. Kurz es ist unglaublich, was bereits alles gethan vorbereitet und möglich gemacht ist. Ich kann und darf das Wichtigste keinem Briefe anvertrauen; je unumschränkter das Vertrauen war, womit mir Fellenberg auch Dinge anvertraute die ihm nicht allein persönlich schaden müssten, wenn ich indiscret wäre, sondern die auch unsern gemeinschaftlichen Zwecken kurz der guten Sache schlechterhin Eintrag thun müssten desto behutsamer muss ich seyn das littera scripta manet, wohl zu beherzigen dass die Freyburger ein Kloster, N.N., bereits bestimmt dass die Lausanner Regierung sich bereits an F[ellenberg] gewandt, und dass dieser erwiederte was alles nur unter der Bedingung der Einführung Ihrer Methode möglich sey; das darf ich, denk ich, wohl schreiben. Fellenberg fieng schon in der ersten ¼stunde unsers Beysammenseyns von Ihnen an und von den Missverständnissen, die etc. Allein ich unterbrach ihn mit meiner gewohnten Unbefangenheit und erzählte mit welcher Achtung Sie von ihm gesprochen, was Sie von ihm hofften, dass Sie mich hieher begleitet haben würden wenn Sie nicht krank geworden wären, dass es Ihr eigener Wunsch seye ich möchte hier bleiben. und Fellenberg trat mit feuchten Augen auf die Seite und fieng von andern Dingen an.

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Ein gewisser Herr Hohenbaum, gegenwärtig Erzieher des Erbprinzen von Sachsenhildburghausen in Erlangen, ist entschieden, hieher zu kommen. Aus seinen Briefen zu schliessen, ist es ein vortrefflicher Mensch. Von Niederer und Schmid spricht F[ellenberg] mit hoher Achtung und äussert frohe Hoffnungen. Ueber das, was ich von den Unterlehrern sagte, bezeugte er herzliche Freude. In Spanien scheint es sehr festen Fuss zu haben. Es sollen auf Antrag von Caamano Spanische Gelehrte hieher kommen. Der Legations Secretair, der vorgestern hier war erzählte lauter gutes und schönes von der Methode in Spanien, und wusste oder sagte wenigstens nichts von der Aufhebung des Instituts. Das nächste Fest wird höchstwahrscheinlich eine unermessliche Menge Menschen hier versammeln. Von Paris und München werden einmal sehr bedeutende Menschen erwartet. In jedem Fall muss ich Fellenberg recht geben, wenn er wünscht, der pädagogische Theil des Ganzen, möchte so vollendet, als möglich w[erden,] um den bedeutenden Gästen einen bleibenden, wirksamen Eindruck mitzugeben. Auch Sie werden, wie ich merke, eingeladen werden. Noch habe ich nichts beschlossen. Erst 14 Tage nach meiner Abreise werde ich hieher schreiben, und, wenn ich weder in Zürich noch in Kreuzlingen, noch in Neufchatel (Montmollin erwartet, dass ich ihm von hier aus schreibe) so gemeinnützig wie hier angestellt werde; wenn eine, ihnen bekannte, Verbindung möglich wird; dann bin ich entschlossen, hier zu bleiben. Gott befohlen. Er über uns! Ihr Zeller.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a/56, Umschlag 398/5 Bogen, 205x194 mm Dorsualvermerk Zeller an Pest 1808 15/2, Siegelspuren Original Textkritik

Zeuge H Z. 4–7 Z. 18 Z. 22 Z. 25

lateinische Schrift Woche∫ ihn∫ mit meinem

406 Z. 26 Z. 31 Z. 51 Z. 52 Z. 58 Z. 60 Z. 61 Z. 66 Z. 82 Z. 89 Z. 93 Z. 95 Z. 97

à dato: lateinische Schrift werden∫ Filial: lateinische Schrift Central: lateinische Schrift unsern: lateinische Schrift littera scripta manet: lateinische Schrift Freyburger ein an∫ Legations Secretair: lateinische Schrift w[erden,]: Siegelausriss ich nichts Neufchatel: lateinische Schrift wenn eine Sacherklärung I.

Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656 II. ⇒

Nr. 937 III.

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Fellenberg: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 Herr K. Fuessly: Damit dürfte wahrscheinlich Wilhelm Conrad Füssli (1785– 1843) gemeint sein, der in 13. (und letzter) Generation Besitzer einer berühmten Glockengiesserei war. 1811 heiratete er Maria Magdalena Pfenninger (1789–1834). Das heute an der Sihlstrasse 31 (Glockenhof) in Zürich existierende «Restaurant Conrad» ist nach ihm benannt. meinem König: Friedrich I., Herzog/König von Württemberg (1754–1816) war nicht als Thronfolger vorgesehen und zunächst, etwa als Generalgouverneur von Russland-Finnland bis 1787, in Diensten der russischen Zarin Katharina II. (1729–1796), bevor er 1797 zum Herzog, 1803 zum Kurfürst und schliesslich 1806 auf Druck Napoleon I. Bonapartes (1769–1821, ⇒ Nr. 580) zum König ernannt wurde, die Landstände durch absolutistischen Regierungsstil ausschaltete und das Königreich Württemberg nach der Säkularisation arrondierte. Vial: Baron Honoré Vial (1766–1813) durchlief eine militärische Karriere bis zum Brigadegeneral 1796, wurde in militärischen Feldzügen in Italien und Ägypten eingesetzt, diente von 1803 bis 1808 als französischer Botschafter in Bern und anschliessend als von Napoleon I. Bonaparte (1769– 1821, ⇒ Nr. 580) eingesetzter Regent von Venedig. Er half bei der Niederschlagung des Tiroler Aufstandes und fiel schliesslich als Kommandeur der 6. Infanteriedivision bei der Völkerschlacht von Leipzig 1813. französischen Gesandten: Joseph Alexandre Jacques Durant de Mareuil (1769–1855) begann seine langjährige französische Diplomatenkarriere als Legationssekretär vor 1793 in Stuttgart, ab 1794 in Kopenhagen, leitete von 1796 bis 1805 die politische Abteilung im Pariser Aussenministerium und wurde anschliessend bevollmächtigter Minister in Dresden, Stuttgart und Neapel. Auch nach Napoleon I. Bonapartes (1769–1821, ⇒ Nr. 580)

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Sturz blieb er im diplomatischen Dienst Frankreichs, etwa als bevollmächtigter Minister in den Niederlanden 1820 oder als französischer Botschafter in Neapel. hiesige Pfarrer: In Münchbuchsee amtierte von 1791 bis 1808 Pfarrer Johann Rudolf Wyss (1763–1845), ein Schwager von Rosette NiedererKasthofer (1779–1857, ⇒ Nr. 842) der anschliessend nach Wichtrach (Kt. Bern) wechselte, wo er 1821 resignierte, das heisst freiwillig aus dem Amt schied. meine Eltern: Der Vater Christian David Zeller (1749–1812) studierte Jura in Tübingen und erwarb den Titel des herzoglich württembergischen Hofrats. Er heiratete 1773 Christiane Heinrike Schneck (1754–1811), eine Pfarrerstochter. Die Familie Zeller lebte seit 1772 auf dem Schlossgut Hohenentringen nahe Tübingen, zog 1785 nach Böblingen (Baden-Württemberg) und weitere zwei Jahre später nach Ludwigsburg, wo der Vater in der Sommerresidenzstadt des württembergischen Herzogs in oberen Gesellschaftskreisen verkehrte. Freunde: Damit dürften Meinrad Kerler (1778–1830, ⇒ Nr. 853), Philipp Nabholz (1782–1842, ⇒ Nr. 967) und Johann Baptist Wepfer (1784–1860, ⇒ Nr. 853) gemeint sein, die vom Stift Kreuzlingen (⇒ Nr. 949) als Zöglinge zu Karl August Zellers (1774–1846, ⇒ Nr. 656) Lehrerbildungskurse entsandt wurden, um dann später selbst im Kreuzlinger Lehrerseminar (⇒ Nr. 938) tätig zu sein. Xlingen: Kreuzlingen (Kt. Thurgau) Münsterlingen: Gemeinde im Kt. Thurgau Die meisten Regierungspräsidenten: Auf welche Regierungen sich Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) hier konkret bezieht, ist unklar. Die Fellenbergschen Bildungseinrichtungen hatten in diversen Schweizer Kantonen Interesse geweckt und die Einrichtung von Nachahminstitutionen bewirkt. Lit.: Kurt Guggisberg: Philipp Emanuel Fellenberg und sein Erziehungsstaat. Band II: Das Werk. Bern 1953, S. 329–357 littera scripta manet: das Geschriebene bleibt bestehen (Horaz) ein Kloster: Damit dürfte das Kloster Hauterive gemeint sein, eine Zisterzienserabtei in Posieux im Kanton Fribourg. Mit Beginn der Helvetik setzte der Niedergang des Klosters ein, das zahlreiche Güter verlor und schliesslich 1848 nach Auflösung der Abtei zum Lehrerseminar umfunktioniert wurde. 1808 versuchten sich die Mönche mit dem Bedeutungswandel des Klosters zu arrangieren und wollten zur Errichtung einer projektierten landwirtschaftlichen Erziehungsanstalt und eines Instituts für Agronomie Land zur Verfügung stellen. Die Pläne zerschlugen sich jedoch wegen Forderungen des Konvents, Philipp Emanuel von Fellenberg (1771– 1844, ⇒ Nr. 426) müsse im Gegenzug drei Monate pro Jahr in Hauterive verbringen. Lausanner Regierung: Zwar verfügte Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) über verschiedene private Kontakte ins Waadtland, ein Amtsschreiben aus Lausanne konnte aber nicht nachgewiesen werden. Herr Hohenbaum: Ernst Friedrich Carl Hohnbaum/Hohenbaum (1780–1855) war nach einem Medizinstudium in Bamberg, Wien und Jena ab April 1807 als zweiter Begleiter und Instruktor von Joseph, Herzog von SachsenAltenburg (1789–1868, ⇒ Z. 72f.) angestellt, welcher seit 1806 in Erlangen

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Z. 77 Z. 77 Z. 80 Z. 81 Z. 81

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studierte. Später amtete er als Amts- und Leibarzt sowie als Hofrat in Sachsen-Hildburghausen und machte sich als Mediziner insbesondere auf dem Gebiet der Psychiatrie einen Namen. Erbprinzen von Sachsenhildburghausen: Joseph, Herzog von SachsenAltenburg (1789–1868) wurde nach seiner Beteiligung am Kampf gegen die napoleonischen Truppen 1814 Generalmajor in sächsischen Diensten und trat nach dem Tod seines Vaters Friedrich (1763–1834) dessen Nachfolge an. 1848 musste er nach konservativer, reformunwilliger Regentschaft als Herzog zurücktreten. Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Schmid: Joseph Schmid (1785–1851) ⇒ Nr. 712 In Spanien: ⇒ Nr. 932 und Nr. 934 Caamano: Joseph Bentura de Caamaño Gayoso Arias Varela et Mendoza (1735–1815) ⇒ Nr. 852 Spanische Gelehrte: Da am 13. Januar 1808 das Institut in Madrid (⇒ Nr. 882) geschlossen wurde, scheinen sich diese Pläne nicht verwirklicht zu haben (⇒ Nr. 914). Legations Secretair: Herr Gonzales de Villar ⇒ Nr. 855 Montmollin: Frédéric Auguste de Montmollin (1776–1836) ⇒ Nr. 941

940. Paul Philipp Bruch 19. Februar 1808 Wädenschweil den 19ten II 08. 5

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Der 8 July a[nni] p[raeteriti] war der festliche Tag, an welchem sich meiner Aufforderung zufolge die Kinder der Schneiderschen u[nd] fierzischen französischen Schule von ihren Lehrern Eltern Mitgliedern der aus den Hausvätern selbst organisirten Schulcomission einigen Vorgesetzten der Gemeinde u[nd] einer beträchtlichen Menge Jugendfreunde u[nd] Jugendfreundinnen begleitet, sich mit mir zum Examen in der Kirche versammelten. Mit rührender Andacht ward durch Absingung der 4 ersten Verse des 242 Liedes des Zür[cher] Gesangbuchs nach 4 Stimmen dieser feyerliche Actus eröfnet. Hierauf hielt ich eine kurze Anrede an die zahlreiche Versammlung, über die wichtige Absicht, in der wir uns beysammen finden, mit dem schliesslichen herzlichen Wunsch begleitet: möchten wir alle als Kinder, Lehrer, Eltern u[nd] Jugendfreunde etc. heute u[nd] die ganze Zeit unsers Lebens das süsse Bewusstseyn einerndten welche unaussprechliche Freude es gewähre in allen Verhältnissen mit Fleiss, Eifer u[nd] gewissenhafter Treue seine Pflichten erfüllt zu haben. Hierauf legten sämtliche Kinder zu sämtlichen Zufriedenheit die Proben ihres angewandten Fleisses im Auswendig Buchstabieren, Richtig lesen analisiren des

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Gelesenen Schön u[nd] Rechtschreiben deutscher u[nd] fr[anzösischer] Sprachkenntnis, Rechnen mit Ziffern u[nd] im Kopf, u[nd] Maassverhältnisse ab, so dass die meisten Anwesenden durch die abgelegten Beweise der Wissensfortschritte dieser Kinder der Freudenthränen sich nicht enthalten konnten. Zum Beschluss ermunterte ich mit einer herzlichen Dankbezeugung die Lehrer u[nd] die ihnen anvertrauten Kinder zu ferneren Fleiss u[nd] gewissenhafter Benutzung, der zu ihrer künftigen Bildung geweihten Lehrstunden, mit dem ihnen, den Eltern u[nd] allen Anwesenden, nach meinen schwachen Kräften auch entwickelten Begriff über den Zweck der Erziehung, worinn er bestehe, u[nd] das, wenn er erreicht werden wolle, der Grund dazu schon von früher Jugend auf dazu gelegt werden müsse; sodann wurden die 3 ersten Verse, des 243 Liedes des hiesigen neuen Gesangbuches, ebenfalls sehr harmonisch abgesungen u[nd] das Ganze mit einem zweckmässigen Gebeth geendiget. Auf den Nachmittag des folgenden Tages war den Kindern beyder Schule vor Freude eine Lustparthie verabredet. Eltern, Lehrer u[nd] Kinder 130 an der Zahl, fuhren in 2 grossen Schiffen unter frohen Gesängen von hier bis ins untere Art, lustwandelten von da paarweise, höchst vergnügt, dem bekannt, überaus wohlgelegenen u[nd] schönen B o d e n entgegen allwo die zahlreiche Gesellschaft freudig erwartet, u[nd] bey ihrer Ankunft mit einem frugalen Abendessen bestens bewirthet wurde.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 87–87a, S. 164–165 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 5 Z. 5 Z. 6 Z. 26 Z. 46

July: lateinische Schrift a[nni] p[raeteriti]: vergangenes Jahr sich meiner Anwesenden Ankunft mit Sacherklärung I.

Paul Philipp Bruch (1767–1818) aus Bergzabern in der Pfalz besuchte ebenda die Lateinische Trivialschule und das Gymnasium in Zweibrücken. Nach dem Studium an der Universität Marburg in Philosophie und Theologie siedelt Bruch 1791 in die Schweiz

410 über, wo er als Hauslehrer tätig wird. 1797 wird er Pfarrer im glarnerischen Netstal, ab 1800 bis zu seinem Tod ist er Pfarrer in Wädenswil (Kt. Zürich). Bruch, der sich stark in der 1790 gegründeten Lesegesellschaft engagiert und dieser zeitweise vorsteht, gilt als Förderer des örtlichen Schul- und Armenwesens. II. Für den Pfarrer Paul Philipp Bruch (1767–1818, ⇒ Sacherklärung I.) als Verfasser dieses nicht unterzeichneten Briefes spricht einerseits, dass private Schulen, so auch diejenigen von Johann Jakob Schneider (⇒ Z. 6) und Kaspar Fierz (1777–1814, ⇒ Z. 7), reglementarisch verpflichtet waren, an den jährlichen Examen der Elementarschüler teilzunehmen, die vom Pfarrer durchgeführt werden sollten. Andererseits bestand spätestens seit 1803 ein Kontakt zwischen Bruch und Pestalozzi. Neben andern jungen Männern vermittelte Bruch 1805 auch Schneider nach Yverdon, womit ein Indiz gegeben ist, weshalb die Berichterstattung über die beiden Schulen für Pestalozzi von Interesse war. III. Z. 6

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Z. 43 Z. 44f.

Schneiderschen: Johann Jakob Schneider aus Wädenswil (Kt. Zürich) wurde nach einem mehrmonatigen Aufenthalt bei Pestalozzi in Yverdon Ende 1805 Lehrer an einer in seinem Heimatort von einem Familienverbund neu gegründeten privaten Elementarschule. 1812 wurde er wegen Trunkenheit und der Beteiligung an einer Schlägerei gebüsst, der ramponierte Ruf führte zur Trennung von der privaten Schulträgerschaft. Mit Unterstützung einiger Eltern gründete Schneider 1813 in Wädenswil eine eigene, koedukativ geführte Privatanstalt, die 1818 von 36 Knaben und 42 Mädchen im Alter von 5–15 Jahren besucht wurde. 1820 gab er seine Anstalt ab und wechselte an die zweite Klasse der Dorfschule. Fünf Jahre später trat er im Zusammenhang mit erneuten ausserschulischen Verfehlungen halbfreiwillig von seiner Stelle zurück. Seine Spur verliert sich 1826, als der zürcherische Erziehungsrat (⇒ Nr. 1218) einen vom Pfarrkreis Oettwil eingereichten Antrag, Schneider die Bewilligung zur Gründung einer Repetierschule zu erteilen, negativ beantwortete. fierzischen: Kaspar Fierz (1777–1814) von Männedorf (Kt. Zürich) besuchte ab 7 Jahren ebenda die Schule. Neben heimindustrieller Arbeit erteilte er 1791–1804 Privatunterricht, meist in Stäfa (Kt. Zürich) und kurzzeitig in Martigny (Kt. Wallis). Nach zweijähriger Lehrertätigkeit für Französisch, Italienisch und Rechnen an der auf dem Riedtli bei Zürich gelegenen Privatschule (⇒ Nr. 879) von Johann Heinrich Rusterholz (1760–1806, ⇒ Nr. 958) gründete Fierz im Mai 1806, im Anschluss an die Schliessung der Riedtli-Schule, ein eigenes Privatinstitut für ältere Knaben in Männedorf. Das Institut wuchs rasch auf über 40 Schüler an (1810). Hauptgegenstände des Unterrichts waren Deutsch, Französisch, Italienisch, Geschichte, Geographie und Rechnen. Nach Fierz’ Tod wurde die Schule geschlossen. untere Art: Hier dürfte wohl der «Untere Ort» gemeint sein, ein Gebiet am Zürichsee kurz nach der Halbinsel Au. B o d e n : Damit ist der tiefer gelegene Teil von Wädenswil gemeint.

411 941. Frédéric Auguste de Montmollin 19. Februar 1808 Neuchatel le 19 e Février 1808. 5

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Monsieur Je vous remercie avant tout de m’avoir fait faire la connoissance de M[onsieu]r Zeller. La perte de ses papiers, retrouvés depuis, et le mauvais tems, ont prolongé de 3 jours son séjour à Neuchatel: ces trois jours m’ont fait vivement regretter qu’il n’en eût pas d’autres à nous donner. Peut-être, penserez-vous comme moi, M[onsieu]r, que les choses les plus recommandables par elles-mêmes, ont besoin dans les commencemens surtout, de quelqu’appareil, de quelqu’éloquence, de quelqu’enthousiasme pour faire fortune: et il m’a semblé que M[onsieu]r Zeller étoit une des personnes qui plaideroient le mieux la cause de la méthode, et qu’il réussiroit probablement à la faire adopter dans des endroits mêmes où on ne sentiroit pas son mérite de premier abord. – Je commence pour ce qui me concerne à être persuadé du prix de la méthode: si cela dépendoit de moi, je crois qu’elle seroit adoptée à Neuchâtel: plusieurs personnes pensent à cet égard comme moi. – Mais nous ne devons pas nous dissimuler que beaucoup d’autres ne partagent pas notre opinion: et qu’elle sera croisée par beaucoup de contradictions, par des objections plus ou moins solides, plus ou moins spécieuses, et par des obstacles tenant plutôt à nos circonstances qu’à la méthode. Vous me permettrez, M[onsieu]r, de vous faire part de ces objections: je n’y fais entrer que celles qui me sont connues et auxquelles je ne sais pas suffisamment répondre. – 1° La méthode est facile. Les jeunes gens n’ont besoin aucun effort pour en suivre la marche, – c’est presque en jouant qu’ils font leurs exercices. – Or rien de bien et de beau ne se fait sans peine et sans effort. Ces efforts demandent quelqu’habitude. – Et n’est-t-il point à craindre que des jeunes gens qui pendant 4, 6 ou 8 ans, auront suivi la routte aisée et atrayante de la méthode, ne soient rebutés en suitte par les difficultés que leur présenteront des études nécessaires, et nécessairement pénibles. 2° La méthode en la supposant bonne pour des enfans de 5 à 10 ans; n’est plus applicable à un âge plus avancé, et à des objets plus relevés. 3° L’expérience ne prouve pas suffisamment en faveur de la méthode: si quelques jeunes gens sortis de l’Institut ont réussi dans la carrière qu’ils parcouroient: cela n’a pas été le cas de tous. Le

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jeune Penserot par exemple que nous avons vu bien faire à Yverdon: ne fait point également bien à Neuchâtel, pas même pour l’arithméthique à laquelle il sembloit devoir être particulièrement préparé. On dit ensuite Si pour les 150 élèves de l’Institut il faut un logement aussi vaste pour des chambres aussi nombreuses que nous les voyons au château d’Yverdon: quelles place ne faudra-t-il pas pour 3 à 400 jeunes gens qu’on élèveroit à Neuchatel selon la méthode? – Et plus encore cet obstacle ne seroit-il pas à craindre dans les cas, où à moins de frais considérables il faudroit se contenter d’une seule chambre pour 80 et jusqu’à 100 enfans. Le même raisonnement s’applique au personnel des instituteurs: on en voit un grand nombre à Yverdon: et en conclut qu’il en faudroit beaucoup aussi chez nous. Voilà, M[onsieu]r des objections contre la méthode, et tirées de nos circonstances locales. Il vous sera sans-doutte facile de les résoudre: et lorsque vous pourriez en prendre la peine, vous m’obligeriez. Mais permettez-moi de causer encore un moment avec vous d’un sujet aussi important, et de vous adresser quelques questions qui m’intéressent. Je n’ai point vu qu’on mémorisât dans l’Institut. Je comprends que cela n’empêche pas qu’on n’y acquière la mémoire des choses: mais celles des mots et des phrases si nécessaire au prédicateur, à l’avocat, à toute personne appelée à parler en public, comment s’y forme-t-on par la méthode, – c’est ce que je ne comprend pas? Quelles sont les parties où Fridolin réussit le mieux et celles auxquelles il pourroit former? Quels sont les ouvrages qui donnent l’idée la plus juste de la marche suivie p[a]r la méthode, et leurs prix. J’ai déjà les 5. vol. formant le livre des mères, et l’instruction p[ou]r les rapports des nombres et des mesures: mais en allémand. Ont-ils paru en français? – Que coutte le journal de l’institut anuellement? Et quant aux moyens à mettre en usage pour l’introduction de la méthode à Neuchâtel – à supposer qu’elle ne pût pas être adoptée dans les commencemens à tous les établissements inférieurs, pensez-vous, Mons[ieu]r, qu’il pourroit suffire de la faire pratiquer comme par essai dans une seule école: ou même dans une réunion particulière de jeunes garçons dont les parens s’intéressent à la chose? de Montmollin

413 Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 40–40a, S. 74–75 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 6 Z. 16 Z. 40 Z. 41 Z. 75 Z. 78 Z. 81

remercie à la quelques jeunes cela

n’a anuellement commencemens à tous jeunes garçons Sacherklärung I.

Frédéric Auguste de Montmollin (1776–1836) aus Neuenburg ist Maire (Bürgermeister) von Valangin (Kt. Neuchâtel) und heiratet 1797 Rose-Augustine de Meuron (1776–1855). 1803 wird er in den Staatsrat gewählt und amtet zwischen 1810 und 1831 als Staatsschreiber. Montmollin unterzeichnet, nach Verhandlungen im Vorjahr, 1815 die Anschlussakte Neuenburgs an die Eidgenossenschaft. Seine weitere politische Karriere führt ihn 1816 in die Audiences Générales (Parlament), als Richter ans Gericht der TroisEtats (1827), ins Amt des Schatzmeisters (1831) und schliesslich zum Abgeordneten des Corps législatif. Auf seinem Gut La Borcaderie lässt er landwirtschaftliche Reformversuche durchführen. II. Frédéric Auguste de Montmollin (1776–1836, ⇒ Sacherklärung I.) gehörte wie auch Georges de Rougemont (1758–1824, ⇒ Nr. 956) der Société d’Emulation Patriotique de Neuchâtel (⇒ Nr. 957) an. Gemäss dem Ziel dieser Vereinigung (Förderung des allgemeinen Wohls) liegt es nahe, dass sich Montmollin auch für Pestalozzis Institut in Yverdon interessierte. Da der sehr reiche Neuenburger Kaufmann Jacques-Louis de Pourtalès (1722–1814, ⇒ Nr. 937) im Januar 1808 der Stadt Neuenburg 600’000 Francs de France für den Bau eines Armenhauses gespendet hatte, hatte Pestalozzi Karl August Zeller (1774–1846 ⇒ Nr. 656) nach Neuenburg gesandt, um für die Methode zu werben (⇒ Nr. 937). Ganz zu überzeugen vermochte Zeller aber nicht, wie Montmollin berichtet; Pestalozzi reagierte sofort in Briefform, um die Vorbehalte zu entkräften (PSB V, Nr. 1368, vgl. Nr. 1384). III. Z. 7 Z. 7 Z. 42 Z. 69

M[onsieur] Zeller: Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656 La perte de ses papiers: ⇒ Nr. 937 jeune Penserot: Damit ist möglicherweise Paul Penserot aus Lausanne gemeint. Fridolin: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. Ein Sohn oder Neffe Frédéric Auguste de Montmollins (1776–1836, ⇒ Sacherklärung I.) mit dem Namen Fridolin liess sich in den Genealogien und Archiven nicht nachweisen.

414 Z. 73

Z. 73f.

Z. 75

livre des mères: Johann Heinrich Pestalozzi: Buch der Mütter, oder Anleitung für Mütter, ihre Kinder bemerken und reden zu lehren (1803) (PSW XV, S. 341–424) l’instruction p[our] les rapports … mesures: Johann Heinrich Pestalozzi: ABC der Anschauung, oder Anschauungslehre der Massverhältnisse (1803) (PSW XV, S. 175–340) le journal: Wochenschrift für Menschenbildung (1807–1811)

942. Joseph Bentura de Caamaño Gayoso Arias Varela et Mendoza 20. Februar 1808 Berne le 20 Février 1808. 5

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Du Chev[alier] de Caamano Différentes circonstances ont provoqué la dissolution de l’Institut Royal militair Pestalozzien de Madrid, comme S[on] A[ltesse] S[érénissime] le Prince de la Paix vient de m’annoncer. Cette resolution a été accompagnée de différentes graces, que S[a] M[ajesté] a daigné accorder à ceux qui, employés dans l’Institut ont montré le plus de zèle; entre’autres le premier Chef M[onsieur] Amoros a été nommé Membre du Conseil Suprême et Royal des Indes. Je sens fort bien, Monsieur toute la peine que cet évènement vous causera; mais vous trouverez aussi bien des motifs de consolation dans les lettres ci-jointes, que S[a] A[ltesse] S[érénissime] Elle-même et M[onsieur] d’Amoros vous écrivent à ce Sujet. Mon Sécrétaire, M[onsieur] de Villars en est le porteur et je le charge de vous assurer la continuation invariable de mes Sentimens envers vous et de mon admiration pour vos talens. Dans toutes les occasions où je pourrois vous obligèr personnellement je vous prie de vous adresser à moi avec la même confiance que du passé.

Überlieferung 1 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 38a, S. 71 Datum am Schluss Abschrift Textkritik

Zeuge [h]

415 Sacherklärung I. Joseph Bentura de Caamaño Gayoso Arias Varela et Mendoza (1735–1815) ⇒ Nr. 852 II. ⇒

Nr. 932 III.

Z. 6f. Z. 8 Z. 8 Z. 9 Z. 11 Z. 12

Z. 17

l’institut Royal militair: Pestalozzische Militärschule in Madrid ⇒ Nr. 882 le Prince de la Paix: Manuel de Godoy (1767–1851) ⇒ Nr. 854 resolution: ⇒ Nr. 932 S[a] M[ajesté]: Maria Luisa von Bourbon-Parma, Königin von Spanien (1751–1819) ⇒ Nr. 893 Amoros: Francisco Amorós y Ondeano (1767–1848) ⇒ Nr. 892 Conseil Suprême et Royal des Indes: Dieser Rat leitete von Spanien aus die gesamte Zivil-, Rechts- und Militärverwaltung in den erworbenen Kolonien und war zudem die oberste Behörde in religiösen Angelegenheiten. Villars: Herr Gonzales de Villar ⇒ Nr. 855

943. J. L. Lenz 22. Februar 1808 Geisenheim im Rheingau am 22en Febr. 1808. 5

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Verehrungswürdigster, edelster Kinderfreund! Aus Ihren Schriften sowohl, als auch aus sonstigen Journalen, ersehe ich mit dem herzlichsten Wonnegefühl, dass die Kinderwelt, und also die ganze künftige Menschheit einen Erlöser und Seligmacher an Ihnen gefunden habe; ich trage desswegen ein so heisses Verlangen, Sie, Gottesmann! von Angesicht zu sehen und zu verehren, dass ich ohne Bedenken meine Beamtenstelle freiwillig niederlegte, um eine Reise zu Ihnen machen, und mich dem Erziehungswesen ganz allein widmen zu können. Ich wünschte nun, sobald möglich zu wissen: 1) Ob in Iferten ein eigener Kurs von drey Monaten für solche gegeben wird, welche die Methode an Ort und Stelle lernen wollen, und unter welchen Bedingnissen? 2) Zu welcher Zeit im Jahre ein solcher Kurs angefangen wird, damit man sich zur rechten Zeit in Iferten einfinden könne? 3) Ob ein Mensch, auch ohne wissenschaftliche Bildung, aber von gesunder Vernunft und reinem, kindlichen Herzen die Methode in 3 Monaten so weit sich zu eigen machen könne, dass er wieder Andere darin gehörig zu unterrichten im Stande sey?

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Herr von Türk, in seinen gedruckten Briefen von Münchenbuchsee, sagt selbst, dass er sich 3 Monate allda aufgehalten und wie ein Kind habe unterrichten lassen. Freilich ist Herr von Türk ein Gelehrter, der die Methode leichter und geschwinder fassen konnte, als vielleicht ein anderer; indessen soll es wenigstens an meinem Fleisse und guten Willen gewiss nicht fehlen, mich so weit zu vervollkommnen, dass ich in meinem Wirkungskreise auch verhältnismäss[ig] Gutes stiften kann. Sie, erhabener Menschenfreund! haben nicht, wie etwa mancher Held, ein Reich mit Menschenblut und auf Leichen gegründet, sondern wie eine wohlthätige Gottheit, eine ganz neue Welt aus Liebe und Wohlwollen erschaffen, und zwar nicht nur für ein Volk, wohl aber für die ganze Menschheit. Bin ich so glücklich, für diese neue Welt auch nur eine Seele zu gewinnen, so halte ich mich für übermässig belohnt, und danke dann der Vorsehung noch herzlich für die über mich verhängten vielfältigen Leiden. Ich gab meine Stelle auf, nicht weil ich vielleicht gemächlich von meinem Vermögen leben kann – denn ich muss durch Arbeiten meinen Lebensunterhalt verdienen – sondern weil ich, ein Feind alles Unrechts, mich nicht zum Instrument der Ungerechtigkeit gebrauchen lassen wollte. Den kleinen Rest meines [Vermögens] glaube ich nun nicht besser anwenden zu können, als zur Vervollkomnung meiner selbst in einer der Menschheit so wichtigen Sache. Besonders aber wird es eine wahre Seligkeit für mich seyn, das von Ihnen geschaffene Paradies schauen, und das Heiligthum der Unschuld betretten zu dürfen, um mir einen Vorschmack des Himmels zu verschaffen, wo lauter gleichgestimmte Seelen in vollkommnester Eintracht u[nd] Liebe wandeln. – Ich sehe desswegen mit Sehnsucht einer baldigen gütigen Antwort entgegen, und hoffe nicht, dass ich durch meine kindliche, ungeschminkte Sprache Ihr väterlich fühlendes Herz beleidigen werde, und verharre indessen mit der wärmsten Verehrung Ihr eifrigster Bekenner J.L. Lenz.

Überlieferung 1 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 84, S. 158 Datum am Schluss Abschrift Textkritik

Zeuge [h]

417 Z. 9 Z. 50

ich wo lauter Sacherklärung I.

J. L. Lenz war Hauslehrer an der 1806 von wohlhabenden Bürgern im Palais des Reichsgrafen Friedrich Carl Josef von Ingelheim (1777–1847, ⇒ Nr. 1154) gegründeten Privatschule. Da das Privatarchiv Ingelheim nicht erhalten bzw. während des Zweiten Weltkriegs «transferiert» worden ist, sind zu Lenz keine weiteren Angaben vorhanden. II. In der Briefausgabe Pestalozzis (PSB V, Nr. 1160) findet sich ein undatierter Brief an J. L. Lenz (⇒ Sacherklärung I.). Dieser wurde von den Herausgebern auf Ende 1805 datiert, es dürfte sich dabei aber um die Antwort auf diese Anfrage handeln. III. Z. 15 Z. 24 Z. 24 Z. 40

Iferten: dt. Name für Yverdon Herr von Türk: Wilhelm Christian von Türk (1774–1846) ⇒ Nr. 653 gedruckten Briefen: Wilhelm von Türk: Briefe aus München-Buchsee über Pestalozzi und seine Elementarbildungsmethode. Leipzig 1806 meine Stelle: Augenscheinlich beklagte sich J. L. Lenz (⇒ Sacherklärung I.) hier über seine Privatlehrertätigkeit beim Grafen Friedrich Carl Josef von Ingelheim (1777–1847, ⇒ Nr. 1450). Was genau vorgefallen war, ist unklar.

944. Hermann Christoph Baier 25. Februar 1808 Bobbin auf der Insel Rügen den 25ten Febr. 1808 5

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Ich schrieb Ihnen mein theurer unvergesslicher Freund, es ist nun wohl beynahe ein Jahr, aber ich habe weder von Ihnen noch von einem der andern Freunde dort etwas wieder gesehen. Sollte diess Blatt in Ihre Hände kommen, so spahren Sie doch, ich bitte Sie, um der Liebe willen, mit der Sie mich aufnahmen, keinen Versuch mich von Ihnen und den Ihrigen dort etwas gewisses erfahren zu lassen. – Es ist eine so bittre Zeit der Trennung u[nd] Auflössung. – Wie die grosse Erschütterung Europas nun auch bis zu uns in diesen abgelegnen Winkel der Erde gedrungen ist; das wissen Sie und mögen, die Noth und das Weh solcher Zeiten wohl kennend, uns oft bedauert haben. – Eine Zeitlang schien die Wage unsers Schicksals zu schwanken, dann fiel das Loos, mit Schmach und schleichend Elend – auf lange Zeit. Was habe ich alles erfahren in

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diesem einen Jahre. Mit welcher unbarmherzigen Strenge die richtende Zeit alle innere Zerrütheit der Gemüther oft die nächsten und theursten, ihren doten Glauben in Worten, ihren Wahn am Frieden ihr eitles Leben an den Tag legt! Wenn ich es erzählen sollte, wie ich dem Menschen oft in dieser Zeit begegnet bin, in den Hütten der Armen und Geringen in aller Noth und Beträngtheit, oft mit so unbedingtem Vertrauen, und Hingebung, ja mit dem edelsten Trotz, wie ich ihn aber auch oft sich verrathen sah in kleinlichen Sorgen und Ängsten, in niedrigem Unmuth und Verdruss in dummer Schwachheit und Betränglichkeit, in den Häusern der Grossen und Vornehmen wie oft ich ihn schamroth und überwältigt gesehen habe in seiner teuflischen Schwäche, – ja, wenn ich erzählen wollte – es mögte manchem das Aug öfnen über seine innerliche Blösse. – Noch ist es lange nicht am Ende – so seufzen noch viele. Könnten die Menschen sich nur entschliessen auch in diesem Zeitraum wo ihnen Manches freylich ganz anders dünken muss, ihr eignes Leben wieder zu suchen, zu ergreifen und mit starkem Willen festzuhalten; denn, das glaube ich, ist das einige Siegel seiner Menschen-Natur; er würde bald das erwünschte Ende herbeyführen, und in dieser ungebrochnen Vereinigung des Alten, nur Neuen, einen fröhlichen, fortlaufenden Anfang, d.i. seine unsterbliche Jugend fühlen. Ich bin unendlich froh und dankbar gegen das Schicksal, das mich gerade in dieser allgemeinen Erschütterung und Zerstöhrung den ernsten Wink und die Kraft gab, das Pfand, das sie in mein Hände legten, sicher anzulegen. Und sie würden edler Mann, wenn Sie es sähen, sich unsers gewissen Anfanges freuen. – – – Meine Vorschläge giengen vor allem nur darauf hinaus, dass man endlich einmahl aufhöhren solle auswärts für unsre Schüler zu suchen, wodurch es öfters wegen der Kostspieligkeit ganz unterblieb, oft nie oder selten der Zweck erreicht wurde; indem das ganz eigenthümliche in der Bildung unsers Landvolkes, etc. schlechterdings Lehrer aus unser Mitte erfordert. Es war leicht diess ins Licht zu setzen, und zu beweisen am besten an den jungen Leuten, die ich, wie sie wissen, mir aus dem Volke schon genommen und vorgebildet hatte. – Alle äussre Hülfe und Unterstützung brach in dem Sturme des Krieges; jeder glaubte viel etwas wichtigers u[nd] nothwendigers zu thun zu haben als an die Schulen zu denken. – Mir lagen indes Ihre Worte fest im Sinn; man muss es selber angreiffen, und arbeiten und fleissig seyn; –. Ich hatte das Glück dass durch die langwierige Krankheit meines

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Schwagers des Predigers in dieser Gemeinde das ganze Amt mir schon 6 Monate lang zu fiel. Vielleicht verdanke ich es diesem Ereigniss in meinem jetzigen Leben allein, dass Glaube u[nd] Muth mir in der allgemeinen Zerstreuung gesammelt und gegenwärtig blieb. Ich kam dem Volke nun bis ans Herz nahe, ich sah seine Noth, und konnte ihm bisweilen helfen, oft mit ihm mich trösten. Unser Gottesdienst flüchtete sich aus der Kirche in die Häuser, ich lernte nun erst den geistlichen Beruf des Predigers, als einen geistlichen Artzt kennen und lieben; u[nd] sah mit herzerhebender Hoffnung für die Zukunft, wie die in dieser Zeit zusammenfallende gealterte Form der Religion, im Worte als reines Mittel, u[nd] in thätiger Liebe und wechselseitigem Vertrauen, wieder neu und lebendig werden könne – Indess predigte ich Ihnen, so lange die Witterung es erlaubte und unsre Kirche Kaufhaus und Mördergrube war, auf unserm Berge unter freyem Himmel. – – – Ich bestimmte 4 Häuser in den nächstliegenden Dörfern, wohin sich die Kinder aus der umliegenden Gegend einsammeln sollten. Ich setzte den vorigen Lehreren und alten verständigen Leuten aus dem Volke, die die Aufsicht über diese Schulen übernahmen die jungen Zöglinge zur Seite, die ich bis dahin vorgebildet hatte. So sind 94 Kinder nun in ununterbrochener fröhlicher Arbeit und Thätigkeit. Sie wissen es allein wie es das Auge und Leben der Kinder erheitert, wenn man in Liebe u[nd] Ehrfurcht unter ihnen ist. – – Die Lust mit der die Kinder immerfort zur Schule gehen, und dort sind ermuntert die Leute am meisten; und ein Alter Bauer konnte neulich nicht aufhören zu weinen; vor Freude, dass sein 12jähriger Sohn ihm in allen Stücken über wäre. – – Ich glaube Sie darinn verstanden zu haben, dass vor allen Dingen durch festgestelltes Vertrauen der Eltern und Anhänglichkeit der Kinder, dem Geschlechte nur erst die höhere und natürlichere Liebe u[nd] Treue u[nd] Gerechtigkeit in der Erziehung erneut werden sollte; dass eine geräuschlose vollkommene uneigennützige Th[ei]lnahme an den Menschen als solchen, im unmittelbaren Kunsttriebe des Lebens, dass erste und unerlässliche Erforderniss zu einem wahren und in sich lebendigen Anfange desjenigen sey, was durch Sie die Zeit bezweckt; dass die Urform der Erziehungskunst, die S i e wollen, nimmer und niergend, auch bey dem grössten Gehorsam unter ihre Methode, und tief erfundene Mechanik w ü r k l i c h zu Stande kommen könne, ohne den einen unsichtbaren im Mittelpunkt ruhenden Quell der nahmenlosen

420 Liebe und Kraft, wodurch erst alle menschliche Kunst geistig natürlich wird – – – Bayer.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 93a–95, S. 176b–178 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 4 Z. 16 Z. 61 Z. 66 Z. 68f.

Bobbin: lateinische Schrift dann fiel fiel oft mit geistlichen Beruf Sacherklärung I.

Hermann Christoph Baier (1775–1822) ⇒ Nr. 846 II. Hermann Christoph Baier (1775–1822, ⇒ Nr. 846) hatte sich zwischen 1803 und 1806 in Paris, Genf und Lausanne aufgehalten und auch Pestalozzi in Yverdon besucht. Mit diesem Brief berichtet er von seiner eigenen pädagogischen Arbeit. III. Z. 12

Z. 59f.

grosse Erschütterung: Gemeint ist hier die Besetzung SchwedischPommerns mitsamt Rügens durch französische Truppen 1807, die Hermann Christoph Baier (1775–1822, ⇒ Nr. 846) schon in seinem Brief vom 1. Mai 1807 (⇒ Nr. 864) andeutete. An der Okkupation beteiligten sich auch mecklenburgische Truppen. Parallel dazu erfolgte der preussische Zusammenbruch am Ende des gemeinsam mit Russland gegen Frankreich geführten Vierten Koalitionskrieges und den verlustreichen Schlachten in Preussisch-Eylau am 7./8. Februar und Friedland am 14. Juni 1807. Im Frieden von Tilsit vom 9. Juli 1807 verlor Preussen die Hälfte seines Territoriums. meines Schwagers: Bernhard Friedrich Olivius Franck (1759–1833 ⇒ Nr. 944) heiratete 1791 Hermann Christoph Baiers (1775–1822, ⇒ Nr. 846) Schwester Charlotte Eleonora (1773–1837) und übernahm im selben Jahr von seinem Schwiegervater Johann Christopher Baier (1744–1790) das Pfarramt in Bobbin. Franck war ab 1801 korrespondierendes, ab 1822 ordentliches Mitglied der mineralogischen Gesellschaft in Jena (⇒ Nr. 811) und arbeitete als Mitarbeiter mehrerer akademischer Zeitschriften in Greifswald an der geologischen Erforschung Rügens mit. Baiers hier angedeutete Hoffnungen auf das Bobbiner Pfarramt zerschlugen sich. Er übernahm stattdessen am 31. Juli 1808 das Diakonat zu Altenkirchen, nach-

421 dem der dort seit 1792 amtierende Pfarrer Ludwig Gotthard Kosegarten (1758–1818), dessen Tochter Alwine (1787–1864) Baier 1809 heiratete, zum Professor für Geschichte an der Universität Greifswald berufen wurde.

945. Rosette Kasthofer Februar/März 1808 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 55.11 Sacherklärung I.

Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857) ⇒ Nr. 842 II. Wie aus der Antwort Pestalozzis ersichtlich wird (PSB VI, Nr. 1375) hatte Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857, ⇒ Nr. 842) Pestalozzi gebeten, zwei Seiten dieses Briefes zu vernichten. Ob damit der ganze Brief gemeint war, oder nur ein Teil, ist unklar.

946. Philipp Albert Stapfer 3. März 1808 5

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A Monsieur Monsieur Pestalozzi, Directeur d’un Etablissement d’Education à Yverdon Canton de Vaud en Suisse Belair près Montfort l’Amaury, Départ[emen]t de Seine et Oise 3. März 1808.

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Theuerster Freund, Ich weiss nicht ob Sie oder ich in unsrer, mir unschäzbaren Correspondenz, der lezte gesprochen haben. So viel weiss ich, dass

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Sie mir auf zwey, Ihnen durch H[errn] de Grange, Director des Collège de Bergerac und durch meinen Vetter de Saugy überbrachte oder überschickte, Schreiben (denn sie wussten beide nicht gewiss, ob sie Iferten besuchen würden) nicht geantwortet haben. Allein ich weiss noch besser, dass ich das Bedürfniss, wieder von Ihnen und dem edlen Niederer und dem Fortgange Ihrer Gott und der Menschheit geweihten gemeinschaftlichen Bemühungen zu hören, zu lebhaft fühle, als dass ich mich nicht dem gegründeten Vorwurfe, viel und nützlicher-beschäftigte Männer mit unbedeutenden Briefen zu importuniren, auszusetzen Lust hätte. Gegen Herrn Niederer hingegen stecke ich tief in Schulden; gewiss hätte ich diesem vortrefflichen Mann schon lange für sein sehr interessantes Schreiben vom 21 Augusts verflossenen Sommers meinen Dank bezeugt, wenn ich nicht gerade zu der Zeit, wo mir dasselbe zukam, durch die Nachricht von dem unerwarteten Hinscheid meines seel[igen] Vaters in eine Gemüthslage wäre versetzt worden, die mir lange keinen andern Gedanken, als was mit diesem unersezlichen Verluste in Verbindung stand, zu fassen und zu nähren gestattete. Ich warte einen ruhigern, der Besonnenheit günstigern, Moment ab, als zuerst die Folgen jenes Schlags, dann mehrere Reisen in Geschäften und Sorgen oder Unterbrechungen mancherley Art mir bis jezt zu Theil werden liessen oder noch für eine Weile versprechen. Ich rechne um so sicherer auf seine Nachsicht, da ich weiss, dass, indem ich mit Ihnen spreche, Bester, es, bey Ihrem Seelenbunde, gleich viel ist, als ob ich mich auch unmittelbar an ihn gewendet hätte. In Hinsicht auf jenes, sein Werthestes vom 21 ten August sey es mir also erlaubt zu bemerken, dass ich daraus nicht abnehmen konnte, ob dieser edle Freund ein kleines Pack Broschüren, worin einer Ihrer Aufsätze von 1799 lag, und das H[err] Frossard-de-Saugy, Vater, ihm selbst nach seiner Rückreise zu überreichen mir versprach, damals schon erhalten hatte. Seitdem muss ihm mein Brief vom Ende Septembers aus Talcy bey Blois, wo ich den Herbst mit meiner Familie zubrachte, durch die Post zugekommen seyn. Leider erlauben mir die hiesigen Postgesetze nicht, die Briefe für die Schweitz weiter als bis an die Grenzen des Reichs zu frankiren; auf der andern Seite sezt mich mein, jezt beynahe das ganze Jahr durch, der Gesundheit meiner Frau und auch der Oekonomie wegen, ununterbrochener, Aufenthalt auf dem Lande in die Unmöglichkeit, die Gelegenheit meiner abreisenden Landsleute oder anderer Fremden zur Übermachung von Briefen und Packeten an meine Freunde zu benutzen, weil ihre Abreise selten gerade wäh-

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rend meiner Anwesenheit in der Hauptstadt, wo ich immer nur drey bis vier Tage aneinander verweile, eintritt; und ich muss wahrlich grosses Bedenken tragen, durch meine nothwendig gehaltlosen Briefe und Versendungen Freunden unnütze Kosten zu verursachen. H[er]rn Schmid aus Orbe habe ich verfehlt; hingegen das Vergnügen gehabt, H[er]rn D. Weissens aus Leipzig Bekanntschaft in Paris zu machen. Dieser lezte übergab mir einen Brief von Ihnen ohne Datum, der mir durch herzerquikende Nachrichten von Ihrer Zufriedenheit, und von dem schönen Wuchs des im Jahre 1799 in die Erde gelegten Senfkorns, die innigste Freude machte. H[er]r Weiss scheint Ihre Anstalten in Iferten mit nicht gemeinem Interesse und Scharfsinn beobachtet zu haben. Schade dass er, wie so viele junge Deutsche, durch den unseligen Hang zu Schöpfungen a priori, von dem Beachten der Erfahrungswelt und dem bescheidenen Ausfragen unsrer einzigen wahren Lehrerinn, der Natur, weg zu den Träumereyen und haltungslosen Spinngeweben einer üppigen, die harmonische Zusammenwirkung aller Gemüthskräfte störenden und verwirrenden Spekulationssucht sich zu sehr hingezogen fühlt. Es ist jammervoll, die Nachtheile zu sehn, die aus dieser falschen Richtung der besten Köpfe und des beharrlichsten Fleisses folgen. Anstatt den Erscheinungen der äussern und innern Welt durch nüchterne und kunstmässig organisirte Fragen bestimmte, wahrhaft belehrende, die Geheimnisse des innern und der äussern Sinne offenbahrende Antworten abzulocken, schaffen sie sich idealische Welten, die mehr nicht als Romane ohne dramatisches und von bloss speculativem Interesse sind. Ich habe schon so manchen dieser Schöpfer a priori vergebens gefragt, warum ihre Deductionen, warum ihre, vorgeblich einzig echte Naturphilosophie nichts als schon was von Newton, Lavoisier, Häuy, Volta u.s.w. auf dem Erfahrungswege aufgefunden, nie irgend ein neues durch Versuche nachher sogleich bestätigtes Naturgesetz herauszubringen im Stande seyen? Wären Sie, Bester, je auf die Grundideen Ihrer Methode gekommen, wenn Sie, anstatt die ursprünglichen Äusserungen und Thätigkeits-Elemente der Menschennatur in den Lieblingsbeschäftigungen des zur Selbstorganisation, seines Gemüths von der Natur selbst hingeleiteten Kindes zu belauschen, ein neues metaphysisches System ausgesonnen und dann Jahre lang darüber in Ihren Studierzimmer gebrütet hätten? Während meiner lezten Anwesenheit in Paris erzählte mir mein Freund De Gérando, was zwischen Fourcroy und ihm zur Begünstigung und anständigen Ausstattung des Filials Ihres Instituts

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unter Develey’s Aufsicht behandelt worden sey. (Ist die Wahl von Develey’s Gehülfen schon getroffen? Man machte sich in Paris Hoffnung, dass sie mit auf Ihren H[er]rn v[on] Muralt fallen würde.) Noch muss ich Sie fragen, ob Sie der Bitte des Souspréfet von Bergerac H[err] Maine-Biran entsprochen und ihm einen Lehrer für sein neu errichtetes Collège zu verschaffen die Gefälligkeit gehabt haben? Maine-Biran ist ein trefflicher Mann und erhält gewiss, was er verspricht. Seine Achtung für die Methode ist, ihrem innern Gehalt nach weit ehrenvoller als die des p r i n c i p e d e l a P a z , der wahrscheinlich, der schön klingenden Phrasen in seinem, übrigens höchst interessanten, Briefe ungeachtet, die Methode nur aus Eitelkeit beschüzt. Allerdings ist dieser Schutz sehr erwünscht; die Vorsehung bedient sich der Leidenschaften und Schwächen der Grossen zu ihren herrlichsten Absichten – Mehrere Preisschriften von Maine-Biran hat das Nat[ionale] Institut gekrönt; er ist als Administrator, eben so sehr geschätzt, als seine philosophischen Werke sich unter den Franzosen durch Tiefsinn, Originalität u[nd] Wahrheitsliebe auszeichnen. Ich erwarte aus Bern eine Sendung alter Briefe und verschiedene, daselbst in meiner Büchersammlung zurückgebliebene Handschriften, worin ich vielleicht Briefe und Berichte von Ihnen finde. Sollte ich diesen glüklichen Fund thun, so werde ich denselben unmittelbar H[errn] Niederer mittheilen. Noch muss ich Sie benachrichtigen, dass eine grosse Anzahl von Exemplarien Ihrer Elementarbücher, die mir gehören und mit denen ich die Methode verbreiten zu helfen hoffte, wenn ich durch den Gesundheitszustand meiner Gattin und gebietende Familienverhältnisse nicht verhindert worden wäre, nach meinem Vaterlande zurückzukehren, in Bern zu Ihrer Disposition, wenn Sie Geschenke an Schulen, Eltern u.s.w. machen wollen, bereit liegt. Sie dürfen Sich deswegen nur an meinen Schwager Schnell wenden, dem ich die Weisung gebe, aus derselben zu Ihren Handen verabfolgen zu lassen, was Sie verlangen werden. Leben Sie wohl, Theuerster, und behalten Sie mich lieb! Ich umarme Sie mit herzlicher Hochachtung P.A. Stapfer. Laharpe machte mir grosse Freude durch seine Nachrichten von Ihrem Feuer und Ihrer Gesundheit. Was wird aus Ihrer Armenschule im Aargau? Mich freut innigst aus Fellenbergs leztem Briefe vom 9ten Hornung zu sehen, dass er Ihnen ganz zugethan ist. Er schreibt mir, der Besuch, den ihm Herr Niederer zu machen die Freundschaft erwies, sey ihm äus-

425 serst angenehm gewesen. Ich thue hier, was ich kann, für Bekanntmachung des Hofwilschen Instituts in den französischen Blättern.

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ZB Zürich Ms Pestal 55a, Umschlag 357/1 Bogen 214x167 mm Stempel P72P MONFORD L’AMAURY, Siegelspuren Original Textkritik

Zeuge H Z. 4–11 Z. 14 Z. 17 Z. 44 Z. 45 Z. 47 Z. 48 Z. 48 Z. 62 Z. 70 Z. 71 Z. 73 Z. 84 Z. 84 Z. 85 Z. 86f. Z. 88 Z. 93 Z. 95 Z. 98 Z. 100 Z. 104 Z. 105 Z. 106 Z. 106 Z. 108f. Z. 112 Z. 114 Z. 115ff. Z. 131 Z. 135–136 Z. 137–143

lateinische Schrift nicht∫ Collège de Bergerac: lateinische Schrift Freund ein Frossard-de-Saugy: lateinische Schrift hatte∫ Talcy: lateinische Schrift Blois: lateinische Schrift Orbe: lateinische Schrift unseligen Hang a priori: lateinische Schrift weg∫ schon∫ a priori: lateinische Schrift vorgeblich∫ Newton, Lavoisier, Häuy, Volta: lateinische Schrift sogleich∫ seines Gemüths∫ und dann … gebrütet∫ De Gérando: lateinische Schrift Wahl von∫ Maine-Biran: lateinische Schrift Collège: lateinische Schrift Maine-Biran: lateinische Schrift gewiss∫ p r i n c i p e d e l a P a z : lateinische Schrift Leidenschaften und Maine-Biran: lateinische Schrift eben so … auszeichnen∫ aus∫ der∫selben seitwärts quer geschrieben auf Seite 1 seitwärts quer geschrieben auf Seite 2

426 Sacherklärung I. Philipp Albert Stapfer (1766–1840) ⇒ Nr. 899 III. Z. 11 Z. 16 Z. 16 Z. 17

Z. 19 Z. 21 Z. 28 Z. 31

Z. 44

Z. 48 Z. 53

Z. 62

Z. 63

Belair: Belair près Montfort l’Amaury (Île-de-France) zwey: ⇒ Nr. 899 und Nr. 920 de Grange: Marie Joseph de Gérando (1772–1842) ⇒ Nr. 900 Vetter de Saugy: Damit könnte [Louis Benjamin Frossard] de Saugy (*1730) gemeint sein, dessen Grossmutter Sarah Burnand möglicherweise eine Verwandte von Philipp Albert Stapfers (1766–1840, ⇒ Nr. 899) Mutter Sophie Louise Stapfer-Burnand (1737–1798) war. Iferten: dt. Name für Yverdon Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Schreiben vom 21 Augusts: scheint nicht erhalten zu sein Vaters: Daniel Stapfer (1728–1807) begann die familientypische geistliche Laufbahn als Kapitelshelfer im Kreis Brugg-Lenzburg (1753–1761), worauf eine Pfarrstelle in Murten (ab 1761), der Posten als dritter Helfer am Berner Münster (ab 1866) und der sukzessive Aufstieg bis zum zweiten Pfarrer ebendort im Jahre 1779 folgten. Er war Mitglied des Kirchenkonventes und des Schulrats, verheiratet mit Sophie Louise Burnand (1737–1798) und seit seiner Jugend befreundet mit dem Arzt und Schriftsteller Johann Georg Zimmermann (1728–1795). einer Ihrer Aufsätze: Damit könnte das Mémoire gemeint sein, welches Pestalozzi in seinem Brief an Philipp Albert Stapfer (1766–1840, ⇒ Nr. 899) vom 7. Juni 1807 (PSB V, Nr. 1285) erwähnte und das wohl als verloren gelten muss. Es handelte sich dabei um ein Konzept, das Pestalozzi zur industriellen Erziehung entwickelt und welches Stapfer für das Helvetische Direktorium (⇒ Nr. 488) begutachtet hatte. Diese Schrift bildete zudem die Grundlage für die spätere Entsendung Pestalozzis nach Stans. Lit.: Rudolf Luginbühl: Ph. Alb. Stapfer, helvetischer Minister der Künste und Wissenschaften. Basel 1887, S. 174ff. Talcy bey Blois: Talcy (Loire-et-Cher) meiner Frau: Marie Madeleine Pierrette Stapfer-Vincent (1778–1892) stammte aus einer reichen französischen Hugenottenfamilie. Sie heiratete Philipp Albert Stapfer (1766–1840, ⇒ Nr. 899) am 1. August 1798. Aus ihrer Verbindung gingen zwei Söhne hervor: Charles-Louis (1799–1880, ⇒ Nr. 1081) und Frédéric-Albert-Alexandre (1802–1892, ⇒ Nr. 1081). H[er]rn Schmid: Möglicherweise handelt es sich hier um Joseph Schmid (1785–1851, ⇒ Nr. 712), wobei unklar bleibt, was mit dem Zusatz «aus Orbe» gemeint sein könnte. Denkbar wäre ein anderer Schmid als der hier bestimmte, denkbar wäre aber auch, dass sich Philipp Albert Stapfer (1766–1840, ⇒ Nr. 899) und Schmid in Orbe getroffen haben. H[er]rn D. Weissens: Christian Samuel Weiss (1780–1856) aus Leipzig wandte sich nach dem Medizinstudium der Chemie, Mineralogie und spezifisch der Kristallographie zu, wo er auf der Basis von Kants Naturphilosophie einen Erklärungsansatz entwickelte, der die Bauweise von Kristallen als Ergebnis eines im Kristall bestehenden Systems anziehender und abstossender Kräfte erklärte. Zunächst Privatdozent, wurde er 1808 Professor der Physik an der Universität Leipzig.

427 Z. 64 Z. 86 Z. 87 Z. 87

Z. 87

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Z. 102 Z. 104 Z. 104

Z. 108f. Z. 113f.

Z. 114

Z. 130

einen Brief: scheint nicht erhalten zu sein Newton: Sir Isaac Newton (1643–1727) ⇒ Nr. 855 Lavoisier: Antoine Laurent de Lavoisier (1743–1794) ⇒ Nr. 908 Häuy: René-Just Haüy (1743–1822) war französischer Mineraloge und beschrieb das Symmetriegesetz der Kristallographie, das besagt, dass die Bruchstücke eines Kristalls dieselbe Form haben wie der ursprüngliche Kristall, was darauf hindeutet, dass Kristalle aus kleineren Einheiten mit identischer Struktur aufgebaut sind. Volta: Alessandro Giuseppe Antonio Anastasio, Graf von Volta (1745–1827), italienischer Physiker und Mitglied der Londoner Royal Society, gilt als Erfinder der Batterie (voltasche Säule). Die Masseinheit für die elektrische Spannung, Volt, ist nach ihm benannt. Fourcroy: Antoine François Comte de Fourcroy (1755–1809) war französischer Chemiker und wurde 1801 von Napoleon I. Bonaparte (1769–1821, ⇒ Nr. 580) zum Staatsrat für öffentlichen Unterricht ernannt. Develey’s: Emmanuel Develey (1764–1839) ⇒ Nr. 785 Develey’s Gehülfen: Die Entsendung Johannes von Muralts (1780–1850, ⇒ Nr. 610) an eine von Emmanuel Develey (1764–1839, ⇒ Nr. 785) geleitete Schule kam für Pestalozzi, der Develey das Verständnis für die Methode absprach, nicht in Frage (vgl. PSB VI, Nr. 1379). Da sich das Pariser Projekt in der Folge gänzlich zerschlug (⇒ Nr. 1081), wurde auch die Personalfrage hinfällig. v[on] Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 H[err] Maine-Biran: François Pierre Gauthier, Maine de Biran (1766–1824) ⇒ Nr. 873 einen Lehrer: Jean François/Franz Barraud (1777–1830, ⇒ Nr. 987) hatte seine Stelle in der Schule in Bergerac (⇒ Nr. 1002) einige Wochen zuvor bereits angetreten. p r i n c i p e d e l a P a z : Manuel de Godoy (1767–1851) ⇒ Nr. 854 Mehrere Preisschriften: Es handelt sich dabei um folgende beide Publikationen von François Pierre Gauthier, Maine de Biran: Mémoire sur l’influence de l’habitude sur la faculté de penser (1802), prämiert 1802 und Mémoire sur la décomposition de la pensée (1804), prämiert 1805. Nat[ionale] Institut: Zum Zweck der Vervollkommnung der Wissenschaften und Künste wurde 1795 das Institut National de France gegründet. Es fasste die vormals bestehenden Institutionen (Académie Française, Académie des Inscriptions et Belles-lettres, Académie des Sciences, Académie de Peinture et de Sculpture, Académie de Musique, Académie d’Architecture) in ein einziges und in Klassen aufgeteiltes Institut zusammen. 1803 bis 1816 wurden Physik und Mathematik, Französische Sprache und Literatur, Geschichte und Literatur des Altertums und schöne Künste unterrichtet. Schnell: Samuel Ludwig/Ludwig Samuel Schnell (1775–1849), Jurist aus Burgdorf, war Mitglied des obersten helvetischen Gerichtshofes (1799), ab 1806 Professor an der Berner Akademie, später an der Universität Bern und ausserdem während 36 Jahre Gesetzesredaktor sowie der Verfasser des Zivilgesetzbuches für Stadt und Republik Bern. Schnell war in erster Ehe ab 1798 mit (Katharina) Louise Stapfer (1769–1816), der Schwester Philipp Albert Stapfers (1766–1840, ⇒ Nr. 899), in zweiter Ehe ab 1817 mit der fünf Jahre jüngeren Marguerite Cathérine Françoise von Wattenwyl (1780–

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Z. 135 Z. 137 Z. 138

1846), einer Cousine des Schultheiss Niklaus Rudolf von Wattenwyl (1760– 1832, ⇒ Nr. 976), verheiratet. Laharpe: Frédéric César de Laharpe (1754–1838) ⇒ Nr. 722 Armenschule: ⇒ Nr. 865 Fellenbergs: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426

947. Friedrich Heinrich Christian Schwarz 4. März 1808 Heidelberg, den 4. März –8. 5

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Schon lange, verehrungswürdigster Mann, sehne ich mich darnach, Sie einmal von Angesicht zu Angesicht zu sehen, und Ihr grosses Werk als Augenzeuge kennen zu lernen; Nun hoffe ich in der Kürze diesem meinem innersten Triebe Genüge thun zu können. Vielleicht bin ich so glücklich, schon 8 Tage vor Ostern bey Ihnen einzutreffen. Einige Wochen hoffe ich überhaupt bey Ihnen beobachten und lernen zu können, und Grösseres hat die Pädagogik jetzt nicht zu studieren, als Ihr Werk. Lieber Pestalozzi! Ich komme als ein wahrer und warmer Verehrer von Ihnen, und, wenn Sie wollen, als Ihr Freund. Nie war ich Ihr Gegner, aber auch nie ein blinder Bewunderer Ihrer genialischen Idee. Ich habe über dieses und jenes Bedenklichkeiten, und habe sie auch öffentlich geäussert. Aber ich kannte ja Ihr Werk nur aus der Ferne, durch den vermittelnden Buchstaben hindurch: den Geist selbst möchte ich schauen; jetzt, da sich Ihr Gedanke in der Wirklichkeit ganz entfaltet, jetzt muss ich Ihre Anstalt sehen, und den Geist selbst reden hören, der noch über allen einzelnen Anstalten steht. Nie mochte ich einer Schule irgend eines Systems angehören: Sie werden mich gerecht beurtheilen, wenn Sie mein Urtheil für unpartheyisch halten. Ich komme ganz uneingenommen zu Ihnen: auch selbst nach dem Vortreflichen, das mir mein junger Freund M e l l a , der vorigen Herbst einige Tage bey Ihnen war, mit seiner Wärme von Ihnen u[nd] Ihrem Werk erzählt hat. Aber damit besteht es, dass ich Sie schon lange liebe und verehre. Da ich mit einer grössern Gesellschaft von jungen Männern reise (nemlich einigen Grafen u[nd] Edelleuten mit ihren Hofmeistern guten Menschen) deren Hauptzweck eine Wanderung in die Schweiz ist, die aber auch mit vielem Interesse Ihre Anstalt kennen zu lernen wünschen, so kann ich nicht ganz frey über meine Zeit verfügen. etc.

429 Ihr Sie verehrender Schwarz Kirchenrath u[nd] Professor.

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Überlieferung 1 5

ZB Zürich Ms Pestal 57, Bl. 81, S. 152 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 17 Z. 20

habe sie Anstalt Sacherklärung I.

Friedrich Heinrich Christian Schwarz (1766–1837) aus Giessen studiert seit 1784 ebenda Theologie, ist aber aufgrund beschränkter finanzieller Mittel zur Lehrtätigkeit gezwungen. Nach dem Tode seines Vaters, dem er erst als Hilfsprediger zur Seite steht, tritt er 1790 dessen Nachfolge als Pfarrer in Dexbach bei Marburg an. 1792 heiratet er Johanna Magdalena Margarethe Jung (1773–1826), die älteste Tochter seines Freundes Johann Heinrich Jung-Stilling (1740–1817, ⇒ Nr. 572). Schwarz gründet ein Pensionat und wird 1804 als Professor der Theologie an die Universität Heidelberg berufen; dieser Stelle bleibt er bis zu seinem Lebensende treu. 1807 gründet er mit dem ebenfalls 1804 an die Universität berufenen Friedrich Creuzer (1771–1858) ein pädagogisch-philologisches Seminar, wo die evangelischen Theologen für ihre meist vorgängige, pädagogische Tätigkeit ausgebildet werden sollten. Daneben betätigt sich Schwarz weiterhin als praktischer Pädagoge in der in seinem Hause integrierten Erziehungsanstalt, spielt eine aktive Rolle in der evangelischen Gemeinde, ist Kirchgemeinderat und predigt aushilfsweise. Als Mitglied der vorbereitenden Unions-Synode und der Unions-Generalsynode in Karlsruhe (1821) hat er Anteil an der Vereinigung der beiden evangelischen Kirchen Badens. Schwarz schreibt zahlreiche theologische, ethische und pädagogische Schriften, so zum Beispiel die Schrift Gebrauch der pestalozzianischen Lehrbücher bey dem häuslichen Unterricht und in Volksschulen (1803) oder die Geschichte der Erziehung nach ihrem Zusammenhang unter den Völkern von alten Zeiten her bis auf die neueste (1813), die als erste «Geschichte der Pädagogik» gilt. III. Z. 17

Z. 26 Z. 29

öffentlich geäussert: Friedrich Heinrich Christian Schwarz: Gebrauch der pestalozzianischen Lehrbücher bey dem häuslichen Unterricht und in Volksschulen. Bremen 1803 M e l l a : konnte nicht eruiert werden grössern Gesellschaft: Wer zu dieser Gesellschaft gehörte, ist unklar. Denkbar ist aber, dass sich Ludwig Maximilian II., Graf zu Ysenburg und Büdingen (1791–1821, ⇒ Nr. 1017) sowie sein Hofmeister Keller (⇒ Nr. 1017), auf welche Friedrich Heinrich Christian Schwarz (1766–1837, ⇒ Nr. 947) in seinem Schreiben an Pestalozzi vom 29. Oktober 1808 (⇒ Nr. 1017) Bezug nimmt, darunter befanden. Pestalozzi selbst erwartete in der «be-

430 deutenden Gesellschaft» jedenfalls auch Privaterzieher vorzufinden (vgl. PSB VI, Nr. 1377).

948. Johann Jakob von Willemer 9. März 1808 Frankfurth den 9 ten März 1808. 5

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Ehrwürdigster Freund. Es bedarf keiner Entschuldig[un]g, dass Sie mir nicht früher die Freüde und Ehre gewährten, ein paar Zeilen von Ihrer Hand zu lesen; wer wie Sie so vielen viel ist, der kann nicht Jedem alles seyn; um so mehr danke ich Ihnen für Ihr freundschaftliches Wohlwollen da Sie sich, um mich Ihres Andenkens zu versichern, von einer Zeit abbrechen mussten, die um so kostbarer wird, je gediegner Ihr Innhalt durch Alter u[nd] Erfahr[un]g wird, die Sie der Menschheit gewidmet, u[nd] daher n[icht] einzelnen Menschen schenken können. Aber Sie sind wohl, lieben mich u[nd] lieben m[einen] Sohn, Mieg ist ihnen lieb u[nd] der Baum, den Sie pflanzten, hat G[ott] L[ob] so tiefe Wurzeln geschlagen, dass wenn der Geist die Hand auch nicht mehr belebt, die seiner pflegte u[nd] warthete, dennoch kein Sturm den müden Wandrer um die Erquickung bringen wird in s[einem] Schatten zu ruhen. Ihr Werk ist durchgeführt, ist unter edeln Menschen begründt die es mit ihrem Leben zu vertheidigen bereit sind. Heil dem Meister? Heil dem Edeln, der für die Menschheit lebt u[nd] duldete, bis der Sieg sein war. Er ist erfochten dieser Sieg u[nd] tausend u[nd] abermal tausend der künftig aufblühenden Menschheit dürfen n[icht] unter d[en] Fesseln seüfzen, die der alte Schulzwang ihren Vorfahren anlegte, u[n]d verdanken Ihnen ihre Erlösung aus dem Verderben. Auch mir wird Ihre Anstalt zweyfachen Seegen bringen, an meinem Sohn u[nd] in mir, dass ich den Schmerz der Trennung nicht blos bekämpfe, sondern als Pflicht ferner trage. Fahren Sie fort meinem Sohn u[nd] seinem Vater in der Fremde mit Liebe zugethan zu seyn; leben Sie glücklich, gesund und heiter, bis ich mündlich die Liebe an Ihrem Hals aussprechen kann, die verbunden mit der reinsten Achtung mich beseelt. Geheimrath Willmer

431 Überlieferung 1 4 5

ZB Zürich Ms Pestal 57, Bl. 84a, S. 159 Datum am Schluss Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 8

kann∫ Sacherklärung I.

Johann Jakob von Willemer (1760–1838) ⇒ Nr. 875 II. Johann Jakob von Willemer (1760–1838, ⇒ Nr. 875) hatte im September 1807 Pestalozzi in Yverdon besucht und pflegte seitdem mit ihm einen lockeren Briefwechsel. III. Z. 15

Z. 16

Sohn: Abraham (Brami) Ludwig Heinrich Jakob von Willemer (1794–1818) aus Frankfurt wurde von Johann Elias Mieg (1770–1842, ⇒ Nr. 1244) privat unterrichtet. Mit ihm besuchte er 1807–1810 auch das Institut in Yverdon. Nach längeren Reisen arbeitete er in einem Handels- und Bankhaus in Augsburg (1813). Willemer trat um 1815 in die preussische Armee ein und starb in einem Duell. Mieg: Johann Elias Mieg (1770–1842) ⇒ Nr. 1244

949. Karl August Zeller 10. März 1808 Zürich den 10 Merz 1808. 5

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In +lingen fand ich 3 Kinderklassen zusammen etliche 60 Catholiken und Protestanten, und 4 Schullehrer, darunter 3 Wirtenberger. Auch mit dem, was Nabholz in Y[verdon] gelernt geht es recht brav. Nun lehren sie auch Musik die ich 2 Tage lang mit ihnen und meinem Bruder durchpeitschte. Höchstwahrscheinlich wird sich das Stift mit Fellenberg verbinden und seinen Meinrad und Hans Georg (einen höchst intressanten Menschen) hinschicken. Herr von Wessenberg ist ausserordentlich dafür, wie froh würde ich seyn wenn das Stift wenigstens der höchst druckenden Vormundschaft des armseligen Schulraths dadurch los würde. Es ist eine Schande, wie kopflos die Leute wirthschaften, und es ist unverantwortlich wie sie auch den talentvollsten und geschicktesten

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Schülern der +linger die Hände gebunden haben. Möge wahr werden, was ich hörte, dass der Schulrath vom grossen Rath abgeändert und geschicktere und bessere Subjekte gewählt werden. Es ist hohe Zeit. Auch hörte ich, Sulzberger werde sein Antistitium niederlegen und eine Reise nach Y[verdon] machen. Festliche Stunden erlebte ich in dem Nonnenkloster Münsterlingen. Liebe ist allmächtig, sagt meine Fürstin, und auch meine Nonnen beweisens. Hätte ich nicht gewusst, dass sie ehmals sich 2mal wochentlich blutig peitschten und einen Stachelgürtel trugen, ich hätte für unmöglich gehalten, was ich sah. 30–36 sehr arme Kinder rennen durch Sturm und Schnee Stundenweit zu den Heiligen in M[ünsterlingen] Knaben darunter von 14 Jahren die vor 3 Monaten noch ganz ganz unwissend waren. Jetzt schreiben sie eine artige Hand, rechnen die 2 te Übung der Einheitentafel, lesen und sind tactfest in der Etymologie der Muttersprache. Ich fand bey einer 2stündigen, genauen Prüfung, Leben, Wahrheit und Kraft in Kopf und Herzen, mitten unter dem Unkraut, das 2 Kapucinner ringsumher wuchern machten und die Nonnen – grüssen Sie – beten für Sie – den Ketzer, und für mich, und thaten anfangs lange Busse dafür, dass sie beteten. Eher sterben als von der Schule lassen, war ihre einstimmige Antwort, als ich zweifelnd fragte, und ihr nasses Auge commentirte, was ihr Mund gelobte. Fast vergass ich zu bemerken, dass sie die Kleinen auch Handarbeiten lehren. Zeller.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich Ms Pestal 57, Bl. 81–81a, S. 152–153 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 39

commen: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656 II. Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) hielt sich anfangs 1808 in Yverdon auf. Wie der vorliegende Brief zeigt, war er viel unterwegs und berichtete Pestalozzi von den Fortschritten der verschiedenen Schulreformprojekte.

433 III. Z. 5 Z. 7 Z. 9 Z. 10

Z. 10 Z. 10 Z. 10f. Z. 11f. Z. 14 Z. 18 Z. 20 Z. 20 Z. 22

Z. 24 Z. 31

+lingen: Kreuzlingen Nabholz: Philipp Nabholz (1782–1842) ⇒ Nr. 967 meinem Bruder: Christian Heinrich Zeller (1779–1860) ⇒ Nr. 853 Stift: Die zum Stift gehörende Stiftsschule war eine Art Progymnasium für Knaben. Nachdem sich Abt Prosper Donderer (1715–1779) während seiner Amtszeit (1760–1779) für die Förderung der Schule einsetzte, wurde sie während der Helvetischen Revolution aufgehoben. 1803 erfolgte unter Abt Philipp Jakob Rueff (1743–1831, ⇒ Nr. 905) die erfolgreiche Erneuerung der Stiftsschule. Fellenberg: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 Meinrad: Meinrad Kerler (1778–1830) ⇒ Nr. 853 Hans Georg: Hans Georg Kappeler (1775–1818) ⇒ Nr. 776 Herr von Wessenberg: Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774–1860) ⇒ Nr. 683 Schulraths: Schulrat des Kantons Thurgau ⇒ Nr. 766 grossen Rath: kantonales Parlament Sulzberger: Johann Melchior Sulzberger (1760–1841) ⇒ Nr. 766 Antistitium: Oberpriesteramt, hier Amt als oberster Geistlicher der evangelischen Thurgauer Kirche Festliche Stunden: Damit könnte eine Feier an der Töchterschule gemeint sein (vgl. den Brief von Meinrad Kerler an Johannes Niederer vom 1. Oktober 1807, ZB Zürich, Ms Pestal 994, S. 128–134). meine Fürstin: Fürstin Pauline von Lippe-Detmold (1769–1820) ⇒ Nr. 829 Einheitentafel: Dabei dürfte es sich um die Tabelle handeln, die am Schluss des zweiten Heftes der Anschauungslehre der Zahlenverhältnisse 1803 im Druck erschienen ist.

950. Céleste Meuricoffre-Coltellini 10. März 1808 Naples le 10 Mars 1808 5

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Monsieur Ce n’est qu’hier que j’ai pris connoissence de differentes lettres écrites au sujet de mon fils George; Monsieur Meuricoffre l’oncle n’ayant pas voulu me les comuniquer avant pour m’épargnier le mortel chagrin d’aprendre en même tems l’oprobre dans le quel étoit tombé cet cher enfant, et l’Exil, dont il etoit menacé, de votre Institut ainsi que de la maison de Monsieur Colomb; je dois lui savoir d’autant plus de gré d’une pareille attention que les trois semaines qui se sont passées depuis la reception de ces lettres ont donné le tems, à celles que vous, ainsi que M[onsieu]r Colomb m’avez fait l’honneur de m’écrire d’arriver. Je n’ai étée frappée que d’un seul coup, et dans l’amertume qu’il me cause j’ai encore des

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remerciments à faire à la providence, de ce qu’elle a bien voulu me faire connoitre un malheur dans un moment ou l’on peut y porter remède. Je ne balance donc pas un instant, Monsieur, à repondre a votre obligente lettre, et vous autoriser à prendre touttes les mesures que l’humanité et l’interet pour un Enfant qui certeinment n’est pas corrompu dans les principes peuvent vous dicter. Je vous vois d’ailleurs dans les disposition si heureuses à cet egard, que je ne puis avoir que la plus grande confiance dans les tentatifs dont vous me faite part, et par les quels vous voudrez bien continuer à m’entretenir à mesure qu’ils deviendront plus ou moins efficaces; ainsi vous permettrez que desormais j’entre en correspondence suivie avec vous; ce sera le seul moyen de diminuer les inquietudes contre les quelles je ne puis opposer pour le moment, que l’espoir qui me donne la bonté du caractère de l’enfant, et la certitude de le savoir sous votre protection particuliere, dont je ne saurois que solliciter la continuation. Veuillez donc l’accoeuillir entièrement chez vous, comme vous en avez la louable intention, aussitôt que la saison le permettra; je ne doute pas que les soins paternelles et les sages entretiens que vous vous proposé de lui prodiguer produiront l’effet le plus salutaire. De grace ne remettez pas une si difficile entreprise en d’autres maines que les votres. Il faut vos lumieres, il faut cet devouement pour le bien de l’humanite, il faut enfin l’Ami de l’homme, et je ne le vois qu’en vous. Si par un malheure inattendû l’enfant ne repondoit pas à notre attente vous aurez la bonté de me faire part de vos determinations avant de les executer; les miennes à cet égard seront soumises à vos sages conseils en attendant je vous dois infiniment de remerciments pour la delicatesse avec la quelle vous avez conduites cet affaire; en menageant la reputation et l’honneur de l’enfant vous lui avez laissé les plus puissants respects pour se relever de l’erreur dans le quel il etoit, et pour le quel, j’en suis persuadée, il ne tardera pas de sentir tout l’horreur. Je joins à mes remerciments la priere de vouloir bien avoir la bonté de me repondre de suite, et me dire sincerement l’état de l’enfant à l’égard de sa santé pour la quelle je suis en peine, ainsi que relativement a ses aplication, ou emploit de son tems, dont je n’ai eu jusqu’à présent d’autres renseignements que ceux que George lui même a pu me donner tres brievement, peu de jours apres son arrivé a Yverdun. Je dois vous avouer que je n’etoit pas contente ni de son écriture, ni de son orthographe, et je desirerois que ces deux point qui me paroissent tres importants pour son age fussent particulierment soignés; ainsi que la proprete de sa personne, pour la quelle il avoit montré de tout tems une tres

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grande negligence. Je desirerois aussi qu’il ne laissa pas passer une semaine sans m’ecrire ou si ce n’est pas à moi, à les autres parents. – Pardonnez Monsieur, si pour la premiere fois que j’ai l’avantage de m’entretenir avec Vous, j’entre dans tous ces détails, je sent qu’il ne faut pas perdre du tems, et dailleurs j’ai une trop grande opinion de vos vertues pour craindre de vous deplaire en vous confiant tout ce que les sentiments maternels peuvent me faire prevoir ou craindre. – Je crois que la vie retirée que je mène, est la cause que je n’ai pas encore fait la connoissance de M[onsieu]r Picconi votre recomandation a son égard ne peut que me donner de l’empressement à me procurer cet avantage et à me donner tout le mouvement possible pour cooperer a son établissement dans cette ville, il est au reste tres bien appuye s’il a la protection de Madame Filangeri qui jouit de la plus haute consideration dans touttes les classes des personnes. Je suis chargée de la part de M[onsieu]r Meuricoffre l’oncle de vous faire agreer ses homages; il se propose de vous les confirmer directement le plus tot possible. Je n’ai pas le tems de repondre aujourd’hui à la lettre de Monsieur Colomb je me reserve de le faire par le prochein courrier; veuillez lui faire mes excuses, et lui presenter mes compliments. – Je vous reitère Monsieur l’assurance des sentiments d’estime et de respect, avec les quels j’ai l’honneur de me dire Votre tres humble Servante Celeste Meuricoffre née Coltellini

Überlieferung 1 2 5

ZB Zürich Ms Pestal 53, Umschlag 216/1 Bogen, 234x187 mm, etwas fleckig Original Textkritik

Zeuge H Z. 23 Z. 63 Z. 64

d’ailleurs dans une trop pour craindre Sacherklärung I.

Céleste Meuricoffre-Coltellini (1760–1828) ist die zweitälteste Tochter des Librettisten Marco Coltellini (1724–1777) und ein bekannter italienischer Mezzosopran aus Livorno (Toskana). 1792 heiratet sie in Neapel den Bankier Jean George II Meuricoffre (1750–

436 1806), mit dem sie drei Kinder haben sollte: Achilles Pierre (1793–1840), Georges/Georg (1795–1858, ⇒ Nr. 936) und Auguste (1801–1875). III. Z. 7 Z. 7

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George: Georges/Georg Meuricoffre (1795–1858) ⇒ Nr. 936 Monsieur Meuricoffre: Frédéric Robert Meuricoffre (1740–1816) aus Lyon hatte sich 1760 in Neapel niedergelassen und dort das Bankhaus Meuricoffre und Co. gegründet. Monsieur Colomb: Jean Etienne/Georges Collomb (1767–1826) ⇒ Nr. 797 lettre: PSB VI, Nr. 1382 M[onsieur] Picconi: Hier liegt möglicherweise ein Verschrieb vor: Pestalozzi hatte Céleste Meuricoffre-Coltellini (1760–1828, ⇒ Sacherklärung I.) einen docteur Picard als «un de mes amis spéciels» ans Herz gelegt (PSB VI, S. 69). Der Arzt und homme de lettres lebte offenbar aus gesundheitlichen Gründen in Neapel und stand in Verbindung zur Familie Filangieri (⇒ Z. 72). Weder über einen Picconi noch über besagten Picard konnte etwas in Erfahrung gebracht werden. son établissement dans cette ville: Dazu konnten keine weiteren Angaben gefunden werden. Madame Filangeri: Carolina Filangieri (1750–1828), geborene Gräfin Frendel aus Bratislava, wurde 1780 von der österreichischen Kaiserin Maria Theresia (1717–1780) als Erzieherin an den neapolitanischen Hof gesandt und heiratete 1783 den italienischen Juristen und Staatsrechtler Gaetano Filangieri (1752–1788). Sie hatte drei Kinder: die Söhne Carlo (1784–1867) und Roberto sowie eine Tochter Adelaide, die früh starb.

951. Octavie Louisette Henriette Crinsoz-de la Harpe März 1808 [Reg.] Frau Crinsoz teilt Pestalozzi mit, dass sie ihren Sohn aus dem Institut nehmen will. Überlieferung PSB VI, S. 80.27f. Sacherklärung I. Octavie Louisette Henriette Crinsoz-de la Harpe (*1763) heiratet Georges Samuel Crinsoz (1754–1798), einen Kauf- und Handelsmann. Sie leben zuerst in Ostende (Belgien) und anschliessend in London. III. Z. 4

ihren Sohn: François Crinsoz (1797–1865) ⇒ Nr. 866

437 952. Ignaz Heinrich von Wessenberg 12. März 1808 Konstanz den 12. März, 1808. 5

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Verehrungswürdiger, lieber Pestalozzi! Innigst haben mich Ihre lieben Zeilen gefreut, die ich durch den braven Nabholz erhalten habe. Dieser macht täglich Fortschritte im Guten, und sein Wille ist eben so rein, als sein Eifer gross und lebendig. Das Institut zu Kreuzlingen hat jetzt an einem gewissen Vogt einen neuen Lehrer erhalten, der viel verspricht, und ganz für diese Brüder-Familie taugt, die durch einen so edeln Zweck in Liebe vereinigt ist, und Gott dadurch am besten zu dienen glaubt, indem sie Menschen erzieht. Einer der Lehrer wird sich wahrscheinlich ehestens nach Hofwyl begeben, um sich von Fellenbergs Unternehmungen genaue Einsicht zu erwerben. Vielleicht lässt sich manches in Kreuzlingen anwenden. Geist und Liebe, Himmel und Erde müssen sich immer die Hände bieten, wenn die Menschen-Kultur vollständig werden soll. In Deutschland und der Schweitz geschieht aller Orten etwas für das Schulwesen. Grossentheils fehlt noch die klare Ansicht. Allein auch diese wird durch Erfahrung und allgemeinen Wetteifer herbeygeführt werden, und auf solche Art werden sich Ihre Ideen, die das Alpha und Omega der Menschenbildung umfassen, unter den Menschen von selbst verbreiten, und dauerhaften Seegen stiften, ohne dass es der Triebanstalten fürstlicher Begünstigungen eben wesentlich bedarf. Erhalten Sie mir ferner Ihre Liebe! Ich bin auf immer Ihr Verehrer und Freund v[on] Wessenberg

Überlieferung 1 4 5

ZB Zürich Ms Pestal 57, Bl. 87, S. 164 Datum am Schluss Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 22 Z. 22

Alpha: lateinische Schrift Omega: lateinische Schrift

438 Sacherklärung I. Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774–1860) ⇒ Nr. 683 II. Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774–1860, ⇒ Nr. 683) hatte Pestalozzi 1801 und 1805 in Burgdorf und Yverdon besucht und unterstützte als Generalvikar des Bistums Konstanz die Bemühungen, in Kreuzlingen (⇒ Nr. 949) die pestalozzische Methode einzuführen. III. Z. 6 Z. 7 Z. 9 Z. 10 Z. 14 Z. 25

Ihre lieben Zeilen: PSB VI, Nr. 1390 Nabholz: Philipp Nabholz (1782–1842) ⇒ Nr. 967 Institut zu Kreuzlingen: ⇒ Nr. 949 Vogt: Es ist unklar, um wen es sich hier handelt. Fellenbergs: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 Triebanstalten fürstlicher Begünstigungen: Es ist unklar, ob Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774–1860, ⇒ Nr. 683) hier konkrete Vorbilder vor Augen hat, oder ob er die generelle Unterstützung der Schulreformen durch Regierungen anspricht. Konkret könnte er mit dieser Aussage Carl Theodor Anton Maria, Freiherr von Dalberg (1744–1817, ⇒ Nr. 565) meinen, welcher den Vorsitz des 1806 geschaffenen Rheinbundes innehatte. Wessenberg könnte damit aber auch die Unterstützung Johannes de L’Aspées (1783–1825, ⇒ Nr. 959) bei der Gründung seiner Privatschule durch Herzog Friedrich August von Nassau-Usingen (1738–1816, ⇒ Nr. 959) und des Fürsten Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg (1768–1816) ansprechen.

953. Herr Gonzales de Villar 14. März 1808 5

à Monsieur M[onsieur] Henri Pestalozzi franco à Yverdun. C[ant]on de Vaud. Berne le 14 Mars 1808.

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Confidentielle

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Monsieur! Après avoir lû la reponse que vous avez fait en dernier lieu à S[on] A[ltesse] S[érénissime], le Prince de la Paz, et que S[on] E[xcellence] M[onsieu]r le Chevalier de Caamaño s’est empressé de Lui adresser, il m’est venu à l’idée un projèt que je soumets à votre

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approbation. Vous témoignez au Prince votre reconnaissance pour l’intérêt que S[on] A[ltesse] et d’autres Espagnols de qualité et éc[la]irés ont pris à votre personne et à votre méthode d’en[seignement], et cela vous fait honneur; je crois qu’il ne serait pas moins honorable pour vous d’écrire au Prince de la Paz une lettre tout exprès, pour Lui exprimer combien M[onsieu]r le Chevalier de Caamaño a montré du patriotisme et d’amour pour le bien, en favorisant avec un sensible plaisir votre correspondance avec l’Espagne, et combien de procédés honnêtes et aimables il a eu envers vous pendant tout ce tems. La suppression de l’Institut de Madrid fournit l’occasion à cette lettre, et M[onsieu]r l’Ambassadeur ayant été l’intermédiaire de vos rélations avec cet établissement ainsi qu’avec S[on] A[ltesse] S[érénissime] vous trouverez facilement sur quoi la fonder. Je vous prie de bruler celle-ci après avoir pris connaissance de son contenu; je fais cette demarche tout-à-fait à l’inçu de mon chef, et il serait fâché s’il savait que je vous avais communiqué le projet dont il est question, qui m’est inspiré par le désir de vous voir faire une chose qui ne laisse pas de convenir. La confiance que vous m’accordez, m’engage à vous traiter ainsi amicalement, et si vous goûtez le projèt, adressez-moi la lettre, que je me charge de faire parvenir à sa destination. J’espère que vous voudrez bien me recommander en même tems aux bontés du Prince, et je vous en aurai de l’obligation. Je saisis cette occasion pour vous renouveller les assurances de mon attachement et estime parfaite, avec les quelles j’ai l’honneur d’être, Monsieur, Votre très humble et très ob[éissant] serv[iteu]r R.A. Gonzalez de Villar

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ZB Zürich Ms Pestal 1470/19 Bogen, 231x176 mm Siegel Original Textkritik

Zeuge H Z. 17–18

Siegelausriss

440 Sacherklärung I. Herr Gonzales de Villar (1785–1851) ⇒ Nr. 855 III. Z. 12 Z. 13 Z. 14 Z. 20 Z. 25 Z. 26 Z. 30f.

reponse: PSB VI, Nr. 1386 Prince de la Paz: Manuel de Godoy (1767–1851) ⇒ Nr. 854 Chevalier de Caamaño: Joseph Bentura de Caamaño Gayoso Arias Varela et Mendoza (1735–1815) ⇒ Nr. 852 une lettre: Scheint nicht erhalten zu sein. Es bleibt daher unbekannt, ob Pestalozzi Gonzales de Villars Bitte je nachgekommen ist. l’Institut de Madrid: Pestalozzische Militärschule Madrid ⇒ Nr. 882 M[onsieur] l’Ambassadeur: Joseph Bentura de Caamaño Gayoso Arias Varela et Mendoza (1735–1815) ⇒ Nr. 852 mon chef: Joseph Bentura de Caamaño Gayoso Arias Varela et Mendoza (1735–1815) ⇒ Nr. 852

954. Johann Gottfried Ebel 24. März 1808 Frankfurth den 24. Merzen 1808. 5

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Innigst verehrter und geliebter Freund Wir haben uns längst erkannt, theuerster Pest[alozzi], und von dem Augenblick unsres Wiedersehns im Jahr 1801 war ich von der unaussprechlichen Wichtigkeit Ihrer Erziehungs- und Unterrichts[methode] so durchgedrungen, dass ich von der Zeit nicht aufgehört habe, einer Ihrer wärmsten u[nd] lautesten Apostel zu seyn, wo sich die Gelegenheit nur darboth. Das Gelingen und weitere Aufblühen Ihrer Anstalt und die weitere Verbreitung des Segens Ihrer einzig wahrer Elementar-Methode liegt mir so nahe am Herzen, als alles, was so unmittelbar zum Wohl der Menscheit abzweckt. Alles, was Sie und Ihre Anstalt betrift, erregt stets in mir den lebhaftesten Antheil, u[nd] mein Nachfragen bey denen, welche von Ihnen herkommen, findet kein Ende. Alles, was ich von Ihrer Anstalt, es betreffe nun die ___ der Methode oder die gemeinsam gefeyerten Feste, lese, erfült mich mit der reinsten Seelenfreude, denn in allem weht der e i n z i g ä c h t e G e i s t , von dem allein nur aller Segen über die Menscheit je a u s g e g a n g e n i s t u[nd] a u s g e h e n k a n n . Unzähligemal habe ich mit Ihnen diejenige Wonne getheilt, die Sie zum Glücklichsten der Sterblichen machen muss, nehmlich nach einem so mühevollen Leben ein solcher Palme des Lohns, wie die Ihrige, errungen zu haben,

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und in deren Schatten u[nd] Wachsen das zu geniessen, was dem edlesten Menschen u[nd] jedem Geiste, er wohne im Universum wo er wolle das höchste geistigste Seelenglück ist. Ein Mann wie Sie tröstet alle Guten u[nd] Edlen in dieser trostlosen Zeit, erhebt die Kräfte u[nd] den Muth in jeder Brust, u[nd] belebt mit Hoffnungen für die Zukunft u[nd] für die Morgenröthe eines edlern Zeitalters. Der Himmel verleihe Ihnen noch Jugendkraft u[nd] erhalte Sie zum Segen der Welt u[nd] zur Freude alles Edlen in Ihrer edlen Thätigkeit lange Jahre noch. Ich umarme Sie u[nd] alle Ihre treflichen Freunde u[nd] Gehülfen aufs wärmste u[nd] herzlichste u[nd] bin mit höchster Verehrung und Liebe ewiger unveränderlich Ihr treuester ergebener Freund Dr Ebel.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich Ms Pestal 57, Bl. 90a–91, S. 171–172 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 20 Z. 27

allem weht im Universum Sacherklärung I.

Johann Gottfried Ebel (1764–1830) aus dem schlesischen Sulechów (Züllichau, Polen) schliesst sein Medizinstudium in Frankfurt an der Oder 1789 mit der Promotion ab und bereist ab 1790 drei Jahre lang die Schweiz. Seine dabei erworbenen Kenntnisse veröffentlicht er 1793 in einer zweibändigen Anleitung, auf die nützlichste und genussreichste Art die Schweiz zu bereisen, die als erster Reiseführer der Schweiz gilt. Anschliessend lässt er sich in Frankfurt am Main als Arzt nieder und engagiert sich politisch für die französischen Revolutionsideale, etwa als Übersetzer der Schriften des französischen Revolutionstheoretikers Abbé Sieyès (1748–1836). 1796 verlässt er Frankfurt Richtung Paris, erhält dort das Bürgerrecht und lebt seit 1803 zumeist in der Schweiz, wo er nach dem helvetischen Bürgerrecht 1801 auch das Zürcher Bürgerrecht erhält (1803). Hier setzt Ebel, der innerhalb des europäischen Gelehrtennetzwerkes im Gedankenaustausch mit Alexander von Humboldt (1769–1859, ⇒ Nr. 933), Wilhelm von Humboldt (1767–1835, ⇒ Brief vom 6. Juni 1817), Friedrich Carl von Savigny (1779–1861) und Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom Stein (1757–1831) steht, seine geologischen und medizinischen Forschungen fort und engagiert sich für politische Reformen in der Schweiz.

442 II. Johann Gottfried Ebel (1764–1830, ⇒ Sacherklärung I.) besuchte 1801 Pestalozzis Unterrichtsanstalt in Burgdorf und nahm entschieden Partei für ihn, der diese Unterstützung auch zwei Jahre später in einem Brief an Ebel noch einforderte (PSB IV, Nr. 776). Bekanntschaft scheinen Ebel und Pestalozzi, beide mit dem Pariser Bürgerrecht versehen, schon während der Französischen Revolution in den 1790er-Jahren geschlossen zu haben.

955. Franz Adam Lejeune 29. März 1808 5

[Reg.] Antwortvermerk «rép. 29. Mars 1808» auf dem Brief Pestalozzis vom 21. Februar 1808.

Überlieferung 1

ZB Zürich Ms 3/70a,2 Sacherklärung I.

Franz Adam Lejeune (1765–1854) ⇒ Nr. 870 III. Z. 4

Brief Pestalozzis: PSB VI, Nr. 1363

956. Georges de Rougemont Ende März 1808 5

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M[onsieu]r Pestalozzi Je vous dois mes plus sincère remerciements M[onsieur] de la bonté avec laquelle vous vous êtes efforcé de m’initier dans votre méthode, tout en accueillant avec une indulgence sans bornes des objections souvent denuées de clarté et de précision. Depuis mon retour ici m’entretenant de votre methode avec M[onsieu]r de Montmollin il crut apercevoir quelqu’analogie entre mon opinion et celle qu’il venoit de lire dans les N[umér]os 231. 232. 233. 234 de la gazette litéraire universelle et sans m’en rien dire, il me proposa de les lire. C’est ce que j’ai fait et j’ai trouvé dans le N° 234. le résumé de mes idées tirées au clair si je puis m’exprimer ainsi.

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1° Seroit il vrai que vous ne mettés de prix aux connoissances qu’autant qu’elles trouvent une application à la vie commune? 1. Jenaische allgemeine L[iteratur] Zeitung 30. 7bre 1806 fol. 625. Je ne puis le croire, d’après ce que vous m’avés exprimé avec tant de vérité et de chaleur, sur l’influence de l’imagination et sur la culture religieuse. La contemplation du beau, du bon, du vrai, du divin, comme s’exprime le critique me paroit de première nécessité dans toute éducation publique ou particulière. 2° Seroit il vrai que votre methode confondit ce qu’il y a d’essentiel dans l’objet même, avec ce qu’il y a d’essentiel dans la manière de le saisir, ___ ? Si cela étoit, il est bien evident que la méthode exigeroit une réforme à cet égard. 3° Cette seconde objection tombe d’elle même, ce me semble, si l’on convient de ce qui sert de base à la troisième, car si le but de la méthode est d’accoutumer l’Elève à saisir les objets dans toute leur pureté, c[’est] à d[ire] avec la plus grande précision, et cela non pour augmenter la nomenclature des objets qu’il aprend à connoître mais pour fortifier l’entendement qui les saisit, l’on ne peut reprocher à la méthode de s’occuper plus de l’objet même que de la manière de le saisir, en d’autres termes, de s’occuper plus de l’objet qu’on présente à l’élève que de l’Elève à qui l’on présente l’objet. Mais lors même que la méthode ne s’occuperoit que de la manière et qu’elle en présenteroit une inconnue jusqu’à présent et plus parfaite qu’aucune autre une trop grande uniformité en est elle moins à plaindre? non sans doute mais je conviens qu’il pourroit y avoir ici une pétition de fait. 4° En quoi est il vrai que la methode procede du général au spécial? 5° Pendant mon séjour à Yverdun je n’ai pas assisté aux leçons de lecture. M[onsieu]r de Muralt m’a donné une idée de la méthode à cet égard mais l’on prétend que les elèves font peu de progrès. Je me suis efforcé de poser le probleme à résoudre, bien convaincu «Qu’on exprime aisément ce que l’on conçoit bien», et conséquemment qu’on n’a pas compris ce qu’on ne peut exprimer. La méthode veut que l’enfant n’aprenne à nommer que ce qu’il connoit. L’enseignement ordinaire des mots veut qu’on les connoisse avant ce qu’il désignent. Si la méthode est aplicable à rigueur la lettre, loin de tuer l’Esprit, n’en sera que l’expression, ou pour parler avec le critique de Jena hörbar gewordner Geist.

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Si elle ne l’est pas, elle ne peut que rallentir la marche de l’instituteur et de l’élève. Ce n’est, j’en conviens, qu’ajourner le baptème après la naissance de l’enfant et il est mal et ridicule d’en agir autrement; mais si le mécanisme des langues ne permet guere d’en scinder les parties et si la vie domestique et les institutions publiques exigent que les enfants puissent exprimer ce qu’ils ne comprennent pas, comment éviter cet écueil? ou comment lui oter ses dangers? Je supose que c’est à peu près à cela que se réduit le problème à résoudre et je me permets de présumer que si l’on ne peut pas le résoudre complettement, il vaudroit mieux peut être faire du langage une affaire purement de mémoire en interdisant les questions prématurées et en ménageant à l’Elève la surprise quand il connoîtra la chose de s’apercevoir qu’il en connoissoit déjà le nom. C’est ainsi que les Passages, les cathechismes, les fables, de beaux morceaux de poësie devroient s’aprendre dans nos écoles. L’individualité de l’élève n’en est pas moins compromise, je le conçois, mais il faut ou faire de nécessité vertu ou choisir de deux maux le moindre. Nous nous efforçons à bien saisir un objet dont le non nous est inconnu, l’esprit travaille et se fortifie, il voit l’objet à sa manière et non à la manière des autres. C’est une médaille dont tous les traits l’interessent. On le lui nomme, ce n’est plus qu’une monoye courante dont l’empreinte est presqu’effacée. 5° L’art de contempler, de regarder, inventér par vous M[onsieu]r donne la facilité de déterminer toutes les dimensions d’après une règle fondamentale adaptée à chacune d’elles. Il est donc la plus parfaite de toutes les introductions aux mathématiques mais qu’elle est celle que votre méthode adopte pour les vérités morales et l’élévation de l’ame qui doit résulter de l’habitude de s’en occuper. Cette objection se confond avec la première. 6° Je ne m’arrète pas du tout à l’objection d e c e q u e l a m é t h o d e p a r t d u c o r p s h u m a i n pour former la serie ou la colection des connoissances intuitives. Distinguer le monde extérieur, die Aussenwelt, du corps humain n’est ce me semble qu’une bizzarrerie c’est avoir égard plutôt à la direction horizontale de l’œuïl qui regarde qu’à la nature des choses. Le corps de l’homme me paroit autant hors du sens intérieur de l’homme que la maison qu’il habite. Pardonnés, Monsieur à mes longueurs. Je vous écris en homme qui dit sa pensée parce qu’il aime à la rectifier, en père de famille qui a le projet de vous confier son fils; en Magistrat qui, des son jeune age, a compris que le bonheur des hommes dépendoit de

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leur éducation, c[’est] a d[ire] de la chose peut être dont les législateurs et les Gouvernements s’occupent le moins. Vous m’avis fait espérer un Prospectus de votre méthode M[onsieu]r. Je l’attends avec la plus grande impatience pour le lire, le méditer et p[ou]r le traduire si je m’en sens les moyens et que j’en aye le tems. Veuillés aussi me donner la liste des divers ouvrages que vous avés fait imprimer. Si vous me répondés M[onsieu]r vous m’obligerés beaucoup de faire copier votre lettre comme celle que vous avés ecritte à M[onsieu]r de Montmollin, et si vous m’y authorisés je continuerai à vous soumettre mes observations sur votre methode jusqu’à ce que je sois parvenû à me l’aproprier. Si elle est fondée sur la nature de l’homme, comme j’en suis déja à peu près convaincu, j’en infère qu’elle doit être simple en elle même et facile non seulement à concevoir mais à faire concevoir à tout homme d’une intelligence ordinaire pourvu que son cœur soit bon. Le cœur me paroit ouvrir la tête aux grandes conceptions morales et philanthropiques. Agrées M[onsieu]r l’hommage sincère de mon attachement et de ma veneration P.S. J’ai un paquet de M[onsieu]r Zeller pour M[onsieu]r Schaner, dont je serai le porteur le 1e Avril si vous ne l’exigés pas plutôt. Rapellés moi je vous prie, au bon souvenir de M[onsieu]r de Muralt, Schmedt, Hoffmann et Niederer et dittes leur combien leurs travaux m’inspirent d’estime et de considération pour eux.

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Privatbesitz Familie de Rougemont, Inv. 243, S. 471–473 Die Abschrift ist nicht datiert, der nachfolgende Brief trägt das Datum 31. März 1808. Deshalb ist anzunehmen, dass der Brief an Pestalozzi Ende März verfasst worden ist. Textkritik

Z. 4 Z. 12 Z. 36f. Z. 41 Z. 48 Z. 62 Z. 80 Z. 81

Pestalozzi et sans que de l’Elève∫ qu’il pourroit suis efforcé institutions regarder, inventér déterminer toutes

446 Sacherklärung I. Georges de Rougemont (1758–1824) aus St. Aubin (Kt. Neuchâtel) studiert Jurisprudenz in Göttingen. 1781 bis 1790 ist de Rougemont Bürgermeister von Travers, wo er die Administration reorganisiert. Nach dem Tode seines Vaters rückt er in einige seiner Ämter nach, so wird er, nachdem er seit 1787 bereits Adjunkt war, als Commissaire Général für die Archives Fiscales verantwortlich und wird sein Nachfolger im Staatsrat, den er 1809 präsidiert. 1800, drei Jahre nach seiner Eheschliessung mit CharlotteLouise-Albertine Ostervald (1769–1851, ⇒ Nr. 983), mit der er sechs Kinder haben sollte, erhält er den Titel des Procureur Général (General-Staatsanwalt), ein Amt, das er 21 Jahre lang versieht. 1803 wird de Rougemont zum Leutnant der Kompanie von St. Aubin ernannt. Unter der Regentschaft Louis-Alexandre Berthiers (1753–1815, ⇒ Nr. 937), die von 1806 bis 1814 dauert, gilt de Rougemont als der einflussreichste Neuenburger. Politische Funktionen übernimmt er auch als Tagsatzungsgesandter – als solcher unterzeichnet er 1815 den Beitritt Neuenburgs zur Eidgenossenschaft – und in verschiedenen diplomatischen Missionen. Generell muss de Rougemonts Engagement als «aufklärerisch» bezeichnet werden: Er ist Mitglied der beiden Neuenburger Gesellschaften Société d’Emulation Patriotique (⇒ Nr. 957) und der Société du Jardin und korrespondiert mit einer Pariser Société (möglicherweise mit der Société pour l’Instruction Elémentaire, um die Elementarschulbildung zu verbessern. Er ist Mitbegründer der Chambre d’Assurance contre l’Incendie (1811) und engagiert sich – wenn auch mit wenig Erfolg – für die Förderung von Arbeitshäusern und humaneren Gefängnissen nach englischem Vorbild. II. ⇒

Nr. 937 III.

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M[onsieu]r de Montmollin: Frédéric Auguste de Montmollin (1776–1836) ⇒ Nr. 941 M[onsieu]r de Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 Prospectus: Es dürfte sich hier um den Bericht an die Eltern und an das Publikum über den gegenwärtigen Zustand und die Einrichtung der Pestalozzischen Anstalt in Iferten, Februar 1808 (PSW XXI, S. 11–87) handeln, den Georges de Rougemont (1758–1824, ⇒ Sacherklärung I.) ins Französische übertragen wollte. M[onsieu]r Zeller: Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656 M[onsieu]r Schaner: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte; möglicherweise handelt es sich um Georg Friedrich Adolf Schöner (1774–1841, ⇒ Nr. 774). Da das Paket in der weiteren Korrespondenz aber nicht mehr erwähnt wird, kann diese Annahme nicht weiter erhärtet werden. Schmedt: Joseph Schmid (1785–1851) ⇒ Nr. 712 Hoffmann: Georg Franz/Franz Georg Hofmann (um 1765–1838) ⇒ Nr. 802 Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507

447 957. Georges de Rougemont 3. April 1808 M[onsieu]r Pestalozzi 5

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3 Avril 1808. Il existe à Neuchatel une société de 12 hommes, qui s’assemblent chaques semaine une fois pour ne s’occuper que de ce qui peut être utile à la patrie. M[onsieu]r Meuron porteur de cette lettre est l’un de ces douze hommes. C’est assés vous le recommander M[onsieu]r Ministre du S[ain]t Evangile par état, riche, bon agronome, amateur de belles lettres, parfaitement honnête homme, il a la volonté les moyens et le tems d’être utile à ses semblables. Il a lû Chavannes et je dirois presque t a n t p i s , il se figure que votre méthode doit tuer l’imagination et qu’elle ne produira jamais de poëtes etc. Vous l’entendrés. J’attache de l’importance à ce qu’il revienne bien disposé; celà est aifsé, car les principes sur lesquels repose la methode sont aussi séduisants par tout ce qu’ils ont d’aimable qu’ils me paroissent justés et démontrés. Dès qu’on les concoit l’on ne pense plus ni au grec ni au latin que comme à de futurs contingents et M[onsieu]r Meuron y pense trop parce qu’il sait bien l’un et l’autre, l’on ne pense plus aux choses qui nourrissent la vanité des Instituteurs des parents et des Eleves et M[onsieu]r M[eur]on s’en occupe trop. L’on ne s’occupe que du genre humain. Jeudy passé j’avois la Société chés moi, j’avois préparé quelques observations dont je suprimai la lecture parce que l’inspecteur de nos Ecoles n’étoit pas présent, mais aussi parce que c’est une matière si importante à la fois et si délicate à traiter que je ne hazarde un pas en avant que lorsque j’ai bien sondé le terrain. C’est votre methode. Je prends la liberté de vous envoyer ces observations, non qu’elles vaillent la peine d’être luês par vous M[onsieu]r et M[essieu]rs vos collaborateurs, mais parce que j’ai besoin de connoître votre opinion sur ma manière d’envisager vos principes. Je ne me consolerois pas d’en donner une idéë fausse. Veuillés M[onsieu]r me renvoyer ces observations avec les votres sur leur contenu. Je desirerois fort pouvoir en faire l’objet de notre entretien Jeudy prochain. Vous voudrés bien me pardonner de vous envoyer ces observations sur des feuilles détachéës et très mal écrittes. Je n’ai pas eu le tems de les faire copier.

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Vous y remarquerés sans peine que mon but principal est de mettre les idées générales à la portée des têtes les plus ordinaires et de faire parler le cœur en s’addressant à lui. C’est la marche de la nature, c’est votre méthode M[onsieu]r si je la conçois bien. Je dis que c’est la marche de la nature et je pense en effet que s’il faut de bonnes lunettes pour apercevoir la vérité à travers les brouillard des passions, et la poussière scholastique, il n’y a pas de myope qui ne la voye très clairement lorsqu’elle est débarbouïllée. Moliere lisoit ses commédiës à sa cuisinière et ne les mettois au théatre que lorsqu’elle avoit son approbation. Je crois en vérité qu’on pourroit presque soumettre à la même épreuve maintes dissertations philosophiques qui n’offre que des idéës faciles à concevoir et soumises à une marche simple et régléë, des qu’on les décend des Echasses d’une savante therminologie pour les placer sur leur pieds. Je vous fais part de ces idéës M[onsieu]r parce que, si jamais j’entreprenois de traduire de vos ouvrages, M[onsieu]r me serviroient de règle à moins que vos observations ne m’en fissent revenir; mais vos observations et votre exemple s’accorderoient sans doute et je ne connois rien de plus simple de plus vrai, énergique, de plus touchant et j’ajouterai souvent de plus sublime que le style de l’auteur de Léonard et Gertrude, ouvrage que je lisois avec le plus grand interrêt il y a 20 ans et qui m’est aujourd’hui de la plus grande importance, car j’y vois bien clairément l’homme de l’institut, le créateur de la méthode. Je me livre au plaisir de converser avec vous. M[onsieu]r sans réfléchir que vous avés bien autre chose à faire qu’à lire les penséës d’un homme qui a droit cependant à votre indulgence par les sentiments d’attachement et de respect qu’il vous a voués sans réserve.

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Privatbesitz Familie de Rougemont, Inv. 243, S. 473–475 Copia Textkritik

Zeuge [h] Z. 17 Z. 49 Z. 53

tout ce mettois au théatre et soumises

449 Sacherklärung I. Georges de Rougemont (1758–1824) ⇒ Nr. 956 II. Pestalozzi war in der französischsprachigen Schweiz vor allem auch durch eine Schrift bekannt geworden, die der waadtländische Pfarrer und Revolutionär von 1798 und spätere Zoologe Daniel-Alexandre Chavannes (1765–1846, ⇒ Nr. 661) aufgrund eines Besuches in Burgdorf geschrieben hatte. 1805 erschien sowohl in Paris als auch in Vevey Chavannes Schrift Exposé de la Méthode Elémentaire de H. Pestalozzi, 1809 nochmals in Genf. Zudem war die Neuenburger Nomenklatura durch Pestalozzis Angebot, das Konzept der durch die Stiftung des reichen Neuenburger Kaufmanns JacquesLouis de Pourtalès (1722–1814, ⇒ Nr. 937) im Januar 1808 geplanten Armenerziehungsanstalt zu erarbeiten, auf die «Methode» aufmerksam geworden. Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) hatte zu diesem Zweck Neuenburg besucht und es ist denkbar, dass unter den geladenen Gesprächspartnern auch Georges de Rougemont (1758–1824, ⇒ Nr. 956) war. Bereits im März 1808 jedenfalls hatte sich de Rougemont mit Pestalozzi in Verbindung gesetzt (⇒ Nr. 956) um einige Fragen zur «Methode» zu diskutieren. III. Z. 6

Z. 8 Z. 9f.

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Z. 57

société: Damit ist wahrscheinlich die Société d’Emulation Patriotique (1791–1850/66) gemeint. Zweck der Gesellschaft war die Beförderung des allgemeinen Wohls. M[onsieur] Meuron: Daniel de Meuron (1744–1820) war Pfarrer und bis 1819 Sekretär der Société d’Emulation Patriotique de Neuchâtel (⇒ Z. 6). M[onsieu]r Ministre du S[ain]t Evangile: Es könnte sich hier um den Ehrenkaplan des preussischen Königs Friedrich Wilhelm III. (1770–1840, ⇒ Nr. 568) und Pfarrer in Neuenburg, Jacques-Louis Du Pasquier (1765–1839), handeln. Chavannes: Daniel Alexandre Chavannes: Exposé de la Méthode Elémentaire de H. Pestalozzi, suivi d’une Notice sur les travaux de cet Homme celebre, son Institut et ses principaux Collaborateurs. Vevey 1805 observations: Es ist unklar, ob diese erhalten sind, da sich der Nachlass de Rougemont in Privatbesitz befindet. opinion: Eine Antwort Pestalozzis scheint nicht erhalten zu sein. Moliere: Jean-Baptiste Molière (1622–1673) aus Paris, Schauspieler, Theaterdirektor, Dramatiker, gilt als einer der grössten französischen Theaterautoren. ouvrages: Es ist unklar, ob Georges de Rougemont (1758–1824, ⇒ Nr. 956) diesen Plan umgesetzt hat; zumindest sind keine Übersetzungen de Rougemonts bekannt geworden.

450 958. Karl August Zeller 18. April 1808 Hofwil, den 18. April 1808. 5

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Guten Tag, Freund! da bin ich auch wieder u[nd] zwar nicht mit leeren Händen, wie du siehst. Lass dir erzählen, wie es kam, dass ich mich dahinter machte und wozu nun! – H a r d m e y e r s Impertinenz hat den ersten Impuls gegeben. Der Mensch geht hin u[nd] reicht dem Zürcher Erziehungsrat eine Forderung ein, worin er für seine sogenannte Schreibmethode, di[e] er der Rusterholzischen nachgesetzt sah, eine ungeheure Entschädigung forderte: Erstattung seiner Unkosten, 300 Fl[orin] für seine geistu[nd] herztötende Anstrengung, die ihn genötigt, in die Tiefen der Aesthetik einzudringen u[nd] dergl[eichen] Zeug mehr. Wart! dachte ich, ich will dir zeigen, wo deine Methode her ist, u[nd] machte mich gleich an die Arbeit, die ich deinem kritischen Auge anmit vorlege. R u s t e r h o l z e n s Manier hat, verglichen mit allem, was in diesem Fach geleistet ward, einen unbedingten Wert, aber es ist keine Methode u[nd] die von mir geschriebene Anleitung ist äusserst planlos u[nd] fehlerhaft. Da nun binnen vier Wochen eine 2. Auflage veranstaltet werden musste, so beeilte ich mich u[nd] tat das um so lieber, da die verehrungswürdige F r a u F e l l e n b e r g , die ihre Kinder selbst u[nd] trefflich unterrichtet, auch in diesem Fach um Hilfe bat. Ich ersuche dich daher dringend, meine Broschüre unverzüglich zu prüfen, deine Bemerkungen auf eingelegte Blätter zu schreiben u[nd] mit umgehender Post wieder hieher zu schicken, dass sie in Zürich gedruckt werden kann, ehe das Schulmeister-Institut eröffnet wird. Es ist von höchster Wichtigkeit, dass die kostbare Zeit, die in den Landschulen auf das Buchstabenmalen verwendet wird, von nun an bildend benützt, dass, so lange das ABC der Anschauung nicht allgemein eingeführt wird, ein Vorläufer aufgestellt werde, der – die wachsamen Türhüter der Gemeinheit täuschend, – dass Kunsttalent wecke u[nd] wenigstens etwas ersetze. Es ist auch Euch wichtig, dass die vielen Stunden, die das Schönschreiben wegnimmt, dem Geiste der Methode gemäss benutzt werde. Hier an den Fellenberg’schen Kindern bewährt sich der Gang sehr schön; es macht den Kindern ausserordentlich viel Freude, die Buchstaben nach den aufgegebenen Bedingungen selbst zu finden, auch drücken sie sich mit Rüstigkeit über jedes Zeichen aus, u[nd] Mad[ame] Fellenberg unterrichtet mit Lust, ohne ihre häuslichen Geschäfte im mindesten zu vernachlässigen. Das Prinzip der Kalligraphie, als Bestandteil des ABC’s der Anschauung ist leicht zu finden. Wenn dieser fragt: Welche Formen sind möglich? – so fragt jener: Welche Form ist g e g e b e n ? (Wie entsteht diese Form? Welche Teile der Form sind gleich oder ungleich? Wie gross, bestimmt an einem konventionellen Massstab gehalten? Die einzige Schwierigkeit, die mir aufstiess, machten die krummen Linien u[nd] die Bestimmung ihrer Grösse. Ich bemerke noch, dass ich die ganze Anleitung teils mit dem Mass- u[nd] Zifferkasten ___ teils mit den Kindern durchgemacht u[nd] dadurch berichtigt habe und dass sie ins Französische übersetzt u[nd] für die lateinische Schrift bearbeitet werden wird.) Mit der Sammlung der französischen Wurzelwörter u[nd] Ableitungssilben, auch mit der Buchstabentafel bin ich fertig u[nd] werde nun flugs darangehen, die ganze Sache en détail zu bearbeiten. Vielleicht geschieht das in Neufchâtel, mit u[nd] für neufchâtelische Schullehrer. – Punktum nun vom Hauptwerk, wofern du mir versprichst, baldmöglichst die Anleitung zurückzuschicken. Von mir u[nd] meinen Fatis wäre viel zu erzählen. Von Zürich zog ich ab den 21. März u[nd] verliess die K. Y. Z sichtbar erfreut, dass sie endlich des F r e i h e i t s p f a r r e r s – so heisst mich der Städter in Zürich los wurden. Keine Worte keine

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Winke dass ich bleiben möchte. Da, Pf[arrer] G e s s n e r bekannte mir, er habe einen Versuch gemacht, ob man mir nicht eine Pfarrei versprechen möchte, – umsonst! Aber die Esel von Bauern beginnen die Ohren zu spitzen! Der bewusste Befehl hat Wunder gewirkt, daher aber die lange Verzögerung desselben. Es sind Deputationen von Gemeinderäten bei mir gewesen, die mich flehentlich baten, es möchte doch auch ihren Schulen geholfen werden. Ich reiste dann über Zofingen, vernahm das Nähere und nahm vorläufig den an mich ergangenen Ruf an, kraft dessen ich Direktor der Schulen in Stadt u[nd] Bezirk Zofingen, Lehrer der männlichen u[nd] weiblichen Schullehrer in Zofingen u[nd] der obern Klasse sein soll, mit 100 Louisd’or Gehalt, Wohnung u[nd] freiem Holz u[nd] mit uneingeschränkter Vollmacht, zu wirtschaften mit meinen Buben, Maidli u[nd] Schulmeistern, wie es vor Gott, der Christenheit u[nd] dem Gewissen zu verantworten. Von Aarau aus schrieb mir Regierungsrat F e t z e r , man wünsche sehr, dass ich den Ruf annehmen möchte u[nd] ich solle versichert sein, man werde mich bald «zu Ehren u[nd] Amt ziehen.» Seit drei Wochen warte ich nun hier in Hofwil auf die förmliche Vokation von Aarau her, die ich sodann meinem allerdurchl[auchtesten], grossmächtigsten u[nd] unüberwindlichen König untertänigst einsenden muss. Ob mir der erlauben wird, sie anzunehmen, ist noch sehr problematisch. F e l l e n b e r g legt ein Schreiben bei, worin er mich auffordert u[nd] bei Ceres, Pomona u[nd] Bacchus beschwört, mich in sein système agricole einzustudieren, um ein Wohltäter meines Vaterlandes etc. etc. zu werden. Das wird nun meines Königs Majestät ausserordentlich behagen u[nd] es ist möglich, dass er mir befiehlt, noch drei bis vier Monate hier zu bleiben, und nachdem zurückberuft. Für diesen Fall habe ich die Bedingung bestimmt, dass mir eine königliche Domäne eingeräumt, eines unsrer Waisenhäuser dorthin verlegt u[nd] die Schullehrerbildung des ganzen Landes daselbst konzentriert werden müsse. So bin ich’s zufrieden, wieder sein Untertan zu sein. Fellenbergs Sache mache auch in meinem Vaterlande, sowie überall, unglaubliches Aufsehn. Die Broschüren alle wurden bereits auch ins Italienische u[nd] Spanische übersetzt. Erzherzog Johann schrieb ihm die schönsten Dinge u[nd] die Pariser parlieren so angelegentlich über ihn, als sie kurz vorher über G a l l parliert haben. Nun kommen auch endlich nolenter volenter die Berner Herren hinterdrein, wollen auch nicht die letzten sein u[nd] werden dann, wenn sie alle Formen beobachtet –, nicht mit leeren Händen erscheinen. Kurz, es ist unleugbar, F e l l e n b e r g hat das wahre und einzige Rezept zu dem Köder gefunden, womit man die tauben Fische fangen muss, die nicht hören, was der Menschenfreund – das Höhere in ihnen voraus setzend – vergeblich an sie hinpredigt u[nd] hinschreibt in Büchern u[nd] Wochenschriften. Fellenberg leugnet gar nicht, dass sein Tun so zwecklos u[nd] regenbogen mässig sei, als das Tun jedes Charlatans, wenn es nicht bewirkte, dass das Prestige der jüngern Menschengeneration an naturgemässer Bildung gegen die Alten, die sie hindern, gesichert u[nd] gerettet werde u[nd] wenn nicht die Methode vollendet, was er anbahnte. Seine wenigen Zweifel hierüber, da er nichts kennt, als was er in Münchenbuchsee sah, hab’ ich mit schwäbischer Offenheit gehoben u[nd] ihm geradezu zu verstehen gegeben, dass Ihr alles thun werdet – ohne gemeine Nebenabsichten – ihm Hand zu bieten für den gemeinschaftlichen Zweck. Er ist entschlossen, einen Mona t bei Euch zuzubringen. Deine unermessliche Zelebrität scheint ihm unverkennbar herzlich zuwider zu sein, denn sie macht ihm unbeschreibliche Mühe durch die Visiten u[nd] die Korrespondenz, und das Treiben der gemeinen Menge, einige 100 od[er] 1000 Fl[orin] jährlich durch Maschinen zu ersparen, ist allzugemein, als dass ihr Lob ihn von sich selbst wahrhaft erheben könnte. Die Tendenz der zu errichtenden Institute, zu welchen sich von allen Seiten her Leute anmelden, ist vortrefflich, die reicheren, meist deutschen Edelbuben sollen wackere Oekonomen, die armen treffliche, geübte, denkende, brave Grossknechte, Pächter werden, weil nur durch sie gründlich verbrei-

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tet werden kann, was das dumme Landvolk nicht aus Büchern, Zeitungen, Kupferstichen lernen kann. Mein Tun war bisher seit drei Wochen Unterricht der Mad[ame] F e l l e n b e r g , die Madame E s c h e r in keinem Stücke nachsteht, u[nd] der Jungfrau F o r s t e r in dem, was ich kann u[nd] weiss von Euren Mitteln. Beide machen ihre Sache trefflich u[nd] es kommen die braven Bauern heraus, um zu lugen, was die brave Mutter macht mit ihren Kindern. Abends 6 Uhr kommen etliche Bauerbuben u[nd] Mädels, die ich in unsrer Gesangmethode unterrichte. Der Erfolg ist unglaublich. Die städtischen dummen Buben u[nd] Dirnen werden sichtbar human, haben eine unendliche Freude; die Alten kommen mit u[nd] weinen Freudentränen. Ich bekenne Euch mit Entzücken, dass ich von der allgemeinen Verbreitung dieser Methode ausserordentliche Wirkungen erwarte, u[nd] je roher das Volk ist, mit dem man beginnt, desto bälder emollit mores, rei sinit esse feros erreicht sie seine Sitten u[nd] lässt sie nicht mehr roh sein. Über j e d e s rhythmische u[nd] melodische Verhältnis diktire ich singend ein Übungsstück, die Dondersbuben schreiben es fertig nieder u[nd] bringen es jubelnd nach Hause; was sie gut teffen, begleite ich sogleich mit Text aus dem Stegreif u[nd] das Diktierte wird ein Volksgesang. Diese meine Gesangkompanie nebst einer, die türkische Musik macht, wird einen Hauptbestandteil des nächsten Ackerbaufestes ausmachen. Den Plan dieses Festes soll ich nächste Woche entwerfen, die Poesieen u[nd] Musikstücke machen u[nd] einüben. Ein zweites Geschäft, das ich bald darauf beginnen werde u[nd] auf welches ich mich sehr freue, weil es auch für mich selbst im höchsten Grade lehrreich sein muss, ist die Ausarbeitung unserer kleinen Schriften im Volkston über einzelne Teile der Ökonomie z.B. Viehzucht, Wiesenbau, Düngung, Wachswirtschaft, Behandlung u[nd] Erziehung des Gesindes, holzsparende Feurung, – ich habe zu dem Ende bereits ein volkstümliches Modell der Thermolampe für das Landvolk verfertigt, welches Fellenberg u[nd] ich nächstens im grossen ausführen werden. Diese Schriftchen werden ins Französische übersetzt u[nd] beim Feste als Programm ausgegeben. Dieser Zweck nötigt mich, die einzelnen Teile der hiesigen Wirtschaft aufs genauste zu studieren und mir wieder andere klar zu machen. Zu dem Zwecke habe ich mir die Landwirtschaft logisch zergliedert u[nd] zu Fellenbergs Verwunderung eine Elementar-Ökonomie zu entwickeln angefangen, die als Grundlage eines Lesebuchs für das Landvolk in den Schulen vielleicht noch benutzt werden könnte. Während dieser Arbeit erhalte ich Antwort von meinem König u[nd] ich gehe Ende Juni entweder nach Zofingen oder später nach Stuttgart ab, wie es nun kommt. Binnen drei Wochen kommt Herr M e i n r a d aus Kreuzlingen nebst dem trefflichen talentvollen Kammerdiener des Prälaten hierher, um die Verbindung des Stifts mit Hofwil und Hauterive ins reine zu bringen. Fellenberg hat die sämmtlichen beträchtlichen Vorteile, die dadurch auf seinen Anteil fallen, beiden Stiften, – dem gemeinnützigen Zwecken nämlich – zugeworfen, u[nd] Kreuzlingen erhöht seine Einkünfte, die es auf die edelste Weise verwendet, dadurch um die Hälfte u[nd] darüber. Ich freue mich ausserordentlich auf diesen meine trefflichen Freund u[nd] hoffe, eine Exkursion nach Yverdon mit ihm zu machen. Nun ists genug. Die Feder ist stumpf u[nd] die Finger sind müde. Ein andermal mehr. Worte der Freundschaft an Vater, Mutter, Bruder u[nd] Kinder soviel du weisst u[nd] magst von deinem Zeller.

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Berlin BBF, zu Seyffarths Pestalozzi-Forschungen, Abschriften IV, Umschlag P an Zeller und Zeller an P (Abschrift) Datum am Schluss Textkritik

Zeuge [h] Z. 6 Z. 14 Z. 30 Z. 34f. Z. 38

Z. 44 Z. 44 Z. 48 Z. 58 Z. 59 Z. 67 Z. 68 Z. 68 Z. 79 Z. 87 Z. 95 Z. 99 Z. 106 Z. 112f. Z. 121

Lass dir eigentlich: Manier (siehe Niederer) hat Bei der Klammerbemerkung dürfte es sich um eine Ergänzung Seyffarths handeln. eigentlich: Kindern (von 4–6 Jahren) ausserordentlich Bei der Klammerbemerkung dürfte es sich um eine Ergänzung Seyffarths handeln. Formen sind eigentlich: Grösse. (Es werden hier Beispiele mit Abbildungen von krummen Linien gegeben, aber der Abschreiber hat sie so unvollkommen wiedergegeben, dass sie im Druck nicht wiedergegeben werden können; er will dadurch das Verhältnis ihrer Grösse bestimmen u[nd] er lässt dann die krummen Linien eines Buchstabens in runde ausführen, um sie zu zählen u[nd] zu vergleichen. Die Sache ist an sich sehr unklar. Dr. S[eyffarth]) Ich en détail: lateinische Schrift Neufchâtel: lateinische Schrift Z sichtbar Louisd’or: lateinische Schrift Wohnung u[nd]∫ Ceres, Pomona: lateinische Schrift Bacchus: lateinische Schrift système agricole: lateinische Schrift nolenter volenter: lateinische Schrift die Alten u[nd] die meist∫ zu lugen emollit mores, rei sinit esse feros: lateinische Schrift selbst∫ Sacherklärung I.

Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656 II. Es ist unklar, ob dieser Brief wirklich an Pestalozzi gerichtet ist. Dagegen sprechen zwei Gründe: Erstens wird der Briefempfänger geduzt – in den anderen Briefen Karl August Zellers (1774–1846, ⇒ Nr. 656) wird Pestalozzi mit Sie angesprochen – zweitens weckt auch die Schlussformulierung «Worte der Freundschaft an Vater, Mutter, Bruder u[nd] Kinder» Zweifel am Adressat Pestalozzi. Wer sollte mit Vater, Mutter und Bruder gemeint sein, wenn der Brief an Pestalozzi gerichtet ist? Andererseits scheint sich der Brief unzweifelhaft an eine Person im Institut in Yverdon zu wenden, zudem steht er

454 in einem argumentativen Zusammenhang – «Guten Tag, Freund! da bin ich auch wieder u[nd] zwar nicht mit leeren Händen» – mit den vorangegangenen Briefen vom 13. und 15. Februar sowie vom 10. März 1808. Auch wird der Adressat aufgefordert, «meine Broschüre unverzüglich zu prüfen» (Z. 20), was wiederum Pestalozzi als Adressaten möglich macht. Die Zweifel an der Adressatenschaft, die sich aber nur auf Indizien stützen, sowie die Zuschreibung dieses Briefes in der Pestalozzi-Literatur als Brief an Pestalozzi haben zum Entscheid geführt, diesen Brief zwar aufzunehmen, ihn aber petit zu drucken um damit die Unklarheit der Adressatenschaft zu dokumentieren. III. Z. 5

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Freund: Der Adressat des Briefes ist unklar (⇒ Sacherklärung II.), möglicherweise ist damit der Institutsverwalter Laurenz Jakob Custer (1765– 1822, ⇒ Nr. 748) gemeint, der 1804 die verwitwete Schwiegertochter Pestalozzis, Anna Magdalena, geborene Frölich (1767–1814 ⇒ Nr. 547), geheiratet hatte. H a r d m e y e r s : Kaspar David Hardmeyer (1772–1832) ⇒ Nr. 527 Zürcher Erziehungsrat: Zürcher Erziehungsrat ⇒ Nr. 1218 Forderung: Dabei handelt es sich um das am 9. Februar an den Erziehungsrat (⇒ Nr. 1218) adressierte Schreiben. Der Brief selbst ist nicht mehr erhalten (vgl. StA Zürich, Protokoll des Erziehungsrats vom 15. März 1808, UU.1.3, S. 325). Schreibmethode: Mehrere Netze von Linien unterstützten das Erlernen der Schrägschrift (60 Grad). Rusterholzischen: ⇒ Nr. 938 R u s t e r h o l z e n s : Johann Heinrich Rusterholz (1760–1806) aus Wädenswil (Kt. Zürich) war ab 1780 zuerst Privat-, dann Stadtlehrer in Chur. 1790–1806 führte er auf seinem Gut Riedtli bei Zürich eine Privatschule für Knaben (⇒ Nr. 879). Als Zürcher Politiker war er 1798–1803 Mitglied des Distriktgerichts, 1803/04 Mitglied des Kleinen und 1803–1806 des Grossen Rates und 1803–1806 Erziehungsrat. Anleitung: Carl August Zeller: Fundament des Lesens, der deutschen Rechtschreibung und Sprachlehre. Zunächst für die Elementarschulen des Cantons Zürich. Heilbronn 1806 F r a u F e l l e n b e r g : Margaretha von Fellenberg-von Tscharner (1778– 1839) ⇒ Nr. 451 ihre Kinder: Damit dürften Wilhelm Tell von Fellenberg (1798–1880, ⇒ Nr. 680), Friedrich Rudolf von Fellenberg (1800–1834, ⇒ Nr. 680), Elisabeth Charlotte von Fellenberg (1801–1875, ⇒ Nr. 680) und eventuell auch Elisabeth Olympia von Fellenberg (1804–1870, ⇒ Nr. 680) gemeint sein. Broschüre: Carl August Zeller: Fundament des Lesens, der Deutschen Rechtschreibung und Sprachlehre. Zunächst für die Elementarschulen des Cantons Zürich. Zürich 1806 Schulmeister-Institut: ⇒ Nr. 879 ABC der Anschauung: Johann Heinrich Pestalozzi: ABC der Anschauung, oder Anschauungs-Lehre der Massverhältnisse (1803) (PSW XV, S. 175–340) Neufchâtel: Neuchâtel ist der frz. Name für Neuenburg. Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) war auf der Suche nach einer Anstellung. Nach den erfolgreichen Gesprächen mit Frédéric Auguste de Montmollin (1776– 1836, ⇒ Nr. 941) schien auch Neuchâtel als Ort der beruflichen Tätigkeit in Betracht gezogen worden zu sein.

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Hauptwerk: Carl August Zeller: Die Schulmeisterschule, oder Anleitung für die Landschullehrer zur geschickten Verwaltung ihres Amtes, in Frag’ und Antwort, Gleichnissen, Geschichten und Gesprächen. Zürich 1807 Fatis: Erschöpfung, Ermüdung (lat.) K. Y. Z: Es ist unklar, was damit gemeint sein könnte. G e s s n e r : Johann Georg Gessner (1765–1843) ⇒ Nr. 586 Zofingen: Stadt im Kt. Aargau Ruf: Karl August Zeller (1775–1846, ⇒ Nr. 656) hatte sich auf Empfehlung Pestalozzis (vgl. PSB VI, Nr. 1347) in Zofingen als Lehrer beworben. Die Verhandlungen scheiterten schliesslich im August 1808, weil Zeller vom württembergischen König Friedrich I. (1754–1816, ⇒ Nr. 939) nicht freigestellt wurde. An seiner Stelle wurde sein Bruder Christian Heinrich Zeller (1779–1860, ⇒ Nr. 853) berufen. Lit.: Annedore Bauer: Die Pädagogik Carl August Zellers (1774–1846). Frankfurt am Main 1989, S. 231ff. Maidli: Mädchen (mdl.) F e t z e r : Johann Karl Fetzer (1768–1847) ⇒ Nr. 868 König: Friedrich I., König von Württemberg (1754–1816) ⇒ Nr. 939 F e l l e n b e r g : Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 Schreiben: scheint nicht erhalten zu sein Ceres: Römische Göttin des Ackerbaus, der Ehe und des Todes. Zudem gilt sie als Gesetzgeberin. Pomona: Römische Göttin des Obstsegens Bacchus: Bacchus ist der lateinische Namen für den griechischen (und römischen) Gott des Weines Bakchos. Bedingung bestimmt: Dies realisiert sich mit der Berufung Karl August Zellers (1775–1846, ⇒ Nr. 656) am 11. August 1808 zum Schulinspektor in Heilbronn. Lit.: Annedore Bauer: Die Pädagogik Carl August Zellers (1774–1846). Frankfurt am Main 1989, S. 251ff. Broschüren alle: Es ist unklar, welche Broschüren hier gemeint sind, da keine Übersetzungen nachweisbar sind. Erzherzog Johann: Johann, Erzherzog von Österreich (1782–1859), Sohn von Leopold I., Grossherzog von Florenz, dem späteren Kaiser Leopold II. (1747– 1792, ⇒ Nr. 417), und Bruder des nachmaligen Kaisers Franz II. von Österreich (1768–1835, ⇒ Nr. 1421), etablierte sich nach einer Militärkarriere, in deren Rahmen er unter anderem den Tiroler Freiheitskampf gegen Napoleon I. Bonaparte (1769–1821, ⇒ Nr. 580) unterstützt hatte, als an Fragen der Industrie, Kultur, Bildung, Landwirtschaft und überhaupt des Gemeinwohls interessierter Modernisierer und Mäzen in der Steiermark. Durch seine Heirat mit der bürgerlichen Anna Plochl (1804–1885) von der Thronfolge ausgeschlossen, betrieb er seine vielseitigen Engagements als Privatmann und trat als Politiker erst gegen Ende seines Lebens in Erscheinung, als er 1848 zum deutschen Reichsverweser – ein Amt, das er nur rund ein Jahr innehielt – und 1850 zum Bürgermeister der Gemeinde Stainz (Steiermark) gewählt wurde. Pariser: Es ist unklar, wer damit gemeint sein könnte. G a l l : Franz Joseph Gall (1758–1828) aus Tiefenbronn (Baden-Württemberg) hatte 1785 in Wien promoviert, war praktischer Arzt und «Vater der Phrenologie», der heute als überholt geltenden Wissenschaft, die einen Zusammenhang von Schädel- und Gehirnform einerseits und Charakter

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und Geistesfähigkeiten andererseits herstellt. Seine Lehren verbreitete er ab 1796 zunächst in Wien, ab 1805 auf einer Europareise auch in zahlreichen Universitätsstädten, wobei er insbesondere in Paris, wo er sich 1807 niedergelassen hatte, auf den Widerstand der Fachwelt stiess. nolenter volenter: Damit ist wohl die Redewendung «nolens volens» gemeint (wohl oder übel). Madame E s c h e r : Margarete/Margaretha Escher-von Orelli (1745–1813) war verheiratet mit Salomon Escher (vom Glas) (1743–1806, ⇒ Nr. 306). Jungfrau F o r s t e r : Marie Therese Forster (1786–1862), die älteste Tochter der Schriftstellerin Therese Forster-Heyne (1764–1829) sowie des Naturwissenschaftlers und Schriftstellers Georg Forster (1754–1794) lebte ab 1801 für mehrere Jahre in der Familie der niederländisch-schweizerischen Schriftstellerin Isabelle de Charrière (1740–1805) in Colombier (Kt. Neuenburg), bevor sie sich ab 1806, als ihr Halbbruder Victor Aimé Huber (1800– 1869) zur Erziehung zu Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) nach Hofwil gebracht wurde, ebenfalls einige Male dort aufhielt. Sie wurde Erzieherin und blieb zeitlebens unverheiratet. emollit mores, rei sinit esse feros: Die Redewendung stammt von Ovid und lautet im ganzen Wortlaut: Adde, quod ingenuas didicisse fideliter artes emollit mores nec sinit esse feros (Füge hinzu, dass, wer getreulich die edlen Künste erlernt hat, seine Sitten mildert und sie nicht mehr ausarten lässt). Dondersbuben: Donnersbuben (Lausbuben, mdl.) Schriftchen: Es ist unklar, was hier gemeint sein könnte. Antwort: scheint nicht erhalten zu sein M e i n r a d : Meinrad Kerler (1778–1830) ⇒ Nr. 853 Kammerdiener: Es ist unklar, wer damit gemeint sein könnte. Prälaten: Philipp Jakob Rueff (1743–1831) ⇒ Nr. 905 Stifts: Kreuzlinger Stift ⇒ Nr. 949 Hauterive: Gemeint ist hier das Kloster Hauterive, eine Zisterzienserabtei im Kanton Freiburg. Die Verbindung zwischen den Klöstern Kreuzlingen und Hauterive mit Hofwil bestand darin, dass erstere ihre Landwirtschaften unter Anwendung der von Philipp Emanuel von Fellenberg (1771– 1844, ⇒ Nr. 426) entwickelten sowie erprobten Anbaumethoden, Ackergeräten und landwirtschaftlichen Maschinen verbessern wollten. Fellenberg hatte seit 1806 auf Hofwil ein zu Versuchszwecken geführtes landwirtschaftliches Laboratorium eingerichtet, woraus dann 1807 das Landwirtschaftliche Institut (⇒ Nr. 908) wurde. Vater: Falls der Brief wirklich an Laurenz Jakob Custer (1765–1822, ⇒ Nr. 748) gerichtet war, dürfte hier Pestalozzi als Hausvater des Instituts angesprochen sein, da Custers Eltern bereits verstorben waren. Mutter: Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 Bruder: Johann Heinrich Custer (1757–1818) ⇒ Nr. 752 Kinder: Anna Franziska Theresia, genannt Therese Kraft-Custer (1805– 1880, ⇒ Nr. 748) und Elisabeth Custer (1807–1865).

457 959. Johannes de L’Aspée 20. April 1808 Johannisberg den 20ten April 1808. 5

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Ich habe es gewagt, nach dem, man mir mein kleines Wirken mit 2 armen Knaben, die ich mit der Einwilligung meines Vaters zu mir nahm, durch schriftliches in die Ohren Flüstern unserer Geistlichkeit (unseren alten Pfarer ausgenommen) über die Schädlichkeit dieser Methode störte, unserer hohen Landesregierung die Erlaubniss abzugewinnen, nach der Methode des ungevergesslichen H[errn] Pestalozzi eine Privatschule in unserer Hauptstadt Wisbaden zu versuchen. Man führte mich zuerst zum Regierungsrath Rodewitt, dann zum Regierungsrath Kaiser, welche beyde Mitglieder der Schulkomission in unserm Land sind. Rodewitt ist kein Kenner, äussert aber nichts desto weniger den Wunsch dieselbe eingeführt zu sehen, um auf der Stelle, wenn sie seiner Erwartung entspräche, seine 2 Knaben mir anzuvertrauen. Kaiser ein besserer Kopf und gewan[dt]erer Kenner hat unter andern den Brief von H[errn] Ritter in Guths Muths Bibliothek für Schulwesen gelesen und freüt sich ausserordentlich, dass nach seinen und des Preesidenten schon längst geäusserten Wünsche[n] sich jemand und sogar unter den Landes Kindern vorfände, einen Versuch damit zu machen. Er sagte mir, H[err] Müller von Mainz habe ihm mit einigen Knaben eine Probe gezeigt, die so weit seine Erwartung überstiegen hätte, dass er beynahe geglaubt hätte, verabredet gewesen. Auch er versprach mir nebst seinen Kindern, wovon das Älteste zwölf Jahr alt ist, noch mehrere seiner Freünde, und die Sache so viel möglich zu befördern, und wiess mich desshalben zum Supe[r]intendenten (Praesidenten der Schulkomission) dieser gelehrte und ehrwürdige Greiss und wahre Verehrer des Treibens P[estalozzis] empfieng mich mit einer grossen Herablassung, freüte mich meines Wunsches, und rieth mir, um unsern Herzog aufmerksam darauf zu machen, eine schriftliche Vorstellung meines Unternehmens mit dem Zeugniss des H[errn] Pestalozzi in Betreff meines Betragens und meiner Tauglichkeit nach seiner Methode zu lehren, dem selben eigenhändig zu überliefern, damit ich mit grösserm Ansehen, wie er sich ausdrückte die Sache zu unternehme. Da ich mich erklärte, das Ganze auf meine Kösten zu unternehmen, gab man mir zu verstehen, dass es nicht immer so bleiben würde, wenn meine Probe ausfiele. Dieser liebe Mann schickte mich zum Hofrath Götz (Cabinets Secretair), als einen Verstän-

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digen der Sache, der mir unter andern versprach, mich selbst zum Landesherrn zu führen. Ich war den Tag, an dem dieses alles vorgieng, – wie im Himmel, theil weil ich dadurch Ihrem Geiste näher komme, und vielleicht auch ein Sandkörnchen zu den grossen Bau, den Sie alle beginnen, durch meine Anstrengung herbey ___ kann, theils weil der Antheil, den diese gelehrten Männer an Ihrem Streben nehmen, mir ein Ersatz für das Spotten, Höhren, Lachen und Kritisiren über uns seine Methode unserer meisten Lehrer, Pfarer und Praticanten ist, denn wirklich habe ich gefunden, dass die Methode am leichtesten bey rohen Leüten und grossen unverdorbenen Gelehrten Eingang findet, und die zwischen beyden liegen, sagen, sie führe wieder zurück, da könnte sie gut seyn, wo man noch nicht so aufgeklärt sey. Unser Schullehrer sagte mir nämlich, nach dem wir lange darüber geredet hatten: «Den Herbst eine einzige Ohm Wein mehr, ist mir lieber, als alle Schulverbesserung.» Er denkt sich die Felderverbesserung als Ziel seines Daseyns. Und ich glaube unser jeziger Pfarrer gäbe die ganze Schulverbesserung für ein Maas Wein hin. Unser alte verehrungswürdige Pfarrer hingegen denkt ganz anders, er sagte mir neülich in einer ansehnlichen Gesellschaft ganz in seiner gutherzigen Art, nach dem ich ihm manches erzählet hatte: «Pestalozzi besitzt die Gnade Gottes in einem sehr hohen Grade» und nach dem er die Wochenschrift gelesen hatte, sagte er wieder in einem Nachbar’s Haus, wo ich zugegen war: «Wenn der Mann handelt wie er schreibt, obschon der nicht katholisch ist, so muss ich ihn für einen heiligen Mann halten. W. de l’Aspée

Überlieferung 1 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 91a–92a, S. 173–175 Der Name des Absenders ist von fremder Hand am Anfang des Briefes notiert. Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 4 Z. 13 Z. 14 Z. 17 Z. 19 Z. 19 Z. 21

Johannisberg Rodewitt: lateinische Schrift Rodewitt: lateinische Schrift Kaiser: lateinische Schrift Ritter: lateinische Schrift Guths Muths: lateinische Schrift Preesidenten: lateinische Schrift

459 Z. 29 Z. 38 Z. 40 Z. 41 Z. 42 Z. 50 Z. 51 Z. 54 Z. 55 Z. 56

Supe[r]intendenten (Praesidenten: lateinische Schrift Da ich Probe ausfiele Cabinets Secretair: lateinische Schrift der mir Praticanten: lateinische Schrift Methode: lateinische Schrift man noch mir nämlich einzige∫ Sacherklärung I.

Johannes de L’Aspée (1783–1825) wird in Johannisberg (heute Teil von Geisenheim, Hessen) als Sohn eines Maurers (⇒ Z. 6) geboren. In Yverdon lässt er sich während mehrerer Besuche zum Lehrer aus- und weiterbilden. Nachdem 1808 die Regierung des Herzogtums Nassau sein Gesuch für die Errichtung einer Elementarschule nach Pestalozzischen Grundsätzen genehmigt hat, eröffnet de L’Aspée 1809 in Wiesbaden eine private Erziehungs- und Bildungsanstalt für Knaben, welche in Konkurrenz zu staatlichen Einrichtungen steht und 1814 um ein Internat erweitert wird. 1810 und 1814 veranstaltet de L’Aspée öffentliche Prüfungen seiner Anstalt und stellt bei dieser Gelegenheit den Besuchern die Pestalozzische Methode dar. Für seine Verdienste um die Bildung der Jugend verleiht ihm Herzog Wilhelm Georg August Heinrich Belgus von Nassau (1792–1839) 1821 den Hofratstitel. 1824 kauft de L’Aspée ein Weingut auf dem Hansenberg in Johannisberg um dort eine Schule und Erziehungsanstalt für Waisenkinder zu errichten, stirbt jedoch 1825 noch während der Bauarbeiten, worauf das unfertige Gebäude, das heutige Schloss Hansenberg, den Besitzer wechselt und in der Folge nie als Waisenhaus Verwendung finden wird. III. Z. 4 Z. 6 Z. 6

Z. 8 Z. 9

Johannisberg: Johannisberg ist heute ein Stadtteil von Geisenheim (Hessen) 2 armen Knaben: konnte nicht eruiert werden meines Vaters: Conrad Delaspé (1754–1833), dessen Vorfahren sich Anfang des 18. Jahrhunderts aus Schierfomont bei Stavelot (Belgien) kommend in Johannisberg niedergelassen hatten, war Maurermeister. alten Pfarer: Damit könnte Paul Gegenbauer (†1821) gemeint sein, der von 1786–1805 katholischer Pfarrer in Johannisberg war. Landesregierung: Nach der Bildung des Herzogtums Nassau 1806 wurde das Herrschaftsgebiet durch eine Doppelregentschaft des ersten Herzogs von Nassau, Friedrich August von Nassau-Usingen (1738–1816, ⇒ Z. 32) und seines Vetters, des Fürsten Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg (1768– 1816) regiert. Als oberstes politisches Organ wurde ein gemeinschaftliches Ministerium und Geheimes Ratskollegium realisiert, zu dessen Mitgliedern Ernst Franz Ludwig Marschall von Bieberstein (1770–1834) als nassauusingischer Staatsminister, Hans Christoph Ernst von Gagern (1766–1852) als nassau-weilburgischer Staatsminister, sowie Christian Ludwig Vigelius (1765–1816) und August Bernhard Huth (1742–1826) als (assistierende) Geheime Räte ernannt wurden.

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Rodewitt: Georg Godfried Rotwitt (†1819), seit 1789 in kurmainzischen Diensten, wurde 1802 als Wirklicher Regierungsrat in den fürstlich-nassauischen Staatsdienst übernommen und war ab 1816 herzoglich-nassauischer Oberappellationsgerichtsrat. Kaiser: Carl Philipp Reinhard Kaiser (*1762) studierte in Göttingen Jura, wurde 1803 zum fürstlich-nassauischen Regierungsrat in Wiesbaden ernannt, bevor er 1815 herzoglich-nassauischer Hofgerichtsrat wurde. 1817 schied er aus dem nassauischen Dienst aus und trat in Homburg die Stelle eines landgräflich Hessen-Homburgischen Regierungs- und Hofgerichtsdirektors an. Schulkommission: Die Schulkommission, die sich aus geistlichen und weltlichen Mitgliedern zusammensetzte (einem Superintendenten, der die Funktion des Präsidenten einnahm, dem Rektor der Lateinschule Wiesbaden sowie ein bis zwei Regierungsräten), wurde im Januar 1806 vom Fürsten Friedrich August von Nassau-Usingen (1738–1816, ⇒ Z. 32) gebildet. Der ursprüngliche Auftrag, einen Plan zur Verbesserung des bestehenden öffentlichen Schul- und Erziehungswesen der Stadt Wiesbaden zu entwerfen, wurde bald erweitert mit dem Ziel, Reformen für die gesamten öffentlichen Unterrichtsanstalten des Herzogtums Nassau auszuarbeiten und umzusetzen. 2 Knaben: Johann Albert Rotwitt (*1801) war Handlungscommis in Frankfurt am Main, bevor er 1837 zum herzoglich-nassauischen Brunnenkommissar in Niederselters ernannt wurde und später den Titel eines Hofkammerrats erhielt. 1870 trat er in den Ruhestand. Sein Bruder Carl Philipp Rotwitt (1802–1848) war nach dem Besuch der Friedrichschule in Wiesbaden und seinem Studium in Göttingen zuerst an der herzoglichen Militärschule in Wiesbaden tätig, anfänglich als Lehrer, später als Hauptlehrer und zweiter Konrektor und wurde danach Professor am Gymnasium Hadamar (Hessen). Zudem war er Lateinlehrer des Erbprinzen Adolph von Nassau (1817–1905), sowie Lehrer der nassauischen Prinzen in Schloss Wiesbaden-Biebrich. Brief: Carl Ritter: Schreiben eines Reisenden über Pestalozzi und seine Lehrart. In: Neue Bibliothek für Pädagogik, Schulwesen und die gesammte pädagogische Literatur Deutschlands 1808, Heft 1, S. 17–33 H[errn] Ritter: Karl/Carl Ritter (1779–1859) ⇒ Nr. 908 Guths Muths Bibliothek für Schulwesen: Johann Christoph Friedrich Guths Muths (Hrsg.): Neue Bibliothek für Pädagogik, Schulwesen und die gesammte neueste pädagogische Literatur Deutschlands (1808–1820) Preesidenten: Johann Daniel Karl Bickel (1737–1809) war als Hofprediger in Biebrich (heute Teil von Wiesbaden) und zuletzt als Konsistorialrat und Superintendent in Usingen (Hessen) tätig. Er war zudem Herausgeber des Nassau-Usingischen Gesangbuchs von 1779. H[err] Müller von Mainz: Mathias Joseph Müller (1764–1844) ⇒ Nr. 634 Herzog: Friedrich August, Herzog von Nassau-Usingen (1738–1816) war seit 1775 mit Luise von Waldeck (1751–1816) verheiratet, und ab 1803, nach dem Tod seines älteren Bruders Karl Wilhelm (1735–1803), Fürst von Nassau-Usingen. Nach dem Beitritt des Fürstentums zum Rheinbund am 12. Juli 1806 und der daraus resultierenden Gründung des Herzogtums Nassau war er der erste Herzog von Nassau. Hofrath Götz: Wilhelm Friedrich Götz (vor 1770–1823) aus Wiesbaden war spätestens seit 1808 Hofrat, Generalauditeur, Kabinettssekretär und Hof-

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bibliothekar, dann ab ca. 1812 Amtmann in Rüdesheim (Hessen) und 1814 der Begleiter von Johann Wolfgang von Goethe (1749–1831, ⇒ Nr. 811) bei dessen Rheingaureise. Nach seiner erneuten Versetzung nach Wiesbaden im Jahre 1815 war er dort zuletzt als Oberappellationsgerichtsrat tätig. Schullehrer: Falls hier der Schullehrer von Johannisberg gemeint ist, handelt es sich um Franz Klemm von Sindlingen (heute Stadtteil von Frankfurt), der 1794 als Lehrer an der Gemeindeschule von Johannisberg angestellt wurde und diese Stelle bis 1822 besetzte. Er besass ein Zeugnis der kurfürstlichen Generalschulkommission, welches bestätigte, dass er ein Jahr lang (1785/86) die Mainzer Normalschule – ein Seminar, das der Lehrerbildung diente – besucht und die Prüfung bestanden hatte. Ohm: Ein Ohm (auch Ahm oder Saum) ist eine altdeutsche Volumeneinheit, welche sich vom lateinischen Namen ama (Eimer) ableitet. Sie bezeichnet die Belastungsfähigkeit eines Saumtieres und konnte je nach Lastentier zwischen 134 Litern (Esel, Maultier) und 174 Litern (Pferd) variieren. Da an unterschiedlichen Orten unterschiedliche Lasttiere zum Einsatz kamen, divergieren die Umrechnungen regional. Wochenschrift: Wochenschrift für Menschenbildung (1807–1811)

960. Ernst Karl Kleinschmidt 20. April 1808 An H[er]rn Pestalozzi. 5

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Pforzheim den 20. April 1808. Mein sehr verehrter u[nd] geliebter Freund. Äusserst angenehm wurde ich vor einigen Tagen von H[er]rn Kirchenrath Ewald durch die Nachricht überrascht, dass man Sie in einigen Monaten in Karlsruhe erwarte, Sie nach Frankfurt reisen, u[nd] von da in Gesellschaft des H[er]rn von Türk, und eines Theils des Oldenburgischen Instituts wiederum durch unsere Gegenden nach der Schweitz zurückkehren würden. Ich schreibe Ihnen desswegen, mein Geliebter! Sie werden doch wohl auch Ihres Kleinschmidts gedenken, u[nd] ihm schreiben, wohin er kommen soll, Sie auf’s neue zu sehen, sich auf’s neue an Ihnen zu erquicken. Ich darf Sie dann doch wohl auch hieherführen, und Ihnen meine Pflanzschule zeigen, eine Schule, von der Sie noch Nichts erfuhren, die ich vor nicht gar langem in der Stille mit frommer Liebe anlegte. Sie soll gleich in Ihnen ihren wahren Vater fühlen, und ihn freundlich mit dem Hoffnungsglanz ihrer jungen Augen begrüssen. Auch um meinen rückgelassenen Freund in Kreuznach, der schon so lange nach Ihnen verlangt, wäre mir’s unendlich lieb,

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wenn Sie mir schrieben, wann und wo und wie wir Sie, und Sie uns auf dieser Reise begegnen mögten. Meinen treflichen Weinmann vorläufig Ihrer Liebe zu empfehlen, lege ich Ihnen hier seinen letzten Brief an mich bey. Sie sehen, wie er Sie lieb hat. Immerdar Ihr ganz eigner Kleinschmid.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 89a, S. 89a Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 20

Hoffnungsglanz ihrer Sacherklärung I.

Ernst Karl Kleinschmidt (1775–1847) ⇒ Nr. 723 II. Ernst Karl Kleinschmidt (1775–1847, ⇒ Nr. 723) hatte 1802 Burgdorf besucht und 1803 in Kreuznach und 1807 in Pforzheim eine Privatschule eröffnet (⇒ Z. 17). III. Z. 8 Z. 9 Z. 10 Z. 17

Z. 22

Ewald: Johann Ludwig Ewald (1748–1822) ⇒ Nr. 529 in Karlsruhe erwarte: Diese geplante Reise wurde nicht realisiert. H[er]rn von Türk: Wilhelm Christian von Türk (1774–1846) ⇒ Nr. 653 Pflanzschule: Kurz nach Antritt der Pfarrstelle in Pforzheim im Jahre 1807 eröffnete Ernst Karl Kleinschmidt (1775–1847, ⇒ Nr. 723) zwischen Ende 1807 und März 1808 eine Privatschule, in der zuerst Kinder aus armen, dann zunehmend auch aus wohlhabenden Verhältnissen aufgenommen wurden. Einige junge Theologen sollen unentgeltliche Unterstützung geleistet haben. Ende 1808 übernahm die örtliche Schulgenossenschaft die Einrichtung des Lehrzimmers. Auf einen positiven Schulbericht der Generalbadischen Studienkommission (⇒ Nr. 972) abstützend, wurde Kleinschmidt 1809 durch das Ministerium des Innern die goldene Verdienstmedaille verliehen. Mitte 1809 begannen sich zeitweise Soldaten in das Schullokal einzuquartieren, wogegen sich Kleinschmidt erfolglos wehrte. Vermutlich ist die Schule eingegangen, als Kleinschmidt 1810 als Professor ans Gymnasium nach Heidelberg wechselte (vgl. Generallandesarchiv Karlsruhe 171, No. 2167). Freund: Wilhelm Weinmann (1774–1854) aus Kreuznach wurde 1798 ebenda Konrektor des Gymnasiums. Nach Schliessung dieser Schule leitete er ab 1803 eine Privatschule im Sinn der Reform Pestalozzis, 1807–1815 stand er der Sekundarschule Kreuznach als Rektor vor. Ab 1813 amtete

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Weinmann als Pfarrer in Heddesheim (Baden) und ab 1826 in Langenlohnsheim (Rheinland-Pfalz). Brief: scheint nicht erhalten zu sein

961. Johannes Niederer 1808 5

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So Schmerzhaft es mir ist, so kann ich doch nach unser heutigen Unterredung nicht anders als Sie, ehrwürdiger und väterlicher Freund, s c h r i f t l i c h dringend und herzlich bitten meine Verhältniss zu ihnen und ihrer Unternehmung entscheid[end] ins Aug zu fassen; um mir darüber einen bestimmten Entschluss zu geben. Die Schuld alles Vergangenen nehme ich ganz auf mich, und gestehe ihnen gerne, was ich mich auch nicht scheue vor aller Welt zu sagen, dass ich weder ihnen war, was ich ihnen seyn sollte, und was sie verdienten besonders um auch verdienten, noch was ihr Werk bedürfte. Ich suche keine Entschuldigungs Gründe, und kann mich auch mit dem Gedanken trösten, dass ihnen Gott durch andere giebt, was ich zwar wollt, wozu ich aber zu schwach und dessen nicht Werth war. – Sie wollt ich nicht täuschen ebenso wenig wollt ich an ihrem Werke untreu werden. Meine Irrthümer sind Irrthümer des Geistes und nicht des Herzens, und mein unverzeihlicher Fehler ist der meine Verhältnisse misskannt vom guten Willen erwartet zu haben, was nur die That bewirken kann, und in eine Stellung getretten zu seyn, die meine persönlichen Bedürfnisse und Schwächen nicht erträgt, und in welcher als Schlechtheit und Niederträchtigkeit n o t h w e n d i g e r s c h e i n e n m u s s , was in einer andern Lage nicht bemerklich geworden wäre, oder doch wenigstens entschuldigung gefunden hatte. Es ist meine Schulde dass es so gekommen ist. Ich hätte es voraus sehen sollen und ihm vorbeugen können. Die Äusserung dass d ie E h re der Führung des Hauses gefahr det s e y , hat mir die Augen geöffnet und mir im Ganzen gezeigt, was mir freylich im einzelnen schon länger aufdrang, was aber nie wie jetzt in ein so helles und Vollständiges Licht sich zusamendrängte. Ihnen ist es nicht unbekannt dass ich meiner Schwäche bewusst nie keinen Augenblick nie auf die Führung des Hauses Einfluss

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suchte, so wenig ich je solchen hätte, nähmlich als praktischer Leiter seines Ganzens. Deutlich sehe ich aber ein wie ich eben darum weil ich keinen positiven suchte, und desswegen nicht eingrieff nichts that was einen solchen verschafft, umgekehrt einen würklich schädlichen Einfluss hätte, theils weil ich mich nicht zusammen rafte theils weil für die Anstalt, was nicht für sie berechnet ist, und unmittelbar aus ihr hervor und auf sie zurück geht, als Zerstreuung und Verwirrung, als na[ch]theilig und verkehrtes Wirken erscheinen muss. Dieser Zustand wird nun fortdauren, so lange ich in meinen gegenwartigen Verhältnisse bleibe, und als eine wirksamme und leite[nde] Person genannt und bekannt bin, ohne etwas würklich zu seyn. Es aber zu werden, darzu fühle ich nur zu sehr wie schwach ich bin und wie wenig ich in irgend eine Lücke tauge. Anfangs wollt ich sie nur inständig bitten ohne alle Nennung der Personen, und mit der Versicherrung dass ich mich mit keinem Worte weiter darüber bey ihnen erklären, oder rechtfertigen werde, mir das besonders kurz den bestimmten detail zu sagen, worinn ich die Ehre des Hauses gefährde, um mich vor mir selber zu beruhigen, oder zu bessern, und den Muth zu haben meine Verworfenheit zu fühlen, wenn ich ein Verworfener bin; so sehr ich noch dieses wünsche und es in persönlicher Rücksicht als den Beweis ihrer alten Liebe, und ihreres vaterlichen Vertrauen gegen mich ansehe, der sich bisher mit Stolz wenn nicht als ihr Sohn doch als ihren treuen Jünger dachte, so kann ich nicht ohne Unrecht und Schlechtigkeit mich darauf beschränken. Ich darf nicht als wirksam erscheinen, wo ich es nicht bin; nicht durch die Presumption als sey ich den ihrigen einer ohne in ihrem Geiste zu leben Wiedersprüche in ihre Zöglinge und Gefühlen bringen nicht in einer Art von Verbindung bleiben, wo ich als ein verzehrender Müssiggänger dastehe, wo ich nicht eingreiffe, und will ich hingegen eingreiffen mit Mangel an praktischer Kraft, an Takt die Bedürfnisse der Anstalt und den Verdacht das rechte zu betreiben zu kämpfen habe. Meine Bedürfnisse sind freylich gross, aber meine Ansprüche wenigstens nicht unbescheiden. Mit dieser Woche kann alles was ich im Töchterinstitut versäumte, um so mehr enden da Frau Wasser die Morgen und Abenderinnerung sehr zweckmässig übernehmen kan. Auch nur die Möglichkeit Privatzwecke und Intresse zu verfolgen, ein Vorwurf der mich freylich schmerzt, weil ich mich keiner andern Absicht als der mich für den Unterricht und für Institut auf die Art wie ich ihrer fähig war zu bilden bewusst bin, und vielleicht diesen Versuch mit der Verlohrnen Ruhe meines Herzens erkaufen muss fällt

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dann weg ein Vorwurf den ich freylich eher von einem feurigen und aufstrebenden Jüngling, der sich in der Kraft der Männlichkeit fühlt und den Einfluss des Weibes auf die Bildung des Menschengeschlechts übersehen könnte als von dem Man erwartet hätte, der sich so laut für die Mütter erklärte und von dem man hatt sollen glauben er werde die Thätigkeit auch für diese, auch als eine Thätigkeit für seine Unternehmung betrachten. Streichen Sie meinen Namen unter denen ihrer Gehülfen durch und gönnen Sie mir einen Platz als Privatlehrer in dem sehr wenigen einzelnen Fächer[n], in denen ich ihnen an die Hand gehen kann. Ich will darum nicht mit armerem Herzen an Ihnen und ihrem Werke hangen. Bestimmen sie was sie als Schriftsteller von mir verlangen; und die Schriften deren Herausgabe sie wünschen, die ich zum Theil schon kenne dan aber vergönnen sie mir still und unbemerkt, ohne weitere Verantwortlichkeit neben ihnen zu wohnen, und ihren Gang zu beobachten. Es war ein glanzendes Loos als Bestandtheil an ihrem Werke zu würken, ich bin aus diesem Himmel gefallen. Aber sie werden mir dieses Unglück nicht durch Entziehung ihrer Achtung und Liebe unerträglich machen. Wofür ich sie noch kindlich und vertrauensvoll bitte ist 1tens diesen Brief für jetzt bis sie entschieden haben, in keines andern Menschen Hand zu geben 2tens die Gütte zu haben mir bis auf Pfinsten keine Erklärung wenigstens keine mündliche zu geben – – Gott sey und erfreue sie durch viele bessere und glücklichere Menschen und erhalte sie lange. Niederer.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 54.262 Umschlag 4 Nr. 10 Bogen, 226x186 mm Dorsualvermerk Anno 1808. Niederer an Pestalozzi Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 10 Z. 15 Z. 19 Z. 21 Z. 22 Z. 22f.

ganz∫ eigentlich: Entschludigungs täuschen ebenso Irr∫thümer Fehler Verhältnisse misskannt

466 Z. 34 Z. 36 Z. 39 Z. 41 Z. 46 Z. 50 Z. 53 Z. 55 Z. 57 Z. 59 Z. 62 Z. 64 Z. 65 Z. 65 Z. 68 Z. 72 Z. 76f. Z. 78 Z. 79 Z. 87 Z. 88f. Z. 98 Z. 104

einzelnen schon nicht unbekannt Leiter seines was einen solchen verschafft, umgekehrt nun fortdauren ich in darüber bey detail: lateinische Schrift eigentlich: Verworfenheitheit vaterlichen mich Presumption: lateinische Schrift Zöglinge und eigentlich: Gefülhen an praktischer was ich Absicht als fähig war Verlohrnen Sie meinen wenigen∫ einzelnen Fächer, in Aber sie sie durch Sacherklärung I.

Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 II. In der Pestalozzi-Biographie von Heinrich Morf (IV, S. 157) wird dieser Brief, bzw. die darin angesprochene Meinungsverschiedenheit auf Mai datiert. Es ist jedoch unklar, ob für diese Annahme mehr Indizien vorliegen als nur die Bitte Johannes Niederers (1779– 1843, ⇒ Nr. 507) an Pestalozzi, sich vor Pfingsten nicht mündlich zu erklären. Allenfalls ist dieser Brief auch erst auf 1816 zu datieren, da sich Niederer an Pfingsten 1816 öffentlich von Pestalozzi trennt. Unabhängig von der Frage der Datierung weist dieser Brief aber deutlich auf die Probleme hin, die später zur Trennung und zum öffentlich ausgefochtenen Streit zwischen Pestalozzi und Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) führen werden. Niederer wünschte sich mehr Anerkennung und sah sich als Leiter genannt, ohne aber Leitungsfunktionen ausüben zu können, wobei er am liebsten nur die philosophische – und nicht die praktische – Leitung haben wollte. III. Z. 31

Die Äusserung: Es ist nicht klar, in welchem Zusammenhang sich Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) zur Ehre der Leitung des Instituts geäussert hat. Es könnte eine Reaktion auf Pestalozzis diesjährige Neujahrsrede (PSW XXI, S. 3–9) sein, in welcher er den inneren Zusammenhalt des Instituts bemängelte und selbstmitleidig mit seinem Tode drohte (ebd., S. 7f.).

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Z. 102f.

Töchterinstitut: ⇒ Nr. 867 Frau Wasser: Margarete/Magarete/Margarethe Waser-Blank (1766–1835) ⇒ Nr. 835 Streichen Sie meinen Namen: Das ist ein Hinweis darauf, dass Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) aus dem Schloss ausziehen und damit seinen Status als «Gehilfe» Pestalozzis loswerden wollte (⇒ Nr. 962). bis auf Pfinsten: 5. Juni 1808

962. Johannes Niederer Frühjahr/Sommer 1808 5

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Verehrungswürdiger Herr Pestalozzi. Mit unbeschreiblichen Schmerzen sehe ich mich genöthigt, Ihnen das Bedürfniss meiner Entfernung von Ihnen und von Ihrer Anstalt zu erklären, und Sie um Ihre Einwilligung und Handbiethung dafür zu bitten. Die Gehaltlosigkeit meines Daseyns für alles, was ich Ihrem Werke seyn sollte und wollte, zwingt mich darzu. Ich kann sie weder vor Ihnen, noch vor Gott, weder vor mir noch vor den Menschen verantworten, und bin völlig hoffnungslos, sie, bei dem Gang der Sache, dessen jetzige Unveränderlichkeit ich anerkenne, bei den Bedürfnissen der Anstalt, bei Ihrer Stimmung, bei meinem körperlichen und geistigen Zustande, je zu verbessern. Was diese Erklärung mich kosten muss, der ich mich mit unbedingter Ergebung, Ihrer Person, Ihrer Ideen und Ihrem Zwecke hingab, der den Stolz seines Daseyns, den Werth seines Lebens darinn setzte, in Ihnen zu leben, weil er das Höchste in Ihnen erfüllt, und alle Ideale seiner, Ihnen nicht unwürdigen, Jugend in Ihnen erreicht sah, der vom ersten Augenblick an, indem er Sie erkannt hatte, und fühlte, wie Sie verkannt wurden, nichts anders mehr wünschte und suchte, als was er vermöchte beizutragen, Ihre wahre Grösse zu offenbaren, die keine sittliche und unvergängliche Herrlichkeit Ihrer Natur durch Ihre Sache und in ihr darzustellen, und Sie in dem Glanz, in welchem ich Sie selbst erblickte wo möglich der Nachwelt zu überliefern; was es mich kosten muss, mein äusseres Verhältniss mit Ihnen auf diese Weise geendigt zu sehn und selbst zu enden, das kan nur der fühlen, der sich in gleicher Lage mit mir, mit gleichem Willen und mit gleicher Liebe fand. O lieber, theürer Pestalozzi! Sie verliehren nichts bei diesem Entschlusse. Ihr Werk ist gesichert. Es wird durch die Einheit und Conzentration, die meine Opposition unvermeidlich gestört haben würde, befestigt. Hundert bessere, kraftvollere, und

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was mehr, was alles ist, noch g l ü c k l i c h e Menschen, werden sich beeifern, eine Lücke, die ich zufällig, mehr in der Meinung als in der Wirklichkeit, veranlassen könnte, tausendfältig auszufüllen. Aber ich weiss, was ich verliehre; ich fühle, was ich aufopfere; eine Ehre die mir theüer war, weil ich sie Pestalozzi verdankte; eine Stellung, die mich mit den edelsten Menschen in Berührung brachte; eine Laufbahn, die mir unbegränzte Aussichten eröffnete; meine liebste Neigung; mein tägliches Bedürfniss und meine tägliche Wonne, mich im Treiben und Anschauen aller durch Sie angeregten und geleiteten Kräfte zu fühlen; das Glück um Pestalozzi zu seyn. Pestalozzi ist rein. Nur auf den der ihn verlässt, kann Vorwurf und Schande fallen: Und womit will ich mich rechtfertigen, wenn man fragt, was ich gethan habe; wodurch Ihnen dafür, dass ich geistig und körperlich von Ihrem reichen Tische mich nährte, von mir vergolten sey? O Gott! Ja, wohl zu grossem Bewusstseyn meiner Kraft für den Geist, oder vielmehr für die Gesinnung der Sache, in dem Vorausahnden und Vorausnehmen ihrer Zukunft; in der ängstlichen Sorge für das r e i n e Aufgehen ihres Lebens in der Menschheit, bekümmerte ich mich nur wenig für das Äussere und Zufällige, so wie für das Einzelne der Ausführung, weil ich mich für jenes berufen glaubte für dieses andre geschäftig sah und überzeugt war, nicht durch äusserlich Herbeigeschlepptes und Aufgedrungenes, sondern aus dem Bedürfniss und dem Gang der Entwicklung der Kinder müsse sich aller Unterrichtsstoff und alle Kraft der Lehrer so wie ihre Bildung selbst entwickeln. Auch nur die Möglichkeit einer entgegengesetzten Richtung ahndete mir nicht, und noch viel weniger dass es je dahin kommen würde, das Urtheil über die Bearbeitung und den Werth irgend eines Unterrichtsfachs von der Zeit, d[as] h[eisst] der Schnelligkeit oder Langsamkeit meiner Bearbeitung abhängig zu machen. Ich missgriff mich darüber in Menschen und Sachen. Ich glaubte, jeder glückliche, befriedigende Erfolg, worinn er bestehe, werde als Gewinn für die Sache selbst betrachtet, überliess mich daher voll Vertrauen dem Triebe zu dem, worin ich mich jedesmal etwas zu thun fähig fühlte, und irrte. Nicht auf alle, sondern oft nur auf sehr wenige wirken zu können, wusste ich; und überliess mich dem Triebe zu diesen desto inniger weil ich für andre andre Kräfte thätig sah, und mit Zuversicht in dem Gedanken lebte, es sey gleich an wemm es geschehe, und jeder müsse das Seinige da thun, wo er des Erfolges gewiss sey, und ich irrte noch mehr. Ich versprach, was ich noch nicht leisten konnte, und durch den Fortgang des Ganzen täglich gehoben, war es mir nicht

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um schnelle vergängliche Wirkung, sondern um Ausbildung meiner selbst für etwas Bleibendes zu thun, überzeugt dass bei dem Ganzen, wie bei mir, wesentlich alles auf das Bleibende berechnet sey, und ich täuschte mich. Anerkennung Aufmunterung und Schätzung, jeder auch der kleinsten Kraft, der feinste Sinn, für ihre wahre Stelle, der freiste Spielraum für ihre Realität, und die zarteste heiligste Sorgfalt, dass auch der schwächere Mensch weder durch allzu grosse Anforderungen unterdrückt, noch dass er einem äussern und zufälligen Bedürfniss unterworfen, und durch den Willen ihn zur Ausfüllung einer Lücke, gegen seinen Trieb und den unverkennbaren Punkt seiner Fähigkeit sein inners Leben erstickt, noch dass durch den äussern Glanz einer hervortretenden Energie das Sinnvolle, das Einfache, das für das Ganze nicht minder Nothwendige verdunkelt und verachtet werde, das war der wahre Christus Sinn den ich in Pestalozzi fand – ich hielt ihn für gross genug, des vergänglichen Anschauens nicht zu bedürfen, wo er des unvergänglichen im Glauben gewiss seyn konnte; sein Ziel, das Werk seines unsterblichen Willens nicht diesseits des Grabes zu suchen; ich hielt ihn nie im Ernst des Gedankens fähig: Geschehe das Unvollkommne, werde etwas noch so beschränkt ausgeführt, wenn ich nur noch Früchte davon sehe; in dieser Vorstellung von ihm, vergass ich seine und meine Bedürfnisse; opferte wenigstens die sinnliche Gegenwart, ganz dem Zukünftigen auf, und fehlte. Der sich entfaltenden Richtung und dem lebendigen Spiele der regesten Begriffe dabei zusehend, verlor ich mich im Wohlgefallen darinn, ohne schon bei Zeiten, schon im Anfange durch die ebenso kräftige Belebung einer anderen Seite, ein Gegengewicht aufzustellen gegen künftige Einseitigkeit; vielleicht aus Mangel an Fähigkeit, vielleicht aus heiliger Scheu, was sich so herrlich entwickelte, auf keine Weise zu stören, und ich verblendete mich unverantwortlich, weil das einseitige Übergewicht, dem nicht mehr beizukommen war, nun wirklich alles that, und in diesem alles Thun nothwendig als der Inbegrif alles Heils und alles Guten wirklich erscheinen musste, und von der anderen Seite alles als Unthätigkeit Unfähigkeit und Unbrauchbarkeit auffallen machte, als Thatsache auffallen machte. Konnte es anders seyn, als dass da ihr durch die aus der Einseitigkeit entstehenden Lücken offenbar wurden, wie sie sich denn auch klar zeigten, da man vom Gange des Ganzen und seinen Bedürfnissen ein anders Gefühl hatte, einerseits alle diese Lücken ganz auf Rechnung der Personen dieser Seite fielen, und da sie durch das Ganze und die neue Begründung Herstellung und Sicherung des Geistes des Ganzen und nicht durch die

470 Befestigung einer Einseitigkeit in der alle Wirkung und freye Bewegung

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ZB Zürich, Ms Pestal 53/54, Umschlag 262/IV, 11 Bogen, 235x193 mm Dorsualvermerk 1808 Original Textkritik

Zeuge H Z. 35 Z. 51 Z. 64 Z. 111 Z. 111 Z. 115

zufällig , mehr der ängstlichen machen anders seyn dass∫ auf Rechnung der Personen Sacherklärung I.

Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 II. Dieser Brief gehört aus inhaltlichen Gründen zum vorangehenden Brief (⇒ Nr. 961) Johannes Niederers (1779–1843, ⇒ Nr. 507) und wird deshalb auf Frühjahr/Sommer datiert. Der Schluss des Briefes fehlt.

963. Johannes/Johann/Jean Preisig 8. Mai 1808 Freiberg den 8ten May 1808. 5

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Lieber Vater Pestallozy! Haben Sie den wirklich den B a n n über mich aussgesprochen! Noch keine Zeile habe aus Ihrem Institut erhalten! Dass ich ein zu hiziger Lehrer bin, bin ich denn ganz zu verwerffen? Nein! Nur zum Lehrer kleiner Kinder halte ich mich selbst für untauglich, daher ich auch sogleich einen andern Weg eingeschlagen – habe. Auss blosser Begierde studirte in Berlin M a t h e m a t i k , C h e m i e , P h y s i k und ein wenig Latein um einst grössere unterrichten zu können, allein die Bekanntschaft mit Joh[annes] von

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M ü l l e r hatt mir einen eifrigen Gönner in St. Gallen erworben, und auf seine Empfehlung hat mir die dortige Bergcommission zum zweiten Male die S t e l l e eines S c h m e l z u n d H ü t t e n d i r e k t o r s in ihrem Etablissement antragen lassen, in dem ersten Brief trug sie mir Unterstüzung und Vorschuss zu meinen Studien an, welches ich nicht annahm da ich doch andere Anträge hatte und mich nicht noch mehr in Schulden vertiefen wollte, im Weitern bot sie mir Entschädigung von allen Aufenthalts Studien und Reisekosten an, welches, verbunden mit der Hofnung meinem lieben Vaterlande zu nüzen, mich für diesen Antrag bestimmte. Mit Enthusiasmus werffe mich in eine Laufbahn die dazu beitragen soll der Industrie unserer lieben Schweiz eine neüe Richtung zu geben. Es fehlt mir nichts mehr als die Versicherung dass Sie und Ihre Freünde mich noch lieben, sonst aber machen Sie mich unglücklich. Ich wollte Ihnen nicht mit Briefen beschwerlich fallen ehe Ihnen was entscheidendes sagen konnte. Edler Pestallozy, die Gelehrten Berlins lieben und achten mich, wollen Sie nicht fortfahren, mein Vater zu sein? Ihre Liebe würde mich so sehr aufmuntern! Vereinigen Sie sich mit Ihren braven Freünden und geben Sie mir noch einmal freündlich die Hand. Aus beyliegendem Programm ersehen Sie dass ich wenigstens in Ihrem Geiste arbeitete. Ich habe das Projekt Ihnen meinen Ältesten Knaben, der circa 10 Jahre alt ist in die Schule zu schiken, wie viel verlangen Sie jährlich, ich kann noch nicht anders als durch unterstüzung für meine lieben zwey Kinder sorgen, dafür bitte Sie an dem Schiksale dieser schon zu lange Verlassenen Theil zu nehmen. Tausend Grüsse an N i e d e r e r , K r ü s e , T o b l e r , S c h ö n e r , M u r a l t , etc. etc. Bald hofe einen tröstlichen Brief von Ihnen mein lieber Pestaloz, und dann werde das Vergnügen öfters haben, besonders an meinen lieben H[errn] N i e d e r e r zu schreiben, und Ihnen unsere nomahligen grossen Projekte ins Gedächtnis zu rufen, die nun keine Hirngespinste mehr sind. Ihr ewig dankbar Breisig

Überlieferung 1 2 5

ZB Zürich, Ms Pestal 50, Umschlag 36 Blatt, 235x187 mm Original

472 Textkritik Zeuge H Sacherklärung I. Johannes/Johann/Jean Preisig (1775–1814) aus Gais (Kt. Appenzell-Ausserrhoden), im Personal-Etat der Pestalozzischen Erziehungsanstalt als «Breisig» aufgeführt, gehört in Burgdorf und Yverdon zu den Erwachsenen, die zur Erlernung der Methode ins Institut eingetreten waren. Die Informationen zu seinem Leben sind lückenhaft: 1805 wird er Johann Ernst Plamann (1771–1834, ⇒ Nr. 616) in Berlin empfohlen und weilt 1812 in Yverdon bei Pestalozzi. Im gleichen Jahr wird er Hütteninspektor in Reichenau (Kt. Graubünden). Der Sohn, den er 1808 zu Pestalozzi nach Yverdon zu schicken beabsichtigt, woraus aber offenbar nichts wird, stammt möglicherweise aus seiner Ehe mit einer Anna Kathrina Kern, welche zumindest zeitweise in Kurzrickenbach (Kt. Thurgau) wohnhaft ist. Als Johannes Preisig 1814 in Aarau stirbt, ist er bereits geschieden. III. Z. 4 Z. 13f. Z. 14 Z. 35

Z. 36f.

Z. 39 Z. 41 Z. 41 Z. 41 Z. 41f. Z. 42 Z. 46

Freiberg: Bergbaustadt in Sachsen Joh[annes] von M ü l l e r : Johannes von Müller (1752–1809) ⇒ Nr. 1003 eifrigen Gönner in St. Gallen: Da keine Akten einer Berg(bau)kommission überliefert sind ist unklar, wer diese Gönner sein könnten. Aus beyliegendem Programm: Es ist unklar, was für ein Programm hier gemeint sein könnte, zumindest sind keine Akten zu Johannes/Johann/ Jean Preisigs (1775–1814, ⇒ Sacherklärung I.) pädagogischer Tätigkeit zu dieser Zeit erhalten. meinen Ältesten Knaben: Dieser Plan scheint nicht umgesetzt worden zu sein, zumindest ist in dem Personal-Etat des Instituts in Yverdon kein Schüler Preisig nachzuweisen. Auch ein Schüler Kern (aus seiner ersten Ehe mit Anna Kathrina Kern) ist nicht verzeichnet. zwey Kinder: konnten nicht näher bestimmt werden N i e d e r e r : Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 K r ü s e : Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588 T o b l e r : Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500 S c h ö n e r : Georg Friedrich Adolf Schöner (1774–1841) ⇒ Nr. 774 M u r a l t : Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 grossen Projekte: Möglicherweise sind diese Projekte im Zusammenhang mit dem ebenfalls erwähnten Programm (⇒ Z. 35) zu sehen. Da aber keine Akten vorliegen, ist unklar, was damit gemeint ist.

473 964. Friedrich Heinrich Christian Schwarz 13. Mai 1808 Von H[errn] Professor Schwarz. Zürich den 13. May 1808.

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Wir unterhielten uns über Schulsachen bis spät in die Nacht, und das Resultat war, dass man höchst wahrscheinlich, ihre Methode, in Neuschatel, einführen wird. Ich versprach den H[erren] meine Gedanken noch schriftlich mitzutheilen. Worinn ich einiges über die Möglichkeit sagen werde, wie ihre Elementar Methode, mit dem angewandten Unterrichte zu verbinden sey. Es wird noch lange dauern, bis man auch in der Schweyz würdigen wird. Sie treiben nicht die Sache eines Volks, u[nd] noch weniger einer Volksparthey, sie treiben die Sache Gottes und der Menschheit, bleibt allso doch über alle kleinlige Rücksichten erhaben; für euch muss es keine Partheyen geben, ja nicht einmal Gegenpartheyen. Ihr vergebt euerer Sache, wenn ihr mit Worten streitet, und am Ende helfen doch die nicht einmal. Euer Werk selbst, wird euer Sieg seyn. Fahret dann nur in Gottes Namen darin fort und fraget nach nichts, zur rechten und zur linken, als was euch im Werk fördert. Mir ist es herzerhebend, so oft ich an euch denke, und mein Aufenthalt in Iferten, wird für mein ganzes Leben wichtig seyn. Ja, lieber Pestalozzi, ihr Andenken ist mir heilig, alle die Ihrigen sind meinem Herzen theuer, ihr Haus ist mir ein Tempel der Jugendbildung. Ich werde oft im Geiste mit ihnen reden, und mein Geist wird daran erstarken. Mein Dank bleibt ihnen ewig.

Überlieferung 1 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 91–91a, S. 172–173 Datum am Schluss Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 10 Z. 21 Z. 24

die Möglichkeit herzerhebend Herzen

474 Sacherklärung I. Friedrich Heinrich Christian Schwarz (1766–1837) ⇒ Nr. 947 II. Im April 1808 besuchte Friedrich Heinrich Christian Schwarz (1766–1837, ⇒ Nr. 947) das Pestalozzische Institut in Yverdon. Weshalb er aber gerade in Neuchâtel einen Durchbruch in Bezug auf die Methode erreicht haben sollte, bleibt unklar, da keine Beziehungen Schwarz’ zu Neuchâtel nachzuweisen sind. Nicht ausgeschlossen ist natürlich, dass Schwarz anlässlich seines Aufenthalts in Yverdon Kontakte mit Neuenburgern geknüpft hat; da er über die 1808 bei Pestalozzi verbrachten Wochen aber keinen zusammenhängenden Bericht hinterlassen hat, lassen sich diese allfälligen Beziehungen nicht rekonstruieren. III. Z. 6 Z. 8 Z. 22

Wir: Damit dürfte wohl Frédéric Auguste de Montmollin (1776–1836, ⇒ Nr. 941) gemeint sein. Neuschatel: Neuchâtel Iferten: dt. Name für Yverdon

965. Albrecht Rengger 13. Mai 1808 5

Monsieur Monsieur Pestalozzi Yverdun Lausann 13. Meien, 1808

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Ich bedaure sehr, mein Verehrenswürdigster Freund, dass meine Geschäfte mir nicht erlauben, dem Erziehungs-Congresse in Lenzburg beyzuwohnen; was ich aber durch Empfehlung zum Gelingen der Sache beytragen kann, werde ich, u[nd] zwar aus Überzeugung von ihrer Nützlichkeit, nicht unterlassen, so wie ich denn schon bereits deshalb nach Aarau geschrieben habe. Die vielfachste Aufmuntrung für die Freunde des Erziehungs-Wesens wird Ihre Gegenwart seyn. So wie ich von Fellenberg vernehme, gedenkt er auch sich dort einzufinden. Ich erhalte zu meinem grossen Vergnügen hin u[nd] wieder von Ihnen Nachrichten durch Fremde, die von Yverdun kommen u[nd] von allem was sie bey Ihnen gesehen haben, äusserst befriedigt sind. Mögen Sie, mein verehrtester Freund, den Lohn Ihres rastlosten Strebens nach einem edlen u[nd] grossen Zweck noch lange

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geniessen u[nd] mir Ihre Freundschaft, so wie bis dahin unverändert erhalten. Ihr achtungsvoll u[nd] herzlichst ergebener R.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55, Umschlag 302a/1 Bogen, 236x191 mm Siegelspuren Original Textkritik

Zeuge H Sacherklärung I. Albrecht Rengger (1764–1835) ⇒ Nr. 646 III. Z. 9

Z. 14 Z. 15

Erziehungs-Congresse: Damit dürfte die Gründungsversammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Erziehung (⇒ Nr. 1012) am 26. Oktober 1808 in Lenzburg gemeint sein (vgl. Stadler II, S. 337ff.). Freunde des Erziehungs-Wesens: Damit dürften die Mitglieder der Schweizerischen Gesellschaft für Erziehung (⇒ Nr. 1012) gemeint sein. Fellenberg: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426

966. Octavie Louisette Henriette Crinsoz-de la Harpe 16. Mai 1808 de Madame Crinsoz veuve à Rolle. 5

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Rolle le 16 e Mai. Qu’aussitôt arrivé mon fils ayant été installé au collège, il y a travaillé pendant les huit premiers jours qui ont précédé l’examen de manière à enchanter nos Messieurs les Ministres et Municipaux, de même qu’il a randu raison d’une règle d’Arithmétique qu’il trouvoit très facile et qu’un jeune garçon, très avancé, n’a pu faire, en conséquence il en a obtenu le prix, ainsi que celui de promotion, et dès lors nos Pasteurs m’en ont encore fait des éloges réitérés. Mon

476 fils, dit-on, travaille seulement trop et cependant il lui reste encore bien du tems.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 91a, S. 173 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 7 Z. 13

précédé l’exa∫men travaille Sacherklärung I.

Octavie Louisette Henriette Crinsoz-de la Harpe (*1763) ⇒ Nr. 951 II. Der ehemalige Schüler Pestalozzis, François Crinsoz (1797–1865, ⇒ Nr. 866), hatte im April 1808 zur weitern Ausbildung ans Collège in Lausanne gewechselt. III. Z. 6 Z. 8

Z. 12

mon fils: François Crinsoz (1797–1865) ⇒ Nr. 866 nos Messieurs les Ministres et Municipaux: Die Inspektionen des Collège wurde normalerweise von der Commission Collégiale durchgeführt, die sich aus dem Rhetorik-Professor der Lausanner Akademie, dem Principal, und zwei weiteren Professoren zusammensetzte. Für die Examen wurden zudem eine Delegation aus Pfarrern und einigen Mitgliedern der örtlichen Munizipalität zugezogen. nos Pasteurs: Damit dürften Pfarrer aus Lausanne gemeint sein, die an der Inspektion beteiligt waren.

967. Philipp Nabholz 16. Mai 1808 Brief von Nabholz in Kreuzlingen. 5

Kreuzlingen den 16. Mai 1808. Es entsteht in unserer Gegend, besonders im Bistum Constanz immer mehr Interesse für Erziehung im Allgemeinen und was besonders zu bemerken ist, für die Methode. Der Herr Generalvikar von Wessenberg arbeitet mit allen Kräften, oder ihre Lehrer

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sich mit derselben bekannt zu machen. Im Seminario, worin die meisten Alumnen auf eine ganz unbegreifliche Art innerhalb von 8 Tagen von der Methode ergriffen wurden (die theils aus Bayern und Würtemberg, theils aus dem Badischen sind) will der gegenwärtige Commissair desselben, Herr L. Kümmicher, eine bleibende Anstalt für die Pestalozzische Methode errichten; und in dieser Hinsicht hat er sich schon mit H[errn] v[on] Wessenberg besprochen, so dass wahrscheinlich einer oder zwei auf einige Zeit von den Alumnen zu Ihnen kommen werden. Ich kenne keinen für jetzt sicherern u[nd] ehrenvollern Weg, die Methode zu verbreiten, als wenn diese Anstalt, was ich sicher hoffe, gedeiht. Die Seminaristen sind alle junge kraftvolle Leute, die die Methode ganz ungewöhnlich begeistert u[nd] vom Seminar aus verbreiten sie sich bereits im ganzen südlichen Deutschland. sig. Nabholz

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 994, S. 135 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 9 Z. 10 Z. 11 Z. 14 Z. 16 Z. 18

Wessenberg: lateinische Schrift Seminario: lateinische Schrift Alumnen: lateinische Schrift Commissair: lateinische Schrift Wessenberg: lateinische Schrift Alumnen: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Philipp Nabholz (1782–1842), Benediktinermönch aus Villingen im Schwarzwald, studiert von 1802 bis 1804 an der Universität Freiburg im Breisgau Theologie, Mathematik und Philosophie, wechselt anschliessend nach Meersburg und Konstanz, um sich dort in praktischen Theologiekursen auf das Pfarramt vorzubereiten. Kurz nach seiner Weihe zum Priester 1806 wird Nabholz zusammen mit Johann Baptist Wepfer (1784– 1860, ⇒ Nr. 853) auf das Schullehrerseminar in Kreuzlingen (⇒ Nr. 938) aufmerksam, bildet sich bei Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) in Zürich als Lehrer weiter (⇒ Nr. 879) und übernimmt die Leitung des Seminars. Nach Umwandlung des Seminars in eine Knabenschule 1810 bleibt Nabholz dort Lehrer bis 1814 und geht anschliessend für ein halbes Jahr zu Pestalozzi nach Yverdon, mit dessen Schriften er schon seit einiger Zeit vertraut ist. Nach einem halben Jahr erhält Nabholz von der badischen Regierung einen Ruf auf die Stelle des Pfarrverwesers in Waldkirch bei Waldshut. Dieses Amt übt er bis 1822 aus und lehnt in dieser Zeit verschiedene Anfragen, als Lehrer, Direktor

478 oder Professor an den Gymnasien in Koblenz oder Mainz zu wirken, ab. Erst 1822 wechselt er als Direktor des neu geschaffenen Lehrerseminars nach Aarau und wird ab 1833 zugleich Mitglied des Kantonsschulrats, in dessen Auftrag er 1829 ein Gutachten über die wechselseitige Schuleinrichtung verfasst. Den Parteikämpfen in Aarau überdrüssig, nimmt Nabholz 1834 einen von Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774–1860, ⇒ Nr. 683) initiierten Ruf als Direktor des mit einem Lyzeum verbundenen Präparandeninstituts in Rastatt an, wo er Religion, Erziehungslehre und Deutsche Sprache unterrichtet. Ein Jahr später wird das von Nabholz geleitete Seminar mit 145 Zöglingen nach Ettlingen verlegt. 1839 wechselt er erneut nach Meersburg, um die Leitung eines zweiten badischen Lehrerseminars zu übernehmen. Sein Plan, eine Zeitschrift über Erziehung und Unterricht herauszugeben, wird durch seinen Tod 1842 gestoppt. II. Es ist unklar, ob dieser Brief direkt an Pestalozzi gerichtet war, da ein direkter Hinweis im Brief fehlt. Er war aber mit Sicherheit an das Institut in Yverdon adressiert und dürfte zumindest indirekt an Pestalozzi gerichtet gewesen sein. III. Z. 9 Z. 9 Z. 14 Z. 17

von Wessenberg: Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774–1860) ⇒ Nr. 683 ihre Lehrer: konnten nicht eruiert werden Herr L. Kümmicher: konnte nicht näher bestimmt werden einer oder zwei: Damit könnte Heinrich (Henry) Mülhens (1797–1826) gemeint sein, der im Mai 1808 auf Empfehlung Ignaz Heinrich von Wessenbergs (1774–1860, ⇒ Nr. 683) als Zögling nach Yverdon ging, wo er bis 1810 blieb und vor allem von Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653) unterrichtet wurde. Mülhens war der Sohn des Bankiers und Kommissionshändlers Johann Theodor Mülhens (1760–1837) und arbeitete ab 1820 als Prokurist in der Firma seines Vaters.

968. Georges de Rougemont 18. Mai 1808 von H[errn] Rougemont in Neufchatel 5

den 18ten May 1808.

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Überhäufte Geschäfte haben es nicht zugelassen, dass ich H[errn] Mons[ieur] N[iederer] geantwortet, auch nicht d[ie] Übersetz[un]g ihres Berichts an die Eltern zu vollenden, ein Beweis aber, dass mich beides sehr beschäftiget, ist der Entschluss Ihnen m[einen] 6jährigen Sohn anzuvertrauen; wenn sie, werthester Her, immer willens sind, ihn anzunehmen. Geben Sie mir Bericht darüber, u[n]d wenn Ihre Antwort bejahend ist, sagen Sie mir noch, ob Sie den Knaben in 2 od[er] 3 Wochen aufnehmen können. Der Anfang meiner Übersetz[un]g Ihres Berichts werde ich mit Ihnen lesen,

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damit Sie u[n]d Ihre Mitarbeiter urth[ei]len mögen, ob sie verdient fortgesetzt zu werden. Darauf können Sie zuversichtlich rechnen, dass ich mich glücklich schätzen werde, irgend auf eine Art z[um] Gedeihen Ihres grossen Unternehmens beyzutragen denn v[on] s[einem] glücklichen Ausgang hängt der Menschheit Bessrung und Glück ab.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 91, S. 172 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Sacherklärung I. Georges de Rougemont (1758–1824) ⇒ Nr. 956 III. Z. 4 Z. 6f. Z. 7f.

Z. 9f.

Neufchatel: Neuchâtel H[errn] Mons[ieur] N[iederer]: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 d[ie] Übersetz[un]g ihres Berichts an die Eltern: Johann Heinrich Pestalozzi: Bericht an die Eltern und an das Publikum über den gegenwärtigen Zustand und die Einrichtung der Pestalozzischen Anstalt in Iferten, Februar 1808 (PSW XXI, S. 11–87) m[einen] 6jährigen Sohn: Georges de Rougemont (1802–1810) war Schüler in Yverdon und erkrankte Anfang 1810 schwer. Aus dem Briefwechsel Pestalozzis mit dem Vater wird aber nicht deutlich, woran der Knabe starb.

969. Johannes Marti 20. Mai 1808 [Reg.] Marti bezahlt die Pensionskosten seines Sohnes.

Überlieferung 1

Schloss Burgdorf, Rittersaalverein, Nr. 13

480 Sacherklärung I. Johannes Marti (1768–1810) ⇒ Nr. 848 III. Z. 4

Sohnes: Johannes Marti (1796–1820) ⇒ Nr. 848

970. Johann/Hans Konrad Escher 4. Juni 1808 5

Monsieur Monsieur Pestalozzj à Yverdun. Lausanne den 4ten Brachmonat 1808.

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Mein theurer Vater Pestalozzi! Seit dem Empfang Ihres lieben Briefes von Vorgestern gab ich mir alle Mühe, einen Platz für Nussb[erger] zu finden, s o wie S i e es wünschen, aber vergebens. – Wie nun wenn wir es in das hiessige Wochenblatt setzen liessen – vielleicht könnte sich in einem S t ä d t c h e n des Kantons etwas für ihn zeigen. Wenn Sie mir ihn unterdessen lassen wollen – so will ich ihn behalten, ohne dass es ihn oder Sie etwas kostete – ich will ihn schon beschäftigen, er zeigt meinen Kleinen das Gross Schreiben auf der Schiefertafel – und ich will ihn versuchen ob er, nicht zu einem ordentlichen Landschulmeister zu bilden wäre. Überhaupt, was denken Sie von dieser Idee? Er benihmt sich beym Zeigen und in dem Umgang mit den Kleinen gar nicht übel. Wenn man von irgend einer Seite auch nur etwas für ihn thun wollte, so würde ich mich anheischig machen, ihn etwa 2 Jahre, oder auch länger zu behalten; würde ihn das französische, die englische Schrift und das Zeichnen – alles Lectionen, die ich gegenwärtig in meiner Schule geben lasse, lernen lassen; und da könnte, so Gott will, für des jungen Menschen physisches und moralisches Wohl doch noch etwas besseres aus ihm werden als ein Schneider. Ich kenne die Umstände, freilich nicht, unter denen er bey Ihnen fort gekommen ist; selbige müssen, Ihrem Briefe zufolge bedenklicher Art seyn. Allein, theurer Vater, die Stunde der Besserung schlägt für jeden Menschen; sie kann nahe seyn für Nussberg[er] und seinem ganzen Betragen nach glaube ich sie sey gerade da, diese Stunde der Umkehr; und

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wenn wir ihn durch etwas retten können, so bin ich herzlich geneigt ein Opfer zu thun. Es könnte vielleicht aus ihm noch ein wackerer Dorfschulmeister werden; und solche überall hervorzusuchen ist besser gethan als P r o f e s s o r e n und P r i n z e n fabriziren. Glaubten Sie, Mein Lieber Herr Pestalozzi, es würden sich 12 Schweizerfranken monatlich für ihn irgendwo heraus bitten lassen?? – ich würde mich dann verpflichten ihn zu behalten – unter der Bedingung natürlich dass er gut thäte u[nd] keine dummen Streiche machen würde. – Geben Sie mir bis übermorgen oder so bald als es Ihnen möglich ist eine Antwort und bleiben Sie ferner gut – Ihrem Sie herzlich liebenden Escher.

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Seyn Sie doch so gut, N i e d e r n zu sagen, d a s s e r mir doch ein mal die Bücher schicke und mich nicht immer in der dummen Verlegenheit lasse, sie dem Herrn nn. zurükgeben zu können, der sie mir geliehen hat. – Sie werden nächstens einen Besuch vom Prinzen von Baden bekommen.

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Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 50/51, Umschlag 74/1 Bogen, 181x142 mm Siegelspuren Original Textkritik

Zeuge H Z. 15 Z. 15 Z. 24 Z. 24f. Z. 27 Z. 28 Z. 42

ihn oder will ihn Lectionen: lateinische Schrift lasse, lernen Umstände, freilich denen bis übermorgen Sacherklärung I.

Johann/Hans Konrad Escher (1776–1835) ⇒ Nr. 589

482 II. Johann/Hans Konrad Escher (1776–1835, ⇒ Nr. 589) leitete eine Privatschule (⇒ Nr. 978) in Lausanne und scheint von Pestalozzi angefragt worden zu sein, ob er einen Schüler aufnehmen könne. III. Z. 9 Z. 10 Z. 23

Z. 46 Z. 48 Z. 50

Briefes: scheint nicht erhalten zu sein Nussb[erger]: Johann Nussberger (*1781) ⇒ Nr. 771 englische Schrift: Damit ist eine Schreibschrift gemeint, die auf der lateinischen Schrift aufbaut (englische Schreibschrift, copperplate) und keine Kurrentschrift. N i e d e r n : Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Herrn nn.: Es ist unklar, wer damit gemeint sein könnte. Prinzen von Baden: Karl Ludwig Friedrich von Baden (1786–1818) ⇒ Brief vom 29. Dezember 1817

971. Karl August Zeller 11. Juni 1808 5

Herrn Pestalozzi in Yverdun Hofwil den 7 Jun. 1808. / Hofwil den 11 Jun 1808.

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Freund! Was soll ich Ihnen sagen von dem allem? als[o] ich begreife nicht, wie das möglich war, noch immer nicht, ob auch mein körperliches Abschwächen mir und jedermann anschaulich beweise, dass ich seit 3 Wochen täglich 8 Stunden unter 42 Männern sitze, «ihnen zuhöre und sie frage.» Hier ist das weiss ich mit Gewissheit – Gottes Hand, nicht des Ungenannten, nicht meine, nicht Fellenbergs seine dass 42 Schulmeister von 56–18 J[ahren] mit täglich zunehmendem Enthusiasmus von 4 Uhr morgens bis Abends um 8 Uhr ununterbrochen – auch während des Essens fortfahrend zu debattiren – ihrem Ziele von festen Puncten aus entgegenwallen – a l l e – auch die Stadtschulmeister Albi von Bern und Kaus von Freyburg – bekennend, dass sie nichts können –; dass 10 sonst fast ganz unwissende Leute (Leuenbergern und Gassern ausgenommen) Repetenten und Unterlehrer der übrigen sind, die vielleicht Wunder was zu sein glaubten, dass der Gang des Musik- und des Unter-

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richts in der Formenlehre sie besonders ergreifen werde, das erwartete ich, – aber nimmer habe ich erwartet, dass Kirchenrath und Regierung so lebhaft f ü r die Sache eingenommen werden würden; dass Ith in allen Gesellschaften bekennen würde, das alles sey ihm ein Räthsel, und was er gesehen, habe ihn zu Thränen gerührt. Viel wurde allerdings vorgearbeitet. Die edle Mutter, Escher, hatte stark gesprochen in den Soiréen der Berner, von der Freude, Lehrerin seiner eigenen Kinder zu seyn, mit Liebe von mir, mit Achtung von Ihnen. Mein und des ungenannten Anerbieten konnte doch nicht geradezu abgelehnt werden. Man schrieb also aus und erwartete, dass niemand kommen würde. Als aber sich Dutzende anmeldeten, als Fellenberg nach Bern lief, um Zelten zu requiriren, die Schulmeistermasse unterzubringen da erschrack Herodes nebst seinem Hofe. Der Staatsrath versammelte sich. Der zu einem Diner eingeladene Präsident von Muralt musste die Austern im Stich lassen und nebst Ith und Risold heraus, um in Hofwil Sitzung zu halten. Da sahen Sie nun selbst den Zulauf der 8–10–12 Stunden weit herbeyströmenden 70 Schulmeister – schossen geschwinde 30 L[ouis]d’or zu den 50 vorhandenen, um doch auch etwas zu befehlen zu haben für ihr Geld, bestimmten die Anzahl auf 42, übertrugen Fellenberg die Oekonomie und bestellten den Schulcommissair des Oberamts, Pfarrer Müller von Limpach zum Commissair des Instituts. Bald gieng das Schwatzen los, das unsinnigste Zeug, meist von mir, und meinem Thun circulirte in Stadt und Land, dass die Commission noch einmal heraus musste und nun mit eigenen Augen die Heillosigkeit dieser Geschwätze sah. I t h kam in unser Bosket, eben wie die Commission des Landammanns zugegen war und schwieg, wie er diese (Heer von Glarus) urtheilen hörte, weislich von der Veranlassung seines Hierseyns. Aber sein Urtheil und der, des andern Tages sich einfindenen Stadtschulheissin von May gab in Bern schnell der öffentlichen Meynung eine andre Wendung und seitdem laufen sie zwar noch täglich, aber sie lassen uns in Ruhe. Ja es hat sogar der Kirchenrath einen der boshaftesten Schwätzer citirt und zum Widerrufe gezwungen. Pfarrer Müller ist ein sehr edler Mann und ein Zofinger. Sie können denken, wie günstig sein Bericht ausfiel. Ja es ist sogar davon die Rede, alle für das Schulwesen sich thätig interessirenden Geistlichen des Cantons zu einer sechstägigen Conferenz nach Bern einzuladen, um dadurch die Masse dieser Menschen zu beseelen. Urtheilen Sie, wie sehr diese Idee in meinen Plan passe,

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der mich jetzt ausschliessend beschäftigt, eine Societät von Schulfreunden zu stiften, die mit der [Behörde] des Zofinger Districts, (dessen Schulrath ich bin) anhebend, nach [und] nach die gesammte Geistlichkeit der Schweiz umfassen, [und] wie die Künstler- und helvetische Gesellschaft, sich alljährlich in [Bern] versammeln soll. Es ist, die Idee der Muttergesellschaften aus[führend,] das Höchste, das ich mir zu denken vermag. Übrigens ist mein Schiksal, ungeachtet des Dekrets von Aarau, das [vor mir] liegt, ungewisser, als jemals. Denn der, welcher Macht hat, zu sag[en Komm] her! der wird in 3 Wochen hier seyn, der König von W[ürtem]berg. Gott weiss, wie es mir dann gehen wird. Dass ich Sie nebst Meinra[d] unmittelbar nach meiner Prüfung sehen werde, das glaube und hoffe ich, möchten Sie doch auch die Freude haben, auch hier zu sehen, wie unsere Hoffnungen keimen und blühen. Leben Sie wohl, vom Bewusstseyn Ihrer Liebe und Achtung immer würdiger werden zu wollen, gehoben, liebend und geliebt von unsern Freunden, ältern und jüngern bin ich Ihr Zeller.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a/56, Umschlag 398/7 Bogen, 191mmx239 mm Siegelspuren, Siegelausriss, das zweite Datum steht am Schluss des Briefes Original Textkritik

Zeuge H Z. 15f. Z. 21 Z. 24 Z. 27 Z. 32 Z. 47 Z. 48 Z. 50 Z. 51 Z. 52 Z. 53 Z. 53 Z. 58 Z. 65 Z. 68

nicht Fellenbergs Albi: lateinische Schrift Unterlehrer der dass Kirchenrath Soiréen: lateinische Schrift commissair: lateinische Schrift Commissair: lateinische Schrift Commission: lateinische Schrift Augen∫ Commission: lateinische Schrift war∫ Heer: lateinische Schrift eine andre Conferenz: lateinische Schrift Societät: lateinische Schrift

485 Z. 69–79 Z. 70 Z. 78

Siegelausriss nach die König: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656 II. Auf Antrag des Kirchenrats (⇒ Nr. 623) hatte der Kleine Rat (⇒ Nr. 644) des Kantons Bern am 17. April 1807 sich für eine privat organisierte und vom Staat finanzierte Lehrerbildung entschieden. Nachdem die Regierung einen von Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) ausgearbeiteten Plan für gut befunden hatte, wurde in Hofwyl unter Zellers Leitung der erste bernische Fortbildungskurs durchgeführt. Der Kurs begann Mitte Mai 1808 und dauerte acht Wochen. Lit.: Marianne Helfenberger: Aspekte der Vorgeschichte der institutionalisierten Lehrerbildung im Kanton Bern 1798–1830. In: Claudia Crotti/Jürgen Oelkers: Ein langer Weg. Die Ausbildung der bernischen Lehrkräfte von 1798–2002. Bern 2002, S. 27–74 III. Z. 15

Z. 15f. Z. 21

Z. 21 Z. 24

Z. 23

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Ungenannten: Damit dürfte ein anonym bleiben wollender junger Berner Patrizier gemeint sein, der Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) mit einer Geldspende versah und ihn aufforderte, einen Plan zu einer Lehrerbildungsanstalt zu entwerfen. Dieser Aufforderung kam Zeller nach und errichtete in Hofwyl die in diesem Brief beschriebene Anstalt für Lehrerweiterbildungskurse. Lit.: Annedore Bauer: Die Pädagogik Carl August Zellers (1774–1846). Frankfurt am Main 1989, S. 237 Fellenbergs: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 Albi: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. Eventuell handelt es sich um den «Lehrer Aebi», der im Berner Adressbuch von 1822 aufgeführt ist. Dieser ist aber auch nicht weiter bekannt ist. Kaus: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. Leuenbergern: Es könnte sich hier um Christian/Christen Leuenberger (*1789) aus Langnau (Kt. Bern) handeln. Leuenberger war Schüler in Pestalozzis Anstalt in Burgdorf, danach Lehrer in Yverdon von 1810 bis 1812 und in Utzentorf von 1813 bis 1815, anschliessend bemühte sich Pestalozzi für ihn um eine Hauslehrerstelle in Grandson (Kt. Waadt). Gassern: Franz Gasser (1778–1825) aus Belp (Kt. Bern) besuchte 1802 einen dreimonatigen Ausbildungskurs in Burgdorf bei Pestalozzi und unterrichtete fortan in seiner Vatergemeinde. 1812 führte er dort, nachdem er 1808 den Zellerschen Schulmeisterkurs in Hofwyl absolviert hatte, auch eigene Lehrerexamen durch. Kirchenrath: Berner Kirchenrat ⇒ Nr. 623 Regierung: Kleine Rat von Bern ⇒ Nr. 644 f ü r die Sache eingenommen werden: Damit ist der Plan zur Einrichtung einer Anstalt für Lehrerkurse in Hofwyl gemeint, die ab Mitte Mai mit 42 Teilnehmern startete. Ith: Johann Samuel Ith (1747–1813) ⇒ Nr. 650 Escher: Margarete/Margaretha Escher-von Orelli (1745–1813) ⇒ Nr. 958

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Herodes neben seinem Hofe: Mit dieser biblischen Metapher beschreibt Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) die vordergründig wohlwollende, insgeheim jedoch auf ein Scheitern von seinen Hofwyler Lehrerbildungsplänen setzende Strategie der Berner Regierung. Diese Doppelbödigkeit wird personifiziert durch den Hinweis auf Herodes, der eine Schaukelpolitik sowohl gegenüber den Juden und dem römischen Kaiser Augustus betrieb, als auch gegenüber seinen zunächst als Nachfolger vorgesehenen drei Söhnen, die er jedoch allesamt hinrichten liess. Staatsrath: Der Staatsrat in Bern war das bedeutendste der fünf Departemente, in die sich der Kleine Rat (⇒ Nr. 644) aufteilte. Er hielt Sitzung, sooft es die Geschäfte verlangten wie zum Beispiel bei Fragen zur inneren und äusseren Sicherheit. Er setzte sich aus dem jeweiligen Amtsschultheissen (Präsident), den zwei ältesten und den zwei jüngsten gewählten Kleinräten (Beisitzer) und dem Säckelmeister zusammen. Protokoll führte der Staatssekretär. von Muralt: Bernhard Ludwig von Muralt (1749–1816) war 1808 Mitglied des Kleinen Rats (⇒ Nr. 644), des fünfköpfigen Staatsrats (⇒ Z. 39) sowie des siebenköpfigen Kirchen- (⇒ Nr. 623) und Schulrats. Es ist aber nicht zu erkennen, dass er in den genannten Ratsgremien als Präsident amtierte. Risold: Samuel Gottlieb Risold (1756–1827) war Pfarrer in Bern und 1803 Mitglied einer Gutachter-Kommission von Pestalozzis Anstalt in Burgdorf. Pfarrer Müller: Johann Müller (1764–1845) aus Zofingen (Kt. Aargau) wurde 1789 zum Pfarrer ordiniert und arbeitete ab 1790 als reformierter Pfarrer in Wattwil (Kt. St. Gallen), ab 1795 in Limpach und schliesslich ab 1810 in Grafenried (beide Kt. Bern). Er verfasste ein Kriegstagebuch über die französische Invasion (Die ersten Märztage zu Limpach, 1798). Commission: Damit ist vermutlich eine Kommission des Berner Kirchenrates (⇒ Nr. 623) gemeint, die Karl August Zellers (1774–1846, ⇒ Nr. 656) Lehrerbildungsanstalt in Hofwyl 1808 besuchte. Bosket: Damit dürfte die noch heute auf dem Areal von Hofwil bestehende kleine Baumgruppe gemeint sein, ein eigentliches Wäldchen (le bosquet, frz.), das hier wohl stellvertretend für Hofwil gelesen werden muss. Landammanns: Niklaus Heer (1755–1822) ⇒ Nr. 472 von May: Joh. Karl von May (1745–1824) war seit 1803 Berner Stadtschultheiss und amtierte zuvor ab 1787 als Vogt von Fraubrunnen, war ab 1792 im Kleinen Rat (⇒ Nr. 644) und 1794 Zeugherr. Künstler-: Gemeint ist wahrscheinlich die in Zofingen gegründete Gesellschaft Schweizerischer Künstler und Kunstfreunde (1806), welche ihr Vorbild in der Zürcher Künstlergesellschaft (1787) hatte. Die Künstlergesellschaften dienten generell der finanziellen Unterstützung von Künstlern und als Forum, um Werke der Mitglieder zu besprechen. Aus der Zofinger Vereinigung ging 1839 der bis heute bestehende Schweizerische Kunstverein (SKV) hervor. helvetische Gesellschaft: Die Helvetische Gesellschaft wurde 1761 bzw. 1762 gegründet, war überkonfessionell organisiert und vereinigte, neben einigen namhaften ausländischen Vertretern, die schweizerische aufklärerische Elite; dazu gehörten Männer aus Politik, Verwaltung, Militär, der Geistlichkeit, der Ärzteschaft, dem Bildungswesen, aber auch Handwerker und Künstler. Ihr Zweck lag in der Förderung der helvetischen Freundschaft und Eintracht und sie zielte auf die Reformierung verschiedener Lebensbereiche ab – allerdings immer im Rahmen der bestehenden politi-

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schen Verfassung. Sie diskutierte Fragen zur Verbesserung der Erziehung, der moralischen Vervollkommnung des Individuums und der Verbesserung der wirtschaftlichen Existenzgrundlagen, wobei sie von einem Fortschrittsglauben getragen wurde, der voraussetzte, dass die republikanische Tugend die Menschen zur Freiheit, Gleichheit und religiösen Toleranz führen werde. Nach einer Erneuerung im Jahre 1807 hatte die Gesellschaft in dieser Form bis 1858 Bestand. 1914 wurde schliesslich eine Neue Helvetische Gesellschaft aus der Wiege gehoben, die bis heute besteht. Lit.: Ulrich Im Hof/François de Capitani: Die Helvetische Gesellschaft, 2 Bände. Frauenfeld 1983 Dekrets von Aarau: Damit dürfte die Vocationsurkunde Karl August Zellers (1774–1846, ⇒ Nr. 656) für die Lehrerstelle an der Stadtschule Zofingen gemeint sein, die der Kantonsschulrat in Aarau Zeller am 24. Mai 1808 zusandte (StA Aarau, Missiven Protokoll des Kantons Schulrathes Bd. 30 I 1807/8, S. 122f.). König von W[ürtem]berg: Friedrich I. von Württemberg (1754–1816) ⇒ Nr. 939 Meinra[d]: Meinrad Kerler (1778–1830) ⇒ Nr. 853

972. Johann Jakob Friedrich Ladomus 11. Juni 1808 Carlsruhe den 11ten Juny 1808. 5

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Lieber Vater! Zuerst meinen herzlichen Dank für die gute Aufnahme, die mein Freund Harscher bey Euch fand. Die Nachricht davon gab mir neues Leben. Ich glaubte mich auch von Euch verkannt u[n]d vergessen. – Hier gehts und muss gehen trotz allen Hofräthen der Art, die Ihr kennt. Victoria! Ich habe glücklich gesiegt u[n]d kann Euch melden, dass zu Ende dieses Monats bey Euch eintreffen wird H[err] König, Garnisons-Schullehrer mit dem Sohne des H[errn] Geheimen Finanz-Rath Vierodt u[n]d des H[errn] Meerwein hiesigem Kaufmann. Dieser H[err] König, eine tabula rasa des guten Willens die Methode zu studieren, wird 1 auch vielleicht 2 Jahre bey den Kleinen bleiben u[n]d soll bey Ihnen schlafen u[n]d mit Ihnen essen. Ich melde Euch daher diess im voraus, dass Ihr Euch auf wenigstens 3 Bettstellen u[n]d Essplätzen richtet. Betten bringen die Kleinen mit. Ich sage auf wenigstens 3, denn ich habe Hoffnung, dass noch mehrere mitgehen. A propos! Waren schon jüdische Zöglinge im Institut und würdet Ihr solche annehmen? Mit H[errn] König, den ich Euch im voraus empfehle, hoffe ich mit der Zeit auch die Ungläubigsten zu widerlegen, wenn sie bis dahin noch nicht besiegt seyn sollten, indem ich unter Ihren Augen spre-

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chende Resultate entstehen lassen werde. Aber eben desswegen soll er 1 Jahr wenigstens bey Euch bleiben. Pfuscher-Versuche soll er von Euch kommend hier nicht unternehmen. – Habt doch die Güte u[n]d fragt den Herrn Niederer ob er meinen Brief vom 2ten April, bescheinigt durch die Post Expedition, nicht erhalten, in welchem Falle ich auch der Post ein Wort sagen werde. Hat er ihn aber erhalten, so sagt ihm; es sey überall Sitte, den Empfang recommandirter Briefe anzuzeigen. – Übermorgen reise ich Turk entgegen. Ach! mein Herz pocht. Ich kann die Wiedersehens Minute nicht länger verschieben. Ich werde ihn auch ein Stück Weges begleiten. Könnte ich doch mit bis dahin, wo Ihr ihm entgegen komt. Ich muss u[n]d scheine zum isolirt stehen bestimmt zu seyn. Keine liebende Seele schliesst sich mir an um gleichen Zweck gemeinschaftlich zu erstreben: u[n]d doch kommt mir das lieblose Handeln so schwer. Soll diess vielleicht ein Bildungs Mittel für mich seyn?! Gut, ich nehme es geduldig aber bitter ist u[n]d bleibt die Kur. Bald hätte ich Euch vergessen zu sagen, dass ich den Access in der Generalstudien Comission erhalten u[nd] in der nächsten Sitzung eingeführt werde. Lebt wohl mit H[errn] König ein Mehrers. J.F. Ladomus.

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ZB Zürich, Ms Pestal 52/53, Umschlag 180/2 Blatt, 223x192 mm Dorsualvermerk Beantwortet den 17ten Juni 1808. Ladomus. Original Textkritik

Zeuge H Z. 4 Z. 4 Z. 7 Z. 7 Z. 10 Z. 11 Z. 12 Z. 13 Z. 13 Z. 13 Z. 14 Z. 14 Z. 20

Carlsruhe: lateinische Schrift Juny: lateinische Schrift Harscher: lateinische Schrift Euch∫ Victoria: lateinische Schrift bey∫ König: lateinische Schrift Finanz: lateinische Schrift Vierodt: lateinische Schrift Meerwein: lateinische Schrift König: lateinische Schrift tabula rasa: lateinische Schrift A propos: lateinische Schrift

489 Z. 22 Z. 23f. Z. 28 Z. 29 Z. 29 Z. 31f. Z. 32 Z. 32 Z. 42 Z. 42 Z. 43

König: lateinische Schrift wenn sie bis dahin noch nicht besiegt seyn sollten∫ Niederer: lateinische Schrift April: lateinische Schrift Expedition: lateinische Schrift recommandirter: lateinische Schrift an∫zuzeigen Turk: lateinische Schrift Access: lateinische Schrift Generalstudien Comission: lateinische Schrift König: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Johann Jakob Friedrich Ladomus (1782–1854) ⇒ Nr. 689 II. Johann Jakob Friedrich Ladomus (1782–1854, ⇒ Nr. 689) war seit 1807 Professor für Mathematik in Karlsruhe und kannte Pestalozzi seit seinem Besuch 1804 in Burgdorf und Münchenbuchsee. III. Z. 7

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Harscher: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. Da im Lehrerverzeichnis von Yverdon bei Harscher der Vermerk «Heidelberg, Professor» steht, könnte es sich möglicherweise um Johann Georg Harscher handeln, der 1800 in der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg eingeschrieben war. Ein Harscher, der zur fraglichen Zeit Professor war, aber nichts mit Heidelberg zu tun hatte, ist Ludwig Harscher (1766–1827) aus Almendingen. Er war Jurist, studierte in Göttingen, habilitierte 1794 in Herborn, wo er dann auch unterrichtete. 1803 wurde er Oberappellationsgerichtsrat in Hadamar (Hessen), 1811 wurde er zum Vizedirektor des Hofgerichts zu Wiesbaden ernannt, 1816 übernahm er den Posten als Vizepräsident des Hofgerichts in Dillenburg (Hessen). glücklich gesiegt: Damit könnten zwei Dinge gemeint sein: Erstens genehmigte das Geheime Finanzdepartement den Mietvertrag zwischen Johann Jakob Friedrich Ladomus (1782–1854, ⇒ Nr. 689) und dem Ankerwirt Burkhard (wahrscheinlich geht es um die Miete von Schulräumen), was zur Folge hatte, dass der Mietzins von der Generalkasse bezahlt wurde. Zweitens setzte sich die Generalstudien-Kommission (⇒ Z. 42), unter anderem mit wohlwollenden Äusserungen gegenüber der von Ladomus im Unterricht verwendeten Methode, beim hohen Finanzdepartement für die Bewilligung eines Antrages von Ladomus ein, mit welchem er zu seiner Entlastung um Erlaubnis für die Anstellung eines Lehrers für das «zweckmässige Zeichnen» bittet (vgl. Generallandesarchiv Baden-Württemberg ABT. 237/4490, S. 30ff.). H[err] König: Johann Georg König (1781–1842) aus Opfingen bei Freiburg (Baden-Württemberg) war zuerst Garnisonsschullehrer in Karlsruhe, 1808– 1810 folgte ein Aufenthalt bei Pestalozzi in Yverdon. Zurück in Karlsruhe unterrichtete er als Hilfslehrer am Lyceum, 1812 liess er sich beurlauben

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um für das Studium der Methode des Taubstummenunterrichts ein Jahr nach Paris zu gehen. Nach seiner Rückkehr unterrichtete er wieder als Lehrer am Lyceum Karlsruhe, wo er 1817 zum Hauptlehrer der unteren Klassen ernannt wurde. 1816 wurde er zudem Lehrer an der badischen Taubstummenanstalt in Karlsruhe, deren Leitung er ab 1817 übernahm und bis zur Verlegung der Anstalt nach Pforzheim um 1826 ausübte. 1824 erhielt König den Titel eines Grossherzoglichen Raths und wurde wegen grosser Verdienste um die Erziehung mit der goldenen Zivilverdienstmedaille ausgezeichnet. Sohne: Heinrich Vierordt (1797–1867), Handelsmann und Bankier, stiftete 1867 der Stadt Karlsruhe 60’000 Gulden für wohltätige Zwecke, die dann zum Bau des Vierordtbades verwendet wurden. Vierodt: Georg Heinrich Ferdinand Vierordt (1758–1823) aus Leiselheim (heute Stadtteil von Worms) war Ratsherr in Korbach (Hessen) und wurde 1808 Badischer Finanzminister. Er war dreimal verheiratet und starb in Karlsruhe. Meerwein: Karl Friedrich Meerwein (1800–1814) war der Sohn des Handelsmanns Christian Friedrich Meerwein (1770–1843) aus Karlsruhe. Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Turk: Wilhelm Christian von Türk (1774–1846) ⇒ Nr. 653 Generalstudien Comission: Im Zusammenhang mit ersten zaghaften Versuchen, das badische Mittelschulwesen zu entkonfessionalisieren und zu säkularisieren, wurden die Mittelschulen 1807 durch landesherrliche Verordnungen der Aufsicht der General-Studien-Kommission und somit staatlicher Aufsicht unterstellt. Die General-Studien-Kommission hatte die Aufgabe, Lehrerstellen zu besetzen, sowie Lehrpläne und schulische Finanzen zu beaufsichtigen. Ab 1809 wurde das Mittelschulwesen der Evangelischen und Katholischen Kirchensektion, ab 1836 dem Oberstudienrat und ab 1862 dem Oberschulrat unterstellt.

973. Karl/Carl Ritter 12. Juni 1808 5

Herrn Pestaloz zi in Yverdun Frankfurth d[en] 12ten Jun. 1808.

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Ehrwürdiger Mann! Noch immer lebe und bin Ich bei Ihnen; nie werde ich je wieder von Ihnen mich trennen können. Wenn auch Verhältnisse des Lebens und Pflichten mich an eine andre Zone fesseln, so wird mein Herz und mein Geist doch nur in jener Elementarwelt auf-

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blühen, welche allem Werdenden erst die wahre Kraft und Fülle seines Daseyns gibt. Noch habe ich es bis jetzt nicht gewagt Ihnen zu schreiben, weil mir Alles nicht wichtig genug zu seyn schien, was ich Ihnen sagen wollte; jetzt begleite ich nur mit diesen Worten das Wichtigste was ich über Sie und Ihre Methode zu sagen hatte, wozu meine Überzeugung und mein Herz mich drängten. Der Mensch soll ja auf s e i n e Weise an der Geschichte seiner Zeit theil nehmen, und thun was er k a n n , damit alles besser und das Bessere verbreitet werde. Mehr habe auch ich nicht thun w o l l e n . Ich hoffe auf keine Weise dem Guten durch meinen Aufsatz zu schaden; diess würde mich tief schmerzen. Wo ich aber das Gute zu nennen suche, da thue ich es mit der völligsten Überzeugung, durchdrungen von der Wahrheit und Vortreflichkeit dessen was ich anerkenne. Dem ungeachtet übersende ich die 3 Hefte in welchen diess Schreiben enthalten ist, Ihnen nur mit einer bangen Empfindung; weil der Gegenstand zu wichtig ist und zu umfassend, als dass ich mir schmeicheln sollte, auch immer das Alleinwahre und Nothwendige gesagt zu haben. Wie sehr bitte ich Sie daher ehrwürdiger Vater, den Inhalt zu prüfen und mich darüber zu belehren, zur Erhellung meines eignen Blickes und zur Berichtigung für andre. Sehen Sie durchaus meine Bemerkungen nur als m e i n e Ansicht an: denn auch nur unter dieser Form und Bedingung habe ich sie dem Pueblicum mitgetheilt. Vielleicht dass wenn Ihre Zeit es nicht erlaubt ein belehrender Wink von Niederer oder einem Ihrer Freunde mir gegeben wird. Unser gemeinschaftlicher Freund, der edle v[on] Türk bringt Ihnen die Hefte; einen andern Aufsatz im Schulfreunde meines Vaters, den ich noch nicht erhalten habe, werde ich Ihnen nachsenden. Wie freue ich mich dass Erde und Himmel Ihr Werk segnet! es ist ein neuer Sieg des Lichtes über die Finsterniss. Über die Fortschritte welche die Methode macht, kann niemand grössere Freude empfinden als ich; ich habe mich von ihrem grossen Umfange überzeugt, und begreife das Gewicht jedes einzelnen Theiles. Mein grösster Wunsch den ich habe, ist, bei Ihnen ein Jahr zuzubringen, um mich mit dem Inhalt zu erfüllen den ich ahnde. Wann diess geschehen kann weiss ich nicht; aber es wird sicher geschehen. Ich weiss es, dass Sie Ihre Freunde gern sehen. Ich umarme Sie, theurer Pestalozzi! glücklich leben Sie; leben Sie lange und grüssen Sie Ihre trefliche Gattinn und Freunde von Ihrem

492 Sie innigstliebenden jungen Freunde C. Ritter.

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ZB Zürich, Ms Pestal 55, Umschlag 305/1 Bogen, 250x207 mm Siegelspuren, Dorsualvermerk Nebst 3 Heften durch Güte Original Textkritik

Zeuge H Z. 36 Z. 38 Z. 39

meine Pueblicum: lateinische Schrift erlaubt ein Sacherklärung I.

Karl/Carl Ritter (1779–1859) ⇒ Nr. 908 III. Z. 24

Z. 28 Z. 39 Z. 41 Z. 42 Z. 42

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meinen Aufsatz: Der Aufsatz setzt sich aus zwei unterschiedlich betitelten Schriften zusammen: Carl Ritter: Schreiben eines Reisenden über Pestalozzi und seine Lehrart und Carl Ritter: Zweiter Brief an den Herausgeber über Pestalozzis Methode, angewandt auf wissenschaftliche Bildung. In: Neue Bibliothek für Pädagogik, Schulwesen und die gesammte neueste pädagogische Literatur Deutschlands 1808, S. 17–33, S. 112–135, S. 193–214. 3 Hefte: Neue Bibliothek für Pädagogik, Schulwesen und die gesammte neueste pädagogische Literatur Deutschlands, Heft 1–3. 1808 Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 v[on] Türk: Wilhelm Christian von Türk (1774–1846) ⇒ Nr. 653 einen andern Aufsatz: konnte nicht eruiert werden Schulfreunde: Heinrich Gottlieb Zerrenner (Hrsg.): Der neue deutsche Schulfreund: ein nützliches Hand- und Lesebuch für Lehrer in Bürger- und Landschulen. Berlin/Stettin (1801–1812) Vaters: Heinrich Gottlieb Zerrenner (1750–1811) ⇒ Nr. 933 Gattinn: Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3

974. Friedrich Heinrich Christian Schwarz 15. Juni 1808 Heidelberg den 15ten Jun. _8. 5

Lieber, ehrwürdiger Mann!

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Was Sie mir geworden sind, das fühle ich erst ganz, seitdem die Alpen hinter mir liegen, u[n]d mein Gemüth freyer geworden ist von den Unruhen der Reise und der Macht so mannigfaltiger grosser Eindrücke. Zur Schweiz hin zieht mich öfters in stillen Stunden eine Art Heimweh, aber zu Ihnen noch mehr als das. Ja, Freund Pestalozzi, wir bleiben ewig verbunden, u[n]d das nicht bloss in dem allgemeinen Bande der Liebe, sondern in dem besondern, was diese in unserm Wirken schafft; u[n]d wenn unser irdisches Wirken vorüber ist, so bleiben wir auch verbunden. An Ihrem Werke schaue ich hinauf, so wie an Ihrem Geiste, u[n]d mein Gemüth ist grösser geworden, seitdem ich dieses konnte. Mit meinen Gedanken bin ich viel bey Euch, lieber Pestalozzi – ich umarme Euch Alle herzlich an jedem Tage; ich verdanke Euch vieles in jeder Hinsicht, und ich hielt mein Herz mit einer gewissen Gewalt zurück, um nicht in einen Enthusiasmus zu kommen, der innerlich die Einsicht hindert u[n]d äusserlich dem Urtheil schadet. So werde ich es immer halten, in allem was ich darüber öffentlich sage; mein Herz möchte aber immer lieber u[n]d lebendiger zu Euch selbst reden. O dass ich so glücklich seyn möchte, Euch künftiges Jahr besuchen zu können! – Der würdige von Türk ist glücklich, dass er bei Euch ist, und ich gönne ihn Euch; meine Segenswünsche begleiten ihn. Er wird Euch übrigens noch manches von mir sagen. Könnt Ihr mir zu zeiten einmal schreiben oder der Eurigen einer, so erfreut Ihr mich – aber schreibt dann an einen alten Freund, u[n]d lasst den «wohlehrw[ürdigen] H[er]rn Kirchenrath, wo der hingehört. Lebt wohl! Meine herzlichen Grüsse u[n]d Danksagung, besonders an die ehrwürdige Mutter Pestalozzi, u[n]d dann an die Männer, die hoffentl[ich] meine Freunde bleiben. Der Ihrige Schwarz. Hiebey die Abschrift Ihres Briefes an meinen Schwiegervater, (der sich über die Nachrichten von Ihnen sehr erfreut hat); diesem Brief lag noch die Abschrift Ihres damaligen allgemeinen bey an Ihre schweiz[erischen] Freunde v[om] 3ten Okt[ober] 1802.

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ZB Zürich, Ms Pestal 55, Umschlag 437/1 Bogen, 237x195 mm Original

494 Textkritik Zeuge H Z. 6 Z. 20 Z. 38

ganz∫ zu∫ bey∫ Sacherklärung I.

Friedrich Heinrich Christian Schwarz (1766–1837) ⇒ Nr. 947 II. Friedrich Heinrich Christian Schwarz (1766–1837, ⇒ Nr. 947) hatte im April 1808 Yverdon besucht. III. Z. 26 Z. 33 Z. 36 Z. 36 Z. 38

von Türk: Wilhelm Christian von Türk (1774–1846) ⇒ Nr. 653 Mutter Pestalozzi: Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 Ihres Briefes: scheint nicht erhalten zu sein Schwiegervater: Johann Heinrich Jung-Stilling (1740–1817) ⇒ Nr. 572 Abschrift: scheint nicht erhalten zu sein

975. Rosette Kasthofer 18. Juni 1808 Arau den 18ten Brachm[o]n[a]t 5

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Jezt, da ich so vieles sagen möchte, find ich so wenige Augenblike, u[nd] so selten Kraft diese Wenigen zu benutzen. Lieber Vater! als Sie mich sahen war ich nicht glüklich, aber muthvoll u[nd] wirksam – Sie fanden mich ruhig u[nd] heiter, u[nd] ruhig u[nd] heiter war ich! – Durch wie viel Leiden ich diese Ruh diese Heiterkeit mir errungen, das kennt nur der dem nichts verborgen ist – Genug! ich genoss mit Dank das theüer erkaufte Gut, das jeden Morgen Kraft, jeden Abend Trost für die Last des Tages mir schenkte. Von der Zukunft hofft ich Erleichtrung, die Hoffnung stieg zur Gewissheit, u[nd] sank tief zum Trug hinunter. Meine Kräfte sind gehemmt, gepresst durch den Druk meiner Lage – Ich ringe von Morgen bis Abend nach ihrer Erhaltung durch Muth u[nd] Anstrengung, u[nd] schwanke von fruchtlosem Bemühen zum ermunternden Gelingen, u[nd] von diesem wieder zu jenem – doch zur Sache! – Früh als Kind, später als Mädchen, u[nd] heüte wie immer, genoss ich nur seltene Tage Erlösung von

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drükenden oft herzzerreissenden Verhältnissen – Was aber als Schwerstes zum schwer zu tragendem sich gesellte, war die unglükliche Leidenschaft grenzenloser Liebe. Vom 18ten bis zum 20ten Jahr lebt ich unter einem Dach mit einem Menschen der gleich Anfangs meiner Ruhe gefährlich war, u[nd] gegen den ich vergebens zu bewaffnen mich bemühte – Er liebte mich leidenschaftlich u[nd] ich erwiederte ganz aber mit Schreken seine Liebe – denn er war ein Franzos, u[nd] in dem Gedanken einen solchen zu lieben lag Höll für mich! Mein Vaterland war mir theüer, ich mochte es ungern verlassen. – Er musste reisen, u[nd] als Chirurg der Armée folgen – ich verwarf jedes Versprechen jedes Wort das ihn hätte binden können, untersagte ihm jeden Briefwechsel u[nd] liess ihn frey ziehen. – Ich glaubte die Zeit werde eine Leidenschaft tilgen die an jeder Nahrung darben müsse – oder sollte sie Zeit u[nd] Trennung wieder streben so entscheide später die Vernunft ob sie dieser Vereinigung beypflichten könne. – Zwey Jahre Trennung waren verflossen u[nd] ich war näher dem Tod als dem Leben eine wüthende Krankheit warf mich darnieder, u[nd] ohnmächtig u[nd] kraftlos, must ich von überzeügenden Beweisen überführt, einsehen dass ich vergessen sey – musste in den gleichen Tagen den Tod eines geliebten Vaters ertragen – u[nd] meine Ohnmacht erzeügte Kraft mein Schmerz wich der Überwindung – keine Thräne entfiel mehr meinem Auge – tiefe Ruhe dekte tiefe Wunden – Thätigkeit u[nd] Zufriedenheit – erhoben mich über mein Schiksal – ich suchte meine Wirksamkeit zum bessern Zwek zu leiten – ich kannte Sie mein Vater, u[nd] fand ein höheres Glük als ich je geträumt hatte! – – Zum erstenmahl blikt ich in sorgenloser Ruhe der Zukunft entgegen, denn sie versprach mir den edleren Zwek nach dem ich strebte. Zwar gedrükt durch Verhältnisse eigener Art konnt ich lange schon nicht frey mit Ihnen sprechen, weil mir Sinne u[nd] Gedanken oft quälend in Anspruch genommen waren; jedoch war meine Ruhe noch nicht zertrümmert wie jezt, als ich die lezten Zeilen an Sie schrieb. – Aber nun seit 7 Jahre langer Trennung erhält mein Bruder Briefe von dem der mich liebte u[nd] noch liebt – die Beweise seines Vergessens sind als falsch erwiesen – Was ist nun zu thun? Was wird mein Loos seyn wenn ich mich ihm hingebe? Erfordert nicht vielmehr das Glük meines künftigen Lebens, dass ich aufs neüe den Kampf beginne u[nd] mich losreisse für immer? Kann ich es thun um seinetwillen? u[nd] bleibt mir Kraft es zu vollbringen? Kein wichtiger Schritt meines Lebens hab ich noch zu bereüen, wie wird es nun werden? – Gott gebe dass Leidenschaft

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meinen Blik nicht trübe! – Die Ungewissheit meiner Lage ist drükend – aber weit drükender noch als sie ist der Gedanke dass meine Hoffnung mitzuwirken zu Ihren Zweken, Ihre Hoffnung auf mein Wirken, nun hin schwinden soll zum nichtigen Traum! Wie könnt ich ein Glük geniessen das auf den Trümmern dieser Hoffnung sich baute. – Wie innig ich an Ihnen hange Vater das fühl ich jezt mehr als ich es je gefühlt – mein Schiksal entscheide sich nun wie es will, so wenig ich aufhören kann Sie kindlich zu lieben, eben so wenig, ich fühl es, können auch Sie aufhören mich väterlich zu lieben – O sagen Sie mir bald dass ich wahr empfinde – nichts in der Welt vermag besser mich aufzurichten als Worte von Ihnen. Muthlos bin ich nicht – ich arbeite fort u[nd] fühle allmähliges Fortschreiten. – Der Druk meiner Lage sey noch so hart, die wieder erwachte Leidenschaft noch so quälend – oft gelingts mir alles zu besiegen u[nd] dann fühl ich dass nur der Tod töden kann was so rastlos hinstrebt zum Ziel. – Und sollte auch alles hinfallen was Kraft an mir ist, werden Sie doch nie verwerfen das Herz Ihrer Kinder. Warum ich früher nicht geschrieben? – Seit der Niederkunft meiner Schwester, sind nur Leiden ihr Theil – Sie kennt keinen andern Wechsel als von erträglichen zu unerträglichen Schmerzen. – Seit 6 Wochen bin ich Krankenwärtherinn, von Morgens bis Abend rastlos beschäftigt u[nd] dabey selbst krank u[nd] leidend – die bessren Tage werden auch kommen; – ich erwarte sie in ungetrübter Gelassenheit. So mannigfaltig bedrängt wie jezt war ich nie – Könnt ich das Gemälde meiner gegenwärtigen Lage ganz Ihren Bliken vorhalten, sie würden theilnehmend u[nd] traurend darauf weilen – dennoch kann ich nicht unglüklich mich nennen – muthlose Augenblike kenne ich keine! frohe noch viele! nur wo den Menschen der Muth verlässt fängt das Unglük an – nur wo er sich selbst verlässt steht er verlassen – – nach höhern Gesetzen ist er den Umständen untergeordnet, doch nicht diese sondern die Art u[nd] Weise mit der er sich darein fügt, bestimmen sein Schiksal – Wer viel leiden muss, lernt viel leiden, u[nd] wer geübt ist in der grossen Kunst zu leiden, dem bleibt auch der einfache Weg zum Lebensglük nicht verborgen; Lieber zur Zeit der Drangsal jeder innren Kraft aufbieten, u[nd] den Kampf des bessren Menschen kämpfen; als im verdorbnen Lebensschlendrian, heüte wie gestern u[nd] morgen wie heüte, jede höhere Fähigkeit, jede höhere – Selbstachtung einwiegen u[nd] zu Grabe stürmen – In Gottes nahmen ich bin zufrieden!

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Meine Gesundheit liegt tief darnieder – ich leide Tag u[nd] Nacht – Gefahr ist keine – u[nd] besser wird es wohl werden – Leben Sie wohl mein väterlicher Freünd! erfreüen Sie bald mit ein parr Zeilen Ihre so ganz ergebene R. Kasthofer

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ZB Zürich, Ms Pestal 53/54, Umschlag 264/V,1 Bogen und Blatt, 213x168 mm Original Textkritik

Zeuge H Z. 14 Z. 31f. Z. 32 Z. 50 Z. 53 Z. 89

stie∫g Chirurg: lateinische Schrift Armée: lateinische Schrift Zwek nach war meine Lage Sacherklärung I.

Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857) ⇒ Nr. 842 II. Um 1805 hatte Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857, ⇒ Nr. 842) beschlossen, Erzieherin zu werden, sie trat aber erst im November 1808 als Mitarbeiterin in Yverdon ein. III. Z. 25

einem Menschen: Die unbekannt gebliebene Jugendliebe stand Jahre später mit einem ihrer Brüder in Kontakt (vgl. Yvonne Leimgruber: In pädagogischer Mission. Bad Heilbrunn 2006, S. 22). Aus den spärlichen Angaben eröffnen sich aber zwei Thesen: 1) Der Franzose lebte – möglicherweise als ehemaliger Studienkollege ihres Bruders Friedrich Franz Kasthofer (1775– 1854, ⇒ Z. 55f.), der ebenfalls Chirurgie studiert hatte – im Hause Kasthofer. 2) Beim Franzosen handelte es sich um einen Verwandten oder Hausbewohner im Hause Maulaz in Grandson (Kt. Waadt), wo Rosette ihrerseits zu diesem Zeitpunkt lebte. Diese These wird zusätzlich genährt durch eine Brief-Passage an Jeanne Ray vom 26. Juni 1808: «Le voyage de Grandson à Morat a élevé de fortes barrières entre la maison Maulaz et moi. A l’homme qui m’ait ainsi manqué pourrait il m’estimer en me voyant ainsi reprocher de lui, et d’un autre côté pourrait il me voir choisir une autre maison que la sienne, sans l’interpréter en reproche?» (ZB Zürich, Ms Pestal 819.22/14, S. 3).

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Z. 55f.

Z. 83

Vaters: Emmanuel Gottlieb Kasthofer (1725–1803) aus Bern diente im holländischen Militär und war später in Bern als Prokurator tätig. Dank der Stellenvermittlung seines Sohnes Gottlieb Rudolf Kasthofer (1767– 1823, ⇒ Nr. 1426) wurde er 1789 Verwalter des Berner Inselspitals, dem allgemeinen Krankenhaus. mein Bruder: Es bleibt unklar, um welchen Bruder es sich handelt, da keine entsprechenden Briefwechsel mit einem der Brüder gefunden werden konnten. Spekulativ, aber plausibel wäre eine Verbindung zwischen Rosette Niederer-Kasthofers (1779–1857, ⇒ Nr. 842) unbekannter Liebe und Friedrich Franz Kasthofer (1775–1854), da beide ein medizinisch-chirurgisches Studium absolviert hatten. Friedrich Franz, ab 1822 verheiratet mit Jeanne de Beausobre (1779–1846), studierte erst in Zürich, dann in Jena und Paris, war 1798/99 Militärarzt in Stans und anschliessend – etwa während des Zeitraums zwischen dem 18. und 20. Lebensjahr Rosettes – Chef des Militärspitals in Münchenbuchsee. meiner Schwester: Katharina Margaretha Susanne Kasthofer (1769–1853) heiratete 1794 den Pfarrer Daniel Hunziker (1769–1842), mit dem sie drei Söhne haben sollte: Johann Albrecht (1795–1871), Karl Rudolf (1806–1865) und Friedrich Emanuel (1808–1891). Sie leitete an den Pfarrgemeinden ihres Ehemannes Arbeitsschulen für Mädchen.

976. Karl August Zeller 30. Juni 1808 5

Den Freund und Vater Pestalozzi. Hofwil den 30 Jun. 1808.

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Der Mann, der Ihnen, Freund und Vater! diese Zeilen überbringt k a n n , – entzückende Hoffnung! – der Seegen meines Vaterlands werden. Er ist von Liebe erfüllt für Ihre Person durchdrungen von Bewunderung und Achtung unserer Sache. Bedarfs es da noch eines Wortes der Empfehlung? was er braucht, ist Anschauung – der Wirkungen aller Mittel, dass – wenn er – (wahrscheinlich –) Cult- und Studienminister von Würtemberg werden sollte, diese Anschauung das reine, durch sich selbst feste – Ungeschminkte, keiner Schminke bedürfende Fundament seines Thuns in seinem Kreise bleibe für und für! Salve! Mit Erstaunen höre ich von ihm, dass L o h r – Bibliothekar und Lektor des Königs von Würtemberg – viel bei dem Könige gelte, und, einst dessen Enkel erziehen solle? Ob was von diesem Manne zu hoffen ist?

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Den 7ten Jul[i] soll der Gesalbte von W[ürtemberg] hier sein! Wie mir bange ist, Entscheidung von ihm zu erhalten, können Sie denken. Gut geht es mit meiner hiesigen Sache! Heute war Wattenwil mit seiner Frau von 7 Uhr morgens bis 12 Uhr mitt[a]gs unter uns, munter und zufrieden, wie ein Kind; künftige Woche sollen die Pfarrer, wenigstens der Hälfte des Landes kommen und dann – man presste mich, zu enden, also Liebe um Liebe Ihres Zeller.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a/56, Umschlag 198/8 Bogen, 237x194 mm Siegelspuren, Datum am Schluss Original Textkritik

Zeuge H Z. 11

Bewunderung und Sacherklärung I.

Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656 II. Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) erhoffte sich von diesem Examen, an welchem auch Friedrich I., König von Württemberg (1754–1816, ⇒ Nr. 939) teilnehmen sollte, eine Möglichkeit, in Württemberg beruflich wieder Fuss zu fassen oder aber mit dem Einverständnis des Königs im Ausland arbeiten zu können. III. Z. 8 Z. 18 Z. 19 Z. 20

Z. 24f.

Der Mann: Damit könnte Karl August von Wangenheim (1773–1850, ⇒ Nr. 977) gemeint sein. L o h r : Friedrich Lehr (1782–1854) ⇒ Nr. 1019 Königs: Friedrich I. von Württemberg (1754–1816) ⇒ Nr. 939 dessen Enkel: Friedrich von Württemberg (1808–1870) durchlief eine militärische Karriere in der württembergischen Armee, in der er schon als Fünfzehnjähriger zum Rittmeister II. Klasse und 1832 zum Oberst der Infanterie befördert wurde, bevor er 1841 den Rang eines Generalleutnants der Kavallerie und schliesslich 1865 eines Generals erhielt. Wattenwil: Niklaus Rudolf von Wattenwyl (1760–1832) leistete als General den Franzosen 1798 bei Neuenegg (Kt. Bern) erfolgreich Widerstand, übte dann in der Mediationszeit 1804 und 1810 das Amt des Landammanns (⇒ Nr. 618) aus, eine Art Staatsoberhaupt der Schweiz, war 1805 und 1813

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General der eidgenössischen Tagsatzung und 1831 nominell letzter Schultheiss von Bern. seiner Frau: Louise Elisabeth Emilie von Wattenwyl-von Ernst (1771–1852) stammte aus einer Berner Burgerfamilie und heiratete 1788 Niklaus Rudolf von Wattenwyl (1760–1832, ⇒ Z. 24f.). die Pfarrer: Im Sommer 1808 bot das Schullehrerinstitut von Hofwyl unter der Leitung von Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) Kurse zur Lehrerbildung an. Die Regierung (⇒ Nr. 644) und der Kirchenrat (⇒ Nr. 623) Berns gaben die Zulassung für 40 Teilnehmer aus dem Kanton. Während der Lehrerkurse wurden zwei öffentliche Prüfungen veranstaltet, eine Ende Juni für eine Kommission des Kirchenrats und die andere am 17. Juli für alle interessierten Regierungsmitglieder, Ortsvorsteher der Gemeinden der teilnehmenden Schulmeister sowie für Stadt- und Landgeistliche. Mit den hier angesprochenen Pfarrern könnten somit diejenigen gemeint sein, die vorhatten, der zweiten Prüfung beizuwohnen. Lit.: Annedore Bauer: Die Pädagogik Carl August Zellers (1774–1846). Frankfurt am Main 1989, S. 237–241

977. Karl August von Wangenheim Sommer 1808 [Reg.] Wangenheim bedankt sich für den Aufenthalt in Yverdon.

Überlieferung 1

Nr. 1032 Sacherklärung I.

Karl August von Wangenheim (1773–1850) aus Gotha studiert nach dem Besuch des Gymnasiums an den Universitäten Jena und Erlangen Rechtswissenschaften. Seine berufliche Karriere nimmt ihren Anfang im sachsen-coburg-saalfeldischen Dienst, wo er 1803 Vizepräsident der Regierung wird. Nach seiner Entlassung aufgrund eines Konfliktes mit Minister Theodor Conrad von Kretschmann (1762–1820), seinem Vorgesetzten, wechselt er 1806 in den württembergischen Staatsdienst. Dort bekleidet er das Präsidium der Oberfinanzkammer, wird Präsident des Obertribunals und Kurator der Universität Tübingen (1811) – in letztgenanntem Amt fördert er die Einführung einer Ausbildung für Verwaltungsbeamte in einer eigenen Fakultät. 1816 wird von Wangenheim Kultusminister, aber auch hier beenden Konflikte mit dem Vorgesetzten, diesmal Carl August von Malchus (1770–1840), nach knapp einem Jahr die weitere Arbeit. Zwischen November 1817 und 1823 ist von Wangenheim württembergischer Bundestagsgesandter. In der Zeit beginnt er sich für die Idee der Trias durch die Schaffung eines dritten Deutschlands neben den zwei Grossmächten Preussen und Österreich zu engagieren. Dabei favorisiert er einen Zusammenschluss der kleinen und mittleren Staaten, in dem keinem eine Vorherrschaft eingeräumt wird. Darüber

501 hinaus tritt er in Fragen der Heeres-, Handels- und Kirchenpolitik in Erscheinung. Nach seiner Abberufung im Sommer 1823 zieht er sich trotz Postenangeboten Wilhelms I., Friedrich Karl (1781–1864, ⇒ Nr. 984), dem König von Württemberg, in den Ruhestand zurück und verlässt Württemberg. Fortan lebt er mehrheitlich in Coburg, wo er am 19. Juli 1850 stirbt, 18 Jahre, nachdem sein letzter Versuch, noch einmal als Landtagsabgeordneter in die württembergische Politik zurückzukehren, gescheitert war, weil er dort keinen Wohnsitz mehr hatte. Er ist verheiratet mit Augusta von Bosberg und Vater von fünf Kindern.

978. Johann/Hans Konrad Escher 1. Juli 1808 5

Monsieur Monsieur Pestalozzi à Yverdun. Lausanne den 1ten July 1808.

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Theuerster Vater Pestalozzi. Mit 2 Worten nur sage ich Ihnen – im Taumel der Freude, dass das Examen oder vielmehr die öffentliche Lection, die ich gestern gab, über Erwarten glücklich ausfiel. Es dauerte von ½ drey bis ½ sieben – Es waren gegen 400 Personen gegenwärtig in dem kleinen Local. Beynahe alle Glieder des Erziehungs Raths und die H[erren] Professoren und Lehrer des Collegiums waren da – wenigstens für einige Zeit – denn es traf sich unglücklicher Weise, dass gerade eine Assemblée générale der Academien war; nun machten es die Herren so – 2 oder 3 kamen, und wenn diese in die Assemblée zurückkehrten, so kamen wieder ein Paar andere. Zwey Professoren wohnten ganz bey, H[err] Develey und H[err] Dutoit – ich weis nicht, ob sie den Auftrag dazu hatten – wenigstens sagten sie mir viel Verbindliches von Seite der andern Herrn, die sich entschuldigen liessen, dass sie diesem interessanten Auftritte nicht beywohnen konnten. H[err] Rengger, H[err] Verdeil, H[err] Cassat, H[err] Delangalerie wohnten einige Stunden bey und bezeugten mir ungeschminkt ihre Zufriedenheit – es war aber auch eine Lust, meine lieben kleinen Engel zu sehen, mit welcher Unerschrokkenheit, Freymüthigkeit, Naivität und Bestimmtheit sie antworteten. – Auch die Lehrer der Primar Schulen wohnten bey – und ich sah manche im Anfange gerunzelte Stirne, nach und nach sich entfalten, manche finstere Stirne nach und nach sich erhei-

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tern und einem gutmüthigen Lächeln Platz machen. Beym Weggehen drückten mir H[err] Develey und H[err] Dutoit 3 bis 4 mal die Hand mit einer Herzlichkeit die mich im Innersten rührte, und letzterer sagte: es wird gewiss bald eine Zeit kommen, wo Sie in einer grössern Schule arbeiten, Chavannes in Vivis, den ich eingeladen habe, kam nicht – aber Mouron von Chardonne kam mit seiner Gattin express – und heute machte er mir um 8 Uhr schon einen Besuch, und wir hatten eine anderthalbstündige Unterhaltung, die wichtige Folgen haben kann. Er gab mir den Rath mich an die Regierung zu adressiren und ihr eine Darstellung meines Instituts und meines Arbeitens vorzulegen – ich könne sicher seyn, dass dieselbe sich für mich und die Sache interessiren werde, – er selbst will verschidene Glieder stimmen und mit Chavannes nachdrücklich sprechen. H[err] Monod in Morsee, den ich, ohne ihn zu kennen, eingeladen habe, schrieb mir ein sehr freundschaftliches Billet – «des affaires indispensables – sagte er – m’empêchent d’assister à l’intéressant Examen de vos Elèves.» Freuen Sie sich – theuerster Lehrer – das ist alles Ihr Werk! – Morgen werde ich Ihnen meine Anrede an die Versammlung und den Plan des Examens mittheilen. Leben Sie wohl, Theuerster – Sie umarmt mit aller Herzlichkeit – Ihr Escher.

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ZB Zürich, Ms Pestal 50/51, Umschlag 74/2 Blatt, 239x195 mm Siegelspuren, Datum am Schluss Original Textkritik

Zeuge H Z. 17 Z. 18 Z. 20 Z. 20 Z. 21 Z. 24 Z. 24 Z. 25 Z. 25 Z. 29 Z. 30 Z. 33

Assemblée générale: lateinische Schrift Assemblée: lateinische Schrift Develey: lateinische Schrift Dutoit: lateinische Schrift ob sie Verdeil: lateinische Schrift Cassat: lateinische Schrift Delangalerie: lateinische Schrift wohnten einige bey∫ manche im Develey: lateinische Schrift

503 Z. 33 Z. 34 Z. 35 Z. 36 Z. 36 Z. 37 Z. 37 Z. 40 Z. 44 Z. 45 Z. 47 Z. 47f.

Dutoit: lateinische Schrift rührte , und wird gewiss Chavannes: lateinische Schrift Vivis: lateinische Schrift Mouron: lateinische Schrift Chardonne: lateinische Schrift Er gab Chavannes: lateinische Schrift Monod: lateinische Schrift des affaires indispensables: lateinische Schrift m’empêchent … Elèves: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Johann/Hans Konrad Escher (1776–1835) ⇒ Nr. 589 III. Z. 11

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Examen: Es war üblich, dass die Privatschulen Examen oder öffentliche Lektionen veranstalteten, wohl um die Eltern und die Behörden von der Qualität ihrer Ausbildung und ihrer didaktischen Konzepte zu überzeugen und um dadurch Schüler und Schülerinnen zu werben, aber auch um (finanzielle oder logistische) Unterstützung von offizieller Seite zu erhalten. Erziehungs Raths: Die oberste Aufsichtsbehörde über alle öffentlichen Bildungsanstalten im Kanton Waadt war der Conseil Académique, der per Gesetz vom 28. Mai 1806 aus dem Conseil d’Education hervorgegangen war. Das Gremium bestand aus einem Mitglied des Kleinen Rats, vier Mitgliedern der Akademie und sechs vom kleinen Rat gewählten Bürgern, wovon drei Laien sein sollten. Collegiums: Die mittlere Bildungsinstitution, das Collège Académique, führte fünf Klassen. Nach der Umordnung der Lehrgegenstände im Jahre 1806 zählte man Latein und Griechisch zu den wichtigen Unterrichtsfächern und Religion, Französisch, Arithmetik und Geometrie zu den weniger wichtigen. Geschichte, Geographie, Singen und Schreiben waren als unwichtige Fächer eingestuft. Assemblée général der Academien: Damit dürfte der Conseil Général Académique gemeint sein, der sich aus dem Conseil Académique sowie den Mitgliedern der Akademie zusammensetzte. Develey: Emmanuel Develey (1764–1839) ⇒ Nr. 785 Dutoit: Philippe Dutoit (1751–1832) war 1775 bis zu seinem Tod Professor der Eloquenz an der Akademie von Lausanne. 1781–1788 und 1799–1802 leitete er als Chefbibliothekar die Bibliothek der Akademie. Rengger: Albrecht Rengger (1764–1835) ⇒ Nr. 646 Verdeil: François Verdeil (1747–1832) ⇒ Nr. 664 Cassat: Es ist unklar, wer hier gemeint ist. Möglicherweise handelt es sich um Louis François Cassat (1757–1842) von Lutry (Kt. Waadt). Nach dem Jurastudium an der Akademie in Lausanne und in Tübingen arbeitete er als Anwalt, Journalist und Publizist in Paris und war ab ca. 1794 in Lausanne tätig. In der nachhelvetischen Zeit nahm Cassat verschiedene politische

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Ämter ein: Er war Staatsanwalt, Mitglied des Waadtländer Grossen Rats (1803–1822) und Richter am Appellationsgericht (1808–1832). Delangalerie: Charles Louis de Langalerie de Gentils (1751–1835), geboren auf Schloss Allaman bei Lausanne, studierte in Tübingen, trat dann in die württembergische Armee ein und war lange Zeit als Capitaine der Schweizer Truppen in Paris stationiert. 1793 zog er nach Lausanne, wo er eine führende Figur der lokalen pietistischen Bewegung wurde. Chavannes: Daniel-Alexandre Chavannes (1765–1846) ⇒ Nr. 661 Vivis: dt. Name für Vevey (Kt. Waadt) Mouron: Jean Pierre Mouron (1758–1827) ⇒ Nr. 600 Chardonne: Gemeinde (Kt. Waadt) am Genfersee Gattin: Marianne Aimée Mouron-Vullyamoz (*1757) von Lausanne erhielt 1782, ein Jahr nach dem Tod ihres Vaters, ein Attest, um ins Ausland zu reisen. 1799 heiratete sie Jean Pierre Mouron (1758–1827, ⇒ Nr. 600). Instituts: Diese Schule wurde 1803 durch Johannes/Johann/Jean Preisig (1775–1814, ⇒ Nr. 963) gegründet und kurz darauf samt der 1804 daran angeschlossenen Pension von Johann/Hans Konrad Escher (1776–1835, ⇒ Nr. 589) übernommen. Da die Räumlichkeiten jahrelang nur wenigen Schülern Platz bot, bezog Escher am 1. Mai 1809 ein grösseres Etablissement in der Rue du Grand-Chêne, wofür am 24. April 1809 im Journal Suisse geworben wurde. Escher unterrichtete laut Programm Französisch, Latein, Deutsch, Rechnen und Geographie, während andere Lehrer Schreiben und Zeichnen lehrten. 1810 nahm Escher ein Darlehen von 1200 Franken auf, um eine geplante Ausdehnung des Instituts zu finanzieren. Die weitere Entwicklung scheint noch unerforscht zu sein. Lit.: Journal Suisse vom 24. April 1809; Johann Konrad Escher: La méthode Pestalozzi. Lausanne 1809; Archives de Ville Lausanne, AVLP 50; RB 14/6, p. 384, p. 699 Monod: Henri Monod (1753–1833) ⇒ Nr. 624 Morsee: dt. Name für Morges (Kt. Waadt)

979. Rosette Kasthofer 3. Juli 1808 An H[er]r Pestalozi in Iferten 5

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Arau den 3ten Heumonat 1808 Ich war in u[nd] um Bern, habe 5 Wochen Zeit unter Freündinnen u[nd] Geschwister getheilt, dachte an kein Schreiben als wo Nothwendigkeit befahl, hatte Zerstreüung vom frühen Morgen bis in die tiefe Nacht, kam ermüdet zurük u[nd] fange erst jezt an, wohl u[nd] munter zu werden. Eigentlich harte u[nd] harre ich schon lange auf den von Ihnen, teürer Freund, mir versprochnen Brief; um aber die Zeit meines Harrens nicht ganz müssig zu verleben, thue ich, was dem Herzen gelüstet, u[nd] theile Ihnen ein

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Langes u[nd] Breites von meinen Gedanken, Wünschen, u[nd] Planen mit. Reif oder unreif, gleich viel! Fern ist noch die Ausführung – aber nahe liegt mir Ihre Billigung oder Missbilligung. Auch J[un]gf[e]r Ray die gute Vortreffliche macht Plane, um ihren engen Wirkungskreis zum Besten andrer zu erweitren. Ich bin verwoben in dem Gewebe ihres Suchens u[nd] Trachtens, u[nd] ich soll ihr Hand bieten oder durch Weigerung zernichten was in Ihren Gedanken schon angefangen ist. Es thut mir weh, zu zernichten – aber zernichten muss ich! Was ist, das sie mir anbietet? Vereint mit ihr die Führung der Kinder Monlon, der Kinder ihres Bruders, u[nd] vielleicht noch einiger Fremden zu unternehmen. Sie guter Vater kennen meine Verhältnisse mit Fr[au] M. Und nun da keine Bitterkeit, keine leidenschaftliche Regung, wohl aber innige Überzeügung geschöpft aus reiner Quelle, mir sagt dass das Schiksal mag es leiten, wie es will, sie mir nie mehr werden kann was sie mir war, da sie selbst den Stab über unsre Freündschaft zerbrochen. Weil andre Umstände noch die Sie kennen, sowohl als diese die ich jetzt ausgesprochen, sich uns einr Wiedervereinigung entgegen stellen; weil ich immer diesen Umständen trotz bietend, nach Grandson gehen werde, so lösen sich die gutgemeinten Plane unsrer treflichen R[ay] auf in nichtigen Schaum! Und wären auch diese Umstände nicht s o , blieben mir dennoch Betrachtungen übrig, wichtig genug mich von diesem Wege zu entfernen: Was würden wir J[un]gf[e]r R[ay] u[nd] ich gemeinschaftlich beginnen. Kinder unterrichten! u[nd] wie? In Ihrer Metho[de] sagt sie. Gut, in Ihrer Methode die wir selbst nicht kennen. Unter Anleitung – freilich! Aber o weh! Wenn ich dem schwachen hülfbedürf[tigen] Kinde nur eine Hand bieten kann, um mit der andren mir selbst mühvoll durchzuhelfen – dann ist meine Führung ohne Sicherheit, mein Gang schwankend u[nd] langsam. Wahr ist’s, der Lehrer lernt indem er lehrt, allein wer mit Ehren als solcher auftreten will, muss gleichwohl auf einer Stufe von Kenntniss stehen, die noch unerreicht weit ob uns steht. Zudem gesteh ich frey! Ich möchte nie so ungewiss, so bedürftig, so abhängig, erlernen was ich wissen will. Nein! anders sprechen meine Wünsche: das Wenige so ich besize benuzen, um ein Jahr oder mehr noch mich frey u[nd] unabhängig ganz dem Erlernen Ihrer Methode zu wiedmen, u[nd] dann als brauchbarer Mensch mir selbst fortzuhelfen unter Ihrer Leitung, u[nd] die Stelle meines Wirkens da zu suchen, wo Sie glauben werden dass es Recht ist. Dahin gehen meine Plane, aber noch stehe ich ihrer Ausführung nicht nahe – denn noch muss vorher vieles berichtigt

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werden so wie z.B. die weitere Versorgung meiner Mutter ohne mich, und so w[eiter]. Dann erst kommen die vielen Wie? der Ausführung in die Frage. Wär ich Mann, schnell wären sie gehoben – aber das Mädchen hat so vieles zu bedenken. Denken Sie mit mir guter Vater, u[nd] wenn Sie wie ich hoffe diesen Sommer hierher kommen, so können wir näher darüber sprechen. Jezt aber schreiben Sie mir bald! Ich will, ich muss nächstens einen Brief von Ihnen haben! Ich wünsche ich bitte so sehr! Und hilft das nicht, so plag ich Sie alle Posttage mit einem mahnenden Schreiben, bis Sie Befriedigung gewähren Ihrer so ganz ergebenen R. K.

Überlieferung 1 2 5

ZB Zürich, Ms Pestal 819.22, Nr. 3 Bogen, 161x205 mm Original Textkritik

Zeuge H Z. 20 Z. 26 Z. 33 Z. 49

soll ihr leiden∫schaftliche Grandson: lateinische Schrift meine∫ Sacherklärung I.

Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857) ⇒ Nr. 842 II. Nachdem sich Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857, ⇒ Nr. 842) entschlossen hatte, ein pädagogisches Wirkungsfeld zu suchen, zögerte sie lange, eine konkrete Tätigkeit anzufangen. Aus dem Sommer 1808 sind mehrere Briefe Pestalozzis an NiedererKasthofer überliefert, in welchen er sie bittet, nach Yverdon zu kommen und die Leitung des Mädcheninstituts (⇒ Nr. 867) zu übernehmen (PSB VI, Nr. 1395, Nr. 1397– 1399, Nr. 1403). III. Z. 17

Ray: Jeanne Ray aus Genf, die Schwester des Weinhändlers Franz/François Ray lebte in Grandson (Kt. Waadt). Im April 1814 wurde sie für die Haushaltsführung in Yverdon engagiert, aber schon im November wieder entlassen, weil sie der Aufgabe anscheinend nicht gewachsen war. Da der

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Name Ray bzw. Rey und ebenso die Vornamen der Geschwister weit verbreitet sind, konnten sie nicht näher bestimmt werden. Kinder Monlon: Damit ist möglicherweise Adèle und Elise/Eliza Maulaz gemeint. Ihre Mutter war wahrscheinlich Rose Suzanne Maulaz-Combe (1778–1868), die Ehefrau des Friedensrichters und Grossratsmitglieds der Helvetischen Republik, Jean Samuel Maulaz (†1823). Sie war seit 1808 mit Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857, ⇒ Nr. 842) befreundet. In einem Brief von Rosette Kasthofer an Johannes von Muralt (1780–1850, ⇒ Nr. 610) vom 20. November 1811, der von einem Bruch mit einer Frau Maulaz berichtet, wird diese als Mutter zweier älterer Töchter, darunter einer Marie, sowie von Zwillingen dargestellt (vgl. ZB Zürich, Ms Pestal 826/13). Es ist anzunehmen, dass Adèle und Eliza dann die Zwillinge waren. Bruders: François/Franz Ray war Weinhändler in Grandson (Kt. Waadt). Ob es sich bei dem Yverdoner-Zögling, der gemäss dem Personal-Etat der Pestalozzischen Erziehungsanstalt in Iferten die Anstalt verlassen hatte, um ihn selbst oder einen allfälligen Verwandten handelte, konnte nicht geklärt werden. Da der Name Ray bzw. Rey und ebenso der Vorname François sehr verbreitet waren, konnte er nicht näher bestimmt werden. Fr[au] M.: Rose Suzanne Maulaz-Combe (⇒ Z. 23) Grandson: Nachbargemeinde von Yverdon Mutter: Susanne Kasthofer-Chaillet (1737–1822) stammte aus einem alten, in Neuenburg und Murten (Kt. Fribourg) ansässigen Geschlecht. Sie war Mutter von neun Kindern, von denen sieben überlebten; sie erblindete vor oder um 1803.

980. Friedrich Wilhelm August Fröbel 10. Juli 1808 Auf der Öde bei Frankfurt am Main am 10ten Julius 1808. 5

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Verehrungswürdigster, Hochverehrtester Herr Pestalozzi; Kaum fasst mein Herz die Freude, endlich Gelegenheit zu erhalten, Ihnen innigst verehrter Herr Pestalozzi, beweisen zu können: dass seit der Zeit ich Ihren liebend belehrenden, freundschaftlichen Umgang entbehren musste; dass ich unverbrüchl[ich] treu meinem Vorsatz, und Ihrer väterlichen Aufforderung: – hinzugehen in den mir angewiesenen Kreis, und s o g u t i c h k ö n n t e in demselben kraftvoll und thätig meinem Beruf u[nd] Zweck getreu zu wirken – geblieben bin und auch gehandelt habe. Nächst der ersten Stunde, welche mich beglückte von Ihnen güte- und freundschaftsvoll als Schüler aufgenommen zu werden, ist mir der Augenblick der theuerste meines Lebens, wo mein liebender Genius (d u ) mir die Gelegenheit herbei führt: Ihnen Pestalozzi! meine unbekranzte Hochachtung und kindlich dankbare Verehrung bezeugen zu konnen; wo, er mir so gar die frohe Aussicht,

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beinahe die Gewissheit giebt, diese Hochachtung, diese Verehrung durch Handeln, u[nd] Wirken in Ihrer Nahe Ihnen bethatigen, bezeugen zu können. Erlauben Sie mir, dass ich Ihnen kurz die Ursache meiner hohen Freude, ausspreche: Der Vater meiner Zöglinge der Herr von Holzhausen (denn ich bin seit 2 Jahren nicht mehr öffentl[icher] Lehrer sondern Priwate Erzieher) scheint sich endlich in sich fest bestimmt zu haben: mich mit seinen 3 Söhnen – wenn Sie es uns erlauben – in Ihrem Institute wohnen, und uns unterstützt von Ihrem vaterlichen Rathe und Belehrung, und gemeinschaftl[ich] mit den würdigen Gliedern desselben für dieselben wirken zu lassen. Ich weiss nicht, ob ich Sie noch daran erinnren darf, dass schon vor 3 Jahren, zu der Zeit, als mir das Glück wurde mich einige Wochen im Institute zu unterrichten, ich gegen Sie aussprach, dass die Mutter meiner jetzigen Zöglinge, die Frau von Holzhausen den sehnenden Wunsch in sich trug ihre Söhne Ihrer liebenden Vaterpflege übergeben, sie Ihrem Erziehungs Institute anvertrauen zu können. So sehr dieser innige Wunsch der Mutter, auch schon dortmals, als ich blos, als für das Wohl der Kinder aufrichtig und herzlich sorgender Freund dachte und handelte, mein Wunsch war, so wurde er es doch noch mehr, und aus tiefern, in dem Seyn der Kinder und in dem Verhältnisse in welchen sie geboren sind und leben, gegründeten Verhältnissen, als ich wirklich Erzieher derselben wurde und je langer ich derselbe war. Ich war dieses kaum ½ Jahr gewesen (während dem ich sattsame Gelegenheit erhalten hatte das innere Seyn meiner Kinder genau zu erkennen:) – als mir die feste Überzeugung wurde, dass ich der als Erzieher übernommenen Pflicht, nicht vollkommner und getreuer nachkommen und dem Vater meiner Zöglinge keinen höhern Beweis meiner Pflichtstreue, und dass ich mit ernst und that wahrhaft das Gute seiner Kinder wollte, geben zu können, als wenn ich dem Vater schriftlich ganz genau mit dem Innern und äussern Seyn Seiner Kinder, mit ihren guten und mit ihren fehlerhaften Seiten, bekannt machte und ihn, auf diese Charakteristik gestützt durch – für mich triftige Gründe zu bestimmen suchte – seine Kinder bei Ihnen erziehen zu lassen. Meine Hoffnung schlug fehl; und seit jenen 1½ Jahren konnte die Hoffnung dass es je geschehen würde, nur durch den sehnlichsten innigsten Wunsch der Mutter – der sich immer mit wachsender Wärme bei jeder Gelegenheit aussprach, genährt werden,

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nur durch eine Mutter welche ihre Kinder so wahrhaft zärtlich liebt und das wahre Wohl derselben so ernst will und so durch Aufopferungen fest zu begründen sucht, als die Mutter meiner Zöglinge. Endlich durch die Durchreise des Herrn von Türk, wurde die Hoffnung wieder nahe geführt und der durch die Verhaltnisses und der Umstände unter [we]lchen ich sie erziehen musste – mein durch das immer mehr erkannte Seyn der Kinder, verstärkte Wunsch, begegnete dem noch innigern der Mutter, die, da ihr nicht gleich so hohe freundschaftl[iche] thatige Theilnahme auch der Herr von Türck zur Realisirung desselben daran nahm die Erfüllung desselben würde, nun ununterbrochen bis jetzt zur Ausführung desselben handelnd war. Gestern sprach auch ich mit dem Herrn v[on] Holzhausen um ihn durch Gründe zu bitten seinen Entschluss zu beschleunigen und ich hatte die unerwartete Freude, von ihm die beste Hoffnung zur Erfüllung meines Wunsches und einigemal den bestimmten ernsten Auftrag zu erhalten, mich sogleich schriftlich an Sie zu wenden und mir von Ihnen die gütige Beantwortung der auf der Beilage verzeichneteten Anfragen zu erbitten. So wurde mir die hohe Freude an Sie hochzuehrender H[err] Pest[alozzi] schreiben zu dürfen. Und nun zuerst an Sie die bittenden Frage; ob Sie meine 3 Zöglinge wovon der älteste 14, der mittlere 11 der kleinste 8½ Jahre alt ist, auch als Zöglinge Ihres Institutes auf- und annehmen wollen? – Obgleich der Vater, auf den Fall: dass Sie die Kinder bei sich und in Ihrem Institute gütevoll aufnehmen wollen; um welches ich nochmal herzlichst bitte, – sich entschliessen wird, ehe er sich ganz fest bestimmt aussprechen wird, gemeinschaftl[ich] mit seiner Familie eine Reise nach Yverdun zu machen, um durch Anschauung, seine jetzige Überzeugung, von der Vortrefflichkeit Ihrer Anstalt im Allgemeinen und in Hinsicht auf seine Kinder in besondern, zu bestätigen; Und ob Sie alsogleich die Kinder, ehe Sie dieselben in Ihre Anstalt aufnehmen, selbst sehen werden und urtheilen können ob sie verdienen, unter den Zöglingen Ihres Institutes zu leben und gemeinschaftl[ich] mit denselben erzogen zu werden, so halte ich es doch für nöthig so viel über ihr Seyn zu sagen dass ich mit geprüfften Rechte die volle Überzeugung habe, dass, (zwar alle 3?) besonders aber die beiden jüngern, noch an Geist, Seele und Leib unverdorbene kindliche Knaben sind. Auch der älteste ist ein sehr gutmüthiger Knabe der in sich den besten Willen trägt und auch diesen Willen, wie er nur kann bethatigt, dem

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es aber etwas schwerer als seinen Brüdern fällt, diesen guten Willen besonders für natürl[iche] Unbefangenheit in That und Anwendung zu bringen, da sein Urtheil und besonders sein Betragen durch frühere Einwirkung auf ihn und durch die Verhaltnisse in denen er lebte, etwas befangen. Übrigens ist er nochmals gesagt gutherzig wie die andern und heegt gleich jenen die stärkste Anhanglichkeit, Achtung und Liebe zu mir, ihrem Erzieher u[nd] Lehrer hegen. Fest kann ich mich dafür verbürgen dass alle 3 nichts Böses in sich tragen, auch frei von jeder unsittliche Handlung sind; kurz dass sich in ihrem Denken u[nd] Handeln unverdorben sittlich Gefühl ausspricht. Dass die Kinder – sind sie einmal bei Ihnen, ganz gewiss so lange im Institute bleiben, bis sie aus demselben gleich ihrer weitern Besti[mmu]ng: auf einer Universität und Akademie entgegen gehen können kann ich die feste Versicher[un]g geben, da dies der Vater wenigstens gegen mich ausgesprochen hat. Wollen Sie nun die herzliche Bitte der Mutter und meiner erfüllen und meine Zögl[inge] in ihr Institut aufnehmen, so ist der Wunsch dass diese zwar ganz in demselben Verhältnisse zum Institut als die andern zum Institute stehen dass sie aber unter meiner besonderen Leitung bleiben sollen, und besonders der älteste von mir denjenigen Unterricht erhalte, welcher bis jetzt noch nicht im Institute gegeben wird welchen aber sein Alter und seine künftige Bestim[mun]g nöthig macht. – Damit aber dadurch dass ich die Kinder begleite, denselben nicht das Mindeste von dem entzogen werde, was im Institute zum Wohl der Kinder geschieht so wünschen die Eltern sehr: dass ich zugleich mit den Kindern in dem Gebäuden des Institutes wohnen konnte. Unser Bedürfniss würde 2 Zimmer nöthig machen: eines worinne 4 Betten nebst einigen Behaltern zum Aufheben der Wäsche und Kleidungsstücke der Kinder stehen könnten, welches daher kein heizbares Zimmer zu seyn brauchte, und ein 2tes kleineres aber heizbares Zimmer in welchem ich wohnen, und in welchem wenigstens die zum Studium nöthigen Effecten u[nd] Bücher stehen könnten. Sehr erfreuend würde es für die Eltern seyn wenn dieser Wunsch ihnen erfüllt werden könnte, da sie sich davon die vollkommendste Erreichung ihres Zweckes versprechen. Auf dem unangenehmen Fall aber dass dieser Wunsch unbefriedigt bleiben musste, lassen die Eltern 2 tens durch mich anfragen, ob uns in der nächsten Nähe des Schlosses eine Wohnung von

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den oben bestimmten Eigenschaften zu erhalten sey. Da, wie ich hore der H[err] Mieg in der Nähe des Schlosses wohnt u[nd] bald Yverdon verlassen werde sollte es vielleicht noch seyn, jenes Zimmer zum Bewohnen erhalten zu können? – Allein nochmals gesagt es würde den Eltern ausserordentlich lieb seyn, wenn ich mit den Kindern zugleich im Schlosse wohnen könnte, und darauf bitte ich Sie u[nd] auch besonders noch die Mutter meiner Zöglinge, die Ihnen durch mich ihre unbegranzte vollkommenste Hochachtung versichern u[nd] Sie um Ihr freundschaftl[iches] Wohlwollen bitten lässt, ganz besonders Rücksicht zu nehmen, dass desfals noch in einzelne Kleinigkeiten zu treffende Arangement liesse sich dann leicht dann treffen, wenn die Eltern in Yverdon gegenwartig waren. Die künftige Leistung der Kinder erfordert gründl[iche] Kenntniss der lat[einischen] Sprache. Woran auch schon die beiden schon bisher Unterricht erhalten haben, der älteste Übersetzt jetzt aus dem Cornel den Eumenos u[nd] übt sich in Erectitnis in Anwendung der Sprach Regeln nach Brüders Grossen Grammatik. Der Mittlere ist an Verbin[dun]g der Haupt mit Nebenverben und das Verbum sum z[um] B[eispiel]. Diese Unterricht wünsche ich u[nd] die Eltern d[urc]h Lehrer im Institut fortgesetzt, ich soll daher 2tens anfragen ob Gelegenheit dazu sich in Schloss findet (ob einer Ihrer Gehülfen H[err] Niederer oder H[err] Muralt Zeit und Musse haben, diesen Unterricht vor zu geben. – Endlich u[nd] zu letzt habe ich einige Ökonomische Fragen zu thun, welche ich schon da sie keiner Erleütrung bedürfen gleich in der Beilage eingereiht habe. Beilage. E i nige Anfragen um deren gütig baldige Beantwort[un]g ich in bestimmtem Auftrage des Herrn von Holzhausen recht sehr bitte. 1. Können die drei Söhne des Herrn von Holzhausen zugleich mit mir, ihrem Erzieher, in dem Gebäude des Institutes (im Schlosse) wohnen und zu diesem Zwecke zwei Zimmer, ein grösseres welches nicht heizbar zu seyn braucht zum Schlafen, und ein zweites kleineres heitzbares zum Wohnen und Aufenthalt, für mich erhalten? 2. Kann ich den Tisch und Frühstück gleich den Zöglingen des Institutes im Institute erhalten? 3. Was wäre ausser dem zu 25 Louis d’or für einen Zögling, bestimmten Pension-Gelde, noch für jene Wohnung, das damit Verbundene und dem Tisch etc. für mich, jährlich ohngefähr noch besonders zu bezahlen.

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4. Sollte es unmöglich seyn, dass die Söhne des Herrn von Holzhausen und ich, im Schlosse wohnen könnten, welche Unmöglichkeit der Herr von Holzhausen, sehr gerne beseitigt sähe wäre es dann in diesem, unangenehmsten Falle möglich, wenigstens s o n a h e a l s m ö g l i c h b e i m S c h l o s s e , eine wie oben bestimmte Wohnung, vielleicht die Wohnung des Herrn Mieg zu erhalten? – und würde jährlich für diese Wohnung zu bezahlen seyn? 5. Könnte ich auf diesen schlimmsten Fall, dann wenigstens gleich meinen Zöglingen, den Tisch und Frühstück etc. im Institute haben, und was wäre dafür zu bezahlen 6. Was ist jahrlich noch besonders für den Lateinischen Unterricht eines Zöglings zu bezahlen? – 7. Ist an zu fragen ob Unterricht auf der Violin zu erhalten ist (der älteste spielt jetzt Quardet von Chirowetz:) und was für solchen monatlich (den Monat zu 16 Billet gerechnet:) zu bezahlen sey? – Alle diese ökonomischen Angaben, die ich mir hier zu erbitten habe, sollen keinesweges ganz fest bestimmend sondern blos ohngefähre Angaben seyn, welche sich der einstigen Wirklichkeit so viel als möglich nähern. Fröbel Noch habe ich den Auftrag zu fragen: 8. Werden Zöglinge im Institute des Herrn Pest[alozzi] so weit vorbereitet, dass sie von dort sogleich auf eine Universität gehen können? – 9. Sind wirklich gegenwartig Schüler im Pestalozzischen Institute, welche zum Unterrichte auf Universitäten vorbereitet werden? 10. Sind schon Zöglinge des Instituts auf eine Universität abgegangen? 11. Sind in dem Institute Zoglinge von dem Alter meines ältesten Zöglings, namlich von 14 Jahr alt? Wird uns Ihre Güte, nur freundl[iche] günstige Antwort überschicken, so wird ohne Zweifel der H[err] v[on] H[olzhausen] der in der letzten Hälfte des Monats September dieses Jahres, eine Reise nach Yverdun antreten. Da nun wenn dieses geschehen und die Kinder dann bei Ihrem Institut als Zöglinge bleiben sollten, in jeder Hinsicht keine Zeit mehr zu verliehren ist, so bitte ich Sie, sehr innig, verehrter H[err] P[estaloz]zi diese Fragen so bald als möglich zu beantworten; ich habe daher um alle Weitläufigkeiten zu ver-

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meiden, eine Abschrift derselben, noch ehe ich solche an Sie abgesandt habe d[em] H[errn] v[on] H[olzhausen] übergeben, sie können sich daher bei Beantwortung derselben, blos auf die Nummer jeder einzelnen beziehen; Oder, was vielleicht noch am wenigsten Ihre kostbare Zeit beschränkt, seyen Sie so gütig und beantworten sie diese Fragen auf dem Rande des zu diesem Zweck halbbriefig geschriebenen Beilage. Auf jeden Fall lässt der Herr von Holzhausen durch mich bitten das Resultat Ihrer Beantwortung so wie hier das Resultat der Fragen besonders Ihrer gütevollen Beantwort[un]g meines Briefes beizufügen, um es eigens zum nöthigen Gebrauch für die Zukunft zu besitzen. Die Frau von Holzhausen versichert Ihnen ihre unbegrenzte vollkommendste Hochachtung und bittet Sie um Ihr freundschaftl[iches] Wohlwollen, um gütevolle Theilnahme an ihrem herzlichen Wunsch und dann um wo möglich freundschaftsvolle Beseitigung der denselben im Wege stehenden Hindernisse, der herzlichste unvergängliche Dank einer für das Wohl sehr besorgten Mutter würde Ihnen dafür werden. Mit der Bitte der Frau von Holzhausen vereinige ich die meine, und sage Ihnen nur noch, dass mir die Erfüllung desselben die Gelegenheit herbeifuhren würde, ganz als treuer Erzieher zweckmässig für meine Zögl[inge] handeln zu können. Ihre – bei meiner Anwesenheit in Yverdun so liebe- und freundschaftsvoll sich mir bewiesene Mitarbeiter Ihre hochzuschätzende Freunde, besonders den herzensguten Krüsi grüssen Sie herzlich von mir und Glücklich achte ich mich dass ich durch den Auftrag des H[errn] v[on] Holzhausen Ihnen theuerster H[err] Pestalozzi hochgeliebter Vater, die innigste unveranderliche Verehr[un]g und kindlich aufrichtige Hochacht[un]g versichern kann, mit welcher ich stets bin u[nd] seyn werde Ihr (treu gesinnter) Sie hochachtend liebender Sie liebend verehrender A Fröbel N[ach] Sch[rift] Was wohl am mehresten den festen En[t]schl[uss] des He[rrn] v[on] H[olzhausen] – als Hinderniss im Wege stehen mag: Ist die Entfernung Yverdons von Frankfurt; es mögte also wohl nöthig seyn ihm die Schwierigkeit u[nd] Beschwerlichkeit dieser Entfernung für die Zukunft, jetzt so wenig als mögl[ich] fühlbar zu machen; da sich dieselben – hat er sich einmal wenigstens

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zur Reise nach Yverdon ganz fest entschlossen – theils von selbst geben theils leicht beseitigen lassen. ————— Noch habe ich d

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Berlin BBF, Nachlass Friedrich Fröbel 1.1.03, Mappe 588, B. 1–8 (1. Entwurf, H1) und Bl. 9–14 (2. Entwurf, H2) Bogen, 172x215 mm (H1), Bogen, 212x341 mm (H2) Datum am Schluss Entwurf Textkritik

Zeuge H Z. 4–140 Z. 7 Z. 8 Z. 9 Z. 10 Z. 12f. Z. 14 Z. 16 Z. 18 Z. 24 Z. 25 Z. 29 Z. 30 Z. 33 Z. 36 Z. 36f. Z. 39f. Z. 41 Z. 43 Z. 46 Z. 54 Z. 60 Z. 66 Z. 68 Z. 69 Z. 71

… sich: H2 innigst verehrter Herr Pestalozzi, beweisen belehrenden, freundschaftlichen musste; dass Vorsatz, und Ihrer väterlichen Aufforderung: – hinzugehen zu wirken ersten∫ der theuerste meine unbekranzte Freude, ausspreche der Herr von Holzhausen∫ uns∫ und Belehrung mich∫ Holzhausen den Ihrer liebenden dortmals, als sorgender sie gewesen ( während∫ dem∫ Einschub am linken Rand: indem wie Sie von demselben selbst erfahren werden, es sich immer durch die∫ mein Kinder, verstärkte hohe freundschaftl[iche]

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daran nahm desselben wurde Einschub am linken Rand: Dieser unerwarte te Auftrag und der ihm zum Grunde liegende Entschluss mag wohl nächst der schon oben ausgesprochenen ernsten Verwendung des Herrn von Türk, wofür ich mich gegen denselben zum ehrenden Dank verpflichtet fühle, hauptsächlich und besonders Ihr Bericht an die Eltern u[nd] das Publikum den der He[rr] von Türk so gütig war dem Herrn von Holzhausen mitzutheilen, bewirkt haben, seyn. diesen Auftrag – bewirkt haben die Urs[ache] dieses Auftrags – mag wohl seyn dieser Auftrag – herbei geführt worden sey Z. 75 sprach auch Z. 79 mich sogleich Z. 82 Freude an Z. 84 an Sie∫ Z. 86 Institutes auf Z. 87 Sie die∫ Kinder∫ Z. 89 sich entschliessen Z. 91 Yverdun: lateinische Schrift Z. 93 eigentlich: aus statt auf Z. 98 so halte Z. 99f. dass, ( zwar Z. 106 Urtheil und Z. 113 auch frei Z. 113 Handlung sind Z. 120 Vater wenigstens Z. 121 der Mutter Z. 123 Wunsch dass Z. 128 Einschub am linken Rand: um vielleicht noch besonders einigen Unterricht zu geben Z. 133 Zimmer nöthig Z. 141–172 davon … habe: H1 Z. 145 nächsten∫ Z. 148 Yverdon: lateinische Schrift Z. 156 einzelne Kleinigkeiten Z. 157f. Eltern in Z. 158 Notiz am rechten Rand: Z. 162 Cornel: lateinische Schrift Z. 163 nach Brüders Z. 165 sum: lateinische Schrift Z. 167 in Schloss Z. 167 ob einer Z. 170 ich einige Z. 173–219 H2 Z. 176–181 Randbemerkung: Nein! Z. 177f. Schlosse) wohnen Z. 178f. grösseres welches

516 Z. 180f. Z. 182–183 Z. 183–187 Z. 184 Z. 188–195 Z. 189 Z. 191 Z. 191f. Z. 193 Z. 199–200 Z. 199 Z. 199 Z. 201–203 Z. 201 Z. 202 Z. 204 Z. 205 Z. 210–212 Z. 213–215 Z. 216–217 Z. 218–219 Z. 118 Z. 220–271 Z. 223 Z. 231 Z. 233 Z. 236f. Z. 241 Z. 242 Z. 250 Z. 250 Z. 250 Z. 251 Z. 252 Z. 253 Z. 256 Z. 265 Z. 269

für∫ mich∫ Randbemerkung: Ja! Randbemerkung: C’essat Louis d’or: lateinische Schrift Randbemerkung: Insbesonderer Zimmer zugleich zum Schlafen meublirt (lateinische Schrift) monatl[ich] 2 Louisdor (lateinische Schrift) ich, im diesem, unangenehmsten Falle möglich, wenigstens Wohnung, vielleicht Randbemerkung: monatl[ich] 172 Laubsth[aler] Was ist noch∫ besonders∫ Randbemerkung: 16 Billet 1/2 Louisdor (lateinische Schrift) an∫ Chirowetz: lateinische Schrift zu∫ habe∫ Randbemerkung: Ja Randbemerkung: Einige Randbemerkung: Nein Randbemerkung: Ja, einige Alter meines H1 Yverdun: lateinische Schrift Oder, was Fragen auf Ihrer gütevollen Wohlwollen, um um wo Ihre Yverdun: lateinische Schrift so liebeIhre Krüsi grüssen und Glücklich versichern kann Yverdons: lateinische Schrift Yverdon: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Friedrich Wilhelm August Fröbel (1782–1852) besucht die Schulen in Oberweissbach und Stadtilm (Thüringen) und absolviert anschliessend eine Lehre als Förster und Geometer.

517 Nach abgebrochenen mathematisch-naturwissenschaftlichen Studien in Jena (1799– 1801) und einigen Posten in der Forstwirtschaft beginnt er 1805 als Lehrer an der Musterschule in Frankfurt pädagogisch tätig zu werden. Zusammen mit den Söhnen der Frankfurter Adelsfamilie von Holzhausen, bei der Fröbel 1806–1811 als Hauslehrer angestellt ist, verbringt er die Jahre 1808–1810 an Pestalozzis Institut in Yverdon. Nach weiteren Studien in Göttingen (1811) und Berlin (1812), einem freiwilligen Dienst (1813–1814) in den Befreiungskriegen gegen Napoleon I. Bonapartes (1769–1821, ⇒ Nr. 580) und einer Assistenz am Museum für Mineralogie in Berlin gründet Fröbel 1816 in Griesheim (Thüringen) die Allgemeine Deutsche Erziehungsanstalt, die 1817 nach Keilhau verlegt wird. Wegen den dort praktizierten und erprobten zeitgenössisch unkonventionellen Erziehungselementen wird der Vorwurf der Demagogie laut. Fröbel verlässt 1831 die in Schwierigkeiten geratene Anstalt. Er eröffnet im luzernischen Wartensee eine Erziehungsanstalt, die 1833 nach Willisau übersiedelt und kurze Zeit später wieder geschlossen wird. 1834 folgt er dem Ruf der Berner Regierung nach Burgdorf, wo er Lehrerfortbildungskurse hält und 1835–1836 das Waisenhaus leitet, sich zugleich aber auch öffentlicher Kritik und Anfeindungen ausgesetzt sieht. Nach der Rückkehr nach Deutschland beschäftigt sich Fröbel sowohl praktisch als auch konzeptionell vorwiegend mit der Erziehung von Kindern im Vorschulalter. Er gründet 1837 in Blankenburg im Thüringer Wald eine Pflege-, Spiel- und Beschäftigungsanstalt für Kleinkinder, die ab 1840 unter der Bezeichnung Kindergarten in Keilhau weitergeführt wird. Ein zentrale Rolle im pädagogischen Konzept spielt die Auffassung, dass Kinder durch eine planvolle Anlage von Bewegungs- und Denkspielen, von Sprüchen und Liedern bei ständiger Naturnähe ihrem Alter entsprechend allseitig angeregt und angeleitet werden sollten. Die Idee des Kindergartens findet einerseits grossen Anklang. Andererseits muss Fröbel 1851 noch miterleben wie das preussische Kultusministerium wegen angeblich zerstörendem Potenzial in religiösen und politischen Belangen ein Verbot der Kindergärten erlässt, das erst 1860 wieder aufgehoben wird. Quellen: Friedrich Wilhelm August Fröbel: Die Menschenerziehung, die Erziehungs-, Unterrichts- und Lehrkunst, angestrebt in der allgemeinen deutschen Erziehungsanstalt zu Keilhau. Keilhau 1826; Friedrich Wilhelm August Fröbel: Kommt, lasst uns unsern Kindern leben! ein Sonntagsblatt für Gleichgesinnte und unter thätiger Mitwirkung derselben, im Verein mit seinen erziehenden Freunden. Blankenburg. 1(1838)–2(1838/1840); Mutter- u. Koselieder. Blankenburg 1844 III. Z. 25

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Vater: (Johann) Justinian Georg von Holzhausen (1771–1846) stammte aus einer politisch einflussreichen, alteingesessene Frankfurter Patrizierfamilie. Er studierte in Göttingen, war Kunstsammler, Mitglied der Gesetzgebenden Versammlung, Fideikomissherr und Ritter des Johanniter-Ordens (1812). Zöglinge: Carl (Anton Friedrich Wilhelm August Rudolf) von Holzhausen (1794–1867) aus Frankfurt wurde privat unterrichtet und besuchte 1808– 1810 Pestalozzis Anstalt in Yverdon. 1813–1817 leistete er Militärdienst, dann folgte ein Studium in Heidelberg. 1825–1828 begab er sich nach Italien auf Kunstreise. Carl von Holzhausen, der in erster Ehe mit Johanna von Heyden (1801–1823) und in zweiter mit Sophie Freiin von Gontard (1800–1867) verheiratet war, war Ehrenmitglied der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft und der Frankfurter Polytechnischen Gesellschaft und Mitglied des Preussischen Johanniterordens. Friedrich (Ludwig Carl) von Holzhausen (1797–1819) aus Frankfurt erhielt Privatunterricht und war 1808–1810 in Pestalozzis Anstalt in Yverdon. 1814 begann er ein

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Studium an der Forstschule Dreissigacker bei Meiningen (Thüringen), 1815 trat er in das vierte Husaren-Regiment von Hessen-Homburg ein. Er starb 1819 in Ungarn. (Johann) Adolph von Holzhausen (1799–1861) wurde privat unterrichtet und besuchte 1808–1810 das Pestalozzi-Institut in Yverdon. Nach Studien in Heidelberg wurde er 1821 Legationssekretär bei der Gesandtschaft der 16. Kurie am Deutschen Bundestag in Frankfurt, später Legations- und Geheimrat und 1841 Bundestagsgesandter. Er gehörte dem Preussischen Johanniterordens an, war zeitweise Kommandant des hessischen Ludewig-Ordens und des Verdienstordens Philipps des Grossmütigen und erhielt das Reussische Ehrenkreuz I. und II. Klasse des Fürstlichen Hausordens von Hohenzollern. Mutter: Caroline Friederike Luise von Holzhausen (1775–1846) wurde in Biebrich bei Wiesbaden als Tochter des nassau-usingischen Oberhofmeisters und Freiherrn Wilhelm August Karl von Ziegesar (1750–1795) und Henriette Freiin von Holzhausen geboren und heiratete 1793 (Johann) Justinian Georg von Holzhausen (1771–1846, ⇒ Z. 25). Ihre Familie erlangte 1771 die Gauerbschaft des Hauses Altenlimpurg in Frankfurt am Main. Herrn von Türk: Wilhelm Christian von Türk (1774–1846) ⇒ Nr. 653 H[err] Mieg: Johann Elias Mieg (1770–1842) ⇒ Nr. 1244 Cornel: Publius Cornelius Tacitus (um 55–nach 116) war ein römischer Historiker und Senator. Eumenos: Der römische Historiker Cornelius Nepos verfasste nebst Geschichtsdarstellungen auch Lebensbeschreibungen römischer und nichtrömischer Persönlichkeiten, so etwa die Vita des Eumenes, der Kanzler Alexanders des Grossen, Feldherr und Diadoche war. Die Biographien Nepos waren und sind bis heute beliebte und verbreitete Schullektüren und sind in verschiedenen Ausgaben und zahlreichen Auflagen erschienen. Erectitnis: Es ist unklar, was hier gemeint sein könnte. Möglicherweise wurde das lateinische Adjektiv erectus (aufmerksam, eifrig, entschlossen) substantiviert um damit auszudrücken, wie eifrig der Schüler die Grammatik übte. Brüders Grossen Grammatik: Damit dürfte folgendes Lehrmittel gemeint sein: Christian Gottlob Bröder: Practische Grammatik der lateinischen Sprache. Es handelt sich hier um einen «Klassiker», der hohe Auflagezahlen erreichte und einige Male überarbeitet wurde. H[err] Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 H[err] Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 Chirowetz: Adalbert Gyrowetz (1763–1850) war ein österreichischer Komponist und 1804–1831 Kapellmeister am Hoftheater in Wien. Krüsi: Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588

981. Hans Heinrich Meili 11. Juli 1808 5

A Monsieur Monsieur Pestalozzi à

519 Yverdon. Canton de Vaud. 11.7.1808. 10

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Theurer, verehrter Pestalozzi! Kaum werden Sie Sich noch erinnern, dass ich 14 Tage bey Ihnen in Burgdorf gewesen bin. Ich muss Ihnen undankbar scheinen, weil ich seit 6 Jahren Ihnen nie schrieb, nichts von mir hören liess. Allein Sie würden Sich sehr irren, wenn Sie mich deswegen nicht unter Ihre Freunde zählen wollten. Ich wollte Ihnen keinen Augenblick Ihrer für die Menschheit kostbaren Zeit rauben. Ich wollte lieber durch Thaten meinen Dank beweisen, und zur Ausbreitung der Methode thun, was ich konnte. Wenn Sie es wissen, dass ich mehrere Schullehrer darin unterrichet habe, und dass ich der Verfasser der Anleitung, für die Lehrer an den Primarschulen des Kantons St. Gallen, bin – so werden Sie mit mir zufrieden seyn – Sie werden mir in der Reihe edler Menschen, die sich der guten Sache widmen oder sich derselben annehmen – ein Plätzchen gönnen – Ihr liebendes Herz wird sich auch meiner erinnern, wenn Sie an jene denken. Klugheit und Bescheidenheit verbieten mir, alles das zu sagen was ich zur Beförderung der Methode that. – Nur noch diess: Ich habe seit einem Jahre, neben der Schule im Gymnasio, noch eine Privatschule, die in 16 Mädchen von sehr guten Familien besteht, welche ich fast gänzlich nach Ihrer Methode, zur völligen Zufriedenheit der Eltern, unterrichte. Ich habe Hoffnung, dass diese Anstalt nicht nur fortdauern sondern noch vergrössert werden wird. Dann brauche ich einen Gehülfen. – Joh[ann] Jakob Urner, der einige Jahre Lehrer im Waisenhause in Zürich, und seit 3 Jahren im Hardmeyerschen Institut daselbst war, hat sich entschlossen mein Mitarbeiter zu werden. Und damit er es ganz nach Ihrer Methode seyn könne, will er ein Jahr in Yverdon zubringen, und sie bey Ihnen erlernen. Ich bin überzeugt, dass Sie blos um dieser guten Absicht willen, ihn freundlich empfangen, und ihm zur Erreichung derselben behülflich seyn, und Zutritt in Ihrem Institut gönnen werden. Doch wollte ich Ihnen denselben empfehlen, und Sie bitten, ihm Ihre Freundschaft zu schenken. Er ist einer der besten, edelsten Menschen; ein wahrer Kinderfreund, der herzlich wünscht, zu nützen. Er besitzt schöne Kenntnisse, und hat nicht gemeine Fähigkeiten; aber er begreift schwer, oder gar nicht, wenn er eine Wissenschaft nicht ausführlich vortragen hört. Seine Bescheidenheit ist in Schüchternheit ausgeartet; er bedarf eines

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freundlichen Zuvorkommens. Ich habe ihn versichert, dass er das bey Ihnen finden werde; dass Sie Komplimente und Grossthun, oder wie Sie mir oft sagten, Züri-Pössli, gar nicht liebten; dass auch Ihre Mitarbeiter gute Menschen seyen, und sich brüderlich gegen ihn benehmen werden. Seyen Sie so gütig, dieselben von mir zu grüssen, und ihnen meinen lieben U r n e r zu empfehlen. Er wird Endes dieses Monats in Yverdon eintreffen. Herzlich würde es mich freuen, wenn Sie die zwey Büchelchen, die Ihnen Freund Urner von mir bringen wird, Ihres Beyfalls würdig fänden. Mit Hochachtung, und voll der besten Wünsche für Ihr Wohl, bin und bleibe ich Ihr ganz ergebener, H. H. Meili, Lehrer am Gymnasio in St. Gallen.

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ZB Zürich, Ms Pestal 53, Umschlag 213/2 etwas defekter Bogen, 244x192 mm Datum am Schluss, Sempel ZURICH, Siegelspuren Original Textkritik

Zeuge H Z. 37 Z. 54

Yverdon: lateinische Schrift Yverdon: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Hans Heinrich Meili (1767–1813) von Hittnau (Kt. Zürich) ist zwischen 1794 und 1799 als Schulmeister am Waisenhaus Zürich tätig, danach arbeitet er bis 1805 an der evangelischen Primarschule in Lichtensteig (Kt. St. Gallen). Von 1806 bis 1813 unterrichte t Meili am reformierten Gymnasium in St. Gallen, zuerst als Lehrer für Geschichte und Geografie, später als Lehrer für deutsche Sprache. Ab 1807 und wahrscheinlich bis zu seinem Tod unterrichtet er dazu parallel an einer Privatschule, dem 1807 gestifteten und von ihm geleiteten «meilische Töchter Institut» (⇒ Z. 29). III. Z. 20

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Anleitung: Hans Heinrich Meili: Fundamente der deutschen Sprachkenntniss und des Rechtschreibens: Für Primar-Schulen und zum Selbstunterrichte. St. Gallen 1808 Privatschule: Das «meilische Töchter Institut» wurde 1807 gestiftet und Hans Heinrich Meili (1767–1813 ⇒ Sacherklärung I.), der schon als Lehrer am reformierten Gymnasium in St. Gallen tätig war, wurde als erster Leh-

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rer dieser privaten Töchterschule angestellt. 1809 wurden 16 Mädchen in zwei Klassen unter anderem in den Fächern Lesen, Schön- und Rechtschreiben, Französisch, Naturgeschichte und Literatur unterrichtet. 1809 oder 1810 wurde das Institut erweitert und zur Unterstützung Meilis weitere Lehrer eingestellt. Aus einem Inspektionsbericht zu den Schulen der Stadt St. Gallen geht hervor, dass Meili ab 1811 von einem Lehrer Hottinger aus Meilen (Kt. Zürich) unterstützt wurde. Ein weiterer Inspektionsbericht aus dem Jahre 1813 besagt, dass das Meilische Institut schon vor dem Tode Meilis (1813) an seinen bisherigen Gehilfen Hottinger übergeben worden war (StA St. Gallen, Dossier KA R. 126–2, Inspektionsberichte zu den Schulen der Stadt St. Gallen, Abschnitt «Private Schulen»). Joh[ann] Jakob Urner: Johann Jakob Urner (ev. *1772) aus Hirzel (Kt. Zürich), war von 1788 bis 1794 als Lehrer im Waisenhaus Zürich tätig, anfänglich als Gehilfe des damaligen Schulmeisters, dann als Hauptlehrer. Anschliessend wechselte er an das Institut von Kaspar David Hardmeyer (1772– 1832, ⇒ Nr. 527) und ging 1808 zwecks Weiterbildung zu Pestalozzi nach Yverdon. Ob er anschliessend wie im Brief erwähnt Meilis Gehilfe wurde, ist fraglich. Zwar geht aus einem Inspektionsbericht von 1809 zu den Schulen der Stadt St. Gallen hervor, dass ein Herr Urner, der gegenwärtig in Yverdon ist, als weiterer Lehrer am «Meilischen Töchtern Institut» (⇒ Z. 29) angestellt werden soll (StA St. Gallen, Dossier KA R.126–2), in einem Bericht von 1811 wird er aber nicht als Lehrer desselben genannt. Um 1810 hat ein Lehrer Urner am privaten Erziehungsinstitut für Knaben von Kaspar Fierz (1777–1814, ⇒ Nr. 940) in Männedorf unterrichtet (Carl Bindschedler: Drei private Erziehungsinstitute im 19. Jh. in Männedorf. Stäfa 1941, S. 4). Zudem führte ein Urner von 1815 bis mindestens 1818 eine eigene Knabenschule in Männedorf. Lit.: Luca Godenzi: Das Zürcher Privatschulwesen 1800–1820 [Lizenziatsarbeit Universität Zürich]. Zürich 2010 Hardmeyerschen Institut: Kaspar David Hardmeyer (1772–1832) ⇒ Nr. 527 Züri-Pössli: Mit Pössli ist ein Narr, ein «Possenmacher», gemeint. zwey Büchelchen: Hans Heinrich Meili: Der schweizer’sche Briefsteller: ein Volksbuch, aus welchem junge und ungelehrte Leute Briefe, Aufsätze und aller Art schreiben und sonst viel Nützliches lernen können (1805). St. Gallen 1807 und Hans Heinrich Meili: Fundamente der deutschen Sprachkenntniss und des Rechtschreibens: Für Primar-Schulen und zum Selbstunterrichte. St. Gallen 1808

982. Friedrich Wilhelm August Fröbel 26. Juli 1808 den 26ten Jul. 1808 5

Innig hochverehrter Herr Pestalozzi. Verzeihen Sie, dass Sie, ohne dass ich Ihre Antwort auf meinen Brief abwarte, schon wieder einen zweiten von mir erhalten. Die Ursache davon liegt darinn dass sich die Gegegenwart so bald

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günstig für die Ausführung meines herzlichsten jetzt einzigen Wunsches bestimmt hat. Der Herr von Holzhaussen ist nämlich nun ganz fest bestimmt, und diesen seinen Entschluss nun ohne Einschränkung ausgesprochen, seinen Söhnen das Glück werden zu lassen, sie, wenn Ihre Güte es erlaubt in Ihrem Institute erziehen zu lassen, und es ist nun gewiss, dass, wenn Sie seine Söhne als Zöglinge Ihres Institutes aufu[nd] annehmen wollen, dass die Eltern mit ihren Kindern in der letzten Hälfte des Septembers von hier nach Yverdun abreisen werden. Die nothigen Zubereitungen und Vorkehrungen dazu, welche sich jetzt schon besorgen lassen, z[um] B[eispiel] Wäsche und Betten etc. werden, zu meinem wahren Vergnügen mit grosstem Ernste und Eifer betrieben und besorgt, und vieles ist schon fertig, liegt schon bereit – ich habe daher damit alle Hindernisse aus dem Wege geräumt werden, unter der Voraussetzung einer gütigen Antwort von Ihnen auf meinen ersten Brief den Auftrag mir von Ihnen die Numern aus zu bitten mit welchen die Effecten jedes Knaben zu bezeichnen sind. Da aber die Effecten wenigstens 14 Tage vor unserer Abreise von hier abgehen müssten, wenn wie nöthig ist und wie der H[err] v[on] H[olzhausen] wünscht wir dieselben in der Schweiz finden sollen, so bitte ich Sie Verehrungswürdiger H[err] P[estalozzi] recht sehr mir jene Frage recht bald zu beantworten. ich wiederhole nochmals, dass alles andere im Speciellen noch zu arrangirende, sich am leichtesten u[nd] besten bei der Anwesenheit der Eltern besorgen lassen wird. H[err] u[nd] Fr[au] v[on] H[olzhausen] geben mir den Auftrag gegeben Ihnen ihre innigste Hochschätzung und Verehrung zu versichern und Ihnen zu sagen, dass Sie mit hoher Freude der Zeit denke[n] die Sie beglücken würde, sich Ihres persönl[ichen] Umgangs zu erfreuen. u[nd] bittet Sie H[ochgeehrter] He[rr] P[estalozzi] dem He[rrn] v[on] T[ürk] vorläufig zu sagen, dass der Antheil den derselbe an dem jez beruhigten Mutter Herzen hat zum fortlebenden Dank in Ihrer Seele werden wird. Innigst freue auch ich mich der Zeit, und sehnend erwarte ich dieselbe welche mir Gelegenheit geben wird Ihnen hochverehrter H[err] P[estalozzi] theuerster Vater, die unbegränzte tiefe Verehrung persönlich bestätigen zu können die mein ganzes Seyn für Sie erfüllt, ich achte mich hoch beglückt, von dem gewaltigen Geiste, den ihre Gegenwart mit sich führt und der Ihr Institut belebt, ganz

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durchdrungen, für einen höhern Zweck denken u[nd] handeln zu können. Mit kindlicher Zuversicht, Verehrungswürdigster, theuerster H[err] P[estalozzi] Ihr Sie hochachtend liebender Aug. Fröbel

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Berlin BBF, Nachlass Friedrich Fröbel 1.1.03, Mappe 588, Bl 17. Eine erste Fassung dieses Entwurfs befindet sich in der Mappe 588, Bl 15–16. Blatt, 213x346 mm Entwurf Textkritik

Zeuge H Z. 6 Z. 6f. Z. 9 Z. 11f. Z. 17 Z. 19 Z. 22

Z. 25 Z. 29f. Z. 30f.

Z. 33 Z. 35f. Z. 36 Z. 38 Z. 40–43 Z. 41 Z. 45 Z. 47 Z. 47 Z. 48 Z. 52

Sie dass Sie meinen Brief günstig für bestimmt, und diesen Yverdun: lateinische Schrift nothigen Zubereitungen besorgt, und den Auftrag wir dieselben so bitte ich Sie Verehrungswürdiger He[rr] P[estalozzi] recht sehr, mir jene ich wiederhole nochmals wird. He[rr] u[nd] Fr[au] v[on] H[olzhausen] geben Ihnen ihre Sie mit am Rand ergänzt der Antheil mir Gelegenheit die mein ganzes∫ Seyn für∫ Sie∫ von dem gewaltigen Verehrungswürdigster

524 Sacherklärung I. Friedrich Wilhelm August Fröbel (1782–1852) ⇒ Nr. 980 III. Z. 6f. Z. 11 Z. 13

Z. 16

Z. 40f.

meinen Brief: ⇒ Nr. 980 Herr von Holzhaussen: (Johann) Justinian Georg von Holzhausen (1771– 1846) ⇒ Nr. 980 seinen Söhnen: Carl (Anton Friedrich Wilhelm August Rudolph) von Holzhausen (1794–1867, ⇒ Nr. 980), Friedrich (Ludwig Carl) von Holzhausen (1797–1819, ⇒ Nr. 980) und (Johann) Adolph von Holzhausen (1799–1861, ⇒ Nr. 980) Eltern: (Johann) Justinian Georg von Holzhausen (1771–1846, ⇒ Nr. 980) und Caroline Friedrike Luise von Holzhausen-von Ziegesar (1775–1846, ⇒ Nr. 980) He[rrn] v[on] T[ürk]: Wilhelm Christian von Türk (1774–1846) ⇒ Nr. 653

983. Georges de Rougemont 30. Juli 1808 du 30e Juillet 1808 5

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Yverdon M[onsieur] Pestallozy. Agreez, Monsieur, mes remercimens sincères quoique tardifs de l’envoy de livres que vous m’avez fait le 5. et Vous voudrez bien en débiter c[om]pte. Je n’ai pu lire ces livres encore. Surchargé d’affaires comme je ne l’ai j’amais été avant ce moment. J’ai du l’être beaucoup pour n’avoir ni continué la traduction dont vous connoissez le commencement, ni dégagé la parole que j’avois donnée à mon petit d’aller le voir un mois après m’être séparé de lui, ni lire et méditer des ouvrages sur l’objet le plus important pour l’humanité. Je balaye la route afin de cheminer plus aisement. J’aimerois Monsieur à recevoir quelques détails sur mon fils, cependant je ne vous les demande pas encore. Sa mère vient de lui donner un petit frère qu’on baptisera a St. Aubin dans 8. à 15. jours. Si vous croyez, Monsieur, qu’on puisse en voyer George à St. Aubin pour ce moment là, si vous ne craignez pas que cela ne reveille trop le desir de vivre dans la maison paternelle, si vous pouvez lui donner un ou deux, petits camarades, et sourtout si M[onsieur] de Muralt pouvoit l’accompagner, chaque mot que vous m’ecrirai sur son compte vous donnerait une peine superflue. Votre grande œuvre exige tout votre tems toutes vos forces.

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Je désire que George comprenne que je ne lui manque pas de parole en n’allant pas le voir au bout du mois; que ma promesse étoit conditionelle, et que je ne me prive d’un plaisir pour remplir des devoirs. Embrassez le Monsieur cet enfant que vous paraissez avoir adopté et conpter toutes sentimens d’amitié et de vénération de son père.

Überlieferung 1 5

Privatbesitz Familie de Rougemont Inv. 243, S. 503 Copia Textkritik

Zeuge [h] Sacherklärung I. Georges de Rougemont (1758–1824) ⇒ Nr. 956 III. Z. 7

Z. 10 Z. 12 Z. 16

Z. 17

Z. 17 Z. 22 Z. 23

de livres: Da der Brief von Pestalozzi nicht erhalten ist, bleibt auch unklar, welche Bücher er an Georges de Rougemont (1758–1824, ⇒ Nr. 956) geschickt hat. traduction: ⇒ Nr. 968 mon petit: Georges de Rougemont (1802–1810) ⇒ Nr. 968 Sa mère: Charlotte Louisa Albertine de Rougemont-d’Ostervald (1769– 1851) heiratete 1797 Georges de Rougemont (1758–1824, ⇒ Nr. 956). Das Paar hatte sechs Kinder: Rose-Henriette (*1798, ⇒ Nr. 1062), Rose-Frédérique (1800–1880, ⇒ Nr. 1062), Marie-Françoise-Henriette (1801–1830, ⇒ Nr. 1062), Georges (1802–1810, ⇒ Nr. 968), Frédéric-Constant (1808–1876, ⇒ Z. 17) und Denis-François-Henri (1810–1894, ⇒ Nr. 1135). un petit frére: Frédéric Constant de Rougemont (1808–1876) war Abgeordneter des corps législatif (1836–1848), 1841 Conseiller d’Etat en service extraordinaire, Sekretär des Departements des Innern, Abgeordneter der eidgenössischen Tagsatzung und Autor diverser theologischer, geographischer, politischer, historischer und wirtschaftlicher Publikationen. St. Aubin: Gemeinde im Kt. Neuenburg un ou deux. petits camarades: Es ist unklar, ob diese Reise zustande kam. M[onsieur] de Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610

526 984. Karl August von Wangenheim 1. August 1808 Stuttgart den 1 August 8. 5

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Ich hoffte, mein verehrter Freund! früher in den Stand gesezt zu werden, Ihnen über den Eindruck etwas schreiben zu können, den Ihre, von Zeller angewendete Methode auf den König gemacht hat. Allein Zellers und Fellenbergs Briefe, die nach Zürich addressirt waren und denen blos mein Name auf den Rücken geschrieben war, fielen in die Hände eines Namensvetters, der sie über Bern und Luzern endlich hierher reisen liess. Dass der König von den Resultaten der Methode überrascht, in Erstaunen gesezt und zu dem Wunsch gebracht worden sey, Zeller für das Vaterland zu gewinnen, das hatte mir schon ein Ökonom aus Glarus (Zwiky), der von Hofwyl kam, so beiläufig erzählt; doch war nirgends ein befriedigendes Detail. Erst vor wenigen Tagen erhielt ich die Briefe, die obige Nachricht vollkommen bestätigten. «Unser König – so schreibt mir Z[eller] – ist ein Pestalozzianer geworden, vom Scheitel an bis zur grossen Zehe hinaus, und ein Pestalozzianer von der rechten Art, der es nicht beim Schwatzen bewenden lässt, sondern wacker darein schlägt, wie meine arme Person bitter genug empfinden muss. Um 10 Uhr sah ich mit Schrecken – denn ich erwartete ihn nur Abends, einige Chöre anzuhöhren – das ganze Heer – die körperlichen Extreme den K[önig] u[nd] F[ellenberg] an der Spitze gegen meine Bosheit anrücken und so ernsthaft Posto fassen, dass ich bald merkte, das hört vor Martini nicht wieder auf. Da nahm ich mich denn zusammen, ward mit meinen Schulmeistern munter und ernsthaft, wie es kam, fragte und übte, 2 volle Stunden lang. Der König sah in Allem mit eigenen Augen, erkundigte sich, bat um Auskunft, nahm Schiefertafeln, Schriften etc. zur Hand, und verhehlte sein Erstaunen nicht. Das Rechnen und der Schillersche Chor (das Chorlesen) gieng vortrefflich. Er bewunderte die Zeichnungen der Schulmeister, die auf der Stelle über = und < ∆ und C gemacht wurden; der Gesang hingegen erregte ein allgemeines Bravo u[nd] Händeklatschen. Der Schlussgesang – ach wie viele süsse Stunden sind in deinem Schatten mir, lieber Garten, hingeschwunden etc. gab mir dann Veranlassung einen zusammenhängenden Vortrag zu halten (freilich extempore) über die fürchterliche Schulmeisterin N o t h , die die Menschen in die Schule nimmt, wenn sie in der Kinder-

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schule nichts gelernt haben, was des Lernens werth ist; über das Beseligende des Lehrerberufs, der hierin der Agricultur gleicht, dass der Erfolg in genauesten Verhältnisse steht mit der Mühe u[nd] mit der Wahrheit u[nd] Natur, womit er besorgt wird; über das entsetzliche Vermodern der herrlichsten Talente, die im Schoosse der niedern Stände verlohren gehen, weil es an Gelegenheit u[nd] Mitteln fehlt, sie zu wecken, und dass und wie unsere Lehrfächer geeignet seyen, dieses zu thun; über – – – weiss ich’s? denn ich wurde warm. «Ja, es ist wahr! ach Gott, ja!» und dergleichen unwillkührliche Ausrufungen meiner Schüler zeigten dem Könige, dass hier keine Schulkomödie gespielt ward und – das f r e u d i g e Erstaunen war unverkennbar in seinen Zügen. Ich schloss endlich mit einer Verbeugung gegen den König und er stand auf «Ich erstaune, fieng er an; wie lange sind sie vom Vaterland entfernt?» – (10 Jahre etc.) – «Und das alles (heftig) soll fürs Vaterland verlohren seyn? das kann, das darf nicht seyn. Damit kehrte er mir den Rücken und liess mich attonitum stehen. Bei Tische soll er fast nichts, als von den Schulmeistern gesprochen haben, es sey etwas ausserordentliches um die Methode usw. Nach Tische forderte er meine 40 Mann 10 Bauermädchen u[nd] 10 Bauerknaben vor das Zelt, die Chöre aufzuführen. Mitten unter ihnen höhrte er zu, freundlich nickend. Es gieng trefflich. Alles rief Bravo. Der einzige K l e i n (Hofmedicus) drükte mir die Hand, ohne ein Wort sprechen zu können vor Rührung. – Abends besuchte ich den Herrn Grafen Görlitz in Bern. Von ihm erfuhr ich, der Director v[on] Vellnagel habe Befehl, mir ein Decret auszufertigen. Der König erlaube mir, noch e i n Jahr in Zofingen zu seyn, werde mich aber dann zuverlässig zurükrufen. Vellnagel tröstete mich u[nd] auf seinen Rath thue ich nun was folgt: Bei seiner Ankunft wird der König ein Schreiben von mir vorfinden, worin ich meine fatale Lage u[nd] seine so fatale Gnade ihm vorstelle. An Minister Mandelsloh schreibe ich gleichfalls und stelle ihm vor, d a s s u[nd] w i e ich entweder j e z t angestellt werden soll oder jezt entlassen auf immer. Für meine Anstellung wären die wesentlichen Punkte: Unmittelbare Subordination unter den Cultminister oder die Studiendirektion; Leitung des Elementarschulwesens im ganzen Reiche; Organisation der Normalschulen – und Lehrer; Hohenheim, Mittelpunkt dieser Schulen in Verbindung mit einem unserer Waisenhäuser, als Normalschule und mit einer Agriculturschule. Ersatz meines Einkommens in Zofingen.» So weit Zeller. Lehr und alle Personen, die den König umgaben, bestätigen es, wie enthusiasmiert der König von der Methode sey,

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u[nd] dass er sie angewendet wissen wolle. Er hat diess dem dermaligen Cultminister Graf Mandelsloh zu erkennen und diesem den Befehl gegeben, über Zellers Anträge und deren Ausführung zu berichten. – So weit stände denn alles sehr gut, und – dennoch wird aus der Sache nichts, wenigstens nichts Ganzes. Denn der Cultminister – ein Weltmensch – ist dagegen, ich wette, dass er nicht weiss warum. Schon hat er beim Dessert u[nd] der Flasche erklärt: des Königs Enthusiasm für diese odiöse Sache sey ihm fatal; er werde sie trainiren, bis das erste Feuer verraucht und der neu bestimmte (dem Konige fatale) Cultminister vom Urlaub zurük gekommen seye u[nd] sein Amt angetreten haben werde; dann werde die Sache durch die Person fallen. – Und er hat recht. Keine Sache ist so ernst u[nd] heilig, der man nicht eine lächerliche Seite abgewinnen könnte; dies zu könen, dazu umgeben den Konig Menschen genug; dem Lächerlichen widersteht der König nicht; und so lacht man die gute Sache zu Boden. Aber doch bin ich zufrieden. Genuzt soll dieser Enthusiasm doch haben. Unser Waisenpfarrer Riedke (für den es schade, dass er ein trefflicher, aber zur Höflichkeit zu sehr dressirter Hund ist) bekommt Muth dadurch, von der Methode, die er gefasst, mehr anzuwenden, als bisher; es wird wenigstens e t w a s geschehen, weil die Sache besprochen, durchdacht wird; man wird empfänglich für das werden, was meine gute Hartmann leisten wird; und – meine Hoffnung, ja mein Vertrauen gründet sich auf das, mit ruhigem, ehrlichem Gesichte gegebene Versprechen des Kronprinzen. Er besucht Sie im Herbst oder künftiges Frühjahr und den Sohn seines (besten) Freundes Phull schicke ich wahrscheinlich nächstens in Ihr Institut. Gedeihe es, wie es Sie gedacht haben, Vater der Kinder, Lehrer der Eltern! Dann sind Sie belohnt. Vale faveque Karl Wangenheim Herzliche Grüsse an unsere Freunde Schmid, Niederer, Krüsi, Muralt u[nd] die braven Aarauer und Meklenburger (Sachsen). Einen Kuss für die Seele, Thieriot. Ihrer Frau reich’ ich die Hand u[nd] Ihnen die Brust. Wenn Sie mir schreiben oder schreiben lassen, was das hiesige Postbureau (welches der Confident des ganzen Publikums ist) nicht lesen soll; so schicken Sie mir Briefe unter Couvert an: Herrn Kaufmann Keller allhier

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ZB Zürich, Ms Pestal 55a/56, Umschlag 383/1 Bogen, 229x189 mm Original Textkritik

Zeuge H Z. 16 Z. 40 Z. 44 Z. 46 Z. 58 Z. 67 Z. 69 Z. 72 Z. 90 Z. 94 Z. 113 Z. 120 Z. 121

Detail: lateinische Schrift extempore: lateinische Schrift eigentlich: dass der Erfolg Ertrag∫ in die∫ attonitum: lateinische Schrift Vellnagel: lateinische Schrift Vellnagel: lateinische Schrift fatale Gnade Dessert: lateinische Schrift seye∫ Vale faveque: lateinische Schrift Confident: lateinische Schrift Couvert: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Karl August von Wangenheim (1773–1850) ⇒ Nr. 977 II. Als Württemberger stand Karl August von Wangenheim (1773–1850, ⇒ Nr. 977) mit Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) in Briefkontakt und konnte Pestalozzi deshalb Auskunft darüber geben, wie der Besuch des Württemberger Königs, Friedrich I. (1754–1816, ⇒ Nr. 939) bei Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) verlaufen war. III. Z. 7 Z. 7 Z. 8 Z. 8 Z. 14 Z. 17 Z. 40 Z. 58 Z. 64

Zeller: Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656 König: Friedrich I., König von Württemberg (1754–1816) ⇒ Nr. 939 Fellenbergs: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 Briefe: scheinen nicht erhalten zu sein Ökonom: Möglicherweise ist hier Johann Peter Zwicky (1762–1820, ⇒ Nr. 471) gemeint. Briefe: ⇒ Z. 8 extempore: improvisiert, aus dem Stegreif (aus der Zeit, lat.) attonitum: wie vom Donner gerührt, betäubt, erstaunt, verzückt (lat.) K l e i n : Carl Christian von Klein (1772–1825) wurde 1796 Stadt- und Amtschirurg von Stuttgart und herzoglicher Hofmedicus/Leibarzt. 1806 stieg er zum königlichen Medizinalrat in Württemberg auf mit Sitz und Stimme im Kollegium, erhielt für seine Leitung der in der Nähe Stuttgarts gelegenen russischen Spitäler 1814/15 den russischen Wladimirorden und veröffentlichte zahlreiche Fachbücher zur Chirurgie und Gerichtsmedizin.

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Grafen Görlitz: Ernst Eugen Graf Görlitz (1768–1832) war seit 1803 württembergischer Oberstallmeister und noch 1828 im Hof- und Staatskalender als Stallmeister erwähnt. Director v[on] Vellnagl: Christian Ludwig August Freiherr von Vellnagel (1764–1853) war von 1812 bis 1843 württembergischer Staatssekretär und zugleich Geheimer Rat, Hofkammer-Präsident sowie Präsident des OberHofrats. Decret: Ein königliches Dekret vom 7. Dezember 1808 legte den Verbleib Karl August Zellers (1774–1846, ⇒ Nr. 656) in Württemberg fest und lehnte zugleich seinen im Sommer 1808 vorgelegten Reformplan mit Reorganisationsvorschlägen zur Schulaufsicht, Lehrerbildung und -besoldung sowie des Unterrichts ab (Hauptstaatsarchiv Stuttgart, E 11 Kabinettsakten, Bü18 Nr. 279, 3). Abgedruckt ist das Dekret in: Theodor Eisenlohr: Die Gesetze für die Volksschulen bis auf die neueste Zeit und die Einleitung in dieselben. Tübingen 1839, S. 175–177. Mandelsloh: Ulrich Lebrecht Graf von Mandelsloh (1760–1827) aus Mecklenburg durchlief nach Besuch der Karlsschule in Stuttgart und absolviertem Studium der Rechts-, Staats- und Fortwissenschaften als Beamter und Diplomat eine Karriere im württembergischen Staatsdienst. 1799 war er Geheimer Rat, 1806 Leiter des Kulturdepartements, 1808 Finanzminister, bis 1816 Aufseher über Bibliothek, bildende Künste und Theater und schliesslich 1819 als Gesandter beim Bundestag. Lehr: Friedrich Lehr (1782–1854) ⇒ Nr. 1019 neu bestimmte … Cultminister: Ludwig Hellmuth Heinrich, Freiherr von Jasmund (1748–1825) war vor seinem Eintritt in den württembergischen Staatsdienst Präsident des Oberappellations-Tribunals in Kassel und leitete in der Nachfolge von Graf von Mandelsloh (1760–1827, ⇒ Z. 73) das Stuttgarter Ministerium des Kirchen- und Schulwesens von Mai 1808 bis März 1816. Riedke: Viktor Heinrich Riecke (1759–1830), evangelischer Theologe und Lehrer aus Stuttgart, entstammte einer Arztfamilie und war Pfarrer in Brno (Brünn, Tschechien), nach 1803 am Stuttgarter Waisenhaus und ab 1811 in Lustenau (Vorarlberg). Zu seinen pädagogischen Aktivitäten gehörte ab 1803 das Inspektorat des deutschen Schulwesens in Stuttgart, nach 1811 die Gründung einer Industrieanstalt in Lustenau und einer Taubstummenanstalt in Tübingen. Hartmann: Klara/Claire von Hartmann (*1774) aus Luzern war bis Anfang 1809 Lehrerin am Töchterinstitut in Yverdon (⇒ Nr. 867), arbeitete dann an der von Karl August von Wangenheim (1773–1850, ⇒ Nr. 977) betriebenen Schule (⇒ Nr. 1136) sowie als dessen Hauslehrerin in Stuttgart, eröffnete 1813 ein Mädcheninstitut in Konstanz, an dem zeitweilig auch Johann Andreas Schmeller (1785–1852, ⇒ Nr. 841) angestellt war, und stand schliesslich ab 1817 der weiblichen Erziehungsanstalt in Olsberg vor, wo sie 1827 offenbar aufgrund von Unregelmässigkeiten abberufen wurde (vgl. dazu StA Aargau, R01.SR/0013/78). Kronprinzen: Wilhelm I. Friedrich Karl von Württemberg (1781–1864) lebte nach seinem freiwilligen Dienst im österreichischen Armeekorps als Kronprinz zurückgezogen in Stuttgart, bis er nach dem Tod seines Vaters König Friedrich I. (1754–1816, ⇒ Nr. 939) die Regentschaft in Württemberg übernahm und sich dabei besonders durch den Erlass einer Landesverfassung 1819, landwirtschaftliche Reformen und Steuersenkungen hervortat.

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Sohn: Eugen von Phull (1801–1857) war der einziger Sohn Karl August Friedrich von Phulls (1767–1840, ⇒ Z. 110) aus seiner zweiten Ehe mit Charlotte Poths (1766–1808), die ebenso wie seine erste und anschliessende dritte kinderlose Ehe geschieden wurde. Über Eugen von Phull ist nichts Weiteres bekannt, in den Schülerlisten von Pestalozzis Instituten wird er nicht geführt. Phull: Karl August Friedrich von Phull (1767–1840) durchlief eine Karriere in der württembergischen Armee bis zum Rang des Generalleutnants 1808, wurde dann mit der Aufsicht und Einverleibung des Herzogtums Hohenlohe und des Fürstentums Mergentheim ins das neue Königreich Württemberg beauftragt, stieg 1811 zum Kriegsminister auf und wurde im Dezember 1816 als württembergischer Gesandter nach Berlin und Hannover geschickt. 1820 zog er sich aus den Ämtern zurück. Vale faveque: lebe wohl und sei günstig gestimmt (lat.) Schmid: Joseph Schmid (1785–1851) ⇒ Nr. 712 Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Krüsi: Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 587 Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 braven Aarauer: Möglicherweise sind damit Georg Andreas Hagnauer (1783–1848, ⇒ Nr. 1169), der von 1808–1811 Lehrer am Töchterinstitut (⇒ Nr. 867) in Yverdon war, und dessen ebenfalls am Institut sich aufhaltende Schwester Sophie Bertschinger-Hagnauer (1786/7–1873, ⇒ Nr. 1016) gemeint. Da sich Karl August von Wangenheim (1773–1850, ⇒ Nr. 977) nach einer Erzieherin umsah und sich für den Aufbau einer eigenen Töchterschule interessierte, dürfte er bei seinem Yverdon-Aufenthalt mit dem Geschwisterpaar in Kontakt gekommen sein, wofür nicht zuletzt auch der Umstand spricht, dass Sophie um 1812 in Stuttgart in der Anstalt von Gottfried Friedrich Rösler (1782–1845, ⇒ Nr. 1043) arbeitet, einer Nachfolgeinstitution der von Wangenheim gegründeten Töchterschule (⇒ Nr. 1136). Meklenburger (Sachsen): Im Sommer 1808 befanden sich zahlreiche Sachsen am Institut in Yverdon. Wessen Bekanntschaft Karl August von Wangenheim (1773–1850, ⇒ Nr. 977) gemacht hat, lässt sich nicht mit Sicherheit rekonstruieren, denkbar wäre aber, dass er in Yverdon mit dem aus dem sächsischen Vogtland stammenden Johann Michael Zschirner (*1772, ⇒ Nr. 1137) zusammengetroffen war. Dieser arbeitete von 1809– 1812 an Viktor Heinrich Rieckes (1759–1830, ⇒ Nr. 984) Waisenschule in Stuttgart, mit der von Wangenheim im Zusammenhang mit seinem eigenen Töchterinstitut (⇒ Nr. 1136) in Verbindung stand. Thieriot: Paul Emil Thiriot (1780–1831) aus Leipzig war Altphilologe und Violinist, zwischen 1808–1818/19 immer wieder auf Reisen und schliesslich Lehrer für Latein und Griechisch an einer Privatschule in Wiesbaden. Frau: Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 Kaufmann Keller: Damit ist vermutlich Georg Heinrich Keller (1775–1831) gemeint, Inhaber der Firma «G. H. Keller und Söhne» mit Sitz in Stuttgart, die en gros mit Tüchern handelte, Wechsel- und Speditionsgeschäfte betrieb und Beziehungen zur württembergischen Regierung unterhielt.

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Königliche Akademie der Wissenschaften in München Zu Folge eines Antrages der Königl[ichen] Akademie der Wissen[schaft]en zu München und nach erhaltener Bestätigung desselben von S[eine]r königl[ich]en Majestät von Baiern unter dem 22ten July 1808 ist Herr Heinrich Pestalozzi in Yverdun, zum ordentlichen auswärtigen Mitgliede besagter Akademie ernennt, und dessen Namen in ihre Listen eingetragen worden. München, den 1ten Aug[ust] 1808. Jacobi, Präsident Schlichtegroll Gen[eral] Secretair.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 200/2 Bogen, 339x215 mm gedruckter Text, eigenhändige Unterschrift Original Textkritik

Zeuge H Sacherklärung I. Die per Urkunde vom 1. Mai 1807 sich konstituierte Königliche Akademie der Wissenschaften in München ist die Nachfolgeinstitution der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, die 1759 von Kurfürst Maximilian III. Joseph (1727–1777) gegründet worden war. Hauptaufgabe der Akademie ist die Förderung des wissenschaftlichen Fortschritts und die Forschung auf natur- und geisteswissenschaftlichem Gebiet. Mit der Reform von 1807 wird die Akademie von einer freien Gelehrteneinrichtung zu einer staatlichen Zentralanstalt mit hauptberuflich tätigen und fest bezahlten Staatsbeamten. Die ursprünglich in eine historische und eine philosophische Klasse aufgeteilten Forschungsgegenstände werden umgeordnet in eine historische, eine philologischphilosophische und eine mathematisch-physikalische Klasse. Zudem werden neu die ordentlichen Mitglieder, deren Zahl auf 18 beschränkt ist, letztinstanzlich vom König und nicht mehr von der Akademie ernannt. Im Jahre 1827 sollte die Akademie aller-

533 dings wieder zu ihrer Gründungsbestimmung einer Gemeinschaft freier Gelehrten und einer freien Forschungseinrichtung zurückfinden. II. Es ist unklar, ob diese Ernennungsurkunde mit einem nicht mehr erhaltenen Begleitschreiben oder mit dem Brief von Adolf Heinrich (Friedrich) von Schlichtegroll (1765– 1822, ⇒ Nr. 995) an Pestalozzi geschickt wurde. Für die gemeinsame Übersendung mit dem Brief Schlichtegrolls vom 12. September 1808 (⇒ Nr. 995) spricht die Briefzeile, dass Schlichtegroll Pestalozzi «beyliegenden Beweis» übersende. Für eine getrennte Postsendung spricht hingegen der relativ lange Zeitabstand zwischen der Abfassung der Ernennungsurkunde und dem Brief Schlichtegrolls (ca. 6 Wochen). III. Z. 8

Z. 16 Z. 17

Majestät: Maximilian I., König von Bayern (1756–1825), ehemals Kurfürst Maximilian IV. Joseph, rückte 1795 aufgrund des Todes seines Bruders Karl II. August (1746–1795) in der Erbfolge nach und gelangte 1806 auf den bayrischen Thron. Maximilian I. Joseph war Freimaurer und gilt als Modernisierer des bayrischen Staates. Jacobi: Friedrich Heinrich Jacobi (1743–1819) ⇒ Nr. 439 Schlichtegroll: Adolf Heinrich (Friedrich) von Schlichtegroll (1765–1822) ⇒ Nr. 995

986. Herr Buclin-Billon 13. August 1808 [Reg.] Antwortvermerk «13e» auf dem Brief Pestalozzis vom 9. August 1808.

Überlieferung 1

Archives cantonales vaudoises, Dossier P Sacherklärung I.

Herr Buclin-Billon konnte nicht näher bestimmt werden.

987. Jean François/Franz Barraud Sommer 1808 [Reg.] Drei Briefe mit unbekanntem Inhalt.

534 Überlieferung 1

Nr. 1002 Sacherklärung I.

Jean François/Franz Barraud (1777–1830) stammt aus dem waadtländischen Essertines und tritt 1801 als Eleve in Pestalozzis Anstalt in Burgdorf ein. Ab 1804 ist er im neuen Institut in Yverdon als Lehrkraft für Rechnen und Schreiben tätig und sollte dort eine leitende Funktion übernehmen. 1807 wird er von Pestalozzi zur Leitung der ersten an seinen Grundsätzen orientierten Schule nach Frankreich entsendet: In Bergerac (Dordogne) ist François Pierre Gauthier, Maine de Biran (1766–1824, ⇒ Nr. 873) als Unterpräfekt mit der Neustrukturierung des Schulwesens befasst und hat Pestalozzi gebeten, ihm einen Lehrer zur Führung der Primarschule zur Verfügung zu stellen (⇒ Nr. 873). Barraud trifft Ende 1807 in Bergerac ein, die Primarschule nimmt per 1808 ihren Betrieb auf und entwickelt sich anfänglich ganz zu Maine de Birans Zufriedenheit. 1810 löst Barraud die Primarschule vom Collège Municipal, an das sie bis dahin angegliedert ist, ab und führt die rund 100 Schüler umfassende Anstalt unabhängig weiter. Weder Streitigkeiten mit der Stadt, die sich in der Folge um das Erteilen von Latein- und Griechischunterricht entspinnen, noch die bald ernüchtert-ungünstige Beurteilung der Pestalozzischule durch ihren Initiator Maine de Biran vermögen den Erfolg des Barraudschen Unternehmens zu brechen. Bis 1830, als er beim Versuch, einen seiner Schüler zu retten, ertrinkt, amtet Barraud als Generaldirektor und Lehrer für die oberen Klassen und hinterlässt seinem Sohn Louis (1798–1875) eine florierende, bis 1881 fortbestehende Schule zur Leitung.

988. Johannes Niederer 19. August 1808 den 19ten Augusts 808. 5

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Unsre heutige Unterredung, diese unglückliche Fortsetzung schon so mancher andern, konnte nicht anders als mich zum ernstesten Nachdenken stimmen. Ich benütze die Stunde Ihrer Abwesenheit, um Ihnen einige Gedanken über den Gegenstand der sie veranlasste, mitzutheilen. Von Persönlichem will ich nichts sagen; ich würde aber alles das sagen, was Sie mir und den Übrigen zusammen, hoffentlich aber nicht in dem Sinne, in welchem es verstanden werden kann, vorwerfen, und vor allem aus treülos an Ihnen selbst handeln, wenn ich Ihnen nicht meine bestimmteste Ansicht und meine entschiedenste Überzeügung von dem was beim Töchterinstitut geschehen muss, zu erkennen gäbe. Mit Recht fordern Sie, dass die Kinder dieser Anstalt nicht das Opfer unsrer Wiedersprüche, unsrer Persönlichkeit, unsrer Thor-

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heit, des Hin und Hertragens u.s.w. seyn. Mit dem gleichen Recht, fordre nicht ich, a b e r d i e h e i l i g s t e P f l i c h t f o r d e r t e s v o n I h n e n dass Sie diese Kinder eben so wenig das Opfer Ihrer Gleichgültigkeit gegen die Anstalt selbst, Ihrer Abneigung gegen ihren Gang, und Ihres Wiederwillens gegen die Personen werden lassen. S i e h a b e n d i e A n s t a l t ü b e r n o m m e n . Es war gut, und bei Ihrer und Andrer Stimmung sogar nothwendig, dass Sie dieselbe übernahmen. Was meine persönliche Ansicht von den Menschen, von den Bedürfnissen und den Hilfsmitteln der Sache sonst sey, ich brachte sie von der ersten Stunde an, der Überzeugung von jener Nothwendigkeit zum Opfer, und wollte und will nichts anders, als dass Ihr wahrer Wille und Ihre wahren Absichten erreicht werden. Sie haben Ihre Liebe und Ihr Vertrauen zu d e n E i n f l u s s h a b e n d e n M e n s c h e n v e r l o r e n . Ich habe keines Menschen Fehler, am allerwenigsten die Meinigen zu rechtfertigen gesucht. Ich kenne sie, und meine Stimmung hatte Ihnen längst sagen können, wie sehr sie mich drücken, wenn Sie nicht durch einen traurigen Missgriff den Grund dieser Stimmung in einer undankbaren und ungerechten Verkennung Ihrer Denk und Handlungsweise suchten. Dieser Missgriff und Ihre daraus entspringende Beurtheilung meines Benehmens ist auch die einzige, aber eine wirkliche Ungerechtigkeit, über die ich mich zu beklagen habe, worüber ich aber nur den w a h r e n Pestalozzi, der unwandelbar gut und sich gleich ist, anklage. Auch in diesem Punkte wollte und will ich nichts anders als dass die ächte Kraft, das wahrhaft Gute, dasjenige Ihr Vertrauen und Ihre Liebe unbedingt verdient, einflussreich, wirksam und herrschend sey. – Sie halten den Unterricht einen einzigen Punkt ausgenommen, für sc hle c ht und unbef r i e d i g e n d . Ich nahm seine Vollkommenheit nicht in Schutz, versuchte vielmehr, freilich ganz ohne allen Erfolg, etwas zu thun den Mängeln abzuhelfen. Dass meine Kraft nicht hinreichte ist gewiss, und dass ich auch die, welche ich hatte, bei weitem nicht anwandte, vielleicht eben so sehr. Aber nie habe ich etwas Schlechtes, weder von mir noch von andern in Schutz zu nehmen gesucht, und was ich immer einzig forderte, war Spielraum zur Bearbeitung dessen was Ihrer Idee angemessen und Ihres Beifalls würdig wäre. Ich habe Ihnen meine Geständnisse hier, und zu einer andern Zeit abgelegt. Ich bin mir wenigstens der Unpartheilichkeit und

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des Willens es zu seyn, vor Gott und vor mir selbst bewusst. Dieses Bewusstseyn meiner redlichen Offenheit berechtigt mich in meinen Augen Einige Fragen an Sie über diese drey Punkte zu richten. Möchte Ihre erste Liebe zu mir; möchte Ihre Erinnerung an das, nicht was ich für Ihre Sache geleistet, denn geleistet weiss ich wohl, dass ich nichts habe, aber an das was ich herzlich für sie wollte, was ich für sie übernommen, und in mir selbst, f r e i l i c h g a n z a u s e i g n e r S c h u l d , denn es war Unrecht und Schwäche, gelitten, aber doch gelitten habe, mich entschuldigen in Ihren Augen. Konnten Sie die Anstalt aus einem andern Grunde übernehmen, als um in allem Ernst ihr Vater und Lehrer zu seyn? Als um Gut zu machen, was andre schlecht gemacht und verdorben hatten? Machten Sie sich nicht eben dadurch, dass Sie sie übernehmen, anheischig, Mittelpunkt für das Ganze i n a l l e n s e i n e n B e d ü r f n i s s e n zu seyn? Verpflichteten Sie sich nicht, Ihre Stelle durch Personen, die von Ihrem Willen und Geiste durchdrungen und beseelt, Ihres Vertrauens und Ihrer Liebe würdig wären, vertreten zu lassen? Sollte es nicht Ihre fortdauernde Sorge seyn, allem, was den Einfluss hebenden Personen vom Gegentheil anklebt, entgegen zu wirken, und ein positives Gegengewicht gegen dieses Schlechte aufzustellen? Thaten Sie nicht durch jene Übernahme das Versprechen, die schlechten Lehrer und den schlechten Unterricht zu entfernen, und entweder zu machen dass er ganz durch guten ersetzt werde, oder dass durch Vertrauen und Liebe, wenigstens eine Seite wohlthätiger Wirkung in ihn komme? Das ists was alles noth thut, und was noch noth thut. Sie können es so leicht. Der erste sichere Schritt darzu ist, dass Sie in der Anstalt selbst erscheinen; dass Sie eine wöchentliche Versammlung halten, in der Sie mit den Ansichten der Lehrer und Lehrerinnen über die einzelnen Zöglinge und mit den Bedürfnissen derselben bekannt werden; dass Sie keinen andern Willen und keine Ansicht als die I h r i g e n aufkommen lassen, und bestimmt erklären in wem und durch wen sich dieser Wille aussprechen solle; dass Sie aber e i n r u h i g e s O h r nicht blos für diese oder jene Person, sondern für alle haben.

Überlieferung 1 2 4

ZB Zürich, Ms Pestal 53/54, Umschlag 262/IV, 12 Bogen, 244x193 mm Dorsualvermerk 19 Aug. 1808 Niederer an Pestalozzi. wegen d[er] Töchteranst[alt]

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Original Textkritik

Zeuge H Z. 27 Z. 67

meine

persönliche ich für Sacherklärung I.

Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 II. Obwohl schon im Frühjahr 1806 ein Prospekt für die Töchteranstalt (PSW XVIII, S. 135– 138) veröffentlicht wurde, war lange Zeit unklar, wer die Leitung übernehmen sollte. Die dafür vorgesehenen Personen konnten sich nicht durchsetzen, sodass Pestalozzi ein Jahr nach der Gründung selbst die Leitung übernahm. Doch auch diese Lösung hatte nicht lange Bestand und erst mit der Übernahme der Leitung durch Rosette NiedererKasthofer (1779–1857, ⇒ Nr. 842) im Frühjahr 1809 konnte sich das Mädcheninstitut etablieren (⇒ Nr. 867). III. Z. 15 Z. 23f.

Töchterinstitut: ⇒ Nr. 867 Wiederwillens gegen die Personen: Damit dürften jene Lehrkräfte gemeint sein, die Pestalozzi zu jener Zeit über den Kopf wuchsen, was offenbar für ihn wie für seine Umwelt wahrnehmbar war (⇒ Nr. 993, PSB VI, Nr. 1403).

989. Adolf Friedrich Gerling 1808 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 113.33f. Sacherklärung I.

Adolf Friedrich Gerling (1769–1828) studiert von 1787 bis 1790 in Jena und Göttingen. Ab 1791 arbeitet er als Pagenhofmeister in Neustrelitz, bevor er von 1798 bis zu seinem Tod die Pfarrei in Ballwitz (Mecklenburg-Vorpommern) übernimmt und sich vor allem für Schulverbesserungen einsetzt. 1817 wird er von Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653) zusammen mit anderen Geistlichen in die Schulreformkommission berufen.

538 990. Maria Josepha Anderwert-Bregg/Bräg Herbst 1808 [Reg.] Frau Anderwert-Bregg erkundigt sich, ob ihr Neffe nach Yverdon gehen könne.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 123.27f. Sacherklärung I.

Maria Josepha Anderwert-Bregg/Bräg (1753–1824) von Egelshofen (Kt. Thurgau) wächst in Kreuzlingen auf, wo ihr Vater Johann Konrad Bregg (1735–1796) seit 1754 den Gasthof Zum Löwen führt und als führender Lokalpolitiker tätig ist. 1787 heiratet sie den späteren Thurgauer Kantonsrat und Egelshofener Gemeindeammann Johann Georg Laurentius Anderwert (1759–1826). Spätestens 1789 übernimmt das Paar, das insgesamt sechs Kinder hat, den elterlichen Wirtschaftsbetrieb. III. Z. 4

Neffe: Um wen es sich hier handelt ist unklar. In den Schülerverzeichnissen ist nur der Sohn von Maria Josepha Anderwert-Bregg (1753–1824, ⇒ Sacherklärung I.) verzeichnet, Franz Georg Anderwert (1793–1849). Es ist deshalb davon auszugehen, dass dieser Neffe nicht nach Yverdon geschickt wurde.

991. Johann Jakob Schneider 4. September 1808 Altstadenn den 4ten 7bre 1808 5

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Verehrter Herr u[n]d Fründ! Ausser einigen Privatlektionen gebe ich einer Klasse aus der öffentlichen Schule täglich 2 Stunden Unterricht. Pensen sind Rechnen, deütsche Sprache u[n]d Naturgeschichte. Haben Sie Ihren angefangenen Plan über Botanik fortgesetzt? – Das Tabellen-Rechnen, welches vorher nicht betrieben ward, gefällt, macht Lust u[n]d weckt. Auch Herr Sonderegger hat es in seiner Schule angefangen. Von den 12 wöchentlichen Stunden riss ich zwey weg und widmete sie sponte mea dem abc der Anschauung. Wenig, freylich, nach und nach aber lässt sich schon mehr Zeit darauf verwenden. Zuerst muss Lust u[n]d Eifer u[n]d Sinn, der hier gewaltig mangelt,

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gewekt werden. Für alles Schöne herrscht eine sträfliche Gleichgültigkeit, die meisten Eltern lassen ihre Kinder immer Hausbedarf lernen, u[n]d diess nicht ein mahl alle. Brod ist ihr Ziel, nicht den Geist zu veredlen, den göttlichen Funken zu nähren u[n]d den Werth der Menschen tiefer zu fühlen. Was soll man denken, wenn Leüte, die sich doch nicht wenig einbilden bey Anlass einer botanischen Tagreise auf den Kamor sich äussern durften: meinen Knaben lasse ich nicht hingehen, er verbricht sonst Schuhe?! So ist die Denkungsart vieler. Auf sie macht kein Eindruck die schöne Natur, die duftenden Blumen u[n]d das freye Bewegen aller Wesen auf diesen Höhen. Für sie ist Tod wo das Leben sich nicht im grösten Wirwar zeigt. Fremd ist ihnen alles Sanfte u[nd] Erhabene, feind sind sie allem was nicht ihren physischen Körper auszustopfen verdient; u[n]d weil sie kein Gefühl dafür haben, sollen auch die Kinder gefühllos bleiben; weil sie nichts gelernt sollen auch diese nichts lernen. O der herrlichen Ermunterungen von Aussen für den Schullehrer! Johann Jacob Schnider.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich Ms Pestal 57, Bl. 106–106a, S. 198–199 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 13 Z. 13

sponte mea: lateinische Schrift abc: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Johann Jakob Schneider (1787–1844) wächst in Hinterforst (Kt. St. Gallen) als ältester Sohn eines Schullehrers auf. Er besucht die Elementarschule in Altstätten (Kt. St. Gallen) und 1804–1807 die Kantonsschule in Aarau. Nach einem Aufenthalt an Pestalozzis Anstalt in Yverdon wird Schneider 1808 Lehrer an der evangelischen Realschule in Altstätten. 1813 baut er die Schule, die die Gemeinde ihm auf eigene Rechnung überlässt, zu einem Privatinstitut für ältere Knaben um. Dem Institut gliedert sich 1826 eine Mädchenanstalt an, die später von Schneiders Töchtern übernommen wird. Als die Gemeinde Altstätten im Jahre 1828 wieder zur Führung einer eigenen höheren Schule im Stande ist, wird die Knabenanstalt in eine öffentliche Realschule mit Schneider als erstem Lehrer umgewandelt. Schneider verfasst 1815 ein viel beachtetes Rechenbuch, das unter dem Titel Methodischer Leitfaden der Arithmetik mehrmals aufgelegt wird.

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Altstadenn: Altstätten Plan über Botanik: Der Botanikunterricht in Yverdon war zu diesem Zeitpunkt schon angelaufen. Die Schüler wurden vor allem in Baum- und ein wenig in Blumenkunde unterwiesen, wobei der Kenntniserwerb durch eigens von den Schülern angelegte Sammlungen unterstützt wurde. Als Grundlage dürften Étienne Pierre Ventenats Anfangsgründe der Botanik (1802) und Johann Rudolf Suters Flora Helvetica (1802) gedient haben. Herr Sonderegger: Johannes Sonderegger (1773–1826) ⇒ Nr. 560 sponte mea: freiwillig, aus eigener Kraft, von selbst (lat.) abc der Anschauung: Johann Heinrich Pestalozzi: ABC der Anschauung, oder Anschauungs-Lehre der Massverhältnisse. Zürich 1803 (PSW XV, S. 175–340) Kamor: Berg im Säntisgebiet (Kt. St. Gallen)

992. Friedrich Leopold von Schrötter 11. September 1808 5

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An den Herrn Heinrich Pestalozzi Hochedelgeboren zu Iferten in der Schweiz Canton Waadt. Königsberg in Preussen den 11ten Sept[ember] 1808 Des Königs Majestät haben zur wirksamen Beförderung der National-Erziehung, die Ihnen stets so nahe am Herzen gelegen, mir als dirigirendem Minister in den eigentlichen Preussischen Provinzen Ihres Staats, kürzlich zugleich die Leitung des Schul Erziehungs Wesens übertragen. Von dem grossen Werthe der von Euer Hochedelgeboren erfundenen und so glücklich ausgeübten Lehr-Art vollkommen überzeugt, bin ich Willens, auf die Einführung derselben in die Elementar-Schulen eine durchgängige Reform des Schulwesens hiessiger Königl[icher] Provinzen zu gründen, indem ich davon den segensreichsten Einfluss auf die Bildung des Volks erwarte. Unter den Massregeln, welche ich zu diesem Zweck zu nehmen gedenke, ist eine der vornehmsten, unverzüglich zwei fähige junge Leute zu Ihnen selbst zu schicken; damit dieselben den Geist Ihrer ganzen Erziehungs und Lehr-Art unmittelbar an der reinsten Quelle schöpfen, nicht blos einzelne Theile davon kennen lernen, sondern alle in ihrer wechselseitigen Beziehung, und ihrem tiefsten

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Zusammenhange auffassen, unter Anleitung ihres ehrwürdigen Urhebers und seiner achtungswerthen Gehülfen sie üben lernen, im Umgange mit Ihnen, nicht Ihren Geist allein, sondern auch ihr Herz zum vollkommen Erziehungsberufe ausbilden und von demselben lebendigen Gefühle der Heiligkeit dieses Berufs, und demselben feurigen Triebe für ihn erfüllt werden, von welchem beseelt, Sie ihr ganzes Leben ihm widmen. Um ganz zweckmässig zu verfahren, wünsche ich indessen von Ihnen selbst zu hören, welch artige junge Leute Sie am empfänglichsten für Ihre Erziehungs- und Lehrmethode halten, von welchem Alter, welcher Gemüthsart, welchem Maasse wissenschaftlicher Bildung sie Ihnen am willkommsten sein würden, um demnächst Subjecte auszuwählen, die Ihren Wünschen ganz entsprechen. Sodann erbitte ich mir ihre Meinung, ob es gerathen ist, dass dieselben auf der Hinreise zu Ihnen, oder schon vorher, sich mit andern hiesigen und fremden Lehr- u[nd] Erziehungs-Anstalten genauer bekannt machen, oder ob diese Bekanntschaft viel mehr erst dann zu machen sein wird, wenn sie durch den Aufenthalt bei Ihnen schon mit festern Grundsätzen ausgerüstet sein, und einen sichern pädagogischen Blick gewonnen haben werden. Endlich wünsche ich eine vollständige Angabe der Kosten, welche der Aufenthalt der jungen Leute zu Iferten, dessen nothwendige Dauer zu bestimmen, ich ebenfalls ersuche, machen dürfte. Sie in irgend einem zu ihrer Ausbildung erforderlichen Stücke zu beschränken, bin ich nicht gesonnen, daher Sie nur auf alles, was Sie zu jenem Zwecke dienlich erachten, beliebige Rücksicht nehmen wollen. Ich sehe einer baldigen Antwort entgegen, und wünsche, von inniger Achtung gegen Sie erfüllt, durch immer schönern und ausgebreitetern Erfolg Ihrer edeln Bemühungen Ihnen die Ihrem Herzen erfreulichste und Ihres Werthes würdigste Belohnung derselben, wie ich denn nicht minder mit vorzüglicher Hochschätzung verharre Euer Hochedelgeboren hochschätzender Schroetter

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ZB Zürich Ms Pestal 55, Umschlag 339/1 Blatt, 263x208 mm Datum am Schluss Original

542 Textkritik Zeuge H Z. 5 Z. 7 Z. 8 Z. 9 Z. 11 Z. 11f. Z. 13 Z. 18 Z. 31f. Z. 38 Z. 48 Z. 49 Z. 61

Heinrich Pestalozzi: lateinische Schrift Iferten: lateinische Schrift Waadt: lateinische Schrift Königsberg: lateinische Schrift Majestät: lateinische Schrift National: lateinische Schrift dirigirendem: lateinische Schrift Reform: lateinische Schrift demselben feurigen Subjecte: lateinische Schrift Iferten: lateinische Schrift ihrer Schroetter: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Friedrich Leopold von Schrötter (1743–1815) aus Kuortnoe (Wohnsdorff, Russland) trat 14-jährig in das Dragonerregiment ein und nahm an mehreren Schlachten des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) als Fähnrich und als Leutnant teil. Seine Karriere führte ihn durch diverse Ämter: 1787 wurde er Assessor beim Oberkriegskollegium in Berlin, zwei Jahre später Vortragender Rat beim Generaldirektorium, 1791 dann Oberpräsident von Ost- und Westpreussen, wodurch er Sitz in Königsberg hatte. Nachdem er 1795 Staats- und Finanzminister Altpreussens und Neuostpreussens geworden war, welches im Zuge der dritten Teilung Polens entstand (1795), trennte er zwei Jahre später in Neuostpreussen qua Reglement die Rechtsprechung von der Verwaltung – ein Novum in Preussen. In den folgenden Jahren unterbreitete von Schrötter dem König Friedrich Wilhelm III. (1770–1840, ⇒ Nr. 568) zahlreiche Reformpläne, deren Umsetzung aber weitgehend durch den Kriegsausbruch mit Frankreich verhindert wurde. Von Schrötter wurde schliesslich der leitende Beamte bei der Reform des preussischen Staates 1808 unter Minister Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom Stein (1757–1831), die Preussische Städteordnung trägt neben der Unterschrift des Königs ihrer beider Namen. Mit der Errichtung der Fachministerien im Dezember 1808 nahm er seinen Abschied, übernahm 1810 das Amt eines Geheimen Staatsrats und wirkte 1815, bevor er in Berlin starb, als königlicher Kommissar. II. Preussen sah sich im Anschluss an die Niederlage von Jena und Auerstedt 1806 genötigt, umfassende Reformen durchzuführen. Der Reform des Bildungswesens kam dabei eine Schlüsselfunktion zu. Der Eintritt in den Staatsdienst sollte aufgrund von Bildung und Wissen möglich werden und nicht mehr aufgrund von Herkunft und Stand – so zumindest lautete die offizielle Ideologie. Die nationale Erneuerung verlangte nach der Reform des Volksschulwesens und damit nach der Verbesserung der Ausbildung der Lehrpersonen. In diesem Zusammenhang wurde Pestalozzis Methode als die Möglichkeit gesehen, das Volksschulwesen zu reformieren. Mit dem hier vorliegenden Brief erfolgte die erste Kontaktnahme, die zur Entsendung von siebzehn Eleven führen sollte. Diese wurden anschliessend hauptsächlich im östlichen Teil Preussens, das heisst im heutigen Polen, in Königsberg und in den Baltischen Staaten eingesetzt.

543 III. Z. 7 Z. 11 Z. 22f.

Iferten: dt. Name für Yverdon Königs Majestät: Friedrich Wilhelm III., König von Preussen (1770–1840) ⇒ Nr. 568 zwei fähige junge Leute: Peter Friedrich Theodor Kawerau (1789–1844, ⇒ Nr. 1453) und Johann Wilhelm Preuss (1790–1867, ⇒ Nr. 1048)

993. Rosette Kasthofer 12. September 1808 Brienz den 12ten 7br. 5

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Nun ist es Zeit! Lieber Vater, ich komme den 14 ten reise ich von hier nach Murten wo ich den 15ten zu bleiben gedenke u[nd] den 16ten nach Payerne wenn Sie mich dort abholen können, sollte Ihnen aber der Tag nicht gelegen seyn so seyen Sie nur so gut mir einen andern zu bestimmen, in alle Fälle erwart ich Ihre Antwort in Murten chez Mesdames Gournel. Aber ich komme allein u[nd] ob meine Freündin mir folgen wird, liegt jezt sogar im Zweifel. Villes was in Richtigkeit den Tag zur Abreise auf Sontag bestimmt mit der Familie hab ich gesprochen, ward einig u[nd] alle sagten ein: Gott danke dir, u[nd] Amen! Nun kamen Vogts Bedenklichkeiten u[nd] absolute Einwürfe: die M[a]d[e]m[ois]el[le] v[on] Grafenried soll nicht so ein Zimmerchen schlechthin beziehen, in einem Institut schickte sich auch nicht, in einer bonne maison d’Yverdon das könnte dann angehn u.s.f. also Hindernisse mein Gott wer will nun die bekämpfen, wer aus dem Lebensschlendrian sich erheben in dem man so versunken ist, dass alles was Störung darein bringt u[nd] nicht mit dem bunten frischen Glüksbegriffe geschmükt ist, also gescheut u[nd] gefasst wird, als käme es ganz warm aus dem Gebiet der Hölle. Den Herrn Vogt vor den Kopf stossen Gott bewahr! dem H[err]n Vogt Einwendungen od[er] gar Vorstellungen machen? pfui das schikt sich nicht! aber das sichre Mittel das Einigkeit in ein uneiniges Gemüth gebracht u[nd] den Unglüklichen zum Glük geführt hätte, mit Füssen zu treten u[nd] dagegen sieche Mittel die zu siechen Folgen führen zu wählen, um ja der Welt ganz zu dienen, wenn gleich das Menschliche im Menschen dabey zu Grunde geht, das, o das ist so elend leicht dass es allgemein gebraucht u[nd] angewandt wird, u[nd] von dem nun jeder findt: das schikt sich! Mich dauert meine Freündin, sie hat gefühlt dass ich mehr für sie thun möchte als sonst für sie gethan wird, u[nd] hat mir in

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Thränen gedankt, doch hoffe ich dass was in ihr gewekt ist nicht verloren gehe, übrigens bleibt mir da nichts zu thun als zuzusehen was sie u[nd] die Ihrigen nun thun. Ich besuchte lezthin meinen Bruder da kam ein Lehrer der Academie u[nd] hörte das ich zu Pestalozzi nach Yverdon wolle. O mein Gott, rief er, thun sie das ja nicht, sie wählen einen gar zu üblen Moment. es geht dort alles drunter u[n]d drüber, u[nd] es sieht gar zu fatal aus! Es ergeht dem P[estalozzi] wie allen grossen Männern wenn sie einmal Schüler haben die ihnen über die Achsel wachsen, u[nd] wenn dann gar unter ihnen Lehrer entstehen, dann hats gefehlt! dann sagt ich in grösster Gelassenheit: Mein Herr es geht in Y[verdon] nicht halb so fatal wie sie wohl meynen – so u[nd] so geht’s u[nd] was denn die Lehrer anbelangt so wäre zu wünschen es gäbe mehr d e r e r wie sind sie ehrwürdig die Schüler u[nd] Mitarbeiter von P[estalozzi] darum u[nd] darum – ich lebe nun bald 2 Jahre mit u[nd] unter ihnen u[nd] kann wohl die Sache so gut kennen als die auf ein paar Tage herkommen u[n]d dann ihr unmasgebliches Urtheil in die Welt schreyen u.s.f. Da ward der Gute verblüft u[nd] lenkte ein u[nd] sein Schreken war mächtig u[nd] ich sann auf Erholungsmittel, damit ich ihm nicht ganz gespensterartig erscheinen möchte, ich fand den Ton seiner Lieblingsgespräche u[n]d tönte sie fort bis er mich charmant fand u[nd] sagte dass er mich im Verlauf dieses Jahres in Y[verdon] besuchen wolle, gut, dacht ich, da wollen wir eüch schon zeigen dass es nicht so drunter u[nd] drüber geht wie ihr hier glaubt! Lieber Vater, Sie haben mir goldene Hülfe gesandt, u[nd] ob ich schon noch so ziemlich vergüldet war, hats mir doch innig wohl gethan zu sehen wie Sie so väterlich an meine Bedürfnisse denken u[nd] für mich sorgen – Ich weiss eigentlich nicht, wie es zugeht das ich nichts habe u[nd] doch immer habe. mein H[er]r Vogt sagt er wolle von mir Oeconomie lernen, u[nd] hat mich als eine haushälterische Tochter recht herzlich lieb gewonnen, u[nd] wenn ich nun so von allem nichts begreiffte so denk ich an den Seegen u[nd] erkläre mirs so. Hier also der lezte Brief für lange – gut! es ist doch ein köstlicher Ding um die Zunge als um die Feder. Ich freüe mich wieder bey Ihnen zu seyn – da brauchts nicht einmal Worte, Sie sehen dann in meinem Blik u[n]d meinem ganzen Wesen dass ich Ihnen gehöre R. Kasthofer.

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ZB Zürich Ms Pestal 264/V, 3 Bogen, 185x114 mm Original Textkritik

Zeuge H Z. 7 Z. 10 Z. 14 Z. 15 Z. 18 Z. 19 Z. 26f. Z. 27f. Z. 34 Z. 39 Z. 39 Z. 40 Z. 56 Z. 65

Payerne: lateinische Schrift chez Mesdames Gournel: lateinische Schrift Gott: lateinische Schrift absolute: lateinische Schrift bonne maison d’Yverdon: lateinische Schrift Gott: lateinische Schrift Gemüth gebracht mit Füssen zu treten∫ in Academie: lateinische Schrift Yverdon: lateinische Schrift Gott: lateinische Schrift charmant: lateinische Schrift Oeconomie: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857) ⇒ Nr. 842 II. Pestalozzi hatte im Sommer 1808 versucht, Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857, ⇒ Nr. 842) für die Leitung des von ihm kritisierten Mädcheninstituts (⇒ Nr. 867) zu gewinnen. Nach langem Zögern sagte sie zu, aber der Weg nach Yverdon erwies sich noch immer als hindernisreich, wie dieser Brief belegt. Mitte Oktober 1808 kam sie endlich nach Yverdon, machte in der Folge aber noch eine längere Pause, offenbar in der Absicht, sich auf ihre bevorstehende Arbeit vorzubereiten. III. Z. 6 Z. 7 Z. 10

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Z. 15 Z. 38

Murten: Gemeinde im Kt. Fribourg Payerne: Gemeinde im Kt. Waadt Mesdames Gournel: Ein Onkel von Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857, ⇒ Nr. 842), der Hauptmann Samuel Franz Chaillet, war mit einer Maria Gournel von Murten verheiratet. Bei den Mesdames Gournel könnte es sich es um unverheiratete Schwestern oder Nichten handeln. Freündin: Hier könnte es sich um Elisabeth de Graffenried (1789–1845) handeln, welche 1809 dank ihrer Heirat mit Karl Kasthofer (1777–1853, 1160) die Schwägerin von Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857, ⇒ Nr. 842) wurde. Vogts: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. meinen Bruder: Hier könnte es sich um Gottlieb Rudolf Kasthofer (1767– 1823, ⇒ Nr. 1426) handeln.

546 Z. 38 Z. 39

Lehrer: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. Academie: 1805 war die in Bern bestehende Theologenschule in eine Academie mit vier Fakultäten ausgebaut worden. Sie umfasste die philosophische Fakultät als Basis für die drei höheren Fakultäten Medizin, Jurisprudenz und Theologie.

994. Frederik Auguste van Leyden 12. September 1808 5

Le Ministre de l’Interieur de la Majesté le Roi d’Hollande. à Monsieur Pestalozi à Yverdun. Utrecht le 12 Septembre 1808.

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Monsieur! La juste celebrité qui s’est acquise la methode d’éducation qui Vous doit son origine, et qui est adoptée dans Votre établissement d’Yverdun, le désir d’en faire mieux connoitre ses avantages et celui de les appliquer aux maisons d’éducation de ce royaume, autant que la difference des mœurs et des institutions nationales pourront le permettre, m’ont engagé de proposer a Sa Majesté le Roi d’accorder a deux jeunes gens, dont les bonnes dispositions, les prémieres études et la conduite reglée font augurer favorablement de leurs succes futur, de visiter votre institut et d’y faire un séjour de trois ans, aux frais du Gouvernement. Sa Majesté a daigné approuver cette proposition. Elle a nomme en conséquence pour jouer de cette faveur, les Sieur Scholten et van Dapperen, des quels l’inspecteur des écoles m’avoit donné les témoignages les plus avantageux et Elle a détermineé par un Arrêté le pied sur lequels cela leur est accordé. Et comme l’Utilité de soumettre ces eleves a une surveillance superieure, n’a pas échappé à Sa Majesté, Elle m’a autorisé à Vous prier Monsieur! de bien vouloir Vous charger de celle ci. J’ose esperer que Vous Voudrez bien Vous y preter. Veuillez aussi minformer du tems que Vous croiréz le plus convenable pour le voyage de ces deux jeunes gens. – Je Vous salue Monsieur! avec consideration F. v. Leyden.

547 Überlieferung 1 5

StA den Haag, Missive 12. Sept 1808, Nr. 1 Copia Textkritik

Zeuge H Z. 18 Z. 23 Z. 24f.

succes∫ Elle a détermineé soumettre ces Sacherklärung I.

Frederik Auguste van Leyden (1768–1821) promoviert 1787 an der Universität von Leiden in Philosophie, zwei Jahre später an derselben zusätzlich in Rechtswissenschaften. Während der Batavischen Republik (1795–1806) wird er 1796 Sekretär des Komitees für ausländische Angelegenheiten, von 1798 bis 1801 vertritt er den Distrikt Leiden in der Nationalversammlung. 1804 erfolgt seine Wahl in die Regierung des Departements Holland und 1805 ernennt ihn Ratspensionär Rutger Jan Schimmelpenninck (1761–1825) zum Mitglied der Legislative. Auch unter König Louis Napoleon Bonaparte (1778–1846, ⇒ Z. 15) ist van Leyden wieder in der Legislative tätig, bevor er 1808 von Mai bis Dezember den Posten als Innenminister des Königreichs erhält. 1814 ernennt ihn der frisch gekrönte zweite König der Niederlande, Wilhelm I. (1772–1843), zum Gouverneur von Südholland, 1817 wird er Mitglied der Ersten Kammer. Van Leyden ist zudem zweimal Kurator der Universität von Leiden, zuerst von 1796 bis 1798, dann erneut von 1815 bis 1821. 1814 wird er in den Adel der Provinz Holland aufgenommen, 1818 erhält er den Titel eines Barons verliehen. II. Im Mai 1808 war Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653) nach Amsterdam gereist, um dort für Pestalozzi zu werben. Am 15. August 1808 beschloss der König (⇒ Z. 15), zwei Eleven (⇒ Z. 16) nach Yverdon zu schicken (vgl. Allgemeen Rijksarchief ’sGravenhage, Staatssecretarie Lodewijk Napoleon, inv. nr. 144). Lit.: Wilhelm von Türk: Voorloopig plan van het opvoedings-instituut, op te rigten te Iverdun of Iferten. In: Bijdragen betrekkelijk den Staat en de verbetering van het schoolwezen in het koningrijk Holland. Teil 8, Mai. Leyden 1808, S. 100–112 III. Z. 15

Sa Majesté: Louis Napoleon Bonaparte, König von Holland (1778–1846) regierte ab 1806 das von seinem Bruder, dem Kaiser Napoleon I. Bonaparte (1769–1821, ⇒ Nr. 580), aus der Batavischen Republik umgewandelte Königreich Holland, bis dieses 1810 nach seiner Abdankung, welche eine Reaktion auf die Annexion der südlichen Gebiete des Königreichs durch Napoleon I. war, gänzlich durch Frankreich einverleibt wurde. Louis Napoleon floh über die deutsche Grenze und lebte bis 1813 im österreichischen Exil, wo er sich dem Schreiben zuwandte. Anschliessend zog er in die Schweiz (Solothurn und Lausanne), lebte ab 1815 in Italien (Rom und später auch Florenz), förderte als Mäzen junge Talente und verfasste diverse Werke, wie Oden, eine Tragödie, eine Oper und eine mehrbändige Ge-

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Z. 16

schichte des englischen Parlaments sowie ein Urkunde- und Tagebuch seiner Königszeit in Holland. deux jeunes gens: Hendrik Scholten (1791–1873) war seit 1807 Hauslehrer an der städtischen Armenschule in Rotterdam und wurde 1808 auf Regierungskosten zur Ausbildung nach Yverdon geschickt, von wo er aber früher als geplant zurückkehren musste, da Holland 1810 von Frankreich annektiert wurde. Wahrscheinlich kehrte er an die alte Stelle in Rotterdam zurück, wird er doch 1819 ebenda als Lehrer geführt. 1822 übernahm er die Leitung einer städtischen Armenschule in Rotterdam, die er bis zu seinem Tod innehielt. Dirk van Dapperen (1791–1822) aus Haarlem (Nordholland) arbeitete am Lehrerseminar von Pieter Johannes Prinsen (1777–1854) als er 1808 ebenfalls auf Regierungskosten zur Ausbildung nach Yverdon geschickt wurde. Da Holland 1810 von Frankreich annektiert wurde, musste er Yverdon vorzeitig verlassen und kehrte wieder nach Haarlem zurück, wo er bei Prinsen Mathematik, Musik und Gesang sowie deutsche Sprache unterrichtete und einige Publikationen zum Musikunterricht verfasste.

995. Adolf Heinrich (Friedrich) von Schlichtegroll 12. September 1808 München den 12ten Sept. 1808. 5

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Verehrungswürdiger Herr und Freund Es gereicht mir, bey der viele Jahre schon gesagten Hochachtung für Sie, zu einem grossen Vergnügen, Ihnen beyliegenden Beweis übersenden zu können, dass auch in unsere, seit einem Jahre neubelebten Akademie der Wissenschaften Ihre grossen Verdienste erkant werden. Schon als ich Sie vor mehr als 16 Jahren in Gotha, in unsers lieben Beckers Gesellschaft kennen lernte, waren Sie der Gegenstand meiner innigsten Hochachtung, u[n]d was für Verdienste haben Sie sich nicht erst noch seit jener Zeit erworben, und die Angelegenheit, die unserm Geschlechte unter allen die wichtigste ist, Unser ehrwürdiger Jacobi trägt mir auf, ihnen s[einen] herzlichen Gruss zu melden. Auch wir arbeiten hier, mit reinem Herzen an dem Bau eines Tempels für die Wissenschaften. Jacobi kann ein Wohlthäter dieses Landes heissen, weil ohne ihn u[nd] seine Freunde eine sonderbare Mystik u[nd] Schwärmerey die aufwachsende Jugend noch mehr umfangen u[nd] umstricken würde, als sie so schon thut. Mit grösster Verehrung u[nd] lebhaftestem Wunsch für ihr Wohl bin ich ihr ganz ergebener Sc hli c hteg roll.

549 Überlieferung 1 5

ZB Zürich Ms Pestal 57, Bl. 96, S. 180 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 11 Z. 15 Z. 18

Beckers: lateinische Schrift Jacobi: lateinische Schrift Jacobi: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Adolf Heinrich (Friedrich) von Schlichtegroll (1765–1822) besucht 1779–1783 das Gymnasium in Gotha. Anschliessend beginnt er in Jena Recht zu studieren, wechselt indes bald zum Theologiestudium, das er in Jena und Göttingen absolviert. 1787–1800 lehrt Schlichtegroll Religion, Hebräisch, Deutsch und Latein am Gothaer Gymnasium. In diese Zeit fallen seine ersten archäologischen, philologischen und numismatischen Arbeiten sowie die Herausgabe des Nekrologs der Deutschen (1790–1806). 1801 wird er Direktor des herzoglichen Münzkabinetts, ein Jahr später erfolgt die Ernennung zum herzoglichen Bibliothekar. Auf Anregung von Friedrich Heinrich Jacobi (1743–1819, ⇒ Nr. 439) folgt Schlichtegroll 1807 dem Ruf an die Bayerische Akademie der Wissenschaften (⇒ Nr. 985) nach München. Als Generalsekretär hat er den Aufbau neuer Einrichtungen wie des Botanischen Gartens und des chemischen Laboratoriums zu begleiten, die staatlichen Sammlungen zu beaufsichtigen und ab Beginn der Zeit der Präsidentschaftsvakanz (1812–1827) auch die Aufgaben des Akademiepräsidenten auszuüben. III. Z. 7 Z. 9 Z. 11

Z. 15

beyliegenden Beweis: Dabei dürfte es sich um die Ernennungsurkunde vom 1. August 1808 handeln (⇒ Nr. 985). Akademie der Wissenschaften: Königliche Akademie der Wissenschaften München ⇒ Nr. 985 Beckers: Rudolf Zacharias Becker (1752–1822) aus Erfurt war nach dem Theologiestudium in Jena Hofmeister bei Ernst Ludwig Wilhelm von Dacheröden (1764–1806) in Klettenberg (heute Teil von Hohenstein, Thüringen) und 1782–1784 Lehrer am Philantropin in Dessau (⇒ Nr. 568). Ab 1784 lebte er als Schriftsteller, Journalist und Verleger mit eigener Buchhandlung (ab 1797) in Gotha. Er gründete unter anderem die Dessauische Zeitung für die Jugend und ihre Freunde (die später unter den Titeln Deutsche Zeitung für die Jugend und Nationalzeitung der Deutschen erschien). Sehr erfolgreich verkaufte sich das Beckersche Noth- und Hülfsbüchlein, eine unter volksaufklärerischem Anspruch aus Information, Erzählungen und Gesprächen zusammengesetzte Schrift. Jacobi: Friedrich Heinrich Jacobi (1743–1819) ⇒ Nr. 439

550 996. Auguste de Staël September 1808 5

[Reg.] Auguste de Staël fragt an, welche persönlichen Dinge ein Schüler nach Yverdon mitbringen müsse.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 94.10 Sacherklärung I.

Auguste de Staël (1790–1827), der älteste Sohn der Genfer Schriftstellerin Anne Louise Germaine de Staël-Necker (1766–1817, ⇒ Nr. 997), wird ab 1804 von August Wilhelm Schlegel (1767–1845, ⇒ Nr. 891), den seine Mutter auf einer Deutschlandreise kennenlernt und sie daraufhin begleitet, unterrichtet. Obwohl er 1805 die Aufnahmeprüfung an die École Polytechnique in Paris mit Höchstnoten besteht, verweigert ihm Napoleon I. Bonaparte (1769–1821, ⇒ Nr. 580) den Zugang. Er veröffentlicht politische Schriften zu Gunsten des Liberalismus und unternimmt landwirtschaftliche Versuche auf Schloss Coppet in Genf. II. Schon im Herbst 1807 hatte sich August Wilhelm von Schlegel (1767–1845, ⇒ Nr. 891) bei Pestalozzi erkundigt, ob August de Staël (1790–1827, ⇒ Sacherklärung I.) in Yverdon aufgenommen werden könne. Pestalozzi hatte damals eher ablehnend reagiert, weil er befürchtete, dass sich de Staël langweilen könnte (PSB V, Nr. 1317).

997. Anne Louise Germaine de Staël-Necker 16. September 1808 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 93.25 Sacherklärung I.

Anne Louise Germaine de Staël-Necker (1766–1817) wächst als Tochter des französischen Finanzministers Jacques Necker (1732–1804) in einem politisch interessierten Umfeld in Paris auf. Mit zwölf Jahren verfasst sie ihr erstes literarisches Werk, eine

551 Komödie. 1786 heiratet sie Erik Magnus von Staël-Holstein (1749–1802), den schwedischen Botschafter in Paris. Dort führt sie einen einflussreichen Salon, der zum Treffpunkt der gemässigten Revolutionäre wird. 1790 flieht Germaine de StaëlNecker aufgrund der politischen Situation in Frankreich – wie auch nach ihrer Rückkehr wegen der von ihrem Gegner Napoleon I. Bonaparte (1769–1821, ⇒ Nr. 580) angeordneten Verbannung aus Paris (1803) und aus Frankreich (1810) – immer wieder auf das von ihrem Vater 1784 erworbene Schloss Coppet in der Nähe von Genf, das sie in der Folge zu einem intellektuellen Treffpunkt und geistigen Zentrum des liberalen Widerstandes macht. Zudem unternimmt sie Reisen nach England, Deutschland, Italien, Österreich, Polen, Russland und Schweden, was ihr zu einem grossen Netzwerk an berühmten Politikern und Schriftstellern verhilft. 1813 wird eines ihrer Hauptwerke, De l’Allemagne, mit grossem Erfolg publiziert, nachdem es bei der Fertigstellung 1810 von der napoleonischen Zensur verboten und konfisziert wurde. Nach einigen ausserehelichen Affären, darunter eine lange Beziehung mit dem Schriftsteller (Henri) Benjamin Constant de Rebecque (1767–1830, ⇒ Nr. 891) und der Trennung im Jahre 1800 von ihrem ersten Mann, heiratet Germaine de Staël 1816 heimlich den Genfer Leutnant Albert Jean Michel de Rocca (1788–1818). 1814 kehrt sie nach Paris zurück, wo sie ihren Salon wieder eröffnet.

998. Hans Georg Nägeli September 1808 [Reg.] Nägeli schickt einen oder mehrere Briefe und zwei Hefte der Teutonia.

Überlieferung PSB VI, S. 97.30f. Sacherklärung I. Hans Georg Nägeli (1773–1836) zählt als Musikpädagoge, Verleger und Komponist, unter anderem des Volksliedes Freut Euch des Lebens, zu den führenden Vertretern schweizerischer Hochkultur im frühen 19. Jahrhundert. Zusammen mit seinem Vater leitet er bereits als Zehnjähriger das Wetzikoner Musikkollegium und eröffnet 1791 in Zürich eine Musikalienhandlung und -leihbibliothek, deren Leitung er ab 1807 mit einsetzendem wirtschaftlichen Niedergang an den um seine Geldeinlagen fürchtenden Zürcher Pfarrer Jakob Christoph Hug (1776–1855, ⇒ Nr. 879) abtreten muss. Erfolgreicher denn als Verleger von Kompositionen wird Nägeli durch sein Ziel, Musik dem Volk zu vermitteln und zugänglich zu machen. Er gilt als Begründer des Chorwesens in der Deutschschweiz. Seine musikpädagogischen Ambitionen führen 1805 zur Gründung des Zürcher Singinstituts. 1809–1810 ist er zudem Musiklehrer in Yverdon und publiziert 1810 mit Michael Traugott Pfeiffer (1771–1849, ⇒ Nr. 917) eine Gesangsbildungslehre nach Pestalozzischen Grundsätzen. 1832 wird Nägeli in den Zürcher Erziehungsrat (⇒ Nr. 1218) gewählt. Sein Eintreten für den Ausbau des Schulwesens und für religiöse Toleranz unterstreicht er auch publizistisch mit Polemi-

552 ken gegen veraltete Kirchenmusik. Nägeli profiliert sich zudem als Autor musikphilosophischer und -historischer Bücher, etwa den Vorlesungen über Musik mit Berücksichtigung der Dilettanten (1826). II. Der Kontakt zu Pestalozzi dürfte über Michael Traugott Pfeiffer (1771–1849, ⇒ Nr. 917) zustanden gekommen sein. Pfeiffer hatte am 22. November 1807 (⇒ Nr. 917) den (oder die) hier zur Diskussion stehende(n) Brief(e) Pestalozzi zugeschickt. Diese entstanden im Zusammenhang mit der mit Hans Georg Nägeli (1773–1836, ⇒ Sacherklärung I.) erfolgten Herausgabe der Gesangsbildungslehre nach Pestalozzischen Grundsätzen (1810). III. Z. 4

Teutonia: Hans Georg Nägeli: Teutonia. Rundgesänge und Liederchöre. Zürich 1808–1809

999. Georg Heinrich Ludwig Nicolovius 19. September 1808 Königsberg den 19ten 7bre 1808. 5

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Endlich mein alter, ehrwürdiger, nie vergessner Freünd erlebe ich die Freüde, einige Strahlen deines Lichts hieher in mein fernes Vaterland geleitet zu sehen. Was ich an deiner Seite in Neuhof träumte, was wir in vielen Briefen beratheten, soll nun geschehen als Werk der allgewaltigen Noth. Auch hier hat die zerstörend einherschreitende Zeit alles zertrümmert u[n]d muthige Männer fangen den Wiederaufbau an u[n]d sorgen, dass das Neüe besser werde, als das Alte. Du erhälst hier ein Schreiben v[on] dem neüen Chef des geistlichen Departements. Antworte bald u[n]d sage ihm alles, was nützen u[n]d frommen kann. Du findest offne Ohren u[n]d bereit willige Hände. Hilf uns gern. Wir wollen das Werk, das du hier stiften sollst, mit frommem Herzen pflegen. Das Samenkörnlein soll zum Baum werden, in dessen Schatten das Volk sich labet. Ich lebe in treuer Freündschaft mit dir fort. Alle deine Schriften sind mir Schreiben an mich, u[n]d dein Leben u[n]d s[eine] kräftige Fortdauer ist mir Stärkung für mein eignes Leben. Deine Bekanntschaft ist mir heilig u[n]d die Tage, die ich mit dir gelebt habe soviele Jahre auch dazwischen liegen wirken noch fort wie eine fromme Wahlfarths Reise das ganze Leben eines Gläubigen heiliget. Hast du in uns[rer] Angelegenheit etwas auf dem Herzen, was du nicht dem Minister schreiben magst, so schreibe es mir. M[ein] Titel ist: Consistorial-Rath. Es ist mein schöner Beruf, meine Amtspflicht, zu diesen Zwecken mitzuwirken. Lebe noch lange

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u[n]d vollende dein Werk. Mir ist so viel Schönes im Leben unerwartet zu Theil geworden: vielleicht geht auch der Wunsch mir in Erfüllung dich in deiner Anstalt zu sehen. Nicolovius.

Überlieferung 1 4 5

ZB Zürich Ms Pestal 57, Bl. 98a–99, S. 185–186 Datum am Schluss Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 7 Z. 31

Neuhof: lateinische Schrift Nicolovius: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Georg Heinrich Ludwig Nicolovius (1767–1839) ⇒ Nr. 423 II. Im August 1808 hatte Georg Heinrich Ludwig Nicolovius (1767–1839, ⇒ Nr. 423) ein Promemoria mit dem Titel Die Einführung einer bessern Methode in die Elementarschulen betreffend verfasst, in welchem er die Einführung der Pestalozzischen Methode in den preussischen Landschulen vorschlug. Der für das Erziehungswesen zuständige Minister Friedrich Leopold von Schrötter (1743–1815, ⇒ Nr. 992) hatte sich deshalb am 11. September 1808 (⇒ Nr. 992) bei Pestalozzi erkundigt, welche Anforderungen er an zukünftige Eleven stelle (⇒ Z. 12). Nicolovius’ Brief dient der Pflege der persönlichen Beziehung zu Pestalozzi, um der bildungspolitischen Weichenstellung in Preussen mehr Gewicht zu verleihen; dabei spielte das sehr innige Verhältnis Pestalozzis zu Nicolovius in den 1790er-Jahren eine wichtige Rolle. III. Z. 12 Z. 25

ein Schreiben: ⇒ Nr. 992 Minister: Friedrich Leopold von Schrötter (1743–1815) ⇒ Nr. 992

1000. Johannes Niederer 20. September 1808 Iferten den 20ten 7brs 1808. 5

Verehrungswürdiger Herr Pestalozzi.

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Die Erklärungen, die ich Ihnen zu übergeben habe, und denen ich mit diesem auch die meinigen beifüge, machen mich unaussprechlich wünschen und Sie bitten, dass Sie mit ruhigem Gemüthe sich selbst, Ihre Anstalt, Ihre Hilfsmittel, die Menge von Menschen, die an Ihrem Zwecke hangen, und deren Kraft und Willen Ihnen jeden Augenblick zu Gebotte steht ins Aug fassen, um den Eindruck weniger zu fühlen, den ein Entschluss, welchen ein trauriges Schicksahl und eigne Fehler uns abzwingen, in Ihnen hervorbringen muss. Wir haben für den jetzigen Gang des Instituts durchaus die nöthigen Kräfte nicht mehr, und weder Herz noch Muth für die neüe Richtung, die es nimmt. Dies sind in zwei Worten die Beweggründe unsrer Bitte, unsre Stellen bei Ihnen, durch bessere, kraftvollere und glücklichere Menschen zu ersetzen. Eine neue Richtung nenne ich es, weil man unter dem Schein alter Vorschläge und Formen, deren wahren Geist und Ausführung ich nur durch Gesichtspunkte und Einrichtungen, welche Sie verwarfen, für möglich halte, alles verbannt, wodurch die Methode geschaffen, das Institut gegründet, und bisher geleitet wurde. Nehmen Sie sich, lieber Herr Pestalozzi Zeit. Sie sollen nicht übereilt werden und Ihre Anstalt keinen Stoss erleiden. Fordern Sie noch von jedem alles was er für sein Fach leisten, und an Materialien für die Methode liefern kann. Nur fordern Sie nichts mehr für die Organisation und Leitung der Anstalt. Der Gedanke ist bei uns unaustilgbar, dass wir durchaus nur dann, der Anstalt, der Methode, Ihnen, den Kindern, uns selbst und dem Vaterlande etwas seyn könen, wenn jeder mit Vertrauen an den Kindern und durch sie in That beweisen, den Gehalt seiner Ansichten über sein Fach, seine pädagogische Kraft und seinen Eifer bewähren kann. Unser Entschluss ist unüberwindlich, einen solchen Wirkungskreis zu suchen; weil wir seiner zu unserm geistigen Daseyn so wie ich es durch Sie und den Einfluss Ihrer Ideen und Unternehmungen sich in uns anregte und entwickelte, schlechthin bedürfen. In allem, was wir Ihnen vorschlagen würden, würde nur dieser Eine, unser ganzes gegenwärtiges Wesen und Wollen umfassende Gedanke, von dem bei Ihnen keine Rede mehr seyn darf, wiederkehren. Der Mensch kann seine Ehre sein Daseyn Preis geben, aber seine innerste Überzeügung, das, worin er sich und seinen Werth wenn er anders einen hat, erkennt und fühlt, kan er nicht vernichten. An der Aufsicht über irgend ein Fach in der Anstalt kann ich keinen Antheil mehr nehmen. Es ist Zeit aus der schrecklichen Bethörung über meinen Einfluss und meine Stellung zu erwachen

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und immer mehr den Namen eines Religionslehrers für ein Ganzes zu usurpiren, auf das ich weder religiös wirken kann, noch von dem ich mich religiös angesprochen und erhoben fühle. Ach, einst warst du mir, Vater! das Bild der in Gott verklärten Menschheit. An dich dachte ich, dich trug ich im Herzen, in die Tiefen deines Geistes und Gemüths und deines die Menschheit umfassenden, reinen, über das Äussere und Sinnliche erhabene und alles darüber erhebende Wirkens schaute ich mit unaussprechlicher Begeisterung in den seligen Stunden, in denen ich Religion nach meinem Gefühle wahrhaft lehrte. In dir offenbarte sich mir Jesus Christus. Nein, es war kein Blendwerk was ich da sah. Du warst es wahrhaft und ewig; wie du ewig dir gleich bist. Aber der sterbliche Pestalozzi fasste es nicht, ihm war es nicht recht wie ich frey wirkte. Er beschränkte mich in seinem Urtheil durch das Herkommen, und unterwarf mich dem Maasstab der sinnlichen Bedürfnisse der sinnlichen Seite der Existenz seines Hauses. Ich sollte wirken, wo keine Wirkung von mir möglich war, und da, wo ich in der That wirkte, gereichte die Wirkung selbst mir zum Vorwurf, wie es freilich nicht anders konnte. Aber ich kann nicht leben, oder ich muss das Leben leben, das jener in mir entzündet hat. Ich kann nicht wirken, oder ich muss in jenem und für jenen wirken. Dieser wirkt drückend, er wirkt zerstörend auf mich. Indem er mich für das Äussere und Sinnliche in Anspruch nimmt, macht er mir die ganze Unbrauchbarkeit, Schlechtheit, Mattigkeit meines sterblichen Lebens offenbar, und vernichtet in mir allen Geist, alle Zuversicht und alles Selbstgefühl, so wie alle Würde. Jeder Anblick von ihm ist mir ein Vorwurf, weil jeder mich erinnert, wie sehr ich in allem unter seiner Forderung und Erwartung blieb. Es ist vergeblich, dass ich mir die Gehaltlosigkeit meines Daseyns für alles, was ich von dieser Seite Ihrem Werke seyn sollte und wollte, vorwerfe, um mich dadurch, zu einer andern Thätigkeit zu spornen, weil das was ich vorzüglich achte und ehre, gering geschätzt oder verachtet, und das worinn ich mich allein finden und darstellen könnte, das mir einzig mögliche Mittel mich wirksam zu machen, verworfen wird. Ich kan den moralischen Einfluss, den die Anstalt fordert, und für den ich entweder nichts thun, oder mich verantwortlich machen muss, unmöglich von einem nahen, allseitigen, innigen Verhältnis mit den Kindern trennen. Auch weiss ich, seit dem ich einmal den Versuch machte, mit der Religiösität und Sittlichkeit ins Leben zu dringen, dass ich alles, was ich diessfalls je für die Methode thun will, nicht durch das Institut im Ganzen; sondern nur durch eine übersehbare

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Anzahl von Kindern zu thun vermag, und dass alles in dieser aufgegangen und klar geworden seyn muss, wenn die Mittel der sitlichen Entwicklung bestimmt und einfach sollen dargestellt werden. Im Institut kann ich nur lehren. Wollen Sie mir darzu die Stunde und selbst den Stoff und das religiöse Buch bestimmen, so werde ich mich ganz nach Ihrem Willen richten. Dankbar hingegen bin ich Ihnen dafür, wenn Sie mir, so lange es noch währet, die diessfällige Leitung der kl[einen] Mädchen überlassen. Die Wochenschrift wird schwerlich von mir fortgesetzt werden können, da ich z.B. über Sprache auch als Antwort auf Fichte gerade das Gegentheil von dem sagen müsste, was Sie in der Versammlung gesagt haben. Ich kann dem Publikum meine Grundsätze nicht als die Ihrigen aufdringen wollen, auch wenn sie unmittelbar aus Ihren Ideen fliessen, wo Sie selbst ihnen schnurstracks wiedersprechen. Was ich Ihnen noch zu thun wünsche, ist Ihre Papiere ungesäumt in Ordnung zu bringen, alles zu sammeln und zu einer vollständigen Ausgabe Ihrer Werke vorzubereiten, dann täglich eine oder zwo Stunden zur Erlernung des Mechanischen der Methode anzuwenden. Bei gehörigem Fleiss wird hoffe ich dieser Winter und die ersten Frühlingsmonate darzu hinreichen, um dann wo sich ein Platz für mich findet, meine neüe Bahn zu beginnen, wenn ich Ihnen noch eine ausführliche Rechenschaft von meiner Ansicht über den bisherigen Gang des Instituts, über meine Grundsätze und mein Benehmen dabei zu jedem beliebigen Gebrauch werde abgelegt haben. Ganz fühle ich das Centnergewicht dieses Worts, und die schreckliche Last die ich durch einen solchen Entschluss auf mich wälze. Mein einziger Trost ist, dass ich Ihnen und Ihrem Zweck dadurch wohlthue, denn so weit ist es gekommen, dass ich mich als einen ausgewachsnen und überflüssigen Ast eines immer neüe Zweige ansetzenden Stammes betrachten muss, in dem die organische Kraft die ihn ans Leben des Ganzen verknüpfte, erstorben ist. Der neüe Geist fordert neüe Menschen und einen jugendlich üppigen fröhlichen Trieb. Pestalozzi! ich bin in den wenigen Jahren meiner Verbindung mit Ihnen, alt, sehr alt geworden. Die ewige Jugend, die in Ihrem Kreise blüht, ist für mich in ihm nicht mehr vorhanden. Alle Muthlosigkeit, alle Kraftlosigkeit und alle Trostlosigkeit des Alters würde sich meiner, bei der Fortdauer von Verhältnissen und Empfindungen, wie ich sie jetz in mir trage, bemächtigen. Das Bewusstseyn in einer solchen Täuschung gelebt

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zu haben, ist eine schwere Strafe, aber ich verdiene jede andre, dass ich mich ihr nicht früher und mit Gewalt entriss. Ich bin arm, sehr arm, und werde es bleiben, weil ich will. Aber Sie ohne Nutzen viel gekostet, und zu Ihrer Armuth beigetragen zu haben, ist mein grösstes Unglück und der bitterste, wie der gerechteste Vorwurf der mich trift. Ihn möchte ich vergüten, so viel ich kann und bitte Sie daher um eine Einrichtung meines noch übrigen Aufenthalts bei Ihnen theils so wenig wie möglich kostspielig, theils nützlich zu machen, und um Vorschläge, wie ich in einer andern Lage durch schriftstellerische Arbeiten für Sie oder auf andre Weise meine Schuld abtragen kann. O Lieber, theürer Pestalozzi, Sie verliehren nichts bei diesem Entschlusse. Ihr Werk ist gesichert. Es wird wenn auch nicht für die Wahrheit und die Menschheit doch als Anstalt durch das Verschwinden einer Opposition gewinnen. Viele, noch glückliche und harmlose Menschen werden sich beeifern die Lücke die durch unsern Abgang, mehr noch in der Meinung als in der Wirklichkeit veranlast wird, auszufüllen. Aber was es mich kosten muss, mich von Ihnen zu entfernen, von Ihrem Zweck entferne ich mich nie / mein Verhältniss zu Ihnen auf diese Weise geendigt zu sehen und selbst zu enden, das kann nur der fühlen, der sich in gleicher Lage mit mir, mit gleichem Willen, und mit gleicher Liebe fand. Ich weiss was ich verliehre, fühle was ich aufopfere. Eine Ehre die mir theüer war, weil ich sie Pestalozzi verdankte. Eine Stellung die mich mit den geistvollsten und edelsten Menschen in Berührung brachte. Eine Laufbahn, deren Aussichten unbegränzt sind. Meine liebste Neigung, mein tägliches Bedürfniss und meine tägliche Wonne, mich mitten im Anschauen und Treiben aller durch Sie angeregten und geleiteten Kräfte zu fühlen das Glück um Pestalozzi den Stolz, die Stütze und den Trost seines Alters zu seyn. Pestalozzi ist rein. Nur auf den, der ihn verlässt kann Vorwurf und Schande fallen. Aber stärker als dieses ist die Nothwendigkeit höher und heiliger ist die Wahrheit und die Gerechtigkeit, wäre es auch nur die Gerechtigkeit gegen sich und das Gericht über sich selber. Gelte es das Leben, auch ich kann nicht rückwärts, sondern muss vorwärts. Niederer.

Überlieferung 1 2

ZB Zürich Ms Pestal 53/54, Umschlag 262/IV,13 Bogen und Blatt, 235x193 mm

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Datum am Schluss Original Textkritik

Zeuge H Z. 10 Z. 23 Z. 61 Z. 94 Z. 111 Z. 141 Z. 153 Z. 160

eigentlich: Karft halte in seinem Urtheil∫ religiöse∫ ein Platz kann. verliehre. fühle den Stolz, die Stütze und den Trost seines Alters∫ Sacherklärung I.

Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 II. Das Schreiben, das Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) offenbar im Namen mehrerer Lehrer eingereicht hatte, dürfte zumindest teilweise als Reaktion auf Pestalozzis Rede über die Aufsicht (PSW XXI, S. 205–212) zu lesen sein. Mit Blick auf Tendenzen, welche die Lehrerschaft zu entzweien drohten, scheint Pestalozzi es im Herbst 1808 für nötig erachtet zu haben, Niederer und andere Kollegen, darunter sicher auch Hermann Krüsi (1775–1844, ⇒ Nr. 588), die der theoretischen Untermauerung und weiteren Verbreitung der Idee der Menschenbildung höheren Stellenwert einräumten als der konkreten Unternehmung des Unterrichts und der Schülerführung, zu stärkerer praktischer Beteiligung im Institut anzuhalten. Wie der grundsätzliche Zwist in diesem konkreten Fall gelöst wurde, kann nicht nachvollzogen werden, fest steht einzig, dass Niederer und Krüsi ihrer Kündigungsschreiben zum Trotz (⇒ Nr. 1001) weiter in Yverdon blieben. III. Z. 98 Z. 99

Z. 99

Wochenschrift: Wochenschrift für Menschenbildung (1807–1811) Antwort: In seinen Reden an die deutsche Nation (1808), die 1808 auszugsweise in der Wochenschrift für Menschenbildung abgedruckt wurden, äusserte sich Johann Gottlieb Fichte (1762–1814, ⇒ Nr. 1039) grundsätzlich positiv zu Pestalozzis Methode, kritisierte aber dessen «durchaus irrige Ansicht der Sprache», die er fälschlicherweise als Mittel sehe, um von «dunkler Anschauung» zu klaren Begriffen zu gelangen. In den ebenfalls in der Wochenschrift veröffentlichten «Anmerkungen» kommentierte daraufhin Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) die Ausführungen Fichtes (Wochenschrift für Menschenbildung 1808, S. 161–214) grundsätzlich positiv. Fichte: Johann Gottlieb Fichte (1762–1814) ⇒ Nr. 1039

559 1001. Hermann Krüsi 20. September 1808 Iferten den 20. 7br 1808. 5

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Lieber Herr Pestalozzi! Gott weiss, dass ich immer mit redlichem Herzen die Erreichung Ihrer heiligen Zwecke, und dadurch Ihre Befriedigung suchte. Auch da, wo ich glaubte, Ihnen widersprechen zu müssen, geschah es ohne irgend eine Nebenabsicht, aus Liebe für Sie und die Sache der Menschheit. Wodurch Sie den Glauben an mein Herz und an meine Kraft, der früher in Ihnen so lebendig war, bis auf den Grad verlohren haben, dass Sie sich vor jedem meiner Vorschläge fürchten, und mich zuweilen sogar als den Wortführer der Schlechtheit und Schwäche ansehen können – ist mir ein unerklärbares Räthsel. Acht Jahre lang machte mich der ungetrübte Besitz Ihrer väterlichen Liebe zu einem der glücklichsten Menschen – Ihre gegenwärtigen Äusserungen über die Folgen derselben drücken mich um so tiefer, je weniger ich sie zu verdienen glaube. Bei der Richtung die Ihre Ansichten über die Methode, die Anstalt und die ältern Arbeiter an derselben genohmen, bin ich überzeugt, dass jeder Fremde der mehr positive Kenntnisse und mehr praktische Fertigkeiten besitzt als ich, Ihren Wünschen weit besser entsprechen kann, als es mir bey der gegenwärtigen Stimmung des Hauses möglich ist. Ich bitte Sie daher bis künftiges Frühjahr einen Mann zu suchen, der meine Stelle ersetze. Wenn es mir einst vergönnt seyn wird, dem Lieblinge Ihres Herzens – dem Armen – zu leben, und dem Kinde desselben die Folgen Ihrer Aufopferungen geniessbar zu machen, – dann wird auch Ihr Glaube an meinen Dank und meine Liebe und an mein ernstes Streben, nicht umsonst an Ihrer Seite gelebt zu haben, wieder in Ihrer Seele erwachen. Eins noch theuerster Pestalozzi wenn ich je gegen Sie fehlte, so geschah es aus Irrthum. Verzeihen Sie dem Kinde, das mit Wehmuth und Schmerz sich von seinem Vater und seinen Freunden trennt. Krüsi.

Überlieferung 1

Stadtbibliothek Winterthur MS BRH 384/11

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Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 4 Z. 12

20. 7br in Ihnen∫ Sacherklärung I.

Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588 III. Z. 20

Ihre Ansichten über die Methode: Damit dürfte wohl eher keine konkrete Schrift gemeint sein, sondern der grundsätzliche Konflikt über die Ausrichtung der Anstalt (⇒ Nr. 1000).

1002. Jean François/Franz Barraud 20. September 1808 Bergerac le 20 7bre 1808. 5

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Depuis mon départ d’Yverdon, cher père Pestalozzi, je n’ai reçu aucune lettre de votre part; je n’ai reçu aucune réponse aux trois lettres que je vous ai écrites. Ce silence m’a été pénible, sans doute, sans m’inquiéter trop, cependant je connois assez le trein qui vous absorbe pour être au fait de la cause de votre silence, et pour ne craindre jamais aucune espece d’abandon de votre part. Votre silence n’a pas même été la cause du mien; vous devez en avoir ou les raisons dans la lettre que j’ai écrite le précédent Courier à Madame Pestalozzi, je suis sûr que vous ne me condamnerez pas d’autant moins que je pouvois marcher seul jusqu’au point où je suis arrive; mais à présent j’ai besoin de votre secours; ceci suffira, j’en suis persuadé, pour me procurer souvent de vos nouvelles. – Je vous dois maintenant le détail de mes opérations jusqu’à ce jour. M[onsieu]r Maine Biran vous a fait mention d’un Examen que ma Classe a subi au Mois d’Avril passé vous en avez vu quelque chose sur le Publiciste; je viens d’en subir un dernièrement dont il n’a pas été moins satisfait. Je vous envoie le discours qu’il a prononcé à la distribution des prix qui a suivi nos Examens le 15; vous verrez par ce discours, cher Papa, si M[onsieu]r le sous Préfet sait apprécier la Chose et son Auteur. J’avois dessein de vous en envoyer seulement quelques traits, mais en le revojant, j’ai pensé qu’il valoit

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mieux vous l’envoyer tout entier; cela vous fera plus de plaisir; il est tout relatif à l’Education, il ne peut donc rien y avoir qui vous soit indifférent. Je vous envoye aussi le Programme de nos derniers Examens; vous y verrez ma pauvre petite Ecole primaire figurer bien modestement à côté de tout cet étalage scientifique de l’Ecole secondaire. J’aurois étalé un peu plus si j’avois su que ces programmes servent au Public à interroger les Elèves; j’aurois fait le mien de manière que chacun eût pu donner des questions à mes Enfans mais je les ai interrogé moi-même; je l’ai fait de bonne foi, sans charlatanisme; et à coup-sûr, personne n’a conçu de mefiance. M[onsieu]r le sous Préfet leur a donné quelques questions, ils s’en sont bien tirés. Mon but en vous envoyant ce Programme est surtout de vous donner une idée de l’Etablissement où je me trouve, vous sentirez mieux mes besoins, vos directions seront plus éclairées, vous pourrez seconder plus efficacement M[onsieu]r Maine Biran dans ses vues bienfaisantes. Quant à moi, il me semble, d’un côté que cette Ecole secondaire est un jardin, où l’on cultive plus de fleurs que de fruits; d’un autre côté qu’on y a pour but la science beaucoup plus que l’individu mais je ne m’en inquiette pas, je me mêle seulement de mon Ecole primaire, où on me laisse toute la liberté que je désire; il n’y a que les dépenses nécessaires que je n’ose pas exiger, l’Etablissement n’est pas riche, il perdra quelques milliers de francs cette année, et mon Ecole primaire lui est onéreuse, une bonne partie de mes élèves sont n o n p a y a n s . A la garde de Dieu, cela ne me découragera pas; au Diable l’homme qui n’est unique par la richesse! ni Vous, ni les vrais pestalozziens n’y iront pas. Mais je m’écarte de mon sujet, le détail de mes opérations, j’y reviens. A l p h a b e t d e s i d é e s ; c’est le nom que nos Messieurs ont donné au Manuel des Mères. Alphabet des idées me paroît le nom de la chose. Manuel des mères celui du Livre – Mes Eleves sont pour cette partie en deux Divisions. La première sait les trois premiers exercices la seconde sait de plus celui qui traite de la situation des parties. De plus, nos Messieurs ont trouvé bon qu’on fit faire ces Exercices en françois et en Latin; l’une et l’autre Division savent en latin une bonne partie du premier Exercice. Vous trouverez que nous sommes peu avancés dans cette partie. Nous serions plus loin sans doute, sans l’approche des Examens je n’ai pas voulu que mes Enfans parussent s a c h a n t b e a u c o u p , mais s a chant bien. L a n g u e . Je vous ai marqué dans une de mes précédentes que j’avois une Division d’une douzaine de petits Marmots qui ne sa-

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voient rien du tout. Je leur ai fait connoître les sons au moyen de Lettres mouvantes collées sur un carton, puis les articulations. A mesure qu’ils apprenoient une articulation je l’assemblois avec les différens sons quand ils les connurent toutes ils savent composer toutes les syllabissme. Les sons et articulations composes, la composition des mots qui s’écrivent comme ils se prononcent ne m’offrirent aucune difficulté. Vint ensuite l’orthographe complexe. Ici je n’ai marché qu’avec la plus grande circonspection; car il est bien difficile avec les difficultés de notre malheureuse orthographe française d’apprendre à lire à un jeune enfant sans troubler ses idées, sans lui apprendre à mettre de côté à renoncer à son jugement. Je crois avoir évité cet écueil, car mes petits s’écrioient sans cesse: o h q u e c ’ e s t r i d i c u l e . Un d’eux disoit surtout avec son accent gascon: V o y e z c e s c i n q l e t t r e s (oient) p o u r u n e p e t i t e c o m m e c e l a - l à (è) c ’ e s t b i e n r i d i c u l e . (je mettois toujours la r e p r é s e n t a t i o n à côté de la valeur). C’étoit amusant de les entendre. J’ai fait ces derniers exercices sur la Table noire, je les y ai tenus longtems. Quand je leur ai mis un livre à la main, autre difficulté à vaincre, ils n’étoient pas familiarisés avec des caractères si petits. Ils y sont bientôt venus, cependant; et pour les faire avancer d’avantage dans cette partie, je leur donnois à tâche à mémoriser à la Maison de petites fables qui se trouvoient dans le livre que je leur avois choisi, l e N i d d e f a u v e t t e s o u A b é c é d a i r e o r n i t o l o g i q u e . A l’Examen ne pouvant les faire lire tous vu le manque de tems, j’en ai fait lire trois un des plus faible, un des médiocres et un des plus fort. J’ai commencé par le plus faible. J’ai présenté le livre à M[onsieu]r le sous Préfet; il l’a ouvert: M [ o n s i e u ] r , m’a-t-il dit, f a i t e s l u i l i r e c e l a . L’enfant lisoit couramment. D o u c e m e n t , m o n a m i , lui ai je dit, n e t r o m p o n s p e r s o n n e s : j e m e rappelle que tu as appris pa r cœur cette fable. Alors j’ai ouvert le livre à l’aventure et l’enfant à lu s y l - l a - b e a p r è s - s y l - l a - b e . C’est je crois tout, ce qu’on pouvait attendre d’un Enfant de cinq ans et quelques mois. Les deux autres ont lu couramment. Ma franchise a fait plaisir à M[onsieu]r Maine Biran qui n’aime pas le Charlatanisme qui aime qu’on voie qu’il n’y en a pas dans la Méthode. Les autres élèves savoient déjà lire quand ils sont entrés chez moi; je n’ai fait que de les exercer dans cette partie. La plupart des petits les aura bientôt ratrappés. L ’ A l p h a b è t e d e s f o r m e s . Nous avons été singulièrement contrariés dans cette partie par la difficulté de nous procurer

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des ardoises et des touches et je n’ai rien encore trouvé pour les remplacer. Mes Elèves sont en deux divisions pour cette partie. Ils sont trente et seroient répartis s’ils étoient chez vous, dans 6 ou 7 divisions au moins vu l’inégalité de leurs forces. Les plus petits se sont exercés jusqu’à présent à tracer des figures rectilignes. Pour leur faire faire autre chose, il m’a été impossible, je ne pouvois abandonner l’autre division, et le jeune homme qui m’aide, etant déja avancé dans le dessein et n’aspirant rien tant qu’à s’y avancer davantage n’a su redescendre à ces Elemens; il est d’ailleurs sous tous les rapports au fait pour la Méthode; il n’est pas aimant et je ne puis concevoir un Instituteur sans cette qualité. Quelques uns de ces petits réussissent assez bien à faire des figures un d’eux surtout paroît avoir les plus belles dispositions dans cette partie. Quant à la seconde division j’ai avancé avec elle jusqu’au point que vous verrez dans le Programme; 7 ou 8 Elèves vont bien, les autres ont suivi tant bien que mal et je serai obligé de revenir en arrière avec eux. Cependant M[onsieu]r Maine Biran a eu beaucoup de plaisir à voir cette partie; il étoit plus satisfait que moi; je sens qu’elle n’est pas ce qu’elle devroit être, vu les nombreuses difficultés et le peu de secours que je puis avoir. E c r i t u r e . Mes petits n’ont pas encore écrit je pense les faire commencer après les vacances. Quant à la premiere division ils avoient déjà commencés cette partie quand ils sont entrés dans mon école je les ai fait continuer et leurs progrès ont été satisfaisans. Depuis quelques mois j’ai remis cette partie à un Compatriote que j’ai trouvé dans cette maison où il est Maître d’Etudes; c’est un M[onsieu]r Chapuis qui a été pendant quelques années Régent à Echalens; d’où il a été appellé ici pour faire les fonctions de Chantre et de Lecture à l’Eglise protestante. Il est bon pour cette partie et cette remise m’a laissé du tems pour mes petits. C a l c u l i n t u i t i f . Ecole primaire; trois Divisions. Les plus petits ont Calculé sur des objets et fait les 1er et 2e Exercice du Tableau des unités. La 2e Division a fait de plus le 3e Exercice, et la 1re composée de 9 Elèves a parcouru tout le 1re Degré; ils le possedent solidement, ils calculent avec une grande facilité des propositions, même appliquées, et quantité de problèmes du genre de celui ci. L’argent de A égale 5 fois la 8e partie de celui de B celui de B égale 7 fois la 10e partie de C; l’on sait que B a 21 francs de plus que A: quelle somme chacun d’eux a-t-il? Un de ces élèves manifeste au commencement les plus pauvres dispositions; à la moindre question, il me répondoit: les calambredaines les plus pitoyables, qui faisoient rire tous ces Camarades, malgré cela cet enfant étoit rem-

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pli d’un Amour propre démésuré. Il s’est tû pendant quelque tems, mais il étoit tout yeux et tout oreilles. Bientôt il a recommencé à parler avec un peu de bon sens; enfin il s’est mis au niveau de ceux qui avoient les plus heureuses dispositions: La tête s’est organisée de manière que j’en espère beaucoup. Cette division auroit dejà fait le 2e Dégré auroit déjà fait quelque chose avec les Chiffres, sans l’approche des Examens mais ce sera à la rentrée. J’ai encore pour cette partie, une trentaine d’Elèves de l’Ecole secondaire que j’ai repartis suivant leurs forces en 3 Divisions. Vous me demanderez peut-être pourquoi j’ai pris cette nouvelle charge. C’est que j’ai cru devoir montrer bientôt quelques résultats, et vous savez que c’est dans cette partie qu’on les obtient le plus promptement, ou du moins les plus visibles aux yeux du vulgaire. J’ai atteint mon but. Une de ces divisions a atteint le 4e Degré, on a été étonné des Problèmes qu’ils resolvoient. Un autre a parcouru le 2e Degré, et la 3e le premier. Ici j’ai vu l’influence des Méthodes sur les facultés inteléctuelles. Ces élèves de la 3e Division de l’école secondaire qui sont bien plus avancés, que tous ceux de l’Ecole primaire soit par leur âge soit dans leurs Etudes dont l’Education a été plus soignée dès le berceau; combien ils étoient inférieurs à ma 1e Div[isio]n de l’Ecole p[rimai]re soit pour la force d’attention la conception, le jugement, la bonne organisation de la tête! Lorsque après avoir répété un Exercice je leur adressois quelques questions, plusieurs d’entre’eux cherchoient dans leur mémoire les mots qu’ils avoient pu retenir dans la répétition le Jugement entroit pour rien dans leur réponse; leur langue (s’il est permis de cette expression) étoit mue par leurs oreilles. J’ai eu bien de la peine à leur faire quitter l e m o t pour l a c h o s e . A présent que j’ai parlé de ce que j’ai fait, parlons de ce que je n’ai pas fait. Je n’ai pas encore commencé la Grammaire 1ere par la raison marquée plusieurs fois; 2e je voulois qu’au préalable de mes Elèves fussent d’une certaine force dans l’écriture. 3e parceque M[onsieu]r De Grange qui vouloit se charger de cette partie, en suivant la marche indiquée par M[onsieu]r Muralt dans Chavannes, n’a pas pu. 4e Parceque je savois que vous alliez pousser vigoureusement cette partie, – et j’étois bien aise d’entrer dès le commencement dans la route que vous auriez applanie. Je vous demande donc de m’envoyer les directions nécessaires à cet effet. – Je n’ai rien fait dans la Géographie; il n’étoit pas encore tems mais je crois qu’il seroit bon d’en faire quelque chose l’année prochaine. Si je pouvois savoir les commencemens de la Méthode de M[onsieu]r Tobler j’en ferois usage. Voyez je vous en prie s’il y auroit moyen

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de me les procurer en français. J’aurois déjà fait q[uelque] c[hose] dans la Botanique si j’avois reçu un herbier que nos M[essieu]rs m’avoient promis; je ne sais ce qui leur a empêché de l’avoir. Je me propose de suivre dans cette partie la marche de Manuel des Mères. Dénomination des plantes, des parties Nombre des parties: Situation: Formes et qu’en pensez-vous?

Überlieferung 1 5

ZB Zürich Ms Pestal 57, Bl. 99–102, S. 186–190 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 8 Z. 43 Z. 51 Z. 103 Z. 112 Z. 124 Z. 193

m’inquiéter côté∫ eigentlich: nuique Maine Biran répartis s’ils eigentlich: bien, les autres les autres ont en∫ prie Sacherklärung I.

Jean François/Franz Barraud (1777–1830) ⇒ Nr. 987 II. Jean François/Franz Barraud (1777–1830, ⇒ Nr. 987) übernahm 1808 die Leitung der Pestalozzischen Anstalt (⇒ Z. 29) in Bergerac (Dordogne). III. Z. 6f. Z. 12 Z. 12f. Z. 18 Z. 20

Z. 21

aux trois lettres: scheinen nicht erhalten zu sein la lettre: scheint nicht erhalten zu sein Madame Pestalozzi: Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 Maine Biran: François Pierre Gauthier, Maine de Biran (1766–1824) ⇒ Nr. 873 Publiciste: In der Zeitung Le Publiciste wurde am 7. Mai ein Leserbrief François Pierre Gauthiers, Maine de Biran (1766–1824, ⇒ Nr. 873) abgedruckt, der die pionierhafte Gründung der Pestalozzischule in Bergerac (⇒ Z. 29) und deren bisherigen Erfolge rekapitulierte (vgl. François Pierre Gauthier, Maine de Biran: Œuvres. Band 13.3: Correspondance philosophique 1805–1824. Paris 1996, S. 563–565). le discours: François Pierre Gauthier, Maine de Biran: Discours du souspréfet de l’arrondissement à la distribution des prix de l’école secondaire. In: François Pierre Gauthier, Maine de Biran: Œuvres complètes. Band 5: Les discours philosophiques de Bergerac. Genf/Paris 1982, S. 258–263

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Z. 55

Z. 90f.

Z. 116 Z. 134 Z. 184 Z. 185 Z. 185

Z. 192f.

M[onsieur] le sous Préfet: François Pierre Gauthier, Maine de Biran (1766– 1824) ⇒ Nr. 873 Programme: scheint nicht erhalten zu sein petite Ecole primaire: Angegliedert an das von François Pierre Gauthier, Maine de Biran (1766–1824, ⇒ Nr. 873) geschaffene Collège Municipal und dessen Ecole Secondaire bestand in Bergerac seit 1808 eine Primarschule, an der, unter der Leitung von Jean François/Franz Barraud (1777–1830, ⇒ Nr. 987), im ersten Jahr rund 30 Kinder nach Pestalozzis Grundsätzen unterrichtet wurden. Manuel des Mères: Unter diesem Titel erschien Pestalozzis Buch der Mütter (1803) in französischer Sprache 1821: Johann Heinrich Pestalozzi: Manuel des mères; traduit de l’allemand. Genève/Paris 1821 le Nid de fauve t tes ou Abécédaire ornitologique: Pierre-Sebastien Le Prieur/A. Egron: Le Nid de fauvette, ou Abécédaire ornithologique, contenant des leçons tirées de l’histoire naturelle des oiseaux; avec de petites fables propres à instruire et amuser les enfants; orné de 16 planches gravées en taille-douce, représentant 40 oiseaux et quelques autres sujets. Paris 1806 jeune homme: konnte nicht näher bestimmt werden Compatriote: Herr Chapuis konnte nicht näher bestimmt werden. M[onsieur] De Grange: Marie Joseph de Gérando (1772–1842) ⇒ Nr. 900 M[onsieu]r Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 Chavannes: Daniel Alexandre Chavannes: Exposé de la méthode élémentaire de H. Pestalozzi, suivi d’une notice sur les travaux de cet homme célèbre, son institut et ses principaux collaborateurs. Vevey 1805 M[onsieu]r Tobler: Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500

1003. Johannes von Müller 30. September 1808 Cassel, 30. Sept[ember] 1808. 5

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Wie erfreulich mir die Zeilen waren, wodurch Sie, verehrtester Herr, unsere früheren Verhältnisse wieder angeknüpft, will ich lieber durch die That beweisen, als mit vielen Worten bezeigen. Wie könnte ich nicht von Werken, die in alle Menschenkultur eingreiffen, und den schönsten Keim der Hoffnung besserer Zeiten enthalten, nicht begierig Notiz nehmen! Seit ich dem öffentlichen Unterricht in dem Königreich Westphalen vorgesetzt bin, war mein eifrigster Wunsch, nach einem Versuch, Ihre herrlichen Entdeckungen auch zu uns zu verpflanzen. Endlich habe ich eine Art Genehmigung erhalten dass ich nehmlich mit Ihnen über den Plan eines Probeinstitutes mich benehme (Mein Zweck ist, wenn die Hindernisse nicht zu gross sind, es von da in das ganze Königreich zu verbreiten) Stehen Sie mir bey, Edler Freund des Guten;

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verbreiten Sie Ihren wohlthätigen Einfluss auch auf diesen biederen Völker. Was eigentlich ich wissen möchte, ist, wie viel Lehrer es bedürfte, um einen Inbegriff Ihrer Methode für die verschiedenen Classen und Alter darzustellen? und wie hoch die Unterhaltskosten sich belaufen dürften? Wenn wir besonders über letztern (für den in gegenwärtiger Zeit nicht unwesentlichen) Punkt im reinen sind, so werde ich Sie bitten, solche Lehrer mir zu senden, von denen Sie, gewiss sind, ganz gefasst worden zu seyn. Verschiedene, ein H[err] Matthias u.a., sind von uns zu Ihnen gewandert; es müssen bey Ihnen, oder zu Hof Wyl einige Westphalen seyn, welche bey, bey g l e i c h e r G e s c h i c k l i c h k e i t , billig am ersten an[ge]stellt würden. Mir ist jeder Anlass theuer, Sie meiner alten Verehrung für Ihren Geist und Wirksamkeit und meiner Freundschaft zu versichern. Ihr ergebenster Jo. Müller.

Überlieferung 1 4 5

ZB Zürich Ms Pestal 57, B. 96–96a, S. 180–181 Datum an Schluss Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 33

Jo. Müller: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Johannes von Müller (1752–1809) aus Schaffhausen studiert 1769–1771 Theologie in Göttingen. Nach einer Lehrtätigkeit für Griechisch am Collegium Humanitatis in seiner Heimatstadt lebt er 1774–1780 am Genfersee, wo er als Hauslehrer und Privatgelehrter tätig ist und sich Studien zur Schweizer- und Universalgeschichte widmet. Müllers weitum Aufsehen erregende Erstfassung des ersten Bandes seiner Geschichten der Schweizer (1780) bildet den Auftakt einer Laufbahn, die ihn zu einem der bedeutendsten zeitgenössischen Geschichtsschreiber im deutschsprachigen Raum und mitunter zu einem ausser Landes gefragten Politikberater werden lässt. 1781 wird er Professor für Geschichte in Kassel, 1786–1791 ist er in Mainz zuerst Hofbibliothekar, dann Wirklicher Geheimer Legationsrat. 1792 folgt Müller dem Ruf nach Wien, wo er als Hofrat der Geheimen Hof- und Staatskanzlei und ab 1800 als Kustos der kaiserlichen Bibliothek arbeitet. 1804 siedelt er als Hofhistoriograph des Hauses Brandenburg nach Berlin über. Nach dem Frieden von Tilsit (1807) wird er von Napoleon I. Bonaparte (1769–1821, ⇒ Nr. 580) zum Staatsminister des neu geschaffenen Königreichs Westfalen in Kassel bestimmt. Von 1808 bis zu seinem Tod amtet er ebenda als Direktor des öffentlichen Unterrichts.

568 II. Wie dem Brief Pestalozzis vom 10. März 1808 (PSB VI, Nr. 1376) zu entnehmen ist, hatte Pestalozzi in der Zeitung gelesen, dass Johannes von Müller (1752–1809, ⇒ Sacherklärung I.) jetzt Direktor des öffentlichen Unterrichts in Westfalen war und empfahl sich ihm deshalb in Erinnerung an frühere, gemeinsam verlebte Zeiten. Pestalozzis Antwort scheint Müller nicht erreicht zu haben (vgl. PSV VI, Nr. 1499). III. Z. 15 Z. 26

Probeinstitutes: Über die Verwirklichung einer Probeschule ist nichts bekannt. H[err] Matthias: Vermutlich handelt es sich um Johann Andreas Matthias (1761–1837) aus Magdeburg. Er unterrichtete ab 1782 an der Magdeburger Domschule, stand ihr ab 1814 als Rektor vor und leitete 1782–1823 das Lehrerseminar, das mit dieser Schule verbunden war. Matthias verfasste 1814 ein Lehrbuch für Mathematik, das bis 1867 elfmal aufgelegt wurde.

1004. Maria Josepha Anderwert-Bregg/Bräg Herbst 1808 [Reg.] Frau Anderwert-Bregg schickt einen Wechsel über 200 Fl.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 123.27 Sacherklärung I.

Maria Josepha Anderwert-Bregg/Bräg (1753–1824) ⇒ Nr. 990 II. Der Wechsel dürfte wohl für die Pensionskosten ihres Sohnes Franz Georg Anderwert (1793–1849) bestimmt gewesen sein. III. Z. 4

Fl.: Abkürzung für Gulden, eine weit verbreitete Gold- oder Silbermünze

569 1005. Emmanuel Develey 6. Oktober 1808 5

À Monsieur Monsieur Pestalozzi, à Yverdon. Lausanne le 6. Octobre 1808

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Monsieur, Je viens de recevoir la lettre ci-incluse de Monsieur de Raimond de Besançon, à laquelle je ne puis absolument répondre sans votre secours. Je prends donc le parti de vous l’envoyer, en vous priant de me donner la note que me demande M[onsieu]r Raimond, et le plus tôt possible. M[onsieu]r Raimond est membre de la Société d[’]agriculture, sciences etc. du Département du Doubs, et il est aussi membre de la Société d’émulation du Canton de Vaud, son but ne peut être qu’un but utile à la méthode, et les relations que je soutiens avec lui me font désirer de le satisfaire promptement. J’espère que Charles vous satisfait toujours; veuillez le saluer de ma part. Il me demande un Dictionnaire latin, vous m’obligeriez de me dire s’il convient de le lui envoyer. J’ai payé à M[onsieu]r Oboussier le dernier quartier, et je désirerais lui payer aussi le quartier actuel, pendant que j’ai de l’argent disponible; veuillez m’en fournir le compte, et tirer une assignation sur moi. Veuillez me renvoyer, avec la note pour M[onsieu]r Raimond, la lettre que je joins ici, et y joindre s’il est possible le livre qu’il demande. J’ai l’honneur d’être avec une considération très distinguée et une affection bien sincère, Monsieur, Votre très-humble et trèsobéissant serviteur, Develey Prof[esseur]

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a/56, Umschlag 377 Bogen, 233x190 mm Siegelspuren Original

570 Textkritik Zeuge H Sacherklärung I. Emmanuel Develey (1764–1839) ⇒ Nr. 785 II. Emmanuel Develey (1764–1839, ⇒ Nr. 785) war in einigen französischen gelehrten Gesellschaften Mitglied und galt da wohl als Bindeglied zu Pestalozzi. III. Z. 9 Z. 9

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Z. 20f.

Z. 25

la lettre: scheint nicht erhalten zu sein Monsieur de Raimond: Louis Jules Barbon Hélène Filiol de Raimond (1752– 1838) übernahm nach Studien in Lyon und Besançon und dem Erhalt des Anwaltsdiploms das traditionsgemäss von seiner adeligen Familie besetzte Amt des Postdirektors in Besançon, waltete ab 1790 als Inspektor der Postdienste im Departement Doubs und war Mitglied einer Freimaurerloge sowie der Akademie in Besançon und anderer gelehrter Gesellschaften. Société d[’]agriculture: Die Société Libre d’Agriculture, Commerce et Arts du Département du Doubs, eine Gesellschaft akademischen Charakters mit Sitz in Besançon, wurde 1799 per Erlass der Departementsverwaltung gegründet und publizierte acht Rapporte über ihr Tun, bevor sie sich 1808 auflöste und sich erst 1819 unter dem Namen Société d’agriculture du Doubs, später Société d’Agriculture, Sciences Naturelles et Arts du Doubs, wieder formierte. Société d’émulation du Canton de Vaud: ⇒ Nr. 664 Charles: Charles Gabriel Frédéric Carl Develey (1799–1866) war von 1805– 1810 Schüler in Pestalozzis Institut in Yverdon und verliess 1815 nach einem Literaturstudium Lausanne und die Schweiz, um in Russland, wo er sich zunächst einige Zeit in St. Petersburg aufhielt, an verschiedenen Gymnasien in Pskov (Pleskau) und Kostroma als Französischlehrer zu arbeiten. M[onsieu]r Oboussier: Jean Antoine Oboussier (1766–1819) war in Lausanne Inhaber der Familienbank und bekleidete nach einem Aufenthalt in Frankreich, zu dem ihn seine Sympathien für die Revolution veranlasst hatte, verschiedene Ämter im Kanton Waadt (Oberpostdirektor von 1805– 1819, Grossrat von 1808–1813). 1815–1819 war er Mitglied des Lausanner Stadtrates. le livre: Da der Brief von Louis Jules Barbon Hélène Filiol de Raimond (1752–1838, ⇒ Z. 9) nicht erhalt ist, bleibt auch unklar, von welchem Buch hier die Rede ist.

571 1006. Georges de Rougemont 8. Oktober 1808 Yverdon M[onsieur] Pestalozi du 8 8bre 1808

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Nous commencerons ici nos vendanges au milieu ou à la fin de la semaine prochaine M[onsieur]. J’ai dit à George que ce serait le moment ou il pourroit venir ici passer q[uel]ques tems, si vous le trouveriez convenable; Pour que ce la convienne il faut nécessairement, ce me semble que vous n’ayez aucune crainte que le Séjour de George ici nuise à l’ensemble de son Education. Un moyen qui me paroitroit sûr, et que je désire beaucoup que vous puissiez adopter M[onsieu]r c’est de lui donner un Camarade et un soumaitre qui puisse être avec ces deux enfants, leur donner q[uel]ques leçons, s’amuser avec eux, vivre jour et nuit avec eux. Je ne puis vous dire combien je vous en serois obligé. J’ai fait préparer une chambre à trois lits. Ecrivez moi M[onsieur] par le Courier de mercredy prochain 13 C[ouran]t et adressez moi v[o]t[re] lettre ici, Si vous entrez dans mes idées j’enverrai ma chaise prendre la petite Colonie. Je recevrai avec plaisir le Compte au 1 r 8bre. Je salue vos amis M[onsieu]r, Soyez sùr qu’aucun d’eux ne vous aime et respecte plus que moi qui ai pour vous l’amitié et la vénération la plus sincère. Überlieferung 1 5

Privatbesitz Familie de Rougemont, Inv. 243, S. 508 Copia Textkritik

Zeuge [h] Z. 9

eigentlich: trouveniez Sacherklärung I.

Georges de Rougemont (1758–1824) ⇒ Nr. 956 II. Da keine Antwort Pestalozzis überliefert ist, ist unklar, ob Georges de Rougemont (1802–1810, ⇒ Nr. 968) während der Weinlese nach Hause ging. III. Z. 7

George: Georges de Rougemont (1802–1810)



Nr. 968

572 Z. 13 Z. 13

Camarade: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. soumaitre: Im Brief Nr. 983 vom 30. Juli 1808 bat Georges de Rougemont (1758–1824, ⇒ Nr. 956) explizit um die Begleitung seines Sohnes Georges de Rougemont (1802–1810, ⇒ Nr. 968) durch Johannes von Muralt (1780–1850, ⇒ Nr. 610). Ob er diesen Wunsch aufgegeben hatte, muss offen bleiben.

1007. Christoph Adam von Stackelberg 8. Oktober 1808 5

Dem Herrn, Herrn Joh. Heinr[ich] Pestalozzi, in Yferten. franco Hofwyl den 8ten October 1808.

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Ich melde Ihnen, Vater Pestalozzi, dass Graf Kotschubey, ehemaliger Minister des Zaren in Russland, der mich hier besucht hat, zu Ihnen kommen wird. Er hat mehrere Jahre, da unsere Regierung noch besser war, seine Stelle mit Würde bekleidet, und unser Vaterland hat ihm viel zu danken. Er verbindet Standhaftigkeit des Characters mit Wohlwollen und Liebe. Wir hoffen noch jezt viel von ihm. Mir geht es wohl. Meine Pläne werden mir gelingen. Ich habe viel darüber geschrieben, an die Edelsten aus unserm Adel. Erst wenn man an die Ausführung schreitet verdiene ich wieder zu Ihnen zu kommen, und länger zu bleiben. Ich fühle dass ich bis hiezu zu unthätig war, obgleich ich Sie kannte. Verzeihen Sie’s mir, ich habe mich gebessert! Auch Russland soll jezt Sie und die Schweitz segnen. H[err] von Kaisarov u[nd] Graf Sievers haben mir geschrieben wie wohl es ihnen in Yferten ist. Sie danken der Vorsehung Sie kennen gelernt zu haben. Auch H[err] von Wrangel wird mit Ihnen gesprochen haben. Er hatte einen Brief an Sie von Prof[essor] Ladomus. Ich wäre schon lange wieder bei Ihnen gewesen, wenn ich nicht erst auf Briefe von Hause hier hätte warten wollen. Gott ist bei Ihnen, Vater! Ihr Sie innigst liebender, C. Stackelberg.

573 Erlauben Sie mir einen Brief an H[errn] von Türck einzuschliessen.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a, Umschlag 353/1 Bogen, 222x169 mm Dorsualvermerk Stackelberg von Hofwil geschrieben 1808, Siegelspuren Original Textkritik

Zeuge H Z. 10 Z. 23 Z. 23 Z. 26f. Z. 33 Z. 34

Kotschubey: lateinische Schrift Kaisarov: lateinische Schrift Sievers: lateinische Schrift Ladomus: lateinische Schrift Stackelberg: lateinische Schrift Türck: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Christoph Adam von Stackelberg (1777–1841) wird in Tallinn (Estland) geboren und streng religiös erzogen. Nach dem Besuch des Gymnasiums in seiner Vaterstadt, studiert er ab 1797 Medizin, ab 1801 Rechtswissenschaften in Göttingen und unternimmt anschliessend ausgedehnte Studienreisen, die ihn auch zu Pestalozzi nach Yverdon führen. Später spielt er eine aktive Rolle im Schulwesen seiner Heimat: Er wird nicht nur 1818 zum Direktor des Gouvernements-Gymnasiums in Tallinn und 1819 zum Mitglied des permanenten Komitees zur Schulerrichtung in Estland ernannt, sondern eröffnet auch aus eigener Initiative diverse Sonntags- und Armenschulen und setzt sich, vergebens, für die Gründung eines Volksschullehrerseminars in Kunda (Estland) ein. 1834 wird er wegen seiner Hinwendung zu einer schwärmerisch-religiösen Richtung mit halber Pension aus seinen Ämtern entlassen. III. Z. 7 Z. 10

Z. 11 Z. 16

Yverten: dt. Name für Yverdon Kotschubey: Viktor Pawlowitsch Kotschubey (1758–1834) stammte aus der Ukraine und wurde in Genf erzogen. Seit 1792 war er bevollmächtigter Minister und wurde 1802 von Alexander I., Zar von Russland (1777– 1825, ⇒ Nr. 520), mit dem er persönlich befreundet war, zum Innenminister ernannt. Kurzzeitig in Ungnade gefallen, musste er seinen Posten 1807 räumen, wurde aber 1810 wieder als Reichsrat eingesetzt, 1819 zum zweiten Mal mit der Führung des Innenministeriums betraut und drei Jahre vor seinem Tod in den Fürstenstand erhoben. Zaren: Alexander I., Zar von Russland (1777–1825) ⇒ Nr. 520 Meine Pläne: Worin genau Christoph Adam Stackelbergs (1777–1841, ⇒ Sacherklärung I.) Pläne bestanden haben, lässt sich nicht mehr mit Gewissheit sagen. Da er sich zum Zeitpunkt des Schreibens aber schon seit mehreren Jahren für die Verbreitung der Pestalozzischen Methode im

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Baltikum eingesetzt hatte – 1804 war er gemeinsam mit Baron Gotthard Ernst von Derschau (1769–1836, ⇒ Nr. 813), der Pestalozzi für ein Projekt in Kurland zu gewinnen suchte, in Yverdon gewesen, und 1807 hat er zusammen mit Georg Graf von Sievers (1778–1827, ⇒ Z. 23) den ersten Besuch russischer Lehrer-Eleven am Institut organisiert – ist denkbar, dass er 1808 die unter anderem von Karl Otto von Transehe (1761– 1837, ⇒ Nr. 1255) getragenen Bemühungen unterstützte, ein PestalozziInstitut in Riga zu gründen. H[err] von Kaisarov: Andrei von Kaisarov/Kaisarow/Kaissarow (1782– 1813) studierte 1795 an der Universität in Moskau und später, nach mehrjährigem Unterbruch durch Militärdienst, in Göttingen, wo er 1806 zum Dr. phil. promovierte. Nach einer Reise durch verschiedene europäische Länder etablierte er sich 1811 als ordentlicher Professor der russischen Sprache und Literatur an der Universität in Tartu (Dorpat, Estland), starb aber schon bald darauf als Major bei der Moskauer Landwehr. Graf Sievers: Georg Graf von Sievers (1778–1827), geboren in Cesis (Wenden, Lettland), besuchte das Pagenkorps in St. Petersburg, studierte in Tartu (Dorpat, Estland) Leipzig und Göttingen und wurde 1812 zum Generalmajor ernannt. Zwischen 1813 und 1815 bekleidete er das Amt des Ingenieur-Chefs der Haupt-Armee, 1816 war er Inspektor der Ingenieur-Schulen und von 1820–1827 stand er der 1819 von ihm gegründeten Haupt-Ingenieurschule des Heeres vor. H[err] von Wrangel: Es ist unklar, wer aus der weit verzweigten Familie Wrangel (Russland, Schweden, Preussen, Holland) hier gemeint sein könnte. Brief: Es ist unklar, ob es sich hier um den Brief vom 11. Juni 1808 (PSB VI, Nr. 1393) oder um einen nicht erhalten gebliebenen handelt. Ladomus: Johann Jakob Friedrich Ladomus (1782–1854) ⇒ Nr. 689 Brief: Da der Nachlass von Wilhelm Christian von Türk (1774–1846, ⇒ Nr. 653) nicht gesammelt vorliegt, ist unklar, ob sich dieser Brief erhalten hat. H[errn] von Türck: Wilhelm Christian von Türk (1774–1846) ⇒ Nr. 653

1008. Engerer Schulrat des Kantons Thurgau Oktober 1808 5

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An H[errn] Herrn Pestalozzi, zu Handen der versamelten Schulfreünde in Lenzbourg Hochzuverehrende Herrn. Es machten uns einige Mitglieder unsres Schulraths mit ihrem Vorhaben bekannt, eine nähere Verbindung zwischen Freünden des Schulwesens aus allen Cantonen unsres Vaterlandes zu stiften, um durch freimüthigen Austausch ihrer Ideen Kenntnisse u[nd] Erfah-

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rung sich in Sachen der Erziehung gegenseitig zu unterstüzen, u[nd] das Werk einer zwekmässigen Schulverbesserung zuerleichtern. – Zu allen Zeiten hätte eine solche Gesellschaft ungemein nüzlich seyn können, aber ein vorzügliches Interesse muss sie in unsern Tagen haben, nachdem eine Methode des Unterrichts und der Jugendbildung überhaupt, immer mehr Aufmerksamkeit erregt, Beyfall findet, u[nd] wirklich angewendet, oder angewendet zu werden versucht wird, welche ein edler Schweizer seinem Vaterlande u[nd] der Welt geschenkt, er u[nd] seine Freünde auf einen hohen Grad bereits ausgebildet haben. Wem sollte es nicht höchst wichtig seyn den Geist u[nd] das Wesen dieser Methode immer besser kennen zulernen, dann aber auch sich über die Anwendbarkeit derselben im ganzen oder in einzelnen Theilen; über die Aufnahme welche sie an verschiedenen Orten im Vaterlande gefunden, die Wirkung welche sie hervorgebracht hat; über die Mittel Jugendlehrer für dieselbe zu bilden, sie diesen u[nd] dem Volke beliebt zu machen, nicht blos theoretisch, sondern praktisch aufs gründlichste zu belehren, u[nd] darüber alle Erfahrungen zu sammeln, welche Männer von unbefangenem Sinne, und reinem Willen fürs Gute, ein jeder in seinem Wirkungskreis gemacht haben. Grössere Pflicht u[nd] grösseres Interesse dafür kann aber niemand haben, als diejenigen dennen die Bildungsanstalten der Jugend, und ihre stets fortschreitende Verbesserung anvertraut ist. Je weniger wir nun zweifeln könnten, dass auch dieser Gegenstand in ihrer Versammlung vorzüglich zur Sprache kommen würde, wollten wir es auch nicht blos der freien Willkühr dieses oder jenes Schulfreündes in unserm Canton überlassen, ihren Verhandlungen, hochgeachtete Herren beyzuwohnen u[nd] gelegentlich den Erfolg derselben von ihnen zu vernehmen, (leicht hätte die üble Witterung besonders aber die in unserer Gegend so geschäftsvolle Jahrszeit manchen der gerne gekommen wäre, abhalten können;) sondern glauben es, theils unserer Regierung welche sich mit regem Eifer der Verbesserung des Schulwesens annihmt, theils aber auch der Achtung gegen die würdigen hier versammelten Männer schuldig zu seyn es durch abgeordnete Mitglieder unsers Corps zu thun; obgleich es für einmal nicht im Plane zu liegen scheint dass Schul[-] oder Erziehungsräthe als solche erscheinen. Es werden demnach 2 unserer Mitarbeiter H[er]r Pf[arre]r u[nd] Schulrath Kappeler von Frauenfeld, u[nd] H[er]r Canonicus Maurer von Kreuzlingen die Ehre haben Ihnen gegenwärtiges Schreiben zu überreichen. Wir ersuchen Sie dieselben als unsere Deputirten anzusehen, und ihnen gütigst zu erlauben in dieser Eigenschaft ihren Berathungen beyzu-

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wohnen; Sie sind beauftragt Ihnen unsere Ansichten u[nd] Wünsche auch mündlich [wie] schriftlich mitzutheilen, u[nd] die Resultate ihrer Verhandlungen uns zu Handen des allg[emeinen] Schulraths zu hinterbringen, welcher dann über die künftige Theilnahme an ihren Institut des nähern bestimmen wird. Wahre Freüde würde es uns seyn, wenn wir zum grossen Endzwek mitwirken könnten: Menschenglük auf Menschenveredlung zu gründen. Empfangen Sie, hochzuverehrende Herrn die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung. Im Namen des Engern Schulraths des Kantons Thurgau der Schuldirektor.

Überlieferung 1 5

StA Thurgau, Missiven-Buch des engeren Schulrates, Nr. 47659 Entwurf Textkritik

Zeuge H Z. 4 Z. 7 Z. 9 Z. 12 Z. 13 Z. 15f. Z. 16 Z. 26 Z. 34f. Z. 37 Z. 37f. Z. 40f. Z. 41 Z. 47 Z. 47f. Z. 48 Z. 49 Z. 49 Z. 55 Z. 56 Z. 57 Z. 58 Z. 58f. Z. 59

Pestalozzi: lateinische Schrift Lenzbourg: lateinische Schrift einige Mitglieder durch freimüthigen sich∫ seyn können Interesse muss Orten im eigentlich: stets fortschreitende∫ fortschreitende Verbesserung in ihrer Versammlung∫ würde, wollten u[nd] gelegentlich den Erfolg derselben von ihnen zu vernehmen∫ die üble abgeordnete Mitglieder obgleich es scheint dass als solche∫ Es werden beauftragt Ihnen schriftlich∫ ∫ mitzutheilen, u[nd] zu Handen des allg[emeinen] Schulraths∫ hinterbringen, welcher Theilnahme an ihren Institut des wird

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wir zum Sacherklärung I.

Der Schulrat des Kantons Thurgau (⇒ Nr. 766) besteht aus 13 Mitgliedern, die aus dem kirchlichen, dem politischen und juristischen Bereich stammen. Der engere Schulrat wir aus fünf dieser 13 Mitglieder gebildet: einem katholischen Pfarrer, einem Kaplan, dem Distriktspräsidenten, dem Friedensrichter und dem evangelischen Pfarrer als Aktuar. II. Der Kanton Thurgau zeigte sich auffallend stark an der Verbesserung der Erziehung und des Schulwesens interessiert. Das äusserte sich in der Einrichtung und Unterstützung von Lehrerbildungsanstalten, in der Entsendung von Eleven nach Yverdon, sowie in einem allgemeinen Interesse an der zeitgenössischen pädagogischen Diskussion, wie der vorliegende Brief zeigt. III. Z. 5 Z. 9 Z. 50 Z. 51 Z. 65

Schulfreünde: Schweizerische Gesellschaft für Erziehung ⇒ Nr. 1012 Schulraths: Schulrat des Kantons Thurgau ⇒ Nr. 766 Kappeler: Hans Georg Kappeler (1775–1818) ⇒ Nr. 776 Maurer: Kanonikus Maurer konnte nicht näher bestimmt werden. Schuldirektor: Johann Melchior Sulzberger (1760–1841) ⇒ Nr. 766

1009. Karl Axel Ludwig (Louis), Freiherr von Böhnen 9. Oktober 1808 [Reg.] Böhnen will sein Sohn nach Yverdon schicken.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 102.9 Sacherklärung I.

Karl Axel Ludwig (Louis), Freiherr von Böhnen (1760–1829) erbt als ehemaliger Kammerherr in Stuttgart und angeheirateter Neffe von Herzogin Franziska von Württemberg (1748–1811), der zweiten Frau des württembergischen Herzogs Carl Eugen (1728–1793), die 1806 ins Königreich Bayern eingegliederte ehemaligen Herrschaft Bächingen und tritt in bayerische Dienste. Freiherr von Böhnen wandelt Bächingen in ein Patrimonialgericht um und verkauft es 1821 an einen reichen Augsburger Bankier.

578 III. Z. 4

seinen Sohn: Franciscus Axel Anton, Freiherr von Böhnen (*1800) zog 1821 nach dem Verkauf von Bächingen nach Regensburg, war 1829 königlich bayerischer Kammerherr und wohl 1862 Gutsbesitzer im schwedischen Helsingborg.

1010. Franz Niklaus Zelger 10. Oktober 1808 Stans den 10ten 8bre 1808. 5

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Mein lieber Freünd! Sie irren sich nicht, wenn ich vor Jahren und immer mehr lebhafte Theilnahme an einer bessern Erziehung der Jugend in meiner Pflicht zu liegen glaube. Beobachtungen und Erfahrungen überzeügten mich täglich, wie unzertrennlich selbe von dem Wohl des Staates und der bürgerlichen Gesellschaft seye. Jedem Vaterlands- Freünd muss also der entworfene Plan des edeln He[rr]n Prof[essor] Schulthess von Zürich eine so nützlich und heilbringende Erziehung oder Schulwesens-Gesellschaft zu bilden sehr willkommen seyn, und jeder Beförderer des Allgemeinen Wohls muss dem Gedeihen dieses Zweckes Kraft u[nd] Muth wünschen. Da Sie an meinem guten Unterwalden immer mit wahrem Interesse hiengen, so wird Ihnen angenehm zu vernehmen seyn, dass die Schulanstalten im ganzen Lande und besonders in Stans mit thätigem und glücklichem Fortgang vorwärts schreitet, und dass man mehr und mehr überzeügt wird dass das Wohl des Ganzen wie jeder Familie an der bessern Erziehung abhängt. Da man diese Nothwendigkeit fühlt so zweifle ich nicht, dass wenn die im Plan liegende Erziehungsgesellschaft sich wird gebildet haben, und die Ideen derselben, nach welchem Systeme gearbeitet werden soll, bekannt werden gemacht, als dann auch jemanden in hier sich finden wird, der sein Scherfchen beytragen wird – obwohl ich den eingesandten Plan circulieren liess, zeigte niemand grosse Lust dermahlen diese Reise zu unternehmen. Belieben Sie, mein lieber Herr Pestalozzi, versichret zu seyn, dass ich immer mit Vergnügen an Sie gedenke und mit Freüde mich erinnere, dass meine Söhne Ihre Zöglinge waren, und auch wahre Theilnahme Empfinde, wenn ich oft sehe und höre, dass ihre Erziehungs-Methode nicht nur rühmlich beurtheilt, befolgt, sondern in entfernten Völkerschaften verbreitet wird.

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Meine Gemahlin dankt für Ihr gütiges Andenken, dessgleichen die Knaben (der älteste Franz befindet sich in dem unglücklichen Spanien) ich aber habe das Vergnügen zu geharren mit ungeheüchelter Freündschaft Ihro ergeberster Freünd Zelger Landamann

Überlieferung 1 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 98–98a, S. 184–185 Datum am Schluss Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Sacherklärung I. Franz Niklaus Zelger (1765–1821) aus Stans besucht 1777–1784 die Gymnasien in Luzern, Bellinzona, Lugano und Porrentruy (Kt. Jura). Nach zweijährigem Aufenthalt in französischen Diensten auf Korsika kehrt Zelger 1786 nach Stans zurück, wo in Kooperation mit dem örtlichen Kaplan Josef Maria Businger (1764–1836, ⇒ Nr. 573) das zweibändige Werk Kleiner Versuch einer besondern Geschichte des Freystaats Unterwalden, ob und nid dem Kernwalde (1789–1791) entsteht. Parallel zu Zelgers militärischem Aufstieg zum Landmajor (1792), Landeshauptmann (1794), Kommandant der Nidwaldner Truppen beim Hilfszug nach Bern (1798) und Bannerherr (1810–1821) setzt sein politischer Aufstieg ein: 1793 wird er Landesfürsprech, 1794 Kirchschreiber und 1796 eidgenössischer Repräsentant an der Tagsatzung in Basel. Nach den Tätigkeiten in der Helvetik als Oberrichter und ab 1802 als Vizepräsident des helvetischen Kassationsgerichts amtet Zelger jahrelang in Nidwalden als Landammann. III. Z. 11

Z. 12 Z. 15f. Z. 22 Z. 30

Plan: Ob der Plan in Form einer Druckschrift vorlag, oder ob es sich hier eher um einen ideellen Plan handelte, der im Gespräch oder in Briefen verbreitet wurde, ist unklar, zumindest scheint keine gedruckte Einladung zur Gründungsversammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Erziehung (⇒ Nr. 1012) überliefert zu sein. Schulthess: Johannes Schulthess (1763–1836) ⇒ Nr. 788 Unterwalden: Unterwalden ist der Sammelbergriff für die beiden Kantone Ob- und Nidwalden. Erziehungsgesellschaft: Schweizerische Gesellschaft der Erziehung (⇒ Nr. 1012) meine Söhne: Franz Niklaus Zelger (1791–1873) war nach dem Besuch von Pestalozzis Anstalt in Burgdorf Offizier im spanischen Schweizerregiment, Nidwaldner Landeshauptmann (1811) und eidgenössischer Oberst

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im Generalstab (1839). Er amtete 1841–1847 als Landesstatthalter und 1859–1870 als Kantonsrichter. Jakob Zelger (1791–1812) besuchte die Anstalt Pestalozzis in Burgdorf. Er verstarb als Offizier in französischen Diensten in der Schlacht bei Polotsk (Weissrussland). Klemens Zelger (1793–1868) bildete sich nach dem Besuch der pestalozzischen Anstalt zum Arzt aus und war als Politiker unter anderem 1825–1828 Landesstatthalter, in den Jahren 1831, 1835, 1839, 1842 und 1846 zudem jeweils Landammann. Meine Gemahlin: Marie Josefa Zelger-Christen (1765–1819) von Wolfenschiessen stammte aus einer der führenden Familie des Kantons Nidwalden. Sie heiratete 1787 Franz Niklaus Zelger (1765–1821, ⇒ Sacherklärung I.).

1011. Johann Christian Joseph Theodosius/Theodor Abs 12. Oktober 1808 Halberstadt d[en] 12 8bre 1808. 5

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Edeler Mann. Der Ausdruck ihres hohen Gefühls für die Menschheit im Buche der Mütter bestimmte mich Lehrer an einer Schule von 200–250 grösstentheils armer Kinder zu seyn. Meine, durch so viele Umstände begrenzte Lage gestattet es mir nicht, ihnen in allen Formen zu folgen, aber ihre Grundsätze leben in meiner Schule: meine Kinder sprechen den Namen P e s t a l o z z i mit Ehrfurcht aus. Möchte es mir glücken eine Brücke zu bauen, hinter welcher sich zuletzt eine grosse Anzahl n o t h w e n d i g vereinigen muss. In dieser frohen Hoffnung grüsst sie herzlich einer ihrer wärmsten Verehrer Theodosius.

Überlieferung 1 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 102a–103, S. 191–192 Datum am Schluss Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 4 Z. 16

Halber∫stadt∫ Theodosius: lateinische Schrift

581 Sacherklärung I. Johann Christian Joseph Theodosius/Theodor Abs (1781–1823) stammt aus einer katholischen Familie in Wipperfürth (Nordrhein-Wetfalen) und tritt 1799 unter dem Mönchsnamen Theodosius in das Franziskaner-Kloster zu Hamm ein. Von 1806 bis 1810 leitet er die Klosterschule zu Halberstadt, in der er Kinder beiderlei Geschlechts und ohne Berücksichtigung der Standes- und Konfessionsunterschiede nicht nur religiös, sondern auch in Fächern wie Gesundheitslehre und Messkunst unterrichtet. 1810 verlässt er das Kloster, tritt drei Jahre später zum Protestantismus über und eröffnet eine Pensions-Anstalt für Knaben und Mädchen, eine Art Halbwaisen-Vorbereitungsschule und Lehrerbildungsanstalt. Als Leiter des Land-Waisenhauses ab 1815, das mit einer Elementarschule und einem Schullehrerseminar verbunden ist, erhält Abs überregionale Aufmerksamkeit und wird zum Teil ähnlich wie Pestalozzi zum Ziel von Bildungsreisen. Diese grosse öffentliche Akzeptanz führt Ende 1818 zur Berufung als Direktor des königlichen Waisenhauses von Königsberg, das Abs bis zu seinem Tod leitet. II. Johann Christian Joseph Theodosius/Theodor Abs (1781–1823, ⇒ Sacherklärung I.) erbat sich die Übersendung zahlreicher Bücher von Pestalozzi (vgl. PSB VI, S. 248), die er zur Nachahmung und Anwendung in seinem Unterricht studieren wollte. Zugleich dienten sie als Vorlage zur Veröffentlichung zahlreicher eigener Bücher über Pestalozzi und dessen pädagogische Prinzipien, etwa Pestalozzi’s Anstrengungen für Menschenbildung geschichtlich dargestellt (1815). III. Z. 6f.

Z. 7

Buche der Mütter: Johann Heinrich Pestalozzi: Buch der Mütter, oder Anleitung für Mütter, ihre Kinder bemerken und reden zu lehren. Zürich 1803 (PSW XV, S. 341–424) Schule: Da der Franziskanermönch Johann Christian Joseph Theodosius/ Theodor Abs (1781–1823, ⇒ Sacherklärung I.) zum fraglichen Zeitpunkt Rektor der Klosterschule war, müsste hier die Schule des seit ca. 1223 bestehenden Franziskanerklosters in Halberstadt gemeint sein, das während der Zugehörigkeit zum napoleonischen Königreich Westfalen um 1810 aufgelöst wurde. Da Abs aber auch die zahlreichen Armenkinder erwähnt, könnte es sich hier auch um eine frühe Form der Armen- und Waisenhausanstalt handeln, die Abs aber erst um 1815 gründete.

582 1012. Franz Bernhard Meyer von Schauensee 12. Oktober 1808 5

à Monsieur Monsieur Pestalozzi à Yverdon. Luzern den 12. 8bre 1808.

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Wie könnte ich, lieber Freund, Deiner herzlichen Einladung nicht entsprechen! und doch ist es mir gegenwärtig unmöglich Dir bestimmt zuzusagen, weil ich von Geschäften abhange, denen ich mich nicht entziehen kan. Deine Äusserung vom Grabe hat mich sehr betrübt, aber, wills Gott! so ist es noch nicht so weit mit Deinem Ziel vorgerükt, da noch ein Geist in Dir lebt und eine Kraft Dich ergreift, die Dein Leben noch lange fristen wird. Lass auch die Zeit vorbeygehen. Für Dich und die, so Dich hören wollen ist sie nicht verlohren, und reicher und reifer sind die Früchte, die mit ihr fortrüken. In meiner Abgeschiedenheit schliesse ich mich gerne an alles an, was gut und edel ist. An Dir, Lieber, und Deinen Schöpfungen hange ich mit ganzer Seele. Schon lange war es mein sehnlichster Wunsch Dich wieder einmahl zu sehen, und näher untersuchen und bewundern zu können, was Du seither wieder neues ausgedacht, und altes vervollk[o]mnett hast. Aber meine Reise Plane konnte ich bis dahin noch nicht ausführen. Ich zöge vor Dich im Kreise Deiner Mitlehrer und Schühler zu sehen, als in einer Versammlung hochgelahrter Schulmänner. Dort ist Deine Kraft, und Dein Werk. Hier aber besorge ich Schwäche des Zeitgeists, Anmassung und Eitelkeit zu treffen. Es war eine Zeit, wo man von oben herab wirken, Besseres vorbereiten, und bezweken konnte. Aber ein elender kleinlichter Geist hat die bessere Saat mit Unkraut erstikt, und man wähnt jezt durch Gesellschaften wieder zu erreichen, was sie zerstörten, und dessen Wiederaufkeimen sie verhinderten. Du warst vielen ein Gräuel, aber Du hast seither Ruhm erworben, und jezt möchten Ruhmsüchtige, die durch sich nichts vermögen, sich genau an Dich anklammern, um vom Abglanz Deines Glanzes auch ein bischen in der Welt zu scheinen. Was darfst Du Dir aber auch viel versprechen? Deine Lehrart genügte den Weisen nicht. Sie wollten mehr thun, und haben sie verhunzt. Andere wollten Sie föderalisiren, und haben sie den verschiedenen Religionen, Gebräuchen, Gewohnheiten, und Sprachen angepasst, und hoften dadurch als feine Weltmänner sich

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grosses Lob zu erwerben. Die mehrsten verstopfen sich noch die Ohren, um nur nichts davon zu hören. Es ist indessen gut und löblich von Dir Dich jedes Mittels, das Dir entgegenkommt, zu bedienen, um Gutes zu bewirken. Aber was soll die Gesellschaft mir, und ich in dieser Gesellschaft? Ich stehe isolirt, abgerissen von jeder Verbindung, und meine Stimme verhallt, so wie meine Hofnungen, Plane und Unternemmungen dem Misgeschike unterlagen. Die Geschichte unserer Tage, und alles, was ich um mich herum sehe, schlägt vollends meinen Muth darnieder; denn die Kraft und der höhere Wille ist von den Nationen gewichen, und überal hat die Überreife eines geist- und herzenlosen Tands die Menschheit zur schmählichsten Sclaverey eingewieget. Ist es mir möglich, nach Lenzburg zu kommen, so ist es einzig, um Dich zu sehen. Melde mir bestimmt den Tag, damit ich Dich nicht verfehle, denn Dein Beyschluss erklärt sich nicht deutlich darüber! Komme ich aber nicht, so deute es mir nicht übel, und sey versichert, dass ich trachten werde Dich sobald möglich in Yverdon zu sehen. Leb immer wol, lieber Freund, und glaube an meine Gesinnungen, an meine Wünsche, mit denen ich Dich immer begleite, und an die Aufrichtigkeit der Liebe, mit der ich an Dir hange. F. Meyer

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ZB Zürich, Ms Pestal 53, Umschlag 221/8 Bogen, 293x199 mm ganzer Brief in lateinischer Schrift Stempel LUCERNE, Siegelspuren, Dorsualvermerk nicht zu beantworten. Original Textkritik

Zeuge H Z. 22 Z. 31 Z. 34

zu können∫ und dessen sich∫ Sacherklärung I.

Franz Bernhard Meyer von Schauensee (1763–1848) ⇒ Nr. 443

584 II. Wie viele andere war auch Franz Bernhard Meyer von Schauensee (1763–1848, ⇒ Nr. 443) zur ersten Versammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Erziehung (⇒ Z. 25f.) am 26./27. Oktober 1808 in Lenzburg eingeladen worden. III. Z. 8 Z. 12

Z. 25f.

Z. 55

Einladung: Als Gründer der Schweizerischen Gesellschaft für Erziehung (⇒ Z. 25f.) hatte Pestalozzi die Einladungen zur Versammlung verschickt. Deine Äusserung: Da Pestalozzis vorangegangener Brief an Franz Bernhard Meyer von Schauensee (1763–1848, ⇒ Nr. 443) nicht überliefert ist, sind hier nur Mutmassungen möglich. Sehr wahrscheinlich verwies Pestalozzi mit diesen Äusserungen wie so oft auf seine Todesahnungen (vgl. PSB VI, Nr. 1403). Versamlung hochgelahrter Schulmänner: Pestalozzis Idee einer privaten Erziehungsgesellschaft mit dem Ziel der Verbesserung des Schulwesens nahm mit der Gründungsversammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Erziehung vom Oktober 1808 in Lenzburg konkrete Gestalt an. Einem vorausgegangenen Einladungsschreiben, das Pestalozzi und Johannes Schulthess (1763–1836, ⇒ Nr. 788) «bekannt verdienstvollen und tätigen Freunden und Verbesserern des vaterländischen Erziehungswesens» geschickt hatten, kamen 44 Personen nach und es folgten vier weitere Jahresversammlungen, allesamt in Lenzburg, an denen über Erziehungsund Bildungsfragen diskutiert wurde. Als dann die für 1813 verabredete Tagung nicht mehr stattfand, erlosch die Gesellschaft, ohne dass sie offiziell aufgelöst worden wäre. Dein Beyschluss: Es wäre gut möglich, dass damit das allgemein versandte Einladungsschreiben zur Gründung einer Schweizerischen Erziehungsgesellschaft gemeint ist (⇒ Z. 25f.). Möglicherweise wurde dazu der von Pestalozzi verfasste Plan zur Gründung der Schweizerischen Erziehungsgesellschaft (PSW XXI, S. 213–216) vom Herbst 1808 verwendet.

1013. Johann/Hans Konrad Escher 14. Oktober 1808 5

Monsieur Monsieur Pestalozzj à Yverdun. Lausanne den 14ten 8bre 1808.

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Lieber Vater Pestalozzj, Meine Heimreise im Wagen mit der Familie DeMolin war so angenehm als interessant. Unsre Unterhaltung drehte sich immer um die Methode und Ihr herrliches Institut herum. Mehr als zufrieden – erstaunt waren diese Leute über alles, was sie sahen und hörten;

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und die Art, wie sie darüber sprachen und urtheilten bewies, dass sie ganz Ohr und Aug, ganz Aufmerksamkeit gewesen seyn mussten; die Theilnahm und Wärme mit der sie sprachen zeigte, dass dieser Saame nicht auf steinichten Grund, sondern auf fruchtbaren Boden gefallen war und gewiss Früchte bringen wird, welche in Lausannen Epoche machen werden. Madame sprach mir von einem jungen Hubert, der bey Ihnen ist und bezeugte, dass sie mit allen Verwandten die gänzliche Änderung und Besserung dieses Kindes einzig Ihnen und seinem Aufenthalt im Institute zu verdanken haben – «car nous avons désesperé de cet Enfant, et il nous est rendu par le bon Pestalozzj». Sie fanden ihn durchaus verändert, vorzüglich auch von der moralischen Seite. – Die Stunde, welche ich der Madame und ihren beyden Töchterchen geben sollte, ward nun verabredet. Am Mondtag schon fieng ich an und gehe alle Abende hin; das Formen A.B.C, das Buch der Mütter und das Rechnen sind die Gegenstände, mit denen wir uns beschäftigen: und es geht herrlich: die Kinder sagen jedes Mal, selbst der Kleine 3jährige –: «allezVous déjà?» – Schon sprach mir Madame gestern von einer andern Familie (Crousaz) die ihre Töchterchen auch hinschicken möchten und fragte mich, ob ich nicht 2 Stunden nach einander geben könnte? Als ich versprach, die Sache einzurichten zu suchen, so sagte sie, man werde wahrscheinlich eine kleine Classe zusammen bringen, bey der ich mir gewiss gefallen würde. Nicht wahr das geht ja allerliebst? Gewissen Dames Institutrices wird nun das freylich nicht allzu willkommen seyn, dass ich nun auch in ihr Département komme. – Den nehmlichen vortheilhaften Eindruck, den Sie, Methode, und Institut auf DeMolins gemacht haben – haben sie auch auf die Hamburger gemacht. Es that ihnen eigentlich wehe, Sie am Morgen vor ihrer Abreise nicht noch einmal sprechen zu können. Die alte Dame sprach von Enkeln, die sie nach Iferten schicken werde –; sie kann wohl Enkel haben, denn sie war Mutter von 25 Kindern. Auch sollen andere junge Leute durch sie nach Iferten gebracht werden, um die Methode nach Hamburg zu verpflanzen. – M[onsieu]r DeMolin, ein Mann, der nicht viel, wenigstens nicht z u v i e l – aber als Mann spricht, sagte mir – er wünschte das erste Mal da Sie nach Lausannen kommen werden, unfehlbar mit Ihnen über Verschiedenes zu sprechen – und ich soll Sie ihm ja zuführen – auch Ihnen bestimmt sagen, dass Sie sein Haus als das Ihrige ansehen möchten, – und ungenirt sein Bett annehmen. Mit dem Unterricht, den ich dem Königsberger Stifts-Herren (Canonicus Grammatzkj) gebe, gehts auch gut. – «Horchen’s einmal, lieber H[err] Escher, sagte er heute Morgen – ich fühle dass diese

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Methode das Gedächtnis v e r h a n k e r t stärkt – im Anfang, als ich Ihre Schule besuchte verstand ich bald die Fragen, welche Sie an die Kinder thaten, allein ich konnte keine im Gedächtnis behalten, jetzt aber behalte ich sie von Gestern, und Ehegestern her.» – Gestern und vorgestern hatte ich Besuche von einem Erzieher aus der Gegend von Genf und einem, seit vielen Jahren in Genf wohnenden Berliner Kaufmann. Beyde schieden mit dem Vorsatz, [sie] zu Hause – der eine in seinem Institute und [der] andere in seiner Haushaltung einzuführen.– Wollten Sie so gut seyn und mir melden oder melden lassen, ob Sie nach Lenzburg gehen. – Leben Sie wohl – ein herzlich gegrüsst von Ihrem Escher.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 50/51, Umschlag 74/3 Bogen, 187x143 mm Siegelspuren, Siegelausriss Original Textkritik

Zeuge H Z. 8 Z. 10 Z. 19 Z. 20 Z. 21 Z. 23–24 Z. 25 Z. 26 Z. 31 Z. 32 Z. 37f. Z. 38 Z. 38 Z. 38 Z. 40 Z. 42 Z. 47 Z. 48 Z. 50 Z. 53f. Z. 63

Lausanne: lateinische Schrift DeMolin: lateinische Schrift Madame: lateinische Schrift Hubert: lateinische Schrift dieses Kindes∫ car nous … le bon Pestalozzj: lateinische Schrift der∫ Madame: lateinische Schrift Madame: lateinische Schrift Crousaz: lateinische Schrift Dames Institutrices: lateinische Schrift all∫zu in ihr Département: lateinische Schrift DeMolins: lateinische Schrift zu∫ können DeMolin: lateinische Schrift v i e l – aber soll Sie Canonicus Grammatzkj: lateinische Schrift Siegelausriss

587 Z. 66

Sie nach Sacherklärung I.

Johann/Hans Konrad Escher (1776–1835) ⇒ Nr. 589 III. Z. 10

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Z. 43

DeMolin: Jean Samuel Antoine de Molin (1769–1851) aus Estavayer (Kt. Waadt) war Bankier und Staatsrat in Lausanne und unterstützte Pestalozzi mit Subskriptionswerbungen für die Cotta-Ausgabe sowie im Schiedsgerichtsprozess gegen Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507). Marie de Molin-Huber (1779–1871) war die Tochter eines Bankiers aus Lyon, stand dem Pietismus nahe und gründete in Lausanne eine Mädchenschule. Hubert: Es ist unklar, um wen es sich hier handelt. beyden Töchterchen: Amélie-Henriette-Aimée de Molin (1800–1891) war ab 1831 mit dem Pfarrer Charles-Auguste Dapples (1791–1873) aus Lausanne verheiratet. Marie-Georgine-Mathilde de Molin (1801–1897) heiratete 1846 Charles-Frédéric Cook (1806–1858) aus London, einen wesleyanisch-methodistischen Prediger, der im Rahmen seiner missionarischen Tätigkeit unter anderem 1840 in Lausanne die erste Gemeinde der Schweiz dieser Glaubensbewegung gründete. das Formen A.B.C: Johann Heinrich Pestalozzi: ABC der Anschauung, oder Anschauungs-Lehre der Massverhältnisse. Zürich 1803 (PSW XV, S. 175– 340) Buch der Mütter: Johann Heinrich Pestalozzi: Buch der Mütter, oder Anleitung für Mütter, ihre Kinder bemerken und reden zu lehren. Zürich 1803 (PSW XV, S. 341–424) Kleine: Henri-François-Georges-Paul de Molin (1805–1883) war Ingenieur und später Rentier in Genf. Er war seit 1830 mit Jeanne-Louise-Lydie Dutoit (1810–1895) verheiratet und hatte zwei Kinder: Emile-Albert-Samuel (1831–1843) und Bertha-Emmy-Fanny-Alphonsine (1837–1897). Crousaz: Hier ist wahrscheinlich Jean de Crousaz (1761–1811) gemeint, der zunächst Offizier in französischen Diensten gewesen war, später als Leutnant im Regiment von Louis de Watteville (1776–1836) diente und um 1800 das Familienschloss der de Crousaz in Chexbres (Kt. Waadt) verkaufte. Töchterchen: Jean de Crousaz (1761–1811, ⇒ Z. 32) hatte zwei Töchter, von denen nur die jüngere, Sophie-Caroline-Henriette (1802–1869) namentlich bekannt ist. Hamburger: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. Möglicherweise sind die «Hamburger» im Zusammenhang mit dem Besuch des Hamburger Kaufmanns Caspar/Kaspar Reichsfreiherr von Voght (1752–1839 ⇒ Nr. 1095) in Yverdon zu sehen. Dame: Möglicherweise ist hier Christine Friederike Reinhard-Reimarus (1771–1815) oder vielmehr ihre Mutter Sophia Reimarus (1742–1817), Gattin des Hamburger Arztes, Naturforschers und Nationalökonomen Johann Heinrich Albrecht Reimarus (1729–1814) gemeint. Christine Friederike war mit dem französischen Diplomaten Karl Friedrich Reinhard (1761–1837) verheiratet. Reinhard wiederum, französischer Gesandter in

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Bern, förderte Pestalozzis Anstalt in Burgdorf und sorgte ab 1802 als französischer Gesandter in Hamburg für die Verbreitung von Pestalozzis Ideen in der Hansestadt. Enkel: Falls die Vermutung von Z. 43 stimmt, scheint der Plan, Enkel nach Yverdon zu schicken, nicht umgesetzt worden zu sein. andere junge Leute: Es ist unklar, ob dieser Plan umgesetzt wurde. Der ebenfalls aus Hamburg stammende Friedrich Luther (⇒ Nr. 850) war 1807 auf Empfehlung der Hamburger Patriotischen Gesellschaft (⇒ Nr. 902) nach Yverdon gereist. Iferten: dt. Name für Yverdon Canonicus Grammatzkj: Damit ist vermutlich Carl Wilhelm Gramatzki (1779–1842) gemeint. Gramatzki, Sohn eines Königsberger Grosskaufmanns, wurde 1832 geadelt und erwarb 1829 das ostpreussische Gut Tharau, zwischen Königsberg und Bagrationowsk (Preussisch Eylau) gelegen. Erzieher: Möglicherweise ist hier François Naville (1784–1846) aus Genf gemeint. Naville schloss 1806 sein Theologiestudium ab, war bis 1813 Vikar in Dardagny und von 1811–1818 Pfarrer in Chancy (beide Kt. Genf). 1819 quittierte er den Pfarrdienst und gründete eine Knabenschule. Es ist also möglich, dass Naville schon früher als Privatlehrer wirkte. Berliner Kaufmann: konnte nicht eruiert werden Lenzburg: Damit ist die Versammlung der Schweizerischen Gesellschaft der Erziehung (⇒ Nr. 1012) gemeint, die am 26./27. Oktober 1808 in Lenzburg stattfand.

1014. Rosette Kasthofer 17. Oktober 1808 5

Monsieur Pestalozzi à Yverdon. Feuillancourt ce 17 Octobre

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Freünd! Ich komme bald und, d[an]ke Gott der mich zu Ihnen führt. Ich fühle es ist schon lange dass ich Sie nicht gesehen, wies wohl wird mir seyn Sie zu finden! Der jüngste Sohn von H[er]rn Strauss ein Knabe von 11 Jahren soll mit mir reisen zu Ihnen; Nicht wahr er wird aufgenommen werden? u[nd] wenn was mir leid thun würde, kein freyer Plaz im Schloss ist, so werden Sie ihn schon weiter versorgen – Er ist ein ungelehrtes aber auch unverdorbenes Kind voll guter Anlagen. – – Binnen 3 Wochen Zeit glaube ich von hier abzureisen, nach Verlauf von 4 Wochen in Iferten anzulangen, was ich Ihnen aber später noch bestimmter berichten werde. Erst will ich einige Tage bey

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meiner theüren Ray verleben, erst Sie mein verehrter Freünd sehen u[nd] sprechen, u[nd] dann erst gestärkt durch Gefühle von Glük an künftige Tage denken, über künftiges Schiksal entscheiden; u[nd] meiner guten Schwester in Arau melden, dass wir getrennt leben müssen. Wenn die Zeit es Ihnen gestattet so schreiben Sie mir gleich, u[nd] besonders über die B[edingn]iss Ihrer Anstalt, damit wir wissen ob das Jahrgehalt sogleich entrichtet werden muss. Freund! ich denke des Wiedersehens u[nd] bin froh! Ihre so ganz ergeben R. Kasthofer Chez Mr. Strouhs, rue de Pelletier No. 1 a Paris

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 53/54, Umschlag 264/I,4 Blatt, 202x160 mm Siegelausriss, Siegelspuren Original Textkritik

Zeuge H Z. 7 Z. 20 Z. 30

Feuillancourt ce: lateinische Schrift Glük an lateinische Schrift Sacherklärung I.

Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857) ⇒ Nr. 842 II. Im Sommer 1808 hatte Pestalozzi Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857, ⇒ Nr. 842) gebeten, die Leitung der Töchteranstalt (⇒ Nr. 867) zu übernehmen (PSB VI, Nr. 1399). Nach einiger Bedenkzeit hatte sie im Sommer zugestimmt, wobei ihre Ankunft in Yverdon sich immer wieder verzögerte. Mitte Oktober 1808 kam sie endlich nach Yverdon, machte in der Folge aber noch eine längere Pause, offenbar in der Absicht, sich auf ihre bevorstehende Arbeit vorzubereiten. III. Z. 7 Z. 11

Feuillancourt: Gemeinde westlich von Paris jüngste Sohn: Sehr wahrscheinlich handelt es sich hier um Albrecht Strauss (*1797) aus Lenzburg, der später wie seine übrige Familie nach Frankreich zog und Leutnant in Frankreich wurde. Albrecht Strauss trat

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Z. 11

Z. 17 Z. 19 Z. 22

Z. 30

im November 1808 ins Institut in Yverdon als Schüler ein und war der Bruder von Rosina Louise Strauss (1786–1840, ⇒ Z. 22), die 1806 Rosette Niederer-Kasthofers (1779–1857, ⇒ Nr. 842) Bruder, Gottlieb Rudolf Kasthofer (1767–1823, ⇒ Nr. 1426) geheiratet hatte. H[er]rn Strauss: Gottlieb Strauss (*1763) aus Lenzburg, der Vater von Albrecht (⇒ Z. 11) und Rosina Louise (⇒ Z. 22), war Kaufmann in Lenzburg und liess sich 1808 in Paris als Handelsmann nieder. Dort besuchte Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857, ⇒ Nr. 842) 1808 die Familie Strauss. Iferten: dt. Name für Yverdon Ray: Jeanne Ray ⇒ Nr. 979 Schwester: Damit dürfte die Schwägerin Rosina Louisa Kasthofer-Strauss (1786–1840), die Ehefrau von Gottlieb Rudolf Kasthofer (1767–1823, ⇒ Nr. 1426) gemeint sein. Strouhs: ⇒ Z. 11

1015. Abel Théodore Guillaume Mäder 21. Oktober 1808 Mühlhausen 21. 8bris 1808. 5

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In unserm Consistorio ist seit etwa zwey Monden vieles zur Sprache gekommen; was vor einem Jahre noch als Unsinn abgewiesen wurde. Es betraf vorerst nur die nöthig scheinenden Verbesserungen im Kirchenwesen, man ernannte verschiedene Commissionen, setzte sie aus den angesehesten Gliedern des Collegiums zusammen, und übertrug mir den Vorsitz über alle. Dies Zutrauen und die in allen Hinsichten günstig gewordene Stimmung der Gemüther machten mich beherzt wieder ein Wort, betreffend das Schulwesen anzubringen. Seit 10 Jahren war es mein Wunsch und Bestreben, die uns widerrechtlich entrissene Kirchenschule wieder an ihre rechtmässige Besitzer zu bringen, man hatte mich auch darum angefeindet und mir, wer weis was für nichtswürdige Absichten angedichtet. Jetz aber fand mein erneutes Andringen unerwartet Eingang, eine neue Commission aus 3 Pastoren und Herrn Doctor Peyr (nicht Bauer, der neulich bey euch war) zusammengesetzt, beratschlagten, in verschiedenen Sitzungen über die Rechtmässigkeit unserer Ansprüche, so wie über die Frage: Ob es rathsamer sey, unsere Kinder [in] vorgenannten protestantischen Schulen, nach eigenen Grundsätzen zu bilden, oder uns von fern her eine Lehrmanir aufdringen und dadurch der armen Jugend, deutsch und mit herrlichen Anlagen gebohren, die Köpfe verschrauben und die Herzen einschnüren zu lassen? Ob wir parnis allenfalls die Schule nicht nur gründen, son-

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dern auch je mehr und mehr erweitern vervollkommnen und ihr erwünschten Bestand schaffen könnten, und nachher gefragt: Concordia, so hiess es allgemein, res parvae crescent und mit Liebe Kraft und Muth fassten nun alle den Entschluss – zu thun, was das Heil unserer Kinder und Enkel und unsere heil[ige] Pflicht itzt verlangte. D[octo]r Peyer sollte dem Konsistorio Rapport abstatten und that es heute, lichtvoll, kräftig und bündig. Einstimmig die Versammlung hierauf, die uns angehörige Schule Gebäude und Kapitalien, zurück zu fordern, unsere protestantische Jugend unter eigene Zucht zu nehmen und alle dienlichen Maassregeln zu einer gründlichen Unterrichtsanstalt zu ergreifen. Nur dies erste war nöthig, uns zu dem Ziele zu führen das wir stets vor Augen hatten, und nun wird gehandelt, und sicher bald allgemein in Mülhausen nach Pestalozzischer Methode unterrichtet. Schon war ich, vor 14 Tagen in Colmar, beriet mich dort mit Pfeffeln und dem Generalsecretair des Prefectair über die Angelegenheit, erhielt befriedigenden Bescheid, und werde nechstens im Namen des Konsist[orio] wieder hinwandern. Vorher müssen nur unsere Actenstücke u[nd] Memoiren in Ordnung und einig[e] der wichtigsten andern Commissionsgeschäffte abgethan seyn. Meine Particularschulen sollen sich nun der Universität unterwerfen oder aufgehoben werden. Sie wird aber eher mit der auferstehenden protestantischen Schule zusammen schmelzen und dadurch auf festerm Boden Wurzel fassen. Sie befriedigt meine Wünsche und übertrifft, in mancher Hinsicht meine Erwartungen. Reges Leben immer gleiche Lust zum Lernen, zärtliche, innige Anhänglichkeit an ihre Lehrer – hier hast Du in wenigen Worten was wir täglich alle sehen, was jeder Fremde beobachten sieht. Jedes Fach der Methode, das wir bisher selbst kennen gelernt haben, wird, nach dem uns vorgezeigten Gang, getreu geübt – vier Rechnungsclassen arbeiten nach den Tabellen, die Oberste rechnet überdies in Ziffern und zählt mehrere fertigen Schüler – das A.B.C. der Anschauung wird ebenfalls in 4 Classen getrieben. Die erstere derselben ist weit voraus und ziemlich geübt – Deutsch und Französisch nehmen wir nach Krüsys Sprachübungen und nach Muralts Leitfaden vor, von welchen letztern wir uns eine Fortsetzung wünschten; das Buch der Mütter und andere Elementarübungen gehen ihren Weg wie bei Euch. Geographie lehren wir in 2 Classen – Lateinisch jetzt noch nur in einer. Jeden Morgen ist Betstunde, nur singen wir noch nicht weil uns die von Knusert versprochene Anweisung mangelt, um welche so wie um die von Grieb versprochene Algebra und Grössenlehre,

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hiermit item ac iterum gebeten wird. Von ½8 Morgens bis 11 u[nd] v[on] 1 Uhr Nachmittags gehts in einem fort bis 6. und jedermann ist froh und frisch bey solcher strengen Arbeit. Auch fangen die Wilden an minder scheu nach uns zu blicken, und einige lassen uns schon laut Gerechtigkeit wiederfahren. Mäder

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 107–108, S. 202–204 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 4 Z. 26 Z. 28 Z. 28f. Z. 29 Z. 32 Z. 37f. Z. 38 Z. 41 Z. 46 Z. 68 Z. 69

Mühlhausen 21. 8bris: lateinische Schrift parnis: lateinische Schrift eigentlich: gefracht Concordia: lateinische Schrift res parvae crescent: latenische Schrift D[octo]r Peyer uns zu Ziele Colmar: lateinische Schrift Commissionsgeschäffte: lateinische Schrift Grössenlehre: lateinische Schrift item ac iterum: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Abel Théodore Guillaume Mäder (1765–1834) ⇒ Nr. 910 II. Abel Théodore Guillaume Mäder (1765–1834, ⇒ Nr. 910) hatte im Herbst 1807 begonnen, nach der Methode Pestalozzis zu unterrichten. Zudem ergaben sich mit der Re-Etablierung der protestantischen Kirchenschule viele Möglichkeiten, neue Unterrichtsformen und -methoden zu etablieren. III. Z. 5 Z. 14 Z. 18 Z. 18 Z. 18

Consistorio: kirchliche Behörde widerrechtlich entrissene Kirchenschule: Es ist unklar, was hier der genaue Streitpunkt war. 3 Pastoren: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. Doctor Peyr: konnte nicht näher bestimmt werden Bauer: Damit könnte Georges Frédéric Bauer gemeint sein. Bauer war Arzt in Mulhouse und mit Rosine Meyer verheiratet. Zwischen 1811 und

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Z. 26 Z. 28f. Z. 42 Z. 42 Z. 42 Z. 57

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Z. 62f.

Z. 67 Z. 68

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1814 schickte er seinen Sohn und anschliessend auch seine Tochter nach Yverdon zur Ausbildung. parnis: unter/bei uns (parmi, frz.) Concordia … res parvae crescent: Durch Einigkeit wachsen die kleinen Dinge (lat.) Pfeffeln: Gottlieb Konrad Pfeffel (1736–1809) ⇒ Nr. 257 Generalsecretair: Über Jean de Briche (1766–nach 1838) ist nichts Weiteres bekannt. Prefectair: Nicolas-Félix Baron Desportes (1763–1849) ⇒ Nr. 910 Tabellen: Dabei dürfte es sich um die Tabellen handeln, die am Schluss des zweiten Heftes der Anschauungslehre der Zahlenverhältnisse 1803 im Druck erschienen sind. A.B.C. der Anschauung: Johann Heinrich Pestalozzi: ABC der Anschauung, oder Anschauungs-Lehre der Massverhältnisse. Zürich 1803 (PSW XV, S. 175–340) Krüsys Sprachübungen: Damit dürfte das Buch der Mütter oder Anleitung für Mütter, ihre Kinder bemerken und reden zu lehren (1803) gemeint sein (PSW XV, S. 341–424). Es erschien unter Pestalozzis Namen, wurde aber grösstenteils von Hermann Krüsi (1775–1844, ⇒ Nr. 588) erarbeitet. Das Buch schloss an den Unterricht mit dem 1801 gedruckten Lehrmittel Anweisung zum Buchstabieren- und Lesenlehren an (PSW XIII, S. 137–174) an. Inwieweit Krüsi, der 1800 ans Institut kam, daran gearbeitet hat, ist unklar. Muralts Leitfaden: Eine ausführliche Beschreibung findet sich in DanielAlexandre Chavannes: Exposé de la méthode élémentaire de H. Pestalozzi, suivi d’une notice sur les travaux de cet homme célèbre, sont institut et ses principaux collaborateurs. Vevey. 1805. S. 86–90. Eine von Johannes von Muralt (1780–1850, ⇒ Nr. 610) selbst verfasste Druckschrift scheint nie existiert zu haben. Buch der Mütter: Johann Heinrich Pestalozzi: Buch der Mütter, oder Anleitung für Mütter, ihre Kinder bemerken und reden zu lehren. Zürich 1803 (PSW XV, S. 341–424) Knusert: Aloys/Alois/Aloise Knusert (1789–1836) ⇒ Nr. 715 Grieb: Johann Georg Grieb (1787–1823) war seit 1801 Schüler in Pestalozzis Anstalt in Burgdorf. Er stieg 1805 in Yverdon zum Unterlehrer in Mathematik auf und galt neben Joseph Schmid (1785–1851, ⇒ Nr. 712) und Johannes Ramsauer (1790–1848, ⇒ Nr. 1525) als begabter Neulehrer. 1809 holte ihn Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) als Mitarbeiter an das Königsberger Normalinstitut, eine Anstalt zur Erziehung von Waisen und Ausbildung angehender Elementarlehrer, bevor er Schulrektor in Putzig bei Danzig wurde. item ac iterum: dieses zum wiederholten Male (lat.) Wilden: Es ist unklar, wen oder was Abel Théodore Guillaume Mäder (1765–1834, ⇒ Nr. 910) hier genau meint. Möglicherweise sind damit Personen gemeint, die den Versprechungen der Methode skeptisch gegenüberstanden und nun aufgrund konkreter Erfahrungen ihre Meinung änderten.

594 1016. Rosette Kasthofer 23. Oktober 1808 Yverdon den 23ten October 5

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Das Leid das mich bald nach meiner Ankunft durchdrungen u[nd] so ganz im Innersten erschüttert, ist gewichen für immer, u[nd] ich möchte gerne das Geschehen im Grab der Vergangenheit ruhen lassen – lieber Freünd darf ich nicht schweigen um Ihnen u[nd] mir unangenehme Gefühle zu ersparen? Dem Uebel ist von Grund aus geholfen, alles getilgt – seyn Sie ganz ruhig. Was aber mich noch kränkt u[nd] was nur meinem Eintreten ins Haus u[nd] meiner nähern Einwirkung weichen kann, ist die Theilung die meiner Abwesenheit traurige Folge ist; der eingetretene F[r]aktionsgeist der von einer Quelle aus einige mächtig verstrikt, u[nd] in der Masse Unglaube, Misstrauen erzeügt, u[nd] das Zartgefühl des Rechts öfters beleidigt, u[n]d den zu vertilgen es Noth thut, damit der gute Geist der Alle verband zu Einem wiederkehre, damit uns allen wieder wohl werde u[nd] die Freüde wiederkehre in mein Herz das sie nun lange nicht mehr gefunden. So lange der Grund des Uebels mir verborgen lag kannt ich keine Ruhe, ich suchte beklemmt und bekümmert auf allen Wegen, u[nd] fand endlich, am Faden der Vergangenheit geleitet, Klarheit in meiner Gegenwart. Als J[un]gf[e]r Lozeron noch in unsrer Mitte lebte gab es Zeiten wo ein wahrer Verfolgungsgeist gegen Sie, die doch gewiss Niemand kränkte, herrschte. Es erhob sich damals eine Parthie die in wahre Schmähungen gegen Sie also ausbrach, dass einmal L. Pfyffer sich erhob u[nd] ausrief nein das ist doch gewiss abscheulich wie ihrs macht – wenn jezt eine von Euch noch ein einziges Wort solcher Schmähungen beyfügt, so geh ich augenbliklich zu J[un]gf[e]r Kasthofer u[n]d sage ihr Wort für Wort alles – o geh du nur rief Pfenninger ganz bitter, wir wissen so dass du ihr alles zuträgst. Dabey bliebs, denn von Lise hab ich nie nichts vernommen – Gleiche Cabalen gehn jezt gegen die S[ophie] Hagnauer – Pfenninger ist zum zweytenmahl Heerführerin u[nd] zwar so dass Sie sich selbst u[nd] allen ihren Anhängerinnen weise macht es gebe weder Ruh noch Friede im Haus bis S[ophie] fort seye – Sie wird von diesem Club als ein ordentlicher Spion angesehen u[n]d alle Rükweisung in gehörige Schranken die gar zu oft übertreten waren, wurden u[nd] werden noch als Folge von Sophiens Ohrenträgerey betrachtet, selbst da, wo es in gänzlicher Unwissenheit über meine Maasreglen u[nd] die Nothwendigkeit die sie erzeügte, lebt. Pfenninger handlet

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schonungslos, häuft gegen S[ophie] Bitterkeit auf Bitterkeit, Stich auf Stich u[nd] Schlag auf Schlag, so dass viele der unpartheyischen Zuschauerinnen sich erklärt, dass sie dabey leiden u[nd] es ihnen wohl thäte wenn dem Unwesen ein Ende gemacht würde – d[ie] andern unter ihnen, die hier u[nd] da den geheimen Conferenzen Äusserungen u[nd] Ausdrüke abgehorcht, [haben] sich erklärt, dass sie nun Gott danken den ungnädigen Töchtern nicht näher zu seyn – Ihre Gunst sey doch nur Falschheit, man sehe ja wohl wie sie so freündlich mit Sophie sprechen, u[nd] dann so ganz anders wenn es den Rüken wende – u.s.w. Sie können denken welche Misstöne u[nd] Disharmonie diess im Ganzen erzeugt – Ich verkenne jedoch desswegen niemand – bey Pfenninger liegt kein böser Wille zum Grund – sie strebt nach dem Bessren mit Eifer u[nd] kann vielleicht auf langem Wege gut geführt das Bessre erlangen. Allein Schwachheit beschränkte Einsicht, Leidenschaftlichkeit u[nd] Jalousie in ihren tausendfältigen Gestalten, machen ihren Einfluss schädlich, u[nd] den bessren Einfluss auf Sie zum höchsten Bedürfnis; Was alles mich zu dieser Ueberzeugung brachte müssen Sie mündlich wissen – Als ich von hier schied, hoft ich so schöne Hülfe von Pf[enninger] und H[agnauer] u[nd] als ich kam u[nd] sah – o, wie fühlt ich mich verlassen! Ueberhaupt macht die Lage des Ganzen mich die Nothwendigkeit meines Eintretens ins Haus immer tiefer empfinden – bis dahin kann ich wenig thun – ich habe bedacht u[nd] überdacht u[nd] gefühlt dass über alles Drükende nur wenig gesprochen werden darf – still will ich eingreifen, meiner Liebe sollen sie nicht wiederstehen, sie müssen sich verändern ohne dass sie wissen wie ihnen geschieht, u[nd] wenn alles reif ist wie ich mir es wünsche, dann soll Pfen[ninger] empfinden, was das heisst irre zu führen sich u[nd] andre u[nd] die andren.

Überlieferung 1 2 5

ZB Zürich, Ms Pestal 53/54, Umschlag 264/V,2 Bogen, 200x115 mm Original Textkritik

Zeuge H Z. 4 Z. 23 Z. 33 Z. 37

Yverdon: lateinische Schrift Lozeron: lateinische Schrift Cabalen: lateinische Schrift Club: lateinische Schrift

596 Z. 46 Z. 48 Z. 57 Z. 70f.

Conferenzen: lateinische Schrift danken den Jalousie: lateinische Schrift sich u[nd] andre∫ Sacherklärung I.

Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857) ⇒ Nr. 842 II. Es ist unklar, welches «Leid» Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857, ⇒ Nr. 842) bei ihrer Ankunft in Yverdon belastet hat. Es scheint aber eher nicht in einem Zusammenhang zu den personellen Querellen unter den Mitarbeiterinnen der Mädchenerziehungsanstalt zu stehen. Dagegen beschäftigten sie die Unstimmigkeiten im Lehrkörper des Instituts, was der Anlass dieses Briefes gewesen sein dürfte. III. Z. 23 Z. 26

Z. 31

Z. 33

J[un]gf[e]r Lozeron: Marie Susanne Lozeron (*1791) ⇒ Nr. 1511 L. Pfyffer: Elisabeth/Lisette Hutzelmann-Pfyffer (1794–1875) aus Luzern, Tochter des Luzerner Grossrats Alphons Pfyffer (1753–1822, ⇒ Nr. 675) absolvierte die Ausbildung im Töchterinstitut (⇒ Nr. 867) in Yverdon. Anschliessend arbeitete sie als Hauslehrerin der Familie von Thun und Hohenstein in Prag und vermählte sich mit einem Karl von Hutzelmann aus Prag; möglicherweise handelt es sich dabei um den böhmischen Botaniker (†1847). Pfenninger: Martha Henning-Pfenninger (1784–nach 1868) aus Zürich, Tochter des Pfarrers Johann/Hans Konrad Pfenninger (1747–1792, ⇒ Nr. 245) und der Katharina Pfenninger-Ziegler (1744–1796, ⇒ Nr. 2) heiratete 1812 Johann Wilhelm Matthias Henning (1783–1868, ⇒ Nr. 1021). Sie ist bis 1868 im Verzeichnis der Niedergelassenen der Stadt Zürich nachweisbar. Da sie 1872 nicht mehr nachgewiesen werden kann, aber auch nicht in den Sterberegistern dieser Zwischenjahre auftaucht, ist anzunehmen, dass sie nach Hennings Tod wegzog. S[ophie] Hagnauer: Sophie Bertschinger-Hagnauer (1786/7–1873) aus Aarau besuchte das Töchterinstitut (⇒ Nr. 867) in Yverdon. Um 1812 war sie Lehrerin an der Anstalt (⇒ Nr. 1136) von Gottfried Friedrich Rösler (1782–1845, ⇒ Nr. 1043) in Stuttgart und heiratete 1813 Johann Jacob Bertschinger (1779–1838) aus Lenzburg.

597 1017. Friedrich Heinrich Christian Schwarz 29. Oktober 1808 Heidelberg d[en] 29 8bre 1808. 5

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Diesen Sommer über bis hierher bin ich wenig von Ihnen gekommen, lieber verehrtester Pestalozzi. Ich habe manche Menschen gesprochen, die zu ihnen giengen u[nd] von ihnen kamen u[nd] an dem Fortgang ihres grossen Werks nehme ich den innigsten Antheil. Auch habe ich manches gelehrt u[nd] geschrieben, was ihr Werk betrift. Einiges schicke ich ihnen durch diese gute Gelegenheit durch Herr Krüger aus dem Meklenburgischen, der auch die pädagogische Wallfahrt zu ihnen macht. Ich sehe nun der nahen Zeit entgegen, wo man Sie in Deutschland ganz verstehen u[nd] würdigen u[nd] wo man nicht wie bisher in ihren Buchstaben, sondern in ihrem Geiste arbeiten, wo ihre grosse Idee sich rein gestalten wird. Gott stärke sie mit daurender Gesundheit. Der Graf Ysenburg mit seinem Hofmeister H[er]r Keller ist nun zurück. Mit Begeisterung sprechen auch diese von ihnen u[nd] so alle, die von ihnen kommen. Ich umarme sie mit ihren Liebe Der ihrige Schwarz

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 102a, S. 191 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 10 Z. 13 Z. 19

betrift Deutschland ganz ihren Sacherklärung I.

Friedrich Heinrich Christian Schwarz (1766–1837)



Nr. 947

III. Z. 9

geschrieben: Friedrich Heinrich Christian Schwarz (1766–1837, ⇒ Nr. 947) hatte sich in mehreren Schriften explizit mit Pestalozzis Lehre auseinandergesetzt und es ist denkbar, dass der Besuch in Yverdon und die dort gesammelten Erfahrungen auch in die Abfassung des dritten Bandes seiner Erziehungslehre, der 1808 erschien, eingeflossen sind. Möglich ist

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Z. 16

Z. 17

aber auch, dass Schwarz hier auf diverse kleinere Stücke anspielt: In den Heidelbergischen Jahrbüchern der Literatur für Theologie, Philosophie und Pädagogik des Jahres 1808 hat Schwarz, konkrete Begegnungen seines Yverdon-Aufenthalts einflechtend, die Wochenschrift für Menschenbildung rezensiert, und auch 1809 erwähnte er Pestalozzi in verschiedenen Rezensionen. Herr Krüger: Johann Heinrich Krüger (1769–1848) aus MecklenburgStrelitz war Konrektor am Gymnasium in Frydlant (Tschechien) und von 1809 bis 1812 Eleve bei Pestalozzi in Yverdon. Ab 1817 war er als Seminarlehrer in Boleslawiec (Bunzlau, Niederschlesien) tätig, 1818 gehörte er zu den Begründern der dortigen Seminarübungsschule (⇒ Nr. 1453), wofür er das Ehrenbürgerrecht erhielt. Von 1814 bis 1820 gab er zusammen mit Christian Wilhelm Harnisch (1787–1864, ⇒ Nr. 1422) die Zeitschrift Erziehungs- und Schulrat an der Oder heraus, wurde 1829 Seminarinspektor und liess sich 1842 in den Ruhestand versetzen. Graf Ysenburg: Ludwig Maximilian II. (1791–1821), Graf zu Ysenburg und Büdingen der Wächtersbacher-Linie, der als verwaister Grafensohn unter Vormundschaft des späteren Rheinbundfürsten Carl Friedrich Ludwig Moritz, Graf zu Ysenburg und Büdingen in Birstein (1766–1820, ⇒ Nr. 1450) stand, unternahm zusammen mit seinem Bruder Adolf II. (1795– 1859) und einem gewissen Hofmeister Keller (⇒ Z. 17) eine Bildungsreise, auf welcher sie 1807 in Heidelberg Joseph von Eichendorff (1788– 1857) begegneten und die auch in die Schweiz führte. Ludwig Maximilian II. besuchte anschliessend die Universität Göttingen, 1812 übernahm er bis zu seinem Tod die Verwaltung seines Grafschaftsteils. H[er]r Keller: Konnte nicht näher bestimmt werden.

1018. Johannes Schulthess 30. Oktober 1808 5

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Vater Pestalozzi. Wir schieden aus einander theils zu voll der Empfindungen um Worte zu machen, theils zu sehr belagert v[on] Personen und Gegenständen, um vertraulich reden u[n]d unsere Herzen einander ganz offnen zu können. – Es ist ein grosses Werk begonnen, aber nur b e g o n n e n . Gott gebe Kraft u[n]d Weisheit um dasselbe des vielversprechenden Anfangs würdig aus zu führen. – Den grossen Zweck immer im Auge sey uns alles lieb u[nd] werth, was denselben nur vorbereitet u[n]d nähert, wenn er schon nicht allemahl der geradeste Weg ist. Volk und Land ist im Ganzen noch nicht dazu geeignet um das Bose vollkommen erkennen u[n]d annehmen zu können. Es muss erst von dem Schlechten zu dem weniger Schlechten, durch das minder Gute zu dem Bessern geleitet werden; wir müssten für Gewinn achten, wenn für ein Mal nur ein auch unbedeutender Theil des Ganzen ergriffen wird. Das erste nothwendige

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ist wohl, dass wir das Bestreben nach einer bessern Volksbildung durch die Erziehung der Jugend von unten auf allgemein machen, unterhalten verstärken. Hier soll nur jederman brüderlich willkommen seyn, der dafür Willen u[n]d Thätigkeit hat, was immer auch dabey seine Richtung u[nd] Methode seyn mag. Jeder soll ermuntert werden sein Werk in unserer Mitte aus zustellen nicht nur theoretisch, sondern praktisch in seinen Wirkungen und Folgen, so dass der Baum an den Früchten erkannt werde. Lasst uns die ungleich Denkenden aufmerksam anhören, auf die humanste Weise beurtheilen, u[n]d von Herzen loben, was immer in gewisser Hinsicht u[n]d unter gegebenen Umständen u[n]d verglichen mit dem Ehemaligen, lobenswerth u[n]d dadurch auch bey ihnen Gehör verschaffen. So wird und muss Annäherung u[n]d zuletzt Vereinigung erfolgen. Das ist ohne Zweifel Ihr eigener Sinn, in welchem ich handeln möchte etc. Herr Pfarrer Koch zu Birmenstorf, Mitglied unserer Gesellschaft, hat mir eine Nachricht von seiner Schule mitgetheilt, wo im letzten Winter die Kinder in ein paar Schulstunden täglich nähten, strickten, Stroh flochten und dabey im Kopfrechnen u[n]d rezitiren geübt wurden und Religionsunterricht empfingen. Sie verdienten Fr. 100, u[n]d in diesem Winter hoft er einen dreyfachen Gewinn. – Schulthess.

Überlieferung 1 5 6

ZB Zürich, Ms Pestal 57, B. 108a–109, S. 205–206 Abschrift Die Datierung stammt aus dem Abdruck des Briefes in Morf IV, S. 128f. Textkritik

Zeuge [h] Z. 15

Es muss Sacherklärung I.

Johannes Schulthess (1763–1836) ⇒ Nr. 788 II. Am 26./27. Oktober 1808 hatte in Lenzburg die erste Versammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Erziehung (⇒ Nr. 1012) stattgefunden, die von Johannes Schulthess (1763–1836, ⇒ Nr. 788) initiiert worden war und an welcher Pestalozzi zum Präsidenten gewählt wurde.

600 III. Z. 33

Z. 34 Z. 34

Herr Pfarrer Koch: Johann Baptist Koch (1767–1842) aus Villmergen war von 1793 bis 1820 katholischer Pfarrer in Birmenstorf, anschliessend bis 1826 in Magden, wo er sechs Jahre später zum Dekan aufstieg, bevor er 1834 als Kaplan nach Frick wechselte und 1840 Chorherr in Zurzach wurde (alle Kt. Aargau). Bereits 1801 trat er nach nur einjähriger Amtszeit als Erziehungsrat in Baden nach seiner Kritik an der Arbeit dieser Behörde und an Defiziten im Schulwesen zurück. Gesellschaft: Schweizerische Gesellschaft für Erziehung ⇒ Nr. 1012 seiner Schule: Der Birmenstorfer Pfarrer Johann Baptist Koch (1767– 1842, ⇒ Z. 33) hatte in den ausgehenden 1790er-Jahren eine Arbeitsschule für Mädchen gegründet und mit der bestehenden Volksschule verbunden. Dort wurden die Schülerinnen vornehmlich in textilen Handarbeiten unterwiesen.

1019. Friedrich Lehr 1. November 1808 Stuttgart den 1ten Nov. 1808 5

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Der Herzog von N a s s a u -Usingen lässt Vater Pestalozzi und Sie durch mich fragen; ob wohl ein junger de Laspée der von Euch beiden gute Zeugnisse aufgewiesen hat, zur Unternehmung und Ausführung eines Instituts zu gebrauchen seie? Der Herzog intressiert sich sehr für die Methode; sie dürfte wohl in seinem Lande ganz eingeführt werden, wenn er taugliche Subjekte darzu findet. Er ist sehr begierig auf die Antwort und darum bitte ich Sie freündlich, wie Sie selbst sind, mir sogleich zu schreiben. Willens, dass ich Euch bald einen Würtenbergischen Prinzen, Neffen des Königs, zu schicke! Vielleicht dass ich auch selbst mitkomme – Eüre herrliche Reise intressirt mich jetzt mehr als je, weil sie herrlicher ist, als je Gott wie ist Vater Pestalozzi belohnt! Welche Fülle von himlischer Seeligkeit überstromt ihn. O grüssen, küssen Sie ihn heiss in meinem Namen. Meine bürgerliche Lage ist die beste. Ich besitze die Liebe u[nd] das Vertrauen des Königs, meines Herrn, in hohen Masse. Ihr L ä h r .

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 104a, S. 195 Abschrift

601 Textkritik Zeuge [h] Z. 6 Z. 8f. Z. 10 Z. 12 Z. 13 Z. 14 Z. 15 Z. 16

wohl ein Herzog intressiert sich Subjekte Sie selbst Würtenbergischen Reise∫ als je von himlischer Sacherklärung I.

Beim Absender könnte es sich um Friedrich Lehr (1782–1854) handeln. Lehr, Sohn eines kurfürstlich-hessischen Zollbeamten, wird am 27. April 1808 vom württembergischen König Friedrich I. (1754–1816, ⇒ Nr. 939) als «lecteur Bibliothécaire» angestellt und ist bis zum Gesetz über die Pressefreiheit 1817 verantwortlich für die Zensur über neu erschienene Bücher. Anschliessend arbeitet er als Inspektor der königlichen Handbibliothek und ist Mitglied der Hoftheater-Intendanz ab April 1818, bis er aus Krankheitsgründen im Dezember 1818 zurücktritt. 1839 wird Lehr mit dem Komturkreuz des Württembergischen Kronenordens ausgezeichnet und 1844 nochmals für zehn Jahre zum Direktor der königlichen Handbibliothek ernannt, bevor er 1854 kurz vor seinem Tod endgültig in den Ruhestand tritt. II. Eine Antwort Pestalozzis, welche die Eignung Johannes de L’Aspées (1783–1825, ⇒ Nr. 959) für eine Leitungsfunktion im Rahmen des pädagogischen Instituts beurteilt, ist nicht überliefert. III. Z. 5 Z. 5 Z. 6 Z. 7 Z. 13 Z. 19

Herzog von N a s s a u -Usingen: Friedrich August, Herzog von NassauUsingen (1738–1816) ⇒ Nr. 959 Sie: Damit dürfte wohl Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) gemeint sein. de Laspée: Johannes de L’Aspée (1783–1825) ⇒ Nr. 959 gute Zeugnisse: Das Zeugnis wurde am 29. September 1808 ausgestellt und ist in PSB VI, Nr. 1404 abgedruckt. Würtenbergischen Prinzen: Wilhelm I. Friedrich Karl von Württemberg (1781–1864) ⇒ Nr. 984 Königs: Friedrich I., König von Württemberg (1754–1816) ⇒ Nr. 939

1020. Friedrich Leopold von Schrötter November 1808 [Reg.] Inhalt unbekannt.

602 Überlieferung 1

PSB VI, S. 120.4f. Sacherklärung I.

Friedrich Leopold von Schrötter (1743–1815) ⇒ Nr. 992 II. Wie dem Brief Pestalozzis an Georg Heinrich Ludwig Nicolovius (1767–1839, ⇒ Nr. 423) vom 27. November 1808 zu entnehmen ist (PSB VI, Nr. 1435), scheint der Brief Pestalozzis an Friedrich Leopold von Schrötter (1743–1815, ⇒ Nr. 992) vom 21. Oktober (PSB VI, Nr. 98) seinen Adressaten nicht erreicht zu haben. Auf die Nachfrage Schrötters, die anfangs November verfasst worden sein dürfte, schickte Pestalozzi eine Abschrift des ursprünglichen Briefes (vgl. ZB Zürich, Ms Pestal 57, B. 114a, S. 215, Brief von Nicolovius an von Türk, 5.1.1809).

1021. Johann Wilhelm Mathias Henning 3. November 1808 5

An Herrn Heinrich Pestalozzi in Ifferten. Basel am 3ten November. 1808.

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Innigst verehrter Herr Pestalozzi! Seit dem 20sten Juli vorigen Jahres, da ich das Glück hatte, Sie in Ihrem seegensreichen Wirkungskreise zu sehen, waren meine Gedanken stets darauf gerichtet, wie ich es möglich machen könnte, wenigstens ein Jahr bei Ihnen selbst die Methode zu studiren. Oekonomische Umstände hinderten mich bisher u[nd] hindern mich noch. Vorgestern hat mir aber Herr Pf[arre]r Niederer den Brief des Freiherrn v[on] Schrötter aus Preussen mitgetheilt. Ich habe daraus erfahren, dass die Preuss[isch]e Regierung es Ihnen frei stellt, junge Leute in Vorschlag zu bringen. Da ich nun selbst ein Preussischer Bürger bin, und Ihnen überdiess so nahe, so bitte ich Sie, mich dem Minister vorzuschlagen, wenn Sie u[nd] Herr Niederer anders glauben, dass ich Sinn für Methode habe; aber auch nur in diesem Fall. Sollte Ihnen meine Empfehlung im geringsten bedenklich seyn, so bitte ich Sie selbst, mich nicht zu empfehlen. – Im Fall Sie aber noch nicht nach Preussen geschrieben hätten, u[nd] mich vorschlagen

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wollten, so haben Sie nur die Güte, mir zu schreiben, was ich von meiner Seite etwa dazu thun kann. – Ich brenne vor Begierde, mich von Ihnen und Ihren edeln Freunden auf den rechten Weg führen zu lassen, den ich, – ich weiss es u[nd] fühle es – nicht habe; ich bin bereit alle meine Kräfte, dem grossen Geschäft der Menschenbildung zu weihen, u[nd] freue mich auf die Zeit, wo ich Ihnen durch den täglichen Umgang die unbegränzte Liebe u[nd] Achtung werde beweisen können, die ich in meinem Innersten für Sie in so vieler Rücksicht hege. – Gott erhalte und seegne Sie! – J.W.M. Henning, d.G.G.E. aus preuss[isch] Pommern, zur Zeit Lehrer in Basel. –

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 51/52, Umschlag 123/1 Bogen, 207x172 mm Siegelspuren, Dorsualvermerk Beantwortet. Original Textkritik

Zeuge H Z. 12 Z. 21 Z. 33

machen∫ habe in∫ Sacherklärung I.

Johann Wilhelm Mathias Henning (1783–1868) aus Darlowo (Rügenwalde, Westpommern) besucht das Lyceum in Stettin und studiert ab 1803 Theologie und Pädagogik in Halle. Im Herbst 1806 tritt er in Basel in der privaten Lehranstalt (⇒ Nr. 1053) von Christoph Bernoulli (1782–1863, ⇒ Nr. 520) eine Stelle als Religionslehrer an, die er 1809 zugunsten eines von der Preussischen Regierung unterstützen Studienaufenthalts bei Pestalozzi in Yverdon aufgibt. Im Institut beschäftigt sich Henning vorwiegend mit Deutsch, Geschichte und Geographie sowie dem Verfassen der Schrift Leitfaden beim methodischen Unterricht in der Geographie, die 1812 gedruckt erscheint. Im Herbst 1812 verlässt er die Schweiz Richtung Schlesien. Nach einer Lehrtätigkeit am evangelischen Seminar in Breslau folgt er im Jahr seiner Ordination (1815) dem Ruf als Oberlehrer an die königliche Waisen- und Schulanstalt in Boleslawiec (Bunzlau, Niederschlesien), die neu zu einer mit einem Seminar verbundenen höheren Bürgerschule umorganisiert wird (⇒ Nr. 1453). 1827–1851 ist Henning Direktor des Lehrerseminars in Koszalin (Köslin, Westpommern). Unter seiner Leitung wird der Ausbildungsstätte 1831 die bereits bestehende örtliche Armenschule,

604 später eine neu gegründete Kleinkinderbewahranstalt angehängt. Ab 1857 lebt Henning in Zürich, wo er auch verstirbt. III. Z. 7 Z. 15 Z. 15 Z. 16 Z. 20 Z. 36

I f f e r t e n : dt. Name für Yverdon Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Brief: ⇒ Nr. 992 Freiherrn v[on] Schrötter: Friedrich Leopold von Schrötter (1743–1815) ⇒ Nr. 992 Minister: Friedrich Leopold von Schrötter (1743–1815) ⇒ Nr. 992 d.G.G.E.: Abwandlung der gängigen Abkürzung d.G.G.B. (der heiligen Gottesgelahrtheit Beflissener): d[er] heiligen G[ottes]g[elahrtheit] E[leve].

1022. Johann Balthasar Streiff 5. November 1808 5

[Reg.] Streiff schickt das Pensionsgeld und legt einen Brief an seinen Sohn bei. Zudem bedankt er sich für die Neuigkeiten aus Yverdon, die seine Tochter ihm ausgerichtet hat.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 108.30ff. Sacherklärung I.

Johann Balthasar Streiff (1762–1828)



Nr. 876 III.

Z. 4 Z. 4 Z. 5

Brief: scheint nicht erhalten zu sein Sohn: Konrad Streiff (1794–1825) ⇒ Nr. 876 Tochter: Es ist unklar, ob es sich um Anna Katharina (1787–1858), verheiratete Schindler oder um Augusta Sophia (1789–1866), verheiratete Zwicky handelt.

1023. Constant Bugnon 6. November 1808 [Reg.] Antwortvermerk «6e» auf dem Brief Pestalozzis vom 3. November 1808.

605 Überlieferung 1

Bibliothèque publique et universitaire de Neuchâtel, Département des manuscrits, Ms. Arm. de fer 45 Sacherklärung I.

Constant Bugnon (1773–ca. 1850) stammt aus einer im Val-de-Travers (Kt. Neuenburg) ansässigen Grosshandelsfamilie, die Spitzen fertigt und in Europa sowie im amerikanischen Philadelphia vertreibt. Zusammen mit seinen beiden Brüdern betreibt Bugnon das Geschäft weiter, überwindet auch die im Zuge der Kontinentalsperre entstandenen Handelsbarrieren, scheitert aber im ausgehenden ersten Drittel des 19. Jahrhunderts an der französischen Konkurrenz.

1024. Johann Georg Blum 8. November 1808 5

[Reg.] Blum schickt das Pensionsgeld für seinen Sohn und fragt nach einem Pensionsplatz für seinen Neffen.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 108.17f. Sacherklärung I.

Johann Georg Blum (1768–1824) bekleidet den militärischen Rang eines Oberst, arbeitet vornehmlich als Kaufmann und bekleidet 1824 auch das Amt des Stadtpräsidenten in Winterthur. II. Johann Georg Blum (1768–1824, ⇒ Sacherklärung I.) hatte im Sommer 1807 Yverdon besucht und das Gesehene bewog ihn, seinen Sohn, (Johann) Heinrich Blum (1796– 1861, ⇒ Z. 5), zur Erziehung zu Pestalozzi zu schicken (ZB Zürich, Ms Pestal 57, B. 62a–63, S. 118–119). Gut einen Monat später, am 23. September 1807 schrieb Blum einen weiteren Brief nach Yverdon, in welchem er über die Kenntnisse seines Sohnes Auskunft gab (ZB Zürich, Ms Pestal 57, B. 34–34a, S. 62–62). III. Z. 4

Z. 5

Sohn: (Johann) Heinrich Blum (1796–1861) besuchte von 1807 bis 1810 Pestalozzis Anstalt in Yverdon und lebte anschliessend als Kaufmann in Winterthur. Neffen: Georg Daller konnte nicht näher bestimmt werden.

606 1025. Samuel Jacques Hollard 10. November 1808 5

[Reg.] Hollard wundert sich, dass sein Sohn weniger gern nach Yverdon geht, als andere Schüler.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 106.6f. Sacherklärung I.

Samuel Jacques Hollard (1759–1832) ist Rechtsanwalt, Vermögensverwalter und Bankier. Vor der Helvetik ist er Säckelmeister in der bernisch besetzten Waadt, 1803–1815 amtet er als Syndic (Bürgermeister) von Lausanne. Zudem ist er 1803 bis 1808 konservatives Mitglied des Waadtländer Grossen Rats. III. Z. 4

Sohn: Charles Hollard (1797–1858) war von 1806 bis 1809 Schüler in Yverdon. Anschliessend lebte er in Lausanne in den ererbten Häusern seiner Familie. Zur beruflichen Karriere ist nichts bekannt.

1026. Georg Friedrich von Martens 10. November 1808 Bern den 10ten Novembre 1808. 5

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Ich kann Bern u[n]d die Schweiz unmöglich verlassen ohne Ihnen von dem Eindruck ein Wort zu schreiben, welchen Ihre Anstalt u[n]d die mir mitgetheilte Schrift auf mich gemacht haben: So wie ich die unaussprechliche Freüde hatte in Ihnen selbst, mein verehrungswürdiger Freund – Sie haben mir ja erlaubt Sie so zu nennen. jenen warmen u[n]d Gefühlvollen Menschenfreünd kennen zu lernen, den ich mir unter einem Pestalozzi vorgestellt hatte und der alles aufopfert, dem grossen Zwecke der Menschenbildung zu leben – eben so entsprach Schrift u[nd] Anstalt diesem Geiste, meinen Erwartungen, ich darf sagen meinen Wünschen. Möge doch ja die eingeleitete u[n]d neü gegründete Bildung der Menschheit auf diesem Wege immer mehr fortrücken, immer mehr sich vervollkommnen u[n]d unter ihrer eignen Leitung ganz das Ziel erreichen, das

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sich der aufmerksamme Beobachter der Anstalt u[n]d Ihres Ideenganges mit beynahe phantastischer Freüde vorzustellen geneigt wird. Möge der Himmel Ihnen Zeit u[n]d Kräfte dazu verleihen, den Willen dazu wird wohl kein menschliches Hinterniss zu entkräften vermögen. Martens.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 109–110, S. 206–207 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 4 Z. 7 Z. 9

Novembre: lateinische Schrift die mir ja erlaubt Sacherklärung I.

Georg Friedrich von Martens (1756–1821) besucht in seiner Heimatstadt Hamburg die Handelsakademie und studiert ab 1775 Jura an der Universität Göttingen. Nach weiteren Studien in Wetzlar, Regensburg und Wien und einer Privatdozententätigkeit in Göttingen wird er ebenda 1784 ordentlicher Professor für Natur- und Völkerrecht und Diplomatie. Martens siedelt 1808 nach Kassel über, wo er als Mitglied des Staatsrats organisatorische und verwalterische Aufgaben im neu geschaffenen Westfälischen Königreich übernimmt. Nach der Restauration ist er als Geheimer Kabinettsrat des Königreichs Hannover und ab 1816 bis zu seinem Tod als hannoverscher Bundestagsgesandter in Frankfurt am Main tätig. Das von Martens in den Göttinger Jahren entwickelte Rechtssystem gilt als Pionierarbeit eines positiven Völkerrechts. III. Z. 7

Schrift: Damit ist möglicherweise Pestalozzis Bericht an die Eltern und an das Publikum über den gegenwärtigen Zustand und die Einrichtungen der Pestalozzischen Anstalt in Iferten von Pestalozzi gemeint (Wochenschrift für Menschenbildung, 2. Band, 1. Stück. Yverdon 1808, S. 3–47).

1027. Auguste Droz 15. November 1808 [Reg.] Droz schickt das Pensionsgeld für seinen Neffen.

608 Überlieferung 1

PSB VI, S. 109.17 Sacherklärung I.

Auguste Droz war vermutlich Kaufmann in La Chaux-de-Fonds (Kt. Neuenburg). III. Z. 4

Neffen: Charles Droz war zwischen 1807 und 1810 Schüler in Yverdon und Waise. Über sein weiteres Leben ist nichts bekannt.

1028. John Cox Barnet 15. November 1808

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Paris le 15 Nove[m]b[re] 1808. Rue de fleurs N. 14. Mon jeune ami Charls Skipwith vous aura sans doute appris – Monsieur, qu’à son départ d’ici j’avois dans ma famille pour instruire mes enfans d’aprir votre excellente méthode le frère de M[onsieur] Neef – que vous connoissez aussi. Malheureusement il ne possède que la partie purement mécanique de la methode et depuis 6 semains il est retournée dans la pension de M[onsieur] Butet ou il était auparavant. M[onsieur] Butet lui donne une classe pour le calcul. C’est, je le présume, tout ce qui sera permis d’imiter … Mais M[onsieur] Neef vient 3 fois par semaine chez moi pour aider mes deux aînés à ne pas perdre ce qu’ils ont appris pendant 21 mois. – Je voudrois que mes moyens me permisent de vous les envoyer (leur mère consentant) je ne leur souhaiterais pas d’autre héritage que l’éducation basée sur votre méthode. Ne serait-il donc – pas possible – d’avoir de chez vous un jeune professeur – qui pourrait remplir ce but? – Je trouverais ici plusieurs enfans de mes amis qui voudroient en profiter – ce qui diminuerait les frais que moi-même j’aurois à supporter. Mon Collegue M[onsieur] Vail à l’Orient qui a plusieurs fils, en voudroit autant. – comment rapprocher de vous, Monsieur, et concilier ces intérêts. Dans tous les cas permettez-moi de vous demander – j’ose le faire au nom de votre amitié? Maclure doit faire connoitre les améliorations que vous aurez adoptées et fait imprimer touchant votre méthode. Il me semble que quelqu’un en Bavière en a parlé et il me seroit bien agréable de les faire passer à M[onsieur] Maclure par le retour du navire arrivé à l’Orient le 8 du

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présent; qui m’a porté la lettre du fondateur de votre plan aux états unis. Barnet Consul americain.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 110a–111, S. 207–208 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 4 Z. 5 Z. 12 Z. 13 Z. 14 Z. 15 Z. 17 Z. 18 Z. 19 Z. 21 Z. 22 Z. 23 Z. 23f. Z. 26 Z. 27 Z. 28

15 Nove[m]b[re] eigentlich: flerus classe pour qui sera Neef vient ap∫pris d’autre l’éducation basée professeur en profiter à l’Orient de∫ vous , Monsieur doit faire que quelqu’un me seroit Sacherklärung I.

Der amerikanische Konsul John Cox Barnet konnte nicht näher bestimmt werden. III. Z. 6 Z. 8

Z. 8 Z. 8f. Z. 11

Charls Skipwith: Charles Skipwith ⇒ Nr. 878 mes enfans: William Armand Barnet (*1795) lernte in Paris das Handwerk des Lithographen und führte von 1821 bis 1822 zusammen mit Isaac Doolittle in New York einen oder den ersten lithographischen Betrieb, mit welchem sie Lithographien für Bücher und Periodika herstellten. Die weiteren Söhne Charles Barnet und George Barnet konnten nicht näher bestimmt werden. le frére: ⇒ Nr. 641 [Monsieur] Neef: Franz Joseph Nikolaus Näf (1770–1854) ⇒ Nr. 641 la pension de M[onsieur] Butet: Pierre Roland François Butet de la Sarthe (1769–1825) war Grammatiker, Lexikograph und Lehrer für Mathematik und Physik. 1800 eröffnete er in Paris mit der Ecole Polymathique eine

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Z. 17 Z. 19

Z. 22 Z. 22 Z. 23

Z. 25 Z. 30

Anstalt mit angehängtem Pensionat, in welcher Schüler im Alter von acht bis sechzehn Jahren auf höhere polytechnische Ausbildungen vorbereitet werden sollten. Butet war unter anderem Mitglied der Société Nationale des Antiquaires de France (1806–1825). leur mère: konnte nicht näher bestimmt werden un jeune professeur: Aaron Vail (1755–1813, ⇒ Nr. 906) hatte sich mit diesem Anliegen schon ein Jahr zuvor an Pestalozzi gewandt (⇒ Nr. 906); ob John Cox Barnets (⇒ Sacherklärung I.) Anfrage ebenso unerfüllt blieb wie offenbar zuvor diejenige Vails, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, da Pestalozzi in keinem der erhaltenen Briefe an einen der Amerikaner auf die Frage eingeht. Der Umstand, dass Barnet und andere Amerikaner aus dem französischen Netz ihre Söhne später doch nach Yverdon schickten, scheint aber eher darauf hinzudeuten, dass zuvor kein für fähig befundener Lehrer nach Frankreich entsandt worden war. M[onsieur] Vail: Aaron Vail (1755–1813) ⇒ Nr. 906 l’Orient: Lorient (Bretagne) fils: Damit dürften Aaron Vail (1796–1878, ⇒ Nr. 906), Eugène-Aaron Vail (1794–1843, ⇒ Nr. 906), Edward Vail (⇒ Nr. 906) und Jefferson Vail (⇒ Nr. 906) gemeint sein. Maclure: William (James) Maclure (1763–1840) ⇒ Nr. 878 la lettre: scheint nicht erhalten zu sein

1029. Jacques Martin 19. November 1808 [Reg.] Martin schickt das Pensionsgeld für seinen Sohn.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 118.35 Sacherklärung I.

Jacques Martin (1758–1842) ist Propriétaire (Firmenbesitzer) aus Genf und verheiratet mit Marie-Charlotte Fazy, mit der er zwei Söhne hat. III. Z. 4

Sohn: Antoine Martin (1794–1862) war Orthopäde in Genf und mit Danaé-Pauline-Jeanne-Henriette Jaccard (1804–1871) verheiratet.

611 1030. Rosette Kasthofer 22. November 1808 Grandson den 22ten 9bre 1808. 5

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Wo sind die Gefühle die das liebende Kind nicht, gerne dem geliebten Vater mittheilen möchte? Ich kenne sie nicht. Guter Vater u[n]d nun ganz mein Vater da Sie mich als Ihre Tochter erkannt – mein Vertrauen zu Ihnen ist das des liebenden Kindes das gehoben durch Ihre Gegenliebe, beglükt beseeligt sich fühlt in diesem Vertrauen. Geknüpft durch Verhältnisse die Sie kennen, an Weltverbindungen die nur eitel glänzende, keine befriedigende Seiten mir bieten – ehmals thätig in grossem Wirkungskreis, aber gedrükt durch Umstände unter denen meine Kräfte erlagen; heüte beschäftigt mit dem Tand jener Verbindungen der mich leer lasst in der Fülle meiner Wünsche, u[nd] mit Erfüllung der Pflichten im häuslichen Kreise die mich lange nicht genug erfüllt u[nd] über deren Grenzen mich die Kraft voller Gesundheit vereint mit warmer Thätigkeits-Liebe, weit weit hinaustragen. Bedroht in der Zukunft durch Gründe von den Umständen erzeugt, mit festern Banden in diese Welt, die nie meine Welt seyn kann, gekettet zu werden; sucht ich Rettung bey meiner Vernunft, die mir gebot einen – höhern Zwek meinem Daseyn zu suchen, damit ich thätig u[n]d wirksam diesem höhern Zwek entgegen arbeitend, statt mich fester zu knüpfen an diese Welt in der nichts mich erhebt, mich loswinden könne, um diese Verbindungen gegen würdigere zu tauschen. – Ich kannte Sie mein Vater zwar damals wenig persönlich, allein der Eindruk den Sie, Ihr Werk, seine Anschauung un[d] die Aüsserungen der Wirkungen desselben auf mich gemacht, hallte tief wieder, so wie er durchs ganze Leben hallen wird, in meiner Seele. Unter Ihrer Leitung wirken zu können war mein Wunsch! Doch seiner Erfüllung sah ich nur in schwachem Licht entgegen – ich sah nicht dass weibliche Hülfe mit Kraft in Anspruch genommen wurde, u[nd] glaubte sie entbehrlich. – Doch Ruhbedürftig nach Stürmen, sah ich in Ruh auch der Zukunft entgegen die mich belehren sollte. – Sie kamen nach Arau, sprachen offen mit mir von Ihren Plänen, u[n]d wie sehr mich die Mittheilung derselben sowie die Ansicht ihrer für die Menschheit unausbleiblich wohlthätigen Folgen ergriffen, wissen Sie selbst! Doch nicht diese Ansicht allein – der feürige Wunsch hier mitwirken zu können, die Gewissheit hier den Zwek gefunden zu haben den die Vernunft mir zu suchen gebot – das alles wirkte so sehr auf mich, dass hätten nicht durch die Natur geheiligte Pflichten mich gebunden, ich hätte

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schon damals gesagt: O Vater nim hin dein Kind mit seinen Kräften, Wünschen u[n]d Hoffnungen, u[n]d leite es zu deinem Zwek! – – – Jene Pflichten sind nicht aufgelöst allein ich fange an zu glauben, dass sie nicht das gänzliche Opfer meiner selbst fordern, dass ihre Erfüllung nicht meine Bestimmung allein seyn soll. Und weil ich das fühle, so sag ich heüte zu Ihnen: Nehmen Sie Ihr Kind in Anspruch o mein Vater unter Ihrer Leitung wird ihm wohl werden! Sie kennen meine Verhältnisse, mein Herz, meine Kräfte – was ich kann u[nd] nicht kann, bestimmen Ihre Einsichten weit besser als die meinigen, u[n]d meine gänzliche Ruhe hierüber, gründet sich auf mein gänzliches Vertrauen. Wahrlich wer sein Schiksal der Leitung eines solchen Vaters vertrauen kann, darf ruhig träumen im Traum seines Lebens, sein Erwachen muss Glük seyn! – – – O dass Ihre Hoffnungen einst in Erfüllung gehen möchten an Ihrem Kinde Rosette Kasthofer

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 53/54, Umschlag 264/I,2 Bogen, 238x194 mm Notiz von fremder Hand Dieser Brief ist die Antwort auf denjenigen Pestalozzi’s v[om] 15. Nov[em]b[e]r 1808, den «Biber» auf Seite 23 seines Pamphlets abdruckt. Original Textkritik

Zeuge H Z. 4

Grandson: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857) ⇒ Nr. 842 II. Im Sommer 1808 hatte Pestalozzi Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857, ⇒ Nr. 842) gebeten, die Leitung der Töchteranstalt (⇒ Nr. 867) zu übernehmen (PSB VI, Nr. 1399). Als sie Mitte Oktober 1808 in Yverdon ankam, wollte sie eine Vorbereitungszeit (oder weitere Bedenkzeit) und ging für ein paar Wochen nach Grandson (Kt. Waadt). Mit diesem Brief scheint sie nun sämtliche Bedenken ausgeräumt zu haben.

613 1031. Karl August von Wangenheim November 1808 [Reg.] Laband bringt eine «Karte» von Wangenheim.

Überlieferung 1

Nr. 1032 Sacherklärung I.

Karl August von Wangenheim (1773–1850) ⇒ Nr. 977 III. Z. 4 Z. 4

Laband: Der Arzt Dr. Laband begleitete Adam Johann von Krusenstern (1770–1846, ⇒ Nr. 1032) auf dessen Weltumseglung. Karte: Mit «Karte» dürfte wahrscheinlich ein Empfehlungsschreiben gemeint sein.

1032. Karl August von Wangenheim 23. November 1808 5

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Edler Menschenfreund! Ihr Denken an mich und dass Sie Ihm Worte gaben, hat mich herzlich, hat mich unaussprechlich gefreut. Aber die Stimmung, in der Sie schrieben, hat mich unendlich betrübt. Gottlob! was Ihnen damals auf dem Herzen lastete, haben Sie nämlich herabgewälzt und der glüklichste Erfolg hat Ihren Entschluss belohnt. Geniessen Sie nur recht Ihr Glück; denn wer es verdient, hat es wirklich und unentreissbar. Mein erster Brief an Sie, verehrter Freund! ist verlohren gegangen. Ein Bekannter trug ihn nach Bern, übergab ihn Zeller u[nd] dieser, wie er behauptet, der Post. Ausser der Versicherung meines Danks für die gütige Aufnahme, die mir in Yverdon zu Theil wurde, enthielt er nichts, als Prophezeihungen, die leider! in Erfüllung gegangen sind. Zellers Einberufung war für Württemberg nichts, als ein schnell verschwindendes Wetterleuchten in der schwülen Nacht. Man hofte

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auf den kühlenden, befruchtenden Donner, aber er komt nicht in die durstige Ebene, er bleibt in seinen fernen Bergen. Der König hatte – und hat vielleicht noch – das, was man guten Willen nennt. Die Sing-Uebungen in Hofwyl hatten ihn für die Methode gewonnen. Er war und ist vielleicht noch in der Stimmung etwas für deren Einführung und Verbreitung geschehen zu lassen. Alles wäre gewonnen gewesen, wenn sich e i n M a n n u n d M e n s c h der Sache recht angenommen hätte. Unglücklicherweise fiel sie aber einem Minister in die Hände, der nur [an] sich denkt! u[nd] seine persönlichen Interessen, und der alles, was durch die Methode erwiesen geschah, ganz ignorirt. Nur weiss er, dass die Consistorien, hierinnen eben so unwissend, als er, dagegen sind, dass etwas N e u e s geschehe, das nicht von i h n e n kommt und dass also die Verbreitung dieser fremden Methode der M e h r z a h l ein Aerger seyn würde. Und diess ist genug, um n i c h t s d a f ü r zu thun. Auf nichts von dem, was Zeller von Hofwyl aus an ihn geschrieben und gleichsam als Bedingungen seines Kommens festgesetzt hatte, gieng er in dem vom Könige geforderten Bericht ein. Er begnügte sich vorauszusetzen dass der König bei den damalen so dringenden Staatsausgaben, wenigstens vorder hand nicht geneigt seyn werde, 3 bis 4000 F[ranken] jährl[ich] auf ein SchulmeisterSeminarium oder gar noch mehr auf eine Ackerbauschule zu verwenden, und regulirte nun ZelIers Besoldung mit dem Zusatze, dass er dafür gehalten seyn solle Schulmeister, die sich bei ihm meldeten, unentgeltlich zu unterrichten. Alles war so eingerichtet, dass nichts geschehen konnte und es doch dem Könige so scheinen musste, als sey von seiner Seite etwas, vielleicht Alles, geschehen. Der Ruf, den Zeller, wie Sie wissen, von dem preuss[isch]en Minister Schröter erhielt, gab ihm Gelegenheit, noch einmal einen Versuch zu Generalisirung des Gebrauchs der Methode zu machen. Er schrieb noch einmal an den König u[nd] legte einen Plan zur formalen Organisation des Schulwesens vor. Leider ist auch dieser Plan nicht dem jetzigen Cult-Minister (auf den ich hätte wirken können) sondern dem ehmaligen, der jezt Finanz-Minister ist, zum Bericht übergeben. Wenn dieser schon in seiner vorigen Eigenschaft gegen die Sache war, was wird es erst in seiner jetzigen seyn? Noch übler aber scheint mir das zu seyn, dass in der Zellerschen Skizze, die er Ihnen mitgetheilt, manches als sehr leicht und kostenlos ausführbar dargestellt ist, was es in der That nicht seyn dürfte. Man wird jezt von Seiten des Ministers und der Collegien viel zu thun scheinen, und nichts thun, als – den König die Sache alt und uninteressant werden lassen, Zellern ermüden und Zeit – gewinnen.

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In der That erhielt Zeller schon von dem Consistorium Befehl: z u v o r d e r i s t noch zu berichten über 20erlei Punkte, die, wie er behauptet, unmöglich beantwortet werden können, ehe der Versuch – den sie durch dieses zuvorder ist aufhalten, begonnen hat. Mir bleibt nur der Trost, dass der Kronprinz einst für die gute Sache Alles thun wird. Wahrscheinlich kommt er künftiges Jahr zu Ihnen. Besser es geschieht jezt gar nichts, als etwas Halbes, was nur entstellt u[nd] verdirbt. Aber dieser Stillstand von Seiten der öffentlichen Behörden ruft nur desto gebietherischer den Privatmann zur Thätigkeit. Wie preiste ich mich glüklich, mich zu solchem Zweke mit Ihrer Schülerin verbunden zu haben. Klein und geräuschlos und ohne alle Proseliten-Macherei muss unsere Schule beginnen – und zwar, nach meiner Meinung, mit erwachsenen Töchtern und nur so viel Kindern als nöthig sind, das L e h r e n zu lehren, und zu keinem Zweke als dem E r z i e h u n g s z w e k e durch Mütter – r e i n e l e m e n t a r i s c h . Dies ist der Cyclus für Mütter. Ein anderer könnte mit Nutzen s p ä t e r geöffnet werden für G a t t i n n e n . Sagen Sie, Lieber! darüber mir selber oder der Hartmann Ihre Meinung. Rathen Sie uns, guter Mensch. Die Verständigung mit Fichte sey doch ja Niederers erste Angelegenheit und Ihre. Es hängt so viel davon ab, u[nd] so Manche warten schmerzlich darauf. Ich wäre Vorderhand zufrieden, wenn mir die Punkte gegeben würden, über die mir Verständigung nöthig. Könnte ich sie haben? Hofer hat sich an den König gewendet u[nd] ich habe ihn, so viel ich konnte empfohlen. Noch ist mir kein Resultat bekannt. Sie waren mit Niederer in Zofingen und trafen dort Fellenberg in der Versammlung der Patrioten? Dass die Hartman so lange bei Ihnen bleiben kann, als es Ihr nöthig dünkt u[nd] Sie es erlauben, versteht sich. Laband, der Reisegefährte Krusenstern – ein rechter Mensch – kommt aus Russland zu Ihnen u[nd] bringt eine Karte von mir. Seyen Sie mit ihm, wie mit Allen, so ist er zufrieden u[nd] ich bin es auch. Grüsse an Ihre edlen Mitarbeiter im Weinberg Gottes u[nd] an Ihre liebe Gattin von I[hrem] Verehrer u[nd] Freund Wangenheim.

616 Bridel hat mir Ihren Kopf versprochen u[nd] bis jezt noch nicht Wort gehalten. Und das ist nicht fein. Laband nimmt diesen Brief mit nach Bern. Leben Sie recht wohl!

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a/56, Umschlag 383/I,2 leicht beschädigter Bogen, 231x190 mm Dorsualvermerk Stuttgart den 23 Nov[ember] 1808. Wangenheim Original Textkritik

Zeuge H Z. 15 Z. 15 Z. 23 Z. 35 Z. 45 Z. 61 Z. 93 Z. 98 Z. 101 Z. 102

für die Yverdon: lateinische Schrift in Hofwyl Zeller von konnte∫ werden lassen, Zellern ermüden und Zeit – gewinnen. Laband: lateinische Schrift I[hrem]: Ausriss Bridel: lateinische Schrift Laband: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Karl August von Wangenheim (1773–1850) ⇒ Nr. 977 III. Z. 5 Z. 12 Z. 13 Z. 22 Z. 23 Z. 28 Z. 31 Z. 48 Z. 50

Ihr Denken an mich: Der Brief scheint nicht erhalten zu sein. erster Brief: ⇒ Nr. 977 Zeller: Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656 König: Friedrich I., König von Württemberg (1754–1816) ⇒ Nr. 939 Hofwyl: In Hofwyl befand sich das Institut von Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) (⇒ Nr. 984). Minister: Ulrich Lebrecht Graf von Mandelsloh (1760–1827) ⇒ Nr. 984 Consistorien: kirchliche Behörde Schröter: Friedrich Leopold von Schrötter (1743–1815) ⇒ Nr. 992 Plan: Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) hatte bereits im Juli 1808 einen Schulreformplan mit dem Titel Idee einer möglichst schnell sich verbreitenden Reform des Landschulwesens entworfen und eine erneuerte Version, die wohl nicht mehr vorliegt, am 1. November 1808 an Kultusminister Ludwig Hellmuth Heinrich, Freiherr von Jasmund (1748– 1825, ⇒ Nr. 984) geschickt. Darin forderte er erneut einen auf die Agrarreformen ausgerichteten landwirtschaftlichen Unterricht, Verbesserungen

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Z. 52 Z. 53 Z. 66 Z. 72f. Z. 73f. Z. 82

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der Lehrerbildung und eine Reorganisation der geistlichen Schulaufsicht durch einen vom Konsistorium unabhängigen Oberschulrat. Cult-Minister: Ludwig Hellmuth Heinrich, Freiherr von Jasmund (1748– 1825) ⇒ Nr. 984 dem ehmaligen, der jezt Finanz-Minister ist: Ulrich Lebrecht Graf von Mandelsloh (1760–1827) ⇒ Nr. 984 Kronprinz: Wilhelm I. Friedrich Karl von Württemberg (1781–1864) ⇒ Nr. 984 Ihrer Schülerin: Klara/Claire von Hartmann (*1774) ⇒ Nr. 984 Proseliten: Konvertiten Verständigung: Vermutlich meinte Karl August von Wangenheim (1773– 1850, ⇒ Nr. 977) hier eine Reaktion auf Johann Gottlieb Fichtes (1762– 1814, ⇒ Nr. 1039) Reden an die deutsche Nation (1808), in welchen der Philosoph die Pestalozzische Erziehungslehre zwar als Vorbild herbeizog, einiges daran aber auch kritisierte – etwa die Ansichten zur Sprache (⇒ Nr. 1000) – und die Grundabsicht der Unternehmung politisierend umdeutete: Die Volkserziehung wurde bei Fichte zur Nationalerziehung. Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) war mit einer Replik an Fichte befasst, die Ende 1808 in der Wochenschrift für Menschenbildung erschien; ob sich deren Publikation mit Wangenheims Schreiben kreuzte oder dieser eine andere Form der Auseinandersetzung wünschte, ist unklar. Fichte: Johann Gottlieb Fichte (1762–1814) ⇒ Nr. 1039 Niederers: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Hofer: Damit ist möglicherweise Carl Friedrich Franz Heinrich Hofer von Lobenstein (1759–1828) gemeint, Freiherr auf Burg Wildenstein bei Crailsheim (Baden-Württemberg). Zofingen: Stadt im Kt. Aargau Fellenberg: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 Versammlung der Patrioten: Damit dürfte wohl die konstituierende Sitzung der Schweizerischen Gesellschaft der Erziehung (⇒ Nr. 1012) gemeint sein, die am 26./27. Oktober 1808 in Lenzburg stattfand. Laband: Herr Laband ⇒ Nr. 1031 Krusenstern: Adam Johann von Krusenstern (1770–1846) war russischer Admiral, geographischer Forscher und unternahm zwischen 1803 und 1806 eine Weltumseglung zur Stärkung der russischen Handelsflotte. Gattin: Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 Bridel: Damit ist möglicherweise Jean-Louis-Philippe Bridel (1759–1821) gemeint, Pfarrer und seit 1809 Theologieprofessor an der Akademie Lausanne. Zwischen 1803 und 1812 war er zudem waadtländischer Grossrat. Da er zudem Kunstsammler war und als Experte für bildende Kunst galt könnte man Karl August von Wangenheims (1773–1850, ⇒ Nr. 977) Wendung, dass Bridel ihm Pestalozzis Kopf versprochen habe, dahin deuten, dass Bridel ein Porträt oder eine Büste schicken wollte.

618 1033. Karl August Zeller 24. November 1808 Heilbronn, den 24. Novembre 1808. 5

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Seit 8 Tagen – ich rede vom Jahr 1808 – lebe u[nd] webe ich unter Euch, Vater, Brüder, Freunde! Freundliche, süsse Erinnerungen erhellen meine einsame Stube, meine Seele ist bei Euch – Heilbronn hat nur meinen Leichnam. Vor mir hängt das transparente Bild des Helden vom 12. Januar, der Mittelpunkt des lieblichen Gemäldes, wie kein Museum ein solches aufzuweisen vermag. Ich schreibe nicht an Euch, ich rede mit Euch, ich mache Euch die Worte lebendig: «Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes, so wird Euch das übrige alles zu fallen.» Noch habe ich wenig mehr, als diesen von Tag zu Tag fester werdenden Glauben, den Euer Fortschreiten, meine ältern u[nd] neuern Schiksale in mir befestigen. Was kümmet mich das übrige? Was kümmert mich, dass unser … den Namen Pestalozzi nie ausspricht, ohne das Prädikat «Esel» hinzuzufügen, dass ein anderer mit der freisten Schlauheit den ehemals so begeisterten König durch Witz u[nd] Spott kalt macht u[nd] dem verwünschten «Hofwiler Schulmeister» eine Nase zu drehen meint; dass sie mich hieher taten, an des Reiches Grenze, ohne Subjekte, ohne Mittel ohne Lokal, meinend, wenn ein württembergischer Pfaffe einmal eine Besoldung hat, so lege er sich aufs Ohr u[nd] lässt sich wohl sein. O, sie haben sich gewaltig betrogen! – Ich will nun ausführlich erzählen, was mich zu dem Glauben berechtigt, der Kampf mit dem Drachen werde auch hierzulande siegreich endigen u[nd] wahrscheinlich früher, als später. Ich war kaum vier Tage daheim, u[nd] bereit von Ludwigsburg nach Heilbronn abzugehen, da rannte L a h r in meine Stube, um zu sagen, der König habe erklärt, ich käme nicht nach Heilbronn, ich bliebe in Heilbronn an der Spitze eines grossen Waisenhauses, der einzigen Bedingung meines Wirkens in Württemberg. – Denken Sie sich meine Verlegenheit! Die Äusserung des Königs war eine Privatäusserung. Ich war drei Tage zuvor feierlich vereidigt worden u[nd] musste hierher. Drei Tage darauf musste der König nach Ehrfurt, darauf folgten rauschende Jagden u[nd] vergessen war Hofwil, Pestalozzi und sein Apostel. Ich schrieb an die besagten H a m a n n s , – sie lachten; ich schrieb an unsern lieben edlen W a n g e n h e i m , der knirschte u[nd] fluchte, – ich ging in meine Schule. Meine lieben Schulmeister – (was in der Allgem. Zeitung stand von mir, ist eine Lüge, die mir höllischen Verdruss u[nd] viele Feinde gemacht hat) –

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voll unerträglichen Schulmeisterstolzes, liessen mich hoffnungslos u[nd] Er – war guter Rat teuer. Indes, wenn er mir am teuersten ist ist mir Hilfe am nächsten. Ich wandte mich an die katholische Geistlichkeit, fand offene Herzen u[nd] Ohren u[nd] drang mit Empfehlungen von meinen Münsterlinger Klosterfrauen in das hiesige Nonnenkloster ein. Gott, nun ging’s los! Mit religiöser Begeisterung betraten diese die Bahn der Methode. Drei von meinen Schulmeistern hörten’s, kehrten um, baten mich flehentlich um Unterricht, und ein Kurs von acht Personen, zwei katholischen u[nd] einen evangelischen Geistlichen, einen katholischen u[nd] vier evangelische Schulmeistern, wirtschafteten gar kannibalisch von morgens früh bis nachts in meiner Stube. Das machte hier u[nd] in Stuttgart grosses Aufsehen. Seit dem beginnen die drei erleuchteten Schulmeister unter den allerungünstigsten Umständen in dem erbärmlichsten Lokal mit 100 Kindern. – Die Klosterfrauen werden gespeist von ihren geistlichen Vätern u[nd] die Witzlinge verstummen einer nach dem andern. Ich meines Orts warf meine mitgebrachten Zelleriana in die Makulatur, arbeitete meinen Sprachunterricht gänzlich um, dass nicht sechs Blätter übrig blieben, u[nd] so glaube ich – mit Benutzung der K r u g ’schen Tonanalyse, etwas zustande gebracht zu haben, was nicht einfacher, nicht wohlfeiler u[nd] dabei umfassender gedacht werden kann. Das Werk wird um dreiviertel erweitert u[nd] einviertel wohlfeiler; meine Erfahrungen u[nd] die meiner Freunde sind benutzt u[nd] es ist überhaupt nichts als die erste Idee ganz geblieben. Wie sehr diese Idee trotz der flüchtigen ersten Ausarbeitung interessierte, bewiesen mir die Zuschriften, die ich aus Westfalen, aus den fürstlich primatischen Ländern, aus Preussen erhalte von Schulbehörden, die diesen Elementarunterricht in der Muttersprache autorisiert u[nd] mich um Exemplare gebeten haben. Meine Elementargrammatik gewinnt eine sehr interessante Gestalt, meine Anleitung zum Schreiben wird eben gedruckt. Freund Schmid’s Bemerkungen sind benutzt. Ein Handbuch der Musik ist auf dem Wege. Da suchte ich mir des Todes Bitterkeit zu vertreiben, denn «nur aus dem Nüt-tun kommt nit aussi.» Mittlerweile überraschten mich zwei Briefe u[nd] ein Dekret; drei dei ex machina, die der Höllenmaschine der Widersacher einen ungeheuern Stoss gaben. Der eine ist von der edlesten Fürstin, die der Erdboden trägt, der zweite vom Minister S c h r ö t t e r in Königsberg und das dritte von dem Bernischen Kirchenrat. Das Wesentliche aus dem ersten ist folgendes: «D e t m o l d . Was Sie von Pestalozzi, von der beinahe ganz neuen Gestalt mir sagen, die seine Methode fast in allen Teilen gewon-

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nen, ist mir sehr merkwürdig gewesen. Ihr Aufenthalt in Yverdon war ein sehr reizender Abschnitt Ihres mannigfach merkwürdigen Lebens. Ich habe die Feier des Neujahrstages im Morgenblatt gelesen u[nd] so war mir Ihr Fernando ein meine Vorstellung von dieser Feier vollendendes Geschenk, dessen glühenden Verfasser ich auch ohne Nennung seines Namens erraten hätte. Auch begreift sichs, wie eine für so viele Bürger gefertigte Kantate rühren, erfreuen u[nd] belohnen musste. Mit Ihnen, lieber G[eheimer] Rat, danke ich Gott, der Sie bewahrte, Spanien zu betreten in einer Periode, die dem unglücklichen Lande Quelle jedes noch wütenden Greuels geworden ist. O, es sei Ihnen Pfand, dass Ihres himmlischen Vaters Rechte Sie, wenn auch langsam u[nd] durch Umwege, doch immer dauernd zum wahren Wohl führen wolle. Einen ganz besondern Reiz hatte für mich Ihr pädagogisches Lager, hatte die Idee, zu unterrichten wie ein Bramine in Indiens Palmenhainen, wie ein Druide in Groginiens Wäldern; nur dass Ihre Gesundheit litt, nur dass die Witterung ungünstig war, stört den Zauber. Und nun meine grosse wahre Verehrung dafür, dass Sie dem Rufe Ihres Königs folgten, dass Sie, welche Wendung auch Ihr Schicksal nehmen möge, sich sagen können: Ich habe auf dem Altar des Vaterlands meine Wünsche u[nd] Hoffnungen dargebracht etc. etc.» S c h r ö t t e r s Brief lief nach Zürich an G e s s n e r . Jene Schrift: «Grundlage zu einer bessern Zukunft» etc. hatte ihn begeistert. Er ladet mich ein, ein Normalinstitut in Königsberg zu organisieren, welches ein Mittelpunkt der preussischen Nationalerziehung sein soll etc. Die Bedingungen überlässt er mir u[nd] verspricht eine rosenfarbene Zukunft. Im Nu war ich in Stuttgart u[nd] hielt Rat mit W[angenheim], schrieb dem König einen Brief, warm u[nd] herzlich u[nd] nahm sein Gewissen in die Flanke u[nd] seine Ehre in den Rücken. Nun wird sich’s zeigen. Der hier im Auszug beiliegende Schulreformplan ist einer von denen, die weder Gold noch Silber kosten, nur Herzens- u[nd] Kopfkraft, u[nd] so ist er auch für die armen Preussen, was er auch für die armen Württemberger werden soll. Kurz, W a n g e n h e i m , J a s e m u d , L a h r u[nd] ich haben das unsere getan u[nd] erwarten nun mit salviertem Gewissen das weitere. Das Berner Dekret folgt inliegend. Die Medaille, das einzige, was daran unsern Hofleuten geniessbar ist, ist noch nicht angekommen. Von den grossen Neuigkeiten in Yverdon u[nd] Zofingen hat mir W a n g e n h e i m Kunde gegeben. Mein schönster Plan ist nun realisiert, meine schönste Hoffnung erfüllt, u[nd] ich möchte gern im Frieden fahren, seit meine Augen das gesehen. Wenn ich nur 50

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Jahre älter wäre! Zum Schlusse die Bitte: Seien Sie behutsam mit Vorlesen u[nd] Mitteilen dieses Briefes – nescisne longas regibus esse manus? u[nd] lasset Euren Apostel nicht sterben! Teilt ihm die Brosamen mit, die unter Eure literarischen Tische fallen, Ihr nehmt mit seinem «Vergelt’s Gott!» vorlieb u[nd] wisset, dass er kein Pfund vergräbt. Sobald ich Entscheidung habe, will ichs zu wissen tun. Noch eins! Wenn Weihnachten kommt, so denkt auch an den fernen Fernando, schreibt ihm, was geschehen in den heiligen Tagen, dass er sich freue mit Euch, weine u[nd] lache. Und nun Friede u[nd] Freude! Ein heiliger Geist bewahre Eure Herzen u[nd] Sinne von nun an bis in Ewigkeit! Amen. Zeller. N.S. Da dieser Brief über Kreuzlingen u[nd] St. Gallen geht so muss er sich etwas verspäten. – Noch eins! Wie steht es mit dem Werke: ABC der Anschauung?

Schreiben an den W[ohl]e[r]w[üridg]en Erziehungs-Rath Zeller Dienstag den 6te September 1808.

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Aus den verschiedenen Berichten, welche der Kirchen-Rath von Bern sich über den von Ihnen in Hofwil angestellten Versuch eines Normal-Unterrichts vorlegen liess, so wie aus dem Rapport, welchen die dazu niedergesezte Kommission über Ihre Arbeiten sowohl als die darüber gehaltenen Prüfungen erstattete, ergab sich ein Resultat, welches die Erwartungen derselben nicht allein befriedigt, sondern übertroffen hat. Von Ihrem Eifer für die gute Sache der Volkserziehung zeuget Ihr unermüdet anhaltender Fleiss; – von Ihrem eigenthümlichen Geschick zum Unterricht das unbeschränkte Zutrauen und die herzliche Anhänglichkeit Ihrer Zuhörer, – und von der Güte Ihrer Methode überhaupt die merkwürdigen Fortschritte derselben in allen Fächern des Landschulunterrichts. Bereits sind von dem Kirchen- Rath alle Vorkehrungen getroffen worden, um dem Guten, was dadurch gestiftet wurde, Dauer und Gemeinnüzigkeit zu verschaffen. Besonders rührend war dem Kirchen-Rath jener religiöse und ächt evanglische Sinn, in welchem die ganze Unternehmung unter Ihrer Leitung betrieben wurde. Es ist Uns Pflicht E[euer] W[ohl]e[hr]w[ürd]en hierüber volle und ausdrückliche Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen, in der Absicht, dass die Erklärung Ihnen zur Schutzschrift gegen alle Vorwürfe dieser Art dienen möge. Sie W[ohl]e[hr]w[ürdig]er haben diesen Versuch unaufgefordert und mit edler Uneigennüzigkeit übernommen. Es kann also dem Kirchen-Rath nicht beyfallen, das Verdienstliche dieser Handlung durch irgend eine Entschädniss herunterzusetzen. Allein so wie die Vortheile Ihrer Anstrengung für Uns bleibend seyn werden: so hoffet der Kirchen-Rath Sie werden die mitkommende goldene Schau-Münze als ein Zeichen seiner fortdauernden dankbaren Ergebenheit annehmen, eben wie die aufrichtigen Wünsche für Ihr Wohlergehen und das Gelingen Ihrer nützlichen Bemühungen in jedem Wirkungskreise, welcher die Vorsehung Ihnen anweisen wird.

622 Der Vicepräsident des Kirchenrates des Kantons Bern Von Muralt Stettler Surer.

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Überlieferung 1 5 6

Berlin BBF, zu Seyffarths Pestalozzi-Forschung, Abschriften IV, Umschlag P an Zeller und Zeller an P (Abschrift) (H1) und StA Bern BIII 294, S. 412–413 (H2) Abschrift (H1) und Copia (H2) Die kommentierenden Ergänzungen Seyffarths bei H1 sind nicht transkribiert. Seyffarth setzt bei der Abschrift des Briefes des Kirchenrats das Datum 15. Oktober 1808 Textkritik

Zeuge [h] Z. 4–140 Z. 77 Z. 127f. Z. 141–167 Z. 141 Z. 141 Z. 142 Z. 168–170

H1 dei ex machina: lateinische Schrift nescisne longas regibus esse manus: lateinische Schrift H2 Schreiben: lateinische Schrift Zeller: lateinische Schrift Dienstag den 6te September 1808: lateinische Schrift H1 Sacherklärung I.

Karl August Zeller (1774–1846)



Nr. 656 III.

Z. 19 Z. 20 Z. 29 Z. 37

König: Friedrich I., König von Württemberg (1754–1816) ⇒ Nr. 939 Hofwiler Schulmeister: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 L a h r : Friedrich Lehr (1782–1854) ⇒ Nr. 1019 H a m a n n s : Damit dürfte Johann Michael Hamann (1769–1813) gemeint sein, Sohn des Philosophen Johann Georg Hamann (1730–1788, ⇒ Nr. 1061) und während vielen Jahren Konrektor der Altstadtschule in Königsberg. Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) hatte ja schon im September 1808 das Angebot erhalten, in Königsberg die Lehrerbildung zu übernehmen, dieses jedoch mit Blick auf seine Rückkehr nach Württemberg ausgeschlagen. Nun schien sich Zeller bei den Hamanns über das Lavieren des württembergischen Königs Friedrich I. (1754–1816, ⇒ Nr. 939) wegen seiner Berufung nach Heilbronn zu beklagen. Möglicherweise richtete er seine Klagen nicht nur an Johann Michael Hamann, sondern auch an dessen Schwester Marianne Sophie (1779–1855), die mit dem Königsberger Regierungs-Vizepräsidenten Theodor Balthasar Nicolovius (1768–1831) verheiratet war. Theodor wiederum war der Bruder von Georg Heinrich Ludwig Nicolovius (1767–1839, ⇒ Nr. 423),

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der – seit Sommer 1808 als interimistischer Chef der Sektion für Kultus und Unterricht im preussischen Innenministerium – zu den entschiedenen Förderern Pestalozzis in Preussen zählte und auch Zellers Berufung nach Königsberg 1809 den Weg ebnete. W a n g e n h e i m : Karl August von Wangenheim (1773–1850) ⇒ Nr. 977 was in der Allgem. Zeitung stand von mir: Notizen Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) betreffend erschienen am Samstag, 10. September 1808 (No 254, S. 1014) und am Freitag, 7. Oktober 1808 (No 281, S. 1122). In ersterer wird berichtet, dass Zellers Schullehrerunterricht in Hofwyl den König Friedrich I. (1754–1816, ⇒ Nr. 939) zum Besuch und zu seiner Heimbeorderung trotz bereits angenommener Rektorenstelle in Zofingen veranlasst hatte. Der zweite Bericht meldet, dass gemäss «einem Schweizerblatt» Zeller vom König von Württemberg zum Inspektor aller Elementarschulen, ohne Unterordnung unters Konsistorium ernannt worden sei und Heilbronn als Wohnsitz angewiesen bekommen habe. Welcher Artikel Zeller Verdruss bereitete, ist unklar, wahrscheinlicher erscheint, dass der zweite unter der Lehrerschaft Staub aufwirbelte. Zelleriana: Damit dürfte Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) wohl seine Manuskripte und Notizen bezeichnen. Sprachunterricht: Damit ist wahrscheinlich das von Karl August Zeller (1775–1846, ⇒ Nr. 656) in den folgenden Jahren mehrfach überarbeitete Fundament des Lesens, der Deutschen Rechtschreibung und Sprachlehre (1806), das drei Jahre später als zweite, umgearbeitete und vermehrte Auflage unter dem Titel Fundament des deutschen Sprachunterrichts (1809) erschien, gemeint. K r u g ’schen Tonanalyse: Johann Friedrich Adolf Krug: Ausführliche Anweisung, die hochdeutsche Sprache recht aussprechen, lesen und recht schreiben zu lehren: nach seiner in der Bürgerschule zu Leipzig betriebenen Lehrart. Leipzig 1808 fürstlich primatischen Ländern: Damit ist das Herrschaftsgebiet des Fürstprimas Carl Theodor Anton Maria, Freiherr von Dalberg (1744–1817, ⇒ Nr. 565) gemeint. Der Fürstprimas führte den Vorsitz der Fürsten des 1806 nach dem Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation auf Initiative Napoleon I. Bonapartes (1769–1821, ⇒ Nr. 580) geschaffenen Rheinbundes. Wahrscheinlich sind hier nicht alle Rheinbundstaaten gemeint, sondern der Zuständigkeitsbereich des Fürstprimas in seiner Eigenschaft als Erzbischof der rechtsrheinischen deutschen Bistümer mit Ausnahme Preussens und Österreichs. Er umfasste das Fürstentum Aschaffenburg, bislang Kurmainz, das Fürstbistum Regensburg und die Reichsstädte Wetzlar und Regensburg. Elementargrammatik: Carl August Zeller: Elemente der menschlichen Sprachzeichenlehre. Königsberg 1810 Anleitung zum Schreiben: Carl August Zeller: Fundament der Schreibkunst. Heilbronn 1809 Schmid: Joseph Schmid (1785–1851) ⇒ Nr. 712 Bemerkungen: Dabei dürfte es sich wohl eher um mündliche Bemerkungen oder Bemerkungen in Briefen handeln. Sie konnten aber nicht näher bestimmt werden.

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Z. 114 Z. 118 Z. 119 Z. 122 Z. 127f. Z. 140

Z. 168 Z. 170 Z. 170

Z. 170

Handbuch der Musik: Carl August Zeller: Elemente der Musik. Königsberg 1810 dei ex machina: unerwartete Begebenheit (Auftauchen einer Gottheit mithilfe einer Bühnenmaschine, lat.) eine: Der Brief vom 16. Oktober 1808 ist abgedruckt in: August Lewald (Hrsg.): Europa. Chronik der gebildeten Welt, Band 3. Stuttgart 1839, S. 489–491 edlesten Fürstin: Fürstin Pauline von Lippe-Detmold (1769–1820) ⇒ Nr. 829 zweite: Der Brief vom 11. September 1808 liegt im Zeller-Archiv Hottwil (Kt. Aargau). S c h r ö t t e r : Friedrich Leopold von Schrötter (1743–1815) ⇒ Nr. 992 dritte: Z. 141–170 Feier des Neujahrstages im Morgenblatt: Pestalozzi hatte 1808 eine etwas niedergeschlagene Neujahrsrede – neben seinem leeren Sarg – gehalten (PSW XXI, S. 3–9). Im Morgenblatt für gebildete Stände konnte kein Beitrag zum Neujahrstag nachgewiesen werden, wohl aber zu Pestalozzis Geburtstag (Feier des Geburtstages Pestalozzis in Iferten am 12. Januar 1808. In: Morgenblatt 1808, Fr. 29. Januar, No 25) S. 93), den Fürstin Pauline von Lippe-Detmold (1769–1820, ⇒ Nr. 829) ebenfalls erwähnte. Möglicherweise irrte sie sich beim Verfassen des Briefes im Oktober 1808 bei der Quellenangabe. Fernando: Dabei handelt es sich um das Manuskript einer Kantate, welche Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) Fürstin Pauline von LippeDetmold (1769–1820, ⇒ Nr. 829) hatte zukommen lassen. Bramine: Brahmane (frz.) Groginiens: Hier dürfte wohl der Hercynische Wald gemeint sein, eine antike Sammelbezeichnung für die zentraleuropäischen Mittelgebirge und Wälder. Gemeint waren de facto die Keltischen Gebiete, worauf auch der «Druide» verweist, der als Priester sowohl Träger der Religion als auch der geistigen Bildung war und in höchstem Ansehen stand. G e s s n e r : Johann Georg Gessner (1765–1843) ⇒ Nr. 586 Schrift: Carl August Zeller: Die Grundlage einer bessern Zukunft. In Briefen an der Fürstin von Lippe-Detmold Hochfürstliche Durchlaucht. Zürich 1808 Schulreformplan: ⇒ Nr. 1032 J a s e m u d : Ludwig Hellmuth Heinrich, Freiherr von Jasmund (1748– 1825) ⇒ Nr. 984 Berner Dekret: ⇒ Z. 141–170 Zofingen: Stadt im Kt. Aargau nescisne longas regibus esse manus: Man weiss nicht, wie weit die Hand der Könige reicht (lat.) ABC der Anschauung: Johann Heinrich Pestalozzi: ABC der Anschauung, oder Anschauungs-Lehre der Massverhältnisse. Zürich 1803 (PSW XV, S. 175–340) Kirchenrates: Kirchenrat Bern ⇒ Nr. 623 Von Muralt: Bernhard Ludwig von Muralt (1749–1816) ⇒ Nr. 971 Stettler: Carl/Karl Ludwig Stettler (1773–1858) war Sekretär des Berner Kirchen- und Schulrats sowie der Jagd-Commission und wahrscheinlich auch Gutsbesitzer in Köniz (Kt. Bern). Surer: konnte nicht eruiert werden

625 1034. Ignaz Heinrich von Wessenberg November/Dezember 1808 5

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Mein werther Freünd! Ihr Vertrauen ist mir so ausnehmend schätzbar, dass ich aufs lebhafteste wünsche demselben in jedem Fall mit Erfolg entsprechen zu können. Zu Gunsten des Herrn Bonifaz Flury, der sich unter Ihrer weislichen Leitung zum Schullehrer im vollen Sinne des Wortes ausbilden möchte, habe ich an Seine Obern zu Pfeffers ein nachdrücklich empfehlendes Schreiben erlassen. Vorerst muss ich jetzt die Antwort abwarten. P[ater] Bonifazi hat gute Naturgaben. Ein längerer Aufenthalt bey Ihnen dürfte seinem Geist die zweckmässige bestimmte Haltu[n]g u[n]d Richtung geben, die ihm bisher vielleicht noch abgieng. Uebrigens wäre es vortrefflich, wenn Ihr berühmtes Institut, das von so vielen katholischen besucht wird, auch einen beständigen katholischen Gottesdienst erhielte; wenn der Seelsorger zugleich Lehrer wäre, so würde die Sache ihm sehr erleichtert. Die Nunziatur würde wahrscheinlich gern mitwirken, nur findet sie sich dermahl schwerlich im Stand für die Dotation des katolischen Gottesdienstes etwas zu thun. Darüber wollen wir übrigens dann, wenn die Angelegenheit des Bonifaz geendigt ist, das Nähere verwenden; dem letztern sagen Sie meine schönsten Grüsse. Es freüt mich sehr in die helvetische Gesellschaft für Erziehung deren Präsident sie sind, als Mitglied auf genommen zu werden. Ich habe darüber meine auf richtigen Gefühle dem Herrn Prof[essor] Schulthess zu Zürich schriftlich ausgedrückt. Lebhaft ist mein Wunsch in so vielen Zwecken, wie die ihrigen nach meinem beschränkten Wissen mit zu wirken. Gott erhalte Sie noch lange edler Freünd! der Menschheit u[n]d ihren Freünden, worunter sich von Herzen zählt der Ihrige. Generalvikarius Wessenberg.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 111, S. 208 Abschrift Textkritik

Zeuge [h] Z. 19f. Z. 24

nachdrücklich empfehlendes genommen

626 Sacherklärung I. Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774–1860)



Nr. 683

II. Am 8. November 1808 bedankt sich Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774–1860, ⇒ Nr. 683) in einem Brief (ZB Zürich, Ms Pestal 57, Bl. 108–108a, S. 204–205, Ms Pestal 994, S. 138–140) an Johannes Schulthess (1763–1836, ⇒ Nr. 788) für seine Bemühungen betreffend der Aufnahme in die Schweizerische Gesellschaft für Erziehung (⇒ Nr. 1012). Da Wessenberg im vorliegenden Brief an Pestalozzi diesen Umstand erwähnt, dürfte der nicht datierte Brief wohl im November oder Dezember 1808 geschrieben worden sein. III. Z. 7

Z. 9 Z. 10 Z. 21

Z. 23 Z. 26

Bonifaz Flury: Bonifacius Flury (1778–1836) aus Lommiswil (Kt. Solothurn) trat mit zwanzig Jahren 1798 in das Kloster Pfäfers ein, wurde dann Kaplan in Mels (Kt. St. Gallen) und lehrte ab 1808 ohne Erlaubnis des Abtes als katholischer Religionslehrer in Yverdon. Nachdem er durch den Bischof von Fribourg zur Rückkehr veranlasst wurde, arbeitete er wieder als Pfarrer in Mels. Pfeffers: Das Kloster Pfäfers liegt in der Nähe von Bad Ragaz (Kt. St. Gallen). Schreiben: scheint nicht erhalten zu sein Angelegenheit des Bonifaz: Bonifacius Flury (1778–1836, ⇒ Z. 7) hielt sich in Yverdon auf, obwohl der Abt des Klosters Pfäfers gegen die Verbindung zu Pestalozzi votierte. Erst nachdem Pestalozzi Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774–1860, ⇒ Nr. 683) am 11. November 1808 gedrängt hatte, sich beim Abt für Flury zu verwenden, erhielt dieser eine einjährige Aufenthaltsbewilligung für Yverdon (vgl. PSB VI S. 104, S. 131). helvetischen Gesellschaft für Erziehung: Schweizerische Gesellschaft für Erziehung ⇒ Nr. 1012 Schulthess: Johannes Schulthess (1763–1836) ⇒ Nr. 788

1035. Gräfin Therese von Brunsvik Anfang Dezember 1808 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 122.33f.

627 Sacherklärung I. Gräfin Therese von Brunsvik (1775–1861) stammt aus Bratislava und wächst auf dem väterlichen Landgut Martonvasar südlich der ungarischen Stadt Buda auf. Dem Bildungsideal des Hochadels gemäss spricht sie vier Fremdsprachen, ist künstlerisch und musikalisch veranlagt und engagiert sich bei der Erziehung ihrer Nichten und Neffen. Ihre pädagogischen Ambitionen verstärken sich 1808 nach einer Reise zu Christian Gotthilf Salzmann (1744–1811, ⇒ Nr. 933) nach Schnepfenthal, zu Friedrich Wilhelm August Fröbel (1782–1852, ⇒ Nr. 980) in Frankfurt am Main und anschliessend zu Pestalozzi nach Yverdon. Aufgrund der Erfahrungen in Ungarn im Hungerjahr 1819 unterstützt sie eine karitative, christlich-sozial fundierte Armutsbekämpfung durch Gründung von Armenhäusern, Kindergewerbeschulen und Arbeiterheimen. Im Familienhaus zu Buda gründet sie 1828 unter dem Namen «Engelsgarten» ein Heim für Kleinkinder.

1036. Johann Jakob Catoir 3. Dezember 1808 5

[Reg.] Catoir schickt L[ivre] 449.8.9. de Suisse zuhanden von Dapples, Steiner & Cie. für die Pensionskosten seines Sohnes.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 124.16f. Sacherklärung I.

Johann Jakob Catoir (1774–1841) aus Mannheim wird fünf Jahre nach der Heirat mit seiner Cousine Susanna Elisabetha Catoir (1772–1829) Teilhaber einer mit sächsischen und schlesischen Leinen- und Baumwollwaren befassten Grosshandlung, die er 1805 zusammen mit seinem Cousin Johann Heinrich Catoir (1780–1829) unter dem Namen Johann Heinrich Catoir’s Söhne weiterführt. III. Z. 4 Z. 4

Z. 5

L[ivre] … de Suisse: Silbermünzeneinheit Dapples, Steiner & Cie.: Die Handelsfirma wurde um 1801 von Christian Samuel Ferdinand Dapples (1768–1848) in Lausanne gegründet, dessen Söhne Christian Dapples (1797–1864 ⇒ Nr. 758) und Marc François (1800–1865) von 1805 bis 1811 bzw. von 1809–1814 ebenfalls Schüler in Yverdon waren. Sohnes: Victor Heinrich Catoir (1796–1825) war von 1807 bis 1812 als Zögling in Yverdon. Über sein weiteres Leben ist nichts bekannt.

628 1037. Maria Josepha Anderwert-Bregg/Bräg 4. Dezember 1808 [Reg.] Frau Anderwert-Bregg erkundigt sich nach zwei früheren Briefen.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 123.25 Sacherklärung I.

Maria Josepha Anderwert-Bregg/Bräg (1753–1824) ⇒ Nr. 990 III. Z. 4

zwei Briefe: ⇒ Nr. 990 und Nr. 1004

1038. Karl August von Wangenheim 9. Dezember 1808 Stuttgart d[en] 9t Xbr 8. 5

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Sie haben verehrungswürdiger Freund! meine Besorgnisse mit mir theilen müssen, theilen Sie nun auch meine Freüde mit mir. Die Sache die ich hier vor der hand wenigstens aufgeben zu müssen glaubte, ist so gut als gerettet. Hören Sie lieber! Sie wissen, dass Zeller berufen, u[nd] in H[eilbronn] als Schul Inspektor angestellt worden war, u[nd] dass es das Ansehen gewonnen hatte, als glaube man damit alles gethan zu haben, was zu thun wäre. Alle Mühe das Gegentheil einsehen zu machen, schien vergebl[ich]: da kam Schröters Ruf für Zeller nach Königsberg. Davon nahm Z[eller] Gelegenheit, den König nochmals um W i r k s a m k e i t , oder um Erlaubniss zu bitten, sein Vaterland wieder verlassen zu können. Zugleich legte er einen Plan vor wie die Schulbehörden zu organisiren seyn möchten. Diese Bitten wurden einem Minister zum Gutachten übergeben, der sich laut gegen die Methode, die er schlechthin n i c h t kannte, pronunzirt hatte und – – – Zellers Skizze des Organisazionsplans gab, wie mir scheint u[nd] ich Ihnen auch geäussert zu haben glaube, fürchterliche Blössen. Da die alten Formen zerbrochen, u[nd] neue hergestellt werden sollten, ehe man dem Gegenstande dersel-

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ben der Sache, Freunde erworben hatte, so war alles zu fürchten u[nd] wenig oder nichts zu hoffen. – Und gestern kommt ein Dekret des Kultministerium, ich hab es nur mit einem Blick verschlingen können, ohngefähr des Inhalts[.] Z[eller] soll nicht nach Königsberg, u[nd] seinen ohne Lokalkenntniss u[nd] Bekanntschaft mit den bestehenden Behörden Gesetzen u[nd] sonstigen Einrichtungen entworfener Organis[ations]plan ist verworfen. Hingegen sollen ihm 100 Kinder aus den Schulen v[on] Heilbronn, u[nd] ein geräumig Lokal mit aller äussern Unterstüzung gegeben werden; er soll dort ganz freye Hand haben, die pest[alozzische] Methode anzuwenden wie er will; es sollen die dortigen Schullehrer verpflichtet werden die Meth[ode] zu erlernen u[nd] unter Z[ellers] Leitung auch in ihren Schulen anzuwenden; es soll ein Ruf an alle Schullehrer des Reichs ergehen u[nd] ihnen bekannt gemacht werden, dass sie in H[eilbronn] Gelegenheit haben, die Meth[ode] zu studiren und Erlaubniss sie in ihren Schulen einzuführen. Z[eller] soll auch die Sonntagsschule unter sich haben; niemand soll ihn hindern u[nd] nichts. Eine eigne Schulkommission bestehend aus einem Vicedirektor, v[on] Schmidlin, dem Oberkonsistorialrath u[nd] Hofprediger v[on] Süskind, dem kath[olischen] geistl[ichen] Rath v[on] Werkmeister (ein herrlicher) u[nd] dem Hofrath u[nd] Konsistorialass[istent] d’Autel (ein für die gute Sache enthusiasmirter mit Kraft u[nd] Ansehen ausgerüsteter Mann, Z[eller]s persönl[icher] Freund) soll die Aufsicht deshalb führen – Nach einem halben Jahr ungestörter Arbeit, soll dann untersucht werden 1. Wie die Methode gewirkt habe auf Kinder u[nd] zwar a) ganz rohe, b) schon in der Schule gewesene 2. Auf Erwachsene, u[nd] zwar a) rüksichtl[ich] des eigenen Wissens, b) rüksichtlich der Lehrfähigkeit Die Resultate der Untersuchung sollen entscheiden, ob die Meth[ode] a l l g e m e i n d u r c h p o s i t i v e G e s e z e einzuführen, wie das Schulwesen des kath[olischen] u[nd] nichtkath[olischen] Reichs organi[sie]rt, u[nd] welche Sphäre, Zellers Thätigkeit angewiesen werden soll. – In Z[eller]s Hand ligt das Gelingen oder Mislingen der heiligen Sache, denn für die Bearbeitung der Gegner soll er mich sorgen lassen. Wie das so gekommen ist? Gott weiss es u[nd] er that’s, u[nd] ihm sey Dank. Genug es ist so. Lehr aber that wahrscheinl[ich] nichts, u[nd] ebenso wahrscheinl[ich] der kath[olische] Werkmeister (der noch die Meth[ode], d[as] h[eisst] den Geist, nicht ganz ange-

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schaut u[nd] also nicht ganz erkannt hat) u[nd] d’Autel zusammen das meiste. Es ist mir nun unwiderstehlicher Drang thätig anzufang[en]; ich kann auf die gute Hartmann nicht mehr warten. Ich geselle meinen Kindern mit denen ich begonnen, noch 4 bis 6 andre zu, u[nd] schulmeistre sie u[nd] mich; denn ich selber weiss ja beinah nichts. Thut aber nichts, Gertrud wusste auch nicht viel, u[nd] ich habe so viel Liebe wie sie. – . Sind neuerl[ich] sonderliche Erleichterungs Mittel entdekt für den Gebrauch der Elementarbücher über Zahlenverhältnisse so schikt mir sie mein guter Vater P[estalozzi] gewiss mit nächster Post. Ihr dankbarer Schüler Wangenheim.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a/56, Umschlag 383/I,3 Bogen 241x196 mm Dorsualvermerk Wangenheim in Studtgardt 1808 Original Textkritik

Zeuge H Z. 45 Z. 65

d’Autel: lateinische Schrift d’Autel: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Karl August von Wangenheim (1773–1850) ⇒ Nr. 977 III. Z. 9 Z. 12f. Z. 14 Z. 16 Z. 17 Z. 24

Z. 42

Zeller: Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656 Schröters: Friedrich Leopold von Schrötter (1743–1815) ⇒ Nr. 992 König: Friedrich I., König von Württemberg (1754–1816) ⇒ Nr. 939 Plan: ⇒ Nr. 1032 Minister: Ulrich Lebrecht Graf von Mandelsloh (1760–1827) ⇒ Nr. 984 Dekret: Ein königliches Dekret vom 7. Dezember 1808 legte den Verbleib Karl August Zellers (1774–1846, ⇒ Nr. 656) in Württemberg fest und lehnte zugleich seinen im Sommer 1808 vorgelegten Reformplan mit Reorganisationsvorschlägen zur Schulaufsicht, Lehrerbildung und -besoldung sowie des Unterrichts ab (vgl. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, E 11 Kabinettsakten, Bü18 Nr. 279, 3). Abgedruckt ist das Dekret in: Theodor Eisenlohr: Die Gesetze für die Volksschulen bis auf die neueste Zeit und die Einleitung in dieselben. Tübingen 1839, S. 175–177. v[on] Schmidlin: Christian Friedrich von Schmidlin (1780–1830) studierte in Tübingen Recht und übte nach einer kurzen Zeit als Hofmeister ver-

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schiedene Funktionen im württembergischen Staatsdienst aus. Nach einer kurzen Zeit als Hofkommissar der Reichsstadt Weil am Rhein wurde er 1803 Oberamtmann in dem säkularisierten Kloster Schönthal an der Jagst, bevor er 1810 nach Freudenstadt und 1814 nach Urach versetzt wurde. 1818 übernahm er die Oberregierungsratsstelle in Stuttgart und wurde nach der provisorischen Verwaltung des Departements des Innern und des Kirchen- und Schulwesens seit 1821 schliesslich 1827 als nunmehr Geheimer Rat zum ordentlichen Minister dieser Behörde ernannt. v[on] Süskind: Friedrich Gottlieb von Süskind (1767–1829) studierte Theologie in Tübingen und wurde dort 1798 auf eine theologische Professur berufen. Ab 1805 übernahm er als Oberhofprediger und Konsistorialrat in Stuttgart, seit 1807 als Mitglied des Oberstudienrates, der Aufsichtsbehörde des höheren Schulwesens, kirchenpolitische Ämter und hatte schliesslich im neu geschaffenen Königreich Württemberg unter Friedrich I. (1754–1816, ⇒ Nr. 939) als Direktor des Oberstudienrates ab 1812 das höhere Schulwesen zu reformieren und die Klosterschulen in niedere theologische Seminare umzuwandeln. v[on] Werkmeister: Benedikt Maria Leonhard von Werkmeister (1745– 1823) gehörte dem Benediktinerorden an und übernahm als Gegner des Zölibats eine Professur für Kirchenrecht im Reichsstift Neresheim (Baden-Württemberg), bevor er von 1784–1793 Hofprediger in Stuttgart und ab 1796 Pfarrer in Steinbach bei Plochingen (Baden-Württemberg) wurde und schliesslich von 1807–1823 als Mitglied des Kirchenrates und Berichterstatter für das Volksschulwesen grossen Einfluss auf das katholische Volksschulwesen in Württemberg nahm, unter anderem als Verfasser der katholischen Schulordnung von 1808. d’Autel: August Heinrich d’Autel (1779–1835) engagierte sich nach dem Theologiestudium in Jena ab 1800 als Pfarrer in seiner Heimatstadt Heilbronn für Schulreformen, so dass er 1802 von Friedrich I. (1754–1816, ⇒ Nr. 939) als Hofkaplan und Konsistorialassessor nach Stuttgart berufen wurde. Er gilt als Verfasser der evangelischen Schulordnung in Württemberg von 1810 und als Initiator des 1811 gegründeten Esslinger Lehrerseminars. Zusammen mit Benedikt Maria Leonhard von Werkmeister (1745–1823, ⇒ Z. 43) verfasste er 1810 ein Gutachten von Karl August Zellers (1774–1846, ⇒ Nr. 656) Schule in Heilbronn und war von 1814 bis 1835 als Referent für das Volksschulwesen im Konsistorium führend für die Reorganisation des niederen Schulwesens in Württemberg zuständig. Lehr: Friedrich Lehr (1782–1854) ⇒ Nr. 1019 Hartmann: Klara/Claire von Hartmann (*1774) ⇒ Nr. 984 meinen Kindern: Damit dürften wohl die Schüler Karl August von Wangenheims (1773–1850, ⇒ Nr. 977) gemeint sein. Gertrud: Damit könnte Gertrud aus Wie Gertrud ihre Kinder lehrt (1801) gemeint sein, wobei die Figur Gertrud in dieser Publikation gar nicht auftaucht. Daher könnte auch die Gertrud aus Lienhard und Gertrud (1781) gemeint sein, die ihrerseits für den Titel des Werkes von 1801 Patin gestanden hatte. Elementarbücher über Zahlenverhältnisse: Johann Heinrich Pestalozzi: ABC der Anschauung, oder Anschauungs-Lehre der Massverhältnisse. Zürich 1803 (PSW XV, S. 175–340)

632 1039. Marie Johanne Fichte-Rahn und Johann Gottlieb Fichte Dezember 1808 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

Johann Gottlieb Fichte: Briefwechsel 1806–1810. Stuttgart-Bad Cannstatt 1997, S. 281 Sacherklärung I.

Marie Johanne Fichte-Rahn (1758–1819) kommt in Lyngbye bei Kopenhagen zur Welt, wo ihr Vater, der spätere Waagmeister Hartmann Rahn (1721–1795) aus Zürich als Seidenfabrikant tätig ist. Nach dem frühen Tod ihrer Mutter Johanna (1730– 1780), der Schwester Friedrich Gottlieb Klopstocks (1724–1803, ⇒ Nr. 427), übernimmt sie die Verantwortung für die Geschwister und den väterlichen Haushalt bis zu dessen Entlassung aus dem Dienst als Waagmeister 1794; dies auch über die eigene Eheschliessung mit Johann Gottlieb Fichte (1762–1814) im Jahre 1793 hinaus. Ab 1794 folgt sie ihrem Ehemann – meist mit zeitlicher Verzögerung – auf seinen Stationen nach, bringt den gemeinsamen Sohn Hartmann Immanuel (1796–1879) zur Welt und engagiert sich während des Befreiungskrieges 1813/14 in Spitälern und Lazaretten rund um Berlin, wodurch sie erst sich und dann ihren Mann mit Typhus ansteckt. Während er daran stirbt, erholt sie sich wieder. Johann Gottlieb Fichte (1762–1814) bricht 1784 sein Theologiestudium in Jena aufgrund seiner finanziellen Situation ab. 1792 erscheint, dank einer Empfehlung von Immanuel Kant (1724–1804, ⇒ Nr. 442), sein erstes Werk Versuch einer Kritik aller Offenbarung, das ihn schlagartig berühmt macht. 1794 wird er mit der Unterstützung Johann Wolfgang von Goethes (1749–1831, ⇒ Nr. 811) in Jena Professor für Philosophie, aber bereits 1799 wird ihm im so genannten Atheismusstreit vorgeworfen, er missbrauche sein Lehramt zur Verbreitung atheistischer Überzeugungen. Nachdem sich auch sein Protektor Goethe von ihm distanziert hatte, muss er Jena verlassen. Ab 1802 hält er in Berlin regelmässig Vorlesungen in Wirtschaftslehre, ab Sommer 1805 mit preussischem Auftrag in Erlangen. Es folgen 1806 die Professur an der Universität Königsberg und das Amt des politischen Zensors (beides 1806) und nach kurzzeitigem Aufenthalt in Klaipéda (Memel, Litauen) und Kopenhagen richtet er sich im Winter 1807/08 in der Berliner Akademie in 14 Sonntags-Vorlesungen mit seinen Reden an die deutsche Nation (Berlin 1808) an sein Publikum. 1808 erkrankt Fichte erstmals schwer, wovon er sich nicht mehr richtig erholt – trotzdem übernimmt er 1810 das philosophische Dekanat der nunmehr verwirklichten Universität in Berlin sowie das Rektorat, beantragt aber aufgrund mannigfaltiger Differenzen wenige Monate darauf seine Entlassung. Während des Befreiungskrieges nimmt Fichte an den Übungen des Landsturms teil, sein Angebot, sich als «religiöser Redner» in den Dienst des Führungskorps zu stellen, wird abgelehnt. Bevor er infolge einer Typhuserkrankung am 29. Januar 1814 stirbt, wendet er sich in der letzten Phase seiner Vorlesungstätigkeit «der Gestalt des zukünftigen deutschen Staates», dem «wahren

633 Sinn des Krieges» und einem «neuen philosophischen Entwurf der Menschheitsgeschichte» zu. II. In einem Brief von Marie Johanne Fichte-Rahn (1738–1819, ⇒ Sacherklärung I.) an ihre Cousine Anna Barbara Rahn (1755–1839) vom 17. Dezember 1808 schreibt sie, dass sie einen Neffen studieren lassen wolle, ihn aber «erst ein paar Jahre in die Pestaluzischeschuhle thun, denn seine Methode ist die Einzige wo dem Knaben der Kopf geöfnet wird, und wo sie gründlich was lernen, zu dem Ende leg ich einen Brief, für Pestaluz bey, da ich nicht weiss wo er lebt, so bit ich seine addresse draufzuschreiben» (Johann Gottlieb Fichte: Briefwechsel 1806–1810. Stuttgart-Bad Cannstatt 1997, S. 279). Es ist unklar, ob Johann Georg Fichte (1762–1814, ⇒ Sacherklärung I.) auch an diesem Brief beteilig gewesen ist. Gesichert ist, dass Pestalozzi am 10. März 1809 einen Brief an Marie Johanne Fichte schreibt (PSB VI, Nr. 1498), der als Antwort auf den nicht erhaltenen Brief von ihr gelesen werden muss. Die Editoren der FichteGesamtausgabe von 1925 gehen zudem davon aus, dass diesem Brief an Pestalozzi Fichtes Reden an die deutsche Nation (1808) beigelegen haben (Johann Georg Fichte: Briefwechsel. Kritische Gesamtausgabe, Band 2. Leipzig 1925, S. 528). Pestalozzi erwähnt diese Publikation in seinem Brief zwar nicht, diese Interpretation des Briefes ist aber denkbar.

1040. Peter Vischer Winter 1808/1809 5

[Reg.] Vischer teilt Pestalozzi mit, dass er seine Tochter aus dem Institut nimmt und sie in eine «Genfer Position» schickt.

Überlieferung 1

PSB XIV, Nr. 1505a Sacherklärung I.

Peter Vischer (1751–1823) ⇒ Nr. 867 III. Z. 4 Z. 5

Tochter: Emma Passavant-Vischer (1794–1849) ⇒ Nr. 867 Genfer Position: Es handelt sich hier um ein von einer Madame Bertrand Martin geführtes Mädcheninstitut. Sowohl über sie als auch über das Institut ist nichts Näheres bekannt.

634 1041. Johann Kaspar Schweizer Ende 1808/Anfang 1809 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

Nr. 1055 Sacherklärung I.

Johann Kaspar Schweizer (1754–1811) zählt als Kaufmann und Bankier zur Zürcher Elite. Er ist ein begeisterter Anhänger der Französischen Revolution und fördert entscheidend die Ernennung Pestalozzis zum französischen Bürger. Schweizer wohnt hauptsächlich in Paris mit Ausnahme der Jahre 1793 und 1794 und der anschliessenden Phase bis 1801, als er als Agent des Nationalkonvents in der Schweiz und im Auftrag des Pariser Wohlfahrtsausschusses in Nordamerika wirkt. Nach missglückten Finanzspekulationen verarmt er und erkrankt darüber schwer; er stirbt verwirrt in Paris.

1042. Hans Conrad Diggelmann Ende 1808/Anfang 1809 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

Nr. 1055 Sacherklärung I.

Hans Conrad Diggelmann (*1776) aus Zürich ist als Buchhalter in der Baumwolltücher-Handlung von Johann Kaspar Schweizer (1754–1811, ⇒ Nr. 1041) am Hirschengraben in Zürich tätig und übernimmt während Schweizers Parisaufenthalten stellvertretend die Führung der Handlung. Auch nach dem Verkauf des Geschäfts im Jahre 1791 arbeitet er an seiner bisherigen Arbeitsstelle weiter.

633 Sinn des Krieges» und einem «neuen philosophischen Entwurf der Menschheitsgeschichte» zu. II. In einem Brief von Marie Johanne Fichte-Rahn (1738–1819, ⇒ Sacherklärung I.) an ihre Cousine Anna Barbara Rahn (1755–1839) vom 17. Dezember 1808 schreibt sie, dass sie einen Neffen studieren lassen wolle, ihn aber «erst ein paar Jahre in die Pestaluzischeschuhle thun, denn seine Methode ist die Einzige wo dem Knaben der Kopf geöfnet wird, und wo sie gründlich was lernen, zu dem Ende leg ich einen Brief, für Pestaluz bey, da ich nicht weiss wo er lebt, so bit ich seine addresse draufzuschreiben» (Johann Gottlieb Fichte: Briefwechsel 1806–1810. Stuttgart-Bad Cannstatt 1997, S. 279). Es ist unklar, ob Johann Georg Fichte (1762–1814, ⇒ Sacherklärung I.) auch an diesem Brief beteilig gewesen ist. Gesichert ist, dass Pestalozzi am 10. März 1809 einen Brief an Marie Johanne Fichte schreibt (PSB VI, Nr. 1498), der als Antwort auf den nicht erhaltenen Brief von ihr gelesen werden muss. Die Editoren der FichteGesamtausgabe von 1925 gehen zudem davon aus, dass diesem Brief an Pestalozzi Fichtes Reden an die deutsche Nation (1808) beigelegen haben (Johann Georg Fichte: Briefwechsel. Kritische Gesamtausgabe, Band 2. Leipzig 1925, S. 528). Pestalozzi erwähnt diese Publikation in seinem Brief zwar nicht, diese Interpretation des Briefes ist aber denkbar.

1040. Peter Vischer Winter 1808/1809 5

[Reg.] Vischer teilt Pestalozzi mit, dass er seine Tochter aus dem Institut nimmt und sie in eine «Genfer Position» schickt.

Überlieferung 1

PSB XIV, Nr. 1505a Sacherklärung I.

Peter Vischer (1751–1823) ⇒ Nr. 867 III. Z. 4 Z. 5

Tochter: Emma Passavant-Vischer (1794–1849) ⇒ Nr. 867 Genfer Position: Es handelt sich hier um ein von einer Madame Bertrand Martin geführtes Mädcheninstitut. Sowohl über sie als auch über das Institut ist nichts Näheres bekannt.

634 1041. Johann Kaspar Schweizer Ende 1808/Anfang 1809 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

Nr. 1055 Sacherklärung I.

Johann Kaspar Schweizer (1754–1811) zählt als Kaufmann und Bankier zur Zürcher Elite. Er ist ein begeisterter Anhänger der Französischen Revolution und fördert entscheidend die Ernennung Pestalozzis zum französischen Bürger. Schweizer wohnt hauptsächlich in Paris mit Ausnahme der Jahre 1793 und 1794 und der anschliessenden Phase bis 1801, als er als Agent des Nationalkonvents in der Schweiz und im Auftrag des Pariser Wohlfahrtsausschusses in Nordamerika wirkt. Nach missglückten Finanzspekulationen verarmt er und erkrankt darüber schwer; er stirbt verwirrt in Paris.

1042. Hans Conrad Diggelmann Ende 1808/Anfang 1809 [Reg.] Inhalt unbekannt.

Überlieferung 1

Nr. 1055 Sacherklärung I.

Hans Conrad Diggelmann (*1776) aus Zürich ist als Buchhalter in der Baumwolltücher-Handlung von Johann Kaspar Schweizer (1754–1811, ⇒ Nr. 1041) am Hirschengraben in Zürich tätig und übernimmt während Schweizers Parisaufenthalten stellvertretend die Führung der Handlung. Auch nach dem Verkauf des Geschäfts im Jahre 1791 arbeitet er an seiner bisherigen Arbeitsstelle weiter.

635 1043. Ludwig Hellmuth Heinrich, Freiherr von Jasmund Anfangs 1809 5

[Reg.] Ein Minister fragt nach einem Lehrer, der helfen könnte, die Methode in Württemberg einzuführen.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 155.37ff. Sacherklärung I.

Um welchen Minister es sich hier handelt, ist unklar. Es könnte sich aber um Ludwig Hellmuth Heinrich Freiherr von Jasmund (1748–1825, ⇒ Nr. 984) handeln, der sein Amt als württembergischer Kultusminister im Mai 1808 angetreten hatte. III. Z. 4

Lehrer: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. Pestalozzi wurde immer wieder angefragt, methodisch geschulte Lehrpersonen zur Verfügung zu stellen, die er aber meist nicht hatte. Deshalb motivierte er die Interessenten, Eleven zu schicken, die ihr Know-How anschliessend in ihrer Heimat umsetzen konnten. Aus Württemberg stammten einige Lehrer, die sich bei Pestalozzi in Yverdon weiterbildeten und anschliessend in ihre Heimat, speziell nach Stuttgart zurückkehrten. In Frage kommt hier vor allem Gottfried Friedrich Rösler (1782–1845) aus Neuhausen ob Eck (Baden-Württemberg), der ab 1810 als Vorsteher einer sich auf Pestalozzi berufenden Anstalt in Stuttgart war. Er besuchte das Institut in Yverdon 1808 und 1810, während er als Pfarrvikar in Hohentwiel angestellt gewesen war. Von 1815 bis 1840 arbeitete er als Pfarrer im württembergischen Oberlenningen. Möglich ist aber auch ein Magister Bilfinger aus Stuttgart, der 1809 in Yverdon weilte oder Georg Christoph Eisenbeis (1759–1813, ⇒ Nr. 1136) aus Stuttgart, der allerdings noch 1812 im Yverdoner Lehrerverzeichnis geführt wurde.

1044. Hermann Krüsi 10. Januar 1809 Mülhausen d[en] 10ten Jenner 1809. 5

Theuerster Vater Pestalozzi Letzten Samstag Mittags kamen wir in Basel und Sonntags Abends wohlbehalten hier an. Von Basel hieher gefahreten wir von einem

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heftigen Sturm der sich gegen Abend erhob umgeworfen zu werden. Die Pferde konnten fast nicht vorwärts kommen. Die Wasser sind stark angeschwollen und richten beträchtlichen Schaden an. Hopf und die Seinigen sind wohl und heiter – seine Zöglinge besuchen die Anstalt mit grosser Freude und machen ordentliche Fortschritte. Hier habe ich bereits die meisten Eltern besucht und bin überall mit der grössten Freude und Freundschaft aufgenohmen worden. Ich logiere bey Herrn Meyer, und freue mich, diesen seltenen Mann während meinem hiesigen Aufenthalt so viel als möglich geniessen zu können. Herr Weber fand ich gegen seine Natur – still und Ernst – die Ursache davon werde ich Ihnen bald mittheilen können. Tobler ist wohl muthvoll und sieht einer schönen Zukunft entgegen. Wie vielleicht nirgends in der Welt ist hier Wille und Leben für eine bessere Erziehung. Industriose Kraft ist freilich das Element in dem sie sich bewegen – aber man [hat] Unrecht wenn man behauptet, dass die Menschen hier für nichts anderes Sinn haben. Es ist eine Lust, Toblers kleine Buben zu sehen. Die meisten sind bestimmt später im Mutterinstitut sich weiter zu bilden. Gestern Abends hat sich bey H[errn] Meyer die Commission für die Armenschule versammelt. Künftigen Donnerstag sollen sich diese Kinder zum erste Mahl versammeln. Ich soll helfen die Sachen einleiten. Die Commission ist von dem lebendigsten Eifer für das Gelingen der Sache beseelt. Aber dass Vater Pestalozzi auch einmal seine Freunde und sein Werk in Mülhausen besuchen und über beyde seinen väterlichen Segen spreche – ist lauter, allgemeiner, inniger Wunsch. Hätte ich einen Brief an Vater P f e f f e l ich gienge zu ihm. Wollen Sie mir so schnell als möglich ein Wort an ihn schicken auch Tobler gienge mit mir. In 5 Stunden kann man von hier aus in Colmar seyn. Vergessen Sie auch nicht ein Wort an Legrand beyzulegen. – und das an Nägeli in ZürichSchöner hat mit dem Kutscher das Portrait von Pestalozzi geschickt. Sein Benehmen gegen mich ist nicht ganz – frey. Mäder leidet – die Krankheit seiner Frau und das Misstrauen das jeden Augenblick seine Seele bestürmt, drücken ihn fast zu Boden. Auch mein Daseyn sieht er an als hätte es keinen andern Zweck als seinem Ansehen und seinem Einfluss Abbruch zu thun. Jede Kleinigkeit mahlt sich in ihm zu den fürchterlichsten Gestalten aus. Er glaubte auch ich werde hier bleiben und ein Töchterninstitut errichten.

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Sagen Sie mir auch was das ganze Institut und besonders meine beyden Klassen machen. Herzlich Grüsst Sie und alle Tobler, seine Frau meine Schwester und Ihr treuer Krüsi Von Herrn und Frau Meyer ebenfalls herzliche Grüsse.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 52/53, Umschlag 173/1 Bogen, 190x120 mm Datum am Schluss Original Textkritik

Zeuge H Sacherklärung I. Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588 II. Hermann Krüsi (1775–1844, ⇒ Nr. 588) reiste nach Mulhouse um dort Johann Georg Tobler (1769–1843, ⇒ Nr. 500) und weiteren Initianten bei der Einrichtung einer Armenanstalt behilflich zu sein (⇒ Nr. 1047); bei dieser Gelegenheit besuchte er alte und neue Bekannte und Freunde Pestalozzis. III. Z. 10 Z. 11

Z. 15 Z. 17 Z. 19 Z. 24 Z. 26f.

Z. 34

Hopf: Johann Samuel Hopf (1784–1830) ⇒ Brief vom 22. Juni 1817 Seinigen: Damit dürfte wohl die Familie von Johann Samuel Hopf (1784– 1830, ⇒ Brief vom 22. Juni 1817) gemeint sein: seine Frau Marie Luise/ Maria Hopf-Kupferschmid (1782–1850) sowie der Sohn August (1807– 1888) und zwei Töchter, über welche nichts weiter bekannt ist. Meyer: Abraham Meyer (1774–1832) ⇒ Nr. 1047 Weber: Laurent Weber (1763–1812) ⇒ Nr. 479 Tobler: Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500 kleine Buben: Damit dürften seine Schüler gemeint sein. Commission für die Armenschule: Eine fünfköpfige Kommission, die während der ersten drei Jahre der Armenschule (⇒ Nr. 1047) von den Mitinitiatoren Abraham Meyer (1774–1844, ⇒ Nr. 1047), François Joseph Blech (1780–1836), Jean-Jacques Ziegler (1776–1846), Hartmann Schlumberger (1780–1868) und Nicolas Schlumberger (1782–1856) bestellt wurde, war für die Aufsicht über die Anstalt, die Berichterstattung an die Geldgeber, die Verwaltung des Vermögens und den Kontakt mit dem Institut in Yverdon verantwortlich. P f e f f e l : Gottlieb Konrad Pfeffel (1736–1809) ⇒ Nr. 257

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Legrand: Johann Lukas Legrand (1755–1836) ⇒ Nr. 526 Nägeli: Hans Georg Nägeli (1773–1836) ⇒ Nr. 998 Schöner: Georg Friedrich Adolf Schöner (1774–1841) ⇒ Nr. 774 Mäder: Abel Théodore Guillaume Mäder (1765–1834) ⇒ Nr. 910 Frau: Anne Catherine Mäder-Huguenin ⇒ Nr. 910 Frau: Magdalena Tobler-Gengenbach (1779–1854) ⇒ Nr. 543 Schwester: Elisabeth Krüsi (1773–1819) ⇒ Nr. 594 Frau Meyer: Elisabeth Meyer-Zürcher (1780–1861) aus Mulhouse war seit 1798 mit Abraham Meyer (1774–1832, ⇒ Nr. 1047) verheiratet und Mutter von vier Kindern.

1045. Karl Joseph Hieronymus Windischmann 24. Januar 1809 Aschaffenburg den 24 Jan[uar] 1809 5

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Innig verehrter Pestalozzi! Lange hat mich die Scheüe, Sie im Drang Ihrer Beschäftigungen zu unterbrechen, abgehalten Ihnen die Empfindungen an Tag zu legen, welche Ihr tiefes edles Gemüth und Ihre Rastlosigkeit im Verfolg dessen, was allein der Menschheit jezt noch helfen kann, in mir erwekt haben: aber nun darf und kann ich es nicht mehr länger zurükhalten. Wie mehrere von ähnlicher Gesinnung verbunden sind, desto besser und das Beste ist, dass sich geborne Freünde erkennen, damit jeder wisse, in wie ferne auf die Ausführung dieser oder jener Absicht für das Tüchtige und Gute durch diesen oder jenen der also erkannten zu rechnen sey. Vor fast 2 Jahren theilte ich meinem Freünde, Joh[annes] v[on] Müller meine grossen Erwartungen von Ihrer Methode mit und bat ihn, mich mit Ihnen bekannt zu machen. Dieser Faden riss wieder, als so mancherlei Ungemach den Treflichen zum grössten Schaden der Literatur dem eifrig betriebenen liter[arischen] Verkehr wenigstens entzog. Ich komme also jezt allein und habe Ihnen nur weniges darzubieten: aber ich bin dennoch gewiss dass Sie mich nicht abweissen, sondern mir zuweilen erlauben mit Ihnen über die wichtigsten Dinge zu reden, deren längere Vernachlässigung dem Menschen durch nichts ersezt werden kann. Wie nahe mir die Erhebung des Menschen liegen müsse, empfindet niemand tiefer als Pestalozzi, wenn ich ihm sage, dass ich 6 Kinder habe, 4 Mädchen und 2 Jungen; von 11 bis 1½ Jahren (unter denen ein liebes Zwillingspaar von 3½ Jahren Bub und Mädchen sich befindet). So sehr ich mich beschränken muss und so manchfaltig meine öffentlichen Pflichten als Lehrer und Arzt sind – gehen mir

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jene Lieben über alles und ich hoffe etwas menschliches aus ihnen zu bilden. Dazu bedürfte ich oft Ihres Rathes und könnte ich jedes mal nach Iferten laufen, wenn mich mein Gefühl und Glaube dahin zieht Sie würden mich oft genug bei Sich sehen. Darum muss ich Sie dringend bitten, mir wenigstens (da ich des kräftigen Lebens in Ihrem Kreiss, wohin ich so oft mich wünsche, entbehren muss) alles dasjenige (ganz auf meine Kosten versteht sich) zu übersenden, was ausser den Elementarbüchern und den Bildungsblättern (welche leztere ich leider vor kurzem erst erhalten konnte) zum Behuf des Unterrichts in Ihrer Anstalt noch gedruckt ist z[um] B[eispiel] ABC Buch u[nd] Tabellen, Buchstabier u[nd] Leseü[bungs]buch u[nd] was etwa sonst noch für Naturgesch[ichte] Geographie etc. gethan ist u[nd] in den Bild[un]gsbl[ättern] schon angedeütet wurde. – Geliebter Pestalozzi, ich verstehe Sie im innersten Gemüth – der Bericht über Ihre rastlosen Anstrengungen in Stanz insbesondre hat mir gezeigt, wie gleich allen grossen Lehrern der Menschheit auch bei Ihnen eintrift, dass das wahrhaft Gute seinen Freünden durchaus nicht Ruhe lässt, bis es durch sie völlig offen baret worden – ich habe Sie darum wie alles wahrhaft Grosse bewundert; aber ich musste auch von der tiefsten Rührung ergriffen laut weinen, da ich an so verwahrlosten Geschöpfen, wie jene Kinder eine solche Gewalt des Guten erblickte. O es muss durchdringen! die Menschen m ü s s e n besser werden, es wird künftig gewiss nicht mehr von der Neigung abhangen und von der Wahl des Guten – dies darf nicht erwählet werden, sondern muss uns beherschen – das allein ist Freiheit – alles andre nur mehr oder minder verhehlte Knechtschaft. Wenige begreifen noch, wohin das eigentlich führt, was S i e wollen, was Sie so innig eins mit wahrer u[nd] tiefster Wissenschaft u[nd] Kunst als das einzige Heil verlangen. In der Zukunft wirds nicht also seyn; Ihr Name wird wie wenige h e i l i g geachtet werden und in jedem Herzen zu neuem Leben aufstehen. So müsste uns von den heiligen Bergen der Erde, wie alles davon ausgegangen, auch dieser grosse Moment: das grosse Erlösungswerk kommen von einem Manne, der grossen u[nd] ursprünglichen Gemüthes ist, wie jene festen Säulen der alten Erde. Sehen Sie ein mal nach, lieber Pestalozzi, ob Sie etwa in den Reden Gottfrieds im 1ten der von mir in vorigem Jahre herausgegebenen philos[ophischen] Gesprächen: über die Selbstvernichtung der Zeit u[nd] d[er] Hofnung zur Wiedergeburt ein und das andre finden, was Ihnen meine Gesinnung besser zu erkennen gibt, als es mir hier gelungen und vor allem bitte ich Sie in der (Jenaische Li[teratur] Z[ei]t[un]g Nro 15 dieses Jahres) mit K.J.W. unterschriebenen

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Rez[ension] zu vernehmen, was mir Ihre Methode für die tiefste Wissenschaft und jezt kaum noch geahndete Lebenskunst gelte. Ich verlange von Ihnen, mein Geliebter, keine weitläufige Ihnen nothwenig lästig falende Correspondenz; nur hie und da ein Freündeswort, einen Wink auf wichtige Anfragen wie z[um] B[eispiel] die wegen Ihrer Gesinnungen über den Unterricht in der Geschichte, der mir als Darstellung vom Lebenslauf des Menschengeschlechts an die Lebensalter der Entwiklung des Einzelnen angeknüpft werden zu müssen scheint, weil es sonst beim alten unnüzen Haufenwerk bleibt. Vom Kinde kann nur die Kindheit des Menschengeschlechts, vom Jüngling allein die Jugend, vom Manne die Mannhaftigkeit recht gefühlt und verstanden werden: Sie wissen, was ich hiemit sagen wollen könne und sind vieleicht damit einig, dass die Geschichte ein Studium des ganzen Lebens sey und sich nicht in einigen Jahren erlernen (höchstens auswendig lernen) lasse. Wenn Sie wollen und mir durch ein liebes Gegenwort (wenn auch spät ganz nach dem Maas Ihrer nothwendigen Geschäfte) zu erkennen geben, dass ich vieleicht mit einigen Gedanken über die Geschichte etwas nüzen könnte, so will ichs irgendwo thun. Vieleicht ist es Ihnen auch nicht ganz gleich gültig zu wissen, dass ich seit einigen Jahren alle Kraft auf das Studium der Exzentrizitäten des Menschengeistes im Gang seiner Entwiklung verwandt habe und nächstens hievon eine Probe geben werde in: Untersuchungen über A s t r o l o g i e , A l c h e m i e , und M a g i e (nicht in dem engen Sinn, wie dergleichen gewönlich genommen wird, sondern in Bezug auf die Entwiklung der Menschheit). Es soll hiedurch von einer andern Seite durch die Qual der Verwirrung und Verstrikung mit den dunkeln Mächten aufs neüe und recht dringend klar werden die Nothwendigk[ei]t wirklicher und wahrhaftiger Menschenbild[un]g. Und so darf ich vieleicht diese Schrift als einen Beitrag zu Ihrem grossen Werke ansehen. Wenn mein lieber Thieriot von Leipzig (der bei Ihnen, wenigstens g e w e s e n seyn soll) noch da ist, so bitte ich nebst unserm herzlichen Gruss diesen Wakeren und Seelen vollen, der uns kennt, um dasjenige zu fragen, was, wenn es Sie auch interessirte, doch zu weitläufig wäre hier niederzuschreiben. Gott vergönne mir, dass mir eine schon lange projectirte Reisse über Tübingen (um Kielmeyers willen) zu Ihnen gelänge! Meinen Jungen wenigstens soll und muss (dem ältesten vieleicht in fünf Jahren) dieses Glük werden, mit Ihnen zu leben: der Mühe aller Vorbereit[un]g solls mich nicht gereüen, wie ich auch jezt schon meine älteste Tochter von fast 11 Jahren ziemlich sicher geführt habe – aber es muss auch unablässig gearbeitet werden, dass ich so viel

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erringe, meinen Kindern das Beste zu geben was der Mensch vermag – Stärke u[nd] Tüchtigkeit des Geistes u[nd] Herzens – schönes Ebenmaas. Wir alle gross u[nd] klein grüssen Sie von Herzen. Ich bin ewig der Ihrige Windischmann. Meine Adresse ist: Professor u[nd] Hofmedikus Windischmann in Aschaffenburg.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a/56, Umschlag 390 Bogen und Blatt, 208x164 mm Dorsualvermerk Windischmann an Pest. 1809 Original Textkritik

Zeuge H Z. 19 Z. 26 Z. 84 Z. 86 Z. 94f. Z. 103 Z. 108

zum grössten Pestalozzi: lateinische Schrift gefühlt und∫ ganzen∫ Probe geben Thieriot: lateinische Schrift projectirte: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Karl Joseph Hieronymus Windischmann (1775–1839) studiert ab 1792 in seiner Geburtsstadt Mainz und später in Würzburg Philosophie, Naturwissenschaft und Medizin, worin er 1796 promoviert. Nach Aufenthalten in Wien und Mainz wird er 1801 als Hofmedicus nach Aschaffenburg berufen und aufgrund naturhistorischer und philosophischer Vorlesungen zum Professor der Philosophie und Geschichte ernannt. 1818 übernimmt er den katholischen Lehrstuhl für Philosophiegeschichte an der Universität Bonn. Als Vertreter zunächst einer mystizistischen, später einer positiv-christlichen Philosophie wird Windischmann in die Streitigkeiten um den Hermesianismus (Versuch einer rationalen Begründung des kirchlichen Dogmas) hineingezogen. III. Z. 16 Z. 26

Joh[annes] v[on] Müller: Johannes von Müller (1752–1809) ⇒ Nr. 1003 6 Kinder: Gemeinsam mit seiner Frau Anna Maria Windischmann-Pizzala (†1854) hatte Karl Joseph Hieronymus Windischmann (⇒ Sacherklärung I.) zahlreiche Kinder; bis 1809, als der Brief geschrieben wurde, lassen

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sich deren 6, nämlich Karolina (1797–1813), Wilhelmine (†1832), Katharina Margaretha Walburga (1803–1804), Georg Karl Ignaz (1805–1828), Anna Maria Franziska (1805–1832) und Karl Johann Josef (1807–1839) nachweisen. Elementarbüchern: Johann Heinrich Pestalozzi: ABC der Anschauung, oder Anschauungs-Lehre der Massverhältnisse. Zürich 1803 (PSW XV, S. 175–340), Johann Heinrich Pestalozzi: Buch der Mütter, oder Anleitung für Mütter, ihre Kinder bemerken und reden zu lehren. Zürich 1803 (PSW XV, S. 341–424) und Johann Heinrich Pestalozzi: Anschauungslehre der Zahlenverhältnisse. Zürich 1803/1804 (PSW XVI, S. 93–110) Bildungsblättern: Damit dürfte die Wochenschrift für Menschenbildung (1807–1811) gemeint sein. Bericht: Pestalozzi’s Brief an einen Freund über seinen Aufenthalt in Stanz (PSW XIII, S. 1–32). Der Bericht erschien, mit Erläuterungen von Johannes Niederer (1779–1843 ⇒ Nr. 507), erstmals 1807 in der Wochenschrift für Menschenbildung. Reden Gottfrieds: Im ersten, «Irrtümer und Wahrheit» betitelten philosophischen Gespräch (⇒ Z. 69) Karl Joseph Hieronymus Windischmanns (1775–1839, ⇒ Sacherklärung I.), tritt Gottfried nebst einem Verteidiger der Verstandesherrschaft, Siegfried, einem «Naturschwärmer», Willibald, und einem Mittler, Cuno, auf, um die Reden der drei letzteren als gehaltlos zu enttarnen und stattdessen die Milde und Innerlichkeit des kindlichen Gemüts zu preisen. Bei der Erwähnung Gottfrieds im Brief an Pestalozzi dürfte Windischmann insbesondere die Kritik an den gängigen Erziehungsmethoden im Blick gehabt haben, die er seiner Figur in den Mund gelegt hatte: Gottfried verurteilt in seinen Reden das moderne Allerlei, mit dem die Kinder zu freier Bildung und liberaler Denkart erzogen und dadurch um wahre Werte wie Liebe und Gott erkennenden Verstand betrogen würden. philos[ophischen] Gesprächen: Karl Joseph Hieronymus Windischmann: Von der Selbstvernichtung der Zeit und der Hofnung zur Wiedergeburt. Philosophische Gespräche. Heidelberg 1807 Rez[ension]: Karl Joseph Windischmann: Rezension über: Friedrich Immanuel Niethammer: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena 1808. In: Jenaische allgemeine Literatur-Zeitung (1809), Heft 13–15, S. 97–120 Untersuchungen: Karl Joseph Hieronymus Windischmann: Untersuchungen über Astrologie, Alchemie und Magie. 2 Bände. 1813. Dieser Titel ist allerdings in den Bibliothekskatalogen nicht nachgewiesen. Thieriot: Paul Emil Thiriot (1780–1831) ⇒ Nr. 984 Kilmeyers: Karl Friedrich Kielmeyer (1765–1844) war, nach einem Studium der Medizin und der Naturwissenschaften an der Stuttgarter Hohen Karlsschule, seit 1796 Professor für Chemie, Botanik und Pharmazie an der Universität Tübingen und wurde 1816 als Staatsrat zum Vorsteher der Sammlungen für Wissenschaft und Kunst in Stuttgart ernannt.

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Hier, mein innigst verehrter Pestalozzi! dieser Prodromus der Verhandlungen, weil ich nicht länger zaudern wollte, das Mögliche zu geben. – Möge diesem Vorbothen das verheissene Grössere bald folgen, I h r e Schlussrede, von N i e d e r e r aufgefasst, oder was noch köstlicher, von I h n e n selbst zu Papier gebracht, indem ich hoffe, Sie können sich wieder ganz in die Geistes-Stimmung versetzen, worin Sie zu Lenzburg gesprochen haben, in dem Masse ideenreich, gemüthsvoll, u[nd] dabey so klar und wohl geordnet, wie ich Sie weder schriftlich noch mündlich jemahls glaube geordert zu haben. Machen Sie sich dazu doch aufs eheste mit Gewalt einige Musse, wenn sie mit Liebe nicht zu finden wäre. – Demnach N i e d e r e r s Vorlesung, die leider zu Lenzburg in der Tasche geblieben ist. – Was Fellenberg versprochen hat, und wie ichs damahls verstanden hatte, schon geschrieben war, eine Nachricht von dem zu Hofweil gegebenen Schulunterrichte durch Zeller, hat jetzt auf Fellenbergs eigenes Begehren Herr Pfarrer u[nd] Schul-Commissar Müller zu Limpach zu schreiben übernommen, was mir sehr lieb ist. H[er]r Müller hat mir vor wenigen Tagen seine Bereitwilligkeit gemeldet und zugleich die erfreuliche Nachricht gegeben, dass die zu Hofweil instruirten Schullehrer seines Kreises die Methode über Erwarten gut ausüben, nicht etwa nur mechanisch, sondern mit Verstand. Jetzt werde ich trachten, die Commission wegen der Grundgesetze unserer Gesellschaft in Thätigkeit zu setzen. Trine Egger ist nun in Iferten angelangt, von meinen besten Wünschen begleitet, u[nd] von dem wärmsten Herzensdanke für die Wohlthat, welche Sie an diesem Mädchen thun. Ich bin voll Verlangen zu hören, wie es sich anlässt, ob ich hoffen darf meine Absichten mit ihm seyen erreichbar. Haben Sie schon über Her Musicus Nägeljs Beginnen in Betreff der Sing-Methode sich gegen selbigen erklärt? Mit herzlicher Verehrung und Liebe der Ihrige, Schulthess, Professor.

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ZB Zürich, Ms Pestal 55, Umschlag 342/1 Blatt, 210x172 mm Datum am Schluss Original Textkritik

Zeuge H Z. 21

übernommen, was Sacherklärung I.

Johannes Schulthess (1763–1836) ⇒ Nr. 788 II./III. Z. 5 Z. 8

Z. 8 Z. 15f.

Z. 17 Z. 18 Z. 19 Z. 19 Z. 21 Z. 29 Z. 34

Prodromus: Bote, Kurier (lat.) Schlussrede: Auf der Gründungsversammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Erziehung (⇒ Nr. 1012) die am 26./27. Oktober 1808 in Lenzburg stattfand, hielt Pestalozzi die Schlussrede. Der von Johannes Schulthess (1763–1836, ⇒ Nr. 788) ausgedrückte Wunsch, Pestalozzi möge diese Rede niederschreiben, findet sich in der protokollartigen Berichterstattung zur ersten Zusammenkunft der Gesellschaft wiederholt, ist aber unerfüllt geblieben: Die Rede ist nicht erhalten (vgl. Berichterstattung von dem ersten Zusammentritte der schweizerischen Gesellschaft der Erziehung zu Lenzburg den 16. und 17. Weinm. 1808). Allerdings sollte Pestalozzi an der folgenden Versammlung 1810 eine Rede halten, die – allerdings in der Überarbeitung von Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) – einige Aufmerksamkeit erhielt, nämlich die Lenzburger Rede, die 1810 sowohl als Separatdruck als auch in diversen Heften der Wochenschrift für Menschenbildung erschien (PSW XXII, S. 1–324). N i e d e r e r : Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 N i e d e r e r s Vorlesung: Aus Zeitmangel konnten mehrere geplante Vorträge auf der Gründungsversammlung nicht gehalten werden und eine ursprünglich geplante Druckausgabe aller vorgetragenen Reden und ungehörten Vorträge ist nicht zustande gekommen. Möglicherweise hätte es sich beim Beitrag von Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) um den Vortrag Blicke auf die Stiftung und das Band einer schweizerischen Gesellschaft für Erziehung gehandelt, der in Entwürfen erhalten ist (ZB Zürich, Ms Pestal 650, Umschlag 2/5). Fellenberg: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 Nachricht: Scheint weder in gedruckter noch in ungedruckter Form erhalten zu sein. Schulunterrichte: ⇒ Nr. 984 Zeller: Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656 Müller: Johann Müller (1764–1845) ⇒ Nr. 971 Trine Egger: Katharina Krüsi-Egger (1790–1848) ⇒ Nr. 1319 Her Musicus Nägeljs: Hans Georg Nägeli (1773–1836) ⇒ Nr. 998

645 1047. Hermann Krüsi, Abraham Meyer und Johann Georg Tobler 10. Februar 1809 Mülhaus[en] den 10ten Feb. 1809. 5

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Endlich, theuerster Vater, schicken sich die hiesigen Angelegenheiten so, dass ich ohne Gefahr für die gute Sache von hier weg kann. Die Armenschule nimt eine über alles Erwarten befriedigende Richtung. Mitten in aller Verwahrlosung, der die Fabrickkinder Preis gegeben sind, entfalten sich höhere Kräfte und treten zu weilen auf eine überraschende Art zum Vorschein. Man verwundert sich allgemein wie eine Masse von zweyhundert Buben dieser Art, durch Liebe geleitet, und durch das Intresse der Sache selbst zur Aufmerksamkeit und zur Ordnung gebracht werden konnte. Bis jetzt konnte mit nichts anderm als dem Kopfrechnen und Sprachübungen mit Lesen verbunden, der Anfang gemacht werden. Eine Menge erwachsene Personen begleiten täglich die Schulkinder und sehen ganze Stunden lang ihren Ubungen zu. Die Anzahl der Knaben die wir ausgewählt haben, um nach dem Nachtessen – noch eine Stunde Unterricht und dadurch einen Vorsprung vor den übrigen zu erhalten und zu Gehülfen angeleitet zu werden ist bereits auf 20 gestiegen. Wir nehmen nur solche zu dieser Klasse, die sich in der allgemeinen Schule durch Fleiss und ein gutes Betragen auszeichnen. Es ist der Kern der Masse – die eigentliche Ehrenlegion. Wirklich ist es ausserordentlich welcher Trieb zur Bildung sich in diesen entfaltet, und wie ihre Gesichtszüge und ihr ganzes Wesen sich bereits schon veredelt hat. Zwey von diesen bringe ich mit nach Iferten. Die Commission der Anstalt will durch diese für die Sicherheit der Sache auch in der Zukunft sorgen. Sie sollen wenn sie den Erwartungen entsprechen zwey Jahre lang in Iferten bleiben. Einer von ihnen ist ein hiesiges Waisenkind, der andere ist der einzige Sohn eines kranken Vaters der wahrscheinlich bald im Spital sein Leben enden wird. Die Familie stammt aus Polen her und besitzt noch Adelsbriefe von ihren Voreltern. Herr Meyer bittet Sie im Nahmen der Comission diese Knaben aufzunehmen, bis zu ihrer Ankunft für ein zweyschläfriges Bett zu sorgen und ihren Aufenthalt so wenig als möglich kostspielig zu machen, indem besonders die ersten Einrichtungen der hiefür errichteten Casse stark zu Leibe gehen. Ich versicherte in Ihrem Nahmen dass Sie gewiss alle mögliche Rücksicht darauf nehmen, und den Einwohnern der Stadt die uns so viele ihrer theuern Kinder

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anvertrauen mit dem innigsten Vergnügen zur Erreichung so edler Zwecke behülflich seyn werden. Künftigen Mittwoch Morgens denke ich von hier zu verreisen. Die beyden Knaben aber werden erst am Samstag nach Basel kommen, weil ich mich nothwendig daselbst noch 3 bis 4 Tage aufhalten muss, theils um mit Hopf über den Gang einiger Sprachübungen ins Reine zu kommen, theils um die Eltern zu besuchen die ich bey meiner Herreise nicht sehen konnte, und besonders auch noch um die Schule in Sissach und einige andere Schulen des Kantons zu sehen worinn nach der Methode unterrichtet wird. Von Basel aus werde ich wahrscheinlich den kürzesten Weg nach Hause einschlagen, um so bald als möglich wieder da zu seyn wo meine Pflicht mich hinruft. Schär habe ich nicht gesehen und weiss nichts von ihm. Pfeifers Gesanglehre wird hier beträchtlichen Absatz finden. In Basel hingegen wird Hopf wenig thun können. M ä d e r hat sich, wie man sagt, für die Pfrund von Marienkirch gemeldet. Ob es wieder geht wie bey Biel oder anders wird die Zeit lehren. Ich habe ihn seit einiger Zeit nicht wieder gesehen. Er weicht es aus von der Sache zu sprechen und mich ihm aufdringen mag ich auch nicht. Ehe ich von hier weg gehe werde ich noch für meine Schwester den Unterricht einiger Mädchen einleiten ich hoffe dass es auch diessfalls gut gehen werde. Es sind viele Eltern hier die sehnlich wünschen dass auch ihren Töchtern der Unterricht nach der Methode zu theil werden möchte. Pfeffel werde ich diessmahl schwerlich sehen. Hingegen Legrands Anstalt habe ich wirklich zu meiner grössten Befriedigung gesehen. Was Legrand ist und thut – ist einzig in seiner Art. Ich kenne keinen Mann der dem Volk und seinen wesentlichen Bedürfnissen so nahe steht. Doch das müssen Sie selbst sehen. Ihre Idee Unterricht mit Industrie zu verbinden wird bey ihm wenn auch nur beschränkt, doch rein und kraftvoll ausgeführt. Ich muss enden. Grüssen Sie mir herzlich alles was im Hause lebt vom grössten an bis zum kleinsten. Es grüsst Sie herzlich Meyer Tobler meine Schwester und eine Menge Ihrer Freunde die ich nicht alle nennen kann. Zeitlebens Ihr treuer Krüsi. Durch Freund Krüsy werde ich Ihnen das eigentliche wegen den zwey Knaben melden. Ich grüsse Sie indessen mit Hochachtung Meyer.

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Durch Krüsi werden Sie auch von mir mehr hören. Die beiden Schulen befriedigen mich sehr und Gott wird seinen Seegen zum redlichen Thun legen. Alle die Meinen sind gesund u[nd] grüssen Sie herzlich, mit Ihrem Tobler.

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ZB Zürich, Ms Pestal 52/53, Umschlag 173/2 zwei Bogen, 190x120 mm Datum am Schluss Original Textkritik

Zeuge H Z. 16 Z. 18 Z. 21f. Z. 25 Z. 25 Z. 40 Z. 42 Z. 55 Z. 70

täglich∫ haben, um der allgemeinen und∫ wie Gesichtszüge und nehmen , und anvertrauen ihm. Pfeifers verbinden: eigentlich: verbindung Sacherklärung I.

Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588 Abraham Meyer (1774–1832) stammt aus der seit dem 18. Jahrhundert in Mulhouse etablierten Handelsfamilie Meyer und ist Indiennefabrikant in seiner Heimatstadt sowie Initiant der dort 1808 ins Leben gerufenen Armenanstalt (⇒ Z. 7). Aus seiner Ehe mit Elisabeth Meyer-Zürcher (1780–1861, ⇒ Nr. 1044) gehen vier Kinder hervor, deren ältestes, Isaac (1798–1838), von 1807–1812 bei Pestalozzi in Yverdon ausgebildet wird. Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500 II. Anfang 1809 war Hermann Krüsi (1775–1844, ⇒ Nr. 588) nach Mulhouse gereist um dort den Aufbau einer Armenanstalt zu unterstützen. Wie der vorliegende Brief zeigt, konnte dieses Unternehmen erfolgreich abgeschlossen werden. III. Z. 7

Armenschule: 1808 initiierten Johann Georg Tobler (1769–1843, ⇒ Nr. 500) und fünf Mühlhausner Fabrikanten eine unentgeltliche Abendschule für Arbeiterkinder, die die Gemeindeschule der zu hohen Kosten und der täglichen Arbeit wegen nicht besuchen konnten. Die vorerst nur für rund

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15 Knaben, später separat auch für Mädchen geführte Anstalt nahm 1809 den Betrieb auf und bestand bis 1836 unter verschiedenen Leitern fort. Zwey: Es handelt sich um Jean Schmilensky (*1795), Sohn eines Tuchmachers und Daniel Zuber (*1797), Sohn eines Schreiners, die beide am 25. Februar 1809 in Yverdon eintraten und das Institut im November 1810 wieder verliessen. Iferten: dt. Name für Yverdon Hopf: Johann Samuel Hopf (1784–1830) ⇒ Brief vom 22. Juni 1817 Schule in Sissach: Der Pfarrer Sebastian Spörlin (1746–1812) gründete am 18. April 1808 in Sissach ein Lehrerseminar. Nach Spörlins Tod bestand das Seminar noch bis Ende 1813 in Sissach fort und zog 1814 nach Muttenz, wo Pfarrer Johann Jakob Bischoff (1785–1864) laut Auftrag des Deputatenamts den Erfolg des ersten Seminars fortsetzen sollte. Streitigkeiten zwischen Bischoff und dem für die Ausbildung zuständigen Lehrer Erhard Schneider (1775–1852) führten 1821 zu einem dreijährigen Unterbruch und 1826, zwei Jahre nach Wiederaufnahme des Seminarbetriebs, zur Schliessung der Ausbildungsanstalt. Schär: Rudolf Schär (1786–ev. um 1822) aus Schüpfen (Kt. Bern) war von 1807–1808 zur Ausbildung in Yverdon und arbeitete später als Lehrer in Lenzburg und Wädenswil, bevor er Ende 1814 mit William (James) Maclure (1763–1840, ⇒ Nr. 878) zunächst nach Paris und von dort aus nach Amerika reiste, wo er in Washington während kurzer Zeit eine Schule nach Pestalozzischen Grundsätzen betrieben haben soll. Möglicherweise verstarb er 1822, da seine Bibliothek damals versteigert wurde. Pfeifers: Michael Traugott Pfeiffer (1771–1849) ⇒ Nr. 917 Gesanglehre: Michael Traugott Pfeiffer: Gesangsbildungslehre nach Pestalozzischen Grundsätzen. Methodisch bearbeiten von H.G. Nägeli. Zürich 1810 M ä d e r : Abel Théodore Guillaume Mäder (1765–1834) ⇒ Nr. 910 wie bey Biel: Abel Théodore Guillaume Mäder (1765–1834, ⇒ Nr. 910), seit 1802 Pastor der deutschen reformierten Kirche in Mulhouse, hatte 1809 eine Pastorenstelle in Sainte-Marie-aux-Mines (Markirch, Elsass) übernommen. Möglicherweise hat er sich zuvor schon vergeblich an anderen Orten beworben («fatigué d’habiter M[ulhouse]»), so eventuell auch in Pieterlen bei Biel, wo 1808 eine offene Stelle mit einem anderen Mühlhausner Pfarrer, Pierre Richard (1755–1822), besetzt worden war. meine Schwester: Elisabeth Krüsi (1773–1819) ⇒ Nr. 594 Pfeffel: Gottlieb Konrad Pfeffel (1736–1809) ⇒ Nr. 257 Legrands: Johann Lukas Legrand (1755–1836) ⇒ Nr. 526 Anstalt: Johann Lukas Legrands (1755–1836, ⇒ Nr. 526) Bandfabrik und seine Arbeiterschaft waren unter einem Dach im ehemaligen Kloster im elsässischen St. Morand angesiedelt. Hier fand auch ein Unterricht der Arbeiterkinder statt.

649 1048. Georg Heinrich Ludwig Nicolovius 13. Februar 1809 5

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An Herrn Heinrich Pestalozzi frei in Yverdun im Canton Wadt in der Schweiz. Königsberg d[en] 13 Febr. 9. Dein Schreiben vom 29 Nov[ember] ist erst in diesen Tagen in meine Hände gekommen, u[nd] begeistert mich mit Freude, dass Du in alter Kraft lebest, auf die Leiden der Vergangenheit mit Dank zurücksiehst und die Zukunft sich herrlich vor Dir öfnet. Ja, alter Ehrwürdiger, auch Du bist durch Leiden zur Herrlichkeit eingegangen. Dein Werk wird bestehen u[n]d die dankbare Nachwelt wird Dich segnen. Die Stunden in Neuhof sind frisch in meiner Seele, als hätten wir sie gestern gelebt, u[nd] dass Du auch noch ihrer gedenkst u[n]d dass Du mich selbst wegen mancher spätern Bedenklichkeit rechtfertigst, erquickt mich u[n]d rührt mich. Möchte ich noch einmal Dich sehen, jezt in dem vollen Leben, das Dir zu Theil geworden! Ich antworte Dir hier sogleich, damit Du wissest, dass ich seit meinem lezten Briefe zum Staatsrath erhoben u[n]d dadurch in kräftigere Wirksamkeit für Deinen grossen Zweck versezt bin. Wir werden aufleben an Deinem Licht, u[n]d Du wirst auch in uns Wunderkräfte wecken. Die Regierung u[nd] der König persönlich sind ganz entschieden für die allgemeine Einführung der Methode. Leider hat Zeller auf die neulichen, ganz nach seinem Wunsch eingerichteten Anträge noch nicht geantwortet. Aber die beyden jungen Leute, die zu Dir gehn sollen, sind gefunden u[nd] reisen in kurzem ab. Auch hat der König heute genehmigt, dass der in Deinem Briefe gedachte H[er]r Henning, jezt in Basel, dieselbe Unterstützung geniessen soll, die jene beyden geniessen. Du erhältst die officielle Zusicherung darüber mit einer der nächsten Posten; ich soll es Dir hier aber vorläufig, doch als ganz entschieden, melden. Lass es also H[er]rn Henning wissen u[nd] nimm ihn je eher je lieber zu Dir. Hilf uns überall; wir verdienen es, weil wir die Hände nach Dir ausstrecken.

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Verjünge Dich u[nd] stärke Deine Kraft am Glauben an den Erfolg Deines Lebens. Behalte mich lieb u[n]d lass mich auf den Tag des Wiedersehns hoffen. Grüsse die Deinen. Nicolovius.

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ZB Zürich, Ms Pestal 53/54, Umschlag 261/21 Bogen, 244x200 mm Siegelspuren, Dorsualvermerk 1 8 0 9 13. fevrier – Nicolovius repondu 23 Merz Original Textkritik

Zeuge H Z. 5 Z. 7 Z. 7 Z. 34

Heinrich Pestalozzi: lateinische Schrift Yverdun: lateinische Schrift Yverdun beyden geniessen Sacherklärung I.

Georg Heinrich Ludwig Nicolovius (1767–1839) ⇒ Nr. 423 II. Die Ankündigung des preussischen Ministers Friedrich Leopold von Schrötter (1743– 1815, ⇒ Nr. 992), zwei Eleven nach Yverdon zu schicken (⇒ Nr. 992), nahm Pestalozzi zum Anlass, den zum Staatsrat erhobenen alten Freund Georg Heinrich Ludwig Nicolovius (1767–1839, ⇒ Nr. 423) zu bitten, sich dafür zu verwenden, dass auch der in Basel lebende Johann Wilhelm Mathias Henning (1783–1868, ⇒ Nr. 1021) auf Kosten des preussischen Staates nach Yverdon zur Ausbildung geschickt würde. III. Z. 11 Z. 24 Z. 27

Z. 27 Z. 29 Z. 30

Dein Schreiben: PSB VI, Nr. 1435 meinem lezten Briefe: ⇒ Nr. 999 Regierung: Das Preussische Staatsministerium war von 1808 bis 1850 das Exekutivorgan Preussens. Es war dem König unterstellt und setzte sich aus den Fachministern zusammen. König: Friedrich Wilhelm III., König von Preussen (1770–1840) ⇒ Nr. 568 Zeller: Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656 Anträge: Nachdem Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) einem ersten, im September 1808 an ihn ergangenen Ruf aus Königsberg keine Folge geleistet hatte, beantwortete er eine zweite Anfrage im Januar 1809 grundsätzlich positiv, machte seine Übersiedlung nach Preussen aber von der Erfüllung eines umfangreichen Forderungskataloges abhängig. Georg Heinrich Ludwig Nicolovius (1767–1839, ⇒ Nr. 423) war bereit, auf diesen einzutreten, sodass die Sektion Unterricht des Preussi-

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schen Innenministeriums (⇒ Nr. 1049) im März König Friedrich Wilhelm III. (1770–1840, ⇒ Nr. 568) einen definitiven Antrag unterbreitete, der Zellers Bedingungen unverändert übernahm. Daraufhin nahm Zeller die Berufung an und traf am 25. Juli in Königsberg ein. beyden jungen Leute: Peter Friedrich Theodor Kawerau (1789–1844) ⇒ Nr. 1453) und Johann Wilhelm Preuss (1790–1867). Preuss stammt aus Sowetsk (Tilsit, Kaliningrad) und studierte in Königsberg. 1811 wurde er nach Preussen zurückberufen, wo er zuerst kurz am Normalinstitut in Braniewo (Ermland-Masuren) lehrte, dann an das Schullehrerseminar in Karalene (Kaliningrad) versetzt wurde und danach in Boleslawiec (Bunzlau, Niederschlesien) Lehrer war (⇒ Nr. 1453). Zurück in Karalene war er von 1818 bis 1825 als Inspektor tätig, von 1825 bis 1857 war er Direktor des Schullehrerseminars. H[er]r Henning: Johann Wilhelm Mathias Henning (1783–1868) ⇒ Nr. 1021 officielle Zusicherung: ⇒ Nr. 1049

1049. Sektion Unterricht des preussischen Innenministerium 16. Februar 1809 5

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An den Herrn Heinrich Pestalozzi Wohlgeb[or]en zu Yverdun im schweizerischen Kanton Waadt. Citissime Königsberg den 16. Febr. 1809.

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Es ist mir sehr angenehm, E[hren]w[erter] Wohlgeb[o]ren die Nachricht mittheilen zu können, dass des Königs Majestät nach Inhalt der abschriftlich beigefügten Kabinetsordre vom 13t d[ieses] M[onats] nicht nur zwei von hier zu sendende Zöglinge, sondern auch den von Ihnen selbst in Vorschlag gebrachten jungen Henning in Basel Ihrer Unterweisung in Ihrer Erziehungs- und Lehrart anzuvertrauen und drei Jahre lang in Yverdun unterhalten zu lassen beschlossen haben. E[hren]w[erter] etc. werden sich daraus überzeugen, dass nicht irgend ein Einzelner, sondern die Regierung selbst, die Absicht hat, Ihre Methode in die Preussischen Staaten zu verpflanzen und darin zu verbreiten, dass des Königs Majestät persönlich dafür erwärmt, und demnach für die nachdrückliche und beharrliche Aus-

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führung dieser Absicht das Höchste zu hoffen ist. Bei der Wahl der Zöglinge hat man ganz auf Ihre Wünsche gesehen, und ist überzeugt, dass sie diesen entsprechen werden. Sie werden Ihnen daher auch mit der unbedingtesten Zuversicht übergeben, sie als treue, geschickte, und für ihre grosse Bestimmung vollkommen ausgebildete Männer aus Ihrer Hand wieder zu erhalten. Dem etc. Henning werden E[hren]w[erte] etc. belieben, nach dessen Empfang sich derselbe sogleich nach Yverdun begeben kan. Die andern beiden Zöglinge werden im künftigen Monat von hier abgehen. Ich eile, Ihnen dies officiell bekannt zu machen. Bei der Abreise der beiden jungen Leute von hier wird übrigens die Sektion des öffentlichen Unterrichts E[hren]w[erter] etc. noch ausführlicher schreiben, als solches hier hat geschehen können. Mit den Gesinnungen der tiefgefühltesten ausgezeichnetesten Hochachtung verharre ich Namens S[einer] Excellenz Süvern An den Staats-Minister Grafen zu Dohna hieselbst. Königsberg den 13ten Februar 1809.

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Mein lieber Staats-Minister Graf zu Dohna! Mit Eüch und mit der Section für den Unterricht von der hohen Zwekmässigkeit und Wichtigkeit der Pestalozzischen Lehrund Erziehungs-Art überzeügt, wünsche ich selbst die Bildung ausgewählter, junger Leute durch Pestalozzi und sein Institut. Da nun nach den Berichten vom 8ten d[ies] und 31ten v[origen] M[onaths] und nach Eurer mündlichen Anzeige, die Zöglinge Preuss aus Tilsit und Kawerau aus Elbing, auch ein in Basel befindlicher junger Preusse Namens Henning, die von Pestalozzi verlangten Eigenschaften besitzen so genehmige ich sehr gerne, dass alle drey zu ihm nach Yverdun in sein Institut auf drey Jahre geschikt und dort für das Schulwesen Meiner Staaten gebildet werden. Die Kosten bewillige Ich für jeden mit dreyhundert und fünfzig Thalern zur jährlichen Unterhaltung, als Euer wohlaffectionirter König. Friedrich Wilhelm.

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Geheimes Preussisches StA Berlin-Dahlem, rep. 76 VII, Sekt. 1aa, Nr. 4, Band 1, S. 115 (Brief der Sektion, H1); ZB Zürich, Ms Pestal 54a, Umschlag 298/1 (Brief des Königs, H2) H1: Datum und Adresse am Schluss, dem Entwurf sind verschiedene Anweisungen am Rand beigefügt. Die Schreiben an H[er]rn Pestalozzi und Henning sind, wenn sie mundiert und unterzeichnet sind, beyde S[einer] Excellenz zur Beförderung zuzustellen. S[üvern] ist nomine der Sektion auf einem besondern Bogen ausgefertigt.

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An den Kö[ni]gl[ich]en General Postmeister H[errr]n von Siegeberth* Hochachtend * den 21 mit Schreiben an Pestalozzi. Da an der wichtigen u[nd] schleunigen Beförderung des anliegenden Schreibens viel gelegen so ersuche ich Euch ergebenst dasselbe gefälligst sofort mit möglichster Sorgfalt u[nd] den besten Empfehlungen an seine Addresse befördern auch so viel wie irgend möglich frankiren zu lassen. * H2: Datum und Adresse am Schluss, Dorsualvermerk Copie der erlaubnis u[nd] art wie , Preuss, Kawerau, Hening u[nd] Helbing vom König in preussen hieher gesandt Entwurf (H1), Abschrift (H2) Textkritik

Zeuge h Z. 5 Z. 8 Z. 10 Z. 11 Z. 12 Z. 17 Z. 17 Z. 19 Z. 19 Z. 21 Z. 26 Z. 26f. Z. 27 Z. 28 Z. 30 Z. 31 Z. 33f.

Z. 38 Z. 43 Z. 45 Z. 50 Z. 50 Z. 50 Z. 51 Z. 52

Heinrich Pestalozzi: lateinische Schrift Yverdun: lateinische Schrift Waadt: lateinische Schrift C i t i s s i m e : lateinische Schrift Königsberg: lateinische Schrift Henning: lateinische Schrift Basel: lateinische Schrift Yverdun: lateinische Schrift unterhalten irgend∫ Zöglinge hat∫ man∫ ist überzeugt werden. Sie übergeben∫ Henning: lateinische Schrift etc. belieben abgehen. Mit Dohna: lateinische Schrift Dohna: lateinische Schrift Preuss: lateinische Schrift Tilsit: lateinische Schrift Kawerau: lateinische Schrift Henning: lateinische Schrift Yverdun: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Im Zuge der unter Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom Stein (1757–1831) durchgeführten Reorganisation der Verwaltungsordnung sowie der -behörden Preussens wird Ende 1808 die Section des Cultus und des öffentlichen Unterrichts eingerichtet. Sie löst

654 die 1787 mit dem Ziel der Trennung von Kirchen- und Schulwesen ins Leben gerufene und 1809 aufgehobene Institution des Oberschulkollegiums ab und bildet eine eigene, fachspezifische Sektion innerhalb des ebenfalls neu entstandenen und unter der Leitung von Friedrich Ferdinand Alexander von Dohna (1771–1831, ⇒ Z. 45) stehenden Ministeriums des Innern. Sektionschef der Unterrichts- und Kultusbehörde ist von 1808 bis 1810 Wilhelm von Humboldt (1767–1835, ⇒ Brief vom 6. Juni 1817), der zugleich den Vorsitz der Abteilung für den öffentlichen Unterricht innehat, während die andere Abteilung, die des Kultus, von Georg Heinrich Ludwig Nicolovius (1767–1839, ⇒ Nr. 423) geleitet wird. Zu den Aufgaben der Sektion Unterricht, mit der die Schulaufsicht unter die ausschliessliche Kulturhoheit des Staates fällt, gehört es, das Bildungswesen zentral zu beaufsichtigen, zu vereinheitlichen und zu reformieren. Weitere Mitglieder, das heisst Staatsräte der Abteilung öffentlichen Unterrichts um 1809 sind Johann Wilhelm Süvern (1775–1829, ⇒ Z. 41) und Johann Daniel Wilhelm Otto Uhden (†1835). Nachdem Humboldt 1810 sein Amt als Sektionschef niederlegt, tritt Kaspar Friedrich von Schuckmann (1755–1834, ⇒ Nr. 1210) bis 1817 an seine Stelle. Im gleichen Jahr wird dann die Section des Cultus und des öffentlichen Unterrichts vom Innenministerium losgelöst und in einem selbstständigen Ministerium mit dem Namen Ministerium für geistliche, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten angesiedelt. III. Z. 11 Z. 14 Z. 16 Z. 17 Z. 21 Z. 41

Z. 43

C i t i s s i m e : aufs Schnellste (lat.) Königs: Friedrich Wilhelm III., König von Preussen (1770–1840) ⇒ Nr. 568 Zöglinge: Johann Wilhelm Preuss (1790–1867, ⇒ Nr. 1048) und Peter Friedrich Theodor Kawerau (1789–1844, ⇒ Nr. 1453) Henning: Johann Wilhelm Mathias Henning (1783–1868) ⇒ Nr. 1021 Regierung: Preussisches Staatsministerium ⇒ Nr. 1048 Süvern: Johann Wilhelm von Süvern (1775–1829) trat nach seinem Studium der Theologie und der Altertumswissenschaften in Jena und Halle 1796 als Schulamtskandidat in das soeben gegründete philologischpädagogische Seminar in Berlin ein und übernahm 1800 als Rektor und erster Professor die Leitung des Gymnasiums in Torun (Thorn, KujawienPommern) und 1803 des Gymnasiums in Elblag (Elbing, Ermland-Masuren). Bereits dort trat er mit neuhumanistischen Reformideen hervor, die er dann, nach kurzer Tätigkeit als Professor für alte Literatur an der Universität Königsberg 1807/08, als Staatsrat der preussischen Unterrichtsabteilung besonders in der Phase preussischer Staatsreformen unter Leitung Wilhelm von Humboldts (1767–1835, ⇒ Brief vom 6. Juni 1817) forcierte. So arbeitete er bei der Reform der preussischen Elementarschule mit, unterstützte die Einführung Pestalozzischer Lehrgrundsätze in Preussen und setzte schliesslich 1819 mit dem Entwurf eines allgemeinen Gesetzes für die Verfassung des Schulwesens im preussischen Staate zentrale Akzente zur Integration des Schulwesens in die staatliche Verwaltung, selbst wenn diese Ambitionen mit Beginn der preussischen Restaurationsphase ab 1814/15 zunächst nicht umgesetzt wurden. Dohna: Friedrich Ferdinand Alexander von Dohna (1771–1831) war mit Alexander von Humboldt (1769–1859, ⇒ Nr. 933) und Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher (1768–1834, ⇒ Nr. 1089) Mitglied im Kreis des literarischen Salons von Henriette Julie Herz-de Lemos (1764–1847, ⇒ Nr. 1130), trat 1790 in die Kriegs- und Domänenkammer in Berlin ein, stieg

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Z. 50 Z. 50 Z. 54

1801 zum Direktor der gleichnamigen Behörde in Kwidzyn (Marienwerder, Pommern) auf und verhandelte 1806/07 erfolgreich mit Napoleon I. Bonaparte (1769–1821, ⇒ Nr. 580) um den Erlass von Kriegskontributionen in der preussischen Provinz. Als preussischer Innenminister von 1808 bis 1810 geriet er in Konflikt mit Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom Stein (1757–1831) und Karl August von Hardenberg (1750–1822, ⇒ Nr. 1394) über Umfang und Umsetzung der preussischen Reformen, wurde nach seinem Rücktritt 1813 zum Präsidenten auf dem preussischen Ständetag gewählt, organisierte als Präsident der Generalkommission für die Volksbewaffnung zusammen mit Carl von Clausewitz (1780– 1831) den Aufbau der Landwehr und wandte sich als ostpreussischer Generallandschaftsdirektor 1820 im Verbund mit dem liberalen Reformer Theodor von Schön (1773–1856) gegen die Karlsbader Beschlüsse. Tilsit: dt. Name für Sowetsk (Kaliningrad, Ostpreussen) Elbing: dt. Name für Elblag (Ermland-Masuren, Polen) Thalern: Grosssilbermünze

1050. Georges de Rougemont 16. Februar 1809 le 16 fevrier 1809 5

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Yverdon M[onsieu]r Pestalozzi J’ai reçu avec la lettre dont vous m’avez honoré le 9e le compte de mon fils du 1er 8ber 1808 au 1er Janvier 1809 s’elevant à f[ranc] L[ivres] 120. 4. 6 – que j’ai l’honneur de joindre ici vous priant de m’en accuser recêption. Vous répetez en outre le compte de trimestre au 1er 8bre 1808 s’élevant à L[ivres] 142.14 soldant la pension de mon fils dès son entrée chez vous M[onsieu]r à cette dâte, le trimestre paye d’avance, mais cette somme je l’ai remise le 21 8bre à M[onsieu]r Pestalozzi lui-même lorsqu’il passa par St Aubin allans à Lentzbourg et il quittança le compte dont il étoit le porteur que j’ai, avec un crayon. J’ai l’honneur d’être avec une considération très distinguée

Überlieferung 1 5

Privatbesitz Familie de Rougemont, Inv. 243, S. 535 Copia Textkritik

Zeuge [h] Z. 15

porteur que

656 Sacherklärung I. Georges de Rougemont (1758–1824) ⇒ Nr. 956 III. Z. 6 Z. 7 Z. 14

la lettre: scheint nicht erhalten zu sein mon fils: Georges de Rougemont (1802–1810) ⇒ Nr. 968 St Aubin: Gemeinde im Kt. Neuenburg

1051. Ludwig I., Kronprinz und König von Bayern 18. Februar 1809 München den 18t Februar 1809. 5

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Mich freuet Herr Professor dass der Beweis der Achtung die ich für sie habe ihnen angenehm ist, jeder der Wahrheit nicht vorsätzlich Widerstrebende muss sie kennend diese Gesinnung haben. Ich bin der Ueberzeugung dass die Sorge auf Schulen eine der wichtigsten grössten Pflichten des Regenten ausmacht. Schmid empfahl ich dem Könige, ihn auch bei dem Minister des Innren, Herrn Montgelas, sehr anruhmend, am zuträglichsten waare für denselben wenn er sein Ansuchen schriftlich beiden überschickte, und sie ihm das Zeugniss ihrer Zufriedenheit, seiner Fähigkeit und Karakters beilegten. Ihr sehr ergebener Ludwig Kronprinz.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 50, Umschlag 22/1 Bogen, 209x159 mm Dorsualvermerk München 11. fevr. 1 8 0 9 Ludwig Kronprintz Original Textkritik

Zeuge H Z. 5

der Achtung∫ Sacherklärung I.

Ludwig I., Kronprinz und König von Bayern (1786–1868) verbringt seine Knabenjahre in Mannheim, bis sein Vater, Maximilian I. (1756–1825 ⇒ Nr. 985), 1799 zum

657 Kurfürsten von Pfalz-Bayern ernannt wird und mit seiner Familie nach München übersiedelt. Nach Studien in Geschichte und verschiedenen romanischen Sprachen an den Universitäten in Landshut und Göttingen stellt sich der früh vom deutschnationalen Gedanken begeisterte Ludwig mit Bayern in den Dienst Napoleon I. Bonapartes (1769–1821, ⇒ Nr. 580), ohne seine Abneigung gegen den französischen Kaiser, dessen Verheiratungsplänen er sich 1810 durch die Verbindung mit Therese von Sachsen-Hildburghausen (1792–1854) entzieht, abzulegen. Nach der Neuordnung Europas von 1815 lebt Ludwig in Würzburg, Aschaffenburg und, kunstbegeistert, ab und zu in Rom, bevor ihn der Tod seines Vaters 1825 vom Kronprinzen zum König von Bayern macht. Während die ersten Jahre seiner Regentschaft von der Umsetzung verhältnismässig liberaler Ideen geprägt sind, bestimmen zwischen 1832 und 1848, als sich der König aufgrund einer Affäre mit einer Tänzerin zur Demission gezwungen sieht, reaktionäre, autoritäre und katholizistische Tendenzen die Politik in Bayern. II. Joseph Schmid (1785–1851, ⇒ Nr. 712) gelangte im Herbst 1810 mit Reformplänen für das Schulwesen in Bayern – wozu zwischen 1805 und 1814 auch seine Heimat Vorarlberg gehörte – an die Regierung in München, die Reaktionen darauf blieben aber eher lau. Dafür, dass Schmid schon vor seinem zwangsweisen Fortgang aus Yverdon im Sommer 1810 bestrebt gewesen war, für die Verbreitung der Methode nach Bayern zu gehen, finden sich in der erhaltenen Korrespondenz jener Zeit keine weiteren Hinweise. III. Z. 5

Z. 9 Z. 10 Z. 10

Beweis der Achtung: Ludwig I., Kronprinz und König von Bayern (1786– 1868, ⇒ Sacherklärung I.) hatte 1809 dem Bildhauer Joseph Maria Christen (1769–1838) den Auftrag erteilt, eine Büste Pestalozzis zu schaffen. Deren Erhalt verdankte Pestalozzi in einem Brief an Christen vom Mai 1809 (vgl. PSB VI, Nr. 1569). Schmid: Joseph Schmid (1785–1851) ⇒ Nr. 712 Könige: Maximilian I., König von Bayern (1756–1825) ⇒ Nr. 985 Montgelas: Maximilian Joseph, Graf von Montgelas (1759–1838) war zwischen 1799 und 1817, dem Zeitpunkt seiner ultimativ durch König Ludwig I. von Bayern (1786–1868, ⇒ Sacherklärung I.) erwirkten Entlassung, Aussenminister (phasenweise auch Finanz- und Innenminister) unter König Maximilian I. von Bayern (1756–1825, ⇒ Nr. 985) und als solcher massgeblich an der Erhebung Bayerns vom Kurfürstentum zum Königreich und dessen Entwicklung zum modernen Staat beteiligt.

1052. J. L. Lenz 20. Februar 1809 [Reg.] Inhalt unbekannt.

658 Überlieferung 1

Nr. 1088 Sacherklärung I.

J. L. Lenz ⇒ Nr. 943

1053. Johann Wilhelm Mathias Henning 20. März 1809 Basel am 20sten März 1809 5

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Ehrwürdiger, Verehrter! Die Sektion des öffentlichen Unterrichts im preussischen Ministerio des Innern hat mich auf Ihr günstiges Zeugniss, wofür ich Ihnen herzlich danke, mit dazu erwählt, die Menschenbildung im Preuss[isch]en Staat nach Ihren Ansichten u[nd] nach Ihrer bewährten Methode begründen zu helfen. Drei Jahre lang wird mein Vaterland mich in Ifferten unterhalten, u[nd] der erste Punkt meiner Instruktion legt mir dringend ans Herz: «die kindlichste vorbehaltloseste Hingebung an meinen künftigen väterlichen Führer, den ehrwürdigen Pestalozzi» – eine Pflicht, welche mir die innigste Liebe u[nd] Hochachtung schon längst auferlegt hat, u[nd] welche ganz zu erfüllen, ich wahrhaft mich freue. – Wie könnte ich anders? – In diesem Briefe lege ich Ihnen davon einen neuen Beweis ab, indem ich Ihnen, wie ein Sohn seinem Vater, alles vorstelle, was ich in Hinsicht meiner beschleunigten Zukunft, die Sie fordern, denke. Zuerst befiehlt es mir die Sektion des Unterrichts in Preussen: «sobald als möglich nach Ifferten zu reisen.» Sie fordern es, – mein Herz sehnt sich darnach, als nach seiner Erlösung. – – Dagegen aber streitet: 1. Mein Versprechen, das ich Herrn Bernoulli gegeben habe, ihn nicht eher zu verlassen, als bis mein Nachfolger eingetroffen sey, – jedoch sey das Ende des Juni der höchst möglichste Zeitpunkt meines Bleibens. – 2. Die Ueberzeugung, dass Herr Bernoulli hier in Basel niemand finden wird, der meine Stelle ad interim versieht. 3. Der Gedanke an die Unordnung u[nd] an die vielen nachtheiligen Folgen, die eine so plözliche Unterbrechung des Unterrichtsganges unfehlbar nach sich ziehen muss. 4. Die Liebe u[nd] Achtung die ich Herrn Bernoulli u[nd] den Eltern meiner Schüler, wie meinen Schülern selbst schuldig bin. –

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5. Der Glaube, dass ich, da ich d r e i Jahre in Ifferten bleiben kann, durch Eifer u[nd] Anstrengung leicht die Versäumniss von 6 bis 8 Wochen werde wieder einbringen können. – 6. Die Vorstellung (ich scheue mich nicht, es zu bekennen) dass alle meine hiesigen Freunde mir mit sichtbarer Kälte die Hand zum Abschied reichen, u[nd] mich der Lieblosigkeit – manche auch wol der Undankbarkeit, beschuldigen würden. – Diess sind die Gründe für und wider, welche seit dem Empfang Ihres Schreibens mein Inneres gleichsam zertheilen; Vergebens bemühe ich mich einen festen männlichen Entschluss zu fassen; denn noch immer erscheint meinem Geist nicht, was hier recht ist. Wenn ich aber bedenke, dass in Ifferten durch die Verzögerung meiner Abreise, gar keine Veränderung hervorgebracht wird, hier aber eine grosse u[nd] nachtheilige – nehmlich die Unterbrechung des ruhigen Fortgangs einer Lehranstalt, wenn ferner von meiner Verzögerung mir und meinem künftigen Wirken kein Nachtheil zu erwachsen scheint; so neigt sich die Waagschale zum Ausschlag für das Interesse der Lehranstalt, die ich habe mit begründen helfen, u[nd] deren Schicksal mir nicht gleichgültig seyn kann. – – Entscheiden Sie nun selbst, würdiger Vater, mit Ihrem Herzen voll Liebe! – Gebietet aber die e i s e r n e N o t h w e n d i g k e i t , – so muss ich freilich gehorchen, – u[nd] ich werde nicht anstehen, auch dieses wehthuende Opfer meiner Pflicht zu bringen. – Indessen erfolgt meine Ankunft in Ifferten vielleicht noch vor Pfingsten, wenn der neue Lehrer schnell herkommt. – – Auf jeden Fall werde ich dem preuss[ischen] Ministerio melden, dass ich erst nach Pfingsten zu Ihnen reisen werde. – Ich gelobe Ihnen nun noch einmal, dass ich forthin alle meine Kräfte der Begründung einer allgemeinen bessern Menschenbildung nach Ihren Grundsätzen weihe, dass ich unermüdet streben werde, Ihre Einsichten u[nd] Ihre Liebe in mir aufzunehmen, um damit in meinem vom Kriege zerstörten Vaterlande das freundliche Licht einer neuen Hoffnung u[nd] neuen Wärme für die gute Sache der Menschheit zu verbreiten, und dass ich mich stark genug fühle, selbst die Bande der Liebe u[nd] Freundschaft zu zerreissen, wenn sie mich hindern sollten. – Ich grüsse Sie, mit kindlicher Ehrfurcht u[nd] Liebe, wie mit der wärmsten auf reiner Hochachtung gegründeten Freundschaft Ihre Freunde, die ich bald ganz die meinen zu nenen wünsche. W. Henning. Herr Bernouilli empfiehlt sich Ihnen allen angelegentlich.

660 Überlieferung 1 2 5

ZB Zürich, Ms Pestal 51/52, Umschlag 123/2 Bogen, 206x172 mm Original Textkritik

Zeuge H Z. 9f. Z. 13 Z. 15 Z. 16 Z. 20 Z. 24 Z. 25 Z. 28 Z. 44

Methode begründen meinen hat∫ mich∫ des Unterrichts eher∫ des∫ ad interim: lateinische Schrift Geist nicht Sacherklärung I.

Johann Wilhelm Mathias Henning (1783–1868) ⇒ Nr. 1021 II. Pestalozzi hatte am 13. Februar 1809 (⇒ Nr. 1048) Georg Heinrich Ludwig Nicolovius (1767–1839, ⇒ Nr. 423) gebeten, dafür zu sorgen, dass Johann Wilhelm Mathias Henning (1783–1868, ⇒ Nr. 1021) ebenfalls als preussischer Eleve aufgenommen werden könne; eine Bitte, die vom preussischen König Friedrich Wilhelm III. (1770– 1840, ⇒ Nr. 568) bewilligt wurde (⇒ Nr. 1049). III. Z. 6 Z. 11 Z. 23 Z. 32f. Z. 48

Sektion des öffentlichen Unterrichts: Sektion Unterricht des preussischen Innenministeriums ⇒ Nr. 1049 Ifferten: dt. Name für Yverdon Herrn Bernoulli: Christoph Bernoulli (1782–1863) ⇒ Nr. 520 den Eltern … meinen Schülern: Die Bernoullische Lehranstalt (⇒ Z. 48) wurde von über zwanzig Schülern besucht. Lehranstalt: Im Oktober 1805 eröffnete Christoph Bernoulli (1782–1863, ⇒ Nr. 520) in Basel eine Privatschule für künftige Kaufleute, Fabrikanten, Ökonomen und Kameralisten. Die Schule, die zuerst Bernoullische Lehranstalt und ab 1810 Philotechnisches Institut hiess, sollte drei Jahre dauern. Laut Plan wurden die Fächer Französisch, Italienisch, Englisch, Deutsch und Ästhetik, Naturwissenschaften, Mathematik, Geschichte und Geographie sowie Religion unterrichtet.

661 1054. Sektion Unterricht des preussischen Innenministerium 25. März 1809 5

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An den Herrn Heinrich Pestalozzi Wohlgeb[or]en zu Yverdun im schweizerischen Kanton Waadt. Königsberg den 25. März 1809. Die Ueberbringer dieses Schreibens sind die beiden Zöglinge, Namens Preuss und Kawerau von deren Ankunft Eu[e]r Wohlgeb[or]en durch ein Schreiben des Herrn Staatsminister Grafen zu Dohna Excellenz bereits benachrichtigt worden sind. Bei der Wahl derselben ist ganz auf Ihre Wünsche gesehen worden, und die Sektion des öffentlichen Unterrichts glaubt, dass sie diesen entsprechen werden. Sie sind zwar beide schon Gelehrtenschulen durchgegangen, haben auch eine geraume Zeit auf hiesiger Universität mit grossem Fleisse studiert und sich gute Einsichten und Kenntnisse erworben. Dadurch ist aber weder die freie Regsamkeit ihres Geistes von einer Ueberfüllung an Gelehrsamkeit und todtem Wust erdrückt, noch die jugendliche Kraft ihres Gemüths gelähmt, noch die unverdorbene Lauterkeit ihres Gefühls verfälscht. Sie kommen zu Ihnen voll Ehrerbietung, Vertrauen und Anhänglichkeit, voll Lust, sich selbst zu bilden, um zur Bildung anderer tüchtig zu werden. Und so wird ihnen ihr bisheriges Studium nicht nachtheilig seyn, vielmehr wird es sie, wenn sie erst ganz das Wesen der Methode durchdrungen haben, und von dem Geiste derselben erfüllt sind, in den Stand setzen, an den Bemühungen derer unter Ihren achtungswürdigen Mitarbeitern Theil zu nehmen, welche dieselbe auf die höhern Unterrichtsgegenstände anzuwenden beschäftigt sind. Diese Absicht hat die unterzeichnete Sektion bei ihrer Wahl mit gehabt. Da aber des Königs Majestät die möglichst schnelle Ausbreitung der Methode in ihren Staaten wünschen, und die umfassendsten Maassregeln hierzu genehmigt, auch die Sendung einer grössern Anzahl junger Leute nach Yverdun beschlossen haben, so werden unter diesen auch solche abgeschickt werden, welche allein durch eine gesunde und unverdorbene Natur an Geist und Leib sich dazu eignen, und in denen die ersten Keime der Bildung zu entwickeln Eu[e]r Wohlgeb[or]en vor-

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behalten bleibt. In den nächsten Monaten gedenkt die unterzeichnete Sektion einige von ihnen abzusenden. Zur jährlichen Unterhaltung der Eleven haben des Königs Majestät für jeden die Summe von 350. R[eichs]t[haler] Pr[eussisch]er Kourant bewilligt, welcher die von Ihnen geforderten 50 bis 60. französischen Louisd’or gleich kommen. Am besten wird es seyn, Ihnen selbst den Betrag immer zuzustellen und Ihrer Verwaltung zu überlassen, daher dieselbe Ihnen halbjährlich in einer Anweisung auf eine der südrheinischen Handels Städte zugeschickt werden wird. Auf das erste halbe Jahr erfolgen die Unterhaltungskosten für die Eleven Henning, Preuss und Kawerau in einer Anweisung über 525 R[eichs]t[haler] Pr[eussischer] Kourant, noch in Reichsgelde berechnet, anbey. Die Sektion des öffentlichen Unterrichts glaubt, diese 3 Zöglinge nicht besonders Ihrer und aller Genossen Ihres Instituts Liebe und Fürsorge empfehlen zu dürfen, sondern bittet nur, ihr von Zeit zu Zeit über sie und ihre Fortschritte Nachricht zu geben, indem sie dieselben auch gern in der Ferne mit theilnehmenden Augen begleiten und beobachten möchte. Alles, was sie für diese jungen Leute wünscht, ist darin begriffen, dass die Fülle Ihres Geistes und Ihrer Liebe auch auf sie überströmen und sie als würdige Arbeiter zu Mehrung des Reiches der Wahrheit, der Heiligkeit und ächter Menschlichkeit unter uns weihen möge.

Überlieferung 1 4 5

Geheimes Preussisches StA Berlin-Dahlem, Rep. 76 VII, Sekt. 1aa, Nr. 4, Bd. 1, S. 62a–63a Datum am Schluss Copia Textkritik

Zeuge h Z. 5 Z. 8 Z. 10 Z. 12 Z. 12 Z. 13f. Z. 17 Z. 27f. Z. 30 Z. 32 Z. 34f.

Heinrich Pestalozzi: lateinische Schrift Yverdun: lateinische Schrift Königsberg: lateinische Schrift Preuss: lateinische Schrift Kawerau: lateinische Schrift Dohna Excellenz: lateinische Schrift schon Gelehrtenschulen wenn sie … erfüllt sind∫ welche dieselbe∫ mit∫ hierzu genehmigt∫

663 Z. 36 Z. 37 Z. 44 Z. 45 Z. 48 Z. 50 Z. 50 Z. 50 Z. 50 Z. 52

Yverdun: lateinische Schrift ab∫geschickt 50 bis∫ Louisd’or gleich Handels∫ Henning: lateinische Schrift Preuss: lateinische Schrift Kawerau: lateinische Schrift Anweisung über anbey. Sacherklärung I.

Sektion Unterricht des preussischen Innenministerium ⇒ Nr. 1049 III. Z. 12 Z. 12 Z. 13 Z. 13 Z. 32 Z. 40

Preuss: Johann Wilhelm Preuss (1790–1867) ⇒ Nr. 1048 Kawerau: Peter Friedrich Theodor Kawerau (1789–1844) ⇒ Nr. 1453 Schreiben: ⇒ Nr. 1049 Dohna: Friedrich Ferdinand Alexander von Dohna (1771–1831) ⇒ Nr. 1050 Königs: Friedrich Wilhelm III., König von Preussen (1770–1840) ⇒ Nr. 568 In den nächsten Monaten: Im Herbst 1809 und auch 1810 wurden weitere angehende Lehrer aus Preussen nach Yverdon geschickt: Michael Ksionzek (⇒ Nr. 1069), Gottlob Friedrich Marsch (1761–1829, ⇒ Nr. 1160), Karl August Gottlieb Dreist (1784–1836, ⇒ Brief vom 3. April 1817), Friedrich Patzig (1788–1877, ⇒ Nr. 1210), Felix Rendschmidt (1787– 1853, ⇒ Nr. 1265), Karl Wandelt (1784–ca. 1840) und August Krätz (†1821, ⇒ Nr. 1197). Erst 1816 kamen Samuel Eduard Baltrusch, Johann Friedrich Hänel (1788–1837, ⇒ Brief vom 31. Mai 1817), Gustav Wilhelm Runge (1789–1885, ⇒ Brief vom 31. Juli 1817), Johannes Abraham Steeger (1789–1858) und Anton Titz (1790–1867, ⇒ Brief vom 13. Februar 1823) nach Yverdon, Heinrich Theodor Traugott Franke (1790–1851) gar erst 1818. Wandelt stammte aus armen Verhältnissen in Niederschlesien, studierte nach einer Handwerksausbildung und dem Besuch des Breslauer Gymnasiums von 1806–1809 in Königsberg Theologie, Philosophie und Geschichte. Anschliessend übernahm er diverse Hauslehrertätigkeiten, so auch beim Grafen Friedrich Ferdinand Alexander von Dohna (1771–1831, ⇒ Nr. 1050) in Kopenhagen und in Brüssel, und unterrichtete als Seminarlehrer in Königsberg, bevor er 1817/18 zu Pestalozzi nach Yverdon gelangte. Baltrusch aus Nowy Kościół (Neukirch, Niederschlesien), war 1811 Lehrer im Seminar von Karalene (Kaliningrad). 1816/17 besuchte er das Institut in Yverdon und verfasste 1836 das Mathematiklehrbuch Grundriss der Elementar-Arithmetik und algebraisches Kopfrechnen. Steeger (1789–1858) stammte aus Königsberg und unterrichtete dort nach seinem von 1816–1817 währenden Aufenthalt in Yverdon, bevor er 1820 Oberlehrer und 1826 Direktor am Seminar in Jenkau bei Danzig wurde und schliesslich als Seminardirektor in Königsberg von

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1839 bis 1852, bis zu seiner Entlassung durch Ferdinand Stiehl (1812– 1878), wirkte. Franke, Theologe und Hauslehrer aus Boleslawiec (Bunzlau, Niederschlesien), kam 1817 in die Schweiz, hielt sich eine Zeit lang bei Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) in Hofwyl auf. Von dort aus besuchte er Pestalozzis Anstalt in Yverdon, trat im April 1819 als Lehrer für Geographie und Religion ins Institut ein und erhielt Anfang 1820 von der preussischen Regierung ein Stipendium als Eleve. Nachdem Franke in mehrere Fälle von Schülerabwerbungen verstrickt gewesen war und durch seine Parteiergreifung für Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) in den Lehrerstreitigkeiten die Wegweisung Joseph Schmids (1785–1851, ⇒ Nr. 712) aus dem Kanton Waadt begünstigt hatte, wurde er im März 1824 von Pestalozzi fristlos entlassen, gelangte dann über Stationen in Neapel und Lenzburg zurück nach Boleslawiec und arbeitete schliesslich als Lehrer am evangelischen Gymnasium in Glogów (Glogau, Niederschlesien). Eleven: Angehende Lehrer (frz. élève: Schüler) R[eichs]t[haler]: Grosssilbermünze Kourant: Währung Louisd’or: frz. Goldmünze Henning: Johann Wilhelm Mathias Henning (1783–1868) ⇒ Nr. 1021

1055. Johann Kaspar Schweizer 26. März 1809 An H[errn] Heinr[ich] Pestalozzi à Yverdon 5

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Paris 26. März 1809. Mein Herr. Ihr Stillschweigen auf meinen lezten, so freundschaftlichen Brief, und auf H[err]n Diggelmanns Schreiben, erfüllt mich mit einem Erstaunen das mich nicht zu viel Worten kommen lässt. Sie und ihre Gattin sind nun vermögend, ich und die meine haben unser Alles aufgeopfert: also haben Sie Pflichten und ich Rechte in heiliger Billigkeit – menschliche Gesetze beiseite gesezt. Erlauben Sie dass ich nun das meinige beziehe, und einen Wechsel auf Sie entnehme von den 36 Louisd’or die Sie mir schuldig sind, und von denen ich in glücklichern Umständen (wenn sie auch bey ihren glücklichern geschwiegen hätten), nie ein Wort gesagt hätte. Dieser Wechsel ist auf 4 Wochen Sicht, an Ordre H[err]n Diggelmann gestellt. Ich zähle auf dessen Bezahlung – und auf meine moralische Rechtfertigung vor aller edeln Welt. Genehmigen Sie meine Hochachtung. Schweitzer

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ZB Zürich, Ms Pestal 55, Umschlag 349a/1 Blatt, 233x190 mm ganzer Brief lateinische Schrift Adresse am Schluss Original Textkritik

Zeuge H Sacherklärung I. Johann Kaspar Schweizer (1754–1811) ⇒ Nr. 1041 II. Es ist unklar, ob dieser Brief überhaupt abgeschickt wurde, da er adressiert und unterschrieben bei den Unterlagen Schweizers gefunden wurde (vgl. Notiz von J. Baechtold im Umschlag 349). Ebenso unklar ist, bei welcher Gelegenheit Johann Kaspar Schweizer (1754–1811, ⇒ Nr. 1041) Pestalozzi ein Darlehen gewährte. III. Z. 7 Z. 8 Z. 8 Z. 10 Z. 10 Z. 14

meinen lezten: ⇒ Nr. 1042 Diggelmanns: Hans Conrad Diggelmann (*1776) ⇒ Nr. 1042 Schreiben: ⇒ Nr. 1042 Gattin: Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 meine: Anna Magdalena Schweizer-Hess (1751–1814) ⇒ Nr. 359 Louisd’or: frz. Goldmünze

1056. Georg Heinrich Ludwig Nicolovius 30. März 1809 Königsberg, d[en] 30 Maerz 1809. 5

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Deinen Brief vom 10 d[ies] habe ich gestern erhalten. Ich eile dir zu antworten, weil mein Herz voll ist. Deine Stimme zieht jedesmal wie einen Vorhang mir auf u[nd] lässt mich ins Heiligthum eingehen. Wo sind jene Stunden an deiner Seite im Neuhof? Die Welt ist seitdem umgewandelt u[nd] die Reiche sind vergangen, aber unser Geist steht noch da, derselbe, und, lass mich nicht stolz, aber im hohen Gefühl deiner Liebe sagen, gereift, veredelt und in wachsender Klarheit. Der Same, den jene Stunden ausstreuten, steht nun in vollem Wachsthum, und er wird unsere Hofnung für die Zukunft in Wirklichkeit bringen. Halt auch du fest an deiner Hofnung auf uns,

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an deinem Glauben an meinen König. Er trägt wahrlich eine Dornenkrone, aber lass uns glauben, sie werde eine strahlende Ehrenkrone auf seinem Haupte werden; Er sey berufen zum Sieger durch Liebe über das Schwerd, u[nd] er werde fest u[nd] stark wollen, was er wahrlich, sobald er es nur will, vermag. Für unser grosses Werk hat er gewollt, er hat gethan was an ihm war, u[nd] jezt liegt uns ob das Weitere. Zuerst, Lieber, denke nicht, dass ich allein es sey. Es sind mehrere Männer mit mir verbunden, die dein Geist ergriffen hat, u[nd] die das Werk kräftig fördern. Unser Plan ist der: Ausser den beyden jungen Leuten, die in diesen Tagen abreisen, u[nd] Henning, schicken wir in Kurzem noch 12 andere, u[nd] so von Zeit zu Zeit immer mehrere zu dir, damit in allen Gegenden des Staats einst Männer seyn, die von deinem Licht entzündet, aus deiner Quelle gestärkt, dein Leben in das ihrige aufgenommen haben, u[nd] – die Zeit mag umwälzen was sie will, das Werk fortpflanzen u[nd] den Geist nicht sterben lassen. Ferner ist Zeller berufen zur Reform des ganzen Landschulwesens; einen Zögling von den deinigen soll er mitbringen. Die Waysenhäuser werden in Normal-Institute für die Einführung der Methode u[nd] zugleich zu Pflanzschulen für künftige Lehrer umgeschaffen. Eine bedeutende Anzahl Landgeistlicher u[nd] Landschullehrer werden bey jedem immer unterhalten u[nd], sobald sie vom Geist der Methode durchdrungen sind, heimgeschickt u[nd] von einer gleich grossen Anzahl abgelöset. Hier in K[önigs]b[er]g wird der Anfang gemacht u[nd] ohne Zeitverlust damit in den übrigen Provinzen fortgefahren, bis es im ganzen Staat ausgeführt ist. Dieser ganze Plan ist nicht nur genehmigt vom Könige, sondern – so bedrängt der Staat jezt auch ist – die dazu nöthigen Summen sind angewiesen, u[nd] alles ist reif zur Ausführung. Jezt aber sage ich nochmals: Hilf uns! Sieh unsern grossen Zweck in seiner ganzen Grösse an u[nd] fördere ihn. Nimm nicht nur alle junge Männer, die wir dir schicken, so viel möglich, ganz in deine Nähe u[nd] in das Institut auf, u[nd] mache sie zu auserwählten Rüstzeugen Gottes; sondern sinne auch sogleich für den Fall, wenn Zeller den Ruf nicht annehmen könnte, wer statt seiner das Werk übernehmen könne. Traue aber nicht deinem Urtheil allein, da es hier auf die Praxis ankommt, u[nd] nicht gerade der Herrlichste und Geistreichste auch der Tauglichste dazu ist, sondern gehe zu Rath mit deinen Gehülfen; u[nd] werdet eins u[nd] fest in eurer Wahl. Alles kommt nun auf das rechte Ausführen an; ist dies, dann muss unser Vorhaben gelingen.

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Denke ich mir die Feuertaufe, die hiedurch auf Priester und Lehrer u[nd] durch sie auf das gegenwärtige u[nd] folgende Geschlecht kommt, so brennt mir das Herz, u[nd] ich stehe auf heiligem Boden. Schreibe mir bald wieder. Die jungen Leute bringen dir officielle Schreiben von hier. Ihre Gelder lassen wir immer an dich zahlen. Sey ihnen auch im Leiblichen Vater. Deine Frau steht im Bild der ehrwürdigen Dulderin von Neuhof in meiner Seele. Mir ist oft, als müsste ich Euch wieder sehen. Im Geist sind wir nun fester eins als je. Sey nun unser, u[nd] lebe in u[nd] für uns, wie wir in dir. Nicolovius.

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ZB Zürich, Ms Pestal 53/54, Umschlag 261/4 Bogen, 227x192 mm Dorsualvermerk Königsberg, Nicolatius 3 0 . M e r z 1 8 0 9 Original Textkritik

Zeuge H Sacherklärung I. Georg Heinrich Ludwig Nicolovius (1767–1839) ⇒ Nr. 423 III. Z. 5 Z. 15 Z. 24 Z. 25 Z. 25

Deinen Brief: PSB VI, Nr. 1497 König: Friedrich Wilhelm III., König von Preussen (1770–1840) ⇒ Nr. 568 beyden jungen Leuten: Peter Friedrich Theodor Kawerau (1789–1844, ⇒ Nr. 1453) und Johann Wilhelm Preuss (1790–1867, ⇒ Nr. 1048) Henning: Johann Wilhelm Mathias Henning (1783–1868) ⇒ Nr. 1021 12 andere: Damit dürften Michael Ksionzek (⇒ Nr. 1069), Gottlob Friedrich Marsch (1761–1829, ⇒ Nr. 1160), Karl August Gottlieb Dreist (1784– 1836, ⇒ Brief vom 3. April 1817), Friedrich Patzig (1788–1877, ⇒ Nr. 1210), Felix Rendschmidt (1787–1853, ⇒ Nr. 1265), Karl Wandelt (1784–ca. 1840, ⇒ Nr. 1054), Johann Friedrich Hänel (1788–1837, ⇒ Brief vom 31. Mai 1817), August Krätz (†1821, ⇒ Nr. 1197), Gustav Wilhelm Runge (1789–1885, ⇒ Brief vom 31. Juli 1817), Johannes Abraham Steeger (1789–1858), Anton Titz (1790–1867, ⇒ Brief vom 13. Februar 1823), Samuel Eduard Baltrusch (⇒ Nr. 1054) und Heinrich Theodor Traugott Franke (1790–1851⇒ Nr. 1054) gemeint sein. Insgesamt wurden im Laufe der Jahre siebzehn angehende Pädagogen auf Staatskosten zur Ausbildung nach Yverdon gesandt. Wer davon zu dem hier angesprochenen Dutzend gehörte und wer später dazu bestimmt wurde, lässt sich aufgrund der Quellen nicht nachvollziehen (⇒ Nr. 1054).

668 Z. 30 Z. 31 Z. 61

Zeller: Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656 einen Zögling: Johann Georg Grieb (1787–1823) ⇒ Nr. 1015 Deine Frau: Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3

1057. Elisabeth Dorothea von Gersdorff-von Rennenkampf April 1809 [Reg.] Frau von Gersdorff fragt Pestalozzi für eine Gouvernante an.

Überlieferung 1

PSB XIV, S. 120.7ff. Sacherklärung I.

Elisabeth Dorothea von Gersdorff-von Rennenkampf (1759–1844) entstammt der deutschbaltischen Adelsfamilie von Anrep und heiratet mit Kreismarschall Jakob Johann von Rennenkampf (1759–1794) einen Vertreter der deutschen Oberschicht in Livland, bevor sie sich in zweiter Ehe mit dem Landrat Moritz von Gersdorff (1747– 1820) vermählt. Nach dem frühen Tod des ersten Gatten ist sie, die als aufgeschlossen und Rousseau-interessiert gilt, bestrebt, den drei gemeinsamen Söhnen, Karl Jacob Alexander von Rennenkampf (1783–1854 ⇒ Nr. 891), Gustav Reinhold Georg von Rennenkampf (1784–1869) und Paul Andreas von Rennenkampf (1790–1857), eine sorgfältige Erziehung zukommen zu lassen, worunter sie eher die Bildung der Persönlichkeit denn formale Ausbildungen versteht. III. Z. 4

Gouvernante: Als Gouvernante empfahl Pestalozzi seine Cousine Anna (Maria) Salome, genannt Nanette Halder-Schulthess (1773–1854, ⇒ Nr. 431).

1058. Ernst Vertraugott Zehme April 1809 5

[Reg.] Zehme fragt bei Pestalozzi an, ob Herzog, Kummer und Lange zur Ausbildung in Yverdon eintreten können.

669 Überlieferung 1

PSB VI, S. 174.5f. Sacherklärung I.

Ernst Vertraugott Zehme (1786–1863) stammt aus Kreypau (Sachsen-Anhalt) und studiert in Leipzig. Nach Aufenthalten in Italien und Yverdon kehrt er spätestens 1811 in die deutsche Heimat zurück, ist er doch nachweislich 1811 als Magister in Wittenberg tätig, später als Hilfslehrer an der Ratsreichschule in Leipzig und ab 1813 als Lehrer an der Bürger- und Armenschule in Bautzen (Sachsen). 1820 folgt er einem Ruf an das Lehrerseminar (⇒ Nr. 1453) in Boleslawiec (Bunzlau, Niederschlesien), wo er bis zu seiner Emeritierung 1852 als erster Lehrer der Waisen- und Schulanstalt amtet, zwei Mal interimistisch die Direktion des Institutes übernimmt und 1846 als Inspektor des Waisenhauses eingesetzt wird. Er verfasst zudem einen Leitfaden für Sprachschüler, der 1836 in der siebten Auflage erscheint. II. Ernst Vertraugott Zehme (1786–1863, ⇒ Sacherklärung I.) hatte im Herbst 1808, von Italien nach Leipzig heimkehrend, Pestalozzi in Yverdon besucht. Im April 1809 bat er nun um Aufnahme im Institut, eine Anfrage, welche Pestalozzi positiv beantwortete (vgl. PSB VI, Nr. 1560). III. Z. 4

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Herzog: Christian Gottlob Herzog (1789–1868) besuchte das Gymnasium in Görlitz, bevor er zwischen 1806 und 1809 Theologie und Philologie in Leipzig studierte und direkt anschliessend ein Lehramt an der dortigen Bürgerschule übernahm. Ab 1813 war er Subconrector am Gymnasium Rutheneum in Gera, später Conrector und zuletzt, bis kurz vor seinem Tod, Direktor. Kummer: Dabei dürfte es sich wohl um Adolf Kummer (1786–1817) handeln, der in Leipzig Medizin und Naturwissenschaften studierte. Er arbeitete ab 1811 als Hauslehrer in Paris und erlangte dort auch das französische Bürgerrecht. Als Naturforscher gelangte Kummer 1816 mit einer französischen Expedition zuerst nach Westafrika, später, nachdem er mit der Fregatte Medusa Schiffbruch erlitten und sich an eine englische Expedition angeschlossen hatte, ins Landesinnere, wo er an Gelbfieber starb. Lange: Johann Friedrich Wilhelm Lange (1786–1848) aus Gübs bei Magdeburg studierte Theologie in Halle/Saale und promovierte zum Dr. phil., bevor er 1808/09 am Philantropin in Schnepfenthal (⇒ Nr. 640) unter der Leitung von Christian Gotthilf Salzmann (1744–1811, ⇒ Nr. 933) unterrichtete. In der Zeit als Rektor der Stadtschule in Sulechow (Züllichau, Lebus) von 1810 bis 1816 besuchte Lange zweimal Pestalozzis Anstalt in Yverdon, arbeitete 1817 als Lehrer bei Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) in Hofwyl und anschliessend in Yverdon. Bis 1821 leitete er eine eigene Anstalt bei Vevey, um schliesslich nach Magdeburg zurückzukehren, wo er zum Inspektor des Schullehrerseminars und zum Superintendenten von Burg ernannt worden war.

670 1059. Gröde / Schrötter 5. April 1809 Rinau den 3ten April 9. 5

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Mein alter guter Vater Pestalozzi! Niederer hat wahrscheinlich meinen letzten Brief vom 19ten Maerz erhalten, woraus Sie sowohl meinen Entschluss, zur Verbreitung einer wahren Menschenbildung endlich auch einmal etwas beizutragen, so wie meine Bitte an Sie, zur Beförderung und zum bessern Gedeihen meines Vorhabens das Ihrige beizutragen, werden ersehen haben. Nachdem ich den an Niederer geschriebenen Brief in meinen Gedanken wiederhohlte, (denn eine Abschrift davon habe ich nicht) fand ich, dass ich doch zu kurz und unbestimmt meinen Plan ihm vortragen habe. Aber ich hoffe doch, dass Sie meinen wahren Sinn, wenn er auch nicht klar ausgesprochen wäre, verstanden haben werden. So z.B. bezog sich mein Plan für die Bildung der Lehrer und die darauf folgende Organisation der Schulen nur auf das Ostpreussische Kamerdepartement, in welchem ich lebe. Jetzt habe ich vom Regierungspräsidenten Antwort, und ich habe Ihnen seinen Brief in Abschrift beigelegt. Sie ersehen daraus, dass man auf meine Vorschläge nicht Rücksicht nehmen konnte, indem sich das Ministerium bereits mit Zeller eingelassen hatte, ohne dass der Präsident hiervon etwas wusste. Nun könnte zwar mein Plan neben dem Seinigen sehr gut bestehen und ich halte es sogar für nothwendig, dass, wenn dieser Mann richtige Maassregeln für eine künftige Bildung des Volks kraftvoll durchführt, auch für eine kräftigere Erziehung derer, welche ihre Bildung in den Bürger und Gelehrten Schulen erhalten, gesorgt werden muss; aber ich glaube man will theils vor seiner Ankunft hierin nichts Bedeutendes unternehmen, theils bin ich dem Minister selbst gar nicht bekannt. Nie habe ich mich dem grossen Publico gezeigt, blos ein allgemein guter Ruf geht vor mir her und aus diesem nimmt man blos auf diese Art Rücksicht, dass man mir sagt: sie sind ein so brauchbarer Mann, treten sie aus dem Dunkel hervor, zeigen sie sich öffentlich, errichten sie eine Erziehungsanstalt und beweisen Sie dadurch, ob die Grundsätze der Pestalozzischen Methode auch anwendbar sind bey denen, welche einmal im Staate vielseitiger gebildet auftreten müssen. Gut, ich werde dies thun und freue mich, dass ich dadurch Gelegenheit bekomme, recht viel zu nützen und mich den Menschen hier zu zeigen, dass Ihre Methode eine Methode der Menschenbildung ist und nicht ein Lückenbüsser, aber etwas weit vorzüglicheres würde

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ich leisten, wenn nach meinen Vorschlägen die in Königsberg Theologiestudierenden meiner Leitung anvertraut würden. Hier hätte ich nicht allein diesen schönen Wirkungskreis alle diejenigen, welche als Schul- und Hauslehrer in der Provinz wirken und nachher als Geistliche angestellt werden, in den Geist der Methode einzuweihen, sondern mir auch für meine Anstalt die würdigsten dieser Zahl als Gehilfen auszuwählen. Ich weiss es dieser Standpunkt war wichtig und er ist nicht sogleich an den ersten besten zu vergeben. Da man nun aber Ihre Methode einführen will, warum frägt man dann nicht gerade zu bei Ihnen an: Pestalozzi hier ist ein Mann von welchem man sagt, er sey ein guter Führer der Jugend, sagt uns: Kennt dieser Mann Eure Methode, handelt er in Eurem Geiste, und könnten wir ihm nicht die Bildung der Lehrer anvertrauen? So sollte man es machen, da man hier wirklich Pestalozzische Methode will. Von der innigsten Ueberzeugung durchdrungen dass nur vermittelst der Ausführung dieser Vorschläge, und dabei von Ihrem Beystand unterstützt, für diese Provinz in dieser Rücksicht etwas in die Nation eingreifendes und Grosses geschehen kann; würde ich sogleich jenen Vorschlag machen; aber theils bin ich mit dem Minister daher nicht im Briefwechsel, theils können Leute der Art leicht auf den Gedanken gerathen, es wären hier selbstsüchtige Absichten im Spiele. Gut wäre es aber, wenn Sie gerade zu an den Minister Dohna schreiben möchten etwa folgendes: Man thäte jetzt in Preussen wichtige Schritte Ihre Methode einzuführen, Sie hielten es für Ihre Schuldigkeit auf einen Mann aufmerksam zu machen, welcher in Ihrem Geiste arbeite, und vom edlen Enthusiasmus für Menschenbildung belebt, etwas würdiges hierin leisten könnte. Thun Sie dies, so bin ich sicher es geschieht, es wird mir die Bildung dieser Klasse von Lehrern anvertraut und ich bin sicher, von Ihrem und Ihrer Freunde Rath immerwährend unterstützt, mein Ziel nicht zu verfehlen. Sollte es aber nicht geschehen, so müssten Sie mir schlechterdings ein würdigen Gehilfen aus Ihrer Mitte zusenden, welche thätige Hilfe Sie mir auch gewiss bei der Ausführung eines so wichtigen Zwecks nicht versagen werden, besonders wenn Sie bedenken, dass es ohne wirkliche Autorisation vom Staate dem blossen Zufalle überlassen bleibt, ob ich einen würdigen oder unwürdigen Mann bekomme zu meinem Hauptgehilfen. Sobald daher die Ausführung der Sache gewiss seyn wird, werde ich es Ihnen sogleich melden. – Der Educkations-Rath Zeller übernimt, wie Sie aus der Beilage sehen, ein wichtiges und äusserst schwieriges Geschäft. So leicht es ist einen Schulmeister zu informiren, wie er nach dem Z[ellerschen] AB.C. Buch das Lesen lehren solle, er nach Pestalozzischer Ansicht das

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Rechnen betreiben müsse und wie er die Kinder künftig in Rhomboiden könne schreiben lassen; so schwer ist es ihn zum Erzieher des Volks zu bilden. Es gehört hierzu nicht allein eine genaue Kenntniss des Volks überhaupt und dessen, unter welchen dieses geschehen soll insbesondere; sondern auch eine richtige Bestimmung des Kreises von Anschauungen in welchen das Volk, wenn es kräftig und in seinem Kreise glücklich leben und wirken soll, eingeführt werden muss. In diesen Kreis muss der Schulmeister eingeführt werden, und zwar ganz; aber auch nicht über ihn hinaus, weil ihm sonst seine eigene Selbstständigkeit genommen wird. Der Staat hat nun wirklich den Willen, der Nation durch Erziehung aufzuhelfen, und er will es durch Ihre Methode, schrecklich wäre es dazu wenn das was man nun dafür anfängt nicht dem Zwecke entsprechend angefangen würde. Mir ist es so als wenn Z[eller] nicht der Mann wäre, welcher in Ihrem Sinn handeln wird, ich habe zwar hiezu keine hinreichenden Gründe, indem ich diesen Mann weder persönlich noch als Schriftsteller kenne, aber die neuen Einrichtungen, von denen ich höre, sind, wenn sie wirklich getroffen werden, entfernt vom Geiste einer wahren Menschenbildung. Doch Sie, mein edler Vater! kennen ihn genau, Sie haben ihn in Zürich selbst handeln sehen, Sie müssen es wissen. Halten Sie also Z[eller] nicht für den Mann, welcher ein solch mächtiges Unternehmen in Ihrem Geiste auszuführen im Stande ist, so sprechen Sie dieses laut aus, schreiben Sie es dem Minister Dohna, es ist dies Ihre Pflicht, man will das Gute, und man will es durch Ihre Methode, man wird Ihnen für diesen Schritt danken, Ihre Rathschläge gewiss befolgen, indem Sie hier das vollkommenste Vertrauen geniessen. Sollte aber Z[eller] ein Mann nach Ihrem Herzen seyn, wie ich es wünschen muss, da man ihn einmal berufen hat, so werde ich mit Freuden seiner Ankunft entgegen sehen. Sie sehen, mein alter Vater Pestalozzi, wie wichtig mir jetzt Ihr Rath und Beistand ist, schreiben Sie mir daher sogleich wieder, weil ich vorher nichts bestimmen kann und werde. Auch mein guter Niederer wird mir wohl auf meinen letzten Brief bald schreiben. Meinen lieben Krüsi grüsse ich herzlich, sowie auch Schmidt und Muralt, ich liebe Sie alle herzlich und wünsche von ihnen ewig geliebt zu werden. Die Mutter Pestalozzi kenne ich nicht persönlich, ich grüsse Sie daher unbekannter weise. Bis jetzt hat sich zur Gesangsbildungslehre niemand gemeldet, als solche, welche sich ohne öffentliche Ankündigung, darauf subscribirt hatten, vielleicht liegt es daran dass sie den Preis nicht bestimmt wissen. Ob sich aber mehrere gemeldet haben, erfahre ich erst nach der Zurückkunft dieses

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Bothen, welchen ich mit diesem Briefe nach Königsberg schicke. Auch nach Kurland habe ich bereits die Ankündigung abgeschickt. Könnten Sie mir nicht vielleicht mit Ihrem nächsten Briefe die neusten Stücke der Wochenschrift für Menschenbildung mitschicken? Ich habe erst Einen Band und 2 Stücke. Ueber die Formenlehre möchte ich gern bald etwas einrücken, wenn ich nur das Stück erst hätte, auf welches ich mich nach Niederers Brief beziehn soll. Herr Bardeleben ist von meinem Plan ganz begeistert, sobald er beim nächsten Landtage als Landbothe gewählt wird, will er laut über die Entstehung der Methode sprechen. Er liebt Sie herzlich und seine liebste Lectüre ist jetzt das Heft für Menschenbildung. – Kindlich küss ich ihnen die Hand und ihr würdiges Haupt, mein alter Vater, und bitte Sie um Ihre fromme Liebe. Der Himmel schenke Ihnen ein frohes u[nd] gesundes Leben. Innig bleibe ich Ihr Sie aufrichtig liebender Gröde Meine Adresse wissen Sie

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ZB Zürich, Ms Pestal 50/51, Umschlag 99/1 Bogen, 242x195 mm Datum am Schluss Original Textkritik

Zeuge H Z. 9 Z. 25 Z. 38 Z. 39 Z. 39 Z. 42 Z. 59 Z. 82 Z. 83 Z. 97 Z. 101 Z. 105

wie meine Mann∫ mich∫ bekomme∫ hier∫ wenn nach kann∫ er∫ solle, er wenn∫ sind, wenn solch mächtiges

674 Sacherklärung I. Zwar ist der Name des Briefverfassers zweifelsfrei als «Gröde» zu lesen, der Briefinhalt sowie die Annahme, dass die Unterschrift von fremder Hand stammen könnte, legen indes die Vermutung nahe, dass der Briefschreiber mit einem nicht weiter bekannten Herrn Schrötter oder Schröder (⇒ Nr. 824) identisch ist. Als Hofmeister die Söhne von Baron Karl Alexander von Bardeleben (1770–1813, ⇒ Z. 132f.) begleitend, ist dieser 1806 in Yverdon gewesen, und im April 1809 erwähnt Pestalozzi gegenüber Georg Heinrich Ludwig Nicolovius (1767–1839, ⇒ Nr. 423) das schriftliche Angebot eben dieses Schrötters, sich für die Ausübung der Methode in Preussen einzusetzen (vgl. PSB VI, S. 165f.). III. Z. 4 Z. 6 Z. 6 Z. 19

Z. 20 Z. 22 Z. 22 Z. 30 Z. 80 Z. 82f. Z. 118 Z. 118 Z. 119 Z. 120 Z. 121f.

Z. 127 Z. 129 Z. 132f.

Rinau: dt. Name für Cajkino (Kaliningrad) Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Brief: scheint nicht erhalten zu sein Regierungspräsidenten: Ludwig von Wissmann (1770–1856) aus Berlin war Rat und zweiter Justitiar in der Ostpreussischen Kriegs- und Domänenkammer in Königsberg, bevor er dort im Januar 1809 das neu geschaffene Amt des Regierungspräsidenten übernahm. 1810 wurde er in gleicher Funktion nach Kwidzyn (Marienwerder, Pommern) versetzt und ab 1813 war er Vorsteher der Regierung in Frankfurt an der Oder, wo er auch starb. seinen Brief: scheint nicht erhalten zu sein Ministerium: Sektion Unterricht des Preussisches Innenministerium ⇒ Nr. 1049 Zeller: Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656 Minister: Friedrich Ferdinand Alexander von Dohna (1771–1831) ⇒ Nr. 1050 Beilage: scheint nicht erhalten zu sein Z[ellerschen] AB.C. Buch: Carl August Zeller: Fundament des Lesens, der Deutschen Rechtschreibung und Sprachlehre. Zürich 1806 Krüsi: Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588 Schmidt: Joseph Schmid (1785–1851) ⇒ Nr. 712 Muralt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 Mutter Pestalozzi: Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 Gesangsbildungslehre: Damit könnte folgende Publikation gemeint sein: Michael Traugott Pfeiffer/Hans Georg Nägeli: Die Pestalozzische Gesangbildungslehre nach Pfeiffers Erfindung kunstwissenschaftlich dargestellt im Namen Pestalozzis, Pfeiffers und ihrer Freunde von Hans Georg Nägeli. Zürich 1809. Kurland: Historische Provinz im Westen Lettlands Wochenschrift für Menschenbildung: Die Zeitschrift Wochenschrift für Menschenbildung erschien zwischen 1807 und 1811. Herr Bardeleben: Baron Karl Alexander von Bardeleben (1770–1813) war von 1784–1794 im preussischen Militärdienst tätig und besuchte 1804 die Anstalt Pestalozzis. 1811 wurde er ständischer Repräsentant in der Königsberger Regierung, 1813 Landesdeputierter des preussischen Kreises Schaaken und anlässlich des Kriegsausbruchs zwischen Frankreich und Russland zunächst zum Mitglied der Generalkommission zur Errich-

675 tung der Landwehr gewählt, dann zum Inspektor der 2. Landeswehrdivision berufen. Er starb an den Folgen einer Gefechtsverletzung.

1060. Karl Müller-Friedberg 8. April 1809 5

Herrn Heinrich Pestallozzi in Jverdun Baden den 8 April 1809. durchreisend in Eil.

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Theürer, edler Pestallozzi! Pfeiffer von Lenzburg ist bey Ihnen. Lassen Sie sich von Ihm die Anträge erzählen, die ich ihm gemacht habe u[nd] bestimmen Sie ihn, dass er mir mit erster Post sein J a oder N e i n nach St. Gallen sende. Ich will ihn nicht influencieren; Er mag erwägen nach seinem Herz u[nd] höherer Wahl; aber die Wahl meiner Regierung (deren Vorzug für ihn zwar entschieden ist) darf ich nicht länger aufzögern. Also um ein Ja oder Nein bitte ich u[nd] es [ist] nicht zuviel gefordert. Sie aber versichere ich gerne wieder einmal herzlicher u[nd] inniger Verehrung Ihr Müller-Friedberg

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ZB Zürich, Ms Pestal 53, Umschlag 254/2 Bogen, 236x200 mm Stempel BADEN, Dorsualvermerk (in lateinischer Schrift) Baden 8e. avril 1809. – Müller-Friedberg, 12e Original Textkritik

Zeuge H Z. 13

nach St. Gallen∫ Sacherklärung I.

Karl Müller-Friedberg (1755–1836)



Nr. 574

676 II. Karl Müller-Friedberg (1755–1836, ⇒ Nr. 574) gründete 1809 das katholische Gymnasium in St. Gallen. Wie diesem Brief zu entnehmen ist, hätte er Michael Traugott Pfeiffer (1771–1849, ⇒ Nr. 917) gerne in das Leitungsgremium berufen. III. Z. 8 Z. 10 Z. 10

Baden: Stadt im Kt. Aargau Pfeiffer: Michael Traugott Pfeiffer (1771–1849) Lenzburg: Stadt im Kt. Aargau



Nr. 917

1061. Georg Heinrich Ludwig Nicolovius 12. April 1809 Königsberg d[en] 12 Apr. 9. 5

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Hier, mein ehrwürdiger alter Vater, empfängst du die Erstlinge des Vertrauens unsrer Regierung. Du wirst sie mit Liebe aufnehmen, und auch durch sie wird dein Geist uns zu theil werden. Wiedme dich uns mit ganzer Seele. Fürchte nicht Wankelmuth oder Leichtsinn von unsrer Seite. Die Wahrheit ist nun einmal erkannt, u[n]d man wird fortwandeln in ihrem Licht, u[n]d sie wird uns frey machen. So viel an mir ist, weisst du was dir an mir geworden. Ich habe dir Probe gehalten, u[n]d nur mit dem lezten Lebenshauch kann der Geist von mir weichen, der Eine u[n]d Gewisse, der mich in Neuhof an deiner Seite beseelte, der mein Führer von Jugend an gewesen, u[n]d dessen Dienst mir bisher wichtiger als Alles gewesen. Mein Schicksal ist nicht meine Sorge u[n]d ohne mein Zuthun hat es mich nun auf den Posten gestellt, wo ich das Heiligthum hüten u[n]d Verfechter seyn soll gegen das Schlechte u[n]d Gemeine. Meine äussere Lage ist also in Harmonie mit meinem innern Leben, u[n]d beydes vereint sey die doppelte Bürgschaft für meinen Antheil an unserm Werk. Von Zeller ist noch keine Antwort. Sorge beyzeiten für den Fall seines Nein. Suche den Mann, den unsere Trümmer nicht schrecken, der an das unsichtbare Reich, das herrlich auf Trümmern des Glanzes u[n]d der Grösse gedeihen kann, glaubt; u[n]d der dem festen u[n]d heiligen Willen andrer traut, weil er selbst die unvertilgbare Weihe für einen grossen Beruf im Herzen trägt. Er müsste muthig u[n]d standhaft mit uns zu arbeiten bereit seyn, und mit edlem Troz gegen äussere Stürme geistige Kraft u[n]d heilige Wehr gründen und fördern wollen.

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In diesen Tagen ist mir durch einen Brief deines Freundes Niederer an H[er]rn Busolt hier eine grosse Freude geworden. Er kennt u[n]d ehrt den ehemaligen hiesigen Magum Hamann, dem ich so vieles danke, da er mich als Jüngling an die Hand nahm u[n]d sokratisch zu ewiger Liebe weihete. Gott mit uns! Er geleite unsere Jünglinge u[nd] segne unser Vorhaben! dein Nicolovius.

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ZB Zürich, Ms Pestal 53/54, Umschlag 261/5 Bogen, 227x192 mm Dorsualvermerk 1809 Aprill, Nicolovius – Juni– durch die Zöglinge von Preüssen – Original Textkritik

Zeuge H Z. 16 Z. 29f.

Sorge u[n]d Wehr gründen Sacherklärung I.

Georg Heinrich Ludwig Nicolovius (1767–1839) ⇒ Nr. 423 II. Die Preussische Regierung (⇒ Nr. 1048) hatte am 16. Februar 1809 (⇒ Nr. 1049) beschlossen, zwei Zöglinge als Eleven nach Yverdon zu schicken. III. Z. 5 Z. 6 Z. 22 Z. 22

Z. 31 Z. 31f. Z. 32

Erstlinge: Peter Friedrich Theodor Kawerau (1789–1844, ⇒ Nr. 1453) und Johann Wilhelm Preuss (1790–1867, ⇒ Nr. 1048) Regierung: Preussisches Staatsministerium ⇒ Nr. 1048 Zeller: Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656 Antwort: Vgl. den Brief von Georg Heinrich Ludwig Nicolovius (1767– 1839, ⇒ Nr. 423) an Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) vom 21. März 1809 (ZB Zürich, Ms 53/54, Umschlag 261/3) und dessen Antwort an Friedrich Ferdinand Alexander von Dohna (1771–1831, ⇒ Nr. 1050) vom 8. April und 5. Mai 1809 (BBF Berlin, Zu Seyffarths PestalozziForschungen, Abschrift II, Pestalozziana Zeller 59–63). Brief: scheint nicht erhalten zu sein Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Busolt: Gotthilf Christian Wilhelm Busolt (1771–1831) kam achtjährig, nach dem frühen Tod seines Vaters, zu Verwandten nach Königsberg und nahm dort 1788 das Studium der Theologie auf, währenddessen er als Privatlehrer tätig war. 1795 von der altstädtischen Schule als öffentli-

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cher Lehrer angestellt, entwickelte Busolt ein immer regeres Interesse an der Volksbildung, sodass er nach seiner Promotion 1798 eine zweijährige Reise durch Deutschland unternahm, um sich ein Bild des Zustands des öffentlichen Schulwesen zu machen. Zurück in Königsberg wurde er von der Regierung zunächst als Kirchenrat, später als Consistorial- und Schulrat eingesetzt. Hamann: Johann Georg Hamann (1730–1788), genannt «der Magus des Nordens», war Philosoph in Königsberg und gilt als Wegbereiter des Genie-Kults und des «Sturm und Drangs».

1062. Georges de Rougemont 14. April 1809 Yverdon M[onsieur] Pestalozzis – 5

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14 Avril 1809. Permettez moi mon cher et respectable ami de vous demander conseil et secours. Plusieurs de mes amis péres de famille, sont frappés du danger auquel leurs enfants sont exposés pendant les heures de récréation comme on les appelle et qui sont celles on livrés à eux mêmes et sans surveillance aucune, ils courent les ruës et de nourrissent de mauvais propos et depolissonneries de tout genre et contractent souvent l’habitude de jurer et de faire pire encore! Pour y remédier les péres de famille dont je vous parlent veulent confier leurs enfans à un jeune home capable de les surveiller, tout en jouant et s’exerçant avec eux. Un très bon sujet de 15 à 16 ans de présente à eux où plutôt ils pensent à lui, mais ils désireroient qu’ils passat quelques semaines chez vous pour se familiariser avec sa méthode suivie dans votre institut pour les extérieurs du corps. Des raisons particuliéres et inutiles à détailler ici s’oposent à ce qu’on forme le projet de le laisser plus tems chez vous, pour le moment mais comme il ne pourroit se livrer a L’étude des exercices du corps pendant toute la journée il suivroit quelques uns des exercices de l’intelligence et si la bonne opinion que l’on à de sa tête et de son cœur est fondée, S’il a le gout, comme on le croit, et la capacité de devenir un jour Instituteur, vous vous en apercevez aisément et l’on prendra des mesures qui lui permettent de suivre cette noble vocation, et qui feront de lui peut ètre le premier de vos Apôtres dans ce pays. Que pensez vous de ce projet pouvez vous recevoir ce jeune homme pour 4 à 6 Semaines, lui donnerez vous les facilités

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nécessaires pour qu'il remplise l’objet qu’on se propose quand pourroit il enfin se rendre à Yverdun. Mes amis et moi avons conçu un second projet plus étendue et que je vais vous Soumetter c'est de fixer Mons[ieur] P à Neuchatel non aux dépends de la municipalité mais aux noires, non pour les établissemens publics mais pour nos enfans et ceux que nous ___ à leur réunion. On lui subordonneroit le jeune homme dons je vous ai parlé; on exigeroit sa Surveillance le Soir, des leçons de musique, que les enfans puissont apprendre l’allemand avec lui, que cette langue fut la seule qu’on parlat chez lui qu’il se prétât enfin à l’aplication de votre méthode à l’éducation et a l’instruction des enfans qu’on lui confieroit, autant que cela peut dépendre de ses moyens. on lui assureroit de 1600. à 2000 francs de Suisse. Mais ces vuës sont elles justes?? M[onsieu]r Pfeiffer est il l’homme à les remplir. Nous vous demandons le plus grand secret sur ce projet non pour nous mais pour M[onsieu]r P[feiffer] que perdroit peut ètre une partie des agrémens dont il jouit à Lentzbourg. Si on le supposoit occupé à changer son Domicile ce que vous m’ecrivés sera gardé sous le scrau du secret le plus profond. Enfin mon respectable ami je viens à mes propres enfans qui consistent en deux filles de 9 et 7 ans et un garçon de 9 Mois. Je voudrois les rendre bons et heureux, il me semble, autant qu’il est permis à un pére de juger de ses enfans, que la nature m’en facilite les moyens mais les institutions humaines et quelques unes de mes circonstances personnelles les affoiblissent. A prendre le Cathéchisme la Géographie mélée d’histoire et de Statistique, des passages souvent mystiques et intelligibles passer six heures par jour assis et écoles contre des tables, rentendre parler morale plutôt que la en pratique et de Réligion sans recevoir l’influence d’un esprit réligieux, lire des choses sans interrêt, s’amuser sans savoir de quoi peut on mieux détruire le bien? Semer et faire germer le mal? Mais pourquoi dirés vous envoyer les enfans à ces établissemens publies? Pourquoi? pour éviter l’éducation domestique qui seroit pire encore à bien des égards De deux maux il faut choisir le moindre. Le peu de tems que je puis donner à mes enfans et l'impossibilité de me faire remplacer par gens qui entrent dans mon sens les livrent nécessairement à notre éducation publique. Dans ces circonstances l’idée m’est venue de vous demander mon respectable ami. Si vous pouries me céder pour cet été un Sous Maitre qui pût mettre en pratique chez moi la méthode de P[estalozzi]. Je réunirois quelques enfans à ma campagne l’arithmetique, les mathématiques, le dessin

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d’après les idées développéës par M[onsieu]r Schmidt dans ses éléments du dessin ouvrage qui, malgré mes cheveux blancs on à fait éprouver tous les mouvemens et l’admiration pour son auteur seroient les principaux objets des leçons que donneroit votre éleve à ces enfants. Ma femme ne demande pas mieux que de bienfaire, mais il lui faut un modèle pratique comme à bien d’autres et peut être que ce modèle presente à propos aura une influence qui s’étendra bien audelà d'enfans qui se réunissent chez moi. Je serois bien heureux si je pouvois établir une école publique d’après votre méthode a St Aubin. Le moment approche ou le pays de N[euchâ]tel decevra votre influence et la transmettra. Je vois distinctement a lui où je pourrai m’occuper de quelques traductions. Veuillez me dire si vous persistez à désirer alle du Compte que vous avez rendu il y à un an! Et si cette des Elémens du dessin vous paroit convenable. Si vous me répondes permettes moi l’indiscrete priére de savoir copier votre réponse vû l’extreme difficulté que je prouve à lire l’allemend lorsque l’ecriture n’est pas très bonne. Agrées je vous prie mon cher et respéctable ami, le tribut d’admiration que je vous paye avec toute l’Europe et l’expression de mon respect, et de mon plus sincère attachement.

Überlieferung 1 5

Privatbesitz Familie de Rougemont, Inv. 243, S. 557–559 Copia Textkritik

Zeuge [h] Z. 7 Z. 14 Z. 66

famille home∫ livr∫ent Sacherklärung I.

Georges de Rougemont (1758–1824) ⇒ Nr. 956 III. Z. 29 Z. 33

Z. 51

jeune homme: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte. P: Es ist zu vermuten, dass Georges de Rougemont (1758–1824, ⇒ Nr. 956) Pestalozzi die Idee seiner Neuenburger Freunde miteilte, ihn, Pestalozzi, nach Neuchâtel zu holen um in einer Privatanstalt die Kinder ihrer Familien zu erziehen. deux filles: Es dürfte sich hier um Rose Frédérique de Rougemont (1800– 1880) und Marie-Françoise-Henriette Marval-de Rougemont (1801–1830)

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Z. 51 Z. 69

Z. 72 Z. 76 Z. 81

handeln. Rose Frédérique heiratete 1833 Louis de Marval (1798–1883). Aufgrund der Altersangaben zu den Mädchen muss angenommen werden, dass die erstgeborene, Rose-Henriette (*1798), über die keine weiteren Angaben verfügbar sind, wohl zwischenzeitlich verstorben war. garçon: Frédéric-Constant de Rougemont (1808–1876) ⇒ Nr. 983 Sous Maitre: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte, da das Projekt nicht zustande gekommen ist. Georges de Rougemont (1802–1810, ⇒ Nr. 968) besuchte die Anstalt in Yverdon bis zu seinem Tod. Schmidt: Joseph Schmid (1785–1851) ⇒ Nr. 712 Ma femme: Charlotte Louisa Albertine de Rougemont-d’Ostervald (1769– 1851) ⇒ Nr. 983 St Aubin: Gemeinde im Kt. Neuenburg

1063. Karl August von Wangenheim 17. April 1809 Stuttgart, den 17ten April 9. 5

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Herein tritt in die Stube der geehrte Bruder einer meiner besten hiesigen Freunde mit seinem Pflegesohn K l e i n , einem jungen seelenkranken überstudierten jungen Menschen, der vor einiger Zeit den mislungenen Versuch machte, sich selber das Leben zu nehmen, und bittet mich, diesem ein paar empfehlende Zeilen an den Menschenfreund P e s t a l o z z i zu geben, der ihn aufnehmen und durch das Studium der Methode und deren Anwendung ins lebendige Wirken einführen u[nd] ihn also gesund machen soll. Ich kann über den jungen Menschen gar nichts und für ihn nur das sagen, dass er mir von einem sehr braven u[nd] klugen Manne empfohlen wurde. Ihr K i e s e r wird Ihnen mehr sagen können u[nd] müssen, um recht auf das kranke Gemüth wirken zu können. Mit J[un]gfr[au] H a r t m a n n bin ich sehr zufrieden. Sie wendet die Methode mit ziemlicher Sicherheit an und erlaubt nicht allein, sondern verdankt Bemerkungen, die man ihr macht u[nd] die ich gegen zu schnelles, Lücken lassendes Forteilen machen musste. Die Kinder gewöhnen sich leicht an sie und machen sichtbare Fortschritte, die nur leider durch die Krankheit bringende Witterung zu oft gehemmt werden. Z e l l e r ist entschlossen den preussischen Ruf anzunehmen. N i c o l o v i u s Brief u[nd] des K ö n i g s Kabinetsordre haben mir süsse Thränen gegeben. Z[eller] kommt zu Ihnen. Gestern habe ich den kleinen grossen N a p o l e o n zum erstenmale und sehr in der Nähe gesehen. Auf seinem Gesicht liegt die

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Ruhe des Fatum’s; doch schwebt, so scheint es mir, eine melancholischen Tinte um Auge u[nd] Mund. Der grosse Kampf, der nicht entscheiden soll, ob? sondern nur wie? Europa gestaltet u[nd] welche Richtung den Maschinen darin gegeben werden soll, hat begonnen. Die Oesterreicher rücken gegen Sachsen aus Böhmen vor; sie sind ins Tyrol eingedrungen und haben dort eine Revolution gegen Bayern bewirkt; sie sind an 7 verschiedenen Punkten über den Inn gegangen. Die Franzosen zogen sich an den Lech zurück und glaubten sich durch D a v o u s t , der bei Baireuth und in Franken stand, verstärken zu müssen. Die Oestereicher scheinen nur dies gewollt zu haben, denn als Davoust in Ingolstadt angekommen war, gingen ihm die Oesterreicher aus Egar nach Baireuth in seinen Rücken, u[nd] scheinen die Sächsischen Truppen von denen am Inn abgeschnitten zu haben, wogegen sie sich nunmehr ruhig in Bayern zurückziehen. Man war vor der Ankunft N a p o l e o n ’ s besorgt, die Revolution könne gleiches Feuer in Italien, Schweiz u[nd] Vorarlberg anzünden u[nd] die getrennten franz[ösischen] Armeen dürften durch Oesterreichische Übermacht an Masse in Verlegenheit gebracht werden; allein Napoleons Ruhe, sein siegender Ruf und die Versicherung: er kenne die Operationspläne der Oesterreicher genau und in wenigen Tagen werde man von ihm hören – haben die meisten Zweifler beschwichtigt. Die Oesterreicher sollen bei jedem ihrer Armeecorps eigene Inssurrections-Kommissarien haben. Geschehe was da wolle; unter jeder Form brauchen Europa’s Kinder Bildung und also Sie. Der Teil siege, dem Menschenwerth am meisten am Herzen liege. Grüssen Sie Ihre Freunde und leben Sie wohl! Ihr Wa[n]g[en]he[i]m Drängen Sie Schmid die bestellte Anzahl Exemplare von der Formenlehre schleunig an Pfarrer R i e k e allhier zu versenden. Das Buch ist vortrefflich u[nd] die Nachfrage gross. Morgen wird J[un]gf[e]r H a r t m a n n mit C o t t a sprechen.

Überlieferung 1 5

BBF Berlin, zu Seyffarths Pestalozzi-Forschungen, Abschrift II, S. 9 Abschrift Textkritik

Zeuge [h]

683 Z. 21 Z. 29 Z. 35 Z. 38 Z. 38 Z. 39 Z. 41 Z. 41 Z. 51

sie: eigentlich: sei doch schwebt sie∫ Baire∫uth in∫ Oestereicher Baire∫uth u[nd] scheinen beschwichtigt. Die Sacherklärung I.

Karl August von Wangenheim (1773–1850) ⇒ Nr. 977 III. Z. 5

Z. 6

Z. 6

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Z. 17 Z. 24 Z. 25 Z. 25 Z. 25 Z. 25 Z. 27

Bruder: In Frage kommen der Textilfabrikant und Wirtschaftspolitiker Karl Ludwig Friedrich Hartmann (1766–1852) oder der – allerdings ab 1803 in Dresden lebende – Porträt- und Historienmaler Christian Ferdinand Hartmann (1774–1842), jeweils Brüder von Wangenheims Freund August Hartmann (1764–1849, ⇒ Z. 6). Möglich ist auch der Jurist, Publizist und Anhänger der Französischen Revolution, Christoph Friedrich Cotta (1758–1838), Bruder des Wangenheim-Freundes Johann Friedrich Cotta, Freiherr von Cottendorf (1764–1832, ⇒ Nr. 617). Freunde: Denkbar sind hier August Hartmann (1764–1849), aber auch Johann Friedrich Cotta, Freiherr von Cottendorf (1764–1832, ⇒ Nr. 617) oder Georg Heinrich Keller (1775–1831, ⇒ Nr. 984). Hartmann war Wirtschaftswissenschaftler an der Universität bis 1793, anschliessend in vielfachen Funktionen im württembergischen Staatsdienst tätig, unter anderem ab 1808 als Geheimer Oberfinanzrat und ab 1812 als Mitglied des Staatsrats. Hartmanns Haus in Stuttgart war ein Zentrum für Literaten, Künstler und Gelehrte. K l e i n : Hier könnte möglicherweise Gustav Klein gemeint sein, ein Studiosus aus Stuttgart, der von Mai bis Dezember 1809 Lehrer in Yverdon war. K i e s e r : Enoch Christian von Kieser (1784–1838), evangelischer Theologe, war Hauslehrer bei Karl August von Wangenheim (1773–1850, ⇒ Nr. 977) und hielt sich zwischen 1809 und 1810 an Pestalozzis Institut in Yverdon auf. Anschliessend wurde er Pfarrer im württembergischen Schluchtern und 1812 zum Ehrenmitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Erziehung (⇒ Nr. 1012) ernannt. H a r t m a n n : Klara/Claire von Hartmann (*1774) ⇒ Nr. 984 Z e l l e r : Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656 N i c o l o v i u s : Georg Heinrich Ludwig Nicolovius (1767–1839) ⇒ Nr. 423 Brief: ⇒ Nr. 1048 K ö n i g s : Friedrich Wilhelm III., König von Preussen (1770–1840) ⇒ Nr. 568 Kabinetsordre: ⇒ Nr. 1049 N a p o l e o n : Napoleon I. Bonaparte (1769–1821) ⇒ Nr. 580

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Z. 58f.

Z. 59 Z. 61

Die Oesterreicher rücken gegen Sachsen aus Böhmen vor: Damit ist der Feldzug Napoleon I. Bonapartes (1769–1821, ⇒ Nr. 580) gegen Österreich und dessen Gegenoffensive im Königreich Sachsen und dem Herzogtum Warschau gemeint. D a v o u s t : Louis Nicolas Davout (1770–1832) avancierte nach rascher und erfolgreicher Offizierskarriere als General und Oberbefehlshaber der kaiserlichen Garde ab 1800 zum Vertrauten Napoleon I. Bonapartes (1769–1821, ⇒ Nr. 580) und hatte in den wichtigsten Schlachten in Italien, bei Austerlitz 1805 und bei Auerstedt 1806 entschiedenen Anteil am Sieg der französischen Armee über Österreich und Preussen. Nach der Niederlage vor Moskau organisierte er den französischen Rückzug, wobei er sich insbesondere während der Besetzung Hamburgs 1813/14 durch brutale Herrschaft auszeichnete. Inssurrections-Kommissarien: Im fünften Koalitionskrieg gegen das napoleonische Frankreich vom 9. April bis 14. Oktober 1809 setzte Österreich, das mit Grossbritannien verbündet war, in seinen Feldzügen in Süddeutschland, Franken und Sachsen, an der dalmatinischen Küste und im Königreich Italien neben militärischen Operationen auf die Entfesselung einer Volksbewegung gegen die napoleonische Herrschaft. Zu diesem Zweck nahmen vor allem Adelige Verbindungen zu Freischärlern aus der Bevölkerung auf, um diese zum Aufstand zu bewegen. Dieses Ziel scheiterte weitgehend und gelang nur in Tirol durch die Kooperation von Joseph Freiherr von Hormayr, Direktor des Geheimen Hof- und Staatsarchivs in Wien (1782–1848), mit dem Freiheitskämpfer Andreas Hofer (1767–1810). Formenlehre: Joseph Schmid: Die Elemente der Form und Grösse (gewöhnlich Geometrie genannt) nach Pestalozzis Grundsätzen. Yverdon 1809 R i e k e : Viktor Heinrich Riecke (1759–1830) ⇒ Nr. 984 C o t t a : Johann Friedrich von Cotta, Freiherr von Cottendorf (1764– 1832) ⇒ Nr. 617

1064. Constant Bugnon 22. April 1809 Mons[ieu]r Pestalozzi, Institut à Yverdon 5

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Fleurier le 22e Avril 1809 Je viens de recevoir par le c[ouran]t Courrier, votre honorée Lettre du 15e c[ouran]t qui me transmet, la notte de vos débours pour mon fils Henry, durant les trois derniers mois, qui avec la pension et le trimestre courant, s’eléve à L[ivres] 125.6 de Suisse, dont vous voudrez bien disposer sur moi, p[aya]ble a vue puisque d’après ce que vous me marquez, vous avez q[uoi]quel payemen à faire dans n[otre] livraison

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J’apprends avec plaisir, M[onsieu]r que vous continuez a être contant de mon fils, qui je l’espére s’efforcera de mériter de plus en plus par sa docilité et sur application votre approbation et celle de M[onsieu]rs les Institut[eu]rs qui dirigont sa leçon. Il paroit que le Calcul lui cause plus de difficultée; mais comme mon enfant est encore très jeune, je n’en suis pas surprise et j’aime à croire que dans q[uel]que tems, il suivra avec moins de peine l’enseignement de la classe, pour cette partie. Veuillez, Mons[ieur], lui remettre l’incluse Me proposant de me rendre a Yverdon, aussitôt que n[otre] Montagne sera débarrassée des neiges, j’aurai alors l’avantage de m’entretenir avec vous du jeune Montandon que vous avez eu la bonté d’admettre à v[o]t[re] Institut. Depuis près de 4 mois que je ne l’ai pas vu, je n’en ai pas eu de nouvelles et il me sera bien agréable d’apprendre, M[onsieu]r, qu’il ait fait du progrès statisfais[an]t dans la méthode de v[o]t[re] Institut et qu’il se conduise convenablem[en]t sou tous les Rapports.

Überlieferung 1 5

Bibliothèque publique et universitaire de Neuchâtel, département des manuscrits, Ms. Arm. de fer 45 Copia Textkritik

Zeuge h Sacherklärung I. Constant Bugnon (1773–ca. 1850) ⇒ Nr. 1023 III. Z. 5 Z. 6 Z. 8 Z. 9 Z. 24

Fleurier: Gemeinde im Val-de-Travers (Kt. Neuenburg) Lettre: PSB XIV, Nr. 1528D fils: Isaac Henri Bugnon (1800–1867) ⇒ Nr. 1194 L[ivres]: frz. Silberwährungseinheit Montandon: Jacques Louis Montandon aus dem Val-de-Travers (Kt. Neuenburg) war 1809 als Lehrer bei Pestalozzi in Yverdon und hat das Institut offenbar bereits im Herbst gleichen Jahres wieder verlassen (⇒ Nr. 1096).

686 1065. Johannes von Müller April/Mai 1809 5

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Dass der Tag des Blutes endlich dem der Entwicklung weichen wird, ist eine Vorstellung, ohne [die] es nicht der Mühe werth wäre, zu leben. … … Also treiben Sie mutig, was Sie thun – dies Werk des Lichts, und schreiben Sie mir oder lassen Sie mir schreiben, durch wen Sie wollen, wie ich es zu machen habe, dass auch für das Land der Catten, der Cherusker und der Einwohner des Blocksbergs, ein Lämpchen sich anzünde.

Überlieferung 1

PSW XXI, S. 273.32ff. Sacherklärung I.

Johannes von Müller (1752–1809) ⇒ Nr. 1003 II. Die Datierung dieses Fragments ergibt sich aus dem Brief Pestalozzis vom 12. März 1809 (PSB VI, Nr. 1499) und dem Tod Johannes von Müllers (1752–1809, ⇒ Nr. 1003) am 29. Mai 1809. Im Brief vom 12. März schreibt Pestalozzi, dass er sich schon lange «ohne Antwort von Euerer Exellenz» befindet. Der Brief, aus welchem dieses Fragment von Müller stammt, muss folglich als Antwort darauf verfasst worden sein, führt doch Pestalozzi in der Zuschrift an die Versammlung der Stellvertreter aller Kantone der Schweizerischen Eidgenossenschaft, in welcher diese Stellen aus dem Brief Müllers zum Abdruck gelangten, mit den Worten ein: «Wer kann ohne Rührung die Worte des Mannes lesen, die er in seinem letzten Briefe an mich, ich möchte sagen, als Abschiedswort mir hinterliess» (PSW XXI, S. 273). III. Z. 9f.

Z. 10 Z. 10

Catten: Die Chatten waren ein germanischer Volksstamm, der in den Tälern von Eder, Fulda und des Oberlaufes der Lahn (Hessen) seinen Siedlungsschwerpunkt hatte. Cherusker: Die Cherusker waren ein germanischer Stammesverband, der im Gebiet des heutigen Niedersachsens lebte. Blocksbergs: Der Blocksberg ist ein anderer Name für den «Brocken» im Harz, den höchsten Berg Norddeutschlands.

687 1066. Johann Jacob Bruderer 2. Mai 1809 5

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An den hochzuverEhrenden Herrn Herrn, Heinrich Pestalozzi, Professor, & Chef des Instituts Jverdon Canton Pays de Vaud. franco.– Teüffen den 2ten Mai 1809. HochzuverEhrender Herr Pestalozzi! Da in hiesiger Gegend sich keiner befindt, der Ihre so sehr, weit berühmte und von jedem Sachverständigem, sehr geschäzte L e h r M e t h o d e ausbreitet, so hätte ziemliche Neigung, mich mit solcher bekannt zu machen. Um dieselbe gründlich zu lernen, so wirdt es wohl am besten sein, Ihr Institut zu benutzen. Bin wie entschlossen, solches in Vollziehung zu bringen. Zudem würde mich gerne noch mehr in der Französischen Sprache üben, damit Ich im Stande bin, als Privatlehrer, in derselben den gehörigen Unterricht zu geben, habe zwar solche schon vor etlichen Jahren gelernt, und war wirklich auch etwas Zeit in Frankreich gewesen. Seit meiner Zurükkunft aber dieselbe wenig practiciert. Nun habe die Ehre, Sie, hochzuverEhrender Herr, zu fragen, Ob Sie mich in Ihrem Institut aufnehmen können und mir Lection in Ihrer Lehr-Methode, zur Vervollkommnung der Französischen Sprache, und in der Arimethique (mit welcher Ich schon etwas bekannt bin) ertheilen, habe auch schon Briefe in obbemeldter Sprache verfertiget, welchen aber oft die Orthographie fehlte, weil Ich mich nicht stark üebte, Zeigen Sie mir gef[ä]l[ligst] an, wass es per Quartal kosten würde, wünschte aber solches, in möglichst kurzer Zeit zu lernen, an Fleiss und Eiffer muss es nicht fehlen dieweil Ich verheirathet und 27. Jahr alt bin: Lieber will ich etwas mehr bezahlen, um desto geschwinder zurukkehren zu können! Sollten Sie allen-fahls solche Bücher haben, daraus mann Ihre Lehr-Methode gründlich lernen könnte, so wäre es mir desto lieber, Sie können versichert sein, dass Ich mir alle mögliche Mühe geben werde, um Ihre Zufriedenheit zu erwerben! Ersuche Sie, von der Gütigkeit zu sein, und mich sobald möglich mit einer günstigen Antwort zu würdigen.

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In dessen Erwartung habe die Ehre, Sie zu salutieren und bin mit wahrer Hochachtung Ihr Ergebenster D[iene]r Joh. Jacob Bruderer. P.S. Sollte es allenfahls, in Ihrem Institut keine Gelegenheit geben zur Pension und Logis, so wirdt es wohl honnette Leüthe in der Nähe desselben geben, die Pensionnaires haben, und wenn Ich ganz allein bey einem paar alter Leüthe sein müsste so wäre es mir am Liebsten. Der nemliche.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 50, Umschlag 41 Bogen, 235x195 mm Datum am Schluss, Siegelspuren, Stempel St GALLEN. Dorsualvermerk Teuffen d[en] 2t May 1809 Joh Jb. Bruderer beantwortet d[en] 17ten Original Textkritik

Zeuge H Z. 4–9 Z. 13f. Z. 16 Z. 22 Z. 23 Z. 24 Z. 25 Z. 28 Z. 29 Z. 40 Z. 43 Z. 44 Z. 45 Z. 45 Z. 45 Z. 46

lateinische Schrift L e h r M e t h o d e : lateinische Schrift Institut: lateinische Schrift practiciert: lateinische Schrift Institut: lateinische Schrift Lection: lateinische Schrift Arimethique: lateinische Schrift Orthographie: lateinische Schrift per Quartal: lateinische Schrift Sie zu salutieren: lateinische Schrift Joh. Jacob Bruderer: lateinische Schrift Institut: lateinische Schrift Pension: lateinische Schrift Logis: lateinische Schrift honnette: lateinische Schrift Pensionnaires: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Johann Jacob Bruderer (1781–1835), Stabsfähnrich aus dem ausserrhodischen Teufen, ist seit 1803 mit der Pfarrerstochter Johanna Elisabetha Walser (1778–1845) verheiratet und Vater zweier Kinder, Anna Katharina (*1803) und Katharina Barbara

689 (1805–1841); ein Sohn, Andreas (1807–1808), verstirbt noch vor Bruderers Ausbildungsbegehren an Pestalozzi. Ob diesem entsprochen und er in Yverdon zum Lehrer ausgebildet wurde, ist unklar. III. Z. 10

Teüffen: Teufen, Gemeinde im Kt. Appenzell-Ausserrhoden

1067. Adriaan Pieter Twent 3. Mai 1809 Maandag 3 Bloeimaand 1809 5

N° 15. Ontvangen Zijnd er eene missive van de Herr Pestalozzi Geschrevente Yverdon den 11en van Wijnmaand 1808, ter beantwoording van des Ministers missive van den 12en van Herfstmaand 1808. Nr. 1: heeft de Minister de navolgende missive aan de naar Yverdon vertrekkende Kweekelingen doen medegeven, om aan de Herre Pestalozzi te worden ter hand gestelt:

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Monsieur! Les deux élèves qui d’après les vues salutaires de Sa Majesté le roi, vont partir pour Yverdon, sont chargés de vous remettre cette lettre. Celle que vous avez écrite à mon prédecesseur confirme de nouveau combien le gouvernement peut se promettre d’avantages de leur séjour auprès de vous. Puissent les jeunes gens répondre aux soins que vous leur donnerez, Monsieur! et puissiez vous encore longtems jouir de la satisfaction de voir se propager votre utile méthode. Je Vous salue, Monsieur, avec considération Le Ministre de l’Intérieur.

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Überlieferung 1 5 6

Rijksarchief voor de centrale regeringsarchieven vanaf 1795, ‘s-Gravenhage, Archiv des Innenministeriums 1795–1813, Nr. 648 Copia Die deutsche Übersetzung des Protokolleintrags lautet: Es wurde eine Nachricht des Herrn Pestalozzi, geschrieben am 11. Oktober 1808, empfangen, zur Beantwortung der Nachricht des Ministers vom 12. September 1808. Nr. 1: Der Minister hat die nachfolgende Nachricht den nach Yverdon abreisenden Lehrlingen mitgegeben, um sie der Hand des Herrn Pestalozzi zu übergeben. Textkritik

Zeuge h Z. 11

deux∫

690 Z. 14 Z. 14 Z. 15 Z. 16 Z. 16

combien le d’avantages∫ Puissent les Monsieur!∫ vous encore Sacherklärung I.

Adriaan Pieter Twent (1745–1816) promoviert 1764 in Leiden in Rechtswissenschaften, wird 1785 in Gouda einer der vier Bürgermeister und 1791 Vorstandsmitglied des Wasser- und Landverbandes von Schieland, nachdem er sich bereits vorher mit Themen wie Schafzucht, Bewaldung von Dünengebieten und der Urbarmachung von Land beschäftigt und dazu auch Broschüren verfasst hat. 1802 wird Twent Mitglied der Departementsleitung von Holland, 1803 erfolgt die Ernennung in die Kommission der Superintendenten für Flüsse, welcher zwei Jahre und einen Regierungswechsel später der Posten als Direktor der fünfköpfigen Kommission der Superintendenten der Wasserwirtschaft folgt. Unter König Louis Napoleon (1778–1846, ⇒ Nr. 994) wird Twent 1809 zuerst Minister für inländische Angelegenheiten und nur wenige Monate später, als Folge des Beschlusses, die Wasserwirtschaft nicht mehr länger unter inländische Angelegenheiten zu subsummieren, der erste Minister für Wasserwirtschaft und bleibt dies bis 1810. III. Z. 6 Z. 8 Z. 11 Z. 13

missive: ⇒ Nr. 994 Kweekelingen: Dirk van Dapperen (1791–1822, ⇒ Nr. 994) und Hendrik Scholten (1791–1873) ⇒ Nr. 994 Sa Majesté: Louis Napoleon Bonaparte, König von Holland (1778–1846) ⇒ Nr. 994 prédecesseur: Frederik Auguste van Leyden (1768–1821) ⇒ Nr. 994

1068. Franz Adam Lejeune 5. Mai 1809 5

[Reg.] Antwortvermerk «rép. 5. Mai 1809» auf dem Brief Pestalozzis vom 29. April 1809.

Überlieferung 1

ZB Zürich, Ms Pestal 3/70a,3 Textkritik

Zeuge H

691 Sacherklärung I. Franz Adam Lejeune (1765–1854)



Nr. 870

1069. Sektion Unterricht des preussischen Innenministerium 10. Mai 1809 5

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An den Herrn Heinrich Pestalozzi Wohlgeb[or]en zu Yverdun im schweizerischen Kanton Waadt. Königsberg den 10ten May 1809.

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Die Sektion des öffentlichen Unterrichts sendet E[u]er Wohlgeb[or]en in der Person des Studiosus Kzionsieck, des Überbringers dieses Schreibens, einen neuen Eleven zu. Er ist ein sehr gerader und unverdorbener, wegen der grossen Energie seines Willens schätzenswerther Mensch, der den Zweck, seine Landsleute, die Pohlen, in seiner Vaterstadt und der umliegenden Gegend durch eine vernünftigere Erziehungs- und Unterrichtsweise zu heben und zu bessern, und der Jugend derselben ein freudigeres Loos, als ihn selbst in der Schule getroffen, zu bereiten, zum Grundgedanken seines Lebens gemacht hat. Die unterzeichnete Sektion zweifelt nicht, dass sein ganzes Naturell E[u]er Wohlgeb[or]en und Ihre Mitarbeiter ansprechen, und Ihnen den jungen Mann lieb machen, und dass der in ihm liegende kräftige Keim durch den Geist, welcher dort weht, sich zu freierer Entwickelung beleben werde. Vermöge des innern Bandes, welches nun einmahl zwischen der Sektion des öffentlichen Unterrichts und E[u]er Wohlgeb[or]en geknüpft ist, darf dieser junge Mann Ihrer liebenden Fürsorge nicht noch besonders empfohlen werden. So wie dieser Sie als seinen Vater ehrt, so werden Sie gewiss ihn als Ihren anvertrauten Pflegesohn, der aber bald das volle Recht der geistigen Kindschaft sich erwerben wird, lieben. Für die halbjährigen Unterhaltungskosten ist eine Anweisung auf Einhundert fünf und Siebenzig Th[a]l[e]r Preuss[isch]er Kourant, aber berechnet in dortigen Münzsorten, eingelegt. E[u]er Wohlgeb[or]en mögen sie verwalten, wie die Gelder, welche zum Unter-

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halte der übrigen Eleven, von deren Ankunft die Sektion bald Nachricht erwartet, ausgesetzt sind. Was hievon dem jungen Manne selbst in die Hände zu geben nöthig seyn möchte, können dieselben ihm zustellen. Die Sektion des öffentl[ichen] Unterrichts. Humboldt. Süvern M[i]n[ister]

Überlieferung 1 4 5

Geheimes Preussisches StA Berlin-Dahlem, Rep. 76 VII Sekt. 1aa Nr. 4 Bd. 1, S. 120a–121 Datum am Schluss Copia Textkritik

Zeuge h Z. 5 Z. 8 Z. 10 Z. 11 Z. 13 Z. 24 Z. 35 Z. 37

Heinrich Pestalozzi: lateinische Schrift Yverdun: lateinische Schrift Waadt: lateinische Schrift Königsberg: lateinische Schrift Kzionsieck: lateinische Schrift in∫ Gelder welche∫ ausgesetzt sind∫ Sacherklärung I.

Sektion Unterricht des preussischen Innenministerium ⇒ Nr. 1049 III. Z. 13

Z. 33 Z. 36

Z. 41 Z. 42

Kzionsieck: Michael Ksionzek aus Pasym (Passenheim, Ermland-Masuren) wurde von der preussischen Unterrichtssektion zur Durchführung der geplanten Bildungsreformen als Lehramtskandidat vorgesehen und 1809 zur Ausbildung nach Yverdon entsandt. Da er jedoch das Yverdoner Institut heftig kritisierte (vgl. PSB VII, Nr. 2280) und um Rückberufung nach Preussen bat, wurde er im Frühjahr 1811 frühzeitig zurückberufen (⇒ Nr. 1231, Nr. 1241). Anschliessend war er in Potsdam, danach am Gymnasium in Gizycko (Lötzen, Ermland-Masuren) als Lehrer tätig. Th[a]l[e]r: Grosssilbermünze Eleven: Johann Wilhelm Mathias Henning (1783–1868, ⇒ Nr. 1021), Peter Friedrich Theodor Kawerau (1789–1844, ⇒ Nr. 1453) und Johann Wilhelm Preuss (1790–1867, ⇒ Nr. 1048) Humboldt: Wilhelm von Humboldt (1767–1835) ⇒ Brief vom 6. Juni 1817 Süvern: Johann Wilhelm von Süvern (1775–1829) ⇒ Nr. 1049

693 1070. J. L. Lenz 15. Mai 1809 [Reg.] Lenz subskribiert zusammen mit Lizius die Gesangslehre.

Überlieferung 1

Nr. 1088 Sacherklärung I.

J. L. Lenz ⇒ Nr. 943 III. Z. 4

Z. 4

Lizius: Caspar Joseph Lizius (1760–1824) war als Kirchenmusiker und Organist bis 1809 in Diensten des Mainzer Bischofs, wurde ein Jahr später in Frankfurt am Main zum Organist am Dom St. Bartholomäus ernannt und wirkte ab 1816 als Gesangslehrer an der katholischen Mädchenschule in Frankfurt. Gesangslehre: Traugott Pfeiffer: Gesangsbildungslehre nach Pestalozzischen Grundsätzen. Pädagogisch begründet von Traugott Pfeiffer, methodisch bearbeitet von Hans Georg Nägeli. Zürich 1810

1071. Johann Martin Michaelsen 23. Mai 1809 5

S[eine]r Wohlgeboren Herrn Pestalozzi in Yverdun. durch Einschluss Hamburg am 23. Mai 1809.

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Wohlgeborner, hochgeehrtester Herr! Angenehmer hätte ich gewiss nie überrascht werden können, als es durch Ihre, mir so schätzbare, Zuschrift geschehen ist. Schon dass sie von Ihnen, dem Manne kam, der in einer für die ganze Menschheit wichtigen Angelegenheit Epoche macht, und dessen Name Allen, denen menschliches Denken und Thun nicht gleichgültig ist, achtungswürdig seyn muss, erregte in mir die lebhafteste Freude.

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Aber auch ihr Inhalt, da er mir Hoffnung macht, mich in meiner guten Meinung von Luther nicht geirret zu haben, und mich auf die Zukunft mit froher Erwartung seiner glücklichen Wirksamkeit für den Unterricht in meinem Waisenhause und auch sonst in dieser Stadt hinsehen lässt. Freilich befremdete mich anfänglich der Wunsch, ihn noch länger dort zu behalten. Aber es war Ihr Wunsch, und die Gründe, womit Sie ihn unterstützen, leuchteten mir bald in ihrer ganzen Stärke ein. Ich säumte daher nicht, eine Verlängerung seines dortigen Aufenthalts zu bewirken. Und sie ist bewirkt. Noch 6 Monate, also bis gegen das Ende dieses Jahrs kann er bei Ihnen bleiben. Möge er sich doch bis dahin immer Ihres gütigen Wohlwollens würdig zeigen, und dann mit Ihrem, für alles Gute lebhaft wirkenden, Geiste, aber auch mit den nöthigen Kenntnissen und Fertigkeiten, um mit Ihrem Geiste wirken zu können, zu uns zurückkehren! Mit dem herzlichsten Wunsche, dass Munterkeit und Kraft zur Erreichung Ihrer menschenfreundlichen Absichten Ihnen noch lange bleiben, verbinde ich die ungeheuchelte Versicherung, dass ich es mir stets zur wahren Ehre rechnen werde, mich nennen zu dürfen E[u]er Wohlgeboren gehorsamster Diener Michaëlsen

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 53, Umschlag 224/1 Bogen, 244x200 mm Siegel, Datum am Schluss Original Textkritik

Zeuge H Z. 5 Z. 12

Pestalozzi: lateinische Schrift ist∫ Sacherklärung I.

Johann Martin Michaelsen (1742–1816) wird 1772 zum Katechet am Waisenhaus in Hamburg gewählt und nur drei Jahre später zum dortigen Pastor. Dort scheint er bis zu seiner Resignation, einer Art freiwilliger Amtsverzicht, 1815 ununterbrochen tätig gewesen zu sein.

695 III. Z. 12 Z. 18 Z. 20

Zuschrift: scheint nicht erhalten zu sein Luther: Friedrich Luther ⇒ Nr. 850 Waisenhause: Das Hamburger Waisenhaus wurde 1604 vom Rat der Stadt gegründet und galt als moderne Einrichtung zur Unterbringung, Betreuung und Versorgung eltern-, obdach- und heimatloser Kinder mit pädagogischem Anspruch, das sich von herkömmlichen Armen-Verwahranstalten unterscheiden sollte.

1072. Thaddäus Müller 9. Juni 1809 5

An H[errn] Heinrich Pestalozi im Institut zu Yverdon. Luzern, d[en] 9 Juni. 1809.

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Ehrwürdiger Pestalozi! F o r r e r , ein junger Mensch v[on] Luzern, kommt zu Ihnen. Er ist gegen den Willen seiner Eltern hier entlaufen, hat vor seiner Abreise verschiedene Effecten gekauft u[nd] unbezahlt gelassen. Trauen Sie ihm nicht. Er hat eine Verstellungsgabe, u[nd] kalte, schlaue Gewandtheit im Lügen, die auch mich längere Zeit hintergangen. Ich billige es ganz, dass er den geistl[ichen] Stand, den er frey zu erwählen vorgab, nicht annimmt. Aber er ist zu jeder Arbeit träg, sucht ein reichliches Leben, u[nd] hat nicht Kopf genug, um etwas Wissenschaftliches zu treiben. Es wäre zu wünschen, dass er ein treues Verzeichniss seiner Schulden, die seit mehrern Jahren restiren, an seine Eltern schikte. Sie werden ihn, um niemand in Gefahr zu setzen, herrufen lassen müssen. Dieser in Eile gegebne Bericht kommt vielleicht noch zu rechter Zeit [in] Ihre Hände. Leben Sie wohl. Müller, bischöfl[icher] Commissar.

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ZB Zürich, Ms Pestal 53, Umschlag 244/4 Blatt, 237x198 mm beschädigt Stempel LUCERNE, Siegelspuren, Dorsualvermerk Nicht zu beantworten. Original

696 Textkritik Zeuge H Z. 22

Ausriss Sacherklärung I.

Thaddäus Müller (1763–1826) ⇒ Nr. 559 II. Pestalozzi kannte Thaddäus Müller (1763–1826, mit ihm jedoch nur in losem Briefkontakt.



Nr. 559) seit der Helvetik, stand

III. Z. 10

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F o r r e r : Da im Schülerverzeichnis kein Forrer nachgewiesen ist, ist unklar, ob der hier angekündigte Zögling überhaupt nach Yverdon gekommen ist. seiner Eltern: Es ist unklar, wer hier gemeint sein könnte (⇒ Z. 10).

1073. Georg Ludwig Bekenn 12. Juni 1809 5

An d[en] Herrn H[einrich] Pestalozzi in Yverdün Bremen den 12 Juny 1809.

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Verehrungswerther Mann! Der Concipient des beygehenden Briefes wünschet, dass ich ihn Ihrer gütigen Aufmerksamkeit empfehlen möchte, und glaubt, dass ihm dieses zur Erreichung seiner Absichten nützlich seyn könne. Die Empfehlung eines Unbekannten von einem gleich Unbekannten richtet nun wohl wenig aus. Allein da das Zeugniss eines ehrlichen Mannes doch immer einiges Gewicht hat; so erlaube ich mir, Sie um Ihre vaterliche Aufmerksamkeit für diesen jungen Menschen zu ersuchen. Sein Eifer sich für seine künftige Bestimmung auszubilden, die Treüe, womit er als Unterlehrer in unsrer Gemeinde-Schule sein Geschäft bisher verwaltet hat, die Willigkeit, mit welcher er die ihm gegebenen Anweisungen des Unterrichts befolgte, seine Lehrfehigkeit, die eine gegründete Hofnung erregt, wenn er mehrere Bildung erhalten haben wird und sein religiöser Sinn, geben mir die

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Erwartung dass ein Aufenthalt in Ihrem Institute und ihre weise Leitung ihn in den Stand setzen werden, einst mit glücklichem Erfolg im Erziehungsfache zu arbeiten. Sollten diese Eigenschaften ihn werth machen, sich der Erfüllung seines Wunsches zu erfreuen so werde ich gerne, so viel in meinem Vermögen steht, dazu beitragen, dass von hier aus ihm sein Bestehn erleichtert werde. Mit aufrichtiger Hochachtung bin ich verehrungswürdiger Mann Ihr ergebener G.L. Bekenn Prediger zu St. Remberti in Bremen.

Überlieferung 1 2 5

ZB Zürich, Ms Pestal 50, Umschlag 16/1 Bogen, 193x118 mm Original Textkritik

Zeuge H Sacherklärung I. Georg Ludwig Bekenn (1756–1834) aus Bremen ist zuerst Prediger im nahe gelegenen Borgfeld und ab 1805 Pastor in der Bremer Vorstadtgemeinde St. Remberti. 1808 heiratet er Metta Gerdruth Rodhe (1780–1867). Als Vertreter des Rationalismus erscheint 1791 anonym seine Schrift Ueber die Kantische Philosophie mit Hinsicht auf gewisse Bedürfnisse unsers Zeitalters, die sich gegen das ein Jahr zuvor veröffentlichte gleichnamige Buch seines Kollegen Johann Ludwig Ewald (1748–1822, ⇒ Nr. 529) richtet, das vor den Gefahren der kantischen Philosophie für Religion und Moral warnt. Bekenn gehört seit 1806 der Museumsgesellschaft und seit 1830 dem Verein zum Wohltun in Bremen an. III. Z. 10 Z. 10 Z. 16

Concipient: Verfasser Briefes: ⇒ Nr. 1074 jungen Menschen: George Christoph Schlaff (*1790) ⇒ Nr. 1074

698 1074. George Christoph Schlaff 18. Juni 1809 Bremen d[en] 18ten Juny 1809 5

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Verehrungswürdiger Mann! Mein Wunsch ist mir gelungen – Mein Wunsch ist fehl geschlagen. So habe ich schon oft sprechen müssen. Hier lege ich wieder sehnliche Wünsche an den Tag, und wie ich bey denselben sprechen werde, das ist mir verborgen, dem aber unverborgen, der die Herzen der Menschen kennt, vor dem die Finsterniss ist wie das Licht. Zwar schüchtern, doch mitunter auch muthig, wende ich mich an Sie; zwar zweifelhaft, doch mitunter auch mit guter Hoffnung, ersuche ich Sie, edler Mann, um Ihre Freundschaft, um Unterstützung, zu meinem Vorhaben, zur Erfüllung meiner so sehnlichen Wünsche. Verzeihen Sie, dass ich so dreisst bin, und rufe Sie, da ich Sie blos dem Namen nach kenne, um etwas an. Verzeihen Sie meiner Dreistigkeit, meine Wünsche wurden zu lebhaft in mir, und zwangen mich, Mittel zu suchen, wodurch meine Absichten erreicht, meine Wünsche erfüllt werden können. «Geben, helfen, erfreuen, das ist Ihm so eigen, wie dem Menschen das Athmen ist. Ich will wirken, thun was ich für die Menschheit thun kann, sprach Er.» Diese hoffnungsvollen Worte, die ich im Buche des H[errn] Doct[or] Ewald von Ihnen, edler Mann, las, waren Ursache, dass ich meine Zuflucht zu Ihnen nahm. Wie ich sie las, war ich so voller Freude, als ob meine Wünsche schon in Erfüllung gingen. Nirgends, glaube ich, würde ich sie besser in Erfüllung gehen sehen, als wenn ich das Glück hätte, dass ich 1 oder 2 Jahre, oder so lange es die Umstände erlaubten, als Gehülfe oder als Untergebener bei Ihnen seyn könnte. (Ich bin zu jeder Zeit bereit). Dieses ist mein sehnlichster Wunsch, meine innigste Bitte, die ich an Sie habe. Voll guter Hoffnung legte ich sie an den Tag. Doch muthlos und zweifelhaft machte mich nachher ein anderer Umstand. Nämlich H[err] Blendermann, der mit mir im Waisenhause erzogen ist, und der das Glück hatte, vom H[errn] Doct[or] Ewald unterstützt, die Reise zu Ihnen machen zu können, sagte mir, als ich ihm mein Vorhaben entdeckte Sie hätten jetzt viele Seminaristen, und er glaubte nicht, dass Sie jetzt gerade um Gehülfen verlegen wären, folglich mir vielleicht jetzt wohl nicht gut helfen könnten;

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doch, setzte er hinzu, ich kenne Ihn, als einen Mann, der nicht gern jemand ohne Hülfe lässt. Bey diesen Worten dachte ich, der gern hilft, weiss oft noch gute Wege, findet oft noch gute Mittel, um auch das Andre zu helfen und zu erfreuen, wo man fast seine Hoffnung schon aufgegeben hat. Wäre der H[err] Doct[or] Ewald doch noch bei meiner Entlassung aus dem Waisenhause hier gewesen, o ich weiss gewiss, gerne hätte er mir geholfen, gerne hätte er sich, auch gegen mich als ein Wohlthäter gezeigt. Doch, wenn Sie, edler Mann, meine erwähnte Bitte erfüllen könnten, so würde ich mir so viel zu erwerben wissen, um die Reise unternehmen zu können; denn ich habe verschiedene PrivatStunden, ertheile Unterricht in der Musik (Flöte, Violin und Clavier), welche ich etwas geübt habe) auch im Rechnen und Schreiben und anderen Wissenschaften. Wenn ich nur bey Ihnen die Gelegenheit haben könnte dieses fortzusetzen, um Ihnen nicht so beschwerlich zu fallen; denn wenn ich nur eben meinen Unterhalt habe, so bin ich gerne zufrieden; würde auch gerne das mir Aufgetragene treu verrichten. Hätte ich Vermögen und wohlhabende Freunde, o ich glaube, so könnte ich bald zu meinem Zwecke kommen; doch fällt mir auch dabey der Gedanke ein: Hätte mir Gott grossen Reichthum geschenkt, so wäre ich vielleicht nicht so sehr darauf bedacht, mir so viele nützliche Kenntnisse zu sammeln. Weise führt der Gütige die Seinen, o ich bin gewiss nicht von seiner Führung ausgeschlossen. Er weiss was das Beste ist, und wird es auch mit mir wohl machen. Meine Tage sind schon alle in sein Buch geschrieben, sowohl die Verflossenen als die, die noch werden sollen. Weise hat er mich bisher schon geführt, ob ich gleich seine Weisheit nicht erkannte, sondern weil das Licht in meinem Kopfe noch nicht angezündet war, verkannte. Oft dachte ich, warum hat Gott meinen Vater wohl so früh schon im 6ten Jahre meines Lebens – von mir genommen. Jetzt denke ich oft: vielleicht darum, damit ich besser gebildet werden, mehr nützliche Kenntnisse sammlen, und dadurch der Welt einst nützlicher werden könnte; denn was ich im Waisenhause, worin ich gleich nach dem Tode meines Vaters kam, gelernt habe, hätte er mir nicht lehren lassen können; unter der guten Aufsicht hätte ich nicht bey ihm, wegen seiner Geschäfte seyn können, wie im Waisenhause. Darin habe ich unter der Aufsicht eines guten Lehrers mancherley nützliche Kenntnisse erlangt. (Dieser treuer Lehrer, erhielt eine Bedienung, und ich bin bey Ihm als Gehülfe gekommen; vor zwey und

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ein halb Jahren, wie er die Stelle erhielt, und ich zugleich aus dem Waisenhause – im 17 Jahre – entlassen wurde). Meine Absichten warum ich dieses wünsche sind folgende: a) Da in unsrer Schule die neue Methode immer einen bessern Fortgang, und auch immer mehr Anhänger bekommt, so wünschte ich gerne, weil mir noch so Manches dunkel ist, näher mit dem Geiste Ihrer Methode bekannt zu werden. Ich habe zwar alle 5 Exemplare Ihrer Elementarwerke, studire auch so viel wie möglich darin, habe auch die Gelegenheit, Manches in Ausführung zu bringen, aber nach meiner Methode, denn ich habe meine Klasse beständig allein, wie weit ich nun von dem wahren Sinn Ihrer Methode abweiche, das weiss ?? Wenn mir aber nun die Gelegenheit zu Theil werden könnte, zu sehen, wie die Methode von Ihnen betrieben würde, so hätte ich in Hinsicht des Unterrichts nicht so viel zu befürchten, würde besser und muthiger fortarbeiten, und vielleicht auch Etwas dazu beytragen können, dass Ihre Methode immer weiter ausgebreitet, immer mehr Anhänger bekäme, der wahre Nutzen derselben immer mehr erkannt, würde. Wie oft denke ich, indem ich mich damit beschäftige, wenns nur so recht ist – Ist man seiner Sache gewiss, so richtet man weit mehr aus, als im Gegentheil, wo dann auch der Muth ganz fehlt. und b) Wenn jemand eine Reise thut, sagt man, so kann er was erzählen, sieht und hört viel, lernt Menschen allerley Art kennen, lernt mit Jedem besser umzugehn, bekommt viele Erfahrungen, und ich fühle dass Erfahrung Bedürfnisse desjenigen Lehrers sind, der den Namen in der That verdienen will. Darum wünschte ich es so gerne. O, wie froh würde ich seyn, wenn ich diese Wünsche in Erfüllung gehen sähe, wenn ich das fände was ich suche, welches auch auf mein zeitlich und ewiges Wohl Beziehung hat, und wie sehr viel ist dem Menschen nicht daran gelegen. Ja, edler Mann, noch einmal bitte ich Sie, tragen Sie doch zu meinem Wohle so viel bey, als Sie von Ihrer Seite dazu beytragen können, und der ewige Vergelter wird es so ansehen, als hätten Sie Alles an ihm gethan. Ihr ergebener Freund und Diener George Christoph Schlaff Gehülfe der Kirchspiel-Schule zu St. Remberti beym Herrn L. Grabau in der Alt-Stadts-Vorstadt.

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ZB Zürich, Ms Pestal 55, Umschlag 327/1 Bogen, 336x193 mm Datum am Schluss Original Textkritik

Zeuge H Z. 4 Z. 4 Z. 23 Z. 25f. Z. 36 Z. 37 Z. 47 Z. 123 Z. 124

Bremen: lateinische Schrift Juny: lateinische Schrift will∫ Doct[or] Ewald: lateinische Schrift Blendermann: lateinische Schrift Doct[or] Ewald: lateinische Schrift Doct[or] Ewald: lateinische Schrift St. Remberti: lateinische Schrift L. Grabau: lateinische Schrift Sacherklärung I.

George Christoph Schlaff (*1790) wächst nach dem Tod seines Vaters im Blauen Waisenhaus (⇒ Z. 36) von Bremen auf. Entgegen dem im Brief formulierten Wunsch scheint er nicht nach Yverdon gereist zu sein, zumindest finden sich in den Akten keinerlei Hinweise darauf – auch eine Antwort Pestalozzis scheint nicht erhalten zu sein. Über das weitere Leben ist nichts bekannt. III. Z. 21–24

Z. 26 Z. 36 Z. 36

Z. 73 Z. 81

Geben … Er: Die von George Christoph Schlaff (*1790, ⇒ Sacherklärung I.) wiedergegebenen Worte sind kein Originalzitat. Es wurde zwischen einzelnen Satzteilen Teile ausgelassen oder nicht wort-, sondern «nur» sinngetreu übernommen aus: Johann Ludwig Ewald: Geist der Pestalozzischen Bildungsmethode, nach Urkunden und eigener Ansicht. Zehn Vorlesungen. Bremen 1805, S. 7 und 8. Ewald: Johann Ludwig Ewald (1748–1822) ⇒ Nr. 529 Blendermann: Johann Jakob Blendermann (1783–1862) ⇒ Nr. 627 Waisenhause: 1809 gab es in Bremen drei Waisenhäuser: die beiden reformierten Waisenhäuser, die nach der Farbe der Tracht der Waisen als Blaues und Rotes Waisenhaus bezeichnet wurden sowie das lutherische Waisenhaus St. Petri. Nach einer kurzen Zusammenlegung der drei Waisenhäuser im Jahre 1811 als Folge der französischen Besetzung, erhielt das St. Petri Waisenhaus 1817 seine Selbstständigkeit zurück, das Blaue und das Rote Waisenhaus blieben weiterhin vereinigt. Vater: Georg Christoph Schlaff (†ca.1796) Lehrers: Johann Christian Lebrecht Grabau (†1852) heiratete 1804 Anna Adelheid Arensberg (†1827), mit der er fünf oder sechs Kinder hatte. Drei Jahre nach ihrem Tode verheiratete er sich mit Margarethe Adelheid Kunst (†1861).

702 Z. 91

5 Exemplare Ihrer Elementarwerke: Johann Heinrich Pestalozzi: Anweisung zum Buchstabieren- und Lesenlehren von Pestalozzi. Bern 1801 (PSW XIII, S. 137–179), Johann Heinrich Pestalozzi: Wie Gertrud ihre Kinder lehrt, ein Versuch den Müttern Anleitung zu geben, ihre Kinder selbst zu unterrichten, in Briefen von Heinrich Pestalozzi. Bern/Zürich 1801 (PSW XIII, S. 181–359), Johann Heinrich Pestalozzi: ABC der Anschauung, oder Anschauungs-Lehre der Massverhältnisse. Zürich 1803 (PSW XV, S. 175–340), Johann Heinrich Pestalozzi: Das Buch der Mütter, oder Anleitung für Mütter, ihre Kinder bemerken und reden zu lehren. Zürich 1803 (PSW XV, S. 341–424) und Johann Heinrich Pestalozzi: Anschauungslehre der Zahlenverhältnisse. Zürich 1803/1804 (PSW XVI, S. 93–108)

1075. Johannes Schulthess 8. Juli 1809 5

Herren Herren Heinrich P e s t a l o z z i zu Iferten. Zürich, 8. Heum[onat] 1809.

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Mein Verehrenswürdiger! Ihr Zögern in den Angelegenheiten der Erz[iehungs-]Gesellschaft macht mir angst und bange. – So wird es unmöglich, eine diessjährige Zusammenkunft zu rechter Zeit auszuschreiben und einzuleiten! Ich muss Sie aufs dringendste ersuchen, mir unfehlbar mit rückgehender Post das Nöthigste zu melden. Hier habe ich endlich für die Verbesserung des Landschulwesens allermeist durch R e i n h a r d s Unterstützung nach langen Zögerungen u[nd] vielen Debatten einen ganz entscheidenden Sieg gewonnen. Mehreres, so bald ich von Ihnen etwas habe! Leben Sie wohl! Gott fördere und segne Ihr Thun und Leiden zum Wohl der Menschheit! Der Ihrige Schulthess, Professor.

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ZB Zürich, Ms Pestal 55, Umschlag 342/2 Blatt, 210x171 mm

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Datum am Schluss, Siegel, Flecken, Dorsualvermerk Zürich 8 July 1809 Professor Schulthess Original Textkritik

Zeuge H Sacherklärung I. Johannes Schulthess (1763–1836) ⇒ Nr. 788 II. Wie diesem Brief zu entnehmen ist, scheint sich Pestalozzi als Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Erziehung (⇒ Nr. 1012) in den Augen von Johannes Schulthess (1763–1836, ⇒ Nr. 788) nicht aktiv genug um diese Aufgabe zu kümmern. III. Z. 9 Z. 15 Z. 16

Erz[iehungs-]Gesellschaft: Schweizerische Gesellschaft für Erziehung ⇒ Nr. 1012 R e i n h a r d s : Hans von Reinhard (1755–1835) ⇒ Nr. 1108 Sieg: Auf Antrag des Erziehungsrats (⇒ Nr. 1218) beschloss der Kleine Rat (⇒ Nr. 1534) des Kantons Zürich am 9. Juli 1809, es seien von den Besuchern der Lehrerfortbildungskurse auf dem Riedtli (⇒ Nr. 879) die besten (max. 30) auszuwählen und diese 12 Wochen lang so weiterzubilden, dass sie fähig wären, in ihren Schulen alle neuen Anwärter nach einem einheitlichen System der Lehrertätigkeit einzuführen. Zudem sei in Zukunft keine angehende Lehrkraft zugelassen, ohne dass sie diesen Ausbildungsgang absolviert habe (vgl. Beschluss des Kleinen Rathes des Kantons Zürich vom 9. Heumonat. In: Johannes Schulthess (Hrsg.): Beyträge zur Kenntnis und Beförderung der Kirchen- und Schulwesens in der Schweiz, 3. Band. Zürich 1809, S. 115–122).

1076. Luise Lehni 8. Juli 1809 5

á Monsieur Monsieur Pestalluzi Yverdon. Lucerne le 8. Juillet 1809.

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Monsieur! Ihrer Antwort mich Entgegen sehnend, nehme ich inzwischen die Freiheit mich nochmal Ihnen zu Empfehlen, und dringend zu bitten,

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meinem innigsten Wunsch gütigst zu Entsprechen, mich unter den Nämlichen Conditionen wie M[ademoise]lle Schurmann in Ihrem Institut aufzunehmen, um fünf L[ouis]d[’o]rs das erste halbe Jahr; meines Fleisses – und untadelhafter Aufführung können Sie versichert sein, lassen Sie mich dieses Glüks theilhaftig werden, und meine Dankbarkeit wird ohne Grenze sein! – H[er]r Kaufmann der die Gefälligkeit hat sich meiner anzunehmen, will durch seine Fürbitt meine Bitte unterstützen, O möchte es doch keine Fehl-Bitte sein! – ich habe die Ehre mit aller Hochschätzung zu sein Monsieur! dero Ergebene Dienerin Louise Lehny.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 52/53, Umschlag 189/1 Bogen, 222x125 mm Datum am Schluss, Siegelspuren, Dorsualvermerk beantwortet an Kaufmann – zu – Original Textkritik

Zeuge H Z. 4–8 Z. 12 Z. 12 Z. 13 Z. 21 Z. 24

lateinische Schrift Conditionen: lateinische Schrift Schurmann: lateinische Schrift Institut: lateinische Schrift Monsieur: lateinische Schrift Louise Lehny: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Luise Lehni stammt aus dem Kanton Luzern und hält sich während eines Jahres in Lausanne auf, wo sie, finanziert von Josefa Reding (1761–1822, ⇒ Nr. 1079), mit deren Sohn Theodor (1785–1827) sie scheinbar zeitweilig verlobt ist, an Johann/Hans Konrad Eschers (1776–1835, ⇒ Nr. 589) Schule (⇒ Nr. 978) ausgebildet wird. Zurück in Luzern steht Lehni offenbar mit Fridolin Kaufmann (1778–nach 1830, ⇒ Nr. 599), der hier eine pestalozzische Lehranstalt leitet, in Kontakt und besucht spätestens Anfang 1810 das Töchterinstitut (⇒ Nr. 867) in Yverdon, spricht Pestalozzi sie doch im März 1810 in einem Brief an Josef/Joseph Karl Xaver Leopold Leodegar Amrhyn (1777–1848, ⇒ Nr. 1120) vom in Luzern kursierenden Verdacht frei, zusammen mit Joseph Feierabend (1779–1859, ⇒ Nr. 1106) das Institut verlassen zu haben (vgl. PSB VII, S. 47f.). Über Lehnis weiteren Aufenthalt in Yverdon, der bis längstens 1812 dauert, als auch über ihr späteres Leben ist nichts bekannt.

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Schurmann: Frau Schürmann aus Luzern hat von 1809 bis spätestens 1812 das Töchterinstitut (⇒ Nr. 867) in Yverdon besucht. Aufgrund der spärlichen Angaben konnte sie aber nicht näher bestimmt werden. Kaufmann: Fridolin Kaufmann (1778–nach 1830) ⇒ Nr. 599

1077. Peter Ochs 10. Juli 1809 5

A Monsieur Monsieur Pestalozzi à Jverdun en Suisse. Basel den 10ten Julii 1809.

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Edler Mann, werthgeschäzter Freund. In den Zeilen, die Ihr verdienstvoller Gehülfe mir überbrachte, legten Sie mir zwey Fragen vor: was halte ich von ihrer Methode? wird H[err]n Hopfens Institut Fortgang haben? Die erste Frage beantwortet sich selber. Mein ganzes Streben seit 1803 gehet dahin, dass Ihre Methode bey uns eingeführt werde. Sie ist die Methode der Natur; sie gewinnt alle Kinder; sie führt zur Helle. Warum wurden aber so viele Hindernisse in den Weg gelegt, und noch jetzt, auf eine indirecte Weise? Da ich keine vernünftige Gründe gehört habe, und ich in den Herzen nicht lesen kann, so habe ich nur gewagte Muthmassungen. 1° Weil Sie der Urheber dieser Methode sind. Waren Sie nicht immer ein Freund des Bauern? Haben Sie nicht Gespräche über Zehnten und Bodenzinse drucken lassen? Vergötterte Sie nicht die Helvetische Regierung? 2° Weil ich diese Methode rühme, empfehle, und nach und nach einführe. 3° Weil es Obscuranten gibt, und Obscurantismus das grosse Mittel der Selbstsucht und des Stolzes, und des Triebes nach erblichen Vorrechten und Herrschsucht, immer gewesen, und immer bleiben wird. 4° Weil man die Glaubenslehren der Theologie weit über die Moral des Evangeliums schätzt. 5° Weil dummblinde Liebe zum Alten manchen ausschliesslich leitet. 6° Weil gewisse Lehrer, aus Trägheit oder Neid, nichts neues wollen, und ihre Verwandte, oder ihre Patronen aufhetzen. Endlich 7° weil kurzsichtige Eltern es nicht vertragen können, dass ihre Kinder ein mehreres können sollen, als sie. Die zweyte Frage konnte ich vor mehrern Monathen nicht beantworten. Alles lag noch

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im Trüben, und man arbeitete in Geheim wider uns. Nun ist das Gewitter vorüber. Die Aussichten sind so hoffnungsvoll, dass sie vielleicht H[err]n Hopfen schaden könnten. Vielleicht wird man es versuchen Ihre Methode im Gymnasio und in den Schulen der Kirchsprengel einzuführen. Allein zwey Betrachtungen müssen H[err]n Hopf für lange noch beruhigen. Gedachte Einführung wird lange nicht zu Stande kommen, und dann werden die Werkzeuge theils nicht vorhanden seyn, theils armselig ausfallen. – Leben Sie wohl, edler Freund, und beehren Sie mir ferner mit Ihrer mir über alles schätzbaren Achtung und Gewogenheit Peter Ochs

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ZB Zürich, Ms Pestal 54a, Umschlag 267/1 Bogen, 241x190 mm Datum am Schluss, Siegelspuren, Dorsualvermerk Basel den 10t[en] Juli 1809 H[er]r P[eter] Ochs Nicht zu beantworten Original Textkritik

Zeuge H Z. 13f. Z. 17 Z. 42

be∫antwortet jetzt∫ seyn∫ Sacherklärung I.

Peter Ochs (1752–1821) wird in Nantes geboren, wächst in Hamburg auf und kommt 1769 nach Basel, wo er 1776 zum Dr. iur. promoviert und Salome Vischer (1760– 1804) heiratet. Ab 1780 ist er Gerichtsherr, später Stadtschreiber, Grossrat und ab 1796 Oberzunftmeister, zudem wird er wiederholt als Tagsatzungsgesandter eingesetzt und begibt sich als Basler Gesandter in den 1790er-Jahren mehrmals zur Klärung wirtschaftlicher und politischer Angelegenheiten nach Paris. Als Sympathisant der französischen Revolution wirkt Ochs 1795 an der Vermittlung des Basler Friedens mit, welcher den Krieg zwischen Frankreich und Preussen bzw. Spanien beendete. 1797 wird er von den Franzosen mit der Ausarbeitung einer Verfassung für die angestrebte helvetische Einheitsrepublik betraut. Am 12. April 1798, nach der Besetzung eidgenössischer Gebiete durch französische Truppen, proklamiert Ochs in Aarau die helvetische Republik, deren Verfassung auf seinem Entwurf fusst («Ochsenbüchlein») und in welcher er bis zu seinem Sturz 1799 den Senat und später das Direktorium (⇒ Nr. 488) präsidiert. Nach dem Ende seiner helvetischen Karriere ermöglicht ihm die Mediationsverfassung von 1803 den Wiedereinstieg in die Politik Basels, wo er sukzessive als Gross-, Klein- und Staatsrat amtet und, obwohl von konservativen Kreisen als Landesverräter verachtet, bis zu seinem Tod eine gewichtige politische Figur bleibt.

707 II. Pestalozzi hatte in einem kurzen Brief am 3. Januar 1809 Peter Ochs (1752–1821, Sacherklärung I.) um eine Einschätzung seiner Schulprojekte gebeten (⇒ Z. 36).



III. Z. 11 Z. 13 Z. 13

Z. 21f.

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Zeilen: scheinen nicht erhalten zu sein Hopfens: Johann Samuel Hopf (1784–1830) ⇒ Brief vom 22. Juni 1817 Institut: Zwischen 1808 und 1813 bestand in Basel eine private Anstalt, die unter der Leitung von Johann Samuel Hopf (1784–1830, ⇒ Brief vom 22. Juni 1817) und seinem Mitarbeiter Johann Andreas Schmeller (1785– 1852 ⇒ Nr. 841) bis zu einhundert Zöglinge zählte und das Ziel verfolgte, Schüler ohne akademische Ambitionen durch «Menschenbildung» auf einen Beruf, die anderen auf den Übertritt an die Universität vorzubereiten. Lit.: Hopf’sches Institut (Hrsg.): Bemerkungen über Erziehungs-Unterricht. Gewidmet den Gönnern und Beförderern der hiesigen Anstalt nach Pestalozzis Grundsätzen, bey Gelegenheit der ersten Prüfung. Basel 1810 Gespräche über Zehnten und Bodenzinse: Johann Heinrich Pestalozzi: Über den Zehnden. Aarau 1798 (PSW XII, S. 303–328) und Johann Heinrich Pestalozzi: Abhandlung über die Natur der helvetischen Zehnden und Bodenzinse und der Unpassenheit aller ihrethalben in der Revolutionszeit genommenen Massregeln, 1799 (PSW XII, S. 407–468) Obscuranten: Dunkelmann; im 18. Jahrhundert wurden Gegner des Rationalismus so bezeichnet. Gewitter: Möglicherweise spielte Peter Ochs (1752–1821, ⇒ Sacherklärung I.) hier auf die Reibungen an, die es Anfang 1809 zwischen der Universität Basel und dem Hopfschen Institut gegeben hatte: Am 20. Februar wandte sich die Universität mit einem Schreiben an den Stadtrat, um diesem anzuzeigen, dass sich Johann Samuel Hopf (1784–1830, ⇒ Brief vom 22. Juni 1817) und die Lehrer seiner Anstalt trotz wiederholter Ermahnungen nicht als Akademische Bürger eingeschrieben hätten. Auf eine daraufhin folgende Vorladung hin hatte Hopf zunächst die Einschreibung verweigert, seine Meinung aber offensichtlich bald geändert, weist die Universität Basel doch per 1. April 1809 sowohl Hopf als auch Johann Andreas Schmeller (1785–1852, ⇒ Nr. 841) als Immatrikulierte auf.

1078. Barbara Rosenberger 13. Juli 1809 Glarus d[en] 13 Juli 1809 5

Verehrungswürdiger Mann! Lieber Papa Pestalozzi! Schon lange hätten Sie mit Recht einige Nachrichten von Ihrer ehemaligen, und stets sehr erkenntlichen Zöglingin fordern dürfen; auch schon lange würde ich dem Zuruf meines, für Sie mit innigster

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Achtung und Dankbarkeit erfüllten Herzen gefolgt haben, hätte mich nicht immer die Gewissheit, dass ich Ihnen durch einen Brief einige von Ihren kostbaren Augenblicken rauben würde, bis jezt zurück gehalten. Aber nun darf ich diese Rücksichten etwas bey Seite setzen, da ich Ihnen aus Auftrag der Madame von Paravicini das Vergnügen haben darf, zu schreiben. Madame von Paravicini also lässt die Anfrage an Sie thun: Ob Sie wohl Ihre Anstallt mit zwey Zöglingen vermehren würden? Sie hat vier Söhne, von denen sie, unterdessen die zwei ältesten Ihnen anzuvertrauen und zu empfehlen wünscht. Es sind meine Zöglinge, mit deren Charakter und Anlagen ich Sie billig auch etwas bekannt machen soll. Beide sind, sowohl in moralischer als phisischer Hinsicht, unverdorbene Kinder, der einte besonders zeigt oft ein Engelherz. In Rücksicht ihrer Anlagen, so sind diese etwas schwer zu entwickeln, besonders beym ältern, dem es sowohl an richtiger Aussprache, als auch an Denkkraft fehlt, zu dem aber ist er fleissig, so lange seine Arbeit mechanisch fortgehen kann. Der Jüngere hat schon glücklichere Anlagen, allein zum zweckmässigen Gebrauch seiner Geisteskräfte, hält es schwer, ihn zu bringen, er ist unthätig zu jedem, was nur einige Anwendung der Kräfte fordert, und nur wenige Gegenstände sind reizend genug, ihn etwas aus seinem trägen Schlummer zu wecken. Ausser diesem trägt er den Himmel in seinem Herzen, denn er ist gut, wie ein Engel. Ich hoffe aber mit Zuversicht, dass ihn bald der Geist der Thätigkeit und Anstrengung, welcher über Ihrem Hause weht, beleben werde. Im Spätjahr wird man Ihnen diese zwey Söhne der Madame von Paravicini zuführen, so Sie diese gütigst in Ihre zahlreiche Familie aufnehmen wollen. Beehren Sie mich gefälligst mit einer baldigen Antwort, und legen Sie mir auch, wenn ich Sie darum bitten darf, eine Liste bey, in welcher die Anzahl der weissen Wäsche nebst übrigen efecten, vieleicht auch Betten – welche die jungen Herrn mitbringen sollen, bestimmt seyn wird. Aus Ihren Wochen-Schriften, lieber Herr Pestalozzi, vernahm ich mit inniger Freude, den immer blühenderen Zustand Ihres Hauses, so wie auch die gesegnete Ausbreitung und Fortpflanzung Ihrer vortrefflichen Methode in ganz Europa. Nur wir Glarner, ja wir allein in unserem kleinen Erdenwinkel sind noch nicht zur wahren Erkenntniss zu bringen. Man kann hier den Vortheil und die Nothwendigkeit dieser Menschenbildung noch nicht völlig anerkennen. Zwar haben jezt einige Schullehrer Versuche mit einem Zweig

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Ihrer Lehrart angestellt, und es ist doch zu hoffen, dass es nicht bey diesen Versuchen allein werde stehen bleiben. Genehmigen Sie, edler Herr Pestalozzi, die hochachtungsvolle mit innigster Erkenntlichkeit verbundene Ergebenheit Ihrer ehemaligen Zöglingin B. Rosenberger mon adresse: B. Rosenberg dens la Maison de Paravicini à Glaris.

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ZB Zürich, Ms Pestal 55, Umschlag 308/1 Bogen, 229x195 mm Original Textkritik

Zeuge H Z. 6 Z. 14 Z. 14 Z. 16 Z. 16 Z. 21f. Z. 22 Z. 26 Z. 35 Z. 36 Z. 40 Z. 43 Z. 48 Z. 53 Z. 56–59

Papa Pestalozzi: lateinische Schrift Madame: lateinische Schrift Paravicini: lateinische Schrift Madame: lateinische Schrift Paravicini: lateinische Schrift moralischer: lateinische Schrift phisischer: lateinische Schrift mechanisch: lateinische Schrift Madame: lateinische Schrift Paravicini: lateinische Schrift efecten: lateinische Schrift Pestalozzi: lateinische Schrift die∫ Pestalozzi: lateinische Schrift lateinische Schrift Sacherklärung I./II.

Barbara Rosenberger (1781–1864) aus Nesslau (Kt. St. Gallen) war seit dem 5. Mai 1801 mit dem Handelsmann Johann Heinrich Walcher von Glarus vermählt und hatte mit diesem einen Sohn namens Argast. Nach dem frühen Tod Walchers vermählte sie sich am 6. April 1812 mit dem Pfarrer Iselin von Glarus – dieser Ehe gingen weitere 4 Kinder hervor. Ob es sich hier jedoch um diese Barbara Rosenberger handelt, ist nicht ganz gesichert. Möglich wäre von den Lebensdaten her auch eine Barbara Rosenberger, die von 1790–1864 lebte und ledig war. Dem vorliegenden Brief

710 ist zu entnehmen, dass es sich bei der gesuchten Frau Rosenberger um eine ehemalige Schülerin handeln muss; eine «Babette Rosenberg» wiederum taucht im Tagebuch von Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) auf. Hier wird berichtet, dass einer Frau Rosenberger aus Milden (Moudon, Kt. Waadt) übel nachgeredet werde, da sie ein uneheliches Kind habe und eine gemeine Person sei (vgl. Tagebuch Niederer 9.1.1805; Ms Pestal 621/1), ein Vorwurf, gegen welchen sich Niederer verwehrt. Möglich wäre nun, dass Barbara Rosenberger aus Nesslau in der Zeit zwischen ihren beiden Ehen zur Ausbildung bei Pestalozzi war und im Dienste der Paravicinis stand und dass es sich beim angeblich unehelichen Kind um Argast, den Sohn aus erster Ehe handelte. III. Z. 14 Z. 17

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Paravicini: Gertrud Paravicini-Battier (1776–1838) ⇒ Nr. 292 zwey Zöglingen: Bei den beiden älteren Kindern handelt es sich um Johann Jakob Paravicini (1802–1867) und Emanuel Paravicini (1803– 1851). Johann Jakob war möglicherweise mit Maria Margaretha Zäslin (1808–1853) verheiratet, Emanuel in erster Ehe mit Margaretha Keller (†1834) und in zweiter Ehe mit Julia von der Mühll (1816–1898). vier Söhne: Neben den beiden Söhnen, die für einen Aufenthalt in Yverdon vorgesehen waren, gibt es noch zwei weitere Kinder im Hause Paravicini, wobei es sich bei dem einen «Sohn» um eine Tochter handelt dürfte: Rosina Paravicini (1804–1835). Bei dem anderen Sohn handelt es sich um Eduard Rudolf Paravicini (1808–1870). Rosina heiratete 1822 den Grossrat und späteren (ab 1832) Basler Bürgermeister Karl Burckhardt (1795–1850). Eduard Rudolf war verheiratet mit Julie Maillard (*1806). Wochen-Schriften: Wochenschrift für Menschenbildung (1807–1811)

1079. Johann/Hans Konrad Escher 13. Juli 1809 5

Monsieur Monsieur Pestalozzi à Yverdon. den 13ten July 1809.

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Besster Herr Pestalozzi! Ein Frauenzimmer von Luzern – Jungfer Lehni – wendet sich an mich mit der Bitte – sie Ihnen zur Aufnahme in Ihr Institut zu dem Preise zu empfehlen, in welchem Sie ein anderes Luzerner Frauenzimmer haben; – diese Person war mehr als ein Jahr bey meinen SchwiegerEltern in der Kost und Logie; Einer von den spanischen Generalen R e d i n g liess ihr in Lausannen in allem Unterricht ge-

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ben was zur Erziehung eines Frauenzimmers, die in der grossen Welt hätte eine Rolle spielen sollen, gehörte. Ich weis nicht aus was für Gründen sich diese Brautschaft zerschlagen hat. – Aus ihrem Briefe an mich zu schliessen, will sie im Ausland eine Stelle suchen und sich vorher die Kenntniss der Methode verschaffen. – Ihre Aufführung und ihr guter Karakter von dem ich verschiedene schöne Züge kenne – in denen sich Mitleidt und hülfthätige Liebe aussprechen – fodern mich auf, Ihnen diese Person ohne einiges Bedenken zur Aufnahme zu empfehlen. Sie könnte dem Institute in der Folge vielleicht nützlich seyn – besonders mit der Geschicklichkeit die sie sich im Sticken und dem dahin einschlagenden Zeichnen erworben hate; – sie spricht das Französische ziemlich fertig. Könnten Sie dieselbe etwas wohlfeiler als um den gewöhnlichen Preise annehmen, so würde sie es gewiss weder an Fleis noch an Aufmerksamkeit fehlen lassen um Ihnen Beweise von Ihrer Erkenntlichkeit zu geben. – Freuen soll es mich wenn diese Empfehlungszeilen etwas wirken – und ich niemals Ursache haben werde dieselben geschrieben zu haben. – Gerne würde ich Ihnen etwas interessantes Neues schreiben, allein eine Kirchenmaus ist nicht ärmer an Nahrung als ich an Neuigkeiten. – Ich glaube fast dass die Löbl[iche] Munizipalität nach so langem Zögern sich entschliessen will – n i c h t s zu thun. – Madame De Mollin sagte mir vorgestern – dass H[err] und Frau D’Hermenche ganz entzückt (transportés) wären über das was sie im Institute gesehen haben. – Leben Sie wohl – und bleiben Sie gut Ihrem Escher.

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ZB Zürich, Ms Pestal 50/51, Umschlag 74/4 Blatt, 242x188 mm leicht defekt Siegelspuren, Dorsualvermerk beantwortet Original Textkritik

Zeuge H Z. 14 Z. 22 Z. 24 Z. 37 Z. 38

Logie: lateinische Schrift kenne – in dem Institute∫ Madame De Mollin: lateinische Schrift Hermenche: lateinische Schrift

712 Sacherklärung I. Johann/Hans Konrad Escher (1776–1835) ⇒ Nr. 589 II. ⇒

Nr. 1076 III.

Z. 10 Z. 12f. Z. 14

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Z. 37 Z. 37f.

Jungfer Lehni: Luise Lehni ⇒ Nr. 1076 ein anderes Luzerner Frauenzimmer: Frau Schürmann ⇒ Nr. 1076 SchwiegerEltern: Abraham Daller (1743–1836) war Arzt, lebte in Lausanne und heiratete 1768 Anna-Barbara Diethelm (1749–1830). Das Paar hatte vier Kinder. Einer: Josefa Reding (1761–1822) bezahlte die Pensionskosten von Luise Lehni (⇒ Nr. 1076) in Lausanne (PSB VII, S. 431). Frau von Reding verbrachte ihre Kindheit in Spanien und wurde nach dem Tod ihrer Mutter 1771 in einem Kloster in Barcelona untergebracht, bevor sie ca. 1775 von ihrem Vormund nach Schwyz geholt wurde. 1778 heiratete sie Theodor Reding (1755–1809, ⇒ Z. 15), mit dem sie eine Tochter und einen Sohn hatte und lebte weiterhin mit den Kindern in Schwyz, getrennt von ihrem in Spanien tätigen Mann. Luise Lehni könnte demnach mit Theodor Reding (1785–1827) verlobt gewesen sein. R e d i n g : Theodor Reding (1755–1809) von Biberegg (Kt. Schwyz) verliess 1771 die Schweiz um als Hauptmann in eines der RedingRegimente der spanischen Armee einzutreten, wo er eine militärische Karriere einschlug. 1793 und 1794 nahm er, inzwischen zum Obersten befördert, an Feldzügen gegen die Franzosen teil, 1800 bis 1801 war er Kommandant der 4. Division im Krieg gegen Portugal, 1806 wurde er zum Militär- und Zivilgouverneur von Malaga ernannt, 1808, zu Beginn des Spanischen Unabhängigkeitskrieges (1808–1814) gegen Napoleon I. Bonaparte (1769–1821, ⇒ Nr. 580), erfolgte seine Ernennung zum Generalkapitän von Granada. 1809 folgten die Ernennung zum Generalkapitän von Katalonien sowie die Niederlage in der Schlacht bei Valls, wo er schwer verwundet wurde und bald darauf starb. Munizipalität: Hier ist wohl die Munizipalität von Lausanne gemeint, mit der Johann/Hans Konrad Escher (1776–1835, ⇒ Nr. 589) wegen der Gründung und Errichtung seiner dort ansässigen Erziehungsanstalt immer wieder in Kontakt stand. Konkret könnte es im vorliegenden Fall um einen im Sitzungsprotokoll der Lausanner Munizipalität vom Mai 1809 erwähnten Antrag Eschers um ein Darlehen für sein Institut gehen. Es scheint, dass dieses zuerst abgelehnt wurde und dass Escher erst nach weiteren Anfragen 1810 ein Darlehen in der Höhe von 1200 Francs zugesprochen wurde (vgl. Archives communales de Lausanne, Protokolle der Munizipalität Lausanne, Signatur RB 14/6, S. 384 und 699). Madame De Mollin: Marie de Molin-Huber (1779–1871) ⇒ Nr. 1013 H[err] und Frau D’Hermenche: Damit könnte Louis-Philippe-Auguste d’Hermenches (1777–1862) und seine ersten Ehefrau, Louise-AngéliqueAntoinette Polier-Vernand (1779–1860) gemeint sein. Louis-PhilippeAuguste d’Hermenches wurde von 1796 bis 1799 in Leipzig, Braunschweig und Berlin im Kürassier-Regiment der preussischen Garde aus-

713 gebildet, kehrte 1800 nach Lausanne zurück, heiratete und wurde Mitglied im Conseil Communal sowie im Grossen Rat des Kantons Waadt. Er war zudem Oberst der waadtländischen Kavallerie.

1080. Ernst Vertraugott Zehme 15. Juli 1809 Leipzig am 15ten Juli 1809. 5

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Ehrwürdiger Mann, Grosser Pestalozzi, Ich entschuldige das lange Zurückbleiben dieses Briefes mit keinem Worte, da Sie sicher voraussetzen können, dass er würde früher angekommen sein, wenn es uns anders möglich gewesen wäre, ihn früher auszufertigen; vielmehr benutze ich jeden Augenblick, Ihnen bestimmte Nachricht über unsern Plan zu geben, dessen erste Entstehung ich Ihnen zunächst mittheilen muss. Ich war in Yverdun und sahe und hörte, dachte, fühlte und urtheilte, klagte und wünschte. Alles gut; aber worüber klagen? Dass alle junge Pädagogen, die zu Ihnen kamen, nur e i n z e l n und oberflächlich, ohne gründliche Methode, und sehr schnell von Ihnen aus in die Welt, ohne Licht und Wärme, giengen und Ihrem Streben durch falsche Lehren und Urtheile hinderlich waren. Da dachte ich immer an meinen Kernspruch: «Aus der Kraefte schoen vereintem Streben, hebt sich wirkend erst das wahre Leben.» Ich kam wieder nach Leipzig u[n]d hörte, dass mein Freund Lange an Salzmanns Institute angestellt sei. Dieses bedauerte ich. Gleich darauf sagte mir Herzog, dass er an die hiesige Bürgerschule als Mitlehrer gestellt werde. Dieses war mir gleich unangenehm. Ich wusste, dass Herzog u[n]d Lange Freunde waren, dass beide äusserst geschickt, und in Yverdun bei Ihnen ganz am rechten Platze sein müssten. Ich äusserte ihnen meine Wünsche, und sie waren gleich bereit, zu Ihnen zu reisen; aber wie hätte ich selbst können zurückbleiben, da mich eine angebohrne Stimme von Innen her für Erziehung auffoderte, mitzugehen und meinen talentvollen Freund Kummer auch mit zunehmen. Wir waren Freunde, und wollten nun Hand in Hand dem Ziele zuschreiten, welches der Mensch seine Bestimmung nennt, wir wollten zu Ihnen auf 2 bis 3 Jahre gehen, um uns für das schwere Geschäft der Erziehung psychologisch, methodisch u[n]d oekonomisch vorzubereiten, wir wollten dann – denn die Zeit ist vor der Thüre, u[n]d die Aeltern suchen u[n]d bedürfen überall Lehrer – entweder in der Schweitz

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oder in Sachsen vereint ein eignes Institut anlegen, in welchem der Knabe nicht allein für den Bürger, sondern – wenn er wolle – auch bis zur Universität völlig vorbereitet werden könne, mit einem Worte, wir wollten die äussersten Kräfte an die Erziehung sezten, und so schrieben wir den Brief an Fellenberg. Sie, Mann mit dem göttlich grossen Willen, gaben uns die Antwort, mit den besten Hoffnungen u[n]d vortheilhaftesten Zusicherungen. Dank, ach! Dank dem guten Himmel, der S i e der Welt gab zur Erlösung der Kinder Gottes. Dank auch für die Aufopferungen, die Sie uns machen wollen. Bei Gott, Sie thun ein Grosses auf Erden. Ihren Brief theilte ich sogleich Herzog mit und Lange hält ihn noch unter seinen Kleinoden verwahrt, so sehr ich ihn auch um die Zurückgabe gebeten habe. Lange fragte mich in seinem Briefe: ob er auch würde wissenschaft[lich] seine Rechnung in Yverdun finden, u[n]d auch oekonomisch Ansprüche auf einige Unterstützung machen können? Ich antwortete ihm, dass er eben deshalb sehr willkommen sein würde und gewiss auf baldige Unterstützung rechnen könne; doch möchte er womöglich auf Reisegeld bedacht sein, da wir uns nicht gern von dem guten, armen Pestalozzi möchten voraus g e b e n lassen. Seine 2te Antwort lege ich hier selbst bei und bitte nicht eher weiter zu lesen, als bis Sie eben die Beilage durchlesen haben. Zu dem Capitel über Lange setze ich übrigens nichts mehr hinzu, als die redlichste Versicherung, dass er ein e d l e r , gesunder, reiner, kindlicher und warmer Mann ist, und dass ich für die Ehre Ihres Instituts nichts mehr wünsche, als seine gründlichen u[n]d weiten Sprach- u[n]d Alterthumskenntnisse, in Verbindung mit neuern Wissenschaften u[n]d einem edeln Herzen. Aber wenn ich wünsche, wenn ich selbst alles mögliche ansetze, um Langen an Ihr Institut zu bringen, so ist es noch viel mehr der Fall bei Herzog, wenn ich auf Wissenschaften bedacht bin. Er steht hier wegen seiner Sprach- und Sachkenntnisse, die er öffentlich zu zeigen Gelegenheit hatte, in der grössten Achtung, man ruft ihn dahin u[n]d dorthin, bald als Rector, bald als Führer eines Grafen, u.s.f. Gedicke, Krug u[n]d Lindner, seine Collegen, thun alles mögliche, um ihn nicht zu Ihnen zu lassen; sie redeten ihm dieses und Jenes vor, u[n]d zwar oft Grundfalsches; sie vermochten vieles über ihn; aber er hat mir dennoch auf meine öftern Kraftreden den Auftrag gegeben, Sie zu fragen: ob Sie ihn würden in einen Wirkungskreis setzen können, wo er nichts mehr mit den lateinischen Declinationen u.s.f. zu thun hätte, und wo er seine Fertigkeiten im Griechischen, Lateinischen und Französischen nicht würde vernachlässigen müssen; ob er würde Gelegenheit haben, in der Geschichte fortzuschreiten, ob Sie ihm eben soviel Rei-

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segeld geben könnten, als Blochmann von ihm bekäm, und ob er auch dort werde sein Auskommen finden? Ich setze dazu nichts, als dass er mit Recht diese Ansprüche macht, dass er gelehrter u[n]d dabei methodisch geschickter ist, als tausend Rectores und Professores, dass seit Ostern seine Classe in der Bürgerschule die beste geworden ist, dass er einen äusserst reichen aber auch eben so sonderbaren Vater hat, der ihm keinen Pfennig mehr giebt, dass er an der Leipz[iger] Litteratur festhangt, dass er gerufen oder geschickt werden muss, um seiner Bestimmung nahe zu kommen, dass er selbst wenig Sich-Selbst-bestimmungskraft hat, sondern dass man ihn treiben und setzen muss, dass er männlich von aussen und gesetzt in seinen Sitten ist, und dass er wahrlich eben so viel als Blochmann verdient. Ich habe schrecklich zu kämpfen gehabt, um ihn die falschen Meinungen der neidischen u[n]d egoistischen Menschen aus dem Kopfe zu bringen, vorausgesetzt, dass er mehr thut und kann, als er eifrig u[n]d warm will. Auch traut er sich selbst nur wenig zu, u[n]d eben dieses ist der Zug eines Menschen, der sich nicht selbst bestimmen kann, sondern der von Männern bestimmt sein will. Was mit ihm zu thun ist, liegt am Tage. Schreiben Sie ihm, wo mögl[ich] selbst, u[n]d machen Sie ihm in Hinsicht seiner weitern Fortbildung in den Wissenschaften die möglichsten Aussichten. In 2 Jahren kann er ja wieder vielleicht unweit Leipzig sein. Können Sie ihm ein kleines Reisegeld als Handgeld geben; so ist er gerufen, gestellt, u[n]d [v]ersteht. Herzog u[n]d Lange sind es, die ich an Ihrem Institute wünsche, und Sie Selbst wünschen es, dem Morgenblatte zu folge, mit mir. Herzog spricht so rein Lateinisch u[n]d Französisch u[n]d ist so geschmackvoll im Griechischen, als er von aussen schön, gross u[n]d anmuthig ist. Adolph Kummer besitzt n[icht] Sprachkenntnisse, aber desto mehr Talente u[n]d Fertigkeiten u[n]d Fleiss in der Mathematik, Zeichenkunst u.s.f. Die Kupferstecherei fieng er kaum an, u[n]d er lieferte schon manches Gute. Er ist äusserst männlich an Geist u[n]d Herz u[n]d wird Ihrem Institute sicher keine Schande, sondern Ehre machen. Ihn treibt der Eifer für das Gute u[n]d die Liebe zur Kinder- oder Männerwelt. Aber er hat weder Vater noch Mutter, u[n]d lebte bis jezt nur von fremden Wohlthaten. Er ist mein erster u[n]d bester Freu[n]d, u[n]d wo ich bin, da möchte er auch gern sein. Seine Bedürfnisse sind gewiss so gering, als sie nur ein Mensch haben kann. Geben Sie ihm einige Th[a]l[e]r Reisegeld u[n]d wenn sein Rock n[icht] mehr läuft, eine Kutte, u[n]d er ist zufrieden. Gewiss wird u[n]d kann er dafür dem Institute gleich seine Dienste leisten. Endlich komme ich zu mir selbst, u[n]d da

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kann ich denn mit gutem Gewissen behaupten, dass nicht leicht Jemand von meinen Jahren einen so lebhaften Enthusiasmus für Kindererziehu[n]g, für I h r Glück, für den besten Fortgang Ihres Instituts, so wie überhaupt für das, was S i e w o l l e n , für das Ganze u[n]d Wahre u[n]d Gute u[n]d Göttliche u[n]d Kräftige u[n]d Geistige, haben möchte als ich, dass vielleicht noch nicht viele Tausende so tief in I h r e Seele u[n]d in Ihr Leben eingeschaut haben mögen, als ich, u[n]d dass gewiss niemand den Segen des Himmels inbrünstiger über Ihr ehrwürdiges Haupt herabbittet, als mein Geist u[n]d die Stimme meines innersten Herzens. Diser Eifer für das Gute, diser feste Wille u[n]d Religion sind meine Schätze, die ich nach langen Herumtreiben u[n]d Zweifeln gefunden habe u[n]d die ich ganz besize. Meine Gesundheit ist rein, meine Tugend unbefleckt von Wollust u[n]d meine Seele wachsam u[n]d gut. Stark u[n]d muthig ist mein Körper u[n]d die Feuerprobe einer 700 bis 730 Meilen langen Fussreise hat ihn glücklich bewährt. Was ich kan, ist wenig, doch werde ich alles, was ich Fellenberg versprach, erfüllen, u[n]d nach 2 Jahren der sein, der ich sein möchte. Die Anfangsgründe im Lateinischen will ich Herzog abnehmen. Flöte hoffe ich bald lehren zu können, u[n]d ein guter Schreibmeister sollte mich auch bald zu einem Lehrer machen können. Das Unangenehmste für mich ist, dass ich im Französisch so weit zurück bin, ob ich gleich selbst 4 Wochen in Paris war; allein dort interessirten mich andre Dinge, als die Menschen u[n]d ihre Zungen. Gleich nach Ostern trug mir der Director Plato eine Lehrerstelle an hiesiger Raths Freischule an. Ungewiss, was aus unsern Plane werden würde, u[n]d um mich im Erziehungsgeschäft besonders psychologisch zu üben, nahm ich disen Antrag an, u[n]d ich befinde mich jezt glücklich. Meine Kinder haben mich lieb, u[n]d ich freue mich über ihre Fortschritte. Ob es mir nun aber gleich oekonomisch hier wohl geht, so bleibe ich doch unter keiner Bedingung hier, sondern ich komme unter allen Umständen zu Ihnen. Aufrichtig sage ich, d[a]ss ich bis jezt n[icht]s so ungern schrieb als die Resultate der Armuth meiner Freunde, u[n]d dass ich bei Gott Salz u[n]d Brod essen würde, wenn nur der Plan glücklich ausgeführt, Ihnen Freude gemacht u[n]d dem Institute Ehre u[n]d Nutzen geschafft würde; ja hätte ich mein Erbtheil welches Wort mir zu wider ist – wahrlich mit Freuden wollte ich es unter meine Freunde vertheilen; denn ich weiss, in welcher Zeit wir leben, was u[n]d wie es zu thun sei, u[n]d welcher Hülfe Erziehung bedarf. Aufrichtig sage ich Ihnen aber auch, dass ich v i e l l e i c h t bei hier u[n]d Michael kaum 30 Th[a]l[e]r werde zusammenbringen können – weiter nichts. Meine Kleider trage ich

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ungewöhnlich lange, ich trinke kein Bier, keinen Wein, keinen Thee, rauche nicht Taback u.s.f. Butter, Brod u[n]d Wasser, u[n]d ich bin satt; ein Lager u[n]ter Dach u[n]d Fach, worunter gute, unschuldige Menschen mit Kindern wohnen, u[n]d ich bin zufrieden. Ich u[n]d Kummer kommen unter jeder Bedingu[n]g; doch Kummer ist ganz arm. Jezt weiss ich nichts mehr zu sagen, als d[a]ss wir gleich nach den Michaelistage hier abreisen würden, so bald Sie mit uns durch Ihren nächsten Brief, den ich s e h n l i c h s t u[n]d Alles bestimmend u[n]d entscheidend erwarte, über ein gekommen sein werden. Meine Freunde versichern einstimmige Ihnen ihre höchste Achtu[n]g, Liebe u[n]d Dankbarkeit mit dem sehnlichsten Wunsche für Ihr langes Leben. Auch grüssen Sie mit mir Ihre Jünger. herzlich. Ich bin ganz Ihr Verehrer u[n]d Sohn Ernst Zehme. Wohnhaft vor dem Grimmaischen Thore in Baron v[on] Haugks Hinterhause. beim D[octo]r Höpfner.

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ZB Zürich, Ms Pestal 55a/56, Umschlag 399/1 Bogen, 236x187 mm Datum am Schluss, Dorsualvermerk beantwortet Original Textkritik

Zeuge H Z. 19f. Z. 37f. Z. 41 Z. 90 Z. 135 Z. 136 Z. 160 Z. 162 Z. 165f.

Aus der … Leben: lateinische Schrift eigentlich: welchem (1) nicht (4) allein (5) der (2) Knabe (3) göttlich seinen Sitten Feuerprobe einer langen Fussreise∫ hat aber auch∫ trage unschuldige Menschen Sacherklärung I.

Ernst Vertraugott Zehme (1786–1863) ⇒ Nr. 1058

718 II. Ernst Vertraugott Zehme (1786–1863, ⇒ Nr. 1058) hatte im April 1809 (⇒ Nr. 1058) um Aufnahme für sich und seine Freunde gebeten. Pestalozzi hatte diese Anfrage am 9. Mai 1809 positiv beantwortet (PSB VI, Nr. 1560). III. Z. 21 Z. 21 Z. 21 Z. 22 Z. 30 Z. 41 Z. 41 Z. 46 Z. 49 Z. 55f. Z. 69 Z. 69

Z. 69 Z. 79 Z. 85

Z. 103f.

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Lange: Johann Friedrich Wilhelm Lange (1786–1848) ⇒ Nr. 1058 Salzmanns: Christian Gotthilf Salzmann (1744–1811) ⇒ Nr. 933 Institute: Philantropin in Schnepfenthal ⇒ Nr. 640 Herzog: Christian Gottlob Herzog (1789–1868) ⇒ Nr. 1058 Kummer: Adolf Kummer (1786–1817) ⇒ Nr. 1058 Brief: scheint nicht erhalten zu sein Fellenberg: Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844) ⇒ Nr. 426 Brief: PSB VI, Nr. 1560 Briefe: scheint nicht erhalten zu sein 2te Antwort: scheint nicht erhalten zu sein Gedicke: Friedrich Gedike (1754–1803) ⇒ Nr. 637 Krug: Johann Friedrich Adolf Krug (1771–1843), studierter Theologe, setzte sich besonders für Verbesserungen des Leseunterrichts und die Einführung der Lautiermethode ein. Er war ab 1803 Oberlehrer an der Leipziger Bürgerschule, besuchte 1808 die pädagogischen Institute Pestalozzis und Fellenbergs, bevor er ein Jahr später zum Direktor der Stadtschule in Zittau (Sachsen) ernannt wurde. Ab 1818 leitete er die neu gegründete Friedrich-August-Schule in Dresden. Lindner: Friedrich Wilhelm Lindner (1779–1864) ⇒ Nr. 815 Blochmann: Karl Justus Blochmann (1786–1855) ⇒ Nr. 1111 Vater: Johann Friedrich Lange (1760–1837) wurde nach seinem Studium in Halle bereits mit zwanzig Jahren Inspektor des Halleschen Waisenhauses, war 1781/82 als Subrektor beim Altstädtischen Gymnasium in Magdeburg und trat 1786 die Pfarrstelle in Gübs (Sachsen-Anhalt) an, die er bis 1835 inne hatte. Morgenblatte zu folge: Zwar sind die Leipziger Lehrer darin nicht explizit erwähnt, der zeitlichen und inhaltlichen Nähe wegen ist aber wohl dennoch anzunehmen, dass sich Ernst Vertraugott Zehme (1786–1863, ⇒ Nr. 1058) hier auf Pestalozzis Zuschrift an die Versammlung der Stellvertreter aller Kantone der schweizerischen Eidgenossenschaft, gerichtet an Landammann d’Affry (PSW XXI, S. 257–276) bezieht, die am 6. und 7. Juli im Morgenblatt für gebildete Stände (Nrn. 160 und 161) abgedruckt war. Plato: Karl Gottlieb Plato (1757–1833) aus Ilowa (Halbau, Lebus) war Lehrer und ab 1792 Direktor der im selben Jahr gegründeten und bis 1852 bestehenden Leipziger Ratsfreischule, seit 1800 gemeinsam mit Johann Christian Dolz (1769–1843), dessen historische Bücher und Anstandslehrer für die Jugend (Leipzig 1810) Pestalozzi kannte (PSB VII, Nr. 2251; PSB VIII, Nr. 3212, Nr. 3229). Auch Plato verfasste zahlreiche Schulbücher, etwa das Schulgebete zum Gebrauch für Bürgerschulen (1795), die in mehreren Auflagen erschienenen Vorübungen für Anfänger im Lesen und Denken und über Deutschlands Giftpflanzen zum Gebrauch für Schulen (dreibändig, zuletzt 1830 erschienen). Michael: 29. September nächsten Brief: scheint nicht erhalten zu sein

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Baron v[on] Haugks: Jacob Ludwig von Haugk (1771–1833) war Kaufmann wie auch sein Grossvater Johann Martin von Haugk (1688–1766), der als Kramermeister und Handelsherr in Leipzig 1750 das hier erwähnte und nach dem Namen seines Erbauers benannte Haus in der Petersstrasse errichten liess. D[octo]r Höpfner: Johann Georg Christian Höpfner (1765–1827) erhielt nach Abschluss seines Theologiestudiums 1786 in Leipzig 1802 die Doktorwürde an der theologischen Fakultät der Universität Wittenberg, nachdem er bereits seit 1790 als ausserordentlicher Professor an der philosophischen Fakultät in Leipzig lehrte und von 1791 bis 1800 das Amt des Konrektors am Gymnasium zu Eisleben ausübte, das er wegen Taubheit aufgeben musste. Höpfner war zudem Mitglied der Sozietät für die gesammte Mineralogie zu Jena (⇒ Nr. 811).

1081. Philipp Albert Stapfer 15. Juli 1809

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Belair près Montfort l’Amaury, Dép. de Seine et Oise, 15. Julii 1809. Ich stecke, mein verehrter Freund, in tiefen Schulden gegen Sie und gegen Ihren vortrefflichen Mitarbeiter a m W e r k e d e s H e r r n , Herrn Niederer, und ich müsste mich schämen, nach einer so langen Unterbrechung, ohne weitläufig auseinandergesezte Entschuldigungsgründe, vor Ihnen beiden zu erscheinen, wenn ich nicht überzeugt wäre, dass Sie beide mein Herz kennen, dass Sie mein langes Stillschweigen keiner Gleichgültigkeit gegen den Fortgang der guten Sache und Ihrer edlen Bemühungen um die Wiederaufrichtung unserer gebeugten und verkrüppelten Gattung, keinem Undank für Ihre gütigen, lehrreichen und trostvollen Mittheilungen zuschreiben, und dass unsere Seelen sich gegenseitig, auch ohne Vermittlung tönender oder geschriebener Sylben, immerfort mit inniger Theilnahme ansprechen. Doch hätte ich eine so lange Frist nicht ohne Lebenszeichen verstreichen lassen, wenn nicht einerseits seit Ende Hornungs meine, in Folge gastrischer Zufälle, geschwächte, sich nur seit wenigen Tagen erholende Gesundheit meine Abneigung gegen das Schreiben noch vermehrt, anderseits die Unmöglichkeit, meinen Briefen irgend einen Reiz und meinen so nüzlich und so vielfach beschäftigten Correspondenten die Mühe des Lesens durch irgend eine interessante Idee oder erhebliche Nachricht zu lohnen, mir mein Stillschweigen nicht beynahe zur Pflicht gemacht hätte. Dazu kommt noch, dass ich seit geraumer Zeit ein völliges Einsiedlerleben führe, und nur höchst selten auf zwey oder drey Tage in die Haupt-

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stadt gehe, also so gut als ganz ausser Stande bin, meine ehmaligen Bekannten und Freunde, Weltleute oder Gelehrte aufzusuchen und durch dieselben für Einsammlung oder Empfehlung und Verbreitung heilsamer Vorschläge und Methoden thätig zu seyn. Der Unterricht meiner Kinder, der meine ganze Zeit fordert, leidet gerade in dem Alter, wo sie sich befinden, und in einer Lage, wo Stätigkeit und Regelmässigkeit den Mangel an Nacheiferung und anderen Vortheilen der öffentlichen Erziehung ersetzen müssen, durch jede Unterbrechung zu sehr, als dass ich mir öftere Reisen nach Paris, die, wegen einer elfstündigen Entfernung davon, immer zum Aufenthalt auch nur eines einzigen freyen Tages beynahe die Hälfte einer ganzen Woche erheischen, erlauben könnte. Auch muss ich billig Bedenken tragen, meine gute Frau in unserm ziemlich isolirt gelegenen Landhause allein zu lassen. Ich habe also, mein bester Freund, meist nur schriftlich, und das ist, hier zu Lande, die unfruchtbarste und misslichste Unterhandlungsart in allen möglichen Geschäften, wirksam seyn können. Wenn Sie den Publiciste lesen, so werden Sie bemerkt haben, dass die Aufmerksamkeit des Publikums öfter, bald durch Nachrichten, bald durch Räsonnements auf Iferten gelenkt wird. Ein sehr genauer Freund von mir und junger hoffnungsvoller Schriftsteller, der Mitarbeiter an diesem Blatte ist, sich S t . unterzeichnet und dem ich Ihre und Herrn Niederers Briefe und Schriften mitgetheilt habe, ergreift jede Gelegenheit, um seine Achtung für Ihre Methode und seine hohen Erwartungen von ihrer Anwendung und Verbreitung auszudrücken. Leider ist aber diese Nation für alles Intellektuelle und Sittliche so verstimmt, dass jeder noch so kraftvolle, selbst mit Thatsachen begleitete Aufruf wie leerer Ton in der Wüste verhallet. Das französische Publikum kennt zu dieser Stunde noch den eigentlichen Status questionis nicht; selbst die, welche in Iferten gewesen sind, und ihre Bewunderung den Resultaten nicht versagen können, dringen nicht durch die Schaale und sehen in der Methode nichts als einen neuen Elementarunterricht im Rechnen und in der Masslehre. Vergeblich habe ich die Anschauungslehre Ihres lichtvollen Schmides, deren drey erste Bogen Sie mir durch H[err]n von Transche zuzuschicken die Güte hatten, mehrern Buchhändlern unter andern T r e u t t e l und W ü r z , angeboten. Vergeblich bemüht man sich, selbst guten Mathematikern den herrlichen, lückelosen Gang dieses einzigen Elementarwerks bemerkbar und seinen psychologischen Einfluss auf die Gemüthsbildung der Kinder anschaulich zu machen. Selbst B i o t , der sonst am ehesten Sinn für diesen psychologischen Werth hätte, der das Studium der mathematischen Wissenschaften auf etwas mehr als Genie und Artillerie an-

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wenden möchte, klagt über Weitschweifigkeit und kann nicht geschwind genug die analytischen, alles abkürzenden, aber auch den logischen, majestätischen Gang der Natur unterbrechenden Formeln und Methoden an die Stelle der so schön an einander sich reihenden, das Gemüth organisirenden und kräftigenden Operationen setzen. Man will hier noch gar nicht sehen, dass Form, Schall und Zahl durch die Methode den regellosen Launen und Missgriffen des Zufalls entnommen, und zu Organisationsmitteln unserer geistigen Kräfte erhoben worden sind. Das Wohlthuende lückenloser Anschauungsreihen wird selbst von denen verkannt, die sonst ihren Zöglingen immerfort und dringend das Beleben der Algebraischen Formeln durch Geometrische Figuren empfehlen. Ich hatte Hoffnung, von Mayne-Biran, der kein gemeiner Kopf ist und sich durch gehaltvolle philosophische Schriften als einen sehr denkenden Mann bewährt hat, die Methode besser gefasst und in Bergerac eingeführt zu sehen. Was Sie mir aber darüber sagten, zerstörte meine Hoffnungen ganz. Von Prof[essor] Develey hatte ich nie etwas erwartet. Es war eine blosse Speculation von ihm, wobey es auf nichts als auf einen Gehalt, und auf den Plan – in Paris angestellt zu seyn, abgesehen ward. Foureroy versteht nichts von der Methode, und er sowohl als Degerando begünstigten Develey’s Projekt bloss aus allgemeinen Grundsätzen von Wohlwollen für alles, was sich im Erziehungsfache als vorzüglich ankündiget. Jezt ist Degerando seit Jahr und Tag beständig auf Missionen, und hat nicht Zeit, auch wohl wenig Lust, zur Gründung einer wahren Musterschule in der Hauptstadt nach überdachten Prinzipien der Methode mitzuwirken. Also sehe ich leider! Vor der Hand in Frankreich keine Möglichkeit, oder doch nicht den Schatten einer Wahrscheinlichkeit, zu ihrer Verpflanzung vor. Darum dürfen Sie Sich, edler Freund, auch gar nicht bekümmern. Ist einmal, wie ich es von dem schützenden Genius unsers Geschlechts zuversichtlich hoffe, ihre vielsprechende Pflanze auf einheimischem Boden zum hohen, die Aufmerksamkeit aller gebildeten Völker durch seine Früchte erregenden Baume geworden, so wird dann auch diese ungemüthliche, nur für physischen Genuss empfängliche, Nation nicht zurückbleiben und die Methode klimatisiren wollen. Mich verlangt ausserordentlich, Sie, Bester, wieder einmal zu umarmen und in der Mitte Ihrer Mitarbeiter und Kinder froh und glücklich zu sehen. Allein so geschwind, als ich es wünschte, wird mir diese Wonne nicht zu Theil werden. Die häuslichen und Vaterpflichten, die mich in diesem, meinem Herzen immer fremd blei-

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benden, Lande anketten, werden mir, wie auch oekonomische Gründe, wohl noch auf mehrere Jahre diese Reise nicht erlauben. Schwager Schnell habe ich schon wiederholt geschrieben, dass er alle mir von der H[einrich] Gessnerschen Buchhandlung ausgelieferten Exemplare Ihrer Elementarbücher Ihrer Disposition überlasse, und demjenigen oder denen zustelle, der ihm deswegen eine Vollmacht von Ihnen vorweisen sollten. Lassen Sie, Theüerster, Sich mein Andenken bestens empfohlen seyn, und rechnen Sie auf meine und meiner Gattin, die Sie sie nicht zu vergessen bittet, zärtliche Liebe und innige Hochachtung. P.A. Stapfer. Sie erlauben, mein Theurer, dass ich mich jezt auch unmittelbar an Ihren trefflichen Gehülfen Herrn Niederer wende, und ihm ein Wort des Danks und der Entschuldigung sage.

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Eben die Reichhaltigkeit, Verehrenswürdiger Freund, und Gedankenfülle Ihrer gütigen, mir überaus schäzbaren Briefe tragen, zum Theil die Schuld meiner Saumseligkeit im Schreiben. Ich schämte mich, so kostbare Geschenke mit Nichts als mit leeren Danksagungsformeln zu beantworten, und war, durch meine Entwöhnung von speculativen Untersuchungen und Anstrengungen, durch meine Unbekanntschaft mit dem wahren Fortgang der Methode seit 1803, wo mir zum leztenmale anschauliche Kenntniss davon zu nehmen vom Schicksale vergönnt ward, und dann auch durch meine Zweifel über den eigentlichen Sinn mehrerer Ausdrücke der philosophischen Kunstsprache des lezten Dezenniums, welche dem deutschen Denker geläufig sind, allein dem Ausländer und auch dem Deutschen, welcher mit den philosophischen Schulen nicht Schritt hielt, keine bestimmte, ausgemachte Bedeutung anbietete, – ich war, durch diese Umstände, ausser Stand gesetzt, Ihre scharfsinnige Theorie und die interessanten Bemerkungen, die Ihre Briefe enthalten, so zu Prüfen, dass ich meine Gedanken der Mittheilung an Sie hätte würdig halten können. Wenn ich das Glück hätte, in Ihrer Nähe zu leben, und Ihren Umgang zu geniessen, so hätte ich hundert Fragen an Sie zu thun, und würde mir über mehrere Punkte Belehrung erbitten. Allein, bey dieser Entfernung, und mit der Furcht, Ihnen mit läppischen, oder wenigstens ganz aus der Luft gegriffenen, auf keine anschauliche Kenntniss Ihrer praktischen Fortschritte gegründeten, Einwendungen beschwerlich zu fallen mit Zweifeln, die Sie mündlich mit wenigen Worten abweisen könnten, schriftlich aber nur auf Unkosten Ihrer Zeit aufhellen können – dazu trage ich billig grosses Bedenken. Ihren Aufsatz über die Methode gegen E v e r s habe ich mit dem grössten Vergnügen gelesen. Was Sie über die Inhumanität der Meisten unsrer absprechendsten, im vornehmsten Ton docirenden Philologen sagen, ist so treffend als meinen Beobachtungen gemäss. Um zu fühlen, wie treu, geschmackvoll und kräftig die Alten die Natur aufgefasst und vorgestellt haben, muss man diese Natur selbst rein aufgefasst im Busen tragen; und die meisten Humanisten haben sie nie anders als durch die Brille ihrer Wortweisheit erblickt. Die grössten Kenner und die richtigsten Beurtheiler der Classiker, die ich gesehen, waren der Ritter A z a r a , spanischer Minister in

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Paris, und der berühmte Charles F o x , die mir aber beide gesagt haben, dass ihnen der Sinn für die Vortrefflichkeit der griechischen und römischen Schriftsteller erst späthe und durch theuer erworbene Menschenkenntniss aufgegangen sey. Die schulgelehrten Erklärer und Sprachforscher haben allerdings ein grosses Verdienst um die Klassiker; ohne ihre mühseligen Arbeiten und Wortklaubereyen wären ihre Werke unleserlich oder sehr dunkel geblieben. Sie sind aber im Ganzen genommen schlechte Anführer zum wahren Genuss und zu der besten psychologischen Benutzung dieser Werke. Kein litterarisches Phänomen hat dieses deutlicher zu Tage gebracht, als der Angriff des berühmten Kritikers Fr. Aug. W o l f s (E v e r s e n s Lehrers, wo ich nicht irre) auf die Authenticität der Rede pro Marcello. Als die Schrift, worin er ihre Unächtheit zu beweisen sucht, hier bekannt wurde, (mich dünkt im J[ahr] 1801), erregte sie allgemeines Achselzucken über die Naseweisheit und vieles Bedauern über die Geschmacklosigkeit oder Einfalt des Kunstrichters, welcher eines der herrlichsten Denkmäler des Alterthums einem prunkrednerischen Sophisten zuschreiben konnte. Hätte Wolf aus den Alten eine wahre Menschen[-] und Geschäftskenntniss geschöpft, so hätten ihn die Geistesgrösse und die praktische Weisheit, welche in diesem Meisterwerke die erfahrensten Staatsmänner in Bewunderung setzen, so laut, so kraftvoll angesprochen, dass er sich nimmermehr nur einen Gedanken an Unächtheit hatte beyfallen lassen. Wenn nun ein so grosser Wortkritiker und Kenner der Schriften der Klassiker so wenig Sinn für das Schöne und Grosse in den Alten hat, so haben wir einen sprechenden Beleg zu Ihrer Behauptung, dass dem Geiste aus der unmittelbaren Naturanschauung und Menschenbehandlung das Auge für Wahrheit und für Humanität aufgeschlossen und geschärft worden seyn muss, ehe er die Darstellungen der Alten zu verstehen und ihr Verdienst zu würdigen, geschweige Natur und Gesellschaft auf ihre Art zu ergreifen und zu behandeln, vermag. Was Sie, edler Freund, mir über Ihre Ansicht des zweckmässigsten Gangs religiöser Gemüthsbildung mitzutheilen die Güte hatten, erregte meine Aufmerksamkeit in einem desto höhern Grade, je mehr dieser Gegenstand mich als Lehrer und Vater beschäftiget hat. Unstreitig ist in neuern Zeiten der Religionsunterricht in eine theoretische Grübeley ausgeartet, die das Gemüth unangeregt und das Herz kalt liess, und die Erziehung zur Religion durch die Gefühle des Danks, der Liebe, des Vertrauens und einer heilsamen Furcht erreicht gewiss ihre Zwecke sicherer und vollständiger. Allein um diese heilbringende Methode einzuführen, müssten die Eltern durch ihr ganzes Betragen eine wo nicht tadellose so doch vorherrschende Gerechtigkeit und Güte, jene Empfindungen in ihren Kindern rein und kräftig aufzurufen und zu entwikeln im Stande seyn. Und diess ist ein Ideal, dem man das Menschengeschlecht anzunähern trachten muss, dem es aber leider! nur äusserst langsam sich nähert. Ach! was für jammervolle Beyspiele von Willkührlichkeit, Härte, Egoismus, Ungerechtigkeit und Unmoralität stellen nicht, unter hundert Eltern neunundneunzig, bis in die gebildeten Stände hinauf, in ihren Familien zur Schau! Wahrlich, je mehr man die Menschen kennen lernt, desto inniger bedauert man die Kinder, meistens Opfer des unvernünftigsten Despotismus oder der ungereimtesten Verzärtelung! Die Mütter, selbst die besten, die w[elche] ihren Kindern jeden Beweis von Hingebung, Liebe und physischer Fürsorge geben, wie oft verderben sie durch Launen, durch Schwächen jeder Art den Eindruck, welchen ihre Güte und die Ueberzeugung von ihrem uninteressirten Wohlwollen beym Kinde gemacht hatten. O! gewiss, für die neunzehn Theile der selbst gütig und zärtlich behandelten, Kinder, ist das Muster Jesu ein reineres Entwicklungsorgan, ein kräftigerer Reiz religiöser Gefühle, als die gewöhnliche Umgebung der Kinder. Es bedarf nur eines flüchtigen Blickes auf die Seelenleiden, die herzzerreissenden Quälereyen, u[nd] die physische Noth, unter welcher die armen Kinder beynahe überall aufwachsen, um tief zu fühlen, welches Geschenk uns

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auch in dieser, wie in tausend andern Rücksichten, der grosse Erzieher unsers Geschlechts mit dem gemacht, der allein die Bedürfnisse desselben gekannt, die Würde behauptet und die Uebel geheilt hat. Als religiöser Reitz ist diese einzige Erscheinung in der moralischen Weltordnung um so unentbehrlicher, da die Gottheit, bald ein Kobold, bald eine metaphysische, kraftlose Idee, bald ein mit allen menschlichen Schwachheiten und Lastern ausgestatteter Heros, bald ein Orientalischer Despot, bald ein um die Angelegenheiten der Menschen unbekümmerter Epikurischer Deus, bald ein armseliger Speculationsbehelf unter dem Titel des Absoluten, ein verkehrtes oder ohnmächtiges Erregungsmittel religiöser Gefühle seyn musste u[nd] seyn muss. Sie sagen in Ihrer scharfsinnigen Erörterung der Hauptelemente der Gemüthsbildung: «B e y d e r B e l e h r u n g d e s r e l i g i ö s e n S i n n s d u r c h d a s a u s ser ihm gegebene Göttliche gilt es vollkommen gleich, ob der Mensch auch das positive Prinzip aus sich selbst erzeuge, oder ob es ausser ihm als ein wirklic h e s v o r h a n d e n s e y e . » Für die höchste Speculation mag es so seyn, allein für die Erziehung däucht mir, ist der Glaube an positive Objektivität nicht bloss wohlthätiger, sondern durchaus unentbehrlich; und ich kann mich nicht enthalten, die Erschütterung dieses Glaubens durch die neuesten Systeme des Idealismus und der Naturphilosophie in den Gemüthern der Volks- und Jugendlehrer als höchst nachtheilig zu betrauern. Das Einheitsbedürfnis ist eine herrliche Auszeichnung der menschlichen Vernunft, wenn es mit Bescheidenheit und nicht auf Unkosten wesentlicher Data unsers Bewusstseyns befriediget wird; denn in lezteren Falle wird es ein wahres Zerstörungsprinzip. Wir finden in unserm Bewusstseyn Subjekt und Objekt so bestimmt und in so nothwendiger Correlation vor, dass ich nicht absehe, wie auch der feinsten, kühnsten Speculation das Recht eingeräumt werden kann, einen diese Faktoren zu vernichten. Unüberwindlich ist zwar der Hang der speculativen Vernunft, regulative Prinzipien zu constitutiven zu erheben; allein zuverlässig überschreitet sie dann ihre Grenzen, sie läugnet Fakta des Bewusstseyns ab, anstatt sie zu erklären, und stösst wider das Grundgesetz nicht nur der menschlichen Natur, sondern aller Naturen an, sie mögen so hoch oder so niedrig auf der Schöpfungsleiter stehen, als sie wollen, das Gesetz; dass s i c h j e d e i n i h r e n S t a n d s c h i c k e , und der Mensch z. B. sich resignire, nur Mensch zu seyn, also die Data seines Bewusstseyns so aufzunehmen wie sie sind, und keine Einheit zu erzwingen, wo sie ohne Verstümmlung seiner Natur nicht erhältlich ist. Hingegen finde ich, mein verehrter Freund, Ihre Rüge wegen Verwechselung der logischen Relationen mit dem organischen Stoff so treffend als lichtvoll. Ich muss durch sehr unrichtige Ausdrücke Anlass dazu gegeben haben, denn etwas ganz anderes wollte ich sagen, und nur meine Zweifel an dem Satze, dass M a a s s , Z a h l und W o r t die v o l l s t ä n d i g e n Elemente aller ersten Geistesentwicklung wären, Ihnen zu gütiger Belehrung und Zurechtweisung vortragen. Ich nahm, (jedoch ohne mir anzumassen, etwas Befriedigenderes vorschlagen zu können,) vom Anbeginn an, einigen Anstoss daran, dass alles, was nicht ein Denken über M a a s s und Z a h l ist, sämmtlich unter die unbestimmte, Nichts und Alles umfassende Rubrik eines W o r t e s zu stehen käme, und dass alles dasjenige, was in der ersten Entwickelung der Geistesthätigkeit nicht Rechnen und Messen ist, S p r e c h e n seyn sollte. Das Buch der Mütter gibt mir keine befriedigende Auflösung. Ich begreife eher, wie z.B. die ästhetische Bildung auf die mathematische zurückgebracht, die krumme Linie als Element der Schönheit betrachtet, und das Taktmaass als Mittel zur Organisirung des Kunstgefühls behandelt werden kann, ungeachtet mir dabey noch mancher Zweifel aufstösst. Allein meine Hauptschwierigkeit ist diese: Anleitung zum Denken ü b e r R e a l v e r h ä l t n i s s e gehört wohl zur ersten Entwickelung der

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Kräfte. Da nun dieses Denken von dem Rechnen und Messen durchaus verschieden ist, so sehe ich dafür in der Methode, so weit ich sie kenne, keine andere Vorsorge als in den Mitteln, die sie zur Organisirung der Sprachkraft anwendet. Allein das B e z e i c h n e n des Reellen durch Worte, wenn man anders nicht darunter alle, Sprachvermittelung fordernde oder voraussetzende, Geistesübung verstanden wissen will, kann doch nimmermehr beym Denken über das Reelle einziger Behelf, vielleicht nicht einmal Hauptsache seyn. – Die Klassification der Geisteskräfte, welche die Methode zum Behufe der Menschenbildung annimmt oder voraussezt, hat einen Anschein von Willkührlichkeit und Unvollständigkeit, der zwar bey weitem nicht so auffallend ist, als bey der G a l l s c h e n zum Behufe der Physiologie aufgegriffenen sonderbaren Zerstücklung, allein sie ist doch vielen Denkern und unpartheyischen Prüfern anstössig. Ich bin nicht in Abrede, dass eine ganz zu praktischen Zwecken bestimmte Eintheilung auch nur aus ihren praktischen Resultaten beurtheilt werden könne, so wie sie auch bloss auf dem Erfahrungswege der Natur abgefragt wurde; noch mehr bin ich überzeugt, dass die in speculativer Rücksicht befriedigendste Classification in der Anwendung auf Menschenbehandlung und Veredlung gerade die unanwendbarste, unfruchtbarste seyn kann. Allein das Bedürfniss der logischen Vollkommenkeit einer Distribution von Geisteskräften, von der man in einer so wichtigen praktischen Angelegenheit Gebrauch macht und von welcher ein Theil des Erfolgs abhängt, scheint mir ein Wink der Natur zu seyn, welche auf Lücken aufmerksam machen will. In der technischen Sprache der Methode möchte der Begriff der Anschauung zu sehr auf blosses Augenmaass eingeschränkt seyn. Für Entwickelung der vernünftigen Selbstanschauung, der Basis aller moralischen Reflexion, ja für Realanschauung überhaupt, scheint mir durch das, in andern Rücksichten allerdings vortreffliche, Buch der Mütter zu dürftig gesorgt, und die d y n a m i s c h e Überlegung und Beobachtung dem Auge und dem Betastungssinn beynahe ganz aufgeopfert zu seyn. Der wahre Beobachungsgeist, der innere und d y n a m i s c h e Verhältnisse erwägt, keimt im Kinde und verlangt theils Befriedigung theils Leitung, so früh als Formenbeschauung, Beachtung der Zahlverhältnisse und Begierde nach vollständiger Nomenklatur der Naturbestandtheile. Das Kind fragt eben so oft, w i e g e h t d a s z u ? als wie g r o s s , wie v i e l , wie h e i s s t s ? Wenn ich nicht hier unter meinen Augen den Missbrauch der mathemathischen Geistesbildung, die intellektuelle Verstimmung, ja die ästhetische oder moralische, Verkrüppelung, die sie sogar bey ausgezeichneten Männern hervorbringt, die Verfälschung des Wahrheitsgefühls für tausend Gegenstände der sittlichen Welt, welche ihre zu ausschliessliche Betreibung herbeyführt, in auffallenden, die Hemmung der sittlichen Cultur einer grossen, für das Schicksal der Welt entscheidenen, Nation beurkundenden so zahlreichen als traurigen Beyspielen vor mir sähe, so würde ich die Lieblings-Tendenz der Methode zur Entwickelung der Elemente des mathematischen Denkens, und ihre, wie mich dünkt, etwas stiefmütterliche Sorge für die Entwickelung des Denkens über r e e l l e Verhältnisse weniger ängstlich ins Auge fassen. Durch d i e glüklichste, erschöpfendste Behandlung der Zahl- und Massverhältnisse wird der Grund zu einer u n i v e r s e l l e n Geistesbildung kaum gelegt, und ich sehe die Möglichkeit einer mathematischen Ausbildung auf Kosten der menschlichen Natur so gut ein, als die einer philologischen, wie sie ehmals grassirte und noch itzt in mancher Schule vorherrscht. Sie lächeln vielleicht, Verehrungswürdiger, über die Gespenster die ich mir mache. Vermuthlich ist dieser zu befürchtende Einseitigkeit in ihrer Anstalt schon lange durch eine mir unbekannt gebliebene Erweiterung ihrer organischen Bildungsmittel abgeholfen, und ich glaube den Beweis davon in Ihrem lichtvollen Aufsatze über Methode im 1en B[and] d[er] Wochenschrift zu finden. Sie wollen jeden Unterrichts-, Entwicklungs- und Uebungsgegenstand, aus seinen ersten Sachbestandtheilen dargestellt

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wissen, und also encyklopädischen Kreis organischer Bildungsmittel immer mehr erweitern und vervollständigen. Wenn der erste Unterricht in den Naturwissenschaften, in der Länder- u[nd] Völkerkunde, in der Geschichte, in der Moral, Religions- und Staatslehre, oder nur in einem von dieser Fächer nach der Idee der [Methode] schon ausgeführt ist: so würde ich Ihnen für die Kunde davon unendlich dankbar seyn, wie auch für die Anzeige des Aufsatzes, worin Sie Ihre frühere treffliche Deduction (Int[elligenz]bl[att] der J[enaer] Al[lgemeinen] L[itteratur-]Z[eitung] N. 44 ff.) weiter entwickelt und modificirt haben können. Es bleibt mir in meiner Einsamkeit das Meiste unbekannt. Ohne mein unbegrenztes Zutrauen in Ihre Nachsicht Güte und Liebe dürfte ich Ihnen diese olla potrida von Einfällen und Desiderien nicht zuschicken. Allein die manigfachen Proben Ihrer Gefälligkeit u[nd] Freundschaft, die Sie mir schon gaben, sind mir Bürge für die wohlwollende Aufnahme dieses Geschriebsels. Ich bitte Sie mich nicht zu vergessen, und meiner hochachtungsvollen, dankbaren Ergebenheit versichert zu seyn. P.A. Stapfer

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ZB Zürich, Ms Pestal 55a, Umschlag 357/2 Bogen und Blatt, 231x183 mm Datum 24 Julii 1809. am Schluss Original Textkritik

Zeuge H Z. 20 Z. 24 Z. 39 Z. 57 Z. 69 Z. 83 Z. 86 Z. 112f. Z. 117 Z. 128 Z. 139 Z. 145 Z. 147 Z. 165 Z. 169 Z. 189 Z. 189 Z. 190 Z. 198 Z. 205 Z. 205 Z. 207

meine , in Folge Correspondenten freyen∫ nicht∫ Werth hätte Mayne-Biran: lateinische Schrift Bergerac: lateinische Schrift wie auch oekonomische Gründe∫ ihm∫ Briefe tragen Prüfen mit Zweifeln∫ dazu∫ pro Marcello: lateinische Schrift prunkrednerischen∫ ganzes∫ eine wo nicht tadellose so doch vorherrschende∫ Gerechtigkeit in ihren Kindern∫ die besten, die w[elche]∫ die herzzerreissenden die∫ physische Erzieher∫

727 Z. 208 Z. 215 Z. 222 Z. 225f. Z. 228 Z. 245 Z. 261f. Z. 264 Z. 265 Z. 266 Z. 268 Z. 270f. Z. 275f. Z. 281 Z. 286 Z. 286 Z. 289 Z. 290 Z. 290 Z. 293 Z. 294f. Z. 305 Z. 312 Z. 318

gemacht , der seyn muss∫ mir, Jugendlehrer als höchst nachtheilig zu Falle∫ v o l l s t ä n d i g e n : doppelt unterstrichen alle, Sprachvermittelung seyn. – Die zum Behufe der Menschenbildung∫ zwar∫ ist∫ werden könne∫ so wichtigen∫ in andern Rücksichten∫ Beachtung der∫ Begierde nach vollständiger∫ Geistesbildung, die die ästhetische oder moralische,∫ sogar∫ Hemmung der sittlichen∫ beurkundenden so zahlreichen als traurigen∫ eine mir unbekannt gebliebene∫ nur∫ olla potrida: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Philipp Albert Stapfer (1766–1840) ⇒ Nr. 899 III. Z. 4 Z. 8 Z. 20 Z. 33

Z. 41 Z. 45

Z. 47 Z. 48

Belair près Montfort l’Amaury: Gemeinde westlich von Paris Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Hornungs: Februar Kinder: Nach seinem Rückzug aus den öffentlichen Ämtern widmete sich Philipp Albert Stapfer (1766–1840, ⇒ Nr. 899) der Erziehung seiner beiden Söhne Charles-Louis (1799–1880), der später in Frankreich als Ingenieur arbeitete, und Frédéric-Albert-Alexandre (1802–1892), der sich einen Namen als Journalist, Schriftsteller und Goethe-Übersetzer machte. Frau: Marie Madeleine Pierrette Stapfer-Vincent (1778–1854) ⇒ Nr. 946 Publiciste: Die Pariser Zeitung Le Publiciste ou Nouvelles politiques, nationales et étrangères erschien am 15. November 1792 unter dem Titel Nouvelles politiques, nationales et étrangères erstmals und stellte am 1. November 1810 ihr Erscheinen ein. Iferten: dt. Name für Yverdon Freund: Damit könnte Auguste Louis de Staël (1790–1827, ⇒ Nr. 996) gemeint sein, der in den Stapferschen Bekanntenkreis gehörte und von Alter und Abkürzung (St.) her in Frage käme. Auch hat er sich in mehre-

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Z. 57 Z. 62 Z. 63 Z. 64

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Z. 83 Z. 86 Z. 87 Z. 90 Z. 91 Z. 114 Z. 115 Z. 116

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ren Zeitungen «pour les causes les plus généreuses» eingesetzt und war an Fragen der Volksbildung interessiert. Andere Evidenz gibt es allerdings nicht. Status questionis: Stand der Fragen (lat.); Forschungsstand Schmides: Joseph Schmid (1785–1851) ⇒ Nr.712 H[err]n von Transche: Karl Otto von Transehe (1761–1837) ⇒ Nr. 1255 T r e u t t e l und W ü r z : Jean George Treuttel (1744–1826) war ab den 1770er-Jahren einer der wichtigsten Strassburger Verlagsbuchhändler. Zwischen 1784 und 1794 kooperierte er mit seinem Schwiegersohn Johann Gottfried Würtz (1768–1841) und verlegte 1795 nach seiner Ausweisung aus Strassburg den Hauptsitz nach Paris und eröffnete auch eine Filiale in London. B i o t : Jean Baptiste Biot (1774–1862) war Physiker, Mathematiker und Astronom, Professor am Collège de France, später auch an der Sorbonne, und als Forscher an Fragen der Mathematik und Geometrie ebenso interessiert wie an solchen der Elektrizität, des Magnetismus, der Chemie und Physik, wobei die Optik sein zentraler Forschungsgegenstand war. Mayne-Biran: François Pierre Gauthier, Maine de Biran (1766–1824) ⇒ Nr. 873 Bergerac: Stadt in der Dordogne östlich von Bordeaux Develey: Emmanuel Develey (1764–1839) ⇒ Nr. 785 Foureroy: Antoine François Comte de Fourcroy (1755–1809) ⇒ Nr. 946 Degerando: Marie Joseph de Gérando (1772–1842) ⇒ Nr. 900 Schnell: Samuel Ludwig/Ludwig Samuel Schnell (1775–1849) ⇒ Nr. 946 H[einrich] Gessnerschen Buchhandlung: ⇒ Nr. 607 Elementarbücher: Johann Heinrich Pestalozzi: ABC der Anschauung, oder Anschauungs-Lehre der Massverhältnisse. Zürich 1803 (PSW XV, S. 175– 340), Johann Heinrich Pestalozzi: Buch der Mütter, oder Anleitung für Mütter, ihre Kinder bemerken und reden zu lehren. Zürich 1803 (PSW XV, S. 341–424) und Johann Heinrich Pestalozzi: Anschauungslehre der Zahlenverhältnisse. Zürich: 1803/1804 Aufsatz: Johannes Niederer: Was heisst Methode? In: Wochenschrift für Menschenbildung 1807, S. 229–247 E v e r s : Ernst August Evers (1779–1823) aus Isernhagen (Niedersachsen) studierte klassische Philologie in Hannover, Halle und Göttingen und leitete ab 1804 als Rektor die 1802 gegründete Aarauer Kantonsschule. 1811 wurde er Ehrenbürger von Aarau. Ab 1817 war er Inspektor und Professor an der Ritterakademie St. Michaelis in Lüneburg. Er gilt als Verfechter eines neuhumanistischen Bildungsideals, welches sich gegen den Anspruch wehrt, das Individuum sei den Zwängen von Staat und Beruf zu opfern. A z a r a : José Nicolas de Azara (1730–1804) war nach einem Studium der Rechtswissenschaften als Beamter im spanischen Aussenministerium tätig und kam später als Diplomat zunächst nach Rom und 1798 nach Paris, wo er bis kurz vor seinem Tod Botschafter Spaniens war. F o x : Charles James Fox (1749–1806) war eine prominente Figur der englischen Politik, die er zunächst als Aussenminister und später als Oppositionsführer, da dezidierter Befürworter der französischen Revolution, mitprägte. Nachdem sein Bekämpfen des englischen Kriegs gegen Frankreich erfolglos geblieben war, zog er sich 1797 aufs Land zurück, wo er sich der Literatur widmete, bevor er 1802 Frankreich bereiste, daraufhin

729 nochmals als Oppositioneller in die Politik einstieg und 1806 in der Nähe Londons verstarb. Z. 164 W o l f s : Friedrich August Wolf (1759–1824) war Altphilologe und Altertumswissenschaftler und seit 1783 Professor für Philosophie und Pädagogik in Halle. Als sein Hauptwerk gilt das Prolegomena ad Homerum, in welchem er die Schriften Homers (⇒ Nr. 439) kritisch auf ihre Entstehung hin untersuchte und bezweifelte, dass er der einzige Autor gewesen sei. Z. 165 Schrift: M. Tulli Ciceronis quae vulgo fertur oratio pro M. Marcello. Recognovit animadversiones selectas superiorum interpretum suasque adiecit Frid. Aug. Wolfius. Berlin 1802 Z. 217–221 B e y … s e y e . : Dabei dürfte es sich wohl um ein Zitat aus dem privaten Briefwechsel zwischen Philipp Albert Stapfer (1766–1840, ⇒ Nr. 899) und Johannes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) handeln. Z. 267 G a l l s c h e n : Damit dürfte das von Franz Joseph Gall (1758–1828, ⇒ Nr. 958) 1809 publizierte Werk Untersuchungen über die Anatomie des Nervensystems überhaupt und des Gehirns insbesondere gemeint sein, welches die Physiologie des Nervensystems behandelt. Z. 306 Aufsatz: Johannes Niederer: Pestalozzi’s erste Darstellung des Wesens und Umfangs seiner Methode. In: Wochenschrift für Menschenbildung 1807, S.186–191, 193–221 Z. 314 Aufsatzes: Es dürfte sich hier wohl eher nicht um die Aufforderung handeln, einen schon bestehenden Artikel zu schicken. Philipp Albert Stapfer (1766–1840, ⇒ Nr. 899) könnte auf die am 12. Juli 1809 im Intelligenzblatt Nr. 49 abgedruckte Aufforderung anspielen, authentische «Nachrichten von der Beschaffenheit und Frequenz ihrer Lehranstalten» zu überschicken. Möglicherweise hat Stapfer angenommen, dass Johanes Niederer (1779–1843, ⇒ Nr. 507) diesem Aufruf Folge leisten würde und hier schon mal darum gebeten, über das Erscheinen einer solchen Schrift informiert zu werden. Z. 318 olla potrida: Olla podrida (verfaulter Topf, span.) ist ein typisches Eintopfgericht der kastilischen Küche und seit dem 16. Jahrhundert auch in Deutschland, der Schweiz und Frankreich verbreitet.

1082. Georges de Rougemont 22. Juli 1809 22 Juillet 1809 5

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Yverdun M[onsieu]r Pestalozzi – Votre lettre du 12 m’annonçoit M[onsieu]r de Musalt dont j’en du pas oui parler chés moi M[onsieu]r. J’en ai eu le plus vif regret et parce que j’aurois en le plus grand plaisir de passer quelques moments avec un homme que j’aime et que j’estime autant que lui et parce que j’aurois pu m’entretenir avec lui de mon fils sur le compte du quel vous me donnés divers renseignemens satisfaisans mais

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dont le bégayem[en]t quand il parle françois m’inquiette de mème que son éloignement pour les exercices du corps. A quoi donc attribuer le premier de ces deux défauts cette aphasie? est ce mauvaise habitude? Begayetil en parlant? quil remede y voyés vous? Et quand au second d’ou vient il? est ce nonchalence foiblesse, paresse ou crainte? Je ne puis trop fixer votre sollicitude sur ces deux points – J’ai paye à M[ada]me Fauche L[ivres] 68.11.6. Je joins ici … 48.9.6. ensemble suisse L[ivres] 117.1 – Montant de votre Compte. Parmi les objets qui le composent je vois des entretiens de phisique avec M[onsieu]r Flaction. Veuillés dire à mon cher George en l’embrassant tendrement au nom de son pére qu’il diete à quelqu’un ce que c’est que ces entretiens.

Überlieferung 1 5

Privatbesitz Familie de Rougemont, Inv. 243, S. 575 Copia Textkritik

Zeuge [h] Z. 6 Z. 12 Z. 13 Z. 14

j’en de: unsichere Lesart bégayem[en]t: unsichere Lesart exercices cette aphasie: unsichere Lesart Sacherklärung I.

Georges de Rougemont (1758–1824) ⇒ Nr. 956 III. Z. 6 Z. 6 Z. 10 Z. 18

Z. 18

lettre: PSB VI, Nr. 1603 Musalt: Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 fils: Georges de Rougemont (1802–1810) ⇒ Nr. 968 M[ada]me Fauche: Marianne Fauche-Borel (1751–1824) war seit 1786 mit dem Neuenburger Buchhändler und Buchdrucker Abram Louis Fauche (1762–1829) verheiratet, welcher aufgrund Verstrickungen in konterrevolutionäre Komplotte häufig im Ausland weilte und währenddessen die Führung der Geschäfte seiner Frau überliess. Über die Fauche-Borelsche Buchhandlung hat Pestalozzi offenbar gelegentlich Bücher bezogen (vgl. PSB XII, Nr. 5633) und Georges de Rougemont (1758–1824, ⇒ Nr. 956) scheint mit einem Teil des Schulgeldes für seinen Sohn Ausstände beglichen zu haben, die das Institut gegenüber dieser Firma hatte. L[ivres]: (frz.) Silberwährungseinheit

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M[onsieur] Flaction: Georges-Rodolphe-Adolphe Flaction (1776–1846) war der Sohn des ehemaligen Yverdoner Stadtarztes Jean-François-Frédéric Flaction (1734–1803). Nach zwei Studienaufenthalten in Frankreich lebte er zwischen 1805 und 1821 als praktizierender Arzt und Chirurg in Grandson (Kt. Waadt), später in Yverdon, und wurde von Pestalozzi gelegentlich zur Behandlung erkrankter Schüler beigezogen.

1083. Johann Jacob Schnewlin 28. Juli 1809 5

Dem Herrn Pestalozzi in Yverdon Stein am Rhein, Kant. Schafhausen, am 28. Juli 1809

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Würdiger Mann! Vor einigen Jahren war es mir vergönnt, Ihre schäzbare Bekanntschaft zu machen, und einige Tage in Ihrem Institute zu Burgdorf zu verweilen. Tage, deren ich mich stets mit Freüden erinnere. Sie sind seitdem auf Ihrer Bahn so fortgewandelt, wie sichs vom Manne erwarten liess, der sich dem Besten der Menschheit hingiebt. Die Finsterniss ist gewichen – wohlthätiges Licht verbreitet sich – Ihre Methode hat gesiegt. Zur Ausbreitung derselben wünschten meine schwachen Kräfte auch etwas beyzutragen, drum leg’ ich Ihnen die Frage vor: Ob meine Schwester nicht für 1. Jahr in Ihre Töchtern Anstalt könnte aufgenommen werden? – Sie ist 25 Jahre alt, besizt schöne Gaben und Vorkenntnisse, und wünschte sich im eigentlichen Sinn zur Lehrerin zu bilden. Sind Sie zur Annahme geneigt, so bitt ich Sie um die gefällige Anzeige der Kosten und übrigen Bedingnisse. Wens möglich wäre, so wünschte meine Schwester recht bald einzutreten, um mit einer Madem[oiselle] Hoz, die sich gegenwärtig in Schafhausen befindet, die Reise machen zu können. Ihrer Antwort entgegen sehend habe die Ehr mit vorzüglicher Hochschäzung zu seyn Ihr ergebener Diener Provistor Schnewlin

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ZB Zürich, Ms Pestal 55, Umschlag 335/1 Bogen, 231x192 mm Siegelspuren Original Textkritik

Zeuge H Z. 11 Z. 24

Burgdorf: lateinische Schrift Madem[oiselle]: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Johann Jacob Schnewlin (1777–1834) ist 1796 Lehrer an der deutschen Schule in Stein am Rhein, dann Hauslehrer. Im Oktober 1798 tritt er als Kopist in das helvetische Ministerium der Künste und Wissenschaften ein, 1800 wird er vom Kopisten zum Protokollanten und Archivar befördert. Im Juni 1801 wird er Provisor der Höheren Knabenschule in Stein am Rhein und setzt sich für ein verbessertes Schulsystem ein. Ab 1814 bis zu seinem Tod bekleidet er das Amt des Stadtschreibers. Vor allem in der Zeit ab 1830 tritt er als vehementer Gegner des Liberalismus auf. III. Z. 18

Z. 24

Schwester: Anna Magdalene, genannt Marie Meyer-Schnewlin (1784– 1868) war zwischen 1809 und 1813 Zögling im Töchterinstitut (⇒ Nr. 867) von Yverdon, anschliessend Lehrerin in der Schaffhausener Mädchenschule und heiratete den Schaffhauser Zeichenlehrer und Kunstmaler Johannes Meyer (1783–1829), mit dem sie zwei Töchter hatte. Madem[oiselle] Hoz: Damit ist vermutlich Ursula Hotz (1774–1828, ⇒ Nr. 1317) gemeint.

1084. Heinrich Remigius Sauerländer 29. Juli 1809 [Reg.] Betrifft die Subskription und den Vertrieb der Wochenschrift.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 219.5ff. Sacherklärung I.

Heinrich Remigius Sauerländer (1776–1847) kommt um 1800 von Frankfurt am Main, seiner Geburtsstadt, in der er das Gymnasium und eine Lehre als Buchdrucker

733 und Buchhändler absolviert hat, über Paris nach Basel. Nachdem er dort 1802 Teilhaber an der Buchhandlung von Samuel Flick (1772–1833 ⇒ Nr. 460) geworden ist, bewegt ihn kurze Zeit später Johannes Heinrich Daniel Zschokke (1771–1848 ⇒ Nr. 561) zur Übersiedlung nach Aarau, wo Sauerländer 1803 eine aus Verlag, Druckerei und Buchhandlung bestehende Filiale des Flickschen Unternehmens gründet. 1807 trennen sich die Geschäftspartner, Sauerländer beginnt den Aarauer Betrieb losgelöst vom Basler Mutterhaus unter eigenem Namen zu führen und trägt seiner neuen Heimatstadt, in der er seit 1806 als Bürger registriert ist, mit der Herausgabe diverser Schriften Zschokkes den Ruf eines Horts liberalen Denkens ein. Das Verlagsprogramm ist in den Anfängen vom Anspruch der Volksaufklärung und Volksbildung geprägt ist – Ideale, die Sauerländer über seine berufliche Tätigkeit hinaus als Mitglied des Bezirksschulrats und verschiedener kultureller Sozietäten, etwa der Aarauischen Gesellschaft für vaterländische Kultur, vertritt. III. Z. 4

Wochenschrift: Wochenschrift für Menschenbildung (1807–1811)

1085. Johannes von Muralt Anfang August 1809 5

[Reg.] Von Muralt bittet das Institut in Yverdon, ihm einen Brief nach Martigny, der nächsten Station auf seiner Sommerreise, zu schicken.

Überlieferung 1 Nr. 1091 Sacherklärung I. Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 II. Es war in Yverdon üblich, dass im Sommer Lehrer mit einigen Schülern eine Reise unternahmen. III. Z. 4

Martigny: Gemeinde im Kt. Wallis

734 1086. Johann Matthäus Schlesinger 8. August 1809 Münsterdorff den 8t Aug[ust] 1809 5

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Verehrungswürdiger Herr! Endlich erscheint für mich der frohe, ja der mir so äuserst glückliche Augenblick, wo ich den schon so längst in meinem Herzen sehnlichst genährten Wunsch, in Erfüllung bringen und Ihnen von meiner Lage, in der ich mich jetzt befinde, b e s t i m m t e Nachricht ertheilen kann. – Drey Jahre sind es schon, da mich das Schicksal Ihrer väterlichen Leitung entriss und mich als Lehrer, in eine Schule die aus 85 Kinder bestand führte. Ja ich bekenne es frey, dass, da ich zum Erstenmale unter diese grosse Anzahl Unbekannter auftrat, in mir die bangsten Regungen erwachten. Jedermann schien mich fragen zu wollen: hast du auch nicht zu viel unternommen? wird man dich auch hören, und bringst du aus dem Institute nicht vielleicht solche Begriffe mit, die unsern Kindern die Köpfe verwirren, anstatt sie zu erhellen? Dies waren Fragen, die nur die Zeit beantworten konnte. Doch an diese mich beunruhigenden Gedanken, drangten sich, da ich auch selbst kein geborner Holsteiner war, noch mehrere grosse Unannehmlichkeiten an, die mich nicht allein bis jetzt in Rücksicht meines Schuldienstes wankend machten; sondern beinahe aufs Krankenlager geworfen hätten. So bester Vater! verlebte ich diese Jahre in einem steten Kampfe und mit einem Herzen voll brennender Erwartung. – . Ich überlegte welche Mittel mir das Zutrauen der Aeltern sichern könnte und glaubte dass der Beweiss, ohne Stock und Ruthe zu unterrichten, (ohne dem ich, wie mir hier oft gesagt wurde, gewiss gar nichts mit den Kindern anfangen könnte,) das Beste sei. An Ihrer Hand, oder nach Ihren mir so oft und noch am letzten Augenblick meines Scheidens widerholten väterlichen Lehren und Ermahnungen, beschloss ich also nun alles zu wagen um aber auch viel zu gewinnen, denn der Mensch gewinnt ja viel dem das Zutrauen guter Menschen zu Theil wird. – . So strengte ich nun alle meine Kräfte an, um meine Kinder im Rechnen, Schreiben, Lesen, Naturlehre und in den Lehren der christlichen Religion so gut zu unterrichten und so weit zu bringen als mir möglich war. Auch fing ich an mich Ihrer ABC Bücher zu bedienen, allein, n i e a n d e r s , als meine Kinder damit zu belohnen, wenn sie recht aufmerksam waren, und welcher frohe Augenblick wurde mir jederzeit, wenn ich die (wie sie meine Kleinen nennen) Schweizer-Fibeln zeigte. Da ich nun auch mit einigen Kindern die mir der Herr Graf

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zu sandte, nebst andern die ich in meinem Hause stets um mich habe, einen Versuch in ABC der Anschauung und im Kopfrechnen machte und auch dieser mir gelang, so fühlte ich mich schon sehr glücklich. Doch jetzt trat der entscheidenste Tag für mich ein. Ich musste mich selbst einer Prüfung bey dem allhiesigen Generalsuperintendenten und Probsten unterwerfen, erhielt aber wie ich nicht anders als der Wahrheit gemäss sagen kann, ein schriftliches sehr gutes Testimonium. Einige Zeit darauf wurde mir ein Tag bestimmt, wo ich in Gegenwart des Herrn Grafen und des hiesigen Predigers und mehrerer Herren, ein öffentliches Examen mit meinen Kindern halten sollte, und so! freuen Sie sich mit mir! und erlauben Sie dass ich mich hier prahlerischer Ausdrücke bediene; da mein Herz jetzt nicht fähig ist gelindere zu wählen. Bewunderung las ich auf allen Gesichtern der Anwesenden und hörte zu meiner nicht geringen Freude aus dem Munde vieler die Worte: Wie ist es möglich, Kinder ohne Stock und Ruthe so weit zu bringen! und wo ist die, sonst auf den Gesichtern der Kinder, so tief eingeprägte Miene der Furcht? Mein Herr Graf, bezeuchte mir öffentlich seine grösste Zufriedenheit und war sehr erfreut, die Schule, wie er mir sagte ganz umgeschaffen zu sehen. Nun erhielt ich nach drey mühseligen und beinahe kummervoll durchlebten Jahren den Lohn meiner Standhaftigkeit, und – er ist süss! Dadurch doppelt aufgemuntert, hoffe ich nun unter der göttlichen Leitung, jetzt alle meine vorgesteckten Zwecke zu erreichen. – . So lebe ich nun jetzt mit dem frohen Bewusstsein, mir das vollkommene Zutrauen, meiner Vorgesetzten und der Aeltern erworben zu haben und fühle mich sehr glücklich. Doch zu dieser Glückseeligkeit rechne ich auch die Ueberzeugung, zuversichtlich auf Ihren Beistand rechnen zu können und füge daher die Bitte hiermit bey; mir, wenn Sie mich einiger schriftlicher Nachrichten von sich würdigen wollen, mit Ihrem väterlichen Rathe, ferner gütigst zu unterstützen und den Jünglinge, der leicht irren kann, mit Ihrer Erfahrenheit aufrecht zu halten. – . So kann ich aber auch nicht unterlassen, die Frage noch mit anzureihen: bis zu welcher Stufe ist jetzt der Herr Schmidt, im ABC der Anschauung? und zu welcher Höhe haben überhaupt alle (o erlauben Sie mir diesen warmen Ausdruck) meine Freunde, unter Ihrer Leitung, das Institut emporgehoben? Herzlich freue ich mich, auf die Antwort dieser Fragen und bitte Sie, mich mit einigen Zeilen hierüber zu beehren. – . Diess sind nun die Nachrichten die Ihnen mein Herz, bis jetzt vorenthalten musste, da mich das Schicksal so lange auf rauhen und unbestimmten Wegen leitete. – . Verzeihen Sie mir aber auch, wenn mein Brief nicht in den passendsten Ausdrücken abgefasst ist und vielleicht nicht Ihrer

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Zufriedenheit entspricht, – allein ich tröste mich schon im Voraus damit, dass ich weiss, dass Sie mehr die Sprache des Herzens als die der Mode und des Zwanges lieben. – . Unter den herzlichsten Empfehlungen an den H e r r e n N i e d e r e r , M ü r a l t , T o b l e r , S c h m i d t und a l l e die Sie umgeben, versichert Sie noch seiner unveränderlichen Liebe und Hochachtung Ihr dankbarer J. Schlesinger. Dem H e r r n K r ü s i und dessen Mademoiselle Schwester bitte ich, mich noch aufs freundschaftlichste zu empfehlen. Meine Addresse An H[errn] Schlesinger Organist und Schullehrer zu Münsterdorff in der Herrschaft Breitenburg bey Itzehoe, im Holsteinischen.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55, Umschlag 328/1 Bogen, 208x165 mm Dorsualvermerk Münsterdorf bei Itzehoe. in Holstein. Aug[us]t 1809. Original Textkritik

Zeuge H Z. 94

Mademoiselle: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Johann Matthäus Schlesinger (1779–1859) ist der Sohn eines Hotelbesitzers und besucht das Schullehrerseminar in Meiningen (Thüringen). 1804/05 wird er Kammerdiener bei Andreas Konrad/Conrad Peter, Graf zu Rantzau (1773–1845, ⇒ Nr. 804), der auf seiner 1804 angetretenen mehrjährigen Reise auch in Yverdon Halt macht. Im Frühherbst 1806 übernimmt Schlesinger bis zu seiner Pensionierung 1844 in Münsterdorf (Schleswig-Holstein), in der Herrschaft Breitenburgs des Grafen Rantzau gelegen, die Stelle des Organisten, Küsters und Schullehrers.

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Münsterdorff: Gemeinde in Schleswig-Holstein Herr Graf: Andreas Konrad/Conrad Peter, Graf zu Rantzau (1773–1845) ⇒ Nr. 804 Generalsuperintendenten: Jacob Georg Christian Adler (1756–1834), Theologe und Orientalist, war nach ausgedehnten Forschungsreisen unter anderem nach Italien und Ägypten ab 1783 Professor des Syrischen und ab 1788 Theologieprofessor in Kopenhagen. Ab 1792 war er als Generalsuperintendent im Herzogtum Schleswig tätig und ab 1806 auch im Herzogtum Holstein und bereitete mit ausgedehnten Schulprüfungen und Visitationen die 1814 erlassene schleswig-holsteinische Allgemeine Schulordnung vor. Probsten: Peter Burdorf (1753–1813) studierte in Kiel und war ab 1780 Kandidat in Glückstadt, ab 1782 Diakon in Gettorf und ab 1783 Diakon am Schleswiger Domkapitel. Von 1795 bis zu seinem Selbstmord nach vorangegangener Suspendierung 1813 war er Propst der Propstei Münsterdorf und damit auch Pastor von Itzehoe (alle Schleswig-Holstein). Predigers: Johann Gerhard Feddersen Kall (1777–1835) war von 1805 bis 1827 als Pastor in Münsterdorf, anschliessend noch bis zu seinem Tod in Bramstedt (heute Bad Bramstedt). Nach seinem Studium in Kiel war er ab 1799 Kandidat auf Schloss Gottorf und ab 1804 Kantor an der Kirche Bannersdorf in Fehmarn (alles Schleswig-Holstein). Examen: Im Landesarchiv Schleswig sind Examensberichte erhalten, in denen Johann Matthäus Schlesinger (1779–1859, ⇒ Sacherklärung I.) jedoch nicht erwähnt wird. Schmidt: Joseph Schmid (1785–1851) ⇒ Nr. 712 N i e d e r e r : Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 M ü r a l t : Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 T o b l e r : Johann Georg Tobler (1769–1843) ⇒ Nr. 500 K r ü s i : Hermann Krüsi (1775–1844) ⇒ Nr. 588 Schwester: Elisabeth Krüsi (1773–1819) ⇒ Nr. 594 Itzehoe: Stadt in Schleswig-Holstein

1087. Johannes Schulthess 12. August 1809 Zürich, 12. Augsten 1809. 5

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Vater Pestalozzi! Sie haben den errungenen Sieg aus der mitgetheilten Rathserkenntniss ersehen, gross – nicht um des schon Gewonnenen willen, aber in Hinsicht auf die so fest gewurzelten, verjährten Vorurtheile, auf die durch ihre Zahl, ihre Nahmen, ihren politischen u[nd] kirchlichen Arm so gewaltigen Gegner, die zu bezwingen waren, und auf das Gute von unabsehlicher Progression, wozu doch wenigstens einmahl die Bahn gebrochen ist. Ich werde, so lang ich Leben habe

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u[nd] Kraft in mir fühle, diesen Sieg mit leisem, aber muthigem, rastlosen Schritte verfolgen und weiterhin hauptsächlich die Kriegslist brauchen, welche mir bisher so wohl ersprossen ist – in der Stille u[nd] indirect bewirken, was öffentlich u[nd] amtlich auszusprechen nicht frommet. Nun rückt die Lenzburger-Gesellschaft mit schnellen Schritten heran. Da möchte ich gern zeigen, dass eben so sehr u[nd] mehr noch die Bildung des Herzens, des sittlichen u[nd] religiosen Sinnes unsere Tendenz sey, als nur Bildung des Kopfes, da gewisse Personen von grossem Gewichte H[er]r Antistes Hess, Oberschulherr u[nd] Professor Müller in Schafhausen etc. desshalb viele Bedenklichkeiten u[nd] schweren Verdacht gegen uns hegen. Diesen möchte ich Proben geben, denen sie auch wider Willen Beyfall schenken müssen, in den beyliegenden Erzählungen. Die vaterländischen sind von H[err]n Pfarrer Schuler zu Kerenzen, des Kantons Glarus, die evangelischen von mir – Arbeiten, die wir beide, als Mitglieder, der Gesellschaft widmen und Ihnen vorläufig zur Einsicht mittheilen. Wir empfinden freylich, wie viel noch mangelt, dass unser Werk so gut sey, als es sollte; aber wir schmeicheln uns dennoch, dass es eine nicht undienliche Stufe abgebe zu dem hohen Strebeziel; und wenn uns möglich wäre, das vollkommen Gute zu geben, so wäre noch die Frage, ob es in dem jetzigen Zeitpunkt wohlgethan wäre; ob es nicht gerathener sey stufenweise hinaufzuführen als plötzlich auf den Gipfel zu stellen. – Erweisen Sie uns doch den Gefallen, trotz aller Unmusse u[nd] Abhaltung doch diese Bogen zu lesen! Dasjenige was Sie in dem Entwurfe der Grundgesetze unserer Gesellschaft mehr bestimmt oder abgeändert wollen, kann ich mit völliger Beystimmung unterzeichnen, und zweifle nicht, es werde auch den übrigen Committirten gefallen. Indess däucht mir, es wäre gut, die Commission würde sich am Nachmittage v o r der ersten Sitzung, den 29sten d[ieses] M[onats] versammeln, theils um über den Entwurf sich gänzlich zu vereinigen, theils u[nd] besonders, um die Geschäfte, welche in den Sitzungen vorkommen sollen, die Ordnung u[nd] Leitung derselben zu bestimmen, dass nichts Unschickliches u[nd] Widerwärtiges eingemischt werde, was die Harmonie stören, Zeitverlust verursachen u[nd] auf die Würde der Gesellschaft einen Schatten werfen könnte. Billigen Sie diesen Gedanken, so bitte ich Sie mir mit umgehender Post den Auftrag zu geben, dass ich die Mitglieder der Commission zu einer solchen Sitzung am Tage vor der ersten ordentlichen Gesellschaftsversammlung berufe.

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In der freudigen Hoffnung, Sie bald leibhaft umarmen zu können, umarmt Sie im Geiste der Ihrige Schulthess. NS: Grüssen Sie von mir mit innigster Freundschaft alle die würdigen Männer Ihres Kreises, nahmentlich H[err]n Niederer, dem ich diese Hefte meines Journals sende. Dass Trine Egger bisher Ihre Zufriedenheit hat, ist mir eine grosse Freude. Sagen Sie dem Mädchen, dass in dem Masse, als es Ihr Wohlgefallen sich erhält u[nd] vermehrt, es mir selbst immer lieber werde.

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ZB Zürich, Ms Pestal 55, Umschlag 342/3 Bogen, 210x171 mm Datum am Schluss Original Textkritik

Zeuge H Z. 22f. Z. 27 Z. 48 Z. 57

H[er]r Antistes Hess, Oberschulherr u[nd] Professor Müller in Schafhausen etc.∫ Pfarrer Schuler u[nd] auf Sie von Sacherklärung I.

Johannes Schulthess (1763–1836) ⇒ Nr. 788 II. Johannes Schulthess (1763–1836, ⇒ Nr. 788) als Initiator der Schweizerischen Gesellschaft für Erziehung (⇒ Nr. 1012) plante mit Pestalozzi, dem Präsidenten der Gesellschaft, die zweite Versammlung (1809). Im Vordergrund standen Strategien, die allgemeine Akzeptanz der Methode Pestalozzis in der Schweiz zu erhöhen. III. Z. 6f. Z. 18 Z. 22 Z. 23

mitgetheilten Rathserkenntniss: ⇒ Nr. 1075 Lenzburger-Gesellschaft: Schweizerische Gesellschaft für Erziehung ⇒ Nr. 1012 Hess: Johann Jakob Hess (1741–1828) ⇒ Nr. 560 Müller: Johann Georg Müller (1759–1819) von Schaffhausen wurde 1794 Professor für Griechisch und Hebräisch am dortigen Collegium humanitatis und ab 1804 Professor für Enzyklopädie, Methodologie und Ästhetik.

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In der Helvetik amtierte er mehrfach in der Verwaltungskammer, 1803– 1809 gehörte er der Regierung des Kantons Schaffhausen an, 1803–1819 stand er als Oberschulherr dem Schulwesen vor. Müller verfasste zahlreiche religiös-theologische, philosophische und historische Arbeiten. beyliegenden Erzählungen: Johann Melchior Schuler: Die Thaten und Sitten der alten Eidgenossen. Zürich 1809 und Johannnes Schulthess: Jesu Christi letzte Thaten und Schicksale, nach der evangelischen Wahrheit erzählt. Zürich 1809 Schuler: Johann Melchior Schuler (1779–1859) war zwischen 1799 und 1805 Pfarrer in Siblingen (Kt. Schaffhausen) und von 1805 bis 1814 in Filzbach-Obstalden (Kt. Glarus), wo er sich auch im glarnerischen Schulund Armenwesen engagierte. 1815 wurde er Pfarrer in Mönthal, zwei Jahre später in Bötzberg und von 1827 bis 1859 in Erlinsbach (alle Kt. Aargau). Zusammen mit Johannes Schulthess (1763–1836 ⇒ Nr. 788) veröffentlichte Schuler Zwinglis Werke in acht Bänden und verfasste mehrere eigene Werke. Kerenzen: Kerenzen-Mühlehorn war eine politische Gemeinde am Südufer des Walensees. 1887 wurde sie in die drei Gemeinden Filzbach, Mühlehorn und Obstalden (alle Kt. Glarus) aufgeteilt. Committirten: An den Treffen der Schweizerischen Gesellschaft für Erziehung (⇒ Nr. 1012) wurden Angelegenheiten, die nicht sofort behandelt werden konnten, einer Commission zur Beratung übergeben, die dann mit einem Antrag an die ganze Gesellschaft gelangte. Mitglieder dieses Gremiums waren Johann Heinrich Pestalozzi als Präsident der Gesellschaft, Johannes Schulthess (1763–1836, ⇒ Nr. 788) als deren Sekretär und Philipp Emanuel von Fellenberg (1771–1844, ⇒ Nr. 426) als Stimmenzähler sowie Thaddäus Müller (1763–1826, ⇒ Nr. 559), Johann Kaspar Hirzel (1746–1827, ⇒ Nr. 1) und Johann Heinrich Hünerwadel (1771–1831, ⇒ Nr. 923). Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 diese Hefte: Um welche Hefte es sich hier handelt, ist unklar. Mit dem «Journal» sind die Beyträge zur Kenntniss und Beförderung des Kirchen- und Schulwesens in der Schweiz gemeint, die zwischen 1808 und 1813 in 8 Bänden erschienen. Trine Egger: Katharina Krüsi-Egger (1790–1848) ⇒ Nr. 1319

1088. J. L. Lenz 14. August 1809 Geisenheim im Rheingau den 14n Augsten 1809. 5

Verehrungswürdigster Menschenfreund! Seit dem Empfange Ihres lieben Briefes habe ich zweymal an Sie geschrieben, nämlich am 20n Febr[uar] und 15n May, aber bis jetzt keine Antwort mehr von Ihnen erhalten, da ich doch Ihrem gütigen Versprechen gemäss mich so sehr darauf gefreuet hatte. Es sollte

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mir sehr leid seyn, wenn Sie meine Briefe nicht richtig bekommen hätten, besonders den letzten, worinne ich, nebst einem Herrn dahier, Namens Caspar Joseph Lizius, auf die herauszukommende Gesangslehre subscribirte, deren Herausgabe man hier mit Verlangen entgegensieht. Sobald ich in dem 2n Hefte Ihrer Wochenschrift die Herausgabe der Formen- und Zeichnenlehre von Herrn Schmidt angezeigt fand, so beschrieb ich mir diese Bücher sogleich bey meinem Buchhändler zu Frankfurt, allein ich erhielt solche noch immer nicht, und ich weiss also nicht, ob diese beiden Werke bereits im Drucke erschienen sind, oder nicht, auch bekam ich das 3te Heft der Wochenschrift von meinem Buchhändler noch nicht zugeschickt. Am 8n July hatte ich das Vergnügen, den Herrn Zeller zu Frankfurt zu sprechen, und solchen in der Musterschule bey Gruner in Gegenwart aller dortigen Lehrer und verschiedener Damen und Herren aus der Stadt, worunter auch H[er]r D[octo]r Ebel, Jung, Engelmann und ich waren, über die Methode und ihre Resultate reden zu hören, besonders aber stellte er den Musik- und Sprachunterricht elementarisch dar, und erwarb sich durch seine Gewandtheit in der Darstellungskunst und durch seine Munterkeit im Vortrage allgemeinen Beyfall, besonders waren Herr D[octo]r Ebel und Jung, mit denen ich ebenfalls gesprochen hatte, ganz begeistert. Herr Zeller sagte mir, dass in keiner Provinz von Deutschland die Methode so ausgebreitet und allgemein eingeführt sey, als im Würtenbergischen, wo er seit einem Jahre den Schulunterricht organisirt habe; er hatte H[err]n Grieb bey sich, den ich aber nicht sah, und reiste mit solchem des andern Tages von Frankfurt nach Preussen ab, wo er als wirklicher Regierungsrath angestellt und bevollmächtigt seyn soll, die Methode im ganzen Königreich einzuführen. Sie werden wohl am besten wissen, wie viel an der Sache ist. Soviel kann ich Sie von meiner Seite versichern, dass seit einem Jahre in der hiesigen Gegend und im Fürstlichen Primatischen, wo man noch vorher über die Sache gespöttelt hatte, von Ihnen und Ihrer Methode mit Ruhm und Hochachtung gesprochen wird, und dass im Primatischen auf ausdrücklichen Befehl des Fürsten die Methode wirklich eingeführt sey, und die Schulen-Organisation mit Eifer betrieben wird. Ich nehme wahrlich den herzlichsten Antheil an der allgemeinern Verbreitung der Methode, und es freut mich in der Seele, dass man Ihren Verdiensten und der guten Sache endlich die schuldige Gerechtigkeit widerfahren lässt. Herr De L’Aspée war seitdem am Nervenfieber tödtlich krank, jetzt ist er aber wieder ganz hergestellt, und baut sich wirklich ein Haus in Wiesbaden; er spricht immer mit der grössten Hochachtung und Dankbarkeit von Ihnen.

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Geben Sie mir doch bald gefällige Nachricht von den Veränderungen und fernern Fortschritten des Instituts, denn ich bin sehr dabey interessirt, und wenn keine besondern Hindernisse eintreten, so komme ich nächstes Frühjahr mit meinen Zöglingen zu Ihnen, um einige Jahre wenigstens bey Ihnen zu bleiben. Empfehlen Sie mich recht vielmal und herzlich Ihrer Frau Gemahlin und allen Ihren guten Freunden im Institute, und glauben Sie mir, dass ich mit wahrer Verehrung und kindlicher Liebe stets verharren werde Ihr treuester Freund und Diener J.L. Lenz.

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ZB Zürich, Ms Pestal 52/53, Umschlag 191/1 Bogen, 254x196 mm Datum am Schluss, Dorsualvermerk Geisenheim Augsten 1809 Lenz Original Textkritik

Zeuge H Z. 4 Z. 4 Z. 7 Z. 7 Z. 24 Z. 29 Z. 30 Z. 48 Z. 63

Geisenheim: lateinische Schrift Augsten: lateinische Schrift Febr[uar]: lateinische Schrift May: lateinische Schrift D[octo]r Ebel, Jung, Engelmann: lateinische Schrift D[octo]r Ebel: lateinische Schrift Jung: lateinische Schrift De L’Aspée: lateinische Schrift J.L. Lenz: lateinische Schrift Sacherklärung I.

J. L. Lenz ⇒ Nr. 943 III. Z. 4 Z. 6 Z. 7 Z. 7 Z. 12 Z. 13

Geisenheim im Rheingau: Stadt in Hessen Briefes: scheint nicht erhalten zu sein 20n Febr[uar]: ⇒ Nr. 1052 15n May: ⇒ Nr. 1070 Lizius: Caspar Joseph Lizius (1760–1824) ⇒ Nr. 1070 Gesangslehre: Traugott Pfeiffer: Gesangsbildungslehre nach Pestalozzischen Grundsätzen. Pädagogisch begründet von Traugott Pfeiffer, methodisch bearbeitet von Hans Georg Nägeli. Zürich 1810

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Z. 16 Z. 21 Z. 22 Z. 24 Z. 24

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Z. 43 Z. 48 Z. 57f.

Wochenschrift: Wochenschrift für Menschenbildung (1807–1811) Herausgabe: Joseph Schmid: Die Elemente des Zeichnens nach Pestalozzischen Grundsätzen. Bern 1809 und Joseph Schmid: Die Elemente der Form und Grösse (gewöhnlich Geometrie genannt), nach Pestalozzis Grundsätzen bearbeiten. Teil 1. Bern 1809 angezeigt: vgl. Wochenschrift für Menschenbildung, Band II, 1808, S. 221–224 und S. 233–240 Zeller: Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656 Gruner: Gottlieb Anton Gruner (1778–1844) ⇒ Nr. 611 Ebel: Johann Gottfried Ebel (1764–1830) ⇒ Nr. 954 Jung: Franz Wilhelm Jung (1757–1833) aus Hanau (Hessen) war nach Anstellungen als Hofmeister und Lehrer in verschiedenen Funktionen am Fürstenhof in Homburg tätig, wo er von seinem Vertrauten Landgraf Friedrich V. Ludwig Wilhelm Christian von Hessen-Homburg (1748– 1820, ⇒ Nr. 1128) zum Hofrat ernannt wurde. Nachdem er sich aufgrund ungleicher Beurteilung der französischen Revolution – Jung entwickelte sich zum überzeugten Republikaner – mit dem Landgrafen überworfen hatte, zog er 1798 nach Mainz, bekleidete dort diverse Verwaltungsämter, entfaltete eine literarische Tätigkeit und pflegte intensive Freundschaft zu Johann Gottfried Ebel (1764–1830, ⇒ Nr. 954). Engelmann: Julius Bernhard Engelmann (1773–1844) ⇒ Nr. 916 Grieb: Johann Georg Grieb (1787–1823) ⇒ Nr. 1015 Fürstlichen Primatischen: Der Fürstprimas Carl Theodor Anton Maria, Freiherr von Dalberg (1744–1817, ⇒ Nr. 565) führte den Vorsitz der Fürsten des 1806 nach dem Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation auf Initiative Napoleon I. Bonapartes (1769–1821, ⇒ Nr. 580) geschaffenen Rheinbundes. Wahrscheinlich sind hier nicht alle Rheinbundstaaten gemeint, sondern der Zuständigkeitsbereich des Fürstprimas in seiner Eigenschaft als Erzbischof der rechtsrheinischen deutschen Bistümer mit Ausnahme Preussens und Österreichs. Er umfasste das Fürstentum Aschaffenburg, bislang Kurmainz, das Fürstbistum Regensburg und die Reichsstädte Wetzlar und Regensburg. Fürsten: Carl Theodor Anton Maria, Freiherr von Dalberg (1744–1817) ⇒ Nr. 565 De L’Aspée: Johannes de L’Aspée (1783–1825) ⇒ Nr. 959 Frau Gemahlin: Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3

744 1089. Sektion Unterricht des preussischen Innenministerium 15. August 1809 5

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An den Herrn Heinrich Pestalozzi, Wohlgeboren zu Yverdun im schweizerischen Kanton Waadt. Königsberg den 15ten August 1809.

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Euer Wohlgeboren übersendet die Section des öffentlichen Unterrichts, in beyliegender Anweisung, den Betrag der halbjährigen Unterhaltungs-Kosten für den, auf vorzügliche Empfehlung eines ihm bewährten Mannes, unter die Königl[ich]en Eleven aufgenommenen zeitherigen Privat-Lehrer Dreist, welcher nebst zwey seiner Aufsicht anvertraueten Knaben aus Schmiedeberg in Schlesien, in kurzem bey Ihnen eintreffen wird, und der Sie Ihrer liebevollen Leitung auf dem Wege pädagogischer Ausbildung vertrauensvoll übergiebt. Ein anderer junger Mann, ein National-Litthauer, Namens Heinrich Màcik, wird ebenfalls seine Reise nach Yverdun bald antreten. Dieser ist eines Bauern Sohn, der nur gerade die nötige Fertigkeit im Gebrauch der deutschen Sprache erlangt hat, um ihrer als Unterrichts-Mittels und Gegenstandes fähig zu seyn, übrigens an Geist und Herz weder gebildet noch verbildet, sondern ein reiner gutmüthiger Sohn der Natur ist. Von der Ankunft der vier Eleven Kawerau, Preuss, Henning und Kzionsieck hat die Section Nachricht erhalten. Sie wünscht nun recht sehr, Ihr auf Beobachtungen, welche die Methode selbst schon und das dortige offene und vertrauliche Leben erleichtert, gegründetes Urtheil über eines jeden Art und Eigenthümlichkeit, in Beziehung auf die Methode und den Zweck seines Dortseyns, zu vernehmen. Ohne diesem vorzugreifen, hält sie selbst den Kzionsieck für das reinste Gefäss Ihrer Liebe und Kraft und den Geist Ihrer Methode aufzunehmen. Er hat wahren innern Beruf zu einem Apostel der Armen. Aber des Meisters Scharfblick wird auch den guten Keim, der in jedem der übrigen liegt, zu entdekken, und seine Geschiklichkeit, ihn zu entwikkeln; Kawerau’s mit grosser Charakter-Stärke und rüstiger Denkkraft verbundene Härte und Trokenheit zu mildern, Preuss mit Sinnigkeit vergesellschaftete Weichheit zu stärken wis-

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sen. Den H[errn] Henning muss die Section erst durch Sie kennen lernen. Sie ersucht Sie aber, alle die jungen Ihrer Obhut empfohlene Leute der fortdaurenden herzlichen Theilnahme derselben an jedem von ihnen zu versichern, und sieht mit Verlangen nähere Nachrichten von ihnen, so wie der Anzeige, dass auch der Lehrer Marschs angekommen sey, entgegen. Section im Ministerio des Innern für den öffentlichen Unterricht. Humboldt.

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ZB Zürich, Ms Pestal 51/52, Umschlag 144/2 Bogen, 240x200 mm Datum am Schluss, eigenhändige Unterschrift, Dorsualvermerk Königsberg 15t August Section des öffent[lich]en Unterrichts * 7b Original Textkritik

Zeuge H Z. 5 Z. 8 Z. 10 Z. 16 Z. 17 Z. 20f. Z. 21 Z. 27 Z. 28 Z. 33 Z. 38 Z. 40 Z. 41 Z. 45

Heinrich Pestalozzi: lateinische Schrift Yverdun: lateinische Schrift Waadt: lateinische Schrift Dreist: lateinische Schrift Schmiedeberg: lateinische Schrift Heinrich Màcik: lateinische Schrift Yverdun: lateinische Schrift Kawerau, Preuss, Henning: lateinische Schrift Kzionsieck: lateinische Schrift Kzionsieck: lateinische Schrift Kawerau’s: lateinische Schrift Preuss: lateinische Schrift Henning: lateinische Schrift Marschs: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Sektion Unterricht des preussischen Innenministerium ⇒ Nr. 1049 III. Z. 15

Mannes: Gemäss Schönebaum kam Karl August Gottlieb Dreist (1784– 1836, ⇒ Brief vom 3. April 1817) auf Empfehlung Friedrich Daniel Ernst Schleiermachers (1768–1834) zu Pestalozzi nach Yverdon (Schönebaum III, S. 370). Möglich wäre dies, da Schleiermacher 1804 als ausserordentlicher Professor der Theologie nach Halle berufen wurde und Dreist sich im April desselben Jahres ebenfalls in Halle für ein Theologiestudium

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immatrikulierte. Schleiermacher, Theologe, Pädagoge und Philosoph aus Breslau, studierte von 1787 bis 1790 Theologie in Halle. Nach Lehr- und Predigertätigkeiten wurde er 1804 als ausserordentlicher Professor der Theologie nach Halle berufen, 1810 gehörte war zu den Gründungsmitgliedern der Berliner Universität, wo er anfänglich Professor und erster Dekan war und 1815 das Rektorat übernahm. Schleiermacher übersetzte Platons Schriften und verfasste zahlreiche Werke und Schriften über Ethik, Religion und Pädagogik. Dreist: Karl August Gottlieb Dreist (1784–1836) ⇒ Brief vom 3. April 1817 Knaben: Damit könnten Jules Alberti und Ad Barchewiz gemeint sein. Sie stammten beide aus Kowary (Schmiedeberg, Niederschlesien), traten im August 1810 gleichzeitig ins Pestalozzische Institut in Yverdon ein und im September 1812 wieder gleichzeitig aus. Über das weitere Leben ist nichts bekannt. Màcik: Über Heinrich Màcik sind keine weiteren Angaben bekannt. Kawerau: Peter Friedrich Theodor Kawerau (1789–1844) ⇒ Nr. 1453 Preuss: Johann Wilhelm Preuss (1790–1867) ⇒ Nr. 1048 Henning: Johann Wilhelm Mathias Henning (1783–1868) ⇒ Nr. 1021 Kzionsieck: Michael Ksionzek ⇒ Nr. 1069 Marschs: Gottlob Friedrich Marsch (1761–1829) ⇒ Nr. 1160 Humboldt: Wilhelm von Humboldt (1767–1835) ⇒ Brief vom 6. Juni 1817

1090. Franz Xaver Mezler 16. August 1809 Sigmaringen am 16/VIII 1809. 5

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In einem Lande, wo die Erziehung vollkommen vernachlässigt, und die Schulen nach hundertjährigem Schlendrian betrieben werden, benüzte ich den Umstand der Klosteraufhebung, und vermochte einige Individuen des Frauenklosters zu Habsthal sich der Erziehung zu widmen, anstatt ihre Pensionen auf fauler Haut zu verzehren. Mit unglaublichen Schwierigkeiten, und dem rastlosesten Entgegenstreben aller grossen und kleinen Unholde brachte ich die Sache soweit, dass die Anstalt sehr ärmlich und kümmerlich zu Stande kam, und musste Küche, Garten, und das gesammte Hauswesen, Lehr- und Wohn- und Schlafzimmer vom Kloster getrennt ganz neü etabliren. Vom Hofe, von der Regierung, vom Kloster, von geistlichen und weltlichen Beamten, von allen Menschen die Mäuler aber keinen Verstand hatten war des Raisonirens, der Einwendungen, des Beschnarchens, und Ausstellens kein Ende – und unter allem diesem Ungemach, wodurch meine Thätigkeit nur mehr angefeuert wurde, ging die Sache immer hübsch ihren vorgezeichneten Weg fort, und

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überzeügte mich, dass jede gute Sache, wenn sie auf schlechtem Boden grünen soll, durch Widerspruch und gemachte Schwierigkeiten nur desto besser gedeiht – vorausgesezt dass der Stifter festen Willen, und die heilige Beharrlichkeit im Guten habe, ohne die nirgends Etwas gedeiht. So entstand die Schule zu Habsthal, wovon ich Ihnen /.. hier in der Anlage den Entwurf zu sende. Damahls war mir die pestalozzische Schule noch fremd, und da ich vollständigen Elementarunterricht bey den Zöglingen Habsthals voraussezte, so glaubte ich auch, dass durch jene Methode dem Kunstunterricht den ich beabsichtigte, schon gehörig vorgearbeitet seyn sollte. Dies zeigte sich leider in der Erfahrung nicht! alle Zöglinge litten nemlich an dem allgemeinen Übel des ganz und gar vernachlässigten Elementarunterrichts, und ich sehe mich gezwungen, da in den Schulen hier nichts geleistet wird, soviel sich mit meinem Plan vereinigen lässt, denselben nachzuhohlen. In der 2ten Anlage ./. werden Sie sehen, wie weit die Schule vom Jahr 1807 bis 1 8 0 9 gediehen ist. Von nun an habe ich das R e c h n e n an der Einheitstafel lehren lassen. Die T o n l e h r e wird nach einem von Zeller erhaltnen Bruchstük, da die Nägelische Vorschrift noch nicht erschienen ist, und nach Walder vorgetragen. Die G y m n a s t i k , auf die ich bey den Mädchen von 14 bis 16 Jahren – dieser gefährlichen Entwicklungsperiode – einen sehr hohen Werth lege, habe ich nach dem Entwurf ihrer vortrefflichen Zeitschrift durch eine Lehrerin üben lassen, und den Mädchen freygestellt, unter Aufsicht sich selbst beliebige Spiele, und körperliche Übungen aus denselben zu abstrahiren. Auch das Z e i c h n e n habe ich aus eben jenem Blatt zu erst mir eigen gemacht, und werde die jezt erschienenen Elemente in so weit zum Grund legen, dass die Geometrischen Zeichnungen den Mädchen wenigstens geläufiger, und sie dadurch nun so geschikt werden, sich beym striken, nähen, und Stiken die alltäglichsten Zeichnungen selbst zu verfertigen. Die Mass- und Formenlehren habe ich bisdaher ausgesezt gelassen, weil ich zu diesen weitläufigern Lehren theils gar keine Zeit, theils auch für die bürgerlichen Mädchen nicht so nothwendig als für die Knaben finde. Dazu bleiben viele Zöglinge nur 1, die wenigern 2 Jahre an der Schule, und beschäftigen sich vorzugsweise am liebsten mit dem Technischen. Sie sehen, verehrtester Lehrer, dass ich von dem Wesen ihrer Methode so zimlich richtige Begriffe mir geschaffen habe, und dass ich nicht nur noch in der eigentlichen Kunstschule dieselbe soviel möglich nachhohle, sondern auch dadurch die Veranlassung werden

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möchte, dass man in unserm kleinen verwilderten Lande diese Methode nach Ihrem Sinn, von der Wiege an anwenden sollte. Es fängt an überall zu dämmern; Beyspiele drängen sich aus der Nachbarschaft heran, und man hört die bedeütenden Menschen, die vor einem halben Jahr sich offiziell vor allen Neüerungen verwahrten, gemächlich sich annähern und öffentlich sagen, sie würden diese Schulmethode wählen, wenn sie Lehrer, Fonds, Häuser – – – oder, wie ich sagen möchte, Einsicht, und guten Willen hätten. Nun noch eine Frage! Vorausgesezt, dass man die Elementarkenntnisse Sprach- Schreib- Ton- Zahlen- Mass- Formen- ZeichnenLehre etc. vollkommen sich eigen gemacht habe – wäre es nicht auch möglich die Gegenstände der weitern Bildung einer und derselben Methode zu unterwerfen? Die N a t u r l e h r e , die N a t u r g e s c h i c h t e , wovon ich Ihnen hier ebenfalls meine Muster vorlege, die T e c h n o l o g i e , D i ä t e t i k , wären dieselben nicht auch ebensowohl auf Einheit zurükzuführen, wie dies bereits schon mit der Sittlichkeit und der Religionslehre bey Ihnen der Fall ist? Es würde mich unendlich vergnügen, wenn der verehrungswürdige Stifter der Schule zu Iferten mir hierüber sowohl, als überhaupts über meine Schule, und den Plan, nachdem sie bisher betrieben wurde, offen und gerade seine Meynung mittheilen würde. Ich habe dieselbe ohne Vorbild, ohne Hülfe, und ohne alle Unterstützung aus dem Nichts geschaffen – bin jede Stunde bereit derselben volle und jede uns mögliche Verbesserung und Vollkommenheit zu geben – habe den höchsten Werth auf jene Lehrzweige gelegt, wodurch die Mädchen zu vernünftigen Müttern und Hauswirthinnen praktisch angeleitet werden, und hierin, in dieser praktischen Anleitung, wo man 14jährige Mädchen für die ganze Schule, reihenweise, Kochen, Baken, Gärtnen, Geflügel füttern sieht, ist diese Schule, soviel ich weiss, einzig in unsrer Gegend. Da nun wirklich auch französische Sprache gelehrt wird, so muss ich noch fragen: ob Sie W a g n e r s französische Sprachlehre nach pestalozzischen Grundsätzen kennen, und als solche anerkennen? ob ich nach derselben vortragen lassen darf? oder im Fall dies nicht so wäre, welche französische Sprachlehre sie für die zweckmässigste halten? Die schöne Absicht G u t e s z u s t i f t e n wird mich bey Ihnen entschuldigen, wenn ich zudringlich scheine. Der gute Wille, der in mir glüht, und die Sehnsucht nach Belehrung forderten dies schon ebenso lange von mir, als entschieden gross die Verehrung ist, mit der ich

749 Ihr g[ehorsam]ster Mezler. geh[eim]rath und Leibarzt i[m]n[au]

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ZB Zürich, Ms Pestal 53, Umschlag 223/1 fleckiger Bogen, 234x192 mm Original Textkritik

Zeuge H Z. 37 Z. 44 Z. 54 Z. 70 Z. 73 Z. 105

Schule vom Entwurf ihrer Zeit , theils möchte∫ sich∫ Leibarzt i[m]n[au] Sacherklärung I.

Franz Xaver Mezler (1756–1812) studiert in Freiburg im Breisgau Medizin, promoviert 1799 und praktiziert als Arzt in Gengenbach (Baden-Württemberg), bis er von Anton Aloys Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen (1762–1831) an dessen Hof gerufen wird. Dort ist er als fürstlicher Leibarzt, Hofrat und Brunnenarzt im Kurort Imnau (Baden-Württemberg) tätig, verfasst, wie schon in früheren Jahren, zahlreiche Schriften zu praktischen und ethischen Fragen aus dem Gebiet der Medizin und wird 1807, unterdessen zum Geheimen Medizinalrat ernannt, mit der Leitung der Sanitätsangelegenheiten im Fürstentum betraut. 1807 ist er Mitgründer der Erziehungsanstalt für bürgerliche Mädchen in Habsthal (Baden-Württemberg), für die er Lehrpläne entwirft und mehrere Lehrbücher verfasst. III. Z. 4 Z. 7

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Sigmaringen: Stadt in Baden-Württemberg Klosteraufhebung: Im Frieden von Lunévile 1801 musste Deutschland die linksrheinischen Gebiete an Frankreich abtreten. Daraufhin hoben die deutschen Stände im Reichsdeputationshauptschluss vom 27. April 1803 die geistlichen Stände auf, was zur Säkularisation zahlreicher Klöster, vor allem in Preussen, Baden-Württemberg und Bayern, führte. Frauenkloster zu Habsthal: Das Dominikanerinnen-Kloster, in der Nähe von Sigmaringen, bestand seit dem 13. Jahrhundert. /..: Verweiszeichen für die erste Anlage (⇒ Z. 27) Entwurf: Franz Xaver Mezler: Entwurf der Privatschule für bürgerliche Mädchen zu Habsthal im Hohenzollern-Sigmaringschen. Konstanz 1807 2ten Anlage: Franz Xaver Mezler: Die Töchterschule zu Habsthal im Jahre 1809. Konstanz 1809 ./.: Verweiszeichen für die zweite Anlage (⇒ Z. 36) Zeller: Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656

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Bruchstük: Es dürfte sich hier um einen Teil des von Karl August Zeller (1774–1846, ⇒ Nr. 656) im Jahre 1810 in Königsberg veröffentlichten Buchs Elemente der Musik handeln. Zeller dürfte sich dabei an die Tonund Musiklehre von Johann Jacob Walder (1750–1817) angelehnt haben, die er bereits in den im Auftrag der württembergischen Regierung im Frühjahr 1809 in Heilbronn gehaltenen Lehrerbildungskursen verwendete. Nägelische Vorschrift: In Frage kommen entweder: Hans Georg Nägeli: Die pestalozzische Gesangbildungslehre nach Pfeiffers Erfindung. Kunstwissenschaftlich dargestellt im Namen Pestalozzis, Pfeiffers und ihrer Freunde. Zürich 1809/1810 oder Traugott Pfeiffer: Gesangsbildungslehre nach Pestalozzischen Grundsätzen. Pädagogisch begründet von Traugott Pfeiffer, methodisch bearbeitet von Hans Georg Nägeli. Zürich 1810. Die erste Schrift wurde in zweite eingearbeitet. Walder: Johann Jakob Walder: Anleitung zur Singkunst, in kurzen Regeln für Lehrer und in stufenweiser Reihe von Uebungen und Beyspielen für Schüler, zum Gebrauch der vaterländischen Schulen. Zürich 1788 Entwurf ihrer vortrefflichen Zeitschrift: Johann Heinrich Pestalozzi: Über Körperbildung als Einleitung auf den Versuch einer Elementargymnastik, in einer Reihenfolge körperlicher Übungen (1807) (PSW XX, S. 45–68) Lehrerin: Den Unterricht im Mädchenpensionat erteilten, unter Leitung der Chorfrau und Schulvorsteherin Genoveva Elser (1753–1838), drei Konventualinnen des säkularisierten Klosters, nämlich Franziska Schuster (1778–1857), Ludovika Rinderle (†1845) und Aloisia Buck (†1857). Für die Gymnastikkurse war möglicherweise Rinderle zuständig, der gemäss Lehrplan das Gebiet der Gesundheitspflege oblag. Muster: Franz Xaver Mezler: Versuch einer angewandten Naturlehre. Meersburg 1809 und Franz Xaver Mezler: Angewandte Naturgeschichte. Meersburg 1809 Iferten: dt. Name für Yverdon W a g n e r s französische Sprachlehre: Es ist unklar, welches Lehrmittel hier gemeint ist. Ein von einem Wagner verfasstes Französischbuch ist im fraglichen Zeitraum nicht erschienen. Denkbar wäre, dass es sich um einen Titel handelt, der von einem Wagner verlegt wurde, wobei die Wagner’sche Buchhandlung/druckerei in Innsbruck in Frage käme, die ab und zu Lehrmittel und später auch einmal ein Pestalozzi-Portrait herausgegeben hat. Diese Vermutung konnte aber nicht erhärtet werden.

751 1091. Johannes von Muralt 17. August 1809 5

Monsieur Niederer, Ministre, pour l’Institut Pestalozzi Yverdon. Martigny den 17ten Aug. 1809.

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Liebe Leüte. Ihr habt mir einen übeln Streich gespielt, dass mir keiner auf Martigny geschrieben hat, wie ich es, nach m[einem] Brief von Genf aus gewünscht habe; man kann doch auf niemanden zählen, der zu Eüch gehört: ich tröste mich nur damit, dass ich wahrscheinlich geschwiegen hätte, wie Ihr, wäre ich an Eürem Platz gewesen. Wir sind alle gesund, haben noch nicht den geringsten Unfall oder Verdruss gehabt. Immer das schönste Wetter; die Knaben guter Laune und sehr folgsam. Niemand hat uns böses Blut gemacht, als die Wirthe von Zeit zu Zeit. Ihr wisst, dass wir 1½ Tag in Genf geblieben sind, wo uns H[err] Chossat alle in s[einem] Garten zu Mittag gegeben hat. Den folgenden Tag giengen wir, in Verbindung mit der Gesellschaft von Crull, bis nach Sallenche halb zu Fuss, halb zu Wagen, dadurch haben wir einen Tag gewonnen, das in diesem theüren Land nicht gleichgültig ist. Den Wagen haben wir von Vicat genommen u[n]d sind ihm dafür 51 französ[ische] Franken schuldig geblieben, die er H[errn] Pestalozzi in s[eine]r Rechnung anrechnen wird, welches ich bitte dem H[errn] Kuster zu sagen. In Sallenche hatten wir Abend die herrlichste, glücklichste Ansicht des noch von der Sonne beleüchteten Montblancs. Den folgenden Tag zogen wir bis nach Chamouni, wo wir 1½ Tag blieben, u[n]d alles Grosse u[n]d Ausserordentliche der Aussichten dieses Thals u[n]d der dasselbe umgebende Berge sahen. Hier ist aber schrecklich theüer zu leben. Weder wir noch Wilhelms u[n]d der Preussen Partie haben Steine u[n]d andre Raritäten dieser Gegende gekauft, weil wir alle nichts davon verstehen; wir bringen die Katalogen mit u[n]d Kaufmann von Luzern hat eine ganze Sammlung angekauft, die nach Yverdon kommen wird, so dass H[err] Pestalozzi denen selbst sehen kann, was ihm davon ansteht. – Heute sind wir hier angekommen morgen lasse ich die Schwächern bis 12 Uhr ruhen; mit den stärkern gehe ich nach Bex in die Salzbergwerke, u[n]d dann noch denselben Tag mit allen nach Sion, u[n]d von da sogleich auf den

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Simplon, da Ihr uns nichts geschrieben habt, so befolge ich den Eüch vorgelegten Plan, solange das Geld reichen mag, indem die Reise zu intressant ist für meine ganze Gesellschaft, als dass ich etwas abkürzen möchte. Ökonomisieren u[n]d eilen werden wir, so viel als möglich. Euch alle herzlich grüssend Euer Muralt.

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ZB Zürich, Ms Pestal 53, Umschlag 250/6 Bogen, 235x183 mm Siegelspuren, Dorsualvermerk Nicht zu beantworten – Original Textkritik

Zeuge H Z. 4–8 Z. 10f. Z.19 Z. 21 Z. 21 Z. 23 Z. 25 Z. 26 Z. 28 Z. 29 Z. 33 Z. 36 Z. 36 Z. 46

lateinische Schrift Martigny: lateinische Schrift Chossat: lateinische Schrift Crull: lateinische Schrift Sallenche: lateinische Schrift Vicat: lateinische Schrift Pestalozzi: lateinische Schrift Sallenche: lateinische Schrift Montblancs: lateinische Schrift Chamouni: lateinische Schrift alle∫ Yverdon: lateinische Schrift Pestalozzi: lateinische Schrift Muralt: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 II. Es war in Yverdon üblich, dass im Sommer Lehrer mit einigen Schülern eine (Bildungs-)reise unternahmen. III. Z. 8 Z. 11 Z. 19

Martigny: Gemeinde im Kt. Wallis Brief: ⇒ Nr. 1085 Chossat: Jean-Étienne-César Chossat (1753–1831) war Arzt in Carouge bei Genf und Vater von Charles (1796–1831), einem späteren Arzt und Politiker, der zwischen 1806 und 1810 Schüler in Yverdon war.

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Crull: Johann Joachim Friedrich Crull (1782–1847) stammte aus einer Mecklenburgischen Pastorenfamilie und war 1809, nach Studium und vierjähriger Erfahrung als Privatlehrer, bei Pestalozzi in Yverdon zu Besuch und ab 1811 in seinem Geburtsort Bentwisch, später in Bad Doberan, wo er sich auch für die Verbesserung des Schulwesens einsetzte, als Pastor tätig. Sallenche: Stadt in Obersavoyen Vicat: Jacques Antoine Vicat (1757–1830), Postmeister und Fuhrmann in Genf, war Vater von fünf Kindern, deren zwei, David Charles (1785– 1817) und Philippe David (1791–1813), Pestalozzis Anstalten in Burgdorf und Yverdon besuchten. Kuster: Laurenz Jakob Custer (1765–1822) ⇒ Nr. 748 Chamouni: Chamonix (Hochsavoyen) Wilhelms: Möglicherweise ist hier Wilhelm/Guillaume Egger (1792–1830, ⇒ Nr. 1239) gemeint. Preussen Partie: Johann Wilhelm Mathias Henning (1783–1868, ⇒ Nr. 1021), Peter Friedrich Theodor Kawerau (1789–1844) ⇒ Nr. 1453), Michael Ksionzek (⇒ Nr. 1069) und Johann Wilhelm Preuss (1790–1867, ⇒ Nr. 1048) Kaufmann: Fridolin Kaufmann (1778–nach 1830) ⇒ Nr. 599 Bex: Gemeinde im Kt. Waadt Sion: frz. Name für Sitten (Kt. Wallis) Simplon: Passübergang zwischen dem Wallis und Italien (Brig-Domodossola)

1092. Johannes von Muralt 27. August 1809 5

An das Pestalozzische Institut Yverdon Kanton Vaud Airolo d[en] 27ten Aug. 1809.

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Nun am Fusse des Gotthards fernere Nachrichten von uns lang Ausbleibenden. Von Domod’ossola, wo wir einen Rasttag machten, wie ich Eüch schon geschrieben, wenn nicht wie, u[n]d wo wir die Familie Dinkelmann antrafen, die sich mit viel Intresse u[n]d Herzlichkeit nach H[errn] Pestalozzi u[n]d seinem Institut erkundigte, giengen wir nach Margozzo, auf welchem Weg wir sehr schlecht Wetter hatten, u[n]d zu allem Unglück nun nichts mehr als italiänisch Redende antrafen u[n]d zudem Leüte, die mit dem Schweizervolk in grossem Contrast stehen u[n]d uns einen grossentheil von dem schönen Genuss, den wir ohnedem an dem italiänischen Boden

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u[n]d den herlichen Aussichten gehabt hätten, geraubt haben. In Margozzo mussten wir wieder einen halben Tag liegen bleiben. Von da fuhren wir über den kleinen oder Margozzer-See nach dem Langensee auf die Borromäischen Inseln, wo wir wieder Bekannte von H[err]n Pestalozzi fanden, die Familie de Laflêchère. Die Inseln gewähren einen seltnen, einzigen Anblick, u[n]d darauf einen prachtvollen Pallast u[n]d Garten zu finden, war für die Knaben sehr überraschend. Das Fahren auf dem schönen Lago Maggiore machte ihnen auch grosse Freüde. Nun liessen wir uns nach Intra am See stossen wo wir übernachteten u[nd] gottlos geprellt wurden. Dann gingen wir zu Fuss bis Canobbio durch eine wilde, aber ganz mit Kastanien u[nd] Reben besetzte Gegend, längs dem See nach. Immer italiänisch, das war eine Noth. Hernach wieder auf dem See bis nach Magadino, u[n]d von da zu Fuss nach Bellinzona. Dann dem Tessin nach durch den ganzen Kanton bis hieher Airolo. Morgen werden wir über ein Berg nach Obergesteln u[nd] von da über die Grimsel nach Hause kehren. – Noch immer ist alles wohl, zuweilen tritt Müdigkeit ein u[n]d der Wunsch, man möchte bald wieder zu Hause seyn, darum werden wir zur rechter Zeit mit H[errn] Hofmann an Ort u[n]d Stelle eintrefen. Euch alle herzlich grüssend Muralt.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 53, Umschlag 250/7 Bogen, 235x183 mm Stempel OBERLAND, Dorsualvermerk Nicht zu beantworten Original Textkritik

Zeuge H Z. 4–7 Z. 8 Z. 8 Z. 12 Z. 13 Z. 13 Z. 14 Z. 23 Z. 23 Z. 26 Z. 27 Z. 29 Z. 32

lateinische Schrift Airolo: lateinische Schrift Aug: lateinische Schrift Dinkelmann: lateinische Schrift Pestalozzi: lateinische Schrift erkundigte, giengen Margozzo: lateinische Schrift Pestalozzi: lateinische Schrift de Laflêchère: lateinische Schrift Lago Maggiore: lateinische Schrift Intra: lateinische Schrift Canobbio: lateinische Schrift Bellinzona: lateinische Schrift

755 Z. 33 Z. 33 Z. 33 Z. 34

Tessin: lateinische Schrift Kanton bis Airolo: lateinische Schrift Obergesteln: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Johannes von Muralt (1780–1850) ⇒ Nr. 610 II. ⇒

Nr. 1085 und Nr. 1091 III.

Z. 7 Z. 8 Z. 10 Z. 12 Z. 14 Z. 21f. Z. 22

Z. 23

Z. 27 Z. 29 Z. 32 Z. 32 Z. 33 Z. 34 Z. 34 Z. 35 Z. 37f.

Vaud: frz. Bezeichnung für Waadt Airolo: Gemeinde am südlichen Portal des Gotthards Domod’ossola: Die Gemeinde Domodossola liegt am südlichen Fuss des Simplonpasses. Dinkelmann: Es ist unklar, wer damit gemeint sein könnte. Margozzo: Mergozzo (Piemont), liegt am Lago di Mergozzo, ein Nachbarsee des Lago Maggiore. Langensee: Lago Maggiore Borromäischen Inseln: Damit wird eine Gruppe von vier Inseln im Lago Maggiore bezeichnet, die ihren Namen der Familie Borromeo verdanken, in deren Besitz sie seit dem 12. Jahrhundert waren. de Laflêchère: Es ist unklar, wer damit gemeint sein könnte. Möglicherweise handelt es sich um André Urbain de La Fléchère (1758–1832) aus Nyon. Er war ab 1798 Mitglied des Helvetischen Senats, 1799 im Amt des Präsidenten, wurde 1801 jedoch ausgeschlossen, von 1803 bis 1808 und 1813 bis 1824 war er Waadtländer Grossrat, 1803 bis 1815 zudem Statthalter des Kleinen Rates in Nyon, Rolle und Aubonne, von 1815 bis 1825 gehörte er dem Waadtländer Staatsrat an. André Urbain de La Fléchère war ein Vetter von Frédéric César de Laharpe (1754–1838, ⇒ Nr. 722), den Pestalozzi seit seiner Zeit als Mitglied der Helvetischen Regierung (⇒ Nr. 488) kannte und der zu Pestalozzis Gönnern und Förderern gehörte. Die Bekanntschaft könnte also daher rühren. Intra: Gemeinde (Piemont) am Lago Maggiore Canobbio: Gemeinde (Piemont) am Lago Maggiore Magadino: Gemeinde (Kt. Ticino) am Lago Maggiore Bellinzona: Hauptstadt des Kt. Ticino Tessin: dt. Name des Flusses Ticino Berg: Nufenenpass Obergesteln: Gemeinde im Obergoms (Kt. Wallis) Grimsel: Passübergang zwischen dem Oberwallis und dem Berner Oberland Hofmann: Georg Franz/Franz Georg Hofmann (um 1765–1838) ⇒ Nr. 802

756 1093. Johannes Schulthess 1. September 1809 5

An das Pestalozzische Erziehungs-Institut in Iferten. Zürich, 1. Sept. 1809.

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Hochgeschätzteste Freunde! Noch müde von Lenzburg her muss ich in grösster Eile die Feder ergreifen und Sie aufs inständigste u[nd] dringendste bitten, dass Sie mir den einarmigen Weilemann, von Ottikon, des Kantons Zürich, zum Gehülfen H[er]rn Kamerer Reutlingers bey der Instruction der Musterlehrer im Kopfrechnen, in den Elementen der Form u[nd] des Zeichnens, u[nd] in den Anfängen der Gesanglehre überlassen möchten – für die 4 nächsten Wochen nach dem Bethtage. – Im Frühling u[nd] Herbste des nächsten Jahres wird man die nähmlichen Subjecte noch 8 Wochen wieder in Unterricht nehmen, um sie auf einen zureichenden Grad von Geschicklichkeit zu erheben. Es ist eine sorgfältige Auswahl der 30. wackersten Schulmänner unsers Kantons, die bereits im ersten Institut unter Zeller u[nd] Reutlinger das Mögliche gelernt u[nd] mit Erfolg in ihren Schulen ausgeübt haben. Versichert, dass Sie meinem Wunsche gefälligst entsprechen u[nd] Weilemann unverzüglich absenden werden, bin ich voll Verehrung gegen Vater Pestalozzi, u[nd] mit freundschaftlicher Hochachtung gegen alle Lehrer desselben, Ihr ergebenster Schulthess.

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ZB Zürich, Ms Pestal 55, Umschlag 342/4 Blatt, 210x168 mm Datum am Schluss, Stempel LENZBURG, Siegelspuren, Dorsualvermerk Weilenmann abgeschickt d[en] 9ten 7brs Original Textkritik

Zeuge H Z. 5 Z. 8

Pestalozzische: lateinische Schrift Sept.: lateinische Schrift

757 Sacherklärung I. Johannes Schulthess (1763–1836) ⇒ Nr. 787 II. Die Regierung des Kantons Zürich hatte am 9. Juli 1809 beschlossen, einige Absolventen der Lehrerbildungskurse auf dem Riedtli (⇒ Nr. 879) auszuwählen und diese zu Musterlehrern (⇒ Z. 14) auszubilden (⇒ Nr. 1075, Nr. 1087). Anlässlich ihres Zusammentreffens an der Jahresversammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Erziehung (⇒ Nr. 1012) am 30. und 31. August 1809 in Lenzburg scheinen sich Johannes Schulthess (1763–1836, ⇒ Nr. 787) und Pestalozzi auf das weitere Vorgehen geeinigt zu haben. Schulthess erwartet nun für die Weiterführung seiner Arbeit in Zürich personelle Unterstützung von Pestalozzi. Es ist unklar, ob Pestalozzi dieser Aufforderung Folge geleistet hat und Johann Jakob Weilenmann (1787–1827, ⇒ Nr. 1268) für einige Wochen nach Zürich geschickt hat. III. Z. 7 Z. 10

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Z. 21 Z. 21

Iferten: dt. Name für Yverdon Lenzburg her: In Lenzburg hatte am 30. und 31. August 1809 die zweite Versammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Erziehung (⇒ Nr. 1012) stattgefunden. Weilemann: Johann Jakob Weilenmann (1787–1827) ⇒ Nr. 1268 Kamerer Reutlingers: Johann Kaspar Reutlinger (1752–1815) wurde 1774 ordiniert und war seit 1778 als Pfarrer in Wetzikon (Kt. Zürich) tätig, ab 1781 als Provisor in Nidau (Kt. Bern) und ab 1790 als Leiter des Waisenhauses in Zürich. 1793 wurde er Pfarrer in Rüti (Kt. Zürich) und Schulinspektor. Reutlinger übernahm 1812 eine Elementarschule in Zürich, ein Jahr später wurde er Pfarrer in Wollishofen (heute Teil der Stadt Zürich). Als Zürcher Lehrerbildner leitete er die Fortbildung der Landschullehrer von 1808 sowie die zwei Jahre später durchgeführte Ausbildung von Kreislehrern (⇒ Z. 14). Musterlehrer: Damit sind speziell geschulte Lehrkräfte (auch Kreislehrer genannt) gemeint, die ab 1810 an ihrer eigenen Schule die angehenden Zürcher Lehrer für ca. drei bis vier Monate in ihre Tätigkeit einführten. Bethtage: Der Eidgenössische Dank-, Buss- und Bettag wird gesamtschweizerisch seit dem 8. September 1796 gefeiert und findet seit 1832 immer am dritten Sonntag im September statt. Bei der Einführung wesentlich war der Gedanke des innerschweizerischen Zusammenhalts und Religionsfriedens. ersten Institut: Normalinstitut Riedtli ⇒ Nr. 879 Zeller: Karl August Zeller (1774–1846) ⇒ Nr. 656

758 1094. Franz Joseph Stalder 2. September 1809 5

Herrn Herrn Pestalozzi zu Yverdon Escholzmatt im Entlebuch den 2 Herbst 1809

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Verehrungswürdigster Freund! Wie gern hätte ich doch den Verein der Erziehungsmänner in Lenzburg besucht – wie gern wieder einmal Sie, mein Theuerster, Unvergesslicher! in meine Arme und an mein Herz gedrückt, das immer noch Ihnen die wärmste Liebe, die innigste Freundschaft entgegenschlägt! allein es konnte – durfte nicht geschehen, so gern ich auch wollte; denn hören Sie, was für Verläumdungen in einem grossen Theile unsers Kantons herum gehen! man sagt es öffentlich, dass bey der letzten helvetischen Gesellschaft in Zofingen, deren Präsident ich in Abwesenheit unsers würdigsten Freundes Escher wieder seyn musste, die katholischen Geistlichen die Religion haben ändern wollen – dass ein einziger Geistlicher und zwar aus meinem eigenen Ruralkapitel gewesen, welcher der Sache Widerstand gethan, davon gegangen, und so die Religion erhalten habe. Das schmerzte bitterlich. Nun bin ich seit 10 Tagen Vorsteher, oder Dekan des nämlichen Kapitels geworden; ich musste nun also der öffentlichen Achtung, wiewohl ungern, wenigstens dies mal huldigen, die ich meiner Stelle als Dekan schuldig bin, d.h. ich musste diesmal nothgezwungen zu Hause bleiben. Dergleichen Verläumdungen und Ausstreuungen böser Gerüchte, besonders wegen Religionssachen, sind so sehr in Umlauf gekommen, dass eine hohe Regierung in Luzern in die fatale Nothwendigkeit gesetzt ward, letzten Sonntag im Augst eine gedruckte Warnung vor erdichteten Religionsabänderungen in allen Pfarrkirchen öffentlich durch den Ortspfarrer herablesen zu lassen. Wer solche Verläumdungen und Ausstreuungen ausheckt, ist mir noch unbekannt. Sehen Sie: das sind die Ursachen, warum ich – warum Müller als Haupt der ganzen luzernischen Geistlichkeit an diesem Feste nicht erschienen sind. Doch genug. F l u h r i , dieser wackere junge Mann brachte mir Zweymal von Ihnen die freundschaftlichsten Grüsse. Dank Ihnen, Unvergesslicher,

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für Ihr liebvolles Andenken. Auch sagte er mir, dass Sie mich als ein Mitglied der Ehrencommission dem Herrn Landamman sollen vorgeschlagen haben. – Theuerster! Eben wegen dieses Punktes wär ich so gern noch nach Lenzburg gekommen, um mich mit Ihnen zu unterreden, und eine Stelle abzulehnen, zu der weder durch Talent, noch durch Kenntniss berufen bin – und so ist’s sicher; ich heuchle gar nicht; aber ich muss Ihnen offenherzig bekennen, dass ich dafür gar nicht tauge. Mir fehlen die nöthigen Einsichten und Kenntnisse; mir wär’s unmöglich, einen genugthuenden Rapport darüber, seys theilweise, oder summarisch, darüber abzufassen; ich kenne selbst diese Methode noch nicht in allen ihren Zweigen, und hab mich weder in dieses Schulfach eingestudirt, noch mich je damit abgegeben; kurz! ich wäre unter so berühmten Männern eine ganz unwürdige Person. Darum bitte ich Sie innigst als Freund, den ich herzlich liebe und vor allen andern hochschätze: schonen Sie mir mit einer Ehrenstelle, die ich nur verunzieren würde durch meine Unfähigkeit, und wozu Sie so viele andere Männer – weit gelehrter und geschickter als ich – noch finden würden! – Dörft ich einen Vorschlag thun: so würd’ ich für Franz Bernard Meyer von Schauensee u[nd] für Herrn Chorherrn Mohr, ehemalige Minister stimmen. Gewiss! das wären Männer, wie es wenige deren gibt, und gerade Männer für dieses Fach mit einem tiefen philosophischen Blick. Noch einmal bitte ich Sie, mich – sicher untauglichen – aus dem Verzeichniss des Vorschlags ausstreichen zu lassen; ich würd es als ein Merkmal ihrer alten Freundschaft ansehen. Herr Schmid hatte die Güte, mit seinem neuen Meisterwerke mich zu überraschen. Danken Sie Ihm herzlichst für mich! Bald wird’ ich Ihnen auch ein Probestück von mir mittheilen. Ich empfehle mich dringendst Ihrer Freundschaft, und bin mit der unbegrenztesten Hochachtung Ihr ergebenster Freund F.J. Stalder, Dekan

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55a, Umschlag 355/1 Bogen, 238x193 mm Stempel ENTLEBUCH, Siegelspuren, Dorsualvermerk Nicht zu beantworten Original Textkritik

Zeuge H

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Sacherklärung I. Franz Joseph Stalder (1757–1833) besucht die Schulen in Luzern, studiert Theologie und wird 1780 zum katholischen Priester geweiht. Es folgen Anstellungen 1781 als Vikar in Schüpfheim (Kt. Luzern), von 1781 bis 1785 als Pfarrhelfer in der Stadt Luzern, anschliessend bis 1792 als Pfarrer in Romoos und zuletzt von 1792 bis 1822 als Pfarrer in Escholzmatt, wobei er seit 1798 zudem das Amt des Schulinspektors des Kreises Entlebuch ausführt und sich als Förderer des Schulwesens verdient macht und 1809 zum Dekan des Ruralkapitels (Landkapitel) Sursee ernannt wird. Von 1822 bis zu seinem Tod lebt Stalder als Chorherr im Stift in Beromünster (alles Kt. Luzern). Stalder, der 1791 der Helvetischen Gesellschaft (⇒ Nr. 971) beigetreten ist, präsidiert deren Versammlungen nach ihrer Erneuerung im Jahre 1807 mehrmals, nämlich 1808, 1809 und 1810. 1806 erscheint als Folge seiner Dialektforschungen, die er nebst dem Studium der lokalen Sitten und Gebräuche betreibt, sein erster Band des Versuch eines schweizerischen Idiotikons, das als Basis des heutigen Schweizerischen Idiotikons dient, dem weitere philologische Werke folgen und zur Mitgliedschaft im Frankfurtischen Gelehrtenverein sowie der Berlinischen Gesellschaft für deutsche Sprache führen. II. Am 20. Juni 1809 hatte Pestalozzi der eidgenössischen Tagsatzung beantragt (⇒ Z. 42), seine Anstalt in Yverdon durch eine Kommission prüfen zu lassen und hatte als Kommissionsmitglied unter anderen auch Franz Joseph Stalder (1757–1833, ⇒ Sacherklärung I.) vorgeschlagen, was dieser aber entschieden ablehnte. III. Z. 7 Z. 10 Z. 10f. Z. 17 Z. 17 Z. 18

Z. 20 Z. 31

Escholzmatt im Entlebuch: Gemeinde im Kt. Luzern Verein der Erziehungsmänner: Schweizerische Gesellschaft für Erziehung ⇒ Nr. 1012 Lenzburg: Gemeinde im Kt. Aargau helvetischen Gesellschaft: Helvetische Gesellschaft ⇒ Nr. 971 Zofingen: Gemeinde im Kt. Aargau Escher: Hans Konrad Escher (von der Linth) (1767–1823) war Kaufmann, Naturwissenschaftler, Staatsrechtler und Politiker. 1807–1822 präsidierte er die Kommission zur Korrektur der Linth. Als Politiker war Escher unter anderem Präsident des helvetischen Grossen Rats (1799), Mitglied des helvetischen Senats (1801), des Erziehungsrats (1803–1823) und des Grossen und Kleinen Rats (1814–1823). einziger Geistlicher: Es ist unklar, wer damit gemeint sein könnte. gedruckte Warnung: Die Bemühungen des Konstanzer Generalvikars Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774–1860, ⇒ Nr. 683) und des Luzerner Pfarrers Thaddäus Müller (1763–1826, ⇒ Nr. 559) um die Ausbreitung der Konstanzer Liturgiereform riefen nicht nur Widerstand von der kirchlich-konservativen Seite hervor, sondern führten auch zu grosser Verunsicherung, beispielsweise darüber, ob das Rosenkranzgebet oder Feiertage abgeschafft werden sollten. Deshalb sah sich die Luzerner Regierung gezwungen, das Volk zu beruhigen und erliess dazu am 25. August eine Warnung gegen falsche Ausstreuungen in Religionssachen, die am

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Z. 36 Z. 39 Z. 42

Z. 42 Z. 59 Z. 60 Z. 66 Z. 66

folgenden Sonntag in allen Pfarreien von der Kanzel verlesen werden musste (vgl. StA Luzern, AKT 24/67B.1). Müller: Thaddäus Müller (1763–1826) ⇒ Nr. 559 F l u h r i : Bonifacius Flury (1778–1836) ⇒ Nr. 1034 Ehrencommission: Am 20. Juni 1809 verfasste Pestalozzi eine Zuschrift an die Versammlung der Stellvertreter aller Kantone der Schweizerischen Eidgenossenschaft (PSW XXI, S. 257–276), worin er den Wunsch äussert, sein Institut durch eine Kommission der Tagsatzung prüfen zu lassen. Landamman: Louis d’/Ludwig von Affry (1743–1810) ⇒ Nr. 618 Meyer von Schauensee: Franz Bernhard Meyer von Schauensee (1763– 1848) ⇒ Nr. 443 Mohr: Johann Melchior Mohr (1762–1846) ⇒ Nr. 532 Schmid: Joseph Schmid (1785–1851) ⇒ Nr. 712 neuen Meisterwerke: Joseph Schmid: Die Elemente des Zeichnens nach Pestalozzischen Grundsätzen. Bern 1809

1095. Camille Jordan 6. September 1809 5

Monsieur Pestalozzi Yverdun Lyon ce 6 Septembre 1809

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Camille jordan de lyon depuis la visite qu’il a faite l’année derniere au mois d’aout à Monsieur Pestalozzi a conservé le souvenir le plus cher de tout ce qu’il a vû et entendû dans Son institut: il s’est tenu au cour de toutes les nouvelles qui concernent les progrès d’une methode si interessante pour l’humanité; il en confere si souvent avec des amis qui partagent ses impressions et dont les noms sont connus de Monsieur Pestalozzi = M[essieur]s Degerando, Mathieu Montmorency, le Baron de Vogdt, M[a]d[am]e de Staël, M[onsieu]r Planta. = il vient de decider en outre de Schmid Monsieur le Comte d’alfieri, piemontais d’un grand merite à faire le voiage d’Yverdun et il prend la liberte de le recommander à Monsieur Pestalozzi pour qu’il l’aide à satisfaire sa noble curiosite. il profite avec empressement de cette occasion pour se rappeler un souvenir de Monsieur Pestalozzi et lui renouveller l’assurance de la tendre veneration que lui inspirent son caractere et ses travaux.

Überlieferung 1

ZB Zürich, Ms Pestal 52/53, Umschlag 152

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Bogen, 191x116 mm Datum am Schluss, Dorsualvermerk Nicht zu beantworten Original Textkritik

Zeuge H Z. 12

partagent ses Sacherklärung I.

Camille Jordan (1771–1821) stammt aus einer Lyoner Handelsfamilie und erlangt als Revolutionsgegner Berühmtheit durch seine führende Mitbeteiligung am royalistischen Aufstand seiner Heimatstadt gegen den Nationalkonvent. Nach dem Fall Lyons im Oktober 1793 flieht Jordan in die Schweiz, später nach England und Weimar, bevor er sich, zurück in Frankreich, bei Anne Louise Germaine de Staël-Necker (1766–1817, ⇒ Nr. 997) und deren Zirkel in Paris niederlässt. Napoleon I. Bonapartes (1769–1821, ⇒ Nr. 580) Empire feindlich gegenüberstehend, hält er sich von der Politik fern, bis er sich unter der Restauration als zunehmend liberaler Royalist und Abgeordneter des Departements Ain für eine konstitutionelle Monarchie einsetzt. III. Z. 13 Z. 13f.

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Z. 14 Z. 15 Z. 15 Z. 15f.

Degerando: Marie Joseph de Gérando (1772–1842) ⇒ Nr. 900 Mathieu Montmorency: Matthieu-Jean-Félicité de Montmorency (1766– 1826) nahm als Spross eines alten französischen Adelsgeschlechts am amerikanischen Unabhängigkeitskrieg teil, verband sich als Adelsabgeordneter bei Einberufung der Generalstände 1789 mit dem dritten Stand und vertrat demokratische Ideale, bis ihn der Tuileriensturm zuerst in die Schweiz, wo er sich bei Anne Louise Germaine de Staël-Necker (1766– 1817, ⇒ Nr. 997) aufhielt, und dann nach England emigrieren liess. Erst während der Restauration wurde de Montmorency, nunmehr UltraRoyalist, wieder politisch aktiv; 1815 zum Pair von Frankreich erhoben, bekleidete er ab 1821 das Amt des Aussenministers. Vogdt: Caspar/Kaspar Reichsfreiherr von Voght (1752–1839), auch Baron von Voght genannt, führte zusammen mit Georg Heinrich Sieveking (1751–1799) eines der grössten Hamburger Kaufmannshäuser, das auf Leinen- und Seidenhandel spezialisiert war, und galt wegen des Aufbaus eines landwirtschaftlichen Mustergutes in Hamburg-Flottbek ab 1785 und seiner Reformen des Hamburger Armenwesens 1788 als Vertreter philanthropischer Aufklärung. Zahlreiche mehrjährige Reisen durch Europa, etwa 1772 oder ab 1806, führten ihn auch in die Schweiz, 1808 etwa nach Yverdon zu Pestalozzi. de Staël: Anne Louise Germaine de Staël-Necker (1766–1817) ⇒ Nr. 997 Planta: François Joseph Kirgener, Baron de Planta (1766–1813) ⇒ Nr. 833 Schmid: Joseph Schmid (1785–1851) ⇒ Nr. 712 Comte d’alfieri: Möglicherweise ist hier Carlo Emanuele Alfieri (1764– 1844) gemeint. Dieser Verwandte des piemontesischen Dichters Vittorio Alfieri (1749–1803) war Diplomat, Generalleutnant der Armee, Staatsrat

763 und von 1814 bis 1828 Gesandter des Königreichs Piemont-Sardinien in Paris.

1096. Constant Bugnon 11. September 1809 Monsieur Pestalozzi à Yverdon Fleurier le 11e 7bre 1809

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Je suis favorisé des 19 et 24 aout d[ernie]r. La premiére renfermont le c[omp]te de vos debours, du 2e le pension du 3e Trimestre de 1809. de mon fils Henry en L[ivres] 124.8. dont je vous ai fait remettre le Montant, par mon frére le 22 expiré et dont v[otr]e d[ernie]re me donne réception. Quant au c[omp]te du jeune Montandon Montant à S[uis]se L[ivres] 181.4 je n’en n’avoit aucune connoissance avant la réception de votre Lettre et j’ai été d’autant plus surpris de le recevois que je lui avois expressement recommandé, de régler et payer tout ce qu’il pouvoit dévoir, avant de quitter Yverdon. Je lui ai écrit, pour lui communiquer le c[ompt]e c[oura]nt et lui en demander le montant. Il est venu chez moi, il y a q[uel]que tems, et m’avoit promis, de m’envoyer le plutot possible cet argent mais comme il ne s’est pas encore effectué, que ce payem[en]t pourroit encore éprouver des retards, dont je seroit peine d’àprès ce que vous me marquez par v[otr]e d[ernie]re je mempresse de vous envoyer cy joint 46 Livres d’Empire 18 L[ivres] faisant bien L[ivres] 181.4 de Suisse dont vous voudrez bien m’envoyer v[os] quitance pour m’en faire rembourser. J’ai remarqué avec plaisir, que vous continuez à étre satisfait, de la Docilité, de mon fils, et que si comme vous l[’]observez, sa progrés, ne sont par trés marquans son âge, ils sont encore assez satisfaisant. J’aime à croire quarce du tems, et l[’]aplication dont il est susceptible, il surmontera les obstacles, qui peuvent s’oposer, à ce que se progrés deviennet plus rapide etc.

Überlieferung 1 5

Bibliothèque publique et universitaire de Neuchâtel, département des manuscrits, Ms Arm de fer 45 Copia

764 Textkritik Zeuge h Z. 11

c[ompt]te du∫ Sacherklärung I.

Constant Bugnon (1773–ca. 1850) ⇒ Nr. 1023 III. Z. 5 Z. 6 Z. 8 Z. 9

Z. 11 Z. 13

Fleurier: Gemeinde im Kt. Waadt 19 et 24 aout: PSB VI, Nr. 1637 und Nr. 1648 fils Henry: Isaac Henri Bugnon (1800–1867) ⇒ Nr. 1194 mon frére: Louis Bugnon (1772–1843) betrieb seit dem Ende des 18. Jahrhunderts gemeinsam mit seinem Bruder Constant (1773–ca. 1850, ⇒ Nr. 1023), einem Cousin und einem Schwager das Bugnonsche Familienunternehmen für Spitze (Produktion und Handel) und war in späteren Jahren Abgeordneter des Val-de-Travers (Kt. Neuenburg). Montandon: Jacques Louis Montandon ⇒ Nr. 1064 votre Lettre: PSB VI, Nr. 1648

1097. Heinrich Remigius Sauerländer September 1809 [Reg.] Sauerländer schickt den Vertrag für die Wochenschrift für Menschenbildung.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 229.5f. Sacherklärung I.

Heinrich Remigius Sauerländer (1776–1847) ⇒ Nr. 1084 III. Z. 4f.

Wochenschrift: Wochenschrift für Menschenbildung (1807–1811)

765 1098. Georges de Rougemont 11. Oktober 1809 Yverdun Monsieur Pestalozzi. le 11e 8bre 1809

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Conformém[en]t à votre lettre de hier M[onsieu]r et cher ami, j’ai payé aujour’hui à Mad[ame] le Veuve fauche Borel suisse L[ivres] 34.5.9 Je vous envoye ci joint … 81.5.3 ensembles L[ivres] 115.12 montant de votre compte dont veuillez me donner quittance. Embrassez mon cher George au nom de son pére qui lui fait dire d’être bien sâge et de bien apprender. La lenteur de ses progrêts ne m’allarme pas pouvû qu’ils soyent toujours praportionnés à ses moyens. M[onsieu]r Lequin qui le vit l’autre jour l’a trouvé timide, ne répond[en]t que difficilem[en]t à ce qu’il lui demandoit, fluêt quoique bien portant. Je ne suis pas sans inquiétude sur cet enfant qui ne me paroit pas s’annoncer d’une maniére aussi décidé que la pluspart des enfans. Il est heureux chez v[ou]s, mon cher ami et j’attache le plus grand prix à cette Circonstance, veillés sur ses mœurs je dois v[ou]s prévenir que le jeune Lardy qui étoit avec lui à St. Aubin est attaqué d’une espéce de Priapisme qui peut être suspect, on s’en est aperçu en le levant et en le Couchant. Je frémis à la sainte pensée d’un déreglement de mœurs. Pourez v[ou]s venir à St. Aubin pend[en]t les Venedanges? J’ai fait espérer à George qu’il viendroit et que peut être v[ou]s l’accompagneriez; si cela se peut prévenez moi je v[ou]s prie et si je le puis je me rencontrerai à St. Aubin. Adieu mon respectable ami, croyez à tout mon dévouement.

Überlieferung 1 5

Privatbesitz Familie de Rougemont, Inv. 243, S. 588 Copia Textkritik

Zeuge [h] Z. 24

dé∫reglement

766 Sacherklärung I. Georges de Rougemont (1758–1824) ⇒ Nr. 956 III. Z. 7 Z. 12 Z. 15 Z. 17 Z. 21

Z. 22

Mad[ame] le Veuve fauche Borel: Marianne Fauche-Borel (1751–1824) ⇒ Nr. 1082 George: Georges de Rougemont (1802–1810) ⇒ Nr. 968 M[onsieu]r Lequin: konnte nicht näher bestimmt werden cet enfant: Georges de Rougemont (1802–1810) ⇒ Nr. 968 Lardy: Es ist unklar, ob es sich hier um ein Mitglied der Familie Lardy aus Auvernier und Colombier (Kt. Neuenburg) handelt, oder ob Henri L’Hardy aus Le Locle gemeint ist, der von 1808 bis 1810 Schüler in Yverdon war. St. Aubin: Gemeinde im Kt. Waadt

1099. Thaddäus Müller 22. Oktober 1809 5

An Herrn Heinrich Pestalotzi zu J v e r d o n . Luzern, den 22. 8br. 1809.

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Verehrtester Herr Pestalotzi! Agnes Gyr von Einsiedeln wünscht in Ihr Institut aufgenommen zu werden, um die Methode zu erlernen. Sie sagt, dass sie unterstüzung habe. Sie scheint ein talentvolles Mädchen zu seyn, soll auch in weiblichen Arbeiten wohlgeübt seyn. Es ist eben jene Agnes Gyr, die schon einige glükliche Versuche in der Dichtkunst gemacht hat. Ihr Onkel wird Ihnen das umständlichere sagen. Ich empfehle Ihnen diese Person, die einen grossen Eifer zu haben scheint u[nd] gut ist, zur Liebe u[nd] Wohlwollen. Ihr ergebenster Thadd[äus] Müller.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55, Umschlag 244/5 Blatt, 131x193 mm Datum am Schluss Original

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Textkritik Zeuge H Sacherklärung I. Thaddäus Müller (1763–1826) ⇒ Nr. 559 III. Z. 9 Z. 14

Agnes Gyr: Agnes Emerita Amiet-Gyr (1787–1836) ⇒ Nr. 1113 Onkel: Welcher der drei Brüder von Agnes Emerita Amiet-Gyrs (1787– 1836, ⇒ Nr. 1113) Vater, Jakob Maurus Gyr (1758–1836), hier gemeint sein könnte, ist unklar. In Frage kommen Augustinus (*1752), Maria Niklaus (*1754) oder Johann Joseph (1766–1813).

1100. Heinrich Remigius Sauerländer 24. Oktober 1809 5

[Reg.] Sauerländer teilt Pestalozzi mit, dass er vor zwei Jahren mit Mohr in Frankfurt und Gräff in Leipzig in seinem Namen wegen des ersten Bandes der Wochenschrift abrechnen wollte. Dies sei aber nicht möglich gewesen, weil die beiden Buchhändler sich nicht kooperativ gezeigt hätten.

Überlieferung PSB VI, S. 260.37ff. Sacherklärung I. Heinrich Remigius Sauerländer (1776–1847) ⇒ Nr. 1084 II. Probleme und Auseinandersetzungen mit Buchhändlern und Verleger ziehen sich wie ein Roter Faden durch die entsprechende Korrespondenz Pestalozzis. Das Unwissen über Auflagenhöhe und noch vorhandene Lagerbestände an den verschiedensten Orten scheint teilweise so gross gewesen zu sein, dass Johann Elias Mieg (1770– 1842, ⇒ Nr. 1244) 1809 beauftragt wurde, eine Bestandesaufnahme zu machen (PSB VI, S. 387–389). III. Z. 4 Z. 5 Z. 5

Mohr: Verlag Mohr ⇒ Nr. 1198 Gräff: Johann Heinerich/Heinrich Gräff (1765–1827) ⇒ Nr. 678 Wochenschrift: Wochenschrift für Menschenbildung (1807–1811)

768 1100a. Hans Georg Nägeli 29. Oktober 1809 Iferten Pestalozzi. 29.X.9.

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unterm 22 Oct[ober] hatte ich an Sie abgesandt; 27 Ex[emplare] Teutonia u[nd] Subscr[iption] T[a]ler L[ivres] 29 ¼ Tl. 6. 42 L[ivres] 20.8 12 – discont. 12 L[ivres] 2.24 12 Alt 12 2.24 ab ½ 48 2.24 Mein voriges Guthaben betrug L[ivres] 48 Davon erhielt ich in dem Wechsel v[on] L[ivres] 50 Neu* für H[errn] Vischer 45.24 nett *.36 L[ivres] 25 8 Diesen Betrag weisen Sie mir gefälligst hier an, oder erlauben Sie, dass ich ihn in einer * auf Ihnen enthebe. Von diesen 26 Ex. sind 16 für die ursprünglich übernommene Subscription 1 für die Subscription des Herr Ghiotti 1 – Herrmann ferner für die Herren B a u m a n n , M ö r i k o f e r , B i p e n , I s a a k M e y e r , F r ö b e l , C r u l l , S c h o l t e n , von D a p p e r n , B r ä m i . Ein beygefügtes Aussteuer Ex[emplar] für H[errn] Pestalozzi bringe ich nicht in Rechnung Auf verschiedene Punkte meiner frühern Briefe befinde ich mich noch immer ohne Antwort.

Überlieferung 1 5

ZB Zürich, Ms Car XV.198.P.[h] Entwurf Textkritik

Zeuge H Z. 6 Z. 6 Z. 6 Z. 7 Z. 7 Z. 12

unterm Oct[ober]: lateinische Schrift abgesandt; 27: Tintenfleck Subscr[iption] T[a]ler: unsichere Lesart voriges Guthaben

769 Z. 21

1 Sacherklärung I.

Hans Georg Nägeli (1773–1836) ⇒ Nr. 998 III. Z. 7 Z. 14 Z. 20

Z. 21

Z. 22 Z. 22 Z. 22 Z. 22f.

Z. 22 Z. 23 Z. 23 Z. 23 Z. 23

Teutonia: Hans Georg Nägeli: Teutonia. Rundgesänge und Liederchöre. Zürich 1808 Vischer: Ob hier Peter Vischer (1751–1823, ⇒ Nr. 867) oder ein anderer kaufmännisch tätiger Vischer gemeint ist, konnte nicht geklärt werden. Herr Ghiotti: Gaspar Ghiotti (†1814) stammte vermutlich aus der Gegend von Turin und war Organist, Komponist und Privatmusiklehrer mit Wohnsitz in Yverdon. 1806–1811 unterrichtete er Gesang und Zeichnen bei Pestalozzi. Herrmann: Karl Gottfried Herrmann (1753–1834) aus Bischofswerda war studierter Jurist und arbeitete in verschiedenen Verwaltungsfunktionen. Ab 1796 setzte er sich als Oberamtskanzler in Bautzen für Schulverbesserungen in Sachsen ein und besuchte 1808 Pestalozzis Anstalt in Yverdon. B a u m a n n : Christoph Baumann (1789–1863) ⇒ Nr. 675 M ö r i k o f e r : Georges/Georg Meuricoffre (1795–1858) ⇒ Nr. 936 B i p e n : Hans Burchard von Bippen (1796/97–1811, ⇒ Nr. 626) oder Diedrich von Bippen (*1798, ⇒ Nr. 626) I s a a k M e y e r : Isaac Meyer (1798–1838) war zwischen 1807 und 1811 als Schüler in Yverdon und wurde später wie sein Vater Abraham Meyer (1774–1832, ⇒ Nr. 1047) Fabrikant in Mulhouse. F r ö b e l : Friedrich Wilhelm August Fröbel (1782–1852) ⇒ Nr. 980 C r u l l : Johann Joachim Friedrich Crull (1782–1837) ⇒ Nr. 1091 S c h o l t e n : Hendrik Scholten (1791–1873) ⇒ Nr. 994 von D a p p e r n : Dirk van Dapperen (1791–1822) ⇒ Nr. 994 B r ä m i : Johann Heinrich Bremi (1772–1837) ⇒ Nr. 784

1101. Heinrich Remigius Sauerländer 9. November 1809 5

[Reg.] Sauerländer schreibt an Pestalozzi, dass der Abdruck des ersten Heftes des dritten Bandes der Wochenschrift beinahe fertig sei.

Überlieferung 1

PSB VI, S. 260.32ff.

770 Sacherklärung I. Heinrich Remigius Sauerländer (1776–1847) ⇒ Nr. 1084 III. Z. 5

Wochenschrift: Wochenschrift für Menschenbildung (1807–1811)

1102. Bibi Zollikofer 12. November 1809 Zürich den 12t[e]n Novenb[er] 1809. 5

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Lieber Herr Pestalozzi! Ich ergreife die Feder um Ihnen den H i n s c h e i d meiner e i n z i g e n u[nd] h e r z l i c h geliebten F r e ü n d i n zu melden. Wie nahe mir dieser Verlurst geht, habe ich Ihnen nicht nöthig zu sagen, da es Ihnen ja hinlanglich bekant ist, wie genau wir miteinander bekant waren, u[nd] welche innige u[nd] aufrichtige Freündschaft wir gegenseitig für einander hatten. Diese s c h w e r e P r ü h f u n g die Hinscheide meiner seligen Freündin Cathrina Arter sezte mich in eine Lage in der es mir unmöglich war Ihnen ihr Tod früher zu melden. – Ihr früher Tod war uns allen unerwartet; sie lag zwahr 3. Wochen krank darnieder, doch dass sie u[nd] wir alle gehoft haben, sie könne in kurzer Zeit wieder die Schuhle besuchen – drey Tage vor ihrem Tod war sie so fröhlich u[nd] munter, dass wir mit einander herzten u[nd] von tausend Dingen sprachen, die wir miteinander vornehmen wohlen so bald sie wieder gänzlich hergestelt sey. Und Ach! jezt ist sie nun bey den Todten begraben! – Sie ist nun ein Engel des Himmels!! O! sie blick[t] gewiss mitleidsvoll herab auf ihre t r a u r e n d e F r e ü n d i n u[nd] wird mir Trost u[nd] Beruhigung ins Herz senden. – Auch den ihrigen wird sie Tröstung des Himmels herab wehen; denn auch ihr Herz ist schwer, ihre Wangen sind bleich ihre Augen in Thrännen gebadet. O wir hatten sie so lieb, dass sie uns verlassten musste! – Als sie noch unter uns wandelte, war ihr Herz so sanft, ihr Sinn so freündlich, ihre Seele so voll göttlichen Friedens. Und als der Schmerz der Krankheit ihr Innerstes durchbebte, war ihr Auge dennach so ruhig, ihr Antlitz wie vom Glanz des Himmels umstrahlt. So sanft und ruhig entschlieft sie auch. – Sie hatte kein Röchelen des Todes, kein gewaltsammes Zuken der Nerfen, keine

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Angst u[nd] Beklemmung der Brust. Engel Gottes haben sie leise hinüber getragen zu dem Orte ewiger Seligkeit. Sanft entschliefte sie, frey von Kampf, u[nd] Schmerzen, Sanft von Englen Gottes eingeweigt. – Den erblassten Leichnam hüllten wir in ein weisses Sterbekleid. Es war von unseren Thränen befeüchtet. Dann unter den himmlischen Tröstungen der Hoffnung dass wir sie wiedersehen, übergaben wir sie dem Schosse der Erde – Frische Blumen wunden wir um ihr Haubt; sie selbst eine liebliche Blume in dem Garten Gottes, von der Hand des Gartners abgepflückt!! Das Auge, das uns sonst so freundlich entgegen lächelte, war erstart u[nd] verschlossen; die Wangen waren bleich, wie silber Farbe des Mondes. Aber der Friede des Himmels lag auf ihrem Antlitz. Nach ihrem Tod hatte es sich gezeigt dass sie eine Verwiklung in den Thärmen gehabt haben muss, In den lezten Tagen kamm ihr der Koht zum Mund aus! – Die H[erren] Ärzte wohlen behaupten, sie habe ein Geschwär bey sich gehabt; u[nd] nach dem wie s i e , sich ergossen hat; scheint es leider mehr als wahr zu seyn. Sie war beym Verstand, bis an ihr End; sie redte aber nichts mehr, als Mutter bleibe bey mir, u[nd] bat mich noch, dass ich ihr mein Arm unter ihren Kopf legen soll, nach dem verschiedt sie in einer 1/2 Viertelstund!! – Ihr Leichenbegängniss war schön, u[nd] gehörte zu den grössten welche man in Zürich sah, alle Zuschauren Augen standen voll Thränen. Ihre Schülerinnen mussten während dem der Sarg in die Gruft gelassen wurde, in dem Chor der Kirche singen. H[err] Pf[arre]r Gessner als President von der Töchterschuhle, verfertigte diese Schrift. Die Schülerinnen der Jungfrau Catharina Arter an ihrem Sarge den 28t[e]n Octob[er] 1809. Auf den Sarg der deine Hülle, Ach, auf immer uns verschliesst, Legen wir in banger Stille, Da die Wehmuth dich vermisst, Diesen Kranz, um dich zu ehren, Dich zu krönen noch ins Grab, Für der Weisheit schöne Lehren, Die dein treüer Mund uns gab, Unser Dank und unsre Thränen, Die wir dir voll Liebe weyhen, Unser Wehmuthvolles Sehnen Soll dein höchstes Denkmal seyn. Und der Saaten schöne Früchte,

772 Die du in uns ausgestreüt, Sie erfreuen dich im Lichte, Einer frohen Ewigkeit. 80

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Möge sie nun sanft ruhen diese Selige u[nd] die Früchte ihres – obgleich kurzen dennoch mühseligen Lebens – in einer besseren Welt geniessen, nur schade, dass sie ihre schönen Talente mit ins Grab nehmen musste. So viel für diessmal, sollten [Sie] Zeit finden Lieber Herr Pestalozzi mir ein par Zeilen schreiben zu können, so würde es mich herzlich freüen. Bitte Sie mir die l[iebe] Frau Pestalozzi, wie auch H[errn] Niederer, herzlich zu grüssen. Leben Sie nun recht wohl, u[nd] wer ihnen eine der edlensten Gesundheit wünschet ist Ihre Sie liebende Bibi Zollikofer.

Überlieferung 1 2 5

ZB Zürich, Ms Pestal 56, Umschlag 401/1 Bogen, 218x167 mm Original Textkritik

Zeuge H Z. 4 Z. 10f. Z. 23 Z. 26 Z. 35 Z. 57 Z. 59 Z. 59 Z. 62 Z. 64

Novenb[er]: lateinische Schrift gegenseitig∫ wird mir auch∫ Orte ewiger Schülerinnen President von verfertige Octob[er]: lateinische Schrift Ach, auf Sacherklärung I.

Bibi Zollikofer, höchstwahrscheinlich aus St. Gallen, war einige Zeit Mitglied des Töchterinstituts (⇒ Nr. 867) in Yverdon und später Lehrerin in St. Gallen. III. Z. 7 Z. 58f.

F r e ü n d i n : Katharina Arter (1778–1809) ⇒ Nr. 784 H[err] Pf[arre]r Gessner: Johann Georg Gessner (1765–1843) ⇒ Nr. 586

773 Z. 59 Z. 86 Z. 86f.

Töchterschuhle: ⇒ Nr. 60 Frau Pestalozzi: Anna Pestalozzi-Schulthess (1738–1815) ⇒ Nr. 3 Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507

1103. Franz Adam Lejeune 14. November 1809 [Reg.] Antwortvermerk «rép. 14 9br 1809» auf dem Brief Pestalozzis.

Überlieferung 1

ZB Ms Pestal 3/701, 4 Sacherklärung I.

Franz Adam Lejeune (1765–1854)



Nr. 870

1104. Landammann der Schweiz 18. November 1809 Freyburg 18ten Novembris 1809 5

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Herr Heinrich Pestalozzi! Vor dem Ende meiner Amts Verwaltung lege ich einen hohen Werth darauf, ihr an die lezte eidgenössische Tagsatzung gerichtetes Begehren, und die Aufträge dieser hohen Behörde inbetref der offiziellen Prüfung ihrer berühmten Erziehungs Anstalt, zu erfüllen. Je wichtiger, gemeinnütziger die Arbeit ihres Lebens war, desto grösser und gerechter sind ihre Ansprüche auf die Theilnahme der Stellvertretter der Nation, und diese hinwiederum, da Sie jenem förmlichen Ansuchen entsprachen, huldigten einer heiligen Pflicht gegen das Vaterland und die Menschheit. Ich schätze mich glüklich als Vollzieher des eidgenössischen Willens, Ihnen zugleich einen Beweis meiner herzlichen achtungsvollen Gesinnungen geben zu können. Der Beschluss der hohen Tagsatzung den ich Ihnen nunmehr in authentischer Ausfertigung übersende, spricht alles dasjenige aus, was zu richtiger Würdigung der Absicht und des Zwekes der vorzunehmenden Untersuchung erforderlich ist. Die Wahl der eidgenössi-

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schen Comissarien suchte ich mit gleicher Rüksicht auf die Sache, auf den Mann, und auf die Würde der Nation zu veranstalten; Sie selbst Herr Pestalozzi werden hoffentlich mit dieser Wahl zufrieden seyn; die Tagsatzung nicht weniger. Indem ich die Herren Abel Merian Mitglied des Kleinen Raths des Cantons Basel, Gregor Girard aus dem Franziskaner Kloster zu Freyburg, und Friederich Trechsel, Professor der Mathematik in Bern, als mit der Ausführung des Tagsatzungs Beschlusses beauftragte Comissarien bey ihnen beglaubige, verspreche ich mir zum Voraus von ihnen gleichwie auch von ihrer Mitarbeiter Gefälligkeit, dass dieselben alle nur erwünschte Mittel finden werden, sich von dem ganzen Wesen der Anstalt, von dem Geist und der Anwendung der Methode, die vollständigste Kenntniss zu erwerben. Zu diesem Ende empfehle ich Ihnen obgenannte Herren Abgeordneten, und verbleibe, Herr Heinrich Pestalozzi! mit Hochachtung ihr wohlaffectionnierter der Landammann der Schweiz Louis d’Affry. Der Kanzler der Eidgenossenschaft Mousson.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 50, Umschlag 4 Bogen, 360x225 mm eigenhändige Unterschriften Original Textkritik

Zeuge H Z. 4 Z. 5 Z. 23 Z. 26 Z. 35 Z. 36

Novembris: lateinische Schrift Pestalozzi: lateinische Schrift Pestalozzi: lateinische Schrift Girard: lateinische Schrift Pestalozzi: lateinische Schrift affectio: lateinische Schrift Sacherklärung I.

Landammann der Schweiz ⇒ Nr. 618

775 II. Pestalozzi hatte am 20. Juni 1809 die eidgenössische Tagsatzung um eine Prüfung seines Instituts ersucht. Mit dem vorliegenden Brief übermittelte Louis d’/Ludwig von Affry (1743–1810, ⇒ Nr. 618) den betreffenden Tagsatzungsbeschluss und bezeichnete auch die mit der Untersuchung beauftragten Kommissionsmitglieder. Die Kommission sollte das Institut in Yverdon noch im November 1809 besuchen und legte am 12. Mai 1810 der Tagsatzung einen umfassenden Bericht in zwei Sprachen vor, der auf Beschluss der Tagsatzung vom 7. Juni 1810 gedruckt wurde (Rapport sur l’institut de Mr. Pestalozzi à Yverdon, présenté à S.E. Mr. Le Landammann et à la haute Diète des nix–neuf cantons de las Suisse. Fribourg en Suisse 1810; Bericht über die Pestalozzische Erziehungs-Anstalt zu Yverdon an seine Excellenz den Landamman und die hohe Tagsatzung der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Bern 1810). III. Z. 7

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Begehren: Am 20. Juni 1809 verfasste Pestalozzi eine Zuschrift an die Versammlung der Stellvertreter aller Kantone der Schweizerischen Eidgenossenschaft (PSW XXI, S. 257–276). Beschluss: Der Beschluss wurde von der ordentlichen eidgenössischen Tagsatzung in der 14. Sitzung am 22. Juni 1809 gefasst (vgl. Bundesarchiv Bern, CO 1000/2, Bd. 17, Tagsatzungsprotokolle 1809, S. 116–118). Merian: Abel Merian (1771–1842) aus Basel wurde 1795 Mitglied der Zunft zum Schlüssel (der Zunft der Kaufleute und Tuchhändler). Im Zuge der helvetischen Verfassungsrevision wurde er 1801 Mitglied der Basler Kantonstagsatzung und des Ausschusses zur Ausarbeitung einer neuen Kantonsverfassung, von 1804 bis 1823 war Merian Mitglied des Basler Grossen Rates, von 1806 bis 1815 gehörte er auch dem Kleinen Rat an, 1805 nahm er als Gesandter Basels an der Tagsatzung teil. Von 1824 bis 1837 war er Vorsteher der städtischen Kanzlei sowie Stadtschreiber, 1833 bis 1834 war er ein Mitglied der Teilungskommission zur Gütertrennung zwischen Stadt und Landschaft Basel. Girard: Père Grégoire Girard (1765–1850) ⇒ Nr. 1156 Trechsel: Friedrich Trechsel (1776–1849) ⇒ Nr. 1184 Louis d’Affry: Louis d’/Ludwig von Affry (1743–1810) ⇒ Nr. 618 Mousson: Johann Markus/Jean Marc Mousson (1776–1861) ⇒ Nr. 495

1105. Friedrich Ludwig Briegleb November 1809 [Reg.] Briegleb schickt Pestalozzi ein Verzeichnis von Mineralien.

Überlieferung 1

PSB XIV, S. 126.13ff.

776 Sacherklärung I. Friedrich Ludwig Briegleb (1782–1838) stammt aus dem hessischen Lauterbach, besucht in Coburg das Gymnasium und studiert in Giessen Theologie, bevor er 1803 von Freiherr Karl Georg von Riedesel (1746–1819) in Wetzlar und später in Stuttgart als Erzieher angestellt wird. 1809 ist er bei Pestalozzi in Yverdon zu Besuch, kehrt dann zur Theologie zurück und ist bis 1830 als Pfarrer in Stockhausen, anschliessend bis zu seinem Tod als Oberpfarrer in Schotten tätig (beide Hessen). II. Pestalozzi war sehr an Steinen und Mineralien interessiert; dies belegt etwa seine Ehrenmitgliedschaft in der Sozietät für die gesammte Mineralogie in Jena (⇒ Nr. 811).

1106. Thaddäus Müller 11. Dezember 1809 5

H[errn] Heinrich Pestalotzi zu Jverdon. Einschluss. Luzern, 11. Xbr. 1809.

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Würdigster Mann! F e y e r a b e n d ist ein Verfolgter. – Er hat zwar Unvorsichtigkeiten begangen; aber keine Lasterthat. Seine Freunde sind zu seinen Feinden geworden, weil sie ihn eine Zeitlang als ein Werkzeug zu ihren Absichten brauchten, u[nd] weil er später dazu nicht mehr tauglich schien. Jezt wurden Geschichten, welche der Schleier der Häuslichkeit hätte ewig decken sollen, ans Licht gestellt u[nd] vergrössert. Seine Verfolger bezeichnen ihre Leidenschaft dadurch, dass sie dem Unglüklichen noch in der Ferne zu schaden suchen. – Übrigens stund ich mit Feyerabend nie in nahen Verhältnissen, u[nd] kenne die Falten seines Herzens nicht. Ich nahme mich seiner an nach Matth. XII.20 M a n s o l l d a s z e r s t o s s e n e R o h r nicht zerbrechen, u[nd] den noch glimmenden D o c h t n i c h t v o l l e n d s a u s l ö s c h e n . – So macht es Gott nicht mit den Menschen, – wie seine Feinde mit F[eyerabend]. – Er hätte aber auch den Drohungen nicht ausweichen sollen. Diese Zeilen zur Steuer der Wahrheit. Leben Sie wohl, u[nd] lieben Sie Ihren ergebenster Verehrer Thadd[äus] Müller.

777 Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 53, Umschlag 244/3 Blatt, 233x194 mm Siegel Original Textkritik

Zeuge H Sacherklärung I. Thaddäus Müller (1763–1826) ⇒ Nr. 559 II. Joseph Feierabend (1779–1859, ⇒ Z. 10) hatte im Jahre 1809 eine undurchsichtige Affäre mit einer Magd. Auch wenn ihn Stadtpfarrer Thaddäus Müller (1763–1826, ⇒ Nr. 559) in Schutz nahm, vermehrte sich das Geschwätz darüber trotzdem und 1810 begann in Luzern zusätzlich das Gerücht zu kursieren, Feierabend und Luise Lehni (⇒ Nr. 1076), die sich zu dieser Zeit beide im Institut in Yverdon aufhielten, seien zusammen verschwunden. Dieses Gerücht wird dann allerdings in einem Brief von Pestalozzi an den Staatschreiber Josef/Joseph Karl Xyver Leopold Leodegar Amrhyn (1777–1848, ⇒ Nr. 1120) aus dem Jahre 1810 als unwahr abgewiesen (PSB VII, S. 430f.). III. Z. 10

F e y e r a b e n d : Joseph Feierabend (1779–1859) aus Engelberg wurde 1802 katholischer Priester, unterrichtete von 1807 bis 1809 als Professor für Physik und Mathematik am Lyzeum Luzern und hielt sich danach bis 1810 bei Pestalozzi in Yverdon auf. Anschliessend war er als Kaplan in Marien-Rickenbach oberhalb Dallenwil (Kt. Nidwalden) tätig, 1810 wurde er Weltpriester (Priester, der keinem Orden angehört) und war als Pfarrer tätig, zuerst in Ingenbohl, dann ab 1815 bis zu seinem Tod in Küssnacht (beide Kt. Schwyz).

1107. Heinrich Remigius Sauerländer 12. Dezember 1809 [Reg.] Sauerländer schickt Pestalozzi 24 Exemplare der Wochenschrift.

Überlieferung 1

PSB VII, Nr. 1853

778 Sacherklärung I. Heinrich Remigius Sauerländer (1776–1847) ⇒ Nr. 1084 III. Z. 4

Wochenschrift: Wochenschrift für Menschenbildung (1807–1811)

1108. Johannes Schulthess 28. Dezember 1809 Zürich, 28. XII. 1809. 5

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Vater Pestalozzi! Ich muss Sie im alten Jahr noch ein Mahl grüssen, als einer von den vielen, denen Ihr Leben theuer und die Sache, der Sie leben, heilig ist. – Wir sehen zwar Kämpfen, aber auch schönen Siegen entgegen. Zum Neujahrgeschenk bringe ich Ihnen diese pädagogischen Briefe dar. – So schlimm sieht es in unserm Zürich aber nicht aus, als man meinen möchte. Unsere Partey ist zwar die kleinere, aber die bessere; auch die wirklichen Grossen, Reinhard, Präsident, Meyss, Vicepräsident, hat Hottinger durch seine Rede nicht gewonnen, sondern vielmehr gestossen; wenigstens meinen sie noch immer, dass die Wahrheit in der Mitte liege. – Reinharden habe ich die 4 ersten Bogen der Briefe mit einer schriftlichen Zueignung vorgelegt; sehe aber noch seiner Äusserung darüber entgegen. Ich muss freylich die grösste Mässigung und Selbstverläugnung üben; aber das thue ich, wie Sie sehen, unbeschadet der W a h r heit; was i c h nicht sagen darf, das lasse ich Plato, Baco, Niemeyer, Rieke, Ulrich, Kolbe etc. sagen, deren Autorität auch die Gegner anerkennen müssen. – Es wird noch ein Heft solcher Briefe folgen, wo ich mich noch tiefer über verschiedene Dinge auch ins Detail einlasse. Die Sache muss einmahl von allen Seiten auf alle Weise beleuchtet werden; und ich fühle mich berufen, es auf s o l c h e Weise zu thun, welche den Humanisten am nächsten auf den Leib geht. Ich muss Ihnen doch einen Zürcher-Spass mittheilen. – Bürklj, der auch das Verdienst ums Vaterland hat, dass er den pöbelhaftesten Kalender schreibt, setzte dieses Jahr unter andern auch den Spitalschreiber Schweizer wie man spricht, in den Kalender. Dieser, nicht weniger pfiffig als Bürklj, lässt ein so genanntes Dirgelj fabricieren, worauf der Kalender-Macher von Oxford – (B** datirt nähmlich seine Kalender-Anekdoten meistens von England u[nd] Oxford)

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– im Schweinstall kenntlich abgebildet ist, wo zu eine wahre Anekdote den Anlass gab. Bürklj machte diesen Sommer mit lockern Kameraden, worunter auch die beiden Staatsschreiber Lavater u[nd] Stapfer, eine Partie ins Nidelbad. Hier brachte die Ansicht eines neuen Schweinstalls Lavatern auf den Einfall, den Bürklj, der etwas bestoben war, hinein zu prakticieren. Bürklj, du hast ein gutes Augenmass. Wie breit mag wohl dieser Stall seyn? Ich meine 7 Schuh. – Nein, er ist wohl 10. – Ich wette: es sind nur 7. – Und ich, dass es mehr sind. – Nun, so miss! – Bürklj misst u[nd] hat recht. – Ja, ich meinte die Breite inwendig. – Du musst inwendig messen. – Bürklj geht hinein, u[nd] wird so gleich eingesperrt. Lavater lässt aus dem Wirthshaus eine Bande Musikanten hohlen, die dem H[er]rn Bürklj eine Serenade geben müssen. – Das Dirgelj, welches diesen Spass darstellt, und ein bemaltes Läckerlj, das denselben Gegenstand hat, findet nun in den Läden reissenden Vertrieb u[nd] macht dem Publikum viel Freude. – Nicht wahr, das sind Humanitäten, die den Rittern der Humanität geziemen. Es muss sich sonderbar treffen, dass in meinen Briefen auch ein Procurator der Universität O x f o r d auftritt, der die hiesigen Leser leicht an den Zeitungsschreiber von Oxford mahnen dürfte. Sagen Sie H[er]rn Niederer, dass ich ihm für seine neueste Zuschrift sehr dankbar sey; und sagen Sie H[er]rn Pestalozzi, dass ich nach der Lenzburger-Rede ein das ungeduldigste Verlangen habe, u[nd] dass durch die Zögerung ihrer Publication auch alle andern Geschäfte für die Gesellschaft gehemmt werden. Seyen Sie mit allen Ihrigen aufs herzinnigste gegrüsst Von Ihrem Schulthess.

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55, Umschlag 342/5 Bogen, 232x190 mm Datum am Schluss Original Textkritik

Zeuge H Z. 20 Z. 24 Z. 25 Z. 30 Z. 32

Plato, Baco: lateinische Schrift auf alle Weise∫ es auf Schweizer∫ der Kalender-Macher

780 Z. 34 Z. 41f. Z. 43 Z. 53 Z. 59

zu eine Und ich, dass es mehr sind.∫ – Nun, inwendig. – Du mahnen dürfte. Ihrigen aufs Sacherklärung I.

Johannes Schulthess (1763–1836) ⇒ Nr. 788 II. Johannes Schulthess (1763–1836, ⇒ Nr. 788) spricht hier die im Spätherbst 1809 in Zürich gehaltene Rede Johann Jakob Hottingers (1750–1819, ⇒ Nr. 1108) an, der fragte, was denn das Neue an der Methode sei und die «überspannten Erwartungen, womit die Lobpreiser dieser Erfindung die Welt erfüllen» kritisierte. Dies veranlasste Schulthess zu einer Gegenschrift, den «Briefen an Freunde». Lit.: Johann Jakob Hottinger: Ein Blick auf einige neuere Verbesserungs-Versuche des Unterrichts, in einer Rede bey Gelegenheit der öffentlichen Bücherausteilung in Zürich. Zürich 1809; Johannes Schulthess: Genauere Einsicht der neuesten Versuche einer besseren Erziehung und Bildung der Jugend. In Briefen an Freunde. Zürich 1810 III. Z. 9f.

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pädagogischen Briefe: Johannes Schulthess: Genauere Einsicht der neuesten Versuche einer besseren Erziehung und Bildung der Jugend. In Briefen an Freunde. Zürich 1810 Reinhard: Hans von Reinhard (1755–1835) aus Zürich studierte in Göttingen Jura. Nach seiner Rückkehr nach Zürich war er 1787–1794 Stadtschreiber und anschliessend politisch tätig: 1803–1835 als Grossrat, 1794–1798 und 1803–1831 als Kleinrat, 1803–1831 sowohl als Bürgermeister von Zürich als auch als Präsident des zürcherischen Erziehungsrats (⇒ Nr. 1218). Zudem war er einige Male Präsident der Tagsatzung und Landammann der Schweiz (1807, 1813, 1814). Meyss: Hans Conrad von Meiss (1764–1845) aus Zürich wurde nach Studien in Halle Landschreiber in Männedorf (Kt. Zürich). Von Meiss war 1798–1803 Distriktsrichter von Zürich, 1803–1839 Mitglied des Grossen Rates und 1804–1831 Mitglied des Kleinen Rates. Hottinger: Johann Jakob Hottinger (1750–1819) aus Zürich besuchte ebenda das Collegium Carolinum. Nach der Ordination 1769 und einer Bildungsreise in Europa wurde er Professor für Eloquenz am Carolinum (1773), Professor für alte Sprachen am Collegium humanitatis (1789) sowie für Griechisch und Hermeneutik am Carolinum (1796). Rede: Johann Jakob Hottinger: Ein Blick auf einige neuere VerbesserungsVersuche des Unterrichts, in einer Rede bey Gelegenheit der öffentlichen Bücherausteilung in Zürich. Zürich 1809 seiner Äusserung: ⇒ Nr. 1109 Plato: Platon (427–347v.Chr.) ⇒ Nr. 511 Baco: Sir Francis Bacon (1561–1626) ⇒ Nr. 855 Niemeyer: August Hermann Niemeyer (1754–1828) ⇒ Nr. 933

781 Z. 20 Z. 20 Z. 21

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Rieke: Viktor Heinrich Riecke (1759–1830) ⇒ Nr. 984 Ulrich: Johann Konrad Ulrich (1761–1828) ⇒ Nr. 694 Kolbe: Carl Wilhelm Kolbe (1757–1835) bildete sich nach einer Lehrertätigkeit für Französisch am Dessauer Philantropin (⇒ Nr. 568) in Berlin in Kunst aus. Ab 1798 war er in Dessau als Hofkupferstecher für Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740–1817) tätig, die Jahre 1805–1808 verbrachte er in Zürich. Kolbe, der neben seiner künstlerischen Tätigkeit auch sprachwissenschaftliche Studien betrieb, erhielt 1810 den Doktor in Philosophie. Bürklj: Johann Heinrich Bürkli (1760–1821) aus Zürich absolvierte nach abgebrochenem Theologiestudium eine Buchdruckerlehre in Genf. 1791 übernahm er die väterliche Buchdruckerei und die Herausgabe der Freitags-Zeitung. Bürkli war 1791–1798 Zürcher Grossrat. pöbelhaftesten Kalender: Jährlicher Haus-Rath. Oder alter und neuer Zürcher Kalender auf das Jahr 1810. Zürich s.a. Schweizer: Johann Ludwig Schweizer (1765–1835) aus Zürich trat 1787 als Substitut des Spitalschreibers eine Beamtentätigkeit an, die er als Spitalschreiber (ab 1794), Landschreiber von Uetikon (1798–1803) und Distriktsgerichtsschreiber (1800) und dann als Kantonsprokurator (ab 1812) fortsetzte. Dirgelj: Der Tirggel ist ein dünner Honigkuchen, dem durch ein Model ein Bild aufgedruckt wird. Lavater: Hans Jacob Lavater (1774–1830) aus Zürich war 1803–1816 erster Staatsschreiber. 1828 und 1829 schenkte er seine etwa 7000 Bände umfassende Bibliothek der St. Galler Stadtbibliothek (heute Kantonsbibliothek Vadiana). Stapfer: Heinrich Stapfer (1776–1825) aus Horgen war 1803–1825 zweiter Staatsschreiber des Kantons Zürich. Nidelbad: Kurhaus in Rüschlikon (Kt. Zürich) am Zürichsee Läckerlj: Honigkuchengebäck Niederer: Johannes Niederer (1779–1843) ⇒ Nr. 507 Zuschrift: Brief vom 5. Dezember 1809 (StA Zürich, Nachlass Schulthess W 33/131) Lenzburger-Rede: Johann Heinrich Pestalozzi: Über die Idee der Elementarbildung (PSW XXII, S. 1–324)

1109. Johannes Schulthess 31. Dezember 1809 5

Herrn Herrn Heinrich Pestalozzi zu Iferten. Silvester Abends, 1809. Vater Pestalozzi!

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Es muss Sie interessiren, R e i n h a r d s Antwort auf die Zuschrift zu lesen, mit welcher ich die Mittheilung der 4 ersten Bogen meiner päda[go]gischen Briefe begleitet habe. Tit[el] Zürich, 30. Dec[ember] 1809.

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Den mir zugesandten gedruckten Aufsatz habe ich mit Interesse gelesen. Gerne u[nd] mit Aufmerksamkeit werde ich den Gang der öffentlichen Erörterung der Frage, welche von den beiden Unterrichts- u[nd] Erziehungs Methoden, der alten Klassischen oder der neuen Pestaluzzischen, die fruchtbarere u[nd] solidere sey? verfolgen, keiner ihr Recht versagen, sondern beide, da wo mein Amt etwas wirken kann, u[nd] so weit sie mit unsern Erziehungs Instituten vereinbar sind, unterstützen helfen. Ich finde nicht das geringste Bedenken, in dem gegenseitigen Reiben der beiden Systeme, insofern solches in den Schranken der Gebühr und des Anstandes verbleibt, daraus erfolget Licht; aber nur die Erfahrung wird fruchtbare Wärme erzeugen, und das Uebergewicht der einen über die andre entscheiden. So viel haben Sie zu Gunsten der Ihrigen voraus, dass gewiss die alte Klassische nicht genug umfassend und ausreichend für die neuern Bedürfnisse u[nd] Vorschritte in den Wissenschaften seyn mag. Ob aber die Pestaluzzische Induction sich weiter als auf die ersten Schul-Elemente erstrecken werde, und ob die Baconische nicht schon in den höhern Wissenschaften und in den neuern Entdeckungen ihr ziemliches Ziel erreicht habe, das getraue ich mir bey dem Gefühl meiner schwachen Einsicht nicht zu behaupten, sondern muss das den Gelehrten selbst überlassen, noch mehr aber der zukünftigen Erfahrung. Alles das Schmeichelhafte, das Sie in dem Briefe gegen meine Person äussern muss ich ganz bey Seite setzen. Nur die Begierde, meine Pflicht auch in der schweren Beziehung, um die es hier zu thun ist, so gut wie möglich zu erfüllen, wird mich leiten. Ihnen aber Beweise meiner vorzüglichen Achtung zu geben ist sie jederzeit bereit u[nd] gewidmet, Verehrtester Herr Professor, dero Ergebener Diener H[an]s Reinhard Sie sehen daraus, dass es in Zürich noch Personen von der grössten Wichtigkeit gibt, die einen uneingenommenen Sinn haben, u[nd] der Leidenschaftlichkeit jener Rhetoren etc. steuern.

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Ich wünschte mir, mit Ihnen das Neujahr zu feyern. Doch weg mit Wünschen der Unmöglichkeit! – Der Vater im Himmel gebe Ihnen und mir, was möglich ist durch unser redliches Wollen und ernstes Wirken zur Beförderung seines allweisen Planes für die Ver[edlung] der Menschheit! Gott sey mit uns! Ihr Schulthess. N.S. Lassen Sie mich im Neuen Jahre nicht lange auf einen schriftlichen Besuch von Ihnen harren, Ihren treuen Mitarbeiter u[nd] Mitstreiter!

Überlieferung 1 2 4 5

ZB Zürich, Ms Pestal 55, Umschlag 342/6 Bogen, 219x172 mm Datum am Schluss, Siegelspuren, Stempel ZURICH. 2 JAN. Original Textkritik

Zeuge H Z. 10 Z. 13 Z. 14 Z. 30 Z. 52 Z. 52 Z. 53

interessiren, R e i n h a r d s Tit[el]: lateinische Schrift Dec[ember]: lateinische Schrift Vorschritte in Planes für für die∫ Ver[edlung]: Siegelausriss Sacherklärung I.

Johannes Schulthess (1763–1836) ⇒ Nr. 788 II. ⇒

Nr. 1109 III.

Z. 7 Z. 10 Z. 10 Z. 12

Iferten: dt. Name für Yverdon R e i n h a r d s : Hans von Reinhard (1755–1835) ⇒ Nr. 1108 Zuschrift: ⇒ Nr. 1108 päda[go]gischen Briefe: Johannes Schulthess: Genauere Einsicht der neuesten Versuche einer besseren Erziehung und Bildung der Jugend. In Briefen an Freunde. Zürich 1810

784 Z. 32

Baconische: Damit ist ein auf Empirie und Induktion beruhender Forschungszugang gemeint, wie ihn Sir Francis Bacon (1561–1626, ⇒ Nr. 855) im Novum Organum (1620) beschrieben hat.

1110. Franz Adam Lejeune Ende 1809 5

[Reg.] Lejeune ist über den gesundheitlichen Zustand seines Sohnes Gustav beruhigt, lobt den positiven Einfluss von Fräulein Mutzepfal auf die Wundheilung und versichert Pestalozzi, dass sein Vertrauen in ihn ungebrochen sei.

Überlieferung 1

PSB VII, S. 5.34ff. Sacherklärung I.

Franz Adam Lejeune (1765–1854)



Nr. 870 II.

Wie dem Brief von August Eduard Adam Lejeune (1797–1882, ⇒ Nr. 926) vom 12. Dezember 1809 an seine Eltern zu entnehmen ist (Forschungsbibliothek Pestalozzianum Zürich, MS V, 141), war sein Bruder Johann Gustav Adolf Lejeune (1800–1880, ⇒ Nr. 870) am Kopf verletzt. Es könnte sich dabei um einen Ausschlag gehandelt haben, berichtet Eduard doch im Brief an seine Eltern vom 18. November, dass der Ausschlag verschwunden sei (ebd., MS V, 140). Erstmals erwähnt wird dieses Problem im Brief vom 30. September (ebd., MS V, 136). III. Z. 4 Z. 5

Gustav: Johann Gustav Adolf Lejeune (1800–1880) ⇒ Nr. 870 Mutzepfal: Antoinette von Fischer-Mutschefal war möglicherweise mit Maximilian David Benjamin von Fischer verheiratet (vgl. PSB VII, S. 408).

Register der Briefabsender Aargau. Schulrat 240 Abs, Johann Christian Joseph Theodosius/Theodor (1781–1823) 580 Akademie der Wissenschaften, Königliche (Bayern) 532 Amorós y Ondeano, Francisco (1767–1848) 295, 388 Anderwert-Bregg/Bräg, Maria Josepha (1753–1824) 538, 568, 628 Andujar, Juan/Jean 269 Appenzeller, Johann Konrad (1775– 1850) 224 Baier, Hermann Christoph (1775– 1822) 198, 235, 417 Barnet, John Cox 608 Barraud, Jean François/Franz (1777– 1830) 533, 560 Bekenn, Georg Ludwig (1756–1834) 696 Bern. Kleiner Rat 74 Biedermann, Johann Jakob (1763– 1830) 316 Blendermann, Johann Jakob (1783– 1862) 196 Blum, Johann Georg (1768–1824) 605 Böhnen, Karl Axel Ludwig (Louis), Freiherr von (1760–1829) 577 Bonstetten, Karl Viktor von (1745– 1832) 114 Borel (Herr) 232 Briegleb, Friedrich Ludwig (1782– 1838) 775 Bruch, Paul Philipp (1767–1818) 408 Bruderer, Johann Jacob (1781–1835) 687 Brunsvik, Gräfin Therese von (1775– 1861) 626 Buclin-Billon (Herr) 533 Bugnon, Constant (1773–ca. 1850) 604, 684, 763 Burnier, Jean Rudolphe (1757–1833) 125 Caamaño Gayoso Arias Varela et Mendoza, Joseph Bentura de (1735–1815) 210, 253, 414 Casanova (Herr) 365 Catoir, Johann Jakob (1774–1841) 627 Charrière, Samuel (1760–1807) 232

Crinsoz, Victor Henri (1769–1845) 238 Crinsoz-de la Harpe, Octavie Louisette Henriette (*1763) 436, 475 Custer, Laurenz Jakob (1765–1822) 59, 67 Custer-Pestalozzi, geb. Frölich, Anna Magdalena (1767–1814) 33, 38 Derschau, Baron Gotthard Ernst von (1769–1836) 150 Develey, Emmanuel (1764–1839) 124, 569 Diggelmann, Hans Conrad (*1776) 634 Döbeli, Johannes Paul (1755–1843) 272 Droz, Auguste 607 Dybeck, Christian (1755–1831) 143, 150 Ebel, Johann Gottfried (1764–1830) 440 Engelmann, Julius Bernhard (1773– 1844) 351 Escher, Johann/Hans Konrad (1776– 1835) 480, 501, 584, 710 Ewald, Johann Ludwig (1748–1822) 169 Eyer (Herr) 115, 128 Fellenberg, Philipp Emanuel von (1771–1844) 4, 10, 28, 49, 52, 59, 61, 75, 82, 84, 88, 129, 134, 167, 175 Fichte, Johann Gottlieb (1762–1814) 632 Fichte-Rahn, Marie Johanne (1758– 1819) 632 Frias, Diego López, Herzog von (1754–1811) 189 Fröbel, Friedrich Wilhelm August (1782–1852) 507, 521 Frossard de Saugy, Daniel Louis (1752–1808) 140 Frossard de Saugy-de Ribaupierre, Susanne Elisabeth (1758–1844) 132 Gérando, Marie Joseph de (1772– 1842) 313, 343 Gerling, Adolf Friedrich (1769–1828) 537

786 Gersdorff-von Rennenkamp, Elisabeth Dorothea von (1759–1844) 668 Gessner, Johann Georg (1765–1843) 30 Godoy, Manuel de (1767–1851) 214, 269, 347, 379 Gonzales de Villar (Herr) 215, 376, 438 Gordon (Frau) 126 Gräff, Johann Heinerich/Heinrich (1765–1827) 144, 156, 197 Gröde (Herr) siehe: Schrötter (Herr) Gross-Pestalozzi, Anna Barbara (1751–1832) 132 Gruner, Gottlieb Anton (1778–1844) 92 Häfeli, Johann Kaspar (1778–1812) 116 Hagen, Friedrich Wilhelm (1767–1837) 227 Hallwil, Franziska Romana von (1758–1836) 55 Hamilton (Frau) 131 Hanhart, Balthasar (1784–1840) 248 Hanhart, Johannes (1773–1829) 276 Hartmann, Georg Leonhard (1764– 1828) 285 Hedelhofer, Gaspar Samuel (1771– 1838) 256 Henning, Johann Wilhelm Mathias (1783–1868) 602, 658 Hofmann, Georg Franz/Franz Georg (um 1765–1838) 141 Hollard, Samuel Jacques (1759–1858) 606 Jäggi, Johannes (1766–1825) 367 Jasmund, Ludwig Hellmuth Heinrich, Freiherr von (1748–1825) 635 Jordan, Camille (1771–1821) 761 Kappeler, Hans Georg (1775–1818) 112, 115, 398 Keller, Georg Viktor (1760–1827) 308 Kirgener de Planta, François Joseph, Baron (1766–1813) 177 Kirchberger/Kilchberger von Mont, Karl Rudolf (1739–1808) 27, 87, 89 Kleinschmidt, Ernst Karl (1775–1847) 24, 30, 461 Knusert, Johann Joseph (1787–1811) 3 Krüsi, Hermann (1775–1844) 559, 635, 645 L’Aspée, Johannes de (1783–1825) 457

Ladomus, Johann Jakob Friedrich (1782–1854) 12, 363, 487 Laharpe, Frédéric César de (1754– 1838) 22 Lehni, Luise 703 Lehr, Friedrich (1782–1854) 600 Lejeune, August Eduard (1797–1882) 374 Lejeune, Franz Adam (1765–1854) 246, 350, 373, 442, 690, 773, 784 Lenz, J.L. 415, 657, 693, 740 Leriche (Frau) 35 Leriche (Herr) 95 Leyden, Frederik Auguste van (1768– 1821) 546 Lindner, Friedrich Wilhelm (1779– 1864) 151 Lüders, Ludwig (1776–ev. 1822) 152 Ludwig I., Kronprinz und König von Bayern (1786–1868) 656 Maclure, William (James) (1763–1840) 261 Mäder, Abel Théodore Guillaume (1765–1834) 335, 590 Maine de Biran, François Pierre Gauthier (1766–1824) 253, 322 Malardeau, François (ca. 1758–1845) 148, 153 Martens, Georg Friedrich von (1756– 1821) 606 Marti, Johann Rudolf (1765–1824) 102 Marti, Johannes (1768–1810) 201, 327, 479 Martin, Jacques (1758–1842) 610 Meili, Hans Heinrich (1767–1813) 518 Meuricoffre-Coltellini, Céleste (1760– 1828) 433 Meyer, Abraham (1774–1832) 645 Meyer von Schauensee, Franz Bernhard (1763–1848) 113, 202, 582 Mezler, Franz Xaver (1756–1812) 746 Michaelsen, Johann Martin (1742– 1816) 693 Monnet (Monsieur) 166, 168, 182 Monod, Henri (1753–1833) 130 Montmollin, Frédéric Auguste de (1776–1836) 411 Morel, Charles-Ferdinand (1772–1848) 377 Müller, Johannes von (1752–1809) 566, 686

787 Müller, Thaddäus (1763–1826) 695, 766, 776 Müller-Friedberg, Karl (1755–1836) 675 Muralt, Johannes von (1780–1850) 7, 86, 733, 751, 753 Nabholz, Philipp (1782–1842) 476 Näf, Franz Joseph Nikolaus (1770– 1854) 26 Nägeli, Hans Georg (1773–1836) 551, 768 Neff, Gaspar/Kaspar (ca. *1766) 299 Nicolovius, Georg Heinrich Ludwig (1767–1839) 552, 649, 665, 676 Niederer, Johannes (1779–1843) 36, 44, 103, 108, 112, 114, 118, 122, 463, 467, 534, 553 Niederer-Kasthofer, Rosette (1779– 1857) 195, 237, 324, 377, 421, 494, 504, 543, 588, 594, 611 Notz, Heinrich (1775–1826) 141 Ochs, Peter (1752–1821) 705 Orelli, Johann Caspar von (1787–1849) 209 Orelli-Escher, Regula von (1757–1829) 199 Pestalozzi, Johann (Hans) Jakob (1785–1849) 289 Pestalozzi-Schulthess, Anna (1738– 1815) 26, 38, 67, 157, 181, 183, 226 Pfeffel, Gottlieb Konrad (1736–1809) 267 Pfeiffer, Michael Traugott (1771– 1849) 354 Plamann, Johann Ernst (1771–1843) 45, 58, 97 Planta, François Joseph Kirgener, Baron de siehe: Kirgener de Planta, François Joseph, Baron (1766– 1813) Preisig, Johannes/Johann/Jean (1775– 1814) 470 Preussen. Sektion Unterricht des Innenministeriums 651, 661, 691, 744 Rantzau, Andreas Konrad/Conrad Peter, Graf zu (1773–1845) 142, 153 Rapin, Daniel Benjamin (1760–nach 1810) 145 Rengger, Albrecht (1764–1835) 474

Rennenkampf, Karl Jacob Alexander, Edler von (1783–1854) 291, 345 Rieter, Heinrich (1757–1840) 305 Ritter, Karl/Carl (1779–1859) 328, 381, 490 Rosenberger, Barbara (1781–1864) 707 Rosenberger, Barbara (1790–1864) 707 Rothe, Anders (1787–1833) 58 Rougemont, Georges de (1758–1824) 442, 447, 478, 524, 571, 655, 678, 729, 765 Rueff, Philipp Jakob (1743–1831) 325 Sauerländer, Heinrich Remigius (1776–1847) 732, 764, 767, 769, 777 Schlaff, George Christoph (*1790) 698 Schlesinger, Johann Matthäus (1779– 1859) 734 Schlichtegroll, Adolf Heinrich (Friedrich) von (1765–1822) 548 Schmeller, Johann Andreas (1785– 1852) 191 Schmid, Joseph (1785–1851) 375 Schneider, Johann Jakob (1787–1844) 538 Schnewlin, Johann Jacob (177–1834) 731 Schrötter (Herr) 166, 670 Schrötter, Friedrich Leopold von (1743–1815) 540, 601 Schulthess, Johannes (1763–1836) 126, 188, 264, 378, 598, 643, 702, 737, 756, 778, 781 Schwarz, Friedrich Heinrich Christian (1766–1837) 428, 473, 492, 597 Schweiz. Landammann 773 Schweizer, Johann Kaspar (1754–1811) 634, 664 Skipwith, Fulwar (1765–1839) 261 Société économique de Valencia 275 Sozietät für die gesammte Mineralogie zu Jena 146 Stackelberg, Christoph Adam von (1777–1841) 572 Staël, Auguste de (1790–1827) 550 Staël-Necker, Anne Louise Germaine de (1766–1817) 550 Stalder, Franz Joseph (1757–1833) 758 Stapfer, Philipp Albert (1766–1840) 310, 366, 421, 719

788 Sterchi, Jean Henri Samuel (1760– 1819) 138 Stoll, Jean (1747–1833) 337 Streiff, Johann Balthasar (1762–1828) 257, 277, 604 Strøm, Johann Christian Ludwig (1771–1859) 156 Studer, Gabriel Friedrich (1784–1824) 229 Sullivan, George (1771–1838) 333 Thurgau – Engerer Schulrat 574 – Schulrat 90, 144 Tobler, Johann Georg (1769–1843) 46, 63, 69, 72, 79, 86, 645 Tobler, Johannes (1771–1820/29) 142 Torlitz, Johan Henrik Anton (1777– 1834) 57, 143, 156 Trösch, Johannes (1767–1824) 43 Trümbach (Herr) 244 Tschanz, Johann Georg & Comp. (Firma) 91, 101 Tschudy, Johann Heinrich (1779–1841) 133, 140 Türk, Wilhelm Christian von (1774– 1846) 13, 44, 152, 156, 170, 205, 278, 317, 373, 390 Twent, Adriaan Pieter (1745–1816) 689 Ulrich, Johann Konrad (1761–1828) 392 Unbekannt 3, 197, 301, 366 Vail, Aaron (1755–1813) 325 Vischer, Peter (1751–1823) 239, 633 Voitel, [Franz] Joseph Stephan (1773– 1839) 302–303 Voll, Franz Anton (1776–1838) 258 Waadt. Regierung 138 Wangenheim, Karl August von (1773– 1850) 500, 526, 613, 628, 681 Waser-Blank, Margarete/Magarete/ Margarethe (1766–1835) 181 Weber-Hotz, Barbara (1765–1810) 367 Wessenberg, Ignaz Heinrich von (1774–1860) 188, 437, 625 Wiesand, E.A. 219 Willemer, Johann Jakob von (1769– 1838) 256, 430 Windischmann, Karl Joseph Hieronymus (1775–1839) 638

Witte, Karl Heinrich Gottfried (1767– 1845) 12 Witte-Reimann, Johanna Klara Wilhelmine, genannt Luise Johanna (1778–1842) 25 Yverdon – Institut 86 – Munizipalität 31, 71, 176, 233 Zehme, Ernst Vertraugott (1786–1863) 668, 713 Zelger, Franz Niklaus (1765–1821) 578 Zeller, Karl August (1774–1846) 210, 393, 403, 431, 450, 482, 498, 618 Zollikofer, Bibi 770 Zwicky (Herr) 133

Register der Namen und Körperschaften Aargau. Schulrat 195, 242, 309 Aberli, Johann Ludwig (1723–1786) 316 Abs, Johann Christian Joseph Theodosius/Theodor (1781–1823) 581 Academy of Natural Sciences 263 Adler, Jacob Georg Christian (1756– 1834) 737 Adolf II. zu Ysenburg und Büdingen (1795–1859) 598 Adolph von Nassau (1817–1905) 460 Aebi (Lehrer) 485 Affry, Louis d’/Ludwig von (1743–1810) 107, 761, 775 Akademie der Wissenschaften, Königliche (Bayern) 194, 532, 549 Akademie nützlicher Wissenschaften, Kurmainzische 342 Albepierre, Fortunée d’ (1801–1876) 196 Albers, Marie Amalie Heloise siehe: Oelrichs-Albers, Marie Amalie Heloise (1803–1873) Alberti, Jules 746 Albi (Lehrer) 485 Alexander I., Zar von Russland (1777– 1825) 23–24, 164, 174, 573 Alfieri, Carlo Emanuele (1764–1844) 762 Alfieri, Vittorio (1749–1803) 762 Almagro, Juan Antoni (*1774) 194 Altstätten. Schule 539 Amiet-Gyr, Agnes Emerita (1787– 1836) 767 Amorós, Antonio 298 Amorós, Buenaventura 298 Amorós, Manuel 298 Amorós y Ondeano, Francisco (1767– 1848) 215, 223, 272, 297–298, 300, 305, 350, 376, 381, 389, 415 Amrhyn, Josef/Joseph Karl Xaver Leopold Leodegar (1777–1848) 704, 777 Anderwert (Neffe) 538 Anderwert, Franz Georg (1793–1849) 538, 568 Anderwert, Johann Georg Laurentius (1759–1826) 538

Anderwert-Bregg/Bräg, Maria Josepha (1753–1824) 538, 568, 628 Andujar, Juan/Jean 191, 194, 231, 269, 305 Anhalt-Dessau, Leopold III. Friedrich Franz, Fürst von siehe: Leopold III. Friedrich Franz, Fürst von AnhaltDessau (1740–1817) Anna Amalie von Sachsen-WeimarEisenach (1739–1807) 320 Anton Aloys, Fürst von HohenzollernSigmaringen (1762–1831) 749 Antoni, siehe: Bürgermeister, Antonio (*ca. 1793) Apoll 362 Appenzeller, Johann Konrad (1775– 1850) 225 Appia, Paul-Joseph (1782–1849) 180 Arguedas, Luis 274 Arnim-Suckow, Charlotte Phil. Jul. von siehe: Buch-von Arnim-Suckow, Charlotte Phil. Jul. von (1746– 1810) Arter, Katharina (1778–1809) 124, 772 Arusmont, William Phiquepal d’ (1779–1855) 263 August Ferdinand, Prinz von Preussen (1730–1813) 294 Autel, August Heinrich d’ (1779–1835) 631 Azara, José Nicolas de (1730–1804) 728 Bacchus 455 Bacon, Sir Francis (1561–1626) 218, 780, 784 Baden, Karl Ludwig Friedrich, Erbprinz und Grossherzog von siehe: Karl Ludwig Friedrich, Erbprinz und Grossherzog von Baden (1786–1818) Baden. Generalstudien-Kommission 462, 489–490 Bänziger, Konrad (1777–1854) 11 Baier, Charlotte Eleonora siehe: Franck-Baier, Charlotte Eleonora (1773–1837) Baier, Hermann Christoph (1775– 1822) 198, 236, 420

790 Baier, Johann Christopher (1744–1790) 198, 420 Baier-Kosegarten, Alwine (1787–1864) 198, 421 Balo, Samuel (†1814) 147 Balthasar, Josef-Anton (1761–1837) 204 Baltrusch, Samuel Eduard 663, 667 Banza, Felipe 194 Barchewiz, Ad 746 Bardeleben, Karl Alexander, Baron von (1770–1813) 166, 674 Barnet (Frau) 610 Barnet, Charles 609 Barnet, George 609 Barnet, John Cox 609–610 Barnet, William Armand (*1795) 609 Barraud, Jean François/Franz (1777– 1830) 4, 42, 84, 87, 137, 162, 248, 255, 312–313, 315, 324, 344, 427, 534, 565–566 Barraud, Louis (1798–1875) 162, 324, 534 Barraud, Suzanne/Suzette (*1779) 162 Bartholdy, Georg Wilhelm (1765–1815) 21 Basedow, Johann Bernhard (1724– 1790) 209 Basel – Bernoullische Lehranstalt 603, 660 – Hopfsches Institut 707 – Philotechnisches Institut 660 Battier, Gertrud siehe: ParaviciniBattier, Gertrud (1776–1838) Bauer, Georges Frédéric 592 Bauer, Karl von (1777–1847) 81 Bauer-Meyer, Rosine 592 Baumann, Christoph (1789–1863) 769 Bayern – Karl II. August, König von siehe: Karl II. August, König von Bayern (1746–1795) – Ludwig I., Kronprinz und König siehe: Ludwig I., Kronprinz und König von Bayern (1786–1868) – Maximilian I., König von siehe: Maximilian I., König von Bayern (1756–1825) – Maximilian III. Joseph, Kurfürst von siehe: Maximilian III. Joseph,

Kurfürst von Bayern (1727–1777) – Maximilian IV., Kurfürst siehe: Maximilian I., König von Bayern (1756–1825) Bazán, Alvaro de (1526–1588) 219 Beausobre, Jeanne siehe: KasthoferBeausobre, Jeanne (1779–1846) Beck, Georg Friedrich (*1770) 111 Beck, Johann Heinrich (1773–1811) 110 Becker, Rudolf Zacharias (1752–1822) 549 Behrens, Margaretha Amalia (1753– 1834) 199 Bekenn, Georg Ludwig (1756–1834) 697 Bekenn-Rodhe, Metta Gerdruth (1780–1867) 697 Bergerac. Schule 312, 324, 344, 427, 534, 565–566 Berlin. Plamannsche Schule 45, 99 Bern – Academie 546 – Finanzrat 26, 28, 75 – Kirchenrat 485–486, 500, 624 – Kleiner Rat 75, 85, 333, 485– 486, 500 Bernard, Jeanne Françoise Julie Adélaïde siehe: Récamier-Bernard, Jeanne Françoise Julie Adélaïde (1777–1849) Bernoulli, Christoph (1782–1863) 603, 660 Berthier, Louis-Alexandre (1753–1815) 164, 397, 446 Bertschinger, Johann Jacob (1779– 1838) 596 Bertschinger-Hagnauer, Sophie (1786/7–1873) 531, 596 Bethmann-Hollweg, Anna Elisabeth (1791–1850) 332 Bethmann-Hollweg, Johann Jakob (1748–1808) 331–332 Bethmann-Hollweg, Johann Philipp (1791–1812) 332 Bethmann-Hollweg, Margarethe Luise (1793–1831) 332 Bethmann-Hollweg, Moritz August von (1795–1877) 331–332 Bethmann-Hollweg, Susanne Elisabeth (1763–1831) 332

791 Beyme, Karl Friedrich von (1765– 1838) 21 Bickel, Johann Daniel Karl (1737– 1809) 460 Bieberstein, Ernst Franz Ludwig Marschall von (1770–1834) 459 Biedermann, Johann Jakob (1763– 1830) 316 Bilfinger (Lehrer) 635 Biot, Jean Baptiste (1774–1862) 728 Bippen, Diedrich von (*1798) 102, 769 Bippen, Hans Burchard von (1796/97– 1811) 102, 769 Birmenstorf. Mädchenarbeitsschule 600 Bischoff, Johann Jakob (1797–1838) 648 Bismarck, Otto von (1815–1898) 247 Blank, Johann (Hans) Jakob (1752– 1816) 182 Blank, Margarete/Magarete/Margarethe siehe: Waser-Blank, Margarete/Magarete/Margarethe (1766–1835) Blattmann, Johannes (1771–1854) 163 Blattmann-Hotz, Anna (1736–1807) 163 Blech, François Joseph (1780–1836) 637 Blendermann, Johann Jakob (1783– 1862) 117, 173–174, 196, 701 Blochmann, Karl Justus (1786–1855) 718 Blum, Johann Georg (1768–1824) 605 Blum, (Johann) Heinrich (1796–1861) 605 Blun(t)schli, Johann Kaspar, genannt Menalk (1743–1767) 187 Bodmer, Johann Jakob (1698–1783) 124 Böhnen, Franciscus Axel Anton, Freiherr von (*1800) 578 Böhnen, Karl Axel Ludwig (Louis), Freiherr von (1760–1829) 577 Boethlingk, Dorothea (Catharina) siehe: Laharpe-Boehtlingk, Dorothea (Catharina) (1775–1858) Boleslawiec. Lehrerseminar 598, 603, 651, 664, 669 Bonaparte, Louis Napoleon, König von Holland (1778–1846) 547, 690

Bonaparte, Maria Anna Elisa, Prinzessin von Piombino (1777–1820) 197 Bonaparte, Napoleon I. (1769–1821) 23, 100, 111, 124, 155, 164, 190, 197, 201, 210, 232, 237–238, 255, 275, 337, 397, 406, 427, 455, 517, 547, 550–551, 567, 623, 655, 657, 683–684, 712, 743, 762 Bonarotti/Bonorotti (Herr) 84, 89 Bonstetten, Karl Viktor von (1745– 1832) 114, 295 Borel (Herr) 233 Borel, Charles Louis (1791–1838) 232 Borel, Louis 232 Borel, Marianne siehe: Fauche-Borel, Marianne (1751–1824) Bosberg, Augusta von siehe: Wangenheim-von Bosberg, Augusta von Bovet, Jean-Jacques (1728–1793) 396 Braunschweig. Industrieschule 283 Bregg, Johann Konrad (1735–1796) 538 Bremen – Mädchenschule 196 – Museumsgesellschaft 697 – Verein zum Wohltun 697 – Waisenhaus 701 Bremi, Johann Heinrich (1772–1837) 123, 213, 371, 769 Breslau. Evangelisches Seminar 603 Brest. Collège communale 313 Briche, Jean de (1766–nach 1838) 593 Bridel, Jean-Louis-Philippe (1759–1821) 617 Briegleb, Friedrich Ludwig (1782–1838) 776 Briqueville, François Claude Marie, Vicomte de (1761–1796) 97 Broillat (Mademoiselle) 196 Bruch, Paul Philipp (1767–1818) 409– 410 Bruderer, Andreas (1807–1808) 689 Bruderer, Anna Katharina (*1803) 688 Bruderer, Johann Jacob (1781–1835) 688 Bruderer, Katharina Barbara (1805– 1841) 688 Bruderer-Walser, Johanna Elisabetha (1778–1845) 688

792 Brugnatelli, Luigi Vincenzo (1761– 1818) 350 Brune, Guillaume (1763–1815) 23 Brunner, Johannes (1755–1820) 123, 164 Brunsvik, Therese, Gräfin von (1775– 1861) 627 Brusch, Johann Caspar (1784–1852) 111 Buch, Adolf Friedrich von (1733–1811) 283 Buch, Wilhelmine Amalie von siehe: Türk-von Buch, Wilhelmine Amalie von (1784–1850) Buch-von Arnim-Suckow, Charlotte Phil. Jul. von (1746–1810) 283 Buchholz, Paul Ferdinand Friedrich (1768–1843) 100 Buck, Aloisia (†1857) 750 Buclin-Billon (Herr) 533 Bürgermeister, Antonio (*ca. 1793) 194, 223, 301 Bürgermeister, Jorge 195 Bürkli, Johann Heinrich (1760–1821) 781 Buffon, Georges Louis Leclerc, Comte de (1707–1788) 387 Bugnon, Constant (1773–ca. 1850) 605, 685, 764 Bugnon, Isaac Henri (1800–1867) 685, 764 Bugnon, Louis (1772–1843) 764 Bunsen, Johann Georg (1766–1833) 352 Bunsen-Huth, Charlotte Augusta Christiana (1766–1847) 352 Bunzlau. Lehrerseminar siehe: Boleslawiec. Lehrerseminar Burckhardt, Karl (1795–1850) 710 Burckhardt-Paravicini, Rosina (1804– 1835) 710 Burdorf, Peter (1753–1813) 737 Burgermeister, Georg 272 Burkhard (Ankerwirt) 489 Burnand, Sarah 426 Burnand, Sophie Louise siehe: StapferBurnand, Sophie Louise (1737– 1798) Burnier, Henri (1799–1877) 125 Burnier, Jean Rudolphe (1757–1833) 125

Burnier, (Pierre) Louis (Etienne) (1795–1873) 125 Businger, Josef Maria (1764–1836) 579 Busolt, Gotthilf Christian Wilhelm (1771–1831) 677 Buss, Johann Christoph (1776–1855) 42, 45, 52, 58, 84, 87, 100, 137 Buss, Luise siehe: Näf-Buss, Luise (1784–1845) Butet de la Sarthe, Pierre Roland François (1769–1825) 609 Caamaño Gayoso Arias Varela et Mendoza, Joseph Bentura de (1735–1815) 70, 210, 253, 269, 272, 389, 408, 415, 440 Campe, Joachim Heinrich (1746–1818) 387 Carl Eugen, Herzog von Württemberg (1728–1793) 577 Carl Friedrich Ludwig Moritz, Graf zu Ysenburg und Büdingen (1766– 1820) 598 Carlos Maria Isidro Benito de Borbón y Borbón-Parma (1788–1855) 300 Carus, Friedrich August (1770–1807) 19 Casanova (Herr) 366 Caspari, Christian Gottlob (1764–1846) 227 Caspari-Gross, Christine Charlotte/ Lotte (1781–nach 1846) 227 Cassat, Louis François (1757–1842) 503 Catoir, Johann Heinrich (1780–1829) 627 Catoir, Johann Jakob (1774–1841) 627 Catoir, Victor Heinrich (1796–1825) 627 Catoir-Catoir, Susanna Elisabetha (1772–1829) 627 Cépède, Bernard Germain Etienne Médard de la Ville-sur-Illon, Comte de la (1756–1825) 388 Ceres 455 Chaillet, Samuel Franz 545 Chaillet, Susanne siehe: KasthoferChaillet, Susanne (1737–1822) Chaillet-Gournel, Maria 545 Chapuis (Herr) 566 Charlotte Johanna von Spanien (1775–1830) 300 Charpin (Herr) 344

793 Charrière, Isabelle (1740–1805) 456 Charrière, (Pierre Marc) Louis (1795– 1874) 233 Charrière, Samuel (1760–1807) 233 Charrière-Gaulis, Susanne Louise (1763–1837) 233 Chastellux, Henri Georges César, comte de (1746–1814) 346 Chavannes, Daniel-Alexandre (1765– 1846) 96, 137, 139, 327, 449, 504 Chossat, Charles (1796–1831) 752 Chossat, Jean-Étienne-César (1753– 1831) 752 Christen, Joseph Maria (1769–1838) 657 Christen, Marie Josefa siehe: ZelgerChristen, Marie Josefa (1765– 1819) Clausewitz, Carl von (1780–1831) 655 Cloëtta-von Muralt, Anna Elisabetha (1787–1850) 165 Collomb, Jean Etienne/Georges (1767– 1826) 137, 175–176, 436 Coltellini, Marco (1724–1777) 435 Combe, Rose Suzanne siehe: MaulazCombe, Rose Suzanne Combettaz, Jean Louis (ca. 1759–1807) 32, 72 Comte, Samuel Beat (1798–1853) 177 Comte, Samuel Joseph (1773–1806) 177 Comte-Correvon, Jeanne (1770–1843) 177 Condillac, Etienne Bonnot de (1715– 1780) 218 Constant de Rebecque, (Henri) Benjamin (1767–1830) 295, 551 Cook, Charles-Frédéric (1806–1858) 587 Cook-de Molin, Marie-GeorgineMathilde (1801–1897) 587 Cornabe, Jeanne Françoise Henriette siehe: Crinsoz-Cornabe, Jeanne Françoise Henriette (1805–1882) Costa y Gali, José 194 Cotta, Christoph Friedrich (1758–1838) 683 Cotta, Johann Friedrich, Freiherr von Cottendorf (1764–1832) 683–684 Couvreu (de Deckersberg), Daniel Emmanuel (1756–1831) 139

Creuzer, Friedrich (1771–1858) 429 Crinsoz, François (1797–1865) 238, 436, 476 Crinsoz, Georges Samuel (1754–1798) 436 Crinsoz, Henri Jean (1814–1897) 238 Crinsoz, Jeanne Marie (1811–1874) 238 Crinsoz, Victor Henri (1769–1845) 238 Crinsoz-Cornabe, Jeanne Françoise Henriette (1805–1882) 238 Crinsoz-de la Harpe, Octavie Louisette Henriette (*1763) 436, 476 Crinsoz-Mayor, Marianne 238 Crousaz, Jean de (1761–1811) 587 Crousaz, Sophie-Caroline-Henriette de (1802–1869) 587 Crull, Johann Joachim Friedrich (1782– 1837) 753, 769 Cuenin, Henry 92 Custer, Anna Franziska Theresia, genannt Therese siehe: KraftCuster Anna Franziska Theresia, genannt Therese (1805–1880) Custer, Elisabeth (1807–1865) 456 Custer, Jakob Laurenz (1755–1828) 288 Custer, Johann Heinrich (1757–1818) 69, 456 Custer, Laurenz Jakob (1765–1822) 34– 35, 41, 59, 68, 162, 187, 454, 456, 753 Custer-Pestalozzi, geb. Frölich, Anna Magdalena (1767–1814) 34, 38, 59, 69, 162–163, 320, 454 Dacheröden, Ernst Ludwig Wilhelm (1764–1806) 549 Dändliker, Johann Jakob (1780–1859) 267 Dänemark. Graf 121 Dänemark und Norwegen, Friedrich VI., König von siehe: Friedrich VI., König von Dänemark und Norwegen (1768–1839) Dalberg, Carl Theodor Anton Maria, Freiherr von (1744–1817) 438, 623, 743 Daller, Abraham (1743–1836) 712 Daller, Georg 605 Daller-Diethelm, Anna-Barbara (1749–1830) 712

794 Däniker, Anna Maria siehe: RieterDäniker, Anna Maria (1763–1841) Dapperen, Dirk van (1791–1822) 548, 690, 769 Dapples, Charles-Auguste (1791–1873) 587 Dapples, Christian (1797–1864) 82, 627 Dapples, Christian Samuel Ferdinand (1768–1848) 82, 627 Dapples, Marc François (1800–1865) 627 Dapples-de Molin, Amélie-HenrietteAimée (1800–1891) 587 Dapples-Honnerlag, Anna-Ursula (1806–1845) 82 Dapples, Steiner & Cie. (Firma) 627 Daubenton/D’Aubenton, Louis JeanMarie (1716–1800) 387 Davout, Louis Nicolas (1770–1832) 684 Delaspé, Conrad (1754–1833) 459 Delessert, (Jules Paul) Benjamin (1773–1847) 313 Derschau, Gotthard Ernst, Baron von (1769–1836) 150, 574 Desportes, Nicolas-Félix, Baron (1763– 1849) 337, 593 Dessau – Olivier-Tillichsche Erziehungsanstalt 391 – Philanthropin 321, 386, 549, 781 Detrey, Jeanne-Rose siehe: RapinDetrey, Jeanne-Rose (1761–1823) Develey, Charles Gabriel Frédéric Carl (1799–1866) 125, 570 Develey, Emmanuel (1764–1839) 124– 125, 131, 427, 503, 570, 728 Develey-de Felice, Louise (Jeanne Elisabeth) Lise (1764–1838) 124 Diethelm, Anna-Barbara siehe: DallerDiethelm, Anna-Barbara (1749– 1830) Diggelmann, Hans Conrad (*1776) 634, 665 Dinkelmann (Familie) 755 Dios Gil y Lara, Juan de 274 Ditters von Dittersdorf, Karl (1739– 1799) 363 Döbeli, Anton Paul (*1757) 275 Döbeli, Johann Jakob (1766–1844) 275 Döbeli, Johann Joseph (1764–1854) 275 Döbeli, Johann Joseph (1780–1808) 275

Döbeli, Johann Xaver (1768–1845) 275 Döbeli, Johannes Paul (1755–1843) 191, 215, 272, 274–275, 298, 303 Dohna, Friedrich Ferdinand Alexander von (1771–1831) 654, 663, 674, 677 Dolder, Johann Rudolf (1753–1807) 187–188 Dolder-Kölliker, Anna Dorothea (1751–1806) 188 Dolz, Johann Christian (1769–1843) 718 Donderer, Prosper (Abt) (1715–1779) 433 Dreist, Karl August Gottlieb (1784– 1836) 663, 667, 745–746 Droz, Auguste 608 Droz, Charles 608 Dubois des Corbieres (Frau) siehe: VailDubois des Corbieres (Frau) Dudressier (Schüler) 82 Dupasquier, Claude-Abram (1717– 1783) 396 Du Pasquier, Jacques-Louis (1765– 1839) 449 Durant de Mareuil, Joseph Alexandre Jacques (1769–1855) 406 Dutoit, Jeanne-Louise-Lydie siehe: Molin-Dutoit, Jeanne-Louise-Lydie de (1810–1895) Dutoit, Philippe (1751–1832) 503 Dybeck, Christian (1755–1831) 143, 151 Dybeck, Christian (1783–1823) 34, 143 Dyon/Dijon (Schüler) 84 Dyon/Dijon (Vater) 84 Ebel, Johann Gottfried (1764–1830) 441–442, 743 Eckardt, Johann Christoph 284, 321 Effinger, Bernhard Sigmund Wilhelm von (1769–1825) 35 Effinger, Ludwig Albrecht von (1773– 1853) 35 Egger, Katharina siehe: Krüsi-Egger, Katharina (1790–1848) Egger, Wilhelm/Guillaume (1792– 1830) 753 Eggers, Carolina Friederike Anna siehe: Gerling-Eggers, Carolina Friederike Anna (1786–1853)

795 Eggimann, Samuel Friedrich (1737– 1806) 66 Eggimann, Samuel Ludwig (1776– 1845) 66 Egloffstein, Wolfgang Gottlob Christoph, Freiherr von und zu (1766– 1815) 321 Eichendorff, Joseph von (1788–1857) 598 Eisenbeis, Georg Christoph (1759– 1813) 635 Elser, Genoveva (1753–1838) 750 Engelmann, Friedrich Theodor (1779– 1854) 353 Engelmann, Julius Bernhard (1773– 1844) 333, 352, 385, 743 Ernst, Louise Elisabeth Emilie von siehe: Wattenwyl-von Ernst, Louise Elisabeth Emilie von (1771–1852) Ernst August II. Constantin, Herzog von Sachsen-Weimar-Eisenach (1737–1758) 320 Ernst Eugen, Graf von Görlitz (1768– 1832) 530 Erziehungsanstalt, Allgemeine Deutsche 517 Escher, Johann/Hans Konrad (1776– 1835) 481–482, 503–504, 587, 704, 712 Escher, Regula siehe: Orelli-Escher, Regula von (1757–1829) Escher vom Adlerberg, Anna Barbara siehe: Pestalozzi-Escher vom Adlerberg, Anna Barbara (1751– 1781) 291 Escher (vom Glas), Salomon (1743– 1806) 456 Escher (vom Luchs), Hans Conrad (1743–1814) 213 Escher (von der Linth), Hans Konrad (1767–1823) 213, 372, 760 Escher-von Orelli, Margarete/Margaretha (1745–1813) 397, 456, 485 Esterházy, Fürst Nikolaus II. (1765– 1833) 121 Evers, Ernst August (1779–1823) 141, 371–372, 728 Ewald, Johann Ludwig (1748–1822) 137, 170, 462, 697, 701 Ewald und Comp. (Firma) 74

Eyer (Herr) 63, 74, 82, 116, 129 Eyer, Philipp 116 Fasnacht, Alexander 106 Fasnacht, Daniel 106 Fauche, Abraham Louis (1762–1829) 730 Fauche-Borel, Marianne (1751–1824) 730, 766 Fauche-Borel (Buchhandlung) 730 Fazy, Marie-Charlotte siehe: MartinFazy, Marie-Charlotte Feierabend, Joseph (1779–1859) 704, 777 Felaction, Louis Frédéric (1772–1841) 32 Felice, Louis de 131 Felice, Louise (Jeanne Elisabeth) Lise de siehe: Develey-de Felice, Louise (Jeanne Elisabeth) Lise (1764– 1838) Fellenberg, Elisabeth Charlotte von (1801–1875) 137, 454 Fellenberg, Elisabeth Olympia von (1804–1870) 137, 454 Fellenberg, Emanuel Emil von (1802– 1806) 137 Fellenberg, Friedrich Rudolf von (1800–1834) 137, 454 Fellenberg, Philipp Emanuel von (1771–1844) 6, 10–11, 28–29, 37, 44, 48, 51–52, 54, 57, 61–63, 66, 69–70, 74, 78, 82, 84–86, 89, 94– 95, 116, 121, 129–130, 137, 168, 175–176, 277, 332, 397, 406–407, 428, 433, 438, 455–456, 475, 485, 529, 616–617, 622, 644, 664, 669, 718, 740 Fellenberg, Wilhelm Tell von (1798– 1880) 137, 454 Fellenberg-von Tscharner, Margaretha von (1778–1839) 137, 454 Fellenberg – Armenschule 6, 29, 78, 137 – Landwirtschaftliche Schule 332, 456 Ferdinand VII., König von Spanien (1784–1833) 215, 218, 300, 381 Fessler, Ignaz (1756–1839) 294 Fetzer, Johann Karl (1768–1847) 243, 372, 455

796 Fichte, Hartmann Immanuel (1796– 1879) 632 Fichte, Johann Gottlieb (1762–1814) 147, 198, 558, 617, 632–633 Fichte-Rahn, Marie Johanne (1758– 1819) 632–633 Fierz, Kaspar (1777–1814) 410, 521 Filangieri, Adelaide 436 Filangieri, Carlo (1784–1867) 436 Filangieri, Carolina (1750–1828) 436 Filangieri, Gaetano (1752–1788) 436 Filangieri, Roberto 436 Filiol de Raimond, Louis Jules Barbon Hélène (1752–1838) 570 Fischer, Maximilian David Benjamin 784 Fischer-Mutschefal, Antoinette von 784 Flaction (Mademoiselle) 196 Flaction, Georges-Rodolphe-Adolphe (1776–1846) 731 Flaction, Jean-François-Frédéric (1734–1803) 731 Flaction, Louis Frédéric siehe: Felaction, Louis Frédéric (1772–1841) Flick, Samuel (1772–1833) 733 Florenz, Leopold I., Grossherzog von siehe: Leopold II., Kaiser von Österreich (1747–1792) Flügge, Margarete Catharina Elisabeth siehe: Salinger-Flügge, Margarete Catharina Elisabeth (1795– 1841) Flury, Bonifacius (1778–1836) 626, 761 Forrer (Eltern) 696 Forrer (Schüler) 696 Forster, Georg (1754–1794) 456 Forster, Marie Therese (1786–1862) 456 Forster-Heyne, Therese (1764–1829) 456 Fourcroy, Antoine François, Comte de (1755–1809) 350, 427, 728 Fox, Charles James (1749–1806) 728 Francisco Antonio de Paula de Borbón, Infant von Spanien (1794– 1865) 272, 275, 298, 300–301, 376 Franck, Bernhard Friedrich Olivius (1759–1833) 199, 420 Franck-Baier, Charlotte Eleonora (1773–1837) 420

Francke, August Hermann (1663– 1727) 386 Franke, Heinrich Theodor Traugott (1790–1851) 663–664, 667 Frankfurt – Mädchenschule Bunsen 352 – Musterschule 94 Frankreich. Institut national de France 255, 427 Frankreich, Louis XV., König von siehe: Louis XV., König von Frankreich (1710–1774) Franz Joseph Karl, Franz II., Kaiser von Österreich (1768–1835) 455 Franziska, Herzogin von Württemberg (1748–1811) 577 Frei-Gallmann, Barbara (1784–1814) 188 Fretageot, Marie Duclos (1783–1833) 263 Frias, Andrés Pascual Pedro Nolasco Juan Nepomuceno María del Milagro Pacheco y Benavides siehe: Milagro Pacheco y Benavides, Andrés Pascual Pedro Nolasco Juan Nepomuceno María del (1791–1854) Frias, Bernardino Férnandez de Velasco Benavides, Herzog von (1783–1851) 190, 218, 231, 305 Frias, Diego López, Herzog von (1754– 1811) 190, 215, 218, 232, 269, 305 Frias, José Bernardino Cayetano Diego María del Milagro Pacheco y Benavides siehe: Milagro Pacheco y Benavides, José Bernardino Cayetano Diego María del (1788–1846) Frias, Maria de la Visitación (1801– 1873) 190 Frias-de Paula, Francisca (1763–1827) 190 Fribourg (Kanton). Regierung 107 Fribourg (Stadt). Munizipalität 107 Friedberg. Taubstummenanstalt 352 Friedrich, Herzog von SachsenAltenburg (1763–1834) 408 Friedrich von Württemberg (1808– 1870) 499 Friedrich I., Herzog/König von Württemberg (1754–1816) 406, 455, 487, 499, 529–530, 601, 616,

797 487, 499, 529–530, 601, 616, 622– 623, 630–631 Friedrich VI., König von Dänemark und Norwegen (1768–1839) 142 Friedrich August, Herzog von NassauUsingen (1738–1816) 438, 459– 460, 601 Friedrich V. Ludwig Wilhelm Christian, Landgraf von HessenHomburg (1748–1820) 743 Friedrich Wilhelm, Fürst von NassauWeilburg (1768–1816) 438, 459 Friedrich Wilhelm I., König von Preussen (1688–1740) 294 Friedrich Wilhelm III., König von Preussen (1770–1840) 18–19, 387, 449, 542–543, 650–651, 654, 660, 663, 667, 683 Frikke (Frau) 174 Frikke, Anton 174 Frinz, Johann Georg (†1827) 243 Frisching, Gabriel Friedrich von (1762– 1844) 137 Fröbel, Friedrich Wilhelm August (1782–1852) 247, 516, 524, 627, 769 Frölich, Anna Magdalena siehe: Custer-Pestalozzi, geb. Frölich, Anna Magdalena (1767–1814) Frossard, Alexandre (1791–1880) 140 Frossard, Jules (1795–1869) 132, 140 Frossard, Louis (1796–1853) 140 Frossard de Saugy, Daniel Louis (1752– 1808) 129, 132, 140, 313, 366 [Frossard] de Saugy, [Louis Benjamin] (*1730) 426 Frossard de Saugy-de Ribaupierre, Susanne Elisabeth (1758–1844) 132 Fürst, Bendicht (1737–1818) 71, 74 Fürst, Bendicht (1767–1830) 71, 74 Fürst, Niklaus (*1765) 71, 74 Fürst, Samuel (1762–1833) 71, 74 Füssli, Johann Heinrich (1745–1832) 121 Füssli, Wilhelm Conrad (1785–1843) 406 Füssli-Pfenninger, Maria Magdalena (1789–1834) 406 Furer/Forer, Emanuel (1733–1813) 111

Gagern, Hans Christoph Ernst von (1766–1852) 459 Galilei, Galileo (1564–1642) 350 Gall, Franz Joseph (1758–1828) 455, 729 Garelli, Maria Anna siehe: HallwilGarelli, Maria Anna von (1717– 1784) Gasser, Franz (1778–1825) 485 Gattiker, Rudolf 42 Gaulis, Susanne Louise siehe: Charrière-Gaulis, Susanne Louise (1763–1837) Gedike, Friedrich (1754–1803) 12, 19, 21, 718 Gegenbauer, Paul (†1821) 459 Gelehrtenverein, Frankfurtischer 760 Géllieu, Isabelle de siehe: Morel-de Géllieu, Isabelle (1779–1834) Genf. Mädcheninstitut Bertrand Martin 633 Gengenbach, Magdalena siehe: Tobler-Gengenbach, Magdalena (1779–1854) Georg I. Friedrich Karl, Herzog von Sachsen-Meinigen (1761–1803) 142 Gérando, Marie Joseph de (1772–1842) 180, 312, 315, 324, 344, 426, 566, 728, 762 Gerling, Adolf Friedrich (1769–1828) 284, 537 Gerling, Emma siehe: Groth-Gerling, Emma (1804–1831) Gerling, Hermann (1805–1857) 284 Gerling-Eggers, Carolina Friederike Anna (1786–1853) 284 Gersdorff, Moritz von (1747–1820) 668 Gersdorff-von Rennenkampf, Elisabeth Dorothea von, geb. Anrep (1759–1844) 668 Gesellschaft der Schildner zum Schneggen 291 Gesellschaft deutscher Armenfreunde 151–152 Gesellschaft für die deutsche Sprache, Berlinische 760 Gesellschaft für Erziehung, Schweizerische 174, 269, 475, 577, 579, 584, 588, 599–600, 617, 626, 644, 683, 703, 739–740, 757, 760

798 Gesellschaft für Jugendbildung, Helvetische 269 Gesellschaft für vaterländische Kultur, Aarauische 733 Gesellschaft, Helvetische 114, 336, 486, 760 Gesellschaft, Naturforschende, Senckenberg 517 Gesellschaft, Neue Helvetische 487 Gesellschaft, Patriotische, Hamburg 209, 321, 391, 588 Gesellschaft, Polytechnische, Frankfurt 517 Gesellschaft, Schweizerische Gemeinnützige 200 Gesellschaft schweizerischer Künstler und Kunstfreunde 486 Gessner, Christian Heinrich (1798– 1872) 165 Gessner, Eduard (1799–1862) 165 Gessner, Heinrich (1768–1813) 165 Gessner, Johann Georg (1765–1843) 30, 121, 124, 164, 213, 455, 624, 772 Gessner, Luise (1805–1883) 165 Gessner, Salomon (1730–1788) 373 Gessner, Salomon (1796–1818) 165 Gessner, Wilhelm (1802–1872) 165 Gessner-Wieland, Charlotte Louise/ Lotte (1776–1816) 165 Gessner (Buchhandlung) 728 Ghiotti, Gaspar (†1814) 769 Girard, Père Grégoire (1765–1850) 106, 775 Gleim, Betty (1781–1827) 196 Godoy, Manuel de (1767–1851) 194, 214–215, 223, 232, 253, 271–272, 275, 297–298, 300–301, 305, 350, 381, 389, 415, 427, 440 Görlitz, Ernst Eugen, Graf von siehe: Ernst Eugen, Graf von Görlitz (1768–1832) Goethe, Johann Wolfgang von (1749– 1831) 19, 147–148, 180, 277, 321, 461, 632 Götz, Wilhelm Friedrich (vor 1770– 1823) 460 Goldener, Karl 187 Goldener, Karl Marian (*1756) 187

Gontrad, Sophie Freiin von siehe: Holzhausen-Freiin von Gontrad, Sophie von (1800–1867) Gonzales de Villar (Herr) 217–218, 376, 408, 415, 440 Gordon (Frau) 126 Gordon (Schüler) 126 Gournel (Frau) 545 Gournel, Maria siehe: ChailletGournel, Maria Goya y Lucientes, Francisco José de (1746–1828) 223 Grabau, Johann Christian Lebrecht (†1852) 701 Grabau-Arensberg, Anna Adelheid (†1827) 701 Grabau-Kunst, Margarethe Adelheid (†1861) 701 Gräff, Johann Heinerich/Heinrich (1765–1827) 144, 157, 197, 767 Gräffsche Buchhandlung 100 Graffenried, Elisabeth de siehe: Kasthofer-de Graffenried, Elisabeth (1777–1853) Gramatzki, Carl Wilhelm (1779–1842) 588 Grieb, Johann Georg (1787–1823) 593, 668, 743 Gröde (Herr) siehe: Schrötter (Herr) Gross, Christian Gottlob (1739–1807) 42, 227 Gross, Christine Charlotte/Lotte siehe: Caspari-Gross, Christine Charlotte/ Lotte (1781–nach 1846) Gross, Johann Karl (1778–1866) 227 Gross, Johann Wilhelm (1779–1852) 227 Gross-Pestalozzi, Anna Barbara (1751–1832) 42, 132, 227 Groth, Ferdinand 284 Groth-Gerling, Emma (1804–1831) 284 Gruner, Gottlieb Anton (1778–1844) 19, 94, 137, 743 Gruner-Lutz, Lotte (1776–1832) 94 Guggenbühl, Johann Jakob (1816–1863) 196 Gustav III., König von Schweden (1746–1792) 237 Gustav IV. Adolf, König von Schweden (1778–1837) 237 Gutmann, Jakob (1753–1813) 252

799 Guts Muths, Johann Christoph Friedrich (1759–1839) 331, 385 Guyenet, Marianne Charlotte siehe: Vaucher-Guyenet, Marianne Charlotte (1765–1842) Gyr, Agnes Emerita siehe: Amiet-Gyr, Agnes Emerita (1787–1836) Gyr, Augustinus (*1752) 767 Gyr, Jakob Maurus (1758–1836) 767 Gyr, Johann Joseph (1766–1813) 767 Gyr, Maria Niklaus (*1754) 767 Gyrowetz, Adalbert (1763–1850) 518 Gysi, Johann Friedrich (1768–1838) 108 Häfeli, Johann Kaspar (1754–1811) 117 Häfeli, Johann Kaspar (1778–1812) 117 Häfeli-Notz, Anna (1780–1829) 117 Hänel, Johann Friedrich (1788–1837) 663, 667 Hafner, Maria siehe: SchulthessHafner, Maria Hagen, Friedrich Wilhelm (1767–1837) 228–229 Hagnauer, Georg Andreas (1783–1848) 531 Hagnauer, Sophie, siehe: Bertschinger-Hagnauer, Sophie (1786/7– 1873) Halberstadt. Schule 581 Halder-Schulthess, Anna (Maria) Salome, genannt Nanette (1773– 1854) 42, 162, 186, 668 Haller, Karl Ludwig von (1768–1854) 332 Hallweil, Franz Anton von (1702– 1779) 56 Hallweil, Leopoldine von siehe: Suttner-von Hallweil, Leopoldine von (†1789) Hallwil, Franz von (1777–1852) 56, 164, 187 Hallwil, Franziska Romana von (1758–1836) 41, 56–57, 68–69, 102, 164 Hallwil, Johann/Jeannot/Janot von (1776–1802) 56, 187 Hallwil, Karl von (1778–1827) 56, 164, 187 Hallwil-de Loys, Adrienne (1789–1850) 57

Hallwil-Garelli, Maria Anna von (1717–1784) 56 Hallwyl, Johann Abraham von (1746– 1779) 56 Hamann, Johann Georg (1730–1788) 622, 678 Hamann, Johann Michael (1769–1813) 622 Hamann, Marianne Sophie siehe: Nicolovius-Hamann, Marianne Sophie (1779–1855) Hamburg. Waisenhaus 209, 695 Hamilton (Frau) 131 Hamilton, Charles 131 Hamilton, Elizabeth (1758–1816) 131 Hanhart, Hans Ludwig (1748–1806) 251 Hanhart, Jakob (1750–1820) 277 Hanhart, Johann Balthasar (1784– 1840) 251–252 Hanhart, Johannes (1773–1829) 277 Hardenberg, Karl August von (1750– 1822) 655 Hardmeyer, Kaspar David (1772–1832) 454, 521 Hardmeyersche Schreibmethode 454 Harnisch, Christian Wilhelm (1787– 1864) 598 Harscher, Johann Georg 489 Harscher, Ludwig (1766–1827) 489 Hartmann, August (1764–1849) 683 Hartmann, Christian Ferdinand (1774–1842) 683 Hartmann, Georg Leonhard (1764– 1828) 120, 287–288, 376 Hartmann, Johann Daniel Wilhelm (1793–1872) 287 Hartmann, Karl Ludwig Friedrich (1766–1852) 683 Hartmann, Klara/Claire von (*1774) 195, 530, 617, 631, 683 Hartmann-Hirzel, Emerentia Hortensia 288 Hartmann-Wartmann, Elsbeth 288 Hartmann-Wetter, Margaretha (1764–1828) 288 Haugk, Jacob Ludwig von (1771–1833) 719 Haugk, Johann Martin von (1688– 1766) 719 Hauptmann (Herr) 35

800 Haüy, René-Just (1743–1822) 427 Haydn, Joseph (1732–1809) 121 Hedelhofer, Albert Louis Frédéric (1797–nach 1858) 248, 256 Hedelhofer, Gaspard Samuel (1771– 1838) 248, 256 Hedelhofer-Rieux, Henriette (†vor 1825) 248 Heer, Niklaus (1755–1822) 213, 226, 486 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1770–1831) 147 Heim, Johann Ulrich (1793–1843) 120 Heim, Samuel (1764–1860) 120 Heim, Salomon (1798–1881) 120 Heitz (Herr/Firma?) 181, 188 Helmold (Herr) 223 Helvetische Republik – Direktorium 23–24, 91, 312, 316, 426, 706, 755 – Vollziehungsausschuss 91 Hemmann, Johann Jacob (1775–1845) 163 Hemmann-Schulthess, (Maria) Elisabeth (1776–1842) 163 Henning, Johann Wilhelm Mathias (1783–1868) 596, 603, 650–651, 654, 660, 664, 667, 692, 746, 753 Henning-Pfenninger, Martha (1784– nach 1868) 596 Herder, Johann Gottfried von (1744– 1803) 19, 147, 180, 218, 321, 362 Hermann, Jean François (1752–1813) 111 Hermenches, Louis-Philippe-Auguste d’ (1777–1862) 712 Hermenches-Polier-Vernand, LouiseAngélique-Antoinette d’ (1779– 1860) 712 Herrmann, Karl Gottfried (1753–1834) 769 Herrenschwand, Abraham Theodor (†1813) 106 Herrenschwand, Johann Anton von (1764–1835) 106 Herschel, Sir Friedrich Wilhelm (1738– 1822) 350 Herz-de Lemos, Henriette Juli (1764– 1847) 654 Herzog, Christian Gottlob (1789–1868) 669, 718

Hess, Anna Magdalena siehe: Schweizer-Hess, Anna Magdalena (1751– 1814) Hess, Johann Jakob (1741–1828) 213, 739 Hessen-Homburg, Friedrich V. Ludwig Wilhelm Christian, Landgraf von siehe: Friedrich V. Ludwig Wilhelm Christian, Landgraf von Hessen-Homburg (1748–1820) Heyden, Johanna von siehe: Holzhausen-von Heyden, Johanna von (1801–1823) Heyne, Therese siehe: Forster-Heyne, Therese (1764–1829) Hilgard, Catharina Luisa Henriette siehe: Schäfer-Hilgard, Catharina Luisa Henrietta (1753–1830) Hilgard, Gerhard Samuel (1717–1803) 353 Hilgard, Johann Jakob (1751–1813) 353 Hilgard, Margarethe siehe: KrafftHilgard, Margarethe (1786–1813) Himly, Johann Friedrich Wilhelm (1769–1831) 21, 100 Hirzel, Anna siehe: Schläpfer-Hirzel, Anna (1773–1825) Hirzel, Emerentia Hortensia siehe: Hartmann-Hirzel, Emerentia Hortensia Hirzel, Johann Kaspar (1746–1827) 120, 740 Hirzel, Regula siehe: SchulthessHirzel, Regula (1741–1776) Höpfner, Johann Georg Christian (1765–1827) 719 Hofer, Andreas (1767–1810) 684 Hofer von Lobenstein, Carl Friedrich Franz Heinrich (1759–1828) 617 Hofmann, Georg Franz/Franz Georg (um 1765–1838) 141, 446, 755 Hohenzollern-Sigmaringen, Anton Aloys, Fürst von siehe: Anton Aloys, Fürst von HohenzollernSigmaringen (1762–1831) Hohl (Frau) 162 Hohl, Johann Ulrich 162 Hohnbaum/Hohenbaum, Ernst Friedrich Carl (1780–1855) 407 Holland, Louis Napoleon Bonaparte, König von siehe: Bonaparte, Louis

801 Napoleon, König von Holland (1778–1846) Hollard, Charles (1797–1858) 606 Hollard, Samuel Jacques (1759–1832) 606 Hollmann, Anton Georg (1756–1831) 173, 392 Holzhausen, Carl (Anton Friedrich Wilhelm August Rudolf) von (1794–1867) 517, 524 Holzhausen, Friedrich (Ludwig Carl) von (1797–1819) 517, 524 Holzhausen, Henriette Freiin von siehe: Ziegesar-Freiin von Holzhausen, Henriette Holzhausen, (Johann) Adolph von (1799–1861) 518, 524 Holzhausen, (Johann) Justinian Georg von (1771–1846) 517–518, 524 Holzhausen-Freiin von Gontrad, Sophie von (1800–1867) 517 Holzhausen-von Heyden, Johanna von (1801–1823) 517 Holzhausen-von Ziegesar, Caroline Friederike Luise von (1775–1846) 518, 524 Homer 219, 362, 729 Honnerlag, Anna-Ursula siehe: Dapples-Honnerlag, Anna-Ursula (1806–1845) Hopf, August (1807–1888) 637 Hopf, Johann Samuel (1784–1830) 223, 231, 239, 248, 637, 648, 707 Hopf-Kupferschmid, Marie Luise/ Maria (1782–1850) 637 Hormayr, Joseph, Freiherr von (1782– 1848) 684 Hottinger, Johann Jakob (1750–1819) 371, 780 Hotz, Anna siehe: Blattmann-Hotz, Anna (1736–1807) Hotz, Johannes (1734–1801) 200–201 Hotz, Susanna siehe: Pestalozzi-Hotz, Susanna (1720–1796) Hotz, Ursula (1774–1828) 732 Huber, Marie siehe: Molin-Huber, Marie de (1779–1871) Hubert (Herr) 587 Hülfsgesellschaft, Zürcherische 123 Hünerwadel, Hieronymus (1772–1824) 362

Hünerwadel, Johann Heinrich (1771– 1831) 372, 740 Hug, Jakob Christoph (1776–1855) 127, 163, 266, 551 Hug, Jakob Christoph (1801–1852) 266 Hug-Benner, Elisabeth (*1794) 127 Hug-Schulthess, Anna Barbara (1779– 1820) 163 Huguenin, Anne Catherine siehe: Mäder-Huguenin, Anne Catherine Humann, Maria Anna siehe: VollHumann, Maria Anna (1797– 1882) Humboldt, Alexander von (1769–1859) 387, 441, 654 Humboldt, Wilhelm von (1767–1835) 387, 441, 654, 692, 746 Hummel, Johann Nepomuk (1778– 1837) 121 Hunziker, Daniel (1769–1842) 498 Hunziker, Friedrich Emanuel (1808– 1891) 498 Hunziker, Johann Albrecht (1795– 1871) 498 Hunziker, Karl Rudolf (1806–1865) 498 Hunziker-Kasthofer, Katharina Margaretha Susanne (1769–1853) 196, 498 Huth, August Bernhard (1742–1826) 459 Huth, Charlotte Augusta Christiana siehe: Bunsen-Huth, Charlotte Augusta Christiana (1766–1847) Hutzelmann, Karl von (†1847) 596 Hutzelmann-Pfyffer, Elisabeth/ Lisette (1794–1875) 596 Huyghens/Hugens, Christian (1629– 1695) 350 Immer, Heinrich (1751–1820) 111 Ingelheim, Friedrich Carl Josef, Reichsgraf von (1777–1847) 417 Isabel II., Königin von Spanien (1830– 1904) 232 Iselin (Pfarrer in Glarus) 709 Ith, Samuel (1747–1813) 137, 485 Jaccard, Danaé-Pauline-JeanneHenriette siehe: Martin-Jaccard,

802 Danaé-Pauline-Jeanne-Henriette (1804–1871) Jacobi, Friedrich Heinrich (1743–1819) 19, 533, 549 Jäger, Johann Philipp (1781–1839) 106 Jäggi, Johannes (1766–1825) 367 Jäggi, Johannes (1792–1857) 367 Jakob, Catharina siehe: Niederer-Jakob, Catharina Jasmund, Ludwig Hellmuth Heinrich, Freiherr von (1748–1825) 530, 616–617, 624, 635 Johann, Erzherzog von Österreich (1782–1859) 455 Jordan, Camille (1771–1821) 180, 762 Joseph, Herzog von SachsenAltenburg (1789–1868) 407–408 Joseph I., König von Spanien (1768– 1844) 190, 210, 298 Jung, Franz Wilhelm (1757–1833) 743 Jung, Johanna Magdalena Margarethe siehe: Schwarz-Jung, Johanna Magdalena Margarethe (1773– 1826) Jung-Stilling, Johann Heinrich (1740– 1817) 429, 494 Jury, Christoph Maximilian 37–38 Kaisarov/Kaisarow/Kaissarow, Andrei von (1782–1813) 574 Kaiser, Carl Philipp Reinhard (*1762) 460 Kall, Johann Gerhard Feddersen (1777–1835) 737 Kant, Immanuel (1724–1804) 19, 218, 632 Kantonalgesellschaft (Glarus), Medizinisch chirurgische 133 Kappeler, Hans Georg (1775–1818) 91, 112–113, 115, 402, 433, 577 Karalene. Seminar 651, 663 Karl IV., König von Spanien (1748– 1819) 210, 214, 223, 232, 272, 298, 300, 381 Karl XIII., König von Schweden und Norwegen (1748–1818) 237 Karl August, Grossherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach (1757– 1828) 147–148, 320 Karl II. August, König von Bayern (1746–1795) 533

Karl Ludwig Friedrich, Erbprinz und Grossherzog von Baden (1786– 1818) 482 Karl II. (Ludwig Friedrich), Herzog zu Mecklenburg-Strelitz (1741–1816) 321 Karl Wilhelm, Fürst von NassauUsingen (1735–1803) 460 Kasthofer, Emmanuel Gottlieb (1725– 1803) 195, 498 Kasthofer, Friedrich Franz (1775– 1854) 497–498 Kasthofer, Gottlieb Rudolf (1767–1823) 195, 238, 498, 545, 590 Kasthofer, Juliane Margareta (1776– 1813) 195 Kasthofer, Karl (1777–1853) 545 Kasthofer, Katharina Margaretha Susanne siehe: HunzikerKasthofer, Katharina Margaretha Susanne (1769–1853) Kasthofer, Rosette siehe: NiedererKasthofer, Rosette (1779–1857) Kasthofer-Beausobre, Jeanne (1779– 1846) 498 Kasthofer-Chaillet, Susanne (1737– 1822) 195, 507 Kasthofer-de Graffenried, Elisabeth (1789–1845) 545 Kasthofer-Strauss, Rosina Louisa (1786–1840) 590 Katharina II., Zarin von Russland (1729–1796) 23–24, 209, 406 Kaufmann, Fridolin (1778–nach 1830) 213, 704–705, 753 Kaus (Lehrer) 485 Kawerau, Peter Friedrich Theodor (1789–1844) 543, 651, 654, 663, 667, 677, 692, 746, 753 Keller (Hofmeister) 429, 598 Keller, Georg Heinrich (1775–1831) 531, 683 Keller, Georg Viktor (1760–1827) 309 Keller, Margaretha siehe: ParaviciniKeller, Margaretha (†1834) Kepler, Johannes (1571–1630) 350 Kerler, Meinrad (1778–1830) 112, 213, 402, 407, 433, 456, 487 Kern, Anna Katharina siehe: PreisigKern, Anna Kathrina

803 Kielmeyer, Karl Friedrich (1765–1844) 642 Kieser, Enoch Christian von (1784– 1838) 683 Kirchberger/Kilchberger von Mont, Karl Rudolf (1739–1808) 26, 28, 37, 82, 87, 89 Kirgener de Planta, François Joseph, Baron (1766–1813) 180, 762 Klein, Carl Christian von (1772–1825) 529 Klein, Gustav 683 Kleinschmidt, Ernst Karl (1775–1847) 25, 30–31, 462 Klemm, Franz 461 Klewitz, Wilhelm Anton von (1760– 1838) 20 Klinger, Friedrich Maximilian von (1752–1831) 19 Klio 218 Klopstock, Friedrich Gottlieb (1724– 1803) 180, 362, 632 Klopstock, Johanna siehe: RahnKlopstock, Johanna (1730–1780) Knusert, Aloys/Alois/Aloise (1789– 1836) 3, 593 Knusert, Johann Joseph (1787–1811) 3, 42 Koch, Johann Baptist (1767–1842) 600 Koch, Karl (1771–1844) 110 Kölliker, Anna Dorothea siehe: Dolder-Kölliker, Anna Dorothea (1751–1806) König, Franz Niklaus (1765–1832) 111 König, Johann Georg (1781–1842) 489 Köslin. Lehrerseminar siehe: Koszalin. Lehrerseminar Kolbe, Carl Wilhelm (1757–1835) 781 Koller, Johann Franz (1738–1823) 186 Konstantin, Prinz von Russland (1779–1831) 23 Kopenhagen. Probeschule 143 Kosegarten, Alwine siehe: BaierKosegarten, Alwine (1787–1864) Kosegarten, Ludwig Gotthard (1758– 1818) 198, 421 Koszalin. Lehrerseminar 603 Kotschubey, Viktor Pawlowitsch (1758–1834) 573 Krätz, August (†1821) 663, 667

Krafft, Johann Ludwig (1776–1847) 353 Krafft-Hilgard, Margarethe (1786– 1813) 353 Kraft, Johann Anton (1792–1857) 59 Kraft-Custer, Anna Franziska Theresia, genannt Therese (1805–1880) 59, 69, 456 Kretschmann, Theodor Conrad von (1762–1820) 500 Kreuzlingen – Lehrerbildungsanstalt 213, 317, 402, 407, 438, 477 – Stift / Stiftschule 317, 407, 433, 456 Kreuznach. Schule 25 Krüdener-von Krüger, Barbara Juliane von (1764–1824) 97 Krüger, Barbara Juliane von siehe: Krüdener-von Krüger, Barbara Juliane von (1764–1824) Krüger, Johann Heinrich (1769–1848) 598 Krüsi, Elisabeth (1773–1819) 182, 638, 648, 737 Krüsi, Hermann (1775–1844) 3, 20, 35, 38, 42, 44, 48, 52, 84, 87, 100, 120, 137, 174, 182, 187, 224, 239, 248, 253, 309, 333, 472, 518, 531, 558, 560, 593, 637, 647, 674, 737 Krüsi-Egger, Katharina (1790–1848) 644, 740 Krüsi-Näf, Elisabeth (1762–1836) 34, 38, 41, 162, 186–187 Krug, Johann Friedrich Adolf (1771– 1843) 718 Kruse, Christian (1753–1827) 392 Krusenstern, Adam Johann von (1770–1846) 613, 617 Ksionzek, Michael 663, 667, 692, 746, 753 Kümmicher, L. (Herr) 478 Kuenlin, François Nicolas (1781–1840) 107 Künstlergesellschaft, Zürcher 486 Küpfer, Daniel (1741–1821) 35, 187 Kuhn, Bernhard Friedrich (1762–1825) 137 Kulenkamp, Arnold (1770–1826) 321, 391

804 Kulenkamp, Gustav Conrad (1800– 1877) 209, 283, 321, 391 Kulenkamp-Mooyer, Rebecca Amalia (1802–1865) 209 Kulenkamp-Platzmann, Charlotte Amalia (1777–1862) 391 Kummer, Adolf (1786–1817) 669, 718 Kunst, Margarethe Adelheid siehe: Grabau-Kunst, Margarethe Adelheid (†1861) Kunstverein, Schweizerischer 486 Kunth, Gottlob Johann Christian (1757–1829) 387 L’Aspée, Johannes de (1783–1825) 336, 438, 459, 601, 743 L’Aspée siehe auch: Delaspé L’Hardy, Henri 766 Laband (Arzt) 613, 617 Lachmann, Karl Ludolf (1756–1823) 283 Lacuée, Jean-Girard (1752–1841) 155 Ladomus, Johann Jakob Friedrich (1782–1854) 12, 19, 283, 365, 489, 574 La Fléchère, André Urbain de (1758– 1832) 755 Lafon-Blaniac, Guillaume Joseph Nicolas de (1773–1833) 155 Laharpe, Frédéric César de (1754– 1838) 23–24, 137, 428, 755 La Harpe, Octavie Louisette Henriette siehe: Crinsoz-de la Harpe, Octavie Louisette Henriette (*1763) Laharpe-Boehtlingk, Dorothea (Catharina) (1775–1858) 24 Lambert, Louis (1751–1811) 24 Langalerie de Gentils, Charles Louis de (1751–1835) 504 Lange, Johann Friedrich (1760–1837) 718 Lange, Johann Friedrich Wilhelm (1786–1848) 669, 718 Lanskoi, Alexander (1758–1784) 23 Lardy (Schüler) 766 Lauria, Roger de (1245–1305) 219 Lausanne – Collège académique 503 – Mädchenschule de Molin 587 – Munizipalität 712

– Privatschule Escher 482, 504, 704, 712 Lavater, Hans Jacob (1774–1830) 781 Lavater, Jakob (1750–1807) 165 Lavater, Johann Caspar (1741–1801) 200 Lavater-Schinz, Regula (1755–1829) 165 Lavoisier, Antoine Laurent de (1743– 1794) 332, 350, 427 Legrand, Johann Lukas (1755–1836) 638, 648 Lehni, Luise 704, 712, 777 Lehr, Friedrich (1782–1854) 245, 499, 530, 601, 622, 631 Lejeune, August Eduard Adam (1797– 1882) 247–248, 373–374, 784 Lejeune, Franz Adam (1765–1854) 247, 351, 373, 375, 442, 691, 773, 784 Lejeune, Johann Gustav Adolf (1800– 1880) 247–248, 373–374, 784 Lejeune-Barre, Apollonia Eugenie (1813–1863) 374 Lejeune-de Neufville, Franziska (1805– 1870) 248 Lejeune-d’Orville, Maria Helene (1768–1843) 247, 373, 375 Lejeune-Schmid, Charlotte Ida Amalie (1799–1834) 248 Lenclos, Ninon de (1620–1705) 295 Lenz, J.L. (Herr) 417, 658, 693, 742 Lenz, Johann Georg (1745–1832) 147– 148 Lenzburg. Privatschule Pfeiffer 361 Leopold, Fürst zur Lippe (1767–1802) 174 Leopold II., Fürst von Lippe-Detmold (1796–1851) 174 Leopold II., Kaiser von Österreich (1747–1792) 455 Leopold III. Friedrich Franz, Fürst von Anhalt-Dessau (1740–1817) 781 Lequin (Herr) 766 Leriche (Frau) 35, 42, 96 Leriche (Herr) 96 Leriche, Felix 96 Lespérut, François Victor Jean de (1772–1848) 165, 397 Lestrange, Augustin de (1754–1827) 107

805 Leuenberger, Christian/Christen (*1789) 485 Leyden, Frederik Auguste van (1768– 1821) 547, 690 Lezay-Marnesia, Paul-AdrienFrançois-Marie Graf von (1769– 1814) 96–97 Lezay-Marnésia-Carbonnel de Canisy, geschiedene de Briqueville, Françoise Renée de (ca. 1763–1820) 97 Lindner, Friedrich Wilhelm (1779– 1864) 151, 718 Lippe, Leopold zur siehe: Leopold, Fürst zur Lippe (1767–1802) Lippe-Detmold – Pauline von siehe: Pauline, Fürstin von Lippe-Detmold (1769– 1820) – Leopold siehe: Leopold, Fürst von Lippe-Detmold (1767–1802) – Leopold II. siehe: Leopold II., Fürst von Lippe-Detmold (1796– 1851) Lizius, Caspar Joseph (1760–1824) 693, 742 Locher, Anna Barbara siehe: Schulthess-Locher, Anna Barbara (1754–1812) Lochmann, Anna Cleophea siehe: Pestalozzi-Lochmann, Anna Cleophea (1763–1824) Lochmann vom Wellenberg, Conrad (1737–1815) 291 Locke, John (1632–1704) 218 Loder, Justus Christian (1753–1832) 147 Lond (Herr) 313 López de la Torre Ayllón y Bustos, José (1767–1813) 70, 217 Lossius, Kaspar Friedrich (1753–1817) 342 Louis XV., König von Frankreich (1710–1774) 300 Loys, Adrienne de siehe: Hallwil-de Loys, Adrienne (1789–1850) Lozeron, Marie Susanne (*1791) 596 Ludwig I., Kronprinz und König von Bayern (1786–1868) 656–657 Ludwig Maximilian II., Graf zu Ysenburg und Büdingen (1791–1821) 429, 598

Lüders, Ludwig (1776–ev. 1822) 151– 152 Lüthard, Samuel Friedrich (1767–1823) 85, 312 Lüthi, Christoph (1790–1815) 6 Lüthi, Hans Jakob (1795–1840) 6 Lüthi, Konrad (1762–1828) 6 Luisa Carlota von Neapel-Sizilien (1804–1844) 272 Luise, Herzogin von Nassau-Usingen, geb. von Waldeck 460 Luise, Prinzessin von Preussen (1799– 1882) 25 Luther, Friedrich 209, 321, 391, 588, 695 Luther, Martin (1483–1546) 363 Lutz, Samuel (1674–1750) 111 Luzern. Erziehungsrat 397 Màcik, Heinrich 746 Maclure, William (James) (1763–1840) 263, 610, 648 Madrid. Pestalozzische Militärschule 195, 215, 231, 272, 297, 303, 350, 367, 381, 408, 415, 440 Maecenas, Gaius Clinius (70–8 v.Chr.) 298 Mäder, Abel Théodore Guillaume (1765–1834) 268, 336–337, 592– 593, 638, 648 Mäder, Adam (1791–1872) 337 Mäder, Pierre (1792–1836) 337 Mäder-Huguenin, Anne Catherine 337, 638 Männedorf – Privatschule Fierz 410 – Privatschule Urner 521 Maillard, Julie siehe: ParaviciniMaillard, Julie (*1806) Maillardoz, Antoine Constantin de (1765–1832) 155 Maine de Biran, François Pierre Gauthier (1766–1824) 255, 312– 313, 315, 324, 344, 427, 534, 565– 566, 728 Malardeau (Sohn) (*ca. 1794) 149, 155 Malardeau, Catherine (ca. 1780–1797) 149 Malardeau, François (ca. 1758–1845) 149, 155 Malardeau, Henriette (1782–1837) 149

806 Malardeau, Henriette (1787–1812) 149 Malardeau-Sarazzin, Marie (ca. 1764– 1821) 149 Malchus, Carl August von (1770–1840) 500 Mallet, Guillaume (1747–1826) 263 Mallet, [Isaac] Jean-Jacques (1763– 1815) 263 Mallet Frères & Cie. (Firma) 263 Mandelsloh, Ulrich Lebrecht, Graf von (1760–1827) 530, 616–617, 630 Mandiléni, Joseph-Louis (*1788) 34 Maria Isabel von Spanien (1789–1848) 300 Maria Louisa von Spanien (1782–1824) 300 Maria Luisa von Bourbon-Parma, Königin von Spanien (1751–1819) 214, 232, 300, 415 Maria Theresia, Kaiserin von Österreich (1717–1780) 436 Marsch, Gottlob Friedrich (1761–1829) 663, 667, 746 Martens, Georg Friedrich von (1756– 1821) 607 Marti, David Eduard (1797–1827) 102 Marti, Johann Rudolf (1765–1824) 102, 257 Marti, Johannes (1768–1810) 201, 327, 480 Marti, Johannes (1796–1820) 201, 327, 480 Martin, Antoine (1794–1862) 610 Martin, Bertrand (Frau) 633 Martin, Jacques (1758–1842) 610 Martin-Fazy, Marie-Charlotte 610 Martin-Jaccard, Danaé-PaulineJeanne-Henriette (1804–1871) 610 Marval, Louis de (1798–1883) 681 Marval-de Rougemont, MarieFrançoise-Henriette de (1801– 1830) 525, 680 Masserano, Carlo Sebastiano FerreroFieschi, Fürst von (1760–1826) 276 Masset, Johann Friedrich (*1778) 111 Massow, Julius Eberhardt Wilhelm Ernst von (1750–1816) 21 Matthias, Johann Andreas (1761–1837) 568 Maulaz, Adèle 507 Maulaz, Elise/Eliza 507

Maulaz, Jean Samuel (†1823) 507 Maulaz, Marie 507 Maulaz-Combe, Rose Suzanne 507 Maurer (Kanonikus) 577 Maurer, Gertrud (*1806) 182 Maximilian I., König von Bayern (1756–1825) 533, 656–657 Maximilian Joseph, Graf von Montgelas (1759–1838) 657 Maximilian III. Joseph, Kurfürst von Bayern (1727–1777) 532 May, Carl Friedrich Albrecht von (1792–1806) 102 May, Carl Friedrich Rudolf von (1768– 1846) 102, 243 May, Joh. Karl von (1745–1824) 486 May-von Steiger Montrichter, Johanna Margaretha von (1772–1843) 102 Mayor, Marianne siehe: CrinsozMayor, Marianne Mecklenburg-Strelitz, Karl II. (Ludwig Friedrich), Herzog zu siehe: Karl II. (Ludwig Friedrich), Herzog zu Mecklenburg-Strelitz (1741–1816) Meerwein, Christian Friedrich (1770– 1843) 490 Meerwein, Karl Friedrich (1800–1814) 490 Meier, Caspar 113, 115, 117, 120, 145 Meili, Hans Heinrich (1767–1813) 520 Meiss, Hans Conrad von (1764–1845) 213, 780 Mella (Herr) 429 Menalk siehe: Blun(t)schli, Johann Kaspar, genannt Menalk (1743– 1767) Merian, Abel (1771–1842) 775 Meuricoffre, Achilles Pierre (1793– 1840) 392, 436 Meuricoffre, Auguste (1801–1875) 392, 436 Meuricoffre, Frédéric Robert (1740– 1816) 436 Meuricoffre, Georges/Georg (1795– 1858) 66, 392, 436, 769 Meuricoffre, Jean George II (1750– 1806) 393, 435 Meuricoffre-Coltellini, Céleste (1760– 1828) 393, 435–436 Meuron, Daniel de (1777–1820) 449

807 Meuron, Rose-Augustin de siehe: Montmollin-de Meuron, RoseAugustin de (1776–1855) Meyer, Abraham (1774–1832) 637– 638, 647, 769 Meyer, Heinrich Sebastian (1775– 1823) 213, 226 Meyer, Isaac (1798–1838) 647, 769 Meyer, Johann Rudolf (1739–1813) 57 Meyer, Johann Rudolf (1768–1825) 187 Meyer, Johannes (1783–1829) 732 Meyer, Rosine siehe: Bauer-Meyer, Rosine Meyer von Knonau, Ludwig (1769– 1841) 213 Meyer von Schauensee, Franz Bernhard (1763–1848) 113, 204, 583– 584, 761 Meyer von Schauensee, Xaver (1769– 1829) 204 Meyer von Schauensee, Xaver (1803– 1884) 204 Meyer-Schnewlin, Anna Magdalene, genannt Marie (1784–1868) 732 Meyer-Zürcher, Elisabeth (1780–1861) 638, 647 Mezler, Franz Xaver (1756–1812) 749 Michaelsen, Johann Martin (1742– 1816) 694 Michel, Emerenzia 196 Mieg, Johann Elias (1770–1842) 248, 333, 352, 431, 518, 767 Miguel de Aléa, José Miguel (um 1750– 1824?) 194 Milagro Pacheco y Benavides, Andrés Pascual Pedro Nolasco Juan Nepomuceno María del (1791–1854) 190, 231, 305 Milagro Pacheco y Benavides, José Bernardino Cayetano Diego María del (1788–1846) 190, 231, 305 Mittelholzer, Anton Josef (1758–1827) 82, 89 Mittelholzer, Johann Anton 82, 89 Mörikofer, Ruprecht Friedrich (1730– 1810) 393 Mohr, Johann Melchior (1762–1846) 92, 761 Mohr (Verlag) 767 Molière, Jean-Baptiste (1622–1673) 449

Molin, Amélie-Henriette-Aimée de, siehe: Dapples-de Molin, AmélieHenriette-Aimée (1800–1891) Molin, Bertha-Emmy-FannyAlphonsine de (1837–1897) 587 Molin, Emile-Albert-Samuel de (1831– 1843) 587 Molin, Henri-François-Georges-Paul de (1805–1883) 587 Molin, Jean Samuel Antoine de (1769– 1851) 587 Molin, Marie-Georgine-Mathilde de, siehe: Cook-de Molin, MarieGeorgine-Mathilde (1801–1897) Molin-Dutoit, Jeanne-Louise-Lydie (1810–1895) 587 Molin-Huber, Marie de (1779–1871) 587, 712 Molzheim (Herr) 108 Molzheim (Schüler) 108 Monnet (Herr) 167, 169, 183 Monnet (Knabe) 167, 183 Monod, Henri (1753–1833) 130, 139, 504 Montandon, Jacques Louis 685, 764 Montgelas, Maximilian Joseph, Graf von siehe: Maximilian Joseph, Graf von Montgelas (1759–1838) Montmollin, Frédéric Auguste de (1776–1836) 342, 396–397, 408, 413, 446, 454, 474 (Montmollin), Fridolin (de) 413 Montmollin-de Meuron, RoseAugustin de (1776–1855) 413 Montmorency, Matthieu-Jean-Félicité de (1766–1826) 762 Mooyer, Rebecca Amalia siehe: Kulenkamp-Mooyer, Rebecca Amalia (1802–1865) Morel, Charles-Ferdinand (1772–1848) 377 Morel-de Géllieu, Isabelle (1779–1834) 377 Morell, Charles-Ernest 377 Motta, Susette Judith siehe: Schulthess-Motta, Susette Judith (1744–1818) Mouron, Jean Pierre (1758–1827) 504 Mouron-Vullyamoz, Marianne Aimée (*1757) 504

808 Mousson, Johann Markus/Jean Marc (1776–1861) 775 Mühll, Julia von der siehe: Paravicinivon der Mühll, Julia (1816–1898) Mülhens, Heinrich (Henry) (1797– 1826) 478 Mülhens, Johann Theodor (1760–1837) 478 Müller, Christoph Heinrich (1740– 1807) 124 Müller, Franz Joseph (1779–1827) 194 Müller, Georg Friedrich Ludwig (1835– 1811) 353 Müller, Johann (1764–1845) 486, 644 Müller, Johann Georg (1759–1819) 739 Müller, Johannes von (1752–1809) 472, 567–568, 641, 686 Müller, Mathias Joseph (1764–1844) 460 Müller, Philipp Wilbrand (1771–1851) 353 Müller, Thaddäus (1763–1826) 226, 696, 740, 760–761, 767, 777 Müller-Friedberg, Karl (1755–1836) 675–676 Müslin, David (1747–1821) 195 Mulhouse. Armenschule 336, 637, 647 Muralt, Anna Elisabetha von siehe: Cloëtta-von Muralt, Anna Elisabetha (1787–1850) Muralt, Bernhard Ludwig von (1749– 1816) 486, 624 Muralt, Johannes von (1780–1850) 9, 13, 29, 42, 48, 52, 55, 57, 63, 66, 78, 82, 86, 120, 137, 195, 224, 248, 252, 255, 284, 291, 333, 342, 379, 402, 427, 446, 472, 507, 518, 525, 531, 566, 572, 593, 674, 730, 733, 737, 752, 755 Muralt, Leonhard von (1778–1848) 120 Muralt-Scherb, Maria Ursula von (1751–1823) 165 Muralt-Schinz, Anna Elisabeth von (1773–1858) 120 Murat, Joachim (1767–1815) 124 Muret, Jeanne Susanne siehe: SterchiMuret, Jeanne Susanne (1768– 1803) Muttenz. Lehrerseminar 648

Nabholz, Philipp (1782–1842) 188, 213, 317, 325, 407, 433, 438, 477 Nachtegall, Franz (1777–1847) 386 Näf, Elisabeth siehe: Krüsi-Näf, Elisabeth (1762–1836) Näf, Franz Joseph Nikolaus (1770– 1854) 27, 255, 263, 313, 315, 609 Näf-Buss, Luise (1784–1845) 27 Nägeli, Hans Georg (1773–1836) 266, 362, 551–552, 638, 644, 769 Nänny, Johann/Hans Konrad (1783– 1847) 95 Nassau – Adolph von siehe: Adolph von Nassau (1817–1905) – Wilhelm Georg August Heinrich Belgus, Herzog von siehe: Wilhelm Georg August Heinrich Belgus, Herzog von Nassau (1792– 1839) Nassau-Usingen – Friedrich August, Herzog von siehe: Friedrich August, Herzog von Nassau-Usingen (1738–1816) – Karl Wilhelm, Fürst von siehe: Karl Wilhelm, Fürst von NassauUsingen (1735–1803) – Luise, Herzogin von siehe: Luise, Herzogin von Nassau-Usingen (1751–1816) Nassau-Weilburg, Friedrich Wilhelm, Fürst von siehe: Friedrich Wilhelm, Fürst von Nassau-Weilburg (1768–1816) Nava Alvarez de Noroña, Gaspar Maria de (1760–1816) 70 Naville, François (1784–1846) 588 Neapel. Anstalt 141 Neapel-Sizilien, Luisa Carlota von siehe: Luisa Carlota von NeapelSizilien (1804–1844) Nebukadnezar (um 640–562v.Chr.) 363 Necker, Anne Louise Germaine siehe: Staël-Necker, Anne Louise Germaine de (1766–1817) Necker, Jacques (1732–1804) 550 Neff, Gaspar/Kaspar (*ca. 1766) 300 Nesemann, Johann Peter (1724–1802) 23

809 Neufville, Franziska de siehe: Lejeunede Neufville, Franziska (1805– 1870) Neustrelitz – Knabenschule 18, 22, 173 – Töchterschule 284 New Harmony 263 Newton, Sir Isaac (1643–1727) 218, 332, 427 Nicod (Familie) 187 Nicolai, Friedrich (1733–1811) 19 Nicolovius, Georg Heinrich Ludwig (1767–1839) 553, 602, 622, 650, 654, 660, 667, 674, 677, 683 Nicolovius, Theodor Balthasar (1768– 1831) 622 Nicolovius-Hamann, Marianne Sophie (1779–1855) 622 Niederer, Johannes (1779–1843) 11, 20–21, 24, 37, 42, 44, 48, 52, 84, 87, 106, 110, 112–114, 119, 123, 137, 163, 170, 173, 187, 195, 210, 224, 239, 248, 251–252, 284, 288, 291, 305, 313, 321, 333, 350, 371, 381, 385, 408, 426, 446, 466–467, 470, 472, 479, 482, 490, 492, 518, 531, 537, 558, 587, 601, 604, 617, 642, 644, 664, 674, 677, 710, 727, 729, 737, 740, 773, 781 Niederer-Jakob, Catharina 120 Niederer-Kasthofer, Rosette (1779– 1857) 182, 195, 237, 239, 325, 376– 377, 407, 421, 497–498, 506–507, 537, 545, 589–590, 596, 612 Niederlande, Wilhelm I., König der, siehe: Wilhelm I., König der Niederlande (1772–1843) Nieländer, Ludwig (1787–1860) 174 Niemeyer, August Hermann (1754– 1828) 386, 780 Notz, Hans Caspar (1752–1827) 43, 141 Notz, Heinrich (1775–1826) 43, 141 Notz, Heinrich (1804–1879) 43 Notz-Wegelin, Elisabeth (1783–1839) 43 Notz-Wellauer, Maria Salomea (1748– 1825) 43 Nüscheler, Felix (1738–1816) 213 Nussberger, Elisabeth (*1794) 102 Nussberger, Johann (*1781) 102, 482

Oboussier, Jean Antoine (1766–1819) 570 Ochs, Peter (1752–1821) 23, 706–707 Ochs-Vischer, Salome (1760–1804) 705 Oelrichs, Gabriel August Friedrich (1801–1868) 208, 283, 391 Oelrichs, Wilhelm Ludwig (1770–1846) 391 Oelrichs, Wilhelm Ludwig (1800–1868) 208, 283, 391 Oelrichs-Albers, Marie Amalie Heloise (1803–1873) 208 Oelrichs-Treviranus, Margarethe (1776–1852) 391 Österreich – Franz Joseph Karl, Franz II., Kaiser von siehe: Franz Joseph Karl, Franz II., Kaiser von Österreich (1768–1835) – Johann, Erzherzog von siehe: Johann, Erzherzog von Österreich (1782–1859) – Maria Theresia, Kaiserin von siehe: Maria Theresia, Kaiserin von Österreich (1717–1780) Oldenburg – Paul Friedrich August, Grossherzog von siehe: Paul Friedrich August, Grossherzog von Oldenburg (1783–1853) – Peter Friedrich Ludwig, Herzog von siehe: Peter Friedrich Ludwig, Herzog von Oldenburg (1755– 1829) – Peter Friedrich Wilhelm, Erbprinz von siehe: Peter Friedrich Wilhelm, Erbprinz von Oldenburg (1754–1823) Oldenburg. Privatschule 208, 283, 374 Olivier, Ludwig Heinrich Ferdinand (1759–1815) 20, 391, 402 Orell Füssli (Buchhandlung) 200 Orelli, David von (1749–1813) 200, 210 Orelli, Hans Conrad von (1788–1854) 200 Orelli, Johann Caspar (1787–1849) 200, 209–210 Orelli, Regula von (1789–1801) 200 Orelli-Escher, Regula von (1757–1829) 200, 210

810 Orville, Maria Helene d’ siehe: Lejeune-d’Orville, Maria Helene (1768–1843) Ostervald, Charlotte Louisa Albertine d’ siehe: Rougemont-d’Ostervald, Charlotte Louisa Albertine de (1769–1851) Otterberg. Privatschule Roller 352 Pacchiani, Francesco (1771–1835) 346 Paravicini, Eduard Rudolf (1808–1870) 710 Paravicini, Emanuel (1803–1851) 710 Paravicini, Johann Jakob (1802–1867) 710 Paravicini, Rosina, siehe: BurckhardtParavicini, Rosina (1804–1835) Paravicini-Battier, Gertrud (1776– 1838) 710 Paravicini-Keller, Margaretha (†1834) 710 Paravicini-Maillard, Julie (*1806) 710 Paravicini-von der Mühll, Julia (1816– 1898) 710 Paravicini-Zäslin, Maria Margaretha (1808–1853) 710 Paris – Akademie 218 – Ecole polymathique 609 – Pestalozzische Schule 27, 255, 427 Parrot, Georg Friedrich von (1767– 1852) 20 Passavant, Johann Heinrich (1776– 1849) 239 Passavant, Karl Wilhelm (1779–1846) 174 Passavant-Vischer, Emma (1794– 1849) 239, 633 Patzig, Friedrich (1788–1877) 663, 667 Paul, Jean (1763–1825) 362 Paul Friedrich August, Grossherzog von Oldenburg (1783–1853) 294 Paula, Francisca de siehe: Francisca Frias-de Paula (1763–1827) Pauline, Fürstin von Lippe-Detmold (1769–1820) 174, 397, 433, 624 Paur, Salomon (1771–1850) 162 Pelagius (†nach 418) 219 Penserot, Paul 413 Perceret, Jean Jacques (1739–1811) 32

Perregaux, Mathieu Henri (1785– 1850) 72 Pestalozzi, Anna Barbara siehe: GrossPestalozzi, Anna Barbara (1751– 1832) Pestalozzi, Gottlieb (1797–1863) 34, 42, 102, 164, 187 Pestalozzi, Hans Jacob (1770–1801) 162, 226 Pestalozzi, Johann Jakob (1749–1831) 121, 291 Pestalozzi, Johann (Hans) Jakob (1785–1849) 291 Pestalozzi-Escher vom Adlerberg, Anna Barbara (1751–1781) 291 Pestalozzi-Frölich, Anna Magdalena, siehe: Custer-Pestalozzi, geb. Frölich, Anna Magdalena (1767– 1814) Pestalozzi-Hotz, Susanna (1720–1796) 163, 371 Pestalozzi-Lochmann, Anna Cleophea (1763–1824) 291 Pestalozzi-Schulthess, Anna (1738– 1815) 26, 34, 41, 59, 68, 121, 124, 161–165, 181–182, 186, 188, 227, 291, 320, 333, 342, 456, 492, 494, 531, 565, 617, 665, 668, 674, 743, 773 Pestalozzisches Rechnen 402 Pestaluz/Pestalozzi, Mathias (1777– 1829) 251–252 Peter Friedrich Ludwig, Herzog von Oldenburg (1755–1829) 209, 284 Peter Friedrich Wilhelm, Erbprinz von Oldenburg (1754–1823) 209 Petitpierre, Augustín (ca. 1798–1841) 194, 223, 301 Peyr (Arzt) 592 Pfeffel, Gottlieb Konrad (1736–1809) 268, 336, 593, 637, 648 Pfeiffer, Michael Traugott (1771– 1849) 302, 361–362, 551–552, 648, 676 Pfenninger, Johann/Hans Konrad (1747–1792) 596 Pfenninger, Maria Magdalena siehe: Füssli-Pfenninger, Maria Magdalena (1789–1834)

811 Pfenninger, Martha, siehe: HenningPfenninger, Martha (1784–nach 1868) Pfenninger-Ziegler, Katharina (1744– 1796) 596 Pforzheim. Privatschule Kleinschmidt 462 Pfyffer, Alphons (1753–1822) 596 Pfyffer, Elisabeth/Lisette, siehe: Hutzelmann-Pfyffer, Elisabeth/ Lisette (1794–1875) Phull, Eugen von (1801–1857) 531 Phull, Karl August Friedrich von (1767–1840) 531 Phull-Poths, Charlotte (1766–1808) 531 Picard (Arzt) 436 Picconi (Herr) 436 Pichard, (François-Ferdinand) Gabriel (1753–1809) 139 Pillivuyt, Louis Ferdinand (1750–1817) 32 Piombino, Prinzessin von, Maria Anna Elisa Bonaparte siehe: Bonaparte, Maria Anna Elisa, Prinzessin von Piombino (1777–1820) Pizzala, Anna Maria siehe: Windischmann-Pizzala, Anna Maria (†1854) Plamann, Johann Ernst (1771–1834) 45, 58, 99, 173–174, 472 Planta, Martin von (1727–1772) 23 Plato, Karl Gottlieb (1757–1833) 718 Platon von Athen (427–347 v.Chr.) 780 Platow (Schüler) 391 Platzmann, Charlotte Amalia siehe: Kulenkamp-Platzmann, Charlotte Amalia (1777–1862) Plochl, Anna (1804–1885) 455 Polier-Vernand, Louise-AngéliqueAntoinette siehe: HermenchesPolier-Vernand, Louise-AngéliqueAntoinette d’ (1779–1860) Pomona 455 Potanchenay (Schüler) 129 Poterat (Schüler) 129 Poths, Charlotte siehe: Phull-Poths, Charlotte (1766–1808) Pourtalès, Jacques-Louis de (1722– 1814) 396, 413, 449

Preisig, Johannes/Johann/Jean (1775– 1814) 100, 472, 504 Preisig-Kern, Anna Kathrina 472 Preuss, Johann Wilhelm (1790–1867) 543, 651, 654, 663, 667, 677, 692, 746, 753 Preussen – August Ferdinand, Prinz von siehe: August Ferdinand, Prinz von Preussen (1730–1813) – Friedrich Wilhelm I., König von siehe: Friedrich Wilhelm I., König von Preussen (1688–1740) – Friedrich Wilhelm III. siehe: Friedrich Wilhelm III., König von (1770–1840) – Luise siehe: Luise, Prinzessin von Preussen (1799–1882) – Wilhelm, Prinz von siehe: Wilhelm, Prinz von Preussen (1783– 1851) – Wilhelm I., König von siehe: Wilhelm I., König von Preussen (1797–1888) Preussen – Sektion Unterricht des Innenministeriums 651, 653, 660, 663, 674, 692, 745 – Staatsministerium 650, 654, 677 Prinsen, Pieter Johannes (1777–1854) 548 Prümbach (Frau) siehe: Trümbach (Frau) Prümbach (Herr) siehe: Trümbach (Herr) Pygmalion 362 Rahn, Anna Barbara (1755–1839) 633 Rahn, Elisabetha siehe: SchulthessRahn, Elisabetha (1773–1798) Rahn, Hartmann (1721–1795) 632 Rahn, Marie Johanne siehe: FichteRahn, Marie Johanne (1758–1819) Rahn-Klopstock, Johanna (1730–1780) 632 Ramsauer, Johannes (1790–1848) 593 Rantzau, Andreas Konrad/Conrad Peter, Graf zu (1773–1845) 142, 153, 736–737 Rapin, Daniel Benjamin (1760–nach 1810) 146

812 Rapin-Detrey, Jeanne-Rose (1761– 1823) 146 Rauschenbach, Johann (1770–1845) 102 Ray, François/Franz 507 Ray, Jeanne 497, 506, 590 Real Instituto Militar Pestalozziano siehe: Madrid. Pestalozzische Militärschule Récamier, Jacques (1751–1830) 294 Récamier-Bernard, Jeanne Françoise Julie Adélaïde (1777–1849) 294 Reding, Josefa (1761–1822) 704, 712 Reding, Theodor (1755–1809) 712 Reding, Theodor (1785–1827) 704, 712 Redwitz, Charlotte von (1773–1832) 260 Redwitz, Friedrich Karl von (1797– 1857) 260 Redwitz, Karoline Christine Franziska von (*1796) 260 Redwitz, Maria Anna Christian von (*1792) 260 Redwitz, Philipp Anton von (1748– 1802/03) 260 Reimann, Johanna Klara Wilhelmine, genannt Luise Johanna siehe: Witte-Reimann, Johanna Klara Wilhelmine, genannt Luise Johanna (1778–1842) Reimarus, Christine Friederike siehe: Reinhard-Reimarus, Christine Friederike (1771–1815) Reimarus, Johann Heinrich Albrecht (1729–1814) 587 Reimarus, Sophia (1742–1817) 587 Reinhard, Hans von (1755–1835) 213, 397, 703, 780, 783 Reinhard, Karl Friedrich (1761–1837) 587 Reinhard-Reimarus, Christine Friederike (1771–1815) 587 Rendschmidt, Felix (1787–1853) 663, 667 Rengger, Albrecht (1764–1835) 96, 475, 503 Rennenkampf, Elisabeth Dorothea von siehe: Gersdorff-von Rennenkampf, Elisabeth Dorothea von, geb. Anrep (1759–1844)

Rennenkampf, Gustav Reinhold Georg von (1784–1869) 668 Rennenkampf, Jakob Johann (1759– 1794) 668 Rennenkampf, Karl Jacob Alexander, Edler von (1783–1854) 294, 346, 668 Rennenkampf, Paul Andreas von (1790–1857) 668 Reutlinger, Johann Kaspar (1752– 1815) 757 Ribaupierre, Susanne Elisabeth de siehe: Frossard de Saugy-de Ribaupierre, Susanne Elisabeth (1758– 1844) Richard, Pierre (1755–1822) 648 Richter, Jean Paul Friedrich siehe: Paul, Jean (1763–1825) Riecke, Viktor Heinrich (1759–1830) 530–531, 684, 781 Riedesel, Karl Georg, Freiherr von (1746–1819) 776 Riedtli siehe: Zürich. Normalinstitut Riedtli (1806–1808) Rieter, Heinrich (1757–1840) 307 Rieter, (Jakob) Heinrich/Henry (1795– 1851) 307 Rieter-Däniker, Anna Maria (1763– 1841) 307 Rinderle, Ludovika (†1845) 750 Risold, Samuel Gottlieb (1756–1827) 486 Ritter, Dorothea siehe: ZerrennerRitter, Dorothea (1753–1800) Ritter, Friedrich Wilhelm (1747–1787) 385–386 Ritter, Karl/Carl (1779–1859) 208, 331– 332, 352, 385–386, 460, 492 Rocca, Albert Jean Michel de (1788– 1818) 551 Rodhe, Metta Gerdruth siehe: BekennRodhe, Metta Gerdruth (1780– 1867) Rösler, Gottfried Friedrich (1782–1845) 531, 596, 635 Rövekamp (Frau) 174 Rohr, Gottlieb (1769–1844) 102 Roller, Georg Jakob (1774–1857) 352 Rømer, Olaf/Ole (1644–1710) 350 Rosenberger, Barbara (1781–1864) 709 Rosenberger, Barbara (1790–1864) 709

813 Rothe, Anders (1787–1833) 58–59 Rotwitt, Carl Philipp (1802–1848) 460 Rotwitt, Georg Godfried (†1819) 460 Rotwitt, Johann Albert (*1801) 460 Rougemont, Denis François-Henri de (1810–1849) 525 Rougemont, Frédéric-Constant de (1808–1876) 525, 681 Rougemont, Georges de (1758–1824) 413, 446, 449, 479, 525, 571–572, 656, 680, 730, 766 Rougemont, Georges de (1802–1810) 479, 525, 571–572, 656, 681, 730, 766 Rougemont, Marie-FrançoiseHenriette de siehe: Marval-de Rougemont, Marie-FrançoiseHenriette de (1801–1830) Rougemont, Rose-Frédérique de (1800–1880) 525, 680 Rougemont, Rose-Henriette de (*1798) 525, 681 Rougemont-d’Ostervald, Charlotte Louisa Albertine de (1769–1851) 446, 525, 681 Rueff, Philipp Jakob (1743–1831) 325, 433, 456 Rüttimann, Georg Vincenz (1769– 1844) 397 Runge, Gustav Wilhelm (1789–1885) 663, 667 Russland – Alexander I. siehe: Alexander I., Zar von Russland (1777–1825) – Katharina II. siehe: Katharina II., Zarin von Russland (1729–1796) – Konstantin siehe: Konstantin, Prinz von Russland (1779–1831) Rusterholz, Johann Heinrich (1760– 1806) 127, 189, 402, 410, 454 Rusterholzisches Schreiben 402, 454 Sachsen-Altenburg – Friedrich, Herzog von siehe: Friedrich, Herzog von SachsenAltenburg (1763–1834) – Joseph, Herzog von siehe: Joseph, Herzog von SachsenAltenburg (1789–1868)

Sachsen-Hildburghausen, Therese von siehe: Therese von SachsenHildburghausen (1792–1854) Sachsen-Meinigen, Georg I. Friedrich Karl, Herzog von siehe: Georg I. Friedrich Karl, Herzog von Sachsen-Meinigen (1761–1803) Sachsen-Weimar-Eisenach – Anna Amalie siehe: Anna Amalie von Sachsen-Weimar-Eisenach (1739–1807) – Ernst August II. Constantin, Herzog von siehe: Ernst August II. Constantin, Herzog von SachsenWeimar-Eisenach (1737–1758) – Karl August, Grossherzog von siehe: Karl August, Grossherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach (1757–1828) Salinger, Franz Wilhelm (1775–1850) 21, 174, 237, 284 Salinger-Flügge, Margarete Catharina Elisabeth (1795–1841) 21 Salingre, François Guillaume siehe: Salinger, Franz Wilhelm (1775– 1850) Salingre/Salinger, Isaac (1717–1801) 21 Salis-Tagstein, Freiherr von 12 Salles, Emilie siehe: Vail-Salles, Emilie Salzmann, Christian Gotthilf (1744– 1811) 386, 627, 669, 718 Salzmann, Johann Christian Karl (1784–1870) 386 Santander. Lehrerseminar 215, 275 Sarazzin, Marie siehe: MalardeauSarazzin, Marie (ca. 1764–1821) Sauerländer (Buchhandlung und Verlag) 733 Sauerländer, Heinrich Remigius (1776–1847) 732, 764, 767, 770, 778 Sauerwein (Lehrerin) 284 Sauper/Samper, José Maria Puig de (1751/1753–1833) 194 Savary, François Pierre (1750–1821) 107 Savigny, Friedrich Carl von (1779– 1861) 441 Schäfer, Peter Paul (1763–1824) 353

814 Schäfer-Hilgard, Catharina Luisa Henrietta (1753–1830) 353 Schär, Rudolf (1786–ev. um 1822) 648 Scheler, Sigmund (1792–1865) 42 Scheler-Schulthess, Susanna (1786– 1835) 42, 162, 186 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph (1775–1854) 147 Scherb, Jakob Christoph (1736–1811) 145 Scherb, Maria Ursula siehe: MuraltScherb, Maria Ursula von (1751– 1823) Scheuchzer, Matthias 372 Scheve, Adolf Friedrich von (1752– 1837) 21 Schiess, Johann Martin (*1799) 120 Schiess, Johann Ulrich (1775–1849) 120 Schiller, Johann Christoph Friedrich von (1759–1805) 147, 180 Schimmelpenninck, Rutger Jan (1761–1825) 547 Schindler, Anna Katharina siehe: Streiff-Schindler, Anna Katharina (1769–1827) Schindler, Konrad (1734–1809) 257 Schindler-Streiff, Anna Katharina (1787–1858) 604 Schinz, Anna Elisabeth siehe: MuraltSchinz, Anna Elisabeth von (1773–1858) Schinz, Hans Caspar (1755–1838) 165 Schinz, Johann Rudolf (1745–1790) 147 Schinz, Heinrich Rudolf (1777–1861) 147 Schinz, Regula siehe: Lavater-Schinz, Regula (1755–1829) Schinz, Wilhelm (1739–1806) 165 Schinz-Schulthess, Anna (1734–1811) 165, 187 Schläpfer, Hans Georg Leonhard (1766–1840) 120 Schläpfer, Johann/Jean (*1800) 120 Schläpfer-Hirzel, Anna (1773–1825) 120 Schlaff, Georg Christoph (†ca. 1796) 701 Schlaff, George Christoph (*1790) 697, 701

Schlegel, August Wilhelm von (1767– 1845) 147, 295, 550 Schlegel, Karl Wilhelm Friedrich von (1772–1829) 147 Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst (1768–1834) 654, 745 Schlesinger, Johann Matthäus (1779– 1859) 153, 736–737 Schlichtegroll, Adolf Heinrich (Friedrich) von (1765–1822) 533, 549 Schlumberger, Hartmann (1780–1868) 637 Schlumberger, Nicolas (1782–1856) 637 Schmeller, Johann Andreas (1785– 1852) 194, 222–223, 298, 301, 305, 381, 530, 707 Schmid, Charlotte Ida Amalie siehe: Lejeune-Schmid, Charlotte Ida Amalie (1799–1834) Schmid, Eduard 174 Schmid, Johann Kaspar (*1787) 274 Schmid, Johann Marius Friedrich (1776–1849) 99 Schmid, Johann Michael (1788–1807) 19, 45, 174, 208, 274, 284, 365 Schmid, Joseph (1785–1851) 3, 45, 48, 52, 59, 174, 224, 248, 274, 288, 291, 375–376, 408, 426, 446, 531, 593, 623, 657, 664, 674, 681, 728, 737, 761–762 Schmidlin, Christian Friedrich von (1780–1830) 630 Schmilensky, Jean (*1795) 648 Schmuziger, Johann Jakob (1771–1844) 35, 187 Schneider, Erhard (1775–1852) 648 Schneider, Johann Jakob (1787–1844) 539 Schneider, Johann Jakob 82, 163, 410 Schnell, Johannes (1751–1824) 137 Schnell, Samuel Ludwig/Ludwig Samuel (1775–1849) 427, 728 Schnell-Stapfer, (Katharina) Louise (1769–1816) 427 Schnell-von Wattenwyl, Marguerite Cathérine Françoise (1780–1846) 427 Schnepfenthal. Philanthropin 331, 385–386, 669, 718

815 Schnewlin, Anna Magdalene, genannt Marie, siehe: MeyerSchnewlin, Anna Magdalene, genannt Marie (1784–1868) Schnewlin, Johann Jacob (1777–1834) 732 Schön, Theodor von (1773–1856) 655 Schöner, Georg Friedrich Adolf (1774– 1841) 111, 298, 446, 472, 638 Scholten, Hendrik (1791–1873) 548, 690, 769 Schröder, Ämil Ludwig Philipp (1764– 1835) 166 Schrötter (Herr) 166, 674 Schrötter, Friedrich Leopold von (1743–1815) 542, 553, 602, 604, 616, 624, 630, 650 Schuckmann, Kaspar Friedrich von (1755–1834) 654 Schürmann (Frau) 705, 712 Schuler, Johann Melchior (1779–1859) 127, 740 Schullehrer-Gesellschaft, Freiwillige kantonale (Thurgau) 251 Schulthess, Anna siehe: SchinzSchulthess, Anna (1734–1811) Schulthess, Anna (1774–1811) 163 Schulthess, Anna Barbara siehe: HugSchulthess, Anna Barbara (1779– 1820) Schulthess, Anna (Maria) Salome, genannt Nanette siehe: HalderSchulthess, Anna (Maria) Salome, genannt Nanette (1773–1854) Schulthess, August (1785–1846) 162– 163, 186 Schulthess (Buchhandlung) 126 Schulthess, Friederich (1804–1869) 126 Schulthess, Hans Heinrich (Henry) (1746–1812) 162–163 Schulthess, Hans Jakob (Jacques) (1739–1806) 42, 162 Schulthess, Johann Kaspar (1744–1816) 42, 162, 164, 166, 186 Schulthess, Johannes (1763–1836) 126– 127, 189, 213, 266, 379, 579, 584, 599, 626, 644, 703, 739–740, 757, 780, 783 Schulthess, Karl Johann Jakob (1775– 1854) 162, 186 Schulthess, Leonhard (1747–1805) 41

Schulthess, (Maria) Elisabeth siehe: Hemmann-Schulthess, (Maria) Elisabeth (1776–1842) Schulthess, Susanna siehe: SchelerSchulthess, Susanna (1786–1835) Schulthess-Hafner, Maria 127 Schulthess-Hirzel, Regula (1741–1776) 163 Schulthess-Locher, Anna Barbara (1754–1812) 162–163 Schulthess-Motta, Susette Judith (1744–1818) 42, 162, 166, 186 Schulthess-Rahn, Elisabetha (1773– 1798) 126 Schulthess-Ulrich, Dorothea (1739– 1805) 34, 41–42 Schulthess-Wolf, Barbara (1743–1818) 165 Schumacher, Christian Heinrich 4 Schuster, Franziska (1778–1857) 750 Schwarz, Friedrich Heinrich Christian (1766–1837) 429, 474, 494, 597 Schwarz-Jung, Johanna Magdalena Margarethe (1773–1826) 429 Schweden – Gustav III., König von siehe: Gustav III., König von Schweden (1746–1792) – Gustav IV. Adolf, König von siehe: Gustav IV. Adolf, König von Schweden (1778–1837) Schweden und Norwegen, Karl XIII., König von siehe: Karl XIII., König von Schweden und Norwegen (1748–1818) Schweiz. Landammann 774 Schweizer, Johann Kaspar (1754–1811) 42, 634, 665 Schweizer, Johann Ludwig (1765– 1835) 781 Schweizer-Hess, Anna Magdalena (1751–1814) 665 Secrétan, Philippe (1756–1826) 24, 137 Seiler (Frau) 188 Semler, Johann Salomo (1725–1791) 21 Sieveking, Georg Heinrich (1751– 1799) 762 Sievers, Georg Graf von (1778–1827) 574 Sieyès, Abbé (1748–1836) 441

816 Simmler, Johann Georg (1787–1867) 127, 266 Singinstitut, Zürcher 551 Sissach. Lehrerseminar 648 Skipwith, Archibald (1784–1841) 263 Skipwith, Charles 262–263, 334, 609 Skipwith, Evalina (*nach 1800) 263 Skipwith, Fulwar (1765–1839) 262 Skipwith, George Grey (nach 1800– 1859) 263 Skipwith, Lelia/Leila (1804–1841) 262 Skipwith-Vandenclooster/Van den Clooster, Evelina Barlie/Barbie 263 Skipwith-Vandenclooster/Van den Clooster, Thereze Josephine 262 Snethlage, Bernhard Moritz (1753– 1840) 20 Sociedad Real Ecónomica Cantábrica siehe: Société Cantabrique Société Cantabrique 191, 215, 269, 272, 274–275, 303 Société d’Agriculture du Doubs 570 Société d’Agriculture, Sciences Naturelles et Arts du Doubs 570 Société d’Emulation, Canton Vaud 570 Société d’Emulation Patriotique de Neuchâtel 397, 413, 446, 449 Société d’Encouragement de l’Industrie Nationale 321 Société d’Encouragement pour l’Eucation Industrielle du Peuple 315K Société des Amis de la Liberté 124 Société du Jardin, Neuchâtel 446 Société Economique de Valencia 275 Société Libre d’Agriculture, Commerce et Arts du Département du Doubs 570 Société Littéraire, Yverdon 32 Société Nationale des Antiquaires de France 610 Société pour l’Instruction Elémentaire 315, 446 Société pour la Propagation du Bon Gout et des Belles Lettres 336 Society, American Philosophical 263 Society for the Encouragement of Arts, Manufactures and Commerce 321

Society, Royal 218, 427 Solothurn. Privatschule Pfeiffer 302, 361 Sölter, Achatz 174 Sonderegger, Johannes (1773–1826) 540 Sozietät für die gesammte Mineralogie zu Jena 147–148, 420, 719, 776 Sozietät von Madrid 194 Spanien – Aufsichtskommission 194, 215, 223, 298 Spanien – Carlos Maria Isidro Benito siehe: Carlos Maria Isidro Benito von Spanien (1788–1855) – Charlotte Johanna siehe: Charlotte Johanna von Spanien (1775– 1830) – Ferdinand VII., König von siehe: Ferdinand VII., König von Spanien (1784–1833) – Francisco Antonio de Paula de Borbón, Infant von siehe: Francisco Antonio de Paula de Borbón, Infant von Spanien (1794– 1865) – Isabel II., Königin von siehe: Isabel II., Königin von Spanien (1830–1904) – Joseph I., König von siehe: Joseph I., König von Spanien (1768–1844) – Karl IV., König von siehe: Karl IV., König von Spanien (1748– 1819) – Maria Isabel siehe: Maria Isabel von Spanien (1789–1848) – Maria Louisa siehe: Maria Louisa von Spanien (1782–1824) – Maria Luisa von BourbonParma, Königin siehe: Maria Luisa von Bourbon-Parma, Königin von Spanien (1751–1819) Spörlin, Sebastian (1746–1812) 648 Sprütten, Rüttger (1786–1822) 174 Stackelberg, Christoph Adam (1777– 1841) 573 Staël, August de (1790–1827) 550, 727 Staël-Holstein, Erik Magnus von (1749–1802) 551

817 Staël-Necker, Anne Louise Germaine de (1766–1817) 180, 294–295, 550, 762 Stalder, Franz Joseph (1757–1833) 760 Stapfer, Charles-Louis (1799–1880) 426, 727 Stapfer, Daniel (1728–1807) 426 Stapfer, Frédéric-Albert-Alexandre (1802–1892) 426, 727 Stapfer, Heinrich (1776–1825) 781 Stapfer, Johann (1719–1801) 312 Stapfer, (Katharina) Louise siehe: Schnell-Stapfer, (Katharina) Louise (1769–1816) Stapfer, Philipp Albert (1766–1840) 91, 255, 312, 315, 324, 366, 426–427, 727, 729 Stapfer-Burnand, Sophie Louise (1737– 1798) 426 Stapfer-Vincent, Marie Madeleine Pierrette (1778–1854) 312, 426, 727 Staub, Magdalena siehe: Trösch-Staub, Magdalena Steeger, Johannes Abraham (1789– 1858) 663, 667 Steiger Montrichter, Johanna Margaretha von siehe: May-von Steiger Montrichter, Johanna Margaretha von (1772–1843) Stein, Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom (1757–1831) 387, 441, 542, 653, 655 Steiner, Rosemann (*1781) 52, 66, 82, 224, 248 Steinmüller, Anna Maria siehe: Zwicky-Steinmüller, Anna Maria (1761–1794) Steinmüller, Johann Rudolf (1773– 1835) 288, 371, 373 Sterchi, François Henri (1797–1883) 138 Sterchi, Jean Henri Samuel (1760– 1819) 131, 138 Sterchi, Jean Henri Samuel Louis (*1800) 138 Sterchi, Louis Henri (*1802) 138 Sterchi, Louise (*1799) 138 Sterchi, Susanne (*1796) 138 Sterchi-Muret, Jeanne Susanne (1768– 1803) 138

Sterne, Laurence (1713–1768) 362 Stettler, Carl/Karl Ludwig (1773–1858) 624 St. Gallen – Gertrudenschule 214 – Meilische Töchterschule 520– 521 Stiehl, Ferdinand (1812–1878) 664 St. Morand. Anstalt Legrand 648 Stoll, Jean (1747–1833) 342 Stoll-Vissaula, Elisabeth (1758–1819) 342 Strasser, Willibald (1769–1846) 317 Strauss, Albrecht (*1797) 589–590 Strauss, Gottlieb (*1763) 590 Strauss, Rosina Louise, siehe: Kasthofer-Strauss, Rosina Louise (1786– 1840) Streiff (äterer Sohn) 258 Streiff, Anna Katharina siehe: Schindler-Streiff, Anna Katharina (1787– 1858) Streiff, Augusta Sophia siehe: ZwickyStreiff, Augusta Sophia (1789– 1866) Streiff, Johann Balthasar (1762–1828) 257, 278, 604 Streiff, Konrad (1794–1825) 258, 278, 604 Streiff-Schindler, Anna Katharina (1769–1827) 257 Strøm, Johann Christian Ludvig (1771– 1859) 156, 209 Studer, Gabriel Friedrich (1784–1824) 194–195, 222–223, 231, 298, 301, 381, 390 Süskind, Friedrich Gottlieb von (1767– 1829) 631 Süvern, Johann Wilhelm von (1775– 1829) 654, 692 Sullivan, George (1771–1838) 327, 334 Sulzberger, Johann Melchior (1760– 1841) 91, 251, 433, 577 Surer (Herr) 624 Suttner-von Hallweil, Leopoldine von (†1789) 56 Tacitus, Publius Cornelius (um 55– nach 116) 518 Therese von Sachsen-Hildburghausen (1792–1854) 657

818 Thiriot, Paul Emil (1780–1831) 531, 642 Thun und Hohenstein (Familie) 596 Thurgau – Engerer Schulrat 251, 577 – Schulrat 91, 113, 115, 145, 402– 403, 433, 577 – Schulvorgesetzte 252 Tillich, Ernst Gotthelf Albrecht (1780– 1807) 20, 391, 402 Titz, Anton (1788–1867) 663, 667 Tobler, Hans Martin (1781–1813) 143 Tobler, Johann Christoph (1743–1823) 213 Tobler, Johann Georg (1769–1843) 10, 29, 42, 48, 52, 54, 57, 63, 66, 70– 71, 74, 78, 81, 86, 208, 224, 248, 253, 288, 320, 333, 342, 472, 566, 637, 647, 737 Tobler, Johannes (1771–1820/29) 142 Tobler-Gengenbach, Magdalena (1779–1854) 42, 48, 638 Torio de la Riba, Torquato (1759–1820) 274 Torlitz, Johan Henrik Anton (1777– 1834) 57, 143, 156 Torras, Jacques 263 Transehe, Karl Otto von (1761–1837) 574, 728 Trebra, Friedrich Wilhelm Heinrich von (1740–1819) 148 Trechsel, Anna (*1778) 320 Trechsel, Friedrich (1776–1849) 137, 332, 775 Trechsel, Maria Elisabeth (*1774) 320 Trechsel, Suzanne (*1782) 320 Treuttel, Jean George (1744–1826) 728 Treviran, Johann Konrad (1777–1848) 353 Treviranus, Margarethe siehe: Oelrichs-Treviranus, Margarethe (1776–1852) Trösch, Johannes (1767–1824) 43 Trösch-Staub, Magdalena 43 Trümbach (Frau) 245 Trümbach (Herr) 245 Tschanz, Johann Georg (1758–1832) 92 Tschanz, Johann Georg & Comp. (Firma) 92, 101

Tscharner, Margaretha von siehe: Fellenberg-von Tscharner, Margaretha von (1778–1839) Tscharner, Niklaus Emanuel (1727– 1794) 333 Tschudy, Johann Heinrich (1779–1841) 133, 140, 258 Türk, Louise Friederike Charlotte Sophie von (1807–1808) 283, 321 Türk, Wilhelm Christian von (1774– 1846) 18–19, 22, 45, 137, 152, 156, 173–174, 208, 237, 283–284, 320– 321, 365, 374, 391–392, 417, 462, 478, 490, 492, 494, 518, 524, 537, 547, 574 Türk-von Buch, Wilhelmine Amalie von (1784–1850) 152, 174, 208, 283, 321 Twent, Adriaan Pieter (1745–1816) 690 Uhden, Johann Daniel Wilhelm Otto (†1835) 654 Ulrich, Dorothea siehe: SchulthessUlrich, Dorothea (1739–1805) Ulrich, Johann Konrad (1761–1828) 121, 123, 213, 392, 781 Unternährer, Anton (1759–1823) 111 Urania 362 Urbach (Frau) 208 Urbach (Herr) 208, 284 Urech, Heinrich Wilhelm 63, 66, 82, 116, 137 Urner, Johann Jakob (ev. *1772) 521 Usteri, Johann Martin (1763–1827) 213 Usteri, Paul (1768–1831) 164 Vail, Aaron (1755–1813) 326, 334, 610 Vail, Aaron (1796–1878) 327, 334, 610 Vail, Edward 327, 334, 610 Vail, Eliza 327, 334 Vail, Eugène-Aaron (1794–1843) 327, 334, 610 Vail, Jefferson 327, 334, 610 Vail-Dubois des Corbieres (Frau) 327 Vail-Salles, Emilie 327 Vandenclooster/Van den Clooster, Evelina Barlie/Barbie siehe: Skipwith-Vandenclooster/Van den Clooster, Evelina Barlie/Barbie

819 Vandenclooster/Van den Clooster, Thereze Josephine siehe: SkipwithVandenclooster/Van den Clooster, Thereze Josephine Vaucher, Charles Daniel (1760–1855) 342 Vaucher, Georges Alfred (1795–1840) 342 Vaucher, Louis Theodor (1797–1842) 342 Vaucher, Marie Albertine (*1793) 342 Vaucher-Guyenet, Marianne Charlotte (1765–1842) 342 Vellnagel, Christian Ludwig August, Freiherr von (1764–1853) 530 Verdeil, François (1747–1832) 503 Vergil, Publius Vergilius Maro (70–19 v.Chr.) 218 Vial, Honoré, Baron (1766–1813) 406 Vicat, David Charles (1785–1817) 753 Vicat, Jacques Antoine (1757–1830) 753 Vicat, Philippe David (1791–1813) 753 Vierordt, Georg Heinrich Ferdinand (1758–1823) 490 Vierordt, Heinrich (1797–1867) 490 Vigelius, Christian Ludwig (1765–1816) 459 Vilmold (Herr) 223 Vincent, Marie Madeleine Pierrette siehe: Stapfer-Vincent, Marie Madeleine Pierrette (1778–1854) Vischer, Emma siehe: PassavantVischer, Emma (1794–1849) Vischer, Peter (1751–1823) 239, 633, 769 Vischer, Salome siehe: Ochs-Vischer, Salome (1760–1804) Vissaula, Elisabeth siehe: StollVissaula, Elisabeth (1758–1819) Vives, Juan Luis (1492–1540) 218 Vogel, David (1760–1849) 121, 123, 186 Vogel, Emerentia, genannt Meret siehe: Emerentia WegmannVogel (1753–1833) Vogel, Erhard Friedrich (1750–1823) 229 Voght, Caspar/Kaspar, Reichsfreiherr von (1752–1839) 209, 321, 587, 762

Vogt (Herr) 545 Vogt (Lehrer) 438 Voitel, [Franz] Joseph Stephan (1773– 1839) 194, 215, 222–223, 272, 274, 298, 302, 304–305, 381, 390 Voitel, Franziska (1800–1802) 305 Voitel, Maria Josepha siehe: ZschokkeVoitel, Maria Josepha (1816–1896) Voitel, Maria Sophronia (*/†1802) 305 Voitel-Wirz, Francisca (1772/82–1854) 305 Voll, Franz Anton (1780–1838) 260 Voll-Humann, Maria Anna (1797– 1882) 260 Vollmar, Friedrich Christof Karl (1733– 1814) 353 Volta, Alessandro Giuseppe Antonio Anastasio, Graf von (1745–1827) 427 Voss, Johann Heinrich (1751–1826) 25, 385 Waadt – Erziehungsrat 503 – Kommission 139 – Regierung 131, 139 Wädenswil – Lesegesellschaft 163 – Privatschule Schneider 410 – Schule 128, 163 Walch, Johann Immanuel (1725–1778) 147 Walcher, Argast 709 Walcher, Johann Heinrich 709 Waldeck, Luise von siehe: Luise, Herzogin von Nassau-Usingen, geb. von Waldeck (1751–1816) Walder, Johann Jacob (1750–1817) 750 Walser, Johanna Elisabetha siehe: Bruderer-Walser, Johanna Elisabetha (1778–1845) Wandelt, Karl (1784–ca. 1840) 663, 667 Wangenheim, Karl August von (1773– 1850) 499–500, 529–531, 613, 616– 617, 623, 630–631, 683 Wangenheim-von Bosberg, Augusta von 501 Wartmann, Elsbeth siehe: HartmannWartmann, Elsbeth

820 Waser-Blank, Margarete/Magarete/ Margarethe (1766–1835) 182, 467 Washington. Pestalozzische Schule 648 Wattenwyl, Marguerite Cathérine Françoise siehe: Schnell-von Wattenwyl, Marguerite Cathérine Françoise (1780–1846) Wattenwyl, Niklaus Rudolf von (1760– 1832) 428, 499–500 Wattenwyl-von Ernst, Louise Elisabeth Emilie von (1771–1852) 500 Watteville, Louis de (1776–1836) 587 Weber, Jakob (1758–1813) 371–372 Weber, Johann (1752–1799) 226 Weber, Laurent (1763–1812) 637 Weber-Hotz, Barbara (1764–1810) 371 Wegelin, Elisabeth siehe: NotzWegelin, Elisabeth (1783–1839) Wegmann, Johannes (1742–1815) 187 Wegmann, Johannes (*1785) 187 Wegmann, Susanna (†1782) 187 Wegmann-Vogel, Emerentia, genannt Meret (1753–1833) 187 Weilenmann, Johann Jakob (1787– 1827) 757 Weinmann, Wilhelm (1774–1854) 462 Weiss, Christian Samuel (1780–1856) 426 Welden, Carl Albrecht von (†1808) 260 Wellauer, Maria Salomea siehe: NotzWellauer, Maria Salomea (1748– 1825) Wepfer, Johann Baptist (1784–1860) 213, 407, 477 Werdmüller, Rudolf 372 Werkmeister, Benedikt Maria Leonhard von (1745–1823) 631 Wessenberg, Ignaz Heinrich von (1774–1860) 188, 317, 433, 438, 478, 626, 760 Wetter, Margaretha siehe: Hartmann-Wetter, Margaretha (1764– 1828) Wieland, Charlotte Louise/Lotte (1776–1816) siehe: GessnerWieland, Charlotte Louise/Lotte (1776–1816) Wieland, Christoph Martin (1733– 1813) 320

Wiesand, E.A. 222 Wild (Frau) 181, 187 Wild, Jakob (†1806) 243 Wildenstein. Armenanstalt 237, 243, 309, 313, 428 Wilhelm, Prinz von Preussen (1783– 1851) 387 Wilhelm I., König der Niederlande (1772–1843) 547 Wilhelm I., König von Preussen (1797–1888) 209 Wilhelm I. Friedrich Karl, König von Württemberg (1781–1864) 501, 530, 601, 617 Wilhelm Georg August Heinrich Belgus, Herzog von Nassau (1792– 1839) 459 Willemer, Abraham (Brami) Ludwig Heinrich Jakob von (1794–1818) 257, 431 Willemer, Johann Jakob von (1760– 1838) 256–257, 431 Wimpfen, Ludwig von (1765–1831) 194, 272 Wimpfen – Regiment 194 – Schule 194, 223, 272 Windischmann, Anna Maria Franziska (1805–1832) 642 Windischmann, Georg Karl Ignaz (1805–1828) 642 Windischmann, Karl Johann Josef (1807–1839) 642 Windischmann, Karl Joseph Hieronymus (1775–1839) 641–642 Windischmann, Karolina (1797–1813) 642 Windischmann, Katharina Margaretha Walburga (1803–1804) 642 Windischmann, Wilhelmine (†1832) 642 Windischmann-Pizzala, Anna Maria (†1854) 641 Wirz, August Heinrich (1787–1834) 200, 210 Wirz, Francisca siehe: Voitel-Wirz, Francisca (1772/82–1854) Wirz, Johann Heinrich (1756–1834) 201 Wissmann, Ludwig von (1770–1856) 674

821 Witte, Karl (1800–1883) 12 Witte, Karl Heinrich Gottfried (1767– 1845) 12–13, 19, 25 Witte-Reimann, Johanna Klara Wilhelmine, genannt Luise Johanna (1778–1842) 12, 25 Wolf, Barbara siehe: Schulthess-Wolf, Barbara (1743–1818) Wolf, Friedrich August (1759–1824) 729 Worms. Mädchenschule 352 Wrangel (Herr) von 574 Württemberg – Carl Eugen, Herzog von siehe: Carl Eugen, Herzog von Württemberg (1728–1793) – Franziska, Herzogin von siehe: Franziska, Herzogin von Württemberg (1748–1811) – Friedrich von siehe: Friedrich von Württemberg (1808–1870) – Friedrich I., Herzog/König von siehe: Friedrich I., Herzog/König von Württemberg (1754–1816) – Wilhelm I., Friedrich Karl siehe: Wilhelm I., Friedrich Karl, König von Württemberg (1781–1864) Würtz, Johann Gottfried (1768–1841) 728 Wyss, David von (1763–1839) 213 Wyss, Johann Rudolf (1763–1845) 407 Ysenburg und Büdingen – Adolf II. siehe: Adolf II. zu Ysenburg und Büdingen (1795–1859) – Carl Friedrich Ludwig Moritz siehe: Carl Friedrich Ludwig Moritz, Graf zu Ysenburg und Büdingen (1766–1820) – Ludwig Maximilian II., Graf zu siehe: Ludwig Maximilian II., Graf zu Ysenburg und Büdingen (1791– 1821) Yverdon – Munizipalität 32, 71, 177, 234 – Töchterinstitut 59, 182, 195, 239, 467, 506, 530–531, 537, 545, 589, 596, 612, 704–705, 732, 772

Zäslin, Maria Margaretha siehe: Paravicini-Zäslin, Maria Margaretha (1808–1853) Zeerleder, Karl (1780–1851) 332 Zeerleder, Ludwig (1742–1840) 332 Zehender, Niklaus Albrecht (1770– 1849) 107–108, 110 Zehender, Samuel Gottlieb (1756– 1840) 107 Zehme, Ernst Vertraugott (1786–1863) 669, 717–718 Zelger, Franz Niklaus (1765–1821) 579–580 Zelger, Franz Niklaus (1791–1873) 579 Zelger, Jakob (1791–1812) 580 Zelger, Klemens (1793–1868) 580 Zelger-Christen, Marie Josefa (1765– 1819) 580 Zeller, Christian David (1749–1812) 407 Zeller, Christian Heinrich (1779–1860) 214, 433, 455 Zeller, Karl August (1774–1846) 127, 212, 226, 267, 372, 396–397, 402, 406–407, 413, 432, 446, 449, 453– 455, 477, 485–487, 499–500, 529– 530, 593, 616, 622–624, 630–631, 644, 650, 668, 674, 677, 683, 743, 749–750, 757 Zeller-Schneck, Christiane Heinrike (1754–1811) 407 Zellerische Methode 402 Zerrenner, Heinrich Gottlieb (1750– 1811) 386, 492 Zerrenner-Ritter, Dorothea (1753– 1800) 386 Ziegesar, Caroline Friederike Luise von siehe: Holzhausen-von Ziegesar, Caroline Friederike Luise von (1775–1846) Ziegesar, Wilhelm August Karl, Freiherr von (1750–1795) 518 Ziegesar-Freiin von Holzhausen, Henriette 518 Ziegler, Jean-Jacques (1776–1846) 637 Ziegler, Katharina siehe: PfenningerZiegler, Katharina (1744–1796) Zimmermann, Christoph (1752–1807) 127 Zimmermann, Johann Georg (1728– 1795) 426

822 Zollikofer, Bibi 772 Zschirner, Johann Michael (*1772) 531 Zschokke, Alexander (1811–1859) 305 Zschokke, Johannes Heinrich Daniel (1771–1848) 226, 309, 733 Zschokke-Voitel, Maria Josepha (1816– 1896) 305 Zuber, Daniel (*1797) 648 Zürcher, Elisabeth siehe: MeyerZürcher, Elisabeth (1780–1861) Zürich – Erziehungsrat 127, 213, 266, 402, 454, 551, 703, 780 – Höhere Schule 30 – Kirchenrat 291 – Kleiner Rat 703 – Politisches Institut 371–372 – Riedtli, Normalinstitut (1806– 1808) 123, 127, 212–213, 251, 266– 267, 397, 410, 454, 477, 703, 757 – Töchterschule 124, 773 Zwicky (Herr) 133 Zwicky, Fridolin/Friedrich, gen. Frédéric (1794–1846) 133, 140, 258 Zwicky, Johann Heinrich (1752–1798) 133 Zwicky, Johann Peter (1762–1820) 257, 529 Zwicky-Steinmüller, Anna Maria (1761–1794) 133 Zwicky-Streiff, Augusta Sophia (1789– 1866) 604