Schreiben an das Publicum [Aus dem Französischen. Reprint 2021 ed.] 9783112430385, 9783112430378


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German Pages 48 Year 1754

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Schreiben an das Publicum [Aus dem Französischen. Reprint 2021 ed.]
 9783112430385, 9783112430378

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Schreiben an das

Publicum.

Aus dem Französischen. B E RL3n

-752.

* ojo

V-3

ß^KIch habe allezeit euern 8S5 Geschmakgeliebet/und eure Grillen verehrt. Ich kenne die unersättliche Be­ gierde, die ihr nach Neuig­ keiten hegt, und ich mache mir eine Ehre daraus euch zu dienen. Jene gemeinen Bege­ benheiten, welche euch die klei­ nen Ministers, die ihr in Eu­ ropa unterhaltet, die Woche )(2 zwey-

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zweymal erzehlen, sind euch eckelgeworden; jhrwollt etwas besonders, ihr wollt erstaunli­ che Neuigkeiten haben. Eure Ministers melden euch dann und wann ganz unglaubliche, so wahr sie auch, ohne Zweifel, sind, doch das ist noch nicht genung; ihr liebt in der Staats­ kunst die geheimen Sachen: eben diese Neigung nun findet sich auch, nebst einer großen Geschicklichkeit, sie zu entde­ cken , bey mir, welches mich in den Stand sezt, euch von dem, was jezt bey einem gewis­ sen Hofe vorgehet, und sehr verborgen gehalten wird, zu un­ terrichten. Ihr könnt, ohne daß ich

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ich es euch erklären darf/ leicht begreiffen, daß in unsrer Zeitungssprache ein gewisser Hoss den Hof zu Berlin bedeutet. Ich habe diese Neuigkeiten aus der ersten Hand; es sind keine Man sagt, es sind, Begeben­ heiten die ihre völlige Richtig­ keit haben; ich habe erschrekliche Sachen entdekt, und ich vertraue sie euch um so viel lie­ ber, da mir eure Klugheit und Verschwiegenheit bekannt ist, und dieses Geheimniß also un­ ter uns Zweyen bleiben wird.

Zittert für die Ruhe Europens. Wir sind einem' Zufalle nahe, welcher das GleichgeX 3 wich-

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Wichte der Machte, das unsre Vater so weislich angeordnet haben, über den Haussen werffen kan; es ist um das System des Abts von Saint Pierre geschehen, und nun wird eö nimmermehr zur Wirklichkeit kommen. Ich habe erfahren, daß man, vor einigen Tagen, bey Hofe grossen Rath gehal­ ten hat, welchem alle Angese­ hene beygewohnet haben; es ist eine Sache darinn vorge­ nommen worden, welche an Wichtigkeit ihres gleichen, bey Menschen Gedenken, nicht ge­ habt hat. Ein Tonkünstler aus Aix in Provence schickt zwey Menuets, über die er zehn

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zehn Jahr componirt hat, unt> bittet/ sieaufdemKarnevalspielen zu lassen: dieses wird den seichten Geistern etwas nichts­ würdiges zu seyn scheinen/ aber wir StaatSkundige/ die wir wisse«/ waö hinter allem steckt, und den Folgerungen bis zu ihren letzten Schlüffen nachgehew wir find viel zu gründlich, als daß wir so was für eine Kleinigkeit ansehen sotten. Als man dieses Begehren in Berathschlagung zog/ theilte fich der Rath; eine Parthey war für die Menuett, und die an­ dere machte die Gegner aus. Die/ welche für die Menuett waren, behaupteten/ daß man )(4 «e

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sie spielen müsse, um durch die­ sen Vorzug diejenigen aufzumuntern, welche einer gewissen Macht wohl wollen, deren An­ zahl aber, zum Unglücke, nicht allzugroß ist. Die Gegner versetzten, daß e6 wieder die Ehre der Nation sey, fremde Menuets spielen zu lassen, da jn dem Reiche selbst so viel neue gemacht würden. Hier­ auf antworteten die andern, daß die MenuetS dennoch gut seyn könnten, ob sie gleich an­ dernorts gemacht waren, und daß die Liebhaber der Künste mehr Achtung gegen die Wis­ senschaft, als gegen das Vater­ land, oder den Ort, woher die MenuetS

)9( Menuets gekommen waren, haben müßten. Diese Gründe überredeten die Gegner nicht; sie behaupteten vielmehr, daß man diese Menuets für Lontrebande halten müsse. Wi­ der diesen Ausspruch schrien die Menuetisten sehr heftig, und bemühten sich zu beweisen, daß wenn man fremde Menuets für Lontrebande halten wolte, so würde man andern Völkern dadurch dasRecht geben, gleiche falls alle Geburthen, die ihnen Preussen liefere, zu verbieten; daß den Handel einschranken ihn verderben heisse, und end­ lich, daß es andre Machte wohl nicht mit kaltem Blute dulden )(5 wür-

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würden, wenn man. sich das Ansehen geben wolte, ihre Menuets von den Tantzen und FeM auszuschliessen. Ihre An­ tagonisten erhiztensich hierüber nicht wenig, indem sie behaupte­ ten, daß man den Nutzen und alle andere Absichten der Ehre aufopfern müsse; daß es wider die Würde eines Hofes sey, nach andern Tönen, als nach den einheimischen, zu tanzen; daß die Menuetisten Neulinge waren, welche in dem Lande fremde Gebrauche einführen wolten; daß man sich von sei­ nen alten Gewohnheiten nie­ mals müsse abbringen lassen, wenn sie auchschonnichtstaug-. ten;

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