165 2 15MB
German Pages 499 [500] Year 1994
Sehl A 13
w DE
G
Schleiermacher-Archiv Herausgegeben von Hermann Fischer und Hans-Joachim Birkner f , Gerhard Ebeling, Heinz Kimmerle, Kurt-Victor Selge
Band 13
Walter de Gruyter · Berlin · New York
1994
Joachim Boekels
Schleiermacher als Kirchengeschichtler Mit Edition der Nachschrift Karl Rudolf Hagenbachs von 1821/22
Walter de Gruyter · Berlin · New York
1994
® Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die U S - A N S I - N o r m über Haltbarkeit erfüllt.
Die Deutsche Bibliothek —
ClP-EinheitsauJnahme
Boekels, Joachim: Schleiermacher als Kirchengeschichtler : mit Edition der Nachschrift Karl Rudolf Hagenbachs von 1821/22 / J o a c h i m Boekels. — Berlin ; N e w York : de Gruyter, 1994 (Schleiermacher-Archiv ; Bd. 13) Zugl.: Berlin, Kirchl. Hochsch., Diss., 1991 ISBN 3-11-014203-1 NE: G T
© Copyright 1994 by Walter de Gruyter & Co., D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. J e d e Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Z u s t i m m u n g des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, M i k r o verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany D r u c k : A r t h u r Collignon G m b H , Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer-GmbH, Berlin
Vorwort Die vorliegende Untersuchung mit der Edition wurde im Oktober 1991 als Dissertationsschrift bei der inzwischen mit der Humboldt-Universität zu Berlin fusionierten Kirchlichen Hochschule Berlin eingereicht. Sie wurde für den Druck überarbeitet. Ich bin froh, daß sie durch das freundliche Entgegenkommen der Herausgeber in dieser Reihe erscheinen kann. Herr Prof. Selge hat mich zu diesem Thema angeregt, den Fortgang der Arbeit vorzüglich betreut und mich auf die vielversprechende Hagenbach-Nachschrift hingewiesen, auf die er bei einer Bibliotheksreise in Basel aufmerksam geworden war. Ganz besonders weiß ich die gute Zusammenarbeit mit der SchleiermacherForschungsstelle Berlin zu schätzen. Hier erhielt ich von Herrn Prof. Jaeschke wesentliche Ratschläge für die Edition. In Fragen mancher sehr schwer entzifferbarer Passagen von Schleiermachers Aufzeichnungen konnte ich mich an Herrn Dr. Virmond wenden. Die im Rahmen dieser Arbeit veröffentlichte Hagenbach-Nachschrift wird in der Handschriftenabteilung der Universitäts-Bibliothek Basel verwahrt. Für die freundliche
Genehmigung
zur Veröffentlichung
der Edition
und
der
Faksimileseiten bedanke ich mich herzlich. Ebenfalls Dank geht an das Archiv der Akademie der Wissenschaften Berlin-Mitte, das die Faksimileseiten aus dem Nachlaß Schleiermachers für den Druck zur Verfügung gestellt und die Edition des Schleiermacher-Materials genehmigt hat.
Berlin-Zehlendorf, im August 1993
Joachim Boekels
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
V
Abkürzungsverzeichnis
X
Zur Edition der Aufzeichnungen Schleiermachers
XI
Teil I: Schleiermacher als Kirchengeschichtler 1
Einleitung
1
2
Die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers
6
Exkurs I: Warum las Schleiermacher 1821/22 Kirchengeschichte?
. .
10
2.1
Die Aufzeichnungen Schleiermachers
11
2.1.1
Charakterisierung der Kollektaneen
14
2.1.2
Charakterisierung der Stundenausarbeitungen
24
2.1.3
Charakterisierung der Zettel
27
2.1.4
Charakterisierung der Arbeitsweise Schleiermachers
30
2.2
Die Nachschriften
31
2.2.1
Zur Person Karl Rudolf Hagenbachs
35
2.3
Die Edition Bonnells
37
2.3.1
Die der Edition zugrundeliegenden Nachschriften
37
2.3.1.1
Die namentlich nicht aufgeführten Nachschriften
38
2.3.2
Die Zielsetzung und Verfahrensweise der Edition Bonnells
39
3
Die Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers
44
3.1
Die Hagenbach-Nachschrift und die bei Bonnell im Anhang edierten Stundenausarbeitungen Schleiermachers
3.2
44
Die Hagenbach-Nachschrift und die bei Bonnell in den Anmerkungen edierten Aufzeichnungen Schleiermachers
59
VIII
Inhaltsverzeichnis
3.3
Die Aufzeichnungen Schleiermachers und die in der HagenbachNachschrift gegenüber Bonnell singulären Stellen
63
Exkurs II: Erwägungen zur Edition der Kirchengeschichtsvorlesung in der KG A 4
Die Kirchengeschichtsvorlesung 1821/22
4.1
Schleiermachers Quellen- und Sekundärliteratur f ü r seine
91 93
Kirchengeschichtsvorlesung 1821/22
93
4.2
Der einleitende Teil der Kirchengeschichtsvorlesung 1821/22
....
4.3
Der positive Teil der Kirchengeschichtsvorlesung 1821/22
113
4.3.1
Der Detailumfang
113
4.3.2
Die Gliederung
118
4.3.3
Die angewandte historische Kritik Schleiermachers
121
4.3.4
Die Schwerpunkte der Darstellung
127
4.3.4.1
Die organische Geschichtsschreibung
128
4.3.4.2
Die Missionsgeschichte
137
4.3.4.3
Die Klerusentwicklung
137
4.3.4.3.1
Die Entwicklung der Idee des Papsttums und der Stellung Roms
4.3.4.4
Die Kultusgeschichte
144
4.3.4.5
Die Geschichte der Böhmischen Brüder
145
4.3.4.6
Die Entwicklung der Abendmahlslehre
147
4.3.4.6.1
Schleiermachers kritische Bemerkungen zur Abendmahlslehre
4.3.4.7
Die Entwicklung der Trinitätslehre
151
5
Konklusion
157
6
Verzeichnis des in dieser Arbeit edierten Schleiermacher-Material
159
7
Literaturverzeichnis
161
. .
....
106
140
149
Inhaltsverzeichnis
IX
Teil II: Edition der Hagenbach-Nachschrift 1821/22 Editorische Grundsätze
166
Edition
171
Anmerkungen
455
Abbreviaturliste
458
Register der Konzile und Synoden
475
Personenregister
478
Abkürzungsverzeichnis KGA
Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher. Kritische Gesamtausgabe. Hs. von Hans-Joachim Birkner, Gerhard Ebeling, Hermann Fischer, Heinz Kimmerle, Kurt-Victor Selge. Berlin 1980ff.
SW
Friedrich Schleiermacher's sämmtliche Werke. Berlin 1834—1864.
LThK
Lexikon für Theologie und Kirche. Hg. von Michael Buchberger u. a. 2. Aufl. Freiburg im Breisgau 1,1957—10,1965.
RE
Realencyclopädie für protestantische Theologie und Kirche. Begründet von Johann Jakob Herzog. Hg. von Albert Hauck. 3. Aufl. Gotha 1,1896-24,1913.
RGG
Die Religion in Geschichte und Gegenwart. 3. Aufl. Tübingen 1,1956-6,1962.
HKG(J)
Handbuch der Kirchengeschichte. Hg. von Hubert Jedin. Freiburg im Breisgau 1,1962-VII, 1979.
SN
Schleiermacher-Nachlaß. Archiv der Akademie der Wissenschaften Berlin-Mitte. Dahinter folgt direkt die Nummer, unter der das zitierte Material archiviert ist. Bei genaueren Angaben folgen, durch Komma abgetrennt, Seiten- bzw. Blattzahl - je nach der Art der vorhandenen Zählung im Nachlaß - und Zeilenzahl.
Κ
Kollektaneen Schleiermachers nach seiner Numerierung in SN64.
Hb
Hagenbach-Nachschrift der Kirchengeschichtsvorlesung Schleiermachers 1821/22. Basel, Handschriftensammlung der UniversitätsBibliothek, Signatur: Q I 45. Bei genaueren Angaben folgen, durch Komma abgetrennt, Seiten- und Zeilenzahl.
Η
Editionstext der Hagenbach-Nachschrift der Kirchengeschichtsvorlesung Schleiermachers 1821/22. Bei genaueren Angaben folgen, durch Komma abgetrennt, Seiten- und Zeilenzahl der Edition in diesem Band.
Β
Schleiermacher, Friedrich: Geschichte der christlichen Kirche. Aus Schleiermachers handschriftlichem Nachlasse und nachgeschriebenen
Abkürzungsverzeichnis
XI
Vorlesungen. Hg. von E[duard] Bonneil. Berlin 1840. ( = SW 1,11). Bei genaueren Angaben folgt direkt die Seitenzahl. Stammt das angeführte Material aus den Anmerkungen, so folgt hinter der Seitenzahl der Anmerkungsbuchstabe. Ein angefügtes »(S)« zeigt an, daß Bonneil die Anmerkung als Schleiermacher-Note durch »Schi.« gekennzeichnet hat. B21/22
Bonnell-Nachschrift der Kirchengeschichtsvorlesung Schleiermachers 1821/22. Handschriftensammlung der Staatsbibliothek zu Berlin, Signatur: Handschrift 39. Bei genaueren Angaben folgen, durch Komma abgetrennt, Lagenzählungsnummer des Manuskriptes Bonneils, Seitenzahl der Lage und Zeilenzahl.
Zur Edition der Aufzeichnungen Schleiermachers Bei der Wiedergabe von Schleiermachers handschriftlichen Aufzeichnungen werden allgemein die gleichen Grundsätze befolgt, wie sie im Rahmen der Edition der Hagenbach-Nachschrift beschrieben sind.1 Folgende Abweichungen von der dort beschriebenen Verfahrensweise gelten hier: 1) die Orthographie und die Zeichensetzung Schleiermachers werden beibehalten; 2) auf ein Abbreviaturverzeichnis wurde verzichtet; die betreffenden Abbreviaturen werden kursiv aufgelöst.2 Folgende Chiffren verwendet Schleiermacher in den angeführten Passagen: nicht: o mit darüber gesetztem Strich; aus: durchstrichenes Schluß-s (ähnlich einer 6); Gott: Θ (für Θεός).
l
Siehe unten S. 166ff.
2
Kursiv hat hier also nicht die Bedeutung des Zusatzes des Editors, sondern deutet die Auflösung der von Schleiermacher verwendeten Kürzelschrift an.
1 Einleitung Die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers liegen uns bislang ediert allein in der Gesamtausgabe »Schleiermacher's Sämmtliche Werke« vor, die 1836—64 herausgegeben wurde. 3 Seit 1980 wird der Nachlaß Schleiermachers in der KGA neu herausgegeben. Die Notwendigkeit dieses Projekts wurde bereits in der Einleitung der Herausgeber der KGA eingehend dargestellt. 4 In die dort angeführte Geschichte der gelungenen und gescheiterten Versuche von Neuherausgaben von Schleiermachers Nachlaß läßt sich auch der Plan von Hanna Jursch 1933 eingliedern, die in ihrer Dissertation »Schleiermacher als Kirchenhistoriker« erwog, in einer späteren Veröffentlichung eine Ergänzung und Korrektur der in den SW edierten Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers vorzunehmen, die 1840 von Eduard Bonneil besorgt worden war. Hierzu wollte Jursch die ihr vorliegende Klamroth-Nachschrift verwenden. Dies angekündigte Buch ist allerdings nie erschienen.5 Die hier vorgelegte Dissertation stellt mit der Edition der Hagenbach-Nachschrift der Kirchengeschichtsvorlesung Schleiermachers 1821/22 und mit der kritischen Beurteilung der Edition Bonnells sowie der genauen Durchsicht und Berücksichtigung der relevanten Aufzeichnungen Schleiermachers eine Neuerschließung dieses Nachlasses dar, womit für die Untersuchung über Schleiermacher als Kirchengeschichtler eine fundierte Basis gegeben ist. Natürlich ist die Hagenbach-Nachschrift genauso wie die auch auf Nachschriften beruhende Bonnell-Edition zunächst mit Zurückhaltung in bezug auf die zu erwartende Verläßlichkeit einzuschätzen. Alleiniges sicheres Kriterium über die Qualität von Nachschriften sind Aufzeichnungen des Vortragenden. Wir sind für die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers in der glücklichen Lage, daß in seinem Nachlaß viele Aufzeichnungen zur Kirchengeschichte vorhanden sind. Die Hagenbach-Nachschrift wird anhand dieser Aufzeichnungen überprüft und in ihrer Qualität bewertet. Dadurch liegt nun eine qualitativ gründlich beurteilte Kirchengeschichts-Nachschrift vor. Die Heranziehung der Aufzeichnungen Schleiermachers dient nicht nur zur Einschätzung der Nachschrift Hagenbachs, sondern Schleiermachers autographi-
3
= sw 1,11.
4
Siehe KGA 1,1. S. Vllf.
5
Siehe Jursch, H.: Schleiermacher als Kirchenhistoriker. Jena 1933. S. 11.
2
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
sches Material, das er im Rahmen der Ausarbeitung und des Vortrages dieses Kollegs erstellt hat, gibt uns auch wertvolle Einblicke in die Arbeitsweise Schleiermachers als Hochschullehrer und zeigt uns seinen Gebrauch kirchengeschichtlicher Quellen auf. Ein Schwerpunkt dieser Arbeit ist die Auswertung des positiven Teils der Kirchengeschichtsvorlesung Schleiermachers. Zu diesem gehört auch die Darstellung der Dogmengeschichte, wie der Titel der Kirchengeschichtsvorlesung 1821/22 »Kurzer Abriß der Kirchen- und Dogmengeschichte« anzeigt. Daß Schleiermacher hier die noch junge Disziplin der Dogmengeschichte in seine Vorlesung einbezogen hat,6 entspricht ihm: er las ebenfalls das noch junge Fach »Kirchliche Geographie und Statistik«.7 Schleiermachers Einfluß auf die Dogmengeschichtsschreibung wird in dem LThK folgendermaßen gewürdigt: »Herders >Ideen< und Schleiermachers >Verständnis des Christentums< wurden maßgeblich für die dogmengeschichtlichen Werke von Ludwig Friedrich Otto Baumgarten-Crusius (Jena 1832), Johann Georg Veit Engelhardt (Neustadt an der Aisch 1839) und Friedrich Karl Meier (Gießen 1840).«' De Wette bezeichnet den mit aus den Studien zu der Kirchengeschichtsvorlesung 1821/22 entstandenen Aufsatz Schleiermachers »Uber den Gegensatz zwischen der Sabellianischen und der Athanasischen Vorstellung von der Trinität«9 als ein »Muster der dogmengeschichtlichen Darstellung«.10 Dennoch ist Schleiermachers Dogmengeschichte, wie er sie selbst in der Vorlesung dargeboten hat, in der Forschung weitgehend unberücksichtigt geblieben. Eine Auswertung der positiven Kirchengeschichte Schleiermachers finden wir weder bei Hanna Jursch" noch bei Friedrich Jacob,' 2 noch bei Wilhelm Gräb, 13 die ihre genannten Arbeiten dem Geschichtsbegriff Schleiermachers gewidmet haben. 6
Die ersten Dogmengeschichten sind die von S.G. Lange (erschienen 1796, bis Irenaus reichend) und von W. Münscher (erschienen 1797). Siehe Aland, K.: Dogmengeschichte. In: RGG. 3. Aufl. 2. Bd. Sp. 231.
7
Siehe unten S. 9. Zur Geschichte dieser Disziplin siehe Nowak, K.: Theorie der Geschichte. Schleiermachers Abhandlung "Uber den Geschichtsunterricht" von 1793. In: Schleiermacher und die wissenschaftliche Kultur des Christentums. Berlin 1991. S. 433 f. 1804 veröffentlichte C.F. Stäudlin seine zweibändige »Kirchliche Geographie und Statistik«. Siehe ebd. S. 434.
8
Auer, J.: Dogmengeschichte. In: LThK 3. Bd. Sp. 468.
9
Dieser Aufsatz, der im dritten und letzten Heft der »Theologischen Zeitschrift« 1822 erschien, wurde neu herausgegeben in: KGA 1,10. S. 293—306.
10
Vgl. Trauisen, H.-F.: Historische Einführung, in: KGA 1,10. S. LXV.
11
Jursch, H.: Schleiermacher als Kirchenhistoriker. Jena 1933.
12
Jacob, F.: Geschichte und Welt in Schleiermachers Theologie. Berlin 1966.
13
Gräb, W.: Humanität und Christentumsgeschichte. Göttingen 1980.
Einleitung
3
Jursch gibt in ihrer Dissertation von 1933 zunächst einen Forschungsüberblick über die erschienenen Arbeiten, die Schleiermachers Auffassung von Geschichte zum Thema haben.14 Auch diese lassen, zum Teil bedingt durch die spezifische Themenbegrenzung der Untersuchungen, keine Auseinandersetzung mit dem positiven Teil von Schleiermachers Kirchengeschichtsvorlesung erkennen. Der Hauptteil der Untersuchung Jurschs ist der Darstellung des Geschichtsbegriffs gewidmet, wie ihn Schleiermacher in seinen Kirchengeschichtsvorlesungen entfaltet hat.15 Hierbei berücksichtigt Jursch sowohl die Ausführungen Schleiermachers in dem einleitenden Teil seiner Kirchengeschichtsvorlesungen als auch das Manuskript Schleiermachers zur Kirchengeschichtsvorlesung 1806, aber nicht den positiven Teil seines Kirchengeschichtskollegs von 1821/22 und 1825/26. Jursch zitiert in ihrer Arbeit die Rezensionen und Meinungen verschiedener Fachgelehrter zu Schleiermachers Kirchengeschichte,16 auch Beurteilungen zu dessen Einschätzung als Historiker.17 Interessant ist, daß selbst die hier angeführte einzige ausführliche Rezension der Edition Bonnells detailliert nur auf die Einleitung Bezug nimmt.18 Jacob formuliert die Intention seiner Arbeit »Geschichte und Welt in Schleiermachers Theologie« so: »Gegenüber allen Versuchen, Schleiermacher als Subjektivisten zu interpretieren, hat diese Arbeit das Ziel, seine Bindung an Vorgegebenes, Objektives, herauszustellen.«1® So durchzieht eine bestimmte apologetische Argumentation für Schleiermacher die ganze Abhandlung. Jacob stellt zunächst den Geschichts- und Weltbegriff Schleiermachers anhand von dessen philosophischer Ethik dar.20 Dann arbeitet er die Bedeutung von Geschichte21
14
Siehe Jursch, H.: Schleiermacher als Kirchenhistoriker. Jena 1933. S. 12—50. H. Jursch stellt folgende Arbeiten vor: Wehrung, G.: Der geschichtsphilosophische Standpunkt Schleiermachers zur Zeit seiner Freundschaft mit den Romantikern. Diss. Straßburg 1907; Mulert, H.: Schleiermachers geschichtsphilosophische Ansichten in ihrer Bedeutung für die Theologie. Diss. Kiel 1907; Meister, E.: Die Geschichts- und Staatsphilosophie Schleiermachers. Diss. Leipzig 1922 (ungedruckt); Bock, E.: Schleiermachers historische Denkweise. Diss. Berlin 1921 (ungedruckt); Süskind, H.: Christentum und Geschichte bei Schleiermacher. Tübingen 1911.
15
Ebd. S. 55—91.
16
Ebd. S. 5 1 - 5 4 .
17
Ebd. S. 9 2 - 9 7 .
18
Ebd. S. 53. Die Rezension erschien in: Rheinwalds Repertorium für die theologische Literatur und kirchliche Statistik. Bd. 38 1842. S. 204—213.
19
Jacob, F.: Geschichte und Welt in Schleiermachers Theologie. Berlin 1966. S. 9.
20
Ebd. S. 1 2 - 2 8 .
21
Ebd. S. 3 0 - 7 1 .
4
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
und Welt22 für den christlichen Glauben in Schleiermachers System heraus. Jacob benutzt für seine Untersuchung, die viele Stellungnahmen Schleiermachers zur Kirchengeschichte enthält, nicht die von Bonnell edierte Kirchengeschichtsvorlesung, obwohl man dies in den interessanten Kapiteln der Arbeit »Die Kirche als Geschichtsprozeß«23 und »Kirchengeschichte und Heilsgeschichte«24 erwarten könnte. Grab hat mit seiner Dissertation »Humanität und Christentumsgeschichte« eine umfassende und gründliche Untersuchung des Geschichtsbegriffs im Spätwerk Schleiermachers vorgelegt. Er stellt den Geschichtsbegriff Schleiermachers im Zusammenhang seines Gesamtsystems dar, wodurch dessen Eigenart erhellt und erst verständlich wird. Auch legt er ausführlich die erkenntnistheoretischen Grundsätze des Systems Schleiermachers dar, was dessen Ordnung und Entfaltung verstehen läßt.25 Für Schleiermacher kann die philosophische Ethik als Theorie, die die allgemeinen Möglichkeiten des menschlichen Handelns beschreibt, erst unter den Bedingungen des Christentums ihre geschichtliche Erfüllung erlangen. Hier zeigt sich der Bezug von philosophischer Ethik und christlicher Sittenlehre in Schleiermachers System. 2 ' Die philosophische Ethik als System der realen Sittlichkeit teilt mit der spekulativen Naturwissenschaft die Aufgabe, die allgemeinen Inhalte des realen Wissens zur Darstellung zu bringen. »Sie geht nicht von einer Sammlung empirischer Daten aus, sondern überläßt dies der Geschichtskunde, die die von ihr entwickelten Begriffe allerdings bereits voraussetzt.«27 Nach diesen grundlegenden Betrachtungen geht Gräb dem Geschichtsbegriff Schleiermachers in seinem Spätwerk nach. Die geschichtliche Einordnung des Judentums, des Lebens Jesu, des Christentums und der Weltgeschichte in seine Gesamtgeschichtsschau wird eingehend dargestellt, Jesus Christus ist der Mittelund Wendepunkt der Geschichte.28 Zur Kirchengeschichte nennt Gräb Schleiermachers Stellungnahmen zum Katholizismus, zum Protestantismus und zum neuzeitlichen Christentum,29 wobei er hierzu Predigten Schleiermachers, die christliche Sittenlehre und das 2. Sendschreiben an Lücke heranzieht, nicht aber den positiven Teil von Schleiermachers Kirchengeschichtsvorlesungen. Natürlich
22
Ebd. S. 7 2 - 1 1 0 .
23
Ebd. S. 4 4 - 4 9 .
24
Ebd. S. 4 9 - 5 0 .
25
Gräb, W.: Humanität und Christentumsgeschichte. Göttingen 1980. S. 11—62.
26
Ebd. S. 169.
27
Ebd. S. 26.
28
Ebd. S. 109—136.
29
Ebd. S. 1 3 6 - 1 4 1 .
Einleitung
5
berücksichtigt er diese zur Darstellung von Schleiermachers Geschichtsbegriff, doch er greift hierbei allein auf die geschichtstheoretischen Darlegungen Schleiermachers im einleitenden Teil dieser Vorlesungen zurück. 30 Daß bei dieser Darstellung des Geschichtsbegriffs Schleiermachers sein ganzes System zur Sprache kommt - und kommen muß - , spricht dafür, daß Geschichte ein Schlüsselwort für Schleiermachers Denken ist. Der positive Teil der Kirchengeschichtsvorlesung Schleiermachers ist also nach der hier dargestellten Forschungsgeschichte bisher noch nicht für eine Beurteilung seiner Kirchengeschichtsschreibung verarbeitet worden, 31 was in dieser Arbeit geschehen soll. Daß dies längst überfällig ist, zeigt die Einschätzung von Felix Flückiger, der über Schleiermachers Kirchengeschichtsvorlesung sagt, daß »deren auffallende Dürftigkeit allgemein zugestanden wird«.32 Ein solches allgemeines Urteil aber, das nie fundiert begründet wurde, kann sich als Fehlurteil erweisen, das allein einen möglichen Eindruck beschreibt, der sich bei einer oberflächlichen Durchsicht der Edition Bonneils ergeben kann. Es muß allerdings eingeräumt werden, daß die stilistisch zum Teil undurchsichtige Form, in der Bonneil diese Vorlesungen Schleiermachers dargelegt hat, ein solches Urteil begünstigt.
30
Ebd. S. 145. S. 159f. geht Grab auf Schleiermachers geschichtstheoretische Äußerungen seiner Kirchengeschichtsvorlesung von 1806 ein.
31
Das gilt auch für Meinhold, P.: Geschichte der kirchlichen Historiographie. Band II. Freiburg 1967. S. 134—141, wo Schleiermacher als Kirchenhistoriker vorwiegend durch Auszüge aus seiner »Kurzen Darstellung des theologischen Studiums zum Behuf einleitender Vorlesungen« und aus Bonnells Edition ohne Aufführung des positiven Teils charakterisiert wird.
32
Flückiger, F.: Theologie und Philosophie bei Schleiermacher. Zürich 1947. S. 180.
2 Die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers Im S o m m e r s e m e s t e r 1806 las Schleiermacher in Halle ein einstündiges Publikum mit dem Titel »De methodo et fine studii historiae ecclesiasticae«.33 Hiervon ist uns allein ein Manuskript von Schleiermachers Hand mit Skizzen zu den ersten 11 Vorlesungsstunden erhalten. Bonnell hat das Manuskript in der Beilage A seiner Edition veröffentlicht.34 Nach Schleiermachers Aufzeichnungen handelt es sich hier vorwiegend um ein geschichtstheoretisches Kolleg, Details aus der positiven Geschichte werden kaum geboten.35 Dies ist von der Kürze des Kollegs her auch nicht zu erwarten. In der Skizze zur ersten Vorlesungsstunde stellt Schleiermacher den Zweck des Kollegs so vor: »Wer eine eigene Ansicht hat, will sie auch, da sie doch organisch sein und durch das ganze hindurchgehn muß, in dem Zweig mittheilen, den er nicht selbst genau bearbeiten kann. Solche Winke sollen diese Vorlesungen sein.«34 Neander, der spätere Kollege Schleiermachers an der Berliner Universität, war Hörer dieser Vorlesung.37 Für das W i n t e r s e m e s t e r 1 8 2 1 / 2 2 verzeichnet das deutsche Vorlesungsverzeichnis der Berliner Universität: »Einen kurzen Abriß der Kirchen- und Dogmengeschichte trägt Herr Prof. Dr. Schleiermacher vor in fünf wöchentlichen Stunden von 8—9 Uhr Morgens.« Im lateinischen Vorlesungsverzeichnis heißt der Titel der Vorlesung: »Compendium historiae rerum Christianarum«. Die Hagenbach-Nachschrift ist eine Mitschrift dieses Kollegs. Diese Vorlesung beginnt mit einem geschichtstheoretischen Teil, in dem auch die Einteilung der Darstellung der Kirchengeschichte in 4 Perioden erörtert wird. Konstantin der
33
Siehe Jursch, H.: Schleiermacher als Kirchenhistoriker. Jena 1933. S. 10.
34
Siehe B623—631 (=SN63).
35
Allein für die 9. Vorlesungsstunde hat Schleiermacher notiert: »Charakteristik der wichtigsten Kirchenväter«. Vgl. B631 (=SN63,13,15).
36
SN63,3,2—7 ( = B623).
37
Zum Einfluß Schleiermachers auf Neander siehe: Selge, K.-V.: Neander und Schleiermacher. In: Schleiermacher und die wissenschaftliche Kultur des Christentums. Berlin 1991. S. 33—50. S.39f. geht Selge auf den Besuch Neanders der Kirchengeschichtsvorlesung Schleiermachers 1806 und deren Wirkung auf ihn ein.
Die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers
7
Große, Karl der Große und der Beginn der Reformation bilden die Einteilungspunkte. Die Darstellung des Geschichtsstoffes beginnt mit dem Pfingstfest und endet mit der Erwähnung der Entstehung der herrnhutischen Gemeinschaft 1722. Jursch stellt in ihrer Arbeit die Frage, wie Schleiermacher in seinem Kolleg die Vorlesung wohl genannt habe.38 Entsprechen Schleiermachers Aufzeichnungen der Stundenausarbeitungen dem, was er in der Vorlesung vorgetragen hat, so ist der Titel »Allgemeine Darstellung der Dogmengeschic/iie und Kirchengeschichte« anzunehmen, denn diesen Titel nennt Schleiermacher am Beginn der ersten Stundenausarbeitung bei der »Rechtfertigung über die Kürze«, wobei er den Umfang genauer spezifiziert: »leztere mit einschließend Sittengeschichte und theologische Geschichte«.39 Hagenbach, der später ein herausragender Kirchengeschichtler wurde, besuchte diese Vorlesung, was einen Einfluß auf ihn gehabt hat.40 Für das W i n t e r s e m e s t e r 1 8 2 5 / 2 6 findet sich im Berliner Vorlesungsverzeichnis folgender Eintrag: »Einen kurzen Inbegriff der Kirchengeschichte trägt Hr. Prof. Dr. Schleiermacher in fünf Stunden die Woche von 8—9 Uhr vor.« Der lateinische Titel der Vorlesung lautete: »Historiae ecclesiasticae
38
Jursch, H.: Schleiermacher als Kirchenhistoriker. Jena 1933. S. 10.
39
Siehe SN64.6 (=B633).
40
Bonwetsch ordnet Hagenbach zur Schule Neanders. Vgl. Bonwetsch, G. N. : Kirchengeschichte. In: RH 10. Bd. S. 382. Selbst durch Neander hat Schleiermacher indirekt auf Hagenbach gewirkt, ist dieser doch selbst zu einem Teil von Schleiermacher geprägt. Hagenbach selbst spricht allgemein von den Wirkungen Schleiermachers auf ihn in seiner Rede zu Schleiermachers hundertstem Geburtstag: »Wie weit es endlich dem, der jetzt zu Ihnen redet, gelungen, an seinem Orte das einst von Schleiermacher Empfangene zum Besten Anderer zu verwerthen, geziemt mir nicht zu beurtheilen. Wohl aber spreche ich geme am heutigen Tage und an dieser Stätte öffentlich meinen Dank aus für die Anregung, die mir von Schleiermacher aus geworden ist und die in mehrfacher Beziehung bestimmend auf mein Leben und Streben gewirkt hat.« Hagenbach, K. R.: Festrede, gehalten am Vorabend der Säcularfeier von Schleiermachers Geburtstag. Zürich 1868. S. 5f. In derselben Rede S. 25 äußert sich Hagenbach zum Verhältnis von Schleiermacher und Neander: »Lassen sie mich noch einen Theologen nennen, der in Berlin eine höchst merkwürdige Ergänzung zu Schleiermacher bildete, ich meine Neander. Sein Name ist es, der außer Schleiermacher auch viele Jünglinge jener Zeit und unter ihnen nicht wenige Schweizer und Basler nach Berlin zog. Und es war nicht etwa nur der gelehrte Kirchenhistoriker, es war der fromme Gemüthstheologe, es war der ernste Mann gewissenhafter Forschung, der entschiedene Bekenner eines auf die Schrift gegründeten praktischen Christenthums, an den sich so Manche anschlossen, denen der scharfe Luftzug der Schleiermacherischen Theologie allzu schneidend sein mochte; aber auch nicht Wenige verstanden es, ihre Liebe zwischen Schleiermacher und Neander zu theilen, daß, weit entfernt durch diesen Dualismus mit sich selber in Zwiespalt zu geraten, sie vielmehr die wohlthätigen Eindrücke, die sie von beiden Seiten her empfangen, in sich verarbeiteten, und denen Beide, wenn auch in verschiedener Weise, die Brücke geworden sind von der Zeit des Suchens und Ringens in die eines gesegneten Schaffens und Wirkens.« Hagenbach besuchte in Berlin die Vorlesungen beider (siehe unten S. 35f.), so daß in die letzte Passage wohl Biographisches eingeflossen ist.
8
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
compendium«. Der Aufbau der Vorlesung gleicht dem von 1821/22. Die Vorlesung ist aber streckenweise ausführlicher als die frühere. Die Vertiefungen und Erweiterungen der späteren Vorlesungen zeigen sich auch in den Kollektaneen, die Schleiermacher 1825/26 neu hinzugefügt hat.41 Der einleitende Teil wurde neu konzipiert. Das Kolleg endet von dem dargestellten Zeitraum früher als die entsprechende Vorlesung von 1821/22, nämlich schon mit dem Tode von Hus.42 Von dieser Vorlesung haben wir keine Nachschrift, doch der BonnellEdition liegt Braunes Nachschrift von 1825/26 zugrunde. 43 In der Handschriftensammlung der Staatsbibliothek zu Berlin findet sich unter der Signatur Ms. germ. oct. 670 eine Nachschriftensammlung von Carl Wilhelm Ferdinand Julius Brodkorb. Diese enthält auf Blatt 2—37" eine Vorlesung mit dem Titel: »Anleitung zum Studium der Kirchengeschichte und Dogmatik von Dr. Schleiermacher Berlin im Sommer 1827«. Im Sommersemester 1827 hat Schleiermacher nachweislich keine Kirchengeschichtsvorlesung gehalten, der in dieser Nachschrift gelieferte Stoff entspricht aber Schleiermachers Grundgedanken über Kirchengeschichte und Dogmatik. In der »Kurzen Darstellung des theologischen Studiums zum Behuf einleitender Vorlesungen«, der in zwei Auflagen, 1811 und 1830, erschienen ist, liefert Schleiermacher den einzig von ihm veröffentlichten ausführlichen Text zur Theorie seiner Kirchengeschichtsschreibung. Ein Vergleich der Brodkorb-Nachschrift mit Schleiermachers »Kurzer Darstellung« zeigt, daß es sich hier um die Nachschrift einer Enzyklopädievorlesung Schleiermachers handelt. Dies zeigen die Parallelen zwischen den Überschriften der besagten Brodkorb-Nachschrift und den Passagen in Schleiermachers »Kurzer Darstellung« von 1811, die im folgenden in geschweiften Klammern geboten werden: I. § 1—52 Überschrift fehlt (Blatt 5 Überschrift: Kirchengeschichte) § 1-25 § 18—25 Geschichte der Sitte und des Kultus {2. Teil, 2. Abschnitt, § 14: »In der Bildung des gemeinsamen Lebens unterscheiden sich wieder die Bildung der Sitte und die Bildung des Cultus.«}·, § 26—52 Entwicklung des Lehrbegriffs in der Dogmengeschichte {2. Teil, 2. Abschnitt, § 33: »Man kann in der Entwiklung des Lehrbegriffs
41
Siehe unten S. 14.
42
Siehe Bonne», E.: Vorrede, in: SW 1,11. S. IX.
43
Ebd. S. IXf.
44
Die Blätter der Nachschriftensammlung sind von anderer Hand numeriert.
Die Kirchengeschichtsvorlesungen
Schleiermachers
9
unterscheiden, die Bildung der theoretischen und der praktischen Dogmen.«}·, II. § 1—42 Von der geschichtlichen Kenntnis des Christentums in seinem gegenwärtigen Zustand {3. Abschnitt: Von der geschichtlichen Kenntniß des Christenthums in seinem gegenwärtigen Zustande}; § 1-2
§ 3—42 Kenntnis des Lehrbegriffs {2. Teil, 3. Abschnitt, § 54: »Mangel an Kenntniß des gegenwärtigen Zustandes sowol des Lehrbegriffs als der kirchlichen Gesellschaft, ist eine Hauptursache des todten Mechanismus in der Praxis.«}. Die Nachschrift Brodkorbs gibt nur ein Teilstück der »Kurzen Darstellung« wieder, denn Brodkorb setzt ein: »Der Gegenstand der Kirchengeschichte ist Inbegriff alles dessen, was das Christentum von seiner Erscheinung an bis jetzt geworden ist oder gewirkt hat.« Dies entspricht dem Beginn des zweiten Abschnitts des zweiten Teils der »Kurzen Darstellung 1811«, der der Kirchengeschichte gewidmet ist: » 1. Der Gegenstand der Kirchengeschichte ist der Inbegriff alles dessen, was das Christenthum von seinem Entstehen bis jezt ist oder gewirkt hat.« Schleiermacher hat im Sommersemester 1827 Enzyklopädie gelesen, so daß sich auch die Datierung des Kollegs in der Nachschriftensammlung Brodkorbs als stimmig erweist. Das Vorlesungsverzeichnis 1827 bemerkt zu dem fünfstündigen Kolleg »Theologische Encyklopädie«, daß Schleiermacher es »nach seiner kurzen Darstellung« vorträgt. Schleiermachers hat auch Vorlesungen über »Kirchliche Geographie und Statistik« gehalten, zu denen bisher weder Schleiermachers Aufzeichnungen noch die Nachschriften veröffentlicht sind. Bei dieser Vorlesung handelt sich »um eine Darstellung des gesellschaftlichen Zustandes der Kirche in einem gegebenen Moment«.45 Schleiermacher las dieses Fach fünfstündig im Winter 1826/27, Sommer 1827 und Winter 1833/34.44 Die Vorlesung ist uns als Nachschrift ζ. B. von Brodkorb für das Jahr 1827 als Fragment in der oben erwähnten Handschrift erhalten. Das betreffende
43 46
Schleiermacher, F.: Kurze Darstellung des theologischen Studiums zum Behuf einleitender Vorlesungen. 2. Aufl. 1830. § 95. Vgl. Schleienmacher, F.: Theologische Schriften. Hg. von K. Nowak. Berlin 1983. S. 460. Anmerkung 25.
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
10
Vorlesungsmanuskript Schleiermachers befindet sich im Archiv de Gruyter unter der Nummer B.4.47
Exkurs I: Warum las Schleiermacher 1821/22 Kirchengeschichte? Das Ausarbeiten der Kirchengeschichtsvorlesung 1821/22 bedeutete für Schleiermacher über den Einleitungsteil hinaus, für den er auf Grundgedanken der entsprechenden Vorlesung von 1806 und die die Kirchengeschichte betreffenden Passagen seiner »Kurzen Darstellung« zurückgreifen konnte, ein völlig neues Hineinarbeiten in die Materie dieser Disziplin. Schleiermacher schrieb an Joachim Christian Gaß im Sommer 1821 im Zusammenhang seiner soeben erscheinenden Dogmatik: »Vor Weihnachten werde ich also schwerlich fertig werden, und muß, um nicht zu weit hinter dieser Zeit zurückzubleiben, alles Reisen aufgeben und in den Ferien das Beste thun, zumal ich, wie Du aus unserm Catalog sehen wirst, im Winter ein funkelnagelneues Collegium lese, wozu ich eine Menge Studien machen muß.«48 Da Schleiermacher in der Zeit dieser Vorlesung und ihrer Vorbereitung seine Glaubenslehre verfaßte, die nach seinen Tagebuchaufzeichnungen vom 22.8.1820 bis 29.6.1822 in Arbeit war,49 ist anzunehmen, daß hier eine Wechselwirkung besteht und manche Erträge der Forschung bei den Kirchengeschichtsausarbeitungen in die Dogmatik einflossen, was auch in umgekehrter Richtung geschehen sein kann. Paralleles Arbeiten bezeugt z. B. die Tagebucheintragung vom 6.10.1821: »Etwas Dogmatik und Kirchengeschichte«.58 Vielleicht ist Schleiermacher im Rahmen seines Recherchierens für seine Dogmatik die Notwendigkeit der gründlichen zusammenhängenden Bearbeitung der Kirchen- und Dogmengeschichte aufgegangen, so daß er sich mit der Inangriffnahme dieser Vorlesung dieser Aufgabe stellte.51
47
Vgl. Arndt, Α.; Virmond, W.: Friedrich Schleiermacher zum 150. Geburtstag. Berlin 1984. S. 40f.
48
Aus Schleiermacher's Leben. In Briefen. 4. Bd. Hg. von W. Dilthey. Berlin 1863. S. 273.
49
Siehe Peiter, H.: Historische Einführung, in: KGA 1,7/1. S. XXXIVf.
50
Ebd. S. XXXI.
51
Zu der Frage, ob Schleiermacher aus eigenem Antrieb oder durch die äußeren Verhältnisse, etwa durch einen Notstand an Kirchengeschichtsvorlesungen, zu seinen Vorlesungen in diesem Fach in Berlin angeregt wurde, wie man aus dem Material der späteren Berufungserwägungen von Olshausen als Schleiermachemachfolger schließen könnte, siehe Jursch, H.: Schleiermacher als Kirchenhistoriker. Jena 1933. S. 10. In Anbetracht der Tatsache, daß sowohl 1821/22 als auch 1825/26 parallel Neander und andere Kirchengeschichte lasen, ist mit Jursch die zweite Annahme zu verneinen.
Die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleienmachers
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Jedenfalls sind ζ. Β. die Themenbereiche Abendmahl,52 Trinitätslehre, 53 Erbsündenlehre54 sehr gründlich in der Kirchengeschichtsvorlesung als Teil der Dogmengeschichte bearbeitet.55 Als ein Motiv dieser Vorlesung läßt sich auch annehmen, daß Schleiermacher sein eigenes theologisches System, wie er es in der »Kurzen Darstellung« 1811 und 1830 vorgelegt hat, selbst exemplarisch bearbeiten wollte. So las er auch Kirchliche Statistik, die mit in den historischen Teil seines theologischen Systems gehört. Er definierte in der zweiten Auflage der »Kurzen Darstellung« die historische Theologie so: »§85 Die historische Theologie ist in diesen drei Teilen, Kenntnis des Urchristentums, Kenntnis von dem Gesamtverlauf des Christentums und Kenntnis von seinem Zustand in dem gegenwärtigen Augenblick, vollkommen beschlossen.« Zur historischen Theologie zählen demnach: exegetische Theologie (§ 88), Kirchen- und Dogmengeschichte (§ 90), kirchliche Statistik (§ 95) und Dogmatik (§ 97). Mit Exegese, Kirchengeschichte und Statistik und Dogmatik hat Schleiermacher den Bereich der von ihm in der »Kurzen Darstellung« definierten historischen Theologie ganz abgedeckt.
2.1 Die Aufzeichnungen Schleiermachers Im Archiv der Akademie der Wissenschaften Berlin-Mitte befinden sich im Schleiermacher-Nachlaß unter der Nummer 63—68 Entwürfe, Kollektaneen und Zettel, die Schleiermacher im Rahmen seiner Kirchengeschichtsvorlesungen konzipiert hat. Dieser Bestand läßt sich folgendermaßen beschreiben: 1) SN63: 1 Bogen octav. 16 Seiten mit 7cm Rand, beschrieben mit schwarzer Tinte. Die beiden letzten Seiten sind leer. Seitengröße: 21 χ 17cm. Deckblatt: »Einleitung in das Stadium der Kirchengeschichte angefangen den 9ten May 6.« Es handelt sich um ein Manuskript zur Kirchengeschichtsvorlesung in Halle 1806, worin 11 Vorlesungsstunden im Grundriß wiedergegeben sind. In den Text des Manuskriptes sind Entzifferungsbemerkungen, offensichtlich von Bonneil, mit Bleistift eingetragen. 2) SN64: 28 Bogen quart. 216 Seiten mit etwa 4,5cm Rand, beschrieben mit schwarzer Tinte. Seitengröße: 1. Lage: 20 χ 16,3cm; 2.—21. Lage:
52
Siehe unten 4.3.4.6.
53
Siehe unten 4.3.4.7.
54
Siehe ζ. B. H291,15ff.; H384,12ff.; H385,lff.; H389,2ff.
55
Zur Wechselwirkung zwischen Kirchengeschichtsvorlesung und Dogmatik siehe auch unten S. 154f.
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Schleiermacher als Kirchengeschichtler
19,1 χ 15,9cm; 22. Lage: 21 χ 17,9cm; 23—28. Lage: 22,2 χ 16,6cm. Die erste Seite ist überschrieben: »Zur Kirchengeschichte.« Die letzten 5 Seiten sind leer.54 Die Seitenzahlen sind mit Bleistift nachgetragen, aber nicht kontinuierlich verzeichnet. Die 1.—21. Lage beinhaltet die Kollektaneen 1—958, die 2 2 . - 2 8 . Lage die Kollektaneen 959—1223. In die fortlaufenden Kollektaneen eingebettet befinden sich bis SN64,32 die Stundenausarbeitungen von der 1. bis zur 14. Stunde der Kirchengeschichtsvorlesung 1821/22. Die Kollektaneen sind fortlaufend numeriert. Die Nummer 808 ist bei der Numerierung übergangen worden, einige Kollektaneen sind durch Buchstaben in mehrere Kollektaneen unterteilt: K424 K424b; K426 K426b; K445 K445b; K638 K 6 3 8 b - c ; K651 K651b; K756 K756b; K782 K782a-1; K854 K 8 5 4 a - c ; K928 K928b. In den Text des Manuskriptes sind Entzifferungsbemerkungen, offensichtlich von Bonneil, mit Bleistift eingetragen. SN64,155a—155ar ist ein im Manuskript liegender Zettel.57 3) SN65: 10 Bogen quart. Die Bogen sind mit den Buchstaben E—0 gekennzeichnet, das »J« wurde bei dieser Lagenzählung ausgelassen. Das Manuskript zählt 80 Seiten mit etwa 5,4cm Rand, beschrieben mit schwarzer Tinte. Seitengröße: 19,5 χ 16cm. Die letzten 5 Seiten sind leer, der letzte Bogen ist nur halb aufgeschnitten. Die Seitenzahl ist mit Bleistift nachgetragen, aber nicht kontinuierlich verzeichnet. Das Manuskript beinhaltet die Stundenausarbeitungen der 15. bis zur 46. Stunde, wobei die Stundenzahl am Anfang jeder Ausarbeitung mit der jeweiligen römischen Ziffer verzeichnet ist. Hier werden die Stundenausarbeitungen 1—14, die sich in SN64 finden, fortgesetzt. So stellt das Manuskript kein Fragment da, wie die fehlende Überschrift, der Beginn mit »XV« und der Einsatz mit der Lage E mutmaßen läßt. 5 ' Die Numerierung »E« deutet darauf hin, daß Schleiermacher plante, die ersten 14 Stunden aus dem Kollektaneenheft SN64 herauszuziehen, um ein vollständiges Heft mit Stundenausarbeitungen vorliegen zu haben. Dies erklärt auch die fehlende Uberschrift, die auf die erste Seite der geplanten Lage A gehört. Das Manuskript endet mit der 46. Stunde, obwohl die Kirchengeschichtsvorlesung 1821/22 von Schleiermacher auf 100 Stunden berechnet und konzipiert
56
Der im Schleiermacher-Nachlafl unter S N 6 4 / 2 eingeordnete gefaltete Halbbogen ist die zweite Hälfte der 28. Lage und entsprechend einzuordnen.
57
Dieser schmale Zettel ist überschrieben: »1.2 Kirchengesch/Vtote« und liefert Stichworte zu einer Stundengestaltung. Basilides, Kerinthos, Karpokrates, Valentinianos, Tatian, die Montanisten, Victor I. und der Osterfeststreit werden genannt. Der Zettel paßt nicht in den Zusammenhang der Kollektaneen an seinem jetzigen Platz und sollte unter die Zettel S N 6 6 / 1 eingeordnet werden.
58
So wird das Manuskript im Nachlaß auf dem Beschreibungsblatt fälschlich als Fragment bezeichnet.
Die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers
13
wurde. 59 Daß nicht etwa die weiteren Stundenausarbeitungen verloren sind, wird dadurch erhärtet, daß dieses Heft auf Seite 75 schließt mit: »XLVII.«, wobei das letzte Drittel des Blattes unbeschrieben ist und 5 leere Seiten folgen. Eine Fortsetzung wäre hier zu erwarten. In den Text des Manuskriptes sind Entzifferungsbemerkungen, offensichtlich von Bonnell, mit Bleistift eingetragen. 4) SN66/1: 16 Blatt verschiedenen Formats. Die mit schwarzer Tinte beschrifteten Zettel sind mit Bleistift auf der Vorderseite numeriert. Teilweise benutzte hier Schleiermacher anders beschriftetes Papier als Zettel. Die Zettel enthalten Verzeichnisse von Kollektaneenverknüpftingen, Strukturierungsvermerke zu einigen Stunden, chronologische Listen und sonstige Notizen. 5) SN66/2: 3 Blatt verschiedenen Inhalts ohne Numerierung. 1. Blatt: 1 gefaltetes Blatt. 4 Seiten, beschrieben mit schwarzer Tinte. Die letzte Seite leer. Seitengröße:20,1 χ 16,2cm. Die erste Seite ist überschrieben: »Calvin«. Am rechten Rand derselben Seite ist vermerkt: »Zur typischen Bezeichnung«. Es handelt sich um ein Exzerpt aus Calvins Institutio. 2. Blatt: 1 gefaltetes Blatt. 4 Seiten, beschrieben mit schwarzer Tinte. Die 3 letzten Seiten sind leer. Seitengröße: 16,4 χ 10,2cm. Es handelt sich um ein Exzerpt aus Chrysostomos. 3. Blatt: Zettel von der Größe 10 χ 8,3cm, beschrieben mit schwarzer Tinte. Die Rückseite ist leer. Es handelt sich um ein Exzerpt aus Chrysostomos. 6) SN67: 2 Blatt gefaltet. 1. Blatt: Seitengröße: 17 χ 21cm. Die erste Seite trägt die Überschrift: »Zur Einleitung in die KirchenGeschichte«. Die drei letzten Seiten sind leer. In den Text des mit schwarzbrauner Tinte geschriebenen Manuskriptes sind Entzifferungsbemerkungen (von Bonnell?) mit Bleistift und schwarzer Tinte eingetragen. 2. Blatt: Seitengröße: 17 χ 21cm. Die beiden letzten Seiten sind leer. Es handelt sich um eine Abschrift des 1. Halbbogens mit schwarzer Tinte von anderer Hand (Bonnell?), die die Überschrift trägt: »Aphorismen«. 40 7) SN68/1: 2 Bogen quart. 16 Seiten mit etwa 4,6cm Rand, beschrieben mit schwarzer Tinte. Seitengröße: 19,4 χ 16,1cm. Die letzte Seite ist leer. Das Manuskript ist überschrieben: »Zur Zeitschrift Aus Martens pragmarischer Geschichte«. Wie aus dem Inhalt ersichtlich ist, hat Schleiermacher das Exzerpt offensichtlich im Zusammenhang der Erarbeitung seines Aufsatzes »Über den Gegensatz zwischen der Sabellianischen und der Athanasischen
59
Vgl. SN64.1 ( = B632).
60
Sollte dieser Zettel ursprünglich in der Beilage Β der Bonnell-Edition veröffentlicht werden? Die Beilage ist überschrieben: »Aphorismen zur Kirchengeschichte«. Siehe B632.
14
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
Vorstellung von der Trinität« angefertigt, welcher 1822 in der Theologischen Zeitschrift erschien." 8) SN68/2: a) 1 Bogen quart. 8 Seiten, beschrieben mit schwarzer Tinte. Seitengröße: 17 χ 20,4cm. Die letzten 4 Seiten sind leer. Nicht von Schleiermachers Hand. b) 1 gefaltetes Blatt. 4 Seiten, beschrieben mit brauner Tinte. Seitengröße: 21 χ 17,3cm. Nicht von Schleiermachers Hand. 2.1.1 Charakterisierung der Kollektaneen Die kürzesten Kollektaneen sind K571: »Muhamed geboren 570 î 632« und K603: »Maroniten sind Monotheleten«, die längste ist K586 (SN64,96—99), wo auf 2 2/2 engbeschriebenen Seiten mit zahlreichen Randnoten die monotheletischen Streitigkeiten wiedergegeben sind. Bei den Kollektaneen handelt es sich um eine Sammlung von Angelesenem und Gedanken für die Vorlesung. Selten wird die Quelle einer Leseblüte angegeben.62 Die Kollektaneen 1—958 sind für Vorlesung 1821/22 konzipiert. Sie enden mit den »Colloquia zu Thorn (1645)«" entsprechend der in dieser Vorlesung abgedeckten Zeitspanne. Die Nummern 959—1223 gelten der Vorlesung von 1825/26 und stellen eine punktuelle Vertiefung bzw. Erweiterung des Stoffes der Kollektaneen von 1821/22 dar. Der in ihnen dargebotene Stoff reicht bis auf die Zeit Wyclifs wie die Vorlesung 1825/26." Der Zettel SN66/1,12 bietet unter anderem eine Kollektaneenanordnung für den Vorlesungsabschnitt über Gregor den Großen: »Gregor 538. 1126. 1122 1123b. 470«. Die Notizen sind auf ein zerschnittenes Blatt Papier geschrieben, das auf der Rückseite ( = SN66/l,12r) in anderer Schrift den Gottesdienstablauf vom »Sonntag, Invocavit 1826«65 bis zum Schnitt wiedergibt. Diese mit diesem Datum als terminus a quo datierbare Notiz enthält entsprechend der Kollektaneendatierung vorwiegend die höheren Kollektaneen der erneuten Durcharbei61
Dieser Aufsatz wurde neu herausgegeben in: KGA 1,10. S. 225—306. In der historischen Einführung wurde das relevante Material SN68/1 übersehen. Vgl. ebd. S. LXI—LIX. Ebenso wird hier nicht erwähnt, daß sich Schleiermacher zur Thematik des Aufsatzes in der Kirchengeschichtsvoriesung 1821/22, also gut ein halbes Jahr vor der Fertigstellung desselben, geäußert hat. Zum Aufweis von Schleiermachers Behandlung dieser Thematik in seiner Kirchengeschichtsvoriesung 1821/22 und deren Wirkung auf die Konzeption des Aufsatzes vgl. unten 4.3.4.7.
62
Siehe unten 4.1.
63
Siehe K958 ( = SN64,168).
64
Siehe Bonne», E.: Vorrede, in: SW 1,11. S. IX.
65
Invocavit fiel 1826 auf den 12. Februar.
Die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers
15
tung 1825/26. Dieser Zettel zeigt auch auf, daß Schleiermacher bei seiner späteren Vorlesung auch auf die Kollektaneen der früheren Vorlesung zurückgriff, was die genannten niederen Nummern beweisen. Die meisten der ersten 75 Kollektaneen sind durch Randvermerk bestimmten Vorlesungsabschnitten zugeordnet: der Einleitung, dem Urchristentum und der ersten und zweiten Periode. Danach findet sich eine thematische Zuordnung durch Randvermerk nur noch bei Passagen mit dem Thema Abendmahl.44 Zum Teil bieten Wortunterstreichungen historischer Personen oder Schlagwörter eine Orientierung zum Inhalt der Note. Die Kollektaneen sind teilweise mit einem Abhakungsvermerk unter der Nummer oder einem Abschnitt versehen. Dies ist aber offensichtlich nicht so konsequent geschehen, daß man daraus folgern kann, daß Schleiermacher den Inhalt der nicht so gekennzeichneten Noten nicht vorgetragen habe. So ist dieser Vermerk im ersten Drittel der Kollektaneen fiir 1821/22 kaum verwendet. Eine andere Form des Erledigungsvermerkes ist das Durchstreichen der Note mit einem vertikalen Strich.67 Schleiermacher hat innerhalb der Kollektaneen - sekundär, wie der Verweis auf höhere Nummern, zum Teil auf die Kollektaneen von 1825/26, zeigt - ein System von Querverweisen installiert: er verweist ζ. B. von K405 auf K9; von K419 auf K415; von K498 auf K1098; von K506 auf K l 100; von K513 auf K516; von K515 auf K l 103; von K516 auf K l 106; von K579 auf K l 130; von K588 auf K585 und K1133; von K608 auf K1171; von K688 auf K588; von K705 auf K704; von K783 auf K866; von K805 auf K820; von K816 auf K786; von K909 auf K890; von K915 auf K919; von K926 auf K949. Es ist wahrscheinlich, daß Schleiermacher zusätzlichen Stoff, den er beim zweiten Durchgang der Vorlesung erarbeitet hat, nicht allein unter den höheren Kollektaneennummern notiert hat, sondern teilweise in Randbemerkungen zu denjenigen Noten, die schon Grundgedanken in bezug auf den weiteren Ertrag enthielten. Dennoch lassen sich die Randbemerkungen allgemein nicht eindeutig datieren. Lediglich in einer Randbemerkung zur Ausarbeitung der ersten Stunde gibt Schleiermacher die Jahreszahl 1825 an.68 Bonnell hat in seiner Edition einen Teil der Kollektaneen ediert. Normalerweise hat er diese an passender Stelle zum laufenden Text der Nachschrift in Anmerkungen beigegeben, die erste Seite des Kollektaneenheftes hat er im Anhang ver-
66
Siehe unten S. 127.
67
Siehe ζ. Β. K10; K54; K99. Zu dieser Methode Schleiermachers vgl. Arndt, Α.; Virmond, W.: Friedrich Schleiermacher zum 150. Geburtstag. Berlin 1984. S. 35.
68
Vgl. SN64.6. Diese Stundenausarbeitung ist unten S. 29 ediert.
16
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
zeichnet.69 Diese von Bonneil edierten Kollektaneen geben einen Eindruck über den Charakter dieser Notizen Schleiermachers. Welche Kollektaneen Bonnell ediert hat, zeigt die folgende Liste auf. Bonnell hat viele Kollektaneen nur teilweise oder auf mehrere Anmerkungen verteilt wiedergegeben. Das Kriterium bei seiner Auswahl und Anordnung war die Frage, ob Schleiermachers Aufzeichnungen an der betreffenden Stelle eine Bereicherung oder Ergänzung für den laufenden Editionstext der Kirchengeschichte darstellten.70 Κ 1 - 5 -B632f.; K34 (teilweise) - Eusebius V. extr.]71 B152A(S); K 4 6 - M . Aurel. XI. ... furchtlos] B101A(S); K83 (teilweise) - B117A(S); Von ... νοητική] B117B(S); K l 10 (teilweise) - B84A(S); K i l l (teilweise) - B112A(S); K l 12 (teilweise) - B117C(S); K126 (teilweise) - B105A(S); K128 (teilweise) B104B(S); K146 B245A(S); K159 (teilweise) -* B150A(S); B149B(S); K164 -» Gennadius ... angefangen,] B152A(S);72 K183 -«· Ueber ... Kriege.] B197f.A(S); K193 B210B(S); K194 (teilweise) Β212Α;" B213A;74 K203 - B216A(S); K204 B210A(S); K205 - B215A(S); K208 (teilweise) - B221B(S); B220B(S); K225 - B219A(S); K226 - B220A(S); K240 B229A;75
69
Siehe B632f. ( = SN64,1).
70
Die Lemmata der folgenden Liste beziehen sich auf den von Bonnell edierten Text.
71
extr.] Richtig zu lesen: Ende. Vgl. K34.
72
Bonnell gibt nicht den Wortlaut wieder.
73
Bonnell falsch: »Theodoret p. 329«. K194 bietet: »ebend. 329«, wobei sich dies nicht auf die Randnote »Theodoret p. 734« bezieht, sondern auf die Literaturangabe der vorigen K193: »Sehr. p. 325«. »Schi.« von Bonnell vergessen.
74
»Schi.« von Bonnell vergessen.
75
»Schi.« von Bonnell vergessen.
Die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers
K257 - B239A;7® K266 (teilweise) -» B245B(S); K290 - Auch ... opfere.] B399A(S); K291 - Augustin ... andern.] B297A(S); K336 - B286B(S); K345 - Augustin ... Abendmahle] B399A(S); K363 (teilweise) B310A(S); B307A(S); K365 - B239B;77 K366 - B308A(S); K372 -» B313A(S); K373 -»In ... erkennen] B312A(S); K375 -» Indem ... zuschreiben] B312A(S); K392 - B277A(S); K398 (teilweise) - B259B(S); K404 - B259A(S); K407 (teilweise) - B286A(S); K412 (teilweise) - B293A(S); K417 (teilweise) - B303A(S); K421 (teilweise) -» Dadurch ... übrig.] B297A(S); K425 (teilweise) - B297B(S); K444 (teilweise) -» B339A(S); K445 - B300A(S); K445b B300A(S); K457 - (teilweise); B351B(S); K460 - B351B(S); K462 - B351B(S); K463 - B351B(S); K464 -» B351B(S); K465 - B351B(S); K466 - B351B(S); K476 (teilweise) - B317A(S);" K491 (teilweise) - B322A(S); K522 B336f.B(S); K523 (teilweise) — Seine ... Dialektik.] B381A(S);
76
»Schi.« von Bonnell vergessen.
77
»Schi.« von Bonnell vergessen.
78
Bonnell gibt nicht den Wortlaut wieder.
17
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
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K526 (teilweise) - B344A(S); B343A(S); 7 ' K533 (teilweise) - B344B(S); K537 - Er ... wegen] B351A(S); K546 -» B350A(S); K548 (teilweise) - B380A(S); B366A(S); K549 - wo ... Leser-Schule] B381A(S); K551 (teilweise) - Er ... Grammatik] B367A(S); K552 - Er ... verwandeln] B367A(S); K570 - B368A(S); K574 (teilweise) - B388A(S); K586 (teilweise) B359A;80 B355A(S);S1 K587 (teilweise) - B371A(S); K588 (teilweise) - B377A(S); œ K595 - B421A(S); K597 - B389A(S); K600 -* In die Lehre ... Adams auch nicht] B377B(S); K601 -* Abendländisches ... baptismi] B377B(S); K609 B432A(S); K622 (teilweise) -» B409A(S); K636 (teilweise) - B396A(S); Κ642 (teilweise) - B425A(S);83 Κ646 (teilweise) - B428A(S);M K648 (teilweise) -» B429A(S);85 K689b (teilweise) -» B437A(S);86 K690 (teilweise) -» B411A(S);*7 B408A(S);88 K691 (teilweise) - B420A(S);89 B439A(S);90 K695 (teilweise) - B448A(S);
79
= SN64,89,27, Randnote.
80
=SN64,98,19, Randnote. »Schi.« von Bonneil vergessen.
81
=SN64,97,27, Randnote.
82
=SN64,100,20, Randnote.
83
=SN,64,110,1, Randnote.
84
= SN,64,110,18, Randnote.
85
=SN64,110,35f.
86
=SN64,118,4ff.
87
=SN64,119,27.
88
=SN64,119,1, Randnote.
89
=SN64,121,24fr.
90
=SN64,122,5, Randnote.
Die Kirchengeschichtsvorlesungen Sehleiermachers
K698 (teUweise) - B453A(S); K701 (teUweise) -» Guitmund ... erste.] B444B(S);" K702 (teUweise) - B456A(S);" K705 (teUweise) - B462A(S);' 3 B461A(S);M K709 (teUweise) - B477A(S) K709 (teilweise) - B476A(S);95 B476B(S);" K716 (teUweise) - B501A(S); K718 (teilweise) - B493A(S); K724 (teUweise) -» B507B(S); K726 (teilweise) - B506A(S); K728 - B516A(S); K764 (teilweise) -» B521A(S); K766 (teilweise) - B526A(S); B517A(S); K775 (teilweise) - B515A(S); K782k (teilweise) - B536A(S); K824 - B564A(S); K843 (teilweise) - B574A(S); K853 (teilweise) - B568A(S); B568f.B(S); K868 ->· B570A(S); K885 - B584A(S); K894 - B585A(S); K898 - B592A(S); K918 (teilweise) -» B588A(S);W K964 (teilweise) - B390A(S); K1060 (teilweise) -» Merkwürdig ... nennt] B300B(S); K1061 - Augustin ... angehören] B300B(S); Κ1074 - B304A(S); Κ1075 -» Pelagius ... verbannt] B305A(S); K1112 - B340A(S); K l 115 -» B347A(S); K l 124 -» B348A(S);
91
=SN64,126, Iff.
92
=SN64,127,7ff.
93
=SN64,128,28ff.
94
=SN64,128,14ff.
95
= SN64,131,7ff. (mit Auslassung).
96
=SN64,131,4ff.
97
=SN64,161,lff.
19
20
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
K l 129 K1135 K l 136 K l 136 K l 142 K l 143 K l 172 K l 173 K l 175 K l 193 Κ1197 K1214 K1214 K1216 Κ1220 K1221
(teilweise) - B354A(S); (teilweise) - 793 ... Tours] B381A(S); (teilweise) B382A(S);98 (teilweise) - B384A(S);W (teilweise) - B394A(S); -» B393A(S); (teilweise) - B444A(S);",° Er vergleicht ... verderben] B444B(S);101 (teilweise) - B445A(S); ,0i (teilweise) - B459A(S); (teilweise) - B507A(S); (teilweise) - B508A(S); (teilweise) B529A(S); (teilweise) - B530A(S);103 B530B(S);104 (teilweise) - B538A(S); (teilweise) - B541A(S);105 (teilweise) - B544A(S);"* B542A(S);107 B543A(S).108
Die Notizen Schleiermachers haben verschiedene Funktionen. So bieten einige der Kollektaneen Schleiermachers den Anordnungsplan des Stoffes in der Vorlesung: K241 »Eine zusammenhängende Masse muß werden bis auf Augustin, die Theilung des Reichs. Constantinisches Conci'/ - Anfang mit Betrachtungen über Constantinj kirchlichen Sinn, die Constitution der Kirche. Ueber die außerröm/jcÄe Verbreitung. Persien (Verfolgung) Gothen«.'09 Auch kann ein Ausfiihrungshinweis statt der Ausführung selbst in der Note erscheinen: K60 »UrchrijrenthiW 0 Nach ihm gingen Petrus und Johannes nach Samarien um
98
=SN64,191,34ff.
99
=SN64,191,28f.
100
=SN64,197,43f.
101
=SN64,197,39ff.
102
=SN64,198,3ff.
103
=SN64,205,12ff.
104
=SN64,205,26ff.
105
=SN64,208,19; Bonnell gibt nicht den Wortlaut wieder.
106
= SN64.208,22—26 ; 208,47, Randnote; 209,5ff.
107
=SN64,208,22, Randnote.
108
=SN64,208,37f.
109
Pläne der Stoffanordnung bieten auch die Kollektaneen K136; K138; K179; K182; K241; K611; K692; K873.
110
Urchrii/enthum] am äußeren
Rand.
Die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers
21
zu firmeln (Act. 8,14—17.) - Ueber das Ve/tiältniß der Geistausgießung zur Taufe und dem Inhalte des ersten muß etwas gesagt werden.« Manche Kollektaneen sind unübersetzte lateinische oder griechische Zita111 te. Die Reihenfolge der Kollektaneen ist zum Teil ohne einen erkennbaren Duktus, teilweise ist sie durch die Lektüre bestimmt,112 aber auch zuweilen thematisch geordnet.113 Als Beispiel für den stark lexikalischen Charakter, den die Kollektaneen teilweise haben, soll die folgende Wiedergabe der Seite SN64,142 dienen: K781 »Am Ende des Jahrhunderts 1290—1293 gehn alle Eroberungen der Kreuzzüge verloren: Constantinopel schon 1261 und in114 den nächsten Jahre« bis 1268 auch Jaffa und Antiochien« K782 »Innocent III t 1216 hat dai stabat mater gemacht. Honoriiw III t 1227. Gregor IX t 1241 indeß Friedrich II die Bischöfe die zu seinem Conci/ wollten auffing.« K782a »Coelestin V t nach 14 Tagen. -« K782b »Innocent IV wird gewählt 1243; sezt das Fest der Geburt Mariae ein schränkt auf Bitten der Universität Paris die Bettelorden ein - Robert Grosshead115 von Lincoln heftig gegen die Ausschweifungen der Geistlichen und die Willkühr des Papstes. Papst und Kardinäle beschließen kein Aufsehn davon zu machen.« K782c »Alexander IV. 1251 Erzbischof 1 6 von Mainz abgesezt weil er sich weigert in den Krieg zu gehen hebt d/ese Einschränkung wieder auf, verbrennt Wilheim von S. Amour Buch de117 periculis ultimorum temporum gegen die Bettelmönche, aber auch das aeternum evangelium. - Von118 größrer Erkentniß in der 3fen Periode als Christus gehabt. - Die Juden führe der Vater zur Seligkeit. - Urban IV 1261 sezt das Frohnleichnamfest ein -«
111
So bildet ζ. Β. K13 ein Zitat aus Tertullians Apologie, K46 aus Marc Aurel, K63 aus Tertullian, K203 aus Sokrates, K265 aus Hilarius' De synodis. K208 ist eine Niederschrift des griechischen Nicänums, wobei Schleiermacher in Randnoten Eusebs Position verzeichnet. Zu den Stellenangaben der Zitate, die teilweise beigegeben sind, siehe unten 4.1.
112
Siehe unten S. 100.
113
So handeln die Kollektaneen K 1 7 0 - K 1 7 3 über Cyprian, K 3 3 3 - K 3 4 2 haben die Kanonbildung als Leitthema.
114
in ... Antiochien] am äußeren
115
Grosshead ... machen.] mit Einfügungszeichen
Rand.
116
Erzbischof ... gehen] mit Einfügungszeichen
117
de ... temporum] mit Einfügungszeichen
118
Von ... Seligkeit.] mit Einfügungszeichen
am äußeren am äußeren
Rand. Rand.
über der Zeile. am äußeren
Rand.
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SN64,142 — Seite aus Schleiermachers Kollektaneenheft (ediert S. 21 f.)
Die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers
23
K782d »Die Franciskaner in ihren Kirchen das Fest der unbeflekten Empfangn/ß Mariae -« K782e »Michael Palaeologus spiegelt ihm von KircfcenVereinigung vor - Clemens IV 1265."® -« K782f »Gregor X 1271 nach zweijähriger Wahl, endlich durch Compromiß.« K782g »1274 Conci/ zu Lyon wo die Griechen filioque annehmen. Doch120 Martin IV. 1281 anathematisirt den Michael schon wieder, weil dort 1283 die altgriech/scAe Lehre hergestellt ward. Kanon zur Beschleunigung der Papstwahl.« K782h »Innocent V.' 21 1276 erster Dominikaner. Hadrian V. Johann XX hebt die Verordnung vom Conclave wieder auf. Nicolaus III 1277. d/esem122 stellt Rudolph eine neue Urkunde aus über alle Länder der römischen Kirche und entsagt allen kaiserliehen Rechten im Exarchat. Martin IV, 1281 Honorius IV. 1283 befiehlt die Erlernung der orìentàlischen Sprachen. Nicolaus IV 1288 Concordat mit Portugal -« K782i »Die Engel bringen das heilige Haus nach Loretto nachdem sie es auf drei Jahr in Dalmatien niedergesezt Die123 Relation erst aus dem 15ten Saeculum Coelestin V 1294 nach 2jähriger Vacanz gewählt resign/'rt.« K782j »Bonifacius VIII. verbietet den Geistliehen alle Abgaben an Laien und erlaubt nur freiwillige Geschenke -« K782k »will über Albrechts Tüchtigkeit zur Kaiserwürde entscheiden kanonis/rt Ludwig IX. - thut die Kardinäle von Colonna in den Bann -« K7821 »erfindet das Jubeljahr fl303.« »Die124 Bulle Clericis Laicos auf Veranlassung einer von Philipp dem Schönen erhobenen Steuer. Dagegen verbietet Philipp Fremden Handelschaft zu treiben und alle Ausfuhr von Geld Edelsteinen Lebensmitteln« Wie Schleiermacher die Kollektaneen in seiner Vorlesung verwertet hat und diese Notizen dort zu einer geschichtlichen Darstellung werden ließ, ist weiter
119
Es folgt ein Einfügungszeichen, doch entspricht diesem keine Randnote. Clemens IV. wurde 1265 zum Papst gewählt.
120
Doch ... ward.] mit Einfügungszeichen
121
V] korr. aus VI.
122
diesem ... Exarchat. ] mit Einfügungszeichen
123
Die ... Saec ulum.] mit Einfügungszeichen
124
Die ... Lebensrnitteln] am äußeren
am äußeren
Rand.
Rand.
am äußeren am äußeren
Rand.
Rand.
24
Schleiennacher als Kirchengeschichtler
unten durch einen auswertenden Vergleich zwischen den Kollektaneen und der Vorlesung, wie sie uns von Hagenbach geboten wird, dargestellt.115 2.1.2 Charakterisierung der Stundenausarbeitungen Bei den Stundenausarbeitungen handelt es sich um eine zusammenfassende Darstellung des Stoffes für jeweils eine Vorlesungsstunde, der manchmal sehr knapp und stichwortartig dargeboten wird, generell aber bei aller Gedrängtheit sehr gut leserlich und durchaus ins Detail gehend. Diese Stundenausarbeitungen reichen bis zur 46. Stunde. Hiermit besitzen wir von Schleiermachers Hand in dieser Ausarbeitungsform knapp die Hälfte der ungefähr auf 100 Stunden angelegten Vorlesung von 1821/22.126 Daß die Stundenausarbeitungen eindeutig für die Vorlesung 1821/22 konzipiert wurden, ist außer aus der teilweisen Einbettung in die Kollektaneen für diese Vorlesung aus Schleiermachers Überschrift über die erste Stundenausarbeitung »1821/2 Stunden«127 ersichtlich. Innerhalb des separaten Heftes für die Stundenausarbeitungen SN65 verweist Schleiermacher am Rand mitunter durch Nummernennung auch auf die entsprechenden Kollektaneen. Da das Heft SN65 die Stundenausarbeitungen fortsetzt, die in das Kollektaneen-Material der Vorlesung von 1821/22 im Heft SN64 eingearbeitet sind, kann man sicher annehmen, daß das Heft SN65 ebenfalls im Rahmen dieser Vorlesung konzipiert wurde, wobei sich Schleiermacher ab der 15. Stunde dafür entschied, die Stundenausarbeitungen nun in einem separaten Heft zu notieren. Nach der Ausarbeitung der 46. Stunde, die als letzte ausführliche Passage die Geschichte des Chrysostomos bietet, sind die Kollektaneen das alleinige ausführlich ausgearbeitete autographische Zeugnis von Schleiermachers Kirchengeschichtsvorlesung 1821/22, für die 1825/26-Vorlesung sind sie es abgesehen von kurzen Notizen anderswo - generell. Die in das Kollektaneenheft eingeschobenen Stundenausarbeitungen der ersten 14 Stunden befinden sich auf den folgenden Seiten: SN64,6: 1. Stunde; SN64,7—8: 2. Stunde; SN64,8—9: 3. Stunde; SN64,9—10: 4. Stunde; SN64,12: 5. Stunde; SN64,13-15: 6 . - 8 . Stunde;
125
Siehe unten S. 65ff.
126
Siehe B632 (=SN64,1).
127
SN64,6,15.
Die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers
SN64,18-19: SN64,19-21: SN64,21-23: SN64,23-26: SN64,26-27: SN64,31-32
25
9. Stunde; 10. Stunde; 11. Stunde; 12. Stunde; 13. Stunde; 14. Stunde.
Die Reihenfolge der Stundenausarbeitungen im Heft SN65 ist zum Teil ungeordnet: SN65,1—36: 15.-29. Stunde; SN65,36-39: 3 3 . - 3 4 . Stunde; SN65,39-44: 3 1 . - 3 2 . Stunde; SN65,44-49: 30. Stunde; SN65,49-75: 3 5 . - 4 6 . Stunde. Bonnell hat in seiner Edition in den Anmerkungen neben den Kollektaneen auch Stücke aus den Stundenausarbeitungen wiedergegeben, wo ihm dies passend erschien. Die sehr knapp gefaßten Stundenausarbeitungen zu den ersten acht Stunden hat er zusammenhängend im Anhang ediert.128 Die von Bonnell edierten Stundenausarbeitungen, die im folgenden nachgewiesen werden, geben einen Eindruck über deren Charakter.12® 1 . - 8 . Stunde - B633-637; aus der 10. Stunde - SN64,20,12ff.: B60A(S); SN64,21,21ff.: B64A(S); aus der 11. Stunde - SN64,22,21 ff.: B68A(S); aus der 12. Stunde - SN64,23,25ff.: B70A(S); SN64,24,2ff. : B71A(S); SN64,24,23ff.: eine Teilung ... glaubte.] B73f.A(S); aus der 13. Stunde - SN64,26,38ff.: B81A(S); SN64,27,5ff.: B82A(S); aus der 14. Stunde-* SN64,31,llff.: B80A(S); SN64,32,20ff.: B93A(S); SN64,32,14ff.: B104A(S); aus der 15. S t u n d e - SN65,2,4ff.: B82f.B(S); SN65,l,lff.: B94A(S); SN65,2,24ff.: B96A(S); SN65,3,10ff.: B106A(S); SN65,2,38ff.: B106B(S); aus der 16. Stunde-» SN65,3,27ff.: B107A(S); SN65,4,39ff.: B114A(S); SN65,5,5ff.: B115A(S); SN65,5,9ff.: B115B(S); aus der 17. Stunde - SN65,5,27ff.: M. Aurel und ... billigen] B101AS); SN65,5,35ff.: B116f.A(S); SN65,6,5ff.: Die ... worden] B117B(S); aus der 18. S t u n d e - SN65,9,6ff.: B110A(S); SN65,6,26ff.: B120(S); SN65,7,18ff.: B121f.A(S); SN65,7,28ff.: B122A(S); SN65,8,7 ff.: B123A(S); SN65,8,23ff.: B123f.B(S); 128
Siehe hierzu unten 3.1.
129
Die Lemmata der folgenden Liste beziehen sich auf den von Bonnell edierten Text.
26
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
aus der 19. Stunde -* SN65,10,6ff.: B125A(S); SN65,ll,18ff.: B129A(S); aus der 20. Stunde - SN65,12,30ff.: B132A(S); aus der 21. Stunde-» SN65,15,21ff.: B133A(S); SN65,16,Uff·: B134A(S); SN65,16,35ff.: B134B(S); aus der 22. S t u n d e - SN65,17,6ff.: B136A(S); SN65,17,8ff.: B136B(S); SN65,17,26ff.: B137A(S); SN65,18,31ff.: B144A(S); aus der 23. S t u n d e - SN65,19,3Iff.: B148A(S); SN65,20,7ff.: B149A(S); SN65,20,28ff.: B150B(S); aus der 24. Stunde - SN65,21,18ff.: B152A(S);130 SN65,23,14 ff.: B158A(S); aus der 25. Stunde - SN65,24,17 ff.: B161A(S); aus der 26. Stunde - SN65,27,8ff.: B164A(S); SN65,26,1Off.: B168A(S); SN65,26,32ff.: B169A(S); aus der 27. Stunde - SN65,30,15ff.: B177A(S); SN65,31,26ff.: B179A(S); aus der 28. Stunde - SN65,32,19 ff.: B180A(S); aus der 30. Stunde - SN65,44,38ff.: B196A(S); SN65,46,2ff.: Die verschiedenen Erzählungen ... brauchte.] B197f.A(S); aus der 32. Stunde-"· SN65,43,6 ff.: B189A(S); SN65,43,9ff.: B189B(S); SN65,43,22ff.: B190A(S); SN65,44,lff.: B191A(S); aus der 33. Stunde - SN65,37,31ff.: B211f.A(S); aus der 35. Stunde - SN65,51,1 ff.: B222A(S); aus der 36. Stunde - SN65,52,28ff.: B227A(S); aus der 38. Stunde SN65,55,18ff.: B234A(S); aus der 39. Stunde - SN65,58,3 ff.: B246A(S); aus der 46. Stunde SN65,75,5ff.: B309A(S); SN65,75,15ff.: B309B(S). Eine Durchsicht durch diese edierten Stücke der Stundenausarbeitungen Schleiermachers zeigt auf, daß die Ausarbeitungen der ersten und zweiten Periode ein gut durchformuliertes Dokument der Kirchengeschichte Schleiermachers sind, das den Vorzug hat, von seiner eigenen Hand zu stammen. Leider enden die Stundenausarbeitungen mitten in der zweiten Periode mit der Darstellung vom Schicksal des Chrysostomos, wobei sie zum Schluß gedrängter werden. Vergleicht man die Stundenausarbeitungen mit dem Vortrag Schleiermachers, wie er sich in der Nachschrift Hagenbachs niedergeschlagen hat,' 31 wird die hohe Qualität dieser Aufzeichnungen Schleiermachers besonders deutlich.
130
Bonnell gibt nicht den Wortlaut wieder.
131
Siehe unten S. 64ff.
27
Die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers
2.1.3 Charakterisierung der Zettel Unter den Zetteln finden wir unter anderem Hilfsnotizen für den Vortrag. So bietet der Zettel SN66/1.2—SN66/l,2r kurze Notizen mit Stoffangliederung und Kollektaneenverweisen für die 4 7 . - 5 2 . Stunde, wobei die Stundenzahlen die Notizen einteilen. Ein ähnlicher Zettel, aber ohne Angabe der Stunden, ist uns vom letzten Teil der Vorlesung von der » A u g s b u r g e r Confession« bis zur »Zunahme des Calvinismi«« erhalten (SN66/1,13). Mit der Angabe »Nach Neujahr 1826« finden wir mit SN66/1,14 einen Zettel, der allein eine Stoffanordnung mit Notizen ohne Kollektaneenverweise enthält. Als Beispiel dafür, daß die Zettel außer Stichworten, Listen und Kollektaneenverknüpfungen auch ausformuliertere Aufrisse enthalten, soll hier der Zettel SN66/1,5 wiedergegeben werden, der - wie die Parallelen zu der datierten Stundenausarbeitung am Rand von SN64,6, die im Anschluß ediert ist, zeigen Schleiermacher beim Vortrag der ersten Stunde im Kirchengeschichtskolleg 1825/26 als Hilfsmittel diente.132 »Einleitung Kirchengeschichte 1. KirchenGeschichte als Theil der theologischen Wissenschaft. 2.133 wie stimmt dies mit Geschichte überhaupt? Geschichte134. Erklärung Wie b aus a ? Kann atomistic/! beantwortet werden. - Wie S135 von a weiter 3. Die erste Art kann ohne Interesse sein, aus bloßem Sammlergeist. So nicht theolog/ic/ie Disciplin; aber wol Material Analogien zu suchen 4. Die zweite kann religiöses als S13t zum Grund legen aber Christenthum als Krankheit oder Intel137 als S138 aber Religion als Krankheit. - So auch nicht theo logische D/sci'plwi aber auch nicht einmal reines Material. 5. Die zweite wird aber nothwendig Basis der praktischen Theologe
132
Vgl. Β Iff. Auf dem Zettel nennt Schleiermacher als ersten Punkt: »KirchenGeschichte als Theil der theologischen Wissenschaft.«, was dem Anfang der späteren Vorlesung entspricht: »Wir behandeln die Kirchengeschichte als theologische Disziplin« (Bl). Zum Anfang der Vorlesung 1821/22 siehe unten S. 45. Die Datierung entspricht der (anderer Hand?) am oberen Rand des Zettels angegebenen: »1825/6«.
133
2. ... überhaupt?] mit Einfügungszeichen Verweiszeichen handeln.
134 Davor Verweiszeichen,
hinter weiter. Es kann sich auch allein um ein
das hinter dem folgenden
Interesse wiederholt
135
S] wohl für Standpunkt.
136
S] wohl für Standpunkt. Vgl. zu diesem Punkt B6.
137
Intel] wohl für Intellekt.
138
S] wohl für Standpunkt.
ist.
ouÁ
i ,
/ o ¿W /kXíCva, »V k^r*^· v ^ . A;
i" ' ·*"·
iU/^fr
Γ „
SN66/1,5 — Einer der Zettel Schleiermachers zur Kirchengeschichtsvorlesung (ediert S. 25 f.)
Die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers
29
6. Ob Geschichte aus Ansicht, oder Ansicht aus Geschichte. - Rousseau als politischer Geschichtschreiber. - Goethe vor der Thatsache des Christenthums. 7. Beides geht zurük auf innren Zustand. Gleichförmig in Allen nur nach der Geschichte wenn kein Kampf mehr ist. 8. Der meinige beschrieben in der Dogmat/λ. Daraus also muß sich das ganze Verfuhren bilden. Vorher aber 9. Rechtfertigung über die Kürze. Encyclopädie Theil II. Abschní/τ II DogmenGeschichte Gesellschaftsgesch/c/ife Innere Sitte (Verfassung) Cultus. Aeußere. Räum/icAe Ausdehnung und Beschränkung. 10 Als Material oder Pragmatik wäre die Kürze (und" 9 der münd/Zc/ie Vortrag überhaupt.) unbrauchbar. Nur beim organischen Verfahren kann sie dienen«. »1825140 I Sofern Kirchen Geschichte als theologische Disc/pl/n und KirchenGeschichte als Theil der Weltgesch/cAre verschieden zu sein scheint hebt sich dies nur durch eine christ/f'cfe Behand/ung der Weltgesch/cAfe. Dann bleibt nur noch als Unterschied größere Ausführlichkeit in der Beziehung auf praktische Theologie und Dogmatik. Im gegenwärtigen'*1 Zustande zu unterscheiden 1, die Formel wie ist b aus a geworden, α, Atomistisch wenn bloß Zwischenpunkte angegeben werden. Bestreben sich des Urtheils zu enthalten, welches aber nie vollkommen gelingen kann, ß, Pragmatisch Causalzusammenhang aber immer willkührWc/i. Wie in beiden Fällen das Verhältn/ß des Darstellenden zum Auffassenden ist. 2, bei einem partiellen Ganzen, wo nur im Anfangspunkt das Innerliche des agens aufgefaßt ist, die Formel wie hat sich a in der Erscheinung weiter entwickelt. Hierbei kommt alles darauf an ob beide einerlei Glauben haben. Beispiel von politischer Geschichte.« Die drei Zettel, die unter SN66/2 abgelegt sind, zeigen, daß sich Schleiermacher seine Exzerpte nicht nur in sein Kollektaneenheft notierte, sondern auch auf Zettel, die ihm zur Hand waren. Der hierhin gehörende Zettel mit CalvinExzerpten zeigt das gründliche Durcharbeiten Schleiermachers. Zu folgenden Stellen der Institutio sind hier Auszüge bzw. Bemerkungen gemacht: Liber I: VI, 1 ; VII,5; IX,1; XIV,16; XIV,18; XV,4; XV,8; XVI,1; XVIII; Liber II: 1,7; 1,8; 1,9; 1,22; 11,1; 11,12; 11,20; 11,21; III; Liber III: 111,21; XIV,9; XIV,18;
139 (und ... überhaupt)] mit Einfügungszeichen hinter dienen. 140
1825 ... politischer GeschicA/e.] am Rand. Der Text ist in Mikroschrift neben der Ausarbeitung zur ersten Stunde 1821/22 verzeichnet.
141 gegenwärtige«) gegenwärtigen über der Zeile (von anderer Hand?)).
30
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
XXI; XXII, 1; XXIII, 1; XXIII,2; ΧΧΙΙΙ,ΙΙ; XXIV, 10. Ein ähnlich gründliches Durcharbeiten weisen auch die beiden anderen Zettel auf, wo Chrysostomos exzerpiert wird. 2.1.4 Charakterisierung der Arbeitsweise Schleiermachers Arndt und Virmond charakterisieren die Arbeitsweise Schleiermachers so: »Eine neue Thematik wurde zunächst in Gestalt von Aphorismen fixiert, die die Grundlage der Gliederung und Ausarbeitung bildeten. Die Gewohnheit, solche >Gedankenbücher< anzulegen, hatte Schleiermacher von Schlegel übernommen. Solche Blätter bzw. Hefte finden sich im Nachlaß zu fast allen Vorlesungsthemen. Auf der Grundlage des darin gesammelten und gegliederten Materials entstanden in der Regel kompendienartige Ausarbeitungen, die den Verlauf der Vorlesungen selbst fixierten und zugleich als Grundlage einer eventuellen künftigen Druckfassung dienen konnten. Die Niederschrift der Ausarbeitung erfolgte zum Teil erst nach der gehaltenen Vorlesung.«142 Daß die Stundenausarbeitungen zur Kirchengeschichte erst nach der entsprechenden Stoffsammlung in den Kollektaneen entstanden, zeigt sich dadurch, daß bei den ersten 15 Stundenausarbeitungen, die in das Kollektaneen-Material eingebettet sind, vorhandene Parallelen zwischen Kollektaneen und Stundenausarbeitungen zuerst bei den Kollektaneen erscheinen. In einem Brief an Joachim Christian Gaß vom 5.12.1812 äußert sich Schleiermacher selbst über die Erträge seiner Vorlesungen: »Die Exegese ist das Einzige, wobei meine Sammlungen sich mehren. In der Geschichte der Philosophie bin ich zu sehr wenig neuen Untersuchungen gekommen, und auch meine Excerpte haben kaum bedeutenden Zuwachs bekommen, und doch hat sie viel Zeit genommen. Die Darstellung ist wol besser gelungen, hoffe ich, aber auch davon ist in meine Papiere nichts gekommen.«143 Dies zeigt, daß Schleiermacher offensichtlich auch in der angesprochenen Philosophie-Vorlesung erst nach dem Vortrag die dort ausgedrückten Gedanken niederschrieb. Entsprechend ist anzunehmen, daß Schleiermacher sich zunächst auf die Kirchengeschichtsvorlesung vorbereitete, wovon die Kollektaneen den schriftlichen Niederschlag bildeten. Dann las er über den Gegenstand mit Hilfe der Kollektaneen, worauf die Abhakungsvermerke neben den Nummern und Abschnitten hinweisen. Auch Zettel mit Kollektaneenverknüpfungen, die den Weg durch die häufig nicht thematisch zusammengehörenden aneinandergereih-
142
Vgl. Arndt, Α.; Virmond, W.: Friedrich Schleiermacher zum 150. Geburtstag. Berlin 1984. S. 39.
143
Meisner, H.: Schleiermacher als Mensch. Gotha 1923. S. 143.
Die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers
31
ten Kollektaneen wiesen, waren Hilfsmittel des Vortrages. Entsprechend dem gegenüber den Kollektaneen mitunter reicher ausfallenden Vortrag zeichnete Schleiermacher nach der Vorlesung die Stundenausarbeitungen auf, die ihm bei der Wiederholung der Vorlesung und bei einer eventuellen Veröffentlichung von Nutzen sein konnten.
2.2 Die Nachschriften Als Nachschriften der Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers liegen vor: B o n n e l l - N a c h s c h r i f t 1 8 2 1 / 2 2 Berlin, Handschriftensammlung der Staatsbibliothek. Signatur: Handschrift 39. Deckblatt: »Kirchengeschichte vom Prof. Schleiermacher Wintersemester 1821/22«. Der Kodex hat eine Größe von 20 χ 16,2 χ 3cm. Der Rand, der auf den mit 17—22 Zeilen und bräunlicher Tinte beschriebenen Seiten gelassen wurde, hat eine Breite von etwa 5cm. Der Name des Autors wird in dieser Nachschrift nicht genannt. Dies gilt auch für die übrigen Schleiermacherkolleg-Nachschriften, die sich vom gleichen Schreiber in dieser Handschriftensammlung befinden.144 Allerdings hat sich auf der Rückseite des ersten Blattes der Handschrift 40, die ohne Deckblatt ist, spiegelverkehrt die Schrift eines Blattes mit roter Schrift blaß abgefärbt: »Bonnell Dogmatik von Schleiermacher [ ]«. Der Titel entspricht dem Inhalt dieser Nachschrift. Eindeutiges Indiz für die richtige Zuordnung der Nachschriften ist ein Brief Bonnells aus dem Nachlaß Deckers.145 Hier setzt sich Eduard Bonnell (1802—1877), der als Klassischer Philologe Direktor des Friedrich-Werderisc hen Gymnasiums war, für den Sohn eines ehemaligen Direktors, Bernardi, ein. Der Brief, der von dem auch unterschreibenden Bonnell geschrieben ist, weist dieselbe charakteristische Handschrift auf wie die genannten Nachschriften. Die Seitenzählung in Bonnells Nachschrift der KirchengeschichtsVorlesung, die bis zur Nummer 53 durchgeführt ist, beginnt mit der ersten Seite des Vorlesungstextes. Die Nummern 11 und 43 werden in der Zählung übergangen. Die Handschrift hat 48 Bogen quart. Hiervon sind 45 mit römischen Ziffern durchgehend numeriert. In diese Lagenzählung ist hinter dem XXIX. Bogen ein mit »LXIV« gekennzeichneter eingefügt, hinter dem XXXI. Bogen folgt ein nicht
144
Handschrift 37: »Exegesis des Evangelium Johannis«; Handschrift 38: »Apostelgeschichte«; Handschrift 40: ohne Deckblatt (Dogmatik); Handschrift 41: »Dialektik« 1822; Handschrift 42: »Christliche Moral« 1822/23.
145
Handschriftensammlung der Staatsbibliothek zu Berlin, Nachlaß Decker, Band 5, Blatt 297.
32
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
gekennzeichneter, und der XLI. Bogen ist doppelt gezählt. Der XXV. Bogen hat nur 6 Seiten. Das Heft hat also 382 Seiten. Das hintere Einbindungsblatt ist teilweise mit Literaturangaben beschrieben. B21/22,XXIX,6 verzeichnet Bonneil: »Nonnulla desunt«. Es fehlt der entsprechende Stoff H332,28—349,30. B21/22,XXX,2 gibt Bonneil eine weitere Lücke mit »Deest Nonnihil« an, der H352,13—355,19 entspricht. Wie ein Vergleich mit den anderen Nachschriften aufzeigt, fehlt wie bei Hagenbach die Mitschrift des Anfangs der Vorlesung. Die Bonnell-Nachschrift setzt genau da ein, wo auch die Hagenbach-Nachschrift beginnt. Der Umfang der fehlenden Passage beträgt in der anonymen Nachschrift aus Zürich etwa 2 Seiten. Da Eyssenhardt die Daten der Stunden verzeichnet hat, läßt sich der fehlende Part noch genauer bestimmen: es fehlen etwa zwei Drittel der ersten Vorlesungsstunde. E y s s e n h a r d t - N a c h s c h r i f t 1 8 2 1 / 2 2 Halle, Universitäts-Bibliothek. Signatur: Yc 8° 29. Die beschriebenen Seiten des Kodex sind von Seite 1—253 durchnumeriert. Die erste Seite ist überschrieben mit » V o r w o r t « . Die Seiten sind mit etwa 28—30 Zeilen beschrieben, wobei ein großzügiger Rand gelassen ist. Die Schrift ist auf mehreren Seiten größtenteils bis zur Unleserlichkeit verblaßt. Die Daten der Vorlesungsstunden finden sich am Rand notiert. Die letzte verzeichnete Stunde, die auf S. 251 beginnt, ist demnach vom 12.III. Die Aufzeichnung endet: »Gregor XII. Die Kardinäle schrieben das Konzil von Pisa aus, wodurch aber das Schisma eigentlich nur noch vermehrt wurde.« Dies entspricht H408,4f. Daß diese Vorlesung aus dem Jahr 1821/22 stammt, ist nicht aus ihrem Umfang zu erschließen, da auch die Vorlesung 1825/26 diesen Zeitraum vor dem Tod von Hus miteinschloß. Da auch die anonyme Nachschrift aus Zürich, die sich von ihrem Umfang eindeutig auf das Jahr 1821/22 datieren läßt, vereinzelt Stundendatierungen aufführt, läßt sich durch einen Vergleich die EyssenhardtNachschrift auf das Jahr 1821/22 datieren: das Thema der Vorlesungsstunde am 18.2. ist in beiden Nachschriften Cyrillus und Methodius. Die Hagenbach-Nachschrift datiert das Ende der Vorlesung Schleiermachers auf den 22. März 1822. Demnach fehlen in der Eyssenhardt-Nachschrift die Aufzeichnungen der letzten 10 Tage des Semesters. K l a m r o t h - N a c h s c h r i f t 1 8 2 1 / 2 2 Berlin, Archiv der Akademie der Wissenschaften. Signatur: Nachlaß Schleiermacher 548. Deckblatt: »Christliehe Kirchen- und Dogmengeschichte gelesen von Prof. Schleiermacher Berlin Winterhalbjahr 1821/22 Heinrich Klamroth«. Der Kodex hat eine Größe von 23 χ 18 χ 2,9cm. Er ist an den Rändern so stark beschnitten worden, daß
Die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers
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teilweise Buchstaben der Randnoten und die ursprüngliche Seitenzählung am äußeren oberen Rand entfernt wurden. Der ursprüngliche Einband des Kodex ist nicht mehr vorhanden. Die Seiten sind mit 33—37 Zeilen beschrieben, die verwendete Tinte ist bräunlich. Der verbliebene Seitenrand beträgt etwa 3,5cm. Jedes Blatt ist mit Bleistift nachträglich gezählt worden. Bei der 176 Blatt umfassenden Zählung ist das leere Blatt hinter Blatt 167 und das leere, um ein Drittel abgeschnittene Blatt hinter Blatt 193 nicht berücksichtigt. Die Rückseiten von den Blättern 98, 103 und 176 sind unbeschrieben. Auf Blatt 98 befindet sich der Vermerk: »Nonnulla desunt«. Doch bieten die anderen Nachschriften an dieser Stelle kein Mehr an Details. Die Klamroth-Nachschrift beginnt mit der Betrachtung über den Zweck des mündlichen Vortrages in Anbetracht der Menge der vorhandenen Literatur. Es fehlt also die Ausführung Schleiermachers über den Umfang der Kirchengeschichtsvorlesung, die die anonyme Nachschrift und - unvollständiger - die Eyssenhardt-Nachschrifi bieten. A n o n y m e N a c h s c h r i f t 1 8 2 1 / 2 2 Zürich, Zentral-Bibliothek. Signatur: Mscr. W 163. Deckblatt fehlt. Am äußeren Rand der ersten Seite ist oben »Kirchengeschichte bei Schleiermacher« vermerkt. Es fehlen offensichtlich die letzten 2 bis 3 Seiten der Handschrift. Sie endet mitten im Satz bei der Erwähnung der »5 Artikel der [Remonstranten]« (=H451,27). Sowohl der inhaltliche Vergleich als auch die Zeitspanne der Darstellung146 erweisen das Kollegheft als Nachschrift von Schleiermachers Kirchengeschichts Vorlesung 1821/22. Die Seitennumerierung reicht bis S. 129, wobei davor die Zählung nicht kontinuierlich notiert ist. Interessant ist, daß der Nachschreiber teilweise die Daten der Vorlesungsstunden am Rand notiert hat, so ζ. B. bei den Vorlesungen vom 6.—8. Februar 1822.147 H a g e n b a c h - N a c h s c h r i f t 1 8 2 1 / 2 2 Basel, Handschriftensammlung der Universitäts-Bibliothek. Signatur: Q I 45. Deckblatt: »Abriß der Kirchen- und Dogmengeschichte bei Herrn Professor Schleiermacher - Winterhalbjahr 1821—22. - Hagenbach«.
146
Die Kirchengeschichtsvorlesung Schleiermachers 1825/26 endet schon mit dem Tode von Hus.
147
Siehe auch die Edition des Anfanges dieser Nachschrift unten S. 45ff.
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Schleienmacher als Kirchengeschichtler
Der Kodex enthält außer der Kirchengeschichtsvorlesung im zweiten Teil eine Nachschrift Hagenbachs der Praktischen Theologie Schleiermachers desselben Jahrgangs. Der Kodex hat eine Größe von 26,5 χ 18 χ 4,2cm. Die verwendeten Papierbögen sind in der Mitte gefaltet, wobei bis zu 12 Doppelblätter ineinander gelegt sind; diese kleinen Hefte wurden später als Lagen zum Kodex gebunden. Das qualitativ hervorragende Papier ist durch Wasserzeichenstruktur mit senkrechten und waagerechten Orientierungsstrichen versehen. Es trägt das Wasserzeichen »Böters« und »Appenrode«. Das letzte Doppelblatt ist als Einbandblatt besonders stark. Eine Hälfte dieses Doppelblattes ist mit dem Einbanddeckel verklebt, auf dem anderen findet sich als Wasserzeichen eine Büste, die mit der Inschrift »Friedr. Wilhelm III. König von Preußen« umrandet ist. Vorne ist als Einbandbogen das normale Schreibpapier Hagenbachs verwendet, wobei die zweite Hälfte des Doppelblattes, die nicht mit dem Einbanddeckel verklebt ist, bis auf einen Rand, der als Einbandverstärkung gebraucht ist, abgeschnitten wurde. Der Rand des Papiers ist gerissen. Besonders hier ist das Papier vergilbt, aber bei einigen Blättern sind die Gilbflecken teilweise über die ganze Seite hingezogen. Für den Haupttext verwendete Hagenbach schwarze Tinte, die teilweise bräunlich aufgehellt ist, gerade dort, wo sie sparsam aufgetragen wurde. Bei der Kirchengeschichtsvorlesung hat Hagenbach an dem ungefähr 6 cm breiten Rand mit roter Tinte thematische Stichworte als Orientierungshilfe notiert. Diese Tinte ist zum Teil bis zur Unleserlichkeit verblaßt. An der äußeren oberen Ecke jeder Seite befindet sich schräg und unterstrichen mit schwarzer Tinte eingetragen die Seitenzählung, wobei die beiden Vorlesungen separat gezählt sind und die zweite Vorlesung nur bis zur Seite 55 durchnumeriert wurde. Der erste Teil der Handschrift mit der Nachschrift der Kirchengeschichtsvorlesung besteht aus 7 eingebundenen Lagen, die jeweils folgende Anzahl von Doppelblättern enthalten: 4; 12; 7; 10; 12; 11; 12. Die erste Seite und die 3 letzten Seiten dieses 272 Seiten umfassenden Kodexteils sind leer. Die anschließende Nachschrift der Praktischen Theologie umfaßt 5 Lagen von je 12 Doppelblättern und am Schluß ein gefaltetes Doppelblatt. Von den 284 Seiten sind die letzten 3 Seiten unbeschrieben. Im letzten Bündel sind die 18. und 19. Seite unbeschrieben und wurden ursprünglich miteinander punktuell verklebt, wie die entsprechenden Spuren am Blatt aufzeigen.
Die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers
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Wie in der Bonnell-Nachschrift fehlt auch in dieser Nachschrift die Niederschrift von etwa zwei Drittel der ersten Vorlesungsstunde.14® 2.2.1 Zur Person Karl Rudolf Hagenbachs Mit der Nachschrift von Karl Rudolf Hagenbach (4.3.1801—7.6.1874) besitzen wir eine Mitschrift des Kirchengeschichtskollegs Schleiermachers von einem Studenten, dessen weiterer Lebensweg Beachtung verdient.14® Besonders bemerkenswert ist die berufliche Laufbahn Karl Rudolf Hagenbachs. Er begann sein Studium der Theologie in Basel, wo er das erste Studienjahr verbrachte. Von 1820—23 studierte er in Bonn und Berlin. Friedrich Lücke in Bonn und Neander und Schleiermacher in Berlin übten einen bestimmenden Einfluß auf ihn aus. Uber alle drei verfaßte er einen Nachruf.150 Folgende Nachschriften Hagenbachs von Vorlesungen der genannten Personen befinden sich in der Handschriftensammlung der Universitäts-Bibliothek Basel: zu Lücke (Bonn): Wintersemester 1820/21: Korintherbriefe; Wintersemester 1820/21: Leben Calvins;151 Sommersemester 1821: Kirchengeschichte I+II (2 Bde.); Sommersemester 1821: Einleitung in das NT. zu Neander (Berlin): Wintersemester 1821/22: Mittlere und neuere Kirchengeschichte; Wintersemester 1821/22: Dogmengeschichte; Wintersemester 1822/23: Christliche Archäologie.
148
Vgl. oben S. 32. Die fehlende Passage ist unten S. 45ff. nach der anonymen Nachschrift aus Zürich ediert.
149
Der folgenden Darstellung von Hagenbachs Lebenslauf wird die ausführliche Biographie von Stähelin, R.: Hagenbach, Karl Rudolf. In: RE. 7. Band. S. 335—338 zugrunde gelegt.
150
Hagenbach, K. R.: Neander's Verdienste um die Kirchengeschichte. Theologische Studien und Kritiken. 24,3 (1851). S: 543—594. - Hagenbach, K. R.: Erinnerungen an Dr. Friedrich Lücke. Protestantische Monatsblätter für innere Zeitgeschichte. 5 (1855). S. 145—156. - Hagenbach, K. R.: Festrede, gehalten am Vorabend der Säcularfeier von Schleiermachers [100.] Geburtstag. Zürich 1868.
151
Ob Hagenbach der Nachschreiber der in Basel befindlichen entsprechenden Nachschrift ist, ist nach der Katalogaussage der Handschriftensammlung unsicher (»Hagenbach(?)«). Daß Hagenbach diese Vorlesung bei Lücke gehört hat, erwähnt er in seinem Nachruf an Lücke: Hagenbach, K. R.: Erinnerungen an Dr. Friedrich Lücke. Protestantische Monatsblätter für innere Zeitgeschichte. 5 (1855). S. 151.
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Schleiermacher als Kirchengeschichtler
zu Schleiermacher (Berlin): Wintersemester 1821/22: Kurzer Abriß der Kirchen- und Dogmengeschichte; Wintersemester 1821/22: Praktische Theologie; Sommersemester 1822: Apostelgeschichte; Sommersemester 1822: Hermeneutik; Sommersemester 1822: Grundzüge der Dialektik; Wintersemester 1822/23: Christliche Sittenlehre; Wintersemester 1822/23: Die Briefe des Paulus an die Thessalonicher und Galater. Nach seiner Rückkehr nach Basel 1823 ließ Hagenbach sich durch den inzwischen nach Basel berufenen De Wette zur Habilitation bewegen. Das Thema seiner Dissertation 1823 unter A. Wieland war: »Observationes historico-hermeneuticae circa Origenis Adamantini methodum interpretandae sacrae Scripturae«.152 Bereits 1824 wurde er zum außerordentlichen, 1829 zum ordentlichen Professor ernannt. Dies bedeutet, daß Hagenbach bereits etwa zwei Jahre nach dem Kirchengeschichtskolleg 1821/22 Professor in diesem Fach war. Hagenbach war ein sehr erfolgreicher Verfasser kirchengeschichtlicher Werke.153 Sein schriftstellerisches Hauptwerk ist die »Kirchengeschichte von der ältesten Zeit bis zum 19. Jahrhundert« (1869—1872), das aus öffentlichen Vorlesungen hervorgegangen ist, die Hagenbach seit 1833 hielt und in einzelnen Abteilungen herausgab. Das Werk wurde ins Englische und Holländische übersetzt und 1885—1887 von Nippold neu herausgegeben. Der Katalog der Universitäts-Bibliothek Basel weist sogar eine zweibändige Übersetzung desselben ins Chinesische nach. In Schleiermachers Bibliothek befand sich Hagenbachs »Encyklopädie der theologischen Wissenschaften« aus dem Jahr 1833.154 Dieses Werk erfuhr zwischen 1833 und 1889 12 Auflagen.155
152
Zitiert nach dem Gesamtkatalog der Universitätsbibliothek Basel.
153
Eine umfangreiche Bibliographie der Werke Hagenbachs liefert: Krafft, W.: Hagenbach, Karl Rudolph. In: Allgemeine Deutsche Biographie. Zehnter Band. Berlin 1968 ( = 1 8 7 9 ) S. 345. Man beachte hier die hohen Auflagen der meisten seiner Werke!
154
Siehe Rauch, D.: Tabulae librorum e bibliotheca defuncti Schleiermacher ... qui ... vendendi prostant. Berlin 1835. S. 44, Nr. 1341. Der Auktionskatalog von Rauch verzeichnet die Bûcher aus Schleiermachers Bibliothek, die nach seinem Tod versteigert wurden.
155
Die 12 Auflagen erschienen: 1. Aufl. 1833; 2. Aufl. 1845; 3. Aufl. 1851; 4. Aufl. 1854; 5. Aufl. 1857; 6. Aufl. 1861; 7. Aufl. 1864; 8. Aufl. 1869; 9. Aufl. 1874; 10. Aufl. 1880; 11. Aufl. 1884; 12. Aufl. 1889.
Die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers
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Stähelin hebt bei der Beurteilung der Kirchengeschichte Hagenbachs die übersichtliche, orientierende und zugleich anziehende Verarbeitung wie auch die abgerundete und anschauliche Darstellung hervor.154 Diese schriftstellerische Begabung Hagenbachs ist auch schon in seiner Wiedergabe des kirchengeschichtlichen Kollegs Schleiermachers 1821/22 feststellbar, was diese Aufzeichnungen gut lesbar macht. Man spürt der auch in komplexen Zusammenhängen detaillierten Wiedergabe ab, daß hier ein sehr reifer und auffassungsschneller Hörer die Feder geführt hat. Es ist ein Glücksfall, daß wir von Hagenbach, dessen Berufslaufbahn und anerkannte wissenschaftliche Produktivität von einer außergewöhnlichen Begabung zeugen, eine gut ausgearbeitete Nachschrift der Kirchengeschichtsvorlesung Schleiermachers 1821/22 besitzen, die er als reifer Student anfertigte. Wie die Überprüfung der Qualität der Nachschrift anhand der entsprechenden Aufzeichnungen Schleiermachers zeigen wird, wird die damit verbundene Erwartung nicht enttäuscht, sondern bestätigt.
2 . 3 D i e Edition Bonnells 2.3.1 Die der Edition zugrundeliegenden Nachschriften Bonnell hat für seine Edition die folgenden namentlich in seiner Vorrede genannten Nachschriften verwendet: Bonnell (1821/22), Saunier (1821/22), Vangerow (1821/22), Braune (1825/26), Schubring (1825/26).157 Von diesen ist uns heute allein seine eigene verfügbar. Von der Kirchengeschichtsvorlesung 1825/26 liegt uns keine Nachschrift vor. Bonnell hat für seine Edition Braunes Nachschrift als erste Grundlage benutzt, die von ihm qualitativ als genau und ausführlich eingeschätzt wurde.158 Solange uns keine Nachschrift von der Vorlesung 1825/26 vorliegt, ist also die Edition Bonnells von daher unersetzlich. Das gilt besonders für den einleitenden Teil der Vorlesung, den Schleiermacher für diese Vorlesung gegenüber
156
Vgl. Stähelin, R.: Hagenbach, Karl Rudolf. In: RE. 7. Band. S. 337.
157
Siehe Bonnell, E.: Vorrede, in: SW 1,11. S. VII, IX. Die Autoren von zwei weiteren Bonnell vorliegenden Nachschriften aus dem Jahr 1821/22 werden von ihm nicht genannt. Siehe dazu unten 2.3.1.1.
158
Ebd. S. IX.
38
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
1821/22 gründlich überarbeitet und teilweise neu konzipiert hat,15* wovon nur wenige Notizen Schleiermachers vorliegen.160 2.3.1.1 Die namentlich nicht aufgeführten Nachschriften Bonneil sagt zu Beginn der Einleitung, daß ihm für seine Edition insgesamt 7 Nachschriften zur Verfügung standen. Neben den 5 oben genannten Nachschreibern nennt Bonneil die Autoren von den 2 weiteren Nachschriften nicht. Aus dem Jahr 1825/26 stammten die Kolleghefte nicht, da Bonneil in seiner Vorrede bedauernd erwähnt, daß ihm von diesem Jahrgang nur 2 Nachschriften für sein Unternehmen zur Verfügung standen, deren Verfasser er auch nennt." 1 Würden sie von der Kirchengeschichtsvorlesung Schleiermachers 1806 stammen, wäre zumindest eine Begründung Bonneils zu erwarten, warum er diese nicht ediert hat. Mehr als dreimal aber hat Schleiermacher über diesen Gegenstand nicht gelesen, wie auch Bonneil feststellt.162 Also stammten die anonymen Nachschriften aus dem Jahr 1821/22. Warum nennt Bonnell die Autoren nicht? Dies kann seinen Grund darin haben, daß die Qualität dieser Nachschriften gegenüber den genannten so gering war, daß er sie nicht wesentlich benutzte. Auch ist es möglich, daß Bonnell diese Nachschriften ohne Namensnennung vorlagen oder daß deren Nachschreiber nicht genannt sein wollten. Auch zu schwere Lesbarkeit kann der Grund für eine Nichtbenutzung mit der damit verbundenen Nichtnennung der Autoren sein.
159
Siehe hierzu unten S. 40.
160
Folgendes Material findet sich bei Schleiermacher für die Einleitung der Kirchengeschichtsvorlesungen 1821/22 und 1825/26: der Zettel SN'66/1,4 (überschrieben: »KirchenGes chi cht e I V . « , enthält kurze Stichworte, die Grundgedanken der Stundenausarbeitungen zur 4. und 5. Stunde 1821/22 wiedergeben); der Zettel SN66/1.5 (für die 1825/26-Vorlesung, ediert und datiert oben S. 27f.); die Kollektaneen für die Vorlesung 1821/22 K4 (ediert B633 mit fehlendem Vermerk »Einleitung«), K5 (ediert B633 mit fehlendem Vermerk 'Einleitung·:), K l l (ediert unten S. 112) und K45 (ediert unten S. 47f.); die Stundenausarbeitungen zur 1.—8. Stunde (für die 1821/22-Vorlesung, ediert B633-637); die Randnote bei der ersten Stundenausarbeitung, die von Schleiermacher mit »1825« überschrieben ist ( = SN64,6, ediert oben S. 29). Das Blatt SN67,1 trägt die Überschrift: »Zur Einleitung in die KiVc/ienGeschichte«. Es gehört offensichtlich zur Vorlesung 1806, vgl. den ersten Satz »Der mythologe Ursprung der Geschichte zeigt daß das Interesse der leeren Neugierde nicht die Quelle gewesen.« mit SN63,5,30: »Der histomc/ie Trieb mußte mit der Mythologie anfangen«.
161
Siehe Bonnell, E.: Vorrede, in: SW 1,11. S. IX.
162
Ebd. S. VIII.
Die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers
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Für eine geringere Qualität als Grund der Nichtnennung spricht, daß Bonneil die Kolleghefte von Saunier und Vangerow für 1821/22 wegen ihrer vorzüglichen Qualität aufführt.1"3 Es erhebt sich die Frage, ob einer dieser von Bonnell nicht genannten Nachschreiber Hagenbach war. Ist die mangelnde Qualität der Nachschriften der Grund dafür, daß sie nicht namentlich aufgeführt werden, so ist ausgeschlossen, daß es sich um Hagenbachs Nachschrift handelt, denn diese ist ausgezeichnet. Auch ist Hagenbachs Kollegheft mit seinem Namen versehen und gut lesbar, so daß es von Bonnell auch nicht aus diesen Gründen ungenannt übergangen sein kann. Selbst wenn Hagenbach anonym bleiben wollte, so wäre die Verwendung der Nachschrift bei Bonnell zu erwarten. Den am meisten mit der HagenbachNachschrift übereinstimmenden Teil der Bonnell-Edition stellt die Darstellung der vierten Periode der Kirchengeschichte dar. Trotz weitgehender inhaltlicher Ubereinstimmung unterscheiden sich aber die von Bonnell hier verwendeten Nachschriften von der Hagenbach-Nachschrift stilistisch. Nimmt man zu dem Gesagten noch den Tatbestand hinzu, daß Hagenbach um die Zeit der Editionsarbeiten Bonneils bereits ein bekannter Kirchengeschichtler war, der, wenn er schon als Nachschrift-Autor ungenannt bleiben wollte, nicht auf diese Weise ungenannt übergangen werden konnte, so spricht alles dagegen, daß Bonnell Hagenbachs Nachschrift vorlag. Dies wird auch dadurch bestätigt, mit welcher Distanz sich Hagenbach selbst zur Edition Bonneils geäußert hat: »Schleiermachers Kirchengeschichte ist ein werthvolles Geschenk aus dessen literarischem Nachlasse, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, mehr eine großartige Skizze in Schleiermachers Geiste, als ein Geschichtswerk.«" 4 2.3.2 Die Zielsetzung und Verfahrensweise der Edition Bonneils Wie Bonnell in seiner Vorrede ausführt, ist es sein Ziel, ein möglichst getreues und vollständiges Bild der Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers zu geben und »nichts von seinen handschriftlichen Sammlungen unbenutzt gelassen . . . z u haben«.165 Ihm standen aus Schleiermachers Nachlaß für sein Vorhaben 39 Bogen Manuskript und eine Anzahl von Zetteln zur Verfügung. 146 Das von Bonnell
163
Ebd. S. IX.
164
Siehe Hagenbach, K. R.: Encyklopädie und Methodologie der theologischen Wissenschaften. 4. Aufl. Leipzig 1854 S. 219.
165
Siehe Bonnell, E.: Vorrede, in: SW 1,11. S. X.
166
Ebd. S. VII.
40
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
verwendete Schleiermacher-Material läßt die 39 Bogen wie folgt identifizieren: SN63: 1 Bogen; SN64: 28 Bogen; SN65: 10 Bogen. Die Zettel sind in SN66 zusammengefaßt. Ob Bonnell Schleiermachers Material zur Kirchengeschichte ergiebig ausgewertet hat, wird weiter unten untersucht.167 Die kirchengeschichtliche Einleitung, die Bonnell im Haupttext seiner Edition bietet, differiert zum Teil beträchtlich von Schleiermachers Stundenausarbeitungen für den betreffenden Teil der 1821/22-Vorlesung. Wie schon erwähnt, hat Schleiermacher die kirchengeschichtliche Einleitung von 1821/22 für die Vorlesung 1825/26 stark überarbeitet. Bonnell bietet im Haupttext seiner Edition die modifizierte Fassung, da er das Kollegheft von Braune 1825/26 als erste Grundlage seiner Edition benutzte.168 Für die Fassung von 1821/22 hat er in der Beilage Β die relevanten Stundenausarbeitungen Schleiermachers ediert.16® In der Beilage A bietet Bonnell Schleiermachers »Einleitung in das Studium der Kirchengeschichte« aus dem Jahr 1806, also das Material SN63. Bonnell stand vor dem editorischen Problem, daß Schleiermacher in seinen Aufzeichnungen manches nur angedeutet bzw. aphoristisch formuliert hat. Dies löste er dadurch, daß er, wo er solche Passagen mit der seiner Edition zugrundeliegenden Nachschrift Braunes verbinden konnte, nicht unbedingt an der Wörtlichkeit festhielt. Aber manches von Schleiermachers Aufzeichnungen ließ sich nicht mit diesem laufenden Editionstext verschmelzen. In einem solchen Fall verwies Bonnell das betreffende Material in den Apparat, gekennzeichnet durch »Schi.«.170 Bonnell hat mit Vorliebe Passagen aus den Aufzeichnungen Schleiermachers wiedergegeben, die dort als Randnoten erscheinen. Folgende Anmerkungen Bonnells sind Randnoten in Schleiermachers Aufzeichnungen: B68A(S); B82A(S); B123A(S); B158A(S); B161A(S); B180A(S); B189A(S); B213A(S); B222A(S); B246A(S); B297B(S); B343A(S); B355A(S); B359A(S); B377A(S) (2 Randnoten); B408A(S); B425A(S); B428A(S); B439A(S); B477A(S); B517A(S); B538A(S); B542A(S). Was »(Schi.)« in den Anmerkungen Bonnells bedeutet, ist nicht eindeutig. Zwar weisen die so gestalteten Anmerkungen, ζ. B. B81A(S) und B125A(S), Auslassungen in der Wiedergabe des Schleiermacher-Materials auf, aber das gilt ζ. B. auch für die normal gekennzeichnete Note B129A(S).
167
Siehe unten 3.3.
168
Siehe Bonnell, E.: Vorrede, in: SW 1,11. S. X.
169
Siehe B633ff.
170
Siehe Bonnell, E.: Vorrede, in: SW 1,11. S. VHIf.
Die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers
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Ebenso sind die im Editionstext vorkommenden Klammem uneindeutig verwendet. So ist der in Klammer gesetzte Text von B60A(S) und B71A(S) eine Einfügung Bonnells, in B83A(S) und B132A(S) stammt der Text mit Klammern aus dem Schleiermacher-Material. Die Klammern in B70A(S) um »Ep. Clem. de gratia Petri« finden sich nicht bei Schleiermacher, wohl aber der in Klammern eingeschlossene Text. In K290 ist »wie Ambrosius« bei Schleiermacher, nicht aber in dem bei Bonneil edierten Text, in Klammern gesetzt. Die Anmerkungen sind teilweise komplex aus Schleiermachers Aufzeichnungen zusammengesetzt. Als Beispiel soll hier B152A(S) angeführt werden: »Eusebius V. extr.171 und Theodoret nennen beide zusammen neue Nazoräer, und so wird wol die abweichende Meinung des Gennadius, daß Artemon behauptet habe, die Gottheit Christi habe erst mit seiner Geburt angefangen, auf einer Verwechslung beruhen. Schi.« Folgende Aufzeichnungen Schleiermachers sind hier berücksichtigt und zu einer Anmerkung zusammengearbeitet: SN65,21,18—21: »Eusebius nennt Artemon und Theodotus zusammen als neue Nazoräer auch Theodom stimmt mit ein und so wird wol die abweichende Angabe des Gennadius auf einer Verwechslung beruhen.«; K34: (teilweise) »Ite172 Periode T h e o d o t u s und Artemon, neue Nazoräer unter Victor und Zephyrin. Euseb V. Ende.«; K164: »Nach Gennadius soll Artemon behauptet haben die Gottheit Christi habe mit seiner Geburt angefangen«. Folgende Anmerkungen mit Aufzeichnungen Schleiermachers hat Bonnell zusammengesetzt:173 B101A(S) -» M. Aurel und ... billigen] SN65,5,27ff. (17. Stunde); M. Aurel. XI. ... furchtlos] K46; B117B(S) - Die ... worden] SN65,6,5ff. (17. Stunde); Von ... ν ο η τ ι κ ή K83 (teilweise); B152A(S) -» SN65,21,18ff. (24. Stunde);174 Eusebius V. extr.]175 K34 (teilweise); Gennadius ... angefangen,] K164;' 76
171
Bonnell hat hier die Stellenangabe in K34 falsch entziffert. Es ist »Eusebius V. Ende«, statt »Eusebius V. extr.« zu lesen.
172
Ite Per iode] am äußeren
173
Die Lemmata der folgenden Liste beziehen sich auf den von Bonnell edierten Text.
Rand.
174
Bonnell gibt nicht den Wortlaut wieder. Details aus dem Kollektaneenmaterial sind eingefügt.
175
extr.] Richtig zu lesen: Ende. Vgl. K34.
176
Bonnell gibt nicht den Wortlaut wieder.
42
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
B197f.A(S) -» Ueber ... Kriege.] K183; Die verschiedenen Erzählungen ... brauchte.] SN65,46,2ff. (30. Stunde); B297A(S) -» Dadurch ... übrig.] K421 (teilweise); Augustin ... andern.] K291; B300A(S) ->· K445; K445b; B300B(S) Augustin ... angehören] Κ1061; Merkwürdig ... nennt] Κ1060 (teilweise); B312A(S) -» In ... erkennen] K373; Indem ... zuschreiben] K375; B351B(S) - K463; K457 (teilweise); K460; K462; K464-466; B367A(S) -» Er ... Grammatik] K551 (teilweise); Er ... verwandeln] K552; B377B(S) -» In die Lehre ... Adams auch nicht] K600; Abendländisches ... baptismi] K601; B381A(S) -» Seine ... Dialektik.] K523 (teilweise); 793 ... Tours] K l 135 (teilweise); wo ... Leser-Schule] K549; B399A(S) ->· Auch ... opfere.] K290; Augustin ... Abendmahle] K345; B444B(S) -* Guitmund ... erste.] K701 (teilweise) ( = SN64,126,lff.); Er vergleicht ... verderben] K l 172 (teilweise) ( = SN64,197,39ff.). Bis auf einige Fehler177 hat Bonnell die zum Teil sehr schwer lesbaren Aufzeichnungen Schleiermachers allgemein gut transkribiert. Falsch gelesen ist ζ. B. in der Ausarbeitung zur 4. Stunde »Gnosis« statt »Genesis«.178 Stellen, die er nicht entziffern konnte, läßt er mitunter aus. So sind ζ. B. die beiden letzten Wörter der Ausarbeitung zur 4. Stunde »weiter trennen« von Bonnell nicht transkribiert worden.179 Das letzte Wort »trennen« ist mit Bleistift unterstrichen. Bonnell pflegt mitunter schwer zu entziffernde Wörter so im Originaltext zu markieren. Teilweise finden sich dann die Auflösungen am Rand. So bereitet ihm ζ. B. das Wort »verbreitende« im vorletzten Satz der Ausarbeitung der vierten Stunde Transkriptionsschwierigkeiten. Das Wort ist unterstrichen, ein Fragezeichen am Rand gesetzt, die Auflösung ist ebendort verzeichnet.180 Teilweise ergänzt Bonnell den Text über stilistische Angleichungen hinaus: K363 spricht davon, daß Epiphanius Bischof von Constantia war, Bonnell ergänzt in B307A(S): »auf Cypern«. Bonnell, der mit der Nachschrift von Braune die Vorlesung von 1825/26 zur Grundlage seiner Edition machte, hatte auch das Problem, daß sich manche Passagen aus der Vorlesung von 1821/22 nicht in den Zusammenhang einfügen
177
Siehe neben den hier genannten Beispielen auch die unten 3.1 verzeichneten Fehllesungen.
178
Siehe B634 ( = SN64,9,32).
179
Siehe B635 ( = SN64,10,24).
180
Vgl. SN64,10,22.
Die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers
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ließen. Auch diese Stellen verzeichnete Bonneil in Anmerkungen.181 Manchmal bietet Bonnell in einer Anmerkung sowohl Text der Vorlesung von 1821/22 als auch Schleiermacher-Material,"12 wobei er mitunter eckige Klammern als Absetzungsmerkmal gebraucht. 10 Da die Vorlesung von 1821/22 einen weiteren Zeitraum umfaßt als die von 1825/26, hatte Bonnell fiir den weiterreichenden Teil neben den entsprechenden Kollektaneen und Zetteln Schleiermachers allein Nachschriften von 1821/22 zur Verfügung.
181
Siehe Bonnell, E.: Vorrede, in: SW 1,11. S. IX.
182
Siehe ζ. B. B80A/(S); B125A/(S); B343A/(S).
183
Siehe ζ. B. B81A/(S); B93A/(S).
3 Die Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers 3.1 Die Hagenbach-Nachschrift und die bei Bonneil im Anhang edierten Stundenausarbeitungen Schleiermachers Im Anhang in der Beilage Β hat Bonneil die Stundenausarbeitungen Schleiermachers für den einleitenden Teil der Vorlesung 1821/22 ediert.184 Im folgenden Vergleich zwischen diesen Ausarbeitungen Schleiermachers und den entsprechenden Passagen der Hagenbach-Nachschrift soll die Qualität der Nachschrift in diesem wesentlichen Teil der Vorlesung nachgewiesen werden. Gerade hier zeigt sich, ob der Nachschreiber den zum Teil sehr komplexen und abstrakten Ausführungen zu folgen imstande war und sie korrekt wiedergegeben hat. Dieser Vergleich zeigt auch auf, wieweit die Stundenausarbeitungen dieses Teils der Vorlesung die Ausführungen Schleiermachers in der Vorlesung wiedergeben. Daß die Details zum großen Teil nur durch Stichworte angedeutet sind, ist aufgrund der Kürze dieser Ausarbeitungen zu erwarten. Aber man findet bei Hagenbach auch manche Ausführungen, die kein Stichwort in den Notizen Schleiermachers als Grundlage haben. Dies sind in dem hier untersuchten Einleitungsteil recht wenige Stellen, die sich als Äußerungen Schleiermachers außerhalb des Grundgerüstes seiner Vorlesung verstehen lassen, die Hagenbach mitschrieb: H173,9—10: »Aber eine Offenbarung kann nicht anders aufgenommen werden als selbst wieder offenbarend.« H180,29—31: »Darum ist die geschichtliche Auffassung des Christentums sehr schwierig, weil es so schwer ist, die Züge hervorzusuchen, woraus man sich ein Bild entwerfen kann von dem, was das wahre geschichtliche Resultat einer Zeit ist.« H187,12—21: »Die protestantische Kirche ist immer mehr in Untersuchungen eingegangen als die katholische, in der katholischen ist man immer mehr auf den Buchstaben zurückgegangen und hat mit dem Anathematisieren angefangen, und die liberalen Ansichten haben daher bei ihr nicht so viel gefruchtet, da sie hingegen im Protestantismus immer neue Tätigkeiten weckten. Fragen wir: Was
184
Siehe SW 1,11. S. 633—637.
Die Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers
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ist wahrscheinlich der Punkt, auf welchem diese Periode gegenwärtig steht?, so ist dies freilich das Ende der Geschichte, die [in] eine Ahndung des Künftigen übergehen will, aber es ist auch sofern Probe der Geschichte, als mit jeder Ansicht der Geschichte auch eine Ansicht der Gegenwart und eine Ahndung der Zukunft verbunden ist.« Umgekehrt gibt es aber auch einige in den Stundenausarbeitungen genannte Details, die in der Hagenbach-Nachschrifit nicht auftauchen. Hierzu gehört auch der bei Hagenbach fehlende Anfang der Vorlesung Schleiermachers." 5 Dieser nicht mitgeschriebene Teil der ersten Vorlesungsstunde soll hier anhand der anonymen Nachschrift aus Zürich wiedergegeben werden. Hiermit wird nicht nur der bei Hagenbach fehlende Beginn der Vorlesung geliefert, sondern es wird auch deutlich, wenn man die Qualität der sehr ausführlichen anonymen Nachschrift anhand dieser Passage überprüft, daß Hagenbach bei ähnlichem Detailumfang den von ihm gebotenen Vorlesungsstoff transparenter darbietet. Gegenüber der anonymen Nachschrift aus Zürich ist die Eyssenhardt-Nachschrift in dieser Passage weniger detailliert, aber stellenweise klarer. So wird sie an relevanten Stellen in der folgenden Edition in den Anmerkungen geboten, wobei hiermit auch eine Korrekturmöglichkeit gegeben ist. Im Anschluß an den Text der anonymen Nachschrift ist die entsprechende Passage aus den Stundenausarbeitungen wiedergegeben, daran anschließend K45, ein Vorentwurf für den Beginn der Vorlesung.184 »In der Geschichte soll 1) erklärt werden die Verbreitung des Christentums; 2) wie aus dem Leben der ersten Christen die verschiedenen Verfassungen entstanden; 3) Fortsetzung der Anwendung des christlichen Prinzips; 4) die Gestaltung des Gegensatzes zwischen Klerus und Laien; 5) die verschiedenen Formen der Reflexion über das Innere des Christentums; die allmähliche Steigerung des christlichen Kultus - die Geschichte der eigentlichen Theologie, die sich an sie angebildet hat. So erscheint das Feld unermeßlich. - Was kann der Endzweck des mündlichen Vortrages sein? An vielen Orten kranken die gelehrten Anstalten unter dem Uberfluß des mündlichen Vortrages, dieses ist besonders bei geschichtlichen Gegenständen der Fall. Bedenken wir die Menge bloß deutscher Literatur in diesem Fache und die verschiedenen Ansichten, so sollte man denken, ein vergleichendes Studium dieser Werke mit Rücksicht auf die Quellen müßte fruchtbarer sein als das Anhören zusammenhängender Vorträge, die doch
185
Siehe oben S. 35.
186
Es wird hier auf einen textkritischen Apparat verzichtet. Die Abbreviaturen sind, wo eindeutig, stillschweigend aufgelöst, die Interpunktion und Orthographie modernisiert.
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Schleiermacher als Kirchengeschichtler
bloß etwas Neues von der Art geben können, wie schon vorhanden ist. - Was kann der einzelne da zu leisten glauben? Andere Ansicht über einzelne Facta, bessere Methode des Vortrages. Das erste scheint besser einzeln gegeben zu werden, das letzte ebenfalls. So scheinen mir die Vortrage mehr für den Lehrer, der seine Ansicht dadurch immer mehr ausbildet. Auf 8 7 der anderen Seite haben wir zweitens reiche Mittel des Studiums, aber wir stoßen hier auf einen anderen Zweck des mündlichen Vortrages, eine Anleitung zum historischen Selbststudium zu geben. Was gehört dazu? Ich denke mir einen Anfänger und anfangenden Theologen überhaupt. Das vorbereitende Studium gibt ihm einen Überblick der verschiedenen Formen, wie das Christentum jetzt ist. Jeder"® Schriftsteller ist auf eine gewisse Weise einseitig, entweder um seiner eigentümlichen Ansicht willen und seiner Betrachtung der Quellen wegen. Soll das Selbststudium gedeihen, so muß man, so wenig als möglich selbst einseitig, seine und die Einseitigkeit des Schriftstellers in seinen Vorteil verwandeln. Hier kann im mündlichen Vortrag viel geleistet werden und mit mehr Lebendigkeit und Freiheit als in einem kritischen Werke. Schon um des ungebundenen Vortrages willen kann man die nötigen einzelnen Punkte mehr herausheben. Allein aus bloß darstellenden Werken kann man nicht studieren: man muß wissen wie es bei der Auffassung geschichtlicher Wahrheit zugeht, und zu diesem Zwecke muß man auf die Quellen zurückgehen - sonst bildet sich keine eigene geschichtliche Ansicht. Auch hier kann der mündliche Vortrag viel leisten - aber schwerlich in eigentlichen Vorlesungen, sondern in engeren Kreisen auf praktische Weise. Was ich zu tun denke, ist nicht das letztere; allein189 auch nicht das erste, sonst hätte ich die Vorlesung anders angekündigt. Ich will also doch auch im mündlichen Vortrag wirklich darstellen, aber nicht ins einzelne gehend, vollständig, wozu mehr Zeit gehört und welches der Zustand unserer Literatur nicht fordert. Indes sind noch andere Punkte. Obgleich so viele Darstellungen vorhanden sind, so bleibt dem, welcher nicht eine durchgehende neue Darstellung geben will, nichts übrig, als sich auf einen Standpunkt zu stellen, manches zu ergänzen, was
187
Die Eyssenhardt-Nachschrift S. 1 gibt diese Stelle des Vortrages Schleiermachers so wieder: »Die Mittel zu einem fruchtbaren Studium sind uns reichlich gegeben, allein ein solches kann nicht ohne eine Anleitung angenommen werden, hier stoßen wir dann auf einen ganz anderen Zweck der mündlichen Vorträge.«
188
Die Eyssenhardt-Nachschrift S. 1 f. gibt die folgende Passage des Vortrages Schleiermachers so wieder: »Jeder Geschichtsschreiber ist auf irgend eine Weise einseitig, der eine mehr, der andere weniger, und wenn daher das Selbststudium gelingen soll, so muß man eine Kritik der Schriftsteller anwenden, welche eben lebendiger und freier in einem mündlichen Vortrage gegeben werden kann.«
189
Die Eyssenhardt-Nachschrift S. 2 gibt diese Stelle des Vortrages Schleiermachers so wieder: »Was wir nun in diesen Vorlesungen zu tun gedenken, ist weder das eine noch das andere«.
Die Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers
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in den gedruckten Darstellungen fehlt und im übrigen auf sie zurückzuverweisen. Was sind diese zu ergänzenden Punkte? In keinem geschichtlichen Werke herrscht völlige Gleichmäßigkeit der Darstellung, schon dieses gehört zu der unvermeidlichen natürlichen Einseitigkeit. Je19® nach dem Standpunkt erscheint das eine lang und breit, das andere verkürzt - und wer ohne Perspektive zu sehen meint, faßt gar nichts lebendig auf. Ein anderer kann die Punkte, die am meisten in der Verkürzung liegen, ausführen: das charakterisiert am besten die verschiedenen Perioden der Behandlung der Kirchengeschichte. Nach" 1 gewissen Dingen fragt man vergeblich bei den Alten, nach anderen bei den neueren. Die" 2 geschichtliche Darstellung ist eine Kunst und hat auch bei kleinen Stücken ihre Schwierigkeit wegen der Isolierung. Bei der großen Darstellung erschwert die BehandlungÇ?) das verschiedene Ineinandergreifen. Hier besonders ist viel zu ergänzen. Eine Darstellung einzelner bis jetzt mangelhaft behandelter Punkte hätte daher großes Verdienst, allein dieses wird besser der schriftlichen Mitteilung überlassen. Auch dieses ist also nicht eigentlich der Zweck meiner Vorlesungen.« SN64,6,16—26 (=B633) (1. Stunde) »Rechtfertigung über die Kürze. Allgemeine Darstellung der Dogmengesch/cftie und Kirchengesch/cAfe leztere mit einschließend Sittengeschichte und theologische Geschichte. Die Rechtfertigung beruht auf der Tendenz des mündliehen Unterrichts. Ist er ein künftiges umfassendes Werk so ist er mehr für die Lehrer als Schüler. Kritik der Behandlungsweise und der Quellen, Anleitung zur Methode der Untersuchung, Reihe von Musterdarstellungen ist auch nicht das was ich will - Supplemente der gegebenen allgemeinen Darstellung: Hervorheben des Verbürgten ist auch nicht mein Zwek«. K45" 3 »Einleitung19* Es giebt judaisirende Antichristen welche dûs Christenthum nur als Fortsezung des Judenthums ansehn. Es giebt auch atheisirende,
190
Die Eyssenhardt-Nachschrift S. 2 gibt diese Stelle des Vortrages Schleiermachers so wieder: »Denn jede geschichtliche Darstellung enthält immer nur eine ganz synklinische Einsicht.«
191
Die Eyssenhardt-Nachschrift S. 2 gibt diese Stelle des Vortrages Schleiermachers so wieder: »Eine Menge von Gegenständen sucht man vergebens in den alten Darstellungen, die in den neueren möglichst nachgeholt sind.«
192
Die Eyssenhardt-Nachschrift S. 2f. gibt diese Stelle des Vortrages Schleiermachers so wieder: »Femer ist die geschichtliche Darstellung eine Kunst, die um so schwerer ist, j e größer der Gegenstand ist. Hier ist es das gewaltige Lernen, Begreifen des Geschiedenen und Gespaltenen, was die Darstellung so sehr erschwert.«
193
=SN64,5f.
194
Einle/rung] am äußeren
Rand.
48
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
welche alle höheren Vorstellungen von Chrá/o aus dem Polytheismus ableiteten" 5 E i n l e i t u n g . Ueber den Umfang - Natürliche Beschränkung auf die innere Seite, dai heißt dös Verhältnis der handelnden Kräfte. - Was eigentlich im mündlichen Geschichtsvortrag geleistet werden kann eine Methode der Untersuchung 1. Prinzip der Kritik: diese läuft mit der neuen Darstellung zusammen194 Reihe von einzelnen Musterdarstellungen: schwer so zu trennen - 2. Übersicht der handelnden Kräfte. Gegen die Entstehung aus falschen Motiven. - Alles im Menschen wirkt allerdings mit«. Auch die folgende Passage aus den hier untersuchten Stundenausarbeitungen Schleiermachers findet in der Hagenbach-Nachschrift keine Entsprechung: SN64,12,12—15 (=B635) (5. Stunde): »Die Nationalität ist ein so großes Motiv, daR natürlich daher auch die größten Differenzen in der kirchlichen Entwiklung entstehn, und man sich bei der Uebersicht der Geschichte daran vorzüglich halten muß.« Weitere Beispiele nicht aufgenommener Stichworte sind bei dem folgenden Vergleich zwischen Hagenbachs Nachschrift und Schleiermachers Stundenausarbeitungen nachgewiesen, der den ganzen Einleitungsteil der Kirchengeschichtsvorlesung einbezieht. Daß hier nur wenige Stellen aufgeführt werden können, spricht für die Genauigkeit der Nachschrift. Es ist auch möglich, daß manche Details von Schleiermacher bei den Stundenausarbeitungen notiert wurden, die er gar nicht vorgetragen hat.1®7 H l 7 1 »Es gibt zwei Funktionen der geschichtlichen Darstellung, welche sich einander wesentlich durchdringen müssen, die eine mehr die äußere, die andre mehr die innere. Die Darstellung der Tatsachen als solcher für sich ist die äußere Darstellung, die Darstellung der handelnden Kräfte ist die innere Seite, und eine vollkommene Darstellung ist nur da, wo sich beide durchdringen. Das ist das Ideal geschichtlicher Darstellung. Denken wir uns diese Funktionen in einer Trennung, so daß die eine vor der anderen hervortritt, so bringt uns dies an die Grenze der eigentlichen Geschichte. Bloße Darstellung der äußeren Tatsachen, ohne daß man das Innere durchschaue, ist C h r o n i k im schlechtesten Sinne des
195
Die Note ist bis hierhin mit vertikalem Strich durchgestrichen (Abhandlungsvermerk).
196
Es folgt
197
Wenn bei dem folgenden Vergleich eine Stelle nicht ausführlich zitiert wird, werden mit der Stellenangabe das Anfangs- und Endwort des Zitats wiedergegeben. Zur Orientierungserleichterung sind dann zusätzlich inhaltliche Stichpunkte in spitzen Klammern beigefügt. Dem Vergleich sind, wo angebracht, auswertende oder charakterisierende Bemerkungen beigefügt.
.
Die Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers
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Worts, ihr höchstes Verdienst kann sein historische Wahrheit. Denken wir uns die andre Seite getrennt, so müßte sie ein spekulatives Fundament haben. Wir haben etwas ganz Analoges auf dem Gebiet der Natur unter dem Namen der spekulativen Naturwissenschaft. Eine jede wirkliche Geschichte muß aus beiden Funktionen zusammengesetzt sein. Wenn wir die Kirchengeschichte betrachten, wie sie bis jetzt behandelt worden, so finden wir das Übergewicht auf der Seite der chronikartigen Darstellung, und die, welche auf das Innere sehn, sind meist solche, denen das Wesen des Christentums fremd ist, und welche die Kirchengeschichte auf eine unchristliche, ja sogar auf antichristliche Weise darstellen.« SN64,6,27—29 (=B633) (1. Stunde) »Hervorheben des verbürgten ist auch nicht mein Zwek, sondern Hervorhebung der inneren Seite, Darstellung der handelnden Kräfte.1®8 Versäumt und wo, da unchristWc/i od er antichrist/;«:/!.« H171f. »Eine Ansicht, die nur das allgemein Menschliche billigt, und alles tadelt, was eigentümlich christlich ist, muß offenbar antichristisch sein. Die geschichtliche Ansicht des Christentums hängt aufs genaueste mit dem Glauben eines jeden zusammen. Es gibt so viele Geschichten, als es Lebensansichten gibt; in der politischen Geschichte läßt sich dies mehr modifizieren als in der Kirchengeschichte. Von einem Gegner des Christentums läßt sich unmöglich eine wahre Geschichte desselben denken. Aber auch innerhalb des Christentums sind die Differenzen so groß, daß man schwerlich eine Geschichte erwarten dürfte, die nicht eine Tinctur davon annähme. Einer der außerhalb des Christentums steht, kann dessen Geschichte nicht darstellen. Entweder gehört er keiner religiösen Gemeinschaft an oder einer anderen, die mit dem Christentum nichts gemein hat. Im ersteren Fall muß sein Gefühl abgestumpft sein, im letzteren geht ihm die Kenntnis des Individuellen ab. - Man sagt auch, man könnte den entgegengesetzten Weg gehen und sich den Glauben bilden durch die Geschichte. Aber dies geht auch nicht. Man wird bald fühlen, daß, indem man sich eine solche geschichtliche Ansicht bilden will, immer schon vorhergeht ein Gefühl der Sympathie oder Antipathie; schon das Betrachtenwollen ist ein Akt des Willens. Das Resultat ist, daß wir eine vollkommene Geschichte des Christentums nicht zu erwarten haben, als bis die Gegensätze im Christentum und der Gegensatz des Christentums mit dem, was außer ihm steht, wird abgestumpft sein. Das ist aber ein rein idealer Zustand. Die Geschichte bleibt immer im Werden, und jede geschichtliche Ansicht und Darstellung muß von den noch nicht aufgegangenen Gegensätzen etwas an sich tragen.«
198
Kräfte. Versäumt] B633 falsch: »Kräfte versäumt«.
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Schleiermacher als Kirchengeschichtler
SN64,7,30—8,5 (=B633) (2. Stunde) »Unchristlieh weil irreligiös ist wenn alles große in Dogmen- und Verfassungsbildung als Corruption dargestellt wird; antichristlich ist wenn man als dûs Gute, woran das Böse ist nur dös allgemeine" 9 Moral und Menschenliebe gelten läßt; denn das war schon unterweges ohne Chmtera. - Man sieht daraus die Abhängigkeit der geschiehtliehen Ansicht vom eignen Glauben. Dieser entgeht auch der nicht welcher sich den Glauben erst aus der geschichtlichen Ansicht bilden will, denn Sympathie und Antipathie wirken doch auf ihn. Also werden wir eine wahre Geschichte nur haben wenn das Christenthum keinen äußeren und inneren Kampf mehr hat.« Die Ausführungen von Schleiermacher und Hagenbach bieten zum Teil verschiedene Details zum Thema der unchristlichen Kirchengeschichtsschreibung. Doch sind Hagenbachs Notizen so gehalten, daß man davon ausgehen kann, daß hier die Entfaltung der Thematik in Schleiermachers Vortrag selektiv festgehalten ist. H172f. »Wenn jeder Geschichtsschreiber damit anfinge, sein Glaubensbekenntnis abzulegen, so wäre es leichter, sein Werk mit Nutzen zu gebrauchen. Am leichtesten findet man das Glaubensbekenntnis der Leidenschaftlichen, nicht so leicht das der Besonnenen durch die Darstellung durchschimmern. >Das C h r i s t e n t u m f ä n g t mit C h r i s t o an< ist der Satz, wovon wir ausgehen. Es gibt viele, die dies auf eine jüdische, viele, die es auf eine heidnische Weise leugnen. Viele sehn das Christentum an als eine Verbesserung des Judentums, alles andre dabei sei zufällig; andre hingegen sehn das Judaisierende im Christentum als zufällig an, und Christus wäre in Parallel zu stellen mit den Ausgezeichneten aller Völker. Das Christentum aber ist eine Entwicklung desjenigen, was eigentümlich und allein in Christo war, was er natürlich auf das Judentum beziehen mußte und was später auf andre vorhandene Religionsformen bezogen werden mußte. Das Beharrliche ist ursprünglich von Christo ausgegangen. Dies ist der permanente Faktor, das andre nur die Koeffizienten, durch Ort und Zeit bestimmt. In diesem Isolieren Christi liegt, daß in Christo eine neue Offenbarung anzunehmen ist. Dies kann aber unter sehr verschiedenen Formen gedacht werden, ohne daß dadurch das Prinzip des Christentums verlorenginge. Die Offenbarung, welche in Christo war, soll ein Eigentum des ganzen menschlichen Geschlechts werden. Der Trieb, dieses festzuhalten und mitzuteilen, ist die beständige Grundbasis in der christlichen Geschichte, und wer diesen Trieb als eine bloße Nebensache behandelt und Christum als bloßen Privatmann ansieht, muß auf Abwege geraten.«
199
allgemeine Moral und Menschenliebe] B633 falsch: leben«.
»allgemein moralische im Menschen-
Die Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers
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SN64,8,5—18 (=B633f.) (2. Stunde) »Mein Glaubensbekenntnis ist: daß das Christenthum mit Christo anfängt; keine Fortsezung des Judenthums kein gleichstehendes mit heidnischen Anfängen. Daraus folgt daß eine neue Offenbarung also göttliches in Christo war; in vielerlei Formen zu denken, auch kann einer es vom menschlichen nicht spezifisch trennen, wenn er nur das Maximum, die Bestimmung zu einer urspriingZ/cften Wirksamkeit auf das ganze menschWcÄe Geschlecht annimmt. Denkt man sich Chráíura als einen bloßen Privatmann mit engen Absichten so entsteht die unchristliche Ansicht. Hauptagens also ist das Bestreben das Göttliche in Christo sich anzueignen und es auf andre zu verbreiten. Dies die constante Größe, alles andere die Coefficienten.« Hier zeigt sich, wie Schleiermachers kurze Notizen seinem entfalteten Vortrag entsprechen. Der mittlere Passus »auch kann einer es vom menschlichen nicht spezifisch trennen, wenn er nur das Maximum, die Bestimmung zu einer urspriing/idzen Wirksamkeit auf das ganze mensch/jcÄe Geschlecht annimmt« erfährt durch Hagenbachs Rezeption eine Klärung. H173,10—175,9 »Der ... prädominieren.« SN64,8,23—9,2 (=B634) 2M (3. Stunde) »Gegenwirkungen der beiden Hauptfunctionen ... Gleichgewicht der beiden Hauptrichtungen« H175 »Wir können uns nur das christliche Prinzip tätig denken als vermittels der Tätigkeit der Funktionen der menschlichen Seele, durch welche sie sich das Christentum aneignen kann. Diese stehn immer schon auf einer gewissen Stufe der Entwicklung. Dadurch muß eine große Differenz in der Erscheinung und Wirkungsart entstehen. Es sind vorzüglich 2 Arten. - Das Hineinarbeiten der göttlichen Offenbarung in die Seele ist die Vervollständigung des Bewußtseins, und das Organ dazu ist eben die zweifache Form des Bewußtseins: das Gefiihl als das unmittelbare Selbstbewußtsein und die Spekulation als die absolute Anschauung. Das Christentum ist nirgends hingekommen, wo es nicht dieses schon gefunden hätte. Freilich wenn es zu noch ganz ungebildeten Menschen kam, kann man es ansehen, als ob diese Organe erst durch das Christentum erweckt wurden, aber wo es zu Menschen kam, in denen das Leben schon entfaltet war, da mußte es sich in die Formen hineingestalten, welche Gefiihl und Spekulation schon angenommen hatten. Dadurch entsteht wieder eine mannigfaltige Differenz, aber solange noch nicht das Bewußtsein von der Notwendigkeit
200
In der Bonnell-Edition sind dies auf der angegebenen Seite die beiden ersten Abschnitte der dritten Stunde.
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Schleiermacher als Kirchengeschichtler
dieser Unterschiede klar ist, so ist es natürlich, daß der eine den anderen für unchristlich hält, wenn sein Christentum eine andre Form hat.« SN64,9,3—8 (=B634) (3. Stunde) »Anderes aus der Verbindung des christ liehen Prinzips mit den menschlichen Functionen, die ihm zu Organen dienen. Der intensiven Richtung das Gefühl und die Speculation. Daraus Mannigfaltigkeit der Sitte und der Vorstellungsweise. Gegenseitiges Mißverstehen des differenten; aber auch unbewußte Vermischung des unchristlichen mit dem christlichen.« Gerade an dieser Stelle zeigt sich einerseits, wie gut Hagenbach dem Gedanken Schleiermachers folgt, den er transparent formuliert, andererseits, daß Schleiermachers Notizen mitunter die Explikation im Vortrag brauchen, wollen sie wirklich verstanden werden. Es finden sich hier Notizen, die nur dem etwas sagen, der das sich dahinter verbergende Gedankensystem schon kennt. Dieser platonische Charakter, der auf Erinnerung des eigentlich Bekannten ausgeht, prägt Schleiermachers Verschriftungen auch an anderen Stellen seines Werkes, wo die explizierenden Erläuterungen fehlen. 201 H175,28-176,15 » A u f . . . will.« SN64,9,25—10,4 (=B634) 202 (4. Stunde) »Durch die organische Verbindung ... Data berücksichtigen muß.« H176f. »Wie das christliche Prinzip der Spekulation zum Organ bedarf, ebenso bedarf es auch des sittlichen Gefühls als seines Organs, inwiefern es sich in der geschichtlichen Erscheinung des Menschen in seinem Tun und Lassen manifestieren will. Die Religion erzeugt [nicht] das Spekulieren, sondern findet es schon vor. Schwerer wird man zugeben, daß das religiöse Prinzip auch schon das sittliche Gefühl vorfinde und dasselbe nicht erzeuge. Man muß hier aber betrachten: 1. die große Mannigfaltigkeit der Sitten in dem Zusammenleben der verschiedenen Menschen, welche in der christlichen Kirche stattgefunden haben, und zwar ohne daß ein bestimmter Zusammenhang stattfand. Dies ist rein zu verstehen aus der Verschiedenheit des Sittlichen. Daraus scheint hervorzugehen,
201
So taucht in Schleiermachers »Kurzer Darstellung«, wo die Explikationen der Leitsätze in der ersten Auflage ganz fehlen, bzw. in der zweiten Auflage sehr rar gehalten sind, an mehreren Stellen ein gravierendes Verständnisproblem auf. Die außergewöhnliche Bedeutung, die Nachschriften gerade in solchen Fällen haben, hat Peiter anhand der DavidFriedrich-Strauß-Nachschrift zur Theologischen Enzyklopädievorlesung 1831/32, die von W. Sachs ediert wurde, gezeigt. Siehe hierzu: Peiter, H.: Heterodoxe Bemerkungen zur Befreiung Schleiermachers aus seiner liberalen Wirkungsgeschichte (Oder: Der Nutzen der Hörernachschriften für die Schleiermacherinterpretation). In: Schleiermacher und die wissenschaftliche Kultur des Christentums. Berlin 1991. S. 247—263.
202
In der Bonnell-Edition ist dies auf der angegebenen Seite der letzte Abschnitt.
Die Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers
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daß man die sittlichen Differenzen nicht ansehen kann als entstanden aus dem religiösen Prinzip selbst. Sie müssen also einen Grund haben außer dem religiösen Prinzip, und das religiöse Prinzip kann sich mit den Sitten verbinden, sie mögen nun so oder so gestaltet sein; und diese Verbindung kann nur die sein, daß es das Organ ist, auf welchem sich das religiöse Prinzip auf dem praktischen Gebiete äußert. 2. das Christentum, wo es hingekommen ist, hat die sittlichen Verhältnisse schon vorgefunden und ist an und für sich kein Prinzip der Umgestaltung gewesen. Es hat lang hinein in die Gemüter gearbeitet, ehe es sittlich herausgetreten ist. Das religiöse Prinzip kann also tätig sein, ohne unmittelbar auf das Sittliche zu wirken. Da nun aber beide auch nicht können streng auseinandergehalten werden, so muß man das Verhältnis als eine organische Vereinigung ansehen. Wir können die Erscheinungen in diesem Gebiet parallelisieren mit denen auf dem Gebiet der Spekulation. Indem sich die Menschen eins fühlen in ihren religiösen Prinzipien, aber sehr different in ihren sittlichen Arten sich zu äußern, so gerät dies in Streit miteinander, und die Differenz des Gefühls erhält die Oberhand, und daraus entsteht ein ebenso falsches Ausschließen von der praktischen Seite wie auf dem Gebiete der Dogmen von der theoretischen. Das religiöse Bewußtsein verhält sich zum Bedürfnis des Selbstverständnisses und [der] Reflexion wie jedes Verhältnis der Darstellung und Tat. Wir können es daher nur als eine große Einseitigkeit ansehen, wenn wir finden eine große Neigung, große Differenzen auf dem dogmatischen Gebiet aufzusuchen mit Hintansetzung des Moralischen und umgekehrt. An und für sich müssen wir sagen: Jede Art und Weise, das gesell/ge sittliche Leben zu behandeln, ist ein Ausdruck der menschlichen Natur, und nur der Mangel des Sittlichen kann auf einen Mangel des Religiösen zurückweisen; aber auf der anderen Seite kann auch in den einzelnen Gestaltungen der sittlichen Denkweise etwas sein, das im Widerspruch steht mit dem christlichen Prinzip, und insofern kann es auch hier etwas Unchristliches geben, welches auf bewußtlose Weise in die sittlichen Äußerungen des Christentums aufgenommen ward. Hier haben wir wieder dieselben Differenzen zu beobachten, und das geschichtliche Verfahren muß auch hier denselben milden Charakter haben.« SN64,10,5—12 (=B635) (4. Stunde) »Ein paralleler Coefficient ist ckzs sittliche Gefühl. Es ist auch Organ, welches das christliche Prinzip schon findet Unbewußt unchristliches kann auch darin sein und abweichendes kann für unchristlich gehalten werden; Daher die praktischen Häresien. Wenn diese beiden nicht parallel gehn, so ist das eine einzelne Zeiten und Gegenden charakterisirende Einseitigkeit«. Das Vorfinden des Sittlichen vom christlichen Prinzip wird im Vortrag von Schleiermacher in der Problematik und den Konsequenzen bedacht und in
54
Schleiennacher als Kirchengeschichtler
seinem Verhältnis zum Religiösen bestimmt. Uneindeutig in Schleiermachers Notiz ist, worauf sich »diese beiden« bezieht. Nach Hagenbachs Ausführungen ist das dogmatische und sittliche Gebiet gemeint. H177,31-178,20 »Bisher ... an.« SN64,10,13-24 (=B635) 203 (4. Stunde) »Beides Speculation und Gefühl ... zwischen den Völkern weiter trennen.«204 < Rolle der Nationalität> H178,21—180,28 »Unstreitig ... Verkehrten.« SN64,12,16-12,42 (=B635) 205 (5. Stunde) »Der h eilige Geist ... von denen der Impuls ausgeht« < Verhältnis von Individuum und Gemeingeist; Bedeutung des Einzelnen und der Masse > H180,32—183,11 »Wenn ... charakterisieren.« SN64,13 (=B636) 2M ( 6 . - 8 . Stunde) »Was charakteristisch ist ... lehrt eine kurze Charakteristik.« < Auswahlprinzip des kirchengeschichtlichen Stoffes; Kriterien der Einteilung des Stoffes und dessen Periodisierung > Hl83 »Erste Periode: Von der Stiftung der christlichen Kirche bis auf Konstantins Übertritt. Es ist die Zeit, wo das Christentum in der Verfolgung wuchs und sich ausbreitete. Diese äußere Verfolgung hängt zusammen mit dem inneren Streit, den die Apologeten des Christentums geführt haben im Gegensatz gegen das Judentum auf der einen Seite und gegen das Heidentum auf der anderen. Das Vermischen mit Juden- und Heidentum kommt in späteren Perioden nicht vor.« SN64,14,1—5 (=B636) ( 6 . - 8 . Stunde) »Erste P e r i o d e : Inneilich kommt das Christenthum zum Bewußtsein seines Gegensazes gegen Judenthw/n und Heidenthum und überwindet ihn denn solche Grenzausweichungen kommen später nicht mehr vor, eben so der äußere Gegensaz. Verfolgung und Exegeten207 gehören zusammen.« Hl84 »In der ersten Hälfte dieser Periode ist das Wesentliche des Christentums verändert worden. Wir finden 2 Formen, die der Schriftauslegung und die des freien Räsonnements über den Zusammenhang der einzelnen Lehren, d. h. die strenge Dogmatik. Diese Reflexion des Christentums fing an über das Wesentliche des Christentums, über den Glauben an Christus als Erlöser. Wir finden
203
In der Bonnell-Edition ist dies auf der angegebenen Seite der zweite Abschnitt.
204
Die beiden letzten Wörter der Stundenausarbeitung der 4. Stunde »weiter trennen« sind von Bonnell nicht transkribiert worden.
205
In der Bonnell-Edition ist dies auf der angegebenen Seite der letzte Abschnitt.
206
In der Bonnell-Edition sind dies die ersten beiden Abschnitte der angegebenen Seite.
207
Exegeten] B636: »Apologeten«. Dies ist eine unnötige Konjektur
Bonnelb.
Die Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers
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aber schon hier Differenzen. Das Nachdenken nahm auch seine Richtung auf das Verhältnis des Einzelnen zum Gemeingeist der Kirche, und in diese beiden Hauptgegenstände kann man sich den ganzen Verlauf der Dogmenbildung in diesem Zeitraum zusammenfassen. Die Verbreitung nach außen hat einen wesentlich anderen Charakter, sie ist mehr ein Angezogenwerden ganzer Massen an das Christentum als ein absichtliches Bestreben. Als das römische Reich durch seine Teilung zerfiel, wandte sich das Christentum an die Völker, die das römische Reich stürzten. Die rohen Massen waren noch nicht fähig, das Christentum mit Bewußtsein zu erfassen, sondern es wurde ihnen nur das Innerste und Äußerste gegeben. Von dem innersten Mittelpunkt aus ging die immer größere Läuterung aus, und das Unreine und Trübe wurde immer mehr nach den Grenzen verwiesen.« SN64,14,6—9 (=B636f.) ( 6 . - 8 . Stunde) » Z w e i t e P e r i o d e Positive Richtung nach innerer Dogmenbildung concentrirt in Lehre von Christo und von der Gnade. Positive Richtung nach äußerer Bekehrung der fränk/scÄen und barbarischen Völker. Gestaltung208 nach innen«. H183f. »Am Ende dieses Abschnitts hat sich das Christentum völlig fixiert. Die Philosophie und Literatur der Alten war ein dem Christentum fremdes Element, die wenigen Spuren im Neuen Testament sind nur Anfänge. Die ersten Anfänge einer Spekulation über das Christentum finden wir im Gnostizismus, später im Manichäismus. Zweite Periode: Von Constantins Übertritt bis auf Karl den Großen. Indem die Verfolgung aufhörte, konnte sich das Christentum auf eine positive Weise nach außen und nach innen wenden. In diesen Zeitraum fällt die ganze Dogmenbildung.« SN64,14,10—16 (=B637) »Schon angefangene Schule. Eingang hellenücAer Gelehrsamkeit weiter angewendet durch Kirchenväter. (...)2I>9 Daher auch Form der Dogmenbildung auf Concilien Das haeretische ausgeschieden in die Grenzvölker. « Die Mitschrift Hagenbachs zur Thematik der griechischen Gelehrsamkeit, der Häresien und der Dogmenbildung ergänzt Schleiermachers Notizen, da sie mitunter die breiteren Ausführungen Schleiermachers zu seinen Notizen wiedergibt, aber Hagenbach hat hier offensichtlich nur bruchstückhaft mitgeschrieben, da Schleiermacher z. B. zur Dogmenbildung mehr Details liefert als Hagenbach.
208
Völker. Gestaltung] B636falsch:
209
Der hier herausgenommene Satz wird weiter unten mit der Hagenbach-Nachschrift verglichen.
»Völkergestaltung«.
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Schleiermacher als Kirchengeschichtler
H184 »Die Entscheidung auf den Kirchenversammlungen dieser Periode ist ein Zeichen davon, wie sich das Christentum damals gebildet hatte. Es war natürlich, daß eine Spannung entstand zwischen Klerus und Laien. Die hervorragenden Punkte waren es teils aus einer politischen, teils aus einer rein christlichen Rücksicht. - So findet man das früheste päpstliche Ansehen der Bischöfe in den größten Städten, in Rom und Konstantinopel, und andererseits in den ältesten christlichen Gemeinden, Jerusalem, Alexandrien, Antiochien, woraus man sieht, wie die politische Begründung des Christentums im römischen Reich mitwirkt. Dies rührt nicht aus rein inneren Motiven her.« SN64,14,12—14 (=B637) »Wachsende Aristokratie durch Uebergewicht an wissenschafilicher(l) Autorität Jerusalem, Antiochien, Alexandrien; durch politische also aus falschem Motiv, Rom und Constant/nope/«. Auch dieser Passus der Stundenausarbeitung zeigt deutlich, daß Schleiermacher sich stellenweise allein Stichworte des Vortrages notierte, deren Bedeutung erst die Mitschrift deutlich werden läßt. H185 »In der zweiten Hälfte sehen wir einen Stillstand in Entwicklung der Lehre eintreten; es tritt mehr ein Rekapitulation des schon Gesagten. Es wurde ein größerer Wert auf das Äußere gelegt und der christliche Sinn festgehalten an dem Reiz äußerer Gebräuche. In dem Maß dies entstand, wurde auch der Verfall des Christentums beschleunigt, und wir sehn am Ende dieser Periode ein Zurücksinken, wovon der Grund ursprünglich mitliegt in der nicht ganz reinen Richtung, welche das Christentum seit Anfang dieser Periode genommen hatte. Dabei nahm die Trennung zwischen der abendländischen und morgenländischen Kirche immer mehr zu und wurde anfangs unsrer 3ten Periode vollendet. Eine andre politische Bewegung ist der Einbruch der mohammedanischen Völker, wodurch ein Teil der römischen Kirche außerhalb des römischen Gebiets fiel und in den Zustand des politischen Gedrücktseins zurückfiel. Die Zeit Karls des Großen steckte diesem Übel Grenzen, und dadurch erhielt eben das Christentum seinen festen Haltungspunkt im Abendland.« H183 »Eine geschickte Apologetik konnte nicht umhin, auch in die Spekulation der Zeit einzudringen, und die war an verschiedene Sprachgebiete geknüpft, von denen besonders das g r i e c h i s c h e und l a t e i n i s c h e sich hervortat. Diese Bilinguität legte schon den Keim zur späteren Trennung.« SN64,14,17—22 ( = B637) »Beide Richtungen verfallen wieder. Muhameda/zer gefährden die äußere Sicherheit in Osten und Westen. DogmariicAe Beschäftigung war bloße Repetition. Herrschaft der Gebräuche, um dûs Christenthum
Die Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers
57
unter den jungen Völkern fest zu stellen, Bilinguität,210 Anfang und zunehmende Trennung des Morgenlandes.« Da das Stichwort »Bilinguität« bei Hagenbach an anderer Stelle ausgeführt ist,211 sind hier zwei Stellen der Hagenbach-Nachschrift zu der Passage aus den Stundenausarbeitungen angeführt. Uberhaupt zeigt diese Stelle, daß die Reihenfolge der Stundenausarbeitung nicht immer dem Duktus des Vortrages entspricht. H185,17—186,16 » D r i t t e P e r i o d e ... Apathie.« SN64,14,24-39 (=B637) 212 ( 6 . - 8 . Stunde) » D r i t t e P e r i o d e ... gänzliche Unbeweglichkeit.« < Charakteristik 3. Periode > H186f. »Die Verschiedenheit der Sprachen erforderte mehr Äußerlichkeiten im Kultus. Daher entstand in den meisten abendländischen Gegenden ein Bedürfnis zur Besserung der Kirche, besonders unter den Germanen und Slawen, was seinen Grund hat in der mehr spekulativen Richtung der Germanen und der Differenz der Sprache. Vierte Periode: Von der Reformation bis auf unsere Zeit. Als vorzügliche Tendenz dieser Periode müssen wir ansehen, ein lebendiges Verhältnis zwischen Klerus und Volk herzustellen und alle politische Tendenz des Christentums womöglich aufzuheben. Dazu war eine Fordernis die erneuerte Bekanntschaft mit dem Altertum. Die Tendenz des Protestantismus ist immer mehr darauf gegangen, eine mehr demokratische Form der Kirche mitzuteilen und allen falschen Tendenzen, die durch die monarchische und aristokratische Verfassung entstanden waren, aufs kräftigste entgegenzuarbeiten durch eine möglichst allgemeine Kenntnis der heiligen Schrift, wodurch ein geschichtliches Bewußtsein unter dem Volk verbreitet wird, Rom entgegenzuarbeiten. Nun waren hiermit aber auch Unvollkommenheiten verbunden, die nicht abzusondern waren: einmal die Unterordnung der Kirche unter den Staat; zweitens, da nur in einzelnen Teilen eine eigne Organisation entstand und die Einheit der abendländischen Kirche zertrümmert ward, so entstand daraus eine zu große Geringschätzung gegen die organisierte äußere Einheit der Kirche und eine Neigung zum Zerfallen um jeder kleinen Differenz willen, daher die vielen Sekten in der protestantischen Kirche. Dabei liegt aber das Gute in der Freiheit der Gestaltung der religiösen Vorstellung und in dem eigentümlichen Gefühl eines jeden.«
210
Bilinguität] wird von Bonnell wegen Transkriptionsschwierigkeiten, worauf das Unterstreichen und das Fragezeichen am Rand in Schleiermachers Manuskript deuten, ohne Hinweis ausgelassen.
211
Die Eyssenhardt-Nachschrift hat die Passage ebenfalls in demselben Zusammenhang wie Hagenbach.
212
In der Bonnell-Edition ist dies auf der angegebenen Seite der zweite Abschnitt.
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Schleiermacher als Kirchengeschichtler
SN64,14,40—15,10 (=B637) ( 6 . - 8 . Stunde) » V i e r t e P e r i o d e . Reform mit bedingt durch die Aussicht mit neuen Mitteln die Gegenwart an das Urchristenthum zu binden. Verbreitung der Schrifitkenntniß unter dös Volk war zugleich ein die Trennung zwischen Volk und Schule minderndes Verpflanzen eines geschicht/i'c/jen Bewußtseins in das Volk - Die Notwendigkeit eines Cultus in der Muttersprache war mehr213 für die germanischen Völker als für die romanischen - Uebel dabei auf der einen Seite Ueberschlagen in Unterordnung unter den Staat um alle falsche politische Tendenz desto sicherer zu verbannen auf der anderen weil das Bedürfniß der äußeren Einheit nicht gefühlt wurde,214 Neigung zum Zerfallen.« In den Ausfiihrungen Hagenbachs findet die Notiz in dieser Passage der Stundenausarbeitung: »Die Nothwendigkeit eines Cultus in der Muttersprache mehr für die germanischen Völker als für die romanischen« keine Entsprechung. Interessant ist die von Schleiermacher nur im Vortrag gebotene Verhältnissetzung von Protestantismus und demokratischen Formen, die von ihm im kirchlichen Bereich gegenüber den aristokratischen und monarchischen favorisiert werden. H187f. »Viele glauben, der Gegensatz zwischen Protestantismus und Katholizismus sei schon im Abnehmen. Dann wäre zu erwarten, daß wir in einem kürzeren Zeitraum, als der ist, den wir seit der Reformation durchlaufen haben, an das Ende dieser Periode kommen würden; und wenn eine neue Periode beginnen soll, so müssen sich neue Bewegungen gestalten. Andre im Gegenteil sind der Meinung, der Gegensatz zwischen Protestantismus und Katholizismus habe seine höchste Spannung noch gar nicht erreicht. Es ist wohl die Bestimmung dieser Regung, welche die protestantische Kirche gebildet hat, auch immer mehr auf die katholische Kirche zu wirken und ihr eine große Bewegung mitzuteilen. Da nun diese Einwirkungen noch sehr einzeln vorkommen, so muß sich der Gegensatz selbst noch mehr spannen. Es hängt dies mit dem zusammen, ob auch in der protestantischen Kirche der Gegensatz mit dem Katholischen schon gehörig ausgebildet sei. Einige glauben, man sei schon zu weit gegangen und habe manches als katholisch ausgeschieden, was doch eigentümlich protestantisch sei; andre glauben dagegen, daß, da man bei der Trennung genötigt wurde, einen symbolischen Buchstaben und einen Kultus zu fixieren, manches, wie es ehedem war, geblieben und festgestellt worden sei, was doch auch hätte umgearbeitet werden müssen. Die ersteren also sind der Meinung, das Agens, was in der Reformation gekommen sei, habe schon zu viel getan, die anderen glauben, es
213
mehr] korr.
214
wurde, Neigung] B633 falsch: »wurde. Neigung«.
Die Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers
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habe noch nicht genug getan. Es mußte nach dem Sturz der Scholastik ein neuer wissenschaftlicher Geist eintreten, aber die Zeiten unmittelbar nach der Reformation tragen noch zu viel Scholastisches an sich, und in späteren Zeiten hat man oft den Kampf gegen das Scholastische mit einem Kampf gegen das Christliche verwechselt, und so hat sich der Protestantismus selbst noch nicht gehörig erkannt, weswegen die letztere Ansicht vorzuziehen.« SN64,15,11—17 (=B637) »Einige sehn den Gegensaz an als erschlaffend, andere als steigend. Für leztere, daß man natür/jc/i anfangs noch manches unverändert aufgenommen, was hätte umgebildet werden sollen. Daß noch mehr Wirkwflgen auf die katholische Kirche und durch sie vielleicht auf die morgenländische müssen hervorgebracht werden, und daß diese nur unter der Form des Gegensazes möglich sind.« In dieser Passage des Vortrages Schleiermachers finden sich manche Differenzierungen, die Schleiermachers Stundenausarbeitung nicht mit einem Stichwort andeutet, die aber im Duktus der Themenentfaltung liegen. So erwägt Schleiermacher nach der Hagenbach-Nachschrift im Vortrag die Ansicht, die Reformation habe selbst eigentümlich Protestantisches als katholisch ausgeschieden. Sehr interessant ist hier auch Schleiermachers Stellungnahme am Schluß.
3.2 Die Hagenbach-Nachschrift und die bei Bonnell in den Anmerkungen edierten Aufzeichnungen Schleiermachers Wo einer Passage bei Hagenbach Text entspricht, der von Bonnell als Schleiermacher-Material gekennzeichnet ist, zeigt diese Parallelität auf, daß Hagenbachs Nachschrift hier Schleiermachers Aufzeichnungen gemäß ist. Das von Bonnell in den Anmerkungen edierte Schleiermacher-Material ist beträchtlich. 215 In der folgenden Liste werden die Stellen der Hagenbach-Nachschrift nachgewiesen, die Entsprechungen zu dem bei Bonnell edierten Schleiermacher-Material aufwei-
215
Siehe hierzu die Listen der von Bonnell edierten Kollektaneen oben S. 15ff. und der von ihm edierten Stundenausarbeitungen oben S. 25f.
216
In der folgenden Liste wird hinter der Angabe des Ortes, wo Bonnell den SchleiermacherText ediert hat, nachgewiesen, wo dieser Text im Nachlaß Schleiermachers zu finden ist. Die Lemmata der folgenden Liste beziehen sich auf den von Bonnell edierten Text.
60
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
Hb26,6—11: B60A(S) {SN64,20,12ff. (10. Stunde)}; Hb28,5—7: B64A(S) {SN64,21,21ff. (10. Stunde)}; Hb30,28-30: B71A(S) {SN64,24,2ff. (12. Stunde)}; Hb31,5—6; Hb31,15-27; Hb31,29-32,13; Hb32,16-20: B73f.A(S) {Paulus ... daher mehr] »Schi.« von Bonnell offensichtlich falsch gesetzt; eine Teilung ... glaubte.] SN64,24,23ff. (12. Stunde)}; Hb36,3—5; H b 3 6 , 8 - l l : B80A(S) {SN64,31,llff. (14. Stunde)}; Hb54,21-24: B81A(S) {SN64,26,38ff. (13. Stunde)}; Hb40,l—7: B82f.B(S) {SN65,2,4ff. (15. Stunde)}; Hb38,10-13; Hb38,16-17: B93A(S) {SN64,32,20ff. (14. Stunde)}; Hb38,18-25; H b 3 9 , 7 - l l : B94A(S) {SN65,l,lff. (15. Stunde)}; Hb40,15-23: B96A(S) {SN65,2,24ff. (15. Stunde)}; Hb44,23—27: B101A(S) {M. Aurel und ... billigen] SN65,5,27ff. (17. Stunde); M. Aurel. XI. ... furchtlos] K46}; Hb37,9: B105A(S) {K126 (teilweise)}; Hb41,13-14; Hb41,15-17: B106A(S) {SN65,3,10ff. (15. Stunde)}; Hb40,23-28: B106B(S) {SN65,2,38ff. (15. Stunde)}; Hb41,20-24; Hb41,26-31: B107A(S) {SN65,3,27ff. (16. Stunde)}; Hb48,26—29; Hb48,29-49,2: B110A(S) {SN65,9,6ff. (18. Stunde)}; Hb43,16: B114A(S) {SN65,4,39ff. (16. Stunde)}; Hb43,26-28: B115A(S) {SN65,5,5ff. (16. Stunde)}; Hb45,4—8; Hb45,10-13: B116f.A(S) {SN65,5,35ff. (17. Stunde)}; Hb45,31—32: B117A(S) {K83 (teilweise)}; Hb47,7—8: B121f.A(S) {SN65,7,18ff. (18. Stunde)}; Hb49,26-30: B125A(S) {SN65,10,6ff. (19. Stunde)}; Hb51,6—9; Hb51,10-18: B129A(S) {SN65,11,18ff. (19. Stunde)}; Hb52,20—22; Hb52,23; Hb52,24-31; Hb52,33-53,4; H b 5 3 , 9 - 1 4 : B132A(S) {SN65,12,30ff. (20. Stunde)}; Hb55,13—14; Hb55,17-19; Hb55,21-23; Hb55,24-25: B133A(S) {SN65,15,21ff. (21. Stunde)}; Hb55,28-31; Hb56,7-10; H b 5 6 , l l : B134A(S) {SN65,16,1 Iff. (21. Stunde)}; Hb57,22-25: B136B(S) {SN65,17,8ff. (22. Stunde)}; Hb58,3—5: B137A(S) {SN65,17,26ff. (22. Stunde)}; Hb59,22-23; Hb59,25-28; Hb59,28-60,2; Hb60,7-10: B144A(S) {SN65,18,31ff. (22. Stunde)}; Hb62,19-21: B149B(S) {K159 (teilweise)}; Hb62,26-27; H b 6 3 , l - 9 ; Hb63,18-20; Hb63,26-27; H b 6 4 , 6 - 8 : B150B(S) {SN65,20,28ff. (23. Stunde)};
Die Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers
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Hb64,9—14: B152A(S) {SN65,21,18ff. (24. Stunde);" 7 Eusebius V. extr.]218 K34 (teilweise); Gennadius ... angefangen,] K164 2 "} Hb68,31-35: B168A(S) {SN65,26,10ff. (26. Stunde)}; Hb69,7—12; Hb69,16-19: B169A(S) {SN65,26,32ff. (26. Stunde)}; Hb72,23-25: B177A(S) {SN65,30,15ff. (27. Stunde)}; Hb74,11-13: B180A(S) {SN65,32,19ff. (Randnote) (28. Stunde)}; Hb77,12—18: B189B(S) {SN65,43,9ff. (32. Stunde)}; Hb77,32—78,6: B190A(S) {SN65,43,22ff. (32. Stunde)}; Hb79,17-19; Hb79,20-21: B196A(S) {SN65,44,38ff. (30. Stunde)}; Hb80,12-19; Hb80,20-22: B197f.A(S) {Ueber ... Kriege.] K183; Die verschiedenen Erzählungen ... brauchte.] SN65,46,2ff. (30. Stunde)}; Hb86,5—6; Hb86,16-18; Hb87,15-17: B210A(S) {K204}; Hb87,l—4: B211f.A(S) {SN65,37,31ff. (33. Stunde)}; Hb89,7—10; Hb89,10-11: B215A(S) {K205}; Hb90,2—6; Hb90,7: B219A(S) {K225}; Hb90,16-23; Hb90,32-33: B220A(S) {K226}; Hb90,37—91,2; H b 9 1 , 4 - 6 : B222A(S) {SN65,51,lff. (Randnote) (35. Stunde)}; Hb94,14—15: B227A(S) {SN65,52,28ff. (36. Stunde)}; Hb97,10-11: B234A(S) {SN65,55,18ff. (38. Stunde)}; Hbl00,19: B245B(S) {K266 (teilweise)}; Hbl06,4—11: B253A(S) {»Sehl.« offensichtlich falsch gesetzt220}; H b l 10,17-23: B277A(S) {K392}; H b l 12,8—11; H b l l 2 , 1 3 - 1 6 : B399A(S) {Auch ... opfere.] K290; Augustin ... Abendmahle] K345}; Hbl 17,10-14: B309A(S) {SN65,75,5ff. (46. Stunde)}; H b l 17,31-118,2: B309B(S) {SN65,75,15ff. (46. Stunde)}; H b l 19,6: B312A(S) {In ... erkennen] K373; Indem ... zuschreiben] K375}; Hbl23,l—3: B286A(S) {K407 (teilweise)}; Hbl23,3—4: B286B(S) {K336}; Hbl24,14—16; H b l 2 5 , 4 - l l : B295A(S) {»Sehl.« von Bonnell offensichtlich falsch gesetzt}; Hbl26,2—127,2; Hbl28,29-129,2: B300A(S) {K445; K445b}; Hbl29,6—9: B303A(S) {K417 (teilweise)};
217
Bonnell gibt nicht den Wortlaut wieder. Details aus dem Kollektaneenmaterial sind eingefügt.
218
extr.] richtig zu lesen: »Ende«. Vgl. K34.
219
Bonnell gibt nicht den Wortlaut wieder.
220
Anmerkungen Schleiermachers zu den Cánones von Laodicea finden sich: SN65,64,4ff. (41. Stunde); K274.
62
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
Hbl33,2; H b l 3 3 , 4 - 5 : B339A(S) {K444 (teilweise)}; H b l 3 3 , 3 1 - 3 2 ; H b l 4 4 , 1 7 - 1 9 ; H b l 4 4 , 2 4 - 2 9 ; H b l 4 6 , 8 - 9 ; Hbl56,14; Hbl56,16: B351B(S) {K463; K457 (teilweise); K460; K462; K464-466; Hbl36,4—5: B317A(S) {K476221}; H b l 3 8 , 2 5 - 2 7 : B322A(S) {K491 (teilweise)}; Hbl41,32-142,3: B336f.B(S) {K522}; Hbl46,21: B347A(S) {Kl 115}; Hbl47,7—9: B343A(S) {K526 (teilweise) ( = SN64,89,27, Randnote)}; Hbl48,8—11: B344B(S) {K533 (teilweise)}; Hbl50,l—5: B351A(S) {Je ... geben.] »Schi.« von Bonneil offensichtlich falsch gesetzt; Er ... wegen] K537}; Hbl50,9—10: B350A(S) {K546}; H b l 5 6 , 2 7 - 2 8 : B421A(S) {K595}; Hbl58,4—6: B388A(S) {K574 (teilweise)}; Hb 160,22; H b l 6 1 , l - 2 ; Hbl63,14-16: B381A(S) {Seine ... Dialektik.] K523 (teilweise); 793 ... Tours] K1135 (teilweise); wo ... Leser-Schule] K549}; Hbl61,6—7: B390A(S) {K964 (teilweise)}; Hbl63,12—13: B377B(S) {In die Lehre ... Adams auch nicht] K600; Abendländisches ... baptismi] K601}; Hbl68,12: B425A(S) {K642 (teilweise) ( = SN,64,110,1, Randnote)}; Hbl70,29-171,1: B429A(S) {K648 (teilweise) ( = SN64,110,35f.)}; Hbl79,25; H b l 8 1 , 3 - 4 ; Hbl81,5-9; Hbl81,11-14; Hbl81,18-21: B437A(S) {K689b (teilweise) (=SN64,118,4ff.)}; Hbl80,7—8: B402A(S) {unde?}; Hbl90,5; H b l 9 0 , 6 - 7 ; Hbl94,30-195,2; H b l 9 5 , 1 0 - 1 2 : B444A(S) {Kl 172 (teilweise) (=SN64,197,43f.)}; H b l 9 8 , 2 1 - 2 2 : B456A(S) {K702 (teilweise) (=SN64,127,7ff.)}; Hb200,9—11: B476B(S) {K709 (teilweise) ( = SN64,131,4ff.)}; Hb201,22-25: B462A(S) {K705 (teilweise) (=SN64,128,28ff.)}; Hb210,13-15: B493A(S) {K718 (teilweise)}; Hb211,21-22: B507B(S) {K724 (teilweise)}; Hb211,27; Hb211,28-30: B507A(S) {Kl 193 (teilweise)}; Hb214,20-21: B506A(S) {K726 (teilweise)}; Hb215,21-24: B516A(S) {K728}; Hb221,4—6: B521A(S) {K764 (teilweise)}; Hb221,6; Hb221,7: B526A(S) {K766 (teilweise)}; Hb224,25-26; Hb224,27-28: B515A(S) {K775 (teilweise)};
221
Bonnell gibt nicht den Wortlaut wieder.
Die Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers
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Hb239,32: B570A(S) {K868}; H b 2 4 1 , 2 3 - 2 4 : B574A(S) {K843 (teilweise)}. Von den 188 Anmerkungen Bonneils, die Material aus Schleiermachers Aufzeichnungen wiedergeben, - 18 hiervon enthalten Kollektaneen der 1825/26Vorlesung - sind ungefähr die Hälfte bei Hagenbach zumindest teilweise zu finden. Diese Parallelen sprechen für die Qualität der Nachschrift.
3.3 Die Aufzeichnungen Schleiermachers und die in der Hagenbach-Nachschrift gegenüber Bonnell singulären Stellen Der Anteil an Text, den Hagenbach gegenüber der Bonnell-Edition allein bietet, ist beträchtlich. Das gilt aber nicht für die Darstellung der vierten Periode der Kirchengeschichte. Hier ist die Hagenbach-Nachschrift und Bonnell-Edition weitgehend konform. Sowohl Bonnell als auch Hagenbach haben dort kaum ein Mehr zu verzeichnen, die Passagen gleichen einander, wenn auch der individuelle Stil der Nachschreiber durchschlägt. Die Konformität in diesem Teil der Vorlesung kann als Qualitätsbeweis sowohl für die von Bonnell hier benutzten Nachschriften vom Jahrgang 1821/22" 2 als auch für die Hagenbach-Nachschrift gewertet werden. Hagenbach bietet in seiner Mitschrift im großen und ganzen alles, was Bonnell hier ediert hat. Bei der Darstellung der ersten bis dritten Periode der Kirchengeschichte gibt es bei Hagenbach mitunter lange Passagen und wichtige Details, die er gegenüber der Bonnell-Edition allein bietet. Dies betrifft sowohl feine Details als auch in manchen Passagen das Grundgerüst der Vorlesung. Diese bei Hagenbach gegenüber der Bonnell-Edition singulären Stellen haben im großen und ganzen Entsprechungen zu Schleiermachers Aufzeichnungen. Manchmal finden sich bei Hagenbach kurze Notizen Schleiermachers ausgeführt, manchmal sind aber auch Schleiermachers Notizen ausführlicher und bieten mehr Details als Hagenbachs Nachschrift. Wieweit dies daran liegt, daß Schleiermacher selbst seine Notizen nicht völlig explizierte oder daß Hagenbach nur einen Teil des Vortrages Schleiermachers verzeichnete, soll dahingestellt bleiben und läßt sich nicht mehr in allen Fällen eindeutig eruieren. Aber allein das Faktum, daß sich bei Schleiermacher wichtige Details finden, die Bonnell in seiner Edition nicht bietet, zeigt auf, daß Bonnell das ihm vorliegende Material Schleiermachers nicht voll ausgeschöpft hat, obwohl »nichts von seinen handschriftlichen Sammlungen über
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Die 1825/26-Vorlesung bietet keine Darstellung dieser Zeitspanne.
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Schleiermacher als Kirchengeschichtler
Kirchengeschichte unbenutzt gelassen ... zu haben«223 sein Ziel war. Das Einlösen dieser von Bonnell in der Vorrede gesetzten Maxime setzt Hanna Jursch offensichtlich voraus, ohne den Sachverhalt kritisch geprüft zu haben, denn sie konstatiert in ihrer Arbeit: »Das ebenfalls im Schleiermacher-Archiv befindliche Material zu den Vorlesungen von Schleiermachers eigener Hand ist von Bonnell verarbeitet worden.«224 Darauf, daß Bonnell das ihm für seine Edition zur Verfügung stehende Material nicht völlig ausgeschöpft hat, verweist auch der Gebrauch seiner eigenen Nachschrift, die er für dieses Unternehmen mit heranzog.225 So finden sich ζ. B. die Details über Bessarion und Gemistos Plethon22® zwar in der Bonnell-Nachschrift, 227 nicht aber in der Bonnell-Edition. Die im folgenden verzeichneten Parallelen zwischen der Hagenbach-Nachschrift und den Aufzeichnungen Schleiermachers sind auf die Stellen begrenzt, die Hagenbach gegenüber der Bonnell-Edition allein bietet, wobei hier lediglich eine Auswahl geboten wird. Es handelt sich hier also um Passagen der Kirchengeschichtsvorlesung Schleiermachers, die bisher unveröffentlicht waren. Daß die zusätzlichen Details der Hagenbach-Nachschrift, die Bonnell in seiner Edition nicht bietet, nach dem folgenden Vergleich einen solchen Rückhalt in den Aufzeichnungen Schleiermachers haben, zeigt auf, daß Hagenbach hier nicht in breitem Maße selbst produktiv geworden ist, sondern wirklich eine Nachschrift bietet. Teilweise werden die folgenden parallelen Passagen deshalb ausgeführt, um diese Entsprechungen von Hagenbachs Nachschrift mit Schleiermachers Aufzeichnungen aufzuweisen, teilweise wird durch den Vergleich auch der Charakter der Kollektaneen und der Stundenausarbeitungen deutlich. Wir können also stellenweise die Genese der Vorlesung von den Leseblüten und Vortragskonzepten über die Stundenausarbeitungen hin zum Vortrag der Vorlesung, wie Hagenbach ihn festgehalten hat, nachvollziehen. Dem Vergleich sind an markanten Stellen auswertende Bemerkungen beigegeben. Diese Untersuchung zeigt die Verläßlichkeit und die allgemeine Detailtreue der Hagenbach-Nachschrift auf. H203 »Wir finden eine doppelte Neigung, aus der man sich das Abweichen des Cerinth erklären kann: einmal ein Bestreben der natürlichen Darstellung, die
223
Siehe Bonnell, E.: Vorrede, in: SW 1,11. S. X.
224
Jursch, H.: Schleiermacher als Kirchenhistoriker. Jena 1933. S. 11.
225
Siehe Bonnell, E.: Vorrede, in: SW 1,11. S. IX.
226
Siehe K849; H415,13f.
227
B21/22,XL,6,12.
Die Hagenbach-Nachschrifi und die Aufzeichnungen Schleiermachers
65
aber nicht soweit geht, alles Wunderbare zu leugnen, sondern es bloß an höhere Momente anzuknüpfen, und dann eine große Buchstäblichkeit in der Auslegung.« SN64,32,1—4 (14. Stunde) »Aus einer ähnlichen Ansicht ging nun Cerinth hervor, charakterisirt durch eine große Neigung möglichst beim natürlichen zu bleiben, und durch eine große Buchstäblichkeit.« H216 »Wie aber die Gemeinden zahlreicher wurden, so hätten sich die Gesellschaften verteilen müssen, und hierbei wäre es leicht geworden, daß sich nur die zusammengetan hätten, welche zu demselben Stand und Rang gehörten, und so hätte das Abendmahl seinen Charakter verloren. Es war also gut, daß man das Abendmahl von den Agapen losriß. Die Agapen selbst haben in größeren Gemeinden bald aufgehört, in kleineren sind sie fortbestanden. Ein allgemeines Kommunikationsmittel unter den Christen gab es noch nicht; es war noch wie in der apostolischen Zeit: Hirtenbriefe (Dionys von Korinth)«. SN65,12,14—25 (19. Stunde) »Mußte sich die Gemeine zu sehr theilen, so wäre es natürlieh gewesen, daß verwandtes sich am meisten angezogen hätte und Niedrige und Vornehme jede unter sich gewesen wären. Dadurch hätte dann auch das mit dieser Mahlzeit verbundene Abendmahl seine Bundesbedeutung verloren; daher findet man um diese Zeit Spuren daß es von den Agapen getrennt wurde, die sich dann allmählig verloren. - Bei dieser weiteren Verbreitung waren die Communicationsmittel noch dieselben wie in der apostolischen Zeit, Hirtenbriefe - davon werden mehrere angeführt von Dionysius \on Corinth.« H255f. »Indessen zogen sich die meisten zurück, und es blieben nur 5: Euseb von Nikomedien, Theognis von Nicäa, Sekundus von Ptolemais, Maris von Chalcedon und Theonas von Marmarica, und 3 von diesen entschlossen sich nach dem Vorgang des Euseb von Nikomedien, die Formel zu unterschreiben.« K209 (teilweise): »»318 unterschreiben 5 verweigern (Euseb. Nicomedien, Theognis Nicäa und Maris 228 Chalcedon Theonas Marmarica, Secundus Ptolomais.)«. H263 »Asterius, ausgezeichnet als Exeget.« K263 (teilweise) »Asterius gelehrter Exeget«. H269 »Man warf den Verdacht auf Julian, er habe Constantius vergiften lassen, doch das ist nicht wahrscheinlich.«
228
Maris Chalcedon Theonas Marmarica| mit Umstellungszeichen rica Theonas Chalcedr;«.
umgestellt
aus Maris Marma-
66
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
SN65,61,14—16 (40. Stunde) »Der Verdacht, daß er den Constantius vergiften lassen ist wol durch nichts begründet«. H273f. »Im Okzident genoß der römische Bischof großes Ansehen; nach Norden hin war er gedrängt durch den Metropoliten von Mailand. Der Bischof von Thessalonich ward vom römischen Bischof zum Vikar ernannt. Dadurch geschah ein Hinübergreifen des römischen Bischofs ins griechische Gebiet. Nicht selten befragten abendländische Bischöfe den römischen Bischof über schwierige Gegenstände. Das tat unter anderen ein spanischer Bischof, indem er vom römischen Bischof Siricius solche Auskunft verlangte in Beziehung auf das ehelose Leben der Geistlichen. Der Bischof gab ihm aber nicht nur Anweisungen, sondern Verordnungen mit angehängten Drohungen. Sein Nachfolger Innocent Anfang des Sten Jahrhunderts machte es noch ärger, und so maßten sich die römischen Bischöfe immer mehr Autorität an, die aber noch nicht anerkannt wurde. Innocent war der erste, der Anspruch auf allgemeine Autorität machte und sich auf Petrus berief. Er suchte sich dazu einen Bundesgenossen aus, den Bischof von Antiochien (weil Petrus in Antiochien vorübergehend Bischof gewesen), allein in der griechischen Kirche fand dergleichen nicht Platz. Dies gilt auch von den afrikanischen Bischöfen. Sie hatten einen Ältesten, Cälestius, aus der Kirchengemeinschaft geschlossen wegen schlechtem Betragen. Dieser wandte sich an den römischen Bischof Zosimus, der sich seiner annahm und die afrikanischen Bischöfe verwies, welche ihm aber rund antworteten, daß ihn die Sache nichts angehe. - In der Schrift des Optatus229 von Milet gegen die Donatisten finden wir die erste Vermischung des Vorzugs des römischen Bischofs mit der Theorie der Kirche. Er führt den Beweis für die Echtheit der katholischen Kirche daraus, daß der römische Stuhl der echte sei. Es war zwar auch ein donatistischer Bischof in Rom, aber Optatus erklärte sich darüber, daß der römische Stuhl nur der Kirche sei, die zum Andenken Sanct Petri gestiftet sei. - Bei den Bischofswahlen war es in Rom schon öfter zu ärgerlichen Szenen gekommen, besonders nach dem Tod des Innocent. Da ward Damasus Bischof. Auch später waren Streitigkeiten zwischen Bonifacius und Eulalius. Da erklärte der Kaiser, daß in solchen Fällen keiner von den Streitenden das Amt erhalten sollte. Dies half aber nicht weit. SN65,66,9—67,9 (43. Stunde) »XLIII Zu diesem Wachsen der Corruption gehören dann auch die wachsenden Ansprüche des römischen Bischofs theils wegen seiner Ansprüche auf Illyricum durch das in Thessalonich dem dortigen Bischof übergebene Vicariat welchem erst Theodor II auf Ansuchen der griechischen Bischöfe ein Ende machte, theils dadurch daß sie gebieterisch auftreten wo
229
Optalas] Octatus korr. aus Octav. Verbessert nach K390.
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SN65,66 — Seite aus Schleiermachers Stundenausarbeitungsheft (ediert S. 65 f.)
68
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
nur Auskunft von ihnen verlangt wird Dies leztere war sehr natürlich in Bezug auf mancherlei kirchliehe Gegenstände über welche sich in manchen Gegenden noch keine bestimmte Observanz gebildet hatte. So Siricius und Innocentius. Man nahm dann die gewünschte Auskunft und kehrte sich nicht weiter an die gebieterische Form Aber doch hatten dadurch die römiicAen Bischöfe etwas worauf sie sich berufen konnten. Theils auch machte Damasus Versuche sich in griechische Angelegenheiten zu mischen wobei er die Sardicinischen Beschlüsse vorschüzte. Allein diese Anmaßung wurde abgewiesen und Basilius klagte dabei über Damasus ganz liehe Unkenntniß von Verfassung und Zustand der östlichen Provinzen. Aber nicht nur die Griechen sondern auch die Afrikaner wiesen die widerrecht/icfte Anmaßung des Zosimus und späterhin des Coelestinus gebührend ab. Doch gewann auch Zosimus wenigstens etwas indem er sich das Ansehn gab als sei die Entscheidung von ihm ausgegangen. So gewann Rom immer etwas dadurch daß es die andern langweilte. Aber die erste Spur von Theorie ist zwiefach Zuerst macht Innocentius Anspruch darauf daß alle Bischöfe sich nach dem Stuhl von Rom richten sollen weil Petrus zum Haupt der Kirche ernannt worden sei. Sehr klüglich richtete er dies an den Bischof won Antiochien der dann wegen des vorübergehenden Bisthums Petri der nächste nach ihm war Noch merkwürdiger aber ist dai] Optatus in seinem Buch gegen die Donatisten durch die Gemeinschaft mit dem Stuhle Petri die Aechtheit der katholischen Kirche beweiset, da doch auch die Donatisten eine Kirche in Rom hatten; aber sagt Optaiui in die zu Petri Andenken errichtete Kirche dürften diese doch nicht kommen. Allgemein wurde die Lehre damals noch nicht. Die Griechen sorgten vielmehr dafür daß den röm/icAen Anmaßungen in ihrem Gebiet ein Ende gemacht, und die Lateiner dachten dies sei gut gegen die Donatisten. - Man muß sich indeß doch 230 wundern daß dergleichen gesagt werden konnte, da kurz zuvor in Rom selbst streitige Wahlen mit blutigen Auftritten gewesen waren (313)231 wo also doch über die Aechtheit des Bischofs nur die andern entscheiden konnten, deren Anerkennung auf seiner Kirchengemeinschañ weiter beruhen sollte. Solche Auftritte wiederholten sich hernach bei Bonifacius (318).232«233 K307 »Des römischen Bischofs Siricius Regeln Anno"4 385 gegen Annahme von Geistlichen die anders als eine Jungfrau geheirathet und gegen die eh eliche
230
doch ... (318)] am äußeren
231
(313)1
Kollektaneennummernverweis.
Rand.
232
(318)]
Kollehaneennummernverweis.
233
Folgende Kollektaneennummern hat Schleiermacher am Rand des hier edierten Teiles der Stundenausarbeitung verzeichnet: 318 (SN65,66,13); 307 (SN65,66,18); 313 (SN65,66,26); 317 (SN65,66,29); 319 (SN65,66,30); 316 (SN65,66,36); 390 (SN65,67,2).
234
Anno 385] am äußeren
Rand.
Die Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers
69
Beiwohnung der Geist/icAen. Diese Regeln giebt er mit Drohungen einem spanischen Bischof der nur Anzeige verlangt hatte wie es bei der römischen Gemeine gehalten werde. Auf 235 dieselbe Weise Innocentius 404 für den Bischof Victricius von Rouen«. K313 »Blutige Auftritte in Rom bei der doppelten Wahl des Damasus und Ursinus 366. Socrates IV,24. Ansprüche welche aus dem Sardicinischen Beschlüsse abgeleitet wurden. Klagen des Basilius über den Damasus über seine Unkenntniß von Verfassung und Zustand des Morgenlandes.« K316 »Innocentius erklärt Heirath geschiedener Eheleute für Ehebruch ohne einen Unterschied zwischen Männern und Frauen zu machen - Er beruft sich auch wegen des Vorzuges von Rom ganz deutlich auf den Apostel Petrus und fraternisirt deshalb mit dem Bischof von Antiochien - Die Krankensalbung mit dem vom Bischof geweihten Oel können alle Gläubigen verrichten«. K317 »Zosimus 417 verweist den afrikanischen Bischöfen die Verurtheilung des Caelestius. D/ese aber wundern sich düß er Sachen untersuchen könne die sie entschieden hätten. Zosimus giebt nach will sich aber doch das Ansehn geben als sei der Bann von ihm ausgegangen.« K318 »Streitige Wahl zwischen Bonifacius und Eulalius. Honorius verordnet daß künftig in solchen Fällen keiner das Bisthum erhalten solle; aber er hemmt nicht die freie Wahl der Gemeinde. Theodosius II. macht 421 dem römischen Vicariat in Illyrien ein Ende.« K319 »Coelestinus nimmt einen ausgeschlossenen afrikanischen Geistlichen in die KirchenGemeinschaft auf. Die Africanischen Bischöfe verweisen ihn der Abweichung von der Nubischen Synode.« K390 (teilweise) »Optatus führt durch den Beweis dafür daß die Katholische Kirche die rechte sei daraus daß der römische Stuhl der Urbischofssiz sei, und die beständige Gemeinschaft mit d/esem sei die Continuität der Kirche«. Dieser Abschnitt der Stundenausarbeitung zeigt exemplarisch, wie Schleiermacher stellenweise die Ausarbeitung mit den Kollektaneen durch Querverweise verbindet, wobei dort ergänzende Details zu finden sind. Der Vergleich mit dem angeführten Hagenbach-Text zeigt weitgehende Entsprechungen. Schleiermacher nennt hier aber Details, z. B. zu Damasus, die Hagenbach nicht bietet. Überhaupt sind seine Aufzeichnungen an dieser Stelle im ganzen detaillierter. H276f. »Man muß indessen nicht glauben, daß bei den Donatisten die Vorstellung der Taufe weniger superstitiös gewesen sei. In dieser ganzen Zeit
235
Auf ... Rouen] am äußeren
Rand.
70
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
verschob man immer noch die Taufe bis auf lange Zeit, weil man glaubte, daß alle Sünden, nach der Taufe begangen, unverzeihlich seien. Die Bluttaufe und das Mönchtum nahm man als einziges Versöhnungsmittel an, daher das Mönchsleben auch bald so in Ansehen kam.« SN65,69,8—15 (44. Stunde) »Wenn nun hier die Katholischen weniger streng erscheinen, so darf man darüber nicht schießen, als ob sie weniger auf die Taufe gehalten oder die frühere Superstition in einer Art Indifferenz untergegangen sei. Noch immer ließ man sich spät taufen weil man glaubte fur die Sünden nach der Taufe gebe es keine Versöhnung, und viele weihten unmittelbar nach der Taufe eine Zeit dem Mönchsleben um ausgezeichnete Verdienste im Voraus zu sammeln«. 236 H278f. »Es kam in dieser Untersuchung zur Sprache über das Altertum der Märtyrerverehrung, und die Angreifenden hatten den Vorteil auf ihrer Seite, daß die heilige Schrift derselben keine Erwähnung tat. Man brachte hier zuerst die Theorie von άγράφοις δόγμαοιν, von dem, was die Schrift nicht enthalte, die Apostel aber gelehrt hätten und was sich durch die Kirche fortgepflanzt hätte. Den Gegnern dieser Ansicht warfen die Verteidiger derselben vor, daß sie ja selbst in der Kirche vieles mitmachten, das nicht fester basiert sei. Dies führte auf das Praktische. Es kamen nämlich immer größere Verschiedenheiten zur Sprache: die Römischen drangen auf Einheit der Gebräuche, die Griechen ließen größere Mannigfaltigkeit zu und wollten auch diese auf die apostolische Autorität zurückfuhren. Man glaubte auch, daß man auf verschiedene Weise lehren könne ohne Nachteil, κ α τ ' οίκονομίαν, κατά αυγκατάατααιν. Chrysostomus verteidigte sich und berief sich auf den Apostel Paulus. Dies kam auch bei den arianischen Streitigkeiten zur Sprache. Man suchte den Arianern die Zeugen, auf die sie sich beriefen, dadurch zu entreißen, daß man sagte: >Das haben die Väter nur in dem und dem Falle, gegen den und jenen Gegner behauptet, ohne daß dies ihre eigentümliche Ansicht war.« Man fragte sogar, ob es nicht erlaubt sei, sich absichtlich zu verstellen und die Unwahrheit zu sagen, um einen Ketzer auszuforschen. Augustin setzte sich dieser Maxime entgegen.« SN65,70,34—71,32 (45. Stunde) »Bei dieser Gelegenheit entstand nun die Notwendigkeit eine Menge von Gebräuchen sowol als Meinungen zu vertheidigen und ihr Recht in der christ liehen Kirche nachzuweisen. J ovinia« und Vigilanti';« hatten hier für sich daß in der Bibel gar keine Anleitung hirzu vorhanden wäre,
236
Folgende Kollektaneennummer hat Schleiermacher am Rand des hier edierten Teiles der Stundenausarbeitung verzeichnet: 377 (SN65,69,12); K377 enthält Daten zu der Vita des Hieronymus. Am rechten Rand ist mit Bleistift, offensichtlich von Bonneils Hand, notiert: »Abendmahl«.
Die Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers
71
und hier entwickelte sich nun auf der anderen Seite die Maxime einer Rechtfertigung durch die Tradition und die άγραφη εθη der Apostel: ja Augustin ging so weit zu behaupten daß alles dessen späterer Ursprung nicht nachgewiesen werden237 könnte für aposto lische Lehr-Quelle müsse gehalten werden. Dies hieß eigentlich alle geschichtliche Forschung auf diesem Gebiet lähmen weil unter d/eser Voraussezung alle Forschung polemisch erschien. Man kann auch nicht einmal sagen daß dies damals nur auf Gebräuche und nicht auf Dogmen angewendet worden sei; denn vieles ist bei dem symbolischen Charakter der Gebräuche gar nicht voneinander238 zu trennen. Nur daß die Augustinische Regel auf dem Gebiet der Dogmen wegen des litterarischen Charakters den die Kirche schon eingenommen hatte, nicht so gefährlich werden konnte. - Noch verderblicher war die auch damals schon aufgeworfene aber doch von den Ausgezeichnetsten noch streng abgewiesene Frage, ob man um Kezer aus zuforschen und zu entdecken nicht auch lügen und sich verstellen dürfe. Und nicht viel besser die Behauptungen, daß von den älteren Kirchenlehrern sowol im Streit gegen abweichende Meinungen (κατ' οίκονομίαν als auch um anders festlicher und eingänglicher zu werden κατά συγκατάστασιν) vieles gesagt worden sei was nicht eigentlich ihre Überzeugung ausdrükte. Daß jede Rede die nicht eine Selbstäußerung ist durch die Beziehung auf denjenigen modificirt wird an den sie gerichtet ist, das ist natürlich. Aber doch nur so, daß, wer die Beziehung kennt, dann nothwendig in der Aeußerung auch die wahren Ueberzeugungen des Redenden finden muß. Ein irgend bewußtes Abweichen aber von der unter den gegebenen Umständen natürlichsten Aeußerung der Ueberzeugung zeigt Schwäche, und dies als erlaubte Maxime aufzustellen ist große Untüchtigkeit. Dieses letze kam besonders vor in den arianischen Streitigkeiten weil sich die Arianer so häufig auf Orígenes und seinen Schüler Dionys/ui von Alexandrien beriefen. Von lezterem besonders konnte gesagt werden, daß er sich im Streit gegen die Sabellianer Ausdrücke erlaubt hätte welche arianisch konnten geduldet werden.«239 K340 (teilweise) »Der Begriff der Tradition kommt auf um als αγραφη εθη eine Menge won Gebräuchen zu rechtfertigen und diese werden έκ της των 'Αποστόλων παραδόσεων abgeleitet.«
237
werden] über der Zeile.
238
voneinander] von(von über < für > )einander.
239
Folgende Kollektaneennummern hat Schleiermacher am Rand des hier edierten Teiles der Stundenausarbeitung verzeichnet: 340 (SN65.71.1); 341 (SN65,71,3); 362 (SN65,71,17).
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Schleiermacher als Kirchengeschichtler
K341 »Augustin stellt (de Baptisma contra Oomtistas IX. P. 85) den Grundsaz auf wenn man nicht beweisen könne, daR eine Gewohnheit später aufgekommen sei solle man sie für apostolisch halten.« K362 »ChrysostowMJ vertheidigt Widerspruch mit sich selbst als οικονομία und συγκατάστασις und erklärt so wie Paulus habe den Timotheus können beschneiden lassen. Man sieht hieraus wie sehr es den meisten an einer lebendigen Einheit der Gedanken und Grundsäze gefehlt hatte.« Auch dieser Vergleich zeigt einerseits das gute Mitschreiben Hagenbachs auf, der manche Details zu nennen weiß, die Schleiermacher offensichtlich nur im Vortrag angesprochen hat,240 andererseits die für diesen Teil der Vorlesung ausführlichen Stundenausarbeitungen Schleiermachers, die zusammen mit dem am Rand genannten Kollektaneen eine vorzügliche und an vielen Punkten gegenüber Hagenbach detailreichere Vorstellung der KirchengeschichtsVorlesung bieten. H310 »Sein Nachfolger Simplicius hielt sich schon einen Vikar in Spanien.« K528 (teilweise) »Simplicius bestellt sich einen Vicarius in Spanien«. H31 lf. »Indem er ihm so die künftigen Bischöfe unterwarf, so bringt uns das auf die Frage, wie es damals in der Kirche mit den Bischofs wählen gehalten wurde. Der Bischof sollte von der Gemeinde gewählt werden (Presbyter und Diakone wurden vom Bischof gewählt). Beschränkungen, wer zum Bischof nicht gewählt werden durfte, gab es durch Synodalgesetze: keiner, der je Kirchenbuße getan, keiner, der in der Deuterogamie, später auch keiner, der Kinder und Enkel hatte usw. - Wenn auf einer Synode ein Bischof abgesetzt wurde, so geschah es öfters, daß man die Gemeinde einen neuen wählen ließ, aber bald geschah es, daß die Synode selbst den neuen wählte, ohne daß die Gemeinde sich widersetzt hätte. Justinian gab ein Gesetz, wenn sich die Gemeinde bei der Wahl in 6 Monaten nicht vereinigen könne, so solle der nächste Bischof die Stelle besetzen. Die Bischöfe übten immer vielen Einfluß auf die Wahlen aus, ohne daß das Prinzip verletzt worden wäre. Auch in Rom selbst finden wir, daß es auch so gehalten wurde. Der gesamte Klerus nebst den Großen der Stadt und dem Kriegsstand und den Bürgern sollten die Wahl vollziehen. Zum gesamten Klerus gehörten die dem römischen Stuhl untergeordneten Bischöfe mit zu, die Großen bildeten den Senat. Diese beiden ersten Klassen wählten gewöhnlich den Bischof, die beiden letzteren bestätigten ihn. Aber wie sollte es mit jungen Gemeinden gehalten werden? Man konnte ihnen noch nicht zutrauen, selbst einen
240
Siehe ζ. B. die Gegenargumentation gegen diejenigen, die die Verankerung der Märtyrerverehrung allein in der Tradition aufzeigten.
Die Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers
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Bischof zu wählen. Hier zeigt sich eine große Veranlassung, die Autorität des römischen Bischofs zu erweitern, da meist von seinem Sprengel aus Missionen veranstaltet wurden. Dies ist in der Folge durch Missionare, die von der angelsächsischen Kirche ausgingen, seit den Zeiten Gregors auf eine rapide Weise geschehn.« K542 »Ueber die Unsicherheit in der Wahl der Bischöfe«. K473 »Justinian verbietet schon daß keiner der Kinder oder Enkel habe solle zum Bischof gewählt werden und jeder müsse entweder Mönch oder 6 Monate im Clerus gewesen sein. Wenn eine Gemeinde binnen 6 Monaten nicht einig würde, sollte ein Bischof das Bisthum besezen - Gegen das Reisen aus ihren Sprengel«. K535 »Festsezung über die Wahl und Bestätigung römischer Bischöfe seit dem Anfang des Exarchats. Es heißt die Wahl wurde vollzogen vom Clerus (zu diesem gehören wol offenbar die untergeordneten Bischöfe) den Großen (Senat?) dem Kriegstande und den Bürgern. Wahrscheinlich adhärirten alle lassen nur den ersten beiden [die Wahl]2"«. Das Stichwort dieser Passage liefert K542. Schleiermacher führt beim Vortrag das zu diesem Thema passende Kollektaneen-Material an, das selektioniert angeführt und miteinander verknüpft wird. Dabei ergänzt er passenden angelesenen, aber nicht notierten Stoff. H320 »Theophylact Simocattes, Georgius Syncellus, (Geschichte der monotheletischen Streitigkeiten), der Patriarch Nicephorus in Konstantinopel.« K556 »Griechische Geschichtsschreiber Theophylactus Simocattes Geschichte des Kaiserthums. - Georgius Syncellus alte Geschichte bis auf Diocletian; von Theophanes fortgesezt bis anno 819. - Nicephorus Patriarch won Constantinopel durch die Bilderstürmer gestürzt t 828 Geschichte \on Mauritius bis Constantin.« Dieser Vergleich ist ein Beispiel dafür, wie Kollektaneen beim Nachschriften-Material zur Korrektur, aber auch möglicherweise als Ergänzung von Details eingesetzt werden können. Die Kollektaneen sind einerseits durch kurze Stichworte, andererseits durch lexikalische Detailfülle gekennzeichnet. H325 »Sie [d. h. die Franken] wurden zwar mit dem Lateinischen bekannt, indem sie in die lateinischen Gebiete eindrangen, aber nun kam die Zeit, wo in
241
[die Wahl]] Die Aufzeichnung ist hier offensichtlich von Schleiermacher abgebrochen und nicht wieder au/genommen worden. Der Text wurde ergänzt nach H312J0.
74
Schleiernlacher als Kirchengeschichtler
fränkischen und gotischen Ländern die romanische Sprache aufkam (Mischung der Ursprachen mit der lateinischen).« K560 (teilweise) »Entstehung der romanischen
Sprachen.«
H325 »Metz (daher der Name >Mettefilioque< vor, .... Um diese Zeit anathematisiert schon eine spanische Synode in Toledo diejenigen, welche dies nicht annehmen wollten.« K606 (teilweise) »Theodoret gegen Cyrill nimt dûs Ausgehn des Geistes vom Vater an, verwirft aber das vom Sohn wenn es soviel heißen solle als daß er aus dem Sohne sein Dasein habe. - Wenn die Synod[w.v] Toletan[a] 589 schon ex patre filioque procedentem an Conslantinopolitanischer
Synode fand und die das
nicht annehmen wollten anathematisirte, so war damit wol keine Polemik gegen die griechische
Kirche gemeint.«
Hagenbach liefert hier die Einleitung Schleiermachers zur Thematik der angeführten Schleiermacher-Note. Auch finden sich bei ihm Details, die Schleiermacher offensichtlich in seine Ausführungen eingewoben hat. H332 »Es wurde bestimmt, es sollten theologische Schulen gegründet werden, welche vorzüglich durch die Canonicos geleitet werden sollten. Der Gelehrteste
Die Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers
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unter ihnen sollte Scholasticus sein, unter den Canonicis selbst lehren und die Aufsicht über alle Schulen im bischöflichen Sprengel haben. Außer diesen Schulen wurden in den vorzüglichsten Klöstern Schulen errichtet, diese kamen immer mehr auf, die bischöflichen ab wegen dem weltlichen Charakter der Bischöfe.« K613 »Die Canonici sollen zugleich lehren. Der gelehrteste und ehrwürdigste unter ihnen ist Scholasticus und soll zugleich die Aufsicht über die andere kirchlichen Schulen haben. So 806 zu Aachen beschlossen. Kommt aber bald in Abnahme«. H332f. »Eine Schule zu Fulda, Lehrer: Rabanus Maurus. Die Kenntnisse wurden eingeteilt in Trivium: Grammatik, Rhetorik, Dialektik; Quadrivium: Musik, Geometrie, Astronomie und Arithmetik.142« K621 »Trivium (Grammanfc Rhetor;/: und Dialektik) Quatriví'íwi243 A rühmend Musik Geometrie Astronomie - Rabanus Maurus de universo Lib XXII nur Sammlung.« H333 »Das einzige, worin etwas Eigentümliches geleistet wurde, war die Musik, erklärlich aus dem Zusammenhang mit dem Kirchengesang. Remigius, Bischof 244 von St. Germain, Lehreril) zu Reims, später zu Paris, hatte schon eine Orgel aus Griechenland bekommen.« K616 »Remigius \on St Germain vorher in Rheims lehrte um 900 in Paris Dialektik, Grammatik und Kirchengesang«. H333 »»Fränkische Jahrbücher^ von Mönchen geschrieben.« K619 (teilweise) »fränkische Jahrbücher von unbekannten Mönchen«. H333 »Man fing an, die Schrift in die vielen Mundarten zu übersetzen. Otfrieds Evangelien in ostfränkischen Reimen.« K624 »Otfried bringt die Evangelisten in ostfränkische 245 (deutsche) Reime.« H335 »Gegen die Grenzen hin waren die Bischöfe Stützen des Reichs. Der Architekt und Naturforscher Bernward,246 Bischof von Hildesheim, baute eine Festung gegen die Normannen.«
242
Arithmetik]
243
Quatriv/ü/n] sie!
Physik. Verbesserl
nach
K62Ì.
244
Bischof| Kj Leiter der Schule. Remigius
245
ostfränkische] ost(ost über < west > )fränkische.
246
Bernward,
... Hildesheim]
war in St. Germain
kein
Bernhard, Bischof von Fulda. Verbessert
Bischof.
nach
K6Ì9.
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Schleiermacher als Kirchengeschichtler
K619 (teilweise) »Bernward seit 993 Bischof \on Hildesheim legte an den Grenzen seines Bisthums eine Festung gegen die Normannen an. Architekt und Chroniker«. H337 »Eine der bedeutendsten Streitigkeiten, die er mit Nicolaus führte, betraf den klonischen Bischof, seinen Neffen, der von Hinkmar war zu Verantwortung gezogen und auf rechtmäßigen Synoden abgesetzt worden war. Nicolaus nahm dessen Appellation an. Hier kommt zuerst vor eine Berufung auf die ρ s eu d i s i d o r i s c h e S a m m l u n g (>Litterae decretalesPassiones von 1480 Märtyrern« [heraus] und zwar solchen, von denen in der Geschichte keine Erwähnung geschieht, analog mit den Dekretalen auch nicht absichtlicher Betrug.« K671 »Anastasius passio 1400 martyrum; analog den pseudoisidorischen Decretalen.« Die Nachschrift Hagenbachs hilft hier, das »analog« der SchleiermacherNotiz zu interpretieren. Von der folgenden Passage H344,l—345,28, die durchgehend keine Parallele in der Bonnell-Edition hat, werden die entsprechenden Kollektaneen Schleiermachers verifiziert. Liest man hintereinander allein die relevanten Notizen Schleiermachers zu dieser Passage seiner Vorlesung, so wird deutlich, daß dieses Material hier wohl eine Stoffsammlung darstellt, aber keine
247
Anastasius]
Anscharius. Verbessert nach
K67I.
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77
kirchengeschichtliche Darstellung. Interessant ist hier zu beobachten, wie Schleiermacher seine Notizen im Vortrag zu einer geschichtlichen Darstellung werden läßt. H344 »Das Gesetz, daß ein Papst keinen wieder in die Kirchengemeinschaft aufzunehmen befugt sei, bevor er die Buße getan habe, die ihm auferlegt worden, hatte die Tendenz, die Macht der Päpste zu schwächen, dahingegen Leo sie zu heben suchte.« K653 »Eine Synode zu Seligenstadt beschloß 1022 unter Aribo von Mainz daß einem Excommunicanten die römische Vergebung nichts helfen sollte, wenn sie nicht die von ihrem Priester vorgeschriebene Buße erfüllt hätten.« H344 »Die höhere geistliche Macht, die noch immer in den Synoden lag, hätte sollen die Qualiiikation der Bischöfe und Geistlichen auf dem rechten Punkt halten. Aber man sieht, welchen dürftigen Maßstab sie annahm. Die Erfordernisse eines Bischofs waren (nach der Synode zu Aachen 809), er soll rechtgläubig sein, eine Probe von religiösem Vortrag aus der Schrift halten. (Es wurde trotz der Gesetze immer noch selten in der Landessprache gepredigt.) Für jene Vorträge war das >Homiliarium< ein großer Schatz. Die bischöflichen Sitze wurden teils aus der Hofgeistlichkeit, teils aus Mönchen besetzt. Die ersteren waren gewöhnlich zu weltlich, die letztern zu unwissend. Ferner ward gefordert, der Bischof soll die >Regula pastoralis< von Gregor innehaben und nach denselben die Kenntnis seiner Verrichtungen. Diese Qualitäten konnten vorhanden sein bei einem sehr geringem Grade von Tauglichkeit und Wissenschaftlichkeit. K654 (teilweise) »Synode von Valence 855 beschließt in Erledigungsfällen den Landesherrn um seine Wahl zu bitten schikte er aber einen so sollten Sitten und Wissenschaft bescheiden geprüft werden. In Aachen 836 Qualitäten eines Bischofs 1 tens rechter Glauben 2tens Vortragsgabe aus der Schrift 3tens Kunst der Seelsorge nach Gregorius 4tens Amtskenntniß nach dessen regula pastoralis«. H344 »Kirchenvisitationen unter Karl dem Kahlen. Auch Laien waren dieser Untersuchung unterworfen, ob sie keine Zauberei und Unzucht trieben, ob sie die Kirche besuchten etc. Ein besonderes Auge hatte man auf die gottgeweihten Jungfrauen. Die Geistlichen wurden nach dem oben angegebenen Maßstab beurteilt.« K659 (teilweise) »Regeln über Kirchenvisitationen; Untersuchung des Zustands der Geist lìchen und Layen. Bei ersteren sehr niedriger Maaßstab. Bei lezteren fast nur nach Unzucht Zauberei und Fasten.« H344 »Simonie nahm überhand. Ein Bischof von Florenz wurde abgesetzt, weil ein Mönch durch Feuerprobe bewiesen, daß er sich das Bistum erschlichen. Alle Gottesurteile, welche geteilt wurden in kanonische (mit kirchlicher Zeremonie)
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Schleiermacher als Kirchengeschichtler
und gemeine, muß man erklären aus einer Unkunde der Rechtswissenschaft und aus einem Übertragen der Rechtsentscheidung an die Selbsthilfe.« K665 »Der Bischof Petrus \on Florenz wird 1067 abgesezt weil ein Mönch durch die Feuerprobe ihm die Simonie beweiset.« H344 »Schon unter Karl (Mitte248 des 9ten Säkulums) findet man, daß die Abgaben, welche die parochi an die Bischöfe geben mußten, gemäßigt wurden. Früher war von solchen Abgaben gar nicht die Rede, jetzt aber betrachtete man alles aus dem Gesichtspunkt des Lehnwesens.« K659 (teilweise) »Die Abgaben von den parochis an die Bischöfe mäßigte bereits Carl der Kahle 844. -« H344f. »Ein Presbyter solle besitzen ein Missale, ein Lectionarium, ein Evangelium, ein Antiphonium und ein Psalterium und ein Martyrologium, welches fur die meisten Quelle der Predigten wurde. Im Evangelium und Lectionarium war nicht das ganze Neue Testament enthalten, sondern von den Briefen nur die Abschnitte, welche öffentlich gelesen wurden. Was das Alte Testament betrifft, hielt man es für schwierig, daß jeder Geistliche eine Abschrift besitze, man hielt vorzüglich darauf, daß er neben dem Psalterium auch die Genesis habe (weil in der abendländischen Kirche die Lehre von der Erbsünde wichtig geworden). Auch sollte ein Presbyter die Predigten Gregors des Großen besitzen, welche das Supplement zum Martyrologium bildeten, aus denen er seine Predigten zusammensetzen konnte.« K656 (teilweise) »Jeder Presbyter solle haben ein Missale, Lectionarium, Evangelium, Martyrologium, Antiphonarium, Psalterium, vom Alten Testament wenigstens die Genesis und Gregors 40 Predigten.« H345 »Außerdem waren in jedem Bischofssitze seit einiger Zeit die Canonici eingeführt, welche zu einem gemeinschaftlichen Leben versammelt waren, einen Teil der Mönchsregel beobachteten, aber im freien Genuß ihres Vermögens blieben. In der Folge wurden die Canonici zu reich, weil ein Teil der bischöflichen Einkünfte ihnen zuteil ward. Viele Canonici waren Leute aus vornehmen Familien, sie wurden immer zu äußerlich und vornehm, ließen ihre Funktionen durch andre verrichten. Auch ihre Beschäftigung als Scholasticus wurde immer mehr zum bloßen Titel.« K657 (teilweise) »Seit Ludwig dem Frommen wurden Chrodegang regulae Canonicorum ziemlich beobachtet; hernach aber wurden sie zu reich und äußerlich.«
248
MilteI Ende. Verbessert nach K659: »Carl der Kahle 844-,
D i e Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers
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H345 »Unter den Mönchen waren nicht viel Kenntnisse. Die Trägheit war bei den abendländischen Mönchen der größte Fehler. Versuche, sie zu reformieren: die Richtung des Klosters Clugny, dessen Äbte großes Ansehen in der Kirche genossen.« H345 »In Clugny wirkte noch die Strenge der Regel und die Autorität des Abts, welcher auch Strafen verhängen durfte. O d o , der Stifter des Klosters,24® hat die Äußerlichkeit in diesen Gesetzen unzweckmäßig vermehrt und die leiblichen Strafen so erhöht, daß dies einen üblen Einfluß auf die ganze Disziplin hatte.« K664 »See ulum IX allgemeine Klage über Verfall des Mönchswesens Reformation des Benedict von Aniane. Reformat/on von Clugny vornehm/zc/z durch Odo. t 942. Großes Ansehn aller Äbte dieses Klosters«. H345 »Dieses und andere Klöster wurden der Aufsicht der Bischöfe entzogen und der Aufsicht des Papstes übergeben. Die Päpste verboten sogar, daß nie ein Bischof ein Mitglied der Klöster dürfe mit dem Bann belegen. Hierdurch mußte die Disziplin immer mehr verfallen.« K667 »Clugny und mehrere andere Klöster wurden von Anfang an ursprünglich dem Papst untergeben; Alexander verbietet 1001 daß nie ein Bischof sie dürfe mit dem Bann belegen.« H346 »Odilo, Abt von Clugny, bekam von einem Reisenden aus Sizilien Kunde von den Naturerscheinungen bei den Völkern. Das wurde zurückgeführt auf die Qualen im Fegefeuer. Daraus entstand das Fest Allerseelen, um den Seelen Erlösung aus dem Fegefeuer zu verschaffen.« K676 »Fest aller Seelen stiftet Odilo von Clugny fur sein Kloster.« Die Ausführungen Schleiermachers im Vortrag zeigen hier, daß ihm die Notiz als Gedächtnisstütze dient. Deshalb ist die Nachschrift hier detaillierter. H346f. »Andre wie Paschasius sagten, wenn Christus auf gewöhnlichem Wege geboren sei, so sei Maria nicht Jungfrau geblieben, und das nehme ihr den Charakter der Heiligkeit. Hierzu kamen die Vorstellungen, daß sie von der Erbsünde frei gewesen«.
249
Odo Graf Vgl. trum Vgl.
ist nicht der Stifter von Cluny. Wilhelm der F r o m m e , Herzog von Aquitanien und von Auvergne übergab das Kloster 909 d e m für seine Strenge bekannten Abt Berno. HKG(J). Bd. 111,1. S. 371. Odo baute Cluny materiell und ideel zu einem R e f o r m z e n aus und durch seine Initiative erhielt es die nötige privilegienrechtliche Absicherung. L T h K . Artikel zur Person.
80
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
K672 (teilweise) »Daher Paschasius sagt wäre sie keine Jungfrau geblieben Dabei schon sie sei bereits im Mutterleibe geheiligt und von aller Erbsünde frei gewesen.« H348f. »Der Abt Amalar äußert in seinem Werk >De officio ecclesiaeDe exordiis et incrementis rerum ecclesiasticarumDe correctione antiphonarii« eine Kritik des sangbaren Teils des Gottesdiensts und riet, alles wegzuschaffen, was nicht unmittelbar biblisch sei.« K677 »Amalarius de ecclesiastico officio. Erklärung der kirchlichen und liturgischen Gebräuche. - meint doch die Meßgebräuche seien überflüssig, hier250 auch die figürliche Abendmahlslehre. Agobard von Lyon gebore«251 779 Gegner der Adoptianer. Sein über de imaginibus. de correctione Antiphonarii will aus den Gesängen alles was nicht unmittelbar biblisch ist wegschaffen. - Walafried de exordiis et incrementis rerum ecclesiasticarum mit ziemlich verständigen Aeußerungen über den Anwachs der Gebräuche.« Obwohl Schleiermachers Notiz zum Teil detaillierter ist, ist doch Hagenbachs Mitschrift hier erstaunlich reichhaltig. Die bei Schleiermacher am Rand erscheinenden Notizen, deren Inhalt sich nicht in der HagenbachNachschrift niedergeschlagen hat, können durchaus bei der weiteren Ausarbeitung der Vorlesung für 1825/26 entstanden sein. H349 »In der morgenländischen Kirche Kommentare des Oecumenius.« K681 »Oecumenius Bischof von Tricca. Commentar«. H351 »Paschasius sagt, das Wasser müsse beim Wein sein, das Wasser bedeute das christliche Volk, keines könne ohne das andre sein. Ratramnus warf ihm vor, wenn er eine leibliche Verwandlung annahm, so müsse auch Wasser realiter ins Blut des gläubigen Volkes verwandelt werden.« K689 (teilweise) »Mischung mit Wasser erläutert er Wasser = Volk Wein = Christus-, keines darf ohne das andere sein.«152 »Wenn eine körperliche Verwandlung: so müßte auch dûs beigemischte Wasser körperlich in das Blut des gläubigen Volkes verwandelt werden.«253
250
hier ... Aie/uimaAlslehre. ] mit Einfügungszeichen
251
geboren ... imaginibus. ] mit Einfügungszeichen
252
=SN64,117,14-15.
253
=SN64,117,36-38.
am äußeren
Rand.
(über Agobard^) am äußeren
Rand.
Die Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers
81
H351 »Für Paschasius erklärte sich Ratherius und erklärte die Wandlung im Abendmahl nach Analogie der Verwandlung des Wassers in Wein auf der Hochzeit zu Kana.« K689 (teilweise) »Ratherius lehrt der Wein werde wahres Blut, wie zu Cana dûs Wasser sei wahrer Wein geworden«.254 Die folgende Passage H362,30—365,18, zu der es durchgehend keine Parallele in der Bonnell-Edition gibt, hat als Gerüst die SchleiermacherNote K698 zur Grundlage, die hier beinahe ganz verwendet ist, für den Schlußteil K692. An diesem Beispiel zeigt sich einerseits der zum Teil stichwortartige Charakter der Kollektaneen, andererseits läßt sich hier gut nachvollziehen, wie die zum Teil zusammenhangslosen Mosaiksteine der Leseblüten der Kollektaneen im Vortrag von Schleiermacher durch Beziehungssetzungen, Überleitungen und das Einspannen in einen übergeordneten Gedanken zur geschichtlichen Darstellung werden: H362f. » Ü b e r s i c h t der k i r c h l i c h e n V e r h ä l t n i s s e d i e s e r Z e i t . Schon seit vielen Jahrhunderten war die Ernennung der Kleriker in den Händen der Bischöfe. Sie allein konnten Presbyter weihen und ernennen und ebenso konnte ohne ihre Zustimmung kein Diakon gesetzt werden. Die Gemeinden waren schon seit langer Zeit von der Ernennung des unmittelbaren Klerus ausgeschlossen, aber die Wahl des Bischofs selbst ging ursprünglich von ihnen aus. Früher wurden auch Presbyter und Diakone von ihnen gewählt. Aber das Recht war schon auf eine vielfache Weise beschränkt worden. Schon alte Kirchengesetze verordneten, wenn die Wahl streitig sei, sollen die Bischöfe der Provinz den Bischof wählen, aber vorzüglich seit den fränkischen Zeiten, wo die Bischöfe zugleich Lehnsträger der Könige und Stände des Reichs waren und die weltliche Qualität von der geistlichen in praxi nicht geschieden wurde. So war natürlich, daß die Könige einen bestimmten Einfluß auf die Wahl der Bischöfe erlangten, besonders bei den neuen Gemeinden aus Heiden, denen man die Wahl nicht anvertrauen konnte. Man appellierte öfter an die alten Kirchengesetze, und es wurde auf mehreren Synoden bestimmt, daß man bei erledigten Bischofsstellen den Landesherrn um freie Wahl ansprechen sollte. Wenn aber der Landesherr es nicht zugab, sondern die Stelle selbst (meist mit Hofgeistlichen) besetzte, sollten doch alsdann die zur selbigen Provinz gehörigen Bischöfe ihn prüfen, und wenn er nicht bestände, Gegenvorstellungen tun. Wo die Landesherrn die Bistümer gestiftet oder reichlich dotiert hatten, ernannten sie nicht nur, sondern belehnten auch die Bischöfe mit Stab und Ring.«
254
=SN64,118,2—3.
82
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
K698 (teilweise) »- Investitur. -« »- Freie Wahl od er Besezungen.« »Neue Bisthümer in neubekehrten Ländern«. K654 (teilweise) »Synode von Valence 855 beschließt in Erledigungsfällen den Landesherrn um seine Wahl zu bitten schikte er aber einen so sollten Sitten und Wissenschaft bescheiden geprüft werden.« H363 »Auf alles, was in dieser Region lag, hatten die römischen Bischöfe keinen Einfluß. Ihren Einfluß auf die Erzbischöfe (wie er entstand, ist dunkel) übten sie durch das Pallium, wodurch sie einem eine Autorität geben konnten. Es gab dabei viele Feierlichkeiten, und [ei] wurde bestimmt, bei welchen Gelegenheiten der Bischof es trage. Aus dieser Ehrenbezeugung entstand eine Art von Oberaufsicht. Man findet daher schon im 7ten und 8ten Jahrhundert, daß der römische Bischof es einigen Bischöfen zum Klagepunkt machte, wenn sie sich des Palliums zur unerlaubten Zeit bedienten.« K698 (teilweise) »Erzbischöfliches Pallium.« K651 (teilweise) »Mittelst des Pallium Einfluß der Päpste auf Stiftung des Erzbisthums.« H363 »In deutschen Bistümern, deren Bekehrung von römischen Missionaren ausgegangen war oder die sich sonst frühzeitig an den römischen Stuhl anschlossen, übte der römische Bischof ebenfalls vielen Einfluß. Wenn neue Bistümer oder neue Werke gestiftet werden sollten, wurde die Zustimmung des römischen Bischofs eingeholt. Dies war schon hergebracht unter den Karolingern und Ottonen.« K698 (teilweise) »Erwählung neuer Bisthümer - Neue Bisthümer in neubekehrten Ländern«. H363f. »Davon ging das Bestreben des Papstes aus, Legaten und Vikare zu setzen. Kein Geistlicher durfte über etwas außer seinem Sprengel gerichtet werden. Was Bischöfe betraf, wurde vor den römischen Bischof gebracht. Hatte nun der Papst seine Legaten in den entfernten Bistümern, so konnte dies Gesetz gehandhabt werden. Bis hierher hatte aber der römische Bischof noch kein größeres Recht, als anders Kirchenversammlungen auszuschreiben. Vom Ausspruch des Bischofs konnte man an eine Synode appellieren und von jeder Synode an eine ökumenische, nur daß die Zusammenberufung etwas Schwieriges war und nie im eigentlichen Sinn zustande kam. Der römische Bischof verlangte gewöhnlich den Vorsitz auf den ökumenischen Synoden, aber dies war bisher nur ein Ehrenrang und gab ihm keine Rechte über die Patriarchen. Auch von der weltlichen Macht konnte die Veranlassung zu Synoden ausgehen in der griechischen und lateinischen [Kirche]. Sowohl wenn der Befehl von der weltlichen Macht kam, eine Synode zu berufen, oder auch wenn ein Metropolit eine Syn-
Die Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers
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ode versammeln wollte, fiel es bis dahin niemand ein, den römischen Bischof zu fragen.« K 6 9 8 (teilweise) »Recht der Synodalausschreibung Doch gab schon Sergius II. dem Bischof
von Mez 255 als seinem Vicar das Recht
KirchenVersammlungen
zu halten. D a s konnte Metropolit und Patriarch. - « H 3 6 4 »Die Eingriffe kirchlicher Versammlungen in das weltliche Gebiet waren schon zu dieser Zeit häufig, und man kann nicht sagen, daß dies allein von Rom ausgegangen wäre. Auf einer Synode von Metz 859 wurde der deutsche König Ludwig mit dem Bann bedroht. Schon nach den damaligen Vorstellungen wäre mit verbunden gewesen eine Exkommunikation des ganzen Landes (Interdikt). Daß Bischöfe und Metropoliten
die päpstlichen Anmaßungen
beschützten,
kommt auch schon vor, aber es sind meist Schmeicheleien, nicht gut gemeint. Auf diesem Punkt stand die kirchliche Verfassung.« K698 (teilweise) »Auf der Synode von Attigny Carl [der] Kahle abgesezt und die Unterthanen von ihrem Eide losgesprochen. Auf der Synode von M e z 859 der deutsche König Ludwig mit dem Bann bedroht.« H364 »Daß der römische Kaiser von Karl dem Großen an Oberherr von Rom gewesen, leidet keinen Zweifel. Die alten Ansprüche der griechischen Kaiser, die neuen der fränkischen und die des Papstes sind etwas nicht genau zu Entwikkelndes, weil es an bestimmten Verträgen über den Gegenstand fehlt. Daß der römische Bischof ohne Zustimmung des Kaisers geweiht werden durfte, stand fest, aber es wurde keiner f ü r einen römischen Kaiser gehalten, als bis er in Rom war gekrönt worden. Dieses festzuhalten war das Interesse der Päpste. Ein günstiger Umstand war die Minderjährigkeit Heinrich IV. M a n sieht aus den vorhandenen Akten nicht, ob man ihm schon als König das Bestätigungsrecht zuerkannt habe oder die Sache habe bis auf sein Kaisertum ruhen lassen.« K698 (teilweise) »Hatto von Mainz entschuldigt 900 bei Johann IX, daß Ludwig ohne ihn zum König gewählt worden - Siegfried von Mainz schreibt 1073 an Alexander
II. die deutsche und kaiser liehe Krone sei durch die Hand Petri in
seiner Hand er wollte aber seinen Beistand in der 256 thüringen Zehntensache Seitdem Hanno von Cölln den jung en Heinrich IV entfuhrt riß der große Erzb ischof die Reichs Verwaltung an sich.«
255
Es folgt eine hier nicht wiedergegebene Randnote mit Details zum Leben von Drogo von Metz.
256
der] korr. aus einer.
84
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
K589 (teilweise) »seine257 unbestrittene Oberherrschaft auch in Rom.« Das in K698 angeführte Detail über Heinrich IV. ist später ausgeführt: H369.10—11: »Der Erzbischof Hanno entführte den Kaiser und verfugte alles in seiner Gewalt.« Oben dient das Stichwort »Heinrich IV« Schleiermacher offensichtlich allein als Assoziationshilfe für das im Vortrag ausgeführte Detail über dessen Mindeijährigkeit. H364f. »Während des großen Strebens nach Verbreitung des Christentums und Feststellung des kirchlichen Verbandes konnte die innerliche Intension unmöglich gleichen Schritt halten. Im letzten Jahrhundert dieses Zeitraums ist für die Lehre beinah so viel als nichts geschehn. Auch die Gottschalkischen Streitigkeiten und andere waren nur Repetitio und Korollarium zu früheren. In diesem äußerlichen Bestreben war aber die Kunstseite des Christentums sehr begründet. Streit des Kunstsinnes gegen die Feindschaft des Künstlerischen im Gottesdienst. Statuen blieben ganz ausgeschlossen, die Bilder, über die gestritten wurde, waren Gemälde von Jesus Christus. Über Musik wurde nie gestritten. Um das Musikalische hatte die römische Kirche und namentlich Gregor der Große viel Verdienst. Orgel ziemlich verbreitet. Als eine Art von Polemik gegen die Künste kann man ansehen das Projekt des Agobard von Lyon, das Unbiblische aus dem Antiphonien auszustoßen. Wie es um die bildende Kunst dieser Zeit gestanden habe, davon haben wir nicht viele Kenntnisse. Wenn auch die Virtuosität nicht groß war, so muß die Masse ungeheuer gewesen sein. Ein wesentliches Element der christlichen Kunst ist die Baukunst, aber seit dem 9ten Jahrhundert kam sie in großen Verfall. Klagen in Chronikenschreibern, daß verfallene Kirchen nicht hergestellt wurden. Dies lag teils in den Stürmen der Zeit, teils im Aberglauben, daß im Jahr 1000 der Antichrist erscheine und das Weltgericht kommen werde. Sowie dieser Wahn verschwand, wurde die Kunst wieder hervorgehoben. Erhabener Stil im XI. und XII. Jahrhundert.« K692 »Uebersicht. Dürftigkeit in der Lehre. Kunst und Bau nach überwundener Furcht.« H374 »Man könne nicht sagen, was numero idem sei, sei auch essentia idem. Quoad naturam seien pater et filius idem, aber quoad relationes verschieden.« K709 (teilweise) »Vater und Sohn sind so zwei, daß unter diesen Zweien nicht verstanden werden ihre Substanz sondern ihre relationes - Die Engel oder Seelen sind nicht so n u m e r o oder natura Eines wie Gott«.
257
Gemeint ist Karl I.
Die Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers
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H384 »Ein anderer war O d o v o n C a m b r a i (der Beinamen kommt ihm mit Unrecht zu), Scholasticus im Kloster Tournai, nachher Bischof in Cambrai, und als er von Heinrich die Investitur nicht annehmen wollte, wurde er verwiesen. Er war dem Realismus zugetan und wandte ihn auf Erklärung der Erbsünde an. Die menschliche Natur sei damals enthalten gewesen in den Seelen Adams und Evas, und so sei die Sünde, welche in sie hineingekommen, auch in alle nachfolgenden Menschen gekommen. Dabei ist nun zurückgeblieben, wie eine Tat dieser beiden einzelnen Seelen als einzelne habe die Substanz verändern können. (Dies ist immer Stein des Anstoßes, sowie man das Entstehen der Sünde von einer einzelnen Tat ableitet.) Er stellt Augustin und Hieronimus einander entgegen und suchte sie zu vermitteln. Gott schaffe die einzelnen Seelen, aber nur vermittelst der vorhandenen Substanz der menschlichen Natur.« K715 »Odo von Cambray (verwiesen weil er die Investitur Heinrich IV nicht annehmen will[j] wendet den Realismus auf Erklärung der Erbsünde an; stellt auch ganz scholastisch neben einander die entgegengesezte Meinung der Traducianer und der welche die Seele erschaffen lassen und vermittelt, sie werde erschaffe« als einzelne aus der alten Substanz.« Der Vergleich zeigt, wie Schleiermacher seine Notizen im Vortrag entfaltet hat. So explizierte er im Vortrag die Erbsündenlehre Odos und charakterisierte allgemein die Problematik, die in dem Ansatz liegt, das Entstehen der Sünde von einer einzelnen Tat abzuleiten. Wie die Nachschrift aufzeigt, folgte Hagenbach diesen Ausführungen Schleiermachers mit Verständnis und formulierte sie transparent. H386 »Wie sehr Robert der traditionellen Lehre anhing, sieht man [daran], wie er die bekannten Formeln >Deus passus est< und >Deus mortuus est< erläuterte. Er sagte, man dürfe Formeln, die in der Kirche nicht vorkommen, auch nicht aufbringen.« K724 (teilweise) »Erklärung der Formeln Deus passus est, nicht katho/iicfte Formeln diese Art will er nicht zulassen, welches ganz antischolastisch ist.« H392 »Die Maroniten, die in der Nähe von Palästina wohnten, vereinigten sich mit der römischen Kirche.« K741 (teilweise) »1182 vereinigten sich die Maroniten vom Libanon mit der römischen Kirche«. H392 »Gerhard von Reichersberg»De corrupto ecclesiae statu«. K750 (teilweise) »Gerhard von Reichersberg de corrupto ecclesiae statu«.
258 Reichersberg] Richelsberg. Verbessert nach K750.
86
Schleierniacher als Kirchengeschichtler
H392 »In einer Schrift des Folmar259 von Triefenstein wird eine geistige Genußlehre des Abendmahls vorgetragen, es sei corpus Christi sine plenitudine humani corporis, das Blut sei sanguis spiritualis uvae.« K749 (teilweise) »Folmar von Triefenstein Vorstellung vom Abendmahl: spiritualis uvae sanguis und caro Christi sine humani corporis plenitudine«. H392f. »In den Niederlanden war schon im Anfang des 12. Jahrhunderts aufgetreten ein gewisser Tanchelm260 gegen die Autorität des Papstes.« K747 (teilweise) »Dankhelm in Antwerpen 1110 verwirft Papst und Hierarchien«. H395 »auf261 einer münster'schen Synode wurde der Zusatz gemacht, die Umstände bei der Sünde müßten auch mit angegeben werden.« K762 (teilweise) »zu Münster 1279 daß alle Umstände bei groben Sünden müßten gebeichtet werden«. H396 »Der Bischof Anselm von Havelberg hatte schon längst geäußert, daß die Mönchsorden der christlichen Religion zur Verachtung gereichen.« K769 »Anselm von Havelberg sagt daß die vielen Mönchsorden der christlichen Religion zur Verachtung gereichen«. H396 »Seit dieser Zeit vermehrte sich der Einfluß der Bettelorden. Franciscus wollte in einer Vision die στίγματα Christi erhalten haben, gegen dies stritten die Dominikaner. Der Papst ließ aber die στίγματα des heiligen Franciscus bestätigen.« K773 (teilweise) »Die Dominikaner erklären sich gegen die Stigmata des heiligen Francisco der Papst läßt sie zu Deutschland öffentlich bestätigen.« H398 »Simon von Tournay sagt, er könne diese Lehre ebensogut umstoßen als verteidigen, es fehle bei dieser Methode des Aufstellens von Quästionen an Zusammenhang.« K786 »Simon von Tournay sagt er könne die kirchliche Lehre eben so gut umwerfen als bestätigen weil es an Zusammenhang fehle.« H400 »Ein merkwürdiges Werk eines Dominikaners aus dieser Zeit: »Pugio fidei adversus262 Mauros et Judaeos«.
259
Folmar von Triefenstein] Feibar von Tiefenstein. Verbessert nach K749.
260
Tanchelm] Tanhell. Verbessert nach K747.
261
auf ... werden.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
262
adversus Mauros] contra Muhamedanos. Verbessert nach K703.
Die Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers
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K703 (teilweise) »Raymund Martini Dominicaner pugio fidei adversus Mauros et Judaeos. Spanier 1278.« H400 »Ziemlich gleichzeitig mit Abailard hatte ein Arnold von Lisieux sich über diesen Punkt so geäußert, daß Maria rein von Sünden worden wäre, als sie die Verheißungen des Engels im Glauben annahm, übereinstimmend mit Anselm.« K721 »Arnold von Lisieux glaubte Maria sei rein von Sünden geworden als sie die Verheißung des Engels gläubig annahm.« H401 »Gegen Mitte des XIII. Säkulums klagten die Geistlichen von Livland und Preußen, daß die Ritter die Bekehrung hinderten, weil sie die Heiden als Leibeigene brauchen konnten.« K772 (teilweise) »Schon 1246 klagt der Bischof die Ritter verhinderten die Bekehrung der Heiden um sie als Knechte behandeln zu können«. H402 »Den Zusatz >filioque< nahmen die griechischen Legaten an, das wurde ihnen in Konstantinopel übel ausgelegt. Der Papst tat den Kaiser Michael Palaeologus in den Bann, die altgriechische Lehre wurde wiederhergestellt.« K782g (teilweise) »1274 Conci/ zu Lyon wo die Griechen filioque annehmen. Doch263 Martin IV. 1281 anathematisirt den Michael schon wieder, weil dort 1283 die altgriechwc/ie Lehre hergestellt ward.« H403f. »Dies gab Anlaß, selbst dem Papst Ketzereien aufzubürden. Ludwig von Baiern gab der geistlichen Gewalt eine Richtung gegen den Papst, ließ ihn für einen Ketzer erklären und ihm 16 Ketzereien nachweisen.« K798 (teilweise) »Ludwig264 der Baier läßt ihm 16 Kezereien vorwerfen«. H405 »Bedenkt man, wie zahlreich die Universitäten besucht wurden und neue gestiftet (Heidelberg, Köln, Erfurt, Prag, Pisa, Wien), so ist es kaum begreiflich, wie unwissend demuneracht die Kleriker im ganzen waren.« K813 »Die Universitäten Pisa, Heidelberg, Cölln, Erfurt und Prag entstehn hernach auch Wien.« H405 »Auf einer Versammlung wurde bestimmt, die Laien glauben implicite, was die Kirche glaube, die Kleriker sollten es explicite glauben. Man gab für die Geistlichen Bücher aus: >De tribus punctis essentialibus religionis< welchesÇ!)165 verlangt, sie müssen die 10 Gebote, die 7 Haupttugenden und die 7 Todsünden kennen.«
263
Doch ... ward.] mit Einfügungszeichen
264
Ludwig ... vorwerfen.] mit Einfilgungszeichen
am äußeren Rand.
265
we/c7ies(?)] oder d/eses(?).
am äußeren
Rand.
88
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
K809 (teilweise) »Die Laien glaubten implicite die Kleriker explicite was die Kirche glaube. Doch theilte man den lezteren libellus de tribus punctis essentialibus aus damit sie diese wenigstens kannten.« H405 »Hiermit hingen zusammen die Anhänger eines gewissen Dulcino in der Lombardei, welche behaupteten, man müsse nicht alles bekennen. Er wurde gefangen, in Stücke gerissen, verbrannt.« K816 (teilweise) »Dulcinus in der Lombardei gegen die Gewalt der römischen Kirche und gegen die irrigen Gebräuche und Gelübte mit der gnostischen Vorsicht daß man nicht zu bekennen brauche. - zerrissen und verrannt«. H405f. »Bald nach dem ersten Viertel des 14ten Jahrhunderts predigte ein Franziskanerbruder 266 Eckhard das Christentum in einem reinen mystischen Stil (im guten Sinn), andre auch. Johannes Tauler (in Straßburg und Köln) und Johannes Ruysbroeck, ein niederländischer Kanoniker, wußten mit den Hauptpunkten der Lehre das innere Christentum in Verbindung zu bringen, so daß aber solche Darstellungen von der Verdienstlichkeit der überflüssigen Werke hier kein Platz fanden. (...) Dabei gingen manche von einem mehr pietistischen Prinzip aus wie Margarete Porete (im ersten Viertel des 14ten Jahrhunderts verbrannt), Berthold von Rohrbach,167 der zur Wundentheologie gehört. Er behauptet, alles Essen und Trinken beim Christen könne eine ähnliche Bedeutung haben wie Leib und Blut Christi (dies läßt sich, wenn die Wirklichkeit nur als Approximation angesehen werden kann, in gewissem Sinn verteidigen). Johannes XXII. ließ 26 Irrtümer des Eckhard verdammen, aber ihn selbst, da er schon gestorben war, ließ er unverketzert.« K805 (teilweise) »Bruder Ekhart auf den Tauler viel hält predigt 1329 in Kölln (Von Papst Johannes seine 26 Irrthümer verdammt.) M y s t i k e r 2 6 8 Margaretha Porrette von der Vernichtung der Seele in der Liebe Gotte s. Verbrannt 1310 in Paris Johann Rusbrock Kanonikus. Berthold von Rohrbach Begharde übertriebene Vorstellung vom Leiden Jesu. Sakramentlichke/t alles Essens und Trinkens Erleuchtung von Gott besser als Gelehrsamkeit, verbrannt 1356. -« Die Mitschreibefehler Hagenbachs in dieser Passage zeigen die Schwierigkeiten an, dem Vortrag Schleiermachers mit der Detailfülle zu folgen. Dennoch ist die Nachschrift auch hier souverän, wie das Mitverzeichnen
266
Franziskanerbrader] So auch die Eyssenhardt-Nachschrift S. 252. Kj Dominikanerbruder. Vgl. LThK. Artikel zur Person.
267 Rohrbach] Bora. Verbessert nach K805. 268
M y s t i k e r ... Paris] am äußeren Ratui.
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von Schleiermachers mündlicher Bemerkung zu der Lehre von Berthold von Rohrbach zeigt. H406 »Mönche auf dem Berg Athos unter dem Namen >HesychiastenDe Antichristo< schrieb, die er auf den Papst deutete, teilte das Abendmahl unter beiderlei Gestalt aus.« K820 »Matth/αϊ \on Janowo hat wirklich das Abendmahl sub utraque ausgetheilt, ab er widerrufen müssen de antichristo gegen die päpst/ic/ie Alleinherrschaft.«
269
Hesychiasten (sie!)] über < Palamiten > .
270
erklärt ... abgesezt] mit Einfügungszeichen
271
Glaubenssachen ... Concil] über den Rand
272
unterworfen sei.] unier der Zeile.
am äußeren Raiul. hinausgeschrieben.
90
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
H410 »Man müsse unterscheiden zwischen denen, welche in ecclesia und denen, welche de ecclesia wären. - Seine Anhänger unter der Geistlichkeit nannten sich die clerici evangelii.« K844 (teilweise) »richtiger Begriff der Kirche Unterschied in ecclesia und de ecclesia. Seine Anhänger nennen sich Clerus evangelicus«. H411 »(Im Anfang des 14. Säkulums hatte auf der Pariser Universität ein Doktor Mayronius773 wöchentlich einmal Disputieren angesetzt, wo viele freie Behauptungen aufgestellt worden waren. Dasselbe geschah auch über diese Lehre. Durandus von St. Porciano174 hatte schon als junger Mann in einer solchen Disputation behauptet, daß das Sakrament nicht an die Substanz gebunden sei und daß es den Sakramenten nichts schade, wenn [ííe] die Gestalt des Brots und Weins behielten.)«. K812 »Francisco Mayronius führt 1315 das öffentliche Disputiren wöchent/icÄ gegen jeden Opponenten ein.« K817 »Durandus a Sancto Porciano Bischof von Meaux. Die Sacramente haben nicht virtutem causativam; Substanz der Zeichen könne bleiben (|1334)«. H415 »Es waren sehr namhafte Gelehrte, welche zu dieser Verhandlung abgeschickt wurden: Kardinal Bessarion und Gemistius Pletho. Beide trugen bei zur Verbreitung lateinischer Gelehrsamkeit, der Geschmack am Studium der klassischen Römer und bessere Latinität wurde gebildet.« K849 »Aeneas Sylvius ist in Basel; Gemistius Pletho und Bessarion in Ferrara«. H418 »Er war in der Gewalt eines seiner Neffen, geldgierig, weswegen er das Jubeljahr (das schon auf 33 reduziert worden war), auf 25 Jahre reduzieren wollte, allein es gelang ihm nicht.« K857 (teilweise) »Sixtus IV. Das275 Jubeljahr soll auf 25 Jahre festgesezt werden«. H418 »(Grenzen auf der nordafrikanischen Küste gezogen zwischen dem, was den Spaniern und Portugiesen gehörte)«. K867 »Alexander VI theilt die Nordafrikyj/sc/ie Küste zwischen Spanien und Portugal.«
273 Mayronius] Majonis. Verbessert nach K812. 274 Porciano] Partiano Verbessert nach K817. 275
Das ... werden] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
Die Hagenbach-Nachschrift und die Aufzeichnungen Schleiermachers
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Exkurs II: Erwägungen zur Edition der Kirchengeschichtsvorlesung in der KGA Die folgenden Erwägungen gelten der beabsichtigten Neuherausgabe der Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers in der KGA. Wir sind in bezug auf die Kirchengeschichtsvorlesungen 1821/22 und 1825/26 in der glücklichen Lage, daß wir umfangreiches handschriftliches Material von Schleiermachers Hand zur Verfügung haben. Gerade die Tatsache, daß Nachschriften eine Vorlesung nur selektiert wiedergeben und mitunter von der subjektiv eingefärbten Rezeption des Hörers geprägt sind, ist der Grund dafür, daß man bei der Edition einer Vorlesung möglichst auf Aufzeichnungen des Vortragenden zurückgreift. Der Umfang des Schleiermacher-Materials zu den Kirchengeschichtsvorlesungen 1821/22 und 1825/26 scheint eine solche Art der Edition zu ermöglichen. Hierbei ist es jedoch wichtig, den Charakter der Aufzeichnungen zu berücksichtigen, wenn das Ziel verfolgt wird, die Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers in der bestmöglichen Weise zu veröffentlichen. Wie die Charakterisierung der Kollektaneen ergeben hat, 276 kommt zumindest dieses Material als Grundlage der Edition dieser Vorlesungen Schleiermachers nicht in Frage, da hier allgemein allein eine Vorstufe der geschichtlichen Darstellung geboten wird, die deren ausgearbeitete Form nicht ersetzen kann, die Schleiermacher im Kolleg geboten hat. Diese Stoffsammlung kann aber als Ergänzung und Kontrolle für das nachgeschriebene Material dienen. Mit Hilfe der Kollektaneen können Verstehensfehler der Nachschreiber eruiert und korrigiert werden, Lücken ergänzt werden und Nachschriften qualitätsmäßig eingeordnet werden. Die Stundenausarbeitungen dagegen bieten eine gute geschichtliche Darstellung, die zumindest für den positiven Teil der Vorlesung, den sie abdecken, als Grundlage dienen können. Für den Einleitungsteil sind die Stundenausarbeitungen äußerst knapp ausgefallen, so daß für diese ähnliches wie für die Kollektaneen gilt. Schleiermacher hat also die 9. bis 46. Stunde soweit ausgearbeitet, daß für diesen Teil eine angemessene Textgrundlage für die Edition der Kirchengeschichtsvorlesung 1821/22 von Schleiermachers eigener Hand gegeben ist. Dies ist aber nur ungefähr ein Drittel der gesamten Vorlesung. Bei dieser Sachlage bietet es sich an, die qualitativ beste der erhaltenen Nachschriften als durchgehende Textgrundlage der Edition zu verwenden, der die Stundenausarbeitungen Schleiermachers vorausgeschickt werden. AlleErgän-
276
Siehe oben 2.1.1 und 3.3.
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Schleiermacher als Kirchengeschichtler
zungen zu der Nachschrift aus den Kollektaneen Schleiermachers oder den anderen Nachschriften sollten in einem Apparat parallel zum laufenden Text geboten werden, evidente Hörfehler sollten mit Nachweis im textkritischen Apparat im Text verbessert werden. In Anbetracht der Tatsache, daß uns keine Nachschrift der 1825/26-Vorlesung vorliegt, sollten auch die Kollektaneen, die für die Vorlesung 1825/26 bestimmt waren, ediert werden. Dies entlastet zudem die Herausgabe der 1821/22-Vorlesung von der Ergänzung der Details der späteren Ausarbeitungen Schleiermachers. Eine Edition der Kollektaneen von 1821/22 in Auswahl wäre wünschenswert, wobei aber allein die Kollektaneen, in denen Schleiermacher selbst zu Wort kommt, also nicht die bloßen Exzerpte aus Quellen und Sekundärliteratur, von besonderen Interesse sind. Allerdings wäre eine Edition deijenigen Kollektaneen im Zusammenhang der Stundenausarbeitungen angebracht, auf die Schleiermacher dort verweist. Auch sollte das Manuskript Schleiermachers SN63 nach Durchsicht der Edition Bonnells noch einmal veröffentlicht werden, um den wichtigen Text so zugänglicher zu machen.
4 Die Kirchengeschichtsvorlesung 1821/22 4.1 Schleiermachers Quellen- und Sekundärliteratur für seine Kirchengeschichtsvorlesung 1821122 Daß Schleiermacher sehr auf ausgearbeitetes kirchengeschichtliches Material zurückgreifen mußte und nur einen kleinen Teil aus den Quellen beherrschen konnte, ist aus der Tatsache ersichtlich, daß er nicht die Zeit zum ausgiebigen breiten Quellenstudium hatte, hat er doch den positiven Teil der Kirchengeschichte neben mannigfaltigen anderen Verpflichtungen nur zweimal gelesen, wobei es sich darüber hinaus in beiden Vorlesungen um eine kompendienartige Darstellung des Stoffes vom Urchristentum bis zum Anfang des 15. bzw. 18. Jahrhundert handelt. Schleiermacher äußert sich in einem Brief 1821 an Ludwig Gottfried Blanc über seine Arbeit an der Kirchengeschichtsvorlesung: »Die Kirchengeschichte macht mir viel Pein. Ueberall entsteht mir die größte Versuchung zu großen Studien und zu neuen Untersuchungen der Gegenstände, und doch muß ich alles von der Hand schlagen. Wäre ich noch zehn Jahre jünger: so könnte es wol sein, daß ich mich auf mehrere Jahre ganz ausschließend in dieses Fach würfe. Zu thun ist gewiß noch viel mehr darin, auch recht im Großen, als man gewöhnlich meint.« 277 In bezug auf die gebrauchte kirchengeschichtliche Sekundärliteratur zeichnet sich Schleiermachers Kirchengeschichtsvorlesung durch die Auswahl und die Art der Rezeption des Stoffes aus, wobei er diesen selektiv in seine Geschichtsschau hineinformt. Die Leitideen seiner kirchengeschichtlichen Darstellung stellt er im einleitenden Teil dieser Vorlesung dar. in
Von den zeitgenössischen Kirchengeschichten, die er benutzt hat, nennt er seinen Aufzeichnungen namentlich Schmid, 278 Schroeckh, 179 Semler 280
277
Aus Schleiermacher's Leben. In Briefen. Hg. von W. Dilthey. 4. Bd. Berlin 1863. S. 280.
278
Vgl. K7; K42; K47; K49; K50; K52; K53; K58; K88; K891. Gemeint ist offensichtlich Johann Ernst Christian Schmidt, dessen Handbuch der christlichen Kirchengeschichte sich in seiner Bibliothek befand. Siehe hierzu unten S. 99.
279
Vgl. K149; K568; K984; K1086; 24. Stunde SN65.23, Randnote; 32. Stunde SN65,43, Randnote.
280
Vgl. K95; K98; K99; K311.
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Schleiermacher als Kirchengeschichtler
und Stolberg. 281 Bei den meisten Kollektaneen gibt er keine Stellenangaben zu seinen Lesefrüchten aus der Sekundärliteratur an. Mit Ausnahme von Stolberg282 finden sich die Kirchengeschichten der genannten Personen alle im Auktionskatalog von Rauch, 283 der den bibliothekarischen Nachlaß Schleiermachers zur Versteigerung auflistet. Dieser Versteigerungskatalog stellt ein wichtiges Hilfsmittel zur Feststellung von Schleiermachers eigener Bibliothek dar. Die kirchengeschichtlichen Bücher, die sich hierin finden, waren ihm zur Hand, als er seine Kirchengeschichtsvorlesung ausarbeitete. Das heißt nicht, daß er alle ihm in seiner Bibliothek zur Verfügung stehenden Bücher gebraucht hat. Auch ist zu bedenken, daß die Liste der dort aufgeführten theologischen Bücher keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Schleiermacher kann bei seiner Ausarbeitung auch auf ausgeliehene Bücher zurückgegriffen haben. Trotz dieser Einwände ist ein Blick in seine Bibliothek nach dem Auktionskatalog von Rauch sehr aufschlußreich. Folgende kirchengeschichtliche Sekundärliteratur ist dort aufgeführt: 284 ADELUNG, JOHANN CHRISTOPH: Versuch einer Neuen Geschichte des Jesuitenordens. 1. Bd. Berlin und Halle 1769 (Rauch 97,163); ARNOLD, GOTTFRIED: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. 4 Bde. Frankfurt am Main 1 6 9 9 - 1 7 0 0 (Rauch AUGUSTI,
JOHANN
(Rauch
CHRISTIAN
3,79-80);
WILHELM:
Chrestomathia
patristica.
Leipzig
1812
18,587-588);
AUGUSTI, JOHANN CHRISTIAN WILHELM:
Betrachtungen
über die Reformation
und
Kirchen-Verfassung in Schweden. Breslau 1816 (Rauch 27,824); »BAUMGARTEN-CRUSIUS,
LUDWIG FRIEDRICH O T T O : L e h r b u c h d e r c h r i s t l i c h e n
Dog-
mengeschichte. 2 Bde. Jena 1832 (Rauch 11,402—403);
281
Vgl. K59; K61; K68.
282
Stolberg, F. L. v.: Geschichte der Religion Jesu Christi. 15 Bde. (bis zum Jahr 430). Hamburg 1806—1818.
283
Rauch, D.: Tabulae libronim e bibliotheca defuncti Schleiermacher ... qui ... vendendi prostant. Berlin 1835.
284
Offenkundige Fehler in der Bücherliste des Auktionskataloges wurden stillschweigend korrigiert, ebenso unvollständige Angaben nach Möglichkeit ergänzt. Bei Uneindeutigkeit wird die Ergänzung in eckige Klammem gesetzt bzw. mit entsprechendem Vermerk der Wortlaut bei Rauch wiedergegeben. Die Erscheinungsorte werden allgemein in nichtlatinisierter Form wiedergegeben, ausführliche Titel in einer sinnvollen Kürzung. Am Ende jedes Eintrages ist in Klammem die entsprechende Seite und Nummer bei Rauch angegeben. Bücher, die nach 1826 erschienen sind, also von Schleiermacher nicht für seine Kirchengeschichtsvorlesungen gebraucht sein können, sind mit »*« markiert. Vgl. auch: Schleiermachers Bibliothek: Bearbeitung des faksimilierten Rauchschen Auktionskatalogs und der Hauptbücher des Verlages G. Reimer. Besorgt von Günter Meckenstock. Berlin 1993.
Die Kirchengeschichtsvorlesung 1821/22
*BAUR, FERDINAND CHRISTIAN: D a s m a n i c h ä i s c h e R e l i g i o n s s y s t e m . T ü b i n g e n
95
1831
(Rauch 11,405); BAYLE PIERRE: Dictionnaire historique et critique. 4 Bde. 6. Aufl. Basel 1741 (Rauch 58,53-56); BEAUSOBRE, ISAAC DE: Histoire critique de Manichèe et du Manichéisme. 1. Bd. Amsterdam 1734 (Rauch 8,226); BELSHAM, THOMAS: American Unitarianism. A brief history. 4th edition. Boston 1815 (Rauch 27,827); BENSON, GEORGE: Geschichte der ersten Pflanzung der christlichen Religion oder Kommentar über die Apostelgeschichte. Aus dem Englischen übersetzt von J.P. Bamberger. Halle 1768 (Rauch 7,217); BERNHARDT, ERNST: AUS Luthers Leben und Schriften. Berlin 1817 (Rauch 24,742); BEVERIDGE, WILLIAM: Codex canonum ecclesiae primitivae. Amsterdam 1697 (Rauch 8,250);
BINGHAM, JOSEPH: Origines sive Antiquitates ecclesiasticae. Aus dem Englischen übersetzt von Heinrich Grischow. 10 Bde. Halle 1724—29 [Rauch: 2. Aufl. 1727] (Rauch 7 , 2 1 8 - 2 2 2 ) ; BRANDT, CASPAR: Historia vitae Jacobi Arminii. Amsterdam 1724 (Rauch 23,712); BRANDT, CASPAR: Historia vitae Jacobi Arminii. Mit Anmerkungen von J.L. Mosheim. Braunschweig 1725 (Rauch 23,729); BRAY, THOMAS: Propositum de Martyrologio generali, quod ad Protestantium tandem perpessiones pertinet. London 1714 (Rauch 3,78); BULLINGER, Heinrich: Der Widertöufferen ursprung. Zürich 1560 (Rauch 25,770); BURMANN, CASPAR: Analecta histórica de Hadriano VI. trajectino Papa Romano. Utrecht 1727 (Rauch 8,231); BÜSCHING, ANTON FRIEDRICH: Geschichte der jüdischen Religion oder des Gesetzes. Ein Grundriß. Berlin 1779 (Rauch 32,1010); CAVE, WILLIAM: Scriptorum ecclesiasticorum historia literaria. 2 Bde. Basel 1741—45. (Rauch 3 , 9 7 - 9 8 ) ;
CLÉMENT, CLAUDE: Clemens IV. eruditione vitae sanctimonia rerum gestarum gloria. Lyon 1623 (Rauch 24,740); Der Chur-Brandenburg Reformation Werck. Berlin 1615 (Rauch 9,274); FLACIUS, MATTHIAS: Ecclesiastica historia secundum singulas centurias. 12 Bde. Basel 1 5 6 0 - 6 9 (Rauch 3 , 7 3 - 7 7 ) ; GHENDT, CAREL VAN: Gründliche Historie von denen Begebenheiten, Streitigkeiten und Trennungen, so unter den Tauffgesinneten oder Mennonisten ... biß aufs Jahr 1615 vorgegangen. Aus dem Niederländischen übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Joachim Christian Jehring. Vorrede von Johann Franz Buddeus. Jena 1720 (Rauch 25,771);
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Schleiermacher als Kirchengeschichtler
GERBERON, GABRIEL: Histoire générale du Jansénisme. 3 Bde. Amsterdam 1700 (Rauch 22,709-711); Geschichte der neuesten Bedrückungen der evangelischen Erblande des Hauses Oestreich. 1763 (Rauch 9,279); GIESELER, JOHANN KARL LUDWIG: L e h r b u c h d e r K i r c h e n g e s c h i c h t e . 1. B d . D a r m s t a d t
1824; (Rauch 11,345-346); GORDON, ALEXANDER: La vie du pape Alexandre VI. et de son fxls César Borgia. Aus dem Englischen übersetzt. 2 Bde. Amsterdam 1751 (Rauch 22,706—707); HEINSIUS, JOHANN GEORG: Unpartheyische Kirchen-Historie Alten und Neuen Testaments von der Erschaffung der Welt bis auf das Jahr nach Christi Geburt 1730. 5 Bde. [Jena 1735 und öfter] (Rauch 10,300-304); HENKE, HEINRICH PHILIPP CONRAD: A l l g e m e i n e G e s c h i c h t e d e r c h r i s t l i c h e n K i r c h e
nach der Zeitfolge. 4. Aufl. 8 Bde. Braunschweig 1800 (Rauch 11,380—387); HENKE, HEINRICH PHILIPP CONRAD: G r u n d r i ß d e r K i r c h e n g e s c h i c h t e . B e e n d i g t v o n
Johann Severin Vater. Braunschweig 1810 (Rauch 11,394); HERRNSCHMID, JOHANN DANIEL: Commentatio histórica de vita D.M. Lutheri. Halle 1742 (Rauch 23,724); HEß, JOHANN KASPAR: Lebensbeschreibung M. Ulrich Zwingli's. Aus dem Französischen übersetzt von Leonhard Usteri. Zürich 1811 (Rauch 24,756); HEß, JOHANN JAKOB: Geschichte und Schriften der Apostel Jesu. 2 Bde. Zürich 1775 (Rauch 8,223); HOHLENBERG, MATTHÄUS HAQUINUS: De originibus et fatis ecclesiae christianae in India orientali. Kopenhagen 1822 (Rauch 26,804); HOBBACH, PETER WILHELM HEINRICH: Johann Valentin Andreae und sein Zeitalter. Berlin 1819 (Rauch 23,730); *HOBBACH, PETER WILHELM HEINRICH: S p e n e r u n d s e i n e Z e i t . 2 B d e . B e r l i n (Rauch
1828
19,602-603);
ITTIG, THOMAS: Historiae ecclesiasticae primi a Christo nato saeculi selecta capita. Leipzig 1709 (Rauch 9,273); JABLONSKI, DANIEL ERNST: Historia consensus Sendomirensis. Berlin 1731 (Rauch 8,236);
JORTIN, JOHN: Anmerkungen über die Kirchenhistorie. Aus dem Englischen übersetzt von J. Phil. Cassel. Bremen 1755-1757 (Rauch 27,830); •LANGE, LOBEGOTT: Beyträge zur ältesten Kirchengeschichte. Leipzig 1828—1831 (Rauch 12,423); LETI, GREGORIO: L'histoire de la vie du pape Sixte V. Aus dem Italienischen übersetzt von L. A. Le Peletier. Paris 1687 (Rauch 24,737); LUDEWIG, JOHANN PETER VON: Vita Justiniani M a g n i . H a l l e 1731 ( R a u c h 9 6 , 1 2 3 ) ;
Die Kirchengeschichtsvorlesung
MAIMBOURG, LOUIS:
1821/22
Critique générale de l'histoire du Calvinisme. Paris
97
1682
(Rauch
52,1634);
Geschichte der teutschen Reformation. 3 Bde. 2 . Aufl. Berlin 1831 (Rauch 11,342-344); MARHEINEKE, PHILIPP KONRAD: Ottomar. Gespräche über des Augustinus Lehre von der Freiheit des Willens und der göttlichen Gnade. Berlin und Stettin 1821 (Rauch 17,563); MARHEINEKE, PHILIPP C O N R A D : Ueber den Ursprung und die Entwicklung der Orthodoxie und der Heterodoxie in den ersten drey Jahrhunderten des Christenthums. In: Studien von Daub und Kreutzer 3 (1807) Heidelberg. S. 96—200 (Rauch 54,1688-1695); MARHEINEKE, PHILIPP KONRAD: Universal-Religionshistorie des Christenthums. Erlangen 1806 (Rauch 11,395); •MAYERHOFF, E R N S T THEODOR: Johannes Reuchlin und seine Zeit. Berlin 1 8 3 0 *MARHEINEKE, PHILIPP KONRAD:
(Rauch 23,732);
Erzählungen von D r . M . Luthers Leben. Übersetzt von F . T . Zimmermann. Göttingen 1816 (Rauch 23,720); MOSHEIM, JOHANN LORENZ: Institutiones historiae christianae majores saeculum primum. Helmstedt 1739 (Rauch 8,235); MOSHEIM, JOHANN LORENZ: De rebus Christianorum ante Constantinum magnum commentarii. Helmstedt 1753 (Rauch 8,224); MOSHEIM, JOHANN LORENZ: Institutionum historiae ecclesiasticae antiquae et recentioris libri IV. Helmstedt 1755 (Rauch 7,212); MOSHEIM, JOHANN LORENZ: Versuch einer unpartheyischen und gründlichen Ketzergeschichte 2. Aufl. Helmstedt 1748 (Rauch 8,225); MÜNSCHER, WILHELM: Handbuch der christlichen Dogmengeschichte. 4 Bde. Marburg
MELANCHTHON, PHILIPP:
1 8 0 2 - 1 8 0 9 (Rauch NEANDER, A U G U S T :
13,454-457);
Über den Kayser Julianus und sein Zeitalter. Leipzig
1812
(Rauch
23,725); NEANDER,
AUGUST:
Der heilige Bernhard und sein Zeitalter. Berlin 1813 (Rauch
23,728); Der heilige Chrysostomos und die Kirche, besonders des Orients, zu dessen Zeitalter. 2 Bde. Berlin 1821—1822; *2. Aufl. 1832) (Rauch 23,716-717; 11,407); NEANDER, AUGUST: Denkwürdigkeiten aus der Geschichte des Christenthums und des christlichen Lebens. 3 Bde. Berlin 1823—1824 (Rauch 11,388—390); • N E A N D E R , AUGUST: Geschichte der Pflanzung und Leitung der christlichen Kirche durch die Apostel. 2 Bde. Hamburg 1832-1833 (Rauch 11,391-392);
NEANDER, AUGUST:
98
Schleiennacher als Kirchengeschichtler
NEANDER, AUGUST: Genetische Entwickelung der vornehmsten gnostischen Systeme. Berlin 1818 (Rauch 11,404); NEANDER, AUGUST: Allgemeine Geschichte der christlichen Religion und Kirche. Berlin 1826ff. (Rauch ll,376a-379); NEANDER. AUGUST: Antignostica. Geist des Tertullianus und Einleitung in dessen Schriften mit archäologischen und dogmenhistorischen Untersuchungen. Berlin 1825 (Rauch 24,755); NIEKAMP, JOHANN LUCAS: Historia missionis evangelicae in India orientali. Aus dem Deutschen übersetzt von Heinrich Grischow. Halle 1747 (Rauch 8,234); OLSHAUSEN, HERMANN: Historiae ecclesiasticae veteris monumenta. Bd. 1,1 Berlin 1820 (Rauch 25,788);
PF ÄFF, CHRISTOPH MATTHÄUS: Introductio in historiam theologiae literariam. 2. Aufl. 3 Bde. Tübingen 1 7 2 4 - 1 7 2 6 (Rauch 9,263);
PLANCK, GOTTLIEB JAKOB: Geschichte des Christenthums in der Periode seiner ersten Einführung in die Welt durch Jesum und die Apostel. 2 Bde. Göttingen 1818 (Rauch 18,572); PLANCK, GOTTLIEB JAKOB: Geschichte der Entstehung, der Veränderungen und der
Bildung unsers protestantischen Lehrbegriffs vom Anfang der Reformation bis zu der Einführung der Concordienformel. 6 Bde. Leipzig 1781—1800 (Rauch 13,459-466); *PLANCK, GOTTLIEB JAKOB: Geschichte der protestantischen Theologie von der Kon-
kordienformel an bis in die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts. Göttingen 1831 (Rauch 12,425); PLATINA, BARTOLOMEO: De vitis ac gestis summorum pontificum. Köln 1551 (Rauch 3,85);
RANKE, LEOPOLD VON: Zur Kritik neuerer Geschichtsschreiber. Berlin 1824 (Rauch 93,24);
RICHER, ADRIEN: Große Begebenheiten aus kleinen Ursachen. Leipzig 1771 (Rauch 14,484);
RICHTER, KARL RUDOLPH: Geschichte Dr. Martin Luthers und der Reformation. 2. Auflage. Berlin 1817 (Rauch 50,1560-62); RISLER: JEREMIAS: Leben August Gottlieb Spangenbergs, Bischof der evangelischen Brüderkirche. Barby 1794 (Rauch 97,182); SAGITTARIUS, CASPAR: Introductio in historiam ecclesiasticam. 2 Bde. Jena 1718 (Rauch 7 , 2 1 5 - 2 1 6 ) ;
SCHELHORN, JOHANN GEORG: Amoenitates historiae ecclesiasticae et literariae. 2 Bde. Frankfurt und Leipzig 1737-1738 (Rauch 26,796-797); SCHMIDT, HEINRICH: Kurze Einleitung zur Brandenburgischen Kirchen- und Reformation shi storie. Berlin und Leipzig 1718 (Rauch 9,278);
Die Kirchengeschichtsvorlesung
1821/22
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Handbuch der christlichen Kirchengeschichte. 6 Bde. Gießen 1802-1824 (Rauch 11,396—401);28S SCHROECKH, JOHANN MATTHIAS (Bd. 9 und 1 0 von Tzschirner): Christliche Kirchengeschichte seit der Reformation. 10 Bde. Leipzig 1804—1812 (Rauch
SCHMIDT, JOHANN ERNST CHRISTIAN:
11,366-375);
Historia religionis et ecclesiae christianae. 2 . Aufl. Berlin 1785 (Rauch 49,1514); SCHROECKH, JOHANN MATTHIAS: Christliche Kirchengeschichte. 3 5 Bde. 2 . Aufl. Frankfurt und Leipzig 1772—1803 (Rauch 11,347—365); SCHUBERT, JOHANN ERNST: Geschichte des Papstes Vigilius nebst einigen Betrachtungen über Päpste, Concilia und Glaubensformeln. Halle 1769 (Rauch 24,754); SEMLER, JOHANN SALOMO: Historiae ecclesiasticae selecta capita. 3 Bde. Halle 1767-1769 (Rauch 48,1487-1489); SEMLER, JOHANN SALOMO: Commentarli historici de antiquo Christianorum statu. 2 Bde. Halle 1771—72 (Rauch 51,1617); SEMLER, JOHANN SALOMO: Versuch eines fruchtbaren Auszugs der Kirchengeschichte. 3 Bde. Halle 1773 (Rauch 13,451-453); SPALDING, K A R L AUGUST WILHELM: Geschichte des kristlichen Königreichs Jerusalem. 2 Bde. Berlin 1803 (Rauch 83,255-26); SPANGENBERG, AUGUST GOTTLIEB: Idea fidei fratrum. Oder Kurzer Begrif der Christlichen Lehre in den evangelischen Brüdergemeinen. Barby und Leipzig 1779 (Rauch 12,432); STÄUDLIN, C A R L FRIEDRICH: Lehrbuch der Dogmatikund Dogmengeschichte 3 . Aufl. Göttingen 1809 [Rauch: 1829] (Rauch 13,444); SUICERUS, JOHANN CASPAR: Thesaurus ecclesiasticus e patribus Graecis. 2 Bde. Amsterdam 1682 (Rauch 4,128—129); TRIER, JOHANN P A U L : Historisch-theologische Anmerckungen über das ConcordienBuch ... nebst einer ausführlichen Nachricht von dessen Auetoribus. 2. Aufl. Frankfurt und Leipzig. 1754 (Rauch 8,248); TURRETINI, JEAN ALPHONSE: Historiae ecclesiasticae Compendium a Christo nato usque ad annum 1700. Genf 1734 (Rauch 47,1469); ULLMANN, KARL: Gregorius von Nazianz, der Theologe. Ein Beitrag zur Kirchen- und Dogmengeschichte des 4. Jahrhunderts. Darmstadt 1825 (Rauch 23,723); SCHROECKH, JOHANN MATTHIAS:
285
Hagenbach gibt in seinem Aufsatz über Neander einen kurzen Überblick über die Entwicklung der Kirchengeschichtsschreibung. Hier erwähnt er »Joh. Ernst Christ. Schmidt, dessen Leistungen auch von Schleiermacher hochgeschätzt wurden.« Siehe Hagenbach, K. R.: Neander's Verdienste um die Kirchengeschichte. Theologische Studien und Kritiken. 24,3 (1851). S. 566.
100
Schleiermacher als Kirchengeschichtler
VATER, JOHANN SEVERIN: Synchronistische Tafeln der Kirchengeschichte. 2. Aufl. Halle und Berlin 1809 (Rauch 4,105); VATER, JOHANN SEVERIN: Anbau der neuesten Kirchengeschichte. 2 Bde. Berlin 1820-1822 (Rauch 11,393); WALCH, JOHANN GEORG: Gedanken von der Geschichte der Glaubenslehre. 2. Aufl. Göttingen 1764 (Rauch 13,473); WALCH, CHRISTIAN WILHELM FRANZ: G r u n d s ä t z e d e r z u r K i r c h e n h i s t o r i e d e s N e u e n
Testaments nöthigen Vorbereitungslehren und Bücherkenntniß. 2. Aufl. Göttingen 1773 (Rauch 25,776); WALCH, CHRISTIAN WILHELM FRANZ: K r i t i s c h e N a c h r i c h t v o n d e n Q u e l l e n d e r K i r -
chenhistorie. Leipzig 1770 (Rauch 25,787); WALCH, JOHANN GEORG: Historische und Theologische Einleitung in die ReligionsStreitigkeiten der Evangelisch-Lutherischen Kirche. 5 Bde. 2. Aufl. Jena 1733-1739 (Rauch 13,468-472); WEISMANN, CHRISTIAN EBERHARD: Introductio in memorabilia ecclesiastica historiae sacrae Novi Testamenti. 2 Bde. 2. Aufl. Halle 1745 (Rauch 7,213—214); WIGGERS, GUSTAV FRIEDRICH: Versuch einer pragmatischen Darstellung des Augustinianismus und Pelagianismus von dem Anfängen der Pelagianischen Streitigkeiten bis zur dritten oecumenischen Synode. Berlin 1821 (Rauch 14,496); ZORN, PETER: Historia eucharistiae infantium. Berlin 1736 (Rauch 48,1471). Schleiermacher hat, wie aus seinen Notizen zu dieser Vorlesung ersichtlich ist, auch häufig kirchengeschichtliches Quellenmaterial bei der Vorbereitung auf sein Kolleg herangezogen. Welche Quellen sich Schleiermacher selbst vorgenommen hat, ist schwer aus seinen Aufzeichnungen zu eruieren, da auch Quellenmaterial aus der Sekundärliteratur oder aus sich auf Exzerpte beschränkenden Werken in seine Notizen wörtlich aufgenommen sein kann. Ein solches Zurückgreifen auf Quellendetails durch Sekundärliteratur zeigt z. B. K88: »Schon Plotin Siehe Schmid I p. 323 sagt die Diakonen reichten dem Volk das Abendmahl.« Ein klares Indiz dafür, daß Schleiermacher sich die Quellen selbst vorgenommen hat, ist vorhanden, wenn der Duktus der Kollektaneen ein Arbeiten an der Quelle erkennen läßt. So hat Schleiermacher Clemens von Alexandrien286 und die Kirchengeschichte des Sokrates287 offensichtlich in bestimmten Passagen durchgearbeitet. Dasselbe gilt für Chrysostomos und die Institutio Calvins.288
286
Siehe K 7 9 - K 8 6 .
287
Siehe K206
288
Siehe SN66/2.
K216.
Die Kirchengeschichtsvorlesung 1821/22
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Wahrscheinlich ist die Zurhandnahme einer Quelle auch dann, wenn die Seitenangabe der primären Quelle genannt wird. Aber selbst das Quellenstudium in aufbereiteter Exzerptenliteratur oder in Quellenzitaten in kirchengeschichtlichen Werken läßt Schleiermachers Orientierung an den Quellen erkennen. Solches Arbeiten ohne den direkten Umgang mit den Quellen wird im allgemeinen da vorliegen, wo Schleiermacher nach der Titelangabe des Werkes dessen Inhalt kurz charakterisiert, ebenso bei der Wiedergabe kurzer prägnanter Quellenzitate mit der allgemeinen Angabe des Werkes. In den Kollektaneen 1821/22 rekurriert Schleiermacher auf das Quellenmaterial folgender Autoren:289 ABAELARD: K713 (De Theologia); ALANUS VON RYSSEL: K790 (Liber de arte fidei catholicae); AMALARIUS: K677 (De ecclesiastico officio (Kurzinhalt); De correctione Antiphonarii (Kurzinhalt)); ANSELM VON CANTERBURY: K708 (Cur Deus homo; De processione spiritus Sancti); K709 {Anselm von Canterbury: Opera omnia, ed. Gabriel Gerberon. MaurinerAusgabe. 2. Aufl. Paris 1721 (Rauch 2,66)}; AR1US: K195 (Brief an Alexander); K196 (Θάλεια); K233 (Bekenntnis des Arius und Euzosius); ATHANASIOS: K226 (Brief an die Afrikaner); K401 (Contra gentes II); K402 (Brief an Epictetus p. 720) {Athanasius: Opera omnia. Mauriner-Ausgabe [griechischlateinisch], 4 Bde. Padua 1777 (Rauch 1,17—20)}; AUGUSTINUS: K71 (Ep. 118); K126; K152 (De coniugiis adulterinis VI. p. 274); K153 (Haeresibus 86); K154 (De haeresibus XLI); K293 (De civitate Dei XV); K296 (De civitate Dei XX); K297 (De civitate Dei XXII); K336 (T. VIII p. III); K341 (De Baptisma contra Donatistas IX p. 85); K345 (De civitate Dei XXII, 10); K358 (Ep. XCIII); K361 (Ep. LXXII, LXXXII); K387 (De haeresibus 70; VI p. 694); K391 (Ep. CXIII); K415 (De spiritu et littera); K424 (De peccatorum meritis et remissione et de baptismo parvulorum); K425 (Ep. CXC); K437 (De nuptiis et concupiscentia); K442 (Contra Julianum libri VI (Kurzinhalt)) {Augu-
289
Führt Schleiermacher nähere Angaben zum Werk, Kapitel oder Seite an, so ist dies in Klammern angegeben, wobei unvollständige Werktitel ergänzt werden. Wird in der Note zusammenfassend der Inhalt einer Quelle charakterisiert oder durchgängig ein griechisches oder lateinisches Quellenzitat geliefert, so ist dies in Klammern vermerkt. Ist der Autor selbst nicht in der Note erwähnt, so ist der Name in eckige Klammern gesetzt. Falls der Auktionskatalog von Rauch betreffende Quellenwerke von Schleiermachers Bibliothek anführt, so sind diese in geschweiften Klammem verzeichnet (zu der Art der Aufführung siehe oben S. 94 Fußnote 284).
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Schleiermacher als Kirchengeschichtler
stinus: Opera omnia. Benedictiner-Ausgabe. 12 Bde. Antwerpen 1700—1703 (Rauch 2,60-65)}; BASILIOS DER GROBE: K408 (Ep. 114; Ep. Can.) K340 (Περί τοΰ άγίου πνεύματος) {Basilius Magnus: Opera omnia. Benedictiner-Ausgabe, auctore Julianus Garnier [griechisch-lateinisch]. Paris 1721—30 (Rauch 1,21—23)}; BERENGAR: K701 (Brief an Adelmann); CALVIN:290 K910 {Calvin, Johannes: institutionum christianae religionis libri quattuor. Leiden 1654 (Rauch 3,86); Calvin, Johannes: Opera omnia. 9 Bde. Amsterdam 1667-1671 (Rauch 5,141-149)}; CHRYSOSTOMOS: K375 (7. Homilie) {Johannes Chrysostomus: Opera omnia. Benedictiner-Ausgabe, ed. Bernhardus de Montfaucon [griechisch-lateinisch], 13 Bde. Paris 1718-38 (Rauch 1,24-36)}; CLAUDIANUS MAMERTUS: K 4 6 2 (De statu animae (Kurzinhalt)); CLEMENS VON ALEXANDRIEN: K 4 8 ( S t r e m a t a V I , 5 p . 7 6 1 ) ; K 7 9 ( p . 4 8 0 ) ; K 8 0 ( p .
409); K81 (p. 510; p. 512); K82 (p. 408); K83 ([Clemens] p. 433; p. 494, p. 443); K84 (p. 599-600); K85 (p. 634); K86 (p. 639); K l 10 (Stremata VII, 17); K123 (Stremata III, p. 499; II, p. 456); K135 (p. 900); K137 (p. 488) {Clemens Alexandrinus: Opera omnia, ed. J. Potter [griechisch-lateinisch]. 2 Bde. Venedig 1757 (Rauch 2,37-38)}; DRUTHMAR: K682 (Matthäuskommentar); EPIPHANIOS VON SALAMIS: K 9 ; K 2 7 ( X L V ) ; K 6 5 ; K 9 0 ; K i l l ; K 1 1 2 ; K 1 2 2 ; K 1 2 8 ;
K146; Κ169; K240 (p. 836); K333 (Haereses 76) {Epiphanius von Salamis: Opera omnia, ed. Dionysius Petau [griechisch-lateinisch]. 2 Bde. 2. Aufl. Köln 1682 (Rauch 2,42-43)}; ERASMUS VON ROTTERDAM: K901 (De amabili ecclesiae);
EUSEBIOS VON CÄSAREA: K14 (p. 120); K15; K16 (111,1); K17 ([Euseb] 111,4); K20; K23 (4,7); K25 (IV,22); (K27 (IV,29); K34 (V Ende); K35 (V Ende); K35 (V Ende); K38 (p. 496); K41; K63 (111,36; 111,22; 11,25); K95 (V,10); K106 (11,25); K107 (p. 233); K126; K236; K238 (11,11) {Eusebius von Cäsarea: Historia ecclesiastica, accedit vita Constantini, ed. H. de Valois [griechischlateinisch], Mainz 1672 (Rauch 2,44); Eusebius von Cäsarea: De demonstratione evangelicae libri X, Contra Marcellum, De ecclesiastica theologia, ed. R. Montagu [griechisch-lateinisch], Paris 1628 (Rauch 2,46); Eusebius von Cäsarea: Praeperatio evangelica, ed. F. Viger [griechisch-lateinisch]. Paris 1628 (Rauch 2,45); Eusebius von Cäsarea: Kirchen-Geschichte, übersetzt von F.A. Stroth. 2 Bde. Quedlinburg 1777 (Rauch 18,591-92)};
290
Vergleiche auch hierzu den Zettel mit Calvin-Exzerpten SN66/2. Siehe oben S. 29f.
291
Vergleiche auch hierzu die Zettel mit Chrysostomos-Exzerpten SN66/2. Siehe oben S. 29f.
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FAUSTUS VON RIEZ: K 4 5 2 ( D e g r a t i a d e i ) ; FULBERT VON CHATRES: K 6 8 9 b ;
GENNADIUS VON MARSEILLE: K164; K452 (Liber ecclesiasticorum dogmatum); GERBERT: K689b (De corpore et sanguine Domini); GUIBERT VON NOGENT: K745 (De pignoribus sanctorum (Kurzinhalt)); GUITMUND: K701 (De corporis et sanguinis Christi veritate in Eucharistia); HIERONYMUS: K69; K403 (I p. 768); K417; K425 (Dialogi contra Pelagianos L III) {Hieronymus: Opera. Mauriner-Ausgabe. 2 . - 5 . Bd. ed. J. Martianay. 5 Bde. Paris 1693—1706 (Rauch 1,3—7); Hieronymus: Opera omnia, cum notis et scholiis, variis item lectionibus D. Erasmi Roterdami, M. Reatini, H. Gravii, F. Ducaei, L. Latin» aliorumque, ed. A. Tribbechow. 11 Bde. Frankfurt am Main; Leipzig und Leipzig 1684 (Rauch 3,68—69)}; HILARIUS: K265 (De synodis (lat. Quellenzitat)); K404 (L. VIII; L. IX; L. XI) {Hilarius: Opera omnia. Mauriner-Ausgabe. Paris 1693 (Rauch 2,59)}; H U G O VON ROUEN: K 7 1 8 ( D i a l o g i ) ;
IGNATIUS: K 6 3 (An die Magnesier); K90;
IRENAUS: K18; K62; K120 (111,4); K129 (p. 96); K130 {Irenaeus Lugdunensis: Detectionis et eversionis falso cognominatae agnitionis seu Contra haereses libri V, ed. Renatus Massuet [griechisch-lateinisch]. Paris 1710 (Rauch 1,12)}; JOHANNES DAMASCENUS: K600 {Johannes Damascenus: Opera omnia, ed. Michael Lequien [griechisch-lateinisch]. 2 Bde. Venedig 1748 (Rauch 2,51—52)}; JOHANNES WESSEL: K 8 4 5 (lat. Quellenzitat);
JONAS VON ORLÉANS: K686 (Libri tres de institutione laicali (Kurzinhalt)); JOSEPHUS: K 6 4 (111,14); K l 10 ( X X , 7 , 2 ) ;
JUSTIN: K124 ([p.] 52; p. 69; p. 91; p. 349) {Justinus: Opera omnia. Mauriner-Ausgabe. Paris 1742 (Rauch 2,53)}; KYRILLOS: K480 (12 Anathematismen gegen Nestorius); K492 (Adversus Nestorii blasphemias L. IV); K493; LUTHER K898 {Luther, Martin: Sämtliche Schriften, ed. Johann Georg Walch. 24 Bde. Halle 1740-1753 (Rauch 10,305-328)}; M A R C AUREL: K 4 6 ( X I , 3 ) ; MARIUS MERCATOR: K 4 7 7 ( 1 2 t e P r e d i g t d e s N e s t o r i u s ) ; MATTHIAS JANOWO: ( D e a n t i c h r i s t o ( K u r z i n h a l t ) ) K 8 2 0 ; NIKOLAUS VON KUES: K 8 5 3 (lat. Q u e l l e n z i t a t ) ;
OPTATUS VON MILEVE: K390 {Optatus von Mileve: Opera, ed. Gabriel Albaespinaeus. Paris 1776 (Rauch 3,70)};
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ORIGENES: K37 (p. 97); K47 (Contra Celsum VIII, 12 (I. p. 750)); K62; K73 (Contra Celsum II, p. 401); K74 (Matthäus, p. 733); K75 (II, p. 246); K133 (contra Celsum V, p. 625; p. 638); K134 (De Principiis, p. 99); K167 (IV. p. 50; p. 60; p. 62); K168; K689b (Matthäuskommentar) {Orígenes: Opera omnia, ed. C. Delanie [griechisch-lateinisch], 4 Bde. Paris 1733—1759 (Rauch 2,54—57)}; OROSIUS: K387 [Commonitorium de errore Priscillianistarum et Origenistarum]2®2; PASCHASIUS: K 6 8 9 ; PHOTINOS: K 2 6 1 ( S . 146; 147);
PHOTIOS: K680 (Τα Άμφιλόχια); PLOTIN: K54 (Enneaden II,IX); {Plotin: Opera omnia, per ... Marsilium Ficinum Florent. ... translata et eruditissimis commentariis illustrata [griechisch-lateinisch], Basel 1615 (Rauch 56,11)}; PORPHYRIUS: K 7 7 ; PROSPER TIRO: K 4 4 8 ( P r o A u g u s t i n o r e s p o n s i o n e s ) ;
REMIGIUS VON LYON: K690 (Liber de tribus epistolis); SALVIANUS VON MARSEILLE: K 4 6 6 ( D e g u b e r n a t i o n e D e i ( K u r z i n h a l t ) ) { S a l v i a n u s v o n
Marseille: Opera, cum commentatione C. Ritterhus. Bremen 1688 (Rauch 9,266)};
SERVATOS LUPUS: K690 Servatus (Liber de tribus quaestionibus); SKOTUS ERIUGENA: K690 (De divin. praedestinatione); SOKRATES: K9 (p. 132); K193 (6,5); K203 (1,15 (griech. Quellenzitat aus Konstantins Brief an Alexander und Arius)); K206 (I p. 17); K207 (I p. 19); K211 (p. 22); K212 (p. 27); K216 (p, 32); K245 (1,19); K257 (11,19.20); K288 (V,16); K313 (IV,24) {Socrates et Sozomenus: Historia ecclesiastica, ed. H. Valois [griechisch-lateinisch], Paris 1686 (Rauch 2,58)}; SOZOMENOS: K9 (p. 549); K202 (1,19); K204 (1,15); K205; K215; K218 (1,21); K224; K232; K235 (11,33); K245 (11,24); K257 (111,11); K302 (VII,7); K526 (VIII, 19) {Socrates et Sozomenus: Historia ecclesiastica, ed. H. Valois [griechisch-lateinisch], Paris 1686 (Rauch 2,58)}; TERTULLIAN: K13 (Apologia XXI (lat. Quellenzitat)); K50 (Adversus Praxeam 19); K63 (III p. 998 (lat. Quellenzitat)) K103; K104; K157; K158; K159 ([Adversus Praxeam] p. 256; p. 648); K161 (lat. Quellenzitat [Tertullian]); K162 (Adversus Hermogenem, II. p. 128) {Tertullian, Septimius Florens: Opera, recensuit Johann Salomo Semler. 6 Bde. Halle 1770-1776 (Rauch 18,575—580)}; THEODORETOS VON KYROS: K l 13 (Heareticorum fabulorum compendium 1,9); K l 15; K l 19; K126; K146; K169; K219; K224; K225; K228 (p. 788); K509 {Theo-
292
Schleiermacher gibt hier eine unklare Angabe: »(Auguííin VIII)«. Siehe die Edition der betreffenden Passage unten S. 105 f.
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doretos: Opera omnia, ed. J.L. Schulze; J.Α. Nösselt [griechisch-lateinisch]. 5 Bde. Halle 1 7 6 9 - 1 7 7 4 (Rauch 2 4 , 7 5 9 - 7 6 7 ) } ;
WALAFRID STRABO: K677 (De exordiis et incrementis rerum ecclesiasticarum (Kurzinhalt)); K266 Griech. Zitat ohne Quellenangabe zu AETIOS; K384 Lat. Zitat ohne Quellenangabe zu SECUNDINUS. Dieser Befund zeigt auf, daß Schleiermacher seine Kirchengeschichte sehr quellenorientiert ausgearbeitet hat und öfter von den Quellen Gebrauch gemacht hat, als man dies erwartet. Hiermit wird auch das Urteil von Wilhelm Gaß, daß Schleiermacher »wenigstens den patristischen Theil durch eignes Studium kennen lernte«,293 bestätigt und zugleich überboten. Die Gewichtung Schleiermachers auf die Quellen der Alten Kirche zeigt sich schon bei seinem 2. theologischen Examen im März 1793, welches er in Kirchengeschichte mit »sehr gut« abschloß. Hier war die kirchengeschichtliche Frage gestellt: »Welches sind die Quellen der Kirchengeschichte der ersten vier Jahrhunderte?«294 Mit dieser Quellenarbeit kommt Schleiermacher seinen eigenen Maximen nach, die er in der »Kurzen Darstellung 1830« aufgestellt hat: »§ 190. Jeder muß aber auch wenigstens an einem kleinen Teil der Geschichte sich im eigenen Aufsuchen und Gebrauch der Quellen üben.« Schleiermacher hat auch seine kirchengeschichtliche Sekundärliteratur punktuell an den Quellen geprüft und hier, wo nötig, kritisch Stellung bezogen. Ein Beleg hierfür ist K47: »lte Ρtriode191 O r i g enes contra Celswm V I I I , 12 (I. p. 750) scheint wirklieh zu sagen, Christus296 und der Vater seie nur όμονία eins. Allein er meinte νους und βοΰλημα offenbar substantiell, das innere Wesen und ύπόατααις ist nur die äußre Seite. Schmid I. S. 105 stellt die Sache ganz falsch dar.« Wie er die Informationen verschiedener Quellen, die in Spannung zueinander stehen, kritisch bewertet, zeigt der folgende Ausschnitt aus K387: »Daraus was Orosius (Augustin VIII) und Augusti« (de haeresibus 70) von den Priscillianisten sagen geht nichts Manichäisches hervor sondern nur dichterische Ausschmükung der Origenischen Theorie \on der Seele mit hyperkathofocAer
293
Siehe Schleiermacher's Briefwechsel mit J. Chr. Gaß. Hg. von W. Gaß. Berlin 1852. S. X X X V - X X X V I .
294
Siehe Meisner, H.: Schleiermachers Lehijahre. Berlin 1934. S. 66.
295
Ite Per iode] am äußeren
296
Christus] über Gott.
Rand.
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Schleiermacher als Kirchengeschichtler
Feindschüft gegen das Fleisch. Daß sie sabellianisirten sagt Orosius aber wie damit stimmt daß sie nach Augustin (VI p. 694) Christo bloß einen Geist aber kein wahres Fleisch beigelegt haben kann ich nicht einsehn.« Aber auch widersprüchliche Aussagen von einem Autor einer Quelle sind für Schleiermacher ein Mittel der Kritik, wie K126 zeigt, wo auch beispielhaft Schleiermachers Quellenvergleichung deutlich wird: »Daß Cerinth sollte (nach Theodoref[)] die Welt nicht für Gotte s Werk, sondern solcher Kräfte welche jene gar nicht gekannt hätten gehalten haben ist wohl unwahrschein/icA da ihn Theodore/ selbst unter die Monarchianer zählte. - (Doch sagt er auch Christus habe den bisher unbekannten Gott verkündigt) Dasselbe sagt auch Irenaeus - Nach Augustin soll er die Beobachtung des jüdischen Gesezes für notwendig gehalten haben Seine chiliastischen Erwartungen meldet Theodoret, daß er Offenbarungen erdichtet sagt dieser und Eusebius; vielleicht war es 2 " nur eine Form wie bei Hermas«. Schleiermacher unterscheidet kritisch die von den altkirchlichen Autoren herangezogenen Quellen und ihr Verständnis derselben: »Von Isidorus gab es ein Buch Περί προσφυοΰς ψυχής. Fragment des Clemens p. 488 von Clemens aber nicht recht verstanden.« (Kl37). Zu Simon Magus notiert Schleiermacher in K12: »Urchmfenthtt/n.2®8 Ueber Simon magus viele ganz skeptisch. Ob derselbe? oder vielleicht symbolisch. - Justin hatte sich die Statue falsch gedeutet und daraus wol nur geschlossen daß Simon (von dem er allerdings außer der Apostelgesch/c/jfe etwas muß gewußt haben) nach Rom gekommen«. In K403 prüft Schleiermacher mit philologischer Methode an der Quelle ein biographisches Detail zu Hilarius: »Ob Hilarius im Heidenthum geboren worden möchte ich nicht aus T. I p. 768 behaupten, aber Hieron/wi/j' Ausdruk in seculo kann auch von weltlichen Würden verstanden werden«.
4.2 Der einleitende Teil der Kirchengeschichtsvorlesung 1821/22 Schleiermacher hat dem positiven Teil seiner Kirchengeschichtsvorlesung eine Einleitung vorangestellt, in der er seinen geschichtstheoretischen Ansatz formuliert und die nach seiner Auffassung den Verlauf der Kirchengeschichte bestimmenden Grundprinzipien dargelegt. Auch seine gewählte Periodeneinteilung der Kirchengeschichte wird hier begründet. Die Hagenbach-Nachschrift bietet durch
297
es] über < sie > .
298
Urchn'j/enthum.] am äußeren
Rand.
Die Kirchengeschichtsvorlesung 1821/22
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ihre klare Darstellung dieses schwierigen Teils der Vorlesung die Möglichkeit, die entsprechenden sehr kurz gefaßten teilweise änigmatischen SchleiermacherNotizen und mitunter sehr untransparenten Passagen der Bonnell-Edition aufzuhellen und zu erläutern. Schleiermacher unterscheidet zwei Funktionen der geschichtlichen Darstellung, die innere und äußere. Die eine ist die Darstellung der handelnden Kräfte, die andere die Darstellung der Tatsachen als solcher für sich, was allein Chronik ist. Beide Funktionen müssen sich in der vollkommenen geschichtlichen Darstellung durchdringen.29® Nach der Edition von Bonneil hat Schleiermacher diese Art der Geschichtsbetrachtung als organisch bezeichnet.300 Auch auf dem Zettel SN66/1,5, der offensichtlich Notizen zum einleitenden Teil der Vorlesung von 1825/26 enthält,301 spricht Schleiermacher in der Rechtfertigung über die Kürze der Vorlesung davon, daß die Kürze dem »organischen Verfahren« diene. Den charakteristischen Begriff »organisch« verwendete Schleiermacher schon in seinem einstündigen Kolleg 1806 über die Methode und den Zweck des Studiums der Kirchengeschichte in dem Leitsatz zu Beginn der ersten Vorlesungsstunde: »Wer eine eigene Ansicht hat, will sie auch, da sie doch organisch sein und durch das ganze hindurchgehn muß, in dem Zweig mittheilen, den er nicht selbst genau bearbeiten kann. Solche Winke sollen diese Vorlesungen sein.«302 Schleiermacher verweist auf die subjektive Komponente, die die kirchengeschichtliche Darstellung mitbestimmt: »Die geschichtliche Ansicht des Christentums hängt aufs genauste mit dem Glauben eines jeden zusammen.«303 »Einer der außerhalb des Christentums steht, kann dessen Geschichte nicht darstellen.«304 Die Kirchengeschichtsschreibung ist in dem Sinn vom Glauben abhängig, daß sie von der konfessionellen Position des Darstellenden mitbestimmt ist, Kenntnis des Individuellen erfordert und daß dem, der ein abgestumpftes Gefiihl (für das Unendliche) hat, das nötige Urteilsvermögen fehlt.305 Auch befindet
299
Vgl. H171.14—18. In der »Kurzen Darstellung 1830. drückt dies Schleiermacher so aus: »§ 151. So ist auch jede Tatsache nur eine geschichtliche Einzelheit, sofern beides identisch gesetzt wird, das Außere, Veränderung im Zugleichseienden, und das Innere, Funktion der sich bewegenden Kraft. Das Innere ist in diesem Ausdruck als Seele gesetzt, das Außere als Leib, das Ganze mithin als ein Leben.«
300
Vgl. B5.
301
Siehe die Edition des ganzen Zettels oben S. 27f., wo auch die Datierung begründet wird.
302
SN63,3,2—7 ( = B623).
303
H171.
304
H172.
305
Vgl. H172,l—7.
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Schleiermacher als Kirchengeschichtler
sich die geschichtliche Ansicht noch im Raum des möglichen Gegensatzes,304 also selbst noch im Prozeß des Werdens. Deshalb haben wir »eine vollkommene Geschichte des Christentums« nicht eher zu erwarten, »als bis die Gegensätze im Christentum und der Gegensatz des Christentums mit dem, was außer ihm steht, wird abgestumpft sein«, was aber ein »rein idealer Zustand« ist.307 So ist es eine Hilfe fiir den Leser einer Kirchengeschichte, wenn die Glaubenseinstellung des Geschichtsschreibers in der Darstellung evident durchschlägt oder wenn dieser seinen Glaubensstandpunkt erklärt.308 Schleiermacher tut dies in seiner Vorlesung und konstatiert: »>Das C h r i s t e n t u m f ä n g t mit C h r i s t o anfilioqueÜber den Geschichtsunterricht von 1793. In: Schleiermacher und die wissenschaftliche Kultur des Christentums. Hg. von Günter Meckenstock. Berlin, New York: Walter de Gruyter 1991 (=Theologische Bibliothek Töpelmann 51. Band). PEITER, Hermann: Heterodoxe Bemerkungen Schleiermachers aus seiner liberalen Wirkungsgeschichte (Oder: Der Nutzen der Hörernachschriften für die Schleiermacher-Interpretation - dargelegt an Hand von David Friedrich Strauß' Nachschrift zur Theologischen Enzyklopädie von 1831/32). In: Schleiermacher und die wissenschaftliche Kultur des Christentums. Hg. von Günter Meckenstock. Berlin, New York: Walter de Gruyter 1991 (=Theologische Bibliothek Töpelmann 51. Band). SELGE, Kurt-Victor: Neander und Schleiermacher. In: Schleiermacher und die wissenschaftliche Kultur des Christentums. Hg. von Günter Meckenstock. Berlin, New York: Walter de Gruyter 1991 (=Theologische Bibliothek Töpelmann 51. Band). SETZ, Wolfram: Lorenzo Vallas Schrift gegen die Konstantinische Schenkung. De falso eredita et ementita Constantini donatione. Zur Interpretation und Wirkungsgeschichte. Tübingen: Max Niemeyer 1975 ( = Bibliothek des deutschen historischen Instituts in Rom XLIV). STÄHELIN, Rudolf: Hagenbach, Karl Rudolf. In: RE. 3. Aufl. 7. Band. S. 335—338.
Hagenbach-Nachschrift der Vorlesung:
Abriß der Kirchen- und Dogmengeschichte bei Herrn Professor Schleiermacher
Winterhalbjahr 1821-22
Editorische Grundsätze Sämtliche Zutaten des Herausgebers sind kursiv gesetzt. Die Seitenzählung der Handschrift ist folgendermaßen im laufenden Text wiedergegeben: Seitenzahl: » | 1« usw. Allgemeine Anmerkungen zum Text sind in Endnoten verzeichnet, die numerisch gezählt sind. Deutsche und lateinische Schrift werden in einem einheitlichen Schrifttyp wiedergegeben. Hervorhebungen, die im Original durch Unterstreichung kenntlich gemacht sind, werden g e s p e r r t wiedergegeben. Die Abbreviaturen werden, wo ihre Auflösung im Textzusammenhang unproblematisch ist, ohne Kenntlichmachung aufgelöst und in dem sich der Edition anschließenden Abbreviaturverzeichnis nachgewiesen. Ansonsten werden sie kursiv aufgelöst. Die am Rand der Nachschrift von Hagenbach mit roter Tinte beigefügte Inhaltsorientierung wurde nicht ediert. Gestaltung des Textes Veränderungen des Textes sind allgemein kursiv wiedergegeben, wobei der ursprüngliche Text im Apparat verzeichnet ist: »verändertes Wort] ursprüngliches Wort«. Erfolgt eine Veränderung des Textes aufgrund des SchleiermacherMaterials oder der anderen Nachschriften, so ist dies im Apparat nachgewiesen. Freie Konjekturen im Text sind kursiv gesetzt und in eckige Klammern eingeschlossen: »[Konjektur]«. Erfolgt die Konjektur aufgrund der Unleserlichkeit des Textes, so ist dies im Apparat vermerkt. Die im Editionstext angeführten literarischen Werke werden in Anführungszeichen gesetzt, ebenso Zitate. Unsicher entzifferte Wörter sind durch »(?)« markiert. Nicht entzifferte Wörter sind durch »[ ]« vermerkt.
Editorische Grundsätze
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Bei der Einteilung des Textes in Absätze sind die von Hagenbach gesetzten Absätze übernommen. Ebenso wurde bei den von ihm verwendeten Absatzzeichen (»//«, »/«, »-«) ein Absatz gesetzt, wo dies angebracht erschien. Ansonsten wurde allein der Gedankenstrich in dieser Funktion als Einteilungsorientierung stehengelassen bzw. einheitlich gesetzt. Da diese Absätze äußerst sparsam gesetzt wurden, wurde im Dienste der Transparenz der Text in weitere Absätze aufgeteilt. Gestaltung des textkritischen Apparates • Das Bezugswort wird im Apparat allgemein im Lemma: »Bezugswort]« wiederholt, bei längerer Bezugspassage wird nur das Anfangs- und Endwort angegeben: »1. Bezugswort ... letztes Bezugswort]«. Die Verzeichnung kann aber auch mit »Davor« oder »Es folgt« eingeführt sein. • Einfügungen werden im Apparat mit Ort angegeben. Bei vorliegendem Einfiigungszeichen ist dies vor der Ortsangabe angegeben. Fehlt das Einfiigungszeichen, so ist dies nur angegeben, wenn die Einfügung nicht eindeutig einweisbar ist. Ist nur ein Wortteil eingefügt, wird dies vereinfacht wiedergegeben, ζ. B. ein entsprechend eingefügtes »zu« über »anknüpfen«: »an(zu mit Einfiigungszeichen über der Ze;7e)knüpfen«. • Liegen bei einer Textstelle mehrere unterscheidbare Stufen im Entstehungsprozeß vor, so werden diese durch Numerierung (»(1)«, »(2)« usw.) nachgewiesen. • Von Hagenbach korrigierte Stellen sind durch den Vermerk »korr.« gekennzeichnet, gegebenenfalls wird die Vorstufe nachgewiesen: »korr. aus Vorstufe«. • Konjekturvorschläge sind durch den Vermerk »Kj* gekennzeichnet. • Ist eine Abbreviatur nicht eindeutig auflösbar, wird die mögliche Auflösung entweder kursiv im Text geboten oder mit dem Vermerk »wohl fiir« im Apparat. Alternative Abbreviaturauflösungsvorschläge werden mit »oder« eingeführt. • Ist ein Buchstabe im Original undeutlich, so ist dies im Apparat entsprechend vermerkt. • Ein durchgestrichenes Wort ist durch spitze Klammern gekennzeichnet: »«. Ist eine Streichung durch Punktierung etc. wieder aufgehoben, so wird dies mit »gestrichen, Streichung wieder aufgehoben« verzeichnet. Eine versehentlich nicht durchgeführte Streichung ist durch doppelte spitze Klammern gekennzeichnet: » < versehentlich nicht durchgestrichenes Wort> «.
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Hagenbach-Nachschrift 1821/22: Abriß der Kirchen- und Dogmengeschichte
Modernisierungen und Verbesserung orthographischer und grammatischer Fehler Groß- und Kleinschreibung, Getrennt- und Zusammenschreibung, Orthographie und Zeichensetzung sind dem heutigen Stand angepaßt. Die diakritischen Zeichen sind stillschweigend gesetzt bzw. verbessert. Orthographische Fehler sind stillschweigend verbessert, wo das gemeinte Wort eindeutig erkennbar ist, ansonsten wird die Verbesserung als Veränderung am Text behandelt. Gerade bei den historischen Namen kommen zum Teil erhebliche Verschreibungen bei Hagenbach vor. Diese werden verzeichnet, wo die Identifikation der genannten Person uneindeutig ist oder eine Verzeichnung im Apparat angebracht erschien. Im Apparat wird dann allgemein auch die Quelle genannt, die für die Identifikation der gemeinten Person herangezogen wurde. Grammatische Modernisierungen wurden sehr behutsam durchgeführt. So sind teilweise auch veraltete grammatische Wendungen im Text gelassen oder im Apparat verzeichnet. Nicht verzeichnet sind Veränderungen bei folgenden Fällen: • ein singulares statt plurales Prädikat bei einem singularen und einem weiteren Subjekt; • ein nicht gesetztes Genetiv-s eines entsprechenden Genetivs; • eine veraltete Pluralbildung (z. B. 2 Interesse statt 2 Interessen; die Kommissaren statt die Kommissare); • eine nicht vollzogene Angleichung der Endung des attributiven Adjektivs (z. B. die scharfe Grenzen statt die scharfen Grenzen); • eine veraltete Form der Substantivierung von Adjektiven (ein eigentümliches Ganze statt Ganzes). Wird ein Wort des Textes verändert über die hier angeführten Kriterien der Modernisierung und Verbesserung hinaus, so wird dies als Textveränderung behandelt.
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Deckblatt der Hagenbach-Nachschrift
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sein, daß es* das Organ ist, auf welchem sich das religiöse Prinzip auf dem praktischen Gebiete äußert. 2. das Christentum, wo es hingekommen ist, hat die sittlichen Verhältnisse schon vorgefunden und ist an und für sich kein Prinzip der Umgestaltung gewesen. Es hat lang hinein in die Gemüter gearbeitet, ehe es sittlich herausgetreten ist. Das religiöse Prinzip kann also tätig sein, ohne unmittelbar auf das Sittliche zu wirken. Da nun aber beide auch nicht können streng auseinandergehalten werden, so muß man das Verhältnis als eine organische Vereinigung ansehen, Wir können die Erscheinungen in diesem Gebiet parallelisieren mit denen auf dem Gebiet der Spekulation. Indem sich die Menschen eins fühlen in ihren religiösen Prinzipien, aber b sehr different in ihren sittlichen Arten sich zu äußern, so gerät dies in Streit miteinander, und die Differenz des Gefühls erhält die Oberhand, und daraus entsteht ein | 11 ebenso falsches Ausschließen von der praktischen Seite wie auf dem Gebiete der Dogmen von der theoretischen. Das religiöse Bewußtsein verhält sich zum Bedürfnis des Selbstverständnisses und [der] Reflexion wie jedes Verhältnis der Darstellung und' Tat. Wir können es daher nur als eine große Einseitigkeit ansehen, wenn wir finden eine große Neigung, große Differenzen auf dem dogmatischen Gebiet aufzusuchen mit Hintansetzung des Moralischen und umgekehrt. An und für sich müssen wir sagen: Jede Art und Weise, das gesellige sittliche Leben zu behandeln, ist ein Ausdruckd der menschlichen Natur, und nur der Mangel des Sittlichen kann auf einen Mangel des Religiösen zurückweisen; aber auf der anderen Seite kann auch in den einzelnen Gestaltungen der sittlichen Denkweise etwas sein, das im Widerspruch steht mit dem christlichen Prinzip, und insofern kann es auch hier etwas Unchristliches geben, welches auf bewußtlose Weise in die sittlichen Äußerungen des Christentums aufgenommen ward. Hier haben wir wieder dieselben Differenzen zu beobachten, und das geschichtliche Verfahren muß auch hier denselben milden Charakter haben. Bisher haben wir das christliche Prinzip betrachtet, nur wie es in dem einzelnen Menschen ist; aber" das Christentum würde' keine8 Geschichte ha-
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es] mil Einfügungszeichen
b
aber] korr. aus und.
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Ausdruck] korr.
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Es folgt
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würde] über < keine > .
< inwiefern > .
über der Zeile.
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ben,' wenn es sich [nicht] über so viele Menschen verbreitete, und wäreb in keine Naturgrenzen einzuschließen,' wenn es nicht Weltreligion wäre. Erst in dem Einschließen in die Naturgrenzen und dem Nationalisieren tritt das Christentum kräftig hervor. Das Nationalisieren ist einerseits ein Verbindendes, andererseits ein Beengendes. I 12 Indem wir bedenken, daß das ausbreitende Prinzip die Nationalität verachtet, das andre aber auf Verbindung zu einem Ganzen dringt,' so finden wir hier einen Vereinigungspunkt. Die Seite des Volkstümlichen tritt immer mehr hervor, je geringer die Verbindung im Ganzen ist. Das Christentum muß darauf ausgehen, die trennende Seite des Volkstümlichen zu schwächen. Das gibt den Schein, als ob das Christentum darauf ausgehe, das Volkstümliche' zu lösen, aber wir sehen ein Entgegentreten zweier gleich wichtiger Prinzipien, des Religiösen und Volkstümlichen, und eine natürliche Opposition des letzteren gegen das erstere verbreitet. Je weniger noch unter den verschiedenen Völkern eine lebendige Gemeinschaft ist, um so mehr sind sie einander fremd. Kommen sie plötzlich in Verbindung, so entsteht natürlich eine abstoßende Richtung. Stoßen die fremden Massen zusammen, so müssen natürlich schon wegen Verschiedenheit der Sprache und Spekulation Differenzen entstehen, und eine sieht die andre fiir unchristlich an. Unstreitig ist, daß' das christliche Prinzip, indem es sich äußern will, sich der wesentlichen Funktionen der menschlichen Seele bedienen muß. Es ist nicht möglich, daß dies geschehe, als wenn die individuelle Einheit des Menschen das Organ des christlichen Prinzips wird. Es ist nicht zu leugnen, daß auch in dieser Hinsicht große Verschiedenheit unter den Menschen stattfindet. Nicht nur indem eine Individualität ein vollkommenes Organ ist, sondern auch in Beziehung auf die andre Seite des christlichen Prinzips, der Äußerung, ist eine große Differenz, so daß manche Einzelne8 von großer Bedeutung11 sind, während die große Masse verschwindet.
g
keine] mit Einfügungszeichen
a
Es folgt
b
wäre] mit Einfügungszeichen
c
Es folgt
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dringt] korr.
über der Zeile.
< würde > . über der Zeile.
< wäre > .
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Volkstümliche] mit Einfügungszeichen
f
Es folgt
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Einzelne] mit Einfügungszeichen
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Bedeutung] Β
über < Christentum > .
. undeutlich.
über der Zeile.
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Von welchem Wert ist diese Art der Ungleichheit für das Ganze der Kirche? Christus war ein Einzelner, und was wir | 13 uns unter Erlösung denken, konnte unmöglich anders als durch einen Einzelnen geschehen. Alle ausgezeichneten Menschen, die einen Einfluß auf die Reinigung der menschlichen Gesellschaft gehabt haben, kann man als Vorbilder Christi ansehen, und man kann sagen, daß einer die ganze Reihe schließt, insofern jeder Ausgezeichnete über die früheren hinausging. Christum müssen wir als den Gipfel dieser Reihe ansehen, über ihn hinausgegangen werden kann nicht. Alles Ausgezeichnete kann nur Annäherung an ihn sein, Wenn wir von diesem Anfang des Christentums ausgehen und fragen: Was schwebte denn den Aposteln als das letzte Ziel der christlichen Entwicklung vor?, so war es kein andres, als daß sie alle sollen von* Gott gelehrtb sein, daß wir uns das Aufhören der Ungleichheit, die Auflösung der Gegensätze als das letzte Ziel der christlichen Entwicklung denken sollen. Der göttliche Geist ist unter Form des Gemeingeistes das Lebensprinzip der Kirche, und jede einzelne Seelentätigkeit ist Produkt dieses Gemeingeistes. Im Anfang der Kirche war es umgekehrt. Der göttliche Geist geht von dem Einzelnen, von Christo, aus, aber jetzt ist der Einzelne ein Produkt des Gemeingeistes, und soll dieses Ziel, welches schon die Apostel den Christen vorstellen, je erreicht werden, so muß auch die Differenz zwischen der Masse und den ausgezeichneten Einzelnen im Abnehmen sein. Wenn wir die Differenz zwischen Ausgezeichneten und Masse aufs höchste0 steigern wollen, so ist es die Differenz zwischen geschichtlichen und ungeschichtlichend Völkern. Es ist merkwürdig, wie die Grenzen durch das Christentum schon so' bedeutend ausgeglichen sind. Eine der wichtigsten Seiten des Protestantismus ist eben die: den Gegensatz zwischen Klerus und Laien abzustumpfen und eben dadurch die Stärke des Gegensatzes zwischen der Schule und dem, was außer ihr ist. ¡ 14 Wenn wir die heiligen Schriften an und für sich der Masse hingeben, so hat es den Zweck, die prärogative Schule zu schwächen. Sowie Entwicklungspunkte kommen und neue Gestaltungen kommen, müssen sie immer von Einzelnen ausgehen, aber je mehr das Ganze fortschreitet, um so sparsamer müssen solche Entwicklungspunkte kommen.
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von] über < von > .
b
gelehrt] über < g [ ] > .
c
höchste] über .
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Es folgt < Menschen > .
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so] s undeutlich.
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Vergleichen wir die Entwicklungspunkte, so müssen wir auch wahrnehmen, daß die Differenz sich vermindert: ζ. B. wie unendlich die Differenz zwischen dem Erlöser und den anderen, schon weniger, aber* noch immer stark die der Apostel und ausgezeichneten Kirchenlehrer über die anderen. Kommen wir nun 5 auf die Zeit der Reformation, der doch kein Punkt der patristischen Zeit an die Seite gestellt werden kann, so ist doch der Unterschied zwischen Reformatoren und der Masse nicht so groß wie de/* der Kirchenväter und der Masse jener Zeit, ihr Verhältnis zur Masse hat schon einen vertrauteren Charakter. Je gleichförmiger und lebendiger wir den Geist sich über die Masse verbreiten sehn, um so schöner erscheint uns die Zeit. Daß aber die Differenz nie ganz aufhören wird, können wir mit Bestimmtheit behaupten, weil wir nie denken können, daß die historische Behandlung des Christentums und der Urkunden ein Gemeingut werden können, noch für unnötig erscheinen werde. Daraus geht hervor, daß wir jeden ausgezeichneten Einzelnen in Beziehung 15 auf das Ganze ansehen müssen als ein Zeichen, wie weit wir entfernt sind. Ubersieht man es, daß dieser Einfluß der Einzelnen auf alle nur ein notwendiges Übel ist, so überschätzt man diesen Einfluß.
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Es gibt auch noch eine ganz falsche Schätzung des Einflusses Einzelner, wenn man glaubt, daß Menschen auch durch das Unchristliche, durch das 20 Egoistische einen bedeutenden Einfluß auf das Christentum gehabt hätten. Diese Art zu urteilen ist sehr gewöhnlich. Aber alle Kraft des Einzelnen kann nur gehoben auf der Kraft des christlichen Gemeingeistes gedeihen. Nie hat die Leidenschaft des Einzelnen die Fehler 1 hervorgebracht, sondern die Unvollkommenheit der Massen war dran Schuld, und auf diese Weise kann man eher 25 sagen, die | 15 verkehrten Wirkungen Einzelner sind ein Thermometer, woran man die Masse beurteilen kann, aber nicht die Stärke des bösen Prinzips in ihm. Die Einzelnen sind nicht die Autores, sondern nur die Veranlassungen zu dem Verkehrten. Darum ist die geschichtliche Auffassung des Christentums sehr schwierig, 30 weil es so schwer ist, die Züge hervorzusuchen, woraus man sich ein Bild entwerfen kann von dem, was das wahre geschichtliche Resultat einer Zeit ist. Wenn wir den gegenwärtigen Zustand der Kirche betrachten, so ist uns nur das wichtig, wodurch sich das Verhältnis11 der verschiedenen Kräfte heraushebt. Nur das, was in der zweifachen Hinsicht charakteristisch ist, daß es auf der
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aber ... stark] mit Einfügungszeichen
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der] die.
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Fehler] h undeutlich.
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einen Seite einen bestimmten Wechsel dieser Verhältnisse ausdrückt und auf der anderen das Charakteristische und Beharrliche, wird in unsere Vorträge gehören. Was mehr literarischen Wert gehabt etc., werden wir ausschließen müssen. Ehe wir aber zur Darstellung selbst übergehen, müssen wir [über] die Zweckmäßigkeit [der] Einteilung* des Ganzen sprechen. Das hat immer seine Schwierigkeiten. Trennt man Kirchen- und Dogmengeschichte, so muß man doch oft von einem auf das andre zurückweisen. Teilt man das Ganze in bestimmte Abschnitte der Zeit nach, findet man dieselbe Unbequemlichkeiten, nur daß man Pausen macht. Wenn man gar keine bestimmten Abteilungen macht, so kann man wohl den Zusammenhang besser behalten, aber man verliert den Zusammenhang jeder einzelnen Partie2 aus dem Auge. Was die Periodenabschnitte betrifft, so ist es allerdings notwendig, dergleichen zu machen. Das Wesentliche scheint dies zu sein, daß immer jeder Abschnitt ein Ganzes sei und daß man nur solche Punkte zu dergleichen Abschnitten wähle, die etwas Wichtiges enthalten; dergleichen aber in einem einzigen Punkt zu fixieren, ist etwas Unmögliches. Und ebenso wenn wir auf die verschiedenen Zweige der Kirchengeschichte sehn, so ist es natürlich, daß [ am äußeren Rand. Eine ... Trennung.] ohne Einfügungszeichen am äußeren Rand. einer] korr. aus der.
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Zweite Periode Von* Constantins Übertritt bis auf Karl den Großen Indem die Verfolgung aufhörte, konnte sich das Christentum auf eine positive Weise nach außen und nach innen wenden. In diesen Zeitraum fällt die ganze Dogmenbildung. In der ersten Hälfte dieser Periode ist das Wesentliche des Christentums verändert worden. Wir finden 2 Formen, die der Schriftauslegung und die des freien Räsonnements über den Zusammenhang der einzelnen Lehren, d. h. die strenge Dogmatik. Diese Reflexion des Christentums fing an über das Wesentliche des Christentums, über den Glauben an Christus als Erlöser. Wir finden aber schon hier Differenzen. Das Nachdenken nahm auch seine Richtung auf das Verhältnis des Einzelnen zum Gemeingeist der Kirche, und in diese beiden Hauptgegenstände kann man sich den ganzen Verlauf der Dogmenbildung in diesem Zeitraum zusammenfassen. Die Verbreitung nach außen hat einen wesentlich anderen Charakter, sie ist mehr ein Angezogenwerden ganzer4 Massen an das Christentum als ein absichtliches Bestreben. Als das römische Reich durch seine Teilung zerfiel, wandte sich das Christentum an die Völker, die das römische Reich stürzten. Die rohen Massen waren noch nicht fähig, das Christentum mit* Bewußtsein zu erfassen, sondern es wurde ihnen nur das Innerste und Äußerste gegeben. | 19 Von dem innersten Mittelpunkt aus ging die immer größere Läuterung aus, und das Unreine und Trübe wurde immer mehr nach den Grenzen verwiesen. Die Entscheidung1* auf den Kirchenversammlungen dieser Periode ist ein Zeichen davon, wie sich das Christentum damals gebildet hatte. Es war natürlich, daß eine Spannung entstand zwischen Klerus und Laien. Die hervorragenden Punkte waren es teils aus einer politischen, teils aus einer rein christlichen Rücksicht. - So findet man das früheste päpstliche Ansehen der Bischöfe in den größten Städten, in Rom und Konstantinopel, und andererseits in den ältesten christlichen Gemeinden, Jerusalem, Alexandrien, Antiochien, woraus man sieht, wie die politische Begründung des Christentums im römischen Reich mitwirkt. Dies rührt nicht aus rein inneren Motiven her. Diese Periode ist ein eigentümliches Ganzes, weil sie uns das, was ihr Geschäft war, zeigt von Anfang bis zu Ende. Das System der christlichen Lehre
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a b c
Von ... Großen] gestrichen, Streichung wieder aufgehoben. G r o ß e n > am äußeren Rand. ganzer] korr. mit] korr.
d
Entscheidung] Kj Entscheidungen.
.
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< einerseits > .
Von ... Zeit] über < Von Constantin Karl dem Großen bis auf die Reformation > . < Zeitalter der Reformation > am äußeren
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politische] korr.
Rand.
undeutlich.
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erneuerte] mit Einfügungszeichen
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wodurch] korr. aus dadurch.
über der Zeile.
Hinleitung
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schichtliches Bewußtsein unter dem Volk verbreitet wird, Rom" entgegenzuarbeiten. Nun waren hiermit aber auch Unvollkommenheiten verbunden, die nicht abzusondern waren: einmal die Unterordnung der Kirche unter den Staat; zweitens, da nur in einzelnen Teilen eine eigne Organisation entstand und die Einheit der abendländischen Kirche zertrümmert ward, so entstand daraus eine zu große Geringschätzung gegen die organisierte äußere Einheit der Kirche und eine Neigung zum Zerfallen um jeder kleinen Differenz willen, daher die vielen Sekten in der protestantischen Kirche. Dabei liegt aber das Gute in der Freiheit der Gestaltung der religiösen Vorstellung und in dem eigentümlichen Gefühl eines jeden. Dieb protestantische Kirche ist immer mehr in Untersuchungen eingegangen als die katholische, in der katholischen ist man immer mehr auf den Buchstaben zurückgegangen und hat mit dem Anathematisieren angefangen, und die libéralerí Ansichten haben"1 daher bei ihr nicht so viel" gefruchtet, da sie hingegen im Protestantismus immer neue Tätigkeiten weckten. Fragen wir: Was ist wahrscheinlich der Punkt, auf welchem diese Periode gegenwärtig steht?, so ist dies freilich das Ende der Geschichte, die [/Λ] eine Ahndung des Künftigen übergehen will, aber es ist auch sofern Probe der Geschichte, als mit jeder Ansicht der Geschichte auch eine Ansicht der Gegenwart und eine Ahndung der Zukunft verbunden ist.' I 22 Viele glauben, der Gegensatz zwischen Protestantismus und Katholizismus sei schon im Abnehmen. Dann wäre zu erwarten, daß wir in einem kürzeren Zeitraum, als der ist, den wir seit der Reformation durchlaufen haben, an das Ende dieser Periode kommen würden; und wenn eine neue Periode beginnen soll, so müssen sich neue Bewegungen gestalten. Andre im Gegenteil sind der Meinung, der Gegensatz zwischen Protestantismus und Katholizismus habe seine höchste Spannung noch gar nicht erreicht. Es ist wohl die Bestimmung dieser Regung, welche die protestantische Kirche gebildet hat, auch immer mehr auf die katholische Kirche zu wirken und
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Rom] über < ( ] >.
b
Davor < [ ] In > .
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liberalen] liberlinistischen. Verbessert nach der Eyssenhardt-Nachschrift Bewegung«. haben] über < sind > .
d
S. 21: »freie
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viel ... weckten.] über ; hingegen ... weckten.] über den Rand hinaus geschrieben.
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ist] s undeutlich.
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ihr eine große Bewegung mitzuteilen. Da nun diese Einwirkungen noch sehr einzeln vorkommen, so muß sich der Gegensatz selbst noch mehr spannen. Es hängt dies mit dem zusammen, ob auch in der protestantischen Kirche der Gegensatz mit dem Katholischen schon gehörig ausgebildet sei. Einige 5 glauben, man sei schon zu weit gegangen und habe manches als katholisch ausgeschieden, was doch eigentümlich protestantisch sei; andre glauben dagegen, daß, da man bei der Trennung genötigt wurde, einen symbolischen Buchstaben und einen Kultus zu fixieren, manches, wie es ehedem war, geblieben und festgestellt worden sei, was doch auch hätte umgearbeitet werden müssen. Die io ersteren also* sind der Meinung, dasb Agens, was in der Reformation gekommen sei, habe schon zu viel getan, die anderen glauben, es habe noch nicht genug getan. Es mußte nach dem Sturz der Scholastik ein neuer wissenschaftlicher Geist eintreten, aber die Zeiten unmittelbar nach der Reformation tragen noch zu viel Scholastisches an sich, und in späteren Zeiten hat man oft den 15 Kampf gegen das Scholastische mit einem Kampf gegen das Christliche verwechselt, und so hat sich der Protestantismus selbst noch nicht gehörig erkannt, weswegen die letztere Ansicht vorzuziehen.
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Es ist sehr natürlich, daß wir unsere Kenntnis über die ersten Zeiten nur aus Untersuchungen und Quellen schöpfen können, weil wir das Zusammenhängende mehr nur aus zweiter Hand haben. Der ganze Zeitraum zerfallt in 2 ungleiche Teile, den ersten nennt man allgemein das apostolische Zeitalter, den zweiten wollen wir das apologetische Zeitalter nennen; man hat darin die Anschauung von den abwechselnden Verfolgungen. Fragen wir nach den Quellen für diese beiden Abschnitte, so haben wir für den ersteren nur das Neue Testament, alles andre hat mehr nur Charakter der Sage, und es ist eben eine Hauptaufgabe für diese Periode, Sage und Geschichte zu unterscheiden. Wer hierin am meisten geleistet hat, war S e m l e r ; allein man kann sagen, daß er im Skeptizismus oft zu weit ging und auf der anderen Seite auch manches verschwieg, was er zu seiner Zeit nicht sagen durfte. Was den Unterschied zwischen Geschichte und Sage betrifft, so ist es sehr natürlich, daß man in den Zeiten, welche auf die unmittelbare Wirksamkeit der Apostel" folgten,b nicht dran dachte, etwas Geschichtliches aufzusetzen, es war noch kein literarischer Geist unter den Christen, und beim" Zusammenhang unter den Gemeinden konnte einer von da, der andre von dort her, wenn auch unabsichtlich, manches zur Geschichte hinzusetzen. Nun wurde es ein natürliches Bestreben, fortzusetzen, was im Neuen Testament angeknüpft war. Da war der Vermutung ein weites Feld geöffnet. Das Bestreben, an das apostolische Zeitalter sich anzuknüpfen,' 1 tritt sehr stark hervor. Daher muß man auf alles einzelne Verdacht schöpfen. Wenn Euseb, Socrates, Sozomenus, Theodoret aus dieser Zeit erzählen, müssen wir überall das Gebiet der Konjektur anerkennen. Dies ist auch der Fall mit der Ausbildung der christlichen Vorstellungen, denn die Nachrichten von den früheren Meinungen sind teils so wenig übereinstimmend, teils hängt die Art der Darstellung mit der Leidenschaftlichkeit, welche der damalige Streit verursachte, so eng zusammen, daß es schwer ist, das Reine zu sondern. Das eigentümlich Christliche sucht Semler mehr in den einzelnen von der Kirche I 24 Getrennten als in der Masse. Es ist hier schwer, nicht in Einseitigkeit zu verfallen.
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b
Apostel] s undeutlich. folgten)
folgte,
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beim] korr.
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anzuknüpfen] an(zu mit Einfügungszeichen
über der Ze/7e)knüpfen.
Erste Periode
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Am Anfang des zweiten Zeitraums finden wir eine Menge Streitigkeiten, namentlich was man unter dem Namen d e s G n o s t i z i s m u s zusammenzufassen pflegte. Die* geschichtlichen Berichte darüber sind Untereinanderwerfung von offenbar verschiedenen Gegenständen. Die Fragmente der gnostischen Schriftsteller selbst sind das einzige, woran man sich halten kann. Den Anfang müssen wir machen mit dem Pfingstfest, denn da beginnt erst die Kirche. Hier haben wir das Neue Testament als Quelle, und es begleitet uns bis in die Zeit des Nero. b Die Behandlung desselben als geschichtliche Quelle hat auch seine Schwierigkeiten, besonders für die Beschränktheit unser Zeit. Wo die Auslegung selbst unzuverlässig ist, da ist es auch die Geschichte. Es gibt viele Tatsachen, welche das Neue Testament sehr einfach erzählt, so daß kein Zweifel darüber stattfindet. - Es bedarf aber einer Kombination der einzelnen Angaben. Sowie uns das Neue Testament verläßt, kommen wir insc Gebiet der kirchlichen Sage, wo große Behutsamkeit erfordert wird. Als beim Ereignis am Pfingstfest nach der feurigen Rede Petri mehrere 1000 getauft wurden, so müssen wir das nicht annehmen, als ob diese die Gemeinde zu Jerusalem gebildet hätten. Das Neue Testament erzählt selbst, daß sich viele fremde Festbesucher darunter befanden, die Gegenden jenseits des mittelländischen Meeres sind nicht einmal eingeschlossen. Wir haben alsod schon Keime zu christlichen Gemeinden in anderen Gegenden, so daß die späteren Verkündiger schon vorläufige Kenntnis des Christentums fanden. Wir müssen uns also die Gemeinde zu Jerusalem in gewöhnlichen Zeiten kleiner, aber bei Festzeiten größer denken. Es war sehr wohltätig, daß sich das Christentum in der ersten Zeit noch nicht ganz vom Judentum löste. Wenn nun aber auch die Gemeinde in Jerusalem nicht so groß war, so blieb sie doch immer schon eine ansehnliche Versammlung, und wir müssen uns denken, daß diese als eine eigne Synagoge bestand. Dies konnte von den Juden sehr verschieden angesehen I 25 werden. Es gibt Zeiten, wo die Gemeinde blühte und in Ansehen stand beim Volk, und es gibt wieder Zeiten, wo sie bald vom hohen Rat, bald von den herodianischen Fürsten' aus verfolgt wurde. Diese verschiedenen Ansichten lassen sich leicht erklären. Die messianischen Ideen waren nicht beim Volk überall dieselben, sie waren nicht einmal allgemein angenommen. Allen, denen
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Die ... sind] mit Einfügungszeichen
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Es folgt < [ ] Jerusalem > .
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ins] s undeutlich.
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also] s undeutlich.
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Fürsten] s undeutlich.
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diese Lehre gleichgültig war, erschien also die Erscheinung des Christentums auch als etwas Gleichgültiges. Wenn der hohe Rat gleich anfangs die Verkündigung des Christentums verbot, aber auf gelinde Weise, so sehn wir, daß er nicht viel Gefahr für das Judentum befürchtete, sondern sie wollten mehr die Kanonisierung eines Menschen verhindern, der von ihnen zum Tod war verurteilt worden. Die römische Herrschaft konnte nicht anders, als jede religiöse Gesellschaft zu schützen. In dem Zustand, wo die Ruhe ein Hauptelement war, blieb die christliche Gemeinde bis zu den Anfängen des jüdischen Krieges, In den Versammlungen wurde die heilige Schrift gelesen und das Abendmahl genossen. Daß in die Versammlung der Christen nur Getaufte kamen, ist nicht gewiß. Das Abendmahl scheint oft in einzelnen Privatversammlungen gehalten worden zu sein, während die öffentlichen Verkündigungsreden in den Hallen der* Tempel gehalten wurden. Die Trennung vom jüdischen Sabbat kann mehr oder weniger absichtlich gewesen sein. Die Proselyten erhielten vor der Taufe keinen vollständigen Unterricht. Was Paulus erzählt, daß ganze Familien getauft wurden, mag wohl später gewesen sein. Die Taufen schlossen sich gewöhnlich an die öffentlichen Verkündigungsreden an. Der Anfang der Kindtaufe ist uns unbekannt. Die Apostelgeschichte erzählt von einer Gütergemeinschaft unter den Christen, aber es ist offenbar, daß sie nicht von langer Dauer war. Die Erzählung selbst hat etwas, das gegen die buchstäbliche Gütergemeinschaft spricht, indem es ja in der Freiheit des einzelnen stand, sein Vermögen zu geben oder nicht. Hierdurch wurde zunächst veranlaßt | 26 die Ernennungb der Diakone. Wir sehn aus der Art, wie die Apostel es erzählen, daß die Apostel bis dahin das Geschäft mit verwaltet hatten. Mit dieser Einrichtung der Diakone hängt das Amt des Presbyters zusammen. Die Steinigung des Stephanus scheint eine Maßregel zu den übrigen Verfolgungen der Christen gegeben zu haben. In der Rede des Stephanus sieht man nicht recht die unmittelbare Gelegenheit zu seinem Tode. Was er über das baldige Sinken des Judentums und Gesetzes prophezeit hatte/ hätte keinen Grund angeben können, indem die messianischen Ideen des Volks damit übereinstimmten. Seine Steinigung mag eher in einem Tumult geschehen sein. -
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der Tempel] Kj des Tempels.
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Ernennung] Trennung. Verbessert nach SN64.20.
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Es folgt < [ ] >.
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Ein anderer wichtiger Punkt ist die Verbreitung des Christentums in Samaria durch Philippus. Man weiß nicht genau, ob es 2 oder 3 Philippe gegeben. In Samaria war eine Neigung zu religiösen Extravaganzen: Dositheus, ein Zeitgenosse Christi; Simon Magus etc. Das Emanationssystem. Die Verkündigung des 5 Christentums in Samaria war der erste Anfang, das Christentum vom mosaischen Gesetz zu lösen. So auffallend dies ist, so hat man doch keine Nachricht, daß die Verbreitung des Christentums in Samaria den strengen Juden Anlaß zur Verfolgung gegeben habe. Etwas Merkwürdiges, aber schwer zu Bestimmendes findet sich, daß nämlich Petrus und Johannes gingen, die neue Gemeinde in* Samaria zu besuchen. Sie fanden, b daß sie getauft wären, aber den heiligen Geist nicht hatten und ihnen* denselben11 erst mitteilten, indem 1 sie ihnen die Hände auflegten. Wir brauchen dem Handauflegen keine magische Kraft zuzuschreiben, sondern nur eine symbolische Bedeutung. Das Empfangen des heiligen Geistes scheint 15 nicht etwas Allgemeines gewesen zu sein, sondern das, wodurch einige sich auszeichneten. Da nun das Handauflegen auch vorkommt, wo einzelne zum Lehren eingeweiht wurden, so scheint dies einen besonderen Segen bezeichnet zu haben. io
An das Verbreiten des Christentums in Samaria Schloß sich an das Auf20 nehmen eines jungen Genossen, der nicht beschnitten war, nämlich die Geschichte mit Petrus in Cäsarea. Hier zeigt sich | 27 schon eine Spaltung. Die Art, wie sich Petrus verteidigt, zeigt, daß er die Sache nicht als Faktum erzählt, sondern symbolisch als einen göttlichen Impetus. In einem größeren Stil wurde nun die Verbreitung des Christentums durch 25 Paulus und Barnabas getrieben von Antiochien. Wir können 2 verschiedene Arten der Verbreitung bemerken, die eine gelegentliche, die andre eine absichtliche, ein eigentliches Missionswesen. Nach Antiochien selbst waren Christen gekommen bei Zerstreuung der Christen nach dem Märtyrertod des Stephanus. Daß diese dort nach den Synagogen kamen und vom Christentum Rechenschaft 30 gaben, mußte sich wohl von selbst machen. Unter den Hellenisten war keine so strenge Beobachtung der παράδοσις, daher war auch die Vereinigung mit den Proselyten weit leichter. Philippus mag auch ein Hellenist gewesen sein. Das Freisinnige und die Tendenz, sich vom Judentum loszumachen, ging am meisten
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in Samaria] mit Einfügungszeichen
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fanden, ... aber] mit Einfügungszeichen
über der TZeile.
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ihnen] korr. aus ihn.
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denselben ... mitteilten] über < erst von den Aposteln empfangen > .
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indem sie] mit Einfügungszeichen
über der Zeile.
über < welche > .
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Hagenbach-Nachschrift 1821/22: Abriß der Kirchen- und Dogmengeschichte
von den Hellenisten aus. Von Antiochien aus sehen wir die ersten Missionen ausgehen. Was die Apostel betrifft, scheint man sehr streng auf die Zahl 12 gehalten zu haben, was eine Relation hat auf die 12 Stämme. Indes finden wir, daß auch Paulus und Barnabas Apostel genannt wurden. Wollte man vermuten, daß zwei Apostel gestorben waren, an deren Stelle Paulus und Barnabas getreten wären, so wäre dies wohl möglich, aber ebenso möglich ist es, daß bei der Loslösung des Christentums vom Judentum* man nicht mehr so streng auf die Zahl hielt. Außer den Aposteln haben wir Evangelisten und auch Propheten in b Antiochien. Man erklärt, daß die Evangelisten solche waren, die nicht' an einen Ort gebunden waren sowie auch die διδάαχαλοι und Propheten. Aber 0 die Apostel waren auch' nicht an einen Ort gebunden, und wir müssen die Grenze zwischen Apostel und Evangelisten näher bestimmen. Man sagt auch, die Apostel seien die, welche | 28 das Christentum zuerst verkündeten, die Evangelisten wären bloß deren Nachfolger. - Evangelisten waren aber die, welche in entfernteren Gegenden die Erzählungen vom Leben und Sterben Christi verbreiteten. Doch' ist auch dies ungewiß und keineswegs vom Wort ευαγγελιστής abzuleiten, εύαγγέλιον heißt auch die Doktrin vom Christentum und nicht bloß das Historische. Was die Propheten betrifft, so war bei ihnen eine höhere Begeisterung vorausgesetzt.
Es scheint in der Gemeinde zu Antiochien Wohlhabenheit gewesen zu sein, man kann das abnehmen aus der Wohltätigkeitsstiftung, die Paulus veranstaltete. Es war notwendig, daß sich bald ein Mittelpunkt bildete, in welchem ein freierer Geist herrschte, haben im Neuen Testament 2 Erzählungen: einmal den Streit, 25 dessen Paulus erwähnt in dem Brief an die Galater, und dann das Faktum in der Apostelgeschichte, welches die Sendung des Barnabas nach Jerusalem veranlaßte. Einige halten beides für ein und dasselbe Faktum, andre setzen das eine, andre das andre früher. Das Verhältnis zwischen dem, was in Jerusalem darüber beschlossen war, und dem, was Paulus in seinem Brief an die Galater gegen 30 Petrus äußerte, ist so, daß im letzteren mehr gesagt ist als im ersteren. Paulus ereiferte sich darüber, daß Petrus mit den neuen Christen nicht wollte gemeinschaftlich essen. Paulus will offenbar geltend machen, daß ein Christ, der ein
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Judentum] korr. aus Judentums,
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in Antiochien] mit Einfügungszeichen
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nicht] mit Einfügungszeichen
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Es folgt
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auch] mit Einfügungszeichen
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Doch ... abzuleiten.] über der Zeile.
über der Zeile.
über der Zeile.
< auch > . über der Zeile.
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geborener Jude ist, doch das Gesetz nicht zu beobachten brauche. Er teilte aber diese Ansichten nicht sogleich mit, obschon sie sehr früh schon die seinigen scheinen gewesen zu sein. Er konnte seine Absicht besser durchsetzen, wenn er der Streitigkeit mit Petrus weiter gar nicht erwähnte. Wir finden in der Gemeinde zu Jerusalem erwähnt d i e G e m e i n d e , d i e A p o s t e l und d i e Ä l t e s t e n . Die Diakone treten hier ganz zurück, sie sind hier mit unter der Gemeinde begriffen. Wir können vermuten, daß die Apostel das Lehramt nicht selbst verwalteten, sondern mehr auswärts beschäftigt waren. Wieviel Apostel gewesen sind, läßt sich nicht ausmachen. Den Jacobus sehn die Schriftsteller als Bischof der Gemeinde an. Was er gewesen, gehört in die Exegese. Aber an einen eigentlichen Bischof war damals noch nicht zu denken. Die katholischen und katholisierenden Schriftsteller wollen dies besonders geltend machen. I 29 Paulus kehrte nach Antiochien zurück und trat von dort neue Missionsreisen an, in welchen er ganz nach seiner freien Art verfuhr. Es war offenbar, daß Paulus sich durch dies Verfahren persönlich bei den Juden überall verhaßt machen mußte. Denn die Heiden, an die er sich wendete, waren solche, die sich schon in jüdischen Synagogen vorfanden. Diese waren schon auf dem Wege, Proselyten zu werden. Paulus entzog nun den Juden diese Proselyten, und darum zog er sich den Vorwurf zu, er handle gegen das Gesetz und suche es zu zerstören. Auf dieser Reise trennt sich Paulus von Barnabas, und von da verschwindet Barnabas vom Schauplatz. Wir sehn, wie groß schon damals der Einfluß der einzelnen Persönlichkeit gewesen ist. Es war auch nur persönliche Zuneigung und Abneigung gegen einen dritten, was die Trennung veranlaßte. Das ist der überwiegende Charakter einer solchen Zeit, wo ausgezeichnete Einzelne von großem Einfluß und Gewicht sind. Es kann uns nicht anders als leid tun, daß ein solcher Mann wie Barnabas, der dem Paulus zuerst seine Haltung unter den übrigen Christen gegeben hat und unter dessen Schutz Paulus seine Wirksamkeit angefangen hat, in seiner weiteren Wirksamkeit uns so aus den Augen gerückt wird. Auf eine ähnliche Weise geht es uns mit Philippus; wahrscheinlich, daß das Christentum durch ihn in das Reich von Meroe gekommen ist durch den Äthiopier, den er auf seiner Reise zum Christen machte. Daß in dieser Zeit viel zur Verbreitung des Christentum geschehn mußte, ist leicht zu denken, aber wir wissen wenig davon, weil wir unseren" Blick nur
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unseren Blick] über
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auf Paulus richten. Wir wissen nur von den Hauptpunkten K o r i n t h und E p h e sus. Wahrscheinlich, daß das Christentum sehr bald in das Osroenische und nach Edessa gekommen, denn obschon der Briefwechsel zwischen Christus und Abgar erdichtet ist, so kann man doch die Notizen nicht verwerfen, es mußte doch etwas zu einer Dichtung Anlaß geben, ein Bestimmungsgrund mußte vorhanden sein. Nun haben wir aber noch viele interessante Punkte, von denen wir nicht wissen, wie das Christentum | 30 hingekommen. Von Petrus ist ein Andeuten, daß er in Babylon (Seleukeia)" gewesen sei. Die Schriftsteller sind uneins, ob es im eigentlichen oder uneigentlichen Sinn (vonb Rom) zu verstehen sei. Wie das Christentum nach Rom gekommen, darüber schweigt die Geschichte. Man kann nicht sagen, daß Paulus die römische Gemeinde gestiftet hatte. Das Christentum war in Rom, ehe Paulus hinkam, und es ist auch nicht wahrscheinlieh, daß sich die Gemeinde erst durch ihn organisiert habe, denn der Zeitraum bis dahin ist zu groß. Von Alexandria ist eine Sage, daß Marcus dahin gegangen ist und daß Petrus auch dahin gegangen, um ihn dort zum Bischof zu installieren. Auch ist eine Sage, daß Petrus der Stifter von Rom gewesen. Er soll auch der erste Bischof von Antiochien gewesen sein und auch die Gemeinde zu Korinth mit Paulus gestiftet haben. Euseb hat uns dies aufbehalten, und von hier aus kann man das ganze Gewebe der Sagen durchschauen, denn diese Sage ist offenbar falsch. Mit dem Bistum zu Antiochien hängt die Sage so zusammen: Ignatius in seinem Brief an die Magnesier sagt beiläufig, die Gemeinde zu Antiochien sei durch Petrus und Paulus gegründet. Wir sehen aber aus den Acta, daß beides falsch ist. Man sieht also, in wie einem weiten Sinn die Sache genommen zu werden pflegte, denn die Geschichte konnte dem Ignatius nicht unbekannt sein. Orígenes »Contra Celsum« macht nun aus der Stelle des Ignatius schon den Petrus zum Bischof. Wenn wir nun sehn, wie das hier gewesen, so haben wir alle Ursache zu glauben, daß es mit Alexandrien1 nicht besser gestanden habe, und wir möchten mit Semler die ganze Erzählung bezweifeln.
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(Seleukeia)] über der Zeile.
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(von Rom)] mit Einfügungszeichen
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Alexandrien] B72f.:
Rom.
über der Zeile.
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Auch" fabelt man von Petrus, er habe den ersten Bischof zu Karthago eingesetzt. Dies' streitet wider eine Angabe des Tertullian, der um die Sache wissen kann, dennc nach Karthago kam das Christentum aus Italien mit der ins Lateinische übersetzten Heiligen Schrift. Was das Märtyrertum des Petrus in Rom betrifft, so erwähnt dessen Euseb allein. Man sieht, daß er keine alten geschichtlichen Zeugnisse hat, er führt nicht einmal Hegesipp an. Dionys von Korinth ist sein Gewährsmann, und der erzählt bloß, daß Petrus in Italien, aber nicht gerade in Rom, den Märtyrertod erlitten habe. Ambrosius erzählt | 31 eine Legende von ihm, daßd ihm Christus vor dem Tore erschienen sei. Als* nämlich Petrus aus Rom floh, soll ihm Christus vor dem Tore erschienen sein. Petrus fragte ihn, wohin er wolle. Christus antwortete: »Nach Rom!«, um sich da noch einmal kreuzigen zu lassen. Petrus, beschämt, kehrte nach Rom zurück und ließ sich dort, den Kopf nach unten hin, kreuzigen, weil er nicht wert sei, den Tod seines Meisters zu sterben. Auch andre Legenden werden von ihm berichtet und machen die Sache verdächtig. Es wird von Paulus gesagt, er sei in Rom freigelassen worden, sei nach Spanien und Kleinasien und von da wieder nach Rom zurück, wo er mit Petrus zugleich das Märtyrertum erlitten habe; allein auch dies erzählt nur Euseb. Vom Apostel Johannes gibt es ebenfalls viele Sagen von seinem langen Leben, welche in Verbindung stehn mit seinem Aufenthalt in Patmos und mit der Apokalypse, welche letztere aber schwerlich auf Johannes zurückzubeziehen ist. Hegesipp setzt das Ende des apostolischen Zeitalters mit dem Tod eines gewissen Simeon, eines Enkels Judas, (Christi Bruders) unter Trajan an und berichtet, daß bis zu der Zeit die Kirche ganz makellos gewesen sei. Es ist kein Grund, das apostolische Zeitalter so weit auszudehnen, wir können nur da stehn bleiben, wo uns das Geschichtliche zu Ende geht. Wir sehn 2 verschiedene Ansichten in diesem Zeitalter sich einander begrenzend, aber einander nicht störend: die palästinensische Methode nach Petrus und die hellenistische nach Paulus. Ist aber die Trennung so anzusehn, daß Petrus und die anderen Apostel allein auf Jerusalem beschränkt waren und im übrigen orbis terrarum romanum bloß Paulus und Barnabas gewirkt hätten, so würden die Legenden selbst umfallen, allein man kann dies doch nicht anneh-
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Auch ... eingesetzt.] über < N a c h Karthago ist das Christentum aus Italien gekommen. > .
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Dies ... kann,] über < [ ] [ ] übersetzte lat. h. Schrift. > .
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denn ... Schrift.] mit Einfügungszeichen
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daß ... sei.] mit Einfügungszeichen
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Als ... sterben.] mit Einfügungszeichen
am äußeren
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über der Zeile. am äußeren
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men. Die Teilung scheint mehr eine Teilung in der Ansicht als eine mathematische gewesen zu sein. - Euseb berichtet im Anfang des 3ten Buches eine andre Art von Teilung des Missionsgeschäfts. Er sagt, dem Thomas sei Parthien, dem Andreas Skytien, dem Johannes die Küsten von Kleinasien und dem Petrus das nicht so barbarische Kleinasien angewiesen worden. Hieraus sieht man, daß Euseb keine Rücksicht auf die Sage genommen, daß Petrus auch das Christentum soll in Gallien gestiftet haben. Übrigens sehn wir aus der Art, wie die Gemeinde zu Rom entstanden ist, daß I 32 das Christentum schon in vielen Gegenden vorhanden war; aber es läßt sich geschichtlich nicht nachweisen, wie es hingekommen. Dies führt uns auf die Frage über die Zusammenhänge der christlichen Gemeinden untereinander. Das Neue Testament weist 2 Arten dieses Zusammenhangs" nach, aber so, daß dies vorzüglich von den Aposteln ausging: das sind die Reisen der Apostel und ihrer Gefährten aus einer Gegend in die andre, um einen Zusammenhang zu stiften zwischen Jerusalem und den Provinzen. Eben dasselbe finden wir hernach in Antiochien. In eben der Absicht ist vielleicht Petrus nach Seleukeia geschickt worden. Die zweite Art ist die Einrichtung der Kollekten. Es scheint einseitig, daß alle Christen nur für Jerusalem steuerten. Entweder hat dies seinen Grund im damaligen größeren Reichtum der anderen Gegenden oder darin, daß Jerusalem für die Muttergemeinde angesehen wurde. Aus Äußerungen des Paulus an die Korinther kann man das letztere vermuten, allein das scheint mehr ein Motiv gewesen zu sein, das er von sich hinzugesetzt hatte, als eine allgemeine Ansicht. Eher scheint die Sache ihren Grund in der Dürftigkeit der1" palästinischen Christen gehabt zu haben. Aber es mochte auch dazukommen, daß die palästinischen Christen, wenn sie sahen, daß auch die nicht-jüdischen Christen sich so sehr bestrebten, sie zu unterstützen, dadurch eine mildere Ansicht von ihnen erhielten. Über das Verhältnis der Apostel gegeneinander sind 2 entgegengesetzte Ansichten: die Katholiken gehen auf einen Primat des Petrus zurück, die Protestanten leugnen es. Man kann auf der einen Seite nicht leugnen, daß der Primat aus einigen Stellen der heiligen Schrift hervorleuchtet: er erscheint oft als der Wortführer und steht als primus inter pares da. Wenn man aber den Primat auf Worte Christi gründet, z. B., daß er ihn den Felsen nennt, auf dem er die Gemeinde bauen wolle usw., so kann man dies nicht als eine solche Installation ansehen.' Es gibt aber auch in den Acta Spuren, die diesem Primat widerspre-
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Zusammenhangs] erstes s undeutlich.
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der] korr.
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ansehen] korr. aus einsehn.
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chen." Petrus steht oft in Verbindung mit Johannes und Jacobus auch in den Evangelien als vor den anderen Aposteln vorgezogen, aber nicht Petrusb allein. I 33 Aber die Hauptsache, worauf wir uns stützen müssen gegen die Katholiken ist nicht die, daß Petrus keinen Primat hatte, sondern daß die Bischöfe keine Kraft haben, sich Nachfolger Petri zu nennen. Der Primat Petri war ein Primat unter den Aposteln, aber man kann nicht nachweisen, daß die Apostel Bischöfe gewesen. Unter der Zeit des Nero haben offenbar noch viele Apostel gelebt, nur wurde damals Linus Bischof von Rom. Auf diesen soll nun der Primat übergegangen sein undc mithin noch zu Lebzeiten der Apostel die Gemeinde einem Fremden unterworfen gewesen sein. Dies hat nicht nur etwas Paradoxes, sondern etwas Nichtiges in sich, weil sich keine Art denken läßt, wie dieses Amt hätte eingeführt, noch, wie es hätte können gehandhabt werden bei dem noch losen Zusammenhang der Gemeinden. Was die äußere Einrichtung der Kirche betrifft, so war sie offenbar dieselbe nach der Analogie mit der jüdischen Synagoge. Fragen wir aber nach dem Innern, nach der Übereinstimmung der Ansicht und den Vorstellungen, so finden wir manche Differenzen. Wir finden schon viele streitige Punkte im Neuen Testament. Zuerst erwähnt Paulus einige, welche behaupteten, die Auferstehung sei schon geschehen. Schwerlich war dies ein Übergang des Sadduzäismus ins Christentum, denn in der Formel, die Auferstehung sei schon geschehn, ist etwas Positives, hervorgegangen daraus, die leibliche Auferstehung zu einem Symbol der geistigen zu machen. Es ist bekannt, daß unter den Stellen, in welchen Christus von der Auferstehung spricht, [diese] oft auf beides gehen können. Diese Vorstellung wurde weniger veranlaßt durch die Tendenz des Leugnens der Unsterblichkeit der Seele, sondern eher aus der Vorstellung des Chiliasmus. Wir sehn auch im Neuen Testament deutlich, wie erst allmählich diese sinnliche Ansicht sich zu einer geistigeren gestaltete. Wir haben in diesem Punkt zweierlei Keime, einerseits das Allegorisieren des sinnlich Ausgedrückten und das Hervorheben des Sinnlichen in den Erwartungen über die Zukunft. Eine zweite Abweichung ist die derer, welche leugnen, daß Christus sei ins Fleisch gekommen, von denen Johannes sagt, sie seien von den Christen ausgegangen, gehören aber nicht zu ihnen. | 34 Man hat dies auf die ersten Anfänge
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widersprechen] korr.
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Petrus] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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und ... sein.] mit Einfügungszeichen Uber der Zeile; unterworfen ... sein.] über den Rand hinaus geschrieben.
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des Doketismus beziehen wollen, aber das wäre vielmehr eine fremde, ins Christentum hineingetragene Ansicht, von der man nicht sagen könnte, sie sei von Christen ausgegangen. Man kann aber einen Zusammenhang finden zwischen dieser Abweichung und der in Paulus. An die Auferstehung Christi knüpfte sich das, daß man einen Unterschied zwischen seinem Leib und dem menschlichen machen wollte und behauptete, was von ihm gesagt werden könne, gelte nicht von allen andern.
Diesen beiden mehr theoretischen Abweichungen gegenüber finden wir auch einige praktische. - In den apostolischen Briefen finden wir nicht selten Warnun10 gen dagegen, die Freiheit der Kinder Gottes nicht zu mißbrauchen; unter dieser ist die liberalere Behandlung des Christentums und eine übertriebene Opposition gegen das Judentum zu verstehen. Es ist bekannt, daß die hellenistische Volksmoral sehr leicht war in Sachen der Aufregung der Sinnlichkeit. Die Juden hatten nun eine weit strengere Moral. Die* neuen Christen konnten daher leicht 15 mit den übrigen äußeren Gebräuchen des Judentums auch die strengere und reine Sittlichkeit verwerfen. Denen gegenüber finden wir, wenn auch nicht so deutlich bezeichnet, eine Partei, die vorzüglich auf Entbehrung und Entsagung drang, teils entstanden aus dem Judentum, teils aus der Opposition gegen die laxen Christen. Dies schim20 mert durch alle Ermahnungen der Art, daß man festhalten soll an der Freiheit der Kinder Gottes. Die Enthaltung vom ehelichen Leben konnte nicht aus dem Judentum entstehen, aber aus Opposition gegen die dem Heidentum angehörige Neigung zur Lizenz mußte ein entgegengesetztes Extrem entstehen. 25 Die kanonischen Briefe der Apostel haben eine zweifache Richtung: 1. eine spezielle Richtung, beruhend auf einem inneren Bedürfnis, sich zu äußern; 2 . eine durch eine äußere Gelegenheit entstandene. Solche Schreiben waren Begleitungs- und Empfehlungsschreiben, welche man den reisenden Christen mitgab. Denken wir uns, daß so unter den Gemeinden auch andre zufällige Kom30 munikationen entstanden, so werden wir es natürlich finden, daß auch auf diesem Wege die Briefe von einer Gemeinde zur anderen gebracht wurden. | 35 So entstand zuerst die Sammlung der paulinischen, dann die der katholischen Briefe. In diesen Briefen finden wir auch schon eine bedeutende Differenz der 35 Methode. Wir können vorzüglich 4 unterscheiden: die erste die vorzüglich dialektische und spekulative Methode des Paulus; die zweite die von unmittelbaren religiösen Gefühl ausgehende und in der Form des Gedankens weniger
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Die ... Christen] mit Einfügungszeichen
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strenge Methode des Johannes; die dritte ist die kunstreiche und allegorisierende Methode der alexandrinischen Schule, wovon wir den Brief an die Hebräer haben; die vierte ist die kunstloseste, am meisten gnomische Methode in den katholischen Briefen, wiewohl der Brief Judas schon wieder einen Übergang ΐ bildet* von dieser Methode zur alexandrinischen. Wir sehn nun im Kanon auch schon die allmählich sich verwischenden Grenzen des Apostolats. Ursprünglich hatten die Apostel allein ein Recht in Beziehung auf alle christlichen Gemeinden, wir sehen aber im Kanon die Grenzen verwischt im Brief an die Hebräer. Über ihn ist man immer streitig gewe10 sen, aber er ist kanonisch geworden, ohne daß man sich auf die apostolische Autorität berief. Vom Brief des Judas weiß man nicht, ob er von einem Apostel gewesen, ebensowenig von dem Brief des Jacobus. Ja, wir wissen, daß in der folgenden Zeit Lehrer Briefe schrieben, denen das gleiche Ansehen wie den Aposteln 15 geschenkt wurde. Wir haben noch einen Brief übrig, der dem Barnabas zugeschrieben wird. Auch dieser ist ebenso eine Zeitlang aus einer Gemeinde in die andre gegangen, in denselben vorgelesen worden und ist ein Glied der Sammlung gewesen, demohnerachtet hat er weichen müssen. 20 Wir sehn schon von Anfang die Freiheit des christlichen Gefühls und Urteils, welches sichb durch keine äußere Autorität beschränken ließ. Hier eine Untrüglichkeit anzunehmen, sind wir nicht genötigt, und es kann nur eine historische Ansicht über den Kanon geben. Was über die Inspiration gesagt wird, gehört dem Gefühl an. 25 I 36 V e r f o l g u n g e n u n t e r N e r o u n d D o m i t i a n . Manche zählen 2 Verfolgungen unter Nero. Ebenso geht es mit denen des Domitian. Die Nachrichten darüber sind nicht bestimmt. Die erste Ursache der mindergünstigen Umstände war* der jüdische Die d Christen verließen nach Euseb Jerusalem noch vor dem Krieg und 30 nach Pella,' welches mit den Römern alliiert war. Die Christen wurden von den Römern nicht von den Juden unterschieden, obschon sie sich
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bildet] korr.
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Es folgt < a u f > .
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war] korr. aus waren.
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Die ... war.] mit Einfiigungszeichen am äußeren Rand.
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Pella] Telia.
Krieg. gingen damals passiv
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verhalten hatten. Es geht nun jede Spur von apostolischer Tätigkeit und vom Zusammenhang* der Gemeinden verloren. Dagegen sehn wir in der folgenden Generation eine christliche Sekte, welche durch ihre ganze Denkungsart beweist, daß der Zusammenhang in den christlichen Gemeinden muß sehr gering gewesen sein. Es sind die Ebioniten und Nazaräer, welche man von den alten palästinischen Gemeinden ableiten muß. Die Ableitung der Ebioniten von Ebion ist nur eine Vermutung. Auch die Trennung der Nazoräer von den Ebioniten ist nicht bestimmt zu machen. Nazoräer hießen die Christen überhaupt, Ebioniten wurden sie wahrscheinlich von den liberaleren Christen genannt. Theodoret teilt diese in mehrere Partien3: 1. Nazoräer und 2. die Ebioniten; die letzteren wieder in 2 Teile: deren erster Teil bekannte, daß Christus ein Sohn des Joseph und der Maria gewesen und sich des Evangeliums deih Hebräer bediente; der zweite Teil aber Jesum für den Sohn der Jungfrau Maria hielt und das Evangelium des Matthäus brauchte. Die Nazoräer sollen Jesum bloß für einen vollkommenen Menschen gehal0 ten und sich des »Evangeliums Petri« bedient haben. Euseb berichtet wenig darüber, und Epiphanius ist kein guter Gewährsmann. Die Ansicht dieser Sekte muß auf einer alten Überlieferung ruhen. Den Evangelien merkt man auch an, daß unter den Aposteln über die übernatürliche Zeugung Christi keine konstante Ansicht war. Das »Evangelium der Hebräer« scheint von derselben nichts zu melden. Man kann nicht schließen, daß die Nazoräer eine eigentliche Polemik gegen die führten, welche Jesum für etwas Höheres hielten. Das Evangelium Johannes ist in diese Gegenden gewiß erst später gekommen. Das »Evangelium Petri« und das der Hebräer müssen wohl aus den ältesten Zeiten herrühren, vielleicht gleich nach dem jüdischen Krieg. Die Verbreitung der Nachrichten von Christo war ursprünglich·1 mündliche Überlieferung und ging nachher in schriftliche über. Symmachus und Theodotion gehörten zu den Ebioniten. Also ist | 37 die schriftliche Abfassung von Evangelien unter ihnen um so wahrscheinlicher, je mehr sie von dem Zusammenhang der anderen Gemeinden abgeschnitten wurden. Es ist sogar möglich, daß die apokryphen Evangelien älter sind als die kanonischen, die späteren können aber
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Zusammenhang] g undeutlich.
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der] korr. aus des. Es folgt < Matthäus > .
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Es folgt < haben > .
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Es folgt < I ] >.
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leicht besonnener abgefaßt sein als die früheren, wo im Drang der Zeiten alles zusammengerafft wurde. Mit diesen Sekten in Zusammenhang ist die Lehre des C e r i n t h . Er scheint aus Ägypten hergekommen und in Syrien und den angrenzenden Provinzen von Kleinasien gelebt zu haben. Er hielt streng auf die Beobachtung der jüdischen Gesetze. Seine Ansicht von der Person Christi, welche ein Mittel war zwischen der palästinischen und griechischen, war die, daß Jesus von Anfang an ein höherer Mensch gewesen, und habe sich durch seine Tugend es verdient, von Gott zum Erlöser erwählt zu werden, und deswegen hätte sich bei der Taufe der Logos in der Gestalt der Taube auf ihn herabgelassen. Wir sehn hier den λόγος und das πνεύμα αγιον noch identifiziert. Wir finden eine doppelte Neigung, aus der man sich das Abweichen des Cerinth erklären kann: einmal ein Bestreben der natürlichen Darstellung, die aber nicht soweit geht, alles Wunderbare zu leugnen, sondern es bloß an höhere Momente anzuknüpfen, und dann eine große Buchstäblichkeit in der Auslegung. Daher ist seine Anhänglichkeit ans Judentum zu erklären. Daraus ist auch sein Chiliasmus entstanden. Er hat die Meinung gehabt, Christus würde wieder auf die Erde kommen, die Toten würden dann auferstehen und Christus würde dann ein Reich stiften und darin herrschen. Epiphanius, wo er von Cerinth redet, sagt, die Cerinthianer wären auch Merinthianer* genannt worden, sagt aber selbst, er wisse nicht woher. Offenbar ist der Name Merinthianerk ein Spottname, weil Christus durch die Ansicht des Cerinth geteilt wird; und so wurde das Klangspiel gemacht: Μερινθος, Κήρινθος. Cerinth muß die Vereinigung des λόγος mit Christo bloß für die L e h r e 4 angenommen haben, denn bei der Kreuzigung habe der Logos ihn verlassen. Die Vorstellung von der Wichtigkeit des Todes bei der Erlösung war in der ersten Kirche noch nicht allgemein. Hegesipp sagt ζ. B. von Jacobus, der gekreuzigt wurde, 5 er sei wie Christus ein Märtyrer | 38 geworden. Was eine zweite6 Hauptursache der Art von Stillstand in der Christenheit war, ist, daß wir unter ihren7 unmittelbaren Schülern wenig oder gar keine ausgezeichneten Männer finden. Das Leben der Apostel war zu bewegt, und siec waren zu sehr auf das Ganze gerichtet, als daß sie eine Schule gebildet hätten. Alle, die sich näher an sie anschlossen, mußten sehr bald in ihren Geschäften selbst helfen, und waren beständige Durchgangspunkte zwischen den Aposteln
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Merinthianer] korr.
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Merinthianer] korr.
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sie] s undeutlich.
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und der Gemeinde. Es fehlte ihnen aber an der gehörigen Ruhe des Aufnehmens. - Lucas und Marcus, wenn beide dieselben sind, von denen die Evangelien herrühren, sind zunächst davon auszunehmen. Von Timotheus, Titus wissen wir nicht, was sie getan haben, um die christliche Lehre auszubilden. Von Linus, dem ersten Bischof, wissen wir auch nichts. Hermas' Schrift ist unter der Form der Vision geschrieben, Die Apokalypse scheint das Vorbild dazu gegeben zu haben. Der einzige, von dem man noch etwas Schriftliches hat, ist C l e m e n s , dessen 1. Brief an die Korinther die Kirchenlehrer für echt erklären, dessen zweiter Brief aber und alles andre untergeschoben ist. Wir sehn darin zwar die apostolische Form, aber nichts besonders eigentümlich Kräftiges. In Korinth waren Streitigkeiten zwischen Presbytern und den Jüngeren. Hierüber handelt* der Brief des Clemens, worin aber noch kein Unterschied zwischen επίσκοπος und πρεσβύτερος gemacht wird. Clemens faßte den Brief ab im Namen der Gemeinde und steht nur als primus inter pares da. Man kann nicht begreifen, wie die Listen der Bischöfe als solches bis über diese Zeit hinausgehen. Clemens ist hier schon der 3te, aber offenbar sind diese noch nicht als επίσκοποι anzusehn. Es hatte unter den Presbytern wohl einer die Gewohnheit, aus Autorität öfter aufzutreten als die anderen, und erst daraus ist nach und nach das Episkopat erwachsen.
Es ist noch ein apostolischer Schüler zu bemerken: Polykarpus, der in Smyrna als Märtyrer starb und von dem wir noch einen Brief an | 39 die Philipper haben. Man gibt ihn für einen Schüler des Johannes aus; allein in seinem Brief erscheint kein besonderes Verhältnis zu diesem Apostel. Dies 25 berechtigt uns indessen weder dazu, ihn nicht für einen Schüler des Ignatius zu halten, noch seinen Brief für unecht zu halten. Der Brief zeugt von Geistesarmut. Nicht besser ist es mit Ignatius von Antiochien, von dem wir auch einige Briefe haben, wovon aber etliche untergeschoben sein müssen. Was die Diakone betrifft, so haftete man noch immer an der Zahl 7, und 30 das gab Anlaß, die subdiaconi zu unterscheiden. In dem Lehrstand aber bei den πρεσβύτεροι kommt noch keine Abstufung vor. Als die erste, aber doch auch nur zufällige Verfolgung kann man die ansehen des T r a j a n . Die Verfolgungen unter ihm waren aber auch nicht speziell gegen die Christen, sondern das b Gebot ging gegen die Hetärien, 8 über35 haupt; als solche mußten die Christen erscheinen. Wir haben hierüber ein Dokument in dem Brief des Plinius, gegen dessen Echtheit im ganzen schwerlich
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handelt ... Clemens,] über
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das] d undeutlich.
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etwas wird einzuwenden sein. Aus dem Bericht des Plinius, daß sie bloß mit Lobgesängen sich beschäftigten, kann man nicht schließen, wie einige getan haben, daß sie damals noch keine Theologie und bestimmte Lehre hatten. Trajan entschied, man solle sie nicht aufsuchen, sondern nur, wenn man sie finde, nach dem Gesetz bestrafen. Es ist in dieser Zeit noch ein nachteiliger Punkt, der aber nur auf 1 Zeugen beruht. Die Apostelgeschichte erzählt uns, daß Samaria das Christentum größtenteils angenommen habe. Justin aber erzählt, daß zu seiner Zeit ein großer Teil der Samariter den Simon (Acta) verehrt hätten. Wenn das wahr ist, so muß das Christentum aus diesen Gegenden so viel als verschwunden gewesen sein. Gewöhnlich sieht man dies anders an. Man fuhrt die Simonianer als die älteste christliche Häresie an, aber das beruht darauf, daß die antihäretischen Schriftsteller der älteren Zeit alle Häretiker auf Simon zurückführen, was sich aber gar nicht nachweisen läßt. Was Justin sagt, daß Simon sich für die μεγάλη δυναμις θεοΰ I 40 ausgegeben und mit einer Frauensperson herumgezogen sei, an der er alle menschlichen Verirrungen symbolisch dargestellt, daß er gesagt habe, er sei dasselbe Wesen, was Gott, der Vater und der Sohn und der heilige Geist, so sieht man eine Spur der* Notiz des Christentums, aber mehr ein Bestreben, die Identität aller Offenbarungen zu zeigen und sich als Mittelpunkt aufzustellen (confer Neander). Wo sich also ein solches geltend machen konnte, mußte das Christentum schonb verdrängt sein. - Nehmen wir nun die Verwüstung Jerusalems, daraus das überwiegende Judaisieren und die Mittelmäßigkeit der unmittelbaren Nachfolger der Apostel zusammen, dazu die zufällige Art der Verbreitung des Christentums, so werden wir es natürlich finden, daß in dieser Zeit am leichtesten solche fremden Beimischungen erfolgten und daß, wie auf der einen Seite das Judentum sich geltend machte, auf der anderen Seite auch Heidnisches in das Christentum eindrang. Dies Eindringen des(?)c Heidnischen ist unter dem Namen desd G n o s t i z i s m u s bekannt. Wir können nicht unberührt lassen, daß in dieser Zeit hellenistische Gelehrsamkeit und Wissenschaft auch in das reine Christentum eindrangen, ohne daß dies der Reinheit desselben geschadet hätte. Als Repräsentant hiervon können wir Justin Martyr ansehen, von dem man sagt, daß er Philosophie und Christentum vereinigt habe. Daraus entstand eine wissenschaftliche Behandlungsweise, die sich zuerst auf dem Gebiet der Apologie und dann auf dem der Polemik
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der] korr. aus des. Es folgt < Christentums > .
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schon] s undeutlich.
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des(?)] korr. aus ins.
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des] s undeutlich.
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offenbarte. Diese wissenschaftliche Behandlung erhielt in der Kirche selbst den Namen γνώσις, und der Unterschied der γνώσις und der πίατις ist es, worauf die christliche Theologie ruht und alles, was wir im Christentum Schule nennen. Es haben also Christen selbst den Namen Gnostiker geführt und stellen das Verhältnis zwischen sich und den heidnischen Gnostikern so auf, daß sie sagen, diese Gnostiker schrieben sich die γνώσις allein zu und sagten, daß die anderen keine rechte γνώσις hätten, sondern nur auf der πίστις ständen; dagegen erhielten sie den Namen ψευδώνυμος. Eine Quelle hierüber: Plotin, der eine Abhandlung hat: »Πρός τους γνωστικους«, die von Porphyr uns erhalten ist. | 41 Plotin wirft ihnen vor, sie hätten einiges von Piaton genommen, andres von selbst erdacht. Porphyr aber erklärt uns das Entstehen der Abhandlung so: Es seien auch unter den Christen viele gewesen, welche aus der παλαιά φιλοσοφία gekommen wären, und unter diesen wären einige auf zoroastrische Bücher gestoßen, und diese hätten sie hervorgebracht, um zu zeigen, daß Piaton noch nicht das höchste geleistet hätte, und ihn aus diesen zoroastrischen Büchern zu ergänzen. Gegen diese nun habe Plotin seine Abhandlung gerichtet und Porphyr habe sie »Πρός τους γνωστικούς« überschrieben. In der Abhandlung selbst kommt nichts von zoroastrischen Büchern vor.* Ob das also bloß eine Vermutung des Porphyr sei, müssen wir unentschieden lassen, ebenso auch, ob es häretische Gnostiker oder solche aus der alexandrinischen Schule. Plotin sagt ζ. B., daß sie die Tugend verachteten, und doch haben wir ethische Schriften der valentinischen Schule. Die Gegner der Gnostiker weichen in ihren Darstellungen von denselben sehr ab. Epiphanius wirft vieles durcheinander, Irenäus nennt mehrere Sekten, wovon er nur eine mit dem Namen Gnostiker belegt. Es ist also besser, erst von den einzelnen Personen zu sprechen. Im mittleren Drittel des 2ten Jahrhunderts kommen die Gnostiker zuerst vor, ursprünglich stammen sie aus Syrien und Ägypten. Der erste, mit dem wir anfangen, ist C e r d o . Von ihm wissen wir vorzüglich, daß er eine Unterscheidung bemerklich machte zwischen dem Gott des Alten Testaments und dem des Neuen Testaments, so daß er den ersten mit dem Namen des Gerechten, den letzten mit dem Namen des Guten benennt. Das Judentum beruht auf der Vorstellung der göttlichen Nemesis, das Christentum auf der von der Erlösung. Es ist nicht auszumachen, ob Cerdo wirklich 2 Götter oder nur 2 Vorstellungen von der Gottheit gedacht habe. Seine Ansicht ist der Gegensatz gegen den Ebionitismus und Nazoräismus. Er wollte die Differenz zwischen Judentum
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vor] korr.
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und Christentum darstellen. Man hat keinen Grund, ihn für einen Nichtorthodoxen zu halten. Der Übergang zum Gnostizismus beruht darauf, indem er wirklich 2 Gottheiten annimmt. Dies ist, was ihm seine kirchlichen Gegner zuschrieben. Es konstiert aber nicht, mit welchem Recht. 5 I 42 Den Hauptsatz des Cerdo spricht auch Clemens Alexandrinus aus, indem er sagt, Gott habe den Juden das Gesetz gegeben und den Heiden die Philosophie und es können aus beiden Christen werden. Indem nun das monotheistische Judentum und das polytheistische Heidentum nunmehr einander gleichgestellt werden, so scheint daraus zu folgen, daß kein Vorzug des Juden10 turns vor dem Heidentum stattfinde.
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Der nächstfolgende ist S a t u r n i n u s oder S a t u r n i l u s , wir wissen aber nicht, ob im Zusammenhang mit Cerdo. Seine wesentlichen Ideen sind, die Welt sei von* untergeordneten geistigen Wesen, aber nicht von Gott geschaffen. Diese hätten auch den Menschen geschaffen, aber sie hätten nicht vermocht, ihn geistig zu erheben. Da hätte sich das höchste Wesen seiner angenommen und ihm einen Spinter 9 eingeblasen, dadurch sei er aufgerichtet worden und habe als geistiges Wesen gelebt. Saturninus ist aus Syrien gekommen, und wir wissen nicht, in welchem Verhältnis er zum Judentum gestanden, aber merkwürdig, daß alles bei ihm von der Genesis ausging. Der Unterschied zwischen und m r r stimmt auch mit seiner Vorstellung überein. Nun wurde im Alten Testament ΓΠΓΓ oft gebraucht, aber Saturninus sagt wie Cerdo, ΓΠΓΓ sei auch nur ein untergeordneter Gott, worauf ihn die Zusammenstellung von - ΓΠΓΓ führen konnte. Er sagt, die Menschen hätten sich geteilt in Gute und Böse (was auch auf biblischer Basis beruht). Nachdem die untergeordneten Wesen lange die Welt beherrscht hatten, habe Gott den σωτήρ, den μονογενής, gesandt, um den Guten zu helfen und die Bösen zu verdammen. Wir finden bei ihm das Bestreben, das Böse zu erklären, indem er sagt, die Welt als solche ist nicht die Werk Gottes, sondern untergeordneter Wesen. Wir brauchen keinen fremden Ursprung dieser Feder zu suchen. Es ist offenbar, daß mit dem Christentum, wo das Bewußtsein der Erlösung heraustrat, auch das der Sünde heraustrat, und es entstand nun der Frage, wie denn Gott das Böse habe können zulassen, und dies Bestreben der Theodizee ist das zweite wesentliche Element seiner Lehre. Der dritte ist B a s i l i d e s , in dem sich dieselbe Theorie aber ausgebildeter zeigt. Er wird als gleichzeitig mit Saturninus dargestellt, aber die b Kirchenlehrer a
Es folgt
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die] korr. aus s.
.
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sagen, Saturninus wäre nach Syrien, Basilides nach Ägypten gegangen, beide seien aber Mitschüler gewesen. Der Lehrer ist aber nicht | 43 auszumachen. Aber die Häresiologen stimmen zusammen in der Zuriickführung auf Simon. Allein man hatte schon früher dem Simon vieles auf die Rechnung geschrieben, was er nicht hatte, und die Ähnlichkeit dieser Systeme mit dem des Simon ist nicht so groß. Die Gnostiker sagen gar nichts von einem Zusammenhang mit der samaritanischen Philosophie, sondern aus einer Nachricht des Clemens geht hervor, Basilides habe gesagt, er habe Glaukias' gehört, einen Hermeneus des Petrus. Auch Valentin sagt, er [selbst] habe den Theudas, einen γνώριμος des Paulus, gehört. Wenn Saturninus wirklich ein Syrier gewesen ist, so kann leicht Glaukiasb ein antiochenischer Lehrer sein. Valentin ist ein Alexandrier, und da ist leicht, daß er kann auf einen γνώριμος des Paulus zurückgegangen sein,€ da die alexandrinischen Gemeinden auf paulinischem Fuß gegründet waren. Daß aber Saturninus und Basilides aus einer unchristlichen Schule gekommen seien, ist ganz falsch. Basilides geht systematischer zu Werke als Saturninus. Er hat eine Reihe geistiger Abstufungen, προβολάς, dasselbe, was man später Emanationen genannt hat, aber nur unvollkommener.d Da finden wir die Ausdrücke νοΰς und λόγος (confer Plotin). Sonst stimmt er mit Saturninus darin überein, daß er den Jahwe als einen untergeordneten Gott ansieht und den Schutzgöttern anderer Nationen gleichstellt. Christus ist für ihn der νοΰς selbst. Nun kommt im Basilides noch ein neues Element hinzu, das doketische. Er sagt, Christus sei nicht gekreuzigt, er sei nicht ein wirklicher Mensch gewesen. Der σωτήρ sei nur έν φανθαοία [τοις] άνθρώποις erschienen. Er habe den Simon von Kyrene in seine Gestalt verwandelt, und der sei gekreuzigt worden. Bei Basilides spricht sich übrigens am stärksten die Tendenz der Theodizee aus. Je weiter vom göttlichen Wesen ab, um so mehr kommt das άνάλογον des Bösen zum Vorschein. Es ist wohl offenbar, daß dem οωτήρ, indem er den Guten helfen und die Bösen verdammen soll, das Böse gar nicht ankleben durfte. Nun aber hat die menschliche Seele eine solche Verwandtschaft mit dem Körper, daß sie ohne den' nicht gedacht werden kann. Wir können aber nicht leugnen, daß das Absprechen der Menschlichkeit Christi | 44 etwas Unchristliches sei. Die π ά θ η der Seele sieht Basilides an als durch den Zusammenhang mit dem
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Glaukias] Claudias. Verbessert nach Κ125.
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Glaukias] Claudias. Verbessert nach K125.
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sein] sei.
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unvollkommener] (un gestrichen, Streichung wieder
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den] das.
aufgehoben)vollkommener.
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Materiellen entstanden. Dieselbe Vorstellung des Basilides ist nicht mehr so rein wie die des Saturninus.· Bei Basilides ist der οωτήρ schon ein vom göttlichen Wesen Différentes. Aber auch mit dieser unvollkommenen Vorstellung hätte der Doketismus vermieden werden können, wenn nur Basilides gedacht hätte, daß der νοΰς stark genug gewesen wäre, die Differenz aufzuheben. Wir können also leicht uns den Unterschied klar machen zwischen der Ansicht des Basilides und der doketischen. Clemens Alexandrinus hat uns noch eine Stelle aus Basilides aufbewahrt, wo man deutlich sieht, daß die Theodizee bei ihm das Prädominierende ist, wo er annimmt, daß nach der Erlösung die Welt wieder unter die Leitung des höchsten Gottes getreten sei. Er erklärt sich auch die ursprüngliche Verschiedenheit in der günstigen und ungünstigen Lage der Menschen aus einer ursprünglichen Verschiedenheit der Seelen, die aber schon vorher etwas müssen verschuldet haben. Seineb Theorie über das Märtyrertum hat ihm viele Feinde zugezogen. Unter Adrian, wo diec ersten Spuren des Gnostizismus hervorkommen, wurde ein günstiges Gesetz für die Christen gegeben, daß sie nur wegen bürgerlicher Vergehen gestraft werden sollten. Unter den Antoninen äußerte sich die Gesinnung gegen die Christen wieder heftiger, ohne eigentlichen Befehl, nur vom Volk aus. Diese Verfolgungen brachten die ersten Apologien des Christentums hervor, welche an die Cäsaren und den Senat geschickt wurden und worunter die beiden des Justin Martyr die vorzüglichsten sind. Auch Polykarp, über dessen Märtyrertum noch ein Brief vorhanden ist, ist merkwürdig. Bei diesen Verfolgungen entwickelte sich unter den Christen ein Enthusiasmus, der aber nicht von Roheit frei war (confer Marc Aurel C. XI). Viele suchten den Tod offenbar und taten alles, um die Heiden gegen sich zu reizen. Wir können dies sehr natürlich finden in Verbindung mit der geistigen Mittelmäßigkeit dieses Zeitraums. Man glaubte, durch das Märtyrertum dem Erlöser nahe zu kommen, die Gnostiker hatten darüber eine entgegengesetzte Ansicht. Die Gnosis hatte sie besonnener gemacht, der blinde Enthusiasmus mußte auf sie einen nachteiligen Eindruck machen, sie konnten nicht glauben, daß das höchste Wesen und der νοϋς ein Wohlgefallen an dergleichen haben können. Daher entwickelte sich von ihnen aus eine Gegenwirkung, die aber | 45 wenig verstanden werden konnte, besonders da sie in Übereinstimmung mit ihren anderen Lehren war. So sagt Basilides, es könne unmöglich etwas Unrechtes sein, den
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Saturninus] Uber < Basilides > .
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Seine ... zugezogen.] über der Zeile.
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die] d
undeutlich.
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Gekreuzigten zu verwünschen (was von den Heiden gefordert wurde), denn Christus sei ja nicht gekreuzigt. So sei auch das Opfern und [ ] nichts, denn sie verbänden damit keine Idee, und da der Pöbel nur die symbolische Handlung und gar kein Bekenntnis forderte, so wäre es eine Torheit, deswegen sein Leben 5 hinzugeben. Die Gnostiker wurden von den Häresiologen beschuldigt, daß sie allerlei Magie getrieben. Dies hat seinen* Grund in Ähnlichkeit des Neuplatonismus mit ihrem System und in der Ableitung der Sekte von Simon Magus. Basilides hätte aber nicht auf eine solche Weise über das Opfern sprechen können, wenn er io einen Glauben an Magie gehabt hätte. Wir können also den Beschuldigungen über Magie keinen Glauben beimessen. -
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Was man gegen die Ansicht des Basilides über das Märtyrertum hätte einwenden können, wäre, daß es eine Pflicht sei des Christen, Christum überall zu bekennen. Der Unterschied zwischen Guten und Bösen und b zwischen πίστις und γνώαος, den Saturninus gemacht hatte, verfeinerte sich in dem System des Basilides. Die Gnostiker sahen sich als eine besondere εκλογή an. Für diese schrieben sie das Gesetz vor wegen des Bekenntnisses, indem sie ja doch bei ihrem Bekenntnis mißverstanden würden, weil unter 1000 kaum einer wäre, der sie zu fassen imstande wäre. Es sei also töricht, daß die εκλογή ihr Leben lasse. Das machte® die Gegner der Gnostiker so bitter. Hieran schließt sich ein andres Mißverständnis der Häresiologen an, daß sie sagten,11 die Gnostiker behaupteten,' sie wären φύσει σωζώμενοι: das hat Schein, wenn man es in Beziehung mit der έκλογή betrachtet, aber die Gnostiker verstanden darunter bloß den paulinischen Begriff, sie setzten die φύσις den εργοις entgegen. Basilides redet nirgends von einer Erlösung ohne Christum. Es erscheint in den Gnostikern ein liebenswürdiges Bestreben, den Gegensatz zwischen sich und den Gegnern auszugleichen. Basilides sagt, eines jeden Glauben sei von der Art wie seine Hoffnung. Die Hoffnung erklärt er als Erwartung der Erwerbung eines Gutes. Die Verschiedenheit der Hoffnung beruhe auf den I 46 verschiedenen Ansichten vom Guten, und hierauf gründe sich also auch der Glaube. Ihre πίοτις sei die Richtung des Gemütes in Beziehung auf etwas Übersinnliches. - Die, die etwas Sinnliches unter der Erlösung dächten,
a
seinen] mit Einfügungszeichen
b
und ... γνώσις,] mit Einfügungszeichen
Uber der Zeile.
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Es folgt
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sagten] über < behaupteten > .
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behaupteten, sie] mit Einfügungszeichen
über der Zeile.
< den *>. Uber der Zeile.
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hätten also auch sinnliche Erwartungen, und daran knüpfe sich das Suchen des Märtyrertunis. Die philosophische Seite des Gnostizismus gehört eigentlich in die Geschichte der Philosophie. Saturninus und Basilides hatten auch einen Anklang von der pythagoreischen Zahlenphilosophie. Bei Saturninus prädominierte die Zahl 7, Basilides steigt bis 365, mit welcher Zahl das mystische Abraxas zusammenhängt. Basilides hat ein eignes Evangelium geschrieben: »Τό κατά Βασιλείδην εύαγγέλιον«. Gegen dieses Evangelium ist ein anderer, Agrippa Castor* aufgestanden und hat die Betrügereien darin nachgewiesen (das ist die Abweichung von den kanonischen Evangelien). Damals waren aber die kanonischen Evangelien noch nicht als solche bekannt. Es ist die Zeit, in welcher die Redaktion der Evangelien erst anfing, bekannt zu werden, und so war das Evangelium des Basilides auch nur eine Redaktion. Wir würden aber mehr darüber haben, wenn viel Ketzerisches darin gewesen wäre; es ist also eher anzunehmen, daß er hieran sehr zart und besonnen zu Werke gegangen sei. C a r p o k r a s b oder C a r p o c r a t e s ' unterscheidet sich von den übrigen durch ein feineres Platonisieren, was aber auf seine christliche Ansicht einen nachteiligen Einfluß·1 hatte. Er läßt die Welt auch durch Engel entstehn, aber die Seelen läßt er bei Gott sein in unmittelbarer Anschauung. Christus habe sich ausgezeichnet durch eine lebhaftere Erinnerung an dieses Anschauen. Er nimmt aber zwischen der Seele Christi und den übrigen Seelen sonst' keinen Unterschied an und behauptete, wenn ein anderer noch ein besseres Gedächtnis hätte, so würde er Christum noch übertreffen. Wir kennen aber seine Ansicht nur aus den Berichten der Gegner. Diese beschuldigen ihn denn auch, er habe eine förmliche Theorie der Unsittlichkeit aufgestellt. Er habe gesagt, es gebe kein realen Unterschied zwischen Gutem und Bösem und die Seelen würden an den Leib gebunden, | 47 um alle sinnlichen Erfahrungen zu machen, und was sie hier nicht erfahren, müßten sie noch im einem anderen Leben abmachen, worin eine Einladung zum Sündigen lag. Irenäus sagt selbst, ob Carpokrates' und seine Schüler so gelebt hätten, wisse er nicht, aber er lehre in seinen Schriften, daß
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Castor] Pastor. Verbessert nach K107.
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Carpokras] korr.
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Carpocrates] korr.
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Einfluß] ß undeutlich.
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sonst] beide s undeutlich.
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Carpokrates] korr.
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man nur Glauben und Liebe bedürfe und das andre seien nur Menschensatzungen. Das wäre ja aber die rein paulinische Lehre. Sein Sohn E p i p h a n e s hat uns ein Werk: »Περί δικαιοσύνης« erhalten, worin besonders die κοινονία und ίσότης als die 2 Elemente der Gerechtigkeit genannt werden. Er soll demnach auch die platonische Idee von der Gemeinschaft der Weiber gelehrt haben. Es wird auch von den Karpokratianern erzählt, daß sie besondere Zeichen gehabt hätten, sich zu erkennen, sie hätten eherne Bilder von Christo und heidnischen Philosophen gehabt. V a l e n t i n soll nach den Häresiologen sein System auf das der Vorgänger gebaut haben. Die meiste Ähnlichkeit hat er mit Basilides nur hat er die Idee der Emanationen weiter ausgeführt, besonders die Äonenlehre. Man weiß nicht, ob er sich darunter bloße Personifikationen oder Hypostasen gedacht habe. Was die christliche Ansicht betrifft, so ist seine Ansicht dieselbe wie bei Basilides. Christus" ist ihm einer der höchsten Äonen, der nichts Hylisches an sich gehabt haben könne. Indes sind Stellen übrig, wo man an seinem Doketismus zweifeln könnte: er nimmt ζ. B. an, daß Christus Nahrung zu sich genommen und diese wie bei anderen Menschen sich mit seinem Körper amalgamiert habe. H e r a c l e o n und P t o l e m ä u s sind seine Schüler. Vom ersteren hat sich ein Evangelium erhalten, wo er streng scheidet zwischen Judentum und Christentum. Vorzüglich wichtig ist aber der Brief des Ptolemäus an die Flora, den uns Epiphanius erhalten hat. Er geht davon aus, daß es 2 entgegengesetzte Theorien gebeb: einige schrieben das Judentum einem bösen® Wesen zu, andre sähen es als göttliche Offenbarung an. Wäre es das letztere | 48 so hätte Christus nichts dran ändern können, wäre es das erstere, so hätte er nichts beibehalten können. Man müsse also trennen Göttliches und Menschliches. - Beim letzteren sei zu scheiden, was von Mose und was von der Tradition herrühre; aber auch beim Göttlichen müsse man trennen, was bloß auf die Gerechtigkeit gehe. Das Gesetz sei also nicht vom τελεΐος θεός. Aus diesem Unterschied, sieht man, haben die Gnostiker erst ihre Theorie von den Emanationen gebildet. -
M a r c i o n ist besonders bekannt durch die Schrift, die ihm Tertullian entgegengesetzt hat. Wenn schon in Valentin eine Annäherung zum Dualismus ist, so ist Marcion ein eigentlicher Dualist gewesen. Er stellt gegenüber Gott und 35 Materie. Die Materie wird als ein Vorhandenes, aber als negativ angesehen. Der
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Christus] über < Er > .
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gebe] korr. aus geben,
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bösen] über < untergeordneten > .
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Demiurg ist das Ebenbild des höchsten Gottes in der Materie. Wie die Materie nichts andres ist als der Komplex von allen Gegensätzen, so ist der Satan das ideale Prinzip des Widerspruchs und die Welt ist zusammengesetzt aus dem, was dem Demiurg angehört, und dem, was dem Satan. Von Saturninus unterscheidet sich Marcion dadurch, daß nach ihm Gott gar nichts mit dem Menschen zu tun hat, sondern der Mensch ein reines Werk des Demiurgos ist. Die Theorie des Marcion ist von seiner Exegese ausgegangen, er ist Gegner des Allegorisierens. Er gründete sich auf die Genesis 1,2, wo nicht gesagt wird, daß Gott das Chaos hervorgebracht habe. Er sagt, durch Christus sei erst der höchste Gott den Menschen offenbart worden und er wäre nicht der von den Propheten verkündete Messias. Die prophetische Beziehung erklärt er als Akkomodation. Tcrtullian geht davon aus, daß das Evangelium des Marcion nichts* als ein verfälschtes des Lucas dar [stelle], aber das Abweichende vom Lucas läßt sich nicht aus seinen Lehren erklären, so daß er bloß eine andre Redaktion hatte. Er läßt die Geburtsgeschichte weg undb die Versuchungsgeschichte Matthäus 4. Das könnte mit seiner Theorie übereinstimmen, da er nicht annahm, daß Christus als Kind geboren sei. Aber wenn man bedenkt: Marcion war bei solchen Gemeinden, die mehr aus den Heiden als aus den Juden entstanden waren, | 49 so kann man leicht denken, daß er keine andre Nachrichten hatte.® Theo do ret leitet nun alle Gnostiker von Simon her und teilt sie in 2 Teile: die einen, welche Äonen annahmen, die anderen, welche das nicht tun. Das gibt aber keinen Grund der Einteilung. N e a n d e r teilt die Gnostiker in solche, die vom Judentum ausgegangen, und in solche, die sich ihm entgegengesetzt hätten. Aber vom Judentum sind gewissermaßen alle ausgegangen, und gegen das Judentum haben sich auch alle opponiert, nur mehr oder weniger. Der strengste Unterschied, den man in Beziehung auf das Christentum machen kann: [ex] sind die, welche erklärte Duali s ten sind: Marcion,d und solche, welche sich davor hüteten: Basilides,* Valentin, Saturnil. An die dualistischen Gnostiker haben sich später die Manichäer angeschlossen. Von Marcion sagt man besonders, es habe noch Marcioniten gegeben bis
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nichts] mit Einfügungszeichen
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und ... 4.] mit Einfügungszeichen
über der Zeile.
c
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Marcion] mit Einfügungszeichen
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Basilides ... Saturnil] mit Einfügungszeichen
am äußeren
Rand.
. am äußeren
Rand. am äußeren
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ins 4te und 5te Jahrhundert.' So hört man auch von gnostischen Gemeinden sprechen, aber wir haben hierzu keine Belege. Die gnostische Theorie konnte nie populär werden. Etwas andres ist es, wenn man speziell auf Basilides und Marcion sieht, weil sie eigene Evangelien hatten, so daß man die Gemeinde eine basilidianische nannte, die dessen Evangelium hatte, und eine markionitische, die das Evangeliums Marcions brauchten. Eine Partei, welche viel Verwirrung angerichtet hat, sind die O p h i t e n oder Schlangenverehrer. Man hat auch diese angesehen als einen Übergang aus dem Christentum ins Heidentum, vermischt mit Gnostischem. Im Theodoret findet sich eine Stelle, wo Marcion behauptet, die Verführung des Satans habe dem Menschen mehr Vorteil verschafft als die Gesetzgebung des Demiurg, weilb dadurch erst die Erlösung und die Gemeinschaft mit dem höchsten Gott bedingt worden sei und" weil durch den Genuß der Frucht der Mensch zur Erkenntnis gelangt sei und daß hierzu die Schlange dem Menschen verholfen habe. Es kann also dies zu einer symbolischen Darstellung Anlaß gegeben haben, durch die Schlange den ersten Punkt,d wodurch' die Gemeinschaft des Menschen mit dem höchsten Gott möglich gemacht wurde, zu bezeichnen. Theodoret erzählt, daß sie beim Abendmahl die Schlange aufgestellt hätten. I 50 Man kann den' Anfang der Theologie setzen in die Polemik gegen Ebionitismus und Gnostizismus. Es läßt sich leicht begreifen, daß [das], was man im eigentlichen Sinn Theologie nennen kann, nur aus Polemik entstehen konnte. Im gewöhnlichen aszetischen Sprachgebrauch konnte man sich auf eine sehr freie Art bewegen; sowie aber an den Enden des Christentums sich Extreme gebildet hatten, wodurch der christliche Charakter anfing verlorenzugehn, so mußte natürlich eine größere Sorgfalt* auf den Ausdruck verwendet werden. Die Hermeneutik konnte erst heraustreten, nachdem der Kanon gebildet war, was jetzt noch nicht der Fall war, und als die Sprache anfing, etwas fremder zu werden. Das dogmatische Element war also offenbar das erste und ist zuerst aus diesem zweifachen Streit gegen Ebioniten und Gnostiker hervorgegangen. Daher ruht es auf 2 Prinzipien. Das eine war der λόγος in dem Erlöser, welcher Ausdruck sehr zweideutig war. Der Satz war ebensosehr gegen die Ebioniten als
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Es folgt
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weil ... sei,] mit Einfügungszeichen
< gegeben > .
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und weil] über
am äußeren
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den ersten Punkt] über
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wodurch ... wurde,] mit Einfügungszeichen
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Sorgfalt] über < [ ] > .
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. am äußeren
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gegen die Gnostiker gerichtet: gegen die Ebioniten, um ihn von den Propheten zu sondern, an die sie ihn anschlossen, bei den Gnostikern, um ihnen darzutun, daß Christus nicht eine προβολή wäre. Das zweite Prinzip ist [das] von der θεία μοναρχία. Es geht einmal gegen den Dualismus und gegen die Unterscheidung überhaupt des höchsten Gottes vom Demiurg und dem alttestamentlichen Gotte. In der Idee der θεία μοναρχία liegen 2 Richtungen: die eine die Beziehung auf die Welt, daß sie angesehen werde als rein ein Werk Gottes, unter seiner Leitung stehend; und dann liegt darin eine Beziehung auf das endliche Prinzip, wie wir sie im Begriff der Offenbarung ausdrücken, daß nämlich alle Offenbarung vom höchsten Gott und nicht von einem untergeordneten ausgegangen sei. Es ist wohl unstreitig, daß im Zusammenfassen dieser Elemente die Festigkeit lag gegen die beiden Extreme. Nehmen wir dazu, wie in dieser letzten Idee zugleich auch liegt, die Idee von der Einheit der Kirche, so sehn wir, wie leicht hieraus | 51 die Neigung entstand, auch im Raum die christliche Kirche als eine Einheit darzustellen, und wie genau der erste Anfang der Ausbildung der christlichen Theologie mit dem ersten der Idee einer allgemeinen Kirche zusammenhängt. Alles Häretische strebt auch dem Raum nach an die Enden, und das Zusammenhaltende steht in der Mitte. Die, welche in dieser Zeit die christliche Theologie vorzüglich ausgebildet haben, einmal in der Polemik und dann in der Apologetik, sind" fast nur in letzterer Hinsicht bekannt. Justin soll gegen Marcion und andre Gnostiker geschrieben haben. Dasb merkwürdigste polemische Werk ist das des Irenäus. Auch' Theophilus schrieb gegen die Gnostiker. Dies Werk ist aber verloren. In den apologetischen Schriften kam es auf zweierlei an: das erste war nur das Abwenden des Vorwurfs des Atheismus und dessen, daß sie die Feinde des menschlichen Geschlechts wären (was mit der Absonderung von den Götzendienern zusammenhing, um die Gemeinschaft mit den Dämonen zu vermeiden oder den Schwachen kein Ärgernis zu geben), und dies historisch zu begründen; und das Christentum über die heidnische Philosophie zu erheben. Sie mußten also zeigen, wie die Theologie und Sittenlehre des Christentums vollkommener sei wie die heidnische. -
Das Werk des Irenäus hat ganz den leidenschaftlichen Charakter. Man sieht, wie wenig er die Ketzereien in ihren Zusammenhang ansah; dies ist freilich in einer so bewegten Zeit und bei der Unbekanntschaft der Terminologie 35 zu verzeihen. Er war unter den ersteren Lehrern, welche aus Kleinasien nach
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sind] über < [ ] >.
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Das ... Irenäus. 1 über der Zeile.
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Auch ... verloren.] am äußeren Rand.
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Gallien gingen, um dort den christlichen Gemeinden, deren Entstehung wir nicht kennen, vorzustehn. Wahrscheinlich war das Christentum durch Legionen der Römer hingekommen. Es gab damals bedeutende Gemeinden in Gallien, und das Christentum in Rom hatte auch schon viele Fortschritte gemacht. Irenäus* und Justin wurden Opfer. Wir finden, daß das Christentum schon unter die höheren Klassen der Gesellschaft eindrang. Unter der Regierung des Commodus waren schon angesehene Familien Christen. Dies brachte manche Veränderungen in den christlichen Gottesdienst. Die ersten Versammlungen waren nur auf geringere Gesellschaften berechnet. Dies | 52 sehn wir an den Agapen. Sie sollten gleichsam ein Symbol sein der früheren Gütergemeinschaft und sollten daran erinnern, daß der Sonntag ein festlicher Tag sei. Hieran Schloß sich das Abendmahl an. Wie genau beides zusammenhing, sieht man aus dem [ersten] Korintherbrief. Wie aber die Gemeinden zahlreicher wurden, so hätten sich die Gesellschaften verteilen müssen, und hierbei wäre es leicht geworden, daß sich nur die zusammengetan hätten, welche zu demselben Stand und Rang gehörten, und so hätte das Abendmahl seinen Charakter verloren. Es war also gut, daß man das Abendmahl von den Agapen losriß. Die Agapen selbst haben in größeren Gemeinden bald aufgehört, in kleineren sind sie fortbestanden. Ein allgemeines Kommunikationsmittel unter den Christen gab es noch nicht; es war noch wie in der apostolischen Zeit: Hirtenbriefe b (Dionys von Korinth) und Reisen, teils zufällige, teils absichtliche aus diesem Zweck (die Reise des Polykarp, Schüler des Johannes, in der Mitte des 2ten Jahrhunderts nach Rom, um sich mit dem Bischof Anicetus über Abweichungen in der Lehre zwischen den asiatischen und abendländischen Christen zu besprechen). Es sehr natürlich daß diese Reisen nach Rom hingingen.
Die Hauptpunkte in dieser Periode waren durch ihre geographische Lage dazu geeignet: in Kleinasien A n t i o c h i e n , wo Theophilus lebte;' A l e x a n d r i e n war bedeutend durch Orígenes und die arianischen Streitigkeiten und 30 schon lange merkwürdig durch seine katechetische Schule, ein Seminar für Lehrer. Athenagoras soll Vorsteher dieser Schule gewesen sein. Des Pantänus erwähnt Euseb, aber nicht als des Stifters. Pantänus war vorher als Verbreiter des Christentums nach Indien gegangen; dort soll er schon das Evangelium Matthäi gefunden haben, von Bartholomäus
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Irenäus und] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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Hirtenbriefe] korr.
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lebte] korr.
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hingebracht. Wir finden hier Vermutungen in das eigentlich Geschichtliche verwickelt. Von R o m aus finden wir in dieser Zeit keine bedeutenden Gelehrten noch Missionen ausgehen, auch wissen wir hier von keiner Schule wie der alexandri5 nischen und antiochenischen. Sein Vorzug war eine gewisse äußere Zentralität in Beziehung auf die damalige gebildete Welt. In Rom war die beweglichste Volksmasse, daher eine vorzügliche Richtung | 53 auf das, was die* Masse begann, und eine große Virtuosität in Behandlung der Masse. Man ist geneigt, den römischen Häuptern Vorwürfe zu machen, die sie in dieser Zeit noch nicht io verdienen. Gehen wir auf die Apostelgeschichte zurück, so finden wir dasselbe in Jerusalem. ( J e r u s a l e m war unter Adrian unter1" dem Namen Aelia Capitolina wieder erbaut worden, und wir finden dort eine nicht judaisierende christliche Gemeinde. In diesem Zeitraum können wir die Bischöfe im eminenten Sinn als solche 15 benennen. Jerusalem hat sich in der Geschichte der Kirche zu keiner großen Bedeutung mehr erhoben.) Marcion kam nach Rom und war von seinem Vater aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen worden (warum ist nicht bekannt). Er wurde vom römischen Bischof nicht zur Kirchengemeinschaft zugelassen, nicht wegen der 20 Lehre, sondern weil er ausgeschlossen war. Damals erkannte also der Bischof von Rom noch die Rechte anderer Bischöfe an und richtete sich nach ihnen. Unter dem Bischof Victor kamen die S t r e i t i g k e i t e n ü b e r d a s O s t e r f e s t vor. Victor war Repräsentant des Abendlandes, Polycrates Sprecher der Asiaten. In Kleinasien hatte man sich streng nach dem jüdischen Osterfest 25 gerichtet, man hielt die Passahmahlzeiten an demselben Tag, an welchem sie die Juden hielten,® da sich dies verhielt zum Osterfest wie der Donnerstag oder Freitag zum Sonntag. In den abendländischen Gemeinden1* hatte sich eine andre Art gebildet. Man glaubte, das Osterfest an einem Sonntag feiern zu müssen. Man vernachlässigte aber die genaue Zeit zwischen Passahmahl und Osterfeier, 30 so daß das Essen des Osterlammes die Feier des Todes Christi bedeutete (ein* eigentlicher Karfreitag wurde noch nicht gefeiert). Der Bischof von Ephesus berief sich darauf, daß es seit den Zeiten des Apostels Johannes so gehalten worden sei. Wir finden nicht, daß die Römer ihrerseits sich auf Petrus oder
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die Masse begann] K] auf die Masse wirkte. So
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unter ... Capitolina] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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Es folgt < und > .
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Gemeinden] d undeutlich.
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(ein ... gefeiert).] am äußeren Rand.
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Paulus berufen hätten, sondern sie gingen von inneren Gründen aus. Die Quadragesima wurde bei ihnen nicht unterbrochen durch die Opfermahlzeit. Hier finden wir die erste Erwähnung eines offiziellen Fastens. Wir können nicht leugnen, daß schon im Neuen Testament Spuren von Fasten vorkommen, Victor bestand nun hartnäckig auf seiner Ansicht und drohte, mit den Asiaten die Kirchengemeinschaft aufzuheben, wenn sie sich nicht zu derselben bequemten. Auch Irenäus, der zu der Zeit aus Asien über Rom nach Gallien gegangen war, unterstützte Victor und meinte, es sei billig in solchen Dingen sich an Rom anzuschließen, offenbar deswegen, weil zu alten Zeiten aus allen Teilen der Kirche mehr oder weniger Fremde in Rom waren. | 54 Nun war leicht vorauszusehen, daß die römische Gemeinde nicht würde den asiatischen nachgeben,* und sie würde auch schwer gehabt haben, den asiatischen Gebrauch einzuführen. Wir haben keine Ursache, zu glauben, daß Irenäus sollte ein besonders Interesse gehabt haben, dem römischen Bischof zu schmeicheln, und es ist kein Grund dazu da, diesb für 1 persönliche Eigenmächtigkeit anzusehn. Der Streit über das Osterfest machte viel Bewegung in der christlichen Kirche, besonders da, wo die asiatische Übung war. Wir finden hier bestimmte Nachweisungen von Synoden, welche über diesen Gegenstand in Kleinasien gehalten wurden. Da es hier auf geschichtliches Bewußtsein ankam, so ist es natürlich, daß zu diesen Synoden nur die gelehrten Ältesten, Bischöfe und Presbyter berufen wurden; und so finden wir hier den ersten Unterschied zwischen wissenschaftlich gebildeten Christen und Laien, die es nicht waren, und so bildete sich zuerst der bestimmte Unterschied des K l e rus. Sosehr sich Irenäus für Victor interessierte, so schien es ihm doch gewaltsam, daß Victor die Kirchengemeinschaft aufheben wollte. Die Differenz blieb noch. Auf der römischen Kirche manifestierte sich der Charakter der katholischen Kirche, das Halten an der Einheit, auf der asiatischen der protestantische, was auf die geschichtliche Forschung geht. Um dieselbe Zeit entstanden die m o n t a n i s t i s c h e n S t r e i t i g k e i t e n . Im Heidentum fand der christliche Glaube eine sehr laxe Sittenlehre, besonders in Hinsicht auf die beiden Geschlechter, die Ehe; im Judentum fand er die zeremoniellen Beobachtungen etc. Als sich nun beide Elemente vermischt hatten, finden wirbeide Richtungen: 1. Vernachlässigung des Äußeren, aber dabei eine Neigung, es mit sittlichen Dingen leicht zu nehmen; 2. rigide Richtung, einen
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nachgeben] korr. aus nachzugeben,
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dies] korr.
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für] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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großen Wert zu legen auf äußere Gebräuche, verbunden mit den Erwartungen einer äußeren Herrlichkeit (Chiliasmus). Diese Strenge, wozu aber ein schwärmerisches, extravagantes Prinzip herzukam, war Charakter des Montanismus. Dies* Prinzip trat in 2 Formen auf: 1. den Enkratiten; 2. den Montanisten. Als Urheber der Sekte der* Enkratiten wird T a t i a n angegeben, doch ist sie erst durch seinen Schüler Severus ausgebildet worden. Daher* heißen sie auch Severianer. Tatian war ein Schüler des Justin, ein Syrer. Seine Denkart verband sich mit dualistischen Elementen, aber so, wie sie auch aus dem Judentum konnten genommen sein. Er stellt Satan und Materie zusammen und sieht die Materie als Sitz des Ungöttlichen | 55 an. Die Maxime war also, sowenig als möglich mit der Materie Gemeinschaft zu haben. Es war also eine strenge Enthaltsamkeit vonnöten, Enthaltung von Wein, von allem Lebendigen in Speisen. Die Analogie dazu finden wir im Morgenland, und da Tatian ein Syrer war, so mögen ihm leicht orientalische Formen vorgeschwebt haben. Ganz anti-jüdisch aber war die Herabsetzung des ehelichen Standes. Dies scheint schon bei vielen in der christlichen Kirche verbreitet gewesen zu sein. Die Deuterogamie wurde von den meisten getadelt. Schon frühe wurde sie den Lehrern gleichsam untersagt. Bei den Enkratiten steigerte sich dies zum gänzlichen Unwillen gegen die Ehe. Obgleich dies anti-jüdisch ist, so geht es doch aus einem jüdischen Prinzip hervor. Unsre Nachrichten sagen, daß Tatian eine Zusammenstellung aus den 4 kanonischen Evangelien gemacht habe: »Διατεσσάρων«. Man glaubte, noch etwas davon zu besitzen, allein dies ist nicht der Fall. Ob es eine solche Zusammenstellung oder nur eine andre Rezension gewesen, ist nicht klar. Die Genealogien hat er nicht aufgenommen, woraus hervorgeht, daß er in nationeller Hinsicht sich nicht an das Judentum anschloß. War es aber nicht absichtlich, so sieht man doch, daß es schon'1 früh solche Redaktionen gegeben hatte, die nichts vom jüdisch Nationellen berühren. Er hat sich auch um die Exegese viele Verdienste erworben: seine »Problemata«. Schüler des Tatian war Rhodon, der aber nachher gegen die Gnostiker* und Montanisten schrieb. Er hat die »Problemata« gelöst, aber das Werk ist verloren.
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Dies ... Montanisten.] mit Einfügungszeichen
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der Enkratiten] mit Einfügungszeichen
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Daher ... Severianer. ] mit Einfügungszeichen
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schon früh] mit Einfügungszeichen
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Gnostiker und] mit Einfügungszeichen
am äußeren
Rand.
über der Zeile. Uber der Zeile.
über der Zeile. über der Zeile.
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Die montanistische Ansicht trug den Schein von einer Perfektibilität des Christentums über Christum hinaus an sich. Die Laxität der heidnischen Christen rief diesen Gegensatz hervor. Indem sich die Montanisten auf den Unterschied zwischen ψυχή und πνεύμα stützten, nannten sie die Menschen, welche der Sinnlichkeit noch einiges einräumten, ψυχικοί, die aber, welche die Sinnlichkeit ertöteten, πνευματικοί. Sie sagten, es | 56 sei der Christenheit nur zu helfen durch eine neuen Erguß des πνεύμα αγιον. Dabei wurde nicht genugsam beachtet, was Christus gesagt hatte, der Geist werde es von dem Seinigen nehmen, und da Christus keine solchen strengen Enthaltungsregeln gegeben hatte, so mochten sie leicht in den Verdacht kommen, als ob sie glaubten, Christus hätte noch nicht alles geleistet. Es zeigten sich in dieser Sekte auch 2 Prophetinnen, was gegen die apostolische Verordnung war: »Mulier taceat in ecclesia«. Man hört zwar im Neuen Testament auch von christlichen Prophetinnen, aber sie traten doch nicht öffentlieh und als als Lehrerinnen auf, es waren bloße χοφίοματα. Die Prophetinnen hießen Priscilla* und Maximilla. Montanus hatte zwar einen Instinkt des Unchristlichen, der darin lag, weil aber doch im Neuen Testament etwas Analoges vorkam, so wagte man sich nicht dies angreifen. - Der ursprüngliche Sitz dieser Sekte war Phrygien. Montanus war da Presbyter oder Bischof in einem phrygischenh Flecken, Pepuza. Dort bildete sich das Zentrum. Ob wirklich Montanus sich selbst für den Paraklet ausgegeben hat, wie die anti-montanistischen Schriftsteller sagen, ist noch zu bezweifeln. Es ist wohl möglich, daß Montanus gesagt habe, er sei der Paraklet, ohne dadurch »τό πνεΰμα αγιον« und »παράκλητος« zu identifizieren. Indessen sieht man auf jeden Fall, daß die Montanisten einen bedeutenden Unterschied machen zwischen dem Lehrer und den Prophetinnen, und so scheint es beinah, daß Montanus die Prophetinnen nur brauchte als anschauliche Beweise, daß ein neue Periode der Begeisterung eingetreten sei. Aus den Fragmenten des Epiphanius ist nicht einzusehn, wie er dies verstanden habe. Bei den Synoden finden wir bald die Formel aus der Apostelgeschichte: εδοξε τω πνεΰματι άγίω και ύμΐν, und also den göttlichen Geist anerkannt als das Prinzip und innerste Agens der Kirche, wogegen die außerordentlichen Gnadenwirkungen | 57 des Geistes in der Kirche aufgehört hatten. Nun behaupteten die Montanisten wieder ein solches Auftreten des Wunderbaren, und es ist auch von Wundern die Rede, welche die Prophetinnen des Montanus sollen getan haben. Da wurde in der Kirche die Maxime festgesetzt, daß es keiner
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Priscilla] über < Spilla > .
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phrygischen] mit Einfügungszeichen
über der Zeile.
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Wunder bedürfe, um die Integrität der Kirche und das Wohnen des göttlichen Geistes in derselben zu beurkunden. Montanus behauptete aber das Gegenteil. Irenäus hat noch Wunder in einzelnen Gemeinden gefunden, und so findet man auch Exorzisten. Es muß aber mit diesen letzteren ein andres Bewandtnis gehabt haben, ihre Anzahl steht in gar keinem Verhältnis zu* den seltenen dämonischen Zufällen, und wenn das, was sie zu verrichten hatten, als ein χάρισμα betrachtet worden wäre, so müßten sie wohl eine höhere Stufe eingenommen haben, und was Irenäus sagt, ist auch schwer auszumitteln. Im Streit gegen die Montanisten machen es die kirchlichen Schriftsteller zu einem Beweis gegen Montanus, daß wenn das χάρισμα ein notwendiger Bestandteil der Kirche wäre, so müßten sie außer diesen Prophetinnen auch noch andres Wunderbare und nach deren Tode doch eine Fortsetzung der Prophetieb aufweisen können. Dies fand sich aber nicht bei den Montanisten. Die Montanisten fügten noch hinzu deren 40tägiges Fasten, 1 auch das Fasten der feria quarta und sexta. Dies war früher nur Montag und Freitag bis zum Sonnenuntergang. Die herrschende Partei erklärte sich sehr dagegen, daß die Montanisten wollten Fasten gegen den Gebrauch der Kirche einführen. Man sieht also hier schon ein Entgegenstreben gegen Neuerungen. Ein anderer Punkt, worin die Montanisten sehr streng waren, war die Wiederaufnahme von Gefallenen, was mit dem Streit gegen die Laxität zusammenhing. Man nahm auch in der Kirche die Gefallenen nicht auf, als nachdem sie Bußen getan hatten. Die Abstufungen hierin wurden komplizierter. Die Montanisten wollten aber solche Gefallene gar nicht mehr annehmen, nicht, als ob sie nicht glaubten, daß sie Vergebung der Sünden erlangen könnten, aber sie wollten nicht, | 58 daß sie äußerlich wieder aufgenommen wurden. Die Kirche erschien aber als geteilt und rückwärts schreitend, wenn so viele draußen standen. Man gibt auch dem Montanus Schuld, Ehen aufgelöst zu haben, allein dies scheint sich nur auf die zweite Ehe zu beziehen. Auch in einigen Gegenden ging man unabhängig vom Montanus soweit, daß man denen, welche sich zum zweitenmal verheiratet hatten, kein Kirchenamt vertraute. Die Montanisten achteten aber die zweite Ehe dem Ehebruch und der Hurerei gleich. Je mehr sich diese strenge Praxis in mehreren Gegenden von Kleinasien verbreitete, in Phrygien, Cilicien, Kappadokien, Mösien, Galatien,d und wie die
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zu ... Zufällen,] mit Einfügungszeichen
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Es folgt
< müßten > .
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Es folgt
< sie vermehrten > .
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Galalien] korr. aus Gallatien.
über der Zeile.
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Gemeinden in Gallien von Galatien aus scheinen versorgt gewesen zu sein, so kam sie auch nach Gallien, und so entstand Streit allerorten zwischen den Katholiken und Montanisten. Auch hier nahm man seine Zuflucht nach Rom. Die gallischen Märtyrer und Konfessoren erließen ein Schreiben an den Bischof, worin sie ihn baten, die Kirchengemeinschaft mit Phrygien nicht aufzuheben. Eleutherus war Bischof in Rom. Obgleich er nicht geneigt war, den Montanismus zu billigen, begnügte [er] sich doch," nur die Montanisten zu tadeln. In Kleinasien wurden auch Synoden gehalten. Claudius Apollinaris, Serapion waren gegen die Montanisten. Man beschloß auf mehreren dieser Synoden, die Gemeinschaft mit dem Montanismus abzubrechen. Man muß allerdings einen Unterschied machen zwischen Montanisten, die in größeren Massen zusammenlebten, und [denen], die zerstreut in anderen Gegenden sich zum Montanismus hielten. In Rücksicht auf die ersteren riet man, die Kirchengemeinschaft beizubehalten, in Rücksicht auf die letzteren, sie aufzuheben. Um diese Zeit wurde Victor, ein Afrikaner, Bischof von Rom, dessen schon beim Osterstreit gedacht ist. Die Afrikaner haben von je eine Neigung zu dieser Strenge gehabt. Dieser war also ein Begünstiger des Montanismus. Die asiatischen Bischöfe machten davon Anzeige nach Rom, daß sie die Kirchengemeinschaft aufgehoben hätten. Rom stand in der Mitte zwischen den Montanisten und Anti-Montanisten. | 59 Tertullian behauptet, Victor sei geneigt gewesen, die Montanisten zu unterstützen. Er konnte wohl glauben, da in Ionien immer die Weichlichkeit geherrscht hatte, daß dieser Anteil habe an der Schärfe, womit man gegen die Montanisten verfahren. Tertullian sagte, Victor wäre nur durch Praxeas hiervon zurückgehalten worden. Ob er aber in den asiatischen Entschluß eingestimmt habe, konstiert nicht. Wir haben also hier ein Beispiel eines Schismas, wo sich die Parteien selbst nicht klar waren. T e r t u l l i a n war ein Afrikaner, wahrscheinlich früher Sachwalter, sein Stil und seine Ideenkombination trugen davon das Gepräge. Bei seinem Übertritt zum Christentum war er nicht mehr jung und war Presbyter in Karthago (nicht in Rom, wie Semler meint). Ungefähr gegen Ende des 2ten Jahrhunderts ging er zu den Montanisten über. Es wird gesagt, er sei aus der Kirchengemeinschaft ausgeschieden worden. Hieronimus erklärt sich darüber, aber an einer Stelle, die einen rhetorischen Charakter hat, indem er dem Tertullian vorwirft, er sei kein homo ecclesiae. Tertullian war einer der zerstreuten Montanisten, und also haben die asiatischen Bischöfe und auch Rom ihn außer der Gemeinschaft erklärt, aber man kann dies
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Es folgι < nicht > .
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nicht als eine eigentliche Exkommunikation ansehen. Es ist wenigstens nicht zu denken, wie bald darauf Cyprian so offenbar den Tertullian hätte preisen und als den bedeutendsten christlichen Lehrer hinstellen können. Es ist nun auch die Rede von Tertullianisten als einer besonderen Sekte, und manche haben es so ausgelegt, als ob Tertullian hernach vom Montanismus zurückgekommen wäre und diese Sekte gestiftet habe. Die Sache scheint die gewesen zu sein: Es wird nie erzählt, daß Tertullian je aufgehört habe, Presbyter von Karthago zu sein, noch daß er sich von Karthago entfernt habe. Augustin erwähnt nachher Tertullianisten. - Tertullian war sehr beredt. Ein großer Teil seiner montanistischen Schriften scheint berechnet gewesen zu sein, die montanistischen I 60 Sitten in der afrikanischen Kirche einzuführen, und da mögen sich wohl viele an ihn geschlossen haben. In Karthago waren wohl mehrere Kirchen, in jeder lehrte ein Presbyter, diese zusammen bildeten aber immer noch das Collegium der Presbyter, an deren Spitze der Bischof stand, und so ist das wahrscheinlichste, daß Tertullian in seiner Kirche die montanistischen Sitten eingeführt hatte. Aber sowie er selbst nie den Namen der Montanisten gebraucht wie den katholischen,* so ist wohl wahrscheinlich, daß kein bedeutendes Schisma in Karthago entstanden ist, und so kann es leicht gekommen sein, daß zu Zeiten Augustins [sich] die Tertullianisten mit den Katholischen wiedervereinigt hatten. Augustin gibt zum Grund an, warum man Tertullian aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen habe, daß er die zweite Ehe für ungültig hielt. Man sieht also, daß man ihn aus förmlichen [Grund] zu den Montanisten rechnete.1" Wir haben von Tertullian mehrere Werke, welche alle einen montanistischen Charakter haben, auch die früheren vor seinem Übertritt haben Spuren davon. Man kann auch diesen Ubergang nicht als einen bestimmten Akt herausheben, daher die Untersuchung, welche Schriften Tertullian vor seinem Übertritt und nachher geschrieben habe, überflüssig ist. Es fällt ihm auch gar nicht ein, sich als Ketzer anzusehn oder die Katholischen als irrig zu betrachten. Er sagt zwar von dem0 Punkt über"1 die Ehe: »Seiunxit nos a psychicis«. Man weiß aber nicht, ob dies nur auf ihn oder die Montanisten überhaupt gehe; aber daraus folgt nicht, daß er eine bestimmte Spaltung angenommen habe, »ψυχικός« ist mehr die Bezeichnung einer gewissen Denkart, aber nicht einer Gemeinschaft. Man kann also nicht behaupten, daß er unter den psychicis die ganze katholische Kirche verstanden habe.
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katholischen] s undeutlich.
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rechnete] korr. aus rechneten,
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über dem],
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über ... Ehe] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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Eine eigentlich strenge Spaltung muß also nur in Asien gewesen sein, wo ionische Weichlichkeit und phrygische Strenge hart aneinander stießen. Teilnahme an der Spaltung mußte zwar überall entstehen, aber sie trat nicht so scharf hervor, als man sie später in der Geschichte hervortreten ließ. s Tertullian hat allerdings | 61 auch anerkannt, daß Montanus besonders vom heiligen Geist erleuchtet gewesen sei, jedoch hielt er [ihri\ nicht als den Paraklet selbst, sondern als ein Organ desselben. »Die Apostel hätten die wahre Religion nur der Kindheit bis zum jugendlichen Alter gebracht, zur Reife sei sie durch Montanus erhoben.« io Sosehr die Montanisten* sich zur strengen Enthaltsamkeit neigten, so waren sie doch Anhänger des Chiliasmus; sie vertrösteten sich also bei der Enthaltsamkeit auf die Zukunft. Man wirft ihnen vor, daß sie ihre Bischöfe besoldet hätten. Die katholischen Bischöfe wurden nur vermittels unbestimmter freiwilliger Beiträge erhalten. 15 Häufig trieben die christlichen Lehrer und Bischöfe andre Gewerbe. Nur waren unter diesen Geschäften gewiß viele, welche sich mit der strengen Enthaltsamkeit der Montanisten nicht vertrugen, und so mußten sie ihren Lehrern den Unterhalt durch feste Besoldung sichern. Tertullian erzählt, daß die christlichen Kirchen einen Thesaurus hatten, 20 welcher aus freiwilligen monatlichen Gaben bestand, woraus der Unterhalt der Lehrer, der Pfleger, der Witwen, der Kranken bestritten wurde. Auch gibt Tertullian Nachricht von Gebeten zu bestimmten Tagzeiten, nicht nur morgens und abends und bei Tisch, sondern auch zu anderen Zeiten, auch wenn ein Christ den anderen besuchte und von ihm Abschied nahm. 25 Bei den Taufen soll auch die Salbung angewandt werden, Täuflinge sollten sich durch Fasten und Nachtwachen und durch ein allgemeines1· Bekenntnis der Sündenc zur Taufe vorbereiten. Es erklärt sich Tertullian überhaupt noch gegen die Kindertaufe, und man sieht, daß sie damals noch nicht überhaupt gewesen sei. Man kann aus seinen Aussprüchen darüber abnehmen, daß er nicht nur das 30 Taufen der neugeborenen Kinder, sondern auch schon älterer Kinder mißbilligt habe. Auch vom Zeichen des Kreuzes redet Tertullian d und preist es an als einen heiligen Gebrauch, | 62 aber noch immer ohne superstitiöse Ansicht.
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Montanisten] korr.
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allgemeines] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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Es folgt sich,
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Es folgt
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Zu viel und auf eine betrübende Weise macht er Aufheben vom Fasten, indem er sagt, auch Sodom und Gomorrha würden gerettet worden sein, wenn sie gefastet hätten. Tertullian nennt das Fasten ein »sacramentum«, worunter* aber bloß das griechische »μυστηεριον« zu verstehen ist. Die Gegner der Montanisten geben ihnen selbst das Zeugnis, daß sie in diesen Dingen nichts geändert hätten. Tertullian sieht sich auch durchaus als in der Übereinstimmung mit der Kirche an. Er stellt schon die Lehre von der Tradition auf in »De praescriptionibus haereticorum« (von der Veijährung, die man gegen die Ketzer verhängen sollte). Man solle nämlich die Ketzer auffordern, die Wahrheit ihrer Lehre historisch nachzuweisen. Tertullian hat sich in seinem Eifer sehr verleiten lassen zu Konsequenzmachereien gegen die Abweichenden. Sein Streit gegen Praxeas ist hierin merkwürdig. Er beschuldigt den Praxeas, er habe den Victor abgehalten, die Kirchengemeinschaft mit den Phrygiern zu unterhalten. Auch den Hermogenes greift er an, weil er mehrere Ehen vollzogen. Keine anderen Häresiologen beschuldigen Praxeas als Ketzer. Was Tertullian über ihn sagt, läuft auf folgendes hinaus: Praxeas sage, die Gottheit Christi und die des Vaters sei ein und dieselbe. Der Ausdruck S o h n beziehe sich auf die menschliche Natur, der Name Christus bezeichne das Göttliche, und das sei eines mit dem Vater. Dieser Ansicht wegen haben Spätere den Praxeas einen Patripassianer genannt, welcher Ausdruck noch nicht bei Tertullian vorkommt. Tertullian stellt der Unterscheidung des Praxeas eine andre entgegen: Christus hieße vermöge seiner göttlichen Natur filius dei, vermöge der menschlichen Natur filius hominis. Es ist an Tertullian zu loben, daß er sich streng dran hielt, nur qua caro und [nicht]h qua filius hominis sei Christus gestorben. Wenn man bei diesem behutsamen Ausdruck geblieben wäre, so wären | 63 spätere Streitigkeiten vermieden worden. Tertullian hütet sich vor der Vermischung der Naturen und vor Vertauschung der Eigenschaften. In seinem »Apologeticus« aber* redet er vom Göttlichen in Christo von einem radius Gottes, wo er ordentlich eine Vermischung Gottes mit dem Menschen aufstellt. Praxeas' Darstellung hatte ebenso eine anti-gnostische Tendenz als die des Tertullian. - Praxeas wollte durch seinen Ausdruck, daß die Gottheit in Christo
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Es folgt < e r > .
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[n/cA/]] Siehe die entsprechende Stelle bei B21/22,XI,6,6: »er sei nur qua caro gestorben, nicht qua filius Dei. «
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aber] mit Einfiigungszeichen über der Zeile.
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die des Vaters sei, alle Vorstellungen von Emanation und untergeordneten Gottheiten verhüten. Tertulliail soll behauptet haben, Gott sei corpus, und die Seele sei es auch, denn corpus sei substantia rei cuiusque.* Auch dies ist antignostisch. Die gnostisehen Ausdrücke von »βΰθος« usw. schimmernb zwischen Allegorie und Anschauung. Tertullian wollte aber eine bestimmte Anschauung der Gottheit. Den Ausdruck »corpus« muß man aus der stoischen Philosophie verstehen. Man verstand unter »αώμα« das Wesen eines Dinges, das für sich Gesetzte. Es wurde zu seiner Zeit kein Aufhebens über diese Bestimmung gemacht, man war schon zu tief in die eigentümlichen christlichen Disziplinen verflochten. Tertullian fühlte wohl, daß er in der Gefahr sei, entweder der Vielgötterei' beschuldigt zu werden oder gnostischer Vorstellungsweisen. Er sagt, um sich zu schützen, Gott wäre einer quoadd naturam, aber Gott, das Wort und der heilige Geist wären verschieden quoad dispensationem. Er sagt, Gott habe das Wort hervorgebracht, aber nicht als eine prolatio einer Sache aus einer anderen, sondern wie die Wurzel den Strauch, die Quelle den Fluß, die Sonne die Strahlen hervorbringe. »Duae res sed conjunctae, duae species sed indivisae, duae formae sed cohaerentes.« Die Bilder, deren er sich bedient, sind freilich ungeschickt, er glaubt aber dadurch die Einheit und Dreiheit zu erhalten. Den heiligen Geist nennt er den apex des radius. Die Trinität bezog er auf die oeconomia, die ursprüngliche Einheit aber auf das Innere. | 64 Wenn Tertullian sagt, der spiritus sei substantia des Worts und das Wort sei Wirkung des spiritus, so vermischt er offenbar die Gottheit des Sohns und Geistes. Spiritus ist bei ihm die allgemeine Zeugungskraft des göttlichen Wesens und zugleich dritte Person. Er nennt den heiligen Geist »tertium nomen trinitatis«, braucht aber »nomen« gleichbedeutend mit »persona«. Man sieht, wie es schon von vorne herein unmöglich war, indem man ein Extrem verhüten wollte, nicht* in das andre zuf verfallen.* Es waren damals schon verschiedene Vorstellungen über das Verhältnis des Sohns zum Vater. - Euseb gibt uns eine Notiz von den Anhängern eines gewissen Artemonh und Theodotus, welche er »neue Nazoräer« nennt. Er sagt, sie
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cuiusque] cuius vis. Verbessert nach Kl 62.
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schimmern] korr.
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Vielgötterei] über < [ ] >.
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quoad naturam] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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nicht] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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zu] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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fallen] korr.
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Artemon] korr.
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hätten Christum für einen bloßen Menschen gehalten. Dasselbe sagt Theodoret, wogegen freilich ein späterer Schriftsteller, Gennadius,' von Artemon b sagt, er habe gesagt, die Gottheit Christi habe mit seiner Geburt angefangen, Theodoret 1 fügt hinzu, Artemon hätte sich auf die Apostel berufen, welche Christum auch nur für einen Menschen hielten. Erst in den Zeiten Victors habe man angefangen, θεολογήσαι τόν Χριοτόν. Worauf dies letztere geht, ist nicht gut auszumitteln. Es werden dem Artemond viele grammatische und philologische Kenntnisse beigelegt. Man beschuldigt ihn, Veränderungen am Text der heiligen Schriften vorgenommen zu haben, was wahrscheinlich kritische Versuche' waren. Theodotos sei ein Byzantiner gewesen, habe bei einer Verfolgung verleugnet, sei nach Rom gekommen, und als man ihn nicht habe anerkennen wollen, habe er sich zu rechtfertigen gesucht, daß er nicht Gott verleugnet habe, sondern einen Menschen. Darin lag noch keine Verleugnung der Gottheit Christi, denn auch Tertullian sagte ja, daß nur Christus der Mensch gestorben sei. Insofern er also den Gekreuzigten verleugnete, verleugnete er einen Menschen. Er wird beschuldigt, er habe einen Bekenner Natalis in sein Interesse ziehen wollen. Dieser habe aber den Versammlungen beigewohnt und um einer Besoldung den Vorsitz geführt, sei aber durch Träume aufgeschreckt worden und habe sich von Theodotos weggewandt. Bedeutender ist N o e t u s . Einige nennen ihn einen Smyrnäer, andre einen Epheser. Er schließt sich sehr an das an, was | 65 zufolge Tertullian Praxeas muß gelehrt haben. Er sagt, Gott sei unsichtbar, könne aber sich sehen lassen, wenn er wolle, er sei ungezeugt, könne aber gezeugt werden, wenn er wolle, er sei απαθής, könne aber leiden, wenn er wolle. - Da nun niemand sagt, daß Noet ein Doket gewesen sei, so ist dies nur eine andre Ausdrucksweise für die Identität des Göttlichen in Christo und des Göttlichen im Vater. Wir haben unsere Kenntnis hierüber aus einer Honilie des Hippolytus, die wir aber nicht ganz haben. Zufolge ihm hat sich Noet auch an das Alte Testament gehalten, besonders an die Theophanien und die göttliche Monarchia. Hippolytus polemisiert gegen Noet in der Art wie Tertullian gegen Praxeas. Bei der Widerlegung ging es dem Noetus wie dem Praxeas, indem er einen Schein des Doketismus und der Unterordnung der göttlichen Natur Christi gab. Er sagt,
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Gennadius] Genarius. Verbessert nach K164.
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Artemon] korr.
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Davor < E > .
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Artemon] korr.
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Es folgt .
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der λόγος wäre zuerst in Gott gewesen, aber zur Zeit, da Gott gewollt hätte, habe er den λόγος gezeugt, indem er ihn wie die erste Stimme gleichsam von sich gegeben. Mit dem εδειξε τόν λόγον verwechselt er hernach das έγέννα und sagt, nachher war ein 'έτερος bei ihm. Man kann also sagen, der λόγος sei in der 5
Zeit entstanden.* Der Geist wird als τρίτον πρόσωπον beigefügt. Er sagt, πατήρ μέν γ ί φ εις, πρόσωπα Sth δύο, πατήρ χ,άί υιός, τρίτον Sí πνεΰμα αγιον. Er unterscheidet den λόγος vom θεός. Der υιός besteht aus Christus und σάρξ. Nach einigen ist Hippolytus Bischof gewesen von Ostia, nach anderen in einem Ort im glücklichen Arabien; das letztere ist wahrscheinlicher. Man sieht,
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wie sehr die Lehrweisen über diese Gegenstände schon untereinander übereinstimmten. Etwas später, aber ebenfalls aus Arabien, haben wir einen andre Theorie vom Bischof Beryllus in Bostra, welcher Ort auch Philadelphia hieß. Er drückt sich so aus, daß der Sohn vor der Menschwerdung nicht habe κ α τ ' ιδίαν νοϋς'
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περί γραφήν existieren können. Das stimmt mit Praxeas und Noet überein. Wenn diese sagten, die Gottheit ist dieselbe im Sohn und im Vater, so sagt Beryllus, sie ist dieselbe gewesen bis zur Menschwerdung, aber seit derselben ist sie ein Besonderes. Dies wurde heterodox befunden. Beryllus ließ sich abbringen. M a n rief Orígenes, der sich damals in Palästina aufhielt, zu Hilfe.
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Orígenes soll in einer ganz freundschaftlichen Disputation den Beryllus von seiner
| 66 Vorstellung abgebracht haben.
Wenn wir die Theorie des Beryllus auf unsere Weise ausdrücken wollen, so müssen wir sagen, er habe die Unpersönlichkeit der göttlichen Natur Christi vor der Menschwerdung behauptet. Inwiefern nun im Ausdruck »Person« immer eine 25
Beschränktheit liegt, so scheint die Ansicht des Beryllus in den wesentlichen Zyklus unsrer Theologie hineinzupassen und gar nicht den Namen des Ketzerischen zu verdienen. Vergleichen [wir] die Ansicht des Beryllus noch einmal mit der des Noetus vom ungezeugten Wort, so sieht man: dies ist ganz poetisierend und hat keinen
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spekulativen Charakter. Es ist schade, daß wir von den Verhandlungen in Bostra keine nähere Kenntnis haben. U b e r O r í g e n e s . Die alexandrinische Schule bestand schon zu Ende des apostolischen Zeitalters. Einige stellen sie dar als eine Darstellung zur Unterweisung der Katechumenen. Andre sagen, sie wäre eine Anstalt gewesen, um
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christliche Lehrer zu bilden. Eine große Gemeinde wie Alexandria mußte offen-
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entstanden] korr. δε] über der Zeile. νους] Kj ούαίαν. So auch K37.
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bar eine Anstalt haben, die der Unterweisung der Katechumenen gewidmet war. Unter den Katechumenen waren oft Gebildete, bei denen eine höhere Wissenschaftlichkeit auch des Lehrers durchaus notwendig war. Aus diesem Charakter erklärt sich auch der Charakter des C l e m e n s A l e x a n d r i n u s . Er war ein 5 gelehrter Missionar. Die uns erhaltenen Werke: d i e » E r m a h n u n g e n a n d i e H e i d e n « (mehr polemisch), d e r » P ä d a g o g e « (sich mehr mit den Anfangspunkten des Christentums beschäftigend), d i e » S t r o m a t a « (eine Vermittlung des Christentums und Heidentums), machen ein zusammenhängendes Ganzes aus. Die letzteren 10 sind eine große Fundgrube für die ältere Kirchengeschichte. Clemens hat sich auch auf eine besondere Weise mit der Auslegung der heiligen Schrift beschäftigt, es gab von ihm ein Werk »Ύποτοπώσεις«, wovon uns aber nicht viel übrig ist. Es lag wohl in der ganzen Lokalität dieser Schule, daß sich ein in der 15 Beziehung auf historische Forschung liberaler und in Beurteilung der Ketzerei milder Geist zeigte. Er war ein schönes Mittel zwischen der rigorosen afrikanischen und der" mehr auf das Äußere gerichteten römischen 1 ' Tendenz. In diesem Geist folgte O r í g e n e s , der gegen Ende des 2ten Jahrhunderts von hellenischen" Eltern in a Ägypten geboren war. Uber seine früheren Schick20 sale sind die Nachrichten abweichend. Porphyr erwähnt seiner so, als ob er Notiz von ihm habe von der plotinischen Schule und als ob Orígenes früher ein ganzer Platoniker gewesen und sich erst später zum Christentum gewendet habe. Andre hingegen | 67 berichten, er sei schon als Jüngling fürs Christentum begeistert gewesen und habe sich deshalb vielen Gefahren ausgesetzt. Mit diesem 25 Eifer läßt sich aber nicht vereinen, daß Orígenes eine philosophische Schule angefangen habe, wohl aber [mit] einer grammatischen und historischen. Die Gegner des Orígenes würden ihm doch ein Vorwurf gemacht haben, ein συμφοιθήτης 1 0 gewesen zu sein, wenn sie Notiz davon gehabt hätten. Daher ist die Meinung vieler, daß Plotin und Porphyr auf einen anderen Orígenes Bezug 30 nehmen. Wenn aber auch Orígenes kein Schüler des Ammonius Saccas und Mitschüler des Plotin war, so läßt sich doch nicht leugnen, daß er in der griechischen Wissenschaft sehr bewandert und ein großer Freund derselben war. Orígenes verlor seinen Vater ziemlich jung in einer der tumultischen Verfolgungen, wahrscheinlich unter Adrian. Er erteilte, um sich das Leben zu
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der] mit Einfügungszeichen
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römischen] s undeutlich,
über der Zeile.
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hellenischen] über < ägyptischen > .
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in Ägypten] mit Einfügungszeichen
über der Zeile.
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fristen, Unterricht in der Grammatik, wurde dann Gehilfe an der Katechetenschule, die ihm in der Folge ganz übergeben wurde. Es ist dem Geist des Christentums gemäß, daß sich in dessen Fortbildung die Gegensätze ausgleichen. Dazu wirkte Orígenes. Was die äußere Existenz betrifft, hat es Orígenes nicht weit gebracht, bloß zu einer noch bestrittenen Würde des Presbyters. Als er in Alexandrien auftrat, hatte er noch keinen Kirchendienst und keine Weihe. Er muß auch in Alexandrien nicht als Lehrer in der Gemeinde aufgetreten sein. Als er aber nach Palästina reiste, um sich eine deutliche Anschauung vom Heiligen Land zu machen, ersuchten ihn die dortigen Bischöfe, Vorträge zu halten. Darüber machte ihnen der Bischof von Alexandrien heftige Vorwürfe. Die Bischöfe stellten ihm aber viele Beispiele entgegen von der Art. Noch ärger wurde es, als er von den palästinischen' Bischöfen zum Presbyter geweiht wurde. Darüber ergrimmte der Bischof von Alexandrien Demetrius,b berief eine Synode zusammen. Orígenes wurde entsetzt, aus Ägypten verbannt und die Kirchengemeinschaft mit ihm aufgehoben. Man soll schon damals ketzerische Lehren aus seinen Schriften aufgestöbert haben, was aber doch untergeordnet war. Nachdem also Orígenes seine Reise in Griechenland vollendet hatte, schlug er seinen Wohnsitz in Palästina auf, wurde unter Decius gefangen, erst nach dessen Tode befreit und starb als ein bejahrter Greis. W e r k e : Kommentare über die Schriften, das Werk: »Περί άρχων«, eine Darstellung der christlichen Gnosis (in der Gnosis war begriffen die Dogmatik). Mit Ausnahme weniger Bücher hat Orígenes über alle Kommentare geschrieben, I 68 es ist uns aber wenig Übriggeblieben. Seine Auslegung war immer auf das Gebiet der γνώσις gerichtet. Darum merkt er besonders auf alle Schriftsteller, aus denen gegen die Gnostiker die θεία μοναρχία, die Identität des Weltschöpfers und des Vaters Christi, bewiesen werden konnte, auch auf die Beweisstellen gegen die Ebioniten. Mit großem Scharfsinn ist er überall befleißigt, diese Stellen zu erklären und weitere Folgerungen abzuleiten. Er behielt die abweichenden Meinungen nicht nur nach ihren Resultaten im Auge, sondern ging auf die Gründe zurück. Die Frage von der Entstehung des Bösen beschäftigt ihn ganz besonders, und [er] sucht die Schriftstellen, aus welchen man die Harmonie der Güte Gottes mit dem Bestehen des Übels nachweisen kann. Seine eigene Philosophie hatte auch diese Richtung, und das Wesentliche derselben bestand in Untersuchungen darüber. Was innerhalb der christlichen Lehre liegt, behandelt er nicht auf eine
a
palästinischen] athenischen. Verbessert nach SN65.25.
b
Demetrius] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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spekulative Weise, aber wohl das Mythische über die Schöpfung. Die beiden Hauptpunkte seiner Philosophie sind: 1. alles Übel ist entweder nur Strafe oder Läuterungsmittel und beruht auf der Schuld und der Unvollkommenheit, die letztere reduziert er auf den Gebrauch der Freiheit; 2. es sei nun, indem dies alles auf die Allmacht und Weisheit zurückgeführt werden müsse, anzunehmen, daß alles zu Gott zurückkehren müsse. Nicht die Bösen, sondern das Böse sei zum ewigen Feuer verdammt. Dies gab viele Veranlassungen zu Verketzerungen, und man beschuldigte ihn deshalb, daß er der Erlösung keinen rechten Platz anweisen könne. Aber er gab gerade der Erlösung einen größeren Wert als alle die Kirchenlehrer seiner Zeit. Er sieht aber die Erlösung von einem höheren Standpunkt an, der eine weitere Weltkunde voraussetzt. Da die* Erde ein so kleiner Teil des Alls ist, so ist es ihm nicht wahrscheinlich, daß Gott bloßb den Menschen seinen Sohn zur Erlösung gesandt. Orígenes hatte nicht die Idee von bewohnten Weltkörpern, sondern nur von höheren Geistern. Der göttliche λόγος wirkte nun nach ihm auf alle vernünftigen Wesen, und der vollständige göttliche Sohn Christus war ein Erlöser aller vernünftigen Wesen. So ging er aus dem Gebiet des Christlichen heraus. Wenn er auch nicht die Schwächung der Freiheit bestimmt der Sünde zuschreibt, so nimmt er doch eine Wirkung auf die Freiheit an, sonst wäre die Erlösung etwas Leeres. Der λόγος in Christo ist die allgemeine Wirkung auf die Freiheit, um sie vom Bösen zu läutern. I 69 Indem die Philosopheme des Orígenes nicht übereinstimmend sind mit den mythischen Erklärungen in der heiligen Schrift über die letzten Dinge, soc kam ihm da zu Hilfe die allegorische Auslegung. Porphyr sagt, er habe sie von den Hellenend her; allein man muß sie ableiten aus der hellenisch-alexandrinisehen Schule. Er fand aber auch die Veranlassungen in der Schrift selbst in dem häufigen Gebrauch des Parabolischen. Dazu kam die Theorie von der absoluten Prägnanz der heiligen Schrift. Er ging davon aus, daß in der heiligen Schrift nichts Unbedeutendes stehn könne. Es ist nicht zu leugnen, daß seine allegorische Auslegung sich vorteilhaft von den späteren unterscheidet, wie ζ. B. des Augustin.' Er macht sich die Allegorien des Paulus zum Muster und sucht sich ganz in den Geist der heiligen Schriftsteller hineinzudenken.
a
Es folgt < Teil > .
b
bloß] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
c
so] mit Einfügungszeichen über < E r > .
d
Hellenen] über < Alexandrinern > .
e
Augustin] Justin über < Augustin>. Das Richtige ist durchgestrichen. SN65.27.
Verbesserung nach
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Orígenes hatte sich früher auch mit der Kritik der klassischen Schriftsteller abgegeben,* und b von dieser ging er zur Kritik der heiligen Schriften über mit Hilfe des Ambrosius. Zuerst entstand seine Hexapla, ein doppelter Text des Alten Testaments, ein unpunktierter mit hebräischen und ein ausgedruckter mit 5 griechischenc Buchstaben, begleitet mit Übersetzungen. Eine kritische Ausgabe des Neuen Testaments. Man hat Beispiele, daß er oft am Text geändert hat ohne handschriftliche Autorität. Dies tat er aber nur wenn er historische oder geographische Notizen hatte; nie hat er seiner Theorie zuliebe konjekturiert. Orígenes verteidigt das Fasten, aber er will es nicht als etwas an und für io sich Verdienstliches ansehen, sondern als Übung in der Standhaftigkeit. In Hinsicht des Märtyrertunis hatte er eine mildere Theorie, er stand in der Mitte zwischen afrikanischer Strenge und ionischer Laxität. Er behauptet, daß ohne Taufe keine Sündenvergebung sei und daß die Bluttaufe das Mittel wäre zu einer vollständigen Sündenvergebung zud gelangen. 15 Indem er der Taufe eine solche Ausdehnung gibt, so sieht man, daß er nichts Magisches damit verbunden glaubte und ihre Wirksamkeit nicht inse Äußere setzte. Was seine Trinitätslehre betrifft, so hielt er sich im wesentlichen an die katholische Lehre, aber er wollte noch weniger die absolute Identität des Gött20 liehen in Christo mit der Gottheit des Vaters behaupten. Er berief sich auf die Stelle im priesterlichen Gebet, in welcher Christus zum Vater sagt: »Du bist allein wahrer Gott.« Er unterscheidet zwischen einem αϋτόθεος und dem θεοποιουμενον. Dieser platonische Ausdruck setzt voraus, daß der letztere ein andres Wesen zum Grunde liegend haben | 70 müsse. Aber man kann nicht sagen, daß 25 Orígenes dies behauptet habe. Er will festhalten, daß die Welt nur vom Vater geschaffen sei, nur Siòc τοΰ λόγου. Er sagt, der Vater allein sei άγέννητος. Dies streift sehr nahe an das Arianische. Das πνεύμα αγιον sei κρεϊττων των πάντων, sei also nicht διά [τοϋ] λόγου gemacht, sei aber auch nicht άγέννητον. Er unterscheidet in der Trinität eine verschiedene Wirksamkeit: die ενέργεια 30 des Vaters erstreckt sich über alles, die des Sohns über alles Vernünftige, das πνεύμα αγιον wirke nur auf die Gläubigen. Das Gläubigwerden wäre sonach nicht ein Werk des πνεύμα αγιον und der Glaube ein Werk des Menschen. Er sagt, das πνεϋμα αγιον reiche den Gläubigen die ϋλη πάντων χαρίσματων dar.
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a
abgegeben] korr.
b
und ... Ambrosius.] über der Zeile.
c
griechischen] hebräischen. Verbessert nach B171.
d
zu] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
e
ins] über < aufs > .
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Unter ΰλη versteht er die Identität aller Geistesgaben, die in jedem ihre eignen Formen annehmen. Dieses subordinarische System des Orígenes ist das, was in der späteren Lehre anders bestimmt wurde. Man versteht aber Orígenes falsch, wenn man eine Neigung zum Poly5 theismus in seiner Trinitätslehre finden will. Es gründet sich dieser Irrtum vorzüglich auf eine Stelle gegen Celsus. Celsus ist der erste, welcher ausführlich gegen das Christentum geschrieben hat. Er stellt das Heidentum als Monotheismus dar und machte dem Christentum den Vorwurf, daß sie alle Augenblicke ihr Glaubensbekenntnis änderten und daß sie auch keine strengen Monotheisten 10 wären, sondern einen Minister Gottes verehrten. Orígenes sagt gegen ihn, die Christen verehrten zwar den Vater, Sohn und Geist, aber nicht als 3, sondern 1; sie wären 1 durch Identität ihres νους und durch ihre Übereinstimmung des Willens, sie wären aber 3 κ α θ ' ύπόστασιν. Er sagt, wie es nur eine ecclesia gibt, die in den einzelnen erscheint, so ist auch das göttliche Wesen eines, 15 welches auf dreifache Weise erscheine, ύπόστασις gebraucht Orígenes im Gegensatz gegen ουσία. Man kann ihn also vom Polytheismus wohl* lossprechen. Bald nach seinem Tod wurde die Theorie des Beryllus aufgenommen von S a b e l l i u s aus Hieropolis. Dieser sagte, daß Vater, Sohn und Geist wären τρία πρόσωπα, aber μία ύπόστασις, es sei εις ώς αυτός,1* die Personen sind nur 20 verschieden in Hinsicht auf die opera ad extra. Gott hieße πατήρ in Beziehung auf Schöpfung und Gesetzgebung,' in Beziehung auf die ¿vav&pcόπησις* und Erlösung Sohn und als in den Menschen wachsend heiliger Geist. Dagegen erklärt sich ein Schüler des Orígenes, | 71 der Bischof Dionysius von Alexandrien, welcher auch in seiner Polemik einen sehr milden Geist zeigte. 25 Man gab ihm aber Schuld, er leugne die Gottheit des Sohnes ganz. Die ersten Keime des Arianismus liegen in seiner Lehre. (Man war damals sich des Bildlichen an den Ausdrücken über Gott sehr wohl bewußt.) Dionysius von Alexandrien polemisierte gegen Sabellius; er wollte den Unterschied zwischen Vater und Sohn mehr feststellen. Dionysius' wurde beschuldigt, die Gottheit des 30 Sohnes ganz zu leugnen, und hier finden sich die ersten Keime' der arianischen Streitigkeiten. Es ist möglich, daß hier schon der Ausdruck ομοούσιος gebraucht worden sei, es ist aber wahrscheinlich, daß er noch nicht den Ausdruck brauchte.
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a
Es folgt < können
b
Es folgt .
.
c
Gesetzgebung] b undeutlich.
d
έναν&ρώπησίς] άνθρώπηοις. Verbessert nach K145.
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Dionysius] Sabellius. Vgl. H233.23—26.
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Keime] m undeutlich.
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Eine geraume Zeit am Ende des 2ten und Anfang des 3ten Jahrhunderts genoß die Kirche ziemliche Ruhe, die Christen waren begünstigt durch Philippus in Arabien, an dessen Hofe viele Christen waren. Er selbst ist auch von anderen als Christ dargestellt worden, doch das ist zu viel. Unter Decius gestaltete sich aber eine förmliche Verfolgung der Christen. Man ging besonders darauf aus, die christlichen Lehrer zu animadvertieren. Je mehr sich aber die Christen verbreitet hatten, desto mehr hatten sie eine gewisse Weltlichkeit angenommen. Darum klagen viele in dieser Zeit über die Laxität der Christen. In der Verfolgung wurden viele gefangengenommen und hingerichtet. Man gab ihnen oft vorher lange Bedenkzeit, ob sie Christen bleiben wollten oder nicht. Die Verleugner teilte man in verschiedene Klassen: 1. libellatici, die sich Scheine verschafften, sie seien keine Christen; 2. turificad, die den Bildnissen der Kaiser Weihrauch gestreut hatten; 3. sacrificati, die wirklich den Götzen geopfert hatten. Die Strenge, womit die Kirche gegen diese Verleugner verfuhr, war sehr verschieden. Es entstanden hieraus in Rom die n o v a t i a n i s c h e n H ä n d e l . Karthago und der dortige Bischof Cyprian sind hier besonders ins Auge zu fassen. Er lebte im Exil und gab von da aus sein Mißfallen an der zu großen Gelindigkeit wie an der zu großen Strenge zu erkennen. Die Confessores genossen vieles Ansehen. Dies machte viele hochmütig. In vielen Gegenden wurden Empfehlungen von ihnen hochgeachtet. Wer eine Empfehlung von einem solchen hatte, konnte leicht wieder in die Kirchengemeinschaft aufgenommen werden. Die I 72 Kirchenbußen hatten mehrere Stufen: 1. preciantes: die lapsi mußten sich vor der Kirche auf die Schwelle niederwerfen, dann erst gelangten sie 2. zur acroasis: sie mußten sich früher entfernen als die Katechumenen; 3. die ύπόπτωσις:* sie durften bleiben bis zum letzten Gebet; 4. ουστασις: sie durften beib allem gegenwärtig sein, nur nicht beim Abendmahl; 5. der letzte Grad war die restitutio pacis. In Rom war der Bischof Fabian' in der Verfolgung hingerichtet worden. Es waren nun 2 angesehene Presbyter: Cornelius, zu gelinde, Novatian, zu streng. Letzterer protestierte dagegen, die bischöfliche Cathedra anzunehmen, suchte aber zu verhindern, daß Cornelius Bischof würde. Dies geschah aber doch.·1
a
ύπόπτωσίζ]
b
bei] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
ύπορδωσις. Verbessert nach Kl 77.
c
Fabian] über < Adrian > .
d
doch] h undeutlich.
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Novatian und seine Anhänger sagten dem Cornelius und seinen Anhängern die Kirchengemeinschaft auf. Eine berufene Synode erklärte sich für Novatian und wählte ihn zum Bisphof. Cornelius beschuldigt Novatian, er hätte die Bischöfe erst trunken gemacht, und so hätten sie ihn zum Bischof gemacht. Das widerspricht aber ganz seinem* strengen Charakter. In Karthago hatte sich ein Presbyter Novatus einen Diakon Felicissimus zugetan. Cyprian nahm dies sehr hart, berief eine Synode, Novatus ging nach Rom. Da schoß man sich an die strenge Partei des Novatian an. Cyprian nahm in diesem Streit die Partei des Cornelius. Novatian ging soweit zu sagen, daß man die Gefallenen nie wieder ganz in die Gemeinschaft aufnehmen dürfe, vor Gott könnten sie wohl Vergebung erhalten, aber die Kirche habe nicht das Recht, sie wieder in ihren Schoß zu nehmen. Es kam hier auch an auf die Frage und den Wert der Taufe, denn die Gegenpartei erklärte, wenn dieb Gefallenen nicht in die Kirche aufgenommen würden, so könnten sie auch nicht selig werden. Sie setzten also die Gemeinschaft mit der Kirche höher als die Taufe. Novatian hatte die entgegengesetzte Ansicht. Firmilian' von Cäsarea und Theodegnesd von Kappadokien erklärten sich für Novatian. Es entstand eine vollkommene Spaltung. | 73 Die Novatianer bildeten eine Partei unter sich; die' erhielt sich als solche, solange eine Veranlassung dazu war; nach den Verfolgungen fiel auch der Streit weg. Allein es hat noch im 5ten und 6ten Jahrhundert Novatianer gegeben in Rom und Konstantinopel, auch in Gallien, Spanien, Afrika (Ägypten) und Asien gab es Novatianer. Eine andre Streitigkeit war die Ketzertaufe. Schon Tertullian hatte behauptet, die Ketzer könnten nicht taufen. Er dachte dabei vorzüglich an die Markioniten. Späterhin war schon in Ikonion eine Kirchenversammlung gehalten worden, wo man dasselbe behauptete. Dies war aber gesagt in Beziehung auf die Montanisten. Ungeachtet Cyprian in seiner novatischen Streitigkeit zur gelinderen Seite gehalten hatte, (was wohl in seiner Parteilichkeit gegen Novatus seinen
a
seinem] s undeutlich.
b
Es folgt < Gläubigen > .
c
Firmilian ... Kappadokien] Uber < Der Bischof von Kappadokien und Philemon von Antiochien > .
d
Theodegnes von Kappadokien] Kj Theoktislos von Palästina. Vgl. Euseb HE VI 46. Theoktistos wurde oft mit Iheoteknos, seinem zweiten Nachfolger verwechselt. Vgl LThK. Artikel: Theoktislos. die] korr.
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Grund haben mochte) ergriff er hier die entgegengesetzte Maßregel und behauptete auch, daß,* wer von einem Ketzer getauft sei, wieder müsse getauft werden. Stephan, Bischof von Rom, widersetzte sich diesem. Nur durch die Handauflegung würden die Aufgenommenen des heiligen Geistes teilhaft, aber die Taufe bleibe gültig. Die einen gingen davon aus, die Taufe sei von Christo eingesetzt worden und die Kraft liege in ihrer Einsetzung, die anderen gingen davon aus, die Ketzer hätten keine Taufe, weil sie keine Christen wären. Dionysius von Alexandrienb hatte0 in den novatianischen wie in seinen Streitigkeiten große Milde gezeigt, und erst, als Novatiand hartnäckig* darauf beharrte, mit den Gelinderen die Kirchengemeinschaft aufzuheben, hob Dionysius mit ihm die Kirchengemeinschaft auf. Er erklärte sich hinsichtlich der Taufe ganz gegen Cyprian. In der Folge erhielt auch hinsichtlich dieser1 Sache die gelindere Ansicht die Oberhand. Die Mitte zwischen beiden Extremen, in der sich der römische Bischof befand, war entstanden aus einer Ungewißheit über die Grenzen der Kirche. Hätte man einen triftigen Grund gefunden, warum die Ketzertaufe nicht gelte, so hätte der Streit Bedeutung gehabt, aber so kam es zu keinen Resultaten. Dionysius' Extrem war auf jeden Fall das bessere. I 74 Diese verwandten Streitigkeiten, der novatianische und die über die Ketzertaufe, haben sich nach der diokletianischen Verfolgung wieder erneuert. Es war in Karthago ein Bischof geweiht, Cäcilian,8 der ein Traditor gewesen war. Hierüber entstand großer Streit. (Manb schloß sich' an den strengeren Meletius.) Die Meletianer und Katholischen erklärten auch gegenseitig die Taufe ihrer Gegner für ungültig. C y p r i a n hat in der Schreibart einige Ähnlichkeit mit Tertullian. Er war im wesentlichen ein höchst achtungswerter Lehrer, und wenn ihn einige beschuldigen, daß er in der Verfolgung Karthago verlassen habe, so muß man bedenken, daß diese Verfolgung vorzüglich gegen die geistlichen Lehrer gerichtet war. Der
a
daß] mit Einfiigungszeichen über der Zeile.
b
Alexandrien] Korinth. Dionysios von Korinth lebte im zweiten Jahrhundert.
c
hatte] h undeutlich.
d
Novatian] Ν undeutlich.
e
hartnäckig ... auf.] mit Einfügungszeichen über der Zeile; hob ... auf.] über den Rand hinaus geschrieben.
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f
dieser] s undeutlich. Es folgt < Verfassung > .
g
Cäcilian] korr.
h
(Man ... Meletius.)] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
i
sich] s undeutlich.
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beste Beweis für ihn ist, daß er in einer späteren (der* valerianischen) Verfolgung als Märtyrer starb. - Er war ein strenger Verteidiger des Episkopalrechts. Dabei hielt er ebenso auf die Freiheit anderer Bischöfe. Schon bei den Synoden, die er veranstaltete, stellte er den Grundsatz fest, daß jeder Bischof nach seiner Überzeugung handeln könne. Die Synoden sollten mehr beratend sein und nicht für die Minorität eine bindende Kraft b haben. Er erkannte auch der Gemeinde das Recht zu, zu richten; das ist eine Spur vom ursprünglichen demokratischen Charakter der Gemeinde. Z u s t a n d d e r K i r c h e im a l l g e m e i n e n . Es finden sich schon Spuren, daß die Kinder das Abendmahl erhielten und die Kindertaufe schon allgemein war. Cyprian erklärt selbst auch, es sei nicht nötig, bis zum achten Tag zu warten wegen der Analogie der Beschneidung. - Er scheint, als ob man sich hier geteilt habe: die in der Kirche Geborenen wollte man sobald als möglich taufen, aber die beru[fenenY Christen warteten gern lange, weil jede Sünde, nach der Taufe begangen, für unverzeihlich gehalten wurde. Einzelne Anekdoten zeigen, daß schon viel Aberglaube mit den Sakramenten getrieben wurde. Es ist möglich, daß die Kinder nicht am Abendmahl selbst teilgenommen, sondern bloß vom gesegneten Brot und Wein zu genießen bekamen. Wir haben in dieser Periode die ersten Spuren der Ohrenbeichte. Es wurde ein besonderer Presbyter eingesetzt, die Bekenntnisse der Büßenden anzunehmen. Man hielt es für anstößig, I 75 daß alle Bekenntnisse öffentlich abgelegt würden. S t r e i t i g k e i t e n v o n P a u l v o n S a m o s a t a . Er wurde, als er Bischof in Antiochien war, des Nazoräismus beschuldigt. Eine erste Synode in Antiochien ging bald wieder auseinander, aber bald wurde eine spätere veranstaltet, auf der ein Sprecher angestellt war, das Wort zu führen, und Theodoret sagt, man habe ihn über der Lehre ertappt, Christus sei ein bloßer Mensch gewesen, ψιλός' ανθροπος. Einige zählten aber Paul von Samosata zu den Sabellianern, die behaupteten, die Gottheit Christi habe erst mit seiner Geburt angefangen, doch läßt sich dies nicht nachweisen. Unter dem θείος' λόγος dachte er sich nur die menschliche Vernunft. Man sieht dies aus den Fragen, die er aufgesetzt hat, um die Katholischen zu verwirren, und die in einem Brief an Dionysius von Alexandrien gerichtet sind. Es wurde ihm aber schwer, das Ketzerische zu beweisen. Diony-
a
(der valerianischen)] über der Zeile.
b
Kraft] f undeutlich.
c
Tintenklecks im Text.
d
ψιλός ανθ-ροπος] am äußeren Rand.
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&εϊος] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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sius von Alexandrien wurde auch auf die Synode berufen, konnte aber nicht erscheinen, sondern starb bald nachher in hohem Alter. Auf dieser Synode wurde zuerst der Ausdruck »ομοούσιος* gebraucht, man weiß aber nicht in welcher Beziehung. Paul soll ihn selbst gebraucht haben," aber wahrscheinlich brauchte er den Ausdruck nur so, daß er den Bischöfen vorwarf, wenn sie in ihrer Ansicht konsequent wären, so müßten sie behaupten, Christus sei ομοούσιος, was doch die Väter nicht wollten. Nach Dionysius' von Alexandrien Tode findet sich die alexandrinische Schule immer noch fortgebildet. Nachfolger des Orígenes war sein Schüler Heraclas, dessen Nachfolger war eben Dionysius von Alexandrien. Nachher werden die Nachrichten über die Schule ungewiß, doch wissen wir soviel, daß sie sich gegen die Angriffe, dieb auf Orígenes gemacht wurden (ζ. B. von Methodius),0 verteidigten. Pamphilus, Bischof1 von Cäsarea, war ein vorzüglicher Verteidiger. Man stellte den Grundsatz auf, daß über Sachen, worüber Christus und die Apostel sich nicht erklärt hätten, man spekulieren könne, wie man wolle, ohne verketzert werden zu können. Die Bemühungen des Orígenes um die Septuaginta wurden fortgesetzt. | 76 2 Ausgaben der LXX von Hesychius und Lucian. Man glaubt, daß diese beiden Rezensionen noch' vorhanden seien in der alexandrinischen und vatikanischen Handschrift' der LXX. Auf8 die decianische Verfolgung folgte ein Wechsel von Ruhe und Verfolgung. Unter Aurelian1" ist das erste Beispiel einer Entscheidung weltlicher Autoritat in geistlichen Sachen. Paul von Samosata war ein weltlicher Beamter, ducenarius, und hatte insofern ein vornehmes äußeres Leben, was man ihm zum Vorwurf machte. (Er soll es gern gesehen haben, wenn man ihm in den Predigten applaudierte, und soll Hymnen auf sich selbst haben singen lassen.) Wieviel dran wahr ist, läßt sich nicht ganz ausmachen. Paulus wurde auf der Synode abgesetzt, er wollte aber die bischöfliche Wohnung dem neuen Bischof nicht
a
Es folgt < der > .
b
die] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
c
Es folgt sich.
d
Bischof ... Cäsarea] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
e
Es folgt
f
Handschrift] Uber < Ausgabe > .
g
Davor < Auf d > .
h
Aurelian] über < [ ] > .
mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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einräumen. Man griff nun zum Hilfsmittel, Aurelian zum Schiedsrichter zu' wählen. Er erklärte sich für unkompetent, sagte aber, der solle Bischof sein, für welchen sich Rom erklären werde. Gegen Ende des 3ten Jahrhunderts entstand jene Hierarchie, wo 2 Augusten und 4 Cäsaren waren. Da trat zur gleichen Zeit ein größerer Grad von Ungleichheit ein im römischen Reich. So wurden auch die Verfolgungen ungleich ausgeführt. Diocletian begünstigte erst0 die Christen, Galerius war ihnen feind und suchte Diocletian auch gegen sie einzunehmen. Constantius Chlorus war den Christen sehr günstig und eludierte die Gefechte des Diocletian und Galerius gegen' die Christen soviel als möglich. Die Verfolgung Diocletians war besonders darauf gerichtet, daß die Christen ihre heiligen Bücher herausgeben sollten. Daher entstanden die Traditores, d woraus sich, wie oben gesagt, die meletianischen Streitigkeiten entwickelten. Es bildeten sich hierüber verschiedene Ansichten und Verordnungen, worunter vorzüglich 2 zu bemerken, die des Bischofs Petrus zu Alexandrien und der Synode zu Illiberis in Spanien. Petrus von Alexandrien gibt schon eine Art Suprematie' zu erkennen. Er war sehr gelinde gegen die, welche durch Marter bewogen wurden, dem Christentum für einen Augenblick abzuschwören. Er befolgte verschiedene Abstufungen. I 77 Merkwürdig ist das Kirchengesetz gegen solche Lehrer, die sich zur Verfolgung gedrängt haben, die Verfolgung aber doch nicht aushielten, obwohl sie sich später standhaft zeigten. Von diesen sagte er, daß sie untreu gehandelt hätten, ihre Gemeinden zu verlassen, daß sie aber auch zu entschuldigen wären, wenn sie beim Anblick ihrer leidenden Brüder sich selbst angegeben hätten. - Er erlaubte die Fürbitte der' Gemeinde für die Gefallenen; wahrscheinlicher war diese Bitte zur Wiederaufnahme. Es entstand ein Dissensus wegen des Fastens: die Römer hatten den siebten Tag aufgebracht. Die· Versammlung in Illiberis gab ebenfalls1· kirchliche Gesetze über die Gefallenen und über andre Gegenstände. Es wurden hier zuerst bestimmt außer-
a
zu wählen] wählte.
b
erst] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
c
gegen ... Christen] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
d
Traditores] s undeutlich.
e
Suprematie] Suppremachie. Verbessert nach SN65,34.
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der] korr. aus f.
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Die] korr. aus E.
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ebenfalls) korr.
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christliche Ehen verboten. Clerici in ministerio positi sollten sich des ehelichen Umgangs enthalten. Einige finden hier schon Zölibat, andre glauben, es sei bloß verboten gewesen, wenn ein Geistlicher in gewissen Amtsverrichtungen begriffen war. Von dem letzteren läßt sich aber keine rechte Vorstellung machen. Der Ausdruck »ministerium« kann wohl nur einen bestimmten Geschäftskreis ausdrücken. In Beziehung auf die Gefallenen finden wir in den Beschlüssen dieser Sammlung eine große Strenge gegen die, welche ohne Marter bloß aus Furcht verleugnet hatten; diese sollten nie wieder ganz in die Kirchengemeinschaft aufgenommen werden. Es gab schon damals gottgeweihte Jungfrauen, die sich vorgenommen hatten, im ehelosen Stande zu bleiben. Es nahm ihnen noch niemand ein Gelübde ab, es waren nur Selbstversprechungen. In Asien und Afrika hatten sich schon früher dergleichen gezeigt, schon in Cyprians Briefen kommt [etwas] darüber vor. Es wurde auf dieser Versammlung ein Gesetz gegeben gegen die gottgeweihten Jungfrauen, welche sich Unanständigkeiten und Unzucht erlaubt hatten. Diese wurden sehr hart bestraft. In diesen Beschlüssen kommen auch schon Verordnungen gegen die Bilder in den Kirchen vor. Hier wird dieser Gegenstand zuerst berührt. Daß es schon sollte bildliche Vorstellungen Gottes gegeben haben, ist sehr unwahrscheinlich. In Ägypten wurden zuerst besondere Häuser für die gottgeweihten Jungfrauen gebaut; hier ist die erste Spur der Frauenklöster. Unter der | 78 Verfolgung des Diocletian finden wir auch die ersten Spuren von Eremiten. Paulus flüchtete sich in eine Einöde, vor ihm schon Antonius. Wahrscheinlicher ist das Eremitenleben entstanden aus dem großen Wert, den man auf die Entsagung legte, als aus den Verfolgungen. Man sah die Geselligkeit als eine bloße sinnliche Lust an, welches zeigt, welche verkehrte Ansichten man schon über das Wesen des Christentums hatte. Aus den Verfolgungen sind auch zunächst hervorgegangen die d o n a t i s t i s c h e n S t r e i t i g k e i t e n , welche die Wahl des Cäcilian zu Karthago zur Veranlassung hatten. Es gab in Karthago einen Bischof Mensurius,· dessen Diakon Cäcilian.b Mensurius hatte harte Maßregeln gegen die Lehrer* ergriffen, welche sich gewaltsam zu Verfolgungen gedrängt hätten. Er soll verboten haben, gegen solche Märtyrer Mildtätigkeit zu erweisen, sondern man soll sie ganz ihrem Schicksal überlassen, welche Strenge unter diesen Umständen
a
Mensurius] korr.
b
Cäcilian] Cäcil(ian über der Zeile).
c
Lehrer] Uber < Traditoren > .
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heilsam war. Cäcilian, sein Gehilfe, wurde nach dessen Tode zum Bischof geweiht* von einem Bischof Felix von Aptunga mit Assistenz zweier anderer. Nun bildete sich aber eine Gegenpartei (man weiß nicht, aus welchen Motiven). Es wird eine reiche Frau Lucilla genannt, die eifrigen Anteil an diesen Händeln 5 genommen und sich gegen Cäcilian erklärte. Man erklärte, es sei gefehlt, daß die numidischen Bischöfe nicht zugezogen worden seien. Cäcilian wurde auch angeklagt, er sei Traditor gewesen. Es läßt sich aber nicht denken, daß einer, der in solchem Ruf war, hätte einstimmig zum Bischof geweiht werden sollen; auch kam diese Beschuldigung erst später hinzu. Cäcilian sagte, er sei bereit, 10 sich von den numidischen Bischöfen weihen zu lassen, wenn man nachweisen könne, daß die Weihe des Felix ungültig sei; allein man achtete nicht auf ihn. Es wurde ein Gegenbischof Majorinus gewählt und nach dessen baldigen Tode Donatus. Majorinus war nur ein Lector (αναγνώστης). Es war eigentlich ein Geschäft 15 der Presbyter, welche die Schrift lasen, ohne b sie zu erklären. Es gab aber auch besondere Vorleser, welche nur zum niederen Klerus gehörten. Es ist | 79 unentschieden, wohin Majorinus gehörte. Auf die Seite der 0 Gegner Cäcilians schlugen sich die Verehrer 4 der Märtyrer. Es geschah dies um die Zeit, als Kaiser Constantin die Oberherrschaft über 20 Afrika gewonnen hatte. Den Cäcilian als Bischof anerkennend, sandte er ihm eine namhafte Summe zu, um sie an die Geistlichen seines Sprengeis zu verteilen; er höre, daß sich viele ihm widersetzten, diese möchte er nur anzeigen. Aber auch die Donatisten wandten sich an Constantin, baten um Schiedsrichter und ersuchten Constantin, er möge diese aus den gallischen Bischöfen wählen. 25 Damit wurde aber noch nichts ausgerichtet. Man trug auf eine Kirchenversammlung an, und da entschloß sich Konstantin, eine Kirchenversammlung zu e Arles' auszuschreiben. Das war der erste Akt, den er ausübte als Schutzherr der christlichen Kirche, im Jahre 313.14. Die Einmischung der kaiserlichen Autorität in die kirchlichen Angelegenheiten ist eigentlich der Punkt, wo wir eine neue 30 Periode anfangen müssen.
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geweiht] korr. aus gewählt.
b
ohne ... erklären.] mit Einfügungszeichen Uber der Zeile.
c
der Gegner] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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Verehrer der] mit Einfilgungszeichen über der Zeile.
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Arles] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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Die Ehe der Diakone ward nun auch eingeschränkt, und die Synode zu Ancyra* zu Galazien 315 verordnete, wenn ein Unverheirateter zum Diakon geweiht werde und er tue die Erklärung, daß er nicht unverheiratet bleiben könne, so soll er heiraten dürfen. Wenn er aber dieses Geständnis bei der Wahl nicht getan habe und sich erst als Diakon verheiraten wolle, so solle er sein Amt verlieren. Die zweite Ehe ward nun auf 1 der Synode zu Neo-Cäsarea überhaupt verboten, auch bei Laien. Es wurden Kirchenbußen darauf gesetzt. Kein Presbyter soll bei Feier der zweiten Ehe gegenwärtig sein. Es muß also damals noch keine Notwendigkeit einer kirchlichen Einsegnung bei der Ehe gewesen sein. Es soll kein Geistlicher im Amt bleiben können, dessen Frau sich des Ehebruchs schuldig gemacht hat. Es wurde nun auch ein kanonisches Alter festgesetzt für den Presbyter. Es war das 30te Jahr. - Ein Presbyter, der auf irgendeine Weise ein lapsus werde, dürfe weder προσφέρειν (Einsegnung des Brots und Weins, ursprünglich nur die Darbringung) noch όμιλεϊν (Schrifterklärung, Rede in der Gemeinde). Ebensowenig dürfe ein Diakon inc solchem Fall άναφέρειν (die Gaben darbringen) und nicht κερυττειν (die Gemeinde zum Gebet auffordern). Ein'1 besonderes Verhältnis ist das der χωρεπίσκοποι. Diese sollen den 70 Jüngern gleichgezählt worden sein. Sie hatten das Recht bischöfliche Handlungen zu verrichten in den Teilen der Gemeinde, die dem Bischof zu entfernt lagen. Sie durften das Abendmahl in der Stadt darreichen, aber nur im Namen der Bischöfe. Sie durften auch Presbyter | 84 und Diakone einsetzen, aber nur in ihrem Weihbild, nicht in der Stadt, und alles nur mit Erlaubnis der Bischöfe. Sie waren ungefähr in dem Verhältnis wie die jetzigen Weihbischöfe der katholischen Kirche. Während der idealen Bestrebungen des Christentums, die Natur Christi zu bestimmen, neigte sich auch die reale zu Extremen, teils Strenge, teils Laxität. Zwischen den Extremen muße es einen Kern von wahrhaft frommen Christen gegeben haben, weil sonst das Christentum zwischen diesen Extremen würde zerfallen sein. Dazu kam der veränderte Zustand des Christentums durch den Übertritt des Kaisers. Die Verschiedenheit zwischen den Abendländern und Morgenländern oder lateinischen und griechischen Christen nimmt immer mehr zu. Wir finden das
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Ancyra ... 315] Uber
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auf ... Neo-Cäsarea] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
.
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in ... Fall] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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Ein] korr.
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muß] über < gab > .
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abendländische Reich zerstört und germanische Völker im Besitz desselben. Noch vor dem Sturz des abendländischen Reichs ging das Bestreben, jene Völker zum Christentum zu bekehren, von Rom aus. Die angefangene spekulative Ausbildung machte größere Fortschritte, als die Verfolgungen aufgehört hatten. Man ging nun darauf aus, das Verhältnis des Göttlichen und Menschlichen in Christo zu bestimmen. In* den bisherigen Verhandlungen war die Trias schon vorgekommen. Denken wir uns, daß die Frage über Christus wäre entschieden worden, so konnte der heilige Geist nicht andres, als durch seine Einwohnung in den Gläubigen ein Gegenstand der Betrachtung werden, und so mußte die Frage entstehen, wie sich der heilige Geist zu der Individualität des Gläubigen verhalte, und so reihte sich an die Spekulation über die Christologie die über die Gnade und menschliche Freiheit. Das Wesentliche, was sich bei diesen Streitigkeiten von innen heraus bildete, muß sich unterscheiden von der Gestalt, die sie in der geschichtlichen Erscheinung genommen haben, denn die Intrigen hatten einen starken Einfluß bei denselben. Die spekulative Richtung wurde aber durch die äußeren Verhältnisse mehr aufgeregt. Die dogmatischen Streitigkeiten wurden ein Mittel, Spaltungen hervorzurufen, und daher kam eine Zeit, wo man dieselben Sachen zu erreichen suchte, ohne sich groß anzustrengen, sondern nur, [um\ das Alte immer wieder aufzuwühlen und sich in lOOten Zänkereien herumzustreifen. b Das war in der Periode in der griechischen Kirche vorzüglich, dabei' bei den Griechen der Gegensatz zwischen Strenge und Laxität. Während dieser Zeit drückt sich in der abendländischen Kirche das Bestreben der Ausbreitung des Christentums aus. Die erste war die gewesen innerhalb des römischen Reichs. Died neuen Völker, die zum Christentum kamen, mußten schon durch viele Schalen durchdringen, ehe sie zum Innern hätten kommen können. | 85 Es wohnte aber in diesen Völkern eine hohe Religiosität, die nur geweckt werden mußte. Sie waren mehr dazu geeignet, das Geistige des Christentums zu fassen, doch gehört das schon in die dritte Periode des Christenturns, hier haben wir es nur mit ihrer Erwerbung zu tun. In dieser Periode stehen sich also gegenüber griechische und lateinische Kirche, Kirche und politische Gewalt (die ersten Anlagen davon im Verhältnis der römischen Bischöfe gegen die abendländischen Kaiser, gegen die Statthalter
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Davor < Schon > .
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herumzusteiten] s undeutlich.
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dabei ... Laxität.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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Davor < [ ] neues > .
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der byzantinischen Kaiser und gegen andre europäische Fürsten in der zweiten Hälfte dieser Periode). Erfreuliche Erscheinungen gibt es in dieser Periode nur wenige. Das Interessanteste ist hier auf der einen Seite die dogmatische Entwicklung, auf der anderen die neue Ergreifung des Christentums von Völkern, denen es vorher unbekannt war. Das letztere liegt aber sehr im Dunkeln. Die dogmatischen Entwicklungen bieten 2 Seiten dar: die reine Spekulation ist von großem Interesse, aber die Art und Weise, wie der Lehrbegriff ausgebildet wurde, kann nicht erfreulich sein. In der griechischen Kirche war wenig geistige Produktivität, die alexandrinische Schule verfiel immer mehr in ein bloßes Kommentieren des Alteren. In der christlichen Kirche selbst war die Bekanntschaft mit der alten Philosophie wenig dominierend, und solche Erscheinungen wie die frühere alexandrinische und die antiochenische Schule zeigten sich nicht wieder. Man kann in den spekulativen Bestimmungen dieser Zeit nicht eine gewisse Ungeschicklichkeit verkennen, es wurde oft das Wichtigere übersehen und an Kleinigkeiten gehalten. Das hatte natürlich einen sehr schädlichen Einfluß auf die Bildung des Lehrbegriffs. Die abendländischen Gegenden waren größtenteils untergeordnete Teilnehmer an den dogmatischen Streitigkeiten. Das gilt aber mehr von den christologischen, die sich auf das Verhältnis des πνεύμα άγιο ν zur menschlichen Freiheit bezogen,* wurden tiefer von den Abendländern ergriffen.
Die Kirche mußte durch den Übertritt des Konstantin ein größeres Bewußtsein ihrer Einheit erhalten. Dies trat in einer einzelnen Erscheinung auf das 25 Bestimmteste hervor in dem ersten ökumenischen Konzil zu Nicäa. Dies ging aus von Konstantins Bestreben, alle Streitigkeiten in der Kirche aufzuheben. Die donatistischen Streitigkeiten waren aber aufgerichtet, die novatianischen waren noch nicht geschlichtet, dazu kamen die meletianischen und vorzüglich die arianischen Streitigkeiten. 30 I 86 Unter den Presbytern des Bischofs Alexander befand sich b Arius, welcher früher aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen worden war. Nun traten aber zwischen beiden Streitigkeiten auf, deren Ursprung man nicht ganz genau nachweisen kann. In einer Versammlung des Klerus soll sich Alexander geäußert haben, es gebe keine Trias ohne Monas. Das soll ihm Arius als Sabel35 lianismus ausgelegt haben. Andre sagen, Arius sei neidisch gewesen, daß Alexander Bischof geworden sei, und habe Streit gesucht. Andre sagen, Arius hätte
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bezogen] korr.
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Es folgt < der»· < Bischof > .
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Lehren über das Verhältnis des Vaters und Sohns vorgetragen, die beim Klerus Ärgernis erregt hätten, und Alexander sei erst schwankend gewesen, habe sich aber zuletzt auf die Seite der Gegner des Arius geschlagen. Daß Arius neidisch gewesen sei, wie Theodoret angibt, läßt sich nicht denken. Was die Nachricht des Sozomenus betrifft (Numero 3) und die des Socrates (1), so müssen wir uns auf die Seite des Sozomenus schlagen, denn der Bischof Alexander war nicht fähig, in solche Spitzfindigkeiten einzugehen, seine Briefe verraten wenig Talent zu dergleichen. Arius soll behauptet haben, daß der Sohn Gottes in seiner menschlichen Natur der Tugend und des Lasters fähig gewesen sei. Aber dies hätte von wenig Besonnenheit gezeugt, wenn er dies öffentlich gelehrt hätte, denn sonst ist er überall sehr klug und behutsam. Die ersten Aktenstücke sind die Briefe, die uns Socrates und Sozomenus aufbewahrt haben. Arius nennt in seinem Briefe mehrere Gegner, das sind meist presbyteri. Alexander spielt keine Rolle dabei. Er sagt, sie stellten eine Theorie auf, vermöge welcher 2 Agenneten stattfänden, und ebenso eine, vermöge deren Gott müsse teilbar oder zusammengesetzt sein. Dies sei ketzerisch. Wir können nicht leugnen, Arius ist zunächst ausgegangen von der Theorie des Orígenes. Dieser hatte auch den Satz festgestellt, daß nur der Vater άγέννητος sei. Dasselbe gilt von der Ansicht des Tertullian. Es war unvermeidlich, daß die Sache früher oder später mußte zur Sprache kommen. Wir können 2 Theorien, die an der Grenze des eigentümlich Christlichen liegen, einander gegenüberstellen: die eine ist die Theorie des Orígenes, die andre die des Beryllus von Bostra, welcher behauptete, daß vor der Menschwerdung Christi nichts zu sondern gewesen wäre, und der* daher nur verschiedene ενεργείας annahm. | 87 Mit dieser Ansicht besteht das Göttliche in Christo und das Göttliche im Geiste ganz vollkommen, ohne daß die Menschheit Christi darunter leidet, welche immer leidet, sobald man den λόγος als etwas dem göttlichen Wesen nicht Identisches ansieht, denn dann wird es eine Natur und es treten die Schwierigkeiten vom Zusammensein zweier Naturen in einer Person ein. Die beiden Theorien konnten nicht ohne eine weitere Vermittlung untereinander bestehen. Die Theorie des Orígenes konnte leicht ausarten in eine Emanationstheorie und die des Beryllus in das Sabellianische. Arius, um das Sabellianische zu vermeiden und, indem er den Sohn Gottes als eine ύπόσταοις ansah, die Teilung des göttlichen Wesens zu vermeiden, kam in die Abweichung, ihn als ein Untergeordnetes darzustellen. - Er sagte, der
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der daher] mit Einfilgungszeichen über der Zeile.
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Sohn Gottes sei dem Wesen des Vaters ungleich, er erkenne weder sein eignes noch* das Wesen des Vaters vollkommen. Seine Tugend sei eine erworbene, und um derentwillen sei er ein υίός θεού. Das spielt in die Lehre des Paulus von Samosata hinein, der Sohn sei vom Vater gezeugt πρό χρόνων καί αιώνων. Die 5
Wörter g e s c h a f f e n und g e z e u g t gebraucht Arius promiscue, die Gegner aber unterscheiden schärfer. Er behauptete inb seinem0 Athem d der Sohn sei πρό χρόνων
gezeugt
worden und doch nicht da gewesen, ehe er gezeugt worden, ήν ποτέ οτε ουκ ήν. Indem die Frage entsteht, woraus der Sohn gezeugt worden, so sagt er, έζ ούκ ίο
δντων. -
Er sagt, er wolle sowohl dem Valentin sich entgegensetzen, nach
welchem der Logos eine προβολή sei, als auch dem Mani' und dem Sabellius, also allen denen, welche entweder eine Teilung voraussetzen oder das Göttliche in Christo leugnen oder es in ein untergeordnetes gnostisches Verhältnis setzen. Fragt man nun: Was ist denn das für eine Gottheit, welche der Sohn be15
sitzt?, so kommt man auf den Orígenes zurück, daß man unterscheiden müsse den άυτόθεος und θεοποιοΰμενος. Arius soll zugegeben haben, daß der Sohn das Wort und die Weisheit Gottes gewesen sei. A b e r ein andres ist der λόγος und die σοφία, welche ewig in Gott gewesen sind, und die, welche dem Einen
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mitgeteilt sind. Das alles war nur eine weitere Entwicklung des θεοποιουμενος. 20
Die Ansicht führt zurück auf die Homilie des Hippolytus gegen Noet, w o er sagt, Gott' sei μόνος gewesen von Ewigkeit; weil er weder άλογος noch ασοφος gewesen, zu der Zeit aber, als er es gewollt, εδειξε τόν λόγον. - κ α τ ά δυναμιν είς, κατά οίκονομίαν τρεις.* Hieran konnte Arius anknüpfen, denn Hippolytus hatte niemand als heterodox erklärt.
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Wir sehen, daß, wenn Arius von der Theorie des Orígenes aus auf solche A b w e g e kam, wir den Ursprung seiner Fehler früher suchen müssen, und das ist in der Personifikation des λόγος, die eigentlich Johannes nicht gewollt hat, die aber bald in der Exegese desselben behauptet1" wurde. -
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noch] korr aus s.
b
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in seinem Athem] Kj άρχήν υπάρξεως ί'χει ό γεννηθείς. Schleiermacher trägt hier offensichtlich die Randnote von K193 vor: »Socrates 6,5: αρχήν υπάρξεως ε χει ó γεννηθείς ήν ore ούκ ήν à υίάς - εξ ούκ όντων εχα την ύπαστασιν.«, die im übrigen von Hagenbach richtig wiedergegeben wird. seinem] s undeutlich.
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Es folgt < G > .
e f g
Mani] Meletius. Verbessert nach K195. Davor . τρεΤςΙ τρίτης. Es folgt .
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behauptet wurde] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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Alexander* sagte, die Zeugung des Sohns vom Vater sei in der Natur Gottes gegründet und habe keine Gemeinschaft mit der Kindschafit der Christen. Wir sehen, wie das mit anderen Äußerungen nicht übereinstimmt. Es würde besser gewesen sein für die Entwicklung der Lehre, wenn sie von der Theorie des Beryllus ausgegangen wäre als von der des Orígenes. Auf dem Punkte, wo die Sache jetzt stand, konnte sie zu keinem befriedigenden Resultate gelangen. Als die Streitigkeiten so weit gekommen waren, berief Alexander eine Versammlung von 100 Bischöfen, die aber wohl nicht alles Bischöfe waren. Arius wurde von der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen und alle, die es mit ihm hielten, ja, Arius wurde aus der Stadt verbannt. Arius wendete sich an Euseb von Nikomedien und erzählte ihm den Hergang der Sache. Zugleich schrieb1" Alexander, Bischof von Alexandria, an den gleichnamigen Bischof von Byzanz. Dieser macht eine Menge Konsequenzen aus Arius' Behauptungen und bebeschuldigt ihn, nicht besser als Paulus von Samosata von Christo zu denken. Der Bischof Euseb von Nikomedien schrieb nun seinerseits an den Bischof Paulinus von Tyrus, indem er sich erklärte, es sei wunderbar, was man in der alexandrinischen Kirche für Sachen vornehme. Man scheine ganz falsche Schlüsse zu machen aus dem Ausdruck γεννάν in der heiligen Schrift. Er bat ihn, er möchte Alexander bewegen, seinen Ausspruchc zurückzunehmen und Arius wieder aufzunehmen. Es drehte sich alles darum, ob das άγέννητος ein Ausdruck des göttlichen Wesens sei. Aber man kam nicht so weit, dies zu untersuchen. Arius schrieb nun auch seinerseits an den Bischof Alexander selbst. Dieser Brief ist in den Werken des Athanasius aufbewahrt. Indessen kam keine Vereinbarung zustande. Die Sache kam vord Konstantin. Dieser schickte den Bischof Hosius von Córdoba mit einem" an Alexander und Arius | 89 gerichteten Brief nach Alexandrien. Constantin selbst stellte den Streit als etwas Geringfügiges dar und sagt, es komme darauf an, daß man nur über die göttliche πρόνοια einig sei. Daß Konstantin den Grundsatz aufstellt, dergleichen Dinge sollten nicht vor dem Volk behandelt werden, ist etwas sehr Weises, aber in jener Zeit nicht ausführbar.
a
Alexander] Arius. Verbessert nach
b
schrieb] b
SN64J94.
undeutlich.
c
Ausspruch zurückzunehmen] über < Ansicht zu widerrufen > .
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vor] korr. aus von.
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Es folgt
< Brief > mit Einfügungszeichen
über der Zeile.
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Hosius richtete nichts aus. Alexander wollte Anus nicht wieder aufnehmen, und Hosius mußte unverrichteter Weise abziehen. Alexander erließ ein Zirkular an alle Bischöfe, worin er sie warnte, mit Arius keine Gemeinschaft zu halten. Euseb verwandt sich für Arius, erhielt aber eine abschlägige Antwort. Da schrieb er eine Synode in Bithynien aus und erließ ein Zirkular an alle Bischöfe, sie möchten die Gemeinschaft mit Arius fortsetzen und Alexander bewegen, daß er es auch tue. Arius, der seither wieder nach Alexandrien gekommen war, schrieb an die Bischöfe Patrophilus' von Scithopolis, Paulinus von Tyrus und Euseb von Cäsarea. Mehrere Bischöfe stellten dem Constantin vor, es möchte wohl das Zweckmäßigste sein, eine allgemeine Synode zu berufen. Es ward also die Synode zu Nicäa berufen. Allerdings war eine allgemeine Versammlung das einzige Mittel, ein gleichmäßiges Bewußtsein in der Kirche zu erhalten. Allein b dies c könnte d besser geschehn in einer Zeit der allgemeinen Ruhe, wo das Leidenschaftliche abgekühlt gewesen wäre. Aber sowie man Kirchenversammlungen ansah, um leidenschaftliche Bewegungen, die eben in Spannung waren, zu beseitigen, und ihre Versammlung nichts Organisiertes war, so konnten sie auch nichts Ordentliches ausrichten. Das Wirken konnte nur von einzelnen ausgehen. Die Partei, welche am meisten Einfluß auf den Kaiser hatte, war die siegende. Entweder schwiegen die still, welche voraussahen, daß sie ihre Sache nicht durchsetzen konnten, oder das Ganze war nur ein Schein. Und wenn auch etwas beschlossen war und die kaiserliche Sanktion erhalten hatte, so galt diese nicht leugnen, als bis man es dahin gebracht hatte, den Kaiser auf eine andre Seite zu lenken. Die eigentlichen Akten des Konzils sind verlorengegangen, man muß sich die Geschichte aus einzelnen unvollkommenen datis zusammenlesen. Wir wissen nicht einmal, wie viel Bischöfe dagewesen. Die Zahl dreht sich um 300 herum, es sollen gegen 2000 Geistliche dagewesen sein und mehrere Laien, welche διαλεκτικής τέχνης 'έμπειροι gewesen seien. Die Sache mußte in vorläufigen Besprechungen zur Reife gebracht werden. Es scheint kaum, daß in einer einzigen Sitzung alles hätte vorgehen sollen, was von dieser Plenarversammlung erzählt wird. Es ist nicht einmal genau auszumitteln, wie die Form der Versammlung gewesen ist. Euseb von Cäsarea sagt, es hätte einer der Bischöfe den Kaiser angeredet; wahrscheinlich war er es selbst, denn Sozomenus nennt ihn. Theo-
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Patrophilus]
b
Es folgt
Patron. Verbessert nach K205.
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Es folgt
d
könnte] korr. aus könnten.
. < so > .
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doret hingegen nennt den Eustathius von Antiochien. Wahrscheinlich hielt Euseb die Anrede und Eustathius führte den Vorsitz. Der Kaiser hielt nun eine lateinische Rede, welche gedolmetscht wurde; im Verfolg aber, wo sich der Kaiser einmischte, sprach er griechisch. Gallische 5 Bischöfe scheinen nicht dagewesen zu sein, aus Spanien nur Hosius. Dei* Bischof von Rom ließ sich durch 2 Vikare vertreten.
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Der Kaiser erhielt eine Menge Petita von Bischöfen, welche wahrscheinlich Streitigkeiten untereinander betrafen. Er erklärte aber, es gezieme sich nicht, daß Geistliche solche Streitigkeiten hätten, noch weniger ihm, darüber zu richten. Er ließ die Klageschriften verbrennen. I 90 Von den arianischen Streitigkeiten selbst haben wir nur übrig, was die Abfassung des Anathema betrifft, aber auch hier ist nicht alles klar. Eine kleine Anzahl von asiatischen11 Bischöfen (Euseb von Nikomedien war nicht dabei) brachte eine Formel vor, die mit großen Unwillen angenommen wurde. Eustathius von Antiochien schrieb aber diese Formel gerade dem Euseb von Nikomedien zu. Wir haben die Formel nicht. Theodoret führt 1 die Bischöfe namentlich an. Man kann sich die Sache nur so erklären, daß die Worte, welche die Bischöfe anführten, falsch verstanden wurden. Es war wahrscheinlich ein Versuch darin, die arianische Lehre milder vorzutragen. Hierauf schlug Euseb von Cäsarea eine Formel vor. Diese war nur in Kleinigkeiten von d der späteren verschieden. Er erzählt in einem Briefe, diese Formel sei allgemein gebilligt worden. Dem Kaiser habe sie auch gefallen, er habe aber geäußert, es fehle nur noch das Wörtchen ομοούσιος. Man sieht, daß der Kaiser schon ganz im Interesse der anti-arianischen Partei war. Athanasius erzählt in einem Briefe, der aber auch sehr anti-arianisch ist, Euseb und die Seinigen hätten sich schon bereit erklärt, die Formel anzunehmen: έκ του θεοϋ. Darauf hätten die anderen die Formel für unzulässig erklärt und vorgeschlagen: έκ της ούοίας τοΰ πατρός, denn* es seien ja τ ά π ά ν τ α έκ τοΰ θεού. Die arianische Partei schlug vor: είκών θεοϋ und αληθινός θεός. Das hätte aber den anderen nicht genügt und so hätten sie das ομοούσιος in Vorschlag gebracht.
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Der ... vertreten.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
b
asiatischen] korr. aus abendländischen.
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führt] f undeutlich.
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von ... späteren] mit Einfägungszeichen über der Zeile.
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denn ... θ-eoû.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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Die Arianischen protestierten gegen diesen Ausdruck, er sei eine λέξις Άγραφος.' Sie sagten: Es können 2 Dinge nur ομοούσιος sein entweder κατά προβολήν oder κατά φύσιν oder endlich κατά μερισμόν. Also könne man auf keine Weise das ομοούσιος annehmen, ohne in Polytheismus oder in eine sinnliehe Vorstellung von Gott oder in Gnostizismus [zu] geraten. Euseb von Cäsarea sagt in seinem Brief, es sei nichts unerwogen eingenommen worden, er habe sich bis auf den letzten Augenblick allem widersetzt, was seiner Überzeugung widerspräche, ομοούσιος sei freilich kein schriftmäßiger Ausdruck, aber man müsse nur nichts Sinnliches darunter verstehen, und es hätten sich schon andre früher dieses Ausdrucks bedient.k Athanasius sagt, die Arianer hätten ebensogut unbiblische Ausdrücke aufgebracht (aber ihre waren doch nicht in die Formel aufgenommen). Es hätten schon 100e Jahre früher römische und alexandrinische Bischöfe den Ausdruck gebraucht. Man weiß aber nicht, worauf sich dies bezieht. Wir haben keine geschichtliche Nachricht, daß ομοούσιος früher vorgekommen als auf der Synode gegen Paul von Samosata. Indem die Formel sagt: εις ενα -πατέρα und εις ενα κύριον, nimmt sie schon eine Differenz an. - Daß 'Ιησούς Χριστός vorangestellt | 91 ist, ist auch schon gefehlt, indem man da den Menschen vorausgesetztd hatte' und die Prädikate ομοούσιος und θεός έκ θεού usw. gar nicht auf ihn als 'Ιησούς Χριστός (als Menschen) passen konnten. Das πνεύμα αγιον kommt hier noch sehr zu kurz. Die Lehre von einem πνεύμα αγιον ist hier nicht einmal soweit ausgebildet, als Tertullian und Orígenes getan hatten. Das eigentliche Skelett des Symbols und die Ausführung stehen im Widerspruch. Die Formel war auf leidenschaftliche Weise verfaßt. Man kann sie gar nicht als weiteren Beitrag zur Bestimmung der Lehre ansehen. Der Erfolg war der, daß erst eine Anzahl von 17, 18 Bischöfen sich weigerte, die Formel zu unterschreiben. Indessen zogen sich die meisten zurück, und es blieben nur 5: Euseb' von Nikomedien, Theognis von Nicäa, Secundus von Ptolemais, Maris von Chaleedon* und Theonas von Marmarica, und 3 von
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άγραφος] άγραφης,
b
bedient] korr.
άγραφος.
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100 Jahre] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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gesetzt] korr. aus gesetzten,
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Es folgt < das πνεύμα αγιον > .
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Euseb ... Marmarica.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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Chalcedon] Kalzedonien.
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diesen entschlossen sich nach dem Vorgang des Euseb von Nikomedien,· die Formel zu unterschreiben. Nur Theonasb und Secundus unterschrieben nicht. Als es aber auf den anathematischen Zusatz ankam, wodurch Arius ausgeschlossen werden sollte, weigerten sich auch Theognis und Euseb von Nikomedien,' darein zu willigen. Arius wurded einstimmig von der Majorität aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen, Theognis und Euseb wurden entsetzt und auch verbannt. Theonas und Secundus wurden förmlich' ausgeschlossen, was von Theognis und Euseb nicht gilt. Es kamen nun auch die meletianischen Streitigkeiten zur Sprache. Die alexandrinische Cathedra hatte schon einen großen Vorzug, daß nämlich der Bischof von Alexandrien allein alle Bischöfe wählte. Dies bestritt Meletius und einige andre. Sie wählten Bischöfe auf ihre eigne Faust hin, ohne Petrus zu fragen. Es wurde beschlossen, Meletius solle an dem Ort bleiben, wo er sei, solle auch den Bischofstitel behalten, aber keine Bischofs-Funktion verrichten. Die von ihm geweihten Bischöfe sollten als χωρεπίσκοποι fungieren können, aber sich unter den Katholikos fügen. Auch die Osterstreitigkeit kam zur Sprache. Es wurde beschlossen, Ostern I 92 sollte an einem Sonntag gefeiert werden, und zwar am Sonntag, welcher auf den Vollmond nach dem Frühlingsäquinoctium folgte; sollte aber Ostern mit dem jüdischen 14ten Nisan zusammentreffen, so soll das Fest 8 Tage später gehalten werden. Es wurden außerdem noch 20 Cánones gegeben, teils Wiederholungen von solchen, die schon auf früheren Konzilien gegeben wurden, teils neue. Man fragte, ob Eunuchen könnten Geistliche sein. Man sieht, welche jüdischen Begriffe sich wieder eindrängten (auch die Titel wurden wieder jüdisch: ιερεύς, άρχιερευς). Es ward entschieden, wenn einer mit Gewalt verschnitten worden sei, der dürfe es, [nämlich Geistlicher], bleiben; wer sich aber selbst verschnitten habe, nicht. Was die bekehrten Heiden (Neophyten)' betrifft, so solle man mit ihrer Taufe behutsamer zu Werk gehen und sie nicht so leicht zu geistlichen Ämtern lassen. Ferner, es solle kein Geistlicher ein Frauenzimmer im Haus haben dürfen, ohne seine nächsten Verwandtinnen. - Ein Bischof solle von allen
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Nikomedien] über < Cäsarea > .
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Theonas] korr.
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förmlich] über < [ ] > .
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Neophyten] Theophyten.
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Bischöfen desselben Metropolitensprengels geweiht werden, wenigstens von 3 und nie ohne Einwilligung des Metropoliten. In Hinsicht der Exkommunikation ward beschlossen: Es sollten regelmäßige Synoden gehalten werden, die Exkommunikation des Bischofs soll nur interimistisch sein, bis sie von der Synode bestätigt worden sei. Dann soll sie in der ganzen Kirche gültig sein. Konstantin hatte einen novatianischen Bischof Acesius" selbst mit eingeladen. Dieser willigte in alles, was beschlossen worden. Darauf fragte ihn der Kaiser, warum er sich denn von der Kirche trenne. Der äußerte aber sehr strenge Grundsätze, über die sich der Kaiser höchlich verwunderte. Es ward beschlossen, daß die Novatianer sich unter11 die katholische Kirche fügen sollten. Auch über die Paulinisten wurde verhandelt, sie sollten wieder getauft werden. Nun wurden die nötigen Briefe an die verschiedenen Orte hin versendet. - Konstantin verordnete, man solle die Arianer Porphyrianer nennen. Die Schriften des Arius wurden verbrannt. I 93 Doch dauerte es nicht lang, so erhielt Arius Erlaubnis, aus der Verbannung zurückzukehren. Er begab sich nach Konstantinopel. Der Kaiser ließ ihn vor sich kommen. Er übergab ein Glaubensbekenntnis, ziemlich in den Terminis abgefaßt, wie man sie aus dem Brief des Bischofs Euseb von Cäsarea zusammensetzen kann. Dagegen war der Bischof von Konstantinopel Alexander ein heftiger Anti-Arianer und suchte dem Kaiser neuen Argwohn gegen Arius einzuflößen. Aber Konstantin stellte die Sache Gott anheim, und Arius ward wieder in die Kirchengemeinschaft aufgenommen. Auch Theognis und sein Gefährte Eusebc kamen aus der Verbannung zurück und nahmen ihre Bistümer wieder ein. Mit dem scheinbaren Übergewicht der athanasischen Partei war es nun vorbei. Einige Jahre darauf konnten sogar die Arianer eine Verfolgung einleiten gegen Eustathius von Antiochien und den Athanasius selbst. Diese beiden gaben Veranlassung genug, das Mißfallen des Kaisers auf sich zu ziehen. Sie waren übermütig geworden und wollten nicht Frieden halten. In Antiochien gab es eine ziemlich starke arianische Partei. Athanasius machte den Meletianern harte Bedingungen, um sie in die Kirchengemeinschaft aufzunehmen. Nun wird viel erzählt von falschen Beschuldi-
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Acesius] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand. Acesius] Arthesius. Verbessert nach K216.
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gungen gegen Athanasius auf einer Synode zu Cäsarea und zu Tyros. Auf die erstere zu gehen hatte sich Athanasius geweigert. Es scheinen doch noch andere Punkte gegen ihn zur Sprache gekommen zu sein als jene leicht zu widerlegenden Beschuldigungen. Der Kaiser willigte nun selbst in die Absetzung und Verbannung des Athanasius. Zu dieser rätselhaften Umwandlung des Kaisers sucht man gewöhnlich den Schlüssel in seiner Schwester Constantia, die arianisch gesinnt war und einen Geistlichen auf ihrer Seite hatte. Dazu kommt, daß sich Constantin selbst in Nicäa auf eine sonderbare Weise kompromittiert hatte. Weit nun Constantin Theologen um sich hatte, die nicht so streng auf der athanasischen Partei standen, so konnten ihm diese leicht vorhalten, wie man sich in seinen Reden verwickeln könne, indem man aus den Äußerungen des Konstantin leicht Sabellianismus herausbringen konnte. Darum merkte Konstantin, daß er sich mit den theologischen Sachen verbrannt habe und betrachtete nun die Sache rein aus dem Gesichtspunkt | 94 des Kirchenfriedens. Da nun Euseb und Theognis gerade für den Frieden waren, die Athanasianer aber meist streng und zanksüchtig, so läßt sich die Umwandlung des Kaisers leicht denken. Endlich ist auf dem Konzil zu Nicäa noch eine Gefahr glücklich vorübergegangen, nämlich es wurde der Vorschlag gemacht, daß, wenn ein Verehelichter ein Amt erhalte, er sich alles ehelichen Umgangs enthalten solle. Der Bischof Paphnutius aus Ägypten trat aber dagegen auf. Der Vorschlag fiel, die Praxis neigte sich aber immer mehr nach der strengeren Seite. Sehr bald nach der Versammlung begann ein theologischer Streit zwischen Euseb von Cäsarea und Eustathius von Antiochien über das ομοούσιος, worüber aber die Aktenstücke verloren sind. Euseb scheint dem Eustathius gezeigt zu haben, daß aus diesem Ausdruck entweder 2 Götter hervorgingen oder daß es zum Sabellianismus führe. Auch Euseb von Nikomedien scheint ähnliches auseinandergesetzt zu haben, was aber die Kirchenschriftsteller falsch darstellen. - Die nicänische Formel war schon an sich aufgehoben durch die Streitigkeiten, welche sogleich hernach darüber entstanden. Konstantin fuhr fort, die Kirche auf alle mögliche11 Weise zu bereichern. Er wies den Bischöfen viele Güter an, ließ Kirchen erbauen zu Konstantinopel, Antiochien und zu Jerusalem auf dem dort aufgefundenen Grab Christi. Seine Mutter Helena reiste im späten Alter noch dahin und tat der Kirche den schlechten Dienst, das Kreuz Christi und die Nägel zu finden. Das war der erste An-
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Weil] Was.
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Es folgt
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fang zu einer bestimmten Verehrung körperlicher Reliquien, die sich an die Märtyrerverehrung anschloß. Die Absetzung des Eustathius von Antiochien hing mit den Streitigkeiten nicht zusammen, sondern war Folge seiner übertriebenen Strenge. Zwischen Euseb von Cäsarea und Marcellus, Bischof* von Ancyra in Galazien, entstand ein neuer Streit. Daß Marcellus sabellianischb war, geht aus allem hervor, was gegen ihn von Euseb geschrieben ward. Er sucht den Unterschied festzustellen zwischen λόγος und Sohn, der letztere sei dasc göttliche Ebenbild, der λόγος könne aber nicht das göttliche Ebenbild sein, das Ebenbild sei nie die Sache selbst, sondern eine sichtbare Nachahmung davon. Wenn der λόγος vor der Menschwerdung | 95 das Ebenbild gewesen, so bleibe nur übrig, daß er nicht die die göttliche Vernunft selbst gewesen sei. Was den λόγος beträfe, so könne man seine Gottheit und die des Vaters nicht trennen. Man müßte sonst 2 Götter annehmen oder den λόγος nicht für Gott halten. - Das ist völlig sabellianisch. Es kommt auch im Bekenntnis des Marcellus, daß er dem Bischof von Rom einreichte,d weder das ομοούσιος noch die 3 Hypostasen vor. Man hat gesagt, Marcellus habe Sabellius verdammt. Dies scheint aber auf einer Verwechslung zu beruhen: nicht er, sondern seine Bischöfe' hatten jenes Bekenntnis aufgesetzt, in welchem Sabellius verdammt wurde. Es entstand die Frage: Wenn es eine göttliche Einwohnung im Menschen Jesus gab, so frage sich, ob nach seiner Erhöhung im Himmel dieses Sein des λόγος in ihm fortdaure oder nicht. Entweder mußten sie nun antworten: Die Einwohnung dauert fort. Alsdann aber erschien nun doch ein andres Verhältnis des göttlichen Wesens als früher. Sagte man aber, die Einwohnung des göttlichen λόγος in der Menschheit Christi höre auf, so bliebe nichts übrig als: die menschliche Natur höre auf oder er werde durch seine Erhöhung ein gewöhnlicher Mensch. Die Einwohnung Gottes in Christo erschiene nur als eine vorübergehende. Aber auf diese Art wurde Christus entweder degradiert, oder wenn seine persönliche Existenz geleugnet wurde, so blieb er hinter allen anderen Menschen zurück, weil die persönliche Unsterblichkeit, damals aus dem Judentum ans Christentum übergegangen, die einzige Form war, unter der man sich die Unsterblichkeit denken konnte. War Christus in so einem wesentlichen
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sabellianisch] über < [ ] > ; korr.
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Punkte von den Menschen verschieden, so grenzt die Lehre des Marcellus ans Doketische. Marcellus wurde abgesetzt und* zugleich Athanasius, der letztere wegen seiner übertriebenen Strenge. Auf einer Synode zu Konstantinopel wurde gegen Athanasius und Marcellus entschieden, daß letzterer die ύπόστασις des Sohns Gottes leugne. Die Arianer1· mußten® eine völlig unverträgliche Duplizität der Natur annehmen, und das mußte immer dahin führen, daß eines nur ein Schein war. Es war auch hier ohnerachtet aller Leidenschaften und Unrichtigkeit in der Form der Verhandlung1* doch wieder der richtige Instinkt, der die Majorität leitete.' Die Verurteilung des Marcellus war der letzte Akt dieser Art, welcher in die Regierung des Konstantin fällt. Sie war 10 Jahre nach dem Nicänischen Konzil, 1 Jahr darauf ließ sich Konstantin von Euseb von Nikomedien taufen und starb bald nachher. I 96 Man Schloß daraus, daß Konstantin sich zum Arianismus geneigt habe, aber Euseb von Nikomedien ist nicht für einen wahren Arianer zu halten. Konstantin' hatte von Anfang an die Sache dargestellt als eine Streitfrage, welche das Gemeinsame der Kirche nichts angehe, und seine späteren Schritte hatten keine andere Tendenz als die Einheit wiederherzustellen. In diese Einheit war Euseb wiederaufgenommen worden, und da Konstantin in Nikomedien war, so konnte er sich von niemand als von ihm taufen® lassen. Aus der späten Taufe des Konstantin1" könnte' man ein Beispiel sehn, wie spät man mit der Taufe wartete, um nicht nach derselben noch Todsünden zu begehen. Aber bei Konstantin scheint es anders gewesen zu sein: Konstantin wollte weder die Kirchenregel verletzen, noch konnte er es bei der Rolle, die er übernommen hatte, anständig finden, die Abstufungen als Katechumen durchzugehen. Sehn wir auf die ausgezeichneten Männer dieser Periode, so finden wir in der abendländischen Kirche keine, die sich besonders in dogmatischer Sache ausgezeichnet hätten. Arnobius, Julius Firmicus? Maternus 1 und Lactantius, alle
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3 Apologeten, deren Werke uns noch übrig sind, welche aber zeigen, wie man in die genaueren Bestimmungen noch nicht einging. Die Haupttendenz des Christentums erscheint hier als Vernichtung der Idolatrie. Die Schrift von Maternus ist eine vorzügliche Aufforderung zur Zerstörung des Heidentums. Auch Lactantius (der christliche Cicero) ist mehr nur polemisch gegen die Heiden. Seine Darstellungen von der Gottheit Christi sind mehr rhetorisch und poetisch und enthalten viel Keime zu Ketzereien. Er nennt den λόγος Stimme und Schall der Gottheit. Das Mönchswesen machte gegen das Lebensende Konstantins schon bedeutende Fortschritte. Das Enthalten der Geistlichen vom ehelichen Umgange, die immer mehr eingeschlichene Praxis, daß einer, der ein Kleriker geworden war, nicht heiratete, die sich der besonderen Heiligkeit weihenden Jungfrauen, die immer mehr sich ausbreiteten: dies alles war die immer mehr sich befestigende Basis des Mönchtums. Hier finden wir die ersten Anachoreten. Sie lebten jetzt schon hunderterweise beisammen, erst in wüsten Gegenden an den Grenzen von Ägypten. Man fing an zu unterscheiden: Anachoreten und Koinobiten, | 97 die letzteren lebten in Gesellschaft. Gemeinsame Lebensordnung. Es kamen auch die Fälle vor, daß Anachoreten zu Bischöfen gewählt wurden. Dazu kam eine Begünstigung des Kaisers schon von früher her. Es waren im römischen Altertum schon Gesetze gegen die Ehelosen, sie waren eingeschränkt in Beziehung auf ihre Testamente etc. Konstantin hob diese Gesetze auf und begünstigte die Ehelosen so, daß sie schon vor ihrer Volljährigkeit testieren konnten. Die ganze kirchliche Ordnung wurde [durch] das Mönchswesen getrübt, und in späterer Zeit bildeten die Mönche revolutionäre Momente. Konstantins Söhne fuhren auf dem Wege ihres Vaters fort. Sie vermehrten die Immunitäten der Geistlichen usw. Man war bald genötigt, einen Unterschied zu machen zwischen dem bischöflichen Gute und dem Kirchengute. Konstantins Söhne verfuhren noch strenger gegen das Heidentum, sie untersagten den heidnischen Gottesdienst, ließen Tempel förmlich schließen. Bloß Constans gab ein Gesetz gegen das Zerstören derselben.
Auch Erweiterungen des Christentums außer dem römischen Reich in Abessinien, dem glücklichen Arabien, in den kaukasischen Gebirgen, bei den Iberiern gingen glücklich vor sich. Bei den Goten ward das Christentum befestigt durch Bischof Ulfilas. Er soll am Arianismus Schuld gewesen sein, der den Goten 35 vorgeworfen wird. Es ist aber ein Fehler, daß man alles um diese Zeit arianisch nennt, was sich dem' όμοουοιος entgegensetzt hat. -
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dem] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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Verfolgt wurde das Christentum im persischen und parthischen Reich, welches in feindselige Verhältnisse mit Rom kam. Es war natürlich, daß die Christen in Verdacht kamen von politischem Zusammenhang mit dem römischen Reich. Die Erzählungen von der Verfolgung sind wohl übertrieben, die Verfolgung beschränkte sich' auf die Lehrer. Das Christentum hatte die manichäische Form angenommen. Was die inneren Kirchenangelegenheiten betrifft, so nehmen sie um diese Zeit eine sehr traurige Gestalt an. Es nahmb die Spaltung immer 1 mehr zu zwischen denen, die den Ausdruck ομοούσιος verteidigten und [denen], die sich ihm entgegensetzten. Die Lateiner waren unter den ersteren, die Griechen unter den letzteren. Die Mehrzahl jedoch war Athanasius auf der Seite der Homousianer. Constans im Okzident war auf der nicänischen Seite, Constantius auf der antihomousischen Seite. Man kann aber nicht sagen, daß er ein Arianer gewesen. Er stand unter dem Einflußd des Bischofs Euseb von Nikomedien. Die Sache ist schwer zur historischen Anschauung zu bringen, weil uns das meiste verloren ist. Es gibt hierüber nur Philostorgius, der als ein Arianer angesehen wird. I 98 Die beiden Brüder kamen überein, um den Kirchenfrieden zu erhalten, die vertriebenen Bischöfe wieder zurückzuberufen. 338 kam Athanasius wieder zurück. Da er aber eigenmächtig und eigensinnig war, maßte' er sich gleich wieder die bischöfliche Gewalt an. Ein Jahr später wurde Konstantinopels Bischof Paulus abgesetzt und Euseb von Nikomedien an seine Stelle gesetzt. Das war gegen die Ubereinkunft auf dem Nicänischen Konzil. - Euseb von Cäsarea hatte ein Jahr vorher bei der Absetzung des Eustathius von Antiochien ein schönes Beispiel des Gegenteils gegeben. Euseb von Cäsarea starb im Jahr 340, 43?. m Er gehört unter die ausgezeichnetsten Männer seiner Zeit. Sein gelehrtestes Werk ist sein »Chronicon«, wovon das Original leider verloren ist. »Praeparatio« und »Demonstratio evangelica«, das erstere eine große Fundgrube von Fragmenten alter Schriftsteller, das letztere apologetisch. Seine »Kirchengeschichte«, sein Werk »Contra Marcellum«, seine »Vita Constantinis«, und »Uber die palästinischen Märtyrer«. Seine
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ganze kirchliche Praxis ist sehr musterhaft. Er fand in dieser Hinsicht wenig Nachfolger. Zu seinem* Nachfolger wurde vorgeschlagen ein gleichnamiger Euseb, später* Emesenus [genannt], ein Schüler des ersten, der sich viel mit Schriftstudien beschäftigte und besonders die messianischen Stellen sichtete. Man kann ihn als den ersten Stifter ansehen von der Achtung des Historischen in der alttestamentlichen Exegese. Er nahm mit einem kleinen Bistum vorlieb und schlug das von Cäsarea aus. - Acacius wurde Nachfolger des Euseb von Cäsarea. - Asterius, ausgezeichnet als Exeget. Die1 Reinheit der kirchlichen Praxis starb mit Euseb von Cäsarea für diese Zeit in der griechischen Kirche aus. Nachdem Konstantinopel und Cäsarea anti-nicänische Bischöfe hatten, wurde Athanasius bange. Er versammelte eine Synode ägyptischer Bischöfe, welche ein Zirkular abfaßten gegen die Eusebianer. Auf einer Synode zu Rom sollte die Sache entschieden werden. Es versammelten sich aber nur 50 Bischöfe; alle waren abgeneigt, sich mit Athanasius einzulassen, die griechischen Bischöfe kamen gar nicht nach Rom. Es sollte zur selben Zeit eine Kirche in Antiochien eingeweiht werden. Da versammelten sich gegen 100 Bischöfe in Constantius' Gegenwart und hielten auch eine Synode. In Rom wurde Athanasius in die Kirchengemeinschaft aufgenommen und 0 der römische Bischof Julius erließ ein Zirkular, worin die übrigen' Bischöfe aufgefordert wurden.' In Antiochien geschah aber das Gegenteil: Athanasius wurde abgesetzt. Constantius gab seine Zuwilligung. Außerdem wurden in Antiochien viele Cánones gemacht, die merkwürdigen sind: Es soll kein Presbyter oder Diakon bei sich kirchliche Versammlungen halten und Altäre aufrichten dürfen. Es hatten sich Winkelversammlungen gebildet während der Verbannung der Bischöfe: Eustathianer, Paulianer, Athanasianer. | 99 Zu' einer vollständigen Versammlung soll immer gehören die Gegenwart eines Metropoliten; dies war in der damaligen Lage nicht übel. - Der .Bischof soll das Kirchengut verwalten, was früher die Diakone getan. Es soll in keiner Gemeinde ein Fremder aufge-
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seinem] s undeutlich.
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später Emesenus] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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der ... Bischof] mit Einfügungszeichen Uber der Zeile.
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nommen werden, ausgenommen daß er ein Zeugnis mitbringe (litterae formatae, litterae pacis), daß er einer bestimmten Kirchenversammlung angehöre. Es wurde auf dieser Synode zu Antiochien auch ein Glaubensbekenntnis verfaßt, worin nichts von den anstößigen athanasischen Formeln vorkam. Der Subordina5
tianismus war indessen nicht darin zu verkennen. Ein großer Anhänger des nicänischen Symbols, Hilarius, Bischof von Poitiers, erklärt sie ohnerachtet dieser Formel selbst für rechtgläubig und sagt, die Formel sei gegen die Markellianer gerichtet worden. Der Nachfolger des Athanasius Gregorus* wurde mit Waffengewalt durch
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den Statthalter des Kaisers eingesetzt, es ging nicht ohne Gewalttätigkeiten ab. Um dieselbe Zeit starb Euseb von Nikomedien. Die Bischöfe Valens und Ursacius, der* erstere in Pannonien, der letztere in Moesia, hatten vielen Einfluß auf Constantius, beides Arianer. Verirrungen, Heftigkeiten, häufige Kirchenversammlungen ohne Einigkeit. Die c Katholiken wählten zum Nachfolger den
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Paulus, die Eusebianer den Macedonius, welcher hernach als Ketzer verrufen worden. Eine zweite Synode zu Antiochien. Die Formel πίστις μαχρόατιχος. Der Ausdruck ουσία"1 wurde darin vermieden. Die Vermeidung dieses Ausdrucks wäre wirklich gut gewesen. »Es liegt dem Ausdruck ομοούσιος zum Grunde, daß
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mehrere Einzelwesen unter 1 Gattung gebraucht werden können, aber rein geistige Wesen haben keine Gattung, jedes ist ens sui generis.«, so urteilte Euseb. Aber einen Grund, den Gattungsbegriff bei geistigen Wesen zu leugnen, gibt es nicht. Die nicänischen Väter wollten bei der Gleichheit des Wesens auch noch eine Verschiedenheit behaupten. Insofern war man einig, aber nur in einer
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Voraussetzung, welche auf den Gegenstand nicht anwendbar war. - Unterschied zwischen ουσία und ύπόστασις: durch das letztere wollte man das Personelle bezeichnen. Man hat von Anfang hierin den eigentlichen Arianern den Vorwurf gemacht, daß sie ουσία und ύπόστασις verwechselten. Sie haben dies nicht getan, sondern bloß darauf gedrungen, daß der Unterschied' nicht stattfinden könne im
30 Wesen der Gottheit. Diese Ausdrücke konnten aber den Lateinern nicht gut verdolmetscht werden. Sie übersetzten »ουσία« durch »substantia«, das heißt aber wörtlich:
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Gregorus] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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der ... Moesia,] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand, der ... Moesia,] der erstere in Moesia, der letztere in Pannonien. Die Landschaften der Bischofssitze sind falsch zugeord-
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net. Valens war Bischof von Mursa (Pannonia), Ursacius Bischof von Singidunum (Moesia). c
Die ... worden] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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der Unterschied] über < [ ] >.
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ύπόσταοις. Darum halfen sie sich, »ύπόστασις« »substantia« zu nennen, denn I 100 den Ausdruck »essentia« wollten sie vermeiden. Unter den Lateinern sind in diesem Streit zu nennen: Victorinus und Hilarius. - Victorinus schrieb »De sancta trinitäte«. - Hilarius spricht auch eine Indifferenz aus in Beziehung auf die Ausdrücke όμοούοιος und όμοιούσιος. Aus seiner Auseinandersetzung sieht man, wie wenig in der Sache auf Neues zu kommen war. Sein Hauptwerk: »De fide trinitatis«. Er sagt,* jeder Ausdruck, sowohl ομοούσιος als [auch] όμοιοΰσιος, könne recht und falsch gebraucht werden. Er nimmt als Postulat an, daß der Sohn nicht gezeugt sei, und sucht die Folgerungen daraus durch allerlei Kautele zu beschränken, und es scheint seine Meinung gewesen zub sein, man könne beide Términos zugleich gebrauchen. Es entwickelte sich der reine Arianismus reiner in den Schriften des Aetius und seines Schülers Eunomius. Aetius hatte sich früher mit Arbeiten in Erz beschäftigt und legte sich später auf die Theologie. Er kam auf den reinen und vollständigen Arianismus, dessen Symbol war, der Sohn sei dem Vater ανόμοιος. Die Orthodoxen verlachten diese Ansicht, aber mit Unrecht, es fehlte ihnen nur an Geschicklichkeit, sie zu widerlegen. Er" ging davon aus: es gibt nur 1 άγέννητος, der Sohn ist also γεννητός; ein άγέννητος und ein γεννητός können einander nicht δμοιος sein. Er zeigte, daß seine Gegner so gut wie er davon ausgehen, daß άγέννητος eind Ausdruck des göttlichen Wesens wäre; wollten sie aber άγέννητος nur für bildlich nehmen, so müßten sie annehmen, daß die, welche den Ausdruck erfanden, eine Vorzüglichkeit in ihrem Vorstellungsvermögen hätten, die nicht einmal in Gott wäre. Was Epiphanius widerlegt, ist nicht der Mühe wert. Er hielt sich nur an einzelne Sätze, betrachtet alles außer Verbindung. Aetius sagt: »Ihr legt dem Ungezeugten eine Zeugungskraft bei. Entweder meint ihr, die Zeugungskraft komme Gott ganz zu, also ist das Gezeugte nicht ganz aus dem Wesen desselben gezeugt, denn es hat keine Zeugungskraft, ist nur nascibilis. Ihr müßt also annehmen, daß die göttliche Substanz geteilt sei und ein Gegensatz des Zeugens und Gezeugtwerdens in sich schließe.« Die Orthodoxen hatten geleugnet, daß der Sohn durch irgendeine προβολή aus dem Vater komme. »Indem ihr das leugnet«, sagt Aetius, »so folgt, daß I 101 der Sohn auf keine Weise im Vater gewesen, ehe er gezeugt worden.« Wie soll es also kommen, daß dies doppelte Verhältnis in Gott stattfinde? Wie
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Er ... sein.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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soll das γέννημα aus dem άγέννητος hervorgegangen sein, und wie soll es in ihm sein? Diese Theorie leidet an einer gänzlichen Unanschaulichkeit, und man hat eine Menge Términos, welche alle auf das höchste Wesen unanwendbar sind. Aetius blieb also dabei, daß der Sohn dem Vater unähnlich sei. Gegen die Vorstellung, daß der άγέννητος nur eine zufallige Eigenschaft bedeuten soll, sagt er, entweder bedeute θεός und άγέννητος dasselbe oder etwas Verschiedenes. Ist beides verschieden, so kann es wohl möglich sein, daß Gott soll Gott gezeugt haben, aber dann müssen sie beide ihre Einheit in etwas über sich haben, denn sonst spielt der Vater eine doppelte Person, einmal ist er der Zeugende und einmal wieder die Einheit des göttlichen Wesens selbst, und so entsteht immer etwas Subordinatianisches, und dadurch muß man auf das Arianische kommen. An die Theorie des Aetius Schloß sich Eunomius, Bischof von Cicicus, an und eine Menge von griechischen Bischöfen, und so entwickelte sich der Gegensatz stärker. Auch der Teil des Marcellus war wieder aufgenommen durch seinen Schüler Photinus, Bischof von Sirmium. Dieser ist auch in den Verdacht gekommen, daß er dem Paul von Samosata gleichkomme. Der Unterschied zwischen Photinus und Marcellus liegt darin, daß Photinus nicht das Verschwinden Christi annahm, sondern sagte, daß die göttliche ενέργεια mit Christus verbunden bliebe. Er war mehr exegetisch als dialektisch in dieser Sache und wandte die Kritik der alttestamentlichen messianischen Stellen an. Man müsse unterscheiden, was vom in Gott wohnenden λόγος überhaupt und vom künftig Mensch werdenden λόγος gelte. Die äußern Verhältnisse in der Kirche verwickelten sich immer mehr. In den Abendländern sind außer Victorinus und Hilarius keine vorzüglichen Männer. Die Inkonstanz des Constantius verwirrte die Sache noch mehr, besonders da er sich persönlich zum Richter der dogmatischen Streitigkeiten aufwarf.
I 102 Man schrieb eine neue ökumenische Versammlung auf das Jahr [5]44 30 in Sardika b zusammen. Die Abendländer brachten Athanasius mit, die Morgenländer wollten dies nicht zugeben. Die meisten verließen Sardika. Beide Parteien anathematisierten sich. Hosius präsidierte zu Sardika, die' Morgenländer in Philippopolis.
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Bischof ... Cicicus] mit Einfügungszeichen
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Sardika] korr.
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die ... Philippopolis] am äußeren
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Es wurde beschlossen, es solle kein Bischof ohne* Einladung in eine andere Diözese reisen. Das ging darauf, weil oft Kommissare nach Alexandrien gekommen waren, um Athanasius zu beobachten. Dies wollte man verhindert. Ferner, wenn ein Bischof von einer Synode verurteilt werde, so soll dieser an den Bischof1" von' Rom appellieren dürfen. Damals war Julius Bischof. - Dies war sehr treulos gegen die Griechen gehandelt, allein man kann die Sache nicht so fassen, als ob Hosius dem Bischof von Rom eine Autorität habe verschaffen wollen, es gab kaum einen anderen Metropoliten, der nicht schon wäre in den Zeiten Constans' in dergleichen Sachen selbst verwickelt gewesen, die römischen Bischöfe hatten sich aber immer ruhig gehalten. Der Kanon war also nicht eine Prägorative für den Bischof von Rom, und man hätte nicht Julius genannt, wenn man nicht die Sache hätte beschränken wollen. Vor Entscheidung der Sache soll auch kein Nachfolger erwählt werden. Dies konnte nicht anders als zum größten Nachteil der Gemeinden gereichen. Das Ganze hatte aber keinen Erfolg, weil der Kaiser nicht bestätigte. Die Synode zu Philippopolis verfaßte eine neue Formel, worin sie das ομοούσιος vermied und alles, was zum Tritheismus oder Sabellianismusd führen konnte. - Athanasius und* seine Anhänger wurden zurückberufen. - Constans starb. Athanasius sollte sich in Rom stellen. Es ging eine neue Reaktion' aus, die Zurückberufenen wurden wieder vertrieben. - Auf der Synode zu Sirmium 351* wurde auch eine anti-homousische Formel aufgesetzt. Der Kaiser verlangte, daß alle Anwesenden an der Synode den Athanasius erst verdammen sollten. Die meisten taten es. - Hilarius drang auf eine neue Versammlung. Die wurde [im] Jahre [3]55 gehalten inh Mailand. Auch hier ward Athanasius verurteilt. Der Kaiser ließ Athanasius in der Kirche zu Alexandrien militärisch überfallen, wobei große Unordnungen, Mißhandlungen usw. vorgingen. Athanasius flüchtete sich. - Ein heidnischer Schriftsteller, Ammianus Marcellinus, gibt dem Athanasius Schuld, sich in politische Dinge gemischt zu haben. Er habe Constantius bei Constans verleumdet. - Die vielen dogmatischen Streitigkeiten setzten das Christentum bei den Heiden in ein ungünstiges Licht. Bei den letzten
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Es folgt < Erlaubnis > .
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Bischof] korr.
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von Rom] mit Einfügungszeichen Uber der Zeile.
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Sabellianismus] über < Arianismus > .
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und ... Anhänger] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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Reaktion] korr. aus Redaktion.
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351] mit Einfügungszeichen über der Zeile; korr. aus 361.
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in Mailand] mit Einfügungszeichen Uber der Zeile.
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Verhandlungen gegen Athanasius war der römische Bischof Liberius* sehr I 103 standhaft, die Kirchengemeinschaft nicht aufzuheben, er wurde veijagt, aber bald wieder zurückberufen. 12 Die Mißverhältnisse zwischen den Abendländern und Orientalen vermehrten sich immer mehr. Merkwürdig noch die 2te Versammlung zu Sirmium. Sie war zum Teil gegen Photin. Es wurde eine neue πίστις aufgesetzt, wo beide Formeln ομοούσιος und όμοιουσιος verdammt wurden, aber so, daß der Arianismus auch mit verworfen wurde. Liberiusb, welcher nun wieder zurückberufen war, mußte unterschreiben, was er tat. Hosius wollte nicht, man nötigte ihn durch körperliche Gewalttätigkeit. Es wurden dem Beschluß der Synode einige Anathemen gegen extremeÇi) Auslegungen beigefügt, welche gegen Photin gerichtet waren. Wenn nun nicht nur erfundene Termini verboten, sondern selbst die Schriftauslegung beschränkt wurde, so sieht man, wie nachteilig solche Synoden auf die ideale Ausbildung des Christentums wirkten. Es wurden unterdessen von den Aetianern und Eunomianern arianische Konzilien gehalten, wogegen Basilius von Ancyra eine homoiusische Synode hielt. Diese gewann die Oberhand über die arianische neue Verwirrung. Constantius begehrte eine neue ökumenische Synode, aber man hielt ihm das Beispiel von Nicäa vor. - Er teilte also die Synode und beschied die Abendländer nach Rimini und die Griechen nach Seleukeia. Eine wahre Torheit! Die Abendländer in Rimini bestätigten das nicänische Symbol und verdammten alle, die es nicht annehmen. In Seleukeia setzte man eine πίστις auf, worin όμοιουσιος vorkam, aber auf eine unbestimmte Weise ohne das κατά πάντα. Constantius ließ die Deputierten von Rimini erst warten, indem er sagte, er müsse erst den persischen Feldzug vollenden. Er schickte sie also in eine Stadt von Thrakien und schickte ihnen nach dahin das Symbolum Seleukeias, welches sie unterschreiben mußten. So blieben die Sachen bis zum Tode des Constantius, der sich vom semiarianischen Bischof Euzoius taufen ließ. Diese Streitigkeiten und Unordnungen begünstigten die Reaktion zum Heidentum. Aus diesem Gesichtspunkt muß man die Abtrünnigkeit Julians betrachten. Julian stand in seiner Jugend unter der Aufsicht des Euseb von Nikomedien und wurde im Christentum erwiesen und zum Lector in Nikomedien bestellt. Er hatte einen älteren Bruder, Gallus, welcher nach Constans' Tode vom Kaiser zum Caesar ernannt wurde. Von da an wurde Julian wieder nach Konstantinopel gezogen. Julian suchte den Umgang mit griechischen Gelehrten und Philoso-
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Liberius] Iberius korr. aus Liberius.
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Liberius] Iberius.
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phen, er wurde nach Athen geschickt, | 104 wo er mit Gregor von Nazianz und Basilius dem Großen bekannt wurde. In Briefen des letzteren, die aber nicht alle* echt sind, wird gesagt, daß Julian sich mit ihm gemeinschaftlich mit Schriftauslegung beschäftigte.11 Es wurde dem Julian zur Bedingung gemacht, nicht die Schule des Libanius zu besuchen, der ein eleganter Redner, aber Feind des Christentums war. Julian schloß sich dennoch an ihn an. Constantius rief ihn daher zurück, stellte ihn an die Spitze der Armee, um Krieg gegen die Deutschen zu führen. Constantius rief ihn zurück, die Soldaten riefen aber Julian zum Augustus aus. Julian entschuldigte sich in einem Brief an Constantius. Er setzte sich indessen mit dem Heer in Bewegung. Constantius starb. Man warf den Verdacht auf Julian, er habe Constantius vergiften lassen, doch das ist nicht wahrscheinlich. Als Julian allein an der Spitze des Reichs stand, gab er seine Gesinnung unverhohlen zu erkennen, bezeichnete die Christen als ασεβείς und γαλιλαίοι, richtete die alten heidnischen Tempel wieder ein und ignorierte alles, was seit Constantin geschehen war. Wenn man Julians Übertritt beurteilen will, muß man bedenken, daß damals das Christentum noch nicht so Eingang gefunden hatte, daß es nicht noch ebensogut heidnisches Gemüt gegeben hätte; dann nehme man die Streitigkeiten, die vielen strengen äußeren Gebräuche etc. Dies konnte einem lebhaften Kopf wie Julian nicht behagen, besonders war er gar nicht zum Geistlichen geeignet, wozu man ihn bestimmen wollte. Julian wurde auch keineswegs Polytheist. Dabei war er in die neuplatonische Philosophie eingeweiht, und man sagt, er wäre besonders auch in den theurgischen Zweig derselben eingetreten. Will man aber das so verstehen, als habe er Magie und dergleichen getrieben, so tut man ihm wohl unrecht, denn dergleichen scheint nicht in seinem Charakter gelegen zu haben. - Es entstand also nur eine Reaktion gegen das Christentum, die man nicht eine eigentliche Verfolgung nennen kann, die aber darauf ausging, dem Christentum den Charakter einer Staatsreligion wieder zu nehmen. Julian würde es auch weiter gebracht haben, wenn seine Regierung länger gedauert hätte. Er blieb bald im persischen Krieg, nicht ohne Verdacht, von einem christlichen Soldaten aus seinem eignen Heer getötet worden zu sein. Julians Meinung war, es sei besser, die Christen, nicht zu verfolgen, damit sie weniger Aufsehen machten. Er schrieb ein Werk von mehreren Büchern gegen das Christentum. Dadurch, daß er die Christen aller ökonomischen Vorteile beraubte, schadete er ihnen am meisten. Er zog viele Güter wieder ein, die unter Konstantin der Kirche zugefallen waren. Die Immunitäten hörten auf.
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I 105 Es wurden angesehene Lehrer zu schimpflichen Arbeiten gebraucht. Er verbot den Christen, gänzliche Wissenschaften, die nicht aus dem Christentum abstammten, zu lehren," Klassiker zu lesen und Rhetorik zu lehren. Zu Zeiten des Julian war Prohaireseos ein vorzüglicher Lehrer der Beredsamkeit unter den Christen. Julianb sagte, man könne nichts lehren, wovon man nicht überzeugt sei; wenn die Christen also die alten Dichter lesen wollten, so müßten sie sie auch von der Trefflichkeit der heidnischen Götter überzeugt sein. Man kann aber hieraus nicht folgern, daß Julian auch verboten habe,' die heidnischen WissenSchäften zu lernen, denn Julian verbot ausdrücklich, daß man der Jugend das Studium des Altertums nicht verweigern solle. Es ist wahr, daß die Reaktion zu kurz dauerte, um unmittelbar viel zu wirken. Man sieht, wie schon das Heidentum in Verfall geraten war. Als Julian fiel und die Truppen den Jovian zum Kaiser wählten, schlug dieser die kaiserliche Würde aus und sagte, er sei ein Christ; der könne nicht über Heiden regieren. Man sieht, daß das Heer ein heidnischen Anstrich erhalten hatte. Erstens schaffte Julian das Kreuz als Fahne ab und die alten Adler kehrten zurück, es wurde vor jedem Bilde geräuchert, Opfer für den Kaiser wurden dargebracht, dabei mußte das Heer gegenwärtig sein. Man bemerkt, daß viele Soldaten die heidnischen Gottheiten gar nicht mehr kannten und die Zeremonien mitmachten, ohne zu wissen, warum. Es gab auch viel Anlaß zu Hinrichtungen. Als Jovian sagte: »Ihr seid ja Heiden, ich kann also nicht über euch verfügen!«, antwortete das Heer, das sei nicht wahr, sie seien Christen schon seit Konstantin. Julian verstattete den heidnischen Priestern soviel Einfluß als möglich. Die Unterstützung des Heidentums hätte leicht einen Bürgerkrieg veranlassen können. Es war Julians Maxime, alle größeren Regierungsstellen und Kommandos mit Heiden zu besetzen, er konnte dies aber nicht durchführen, und viele mochten den Rücktritt zur alten Religion"1 nur erheuchelt haben. Fragen wir: Warum hat diese Reaktion im Christentum selbst keine Veränderung hervorgebracht?,' so sehen wir zwar am Beispiel des Constantin, wie
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mächtig der Einfluß der Monarchen auf das Christentum wirkte, und man sollte denken, die Christen hätten die Zeit Julians benutzen sollen, um sich so zu befestigen und selbständig zu machen, daß späterhin ein weltliches Oberhaupt keinen Einfluß mehr auf sie hätte ausüben können. Da sie freie Übung hatten, so hätten sie sich über manches vereinigen | 106 können, aber davon finden wir nichts, und es läßt sich schließen, daß ein wahrer christlicher Gemeingeist nicht da war. Jede Partei hoffte, nach der Regierung Julians ihren Einfluß wieder geltend machen zu können. Wir haben in den Sammlungen der alten Schriften eine Schrift aus einer Synode von Laodikeia, welche die meisten ins Zeitalter Julians setzen, aber man hat nur Vermutungen darüber. Sie ist aber merkwürdig wegen ihrer beiden letzten Beschlüsse: 1. es sollten keine Schriften in den Kirchen vorgelesen werden als die kanonischen; und dann folgt 2. ein Verzeichnis. Aber es ist über die Echtheit dieses Verzeichnisses gestritten worden. Es fehlt in mehreren Handschriften. Es ist schwer, die Sache aufs reine zu bringen. Es fehlen darin die apokryphischen Schriften des Alten Testaments und die Apokalypse. Das ist um so merkwürdiger, wenn es später ist. Was von Spaltungen in dieser Zeit schon ganz durchgemacht war, war die ebionitische und gnostische. Montanisten gab es noch, und zwar gar nicht wenige. Novatianer waren ebenfalls noch. Dazu kommen die Spaltungen in einzelnen Gemeinden. In Alexandrien war die Spaltung schon etwas Altes vom ersten Anfang der arianischen Streitigkeiten an, in Konstantinopel währte die Spaltung fort, in Antiochien gab es Eustathianer.* Auch Donatisten gab es noch und zwar in großer Anzahl, denn man hat Nachricht von einer Synode, die die Donatisten hatten, die ebenso stark war als irgendeine der griechischen oder abendländischen Kirche. - Es war unter Constantin zwar eine Vereinigung der Donatisten zustande gekommen, aber die Sache war nur oberflächlich, die Donatisten blieben gesondert und waren besonders zahlreich in Afrika. Eine neue Spaltung war noch entstanden, nicht rücksichtlich der Lehre, sondern mehr der Sittlichkeit und kirchlichen Verfassung. Es war um diese Zeit eine Sekte entstanden unter dem Namen der Audianer, b die von einer großen Freimütigkeit ausgingen im Tadel der Laxität der Sitten. Es ging soweit, daß man den Urheber dieser Sekte aus der Kirchengemeinschaft ausschloß. Man beschuldigt sie, sie wären zugleich Anthropomorphisten gewesen. Man kann aber kaum glauben daß diese Vorstellung schon damals sollte ins Christentum eingedrungen sein. -
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Eustathianer] korr.
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Audianer] korr. aus Augianer.
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Ebenso gab es Aerianer, welche auf die Zurückfiihrung auf die erste Simplizität in der Kirche drangen. Es muß ihnen nicht an geschichtlicher Kenntnis und gesunder Schriftauslegung gefehlt haben. Sie wollten den Unterschied zwischen Bischöfen und Altesten aufheben und die rein demokratische Form zurückfiihren. Das war aber bei dem Umfang, den die christliche Kirche zu dieser Zeit schon hatte, nicht möglich. Auch die Gebete für die Verstorbenen und die Almosen im Namen der Ver- | 107 storbenen wollten sie abgeschafft wissen. Außerdem gab es M e s s a l i a n e r , die ersten Bettelmönche, etwas sehr Beschwerliches für die christliche Kirche. Sie waren nicht einmal nach den Geschlechtem geordnet und waren eine Art christliche Kyniker in der schlechtesten Bedeutung des Worts. Im Pontus hatte sich eine separatistische Partei hervorgetan unter Eu s t a t h i u s v o n S e b a s t e , der eine allgemeine Gütergemeinschaft verlangte und die Ehe verwarf. Auf einer Synode von Gangra fing man an, Maßregeln gegen diese Mißbräuche zu ergreifen. Wir kommen an die großen Namen Gregor von Nazianz, Gregor von Nyssa, Chrysostomus, im Abendland Ambrosius, Augustin. Im Abendland ist Wachstum bemerkbar, im Morgenland das letzte Aufflammen des Hellenismus. Es entstand ein freundliches Verhältnis zwischen dem hellenistischen Christentum und dem hellenistischen Heidentum. Die Christen konnten nicht umhin, heidnische Schulen zu besuchen; solche gingen öfter nachher in den Klerus über. Die Heiden gaben nun auch die Polemik auf. Sie sagten, es läge dem Christentum wie dem Heidentum Monotheismus zum Grunde. Sie suchten eher" das Heidentum zu verteidigen, als das Christentum anzugreifen. Im Christentum entstanden mehrere Ansätze von Wissenschaft und Kunst, als früher geschehen, die Beredsamkeit, Historiographie und Philosophie war der Zyklus ihrer Wissenschaft. - Von bildender der Kunst ist nicht viel vorhanden. Von der Philosophie haben wir noch ein Werk: »Περί φύοεως ανθρώπου« von Nemesius, Bischof. Das Werk hat keine dogmatische Tendenz, und es wäre gut gewesen, wenn man auf diesem Weg fortgefahren hätte. Was die Geschichtsschreibung betrifft, so kann man nicht leugnen, daß sie Fortschritte machte. Euseb ist wohl der erste, aber nicht der vorzüglichste Geschichtsschreiber. Socrates und Sozomenus haben eine bessere Methode und mehr Takt, Euseb schwankt1" mehr [zwischen] Chroniker und Lobredner, ohne die historische Mitte zu finden. Es gehörte eine größere Ruhe dazu, um das Talent der Geschichtsschreibung zu begünstigen. Philostorgius, etwas später,
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eher] mit Einfügungszeichen Uber der Zeile.
b
schwankt] Uber .
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war unverkennbar Arianer, scheint aber doch ohne Leidenschaft geschrieben zu haben. In der letzten Hälfte des 4ten und ersten Hälfte des Sten Jahrhunderts übertreffen die Redner Gregorus,* Augustin, Basilius alle früheren. Aber dieser 5 Glanz hängt mit dem Verfall des Christentums auf der einen Seite und mit dem Verfall des Hellenismus auf der anderen zusammen. Bald wurde die Rhetorik schwulstig. Libanius | 108 etc. Es wurden bald Gelegenheiten herbeigezogen, wo sich diese schwulstige, dem Schaurichterischen(?) sich nähernde Beredsamkeit hervortun konnte. Die Superstition wurde durch diese floskulöse Beredsam10 keit sehr befördert. Die Redner waren oft selbst superstitiös. An das Andenken der Märtyrer knüpften sich bald heidnische Zeremonien an den Gräbern. Dahin gehört, daß an ihren Gedächnistagen öffentliche Lobreden über sie gehalten wurden. Bald stellte man sich vor, daß der abgeschiedene Geist wirklich zugegen sei und zuhöre, und so gestaltete sich immer mehr die 15 Idee von Schutzheiligen usw. Der Manichäer Faustus sagt, die b Christen hätten nur ein Schisma des Heidentums, die Götzen der Heiden wären nur verwandelt in Heilige. Ebenso ging es in Beziehung auf Maria. Epiphanius führt die als Ketzer an, welche der Maria Opfer brachten, aber auch die, welche ihr die gebührende Ehrfurcht versagten. - Wir finden aber auch gemäßigtere und 20 einfachere Reden (Chrysostomus c in den Evangelien). Man wollte bald die Frage dahingestellt sein lassen, ob Maria auch gesündigt habe oder nicht. Die Jungfrauenschaft wurde als besondere Ursache ihrer Heiligkeit betrachtet; damit hing zusammen die Überschätzung des ehelosen Lebens. - Bei vielen war anfänglich das Christentum mehr eine theoretische Negation des Heidentums, als 25 daß es mit seiner Kraft in ihren Herzen gewirkt hätte. Gegen den Vorwurf des Faustus wegen der Korruption der Christen kann sich auch Augustin nicht ordentlich verteidigen, er verweist bloß auf den Klerus, die Mönche und gottgeweihten Jungfrauen und gibt das Verderbnis des Volkes stillschweigend zu. Natürlich war also das Herüberneigen zum anderen Extrem 30 dem Manichäismus verwandt. - Die eigentliche Religiosität verbirgt sich in diesem Zeitalter unter Superstition. In dieser Zeit glänzen auch die größeren Dichter (Chrysostomus, Augustin). Im Okzident genoß der römische Bischof großes Ansehen; nach Norden hin war er gedrängt durch den Metropoliten von Mailand. Der Bischof von Thessa35 lonich ward vom römischen Bischof zum Vikar ernannt. Dadurch geschah ein
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Gregorus, ... Basilius] mit Einfügungszeichen
b
die Christen) über < s i e > .
c
Es folgt
< ( >.
am äußeren
Rand.
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Hinübergreifen des römischen Bischofs ins griechische Gebiet. Nicht selten befragten abendländische Bischöfe den römischen Bischof über schwierige Gegenstände." Das tat unter anderen ein spanischer Bischof, indem er vom römischen Bischof Syricius solche Auskunft verlangte in Beziehung auf das 5 ehelose Leben der Geistlichen. Der Bischof gab ihm aber nicht | 109 nur Anweisungen, sondern Verordnungen mit angehängten Drohungen. Sein Nachfolger Innocent Anfang' des 5ten Jahrhunderts machte es noch ärger, und so maßten sich die römischen Bischöfe immer mehr Autorität an, die aber noch nicht anerkannt wurde. Innocent war der erste, der Anspruch auf alilo gemeine Autorität machte und sich auf Petrus berief. 13 Er suchte sich dazu einen Bundesgenossen aus, den Bischof von Antiochien (weil Petrus in Antiochien vorübergehend Bischof gewesen), allein in der griechischen Kirche fand dergleichen nicht Platz. Dies gilt auch von den afrikanischen Bischöfen. Sie hatten einen Ältesten, Cälestius, aus der Kirchengemeinschaft geschlossen wegen is schlechtem Betragen. Dieser wandte sich an den römischen Bischof Zosimus, der sich seiner1' annahm und die afrikanischen Bischöfe verwies, welche ihm aber rund antworteten, daß ihn die Sache nichts angehe. In der Schrift des Optatusc von Milet gegen die Donatisten finden wir die erste Vermischung des Vorzugs des römischen Bischofs mit der Theorie der 20 Kirche. Er führt den Beweis für die Echtheit der katholischen Kirche daraus, daß der römische Stuhl der echte sei. Esd war zwar auch ein donatistischer Bischof in Rom, aber Optatus' erklärte sich darüber, daß der römische Stuhl nur in der Kirche sei, die zum Andenken Sanct Petri gestiftet sei. Bei den Bischofswahlen war es in Rom schon öfter zu ärgerlichen Szenen 25 gekommen, besonders nach dem Tod des Innocent. Da ward Damasus Bischof. Auch später waren Streitigkeiten zwischen Bonifacius und Eulalius. Da erklärte der Kaiser, daß in solchen Fällen keiner von den Streitenden das Amt erhalten sollte. Dies half aber nicht weit. Die d o n a t i s t i s c h e n S t r e i t i g k e i t e n hätten nicht so lang dauern können, 30 wenn sie' bei dem Satz stehen geblieben wären, daß einer, der wegen" Traditum von der Kirchengemeinschafit ausgeschlossen worden sei, nicht wieder könne
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a
Anfang des 5ten\ mit Einfügungszeichen am äußeren Rand; Anfang des Sten] Ende des 4ten Jahrhunderts. Verbessert nach K307: "Auf dieselbe Weise Innocentius 404«.
b
seiner] über < ihrer > .
c
Optatus] Octatus korr. aus Octav. Verbessert nach K390.
d
Es] s undeutlich.
e
Optatus] Oct. Vgl. Verbesserung H274.18.
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sie] s undeutlich.
g
wegen Traditum] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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aufgenommen werden. Aber die Streitigkeit dehnte sich aus auf das Unsittliche von den katholischen Geistlichen überhaupt, welche die Donatisten ihnen vorwarfen. In allen Streitigkeiten mit den Donatisten wird das Faktum nicht geleugnet, sondern nur behauptet, es komme beim Sakrament nicht an auf | 110 die Beschaffenheit dessen, der es austeile. Es kommen* in dieser Zeit, letzten Drittel des 4ten Jahrhunderts und anfangs des 5ten, viele strenge Gesetze gegen die Donatisten, welche die Kaiser gaben und [in welchen] ihnen die Taufe untersagt wurde. Dem ohnerachtet finden wir Synoden von Donatisten in Afrika, welche sehr zahlreich waren. Im Jahre 411 auf* einer Synode war die Anzahl der donatistischen Bischöfe der der römischen völlig gleich. Eine katholische Synode zu Hippo nahm einen früheren Beschluß gegen die Donatisten zurück, nach welchem ausgestoßene donatistische Geistliche nur wieder als Laien eintreten konnten, und änderte ihn dahin ab, daß sie auch als Geistliche könnten aufgenommen werden, wenn sie nicht getauft hätten. Die Ursache war der Mangel an Geistlichen in der katholischen Kirche in Afrika. (Es gab in Afrika viele Mönche, die ihren Stand nicht gegen den weltgeistlichen vertauschen wollten.) Augustin war bekanntlich Gegner gegen die Donatisten in mehreren Schriften, aber in praxi verfuhr er sehr milde gegen sie. Dazu kam noch ein Umstand. Gegen Ende des 4ten Säkulums war unter den Donatisten selbst eine Spaltung ausgebrochen. Sie hatten nach dem Tode ihres großen Donatus gewählt Parmenianus. Dieser war gestorben und nun entstand ebenfalls ein Streit über die Wahl. Es war ein gewisser Primianusc gewählt, gegen den aber viele Beschwerden gefiihrt wurden. Auf einer karthagischen Synode wurde ein anderer, Maximian,"1 gewählt. Primianus' ging aber nach Numidien, brachte dort eine Synode zusammen, wurde losgesprochen, und die denf Maximian geweiht hatten, wurden ausgeschlossen. Die von Maximian getauft wurden, wurden aber doch als echte Getaufte anerkannt. Das warf ihnen Augustin beständig vor, indem es eine Inkonsequenz8 gegen ihre Grundsätze war. -
a
kommen] korr. aus kommt.
b
auf ... Synode] mit Einßigungszeichen über der Zeile.
c
Primianus] Triniarus. Verbessert nach K392.
d
Maximian] mit Einßigungszeichen über der Zeile.
e
Primianus] Tr. Verbessert nach K392.
f
den Maximian] mit Einfügungszeichen über < i h n > .
g
Inkonsequenz] s undeutlich.
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Es sollte* um 41 l b die Vereinigung der donatistischen und katholischen Kirche zustande kommen, man sollte einen Disput halten, und wer sich überwunden erklärte, sollte nachgeben. Der Kommissar erklärte die Donatisten fiir überwunden, obschon sie selbst dies nicht wollten gelten lassen. Es entschied wieder nur persönliche Autorität. Nach dem Tode Jovians kam der Ruf an Valens und Valentinian. Valens war arianisch, Valentinian nicänisch, beide tolerant gegen die Heiden und mäßig in ihren Gesinnungen. Valen- | 111 tinian erklärte, sich auch in keine Streitigkeiten mit seiner Autorität zu mischen. Aber die Gewohnheit war schon so stark, daß man nicht mehr davon ablassen konnte. Viele Donatisten traten zur katholischen Kirche über, und man kann hier den Punkt annehmen, wo sich der Streit verlor. Was die Milde des Augustins betrifft, so war er doch oft sehr hart, indem er den Grundsatz hatte, auch Christus habe den Apostel Paulus mit Gewalt bekehrt. Einen scheinbaren Gegensatz bildet, was sich in der Geschichte mit den Priscillianisten zugetragen hat. Sie waren eine in Gallien und Spanien verbreitete Sekte. Mit Unrecht hält man sie für manichäisch. Auf der Synode zu Toledo kommt auch nichts Manichäisches zum Vorschein. Soviel ist gewiß, daß sie die Auferstehung geleugnet haben, und [sie] waren in der Unterscheidung zwischen dem Alten und Neuen Testament gnostisch, verabscheuten auch die Ehe. Eine Synode gegen sie in Spanien im Jahre [5]80 und eine in Gallien, wo sie ebenfalls verurteilt wurden. Die Priscillianisten appellierten an den Kaiser. Er bestätigte aber die Aussprüche der Synode und verhängte die Todesstrafe. Ambrosius und Martin Turonensis widersetzten sich und erklärten, sie würden die Kirchengemeinschaft mit denen aufheben, die in dies Gericht gestimmt hätten, beide waren jedoch sehr orthodox. In den donatistischen Händeln kam auch zur Sprache der Unterschied zwischen Häresie und Schisma. Augustin wollte die Donatisten nicht für Häretiker gelten lassen. Hieronimus widersetzte sich dieser Unterscheidung, welche nur in thesi vorhanden sei.c Man kann dem Hieronimus im einzelnen nicht unrecht geben, denn die Donatisten wichen auch von der Lehre ab in Hinsicht des Sakraments. Man muß indessen nicht glauben, daß bei den Donatisten die Vorstellung der Taufe weniger superstitiös gewesen sei. In dieser ganzen Zeit verschob man immer noch die Taufe bis auf lange Zeit, weil man glaubte, daß alle Sünden, nach der Taufe begangen, unverzeihlich seien. Die Bluttaufe und
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sollte] über < kam > .
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411] mit Einfügungszeichen
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sei] korr. aus seien.
am äußeren Rand.
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das Mönchtum' nahm man als einziges Versöhnungsmittel an, daher das Mönchsleben auch bald so in Ansehen kam. | 112 Viele gaben sich daher unmittelbar nach der Taufe in den Mönchsstand. Chrysostomus, Hieronimus, Augustin ließen sich erst im 20ten und 30sten Jahr taufen und versuchten nach ihrer Taufe das Mönchsleben. Über das Abendmahl haben wir in dieser Zeit weniger bestimmte Nachrichten. Es wurde vom Abendmahl gesprochen als von einem άρρητον und απόρρητον, einem schauderhaften Geheimnis. Das Abendmahl wird auch schon als Opfer dargestellt, die Theorie der katholischen Messe liegt aber noch nicht darin. Augustin und Ambrosius stellen das Abendmahl vor als ein Gott dargestelltes Opfer, aber es sei ein symbolisches Opfer, welches anzeige, daß die ganze Kirche sich Gott opfere. Dies steht in keinem Zusammenhang mit dem Opfer Christi. Das Abendmahl wurde ursprünglich gefeiert von den gemeinschaftlichen Gaben, das war die Darbringung, das Opfer. An einer anderen Stelle sagt Augustin, es wurden am Gedächtnismale der Märtyrer Gott Opfer gebracht, dies sei der Körper Christi. Die Märtyrer gehörten aber selbst zum Körper Christi. Man sieht daraus, daß unter dem Körper Christi hier auch wieder die Kirche verstanden ist. Von der späteren römisch katholischen Theorie finden wir also hier noch keine Spuren, aber daß die Ausübung des Sakraments wäre frei gewesen von Superstition, können wir nicht sagen. - Chrysostomus klagt darüber, daß so wenige zum Abendmahl kommen. Die Gleichgültigkeit gegen den Gebrauch hing zusammen mit der superstitiösen Vorstellung vom geweihten Brot. Das Mönchtum war durch Athanasius in die Abendländer gekommen. Hieronimus hat sich in seinem ganzen Leben als ein großer Beförderer desselben gezeigt, er wollte durchaus nicht als öffentlicher Lehrer auftreten. In diese Zeit fallen alle Extravaganzen des Mönchslebens, die wir bei Theodoret, Hieronimus und anderen aufgezeichnet finden. Prahlerei mit den übertriebensten Enthaltungen und Mißhandlungen der körperlichen Natur. Die meisten Mönche verbrachten ihr Leben mit Handarbeiten. Hieronimus fand unter seinen Genossen oft keine, die er zu Schreibern hätte brauchen können. Viele Mönche waren Anthropomorphisten. Epiphanius hatte unter solchen Mönchen gelebt und war auch nicht frei vom Vorwurf des Anthropomorphismus. - Die Beschäftigung mit den Wissenschaften wurde auch bald für etwas gehalten, das | 113 sich fur Mönche nicht schicke. Im Abendland stellte sich auch bald das Übel ein, daß die Mönche bloß von den mitleidigen Beiträgen lebten. Reiche Frauen unterstützten dergleichen.
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Mönchtum] Märtyrthum.
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Augustin setzte auch als Bischof das Mönchsleben fort und errichtete ein monasterium clericorum, welches die Absicht hatte, daß die Geistlichen alle sollten nach der Mönchsregel leben. Das war der erste Ursprung von bischöflichen Kollegiatstiften. Basilius von Cäsarea (der Große), der auch Mönch gewesen war und wider Willen durch Hinterlist des Chrysostomus Presbyter und Bischof geworden war, suchte die Mönche in die Nähe der Städte zu ziehen. Dadurch konnten sie mehr nützen und standen mehr in wissenschaftlichem Verkehr, aber die weltliche Autorität war dagegen. Theodos befahl, daß Mönche bloß in Wüsten leben sollten, es ward aber nicht befolgt. Spätere arianische Kaiser verfolgten die Mönche, welche alle nicänisch waren. Es mag aber eher den Grund darin haben, daß die Mönche sich dem Kriegsdienst entziehen wollten. Daher kamen immer mehr solche Leute zum Mönchstum, die keine Verpflichtungen gegen den Staat hatten, also aus den Hefen* des Volkes. Es wurden auch in dieser Zeit Versuche zur Verbesserung gemacht; Jovinian und Vigilantius. Der erstere war selbst Mönch gewesen, erklärte sich aber gegen alle äußere Übungen, Fasten etc. Er stellt das Dogma auf, daß die, welche mit völligen Glauben getauft worden wären, nie wieder könnten in die Gewalt des Teufels fallen, daß also Sünden nach der Taufe auch erläßlich wären. Er wurde vom römischen Bischof Syricius und Ambrosius von Mailand verdammt und aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen. Hieronimus erhob sich mit großer Heftigkeit gegen ihn. Jovinian behauptete auch die Gleichheit aller guten Handlungen. Was im Geiste des Christentums geschehe, wäre gleich gut. Es liegt darin das reine Prinzip, daß eine einzelne Handlung nicht aus sich selbst, sondern aus ihrem Zusammenhang und aus ihrer Quelle, der Gesinnung, beurteilt werden müsse. Vigilantius war ein spanischer Presbyter, der auch nach Jerusalem gereistb war. Er trat nach seiner Rückkehr auf als Eiferer gegen die Reliquien- und Märtyrerverehrung. Er nannte sie »cinerarii«.14 Hieronimus0 schrieb gegen ihn. Er wurde ebenfalls verdammt. I 114 Es kam in dieser Untersuchung zur Sprache über das Altertum der Märtyrerverehrung, und die Angreifenden hatten den Vorteil auf ihrer Seite, daß die heilige Schrift derselben keine Erwähnung tat. Man brachte hier zuerst die Theorie von άγράφοις δόγμααιν, von dem, was die Schrift nicht enthalte, die Apostel aber gelehrt hätten und was sich durch die Kirche fortgepflanzt hätte.
a
Hefen] f undeutlich.
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Es folgt < worden > .
c
Davor < Auch > .
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Den Gegnern dieser Ansicht warfen die Verteidiger derselben vor, daß sie ja selbst in der Kirche vieles mitmachten, das nicht fester basiert sei. Dies führte auf das Praktische. Es kamen nämlich" immer größere Verschiedenheiten zur Sprache: die Römischen drangen auf Einheit der Gebräuche, die Griechen ließen größere Mannigfaltigkeit zu und wollten auch diese auf die apostolische Autorität zurückführen. Man glaubte auch, daß man auf verschiedene Weise lehren könne ohne Nachteil, κατ' οίκονομίαν, κατά συγκατάατασιν. Chrysostomus verteidigte sich und berief sich auf den Apostel Paulus. Dies kam auch bei den arianischen Streitigkeiten zur Sprache. Man suchte den Arianern die Zeugen, auf die sie sich beriefen, dadurch zu entreißen, daß man sagte: »Das haben die Väter nur in dem und dem Falle, gegen den und jenen Gegner behauptet, ohne daß dies ihre eigentümliche Ansicht war.« Man fragte b sogar, ob es nicht erlaubt sei, sich absichtlich zu verstellen und die Unwahrheit zu sagen, um einen Ketzer auszuforschen. Augustin setzte sich dieser Maxime entgegen. In den arianischen Streitigkeiten ist seither nichts Bedeutendes gefördert worden. Nachdem die obere Gewalt wieder in christliche Hände gekommen war und bald geteilt wurde, ging es wie vorher: Valens östlich: arianisch, Valentinian westlich: nicänisch. Athanasius war wieder zurückgekommen unter Regierung des Julian und hatte eine Synode in Alexandrien gehalten, wo er der abweichenden Meinung wegen die ούσία und ύπόστασις verglich. Es wurde ausgemacht, daß man sowohl das eine Wort als das andere brauchen könne; man solle weiter keine Wortstreitigkeiten machen und sich mit dem nicänischen Symbol begnügen. Hilarius hielt eine ähnliche Synode um diese Zeit in Paris, wo gesagt wurde, daß der Sohn Gottes | 115 ganz und eingeboren sei. Auch hier wurde ούσία und ύπόστααις promiscue gebraucht. Valens fing an, die Katholischen zu verfolgen. Er ging soweit, daß er katholische Bischöfe, die an ihn geschickt wurden, unterwegs ersäufen ließ. Athanasius starb. - Er ist von den Vorwürfen nicht freizusprechen, welche ihm von theologischen und politischen Gegnern gemacht wurden, Ammian' und Julian sind hinlängliche Zeugen. Er hat das Signal zu den Verfolgungen gegeben. Schon auf dem Nicänischen Konzil mag er Hauptursache des strengen konstantinischen Dekrets gewesen sein. Er hatted einen richtigen Instinkt ohne klare dialektische Einsicht, aber keineswegs ging der Instinkt so weit, daß er
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nämlich] mit Einfügungszeichen aber der Zeile.
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fragte] f undeutlich.
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Davor < [ ] >.
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Es folgt < darin > .
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ihn* zu einer rechten Art zu streiten geführt hätte. Er fängt überall mit Schimpfen und Heftigkeit an und ist unfähig und unbeholfen im Disputieren. Dieser Instinkt leitete ihn auch nicht bei seiner Art, aus der heiligen Schrift zu beweisen, die angeführten Stellen aus den Psalmen, Proverbien etc. gehörten nicht hierher. Er steht weit hinter Chrysostomus und Hilarius zurück. Hilarius hat das viel richtiger aufgefaßt als Athanasius,b was Orígenes' über das Einheit des Vaters und Sohns κατά συμφονίαν gesagt hatte. Auf den Auxentius in Mailand folgte Ambrosius, der von der Kaiserin Justina, die damals als Vormünderin regierte und arianisch gesinnt war, d viele Anfechtungen zu dulden hatte, worin er sich sehr standhaft benahm: er sollte den Arianern Kirchen einräumen, was er nicht tun wollte. Eine ihm vorgeschlagene Unterredung mit dem Hofgeistlichen der Justina, Auxentius (nicht zu verwechseln mit dem obigen), schlug er aus. Er nahm aber oft zu erbärmlichen Beweisen seine Zuflucht. Von* ihm aufgefundene Gebeine von Märtyrern, die viel Wunder tun und Teufel austreiben konnten, sollten fiir die Wahrheit seiner Sache zeugen! Durch Theodosius wurden die Arianer zuletzt ganz ausgetilgt. Ihre Uneinigkeit war selbst Schuld daran. - Bei den Arianern war mehr dialektisches Bestreben als bei den Katholiken. Aus diesen Streitigkeiten haben sich noch andre entwickelt, die mazedonianischen. Man kann sie nicht auf den | 116 Macedonius zurückführen. Sie gehören den strengen Arianern an. Schon Orígenes hatte gesagt, der Vater erstrecke sich auf alles, der Sohn nur auf die vernünftigen Wesen, der Geist nur auf die Gläubigen. Schon Didimus von Alexandrien hatte sich ähnlich erklärt. Er hatte den heiligen Geist als die selbständige Heiligkeit erklärt. Der Terminus »σοφία« schwebt zwischen »Geist« und »Sohn«. An das Ausgehen des Geistes vom Sohn schlossen sich die Vorstellungen der Arianer an. Wenn der Sohn schon nicht aus sich selbst entstanden sei, um so weniger der Geist. Alle strengen Arianer mußten πνευματομάχοι sein. Die zweite ökumenische Synode 381 zu' Konstantinopel unter Theodos braucht nicht auf die Mazedonianer insbesondere bezogen zu werden, sondern auf den Arianismus überhaupt. Sie sollte auch allerlei über die Verfassung
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ihn] h undeutlich.
b
Athanasius] korr.
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Orígenes] über .
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Es folgt von der er mit Einfügungszeichen Uber der Zeile.
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Von ihm] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
f
zu ... Theodos] über < die Macedonianer > .
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bestimmen. Sie war ausgezeichnet durch viele merkwürdige Männer, die auf ihr waren. Es wurde gesagt, der Geist müsse vom Vater und Sohn zugleich ausgehend gedacht werden, er nehme das Seinige vom Sohn, was rein biblische Ausdrücke waren und also nichts weiteres bestimmten.15 Die Pneumatomachen und Arianer wurden verdammt. Die Patriarchen wurden über die Metropoliten erhoben, ihrer 5. Das Patriarchat von Konstantinopel wurde als das Erste anerkannt. Gregor von Nazianz macht dieser Synode viele Vorwürfe über ihre Zänkereien. Diese Versammlung klassifizierte auch die Ketzer in Beziehung auf ihre Wiederaufnahme. Arianer, Novatianer, Donatisten· und Apollinaristen sollten schon durch die Salbung, Eunomianer, Montanisten, Sabellianer, Manichäer sollten nur als Heiden aufgenommen werden. Man kann nicht recht den Grund zu dieser Einteilung finden, ζ. B. wie die Sabellianer, die doch orthodoxer waren als die Arianer, gegen sie zurückgesetzt wurden. Der Kaiser bestätigte die Synode, ernannte aber einige Bischöfe für NormalOrthodoxe und sagte, nur die werde er für orthodox halten, welche mit diesen in Gemeinschaft ständen: Nektarius in Konstantinopel, Timotheus in Alexandrien, Pelagius in Laodikeia, Diodot* von Tarsus, Amphilochius von Iconium, Gregor von Nyssa. - Man wundert sich, Gregor von Nazianz nicht zu finden, aber der Kaiser stand nicht gut mit ihm.' Eine Streitigkeit, die aus den arianischen hervorging, ist die über Orígenes. Arius stützte sich, wie wir schon gesehen haben, auf Orígenes. Auch Dionys von I 117 Alexandrien Schloß sich an ihn an. Es war natürlich, daß der Streit sich auf die erste Quelle zurückwandte, und man untersuchte, inwiefern er die ersten Keime zur Spaltung gelegt habe. Epiphanius hielt Orígenes für den Ursprung des Arianismus. Er machte eine Reise nach Jerusalem, wo damals Johannes Bischof war, und predigte da gegen Orígenes auf eine solche Weise, daß Johannes, ein gelehrter freisinniger Mann, ihn etwas lächelnd behandelte und ihm den Vorwurf des Anthropomorphismus machte. Orígenes hatte gesagt, auch der*1 Sohn könne den Vater nicht sehn. Damit wollte er zeigen, daß jede sinnliche Erkenntnis Gottes nicht stattfinden könne. Das machte ihm Epiphanius zur Ketzerei.
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Donatisten] über .
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Es folgt
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der] d
< Apoll inaristen u n d > . undeutlich.
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Unter den nitrischen Mönchen in den ägyptischen Mönchen entstanden ähnliche Zweifel gegen die Orthodoxie des Orígenes. Sie waren so kraß, daß sie sich fürchteten, sich Gott anders als in menschlicher Gestalt zu denken. Unter diese hatten sich einige wissenschaftliche Meister verirrt, diese wurden verfolgt, gingen nach Alexandrien, wo Theophilus Bischof war, einer der intrigantesten* Bischöfe jener Zeit. Dieser trat zu ihnen [in] ein vertrautes Verhältnis. Bald aber wandte sich das Blatt, und er ward ein Gegner des Orígenes und dieser Männer. - Er wandte sich nun an Epiphanius und stellte sich sehr eifrig in dieser Sache. Als Epiphanius in Jerusalem war, war schon Hieronimus in Bethlehem ein großer Verehrer des Orígenes gewesen, wiewohl er ihm nicht in allem beistimmte. Er erklärte aber hernach, daß er bereit sei, alles Origeneische zu verdammen, was nicht mit dem kirchlichen Lehrbegriff stimme. Sein Freund Rufin entzweite sich deshalb mit ihm. Der Streit zwischen ihm und Hieronimus war erst nur auf literarischer Weise. Rufin suchte zu zeigen, wie viel dem Orígenes untergeschoben sei etc. - Der Streit erneuerte sich, als Rufin auf Bitte des Macarius anfing, einige Werke des Orígenes zu übersetzen. Unterdessen kam die Verbindung des Theophil und Epiphanius soweit, daß sie das Lesen der Schriften des Orígenes verboten. Theophil verdammte auf einer Synode zu Alexandrien viele Sätze des Orígenes und mit ihnen deren Anhänger. Er kommunizierte die Sätze und anderes dem römischen Bischof Anastasius,b welcher aber | 118 bekannte, Orígenes nicht gelesen zu haben, stimmte aber doch willig in das Anathema ein. Nach Konstantinopel hatten sich jene verfolgten origenistischen Mönche gewendet. Chrysostomus war (2 Jahre vor der Synode) Bischof in Konstantinopel geworden. Die Mönche baten ihn, sich an Theophil zu wenden, daß sie wieder in die Kirchengemeinschaft aufgenommen würden. Dies tat Chrysostomus, enthielt sich aber bis dahin aller Kirchengemeinschaft mit ihnen und behandelte sie sonst freundlich. Theophil hatte einen Gesandten in Konstantinopel, von dem er erfuhr, daß Chrysostomus sich übel stand mit der Kaiserin, woran seine strengen Predigten Schuld waren. Theophil und die Kaiserin verbanden sich gegen Chrysostomus. Theophil bewilligte also die Aufnahme nicht. Er wurde beim Kaiser angeklagt und nach Konstantinopel geladen. Aber seiner Verbindung mit der Kaiserin gewiß, sagte er schon, als er dahin abreiste, er gehe, dort den Chrysostomus abzusetzen, was er auch wirklich bewerkstelligte. Er versammelte eine Synode auf Chalcedon, wo viele Beschwerden gegen
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intrigantesten] über < besten > .
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Anastasius]
Athanasius. Verbessert nach
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Chrysostomus hervorgebracht wurden von Geistlichen, die über Chrysostomus böse waren wegen seiner Strenge. Chrysostomus wurde abgesetzt. - Bald nachher wurde Chrysostomus wieder zurückberufen, weil das Volk ungestüm darauf drang. Da er aber nun nur um so heftiger gegen die Kaiserin deklamierte, so wurde er wieder verbannt und starb in der Verbannung. So drehte sich der ganze Streit um Persönlichkeiten herum, ohne des Orígenes' wohlerworbenen Ruf in der Kirche jemals wesentlich zu schaden. Ü b e r C h r y s o s t o m u s . Er war gegen Mitte des 4ten Jahrhunderts in Antiochien geboren, Schüler des Redners Libanius. Er scheint sich auch erst haben den weltlichen Geschäften widmen zu wollen und ist erst später zu den theologischen Wissenschaften übergegangen. Mit Theodoras von Mopsuheste hörte er Diodorus von Tarsus, der viele Verdienste um die grammatische Auslegung hat.* Er wurde von Bischof Meletiusb in Antiochien zum Vorleser und von dessen Nachfolger Flavian zum Diakon und Presbyter ernannt. Er hatte inzwischen das Mönchsleben erwählt (wahrscheinlich gleich nach der Taufe), konnte es aber | 119 der Gesundheit wegen nicht aushalten, begünstigte aber doch das Mönchtum. Flavian überließ ihm einen großen Teil der Geschäfte, besonders das Predigen. Chrysostomus ist berühmt sowohl in der größern Form der Rede als auch in der mehr exegetischen, der Homilie. Die paulinischen Briefe hat er mit ausgezeichnetem Glück behandelt; er schöpfte aus Orígenes.0 Seine »Reden gegen die Anomöer« und sein Werk »Περί ίερωσυνης«. In seinem bischöflichen Amt in Konstantinopel bereitete er sich seinen Untergang durch seine Rücksichtslosigkeit und Strenge. Die Geistlichen zu seiner Zeit waren eben nicht die sittlichsten, das sieht man aus vielen Gesetzen gegen dieselben. H i e r o n i m u s . Er heißt Stridoniensisd von seinem Geburtsort, der an den Grenzen von Thrakien, Illy rien und Pannonien muß gewesen sein. Er war älter als Chrysostomus, war in Rom Schüler des Grammatikers Donatus, ließ sich nach dem 30ten Jahr taufen, reiste viel, schiffte sich nach Jerusalem ein, und nachdem er sich eine Zeitlang in Antiochien aufgehalten hatte und in der Wüste gelebt hatte, ließ er sich in Bethlehem nieder. Seine Kenntnis des Griechischen und Hebräischen machen ihn merkwürdig. Er bildet ein Mittelglied zwischen der griechischen und lateinischen Kirche. Er wirkte als Schriftsteller und durch
a
hat] mit Einfügungszeichen Uber der Zeile.
b
Meletius] Meritius. Verbessert nach K371.
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Orígenes] korr.
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Stridoniensis] Stritoniensis. Hieronymus wurde in Stridon geboren.
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persönliches Wirken, aber ein Lehramt wollte er nie annehmen aus Verehrung für das Mönchtum. Bekannt sind seine Verdienste um die Kritik der Bibel. Verbesserung der LXX; eine Übersetzung aus dem Original. - Sein Charakter war sehr heftig. Sein Betragen gegen Rufin, gegen Johannes von Jerusalem. Er spielte auch eine Rolle in den apollinarischen Händeln. Er Schloß sich immer an die Katholiken an und ließ sich durch viele Freunde bestimmen, die ihn in Verbindung mit der Welt erhielten. Apollinarische Bewegungen. (Sinesius* sollte ein Bistum in Ptolemais erhalten, wollte es aber nicht annehmen, weil er* erstens sich nicht zu allen Dogmen' wörtlich bestimmen könne, da er die Auferstehung des Fleisches nicht wörtlichd annehmen könne, und zweitens, weil er sich nicht von seiner Frau trennen könne, die" ihm Theophil selbst gegeben hätte. Auf vieles Zureden nahm er das Bistum an und behauptete viel Autorität. Er nahm | 120 sich des Chrysostomus an.[j] Apollinaris oder Apollonarian gehörte zu denen, welche ein friedliches Verhältnis mit dem Heidentum suchten. Er und sein Vater waren ausgezeichnete Philologen. Apollinaris setzte zur Zeit, als die heidnischen Wissenschaften verboten waren, eine griechische Grammatik auf und verfaßte epische, lyrische und dramatische Gedichte, wovon uns nichts übrig ist, die aber zu seiner Zeit vielen Beifall hatten. Er wird auch von Epiphanius mit Achtung behandelt, aber er und Sozomenus suchen seine Streitigkeiten auf persönliche Verhältnisse zurückzuführen. Seine Ansicht bestand wesentlich darin, die zweite Person der Gottheit habe sich nicht mit einem vollkommenen Menschen in Christo vereinigt, sie habe' nur einen menschlichen Leib und eine menschliche ψυχή angenommen, die Stelle des νοΰς habe der Logos vertreten. Er ging hier von der katholischen Ansicht aus. Er sagte, 2 vollkommen bestimmte Dinge können nicht 2 bleiben, sie müssen 1 werden oder sich unterscheiden. Das Menschliche in Christo konnte aber nichts vollkommen Bestimmtes sein. Die Ansicht führte einerseits auf 4 [ f anderseits aufs Doketische. Es war das Bedürfnis, Christum sich auf eine geeinigte Weise vorzustellen.
a b
Sinesius] über < Aet. > . Es folgt .
c d
Es folgt sich. wörtlich] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
e
die] d undeutlich.
f
habe] h undeutlich.
g
I ]] Kj Götter: Vgl. K405: »wenn Christus auch ein vollkommener Mensch sei so gebe es eine Vierheit in der Gottheit«.
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Apollinaris soll auch behauptet* haben, daß Christus das Leibliche mit vom Himmel gebracht habe, b aber das ist offenbar eine falsche Nachricht des Epiphanius. Daß das Wort Fleisch geworden sei in Christo, gab er immer zu, aber daß er eine vernünftige Seele angenommen habe in der Maria, das leugnete er. Indem Apollinaris auf die vollkommene Einheit der Person drang und alles Doketische vermeiden wollte, sagte er, das Wort sei mit dem Fleisch auf vollkommene Weise vereinigt. Die Katholischen sagten, er müsse also behaupten, daß der λόγος von Ewigkeit her mit der σάρξ vereinigt gewesen sei, und so die zeitliche Menschwerdung 1 leugnen. Das war aber eine Konsequenz, zu der sich Apollinaris nicht würde bekannt haben. Apollinaris wurde Bischof von Laodicaea. Seine Meinung wurde verschiedentlich beurteilt. Hieronimus setzte im Namen des Damasus eine Formel auf, welche die Apollinaristen unterschreiben sollten. Das wollten sied nicht und bestanden so als eine abgesonderte Partei, behaupteten aber, daß sie in der Lehre nicht vom Katholischen abwichen. Er beruft sich auf ein Schreiben des Athanasius, welchem er ganz beipflichten könne. Die Apollinaristen hatten ihren Sitz in Laodicea und Antiochien. | 121 Sie sollen sich selbst wieder in Parteien geteilt haben, das ist aber wohl nur eine Schulsache. Athanasius, Gregor von Nazianz und Gregor von Nyssa haben gegen Apollinaris geschrieben, haben aber, wie es scheint, den Punkt nicht gefaßt, auf den es ankommt. Apollinaris soll auch ein Chiliast gewesen sein. Ein Bischof Nepos schrieb gegen die allegorische Erklärung und nahm die Apokalypse wörtlich. Dionys von Alexandrien schrieb gegen ihn und nahm die Apokalypse nicht an. Apollinaris schrieb nun wieder gegen Dionys, aber seine Polemik gegen ihn bezog sich wohl mehr auf die allegorische Auslegung, indem Apollinaris die grammatische begünstigte. Daraus folgt aber nicht, daß er ein Chiliast gewesen, indem er sich über die Offenbarung Johannes nicht weiter erklärt. Den Streit der M a n i c h ä e r haben wir bis hierher verspart, weil sich von daraus ihr Verhältnis zur Kirche am besten übersehen läßt. Ihr Ursprung ist dunkel, selbst der Terminus ist zweifelhaft. Den Hauptpunkt, den man im Auge haben muß, ist das Dualistische, welches mit den Fragen über den Ursprung der Sünde und des Bösen zusammenhing.
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behauptet] b undeutlich.
b
habe] korr. aus haben,
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Menschwerdung] über .
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sie] s undeutlich.
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Die, welche Simon Magus an die Spitze aller Ketzereien stellen, sagen, er habe behauptet, das Böse stamme vom Dienste der Engel her. Marcion soll die Materie und den Teufel als ungezeugt und Grundwesen angesehen haben. Auch ihn hat man schon auf die manichäische Seite gestellt. Ob Marcion wirklich Teufel und ϋλη getrennt habe oder nicht, ist nicht mehr auszumitteln. Plotin soll gegen eine Art Gnostiker geschrieben haben. Ob dieses nicht Manichäer waren, ist wieder nicht klar. Aber daß aus der zoroastrischen Theosophie, in welcher ein lebendiger Dualismus war, die manichäischen Ansichten herrühren, ist wohl unleugbar, Aber was das Historische des M a n i betrifft, ist schwer auszumitteln. Das Christentum ist früh nach Persien gekommen, eine Mischung des Persischen mit dem Christentum mußte vorgegangen" sein. Daß Mani soll Presbyter in einer christlichen Gemeinde gewesen und dann ausgestoßen worden sei, ist nicht wahrscheinlich. Die Mischung scheint sich auf die Seite des Christentums hingeneigt zu haben. Sie sagten, das Böse könne nicht von Gott herrühren. Es bot sich im Christentum vieles dar, welches eine solche Mischung begünstigte, wenn man den Gegensatz von Licht und Finsternis, Gott und Welt buchstäblich annimmt. So entstand die Ansicht von einem bösen Grundwesen. Indem die Materie mit dem bösen | 122 Grundwesen verbunden gedacht wurde, so ging das Bestreben davon hervor, sich vom Materiellen immer mehr freizumachen, daher ihre übertriebene Enthaltung. Ihre Spekulation ging in das Gnostische und hatte sich als eine Art von eigener Schule gebildet, in welcher bestimmten Gestalt sie erst um diese Zeit in der Kirche auftrat. Die Grundtheorie des Manichäismus war die von einem zweifachen Reiche, des Lichts und der Finsternis. Das erstere ist geistig und immateriell. Durch eine Entzweiung im Reich der Finsternis, welches zugleich das Materielle ist, wurde die Entstehung der Welt gedacht. Erst ist von einer Berührung beider Reiche die Rede, woran sich die spätere christliche Lehre anschloß. Ihre Trinität ist nach der naturwissenschaftlichen Seite hin gebildeter Sabellianismus. Der Vater ist unkörperlich, der Sohn alsb δυναμις hat den Sitz in der Sonne, als' σοφία hat er den ihn im Mond, der Geist ist durch die ganze Luft verbreitet undd schwebt über den Wassern. Durch die Ergießung des Geistes hat die Erde den leidensfähigen Jesus erzeugt, womit Christus auf eigne Art ver-
a
vorgegangen] erstes g undeutlich.
b
als δΰναμις] mit Einfügungszeichen
c
als ... Mond] (1) die σοφία hat den ihren im Mond (2) als (als] korr. aus die) αοφία hat er
über der Zeile.
(er über der Zeile) < d e n * · ihn (ihn] korr. aus ihren) im Mond, d
und ... Wassern.] mit Ein/ügungszeichen
über der Zeile.
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bunden war, ohne daß dieser etwas Menschliches angenommen* habe, ähnlich wie bei Cerinth und den Gnostikern. Wie die Theorie der Erlösung im Manichäismus ausgebildet worden, ist schwer auszumitteln. Ein Manichäer gegen Augustin sagt, daß der geistige Christus in jeder menschlichen Seele gekreuzigt sei. Sie scheinen also die Leiden Christi symbolisch verstanden zu haben. Schon Arius sagt, seine Theorie sei das einzige Mittel, sich ebensowohl vor11 dem Manichäismus als Sabellianismus zu wahren. Er sagt, der Manichäismus erkläre den Sohn für ein μέρος ομοούσιο ν θεοΰ. Nächst dem hat Didimus von Alexandrien gegen die Manichäer geschrieben, es könne kein ungezeugtes Böses geben, man müsse alles Böse, selbst das des Zweifels, nur als ein sekundäres ansehen aus dem freien Willen. Der Ausdruck »σατανάς«, »διάβολος« scheint nicht in den manichäischen Schriften vorgekommen zu sein. Sie sehen den Teufel als ϋλη, als άρχων ΰ'λης an. Die Manichäer leugneten die leibliche Auferstehung, weil die ϋλη unheilig ist. Die lichtartigen Seelen entreißt der Mond von der Materie und fuhrt sie ins Lichterreich, und die der Finsternis angehörenden Seelen müssen die tierische Welt durchwandern. I 123 Da' Mani sich selbst Paraklet genannt habe, wie Theodoret meint, so läßt sich leicht denken, daß spätere Manichäer den Mani als solchen ansahen, daher der Manichäer Faustus die Theorie hatte, daß alle neutestamentlichen Schriften lange nach der apostolischen Zeit gemacht und untergeschoben wären. Dies bezog sich vorzüglich auf die Evangelien. Noch ein Gegner des Manichäismus war Titus, Bischof von Bostra. Er sagt, wenn man 2 Grundwesen annehme, so müßten sie geschieden sein; wenn sie von Anfang an nicht ungeschieden gewesen wären, so müßten die Geister von Anfang an beschäftigt gewesen sein, den Geringeren zu besiegen. Wären sie geschieden, so müßte ein drittes sie Scheidendes da sein. - Es warfen viele dem Titus vor, was er widerlege, sei nicht Manichäismus. P o l e m i k A u g u s t i n s g e g e n die M a n i c h ä e r . Das Böse kann nicht von Gott herrühren, ein eignes Prinzip müsse man annehmen, behaupteten die Manichäer. Augustin ging davon aus wie Didimus, daß das Böse nur aus dem Mißbrauch des Willens entstehe und daß das Böse im Teufel kein andres sei als das in anderen Menschen. Die Manichäer nannten aber diesen freien Willen eine
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angenommen] erstes n undeutlich.
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vor] mit Einfügungszeichen aber der Zeile.
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Da] mit Einfügungszeichen aber < Daß > .
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»licentia peccandi« und sagten, es liege also das Böse im Willen Gottes. Augustin geht in den Ausweg zurück, daß er sagte, Gott habe die Möglichkeit des Bösen setzen müssen mit der in dem freien* Willen allein liegenden Möglichkeit des Guten. Fortunatus, Faustus, Secundinus waren seine vorzüglichsten Gegner. Den Secundinus brachte er dazu, daß er gestand, die Seele sündige durch freien Willen, indem sie ins Böse einwillige. Hätte Augustin hier fortgefahren und gezeigt, wie erst das Zusammensein der Einwilligung mit dem äußeren Impuls (der όρμή) das Böse sei, so wäre nicht mehr notwendig gewesen, den Impuls selbst als ein Böses darzustellen und dem Bösen ein selbständiges Dasein zu geben. Die äußere Geschichte des Manichäismus ist sehr einfach. Da die Manichäer Antimonarchianer waren, so wurde ihr Prinzip von vornherein als unchristlich angenommen. Valentinian und Theodos gaben Gesetze, welche den Manichäern nicht nur ihre Versammlungen verweigerten, sondern ihnen auch ihre bürgerlichen Rechte nahmen. Aber oft verwechselte man wegen Äußerlichkeiten Montanisten und Enkratiten mit Manichäern. Endlich wurden die Manichäer aus Rom vertrieben. Der Manichäismus hat indessen eine Verwandtschaft mit | 124 dem eigentümlichen Typus des Christentums. In späteren Zeiten sind manichäische Andeutungen im Christentum immer wiedergekommen und fehlen eigentlich nie ganz. Aus dem Streit gegen den Manichäismus geht d e r P e l a g i a n i s m u s hervor. Pelagius und Cälestius waren beide Briten; sie lernten sich erst in Rom kennen. Eine Sage sagt, Pelagius habe Morganb geheißen. Wenn die Manichäer aus einer naturwissenschaftlichen Spekulation herrühren, so hat Pelagius sein System aus einer trivialen Popular-Philosophie. Es wird darin unterschieden eine gemeine Sittlichkeit aller Menschen und eine höhere aszetische, die nicht allen zugemutet werden könne. Er unterscheidet das Gute, was befohlen, das Böse, was verboten ist, und dazwischen ein Mittleres, άδιάφορα, welches ihm freisteht. Schon mehrere haben nicht mit Unrecht gesagt, daß das Mönchtum überhaupt etwas Pelagianisches in sich trage. In Beziehung auf das Moralische sei für den Menschen kein Unterschied, ob er in der Erlösung oder außer der Erlösung stehe.
In dem, was man bei den letzten arianischen Streitigkeiten vom Verhältnis 35 des heiligen Geistes zum Menschen gesagt hat, lag schon Pelagianisches. Den ersten Anfang zu den Streitigkeiten über die beiden Naturen in Christo haben
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freien Willen] über < Möglichkeit > .
b
Morgan] Nordan korr. aus Mordan. Verbessert nach K1089.
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wir in den apollinarischen Streitigkeiten gesehen. Sowie aber der Mensch in der Gemeinschaft mit dem Erlöser ist, so bildet sich in ihm ein Analogon des Göttlichen im Menschlichen, und so schlossen sich an diese Streitigkeiten die über das Wesen des heiligen Geistes an, und man suchte sich zu verständigen 5 darüber, was Werk des göttlichen Geistes und was das des menschlichen sei. Hier muß auf das geistliche Selbstbewußtsein zurückgegangen werden, das Bewußtsein der Erlösungsbedürftigkeit und das der Gnade. Dies scheint der monotheistischen Religion gefährlich zu sein, indem auf der einen Seite ein Zustand der Ohnmacht des Menschen, auf der anderen eine Gehemmtheit des 10 göttlichen Wesens hervortritt. Da teilten sich eben die Ansichten: die einen mit Augustin setzten die Ohnmacht des Menschen auf die Spitze und hielten die Gnade fest, die Pelagianer sahen hierin den Übergang zum Manichäischen und neigten auf die andre Seite, damit kein Zustand des Menschen erscheinen möge, der dem Prinzip der Monarchie zuwider wäre. 15 I 125 Die Pelagianer nannten die Katholischen Manichäer und die Katholischen sagten von den Pelagianern, sie höben das Christentum ganz auf, weil sie die Notwendigkeit der Erlösung verweigerten.
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Die Personen beim Pelagianismus sind etwas Zufälliges. Die Dürftigkeit der moralischen Ansicht besteht darin, daß, indem man mit der Reflexion gar nicht bis ins Tiefste des christlichen Bewußtseins hinabstieg, sondern mehr bei der Betrachtung der äußeren Resultate stehenblieb, nun einer solchen Ansicht sich der Unterschied verbergen konnte zwischen dem, was vor Christo als Vermögen der menschlichen Natur erscheint, und demjenigen, was als Resultat der Erlösung erscheint. Bisher hatten sich die Reflexionen über diese Regionen wenig erstreckt. Pelagius ging vorzüglich davon aus, die menschliche Natur müsse notwendig an und für sich gut sein. Von diesem Satz läßt sich nicht nachweisen, daß er in" der Polemik gegen den Manichäismus entstanden sei, sondern er lag in dem dürftigen Bewußtsein der Leistungen des Christentums. Sie wurden mehr in eine Reihe gestellt mit allen Förderungsmitteln der menschlichen b Vollkommenheit und nicht als etwas Eigentümliches herausgehoben. Von der Güte der Natur, sagt Pelagius, gebe Zeugnis das Gewissen. Wenn der Mensch dem Gewissen folge, so könne er gerecht und ohne Sünde sein. Sein Schüler und Verteidiger Coelestius ging weiter und behauptete, es habe zu allen Zeiten Menschen ohne Sünde gegeben. Pelagius blieb bei der Möglichkeit stehen.
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in] korr. aus im.
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menschlichen] mil Einfügungszeichen über der Zeile.
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Er lehrte auch, die sinnlichen Triebe gehören zum bonum naturae. Das war das erste ganz deutliche Anti-Manichäische. Augustin rechnet ihm auch dies als Ketzerei an. Man müsse sich die menschliche Natur nicht im Abnehmen, sondern im Zunehmen denken. Warf man ihm vor, daß er die Vollkommenheit des Menschen vom Menschen selbst abhängig mache, so sagte er, das sei seine Meinung, inwiefern im guten Willen das Lob des Menschen bestehe. Ohne freien Willen könne man ihn weder loben noch tadeln. Ob ein Mensch gerecht sei und ein anderer ungerecht, das sei nicht auf den göttlichen Willen zurückzuführen, sondern auf den menschlichen. Aber die Möglichkeit des Wollens und Vollbringens komme von Gott, und so sei alles Werk der göttlichen Gnade. Aber das Wort »Gnade« wurde hier nicht im christlichen Sinn als von der erlösenden Gnade gebraucht. Darüber tadelt ihn Augustin. Aus den Äußerungen | 126 der Pelagianer geht hervor, daß sie sagen, [daß] die Gnade der Erlösung den Menschen durch die Taufe gegeben werde. Sie bestehe in der Sündenvergebung und Stärkung des guten Willens. Pelagius behauptete aber, sooft der menschliche Wille sich zum Guten neige, erfahre er den göttlichen Beistand. Diesen Beistand mußte er aber ansehen, als ob er außer dem Christentum ebensogut zu finden wäre als in dem Christentum. Außer der ursprünglichen göttlichen Gnade, die im freien Willen liege, haben sie doch eine spezielle Gnade angenommen, einmal im Gesetz, nachdem der freie Wille und die Erkenntnis des Guten wäre geschwächt worden, und dann sei Christus hinzugekommen, auf der einen Seite, um die Sündenvergebung möglich zu machen durch seine Aufopferung, auf der anderen Seite, um den* Unterricht des Gesetzes zu vervollständigen und das Gesetz zu erfüllen. Gegen die Pelagianer stand zuerst Augustin mit dem größten Eifer auf. Die Lehre des Augustin entwickelte sich aus seiner tieferen Ansicht des Christentums und aus einer großartigen geschichtlichen Ansicht desselben. Augustin war erst in Verbindung mit den Manichäern, verließ sie aber bald. Da er geschickt in den weltlichen Wissenschaften war, so erhieltb er viel Anlaß zu Ausschweifungen. In dieser Ungewißheit erfuhr er eine solche plötzliche Bekehrung und Befestigung des Glaubens und Abscheu und Widerwillen gegen sein bisheriges Leben, und diese wandte er auf das Ganze an, und so erschien ihm die Erlösung als eine allgemeine Restitution des menschlichen Geschlechts. Deswegen konnte er, sobald ihm die pelagianischen Sätze kundwurden, unmöglich stillschweigen.
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den Unterricht] mit Einfügungszeichen
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erhielt] korr.
über der Zeile.
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Er stellte seine Hauptsätze dagegen, welche wesentlich darin bestehen: Der Mensch sei keineswegs, weder im Zustand der Natur noch im Zustand des Gesetzes, in einem solchen Zustand, daß er das* wahrhaft Gute tun könne, er sei von Natur unfähig. (Natur schrieb er aber nicht von der Erschaffung, sondem von der ersten Sünde des Adams her.) Das Gesetz sei unfähig, den Menschen zum Guten zu führen, weil es nichts in den Willen hineintrage. Im Evangelium sei aber eine Gnade, welche den Willen bewege und auf den Willen wirke. Pelagiusb sagte, es wäre widersinnig, daß man sagen wolle, der Mensch bedürfe des göttlichen Beistandes zur Erkenntnis (denn der Apostel sage, Erkenntnis ohne Liebe blähe auf). Augustin0 behauptete, daß die Gnade nicht nur auf Erkenntnis, sondern auch auf den Willen wirke. | 127 Es habe weder im Zustand der Natur noch im Zustand des Gesetzes vollkommene Menschen gegeben. Zum Beweis der Erbsünde braucht Augustin die bekannte Stelle im Römerbrief. Es kam dabei darauf an, wieso die Natur könne eine Veränderung erleiden und wie kann man sich diese denken und wieso sich diese von Adam über alle Menschen verbreitete. Augustin behauptete, der Mensch sei unsterblich geschaffen und sei durch die Sünde sterblich geworden. Gegen seine Theorie ist Theodor von Mopsuhested exegetisch aufgestanden. Er sagt, die Unsterblichkeit lasse sich aus keiner Stelle, weder Rom. noch Gen.,' erklären. Die Sünde sei nur Veranlassung gewesen zur Verwirklichung des Todes. Julian' sagt, die Theorie sei geradezu manichäisch. Wenn die Sünde Macht hatte, auf die Natur zu wirken, so müsse sie eine Substanz sein, außer der Natur gesetzt, und dies sei aber manichäisch. Diesen Einwürfen konnte Augustin nicht auf eine genügende Weise entgegnen. Nun entstand die Frage, wie sich denn die sündige Seele fortgepflanzt habe. Dies führte auf die Frage von der Fortpflanzung der Seelen überhaupt. Die einen nahmen an, daß Gott jedesmal die Seelen schaffe, andre nahmen an, die Seelen hätten schon existiert, und eine Modifikation davon ist, daß die Seelen durch eine frühere Schuld dazu verurteilt wurden, in diesem Körper eingeschlossen zu
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das] d undeutlich.
b
Pelagius sagte,] mit Einfügungszeichen Uber der Zeile.
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Davor < [ ] >.
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Mopsuheste] korr.
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Es folgt < zu • .
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Julian] über < [ ] >.
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sein, was Orígenes behauptete. Diese letztere Ansicht ist von Augustin immer für häretisch erklärt worden, die Meinung, daß die Seelen schon früher bei Gott existiert hätten, war seiner Ansicht auch nicht günstig. Es blieb für ihn nur die Meinung, daß die menschlichen Seelen ebenso wären in Adam präformiert gewesen und gleichsam implicite in Adams Natur enthalten. Er urgiert in der Stelle im Römerbrief [5,72] das i n , daß die Menschen in Adam gesündigt hätten. Augustin war nicht übereinstimmend mit Hieronimus. Dieser glaubte, daß die Seelen zugleich mit dem Körper geschaffen würden, Nun kam zu Augustin ein gewisser Orosius, der von ihm Belehrung verlangte, ein Gegner des | 128 Pelagius und Cälestius. Augustin sagte ihm, er möchte seine Belehrung bei Hieronimus einholen. Hieronimus provozierte aber auf Augustin, weil er sich fürchtete, Augustin möchte seine Lehre verketzern. Hieronimus nahm positiven Anteil am Streit gegen Pelagius, in welchem er aber aus Mangel an Spekulation nicht viel Glück machte. Die Pelagianer machten sich über die Ansicht lustig, und der Name »Traduzianer« (propagatio per radicem*) war ein Spottname bei ihnen. Pelagius und seine Anhänger sagten, man müsse alle Willkür von Gott entfernen. Nähme man also an, daß der Mensch mit seinem Willen Anfang zum Guten mache, so läge darin keine Willkür, sondern Gerechtigkeit. Allein Augustin konnte diese Ansicht nicht gutheißen, weil hier das Gute von der Freiheit des menschlichen Willens ausging. Er konnte nur lehren, daß die göttliche Gnade keinen Bestimmungsgrund gebe im Menschen selbst. Daß Gott einigen Beistand gebe und anderen versage, so manifestiere sich durch das eine seine Gnade, durch das andre seine Gerechtigkeit. Aber warum Gott die Gnade diesen oder jenen zuwende, das sei das verborgene Gericht Gottes, von dem man aber nicht sagen könne, daß es ungerecht sei. Hier ist ein Schlagbaum gesetzt für die weitere Forschung. Natürlich mußte die Theorie, so gefaßt, viele Gegner haben. Es tritt ein Gegensatz ein, der nicht zu schlichten ist. Auf der einen Seite ist es das christliche Gefühl, daß alles Gute im Menschen Gott zuzuschreiben ist und daß der Erlösung die Sünde vorangehe, aber auf der anderen liegt ebensowohl ein Gefühl der Gleichheit der Menschen in Beziehung auf die göttliche Gnade der Erlösung. Augustin nahm nun eine Zeit an, wo die menschliche Natur vor der ersten Sünde in ihrer Vollkommenheit bestanden habe. Theodor von Mopsuheste sagte, die Sünde sei bald nach der Schöpfung Adams geschehn, wozu ihn also Gott auf so kurze Zeit vollkommen und unsterblich geschaffen habe? Damit | 129 hing die
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radicem] korr.
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Frage zusammen, warum Adam* durch eine böse Handlung die Fähigkeit zum Guten verloren habe. Ein anderer Punkt, der die Sache schwierig machte, war die Annahme der ewigen Verdammnis. Wenn man Orígenes' Ansicht von den Strafen als Läuterungsprozesse annimmt, so kann man auch die Ansicht der Gnade von Augustin annehmen. Hieronimus, sonst ein Gegner des Orígenes, beging hier die Unbesonnenheit, es dem Pelagius als Ketzerei auszulegen, daß er annahm, am b Tag des Gerichts würden die Sünder zum ewigen Feuer verurteilt werden. Dazu kam, daß Augustin auch hier die Theorie einmischte, daß die Seligkeit an die Taufe gebunden sei. Wie wolle man erklären, daß Gott die Kinder, die vor der Taufe stürben, zur ewigen Verdammnis verurteilt? Die Pelagianer sagten entweder, die ungetauften Kinder lebten selig, aber nicht im Himmelreich, es gebe einen besonderen Ort für sie. Andre sagten, die Kinder hätten schon im Mutterleibe den freien Willen, da es nun keine völlige Gleichgültigkeit gebe, so seien schon die ersten Sünden in den Kindern und sie seien erlösungsbedürftig. Die Meinung von der Verdammlichkeit der natürlichen Triebe erleichterte dem Augustin seine Vorstellung. Die Geschlechtslust, sagte er, sei auch sündlich. Die Pelagianer rechneten aber alle Triebe zum natürlichen Guten und sagten, er wurde nur böse durch die Anwendung, welche der Mensch davon mache. Man kann nicht leugnen, daß Augustin auch in diese Streitigkeit seine Theorie von der erlaubten Grausamkeit gegen Ketzer hineingebracht hat. Cälestius bestand immer darauf, daß die Fragen nur theologisch wären und daß sie den Glauben des Volks nicht berührten. Augustin ist aber von Anfang an darin nicht recht rein zu Werke gegangen, er suchte kaiserliche Edikte gegen die Pelagianer nach, wodurch er dem Streit eine [ ] Wendung gab. Augustin spielte den Streit auch in die Trinitätslehre hinein und beschuldigte den Pelagius des Antitrinitarismus, indem er durch das Leugnen der Gnade die Gottheit Christi und des heiligen Geistes leugne. Dies hatte | 130 seinen Grund im innern Zusammenhang, den alle christlichen Lehren unter sich haben. Der Streit fing an mit einem Brief, den Pelagius auf Anregung seiner Mutter an ein reiches Frauenzimmer schrieb, die sich Gott geweiht hatte. In der Art, wie Pelagius da das Gute und Böse" einander entgegenstellte, fand Augustin zuerst Häretisches.
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Adam] Uber < [ ] >.
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am] korr.
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Cälestius, wahrscheinlich ein Landsmann des Pelagius, drückte dieselben Meinungen deutlicher aus. Über diesen wurde zuerst eine* Synode zu Karthago gehalten. Er habe gesagt: Adam sei sterblich geschaffen gewesen, also wäre unser Tod nicht Folge von seinem, also wäre auch unsere Auferstehung nicht Folge der Auferstehung Christi; 2) die Sünde Adams habe keinen Einfluß auf unsere Sünden gehabt; 3) es seien vor der Ankunft Christi auch vollkommene Menschen gewesen undb man könne durch das Gesetz gerettet werden. Cälestius scheint sich auf die Streitigkeiten nicht haben einlassen zu wollen, indem die beiden ersten Punkte nur für das theologische Wissen gehörten; was den letzten Punkt betrifft, berief er sich auf alttestamentliche Stellen. Cälestius appellierte an Innocentius, den damaligen Bischof von Rom. Innocentius nahm sich seiner an, aber die Synode achtete dies nicht. Unterdessen war Pelagius nach Palästina gegangen, und dort gingen 2 abgesetzte Bischöfe hin, um den Pelagius wegen ketzerischer Meinungen anzuklagen, und so kam die Sache in die griechische Kirche.16 Johannes von Jerusalem hielt dort eine Synode der Ältesten von Jerusalem, wo Orosius als eigentlicher Kläger gegen Pelagius auftrat. Es wurden aus den Sätzen des Orosius Fragen herausgezogen, die dem Pelagius vorgelegt wurden. Man fand aber, daß sich hier nichts entscheiden lasse, weil Pelagius und Cälestius Römer und sie Griechen wären. Johannes begnügte sich damit, daß die Sache nach Rom vor® Innocentius kam. Indessen veranlaßte dies eine neue Synode zu Diospolis. Es wurden dem Pelagius die Sätze vorgelegt, welche die Synode zu Karthago an Cälestius verdammt hatte. Pelagius lehnte einen großen Teil der Sätze ab und sagte, das wären nicht die seinigen. Er berief sich auf frühere Schriften des Augustin, wo er gesagt haben soll, nur der könne Hilfe von Gott erhalten, der freiwillig das Gute versuche, und dergleichen. Die Ableugnung des Pelagius | 131 der Sätze des Cälestius läßt sich nicht erklären. Daß er geheuchelt hatte, läßt sich nicht denken, denn vor der griechisehen Synode hätte er nichts zu befürchten gehabt. Wahrscheinlich war Cälestius in manchem weiter gegangen, aber alle Sätze des Cälestius stehn doch mit früheren und späteren Behauptungen des Pelagius zusammen. Er berief sich aber darauf, daß er sie bis jetzt noch nicht behauptet habe. Eine neue Synode wurde in Mileve gehalten. Aus dem Bericht an Innocentius sieht man, daß andre Sätze waren aufgestellt worden, die aber mehr
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Es folgt < Karth. > .
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und ... werden.] mit Einfügungszeichen
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Nebensachen betrafen. Es wurde gesagt, es folge aus den Sätzen des Pelagius, daß man Gott nicht um Beistand zum Guten anrufen dürfe, zweitens, die Taufe helfe den Kindern nicht zur Erlangung des ewigen Lebens. - Pelagius erklärte sich, er habe immer behauptet, daß die Taufe den Kindern nötig sei. Hierauf wandte sich die Synode wieder an Innocenz. Noch schrieben einige Bischöfe besonders an Innocenz. Innocenz trat schriftlich ihrem Urteil bei. Allein Cälestius, der unterdessen in Asien gewesen war und in Ephesus die Würde eines Presbyters erhalten hatte, kam nach Rom. Innocenz war gestorben, sein Nachfolger Zosimus erklärte Cälestius für rechtgläubig. Pelagius verteidigte sich schriftlich. Zosimus nahm auch seine Rechtfertigung an. Daher war man in Afrika um so eifriger dagegen. 418 wurde eine neue Synode zu Karthago gehalten, wo ein förmliches Anathema gegen die Sätze des Cälestius ausgesprochen wurde. Cälestius wurde vertrieben, Pelagius wurde Rom verboten; überall sollte erlaubt sein, die beiden zu verfolgen. Dies bewog Zosimus, seine Meinung auch zu ändern. Er schickte das Verdammungsurteil an die Bischöfe. Alle unterschrieben außer Julian und 18 anderen italischen Bischöfen. Nun war die augustinische Meinung als kirchliche Lehre erklärt und Pelagius und Cälestius als häretisch. Natürlich konnte sich der Pelagius nicht länger mehr halten. In der griechischen Kirche wurde aber weniger Notiz von der Sache genommen, man blieb in einer Unbestimmtheit. Diese Differenz der beiden Kirchen hierin liegt wohl in der Differenz ihrer Philosophie | 132 und ihres Nationalcharakters. Im Abendland hatte die stoische Philosophie geherrscht, da spielte der freie Wille eine große Rolle, in den griechischen Ländern hatte die platonisehe* und peripateische Philosophie geherrscht, da war das kein so bedeutender Gegenstand und die Frage nicht so interessant. Was den Nationalcharakter betrifft, so muß man bei den Griechen freilich auf die ältere Zeit zurückgehen. In der Zeit der Blüte war in Griechenland das Republikanische das Dominierende und auch bei den Monarchien hatte e f sich im Prinzipalwesen erhalten. Es war ein Unterordnen des Einzelnen unter das Allgemeine, wo das persönliche Übergewicht sich' mehr verlor. In der römischen Kirche hatte sich der Oppositionscharakter gebildet, und das persönliche Bewußtsein trat stärker hervor.
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platonische] korr.
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ei] sie.
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sich] s undeutlich.
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Sagt man, die griechische Kirche sei pelagianisch geblieben, so ist das zuviel. Das Entgegengesetzte des* Augustin war kein bestimmtes Dogma, sondern ein Gegenstand, welcher unbestimmt gelassen wurde. Die Fehler, welche Augustin in der Führung des Streites begangen hatte, erzeugten einen nur untergeordneten Streit, welcher größtenteils in Gallien geführt wurde.1* Es gab mehrere und angesehene Mönche, welche sich in der augustinischen Theorie von der Prädestination nicht finden konnten. Diese schlugen ein Mittelweg vor. Sie gingen davon aus, daß inc der Taufe schon die göttliche Gnade liege. Es liege d hierbei das göttliche Voraussehn zum Grunde, io Augustin war nicht von dem Satz ausgegangen, daß man nie wieder aus der Gnade herausfallen könne. Das donum perseverantiae sei die höchste Gnade. Jene sagten, wenn Gott voraussehe, daß einer sich freiwillig zum Guten entschließe, so gebe er ihm die Gnade, und umgekehrt. Dies war das Prinzip der Semipelagianer. Aber wie will man in Gott Vorherwissen und Vorherbestimmen 15 trennen? Die Semipelagianer sagten, man könne nicht' glauben, daß die Natur sei so verdorben, daß der Mensch nicht noch den Willen habe, geheilt zu werden und daß nicht das Anliegen zur Besserung aus dem Willen hervorgehen könnte. Das erste hat seine Richtigkeit, aber das zweite ist eine andre Frage, und wenn man das eigentümlich Christliche festhält und das, was im Christentum gut 20 heißt, I 133 festhält, so wird man sich nur auf Augustins Seite bestimmen müssen. Den Anfang zum Guten könne der Mensch machen, sagten die Semipelagianer, indem er die Taufe annehme und sich zur Buße entschließe; an diese beiden Punkte knüpfe sich die göttliche Gnade, aber auch umgekehrt könne die Gnade den Anfang machen. Die Hauptpersonen unter den Semipelagianern 25 waren Cassianus,' Hilarius, Faustus. Man sieht, daß schon damals die Theorie der Buße (von der contritio, confessio, satisfactio) vorhanden war. 5
Die 8 Streitigkeiten11 zogen sich bis ins 6te Jahrhundert, aber auf einer Synode, der1 arausitanischen, wurde der Semipelagianismus de facto für unkatholisch erklärt, aber hernach ist er wieder aufgekommen, und die meisten Lehrer 30 im Abendland waren Semipelagianer.
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des] korr.
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wurde] korr. aus wurden,
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in] korr.
d
liege] korr.
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nicht] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
f
Cassianus] korr.
g
Die] d undeutlich.
h
Streitigkeiten] g und erstes t undeutlich.
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der arausitanischen] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
Zweite Periode
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Kein Kirchenlehrer dieser Zeit hat ein so vollständiges System gehabt wie Augustin. Allerdings war sein Wert als Theologe auch beschränkt, er schwebte zwischen der grammatischen und allegorischen Auslegung. Er war zwar ursprünglich Lehrer der Beredsamkeit und hatte sich als solcher mit philosophi5 sehen Studien abgegeben. Aber in seinen Schriften ist eine große Scheidung zwischen der rein philosophischen Produktion und der dogmatischen, so sehr, daß er sich scheut, in philosophischen Schriften den Namen Christi anzuführen. Wenngleich in seinen Schriften viel Wiederholung* vorkommt, so ist doch in jeder etwas Eigentümliches, worin sich der Reichtum seines Geistes offenbart. 10 Keiner seiner Schriften ist entbehrlich zu seiner Charakteristik. Bei seinen Zeitgenossen ist das Rhetorische Dominierendes. Er konnte sich nicht ganz losmachen von gewissen Vorstellungen, die in seiner Zeit schon festgestellt waren. Wenn Augustin freier gewesen b wäre, so würde auch seine Lehre reiner sein, aber das Durchdrungensein vom Geiste des Ganzen lag dieser Hemmung 15 zum Grunde, die man daher nicht tadeln kann. Unter den Semipelagianern waren gelehrte Leute: Cassian, Vincentius Lerinensis, Gennadius, Faustus (»De gratia dei et hominis libero arbitrio«). Späterhin finden sich in der römischen Kirche Boethius, Cassiodor. Aber es ist nicht zu leugnen, daß die | 134 Verwüstung des römischen Reichs durch die 20 germanischen Völker nachteilig auf die Wissenschaft wirkte. Auf der hellenischen Seite war mit Gregor von Nazianz und von Nyssa, Chrysostomus, Basilius ziemlich die hellenische Blüte ausgestorben. Es traten hier dieselben Umstände ein. Indessen gingen in der hellenischen Kirche um die Zeit des Todes Augustins 25 neue Bewegungen an, welche aber noch mehr verunreinigt waren durch weltliche Einmischungen als die arianischen. Dies sind die n e s t o r i a n i s c h e n S t r e i t i g k e i t e n , die ihre Veranlassung in dem rhetorischen Charakter der damaligen Kirchenlehre hatten. Die Mitteilung zum Behuf der Erbauung hat ihrer Natur nach keinen rein wissenschaftlichen Charakter, es müssen sich darin Ausdrücke 30 bilden, die wegen ihrer Unbestimmtheit mehr Erörterung bedürfen. Man hatte der Jungfrau Maria das Epitheton θεοτόκος beigelegt. Dies wurde angefochten von Nestor, vielleicht schon vor ihm. Nestor, ein Syrier, war Presbyter von c Antiochien, von tadellosen Sitten und beim Volk beliebt. Als 427 der bischöfliche Stuhl in Konstantinopel erledigt worden war und sich viele 35 Parteien bildeten, glaubte man, am besten zu tun, den Nestor auf den bischöfli-
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Es folgt
< ihn > .
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Es folgt
.
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von Antiochien] über der Zeile.
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s
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chen Stuhl zu berufen. Es ist wahrscheinlich, daß Nestor dort die Streitigkeiten über θεοτόκος schon vorgefunden hat. (Seine Briefe an den Bischof Coelestin.) Die Sache selbst hatte* eine gewisse Notwendigkeit in sich. Die Streitigkeit konnte ihren Grund nicht in den äußeren Veranlassungen allein haben. Nachdem nun die katholische Kirche über das Verhältnis des Göttlichen in Christo zu Gott dem Vater in Ruhe gekommen war, so war die natürliche Frage: Wie verhält sich das Göttliche in Christo zum Menschlichen in Christo? Wie kann das Göttliche und Menschliche 1 sein? Und was ist in dieser Einheit dieb Funktion eines jeden? Hieraus war der Apollinarismus entstanden. Dieser war verurteilt worden, aber diec Sache war keineswegs erschöpft. Nestorius war ein großer Gegner der Arianer, er forderte den Kaiser zu ihrer Verfolgung auf, auch war [er] ein großer Gegner der Apollinaristen. In Konstantinopel kam er nun in den Streit hinein zwischen 2 Parteien, wovon die eine behauptete, man müsse Maria θεοτόκος, [die] andere, man müsse"1 sie nur I 135 άνθρωποτόκος nennen. Daß Nestor den Streit nicht angefangen, geht daraus hervor, daß er weder den einen noch den anderen Ausdruck zum kirchlichen Gebrauch geeignet fand, sondern einen dritten Ausdruck, χριστοτόκος, aufbrachte. Er sagte, man müsse Göttliches und Menschliches in Christo streng scheiden. In der Schrift,* wenn von Leiden und Tod die Rede sei, heiße es nie θεός. Ebenso könne man das Geborenwerden und Wachsen nur auf den Menschen und auf Christus überhaupt beziehen. Da in der Schrift stehe, das, was von der Maria geboren sei, wurde vom heiligen Geist empfangen, sof könne man* doch die zweite Person der Gottheit nicht1" abhängig machen von der dritten. Sein Prinzip war, man müsse die Naturen teilen und dürfe vom einen nicht alles sagen, was vom anderen, man müsse aber in Christo das Göttliche und Menschliche vereinigt verehren und anbeten. Den Ausdruck »ενωσις« suchte er zu vermeiden und brauchte' den Ausdruck »συνάφεια«. Er drückt sich am liebsten so aus, der θεός λόγος sei vom Menschen unzertrennlich gewesen. Er wollte die Einheit lieber negativ als positiv ausdrücken. Die Menschheit Christi
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hatte] korr. aus hatten,
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die] d undeutlich.
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die] d undeutlich.
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müsse] üss undeutlich.
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Es folgt < werde > .
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so] über < e r > .
g
man] über .
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nicht] mit Einfiigungszeichen aber der Zeile.
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brauchte ... συνάφεια] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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wäre das vollkommene Organ des θεός λόγος. Von diesem letzteren Gesichtspunkt war Apollinaris auch ausgegangen. Es fehlte aber viel, daß des Nestors Absicht von den Gegnern wäre erkannt worden. Die konstantinopolitanischen Gegner griffen ihn darum an, weil er der Maria ihre Ehre raubte. Außer Konstantinopel war Cyrill von Alexandrien, Neffe und Nachfolger von Theophilus, sein vorzüglichster Gegner. Es wiederholt sich hier ganz das Verhältnis zwischen Theophilus und Chrysostomus. Des Nestors Predigten, worin der Ausdruck »θεοτόκος« verworfen war, kamen nach Alexandrien* zur selben Zeit, als viele Klagen gegen Cyrill in Konstantinopel eingelaufen waren. Da Cyrill zu besorgen hatte, daß die Klagen gegen ihn möchten an Nestor verwiesen werden, so benutzte Cyrill diese Predigten, den Nestor verdächtig zu machen. Er schrieb also gegen Nestor und schickte die Abhandlungen an den Kaiser und die Kaiserin. Er ging von dem Prinzip aus, daß man sich bei dem beruhigen müsse, was | 136 festgestellt sei. Nun konnte sich der Streit zwischen beiden nur um die Frage \ie.Tum\bewegeri\, ob man von allem, was Christo menschlich begegnet sei, auch das Göttliche prädizieren könne. Die Sache bekamb bald eine äußerliche Tendenz dadurch,' daß Cyrill die Abendländer hineinzog. Nestor - meinte, man könne eher Gott Vater θεοτόκος nennen und Maria θεοδόκος.' Cyrillus entgegnete ihm, man müsse den Vater eher θεογεννήτωρ nennen. Hierdurch kam die Verwirrung, daß man auch annahm, der λόγος sei von Ewigkeit her mit der menschlichen Natur verbunden gewesen. Cyrill hatte sich unterdessen an den römischen Bischof Coelestin gewendet und ihm die Ketzerei des Nestor wahrscheinlich gemacht. Coelestin, der sich sonst um dergleichen nicht viel bekümmerte, verurteilte den Nestor auf einer römischen Synode und trug dem Cyrill die Ausführung dieses Dekrets auf. Cyrill schrieb dem Johannes von Antiochien und Acacius von Beroia und suchte sie gegen Nestor aufzubringen. Er selbst hielt eine Synode zu Alexandrien, wo er mit seinen Geistlichen eine Formel entwarf, die Nestor unterschreiben sollte, um seinen Widerruf erkennen zu geben. Dieser Aufsatz ist bekannt unter dem Namen der »12 Anathematismen«, weil den Sätzen gleich die Verdammungsurteile beigefügt waren. Nestor setzte diesen 12 andre entgegen, hob die Kirchengemeinschaft mit Cyrill auf, und so war der Streit ausgebrochen.
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Alexandrien] über < [ ] >.
b
bekam] b undeutlich.
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dadurch, ... hineinzog.] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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Nestor] über .
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θεοδόχος. Cyrillus] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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Cyrill schrieb* vor, Nestor solle verdammen jeden, der behauptet, man müsse den angenommenen Menschen mit dem Wort zugleich anbeten. Er solle jeden verdammen, der behauptet, das Wort sei Gott, und nicht, es sei zugleich Gott und Mensch. Er soll verdammen jeden, der sage, das Wort Gottes habe auf Jesus, den Menschen, gewirkt. Was den mittleren Satz betrifft, so gab der Veranlassung, den Cyrill selbst für ketzerisch zu halten. In der Folge half sich Cyrill heraus, aber auf ungenügende Weise. Unter den Anathemata des Nestor waren vorzüglich die: Cyrill solle jeden verdammen, welcher behaupte, das Fleisch sei der göttlichen Natur fähig, und jeden, der mit der Menschwerdung eine örtliche Veränderung des göttlichen Wesens annehme, ferner jeden, der sage, daß der aus der Jungfrau erschaffene Mensch der Eingeborene sei, ferner jeden, der behaupte, daß das mit dem Wort vereinigte Fleisch durch die Macht seiner eigene Natur lebendigmachend sei (das ging auf die Übertragung der Eigenschaften, die Cyrill behauptet1" hatte). I 137 Die vornehmsten morgenländischen Bischöfe, Andreas von Samosata und Theodoret von Kyros, griffen die cyrillischen Anathematismen an und erklärten sie für ketzerisch. Allgemeines Verlangen nach einer ökumenischen Synode. Theodoret schrieb eine Schrift gegen die Anathematismen des Cyrill und 3 Gespräche, die diesen Gegenstand betreffen: ατρεπτος, άαυγχΰτος, απαθής. Im ersten stellt er das Verhältnis so dar, daß die Menschheit Christi als ein Tempel anzusehn sei, in welchem die Gottheit Christi ohne Veränderung gewohnt habe. Das Bild ist unpassend, da man die lebendige Einwohung der Gottheit aus diesem Verhältnis nicht entnehmen kann.® Im zweiten trägt er vor, daß die Eigenschaften nicht vermischt gewesen seien, jede Natur behaupte ihr Eigenes, einiges könne nur angesehen werden als von der menschlichen Natur ausgehend. In diesem Gespräch wendet Theodoret das Abendmahl als ein Bild an, in welchem sich die Unvermischung der Naturen nachweisen lasse. Im dritten setzt er auseinander, wie Tod und Leiden ebensowenig vond der göttlichen Natur gesagt werden können, als man sagen könne, die Seele werde begraben. Diese Anathematismen wurden zufolge eines kaiserlichen Befehls zur Verbrennung bestimmt, haben sich aber erhalten. Die äußere Geschichte dieses Streits ist ein Schandfleck in der Kirchengeschichte. Vom Kaiser wurde eine Synode nach Ephesus ausgeschrieben, er
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schrieb vor] Uber < sagte > .
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behauptet] über < [ ] >.
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kann] Uber < sei > .
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von] über < zu > .
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ernannte einen Kanzler, Candidian,* zur Anordnung des Äußeren. Johannes, Patriarch vonb Antiochien, sollte vorstehen, erschien aber nicht zur rechten Zeit. Cyrill eröffnete also eigenmächtig die Synode, er hatte eine große Majorität auf seiner Seite. Candidian setzte sich zwar entgegen, aber Cyrill faßte den Beschluß zur Verdammung des Nestorius und schickte den Brief an den Kaiser. - Johannes erschien jetzt, erklärte alles für ungültig und erklärte die Anathematismen des Cyrill für ketzerisch, erwähnte aber den Nestor mit keinem Wort. Der Kaiser befahl, daß eine neue Synode sollte gehalten werden. Indessen waren die römischen Bischöfe angekommen. Cyrill setzte die Verfolgung fort und verdammte auch den Johannes. Schon durch die Lokalität in Ephesus erhielt Cyrill ein Ubergewicht. Memnon trat ihm bei. Der Kaiser setzte Memnon, Cyrill und Nestorius ab. Aber Cyrill schickte eine Gesandtschaft vone Mönchen an den Kaiser, welche verlangte, er solle Abgeordneten beider Teile Gehör geben. Dies geschah in Chalcedon. | 138 Er hob die Synode auf, ließ Cyrill und Memnon in ihre Bistümer zurückkehren und verwiesd Nestorius in sein Kloster zurück. Es sind ziemlich sichere Nachrichten vorhanden, daß Cyrill besonders durch die Prinzessin und durch Mönche und durch Bestechungen vornehmer Hofbeamten die Sache betrieben habe. In der Sache selbst war nichts entschieden. Die Morgenländer beharrten darauf, die Anathematismen des Cyrill für ketzerisch zu halten. Cyrill entschuldigte sich, er habe vieles aus heiligem Eifer gegen Nestor behauptet, welcher Christum gelästert habe. Man sieht, daß Cyrill kein rein dogmatisches Interesse hatte, sondern daß man alle Floskeln, die auf die Ohren des Volks wirken, daß Gott gestorben sei und dergleichen, beibehalten solle. Cyrill hat der Kirche viel Kosten gemacht, viele Unruhen erregt, ohne etwas zum Wesentlichen beizutragen. Theodor tadelte Cyrills Benehmen gegen Nestor. Das Abendland und Ägypten auf der einen Seite und das Morgenland auf der anderen lebten ohne Kirchengemeinschaft. - Johannes von Antiochien schickte den Bischof Paulus von Emesa® als Unterhändler an Cyrill. Cyrill war dogmatisch leicht beweglich, unterschrieb eine Formel, welche' ihm Johannes zuschickte, und erkannte die Vereinigung der Naturen an. Aber bald nahm Cyrill
a
Candidian] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
b
Es folgt < Konstantinopel > .
c
von Mönchen] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
d
verwies] über < ließ > .
e
Emesa] über < [ ] >.
f
Es folgt .
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das wieder zurück. - Nestor wurde nach einem Kloster in Ägypten transportiert, starb in der Verbannung. Cyrill hatte auf der ephesischen Synode zugleich ein Glaubensbekenntnis verdammt, das ein griechischer Bischof mitgebracht hatte. Es rührte von Theodor Mopsuheste her, was Cyrill nicht wußte. Dieser hatte gegen Apollinaris geschrieben. Es* war darin eine συνάφεια und keine ενωσις behauptet. Die Anhänger Cyrills erklärten den Theodor Mopsuheste als Urheber der nestorianischen Ketzerei und wollten ihn noch nach dem Tod verdammen. Davon wollte aber der Kaiser nichts wissen. Cyrill zog sich zurück. Rabula,b Bischof von Edessa, war ihm hier beigestanden. Auf Rabula folgte Ibas, ein großer Verehrer des Theodor* Unter ihm bildete sich bald eine Gesellschaft, die Nestorianer (oder11 Chaldäer), die sich nach Persien zurückzogen. Sie gingen soweit, wirklich 2 Christusse17 anzunehmen. Eutyches,' Abt eines Klosters bei Konstantinopel, wurde' beim Kaiser des Apollinarismus beschuldigt, weil er μία φύσις in Christo annahm. Bischof Euseb von Doryläum verklagte Eutyches auf einer Synode 448 zu Konstantinopel. Eutyches behauptet, in Christo sei der λόγος Fleisch geworden, | 139 die eine Natur. Der Streit gegen diese Ansicht war sehr natürlich. Eutyches sagte,' er wolle sich in keine tiefere Erklärung einlassen, er wolle nicht φυαιολογεϊν τόν θέον. (Aber Christum11 muß man φυαιολογεΐν, sonst ist keine Bestimmung über das Verhältnis zur menschlichen Natur möglich.) Die Synode in Konstantinopel verurteilte Eutyches und legte ihm auf, zu widerrufen. Seines Amts als Abt ward er entsetzt. Eutyches fand aber Haltung bei Hof, verklagte den Flavian und 33 anwesende Bischöfe. Flavian wendete sich an den römischen Bischof Leo. Dieser hatte schon Nachricht von der Sache, verwies Flavian, daß er die Sache nicht vor der Synode vor ihn gebracht habe. Flavian nahm davon weiter keine Notiz. Unterdessen war in Alexandrien Dioscuros' Patriarch geworden. Er war ebenso genau von der Sache unterrichtet wie seine Vorfahren. Er trat gleich
a
Es ... behauptet.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
b
Rabula] korr.
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Theodor] Nestorius über < Theodor > . Das Richtige ist durchgestrichen. Verbessert nach K491.
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(oder Chaldäer)] über der Zeile.
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Davor .
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Es folgt < aufgestellt > .
g
sagte] korr.
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Christum] über < [ ] >.
i
Dioscuros] korr.
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keck auf, setzte Eutyches wieder ein, hob die Kirchengemeinschaft mit Flavian auf. Der Kaiser schrieb eine Synode aus nach Ephesus, bestimmte die Anzahl der Bischöfe und erlaubte den Richtern des Eutyches nicht zu sprechen. Er gab dem Dioscurus* den Vorsitz. Es sollte keiner, der den nicänischen Glauben verfälscht habe, den Mund auftun. Leo nahm die Partei des Flavian an, schrieb ihm einen Brief, worin er ihm die Mitte zwischen Nestorianismus und Eutychismus auseinandersetzte. (Die novitas creationisb nehme die proprietas generis nicht weg. In der vollkommenen Natur des Menschen sei der wahre Gott geboren, und jede Natur tue in Gemeinschaft mit der anderen das, was ihr eigen ist.) Dioscurus' hielt unterdessen seine Synode, die in der Geschichte den Namen der σύνοδος ληστρική (Räubersynode) führt. Er sprach Eutyches los, setzte Flavian von Konstantinopel, Euseb von Doryläumd ab, dasselbe widerfuhr dem Theodoret, auch dem Patriarchen Domnus' von Antiochien, und Ibas von Edessa traf das gleiche Schicksal. Der römische Bischof hielt seinerseits auch eine Synode, auf welcher er die Beschlüsse der ephesischen für ungültig erklärte. Markian,' Nachfolger des Theodos, beschied eine Synode nach Chalcedon, auf welcher die Abgeordneten des Leo den Vorsitz führten. Diese trugen auf die Absetzung des Dioscurus* an, indem sie die Formel anbrachten, Leo entsetze I 140 durch diese Synode den Dioscurus.1* Man sieht, daß zu dieser Zeit das römische System schon in vollem Gang war. Leo hätte gern gesehen, daß sein Brief kanonisiert worden sei, aber das ging nicht durch. Die Formel »έν δύσι' φύσεσιν« dominierte über der anderen »έκ δυών φύσεων«. Von den 4 Ausdrücken »άσυγχύτως«, »άτρέπως«, »αδιαιρέτως«, »άχωρίστως« sind die beiden ersteren sowie die beiden letzteren synonym, so daß der eine im andern enthalten ist, aber nicht umgekehrt. Beide Naturen wären zu einem πρόσωπον und einer ύπόστασις vereinigt. Theodoret wurde restituiert, mußte sich aber doch entschließen, die Formel des Nestor zu anathematisieren.
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Dioscurus] korr.
b
creationis] über .
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Dioscurus] korr.
d
Es folgt < und [ ] > mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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Domnus] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
f
Markian] Martian. Verbessert nach K502.
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Dioscurus] korr.
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Dioscurus] korr.
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δΰαι] korr.
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Es entstanden viele Bewegungen über dieser Synode. Ein Mönch in Palästina vertrieb mit seinen Gehilfen den Patriarchen, wurde aber bald wieder vertrieben. Ein monophysitischer Presbyter Timotheus bildete sich eine Partei, anathematisierte die Synode, erst nach mehreren Jahren wurde er nach Cherson 5 verwiesen. Unter Basiliscus erhielt die monophysitische Partei am Hof die Oberhand. Zeno setzte alles wieder in alten Stand. Die Monophysiten waren indes mächtig geworden. Man kann nicht leugnen, daß sich das Arianische in das Monophysitische einschlich. io Dem Zeno war es sehr um die Einheit zu tun. Er veranlaßte, daß Acacius, Bischof von Konstantinopel, und Petrus Mongus,' Patriarch von Alexandrien, sich vereinigten. Zeno setzte ein Zirkularschreiben auf, welches den Frieden herstellen sollte. Er bestätigte die cyrillischen Anathematismen. Er fixierte die Einheit der Personen in dem Ausdruck, da[/J]b Wunder und Leiden Christi 15 einem und demselben angehören. Dieses ist das ένωτικόν des Kaisers Zeno. Es wurden darin die 3 ersten ökumenischen Synoden bestätigt, ebenso die Verdammung des Nestor und Eutyches. Von der Synode zu Chalcedon erschien keine Erwähnung, auch die Verbannung des Dioscurus' war nicht erwähnt. Es war natürlich, daß diese Ausgleichung nicht befriedigend sein konnte. 20 I 141 Einige suchten nun, die Autorität zu Chalcedon festzuhalten. Das tat besonders Felix, Bischof 1 von Rom. Felix hob die Kirchengemeinschaft mit Acacius auf, weil® er die Vereinigung eingegangen war. Acacius erwiderte dies. Der Nachfolger des Felix Gelasius' drohte dem Kaiser Anastasius,' die Kirchengemeinschaft aufzuheben, wenn er das ένωτικόν des Zeno nicht aufhöbe. 25 Sein Nachfolger Justinian schloß einen entehrenden Vergleich mit dem römischen Bischof. Acacius, der gestorben war, mußte anathematisiert werden. Zeno und Anastasius wurden aus den Kirchenbüchern gelöscht. Justinian hielt es mehr mit der Synode von Chalcedon, seine Gemahlin Theodora war monophysitisch. Oberhaupt derselben war damals Severus. Justinian ließ diesen zu einer 30 Unterhaltung zu: Collatio Catholicorum cum Severianis in Epheso. Hier zeigt sich, wie wenig man von den Sachen wußte. Das Oberhaupt der Monophysiten
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Mongus] Momga(?).
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Tintenklecks im Text.
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Dioscurus] korr.
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Bischof ... Rom.] mit Einfügungszeichen über der Zeile. Es folgt .
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weil ... war.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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Gelasius] korr.
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Anastasius] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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behauptete, der Satz von 2 Naturen sei etwas Neues, und sein Gegner Hypatius* wußte ihm dies nicht einmal zu widerlegen. Die b Monophysiten' vermehrten d sich so, daß sie bald 3 angesehene Patriarchate bildeten in Alexandrien, Antiochien und Armenien. In Beziehung auf das religiöse Leben der Monophysiten wissen wir wenig. Die dogmatische Spekulation war bei ihnen besser beraten als bei den Katholischen. Sie gingen von dem Satz aus, daß die Einheit der Person auch eine Einheit der Natur erfordere. Über das Körperliche Christi gab es wieder 2 Meinungen. Die einen φθαρτολάτραι, die anderen άφθαρτοδοκηταί. Es wurden hier nicht nur die Verweslichkeit, sondern alle animalischen Funktionen des Körpers verstanden. Der Vorwurf, daß das Leugnen vom Fortbestehen beider Naturen zum Apollinarismus führe, wurde auch ihnen gemacht. Es wurde gestritten, ob der Leib Christi davor unverweslich sei oder ob er habe geschaffen sein müssen. Die Aphthartodoketen teilten sich hierüber wieder in 2 Parteien, wovon die eine am strengsten dem Apollinarismus folgte. Unter den Phthartolatren entstand der Streit, ob man nicht annehmen müsse, daß Christus einiges* vergessen, andres gelernt habe. Diese teilten sich wieder in Agnoeten, welche sich am meisten wieder dem katholischen Lehrbegriff näherten, und ihre Gegner. Die monophysitische Schule der Niobiten; behaupteten, wenn man konsequent sein wolle, so könne man auch keinen Unterschied in Beziehung auf die Dignität I 142 der Funktionen annehmen.' Sie sagten, es sei, wenn man diese Konsequenz nicht zugebe, besser, zum katholischen Lehrbegriff überzugehen. Aus ihrer Ansicht bildete sich auch eine eigentümliche Auffassung der Trinität. Einige sagten, man müsse sagen, da 3 Personen in der Gottheit seien, so müsse man auch annehmen, daß diese 3 Naturen seien,' daß die Gottheit in jeder auf bestimmte Weise sei. Dies war Tritheismus, sie hießen daher auch Tritheiten.
Andre, an deren Spitze Damian, der alexandrinische Patriarch der Mono30 physiten, sagten, man müsse die Einheit festhalten und von der Einheit der göttlichen Natur ausgehen, aber man dürfe die persönlichen Eigenschaften nicht
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Hypatius] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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Davor .
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Monophysiten] erstes η undeutlich.
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vermehrten] ver(m mit Einfügungszeichen über der Ze/7e)ehrten.
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einiges] η undeutlich.
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Es folgt .
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so konstruieren, daß dadurch die Gottheit als Person bestimmt werde, sondern man müsse den Begriff der Person auf den der persönlichen Eigenschaften zurückführen.· Dies sah aus wie eine Art Sabellianismus. Und so traten im Monophysitismus die beiden Gegensätze von Tritheismus und Sabellianismus s hervor. Man nannte aber Damian und seine Anhänger nicht Sabellianer, sondern Tetratheiten. Die Einheit nämlich, die er annähme, sei eine vierte Gottheit. Das zeigte aber, daß ihn seine Gegner nicht verstanden. Es geht aus diesen Streitigkeiten hervor, daß im Monophysitismus eine klassische Kraft war, die von überwiegendem Einfluß der aristotelischen Dialek10 tik ausging. Johannes Philoponus,' ein Aristoteliker, war ein besonderer Verteidiger des Tritheismus. Er sagte, die Einheit verhalte sich zu den' Personen in der Gottheit nur wie der Gattungsbegriff. Wir finden hier das Vorspiel der künftigen Scholastik. Vergleichen wir dies mit dem, was gleichzeitig unter den Katholischen in 15 der griechischen Kirche geschah, so müssen wir unterscheiden, was unter den Katholiken selbst geschah und was sich im Verhältnis zu den Monophysiten ereignete. Im ersteren ist das Wichtigste die Bewegungen über die Formel, daß einer aus der Dreieinigkeit gekreuzigt sei. Die einen beriefen sich auf die Synode von Chalcedon und setzten neue Anathematismen auf. Es geht hier alles aus 20 und schließt sich an an liturgische und rhetorische" Formeln. Die, welche die Formel nicht annahmen, wurden Nestorianer genannt, ob sie gleich den Nestorius verdammten. Diese nannten aber ihre Gegner Theopaschiten. I 143 Die Tendenz, welche das ένωτικόν des Zeno hatte, wiederholte sich unter Justinian. Er hörte sehr auf Bischof Theodorus von Cäsarea, der dem 25 Kaiser vorschlug, die Monophysiten würden am besten zu gewinnen sein, wenn man die Erklärung, welche die Synode von Chalcedon d ausgesprochen hatte, verdammte, in welcher Theodoret, Ibas, Theodor Mopsuheste fur rechtgläubig erklärt waren. Würden diese 3 wieder anathematisiert, so würden die Monophysiten gewonnen werden können. 30 Justinian gab ein Edikt, »De tribus capitulas«, und hieraus entstanden die Bewegungen, welche die griechisch-katholische Kirche am meisten interessierte. Er fing an, das Edikt dem Patriarchen Menas vorzutragen, er unterschrieb es unter der Bedingung, wenn es der römische Bischof unterschriebe. Der römische Bischof Vigilius lehnte die Unterschrift ab, dasselbe taten die Afrikaner. Sie
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Philoponus] Philoanus. Verbessert nach der Eyssenhardt-Nachschrifi S. 165.
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Es folgt < Gottheit > .
c
rhetorische] korr.
d
Es folgt < darin > .
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fanden die Verdammung dieser 3 Männer eutychianisch. Justinian ließ Vigilius zu sich kommen nach Konstantinopel. Vigilius fing gleich damit an, daß er die Kirchengemeinschaft mit Menas nicht unterhielt. Er konnte aber nicht gegen die Kaiserin Theodora streiten, indem diese ihm den römischen Bischofsstuhl verschafft hatte. Vigilius stellte ein schriftliches Anathema aus gegen Theodor Mopsuheste, Theodoret und Ibas. Die Synode wurde zusammengerufen. Vigilius gab ein »Judicatum«, welches so abgefaßt war, daß man die Anathemata wohl unterschreiben konnte,* ohne der Synode zu Chalcedon zu widersprechen. Unter den Verteidigern des Theodor und Ibas ragt besonders Facundus hervor. Vigilius kam in große Verlegenheit. Man gab ihm das »Judicatum« unter der Hand zurück. Dei* Kaiser setzte eine neue ομολογία auf, welche aber nicht durchging. Vigilius stimmte auch nicht bei und flüchtete sich. Eine 5te ökumenische Synode zu Konstantinopel wurde angestellt. Vigilius wollte nicht in die Synode gehen, er gab für sich ein »Constitutum«. Er fügte sich zuletzt vollkommen in den kaiserlichen Willen, stellte sein Anathema gegen die 3 aus und starb bald. Dem inneren Charakter nach betrachtet, so sieht man, es waren 2 Interessen: der Kaiser wollte die räumliche Einheit der Kirche, die Bischöfe (einige wissenschaftlichere ausgenommen) wollten | 144 die zeitliche Einheit festhalten. Zur eignen Dogmenbildung war damals wenig Talent in der Kirche. Facundus' Werk wurde von wenigen verstanden. In der morgenländischen Kirche wurde der monophysitische Streit mit großem Interesse geführt, in der abendländischen Kirche erregte es weniger Interesse. Dagegen war bei den Abendländern der pelagianische Streit mit großem Interesse geführt. Da sehn wir, wie sich auch die Spekulation anfing in beiden Kirchen zu teilen. Was vom menschlichen Bewußtsein ausging und sich ans Handeln anschloß, fand sein Gebiet im Abendland, was sich am meisten auf die Spekulation in der Gottheit bezog, fand seine Nahrung im Morgenland. Man ging aber weniger vom Glauben aus, sondern ihre dialektischen Bestimmungen gerieten mit demselben in Streif. Der Charakter beider Kirchen ging bestimmt auseinander, und alles bereitete sich zur Trennung vor. Zu den Philosophen dieser Zeit gehört J o h a n n e s PhiloponusEr war ein Eklektiker. Die Reste der hellenischen Philosophen flüchteten sich ins Christentum, besonders seit Justinian die heidnischen philosophischen Schulen ind Athen schließen ließ. Viele flüchteten ins persische Reich. - A e n e a s
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konnte] t undeutlich.
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Davor < Er > .
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Philoponus]
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Es folgt
Philoanus. Vgl.
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H306.10.
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[ v o n ] G a z a platonisierte das Christentum. Er war der erste, welcher die christliche Trias in das Platonische überspielte. Die zweite Person der Gottheit war ihm der νους, die dritte die Weltseele; streift an Manichäismus. Seit dem strengen Verfahren des Justinian gegen die Heiden wurden in kurzer Zeit 70000 Heiden in Kleinasien getauft. Die* fremden Völker waren nicht alle katholisch. Im Abendland war ein noch weit verbreiteter Arianismus. Burgunder, West- und Ostgoten. Man wendete sich oft in dogmatischen Streitigkeiten an den Theoderich. b Cassiodorus, ein' Katholik, war unter ihm. Im Abendland finden wir schon zu dieser Zeit durch Cassiodor die scholastische Theologie. Alle Unterweisungen waren auf Klöster"1 beschränkt und hatten in ihnen ihren* Sitz. Cassiodor, nachdem er sich in ein Kloster begeben hatte, schrieb »Institutiones divinarum litterarum« und dann »De artibus atque disciplinis liberalium litterarum«. Man sieht, auf welcher Stufe die Mönche standen, für die er diese »Institutiones« schrieb. Dies führt uns zu einigen Betrachtungen über das Mönchswesen. Es nahm sehr überhand, hatte aber einen verschiedenen Charakter im Morgen- und Abendland. An den kirchlichen Streitigkeiten | 145 nahmen die Mönche im' Morgenland vielen Anteil. Daher die öfter wiederkehrenden Gesetze, Klöster nicht in der Nähe großer Städte anzulegen. Im Abendland war der Charakter der Mönche ein anderer. Sie waren größtenteils zur Faulheit und zum Müßiggang geneigt. Es war schon ein herrschender Aberglaube geworden, durch Geschenke an Klöster sich bei Gott verdient zu machen. Dies wurde eine Quelle von großen Reichtümern für die Klöster. Da aber die Mönche an strenge Lebensregeln gebunden waren, so konnten die Reichtümer nur verwendet werden zur Erbauung neuer Klöster. Wenn man hört, daß Benedict 12 Klöster gestiftet hat, die unter seiner Aufsicht standen, und daß Gregor der Große eine Menge Klöster in Rom und Sizilien stiftete und daß es in Rom allein 3000 Nonnen gab, so bekommt man eine Vorstellung von dem Ubergewicht dieser Lebensart, die eine große Zerrüttung in die menschliche Gesellschaft bringen mußte. Übrigens wurden Mönche zu den Laien gerechnet, aber ihr Verhältnis zum Klerus änderte sich. Daß man Bischöfe, diaconi usw. aus den Mönchen nahm,
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Es folgt < h eidnischen>.
b
Theoderich] korr.
Das Wort wurde nur ansatzweise geschrieben.
c
ein Katholik] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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Klöster] über < d [ ] > .
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ihren] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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im Morgenland] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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berechtigt uns nicht, anzunehmen, daß die Mönche zum Klerus gehörten, denn man ergänzte ja den Klerus aus den Laien. Viele solche Älteste und Bischöfe, aus den Mönchen gewählt, suchten gewöhnlich das Mönchsleben fortzusetzen. Das brachte eine größere Annährung an das Klerikat überhaupt hervor. - Indessen wurden immer noch die Mönche als solche als Laien angesehen. Der römische Bischof Leo hat ein Dekret gegeben, welches den Mönchen das öffentliche Lehren verbietet. Nun kam aber mehr auf, daß der Mönchsstand etwas Beharrliches wurde. Die Synode von Chalcedon gab zuerst ein Gesetz, daß, wer einmal Mönch gewesen sei, nicht heiraten dürfe, jedoch war den Bischöfen zugestanden, solche die das nicht beobachteten, glimpflich zu behandeln. Die Gelübde der Armut und* des Gehorsams waren schon zu dieser Zeit. Im Morgenland war die Regel des Basilius des Großen, im Abendland die des Cäsarius. In Irland gab es eine Mönchsregel von Columban. Die ausgebreitetste wurde die des heiligen Benedict. Da finden wir den bestimmtesten Gehorsam gegen die Vorgesetzten ausgesprochen und das bestimmteste Gelübde der Armut (er sollte entweder sein Vermögen seinen Verwandten schenken oder es mit dem Kloster vereinigen). I 146 Das Verhältnis der Äbte und Mönche gegen die Bischöfe war in verschiedenen Zeiten ein verschiedenes. Nur dem Bischof stand nach dieser Regel das Recht zu, den Abt zu setzen, in andern1* Ländern wählten die Mönche den Abt aus ihrer Mitte. Gregor der Große war im Abendland der, welcher die Freiheiten der Mönche am meisten und weitesten ausdehnte. In dieser Zeit ist aber noch kein Verdienst siehtlichÇ!), das sich die Mönche erwarben. Im Morgenland haben sie genug Unruhen gestiftet, im Abendland ist ihr Einfluß geringer. Cassiodor wollte mit Agapetus in seinen Klöstern eine theologische Schule' stiften. Dies kam aber nicht zustande. Am Ende dieser Zeit wurden die Mönche als Missionare gebraucht. Gregor der Große war der erste, der mit einigen Mönchen wollte nach Britannien gehen, er selbst wurde abgehalten, aber die Mönche, die er gewählt hatte, setzten die Reise fort, und durch sie wurde das Christentum wiederum nach England gebracht. Es hatte nämlich schon christliche Bistümer gegeben, als England römisch war, aber nach Einwanderung der Angelsachsen war das Christentum dort unterdrückt. Die Missionare wandten sich an den König Ethelbert von Kent. Dieser nahm ihr Anerbieten freundlich auf, wies ihnen einen Sitz an und erlaub-
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und des Gehorsams] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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andera] korr.
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Es folgt < zu > .
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te ihnen zu lehren. Bald nahm er selbst das Christentum an, und so verbreitete es sich weiter über England. Die Korrespondenz des Gregor mit Augustin, dem Anführer dieser Mönche, ist sehr verständig. Etwas früher war die Mission nach Irland gegangen durch Patricius, wahrscheinlich einen Schotten. Um diese Zeit ist merkwürdig zugleich die Bekehrung der Franken unter Chlodwig. Chlodwig hatte eine burgundische Prinzessin, Chlothilde, zur Gemahlin. Diese suchte ihn dem Christentum geneigt zu machen. In einer Schlacht gegen die Alemannen, wo er in großes Gedränge kam, rief er Christum an, er solle* ihm helfen. Er siegte und ward Christ. Man hat häufig Chlodwig mit Konstantin verglichen und auch ihm viel Staatsklugheit als Religiosität vorgeworfen. Allein bei solchen stürmischen Bekehrungen, was kann man da erwarten, daß sie vom Christentum schon ganz sollten umgebildet worden sein? Daraus folgt aber nicht, daß eine plötzliche Annahme des Christentums verstellt oder ganz äußerlich gewesen. I 147 Ein Gesetz, welches Valentinian III. im Abendland gab, ordnete alle Bischöfe dem römischen unter. Wenn das Gesetz auch schon nicht streng gehalten wurde, wuchs doch seine Autorität. Leo suchte nicht nur in Gallien, sondern auch in Spanien sein Ansehen zu mehren. Sein Nachfolger Simplicius hielt sich schon einen Vikar in Spanien. Leo verschaffte sich seine Autorität durch Geistesüberlegenheit, er ist einer der klügsten, die auf dem heiligen Stuhl saßen. Man hat noch Vorträge von ihm. Sozomenus Liber VII behauptet, es seien zu seiner Zeit weder vom Bischof noch von anderen öffentliche Religionsvorträge gehalten worden. Das hatte ein leeres Festhalten am bloß Liturgischen auf der einen und eine Unbeholfenheit der Bischöfe auf der anderen Seite zur Folge. Es schlich sich immer mehr die Parallele zwischen dem jüdischen und christlichen Kultus ein. Man verglich die eigentlichen Priester (Bischöfe und Presbyter) mit den jüdischen Priestern und die Diakone mit den Leviten. Leo begünstigte dies sehr. - Eine andre Anmaßung römischer Bischöfe findet sich unter der1* gotischen Herrschaft. Die Bischöfe führten noch immer den Namen »Papas«; sie wurden »santissimi patres« genannt. Die Patriarchen führten diese Titel auch. Bald schlich sich ein, daß die römischen Bischöfe' die gekrönten Häupter als ihre S ö h n e betitelten und behandelten. Felix an Zeno.18 Es schlich sich immer mehr ein, daß der Vorzug des römischen Bischofs auf den Apostel Petrus zurückgeführt wurde, weil der Stadt Rom die Stadt Konstantinopel an Würde gleichgekommen war.
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solle] s undeutlich.
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der] korr. aus den.
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Es folgt
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Der Patriarch von Konstantinopel hatte sich den Titel eines ökumenischen Patriarchen gegeben. Die römischen Bischöfe beschwerten sich darüber beim Kaiser. Man deutete es so, es habe keinen anderen Sinn, als daß die Stadt eine ökumenische Stadt sei. Gregor behauptete öfters, daß alle Bischöfe dem römischen unterworfen seien und daß ohne ihn Synodalbeschlüsse keine Gültigkeit haben. Der römische Bischof Gelasius benutzte die günstigen Umstände, um auf einer Synode, die bloß aus Bischöfen seines Sprengeis bestand, die Rangordnung und den Kanon zu bestimmen. Er überging den 28ten Kanon der chalcedonensischen Synode ganz, Konstantinopel wurde darin ganz ignoriert. Was den Kanon betrifft, der hier festgesetzt wurde, so gab sie ein Verzeichnis von Apokryphischen, das ist solcher | 148 Bücher, die verdeckt gehalten und nicht gelesen werden sollten. Dahin gehören die Schriften des Tertullian, des Cassian. - Man merkt hier schon das' Ineinanderiibergehen der Schrift mit der patristischen Tradition. Dies hängt mit der Tendenz zusammen, die Kontinuität der kirchlichen Lehre festzuhalten. In Rom war eine streitige Bischofs wähl, welches viele Unordnungen verursacht: auf der einen Seite war Symmachus, auf der anderen Laurentius gewählt. Der König Theoderich ließ eine Synode von italienischenb Bischöfen zusammenkommen. Diese sagten, Symmachus könne nicht von Menschen beurteilt werden. - Dies führt uns auf die Zeiten Gregors. Gregor entsandte dem Augustin,' als seine Missionen in Britannien so gut gingen, das Pallium und unterwarf ihm alle britischen Bischöfe. Die ältere britische Kirche stammte von Gallien her und war von griechischen Lehrern regiert worden, daher hatten sie noch mehrere griechische Gebräuche, sie waren Quartodezianer. Augustin sollte die Kirchenordnung nach römischen Gebrauch einführen. Indem er ihm so die künftigen Bischöfe unterwarf, so bringt uns das auf die Frage, wie es damals in der Kirche mit den Bischofswahlen gehalten wurde. Der Bischof sollte von der Gemeinde gewählt werden (Presbyter und Diakone wurden vom Bischof gewählt). Beschränkungen, wer zum Bischof nicht gewählt werden durfte, gab es durch Synodalgesetze: keiner, der je Kirchenbuße getan, keiner, der in der Deuterogamie, später auch keiner, der Kinder und Enkel hatte usw. - Wenn auf einer Synode ein Bischof abgesetzt wurde, so geschah es öfters, daß man die Gemeinde einen neuen wählen ließ, aber bald geschah es,
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das] daß.
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italienischen]
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Augustin] über < Greg > .
chaldäischen. Verbessert nach K533.
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daß die Synode selbst den neuen wählte, ohne daß die Gemeinde sich widersetzt hätte. Justinian gab ein Gesetz, wenn sich die Gemeinde bei der Wahl in 6 Monaten nicht vereinigen könne, so solle der nächste Bischof die Stelle besetzen. Die Bischöfe übten immer vielen Einfluß auf die Wahlen aus, ohne daß das Prinzip verletzt worden wäre. Auch in Rom selbst finden wir, daß es auch so gehalten wurde. Der gesamte Klerus nebst den Großen der Stadt und dem Kriegsstand und den Bürgern sollten die Wahl vollziehen. Zum gesamten Klerus gehörten die dem römischen Stuhl untergeordneten Bischöfe mit zu, die Großen bildeten den Senat. | 149 Diese beiden ersten Klassen wählten gewöhnlich den Bischof, die beiden letzteren bestätigten ihn. Aber wie sollte es mit jungen Gemeinden gehalten werden? Man konnte ihnen noch nicht zutrauen, selbst einen Bischof zu wählen. Hier zeigt sich eine große Veranlassung, die Autorität des römischen Bischofs zu erweitern, da meist von seinem Sprengel aus Missionen veranstaltet wurden. Dies ist in der Folge durch Missionare, die* von der angelsächsischen Kirche ausgingen, seit den Zeiten Gregors auf eine rapide Weise geschehn. G r e g o r u n d s e i n e Z e i t . Man kann diese Zeit ansehen als den Anfang der höchsten äußeren Blüte des christlichenb Kirchenwesens. Die Elemente waren in eine Art System gebracht, ein Kanon war festgesetzt, zugleich war die Pracht des Gottesdiensts aufs höchste gestiegen. Justinian wählte zur Sophian-Kirche 60 Presbyter, 100 Diakone, 100 Diakonissen, 90 Subdiakone, 110 Anagnosten, 25 Psalter, 100 Türsteher. Der Schmuck soll 40000 Pfund Silber betrugen haben. Es kam auch schon auf, den Gottesdienst zu etwas Beharrlichem zu machen. Es wurden Mönche gewählt, die immer abwechselnd in der Kirche beten wie singen mußten. Gregor erweiterte in Rom die kirchlichen Zeremonien und brachte sie im »Liber sacramentorum« in Ordnung; er hat zuerst den »Kanon missae« festgestellt. Man sieht aus diesem Kanon, daß damals noch von keiner Verwandlung und von keiner stillen Messe die Rede war. Gelasius, sein Vorgänger, hatte schon früher gegen die Teilung des Abendmahls (Brot ohne® Wein) protestiert, welches von den Manichäern herrührte* (weil sie sich des Weins enthielten).
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Es folgt
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christlichen] korr. aus
< seit > .
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ohne Wein] über < und Wein besonders > .
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herrührte]
herrührten.
kirchlichen.
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Gregor verteidigte die Bilder in der Kirche. Einer seiner Bischöfe hatte die Bilder in seinem Sprengel zerstört, weil die Menge sie anbetete. Gregor schrieb ihm, er habe wohl getan, die Anbetung zu verhüten, aber die Bilder seien doch nützlich für die, welche nicht lesen könnten. Dem Gregor ist auch sein Reliquien-Unwesen vorzuwerfen. Besonders stolz war er auf die Reliquien der Apostel Paulus und Petrus. Eine Kaiserin bat sich etwas aus von den Reliquien der Apostel für eine Kirche, die sie erbauen wollte, aber er äußerte, daß nichts von Rom dürfe wegkommen. Auch um den kirchlichen Gesang machte er sich verdient. Sein »Liber antiphonarius et responsarius«. Das ist die älteste Quelle aller Antiphonien und Responsorien. I 150 Je mehr Gregor dafür tat, daß die römische Kirchenordnung sollte eingeführt werden, um so mehr sieht man, wie wichtig ihm die Idee einer Gleichförmigkeit des Gottesdiensts gewesen ist. Ein solches Bestreben konnte nicht aus einem christlichen Sinn hervorgehen, sondern verrät eine nur äußerliche Auffassung des Christentums. Man hat von ihm auch eine Sammlung der abgeschmacktesten Erzählungen von Märtyrern. Die Lehre vom reinigenden Feuer ist auch schon hierin ausgesprochen. Nachdem einmal der Satz ausgesprochen war, daß alle Vergehungen müßten abgebüßt werden, um so mehr Nahrung fand diese Idee. Gregor bereicherte auch die Kirche mit dem Fest der Reinigung Mariä oder der Lichtmesse. Vermischung des Heidnischen und Christlichen analog mit den Luperkalien.* Er führte auch das Fest der Kirchweih ein. Bestreben, die Feste fröhlich zu machen, um das Andenken an das freudige Heidentum auszulöschen. Bonifacius III. erhielt durch [Nikephoros] Phokas (Kaiser), daß ihm der Titel ökumenischer Bischof allein zukomme. Honorius, Bischof nach dem ersten Viertel des 7tenb Jahrhunderts, ahmte Gregor nach in den Feierlichkeiten etc. Er wurde nach seinem Tode verketzert und sein Name aus den Kirchenbüchern gestrichen. Das hängt zusammen mit den monotheletischen Streitigkeiten, in Konstantinopel entstanden. Auch hier muß man Wesentliches und Zufälliges trennen. Dieser Streit mußte entstehen aus den monophysitischen Streitigkeiten. Behauptete man, daß die beiden Naturen unvermischt und ungetrennt in Christo waren, so fragte man doch, wo die E i n h e i t ihren Sitz haben müsse. Dies konnte nur gesucht werden in der Einheit des Willens.
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Luperkalien] über < [ ] >.
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7ten] korr. aus 6ten.
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Heraclius, Kaiser, hatte den ersten Anstoß gegeben.' Er kam mit dem armenischen monophysitischenb Patriarchen Paulus auf einem Feldzug nach Persien zusamtnen.* In diesem Gespräch bestand der Kaiser auf der Lehre vom Nebeneinanderstehen der beiden Naturen, behauptete aber die Einheit der ενέργεια. Offenbar sprach er dies erst mit Hilfe des Bischofs. Der Kaiser erzählte es seinem Bischof Cyrus, der bald nachher Patriarch in Alexandrien wurde. Dieser schrieb darüber an den Patriarchen Sergius"1 von Konstantinopel. Dieser antwortete ihm, die Sache sei unverfänglich und belegte es mit Stellen aus den Kirchenvätern. Andre' erzählen so: Ein Jahr später sei der Kaiser zusammengekommen mit Athanasius, Patriarch der Monophysiten in Antiochien. Dieser forderte, man soll die Einheit der ενέργεια und des θέλημα anerkennen, dann wolle er | 151 die Beschlüsse von Chalcedon annehmen. Der Patriarch Sergius' gab zu, daß man auf diese Bedingung die Vereinigung eingehen könne. Die' erstere Erzählung geht auf 622,h die andre [6]29, die letztere ist wahrscheinlicher. Der Kaiser hielt sich an diesen Terminus. - Ein1 Bischof, Arcadius in Zypern, erklärte sich für" 2 Willen. Der Kaisei* verbot, daß niemand von 2 Wirkungen in Christo reden solle. Jener Cyrus fing indessen die Vereinigung mit den Monophysiten auf jener Bedingung an, daß1 Christus in beiden Naturen dasselbe hervorbringe. Es dauerte nicht lange friedlich fort. Der Hof hatte zwar große Freude an der Vereinigung, aber ein syrischer Mönch Sophronius, dialektisch, bald nachher Patriarch von Jerusalem, erklärte die Einheit der Willen für apollinaristisch (συγχυσις" φυοεων). Die menschliche Tätigkeit sei" in der menschlichen Vernunft beschlossen. Gebe man eine vollständige menschliche
a
gegeben] geben.
b
monophysitischen] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
c
zusammen] korr.
d
Sergius] Servius korr. aus Sergius. Verbessert (auch im folgenden) nach K586.
e
Andre ... so:] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
f
Sergius] Servius korr. aus Sergius.
g
Die ... Terminus. - ] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
h
Ö22] 522. Verbessert nach K586.
i
Davor < Er > .
j
für] korr.
k
Kaiser] Uber < Patriarch > .
1
daß ... hervorbringe.] mit EinfUgungszeichen am äußeren Rand.
m
(σύγχυοις φύσεων)] am äußeren Rand.
n
sei] mit Einfügungszeichen Uber der Zeile.
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Natur in Christo zu, müsse man auch Tätigkeiten zugeben, mit dem die göttliche Natur nichts zu schaffen habe. Sergius* und Sophronius sollten disputieren. Sophronius war weniger in den Kirchenvätern bewandert, man verlangte aber, die Sache müsse aus den Kirchenvätern entschieden werden. (Die gute Regel von κατ' οίκονομίαν und κατά συγκατάστασιν wurde in dergleichen Streitigkeiten vergessen.) Sergiusb stellte eine Formel auf des Inhalts, daß aus dem ein und selben fleischgewordenen Logos eine jede Tätigkeit Christi hervorgehe, so daß der Ausdruck »ένότης« vermieden wurde. Der· Bischof Honorius lobte das Verfahren des Konstantinopeler und bekannte sich auch zur Lehre der Monotheleten, weil Christus kein verschiedenes Gesetz im Geist und in den Gliedern haben konnte. Wandte dies Honorius auf die Verbindung des Göttlichen und Menschlichen in Christo an, so gab es ein Schein des Apollinarismus. Er glaubte aber, man dürfe den Ausdruck »ένότης« nicht verbieten. Der1* Ausdruck »μία ένέργεια« wurde nun in den von »ev θέλημα« hineingespielt. Sophronius erklärte sich schriftlich an* Sergius' und Honorius, daß Gottheit und Menschheit nicht πάντως μίαν ενέργειαν haben könnten. Er schlug8 aber vor, er wolle nicht 2 Wirkungen lehren, wenn nur Cyrush nicht' 1 lehre. Von beiden Seiten wurde nicht das Rechte getan, zur Vereinigung zu kommen. Der Kaiser Heraclius gab eine »εκθεαις« (της* όρ9·οδόξουν πίοτεως) heraus, welche wahrscheinlich von Sergius1 verfaßt war, der aber unmittelbar darauf starb. Pyrrhus" von Konstantinopel und Cyrus nahmen es an. Das kaiserliche Dekret fand in Rom, wo Honorius gestorben war, bei dessen Nachfolger Severin keinen Beifall, und dessen Nachfolger Johannes belegte die Lehre von 1 Willen mit dem Bann.
a
Sergius] Servius.
b
Sergius] Serv.
c
Der Bischof] mit Einfügungszeichen
d
Der Ausdruck] über < er führte > .
e
an ... Honorius,] mit Einfügungszeichen
f
Sergius] Servius korr.
g
schlug] korr.
h
Cyrus] über < Servius > .
i
nicht] über .
j
(της ... πίοτεως) am äußeren
k
ορ&οδοξου] όρθοδάξης.
über der Zeile. über der Zeile.
Rand.
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Sergius] Servius.
m
Pyrrhus ... an.] mit Einfügungszeichen
am äußeren
Rand.
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Ein Abt Maximus in* Afrika trat auch gegen | 152 den Monotheletismus auf. In Afrika hatte er einen Disput mit Pyrrhus, b der sein Patriarchat niedergelegt hatte. Pyrrhus schlug ein Mittelweg vor, sich auf einen aus beiden Willen zusammengesetzten Willen zurückzuziehen. Dies fìihrte notwendig auf eine συγχυσις. Hier war Maximus sehr leidenschaftlich. Pyrrhus sagte, Christus wäre durch den Wink des λόγος bewegt worden. Maximus entgegnete ihm, auch die Propheten und David wären durch den Wink des λόγος bewegt worden; das war Konsequenzmacherei. In der Relation des Maximus wird dargestellt, als ob Pyrrhus überzeugt worden wäre. Die Sache ging gewiß nicht ohne äußerliche Gewalttätigkeit ab, denn später wandte sich Pyrrhus wieder zum Monotheletismus zurück in Ravenna unter0 dem Schutz des neuen Exarchen. Da wurde er von Theodor in Bann getan, daneben Bischof Paul in Konstantinopel. Theodor, der auf Vermehrung der römischen Autorität bedacht war, ernannte sich einen Bischof Stephan zum Vikar mit dem Auftrag, die monotheletischen Bischöfe abzusetzen. Unterdessen war Constans Kaiser geworden. Auch er hatte das Bestreben der Vereinigung. Er gab einen »τύπος διδαχής« heraus, worin auch der Ausdruck »εν θέλημα« und »δυο θελήματα« verboten wurde. Die Formel ward verhaßt, weil wahrscheinlich Paul sie verfaßt hatte. Martin I. ward römischer Bischof, bestellte sich auch [einen] Vikarus in Syrien. Er hielt die erste lateinische Synode, verdammte die Monotheleten und den »τύπος« und lehrte 2 Willen, auf eine eigentliche und wahrhafte Weise vereinigt. Eine Lehre nach dieser Formel zu konstruieren, ist unmöglich. Der Kaiser ließ durch seinen Exarchen den Martin absetzen und nach Konstantinopel schicken. Er wollte nicht widerrufen, starb im Exil. Maximus wurde nicht nur exiliert, sondern auch verstümmelt, später ward er zum Heiligen ernannt. So wurde der Monotheletismus unterdrückt. Der Kaiser Constantin (Pogonatus)d wurde aufgefordert, die monotheletischen Bischöfe aus den Kirchenbüchern auszustreichen. Er wandte sich deshalb an den römischen Bischof.' Dieser war gestorben, sein Nachfolger Agathon schrieb an Bischof Mansuetus zu Mailand und machte die Sache kirchlich. Er' lehrte 2 Willen.
a
in Afrika] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
b
Pyrrhus] korr.
c
unter ... Exarchen.] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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Pogonatus] korr.
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Es folgt < [ ] > mil Einfügungszeichen Uber der Zeile.
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Er ... Willen.] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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Eine neue Synode wurde veranstaltet zu Konstantinopel 680 (ökumenisch). Die Gegner der Monotheleten hatten die meiste Gewandtheit. Die Monotheleten unter* Georg von Konstantinopel gaben nach, und nur Macarius vonb Antiochien ließ sich lieber verbannen. | 153 Alle Häupter der Monotheleten, Honorius, Sergius' und alle, die schon gestorben waren, wurden als Ketzer verdammt. Der Kaiser Philippicus stellte den monotheletischen Lehrbegriff wieder her, aber regierte zu kurz, als daß es von Dauer hätte sein können. Man kann diese dyotheletische Lehre ansehen als einen Vorläufer der leibnitzschen prästabilierten Harmonie, die monotheletische Theorie läßt sich mit der entgegengesetzten11 vergleichen. Es bleibt schwierig, die kirchliche Entscheidung mit der Einheit der Person zu vereinigen. Die Bewegungen selbst wurden bald in der griechischen Kirche durch die Streitigkeiten über den Bilderdienst verdrängt. Im Vorübergehen vom Konzil Trullanum oder Quinisextum,® um die kirchliehen Cánones zu fassen. Man sieht daraus, welche Tendenz damals vorherrschend war: 1. ein bestimmter Unterschied wird zwischen Altesten und Diakonen gemacht in Beziehung auf die Ehe. Presbytern und Diakonen wurde das fortgesetzte eheliche Verhältnis erlaubt, wenn sie vor der Weihe verheiratet waren. Bischöfe hingegen mußten vor der Weihe ihre Frauen in ein Kloster entfernen. Die geistliche Verwandtschaft durch Taufzeugen sollte als Ehehindernis gelten, eine besondere Art von Superstition, wahrscheinlich entstanden durch den Einfluß bildlicher und rhetorischer Ausdrücke. Man sah das Heben eines Kindes aus der Taufe als eine Art von Adoption an. Außerdem wird den Geistlichen (den Bischöfen mitbegriffen) verboten, Pferderennen und Schauspielen beizuwohnen und Eigentümer von Wein- und Gast-Häusern zu sein. Auch das Verbot' gegen die Gesellschafterinnen der Kleriker mußte erneuert werden. Der Bischof Constantin wurde von Justinian II. nach Konstantinopel berufen und bestätigte der Synode, obgleich8 sie den 28ten Kanon von Chalcedon beistimmt. Er ließ 6 Gemälde verfertigen, auf welchem dieh 6 Konzilien abgemalt waren, und hängte sie in der Peterskirche auf. -
a
unter ... Konstantinopel] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
b
von Antiochien] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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Sergius] Severin. Verbessert nach K586.
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Es folgt eine Leerstelle.
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Quinisextum] korr.
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Verbot] korr. aus G.
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obgleich ... beistimmt.] über .
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die] d undeutlich.
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Der Streit über die Bilder erscheint als etwas dem Geist der Zeit Entgegengesetztes. Schon seit längerer Zeit war eine solche Verehrung der Bilder eingeschlichen, sie galt besonders bei Märtyrern und Heiligen. Um diese Zeit, wo die Araber mächtig wurden und bei den Arabern die Juden eine große Rolle spielten, sieht man häufig, daß die Juden die Christen als Abgötter[wcfte] darstellten. Wunder, die Bezug auf die Bilder hatten, wurden verteidigt. I 154 In diesem Zustand der Kirche einen Kaiser zu sehen, der Bilder abschaffen will, hat etwas sehr Überraschendes. Man sieht aber, daß viele Christen sich an ihn anschlossen. Nebenabsichten des Kaisers lassen sich schwerlich denken. Es müßte sein, daß er den Haß der Araber gegen die Christen hätte dämpfen wollen, allein davon geht aus dem Zusammenhang der Geschichte wenig hervor. Bald nach seiner Regierung' verbot dieser Kaiser Leo der1" Isaurier die Verehrung der Bilder und befahl einige Jahre später ihre Wegschaffung. Darüber fielen in Konstantinopel viele Unruhen vor. Der Patriarch Germanus widersetzte sich diesem Befehl, verteidigte die Verehrung der Bilder, legte die Stelle nieder. Der Befehl des Kaisers wurde überall im Reich verbreitet, fand bei den einen Widerstand, bei den anderen Eingang. In Italien widersetzte sich Gregor II. auf eine heftige Weise und stellte den Grundsatz auf, der Kaiser habe kein Recht, sich in dergleichen Dinge zu mischen. Die Unruhen wurden ernsthaft. Man wollte in Italien einen neuen Kaiser wählen, ihn nach Konstantinopel schicken, um den Leo vom Thron zu stürzen. Die Nähe der Langobarden kühlte aber den Mut. Der Kaiser ließ die Einkünfte der römischen Kirche in Kalabrien und Sizilien einziehen, die sich auf 2 Vi Talente beliefen (weit mehr Reichtümer noch hatte die Kirche in Rom und im Exarchat). Gregor wies auf die allgemeine Autorität hin, und auf die Einwendung der Kaiserlichen, daß die Bilderverehrung von keiner Synode' angeordnet worden sei, antwortete er, daß dies eben darum nicht geschehen sei, weil man sie nie bezweifelt habe, die Bischöfe hätten selbst Bilder mitgenommen, die Reisenden auch etc. Die Kunst war noch byzantinisch. Wie aber die Bilder jene Synoden selbst* mögen ausgenommen haben, davon haben wir keine Spur. Johannes Damascenus verteidigte den Bilderdienst. Er lebte am Hof des Kalifen. - Wir haben von ihm 3 Verteidigungsreden, wo er behauptet, daß, da
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Regierung] K588: »Leo Isaurus 726 verbietet die Verehrung der Bilder«.
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der Isaurier] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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Es folgt < b e f > .
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selbst] oder sich.
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die Heiligen Miterben Gottes und Christi wären, so müßten sie auch Teil haben an der Verehrung. Kaiser Constantin Copronimus setzte den Bilderstreit mit Glück fort. Er berief eine Synode nach Konstantinopel 754. Kein Patriarch war auf derselben. 5 Der Patriarch von Rom wollte nicht kommen, der Stuhl von Konstantinopel war erledigt, und Antiochien und Jerusalem waren unter arabischer Botmäßigkeit. Der Metropolit von Ephesus präsidierte. Sie stellten* auf der Synode das b Dilemma auf: I 155 entweder stellen die Maler [die] Gottheit Christi mit dar und sündigen dagegen, weil man Gott nicht abbilden soll, oder sie stellen nur die io Menschheit dar und man verehre die Menschheit, und das sei nestorianisch. Sie sagten, in der Schrift heiße es, der Glaube komme durch das Wort. Man fing nun an, mit Strenge gegen die Bilderverehrer zu verfahren, viele verfolgt, einige hingerichtet. Politisches kam mit in Verbindung. Im Jahre 779 kam Kaiserin Irene zur 15 höchsten Gewalt, erst als Vormünderin, dann als Regentin. Sie war den Bildern günstig, versuchte eine Synode zusammenzubringen, aber selbst der Klerus hatte so wenig Neigung, die Sache wieder aufzunehmen, daß die Synode nicht zustande kommen konnte. Die Kaiserin bearbeitete unterdessen die Geistlichen. Im Jahre [7|87 gelang es ihr, das Zweite Nicänische Konzil zusammen20 zubringen. Zu diesemc schickte der römische Bischof Adrian Abgeordnete, welche Briefe mitbrachten, worin die Bilder verteidigt wurden. Bilder aus dem jerusalemischen Tempel wurden als Beweisstellen der Bibel dafür angeführt. In den rhetorischen Werken der Kirchenväter war es nicht schwer, Zeugnisse zu finden. So gut Gott durch die Schlange in der Wüste könne Wunder tun, so gut 25 könne er es durch Bilder usw. Man suchte an der vorigen Synode, welche die Bilder verdammt hatte, einen Makel und beschuldigte sie, sie sei keine ökumenische gewesen, es sei nicht einmal ein Patriarch auf derselben gewesen, sie habe den heiligen Geist nicht gehabt. Man ging aber nicht so weit, als man nach Johannes Damascenus hätte gehen können. Es wurde festgesetzt, nicht λατρεία, 30 sondern τιμητική προσκύνηοις dürfe den Bildern zuteil werden. Der fürbittliche Charakter der Märtyrer lag schon zum Grunde. Auch die Bildergegner gaben dies zu. Diese nicänische Synode war aber ebensowenig eine ökumenische als die vorige.
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stellten] über .
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diesem] dieser.
über der Zeile.
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Karl der Große ließ* die Beschlüsse dieser Synode in einem eignen Buch widerlegen, welches in der Art, wie wir es haben, ein opus regis Caroli Magni genannt wird. Die überwiegende Meinung ist aber, daß es von Alcuin herrühre. Eine Synode zu Frankfurt, welcher dies Buch vorgelegt wurde, verdammte die Urteile der nicänischen Synode. | 156 Der Papst Adrian suchte das b Buch zu widerlegen, aber er mußte sich es im Abendland gefallen lassen, daß die Bilder nicht verehrt wurden. Wir haben noch mancherlei Gleichzeitiges nachzuholen. Man wird nicht verkennen den immer weiteren Verfall der griechischen Kirche. Das Beste in diesem Streit sind die Reden des Damascenus, der noch als der letzte Ausgezeichnete in dieser Periode angesehen werden kann. In der Schriftauslegung begnügte man sich mit Sammlungen aus früheren Kirchenlehrern, in andern Wissenschaften wurde wenig getan, hie und da [findet man] einen Gelehrten, einen Arzt, Theophilus, c einen Mathematiker, Heron, a und eine Reihe von Geschichtsschreibern , die nichts verkünden als den Instinkt über den gänzlichen Verfall der Zeit:' Theophylact Simocattes, Georgius Syncellus, (Geschichte 19 der monotheletischen Streitigkeiten), der Patriarch Nicephorus in Konstantinopel. In den Abendländern war es, wenn man auf den Stamm der alten Einwohner sieht, dasselbe. Als letzten möchte man hier den Gennadius ansehen, von da an geht die Gelehrsamkeit in die neueren Völker über. Jornades' ist der älteste gotische" Schriftsteller: Auszug11 aus dem Chronicon des Cassiodor; Fredegar ein Burgunder, schrieb auch eine Chronik; Isidor von Sevilla, ein Westgote: »Chronicon«' und ein Buch »De scriptoribus ecclesiasticis«. Die römischen Bischöfe gestehen, daß sie der griechischen Sprache nicht mächtig wären. Theodor von Canterbury, ein" Kilikier von Geburt, war der letzte, der eine griechische Schule hatte. In York bildete sich unter Egbert eine
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ließ] korr.
b
das] d
c
Theophilus] mit Einfügungszeichen
d
Heron] mit Einfügungszeichen
e
Es folgt
undeutlich. am äußeren
am äußeren
Rand.
Rand.
< Theophylactus von Simo-Cotta, Georgius Syncellus (Fortsetzung der ältren Kir-
chengeschichte des Theophanes). > mit Einfügungszeichen 35
f
Jornades] Uber < [ ] >.
g
gotische] über < [ ] >.
h
Auszug ... Cassidor] mit Einfügungszeichen
i
Fredegar] Vrekegar. Verbessert nach K557.
am äußeren
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Chronicon ... ecclesiasticis.] mit Einfügungszeichen
k
ein ... Geburt,] mit Einfügungszeichen
am äußeren
Rand.
am äußeren
Uber der Zeile.
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griechische Schule, daher die angelsächsische Kirche ein literarischer Hauptpunkt in der neuen Periode geworden ist. - Die" Geschichtskunde war das erste Erwachen des Bewußtseins vom Zusammenhang der menschlichen Dinge. Schon vor Gregor war das Christentum unter den Skoten, Jüten b und sassisehen Franken verbreitet worden. Die angelsächsische Kirche blieb in Verbindung mit Rom und erhielt die Keime der wissenschaftlichen Bildung in der Kirche. Canterbury und York waren die Hauptpunkte der englischen Kirche, erstere fiir die neue, letztere für die altbritische Kirche. Sie differierten in der Osterfeier und der Tonsur: die neue hatte die des Apostels Petrus, die alte die des Apostels Paulus. Von den Skoten, Franken und Angelsachsen gingen Missionen an die germanischen und slavischen Völker aus. Dies hängt zusammen mit einem Wanderungssinn dieser Völker. Von den Irländern gingen die ersten Missionen in die Schweiz und ins östliche Franken.' St. Gallen und Würzburg. Die d salischen Franken gingen nach Bayern, St. Emmeran, Salzburg, Regensburg.' I 157 Von den Angelsachsen' ging Bonifacius (Winfried) aus. Im Anfang des 8ten Jahrhunderts eine englische Schule in Rom, zur Erhaltung derselben der Petrusgroschen in England. Bonifacius ging erst nach Rom. Gregor II., römischer Bischof, segnete Bonifacius zu seinem Beruf, machte ihm aber die Bedingung, überall die römischen Gebräuche festzusetzen. Bonifacius wendete sich an die christlichen Franken und suchte von daraus unter den heidnischen Völkern fürs Christentum zu wirken. Zu Ostfranken gehörte Thüringen. Dahin wanderte Bonifacius, Bistümer Eichstätt, Erfurt 8 und ein drittes, h [wobei]' das [zweite] bald wieder unterging, von da nach Hessen und in den Harz. Sassen. Beinah ist es nicht zu glauben, daß dies alles von ihm allein ausgegangen sei. Einige schlossen sich an ihn an, andre wirkten unabhängig von ihm. Das Kloster Fulda war sein Hauptpunkt, dort' liegen seine Gebeine.
a
Die ... Dinge.] ohne Einfügungszeichen am äußeren Rand.
b
Juten] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
c
Franken] über .
d
Die salischen] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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Regensburg] unter der Zeile.
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Angelsachsen] (Angel mit Einfügungszeichen über der Zei'/e)Sachsen.
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Erfurt] über .
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drittes] K563 nennt »Würzburg«.
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[wobei] das [zweite] bald wieder unterging] Allein das zweitgenannte Bistum, Erfurt, ging bald wieder unter. Siehe LThK. Artikel zu den genannten Orten.
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dort ... Gebeine.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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Mehrere Reisen nach Italien. Briefwechsel mit den römischen Bischöfen. Er teilte Bayern in die 4 Diözesen Salzburg, Regensburg, Passau', Freisingen. Wir sehen Bonifacius auf Synoden, welche in Ost- und Westfranken gehalten wurden, als Legaten des römischen Stuhls. Er* weihte Erzbischöfe von Rouen, Reims und Sens. Er wurde Erzbischof von Mainz. Auch schon in diesen Gegenden hatte Bonifacius mit Ketzern zu tun. Der Franke Adalbert, der Irländer Clemens, wahrscheinlich Mönche. Strenge gegen unzüchtige Geistliche. Dies beruht wohl auf der allzu großen Strenge des Bonifacius. Adalbert widersetzte sich dem Reliquienwesen. Er soll Hammer und Nägel von sich ausgeteilt haben, wahrscheinlich ein Spott auf die Reliquien. So mag sich auch die Unsittlichkeit der Geistlichen, womit er zu tun hatte, mehr auf das ehelose Leben der Geistlichen beziehen. Bonifacius war Mittelsperson zwischen den fränkischen Gewalthabern und dem römischen Bischof. Dies hängt zusammen mit den Begebenheiten beim Bilderstreit. Der Sinn, das Christentum zu verbreiten, teilte sich den Fürsten christlicher Länder mit. Fränkische und gotische Könige. Dotierung der Kirchen mit Grundbesitz. In den fränkischen Gegenden ein Verhältnis der Unterordnung, ein Analog des Lehnsverhältnisses und der Hörigkeit. Indem die Kirchen mit Grundbesitz dotiert wurden, erhielten sie angehörige Leute, und da wurden natürlich die Bischöfe und Äbte der reichlich angelegten Klöster zugleich Herrn und traten in die Linie mit den eigentlichen Gutsbesitzern. Sie wurden häufig zu Staatsgeschäften gebraucht. Geistliches und Weltliches mehr vermischt als in anderen Gegenden. Geschmack an alle dem, was Analogie mit dem Kriegswesen hatte. Als Gutsbesitzer übten sie Jagd, zogen auch mit in Krieg, saßen im Rat der Fürsten, machten Ritterübungen mit. Umgekehrt kamen in die kirchlichen Versammlungen Fürsten, Grafen und Große des Reichs. Synode und Reichsversammlung gingen ineinander über. Die Fürsten übten großen Einfluß auf die Bischofswahlen. | 158 Daher war das Lehren bei den Bischöfen etwas Beschränktes. Durch die verschiedenen Schulen im alten fränkischen Reich und die englischen Lehrer wurde freilich für Kenntnis der Schrift und Patres gesorgt, aber die Übung des Lehrens war sparsam. Es wurde den Bischöfen (in den ersten Jahren des 9ten Jahrhunderts) aufgetragen, die Predigten der Kirchenväter in der Landessprache vorzutragen. Karl der Große ließ eine Sammlung, »Homili-
a
Passau, Freisingen] Würzburg, Emmeran. Verbessert nach K563.
b
Er ... Sens.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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arium«,· aus Kirchenlehrern zusammensetzen, ebenso mehrere Gesetze und Synodenbeschlüsse, die den Geistlichen verbieten, mit in Krieg zu tun außer denen, die geistliche Verrichtungen beim Militär hatten. Es wird ihnen auch untersagt, lange Zeit außerhalb ihren Gebieten und auf Jagden zuzubringen. Unter Karlmann die ersten Spuren von Säkularisierung1· der geistlichen' Gebiete. Ein Teil dieser Güter sollte vorläufig von der Krone in Besitz genommen werden bis auf ruhigere Zeiten hin. In den fränkischen und spanischen Synoden finden wir beharrlich den Charakter von Vermischung des Geistlichen und Weltlichen. In den unruhigen gotischen Reichen ging manche Veränderung von den Geistlichen aus, eine Dethronisierung eines gotischen Königs, der mit Gewalt zum Mönch gemacht wurde (durch einen künstlich beigebrachten Wahnsinn, den man ihm in einem Trank beigebracht hatte). Einfluß des Bonifacius auf die fränkischen Könige. Durch den Streit über die Bilder waren die Bischöfe in ein feindseliges Verhältnis gegen den griechischen Kaiser geraten, auf der anderen Seite von den Langobarden gedrängt. Ihr Schutz: die fränkischen Könige. Gregor III. wandte sich an Karl Martell. - Ein gleiches"1 Verhältnis leitete der Bischof Zacharias ein, e begünstigte' Pipin bei der Entfernung Childerichs, der in ein Kloster kam. Stephan III. reiste zu Pipin, ernannte die fränkischen Könige zu römischen Patriziern. Man weiß nicht, ob damals dieser Name schon als Titel bestanden oder wie es sich damit verhält. Langobarden wurden immer gefährlicher, immer dringendere Bitten an die8 Franken um Hilfe. Der Krieg zwischen den Franken und Langobarden bricht aus. Der König der Langobarden in Pavia belagert, genötigt, das Exarchat von Ravenna und die sogenannte Pentapolis abzutreten. Pipin schenkte diese Gegenden dem römischen Bischof. Das ist der erste Anfang seiner weltlichen Herrschaft. Nachdem die Franken abgezogen, zögerten die Langobarden, abzuliefern und fingen neue Feindseligkeiten an. Neuer Krieg von Karl gegen Desiderius, den langobardischen letzten König. Er belagert ihn, 774 kommt er nach Rom, bestätigt die Schenkung Pipins; Desiderius ergibt sich, Karl - Herr des ganzen
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Homiliarium] mit Einfiigungszeichen am äußeren Rand.
b
Säkularisierung] korr.
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geistlichen] aber < [ ] >.
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gleiches] korr.
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Es folgt
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begünstigte ... kam.] mit Einfiigungszeichen am äußeren Rand.
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die] korr. aus den.
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langobardischen Reichs in Italien - überläßt diese Distrikte dem römischen Stuhl. Karl sah den römischen Bischof an wie einen Bischof seines Reichs. Es scheint, als ob Adrian das Recht eingestanden habe, daß Karl das Recht habe, den römischen Bischof | 159 zu ernennen und weihen zu lassen. Indem die Großen des Reichs und Könige an der Bischofswahl teilhatten, so schien sich das Recht Karls aus dieser Sache selbst zu entwickeln. Aber Karl erhielt auch das Recht, die Bischöfe erst zu belehnen, ehe sie geweiht würden. Er trat in die Stelle des griechischen Exarchaten. Der Papst zeichnete* seine Dekrete noch nach den Regierungsjahren des griechischen Kaisers, nannte ihn auch noch seinen Herrn. So sehr schwanken die Verhältnisse. 796 kommt Leo auf den heiligen Stuhl, er anerkennt Karl, überreicht ihm die Schlüssel des heiligen Petrus und die Fahne der Stadt und bat ihn, einen Abgesandten zu schicken, um den Eid der Treue abzulegen.11 800 kam Karl nach Rom. Es war eine Verschwörung gegen Leo zustande gekommen; Anklagen gegen ihn. Karl hielt ein Gericht gegen Leo, freilich unter [einer] sehr günstigen Form. Man suchte die Sache mit Glimpf abzumachen. Leo bestieg in einer kirchlichen Versammlung die Kanzel und beschwor bei den Evangelien seine Unschuld. Am Weihnachtsfest krönte Leo den Karl in der Kirche zum Augustus, wozu ihn auch das Volk ausrief. Rom wird der Sitz des Kaisertums und ein Bestandteil seines Reichs. Weder bei Karl noch bei Leo war ein anderer Gedanke, als daß Karl schon längst Herr von Rom war, und die Krönung war nur eine feierliche Anerkennung hiervon. Der römische Bischof war zwar der erste, trat aber zum Kaiser in dasselbe Verhältnis wie die übrigen Bischöfe seines Reichs, primus inter pares. Während der Bewegungen Karls gegen die Langobarden kriegte er auch gegen die Sachsen. Die Autorität der bisherigen Fürsten wurde ihm untergeordnet. Man hat Karl dem Großen Vorwürfe gemacht über die gewaltsame Art, wie er das Christentum eingeführt hat. Es ist wahr, daß seine Härte verabscheut werden muß. Man sagt auch, das Christentum sei nur äußerlich mit drückenden Verpflichtungen gegen die Kirche eingeführt worden. Man muß aber die Sache auch von einem anderen Gesichtspunkt betrachten. Die Sachsen hatten eine andre gesellschaftliche Form als die Franken, mehr Persönlichkeit, ein loseres0 Band. Dies war es, was sie zu verteidigen hatten. Sie sahen imd Christentum
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Es folgt < auch > .
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abzulegen] korr.
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loseres] korr.
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im Christentum] mit Einfügungszeichen
über der Zeile.
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den Umsturz ihrer Verfassung. Die Fortdauer dieses Zustands hätte die Civilisation der* Franken sehr gefährdet. Beide Nationen hätten auch ohne Rücksicht auf Religion nicht ruhig nebeneinander bestehen können. Außer der religiösen Absicht war noch die der politischen11 Ordnung dabei. Sein Streit gegen die Sachsen war auch politischer Natur. Schon früher waren angelsächsische Missionen unter Willibrord zu den Friesen gekommen. | 160 Auch Bonifacius und seine Genossen stießen auf sassische Stämme. Karl sah die Missionsanstalten zugleich als Civilisationsanstalten an. Dies bewegte ihn zu seinem Verfahren. Seine ersten strengen Maßregeln waren defensiver Natur, indem die Sachsen gegen die Missionare das Gastrecht verletzt und solche erschlagen hatten. Die Ratgeber Karls, ζ. B. Alcuin, machten Karl aufmerksam, daß er den Zehnten unter den Neubekehrten nicht einführen sollte, indem man ihn auch in altchristlichen Ländern nur ungern gebe. Der größte Teil der Sachsen ward christlich. B i s t ü m e r : ' Osnabrück, Bremen, Paderborn, Münster, Werden, Halberstadt, Hildesheim. Die, welche das Christentum in diese Gegenden verbreiteten, hatten schon mit Schwierigkeit der Sprache zu kämpfen. Die Angelsachsen waren ein sächsischer Stamm, aber ihre Sprache hatte sich sehr verändert. Bonifacius gesellte sich Franken zu als Dolmetscher. An diesen schwachen Leitungsbanden ging der ganze Prozeß vor sich. Die Kirche hatte sich ganz im Lateinischen gebildet, das war ihr Grundstein. Die Sprache der Franken war eine deutsche. Sie wurden zwar mit dem Lateinischen bekannt, indem sie in die lateinischen Gebiete eindrangen, aber nun kam die Zeit, wo in fränkischen und gotischen Ländern die romanische Sprache aufkam (Mischung der Ursprachen mit der lateinischen). Daher finden wir baldd die Vorschrift (auf einer Synode zu Tours),* daß man in der lingua rustica predigen sollte, allein die anderen Teile des Gottesdiensts waren in der lateinischen Sprache festgestellt und seit den »Libris antiphonariis et sacramentariis« des Gregor war dies fixiert. Seine' Singschulen hatten sich auch nach (Lyon) Soisson?'20 und Metz (daher der Name »Mette«) gezogen.
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der Franken] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
b
politischen] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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Bistümer]
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Es folgt
mit Einfügungszeichen Uber der Zeile.
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Tours] über .
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Seine ... gezogen.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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Soisson?] über der Zeile.
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Die eigentliche Gelehrsamkeit verbreitete sich in diesen Gegenden auf der einen Seite aus Britannien, auf der anderen aus den alten Kolonien in den fränkischen Ländern. Von der Schule zu Canterbury stammte die zu York ab. Unter den Angelsachsen finden wir Ende Säkulum 7 und Anfang Säkulum 8 den Beda," dem wir eine Kirchengeschichte der Angelsachsen verdanken, auch ein allgemeines Chronikon, philologische und grammatische Schriften. Seine exegetischen Schriften nur Auszüge aus den Kirchenvätern mit eingestreuten Allegorien. Sein Nachfolger Alcuin war mit Karl, als er noch Prinz war, auf einer Reise bekannt geworden. Er kam nachher ganz an Karls Hof. - Karl bediente sich außer des Alcuin noch des Paul Warnefried (Paul Diacon). Alcuin legte Schulen, Paul Bibliotheken an. Karls schola palatii, die ihm überall folgte, wo die Kinder der Großen unter- | 161 richtet wurden in Geschichte und lateinischer Sprache. Alcuin gründete eine Schule in Tours, wo er Abt eines Klosters wurde, aus dieser ging Rabanus Maurus hervor. Bei der schnellen Verbreitung des Christentums läßt sich nicht anders denken, als der größte Teil der Geistlichen mußte unwissend sein. Verfälschte Taufformulare aus Unwissenheit. Roheit unter Mönchen. Harte Leibesstrafen in den Klöstern eingeführt. Es mußte ein Zustand äußerlicher Gesetzlichkeit dem Christentum vorangehen. Als solche muß man diese Periode ansehen und sich wundern, daß sich das Innereb des Christentums so schnell entwickelt hat. Wahrhaft theologische Streitigkeit unter eigentümlicher Form sind die adoptianischen Streitigkeiten, ein Einfluß aus den arianischen und eutychianischen Streitigkeiten. Sie entstanden in Spanien, das aber zum Teil von Karl eingenommen war. Sie entstanden aus den Spekulationen zweier befreundeter Geistlicher: Elipandusc von Toledo und Felix von Urgella. Sie spekulierten, ob die menschliche Natur Christi in demselben Sinn der Sohn Gottes genannt werden könne wie die göttliche Natur, ganz analog wie bei den monotheletischen Streitigkeiten, welche mehr auf dem äußeren Gebiet der geschichtlichen Existenz Christi lagen, während diese Streitigkeiten sich mehr auf den symbolischen Charakter bezogen. Sie sagten, der menschlichen Natur nach sei Christus nur filius adoptivus Dei. Bald fanden sie Gegner. 2 spanische Mönche, Beatus und Etherius,d achteten die Leute für zu gering, um' mit ihnen zu streiten. Papst'
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Beda] korr.
b
Innere des] mit Einfügungszeichen
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Elipandus] Elipardus korr. aus Elipartus.
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Etherius] Oetherius. Verbessert nach K604.
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um] über < als > .
über der Zeile.
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Adrian aber mischte sich hinein und beschuldigte den Elipandus' des Nestorianismus, indem er Christus teile, ganz parallel mit den monotheletischen Streitigkeiten. Elipandusb protestierte. Elipandus war* im arabischen Spanien, Felix unter fränkischer Herrlichkeit. Synode in Regensburg. Felix soll widerrufen ΐ haben, in Rom soll ihn Adrian gefangengehalten haben, er soll dort ein widerrufendes Glaubensbekenntnisd aufgesetzt haben, er soll aber, als er freigekommen war, die alte Meinung wieder angenommen haben und geflohen sein ins® arabische Spanien. Alcuin schrieb auch dagegen »Adversus' haeresin Felicis« und meinte, es 10 liege eine Verwechslung zum Grunde zwischen assumere und adoptare, allein es war hier nicht die Rede von der Einheit der Person, sondern ob jede Natur gleichviel | 162 Würde habe in Beziehung auf den Vater. Elipandus verwendete sich in einem Schreiben an Karl fiir Felix. Er wendet sich auch an die fränkischen Bischöfe mit Beweisen aus der Schrift und den is Patres - Adrian mußte seine Zuflucht nur dazu nehmen, daß er sagte, es sei manches κατ' οίκονομίαν. - Karl schrieb nun die schon erwähnte Synode in Frankfurt aus. Bischof Paulin von Aquileja legte sein8 anti-adoptianisches Buch vor. Er sagte, man müßte doch wissen, w a n n die Adoption erfolgt sei: sei sie während 20 desb Lebens Christi erfolgt, so sei dies eine gnostische Ketzerei. - Christus hätte sein Fleisch von Maria genommen, da komme nichts von assumere vor und da ließe sich wieder keine Adoption denken. Wenn Christus nur filius adoptivus gewesen wäre, hätte er* sie uns nicht verschaffen können, wir wären filii adoptivi. - Allein die Gegner berücksichtigten nicht, daß Elipandusj und Felix dies 25 nur von Christus, der menschlichen Natur, sagten und daß er seiner11 menschlichen Natur durch seine innewohnende Gottheit die Adoption verschafft habe. -
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Papst Adrian] mit EinfUgungszeichen
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Elipandus] Elipardus korr. aus Elipartus.
über < Der Kaiser > .
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Elipandus] Elipardus korr. aus Elipartus.
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Es folgt
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Glaubensbekenntnis] erstes b undeutlich.
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ins ... Spanien.] über den Rand hinaus
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Adversus ... Felicis] mit EinfUgungszeichen
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Es folgt
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des] korr. aus dem.
. geschrieben. am äußeren
< adopt > .
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er] mit Einfügungszeichen
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Elipandus] Elipartus.
über der Zeile.
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seiner ... Natur] mit Einfügungszeichen
über < s > .
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Es wurde eine Synodenentscheidung gegen die Adoptianer gefaßt. Elipandus und Felix starben bald. Die Sache verschwand bald in der Kirche. Merkwürdig ist sie teils wegen ihres Parallelismus mit dem Monotheletismus, teils wegen ihrer Eigentümlichkeit. Man kann den zerrütteten Zustand der abendländischen und morgenländischen Kirche am besten erkennen auf den Synoden. Auf der Synode zu Frankfurt erklärten die Abendländer, sie wären nicht befugt, neue Términos zu erfinden. Mangel an Produktivität, aber bloß, weil sie noch nicht geweckt war, im Morgenland aber war sie wirklich gesunken. Das Mönchswesen hat in beiden Ländern denselben Einfluß, dasselbe Übergewicht. Im Morgenland Absterben, im Abendland ein langsames, in manchen Punkten verfehltes, aber nach allen Seiten hin steigendes Wachstum. Die griechische Kirche war zerteilt in die griechisch-katholische und in die einzelnen Gemeinschaften der Nestorianer, Monophysiten, Monotheleten. Sie zogen sich in die arabischen und persisch gewordenen Länder zurück, die griechische Sprache verstarb nur mehr, der Gottesdienst meist syrisch, kein neues Leben, stellen ein versteinertes Christentum dar. Die griechische Kirche verfiel teils wegen der inneren, teils wegen äußeren Unruhen, teils wegen Übergewicht des Äußeren über das Innere. Das ganze Idealresultat der bisherigen Entwicklung des Christentums findet sich in bedeutenden Werken dargestellt | 163 in der griechischen Kirche. Das Werk des Johannes Damascenus, in welchem' alle Bestimmungen der Lehre in den Kirchenversammlungen mit den Autoritäten der Patres gesammelt sind, aber nichts als Sammlungen; auf System hat es keinen Anspruch, obgleich Damascenus ein Dialektiker war. Viele Verstöße gegen Form (das Anti-manichäische sollte in der Lehre vonb Gott vorgetragen sein, ist aber an einer ganz ungehörigen Stelle). Es lag bei den Lehren weniger eine ursprüngliche Beschauung zum Grunde, sondern da sie erst im Streit entstanden waren, hatten sie einen überwiegend negativen Charakter. Man kann das Werk des Damascenus nicht für das System der griechischen Kirche halten, vieles fehlt darin. Es ist aber immer1 bedeutend und brauchbar. Im Abendland gab es Werke, die wir als Gegenstück zu diesem ansehen können, aber keines von der Bedeutung. Isidor Hispanicus: »Libri III sententiarum«, Ildephons von Toledo: »Liber de baptismi instructione«. »Alcuini libri de
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welchem] welche sich,
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von] Uber < b e i > .
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immer] mit Einfügungszeichen
über der Zeile.
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fide sanctae et individuae trinitatis ad Carolum imperatorem«; ein bestimmter Gebrauch aristotelischer Dialektik ist nicht drin zu verkennen. Die Trennung dieser beiden Kirchen ist der Punkt, wo ein neuer Abschnitt anzunehmen ist; sie war zur Zeit Karls noch nicht ganz entschieden, aber einge5 leitet durch den Mangel an Gemeinschaft.
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Den Anlaß zur Trennung der beiden Kirchen gaben die verschiedenen Ansichten über den heiligen Geist. Man sieht aber, daß dies Dogmatische nur eine πρόφασις war, denn an der Lehre selbst scheinen beide Kirchen nicht viel Interesse gehabt zu haben. Wir müssen bei dieser Lehre in die vorige Periode zuriickgehn. In den Streitigkeiten, welche Cyrill von Alexandrien eröffnete, findet sich zuerst Erwähnung von den Ausdrücken des Ausgehens des heiligen Geistes vom Vater und vom Sohn. Je mehr die Lehre von der Gottheit Christi zur Sprache kam in den nestorianischen und monophysitischen Streitigkeiten, desto mehr mußte man auch auf dies Rücksicht" nehmen. Theodoretus sagt, das Ausgehen des Geistes vom Sohn, insofern er in demselben seine ουσία habe, müsse man verwerfen. Es war in der griechischen Kirche herrschend, daß man den Geist nur in Beziehung mit dem Vater setzte. Die ganze Theorie blieb mehr im Dunkeln. Man | 164 stellte sich eine negative Grenze und sagte, es sei genug, wenn [man] vom heiligen Geist nicht als von einem Geschöpf' rede,0 ihn selbst aber Gott zu nennen, dessen enthielten sie sich. Auf der konstantinopolitanischen Synode war nicht weiter gegangen worden, als daß man aufstellte, der Geist gehe aus vom Vater (Joh. 15). Im Abendland kommt schon gegen Ende des 6ten Säkulums der Zusatz »filioque« vor, man weiß nicht recht, wo dies herkommt. Um diese Zeit anathematisiert schon eine spanische Synode in Toledo diejenigen, welche dies nicht annehmen wollten. Im 5ten Jahrhundert war im Abendland das sogenannte Symbolum Athanasianum/Quicumque zum Vorschein gekommen; von Athanasius ist es nicht, welcher sein Verfasser, ist streitig. In diesem stand, der Geist gehe aus vom Vater und Sohn. Wahrscheinlich kam der Zusatz aus Glossen zum konstantinopolitanischen Symbol. Bei Gelegenheit einer Gesandtschaft an Pipin wurde darüber auf einer Synode in der Nähe von Paris konferiert. Paulinus von Aquileja verteidigte am Ended der vorigen Periode diesen Zusatz auf der Synode.21 Karl der Große brachte die Sache auf einer Synode zu Aachen im Anfang des 9ten Jahrhundert zur Sprache und billigte den Zusatz. Leo wollte vom Zusatz nichts wissen und sagte, die Lehre vom Ausgang des Geistes vom Sohn wäre schwierig und
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Rücksicht nehmen] mit Einfügungszeichen
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< zu > .
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rede] korr. aus reden,
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Es folgt
< dieser [ ] > .
über der Zeile.
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abstrus. Es ist nicht abzusehen, was hier schwieriger sei als in der Theorie von der ewigen Zeugung. Wenn wir auf die Sache selbst sehn, so müßte man sagen, das πρώτον ψεύδος in der ganzen Sache liegt darin, daß man* die b ewige 0 Verschiedenheit der 3 Personen ohne Rücksicht auf ihre geschichtliche Erscheinung behandeln wollte. Die Abendländer sagen mit Recht, nimmt man das Ausgehen des Geistes nur vom Vater an, so ist eine Ungleichheit des Vaters und Sohns gesetzt. Aber niemand wird doch sagen, der Sohn sei vom Geist gezeugt, also ist immer Subordination da. Eine Unterordnung muß auch immer herauskommen," 1 wie man es auch stelle. Johannes von Damaskus sagte, den Unterschied zwischen προστέλλεσθαι und γεννάν könne man nicht angeben. Die subordinatianische Form war in der ganzen Denkart die herrschende, der abendländische Zusatz war eine Näherung an das Gegenteil, aber unvollkommen. Da die Morgenländer die Sache im Dunkeln ließen, so sieht man deutlich, wie die' Lehre selbst keinen Anlaß zur Trennung geben konnte, sondern nur die Beschuldigung einer absichtlichen Verfälschung eines Synodalbeschlusses. Je mehr die Autorität der Synoden wuchs, um so mehr mußten die Abendländer das Gefühl haben, daß sie an jenen Verhandlungen nicht teil- | 165 gehabt hatten, was ihnen bei ihrer erwachenden Selbsttätigkeit um so unerträglicher war. Im Gefühl ihrer erwachenden Kräfte und bei der Schlaffheit der griechischen Kirche mußten sie sich trennen. Unter den unmittelbaren Nachfolgern Karls wurden die Bemühungen um das Christentum trotz allen Familienspaltungen nicht vernachlässigt. Es wurde bestimmt, es sollten theologische Schulen gegründet werden, welche vorzüglich durch die Canonicos geleitet werden sollten. Der Gelehrteste unter ihnen sollte Scholasticus sein, unter den Canonicis selbst lehren und die Aufsicht über alle Schulen im' bischöflichen Sprengel haben. Außer diesen Schulen wurden in den vorzüglichsten Klöstern Schulen errichtet, diese kamen immer mehr auf, die bischöflichen ab wegen dem weltlichen Charakter der Bischöfe. Eine Schule zu Fulda, Lehrer: Rabanus Maurus.
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Es folgt
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die] korr. aus der.
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ewige] korr. aus ewigen,
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herauskommen] Uber < stattfinden > .
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die ... selbst] über < d i e s > .
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im] korr.
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Die Kenntnisse wurden eingeteilt in Trivium:* Grammatik, Rhetorik, Dialektik; Quadrivium:1· Musik, Geometrie,' Astronomie undd Arithmetik.' Das einzige, worin etwas Eigentümliches geleistet wurde, war die Musik, erklärlich aus dem Zusammenhang mit dem Kirchengesang. Remigius,' Bischof* von St. Germain, LehrerÇ) zu Reims, später zu Paris, hatte schon eine Orgel aus Griechenland bekommen. Seit Gregor war die Orgel schon beim Gottesdienst. Ihre Geschichte dunkel. Die übrigen Kenntnisse hatten einen enzyklopädischen Charakter. Man schöpfte meist aus den neueren Übersetzungen,1* aus Augustin. Johannes Scotus am Hof Karls des Kahlen war einer von den wenigen, welche Piaton und Aristoteles griechisch gelesen haben. Er übersetzte die griechische Schrift Pseudo-Dionysius' Areopagita ins Latein. Dieser Schriften Ursprung ist dunkel, für Scotus waren sie sehr anregend. Aus der Schule zu Fulda ging Walafried Strabo" hervor. Er schrieb eine Glossa über die Bibel, ein gelehrtes Werk über die Kirchenzeremonien. Eine andre Schule war die im Kloster zu Corvay an der Weser. Die Geschichtsschreibung war eine der bedeutendsten Bemühungen der damaligen Zeit. Wittekinds »Geschichte der Sachsen«, dediziert1 der Mechthilde, Tochter Ottos I.; Roswita: »Panegyrici«; Dittmars1 Chronik; Hermann Contractus; »Fränkische Jahrbücher«, von Mönchen geschrieben. Man fing an, die Schrift in die vielen Mundarten zu übersetzen. Otfrieds Evangelien in ostfränkischen Reimen. Das Bestreben, das Christentum auszubreiten, war sehr im Gange. Bis in Mitte des XI. Jahrhunderts war es ziemlich in ganz Europa verbreitet. Im Abendland fing es an bei den Sorben und Wenden an der Elbe. Meißen, Merseburg, Zeitz in der Mitte des X. Jahrhunderts, später Havelberg, Brandenburg,
a
Trivium] Trilium korr.
b
Quadrivium] Quatrilium korr.
c
Es folgt < und > .
d
und Physik] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
e
Arithmetik] Physik. Verbessert nach K62I.
f
Remigius, ... bekommen.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
g
Bischof] Kj Leiter der Schule. Remigius war in St. Germain kein Bischof. Vgl. LThK. Artikel: Remigius von Auxerre.
h i
Ubersetzungen ... Augustin.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand. Pseudo-Dionysius] (Pseudo mit Einfügungszeichen über der Ze/7e)-Dionysius.
j
Strabo] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
k
dediziert ... Ottos I.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
1
Dittmars] korr.
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Magdeburg (Metropolitan-Kirche), nach Norden von den sächsischen Bistümern aus. Die Sachsen kamen in Berührung mit den Normannen, die sich von Jütland nach Schleswig und Holstein gezogen hatten, durch" Ansgar von Corvay. Ein Versuch, das Christentum nach Schweden zu verbreiten. Ansgar, der diese Bemühungen geleitet hatte, wurde jetzt Bischof von Hamburg, | 166 verlegte aber, da dies durch die Normannen zerstört wurden, den Sitz nach Bremen. Flüchtiggewordene Vertriebene suchten Schutz bei christlichen Fürsten, die Taufe ward ihnen zur Bedingung gemacht. Verheiratungen an christliche Prinzessinnen, Wunderglaube halfen weiteres mit. Als Ansgar nach Schweden kam, wurde darüber gelost, ob er Erlaubnis habe zu predigen, das Los war für ihn. Oft wurde Christus mit unter die heidnischen Gottheiten aufgenommen, und sonst viele Vermischung des Christlichen und Heidnischen, daher häufige Wechsel, öfter heidnische Reaktionen. In Norwegen11 war das Christentum durch Olav Tryggvason auf eine ziemlich gewaltsame Weise eingeführt worden, es kam nach Island und Grönland. Jütland wurde von Otto in 3 Bistümer geteilt, die dem Erzbistum Hamburg und Bremen unterworfen wurden.' Von der griechischen Kirche gingen solche Verbreitungen des Christentums aus mehr als in früherer Zeit. Die Produktivität dieser Kirche war aber in dieser Zeit auch nicht bedeutender. Häufige Regierungswechsel, Geneigtheit zu inneren Unruhen ließen keine konstante Verbesserung des Kirchlichen aufkommen. Der Patriarch Photius, Säkulum 9, hat uns Auszüge aus Schriften hinterlassen, die jetzt größtenteils verloren sind. Constantin Porphyrogennetos, Lebensbeschreiber seines Großvaters, Kaisers Basilius von Mazedonien, ließ eine Bibliothek anlegen. Theophanes, Genesius, Zonaras folgten ihm als Geschichtsschreiber. Das eigentliche Theologische war auch hier sparsam. Eine Menge slawischer Völker drängten sich um das griechische Kaisertum herum. Die Bulgaren wurden in der ersten Hälfte des 9ten Säkulums Christen, ein Teil aber war islamisch. Das Verhältnis der Mohammedaner gegen die Christen war überall das der Duldung gewesen, Kalifen hatten jüdische und christliche Staatsbeamte. Von den Bulgaren ging das Christentum zu den Chasaren im Chersones, einem gemischten Volk. Im Anfang des 9ten Jahrhunderts kam es auch unter die Russen, befestigte sich aber erst am Ende des lOten Jahrhunderts, ein neuer Zweig der griechischen Kirche.
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durch ... Corvay] mit Einfügungszeichen
b
Norwegen] mit EinfUgungszeichen
c
wurden] wurde.
am äußeren
Rand.
über < Schweden > .
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Cyrill und Methodius, 2 griechische Mönche, gingen zu den sia vise hen Böhmen und Mähren und predigten mit gutem Erfolg. Sie richteten den Gottesdienst nach griechischem Ritus in slawischer Sprache ein. Dies verbreitete sich weiter, und die slawenische Sprache wurde für einen großen Teil der griechisehen Kirche die kanonische Sprache. In den neuen Ländern unter der römischen Oberherrschaft war der lateinische »Canon missae« immer geblieben, nur die Homilien waren in die Landessprache übergetragen. Die naheliegenden römischen Kirchen beklagten sich, daß dort die slawische Sprache aufkomme. Cyrill suchte seine Maxime in Rom geltend zu machen. Man ließ | 167 dies damals so gehen, aber die lateinische Sprache nahm allmählich die Oberhand und der römische Ritus wurde der herrschende. Dadurch wuchs auch das römische Ansehen. Das Zusammenhalten der Bischöfe und das eigentliche Synodalwesen war in Abnahme gekommen, wozu der unruhige Charakter dieser Zeit vieles beitrug. Im stillen stieg immer das Ansehen der römischen Bischöfe. Sie suchten es auch auf die Gegenden auszudehnen, welche ursprünglich durch die griechische Kirche waren christlich geworden. Dies gab Veranlassung zu Streitigkeiten zwischen beiden Kirchen. Ein andres Mittel, das römische Ansehen zu heben, waren die FamilienVerhältnisse der fränkischen Könige, besonders Karls des Großen. Der römische Bischof maßte sich überall schiedsrichterliches Ansehen an, die streitenden Parteien nahmen Zuflucht zu ihm. Gegen die Grenzen hin waren die Bischöfe Stützen des Reichs. Dei* Architekt und Naturforscher Bernward,h Bischof von Hildesheim, baute eine Festung gegen die Normannen. Die [Bischöfe] im Innern des Landes unterwarfen die Handlungen der Fürsten der kirchlichen Zensur, daher bald die Fürsten in Rom Schutz suchten, so daß das weltliche Element immer tiefer eindrang in die ursprünglich geistliche Gewalt. In den neuentstandenen ostfränkischen Gemeinden war der Bischof von Anfang an eine persona duplex. Nun kam auf der anderen Seite die Gewalt in der Kirchenzucht dazu. Durch die Geistlichen konnte bald jede höchste Gewalt unsicher gemacht werden. Man hat auch hier nicht nötig, alles aus persönlichen ehrgeizigen Absichten zu erklären, diese entstanden erst aus den gegebenen Verhältnissen. Der Exponent des Verderbens war zusammengesetzt einmal aus einem rein christlichen Element (der Kirchen-
a
der ... Normannen.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
b
Bernward, ... Hildesheim] Bernhard, Bischof von Fulda. Verbessert nach K619.
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zucht), das nur durch ein andres verunreinigt wurde (das geschichtlich Gegebene, die reichsständische* Autorität der höchsten Geistlichkeit). Leo III. undb Paschal I. nahmen sich heraus, in Rom Hinrichtungen vornehmen zu lassen, der eine von römischen Großen, der andere von römischen Geistlichen. Diese Akte gehörten dem Kaiser; sie entschuldigten [sich] deshalb bei Ludwig dem Frommen. Einige Jahre darauf schickte Ludwig seinen Sohn Lothar nach Rom. Dieser erließ ein großes Edikt über den Rechtszustand zwischen Rom, worin enthalten war, daß der Papst dem Kaiser den Eid der Treue schwören müsse, ehe er gewählt werde. Stephan* wurde ohne Ludwigs Bestätigung geweiht, doch beeilte er sich, sogleich dem Kaiser Gesandte zu schicken, um den Eid ihm zu bringen und um Audienz zu bitten, die zu Rom stattfand. Ludwig der Fromme hatte gegen einen empörerischen Sohnd Bernhard eine grausame Strafe ausgeübt: die' Augen ausstechen lassen, und in ein Kloster geschickt. Er fand sich daher veranlaßt, Kirchenbuße zu tun. Er geriet hernach in Streit mit seinen Söhnen. Gregor IV. spielte eine zweideutige Rolle. Die fränkischen Bischöfe nahmen eine feindliche Stellung gegen ihn, aber bald änderten sie sich und schlugen sich auf die Seite der Söhne Ludwigs. Ludwig ward abgesetzt und zu einer öffentlichen Kirchenbuße unter den schmählichsten Formen verurteilt.' Nicolaus I. (um Mitte des 9ten Jahrhunderts) war der erste Papst, der sich auch krönen ließ. Es geht nicht daraus hervor, daß er Ansprüche mit verband, aber man kann das* Streben nicht | 168 verkennen. Lothar [//.] h wollte seine Gemahlin Theutberga lossein, weil er mit Waldrada in Liebesverhältnis stand. Der Erzbischof von Köln und Trier trugen der Theutberga' auf, die Wasserprobe zu bestehen, und sie bestand sie, indem' sie es durch einen anderen tun ließ,k der wahrscheinlich eine feuerfeste Hand hatte.
a
reichsständische] mit Einfügungszeichen Uber der Zeile.
b
und Paschal I.] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
c
Stephan ... stattfand.] am äußeren Rand.
d
Sohn] So auch die Eyssenhardt-Nachschrift
S. 190. Kj Neffen. Vgl. B394; Mann, Golo
(Hrsg.): Propyläen Weltgeschichte. Fünfter Band. Frankfurt a. M. 1963. S. 311. e 35
die ... geschickt] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
f
verurteilt] 1 undeutlich.
g
das] korr. aus den.
h
[//.]] ergänzt nach K638c.
i
Theutberga] korr. aus W.
j
indem ... hatte.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
k
ließ] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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Demunerachtet preßten die Bischöfe ihr ein Geständnis ab, schieden den König von seiner Gemahlin und erlaubten ihm, die Waldrada zu heiraten gegen allen bisherigen kirchlichen Gebrauch. Nicolaus setzte die Bischöfe ab und nötigte Lothar,* die Theutberga wieder zu heiraten unter Androhung des Kirchenbanns. 5 In der Sache hatte Nicolaus recht, aber in der Form unrecht. Daß er Bischöfe aus eigner Autorität absetzte, war etwas ganz Neues, auchb war er nicht Lothars persönliche Autorität. Andre Anmaßungen übte Nicolaus aus gegen den Erzbischof H i n k m a r v o n R e i m s , welcher zu den Geistlichen gehörte, die in der damaligen Zeit die 10 meiste Würde und gleich viel Kraft gegen den Kaiser wie gegen den Papst gezeigt haben. Er dringt auf gänzliche Scheidung der bürgerlichen und geistlichen Gewalt und' schreibt die Gewalt der Schlüssel a l l e n Bischöfen zu. - Eine der bedeutendsten Streitigkeiten, die er mit Nicolaus führte, betraf den klonischend Bischof, seinen* Neffen, der von Hinkmar war zu Verantwortung gezo15 gen und auf* rechtmäßigen Synoden abgesetzt worden' war. Nicolaus nahm dessen Appellation an. Hier kommt zuerst vor eine Berufung auf die p s e u d i s i d o r i s c h e S a m m lung (»Litterae decretales«). Das Schreiben wurde von Clemens Romanus an datiert; daß sie untergeschoben, erkennen auch katholische11 Schriftsteller an. 20 Den Einfluß, den diese Schriften auf die Änderung im kirchlichen Regiment hatten, ist nicht so groß, als die meisten protestantischen Schriftsteller glauben. Ohne die Tendenz würde die Sammlung nicht entstanden sein, sie war natürliches Resultat der damaligen Verhältnisse. Der erste Grund dazu war, daß es den römischen Bischöfen gelungen war 25 zu behaupten, Petrus sei Bischof von Rom gewesen und sie seien seine Nachfolger, begabt mit seiner Autorität. An diesem Faden kann man die ganze Reihe der Begebenheiten fortziehen, die auch ohne falsche Dekretalen erfolgt wären. Auch das Zurückgehen auf die alte sardikanische Synode, welche nur im Abendland anerkannt wurde, räumte den römischen Bischöfen viele Vorrechte
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Lothar] über < Nicolaus > .
b
auch ... Autorität.] mit Einfilgungszeichen am äußeren Rand.
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und ... zu.] mit Einfilgungszeichen am äußeren Ratui.
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laonischen] Orban. Gemeint ist Hinkmar von Laon.
e
seinen Neffen,] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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auf ... Synoden] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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worden war] über < hatte > .
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Es folgt < Bischöfe > .
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ein und gab ihnen Gelegenheit, indem sie Schiedsrichter zwischen den Bischöfen und Metropoliten machte, sich über die letzteren immer mehr zu erheben. Daß die Sammlung von einem römischen Bischof veranstaltet worden oder daß die Bischöfe ihrer Unechtheit bewußt gewesen, kann man nicht behaupten. 5 Die Dekretalen wurden zuerst in Mainz aufgefunden. Aus dem Namen »Isidor« Schloß man, daß sie aus Spanien gekommen. Der größte Verdacht fällt auf einen mainzer Diakon Benedict Levita. Was konnte ihn hierzu bewegen? Persönlichen Vorteil kann man nicht absehen, auch* nicht persönlichen Ruhm als Entdecker, da er sich nie genannt hat, aber durch diese Dekretalen wurde das | 169 Anse10 hen des Erzbischofs von Mainz unterdrückt. Es war also das Bestreben der niederen Geistlichkeit, die höhere zu beschränken, b darin ausgedrückt. Etwas Ähnliches fand der Verfasser vor in den apostolischen Kanonen und Konstitutionen, einem" Werk des 5ten Jahrhunderts, dessen Sammler unbekannt. Man kann die Analogie verfolgen bis zu den apokryphen Schriften des Neuen 15 Testaments hinaus. Es war das Bestreben, das, was man für gut, heilig und nützlich hielt, auf frühere Autoritäten zu schieben. Viel schlimmer darf man vom Sammler der falschen Dekretalen auch nicht denken. Denkt man sich, daß der Verfasser Freund und Anhänger der Autorität des römischen Bischofs war, so steht auch in den falschen Dekretalen nichts, worauf nicht die Bischöfe schon 20 Ansprüche gemacht hätten; diese Ansprüche legte er früheren Bischöfen unter. In unserem Sinne ist es Betrug und kann immer eine fraus pia heißen, aber man muß es sich nicht so boshaft deuten, sondern es hängt mit der Unkritik der Zeit und mit der Theorie von der Kontinuität der kirchlichen Tradition und Autorität zusammen. 25
Auch andre Bischöfe, der jüngere Hinkmar, Hinkmar von Reims und andere beriefen sich darauf. Hinkmar von Reims protestierte bloß gegen das aus dieser Sammlung, was auf keiner Synode festgesetzt war. Ein neues Beispiel päpstlicher Autorität unter Johannes VIII. Ende d des 9ten Säkulums, welcher Ludwig II. von einem erzwungenen Eid lossprach. Der® 30 Herzog von Benevent hatte nämlich Ludwig schwer beleidigt, In seiner Angst überfiel er den Kaiser und zwang ihn zum Eide, die Schande nicht zu rächen. Das war allerdings ein sehr gefährliches Beispiel. Die Kirche kann nur von der absoluten Heiligkeit des Eides ausgehen, ein andres ist es, was eine gerichtliche
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a
auch ... hat,] mit Einfügungszeichen
b
beschränken] über < unterdrücken > .
am äußeren
c
ein ... unbekannt.] mit Einfügungszeichen
d
Ende ... Säkulums,] mit Einfügungszeichen
e
Der ... rächen.] mit Einfügungszeichen
Rand.
am äußeren am äußeren
am äußeren
Rand. Rand.
Rand.
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Versammlung darüber urteilen kann. In der Folge wurde dieser Vorgang zu vielen Mißbräuchen genutzt. Die Familienstreitigkeiten der fränkischen Könige gaben den Päpsten immer mehr Gelegenheit, ihre Macht zu erweitern. Karl der Kahle, junger Bruder, 22 nahm nach Ludwigs [//.] Tod Besitz von Italien. Johannes krönte ihn und sagt in seinem Schreiben, Karl sei durch das Privileg des päpstlichen Stuhls zum Kaiser gewählt. Die italienischen Stände teilten sich mit dem Papst in dem Raub des Rechts, die Krone zu vergeben. Es war früher* eine große Leichtigkeit, neue Bistümer zu errichten, aber die Bischöfe suchten nun, die Errichtung derselben zu erschweren, was darin seinen Grund hatte, daß die Bistümer schon eingeteilt waren und also bei Errichtung von neuen den alten Eintrag geschah. Dieb Fürsten übten indessen das Recht, Bischöfe abzusetzen, immer noch aus, so wie sie auch das Recht ausübten, nicht eigentlich Bischöfe zu wählen, aber dieselben zu belehnen, weil die bischöflichen Güter als von der Krone ausgehend betrachtet wurden, das Recht der Investitur. Am Ende des 9ten Jahrhunderts: Zeiten der größten Verwirrung und der größten Greuel. | 170 Im letzten Dezennium dieses Jahrhunderts wurde Formosus römischer Bischof, er war früher Bischof von Portoc gewesen, abgesetzt und wieder eingesetzt worden. Er übte viele Greuel. Bonifacius VI. d auch schon früher als Diakon wegen Unordnungen und Bestechungen abgesetzt. Ihm folgte Stephan VI., der den Formosus ausgraben und seine Leiche vor Gericht stellen, ihn' des Papsttums unwürdig erklären, ihm 3 Finger abhauen und die' Leiche in den Tiber werfen ließ. Die Römer wurden hierüber erzürnt und8 erdrosselten Stephan. Es folgte Christophorus. Lange Parteiungen. Sergius III. gehörte zur tuskanischen Partei, ließ seinen Vorgänger umbringen. Sergius' Verhältnis mit Theodora1" und ihren Töchtern Maria,' Theodora.'
a
früher] mit Einfägungszeichen Uber der Zeile.
b
Die] korr.
c
Porto] Ostia. Verbessert nach K645.
d
VI.] korr. aus IV.
e
Es folgt < f ü r > .
f
die Leiche] mit Einfägungszeichen über der Zeile.
g
und ... Christophorus.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
h
Theodora ... Töchtern] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
i
Marozia] Maria. Verbessert nach B426. Vgl. LThK. Artikel: Sergius III.
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Theodora] korr.
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Johannes* X. liebte die jüngere Theodora. Johannes X. b unternahm einen Zug gegen die Araber, wurde aber von Maria (Marozia) gefangengenommen und im Gefängnis erstickt. Johannes XI., sein Nachfolger, soll ein Sohn des Sergius und der Marozia' gewesen sein. Die Päpste suchten auch immer mehr, ihre Autorität über die Bischöfe geltend zu machen, und beriefen sich auf einen Satz in den Dekretalen, daß Konzilien ohne römischen Bischof keine Gültigkeit hätten. Hugo von Vermandois war zum Erzbischof von Reims gemacht worden als ein Kind von 5 Jahren. Nachher wurde er vond Johannes' Nachfolger" abgesetzt, zog sich in eine Feste zurück und verwüstete von da aus mit seinen Soldaten das Erzbistum. Er wußte sich von Johannes XI. einen Wiedereinsetzungsbefehl zu erschleichen, allein eine neue Synode erklärte ihn für abgesetzt. Johannes XII. war ein Sohn des Alberich' Markgrafen' von Toskana, aus der Familie der Theodora. Er hatte die Würde eines römischen Patriziers. Als Papst behielt er seine weltliche Würde bei, hieß vorher Octavian. Er war der erste, der als Papst einen anderen Namen annahm.23 Als Markgraf und Patrizier behielt er den Namen Octavian bei. - Von ihm ließ sich Otto in Rom krönen. Otto bestätigte alle karolingischen Schenkungen. Korsika und das Herzogtum Benevent sind in dieser Urkunde als Besitzungen des Stuhls genannt. Die Römer klagten über das zügellose Leben dieses Papstes. Johannes verband sich seinem Eid zuwider mit Adalbert, Prätendanth Italiens. Otto mußte nach Rom zurückkehren. Kirchenversammlung. Beschuldigungen gegen den Papst. Otto ladet ihn ein, zu erscheinen. Angesehene römische Schriftsteller24 erklären diese Synode für ungültig, weil der Papst nicht darauf gewesen, weil die Synode in seinem Metropolitangebiet gehalten wurde (also nicht in bezug auf die Dekretalen). Daß ein Geistlicher nicht könne vor weltliche Gerichte gezogen werden, war damals sehr anerkannt, einige Beispiele ausgenommen. Johannes hatte sich zuerst verfehlt und die Ausübung seiner Metropolitanrechte [dadurch] verscherzt, daß er I 171 sich aus seinem Metropolitansprengel entfernte, und die Synode war keineswegs ungültig. Als er nicht erschien, setzte die Synode ihn ab und wählte
a b 35
Hagenbach-Nachschrift 1821/22: Abriß der Kirchen- und Dogmengeschichte
Johannes X. ... Theodora.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand. Johannes X.] mit Einfügungszeichen über < Er > . Johannes X.] mit Einfügungszeichen über < E r > .
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Marozia] Theodora. Verbessert nach B428. Vgl. LThK. Artikel: Johannes XI.
d
von ... Nachfolger] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
e
Nachfolger] korr. aus X.
f
Alberich] Alerich. Verbessert nach K628.
g
Markgrafen] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
h
Prätendant Italiens] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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Leo Vili. Er wurde von Adalbert vertrieben, hernach aber wieder eingesetzt. Nach seinem Tod wurde Benedict V. gewählt. Otto aber wußte Leo zu schützen. In Frankreich beging ein Erzbischof von Reims, Arnulf," eine Verschwörung gegen den König. Eine Synode in Reims wurde gegen ihn gehalten. Der Bischof von Orléans gleichenb Namens erklärte sich freimütig gegen die päpstliche Gewalt. Der Papst nahm sich des rebellischen Erzbischofs an. Gerbert wurde an dessen Stelle gesetzt, ein Verwandter des ottoschen Hauses, früher zu den spanischen Arabern gereist, hatte mathematische Kenntnisse von daher gebracht, der erste, der einen kritischen Zweifel gegen die pseudisidorischen Dekretalen geäußert hat. Johannes XV. erkannte ihn nicht an, untersagte den Bischöfen, die auf der Synode zugegen gewesen waren, alle geistlichen Verrichtungen. Gerbert wiederholte in mehreren Briefen alles, was Arnulf von Orléans gegen den Papst gesagt hatte. Da der Papst schon damals ganz Frankreich mit dem Interdikt bedrohte, mußte der König nachgeben. Gerbert verlor sein Gebiet. In diese Zeit fällt die erste feierliche Kanonisation, von der man Nachricht* hat. Ulrich von Augsburg wurde vom Papst zum Heiligen erklärt, es wurde auf 1 einer Synode verordnet, daß sein Andenken gefeiert werden sollte. Schon unter Karl dem Großen hatte es Synodalbeschlüsse gegeben, daß nirgends ein neuer Heiliger gemacht werden sollte ohne Zustimmung des Bischofs. Der römische Bischof, der sich schon für [den] allgemeinen Bischof der Kirche hielt, kanonisierte im Namen der ganzen abendländischen Kirche. Es wurde akribe' von mehreren Bischöfen ein Beschluß gefaßt und von vielen unterschrieben. Man erzählte auch viele Wunder von den Heiligen, aber die Wunder scheinen in dieser Zeit abgenommen zu haben. In jener Zeit war eine solche Wundersucht, daß selbst Mönche ihr steuern mußten. Bei dieser Menge von Wundern wurde aber eben das' Wunder aufgehoben. Mehrere Kanonisationen auch von Weibern. Die Partikularheiligen kamen mehr ab, die Anzahl der allgemeinen Heiligen der abendländischen Kirche vermehrte sich. Aus den Klöstern entstanden indes immer noch Partikularheilige. Konnte man alte Heilige aus der Vergessenheit herausheben, so galt hier weder die päpstliche Vorschrift noch die Vorschrift Karls des Großen.
a
Arnulf] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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gleichen Namens] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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Nachricht] korr.; Wort verschmiert.
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auf einer Synode] über den Rand hinaus
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akribe] korr. aus d.
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das] d undeutlich.
geschrieben.
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Der römische Bibliothekar Anastasius' gab »Passiones von 1480b Märtyrern« [heraus] und zwar solchen, von denen in der Geschichte keine Erwähnung geschieht, analog mit den Dekretalen auch nicht absichtlicher Betrug. | 172 Die Volkspoesie dieser Zeit zeichnet sich auch aus durch Vermischung von Wahrheit und Dichtung, Versetzung von Personen, Zeiten und Orten. Das Bedürfnis der Heiligen mehrte sich in dieser Zeit. Keine Kirche durfte geweiht werden, ohne daß Reliquien hineingelegt wurden. Der Gottesdienst in Privatkirchen und Hauskapellen nahm immer mehr überhand. Otto III. (im 96sten Jahr des lOten Jahrhunderts) ließ seinen Vetter Bruno0 zum Papst wählen. Man war in Rom geneigt, diese willkürliche Wahl gelten zu lassen. Er nahm den Namen Gregor V. an. Bald aber wurde ein Gegenpapst gewählt, der aber auf grausame Weise verstümmelt wurde. Gregor V. machte neue Versuche, die Macht der Päpste zu vergrößern. Er mutete dem König von Frankreich Robert*1 zu, sich von seiner Frau zu trennen, weil er* ein Kind aus ihrer ersten Ehe aus der Taufe gehoben hatte, indem man die Taufe als geistliche Adoption ansah. Es wurde eine Synode gehalten, die dem König ankündigte, er würde sich den Kirchenbann zuziehen, wenn er sich nicht trennen ließ, und den Erzbischof von Tours, der beide verbunden hatte, exkommunizierte, bis er Genug[fMung] getan hätte. Der Papst belegte die französischen' Gemeinden mit dem Interdikt. Dies legte gewöhnlich den Zunder zu Empörungen. Drohungen der Art waren früher schon vorgekommen. Die Sache ging hier aus von einem feindseligen Verhältnis zwischen Otto und dem König Robert. Merkwürdig ist die Erfindung des Interdikts, weil sie alle Kirchengesetze untergräbt. Hier spielt die Berufung auf die Dekretalen keine Rolle. Der Papst suspendierte durch das Interdikt die Geistlichen von ihrem Amte, dazu hatte er aber kein Recht, das konnten nur Synoden. Es gibt auch keinen anderen Gesichtspunkt, aus welchem sich diese Maxime rechtfertigen ließe, denn auch Kirchenbuße konnte [dem König] keine auferlegt werden ohne durch seinen unmittelbaren Seelsorger. Die Bischöfe konnten sich das nur gefallen lassen, weil sie dadurch im Verhältnis gegen den König ebensoviel gewannen, als sie im Verhältnis gegen den Papst verloren. Das erstere mußte ihnen lieber sein. Es hat
a
Anastasius] Anscharius. Verbessert nach K671.
b
1480] K671: »passio 1400 martyrum«. Nach dem Artikel zur Person bei Jocher, Ch.G.: Allgemeines Gelehrten-Lexicon. Leipzig 1750 gab Anastasius die passio »10000 martyrum* heraus.
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Bruno] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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Robert] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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er] über < s i e > .
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französischen] korr. aus Geistlichen.
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indessen auch Fälle gegeben, wo die Bischöfe dem Papst den Gehorsam versagt haben. Hier finden wir den ersten Anlaß, wo die Päpste versuchten, Aufruhr zu bewirken oder wenigstens Furcht vor demselben einzujagen. Im Jahre 999 wurde Gerbert" durch Ottos III. Einfluß zum Papst gewählt. Er starb schon 1003. Hätte' er länger gelebt, so würde sein überwiegender Geist viel Einfluß geübt haben. Oben haben wir ein Beispiel von seiner Freisinnigkeit gehabt. Es gibt Äußerungen aus dieser Zeit, welche die päpstliche Würde verteidigen. Man hat dem Gerbert vorgeworfen, seine Ansichten geändert zu haben, allein man hat keine Befugnis in einem bestimmten Faktum. - Unter ihm finden wir Aufforderungen zu Kreuzzügen. Ob er die bestimmte Absicht hatte, diese Länder wieder zu erobern oder bloß Traktate zu erzwingen, wodurch der Gottesdienst gesichert würde, das | 173 konstiert nicht. Johannes XIX." wurde Papst ganz vom Laien aus gegen alle früheren Gesetze und Übungen. Sein Nachfolger war sogar ein lOjähriger Knabe unter dem Namen Benedict IX., gestützt von Konrad II. Er wurde vertrieben, gewählt Silvester III. Benedict11 verkaufte sein Papsttum an einen anderen, Gregor VI. Nun gab es eigentlich 3 Päpste. Heinrich [///.] ließ auf einer Synode zu Sutri alle 3 Bischöfe absetzen. Die Römer fühlten selbst, daß sie den römischen Stuhl nicht würdig besetzen konnten und wünschten, daß der Kaiser ihnen einen Papst setzen wolle. Heinrich wählte 3 Päpste hintereinander: Clemens II., Bischof von Bamberg, den Bischof Poppo' von Brixen, [Damasus II.], Leo IX. (Bischof Bruno von Tout"). Der letztere, als er nach Rom reiste, ließ sich unterwegs von Hildebrand (Abt) bereden, daß er sich jetzt noch nicht als Papst ansehen könne, er müsse seine Wahl erst in Rom bestätigen lassen. Leo tat dies, er hielt in Rom nicht eher seinen Einzug, als bis er von Klerus und Volk noch einmal gewählt worden war (1049). Beständiges Schwanken, Anmaßungen auf der einen Seite, Demütigung vor der weltlichen Macht auf der anderen. Man muß sich indessen vor einseitigen Urteilen hüten und nicht alles der politischen Tendenz zuschreiben. -
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Es folgt < wurde > .
b
Hätte ... haben.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
c
ATX. ι XVII. Verbessert nach K651b.
d
Benedict] mit Einfügungszeichen über < Er > .
e
Es folgt
f
Poppo] Otto Uber . Verbessert nach K652.
g
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Bischof ... Tou[\ über den Rand hinaus geschrieben. Bischof] Abt. Verbessert nach der Eyssenhardt-Nachschrift
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S. 197.
Tout] Tours. Verbessert nach K652.
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Das Gesetz, daß ein Papst keinen wieder in die Kirchengemeinschaft aufzunehmen befugt sei, bevor er die Buße getan habe, die ihm auferlegt worden, hatte die Tendenz, die Macht der Päpste zu schwächen, dahingegen Leo sie zu heben suchte. Die höhere geistliche Macht, die noch immer in den Synoden lag, hätte sollen die Qualifikation der Bischöfe und Geistlichen auf dem rechten Punkt halten. Aber man sieht, welchen dürftigen Maßstab sie annahm. Die Erfordernisse eines Bischofs waren (nach der Synode zu Aachen 809), er soll rechtgläubig sein, eine Probe von religiösem Vortrag aus der Schrift halten. (Es wurde trotz der Gesetze immer noch selten in der Landessprache gepredigt.) Für jene Vorträge war das »Homiliarium« ein großer Schatz. Die bischöflichen Sitze wurden teils aus der Hofgeistlichkeit, teils aus Mönchen besetzt. Die ersteren waren gewöhnlich zu weltlich, die letztern zu unwissend. Ferner ward gefordert, der Bischof soll die »Regula pastoralis« von Gregor innehaben und nach derselben die Kenntnis seiner Verrichtungen. Diese Qualitäten konnten vorhanden sein bei einem sehr geringem Grade von Tauglichkeit und Wissenschaftlichkeit. Die Synoden sollten die Amtsführung der Geistlichen beobachten. Kirchenvisitationen unter Karl dem Kahlen. | 174 Auch Laien waren dieser Untersuchung unterworfen, ob sie keine Zauberei und Unzucht trieben, ob sie die Kirche besuchten etc. Ein besonderes Auge hatte man auf die gottgeweihten Jungfrauen. Die Geistlichen wurden nach dem oben angegebenen Maßstab beurteilt. Simonie nahm überhand. Ein Bischof von Florenz wurde abgesetzt, weil ein Mönch durch Feuerprobe bewiesen, daß er sich das Bistum erschlichen. Alle Gottesurteile, welche geteilt wurden in kanonische (mit kirchlicher Zeremonie) und gemeine, muß man erklären aus einer Unkunde der Rechtswissenschaft und aus einem Übertragen der Rechtsentscheidung an die Selbsthilfe. An die niedere Geistlichkeit wurden noch niederere Forderungen gemacht als an die höhere. Presbyter versahen das Lehramt. Schon unter Karl" (Mííe b des 9ten Säkulums)c findet man, daß die Abgaben, welche die parochi an die Bischöfe geben mußten, gemäßigt wurden. Früher war von solchen Abgaben gar nicht die Rede, jetzt aber betrachtete man alles aus dem Gesichtspunkt des Lehnwesens. Ein Presbyter solle besitzen ein Missale, ein Lectionarium, ein Evangelium, ein Antiphonium und ein Psalterium und ein Martyrologium, welches für die
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Es folgt
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Mitte] Ende. Verbessert nach K659: »Carl der Kahle 844«.
< Kahlen > .
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meisten Quelle der Predigten wurde. Im Evangelium und Lectionarium war nicht das ganze Neue Testament enthalten, sondern von den Briefen nur die Abschnitte, welche öffentlich gelesen wurden. Was das Alte Testament betrifft, hielt man es für schwierig, daß jeder Geistliche eine Abschrift besitze, man hielt vorzüglich darauf, daß er neben dem Psalterium auch die Genesis habe (weil in der abendländischen Kirche die Lehre von der Erbsünde wichtig geworden). Auch sollte ein Presbyter die Predigten Gregors des Großen besitzen, welche das Supplement zum Martyrologium bildeten, aus denen er seine Predigten zusammensetzen konnte. Außerdem waren in jedem Bischofssitze seit einiger Zeit die Canonici eingeführt, welche zu einem gemeinschaftlichen Leben versammelt waren, einen Teil der Mönchsregel beobachteten, aber im freien Genuß ihres Vermögens blieben. In der Folge wurden die Canonici zu* reich, weil ein Teil der bischöflichen Einkünfte ihnen zuteil ward. Viele Canonici waren Leute aus vornehmen Familien, sie wurden immer zu äußerlich und vornehm, ließen ihre Funktionen durch andre verrichten. Auch ihre Beschäftigung als Scholasticus wurde immer mehr zum bloßen Titel. Unter den Mönchen waren nicht viel Kenntnisse. Die Trägheit war bei den abendländischen Mönchen der größte Fehler. Versuche, sie zu reformieren: die Richtung des Klosters Clugny, dessen Äbte großes Ansehen in der Kirche genossen. Dieses und andere Klöster wurden der | 175 Aufsicht der Bischöfe entzogen und der Aufsicht des Papstes übergeben. Die Päpste verboten sogar, daß nie ein Bischof ein Mitglied der Klöster dürfe mit dem Bann belegen. Hierdurch mußte die Disziplin immer mehr verfallen. In Clugny wirkte noch die Strenge der Regel und die Autorität des Abts, welcher auch Strafen verhängen durfte. O d o , der Stifter des Klosters,25 hat die Äußerlichkeit in diesen Gesetzen unzweckmäßig vermehrt und die leiblichen Strafen so erhöht, daß dies einen üblen Einfluß auf die ganze Disziplin hatte. Ratherius, ein Mann im X. Säkulum, eine Zeitlang Bischof von Verona, dann Bischof von Lüttich und dann wieder Bischof von Verona, machte sich seiner Strenge wegen so verhaßt, daß er es nirgends aushalten konnte und zuletzt in der Zurückgezogenheit starb. Aus seinem Buch »De contemptu canonum« kann man den schlechten Geist der Geistlichkeit erkennen. -
Ein Italiener [Petrus] Damiani ausb Ravenna, Abt zu St. Croce, wollte auch 35 strengere Disziplin einführen. Er ist Quelle der übertriebenen Bußübungen. Er
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zu] mit Einfilgungszeichen
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aus Ravenna] mit Einfügungszeichen
aber der Zeile. aber der Zeile.
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wurde Mitte' des XI. Säkulums Bischof von Ostia, aber bei seiner Strenge konnte er die Last der Seelsorge nicht ertragen und zog sich wieder in seinem Kloster zurück. In diese Periode fällt auch die Entstehung der freieren Frauenvereine, die eine Nachahmung der Canonici waren, die Kanonissinnen. Daß ein Mönch oder eine Nonne nie mehr in die Welt zurückkehren dürfe, war damals noch nicht bestimmt und allgemein ausgesprochen. Die Unwissenheit um das Christentum war so groß, daß der Bischof von Orléans, Jonas, »De institutione laicali« verfaßte, um den Laien eine Anweisung darüber zu geben. Die alten Abstufungen der Kirchenzucht gerieten in Verfall und immer mehr wurde die Kirchenzucht aus den Möchsregeln in das allgemeine Leben herübergenommen. Willkürliche Strafen wurden von den Geistlichen vorgeschrieben, körperliche Schmerzen, Beraubungen, große Anzahl von Gebeten und Psalmen, Fasten, Knien. - Diese Übungen wurden nur angesehen aus dem Gesichtspunkt der Satisfaktion. Es fing schon die Sitte an, andere an die Stelle zu setzen und die Büßungen abzukaufen. Man kann hier wieder die Unvollkommenheit der äußeren Rechtspflege als Entschuldigung anführen. Was die Liebe zur Kirche befördern sollte, war die zunehmende Pracht im Gottesdienst, und das heidnische Prinzip, das noch immer in diesen Völkern spukte, bekam dadurch Befriedigung. Der Unterschied zwischen einem Gottesdienst de tempore, dessen Charakter durch den Teil des Jahreszyklus bestimmt war, und de sanctis, der sich auf besondere Tage der Heiligen bezog. Neue Feste. I 176 Odilo, Abt" von Clugny, bekam von einem Reisenden aus Sizilien Kunde von den Naturerscheinungen bei den Völkern. Das wurde zurückgeführt auf die Qualen im Fegefeuer. Daraus entstand das Fest Allerseelen, um den Seelen Erlösung aus dem Fegefeuer zu verschaffen. Ferner entstand das Fest der Geburt Maria. Damit hing zusammen wieder eine Streitigkeit über Maria selbst. Einige behaupten, sie hätte keiner Reinigung bedurft, weil sie Christum nicht auf gewöhnlichem Weg geboren habe. Es wurde also gestritten, ob Christus auf gewöhnlichem oder auf ungewöhnlichem Wege geboren worden sei. Einige, mit ihnen Ratramnus, erklärten, wenn Christus nicht gewöhnlich geboren sei, so sei er gar nicht geboren, und das sei doketisch. Andre wie Paschasius sagten, wenn Christus auf gewöhnlichem Wege geboren
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Mitteies
XI. Säkulums] Ende des X. Säkulums. Verbessert nach K661: »Damiani ... 1058
Bischof von Ostia». b
Abt] Bischof.
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sei, so sei Maria nicht Jungfrau geblieben, und das nehme ihr den Charakter der Heiligkeit. Hierzu kamen die Vorstellungen, daß sie von der Erbsünde frei gewesen, daß sie nicht auf die Auferstehung der Toten warten müsse, sondern leiblich in den Himmel gefahren sei, woraus dann die Tradition von Mariä Himmelfahrt entstand. Vermehrung der Reliquien und Wallfahrten. Betrügereien, welche man mit Reliquien trieb, fingen schon an gemerkt zu werden. Reliquiensammler und Reliquienmakler. Die Wallfahrten nach Palästina nahmen bald einen großen, vornehmen Stil. Große geistliche und weltliche Herrn reisten in Karawanen miteinander. Es fehlt indessen in dieser Zeit nicht an Empörungen gegen die Mißbräuche. Erneuerter Streit gegen den Bilderdienst. Leo der Armenier war kein Freund der Bilder. Nicephorus wagte ihm ein Versprechen unterzulegen, daß er hierin nichts ändern wolle. Er unterschrieb (wie einige sagen), suchte erst den Bilderdienst gütlich mit Worten zu bekämpfen, gab aber hernach ein ordentliches Edikt gegen dieselben. Abt Theodorus vom Kloster Studium nahm sich der Bilder heftig an und gab eine Schrift zu ihrer Verteidigung heraus und behauptete, die Gottheit Christi sei auch in seinen Bildern enthalten. Die Freunde der Bilder beriefen sich auch darauf, daß die Gegner der Bilder doch auch das Kreuz anbeteten, das Kreuz sei aber nur ein Teil Christi, die Bilder hätten also mehr Anspruch auf Verehrung als das Kreuz. In der Spitzfindigkeit sind die Freunde der Bilder den Gegnern überlegen, wogegen in diesen sich mehr gesunder Sinn zeigt. Leos Nachfolger Michael | 177 der Stammler duldete anfänglich die Bilderdiener, nachher verfolgte er sie. Theodorus Studites aber drang in ihn, ein Gutachten der ganzen Kirche darüber einzuholen. Der Kaiser sandte eine Gesandtschaft nach Rom um dieses Gegenstandes willen und eine an Ludwig den Frommen. Der Papst Eugen //.,* Vorgänger Gregors, war Freund der Bilder. Er b ließ eine Synode zu Paris halten, sie ging auf die Frankfurter Synode unter Karl dem Großen zurück. Es wurde der Aberglaube sehr bedauert und auch der des zeitigen Papstes. »Man soll die Bilder nicht stürmen, sondern sie als tadellosen Schmuck beibehalten, aber alle Verehrung der Bilder sei verworfen.« Ein Schüler des Felix von Urgellia, Claudius, ein geborener Spanier, war Bischof von Turin geworden und fing in seinem Bistum eine förmliche Bildstürmerei an, ließ alle Bilder und auch die Kreuze aus den Kirchen und von den
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//.] III. Vgl. HKG(J). Bd. 111,1. S. 130.
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Er] K813 und die Eyssenhardt-Nachsehrift
S. 201 an der entsprechenden
Stelle: »Ludwig«.
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heiligen Plätzen wegnehmen. Er urteilte gleichgültig über die Wallfahrten. Er wurde mancher Ketzerei beschuldigt, blieb aber im ruhigen Besitz seines* Bistums. Noch andere ausgezeichnete Geistliche. - Agobard von Lyon (auf der Pariser Synode) schrieb eine Schrift »De imaginibus«, welche seine Grundsätze enthielt. Er für seine Person war strenger als die Synode. In der letzten Hälfte des 9ten Säkulums bestätigte Nicolaus I. auf einer römischen Synode förmlich das Zweite Nicänische Konzil, und nachher wurde sie als siebte ökumenische Synode förmlich sanktioniert, daher der Bilderdienst in der abendländischen Kirche festgesetzt war. Der Nachfolger Michaels Theophilus verfolgte im Morgenland die Bilderfreunde. Sein Sohn war unmündig. Die Mutter Theodora und die Vormünder begünstigten die Bilder. 842 wurden die Bilder auf einer Synode in aller Freiheit wiederhergestellt. Die Gewalt gegen die Bilder war mehr gegen die Hartnäckigkeit der Mönche als gegen die Gewalt des Volks gerichtet; mit dieser hätten es auch die Kaiser schwerlich aufnehmen können. Man sieht also, daß die Stimmung im Volke nicht sehr für die Bilder war, mehr waren die Frauen denselben geneigt. Mehr Hinneigung zur Abschaffung des Sinnlichen hatten die in Frankreich und den Niederlanden unter dem Namen der Manichäer teils hingerichteten, teils bekehrten Gesellschaften von Christen, welche keine Geschichte ihrer Gesellschaft hatten, sondern dieb bloß wußten, daß | 178 ihre Lehren aus Italien stammten. Sie hatten dabei mehreres Häretische und Gnostische, deuteten Leiden und Auferstehung Christi nur symobolisch und hatten bei ihrer Abneigung gegen die Materie eine rigorose Moral, das letztere ihnen den Namen der Manichäer mag zugezogen haben, denn sie verwarfen auch wie diese die Ehe. Die Verfolgungen gegen sie waren sehr grausam, viele wurden gleich hingerichtet, ein Teil soll bekehrt worden sein. Es scheint, daß sie nicht alle zusammenhingen und nicht dieselben Ansichten in Hinsicht des Märtyrertums hatten. An der Aufrichtigkeit dieser Bekehrungen ist sehr zu zweifeln. In mehreren Werken über den Gottesdienst finden wir hellere Ansichten. Der Abt Amalar äußert in seinem Werk »De officio ecclesiae«, daß eine große Zahl der Zeremonien, welche den Kanon missae ausmachten, überflüssig sei. Walafried schrieb »De exordiis et incrementis rerum ecclesiasticarum«, äußert sich auch verständig über den Anwachs der kirchlichen Gebräuche. Agobard lieferte in seinem Buch »De correctione antiphonarii« eine Kritik des sangbaren
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seines] erstes s undeutlich.
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die bloß] über < deren Lehre > .
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Teils des Gottesdiensts und riet, alles wegzuschaffen, was nicht unmittelbar biblisch sei. Wir haben schon früher Streitigkeiten über liturgische Formeln gesehen wie über das τρισάγιον. Nun entstand ein Streit über den Ausdruck »te trina deitas* unaque poscimus«. Gegen diesen Ausdruck lehnten sich viele auf. Gottschalk und andere verteidigten den Ausdruck, Hinkmar schrieb »Sancta deitas« und bekämpfte den Ausdruck »trina deitas« als arianisch, weil darin die ούσία des Sohns und des Vaters geschieden sei. Diese Streitigkeiten zu vermeiden, riet eben Agobard, biblische Ausdrücke zu brauchen, was ein guter Rat war. In der Schriftauslegung dieser Zeit ist das meiste sammlerisch. - Rabanus Maurus. In der morgenländischen Kirche Kommentare des Oecumenius. Man hat eine Erklärung des Evangeliums Matthäus vom Abt Druthmar, der auf eine bestimmte Weise die historische Interpretation verteidigt. Er gehört auch unter die, welche die Stelle vom Felsen gar nicht zugunsten Petri und des Papstes auslegten, sondern nur vom festen Glauben des Apostels. In den Quästionen des Photius »Περί Άμφιλόχια« kamen merkwürdige dogmatische Fragen vor, die er exegetisch zu behandeln suchte, was sich aber nicht tun ließ, so die Frage, ob wegen der unbegrenzten Gottheit Christi auch seine Menschheit unbegrenzt oder an einen Ort eingeschlossen sei; daran mußte alle Exegese scheitern. -
I 179 Besonders wurde die Lehre vom Abendmahl erörtert, doch so, daß der Streit rein im dogmatischen Gebiet blieb. Auch hier waren die Definitionsfragen zuerst durch die rhetorische Behandlung hervorgebracht worden. Der eine b Erklärungsversuch neigte sich dazu, das Verhältnis der äußeren Elemente 25 im Abendmahl zum Leib und Blut Christi geistig zu deuten, der andre aber neigte zu einer wirklichen Verwandlungslehre. Dergleichen kommt schon in den Katechesen des Cyrill von Jerusalem vor, aber nur in rhetorischer Form, ohne dogmatische Bestimmtheit. Jetzt entwickelte sich erst ein dogmatischer Streit, der aus den klösterlichen Spekulationen hervorgegangen war. Für Verstorbene 30 wurde schon das Abendmahl gefeiert, darin lag schon, daß das Abendmahl nicht durch seinen Genuß, sondern durch seine ideele Beziehung einem einzelnen solle zum Heil gereichen. Das stimmt mit der katholischen Opfertheorie schon ziemlich überein und leistete der Transsubstantiationslehre Vorschub. In den Verhandlungen über [den] Gegenstand erhielt sich indessen immer noch die figürli35 che Auslegung.
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Es folgt < [ ] >.
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eine] über < [ ] >.
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Im 9ten Säkulum kam die Sache auf eine rein kirchliche Weise zur Sprache durch einen Mönch vom Kloster [/i/i-JCorvay,* Paschasius Radbertus, nachmals Abt. Er schrieb ein Buch (wahrscheinlich 831)26 »De corpere et sanguine Christi«. Aus der Schöpfung aus Nichts folge auch die Möglichkeit, eines ins andre zu verwandeln, und von da, daß Brot und Wein nach der Konsekration in Leib und Blut Christi übergingen. Es lag hier ein richtiges Prinzip gegen die allegorische Auslegung zum Grunde, das aber nur nicht in seinen Grenzen aufgefaßt wurde. Die Äußerungen in diesem Buch treten sich so wunderlich entgegen, daß es schwer ist, auszumitteln, was eigentlich Paschasius gelehrt habe. »Quamvis figura«, andere: b »species«, »panis et vini adsit, tarnen post consecrationem nihil adest nisi Christi caro et sanguis.« Das Fleisch sei non aliud caro quam qua in Maria nata est et mortua in cruce. Das Wunder, sagt er, unterscheide sich von andern [dadurch], daß es nicht sichtbar vor sich gehe, es sei zur Übung des Glaubens entgegengesetzt. Andre Redensarten scheinen zu widersprechen: »Panis et vinum in mysterio potentialiter creantur in carnem et sanguinem Christi.« »Substantiae panis et vini inteme' mutantur in carnem et sanguinem.« Tangiert man das »potentialiter«, so wäre nur eine Möglichkeit gesetzt und würde darauf führen, daß die Verwandlung bloß für den Gläubigen da wäre. I 180 Paschasius zählt Taufe, geweihtes Öl und Abendmahl als Sakramente auf, Rabanus Maurus unterscheidet sich von ihm dadurch, daß er Leib und Blut Christi jedes als besonderes Sakrament annahm, was schon zur Teilung des Abendmahls den Keim in sich hie[/f].d Paschasius sagt, wenn schon der Geschmack nicht vorhanden sei, so werde es doch geistlich geschmeckt. Darin liegt wieder keine äußere Verwandlung. Demunerachtet kann man doch nicht umhin zu glauben, daß Paschasius die reine Transsubstantiation gemeint hat. Man kann sich nicht sowohl an einzelne Ausdrücke [halten], die im Liturgischen ihren Grund hatten, als von den Prinzipien ausgehen. Zur Bestätigung seiner Lehre führt Paschasius Märchen an, wo der Leib Christi auf das Gebet des Priesters sichtbar erschienen sei. Rabanus Maurus erklärt sich in manchem anders als Paschasius, indem er sagte, das Abendmahl sei nur Speise für die Auserwählten. Die Möglichkeit der Verwandlung aus der Idee der Schöpfung aus Nichts findet sich auch bei ihm. Gegen Paschasius erklärte sich zuerst Ratramnus (»De corpore et sanguine Domini« an Karl den Kahlen). Er lehrte, Christi corpus et sanguis existiere
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[/4/r-]Corvay] verbessert nach K615.
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andere: species] mit EinfUgungszeichen am äußeren Rand.
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interne] aetern. Verbessert nach K689.
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Beschriebener Innenrand ist wegen der Einbindung der Seite nicht lesbar.
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figurate in Christo, und erklärte sich gegen die Exegese des Paschasius und erklärte, wenn man alles buchstäblich auslege, so stehe das Faktum mit der Lehre im Widerspruch. Er sagt, Brot und Wein wären secundum potentiam Blut und Leib Christi geworden, und ein anderer Ort nennt* Fleisch und Blut Christi im Abendmahl spiritualis, aber er gibt wieder keine Erklärung darüber. Wie in der Taufe das Wasser eine geistige Vereinigung würde, ohne seine Kraft zu verändern, ebenso würden Brot und Wein ein geistiges Nahrungsmittel, ohne ihreb seelische und körperliche Natur zu verändern. Der sanguis et caro spiritualis seien von dem, was man leiblich sehe, ganz verschieden. Das von Maria geborene Fleisch Christi erscheine auch äußerlich, wie es sei. Da aber das Zeichen im Abendmahl äußerlich Brot und Wein bleibt, so ist es vom Fleisch und Blut, das von der Maria geboren wurde, verschieden. Es war damals Gebrauch, daß man unter den Wein im Abendmahl Wasser goß. Paschasius sagt, das Wasser müsse beim Wein sein, das Wasser bedeute das christliche Volk, keines könne ohne das andre sein. Ratramnus warf ihm vor, wenn er eine leibliche Verwandlung annahm, so müsse auch Wasser realiter ins Blut des gläubigen Volkes verwandelt werden. Das Buch des Ratramnus haben die Zensoren des Tridentinischen Konzils unter die verbotenen Bücher gesetzt. Johannes Scotus schrieb auch ein Buch über diese Sache, das wir aber nur aus Relationen des Hinkmar von Reims kennen. Er erklärte das Abendmahl als eine memoria. I 181 Für Paschasius erklärte sich Ratherius und erklärte die Wandlung im Abendmahl nach Analogie der Verwandlung des Wassers in Wein auf der Hochzeit zu Kana. Der Abt Henger1 sammelte patristische Stellen gegen die Lehre des Paschasius. Der Streit blieb bloß in den Grenzen der Disputation und des Schriftforschens, kein Mensch wurde darüber verurteilt. Gerbert (nachher Silvester II.) Ende des lOten Jahrhunderts schrieb auch »De copore et sanguine Christi«. Er sagt, sie seien vere vorhanden, aber auch nur unter der Bedingung des Glaubens. Es knüpfte sich hieran eine andere Streitigkeit, die schon einen vollkommenen scholastischen Charakter hatte. Es wurde gefragt: Wenn Brot und Wein wirklich verwandelt und gegessen werden und also in den Magen kommen, was wird daraus? Erstensd sagte man,* es wird daraus eine Sättigung des geistigen
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Es folgt .
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ihre] seine.
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Heriger] Haribert. Verbessert nach K689.
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Erstens] über < die einen > .
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Lebens, es geht aber auch zweitens der Leib und [das] Blut Christi in den Leib des Menschen über und das macht ihn unsterblich. - Nun entstand aber auch die Frage, ob corpus et sanguis Christi auch secessui obnoxium seien? Damit wollten die Gegner die* Transsubstantiation nur1· ad absurdum führen. Sie verteidigten sich damit, es sei eine geistige Speise. Sie0 hätten auch eine Riickverwandlung annehmen können, daß das Ausgeführte als Brot ausgeführt werde, aber man wagte nicht, deshalb das Wunderbare zu nehmen. Fulbert1 hielt auch noch die Vorstellung fest, daß das Sakrament ein p i g nus [salutare]' corporis et sanguinis sei, und aus seinen Äußerungen geht hervor, daß Leib und Blut nur durch geistige Organe genossen werden. Die englische Kirche blieb bei der figürlichen Auslegung, deutsche und fränkische Kirche waren geteilt. Der Mönch Gottschalk, von seinem Vater gegen seinen Willen zum Mönchsstand bestimmt, war ein Freund Walafrieds im Kloster Fulda. Als er mündig geworden, wollte er frei sein vom Mönchsstand. Er trug seine Bitte einer Synode vor, sie wurde ihm gewährt. Der Abt Rabanus Maurus appellierte aber an Kaiser Ludwig und stellte den Grundsatz auf, daß auch die, welche von ihren Eltern zum Mönchsstand bestimmt waren, [darin] bleiben müßten. Ludwig entschied zu Rabanus' Gunsten, Gottschalk blieb Mönch, ging aber in ein andres Kloster bei Soisson, widmete sich den Studien, hatte eine spitzfindige Lernbegierde, studierte fleißig Augustin. I 182 Aus Italien zurückkehrend, trug er die Prädestinationslehre etwas hart vor. Rabanus bekam Nachricht davon, schrieb dagegen, Gott habe zwar vorausgesehen, welches die Erwählten und welches die Verworfenen sein würden, aber präsestiniert h [abe]' er nur die Erwählten. Diese unzulängliche Theorie ist kirchlich geblieben. Gottschalk ging nach Mainz und hielt sich dort auf. Rabanus hielfi] eine Synode gegen ihn, wo sich Gottschalk verteidigte und Rabanus des Semipeligianismus' beschuldigte. Es scheint, es sei ihm gelungen, Gottschalk zu widerlegen. Er beschloß, ihn zu verbannen und zu Erzbischof Hinkmar von Reims zu schikken [α/ί] einen Unverbesserlichen. Gottschalk mußte bei seiner Abreise das
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man] mit Einfiigungszeichen Uber der Zeile.
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die] d undeutlich.
b
Es folgt
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Davor
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d
Fulbert] Gerbert. Verbessert nach K689: »Fulbert, Gerberts Schüler«.
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[salutare]] ergänzt nach K689.
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Beschriebener Innenrand ist wegen der Einbindung der Seite nicht lesbar. Dies gilt auch für die folgenden derartigen Ergänzungen auf dieser Seite der Hagenbach-Nachschrift.
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Versprechen ab [legen], überhaupt nicht mehr ins deutsche Gebiet zu kommen. Hinkmar hielt [¿m] Quiercy eine bischöfliche Versammlung, und Gottschalk wurde beschuldigt, unberufen gelehrt zu haben, und zum Gefängnis verurteilt. Er setzte dort eine Schrift auf, worin er sich auch bloß so ausdrückte, daß Gott nur das Gute prädestiniere], das Böse nur vorherwisse. Indem er sich darauf beschränkte, erklärte er doch, daß die göttlichen Gerichte zum Guten gehören, so daß die Bösen zur Strafe von Gott prädestiniert wären. Die Sache wurde öffentlich. Der herrschende Lehrbegriff war in der fränkischen Kirche der augustinische geblieben, daher fand Gottschalk mehrere Verteidiger; an Prudentius, Bischof von Troyes. Prudentius lehrte, daß Christus sein Blut nur für die guten Auserwählten vergossen habe. Er lehrte auch eine doppelte Prädestination oder Präordination, die Bösen wären aber nicht zu Schuld präordiniert, sondern nur vermöge der Schuld, die sie auf sich geladen hätten,' zur Strafe prädestiniert. Dies leidet auch an Inkonsequenz, Ratramnus fühlte diese Inkonsequenz und sagte, beides sei nicht zu trennen, die Bösen müßten zur Strafe prädestiniert sein, weil es Gott nicht gefallen habe, ihnen den s\c[hereri\ Beistand der Gnade angedeihen zu lassen. Ein anderer, Servatus Lupus, Abt von Ferrières (der große Neigung zur klassischen Gelehrsamkeit hatte, schön Latein schrieb, oft zu Staatsgeschäften und zu Synoden zugezogen wurde und großes Ansehn genoß, dessen Kloster aber sehr ausgesogen wurde), lehrte ebenfalls die zweifa[che] Prädestination, aber sagte nicht, daß dies eine fatalis necessitas, wodurch die Verworf[e«e«] verdammt würden, sondern eine immutabilis desertio relictorum [sei]. | 183 Seine Schrift heißt » Liber de tribus quaestionibus«. Er erklärte sich deswegen für die zweifache Prädestination, weil man durch alle Einschränkungen das göttliche Gericht unkräftig mache.
Hinkmar von Reims war bange, als so viele angesehene Lehrer sich der Lehre Gottschalks annahmen, aber er wollte nicht das Ansehen haben, einen verurteilt zu haben, dessen Glauben orthodox wäre. Er suchte sich schriftstel30 lerischen Beistand, da kam er auf den Gedanken, durch Karl den Kahlenh Scotus aufzufordern, daß er darüber schreiben möge. Scotusc behandelte die Frage philosophisch, stellte an die Spitze des Buches, daß wahre Philosophie und wahre Religion ein und dasselbe wären. Dies Prinzip kann man ansehen als Fundament der Scholastik. (Geht man davon aus, 35 daß Religion ihre Quelle hat im Selbstbewußtsein (subjektiv), die Philosophie
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hätten] erstes t undeutlich.
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Kahlen] Großen,
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Scotus] korr. aus E.
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aber von der objektiven Seite ausgeht und es mit der Anschauung zu tun hat, so kann unmöglich von beiden Seiten des menschlichen Bewußtseins, wenn sie beide gesteigert werden und ihren richtigen Gang gehn, gesagt werden, daß sie sich widersprechen könnten, aber man kann nicht sagen, daß sie in ihren Operationen dasselbe sind, und da ferner die Religion auf Geschichte beruht, während die Philosophie sich vom Geschichtlichen loszumachen sucht, so gehn beide Operationen auseinander.) - Scotus suchte die Notwendigkeit der Erlösung philosophisch zu konstruieren. Sein Hauptwerk »De divisione naturae« berührt auch christliche Gegenstände, aber mehr allgemeine als spezifische. Er sagte, von den Gegnern rühre manches aus Mißverständnis her, weil sie sich an die Vulgata hielten. Sein ganzes Raisonnement gegen Gottschalk beruht vorzüglich auf einem Satz, den Theologen nicht annehmen konnten, daß das Böse durchaus etwas Negatives sei und eigentlich gar nicht existiert. Auch in den ewigen Strafen könne die Strafe nur in Abwesenheit der Glückseligkeit gesetzt werden, vom Negativen gebe es aber keine Vorherbestimmung, nur das Gute könnte prädestiniert werden. Dies war eine große spekulative Wahrheit, die aber von der Zeit nicht verstanden wurde. Er machte weder bei Gegnern noch bei denen Glück, die ihn dazu aufgefordert hatten. Auch neuere kirchliche Schriftsteller sehen in diesem Buch nur eine Sammlung dunkler Sätze! - Man muß dies Buch ergänzen durch das andre »De divisione naturae«, wo er die Wiederbringung aller Dinge behauptet, was schon Orígenes getan hatte. Prudentius und* Florus, Diakon zu Lyon, schrieben gegen Scotus, gingen aber nicht ins Tiefere. I 184 Hinkmar schrieb und ließ schreiben durchb seinen Freund Pardulus' an Bischof Amolod von Lyon, daß er sich' gegen Gottschalk erklären möge. Dieser starb aber, sein Nachfolger Remigius in seiner Schrift »De tribus epistolis« erklärte sich für Gottschalk, milderte aber die Ausdrücke. Hinkmar hielt eine Synode zu Quiercy und stellte die Grundsätze auf in' 4 Artikeln, daß niemand zur Strafe prädestiniert sei, daß der Mensch den freien Willen durch® Christum wieder erhalten habe, h daß' Gott alle zur Seligkeit
a
und ... Lyon] mit Einfiigungszeichen
b
durch ... Pardulus] mit Einfiigungszeichen
am äußeren
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Pardulus] Parvulus. Verbessert nach K690.
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Amolo] korr. aus Alo.
e
sich] mit Einfiigungszeichen
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in ... Artikeln] mit Einfiigungszeichen
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durch ... erhalten] mit Einfiigungszeichen
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habe] gestrichen,
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über der Zeile.
Streichung wieder
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Rand.
über der Zeile.
am äußeren
Rand.
über der Zeile.
aufgehoben.
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bestimmt hätte, obgleich nicht alle selig würden, daß Christus sein Blut für alle vergossen, obgleich er nicht alle annehme. Prudentius setzte dagegen, allerdings habe der Mensch den freien Willen wieder erhalten, aber könne damit nichts ausrichten ohne Gnade, und Gott habe Gute und Böse prädestiniert, um an den einen seine Barmherzigkeit, an den anderen seine Gerechtigkeit zu offenbaren. Christus habe sein Blut nur für v i e l e vergossen, das* heißt für die, welche an ihn glauben. Remigius1· schrieb 4 Artikel. Remigius' hielt eine Synode zu Valence, d wo die Theorie des Gottschalk angenommen wurde, 859: eine Synode zu Savonniéres, wo beide Teile zugegen sein mußten. Remigius tat den Vorschlag, die Sache aufzuschieben. Indessen wurden die Beschlüsse von Valence vorgelesen, die Sache wurde auf eine andre Synode verschoben, aber der Streit verlor sich, ohne daß man sagen könnte, daß Gottschalks Lehre verurteilt worden wäre. Gottschalk blieb im Gefängnis und starb, ohne daß ihm Hinkmar das Sakrament gestattete, weil er eine Formel nicht unterschreiben wollte, die er ihm vorgelegt hatte. Noch ist zu merken der Streit des Morgen- und Abendlandes und die streitige* Theorie über den Ausgang des Geistes. Es war' in Konstantinopel gegen Mitte des 9ten Jahrhunderts I g n a t i u s Patriarch, ein Sohn des entthronten Michael. Er® war kastriert und in den geistlichen Stand geschickt worden. Nachdem er das Patriarchat 15 Jahre verwaltet hatte, wurde [er] unter Michael III. abgesetzt, weil er ihm das Abendmahl verweigerte. Das Patriarchat wurde dem Photius aufgedrungen, der bisher weltlich gewesen. Ignatius erklärte, daß er nicht rechtmäßig abgesetzt sei. Photius berief eine Synode, auf der er als Patriarch präsidierte, die Synode anathematisierte Ignatius und erkannte Photius an. Photius empfing die geistliche Weihe vom Erzbischof Gregor aush Syrakus.'
a
das ... glauben.] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
b
Remigius ... Artikel] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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Remigius] unter < Hinkmar > .
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Valence] korr.
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streitige ... Geistes.] Unterstreichung wieder aufgehoben.
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Es folgt
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Er ... worden.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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aus] s undeutlich.
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Syrakus] über < [ ] >.
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Es erhielt sich immer eine Partei, die es mit Ignatius hielt. Schisma. Michael schickte ungefähr ums Jahr [5)60 eine Gesandtschaft nach Rom, um den Papst um Beilegung dieses Schismas zu bitten. Nicolaus I. schickte 2 Bischöfe nach Konstantinopel u«d(?)* stellte die Sache dar, als ob sie notwendig vor seinen Richterstuhl gehörte. Die Bischöfe sollten Photius nur als Laien behandeln. Demunerachtet wurde auf der Synode, die man mit den päpstlichen Abgeordneten hielt,b Photius anerkannt. Nicolaus war unzufrieden damit, | 185 und als er hörte, welche geringe Rolle seine Gesandten auf dem Konzil gespielt hätten, hielt er eine Synode zu Rom, welche den Photius absetzte mit den Worten zur Warnung für andre, daß keiner lehren wolle, ehe er gelernt hätte. Eine sonderbare Äußerung von Nicolaus, denn Photius war gelehrter als der Papst und alle seine Bischöfe. Der Papst forderte, daß Ignatius und Photius sich wieder in Rom stellen sollten, aber es ging nicht durch. - Nicolaus verband noch andre Ansprüche. Er forderte das Vikariat von Illyricum0 samtd Thessalonich und Epirus als zu seiner kirchlichen Diözese gehörige zurück. Damit hängt noch etwas zusammen. In der Bulgarei waren griechische Kirchengebräuche und griechische Bischöfe. Der Papst gab Gesandten den Auftrag, die Bulgarei zu durchreisen und römische Gebräuche einzuführen. Gesandte vom' König kamen mit Geschenken nach Rom. Der Papst machte ihnen begreiflich, es gebe nur 3 Patriarchate: Rom, Antiochien und Alexandrien. - Konstantinopel sei nur erschlichen, sie möchten sich zur römischen Kirche halten. Photius hielt 867 eine Synode in Konstantinopel, wozu er die anderen Patriarchen durch Zirkularschreiben einlud. Beschwerden gegen die römische Kirche, Anmaßungen, fremde Kirchen unter ihr Gebiet zu ziehen, Sittenlosigkeit aus der gezwungenen Ehelosigkeit des Klerus. Durch diese Streitigkeiten wurde die über das Ausgehen des heiligen Geistes wieder geweckt. Photius bewies, daß durch den Zusatz »filioque« eine Dytheia (Zweigötterei) folge. Nach der alten Theorie hatte Gott der Vater, daß er άγέννητος sei, das vor dem Sohn heraus.' Geht der Geist auch vom Sohn aus und ist [dies] dasselbe wie das vom Vater, so ist der Sohn auch άγέννητος. Ist
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und(7) stellte] korr.
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Es folgt < Ignatius > .
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von Illyricum] über den Rand hinaus geschrieben.
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samt] mit Einfügungszeichen über < [ ] >.
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vom König] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
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heraus] Kj voraus.
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aber das Ausgehen des Geistes vom Sohn ein andres, so kann es nicht mit dem vom Vater zusammengestellt werden. Als die Zirkularschreiben ins Abendland kamen, gab man sich alle Mühe, sie zu widerlegen. Aeneas, Timeas?,*27 Bischof von Paris, und Ratramnus schrieben dagegen. Ratramnus hat sich vorzüglich auf das Dogmatische eingelassen. Da alles, was der Vater hat, des Sohns sei, so müsse auch das Ausgehen des Geistes beiden gemeinschaftlich sein. Dies beweist zurück, denn man könnte ebensogut sagen, der Vater hat auch das Ungezeugtsein und dies müßte auch der Sohn sein, und das wäre sabellianisch. Wir haben in diesem Streit dieselben Differenzen wie in früheren Zeiten. Die Gegner hatten eine Analogie mit dem Arianismus. Die Trennung der beiden Kirchen war eigentlich auf dieser Synode ausgesprochen. Die griechische Kirche hob die Gemeinschaft mit der römischen auf, löschte den Papst aus den Kirchenbüchern. Daß das gegenseitig geschah, versteht sich von selbst. Basilius der Mazedonier, von Michael zum | 186 Mitregenten erwählt, ließ diesen ermorden. Photius verweigerte ihm das Abendmahl. Basilius setzte ihn ab (gleiches Schicksal wie Ignatius). Ignatius wurde wieder Patriarch, trat aber zu streng auf, und man wandte sich wieder nach Rom. Der Kaiser schickte einen Offizier seiner Leibwache und die Bischöfe, einen von der Partei des Ignatius und einen von der Partei des Photius, nach Rom, der letztere starb unterwegs. In Rom wurde 868 unter Adrian II. eine Synode, [ebenso eine] inb Worms gehalten, das Jahr darauf sollte eine in Konstantinopel folgen. Ignatius wurde anerkannt. Mit der Synode in Konstantinopel 869,c die den Namen einer ökumenischen erhalten sollte, sah es sehr kläglich aus. Es waren nur wenige da, die ganze Geistlichkeit war in einem Schisma begriffen. Die Anhänger des Ignatius waren noch nicht wieder im Besitz ihrer Stellen, die Anhänger des Photius waren anathematisier[i].d Man brachte eine kleine Anzahl Bischöfe von der Partei des Photius dahin, daß sie dessen Absetzung billigten und zu der Partei des Ignatius übergingen. Diese bildeten den Kern der Synode und wurden wieder eingesetzt. So kamen ungefähr 100 Bischöfe zusammen. Hier wurden ein paar merkwürdige Beschlüsse gefaßt: 1. es solle kein Bischof und noch weniger ein Patriarch anerkannt werden, welcher durch Gewalt oder Intrigen der weltlichen Macht
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Timeas?] mit EinfUgungszeichen am äußeren Rand.
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in Worms] mit Einfügungszeichen über der Zeile,
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869] mit Einfügungszeichen Uber der Zeile.
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Beschriebener Innenrand ist wegen der Einbindung der Seite nicht lesbar.
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eingesetzt wäre; 2 . niemand sollte mit einem Bischof oder Patriarch die Kirchengemeinschaft aufheben, ehe er [nicht] von einer seinem Rang angemessenen Synode wäre abgesetzt worden. Unter anderem wurde gesagt, die Bischöfe sollten den Fürsten nicht entgegengehn oder vor ihnen niederknien, sondern sich von ihnen die schuldige Ehrfurcht bezeugen lassen. Wenn ein Fürst mit kirchlichen Dingen Gespött treibe, soll er auf so und soviel Monate aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen werden. Man hat bei diesen Beschlüssen nicht nötig, beim Papst herrschsüchtige Absichten vorauszusetzen, denn die Willkür und Grausamkeit der weltlichen Macht erschütterte das Christentum in seinem innersten Grundsätzen, aber solche Gesetze können nur solange helfen, als die, welche die weltliche Macht haben, ihnen gehorchen wollen, oder solange in der Geistlichkeit genug Kraft und Beharrlichkeit vorhanden ist. Noch ein Beschluß war, daß Bischöfe nur von Patriarchen könnten gerichtet werden und Bischöfe und Metropoliten nur über die niedere Geistlichkeit könnten Gericht halten. Das war wichtig für den römischen Papst, weil da alle bedeutenden Angelegenheiten der abendländischen Kirche vor seinen Stuhl gehörten. Nach dem Tod des römischen Bischofs kam der Streit über die Bulgarei zur Synode, | 187 aber darüber ließen sich die Konstantinopeler nicht ein. Beschwerden gegen die römischen Legaten. Die päpstlichen Gesandten wurden sehr kalt ohne Bedeutung von der Synode entlassen. Es wurden daher die lateinischen* Bischöfe in Bulgarien abgesetzt. Johannes VIII. drohte deswegen, den Ignatius zu exkommunizieren, wenn b er* nicht alle Ansprüche auf die Bulgarei aufgab. Ignatius starb.
Photius wurde wieder Patriarch. Er d hatte sich während der Zeit gut ge25 macht, war Lehrer der Kinder des Kaisers gewesen. 879 eine neue Synode, die vorige wurde anathematisiert. Die' römischen Legaten behandelte man hochmütig. Zuletzt wurde noch ein Anathema gegen alle die ausgesprochen, welche einen Zusatz zum nicänischen Symbol zu machen wagten. Die römischen Legaten wurden nicht beachtet. Johannes VIII. war 30 dadurch kompromittiert. Bald aber änderte sich die Sache wieder.
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lateinischen Bischöfe] über < päpstlichen Legaten > .
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wenn] über < [ ) >.
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er ... starb.] über den Rand hinaus
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Er ... gewesen.] mit Einfügungszeichen
geschrieben.
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Die ... hochmütig] über < Die römischen Legaten > .
am äußeren
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Die* abendländische Kirche erscheint in diesen Streitigkeiten immer mehr vorgreifend, besonders bei den Ansprüchen auf die Bulgarei, die in kirchlich vollem Recht der griechischen Kirche zufallen mußte. Die ersten bulgarischen Mönche, Cyrillus und Methodius, hatten auch das Christentum gestiftet unter den mährischen Slawen. Die angrenzenden Bistümer am römischen Salzburg usw. führen Klagen, daß im slavischen Gottesdienst die lateinische Sprache nicht eingeführt sei. Cyrillus und Methodius gingen deshalb nach Rom, der erste unter Nicolaus I., der zweite unter Johannes VIII., und setzten es durch, daß der Gottesdienst doch in slawischer Sprache sollte fortgesetzt werden. Hierdurch war schon vorbereitet, daß die mährische Kirche mit der Zeit in Verbindung mit der römischen trat. Als in der Folge die böhmischen Slawen ebenfalls Christen wurden, kamen ihre Bischöfe gleich anfänglich unter den Erzbischof*1 von Regensburg. Böhmen und Mähren hernach vereinigt, Griechen widersetzen sich nicht. Gegen Mitte des XI. Jahrhunderts aber geschah ein Angriff auf die römische Kirche durch den Patriarchen Michael Cerullareus, der in Begleitung des bulgarischen Bischofs Leo von Achrida' sich beschwerte und sich von der römischen Kirche lossagte. Er warf ihnen vor, daß sie beim Abendmahl ungesäuertes'* Brot hätten, am' Sabbat fasteten, Ersticktes zu essen erlaubten usw. Der alte Kirchengebrauch war, daß das Abendmahlsbrot von den freiwilligen Gaben in natura genommen' wurde, welches also gesäuert war, erst später kam die Sitte des Ungesäuerten auf. Die Griechen glaubten, durch das Gesäuerte sich von den Juden unterscheiden zu müssen. Der abendländische Gebrauch hatte wohl seinen Grund darin, daß es Beschäftigung der Geistlichen war, das Abendmahlsbrot zu bereiten. Die Griechen behaupteten, der Sauerteig beim Brot hätte besondere Bedeutung. Dieser ganz nichtige Streit mochte dadurch verstärkt sein, daß Michael in Konstantinopel die römischen Kirchen schließen ließ (früherhin mochten wohl keine römischen Kirchen da gewesen sein). I 188 Dieser Ausbruch war dem Kaiser ganz ungelegen. Ohngeachtet Leo IX. sich auf eine ungenügende Weise verteidigte und sich nur auf die Autorität Petri berief, bestand der Kaiser doch darauf, daß der Kirchenfriede erhalten werde. Dabei kam noch das Interesse, daß er gemeinsam mit Zustimmung des
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Die ... mußte.] mit EinfUgungszeichen am äußeren Rand.
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Erzbischof] korr.
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Achida] Actis. Verbessen nach K691.
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ungesäuertes] (un mit EinfUgungszeichen über der Z«7e)gesäuertes.
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am] mit Einfügungszeichen Uber der Zeile.
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genommen] ge(nommen über < bracht>).
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römischen Bischofs dem konstantinopolitanischen Patriarchen den Namen eines ökumenischen gegeben hätte. Leo warf ihm vor, daß noch keinem eingefallen sei, solchen anmaßenden Titel zu gebrauchen. Römische Gesandte nach Konstantinopel. Ein Mönch aus dem Kloster Studium, Nicetas,· der gegen Leos Verteidigung geschrieben hatte, mußte widerrufen, die Legaten anathematisierten den Patriarchen. Nach ihrer Abreise wurde aber dies Verfahren für ungültig erklärt, und Michael bestand darauf, daß die Päpste aus den Kirchenbüchern der konstantinopolitanischen Kirche sollen ausgelöscht werden. Michael schrieb an den Patriarchen von Alexandrien und Antiochien und lud sie ein, dasselbe zu tun. Petrus von Antiochien meinte, man könne den Römern ihre Gebräuche lassen, wenn sie nur keine Zusätze zum Symbol machen und dieb verehelichten Geistlichen nicht verachten wollten. - Von dieser Zeit an kann man die Kirchengemeinschaft zwischen Römern und Griechen als aufgehoben ansehen. Was die Anmaßung des römischen Bischofs betrifft, so war dieser in einer vorteilhafteren Stellung als der Patriarch. Dieser hatte seinen Oberherrn, den Kaiser, in der Nähe. Der römische Bischof hatte eine Menge Fürsten in einer gewissen Entfernung, die schon Unterwürfigkeitsverhältnisse gegen ihn eingegangen waren. Diese Verschiedenheit der politischen Oberherrschaft war ein Motiv mehr des römischen Bischofs, auf Unabhängigkeit der römischen Kirche zu drängen. Diesen Wunsch kann niemand verdammen, und es ist von einer gewissen Seite zu rechtfertigen, daß der römische Bischof gesucht hat, von der Dition28 der griechischen Kirche [etwas] unter die seinige zu bringen, um sie in das System der Einheit zu bringen. Die Verhältnisse der römischen Bischöfe waren auch ungünstig geworden. Deutsche Kaiser hatten einen bestimmten Einfluß auf die Papstwahlen, aber von diesem Bestreben ging bald eine Veränderung vor, von welcher man erst das Bestreben der römischen Bischöfe, sich unabhängig zu machen, datieren kann. Ungefähr um Mitte des 11. Jahrhunderts war das Christentum in ganz Europa herrschend. Franken, Sachsen, Slawen. Letztere kann man einteilen in die östlichen: Bulgaren, Russen, bosnische Völkerc und in die westlichen:1* tschechische Slawen, Wenden, Sorben zwischen* der Saale und Elbe und zwischen der Elbe und Oder, östliche Deutsche, das nördliche Mecklenburg und
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Nicetas] mit Einfilgungszeichen
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Es folgt
am äußeren
Rand.
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Völker] Völkern,
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Es folgt
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zwischen ... Oder,] mit Einfilgungszeichen
. am äußeren
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Holstein (obodritische Staaten). Der Streit zwischen Christentum und Heidentum war in diesen Völkern lange und Parteisache. Die Fürsten gaben den Ton an. Für die Obodriten war das Erzbistum Hamburg und Bremen, für die Wenden Magdeburg. Durch den Großfürsten Wladimir war das Christentum in Rußland herrschend geworden (griechisch). Erzbistümer Kiev und Novgorod. I 189 Die Polen waren zuerst von Böhmen aus christianisiert worden. Erzbistum P o s e n ; G n e s e n gestiftet unter Otto III. (heiliger Leichnam des Erzbischofs Adalbert von Prag, welcher auf seinen Missionsreisen im Norden erschlagen worden war). Die Ungarn waren durch ihren Fürsten Stephan zu Christen geworden, der sich vom deutschen Kaiser den Königstitel geben ließ und dadurch in ein Abhängigkeitsverhältnis trat. Leo IX. tat vieles, um den Mißbräuchen abzuhelfen. Synoden in Rom, Mainz, Reims. Bischöfe und Erzbischöfe wegen Simonie abgesetzt. Er ließ durch Hildebrand im südlichen Frankreich ebenfalls einige Bischöfe absetzen. In den Streitigkeiten mit dem Kaiser Michael [V7/.] spielt er seine unbegnadete Rolle. Er wurde genötigt, auch einen kriegerischen Charakter anzunehmen, [über] welches sich bei fränkischen Bischöfen nicht zu verwundern ist. Leo hatte von Heinrich III.' durch Tausch die Stadt Benevent erhalten (er gab Fulda und andres dagegen). In Italien hatten sich die Normannen niedergelassen und sich ein kleines Gebiet erworben, beschützt vom Kaiser. Gegen sie mußte Leo Benevent beschützen, welches sie angriffen. Er zog mit zu Felde. Sein Heer wurde geschlagen, der Kaiser hatte seine Hilfstruppen zurückfordern lassen. Der Papst wurde gefangen, aber mit Ehrfurcht behandelt. Dies mußte ihn zu seinen Versuchen aufmuntern. Leo starb im Jahr 1054. Nun schickten die Römer den Hildebrand an den Kaiser, sich einen Papst zu erbitten. Hildebrand erbat sich den Bischof Gebhard von Eichstätt,b der den Kaiser oft begleitete, weswegen ihn der Kaiser ungern entließ. Er wurde Papst unter dem Namen Victor II. Er starb bald, und da Heinrich IV. Kaiser geworden und noch jung war, wählten sie selbständig Stephan IX. (Friedrich, Abt vom Kloster Monte Cassino). Er war ehrgeizig, starb aber auch bald. Benedict X. wurde Papst, bald gegen ihn (auf Anstiften Hildebrands) Gerhard von Florenz (Nicolaus II.). Benedicf mußte abtreten.
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Heinrich III.] Otto. Verbessert nach K695.
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Eichstätt] über .
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Benedict] Gerhard. Verbessert nach K695.
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1059 auf einer Synode wurde die Verordnung gegeben über die Art der Papstwahl, die man als den Anfangspunkt der geistlichen Gewalt und Unabhängigkeit ansehen muß. Der römische Bischof sollte in Zukunft gewählt werden durch die cardinales episcopos und cardinales clericos unter Zustimmung des Kaisers, so daß der übrige Klerus und das Volk von der Wahl ausgeschlossen sein sollten. Der Ausdruck »Kardinal« ist wahrscheinlich ausgegangen von den KardinalPresbytern, die an einer bestimmten Kirche paroiki waren. Es gab viele Presbyter, die keine so bestimmte | 190 Amtsverrichtung hatten. Man ist nicht einig, ob es damals schon cardinales diaconi gegeben habe. Cardinales diáconos nannte man solche, die Aufsicht hatten über geistliche" Stiftungen, mit Kapellen verbunden. Hierdurch war eine aristokratische Grenze gezogen, indem ihnen allein die Wahl des Bischofs zukam, den übrigen Klerikern und laicis catholicis wurde nur die Zustimmung eingestanden, auch durfte der Wählende sie zuh Rate ziehen. Der Kardinal Damiani bezeugt, daß eigentlich die episcopi cardinales immer den römischen Bischof gewählt hätten. Buchstäblich verstanden ist dies nicht gegründet, aber wahrscheinlich meint Damiani die presbyteros und episcopos cardinales, daß sie nämlich Einfluß auf die Wahl gehabt hätten. Das neue Gesetz war also nur eine Organisation eines schon stattgefundenen Gebrauchs. Es ist sich zu wundern, daß die Verfügung über diese Wahlart nur auf einer Provinzialsynode stattfand. Eigentlich hätte dies von einer ökumenischen Synode ausgehen sollen, aber die Lage der Sache ließ es nicht zu. Ein großer Teil sah die Rechte des römischen Bischofs immer noch als etwas sehr Problematisches an. Das Verhältnis des Papstes zu der hohen Geistlichkeit war noch unbestimmt, und schwerlich würde diese es zugegeben haben, die Wahl eines römischen' Bischofs als etwas die ganze Kirche Interessierendes anzusehn. Sie sahen aber allerdings die Verfügung so an, als ob es darauf abgesehen sei, den römischen Bischof immer aus der römischen Klerisei zu wählen. Ü b e r s i c h t d e r k i r c h l i c h e n V e r h ä l t n i s s e d i e s e r Z e i t . Schon seit vielen Jahrhunderten war die Ernennung der Kleriker in den Händen der Bischöfe. Sie allein konnten Presbyter weihen und ernennen und ebenso konnte ohne ihre Zustimmung kein Diakon gesetzt werden. Die Gemeinden waren schon seit langer Zeit von der Ernennung des unmittelbaren Klerus ausgeschlossen, aber die Wahl des Bischofs selbst ging ursprünglich von ihnen aus. Früher wurden
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Es folgt
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zu] zur.
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römischen] mit EinfUgungszeichen
über der Zeile.
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auch Presbyter und Diakone von ihnen gewählt. Aber das Recht war schon auf eine vielfache Weise beschränkt worden. Schon alte Kirchengesetze verordneten, wenn die Wahl streitig sei, sollen die Bischöfe der Provinz den Bischof wählen, aber vorzüglich seit den fränkischen Zeiten, wo die Bischöfe zugleich Lehnsträger der Könige und Stände des Reichs waren und die weltliche Qualität von der geistlichen in praxi nicht geschieden wurde. So war natürlich, daß die Könige einen bestimmten Einfluß auf die Wahl der Bischöfe erlangten, besonders bei den neuen Gemeinden aus Heiden, denen man die Wahl nicht anvertrauen konnte. Man appellierte öfter an die alten Kirchengesetze, | 191 und es wurde auf mehreren Synoden bestimmt, daß man bei erledigten Bischofsstellen den Landesherrn' um freie Wahl ansprechen sollte. Wenn aber der Landesherr es nicht zugab, sondern die Stelle selbst (meist mit Hofgeistlichen) besetzte, sollten doch alsdann die zur selbigen Provinz gehörigen Bischöfe ihn prüfen, und wenn er nicht bestände, Gegenvorstellungen tun. Wo die Landesherrn die Bistümer gestiftet oder reichlich dotiert hatten, ernannten sie nicht nur, sondern belehnten auch die Bischöfe mit Stab und Ring. Auf alles, was in dieser Region lag, hattenh die römischen Bischöfe keinen Einfluß. Ihren Einfluß auf die Erzbischöfe (wie er entstand, ist dunkel) übten sie durch das Pallium, wodurch sie einem eine Autorität geben konnten. Es gab dabei viele Feierlichkeiten, und [es] wurde bestimmt, bei welchen Gelegenheiten der Bischof es trage. Aus dieser Ehrenbezeugung entstand eine Art von Oberaufsicht. Man findet daher schon im 7ten und 8ten Jahrhundert, daß der römische Bischof es einigen Bischöfen zum Klagepunkt machte, wenn sie sich des Palliums zur unerlaubten Zeit bedienten. In deutschen Bistümern, deren Bekehrung von römischen Missionaren ausgegangen war oder die sich sonst frühzeitig an den römischen Stuhl anschlossen, übte der römische Bischof ebenfalls vielen Einfluß. Wenn neue Bistümer oder neue Werke gestiftet werden sollten, wurde die Zustimmung des römischen Bischofs eingeholt. Dies war schon hergebracht unter den Karolingern und Ottonen.
Davon ging das Bestreben des Papstes aus, Legaten und Vikare zu setzen. Kein Geistlicher durfte über etwas außer seinem Sprengel gerichtet werden. Was Bischöfe betraf, wurde vor den römischen Bischof gebracht. Hatte nun der Papst seine Legaten in den entfernten Bistümern, so konnte dies Gesetz gehandhabt !5 werden.
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Landesherrn] korr. aus 1.
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hatten] hatte.
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Bis" hierher hatte aber der römische Bischof noch kein größeres Recht, als anders Kirchenversammlungen auszuschreiben. Vom Ausspruch des Bischofs konnte man an eine Synode appellieren und von jeder Synode an eine ökumenische, nur daß die Zusammenberufung etwas Schwieriges war und nie im eigentliehen Sinn zustande kam. Der römische Bischof verlangte gewöhnlich den Vorsitz auf den ökumenischen Synoden, aber dies war bisher nur ein Ehrenrang und gab ihm keine Rechte über die Patriarchen. Auch von der weltlichen Macht konnte die Veranlassung zu Synoden ausgehen in der griechischen und lateinischen [Kirche]. | 192 Sowohl wenn der Befehl von der weltlichen Macht kam, eine Synode zu berufen, oder auch wenn ein Metropolit eine Synode versammeln wollte, fiel es bis dahin niemand ein, den römischen Bischof zu fragen. Die Eingriffe kirchlicher Versammlungen in das weltliche Gebiet waren schon zu dieser Zeit häufig, und man kann nicht sagen, daß dies allein von Rom ausgegangen wäre. Auf einer Synode von Metz 859 wurde der deutsche König Ludwig mit dem Bann bedroht. Schon nach den damaligen Vorstellungen wäre mit verbunden gewesen eine Exkommunikation des ganzen Landes (Interdikt). Daß Bischöfeb und Metropoliten die päpstlichen Anmaßungen beschützten, kommt auch schon vor, aber es sind meist Schmeicheleien, nicht gut gemeint. Auf diesem Punkt stand die kirchliche Verfassung. Daß der römische Kaiser von Karl dem Großen an Oberherr von Rom gewesen, leidet keinen Zweifel. Die alten Ansprüche der griechischen Kaiser, die neuen der fränkischen und die des Papstes sind etwas nicht genau zu Entwickelndes, weil es an bestimmten Verträgen über den Gegenstand fehlt. Daß der römische Bischof ohne Zustimmung des Kaisers geweiht werden durfte, stand fest, aber es wurde keiner für einen römischen Kaiser gehalten, als bis er in Rom war gekrönt worden. Dieses festzuhalten war das Interesse der Päpste. Ein günstiger Umstand war die Minderjährigkeit Heinrich IV. Man sieht aus den vorhandenen Akten nicht, ob man ihm schon als König das Bestätigungsrecht zuerkannt habe oder die Sache habe bis auf sein Kaisertum ruhen lassen. Während des großen Strebensc nach Verbreitung des Christentums und Feststellung des kirchlichen Verbandes konnte die innerliche Intension unmöglich gleichen Schritt halten. Im letzten Jahrhundert dieses Zeitraums ist fiir die Lehre beinah so viel ils nichts geschehn. Auch die Gottschalkischen Streitigkeiten und andere waren nur Repetitio und Korollarium zu früheren.
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Bis] Β undeutlich.
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Bischöfe] über < Päpste > .
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Strebens] b undeutlich.
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In diesem äußerlichen Bestreben war aber die Kunstseite des Christentums sehr begründet.' Streit des Kunstsinnes gegen die Feindschaft des Künstlerischen im Gottesdienst. Statuen blieben ganz ausgeschlossen, die Bilder, über die gestritten wurde, waren Gemälde von Jesusb Christus. Über Musik wurde nie gestritten. Um das Musikalische hatte die römische Kirche und namentlich Gregor der Große viel Verdienst. Orgel ziemlich verbreitet. Als eine Art von Polemik gegen die Künste kann man ansehen das Projekt des Agobard von Lyon, das Unbiblische aus den Antiphonien auszustoßen. I 193 Wie es um die bildende Kunst dieser Zeit gestanden habe, davon haben wir nicht viele Kenntnisse. Wenn auch die Virtuosität nicht groß war, so muß die Masse ungeheuer gewesen sein. Einc wesentliches Element der christlichen Kunst ist die Baukunst, aber seit dem 9ten Jahrhundert kam sie in großen Verfall. Klagen in Chronikenschreibern, daß verfallene Kirchen nicht hergestellt wurden. Dies lag teils in den Stürmen der Zeit, teils im Aberglauben, daß im Jahr 1000 der Antichrist erscheine und das Weltgerichtd kommen werde. Sowie dieser Wahn verschwand, wurde die Kunst wieder hervorgehoben. Erhabener Stil im XI. und XII. Jahrhundert. Die Streitigkeit über das Abendmahl wurde Mitte* des XI. Jahrhunderts wieder aufgenommen und strenger fortgeführt durch Berengar. Berengar war Scholasticus in Tours, ein Mann, von dessen Charakter und Kenntnis überall eine vorteilhafte Meinung geherrscht hat, bis er in Verdacht der Ketzerei kam.' Berengars literarische Korrespondenzen, in welcher er seine Gedanken entwikkelt hat. Er äußerte gegen mehrere Freunde in Briefen, man habe Unrecht getan, das Buch des Scotus über das Abendmahl zu verdammen. Wenn er ein Ketzer gewesen, so seien es viele angesehene Kirchenlehrer auch. Dies äußerte er an einen gewissen Adelmann und an den nachmals berühmten Lanfranc im Kloster Bec. Er berief sich auf Ambrosius, Augustin und andere. Er sagte außerdem, Radbertus' Meinung sei noch nicht allgemein geworden. Adelmann setzte ihm des Paschasius' Lehre deutlich auseinander und sagte deutlich, Christus erschaffe durch die Handlung und das Wort der Konsekration
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begründet] korr. aus gegründet,
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Jesus] I.
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Ein ... Jahrhundert.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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Es folgt < [ ]>.
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Mitte] in den letzten Jahren. Verbessert nach K701, wo Schleiermacher den Ausschluß Berengars aus der Kirchengemeinschaft wegen seiner Abendmahlslehre durch die Synode von Vercelli 1050 erwähnt. kam] nahm.
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aus Brot und Wein seinen Leib und sein Blut. Späterhin hat Berengar diese Verwandlungstheorie eine Meinung des Pöbels genannt. Diese Meinung wurde aber doch gegen Berengar mit vieler Spitzfindigkeit durchgeführt. Lanfranc ging mit dem Schreiben des Berengar nach Rom. Leo IX. erklärte, Berengar sei aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen. Allein da er doch einsah, daß er* gefehlt habe, berief er ihn auf eine Synode zu Vercelli 1050. Berengar erschien nicht und berief sich auf das alte Recht, daß keiner außer seinem Sprengel gerichtet werden könne (im weiteren Sinn gehörte er wohl zum römischen Sprengel, aber nicht im engeren). Auf der Synode wurde das Buch des Scotus aufs neue verdammt und so auch die Lehre des Berengar.b Aber eigentlich hatte Berengar seine Theorie noch nicht positiv ausgesprochen, sondern sich nur auf patristische Autoritäten berufen Neue Synode zu Tours 1055,d wo zugleich Untersuchungen über die Simonie vorkamen. Auf dieser verteidigte Berengar seine Meinung, bekannte aber, daß nach der Konsekration Brot und Wein Leib und | 194 Blut Christi seien, ohne sich mehr zu erklären. Für diesmal war man zufrieden, aber da das Interesse für die Lehre von der Brotverwandlung allgemein war, so wurde [die] Sache bald von neuem wiederaufgenommen. Eine* römische Synode unter Nicolaus II. zitierte Berengar; er begab sich freiwillig hin. Drohungen. Berengar mußte das Bekenntnis unterschreiben, daß der wahre Leib und das wahre Blut Christi von dem Priester getastet und von den Zähnen der Gläubigen gekaut werden. - Berengar erklärte nachher, die Unterscheidung sei ihm abgenötigt, und fuhr fort, seine Ansicht zu lehren. Der Papst Alexander II. warnte ihn schriftlich davor. In Streitschriften wurde die Sache fortgeführt. Lanfranc behauptete, daß der Leib Christi, obgleich er auf Erden geteilt werde, doch unversehrt im Himmel sei. Daß nach der Konsekration der Leib Brot genannt werde,' müßte man bildlich verstehen oder [ío], daß er aus Brot gemacht sei und nur einige Spuren des Brots noch an sich trage. Lanfranc' ging noch weiter: Daß der Leib Christi noch wie ein Brot aussehe und wie Brot schmecke, das sei eben das Wunder, das dem Gläubigen zur Prüfung gegeben werde. - Lanfranc sagt ferner, wenn einer eine von der Kirche abweichende a
er] r undeutlich
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Berengar] korr.
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berufen] berief.
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1055] mit Einfiigungszeichen am äußeren Rand.
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Eine ... Drohungen.] mit Einfiigungszeichen am äußeren Rand.
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werde] korr. aus werden,
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Davor < [ ] >.
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Meinung vortrage, die wahr sein könne, so müsse die Kirche untergehen oder habe nie bestanden, denn die Kirche sei eine Reihe untrüglicher Aussprüche. Man kann dies als die Stasis des Kredit- und Autoritäts-Glaubens in der späteren Zeit ansehen. Berengar sagt: »Proponitur in ipsa mensa verum Christi corpus«. Dies hat nicht einen allegorischen, sondern realen Sinn. Ferner: »Proponitur spiritualiter interiori homini«. Der Sinn ist der, daß für die sinnliche Anschauung keine Verwandlung existiere, sondern nur für die innere. Das scheint selbst in Lanfranc nicht untergegangen zu sein, indem er sagt, der Leib Christi werde nur von den Würdigen genossen; da ist er also der sinnlichen Verwandlungslehre nicht getreu geblieben. Berengar sagt, corpus Christi sei e pane und pañis sit beatificum corpus Christi. »Verum' Christi corpus ab iis, qui Christi membra sunt, spiritualiter manducatur.« - Man kann dies nur [so] verstehen, daß das Brot das Element sei, durch welches der Leib und das Blut genossen werden. Lanfranc b sagt auch, daß in der Schrift nirgends stehe, daß das geteilte Brot sich in Stücke und Teile vom Leib Christi verwandle, sondern jedes Teil sei der ganze Leib Christi und jeder Kelch das ganze Blut Christi, aber eine solche Multiplikation des Leibs Christi hat Lanfranc nirgends so klar dargestellt, als er hätte tun sollen.
Ein Schüler von Lanfranc, Guifínund,' der »De corporis et sanguinis Christi veritate« geschrieben hat, treibt die Sache noch weiter und sagt, es gibt einen zweifachen Genuß des Leibs Christi, | 195 einen leiblichen, der der gemeinschaftliche sei den Würdigen und Unwürdigen, und einen geistlichen, der sei den 25 Würdigen allein eigen. Dies ging in die Theorie über, selbst in die protestantische. Damit war aber Lanfrancs Ansicht nicht verteidigt. Aus der letzteren Schrift sieht man auch, wie zahlreich sich die Kundigen für Berengar ausgesprochen haben. Einige wollten nichts andres zugestehen, als daß Brot und Wein Zeichen 30 des Leibs und Bluts Christi wären, welche Meinung sich am meisten der späteren zwinglischen Ansicht nähert. Berengar selbst scheint mehr die spätere Theorie des Calvin gehabt zu haben, daß nur spirituell dem innern Menschen Leib und Blut dargereicht würden.
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Verum ... manducatur.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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Lanfranc] korr. aus Er.
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Guitmund] Gitmon; G undeutlich. Verbessert nach K701.
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Einige sagten, durch die Konsekration corpus Christi impanatur, so daß Christus ins Brot eingeschlossen werde, ohne verwandelt zu werden. Diese Theorie der Impanation nahm nachher Luther an. Wir haben also in diesen Streitigkeiten schon die Vorstellungen der späteren Zeit beisammen. Die meisten Nachrichten über diese Sache verdankt man dem, was Lessing auf der Wolfenbüttelbibliothek gefunden. Als Gregor VII. Papst war, rief er Berengar noch einmal nach Rom, erklärte ihn privatim fiir orthodox und sagte, es verstehe sich von selbst, daß Lanfrancs Meinung nicht kirchlich sei, aber ehe sich Berengar versah, forderte er ihn auf, in sein Bekenntnis den Ausdruck »substantialiter transfertur« aufzunehmen. Berengar, überrascht, tat es und äußerte sich nachher, er habe das »substantialiter« verstanden: mit seiner ganzen Substanz. Gregor gab dem Berengar einen Schutzbrief mit und erklärte, mit jedem die Kirchengemeinschaft aufzuheben, der den Berengar nicht fiir orthodox halte. So war die Sache für diese Periode geendet. G e s c h i c h t e G r e g o r s . Nicolaus II. machte bald einen Versuch, die weltliche Gewalt der römischen Bischöfe zu erweitern. Bündnisse mit den Normannen in Unteritalien, mit welchen Leo unglücklichen Krieg geführt hatte. Er entzog dadurch den" Normannen ihre Lehnsleute und verschenkte auf der anderen Seite das Land, welches jene sich erobert hatten. Das war eine zweifache Treulosigkeit gegen die griechischen und deutschen Kaiser. Die Normannen zogen mit einem Heer nach dem Kirchenstaat und eroberten diese Ländereien dem römischen Stuhl. Die mailändische Kirche war bisher ein unabhängiges Metropolitentum gewesen. | 196 Der Metropolitan hatte vielerlei gerechte Klagen gegen sich, aber die päpstlichen Legaten begünstigten ihn auf Bedingung seiner Unterwerfung unter den päpstlichen Stuhl. Es gab ernstliche Auftritte. Der Erzbischof von Mailand ließ sich aber endlich von den päpstlichen Legaten belehnen und erkannte dadurch seine Beziehung zum römischen Patriarchat [ari\. Nicolaus starb 1061.
Nach seinem Tod zeigte sich das von ihm gegebene Gesetz über die Papstwahl noch nicht in seiner Kraft. Die römische Partei, Mailänder,1· wählte Alex-
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den Normannen ihre] (1) dem deutschen Kaiser seine (2) griechischen über < deutschen > : dem griechischen Kaiser seine (3) < griechischen > über < deutschen > mit aufgehobener Streichung: dem deutschen Kaiser seine (4) Normannen (durch Verweisstrich auf das zwei Zeilen tiefere Wort) statt deutschen (aufgehobene Streichung wieder aufgehoben): dem Normannen Kaiser seine (5) vorzunehmende grammatische Korrektur und Durchführung der vergessenen Streichung: den Normannen .
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ken, daß Spanien ein uraltes Eigentum des Apostels Petrus sei. Unter der Anerkennung dieses Rechts wolle er ihnen seinen Segen geben. Ebenso suchte er in Ungarn den König Salomon' zu bereden, daß nur der heilige Petrus die königliche Würde erteilen könne. Er drohte dem König Philipp von Frankreich 5
wegen Simonie mit dem Bann. Seine erste Kirchenversammlung brachte ein allgemeines Gesetz gegen die Priesterehe zustande. Allen Priestern, welche in der Ehe oder im Konkubinat lebten, sollten das Sakrament nicht verwalten können. Keiner soll ein Bistum oder eine Abtei aus weltlicher Hand empfangen und sich nicht von weltlichen
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Fürsten belehnen lassen. Beide Gesetze fanden großen Widerstand. Der Erzbischof von Mainz, der auf der Synode von Erfurt b dies Gesetz bekannt machte, fand so vielen Widerstand, daß alle drohten, ihn und den Papst zu exkommunizieren, wenn er darauf bestehe. Man sagte oft, die Tendenz des Papstes sei gewesen, durch das Gesetz der
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Ehelosigkeit die Geistlichen vom weltlichen Umgang und weltlichen Verhältnissen loszumachen und sie so an den römischen Stuhl zuc binden, doch scheint die Sache ihren Grund mehr gehabt zu haben in der strengen Ansicht des Gregor und auch im Glauben der Transsubstantiation, daß der Priester den Leib des Herrn bereite. Was das andre Gesetz wegen der Belehnung betrifft, so war es
20 besonders gegen die Art der Belehnung (mit Ring und Stab) gerichtet und daß die Belehnung nicht sollte der Weihe vorangehen. Die Gründe, die er anführte, waren besonders die, daß sich died Fürsten so vieler Verbrechen schuldig machten und ihre mit Blut befleckten Hände nicht die Priester weihen könnten. Man nannte bald die Investitur durch weltliche Hände eine Häresie. 25
Wenn man auf das Verhältnis zwischen Kirche und Staat sieht, so hatte Gregor recht, daß er die symbolische Belehnung mit Ring und Stab, also die Erteilung des Rechts zu geistlichen Funktionen, nicht vom Staat wollte verwaltet wissen. Aber wenn man auf die Wahl sieht, so muß man gestehen, daß hier der Staat mitzusprechen habe, und wenn die Belehnung nur als Bestätigung und nicht
30 als Erteilung der geistlichen Würde betrachtet wurde, so hatte dies nichts Schädliches an sich. Aber Gregor wollte der weltlichen Macht alle symbolische Gewalt entziehen.
a
Salomon] mit Einfügungszeichen
am äußeren Rand. Salomon]
Bd. 111,1. S. 431. Stephan I. regierte 1001—1038, 35
die K702 nennt, passen allein auf Salomon. b
Erfurt] aber < Mainz > .
c
zu] mit Einfügungszeichen
d
die] d undeutlich.
über der Zeile.
Stephan. Vgl.
Gregor VII. 1073—1085.
Die
HKG(J). Details,
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Der Kaiser schrieb an Gregor wegen zweier Bischöfe, die nach Rom gegangen, sich weihen zu lassen, er möge sie nicht weihen, bis sie die Bestätigung von ihm erlangt hätten. Gregor wollte es mit dem Kaiser nicht verderben, er wählte den Mittelweg,* weihte nur 1 Bischof und ließ den anderen warten. I 198 Er exkommunizierte den Herzog von Neapel, Robert, weil er sich nicht gestellt hätte der Lehen wegen. Er schrieb auch an den König von England, Wilhelmb den Eroberer, daß er ihm huldigen solle. Dieser antwortete ihm, den Petrusgroschen wolle er an Rom bezahlen, sonst finde er sich zu nichts verpflichtet. Gregor stellte die Gewohnheit wieder her, daß in jedem Sprengel jährlich eine Synode gehalten wurde. Er konstituierte die Synoden des römischen Sprengeis zu allgemeinen Kirchensynoden und erklärte sie zu patriarchalischen Synoden. Dazu hatte er kein Fug nach den alten Kirchengesetzen, dies war die erste Spur der nachherigen Konsistorialverfiigungen der Päpste, Heinrich IV. hatte in dieser Zeit einen harten Kampf zu bestehen gegen Sachsen und Schwaben. Er hatte mehrere von der aufrührerischen Partei (Bischöfe darunter) gefangengenommen. Der Papst schrieb ihm, er solle die Bischöfe loslassen und in ihre Sprengel einsetzen, dann könne man die Sache auf einer Synode untersuchen. Drohungd des Banns und' Interdikts. Die Bischöfe hatten sich als Lehnsträger empört, waren also bürgerliche Gefangene und gehörten gar nicht vor eine Synode. Das war eine Folge davon, daß die Fürsten die Geistlichen mit weltlichen Gütern und Rechten dotiert hatten. Heinrich berief die deutschen Bischöfe nach Worms, den Papst abzusetzen. Diese erklärten, er sei durch Simonie zum päpstlichen Stuhl gelangt und' setzten ihn ab. Der Papst tat dasselbe, verbot dem Kaiser die Regierung und verbot jedem, ihm zu dienen. Zur Verteidigung seines Verfahrens sagte er, als Christus die Schafe dem Petrus anvertraut hätte,' so hatte er die Könige nicht ausgenommen, seine Vorfahren hätten auch Childerich abgesetzt und die Krone aufs fränkische Haupt gebracht (was ganz unwahr ist). Erst später erschienen Schriften gegen dies Verfahren.
a
Es folgt < und > .
b
Wilhelm ... Eroberer] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
c
auf ... Synode] mit Einfiigungszeichen über der Zeile.
d
Davor < mit > .
e
und Interdikts.] mit Einfiigungszeichen über der Zeile.
f
und ... ab.] mit Einfiigungszeichen über der Zeile.
g
hätte] korr. aus hätten.
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Bei der Schwäche des Kaisers fielen doch viele von ihm ab. In Trier* wurden Anstalten zu seiner Absetzung gemacht. Der Papst solle einen neuen Kaiser wählen. - Bekannte Demütigung des Kaisers in Canossa. Die lombardische Partei wollte das kaiserliche Ansehen aufrecht erhalten, die toskanische, an ihrer Spitze Mathilde, beschützte den Papst (mit Unrecht beschuldigte man Gregor eines unerlaubten Umgangs mit Mathilde). Indessen erneuerte sich der innere Krieg in Deutschland. Rudolf wurde Gegenkaiser. Erblichkeit der deutschen Krone aufgehoben. Gregor erkannte gewissermaßen Rudolf neben Heinrich an. Er wolle über die Spaltung entscheiden. (Das umgekehrte Gegenstück zu den rebellischen Bischöfen oben.) 1080b exkommunizierte er den Kaiser, der ihn entsetzen ließ. Der Kaiser wählte den Erzbischof von Ravenna unter dem Namen Clemens III. zum I 199 Papst. Heinrich1 führte Clemens in Rom ein, ließ sich von ihm krönen. Gregor ließ sich raten, den neapelischen Robert wieder in die Kirchengemeinschaft aufzunehmen. Dieser eroberte ihm wieder Rom. Gregor starb 1085* in Salerno und in einer zweifelhaften Ausübung der päpstlichen Gewalt. In Deutschland wurde ein anderer Gegenkönig, Hermann von Luxemburg, gewählt, und alle Bischöfe der kaiserlichen Partei wurden' auf der Kirchenversammlung zu Quedlinburg in den Bann getan. Dies hatte keine Wirkung. Man sollte glauben, daß Gregors Schicksal andre hätte abschrecken sollen, weil er1 doch ohnerachtet seiner großen Kraft nur zum Schein etwas erreicht hatte. Zu seinem Nachfolger wurde gewählt der Abt aus dem Kloster Monte Cassino, ein Anhänger Gregors, - tumultarisch. Er weigerte sich erst 1086," nahm aber den Antrag an, eroberte sogar dieh Petrikirche mit bewaffneter Hand, ging aber bald in sein Kloster zurück und starb. Durch Machinationen der Mathilde und ihrer Anhänger wurde der Kardinal von Ostia auf der Kirchenversammlung zu Terracina unter dem Namen Urban II. zum Papst gewählt. Es erhoben sich Stimmen unter den Laien undj Geistlichen gegen die illegtime Gewalt der Päpste. England wollte weder Urban II. noch Clemens III.
a
Es folgt eine Leerstelle.
b
1080 ... ließ.] mit Einfügungszeichen
c
Heinrich] η undeutlich.
am äußeren Rand.
d
;0S5] 1087. Verbessert nach K702.
e
wurden ... Quedlinburg] mit Einfilgungszeichen
f
er] mit Einfügungszeichen
über der Zeile.
über der Zeile.
g
1086] mit Einfügungszeichen
h
die Petrikirche] Uber < Rom > .
über der Zeile.
i
auf ... Terracina] mit Einfügungszeichen
j
und ... Geistlichen] mit Einfügungszeichen
am äußeren Rand. über der Zeile.
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für römische Bischöfe, überhaupt dem römischen Bischof keine päpstliche Autorität zuerkennen. Der Erzbischof Anselm von Canterbury, ein Theologe im tiefsten Sinn des Worts, (seine Werke: »Cur Deus homo« und »De incamatione verbi« usw. hatte er als Prior des Klosters Bec in der Normandie geschrieben) bat sich vom König die Erlaubnis, nach Rom zu reisen, um das Pallium vom Papst zu empfangen. Der König weigerte es ihm, eine Synode verwies ihn,* weil er nicht nachgeben wollte, er mußte England verlassen. Anselm ragte über seine Zeitgenossen in der Spekulation hervor. Wenn man Roscellin undb Anselm als Stifter der beiden Sekten, der nominalistischen und realistischen, ansieht, so hat man nicht ganz recht. Sie zeigen auch auf der anderen Seite eine theologische Differenz. Roscellin behauptet, man müsse auf die Grundprinzipien des Glaubens zurückgehen, Anselm' behauptete, man könne nicht aus der Kirche heraustreten. Insofern können wir sagen, daß Anselm mehr"1 die katholische und Roscellin mehr die" protestantische Ansicht festhielt.' Indessen unterscheidet sich Roscellin vom Protestantischen dadurch, daß er den Glauben mit der Dialektik und nicht der Schrift verteidigen wollte. Anselm® wollte die ersten Prinzipien des Christentums durch die Vernunft beweisen für die, welche noch nicht gläubig wären, der eigentliche Christ aber habe zuerst den Glauben, dann komme die Einsicht. | 200 In beiden war ein über das Theologische hinausgehendes Prinzip. »Monologium« und »Proslogium«h des Anselm handeln besonders vom Wesen Gottes. Das erstere handelt mehr vom Wesen, das letztere von der Existenz Gottes. Im ersteren demonstriert er schon die Trinität nach dem nicänisehen Lehrbegriff. Was früher nur als freie Phantasie erschien, ist bei ihm schon mehr spekulativ, aber aristotelische und platonische Methoden findet man noch nicht. Roscellin sagte, entweder müsse man sagen, die 3 Personen seien 3 verschiedene einzelne Geister, odei" man müsse annehmen, daß alle 3 Personen inkarniert worden wären. Von der einen und derselben res könne nicht wahr sein a
Es folgt < Anselm > .
b
und Anselm] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
c
Anselm] über .
d
mehr] m undeutlich.
e
die] d undeutlich.
f
festhielt] fest(hielt mit Einfügungszeichen über der Zeile) .
g
Anselm] über < E r > .
h
Proslogium] korr. aus Prosologium.
i
oder] ohne.
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eine affirmatio und negatio zugleich. Wenn nicht die 3 Personen 3 res seien, so seien Sohn und Vater 1 und dieselbe res, und wenn man sagen könne von einem, er sei inkamiert, so müssen es auch die anderen sein. Der Nominalismus ist hier unverkennbar: die Substanz im Individuum zu suchen. Dabei" faßtb ihn Anselm' und wirft ihm vor, er sei von denen, welche nichts glaubten, was sie nicht imaginationibus, [durch] sinnliche*1 Wahrnehmung, possint comprehendere (in seinem Buch »De fide trinitatis«). Hier ist schon der Realismus ausgesprochen. Anselm geht darauf zurück, daß die Dreiheit der Personen nicht könne verglichen werden mit einer abgesonderten' Einzelwesenheit. Man könne nicht sagen, was numero idem sei, sei auch essentia idem.29 Quoad naturam seien pater et filius idem, aber quoad relationes verschieden. Das eigentümlichste Werk des Anselm ist »Cur Deus homo«, worin er auf bestimmtere Weise, als bisher geschehen war, die Notwendigkeit der Erlösung unter der bestimmten Form der Menschwerdung einer göttlichen Person darzutun sucht. Man hat ihn sehr mißverstanden. Man findet es häufig angegeben, daß Anselm der Urheber sei von der stellvertretenden Genugtuung, daß sein, [Christi], Tod als Strafe für unsere Sünden sei aufgenommen worden.' Hiervon hat aber Anselm keine Spur. Er sagt, das menschliche Geschlecht hätte sollen an die Stelle' der gefallenen11 Engel treten, aber durch den Fall der Menschen sei dies vereitelt worden. Jede Natur aber müsse leisten, wozu sie geschaffen, das ist das debitum, quod Deo solvere deberent. | 201 Nun aber gibt es keine satisfactio als durch die Strafe. Wenn aber die Menschen auch alle Satisfaktion geben, so sei es nicht hinreichend, sie zu erlösen; dann müsse also einer ans Mittel treten, der dürfe aber nicht geringer sein als Gott, weil jede niedere Natur selbst ein debitum solvere müsse. Er hätte aber zugleich müssen Mensch sein, und zwar von Adam her (daher leugnet er die Erlösbarkeit der Engel). Er bedingt die Erlösung dadurch, daß der Erlöser zur menschlichen Gattung gehört und sie in Beziehung auf Gott repräsentiert.
a
Dabei] D
b
faßt] f undeutlich.
undeutlich.
c
Anselm] über
d
sinnliche ... Wahrnehmung] mit Einfügungszeichen
.
e
Abbreviaturauflösung
f
worden] war.
entsprechend
g
Stelle] korr.
h
gefallenen] mit EinfUgungszeichen
am äußeren
B21/22,XXXII,5,15.
über der Zeile.
Rand.
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Wenn Anselm weiter sagt, Christus hat nur durch seinen Tod die Satisfaktion geleistet, so meint er nicht, als ob sein Tod eine Strafe gewesen wäre, die* er geschuldet hätte. Christusb wäre an sich nicht sterblich gewesen, sein Tod sei also ein freiwilliger und daher geeignet zur® Erlösung. Wie nationeile Begriffe mit ins Spiel kamen, sieht man von der Pflichtleistung, die von den lehnsherrlichen Verhältnissen hergenommen ist. Anselm spielt auch eine Rolle in den Streitigkeiten der abendländischen Kirche mit der morgenländischen. Im Jahr von seinem Todd 1099e hielt Urban II. eine Synode zu Bari wo die Vereinigung beider Kirchen sollte gewirkt' werden. Dies hing zusammen mit einem Kreuzzugprojekt. Damit war verbunden die päpstliche Lehnsherrlichkeit gegen die Normannen, was die griechische Kirche auch ansprach. Es wurde daher auf die Vereinigung gedrungen und über die Lehre vom »filioque« gehandelt. Anselm spielte da eine Hauptrolle. Er hielt sich in Italien auf. Er verhinderte, daß nicht der Bann gegen den König von England ausgesprochen wurde, söhnte sich auch in der Folge mit dem König aus: der Bann wurde nicht ausgesprochen. Anselm verteidigte die abendländische Lehre vom Ausgehen des Geistes, darüber ist noch eine Schrift von ihm vorhanden. Es muß zwischen Sohn und Geist eine relatio sein, sonst würden sie wirklich 3 res separatae sein, wie Roscellin es wollte. Er setzt die beiden Formeln entgegen: »Deus de Deo« und »Deus de quo Deus est«. »Deus de Deo« kann aber nur sein nascendo aut procedendo, das erstere der Sohn, der letztere der Geist. Ist8 der Sohn vom Geist, dann müßte er nascendo11 oder procendo' sein. Dadurch | 202 werde die persönliche Unterscheidung aufgehoben. Es blieb also nichts übrig, als daß der Geist auch sei aus dem Sohn,' und zwar* procedendo. Das hindere die Unterscheidung nicht. So scharfsinnig diese Auseinandersetzung so ist, ist sie nicht vollkommenÇl).
a
die] korr. aus den.
b
Davor
c
zur] zu.
d
Es folgt
e
1099] am äußeren
f
gewirkt] korr.
< [ ] >. < 1090(?)>. Rand.
g
Ist ... er] mit Einfügungszeichen
h
Davor < Der Geist > < müßte *> < dann auch > .
i
Es folgt
< vom Sohn > .
j
Es folgt
< also > .
k
zwar] mit Einfiigungszeichen
am äußeren
über der Zeile.
Rand.
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In seinen philosophischen Schriften herrscht das Bestreben, die höchste Realität im göttlichen Wesen auszusprechen und dabei doch das Sinnliche zu vermeiden. Was Roscellin betrifft, so behaupten viele, er habe keinen Tritheismus behauptet, nur neidische* Gegner hätten ihn dessen beschuldigt. Aber Roscellin war letzteren kein Gegenstand des Neids, war Scholasticus im Kloster Compiègne, hatte die Schule auf einen hohen Stand gebracht. Er machte aber keine Ansprüche auf hohe geistliche Stellen. Eine Synode in Soisson ließ ihn seine Meinung abschwören. Er selbst sagt, er habe sie nur abgeschworen aus Furcht, vom Volk zerrissen zu werden. Man sieht daraus, daß Roscellin doch diese Behauptung für die seinige erkannt und daß die Bewegung wahrscheinlich vom unteren Klerus ausgegangen war, für die Roscellin kein Gegenstand des Neids sein konnte. In England kam der Investiturstreit zu Ende zum Vorteil des Papstes. Unter Paschalis II. kam ein Verein zustande: exkommunizierte Bischöfe wieder eingesetzt, König begnügt sich mit dem bloßen Homagium. Der Investiturstreit zwischen Papst und deutschen Königen und Kaisern wurde weitergeführt. Conrad empörte sich gegen seinen Vater Heinrich IV. und wurde in Mailand zum König von Italien gekrönt, er investierte einen neuen Bischof inc Arnulfs Person/ Der Papst sperrte sich eine Zeitlang, erkannte aber endlich Arnulf doch an. Gleichzeitig sprach der Papst den Bann aus gegen den König' Philipp' von Frankreich wegen unrechtmäßiger Scheidung und Wiederverehelichung. Philipp versprach, sich wieder zu versöhnen, gehorchte aber doch nicht, ward wieder exkommuniziert, und den Geistlichen wurde vom Papst der Vasalleneid verboten. Urban starb 1099 (Mönch8 von Clugny), und ohneracht der Gegenpapst Clemens noch lebte, wurde in Rom gewählt (Paschalis II., dem vergeblich 3 Gegenpäpste entgegengestellt wurden nach Clemens' Tod). Er ließ die Leiche des Vorgängers, von der man Wunder erzählte, ausgraben und wegwerfen. Paschalis erklärte, Christus wäre umsonst gestorben, wenn die Investitur den
a
neidische] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
b
Bischof\ Papst. Verbessert nach K705.
c
in] über < unter > .
d
Person] über < [ ] >.
e
König] korr. aus Könige,
f
Philipp] Uber der Zeile.
g
(Mönch von Clugny)] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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Laien überlassen werde. Die Sache wurde vertagt auf eine Verhandlung in Rom, und Heinrich [V.] zog dorthin, aber mit | 203 einem großen Heer. In Sutri sollte* ein Vergleich zustande kommen. Heinrich entsage der Investitur, aber die Kirche solle alle Einkünfte und Regalien, die sie seit Karl dem Großen erworben habe, zurückgeben. Der Vergleich kam aber, unerachtet er von beiden Teilen unterschrieben wurde, nicht zustande. Wäre dies zustande11 gekommen, so wären der Kirche bloß geblieben die freiwillige Donation und die Zehnten. Daraus hätte die Kirche sehr gut alle Unkosten, auch die für die Pracht des Gottesdienstes, bestreiten können. Warum der Vertrag nicht zustande gekommen? Darüber sind die Meinungen verschieden. Viele glauben, der Papst habe es mit seinem Vorschlag nicht ehrlich gemeint, aber es steht nichts im Wege, warum man nicht dem Papst hier eine unschuldige Gesinnung beilegen sollte. Haupthindernisse machten vielmehr die deutschen Bischöfe, denn diese waren durch den Vertrag am meisten beeinträchtigt. Sie hätten dadurch ihren weltlichen Einfluß verloren. Wir haben aber Ursache, zufrieden zu sein, daß nichts aus der Vereinigung geworden, denn wenn damals auf diese Weise Staat Kirche getrennt worden wären, so würden die Spannungen zwischen Geistlichen und Weltlichen viel heftiger geworden sein. Der Papst wurde in den Unruhen hierüber gefangengenommen. Ein neuer Vergleich kam zustande: der Papst erließ dem Kaiser die Investitur, der Kaiser verspricht ihm Schutz. Die Kardinäle traten aber zusammen, widerriefen den Vertrag und bestätigten die früheren kirchlichen Verbote der Laien-Investitur. Der Papst bestätigte dies gewissermaßen und erklärte den Vertrag für gezwungen. Die Kardinäle hatten den Kaiser exkommuniziert, darin wollte der Papst nicht einwilligen, weil er sein Wort gegeben habe, den Kaiser1 nicht zu exkommunizieren. Als Paschalis II. starb, 1118, wählten die Kardinäle einen Papst Gelasius II., dieser mußte vor der kaiserlichen Partei fliehen, welche Gregor VIII. wählte. Er, [Gelasius], floh nach Frankreich, starb in Clugny. Die französischen Kardinäle wählten Calixt II., Guidod von Vienne, burgundischer Legate. Das war eine ganz formlose Wahl. Calixt II. war aber aus dem burgundischen Haus, mit dem König von Frankreich und dem deutschen Kaiser verwandt. Er hielt in Reims zuerst eine allgemeine Synode, auf welcher französische, deutsche und
a
sollte] über kam.
b
Es folgt
c
Kaiser] Papst.
d
Guido ... Legate.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
.
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englische Bischöfe zugegen waren, der Kaiser wurde* | 204 exkommuniziert. Calixt ging nach Italien, nahm Gregor gefangen und verwies ihn. Der Kaiser war geneigt zum Nachgeben. K o n k o r d a t zu W o r m s 1 1 2 2 . Der Kaiser überließ die Investitur dem Papst, dagegen war von jenem Kanon, 5 daß die Geistlichen für1" alle Güter und Rechte der Lehnsverbindlichkeit verpflichtet seien,' Homagium leisten sollten, keine Rede. Die d Bischofswahlen bei streitigen Bischofswahlen soll der Kaiser entscheiden. Indes schon bei der Wahl des Lothar' 1125 wurde dies wieder eingeschränkt. Als Lothar zum deutschen König gewählt war, schickte er 2 Bischöfe io an den Papst, um die Bestätigung einzuholen, was ein ganz freie Unterwerfung war, die aber ihren Grund in der Besorgnis vor Gegenkönigen hatte: Conrad' und Friedrich aus dem sächsischen Haus. So endete der Streit, ohne daß Kirche und Staat wären auseinandergekommen, noch daß einer oder der andre sich fest am Stipulierten gehalten hätte. Daß auf einer späteren Versammlung die Rechte 15 des Kaisers wieder beschränkt wurden, war unrechtmäßiger 8 Eingriff. Vor dem Wormser Concordat wurden die Bischofsstellen besser bestellt als nachher, weil es bei den Wahlen auf Gunst ankam. Die Kaiser besetzten die Bischofsstellen gewöhnlich aus ihren Hofgeistlichen, welche geschichtliche Kenntnisse hatten. Weil aber das Leute politischer Natur waren, kamen sie auch 20 meist mit politischen Ideen auf den bischöflichen Sitz und brachten gerade die Empörung gegen den Kaiser zustande. Sehen wir dagegen, wie es mit den freien Wahlen zugehen mußte, so kann man nicht übersehen, daß die großen Familien der Diözesen den entschiedensten Einfluß hatten. Die Kanoniker ließen ihre Geschäfte in der Regel von anderen verwalten, daher natürlich die freien Wahlen 25 keinen sehr günstigen Einfluß auf die Besetzung der Stellen hatten. Nach Calixts II. Tode war wieder eine streitige Papstwahl, die Kardinäle wählten Coelestin, h Frangipani1 brachten eine andre Wahl zustande, wo der Kardinal von Ostia, Honorius II., gewählt wurde. Coelestin, obwohl der rechtmäßigere, legte sein Amt nieder, sein Nebenbuhler folgte seinem Beispiel, ließ 30 sich aber noch einmal wählen und gelangte dadurch zu einem ruhigen Besitz. -
a
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wurde] über < suchte sich zu > .
b
für ... seien] über < ihre Güter [ ] > .
c
seien] sei.
d
Die ... bei] mit Einfügungszeichen
e
Lothar] Lothar-«s*·.
über der Zeile. Es folgt
f
Conrad ... Haus.] mit Einfügungszeichen
g
unrechtmäßiger] mit Einfiigungszeichen
h
Es folgt
i
Frangipani]
< [ ] des Kaisers >
am äußeren
< b e i *·.
Rand.
über der Zeile.
Bevollmächtigter > .
Franciscam mit Einfügungszeichen
am äußeren Rand. Verbessert nach K712.
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Während des Investiturstreites war eine große Weltbegebenheit hinzugekommen - d i e K r e u z z ü g e . Unter Urban II. kam die Sache, welche schon unter Gerbert besprochen wurde, wieder zur Sprache. Beschwerden über die Gewalttätigkeiten und Drückungen, welche Christen und Pilger in den mohammedanischen Ländern auszustehen hätten, waren oft übertrieben. | 205 Petrus Eremita ließ sich vom Patriarch zu Jerusalem Briefe an die abendländischen Kirchen geben. Offenbarungen, Erscheinungen, himmlische Schriften. Urban II. besprach die Sache auf 2 Synoden zu Piacenza und Clermont, nahm sich der Sache eifrig an, versprach Ablaß, feuerte die Fürsten an. Allgemein Begeisterung, besonders in Frankreich. Erster Kreuzzug in den letzten Jahren des XI. Jahrhunderts. Auch hier hat man dem Papst Schuld gegeben, daß er weit ausstehende* Absichten gehabt habe, die Fürsten durch die Entvölkerung, die entstehen könnte, und durch ihre Entfernung zu schwächen usw. Dies alles ist aber zu unbestimmt, als daß man es als ein solches Projekt ansehen sollte. Der Besuch der heiligen Orte war schon lange ein verdienstliches Werk. Es war natürlich, daß die Christen diese Gegenden besonders als Land des Glaubens ansahen und daß es eine widrige Empfindung machte, dieses in den Händen der Ungläubigen zu sehn. Die geographische Erhaltung des Geschichtlichen ist ein natürlicher Trieb des Menschen. Der Wanderungstrieb in den abendländischen Völkern war noch nicht erloschen, sondern der Natur instinktartig einwohnend. Meist schlossen sich Leute an, die keinen häuslichen Sinn hatten und eine Neigung zum unordentlichen Leben hatten. Religiöse Bedeutung erhielten die Kreuzzüge besonders dadurch, daß die römische Glaubensweise über die griechisehe eine große Oberhand gewann, und diese Tendenz machte sich bald erkennbar nach den ersten glücklichen Erfolgen.
1096 der erste Vortrab b des Kreuzzugs unter Anführung Peters und eines unbedeutenden Edelmanns. Niederlage in Asien. In demselben Jahr kamen die Hauptzüge, einer unter Gottfried von Boillon, der andre unter Guido,' einem 30 französischen Ritter, d und Bohemund von Tarent [nach Konstantinopel]. Der antiochenische* Patriarch ward in seine alten Rechte eingesetzt, er gab aber seine Stelle auf und entfernte sich. Ein Franke wurde an seine Stelle ge-
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ausstehende] t undeutlich.
b
Vortrab des] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
c
Guido] über < dem König von Frankreich > .
d
Guido, einem französischen Ritter] Kj Hugo, einem französischen Grafen. K710 nennt auch Hugo als einen der Kreuzzugsführer. Zum Adelsgrad Hugos siehe HKC(J). Bd. 111,1. S. 513. antiochenische] korr.
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setzt. Man schrieb an Urban II., daß das ganze Patriarchat Antiochien dem römischen Stuhl Untertan sei. In Jerusalem hatte sich während der Belagerung schon der Patriarch geflüchtet, ein Abendländer, Arnold (früherer Kaplan beim Herzog der Normandie), nahm diese Würde ein. Bald Unruhen, der neue päpstliche Legat suchte" selbst Patriarch zu werden und ward es. Jerusalem ward zu einem Königreich erklärt. Man sieht, wie weit sich das Bestreben ausdehnte, vom Geistlichen in das I 206 Weltliche einzugreifen. Die Fürsten waren in beständiger Uneinigkeit. Unkunde des Landes. - Bald wurden sie nur auf einen kleinen Besitz beschränkt, bald der, bald jener geschlagen, gefangengenommen, mußte sich loskaufen etc., so daß die Herrschaft der Abendländer in Palästina etwas sehr Unsicheres war. Die Mohammedaner verfuhren sehr rechtlich gegen die Christen. Billigkeit gegen Gefangene etc. Die Geistlichen, welche dem Heer nachgegangen waren, gelangten gleich zu den höchsten geistlichen Stellen und erhieltenb Veranlassung zu üppigem Leben. Streitigkeiten zwischen Patriarchen und Fürsten. Das schnelle Emporsteigen verursachte, daß alle Unsittlichkeiten um so schneller sich entwickelten. 1120 finden wir unter Balduin II. eine Kirchenversammlung in Neapolis (Sichern), wo eine allgemeine Sittenverbesserung des Heers und der Geistlichen beschlossen wurde, aber niemand konnte diese Beschlüsse handhaben. Das Gute ist am meisten ausgeprägt in Gottfried von Boillon selbst: ein reines Bestreben, sich als bewaffneten Pilger darzustellen, die heiligen Orte zu besuchen und Notizen darüber einzuziehn, aber er fand zu wenig Unterstützung in der rohen Masse. Tankred kann man mit Gottfried nicht in 1 Linie stellen, neben vielem Edeln hatte er doch viel Eigenliebe und Herrschsucht. Wir können diesen Zeitraum auch ansehen als den, in welchem sich ein neues ideales' Lebend in der Kirche zu entwickeln anfing, das Bestreben, die Lehre im Zusammenhang mit der Überlieferung zu gestalten, aber in verschiedenen Formen, welche allmählich erst anfingen, auseinander zu gehn. Wir finden hier die Anfange der s c h o l a s t i s c h e n T h e o l o g i e . Gewöhnlich sieht man Anselm und Roscellin als Stifter an. Der Gegensatz zwischen Realismus und Nominalismus charakterisiert aber mehr ihre Philosophie als ihre Theologie. Daß Anselm von Untrüglichkeit der Lehre in der Kirche
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suchte] korr. aus wurde.
b
erhielten] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
c
ideales] über < [ ] des > .
d
Leben] Leben < s > .
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ausging, Roscellin aber eine Kritik des Glaubens einleitete, dieser Gegensatz ist theologischer Art und zieht sich durch die ganze Periode und hängt mit dem Realismus und Nominalismus nicht zusammen. Anselm war Realist und erklärte sich theologisch für die Untrüglichkeit der Kirchenlehre, Roscellin war Nominas
list und drang auf Kritik. In der Folge finden wir es auch umgekehrt, daß Nominalisten der theologischen Ansicht des Anselm und Realisten der des Roscellin beitraten. Der Name »Scholastik« hat auch nichts mit diesem Gegensatz zu tun, sondern beruhte auf den äußeren Verhältnissen, in welchen die Wissenschaft getrie-
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ben wurde. Die mit den Klöstern und Bischofssitzen verbundenen richtsanstalten
| 207 Unter-
für die, welche sich dem geistlichen Studium widmen wollten,
hatten zu ihren Vorstehern Scholasticos, in den bischöflichen Sitzen waren es die Kanoniker. In diesen Schulen wurden weltliche Wissenschaften und theologische gelehrt. 15
Das Trivium" und Quadrivium,b Dialektik auf der einen und Musik auf der anderen Seite, wurden Hauptsache. Mit der Dialektik verband sich Grammatik. Die theologische Wissenschaft bestand in exegetischen Vorträgen (Sammlungen von Erklärungen der Kirchenväter). Die dogmatische Seite hatte Augustin zum allgemeinen Zeugnis. Die geschichtliche Entwicklung brachte es mit sich,
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daß 3 Hauptpunkte waren, in welchen die Lehre zusammengefaßt war: 1. von der Trinität, wozu alles über die Person und Menschwerdung [Christi]
mit-
begriffen war; 2. von der Gnade und dem freien Willen, wozu die Prädestinationslehre gehörte; 3. von den Sakramenten, die seit Paschasius Radbertus und Berengar dogmatische Bedeutung erhalten hatten. In diese wurde aufgenommen 25
die Theorie des christlichen Kultes, dessen Zentrum der Meßkanon war. Diese Form ist schon seit dem Zeitalter Augustins zu datieren, sie ward nur unter Karl dem Großen mehr angeordnet und entwickelte sich im Verlauf der Zeit. Die ganze Richtung war nur bisher zurückgedrängt, auf der einen Seite, da noch ein Kampf gegen die Prinzipien des Heidentums geführt werden mußte, auf
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der anderen war es der weltliche Charakter der Geistlichkeit, der die Geistlichen zu weltlichen Bestrebungen hinlenkte und oft machte, daß bedeutende Stellen mit unwissenschaftlichen Geistlichen besetzt wurden. Da aber nun die expansive Tätigkeit zur Ruhe gelangt war und die Verhältnisse sich geordnet hatten, so konnte diese Richtung umso organischer hervortreten. Die Zeit geht nun an, wo
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die Bemühungen seit Karl dem Großen erst anfangen, ihre Frucht zu tragen.
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Trivium] korr.
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Quadrivium] korr.
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Der letzte Punkt, an den wir dies anknüpfen können, ist Anselm von Canterbury. Er genoß ausgezeichnete Autorität um diese Zeit, die angesehensten Männer sind seine Schüler. Der Gegensatz, wie die weltlichen und geistlichen Wissenschaften einander entgegengestellt wurden, bezog sich auf das Verhältnis der Dialektik zur Theologie. Die Grammatik auf die Schriftauslegung anzuwenden, dazu war die Stunde noch nicht gekommen, nicht als ob es an philologischem Talent gefehlt hätte, aber es war der Trieb, der dazu fehlte, und dies hatte seinen Grund in dem dunkeln Bewußtsein, daß man an das Abgeleitete gewiesen war. Die Exegese schloß sich an die Vulgata an. Für das Hebräische gab es keine andre Quelle, als bei den Juden zu lernen, das Griechische war sparsam. Scotus' Ubersetzung des Dionysius Areopagita, aber auch seine griechische Sprachkenntnis beschränkt: falsche Etymologien; ein zaghaftes Bewußtsein. | 208 In der Schriftauslegung galt daher nur Tradition. In der Dialektik ist ein zweifacher Gebrauch zu unterscheiden: 1. deijenige der zum Glauben kommt, muß suchen, zum Verstehen zu kommen, und das Ziel dieses Verstehens ist, dem," der aus der Einheit mit dem kirchlichen Leben herausgegangen war, die kirchliche Lehre aus der Vernunft auf dialektische Weise begreiflich zu machen (so Anselm). Dies Bestreben hatte sich zu Zeiten des Augustin auch auf die Trinitätslehre gewendet. Dies gab eine spekulativ seinsollende Theorie, wodurch aber das Ziel nie erreicht werden konnte. 2. das, b zu dem Roscellin das Prinzip aufstellte und später Abailard (jedoch ein Realist), war das eigentlich Mystische, worunter die dem Christentum eigentümlichen Gemütszustände von dem Bewußtsein des Seins in Gott durch Christum verstanden werden könnenDies in Gedanken auszudrücken führt auf die mystische Theologie, welche die Tendenz hat, das Mystische spekulativ zu entwickeln. Das Prinzip Abailards war, daß man nichts glauben könne, was man nicht verstehe. Darin liegt die Tendenz, die religiösen Vorstellungen zu größerer Genauigkeit zu erheben. Dieses Prinzip war ebenso notwendig, um einem Bedürfnis abzuhelfen, welches seit den Zeiten einer blühenden kirchlichen Beredsamkeit immer mehr entstand. Die rhetorischen Formen, welche das Prinzip der Unbestimmtheit in sich trugen, gingen in dogmatische Vorstellungen
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dem] korr. aus den.
b
Davor < [ ] >.
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können] kann.
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über und erforderten so größere Bestimmtheit; zugleich war das Bedürfnis, das didaktisch Leere zu eliminieren.* Der anselm'sche Weg führte mehr zu einer p o s i t i v e n Konstruktion, wobei der Glaube zum Grunde gelegt und zum Verständnis entwickelt wurde. Das abailard'sche b und scholastische Prinzip führte zu* einer mehr negativen Konstruktion, zum Aufsuchen der Gegensätze im einzelnen und [dahin,] dadurch das Unbestimmte zu erläutern. Auf diesem rein empirischen Weg ging die scholastische Methode fort. Hier ist keine Unterscheidung des Größeren und Kleineren begründet, als Einzelnes betrachtet ist alles gleich. Darum verlor sie sich ins Kleinliche, wodurch die Masse beständig anwachsen mußte. Die Resultate mußten auch mehr diesen Charakter an sich tragen. Formalwesen. Die beiden Prinzipien des Anselm und Abailard widersprachen sich nicht, sondern lassen sich vereinigen,d und eins ergänzt das andre. Aber Verschiedenheiten mußten mehr entstehen, je verschiedener die sind,' welche die Prinzipien weiterbilden. Das Kirchliche wird immer mehr nach der anselm'schen Methode gerichtet sein, das Interesse der Schule führt mehr auf die abailard'sehe Methode. Anselm war ein kirchlicher Mann, Abailard hat seinen Platz mehr in der Schule. I 209 Indem Anselm sagte, der Glaube müsse vorausgesetzt werden und könne nur durch die Spekulation verständlich gemacht werden, so konnte er nur die Tendenz haben, durch dies Verständlichmachen den Glauben selbst mitzuteilen. Abailards Methode konnte hingegen hinführen zu einer Leerheit und beständigen Beschäftigung mit Formeln. Dieser Prozeß konnte auch von denen gemacht werden, welche den Glauben nicht haben, wogegen die anselm'sche Methode den Glauben voraussetzt. Die, welche die anselm'sche Methode allein betrieben, waren die, welche' mehr in sich versunken waren. Die abailard'sche Methode machte' das Geschichtliche ohne Beziehung auf den Gegenstand zur dialektischen Beschäftigung. Viele strebten nach der Mitte. Es gibt Männer in dieser Periode, die dem Anselm folgten, aber doch die scholastische Methode aufnahmen.
a
< [ ] > am äußeren
b
abailard'sche ... scholastische] mit Einfügungszeichen
Rand.
c
zu ... Konstruktion,] mit Einfügungszeichen
d
Es folgt
e
sind] s undeutlich.
< d e r Glaube kann [ ] [ ] > .
f
welche] korr. Es folgt
g
machte] korr. aus rau.
< es > .
über der Zeile.
über der Zeile.
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Honorius Scholasticus Augustodunensis* (doch zweifelhaft). 30 Er lehrte in einer Klosterschule. Sein »Dialogus de praedestinatione« oder »Inevitabile« ist eines seiner vorzüglichsten Schriften. Die Antworten auf die Fragen sind alle aus Stellen der älteren Kirchenlehrer zusammengesetzt, so daß der eigene Verdienst dabei nicht groß ist. Wahrscheinlich gehört ihm auch eine Schrift zu, welche in den Werken1· des Anselm steht, »Elucidarium«,' ein Kompendium, das lange in den Schulen gegolten. Ein anderer war O d o von C a m b r a i (der Beinamen kommt ihm mit Unrecht zu), Scholasticusd im Kloster Tournai, nachher Bischof in Cambrai, und als er von Heinrich die Investitur nicht annehmen wollte, wurde er verwiesen. Er war dem Realismus zugetan und wandte ihn auf Erklärung der Erbsünde an. Die menschliche Natur sei damals enthalten gewesen in den Seelen Adams und Evas, und so sei die Sünde, welche in sie hineingekommen, auch in alle nachfolgenden Menschen gekommen. Dabei ist nun zurückgeblieben, wie eine Tat dieser beiden einzelnen Seelen als einzelne habe die Substanz verändern können. (Dies ist immer Stein des Anstoßes, sowie man das Entstehen der Sünde von einer einzelnen Tat ableitet.) Er stellt Augustin und Hieronimus einander entgegen und suchte sie zu vermitteln. Gott schaffe die einzelnen Seelen, aber nur vermittelst der vorhandenen Substanz der menschlichen Natur. In eben diese Kategorie gehören der Erzbischof H u g o v o n R o u e n und der berühmtere H u g o von St. V i c t o r . Diese folgten der anselm'sehen Methode, jedoch auch in Verbindung mit der scholastischen, weniger, daß sie das Denken zur Bestimmung des Unbestimmten brauchen, als daß sie Gegensätze nach der scholastischen Methode aufstellen. Die Theologie wird hier auch behandelt | 210 nach den oben angegebenen Hauptpunkten. Es wird gezeigt, daß das Unbegreifliche der Trinität dem Glauben ebensowenig schade als das Unbegreifliche an unserer Natur. Der Mensch bestehe auch aus 2 Substanzen, das begreife niemand und doch stoße sich niemand daran. Da die menschliche Seele nach dem Bild Gottes geschaffen sei, müsse sie eine Ähnlichkeit des Bildes haben. Das Selbstbewußtsein = Vater, die Selbsterinnerung = Sohn, die Selbstliebe = Geist. Das ist in ziemlicher Übereinstimmung mit der anselm'schen Idee.
a
Augustodunensis ... zweifelhaft)] mit Einfilgungszeichen am äußeren Rand.
b
Werken] korr.
c
Elucidarium] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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Scholasticus ... verwiesen.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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Was die Erbsünde und die Theorie des freien Willens betrifft, äußerte sich Hugo dahin, die menschliche Seele sündige in* Adam, das heiße nicht, sie sündige selbst in der Seele Adams, sondern in dem von Adam abstammenden Fleisch; da haben wir ein Beispiel jener Gegensätze. Die Theorie der Traduzianer war realistisch, denn in der ersten Seele kann man das Einzelne dem Allgemeinen gleichstellen, und so kann man sagen, alles Einzelne entsteht aus dem Einzelnen, worin das Allgemeine enthalten ist. Die Idee des Hieronimus ist mehr nominalistisch, weil sie die einzelne Seele als solche als ursprünglich setzt und jede einzelne Seele aufs neue erschaffen werden läßt. A b a i l a r d selbst war ein Schüler des Roscellin auf der einen Seite und des Wilhelm von Champeaux auf der anderen. Roscellin sieht man als den ersten Nominalisten an, Wilhelm von Champeaux war ebensosehr ein Realist. Wilhelm bildete den Realismus strenger aus als seine Lehrer. Er, [Abailard\, war in der Theologie ein Schüler des Anselm von Laon. In beiden Gebieten machte er den Übergang vom Lernen zum Lehren sehr schnell. Schnelligkeit des Auffassens kann man ihm nicht absprechen, in seiner Produktion ist aber etwas Übereiltes, welches den Schein von Flüchtigkeit über sein Leben und sein literarisches Wirken wirft. Seine ganze Darstellung muß etwas Glänzendes gehabt haben, er gelangte bald zu einem großen Ruf. In seiner Zeit war großes Streben nach wissenschaftlicher Auffassung. Bei früheren Schulen war immer nur der Klerus eines bischöflichen Sitzes oder die Mönche eines Klosters der Kern der Schule, aber jetzt sehen wir auf einmal ein Zuströmen von Wißbegierigen und einen neuen Impuls, geeignet, ein neues Zeitalter zu schaffen. Solche Zeiten sind auch die der eignen Eitelkeit und der Eifersucht anderer. Aus diesen beiden Elementen ist das meiste und Tragische des Lebens Abailards zusammengesetzt.
I 211 Seine Definition des Glaubens ist nur aus dem allgemeinen Zeitbegriff aus zu verstehen, denn damals verstand man unter dem Glauben immer nur 30 dieb Erkenntnis. Seine Idee vom Glauben kommt zurück auf eine durch Christus bestehende Erkenntnis des Reiches Gottes. Abailard suchte Analogien zur Trinität außerhalb des Christentums, brachte die platonische Weltseele mit ins Spiel und verglich sie dem heiligen Geist. Er ging davon aus, zu zeigen, wie sich Einerleiheit und Verschiedenheit zueinander 35 verhielten.
a
in ... sündige] mit Einfügungszeichen
b
die] d
undeutlich.
über der Zeile.
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Das Etymologische, welches sich nie auf einen bestimmten Zyklus zurückführen läßt, gibt keine Sicherheit in dergleichen Untersuchungen, das war ein Hauptfehler der Scholastiker. Er setzte göttliche Macht und göttlichen Willen gleich. Gottes Macht könne nicht größer sein als sein Wille. Dies war auch aus der Methode der Gegensätze hervorgegangen. Man müßte ebensogut sagen können, daß der Wille oft größer sei als die Macht, welches doch Ohnmacht in sich schlösse. Sein Gegner Robert Pulleyn,* ein Verteidiger der alten Methode, behauptete, man könne nur von den Dingen sagen, daß Gott sie nicht könne, welche ihm unanständig sein könnten. Er geht davon aus, die Macht werde durch die Behauptung des Abailard beschränkt, welcher doch nur1" die Tendenz hatte, auch die Unendlichkeit des Willens darzustellen, aber Robert hat ihn nicht verstanden. Dieser war ein der Sache nach0 rein traditioneller Theologe, der Form nach Scholastiker, insofern er gewisse Gegenstände besonders unter Form der Fragen aufstellte, ζ. B. wannd die Inkarnation im' Embryo angefangen, so auch, inwiefern bei der Auferstehung des Fleisches dieses oder jenes dazugehöre, was durch den Organismus schon hier abgesondert worden sei. Wie sehr Robert der traditionellen Lehre anhing, sieht man [daran], wie er die bekannten Formeln »Deus passus est« und »Deus mortuus est« erläuterte. Er sagte, man dürfe Formeln, die in der Kirche nicht vorkommen, auch nicht aufbringen. Robert suchte zu den Sakramenten Analoge im Alten Testament, die Beschneidung als Analogon der Taufe. Er sagte, die Beschneidung habe die Erbsünde weggenommen, die Taufe wasche aber auch andre Sünden ab. Zum Abendmahl sah er nicht das Passah, sondern das Manna als Analogon an, welches ein Vorbild des Leibs Christi im Abendmahl gewesen sei. Abailard stimmte darin mit Robert aus, daß alles, was eine Verschiedenheit in Gott ausdrücke, uneigentlich zu verstehen sei. Demuneracht sagt Abailard, I 212 Gott habe Vermögen, die er in Anwendung bringe,' z. B. das Vermögen, Mensch zu werden. Dies habe er einmal in Anwendung gebracht, aber mit Vereinigung des vorigen Kanon kommt die sabellianische Theorie heraus. Einige
a
Pulleyn] mit Einfiigungszeichen
b
nur] mit Einfiigungszeichen
c
Es folgt
d
wann] über < ob > .
< ein > .
e
im] über < schon als > .
f
bringe] bringen.
über der Zeile.
über der Zeile.
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sagten, er sei eine Tritheist, andre, ein Sabellianer, aber sie bewiesen dies nur aus zufälligen Punkten.
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G i l b e r t u s P o r e t a n u s ( v o n P o i t i e r s [ J ] kam seiner Lehre über das göttliche Wesen halber auch in den Geruch der Ketzerei. Gilbertus behauptete, Gottheit und Gott wären nicht dasselbe. Die Gottheit wäre das, wodurch Gott Gott sei. Die Streitigkeit mit Gilbertus wäre beinah dahin gediehen, daß eine Trennung der gallikanischen und römischen Kirche erfolgt wäre. Sein Gegner war Bernhard von Clairvaux. Nach dem Tode Honorius' II. entstand eine Wahl, an der aber wieder nur die Kardinäle teilhatten. Einige wählten in großer Eile Gregor von St. Angelo' (Innocenz II.) zum Papst, um Praeveniere zu spielen, weil ein anderer, Petrus Leonis, der Sohn eines getauften Juden, vielen Anhang hatte und unter dem Namen Anaclet II. gewählt wurde. Innocenz mußte weichen, ging nach Frankreich, Bernhard verwendete sich für ihn. Anaclet verband sich mit den Normannen in Unteritalien, verlieh dem Roger* in Sizilien den römischen Königstitel. Bernhard suchte den deutschen König Lothar für Innocenz zu gewinnen und gegen Anaclet und Roger* aufzureizen. Lothar half dem Innocenz zum Besitz von Rom und ließ sich' dort krönen. Innocenz mußte Rom verlassen, bis 1136 Lothar in Italien eindrang. Lothar ging mit großer Bescheidenheit zu Werk, ohne sich viel zu vergeben, der Papst wollte aber in den kleinsten Dingen nicht nachgeben. Als Anaclet ein paar Jahre darauf starb, wußte Roger* es dahin zu bringen, daß wieder ein neuer Gegenpapst gewählt wurde. Dieser dankte aber ab, von Bernhard dazu gebracht. Innocenz befand sich im einzigen Besitz des päpstlichen Stuhls.
Diese Spaltungen hatten in Italien eine große Anarchie veranlaßt. Das kaiserliche Ansehen war immer mehr gesunken, und der erste Aufzug, den Lothar in Italien machte, trug dazu nicht wenig bei. In diesen verworrenen Zeiten trat auf Arnold von Brescia, der mit vieler 30 Kraft gegen die weltliche Tendenz und die Reichtümer des Klerus predigte. Er drang darauf, daß die alten Verhältnisse wiederhergestellt würden. Seine Prinzipien waren keine anderen als die, welche auf dem Vertrag zu Sutri schon waren aufgestellt worden. | 213 Hiermit verband sich ein Bestreben der Römer, sich
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Angelo] Armilo. Verbessert nach K723.
b
Roger] Robert. Verbessert nach K723.
c
Roger] Robert. Vgl. Verbesserung H387, ¡6.
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sich] ihn.
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Roger] Robert. Vgl. Verbesserung H387.16.
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in ihren Mauern wieder unabhängig zu machen und eine Munizipalverfassung einzurichten nach Analogie des alten Senats. Eine Partie" bemächtigte sich des Kapitols und wollte dem Papst das weltliche Recht in Rom nicht zugestehen. 1139 hielt Innocenz eine Kirchenversammlung im Lateran, wo eine Menge Bischöfe zusammenkamen. In dieser wurde zuerst von geistlichen Stellen als von feudis des römischen Stuhls gesprochen und die allgemeine Lehnsherrlichkeit des Papstes in der ordentlichen Terminologie des weltlichen Verhältnisses aufgestellt. Arnold von Brescia wurde Stillschweigen auferlegt. Er flüchtete sich nach Frankreich. Bernhard brachte diese Neuerungen des Arnold von Brescia mit denen des Abailard in Verbindung. Abailard war bald, nachdem er zuerst als Theologe aufgetreten war, 1125 auf die Anklage von 2 unbedeutenden Menschen auf einer Synode in Soisson genötigt worden, seine Schrift »De theologia« zu verbrennen. Er trat wieder als Theologe auf. Erneuerte Anklagen. Bernhard schrieb freundlich an Abailard und fragte ihn wegen der ketzerischen Sätze, aufgrund' deren ihm Schuld gegeben wurde. Abailard erklärte sich gegen Bernhard bereitwillig, alles in seiner Schrift zu ändern, was Anstoß erregen könnte. Aber der Friede dauerte nicht lange. Abailard wurde aufs neue 1140 auf einer Synode in Sens gefordert, Bernhard sein Gegner. Der König von Frankreich nahm viel Interesse an dieser Versammlung. Nach dem Zeugnis eines Schülers Abailards (Berengar) ging es hier unrechtlich zu. Abailards Gegner waren zuerst auf einem Gastmahl gewesen und kamen betrunken in die Versammlung, Abailard und Bernhard disputierten, die Bischöfe tumultuierten .... Abailard appellierte an den Papst. Dieses wurde von der Versammlung anerkannt. Bernhard schrieb an Innocenz und stellte den Zusammenhang dar zwischen Abailard und Arnold, wie schädlich jeder in seinem Fach sei. Einen Zusammenhang zwischen Abailard und Arnold hat wohl nicht existiert, aber es mochte ein richtiger Instinkt in Bernhard sein, der beides als aus einem Prinzip hervorgehend1" ansah. Bernhard hatte eine gute Absicht, war aber im beschränkten Geist seines Zeitalters befangen. Innocenz verdammte Abailard, verurteilte ihn zum Stillschweigen und zur Einsperrung in seinem Kloster, seine Bücher aber zur Verbrennung. Er machte ihm zum Verbrechen, daß er seine Schriften ohne päpstliche Bewilligung publiziert habe. Eine neue päpstliche Anmaßung! Arnold von Brescia hatte öffentlich Reden ans Volk gehalten. Indem Papst diesem steuern wollte, glaubte er auch ein Recht auf die literarische Öffentlichkeit zu haben.
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aufgrund deren] die.
b
hervorgehend] d undeutlich.
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I 214 Abailard fand Schutz bei Petrus Venerabiiis (Abt von Clugny). Eifersucht zwischen den Cluniazensern und Zisterziensern. Abailard starb 1142. Er hatte auch einen Versuch in der Sittenlehre gemacht: »Nosce teipsum«, wo der Begriff der Sünde einer neuen Prüfung unterworfen wird. Er behauptet, die Sünde des ersten Menschen sei nur der Strafe nach, nicht der Schuld nach auf uns gekommen. Die sinnliche Lust sei nicht an und für sich Sünde. Er unterschied zwischen aktiv und passiv. Diese Meinung wurde dem Abailard pelagianisch ausgelegt. Er sagte, nur was mit* Wissen und Willen des Menschen geschehe, sei Sünde und behauptete auch, der Mensch könne sündlos werden, Das verstand ei* aber nur nach dem Maße der Erkenntnis eines jeden, welches auf den göttlichen Geist und nicht auf den Willen des Menschen zurückzuführen ist. Bernhard fühlte sich auf diesem Gebiet dem Abailard nicht gewachsen. 1148 wurde eine Kirchenversammlung zu Reims gehalten. Bernhard trat als Gegner des Gilbertus von Poitiers auf. Die päpstlichen Legaten waren zum voraus auf Bernhards Seite, die Bischöfe wurden darüber eifersüchtig. Es war stark die Rede davon, die Legaten von der Kirchengemeinschaft auszuschließen und alle Kirchengemeinschaft mit Rom aufzuheben. Dies suchte Gilbertus von Poitiers zu vermeiden, indem er sich selbst erbot, nichts zu lehren, was den Legaten nicht genehm sei. Diese Nachgiebigkeit ist sehr zu bedauern. In der weiteren scholastischen Ausbildung ist noch zu bemerken Robert, Bischof von Melun, von welchem es eine »Summa theologiae« gibt, aber [j/e ist] nicht immer so, daß Übereinstimmung mit den alten Festsetzungen gehalten wurde. Robert schrieb Christo eine Art von Allwissenheit zu, die aber von der göttlichen Allwissenheit verschieden sei. Dadurch wurde ein völlig doppeltes Bewußtsein in Christo gesetzt und durch eine reine Folgerung aus der Lehre von 2 Willen 2 getrennte Naturen in Christo gesetzt. - Noch eine schwierige Frage entscheidet Robert auf eine merkwürdige Weise, nämlich über den Tod Christi. - Man fragte schon lange, ob denn im Tod Christi, als Seele und Leib sich trennten, auch die Verbindung der göttlichen und menschlichen Natur aufgelöst worden sei und sich erst wieder nach der Auferstehung zusammengefunden haben. Das würde zu einer zweifachen incarnatio verbi führen. Robert sagt, im Tod Christi seien allerdings Leib und Seelec getrennt worden, aber die Vereinigung des λόγος mit der aus Leib und Seeled bestehenden Natur habe nicht
a
mit] über < [ ] >.
b
er] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
c
Seele] Abbreviaturauflösung entsprechend K726.
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Seele) Abbreviaturauflösung entsprechend K726.
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aufgehört. Nominalistisch genommen ist dies eine leere Formel, realistisch genommen läßt sich noch etwas dabei denken. I 215 Man muß hier den Gegensatz bemerken zwischen Robert und Petrus Lombardus, der in seinen »Libri sententiarum« die Resultate der scholastischen Philosophie zusammengefaßt hat nach Art des abailard'schen »Sic et non« (man hatte das Skeptische bedenklich gefunden und nicht bekannt gemacht, man hat keinen Grund, es für unrecht zu erklären). - Eine unter den Fragen, die den Behauptungen des Robert entgegengesetzt ist, ist die, ob man sagen könne, daß Christus als Mensch [vor der Menschwerdung]* etwas gewesen sei. Diese Frage beantwortete er1* mit Nein. Das ist einer von den wenigen Punkten, wo die Entscheidung der Kirche vonc der Meinung des Petrus Lombardus abweicht. Man gab den Anhängern dieser Meinung den Namen Nihilisten. Die Meinung klingt absurder als sie wirklich ist. Das Buch des Lombarden galt vieles in der kirchlichen Tradition, ohne daß man dem Verfasser selbst ein großes Verdienst zuzugeben genötigt wäre. Petrus Lombardus war Sammler, es gab schon damals viele patristische Sammlungen, er brauchte also nicht einmal streng auf die Quellen zurückzugehen. Um diese Zeit, wo die Streitigkeiten mit Abailard und Gilbertus von Poitiers mit Bernhard geführt wurden, kamen Klagen aus dem Orient über die nachteilige Lage der lateinischen Kreuzfahrer. Bernhard predigte förmlich in Frankreich und Deutschland das Kreuz 1146 und [77]47, bewog Conrad III. und Ludwig von Frankreich, in dasd Gelobte' Land zu ziehen. Die Deutschen entschlossen sich etwas später als Franzosen, die Sachsen zogen es vor, einen anderen Kreuzzug zu machen gegen die obodritischen Slawen. Es war kurz vorher auch in diesen Gegenden das Christentum ausgebreitet worden, aber mit großen Abwechslungen: Der Bischof Otto von Bamberg hatte in den Hauptstädten des Landes die Pommern zu Christen gemacht, von da aus wollte er1 das obodritische Gebiet christlich machen. Die Obodriten ließen sich taufen, aber es hatte nicht vielen Bestand. Der orientalische Kreuzzug lief übel ab. Man machte Bernhard Vorwürfe, er verteidigte sich damit, es habe den Kreuzfahrern am rechten Glauben gefehlt. -
a
[vor der Menschwerdung]
ergänzt nach B502.
b
er] mit Einßigungszeichen
über < [ ] >.
c
w n ] nach.
d
das] korr. aus den.
e
Gelobte Land] über < [ ] >.
f
er] r
undeutlich.
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Es war jetzt ein trefflicher Zeitpunkt, Fortschritte zu machen in einer konstanten Ausbildung der päpstlichen* Autorität. Der Einfluß der päpstlichen Legaten nahm immer mehr überhand. Friedrich I. fing einen harten Kampf gegen diese Legaten an und hielt streng auf alle Rechte des Wormser Konkordats. Der Papst ließ sich einfallen, zu sagen, der Kaiser habe seine Krone durch seine (des Papstes) Güte. Er hetzte die deutschen Fürsten gegen Friedrich auf, es gelang ihm nicht. Friedrich veijagte die päpstlichen Legaten und suchte in Italien die kaiserliche Macht geltend zu machen, trug aber doch dazu bei, die päpstliche Macht zu befestigen. Friedrich, als er nach Italien | 216 kam, fand' die lombardischen Städte republikanisch organisiert. Er sah sich zu einem Kampf genötigt. Als er Arnold von Brescia gefangen bekam, lieferte er ihn dem Papst aus. Der Papst ließ ihn verbrennen und seine Asche in den Tiber werfen. Inkonsequent war von Friedrich die Auslieferung des Arnold an den Papst. Vertrag des Papstes mit den Römern, wodurch dieser als Oberherr anerkannt wurde. - Friedrich sah wohl ein, daß ihm dies noch schädlicher sein könne als die Unabhängigkeit des Senats. Dieser Zug Friedrichs nach Italien ist noch in anderer Hinsicht merkwürdig. Er stellte da eine allgemeine Rechtssammlung an, wo die Sache zwischen ihm, den lombardischen Parteien und andererf zur Sprache kam. Die11 Verhältnisse wurden nach Entscheidungen der Rechtsschule von Bologna festgesetzt. Damit hing zusammen eine besondere Privilegierung, welche Friedrich nicht nur der Schule von Bologna, sondern allen höheren Schulen erteilte (man findet schon den Namen Universität). Erster Anfang, einer Gründung wissenschaftlicher Korporationen. Der Kaiser dehnte diese auf die Städte aus, welche bischöfliche Sitze waren. Die Bischöfe hätten gern eine unabhängige Herrschaft gehabt, was der* Papst begünstigte. Neue Streitigkeiten zwischen Kaiser und Papst um diese Zeit. 1160 eine neue streitige Papstwahl. Alexander III. wurde von der sogenannten sizilianisehen Partei zum Papst gewählt. Die kaiserliche Partei wählte Victor, jedoch ohne Einfluß des Kaisers. Der Kaiser schrieb eine Versammlung nach Pavia aus, da erschien Victor, Alexander blieb aus. Victor wurde anerkannt, Alexander in den Bann getan. Alexander tat Victor und Friedrich in den Bann. In Italien
a
päpstlichen] zweites ρ undeutlich.
b
Es folgt « e r * · .
c
anderen] oder anderes,
d
Die Verhältnisse] aber < [ ] >.
e
der] d undeutlich.
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konnte er sich nicht halten, ging nach Frankreich, ward dort und in England anerkannt, übte dort große Autorität. Victor lebte nur bis 1164. Ihm sowohl als dem Nachfolger Paschalis' war Alexander überlegen. Streitigkeiten in England. Becket,* Bischof von Canterbury, wurde vom König Heinrich von England vertrieben, Alexander nahm sich des Becket an und drohte mit dem Interdikt, wenn sich Heinrich nicht versöhnen wollte. Nach dem Tod Paschalis' verglich sich Friedrich mit Alexander. Ein neues Papstgesetz kam zustande 1179 auf dem Lateranischen Konzil: es soll keine Papstwahl gültig sein, wenn nicht einer % der Stimmen habe. Man war römischerseits umso geneigter, weil dadurch der kaiserliche Einfluß geschwächt wurde. I 217 Die Maroniten, die in der Nähe von Palästina wohnten, vereinigten sich mit der römischen Kirche. In der Mitte des XIl.h Jahrhunderts wurden Annäherungsversuche gemacht zwischen Griechen und Römern, aber umsonst. In Palästina entstanden die geistlichen ritterlichen Gesellschaften, Johanniter, Tempelherrn, erstere meist Deutsche, letztere meist Franzosen. Man lernte damals zuerst in der lateinischen Kirche den Chrysostomus in der Ursprache kennen. Größere Verbreitung der Schriftauslegung. Gerhard von Reichersberg·.' »De corrupto ecclesiae statu«, eine Gegenschrift gegen Gratian, der eine vollständige Sammlung von Dekretalen machte, die er fiir wichtiger ausgab als die Konzilien. Aus diesen Elementen entstand eine wissenschaftliche Reaktion gegen den bisherigen Zustand"1 der Dinge. Opposition gegen die Transsubstantiationslehre und gegen* die Kindertaufe und gegen die Reliquien.' [Guibert] von Nogem* schrieb eine Schrift, worin er bewies, daß Wunder nicht zur Echtheit der Reliquien beitrügen.h In einer Schrift des Folmai* von Triefenstein wird eine geistige Genußlehre des Abendmahls vorgetragen, es sei corpus Christi sine plenitudine humani corporis, das Blut sei sanguis spiritualis uvae. Bedeutender war die Reaktion, die vom Volk selbst ausging. In den Niederlanden war schon im Anfang des 12. Jahrhunderts aufgetreten ein gewisser
a
Becket] korr. aus Becquet.
b
XII.] XI. Verbessert nach K744.
c
Reichersberg] Richelsberg. Verbessert nach K750.
d
Zustand] d undeutlich.
e
gegen ... und] mit Einfügungszeichen über der Zeile.
f
Reliquien] gestrichen, Streichung wieder aufgehoben; korr. Es folgt eine Leerstelle.
g
Nogent] Noan. Verbessert nach K745.
h
beitrügen] beitrüge.
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Folmar von Triefenstein] Feibar von Tiefenstein. Verbessert nach K749.
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Tanchelm" gegen die Autorität des Papstes. Im südlichen Frankreich war der Focus einer ähnlichen Denkungsart. Die Albigenser beriefen sich auf die Schrift. 122!? wurde zu Toulouse auf einer Synode ein Gesetz gegeben, daß kein Laie die Bibel in der Muttersprache besitzen und lesen sollte. Es waren nun selbst in den Klöstern Männer, die zur Vermittlung rieten und dazu beitrugen, den Kultus einfacher zu machen, aber dazu hatte die' Kirche keinen Sinn; sie neigte sich dazu hin, Verfolgungen gegen alle diese Leute einzuleiten. Missionen gegen die Ketzer, Gewalttätigkeiten. Dominicus, Stifter des Dominikaner-Ordens, der darum der PraedikantenOrden heißt, weil sie das Evangelium umsonst verkünden sollten, aber vorzüglich den Ketzern. Auf dem Lateranischen Konzil 1179d ward schon verordnet, die Ketzer, die sich nicht bekehren wollten, zu brandmarken. Die Namen der Ketzer verschieden: Albigenser, Katharer, Arnoldienser, Paterianer,® Pauperes de Languedoc1 und andere. Ihr Eifer ging meist gegen den Fanatismus und die Äußerlichkeiten. Sie drangen vorzüglich auf das innere Gebiet Christi im Menschen. - Das Prinzip der Reformation lag in ihnen, denn die Lehre von der Rechtfertigung durch den Glauben ist dieselbe Lebensgemeinschaft mit Christo, welche diese aufstellten. Dieser Gesinnung haftete aber etwas an, warum sie nicht so wirksam sein konnte als die der Reformatoren, und das war, daß sie auf eine gnostische Weise das Historische verwarfen und die geschichtliche Erscheinung Christi I 218 mehr in den Hintergrund stellten. Es war dies natürlich, weil an das Geschichtliche sich damals aller Aberglaube und alles Märtyrerwesen anschloß, aber ebenso natürlich war, daß diese Reaktion mußte vorübergehen. Die Art, wie sich die katholische Kirche dagegen benahm, zeugt von ihrem Verfall. Kreuzzüge gegen Ketzer. Ihren hauptsächlichsten Sitz hatten sie im südlichen Frankreich im Languedoc und Provence und wurden beschützt vom Grafen zu Toulouse. Mehrere 1000 wurden in Kirchen, wohin sie sich geflüchtet hatten, verbrannt und ermordet. Sie breiteten sich aber nichts desto mehr aus. An die Spitze des Kreuzzuges stellte sich ein Graf von Monfort, der gern die Besitzungen des Grafen von Toulouse sich angeeignet hätte. Die Albigenser, Graf Raimund an ihrer Spitze,
a
Tanchelm] Tanhell. Verbessert nach K747.
b
1229] 1129. K746: »Kirchenversammlung zu Toulouse 1129. (...) 12297». Vgl. HKG(J). Bd. 111,2. S. 270f. die] d undeutlich. 1179] korr.
35 c d e
Patenaner] über den Rand hinaus geschrieben.
f
Languedoc] Lagduro. Vgl. H393.27/·
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waren erst unglücklich, aber" Raimund eroberte einen Teil seiner Besitzungen wieder. Graf Montfort starb und hinterließ seine Ansprüche an Ludwig VIII. Hier ging das verkehrteste weltliche Streben mit dem verkehrtesten kirchlichen Hand in Hand. 5 Am Anfang des XIII. Jahrhunderts wurde ein großer Kreuzzug nach Livland gemacht, bei welcher Gelegenheit sich der Orden der Schwertbrüder bildete. Grenzstreitigkeiten zwischen der römischen und griechischen Kirche. Die Livländer wurden von den Russen bekehrt zum griechischen Kultus, von den Sachsen auf eine gewaltsame Weise zum römischen. Eine Partie 32 fing die io von den anderen Getauften auf, wenn sie ihrer habhaft werden konnte. In dieser Zeit ist das päpstliche Ansehen auf den höchsten Gipfel gekommen. Der Tod Friedrichs I. auf seinem Zug nach Palästina gab wesentliche Veranlassung dazu. 2 deutsche Könige wurden gegeneinander gewählt, Philipp von Schwaben und Otto aus einem sächsischen Haus. 15 Nach Friedrichs I. Tod war zwar Heinrich VI. erwählt worden, und dieser hatte auch in Italien die Gewalt seines Hauses wiederhergestellt. Er war mit einer sizilianischen Prinzessin Constantia vermählt gewesen. Der Papst suspendierte alle Bischöfe, die bei dieser Vermählung gewesen, und exkommunizierte sie. Heinrich hatte seine Rechte gegen den Papst so sehr wahrgenommen, daß er 20 alle Appellationen nach Rom verbot, aber er starb schon [7] Jahre nach Friedrich I. Sein Sohn war erst 3 Jahre alt und unter Vormundschaft der Mutter, die nicht lang lebte. Innocenz III., sobald er Papst geworden war, belehnte den kaiserlichen Präfekten Vique b als seinen Beamten und | 219 ließ sich von ihm den Eid 25 leisten. Die Oberherrschaft über Rom war nun ganz dem Papst zuerkannt. Otto war unterwürfiger als Philipp. Letzterer in Bann getan, wieder losgesprochen. Nach Philipps Ermordung ließ sich Otto vom Papst vieles gefallen, versprach den Appell nach Rom zu gestatten, versprach freie Wahl der Bischöfe ohne Dabeisein der kaiserlichen Legaten, gab sogar sein Recht auf bei streitigen 30 Bischofswahlen. Der Papst hatte in Italien kaiserliche Lehen usurpiert in c Ancona und Spoleto. Otto vergab diese Lehen und erkannte den Papst nicht als deren Inhaber an. Er wurde aufs neue in den Bann getan.
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aber] mit Einfiigungszeichen über der Zeile. Vique] Kj Petrus von Vico. Vgl. Goez, Werner: Innocenz III. In: Fassmann, Kurt (Hrsg.): Die Großen. Bd. 111/2. Zürich 1978. S. 552 in ... Spoleto.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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Innocenz III. belegte zugleich Frankreich mit dem Interdikt, weil der* König Philipp1* sich hatte scheiden lassen und eine andre geheiratet. Philipp mußte nachgeben, und da seine zweite Gemahlin starb, nahm er die erste wieder zu sich. Bald darauf belegte der Papst auch England mit dem Interdikt. Streitige Wahl des Erzbischofs von Canterbury. Der König hatte den Appell an Rom gestattet, der Papst wählte aber einen dritten Erzbischof, diesen abhorreszierte der König von England, darum ward er in Bann getan. Der König veijagte die Bischöfe, die dem Papst Folge leisteten, ließ den Gottesdienst von niederen Geistlichen verrichten, erklärte den Papst für abgesetzt. Aber da er mit seinen Großen in Verwicklung kam und0 von außen von Frankreich bedroht [wurde], mußte er sich demütigen und Irland vom Papst als Lehen annehmen. Dies kann man als den höchsten Gipfel des falschen päpstlichen Ansehens betrachten. Friedrich II. wurde zum deutschen König gewählt, ind Aachen gekrönt. Der Papst behielt sich die Entscheidung zwischen Friedrich und Otto vor. Friedrich wurde bestätigt, er versprach Sizilien vom deutschen Reich abzusondern, seinem Sohn zu geben, einen Kreuzzug anzuordnen. Der Papst handelte hier ganz als weltliche Macht. Auf dem Lateranischen* Konzil 1215 bestätigte' der Papst den Kaiser Friedrich und verbot1 allen Fürsten, Ketzer in ihren Staaten zu dulden. Die Ohrenbeichte ward befohlen (Petrus Lombardus hat in seinem Buch die Sache noch streitig dargestellt), auf einer münster'schen Synode wurde der Zusatz gemacht, die Umstände bei der Sündeh auch müßten mit angegeben werden. Jeder Christ müsse am Osterfest die Kommunion nehmen. Die Lehre von der Transsubstantiation ward als kirchliche Lehre angenommen. Die Lehre von den 7 Sakramenten war auch fest aufgestellt worden nach1 Petrus Lombardus. Er nimmt das Abendmahl als 1 an, wirft aber die Frage auf, ob beide Elemente des Abendmahls gleichwichtig seien, denn im Leib müsse ja das Blut schon mitbegriffen sein. Dies der Anfang von der Kelchentziehung. Er unter-
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der König] über der Zeile.
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Philipp] gestrichen, Streichung wieder aufgehoben.
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und .. .bedroht] mit Einfiigungszeichen über der Zeile; bedroht] über den Rand hinaus geschrieben.
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in ... gekrönt.] mit Einfiigungszeichen am äußeren Rand.
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Lateranischen] mit Einfiigungszeichen Uber der Zeile.
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bestätigte ... und] über den Rand hinaus geschrieben.
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Es folgt < der Papst > .
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Es folgt
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nach] über < von > .
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scheidet einen Ausgang des Geistes von Ewigkeit und einen von der Zeit. Versuch, die Lehre von kanonischen Strafen | 220 mit der Lehre vom Verdienst Christi in Übereinstimmung zu bringen. Er sagte, es gehöre mit zum Verdienst Christi, daß sein Leiden den Grund in sich habe zur Verminderung der satisfac5 tio, welche die Kirche den Sündern auflegen müsse. Darin lag schon der Keim zu der Lehre von den verdienstlichen Werken. Es wurde auf diesem Konzil auch festgesetzt, daß keine Mönchsorden mehr sollten gestiftet werden. (Die Benediktiner hatten sich gespalten (Zisterzienser, Prämonstranten, Kamaldulenser,* Karmeliter); Dominikaner, Franziskaner1" io (fratres maiores und minores).) Der Bischof Anselm von Havelberg hatte schon längst geäußert, daß die Mönchsorden der christlichen Religion zur Verachtung gereichen. Es waren auch anderweitige Klagen von Bischöfen eingegangen, daß die Mönche sich in ihre Geschäfte mischten etc. 15 An die Mönchsorden hatten so sich angeschlossen die sogenannten Bruderschaften; Hausväter und Verheiratete bildeten solche Gesellschaften. Seit dieser* ZeitΛ vermehrte sich der Einfluß der Bettelorden. Franciscus wollte in einer Vision die στίγματα Christi erhalten haben, gegen dies stritten die Dominikaner. Der Papst ließ aber die στίγματα des heiligen Franciscus bestätigen. Nach 20 seinem Tod wurde er kanonisiert. Der Papst erlaubte den Dominikanern, die Beichte zu hören, wodurch ihre Autorität sehr erhöht wurde. Dies war ein Eingriff in die Rechte der Pfarrer. Man kann diesen Schritt ansehen als Anfang von dem verderblichen Einfluß, den die Mönche als Beichtväter, besonders der Großen, in der Kirche genommen 25 haben. Die Dominikaner erwarben sich Verdienste um den päpstlichen Stuhl. Raimund de Peñafort unternahm, die Dekretalen des Gratian von Alexander III. bis Innocenz III. fortzusetzen. Die Dominikaner und Franziskaner fingen im Gegensatz gegen die Benediktiner an, sich den Wissenschaften zu widmen. Mitte des 13.' Jahrhunderts 30 erhielten sie Lehrstühle auf der Universität zu Paris. Der berühmte Scholasticus Alexander von Haies war der erste Franziskaner auf der Universität zu Paris, er war es auf ordentlichem Weg geworden nach der Regel Friedrich' I. Die Domi-
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Kamaldulenser] Kalmaduleser.
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Es folgt < [ ] > .
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dieser] diesem.
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Zeit] korr. aus Zeitpunkt.
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13.] 12. Die Bettelorden gibt es erst seit dem 13. Jahrhundert.
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Friedrich] d undeutlich.
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nikaner und Franziskaner sahen nun aber die Lehrstühle zu Paris an als zum Orden gehörend. Streitigkeiten zwischen der Universität und den Mönchen. Die Lehrer wollten nicht mit den Mönchen in Gemeinschaft stehen, der Papst wollte die ganze Universität Paris exkommunizieren, lenkte aber doch ein und brachte ein Konkordat zwischen der Universität und den Orden zustande. Dies hängt mit anderen Streitigkeiten zusammen. In Paris war 1209 eine Synode gehalten worden, worin von den Ketzereien des Amalrich und seinem Schüler David von Dinant die Rede gewesen. Amalrich beschuldigten sie des Pantheismus. | 221 Amalrich soll behauptet haben, creator et creatura seien idem, Gott sei die prima materia omnium rerum. Hiermit hängen Lehren über das Abendmahl, über die Autorität der Kirche, über das Wachsen der Erkenntnis* in göttlichen Dingen zusammen; auchb Christus war dieser unvollkommenen Erkenntnis unterworfen. Man leitete diese Ketzereien von Aristoteles ab. Die Synode wollte die aristotelischen Schriften verbrennen lassen, dies ging aber nicht an. Friedrich II. ließ sie übersetzen und verbreiten, auch in Italien. Er befahl, daß in Neapel über Aristoteles gelesen werden solle und daß seine Untertanen in Italien studieren mußten. Dies tat Friedrich aus richtigem Instinkt für die Wissenschaften, um eignes Nachdenken aufzuregen. Von den Behauptungen Amalrichs und seines Schülers ging eine Verzweigung in den Franziskanerorden über, die spirituales. Ihr Evangelium aeternum ist eine Mischung von Ansichten und Lehren untereinander. Es wurde den Orden der Franziskaner und Dominikaner ein großes Ansehen gegeben, durch sie sollte eine neue Zeit, das Evangelium aeternum herbeigeführt werden. In Beziehung auf die Trinität gebe es 3 Perioden, die erste die des Vaters, die zweite die des Sohns, nun würde die Periode des Geistes kommen, welche eine höhere Erkenntnis bringen werde. Dagegen erhob sich ein Lehrer auf der Universität zu Paris, Wilhelm von St. Amour, in seinem »Liber de periculis temporum ultimorum«, worin er den schädlichen Einfluß der Dominikaner und Franziskaner darstellt. Papst Alexander IV., der den beiden Orden noch günstiger war als Innocenz, bestand darauf, daß sie ohne Einschränkung sollten auf der Universität zu Paris aufgenommen sein, verdammte das Buch des Wilhelm de St. Amour, jedoch auch das Evangelium aeternum, das letztere gelinde mehr insgeheim, das erstere mit lautem Aufheben.
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Es folgt
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auch ... unterworfen.] mit Einfügungszeichen am äußeren Rand.
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Das Aristotelische wurde immer mehr entwickelt, und man kann dies als einen neuen Punkt in der Behandlung der Dogmatik ansehen.
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Erst am Anfang des 13 Säkulums war Alanus von Ryssel gestorben, ein ausgezeichneter Theologe ganz auf der anselm'schen Seite. 2 Schriften: eine von den liturgischen Maximen,* 2. »De arte fidei chatholicae«. Er hält sich an eine Form, in der1" das Christliche auch Nichtchristen bewiesen wird, er geht aber nicht soweit als Anselm. Er stellt als Prinzip auf, daß Gott nicht könne demonstriert werden, sondern nur mit dem Glauben ergriffen werden. Seine Darstellung ist also eine Analyse des Glaubens und so im eigentlichen Sinne Dogmatik. Was die Trinität betrifft, so sagt er, da man an allen Dingen könne unterscheiden Materie, Form und Zusammenfügung, so gebe es diese Trias auch im göttlichen Wesen: Materie = Vater, Form = Sohn, Zusammenfügung = Geist. Diese Art setzte sich auch noch späterhin fort, aber die Handhabung des Aristoteles hatte großen Einfluß auf die Abhandlung der Theologie. Am meisten' zeichnete sich hierin die Dogmatik A l e x a n d e r s v o n H a i e s aus. | 222 Er sagt, der Glaube stehe zwischen der δόξα und επιστήμη; welches aber der Glaube geworden sei, das müsse hernach auch eingesehen werden können. Diese Einsicht sei aber mehr eine Weisheit wegen ihrer praktischen Richtung als eine Wissenschaft. Daraus läßt sich schließen, daß auch der Glaube von Ursprung [an] eine praktische Richtung habe. Er stellt immer erst quaestiones auf, dann decisiones oder"1 resolutiones.' Alexander von Haies legte vielen Wert auf die Lehre' der® überverdienstlichen Werke. Der überschüssige Gehorsam Christi und der Heiligen bildet den thesaurus ecclesiae, der in der Hand des Papstes ist, die Quelle des Ablasses. Es lag in der Natur der Sache, daß eine Theorie darüber aufgestellt werden sollte. Simon von Tournay sagt, er könne diese Lehre ebensogut umstoßen als verteidigen, es fehle bei dieser Methode des Aufstellens von Quästionen an Zusammenhang.
Fast gleichzeitig mit Alexander ist etwas später Thomas Aquino aufgetreten, 30 ein Schüler des Albertus Magnus. (Letzterer ist in der Theologie in eine Menge von unfruchtbaren Spekulationen geraten, sein Verdienst besteht darin, daß er
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Maximen] über < Elementen > .
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Es folgt
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meisten] s undeutlich.
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oder ... resolutiones] mit Einfilgungszeichen am äußeren Rand.
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Es folgt < oder > .