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German Pages 141 [76] Year 1961
D E U T S C H E A K A D E M I E D E R W I S S E N S C H A F T E N ZU B E R L I N SCHRIFTEN DER SEKTION FÜR ALTE RTUM S WI S S E N SCHAFT 22
RÖMISCHE LITERATUR DER A U G U S T E I S C H E N ZEIT E I N E AUFSATZSAMMLUNG
BESORGT VON JOHANNES IRMSCHER UND KAZIMIERZ KUMANIECKI
AKADEMIE-VERLAG - BERLIN 1960
Johannes Irmscher ist Mitglied der Sektion für Altertumswissenschaft
Redaktor der Reihe: Johannes Irmscher Redaktor dieses Bandes: Kurt Treu
Alle Rechte vorbehalten insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen Copyright 1959 b y Akademie -Verlag GmbH, Berlin Erschienen im Akademie-Verlag GmbH, Berlin W 1, Leipziger Str. 3 — 4 Lizenz-Nr. 202. 100/76/60 Satz, Druck und Einband: Druckhaus „Maxim Gorki", Altenburg Bestellnummer: 2067/22 Printed in Germany ES 7 M
Vorwort Im Dezember 1958 trat das Komitee zur Förderung der klassischen Studien in den sozialistischen Staaten mit einer in der alten Humanistenstadt Erfurt durchgeführten wissenschaftlichen Tagung zum ersten Male vor die weitere Öffentlichkeit. Eines der Leitthemen der Konferenz behandelte Probleme der römischen Literatur in der Augusteischen Periode. Die neun Vorträge, welche zu diesem Thema von Fachvertretern aus Polen, Ungarn, der Tschechoslowakei und der Deutschen Demokratischen Republik gehalten wurden, erfaßt das vorliegende Protokoll zu einem Teil im vollen Wortlaut, zum anderen Teil — soweit für die Veröffentlichung von vornherein ein anderer Ort ins Auge gefaßt war — in ausführlichem Resümee. Um die sprachliche Glättung sowie um die redaktionelle Bearbeitung ist Dr. K u r t Treu in bewährter Weise bemüht gewesen. 22. 5.1959
Die Herausgeber
Inhalt Ladislav Varel, Praha Horatiana
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Boiivoj Borecky, Praha Some Occupations in the Poetry of Horace (The Influence of the Craftsman's Manual Work on the Imagination of Horace)
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Kazimierz Kumaniecki, Warszawa Martiis caelebs quid agam Kalendis (Zu Horaz Od. I I I 8)
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Wiktor Steifen, Poznan Kritische Bemerkungen zu Suetons Vita Horati
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Lidia Winniczuk, Warszawa Cornelius Gallus und Ovid
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Werner Krenkel, Rostock Zu Vergil, Ecl. 3,104—105, und seinem Erklärer Asconius Pedianus
. . 36
Samuel Szadeczky-Kardoss, Szeged Zur Frage der griechischen Vorbilder der römischen Elegie
39
Franz Dornseiff, Leipzig Die sibyllinischen Orakel in der Augusteischen Dichtung
43
Helmut Wilsdorf, Freiberg/Sa. Der Bergbau als literarisches Motiv bei den römischen Dichtern
. . . .
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Horatiana LADISLAV VABCL, Praha
Da ich in diesem Beitrage nicht allzuweit ausholen darf, muß ich mich damit begnügen, daß ich ein Problem der Horazforschung lediglich andeute, das mir wichtig scheint, wenngleich nicht ohne den Versuch, eine Lösung, wenn auch tastend, vorzubringen. Als Ausgangspunkt wähle ich die Behauptungen über die Poetik Horazens, mit welchen einer ihrer besten Kenner, nämlich Friedrich KLINGNER, vor einem Vierteljähr hundert hervortrat. Es ist ein wenig mein eigenes, persönliches Problem. Als ich nämlich vor etwa einem Jahrzehnt meine Vorlesungen über die römische Literatur des Augusteischen Zeitalters vorbereitete, mußte ich mich selbstverständlich auch mit den Artikeln über die Horazische Dichtkunst bekanntmachen, die KLINGNEB in der „Antike" 1 ) abgedruckt hatte. Diese Artikel haben auf mich — ich gestehe es ganz offen — einen großen Eindruck gemacht. Seitdem quäle ich mich mit den darin enthaltenen Ideen ab, ringe mit ihrem Autor sozusagen wie Jakob mit dem Engel. Worum handelt es sich bei diesem Ringen? Ich ziele dabei nicht so sehr darauf hin, die Thesen KLINGNERS einfach zu widerlegen. Nein, ich möchte vielmehr seine Ausführungen, das Wertvolle in ihnen, mit dem Begriffssystem des historischen Materialismus womöglich in Einklang bringen. Es ist keineswegs eine vergebliche Mühe, wie es jemandem vielleicht scheinen dürfte. Aber, urteilen Sie selbst! Wir können mit einer Frage beginnen: Woraus ergab sich die Stärke des Einwirkens von KLINGNERS Thesen? Die Antwort auf diese Frage könnte lauten: Aus dem gelehrten Nachdruck, mit welchem dem seit langem gebräuchlichen Urteile, daß Horazens Gedichte in zwei verschieden zu bewertende Hälften zu trennen sind, (um mit KLINGNER ZU sprechen) „die Einheit in allem Wandel des horazischen Lebenswerkes entgegengehalten wurde" 2 ) — schon dieser Hang zu Monismus (monistischem Begreifen der Gedichte) kann jedem marxistischen Gedanken über Horaz, Die Antike 5, 1929, 23—44. — Horazische und moderne Lyrik, Die Antike 6, 1930, 65—84. — Horaz, Die Antike 12,1936, 65—83. 2 ) Die Antike 6, 1930, 65. 1 Köm. Lit.
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Forscher munden! Sie ergab sich aber auch aus der Art und Weise, wie diese These von K L I N G N E R begründet wurde (wenn auch diese Begründung nicht theoretisch gehalten war). Wir wissen ja, daß wir uns vor jedem solchen Vorgehen hüten müssen, welches als „Vignettenankleben" bezeichnet werden könnte, d. h. vor einem formalistisch klassifizierenden Dogmatismus im Beurteilen fremder Anschauungen. Wir fühlen uns jedoch berechtigt, jede wissenschaftliche Methode nach ihrem Ausgangspunkt und der Art, wie der Autor sie handhabt, zu bewerten. K L I N G N E R S Argumentation können wir nun im ganzen mit gutem Gewissen als eine recht materialistische bezeichnen — wenn man auch am passendsten von einem elementaren Materialismus sprechen würde. Ich bezeichne die Argumentation K X J N G N E R S deshalb als materialistisch, weil er sowohl den anfänglichen Antrieb zum Dichten bei Horaz als auch die Faktoren, welche sich in weiterem Fortentwickeln Horazischer Dichtung geltend machten, aus realen, konkreten historischen Bedingungen herleitet. Gestatten Sie mir, bitte, an dieser Stelle ein wenig abzuschweifen, um einem üblichen Einwand zu begegnen. Fast alle wissenschaftlichen Arbeiter, die in ihrem Forschen ähnlich wie K L I N G N E R verfahren, nehmen am Terminus .materialistisch' Anstoß. Sie meinen, es wäre angemessener, anstatt .materialistisch' z. B. .realistisch' zu sagen oder schreiben. Diesem Einwand pflegen die Marxisten folgendermaßen zu entgegnen: Es scheint vielleicht, daß es sich in diesem terminologischen Streite nur um geringfügige Feinheiten handelt. In der Tat aber verfallen die Gegner des Terminus .materialistisch' in einen weitverbreiteten Irrtum. Sie legen nämlich j e d e m Materialismus die Züge bei, welche nur von einem groben, vulgären Materialismus gelten können; sie stellen sich einfach den Materialismus zu stofflich vor. Da aber .Materie' im philosophischen Sinne für die Marxisten nur ,objektive Realität' bedeutet, ist es augenscheinlich nicht notwendig, als Gegensatz zum Terminus ,idealistisch' einen anderen Terminus zu suchen (z. B. eben .realistisch'). Im Gegenteil: es bedeutete, den wahren Sachverhalt zu verschleiern, daß es nämlich in der Frage vom Verhältnis des Seins und des Bewußtseins nur zwei Möglichkeiten gibt, entweder die .materialistische' (Sein primär, Bewußtsein sekundär, vom Sein bedingt) oder die ,idealistische' (Bewußtsein primär, Sein sekundär, vom Bewußtsein bedingt; oder aber es kann diese Alternative ,kryptoidealistisch' auftreten: Sein und Bewußtsein zugleich primär). Somit können wir die Frage nach dem materialistischen Charakter der Argumentation K L I N G N E R S als gelöst ansehen. Denn man kann nach K L I N G N E R S Meinung die Anfänge des Dichtens bei Horaz nur dann richtig begreifen, wenn man sein Anlehnen an Archilochos und Lucilius als einen Protest gegen die gleichzeitige gesellschaftliche Situation nimmt, und zwar
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gegen ihren Ausdruck in der neoterischen, damals modernen Dichtkunst. Das bedeutet aber zugleich eine negative Beurteilung der moralischen Haltung der Neoteriker seitens des Horaz, weil sie in seinen Augen mit ihrem Dichten den zeitgenössischen moralischen Verfall der römischen Gesellschaft eher zu vertiefen als zu hemmen verhalfen. Damit polemisiert K L I N G N E R sichtlich, wenn auch nicht ausdrücklich, gegen mechanisches Hinnehmen des Horazischen Selbstzeugnisses (Epist. I I 2, 51 f.: paupertas impulit audax, u t versus facerem). Ausdrücklich dagegen protestiert K L I N G N E R gegen die (ich möchte hinzufügen: mechanistische) Auslegung des Beweggrundes, der den Dichter dazu brachte, später eine andere Form des Ausdrucks seiner Gedanken zu wählen. Es ist die Frage seines Weges von Archilochos zu Alkaios (und der archaischen Lyrik überhaupt). K L I N G N E R gibt zwar zu, daß Horaz manches Gedicht unter der Einwirkung seiner literarischen Vorbilder schrieb, weist aber jene Annahme als unannehmbar ab, daß die epodische Form durch die lyrischen Formen der Oden bei Horaz infolge einer inneren Logik der literarischen Entwicklung abgelöst wurde. Es darf also nicht als natürlich („logisch") gelten, daß die archaische griechische Lyrik als Muster für die Horazische Poesie dem Archilochos folgte — daß sozusagen in Horazens Ontogenese als Dichter die Phylogenese der Lyrik wiederholt wurde. Nach R L I N G N E R S Meinung ist dieser Übergang von einem Stadium der Horazischen Dichtkunst zum anderen auf eine ganz andere Weise zu motivieren und zu erklären; er wurde eben durch die Änderungen in den materiellen Verhältnissen des Dichters, aber auch in denjenigen der damaligen politischen Situation bedingt. So konnten wir also materialistische Elemente, eine echt materialistische Erklärungsweise bei K X I N G N E R feststellen. Dies sei unterdessen genug. Jetzt wollen wir uns dem Probleme von einer anderen Seite nähern. Man darf sagen, und zwar ganz mit Recht sagen, daß Horaz in K L I N G N E R einen kongenialen Interpreten gefunden hat. K X I N G N E R hat nämlich die subjektiven Antriebe moralischer Ordnung klar erfaßt und ausgedrückt, welche den spezifischen Charakter der Horazischen Dichtkunst in allen ihren Wandlungen ausmachen. Kongenial! Was verstehen wir unter diesem Ausdruck, der sehr leicht eine idealistische Erklärung zuläßt, ja sogar sozusagen zu erheischen scheint? Kongenialität ist sicherlich nicht eine Realität (Entität) bloß psychischen — oder sogar geistigen — Ranges, die durch nichts bedingt wäre; von einer Geistesverwandtschaft dürfen wir nur in dem Sinne reden, wenn zwei Künstler (oder der Künstler und sein Interpret) unter analogen geschichtlichen Bedingungen zu demselben oder doch sehr ähnlichem Bewerten der auf sie einwirkenden Dinge gelangen. 1*
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Prüfen wir von diesem Gesichtspunkte aus das Verhältnis zwischen Horaz und K L I N G N E R , ihre Geistesähnlichkeit, so kommen wir zu folgendem Ergebnis : Es ist kein Wunder, daß gerade am Ende der zwanziger und am Anfang der dreißiger Jahre unseres Jahrhunderts und gerade in Deutschland die Horazischen Gedichte solch eine durchdringende Beleuchtung erreichten — daß man in die Versuchung gerät, von einer Röntgendurchleuchtung zu sprechen. Denn dies war eine Zeit, in der K L I N G N E R S Vaterland unter den Wirkungen der Niederlage im ersten Weltkriege und der darauf folgenden Krise nicht nur materiell, sondern auch moralisch litt. Dieses von ihm beobachtete Leiden hat K L I N G N E R S geistige Sehkraft geschärft und ihm erlaubt, alle die Töne abzulauschen, die in die Gedichte Horazens von seiner Verzweiflung und seinen schüchtern aufwachenden Hoffnungen eingezaubert worden sind. Denn — das dürfen wir sagen — K L I N G N E R S Horaz ist in mancher Hinsicht niemand anderer als K L I N G N E R selbst, mit all seinen bangen Fragen und seiner Angst um die Zukunft Deutschlands, mit seinen Ratschlägen, wie dem hart geprüften Vaterland zu helfen, wie es zu retten sei. Denn nicht nur der Poet selbst, sondern auch sein Interpret (d. h. ihr Bewußtsein) ist zeitbedingt. Das bedeutet aber, daß dasselbe, was K L I N G N E R S Stärke vorstellt, auch eine Begrenztheit seiner Sicht mit sich bringt. Die psychologische Vertiefung von K L I N G N E R S Interpretation führt zu einseitigem, übertriebenem Bewerten der subjektiven Faktoren nicht nur im Horazischen dichterischen Schaffen, sondern auch im historischen Verlauf der Anfänge der augusteischen Zeit. Zuviel Gewicht ist auf die Willensakte als Beweggründe gelegt, welche den römischen Dichter bei seiner Entscheidung leiteten. Es steckt darin ein gewisser Hang zum Voluntarismus, der bei einem Mitgliede der um die Revue „Die Antike" gesammelten Gruppe der Gelehrten nicht überrascht. Bei allem anerkennenswerten Idealismus ihrer humanistischen Bestrebungen darf man nicht die Augen vor der Beschränktheit ihres Gesichtskreises schließen, welche ihnen verwehrte, in materiellen Bedingungen nicht nur (im besten Falle) gleichwertige, sondern gerade die entscheidenden Ursachen des historischen Prozesses zu sehen, der sowohl das objektive (ökonomische, politische) als auch das subjektive (psychische, kulturelle) Geschehen einbezieht. Es ist bekannt, daß die Konzentration der Intellektuellen auf das Erforschen der subjektiven Seiten des geschichtlichen Werdens daran Schuld trägt, denn das führt dazu, daß die Intellektuellen gerne dem Subjektiven autonome Entwicklung(-sgesetze) zuschreiben. Was ebenso von K L I N G N E R wie von Horaz gilt. Wir können also K L I N G N E R einer Inkonsequenz zeihen, da er auf eine im Grunde materialistische Argumentation einige subjektivistische (idealistische) Elemente einpfropfte. Das wurde eben durch die unrichtige Bewertung des Verhältnisses der subjektiven und objektiven Elemente bewirkt.
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Wir dürfen uns aber nicht mit einer solchen kritischen Analyse zufriedengeben. So wollen wir neben diesen ersten, kritischen Teil noch einen anderen Teil stellen, der positiv zeigen würde, wie wir uns den richtigen Zutritt zum Erforschen der Beweggründe des Horazischen Kunstwerkes vorstellen. Wir dürfen uns dieser Pflicht nicht entziehen, obwohl wir uns klar bewußt sind, daß wir im engen Rahmen dieses Beitrages nur andeuten können, was eine gründlichere Untersuchung verdient. Es ist unmöglich, das Problem in seiner ganzen Breite zu umspannen. Deshalb wollen wir die Beobachtung eines Teilproblemes unternehmen, in dem sich das vielseitige Ganze wie in einer Facette eines Brillanten abspiegeln würde. Material, welches als Grundlage für diese Beobachtung dienen soll, entnehme ich einer unter meiner Leitung ausgearbeiteten Diplomthese, mit welcher die heutige Assistentin unseres klassischen Seminars, Bohumila MOUCHOVA, im Jahre 1957 absolvierte. In dieser Arbeit beobachtete die damalige Diplomandin die von Horaz gebrauchten Ausdrücke für die menschlichen Kollektive, unter anderen auch das Wort populus. Das Endresultat, zu dem sie in diesem Falle kam, war vielleicht wenig scharf; denn es zeigte sich, daß dieses Wort in allen Perioden des Horazischen Schaffens mindestens drei Bedeutungen aufweist (die politische — das Volk —, die verallgemeinerte — das Publikum — und die philosophische — die Masse), so daß man nicht ganz genau von einer Entwicklung dieses Begriffes innerhalb des Horazischen Dichtwerkes reden kann. Mir scheint es aber, daß wir trotzdem Einiges davon gewinnen können. Für unsern Zweck ist es nützlich, die Fälle zu prüfen, wo das Wort populus die politische Bedeutung aufweist. — Der unerfreuliche Zustand des römischen Reiches, der eines der ältesten datierbaren Gedichte Horazens, nämlich die 16. Epode, entstehen ließ, begann sich am Anfang der zwanziger Jahren erkennbar zu verbessern. Trotzdem war er immer noch nicht so heiter geworden, daß er keine Befürchtungen mehr hervorgerufen hätte. In dieser Lage, etwa im Jahre 28 v. u. Z., entstand die 2. Ode des 1. Buches (Iam satis terris . . .), wo Horaz seine Angst um das zusammenbrechende römische Reich ausdrückte (V. 25 f.: quem vocet divom populus ruentis / imperi rebus?). Populus, der im V. 46 als populus Quirini, also mit einem poetisierten offiziellen Titel benannt wird, ist hier in eine unzertrennliche Einheit mit dem Reiche verflochten (das also noch immer als imperium populi Romani aufgefaßt wird!). Neben diesem Volke wird aber auch schon (im V. 50) pater et princeps erwähnt. Also alte und neue Begriffe stehen dicht nebeneinander. Man kann von Überbleibseln des alten Zustandes sowie von Andeutungen der neuen Entwicklungstendenz sprechen, die Möglichkeit einer Übergangsperiode der Horazischen Anschauungen erwägen. Das alles wäre nicht falsch, aber doch ein wenig zu matt. Wichtiger ist es, daß sich beim Vergleichen dieses Gedichtes mit der 16. Epode die Horazische
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Auffassung der gesellschaftlichen Lage schon ganz verändert zeigt. Beiden Gedichten ist es gemeinsam, daß der Dichter sich kein reales Mittel zur Rettung des Reiches vorstellen kann. Aber die illusorischen Vorstellungen, d. h. die Vorstellungen über die nur in der Illusion bestehenden Mittel zur Rettung mindestens der melior pars, bewegen sich in einem jeden der zwei Gedichte in ganz verschiedenen Gedankenebenen. In der 16. Epode wendet sich Horaz an die Bürgerversammlung, ein Kollektiv von gleichberechtigten Menschen (man muß unterstreichen: M e n s c h e n ) , welche sich m e n s c h l i c h entscheiden können, mit m e n s c h l i c h e n Mitteln Maßnahmen zu ihrer eigenen Rettung zu ergreifen, wogegen in Carm. 12 das bürgerliche Kollektiv sich nicht mehr auf seinen eigenen Willensakt verlassen kann, sondern nur die übernatürliche Welt anbeten muß. Sogar der erhoffte Retter ist deifiziert (und zwar in einer in der antiken Gedankenwelt üblichen Form). Das zeugt von einem Zusammenstürzen der alten, wir mögen sagen, republikanischen Vorstellungswelt, die zugleich als humanistische Vorstellungswelt bezeichnet werden kann, wenn wir humanistisch als Gegensatz von supranaturalistisch auffassen. Daß dies für Horaz nicht eine vergängliche Angelegenheit war, von momentanen Erwägungen diktiert, das wird durch andere Beispiele bezeugt, welche in dieselbe Richtung weisen. Nur ein wenig jünger als das Carm. I 2 ist der Hymnus auf Diana und Apollo (Carm. I 21). Kein Wunder, wenn auch hier die Gunst beider Gottheiten für populus et princeps Caesar (V. 14) erbeten wird! Es erscheint hier also nicht mehr die altehrwürdige republikanische Formel populus senatusque Romanus (oder umgekehrt senatus populusque Romanus), sondern wir sehen hier schon ein festes Zusammenfügen beider staatsrechtlicher Begriffe, welche am Anfang der neuen Epoche des Prinzipats noch als gleichberechtigte Konstitutionsfaktoren vorgestellt werden konnten. (Es ist eine Sache des Geschmackes, ob wir von einem subjektiven Republikanismus bei Horaz sprechen wollen.) Horaz befand sich also in der Zeit, als er diese Gedichte schrieb, schon mit beiden Füßen im Bereich der (zuerst verhüllten) Monarchie, seine in den Oden ausgedrückten Gedanken reflektieren, mag er wollen oder nicht (d. h. ohne daß er mit einem Willensakt dem zugestimmt hätte), die neue gesellschaftliche Realität (Zusammenbruch des Republikanismus, Inthronisierung der Monarchie). In den nachfolgenden Jahren vermehren sich noch die Beispiele. So Epist. 116, 27 ff.: Tene magis populus velit an populum tu / servet in ambiguo qui consulit et tibi et urbi / Iuppiter. Auch hier bleibt das Gleichgewicht von populus und princeps noch unbehelligt; in anderen Worten: Republikanismus und Monarchismus halten sich im Bewußtsein von Horaz noch immer die Waage. Zugleich aber zeigt sich hier derselbe Verweis zur religiösen, fideistischen Erklärung der neuesten Geschichte wie in Carm. 12.
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Noch weiter scheint es zu verweisen, wenn wir Epist. II 1, 18 tuus populus lesen. Der monarchistische Gedanke scheint um die Zeit der Entstehung dieses Gedichtes schon weiter um sich gegriffen zu haben, so daß auch im Bewußtsein der Zeitgenossen nicht mehr populus und princeps als gleichberechtigt gefühlt wurden, sondern die faktische Unterordnung des populus unter den princeps schon zugestandenermaßen auch wörtlich ausgedrückt wurde. Wir müssen freilich zugeben, daß dieses Beispiel bei Horaz zu vereinzelt steht, so daß wir nicht zu weite Ausführungen daraus herleiten dürfen. Nichtsdestoweniger dürfen wir behaupten, daß es ganz der Entwicklungstendenz jener Zeit entspricht, wenn wir in den jüngeren Gedichten solche rein .monarchistische' Gedanken auffinden. So erscheint Horaz nicht als ein subjektiv gänzlich frei sich entscheidender Denker, der unter den objektiven Möglichkeiten nach seinem Willen wählte, sondern als typischer Vertreter (Sprecher) der Schichten der Einwohnerschaft von Rom und ganz Italien, welche der Verbreitung des monarchischen Prinzips keinen festen Widerstand leisteten, sondern mehr den Prinzipat als Mittel zur Rettung der Existenz des geordneten römischen Reiches ansahen. Dies zugestanden, mögen wir fragen, zu welcher Zeit annähernd dieser Frontwechsel — wenn wir es so nennen wollen — bei Horaz zustandegekommen ist. Wir suchen also einen terminus post quem. Da können wir z. B. auf folgende Weise vorgehen: W £ m wir die älteren Horazischen Satiren (des ersten Buches) ansehen, dann sehen wir, daß in Sat. I 6 (Non quia, Maecenas, . . .) immer noch (in V. 15ff.) das Bild des traditionellen republikanischen Lebens mit seinen Volksversammlungen als maßgebendem Faktor von Horaz gezeichnet wird. Es ist von keinem Wert zu fragen, ob damals noch die Volksversammlungen wirklich als solcher Faktor fungierten. Für uns ist es entscheidend, daß im Bewußtsein Horazens der Republikanismus im Prinzip immer noch lebendig war. Auch eine der ältesten Oden (Carm. I 37: Nunc est bibendum . . .) weist immer noch nur ,menschliche' Töne bei der Schilderung des Schicksals der Kleopatra auf, und auch Caesar, obwohl er darin erwähnt wird, ist immer noch nicht deifiziert, supranaturalisiert. So dürfen wir als die wahrscheinlichste Zeitspanne für den erwähnten ,Frontwechsel', für den Übergang vom traditionellen zum gemäßigten Republikanismus die Jahre 30—29 v. u. Z. ansehen. Wir geben freilich zu, daß diese Frage noch tiefer untersucht zu werden verdient. Ein verlockender Einfall ist es* solch ein Gedicht wie Carm. I 34 (Parcus deorum cultor et infrequens . . .) in diesen Zusammenhang zu bringen, und zwar auf die Weise, daß Horaz damit seinen Übergang von humanistischem zu supranaturalistischem Auslegen der zeitgenössischen Geschichte erklären und rechtfertigen wollte. Es ist aber eben nur ein bloßer Einfall, der kaum je bewiesen werden kann.
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Daß Horaz sich um Klärung dieser Probleme für sich selbst und damit auch für andere ernst und aufrichtig bemühte, das können wir uns klar vorstellen und zugeben. Damit kann auch ein möglicher Einwand in Einklang gebracht werden, daß es sich nämlich im Falle des Horaz um eine bewußte monarchistische Propaganda handele. Es meint nur, daß Horaz solche Propaganda fest überzeugt machte, daß er die richtige Sache vertritt. Wie er dazu gekommen ist, das versuchten wir eben in unserem Beitrag zu beweisen. Wir können aber noch eine weitere Frage stellen. Wie kommt es, daß Horaz seinen Lesern nicht nur die Werke vorlegte, welche das Endresultat seiner politischen und menschlichen Entwicklung vorstellten, sondern auch die ältesten Gedichte, die er je geschrieben hatte, obwohl sie von einem anderen Standpunkt her geschaffen wurden? Von mehreren Möglichkeiten, die ich hier nicht alle aufzählen will, scheint mir diese am wahrscheinlichsten zu sein: Horaz war subjektiv von der objektiven Einheit seiner Gedichte — ganz wie K L I N G N E R — fest überzeugt; d. h., er spürte keinen Frontwechsel in seinem Benehmen, sondern nur eine (logische) Entwicklung (er sah also seine Entwicklung ganz ,materialistisch' an!). Und wir können hinzufügen, daß es unserer Meinung nach auch objektiv wahr gewesen ist. Denn als Horaz im republikanischen Heere kämpfte, so war es aus keinem anderen Grunde, als daß er die traditionellen römischen Werte beschützen wollte, zu denen er auch die moralische Unversehrtheit des idealisierten alten Römertums — und die privilegierte Stellung Italiens unter den besiegten Ländern — rechnete. Als er sah, daß dieses sein Ideal sich, wie es ihm schien, im Prinzipat zu verkörpern begann, war es für ihn nur natürlich, die neue Ordnung scheu anzuerkennen und nach seinen Kräften zu unterstützen. — Daß diese Entwicklung auch klassenbedingt war, ist nur selbstverständlich, aber davon müssen wir hier nicht ausführlich handeln.
Some Occupations in the Poetry of Horace (The Influence of the Craftsman's Manual Work on the Imagination of Horace) BoftivoJ BORECKY, Praha
In the large picture of Roman society drawn for us in the poetry of Horace we meet people of various professions and occupations such as farmers, merchants, tradesmen, actors, craftsmen etc. Horace not only quite often mentions such people and their activity, but in his metaphors, similes, epithets, symbols and other tropes he sometimes reflects the everyday work of the common people. This is a part of poetic creation which has not yet been sufficiently examined. In my contribution I want to deal only with a part of this problem, namely with the question of the importance of manual work for the imagination of Horace. I want to limit this contribution only to the manual work of craftsmen 1 ) and to leave out all the rest which involves some other kinds of work, especially the large sphere of agriculture. Such tropes based on manual work with the mentioned limitation are not scarce in the poetry of Horace. If we examine these tropes a little more thoroughly we find out very soon that many of them belong to the traditional means of poetry and prose and even of painting, some others were taken over from Horace's philosophical sources, others from proverbial phrases and colloquial language. If we have therefore to examine the importance of manual work itself for Horace's imagination, we have to separate that part of his imagery where the tropes are based on literary tradition or on other sources, from those where the manual work itself serves as inspiration for a new and original imagery. Our task is easy when we find out a close parallel to the picture used by Horace, that means in such a case, where Horace simply takes over without changing too much. Thus we read in his Epistle Ad Pisones: ergo fungar vice cotis, acutum reddere quae ferrum valet, exsors ipsa secandi (304sq.). A close parallel to this simile can be found in the words of Isocrates quoted by Plutarch: ('Iooxgdrrji;) TIQOQ rov ¿gofisvov diori ovx &v avroi; ixavoQ (Xeyeiv) aXXovQ Tioiei, ehtev o n xal ai axovai fiev xsfielv ov dvvavrai, rov de aidrjgov Tfirjtixov noiovaiv (Mor. 838 e). *) In addition the spinning process is involved.
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T h e philosopMcal sources of Horace g a v e rise t o s o m e others of t h e poet's images, b u t similar cases are p r e t t y scarce 1 ). T h e greatest part of Horace's imagery of t h e k i n d e x a m i n e d in this contribution belongs t o t h e t y p e s of imagery traditional in p o e t r y a n d prose. T o this sphere belongs e. g. t h e use of s o m e words in a metaphorical sense, as t h e use of the verb deducere in the connection deducere carmen (Carm. I l l 30, 1 3 s q . ; Epist. I I 3, 129) or deducere p o e m a t a (Epist. I I 1 , 2 2 5 : tenui d e d u c t a p o e m a t a filo)2) or deducere versus (Sat. I I 1 , 4). I t is based o n t h e comparison of t h e work of a p o e t with the spinning process, w h i c h w a s quite usual in the p o e t r y of t h a t t i m e (Prop. 1 1 6 , 4 1 ; Ovid. Trist. I 1, 39; V 1, 7; P o n t . I 5, 13; I V 1, 1; Colum. 10, 40 etc.) a n d used also in Greek (cf. Plato, Men. 8 0 e : Xoyov xaxayeig). We can t a k e as another e x a m p l e t h e use of t h e adjective limatus in the figurative m e a n i n g (Sat. 1 1 0 , 6 5 : f u e r i t limatior idem), w h i c h can be f o u n d already in t h e writings of Cicero 3 ). B u t this m e t a p h o r is developed in the same satire b y Horace, where some verses later he uses e v e n t h e verb deterere (Sat. I 10, 6 9 s q . ) in a figurative sense w h e n speaking a b o u t t h e poet's work 4 ). 1 ) (Horace mostly modifies these tropes or introduces new details). So the shoemaker as a symbol of craftsman's skill (Sat. I 3, 124sq.; 130sqq.; I I 3,106sq.) has its origin in Greek philosophy (A. KIESSLING and R. HEINZE, Commentary to the poems of Horace); sim. the metaphor in Epist. I I 2 , 8 (cf. Diogenes apud Stob. IV p. 200 M); here we can mention also Epist. 1 1 , 100 (diruit, aedificat; Hippocr. Ep. 17; cf. Sail. Catil. 20, 12) and Epist. I I 1 , 116 (various craftsmen as representatives of special knowledge and skill contrasting to dilettantism usual e. g. in Plato); A. KIESSLING and R. HEINZE interpret the metaphorical sense of the verb concutere (Sat. I 3, 34sq.): ,,xwSo)vt£eiv, vom Prüfen der Topfwaren auf etwaige verborgene Schäden"; if they are right (the use of xa)da>vi£a> in the sense of testing pottery was evidently very scarce: Schol. in Aristoph. Ran. 78. 79; Hesych. s. v. xmdojviaai, xcoöcoviaco (cf. xcoöcmxxpogcöv), instead of it the verb XQOVCO was usual, which was used also in the sense of testing (Plat. Hipp. Ma. 301 b ; Plut. Mor. 64d; Schol. Pind Pyth I I 1 2 7 ; cf. also Verg. Aen. V I I 338), this metaphor has its origin also in Horace's philosophical sources. 2 ) Here the metaphor was developed owing to a proverb, v. A. OTTO, Die Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten der Römer, Leipzig 1890, 224. 3 ) Comparative: Cic. De fin. 5 , 1 2 : alteram (genus librorum) limatius; Cicero uses very often the verb limare in this metaphoric sense: e. g. Ac. 1, 2; De fin. 3, 40; Orat. 1, 25; 3, 49; in Greek D. Hal. Th. 24 ((Waco); the figurative sense of the substantive lima (Epist. I I 3, 290sq.) can be found in Horace for the first time, but it is usual in the poetry of Ovid (Trist. I 7, 30; Pont. I 5, 19; I I 4 , 17) and in the later authors (e. g. Veil. 2, 9, 3; Mart. 5, 80; 10, 12; Quint. 10, 4, 4). 4 ) The use of the verb limare in another metaphoric sense (Epist. 1 1 4 , 37 sq.) can be found also in Cicero already (e. g. Ad fam. I l l 8, 8). — The use of the verb texere in figurative meaning can be found in older authors (Plaut. Trin. 797; Cic. Ad fam. IX 21, 1; in Greek Pind. N. 4,41); it was developed by Horace in scriptorum quaeque retexens (Sat. II 3, 2). — The metaphoric use of the verb inaurare (Epist. 112, 8sq.) also already in Cicero (Ad fam. VII13, 1) v. A. OTTO, op. cit., p. 145: „die Wendung könnte proverbiell sein". Sim. officina (Epod. 17, 35) cf. Cic. De leg. 1, 36; De fin. 5, 7.
Some Occupations in the Poetry of Horace
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There are many examples where Horace takes over an idea on which a traditional trope is based, but he expresses it in a new way. Here the originality of the poet does not lie in the invention of a new poetic idea, but in the manner in which the idea is expressed, or in the development of this idea. To this sphere belongs e. g. the comparison of a refined poem to a filigree piece of art (Epist. II 2, 92) 1 ), the description of the hammering of arms as a symbol of the preparation for a fight (Carm. I 35, 38sqq.; IV 15, 19; sim. Sat. 1 3 , 1 0 1 sq.) 2 ) etc. 3 ) Also the composite epithets for fine materials purple in colour belong to the traditional poetic means. Creating these epithets Horace sometimes takes advantage of his knowledge of different sorts of purple dye and their quality 4 ) and we can even see in Horace a better knowledge of one technical detail of the dying process than in other Roman poets 8 ). But the epithets of this type are also quite usual in the poetry of the Sim. norma (Carm. II15, 12; Epist. II 3, 72) cf. Cic. Lael. 18; De leg. II 61; De nat. deor. I 39. *) A. Kiessling-R. Heinze, Comm. 2 ) Verg. Georg. II 540; Aen. VII629; cf. Verg. Aen. I I 4 6 ; Ovid. Met. I 259; Horace's tropes audiet civis acuisse ferrum (Carm. I 2, 21) and Cupido semper ardentis acuens sagittas cote cruenta (Carm. II 8,14sqq.) are not based on craftsman's manual work, but on the preparation of soldiers for fighting (cf. e. g. Xen. H. G. VII 5, 20; Liv. 44, 34, 8); after all these tropes belong also to the traditional images of poetry (e. g. Aristoph. frg. 684; Ovid. Met. XV 776; AP V 180); sim. the metaphor seu linguam causis acuis (Epist. I 3, 23) in Cicero already (Brut. 331; De orat. I l l 121; cf. Pind. Pyth. 1, 165). 3 ) Epist. 117, 30sq. (Mileti textam . . . chlamidem): the origin of the epithets of this type can be found in Homerus (Od. 13,136; 13, 218; 16, 231; also e. g. Aesch. Ag. 1580; Tib. I I 6 , 35). — Epist. I 10, 48 (tortum . . . funem): intortus is usual in similar cases as an epitheton constans (Catull. 64, 235; Ovid. Met. I l l 679; also Tib. I 9, 22). — Carm. I l l 11, 51 sq. (et nostri memorem sepulcro scalpe querelam), v. Commentary of Kiessling-Heinze, ad hoc etiam Ovid. Epist. 12, 128. — Two traditional tropes are combined in Epist. II 3, 440sq. (delere iubebat et male tornatos incudi reddere versus): versus tornati: e. g. Aristoph. Thesm. 54; Prop. II 25, 43 and later; incudi reddere versus: e. g. AP VII49 (Antipater Thessalonicensis); Ovid. Trist. I 7, 29sq. and later. — Carm. II18, 4sq. (columnas ultima recisas Africa), epithets of the same type are in Prop. II 31, 3; III 2, 9; cf. Musonius Philosophus p. 108H; Sen. Epist. 115, 8; Iuv. 7, 182 etc. 4 ) Sat. II 6, 102sq.; Epist. I I 1, 207; Epist. 112, 181; Carm. II16, 35sq. (bis Afro murice tinctae . . . lanae); Epod. 12, 21 (muricibus Tyriis iteratae vellera lanae): about these dibapha v. Plin. 9, 135. 137; 21, 65; they were well known in antiquity, v. Cic. Att. I I 9, 2. 5 ) The term fucus is used by Roman poets inaccurately instead of purple: Catull. 64, 49; Lucan. 10, 123; Val. Fl. 1, 427; Avien. Arat. 346; Horace on the contrary uses it exactly only to indicate a special sort of dye (in the epithet Epist. 110, 27; cf. etiam Sat. I 2, 83) which was sometimes used to improve the quality of the purple (in the simile neque amissos colores lana refert medicata fuco, Carm. I l l 5, 27sqq.; ad hoc v. Plin. 13, 136; 26, 103; especially 32, 66).
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B o f t i v o j BORECE^
Augustan age and earlier 1 ). After all they are based on epithets usual in Greek poetry [noQtpVQÓfiamoc,, (poivixófiamog, àAovQ-yrjs etc.) and Horace only develops this poetic flower in his own way 2 ). Thus we come to the group of traditional imagery taken over but developed by introducing new details from every day life or even from the working process itself. Here we can mention also the traditional picture of women spinning wool. We find it also in the poetry of Horace (Carm. I l l 12, 2; 27, 63sqq.) 3 ). The picture of women spinning purple wool is used by Horace as a symbol of a rich house in the eighteenth ode of the second book (Carm. I I 1 8 , 7sq.). But women slaves or servants, who are generally to be found in such a picture, are replaced by women clients, which was typical for the conditions in some great Roman houses known to Horace 4 ). The last group of imagery which is not inspired by manual work itself but rather by tradition are the tropes taken over from people's language or from proverbs. To the tropes of this type belongs the metaphorical use of the term ad unguem, taken from the language of sculptors which can be found twice in Horace's poetry (Sat. 15,32sq. ; Epist. I I 3 , 294). This expression is common not only in the technical writings of Columella (11, 2, 13), Vitruvius (4, 6, 12) and Celsus (8, l p . 321, 23D), but we find it also in the figurative sense in Vergilius (Georg. I I 277). It is identical with the Greek slg òvv%a, èn OVV%OQ, ÒI' ovv%og or ev 6vv%I used by many authors (Polycleit. ap. Plut. 2, 636c; Plut. often; D. Hal. Dem. 13; Galenus 2, 737; Philo Mechanicus Bel. 66,37; Philodemus Philosophus Rh. 1, 115).5) A. O T T O (op. cit., p. 150) takes also the phrase ne currente retro funis eat rota (Carm. I l l 10, 10) for a proverb which has its origin in the work on a building site, and H E I N Z E in his commentary may rightly say that the allegorical phrase amphora coepit institui: currente rota cur urceus exit (Epist. I I 3, 21 sq.) resembles a proverb. Symbols of the Destiny which cannot be changed (te semper anteit saeva Necessitas clavos trabalis et cuneos manu gestans aena nec severus uncus abest liquidumque plumbum, Carm. I 35, 17sqq.) are also derived from a popular idea 6 ). To the symbol *) Lucr. II 501 ; Catull. 64, 49; Verg. Aen. V 111 ; Ov. Met. X267; cf. etiam Cic. Rep. 6, 2. 2 ) The metaphor nec tinctus viola pallor amantium (Carm. I l l 10, 14) is based also on such traditional epithets. 3 ) Cf. Commentary of K I E S S L I N G - H E I N Z E ad Hor. Carm. I l l 12, 2; also e. g. Varrò Sat. 190; Verg. Georg. I 390; IV 335; Prop. I l l 6, 16; Ovid. Met. II411; IV 34sq. We can mention here also the spinning Fates (Carm. II 3, 15sq. ; Epod. 13, 15sq.) which are to be found very often in ancient literature. *) A mercenary work is in Carm. I l l 15, 13sq.; cf. Tib. I 6, 77sqq. e ) Further evidence in A. OTTO, op. cit., p. 357. ®) Sim. Carm. I l l 24, 5sqq. (si figit adamantinos summis verticibus dira Necessitas clavos): cf. K I E S S L I N G - H E I N Z E ; A. OTTO, op. cit., p. 85; in addition to the evidence there cf. Pind. Pyth. 4, 125.
Some Occupations in the Poetry of Horace
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which was alive among the people (clavos trabalis) new symbols were added suggested by work on a building site. Types of tropes we have just dealt with represent the majority in the imagery of Horace reflecting manual work. Generally we can say that they were partly taken over from the poet's sources, proverbs etc. But for the most part they belong to the customary tropes and rhetorical flowers. The poet however does not simply copy, but he gives a new and original expression to these poetical ideas. The introduction of new features into imagery of these types shows sometimes that Horace had a concrete idea regarding the respective working processes and even a knowledge of some technical terms. But the work itself did not serve as the first impulse for the imagery of these types. 1 ) Tropes which cannot be included in the previous groups are a minority. And now it seems interesting to me to ascertain which spheres of manual work they are taken from. In fact, there are at most three spheres of manual work involved 2 ). Once it is the work of a blacksmith 3 ). I t seems also that the simile in Epist. I I 3, 32sqq. was inspired directly by the work of a faber aerarius 4 ) which Horace had the opportunity to watch while walking about the town (cf. Sat. I 6, l l l s q q . ) . In all other cases, which are altogether seven, work on building sites stimulated the poet's imagination 6 ). Here the poet's imagination was inspired directly by manual work and everyday life in the city. This is evident not only from the originality of this imagery, but also from its variety and sometimes also from the details which were involved. This refers especially to the images inspired by construction work. Reading some of them we cannot doubt that the poet The observation of the working process itself did not inspire the poet's images, where a craftsman is only mentioned, e. g. Sat. I 8, 2sq.; Epist. 1 1 9 , 1 3 ; I I 1 , 96. 2 ) If we exclude barber's work as a special case. Of the small number of craftsmen which appear in Horace's poems we meet the barber most often (Sat. I 7, 3; II 3, 16sq.; Epist. 1 1 , 91 sqq.; I 7, 49sqq.; II 3, 300sq.). 3 ) At tu conclusas hircinis follibus auras usque laborantis, dum ferrum molliat ignis, ut mavis, imitare (Sat. 1 4 , 19sqq.); a remote parallel in Plaut. Bacc. frg. VIII 9sqq. 4 ) In the simile Aemilium circa ludum faber imus et ungis exprimet et mollis imitabitur aere capillos, infelix operis summa, quia ponere totum nesciet (he was a well known character in Rome). — Technical terms concerning the artistic craft in Epist. I I 1 , 240 (duceret aera) and in Sat. II 3, 22 (quid scalptum infabre, quid fusum durius esset) do not take the origin from the work itself: in the first case it was a term commonly used (Varro Men. 201; Lucr. V 1265; Verg. Aen. VI 848; VII 634), in the second one an expert on art is speaking. s ) Carm. II 15, 14sqq.; 18, 17sqq.; III 1, 33sqq.; 24, 3sqq.; Sat. I 6, 42sqq.; Epist. I 1, 85sqq.; II 2, 72sqq. The metaphor aurum vestibus inlitum ( K I E S S L I N G - H E I N Z E : „t. t. von der Vergoldung, z. B. der Zimmerdecke oder des Marmors") for the first time in Horace (Carm. IV 9, 14), but also in Seneca (Phaedr. 387; Epist. 119, 11), cf. etiam Mart. Cap. 6, 551.
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Borivoj Borecky
had in mind the well known picture of construction work. Thus the manual work of building workers in addition to that of the blacksmith and of the faber aerarius was of the greatest importance for Horace's imagery of the type mentioned. This conclusion seems to be quite natural. The philosophically educated poet of the Augustan period, who preferred to lead a solitary life in the circle of his friends, realised the distance between himself and the common people and their work. He came in touch with the manual work of the craftsman undoubtedly occasionally and seldom. The knowledge which he acquired on these occasions he used only for developing some tropes of traditional types. But on the whole the importance of the manual work of craftsmen for Horace's imagination is a limited one. I t does not exceed the traditional limits with the exceptions mentioned above, especially with the exception of construction work. It was just this work he could observe almost daily during his stay in Rome and also during the time of his travelling out of Rome 1 ). No wonder therefore that he knew it better than any other kind of craftsman's manual work, and t h a t it was just this work which inspired his imagination mostly in a quite new and original way. x ) The busy building activity of the Augustan period is reflected on a large scale in the literature of this time. It did not only inspire the imagination of the poets, but gave also rise to criticism, the traces of which can be found in Horace (e. g. Carm. I I 1 5 , 1 sqq.; 17sqq.; III 1, 45sqq.)
Martiis caelebs quid agam Kalendis1) (Zu Horaz Od. III 8) KAZIMIEEZ KUMANIECKJ,
Warszawa
Im Gegensatz zu R. HEINZE, der in seiner Einleitung zum Gedicht die Ansicht äußert, daß die Ode I I I 8 am ersten März des Jahres 28 entstanden sei, bin ich der Meinung, daß den einzigen sicheren Anhaltspunkt zur Datierung des Gedichtes die inneren Kämpfe im Partherreich bilden, die in V. 19/20 der Ode in den Worten „Medus infestus sibi luctuosis dissidet armis" ihren Ausdruck finden. Wir erfahren von den Kämpfen zwischen dem Partherkönige Phrahates IV. und dem Gegenkönig Tiridates I I . zuerst in den Jahren 31/30 und alsdann in den Jahren 26/25. Soweit es sich um den ersten Krieg handelt, so begann dieser im Frühjahr des Jahres 31, als Arsakides Tiridates, an der Spitze der Opposition stehend, zum Gegenkönig erhoben wurde2). Im Spätherbst des Jahres 30 gewann endlich Phrahates die Oberhand. Tiridates war gezwungen, nach der römischen Provinz Syrien zu fliehen. Dieser Stand der Dinge dauerte bis zum Jahre 26 an. Im Frühjahr des Jahres 26 3 ) trat Tiridates wiederum zu AngrifFshandlungen gegen Phrahates an — es ist möglich, daß es mit freundlicher Unterstützung Roms geschah — und überschritt den Euphrat. Die dramatischen und wechselnden Schicksale des nahezu zwei Jahre lang geführten Krieges werden uns durch die Inschriften der Tetradrachmen überliefert, die aus dem Gebiet von Mesopotamien stammen. So prägte man beispielsweise noch im April des Jahres 26 in diesem Gebiet Münzen des Phrahates, doch im Mai desselben Jahres schon solche des Tiridates. Die Münzen aus den Monaten August, September und November des Jahres 26 tragen wiederum die Inschrift mit dem Namen des Phrahates, während im März des Jahres 25 zum letztenmal eine von Tiridates geprägte Münze erscheint. Im Mai haben wir wieder Münzen mit dem Namen Phrahates 4 ). Daraus kann man schließen, 1)
Der volle Text erschien in der polnischen Zeitschrift Eos 50, 1959/60, 147—153.
2)
Vgl. W . SCHUB R E 18, 2, 1949, Sp. 1997 s. v. Parthia.
3)
Ein solches Datum, gestützt auf die Münzen von Seleukia, nehmen sowohl Nelson C. DEBEVOISE, A political history of Parthia, Chicago, III. 1938, als auch SCHUB, a. a. O., Sp. 1998 an. 4 ) Vgl. die Zusammenstellung bei DEBEVOISE, a. a. O., 137, gestützt auf Robert Mc. DOWELL, Coins from Seleucia on the Tigris, Ann Arbor 1935 (University of Michigan Studies, Humanistic Series 37), S. 185.
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KAZIMIERZ KTJMANIECKI
daß Tiridates im April des Jahres 25 endgültig besiegt und aus dem Partherreich verdrängt wurde. Justinus 42,5,6 gibt an, daß Tiridates dazumal nach Spanien flüchtete und sich unter Augustus' Schutz begab. Aus dem, was wir gesagt haben, geht hervor, daß der innere Krieg im Partherreich in den Jahren 31/30 und 26/25 geführt wurde. Phrahates herrschte in den Jahren 29—27 unangefochten im ganzen Gebiet seines Reiches. Das Horazsche Gedicht konnte also entweder in den Jahren 31/30 oder in den Jahren 26/25 entstanden sein. Die Datierung des Gedichtes in die Jahre 31/30 ist jedoch vollkommen abwegig, und zwar im Hinblick auf die Erwähnung der Unterjochung der Kantabrer in demselben Gedichte (V. 21/22), da die erste, nicht langdauernde Unterjochung dprch Taurus Statilius erst im Jahre 29 stattfand 1 ). Auch die Erwähnung der Skythen, „die sich von den Feldern zurückzuziehen beabsichtigten", (V. 23/24) konnte nicht in den Jahren 31/30 erfolgt sein. Es verbleiben also zwei für die Annahme zulässige Daten: Der l.März des Jahres 26 oder der 1. März des Jahres 25. Wenn wir eine Wahl zwischen diesen Daten treffen wollen, so gebietet uns die Analyse der numismatischen Funde, daß wir uns für das Jahr 25 entscheiden, und zwar aus folgenden Erwägungen: Die Tatsache, daß im April des Jahres 26 Phrahates in dem Gebiet von Mesopotamien Münzen prägt, Tiridates dagegen im Mai, läßt darauf schließen, daß das unerwartet 2 ) schnelle Zuschlagen des Tiridates im April des Jahres 26 stattgefunden hat, während dagegen die Horazsche Ode am 1. März entstanden ist; wenn man ferner bedenkt, daß man bis zu dem Eintreffen der Nachrichten in Rom über diese Ereignisse ungefähr mit einer Zeit von 6 Wochen rechnen mußte, so scheint eine Datierung des Gedichtes auf den 1. März 26 ausgeschlossen. Viel wahrscheinlicher ist dagegen die Datierung auf den 1. März 25, als nämlich Tiridates und nicht Phrahates Mesopotamien in Besitz hatte, was Horaz mit Optimismus erfüllte. Für die Annahme, daß die Ode am 1. März des Jahres 25 geschaffen wurde, spricht auch die Erwähnung der Unterjochung Kantabriens „durch die späte Kette". R. H E I N Z E bezog diese Erwähnung auf die Besiegung der Kantabrer durch Statilius Taurus im Jahre 29. Jedoch angesichts des Umstandes, daß den einzig sicheren Anhaltspunkt für die Datierung des Gedichtes die Kämpfe innerhalb des Partherreiches bilden und ihre Erwähnung uns in die Zeit der Jahre 26/25 führt, ist es für mich klar, daß die Erwähnung der Kantabrerunterjochung sich auf die von Augustus mit diesem Gebirgsstamm in den Jahren 26—25 geführten Kämpfe bezieht und nicht auf den Taurussieg vom Jahre 29. Dank dem Bericht Dios wissen wir, daß nach dem !) Vgl. Cassius Dio 51, 20, 5. ) Der Angriff erfolgte so schnell und unerwartet, daß Phrahates sich gezwungen sah, seinen Harem auf der kleinen Insel unweit von Belesi Biblida zu töten, vgl. Isidorus Characenus, Mansiones Parthicae I, zitiert bei D E B E V O I S E , a. a. O., 137. 2
Martiis caelebs quid agam Kalendis (Zu Horaz Od. III 8)
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Sieg des Taurus die Kämpfe mit den Kantabrern im Jahre 29 fortdauerten (Cass. Dio 51, 20,5). Es kann sein, daß sie noch im Jahre 28 währten; jedenfalls fand am 1. Juni des Jahres 28 der Triumph ex Hispania des C. Calvisius Sabinus statt 1 ). Im Jahre 27 weilt Augustus in Spanien2), um die dortigen Angelegenheiten zu ordnen. Im Jahre 26 bricht ein gefährlicher Aufstand der Kantabrer und Asturer aus, der Augustus von dem geplanten Feldzug gegen Britannien abhält 3 ). Dieser Aufstand wurde erst im Jahre 25 niedergeschlagen4). Zum Zeichen des endgültigen Sieges über die Kantabrer und dafür, daß der Frieden gesichert sei, beschloß damals der Senat auch die Schließung des Janustempels 5 ). Aus den angeführten Tatsachen geht also hervor, daß die Worte über die späte Unterjochung nicht im März 26, dem Zeitpunkt des Ausbruchs des großen kantabrischen Aufstandes, geschrieben sein konnten, sondern am 1. März 25, als der Aufstand erlosch oder gänzlich niedergeschlagen wurde. Es ist klar, daß der Ausdruck von der den Kantabrern „spät" angelegten Kette eher auf das Jahr 25 bezogen werden kann als auf das Jahr 29, wie es H E I N Z E tun wollte. Es verbleibt uns noch die Erwähnung zu klären, die sich auf die Skythen bezieht, welche, wie es heisst, „sich von den Feldern zurückzuziehen beabsichtigten". H E I N Z E , der das Gedicht auf das Jahr 28 datierte, hatte offensichtlich mit der Auslegung dieser Erwähnung viele Schwierigkeiten. Er gab zu, daß von Siegen über die Skythen aus diesem Jahr nichts bekannt sei, und er stellte folgende vorsichtige und nicht überzeugende Hypothese auf: „Es mögen an den Kämpfen der Daker gegen die Römer auch die skythischen Scharen beteiligt gewesen sein, oder Horaz erwartet von den Siegen des Crassus eine Wirkung auch auf die Nachbarstämme". Im Gegensatz zu diesen nicht überzeugenden Hypothesen läßt sich die Zitierung der Skythen, die sich von den Feldern zurückzuziehen beabsichtigten, verhältnismäßig leicht erklären, wenn wir das Gedicht auf das Jahr 25 datieren. Schon allein die vorsichtige Formulierung von den Skythen, „die sich aus den Feldern zurückzuziehen beabsichtigen", weist darauf hin, daß es sich nicht um das Ergebnis eines römischen Sieges über die Skythen handelt. Ich bin überzeugt, daß das eine Anspielung auf die skythische Gesandtschaft ist, die eben im Jahre 25 zu Augustus kam, der damals in Tarraco weilte, und ihm ihre Freundschaft anbot.6) So also paßt sowohl die Erwähnung der Kämpfe innerhalb des Partherreichs als auch der Unterjochung der Kantabrer als auch endlich der mit friedlichen Absichten umgehenden Skythen auf den 1. März des Jahres 25. !) Vgl. CIL F , S. 77. 2 ) Vgl. Cassius Dio 53, 22, 5. 3 ) Cassius Dio 53, 25, 2. 4 ) Cassius Dio 53, 25, 2—8. 6) Cassius Dio 53, 27, 1. 6 ) Vgl. Orosius 6, 21, 19 undMon. Ancyranum 5,51 : Nostrani amioitiam petierunt per legatos Bastarnae Scythaeque et Sarmatum qui sunt citra flumen Tanaim et ultra reges. 2 Rom. Lit.
Kritische Bemerkungen zu Suetons Vita Horati WIKTOR STEFFEN,
Poznan
Die Anregung zu diesem Vortrag fand ich in dem sehr nützlichen Büchlein „ H o r a z n. Nachwort und bibliographische Nachträge" von E. B T J E C K (Berlin 1957), das mir der Verfasser kurz nach meinem Besuch in Kiel freundlichst überreicht hat. In diesem Büchlein ist dem Nachwort und den bibliographischen Nachträgen Suetons Lebensbeschreibung des Horaz unter dem Titel ,,E Suetoni vita Horati" in einer auf den neusten Forschungsergebnissen basierenden Fassung vorausgeschickt. Die Überschrift ,,E Suetoni vita Horati" scheint darauf hinzudeuten, daß auch der neuste Herausgeber der Vita sich der allgemeinen Ansicht anschließt, daß uns die Vita in einer gekürzten oder verstümmelten Form vorliege. Man vermißt z. B. eine Angabe über die Erziehung des Dichters vor seiner Reise nach Athen sowie ein Werkverzeichnis, das vor der Erwähnung der unechten Schriften des Dichters gestanden hätte, wo schon 0 . J A H N eine Lücke festzustellen glaubte. Aber auch im überlieferten Text bleiben trotz mehrerer überzeugender Verbesserungen einige Stellen, die noch immer einer zufriedenstellenden Emendation harren. Die Vita ist in knapper Form und in sehr gedrängtem Stil abgefaßt. Man kann sich kaum des Eindrucks erwehren, daß es dem Verfasser nur um eine Darstellung der wichtigsten Ereignisse im Leben des Dichters ging, und zwar am meisten um seine Beziehungen zu Maecenas und Augustus. Gerade diese Beziehungen werden sozusagen dokumentarisch unter Heranziehung von schriftlichen und mündlichen Aussagen der beiden großen Gönner des Dichters in den Vordergrund der Betrachtung gerückt. Alle übrigen Tatsachen werden nur knapp und nüchtern notiert. Die Verknüpfung der einzelnen Teile der Vita ist so straff, daß man außer an einer Stelle, auf die wir noch zu sprechen kommen, an größere Auslassungen kaum denken darf. Der Anfang der Vita ist formelhaft und entspricht etwa den Eingangsformeln in den Biographien der Viri illustres bei Cornelius Nepos. Diese Tatsache bietet uns ein hinreichendes Zeugnis dafür, daß der Anfang der Biographie unversehrt ist. In einem einzigen Satz wird uns hier über die Herkunft und die Laufbahn des Dichters bis zu seinem Schreiberdienst beim
Kritische Bemerkungen zu Suetons Vita Horati
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Quaestor berichtet. Der gut aufgebaute Satz ist so zusammengefügt, daß ein Wegfall eventueller Angaben über die Erziehung des Dichters überhaupt nicht erwogen werden darf. Als weiteres Ereignis im Leben des Dichters wird folgerichtig sein Freundschaftsverhältnis zu Maecenas und Augustus geschildert, und zwar in der tatsächlichen und allgemein anerkannten Aufeinanderfolge der Aufnahme der freundlichen Beziehungen. Es wird besonders darauf hingewiesen, wie sehr die beiden großen Männer sich um die Freundschaft des Dichters bemühten und wie hoch sie ihn zu schätzen wußten. Ihre schriftlichen und mündlichen Aussagen über ihr Verhältnis zum Dichter sind ganz klar und eindeutig. Als Beweis für Maecenas' Zuneigung gegenüber dem Dichter wird ein Epigramm des ersteren in folgendem Wortlaut angeführt: ni te visceribus meis, Horati, plus iam diligo, tu tu(u)m sodalem nimio videas strigosiorem. Die Lesart der Handschriften am Anfang des dritten Verses nimio ist metrisch falsch. Alle Versuche, diese Stelle zu heilen, sind ergebnislos gescheitert. Es bietet sich m. E. nur eine Möglichkeit, den Überlieferungsfehler zu beseitigen, wenn man nämlich omnino statt des überlieferten nimio schreibt. Die Ausdrucksweise omnino strigosior, im bildlichen Sinne 'überhaupt zurückhaltender', dürfte bei Cicero, Brutus 64, eine Stütze finden, wo von Lysias gesagt wird, daß er trotz mancher Ausdruckskraft genere toto strigosior sei. Die Parallele dieser Ausdrucksform ist schlagend und, wie es mir scheint, für das Maecenas-Epigramm entscheidend. Nach der Erwähnung der Beziehungen zwischen Maecenas und Horaz geht der Verfasser der Vita zur Darstellung des Verhältnisses des Augustus zum Dichter über. Er zitiert einige Stellen aus den Briefen des Augustus an Maecenas und Horaz, aus denen ganz deutlich hervorgeht, wie sehr der Herrscher um die Freundschaft und Zuneigung des Dichters bemüht war. Als er einige Sermones des Dichters gelesen hatte, soll er sich beim Dichter beklagt haben, daß dieser ihn in den Sermones nicht angeredet habe: irasci me tibi scito, quod non in plerisque eiusmodi scriptis mecum potissimum loquaris. an vereris, ne apud posteros infame tibi sit, quod videaris familiaris nobis esse? Nach diesem Zitat folgt der Anfang einer Ekloge, der Epist. I I 1, welche die Zurückhaltung des Dichters folgendermaßen rechtfertigen sollte: cum tot sustineas et tanta negotia solus, res Italas armis tuteris, moribus ornes, legibus emendes: in publica commoda peccem, si longo sermone morer tua tempora, Caesar. 2*
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WIKTOR STEFFEN
Die Art, in welcher diese Verse in der Vita angeführt werden, deutet offensichtlich auf eine Entstellung des Textes an dieser Stelle hin. Nach einem einleitenden Hauptsatz folgt eine Reihe parataktisch angeordneter, abhängiger Nebensätze, die mit der wörtlich angeführten Aussage des Augustus abgeschlossen werden. Ich zitiere diese Stelle: scripta quidem eius usque adeo probavit mansuraque perpetua opinatus est, ut non modo saeculare Carmen conponendum i n i u n x e r i t , sed et Vindelicam victoriam Tiberii Drusique privignorum suorum eumque c o e g e r i t propter hoc tribus carminum libris ex longo intervallo quartum addere, post sermones vero quosdam lectos nullam sui mentionem habitam ita s i t q u e s t u s : irasci me tibi scito, quod non in plerisque eiusmodi scriptis mecurn potissimum loquaris. an vereris, ne ajmd posteros infame tibi sit, quod videaris familiaris nobis esse ? Man möchte hier gerne den Schluß des ziemlich langen Satzes oder einen weiteren Konsekutivsatz sehen wollen, der die Konstruktion des Satzgefüges aufrechterhalten könnte. Aber es folgt darauf ganz unerwartet ein eng angeschlossener Hauptsatz expressitque eclogam ad se, der syntaktisch an den einleitenden Hauptsatz anknüpft. Die Verbindung der Sätze scripta quidem eius usque adeo probavit mansuraque perpetua opinatus est und expressitque eclogam ad se gibt keinen logischen Zusammenhang. Das ist besonders auffallend, da im übrigen der Aufbau und Gedankengang der Vita niemals gegen die Logik verstößt. Wenn wir nicht wüßten, daß die zitierten Verse aus Horazens Epist. I I 1 stammen, könnten wir den Sinn des Satzes expressitque eclogam ad se so auffassen, als ob Augustus eine ecloga ad se verfaßt hätte, in der er sich mit der Zurückhaltung des Dichters befaßte. Alle Schwierigkeiten, die bei der Interpretation dieser Stelle auftauchen, werden am besten behoben, wenn man statt expressitque eclogam mit Lachmann und Reifferscheid expresseritque eclogam liest — eine Verbesserung, die leider von den neuesten Herausgebern in den Text nicht aufgenommen wurde. Durch diese Verbesserung wird der Anfang der Ekloge in das Satzgefüge richtig eingereiht, und wir erhalten dann einen klaren und eindeutigen Sinn des Berichtes über das Verhältnis des Augustus zu Horaz. Wir erfahren nämlich, daß Augustus die Gedichte des Horaz so hoch schätzte und von ihrer ewigen Dauer so überzeugt war, daß er den Dichter nicht nur zur Abfassung des Carmen saeculare und der Beschreibung des Sieges seiner Stiefsöhne, Tiberius und Drusus, anregte, sondern auch auf ihn einen Druck ausübte, den drei Büchern der carmina nach einer langen Zeitspanne ein viertes hinzuzufügen, und darüber hinaus durch seinen Vorwurf wegen seiner Nichtberücksichtigung in den Sermones den Dichter zum Verfassen eines Gedichtes an ihn nötigte, in dem der Dichter seine Zurückhaltung mit den staatlichen Pflichten des Augustus rechtfertigte, in denen er ihn mit seinen Gedichten nicht stören wollte. Der nächste Absatz der Vita handelt über die äußere Gestalt des Dichters.
Kritische Bemerkungen zu Suetons Vita Horati
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Er war habitu corporis brevis atque obesus, qualis et a semet ipso in saturis describitur. An diese Gestalt spielte auch Augustus in einem Briefe an Horaz an, nachdem ihm ein Büchlein mit seinen Gedichten durch Onysius überbracht worden war. Die darauf sich beziehende Bemerkung des Augustus lautet: vereri autem mihi videris, ne maiores libelli tui sint quam ipse es. sed tibi statura deest, corpusculum non deest. itaque licebit in sextariolo scribas, quo circuitus voluminis tui sit oyxcodearaTog, sicut est ventriculi tui. In diesem Satz ist schon von F. Leo und neuerdings auch von E. F r a e n k e l der Superlativ oyxcodeararog beanstandet worden. Man glaubt, nach quo einen Komparativ oyxojdeaxsQog setzen zu müssen. Aber das widerspricht offensichtlich dem lateinischen Sprachgefühl. Der Komparativ oytcmdearegog wäre nur dann erwünscht, wenn im Satz der Vergleich sicut est ventriculi tui ausbliebe. In diesem Falle könnte man das quo als ein finales ut eo auffassen, dem dann ein Komparativ folgen müßte. Aber in dem hier besprochenen Satz kann das quo nur in der Bedeutung „wodurch" verstanden werden. Denn es geht Augustus darum, daß die Bücher des Dichters möglichst großen Umfang erhalten. Und bei dieser Interpretation ist der Superlativ unerläßlich. Burck behält ihn auch in seinem Texte der Vita. Größere Schwierigkeiten melden sich bei der Betrachtung der Angaben über Horazens geschlechtliches Verhältnis zu den Frauen. Darüber lesen wir bei Sueton: Ad res venereas intemperantior traditur; nam speculato cubiculo scorta dicitur habuisse disposita, ut quocumque respexisset, ibi ei imago coitus referretur. Den Anfang des Satzes hat G l a e s e r verständlicher gemacht, indem er statt des überlieferten speculato cubiculo — specula to(to) cubiculo schrieb. Den dadurch als überflüssig erscheinenden Ausdruck scorta tilgte dann Sudhaus. Seitdem ließt man den Satz folgendermaßen: nam specula to(to) cubiculo dicitur habuisse disposita. Man könnte diese Gestaltung des Textes wohl in Kauf nehmen, wenn man nur erklären könnte, wie das überflüssige Wort scorta in den Text eingedrungen sei. Ich glaube, man muß hier einen anderen Weg einschlagen, um den ursprünglichen Text herauszuheben. Ich sehe in scorta ein ursprüngliches serta. Dieses von vornherein nicht ganz verständliche serta wurde offensichtlich von einem Kommentator durch den Ausdruck disposita erklärt, der dann in den originalen Text eingedrungen ist. Der Satz lautete also ursprünglich: nam specula toto cubiculo serta dicitur habuisse, d. h.: „Es wird berichtet, er hätte im ganzen Zimmer aneinandergereihte Spiegel gehabt." Serere ist ein bildlicher Ausdruck für das kettenartige Zusammenfügen oder Nebeneinanderstellen von Dingen, die dann ein zusammenhängendes Gefüge bilden. Man kann sich leicht vorstellen, daß die an allen Wänden di