Regulierung von Eigentumssicherheiten an beweglichen Sachen: Reformüberlegungen auf rechtsvergleichender Grundlage 9783161530739, 9783161529436

Henry Matz leistet einen Beitrag zur Reform der Mobiliarkreditsicherheiten - insbesondere der Eigentumssicherheiten - in

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German Pages 443 [444] Year 2014

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Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata
A. Grundlagen
I. Klärung notwendiger Begriffe
1. Der Begriff der Kreditsicherheit
a. Ausgangspunkt
b. Mangel einer gesetzlichen Definition
c. Wiederkehrende Merkmale der Kreditsicherheiten
(i) Besserstellung des Gläubigers im Verhältnis zur pro-rata-Befriedigung
(ii) Zuordnung eines Vermögensgegenstands
(iii) Abhängigkeit von der gesicherten Forderung aufgrund der Zweckrichtung der Zuordnung
d. Zusammenfassung
e. Weitere Verwendung des Begriffs der Kreditsicherheit in der Arbeit
2. Der Begriff der Eigentumssicherheit
a. Definition
b. Typologie der Eigentumssicherheiten
(i) Eigentumssicherheiten des Warenkreditgebers
(a) Eigentumsvorbehalt
(b) Das Finanzierungsleasing
(c) Die Verkaufskommission
(ii) Eigentumssicherheiten des Geldkreditgebers
(a) Die Sicherungsübereignung
(b) Der Wiederkauf/Sicherungskauf
(c) Das sale and lease-back-Verfahren
(d) Die fiducie-sûreté
c. Zusammenfassung
II. Motive für Kreditsicherung aus ökonomischer Sicht
1. Makroökonomische Gesichtspunkte
2. Motive für Kreditsicherheiten im Einzelnen Vertragsverhältnis
a. Interessen des Kreditgebers
(i) Absicherung gegen den Ausfall des Kreditnehmers
(ii) Verringerung des Informationsaufwands
(iii) Schaffung eines Anreizes für die Kreditrückzahlung
(iv) Unkomplizierte Befriedigung und Kontrolle über die Verwertung einer Sache
b. Interessen des Kreditnehmers
(i) Interesse an der Kreditgewährung; Interesse an günstigem Kredit
(ii) Interesse an schneller Entscheidung über die Kreditgewährung und an langer Laufzeit
III. Geschichtlicher Überblick über das Kreditsicherungsrecht der beweglichen Sachen, besonders der Rolle des Eigentums als Mittel der Kreditsicherung
1. Von der altrömischen in die vorklassische und klassische Zeit
a. Die fiducia cum creditore contracta
b. Das pignus
2. Entwicklungen in der nachklassischen Zeit und unter Justinian
a. Absterben der fiducia
b. Das pignus
3. Ausblick auf das Zeitalter der Rezeption und der Kodifikationen
B. Regulierung von Eigentumssicherheiten de lege lata in verschiedenen Rechtsordnungen
I. Eigentumssicherheiten in ausgewählten zivilistischen Rechtsordnungen: Deutschland, Schweiz, Frankreich und Québec
1. Situation des Warenkreditgebers
a. Der Eigentumsvorbehalt
(i) Seine Bedeutung
(ii) Wirksame Begründung inter partes
(iii) Regelung der Drittwirksamkeit
(iv) Erfasste Vermögensgegenstände
(v) Rechte und Pflichten der Parteien während der gesicherten Transaktion
(vi) Verwertung des Rechts
(vii) Stellung des Vorbehaltsverkäufers in der Insolvenz des Schuldners
(viii) Anmerkung zur Rechtsnatur des Eigentumsvorbehalts
b. Das Finanzierungsleasing
2. Situation des Geldkreditgebers
a. Die sicherungsweise Übertragung von Sachen auf den Gläubiger oder in ein Sondervermögen
(i) Bedeutung
(ii) Wirksamkeit inter partes
(iii) Drittwirksamkeit
(iv) Erfasste Vermögensgegenstände
(v) Rechte und Pflichten der Parteien während der Dauer der gesicherten Transaktion
(vi) Verwertung des Rechts
(vii) Stellung in der Insolvenz des Schuldners
(viii) Anmerkung zur Rechtsnatur von Sicherungseigentum und fiducie
b. Das Wiederkaufsrecht
II. Article 9 UCC und Eigentumssicherheiten
1. Hintergrund des Article 9 UCC
a. Geschichtlicher Hintergrund des Article 9 UCC
(i) Die Arbeiten am Uniform Commercial Code
(ii) Der Zustand des alten Kreditsicherungsrechts der Vereinigten Staaten
(iii) Zusammenfassung
b. Regelungsziele des Article 9 UCC
c. Die Definition eines einheitlichen Kreditsicherungsrechts als Kernstück des Ansatzes
(i) Der unitäre Ansatz (unitary approach)
(ii) Die dogmatische Konzeption des security interest
(iii) Die Funktionsweise von Article 9 UCC
(iv) Die Anwendung der funktionalen Sichtweise
d. Umgang von Article 9 UCC mit schwierigen Wertungsfällen
2. Regulierung im Einzelnen: Voraussetzungen und Wirkungen des Article 9-security interest
a. Inter partes-Wirksamkeit des security interest
b. Perfektionierung des security interest
c. Erfasste Vermögensgegenstände
d. Rechte und Pflichten der Parteien während der gesicherten Transaktion
e. Verwertung des Rechts
f. Stellung in der Insolvenz des Sicherungsgebers
III. Die kanadischen Personal Property Security Acts und Eigentumssicherheiten
1. Hintergrund der kanadischen PPSAs
2. Regulierung im Einzelnen
IV. Soft Law und Eigentumssicherheiten: Der UNCITRAL Legislative Guide und der Draft Common Frame of Reference (DCFR)
1. Der UNCITRAL Legislative Guide on Secured Transactions
a. Hintergrund
(i) UNCITRAL: Die Organisation
(ii) Nicht bindende Rechtsnormen der UNCITRAL
(iii) Arbeit auf dem Gebiet der Kreditsicherheiten
(iv) Der regulatorische Grundansatz des Leitfadens zu den Kreditsicherheiten
b. Regulierung im Einzelnen
(i) Wirksamkeit der Kreditsicherheit inter partes
(ii) Drittwirksamkeit
(iii) Rechte und Pflichten der Parteien während der gesicherten Transaktion
(iv) Erfasste Vermögensgegenstände
(v) Verwertung des Rechts
(vi) Stellung des Gläubigers in der Insolvenz des Sicherungsgebers
2. Der Draft Common Frame of Reference (DCFR)
a. Hintergründe
(i) Die Europäische Kommission und der Common Frame of Reference
(ii) Die Rechtswissenschaft und der „Draft“ Common Frame of Reference
(iii) Der regulatorische Grundansatz des Buch IX des DCFR
b. Regulierung im Einzelnen
(i) Wirksamkeit der Kreditsicherheit inter partes
(ii) Drittwirksamkeit
(iii) Rechte und Pflichten der Parteien während der gesicherten Transaktion
(iv) Erfasste Vermögensgegenstände
(v) Verwertung des Rechts
(vi) Stellung des Gläubigers in der Insolvenz des Sicherungsgebers
C. Systematik der vorgefundenen Regulierungsansätze
I. Kriterien der Systematik
II. Grundlegender Regulierungsansatz
1. Sieht das Gesetz die Verwendung von Eigentumssicherheiten vor?
a. Grunderkenntnisse
b. In welchem Masse ist die Verwendung von Eigentumssicherheiten möglich?
2. Inwieweit werden die Eigentumssicherheiten eigenständig reguliert?
3. Zusammenfassung
III. Inhaltliche Regulierung der zulässigen Eigentumssicherheiten
1. Eigentumsvorbehalt
a. Wirksamkeit inter partes
b. Drittwirksamkeit
c. Erfasste Vermögensgegenstände
d. Verwertung der Position des Eigentumsvorbehaltsverkäufers
e. Stellung des Vorbehaltsverkäufers in der Insolvenz des Schuldners
2. Sicherungseigentum und fiducie-sûreté
a. Wirksamkeit inter partes
b. Drittwirksamkeit
c. Erfasste Vermögensgegenstände
d. Verwertung
e. Stellung in der Insolvenz des Schuldners
IV. Zusammenfassende Bewertung der vorgefundenen Regulierungsansätze
Teil 2: Fallstudien
A. Einleitung
B. Fallbeispiele für die Situation des Warenkreditgebers
I. Fallbeispiel 1: Die Sicherung des Erwerbskreditgebers
1. Zum Sinn und Zweck der Sicherung des Erwerbskreditgebers
2. Mögliche Praxisfälle
3. Das Fallbeispiel
4. Lösung des Fallbeispiels
a. Lösung nach deutschem Recht
(i) Rechte des Verkäufers V an der Maschine
(ii) Rechte des X
(iii) Möglichkeit des X, in die Rechtsstellung des V einzutreten?
b. Lösung nach schweizerischem Recht
(i) Rechte des Verkäufers V an der Maschine
(ii) Rechte des X
(iii) Möglichkeit des X, in die Rechtsstellung des V einzutreten?
c. Lösung nach dem Recht des UCC und verwandter Systeme
(i) Rechte des Verkäufers V an der Maschine
(ii) Rechte des X
(iii) Möglichkeit des X, in die Rechtsstellung des V einzutreten?
d. Lösung nach dem Recht der Provinz Québec
(i) Rechte des Verkäufers V an der Maschine
(ii) Rechte des X
(iii) Möglichkeit des X, in die Rechtsstellung des V einzutreten?
e. Zusammenfassungen
II. Fallbeispiel 2: True Leasing vs. Security Leasing
1. Zu den Schnittstellen von Leasing und Kreditsicherung
2. Mögliche Praxisfälle
3. Das Fallbeispiel
4. Lösung des Fallbeispiels
a. Der Ausgangsfall
(i) Lösung nach deutschem Recht
(ii) Lösung nach dem Recht des UCC
(iii) Lösung nach dem Recht der kanadischen PPSAs
(iv) Lösung nach dem Recht des DCFR
(v) Lösung nach dem Recht der Provinz Québec
b. Lösung der Abwandlung
(i) Lösung nach dem Recht des UCC
(ii) Lösung nach dem Recht der kanadischen PPSAs
c. Zusammenfassungen
C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers
I. Fallbeispiel 1: Verfügung über den Sicherungsgegenstand (right of use)
1. Das dahinter stehende Gläubigerinteresse
2. Mögliche Praxisfälle
3. Das Fallbeispiel
4. Lösung des Fallbeispiels
a. Lösung nach deutschem Recht
(i) Lösungsübersicht bei sicherungsweiser Übertragung des Eigentums
(a) Zusammenhang zwischen Eigentum und Verfügung
(b) Zum Ablauf der Übertragung von Rechten an Wertpapieren im deutschen Recht
(c) Das Sicherungseigentum als Alternative für ein Verwendungsrecht (right of use)?
(d) Ergebnis
(ii) Frage 2: Lösungsübersicht bei beschränktem dinglichen Sicherungsrecht
(a) Vorüberlegungen zur Verpfändung
(b) Einfluss der Finanzdienstleistungsrichtlinie
(c) Kritik an der Regelung des Art. 5 der Richtlinie
(d) Eigene Stellungnahme
(e) Folge für den vorliegenden Fall
(iii) Zusammenfassung zum deutschen Recht
b. Lösung nach schweizerischem Recht
(i) Der Unterschied zum deutschen Recht
(ii) Wie können Bucheffekten als Kreditsicherheit verwendet werden?
(iii) Das Nutzungsrecht der Verwahrungsstelle nach Art. 22 und 23 BEG
(iv) Zusammenfassung zum schweizerischen Recht
(v) Anwendung auf den vorliegenden Fall
c. Lösung nach dem Recht des Article 9 Uniform Commercial Code
(i) Übersicht
(ii) Das repledge nach Article 9 UCC
(a) Der Begriff. Art. 9-207 und 9-314 UCC
(b) Der Anwendungsbereich des repledge – das indirect holding system
(c) Auswirkungen der Article 9 UCC-Reform 1999: Das impairing repledge
(d) Das Charakterisierungsproblem
(iii) Neuere Entwicklungen: Rehypothecation zur Erfüllung von Verbindlichkeiten des Sicherungsnehmers (SP) aus Repo-Transaktionen
(a) Begriff und Zusammenhang mit Repo-Transaktionen
(b) Rehypothecation im Rahmen des Handels mit Derivaten, insbesondere im Rahmen von Over-the-Counter-Derivatives (OTCs)
(iv) Zusammenfassung zum amerikanischen Recht
(v) Lösung des Ausgangsfalls
d. Rechtslage unter dem Code civil québécois
e. Zusammenfassungen
II. Fallbeispiel 2: Notwendigkeit der zügigen Verwertung des Sicherungsgegenstands
1. Das dahinter stehende Gläubigerinteresse
2. Mögliche Praxis-Fälle
3. Das Fallbeispiel
4. Lösung des Fallbeispiels
a. Lösung nach deutschem Recht
(i) Frage 1: Lösungsübersicht bei bestelltem Pfandrecht
(a) Bestellung eines Pfandrechts
(b) Die Voraussetzungen der Verwertung nach allgemeinem Recht
(c) Die Ausnahme der „wesentlichen Wertminderung“
(d) Ergebnis zur Frage 1
(ii) Lösung der Frage 2
(a) S als Kaufmann
(b) Abkürzung durch privatvertragliche Einigung
(c) Der Einfluss der Finanzsicherheitenrichtlinie auf die Fragestellung
(d) Ergebnis zu Frage 2
(iii) Frage 3: Lösung bei Vereinbarung der Sicherungsübereignung
(a) Bei Fehlen einer Vereinbarung über die Verwertung
(b) Bei vertraglicher Einigung über die Verwertung
(c) Ergebnis zu Frage 3:
(iv) Systematik der Ergebnisse zum deutschen Recht
b. Lösung nach schweizerischem Recht
(i) Lösungsübersicht bei bestelltem Pfandrecht
(a) Lösung nach allgemeinem Recht
(b) Lösung im Fall der Geltung des Bucheffektengesetzes
(c) Ergebnis zu Frage 1
(ii) Frage 2: S als Kaufmann bzw. Unternehmer; Privatvertragliche abweichende Vereinbarung
(a) Nach allgemeinem Recht
(b) Nach Bucheffektengesetz
(c) Ergebnis zu Frage 2
(iii) Frage 3: Lösung für das Sicherungseigentum
(a) Nach allgemeinem Recht
(b) Nach Bucheffektengesetz
(c) Ergebnis zu Frage 3
(iv) Systematik der Ergebnisse zum schweizerischen Recht
c. Lösung nach französischem Recht
(i) Lösungsübersicht bei bestelltem Pfandrecht
(a) Allgemeines Pfandrecht
(b) Verpfändung von Depotkonten
(c) Ergebnis zu Frage 1
(ii) Frage 2: S als Kaufmann bzw. Unternehmer; Privatvertragliche abweichende Vereinbarung
(a) Allgemeines Pfandrecht
(b) Verwertung eines Depotkontos
(c) Ergebnis zur Frage 2
(iii) Frage 3: Lösung für das Sicherungseigentum
(iv) Systematik der Ergebnisse zum französischen Recht
d. Lösung nach dem Recht der Provinz Québec
(i) Lösungsübersicht bei bestelltem Pfandrecht
(a) Allgemeines Recht
(b) Verwertung von Bucheffekten (titres intermédiés/securities entitlements)
(c) Ergebnis zu Frage 1
(ii) Frage 2: S als Kaufmann bzw. Unternehmer; Privatvertragliche abweichende Vereinbarung
(a) Allgemeines Recht
(b) Verwertung von Bucheffekten (titres intermédiés/securities entitlements)
(c) Ergebnis zur Frage 2
(iii) Frage 3: Lösung für das Sicherungseigentum
(iv) Systematik der Ergebnisse zum Recht von Québec
e. Lösung nach dem Recht des Uniform Commercial Code
(i) Frage 1: Lösungsübersicht bei bestelltem Pfandrecht
(a) Grundlagen
(b) Die Verwertung
(c) Ergebnis zu Frage 1
(ii) Frage 2: S als Kaufmann bzw. Unternehmer; Privatvertragliche abweichende Vereinbarung
(iii) Frage 3: Lösung für das Sicherungseigentum
(iv) Systematik der Ergebnisse zum UCC-Recht
f. Vergleich der vorgefundenen Ergebnisse
(i) Anmerkung zu den Lösungen
(a) Anmerkungen zu den Regelungen des allgemeinen Rechts
(b) Anmerkungen zum Sachverhalt: Wertpapierrechte, die in einem Depotkonto gutgeschrieben sind
(ii) Abschliessende Bemerkung
D. Ergebnisse zu Teil 2
I. Ergebnisse zum Warenkredit
II. Ergebnisse zum Geldkredit
III. Zusammenfassung der Ergebnisse
Teil 3: Vergleich und normative Bewertung der Regulierungsmethoden
A. Vorbemerkungen
I. Gegenstand dieses Teils
II. Zur Vorgehensweise
B. Grundannahmen und Kriterien
I. Grundannahmen
II. Zu den Kriterien der Effektivität und der Effizienz
1. Effektivität
2. Effizienz
3. Grenzen der Aussagekraft von Effektivität und Effizienz
III. Zu den ökonomischen Aspekten von Kreditsicherheiten
1. Überblick über die ökonomische Analyse des Rechts
a. Wirtschaftswissenschaftlicher Hintergrund
b. Der Law and Economics-Ansatz als Teil der Neuen Institutionenökonomie
2. Die ökonomische Analyse der Kreditsicherheiten
a. Argumente der klassischen ökonomischen Theorie
b. Argumente der Neuen Institutionenökonomie
(i) Argumente aus der principle-agent-Theorie
(ii) Argumente aus der Transaktionskostenanalyse
(iii) Argumente der property rights-Analyse
IV. Das weitere Vorgehen
C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung beider Systeme
I. Die Entscheidung bezüglich des grundsätzlichen Ansatzes
1. Reichweite des Funktionalismus bei Article 9 UCC
2. Reichweite des Funktionalismus im deutschen und schweizerischen Recht
3. Bewertung beider Systeme
a. Argumente aus der Sicht des Effektivitätsgebots
b. Argumente aus Sicht der Kosten-Nutzen-Effizienz
c. Argumente aus der ökonomischen Betrachtung der Kreditsicherungsrechte
(i) Klassische ökonomische Sichtweise
(ii) Ansätze aus dem Bereich der Neuen Institutionenökonomik
(iii) Ergebnisse
4. Einfachere Rechtsanwendung beim unitären und funktionalen Ansatz?
a. Der Anspruch: Article 9 UCC und der Verzicht auf Konzeptionen des Sachenrechts
b. Die Wirklichkeit: Rückgriff auf sachenrechtliche Wertungen
(i) Leasing und Kommissionskauf
(ii) Die Vorzugsbehandlung des Warenkreditgebers vor dem Geldkreditgeber
(iii) Weitere Fälle
5. Lehren aus dem Code civil québécois?
6. Diskussion möglicher Anpassungen beim deutschen und schweizerischen Recht der Kreditsicherheiten
a. Erkenntnisse aus der vorangehenden Betrachtung
(i) In Bezug auf das Rechtssicherheitsniveau
(ii) In Bezug auf die Komplexität der Anwendung
b. Vorschlag: Unitärer oder pluraler Ansatz?
(i) Argumente für den pluralen Ansatz
(ii) Ergebnis
c. Weiterführende Überlegungen
7. Zusammenfassung
II. Entscheidung über die Regelung der Priorität/des Rangs zwischen verschiedenen Gläubigern hinsichtlich des gleichen Gegenstands
1. Das Grundprinzip der Priorität nach Article 9 UCC und den kanadischen PPSAs
2. Regulierung der Priorität im aktuellen deutschen und schweizerischen Recht
3. Bewertung beider Systeme
a. Argumente aus der Sicht des Effektivitätsgebots
b. Argumente aus der Sicht der Kosten-Nutzen-Effizienz
c. Argumente aus der ökonomischen Betrachtung der Kreditsicherungsrechte
(i) Klassische ökonomische Sichtweise
(ii) Ansätze aus der Neuen Institutionenökonomik
(iii) Ergebnis
4. Inkohärenz des amerikanischen Rechts im Bereich der Regelung der Priorität
a. Ostensible ownership-Fälle ausserhalb des Anwendungsbereichs von Article 9 UCC
b. Konflikt zwischen pmsi-Gläubigern
c. Ergebnis
5. Die Erfahrungen der Provinz Québec
6. Diskussion möglicher Anpassungen beim deutschen und schweizerischen Recht der Kreditsicherheiten
a. Erkenntnisse aus der obigen Darstellung
b. Zwischenergebnis
c. Praktische Vorschläge zum Publizitätserfordernis bei Eigentumssicherheiten
(i) Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung
(a) Der Eigentumsvorbehalt
(b) Die Sicherungsübereignung
(ii) Das Finanzierungsleasing
(iii) Andere Fälle der Trennung von Eigentum und Besitz
7. Zusammenfassung
III. Die Verwertung der Eigentumssicherheiten (ausserhalb der Insolvenz)
1. Die Regelung der Verwertung nach Article 9 UCC
2. Die Regelung der Verwertung in Deutschland und der Schweiz
3. Bewertung beider Systeme
a. Argumente aus der Sicht des Effektivitätsgebots
(i) Das Verfahren der Verwertung
(ii) Die Bedeutung des Eigentums an einer speziellen Sache
b. Argumente aus Sicht der Kosten-Nutzen-Effizienz
c. Argumente aus der ökonomischen Betrachtung der Kreditsicherungsrechte
(i) Klassische ökonomische Sichtweise
(ii) Ansätze aus dem Bereich der Neuen Institutionenökonomik
(iii) Ergebnisse
4. Mögliche Schwachpunkte bei Article 9 UCC
5. Die Erfahrungen der Provinz Québec
6. Diskussion möglicher Anpassungen beim deutschen und schweizerischen Recht der Kreditsicherheiten
a. Vorrang des Kaufrechts oder Vorrang des Rechts der Kreditsicherheiten?
b. Diskussion
(i) Das Recht der Kreditsicherheiten
(ii) Das Kaufrecht
(iii) Entscheidung im Grundsatz
(iv) Die übrigen gesicherten Gläubiger des Käufers
(a) Zuordnung eines Überschusses an den Käufer?
(b) Benachrichtigung der Inhaber von Rechten am Anwartschaftsrecht?
(c) Ergebnis
7. Zusammenfassung
IV. Die Stellung der Eigentumssicherheiten in der Insolvenz
1. Eigentumssicherheiten im Verfahren der US-amerikanischen bankruptcy
2. Eigentumssicherheiten in deutschen und schweizerischen Gesamtvollstreckungsverfahren
a. Deutsches Recht
b. Schweizerisches Recht
c. Zusammenfassung
3. Bewertung der Systeme
a. Argumente aus der Sicht des Effektivitätsgebots
(i) Vergleich
(ii) Zusammenfassung
b. Argumente aus Sicht der Kosten-Nutzen-Effizienz
(i) Vergleich
(ii) Zusammenfassung
c. Argumente aus der ökonomischen Betrachtung der Kreditsicherungsrechte und des Insolvenzrechts
4. Anmerkung zum US-amerikanischen Recht
5. Lehren aus der Provinz Québec?
6. Anpassungen im deutschen und schweizerischen Insolvenz- bzw. Konkursrecht?
a. Aussonderung oder Absonderung ?
(i) Das Sicherungseigentum
(ii) Der Eigentumsvorbehalt
b. Fortführung des Unternehmens in der Insolvenz
(i) Das Sicherungseigentum
(ii) Der Eigentumsvorbehalt
7. Zusammenfassung
D. Ergebnisse zu Teil 3
I. Gesamtergebnis
II. Einzelergebnisse
1. Zum unitären oder pluralen Ansatz
2. Zur Frage der Priorität bzw. des Rangs zwischen den gesicherten Gläubigern
3. Zur Verwertung der Eigentumssicherheiten ausserhalb der Insolvenz
4. Zur Stellung der Eigentumssicherheiten in der Insolvenz des Sicherungsgebers
Gesamtergebnisse
Literaturverzeichnis
Sachregister
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Regulierung von Eigentumssicherheiten an beweglichen Sachen: Reformüberlegungen auf rechtsvergleichender Grundlage
 9783161530739, 9783161529436

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Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 300 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:

Jürgen Basedow, Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann

Henry Matz

Regulierung von Eigentumssicherheiten an beweglichen Sachen Reformüberlegungen auf rechtsvergleichender Grundlage

Mohr Siebeck

Henry Matz, geboren 1979, Studium der Rechtswissenschaften in Potsdam und Genf. 2007–11 wissenschaftlicher Assistent an der Universität Genf in den Bereichen Internationales Privatrecht und Wirtschaftsrecht; 2010 Forschungsstipendium des Schweizerischen Nationalfonds für Aufenthalt an der McGill University in Montreal, Kanada; seit 2011 Justitiar bei der natGAS Aktiengesellschaft in Potsdam; 2013 Promotion.

e-ISBN PDF 978-3-16-153073-9 ISBN 978-3-16-152943-6 ISSN 0720-1141 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb. dnb.de abrufbar. © 2014  Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwer­ tung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elek­ tronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruck­ papier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.

Vorwort Der vorliegende Text entspricht weitgehend dem Text meiner Doktorarbeit, deren Soutenance am 6. März 2013 in Genf stattfand. Inhaltliche Änderungen habe ich lediglich in den Gesamtergebnissen vorgenommen, die nun in erweiterter Fassung vorliegen. Es ist mir eine grosse Freude und ein Anliegen, an dieser Stelle all denen zu danken, die am Gelingen dieses Werks Anteil haben. Ganz besonderer Dank gilt meinen beiden Doktorvätern, den Professoren Thomas Kadner Graziano und Bénédict Foëx. Professor Kadner war für mich ein Doktorvater im wahren Sinne. Die Jahre an seinem Lehrstuhl werden deshalb immer in bester Erinnerung bleiben. Ihm gebührt ganz herzlicher Dank für seine Unterstützung in allen Höhen und Tiefen! Seine Anregungen, insbesondere hinsichtlich der Methodik der Rechtsvergleichung, haben dieses Werk stark geprägt. Professor Foëx bin ich sehr dankbar für die Übernahme der co-tutelle. Seine Gedankenanstösse, insbesondere zu Detailfragen des Kreditsicherungsrechts, aber auch generell zum schweizerischen Recht, waren enorm hilfreich. Ein herzlicher Dank gilt auch den übrigen Mitgliedern der Jury: der Dekanin Christine Chappuis, dem Professor Sylvain Marchand und der Professorin Eva-Maria Kieninger. Die kanadischen Erfahrungen haben diese Arbeit stark mitgeprägt. Mir wurde das Glück zuteil, ein Stipendium des Schweizerischen Nationalfonds für einen Forschungsaufenthalt an der McGill University in Montréal zu erhalten, genauer am André Crépeau Centre for Private and Comparative Law. Auf kanadischer Seite hatte Professor Roderick A. Macdonald dieses Vorhaben ganz besonders gefördert. Er stand jederzeit für Diskussionen und Erläuterungen zur Verfügung. Durch seine Erfahrungen mit der Reform von Kreditsicherungsrechten und seine vielfältigen, teilweise unkonventionellen Blickwinkel hat er wichtige Anstösse gegeben und dieses Werk ganz wesentlich gefördert. Für wertvolle Anregungen danke ich weiterhin Professor Jean-FrançoisRiffard, Professorin Eva-Maria Kieninger und Professor Sylvain Marchand. Die Gespräche mit meinen Assistentenkollegen an der Universität waren ebenfalls enorm hilfreich. Gelegenheiten, über einem Kaffee Themen

VI

Vorwort

der Arbeit zu diskutieren, gab es häufig. Ein herzlicher Dank geht insbesondere an Johannes Landbrecht, Matthias Erhardt, Joël Veuve, Luc Gonin, Konstanze Brieskorn, Anna Paola Sala, Rosanna Giudice, Elia und Francesca Pusterla. In Montréal danke ich besonders Remus Valsan, Nadia Chammas, Jimena Andino Dorato und Sevgi Kelci. Ein ganz herzlicher Dank soll auch an die Personen gehen, welche dazu beigetragen haben, dass das Umfeld stimmte. In dieser Hinsicht war die Zeit in Genf besonders gesegnet. Mein Dank geht an Familie Cascioli, insbesondere an Irma, Rahel und Tomaso, des Weiteren an Patrice Kreidi, Elmer Sharp, Vincent Puttemans, Luc Gonin, Joseph Natali, Michael und Giulia Muller, Stephen Mensah, die schottische Gemeinde, Pastor Ian Manson, Di Wu und Andres Nepomuceno. Herzlichen Dank auch an JeanDaniel und Marie-Louise Flückiger und Mathias und Ariane Flückiger. Danke auch in Montréal an Familie Choinière-Shields sowie Jean und Daryl Zoellner, Constant Piendkam, Gabrielle Martel und die Gemeinde St. Jean. Ganz besonderer Dank gilt jedoch in der Heimat meinen lieben Eltern und der ganzen Familie. Schlussendlich möchte ich mich bei Herrn Professor Basedow für die Aufnahme des Werks in die Schriftenreihe bedanken. Herzlichen Dank auch an Frau Jana Trispel und Frau Gundula Dau für ihre umfangreiche Hilfe beim Erstellen der Druckvorlage. Die juristische Fakultät der Universität Genf hat den Druck dieses Buches finanziell gefördert. Potsdam, Januar 2014

Henry Matz

Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht

Vorwort .................................................................................................... V Abkürzungsverzeichnis ...........................................................................VII Einleitung .................................................................................................. 1

Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata ................................ 8 A. Grundlagen ........................................................................................... 8 B. Regulierung von Eigentumssicherheiten de lege lata in verschiedenen Rechtsordnungen.......................................................... 44 C. Systematik der vorgefundenen Regulierungsansätze.......................... 147

Teil 2: Fallstudien ............................................................................. 159 A. Einleitung .......................................................................................... 159 B. Fallbeispiele für die Situation des Warenkreditgebers ...................... 160 C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers ......................... 190 D. Ergebnisse zu Teil 2 .......................................................................... 274

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung der Regulierungsmethoden ....................................................... 277 A. Vorbemerkungen ............................................................................... 277 B. Grundannahmen und Kriterien.......................................................... 278 C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung beider Systeme ... 296 D. Ergebnisse zu Teil 3 .......................................................................... 382 Gesamtergebnisse .................................................................................. 387 Literaturverzeichnis ............................................................................... 397 Sachregister ........................................................................................... 413

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis

Vorwort .................................................................................................... V Inhaltsübersicht.......................................................................................VII Abkürzungsverzeichnis .......................................................................XXIII Einleitung .................................................................................................. 1

Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata ................................ 8 A. Grundlagen............................................................................................ 8 I. Klärung notwendiger Begriffe ........................................................ 8 1. Der Begriff der Kreditsicherheit ................................................. 8 a. Ausgangspunkt ...................................................................... 8 b. Mangel einer gesetzlichen Definition................................... 10 c. Wiederkehrende Merkmale der Kreditsicherheiten .............. 11 (i) Besserstellung des Gläubigers im Verhältnis zur pro-rata-Befriedigung................................................. 11 (ii) Zuordnung eines Vermögensgegenstands.................... 12 (iii) Abhängigkeit von der gesicherten Forderung aufgrund der Zweckrichtung der Zuordnung ............... 14 d. Zusammenfassung................................................................ 15 e. Weitere Verwendung des Begriffs der Kreditsicherheit in der Arbeit......................................................................... 16 2. Der Begriff der Eigentumssicherheit ........................................ 16 a. Definition............................................................................. 17 b. Typologie der Eigentumssicherheiten .................................. 18 (i) Eigentumssicherheiten des Warenkreditgebers............ 19 (a) Eigentumsvorbehalt ............................................. 19 (b) Das Finanzierungsleasing..................................... 19 (c) Die Verkaufskommission ..................................... 22 (ii) Eigentumssicherheiten des Geldkreditgebers .............. 23 (a) Die Sicherungsübereignung ................................. 23 (b) Der Wiederkauf/Sicherungskauf .......................... 23 (c) Das sale and lease-back-Verfahren ...................... 23 (d) Die fiducie-sûreté................................................. 24

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Inhaltsverzeichnis

c. Zusammenfassung................................................................ 25 II. Motive für Kreditsicherung aus ökonomischer Sicht .................... 25 1. Makroökonomische Gesichtspunkte ......................................... 25 2. Motive für Kreditsicherheiten im Einzelnen Vertragsverhältnis .................................................................... 27 a. Interessen des Kreditgebers.................................................. 27 (i) Absicherung gegen den Ausfall des Kreditnehmers .... 27 (ii) Verringerung des Informationsaufwands..................... 28 (iii) Schaffung eines Anreizes für die Kreditrückzahlung....................................................... 29 (iv) Unkomplizierte Befriedigung und Kontrolle über die Verwertung einer Sache ........................................ 30 b. Interessen des Kreditnehmers............................................... 31 (i) Interesse an der Kreditgewährung; Interesse an günstigem Kredit......................................................... 31 (ii) Interesse an schneller Entscheidung über die Kreditgewährung und an langer Laufzeit .................... 32 III. Geschichtlicher Überblick über das Kreditsicherungsrecht der beweglichen Sachen, besonders der Rolle des Eigentums als Mittel der Kreditsicherung....................................................... 33 1. Von der altrömischen in die vorklassische und klassische Zeit ................................................................... 33 a. Die fiducia cum creditore contracta..................................... 35 b. Das pignus ........................................................................... 38 2. Entwicklungen in der nachklassischen Zeit und unter Justinian ................................................................................... 40 a. Absterben der fiducia ........................................................... 40 b. Das pignus ........................................................................... 41 3. Ausblick auf das Zeitalter der Rezeption und der Kodifikationen ......................................................................... 42 B. Regulierung von Eigentumssicherheiten de lege lata in verschiedenen Rechtsordnungen.......................................................... 44 I. Eigentumssicherheiten in ausgewählten zivilistischen Rechtsordnungen: Deutschland, Schweiz, Frankreich und Québec.......................................................................................... 45 1. Situation des Warenkreditgebers .............................................. 45 a. Der Eigentumsvorbehalt....................................................... 46 (i) Seine Bedeutung ......................................................... 46 (ii) Wirksame Begründung inter partes............................. 50 (iii) Regelung der Drittwirksamkeit ................................... 55 (iv) Erfasste Vermögensgegenstände ................................. 57

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(v)

XI

Rechte und Pflichten der Parteien während der gesicherten Transaktion .............................................. 64 (vi) Verwertung des Rechts ............................................... 66 (vii) Stellung des Vorbehaltsverkäufers in der Insolvenz des Schuldners ............................................................ 70 (viii) Anmerkung zur Rechtsnatur des Eigentumsvorbehalts.................................................................... 72 b. Das Finanzierungsleasing .................................................... 74 2. Situation des Geldkreditgebers ................................................. 76 a. Die sicherungsweise Übertragung von Sachen auf den Gläubiger oder in ein Sondervermögen ................................ 77 (i) Bedeutung ................................................................... 77 (ii) Wirksamkeit inter partes............................................. 82 (iii) Drittwirksamkeit ......................................................... 85 (iv) Erfasste Vermögensgegenstände ................................. 86 (v) Rechte und Pflichten der Parteien während der Dauer der gesicherten Transaktion .............................. 90 (vi) Verwertung des Rechts ............................................... 91 (vii) Stellung in der Insolvenz des Schuldners .................... 93 (viii) Anmerkung zur Rechtsnatur von Sicherungseigentum und fiducie.................................. 95 b. Das Wiederkaufsrecht .......................................................... 96 II. Article 9 UCC und Eigentumssicherheiten.................................... 98 1. Hintergrund des Article 9 UCC ................................................ 98 a. Geschichtlicher Hintergrund des Article 9 UCC .................. 98 (i) Die Arbeiten am Uniform Commercial Code .............. 98 (ii) Der Zustand des alten Kreditsicherungsrechts der Vereinigten Staaten ..................................................... 99 (iii) Zusammenfassung..................................................... 103 b. Regelungsziele des Article 9 UCC ..................................... 103 c. Die Definition eines einheitlichen Kreditsicherungsrechts als Kernstück des Ansatzes...................................... 104 (i) Der unitäre Ansatz (unitary approach)...................... 104 (ii) Die dogmatische Konzeption des security interest .... 105 (iii) Die Funktionsweise von Article 9 UCC .................... 106 (iv) Die Anwendung der funktionalen Sichtweise............ 107 d. Umgang von Article 9 UCC mit schwierigen Wertungsfällen................................................................... 108 2. Regulierung im Einzelnen: Voraussetzungen und Wirkungen des Article 9-security interest .............................. 111 a. Inter partes-Wirksamkeit des security interest................... 111 b. Perfektionierung des security interest ................................ 113

XII

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c. Erfasste Vermögensgegenstände ........................................ 116 d. Rechte und Pflichten der Parteien während der gesicherten Transaktion ..................................................... 117 e. Verwertung des Rechts ...................................................... 118 f. Stellung in der Insolvenz des Sicherungsgebers................. 120 III. Die kanadischen Personal Property Security Acts und Eigentumssicherheiten ................................................................ 121 1. Hintergrund der kanadischen PPSAs ...................................... 121 2. Regulierung im Einzelnen ...................................................... 123 IV. Soft Law und Eigentumssicherheiten: Der UNCITRAL Legislative Guide und der Draft Common Frame of Reference (DCFR) ....................................................................................... 126 1. Der UNCITRAL Legislative Guide on Secured Transactions........................................................................... 127 a. Hintergrund........................................................................ 127 (i) UNCITRAL: Die Organisation ................................. 127 (ii) Nicht bindende Rechtsnormen der UNCITRAL ........ 128 (iii) Arbeit auf dem Gebiet der Kreditsicherheiten ........... 129 (iv) Der regulatorische Grundansatz des Leitfadens zu den Kreditsicherheiten .............................................. 130 b. Regulierung im Einzelnen.................................................. 132 (i) Wirksamkeit der Kreditsicherheit inter partes .......... 132 (ii) Drittwirksamkeit ....................................................... 132 (iii) Rechte und Pflichten der Parteien während der gesicherten Transaktion ............................................ 135 (iv) Erfasste Vermögensgegenstände ............................... 135 (v) Verwertung des Rechts ............................................. 136 (vi) Stellung des Gläubigers in der Insolvenz des Sicherungsgebers ...................................................... 137 2. Der Draft Common Frame of Reference (DCFR) ................... 138 a. Hintergründe ...................................................................... 138 (i) Die Europäische Kommission und der Common Frame of Reference ................................................... 138 (ii) Die Rechtswissenschaft und der „Draft“ Common Frame of Reference ................................................... 139 (iii) Der regulatorische Grundansatz des Buch IX des DCFR.................................................................. 140 b. Regulierung im Einzelnen.................................................. 142 (i) Wirksamkeit der Kreditsicherheit inter partes .......... 142 (ii) Drittwirksamkeit ....................................................... 143 (iii) Rechte und Pflichten der Parteien während der gesicherten Transaktion ............................................ 144

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(iv) Erfasste Vermögensgegenstände ............................... 144 (v) Verwertung des Rechts ............................................. 145 (vi) Stellung des Gläubigers in der Insolvenz des Sicherungsgebers ...................................................... 146 C. Systematik der vorgefundenen Regulierungsansätze ......................... 147 I. Kriterien der Systematik ............................................................. 147 II. Grundlegender Regulierungsansatz............................................. 147 1. Sieht das Gesetz die Verwendung von Eigentumssicherheiten vor? .................................................................... 147 a. Grunderkenntnisse ............................................................. 147 b. In welchem Masse ist die Verwendung von Eigentumssicherheiten möglich?........................................ 148 2. Inwieweit werden die Eigentumssicherheiten eigenständig reguliert? ................................................................................ 149 3. Zusammenfassung .................................................................. 151 III. Inhaltliche Regulierung der zulässigen Eigentumssicherheiten ... 151 1. Eigentumsvorbehalt................................................................ 151 a. Wirksamkeit inter partes ................................................... 151 b. Drittwirksamkeit ................................................................ 152 c. Erfasste Vermögensgegenstände ........................................ 153 d. Verwertung der Position des Eigentumsvorbehaltsverkäufers .......................................................................... 154 e. Stellung des Vorbehaltsverkäufers in der Insolvenz des Schuldners ......................................................................... 154 2. Sicherungseigentum und fiducie-sûreté .................................. 155 a. Wirksamkeit inter partes ................................................... 155 b. Drittwirksamkeit ................................................................ 155 c. Erfasste Vermögensgegenstände ........................................ 155 d. Verwertung ........................................................................ 155 e. Stellung in der Insolvenz des Schuldners ........................... 156 IV. Zusammenfassende Bewertung der vorgefundenen Regulierungsansätze ................................................................... 157

Teil 2: Fallstudien ............................................................................. 159 A. Einleitung .......................................................................................... 159 B. Fallbeispiele für die Situation des Warenkreditgebers ....................... 160 I. Fallbeispiel 1: Die Sicherung des Erwerbskreditgebers .............. 161 1. Zum Sinn und Zweck der Sicherung des Erwerbskreditgebers............................................................................ 161 2. Mögliche Praxisfälle .............................................................. 162 3. Das Fallbeispiel...................................................................... 162 4. Lösung des Fallbeispiels ........................................................ 164

XIV

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a. Lösung nach deutschem Recht ........................................... 164 (i) Rechte des Verkäufers V an der Maschine ................ 164 (ii) Rechte des X ............................................................. 165 (iii) Möglichkeit des X, in die Rechtsstellung des V einzutreten?............................................................... 165 b. Lösung nach schweizerischem Recht ................................. 167 (i) Rechte des Verkäufers V an der Maschine ................ 167 (ii) Rechte des X ............................................................. 168 (iii) Möglichkeit des X, in die Rechtsstellung des V einzutreten?............................................................... 168 c. Lösung nach dem Recht des UCC und verwandter Systeme ............................................................................. 169 (i) Rechte des Verkäufers V an der Maschine ................ 169 (ii) Rechte des X ............................................................. 171 (iii) Möglichkeit des X, in die Rechtsstellung des V einzutreten?............................................................... 172 d. Lösung nach dem Recht der Provinz Québec ..................... 172 (i) Rechte des Verkäufers V an der Maschine ................ 172 (ii) Rechte des X ............................................................. 173 (iii) Möglichkeit des X, in die Rechtsstellung des V einzutreten?............................................................... 174 e. Zusammenfassungen .......................................................... 174 II. Fallbeispiel 2: True Leasing vs. Security Leasing ....................... 175 1. Zu den Schnittstellen von Leasing und Kreditsicherung ......... 175 2. Mögliche Praxisfälle .............................................................. 176 3. Das Fallbeispiel...................................................................... 176 4. Lösung des Fallbeispiels ........................................................ 177 a. Der Ausgangsfall ............................................................... 177 (i) Lösung nach deutschem Recht .................................. 177 (ii) Lösung nach dem Recht des UCC ............................. 178 (iii) Lösung nach dem Recht der kanadischen PPSAs ...... 180 (iv) Lösung nach dem Recht des DCFR ........................... 182 (v) Lösung nach dem Recht der Provinz Québec ............ 183 b. Lösung der Abwandlung .................................................... 186 (i) Lösung nach dem Recht des UCC ............................. 186 (ii) Lösung nach dem Recht der kanadischen PPSAs ...... 188 c. Zusammenfassungen .......................................................... 188 C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers.......................... 190 I. Fallbeispiel 1: Verfügung über den Sicherungsgegenstand (right of use) ............................................................................... 192 1. Das dahinter stehende Gläubigerinteresse .............................. 192 2. Mögliche Praxisfälle .............................................................. 192

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XV

3. Das Fallbeispiel...................................................................... 194 4. Lösung des Fallbeispiels ........................................................ 194 a. Lösung nach deutschem Recht ........................................... 194 (i) Lösungsübersicht bei sicherungsweiser Übertragung des Eigentums ...................................... 194 (a) Zusammenhang zwischen Eigentum und Verfügung .......................................................... 195 (b) Zum Ablauf der Übertragung von Rechten an Wertpapieren im deutschen Recht ...................... 196 (c) Das Sicherungseigentum als Alternative für ein Verwendungsrecht (right of use)? ................ 199 (d) Ergebnis ............................................................. 201 (ii) Frage 2: Lösungsübersicht bei beschränktem dinglichen Sicherungsrecht ....................................... 201 (a) Vorüberlegungen zur Verpfändung .................... 201 (b) Einfluss der Finanzdienstleistungsrichtlinie ....... 202 (c) Kritik an der Regelung des Art. 5 der Richtlinie ..................................................... 204 (d) Eigene Stellungnahme........................................ 205 (e) Folge für den vorliegenden Fall ......................... 206 (iii) Zusammenfassung zum deutschen Recht .................. 206 b. Lösung nach schweizerischem Recht ................................. 206 (i) Der Unterschied zum deutschen Recht ...................... 206 (ii) Wie können Bucheffekten als Kreditsicherheit verwendet werden? ................................................... 208 (iii) Das Nutzungsrecht der Verwahrungsstelle nach Art. 22 und 23 BEG .................................................. 209 (iv) Zusammenfassung zum schweizerischen Recht......... 211 (v) Anwendung auf den vorliegenden Fall ...................... 212 c. Lösung nach dem Recht des Article 9 Uniform Commercial Code .............................................................. 212 (i) Übersicht................................................................... 212 (ii) Das repledge nach Article 9 UCC ............................. 213 (a) Der Begriff. Art. 9-207 und 9-314 UCC............. 213 (b) Der Anwendungsbereich des repledge – das indirect holding system ................................ 215 (c) Auswirkungen der Article 9 UCC-Reform 1999: Das impairing repledge ............................ 217 (d) Das Charakterisierungsproblem ......................... 219 (iii) Neuere Entwicklungen: Rehypothecation zur Erfüllung von Verbindlichkeiten des Sicherungsnehmers (SP) aus Repo-Transaktionen ...................... 222

XVI

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(a) Begriff und Zusammenhang mit RepoTransaktionen .................................................... 222 (b) Rehypothecation im Rahmen des Handels mit Derivaten, insbesondere im Rahmen von Over-the-Counter-Derivatives (OTCs) ............... 223 (iv) Zusammenfassung zum amerikanischen Recht.......... 228 (v) Lösung des Ausgangsfalls ......................................... 229 d. Rechtslage unter dem Code civil québécois ....................... 229 e. Zusammenfassungen .......................................................... 229 II. Fallbeispiel 2: Notwendigkeit der zügigen Verwertung des Sicherungsgegenstands ............................................................... 231 1. Das dahinter stehende Gläubigerinteresse .............................. 231 2. Mögliche Praxis-Fälle ............................................................ 231 3. Das Fallbeispiel...................................................................... 232 4. Lösung des Fallbeispiels ........................................................ 234 a. Lösung nach deutschem Recht ........................................... 234 (i) Frage 1: Lösungsübersicht bei bestelltem Pfandrecht ................................................................. 234 (a) Bestellung eines Pfandrechts.............................. 234 (b) Die Voraussetzungen der Verwertung nach allgemeinem Recht............................................. 234 (c) Die Ausnahme der „wesentlichen Wertminderung“ ................................................ 235 (d) Ergebnis zur Frage 1 .......................................... 236 (ii) Lösung der Frage 2 ................................................... 237 (a) S als Kaufmann .................................................. 237 (b) Abkürzung durch privatvertragliche Einigung ... 237 (c) Der Einfluss der Finanzsicherheitenrichtlinie auf die Fragestellung.......................................... 238 (d) Ergebnis zu Frage 2 ........................................... 240 (iii) Frage 3: Lösung bei Vereinbarung der Sicherungsübereignung ............................................. 240 (a) Bei Fehlen einer Vereinbarung über die Verwertung ........................................................ 240 (b) Bei vertraglicher Einigung über die Verwertung ........................................................ 243 (c) Ergebnis zu Frage 3: .......................................... 244 (iv) Systematik der Ergebnisse zum deutschen Recht ...... 244 b. Lösung nach schweizerischem Recht ................................. 245 (i) Lösungsübersicht bei bestelltem Pfandrecht.............. 245 (a) Lösung nach allgemeinem Recht........................ 245

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XVII

(b) Lösung im Fall der Geltung des Bucheffektengesetzes.............................................................. 248 (c) Ergebnis zu Frage 1 ........................................... 250 (ii) Frage 2: S als Kaufmann bzw. Unternehmer; Privatvertragliche abweichende Vereinbarung .......... 251 (a) Nach allgemeinem Recht ................................... 251 (b) Nach Bucheffektengesetz................................... 252 (c) Ergebnis zu Frage 2 ........................................... 252 (iii) Frage 3: Lösung für das Sicherungseigentum............ 252 (a) Nach allgemeinem Recht ................................... 252 (b) Nach Bucheffektengesetz................................... 253 (c) Ergebnis zu Frage 3 ........................................... 253 (iv) Systematik der Ergebnisse zum schweizerischen Recht......................................................................... 254 c. Lösung nach französischem Recht ..................................... 255 (i) Lösungsübersicht bei bestelltem Pfandrecht.............. 255 (a) Allgemeines Pfandrecht ..................................... 255 (b) Verpfändung von Depotkonten .......................... 256 (c) Ergebnis zu Frage 1 ........................................... 257 (ii) Frage 2: S als Kaufmann bzw. Unternehmer; Privatvertragliche abweichende Vereinbarung .......... 257 (a) Allgemeines Pfandrecht ..................................... 257 (b) Verwertung eines Depotkontos .......................... 258 (c) Ergebnis zur Frage 2 .......................................... 258 (iii) Frage 3: Lösung für das Sicherungseigentum............ 259 (iv) Systematik der Ergebnisse zum französischen Recht......................................................................... 260 d. Lösung nach dem Recht der Provinz Québec ..................... 261 (i) Lösungsübersicht bei bestelltem Pfandrecht.............. 261 (a) Allgemeines Recht ............................................. 261 (b) Verwertung von Bucheffekten (titres intermédiés/securities entitlements) ................... 263 (c) Ergebnis zu Frage 1 ........................................... 264 (ii) Frage 2: S als Kaufmann bzw. Unternehmer; Privatvertragliche abweichende Vereinbarung .......... 264 (a) Allgemeines Recht ............................................. 264 (b) Verwertung von Bucheffekten (titres intermédiés/securities entitlements) ................... 265 (c) Ergebnis zur Frage 2 .......................................... 265 (iii) Frage 3: Lösung für das Sicherungseigentum............ 266 (iv) Systematik der Ergebnisse zum Recht von Québec ... 266

XVIII

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e. Lösung nach dem Recht des Uniform Commercial Code ... 267 (i) Frage 1: Lösungsübersicht bei bestelltem Pfandrecht ................................................................. 267 (a) Grundlagen ........................................................ 267 (b) Die Verwertung.................................................. 268 (c) Ergebnis zu Frage 1 ........................................... 269 (ii) Frage 2: S als Kaufmann bzw. Unternehmer; Privatvertragliche abweichende Vereinbarung .......... 269 (iii) Frage 3: Lösung für das Sicherungseigentum............ 270 (iv) Systematik der Ergebnisse zum UCC-Recht.............. 270 f. Vergleich der vorgefundenen Ergebnisse ........................... 271 (i) Anmerkung zu den Lösungen.................................... 271 (a) Anmerkungen zu den Regelungen des allgemeinen Rechts ............................................ 271 (b) Anmerkungen zum Sachverhalt: Wertpapierrechte, die in einem Depotkonto gutgeschrieben sind............................................ 272 (ii) Abschliessende Bemerkung....................................... 273 D. Ergebnisse zu Teil 2 .......................................................................... 274 I. Ergebnisse zum Warenkredit ...................................................... 274 II. Ergebnisse zum Geldkredit ......................................................... 275 III. Zusammenfassung der Ergebnisse .............................................. 276

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung der Regulierungsmethoden ....................................................... 277 A. Vorbemerkungen ............................................................................... 277 I. Gegenstand dieses Teils.............................................................. 277 II. Zur Vorgehensweise ................................................................... 277 B. Grundannahmen und Kriterien .......................................................... 278 I. Grundannahmen.......................................................................... 278 II. Zu den Kriterien der Effektivität und der Effizienz..................... 280 1. Effektivität ............................................................................. 280 2. Effizienz................................................................................. 281 3. Grenzen der Aussagekraft von Effektivität und Effizienz....... 283 III. Zu den ökonomischen Aspekten von Kreditsicherheiten............. 285 1. Überblick über die ökonomische Analyse des Rechts............. 285 a. Wirtschaftswissenschaftlicher Hintergrund ........................ 285 b. Der Law and Economics-Ansatz als Teil der Neuen Institutionenökonomie ....................................................... 288 2. Die ökonomische Analyse der Kreditsicherheiten .................. 291 a. Argumente der klassischen ökonomischen Theorie............ 292 b. Argumente der Neuen Institutionenökonomie .................... 293

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XIX

(i) Argumente aus der principle-agent-Theorie.............. 293 (ii) Argumente aus der Transaktionskostenanalyse ......... 294 (iii) Argumente der property rights-Analyse.................... 295 IV. Das weitere Vorgehen................................................................. 295 C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung beider Systeme ... 296 I. Die Entscheidung bezüglich des grundsätzlichen Ansatzes......... 296 1. Reichweite des Funktionalismus bei Article 9 UCC ............... 297 2. Reichweite des Funktionalismus im deutschen und schweizerischen Recht ........................................................... 297 3. Bewertung beider Systeme ..................................................... 298 a. Argumente aus der Sicht des Effektivitätsgebots ............... 298 b. Argumente aus Sicht der Kosten-Nutzen-Effizienz ............ 301 c. Argumente aus der ökonomischen Betrachtung der Kreditsicherungsrechte ...................................................... 302 (i) Klassische ökonomische Sichtweise.......................... 302 (ii) Ansätze aus dem Bereich der Neuen Institutionenökonomik .............................................. 302 (iii) Ergebnisse................................................................. 303 4. Einfachere Rechtsanwendung beim unitären und funktionalen Ansatz? .............................................................. 304 a. Der Anspruch: Article 9 UCC und der Verzicht auf Konzeptionen des Sachenrechts ......................................... 305 b. Die Wirklichkeit: Rückgriff auf sachenrechtliche Wertungen ......................................................................... 306 (i) Leasing und Kommissionskauf ................................. 306 (ii) Die Vorzugsbehandlung des Warenkreditgebers vor dem Geldkreditgeber........................................... 309 (iii) Weitere Fälle............................................................. 310 5. Lehren aus dem Code civil québécois? ................................... 310 6. Diskussion möglicher Anpassungen beim deutschen und schweizerischen Recht der Kreditsicherheiten........................ 314 a. Erkenntnisse aus der vorangehenden Betrachtung.............. 314 (i) In Bezug auf das Rechtssicherheitsniveau................. 314 (ii) In Bezug auf die Komplexität der Anwendung.......... 315 b. Vorschlag: Unitärer oder pluraler Ansatz? ......................... 315 (i) Argumente für den pluralen Ansatz........................... 316 (ii) Ergebnis .................................................................... 318 c. Weiterführende Überlegungen ........................................... 318 7. Zusammenfassung .................................................................. 319 II. Entscheidung über die Regelung der Priorität/des Rangs zwischen verschiedenen Gläubigern hinsichtlich des gleichen Gegenstands................................................................................ 319

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1. Das Grundprinzip der Priorität nach Article 9 UCC und den kanadischen PPSAs................................................... 320 2. Regulierung der Priorität im aktuellen deutschen und schweizerischen Recht ........................................................... 321 3. Bewertung beider Systeme ..................................................... 323 a. Argumente aus der Sicht des Effektivitätsgebots ............... 323 b. Argumente aus der Sicht der Kosten-Nutzen-Effizienz ...... 324 c. Argumente aus der ökonomischen Betrachtung der Kreditsicherungsrechte ...................................................... 325 (i) Klassische ökonomische Sichtweise.......................... 325 (ii) Ansätze aus der Neuen Institutionenökonomik.......... 325 (iii) Ergebnis .................................................................... 326 4. Inkohärenz des amerikanischen Rechts im Bereich der Regelung der Priorität ............................................................ 326 a. Ostensible ownership-Fälle ausserhalb des Anwendungsbereichs von Article 9 UCC........................... 326 b. Konflikt zwischen pmsi-Gläubigern ................................... 330 c. Ergebnis............................................................................. 330 5. Die Erfahrungen der Provinz Québec ..................................... 330 6. Diskussion möglicher Anpassungen beim deutschen und schweizerischen Recht der Kreditsicherheiten........................ 332 a. Erkenntnisse aus der obigen Darstellung............................ 332 b. Zwischenergebnis .............................................................. 334 c. Praktische Vorschläge zum Publizitätserfordernis bei Eigentumssicherheiten ....................................................... 335 (i) Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung ...... 336 (a) Der Eigentumsvorbehalt..................................... 336 (b) Die Sicherungsübereignung ............................... 339 (ii) Das Finanzierungsleasing.......................................... 339 (iii) Andere Fälle der Trennung von Eigentum und Besitz ........................................................................ 341 7. Zusammenfassung .................................................................. 342 III. Die Verwertung der Eigentumssicherheiten (ausserhalb der Insolvenz) ................................................................................... 343 1. Die Regelung der Verwertung nach Article 9 UCC ................ 344 2. Die Regelung der Verwertung in Deutschland und der Schweiz .................................................................................. 345 3. Bewertung beider Systeme ..................................................... 346 a. Argumente aus der Sicht des Effektivitätsgebots ............... 346 (i) Das Verfahren der Verwertung ................................. 346 (ii) Die Bedeutung des Eigentums an einer speziellen Sache......................................................................... 348

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b. Argumente aus Sicht der Kosten-Nutzen-Effizienz ............ 348 c. Argumente aus der ökonomischen Betrachtung der Kreditsicherungsrechte ...................................................... 349 (i) Klassische ökonomische Sichtweise.......................... 349 (ii) Ansätze aus dem Bereich der Neuen Institutionenökonomik .............................................. 350 (iii) Ergebnisse................................................................. 350 4. Mögliche Schwachpunkte bei Article 9 UCC ......................... 351 5. Die Erfahrungen der Provinz Québec ..................................... 352 6. Diskussion möglicher Anpassungen beim deutschen und schweizerischen Recht der Kreditsicherheiten........................ 355 a. Vorrang des Kaufrechts oder Vorrang des Rechts der Kreditsicherheiten? ............................................................ 355 b. Diskussion ......................................................................... 355 (i) Das Recht der Kreditsicherheiten .............................. 355 (ii) Das Kaufrecht ........................................................... 358 (iii) Entscheidung im Grundsatz....................................... 361 (iv) Die übrigen gesicherten Gläubiger des Käufers ........ 361 (a) Zuordnung eines Überschusses an den Käufer? .............................................................. 362 (b) Benachrichtigung der Inhaber von Rechten am Anwartschaftsrecht?........................................... 364 (c) Ergebnis ............................................................. 364 7. Zusammenfassung .................................................................. 364 IV. Die Stellung der Eigentumssicherheiten in der Insolvenz ........... 365 1. Eigentumssicherheiten im Verfahren der USamerikanischen bankruptcy .................................................... 366 2. Eigentumssicherheiten in deutschen und schweizerischen Gesamtvollstreckungsverfahren.............................................. 367 a. Deutsches Recht................................................................. 367 b. Schweizerisches Recht ....................................................... 369 c. Zusammenfassung.............................................................. 370 3. Bewertung der Systeme .......................................................... 370 a. Argumente aus der Sicht des Effektivitätsgebots ............... 371 (i) Vergleich .................................................................. 371 (ii) Zusammenfassung..................................................... 373 b. Argumente aus Sicht der Kosten-Nutzen-Effizienz ............ 374 (i) Vergleich .................................................................. 374 (ii) Zusammenfassung..................................................... 375 c. Argumente aus der ökonomischen Betrachtung der Kreditsicherungsrechte und des Insolvenzrechts ................ 375 4. Anmerkung zum US-amerikanischen Recht ........................... 377

XXII

Inhaltsverzeichnis

5. Lehren aus der Provinz Québec? ............................................ 377 6. Anpassungen im deutschen und schweizerischen Insolvenzbzw. Konkursrecht?................................................................ 378 a. Aussonderung oder Absonderung ?.................................... 379 (i) Das Sicherungseigentum ........................................... 379 (ii) Der Eigentumsvorbehalt............................................ 380 b. Fortführung des Unternehmens in der Insolvenz ................ 381 (i) Das Sicherungseigentum ........................................... 381 (ii) Der Eigentumsvorbehalt............................................ 381 7. Zusammenfassung .................................................................. 382 D. Ergebnisse zu Teil 3 .......................................................................... 382 I. Gesamtergebnis .......................................................................... 383 II. Einzelergebnisse ......................................................................... 383 1. Zum unitären oder pluralen Ansatz......................................... 383 2. Zur Frage der Priorität bzw. des Rangs zwischen den gesicherten Gläubigern........................................................... 384 3. Zur Verwertung der Eigentumssicherheiten ausserhalb der Insolvenz .......................................................................... 384 4. Zur Stellung der Eigentumssicherheiten in der Insolvenz des Sicherungsgebers ............................................................. 385

Gesamtergebnisse .............................................................................. 387 Literaturverzeichnis ............................................................................... 397 Sachregister ........................................................................................... 413

Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

a.a.O. Abs. Abschn. Abt. AcP AEA AJP al. Ala. L. Rev. ALER Am. Econ. Rev. Am. U. L. Rev. Ariz. L. Rev. BaFin BB Bd. BEG begr. BGB BIA BK BKR Brook. J. of Int’l. L. BT-Drucks. Bull. Bull. civ. IV Bus. Law. c. CA Campbell L. Rev. Can. Bus. L.J. C.Cass. C.Cass.civ. C.Cass.com. C.civ. C.civ.it. C.com. C.mon.fin. CCQ

am angegebenen Ort Absatz Abschnitt Abteilung Archiv für die civilistische Praxis American Economic Association Aktuelle juristische Praxis/Pratique Juridique Actuelle alinéa Alabama Law Review American Law and Economics Review American Economic Review American University Law Review Arizona Law Review Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Betriebs-Berater Band Bucheffektengesetz (Schweiz) begründet Bürgerliches Gesetzbuch (Deutschland) Bankruptcy and Insolvency Act (Kanada) Berner Kommentar Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Brooklyn Journal of International Law Bundestags-Drucksache Bulletin Bulletin des arrêts de la Cour de cassation, Chambre commerciale The Business Lawyer contre Cour d’appel Campbell Law Review Canadian Business Law Journal Cour de Cassation (Frankreich) Cour de Cassation, Chambres civiles Cour de Cassation, Chambre commerciale Code civil français Codice civile italiano Code commercial Code monétaire et financier Code civil québécois

XXIV Chi.-Kent L. Rev. C.L.J. Clunet CNUDCI

Abkürzungsverzeichnis

Chicago-Kent Law Review Cambridge Law Journal Journal de droit international Commission des Nations Unies pour le droit commercial international Colum. Bus. L. Rev. Columbia Business Law Review Colum. L. Rev. Columbia Law Review Com. L.J. Commercial Law Journal D. Digesten auch: Recueil Dalloz de doctrine, jurisprudence et de législation ders. derselbe dir. directeur/directrice DZWIR Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht ed. editor, edition éd. édition édt(s). éditeur(s) et al. et alii EWiR Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht FISA Federal Intermediated Securities Act (Schweiz) Fla. St. U. L. Rev. Florida State University Law Review GdP Gazette du Palais GesKR Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht ggf. gegebenenfalls Harv. L. Rev. Harvard Law Review h.M. herrschende Meinung Hrsg. Herausgeber IA Insolvency Act (UK) InsO Insolvenzordnung (Deutschland) ISDA International Swaps and Derivatives Association JCP Jurisclasseur Périodique (La semaine juridique) JdT Journal des Tribunaux J.I.B.L.R. Journal of International Banking Law and Regulation J. L. & Com. Journal of Law and Commerce J. L. & Econ. Journal of Law and Economics JuS Juristische Schulung KKG Konsumentenkreditgesetz (Schweiz) KTS Zeitschrift für Insolvenzrecht: Konkurs, Treuhand, Sanierung Law & Contemp. Probs. Law and Contemporary Problems Loy. L.A. L.Rev. Loyola of Los Angeles Law Review LPA Les petites affiches LS Legal Studies (Journal) LTVM Loi sur le transfert de valeurs mobilières et l’obtention de titres intermédiés/Act respecting the transfer of securities and the establishment of security entitlements (Québec) McGill L.J. McGill Law Journal Md. L. Rev. Maryland Law Review MDR Monatsschrift des Deutschen Rechts m.w.N. mit weiteren Nachweisen N Randnummer N.C. L. Rev. North Carolina Law Review

Abkürzungsverzeichnis Neb. L. Rev. no N.Y.U.L.Q. Rev. NZI Ohio St. L.J. OTC OR p. Penn. St. Int’l L. Rev. PPSA PPSA-BC PPSA-NB PPSA-NS PPSA-ON PPSA-PEI PPSA-SA PPSA-Y Q. Q. J. Econ. RabelsZ R.C.S. rec. REJB REPRAX Rev.cr.d.i.p. R.G.D. RIW Rn. R.J.T. RTD com. s. s.a. Scand. J. of Econ. SchKG SchlT SJ SJZ ss sv. ST Stan. L. Rev. suppl. Syr. L. Rev. SZW T. Tul. L. Rev.

XXV

Nebraska Law Review numéro New York University Law Quarterly Review Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung Ohio State Law Journal Over-the-Counter (Derivatives) Obligationenrecht page(s) Penn State International Law Review Personal Property Security Act PPSA der Provinz British Columbia PPSA der Provinz New Brunswick PPSA der Provinz Nova Scotia PPSA der Provinz Ontario PPSA der Provinz Prince Edward Island PPSA der Provinz Saskatchewan PPSA des Yukon-Territory Québec Quarterly Journal of Economics Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Recueils des arrêts de la Cour suprême du Canada Recommendation Répertoire électronique de jurisprudence du Barreau (Québec) Zeitschrift zur Rechtsetzung und Praxis im Gesellschafts- und Handelsregisterrecht Révue critique du droit international privé Révue générale de droit Recht der Internationalen Wirtschaft Randnummer Révue juridique Thémis Révue trimestrielle de droit commercial section siehe auch Scandinavian Journal of Economics Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (Schweiz) Schlusstitel Semaine judiciaire Schweizerische Juristenzeitung/Révue suisse de jurisprudence suivants suivant Der Schweizer Treuhänder Stanford Law Review supplément Syracuse Law Review Schweizerische Zeitschrift für Wirtschafts- und Finanzmarktrecht Teil auch: tome (Band) Tulane Law Review

XXVI u.a. UCC UCLA L. Rev. UNCITRAL U. Chi. L. Rev. U. Pa. L. Rev. U. Pitt. L. Rev. USC v. Va. L. Rev. Vand. L. Rev. vgl. vgl. a. vol. Wash. & Lee L. Rev. WM Yale L.J. ZBJV ZEuP ZfRV ZGB ZIP ZK ZSR

Abkürzungsverzeichnis unter anderem Uniform Commercial Code University of California, Los Angeles Law Review United Nations Commission on International Trade Law University of Chicago Law Review University of Pennsylvania Law Review University of Pittsburgh Law Review United States Code versus Virginia Law Review Vanderbilt Law Review vergleiche vergleiche auch volume Washington and Lee Law Review Wertpapiermitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht Yale Law Journal Zeitschrift des bernischen Juristenvereins/Révue de la société des juristes bernois Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Rechtsvergleichung Zivilgesetzbuch (Schweiz) Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zürcher Kommentar Zeitschrift für schweizerisches Recht/Révue de droit Suisse

Einleitung Einleitung

In vielen europäischen Staaten ist das Recht der Kreditsicherheiten, besonders der Mobiliarkreditsicherheiten, in den letzten zwanzig bis dreissig Jahren Gegenstand von Reformdiskussionen gewesen, die bis heute anhalten. Das besondere Interesse am Recht der Kreditsicherheiten als Reformgegenstand erklärt sich aus den direkten Auswirkungen, die Kreditsicherheiten auf das Wirtschaftswachstum eines Staates haben können. Je konsequenter ein Staat die Interessen von Kreditgebern schützt, indem er ihnen für den Ausfall des Schuldners die Möglichkeit einer effektiven Sicherung einräumt, desto eher sind Kreditgeber bereit, in diesem Staat zu investieren. Je mehr Investitionen getätigt werden, desto mehr Kapital steht den wirtschaftenden Kräften des Landes zur Verfügung. Insbesondere ehemals kommunistische Länder haben deshalb im Rahmen des Übergangs in die Marktwirtschaft seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts umfangreiche Reformen ihrer Kreditsicherungsrechte durchgeführt, jeweils mit dem Ziel, günstige Voraussetzungen für die Modernisierung ihrer Wirtschaft zu schaffen1. Die Industriestaaten Westeuropas, z.B. Deutschland, das Vereinigte Königreich, die Schweiz oder Italien, haben bisher keine umfangreichen Reformen ihrer Mobiliarkreditsicherheiten unternommen2. Dennoch ist Rechtsreform auf dem Gebiet der Kreditsicherheiten auch für sie ein aktuelles Thema3. Wenn sich Gründe für eine Reform für diese Staaten nicht aus der Notwendigkeit der Anpassung an ein neues Wirtschaftssystem ergeben, so sind sie doch wegen der Globalisierung der Wirtschafts1 Vgl. z.B. für die Slowakei Maternova, The Slovak secured transactions reform: ingredients of a successful reform and reflections on its achievements, in: Dahan/Simpson (eds.), Secured Transactions Reform and Access to Credit, Cheltenham, U.K., 2009, p. 207–223; zur Reform des Kreditsicherungsrechts der Ukraine vgl. Macdonald, Three Metaphors of Norm Migration in International Context, 34 Brook. J. of Int’l. L. 629, 651 (2009); zur Reform in anderen ehemals kommunistischen Staaten, darunter Bulgarien, Russland und Polen, s. Summers, Recent Secured Transactions Law Reform in the Newly Independent States and Central and Eastern Europe, 23 Review of Central and East European Law 1997, 177–203. 2 Eine Ausnahme ist allerdings Frankreich, das sein Recht der Kreditsicherheiten 2006 umfassend reformiert hat. 3 Vgl. den Überblick bei Kieninger, Die Zukunft des deutschen und europäischen Mobiliarkreditsicherungsrechts, AcP 208 (2008), 182, 199 ff.

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Einleitung

beziehungen einem starken Wettbewerb ausgesetzt und stehen deshalb unter Reformdruck. Die erste Globalisierungswelle seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts führte zu einem sprunghaften Anstieg des internationalen Handels und damit auch zu einer starken Zunahme transnationaler Kreditfinanzierungen. Unterschiede in den Kreditsicherungsrechten einzelner Staaten, die Handelsbeziehungen unterhalten, insbesondere Unterschiede in den grundlegenden Wirksamkeitsvoraussetzungen für Kreditsicherungsrechte, können sich dabei als faktisches Handelshemmnis auswirken. Das wird besonders deutlich, wenn die in einem Staat erfolgte rechtsgültige Bestellung eines Sicherungsrechts in einem anderen Staat wegen Verstosses gegen allgemeine Rechtsgrundsätze nicht anerkannt wird4. Dieser Zustand führt zu mehreren Problemen. Zum einen ergibt sich in einer transnationalen Vertragsbeziehung für den Sicherungsnehmer das Problem, dass er einem gewissen Risiko ausgesetzt ist, wenn der mit seinem Sicherungsrecht belastete Gegenstand in einen anderen Staat verbracht wird. Möglich ist, dass dem Sicherungsrecht am neuen Lageort nicht die gleichen Wirkungen (z.B. Insolvenzfestigkeit) zuerkannt werden oder sogar, dass das Bestehen einer Sicherheit überhaupt nicht anerkannt wird. Die Problematik divergierender Rechte auf dem Gebiet der Kreditsicherheiten erhält in Europa vor dem Hintergrund des europäischen Binnenmarkts eine ganz eigene Prägung5. Angesichts dieser Herausforderungen bemühen sich nicht nur nationale Gesetzgeber, sondern vermehrt Projekte mit internationaler Reichweite um eine weiche6 Harmonisierung des Rechts der Kreditsicherheiten. Zu nen-

4

Wegen Verstosses gegen den ordre public; das gilt z.B. für die Behandlung des nach deutschem Recht wirksam bestellten Sicherungseigentums im Ausland. S. zu dieser Problematik z.B. Schacherreiter, Publizitätsloses Sicherungseigentum im deutschösterreichischem Grenzverkehr – Die Versagung der Anerkennung auf dem Prüfstein des Gemeinschaftsrechts, ZfRV 2005, 173, 174; Graham-Siegenthaler, Kreditsicherungsrechte im internationalen Rechtsverkehr, eine rechtsvergleichende und internationalprivatrechtliche Untersuchung, Bern 2005, 1; Reich, Das stille Pfandrecht der Niederlande – Ziel oder bloßer Schritt auf dem Weg zur Reformierung der deutschen Sicherungsübereignung?, Göttingen 2006, 58. 5 Vgl. mit einer ausführlichen Untersuchung der Problematik der Nichtanerkennung unter europarechtlichen Aspekten Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Europäischen Binnenmarkt – Zum Einfluss der Warenverkehrsfreiheit auf das nationale und internationale Sachenrecht der Mitgliedstaaten, Baden Baden 1996. 6 „Weich“ wird hier in Anlehnung an soft law verwendet. Das bedeutet, dass auf eine Durchsetzung von Harmonisierungsmassnahmen mittels staatlicher oder überstaatlicher Autoritätsakte verzichtet wird und statt dessen versucht wird, Harmonisierung durch die Überzeugungskraft nicht bindender Akte, z.B. von Modellgesetzen oder Leitfäden, zu erreichen. Vgl. zum Thema der internationalen Harmonisierung durch nicht bindende Instrumente Macdonald, Three Metaphors, 34 Brook. J. of Int’l. L. 603 (2009), und Go-

Einleitung

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nen sind dabei insbesondere7 der Legislative Guide on Secured Transactions der United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL/CNUDCI)8 und der europäische Draft Common Frame of Reference (DCFR)9. Beide, besonders aber der von UNCITRAL vorgelegte Text, stützen sich massgeblich auf den Gesetzgebungsansatz des USamerikanischen Article 9 Uniform Commercial Code (UCC)10. Durch den unitären und funktionalen Ansatz (unitary and functional approach) in der Gesetzgebung zu den Mobiliarkreditsicherheiten grenzen sich Article 9 UCC und ihm folgende Gesetzgebungen, wie z.B. die kanadischen, neuseeländischen oder australischen Personal Property Security Acts (PPSAs), von ihren alten europäischen Vorbildern ab. Anstelle der Vielzahl unterschiedlicher Institutionen, die der Mobiliarkreditsicherung dienen können, wie Pfandrecht, Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung, Wiederkauf, Mobiliarhypothek etc. unterwirft dieser Ansatz alle Rechtsgeschäfte, welche die Funktion der Sicherung eines Kredits haben, den einheitlichen Regeln des security interest. Alle gesicherten Gläubiger werden im Grundsatz gleichbehandelt. Das bedeutet z.B., dass ein Eigentumsvorbehaltsverkäufer in Bezug auf den Sicherungsgegenstand grundsätzlich keine anderen Rechte haben kann als ein Pfandgläubiger. Für ihn gelten alle Voraussetzungen palan, New Trends in the Making of International Commercial Law, 23 J. L. & Com. 117 (2003–2004). 7 Neben den beiden genannten Projekten existieren noch weitere. Für die Zwecke dieser Einleitung soll es ausreichen, noch hinzuweisen auf das Model Law on Secured Transactions der European Bank for Reconstruction and Development (EBRD) von 1994 und den Acte uniforme portant organisation des sûretés (1999) der Organisation pour l’harmonisation en Afrique du droit des affaires (OHADA). Vgl. für einen Überblick internationaler Reformprojekte auf dem Gebiet der Kreditsicherheiten Foëx, Sûretés mobilières: propositions pour une réforme, ZSR 126 (2007) II, 287, 313 ss. 8 Text angenommen am 14.12.2007; Veröffentlichung mit Erwägungsgründen und Empfehlungen (recommendations) als UNCITRAL-Legislative Guide on Secured Transactions – Terminology and recommendations, U.N. Publication, Wien 2009 und mit umfangreichem Kommentar (Erwägungsgründen und Empfehlungen) als UNCITRALLegislative Guide on Secured Transactions, U.N. Publication, New York 2010. 9 Von Bar/Clive (eds.), Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law: Draft Common Frame of Reference (DCFR), vol. 6: IX.-1:101 to X.-10:502, Annexes, München 2009. Der DCFR sieht sich als Zuarbeit einer Gruppe von Wissenschaftlern für den von der Europäischen Kommission angeregten (politischen) gemeinsamen Referenzrahmen, der zugunsten einer kohärenteren Ausgestaltung der Gemeinschaftsvorschriften im Bereich des Vertragsrechts verwendet werden soll. Vgl. den Aktionsplan der Europäischen Kommission v. 12.02.2003 KOM (2003) 68 endg., S. 19. 10 Der Uniform Commercial Code ist ein Gemeinschaftsprojekt der National Conference of Commissioners on Uniform State Laws (NCCUSL) und des American Law Institute (ALI). Der UCC wurde bis zum Ende der 1960er Jahre von fast allen USamerikanischen Staaten übernommen. Heute ist er mit leichten Variationen in allen Staaten in Kraft.

4

Einleitung

wirksamer Begründung und Verwertung der Kreditsicherheit, die auch für den Pfandgläubiger gelten. In der Insolvenz des Sicherungsgebers hat der Eigentumsvorbehaltsverkäufer grundsätzlich nicht mehr Rechte als ein Pfandgläubiger. Angeregt durch den starken Einfluss dieses Ansatzes wird auch in Europa vermehrt über die Reform der Mobiliarkreditsicherheiten diskutiert. In Deutschland sind in den letzten Jahren einige Monografien veröffentlicht worden, die die Reformdebatte im Bereich der Mobiliarkreditsicherheiten vorantreiben wollen. Diese Arbeiten beschränken sich auf einzelne Aspekte des Rechts der Kreditsicherheiten, häufig auf ein bestimmtes Rechtsgeschäft, wie den Eigentumsvorbehalt11 oder die Sicherungsübereignung12. Vielen dieser Arbeiten ist gemein, dass sie ihre Schlussfolgerungen auf einen Rechtsvergleich stützen und die Lösung in einer gesamteuropäischen Koordinierung sehen13. Ähnliche Forschungsbeiträge hat es auch in der Schweiz14 und in Frankreich15 sowie anderen europäischen 11 Zum Eigentumsvorbehalt s. z.B. Schulz, Der Eigentumsvorbehalt in europäischen Rechtsordnungen, Frankfurt a. M. 1998; Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Europäischen Binnenmarkt – Zum Einfluss der Warenverkehrsfreiheit auf das nationale und internationale Sachenrecht der Mitgliedstaaten, Baden-Baden 1996; Calme, Der Eigentumsvorbehalt des deutschen und französischen Rechts im europäischen Kontext: Zugleich ein Beitrag zum europäischen Insolvenzrecht, Frankfurt a.M. 2011; Rößler-Hecht, Der Eigentumsvorbehalt in der Insolvenz im europäischen Rechtsvergleich, Hamburg 2009; Ding, Der einfache Eigentumsvorbehalt im deutschen und chinesischen Recht, Hamburg 2008. 12 Vgl. z.B. Reich, Das stille Pfandrecht der Niederlande; Ziel oder bloßer Schritt auf dem Weg zur Reformierung der deutschen Sicherungsübereignung?, Göttingen 2006; Ernst, Mobiliarsicherheiten in Deutschland und Polen, Tübingen 2005. 13 So z.B. die Arbeiten von Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Europäischen Binnenmarkt, und Schulz, Der Eigentumsvorbehalt in europäischen Rechtsordnungen, Frankfurt a. M. 1998, sowie Seif, Der Bestandsschutz besitzloser Mobiliarsicherheiten im deutschen und englischen Recht, Tübingen 1997. 14 In der Schweiz hat Altorfer, Die Mobiliarhypothek – Ein Beitrag zur Reform des Fahrnispfandrechts, Zürich 1981, bereits 1981 eine Arbeit zu einer Reform des schweizerischen Mobiliarkreditsicherungsrechts vorgelegt. Einflussreich ist weiterhin die Arbeit von Eigenmann, L’effectivité des sûretés mobilières, Fribourg 2001, die sich mit der Effektivität des schweizer Mobiliarkreditsicherungsrechts auseinandersetzt. GrahamSiegenthaler, Kreditsicherungsrechte im internationalen Rechtsverkehr, eine rechtsvergleichende und international-privatrechtliche Untersuchung, Bern 2005, hat in ihrer Habilitationsarbeit eine umfassende Übersicht zum Stand des jeweiligen nationalen und internationalen Kreditsicherungsrechts der Schweiz, Deutschlands, Frankreichs, Italiens, der USA und Englands vorgelegt. Obwohl keine Monografie, so soll doch aufgrund des umfassenden Charakters hingewiesen werden auf den Aufsatz von Foëx, Sûretés mobilières: propositions pour une réforme, ZSR 126 (2007) II, 287–337. 15 Riffard, Le security interest ou l'approche fonctionnelle et unitaire des sûretés mobiliaires, Clermont-Ferrand 1997; Borgas, L’ordre public et les sûretés conventionnelles, Paris 2009.

Einleitung

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Staaten gegeben. Der Gebrauch des Eigentums als solchen zum Zweck der Kreditsicherung ist noch nicht Gegenstand einer tiefergehenden Bearbeitung geworden. Zwar haben sich Arbeiten mit einzelnen Arten der Verwendung des Eigentums als Kreditsicherheit auseinandergesetzt. Es existiert aber noch keine Bearbeitung, die sich der Stellung der Eigentumssicherheiten als solcher im Recht der Mobiliarkreditsicherheiten zuwendet. Dieser Befund steht im Widerspruch zur Aktualität des Themas vor dem Hintergrund der internationalen Rechtsentwicklung, denn der unitäre und funktionale Ansatz zeigt seine ganze Konsequenz gerade in seinem Umgang mit den Eigentumssicherheiten. Für Länder mit einer liberalen Einstellung zu den Eigentumssicherheiten – insbesondere Deutschland – ist er eine echte Herausforderung. Die Arbeit wendet sich deshalb den Eigentumssicherheiten zu. Vor dem Hintergrund des unitären und funktionalen Ansatzes und der internationalen Reformprojekte geht sie der Frage nach, welche Stellung die Eigentumssicherheiten in einem reformierten Mobiliarkreditsicherungsrecht haben sollten. Mit der Zielrichtung, eine Argumentationshilfe für die gegenwärtige Diskussion zur Reform des Mobiliarkreditsicherungsrechts in der Schweiz und in Deutschland zu liefern, will sie auf folgende Fragen Antworten suchen: Sollten Eigentumssicherheiten den Parteien eines Sicherungsgeschäfts überhaupt zur Verfügung stehen? Genauer ausgedrückt: Sollte es – wie es bisher in der Schweiz und Deutschland der Fall ist – im Verhältnis zu anderen Kreditsicherheiten separate Regeln für die Eigentumssicherheiten geben? Sollten Eigentumssicherheiten Gläubigern weiterhin die Sondervorteile der Stellung eines Eigentümers verschaffen können? Oder sollten beide Länder dem unitären und funktionalen Ansatz folgen und nicht mehr zwischen Eigentumssicherheiten und anderen Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen unterscheiden? Ziel der Arbeit ist es des Weiteren, praktische Hinweise zu geben für konkrete Regulierungsfragen hinsichtlich der Eigentumssicherheiten. Konkrete Fragen, die sich bei der Gesetzgebung stellen, sind z.B., unter welchen Voraussetzungen die Parteien eine Kreditsicherheit mit Wirkung inter partes und mit Wirkung gegenüber Allen begründen können, des Weiteren die Grundsätze, nach denen die Priorität zwischen mehreren Gläubigern mit Rechten an der gleichen Sache entschieden wird. Weiterhin gehört dazu auch die Frage, welche Rechte und Pflichten die Parteien während der Dauer der Besicherung im Hinblick auf den Sicherungsgegenstand haben sollen und schliesslich, welche Anforderungen es an die Verwertung der Kreditsicherheit sowohl innerhalb, als auch ausserhalb eines Insolvenzverfahrens geben soll. Bei diesen konkreten Regulierungsfragen wird sich die Arbeit darauf beschränken, drei besonders wichtige Themen anzusprechen:

6

Einleitung

Die Frage der Entscheidung der Priorität, die Regelung der Verwertung von Eigentumssicherheiten ausserhalb der Insolvenz und die Anforderungen an die Verwertung innerhalb eines Insolvenzverfahrens. Die Methode der Arbeit ist rechtsvergleichend. Sie benutzt ein umfangreiches Tatsachenmaterial aus unterschiedlichen Rechtsordnungen, die jeweils verschiedene Ansätze in der Regulierung ihrer Eigentumssicherheiten aufweisen. Die Rechtsordnungen bzw. Rechtstexte werden sowohl abstrakt, als auch anhand von konkreten Fällen verglichen. Eine Systematisierung der Lösungen erlaubt die Konzentration der Diskussion auf die wesentlichen Unterschiede zwischen den untersuchten Rechtsordnungen bzw. Rechtstexten. Im Einzelnen wird folgender Gang der Darstellung gewählt: Teil 1 legt das tatsächliche Fundament der Arbeit. Sein erster Abschnitt (A.) gibt die thematischen Grundlagen wieder. Er definiert die massgeblichen Begriffe, nämlich die Begriffe Kreditsicherheit und Eigentumssicherheit. In einem weiteren Abschnitt deckt er aus einem ökonomischen Blickwinkel die Motive auf, die Gläubiger und Schuldner einer Vertragsbeziehung dazu bringen, Kreditsicherheiten zu begründen. Schliesslich gibt er einen geschichtlichen Überblick über das Kreditsicherungsrecht der beweglichen Sachen und dabei besonders über die Rolle des Eigentums als Kreditsicherheit. Die eigentliche tatsächliche Grundlage der Arbeit legt Abschnitt B. des Teils 1, der aufzeigt, wie Eigentumssicherheiten de lege lata in unterschiedlichen Normgebungen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Art reguliert werden. Dazu untersucht er die Rechte Deutschlands, der Schweiz, Frankreichs, der Provinz Québec und der englischsprachigen kanadischen Provinzen sowie den Leitfaden der UNCITRAL-Kommission (UNCITRAL-Legislative Guide on Secured Transactions) und den von einer europäischen Wissenschaftlergruppe verantworteten Draft Common Frame of Reference (DCFR). Das französische Recht wird untersucht, da es vor relativ kurzer Zeit (2006) eine Reform der Kreditsicherheiten durchgeführt hat, deren Ergebnisse für Deutschland und die Schweiz von Interesse sein können. Article 9 UCC und die kanadischen PPSAs werden als „Urtyp mit Weiterentwicklung“16 des unitären und funktionalen Ansatzes vorgestellt. Das Recht der kanadischen Provinz Québec erhält eine besondere Bedeutung für diese Arbeit, weil sich die Provinz – wie zu zeigen sein wird – in einer Reform des Jahres 1994 für einen Mittelweg zwischen dem unitären und funktionalen Ansatz und der derzeitigen deutschen und schweizerischen Lösung entschieden hat und deshalb auf die Reformdiskussion in beiden Länder einen besonderen Einfluss haben kann. Der UNCITRAL16 Article 9 UCC als der Urtyp und die kanadischen PPSAs als Abwandlung bzw. Verfeinerung.

Einleitung

7

Leitfaden und der DCFR werden berücksichtigt als die jüngsten und wohl auch bedeutendsten auf Harmonisierung bedachten Beiträge in der Form des soft law. Teil 1 wird schliesslich durch den Abschnitt C. abgeschlossen, der den vorangehenden, darstellenden Teil auswertet und die unterschiedlichen Lösungsansätze der Rechtsordnungen bzw. Rechtstexte in einer Systematik darstellt. Teil 2 der Arbeit untersucht anhand von praktischen Fallbeispielen, ob und in welcher Weise die de lege lata verwendeten Methoden der Regulierung von Eigentumssicherheiten praktisch zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Die Fallbeispiele werden rechtsvergleichend gelöst, wobei die zu analysierenden Rechtsordnungen bzw. Rechtstexte aus dem Pool der oben genannten Rechte – je nach Originalität der Lösung – ausgewählt werden sollen. Entscheidend ist mithin nicht der Vergleich zwischen jeweils gleichen Rechtsordnungen bzw. Rechtstexten, sondern das Aufzeigen unterschiedlicher Lösungsansätze17. Während sich zwei Fallbeispiele mit Situationen des Warenkredits beschäftigen, gehen zwei weitere Fälle auf den Geldkredit ein. Die Prüfung der Fallbeispiele soll – über die Veranschaulichung der Funktionsweise der Lösungsansätze hinaus – ein Argument hinsichtlich der Daseinsberechtigung der Eigentumssicherheiten im Rahmen des Rechts der Kreditsicherheiten liefern. Ziel des Teils 3 ist es schliesslich, im Hinblick auf relevante Reformfragen normativ Grundsätze zu entwickeln, die für die schweizerische und die deutsche Reformdiskussion zu den Mobiliarkreditsicherheiten nützlich sein können. Die gefundenen Grundansätze in der Regulierung von Eigentumssicherheiten werden dazu anhand der Kriterien der Effektivität und der Effizienz des Gebrauchs von Kreditsicherheiten verglichen. Vertiefend werden dabei mögliche Schwachstellen von Article 9 UCC untersucht und die Erfahrungen aus der Reform in der Provinz Québec dargestellt. Die Arbeit will zu folgenden Regulierungsfragen Stellung nehmen: Sollte sich eine Reform des deutschen oder schweizerischen Mobiliarkreditsicherungsrechts am unitären Ansatz orientieren oder sollte weiter ein pluraler Ansatz verfolgt werden, d.h. ein Ansatz, der Eigentumssicherheiten prinzipiell separat regelt? Wie sollte die Problematik der Priorität zwischen Gläubigern mit Rechten an der gleichen Sache geregelt werden? Welche Regeln sollten für die Verwertung der Eigentumssicherheiten innerhalb und ausserhalb der Insolvenz gelten?18 17

Die Arbeit setzt den Fokus primär auf die abstrakten Lösungsansätze und nicht auf bestimmte Rechtsordnungen bzw. Rechtstexte. Deshalb werden die verwendeten Rechtsordnungen bzw. Rechtstexte hin und wieder variiert. 18 Anmerkung zur Form: Die Arbeit verwendet die schweizerische Rechtschreibung (deshalb „ss“ statt „ß“). Bei den Zitaten wird die Zitierweise des Herkunftslandes der Quelle verwendet.

Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata A. Grundlagen A. Grundlagen

Im Mittelpunkt des Teil 1 steht die Darstellung der Situation de lege lata der Eigentumssicherheiten in verschiedenen Rechtsordnungen (siehe im Folgenden Abschnitt B.) und deren Systematisierung (im Folgenden Abschnitt C.). Bevor jedoch mit dem darstellenden Teil begonnen wird, sollen als Fundament die notwendigen Grundlagen der Darstellung gelegt werden. Der Abschnitt A. beschäftigt sich dazu mit der Definition der Begriffe Kreditsicherheit und Eigentumssicherheit. Des Weiteren legt er die Gründe dar, die aus ökonomischer Sicht für die Kreditsicherung sprechen, und gibt einen geschichtlichen Überblick über das Kreditsicherungsrecht der beweglichen Sachen, insbesondere der Rolle des Eigentums als Kreditsicherheit. I.

Klärung notwendiger Begriffe

1.

Der Begriff der Kreditsicherheit

a.

Ausgangspunkt

Ausgangspunkt für die Kreditsicherheit ist der Kredit. Ein Kreditgeber leiht entweder Geld oder geht mit seiner vertraglichen Pflicht in Vorleistung, weil er an die Verlässlichkeit und finanzielle Leistungsfähigkeit des Kreditnehmers glaubt. Von diesem Hintergrund gibt auch die Herkunft des Begriffs „Kredit“, der sich vom lateinischen credere (= glauben) ableitet, Zeugnis1. Dieses Vertrauen stellt jedoch nur die Basis dafür dar, eine Kreditbeziehung überhaupt einzugehen. Es besteht das Risiko, dass sich die finanzielle Lage des Kreditnehmers im Laufe der Valutierung so ändert, dass ihm eine Rückzahlung des Kredits unmöglich wird. Der Kreditgeber ist daher daran interessiert, eine Sicherheit gegen das Ausfallrisiko des Kreditnehmers zu erhalten und damit die Chance zu erhöhen, seine einge-

1

Bülow, Einführung in das Recht der Kreditsicherheiten, Jura 1995, 198, 199; Weber, Kreditsicherungsrecht, 8. Aufl., München 2006, 2; Nolan/Connolly, Black’s Law Dictionary, 5th ed., St. Paul, Minn. 1979, 331.

A. Grundlagen

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setzte Leistung samt sonstiger damit verbundener Ansprüche2 soweit wie möglich zurückzuerhalten3. Dieses Interesse wird besonders bedeutsam im Hinblick auf die mögliche Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Kreditnehmers4. Insolvenzverfahren sind staatlich gelenkte Verfahren zur Vollstreckung in das gesamte vorhandene Vermögen des Schuldners5, an dem jeder Gläubiger die Möglichkeit der Beteiligung hat. Um die gerechte und ungestörte Verteilung des vorhandenen Vermögens auf alle Gläubiger zu ermöglichen, sehen Insolvenzverfahren typischerweise vor, dass ab der Eröffnung des Verfahrens Vollstreckungsakte der Gläubiger zur Durchsetzung ihrer Forderungen grundsätzlich unmöglich sind (s. bspw. für das deutsche Recht § 89 InsO und für das schweizerische Recht Art. 206 SchKG). Die Gläubiger müssen am Verfahren teilnehmen, wenn sie sich die Aussicht auf Befriedigung eines Teils ihrer Forderung erhalten wollen. Eines der Hauptprinzipien des Insolvenzverfahrens ist der Gleichbehandlungsgrundsatz (par condicio creditorum). Dieser Grundsatz, der weithin als das zentrale Prinzip des Insolvenzrechts bezeichnet wird6, verlangt eine gleichmässige Befriedigung aller Gläubiger am Vermögen des insolventen Schuldners7. So soll verhindert werden, dass es zu einem Wettlauf8 zum Schuldnervermögen kommt, infolge dessen sich die schnelleren und besser

2

Z.B. Zinsen oder Rechtsverfolgungskosten. McCormack, Secured Credit under English and American Law, Cambridge 2004, 7; Drukarczyk, Kreditsicherheiten und Insolvenzverfahren, ZIP 1987, 205, 206; Mann, Explaining the Pattern of Secured Credit, 110 Harv. L. Rev. 639 (1996–1997). 4 McCormack, Secured Credit, 7; Baird, Security Interests Reconsidered, 80 Va. L. Rev. 2251 (1994). 5 Deshalb auch die Bezeichnung „Gesamtvollstreckung“; allerdings gibt es auch in ihr Vorschriften über die Unpfändbarkeit bestimmter Sachen (für das deutsche Recht s. § 36 Abs. 1 InsO) wie in der Einzelvollstreckung. 6 S. z.B. Jauernig/Berger, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, 22. Aufl., München 2007, § 38 Rn. 2; Wood, Principles of International Insolvency, 2 nd ed., London 2007, p. 357; Ammonn, Vom Wildwuchs der Konkursprivilegien, in: Dallèves, Kleiner u.a. (Hrsg.): Festschrift 100 Jahre SchKG, Zürich 1989, 343; Roth, Equal Versus Privileged Treatment of Creditors in Bankruptcy Proceedings Including the Special Case of Bank Insolvency, in: Peter/Jeandin/Kilborn (eds.): The Challenges of Insolvency Law Reform in the 21st Century, Zürich, Basel, Genf 2006, p. 140; Wiórek, Das Prinzip der Gläubigergleichbehandlung im europäischen Insolvenzrecht, Baden-Baden 2005, 73. 7 Roth, p. 140; Jauernig/Berger, § 38 Rn. 2. 8 In diesem Zusammenhang fällt auch die Herkunft des Worts „Konkurs“ auf, das auf das lateinische concurrere (zusammenlaufen, zusammenstossen) zurückgeht. Uhlenbruck, Zur Geschichte des Konkurses, DZWIR 2007, 1, erläutert, dass der Begriff „Konkurs“ auf ein im Jahre 1646 veröffentlichtes Werk des spanischen königlichen Rats Salgado de Somoza zurückgeht, mit dem Titel „Labyrinthus creditorum concurrentium ad litem per debitorem communem inter illos causatam“. 3

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

informierten Gläubiger durchsetzen würden9, was den Rechtsfrieden gefähren würde. Dieses Prinzip wird verwirklicht, indem alle Gläubiger in Abhängigkeit von der Höhe ihrer Forderung an der Verteilung der Insolvenzmasse beteiligt werden (s. § 188 InsO und § 261 SchKG). Die Insolvenzmasse ist im Normalfall bei weitem nicht ausreichend für eine umfängliche Befriedigung. Die Gläubiger erhalten häufig nur einen kleinen prozentualen Anteil ihrer ursprünglichen Forderung. Besonders im Fall von staatlich geordneten Insolvenzverfahren sind Kreditgeber daher daran interessiert, sich gegen das Risiko des Ausfalls des Schuldners abzusichern. b.

Mangel einer gesetzlichen Definition

Der Begriff „Kreditsicherheit“ ist weder im deutschen noch im schweizerischen Recht gesetzlich definiert. Dennoch wird der Begriff im juristischen Sprachgebrauch in beiden Rechtsordnungen als Sammelbegriff für verschiedene Einzelinstitute verwendet, die jeweils das Ziel der Kreditsicherung verfolgen, für die aber zu einem grossen Teil unterschiedliche Voraussetzungen im Hinblick auf Wirksamkeit und Rechtsfolgen gelten10. Aufgrund der Vielzahl der in Deutschland und der Schweiz als Kreditsicherheit verwendeten Institute spricht man in beiden Rechtsordnungen häufig von den „Kreditsicherheiten“ oder „Sicherungsrechten“ im Plural, anstatt von „der Kreditsicherheit“. Das BGB verwendet an verschiedenen Stellen den Begriff der „Sicherheit“, insbesondere im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung. Für den Fall, dass eine Partei aufgrund einer Norm zur Sicherheitsleistung verpflichtet ist11, zählt § 232 BGB auf, welche Rechtsgeschäfte für Sicherheitsleistungen in Betracht kommen. Die nach der Norm zulässigen Sicherungsmittel sind u.a. die Verpfändung von Forderungen, die in das Bundesschuldbuch oder Landesschuldbuch eines Landes eingetragen sind, die Verpfändung von beweglichen Sachen und die Bestellung von Hypotheken an Grundschulden; dagegen werden die gängigen und in der Praxis viel einschlägigeren Eigentumssicherheiten, wie z.B. die Siche-

9

Häsemeyer, Die Gleichbehandlung der Konkursgläubiger, KTS 1982, 507, 513; Finch, Corporate Insolvenc Law: perspectives and principles, Cambridge 2002, p. 421: „Indeed, the race goes to the swiftest“. 10 Graham-Siegenthaler, 7; s.a. das deutsche Reichsgericht in RGZ 142, 317 (320): „Sicherung ist kein eindeutiger technischer Rechtsbegriff, sondern ein allerdings der Rechtssprache angehöriger Ausdruck, mit dem auf einen der Verwirklichung in mannigfacher Weise zugänglichen Zweck oder Erfolg hingewiesen wird.“; Weber, 8. 11 S. z.B. §§ 52 Abs. 2, 212 Abs. 1 Nr. 1, 843 Abs. 2, 1039 Abs. 1 S. 2 BGB.

A. Grundlagen

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rungsübereignung, nicht erwähnt12. Da die Parteien sich über andere, für ihre Interessen vorteilhaftere Sicherheiten einigen können, hat die Norm eine geringe Bedeutung13. Das schweizerische Recht hat die möglichen Arten der Sicherheitsleistung nicht normiert, orientiert sich insofern aber an der deutschen (und auch österreichischen) Rechtslage14. Aufgrund des beschriebenen Zustands haben Rechtsprechung und Doktrin in beiden Ländern seit jeher ihr Augenmerk darauf gewendet, einzelne allgemein als Sicherheiten anerkannte Institute zu systematisieren und fortzuentwickeln, anstatt eine allgemeine Theorie der Sicherungsrechte zu erarbeiten. c.

Wiederkehrende Merkmale der Kreditsicherheiten

Die anerkannten Sicherungsrechte weisen wiederkehrende Merkmale auf, die für eine Definition hilfreich sein können15. (i) Besserstellung des Gläubigers im Verhältnis zur pro-rataBefriedigung Das erste dieser Merkmale betrifft das den Sicherheiten gemeinsame Ziel: dem Sicherungsnehmer einen Schutz für den Fall der Insolvenz seines Schuldners zu geben, indem er im Vergleich zur oben erwähnten Ausgangssituation, in der er nur das Recht einer anteiligen Befriedigung aus dem Vermögen des Schuldners hat, bessergestellt wird16. Da die Besserstellung eines Gläubigers eine Schlechterstellung der übrigen Gläubiger nach sich zieht, ist der Kreditsicherheit die Einschränkung des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung, wonach die Gläubiger aus dem Vermögen

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Neben den erwähnten lässt § 232 Abs. 1 BGB noch folgende Rechtsgeschäfte zu: Die Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren, die Bestellung von Schiffshypotheken an Schiffen oder Schiffsbauwerken, die in einem deutschen Schiffsregister oder Schiffsbauregister eingetragen sind, die Verpfändung von Forderungen, für die eine Hypothek an einem inländischen Grundstück besteht, oder durch Verpfändung von Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken. Dass Eigentumssicherheiten keine Erwähnung finden, kann damit erklärt werden, dass das geschriebene Gesetz ihnen nur eine untergeordnete Bedeutung beimisst. 13 Palandt/Ellenberger, Überbl v § 232 Rn. 2. 14 BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1100; Zobl weist darauf hin, dass damit auch Sicherungsübereignung und Sicherungszession, die „pfandrechtsähnliche Sicherungsinstitute“ seien, als zulässige „Realsicherheiten“ anerkannt seien. 15 Zu Definitionsversuchen s. Weber, 10; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, 7. Aufl., Heidelberg 2007, Rn. 10; Giovanoli, Tendances modernes du droit des sûretés bancaires et contrôle prudentiel des banques, in: Iynedjian, Sûretés et garanties bancaires, Lausanne, CEDICAC 1997, p. 47; Foëx, Propositions, p. 292. 16 Vgl. Foëx, Propositions, p. 292.

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

des insolventen Schuldners grundsätzlich gleichmässig zu befriedigen sind, wesensimmanent17. Die Besserstellung besteht darin, dass der Gläubiger nicht mehr auf die nur anteilsmässige Befriedigung aus der Gesamtheit des Schuldnervermögens angewiesen ist. Ihm wird für die Dauer des Bestehens der gesicherten Forderung ein Recht an einem Gegenstand zugeordnet, das ihn – mit dem Ziel der Befriedigung seiner Forderung – zur Verwertung der Sache berechtigt. Anders als die ungesicherten Gläubiger hat der gesicherte Gläubiger ein Recht an einer Sache und nicht nur einen Anspruch gegen das Vermögen des Schuldners. (ii) Zuordnung eines Vermögensgegenstands Es bieten sich vielfältige Möglichkeiten an, wie der Kreditgeber durch die Zuordnung von Vermögensgegenständen bessergestellt werden kann. Die unterschiedlichen Verfahren erlauben eine Einteilung der Sicherheiten in Gruppen. Zum einen kann der Kreditgeber versuchen, sich den Zugriff auf das Vermögen einer vom Schuldner verschiedenen Person zu eröffnen, indem diese Person für die Eventualität des Ausfalls einsteht. Diese Arten von Sicherheiten werden als „Personalsicherheiten“ bezeichnet18. In diesem Fall erhält der Gläubiger nicht einen bestimmten Vermögensgegenstand, der für die geschuldete Forderung einsteht, sondern er eröffnet sich den Zugriff auf das Vermögen einer vom Schuldner verschiedenen Person, das in seiner Gesamtheit für die Verbindlichkeit haftet19. 17 Diese Wirkung ist z.B. bei den Pfandrechten klar. Sie geben dem Sicherungsnehmer ein vorrangiges Befriedigungsrecht aus dem Verwertungserlös des Pfandgegenstands. Gleiches gilt z.B. beim Retentionsrecht nach Art. 895 ZGB, das als gesetzliches Pfandrecht ein Recht zur Verwertung der zurückbehaltenen Sache gibt und nicht am Gesamtvollstreckungsverfahren teilnimmt, vgl. Steinauer, Les droits réels, Tome III, 3ème éd., Berne 2003, no 3126 (bei den Zurückbehaltungsrechten des deutschen Rechts gilt das nur ausnahmsweise, vgl. MünchKommBGB/Krüger, § 273 Rn. 94. Die vorrangige Befriedigung der gesicherten Gläubiger führt zu einer Verringerung der Masse, die für die Verteilung der ungesicherten Gläubiger verbleibt). 18 Dazu gehört z.B. die Bürgschaft. Denkbar ist aber auch, dass der Kreditgeber die Aufnahme einer weiteren Person als Mitschuldner in den Kreditvertrag verlangt. Des Weiteren kommen hier auch Verträge über selbständige Verpflichtungen in Betracht, wie das Dokumenten-Akkreditiv. Schliesslich kann der Kreditgeber auch versuchen, sich bei einem Versicherungsunternehmen gegen den Zahlungsausfall des Kreditnehmers zu versichern. 19 Will ein Gläubiger seine Sicherheit verwerten, so muss er – zumindest als Grundsatz – so vorgehen, wie gegen seinen ursprünglichen Schuldner: mit Einreichung einer Klage und, sofern ein Titel vorhanden ist, mit dem Beginn der Vollstreckung (nach schweizerischer Terminologie mit der Schuldbetreibung, s. Art. 41 und 89 SchKG) in das Vermögen, s. für das deutsche Recht §§ 704 ff. ZPO.

A. Grundlagen

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Zum anderen können Rechte an spezifischen Vermögensgegenständen oder – soweit zulässig – sogar die Gesamtheit des Vermögens des Schuldners für dessen Schuld einstehen. Diese Gegenstände können aus dem Vermögen des Schuldners selbst oder aus dem Vermögen Dritter stammen. Die für die Haftung denkbaren Vermögensgegenstände sind nahezu unbegrenzt: bewegliche und unbewegliche Sachen, darunter auch Forderungen wie z.B. Lohnansprüche und sonstige vertragliche und deliktische Ansprüche, des Weiteren auch Kapitalmarktrechte, immaterielle Vermögensgegenstände wie Urheberrechte, Patentrechte und Lizenzen. Je nach Art des haftenden Vermögensgegenstands werden die Sicherungsrechte terminologisch unterschieden. Sicherungsrechte an beweglichen Sachen werden als Mobiliarsicherheiten bezeichnet, Sicherungsrechte an unbeweglichen Sachen als Immobiliarsicherheiten20. Es kann weiter nach der Art des dem Gläubiger zugeordneten Rechts unterschieden werden. Zum einen können Gläubiger und Sicherungsgeber vereinbaren, dass der Sicherungsgeber Eigentümer der zugeordneten Sache bleiben soll und dass der Gläubiger an der Sache ein Recht zur Verwertung erhalten soll, das ihm im Wettbewerb mit den anderen Gläubigern des Schuldners ein Vorrecht bei der Verwertung dieser Sache einräumt. Der typische Anwendungsfall aus Sicht des deutschen und schweizerischen Rechts ist das Pfandrecht. Für das besitzlos bestellte Pfandrecht wird teilweise auch der Begriff „Mobiliarhyothek“ verwendet21. In diesen Fällen erhält der Gläubiger mithin ein beschränktes Recht an dem Vermögensgegenstand. Dieses Recht ermächtigt den Gläubiger in der Insolvenz des Sicherungsgebers zur vorrangigen Befriedigung aus dem Gegenstand. „Vorrangig“ bedeutet, dass auch die anderen Gläubiger das Recht haben, auf den Gegenstand zuzugreifen, aber erst, nachdem sich der gesicherte Gläubiger befriedigt hat. Zum anderen kann sich ein Gläubiger das Eigentum an einem bestimmten Gegenstand des Sicherungsgebers zuordnen lassen. Damit erhält er mehr als nur eine vorrangige Stellung im Wettbewerb der Gläubiger. In diesem Fall fällt der Gegenstand nicht in die Masse des Schuldners, so dass die anderen Gläubiger gar kein Recht an dem Gegenstand geltend machen können. Damit umgeht der Gläubiger den Wettstreit mit den anderen Gläubigern ganz. Je nach der ursprünglichen Zuordnung des Eigentums kann weiter danach unterschieden werden, ob der betreffende Gegenstand 20

Vgl. zu den Einteilungen Weber, 10; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 11–12; insbesondere zur Einteilung der Mobiliarsicherheiten s. Foëx, Propositions, p. 294; Eigenmann, L’effectivité, p. 9 ss. 21 Das gilt besonders für die schweizerische Rechtsliteratur, vgl. Altorfer, Die Mobiliarhypothek, Zürich 1981; Hadžimanović, Die allgemeine Mobiliarhypothek – unentbehrlich fürs Schweizer Recht?, AJP 2009, 1435 ff; ZK-Oftinger/Bär, Syst. Teil, Rn. 174.

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

zeitweise aus dem Vermögen des Sicherungsgebers herausgenommen werden soll oder ob verhindert werden soll, dass er in das Vermögen des Sicherungsgebers eintritt22. (iii) Abhängigkeit von der gesicherten Forderung aufgrund der Zweckrichtung der Zuordnung Ein weiteres Merkmal betrifft die Beziehung zwischen dem Vermögensgegenstand, der dem Gläubiger zwecks Besserstellung zugeordnet wird, und der gesicherten Forderung. Festzustellen ist, dass die in Deutschland und der Schweiz als Kreditsicherheiten bezeichneten Rechte in einem Abhängigkeitsverhältnis zur gesicherten Forderung stehen. Die Bindung zwischen Sicherheit und Forderung wird damit erklärt, dass der Vermögensgegenstand dem Gläubiger zum Zweck der Sicherung der Forderung zugeordnet wird23. Der Vermögensgegenstand soll die Erfüllung der Forderung des Gläubigers absichern, sein Vermögen aber nicht über die ihm bereits zustehende Forderung vermehren. Daraus ergibt sich, dass die Sicherheit erst verwertet werden soll, wenn der Ausfall der Forderung feststeht, und dass der Erlös aus der Verwertung der Sicherheit zur Tilgung der gesicherten Forderung verwendet werden muss24. Sicherheit und Forderung können auf zwei unterschiedlichen Wegen miteinander verknüpft werden: im Wege der Akzessorietät und mittels eines fiduziarischen Rechtsverhältnisses. „Akzessorietät“ bedeutet, dass das Sicherungsrecht in seinem Bestand von der Forderung abhängig ist25. Das hat folgende Konsequenzen: Das Sicherungsrecht kann nur dann entstehen, wenn auch die Forderung wirksam entstanden ist. Wenn die Forderung erlischt, kann das Sicherungsrecht nicht separat existieren, sondern erlischt ebenfalls. Des Weiteren geht das Sicherungsrecht mit der Abtretung der gesicherten Forderung auf den Zessionar über. Schliesslich kann es nur dann verwertet werden, wenn die gesicherte Forderung durchsetzbar ist26. 22

Das sind die Fälle der Verwendung des Eigentums zu Zwecken der Kreditsicherung, auf die gleich unten genauer eingegangen werden soll. 23 Wiegand, Akzessorietät und Spezialität – Zum Verhältnis zwischen Forderung und Sicherungsgegenstand, in: Berner Tage für die juristische Praxis 1981: Probleme der Kreditsicherung, Bern 1982, 38. 24 Lwowski, Das Recht der Kreditsicherung, 8. Aufl., Berlin 2000, 36, drückt das klar aus: Die innere Beziehung zur Forderung sei wesensnotwendig; fehle sie, so liege keine Sicherheit vor. 25 Vgl. zu Begriff und Wirkungen der Akzessorietät BK-Zobl, Syst. Teil (2010), Rn. 246; Staudinger/Wiegand, Vorbem. zu §§ 1204 ff., Rn. 19; Wiegand, Akzessorietät, 38; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 27–29; Baur/Stürner, Sachenrecht, 18. Aufl., München 2009, § 55 Rn. 4; Lwowski, Kreditsicherung, 43, BGE 51 II 278; RGZ 142, 320. 26 Staudinger/Wiegand, Vorbem. zu §§ 1204 ff., Rn. 19; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 27-29; Lwowski, Kreditsicherung, 43.

A. Grundlagen

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Das Besondere an der Akzessorietät im Unterschied zur fiduziarischen Bindung ist, dass die genannten Folgen automatisch, ohne Notwendigkeit einer Rechtshandlung, eintreten27. Während die in den Gesetzbüchern vorgesehenen Kreditsicherungsrechte mehrheitlich akzessorisch ausgestaltet sind28, haben fiduziarische Sicherungsrechte, die auch als „nichtakzessorische“ Sicherungsrechte bezeichnet werden, durch die Rechtsentwicklung ausserhalb des geschriebenen Rechts immer mehr an Bedeutung gewonnen29. Die Besonderheit bei den fiduziarischen Sicherheiten besteht darin, dass die Sicherheit nicht automatisch dem Schicksal der gesicherten Forderung folgt. Die gerade beschriebene Bindung an die gesicherte Forderung beruht auf einer schuldrechtlichen Vereinbarung im Sicherungsvertrag. Da die Abhängigkeit der Sicherheit von der Forderung vertraglich festgelegt wird, kann sich der Sicherungsgeber auch nur gegenüber seinem Vertragspartner, dem Sicherungsnehmer, auf die Abhängigkeit von der Forderung berufen. Mithin geht die fiduziarische Sicherheit im Unterschied zu der akzessorischen Sicherheit mit einer überschiessenden Rechtsmacht des Sicherungsnehmers einher: Er erhält im Aussenverhältnis mehr Rechte über den Sicherungsgegenstand, als ihm im Innenverhältnis zustehen30. Er kann z.B. getrennt von der Forderung mit Wirksamkeit gegenüber Dritten über einen sicherungsweise übereigneten Gegenstand verfügen. Da die Verfügung gegenüber Dritten wirksam ist, kann der Sicherungsgeber sich nur behelfen, indem er Schadensersatz gegenüber dem Sicherungsnehmer geltend macht. d.

Zusammenfassung

Nach dem Gesagten ergibt sich folgende Bedeutung des Begriffs der Kreditsicherheit: Eine Kreditsicherheit ist ein Vermögensgegenstand, der einem Gläubiger für die Dauer der gesicherten Transaktion zugeordnet wird, um ihm im Fall der Zahlungsunfähigkeit seines Schuldners eine Besserstellung in dem Sinne zu verschaffen, dass er sich aus dem Vermögensgegenstand befriedigen kann, ohne auf die nur anteilige gleichmässige Befriedigung aller Gläubiger aus dem gesamten Vermögen des Schuldners angewiesen zu sein. Da der Vermögensgegenstand dem Gläubiger zum Zweck der Sicherung einer Forderung zugeordnet wird, befindet sich die Kreditsicherheit in einem Abhängigkeitsverhältnis von der gesicherten 27

Darauf weist Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 27, hin. S. dazu Wiegand, Akzessorietät, 38; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 29. 29 Vgl. zu den fiduziarischen Rechtsgeschäften bei den Kreditsicherheiten Wiegand, Fiduziarische Sicherungsgeschäfte, ZBJV 116 (1980), 537 ff.; Wiegand, Akzessorietät, 40; Lwowski, Kreditsicherung, 43 f. 30 Wiegand, Fiduziarische Sicherungsgeschäfte, ZBJV 116 (1980), 537 ff.; Lwowski, Kreditsicherung, 43 f. 28

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

Forderung, das im Wege der Akzessorietät existiert oder mittels eines fiduziarischen Rechtsverhältnisses hergestellt wird. e.

Weitere Verwendung des Begriffs der Kreditsicherheit in der Arbeit

Der Begriff der Kreditsicherheit ist auf Basis der deutschen und schweizerischen Rechtsliteratur entwickelt worden. Er soll in der weiteren Arbeit auch für Rechtsinstitute anderer Rechtsordnungen, die den Bestandteilen der Definition entsprechen, verwendet werden. Falls es Abweichungen hinsichtlich bestimmter Definitionsbestandteile gibt, wird darauf hingewiesen. Im Folgenden will sich die Arbeit auf solche Kreditsicherheiten beschränken, die durch vertragliche Vereinbarung – im Unterschied zur Entstehung per Gesetz – begründet worden sind. 2.

Der Begriff der Eigentumssicherheit

Der Begriff der Eigentumssicherheit ist bisher in der deutschen Rechtssprache kaum verwendet worden und daher weitgehend unbekannt. Eine Ausnahme stellt ein Aufsatz von Drobnig aus dem Jahr 1996 dar31. Der Begriff „Eigentumssicherheit“ findet dagegen in der französischen Rechtsliteratur einigen Gebrauch, wo von den propriété-sûretés und den propriété-garanties die Rede ist32. Er wird nicht nur in Frankreich verwendet, sondern auch in anderen Rechtsordnungen, die eine gewisse Nähe zum französischen Recht aufweisen33. Auch in der schweizerischen französischsprachigen Literatur wird er gelegentlich verwendet34. 31

Drobnig, Die Verwertung von Mobiliarsicherheiten in einigen Ländern der europäischen Union, RabelsZ 60 (1996), 40, 52. Drobnig macht deutlich, dass er den Begriff „Eigentums-Sicherheiten“ der französischen Literatur entlehnt. Seiner Ansicht nach entspricht die Zusammenfassung von z.B. Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung nicht der Rechtswirklichkeit in Ländern (wie Deutschland), die eine weitgehende Verwendung beider zulassen, aber (z.B. bei der Verwertung) deutliche Unterschiede zwischen beiden machen (S. 57). 32 Nur die propriété-sûretés werden als Sicherheiten im strengen Sinne angesehen (deshalb die Terminologe sûreté); vgl. zu dieser Thematik aus französischer Sicht Crocq, Propriété et garantie, Paris 1995, p. 243; Cabrillac/Mouly, Droit des sûretés, 8ème éd., Paris 2007, no 528; Mestre/Putman/Billiau, Droit commun des sûretés réelles – Théorie générale (Paris 1996) aus der von Jacques Ghestin geleiteten Reihe Traité de droit civil, p. 23. 33 So z.B. im Recht der kanadischen Provinz Québec. Vgl. z.B. Macdonald/Ménard, Credo, credere, credidi, creditum, p. 309, 346; Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, Formalism, Functionalism, and Understanding the Law of Secured Transactions, 44 [1999] McGill L.J. 658. 34 Vgl. z.B. Foëx, Types et création de sûretés: enseignements pour le droit suisse; in: Foëx, Bénédict/Thévenoz, Luc/Bazinas, Spiros V. (édts.): Réforme des sûretés mo-

A. Grundlagen

a.

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Definition

Die Verwendung des Eigentums erlaubt eine Spezifizierung der obigen Definition der Kreditsicherheit. Besonderheiten ergeben sich daraus, dass der Gläubiger das Vollrecht und nicht nur ein beschränktes – zur Verwertung berechtigendes – Recht an einer Sache nutzen kann. Hinsichtlich des Merkmals der „Zuordnung“ eines Vermögensgegenstands zum Gläubiger für die Dauer der gesicherten Transaktion ist nach der Herkunft der Sache zu unterscheiden. Die Sache, an der das Eigentum übertragen werden soll, kann sowohl aus dem Vermögen des Schuldners oder eines Dritten kommen als auch aus dem Vermögen des Gläubigers. Im ersten Fall ist unter der Zuordnung die Übertragung des Eigentums an den Gläubiger zu verstehen; möglich ist aber auch die Begründung eines Sondervermögens oder die Übertragung auf einen Treuhänder35. Im zweiten Fall kann das Eigentum einen Anspruch des Gläubigers sichern, indem er die Übertragung des Eigentums auf den Schuldner, die er aufgrund eines Vertrags schuldet36, aufschiebt, bis die gesicherte Forderung befriedigt ist. Da der Gläubiger Eigentümer ist, modifiziert sich das Merkmal der „Besserstellung“. Wäre er Inhaber eines auf Verwertung beschränkten Rechts an der Sache37, hätte er bei der Insolvenz des Schuldners einen Vorteil im Wettstreit mit dessen anderen Gläubigern. Er könnte sich vorrangig vor ihnen aus der Sache befriedigen. Anderen Gläubigern bliebe nur ein möglicher Restwert der Sache zur Verwertung. Die Eigentümerstellung des Gläubigers führt grundsätzlich38 dazu, dass die Sache aus dem Schuldnervermögen herausgenommen wird. Diese Sache unterliegt nun nicht mehr dem gemeinschaftlichen Zugriff aller Gläubiger. Dadurch umgeht der so gesicherte Gläubiger den Wettstreit mit den anderen Gläubigern. Diese können sich grundsätzlich nicht aus einem möglichen Restwert befriedigen. Eigentumssicherheiten greifen deshalb nicht nur in den Gleichbehandlungsgrundsatz ein, sondern auch in den Grundsatz, dass die Gesamtheit der Vermögensgegenstände des Schuldners für die Erfüllung seiner Ver-

bilières – Les enseignements du Guide legislative de la CNUDCI, Genève, Schulthess 2007, 67. 35 S. dazu die fiducie-sûreté des französischen Rechts und des Rechts der kanadischen Provinz Québec. 36 Z.B. aufgrund eines Kaufvertrags – s. den Fall des Eigentumsvorbehalts. 37 Wie z.B. des Pfandrechts. 38 Hier ist von der Grundregel die Rede. Es kann sein, dass sich ein Gesetzgeber entschieden hat, eine Eigentumssicherheit so zu regulieren, dass er dem Gläubiger diesen Vorteil nicht gewähren will. Das gilt z.B. für die Behandlung des deutschen Sicherungseigentums in der Insolvenz, s. dazu unten Abschnitt B. I. 2. a. (vii).

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

bindlichkeiten zu haften hat bzw. Vollstreckungsmassnahmen von Seiten der Gläubiger unterworfen ist39. Wie zu zeigen sein wird, sind Eigentumssicherheiten ebenfalls im Wege der Akzessorietät oder mittels eines fiduziarischen Rechtsverhältnisses mit der gesicherten Forderung verknüpft40. Daraus ergibt sich zusammenfassend folgende Definition der Eigentumssicherheit: Einem Gläubiger wird das Eigentum an einer Sache mit dem Ziel zugeordnet, dass er für den Fall der Zahlungsunfähigeit des Schuldners eine Besserstellung gegenüber den anderen Gläubigern des Schuldners erhält, die dadurch erreicht wird, dass die Sache nicht in die Masse des Schuldners gelangt oder aus der Masse entfernt wird und der Gläubiger sich deshalb grundsätzlich ohne Rücksicht auf andere Gläubiger aus ihr befriedigen kann. Da das Eigentum an der Sache dem Gläubiger zum Zwecke der Sicherung einer Forderung zugeordnet wird, besteht eine Verknüpfung zwischen gesicherter Forderung und Eigentumssicherheit, die entweder auf dem Wege der Akzessorietät oder eines fiduziarischen Verhältnisses erreicht wird. b.

Typologie der Eigentumssicherheiten

Grundlegend kann bei den Eigentumssicherheiten zwischen zwei Situationen unterschieden werden: der des Warenkreditgebers und der des Geldkreditgebers41. Im ersten Fall kommt das Eigentum aus der Sphäre des Gläubigers. Im zweiten Fall rührt das Eigentum aus der Sphäre des Schuldners her.

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Dieser Grundsatz wird manchmal als der Grundsatz des „gemeinsamen Pfands“ bezeichnet, vgl. dazu Kerameus, Geldvollstreckungsarten in vergleichender Betrachtung, in: Bettermann [et al.] (Hrsg.), Festschrift für Albrecht Zeuner, Tübingen 1994, 389 f.; Kerameus, Distribution proceedings and relationships among creditors in a comparative perspective, in: Private law in the international arena, Zürich 2000, p. 313; Macdonald/Ménard, Credo, credere, credidi, creditum, p. 321; Mestre/Putman/Billiau, p. 314; Macdonald, Transnational Secured Transactions Reform, ZEuP 2009, 745, 758. Einige romanische Rechtsordnungen haben diesen Grundsatz ausdrücklich in Form gesetzlicher Regelungen übernommen. So lautet Art. 2740 Abs. 1 des italienischen Codice civile (Responsabilità patrimoniale): „Il debitore risponde dell'adempimento delle obbligazioni con tutti i suoi beni presenti e futuri.” Art. 2644 Code civil québécois (CCQ) lautet: „Les biens du débiteur sont affectés à l’exécution de ses obligations et constituent le gage commun de ses créanciers“ (= das gemeinsame Pfand seiner Gläubiger). 40 S. unten zum Eigentumsvorbehalt B. I. 1. a. (viii) und zur Sicherungsübereignung B. I. 2. a. (viii). 41 Macdonald, Transnational Secured Transactions Reform, ZEuP 2009, 745, 758, verwendet diese grundlegende Unterscheidung in seiner Typologie.

A. Grundlagen

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(i) Eigentumssicherheiten des Warenkreditgebers (a) Eigentumsvorbehalt Beim Kaufvertrag verpflichtet sich der Verkäufer zur Übergabe der Kaufsache und zur Übertragung des Eigentums daran an den Käufer. Warenverkäufer gehen aufgrund starker Konkurrenz untereinander häufig in Vorleistung, um dem Käufer durch die Einräumung des Warenkredits einen Anreiz zum Kauf zu geben42. Für den Käufer hat das den Vorteil, dass er die Kaufsache sofort nutzen kann, auch wenn er nicht über genügend Kapital verfügt, um sie augenblicklich erwerben zu können. Der in Vorleistung tretende Verkäufer will dabei sichergehen, dass er seinen Kaufpreis erhält, denn er kennt die Liquidität seiner Kunden regelmässig nicht. Zum anderen möchte er verhindern, dass andere Gläubiger die Sache für ihre eigene Befriedigung verwenden können43. Würde der Käufer sofort Eigentümer der Ware, wäre der Verkäufer nur schuldrechtlich geschützt und könnte daher nur an der pro-rata-Befriedigung aus der Masse teilnehmen44. Einen besseren Schutz kann er erreichen, wenn er dem Käufer nur den Besitz (bzw. den Gewahrsam) an der Kaufsache überträgt, sich aber das Eigentum daran bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises vorbehält. Die Vorbehaltssache fällt dabei nicht in das Vermögen des Schuldners. Dritte können damit an ihr keine Rechte geltend machen. Der Vorbehaltsverkäufer kann sich aus ihr befriedigen, indem er sie – unter der Voraussetzung, dass er den Kaufvertrag beendet hat – aufgrund seines Eigentums vom Käufer herausverlangt45. (b) Das Finanzierungsleasing Das Leasing kann ebenfalls – wie der Eigentumsvorbehalt – die Funktion eines Warenkredits erfüllen. Die Entscheidung für das Leasing statt für den Eigentumsvorbehalt hat für den Leasingnehmer betriebswirtschaftliche und steuerrechtliche Vorteile46. 42

Weber, 189; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 7 f.; Staudinger/Beckmann (2004) § 449 Rn. 1. 43 Weber, 190; Schulz, 4 m.w.N. 44 Steinauer, Les droits rééls, Tome II, 3 ème éd., Berne 2002, no 2027. 45 Oder ggf. auch auf rein schuldrechtlicher Grundlage. S. im Detail zur Regulierung des Eigentumsvorbehalts in verschiedenen Rechtsordnungen unten B. I. 1. a. (vi). 46 Zu den betriebswirtschaftlichen Vorteilen gehört z.B., dass die sofortige Liquiditätsbelastung beim Erwerb der Nutzung einer Sache vermieden wird oder dass für die Finanzierung der Nutzung der geleasten Sache keine weiteren Sicherheiten gegeben werden müssen. Bei entsprechender Gestaltung des Vertrags kann ein Leasingnehmer die Leasingraten in voller Höhe als Betriebsausgaben von der Steuer absetzen; s. zu den Gründen der Entscheidung für das Leasing Schimansky/Bunte/Lwowski [et al.], Bank-

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

Es ist vielmehr je nach vertraglicher Ausgestaltung zu unterscheiden, denn dem Leasing wohnen sowohl Aspekte der Gebrauchsüberlassung als auch der Finanzierung inne47. Wenn die Finanzierungsfunktion gegenüber der Gebrauchsüberlassungsfunktion überwiegt, spricht man vom „Finanzierungsleasing“. Die typische Konstellation des Finanzierungsleasings ist die eines Dreiecksverhältnisses: Der Leasingnehmer sucht sich eine Sache aus, die er nutzen möchte. Daraufhin erwirbt der Leasinggeber das Eigentum an der Sache vom Hersteller und schliesst mit dem Leasingnehmer einen Leasingvertrag ab. Der Hersteller liefert die Sache an den Leasingnehmer aus. Dieser kann sie gemäss Vertrag während ihrer (vorher kalkulierten) Lebensdauer nutzen und muss an den Leasinggeber, der Eigentümer bleibt, Leasingraten zahlen, die dazu dienen, die Anschaffungskosten, den Kapitaleinsatz und einen festen Gewinn des Leasinggebers auszugleichen48. Sobald diese Kosten amortisiert sind, erhält der Leasingnehmer typischerweise die Option, die geleaste Sache gegen Zahlung eines nominellen Betrags zu erwerben. Beim Operatingleasing überwiegt dagegen der Aspekt der Gebrauchsüberlassung. Der Gebrauch der Sache wird nur für eine relativ kurze Zeit überlassen. Die Kosten des Leasinggebers können innerhalb dieser Zeit nicht von einem einzelnen Leasingnehmer, sondern nur durch eine Reihe von Leasingverträgen über denselben Gegenstand amortisiert werden49. Für die Abgrenzung zwischen den beiden Arten des Leasing soll es nach der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) darauf ankommen, ob der Leasinggeber dem Leasingnehmer die Beschaffungskosten für das geleaste Gut kreditiert. Dann sei wirtschaftlich ein Kredit in Höhe der Anschaffungskosten gegeben50. Wenn man das Finanzierungsleasing an der obigen Definition des Begriffs der Eigentumssicherheit misst, fällt Folgendes auf: Das Merkmal der Besserstellung des Gläubigers (des Leasinggebers) ist gegeben. Er ist Eirechts-Handbuch, Bd. II, 3. Aufl., München 2007, § 101 Rn. 4; Staudinger/Stoffels (2009) Leasing Rn. 48, 49. 47 Vgl. zu den beiden Aspekten des Leasing Girsberger, Finanzierungsleasing als Kreditsicherheit: National – International, in: Koller (Hrsg.), Leasingrecht – Ausgewählte Fragen, Bern 2007, 5; Aeschlimann/Foëx, Sûretés mobilières: limites et réforme du droit suisse; in: Thévenoz/Bovet (édts.), Journée 2005 de droit bancaire et financier, Genève 2006, p. 22; Henneberger, Regulierung von Leasinggeschäften in Deutschland – Annäherung an europäische Vorschriften, Kreditwesen 2010, 795; Hanisch, Finanzierungs-Leasing und Konkurs (Diskussionsbeitrag); in: Probleme der Kreditsicherung: Berner Tage für die juristische Praxis 1981, Bern 1982, 180–189; BGHZ 95, 39, 53. 48 S. zum Ablauf: Staudinger/Stoffels (2009) Leasing Rn. 11; Bucher, Leasing in der Schweiz, in: L’évolution récente du droit privé en Turquie et en Suisse, Zürich 1987, p. 122; Mlakar, Leasing in der Schweiz, Zürich 1999, 4; BGHZ 95, 39, 53; 84, 95, 111. 49 Staudinger/Stoffels (2009) Leasing Rn. 11; Mlakar, 3. 50 S. das Merkblatt „Hinweise zum Tatbestand des Finanzierungsleasing“, Bonn/ Frankfurt a.M. 2009, der BaFin und Henneberger, Kreditwesen 2010, 795.

A. Grundlagen

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gentümer der Leasingsache. Das bedeutet, dass sie bei der Insolvenz des Leasingnehmers nicht in dessen Masse fällt. Der Leasinggeber kann sie mithin allein verwerten, um seine Ansprüche aus dem Leasingvertrag zu befriedigen. Bezüglich des Merkmals der „Zuordnung des Eigentums zum Gläubiger“ ist allerdings ein wichtiger Unterschied zum Eigentumsvorbehalt zu sehen. In dem Fall, dass das Eigentum aus der Sphäre des Gläubigers herrührt, war unter der Zuordnung an den Gläubiger der Aufschub der vertraglich geschuldeten Übertragung des Eigentums auf den Schuldner zu verstehen. Anders als beim Eigentumsvorbehalt liegt hier allerdings kein Aufschub einer vertraglich geschuldeten Eigentumsübertragung auf den Schuldner vor. Es kommt den Parteien nicht darauf an, dass dem Gläubiger das Eigentum an der Leasingsache nur für die Dauer einer gesicherten Transaktion zugeordnet wird. Den Parteien geht es nach der vertraglichen Konstruktion gar nicht um die Übertragung des Eigentums an einer Sache, sondern um die Ermöglichung der Nutzung einer Sache während der Zeit ihrer Lebensdauer. Die Parteien wählen die vertragliche Konstellation gerade deshalb, weil die Leasingsache aus steuerlichen Gründen beim Leasinggeber veranlagt bleiben51 und – zumindest während ihrer wirtschaftlichen Lebensdauer – nicht auf den Leasingnehmer übergehen soll. Aus diesem Grund sind die oben herausgearbeiteten Voraussetzungen nicht erfüllt. Das Finanzierungsleasing kann deshalb nicht als Eigentumssicherheit im Sinne der obigen Definition betrachtet werden. Auch von der Mehrheitsmeinung in Deutschland und der Schweiz wird das Finanzierungsleasing entweder als atypischer Mietvertrag oder als Vertrag sui generis (Innominatvertrag) angesehen52. Auch wenn das formale Abstellen auf die Konstruktion des Vertrags gegen die Wertung als Eigentumssicherheit spricht, so ist das Finanzierungsleasing, wenn man auf seine wirtschaftliche Funktion abstellt, mit dem Eigentumsvorbehalt vergleichbar53. Wenn der Leasingnehmer die Sache während ihrer gesamten wirtschaftlichen Lebensdauer nutzt, ist das mit einer Übereignung auf ihn vergleichbar, da ihr wirtschaftlicher Wert allein ihm zugewiesen wird54. Gleicherweise ist der Leasinggeber wirtschaftlich mit einem Verkäufer vergleichbar, wenn die Leasingraten alle seine Kosten abdecken. Das Eigentum funktioniert für ihn als Sicherheit55. Das Fi51

MünchKommBGB/Koch, Leasing Rn. 1 (6. Aufl. 2012). Vgl. nur BGH NJW 1977, 195, 196; BGE 118 II 150; MünchKommBGB/Koch, Leasing Rn. 26 (6. Aufl. 2012); Brinkmann, Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen und Forderungen, Tübingen 2011, 220 m.w.N. 53 S. dazu Brinkmann, Kreditsicherheiten, 219; Aeschlimann/Foëx, p. 22. 54 Häufig sehen die Leasingverträge vor, dass der Leasingnehmer das Eigentum nach dem Ende der vorgesehenen Leasingzeit gegen Zahlung eines Nominalbetrags erwerben kann. 55 Brinkmann, Kreditsicherheiten, 219. 52

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

nanzierungsleasing wird aus diesen Gründen von Rechtstexten, die bei der Bewertung von Rechtsgeschäften auf eine funktionale Betrachtung abstellen, als Kreditsicherheit behandelt. Hinzuweisen ist insbesondere auf den Draft Common Frame of Reference (DCFR)56 und den UNCITRALLegislative Guide on Secured Transactions57, die das Finanzierungsleasing als security right behandeln. Zusammenfassend ist festzustellen: Das Finanzierungsleasing kann strikt genommen nach dem Gesagten nicht als Eigentumssicherheit angesehen werden. Aufgrund seiner faktischen Nähe zum Eigentumsvorbehalt und aufgrund seiner Relevanz für das Verständnis des funktionalen Ansatzes im Recht der Kreditsicherheiten soll es dennoch weiter unten im darstellenden Teil mit abgehandelt werden. (c) Die Verkaufskommission Bei der Verkaufskommission übergibt der Kommittent dem Kommissionär eine Sache, damit dieser die Sache in eigenem Namen, aber auf Rechnung des Kommittenten verkauft. Der Kommissionär erhält dafür eine Provision. Die Einordnung als Eigentumssicherheit scheitert hier an den gleichen Gründen wie beim Finanzierungsleasing: Zwischen den Parteien ist – zumindest im Grundsatz – kein Eigentumsübergang auf den Kommissionär gewollt. Der Kaufvertrag soll zwischen Kommittent und Drittem zustande kommen. Dennoch kann die Verkaufskommission im Einzelfall so gestaltet sein, dass der Kommissionär zu einem bestimmten Zeitpunkt das Eigentum an der Sache erwerben soll, auch wenn er keinen Käufer gefunden hat. In diesem Fall würde die Vereinbarung in wirtschaftlicher Sicht wie ein Warenkredit wirken, da der Kommissionär Waren erhält, deren Erwerb er sich augenblicklich nicht leisten kann oder will58. Wenn die Absicht der Sicherung gegeben ist, wird die Verkaufskommission deshalb von einigen Rechtstexten wie ein Eigentumsvorbehalt behandelt59.

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Der DCFR behandelt das Finanzierungsleasing funktional als retention-ofownership device; vgl. dazu Art. IX.-1:103 (2) (c) und genauer unten B. IV. 2. a. (iii). 57 Der UNCITRAL-Leitfaden behandelt, sofern er den unitären Ansatz vertritt, das Finanzierungsleasing als security right, s. dazu genauer unten B. IV. 1. a. (iv). 58 Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, (1999) 44 McGill L.J. 605. 59 So z.B. vom DCFR. Vgl. Art. IX.-1:103 (2) (d).

A. Grundlagen

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(ii) Eigentumssicherheiten des Geldkreditgebers (a) Die Sicherungsübereignung Die Sicherungsübereignung ist der Prototyp der Eigentumssicherheit im Fall des Geldkredits. Dabei überträgt der Schuldner oder ein Dritter das Eigentum an einer Sache auf den Gläubiger. Anders als bei den obigen Fällen kommt das Eigentum hier nicht aus der Sphäre des Gläubigers. Durch die Übertragung des Eigentums auf ihn wird der Gläubiger im Vergleich zur pro-rata-Befriedigung aller Gläubiger bessergestellt, da die Sache aus der Masse herausgenommen wird und auf ihn übergeht. Ein Sicherungsvertrag stellt die Verknüpfung zwischen der Sicherungsübereignung und der gesicherten Forderung her. Der Gläubiger verpflichtet sich darin, die übertragene Sache so zu behandeln, wie es der Sicherungszweck erfordert. Insbesondere verpflichtet er sich, sie an den Schuldner zurück zu übertragen, sobald jener den Kredit zurückgezahlt hat60. Die Verknüpfung findet mithin hier aufgrund eines fiduziarischen Rechtsverhältnisses statt61. (b) Der Wiederkauf/Sicherungskauf Der Wiederkauf (in der Schweiz als Sicherungskauf bezeichnet) schafft eine Konstellation, die mit der Sicherungsübereignung vergleichbar ist. Gläubiger und Schuldner verwenden dabei einen Kaufvertrag, um den Kredit samt Sicherungsgeschäft abzuwickeln. Der Schuldner verkauft an den Gläubiger eine Sache, die die Sicherheit darstellt. Diese Sache wird an den Gläubiger übereignet, so dass das Merkmal der Besserstellung zu bejahen ist. Der Kaufpreis stellt den Kredit an den Schuldner dar62. Dem Schuldner wird das Recht eingeräumt, die Sache zurückzukaufen. Es wird ein zweiter Kauf durchgeführt, bei dem der Kaufpreis die Rückzahlung des Kredits darstellt, worauf die Sache an den Schuldner zurückübereignet wird. (c) Das sale and lease-back-Verfahren Beim sale and lease-back-Verfahren verkauft der Schuldner einen Gegenstand an den Gläubiger und least ihn dann zurück. Durch dieses Verfahren kann der Schuldner kurzfristig Liquidität erlangen und den Gegenstand

60

Ausführlich zu den einzelnen Aspekten der Sicherungsübereignung unten B. I. 2. a. MünchKommBGB/Oechsler, Anh §§ 929–936 Rn. 1. 62 S. zum Wiederkauf Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips im 18. und 19. Jahrhundert, Köln und Wien 1971, 141 ff; BGE 56 II 451; BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1387. 61

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gleichzeitig gegen Zahlung der Leasingraten weiter nutzen63. Die Leasingraten entsprechen der Rückzahlung eines durch den Gläubiger gegebenen Kredits. Die Ausgestaltung des Leasingvertrags kann wieder entweder in der Form des Operatingleasing oder in der Form des Finanzierungsleasing erfolgen. Der Leasinggeber ist durch das Eigentum bessergestellt, als er es bei der reinen pro-rata-Befriedigung aller Gläubiger wäre. Wie bei der Sicherungsübereignung erfolgt die Besserstellung, indem ihm das Eigentum vom Schuldner übertragen wird. Ein Problem ergibt sich aber beim Merkmal der Verknüpfung der Übertragung mit der gesicherten Forderung. Bei der Sicherungsübereignung ist der Sicherungsnehmer aufgrund des Sicherungsvertrags verpflichtet, die Sache nach Rückzahlung des Kredits auf den Sicherungsgeber zurückzuübertragen. Beim lease-back gilt nun das Gleiche, was schon beim Finanzierungsleasing gesagt wurde. Es kommt den Parteien gar nicht auf die Rückübertragung des Eigentums auf den Sicherungsgeber an. Im Mittelpunkt steht die Nutzung der Sache und deren Veranlagung beim Leasinggeber. Das sale and lease-back ist daher nicht als Eigentumssicherheit anzusehen. (d) Die fiducie-sûreté Die fiducie-sûreté ist aus dem Recht Frankreichs und der kanadischen Provinz Québec bekannt und soll im Zusammenhang dieser beiden Rechte genauer dargestellt werden64. Beteiligte sind im Normalfall ein Treugeber, ein Treuhänder und der Begünstigte. Unter Umständen kann die Konstellation auf ein Zweipersonenverhältnis reduziert werden, z.B. wenn der Begünstigte auch Treuhänder sein kann65. Die Besonderheit der fiducie liegt in der Begründung eines Sondervermögens, das vom Vermögen der übrigen Beteiligten getrennt gehalten werden muss. Dieses Vermögen kann u.a. mit dem Zweck der Sicherung einer Forderung begründet werden. Im Sicherungsfall kann sich der Begünstigte aus dem Sondervermögen befriedigen. Wie beim Sicherungseigentum besteht sein Vorteil darin, dass das Sondervermögen vom Vermögen des Schuldners getrennt ist. Die Bestandteile des Sondervermögens unterliegen deshalb nicht dem gemeinschaftlichen Zugriff der Gläubiger des Schuldners66. Die Bindung an die gesicher-

63 S. zum sale and lease-back Hanisch, Finanzierungs-Leasing, 183, der das Finanzierungsleasing als „klandestines dingliches Sicherungsrecht“ bezeichnet; Girsberger, Finanzierungsleasing, 7; Mlakar, 2; Aeschlimann/Foëx, p. 22; MünchKommBGB/Koch, Leasing Rn. 13 (6. Aufl. 2012); Brinkmann, Kreditsicherheiten, 35. 64 S. unten B. I. 2. a. 65 Das ist im französischen Recht möglich, s. dazu unten B. I. 2. a. (ii) (3) und (4). 66 S. genauer unten zum B. I. 2. a. (vii) (3) und (4).

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te Forderung ergibt sich aus dem treuhänderischen Charakter der fiduciesûreté. Eine Besonderheit gibt es nach dem Gesagten bei dem Merkmal der Zuordnung des Eigentums auf den Gläubiger. Die Zuordnung muss bei der fiducie-sûreté nicht unbedingt in der Übertragung der Sache auf den Gläubiger bestehen, da es auch möglich ist, dass die Sache auf den Treuhänder übertragen wird. Doch auch in diesem Fall ist der Gläubiger der Begünstigte, dem das Recht der Verwertung zusteht. Mithin steht diese Besonderheit der Wertung als Eigentumssicherheit nicht entgegen. c.

Zusammenfassung

Die obige Typologie hat folgende Rechtsgeschäfte als Eigentumssicherheiten gewertet: den Eigentumsvorbehalt, das Sicherungseigentum, den Wiederkauf/Sicherungskauf und die fiducie-sûreté des französischen Rechts bzw. des Rechts der Provinz Québec. II. Motive für Kreditsicherung aus ökonomischer Sicht Bei der Frage nach den Gründen für die Existenz von Kreditsicherheiten wird zumeist auf ökonomische Gesichtspunkte zurückgegriffen67. Die Frage kann unter einem makroökonomischen und unter einem mikroökonomischen Blickwinkel betrachtet werden. Ersterer stellt die generelle Frage: Welche Gründe für Kreditsicherheiten gibt es aus Sicht einer Gesellschaft? Er nimmt die Auswirkungen von Kreditsicherheiten auf eine bestimmte Wirtschaftszone oder mehrere Wirtschaftszonen im Ganzen ins Visier und analysiert den Zusammenhang zwischen Kreditsicherheiten und der Disponibilität von Kredit. Letzterer untersucht die Funktionen von Kreditsicherheiten, die auf der Ebene des einzelnen Vertragsverhältnisses Motive zu ihrer Verwendung begründen. 1.

Makroökonomische Gesichtspunkte

Die Qualität des Lebens der Menschen wird in der modernen Welt an der Höhe des Lebensstandards gemessen. Deshalb ist es das Ziel von Ent67 Zur ökonomischen Betrachtung der Sicherungsrechte s. Röver, Vergleichende Prinzipien dinglicher Sicherheiten, München 1999, 97 ff.; Fleisig, Economic Functions of Security in a Market Economy; in: Norton/Andenas (eds.), Emerging Financial Markets and Secured Transactions, London, Den Haag, Boston 1998, 15 ff.; Bouckaert, Divergences of the Law on Securities. A Law and Economics Approach, in: Drobnig/Snijders/ Zippro (eds.), Divergences of Property Law, an Obstacle to the Internal Market?, München 2006, 175 ff.; Armour, The Law and Economics Debate About Secured Lending: Lessons for European Lawmaking?, in: Eidenmüller/Kieninger (eds.), The Future of Secured Credit in Europe, Berlin 2008, 16.

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scheidungsträgern, den Lebensstandard in ihrem Zuständigkeitsbereich kontinuierlich zu heben. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Produktivität der Wirtschaft in einem bestimmten Bereich68. Ein hoher Lebensstandard erfordert ein grosses Angebot an Gütern und Dienstleistungen. Auf die Erhöhung dieses Angebots kann eingewirkt werden, indem durch Investitionen das für produktive Prozesse zur Verfügung stehende Kapital erhöht wird. Die zentrale Rolle spielen dabei Kredite, mithin die Nutzung fremden Kapitals, die es Unternehmen ermöglicht, ihre Güterherstellung zu steigern und ihre Produktionsprozesse zu verbessern. Je stärker eine Wirtschaftszone entwickelt ist, desto höher ist auch ihr Bedarf an Kreditversorgung69. Nach modernen ökonomischen Erkenntnissen wird die Verfügbarkeit billigen Kredits als Voraussetzung für das Wirtschaftswachstum angesehen. Unter ökonomischen Gesichtspunkten ist es daher die Aufgabe jedes Kreditsicherungsrechts, die Beschaffung möglichst günstigen Kredits zu fördern. Billiger, d.h. zinsgünstiger Kredit ist nur dann zu haben, wenn die Risikoaussicht des einzelnen Kreditgebers im Zusammenhang mit dem Kreditgeschäft so gering wie möglich ist. Seine Risikoaussicht ist umso geringer, je mehr er davon ausgehen kann, für den Ausfall des Kreditnehmers abgesichert zu sein. Hier spielen die Kreditsicherheiten eine wichtige Rolle, da sie dem Kreditgeber genau für diesen Fall eine hilfsweise Quelle der Befriedigung zur Seite stellen. Kreditsicherheiten können mithin bei der Senkung der Kreditkosten eine wichtige Rolle spielen. Das gilt jedoch nur in dem Masse, wie die Sicherung des Kreditgebers wirklich „funktioniert“. In diesem Zusammenhang ergibt sich eine wichtige Rolle für die Gesetzgebung auf dem Gebiet der Kreditsicherheiten: Es ist ein Kreditsicherungsrecht im Sinne eines Regelwerks vonnöten, das den Kreditgeber wirklich effektiv sichert. Dieses Recht muss, um die Aussicht des Kreditgebers auf volle Absicherung zu erhöhen, bestimmte Charakteristika erfüllen, die allgemein für ein effektiv wirkendes Sicherungsrecht für erforderlich gehalten werden. Auf diese Anforderungen soll später in der Arbeit genauer eingegangen werden. Auf gelegentlich geäusserte Zweifel an der Fähigkeit von Kreditsicherheiten, die Kosten der Kreditgewährung tatsächlich zu senken70, soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden, da diese Frage nicht im Zentrum 68

Zur Rolle der Produktivität für die Lebensqualität s. Mankiw, Principles of Economics, 3rd ed., Mason, Ohio 2004, 541. 69 Drobnig, Mobiliarsicherheiten – Vielfalt oder Einheit ? – Vergleichender Generalbericht; in: Kreuzer (Hrsg.): Mobiliarsicherheiten: Vielfalt oder Einheit?, Baden-Baden 1999, 9. 70 Vgl. dazu nur Mann, 110 Harv. L. Rev. 625 (1996–1997); Warren, Making Policy with Imperfect Information: The Article 9 Full Priority Debates, 82 Cornell L. Rev. 1373 (1996–1997).

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der Erörterungen steht. Fest steht jedoch, dass so gut wie alle modernen Bemühungen der Reform des Rechts der Kreditsicherheiten sich auf die obige Überlegung stützen71. 2.

Motive für Kreditsicherheiten im einzelnen Vertragsverhältnis

Bei der Frage nach den Gründen und Motiven für die Bestellung von Kreditsicherheiten auf der Ebene des einzelnen Vertragsverhältnisses sind die Positionen von Kreditgeber und Kreditnehmer zu unterscheiden. a.

Interessen des Kreditgebers

(i) Absicherung gegen den Ausfall des Kreditnehmers Wie bereits ausgeführt, sieht sich der Gläubiger dem Risiko des Ausfalls des Schuldners gegenüber. Im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners wird der Gläubiger im Verhältnis zu anderen Gläubigern nur pro rata mit seiner Forderung am vorhandenen Vermögen beteiligt. Die Bestellung einer Kreditsicherheit bietet dem Gläubiger die Möglichkeit, diese Situation zu umgehen, in dem sie ihm in der Insolvenz des Schuldners eine Vorrangstellung gegenüber den ungesicherten Gläubigern verschafft. Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass der gesicherte Gläubiger die Sache einfach aus der Masse nehmen kann. Zum Beispiel kann nach deutschem Recht der Sicherungseigentümer die ihm übertragene Sache nicht aus der Masse aussondern und seit Bestehen der Insolvenzordnung auch nicht mehr mit dem Recht zur Selbstverwertung absondern72. Es besteht allerdings ein Anspruch auf die Abführung des Verwertungserlöses gegenüber dem Insolvenzverwalter (§§ 51 Nr. 1, 166 Abs. 1, 170 Abs. 1 InsO), der ihm im Verhältnis zu den ungesicherten Gläubigern ein Vorrecht einräumt. Nach Art. 219 Abs. 1 des schweizerischen SchKG werden 71

Vgl. nur UNCITRAL-Legislative Guide, Introduction, Erwägungsgründe 46, 49; s.a. key objectives (rec. 1); McCormack, The UNCITRAL Legislative Guide on Secured Transactions – Functionalism and Form; in: Réforme des sûretés mobilières – Les enseignements du Guide legislatif de la CNUDCI, Genève, Schulthess 2007, 43; Macdonald, Commentaries on the law of Ukraine on securing creditor’s claims and registration of encumbrances, Kiev 2004, p. 6; Maternova, p. 220; Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, München 2007, 54; EBRD Model Law on Secured Transactions, Introduction, London 1994; Macdonald, The Counter-Reformation of Secured Transactions Law in Québec, 19 (1991) Can. Bus. L.J. 268 (über Article 9 UCC). 72 Es ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff „Kreditsicherheit“ an dieser Stelle noch in einem weiteren Sinne verwendet wird. Zur Definition des Begriffs für die weitere Arbeit s. u. Abschn. B. Das deutsche Sicherungseigentum wird in der Insolvenz des Sicherungsgebers praktisch wie ein besitzloses Pfandrecht behandelt, s. Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, 3. Aufl., München 2006, § 43 Rn. 50.

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die pfandrechtsgesicherten Gläubiger ebenfalls aus der Verwertung der Pfänder vorneweg bezahlt. Gleiches gilt z.B. auch für das österreichische Konkursrecht (§§ 48 Abs. 1, 132 Abs. 1 KO) sowie für weitere Rechte73. Kreditsicherheiten erhöhen mithin die Aussicht des Kreditgebers, abgesichert zu sein für den Fall, dass der Kreditnehmer seine Verpflichtung zur Rückzahlung nicht erfüllen kann. (ii) Verringerung des Informationsaufwands Um das Risiko seines Engagements einschätzen und die Höhe des für die Risikodeckung zurückzustellenden Kapitals bestimmen zu können, benötigt der Kreditgeber Informationen über die finanzielle Situation des Kreditnehmers. Die unterschiedliche Interessenlage des Kreditnehmers macht es für ihn riskant, sich auf die Angaben des Kreditnehmers zu verlassen. Diese Problematik wird unter dem Stichwort der asymmetrischen Information74 diskutiert. Nur der Kreditnehmer selbst ist nämlich im Stande, das Risiko der Kreditgewährung umfassend abzuschätzen. Er hat aber ein ökonomisches Interesse daran, dieses Interesse gegenüber dem Kreditgeber niedriger erscheinen zu lassen, als es tatsächlich ist. Der Kreditgeber kann darauf nicht einfach reagieren, indem er dem Kreditnehmer einen Risikoaufschlag in Form der Erhöhung des Zinssatzes in Rechnung stellt. Hoher Zinssatz bedeutet nicht niedriges Risiko. Würde der Kreditnehmer einen hohen Zinssatz akzeptieren, kann das zwar bedeuten, dass er sein Projekt für profitabel hält. Auf der anderen Seite kann es aber auch auf eine für den Kreditgeber nachteilige hohe Risikobereitschaft hindeuten. Schliesslich ist es möglich, dass zu hohe Zinssätze gerade Kreditnehmer mit einem „guten Risiko“ vom Vertragsschluss abhalten75. Die Erforschung der finanziellen Situation des Kreditnehmers wäre damit unumgänglich. Der Kreditgeber müsste die Vermögenswerte des Kreditnehmers wie auch die Erfolgsaussichten seines Investitionsvorhabens genau und umfangreich untersuchen. Damit sind jedoch hohe Kosten verbunden. 73

Z.B. für das englische Recht der bankruptcy: Der Inhaber einer Kreditsicherheit kann sie aus der Masse nehmen und verwerten. In diesem Fall nimmt er am Verfahren nur noch in der Höhe teil, in der die Verwertung für die Befriedigung unzureichend war, s. n° 6.109 Insolvency Rules (IR). Die Befreiung des Gemeinschuldners (discharge) hat auf das Recht, die dafür bestellte Sicherheit zu verwerten, keinen Einfluss, s. 281 (2) IA; für das kanadische Recht s. s. 136 (1) BIA. 74 S. dazu Dorndorf/Frank, Reform des Rechts der Mobiliarsicherheiten – unter besonderer Berücksichtigung der ökonomischen Analyse der Sicherungsrechte, ZIP 1985, 56, 74; Fleisig, 19; Kieninger, Introduction: security rights in movable property within the common market and the approach of the study; in: Security Rights in Movable Property in European Private Law, Cambridge, Cambridge University Press 2004, p. 8. 75 Kieninger, Security Rights, p. 8.

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Der Kreditgeber hat deshalb ein Interesse, diese Kosten so weit wie möglich zu verringern. Die Möglichkeit dazu bietet sich in Form von Kreditsicherheiten. An die Stelle der Information über den Kreditnehmer und sein Projekt tritt die Information über den Sicherungsgegenstand. Das bedeutet zum einen eine Beschränkung der Blickweite der Information und zum anderen eine Beschränkung der während der Valutierung fortwährend durchzuführenden Kontrolle der finanziellen Situation. Wenn der Kreditgeber beispielsweise ein Sicherungsrecht an einer Maschine des Kreditnehmers erhalten hat, kann er unter Umständen andere Vermögensgegenstände des Kreditnehmers bei der Kontrolle ausser Betracht lassen76. Dadurch kann er die Informationskosten senken. (iii) Schaffung eines Anreizes für die Kreditrückzahlung Kreditsicherheiten können den Anreiz erhöhen, dass der Kreditnehmer den Kreditbetrag zurückzahlt. Wenn der Kreditnehmer einen Kredit erhält, kann das dazu führen, dass er eher zu riskanten Entscheidungen neigt, als ohne die Erteilung des Kredits. Die Krediterteilung verschiebt das Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital in Richtung des Fremdkapitals. Bei einer geringen Eigenkapitalausstattung ist der eigene Einsatz des Kreditnehmers gering und damit auch der zu befürchtende Verlust, den er auf das Fremdkapital abwälzen kann77. Der Kreditgeber ist dagegen nicht an riskantem Verhalten interessiert, sondern an einem Verhalten, das die Chancen der Kreditrückzahlung maximiert. Von der Gewinnerwirtschaftung des unterstützten Projekts profitiert nicht er, sondern nur der Kreditnehmer. Auf der anderen Seite bedeutet das Scheitern des Projekts meist den Verlust der Valuta, während der Kreditnehmer in der genannten Situation oft nur geringen Verlust erleidet78. Dieser Gegensatz zwischen den Interessen des Kreditgebers und des Kreditnehmers79 gefährdet die Rückzahlung des Kredits. Kreditsicherheiten können dazu beitragen, dass der Kreditnehmer seinen Eigenkapitalanteil nicht unbegrenzt verringern kann. Das Eigenkapital des Kreditnehmers gibt diesem ein persönliches Interesse am Gelingen seines Projekts und stärkt damit den Anreiz zur Rückzahlung des Kredits. Wenn ein Kreditgeber den Kredit nur gegen die Gewährung von Kreditsicherheiten erteilt, verringert er so die Wahrscheinlichkeit, dass Dritte weitere Kredite gewähren und dadurch die Eigenkapitalquote des Schuldners noch weiter absenken. Zumindest werden Dritte aufgrund mangelnder un76

S. zu dieser Thematik Mann, 110 Harv. L. Rev. 650 (1996–1997); Fleisig, 19; Drukarczyk, ZIP 1987, 205, 206. 77 Drukarczyk, ZIP 1987, 205, 206. 78 Mann, 110 Harv. L. Rev. 649 (1996-1997). 79 S. dazu den englischen Ausdruck: adverse incentive.

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belasteter Gegenstände bzw. wegen der Aussicht, dass eigene Sicherungsrechte nur nachrangig verwertet werden können, lediglich zur Gewährung teurer Kredite bereit sein, was für den Kreditnehmer unattraktiv ist80. Zum anderen kann die Bestellung einer Kreditsicherheit dadurch einen Anreiz zur Kreditrückzahlung schaffen, dass sie dem Kreditgeber einen faktischen Einfluss auf den Kreditnehmer gibt: Letzterer muss immer fürchten, dass sein Gläubiger ihm durch die Ausübung seiner gesetzlichen Rechte Schaden zufügt. Tatsächlich ist der Verlust, den der Kreditnehmer z.B. infolge der Zwangsversteigerung einer für seinen Betrieb wichtigen Anlage erleidet, oft viel höher als der blosse Marktwert der belasteten Anlage81. Dieser faktische Einfluss entspricht dem Interesse des Kreditgebers, den Kreditnehmer an der Vornahme riskanter Geschäfte (siehe adverse incentive-Problematik) zu hindern. Aufgrund dieser Machtposition wird der Kreditnehmer motiviert sein, auch bei solchen Geschäften auf der Hut zu sein, die zwar zulässig wären, aufgrund des mit ihnen verbundenen erhöhten Risikos den Kreditgeber aber beunruhigen müssen. Letztlich können Sicherungsverträge, die bestimmte Verfügungen untersagen und Informationsrechte vorsehen, dazu beitragen, die Wahrscheinlichkeit eines riskanten Verhaltens des Kreditnehmers zu verringern. Die Effektivität solcher Verträge wird durch die Bestellung von Sicherheiten erhöht, denn diese erlauben die Fokussierung der Vertragspflichten auf ganz bestimmte Gegenstände82. (iv) Unkomplizierte Befriedigung und Kontrolle über die Verwertung einer Sache Wenn der Kreditnehmer bei Fälligkeit seiner Rückzahlungspflicht nicht zahlt, hat der ungesicherte Gläubiger hoheitliche Hilfe über den Rechtsweg zu suchen. Im Wege der Zahlungsklage ist ein Titel zu erwirken. Sobald dieser erwirkt ist, kann er – sofern die weiteren Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen – die Vollstreckung einleiten, die meist im Wege der öffentlich-rechtlichen Versteigerung erfolgt. Sofern der Kreditgeber dabei überhaupt Erfolg hat, erweist sich dieser Weg im Verhältnis zu seiner Ausbeute als lang und wenig ergiebig. Aus dieser Situation leiten sich verschiedene Interessen des Kreditgebers ab. Zum einen ist der Kreditgeber daran interessiert, im Fall der Nichterfüllung durch den Kreditnehmer dennoch so schnell wie möglich befriedigt zu werden. Praktisch äussert sich das an seinem Interesse, das langsame gerichtliche Verfahren zu umgehen und die Verwertung der 80

Mann, 110 Harv. L. Rev. 642 (1996–1997); McCormack, Secured Credit, 17. Mann, 110 Harv. L. Rev. 647 (1996–1997). 82 Mann, 110 Harv. L. Rev. 651 (1996–1997). 81

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Vermögensgegenstände des Schuldners – wenn möglich – ohne Beteiligung des Gerichts durchführen zu können83. Des Weiteren hat der Kreditgeber auch ein Interesse daran, selbst die Kontrolle über die Verwertung von Vermögensgegenständen auszuüben. Er will bei der Verwertung maximale Erträge erzielen. Das ist nicht möglich, wenn bei Käufern der Eindruck des Zwangsverkaufs entsteht. Dem kann der Kreditgeber aber entgegenwirken, wenn er selbst über den Verkaufszeitpunkt und die Art und Weise der Verfügung entscheiden kann84. Auch hier erweisen sich die positiven Effekte von Kreditsicherheiten als Hilfe für den Kreditgeber. Wenn er gesichert ist, kommt es grundsätzlich nicht mehr auf die Erwirkung eines Titels gegen den Kreditnehmer an85; er kann sich aus dem belasteten Gegenstand befriedigen. Vor allem aber können Sicherheiten die Möglichkeit bieten, ein langwieriges und kompliziertes Vollstreckungsverfahren zu umgehen86 und den Zeitpunkt der Verwertung zu kontrollieren. b.

Interessen des Kreditnehmers

(i) Interesse an der Kreditgewährung; Interesse an günstigem Kredit Das Interesse v.a. der kleinen und mittleren Unternehmen an der Kreditfinanzierung kann in wenigen Worten dargestellt werden. Hauptgrund für die Kreditaufnahme ist der Mangel an Eigenkapital. Besonders kleine und mittlere Unternehmen sind nur sehr gering mit Eigenkapital ausgestattet. Mit Hilfe von Krediten können Projekte verwirklicht werden, die auf längere Sicht die Gewinne eines Unternehmens steigern sollen. So ist es einem Unternehmen, das mittels eines Kredits eine Produktionsanlage erwirbt, möglich, seine Güterproduktion effizienter zu gestalten. Da die Herstellungskosten sinken, kann das Unternehmen einen höheren Gewinn erzielen. Unter Umständen hat es dadurch grössere Freiheit, die Verkaufspreise zu senken und dadurch den Umsatz zu erhöhen, was sich auch positiv auf den Gewinn auswirken kann. 83

McCormack, Secured Credit, 8. McCormack, Secured Credit, 9; mit entsprechender Argumentation zum Verwertungsverfahren an sich vgl. UNCITRAL-Legislative Guide, Chapter VIII. Enforcement, Erwägungsgründe 30, 59; s.a. rec. 148. 85 Das heisst aber nicht, dass die Erwirkung eines Titels nicht möglich wäre. So bleibt es z.B. im deutschen Recht dem Pfandgläubiger unbenommen, einen Titel über die Kreditschuld zu erwirken und dann nach den Vorschriften der ZPO die Vollstreckung in die Pfandsache zu betreiben, s. MünchKommBGB/Damrau, 4. Aufl., München 2004, § 1228 Rn. 3. 86 Baird, 80 Va. L. Rev. 2251 (1994); Kripke, Law and Economics: Measuring the Economic Efficiency of Commercial Law in a Vacuum of Fact, 133 U. Pa. L. Rev. 948 (1984–1985). 84

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

Der Kreditnehmer hat v.a. ein Interesse daran, den Kredit so günstig wie möglich zu bekommen, d.h. mit einer möglichst niedrigen Zinsbelastung. Wie vorher gezeigt wurde, hat die Bestellung einer Kreditsicherheit positive Effekte auf die Risikoauffassung des Kreditgebers und senkt dessen Kosten87. Es wurde dargelegt, dass Kreditsicherheiten dazu beitragen können, das Ausfallrisiko des Kreditgebers zu senken und die Chancen der Befriedigung in voller Höhe zu verbessern. Sie verringern den Informationsaufwand des Kreditgebers und wirken auf die Verhinderung eines zu riskanten Geschäftsverhaltens des Kreditnehmers hin. Zudem geben sie die Aussicht auf eine unkomplizierte und ertragreiche Befriedigung und ermöglichen die Kontrolle über bestimmte Gegenstände. Alle diese Funktionen der Kreditsicherheit begünstigen die Senkung der Kosten des Kredits und entsprechen so dem Interesse des Kreditnehmers. (ii) Interesse an schneller Entscheidung über die Kreditgewährung und an langer Laufzeit Bei sich ändernden Marktbedürfnissen oder sich kurzfristig bietenden Chancen sind Unternehmer auf schnelle Entschlüsse zum Erwerb von Anlagen, Ausstattungsteilen etc. angewiesen. Sie haben mithin ein Interesse an einer möglichst schnellen Entscheidung über die Kreditgewährung, besonders in den Fällen des Lieferantenkredits. Eine aufwendige Entscheidungsfindung macht demgegenüber ein schnelles Agieren unmöglich. Die Hingabe einer Sicherheit an den Kreditgeber kann zu einer schnellen Entscheidung beitragen: Der Lieferant kann sich auf den Wert der gelieferten Sache verlassen, an der er ein Sicherungsrecht hat88. Auf weitere Informationen zur Person des Schuldners kommt es ihm dann nicht mehr so sehr an. Darüber hinaus besteht auch das Interesse an einer möglichst langen Laufzeit des Kredits, um langfristige Strategien entwickeln zu können und finanziell beweglicher zu sein. Der Kreditgeber sieht bei einer langen Laufzeit allerdings das Risiko, dass sich die finanzielle Situation des Kreditnehmers ändert und damit das Ausfallrisiko steigt. Wenn der Kreditnehmer dagegen eine Sicherheit gibt, wird das Risiko des Kreditgebers gesenkt, da er dann nicht mehr auf das finanzielle Wohlergehen des Vertragspartners vertrauen muss, sondern sich auf den belasteten Gegenstand verlassen kann89. 87

Mann, 110 Harv. L. Rev. 638 (1996–1997); Kieninger, Security Rights, p. 8; Dorndorf/Frank, ZIP 1985, 56, 74. 88 Kripke, Law and Economics, 133 U. Pa. L. Rev. 947 (1984–1985). 89 Röver, Vergleichende Prinzipien, 109; s.a. die praktischen Hinweise zum Verfahren der Weltbank bei Fleisig, 15.

A. Grundlagen

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III. Geschichtlicher Überblick über das Kreditsicherungsrecht der beweglichen Sachen, besonders der Rolle des Eigentums als Mittel der Kreditsicherung Im folgenden Abschnitt soll ein kurzer Überblick über das Kreditsicherungsrecht der beweglichen Sachen gegeben werden, wobei der Schwerpunkt auf der Epoche des römischen Rechts liegt. Die Geschichte des antiken Roms kann anhand der Entwicklungsstufen des römischen Staatswesens in verschiedene Epochen unterteilt werden, deren Abfolge grob nachverfolgt werden soll90. Schliesslich soll ein Überblick über die Entwicklung von der Rezeption des römischen Rechts über die Kodifikationen des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart gegeben werden. Letzterer ist insofern von Bedeutung, da er die besondere Situation der Kreditsicherungsrechte der romano-germanischen Rechtsfamilie, wie sie sich bis heute präsentieren, nachvollziehbar macht. 1.

Von der altrömischen in die vorklassische und klassische Zeit

Bis in die klassische Zeit hinein standen im römischen Zivilrecht zwei Typen für die Sicherung einer Forderung durch eine bewegliche Sache bereit, die fiducia und das pignus. Beiden ist die Pfandfunktion gemeinsam. Die fiducia ist ein Sicherungsrecht, das durch Übertragung des Eigentums bestellt wird und mithin an eigener Sache besteht. Dagegen stellt das pignus ein beschränktes dingliches Sicherungsrecht an fremder Sache dar91. Der 90 Der Zeitraum von der Gründung Roms (ungefähr 750 v. Chr.) bis zum Beginn der Punischen Kriege (264 v. Chr.) wird als die altrömische Epoche bezeichnet. Als Vorklassik bezeichnet man das 2. und 1. Jahrhundert vor Christus, in denen sich Rom zur Weltmacht entwickelte. Vor allem in dieser Epoche fand eine starke Auseinandersetzung mit dem griechischen Denken statt. Als Klassik wird der Zeitraum von der Geburt Christi bis spätestens zum Regierungsantritt Diokletians (284 n. Chr.) bezeichnet. Die Klassik gilt als der Zeitraum, in der die römische Rechtswissenschaft zur Blüte gelangte. Dagegen wird die darauffolgende Zeit, bis Justinian (oströmischer Kaiser ab 527 n. Chr.), die Nachklassik, als die Zeit der Vereinfachung und des Niedergangs der römischen Rechtswissenschaft (Vulgarisierung) angesehen. Gelegentlich findet sich auch eine Einteilung der ersten drei genannten Epochen nach der Staatsform: So wird zwischen der Republik (509 v. Chr. bis 27 v. Chr.) und dem Prinzipat (auch frühe bis mittlere Kaiserzeit genannt; bis 284 n. Chr.) unterschieden. Teilweise wird dann weiter zwischen früher und späterer Republik differenziert. Die Regierungszeit Justinians ist für die Rechtsgeschichte äusserst relevant, da in seinen Auftrag der Corpus Iuris Civilis zusammengestellt wurde. Der Corpus Iuris Civilis besteht aus drei Teilen: aus einem Lehrbuch zum römischen Recht von Gaius (den Institutiones), aus einer Zusammenstellung von Schriften römischer Rechtsgelehrter aus verschiedenen Jahrhunderten (den Pandekten) und aus den kaiserlichen Konstitutionen (Codex Constitutionum). 91 Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschn.: Das altrömische, das vorklassische und das klassische Recht; 2. Aufl., München 1971, in: Handbuch der Altertumswissenschaft, T.3, Bd.3, 458.

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

Begriff pignus wurde im altrömischen und klassischen Recht sehr weit verstanden. Er wurde als Oberbegriff auf mehrere Verpfändungsarten angewendet, darunter auch auf die fiducia. Manigk sieht pignus mithin auch als den „umfassendste[n] Ausdruck für die Sicherung eines rechtlichen Interesses durch Haftung eines ausserhalb desselben stehenden Wertes (...)“92. Eine bedeutende antike Quelle für diese weite Bedeutung des Begriffs pignus findet sich in den Intitutiones des Gaius (II, 60): 93

“Sed cum fiducia contrahitur aut cum creditore pignoris iure, aut cum amico (...)” .

Die Entwicklung beider Institute verläuft weitreichend parallel. So werden z.B. sowohl pignus als auch fiducia anfänglich als Besitzpfänder gebraucht, was sich aus den für das altrömische Recht typischen Bedürfnissen nach Sicherheit und Anschaulichkeit erklärt94. Das auf beide anwendbare Recht ist ebenfalls weitgehend, wenn auch nicht vollständig, übereinstimmend. Viele Äusserungen römischer Rechtsgelehrter zum Pfandrecht (pignus) sind auch auf die fiducia anwendbar, z.B. die Beschränkung der Pfandfunktion auf die Sicherung von Geldschulden sowie die Behandlung von Zinsen, Aufwendungen, Erträgen und Früchten95. Um die Bedeutung der fiducia für die weitere Betrachtung der Rolle des Eigentums als Kreditsicherungsmittel herauszustellen, sollen im Folgenden dennoch beide Typen getrennt dargestellt werden. Dabei soll mit der fiducia begonnen werden. Für unsere Zwecke interessiert lediglich die fiducia cum creditore contracta. Die fiducia cum amico contracta, als weiterer Anwendungsfall der fiducia, soll hier ausser Betracht bleiben96.

92 Manigk, Pfandrechtliche Untersuchungen, Breslau 1904, 5; zur Reichweite des Begriffs pignus und zur Gemeinsamkeit der Pfandfunktion von pignus und fiducia s. Krämer, Das besitzlose Pfandrecht, Entwicklungen in der römischen Republik und im frühen Prinzipat, Köln 2007, 13 m.w.N.; Kaser, Studien zum römischen Pfandrecht, Neapel 1982, 50. 93 „Ein Sicherungsvertrag wird entweder mit einem Gläubiger aufgrund eines Pfandrechts abgeschlossen oder mit einem Freund (…)“ (Hervorhebung durch den Autor; Übersetzung: Manthe, Die Institutionen des Gaius, Darmstadt 2004). 94 So Kaser, Studien, 5; zum pignus als anfänglichem Besitzpfand s.a. Manigk, 7. 95 Beispiele nach Kaser, Studien, 51, 55. 96 Diese Form der fiducia diente dazu, einen Gegenstand einer anderen Person anzuvertrauen, um so z.B. im Fall längerer Abwesenheit oder aufgrund persönlicher Unfähigkeit dessen Schutz oder dessen Verwaltung zu gewährleisten. S. Dunand, Le transfert judiciaire: „donner pour reprendre“, Analyse historique et comparatiste de la fiduciegestion, Basel 2000, insbes. 85 ff.; s. auch Longo, Corso di diritto romano, la fiducia, Milano 1946, 75 ff.

A. Grundlagen

a.

35

Die fiducia cum creditore contracta

Wie Krämer97 nachweist, kann die Verwendung des Begriffs fiducia im römischen Recht mehrere Bedeutungen haben: Zum einen kann das ganze Rechtsgeschäft gemeint sein; zum anderen kann seine Bedeutung aber auch auf die causa der Rechtsübertragung oder auf das Treugut selbst beschränkt sein. Im Folgenden soll der Begriff im Hinblick auf die Gesamtheit des Rechtsgeschäfts verwendet werden. Das fiduziarische Rechtsgeschäft setzt sich aus zwei Bestandteilen zusammen, dem Akt der Übertragung des Eigentums und dem schuldrechtlichen Element, dem pactum fiduciae. Eine für die spätere Entwicklung der fiducia wichtige Eigenschaft ist, dass sie auf bestimmte Gegenstände beschränkt ist, nämlich auf res mancipi. Eine Definition der Gegenstände, die zu den res mancipi gehören, gestaltet sich schwierig. Verallgemeinert sind darunter die in der frühen römischen Gesellschaft für Haushalt und Landwirtschaft wichtigsten Sachen zu verstehen. Darunter fallen Sklaven, Lasttiere, italische Grundstücke, Häuser auf solchen Grundstücken und Felddienstbarkeiten. Die Liste dieser Dinge wurde nie erweitert. So wurden z.B. Kamele und andere gezähmte Tiere einfach deshalb nicht erfasst, weil sie in der frühen römischen Gesellschaft noch nicht bekannt waren. Alle Gegenstände, die nicht mancipi waren, wurden als res nec mancipi bezeichnet98. Diese Beschränkung auf die res mancipi zog auch die Bindung an die für die res mancipi eigentümlichen Übertragungsvorgänge nach sich. Das waren die sehr formalisierten Übertragungsakte der mancipatio und der in iure cessio. Die res nec mancipi konnten dagegen mit der unkomplizierteren traditio übertragen werden, was mit den res mancipi nicht möglich war99. Dieser Zustand hatte bis zum Ende der Klassik Bestand. Die mancipatio war ein abstraktes Rechtsgeschäft zur Übertragung des Eigentums an res mancipi. Ihr Ritual enthielt die Abwicklung eines fiktiven Kaufgeschäfts. Dabei waren Erwerber, Veräusserer, ein Waagehalter (libripens) und fünf Zeugen beteiligt. Der Erwerber ergriff den betreffenden Gegenstand und sprach die Erwerbsformel: „Hunc ego hominem meum esse aio ex iure Quiritum, isque mihi emptus esto hoc aere aeneaque

97

Krämer, 14. Krämer, 15, 34; s. zum Begriff der res mancipi auch Borkowski/du Plessis, Textbook on Roman Law, Oxford 2005, 156; Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, 18. Aufl., München 2005, 45; Longo, 27, bezweifelt, dass die fiducia nur auf res mancipi angewandt wurde, räumt aber ein, dass sich die vorhandenen antiken Quellen zur fiducia nur auf res mancipi beziehen. 99 S. dazu Dunand, 89, Fn. 423. 98

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

libra“100. Darauf schlug er mit einem (wertlosen) Kupferstück, das er dann dem Veräusserer übergab, gegen die Waage101. Die so vollzogene mancipatio führte zum Eigentumserwerb, ohne Rücksicht auf die causa der Übertragung. Die in iure cessio ist ein Übertragungsakt, der wie ein Zivilprozess für dingliche Klagen ablief. Erwerber und Veräusserer erschienen vor Gericht (Amt des praetor). Auf die Vindikationsformel des Erwerbers (z.B.: Hunc ego hominem ex iure Quiritum meum esse aio) unterliess der Veräusserer die normalerweise im Prozess folgende Gegenbehauptung (contravindicatio), wodurch er die Behauptung des Erwerbers anerkannte. Der Prätor erklärte schliesslich die Bestätigung (addictio) der Eigentumsbehauptung des Erwerbers102. Von den beiden genannten Übertragungsmöglichkeiten wurde vor allem die mancipatio gebraucht, weil diese insofern etwas weniger aufwändig war, als sie nicht vor Gericht geschehen musste. Die enge Bindung der fiducia an die mancipatio kam v.a. dadurch zum Ausdruck, dass Letztere das vorrangige Instrument zur Herstellung der rechtlichen Wirkungen der fiducia wurde. Die im Rahmen der mancipatio gesprochenen Formeln (nuncupationes) wurden bereits vorgestellt. Für den Fall der fiducia wurde diese Formel nun abgeändert. So entstand eine abgewandelte mancipatio für die treuhänderische Übertragung. Bei den hinzugefügten akzessorischen Klauseln handelt es sich um einseitige Willenserklärungen, durch die eine Vertragspartei die normalen Wirkungen eines Rechtsakts modifizieren konnte (sogenannte lex dicta oder lex privata). Sie stellten eine willkommene Möglichkeit dar, den starren Formalismus der mancipatio abzumildern103. Bei der fiducia wurde z.B. die Formel verwendet „mancipio dare ut remancipetur“104. Damit entsprechen die in der mancipatio verwendeten Formeln den Pflichten des Treugebers und des Treu100

Formel nach Gaius, 1, 119 bei Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, 44; Übersetzung nach Kaser/Knütel a.a.O.: „Dass dieser Sklave nach dem Recht der Quiriten mir gehört, behaupte ich, und er soll mir gekauft sein mit diesem Kupferstück und mittels der bronzenen Waage.“ Zum Vorgang s.a. Longo, 1f.; Borkowski/du Plessis, 197, 199; Burdese, Manuale di diritto privato romano, Turin 1964, 347 ff. 101 Es ist wahrscheinlich, dass die mancipatio des älteren Rechts ein echtes Austauschgeschäft gewesen ist, bei dem der Erwerber dem Veräusserer tatsächlich eine dem Kaufpreis entsprechende Kupfermenge übergab, die mit der Waage abgewogen wurde. S. Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, 45. 102 Zur in iure cessio s. Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, 47; Borkowski/du Plessis, 199; Burdese, 350. 103 Zu den nuncupationes, bzw. leges dictae, leges privatae oder auch leges mancipii, s. Bellocci, La struttura del negozio della fiducia nell’epoca repubblicana, Bd. I: Le nuncupationes, Neapel 1979, 47f.; Burdese, 349; Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, 46. 104 „Im Weg der Manzipation übertragen, unter der Bedingung (= ut), dass zurückübertragen wird.“ Mit dem Hinweis auf den finalen Charakter der Konjunktion ut und Beispielen nach Gaius, s. Dunand, 118f.

A. Grundlagen

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nehmers der fiducia. Die Pflicht zur Rückübertragung nach Ablauf des Sicherungszwecks entspringt dabei der abgewandelten mancipatio selbst. Mithin resultiert auch die Treuhandeigenschaft des Rechtsgeschäfts aus der mancipatio selbst und nicht erst aus dem pactum fiduciae105. Das illustriert den starken Zusammenhang zwischen fiducia und mancipatio106. Im alten Recht wurde die fiducia, wie jede Verpfändung, anfänglich mittels Besitzübertragung bestellt107, wie Paulus (D. 20, 5, 13) schreibt: „Creditor, qui iure suo pignus distrahit, ius suum cedere debet et, si pignus possidet, 108 tradere utique debet possessionem.”

Schon bald jedoch wurde, besonders in Fällen, in denen dem Treugeber die Nutzung der Sache unentbehrlich war, die fiducia mittels der conductio oder des precarium häufig besitzlos bestellt. Wenn der Treugeber im unmittelbaren Besitz der Sache blieb, war das für den Treunehmer aber riskant, da das römische Recht die Möglichkeit des vereinfachten Rückerwerbs durch Ersitzung kannte (usureceptio ex fiducia). Nach Ablauf eines Jahres fiel das Eigentum dabei automatisch an den Treugeber zurück, sogar wenn dessen Schuld noch nicht getilgt war109. Der Treunehmer hatte deshalb das Interesse, dem Treugeber – auch wenn dieser die Sache in seiner Herrschaft hatte – lediglich eine Besitzform zu verschaffen, die die Folge der usureceptio nicht auslösen konnte. Die Möglichkeit dazu gab das römische Recht in Form der Bittleihe (precarium) oder auch des Mietoder Pachtvertrags (locatio conductio). Danach hatte der Treugeber trotz Innehabung der tatsächlichen Gewalt lediglich die Stellung eines Fremdbesitzers, was für den Ersitzungserwerb im Wege der usureceptio nicht ausreichend war110. Wie bereits angedeutet wurde, ist umstritten, welche Rolle dem pactum fiduciae zuzubilligen ist. Teilweise wird angenommen, dass er selbst die Pflicht zur Zurückübertragung generierte und nicht bereits der abstrakte Akt der mancipatio111. Nach einer anderen Ansicht112 (s.o.) begrenzt sich 105

Das ist allerdings umstr., s. m.w.N.: Dunand, 119, 125, 133. Aus dieser Qualifikation der mancipatio ergibt sich das Folgeproblem, welchen Inhalt der pactum fiduciae (die Sicherungsabrede) dann haben soll. S. dazu gleich weiter unten. 106 S. dazu auch das Beispiel bei Gaius, I, 140. 107 Kaser, Studien, 111. 108 „Ein Gläubiger, der aufgrund seines Rechts das Pfand veräussert, muss sein Recht abtreten, und wenn er das Pfand besitzt, muss er jedenfalls den Besitz übertragen.“ (Übersetzung der Digesten: Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler, Corpus Iuris Civilis, Text und Übersetzung, Heidelberg 1990). 109 S. dazu Krämer, 18; Longo, 39; Kaser, Das römische Privatrecht (1971), T.3, Bd.3, Abschn. 1, 460; Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, 150. 110 Longo, 40. 111 So z.B. Kaser, Das römische Privatrecht (1971), T.3, Bd.3, Abschn. 1, 460. 112 Dunand, 133 f. m.w.N.

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

der Inhalt des pactum auf die Feststellung der Modalitäten der Rückübertragung sowie auf die Folgen der Nichterfüllung der schuldrechtlichen Forderung. Aus dem Charakter des Rechtsgeschäfts als Treueverhältnis folgt die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Vertragspartners. Die Weiterveräusserung an Dritte oder Belastungen sind untersagt. Diese Beschränkungen haben allerdings keine Wirkungen gegenüber Dritten113. Die fiducia ist nicht akzessorisch zur gesicherten Forderung. Grundsätzlich ist eine formgerechte Rückübertragung (im Normalfall die mancipio) notwendig114. Was die Verwertung der Sache anbelangt, war anfänglich nur der Verfall an den Treunehmer bekannt. Die Verkaufsabrede kam erst in klassischer Zeit auf und vorerst mit Rücksicht auf das Interesse des Treunehmers bzw. Gläubigers, für den Fall, dass der Erlös nicht reichte, einen Anspruch auf die Restforderung (residuum) zu haben115. Im Laufe der Klassik galt die Verkaufsabrede dann aber auch stillschweigend als vereinbart. Grund dafür war vor allem das Interesse des Treugebers (in nachklassischer Zeit aber auch der nachrangigen Pfandgläubiger) an der Verwertung des superfluum, des Mehrbetrags aus dem Verkauf116. Da mittels der fiducia das Eigentum übertragen wurde, war die Bestellung einer zweiten fiducia am gleichen Gegenstand nicht möglich. b.

Das pignus

Das pignus wurde als einheitlicher Typ aufgefasst, der gleichermassen das besitzlose als auch das Besitzpfand enthielt117. Da die fiducia nur für res mancipi verwendet wurde, blieb für die res nec mancipi nur die Verpfändung im Wege des pignus, das im Unterschied zur fiducia mittels der traditio bestellt wurde. Die Rechtsübertragung durch traditio war bedeutend einfacher als die mancipatio und die in iure cessio. Erforderlich waren lediglich zwei Elemente: die Besitzverschaffung118 an den Erwerber und das Vorhandensein eines gültigen Kausalverhältnisses (iusta causa) wie Kauf, Schenkung etc. Sowohl das pignus als auch die fiducia waren ursprünglich Besitzpfandrechte. In der Vorklassik kam das besitzlose Pfand langsam hinzu. Die ty113

Longo, 58, 41. Longo, 34. 115 Kaser, Studien, 56, 229; Longo, 57. 116 Kaser, Studien, 57. 117 Kaser, Das römische Privatrecht (1971), T.3, Bd.3, Abschn. 1, 459, 463. 118 Ausreichend war auch das Besitzkonstitut und die traditio longa manu (blosses Hinzeigen auf die sichtbare Sache, z.B. im Fall von Grundstücken); zur traditio s. z.B. Borkowski/du Plessis, 194 ff.; Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, 121. 114

A. Grundlagen

39

pischen Fälle aus dieser Epoche betreffen v.a. die Verpfändung eingebrachter Inventarstücke auf ein gepachtetes Landgut, die Verpfändung dort gewonnener Früchte oder auch der in eine Mietwohnung eingebrachten Mietsachen (sogenannte invecta illata importata). Bei dieser Form des Pfandrechts (Illatenpfand) hatte der Gläubiger, der Grundstückseigentümer oder Vermieter war, immerhin die Zugriffsmöglichkeit auf die Pfandsache. Das Illatenpfand hatte mithin eine Stellung zwischen besitzlosem und Besitzpfand119. Die Entwicklung zum reinen Vertragspfand ohne Besitzübergabe wurde – vermutlich schon gegen Mitte des ersten Jahrhunderts v. Chr. – durch die Erstreckung des dinglichen Rechtsschutzes des Pfandgläubigers (actio Serviana) auch gegen Drittbesitzer ermöglicht. Seit klassischer Zeit wird der griechische Begriff hypotheca für das besitzlose Pfandrecht verwendet. Das bedeutet jedoch nicht, dass im griechischen Recht inhaltlich Anleihe genommen wurde. Es handelt sich um eine reine Übernahme eines Begriffs für das Phänomen der besitzlosen Bestellung eines Pfandrechts120. Die Digesten enthalten folgende Äusserung Ulpians (D. 17, 7, 9, 2): „Proprie pignus dicimus, quod ad creditorem transit, hypothecam, cum non transit nec 121 possessio ad creditorem.”

Voraussetzungen der wirksamen Verpfändung waren das Eigentum des Verpfänders, ein wirksamer Verpfändungsvertrag (conventio pignoris) und das Bestehen der zu sichernden Forderung. Die Bindung des Pfands an die bestehende Forderung (Akzessorietät) ist schon seit altrömischer Zeit bekannt122. Die Praxis der Mehrfachverpfändung bildete sich erst langsam während der Klassik heraus. Dabei wurde die Nachverpfändung teilweise nur unter der Bedingung anerkannt, dass das erste Pfandrecht später erlosch. Teilweise wurde auch das superfluum als verpfändet angesehen. Erst später erhielten die nachrangigen Pfandgläubiger ein Recht an der Sache selbst und die Möglichkeit der dinglichen Pfandklage. Die Klage des nachrangi-

119

Kaser, Studien, 6, 7, 138; Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, 151; Borkowski/du Plessis, 304. 120 Möglich erscheint eine Übernahme des Begriffs aus der Rechtspraxis der griechischen Ostprovinzen, in denen die besitzlose Verpfändung verbreitet war. Zur Verwendung des Begriffs hypotheca s. Kaser, Das römische Privatrecht (1971), T.3, Bd.3, Abschn. 1, 463; Krämer, 25; Kaser, Studien, 130, 145. 121 „Als Pfand im eigentlichen Sinn bezeichnen wir, was in den Besitz des Gläubigers übergeht, von einer Hypothek sprechen wir, wenn nicht einmal der Besitz [an der Pfandsache] auf den Gläubiger übergeht.“ (Für die Übersetzung s. Krämer, 27). 122 Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, 152.

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

gen Gläubigers scheiterte jedoch regelmässig an der Einrede des älteren Pfandrechts (exceptio rei sibi ante pigneratae)123. Wie die fiducia war auch das pignus in der älteren Zeit als Verfallpfand gebräuchlich. Im Unterschied zur fiducia, bei der der Verfall einfach bedeutete, dass das Eigentum beim Gläubiger verblieb, war jedoch beim pignus schon bei der Bestellung die Einwilligung des Verpfänders in den Eigentumserwerb des Gläubigers für den Fall der Nichtbefriedigung erforderlich124. Seit der Vorklassik wurde der Verfall durch die Verkaufsabrede (pactum de vendendo) verdrängt; erst in der späteren Klassik aber wurde er als zum Verkauf verpflichtet angesehen (s. oben zur fiducia). Neben Verfall- und Verkaufspfand war auch das Nutzungspfand (antichresis) in Gebrauch. Beim Erlöschen des Pfandrechts stand dem Verpfänder die Herausgabeklage gegen den Pfandgläubiger (actio pigneraticia) zu. Mit dieser Klage konnte er im Fall eines Mehrerlöses beim Verkauf auch das superfluum herausverlangen125. 2.

Entwicklungen in der nachklassischen Zeit und unter Justinian

a.

Absterben der fiducia

Die förmlichen Übereignungsvorgänge der mancipatio und der in iure cessio kamen wegen ihrer Kompliziertheit schon während der Klassik, spätestens in der Nachklassik, stark aus der Übung. Sie wurden immer mehr als veraltet angesehen. Statt ihrer wurde nun die traditio für die Übertragung des Eigentums auch an res mancipi verwendet. Mit dem Niedergang dieser beiden Übertragungsformen, an die sie gebunden war, kam es auch zum Absterben der fiducia. Auf den engen Zusammenhang zwischen der fiducia und gerade der mancipatio wurde bereits oben hingewiesen126. Daneben war die fiducia auch deshalb unbeliebt, weil sie die drohende Ausbeutung des Schuldners bedeutete, wenn der Sachwert des Gegenstands grösser war als die Schuld. Als Justinian die fiducia schliesslich während der Zusammenstellung des Corpus Iuris Civilis aus den Quellen streichen liess, formte er damit nicht das bestehende Recht um, sondern gab nur der bestehenden Rechtswirklichkeit Ausdruck127. Diese Entscheidung hatte dennoch sehr grosse Bedeutung für die darauf folgenden Jahrhunderte. Der Corpus 123 S. zur Mehrfachverpfändung Kaser, Das römische Privatrecht (1971), T.3, Bd.3, Abschn. 1, 467. 124 Das soll nach Kaser, Studien, 114, zumindest für das entwickelte Recht gelten. 125 Kaser, Das römische Privatrecht (1971), T.3, Bd.3, Abschn. 1, 471. 126 S. oben II. 1. a.; Zum Niedergang der fiducia s. Longo, 83f.; Kaser, Das römische Privatrecht (1971), T.3, Bd.3, Abschn. 2, 227; vermutlich wurde die Liste der res mancipi auch wegen der Umständlichkeit der mancipatio nie erweitert, mit dieser Vermutung Borkowski/du Plessis, 157. 127 Kaser, Das römische Privatrecht (1971), T.3, Bd.3, Abschn. 2, 227; Longo, 84.

A. Grundlagen

41

Iuris Civilis setzte einen vorläufigen Schlusspunkt hinter die Rechtsentwicklung der gesamten vorangehenden Epochen. Gleichzeitig hatte er enormen Einfluss auf die weitere Entwicklung des Rechts in den europäischen Staaten in den folgenden 1.400 Jahren bis in die Zeit der Kodifikationen. Rechtsinstitute wie die fiducia, die sich nicht im Corpus Iuris Civilis fanden, mussten der späteren Rechtswissenschaft über viele Jahrhunderte verborgen bleiben128. b.

Das pignus

Das Pfandrecht der nachklassischen Zeit war ein blosses beschränktes Sicherungsrecht an fremder Sache. Unter Justinian wurde es als einheitliches Recht verstanden, ohne Unterscheidung zwischen der Bestellung als besitzloses oder Besitzpfand. Für die besitzlose Bestellung hatte sich während der nachklassischen Zeit bis Justinian die Bezeichnung hypotheca eingebürgert. Die Art der Bestellung wurde als einziges Differenzierungskriterium angesehen129. Jedoch wurde auch diese Differenzierung oft durchbrochen. Wie schon erläutert, wurde das pignus im Wege der traditio bestellt, welche die Besitzübergabe an den Pfandgläubiger erforderte. Der Pfandgläubiger konnte jedoch – im Unterschied z.B. zum heutigen deutschen (§ 1253 Abs. 1 BGB) und schweizerischen (Art. 888 Abs. 2 ZGB) Zivilrecht – die Pfandsache an den Schuldner zurückgeben, ohne dass das notwendigerweise zum Erlöschen des Pfands führte. Folglich wurde auch das pignus (i.S.v. Besitzpfand) häufig an den Schuldner zurückvermietet, sodass auch zwischen hypotheca und pignus kein sichtbarer Unterschied mehr bestand130. Das Pfandrecht wurde grundsätzlich formlos bestellt, auch wenn in wichtigen Fällen eine Beurkundung vorgenommen wurde. Die in der nachklassischen Periode an Bedeutung zunehmenden Generalhypotheken am gesamten Vermögen des Schuldners führten zu einer Verschärfung des Publizitätsproblems. Es konnte häufig geschehen, dass ein durch Besitzübergabe bestelltes Pfandrecht wertlos war, weil es in den Verband einer vorher besitzlos bestellten Generalhypothek fiel131. Das Hauptdefizit des 128

Zwalve, A labyrinth of creditors: a short introduction to the history of security interests in goods, in: Security Rights in Movable Property in European Private Law, Cambridge 2004, 38. 129 Ulpian, D. 13, 7, 9, 2; s. dazu auch schon oben unter II. 1. b. 130 Das pignus i.S.v. Besitzpfand konnte auch durch Besitzkonstitut bestellt werden, sodass sich die Notwendigkeit der Rückübertragung des Besitzes erübrigte; Zwalve, 42, weist aus diesem Grund darauf hin, dass der Gegensatz zwischen hypotheca und pignus im römischen Recht nicht unbedingt mit der modernen Unterscheidung zwischen besitzlosem und Besitzpfandrecht gleichzusetzen ist. 131 Zwalve, 43; Kaser, Das römische Privatrecht (1971), T.3, Bd.3, Abschn. 2, 229.

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

Pfandrechts in dieser Epoche war mithin das Fehlen eines geeigneten Publizitätsregimes. Die Verwertung des Pfands geschah regelmässig durch Verkauf. Zwischenzeitlich erfuhr der Verfall aufgrund der Kreditnot zu Beginn der nachklassischen Zeit noch einmal Auftrieb, bis er dann aufgrund der Gefahr des Wuchers von Kaiser Konstantin (306-337 n. Chr.) verboten wurde132. Das Verbot wurde später unter Justinian beibehalten. 3.

Ausblick auf das Zeitalter der Rezeption und der Kodifikationen

Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts wurde das römische Pfandrecht, so wie im Corpus Iuris Civilis verankert, von den europäischen Staaten rezipiert, mit Ausnahme von England und Wales. In der Folgezeit setzte man sich verstärkt mit dem Publizitätsproblem auseinander, das jedoch allgemein nicht durch die Einführung eines Registers, sondern durch die Eliminierung der besitzlosen hypotheca an beweglichen Sachen „gelöst“ wurde133. Hauptbeweggrund für die Einführung des Faustpfandprinzips war das Schutzbedürfnis von Pfandgläubiger und Dritterwerber der Pfandsache. Im Unterschied zum gutgläubigen Eigentumserwerb war der gutgläubige lastenfreie Erwerb im 17. und 18. Jahrhundert noch nicht anerkannt134. Für den Pfandgläubiger bestand mithin die Gefahr, einen Prozess gegen den gutgläubigen Dritterwerber der Sache führen zu müssen. Der Dritterwerber stand vor dem Problem, zwar gutgläubig das Eigentum erwerben zu können, aber nur unter weiter bestehender Belastung mit einem Pfandrecht. Obwohl der gutgläubige lastenfreie Erwerb später möglich wurde, führte das dennoch nicht zur Wiedereinführung der besitzlosen hypotheca135. Ein weiterer Beitrag zum Niedergang der Hypothek über bewegliche Sachen wurde – zumindest in einigen europäischen Staaten – durch die Anwendung der gewohnheitsrechtlichen Maxime mobilia non habent sequelam geleistet. Danach sollte die Hypothek erlöschen, wenn die Sache in

132

Kaser, Das römische Privatrecht (1971), T.3, Bd.3, Abschn. 2, 233. Zwalve, 44; s.a. Hromadka, Sicherungsübereignung und Publizität, JuS 1980, 89, 91, zu der seit 1722 in Preussen geltenden Hypothec- und Concurs-Ordnung, mit der das Faustpfandprinzip eingeführt wurde; Ernst, 12; vgl. zur Ablehnung der Mobiliarhypothek in der schottischen Rechtsgeschichte Reid/Zimmermann (ed.), A History of Private Law in Scotland, vol. 1: Introduction and Property, Oxford 2000, p. 335, 349. 134 Hromadka, Sicherungsübereignung, JuS 1980, 89, 91; Coing, Europäisches Privatrecht, Bd. 2, 19. Jahrhundert: Überblick über die Entwicklung des Privatrechts in den ehemals gemeinrechtlichen Ländern, München 1989, 415. 135 S. Hromadka, Sicherungsübereignung, JuS 1980, 89, 91 u. 92, der Kritik an der Argumentation des Gesetzgebers des deutschen BGB übt. 133

A. Grundlagen

43

die Hände Dritter geriet136. Ein derartiger Grundsatz musste das Interesse von Gläubigern an der Mobiliarhypothek137 erschüttern. Die Kodifikationen besiegelten schliesslich das Aussterben des besitzlosen Pfandrechts. Angefangen beim Code civil (1804), über das (alte) niederländische Burgerlijk Wetboek (1838), den italienischen Codice Civile del Regno d’Italia (1865), bis hin zum deutschen BGB (1900), überall war die Übertragung des unmittelbaren Besitzes Voraussetzung für die Bestellung des (Faust-)Pfandrechts138, das in den meisten europäischen Staaten als das Hauptsicherungsmittel für die beweglichen Sachen perfektioniert wurde. Dieser Grundtypus befand sich aber schon bald nicht mehr auf der Höhe der tatsächlich bestehenden Erfordernisse. Die Industrialisierung führte zu einem Anstieg des Bedarfs an Unternehmenskrediten. Auf Kredit angewiesene Unternehmen verfügten zwar über Betriebsmittel, die sich für die Besicherung anboten, allerdings konnten sie den unmittelbaren Besitz daran nicht aufgeben, ohne die Fortführung des Betriebs zu gefährden. Dieses praktische Bedürfnis nach einer besitzlosen Sicherheit an beweglichen Sachen führte zu Versuchen, das Faustpfandprinzip zu umgehen. In einigen Rechtsordnungen wurde wieder auf das Eigentum als Mittel der Kreditsicherung zurückgegriffen. So fand z.B. der Wiederkauf in einige europäische Kodifikationen Eingang139. Die Versuche, das strikte Faustpfandprinzip zu umgehen, hatten den grössten Erfolg in Deutschland durch die gerichtliche Zulassung der (besitzlosen) Sicherungsübereignung140, die dort bis heute eine bedeutende Rolle im Rahmen der Kreditsicherung spielt. Neben Deutschland spielt das Sicherungseigentum eine gewisse Rolle auch in anderen Ländern, die in ihrer Entwicklung unter dem Einfluss des deutschen Rechts standen, wie in der Schweiz, Griechenland oder Polen141. Dagegen wurde der Rückgriff auf das besitzlose Sicherungsei136

S. dazu Zwalve, 45; s. zur Geschichte des französischen Rechts Laurent, Principes du droit français, tome 30 ème, 4ème éd., Bruxelles 1893, p. 172; Brissaud, A History of French Private Law, Boston 1912, p. 301. 137 Der Begriff der Mobiliarhypothek erfasst hier und im Folgenden besitzlose Pfandrechte an beweglichen Sachen. 138 Zwalve, 47; Coing, 416; Zwalve weist auch auf die deutsche Reichskonkursordnung (1877) hin, wonach nicht durch Besitzübertragung bestellte Sicherungsrechte an beweglichen Sachen dem Gläubiger keine Vorrangstellung verschafften (§ 14 RKO); ausführlich zu den Hintergründen des Faustpfandprinzips Hromadka, Die Entwicklung, 141 ff. 139 S. das BGB in seiner heutigen Fassung: §§ 456 ff.; s.a. Art. 1659 ff. des heutigen C. civ. 140 S. dazu genauer unten den Abschn. E II. 1. a.; Zwalve, 47; RGZ 59, 146. 141 Hier ist allerdings bereits darauf hinzuweisen, dass das Sicherungseigentum in der Schweiz aufgrund der Bindung an das Faustpfandprinzip nur eine untergeordnete Rolle spielt. Für Griechenland vgl. Kieninger (ed.), Security Rights in Movable Property in European Private Law, Cambridge 2004, case 10, p. 444. Für die Rechtslage in Polen

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

gentum in anderen Ländern als Umgehung des Faustpfandprinzips und damit als unwirksam angesehen142. In diesen Ländern wurde dem Erfordernis nach einer besitzlosen Sicherheit durch die ausnahmsweise Zulassung von besitzlosen Pfandrechten in Bezug auf spezielle Vermögenswerte, wie z.B. auf Flugzeuge, Schiffe, Fahrzeuge, Betriebsausrüstungs- und Investitionsgüter oder in Bezug auf ein Handelsgeschäft143, Rechnung getragen. Im 19. Jahrhundert begann die Rechtswissenschaft zudem, sich mit der klassisch-römischen fiducia zu beschäftigen und eine Theorie des fiduziarischen Rechtsgeschäfts zu entwickeln144. Man könnte meinen, dass die heutige Rechtswissenschaft wieder das Bedürfnis nach einer der fiducia entsprechenden Sicherungsform sieht. Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang die in den französischen Code civil kürzlich eingefügte fiducie145.

B. Regulierung von Eigentumssicherheiten de lege lata in verschiedenen Rechtsordnungen B. Regulierung de lege lata in verschiedenen Rechtsordnungen

Im Folgenden soll dargestellt werden, wie verschiedene Rechtsordnungen Eigentumssicherheiten de lege lata regulieren. Die Darstellung will keine erschöpfende Übersicht liefern und beschränkt sich daher auf die gängigsten Eigentumssicherheiten. Ziel der Darstellung ist es, die notwendige tatsächliche Grundlage zu liefern, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Art und Weise der Regulierung zwischen den untersuchten Rechtsordnungen und Rechtstexten herauszustellen und systematisieren zu können (s. dazu weiter unten den Teil C.) . vgl. Ernst, 122; in anderen Rechtsordnungen ist die sicherungsweise Übertragung des Eigentums im Wege der Reform des Kreditsicherungsrechts abgeschafft worden, s. für die Slowakei Maternova, p. 216. 142 S. dazu insbesondere für die Lage in Frankreich Trib.civ. Strasbourg 19 juin 1957, Rev.cr.d.i.p. 1959, 95; C.Cass.civ. I, 3 mai 1973, Rev.cr.d.i.p. 1974, 100, note Mezger m.w.N.; C.Cass.civ. I, 8 juillet 1969, Clunet 1970, 916, note Derruppé; Rev.crit.d.i.p. 1971, 75, note Fouchard; Graham-Siegenthaler, 304 f. m.w.N.; vgl. auch Zwalve, 50. 143 S. den Überblick bei Graham-Siegenthaler, insbesondere über besitzlose Pfandrechte im französischen Recht, 298 ff. Spezielle besitzlose Pfandrechte existieren auch seit der Reform des Rechts der Kreditsicherheiten von 2006 (ordonnance n° 2006–346 du 23 mars 2006). 144 S. die Nachweise bei Coing, 425. 145 Loi du 19 février 2007, Art. 2011 ff. C.Civ.; die fiducie war anfangs in ihrem Anwendungsbereich sehr stark beschränkt, ist aber seit der Loi n° 2008-776 du 4 août 2008 de modernisation de l’économie (Art. L.18) auf natürliche Personen erweitert worden, die seitdem die fiducie à titre de garantie zur Kreditsicherung verwenden können.

B. Regulierung de lege lata in verschiedenen Rechtsordnungen

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Der folgende Abschnitt weist methodisch zwei unterschiedliche Vorgehensweisen auf: teilweise gibt er eine systematische Übersicht, geordnet nach Eigentumssicherheiten (im Folgenden der Unterabschnitt I.); teilweise wählt er eine Darstellung nach Rechtsordnungen (Unterabschnitte II. bis IV.). Für diese Vorgehensweise sprechen folgende Gründe. Grundsätzlich soll die Übersicht systematisch – nach Eigentumssicherheit und Regulierungsgegenstand geordnet – erfolgen, um die Unterschiede in der Regulierung deutlicher zu machen. Wie zu zeigen sein wird, gibt es Rechtsordnungen (Article 9 UCC, die kanadischen Personal Propery Security Acts und der UNCITRAL Legislative Guide), die eine gesonderte Regulierung von Eigentumssicherheiten innerhalb des Rechts der Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen überhaupt nicht oder nur in untergeordnetem Masse vorsehen. Es würde keinen Sinn machen, diese Rechtsordnungen in eine systematische Übersicht einzubinden, die nach einzelnen Eigentumssicherheiten geordnet ist. Sie werden deshalb im Anschluss an die systematische Übersicht gesondert dargestellt. Dieses Vorgehen unterstreicht des Weiteren den besonderen Einfluss modernerer Gesetzgebungsmassnahmen im Rahmen der gegenwärtigen Diskussion um die Reform des Rechts der Kreditsicherheiten. Die getrennte Darstellung ermöglicht schliesslich einen separaten Fokus auf nicht-hoheitliche Einflussnahmen auf die Rechtsentwicklung (s. den UNCITRAL Legislative Guide und den Draft Common Frame of Reference (DCFR)). Im Folgenden wird deshalb die Regulierung von Eigentumssicherheiten in den zivilistischen Rechtsordnungen Deutschlands, der Schweiz, Frankreichs und der kanadischen Provinz Québec systematisch analysiert. In einem zweiten Schritt werden die Rechte des Article 9 UCC und der kanadischen PPSAs sowie der UNCITRAL Legislative Guide on Secured Transactions und der DCFR untersucht. I. Eigentumssicherheiten in ausgewählten zivilistischen Rechtsordnungen: Deutschland, Schweiz, Frankreich und Québec Die folgende Darstellung wählt eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen Eigentumssicherheiten aus der Perspektive des Warenkreditgebers und Eigentumssicherheiten aus der Perspektive des Geldkreditgebers. 1.

Situation des Warenkreditgebers

Die typische Eigentumssicherheit in der Situation des Warenkreditgebers ist der Eigentumsvorbehalt. Daneben kommen jedoch auch andere Möglichkeiten in Betracht, wie der Warenkreditgeber sich durch Rückgriff auf das Eigentum absichern kann. So bietet das Leasing eine vergleichbare

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

Möglichkeit, seine Interessen zu schützen146. Das Leasing ist zwar nach obiger Definition147 nicht im strikten Sinne als Eigentumssicherheit anzusehen. Da es aber von einigen jüngeren Reformprojekten als Kreditsicherheit behandelt wird, soll es innerhalb dieses Abschnitts angesprochen werden. Der Grossteil des folgenden Abschnitts beschränkt sich auf die Darstellung des Eigentumsvorbehalts als wichtigstes Kreditsicherungsrecht des Warenkreditgebers. a.

Der Eigentumsvorbehalt

(i) Seine Bedeutung (1) Deutschland. – In der deutschen Rechtswirklichkeit kommt dem Eigentumsvorbehalt eine grosse Rolle zu148. Er ist beim Warenkauf das überragende Kreditsicherungsmittel. Regelmässig wird er bei Zwischenhandels-, Fabrikations- und Teilzahlungsgeschäften vereinbart149. Es wird beklagt, dass diese überragende Bedeutung im Gegensatz zu einer „stiefmütterlichen Behandlung“ im Gesetz stehe150. Im BGB beschäftigt sich allein § 449 ausdrücklich mit dem Eigentumsvorbehalt151. Die oben genannten Sicherungsinteressen des Verkäufers sind in der deutschen Rechtswirklichkeit besonders virulent: Viele Unternehmen verfügen nicht über ausreichende Eigenmittel. Sie sind darauf angewiesen, erworbene Produkte erst zu verarbeiten, zu veräussern und dann mit Hilfe des Veräusserungserlöses den Kaufpreis zu bezahlen152. (2) Schweiz. – Der Eigentumsvorbehalt ist in der Schweiz zwar ein gängiges Kreditsicherungsmittel, spielt aber im Unterschied zu Deutschland 146

Vgl. zum Leasing als Kreditsicherheit Girsberger, Finanzierungsleasing, 1–23. Vgl. A. I. 2. b. (i) (b). 148 Grundlegend zum Eigentumsvorbehalt im deutschen Recht s. Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 721–827 und 1456–1540; Baur/Stürner, § 59; Vieweg/Werner, Sachenrecht, 3. Aufl., Köln und München 2007, § 11; Prütting, Sachenrecht, 33. Aufl. 2008, München 2008, § 33; Wieling, Sachenrecht, 5. Aufl., Berlin [et al.] 2007, § 17; Wilhelm, Sachenrecht, 3. Aufl., Berlin 2007, Rn. 2439–2459; Weber, §§ 9 und 10; Graham-Siegenthaler, 123 ff.; Schmidt-Recla, Grundstrukturen und Anfänge des Eigentumsvorbehalts, insbesondere des Anwartschaftsrechts, JuS 2002, 759 ff.; Hübner, Die dogmatische Einordnung der Position des Vorbehaltskäufers, NJW 1980, 729 ff.; in vergleichenden Arbeiten s. z.B. Schulz, 13–70. 149 Palandt/Weidenkaff, § 449 Rn. 2; Graham-Siegenthaler, 123. 150 So Staudinger/Beckmann (2004) § 449 Rn. 5. 151 Die Norm ist eine Auslegungsregel über die Rechtsfolgen der schuldrechtlichen Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts auf das dingliche Verfügungsgeschäft, s. Brehm/Berger, Sachenrecht, 2. Aufl., Tübingen 2006, 471; s.a. in Bezug auf die schuldrechtliche Seite des Eigentumsvorbehalts auch die massgeblichen Vorschriften des Verbraucherrechts, §§ 501 ff. BGB. 152 Schulz, 4 m.w.N. 147

B. Regulierung de lege lata in verschiedenen Rechtsordnungen

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eine weit geringere Rolle. Zum einen liegt das an dem bestehenden Registrierungserfordernis, das weithin als unpraktikabel angesehen wird153. Zum anderen kommt der Eigentumsvorbehalt praktisch nur in seiner Grundform vor, da die in Deutschland anerkannten Erstreckungsformen154 mehrheitlich als unwirksam angesehen werden155. Teilweise wird darauf hingewiesen, dass der Eigentumsvorbehalt die Rolle habe, als Ersatz für die ansonsten verbotene Mobiliarhypothek zu dienen156. (3) Frankreich. – Im französischen Recht ist die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts erst 1980 durch die Loi Dubanchet157 Gegenstand einer gesetzlichen Regelung geworden. Hauptzweck dieses Gesetzes war es, dem Eigentumsvorbehalt, der bis dahin nur zwischen den Parteien Wirkung entfalten konnte, Drittwirksamkeit zu gewähren. Insbesondere im Konkurs konnte sich der Vorbehaltsverkäufer vorher nicht auf einen vereinbarten Eigentumsvorbehalt berufen158. Nachdem die gesetzlichen Regelungen zwischen 1985 und 1995 mehrfach geändert159 und in den Code de Commerce (s. insbes. Art. L.624-16 al. 2 C.com.) übernommen worden waren, führte die gross angelegte Reform des französischen Kreditsicherungsrechts von 2006 (gesetzgeberisch durchgeführt durch die ordonnance no 2006-346 du 23 mars 2006160) schliesslich zur Einbettung auch im Code civil (Art. 2367 – 2372 C.civ.). Schon im Jahre 1994 wurde die Ansicht geäussert, dass sich die Hoffnung, mit der Anerkennung der Drittwirksamkeit werde ein grösseres Kre153

Deshalb meint Wiegand (Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung und Fahrnispfand, in: Wiegand (Hrsg.), Berner Bankrechtstag 1998 – Mobiliarsicherheiten, Bern 1998, 85), dass der Eigentumsvorbehalt in der Schweiz ein „relativ bedeutungsloses Dasein“ friste. 154 Dieser Begriff bezieht sich auf den im deutschen Recht gebräuchlichen „verlängerten“ und „erweiterten“ Eigentumsvorbehalt, s. dazu unten B. I. 1. a. (iv) (1). 155 Liver, SPR V/1, 329, sieht den Erfolg des Eigentumsvorbehalts in Deutschland v.a. in der Möglichkeit der Erstreckungsformen begründet. S.a. Hanisch, Eigentumsvorbehalt im Normenkonflikt, in: Meier/Siehr (Hrsg.), Rechtskollisionen, Festschrift für Anton Heini zum 65. Geburtstag, Zürich 1995, 169. 156 ZK-Oftinger/Bär, Syst. Teil, Rn. 174. 157 Loi n°80-335 du 12 mai 1980, Art. 1. 158 Ancel, Droit des sûretés, 5ème éd., Paris, no 464; Capitant/Terré/Lequette, Les grands arrêts de la jurisprudence civile, tome 2, 11ème éd., Paris 2000, arrêt n° 301, no 1; Spellenberg, Eigentumsvorbehalt in Frankreich, ZfRV 1994, 105, 107. 159 S. dazu m.w.N.: Voinot, Effectivité et efficacité de la réserve de propriété après la réforme du droit des sûretés, LPA 27 mars 2008 no 63. 160 Vgl. allgemein zur Reform der Mobiliarsicherheiten in Frankreich sowie zum neu im Code civil geregelten Eigentumsvorbehalt: Gout, Le droit des sûretés réelles mobilières après l’ordonnance du 23 mars 2006, LPA 18 mai 2006 no 99; Dammann, La réforme des sûretés mobilières: une occasion manquée, D. 2006, 1298; Crocq, La réserve de propriété, JCP suppl. au no 20 2006, p. 23 ss; Ancel, no 464 ss; Richard, Le gage après l’ordonnance du 23 mars 2006, LPA 27 mars 2008 n o 63.

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ditpotential verfügbar, wahrscheinlich nicht erfüllt habe161. Ancel spricht – ebenfalls im Hinblick auf die Drittwirksamkeit – dennoch davon, dass sich der Eigentumsvorbehalt „in beträchtlichem Masse verbreitet“ habe162. Die weite Verbreitung wird auch als Grund für die kürzlich erfolgte Aufnahme des Eigentumsvorbehalts in den Code civil (zusätzlich zu den bereits bestehenden Vorschriften im Code de Commerce) angesehen163. (4) Québec. – In Québec wurde 1994 der gesamte Code Civil, einschliesslich des Rechts der Kreditsicherheiten, einer umfassenden Reform unterworfen164. Das Recht der Kreditsicherheiten aus der Zeit vor der Reform basierte auf dem Code civil du Bas-Canada (CCBC) von 1866, der sich stark auf das Vorbild des französischen Code civil von 1804 stützte165. Als einzige echte Mobiliarsicherheit sah der CCBC das Besitzpfand vor. Schritt für Schritt wurde die Bestellung von besitzlosen Sicherheiten über Spezialgegenstände anerkannt. Für diese einzelnen Sondersicherheiten gab es aber kein einheitliches Register. In der Mitte des 20. Jahrhunderts erkannte die Rechtsprechung die Drittwirksamkeit des Eigentumsvorbehalts und anderer Eigentumssicherheiten an, jedoch ohne ein Publizitätsmittel zu fordern166. Die Unübersichtlichkeit der bestehenden Sicherungsinstrumente, die fehlende Reglementierung der Eigentumssicherheiten und der Modernisierungsdruck des Art. 9 UCC und der ihm folgenden PPSAs167 anderer kanadischer Provinzen führten zur Erkenntnis des Reformbedarfs. Das Comité de Révision du Code civil legte 1978 einen Vorschlag für eine Re161

Spellenberg, ZfRV 1994, 105, 107. Ancel, no 465. 163 Voinot, LPA 27 mars 2008 no 63. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass das aufgrund der Reform von 2006 neu gefasste Pfandrecht nun eine stärkere Konkurrenz zum Eigentumsvorbehalt darstellen könnte, s. Ancel, no 473. 164 Zur Reform des Code civil von 1994, besonders im Hinblick auf die Neuregelung der Kreditsicherungsrechte, s. Boodman/Macdonald, How far is article 9 of the Unifom Commercial Code exportable? A return to the sources ?, 27 [1996] Can. Bus. L.J. 249; Brierley/Macdonald (eds.), An Introduction to Quebec Private Law, Toronto 1993, p. 607; Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, (1999) 44 McGill L.J. 652; Deschamps, Le droit des sûretés au Québec, in: Ancel, M.-E (édt.), Repenser le droit des sûretés, Paris 2005, 73–86; Cuming, Symposium: Is the UCC dead or alive and well? International perspectives: Article 9 north of 49: The Canadian PPS Acts and the Québec Civil Code, 29 [1996] Loy. L.A. L.Rev. 986; Macdonald, The Counter-Reformation, 19 (1991) Can. Bus. L.J. 279; Macdonald, Article 9 Norm Entrepreneurship, 43 [2006] Can. Bus. L.J. 243, 285; zur Sichtweise während des (langen) Diskussionsprozesses: Caron, L’article 9 du code uniforme de commerce peut-il être exporté? Point de vue d’un juriste québécois, in: Ziegel/Foster (édts.): Aspects of comparative commercial law: sales, consumer credit and secured transactions, Dobbs Ferry, N.Y. 1969, p. 374–395. 165 S. dazu Deschamps, p. 74. 166 Deschamps, p. 74; Boodman/Macdonald, 27 [1996] Can. Bus. L.J. 254; Macdonald, The Counter-Reformation, 19 (1991) Can. Bus. L.J. 253, 279. 167 Personal Property Security Acts. 162

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form des Kreditsicherheitenrechts vor, dessen Grundmuster als présomption d’hypothèque bezeichnet wird. Konkret bedeutet das, dass ein einheitliches Regime für alle Sicherungsrechte, einschliesslich der Eigentumssicherheiten, geschaffen werden sollte. Alle überkommenen Sicherungsrechte sollten zwar weiterhin benutzt werden können, jedoch durch das Gesetz automatisch in das einheitliche Sicherungsrecht der hypothèque umcharakterisiert werden168. Das 1991 von der Nationalversammlung angenommene Gesetzgebungsprojekt berücksichtigte den Vorschlag der présomption d’hypothèque jedoch nicht mehr169. Zwar wurde die hypothèque als einheitliches Sicherungsrecht angenommen, jedoch beschränkt auf solche beweglichen Sachen, an denen der Schuldner das Eigentum behält. Die Eigentumssicherheiten wurden dagegen ausserhalb der einheitlichen Sicherheit einer Sonderregelung unterworfen170. Die Unterschiede zwischen beiden werden jedoch eingedämmt, indem die Regelungen zu den Eigentumssicherheiten an die hypothèque angenähert sind bzw. teilweise auf sie verweisen171. Teilweise wird die Ablehnung der présomption d’hypothèque mit der Furcht vor einem allzu radikalen Bruch mit der zivilistischen Rechtstradition und gewissen Grundprinzipien wie dem numerus clausus der Sachenrechte begründet. Andere Erklärungsversuche zielen auf den Widerstand von Interessengruppen (insbesondere der Notare) ab, die in der Reduktion auf ein einziges Kreditsicherungsrecht an beweglichen Sachen und der damit verbundenen Vereinfachung der Bestellungsakte einen Bedeutungsverlust ihrer Profession sahen172. Der bestehenden Regelung des Code civil québécois in der Gesetzesfassung von 1994 wird wegen dieser Entscheidung mangelnde Konsequenz vorgeworfen173: Es gebe kein einheitliches System für die Publizität und Verwertung der Eigentumssicherheiten. Zudem gebe es Inkonsistenzen: So könne ein Verbraucher im Grundsatz kein besitzloses Pfand bestellen (s. Art. 2683 CCQ mit den Ausnahmen). Auf der anderen Seite sei es jedoch zulässig, dass er unbegrenzt Güter unter (besitzlosem) Eigentumsvorbehalt erwerbe174. Ganz all-

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Macdonald, Article 9 Norm Entrepreneurship, 43 [2006] Can. Bus. L.J. 243; Boodman/Macdonald, 27 [1996] Can. Bus. L.J. 256. 169 Macdonald, The Counter-Reformation, 19 (1991) Can. Bus. L.J. 279. 170 Deschamps, 76; Macdonald, Article 9 Norm Entrepreneurship, 43 [2006] Can. Bus. L.J. 243; Boodman/Macdonald, 27 [1996] Can. Bus. L.J. 256. 171 Deschamps, p. 76. 172 S. zu den Erklärungsversuchen für die Ablehnung Macdonald, Article 9 Norm Entrepreneurship, 43 [2006] Can. Bus. L.J. 244–247; Jobin/Cumyn, La vente, 3ème éd., Cowansville Q. 2007, n o 262. 173 S. z.B. Jobin/Cumyn, no 262; Macdonald, Article 9 Norm Entrepreneurship, 43 [2006] Can. Bus. L.J. 285. 174 Macdonald, Article 9 Norm Entrepreneurship, 43 [2006] Can. Bus. L.J. 285–286.

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gemein wird die misslungene Harmonisierung mit anderen Kreditsicherungsrechten Nordamerikas bemängelt175. (ii) Wirksame Begründung inter partes (1) Deutschland. – Bei der Betrachtung des Eigentumsvorbehalts nach deutschem Recht muss das für dieses Recht typische Trennungs- und Abstraktionsprinzip beachtet werden, das bei einem Übertragungsvorgang streng zwischen Schuldgeschäft (causa) und dinglichem Verfügungsgeschäft unterscheidet176. Normalerweise wird der Eigentumsvorbehalt bereits im Kaufvertrag – dem der Verfügung zugrunde liegenden Schuldgeschäft – (meist in Form allgemeiner Vertragsbedingungen) vereinbart. Der Vorbehalt führt zu einer Modifikation der Pflichten des Verkäufers aus dem Kaufvertrag (§ 433 Abs. 1 BGB) in Bezug auf die Eigentumsverschaffung an den Käufer: Er ist jetzt nicht mehr zur unbedingten, sondern nur noch zur bedingten Übereignung verpflichtet. Er darf den Übergang des Eigentums auf der Seite des dinglichen Geschäfts unter die Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung durch den Käufer stellen (§ 158 Abs. 1 BGB). Die Kaufpreiszahlungspflicht des Käufers wird gestundet177. Auf der sachenrechtlichen Seite steht die Einigung des Eigentumsübergangs (§§ 929-931 BGB) unter der genannten aufschiebenden Bedingung. Der Verkäufer bleibt deshalb bis zum Bedingungseintritt Eigentümer. Die Position des Käufers – seine durch § 161 Abs. 1 BGB geschützte Erwerbsaussicht – wird im deutschen Recht als Anwartschaft bezeichnet178. Sofern ein Eigentumsvorbehalt auf schuldrechtlicher Seite nicht vereinbart worden ist, haben die Vertragsparteien noch die Möglichkeit, ihn im Rahmen des dinglichen Geschäfts zu vereinbaren. Da er aufgrund des Kaufvertrags zur unbedingten Übertragung verpflichtet ist, kann der Verkäufer dem Käufer in diesem Fall einen Vorbehalt nicht aufzwingen179. Die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts kann formlos erfolgen; die Einhaltung eines bestimmten Publizitätserfordernisses wird nicht verlangt. 175

Deschamps, p. 85. Teilweise wird zwischen Trennungs- und Abstraktionsprinzip unterschieden; vgl. zu beiden: Wilhelm, Rn. 24 ff., speziell zum Eigentumsvorbehalt: Rn. 2443; Brehm/Berger, 11 f. 177 Zum technischen Ablauf s. Weber, 191; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 721; Schmidt-Recla, JuS 2002, 759. 178 Zum sog. Anwartschaftsrecht, auf das die Regeln über die Übertragung dinglicher Rechte analog anzuwenden sind, vgl. Brox, Die Anwartschaft des Vorbehaltskäufers, JuS 1984, 657 ff.; Hübner, Zur dogmatischen Einordnung der Rechtsposition des Vorbehaltskäufers, NJW 1980, 729 ff.; Lux, Das Anwartschaftsrecht bei bedingter Übereignung – blosses Sprachkürzel oder eigenständiges absolutes Recht?, Jura 2004, 145 ff.; Brehm/ Berger, 473 ff.; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 771. 179 Weber, 191. 176

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Das fehlende Publizitätserfordernis führt zum vermehrten gutgläubigen Erwerb (§§ 932 ff. BGB) von Sachen, an denen dem Käufer als Veräusserer aufgrund des Vorbehalts noch kein Eigentum zustand. Aufgrund der grossen Zahl der Eigentumsvorbehalte haben sich in der Folge die Anforderungen an die Gutgläubigkeit des Dritterwerbers verschärft. Massgeblich für die die Gutgläubigkeit ausschliessende grobfahrlässige Unkenntnis (§ 932 Abs. 2 BGB) ist nun die Frage, ob der Dritterwerber mit dem Bestehen eines Eigentumsvorbehalts rechnen musste. Bei Sachen, die typischerweise einem Eigentumsvorbehalt unterliegen, trifft ihn eine Überprüfungspflicht180. Z.B. muss mit einem Eigentumsvorbehalt rechnen, wer im kaufmännischen Verkehr nicht vom Hersteller, sondern vom Verarbeiter Ware bezieht181. Mit den hohen Anforderungen an den guten Glauben und dem damit verbundenen häufigen Scheitern des gutgläubigen Erwerbs wird die hohe Bedeutung des Anwartschaftrechts als separatem Gegenstand der Übertragung erklärt. Das Anwartschaftsrecht sei gleichsam eine „Kompensation“ für den gescheiterten Erwerb182. (2) Schweiz. – Die Dogmatik zur Übertragung des Eigentums im schweizerischen Recht unterscheidet sich von der deutschen insofern, als die wirksame Übertragung (Tradition im Rahmen eines Verfügungsvertrags) von dem Bestehen eines Rechtsgrunds abhängig ist183. Bei fehlendem Rechtsgrund kann der Veräusserer die Sache vindizieren (Art. 641 Abs. 2 ZGB) und ist – anders als im deutschen Recht – nicht auf die Kondiktion angewiesen184. Geregelt wird der Eigentumsvorbehalt v.a. in den Art. 715 und 716 ZGB185. Der zugrunde liegende Vertrag – in der Regel der Kaufvertrag – kann grundsätzlich formlos abgeschlossen werden186. Jedoch müssen gewisse Formanforderungen beachtet werden, soweit das Konsumentenkre-

180 RGZ 141, 129, 131; Staudinger/Beckmann (2004) § 449 Rn. 38; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 766. 181 BGHZ 77, 274, 278; Graham-Siegenthaler, 127. 182 So Staudinger/Wiegand (2004) Anh zu §§ 929 ff. Rn. 31. 183 Die Eigentumsübertragung hat im Unterschied zum deutschen abstrakten Verfügungsgeschäft kausale Natur. Es gilt das Trennungsprinzip zusammen mit dem Kausalprinzip, nicht dagegen das Abstraktionsprinzip; vgl. BGE 55 II 306 ff.; 114 II 49: „Pour que le transfert de meubles, comme sont les documents en cause, emporte le transfert de la propriété, il faut encore qu'il soit fondé sur un titre valable“; Tuor/Schnyder/Schmid, Das schweizerische Zivilgesetzbuch, 21. Aufl., Zürich 2002, 906. 184 Tuor/Schnyder/Schmid, 906. 185 Daneben gibt es noch eine Reihe einschlägiger Verordnungen und Erlasse des Bundesgerichts, vgl. dazu die Nachweise bei Graham-Siegenthaler, 29, Fn. 121. 186 BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1703; Steinauer, Les droits réels, Tome II, 3 ème éd., Berne 2002, no 2036.

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ditgesetz (KKG) Anwendung findet187. Nach h.M. steht der mit der Tradition einhergehende Verfügungsvertrag unter der aufschiebenden Bedingung der Kaufpreiszahlung188. Nach a.A.189 soll das Eigentum dagegen auflösend bedingt auf den Käufer übergehen. Die Vereinbarung des Vorbehalts im kausalen Vertrag muss nach ebenfalls h.M. vor der Besitzübertragung erfolgen, da eine Rückübertragung des Eigentums nach Abschluss der Übertragung auf den Käufer (bei gleich bleibender Besitzlage) eine Umgehung des Faustpfandprinzips sei (vgl. Art. 717 Abs. 1, 884 Abs. 3 ZGB)190. In der Praxis kommt es häufig vor, dass der Käufer vor der Besitzübertragung lediglich einwilligt, dass der Verkäufer den Eigentumsvorbehalt im Register eintragen lassen kann, wenn dieser sich später dazu entschliessen sollte, z.B. weil sich die wirtschaftliche Situation des Käufers verschlechtert191. Art. 715 Abs. 1 ZGB erfordert für die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts den Eintrag in ein öffentliches Register192. Der Eintragungsakt hat für den Vorbehalt konstitutiven Effekt193. Nach h.M. soll die Eintragung auch für das Verhältnis zwischen den Parteien Entstehungsvoraussetzung sein194. Der Vorbehalt ist am Wohnort des Käufers einzutragen. Wenn der Käufer seinen Wohnort in den Bezirk eines anderen Betreibungsamts verlegt, wird der Eigentumsvorbehalt unwirksam, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten am neuen Ort eingetragen wird195. Die Praxis, die Eintragung 187 S. bes. Art. 10 KKG, der bestimmte Inhaltsangaben für den Vertrag vorschreibt; wenn diese fehlen, ist der Vertrag nichtig, s. Art. 15 Abs. 1 KKG. 188 So z.B. Steinauer, II, no 2029, 2035; BGE 58 II 354; Wiegand, Eigentumsvorbehalt, 87, möchte allerdings bei der Abgrenzung zu einer auflösenden Bedingung grds. auf den Einzelfall des Vertrags abstellen; das Vorliegen eines dinglichen Geschäfts im Rahmen der Eigentumsübertragung wird vom Gesetz nicht gefordert, aber von einem Grossteil der Lehre angenommen, vgl. Steinauer, II, no 2014a; Tuor/Schnyder/Schmid, 904 f.; BSK ZGB II-Schwander, Art. 717 Rn. 4; a.A. ZK-Haab/Scherrer, Art. 714 ZGB Rn. 40. 189 Vgl. ZK-Haab/Scherrer, Art. 715/716 ZGB Rn. 50: Wenn das Bundesgericht den Rückfall des Eigentums nach Registereintrag (der erst nach Besitzübertragung erfolgt) zulasse, müsse auch ein nachträglich vereinbarter Eigentumsvorbehalt möglich sein. 190 BGE 93 III 104; 51 II 140f.; BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1703; Graham-Siegenthaler, 30. 191 Wiegand, Eigentumsvorbehalt, 86, mit Klauselbeispiel. 192 Das Register wird von den kantonal verwalteten Betreibungs- und Konkursämtern (Office des poursuites et des faillites) geführt; s. zu den Formalitäten der Eintragung: Steinauer, II, no 2038b. 193 Steinauer, II, no 2038. 194 Vgl. BGE 42 III 175 f.; ZK-Haab/Scherrer, Art. 715/716 ZGB Rn. 72; a.A.: Wiegand, Eigentumsvorbehalt, 86, mit dem Argument, dass das Eintragungserfordernis nur den Schutz Dritter, nicht aber der Vertragsparteien bezwecke. 195 Vgl. Graham-Siegenthaler, 31, mit den Nachweisen zu den massgeblichen Verordnungen; Steinauer, II, no 2038d.

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erst nach der Besitzübertragung an den Käufer vorzunehmen, ist weit verbreitet196. Da die (Erst-)Eintragung an keine Frist gebunden ist, lassen Verkäufer den Vorbehalt häufig erst dann eintragen, wenn der Käufer sich in der Krise befindet und die Ratenzahlungen einstellt197. In diesen Fällen führt die später nachfolgende Eintragung dazu, dass das bei der Besitzübergabe der Sache auf den Käufer übergegangene Eigentum wieder an den Verkäufer zurückfällt198. Der Grund für das Registrierungserfordernis wird in der Ausnahme zur generellen Ablehnung besitzloser Mobiliarsicherheiten gesehen; potentielle Kreditgeber sollen davor geschützt werden, fälschlicherweise auf einen nicht den Tatsachen entsprechenden Vermögensstand des Schuldners zu vertrauen199. Allerdings soll das Register nicht die Wirkung positiver Publizität haben, d.h. das Vertrauen auf die Richtigkeit des Inhalts soll nicht schutzwürdig sein200. Es besteht auch keine Fiktion des Kennenmüssens201. Kritisiert wird v.a. die mangelnde Praktikabilität des Registers im Hinblick auf die Eintragung am Wohnsitz des Käufers und insbesondere im Hinblick auf die Folgen des Wohnsitzwechsels. Der Eigentumsvorbehalt könne am neuen Ort bis zu 3 Monate lang publizitätslos sein202. Da der Käufer nicht verpflichtet sei, dem Verkäufer den Wohnsitzwechsel anzuzeigen, bestehe das Risiko des Rechtsverlusts auf Verkäuferseite. Dadurch werde sein Interesse am Eigentumsvorbehalt beeinträchtigt203. Der Vorbehaltsverkäufer könne sich nur durch eine ständige Wohnsitzüberprüfung behelfen. Das sei für ihn aber ein unzumutbarer Aufwand204. Weiter wird kritisiert, dass das Ziel, potentielle Kreditgeber zu schützen, nicht durchgehend erreicht werde, da der Vorbehalt auch noch lange Zeit nach der Besitzübertragung auf den Käufer eingetragen werden könne. Problematisch sei auch die Frage, wie der Rückfall des Eigentums an den Käufer in diesem Fall dogmatisch konstruiert werden könne205. (3) Frankreich. – In Bezug auf die Anforderungen an die wirksame Übertragung des Eigentums an Mobilien unterscheidet sich das französi196 Vgl. dazu BGE 93 III 104; BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1705; Wiegand, Eigentumsvorbehalt, 86. 197 Vgl. Hanisch, Eigentumsvorbehalt, 166. 198 BGE 42 III 175; 93 III, 96; ZK-Haab/Scherrer, Art. 715/716 ZGB Rn. 67–71. 199 BGE 96 II 171; 93 III 111; Graham-Siegenthaler, 32. 200 Steinauer, II, no 2044; ZK-Haab/Scherrer, Art. 715/716 ZGB Rn. 77; Hanisch, Eigentumsvorbehalt, 164. 201 BGE 93 III 111; ZK-Haab/Scherrer, Art. 715/716 ZGB Rn. 79. 202 Steinauer, II, no 2038d. 203 Steinauer, II, no 2038d; Wiegand, Eigentumsvorbehalt, 85; s.a. Foëx, Propositions, p. 305. 204 Wiegand, Eigentumsvorbehalt, 85; Foëx, Propositions, p. 305. 205 Hanisch, Eigentumsvorbehalt, 163; Graham-Siegenthaler, 33.

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sche Recht von beiden vorhergehenden Rechten. Aufgrund des in Frankreich geltenden Konsensprinzips bewirkt schon der (schuldrechtliche) Vertrag selbst die Eigentumsübertragung206. Eines abstrakten Verfügungsgeschäfts oder der Tradition bedarf es dazu nicht. Das gilt sogar dann, wenn der Verkäufer die veräusserte Sache noch eine Weile behält, bevor er sie liefert207. Die massgebenden Vorschriften finden sich seit der Reform von 2006 sowohl im Code Civil, als auch im Code de Commerce. Beide Regelungsgruppen unterscheiden sich nur sehr geringfügig. Die Regelung im Code de Commerce zielt auf die Wirkungen des Eigentumsvorbehalts im Verfahren der sauvegarde (Art. L.624-9 ss C.com.) ab, das den typischen Konkursverfahren (redressement judiciaire, liquidation judiciaire) vorgeschaltet ist. Mithin sind für die Frage der Drittwirksamkeit im Konkurs allein diese Regelungen massgebend208. Beide Regelungen sehen für die vertragliche Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts die Schriftform vor (Art. 2368 C.civ./Art. L.624-16 al. 2 C.com.). Allerdings kann das Schriftformerfordernis nicht als echte Wirksamkeitsvoraussetzung angesehen werden, da für den Fall der Nichtbeachtung keine Konsequenz vorgesehen ist209. Die Vereinbarung hat spätestens bei Lieferung zu erfolgen; es reicht aus, wenn die massgebende Vertragsklausel auf einem Lieferschein oder einer die Ware begleitenden Rechnung steht (Art. L.624-16 al. 2 C.com.). Ein Registrierungserfordernis wie im schweizerischen Recht gibt es nicht, obwohl das im Rahmen der Vorarbeiten zur Reform der Kreditsicherheiten von der Commission Grimaldi vorgeschlagen worden war210. Die Parteien haben aber die Möglichkeit der freiwilligen Registerpublizität, wodurch der Sicherungsnehmer im Konkursverfahren der Notwendigkeit entgeht, sich innerhalb einer 3-monatigen Ausschlussfrist um die Anerkennung seines Eigentumsvorbehalts durch den zuständigen juge-commissaire211 zu 206 Vgl. folgende Normen des C.civ.: Art. 711 (« La propriété des biens s'acquiert et se transmet par succession, par donation entre vifs ou testamentaire, et par l'effet des obligations. »), Art. 1138 al. 2 (« [L’obligation de livrer] rend le créancier propriétaire et met la chose à ses risques dès l'instant où elle a dû être livrée, encore que la tradition n'en ait point été faite (…). ») und speziell zum Kaufrecht Art. 1583 (« [La vente] est parfaite entre les parties, et la propriété est acquise de droit à l'acheteur à l'égard du vendeur, dès qu'on est convenu de la chose et du prix, quoique la chose n'ait pas encore été livrée ni le prix payé. »). 207 Terré/Simler, Droit civil, les biens, 7ème éd., Pais 2006, n o 397 ss; Spellenberg, ZfRV 1994, 105. 208 Ancel, no 467. 209 Voinot, LPA 27 mars 2008 no 63. 210 Crocq, La réserve de propriété, JCP suppl. au no 20 1996, nos 13 ss; Voinot, LPA 27 mars 2008 no 63. 211 Vgl. Art. L.624-4 C.com.

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bemühen (Art. L.624-10 C.com.)212. Ein vor der Reform von 2006 diskutiertes Problem ist durch die Regelung im Code civil vorerst einer Klärung zugeführt worden. Es wurde diskutiert, welche Pflichten im Rahmen der Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts der aufschiebenden Bedingung unterfielen213. Gegen eine aufschiebende Bedingung aller Pflichten aus dem Kaufvertrag wurde vorgebracht, dass dann unklar wäre, ob der Käufer überhaupt zur Zahlung verpflichtet sei214. Art. 2367 al. 1 C.civ. stellt jetzt klar, dass lediglich der eigentumsübertragende Effekt des Vertrags (L’effet translatif d’un contrat) unter einer aufschiebenden Bedingung steht. (4) Québec. – Ebenso wie in Frankreich gilt in Québec für die Übertragung des Eigentums das Konsensprinzip. Das Eigentum geht – jedenfalls sofern ein Vertrag über eine konkretisierte Sache geschlossen wurde – bei Abschluss des Kaufvertrags auf den Erwerber über, auch wenn eine Übergabe noch nicht stattgefunden hat (Art. 1453 al. 1, 1708 CCQ)215. Der Eigentumsvorbehalt wird durch zwei unterschiedliche Gesetzestexte geregelt, einmal durch die Art. 1745 ff. des Code civil, zum anderen durch die Art. 132 ff. der Loi sur la protection du consommateur (LPC). Gemäss Art. 1749 al. 1 CCQ findet bei einem Verbrauchervertrag für die Ausübung der Rücknahme der verkauften Sache durch den Verkäufer (reprise de possession) ausschliesslich Verbraucherrecht Anwendung216. Während der Eigentumsvorbehalt i.S.v. Art. 1745 CCQ formfrei vereinbart werden kann217 (s. Art. 1385 CCQ), ist im Fall des Verbrauchervertrags die Schriftform einzuhalten (Art. 80 LPC). Des Weiteren gibt es eine Reihe von notwendigen Inhaltsangaben des Vertrags gem. Art. 134 LPC218. Eine Publizitätspflicht für den Eigentumsvorbehalt sieht der CCQ für die Wirksamkeit zwischen den Parteien und für die Wirksamkeit im Verhältnis zu Dritten jedenfalls als Grundprinzip nicht vor. (iii) Regelung der Drittwirksamkeit (1) Deutschland. – Es gibt keine gesonderte Voraussetzung für die Drittwirksamkeit des deutschen Eigentumsvorbehalts. Weder für die Wirksam212

Vgl. dazu auch C.Cass.com. 21 novembre 1995, D. 1996, p. 211, 214, note Regnaut-Moutier. 213 Die Frage ist vor dem Hintergrund, dass nicht zwischen dinglichem und schuldrechtlichem Geschäft unterschieden wird, besonders relevant. 214 von Breitenstein, La clause de réserve de propriété et le risque d’une perte fortuite de la chose vendue, RTD com. 1980, p. 43, 47; Spellenberg, ZfRV 1994, 105, 108. 215 Daoust/Deslauriers [et al.], Obligations et contrats, Cowansville Q. 2007, p. 208. 216 S. dazu auch Jobin/Cumyn, no 263. 217 Payette, Les sûretés réelles dans le Code Civil du Québec, 3ème éd., Cowansville Q. 2006, no 2008. 218 Daoust/Deslauriers [et al.], obligations, 212; Lamontagne/Larochelle, Droit spécialisé des contrats, vol. 1, Cowansville Q. 2000, no 394.

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keit zwischen den Parteien noch für die Wirksamkeit im Verhältnis zu Dritten ist ein Akt der Publizität erforderlich. Der Mangel an Publizität ist hin und wieder kritisiert worden219. U.a. wurde die Täuschung der Gläubiger, die auf den scheinbaren Vermögensstand des Schuldners vertrauend Kredit gewähren, kritisiert220. Der Mangel an Publizität wird auch als mitverantwortlich für das in Deutschland komplexe Thema der Kollision von Sicherungsrechten (s. gleich unten) verschiedener Gläubiger angesehen. Schliesslich könne die Publizität den Schuldner auch zu grösserer Zurückhaltung bei der Bestellung von Sicherheiten bringen, was der Ausuferung der Sicherungsrechte entgegenwirken könnte221. Autoren, die die Einführung eines Publizitätserfordernisses verlangen, beziehen sich dabei zumeist auf das Vorbild des notice filing des amerikanischen Art. 9 UCC oder anderer Rechtsordnungen, die diesem Beispiel gefolgt sind222. Vor noch nicht allzu langer Zeit (noch vor der breiten Nutzung des Internets) ist die Einführung eines Registers aber auch abgelehnt worden, teilweise im Hinblick auf die Funktion der Publizität selbst223, teilweise im Hinblick auf Praktikabilitätsgesichtspunkte224. (2) Schweiz. – Wie oben dargelegt wurde, ist umstritten, ob das Erfordernis der Registrierung des schweizerischen Eigentumsvorbehalts ein reines Drittwirksamkeitserfordernis ist oder ob es bereits für den wirksamen Vorbehalt inter partes notwendig ist. Die h.M. neigt letzterer Ansicht zu, wonach der Mangel der Registereintragung auch inter partes dazu führt, dass das Eigentum auf den Käufer übergeht225. (3) Frankreich. – Auch im französischen Recht gibt es nach dem oben Gesagten keine zusätzliche Voraussetzung für die Drittwirksamkeit des Eigentumsvorbehalts. Die erwähnte Möglichkeit der Registereintragung verschafft Verfahrensvorteile im Verfahren der sauvegarde, ist aber keine Voraussetzung für die Anerkennung des Vorbehalts im Verfahren. (4) Québec. – In Québec existiert als Grundsatz ebenfalls keine zusätzliche Voraussetzung für die Drittwirksamkeit des Eigentumsvorbehalts. 219 Vgl. zu im 20. Jahrhundert vorgebrachten Vorschlägen: Drobnig, Empfehlen sich gesetzliche Maßnahmen zur Reform der Mobiliarsicherheiten? – Gutachten F für den 51. Deutschen Juristentag, München, F 57 f.; Staudinger/Wiegand (2004) Anh zu §§ 929 ff. Rn. 35; Kieninger, Die Zukunft, AcP 208 (2008), 182, 210 f. 220 Drobnig, Empfehlen sich gesetzliche Maßnahmen?, F 57 f. 221 Staudinger/Wiegand (2004) Anh zu §§ 929 ff. Rn. 35; Drobnig, Empfehlen sich gesetzliche Maßnahmen?, F 58. 222 Kieninger, Die Zukunft, AcP 208 (2008), 182, 210 f.; s.a. (mit Blick auf ein EUeinheitliches Sicherungsrecht) Borkhardt, Registerpublizität und Kollisionsrecht besitzloser Mobiliarsicherheiten nach dem neuen Artikel 9 UCC, Frankfurt a.M. 2007, 493. 223 Hromadka, Sicherungsübereignung, JuS 1980, 89, 91. 224 Schulz, 229. 225 S. oben den Abschnitt zur wirksamen Begründung inter partes.

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Allerdings enthält der Code civil québécois umfangreiche Ausnahmen. So muss nach Art. 1745 al. 2 CCQ der Vorbehalt über jeden für den Betrieb eines Unternehmens erworbenen Gegenstand in das Registre des droits personnels et réels mobiliers eingetragen werden, um gegenüber Dritten wirksam zu sein. Das Gleiche gilt für jedes erworbene Strassenfahrzeug226 sowie andere durch Verordnung bestimmte Gegenstände. Die Drittwirksamkeit besteht rückwirkend ab dem Zeitpunkt des Kaufvertrags, wenn die Eintragung innerhalb von 15 Tagen nach Abschluss erfolgt227. Der Verkäufer kann eine Sache, über die ein Eigentumsvorbehalt nicht wie vorgeschrieben eingetragen wurde, nur vom ursprünglichen Käufer herausverlangen; zwischenzeitlich erfolgte Belastungen muss er in Kauf nehmen (Art. 1749 al. 2 CCQ)228. Teilweise wird das Publizitätserfordernis mit Hinweis auf die Schutzinteressen des Verkäufers und Drittgläubigern wegen seiner Lückenhaftigkeit kritisiert229. (iv) Erfasste Vermögensgegenstände Mittels des Kriteriums der „erfassten Vermögensgegenstände“ soll insbesondere untersucht werden, inwieweit die einzelnen Rechtsordnungen die aus Sicht der Parteien eines Sicherungsvertrags häufig relevante Frage der Besicherung mittels eines wechselnden Vermögenspools230 ermöglichen. Aus der Sicht eines kreditnehmenden Unternehmers ist es wichtig, dass die Bestellung von Sicherheiten nicht die Fortführung des ordentlichen Geschäftsbetriebs hindert. Wenn z.B. ein Warenlager als Kreditunterlage verwendet werden soll, hat der Unternehmer ein Interesse, dass er die für den Weiterverkauf bestimmten Sachen dennoch im normalen Geschäftsgang veräussern und Rohstoffe oder halbfertige Produkte verarbeiten kann. Aus Sicht des Gläubigers geht das nur, wenn sichergestellt ist, dass sich die Kreditunterlage nicht verkleinert. Deshalb hat er ein Interesse daran, dass neu in das Warenlager kommende Sachen unkompliziert von der Sicherheit mit erfasst werden können. Zum anderen kann er auch ein Interesse daran haben, dass sich seine Sicherheit an dem Erlös der Veräusserung des Sicherungsgegenstands oder auch an dem Produkt seiner Verarbeitung fortsetzt. In diesem Zusammenhang ist auch relevant, wie genau die Sicherungsgegenstände in der Sicherungsvereinbarung bezeichnet werden müssen und ob eine einmalige Registrierung trotz sich austauschender Kredit226

Mithin auch für durch Verbraucher erworbene Kraftfahrzeuge. Jobin/Cumyn, no 265; Daoust/Deslauriers [et al.], obligations, p. 211. 228 Für die verspätete Eintragung siehe die Sonderregelung in Art. 1749 al. 3 CCQ. 229 Jobin/Cumyn, no 261; Daoust/Deslauriers [et al.], obligations, p. 209. 230 Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wird dafür der Begriff „Umlaufvermögen“ geprägt. 227

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unterlage ausreicht. Eine besondere Problematik erhält das Thema des wechselnden Vermögenspools dadurch, dass es in dieser Situation häufig zu Konflikten zwischen Geld- und Warenkreditgebern kommt231. (1) Deutschland. – § 449 Abs. 1 des deutschen BGB beschränkt die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts auf bewegliche Sachen. Aufgrund des im deutschen Sachenrecht geltenden Spezialitätsgrundsatzes 232 muss auf der sachenrechtlichen Seite die bedingte Verfügung auf jede einzelne Sache bezogen erfolgen, die übertragen werden soll. Bei der Veräusserung von Sachgesamtheiten, besonders bei der Veräusserung von Umlaufvermögen, also z.B. eines Warenlagers mit wechselndem Bestand, wird in Deutschland auf den verlängerten und den erweiterten Eigentumsvorbehalt zurückgegriffen. Beim verlängerten Eigentumsvorbehalt zielt der Lieferant (Eigentumsvorbehaltsverkäufer) auf die durch die Weiterveräusserung entstehenden Kaufpreisansprüche ab. Er ermächtigt den Käufer zur Veräusserung der Vorbehaltsware und lässt sich die zu erwartenden Ansprüche vorausabtreten. Für diese erteilt er dem Käufer eine Einziehungsermächtigung233. Im Fall der Weiterverarbeitung, die zum gesetzlichen Eigentumserwerb beim Käufer führen würde (§ 950 BGB), machen die Parteien von folgendem Prozedere Gebrauch: Mithilfe einer Hersteller- oder Verarbeiterklausel wird erklärt, dass der Eigentumsvorbehaltsverkäufer als Hersteller der neuen Sache gelten solle, um den gesetzlichen Eigentumserwerb beim tatsächlichen Verarbeiter zu verhindern. Eine solche Klausel ist nach h.M. wirksam und verschafft dem Lieferant das Eigentum an der verarbeiteten Sache234. Beim erweiterten Eigentumsvorbehalt dagegen wird der Übergang des Eigentums auf den Käufer von der Erfüllung weiterer Forderungen – oder auch aller Forderungen – des Vorbehaltsverkäufers abhängig gemacht235. Der Fall, dass das Vorbehaltsgut für sämtliche Forderungen des Vorbehaltsverkäufers aus der Geschäftsbeziehung haftet, wird als Kon-

231 Deshalb sehen einige Rechtsordnungen auch spezielle Regeln für das Umlaufvermögen als Kreditunterlage vor. In der englischen Rechtssprache wird der Begriff inventory verwandt (vgl. z.B. Art. 9-102 (a) (48) oder die Definition von inventory im Abschnitt Terminology des UNCITRAL-Legislative Guide. Wie an den beiden genannten Definitionen deutlich wird, wird die Reichweite des inventory unterschiedlich gesehen. S. dazu genauer unten zu den genannten Rechten). 232 Zum Spezialitätsgrundsatz vgl. Brehm/Berger, 23; Wilhelm, 23. 233 Weber, 212 ff.; Drobnig, Empfehlen sich gesetzliche Maßnahmen?, F 39 ff. 234 BGHZ 20, 159; Graham-Siegenthaler, 125; Geibel, Die Kollision zwischen verlängertem Eigentumsvorbehalt und antizipierter Sicherungsübereignung, WM 2005, 962, 963; Drobnig, Empfehlen sich gesetzliche Maßnahmen?, F 44 f. 235 S. zum erweiterten Eigentumsvorbehalt: Berger, Erweiterter Eigentumsvorbehalt und Freigabe von Sicherheiten, ZIP 2004, 1073 ff.

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tokorrentvorbehalt bezeichnet236. Die Vereinbarung eines Konzernvorbehalts237 – die Bedingung, dass auch die Forderungen der mit dem Vorbehaltsverkäufer in einem Konzern verbundenen Unternehmen erfüllt werden – wird durch § 449 Abs. 3 BGB für nichtig erklärt. Nicht der Eigentumsvorbehalt in seiner Grundform, sondern seine dargelegten Erstreckungsformen bringen verschiedene Rechtsprobleme mit sich, die in Rechtssprechung und Literatur breit diskutiert worden sind und zum Teil noch diskutiert werden. Zum einen kann das Problem der Übersicherung des Vorbehaltsverkäufers eintreten. Das ist v.a. der Fall bei Globalsicherheiten. Dabei lässt sich der Verkäufer bei fortlaufenden Lieferungen jeweils die Kaufpreisansprüche des Vorbehaltskäufers aus dessen (erlaubter) Weiterveräusserung abtreten (verlängerter Eigentumsvorbehalt). Die Kumulation der Gewinnspannen des Vorbehaltskäufers kann dazu führen, dass der Wert der Sicherheiten den Wert der gesicherten Forderungen stark übersteigt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zu den Globalsicherheiten mit wechselndem Bestand) steht dem Vorbehaltskäufer ein Freigabeanspruch gegen den Verkäufer/Lieferanten zu, auch wenn der Sicherungsvertrag keine Freigabeklausel enthält 238; die Pflicht zur Freigabe ergebe sich dabei aus der Treuhandnatur des Sicherungsvertrags selbst239. Sofern eine Deckungsklausel fehlt, kann Freigabe von Sicherheiten verlangt werden, sobald der realisierbare Wert der Sicherheiten 110 % der Forderungen überschreitet240. Die Übersicherungsproblematik kann auch beim sogenannten erweiterten Eigentumsvorbehalt eintreten, z.B. wenn bei einer Kontokorrentabrede der Eigentumsübergang trotz vollständiger Kaufpreiszahlung verhindert wird, weil noch unerhebliche Forderungen offenstehen. Hier ist fraglich, ob die Grundsätze vom vertragsimmanenten Freigabeanspruch angewendet werden können. Teilweise wird das mit Hinweise auf das Fehlen einer fiduziarischen Sicherungsabrede abgelehnt241. Vor allem der verlängerte Eigentumsvorbehalt ist aber auch mitverantwortlich für das in Deutschland stark diskutierte Problem der Kollision von

236 S. dazu Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1504 ff.; Drobnig, Empfehlen sich gesetzliche Maßnahmen?, F 48 ff. 237 S. dazu Habersack/Schürnbrand, Der Eigentumsvorbehalt nach der Schuldrechtsreform, JuS 2002, 833, 837 ff. 238 BGH ZIP 1997, 632 ff.; Wilhelm, Rn. 2417. 239 BGH GS ZIP 1998, 235, 237 f.; BGHZ 124, 371, 375 ff.; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1463. 240 Einschliesslich der Verwertungskosten, s. BGH GS ZIP 1998, 235, 239 ff. 241 Berger, ZIP 2004, 1073, 1076 f.; a.A. Bülow, Der Eigentumsvorbehalt als Treuhandgeschäft, WM 2007, 429, 431, der in den Bestimmungen des Vertrags zur Erweiterung des Vorbehalts eine Sicherungsabrede sieht.

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Kreditsicherheiten242. Besonders relevant ist hier die Kollision des verlängerten Eigentumsvorbehalts mit einer zugunsten einer Bank vorher vereinbarten Globalzession, die auch zukünftig entstehende Forderungen des Schuldners/Vorbehaltskäufers umfasst243. Die Lösung des Vorrangs mit Hilfe des Grundsatzes der (zeitlichen) Priorität ist problematisch, weil die Abtretung erst dann ausgeführt werden kann, wenn die Forderung aus der Weiterveräusserung in der Person des Vorbehaltskäufers entsteht. Bei deren Entstehen würden aber sowohl der verlängerte Eigentumsvorbehalt, als auch die Globalzession gleichzeitig greifen. Die Rechtsprechung muss sich hier mit der sog. Vertragsbruchtheorie behelfen: Der Schuldner der Bank habe keine andere Wahl, als – wie branchenüblich – Waren von seinen Lieferanten unter Eigentumsvorbehalt zu erwerben. Wenn die Globalzession aber auch auf die Forderungen gegen Abnehmer der Vorbehaltsware abziele, werde der Schuldner/Vorbehaltskäufer gleichsam zum Vertragsbruch gegenüber seinen Lieferanten gedrängt, da er die betreffenden Forderungen nicht mehr abtreten könne, weil sie bereits abgetreten seien. Eine solche Globalzession sei wegen Verstosses gegen die guten Sitten nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB)244. Die Rechtsprechung zur Vermeidung der Sittenwidrigkeit der Globalzession ist kompliziert. So kann die Bank die Nichtigkeit der Globalzession ausschliessen, indem diese von vornherein Forderungen nicht erfasst, die Gegenstand verlängerter Eigentumsvorbehalte sind (aufgrund einer sog. dinglichen Teilverzichtsklausel); dagegen soll es nicht ausreichen, wenn die Bank sich lediglich verpflichtet, dem Lieferanten die betreffenden Forderungen zu überlassen, wenn dieser es verlangt (sog. schuldrechtliche Teilverzichtsklausel)245. Eine vergleichbare Problematik stellt sich bei der Kollision des verlängerten Eigentumsvorbehalts mit dem Factoring246. Mit den Erstreckungsformen werden auch Probleme generellerer Art in Verbindung gebracht: So werden sie mitverantwortlich gemacht für die Masseentleerung deutscher Unternehmen, die eine geordnete Abwicklung 242 S. z.B. Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1648 ff.; Jork, Factoring, verlängerter Eigentumsvorbehalt und Sicherungsglobalzession in Kollisionsfällen, JUS 1994, 1019 ff. 243 Meyer/von Varel, Die Sicherungszession, JuS 2004, 192, 195; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1649–1675; Weber, 313 ff.; Franke, Konflikt zwischen Sicherungsglobalzession und verlängertem Eigentumsvorbehalt. Alternativen zur Vertragsbruchrechtsprechung, JuS 1978, 373 ff. 244 BGHZ 30, 100; 149, 152 f.; 353, 358; vgl. Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1653 ff.; Weber, 313 ff.; Staudinger/Beckmann (2004) § 449 Rn. 143; zur Schwierigkeit mit der Bestimmung der Priorität, s. Drobnig, Empfehlen sich gesetzliche Maßnahmen?, F 41 f. 245 S. BGHZ 72, 308, 310; 72, 316, 317; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1658 ff.; Weber, 308; Staudinger/Beckmann (2004) § 449 Rn. 148 f. 246 S. dazu Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1676 ff.; Drobnig, Empfehlen sich gesetzliche Maßnahmen?, F 44.

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von Insolvenzverfahren beeinträchtige247. Aus diesem Grund wird auch die prinzipielle Frage nach einer Einschränkung der weit reichenden Sicherheiten aufgeworfen248. Die vorgebrachten Verbesserungsvorschläge reichen von einer Beschränkung der Verlängerung auf den Wert des ursprünglichen Sicherungsguts bis zum kompletten Ausschluss der Verlängerung249. Vorgeworfen wird dem erweiterten Eigentumsvorbehalt, dass er die ursprüngliche Konzeption des Eigentumsvorbehalts verändere; es entstehe nun ein Dauersicherungsrecht250. (2) Schweiz. – Nach schweizerischem Recht können alle verkehrsfähigen beweglichen Sachen mit der Ausnahme von Vieh (Art. 715 Abs. 2 ZGB) Gegenstand des Eigentumsvorbehalts sein. Im Unterschied zum deutschen Recht wird der Eigentumsvorbehalt praktisch nur auf die ursprünglich verkaufte Sache beschränkt. Verlängerter und erweiterter Eigentumsvorbehalt werden mehrheitlich als unwirksam angesehen251. Im Rahmen des verlängerten Eigentumsvorbehalts wird nichts gegen die Zession der Forderungen aus der Weiterveräusserung der Kaufsache eingewandt, jedoch wird die Verbindung mit dem Eigentumsvorbehalt kritisch gesehen252. Auch nach schweizerischem Recht erwirbt der Verarbeiter das Eigentum, wenn die Arbeit kostbarer ist als der Stoff (so Art. 726 Abs. 1 ZGB). Die im deutschen Recht übliche Herstellungs- oder Verarbeitungsklausel gilt jedoch als unwirksam, da sie eine Umgehung des Faustpfandprinzips (Art. 884 Abs. 3 ZGB) darstelle. Der Zweck einer solchen Vereinbarung liege allein darin, sich ein (besitzloses) dingliches Recht an der Sache als Ersatz für den erloschenen Eigentumsvorbehalt zu beschaffen253. Daneben wird auch auf die praktischen Registrierungsschwierigkeiten hingewiesen, die eine Verarbeitungsklausel mit sich bringen würde: Bei einem längeren Produktionsprozess müsste der Vorbehaltsverkäufer für jeden neu hergestellten Gegenstand eine neue Eintragung vornehmen lassen254. 247 Mit dieser Kritik s. Staudinger/Wiegand (2004) Anh zu §§ 929 ff. Rn. 44; Staudinger/Beckmann (2004) § 449 Rn. 5; Drobnig, Empfehlen sich gesetzliche Maßnahmen?, F 27; vgl. dazu auch Hartwieg, Die Publizität von Mobiliarsicherheiten im deutschen, US-amerikanischen und japanischen Recht, ZIP 1994, 96, 98. 248 Drobnig, Empfehlen sich gesetzliche Maßnahmen?, F 56; Staudinger/Wiegand (2004) Anh zu §§ 929 ff. Rn. 44. 249 S. die von Drobnig, Empfehlen sich gesetzliche Maßnahmen?, F 69 f., F 71 f., aufgeführten Varianten. 250 Staudinger/Wiegand (2004) Anh zu §§ 929 ff. Rn. 14. 251 Vgl. nur BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1711; ZK-Haab/Scherrer, Art. 726 ZGB Rn. 58 m.w.N. 252 S. Graham-Siegenthaler, 35, m.w.N. 253 BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1711; ZK-Haab/Scherrer, Art. 726 ZGB Rn. 58; GrahamSiegenthaler, 36. 254 Hanisch, Eigentumsvorbehalt, 169.

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Ebenfalls im Unterschied zum deutschen Recht wird der erweiterte Eigentumsvorbehalt als unzulässig angesehen. Die Sicherung anderer Forderungen neben der ursprünglichen Kaufpreisforderung wird gleichfalls als Verstoss gegen das Verbot der Mobiliarhypothek angesehen255. Der Eigentumsvorbehalt als besitzloses Sicherungsmittel sei als Ausnahme zum Faustpfandprinzip sehr eng geregelt; bei der Erweiterung auf andere Forderungen des Verkäufers entstehe eine pfandrechtsähnliche Sicherung, allerdings ohne Beachtung der Vorschriften des Pfandrechts (Art. 884 Abs. 3 ZGB)256. Der Vorbehaltsverkäufer müsste sich an der durch die Verarbeitung entstehenden neuen Sache ebenfalls das Eigentum vorbehalten; das sei aber schon deshalb ausgeschlossen, da er an dieser Sache (nach Massgabe des Art. 726 Abs. 1 ZGB) zu keinem Zeitpunkt das Eigentum erwerbe257. (3) Frankreich. – Im französischen Recht spielt der Eigentumsvorbehalt ebenfalls nur in seiner Grundform eine bedeutende Rolle. Erstreckungsformen werden zwar in Verträgen verwendet, sind aber nur zwischen den Parteien wirksam; ihnen wird keine Drittwirksamkeit zugestanden258. Die Verlängerung des Eigentumsvorbehalts durch eine Verarbeitungsklausel wird dadurch unmöglich gemacht, dass der Vorbehaltsverkäufer im Konkurs des Käufers nur eine Sache aussondern kann, die sich noch unverändert im Besitz des Käufers befindet (Art. L.624-16 al. 2 C.com.)259. Dem Sicherungsnehmer wird die Geltendmachung seiner Rechte aber dadurch erleichtert, dass die Verarbeitung nur dann zum Eigentumserwerb beim Verarbeiter führt, wenn der Wert der Arbeit erheblich höher ist, als der des Stoffs (Art. 571 C.civ.). Der verlängerte Eigentumsvorbehalt in Gestalt der Vorausabtretung der Veräusserungserlöse ist ebenfalls nicht anerkannt, da im französischen Recht die Globalzession und die Abtretung zukünftiger

255 BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1709; ZK-Oftinger/Bär, Syst. Teil, Rn. 178; s. BGE 56 III 81 f. und auch die Darstellung in BGE 102 III 152: „Andere Forderungen des Veräusserers gegen den Erwerber können mit dem Vorbehalt des Eigentums an der veräusserten Sache nicht sichergestellt werden. Das liegt in der Natur dieses Rechtsinstituts und bedarf keiner näheren Begründung. Könnten mit der Verabredung des Eigentumsvorbehalts beliebige Forderungen gesichert werden, so liefe dies auf eine Umgehung des dem Fahrnispfandrecht zugrundeliegenden Faustpfandprinzips hinaus“. 256 BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1707; s.a. Wiegand, Eigentumsvorbehalt, 100. 257 ZK-Haab/Scherrer, Art. 726 ZGB Rn. 58. 258 Vgl. Scarano, Opposabilité ou inopposablité de la clause de réserve de propriété, RTD com. 1990, p. 535, 543; CA Toulouse 27 novembre 1984, D. 1985, 185, note Mestre; Spellenberg, ZfRV 1994, 105, 117; Graham-Siegenthaler, 315. 259 Teilweise wird die Ausschaltung der Fälle des erweiterten Eigentumsvorbehalts gerade als Ziel dieser Regelung angegeben; vgl. dazu CA Paris, 3ème Ch., 3 mars 1988, RIW 1989, 66; CA Toulouse 27 novembre 1984, D. 1985, 185, note Mestre; Spellenberg, ZfRV 1994, 105, 112 f.; Scarano RTD com. 1990, p. 535, 544.

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Forderungen nicht bekannt sind260. Kompensiert wird der Sicherungsnehmer aber zum einen durch folgende Regelung: Wenn der Vorbehaltskäufer die Kaufsache weiter veräussert hat, tritt die aus dieser Veräusserung entstandene Kaufpreisforderung automatisch an die Stelle des verloren gegangenen Eigentums (Art. 2372 C.civ./Art. L.624-18 C.com.). Konkurrenzfälle mit Drittgläubigern gibt es im genannten Fall in Bezug auf die Kaufpreisforderung nicht, da diese nie in das Vermögen des Vorbehaltskäufers gelangt261. Zum anderen kann der Verkäufer bei einem Vorbehalt über eine vertretbare Sache auf Sachen der gleichen Art und Güte zurückgreifen (Art. 2369 C.civ./Art. L.624-16 al. 3 C.com.). Für den erweiterten Eigentumsvorbehalt in Frankreich gilt das Gleiche: Die Parteien können ihn zwar wirksam im Verhältnis untereinander vereinbaren, drittwirksam können solche Vereinbarungen aber nicht sein262. Im Übrigen ist die Veräusserung von Sachgesamtheiten unproblematisch möglich, vgl. Art. 1585 C.civ., der von vente en bloc spricht. Die notwendige Bestimmtheit der en bloc verkauften Sachen kann z.B. durch Bezeichnung des Ortes, an dem sie sich befinden, oder durch Aufnahme in eine Liste geschehen263. (4) Québec. – Der Code civil québécois sagt ausdrücklich, dass sich ein Kaufvertrag auch auf Sachgesamtheiten (universalités) beziehen kann (Art. 1453 CCQ). Aus Art. 2961.1 CCQ ergibt sich die Möglichkeit, einen Eigentumsvorbehalt über ein Warenlager mit wechselndem Bestand zu vereinbaren. Art. 2961.1 CCQ erklärt solch eine Vereinbarung zwar nicht selbst für zulässig, regelt aber die Möglichkeit der Registrierung einer entsprechenden Vereinbarung. Danach führt die Registrierung eines Eigentumsvorbehalts, den zwei Unternehmer im Rahmen ihrer Geschäftsbeziehung vereinbaren und der sich auf eine Menge gleichartiger Sachen bezieht, die im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit veräussert werden können, dazu, dass sich die Rechte des Verkäufers auch auf die neu hinzukommenden Sachen erstrecken, wenn die Parteien das vorher in einem Rahmenvertrag vereinbart haben264. Gemäss Art. 2961.1 al. 2 CCQ ist die Einschreibung auf einen Zeitraum von 10 Jahren beschränkt, kann aber erneuert werden. Der letzte Satz von al. 1 sagt ausdrücklich, dass der Verkäufer in Bezug auf die im Rahmen des Geschäftsgangs vom Käufer ver260

Spellenberg, ZfRV 1994, 116; Graham-Siegenthaler, 316. Ancel, no 482. 262 Scarano, RTD com. 1990, p. 535, 543; Graham-Siegenthaler, 316. 263 Vgl. Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 3ème éd., Paris 2007, n o 170; Bénabent, Droit civil, Les obligations, 11ème éd., Paris 2007, no 144. 264 Payette, no 2011, weist darauf hin, dass es sich dabei nicht um eine den jeweiligen Vereinbarungen vorangehende Voreinschreibung handelt; vielmehr müssten sich die Parteien im Vorhinein über die Eigentumsvorbehalte einig sein; s. zum Ganzen auch Daoust/Deslauriers [et al.], obligations, p. 209 und Payette, no 2063. 261

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äusserten Gegenstände den Erwerbern kein Recht in Bezug auf die verkaufte Sache entgegenhalten kann. Damit legt das Gesetz die Wirksamkeit des Dritterwerbs selbst bei Bösgläubigkeit des Dritterwerbers fest265. Das Recht der Provinz enthält dagegen keinen Hinweis darauf, ob sich der ursprünglich vereinbarte Eigentumsvorbehalt an der Kaufpreisforderung der veräusserten Vorbehaltssache fortsetzt266. Trotz einer anfangs negativen Entscheidung des kanadischen Supreme Court hat es eine Reihe bejahender Entscheidungen von Gerichten der Provinz gegeben267, so dass wohl davon auszugehen ist, dass die Erstreckung auf den Veräusserungserlös anerkannt wird268. In Bezug auf die Umarbeitung der Vorbehaltskaufsache findet sich ebenfalls keine Regelung. Nach den allgemeinen Regeln (Art. 972 CCQ) erwirbt die verarbeitende Person das Eigentum an der Sache, wenn der Wert der Arbeit oder der Änderung der Sache den Wert der eingesetzten Gegenstände überschreitet. Ein innerhalb der Frist von 15 Tagen eingetragener Eigentumsvorbehalt hat auch gegenüber einer vorher eingetragenen Hypothek über die gegenwärtigen und zukünftigen Vermögensgegenstände des Käufers Vorrang269. (v) Rechte und Pflichten der Parteien während der gesicherten Transaktion Alle hier untersuchten Rechte haben gemein, dass sie im Grundsatz anerkennen, dass die mit usus, fructus und abusus bezeichneten Berechtigungen jeweils dem Eigentümer zustehen. Beim Eigentumsvorbehalt besteht die Besonderheit, dass das Eigentum und die von den Parteien beabsichtigte Einwirkungs- und Verwendungsmöglichkeit auf die Sache auseinanderfallen. Deshalb wird das Vertragsverhältnis teilweise auf gesetzlichem, teilweise auf vertraglichem Weg an die Besonderheit des Vorbehaltskaufs angepasst. Das hat bei den genannten Rechten zur Folge, dass der Käufer

265

Payette, no 2063. Art. 2674 CCQ, der eine solche dingliche Subrogation regelt, gilt nur für die hypothèque. 267 Vgl. Banque Royale du Canada v. Borg-Warner Acceptance Canada Ltée (1987), [1987] R.J.Q. 2148 (C.S.); für weitere Nachweise vgl. Dietze, Recent Developments in Secured Financing by Way of Instalment Sale, Leasing and Lease, 59 Révue du barreau, 13 (1999). 268 Aufgrund der verbleibenden Unsicherheit rät Dietze, Recent Developments, 59 Révue du barreau, 20 (1999) eher zum Gebrauch einer hypothèque über den Veräusserungserlös. 269 Maschinenfabrik Rieter c. Canadian Fidelity Mills Ltd., [2005] R.J.Q. 2829 (C.A.); Jobin/Cumyn, no 265; mit dieser Lösung wird das gleiche Ziel erreicht wie durch das purchase money security interest des Article 9 UCC; s. dazu unten B. II. 2. b. 266

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spätestens ab Übergabe der Sache die Gefahr ihres Untergangs trägt270. Die mit usus und fructus im Zusammenhang stehenden Berechtigungen in Bezug auf die Sache werden typischerweise vertraglich auf den Käufer übertragen. Das hat u.a. zur Folge, dass dem Käufer auch Einkünfte aus der Sache, wie Mietzahlungen, zustehen271. Die Aussicht des Vorbehaltskäufers, in der Zukunft das Eigentum an der Kaufsache zu erwerben, wird in den verschiedenen Rechtsordnungen dagegen unterschiedlich gewertet. Die Positionen der einzelnen Rechtsordnungen dazu sollen kurz dargestellt werden. (1) Deutschland. – Die Besonderheit des deutschen Rechts ist, dass die Position des Vorbehaltskäufers in seiner Erwartung auf den Übergang des Eigentums als sog. Anwartschaftsrecht besonders betont wird. Die Rechtsnatur des Anwartschaftsrechts ist umstritten. Teilweise wird es als dingliche Rechtsposition eigener Art angesehen272, als Recht mit einem Zwischenstatus oder lediglich als Pfandrecht zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers273. Letzterer kann ohne Zustimmung des Vorbehaltsverkäufers wirksam über die Anwartschaft verfügen274 und sie somit weiter als Kreditsicherungsmittel einsetzen. Damit wird faktisch ein wichtiger Nachteil der Eigentumssicherheiten eingedämmt, nämlich die Unmöglichkeit der nachrangigen Bestellung eines Sicherungsrechts an der gleichen Sache. (2) Schweiz. – Der Begriff des Anwartschaftsrechts taucht in der Schweiz ebenfalls in der juristischen Literatur auf275. Jedoch besteht kein besonderes Interesse an dieser Figur. Es wird darauf hingewiesen, dass das Interesse am Anwartschaftsrecht in Deutschland nur aus der Möglichkeit seiner Verwendung im Rechtsverkehr und damit seiner Eignung als Kreditsicherungsmittel herrühre276. In der Schweiz gebe es aber schon deshalb kein Interesse an der Anwartschaft, weil – anders als im deutschen Recht – bei ihrer Übertragung das unpraktikable Faustpfandprinzip zu berücksich270 Vgl. § 446 BGB, Art. 185 Abs. 3 OR, Art. 1746 CCQ. Für Verbraucherverträge gelten aber Ausnahmen, vgl. § 474 Abs. 2 BGB, Art. 1746 CCQ. 271 Vgl. Payette, no 1996; Cabrillac/Mouly, no 816. 272 Der Bundesgerichtshof charakterisiert es üblicherweise als ein „wesensgleiches Minus“ zum Vollrecht, s. BGHZ 28, 16, 21; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 77; teilweise wird auf Widersprüche zum Eigentumsbegriff des BGB hingewiesen, s. dazu Staudinger/Wiegand (2004) Anh zu §§ 929 ff. Rn. 27. 273 S. Harke, Anwartschaftsrecht als Pfandrecht, JuS 2006, 385 ff., oder von Brox, Die Anwartschaft des Vorbehaltskäufers, JuS 1980, 657 ff. 274 Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 777. 275 Vgl. z.B. Liver, SPR V/1, 340 oder umfangreich Foëx, Le „numerus clausus“ des droits réels en matière mobilière, Lausanne, Payot 1987, nos 558 ss. 276 Zobl, Zur Rechtsfigur der Anwartschaft und zu deren Verwendbarkeit im schweizerischen Recht, in: Forstmoser/Schluep (Hrsg.), Freiheit und Verantwortung im Recht, Festschrift zum 60. Geburtstag von Arthur Meier-Hayoz, Bern 1982, 498.

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tigen sei (Art. 717 Abs. 1, 884 Abs. 3 ZGB)277. Mit Ausnahme des Eigentumsvorbehalts ist in der Schweiz eine besitzlose Kreditsicherheit an beweglichen Sachen nicht anerkannt. Inhaltlich würde eine Institutionalisierung des Anwartschaftsrechts als ein Verstoss gegen den numerus clausus der dinglichen Rechte angesehen werden278. (3) Frankreich. – Die Stellung des Vorbehaltskäufers als Inhaber einer Anwartschaft auf den Eigentumserwerb spielt in der französischen Literatur keine Rolle. Eine Besonderheit des französischen Rechts liegt darin, dass es das Risiko des Untergangs oder der Verschlechterung der Sache an die Eigentümerstellung bindet (res perit domino). Konsequenterweise trägt deshalb der Vorbehaltsverkäufer das Risiko, bis der Käufer die letzte Rate gezahlt hat, wenn die Parteien nichts Abweichendes vereinbart haben279. Dieses Prinzip wird mit dem Argument kritisiert, dass in der Ausgangskonstellation des Kaufs der Gefahrübergang auf den Käufer (mit Übergang des Eigentums) schon vor Lieferung stattfinde (Art. 1583 C.civ.), d.h. bevor er alle seine Verkäuferpflichten erfüllt habe. Beim Eigentumsvorbehalt habe der Verkäufer dagegen bereits alle Pflichten erfüllt (inkl. Lieferung). Ihm das Risiko dennoch aufzubürden, sei deshalb ein Wertungswiderspruch280. Der Vorbehaltskäufer gilt bis zur vollständigen Zahlung lediglich als Gewahrsamsinhaber (détenteur) und nicht als Besitzer281. (4) Québec. – In Québec wird das Anwartschaftsrecht ebenfalls nicht diskutiert. Nach dem alten Recht der Provinz (Code civil du Bas-Canada) trug wie im französischen Recht der Verkäufer die Risiken bis zum Eigentumsübergang. Nach Art. 1746 CCQ (s.a. Art. 1456 al. 2) trägt dagegen nun der Käufer das Risiko ab Lieferung282. Wie nach französischem Recht gilt der Käufer nicht als Besitzer, sondern nur als Gewahrsamsinhaber der Sache (Art. 921 CCQ)283. (vi) Verwertung des Rechts (1) Deutschland. – Das Interesse des Vorbehaltsverkäufers ist es, die Sache im Fall des Ausfalls des Käufers als unbelastetes Eigentum wieder in Besitz nehmen zu können. Seit der am 1.1.2002 in Kraft getretenen Reform des Schuldrechts des deutschen BGB muss der Verkäufer den Rück277

Zobl, Anwartschaft, 519, 525. Zobl, Anwartschaft, 507. 279 von Breitenstein, RTD com. 1980, p. 43, 48 sv.; Ancel, no 474; Spellenberg, ZfRV 1994, 105, 117. 280 von Breitenstein, RTD com. 1980, p. 43, 48. 281 Ancel, no 475; Graham-Siegenthaler, 313. 282 S.a. die Sonderregelung für Verbraucherverträge in Art. 133 LPC; Jobin/Cumyn, no 266, Lamontagne/Larochelle, no 396. 283 Lamontagne/Larochelle, no 390. 278

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tritt vom Kaufvertrag erklären und dem Käufer grundsätzlich eine Nachfrist für die Erfüllung seiner Leistung setzen (§§ 449 Abs. 2, 323 BGB), um die Rückgewähr der Sache verlangen zu können. Der blosse Verzug des Käufers reicht nicht aus. Vielmehr muss durch den Rücktritt erst das Besitzrecht des Käufers beendet werden284. Ein einstweiliges Rückholrecht existiert nicht285. Die Ausübung der Rechte des Verkäufers ist weiter begrenzt durch eine Reihe von Vorschriften des Verbraucherschutzrechts, s. §§ 499 ff. BGB. Aufgrund des erfolgten Rücktritts kann der Verkäufer sowohl die schuldrechtliche Rückgewähr verlangen, als auch die betreffende Sache im Hinblick auf das weggefallene Besitzrecht vindizieren (§ 985 BGB). Er kann allerdings auch auf die Rückgewähr verzichten und andere kaufrechtliche Rechtsbehelfe ausüben, wie z.B. den Rücktritt i.V.m. der Liquidation des verbleibenden „kleinen Schadensersatzes“286. Schliesslich hat der Eigentumsvorbehaltsverkäufer auch die Möglichkeit, in seine eigene, beim Käufer befindliche Sache zu vollstrecken287. (2) Schweiz. – Nach Art. 214 Abs. 3 des schweizerischen Obligationenrechts kann der Verkäufer im Fall, dass die Sache vor vollständiger Kaufpreiszahlung in den Besitz des Käufers übergegangen ist, nur dann vom Vertrag zurücktreten und die übergebene Sache zurückfordern, wenn er sich dieses Recht ausdrücklich vorbehalten hat. Es ist anerkannt, dass die blosse Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts ausreichend für den Vorbehalt i.S.d. Abs. 3 ist288. Nach Erklärung des Rücktritts hat der Verkäufer nach aktueller Rechtsprechung und Lehre289 – wie nach deutschem Recht – einen obligatorischen Rückgabeanspruch im Hinblick auf die durch die Rücktrittserklärung verursachte inhaltliche Umgestaltung der Vertragspflichten. Ein sachenrechtlicher Herausgabeanspruch soll daneben nicht bestehen290. (3) Frankreich. – Im französischen Recht kommt die Vertragsaufhebungsklage (action résolutoire) gemäss Art. 1654 C.civ. nicht als praktikable Alternative für den Vorbehaltsverkäufer in Betracht, weil sie vom Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens an nicht mehr betrieben 284

Weber, 194; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 746; Wilhem, Rn. 2446; Habersack/Schürnbrand, JuS 2002, 833, 834. 285 Habersack/Schürnbrand, JuS 2002, 833, 836. 286 Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 751. 287 Vgl. Weber, 206 m.w.N. 288 BGE 90 II 292; 88 II 85; Wiegand, Eigentumsvorbehalt, 94; BSK OR I-Koller, Art. 214 Rn. 22. 289 Sog. Umwandlungstheorie, s. BGE 114 II 157; nach einer Mindermeinung soll ein Bereicherungsanspruch gegeben sein, vgl. BSK OR I-Koller, Art. 214 Rn. 26; s. dazu auch Gauch/Schluep/Schmid/Rey, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil I, 9. Aufl., Zürich 2008, Rn. 1568 ff. 290 BSK OR I-Koller, Art. 214 Rn. 26.

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werden kann (Art. L.624-12 al. 1C.com.)291. Stattdessen kann er vor Gericht den Weg der Herausgabeklage (action en revendication) beschreiten (vgl. auch Art. 2371 al. 1 C.civ.)292. Voraussetzung für den Erfolg der Klage ist jedoch, dass die Sache als solche noch existieren muss. Problematisch ist das besonders im Fall der Verarbeitung. Hier geht das Eigentum an den Verarbeiter über, auch wenn die Anforderungen daran sehr hoch sind (Nach Art. 571 C.civ. muss der Wert der Arbeit erheblich höher sein als der Wert des Materials.). Gemäss Art. 2370 C.civ. erlischt der Eigentumsvorbehalt allerdings nicht, wenn die verkaufte Sache von der Sache, in die sie eingebaut wurde, getrennt werden kann, ohne dass es zu Schäden an beiden kommt. Das Herausgabeverlangen wird weiterhin dadurch vereinfacht293, dass der Vorbehaltsverkäufer, sofern eine vertretbare Sache betroffen ist, nach Massgabe des Art. 2369 C.civ. auf jede andere Sache gleicher Art und Güte zurückgreifen kann, die der Käufer in Gewahrsam hat. Die Folge davon ist, dass der Vorbehaltsverkäufer nicht mehr den Beweis zu erbringen hat, dass es sich wirklich um genau die Sache handelt, die er dem Käufer verkauft hat294. Weitere Voraussetzung ist, dass der Käufer nach wie vor den Gewahrsam an der Sache hat. Die Inbesitznahme der Sache durch den Vorbehaltsverkäufer führt zum Erlöschen der Forderung insoweit, als diese durch den Wert der verkauften Sache abgedeckt wird. Ein eventueller Wertüberschuss ist an den Schuldner herauszugeben (Art. 2371 al. 3 C.civ.)295. Für den Fall, dass der Vorbehaltskäufer die Sache wirksam an einen Dritten weiterveräussert hat, tritt die Forderung aus der Weiterveräusserung an die Stelle des verlorenen Eigentums (Art. 2372 C.civ.). Der Vorbehaltsverkäufer hat in diesem Fall einen Direktanspruch gegen den Dritterwerber296. Im Fall der Zerstörung der Sache tritt ein eventueller Ersatzanspruch gegen den Versicherer an die Stelle des Eigentums (Art. 2372 C.civ.). (4) Quebec. – Im Recht der Provinz Quebec gibt Art. 1748 CCQ dem Gläubiger beim Ausfall des Schuldners das Recht, die ausgefallenen Raten zur sofortigen Zahlung zu verlangen, die verkaufte Sache zurückzunehmen oder – sofern das im Vertrag vorgesehen ist (clause de déchéance du terme) – den gesamten Restkaufpreis sofort fällig zu stellen. Die Rücknahme 291

Vgl. Bénabent, Droit civil, Les contrats spéciaux, 8 ème éd., Paris 2008, n o 260; Dutilleul/Delebecque, Contrats civils et commerciaux, 8 ème éd., Paris 2007, no 197. 292 Voinot, LPA 27 mars 2008 n o 63; Dutilleul/Delebecque, no 197; Bénabent, Les contrats spéciaux, no 259. 293 C.Cass.com. 5 mars 2002, Bull. civ. IV, no 48; Voinot, LPA 27 mars 2008 no 63. 294 Storp, Eigentumsvorbehalt und Aussonderungsverfahren nach der Reform des französischen Insolvenzrechts, RIW 1996, 464, 465. 295 So schon die vorhergehende Rechtsprechung: vgl. C.Cass.com. 5 mars 1996: Bull. civ. IV, no 72. 296 Ancel, no 482.

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führt zur Auflösung des Vertrags297. Art. 1749 al. 1 CCQ verweist für die Rücknahme auf die Vorschriften zur Ausübung der Rechte des Hypothekars. Die alte Fassung der Norm hatte die Rücknahme der Sache als Inzahlungnahme (Art. 2778-2783 CCQ) gewertet298. Das ist nun nicht mehr der Fall. Z.T. wird deshalb angenommen, dass der Verweis nicht nur die Durchführung der Rücknahme an sich betreffe, sondern auch alle einem Hypothekar zustehenden Verwertungsmöglichkeiten einbeziehe299. Wenn man von einem umfänglichen Verweis auf die Rechte des Hypothekars ausginge, hätte der Eigentumsvorbehaltsverkäufer folgende Rechte: Er könnte die Sache zwecks Verwaltung in Besitz nehmen (Art. 2773 CCQ), in Zahlung nehmen (Art. 2778 CCQ) oder privat (Art. 2784 CCQ) bzw. durch eine gerichtlich bestellte Person veräussern lassen (Art. 2791 CCQ). Bei der Inbesitznahme ist Folgendes zu beachten: Eine Androhung ist in das Register einzutragen und gleichzeitig dem Schuldner und gegebenenfalls beteiligten Dritten mitzuteilen (Art. 2757 al. 2 CCQ), worauf 20 Tage verstreichen zu lassen sind (Art. 2758 al. 2 CCQ). Falls der Schuldner schon die Hälfte des Kaufpreises gezahlt hat, ist die gerichtliche Zustimmung zur Inbesitznahme erforderlich (Art. 2778 CCQ). Bis zur effektiven Inbesitznahme durch den Gläubiger kann der Schuldner und jeder interessierte Dritte durch Zahlung jederzeit die weitere Verwertung verhindern (Art. 2761 CCQ)300. Weiterhin kann der Schuldner den Gläubiger u.U. auch zum Verkauf zwingen (Art. 2779 CCQ). Im Fall des Verbrauchervertrags finden dagegen allein die Regeln der Loi sur la protection du consommateur (LPC) Anwendung. Danach ist die Inbesitznahme gegenüber dem Käufer anzudrohen (Art. 139 LPC und Annexe 6). Wenn der Käufer bereits die Hälfte des Preises gezahlt hat, ist ebenfalls die Erlaubnis des Gerichts für die Inbesitznahme erforderlich (Art. 142, 144 LPC)301.

297

Payette, no 2073. S. Payette, no 2077; die Rechte des Vorbehaltsvorkäufers waren deshalb bei der Rücknahme auf die Rechte des Hypothekars bei der Inzahlungnahme beschränkt. 299 Dafür z.B. Case Crédit ltée. (Proposition de), [2005] R.J.Q. 19 (C.A.); Jobin/ Cumyn, no 272; Daoust/Deslauriers [et al.], obligations, p. 211; a.A. allerdings kanadischer Supreme Court in Ouellet (Syndic de) [2004] R.C.S. 348; Payette, nos 2108 ss, mit dem Argument, dass der umfängliche Verweis einer Gleichstellung des Eigentumsvorbehalts mit der Hypothek gleichkomme. Dieses Ergebnis (présomption d’hypothèque) habe der Gesetzgeber durch die Fassung des Kreditsicherungsrechts von 1994 aber gerade abgelehnt; so wohl auch Lamontagne/Larochelle, no 390. 300 Jobin/Cumyn, no 275. 301 S. zu den Regeln des Verbraucherrechts Jobin/Cumyn, nos 277–279; Daoust/ Deslauriers [et al.], obligations, p. 214. 298

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(vii) Stellung des Vorbehaltsverkäufers in der Insolvenz des Schuldners (1) Deutschland. – Grundsätzlich gewährt das deutsche Insolvenzrecht dem Vorbehaltsverkäufer im Hinblick auf das ihm zustehende Eigentum ein Aussonderungsrecht an der Vorbehaltssache (§ 47 InsO). Die Sache fällt damit grundsätzlich nicht in die Insolvenzmasse. Der mit dem Eigentumsvorbehalt im Zusammenhang stehende Ratenkaufvertrag ist allerdings ein noch nicht vollständig erfüllter Vertrag i.S.v. § 103 Abs. 1 InsO. Der Insolvenzverwalter kann sich entscheiden, ob er den Vertrag fortsetzen und Erfüllung verlangen will. Für diese Entscheidung kann er sich bis zu 3 Monate ab Eröffnungsbeschluss des Insolvenzverfahrens Zeit lassen (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Deshalb führt das grundsätzlich bestehende Aussonderungsrecht nicht dazu, dass der Verkäufer die Sache sofort aus der Masse nehmen kann302. Das Aussonderungsrecht besteht dann nicht mehr, wenn die Vorbehaltssache bereits bezahlt worden ist, aufgrund einer Kontokorrentvereinbarung das Eigentum aber noch nicht auf den Käufer übergegangen ist. Da in diesem Fall der Eigentumsvorbehalt der Sicherung von Forderungen dient, die mit dem ursprünglichen Kaufpreisanspruch nichts mehr zu tun haben, besteht – wie beim Sicherungseigentum – nur ein Absonderungsrecht nach § 51 Nr. 1 InsO303. (2) Schweiz. – Sofern der schweizerische Eigentumsvorbehalt ordentlich – d.h. mit Registereintrag – bestellt wurde, kann der Verkäufer in der Insolvenz des Käufers die Kaufsache aussondern (Art. 197, 211 Abs. 3, 242 Abs. 1 und 2 SchKG)304. Voraussetzung ist, dass er vom Kaufvertrag zurückgetreten ist. Wie in Deutschland kann der Konkursverwalter allerdings in den Kaufvertrag eintreten, vgl. Art. 211 Abs. 2 SchKG305. Der Verkäufer muss warten, bis der Konkursverwalter dazu eine Entscheidung getroffen hat306. Problematisch ist, dass es keine Frist gibt, innerhalb derer ein vereinbarter Eigentumsvorbehalt registriert werden muss. Häufig lassen Vorbehaltsverkäufer den Eigentumsvorbehalt deshalb erst in der Krise des Käufers eintragen. Wenn die Eintragung erst nach Konkurseröffnung erfolgt, was nicht ausgeschlossen ist, stellt sich das Problem der Konkurrenz mit anderen Gläubigern. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts307 fällt der betreffende Gegenstand in die Konkursmasse. Zum Zeitpunkt der Kon302

Weber, 208; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 824. Weber, 211; Wilhelm, Rn. 2459; Drobnig, Empfehlen sich gesetzliche Maßnahmen?, F 51. 304 S.a. Graham-Siegentahler, 38 m.w.N. 305 Zum Eintrittsrecht des Konkursverwalters s.a. BGE 73 III 179; ZK-Haab/Scherrer, Art. 715/716 ZGB Rn. 102 und Graham-Siegenthaler, 38 m.w.N. 306 ZK-Haab/Scherrer, Art. 715/716 ZGB Rn. 102. 307 BGE 93 III 108; 96 II 171; vgl. auch Wiegand, Eigentumsvorbehalt, 90. 303

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kurseröffnung, der für den Umfang der Masse massgeblich ist (Art. 197 Abs. 1 SchKG), steht der übereignete Gegenstand nämlich noch im (auf die Eintragung hin) auflösend bedingten Eigentum des Käufers. Gegenstände, die in die Masse fallen, sollen dem „Konkursbeschlag auch nicht durch einseitige Handlungen Dritter entzogen werden können“308. (3) Frankreich. – Im französischen Konkursrecht kann der Verkäufer die Sache, an der er sich das Eigentum vorbehalten hat, ebenfalls aussondern. Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein: Die Sache muss als solche unverändert in der Masse vorhanden sein (Art. L.624-16 al. 2 C.com.). Die Möglichkeit der Heraustrennbarkeit der Sache gilt auch hier (Art. L.624-16 al. 3 C.com.)309. Der Verkäufer muss sein Herausgabeverlangen (revendication) grundsätzlich innerhalb einer Frist von 3 Monaten nach Eröffnung des Konkursverfahrens310 anmelden (Art. L.626-9 al. 1 C.com.). Eine Ausnahme von dem Erfordernis der Anerkennung gilt dann, wenn der Vorbehaltsverkäufer von der Möglichkeit der freiwilligen Publizität Gebrauch gemacht hat (Art. L.624-10 C.com.)311. In diesem Fall kann er die Sache in vereinfachter Form herausverlangen (réclamer la restitution)312. Wie im deutschen und im schweizerischen Recht hat der Masseverwalter (juge commissaire) das Recht, in den Vertrag einzutreten. Allerdings muss er im französischen Recht den Kaufpreis sofort zahlen, wenn er die Erfüllung wählt. Er kann nur dann abwarten, wenn der Vorbehaltsverkäufer dem zustimmt (Art. L.624-16 al. 4 C.com)313. (4) Québec. – Der Eigentumsvorbehalt im Recht der Provinz Québec ist grundsätzlich auch im Konkurs effektiv, da die Sache vor Übergang des Eigentums auf den Schuldner nicht Teil dessen Vermögens wird314. Problematisch war die Frage, ob auch ein nicht eingetragener Eigentumsvorbehalt dem Gläubiger im Konkurs des Schuldners Schutz gewährt. Gemäss Art. 1749 al. 2 CCQ kann der Verkäufer, wenn kein Eintrag gegeben ist, die Sache nur vom Käufer selbst herausverlangen. Ursprünglich wurde die Frage mit der Stellung des Konkursverwalters verknüpft. Da er

308

BGE 93 III 109. Vgl. dazu Spellenberg, ZfRV 1994, 105, 112. 310 Im Normalfall handelt es sich um das Verfahren der sauvegarde (Art. L.620-1 ss C.com.), das dem eigentlichen Konkursverfahren (redressement judiciaire oder liquidation judiciaire) vorangeht. 311 In Bezug auf das Mittel der Publizität vgl. Art. R.313-5 C.mon.fin. und Storp, RIW 1996, 464, 467. 312 Vgl. dazu C.Cass.com. 21 novembre 1995, D. 1996, p. 211, 214, note RegnautMoutier; Ancel, no 479. 313 Vgl. Ancel, no 479; Spellenberg, ZfRV 1994, 105, 111. 314 Jobin/Cumyn, nos 261, 266. 309

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

– entgegen einer ursprünglichen Sichtweise315 – nicht als Dritter, sondern als Vertreter des Käufers angesehen wurde, sollte der Verkäufer die Sache mithin auch bei nicht vorgenommener Eintragung herausverlangen dürfen316. Das kanadische Harmonisierungsgesetz vom 10.5.2001317 änderte die Rechtslage: Seither gilt der Eigentumsvorbehaltsverkäufer als gesicherter Gläubiger (und nicht als Eigentümer) i.S.d. föderalen Konkursgesetzes318. Das hat zur Folge, dass das Gesetz den Übergang des Eigentums auf den Käufer und die Bestellung einer Sicherheit an fremder Sache zugunsten des Verkäufers fingiert319. In der Konsequenz wird das Recht des Verkäufers nun durch den Rang der Hypothek bestimmt (s. ebenfalls Definition secured creditor des Art. 2 des Bankruptcy and Insolvency Act.). Damit ergibt sich der Rang des Eigentumsvorbehalts doch aus dem Zeitpunkt seiner Eintragung (s. Art. 2945 CCQ) und die tatsächliche Eintragung des Eigentumsvorbehalts ist notwendig für die Wirksamkeit im Konkurs320. Das Recht des Konkursverwalters (trustee), den ausstehenden Betrag zu zahlen und damit die Herausnahme der Sache zu verhindern, besteht auch nach kanadischem Recht (Art. 81.1 (11) (d) Bankruptcy and Insolvency Act). Auf in Verbraucherverträgen vereinbarte Eigentumsvorbehalte findet dagegen die neue Definition des gesicherten Gläubigers keine Anwendung. Hier bleibt es dabei, dass der Verkäufer die Sache auch bei unterlassener Registereintragung herausverlangen kann321. (viii) Anmerkung zur Rechtsnatur des Eigentumsvorbehalts (1) Deutschland. – Der Eigentumsvorbehalt nach deutschem Recht ist kein akzessorisches Recht. Die Abtretung der Kaufpreisforderung (§ 433 Abs. 2 BGB) führt nicht zum Übergang des Eigentumsvorbehalts auf den Zessio-

315

Vgl. z.B. die Cour d’Appel der Provinz Québec in Mervis (Faillite de), [2002] R.J.Q. 2268. 316 So die Entscheidung Ouellet, (Syndic de) [2004] 3 R.C.S. 348 des kanadischen Supreme Court; Jobin/Cumyn, no 266; Daoust/Deslauriers [et al.], obligations, p. 209. 317 Ausführlicher Titel des Gesetzes: Loi no 1 visant à harmoniser le droit fédéral avec le droit civil de la province de Québec et modifiant certaines lois pour que chaque version linguistique tienne compte du droit civil et de la common law. 318 S. die Definition von secured creditor in Art. 2 des Bankruptcy and Insolvency Act. 319 Scheinbar kritisch dazu Jobin/Cumyn, no 266; s.a. Payette, no 1998. Die Lösung führt zu einer faktischen Übereinstimmung mit der Behandlung der Eigentumssicherheiten durch Article 9 UCC und die kanadischen PPSAs. 320 Jobin/Cumyn, no 266. 321 Jobin/Cumyn, no 266; Daoust/Deslauriers [et al.], obligations, p. 209.

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nar (auch nicht in analoger Anwendung des § 401 BGB)322. Jedoch kann der Vorbehaltsverkäufer – wenn nicht eine anderslautende Vereinbarung mit dem Sicherungsgeber entgegensteht – schuldrechtlich zur Übertragung des Vorbehaltseigentums an den Zessionar verpflichtet sein323. Der Vorbehaltsverkäufer ist durch den Zweck der aufschiebend bedingten Einigung angehalten, jedes Verhalten zu unterlassen, das den Eigentumserwerb des Vorbehaltskäufers verhindern könnte; den Käufer treffen Obhutspflichten324. Diese Pflichtenlage wird als Treuhandverhältnis bezeichnet325. (2) Schweiz. – Nach herrschender Rechtsprechung und Literatur gilt der Eigentumsvorbehalt im schweizerischen Recht dagegen als akzessorisches Nebenrecht zur Kaufpreisforderung326. Begründet wird das damit, dass der Vorbehalt „integraler Bestandteil“ des Kaufvertrags sei. Die Rechte des Verkäufers im Rahmen der Verwertung, wie auch die Pflichten des Käufers seien durch die Vereinbarung des Vorbehalts stark beeinflusst327. Das hat zur Folge, dass bei Erlöschen der gesicherten Forderung auch der Eigentumsvorbehalt entfällt (Art. 114 Abs. 1 OR)328. Die Abtretung der Forderung führt zum Übergang des Eigentumsvorbehalts auf den Zessionar nach § 170 Abs. 1 OR. (3) Frankreich. – Die Frage nach der Akzessorietät wurde in Frankreich als abhängig von der Beantwortung der Frage gesehen, ob der Eigentumsvorbehalt als eine echte Kreditsicherheit (sûreté) anzuerkennen sei oder nicht329. Seitdem die Vorschriften zum Eigentumsvorbehalt jedoch beim Untertitel „Über die Mobiliarsicherheiten“ (Des sûretés sur les meubles) des Code civil in seiner aktuellen Fassung zu finden sind, ist die Diskussion beendet330. Schon vorher hatte die Cour de Cassation den Eigentumsvorbehalt ausdrücklich als Sicherheit bezeichnet331. Spätestens mit dem expliziten Hinweis auf die Akzessorietät des Eigentumsvorbehalts in Art. 2367 al. 2 C.civ. hat sich nun jede Diskussion darüber erübrigt. Indem sie den Eigentumsvorbehalt als akzessorisches Recht ausgestaltet, bestätigt die Reform die vorhergehende Rechtsprechung der Cour de Cassation, die bereits im Jahr 1988 die Übertragbarkeit des Eigentumsvorbehalts als Ne322

Weber, 193; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 768. Palandt/Grüneberg, § 401 Rn. 5; BGH NJW 1964, 1788, 1790 zur Pflicht des Gläubigers, das ihm zustehende Vorbehaltseigentum auf den Bürgen zu übertragen. 324 MünchKommBGB/Westermann, § 449 Rn. 27. 325 S. Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 727a m.w.N. 326 BGE 46 II 47; 77 II 133; 95 IV 6; ZK-Haab/Scherrer, Art. 715/716 ZGB Rn. 84; Steinauer, II, no 2034. 327 BGE 46 II 47. 328 Steinauer, II, no 2034. 329 Ancel, no 465; Voinot, LPA 27 mars 2008 no 63; Capitant/Terré/Lequette, no 5. 330 Ancel, no 465. 331 Vgl. z.B. C.Cass.com. 23 janvier 2001, Bull. civ. IV, no 23. 323

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benrecht zu einer Forderung bejaht hatte332. Bei Zahlung der Kaufpreisschuld durch einen Dritten geht die Forderung auf diesen über (Art. 1250 al. 1 C.civ.) und damit auch der Eigentumsvorbehalt als Nebenrecht333. (4) Québec. – In Québec wird die Akzessorietät der Hypothek im Gesetz ausdrücklich erwähnt (Art. 2661 CCQ). Die Vorschriften zum Eigentumsvorbehalt enthalten eine solche Feststellung zwar nicht, allerdings wird auch hier von der Akzessorietät ausgegangen334. Damit führt die Abtretung der Kaufpreisforderung zum Übergang des Eigentums an den Zessionar (Art. 1638 CCQ)335. b.

Das Finanzierungsleasing

In einigen Rechten hat die Einordnung eines Vertrags als Finanzierungsleasing insofern Folgen, als rechtliche Regelungen – insbesondere in Bezug auf Publizität – angewandt werden, wie sie in diesen Rechten auch für Kreditsicherheiten einschlägig sein können336. Des Weiteren kann die Einordnung auch bankenaufsichtsrechtliche Konsequenzen haben337. Die Unterwerfung des Finanzierungsleasing unter ein Publizitätserfordernis – praktisch geht es dabei um die Registerpublizität – gewinnt international immer mehr an Bedeutung338. Da das Eigentum die Ansprüche des Leasinggebers gegen den Leasingnehmer sichert und dem Leasinggeber in der Insolvenz des Leasingnehmers ein Aussonderungsrecht gewähren kann, wird auch in Rechtsordnungen, die kein Publizitätserfordernis für das Finanzierungsleasing vorsehen, über Konsequenzen aus der kreditsicherungsrechtlichen Seite nachgedacht339.

332

C.Cass.com. 15 mars 1988 Bull. civ. IV, n o 106, RTD com. 1988 p. 791 ss, note Bandrac; C.Cass.com. 11 juillet 1988 Bull. civ. IV, no 241. 333 Capitant/Terré/Lequette, no 5, 6; C.Cass.com. 15 mars 1988, RIW 1989, 66; RTD com. 1988 p. 791 ss, note Bandrac. 334 Payette, no 2002. 335 Payette, no 2002. 336 S. dazu z.B. die Unterwerfung des financial leasing unter die Regelungen für retention of ownership devices beim DCFR 2009. 337 S. z.B. § 1 Abs. 1a Nr. 10 KWG i.V.m. § 32 KWG (deutsches Kreditwesengesetz) und Henneberger, Kreditwesen 2010, 795. 338 S. Art. IX.-1:103 (2) DCFR und die Behandlung des Leasing durch den UNCITRAL Legislative Guide, s.a. den Text zum US-amerikanischen UCC, dem französischen Recht und dem Recht der Provinz Québec; vgl. des Weiteren auch Henneberger, Kreditwesen 2010, 798. 339 S. z.B. Hanisch, Finanzierungs-Leasing, 183, der das Finanzierungsleasing als „klandestines dingliches Sicherungsrecht“ bezeichnet; Girsberger, Finanzierungsleasing, 7; Mlakar, 2; Aeschlimann/Foëx, p. 22.

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(i) Deutschland. – Das Leasing spielt in Deutschland eine bedeutende Rolle, v.a. im Bereich der Mobilien, besonders der Fahrzeuge340. Auf seiner Internetseite341 präsentiert der Bundesverband deutscher LeasingUnternehmen die Marktzahlen für das Jahr 2008. Danach lag der Anteil von Leasing an den aussenfinanzierten Investitionen 2011 bei rund 51 %. Der Anteil des Leasing an den gesamtwirtschaftlichen Investitionen lag bei 21 %342. Das Leasing beweglicher Sachen unterliegt keiner Publizitätspflicht. (ii) Schweiz. – Das schweizerische Kreditsicherungsrecht zeichnet sich besonders durch die strikte Durchsetzung des Faustpfandprinzips aus (Art. 717 Abs. 1, 884 Abs. 3 ZGB). Ein besitzloses Kreditsicherungsmittel gibt es – mit Ausnahme des unpraktischen Eigentumsvorbehalts – nicht. Das Finanzierungsleasing hat eine herausragende Bedeutung, da es wirtschaftlich die Konstellation eines besitzlosen Pfandrechts ermöglicht343. Ein Publizitätserfordernis gibt es nicht. Das strikte Faustpfandprinzip soll deshalb nicht einschlägig sein, weil – anders als Art. 717 Abs. 1 ZGB es erfordert – beim Finanzierungsleasing der Veräusserer nicht im Besitz der Sache verbleibt344. Auch das für den Eigentumsvorbehalt geltende Registrierungserfordernis (Art. 715 Abs. 1 ZGB) soll auf das Finanzierungsleasing nicht anwendbar sein, da sich das Leasing auf Gebrauchsüberlassung richte345. Tatsächlich hat das Bundesgericht anerkannt, dass der Leasinggeber die Leasingsache – ohne Publizitätserfordernis – im Konkurs des Leasingnehmers aussondern kann346. Das sale and lease back-Verfahren wird dagegen wegen des Verstosses gegen das Verbot der Mobiliarhypothek als unwirksam angesehen347. Das Leasing ist in der Schweiz ein sehr 340

S. mit einigen konkreten Nachweisen Staudinger/Stoffels (2009) Leasing Rn. 5

und 6. 341

. S. die Seite „Zahlen und Fakten“. 343 Aeschlimann/Foëx, p. 22; das „Unterlaufen“ des Publizitätsgebots wird zuweilen als problematisch angesehen, vgl. BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1713 und Girsberger, Finanzierungsleasing, 7 f. m.w.N. 344 Veräusserer ist der Hersteller und nicht der Leasinggeber. S. dazu Hanisch, Finanzierungs-Leasing, 183. 345 Die Frage, ob beim Finanzierungsleasing eine Registrierung stattzufinden hat, ist aber in der Lehre nach wie vor umstritten. Sie hängt von der rechtlichen Wertung ab, denn nur wenn die Veräusserungsabsicht überwiegt, finden die Vorschriften über den Eigentumsvorbehalt Anwendung, vgl. m.w.N. BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1713. S. für die h.M. (welche die Anwendung von Art. 715 Abs. 1 ZGB ablehnt) Honsell, Das Aussonderungsrecht, SJZ 95 (1999), 22; für die Gegenansicht (welche das Erfordernis der Eintragung bejaht) Hausheer, Finanzierungs-Leasing beweglicher Investitionsgüter, ZBJV 106 (1970) 209, 225 ff. 346 BGE 118 II 157. 347 Bucher, 122; Mlakar, 5. 342

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

bedeutsames Finanzierungsmittel. Der Schweizerische Leasingverband hat in seinem Geschäftsbericht für das Jahr 2010 ein durch seine Mitglieder abgeschlossenes Vertragsvolumen von 25 Mrd. Franken angegeben348. Für das Jahr 2005 lag das Volumen noch bei 17,3 Mrd. Franken. (iii) Frankreich. – Das Leasing, genannt crédit-bail, ist in Frankreich ebenfalls ein weit verbreitetes und „erfolgreiches“349 Finanzierungsmodell. Im Unterschied zum Eigentumsvorbehalt sieht das Gesetz für die Fälle des Leasings eine obligatorische Registerpublizität vor (Art. L.313-10 C.mon.fin.). Wenn der Leasinggeber die Eintragung beim zuständigen Tribunal de Commerce (Art. R.313-4 C.mon.fin.) unterlässt, kann er sich gegenüber anderen Gläubigern des Leasingnehmers und v.a. im Konkurs des Leasingnehmers nicht auf sein Eigentum berufen, es sei denn, er kann den Beweis führen, dass die anderen Gläubiger Kenntnis von der Eigentumslage hatten350. Unter den genannten Voraussetzungen steht auch dem sale and lease back – Verfahren, dessen starker Charakter als Eigentumssicherheit anerkannt ist351, kein Wirksamkeitshindernis entgegen. (iv) Québec. – Das Leasinggeschäft ist im Code civil québécois in den Art. 1842-1850 geregelt. Art. 1842 al. 3 CCQ beschränkt den Anwendungsbereich des Geschäfts sehr stark, indem er festlegt, dass das Leasing nur innerhalb von Aktivitäten im Rahmen der Ausübung eines Gewerbes angewandt werden kann. Art. 1847 al. 1 CCQ macht für die Drittwirksamkeit des Eigentums des Leasinggebers die Registereintragung erforderlich. Für den Fall der mangelnden Eintragung gilt den Gläubigern des Leasingnehmers gegenüber dieser als Eigentümer der Leasingsache352. Obwohl das Leasing viele Aspekte eines Kreditsicherungsmittels aufweist353, verweist der Code civil québécois doch im Unterschied zu den Kreditsicherheiten für die Verwertung nicht auf die Rechte aus der Hypothek. 2.

Situation des Geldkreditgebers

Geldkreditgeber haben ebenfalls mehr als eine Möglichkeit, auf das Eigentum an einer Sache zwecks Sicherung ihres Rückzahlungsanspruchs zurückzugreifen354. Z.B. kann der Schuldner sein Eigentum an der Sache für 348 ; der Geschäftsbericht steht zum Download auf der Seite bereit (dort S. 10). Laut Angabe des Verbands machen die durch Mitglieder getätigten Geschäfte 80–90 % des Leasingmarkts aus. 349 Bénabent, Les contrats spéciaux, no 1260; Malaurie/Aynès/Gautier, no 811; s. zum Leasing in Frankreich auch Dutilleul/Delebecque, no 833; Piedelièvre, Droit des sûretés, Paris 2008, nos 371 sv.; Ancel, no 463. 350 Malaurie/Aynès/Gautier, no 816; Storp, RIW 1996, p. 464, 467. 351 Malaurie/Aynès/Gautier, no 823. 352 Payette, no 2133. 353 Payette, no 2132, 2135. 354 S. die Typologie zu den Eigentumssicherheiten oben A. I. 2. b.

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den Sicherungszeitraum auf den Gläubiger übertragen, wobei dieser sich zur Rückübertragung nach Wegfall des Sicherungsbedürfnisses verpflichtet (typische Situation der Sicherungsübereignung). Zum anderen ist eine Vereinbarung vorstellbar, nach der ein Sondervermögen geschaffen wird, aus dem sich der Gläubiger gegebenenfalls befriedigen kann (Situation des trust oder der fiducie). a. Die sicherungsweise Übertragung von Sachen auf den Gläubiger oder in ein Sondervermögen (i) Bedeutung (1) Deutschland. – Das vom Gesetz vorgesehene typische Sicherungsmittel für bewegliche Sachen im deutschen Recht ist das Pfandrecht (§§ 1204 ff. BGB). Dieses ist als Besitzpfand ausgestattet. Ohne Aufgabe seines unmittelbaren Besitzes kann der Schuldner ein Pfandrecht zugunsten seines Gläubigers nicht bestellen (§ 1205 Abs. 1 BGB). Die Verankerung dieses Grundsatzes im Gesetz entspricht aber nicht dem Bedürfnis vieler potentieller Kreditschuldner, ihre beweglichen Vermögensgegenstände weiter im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeiten nutzen zu können. Die starke Nutzung des Eigentums an Mobilien zur Sicherung von Forderungen ist zum grossen Teil auf diesen Umstand zurückzuführen355; die allgemeinen Eigentumsvorschriften ermöglichen nämlich im Unterschied zu den Pfandrechtsvorschriften die Übertragung mittels Besitzkonstitut (§ 930 BGB). In einer Entscheidung aus dem Jahre 1904 hatte das Reichsgericht356 die Sicherungsübereignung gutgeheissen, indem es deutlich aussprach, dass es keinen Anhaltspunkt dafür gebe, dass der Gesetzgeber durch seine Regelung des Faustpfands jede andere Form pfandrechtlicher Sicherung ausschliessen wollte357. Auf die funktionelle Nähe des Sicherungseigentums zum Pfandrecht war das Reichsgericht schon in einer Entscheidung aus dem Jahr 1889 eingegangen, in dem es die Wirkungen der Sicherungsübereignung im Schuldnerkonkurs mit denen des Pfandrechts gleichstellte358. In einer Entscheidung aus dem Jahre 1899 begründete das Reichsgericht dieses Ergebnis erstmals mit dem Argument des treuhände-

355 Weber, 164; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1277; kritisch gegenüber dem deutschen Sicherungseigentum Wiegand, Fiduziarische Sicherungsgeschäfte, ZBJV 116 (1980), 554. 356 RGZ 59, 146, 148. 357 Vgl. auch Hromadka, Die Entwicklung, 176, zu den widersprüchlichen Argumentationen des BGB-Gesetzgebers, der auf der einen Seite die Mobiliarhypothek für unzulässig erklärt und auf der anderen Seite die Übereignung mittels Besitzkonstitut mit dem umgekehrten Argument für zulässig erklärt. 358 RGZ 24, 45, 48.

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

rischen Charakters der Sicherungsübereignung359. Es argumentierte auch, dass der Sicherungsgegenstand dem Sicherungsnehmer „zwar formell und juristisch, aber nicht materiell und wirtschaftlich“360 gehöre. In der heutigen deutschen Rechtswirklichkeit ist die Sicherungsübereignung das typische Kreditsicherungsmittel der Geldkreditgeber an beweglichen Sachen i.S.d. § 90 BGB. Die massenhafte Verwendung des Sicherungseigentums hat auf der anderen Seite zur Bedeutungslosigkeit des Pfandrechts als Sicherungsmittel an beweglichen Sachen geführt361. Kritisiert wird besonders die Sonderrolle, die die skizzierte Rechtsprechung dem Sicherungseigentum zumisst. Die praktische Anerkennung eines „wirtschaftlichen“ Eigentums relativiere dogmatische Grundprinzipien des BGB, wie die Unteilbarkeit des Eigentums oder des numerus clausus der Sachenrechte; der einheitliche Eigentumsbegriff werde praktisch aufgegeben362. Weiterhin wird dem Sicherungseigentum vorgeworfen, dass es dem Sicherungsnehmer mehr Rechtsmacht gebe, als dieser benötige, um seine Sicherungsinteressen zu verfolgen363. (2) Schweiz. – In der Schweiz ist die Sicherungsübereignung ebenfalls als wirksam anerkannt364. Im Unterschied zum deutschen Recht ist die praktische Bedeutung des Sicherungseigentums als Kreditsicherungsmittel im schweizerischen Recht eingeschränkt. Wie zu zeigen sein wird, liegt das v.a. daran, dass die besitzlose Bestellung nicht drittwirksam sein kann. Die Besitzübertragung widerspricht aber häufig den Interessen des Kreditnehmers, da er den betreffenden Gegenstand meist selbst für seine unternehmerischen Zwecke benötigt365. Dass der Sicherungseigentümer bei der besitzlosen Bestellung in den kritischen Fällen (Insolvenz des Sicherungsgebers, Vollstreckung in dessen Vermögen) sein Recht nicht gegenüber jedermann durchsetzen kann, nimmt dem Sicherungseigentum den eigentlichen Wert als Sicherungsmittel366. Die Bedingung des unmittelbaren Besitzverlusts auf der Seite des Sicherungsgebers hält die tatsächliche Verwendung des Sicherungseigentums daher in der Schweiz auf einem im 359

RGZ 45, 80, 85 f.; s. zum Begründungsgang der Rechtsprechung bes. Gaul, Neuere „Verdinglichungs“-Tendenzen zur Rechtsstellung des Sicherungsgebers bei der Sicherungsübereignung, in: Huber/Jayme (Hrsg.), Festschrift für Rolf Serik zum 70. Geburtstag, Heidelberg 1992, 114 ff. 360 RGZ 45, 80, 85. 361 Vgl. nur Palandt/Bassenge, Einf v § 1204 Rn. 1. 362 Staudinger/Wiegand (2004) Anh zu §§ 929 ff. Rn. 9, 21; s.a. Gaul, 105. 363 Hromadka, Sicherungsübereignung, JuS 1980, 89, 90. 364 Vgl. z.B. die Entscheidungen des Bundesgerichts: BGE 72 II 240; 97 IV 215; 119 II 328. 365 Foëx, Propositions, p. 302; Altorfer, 211. 366 So eindeutig Aeschlimann/Foëx, p. 24.

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Vergleich zum deutschen Recht niedrigeren Niveau367; als Mittel zur Umgehung des Faustpfands bietet es sich nicht an368. Das heisst aber nicht, dass das gesetzeskonform bestellte und mithin drittwirksame Sicherungseigentum keine Verwendung finden würde. Die Parteien eines Sicherungsgeschäfts greifen auf die Sicherungsübereignung zurück, um bestimmte Sonderinteressen zu befriedigen369. Die Anwendungsfälle der Sicherungsübereignung in der Schweiz sind v.a. im Kreditgeschäft der Banken die Sicherungsübereignung von Wertpapieren, die Sicherungsübereignung von eingelagerten Waren an die Bank370 und die Sicherungsübereignung von Schuldbriefen371. Das Bedürfnis nach besitzlosen Sicherheiten wird im schweizerischen Rechtsverkehr nicht durch die Sicherungsübereignung, sondern auf anderem Wege befriedigt: Oft wird auf das Finanzierungsleasing zurückgegriffen (leasing financier/crédit-bail). Der Leasingnehmer erhält den unmittelbaren Besitz; der Leasinggeber bleibt Eigentümer. Das Bundesgericht hat für den Fall der Insolvenz des Leasingnehmers die Rechte des Leasinggebers an der Sache bestätigt372. Im Übrigen spielt die Forderungszession eine wichtige Rolle, und auch der Eigentumsvorbehalt ist nicht zu vernachlässigen (s.o.)373, wenngleich er auch aufgrund des Registrierungserfordernisses eine geringere Rolle spielt als in Deutschland. Das schweizerische Recht besteht auf dem vollen Rechtserwerb des Sicherungseigentümers. Im Unterschied zum deutschen Recht374 wird jede

367

De Gottrau, Transfert de propriété et cession à fin de garantie: principes, et application dans le domaine bancaire; in: Iynedjian, Nicolas (édt.), Sûretés et garanties bancaires, exposés présentés lors de la Journée d'étude organisée par le Centre du droit de l'entreprise le 14 septembre 1995 à l'Université de Lausanne, Lausanne 1997, p. 173, 178; BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1494. 368 Darauf weist Foëx, Propositions, p. 302, hin. 369 Steinauer, III, no 3047a, spricht sogar von einer „relativ häufigen“ Nutzung; er verweist z.B. auf das Interesse an der freihändigen Verwertung oder auf das Sonderinteresse von Lagerhaltern, die es vorziehen, mit Eigentümern anstatt mit Inhabern von Pfandrechten in Rechtsbeziehungen zu treten; vgl. dazu auch ZK-Oftinger/Bär, Syst. Teil, Rn. 257. 370 ZK-Oftinger/Bär, Syst. Teil, Rn. 257; BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1497. 371 De Gottrau, Transfert de propriété, p. 196; Graham-Siegenthaler, 21, Fn. 59 m.w.N. 372 BGE 118 II 157; siehe auch Aeschlimann/Foëx, p. 22. 373 Foëx, Sûretés mobilières: un si long silence (Variations sur un air de cha-cha-cha); in: Le législateur et le droit privé, Genève 2006, p. 91. 374 S.o. RGZ 45, 80, 85; diese Unterscheidung wird allerdings auch in der deutschen Literatur kritisiert, s.o. (2. a. aa.).

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Andeutung einer Unterscheidung zwischen wirtschaftlichem und formellem Eigentum abgelehnt375. (3) Frankreich. – Die französische Rechtsprechung vor der Reform von 2006 sah die Sicherungsübereignung – die als besitzloses Sicherungsrecht diskutiert wird376 – jeweils als unwirksam an. Dabei hat sie die Unwirksamkeit insbesondere aus der Gegenüberstellung mit den Regeln zum Pfandrecht hergeleitet. Ablehnende Entscheide betreffen häufig im Ausland begründete Eigentumssicherheiten, die aufgrund des Verstosses gegen den ordre public als in Frankreich unwirksam angesehen wurden377. Mit diesem Argument hat die französische Rechtsprechung insbesondere Eigentumsvorbehalten mit dem Hinweis auf die fehlende Publizität die Wirksamkeit in Frankreich versagt378. Andere Gründe der Unwirksamkeit von Eigentumssicherheiten wurden im Verstoss gegen das Verbot der Vereinbarung einer Verfallklausel (pacte commissoire) oder gegen das Verbot der Vereinbarung des freihändigen Verkaufs (clause de voie parée) gesehen379. Vor dem Hintergrund der grundlegenden Änderungen durch die Reform des Rechts der Kreditsicherheiten ist es fraglich, ob die Cour des Cassation ihre Ablehnung noch weiterhin aufrecht erhalten wird. Die Verfallklausel wird im Rahmen des Pfandrechts jetzt ausdrücklich zugelassen (Art. 2348 al. 1 C.civ.). Allerdings wird im Rahmen der Verwertung des Pfands für den Schuldnerschutz gesorgt, indem ein unabhängiger Experte die Pfandsache bewerten muss und der eventuelle Wertüberschuss an den Schuldner herauszugeben ist (al. 2, 3)380. Der freihändige Verkauf ist weiterhin keine zugelassene Option (Art. 2346 C.civ.)381. Dagegen kann das Pfand jetzt besitzlos bestellt werden; die notwendige Publizität wird mittels Registereintragung erreicht (Art. 2337 C.civ.)382. Zumindest soweit, als in Frankreich begründete Eigentumssicherheiten betroffen sind, kann die Frage nach einer Änderung der Rechtsprechung wegen der Einführung der fiducie in das französische Recht möglicherweise dahinstehen. Z.T. 375 So eindeutig die Rechtsprechung: BGE 39 II 810, 43 III 346; s.a. BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1360; ZK-Oftinger/Bär, Syst. Teil, Rn. 240. 376 Graham-Siegenthaler, 302. 377 Vgl. dazu den Überblick von Reich, Das stille Pfandrecht der Niederlande; Ziel oder bloßer Schritt auf dem Weg zur Reformierung der deutschen Sicherungsübereignung?, Göttingen 2006, 58. 378 Vgl. z.B. Trib.civ. Strasbourg 19 juin 1957, Rev.cr.d.i.p. 1959, 95; C.Cass.civ. I, 3 mai 1973, Rev.cr.d.i.p. 1974, 100, note Mezger; Graham-Siegenthaler, 304 f. m.w.N. 379 Vgl. z.B. C.Cass.civ. I, 8 juillet 1969, Clunet 1970, 916, note Derruppé; Rev.crit.d.i.p. 1971, 75, note Fouchard; Graham-Siegenthaler, 305 m.w.N. 380 S. zu dieser Regelung auch Legeais, Le gage des meubles corporels, JCP suppl. au o n 20 2006, p. 12 no 29; Richard, LPA 27 mars 2008 n o 63; Piedelièvre, sûretés, no 404. 381 Piedelièvre, sûretés, no 402; Richard, LPA 27 mars 2008 n o 63. 382 Legeais, Le gage, JCP suppl. au no 20 2006, p. 12 no 41; Kuhn, Le droit commun du gage, LPA 27 mars 2008 no 63 (no 17).

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wird nämlich angenommen, dass die im französischen Recht neue fiducie die Sicherungsübereignung nach deutschem oder schweizerischem Modell überflüssig machen soll383. Dafür spricht, dass der französische Gesetzgeber kürzlich den Anwendungsbereich der fiducie beträchtlich erweitert hat384. Der Einführung der fiducie durch die Loi no 2007-211 du 19 février 2007 in den Code civil (Art. 2011 – 2030 C.civ.) waren bereits einige gescheiterte Gesetzgebungsversuche385 vorausgegangen. Die fiducie soll einen generellen Mechanismus für unterschiedliche Anwendungen zur Verfügung stellen, darunter v.a. die Vermögensverwaltung und auch (als fiducie-sûreté) die Übertragung von Gegenständen zur Sicherung von Forderungen386. Kritisch an der Neuerung wird gesehen, dass sie im Code civil nicht im Recht der Sicherheiten verortet wurde. Neben den allgemeinen – für eine Sicherheit teilweise unangepassten – Regeln fehlten spezielle, direkt auf die Bedürfnisse einer Kreditsicherheit zugeschnittene Vorschriften387. Schliesslich wird auch kritisiert, dass die „Mechanik“ des Instituts, die in der Schaffung eines Sondervermögens (patrimoine d’affection) bestehe, keine angebrachte Lösung für eine Kreditsicherheit sei388. Zusammengefasst spricht einiges dafür, dass die französische fiducie zumindest zu einem Teil die Funktion haben wird, als ein der deutschen Sicherungsübereignung vergleichbares Kreditsicherungsrecht Geldkreditgebern zur Verfügung zu stehen. In den folgenden Teilen dieses Abschnitts B. I. 2. a. soll sich die Betrachtung deshalb – soweit das angesichts der erst seit kurzem bestehenden Rechtslage möglich ist – auf die fiducie-sûreté beschränken.

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Voinot, LPA 27 mars 2008 no 63 (note 1): « Il y a aujourd'hui en droit français deux types de sûretés propriétés: l'une permet à un créancier de retenir la propriété d'un bien, c'est le cas de la réserve de propriété; l'autre suppose un transfert de propriété d'un bien du débiteur au créancier, c'est le cas de la fiducie qui vient d'être consacrée (…) »; s.a. Ancel, n o 461; im Hinblick auf ihren Mechanismus ist allerdings umstritten, ob die eingeführte fiducie das Sicherungseigentum nach deutschem oder schweizerischem Vorbild wirklich überflüssig macht, vgl. RTD com. 2007, chron. obs. Legeais, p. 581–583. 384 Loi 2008-776 du 4 août 2008 de modernisation de l’économie. S. dazu weiter unten. 385 Vgl. Reich, 52 m.w.N. 386 Piedelièvre, La timide consécration de la fiducie par la loi du 19 février 2007, GdP 2007, p. 1526, no 6; Ancel, no 491; vgl. generell zur Geschichte der fiducie in Frankreich: Witz, La fiducie en Europe: France, Suisse, Luxembourg, Allemagne, Liechtenstein: analyse des lois existantes et des projets en cours, in: Herbots/Philippe (édt.), Le trust et la fiducie – implications pratiques, Bruxelles 1997, p. 63 ss; RTD com. 2007, chron. obs. Champaud/Danet, p. 728. 387 Pando, La fiducie est enfin accessible aux personnes physiques, LPA 23 janvier 2009 no 17; Ancel, no 492; Piedelièvre, GdP 2007, p. 1526 no 3. 388 RTD com. 2007, chron. obs. Legeais, p. 581.

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(4) Québec. – Das Recht der Provinz Québec sieht ebenfalls die Möglichkeit der Begründung eines Treuhandvermögens vor, das auch zu Kreditsicherungszwecken genutzt werden kann. Die fiducie Québecs – eine Nachbildung des englischen trust – wurde bereits 1879 in den Code civil du Bas-Canada eingefügt, allerdings beschränkt auf Verfügungen von Todes wegen und Schenkungen389. Im Code civil von 1994 wurde der Anwendungsbereich deutlich erweitert. Hauptziele der Neuregelung waren, die fiducie für den Gebrauch im Rechtsverkehr attraktiver zu machen und die aus dem Common Law übernommene Institution mehr mit den Prinzipien des Zivilrechts in Übereinstimmung zu bringen390. Gemäss Art. 1266 CCQ kann eine fiducie nun zu persönlichen Zwecken, zu privatem oder zu sozialem Nutzen bestellt werden. Art. 1263 al. 1 CCQ erwähnt ausdrücklich die Nutzbarkeit der fiducie zum Zweck der Sicherung einer Forderung. Da die fiducie nach dem Recht der Provinz mittels Besitzaufgabe bestellt wird, hat sie insbesondere dort Bedeutung, wo die Besitzaufgabe die Aktivitäten des Schuldners nicht behindert391. Nach Normand ist ein spezieller Anwendungsbereich der fiducie die securitization392, bei der Unternehmen Forderungen in einem Sondervermögen bündeln, verbriefen und dann als Kreditsicherheiten verwenden. (ii) Wirksamkeit inter partes (1) Deutschland. – Im deutschen Recht sind die Eigentumsübertragungsvorschriften des BGB einzuhalten. Wegen des Interesses an einer besitzlosen Sicherheit wird das Sicherungseigentum praktisch immer im Wege des Besitzkonstituts (§ 930 BGB) bestellt. Zwar erfordert § 930 BGB ein konkretes Besitzmittlungsverhältnis, jedoch stellt der Sicherungsvertrag selbst in diesem Sinne eine ausreichende Grundlage dar393. Ausreichend für die Wirksamkeit zwischen den Parteien ist ein formloser Vertrag. (2) Schweiz. – Bei der Eigentumsübertragung gilt im Unterschied zum deutschen Recht im schweizerischen Recht das Kausalitätsprinzip: Ohne wirksamen Rechtsgrund gibt es keine wirksame Eigentumsübertragung394. Das (dingliche) Verfügungsgeschäft allein kann – anders als im deutschen 389

Vgl. zur Geschichte der fiducie in Québec Bohemier, Harmonization of the Bankruptcy and Insolvency Act with Quebec civil law: Application of the Bankruptcy and Insolvency Act to the Trust of the Civil Code of Quebec, [2003] 37 R.J.T. 113; Normand, Introduction au droit des biens, Montréal 2000, p. 321 ss. 390 Nach dem alten Recht des CCBC war es üblich, auf das Common Law zurückzugreifen, um die fiducie zu interpretieren, vgl. Bohemier, [2003] 37 R.J.T. 123. 391 Payette, no 1843. 392 Normand, p. 330. 393 Weber, 166; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1315. 394 Vgl. BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1394.

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Recht – den Übergang nicht bewirken. Allerdings werden im Rahmen der Sicherungsübereignung keine hohen Anforderungen gestellt. Bereits die Vereinbarung, dass der Eigentumsübergang treuhänderisch geschehen soll, wird als ausreichender Rechtsgrund und Erwerbstitel angesehen395. Der Sicherungsvertrag, an den keine Formerfordernisse gestellt werden396, hat mithin eine Doppelfunktion: Er ist Rechtsgrund für den Eigentumsübergang und begründet die interne Beschränkung der Rechtsmacht des treuhänderischen Eigentümers397. Neben dem Abschluss des (kausalen) Sicherungsvertrags ist der Besitzübergang auf den Erwerber (Art. 714 Abs. 1, 922-925) die weitere Voraussetzung der Eigentumsübertragung. Art. 924 Abs. 1 ZGB ermöglicht grundsätzlich wie in Deutschland die Übertragung mittels Besitzkonstituts als Traditionssurrogat. Die Übertragung im Wege des Besitzkonstituts ist aber nur zwischen den Parteien wirksam (siehe dazu gleich unten). (3) Frankreich. – Wie bereits dargestellt wurde, gilt im französischen Recht im Rahmen der Eigentumsübertragung das Konsensprinzip. Das Eigentum geht solo consensu durch Abschluss des (schuldrechtlichen) Vertrags auf den Erwerber über. An der Grundkonstellation der fiducie als Sicherungsgeschäft sind drei Personen beteiligt: der Sicherungsgeber (Treugeber/fiduciant), der Treuhänder (fiduciaire) und der Sicherungsnehmer (Begünstigter/bénéficiaire). Art. 2016 C.civ. stellt klar, dass auch Treuhänder und Treugeber Begünstigte sein können, sodass aus dem Dreipersonen- ein Zweipersonenverhältnis wird. Der Inhalt des Treuhandvertrags wird durch Art. 2011 C.civ. beschrieben: Der Treugeber überträgt bestimmte Gegenstände auf einen (oder mehrere) Treuhänder, der diese getrennt von seinem eigenen Vermögen hält, um damit einen bestimmten Zweck (die Sicherung einer Forderung) zugunsten einer Person (des Begünstigten) zu erfüllen. Die fiducie muss ausdrücklich (Art. 2012 al. 1 C.civ.) vereinbart werden. Das bedeutet, dass ihr Bestehen nicht vermutet werden kann398. Art. 2018 C.civ. schreibt unter Androhung der Nichtigkeit den notwendigen Inhalt des Vertrags vor. Unentgeltliche Zuwendungen dürfen nicht Ziel der fiducie sein (Art. 2013 C.civ.). Art. 2015 C.civ. zählt auf, wer in der Qualität eines Treuhänders am Vertrag beteiligt sein darf. Die Beschränkung auf Kreditinstitute, die französische Nationalbank, die Post, Versicherungsinstitute,

395

BGE 86 II 227; ZK-Oftinger/Bär, Syst. Teil, Rn. 246; de Gottrau, Transfert de propriété, 184; BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1374, 1394. 396 Steinauer, III, no 3054b. 397 BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1374. 398 Piedelièvre, GdP 2007, p. 1526 no 9; Boccara, La fiducie fait son entrée dans le droit français, LPA 15 mars 2007 no 54.

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Anwälte399 usw. erklärt sich dadurch, dass die Treuhand massgeblich auf der Vertrauenswürdigkeit der Treuhänder basiert400. Bei den genannten Institutionen und Berufsgruppen besteht eine Vermutung, dass sie eine ausreichende Erfahrung als Treuhänder besitzen. Auf der anderen Seite kann seit dem 1.2.2009 auch jede natürliche Person Treugeber sein. Dadurch wird der Anwendungsbereich der fiducie beträchtlich erweitert401. Nach den Art. 2019 und 2020 C.civ. ist der abgeschlossene Vertrag über die fiducie im Register der zuständigen Steuerbehörde des Treuhänders und in einem nationalen Treuhandregister einzutragen402. Das Unterlassen der Eintragung zieht die Nichtigkeit des Vertrags nach sich. Eine echte Publizität wird hierdurch jedoch nicht geschaffen, da nur den zuständigen Behörden Einsicht gestattet werden wird, mit dem Ziel, die Nutzung der fiducie zu unerlaubten Zwecken zu verhindern403. Das hat aber zum Ergebnis, dass es für die Sicherungsübertragung beweglicher Gegenstände keine Publizität gibt404. (4) Québec. – Für die Eigentumsübertragung in Québec gilt wie im französischen Recht das Konsensprinzip. Die Regelungen über die fiducie befinden sich in den Art. 1260-1298 des Code Civil. Jede Person – und damit auch unproblematisch jede natürliche Person – kann Treugeber sein (Art. 1260 CCQ). Im Unterschied zum französischen Recht kann jede geschäftsfähige Person Treuhänder sein. Eine Einschränkung gilt dagegen für juristische Personen: Diese müssen durch Gesetz zur Ausübung der Treuhänderfunktionen befugt sein (s. Art. 1274 und 304 al. 2 CCQ)405. Der Sicherungsgeber/Treugeber kann gleichzeitig Treuhänder sein, jedoch muss er zusammen mit einem weiteren Treuhänder agieren, der weder Treugeber, noch Begünstigter ist (Art. 1275 CCQ). Art. 1310 CCQ verbietet dem Treugeber im Übrigen die Ausübung der Verwaltung im Eigeninteresse. Die fiducie entsteht, sobald der Treuhänder in die Übernahme seiner Pflicht einwilligt (Art. 1264 CCQ)406. Art. 1278 CCQ fordert, dass der Treuhänder die ausschliessliche Herrschaft und die alleinige Verwaltung über das Treuhandvermögen ausübt407. Von dieser Norm ausgehend wird es als notwendig erachtet, dass der 399

S. die Beispiele bei Pando, LPA 23 janvier 2009 n o 17. Ancel, no 495. 401 Durch die Loi 2008-776 du 4 août 2008 de modernisation de l’économie wurde Art. 2014 C.civ. abgeschafft, der natürliche Personen als Treugeber ausschloss. 402 Letzteres existierte bis zum 13.2.2009 noch nicht. 403 Mit dieser Annahme Ancel, no 498. 404 Piedelièvre, GdP 2007, p. 1526 no 22; Ancel, no 498. 405 Vgl. auch Payette, no 1931. 406 Vgl. auch Normand, p. 325. 407 « Le fiduciaire a la maîtrise et l’administration exclusive du patrimoine fiduciaire (…) ». 400

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Treuhänder die Sachen auch tatsächlich hält408. Es muss mithin zur Besitzaufgabe beim Treugeber kommen. (iii) Drittwirksamkeit (1) Deutschland. – Im deutschen Recht gilt das Gleiche wie beim Eigentumsvorbehalt. Zwar ist das Publizitätsprinzip als sachenrechtliches Grundprinzip im Verfügungsgeschäft enthalten, jedoch wird es durch die Möglichkeit des Besitzkonstituts als Übergabesurrogat faktisch ausgehöhlt, denn der Eigentumsübergang auf diesem Wege ist für Dritte nicht erkennbar. Deshalb werden hier die gleichen Umstände kritisiert, wie beim Eigentumsvorbehalt, z.B. die Gefährdung von potentiellen dritten Gläubigern, die auf den Vermögensstand des potentiellen Schuldners vertrauen409. Kritisiert wird auch, dass die fehlende Publizität die abredewidrige Verfügung durch den Sicherungsgeber erleichtere410. (2) Schweiz. – Das schweizerische Recht setzt das sachenrechtliche Publizitätsprinzip im Unterschied zum deutschen Recht strikt durch. Deshalb kann im Rahmen der Sicherungsübereignung nicht auf das Besitzkonstitut zurückgegriffen werden. Erforderlich für die wirksame sicherungsweise Übertragung ist immer der Übergang des Besitzes wie beim Faustpfand. Der Grund liegt in Art. 717 Abs. 1 ZGB: Danach ist die Übereignung im Wege der Vereinbarung eines Besitzkonstituts Dritten gegenüber unwirksam, wenn damit (u.a.) eine Umgehung der Bestimmungen über das Faustpfand beabsichtigt worden ist. Die einschlägige Vorschrift aus dem Pfandrecht ist Art. 884 Abs. 3 ZGB, der den Charakter des Pfandrechts als Besitzpfand festschreibt: Das Pfandrecht ist nicht begründet, solange der Verpfänder die ausschliessliche Gewalt über die Sache behält. Art. 717 Abs. 1 ZGB verhindert die Drittwirksamkeit von Rechtsgeschäften, die auf eine Umgehung dieses Erfordernisses abzielen. Nach der überwiegenden Literaturansicht der Schweiz soll die Umgehungsabsicht schon dann anzunehmen sein, wenn der Parteivereinbarung der Zweck der Forderungssicherung zugrunde liegt411. Der Inhalt der vertraglichen Vereinbarung soll im Einzelnen keine Rolle spielen. Die Rechtsprechung stellt bei der Feststellung der Umgehungsabsicht dagegen auf die gesamten Umstände der 408 So der kanadische Supreme Court in Banque de Nouvelle-Ecosse c. Thibault, [2004] 1 R.C.S. 758, 774; Payette, no 1867. Eine Umgehung der Bestimmung dadurch, dass dem Treugeber die Verwaltung des Vermögens generell übertragen wird, ist unmöglich, s. Art. 1337 CCQ. 409 Graham-Siegenthaler, 119. 410 Menke, Mehrfache Sicherungsübereignung eines Warenlagers mit wechselndem Bestand, WM 1997, 405. 411 BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1408; Steinauer, II, no 2025a; BSK ZGB II-Schwander, Art. 717 Rn. 4.

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Vereinbarung ab412. Art. 717 Abs. 1 ZGB wird als Ausfluss des Verbots der Mobiliarhypothek angesehen413. Obwohl gegenüber Dritten unwirksam, ist die Vereinbarung zwischen den Parteien des Sicherungsvertrags gültig; d.h., im Verhältnis zum weiter unmittelbar besitzenden Schuldner ist der Kreditgeber Eigentümer geworden414. (3) Frankreich. – Die französische fiducie-sûreté kann ohne besondere Voraussetzung der Drittwirksamkeit bestellt werden. Das Fehlen eines Publizitätserfordernisses – im Sinne eines interessierten Dritten zugänglichen Registers – als Voraussetzung der Drittwirksamkeit ist als Hinwendung zum deutschen Konzept des Sicherungseigentums kritisiert worden415. (4) Québec. – Art. 1263 des Code civil québécois verlangt für die fiducie-sûreté Publizität durch Eintragung in das Registre des droits personnels et réels. Ohne Einschreibung ist sie nicht drittwirksam416. Die übertragenen Sachen sind im Eintragungsbegehren anzugeben. Das Gesetz (Art. 1293 CCQ) verlangt dagegen nicht, dass auch eine spätere Erweiterung des Treuhandvermögens um neue Sachen registriert werden muss. (iv) Erfasste Vermögensgegenstände (1) Deutschland. – Wie beim Eigentumsvorbehalt kommt es bei der Sicherungsübereignung nach deutschem Recht wegen des Spezialitätsgrundsatzes auf die Übertragung jeder einzelnen beweglichen Sache für sich an. Dennoch können auch Sachgesamtheiten Gegenstand der Sicherungsübereignung sein. Dabei wird dem Bestimmtheitserfordernis genügt, wenn es einfache äussere Abgrenzungskriterien ermöglichen, dass jemandem, der die Parteiabreden im für den Übergang massgeblichen Zeitpunkt kennt,

412 Nach BGE 88 II 80 soll eine Umgehungsabsicht vorliegen, wenn „der [mit der Vereinbarung] verfolgte wirtschaftliche Zweck (…) die Sicherstellung einer Forderung des Erwerbers war, dem Käufer also an der Kaufsache nichts gelegen war, sondern er sie nur zur Deckung für den als Kaufpreis bezahlten Betrag bis zu einer von den Parteien in Aussicht genommenen Rückerstattung desselben haben wollte und der Kauf somit nicht dem ihm eigenen Zweck des Güteraustausches diente, sondern die wirtschaftliche Wirkung einer Darlehensgewährung gegen Sicherung durch ein Faustpfand ohne Sachübergabe herbeiführen sollte“. Auch in diesem Fall aber kann die Umgehungsabsicht abzulehnen sein, wenn alle sonstigen Umstände gegen sie sprechen (s.o.). 413 BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1408; zu den Hintergründen und zur rechtspolitischen Bedeutung der Norm s. Wiegand, Fiduziarische Sicherungsgeschäfte, ZBJV 116 (1980), 552; Wiegand, Kreditsicherung und Rechtsdogmatik, in: Bucher/Saladin (Hrsg.): Berner Festgabe zum Schweizerischen Juristentag 1979, Bern 1979, 306. 414 ZK-Haab/Scherrer, Art. 717 ZGB Rn. 62. 415 Bourassin/Brémond/Jobard-Bachellier, no 1306. 416 Payette, no 1954.

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klar ist, welche Gegenstände übergehen sollen417. So ist das Bestimmtheitserfordernis gewahrt, wenn festgelegt ist, dass alle in einen bestimmten Raum verbrachten Gegenstände (Raumsicherungsklausel) übereignet werden sollen oder ein gesamtes, räumlich bestimmtes Warenlager418. Möglich ist auch die Sicherungsübereignung eines Warenlagers mit wechselndem Bestand. Diese wird durchgeführt, indem der Sicherungsnehmer den Sicherungsgeber zur Veräusserung der übereigneten Sachen des Warenlagers ermächtigt (§ 185 Abs. 1 BGB) und mit ihm ein antizipiertes (zeitlich vorweggenommenes) Besitzmittlungsverhältnis in Bezug auf die später hinzukommenden Waren abschliesst. Auch die Einigung in Bezug auf die zukünftig zu erwerbenden Sachen muss antizipiert erfolgen; auch sie muss sich in hinreichend bestimmter Weise auf die zu übereignenden Sachen beziehen. Das ist kompliziert, da möglicherweise noch nicht existierende neue Sachen in das Lager gelangen werden. Die zu übereignenden Gegenstände müssen bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Sicherungsvertrags in diesem so hinreichend bezeichnet sein, dass im Zeitpunkt ihres Erwerbs durch den Sicherungsgeber klar ist, ob sie zu den sicherungsweise zu übereignenden Gegenständen gehören oder nicht419. Ausreichend ist z.B. die Vereinbarung einer Raumsicherungsklausel420. Gleiches gilt für die Markierung der massgeblichen Sachen421. Da die Sicherungsübereignung v.a. als Globalsicherheit verwendet wird, d.h. auf eine Sachgesamtheit bezogen, werden auch bei ihr – wie bei den Erstreckungsformen des Eigentumsvorbehalts – die typischen Kollisionslagen problematisiert. Z.B. kann es gerade bei Warenlagern mit wechselndem Bestand zur Kollision von zwei antizipierten Sicherungsübereignungen kommen. Hier ist problematisch, wer die nach der ersten Vereinbarung neu eingebrachten Sachen verwerten darf. Grundsätzlich würde hier auch der Prioritätsgrundsatz gelten, jedoch erfordert die Notwendigkeit eines Besitzmittlungsverhältnisses (§ 930 BGB) das Bestehen eines Fremdbesitzerwillens beim Sicherungsgeber im Zeitpunkt, in dem er selbst den unmittelbaren Besitz an der neu hinzukommenden Ware erlangt. Es ist in der deutschen Literatur wiederholt auf die Problematik hingewiesen worden, dass der Fremdbesitzerwille zugunsten des ersten Gläubigers möglicherweise durch die zweite Sicherungsvereinbarung wegfallen kann422. Im 417

BGHZ 73, 253, 254; BGH NJW 1992, 1161; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1283. Weber, 167, 169. 419 BGHZ 21, 52, 56; BGH ZIP 1992, 393; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1293, 1298. 420 BGHZ 21, 52, 56; Wilhelm, Rn. 861. 421 Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1299. 422 Speziell zu der Problematik: Barbier, Konkurrierende vorweggenommene Sicherungsübereignungen: Bewältigung einer unbefriedigenden Rechtslage, ZIP 1985, 520 ff.; 418

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Endeffekt würde damit die Frage, welche Sicherungsübereignung wirksam ist, vom Willen des Sicherungsgebers abhängen. Besonders problematisch ist in diesem Fall, dass der zweite Sicherungsgläubiger sogar den ganzen Warenbestand erwerben kann (also auch die Altwaren), wenn er die Altsachen als erster gutgläubig zur Verwertung in Besitz nimmt, da sich so sein gutgläubiger Eigentumserwerb nach § 933 BGB vollendet. Damit würde die rechtliche Zuordnung von der schnelleren Verwertung abhängen423. Weitere mögliche Kollisionsprobleme sind identifiziert worden im Fall des Zusammentreffens von Herstellerklauseln einer kreditgewährenden Bank als Sicherungseigentümerin und eines Lieferanten mit verlängertem Eigentumsvorbehalt424 sowie im Fall der verlängerten Sicherungsübereignung, die mit einem verlängerten Eigentumsvorbehalt zusammentrifft. Parallel zum Eigentumsvorbehalt kann sich auch hier das Problem der Übersicherung stellen, das mit der gleichen Argumentation gelöst wird. Letztendlich wird auch die Sicherungsübereignung – ebenso wie der Eigentumsvorbehalt – in Bezug auf ihre Verlängerungsformen für die Massearmut der deutschen Unternehmen verantwortlich gemacht425. (2) Schweiz. – In der Schweiz ist ebenfalls das Spezialitätsprinzip zu beachten. Die Sicherungsübereignung muss jeweils gesondert für bestimmte und individualisierte Sachen erfolgen. Die strikte Anwendung des Spezialitätsprinzips ist teilweise kritisiert worden426. Wenn Sachgesamtheiten übereignet werden sollen, besteht wie im deutschen Recht die Möglichkeit der Bezeichnung durch einen Sammelbegriff (z.B. Angabe eines bestimmten Raums, in dem sich die Sachen befinden), um dem Prinzip Genüge zu tun427. Ebenfalls wie im deutschen Recht besteht die Möglichkeit, Warenlager mit wechselndem Bestand zur Sicherheit zu übereignen, indem Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber in Bezug auf diese Gegenstände eine antizipierte Vereinbarung abschliessen428. Allerdings ist zu beachten, dass die massgeblichen Vereinbarungen nicht drittwirksam sind, wenn der Menke, WM 1997, 405, 405; vgl. auch Staudinger/Wiegand (2004) Anh zu §§ 929 ff. Rn. 282. 423 Menke, WM 1997, 405, 407. 424 Zur Lösung dieser Fälle vgl. Staudinger/Wiegand (2004) Anh zu §§ 929 ff. Rn. 282. 425 Hromadka, Sicherungsübereignung, JuS 1980, 89, 90. 426 Foëx, Propositions, p. 303 sv., weist (in Bezug auf das Mobiliarpfand) darauf hin, dass das Prinzip die Besicherung durch Sachgesamtheiten erschwere, wenn nicht gar u.U. aufgrund des grossen Aufwands (detailliertes Register, Unterbringung der Sachen in einem bestimmten Raum) unmöglich mache; das gelte besonders auch für die Sicherheiten mit wechselndem Bestand; s. dazu auch Aeschlimann/Foëx, p. 33. 427 Wiegand, Eigentumsvorbehalt, 111; BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1395. 428 Vgl. BK-Zobl, Art. 884 ZGB, Rn. 375; zum Vorgang an sich s. Wiegand, Eigentumsvorbehalt, 111; ZK-Oftinger/Bär, Syst. Teil, Rn. 255.

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Sicherungsgeber unmittelbaren Besitz an den Sachen behält. Ein Warenlager mit wechselndem Bestand bietet sich deshalb wegen des Erfordernisses des Besitzübergangs auf den Sicherungsnehmer – im Unterschied zu Deutschland – nur dann als Globalsicherheit mit wechselndem Bestand an, wenn der Gläubiger ohne grossen logistischen Aufwand Besitzer der Sachen werden kann. Das ist z.B. der Fall, wenn auf den Sicherungsnehmer ein Lagerempfangsschein ausgestellt wird. Dieser gilt als Besitzanweisung (Art. 924 ZGB)429. Die praktisch wichtigen Fälle sind daneben die, in denen der Sicherungsnehmer sowieso im Besitz der Sachen ist, wie z.B. eine Bank, bei der der Sicherungsgeber seine (fluktuierenden) Vermögenswerte deponiert hat430. (3) Frankreich. – Das französische Recht beschäftigt sich mit der notwendigen Bestimmtheit der zu verkaufenden Sache ausschliesslich auf der Ebene des Kaufvertrags (Art. 1583 C.civ.), da ein dingliches Geschäft zur Eigentumsübertragung nicht erforderlich ist. Art. 1586 C.civ. ermöglicht den Verkauf von Sachen en bloc, mithin auch von Sachgesamtheiten, die im Übrigen ausdrücklich im Zusammenhang mit der Bestellung der fiducie erwähnt werden (ensemble de biens, Art. 2011 C.civ.). Die notwendige Individualisierung der Sachen kann dabei geschehen, indem diese Sachen besonders gekennzeichnet werden, z.B. als in einem bestimmten Raum befindlich oder durch Kennzeichnung auf einer Liste431. Art. 2018 C.civ. weist des Weiteren ausdrücklich auf die Übertragung zukünftiger Sachen, Rechte oder Sicherheiten im Rahmen der fiducie hin. Dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht existierende Sachen (z.B. noch herzustellende Sachen) Gegenstand einer schuldrechtlichen Pflicht sein können, ergibt sich aus Art. 1130 al. 1 C.civ. Voraussetzung ist hier die Bestimmbarkeit (Art. 2018 al. 1 C.civ.). Das bedeutet, dass aufgrund der Festlegungen im Vertrag im massgeblichen Zeitpunkt klar ist, ob sie übertragen werden sollen oder nicht432. (4) Québec. – Die Möglichkeit der Übertragung von Sachgesamtheiten im Recht der Provinz Québec ergibt sich aus den Art. 1453 und 1713 CCQ. In Bezug auf zukünftig zu erwerbende Sachen machen die Vorschriften zur fiducie keine Aussage, doch kann die Zulässigkeit einer entsprechenden

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BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1497; ZK-Oftinger/Bär, Syst. Teil, Rn. 257. BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1495, 1500; Graham-Siegenthaler, 21 Fn. 59; s.a. Wiegand, Eigentumsvorbehalt, 111, in Bezug auf das Pfandrecht als Globalsicherheit mit wechselndem Bestand. 431 Vgl. Malaurie/Aynès/Gautier, no 170; Bénabent, Les obligations, no 144; Ancel, o n 496; C.Cass.com. 16 novembre 1993, Bull. civ. IV, n o 415. 432 Bénabent, Les obligations, n o 144. 430

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Vereinbarung aus anderen Stellen des Code civil québécois hergeleitet werden433. Fraglich ist hingegen, ob auch die „Gesamtheit der gegenwärtigen und zukünftigen“ Sachen des Schuldners Gegenstand der fiducie-sûreté sein kann. Im Rahmen der Hypothek ist eine entsprechende Vereinbarung zulässig, s. Art. 2684 CCQ. Gegen die Zulässigkeit im Rahmen der fiducie spricht, dass der Treugeber das Eigentum und die Herrschaft über die betreffenden Sachen verliert (Art. 1278 CCQ). Er hat mithin nichts, womit er neue Sachen herstellen oder erwerben könnte, die dann in das Treuhandvermögen fallen würden434. (v) Rechte und Pflichten der Parteien während der Dauer der gesicherten Transaktion (1) Deutschland. – Die Sicherungsübereignung wird im deutschen Recht als treuhänderisches Rechtsverhältnis angesehen. Das rechtliche Können des Sicherungseigentümers im Aussenverhältnis ist damit grösser als sein rechtliches Dürfen im Innenverhältnis435. Aus der Charakterisierung als treuhänderisches Rechtsverhältnis ergibt sich für den Sicherungsnehmer die Pflicht, sein Recht im Interesse des Sicherungsgebers auszuüben. Er darf nicht so über die Sache verfügen, dass der Sicherungszweck vereitelt wird. Den Rückübertragungsanspruch des Sicherungsgebers darf er nicht beeinträchtigen436. Der Sicherungsgeber muss die Sache erhalten. Gegebenenfalls kann er zu ihrer Veräusserung ermächtigt werden; dann wird aber meist vereinbart, dass er dem Sicherungsnehmer einen Ersatzgegenstand übereignet437. (2) Schweiz. – Auch in der Schweiz ist die Charakteristik der Sicherungsübereignung als treuhänderisches (fiduziarisches) Rechtsverhältnis anerkannt438. Der Sicherungseigentümer ist zwar uneingeschränkter Eigentümer, darf aber wegen der obligatorischen Bindung aus dem Sicherungsvertrag von seiner Verfügungsmacht nicht über den Zweck der Sicherung 433

S. Art. 1713 CCQ zum Verkauf einer dem Verkäufer im Augenblick des Kaufs noch nicht gehörenden Sache oder Art. 1374 CCQ, wonach sich die Leistungspflicht des Schuldners auch auf zukünftige Vermögensgegenstände erstrecken kann. 434 Payette, no 1950. 435 Weber, 171; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1278. 436 Weber, 171, s.a. 173 f. zu den Pflichten des Sicherungsnehmers aus der Sicherungsabrede; aus dem Wesen als treuhänderisches Rechtsverhältnis ergibt sich auch die Rückübertragungspflicht, sobald die gesicherte Forderung erloschen ist, s. Staudinger/Wiegand (2004) Anh zu §§ 929 ff. Rn. 257. 437 Wilhelm, Rn. 2224. 438 Vgl. ZK-Oftinger/Bär, Syst. Teil, Rn. 250; de Gottrau, 187; BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1354, 1359; Steinauer, III, no 3047, 3052.

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hinausgehend Gebrauch machen. Fehlverhalten in diesem Sinne führt zur Haftung aus Vertragsverletzung439. (3) Frankreich. – Schon der Name der französischen fiducie gibt Auskunft über die treuhänderische Qualität des Rechtsverhältnisses. Im Verhältnis zum Sicherungsgeber (Treugeber) und zum Begünstigten (Sicherungsnehmer) ist der Treuhänder in seinen Handlungen an den Sicherungszweck des Geschäfts gebunden440. Er ist gegenüber dem Sicherungsgeber (Treugeber) zur Rechenschaftslegung über die Verwaltung des Treuguts verpflichtet (Art. 2022 C.civ.). Des Weiteren trifft ihn eine Einstandspflicht für während der Ausübung der Verwaltung begangenes schuldhaftes Verhalten (Art. 2026 C.civ.)441. Um allerdings die Handlungsfreiheit des Treuhänders nicht zu gefährden, legt Art. 2023 C.civ. fest, dass die Beschränkungen aus der Treuhandnatur im Verhältnis des Treuhänders zu Dritten keine Wirkung haben, solange sie dem Dritten nicht bekannt waren. (4) Québec. – Nach dem Recht der Provinz Québec steht dem Sondervermögen der fiducie und nicht etwa dem Treuhänder das Eigentum an den Treuhandsachen zu. Der Treuhänder (fiduciaire/trustee) hat aber die Macht, alle Rechte auszuüben, die normalerweise einem Eigentümer zustehen (Art. 1278 al. 1 CCQ)442. Alle Rechte muss er in Beachtung des Treuhandcharakters der Verwaltung ausüben. Der Treugeber (constituant/settlor) hat ein Aufsichtsrecht in Bezug auf die Pflichterfüllung durch den Treuhänder (Art. 1287 CCQ). Art. 1290 CCQ gibt ein Klagerecht, wenn der Treuhänder seine Pflichten verletzt hat. (vi) Verwertung des Rechts (1) Deutschland. – Die Durchführung der Verwertung ist im deutschen Recht meist in allgemeinen Vertragsbedingungen (AGB) geregelt. Während das Gesetz für das Pfandrecht den Verkauf im Wege der öffentlichen Versteigerung nach vorausgegangener Androhung mit Wartefrist vorschreibt (§ 1233 ff. BGB), finden diese Vorschriften auf die Sicherungsübereignung im Fall des Fehlens von vertraglichen Regelungen keine subsidiäre Anwendung 443. Das Sicherungsgut wird in der Regel freihändig444

439

BGE 91 III 107; BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1439. Ancel, no 500. 441 S. dazu Piedelièvre, GdP 2007, p. 1526 no 33. 442 Payette, no 1963; Normand, p. 324. 443 Vgl. z.B. Weber, 177 f.; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1221; offenbar a.A.: Brehm/Berger, 497 f. 444 Auch die freihändige Veräusserung muss jedoch durch bestimmte autorisierte Personen erfolgen, um die Interessen des Schuldners zu wahren. Die Sache wird an der Bör440

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veräussert, da dies dem Interesse der Parteien an einer unkomplizierten und möglichst ertragreichen Veräusserung im Normalfall am ehesten entspricht. Die Vereinbarung einer Verfallklausel im Rahmen der Sicherungsübereignung wird in Deutschland von der Rechtsprechung und wohl auch von einer Mehrheit der Literatur für zulässig erachtet445. (2) Schweiz. – Die Verwertungsart für das vom schweizerischen Gesetzgeber vorgesehene typische Sicherungsmittel an beweglichen Sachen, das Pfandrecht, ist die Betreibung auf Pfandverwertung. Diese findet auf die Verwertung des Sicherungseigentums keine Anwendung. Stattdessen kann der Sicherungsnehmer die betreffende Sache privat bzw. freihändig verwerten; diese Verwertungsform wird als dem Sicherungseigentum inhärent angesehen446. Insgesamt hat der Sicherungseigentümer folgende Möglichkeiten: (i) Den freihändigen Verkauf, (ii) die freiwillige Versteigerung nach den Art. 220 ff. OR und (iii) den Selbsteintritt447. Normalerweise wird die Verwertungsart bereits im Sicherungsvertrag festgelegt. Beim freihändigen Verkauf hat der Sicherungsnehmer den Gegenstand ebenfalls auf einem geeigneten Markt zu veräussern448. Im Fall des Selbsteintritts kann er den Gegenstand übernehmen. Allerdings trifft ihn eine Abrechungspflicht; ein eventueller Überschuss ist an den Sicherungsgeber herauszugeben449. Anders als in Deutschland wird die Verfallklausel bei der Sicherungsübereignung allgemein als unwirksam angesehen; der Sicherungsnehmer kann den Gegenstand aber behalten, wenn vereinbart ist, dass er den Überschuss im Verhältnis zur Forderung herauszugeben hat450. (3) Frankreich. – Der Code civil trifft in Art. 2372-3 eine Aussage darüber, was mit dem Sondervermögen geschieht, wenn der Sicherungsgeber (Treugeber) die gesicherte Forderung nicht erfüllt451. Wenn der Treuhänder selbst Gläubiger ist, erwirbt er im Zeitpunkt des Ausfalls des Schuldners mit der Forderung die freie Verfügungsmacht über das Treugut. Im Sicherungsvertrag können andere Verwertungsmöglichkeiten festgelegt werden. se oder an einem anderen Markt verkauft; eine öffentliche Versteigerung findet nicht statt, vgl. Staudinger/Wiegand (2002) § 1221 Rn. 2,3. 445 Die deutsche Rechtsprechung hält die Verfallklausel im Rahmen der Sicherungsübereignung für zulässig, s. RGZ 83, 50, 53; BGH NJW 1980, 226, 227; Bejahend in der Lit. z.B. Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1228; Weber, Kreditsicherungsrecht, 181; a.A. z.B. Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 711 m.w.N. 446 ZK-Oftinger/Bär, Syst. Teil, Rn. 266; BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1488. 447 Vgl. zu Letzterem: BGE 119 II 328. 448 ZK-Oftinger/Bär, Art. 891 ZGB, Rn. 56. 449 BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1489; ZK-Oftinger/Bär, Art. 891 ZGB, Rn. 48, 63; Graham-Siegenthaler, 26. 450 Steinauer, III, no 3054a; BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1490; ZK-Oftinger/Bär, Art. 894 ZGB, Rn. 22. 451 Eingefügt in den Code civil durch art. 5 der ordonnance n° 2009-112 du 30 janvier 2009.  

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Wenn ein Dritter Gläubiger ist, kann er vom Treuhänder die Übergabe der Sache verlangen. Das Gesetz verpflichtet den Gläubiger, die Wertdifferenz zwischen dem Wert des Treuguts und der noch unerfüllten Forderung an den Sicherungsgeber auszugleichen (Art. 2372-4 C.civ.) Dazu wird der Wert der Sache durch einen Experten bestimmt (Art. 2372-3 al. 3 C.civ.). (4) Québec. – Art. 1263 al. 2 des Code civil der Provinz Québec verweist für die Verwertung der als Kreditsicherheit bestellten fiducie auf die Vorschriften zur Ausübung der Hypothekarrechte452. Da Art. 1278 CCQ dem Treuhänder alle Rechte gewährt, die sonst nur einem Eigentümer zustehen, wird davon ausgegangen, dass er nicht auf die Verwertungsmöglichkeiten des Hypothekenrechts beschränkt ist453. Bei der Ausübung der Verwertung sind auf jeden Fall die ebenfalls beim Eigentumsvorbehalt zu beachtenden Schutzvorschriften zugunsten des Schuldners zu beachten (z.B. die Androhung der Verwertung, die Möglichkeit der Erzwingung des Verkaufs, gegebenenfalls das Erfordernis einer gerichtlichen Zustimmung usw.). (vii) Stellung in der Insolvenz des Schuldners (1) Deutschland. – Im deutschen Recht wird die Problematik der Sonderbehandlung des Sicherungseigentums, das eigentlich vollwertiges Eigentum ist, besonders deutlich. Bereits vor Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs hatte das Reichsgericht zu entscheiden, welche Rechte der Sicherungseigentümer im Konkurs des Sicherungsgebers geltend machen dürfe454. Der Gläubiger machte die Aussonderung der sicherungsweise übereigneten Gegenstände auf der Basis des damals geltenden § 35 KO geltend, wonach die Aussonderung bei Gegenständen stattfinden durfte, die dem Schuldner nicht gehören. In seiner Entscheidung stellte das Gericht auf den Unterschied zwischen Form und Substanz der Sicherungsübereignung ab. Es stellte ausdrücklich auf den Gegensatz zwischen „formeller“ und „materieller“ Position des Sicherungseigentümers (und im Übrigen auch zwischen „juristisch“ und „wirtschaftlich“)455 ab. Das Gesetz – so das Gericht – müsse nicht so verstanden werden, als komme es auf die „formale“ Eigentumszuordnung an. Im Ergebnis lehnte es das Aussonde452 Für die Verwertungsmöglichkeiten im Einzelnen s.o. zum Eigentumsvorbehalt 1. a. (ee) (4). 453 Payette, no 1964. 454 Reichsgericht v. 23.12.1899 = RGZ 45, 80, insbes. 85 f. 455 RGZ 45, 80, 85: „Ein Gegenstand, der dem Gemeinschuldner zwar zum Eigentum übergeben worden ist, jedoch mit der Abmachung, dass derselbe von ihm gleichwohl nicht wie sein Eigentum behandelt werden dürfe, sondern wirtschaftlich ein Vermögensbestandteil des früheren Eigentümers bleiben solle, „gehört“ dem Gesamtschuldner zwar formell und juristisch, aber nicht materiell und wirtschaftlich, (...)“.

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rungsrecht des Gläubigers ab, da er zwar „formell und juristisch“, nicht aber „materiell und wirtschaftlich“ Eigentümer der sicherungsübereigneten Sache geworden sei. Dass das Reichsgericht die Sicherungsübereignung substanziell – zumindest für die Zwecke des Konkurses – wie ein Pfandrecht verstand, wird in der Zusammenschau mit einer vorhergehenden Entscheidung aus dem Jahr 1889 deutlich, in der das Gericht aussprach, dass der sicherungsübereignete Gegenstand sich „materiell in seiner Bedeutung für das Verhältnis des dadurch sichergestellten Gläubigers in dessen Konkurrenz mit nicht sichergestellten Gläubigern in dem Konkurse des Schuldners nicht im geringsten anders [verhalte], als ein dem Gläubiger verpfändetes Vermögensstück des Schuldners“456. Das Insolvenzrecht in seiner aktuellen Fassung berücksichtigt deshalb auch die Tatsache, dass der Sicherungsgegenstand nicht dauerhaft aus dem Vermögen des Sicherungsgebers ausscheiden soll457. Der Sicherungseigentümer ist deshalb bei der Insolvenz des Sicherungsnehmers – wie ein Pfandgläubiger – nur zur abgesonderten Befriedigung (§§ 50, 51 Nr. 1 InsO) berechtigt. Der Insolvenzverwalter verwertet den betreffenden Gegenstand und kehrt den Erlös an den Gläubiger aus, der im Übrigen an den Kosten der Feststellung und Verwertung beteiligt wird (vgl. §§ 166 ff. BGB). (2) Schweiz. – Sofern das Sicherungseigentum in der Schweiz drittwirksam (völliger Besitzverlust beim Sicherungsgeber) bestellt wird, fällt es nicht in die Masse des Sicherungsgebers, denn er ist nicht mehr Eigentümer. Der Sicherungsnehmer ist vollwertiger Eigentümer458. Sofern das Sicherungseigentum besitzlos bestellt wurde, ist es nicht drittwirksam, sodass gegenüber Dritten der Schuldner weiter als Eigentümer der Sache gilt. In diesem Fall fällt die Sache in die Masse und der Sicherungsnehmer kann im Rahmen des Konkurses kein Recht an ihr geltend machen. (3) Frankreich. – In Frankreich schweigt das Gesetz ebenfalls zu den Auswirkungen der Eröffnung des Konkursverfahrens459 über das Vermögen des Sicherungsgebers. Art. 2024 C.civ. gilt nur für die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Treuhänders. Da die fiducie eine getrennte Vermögensmasse schafft, muss aber auch hier gelten, dass

456

RGZ 24, 45, 49. Weber, 185; Staudinger/Wiegand (2004) Anh zu §§ 929 ff. Rn. 253. 458 De Gottrau, 190; BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1778. 459 Unter Konkursverfahren in diesem Sinne sind zu verstehen: die Verfahren der sauvegarde (Hauptziel dieses Verfahrens ist die Sanierung des Unternehmens und damit die Vermeidung der beiden anderen Verfahren; Art.L.620-1 al. 1 C.com.), des redressement judiciaire (Art. L.631-1 ss C.com.) und der liquidation judiciaire (Art. L.640-1 ss C.com.). 457

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die übertragenen Vermögensgegenstände nicht in die Konkursmasse fallen460. (4) Québec. – In Québec ist die Rechtslage mit Frankreich vergleichbar. Während die mit der Hypothek belastete Sache im Vermögen des Schuldners verbleibt und damit am Konkursverfahren teilnimmt (Art. 2644 CCQ), bildet die fiducie ein Sondervermögen, das getrennt vom Vermögen des Schuldners existiert. Das Treuhandvermögen ist von der Konkursmasse getrennt461. Daraus resultiert der Schutz des Begünstigten im Konkurs über das Vermögen des Schuldners. (viii) Anmerkung zur Rechtsnatur von Sicherungseigentum und fiducie (1) Deutschland. – Das Sicherungseigentum des deutschen Rechts ist – wie auch der Eigentumsvorbehalt – kein akzessorisches Recht462, d.h. es ist nicht vom Bestand der gesicherten Forderung abhängig und geht mit Abtretung der Forderung auch nicht auf den Zessionar über. Es wird allerdings teilweise angenommen, dass bei der Abtretung der gesicherten Forderung an einen Dritten der Zedent verpflichtet ist, auch das Sicherungseigentum auf den Zessionar zu übertragen463. (2) Schweiz. – Die herrschende Meinung464 in der Schweiz sieht das Sicherungseigentum ebenfalls nicht als akzessorisches Sicherungsmittel und vom Bestand der zu sichernden Forderung abhängig an. Allerdings ist das nicht ganz unumstritten465. Es wird mehrheitlich davon ausgegangen, dass bei Fehlen einer anderweitigen Vereinbarung der Treunehmer bei Abtretung der Forderung schuldrechtlich verpflichtet ist, die Sache an den Forderungserwerber zu übertragen466.

460

So Ancel, no 501; Pando, LPA 23 janvier 2009 n o 17; Piedelièvre, GdP 2007, p. 1526 no 36. 461 Payette, no 1857. 462 Weber, 172; Graham-Siegenthaler, 117; eine Bindung an die Forderung kann aber durch eine Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) erreicht werden. 463 Vgl. Weber, 172 m.w.N.; Nach RGZ 89, 193, 195 soll es bei Fehlen einer Vereinbarung ohne weiteres als Wille der Parteien erachtet werden, dass der Sicherungseigentümer die Sache an den Zessionar übertragen muss. Nach RGZ 91, 277, 280 soll der neue Gläubiger „regelmässig“ einen Anspruch auf die Übertragung erwerben. 464 Vgl. de Gottrau, 179; Wiegand, Eigentumsvorbehalt, 106; BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1368, begründet das damit, dass die Akzessorietät schon nicht mit der Notwendigkeit eines sachenrechtlichen Verfügungsgeschäfts vereinbar sei. 465 Nach ZK-Oftinger/Bär, Syst. Teil, Rn. 259, soll das Sicherungseigentum bei der Abtretung der gesicherten Forderung analog Art. 170 Abs. 1 OR auf den Zessionar übergehen. 466 Vgl. nur de Gottrau, 179; BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1372; a.A. Steinauer, III, no 3052b.

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(3) Frankreich. – Im der fiducie französischen Rechts kommt es anders als beim deutschen oder schweizerischen Sicherungseigentum nicht zur Eingliederung der übertragenen Sachen in das Vermögen des Sicherungsnehmers. Stattdessen bilden diese beim Treuhänder (der auch Sicherungsnehmer sein kann, vgl. Art. 2016 C.civ.) ein von dessen sonstigem Vermögen getrenntes Sondervermögen467. Die Tauglichkeit dieses Mechanismus für ein Kreditsicherungsgeschäft wird jedoch z.T. in Frage gestellt468. Das treuhänderische Sicherungseigentum der fiducie ist nicht akzessorisch. Die Bindung an das Bestehen der gesicherten Forderung kann aber mittels der Vertragsbestimmungen erreicht werden (s.a. Art. 2029 al. 1 C.civ.). (4) Québec. – In Québec wird teilweise die Akzessorietät der fiducie angenommen. Sie leite sich daraus her, dass die fiducie dem akzessorischen Sicherungsrecht Hypothek insofern ähnlich sei, dass sie mit Erfüllung der gesicherten Forderung ihr Ende finde (Art. 1296 CCQ) oder dass die gleichen Verwertungsregeln gälten (s. Verweis in Art. 1263 al. 2 CCQ)469. Deshalb gingen bei der Abtretung auch die Rechte des Begünstigten aus der fiducie auf den Zessionar über470. b.

Das Wiederkaufsrecht

Neben der Sicherungsübereignung gibt es noch weitere Konstruktionen, die der Sicherung des Geldkreditgebers dienen. Hier soll nur kurz auf den Wiederkauf eingegangen werden. (i) Deutschland. – In Deutschland spielen andere Arten der Eigentumssicherheiten für den Geldkreditgeber so gut wie keine Rolle. Zwar regelt das BGB in den §§ 456 ff. den Wiederkauf. Der Wiederkauf kann als Kreditsicherung wirken, indem die Kaufsache als Sicherheit für den (als verdeckten Kredit gezahlten) Kaufpreis hingegeben wird. Er spielt aber in Deutschland wegen der Anerkennung der Sicherungsübereignung praktisch keine Rolle471. Unabhängig davon wird die Verletzung der sachenrechtlichen Publizitätsgrundsätze gerügt; das sei auch der Grund des Verbots des gewerbsmässigen Ankaufs beweglicher Sachen mit Gewährung des Rückkaufsrechts (§ 34 Abs. 4 GewO)472. 467 Vgl. Loi 2007-211 du 19 février 2007, Art. 12; es handelt sich dabei um eine Ausnahme zum Grundsatz der Vermögenseinheit des frz. Rechts, s. Piedelièvre, GdP 2007, p. 1526 n o 4; Pando, LPA 23 janvier 2009 n o 17. 468 Vgl. RTD com. 2007, chron. obs. Legeais, p. 581-583. 469 Payette, no 1907. 470 Payette, no 1910. 471 MünchKommBGB/Westermann, § 456 Rn. 1; ausführlich zum Wiederkauf Hromadka, Die Entwicklung, 141 ff. 472 Staudinger/Mader (2004) Vorbem. zu §§ 456 ff. Rn. 2.

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(ii) Schweiz. – Die genannte Konstellation wird in der Schweiz als Sicherungskauf bezeichnet und als rechtswirksam angesehen473. Sie spielt aber im Rechtsverkehr keine bedeutungsvolle Rolle. Die verdeckte Absicht an sich, den Kaufpreis als Darlehensvaluta zu verwenden und die Kaufsache als Sicherheit, ist unschädlich, solange das Geschäft ernst gemeint ist474. Wichtig ist aber auch hier, dass – wenn es den Parteien auf eine der Sicherungsübereignung vergleichbare Konstellation ankommt – die gesetzlichen Voraussetzungen, v.a. das Faustpfandprinzip (Art. 717 Abs. 1, 884 Abs. 3 ZGB), eingehalten sind475. (iii) Frankreich. – Auch in Frankreich spielt das als vente à réméré bezeichnete Rechtsgeschäft nur eine sehr untergeordnete Rolle476. Der Code civil regelt es dennoch in minutiöser Weise (Art. 1659 ss C.civ.). In der Vergangenheit war die vente à réméré die einzige Möglichkeit der sicherungsweisen Übertragung des Eigentums477. Sie gilt jedoch als problematisch, u.a. weil es keine Verpflichtung des Verkäufers gibt, den Rückkauf wirklich auszuführen478. (iv) Québec. – Die Lage in Québec ist mit der in den anderen Rechtsordnungen vergleichbar. Das als vente avec faculté de rachat bezeichnete Rechtsgeschäft ist in den Art. 1750-1756 CCQ relativ ausführlich geregelt, wird jedoch nur selten praktiziert, möglicherweise aufgrund der Unsicherheit für den Sicherungsnehmer (Käufer), ob der Sicherungsgeber (Verkäufer) den Rückkauf tatsächlich ausübt479. In Bezug auf die einer Publizitätspflicht unterfallenden Rechtsgeschäfte gelten die gleichen Bedingungen wie bei der Hypothek (und auch dem Eigentumsvorbehalt, s. Art. 1750 al. 2 CCQ). Gemäss Art. 1756 CCQ gilt der Käufer für den Fall, dass Gegenstand des Geschäfts die Kreditsicherung ist, als Hypothekar. Damit der Verkäufer (Sicherungsgeber) sein Recht zum Rückerwerb verliert und der Käufer (Sicherungsnehmer) die Sache verwerten kann, muss Letzterer die Verwertungsvorschriften des Hypothekenrechts berücksichtigen (Art. 1756 CCQ).

473

BGE 56 II 451; BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1387. BGE 86 II 228. 475 Vgl. z.B. BGE 41 III 446. 476 Bénabent, Les contrats spéciaux, n o 159. 477 Ancel, no 485. 478 Ancel, no 485; Dutilleul/Delebecque, no 196; Bénabent, Les contrats spéciaux, no 159. 479 Lamontagne/Larochelle, no 374; s. generell zum Wiederkauf auch Payette, no 2145. 474

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II. Article 9 UCC und Eigentumssicherheiten Article 9 UCC und die weiteren im Folgenden behandelten Rechtsordnungen bzw. Rechtstexte sollen aufgrund ihrer besonderen Bedeutung für die gegenwärtige Diskussion auf dem Gebiet der Kreditsicherheiten einer etwas eingehenderen Betrachtung unterzogen werden, die auch notwendige Hintergründe zu den jeweiligen Rechten liefern soll. 1.

Hintergrund des Article 9 UCC

a.

Geschichtlicher Hintergrund des Article 9 UCC

(i) Die Arbeiten am Uniform Commercial Code Der Uniform Commercial Code ist ein Gemeinschaftsprojekt der National Conference of Commissioners on Uniform State Laws (NCCUSL) und des American Law Institute (ALI). Beide haben sich 1944 über eine Zusammenarbeit zur Schaffung eines umfassenden Gesetzgebungswerks auf dem Gebiet des Wirtschaftsrechts geeinigt. Es waren zu diesem Zeitpunkt bereits einige durch die NCCUSL ausgearbeitete Uniform Acts in mehreren Staaten in Kraft, die gegen Ende der 1930er Jahre aber angesichts der Veränderungen der tatsächlichen Praxis des Wirtschaftsrechts mehr und mehr als unzureichend angesehen wurden480. Gegen Ende der 1930er und Anfang der 1940er Jahre gab es ein starkes Interesse an einer umfänglichen Reform des Wirtschaftsrechts. Chief reporter des Projekts war Karl N. Llewellyn; seine zukünftige Ehefrau Soia Mentschikoff wurde Associate Chief Reporter. Llewellyn wählte für jeden Artikel des zu schaffenden Code hauptverantwortliche drafters aus. Die zu regelnden Aspekte des Wirtschaftsrechts sollten jeweils getrennt in unterschiedlichen Abschnitten des Gesetzgebungswerks, den sogenannten Articles, niedergelegt werden481. Die Grundlagen der Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen sollten in Article 9 verankert werden. Drafters des Article 9 waren Grant Gilmore und Allison Dunham. Der erste offzielle Wortlaut des gesamten UCC wurde 1952 vorgestellt; weitere gab es in den Jahren 1957, 1958 und 1962. 1953 übernahm Pennsylvania als erster Staat den gesamten UCC in seine 480

Die erfolgreichsten (von den meisten Staaten übernommenen) Uniform Acts waren das Uniform Negotiable Instruments Law von 1898 und der Uniform Warehouse Receipts Act von 1906. Die Unzufriedenheit mit den Uniform Acts bestand auch darin, dass viele nur von einigen Staaten übernommen wurden und dass Staaten unterschiedliche Änderungen vornahmen, sodass die Rechtslage tatsächlich nicht mehr einheitlich war; vgl. zur Lage vor dem Uniform Commercial Code White/Summers, Uniform Commercial Code, 5 th ed., St. Paul Minn., 2000, p. 3; Schnader, A Short History of the Preparation and Enactment of the Uniform Commercial Code, 22 U. Miami L. Rev. 2 (1967). 481 S. z.B. Article 2 für sales, Article 3 für negotiable instruments oder Article 5 für letters of credit.

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Gesetzgebung. In den Folgejahren kamen Schritt für Schritt immer mehr Staaten hinzu. New York übernahm den UCC 1962. Bis 1968 hatten 49 Staaten den Uniform Commercial Code in ihr jeweiliges Recht umgesetzt. Schlusslicht war Louisiana, das im Jahre 1974 einige Artikel und 1988 schliesslich auch Article 9 des UCC in sein Recht überführte. In den einzelstaatlichen Gesetzgebungsverfahren der 1950er und 1960er Jahre fügten die jeweiligen Gesetzgeber dem UCC viele Änderungen hinzu. Mehr als die Hälfte aller Änderungen (amendments) betraf Article 9. Der Grund wird darin zu sehen sein, dass Article 9 komplett neues Recht schuf, während die übrigen Artikel zum grossen Teil nur das bisher bestehende Recht der Uniform Acts neu regelten482. Der Uniform Commercial Code hat sich mithin in allen US-amerikanischen Staaten durchgesetzt, ohne direkt anwendbares Bundesrecht zu sein. Aufgrund der Gesetzgebungszuständigkeit der Einzelstaaten gibt es 51 verschiedene Uniform Commercial Codes483. Die einzelnen Artikel des Uniform Commercial Code wurden mehrmals revidiert. ALI und NCCUSL unternahmen in den 1990er Jahren eine bedeutende Revision von Article 9. Diese letzte grössere Revision wurde 1998 fertiggestellt und den Staaten wurde die Übernahme zum 1. Juli 2001 empfohlen. Seit 2001 hat es keine grössere Revision mehr gegeben484. (ii) Der Zustand des alten Kreditsicherungsrechts der Vereinigten Staaten Bei der Betrachtung der durch Article 9 UCC eingeführten Neuerungen muss die Rechtslage in den Vereinigten Staaten in den 30er, 40er und 50er Jahren des 20. Jh. berücksichtigt werden. Article 9 UCC richtet sich an eine ganz bestimmte, räumlich und zeitlich abgrenzbare Situation. Bevor mit den Arbeiten zum Uniform Commercial Code begonnen wurde, bestand weitestgehend Konsens, dass das alte System der Kreditsicherheiten nicht zufriedenstellend funktionierte485. Zum einen gab es Probleme weil jeder Staat sein eigenes System der Kreditsicherheiten hatte. Die Anerkennung von in einem Staat begründeten 482 Gilmore, The Secured Transactions Article of the Commercial Code, 16 Law & Contemporary Problems 27 (1951); Schnader, 22 U. Miami L. Rev. 10 (1967). 483 Die Anzahl ergibt sich aus den 50 Bundestaaten und dem Distrikt der Bundeshauptstadt. Daneben existieren auch UCC-Versionen auf Puerto-Rico, auf Guam und auf den US Virgin Islands. 484 Bisher hat es nur kleine, spezifische Änderungen gegeben. So haben NCCUSL und ALI im Jahr 2010 Änderungen hinsichtlich der Registrierung von Sicherungsvereinbarungen vorgeschlagen, die sich auf die notwendigen Angaben zur Identifikation des Schuldners beziehen. 485 Gilmore, The Secured Transactions Article, 16 Law & Contemporary Problems 33 (1951); vgl. generell zum Recht der Kreditsicherheiten vor Inkrafttreten des UCC in den Staaten Gilmore/Axelrod, Chattel Security I, II, 57 Yale L. J. 517, 761 (1947–1948); Gilmore, Security Interests in Personal Property, vol. 1, Boston 1965, p. 5–286.

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Sicherungsrechten, die auf das Territorium eines anderen Staats gebracht wurden, war problematisch. Vor allem aber herrschte in den Einzelstaaten ein Durcheinander486, was die Möglichkeiten der Kreditsicherung anbelangte. In jedem Staat gab es ein Arsenal mehrerer Kreditsicherungsrechte an beweglichen Sachen, für die unterschiedliche Voraussetzungen galten, obwohl sie die gleiche oder eine ähnliche Funktion erfüllten. Für Sicherungsrechte an beweglichen Sachen gab es z.B. folgende Instrumente: chattel mortgage, conditional sale, bailment-lease, trust receipt, possessory and non-possessory factor’s lien, assignment of accounts receivable, field warehousing und andere. Gleichzeitig herrschte ein Durcheinander in der Gesetzgebung. So gut wie jedes Kreditsicherungsrecht hatte sein eigenes Gesetz, das entweder ein Uniform Act sein konnte, im Normalfall jedoch der staatlichen Gesetzgebung entsprang487. Die Vielfalt der gesetzlichen Quellen des Kreditsicherungsrechts erzeugte eine begriffliche Verwirrung, da jedes Gesetz eigene, von den anderen Gesetzen unabhängige Definitionen enthielt. Schliesslich bedingte das Problem der Überlappungen zwischen einzelnen Kreditsicherheiten die Gefahr, dass eine Kreditsicherheit, die von den Parteien in einer bestimmten Weise bezeichnet war, in den Anwendungsbereich einer anderen Kreditsicherheit fiel und so den Anforderungen des anderen entsprechenden Gesetzes unterworfen war488. Es war des Weiteren sehr kompliziert, bestimmte Arten von beweglichem Vermögen zur Besicherung von Krediten zu verwenden, weil die anerkannten Kreditsicherheiten wegen Beschränkungen des Rechts dafür unbrauchbar waren. Und wenn auch Mittel gefunden wurden, durch vertragliche Abmachungen Sicherheiten zu bestellen, so bestand doch die Unsicherheit, ob diese auch von den Gerichten anerkannt werden würden. Dies galt besonders für die Besicherung mittels eines Warenlagers mit wechselndem Bestand (inventory/stock in trade). Dafür hätte sich normalerweise das chattel mortgage als Sicherungsrecht anbieten müssen, gab es doch die Möglichkeit einer besitzlosen Sicherheit. Allerdings herrschte Rechtsunsicherheit darüber, ob ein mortgage of stock in trade wirksam sein könne489. Die Gerichte beurteilten diese Frage unterschiedlich. Teilweise sah 486 “A wasteful confusion”, so die Bewertung von Baird/Jackson, Security Interests in Personal Property – Cases, Problems and Materials, Mineola, N.Y. 1984, p. 52. 487 S. eine Auflistung der möglichen Gesetze zur Kreditsicherung durch bewegliche Sachen Gilmore, The Secured Transactions Article, 16 Law & Contemporary Problems 31 (1951). 488 Gilmore, The Secured Transactions Article, 16 Law & Contemporary Problem 31 (1951), gibt für das Überlappen das Beispiel von factor’s lien und trust receipt an (a.a.O., 32); s. zu den Nachteilen des alten Rechts auch Birnbaum, Secured Transactions under the Uniform Commercial Code, vol. 1, Philadelphia, Committee on Continuing Legal Education 1954, p. 3. 489 S. zu der Frage Birnbaum, Secured Transactions, p. 5.

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man in dem mortgage of stock in trade einen Betrug zu Lasten der anderen Gläubiger des Schuldners (mortgagor), da er ihnen gegenüber als Eigentümer erscheine490. Diese Ansicht, die sich im Einklang mit der jahrhundertealten Rechtsprechung in Twyne’s Case491 befand, wurde auch bei der Einführung von Registratursystemen durch die Chattel Mortgage Acts nicht aufgegeben. Teilweise wurde in der Argumentation auf das Problem der Bestimmtheit abgestellt. Aufgrund der wechselnden Gegenstände in einem Warenlager fehle es an der „Bestimmtheit“ der Belastung492. Die Frage hängt eng zusammen mit der Anerkennung oder Nichtanerkennung der Bestellung einer Sicherheit an zukünftigem Vermögen (after-acquired property). Die Anerkennung wurde anfangs bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts mit dem Hinweis verweigert, dass niemand ein Vermögensstück übertragen könne, an dem er kein Recht habe (nemo potest dare quod non habet)493. Bereits in dem durch ein Bundesgericht entschiedenen Fall Mitchell v. Winslow494 war zwar erkannt worden, dass die Vereinbarung der Belastung zukünftigen Vermögens in equity wirksam sein konnte, bereits kurze Zeit später traf jedoch der Massachusetts Supreme Judicial Court zwei konträre Entscheidungen495. Seitdem wurden die Fälle von Staat zu Staat unterschiedlich gehandhabt. Es mangelte an festen Kriterien für die Wirksamkeit des chattel mortgage über Umlaufvermögen, sodass insgesamt keine Rechtssicherheit bestand. Um diesen Problemen aus dem Wege zu gehen, versuchten Vertragsparteien, sich mit anderen Konstruktionen zu behelfen, die dazu dienen sollten, notwendige Finanzierungsquellen zu erschliessen, gleichzeitig aber die Anforderungen des geltenden Rechts einzuhalten. Das sogenannte field warehousing, ein besonderes Kreditsicherungsmittel für Umlaufvermögen496, wurde entwickelt, um die Beschränkungen des chattel mortgage zu umgehen, das nicht als Sicherungsrecht an wechselndem Vermögen ver490 Vgl. Griswold v. Sheldon, 4 N.Y. 581; Robinson v. Elliott 89 U.S. 513; Gilmore, Security Interests, p. 42. 491 3 Co. Rep. 80b. Nach dieser Entscheidung der Star Chamber aus dem Jahr 1601 liegt in der Eigentumsübertragung an beweglichen Sachen an einen Vertragspartner ohne Aufgabe des Besitzes ein Betrug zu Lasten Dritter, die mit dem Veräusserer auf Basis des Vertrauens in seinen sichtbaren Vermögensstand Geschäfte abschliessen. 492 Gilmore, Security Interests, p. 41. 493 Vgl. Low v. Pew, Mass. 347 (1871); Baird/Jackson, Security Interests in Personal Property, p. 52. 494 17 Fed. Cas. No. 9673 (at 533); Baird/Jackson, Security Interests in Personal Property, p. 52. 495 Jones v. Richardson, 51 Mass. 481 (1845); Moody v. Wright, 54 Mass. 17 (1847); Baird/Jackson, Security Interests in Personal Property, p. 52. 496 Vgl. zum field warehousing Birnbaum, Secured Transactions, p. 4; Gilmore, The Secured Transactions Article, 16 Law & Contemporary Problems 40 (1951); Birnbaum, Form and Substance in Field Warehousing, 13 Law & Contemp. Probs. 579 (1948).

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wendet werden konnte. Bei diesem Sicherungsgeschäft gab es drei Beteiligte: einen Kreditnehmer (borrower), einen Kreditgeber (lender) und ein Unternehmen, das sich auf die praktische Durchführung derartiger Sicherungsgeschäfte spezialisiert hatte, die warehouse company497. Letztere bediente sich zumeist eines custodian (warehouseman) als Vertreter. Auf dem Gelände des Kreditnehmers wurde typischerweise ein abgeschlossener Raum oder ein getrennter Bereich eingerichtet, in dem die jeweils verpfändeten Gegenstände gelagert wurden. Das Gelände bzw. der Raum wurde gegen einen geringen Nominalbetrag, wie beispielsweise 1 $, an die warehouse company vermietet, die die praktische Organisation des warehouse einem Mitarbeiter des Schuldners, dem custodian überliess. Nur dieser hatte Zutritt zu den Gegenständen und führte über den Bestand Buch. Der Kreditnehmer selbst durfte diesen Grundstücksteil nur mit Erlaubnis des custodian betreten. Der custodian stellte – je nach Einlieferung von Gegenständen – Lagerscheine (warehouse receipts) auf den Namen der kreditgebenden Bank aus. Die äussere Organisation des field warehousing zielte v.a. darauf ab, dem Erfordernis des Besitzübergangs der Pfandsache auf die warehouse company zu entsprechen. Gleichzeitig konnte der Kreditnehmer den Bestand weiter im Rahmen seiner Geschäfte nutzen. Allerdings war diese Konstruktion sehr kompliziert und konnte daher keinen hohen Grad an Rechtssicherheit herstellen. Für das Erfordernis des Besitzübergangs kam es stark auf die Einzelheiten an: War der Raum, in dem sich das verpfändete Umlaufvermögen befand, abgeschlossen? Wenn es sich um einen freien Platz handelte, gab es Zäune? War das warehouse durch Zeichen sichtbar gekennzeichnet? Hatte nur der custodian einen Schlüssel498? Ein weiteres Problem des alten Rechts bestand darin, dass die Anforderungen an die wirksame Begründung von Sicherungsrechten sehr formalistisch waren499. Ein Beispiel dafür liefert wieder das chattel mortgage. In vielen Gesetzen war vorgesehen, dass die Unterschriften zum Sicherungsvertrag beglaubigt werden mussten. Bei der Registrierung des chattel mortgage waren eidesstattliche Erklärungen zuzufügen, wie ein affidavit of consideration oder ein affidavit of good faith. Schliesslich musste die Beschreibung der Sicherungsgegenstände ausserordentlich genau sein. Eine Abweichung von den formalen Anforderungen der Eintragung konnte den 497 Wegen der Komplexität der äusseren Anforderungen an die Wirksamkeit der Sicherheit gaben die Banken die äussere Abwicklung an die warehouse companies ab. 498 Erforderlich waren dabei, nach Union Trust Comp v. Wilson, 198 U.S. 530, 537 (1905) “conscious control, the intent to exclude and the exclusion of others, with access to the place of custody as of right.” 499 Gilmore, Security Interests, p. 52, spricht hier von “almost insane insistence on documentary formalities”.

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Mangel der Publizität nach sich ziehen. Das galt sogar dann, wenn der Dritte die Eintragung kannte. Deshalb konnte es für den mortgagor aussichtsreicher sein, das Sicherungsrecht nicht einzutragen und eher auf tatsächliche Kenntnis Dritter zu setzen500. (iii) Zusammenfassung Die Darstellung des Zustands des amerikanischen Rechts der Kreditsicherheiten in den 30er, 40er und 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts lässt ein Recht erkennen, das extrem komplex und undurchsichtig ist und deshalb grossen Anlass zur Rechtsunsicherheit gibt. Die Unsicherheit äussert sich in einer Vielzahl ähnlicher Sicherungsrechte, die auf einer Vielfalt von gesetzlichen Quellen beruhen und unterschiedliche Definitionen verwenden. Sie äussert sich des Weiteren in exzessiven formalen Wirksamkeits- und Drittwirksamkeitsanforderungen. Sie äussert sich schliesslich in der unsicheren Anerkennung bestimmter Kreditsicherungsrechte durch die Rechtsprechung. b.

Regelungsziele des Article 9 UCC

Hauptziel der Autoren von Article 9 UCC war die Schaffung eines einheitlichen und umfassenden Regelwerks für vertraglich vereinbarte Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen. Das neue Regelwerk sollte nicht nur auf alle Umstände der gesicherten Transaktion, wie Begründung, Drittwirksamkeit, Verwertung etc., Anwendung finden, sondern auch auf die unterschiedliche Behandlung verschiedener Arten beweglichen Vermögens verzichten. Um dieses Ziel zu erreichen, befürworteten die Autoren die Verankerung eines einheitlichen, auf alle diese Umstände anwendbaren Sicherungsrechts, das funktional definiert werden sollte501. Um auf die Interessen des Schuldners und möglicher anderer Gläubiger des Schuldners Rücksicht zu nehmen, sollte es faire und zugleich effiziente Verwertungsprozeduren enthalten. Um den Informationsbedürfnissen aller beteiligten Parteien ausreichend Rechung zu tragen, sollte das System ein effizientes Registrierungssystem vorsehen, das sog. notice filing. Eines der Hauptanliegen der Gesetzgebung ist es, das Auseinanderfallen von Besitz und Rechten an der Sache (sog. ostensible-ownership-Problematik) zu doku500 Gilmore, Security Interests, p. 52–53; Baird/Jackson, Security Interests in Personal Property, p. 29. 501 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, Toronto 2006, p. 4; Gilmore, Security Interests, p. 295: “The first thing to be noticed about Article 9 is its comprehensiveness: it is all-embracing, all-devouring; it covers everything. (…) The draftsmen chose to follow the not uncommon pattern of starting with an apparently allinclusive statement and then going on to carve out a considerable number of exceptions.”

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mentieren und Scheintransaktionen zu verhindern502. Die Rechtssicherheit der Gläubiger sollte durch eine Neuordnung des Prioritätssystems verbessert werden, die Gläubigern Sicherheit und Voraussehbarkeit ihrer Rangstellung geben sollte503. Dafür wurde ein System entworfen, das statt auf tatsächliche Kenntnis eines Rechts strikt auf die Reihenfolge des notice filing abstellt und das nicht nur die Priorität zwischen gesicherten Gläubigern regelt, sondern dazu auch das Verhältnis zu anderen Gläubigern regelt, die ein Recht an der Sache geltend machen könnten, wie gutgläubigen Erwerbern. Schliesslich sollte die Finanzierung auf der Basis von wechselndem Umlaufvermögen erleichtert werden. Dazu wurde u.a. vorgesehen, dass Sicherungsrechte automatisch zukünftig zu erwerbenden Sachen (after acquired property) anhaften sollen, ohne Notwendigkeit einer weiteren Vereinbarung (Art. 9-204 UCC). c. Die Definition eines einheitlichen Kreditsicherungsrechts als Kernstück des Ansatzes Das Kernstück des Article 9 UCC ist die Definition eines einheitlichen Kreditsicherungsrechts, das auf alle vertraglichen Vereinbarungen Anwendung findet, die ein Recht der Verwertung an einer Sache für den Fall der Nichterfüllung einer Forderung vorsehen. Article 9 UCC stellt bei der Definition des security interest genannten Kreditsicherungsrechts als einziges entscheidendes Abgrenzungskriterium auf die ihm innewohnende Funktion der Sicherung ab: “security interest means an interest in personal property or fixtures which secures payment or performance of an obligation (…).” (i) Der unitäre Ansatz (unitary approach) Das security interest des Article 9 UCC hat einen umfassenden Anwendungsbereich. Es ist das einzige mögliche vertragliche Kreditsicherungsrecht an beweglichen Sachen. Das bedeutet nicht, dass es verboten wäre, vom pledge, chattel mortgage, field warehousing, conditional sale oder anderen Rechten Gebrauch zu machen. Jedoch werden alle diese Sicherungsrechte des alten Rechts – wie auch alle denkbaren Neuerfindungen auf dem Gebiet der vertraglichen Sicherheiten der beweglichen Sachen – 502

Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 574; s. zur Bedeutung von ostensible ownership auch Baird/Jackson, Possession and Ownership, 35 Stan. L. Rev. 185 (1982–1983); Helman, Ostensible Ownership and the Uniform Commercial Code, 83 Com. L.J. 25 (1978); s.a. Mooney, The Mystery and Myth of “Ostensible Ownership” and Article 9 Filing: A Critique of Proposals to extend Filing Requirements to Leases, 39 Ala. L. Rev. 683 (1987–1988). 503 Cuming/Walsh/Wood, p. 7; Macdonald, The Counter-Reformation, 19 (1991) Can. Bus. L.J. 268.

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automatisch in der Rechtsfolge, z.B. für die Anforderungen an die wirksame Begründung, die Drittwirksamkeit, die Verwertung usw., dem Recht der Article 9 UCC unterworfen. In der Sprache des Article 9 UCC und der Rechtsordnungen, die ihm gesetzgebungstechnisch nachgefolgt sind504, wird für diesen Ansatz der Ausdruck unitary approach verwendet. Die besondere Schärfe dieses Ansatzes wird dort sichtbar, wo es bisher möglich war, sich durch Umgehung des insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes Sondervorteile zu verschaffen: im Bereich der Eigentumssicherheiten. Article 9 UCC schliesst das aus, indem die funktionale Definition des security interest nicht nur Kreditsicherheiten im eigentlichen Sinne, sondern auch die Verwendung des Eigentums zum Zwecke der Kreditsicherung erfasst. Article 9 UCC unterscheidet dabei nicht zwischen bestimmten Arten der Verwendung des Eigentums. Auf alle – ohne Ausnahme – werden in der Rechtsfolge die Regeln des security interest angewandt. Die funktionale Deutung der Eigentumssicherheiten als security interest, mithin als ein Recht an fremder Sache, scheint den Autoren des Article 9 UCC allerdings nicht in allen Fällen selbstverständlich gewesen zu sein. So hielten sie es für nötig, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Vorbehalt des Eigentums beim Kaufvertrag nur die Wirkung eines security interest haben kann505. (ii) Die dogmatische Konzeption des security interest Article 9 UCC und seine Kommentatoren beantworten die Frage nicht, ob das security interest der Konzeption einer der alten Kreditsicherheiten oder irgendeiner anderen Konzeption folgt oder nicht. Article 9 legt keinen Wert auf dogmatische Kategorisierung; sie wird sogar bewusst vermieden506. Die Regeln des Sachenrechts sollen für die Zuordnung der Rechte und Pflichten der Parteien der gesicherten Transaktion gerade keine Rolle spielen. Die dogmatische Rücksichtslosigkeit in Bezug auf bisherige sachenrechtliche Konzeptionen zeigt sich auch darin, dass die Zuordnung des Eigentums am Sicherungsgegenstand für das Rechtsverhältnis der Parteien 504 Z.B. die PPSAs und der UNCITRAL Legislative Guide on Secured Transactions. S. dazu gleich weiter unten. 505 Art. 1-201 (b) (35): “(…) The retention or reservation of title by a seller of goods notwithstanding shipment or delivery to the buyer (…) is limited in effect to a reservation of a security interest.” 506 Vgl. Cuming, The Internationalization of Secured Financing Law: the Spreading Influence of the Concepts UCC, Article 9 and its Progeny; in: Cranston, Ross (eds.), Making Commercial Law – Essays in Honour of Roy Goode, Oxford 1997, p. 505, weist darauf hin, dass für die Autoren wegen der funktionalen Sichtweise die Folgen einer Transaktion und nicht ihre konzeptuelle Form entscheidend waren. S.a. Gilmore, Security Interests, p. 335.

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ausdrücklich ohne Belang ist507. Eine gewisse Aversion der Autoren gegen das Konzept des Eigentums als Kriterium für die Analyse der Rechte und Pflichten der Parteien ist für den gesamten Code festzustellen. Die Autoren hielten das Abstellen auf das Eigentum für zu statisch und unpragmatisch, um das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien sinnvoll ordnen zu können508. Wichtig war ihnen allein das Funktionieren des Konzepts innerhalb des Regelwerks des Article 9 UCC selbst. Versuche, das security interest in irgendeiner Form zu kategorisieren, werden nur vereinzelt unternommen509. Festhalten lässt sich lediglich, dass das security interest ein Recht an einer Sache ist, das dem Gläubiger die Befriedigung aus der Sache ermöglichen soll, wenn der Schuldner seine Forderung nicht erfüllt. (iii) Die Funktionsweise von Article 9 UCC Article 9 UCC stellt auf die Substanz der Transaktion ab und knüpft an das Vorliegen der Voraussetzungen der Definition bestimmte Rechtsfolgen. Article 9 funktioniert in der Weise, dass immer dann, wenn funktional bzw. in der Substanz ein Rechtsgeschäft vorliegt, das das Ziel der Sicherung einer Forderung hat, die Regeln des Article 9 hinsichtlich Anhaftung (attachment), Perfektion (perfecton), Rang (priority), Verwertung (realization) etc. auf dieses Rechtsgeschäft angewandt werden510. Ob die Parteien 507

Art. 9-202: “Except as otherwise provided with respect to consignments or sales of accounts, chattel paper, payment intangibles, or promissory notes, the provisions of this article with regard to rights and obligations apply whether title to collateral is in the secured party or the debtor.” 508 In besonderem Masse gilt das für das Kaufrecht (Art. 2 UCC). Darüber hinaus ist dieses Misstrauen aber auch in Article 9 zu spüren, vgl. Tabac, The Unbearable Lightness of Title Under the Uniform Commercial Code, 50 Md. L. Rev. 409–410 (1991); Llewellyn, Through Title to Contract and a Bit Beyond, 15 N.Y.U.L.Q. Rev. 165–168 (1937–1938). 509 Cuming, The Internationalization, p. 507, vergleicht das Article 9-security interest mit der englischen equitable charge und der hypotheca des römischen Rechts; s.a. Cuming/Walsh/Wood, p. 60; Davies, The reform of English personal property security law: functionalism and Art. 9 of the Uniform Commercial Code, [2004] 24 LS 300; Macdonald, Three Metaphors, 34 Brook. J. of . Int’l. L. 608 (2009). 510 Damit verkörpert Article 9 UCC einen funktionalen Ansatz der Gesetzgebung. Der Grundsatz, auf die Substanz einer Transaktion abzustellen und sich nicht an den äusseren Formen eines Geschäfts zu orientieren, ist keine Erfindung von Article 9 UCC, sondern bereits aus der anglo-amerikanischen Rechtsgeschichte bekannt. Hinzuweisen ist hier insbesondere auf die equity-Rechtsprechung, vgl. Hepburn, Principles of Equity and Trust, 3rd ed., New York 2006, p. 54: “Equity looks to the intent, rather than to the form”; s.a. Kreglinger v. New Patagonia Meat and Cold Storage Ltd., (1914) A.C. 25 at 36 (Lord Haldane): “The equity judges looked, not at what was technically the form, but at what was really the substance of the transactions (…)”. Equity war kein autonomes Recht auf der gleichen Stufe mit dem common law, sondern griff nur ein, wenn das common law in bestimmten Fällen keine gerechten Ergebnisse erzielte oder einer Partei kei-

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eine Sache verpfänden oder ob sich ein Verkäufer das Eigentum an der Kaufsache bis zur Zahlung des vollständigen Kaufpreises vorbehält, Article 9 führt immer zur Anwendung der gleichen Vorschriften. Die einzige Ausnahme gilt für das purchase money security interest (PMSI). Jenes ist ein security interest, das bestellt wird, um die Finanzierung des Erwerbs einer Sache abzusichern. Inhaber eines purchase money security interest werden hinsichtlich der Priorität bevorzugt behandelt511. (iv) Die Anwendung der funktionalen Sichtweise Wann muss ein Rechtsgeschäft Article 9 unterworfen werden? Der Artikel selbst gibt kaum Anhaltspunkte, wann funktional ein Sicherungsgeschäft vorliegt. Nach der Definition des Art. 1-201 (b) (35) UCC ist das immer dann der Fall, wenn ein Recht an einer Sache eine Forderung auf Zahlung oder Erfüllung einer Leistung sichert. Art. 9-109 (a) (1) UCC stellt klar,

nen wirksamen Schutz geben konnte. Ein Beispiel, wie equity auf die Substanz einer Transaktion und nicht auf ihre äussere Form schaut, ist die Rechtsprechung zum mortgage. Das mortgage ist ein Sicherungsrecht, bei dem (in der Rechtslage seit dem 15. Jh.) der Kreditnehmer (mortgagor) sein Land auf den Kreditgeber (mortgagee) zur Sicherung des Kredits überträgt. Während es vorher noch üblich war, dass der mortgagee das Land in Besitz nahm, war das mortgage seit dem 17. Jh. eine besitzlose Sicherheit. Der mortgagor konnte sein Land zurückerhalten, wenn er an einem bestimmten, vorher festgelegten Tag den Kredit zurückzahlte. Wenn er aber an dem Termin nicht zahlen konnte, dann verfiel das Land nach den Regeln des common law endgültig an den mortgagee. Dennoch haftete der Kreditnehmer weiterhin aus dem Vertrag; vgl. zum mortgage: Megarry/Wade, The Law of real property, 5th ed., London 1984, p. 916; Cousins/Clarke, The Law of Mortgages, 2nd ed., London 2001, p. 12; Cheshire, The modern law of real property, 10 th ed., London 1967, p. 566. Diese Härte des Common Law wurde durch die equityRechtsprechung seit dem 17. Jh. zugunsten des Kreditnehmers verändert. Er sollte das Land nun auch zurückerhalten dürfen, wenn er erst nach Verstreichen des vereinbarten Termins zahlte. Zu diesem Ergebnis kamen die equity-Gerichte, indem sie auf die Substanz der Transaktion schauten: Das eigentliche Ziel des mortgage bestehe darin, dem Kreditgeber Sicherheit zu verschaffen. Soweit der Sicherungsgegenstand intakt bleibe, könne er seine Aufgabe – nämlich den Kreditgeber zu sichern – weiter erfüllen und es gebe keinen Grund, den Kreditnehmer nur wegen Verstreichen des Termins zu enteignen. Die äussere Form der Vollrechtsübertragung könne diesen Befund nicht ändern; vgl. England v. Codrington, (1758) 1. Ed. 169; Re Duke of Marlborough, (1894) 2 Ch. 133; Cousins/Clarke, p. 2. Aus der Sicht von Equity handelt es sich beim mortgage deshalb nicht um eine Vollrechtsübertragung, sondern lediglich um die Bestellung einer Sicherheit. Equity behandelt den mortgagor mithin als Eigentümer; Smith, L., Relief Against Forfeiture: a Restatement, 60 C.L.J. 178 (2001); Cousins/Clarke, p. 343; Casborne v. Scarfe, 1 ATK 605. Ziel dieses Eingriffs war es, der empfundenen Ungerechtigkeit zu begegnen, dass sich der Kreditgeber etwas aneignen wolle, was er doch nur als Pfand verwenden wolle. 511 S. genauer dazu unten B. II. 2. b.

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dass dabei nicht auf die äussere Form des Rechtsgeschäfts zu achten ist512. Während Art. 9-102 (1) UCC in seiner alten Fassung513 noch auf die Absicht der Parteien abstellte, verzichtet Art. 9-109 UCC514 auf einen solchen Hinweis und enthält auch sonst keine positiven Anhaltspunkte. Gilmore515 weist darauf hin, dass die Definition bewusst so unklar gelassen worden sei. Wann im Einzelfall eine Sicherheit vorliege, sei eine Frage, die den Gerichten überlassen werden müsse. d.

Umgang von Article 9 UCC mit schwierigen Wertungsfällen

Die funktionale Wertung beschränkt sich auf die Frage, ob in der Substanz der Transaktion eine Sicherheit vereinbart worden ist. Bei bestimmten Rechtsgeschäften kann die funktionale Wertung sehr schwierig sein. Besonders deutlich wird das beim Leasing. Die Unterscheidung zwischen true leasing und security leasing hat für viel Konfliktstoff gesorgt516. Die Problematik ist gleichzeitig ein Beispiel dafür, welche Schwierigkeiten Article 9 UCC gelegentlich mit der Beschränkung auf die funktionale Sichtweise haben kann. Grundsätzlich gibt es kein Problem, wenn ein Leasinggeber dem Leasingnehmer die Nutzung einer Sache gegen ein Entgelt zeitweise gewährt und dann die Sache wieder anderweitig für sich verwendet, wenn er mithin nie den Willen hatte, seine Rechte an der Sache aufzugeben. Eine solche Vereinbarung funktioniert als Mietvertrag und nicht als Sicherheit. Problematisch wird es aber dann, wenn Parteien aus einkommenssteuerlichen und anderen Gründen ihren Leasingvertrag so strukturieren, dass er in der Substanz einen Ratenkaufvertrag darstellt, verbunden mit dem Vorbehalt des Eigentums durch den Leasinggeber. Normalerweise ist die Abgrenzung zwischen Kauf und Leasing unkompliziert: Der Verkäufer will seine Rechte an der verkauften Sache aufgeben. Er will 512 Art. 9-109 (a) (1): “Except as otherwise provided in subsections (c) and (d), this article applies to: (1) a transaction, regardless of its form, that creates a security interest in personal property or fixtures by contract (…)”. 513 Fassung von 1972. 514 In der Fassung der Revision von 1998. 515 Gilmore, Security Interests, p. 335: “What is important to remember is that, ultimately, the Article 9 security interest floats, unmoored, in a void. Whether any particular transaction creates ‘an interest … which secures … an obligation’ is a question for judicial determination.” 516 Das gilt besonders im Zusammenhang mit dem alten Art. 1-120 (37) UCC (Fassung vor 1987). Art. 1-203 UCC in der aktuellen Fassung versucht, die Abgrenzung durch eine umfangreiche Regelung zu erleichtern. S. zur Problematik der Abgrenzung zwischen true lease und security lease Ziegel, Should Canada Adopt an Article 2A Type Law in Personal Property Leasing? 16 Can. Bus. L. J. 379–384 (1990); Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 598–600; Davies, [2004] 24 LS 306–308.

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sie nicht zurückhaben. Der Leasinggeber dagegen gibt die Sache für eine gewisse Zeitdauer an den Leasingnehmer ab und will sie danach wieder für sich nutzen. Es kann aber trotz der Rückgabe eine Situation vorliegen, die mit der Aufgabe der Rechte des Leasinggebers an der Sache vergleichbar ist, z.B. weil der Leasingnehmer die Sache gleichsam „verbraucht“ hat und die Rückgabe mithin wertlos ist. Art. 1-203 UCC stellt für die Abgrenzung zwischen true lease und security lease (der faktisch einen Eigentumsvorbehaltskauf darstellt) massgeblich auf den Zusammenhang zwischen der Leasingdauer und der wirtschaftlichen Lebenszeit der Sache ab. Wenn die Dauer des Vertrags mindestens der wirtschaftlichen Lebensdauer der Sache entspricht, dann liegt ein security interest vor517. Dem werden Situationen gleichgestellt, in denen der Leasingnehmer verpflichtet oder berechtigt ist, das Vertragsverhältnis bis zum Ablauf der wirtschaftlichen Lebensdauer der Sache zu verlängern oder in denen er die Möglichkeit hat, zum Ende des Vertrags den Gegenstand zu einem Nominalbetrag zu erwerben. Art. 1-203 UCC zählt des Weiteren in einem Katalog mehrere Punkte auf, die für sich gesehen nicht ausreichen, um ein security interest zu begründen. Die Vorschrift unterstützt mithin die funktionale Wertung durch eine als kompliziert zu bezeichnende wirtschaftliche Hilfsüberlegung. Teilweise wird das Abstellen auf die wirtschaftliche Lebensdauer der Sache sogar als Wegwendung von der funktionalen Sichtweise und als Hinwendung zu einer formalistischen Wertung gesehen. Die Autoren, die diese Ansicht vertreten, verweisen darauf, dass Art. 1-203 UCC das Rechtsgeschäft im Kern anhand des Konzepts des title518 bewerte. Art. 1517

S.a. die weiteren Voraussetzungen von Art. 1-203 (b) UCC: “A transaction in the form of a lease creates a security interest if the consideration that the lessee is to pay the lessor for the right to possession and use of the goods is an obligation for the term of the lease and is not subject to termination by the lessee, and: (1) the original term of the lease is equal to or greater than the remaining economic life of the goods; (2) the lessee is bound to renew the lease for the remaining economic life of the goods or is bound to become the owner of the goods; (3) the lessee has an option to renew the lease for the remaining economic life of the goods for no additional consideration or for nominal additional consideration upon compliance with the lease agreement; or (4) the lessee has an option to become the owner of the goods for no additional consideration or for nominal additional consideration upon compliance with the lease agreement.” 518 Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 598; Clark, The Law of Secured Transactions under the Uniform Commercial Code, Boston 1993, no 1.35. Es ist darauf zu achten, dass das Konzept des title im Sinne des anglo-amerikanischen Rechts nicht mit dem Eigentumsbegriff z.B. des deutschen oder französischen Rechts gleichgesetzt werden kann, vgl. zum Konzept des title im anglo-amerikanischen Recht Clarke/Kohler, Property Law, Cambridge, Cambridge University Press 2005, p. 383; title im anglo-amerikanschen Recht ist kein absolutes, sondern ein relatives Konzept. Zwei oder mehr Personen können Berechtigungen an der gleichen Sache haben. Beide Berech-

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203 UCC stelle massgeblich darauf ab, ob die als residual title bezeichnete Berechtigung des Leasinggebers zum Zeitpunkt der Rückgabe der Sache überhaupt noch einen Wert haben würde. Die Berechtigung des Leasinggebers habe dann keinen Wert mehr, wenn die wirtschaftliche Lebensdauer der Sache abgelaufen sei. Das habe zur Folge, dass der residual title gleichsam auf den Leasingnehmer übergehe. Damit stehe die Situation der des Eigentumsvorbehalts gleich. Schwierigkeiten bei der funktionalen Wertung ergeben sich nicht nur beim Leasing. Um den besonders schwierigen Abgrenzungen aus dem Wege zu gehen, erweitert Article 9 UCC den Anwendungsbereich der Regelung zum security interest. Er schliesst aus den genannten Gründen auch mehrere Veräusserungsgeschäfte wie sale of accounts (Verkauf von Forderungen/Factoring), sale of chattel paper (Verkauf von Beweisurkunden über gesicherte Forderungen), sale of payment intangibles (Verkauf eines immateriellen Rechts, das dessen Schuldner zur Zahlung verpflichtet; vgl. Art. 9-102 (a) (61)) und sale of promissory notes (Verkauf eines schriftlichen Schuldversprechens) von vornherein in seinen Anwendungsbereich ein (Art. 9-109 (a) (3)). Die Erstreckung des Anwendungsbereichs der Regeln zum security interest auf diese und andere Rechtsgeschäfte wird aber auch durch eines der Hauptregelungsziele von Article 9 UCC motiviert. Die Gesetzgebung zum Recht der Kreditsicherheiten soll danach auch dazu dienen, die Täuschung möglicher Gläubiger, die auf das Vermögen des Schuldners vertrauen (sog. ostensible ownership-Problematik)519 zu verhindern. Unter diesem Gesichtspunkt (aber auch unter dem vorigen Gesichtspunkt) wird besonders die Einbeziehung der Kommissionsgeschäfte durch Article 9 UCC verständlich. Wie zu zeigen sein wird, haben andere Rechtsordnungen, die sich an Article 9 UCC orientieren, mit diesem Argument noch andere Rechtsgeschäfte in den Anwendungsbereich ihrer Kreditsicherungsrechte einbezogen.

tigungen werden als title bezeichnet; im Verhältnis zwischen beiden besteht die Frage, wer den besseren title hat. Im Fall des Leasing hat der Leasingnehmer das Recht, die Sache zu nutzen. Das ist sein title. Als residual title wird das Recht des Leasinggebers bezeichnet, die Sache nach dem Ende der Leasingdauer herauszuverlangen und für sich zu nutzen. 519 S. dazu Cuming/Walsh/Wood, p. 90; Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 598–609; Baird/Jackson, Possession and Ownership, 35 Stan. L. Rev. 196–201 (1982–1983); White/Summers, p. 716–736.

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2. Regulierung im Einzelnen: Voraussetzungen und Wirkungen des Article 9-security interest a.

Inter partes-Wirksamkeit des security interest

In Bezug auf die Begründung eines Sicherungsrechts nach Article 9 UCC ist zwischen mehreren Schritten abzugrenzen. Im Unterschied zum deutschen, schweizerischen und anderen europäischen Rechten fallen Bestellung des Sicherungsrechts und Drittwirksamkeit nicht zusammen. Genau genommen unterscheidet das Recht des Article 9 UCC drei Schritte: wirksamer Sicherungsvertrag (general effectiveness of security agreement), Durchsetzbarkeit des Sicherungsrechts gegenüber dem Sicherungsgeber (enforceability against the debtor) und Wirksamkeit gegenüber Dritten (effectiveness against purchasers of the collateral and against creditors)520. Für die Durchsetzbarkeit des security interest gegenüber dem Schuldner haben die Schöpfer des Article 9 UCC das Konzept des attachment, der Anhaftung des Rechts an die betreffenden Sachen, entwickelt. Der Zustand maximaler Drittwirksamkeit des security interest wird dagegen mit dem Konzept der perfection (Perfektion) des security interest bezeichnet. Nach Art. 9-201 (a) UCC ist die Sicherungsvereinbarung (security agreement) grundsätzlich so wie vereinbart zwischen den Parteien und auch im Verhältnis zu Käufern des Sicherungsgegenstands und weiteren Gläubigern wirksam. Damit wird der Grundsatz ausgedrückt, dass Parteien untereinander wirksam Sicherungsrechte begründen können, soweit nicht der Staat als Ausnahme Einschränkungen vorsieht. Damit grenzt sich Article 9 UCC von Rechten ab, nach denen alle verwendeten Sicherungsrechte vom Staat positiv vorgegeben werden. Article 9 unterscheidet den Abschluss des Sicherungsvertrags von der Entstehung des security interest521. Damit das security interest zwischen den Parteien entsteht, müssen die Voraussetzungen für die Anhaftung des Rechts am Sicherungsgegenstand (attachment) gegeben sein. Gemäss Art. 9-203 (a) haftet das Sicherungsrecht dem Sicherungsgegenstand an522, wenn es gegenüber dem Schuldner durchsetzbar ist. Die Durchsetzbarkeit gegenüber dem Schuldner liegt nach Abs. (b) vor, wenn der Sicherungsgeber geleistet hat oder sich zur Leistung verpflichtet hat (value has been given) (1), der Schuldner Rechte an der Sache (rights in collateral) hat oder die Rechtsmacht hat, Rechte an der Sache auf den Sicherungsnehmer zu übertragen (2), und wenn ein weiteres Erfordernis aus einer Liste von vier Möglichkeiten erfüllt ist. Ein520

Für die englische Terminologie s. den Wortlaut von Art. 9-201 (a) und Art. 9-203 (a) UCC. 521 Vgl. Art. 9-201 Commentary 2; Cuming/Walsh/Wood, p. 161. 522 Terminologie des Art. 9-203 (a): “A security interest attaches to collateral”; vgl. generell zum attachment: Borkhardt, 38 ff.; McCormack, Secured Credit, p. 73.

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

schlägig wird unter diesen in den meisten Fällen sein, dass der Schuldner als Urheber einer Sicherungsvereinbarung authentifiziert werden kann, die eine Beschreibung des Sicherungsgegenstands enthält ((b) (A)). Das Erfordernis der Leistung des Gläubigers ist erfüllt, wenn er seine Leistung wie die Auszahlung des Kredits oder die Vorlieferung der Ware erbracht hat. Auch die blosse Verpflichtung zur Erbringung der Leistung ist ausreichend (vgl. Art. 1-204)523. Art. 9 UCC enthält keine besondere Formvorschrift für die Sicherungsvereinbarung; allerdings muss der Schuldner als Urheber der Vereinbarung feststehen524. Ziel des Art. 9-203 (b) (3) ist es, den Beweis des Abschlusses einer Sicherungsvereinbarung zu ermöglichen525. Für das Erfordernis des Buchstaben (A) ist es ausreichend, wenn der Schuldner die Sicherungsvereinbarung unterzeichnet (s. zur Definition Art. 9-102 (7)); ausreichend ist aber auch der blosse Austausch elektronischer Nachrichten526. Die Vereinbarung muss eine Beschreibung des oder der Sicherungsgegenstände enthalten, die sich an Art. 9-108 (b) hält. Das Erfordernis, dass der Schuldner Rechte am Sicherungsgegenstand haben muss (Art. 9-203 (b) (2)), lässt letztendlich erkennen, dass für die Bestellung eines Sicherungsrechts an einem Gegenstand im Besitz des Schuldners nicht erforderlich ist, dass der Schuldner Eigentümer der Sache ist. Das security interest haftet vielmehr auch beschränkten Rechten des Schuldners an, die er an der Sache hat, die ihm nur eine ausschnittsweise Berechtigung an der Sache geben527. 523

Vgl. auch Stone, Uniform Commercial Code in a Nutshell, St. Paul, Minn. 2005, p. 400; Art. 1-204: “Except as otherwise provided (…), a person gives value for rights if the person acquires them: (1) in return for a binding commitment to extend credit or for the extension of immediately available credit, whether or not drawn upon and whether or not a charge-back is provided for in the event of difficulties in collection (…)”. 524 Terminologie des Art. 9-203 (b) (3) (A): “the debtor has authenticated a security agreement”. 525 Evidentiary requirement; Art. 9-203 Commentary 3; Borkhardt, 45. 526 Del Duca/Guttman [et al.], Secured Transactions under the Uniform Commercial Code and International Commerce, Cincinnati 2002, p. 73; Sigman, The Security Interest in the United States: A Unitary Functional Solution; in Ancel (édt.), Repenser le droit des sûretés mobilières, Paris 2005, p. 64; Art. 9-203 Commentary 3; s.a. das Erfordernis von Art. 2-201 (1) in Bezug auf den Kaufvertrag über Waren: “A contract for the sale of goods for the price of $5,000 or more is not enforceable by way of action or defense unless there is some record sufficient to indicate that a contract for sale has been made between the parties and signed by the party against which enforcement is sought (…).” 527 Art. 9-203 Commentary 6; Sigman, The Security Interest, 59; Cuming/Walsh/Wood, p. 164; Rusch/Sepinuck, Problems and Materials on Secured Transactions, St. Paul Minn. 2006, p. 90. Die Alternative zu rights in collateral ist or the power to transfer rights in the collateral to a secured party (Art. 9-203 (b) (2) UCC). Durch diesen Teilsatz wird angedeutet, dass der Schuldner in gewissen Umständen mehr Rechte übertragen kann, als er hat. In diesem Zusammenhang ist besonders Art. 2-403 UCC wichtig, vgl. Rusch/Sepinuck, p. 91 und Art. 9-203 Commentary 6.

B. Regulierung de lege lata in verschiedenen Rechtsordnungen

b.

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Perfektionierung des security interest

Man könnte versucht sein, perfection mit Drittwirksamkeit gleichzusetzen. Das wäre aber ungenau. Im Unterschied zum deutschen und schweizerischen Recht und auch zum Recht der kanadischen Provinz Québec ist schon ein nicht perfektioniertes security interest drittwirksam. Perfection beschreibt eher einen Zustand maximaler Drittwirksamkeit, die ein Gläubiger erreichen kann. Die Besonderheit des Article 9 UCC – gerade aus europäischer Sicht – ist mithin, dass es unterschiedliche Grade von Drittwirksamkeit geben kann528. Unperfektionierte security interests geben Vorrang vor ungesicherten Gläubigern und auch vor bestimmten Gläubigern, die Kenntnis vom security interest haben529. Anders als in Deutschland, der Schweiz und ähnlichen Rechtsordnungen fragt sich mithin ein Gläubiger nicht: „Ist mein Sicherungsrecht drittwirksam oder nicht?“ oder „Kann ich es Dritten entgegenhalten?“, sondern eher: „Wie drittwirksam ist mein Sicherungsrecht?“ oder „Welchen anderen Gläubigern gegenüber wird es Bestand haben und welchen gegenüber nicht?“. Ein security interest ist perfected, wenn es dem Sicherungsgegenstand anhaftet und ein weiteres Erfordernis erfüllt ist, das man als perfecting step bezeichnen kann530. Zumeist handelt es sich dabei um die Registrierung eines financing statement in ein Sicherheitenregister (Art. 9-310 (a), und 9501)531. Anstelle des financing statement kann die perfection aber auch durch andere perfecting steps erfolgen, z.B. dadurch, dass der Sicherungsnehmer den Gegenstand in seinem Besitz hat oder in seinen Besitz übernimmt (Art. 9-310 (b) (6) oder 9-313). Daneben ist auch die Perfektion durch Ausübung der Kontrolle möglich (perfection by control) (Art. 9-314 (a)). Dabei handelt es sich um ein Konzept, das für bestimmte Sicherungs528

Das zeigt schon der Umstand, dass nicht perfektionierte security interests in den Regelungen über die Priorität mit aufgeführt werden; vgl. Hagedorn, Secured Transactions, 5th ed, St. Paul, Minn. 2007, p. 211: “The extent of protection of the secured party from claims of third persons with respect to the collateral depends in many instances on whether the security interest is perfected or not. (…) While a perfected security interest is protected against most third-party claims, even an unperfected security interest has limited protection against certain third persons.”; vgl. auch Kieninger, Die Zukunft, AcP 208 (2008), 213; Sigman, The Security Interest, p. 69. 529 S. Nachweise bei Hagedorn, Secured Transactions, p. 217; Ontario PPSA and Commentary, Toronto, Lexis Nexis 2005, p. 18; Borkhardt, 37. Nicht perfektionierte security interests untereinander werden nach dem Zeitpunkt des attachment geordnet, vgl. Art. 9-322 (a) (3). Die Norm lässt erkennen, dass auch noch nicht einmal anhaftende security interests, die aber effective sind (vgl. Art. 9-201 (a)), an der Ordnung der Priorität teilnehmen. 530 Cuming/Walsh/Wood, p. 203, sprechen von perfection steps. Dieser Ausdruck wird auch von den PPSAs verwendet, vgl. PPSA-ON/A/PEI s. 19. 531 Vgl. dazu Sigman, The Security Interest, p. 68; Stone, p. 402; Borkhardt, 131.

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

genstände u.a. im Zusammenhang mit Kapitalmarktrechten vorgesehen ist. In bestimmten Ausnahmefällen kann es auch zur automatischen perfection bereits im Zeitpunkt der Anhaftung des Sicherungsrechts kommen (z.B. im Fall eines purchase money security interest über Verbrauchsgüter, vgl. Art. 9-309 (1)). Die Registrierung (notice filing) ist der am meisten gebräuchliche perfecting step. Hauptzweck der Registrierung ist es, ein klares Datum für die Lösung von Prioritätskonflikten verschiedener Gläubiger zu ermöglichen532. In Übereinstimmung mit dem Konzept des notice filing im Unterschied zum document filing533 sind die gegenüber der registerführenden Stelle zu machenden Angaben minimal. Art. 9-502 (a) verlangt lediglich den Namen des Schuldners, den Namen des Sicherungsnehmers oder eines Vertreters und eine Beschreibung des Sicherungsgegenstands. Die Sicherungsvereinbarung selbst wird nicht eingetragen534. Die Beschreibung des Sicherungsgegenstands kann relativ allgemein gehalten sein, z.B. dass alle Vermögensgegenstände des Schuldners vom Sicherungsrecht erfasst werden535. Diese Angaben geben anderen potentiellen Gläubigern lediglich einen Anhaltspunkt für das mögliche Bestehen eines Rechts an Gegenständen des Schuldners und ermöglichen ihm weitere Nachforschungen536. Das hat zur Folge, dass der Publizitätsakt allein die Perfektion nicht herbeiführen kann. Er ist nur ein notwendiger Schritt auf dem Wege dahin537. Die 532

Sigman, The Security Interest, p. 69; s.a. Art. 9-308 Commentary 2. Der Begriff document filing bezieht sich auf die Art und Weise der Registrierung, wie sie bisher z.B. im deutschen oder schweizerischen Immobilienrecht gang und gäbe ist. Dabei müssen der Registerbehörde öffentliche oder öffentlich beglaubigte Unterlagen vorgelegt werden; vgl. z.B. § 29 der deutschen Grundbuchordnung (GBO). Nach dem Verfahren des notice filing wird dagegen lediglich ein Formular ausgefüllt (financing statement), das Angaben zum Schuldner, zum Gläubiger und zu den Sicherungsgegenständen enthält. Dieses Verfahren ermöglicht nicht einen Nachweis, sondern lediglich den Hinweis auf ein bestehendes Sicherungsrecht. S. z.B. das Formular „UCC1“ auf der Webseite des Department of State, Division of Corporations, State Records and UCC des Bundestaats New York: . 534 Art. 9-502 Commentary 2; Kieninger, Die Zukunft, AcP 208 (2008), 212. 535 Das gilt für das notice filing, nicht aber für die Sicherungsvereinbarung selbst: Art. 9-504 (2); Art. 9-108 Commentary 2: “(...) an ‘all assets’ or ‘all personal property’ description for purposes of a security agreement is not sufficient. Note, however, that under Section 9-504, a financing statement sufficiently indicates the collateral if it ‘covers all assets or all personal property’”. 536 Vgl. zur Funktion des Registers im Sinne des notice filing u.a. Gilmore, Security Interests, p. 466; Kieninger, Die Zukunft, AcP 208 (2008), 182, 212 f.; Sigman, The Security Interest, p. 68–69; Borkhardt, 128 ff.; UNCITRAL-Legislative Guide, Ch. IV, Erwägungsgrund 13. 537 Die Eintragung im Register, wie auch die anderen Methoden der Publizität werden deshalb im Jargon des Article 9 UCC als perfecting step bezeichnet, im Unterschied zur perfection. 533

B. Regulierung de lege lata in verschiedenen Rechtsordnungen

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Perfektion erfordert des Weiteren die Einhaltung der Erfordernisse für die Entstehung des Kreditsicherungsrechts. Ein perfektioniertes security interest hat Priorität vor ungesicherten Gläubigern und unperfektionierten security interests. Für die Priorität zwischen perfektionierten security interests ist – sofern durch notice filing perfektioniert wird – der Zeitpunkt der Registrierung massgeblich (Art. 9-322 (a) (1)). Eine Ausnahme gilt jedoch für security interests, die zugunsten eines Anschaffungskredits bestellt werden. Diese können vor vorher registrierten security interests an derselben Sache Priorität haben, wenn sie innerhalb von 20 Tagen (einer sog. grace period – „Gnadenfrist“) nach Besitzübergang der Sache an den Schuldner als purchase money security interests in das Register eingetragen werden (Art. 9-324 (a))538. Unter Umständen kann die Priorität des perfektionierten security interest durch staatliche Sicherungsrechte, z.B. das federal tax lien, eingeschränkt werden539. Der massgebliche Zeitpunkt für die Priorität zwischen perfektionierten Gläubigern ist entweder der Zeitpunkt der Perfektion oder der Zeitpunkt des filing (Art. 9-322 (a)). Daraus folgt: Wenn ein Gläubiger den perfecting step des filing wählt, richtet sich seine Priorität nach dem Zeitpunkt der Registrierung und nicht erst nach dem Zeitpunkt, in dem die Perfektion, die ein Prozess mit mehreren Schritten ist, abgeschlossen ist540. Der perfecting step kann mithin schon am Anfang aller der für die Perfektion notwendigen Schritte vorgenommen werden. Article 9 UCC ermöglicht es, dass ein security interest registriert wird, ohne dass es bereits zur Anhaftung des Rechts (attachment) an den entsprechenden Sachen gekommen ist, z.B. weil der Sicherungsgeber noch nicht geleistet hat. Für Gläubiger hat diese Regelung den Vorteil, dass sie sich eine bestimmte Prioritätsstellung „sichern“ können. Ein Interesse dazu kann in dem Fall bestehen, dass eine Bank ein security interest registriert, aber die Auszahlung eines Kredits aufgrund der Nachforschung nach möglichen Rechten anderer Gläubiger verzögert. In diesem Fall bestünde die Gefahr, dass ein anderer Gläubiger einfach schneller perfektioniert. Article 9 UCC ermöglicht es der Bank, dieser Gefahr zu entgehen und sich ihre Priorität zu erhalten541.

538 Viel rigoroser ist Article 9 UCC aber dann, wenn sich das purchase money security interest auf inventory erstreckt, s. dazu gleich unten zu den erfassten Vermögensgegenständen. 539 S. nur Hagedorn, Secured Transactions, p. 260. 540 S. dazu Rusch/Sepinuck, p. 316; Macdonald, Transnational Secured Transactions Reform, ZEuP 2009, p. 745, 771; Hagedorn, Secured Transactions, p. 240; Ontario PPSA and Commentary, p. 18. 541 Cuming/Walsh/Wood, p. 210 weisen darauf hin, dass so ein security interest Priorität erhalten kann, das weder zuerst anhaftete, noch zuerst perfektioniert worden ist. Vgl.

116 c.

Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

Erfasste Vermögensgegenstände

Gemäss Art. 9-108 müssen die Sicherungsgegenstände im Sicherungsvertrag ausreichend beschrieben werden. Nach Buchstabe (a) kommt es dabei nicht auf die spezifische Beschreibung an542. Es reicht die „angemessene Beschreibung“ (when it reasonably identifies); Buchstabe (b) (6) stellt klar, dass die objektive Bestimmbarkeit ausreichend ist. Die Anforderungen an die Bezeichnung sind mithin sehr leicht und damit auch in Übereinstimmung mit dem besonderen Zweck des notice filing, nämlich den potentiellen Gläubiger über die Möglichkeit einer bestehenden Sicherheit zu unterrichten. So lässt Buchstabe (b) die Beschreibung einer bestimmten Kategorie von Gegenständen oder auch eines bestimmten Typs genügen. Im Unterschied zum notice filing ist hier allerdings eine alles umfassende Beschreibung (all the debtor’s assets) nicht ausreichend (Buchstabe (c)). Art. 9 UCC ermöglicht in einfacher Form die Einbeziehung später erworbener Vermögensgegenstände, wie auch nach der Sicherungsvereinbarung entstehender anderer Forderungen des Sicherungsnehmers in die Vereinbarung. Art. 9-204 (a) erklärt ausdrücklich, dass eine Vereinbarung in Bezug auf sog. after-acquired property zulässig ist. Damit können ohne weiteres Warenlager mit wechselndem Bestand (shifting stock) als Sicherheit verwendet werden. Das Sicherungsrecht entsteht in diesem Fall erst dann, wenn der Schuldner Rechte an der Sache erwirbt, jedoch kann die Priorität des Sicherungsnehmers an der zukünftigen Sache bereits im Zeitpunkt des notice filing gesichert werden543. Dem Vorrang des durch ein purchase money security interest gesicherten Gläubigers, z.B. des Eigentumsvorbehaltsverkäufers, vor einem Geldkreditgeber mit einem Sicherungsrecht an einem Warenlager mit wechselndem Bestand werden durch Article 9 UCC Grenzen gesetzt. Im Fall eines purchase money security interest an inventory544 gilt die 20-tägige „Gnadenfrist“ für die Registrierung nicht545. Das security interest muss bereits zum Zeitpunkt der Besitzerlangung des Schuldners perfektioniert sein (s. Art. 9.324 (b) zur Prioritätsstelzur Interessenlage der Gläubiger LoPucki/Warren, Secured Credit: A Systems Approach, 3rd ed., New York 2000, p. 590; Rusch/Sepinuck, p. 316. 542 Sigman, The Security Interest, p. 64. 543 Sigman, The Security Interest, p. 65; s. für den Fall des Warenlagers mit wechselndem Bestand auch Art. 9-205. Für die Eintragung im Register (notice filing) ist eine Mitteilung ausreichend, wonach die gegenwärtigen und zukünftigen Ausrüstungsgegenstände und das Inventar vom Sicherungsrecht erfasst werden sollen, vgl. Sigman, The Security Interest, p. 69. 544 Inventory wird von Article 9 UCC weit definiert. Laut Art. 9-102 (a) (48) gehören dazu nicht nur Rohmaterialien, verarbeitete Gegenstände und zu veräussernde Gegenstände, sondern auch Gegenstände, die verleast worden sind oder die im Rahmen eines Werkvertrags geliefert worden sind. 545 S. dazu oben zur Drittwirksamkeit des Article 9-security interest.

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lung des purchase money security interest an inventory). Weiterhin muss der Erwerbskreditgeber den bereits am Warenlager gesicherten Gläubiger über sein beabsichtigtes Kreditsicherungsrecht informieren und eine Beschreibung der betroffenen Gegenstände beifügen. Wie bei einem verlängerten Eigentumsvorbehalt deutschen Rechts setzt sich das Sicherungsrecht bei der Veräusserung des Sicherungsguts automatisch am Veräusserungserlös fort (Art. 9-315 (a) (1))546. Des Weiteren kann in der Sicherungsvereinbarung auch bestimmt werden, dass der Sicherungsgegenstand auch andere und erst zukünftige Kredite und sonstige Forderungen des Sicherungsnehmers sichern soll, s. Art. 9-204 (c)547. Wirksam sind sogar sog. cross-collateral clauses, wonach die zu jeder Zeit (ab Vertragsschluss) bestehenden und später erworbenen Vermögensgegenstände des Schuldners jede Kreditierung sichern, unabhängig von deren Zeitpunkt548. d. Rechte und Pflichten der Parteien während der gesicherten Transaktion Die Rechte und Pflichten zwischen den Parteien vor Ausfall des Schuldners werden weitestgehend den Parteien zur vertraglichen Regelung überlassen. Art. 9-205 UCC wendet sich ausdrücklich von altem Recht ab, nach welchem Vereinbarungen nichtig sein sollten, nach denen der Schuldner eine umfangreiche Herrschaft über die Sache behalten sollte549. Nach der Vorschrift ist ein security interest nicht als unwirksam oder fraudulent550 anzusehen, weil der Schuldner das Recht erhalten hatte, die Sache zu veräussern, Forderungen einzuziehen, die Sache mit anderen Sachen zu vermischen etc. Wenn der Gläubiger den Besitz der Sache erhält, hat er in Bezug auf die Sache reasonable care auszuüben (Art. 9-207 (a)). Vernünftige Aufwendungen zur Erhaltung muss der Schuldner tragen (b). Der Gläubiger darf die Sache nur verwenden, soweit der Schuldner es gestattet oder sofern die Verwendung zur Erhaltung ihres Werts notwendig ist. Erträge der Sache in Geld sind an den Schuldner auszukehren oder dienen der Rückführung der 546

S. zur Definition der proceeds Art. 9-102 (a) (64); Sigman, The Security Interest,

p. 65.

547

Sigman, Security Interest, p. 65. Art. 9-204 Commentary 2. 549 S. zum Vor-Code-Recht Benedict v. Ratner, 268 U.S. 353 (1925); Art. 9-205 Commentary 2; Hagedorn, Secured Transactions, p. 100. 550 Fraudulent ist das Adjektiv zu fraud (betrügerisches Verhalten) und bezieht sich auf ein Verhalten der absichtigen Benachteiligung Dritter durch eine vertragliche Konstruktion. In Benedict v. Ratner wurde es als irreführend in Bezug auf Dritte angesehen, dass der Schuldner das Recht hatte, über den Sicherungsgegenstand zu verfügen und die Erlöse für eigene Zwecke zu verwenden. 548

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

Schuld (c). Sonstige Einkünfte aus der Sache, z.B. Dividenden in Form von Aktien, erhöhen dagegen die Sicherheit. e.

Verwertung des Rechts

Part 6 des Art. 9 UCC regelt die Rechte des Sicherungsnehmers in dem Fall, dass der Schuldner seine Verbindlichkeit nicht erfüllen kann. Art. 9601 verdrängt dabei nicht die allgemein geltenden Regeln, sondern bietet dem Gläubiger Spezialregelungen an, auf die er zurückgreifen kann, aber nicht muss. Art. 9-601 (a) (1) fasst die Rechte des Gläubigers folgendermassen zusammen: “A secured party may reduce a claim to judgment, foreclose, or otherwise enforce the claim [or] security interest (…) by any available judicial procedure”. Die erste der genannten Möglichkeiten betrifft die ausserhalb des Art. 9 UCC bestehenden Prozessrechte des Gläubigers: Er kann den Schuldner auf Leistung verklagen und dann aufgrund des Urteils in das Vermögen des Schuldners und damit auch in den Sicherungsgegenstand vollstrecken. Insofern macht der gesicherte Gläubiger nur die Rechte geltend, die auch ein ungesicherter Gläubiger geltend machen könnte551. Die dritte Möglichkeit, nämlich die Forderung oder das Sicherungsrecht auf irgendeine andere Art durchzusetzen, weist auf die grosse Freiheit der Parteien hin, ihre Rechte und Pflichten in der Verwertung im Rahmen der Sicherungsvereinbarung selbst zu bestimmen552. Die zweite Möglichkeit ist die speziell von Part 6 des Art. 9 UCC vorgesehene. Danach kann der Gläubiger den Sicherungsgegenstand in Besitz nehmen und ihn dann zu seiner Befriedigung verwerten (foreclosure), entweder indem er ihn in Erfüllung der Verbindlichkeit in Zahlung nimmt (strict foreclosure) oder verkauft (foreclosure by sale). Art. 9-609 gibt dem Gläubiger das Recht, für den Fall, dass der Schuldner mit seiner Verpflichtung ausfällt, den Sicherungsgegenstand in Besitz zu nehmen (repossession). Dabei handelt es sich um ein Selbsthilferecht; allerdings ist das Recht des Gläubigers dadurch begrenzt, dass es nicht zu einem „Friedensbruch“ (breach of peace) kommen darf (Art. 9-609 (b) (2)). Dem Gläubiger bieten sich für die repossession drei Möglichkeiten553: Möglicherweise ist der Schuldner bereit, den Gegenstand freiwillig an den Gläubiger herauszugeben. Wenn nicht, kann der Gläubiger den Gegenstand selbst an sich nehmen. Falls das aber breach of peace bedeuten würde, muss er um gerichtliche Hilfe nachsuchen. Die Problematik liegt darin festzustellen, wann breach of peace gegeben ist und wann nicht. Da das Gesetz dazu schweigt, ist die Entscheidung im Einzelfall den Gerichten überlassen. Die Frage, ob das Ver551 Stone, p. 513; Quinn, Quinn’s Uniform Commercal Code Commentary and Law Digest, vol. 3, 2 nd ed., St Paul, Minn. 2001, Art. 9, p. 1089. 552 Quinn, Art. 9, p. 1088. 553 S. zur repossession auch del Duca/Guttman [et al.], p. 123; Quinn, Art. 9, p. 1132.

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halten des Gläubigers oder der von ihm für die repossession beauftragten Personen breach of peace darstellt, stellt sich als kompliziert dar554. Nachdem sich der Gläubiger in den Besitz der Sache gebracht hat, bieten sich ihm die zwei genannten Verwertungsmöglichkeiten. Zum einen kann der Gläubiger den Sicherungsgegenstand in Zahlung nehmen555. Für den Gläubiger hat die als strict foreclosure bezeichnete Verwertungsart den Vorteil, dass er sich schnellstmöglich befriedigen kann und dass er einen Überschuss des Werts der Sache über die Forderung (surplus) nicht herausgeben muss556. Auf der anderen Seite kann er bei einem negativen Betrag diesen nicht länger gegenüber dem Schuldner geltend machen. Vor allem aber erlöschen bei der Ausübung des Rechts alle nachrangigen Sicherungsrechte an der Sache (Art. 9-622 (a) (4)). Die formalen Anforderungen an die Durchführung von strict foreclosure sind deshalb aufwendig. Nach Art. 9-620 (a) und (c) ist die Zustimmung des Schuldners erforderlich, die wirksam nur nach dem Eintritt des Sicherungsfalls erfolgen kann. Des Weiteren muss der secured creditor die Ausübung des Rechts auch Dritten gegenüber androhen. Art. 9-621 verpflichtet ihn, eine notification of proposal to accept collateral an jede Partei zu senden, die ihm gegenüber ein claim of interest in the collateral (Art. 9-621 (a) (1)) geltend gemacht hat, sowie an jede Partei, die ein Recht an dem gleichen Gegenstand registriert hat. Der Widerspruch der genannten Personen macht die Ausübung des Rechts unzulässig (Art. 9-620 (a) (2)) und verweist den Gläubiger auf die Verwertung durch Verkauf des Sicherungsguts. Art. 9-620 (a) (1) ermöglicht dagegen auch eine partial strict foreclosure. Dabei einigen sich die Parteien über den Wert des Sicherungsgegenstands zum Zeitpunkt des Ausfalls, der auf die offene Forderung angerechnet werden soll. In diesem Fall würde der Schuldner weiter den offenbleibenden Betrag schulden und der Gläubiger einen eventuellen Überschuss herausgeben müssen. Die Veräusserung des Sicherungsgegenstands im Wege des privaten oder öffentlichen Verkaufs (Art. 9-610 (a)) stellt deshalb den Normalfall dar (foreclosure by sale)557. Für die Veräusserung wird dem secured creditor kein bestimmtes Verfahren vorgeschrieben. Vielmehr bietet sich ihm eine Reihe von Möglichkeiten, wenn nur das Gebot beachtet ist, dass das Verfahren wirtschaftlich sinnvoll ist. Art. 9-610 (b): “(…) If commercially 554 S. die Stellungnahme von Quinn, Art. 9, p. 1141: “Resolution of the ‘breach of the peace‘ issue, in the abstract, comes down to a search for the limits of the possible: A search for the line between conduct that is outrageous but legally acceptable, and conduct that is not only outrageous, but legally unacceptable as well.”; s.a. Art. 9-609 Commmentary 3; del Duca/Guttman [et al.], p. 123. 555 Art. 9-620: “Acceptance of the Collateral in Full or Partial Satisfaction of Obligation”; Stone, p. 518. 556 Stone, p. 518. 557 Stone, p. 520; s. zu den Wirkungen der acceptance of collateral Art. 9-622 UCC.

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

reasonable, a secured party may dispose of collateral by public or private proceedings, by one or more contracts, as a unit or in parcels, and at any time and place and on any terms.” Der Gläubiger muss den Verkauf gegenüber dem Schuldner und den bereits oben genannten Dritten, die Interesse an der Sache haben könnten, androhen (Art. 9-611 – 613). Die Androhung gegenüber Dritten kann entfallen, wenn es sich um consumer goods handelt. Nach der Verteilung des Erlöses558 ist ein eventueller Überschuss an den Schuldner herauszugeben (Art. 9-615 (d)). Das Verwertungsschema lässt sich von der Maxime leiten, das Verfahren zu ermöglichen, das einen bestmöglichen Ertrag erwarten lässt559. Des Weiteren haben sich die Verfasser der Norm von dem Prinzip leiten lassen, dass es im Eigeninteresse beider Parteien liegt, dem Gläubiger bei der Verwertung eine grösstmögliche Freiheit einzuräumen560. Art. 9-610 ermutigt deshalb die private Veräusserung des Sicherungsgegenstands561. Neben der Verpflichtung zu wirtschaftlich sinnvollem Verhalten und der Möglichkeit richterlicher Hilfe wird der Schuldner auch dadurch geschützt, dass er auf besonders grundlegende Rechte nicht wirksam verzichten kann (s. Art. 9-602). f.

Stellung in der Insolvenz des Sicherungsgebers

Ein Sicherungsrecht, das noch nicht perfected ist, hat keine Wirksamkeit gegenüber dem Konkursverwalter562. Dagegen sind Sicherungsrechte, die die Voraussetzungen der perfection (Art. 9-308) erfüllen, grundsätzlich konkursfest; der Sicherungsnehmer wird im Konkursverfahren ge-

558

Zuerst werden die notwendigen Rechtsverfolgungskosten (z.B. Anwaltskosten) beglichen. Der überbleibende Betrag wird für die Erfüllung der gesicherten Forderung und danach zur Befriedigung nachfolgender Gläubiger verwendet, vgl. Art. 9-615 (a) (1)-(3) UCC. 559 Sigman, The Security Interest, p. 70. 560 Im Grundsatz ist das Verwertungsverfahren frei von obrigkeitlicher Einflussnahme. Es wird nämlich nicht im Interesse des Gläubigers liegen, dem Schuldner Schaden zuzufügen, sondern durch die Veräusserung einen maximalen Erlös zu erzielen. Auch der Schuldner ist daran interessiert, dass ein guter Kaufpreis für die Sache gezahlt wird. Das wird aber bei einem öffentlichen Verkauf weniger der Fall sein. Auf der anderen Seite ist der Schuldner insofern geschützt, als richterliche Hilfe zu jeder Zeit erlangt werden kann. Vgl. dazu Sigman, Security Interest, p. 70; del Duca/Guttman [et al.], p. 127; Art. 9-610 Commentary 2. 561 Art. 9-609 Commentary 2. 562 Das ergibt sich aus Art. 9-317 (a) UCC; Graham-Siegenthaler, 549; Das amerikanische Konkursverfahrensrecht findet sich in Title 11 des amerikanischen United States Code (Bankruptcy). Dieser bietet in seinen Kapiteln 7, 9, 11, 12 und 13 unterschiedliche Verfahren an, je nach Gesamtvollstreckungsschuldner und der Aussicht einer möglichen finanziellen Gesundung.

B. Regulierung de lege lata in verschiedenen Rechtsordnungen

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schützt563. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass der Sicherungsnehmer die Sache sofort aus der Masse nehmen kann. Nach Art. 362 (a) (5) Title 11 USC564 führt die Stellung eines Antrags auf Eröffnung eines Konkursverfahrens nämlich zur Suspendierung aller Verwertungsakte in Bezug auf einen Sicherungsgegenstand565. Allerdings kann die Suspendierung aufgehoben werden, wenn der Wert des Sicherungsguts durch seine Belastung erschöpft ist (Art. 362 (d) (2) (A) Title 11). Bei Reorganisationsverfahren muss zusätzlich dazu noch nachgewiesen werden, dass die Sache nicht zu einer Weiterführung des Unternehmens benötigt wird ((2) (B))566. III. Die kanadischen Personal Property Security Acts und Eigentumssicherheiten 1.

Hintergrund der kanadischen PPSAs

Anders als in den Vereinigten Staaten standen in den englischsprachigen kanadischen Provinzen Kreditsicherungsrechte auf der Basis des common law zur Verfügung, die auch für den besonders relevanten Fall der Nutzung eines Warenlagers mit wechselndem Bestand genutzt werden konnten567. Im Unterschied zum US-amerikanischen Recht wurde die Notwendigkeit zur Reform allein in dem zersplitterten Rechtszustand gesehen568. Das Vorbild des Article 9 UCC im südlichen Nachbarland war ein willkommener Anlass zur Rechtsreform. Ontario hatte bereits 1966 als erste kanadische Provinz einen Personal Property Security Act eingeführt. Anders als in den Vereinigten Staaten wurde der Prozess nicht von Anfang an durch ein unabhängiges Gremium gesteuert. Erst 1984 konstituierte sich das Western Canada Personal Property Security Act Committee, das ein 563 S. ebenfalls Art. 9-317 (a) für die Bedeutung der perfection; Art. 9-308 Commentary 3; Graham-Siegenthaler, 549. 564 Title 11 des United States Code (Kodifikation des US-amerikanischen Bundesrechts) ist der Bankruptcy Code. 565 S. dazu Riesenfeld, Einige Betrachtungen zur Behandlung dinglicher Sicherungsrechte an beweglichen Vermögensgegenständen im Insolvenzrecht, in: Basedow/ Hopt/Kötz (Hrsg.), Festschrift für Ulrich Drobnig zum 70. Geburtstag, Tübingen 1998, 624. 566 Graham-Siegenthaler, 550 Fn. 339; Riesenfeld, 624. 567 S. zur Gesetzgebungsgeschichte der kanadischen PPSAs Cuming, Symposium, 29 [1996] Loy. L.A. L.Rev. 971. Cuming weist hier auf die equitable mortgage und die floating charge des englischen Rechts hin. 568 Cuming, Symposium, 29 [1996] Loy. L.A. L.Rev. 973: “By the 1960s personal property security law had become almost Byzantine in its complexity and lack of consistency. Each financing device had a different conceptual basis and a regulatory statute designed primarily to impose registration requirements as a precondition to secured parties' assertion of a priority status given by the common law or equity. Registration requirements were complex and little attempt was made to make them consistent.”

122

Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

Modellgesetz erarbeitete569. Dieses Modell wurde dann in den Folgejahren von den einzelnen Provinzen übernommen, wobei jede Provinz die Erfahrungen der vorangehenden Provinzen nutzte, um eigene Verfeinerungen einzuführen570. Inhaltlich sind fast alle571 kanadischen Provinzen dem Vorbild des Article 9 UCC gefolgt und haben ebenfalls ein unitäres und funktionales security interest als vertraglich vereinbartes Kreditsicherungsrecht an beweglichen Sachen geschaffen572. Für die Darstellung des Ansatzes der Gesetzgebung kann weitgehend auf das Recht des Article 9 UCC verwiesen werden573. Vergleichbar mit Article 9 UCC erweitern auch die PPSAs ihren Anwendungsbereich auf Rechtsgeschäfte, die nicht notwendigerweise Kreditsicherheiten sind, um Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Sicherheit und Nicht-Sicherheit zu umgehen und um die Problematik nicht erkennbarer Sicherungsrechte (siehe ostensible ownership-Problematik) umfassend anzugehen. Sie grenzen sich hier aber auch von Article 9 UCC ab, indem sie eigene Wege gehen. So versuchen die kanadischen PPSAs, die Problematik der funktionalen Wertung der Leasingfälle zu umgehen, indem sie eine gesetzliche Vermutung begründen. Sie behandeln jedes lease, das die Dauer von einem Jahr überschreitet, wie ein security lease574. Allerdings gilt das nicht für alle Regelungsgegenstände des Rechts der Kreditsicherheiten: Auf ein solches lease werden die Regeln über Publizität und Priorität angewendet, nicht aber die für die Verwertung geltenden Regeln. Hier kommt es weiter auf die Unterscheidung zwischen true lease und security lease an. Der Anwendungsbereich wird vergleichbar mit Art. 9-109 UCC auf weitere Geschäfte erweitert, z.B. auf transfer of account and chattel paper und auf commercial consignments. Anders als Article 9 UCC weisen die PPSAs auf die gewisse Künstlichkeit der Konstruktion hin, indem sie ausdrücklich klarstellen, dass es sich dabei nicht um Rechtsgeschäfte handelt, die eine Zahlung oder eine andere Forderung sichern575. Was die ostensible ownership-Problematik anbelangt, gehen die PPSAs der kanadischen Atlan-

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Cuming, Symposium, 29 [1996] Loy. L.A. L.Rev. 971. Cuming, Symposium, 29 [1996] Loy. L.A. L.Rev. 971. 571 Eine Ausnahme bildet Québec, das sich zwar mit dem Institut der hypothèque im neuen Code civil von 1994 auch am Modell des Article 9 UCC orientierte, dabei aber sein zivilistisches Erbe wahren wolle. S. dazu oben B. I. a. (i) (4). 572 Vgl. zum unitären und funktionalen security interest PPSA-ON sec 2 (a); PPSASA sec 2 (1)(qq); PPSA-NS sec 2 (ar). 573 S. dazu B. II. 1. c. 574 Vgl. PPSA-SA s. 3 (2), PPSA-NB s. 3 (2), PPSA-NS s. 4 (2). 575 Vgl. PPSA-SA s. 3 (2); PPSA-NL s. 4 (2). 570

B. Regulierung de lege lata in verschiedenen Rechtsordnungen

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tikprovinzen besonders weit, indem sie auch einen Kauf ohne Übergang des Besitzes den Regeln der PPSAs unterwerfen576. 2.

Regulierung im Einzelnen

Wie auch nach Article 9 UCC ist die zwischen Schuldner und Gläubiger abgeschlossene Sicherungsvereinbarung grundsätzlich wirksam. Anerkannte Sicherungsrechte müssen nicht positiv vorgegeben sein577. Drittwirksam wird das security interest, wenn die Voraussetzungen der Anhaftung (attachment) gegeben sind578. Grundsätzlich gelten dafür die von Article 9 UCC bekannten drei Bedingungen, dass der Sicherungsnehmer geleistet hat (value has been given), dass der Sicherungsgeber Rechte an der Sache (rights in collateral) hat und dass der Sicherungsgeber eine ausreichend konkrete Sicherungsvereinbarung unterzeichnet hat579. Schliesslich kann der Sicherungsnehmer sein Sicherungsrecht perfektionieren. Erneut ist daran zu erinnern, dass bereits ein nicht perfektioniertes Sicherungsrecht vor gewissen Rechten anderer Gläubiger Vorrang hat580. Gegenüber einem trustee in bankruptcy ist ein Sicherungsrecht, bei dem nur die Voraussetzungen des attachment erfüllt sind, dagegen nachrangig581. Um sein Sicherungsrecht gegenüber allen anderen Gläubigern aufrechterhalten zu können, muss der Sicherungsnehmer das Recht perfektionieren. Dazu ist erforderlich, dass neben dem attachment ein weiterer Schritt (ein sog. perfecting step) erfolgt582. Die typischen Fälle sind die Registrierung der Sicherheit im Sicherheitenregister und die Inbesitznahme der Sache durch den Sicherungsnehmer583. Im Verhältnis von perfektionierten security interests wird der „gewinnende“ Gläubiger grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Perfektionierung ermittelt; jedoch gilt wie im US576

Sale of goods without a change of possession; vgl. PPSA-NB ss. 1, 3 (2) (d), PPSA-NS/NL ss. 1, 4 (2) (d), PPSA-PEI ss. 1, 3 (2) (d). 577 Vgl. PPSA-SA s. 9 (1); PPSA-ON s. 9 (1). 578 So ganz ausdrücklich PPSA-ON s. 11 (1). 579 PPSA-BC s. 10 (1); PPSA-ON s. 11 (2); PPSA-SA s. 10 (1). 580 Grundätzlich hat es vor allen nicht perfektionierten Sicherungsrechten am gleichen Gegenstand Vorrang, die dem Gegenstand später angehaftet haben, vgl. PPSA-ON s. 30 (1); PPSA-SA s. 35 (1) (c). 581 Vgl. ausdrücklich PPSA-SA s. 20 (2) (a); PPSA-ON s. 20 (1) (b). Vorrangig ist auch das Pfandrecht zugunsten eines Gläubigers, der im Wege der Einzelzwangsvollstreckung vollstreckt; vgl. PPSA-ON a.a.O. 582 Ausnahmsweise können security interests auch schon zum Zeitpunkt des attachment, ohne einen weiteren Schritt, anhaften, s. dazu z.B. PPSA-ON s. 19 (2). 583 Vgl. PPSA-ON s. 22-23. Für besondere Sicherungsgegenstände (bestimmte Kapitalmarktrechte) reicht es für die Perfektionierung, dass der Sicherungsnehmer die Kontrolle über den Sicherungsgegenstand ausübt; s. dazu PPSA-ON s. 22.1; PPSA-SA s. 24 (1).

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

amerikanischen Recht die Ausnahme, dass der Zeitpunkt der Eintragung eines financing statement im Register letztendlich entscheidend ist584. Wie auch im US-amerikanischen Recht hat das folgende Konsequenz, die durch ein kleines Beispiel verdeutlicht werden soll: Im Januar 2012 reicht A ein financing statement über das Warenlager des Y bei der zuständigen Behörde ein. B reicht sein financing statement über die gleichen Gegenstände im Februar ein. Im März zahlt B an Y einen Kredit aus und trifft mit Y eine Vereinbarung über die Bestellung einer Sicherheit am Warenlager. Im April zahlt A einen Kredit an Y aus und lässt sich eine Sicherheit an den gleichen Sachen bestellen. In diesem Fall hat B sein Sicherungsrecht als erster perfektioniert. Die Perfektionierung setzt das attachment voraus. Zum attachment ist es erst gekommen, nachdem B den Kredit an Y ausgezahlt hatte und beide eine Sicherungsvereinbarung abgeschlossen hatten. A’s Sicherungsrecht ist später perfektioniert worden. Dennoch ist A’s Sicherungsrecht vorrangig, da der Zeitpunkt der Registrierung für die Entscheidung des Gläubigerwettstreits den gleichen Stellenwert hat wie die abgeschlossene Perfektionierung585. In der Sicherungsvereinbarung sind die Sicherungsgegenstände als einzelne Gegenstände oder mittels einer Gattungsbezeichnung zu benennen. Einige Provinzen zählen die verwendbaren Oberbegriffe ausdrücklich auf, wie z.B. goods, money oder investment property586. Wie auch im USamerikanischen Recht wird die Besicherung mittels eines Warenlagers mit wechselndem Bestand in einfacher Weise ermöglicht. Das security interest erstreckt sich auf später erworbene Vermögensgegenstände (after-acquired property), wenn die Sicherungsvereinbarung das so vorsieht587. Das Siche584

Das ist die Grundregel; vgl. PPSA-SA s. 35 (1) (a) (1); PPSA-BC s. 35 (1) (a) (1); PPSA-ON s. 30 (1) (2.) (i). Ausnahmen gelten wie auch im US-amerikanischen Recht für Sicherheiten, die den Kaufpreisanspruch des Verkäufers an der verkauften Sache absichern oder die zur Absicherung eines Kredits bestellt worden sind, der es dem Sicherungsgeber ermöglichen sollte, Rechte an der Sache zu erwerben; vgl. PPSA-SA s. 34; PPSA-ON s. 33. 585 S. dazu den Wortlaut von PPSA-SA s. 35 (1) (a): “Where this Act provides no other method for determining priority between security interests: (a) priority between conflicting perfected security interests in the same collateral is determined by the earliest of the following occurrences: (i) the registration of a financing statement without regard to the date of attachment of security interest; (ii) possession of the collateral pursuant to section 24 without regard to the date of attachment of the security interest; or (iii) perfection (…)”. 586 Vgl. PPSA-BC s. 10 (1) (d); PPSA-MA s. 10 (1) (d). Die Provinz Ontario setzt für die Bezeichnung minimale Grenzen (PPSA-ON s. 11 (2) (a)): “(…) sufficient to enable it to be identified”. 587 Einige Provinzen stellen ausdrücklich klar, dass das Sicherungsrecht allein aufgrund der dahingehenden Abrede zwischen den Parteien an den neu erworbenen Vermögensstücken anhaftet und dass es keines besonderen Übertragungsakts zwischen Siche-

B. Regulierung de lege lata in verschiedenen Rechtsordnungen

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rungsrecht setzt sich ebenfalls per Gesetz am Veräusserungserlös (proceeds) fort588. In Bezug auf die Rechte und Pflichten der Parteien während der Dauer der Sicherungsvereinbarung und vor Ausfall des Schuldners mit der Forderung gilt ebenfalls das Gleiche wie beim US-amerikanischen Recht589. Für die Verwertung verweisen die PPSAs den gesicherten Gläubiger zuerst auf die ihm nach der Sicherungsvereinbarung zustehenden Rechte. Die Verwertung kann nach jeder gesetzlich zulässigen Art und Weise erfolgen590. Die in den PPSAs einzig geregelte Verwertungsart ist die Veräusserung. Im Moment, in dem der Schulder mit der gesicherten Forderung ausfällt, hat der Sicherungsnehmer das Recht, sich durch jede gesetzlich zulässige Massnahme in den Besitz der Sache zu setzen591. Vier Verfahren für die Veräusserung werden unterschieden: der private Verkauf, der öffentliche Verkauf, der Verkauf in Teilen oder Wirtschaftseinheiten und – wenn die Sicherungsvereinbarung das erlaubt – der Abschluss eines Leasingvertrags über den Sicherungsgegenstand592. Anders als im USamerikanischen Recht regeln die PPSAs nicht das Recht der strict foreclosure593. Der Sicherungsnehmer kann einem trustee in bankruptcy sein Sicherungsrecht nur entgegenhalten, wenn er es zum Zeitpunkt des Antrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach dem Bankruptcy and Insolvency Act (BIA) perfektioniert hatte594. Ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens gilt ein Stopp für alle Verwertungshandlungen (s. 69 (1) BIA). security interests dürfen aber weiterverwertet werden (s. 69.3 (2) BIA). Wenn die Sicherungsgegenstände Umlaufvermögen, Forderungen oder andere Gegenstände sind, die für die Ausübung eines Gewerbes genutzt werden, muss der Sicherungsnehmer die Verwertung vorher ankündigen und eine 10-tägige Wartefrist einhalten (s. 244 (1) BIA).

rungsgeber und Sicherungsnehmer in Bezug auf diese Gegenstände bedarf, vgl. PPSASA s. 13 (1); PPSA-BC s. 13 (1); PPSA-MA s. 13 (1). 588 PPSA-ON s. 25 (1); PPSA-BC s. 28 (1). 589 Der besitzende Sicherungsnehmer muss eine „vernünftige Sorgfalt“ in Bezug auf die Sache ausüben. Er kann die Sache in dem Umfang verwenden, wie der Sicherungsgeber es ihm im Sicherungsvertrag erlaubt, vgl. PPSA-ON s. 17 (4); PPSA-BC s. 17 (4). 590 PPSA-ON s. 59 (1), (2); PPSA-BC s. 56 (2). 591 PPSA-ON s. 62 (1); PPSA-BC s. 58. 592 PPSA-MA s. 59 (3); PPSA-BC s. 59 (3); PPSA-SA s. 59 (3); PPSA-ON s. 63 (2). 593 S. dazu B. II. 2. e. Die PPSAs stellen vielmehr klar, dass der Sicherungsnehmer den Sicherungsgegenstand nur bei einem öffentlichen Verkauf selbst erwerben darf und dass dabei auf ein vernünftiges Verhältnis zum Marktwert des Gegenstands geachtet werden muss, vgl. PPSA-BC s. 59 (13); PPSA-SA s. 59 (13). 594 PPSA-ON s. 20 (1) (b); PPSA-SA (20) (2) (a); PPSA-BC (20) (b) (i).

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

IV. Soft Law und Eigentumssicherheiten: Der UNCITRAL Legislative Guide und der Draft Common Frame of Reference (DCFR) Einflussreiche Beiträge zur Reform des Rechts der Kreditsicherheiten gibt es nicht nur auf dem Gebiet staatlicher Gesetzgebung, sondern auch auf dem Gebiet des soft law. Als soft law bezeichnet man Rechtsnormen, die keine rechtliche Bindungswirkung besitzen und deshalb nicht mit obrigkeitlicher Gewalt durchgesetzt werden können595. Diesen Normen mangelt es z.B. deshalb an rechtlicher Bindungswirkung, weil sie nicht in einem formellen Gesetzgebungsverfahren erlassen worden sind. Gerade aus diesem Mangel können sich Vorteile im Vergleich zur Harmonisierung mittels rechtsverbindlicher Akte, wie z.B. internationaler Verträge und Konventionen, ergeben. Im Rahmen der internationalen Rechtsharmonisierung wird diesen Instrumenten deshalb zuweilen bewusst der Vorrang eingeräumt596. Instrumente des soft law müssen z.B. anders als internationale Konventionen keinen Ratifizierungsprozess durchlaufen597. Sie können sich auf das Ziel der Rechtsharmonisierung beschränken, das auf diese Weise nicht gegenüber anderen Zielen des Gesetzgebers (z.B. dem Ziel der Modernisierung der einzelstaatlichen Rechtslage) in den Hintergrund gerät. Vor allem aber sind die Normgeber nicht einem vergleichbaren Druck ausgesetzt, den Normtext an irgendeine bestehende Rechtstradition anzupassen, in die er eingepasst werden soll. Das erlaubt den Instrumenten des soft law, gegenüber unterschiedlichen Rechtstraditionen neutral aufzutreten und so stärkeren Einfluss auf die Diskussion in den jeweiligen Einzelstaaten auszuüben. Letztendlich wird aber auch mit diesen Instrumenten das Ziel verfolgt, dass sie später einmal positives Recht werden sollen598. Es gibt vielfältige Instrumente des soft law. In Betracht kommen z.B. Modellgesetze, Leitfäden oder Empfehlungen für die Gesetzgebung, die Kodifizierung von Handelsgewohnheiten und Modellvertragsklauseln, schliess-

595

Vgl. Gabriel, The advantages of soft law in international Commercial Law: The role of UNIDROIT, UNCITRAL and the Hague Conference, 34 Brook. J. Int’l L. 658; Kaufmann-Kohler, Soft law in international arbitration: Codification and normativity, 1 J. Int. Disp. Settlement 284; Bonell, Soft law and party autonomy: The case of the UNIDROIT principles, 51 Loy. L. Rev. 229. 596 Vgl. zu den im Folgenden aufgezählten Vorteilen Gabriel, 34 Brook. J. Int’l L. 661 und den gleich folgenden Text zur United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL). 597 Das ist zum einen ein Zeit- und Aufwandsvorteil. Zum anderen können internationale Konventionen an diesem Punkt scheitern, wenn nur wenige oder nur unbedeutende Staaten den Text der Konvention ratifizieren. 598 Gabriel, 34 Brook. J. Int’l L. 659.

B. Regulierung de lege lata in verschiedenen Rechtsordnungen

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lich auch die Förderung der einheitlichen Auslegung von international gültigen Rechtsnormen599. Es gibt vielfältige Organismen, die auf dem Gebiet der Kreditsicherheiten nicht verbindliche Rechtsnormen mit dem Ziel internationaler Harmonisierung geschaffen haben600. Im Folgenden sollen nur zwei Texte für eine eingehendere Betrachtung ausgewählt werden: zum einen der Legislative Guide on Secured Transactions der United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL-Legislative Guide) und zum anderen der von einer Gruppe europäischer Rechtsgelehrter ausgearbeitete Draft Common Frame of Reference (DCFR). Ersterer fügt sich ein in eine Reihe von bedeutenden bindenden und nicht bindenden Rechtsnormen des höchsten UN-Gremiums auf dem Gebiet des internationalen Handelsrechts. Letzterer ist gerade vor dem Hintergrund der europäischen Diskussion über eine Reform auf dem Gebiet der Kreditsicherheiten relevant. 1.

Der UNCITRAL Legislative Guide on Secured Transactions

Der folgende Text erklärt die notwendigen Hintergründe zum UNCITRAL-Legislative Guide, bevor er sich der Frage widmet, welche Regulierung von Kreditsicherheiten UNCITRAL im Einzelnen vorschlägt. a.

Hintergrund

(i) UNCITRAL: Die Organisation Die Kommission der Vereinten Nationen für das internationale Handelsrecht (UNCITRAL601) wurde durch eine Resolution der Hauptversammlung der Vereinten Nationen vom 17. Dezember 1966 (Resolution 2205) ins Leben gerufen. Die Kommission erhielt durch die Resolution den Auftrag, die Harmonisierung und Modernisierung des internationalen Handelsrechts voranzutreiben, da Unterschiede in den nationalen Rechten in Bezug auf den internationalen Handel als Hindernis für die Entwicklung des Welthandels gesehen wurden602. Laut der Resolution gehört es u.a. zur Aufgabe der Kommission, die Annahme neuer internationaler Konventionen, Modellgesetze, Handelsgrundsätze etc. zu fördern und vorzuberei-

599

Gabriel, 34 Brook. J. Int’l L. 659. S. dazu auch gleich genauer im Zusammenhang mit UNCITRAL. 600 Vgl. für eine Übersicht Foëx, Propositions, p. 313 ss. 601 United Nations Commission on International Trade Law. 602 S. die Präambel zur Resolution 2205 (XXI) der Hauptversammlung der Vereinten Nationen; abgedruckt in der Veröffentlichung der Vereinten Nationen „The UNCITRAL Guide – Basic facts about the United Nations Commission on International Trade Law, United Nations Publication, Wien 2007, p. 29.

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

ten603. Seit 2002 hat die Kommission 20 Mitgliedstaaten. Neben der Kommission besteht UNCITRAL aus verschiedenen Arbeitsgruppen und dem Sekretariat604. Die Kommission trifft sich zu jährlichen Sitzungen abwechselnd in New York und Wien, zum einen um die Themen festzulegen, die zu bearbeiten sind, und zum anderen, um vorbereitete Texte zu finalisieren und zu beschliessen. Die inhaltliche Arbeit wird von den Arbeitsgruppen gesteuert, die sich ein- bis zweimal im Jahr zu Sitzungen treffen. Bisher hat es eine ganze Reihe von Arbeitsgruppen zu verschiedenen Themen des internationalen Handelsrechts gegeben. Augenblicklich sind sechs Arbeitsgruppen aktiv. Dazu gehören605 Working Group I: Procurement, Working Group II: Arbitration and Conciliation, Working Group III: Online Dispute Resolution, Working Group IV: Electronic Commerce, Working Group V: Insolvency Law, Working Group VI: Security Interests. Als Sekretariat für UNCITRAL fungiert die International Trade Law-Abteilung des Office of Legal Affairs des Sekretariats der Vereinten Nationen. In verschiedenen Rechtstraditionen ausgebildete Juristen des Sekretariats sind für die juristische Basisarbeit zuständig. Die Forschung und die Vorbereitung der Texte für die Arbeitsgruppen liegt in ihrem Verantwortungsbereich. Sofern nötig, greift das Sekretariat auf externe Juristen zurück. (ii) Nicht-bindende Rechtsnormen der UNCITRAL Neben einigen internationalen Konventionen hat UNCITRAL eine Reihe von nicht-bindenden Rechtsakten vorbereitet606. Insofern ist die Arbeit der Kommission ein gutes Beispiel für soft law. Zum einen sind das die Modellgesetze607. UNCITRAL greift auf Modellgesetze, anstatt auf bindende Rechtsakte zurück, weil diese unter Umständen leichter zu verhandeln und zu beschliessen sein können als bindende Rechtstexte. Letztere müssen in ihrer Gesamtheit angenommen werden. Modellgesetze dagegen erlauben es Staaten, den vorgeschlagenen Text an ihre jeweiligen Besonderheiten anzupassen. Häufig veröffentlicht UNCITRAL mit dem Modellgesetz einen Guide to Enactment, der erklärt, welche Abschnitte insbesondere verändert werden können, um nationalen Besonderheiten zu entsprechen608. Unter Umständen entscheidet sich die Kommission gegen ein Modellgesetz und 603

Art. II Nr. 8 (c) der Resolution, a.a.O. S. zum Aufbau und den Aufgaben The UNCITRAL Guide – Basic facts, p. 3–7. 605 Für eine umfassende Übersicht aller – auch der nicht mehr aktiven – Arbeitsgruppen s. The UNCITRAL Guide – Basic facts, Annex IV (p. 39). 606 Für eine Übersicht über alle Rechtsakte, sowohl bindender als auch nicht bindender, s. The UNCITRAL Guide – Basic facts, Annex VI (p. 45). 607 S. zu den von UNCITRAL verabschliedeten Modellgesetzen ebenfalls die oben genannte Übersicht in: The UNCITRAL Guide – Basic facts, Annex VI (p. 45). 608 The UNCITRAL Guide – Basic facts, p. 15–16. 604

B. Regulierung de lege lata in verschiedenen Rechtsordnungen

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stattdessen für einen Legislative Guide, mithin für einen Leitfaden oder Empfehlungen an die Gesetzgeber hinsichtlich der Gesetzgebung. Gründe dafür können sein, dass die Unterschiede zwischen den nationalstaatlichen Lösungen zu gross sind oder dass die Zustimmung zu einem bestimmten Ansatz nicht ersichtlich ist oder schliesslich, dass die Notwendigkeit einer einheitlichen Regelung abgelehnt wird609. Im Fall von Leitfäden schlägt UNCITRAL den Gesetzgbern verschiedene Lösungen für die Gesetzgebung vor. Es werden Varianten vorgestellt, die Staaten je nach politischem Willen zur Verfügung stehen. In einem besonderen Teil des Leitfadens werden die Konsequenzen der jeweiligen politischen Entscheidungen diskutiert610. Neben den Modellgesetzen und den Legislative Guides greift UNCITRAL auf andere Verfahrensweisen des soft law zurück, z.B. auf Modell-Vertragsklauseln oder auf die Errichtung einer Case LawDatenbank zu UNCITRAL-Texten, die die einheitliche Auslegung der UNCITRAL-Rechtstexte erleichtern soll611. (iii) Arbeit auf dem Gebiet der Kreditsicherheiten In der Sitzung der Kommission des Jahres 2001 wurde die Gründung einer neuen Arbeitsgruppe (Working Group VI) zu den Kreditsicherungsrechten (security interests) beschlossen. Diese Arbeitsgruppe sollte einen Leitfaden (Legislative Guide) zu den Kreditsicherheiten erarbeiten. Ziel dieses Leitfadens sollte es sein, Staaten bei der Entwicklung eines modernen Rechts der Kreditsicherheiten zu assistieren, um so die Verfügbarkeit günstigen Kredits zu fördern612. Die Arbeitsgruppe arbeitete sechs Jahre lang an dem Leitfaden. Die finale Diskussion fand während der vierzigsten Sitzung der UNCITRAL-Kommission 2007 in Wien statt. Am 14. Dezember 2007 wurde der Legislative Guide on Secured Transaction angenommen. Der Legislative Guide on Secured Transactions besteht aus mehreren Abschnitten (Chapters), die sich einzelner Schwerpunkte des Rechts der Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen widmen. So befasst sich z.B. Chapter I mit dem Anwendungsbereich, Grundansätzen des Leitfadens und allen Abschnitten gemeinsamen Themen613. Chapter II beschäftigt sich mit der Begründung eines Sicherungsrechts und seiner Wirksamkeit zwischen den Parteien614. Inhalt des Chapter III sind die Vorausset609

The UNCITRAL Guide – Basic facts, p. 16. The UNCITRAL Guide – Basic facts, p. 16. 611 S. dazu The UNCITRAL Guide – Basic facts, p. 17. 612 So UNCITRAL-Legislative Guide on Secured Transactions – Terminology and recommendations, U.N. Publication, Wien 2009, Introduction, p. 1. 613 Scope of application, basic approaches to secured transactions and general themes common to all chapters of the Guide. 614 Creation of security right (effectiveness as between the parties). 610

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

zungen der Wirksamkeit im Verhältnis zu Dritten615. Getreu der Absicht eines Leitfadens gehen in jedem Abschnitt den wie Gesetzesartikeln formulierten Empfehlungen (recommendations) für die Gesetzgebung ausführliche Erwägungen voran. In diesen Erwägungen stellen die Autoren des Leitfadens die zum jeweiligen Abschnitt passenden aktuellen Ansätze der verschiedenen Rechtsordnungen dar, bevor sie die möglichen Optionen für die nationalen Gesetzgeber zusammenfassen und die letztendliche Entscheidung des Leitfadens ausführlich begründen. Im Abschnitt über den Erwerbskredit (Chapter IX: Acquisition Financing) schlägt der Leitfaden mit Rücksicht auf grundlegende Unterschiede des Rechts der einzelnen Staaten zwei Varianten der Gesetzgebung vor: Die Empfehlungen des Leitfadens in diesem Abschnitt unterscheiden sich danach, ob die Staaten sich grundlegend für einen unitären oder nicht-unitären Ansatz in der Gesetzgebung zum Recht der Kreditsicherheiten entschieden haben616. (iv) Der regulatorische Grundansatz des Leitfadens zu den Kreditsicherheiten Wie auch Article 9 UCC inkorporiert der Leitfaden den funktionalen Ansatz. Das bedeutet, dass seine Regelungen alle Rechtsgeschäfte – unabhängig von ihrer formellen Gestaltung – erfassen sollen, die Rechte an beweglichen Sachen begründen, welche die Zahlung einer Geldsumme oder irgendeine andere Forderung sichern sollen (s. rec. 8., überschrieben mit Functional Approach). Ausdrücklich erfasst der Leitfaden auch verschiedene Formen der Eigentumssicherheiten617. Bei der Frage, auf welche Art und Weise der funktionale Ansatz vom Gesetzgeber praktisch durchgesetzt werden soll, befürwortet der Leitfaden, dass alle diese Rechtsgeschäfte als security rights charakterisiert und einheitlichen Regeln unterworfen werden sollen. Mithin unterstützt er grundsätzlich den von Article 9 UCC bekannten unitären Ansatz der Gesetzgebung (unitary approach). In Bezug auf acquisition security rights gibt der Leitfaden den Staaten allerdings die Option, einen nicht-unitären Ansatz zu wählen. Acquisition security rights sind Sicherungsrechte, die an einer beweglichen Sache bestellt worden 615

Effectiveness of a security right. S. unitary und non-unitary approach. Vgl. zum unitären Ansatz die Ausführungen oben zu Article 9 UCC oben B. II. 1. c. 617 S. den Wortlaut von rec. 8: “The law should adopt a functional approach, under which it covers all rights in movable assets that are created by agreement and secure the payment or other performance of an obligation, regardless of the form of the transaction or the terminology used by the parties (including rights of transferees under a transfer of title to tangible assets for security purposes, rights of an assignee under an assignment of receivables for security purposes, as well as rights of sellers or financial lessors under various forms of retention-of-title agreement and financial leases, respectively) (…)”. 616

B. Regulierung de lege lata in verschiedenen Rechtsordnungen

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sind, um irgendeinen unbezahlten Teil des Kaufpreises dieser Sache oder einen Kredit zu sichern, der dem Sicherungsgeber den Erwerb dieser Sache ermöglicht hat618. Als solche Rechte werden ausdrücklich der Eigentumsvorbehalt und das Finanzierungsleasing (financial lease)619 erwähnt620. Die Wahl eines nicht-unitären Ansatzes hat laut Leitfaden zur Folge, dass die Position des Eigentumsvorbehaltsverkäufers und des Leasinggebers beim Finanzierungsleasing weiterhin als eine Eigentümerposition621 anzusehen sein soll. Allerdings empfiehlt der Leitfaden den Staaten, auch in diesen beiden Fällen bei der Gesetzgebung darauf zu achten, dass „funktional äquivalente Ergebnisse“622 mit den übrigen acquisition security rights herzustellen sind. Was das genau bedeutet, ist allerdings nicht klar. Etwas nebulös ist rec. 188 im Abschnitt über den Erwerbskredit, wonach darauf zu achten ist, dass „funktional äquivalente ökonomische623 Resultate“624 erzielt werden sollen, unabhängig davon, ob der Gläubiger Eigentumsvorbehaltsverkäufer ist, Leasinggeber oder Inhaber eines acquisition security right. Fest steht, dass es ein Ziel des Leitfadens ist, alle Erwerbskreditgeber gleich zu behandeln625. Rechtstechnisch schlägt der Leitfaden Staaten, die diesen Weg wählen, vor, die Rechte des Eigentumsvorbehaltsverkäufers und des Leasinggebers entsprechend den Rechten des Inhabers eines security right zu gestalten626. Trotz allem gibt der Leitfaden deutlich

618 S. zur Definition von acquisition security right den Abschnitt Terminology des UNCITRAL-Legislative Guide. 619 Laut Definition (s. financial lease right unter dem Abschnitt Terminology des Leitfadens) liegt ein Finanzierungsleasing im Sinne des UNCITRAL-Leitfadens vor, wenn aufgrund des Leasingvertrags der Leasingnehmer am Ende der Leasingdauer automatisch Eigentümer der geleasten Sache wird, wenn der Leasingnehmer das Eigentum durch Zahlung eines rein nominellen Betrags erwerben kann oder wenn die geleaste Sache zu diesem Zeitpunkt nur noch einen nominellen Restwert aufweist. Wenn es im Folgenden um die Sonderbehandlung des Leasinggebers unter dem UNCITRAL-Leitfaden geht, dann ist immer der Leasinggeber im Rahmen eines Finanzierungsleasings im Sinne der Definition des Leitfadens gemeint. 620 Vgl. rec. 9 (b) (ii). 621 Wortlaut: „ownership rights“. 622 Vgl. den Wortlaut: “(…) make those ownership rights subject to rules, that produce outcomes that are the functional equivalent of the outcomes produced with respect to acquisition security rights (…).” (rec. 9 (b) (ii); s. auch Ch. IX Erwägungsgrund 76. 623 Hervorhebung durch den Autor. 624 “The law should provide that the rules governing acquisition financing produce functionally equivalent economic results regardless of whether the creditor’s right is a retention-of-title right, a financial lease right or an acquisition security right”. 625 So ausdrücklich die Einleitung zu Option B (Purpose, Abschnitt (b)). 626 Vgl. genauer dazu Ch. IX Erwägungsgrund 82.

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

zu erkennen, dass er auch bei acquisition security rights den unitary approach zur Durchsetzung des funktionalen Ansatzes bevorzugt627. In Bezug auf Eigentumssicherheiten lässt sich folgendes zusammenfassen: Der Leitfaden wirbt für eine Lösung, die alle Eigentumssicherheiten als security rights charakterisiert und den einheitlichen Regeln des unitären security interest unterwirft. Für Staaten, denen die Akzeptanz des unitären Ansatzes schwerfallen dürfte, erlaubt er in ganz engen Grenzen die Sonderbehandlung des Eigentumsvorbehalts und des Finanzierungsleasings. b.

Regulierung im Einzelnen

(i) Wirksamkeit der Kreditsicherheit inter partes Das security right entsteht durch eine einfache schriftliche Vereinbarung, ohne dass es eines Publizitätsmittels bedarf (s. rec. 13-22 und die Erwägungen in Chapter II). Die Publizität ist mithin nicht Voraussetzung der Entstehung, sondern zusätzliche formelle Voraussetzung für die Drittwirksamkeit der Sicherheit. Die Einhaltung der Schriftform wird besonders im Hinblick auf den Schutz Dritter für notwendig gehalten, soll aber entbehrlich sein, wenn die mündliche Vereinbarung von der Besitzübertragung auf den Gläubiger begleitet wird (rec. 15). Für die Beschreibung des Sicherungsgegenstands wird keine individuelle Spezifizierung verlangt, die vernünftige Identifizierbarkeit soll ausreichen (rec. 14 (d)). Im Rahmen der Empfehlungen zum non-unitary approach gilt Folgendes: In Bezug auf den Eigentumsvorbehalt und das Finanzierungsleasing verlangt der Leitfaden, dass es (spätestens zu dem Zeitpunkt, in dem der Käufer oder Leasingnehmer den Besitz erhält) eine schriftliche Vereinbarung geben muss, aus der sich in Zusammenschau mit dem Verhalten der Parteien ergeben muss, dass der Verkäufer oder Leasinggeber sich das Eigentum vorbehalten will (rec. 189). (ii) Drittwirksamkeit Der UNCITRAL-Legislative Guide fordert über die Entstehung des security right hinaus einen weiteren Akt, um Drittwirksamkeit herzustellen. Die 627

Vgl. Ch. IX Erwägungsgrund 83: “The Guide recommends that States should adopt the unitary approach to achieving functional equivalence of acquisition financing to nonacquisition financing transactions. Given this general orientation, the Guide suggests that, to the extent that they have the opportunity to do so, States should also adopt the unitary approach to achieving functional equivalence among all acquisition financing mechanisms. Notwithstanding this suggestion, however, the Guide acknowledges that some States may feel the need to retain the form of title devices to govern the rights of sellers, financial lessors and other suppliers (see recommendation 9)”.

B. Regulierung de lege lata in verschiedenen Rechtsordnungen

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Grundform ist die Publizierung des security right mittels Eintragung in ein Sicherheitenregister (rec. 32). Daneben will der Leitfaden auch die Erlangung der Drittwirksamkeit mittels Besitzübertragung auf den Sicherungsnehmer (rec. 34 (a) (i) und 37), mittels Kontrollausübung bei bestimmten Zahlungsansprüchen (rec. 34 (a) (v)) und mittels Eintragung in Spezialregister (rec. 34 (a) (ii, iii, iv)) zulassen. Bei bestimmten Sicherungsrechten soll die automatische Drittwirksamkeit – ohne weiteren Akt – möglich sein (rec. 34 (b)). Ein auffallender Unterschied zu Article 9 UCC und den PPSAs ist, dass auf die Perfektionierung als maximale Stufe der Drittwirksamkeit verzichtet wird. Der Leitfaden unterscheidet mithin – vergleichbar dem deutschen, schweizerischen und französischem Recht sowie dem Recht der Provinz Québec – lediglich zwischen den beiden Stufen der Wirksamkeit inter partes und der Drittwirksamkeit. Anders als Article 9 UCC und die PPSAs unterscheidet er nicht zwischen verschiedenen Stufen der Drittwirksamkeit. Ein Sicherungsrecht, das zwischen den Parteien vereinbart wurde, an dem der Sicherungsgeber Rechte hat und dessen gesicherte Forderung bereits valutiert worden ist, hat nach Article 9 und den PPSAs bereits eine gewisse Drittwirksamkeit628. Nach dem UNCITRAL-Leitfaden soll das nicht der Fall sein. Der Leitfaden empfiehlt ein einheitliches und zentrales Register für alle Sicherungsrechte an beweglichen Sachen (s. in Ch. IV. den Abschnitt Purpose und den Erwägungsgrund 21). Bezüglich des Inhalts der Eintragung orientiert er sich an dem Beispiel von Article 9 UCC und der PPSAs. Es ist nicht die Sicherungsvereinbarung selbst zu registrieren, sondern lediglich ein Hinweis auf das Sicherungsrecht (notice filing), der folgende Angaben umfasst (nach rec. 57): die Identifikation des Sicherungsgebers und des Sicherungsnehmers, eine Beschreibung des Gegenstands, die eine „vernünftige Identifizierbarkeit“629 erlaubt, die vorgesehene Dauer der Eintragung und gegebenenfalls den Maximalbetrag, bis zu dessen Höhe der betreffende Gegenstand verwertet werden darf. Das Register soll nach dem Sicherungsgeber und nicht nach Sicherungsgegenständen geordnet werden und unterscheidet sich deshalb – wie auch schon Article 9 UCC und die PPSAs – deutlich vom Konzept des deutschen oder schweizerischen Grundbuchs630. Die registerführende Stelle untersucht die Angaben nur auf ihre Vollständigkeit und nicht auf die Richtigkeit (rec. 54 (c) (iii) und (d)). Das Register hat daher lediglich den Sinn, über die Möglichkeit des Bestehens eines Kreditsicherungsrechts zu informieren. Damit wird das Erfor628

Vgl. dazu oben B. II. 2. b. S. auch die rec. 63 und 14 (d). 630 Vgl. dazu Staudinger/Kessal-Wulf (2008), Eckpfeiler des Zivilrechts, S. 473; Wilhelm, 2. Aufl. 2002, Rn. 537. 629

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

dernis der Publizität erfüllt, es wird aber keine Garantie für die Richtigkeit der Eintragung abgegeben631. Der Zeitpunkt der Eintragung in das Register (bzw. der Vornahme der anderen zugelassenen Publizitätsakte) ist des Weiteren auch das wichtigste Kriterium in der Bestimmung der Priorität bzw. des Rangverhältnisses verschiedener Gläubiger untereinander (rec. 76)632. Während Article 9 UCC und die PPSAs die Vorschriften für die Drittwirksamkeit auf bestimmte Rechtsgeschäfte erweitern633, die nicht der Sicherung von Forderungen dienen, aber ebenfalls die Gefahr der Täuschung Dritter beinhalten, ist der UNCITRAL-Guide in dieser Beziehung sehr zurückhaltend. Er erweitert die Regelungen zur Drittwirksamkeit nur auf die Abtretung von Forderungen (rec. 3)634. Sofern ein Staat den non-unitary approach vorsieht, soll Folgendes gelten: Nur bei Verträgen über consumer goods635 reicht der Abschluss des Vorbehaltskaufvertrags oder des Finanzierungsleasingvertrags für die Drittwirksamkeit aus. Sofern diese Ausnahme nicht gegeben ist, müssen Eigentumsvorbehaltsverkäufer und Leasinggeber ihr Recht publik machen (indem sie es innerhalb einer gewissen „Gnadenfrist“ registrieren oder den Besitz an der Sache behalten – s. rec. 192), ansonsten geht das Eigentum im Verhältnis zu Dritten auf den Käufer bzw. Leasingnehmer über (rec. 194). Ähnlich wie bei Article 9 UCC und den kanadischen PPSAs sollen bei inventory636 strengere Voraussetzungen für die Drittwirksamkeit gelten637. So muss die Registrierung des Eigentumsvorbehalts oder des Finanzierungsleasings bereits vor Besitzerlangung des Schuldners erfolgt sein 631 Vgl. zur Funktion des Registers im Sinne des notice filing u.a. Gilmore, Security Interests, p. 466; Kieninger, Die Zukunft, AcP 208 (2008), 182, 212 f.; Sigman, The Security Interest, p. 68–69; Borkhardt, 128 ff.; UNCITRAL-Legislative Guide, Ch. IV, Erwägungsgrund 13. 632 Das führt zu dem gleichen Ergebnis wie bei Article 9 UCC und den PPSAs, vgl. oben B. II. 2. b. 633 S. Art. 9-109 (a) UCC, der den Anwendungsbereich des Artikels auf gewisse Nicht-Sicherheiten erweitert. Die PPSAs kommen zum gleichen Ergebnis über die Technik der Vermutung, dass es sich bei bestimmten Rechtsgeschäften um Sicherheiten handle, vgl. PPSA-NB s. 3 (2), PPSA-M s. 3 (2), PPSA-NS s. 4 (2). 634 S. dazu auch UNCITRAL-Legislative Guide, Ch. I, Erwägungsgründe 25 ff. 635 Der Sicherungsgeber will den Gegenstand für persönliche, familiäre oder Haushaltszwecke nutzen (s. die Definition im Abschnitt Terminology des Leitfadens). 636 Der Begriff inventory wird enger definiert als bei Article 9 UCC. Laut der Definition des Leitfadens (Abschnitt Terminology) fallen darunter Sachanlagen, die im normalen Betriebsablauf im Unternehmen für den Verkauf oder das Leasing bereit gehalten werden. Dazu gehören auch Rohmaterialien und Gegenstände, die sich im Prozess der Verarbeitung befinden. 637 Der Leitfaden bleibt an dieser Stelle flexibel. Er bietet den Staaten die Sonderbehandlung von Kreditsicherheiten an inventory lediglich als Option an (rec. 192).

B. Regulierung de lege lata in verschiedenen Rechtsordnungen

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und der vorhergehende Geldkreditgeber mit einer Sicherheit an inventory derselben Art muss ausreichend über die Absicht des Eigentumsvorbehaltskaufs oder des Finanzierungsleasings informiert werden. (iii) Rechte und Pflichten der Parteien während der gesicherten Transaktion Die Regeln des UNCITRAL-Guide zu den Rechten und Pflichten der Parteien während der Dauer der gesicherten Transaktion sind – konform mit dem hohen Stellenwert der Parteiautonomie als Grundprinzip des Guide638 – extrem knapp. Rec. 111 verlangt vom jeweiligen Besitzer „vernünftige Schritte“ bei der Ausübung der Pflicht zur Erhaltung der Sache. Der Gläubiger kann Ersatz seiner Aufwendungen zur Erhaltung der Sache verlangen (rec. 113 (a)). Auffallend ist, dass der besitzende Gläubiger die Sache in „sinnvoller Weise“ benutzen können soll (rec. 113 (b)). (iv) Erfasste Vermögensgegenstände Der Leitfaden will die Besicherung von Krediten mittels Sachgesamtheiten und Warenlagern mit wechselndem Bestand auf einfache Weise möglich machen. Die Sicherungsvereinbarung muss die Sicherungsgegenstände „in vernünftiger Weise“ identifizieren (rec. 14 (d)). Die Vereinbarung kann auch solche Gegenstände erfassen, die noch nicht existieren oder dem Sicherungsgeber noch nicht gehören (rec. 17). Das security right setzt sich ohne die Notwendigkeit einer besonderen Vereinbarung an den Erlösen der Sicherungsgegenstände fort (rec. 19). Der Begriff des Erlöses (proceeds) geht sehr weit und erfasst alle möglichen Sachen oder Ansprüche, die der Sicherungsgeber an Stelle der belasteten Gegenstände erhält639. Das Sicherungsrecht setzt sich des Weiteren am Produkt der Vearbeitung fort (rec. 22) und auch am Gesamtprodukt des Einbaus (rec. 21)640. In Bezug auf den Eigentumsvorbehalt und das Finanzierungsleasing gilt Folgendes: Wenn Gläubiger und Schuldner eine Reihe von Kauf- oder Leasinggeschäften abschliessen, dann soll eine einmalige Registrierung mit einer generellen Beschreibung der betroffenen Gegenstände ausreichen, um auch in Bezug auf die zu früheren oder späteren Zeitpunkten verkauften oder geleasten Gegenstände Drittwirksamkeit herbeizuführen (rec. 193). Wie beim unitären security right soll sich das Recht des Verkäufers bzw. Leasinggebers am Erlös fortsetzen. Allerdings setzt es sich 638

S. UNCITRAL rec. 1 (key objectives) und UNCITRAL-Legislative Guide, Ch. VI, Erwägungsgrund 8. 639 S. den Abschnitt Terminology und die Definition von proceeds. 640 S. für die anderen Fälle der Fortsetzung Ch. II; in diesen Fällen wird das fortgesetzte Sicherungsrecht grundsätzlich automatisch drittwirksam, vgl. rec. 34 (b) und 39 ff.

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nicht als Eigentum an der Forderung fort – wie das im französischen Recht der Fall ist – sondern als security right (rec. 197)641. Es ist aus dem Leitfaden herauszulesen, dass das auch für die anderen Fälle der Fortsetzung (z.B. beim Produkt der Verarbeitung) gilt642. (v) Verwertung des Rechts Nach dem UNCITRAL-Guide soll für den Gläubiger sowohl die Verwertung auf privatem, als auch auf öffentlichem Wege möglich sein (rec. 142). Der Gläubiger soll den Sicherungsgegenstand ohne Anrufung eines Gerichts nach Ausfall des Schuldners in Besitz nehmen können, sofern das vertraglich vereinbart ist (rec.147). Der Eintritt in die Verwertungsphase muss dem Schuldner nicht besonders angedroht werden. Allerdings kann eine solche Androhung hilfreich sein, um die aussergerichtliche Inbesitznahme der Sache zu ermöglichen, wenn die Parteien dazu keine Regelung getroffen haben (rec. 147 (b)). Erforderlich wird die Androhung (notice) laut Leitfaden dagegen als besondere Voraussetzung bei der Inangriffnahme der speziellen Verwertungsverfahren des Verkaufs und der Inzahlungnahme der Sache (rec. 149 und 156). Verkauf des Sicherungsgegenstands und Inzahlungnahme643 sind die Hauptverwertungsmittel (rec. 141)644 des Leitfadens. Dem Gläubiger soll grösstmögliche Freiheit für die Durchführung des Verkaufs gegeben werden. Der Gläubiger soll u.a. Ort, Zeit und Vorgehensweise beim Verkauf selbst bestimmen können (rec. 148). Sein gesamtes Verhalten wird der Generalklausel unterworfen, seine Rechte bei der Verwertung in gutem Glauben und in wirtschaftlich vernünftiger Weise auszuüben (rec. 131). Die Inzahlungnahme des Sicherungsgegenstands ist nur möglich, wenn der Schuldner oder ein anderer interessierter Dritter auf die schriftliche Absichtserklärung des Gläubigers hin nicht widerspricht (rec. 158), da der 641 Die Art der Erlöse muss in der Registrierung umschrieben werden (rec. 198). Für die Priorität hinsichtlich der Erlöse bietet der Leitfaden zwei Alternativen an. Nach Alternative A soll bzgl. der Erlöse Priorität wie beim Eigentumsvorbehalt und Finanzierungsleasing gegeben sein. Nach Alternative B soll der Eigentumsvorbehaltsverkäufer bzw. Leasinggeber an dem Erlös der Sache nur die Priorität eines nicht dem Erwerb dienenden security right haben. Nach dieser zweiten Alternative würde die Vorzugsbehandlung des Erwerbskreditgebers in Bezug auf den Erlös also wegfallen. 642 Hier fehlt zwar eine eindeutige Empfehlung wie rec. 197. Dass der Leitfaden dieses Ergebnis befürwortet, lässt sich allerdings aus den Empfehlungen rec. 21, 22 i.V.m. rec. 178, 187 (a) herauslesen. 643 Im Wortlaut des UNCITRAL-Legislative Guide als acquisition bezeichnet. Unterschieden werden der Erwerb mit der Folge der teilweisen und der vollständigen Befriedigung der gesicherten Forderung. 644 Beide Systeme enthalten zudem noch Spezialregeln für besondere Vermögenswerte, wie z.B. Forderungen, Wertpapiere etc.

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Gläubiger im Fall der Inzahlungnahme einen eventuellen Mehrwert der Sache behalten kann. Wenn der Gläubiger in seiner Erklärung den Wert angibt, bis zu dessen Höhe der Sicherungsgegenstand auf seine Forderung angerechnet werden soll, kann er sich das Recht erhalten, weiter den Anspruch auf den unter Umständen nicht befriedigten Teil geltend zu machen (rec. 157 (b)). Das Recht des Schuldners, seine Sache durch Befriedigung des Gläubigers einzulösen, erlischt nicht mit dem Datum des Ausfalls. Der Schuldner kann sein Recht geltend machen, bis der Gläubiger die von ihm gewählte Verwertungsmethode abgeschlossen hat (rec. 139 (a), 140). Ein Recht auf Wiedereinsetzung soll dem Schuldner nach dem Leitfaden nicht zustehen645. Der Schuldner darf den Gläubiger schliesslich auf die Verwertung durch Verkauf festlegen (rec. 139 (c), 158). Unabhängig davon kann er zu jeder Zeit des Verfahrens um gerichtlichen Rechtsschutz nachsuchen (rec. 137). Für die Option des non-unitary approach empfiehlt der Leitfaden schliesslich den Staaten, die Regeln für die Verwertung des security right grundsätzlich auch auf die Verwertung des Eigentumsvorbehalts und des Rechts des Leasinggebers anzuwenden. Ausnahmen sollten nur soweit gemacht werden, wie das nötig ist, um „die Kohärenz des Systems des Kaufund Leasingrechts zu erhalten“646 (rec. 200 (b)). (vi) Stellung des Gläubigers in der Insolvenz des Sicherungsgebers Der Leitfaden zu den Kreditsicherheiten enthält grundsätzlich keine Aussagen zur Insolvenz. Festzustellen ist lediglich, dass ein nicht drittwirksames security right einem Insolvenzverwalter nicht entgegengehalten werden kann. Auf eine umfangreiche Untersuchung des UNCITRAL Legislative Guide on Insolvency von 2004647 soll hier verzichtet werden. Es wird lediglich darauf hingewiesen, dass der Insolvenz-Leitfaden fordert, dass security rights in die Masse fallen und am Verfahren teilnehmen (rec. 35 (a)). Security rights sollen den Prioritätsstatus, den sie vor Beginn

645

Wenn infolge des Ausfalls die gesamte Forderung fällig geworden ist und der Gläubiger mit der Verwertung begonnen hat, kann sich der Schuldner nicht mehr behelfen, indem er einfach die ausstehenden Raten zahlt. Er kann nur noch die ganze Schuld auf einmal zahlen. S. zur Einlösung (redemption) und Wiedereinsetzung (reinstatement) Macdonald, Transnational Secured Transactions Reform, ZEuP 2009, p. 745, 777. 646 ”The regime that applies to the post-default enforcement of a security right applies to the post-default enforcement of a retention-of-title right or a financial lease right except to the extent necessary to preserve the coherence of the regime applicable to sale and lease.” 647 UNCITRAL Legislative Guide on Insolvency, U.N. Publication, New York 2005.

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

des Insolvenzverfahrens erlangt haben, auch in der Insolvenz behalten (rec. 239). In Bezug auf Eigentumsvorbehalt und Finanzierungsleasing enthält der Leitfaden zu den Kreditsicherheiten dennoch eine Regel. Er gibt Staaten die Freiheit, beide Rechtsgeschäfte in der Insolvenz nach den Regeln zu behandeln, die für die Rechte eines Eigentümers gelten648. 2.

Der Draft Common Frame of Reference (DCFR)

a.

Hintergründe

(i) Die Europäische Kommission und der Common Frame of Reference Im Jahr 2001 stiess die Kommission der Europäischen Union mit ihrer „Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament zum europäischen Vertragsrecht“649 einen Konsultationsprozess an, mit dem sie u.a. in Erfahrung bringen wollte, wie sich die Unterschiede der europäischen Vertragsrechte auf den Handel im europäischen Binnenmarkt auswirken. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Union nur auf Teilgebieten des Zivilrechts und mit Einzelmassnahmen mit dem Ziel der Harmonisierung tätig geworden. Mit der Konsultation wollte die Kommission nun erfahren, ob die Problematik der unterschiedlichen nationalen Vertragsrechte durch einen generelleren Ansatz angegangen werden sollte. Mit dem „Aktionsplan für ein kohärenteres europäisches Vertragsrecht“650 wurde die Diskussion weiter vorangetrieben und die Ziele wurden weiter spezifiziert. Ziel des Vorgehens der Kommission war es insbesondere, die EU-Rechtssetzungsakte auf dem Gebiet des Vertragsrechts stärker in Einklang zu bringen, die EU-weite Verwendung von Standardvertragsklauseln zu fördern und zu untersuchen, ob ein optionelles Regime651 zu erstellen sei. In dem Aktionsplan regte die Kommission an, dass ein gemeinsamer Referenzrahmen (Common Frame of Reference – CFR) erarbeitet werden solle, der „gemeinsame Grundsätze und Begriffe“ im Bereich des europäischen Vertragsrechts festlegen sollte652. Der CFR sollte drei Zielen dienen: Die Kommission sollte auf ihn bei der zukünftigen Rechtssetzung im Bereich des europäischen Vertragsrechts zurückgreifen können. Damit sollte er ein Mittel sein, um grösseren Einklang zwischen verschiedenen Rechtssetzungsakten der Union auf dem

648 Der Leitfaden schliesst mithin die Aussonderung eines unter Eigentumsvorbehalt stehenden bzw. eines verleasten Gegenstands nicht kategorisch aus. 649 KOM (2001) 398 endg. 650 KOM (2003) 68 endg. 651 Eine Art europäisches Vertragsgesetzbuch, das Vertragsparteien anstelle eines der nationalen Rechte freiwillig als auf ihre Beziehung anwendbares Recht wählen können. 652 KOM (2003) 68 endg., S. 19.

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Gebiet des Vertragsrechts zu erreichen653. Mittelbar sollte er auf eine Annäherung der Rechte der Mitgliedstaaten hinwirken und schliesslich sollte er der Kommission bei der Frage nach der Notwendigkeit eines optionellen Instruments helfen654. In der Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament mit dem Titel „Europäisches Vertragsrecht und Überarbeitung des gemeinschaftlichen Besitzstands – weiteres Vorgehen“655 konkretisierte die Kommission ihre Vorstellung vom Gemeinsamen Referenzrahmen. Die Kommission wiederholte das Ziel des CFR, auf dem Besitzstand des europäischen Vertragsrechts beruhende „klare Definitionen von Rechtsbegriffen, Grundprinzipien und kohärente Mustervorschriften des Vertragsrechts“656 zu erarbeiten und den Besitzstand dadurch zu vereinfachen. Der CFR sollte ein unverbindliches Instrument sein, dessen Vorbereitung Wissenschaftlern überlassen werden sollte. Die Ausarbeitung und Finalisierung des CFR behielt sich die Kommission selbst vor657. (ii) Die Rechtswissenschaft und der „Draft“ Common Frame of Reference Der Draft Common Frame of Reference ist die bedeutendste Zuarbeit hinsichtlich des von der Kommission in ihrer Mitteilung zum weiteren Vorgehen658 angeregten Gemeinsamen Referenzrahmens (CFR). Er basiert auf der Arbeit von Wissenschaftlergruppen, die sich im Rahmen einer Finanzierung durch die Europäische Kommission im Joint Network of European Private Law zusammengeschlossen hatten659. Seit 2005 waren die hauptsächlich beteiligten Gruppen die Study Group on a European Civil Code um Christian von Bar und die Acquis-Group um Hans Schulte-Nölke. Die Autoren des DCFR weisen darauf hin, dass sie sich in ihren Arbeiten auf die Vorarbeit der Commission on European Contract Law660 gestützt hätten und dass jene mithin als Urheberin anzusehen sei. Der DCFR ist kein politisches, sondern ein akademisches Werk. Den Autoren des Draft Common Frame of Reference ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass sie mit dem DCFR eigenständige Ziele verfolgen, die sich von denen der Kommission im Hinblick auf den CFR abheben661. Sie beto653

KOM (2003) 8 endg., S. 25. KOM (2003) 68 endg., S. 19. 655 KOM (2004) 651 endg. 656 KOM (2004) 651 endg., S. 3. 657 KOM (2004) 651 endg., S. 13. 658 KOM (2003) 68 endg. 659 S. zu den Hintergründen des DCFR von Bar/Clive/Schulte-Nölke [et al.]: Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law – Draft Common Frame of Reference (DCFR) – Outline Edition, München 2009 (hier S. 55). 660 S. die Principles on European Contract Law, sogenannte Lando-Prinzipien (nach Ole Lando, dem Begründer der Gruppe). 661 von Bar/Clive/Schulte-Nölke [et al.], DCFR – outline edition, S. 4. 654

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

nen, dass es ein wissenschaftliches Werk ist, für das sie allein einstehen. Inwieweit die Kommission den DCFR verwenden wird, um daraus den geplanten Gemeinsamen Referenzrahmen (CFR) zu bilden, lassen sie offen662. Die Autoren des DCFR verfolgen mit ihrem Werk eine Reihe von Zielen. Zum einen soll der DCFR eine mögliche Quelle für einen zukünftigen „politischen“ CFR darstellen663. Damit soll der DCFR den Organen der Europäischen Union helfen, grössere Kohärenz bei Rechtssetzungsakten auf EU-Ebene im Bereich des Privatrechts herbeizuführen. Insbesondere wird eine positive Auswirkung für eine zukünftig einheitliche Terminologie angeführt664. Des Weiteren könne der DCFR zeigen, wie sehr sich europäische Rechte ähneln und dadurch das Bewusstsein von der Existenz einer echten europäischen Rechtstradition stärken665. Schliesslich erhoffen sich die Autoren, dass ihr Werk auch von nationalen Gesetzgebern und Gerichten als Inspirationsquelle anerkannt wird666. Der Draft Common Frame of Reference besteht zum grossen Teil aus Modellregeln, die von umfangreichen Kommentaren ergänzt werden. Die Kommentare erklären die vorangehende Rechtsregel und geben gelegentlich Anwendungsbeispiele. Des Weiteren zeigen sie auf, welche Grundentscheidungen bei der jeweiligen Regel auf dem Spiel stehen und begründen ihre Entscheidung. Der DCFR deckt nicht nur weite Gebiete des Vertragsrechts ab, sondern enthält darüber hinaus auch andere Gebiete des Privatrechts. Im Ganzen unterteilt er sich in 10 Bücher. Buch I enthält einen generellen Teil. Die Bücher II – IV regeln das Vertragsrecht667. Die Bücher V – VII regeln gesetzliche Schuldverhältnisse. Buch VIII beinhaltet Regeln zum Erwerb und Verlust des Eigentums an Gütern. Die Regelungen zu Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen sind in Buch IX niedergelegt worden. Buch X wendet sich letztendlich dem trust zu. (iii) Der regulatorische Grundansatz des Buch IX des DCFR Der Grundansatz zu den Kreditsicherheiten in Buch IX des DCFR (Proprietary Security in Movable Assets) grenzt sich von Article 9 UCC und den kanadischen PPSAs ab, ähnelt aber dem Ansatz des UNCITRALLeitfadens hinsichtlich der Option B bei den acquisition security rights). 662

von Bar/Clive/Schulte-Nölke [et al.], DCFR – outline edition, S. 7. von Bar/Clive/Schulte-Nölke [et al.], DCFR – outline edition, S. 7. 664 von Bar/Clive/Schulte-Nölke [et al.], DCFR – outline edition, S. 39. 665 Er könne auch aufzeigen, an welchen Stellen es tatsächlich signifikante Unterschiede gebe, von Bar/Clive/Schulte-Nölke [et al.], DCFR – outline edition, S. 7. 666 von Bar/Clive/Schulte-Nölke [et al.], DCFR – outline edition, S. 8. 667 Buch II regelt allgemeine Grundsätze, wie das Zustandekommen von Verträgen, vorvertragliche Rechtsverhältnisses, Auslegung etc. Buch III regelt das allgemeine Obligationenrecht und Buch IV besondere Vertragsverhältnisse. 663

B. Regulierung de lege lata in verschiedenen Rechtsordnungen

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Art. IX.-1:102 (1) definiert das security right als „jedes beschränkte dingliche Recht668 an einer beweglichen Sache, das den gesicherten Gläubiger zu einer vorrangigen Befriedigung der gesicherten Forderung aus dem belasteten Gegenstand berechtigt“669. Damit verfolgt der DCFR einen funktionalen Ansatz der Definition des security right. Die Autoren verdeutlichen das nicht nur durch das Wort „jedes“, sondern auch durch die nicht abschliessende Aufzählung in Absatz (2) (a) und durch die Wortgruppe „beschränkte dingliche Rechte, wie sie auch immer bezeichnet werden“670 in Absatz (2) (b). Hinsichtlich der Frage des unitären Ansatzes grenzt sich der DCFR deutlich von Article 9 UCC und den kanadischen PPSAs ab. Zwar charakterisiert er die sicherungsweise Übertragung des Eigentums auf den Gläubiger671 und funktional gleichwertige Rechtsgeschäfte672 als security rights. Auf der anderen Seite erlaubt er den Parteien den Rückgriff auf ein weiteres Sicherungsrecht an beweglichen Sachen neben dem security right: die retention-of-ownership devices673. Wie beim UNCITRAL-Leitfaden (Ch. IX. Acquisition financing – Option B) erhalten die Parteien damit ein zusätzliches Instrument neben den normalen security rights, die zur Sicherung von Erwerbskrediten verwendet werden. Beide Möglichkeiten der Sicherung von Erwerbskrediten werden als acquisition financing devices bezeichnet674. 668 Aufgrund dieses Merkmals ist der Begriff security right nicht deckungsgleich mit dem oben (A. I. 1.) definierten Begriff der Kreditsicherheit. Letzterer schliesst auch Eigentumssicherheiten ein. 669 Art. IX.-1:102 (1): „A security right in a movable asset is any limited proprietary right in the asset which entitles the secured creditor to preferential satisfaction of the secured right from the encumbered asset.“ Laut DCFR kommt es dabei nicht nur auf die Absicht der Parteien, sondern auch auf die objektiv feststellbare Wirkung der Vereinbarung an, vgl. Abs. (2) (b). 670 Art. IX.-1:102 (2): „The term security right includes: (a) limited proprietary rights of a type which is generally recognised as designed to serve as proprietary security, especially the pledge; (b) limited proprietary rights, however named, that are based upon a contract for proprietary security and that are either intended by the parties to entitle the secured creditor to preferential satisfaction of the secured right from the encumbered asset or have this effect under the contract“. 671 Art. IX.-1:102 (3): „A transfer or purported transfer of ownership of a movable asset which is made, on the basis of a contract for proprietary security, with the intention or the effect of securing satisfaction of a secured right can create only a security right in the asset for the transferee.” 672 Laut Art. IX.-1:102 (4) sind das die Sicherungsabtretung von Forderungen, der sale and lease-back und der sale and resale. 673 S. Art. IX.-1:101 (1). 674 Nach der Definition in Art. I.-201 (3) fallen unter acquisition financing devices zum einen retention of ownership devices. Zum anderen fallen darunter das Sicherungsrecht am gekauften Gegenstand, das den Anspruch des Verkäufers auf Zahlung des

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

Bei den retention-of-ownership devices unterstreicht der DCFR wieder seinen funktionalen Ansatz: Von den Regelungen wird nicht nur der Eigentumsvorbehaltskauf erfasst, sondern alle Rechtsgeschäfte, bei denen sich der Eigentümer einer gelieferten Sache das Eigentum zwecks Sicherung einer Forderung vorbehält675. Absatz (2) zählt beispielhaft einige Rechtsgeschäfte auf, die von dieser Definition erfasst werden. Darunter befindet sich das Finanzierungsleasing (financial leasing)676, aber auch die Kommission (contract of consignment), wenn der Vertrag zu Sicherungszwecken erfolgt oder objektiv die Wirkung der Sicherung einer Forderung hat677. Wie zu zeigen sein wird, sieht der DCFR bei den retention-ofownership devices nur in Bezug auf die Begründung und Verwertung des Rechts wirklich separate Regeln vor. b.

Regulierung im Einzelnen

(i) Wirksamkeit der Kreditsicherheit inter partes Parallel zum UNCITRAL-Leitfaden entsteht das DCFR-security right mit Wirkung zwischen den Parteien durch eine einfache Vereinbarung (Art. IX.-2:101). Eines Publizitätsakts bedarf es nicht. Publizität ist zusätzliche formelle Voraussetzung für die Drittwirksamkeit der Sicherheit678. Erforderlich für die Wirksamkeit zwischen den Parteien ist des Weiteren lediglich, dass die Parteien den Sicherungsgegenstand bezeichnen679, dass der Gegenstand und die gesicherte Forderung existieren, dass der SicheKaufpreises sichert und das Sicherungsrecht des Geldkreditgebers, der dem Käufer einen Kredit zum Erwerb der Sache gegeben hat, sofern die Zahlung an den Käufer tatsächlich erfolgt ist. 675 Art. IX.-1:103 (1): „There is a “retention of ownership device” when ownership is retained by the owner of supplied assets in order to secure a right to performance of an obligation.“ 676 Laut der Definition des DCFR liegt ein Finanzierungsleasing vor, wenn aufgrund des Leasingvertrags der Leasingnehmer am Ende der Leasingperiode die Option hat, das Eigentum an der Sache zu erwerben oder die Sache weiter zu nutzen, entweder ohne Zahlung oder gegen einen reinen Nominalbetrag, s. Abs. (2). 677 Art. IX.-1:103 (2) (d). 678 Der Common Frame of Reference löst sich in Bezug auf die Entstehung des security right ausdrücklich von der traditionellen Ansicht zu den Sachenrechten, vgl. DCFRKommentar, Ch. II, Intro. B.: “As opposed to the traditional approach, the concept of a proprietary right is no longer restricted to rights that are effective against every third person; for proprietary security, there is instead a distinction between such proprietary rights that are effective against secured creditor and security provider and some third persons and proprietary rights that are effective against third persons in general”. 679 Nur im Fall eines Sicherungsvertrags mit einem Verbraucher müssen die Sicherungsgegenstände individuell identifiziert werden. Im Normalfall reicht eine globale Beschreibung, s. die Begründung zu Art. IX.-2:105 (a) .

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rungsgeber das Recht hat, die Sicherheit zu bestellen, dass der Gläubiger auf der Grundlage des Sicherungsvertrags verlangen darf, dass eine Sicherheit gestellt wird und dass sich beide in Bezug auf die Bestellung einigen (Art. IX.-2:102 und 2:105). Laut Art. IX.-2:201 (1) entsteht ein retention-of-ownership device, wenn der Verkäufer, Leasinggeber oder Lieferant Eigentümer ist oder das Recht hat, über das Eigentum zu verfügen, wenn der Sicherungsgegenstand im Sicherungsvertrag bezeichnet wird, wenn die gesicherte Forderung existiert und sich der Eigentümer das Eigentum vorbehält. (ii) Drittwirksamkeit Der DCFR verzichtet genauso wie der UNCITRAL-Leitfaden auf den von Article 9 UCC bekannten Begriff der Perfektionierung. Die Drittwirksamkeit wird durch einen Publizitätsakt hergestellt. Hauptpublizitätsakt ist die Eintragung in ein Register. Publizität ist auch gegeben, wenn der Gläubiger den Besitz an der Sache behält und bei bestimmten Sicherungsgegenständen680, wenn er die Kontrolle über die Sache ausübt (Art. IX.-3:102). Es wird ein einheitliches und zentrales Register für alle Sicherungsrechte an beweglichen Sachen vorgeschlagen (Art. IX.-3:301)681. Bezüglich des Inhalts der Eintragung orientiert sich der DCFR ebenso wie der UNCITRAL-Leitfaden an Article 9 UCC und den PPSAs. Es ist nicht die Sicherungsvereinbarung selbst zu registrieren, sondern lediglich ein Hinweis auf das Sicherungsrecht (notice filing), der folgende Minimalangaben umfasst: die Identifikation des Sicherungsgebers, eine minimale Erklärung zu den belasteten Gegenständen, wobei die Erklärung ausreicht, dass der Gläubiger eine Sicherheit über die Vermögensgegenstände des Sicherungsgebers erhält, und ein Hinweis auf die Kategorie, der die Sicherungsgegenstände angehören (Art. IX.-3:306 (1), (a), (b) und (c)). In Bezug auf Letzteres reicht der Verweis auf eine Kategorienliste (Absatz (2)). Daneben sind freiwillige Angaben möglich. Für jeden Nutzer des Registers sind die eben genannten Minimalangaben und die freiwilligen Angaben682 einsehbar. Hinzu kommen die Daten, die die Identifikation des gesicherten Gläubigers erlauben, und der Zeitpunkt der Eintragung (Art. IX.-3:308). Der Zeitpunkt der Eintragung in das Register ist das massgebliche Kriterium für die Bestimmung der Priorität der Sicherungsrechte (Art. IX.4:101 (2)). Eine Ausnahme gilt für acquisition financing devices, die – sofern drittwirksam – vor allen anderen Rechten an der gleichen Sache Vorrang haben (sogenannte superpriority, s. Art. IX.-4:102 (1)). Für den Zeit680

S. Art. IX.-3:204 (Control over financial assets). Die Autoren des DCFR schlagen ein European register of proprietary security vor (Art. IX.-3:101 (1)). 682 S. dazu Art. IX.-3:307. 681

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Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

punkt der Drittwirksamkeit dieser Sicherungsrechte ist im Übrigen nicht der Tag der Registrierung, sondern der Tag ihrer Begründung (zwischen den Parteien) massgebend, wenn sie innerhalb von 35 Tagen nach der Lieferung der erworbenen Sache in das Register eingetragen werden. Anders als Article 9 UCC, die kanadischen PPSAs und der UNCITRAL-Leitfaden sieht der DCFR von einer Anwendung der Vorschriften über die Drittwirksamkeit auf Transaktionen, die mit Kreditsicherung nichts zu tun haben, völlig ab. Hinzuzufügen ist schliesslich, dass der DCFR in Bezug auf retention-ofownership devices jede Unterscheidung mit security rights unterlässt. Es gelten mithin die gleichen Grundsätze für Drittwirksamkeit und Priorität (so ausdrücklich Art. IX.-3:303 (1)). Die oben beschriebenen Besonderheiten für acquisition financing devices finden Anwendung. (iii) Rechte und Pflichten der Parteien während der gesicherten Transaktion Der Draft Common Frame of Reference will ein Recht zur Benutzung für den besitzenden Gläubiger nur dann zulassen, wenn das zur Erhaltung der Sache unbedingt notwendig ist (Art. IX.-5:206). Innerhalb der Normen zur Erhaltenspflicht enthält er eine Pflicht des Sicherungsgebers zur Versicherung der Sache gegen typische Risiken (Art. IX.-5:201 (3)). Der DCFR enthält darüber hinaus Regelungen zur Verfügung über belastete Gegenstände. Der besitzende Sicherungsgeber soll über Ausrüstungsgegenstände nur bei ausdrücklicher Einwilligung des Sicherungsnehmers verfügen können; über bestimmtes Umlaufvermögen soll dagegen die Veräusserung im normalen Geschäftsgang frei vom Sicherungsrecht möglich sein (Art. IX.5:204). Für retention-of-ownership devices gibt es keine besonderen Regeln. (iv) Erfasste Vermögensgegenstände Sofern der Sicherungsgeber nicht Verbraucher ist, verlangt der DCFR keine individuelle Spezifizierung. Die vernünftige Identifizierbarkeit reicht aus (Art. IX.-2:105 (a)683). Die Sicherungsvereinbarung kann auch erst zukünftige Gegenstände erfassen (Art. IX.-2:104 (3)). Wie der UNCITRAL-Leitfaden definiert der DCFR den Begriff des Erlöses (proceeds) weit684. Auf der anderen Seite ist er, was die Fortsetzung 683

Der DCFR verweist hier nur auf das allgemeine Erfordernis, dass der Sicherungsgegenstand spezifiziert werden muss. Zum Sonderfall des Verbrauchervertrags s. Art. IX.-2:107 (1) (a). 684 S. die Definition in Art. IX.-1:201 (11): „Proceeds is every value derived from an encumbered asset, such as: (a) value realised by sale or other disposition or by collection;

B. Regulierung de lege lata in verschiedenen Rechtsordnungen

145

des security right am Erlös des Sicherungsgegenstands anbelangt, enger als der Leitfaden. Das betrifft besonders den Vergleich der gesetzlichen Ausgangslage. Nach dem DCFR setzt sich das security right nur dann am Erlös der Veräusserung der Sache fort, wenn das ausdrücklich vereinbart wurde (Art. IX.-2:306 (3)). Gleiches gilt bei der Verarbeitung einer Sache oder bei der Verbindung von Gegenständen (Art. IX.-2:307). Zur automatischen Fortsetzung kommt es nur bei echten Subrogaten, wie bei einem Zahlungsanspruch für Mängel oder für den Verlust der Sache (Art. IX.2:306 (1)). Möglich ist die automatische Fortsetzung aber auch bei der Vermischung685. Sofern sich die Sicherheit wie eben beschrieben fortsetzt, muss in Bezug auf die Prioritätsstellung unterschieden werden. Bei Verbindung und Vermischung z.B. wird sie automatisch beibehalten. Beim Erlös ist das nur dann der Fall, wenn die Ersatzsache von derselben Art ist wie der ursprünglich belastete Gegenstand (Art. IX.-4:103 (1)). Wenn das nicht der Fall ist – z.B. im Fall des Veräusserungserlöses für einen Gegenstand – muss dieser Erlös von der Registereintragung selbst erfasst werden (Absatz (3))686. Nach dem DCFR kann wirksam vereinbart werden, dass sich bei retention of ownership devices das Recht des Gläubigers an den Kaufpreisansprüchen aus der Veräusserung der Vorbehaltssache fortsetzt687. Sowohl die Vorschriften der Drittwirksamkeit und der Priorität als auch die Vorschriften über acquisition financing devices finden Anwendung (Art. IX.1:201 (3)). Wenn der Eigentumsvorbehaltsverkäufer im Register eintragen lässt, dass der Anspruch auf den Kaufpreis der Sache vom Vorbehalt erfasst wird, dann behält er auch in Bezug darauf die Priorität gegenüber allen anderen Gläubigern mit Rechten an der Forderung (Art. IX.-4:104 (1) (c), 4:105 (2) (b)). Die Parteien können vereinbaren, dass im Fall der Herstellung eines neuen Produkts aus unter Eigentumsvorbehalt stehenden Materialien der Eigentumsvorbehaltsverkäufer ein security right am neuen Produkt erhält (Art. IX.-2-308 (2)). (v) Verwertung des Rechts Grundsätzlich ist die Verwertung sowohl auf privatem, als auch auf öffentlichem Wege möglich (Art. IX.-7:103 (1)). Die Verwertung gegen einen (b) damages or insurance payments in respect of defects, damage or loss; (c) civil and natural fruits, including distributions; and (d) proceeds of proceeds.“ 685 Allerdings nur unter den engen Grenzen des Art. IX.-2:309. 686 S. zur Registereintragung des Erlöses Art. IX.-3:310 (2) (a)). 687 Vgl. Art. IX.-1:104 (1) (b), IX.-2:306 (3). Anders als der UNCITRAL-Leitfaden stellt der DCFR nicht eindeutig klar, ob der Vorbehaltsverkäufer an den Kaufpreisansprüchen nur ein security right (statt des Eigentums) haben kann. Das ist aber zu vermuten (s. dazu auch gleich Art. IX.-2-308 (2) im Text).

146

Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

Verbraucher muss grundsätzlich durch eine öffentliche Stelle durchgeführt werden soll (Art. IX.-7:103 (2)). Der Gläubiger darf den Sicherungsgegenstand nach Ausfall des Schuldners mit der Forderung nur dann ohne Anrufung des Gerichts in Besitz nehmen, wenn der Schuldner zustimmt oder – wenn die Inbesitznahme schon vertraglich vereinbart war – nicht widerspricht (Art. IX.-7:201 (1)). Der Eintritt in die Verwertungsphase muss dem Schuldner nicht besonders angedroht werden. Eine Ausnahme gilt allerdings wieder für Verbraucher (Art. IX.-7:107). Hauptverwertungsmittel sind laut Art. IX.-7:207 der Verkauf des Sicherungsgegenstands und die Inzahlungnahme688. Der DCFR sieht daneben die Möglichkeit vor, dass der Gläubiger den Gegenstand an einen Dritten verleast und die Erträge daraus zu seiner Befriedigung nutzt689. Eine vorhergehende Androhung (notice) ist als besondere Voraussetzung nötig, bevor der Sicherungsnehmer den privaten Verkauf oder die Inzahlungnahme der Sache durchführt (Art. IX.-7:208 und IX.-7:216 (a)). Wie beim UNCITRAL-Leitfaden ist die Inzahlungnahme des Sicherungsgegenstands nur möglich, wenn der Schuldner oder ein anderer interessierter Dritter auf die schriftliche Absichtserklärung des Gläubigers hin nicht widerspricht (Art. IX.-7:216 DCFR). In den Fällen der Inzahlungnahme kann der Gläubiger ebenfalls einen eventuellen Mehrwert behalten und einen eventuell nicht befriedigten Teil der Forderung weiter geltend machen (Art. IX.7:216 (d)). Für die Rechte des Sicherungsgebers kann gleichfalls auf den UNCITRAL-Leitfaden verwiesen werden. Der DCFR präzisiert für die Verwertung durch Verkauf, dass der Schuldner die Sache auslösen kann, bis der Gläubiger einen bindenden Vertrag über die Sache eingegangen ist (Art. IX.-7:106). Ein Recht der Wiedereinsetzung sieht der DCFR ebenfalls nicht vor. Der Schuldner darf den Gläubiger ebenfalls auf die Verwertung durch Verkauf festlegen (Art. IX.-7:216 (e)). Retention-of-ownership devices werden nach Massgabe der zugrunde liegenden Vertragsbeziehung verwertet (Art. IX.-7:301). Aus den Regeln der Verwertung des security right finden allein die Vorschriften über die Inbesitznahme der Sache zwecks Verwertung Anwendung690. (vi) Stellung des Gläubigers in der Insolvenz des Sicherungsgebers In die einzelstaatlichen Insolvenzgesetze greift der DCFR nicht ein. Hier kann deshalb nur festgestellt werden, dass ein security right und ein reten688

Bezeichnet als appropriation im Wortlaut des DCFR. Daneben gibt es Spezialregeln für besondere Vermögenswerte, wie z.B. Forderungen, Wertpapiere etc. 690 Art. IX.-7:302; allerdings gelten hier die in Art. IX.-1:104 geregelten, auf retention-of-ownership devices passenden Anpassungen. 689

C. Systematik der vorgefundenen Regulierungsansätze

147

tion-of-ownership device, die nicht publik gemacht worden sind, dem Insolvenzverwalter des Sicherungsgebers nicht entgegengehalten werden können (Art. IX.-3:101 (1) (c)).

C. Systematik der vorgefundenen Regulierungsansätze C. Systematik der vorgefundenen Regulierungsansätze

Im folgenden Abschnitt sollen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Regulierung der Eigentumssicherheiten zusammengefasst und systematisiert werden. Die Systematik verfolgt den Zweck, die grossen Linien in den Lösungswegen aufzuzeigen, zwischen denen der Reformgesetzgeber eine Entscheidung treffen muss. Damit legt sie die Grundlage sowohl für die vertiefende Fallanalyse in Teil 2 und für die Entscheidung hinsichtlich des richtigen Lösungswegs in Teil 3. I.

Kriterien der Systematik

Die im de lege lata-Teil vorgestellten Lösungen sollen nach folgenden Kriterien systematisiert werden. Zum einen wird nach dem grundlegenden Ansatz in Bezug auf die Eigentumssicherheiten systematisiert. Dabei soll gefragt werden: Sehen die Regelungen den Gebrauch von Eigentumssicherheiten vor? Wenn ja, in welchem Masse können Eigentumssicherheiten verwendet werden? Zum anderen soll systematisiert werden, wie die Eigentumssicherheiten in den einzelnen Teilaspekten eines Sicherungsgeschäfts (z.B. Anforderungen an die Drittwirksamkeit, Anforderungen an die Verwertung) reguliert werden. II. Grundlegender Regulierungsansatz 1.

Sieht das Gesetz die Verwendung von Eigentumssicherheiten vor?

a.

Grunderkenntnisse

Der Vergleich lässt folgende grundlegende Unterscheidung erkennen: Es gibt eine Gruppe von Rechtsnormen, die die Verwendung von Eigentumssicherheiten vorsieht. Das soll heissen, dass die Vertreter dieser Gruppe für mindestens eine Eigentumssicherheit eigenständige Regeln geschaffen haben, die in Rechtsnormen niedergelegt oder durch die Rechtsprechung entwickelt worden sind. In einer weiteren Gruppe spielen Eigentumssicherheiten keine Rolle. Folgende Rechtsnormen sehen die Verwendung von Eigentumssicherheiten nicht vor: Article 9 UCC, die kanadischen Personal Property Secu-

148

Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

rity Acts (PPSAs) und der UNCITRAL-Leitfaden in seiner Option A691. Den genannten Rechtstexten ist gemein, dass sie ein einheitliches Kreditsicherungsrecht an beweglichen Sachen vorsehen, das security interest oder security right genannt wird. Wenn die Parteien irgendein Recht an einer beweglichen Sache begründen, das der Sicherung einer Forderung dient – dazu zählt auch die Bestellung einer Eigentumssicherheit –, wird die Rechtsposition des Sicherungsnehmers in ein security interest bzw. ein security right umgedeutet. Auf die Eigentumssicherheiten finden mithin keine eigenständigen Regeln Anwendung. In folgenden Rechtsordnungen bzw. Rechtsnormen spielen Eigentumssicherheiten dagegen eine Rolle: in Deutschland, der Schweiz, in Frankreich, in der kanadischen Provinz Québec und im Draft Common Frame of Reference (DCFR). In diese Gruppe gehört auch die Option B des UNCITRAL-Leitfadens692. Diesen Rechtsordnungen bzw. Rechtsnormen ist gemein, dass sie eigenständige Regeln für bestimmte Eigentumssicherheiten vorsehen. Im Unterschied zur zuerst genannten Gruppe führt die Entscheidung der Parteien für eine Eigentumssicherheit nicht per se zu einer Umcharakterisierung in ein einheitlich anwendbares Sicherungsrecht an beweglichen Sachen. Wie aber im gleich folgenden Abschnitt zu zeigen sein wird, unterscheiden sich die Rechtstexte dieser Gruppe darin, in welchem Masse sie eigene Regeln für Eigentumssicherheiten zulassen. Zusammenfassung: Die Regelung sieht die Verwendung von Eigentumssicherheiten nicht vor

Die Regelung sieht die Verwendung von Eigentumssicherheiten vor

Article 9 UCC, kanadische PPSAs, UNCITRAL-Leitfaden (Option A)

Deutschland, Schweiz, Frankreich, Québec, DCFR, UNCITRAL-Leitfaden (Option B)

b. In welchem Masse ist die Verwendung von Eigentumssicherheiten möglich? Innerhalb der Gruppe der Rechtsordnungen bzw. Rechtsnormen, die die Verwendung von Eigentumssicherheiten vorsieht, kann weiter danach unterschieden werden, in welchem Masse die Verwendung von Eigentumssicherheiten möglich ist. Hier gibt es wiederum zwei Gruppen. Eine Gruppe ermöglicht nur den Gebrauch von Eigentumssicherheiten zugunsten des Warenkreditgebers. In diese Gruppe fallen der DCFR und der UNCITRAL-Leitfaden (Option B), 691 Es wurde bereits oben darauf hingewiesen, dass die Autoren des UNCITRALLeitfadens – wenn sie auch in Ch. IX. die separate Regelung gewisser Eigentumssicherheiten erlauben – generell den Grundansatz von Article 9 UCC bevorzugen. 692 Ch. IX.: Acquisition financing.

C. Systematik der vorgefundenen Regulierungsansätze

149

die eine leicht unterschiedliche Regelung vorsehen: Der DCFR enthält Sonderregelungen für retention-of-ownership devices. Diese werden funktional definiert und ergreifen deshalb nicht nur das Finanzierungsleasing, sondern auch andere Rechtsgeschäfte, die funktional als retention-ofownership device anzusehen sind. Der UNCITRAL-Leitfaden unterscheidet sich davon, da er – anstatt hier eine einzelne funktional definierte Eigentumssicherheit zu benennen – spezifische Eigentumssicherheiten aufzählt, nämlich das retention-of-title right und das financial lease right. Die andere Gruppe ermöglicht den Gebrauch von Eigentumssicherheiten dagegen auch zugunsten des Geldkreditgebers. Zu dieser Gruppe gehören Deutschland, die Schweiz, Frankreich und Québec. Zusammenfassung: Nur der Warenkreditgeber kann Eigentumssicherheiten verwenden DCFR, UNCITRAL (Option B)

2.

Sowohl dem Warenkreditgeber, als auch dem Geldkreditgeber stehen Eigentumssicherheiten zur Verfügung Deutschland, Schweiz, Frankreich, Québec

Inwieweit werden die Eigentumssicherheiten eigenständig reguliert?

Die Rechtsordnungen bzw. Rechtsnormen, die Eigentumssicherheiten vorsehen, können des Weiteren hinsichtlich des Grades der Regulierung der Eigentumssicherheiten systematisiert werden. Hierbei geht es um die Frage, wie eigenständig die zulässigen Eigentumssicherheiten – verglichen mit anderen Mobiliarkreditsicherheiten – in der Sache reguliert werden. Die untersuchten Rechtsordnungen bzw. Rechtsnormen weisen hier grosse Unterschiede auf. Einige passen die Eigentumssicherheiten stark an die Regeln anderer Mobiliarkreditsicherheiten an. Andere sehen dagegen für die Eigentumssicherheiten weitgehend eigenständige Regeln vor, die sich von den Regeln unterscheiden, die auf andere Mobiliarkreditsicherheiten anwendbar sind. Im Grossen und Ganzen können wieder zwei Tendenzen ausgemacht werden. Auf der einen Seite gibt es die Rechtsordnungen bzw. Rechtsnormen, die die vorgesehenen Eigentumssicherheiten auf der Rechtsfolgenseite weitgehend an die Regeln anderer Mobiliarkreditsicherheiten anpassen und dadurch trotz unterschiedlicher Kreditsicherheiten weitgehend einheitliche Regeln sicherstellen. In diese erste Gruppe gehören der DCFR, der UNCITRAL-Leitfaden (Option B) und das Recht der Provinz Québec. Innerhalb dieser Gruppe kann eine leichte Unterscheidung zwischen dem DCFR und dem UNCITRAL-Leitfaden (Option B) auf der einen Seite und Québec auf der anderen Seite gemacht werden. Die ersten beiden sehen grundsätzlich die Anpassung an die Regeln des security right vor. Der DCFR schliesst

150

Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

die Anpassung nur in Bezug auf einen Teil der Regeln zur inter partesWirksamkeit und in Bezug auf einen Teil der Regeln zur Verwertung aus693. Der UNCITRAL-Leitfaden (Option B) fordert im Grundsatz die Identität der Regelungen der im Rahmen des Erwerbsredits zulässigen Eigentumssicherheiten und der anderen acquisition financing devices694. Das Recht der Provinz Québec macht die Anpassung der Eigentumssicherheiten an die Regeln der hypothèque – als des einzigen beschränkt dinglichen Kreditsicherungsrechts – dagegen nicht zum Grundprinzip. Vielmehr enthält der Code civil québécois an den für die Regulierung wichtigen Themen der Drittwirksamkeit und Verwertung Einzelverweisungen auf das Recht der hypothèque. Da diese relativ695 konsequent durchgeführt werden, ist die Einordnung der Provinz in diese Gruppe gerechtfertigt. Auf der anderen Seite gibt es die Rechtsordnungen, die die Eigentumssicherheiten weitgehend eigenständig regulieren und nur minimal an andere Mobiliarkreditsicherheiten anpassen. Zu dieser Gruppe gehören Deutschland, die Schweiz und Frankreich. Auch hier muss allerdings wieder unterschieden werden. Deutschland reguliert seine Eigentumssicherheiten sehr eigenständig und nimmt nur ausnahmsweise Anpassungen an die Regeln des Pfandrechts vor. Ein Beispiel für eine Ausnahme ist die Behandlung des Sicherungseigentums in der Insolvenz des Sicherungsgebers696. Das schweizerische Recht dagegen nimmt hin und wieder Anpassungen vor: Das in der Schweiz geltende Faustpfandprinzip wird anders als in Deutschland konsequent auch auf die Eigentumssicherheiten angewandt. Des Weiteren wird auch der Eigentumsvorbehalt dem Publizitätserfordernis unterworfen. Die Schweiz rückt deshalb – auch wenn sie grundsätzlich in die gleiche Gruppe wie Deutschland gehört – gleichsam an den äusseren Rand der Gruppe, in die Nähe des Rechts der Provinz Québec697. Seit der Reform des Rechts der Kreditsicherheiten von 2006 sieht Frankreich eigenständige Regeln für die neu gesetzlich niedergelegten Eigentumssicherheiten vor. Die fiducie-sûreté kann besitzlos bestellt werden. Weder hier noch beim Eigentumsvorbehalt gibt es ein Publizitätserfordernis. Deshalb kann das französische Recht auf eine Linie mit Deutschland gestellt werden. 693

Vgl. Art. IX.-1:104 (1). Vgl. rec. 187 (a), 188 und 200 (b). 695 Macdonald, Transnational Secured Transactions Reform, ZEuP 2009, p. 745, 762, kritisiert, dass der CCQ die Haupttypen der Eigentumssicherheiten leicht unterschiedlich behandle, ohne diese unterschiedliche Behandlung rechtfertigen zu können. 696 Die Position des Sicherungseigentümers in der Insolvenz des Sicherungsgebers wird an die Position eines Pfandgläubigers angeglichen. 697 Sie gehört aber nicht mit Québec in eine Gruppe, da sie – trotz der strikten Durchsetzung des Faustpfandprinzips – keine vergeichbar konsequente Anpassung wie Québec vornimmt. 694

C. Systematik der vorgefundenen Regulierungsansätze

151

Zusammenfassung: Die Eigentumssicherheiten werden weitgehend an die Regeln eines/des anderen Mobiliarkreditsicherungsrechts angepasst DCFR, UNCITRAL (Option B) ⇔ Québec

3.

Die Eigentumssicherheiten werden weitgehend eigenständig reguliert

Schweiz ⇔ Frankreich, Deutschland

Zusammenfassung

Es können zwei grundlegende Regulierungsansätze unterschieden werden: zum einen der unitäre Ansatz und zum anderen ein pluraler Ansatz. Gesetzgebungen, die dem unitären Ansatz gefolgt sind, sehen überhaupt keine separate Regulierung von Eigentumssicherheiten vor. Gesetzgebungen, die dem anderen Ansatz folgen, darunter Deutschland und die Schweiz, sehen separate Regeln für die Verwendung von Eigentumssicherheiten vor. Dieser Ansatz wird als „plural“ bezeichnet, weil er den Gebrauch mehrer unterschiedlicher Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen zulässt. Innerhalb des pluralen Ansatzes gibt es starke Abstufungen, da sich die untersuchten Rechtsordnungen bzw. Rechtsnormen darin unterscheiden, wieviele Eigentumssicherheiten separat geregelt werden und wie weit die Regelungen in der Sache eine eigenständige Regelung darstellen, die sich von den Regelungen anderer Kreditsicherheiten abgrenzen. III. Inhaltliche Regulierung der zulässigen Eigentumssicherheiten In Bezug auf die Rechtsordnungen bzw. Rechtsnormen, die Eigentumssicherheiten vorsehen, ist zu untersuchen, welche grundlegenden Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei der inhaltlichen Regulierung der Eigentumssicherheiten aufzufinden sind. Hierbei soll zwischen den beiden gängigsten Eigentumssicherheiten – Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung (bzw. fiducie-sûreté) – unterschieden werden. 1.

Eigentumsvorbehalt

a.

Wirksamkeit inter partes

Hier sind zwei Lösungen zu finden. Nach der ersten Lösung reicht für die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts zwischen den Parteien eine vertragliche Absprache zwischen Vorbehaltsverkäufer und Vorbehaltskäufer. Die zweite Lösung macht einen Publizitätsakt schon zur Voraussetzung der Wirksamkeit zwischen den Parteien. Die erste Lösung wird von Deutschland, Frankreich, Québec, dem UNCITRAL-Leitfaden (Option B) und dem DCFR propagiert. Der UNCITRAL-Leitfaden verlangt allerdings grundsätzlich – nicht nur im Fall eines

152

Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

Verbrauchergeschäfts – eine Vereinbarung in Schriftform. Die zweite Lösung wird von der Schweiz vertreten698. Zusammenfassung: Vertragliche Vereinbarung reicht für die Begründung inter partes

Publizitätsakt (Registereintragung) erforderlich für Wirksamkeit inter partes

Deutschland, Frankreich, Québec, DCFR ⇔ UNCITRAL-Leitfaden (Option B)

Schweiz

b.

Drittwirksamkeit

Drei Gruppen können unterschieden werden. Die Mitglieder der ersten Gruppe anerkennen die Drittwirksamkeit des Eigentumsvorbehalts bereits im Zeitpunkt der Bestellung zwischen den Parteien. Einen zusätzlichen Publizitätsakt verlangen sie nicht. In diese Gruppe fallen Deutschland und Frankreich. Die zweite Gruppe verlangt neben der wirksamen Begründung des Eigentumsvorbehalts inter partes einen Publizitätsakt (die Registereintragung) für die Drittwirksamkeit. Diese Lösung wird vom DCFR und vom UNCITRAL-Leitfaden (Option B) vertreten. Beide sehen eine Gnadenfrist vor. Das bedeutet, dass der Eigentumsvorbehalt im Zeitpunkt seiner Begründung inter partes drittwirksam wird, wenn er innerhalb einer gewissen Frist registriert wird. Die Schweiz würde auch mit in diese Gruppe fallen, allerdings besteht hier die oben genannte Besonderheit, dass der Publizitätsakt bereits Voraussetzung der wirksamen Begründung zwischen den Parteien ist. Im Unterschied zum DCFR und zum UNCITRAL-Leitfaden (Option B) gibt es hier keine Gnadenfrist für die Eintragung. Die dritte Lösung verfolgt einen Zwischenweg. Danach ist der Publizitätsakt (die Registereintragung) nur bei bestimmten Gegenständen für die Drittwirksamkeit des Eigentumsvorbehalts erforderlich. Diese Lösung wird vom Code civil québécois vertreten699. Zusammenfassung: Drittwirksamkeit ohne den Publizitätsakt Deutschland, Frankreich

698

Publizität nur bei bestimmten Gegenständen für Drittwirksamkeit nötig Québec

Drittwirksamkeit erfordert einen Publizitätsakt UNCITRAL (Option B), DCFR ⇔ (Schweiz)

Zumindest ist das die Mehrheitsmeinung, s. dazu oben B. I. 1. a. (ii) (2). Es handelt sich dabei um Gegenstände, die für den Betrieb eines Unternehmens erworben werden, um Strassenfahrzeuge und um andere durch Verordnung bezeichnete Gegenstände, vg. Art. 1745 al. 2 CCQ. 699

C. Systematik der vorgefundenen Regulierungsansätze

c.

153

Erfasste Vermögensgegenstände

Alle untersuchten Rechtstexte erlauben auf die eine oder andere Weise die Erstreckung des Rechts des Sicherungsnehmers auf den Erlös aus der Veräusserung der Vorbehaltssache. Eine Gruppe führt dieses Ergebnis von Rechts wegen herbei. Eine andere Gruppe verzichtet auf die automatische Erstreckung, ermöglicht das gleiche Ergebnis aber durch die gesonderte Abtretung der Forderungen aus der Weiterveräusserung der Vorbehaltssache, die an die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts geknüpft wird. In die erste Gruppe gehören der UNCITRAL-Leitfaden (Option B), das Recht Frankreichs und wohl auch der CCQ700. Allerdings gibt es hier gewichtige Unterschiede. Nach französischem Recht (und wohl auch nach dem Recht Québecs) setzt sich das Eigentum an der Kaufpreisforderung fort. Der UNCITRAL-Leitfaden lehnt das ab und billigt dem Eigentumsvorbehaltsverkäufer generell nur ein security right am Erlös zu701. In die zweite Gruppe gehören die Rechte Deutschlands und der Schweiz und der DCFR. Nach den Vertretern dieser Gruppe kommt es nicht zu einer automatischen Erstreckung der Rechtsposition des Verkäufers. Ob die Schweiz tatsächlich in diese Gruppe gehört, ist nicht so ganz klar, da die Wirksamkeit der Verbindung des Eigentumsvorbehalts mit der Vorausabtretung der Kaufpreisansprüche in der Schweiz umstritten ist. Es ist darauf hingewiesen worden, dass nicht ganz klar ist, ob der DCFR nur ein security right an den Kaufpreisansprüchen gewährt. Zusammenfassung: Automatische Fortsetzung der Rechtsposition des Verkäufers am Veräusserungserlös Frankreich, Québec ⇔ UNCITRALLeitfaden (Option B)

Vorausabtretung der Kaufpreisforderungen nötig Deutschland, DCFR (Schweiz)

Hinsichtlich der Frage, was mit dem Produkt der verarbeiteten Vorbehaltssache geschieht, unterscheiden sich die untersuchten Rechtstexte ebenfalls. Deutschland und der DCFR ermöglichen eine Fortsetzung der Rechtsposition des Vorbehaltsverkäufers, jedoch mit unterschiedlichen Mitteln. Der DCFR erlaubt lediglich die Fortsetzung eines security right. Québec, Frankreich und die Schweiz sehen in den Regeln zum Eigentumsvorbehalt keine Fortsetzung vor. Der UNCITRAL ist nicht ganz eindeutig. Es spricht aber Vieles dafür, dass er mit in die erste Gruppe gehört. 700 Auf die unklare Rechtslage beim CCQ wurde hingewiesen. S. oben B. I. 1. a. (iv) (4). 701 Egal, ob es sich um den Kaufpreisanspruch oder andere Sachen handelt, die unter den Begriff des Erlöses fallen.

154

Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

Zusammenfassung: Fortsetzung am Produkt der Verarbeitung

Keine Möglichkeit der Fortsetzung am Produkt der Verarbeitung

Deutschland ⇔ DCFR (UNCITRALLeitfaden (Option B)

Frankreich, Québec, Schweiz

d.

Verwertung der Position des Eigentumsvorbehaltsverkäufers

Bei der Verwertung des Eigentumsvorbehalts können zwei grosse Tendenzen unterschieden werden. Zum einen kann sich die Verwertung nach den Regeln des Schuldrechts bzw. des Sachenrechts richten. Zum anderen kann der Eigentumsvorbehaltsverkäufer bei der Verwertung seines Rechts auf die Regeln der Verwertung verwiesen werden, die für ein beschränktes dingliches Kreditsicherungsrecht gelten. Die erste Lösung wird von Deutschland, der Schweiz, Frankreich und dem DCFR vertreten. Der DCFR unterscheidet sich ein wenig von den vorher genannten Rechtsordnungen, weil er den Verkäufer auf die Regeln für die Besitzergreifung verweist, die für das security right gelten. Die zweite Lösung wird von der Provinz Québec und dem UNCITRAL-Leitfaden (Option B.) vertreten. Letzterer lässt allerdings Abweichungen zu, sofern diese für die Kohärenz des Kaufrechts erforderlich sein sollten702. Zusammenfassung: Verwertung nach Massgabe des Schuldrechts bzw. des Sachenrechts Deutschland, Schweiz, Frankreich ⇔ DCFR

e.

Die Verwertungsregeln des gesetzlich vorgesehenen beschränkten dinglichen Sicherungsrechts finden Anwendung UNCITRAL (Option B) ⇔ Québec

Stellung des Vorbehaltsverkäufers in der Insolvenz des Schuldners

Deutschland, die Schweiz, Frankreich, Québec und der UNCITRALLeitfaden (Option B) ermöglichen dem Vorbehaltsverkäufer die Aussonderung der Vorbehaltssache für den Fall, dass der Kaufvertrag nicht erfüllt werden soll. Für die Schweiz, Québec und den UNCITRAL-Leitfaden gilt das nur nach der Massgabe, dass die Voraussetzungen der Drittwirksamkeit des Eigentumsvorbehalts erfüllt worden sind. Der DCFR trifft hier keine Aussage.

702

Vgl. rec. 200 (b).

C. Systematik der vorgefundenen Regulierungsansätze

2.

155

Sicherungseigentum und fiducie-sûreté

Bevor die Regulierung im Einzelnen dargestellt wird, ist daran zu erinnern, dass nur Deutschland, die Schweiz, Frankreich und Québec die Verwendung des Sicherungseigentums bzw. der fiducie-sûreté gestatten. a.

Wirksamkeit inter partes

Für die Wirksamkeit zwischen den Parteien reicht bei allen vier Rechsordnungen eine einfache Vereinbarung. b.

Drittwirksamkeit

Zwei der Rechtsordnungen (die Schweiz und Québec) verlangen die Publizität des Rechtsgeschäfts für die Drittwirksamkeit. Québec sieht die Registereintragung vor; die Schweiz verlangt die Übertragung des Besitzes auf den Sicherungsnehmer. Die anderen beiden (Deutschland und Frankreich) verlangen keinen Publizitätsakt. Der eigentlich notwendige Publizitätsakt des deutschen Rechts (Übergang des Besitzes auf den Sicherungsnehmer) kann durch ein Besitzkonstitut ersetzt werden. Zusammenfassung: Publizität ist erforderlich für die Drittwirksamkeit

Publizitätsakt für die Drittwirksamkeit nicht erforderlich

Schweiz, Québec

Deutschland, Frankreich

c.

Erfasste Vermögensgegenstände

Alle Rechtsordnungen, die Regelungen zum Sicherungseigentum bzw. zur fiducie-sûreté vorsehen, ermöglichen die Sicherungsübereignung bzw. die Bestellung der fiducie-sûreté an einem Warenlager mit wechelndem Bestand. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sich die Schweiz von den anderen Rechtsordnungen unterscheidet, da die Sicherungsübereignung eines Warenlagers aufgrund der strikten Durchsetzung des Faustpfandprinzips eine geringere Bedeutung hat. d.

Verwertung

Im Fall Deutschlands, der Schweiz und Frankreichs richtet sich die Verwertung nach eigenem, speziell für das Sicherungseigentum bzw. die fiducie-sûreté geltendem Recht703. Diese Staaten sehen verschiedene Ein-

703

Das kann auch Richterrecht sein, s. Deutschland und die Schweiz.

156

Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

schränkungen vor, um die Rechte des Sicherungsgebers zu schützen704. Québec dagegen verweist bei der Verwertung der fiducie-sûreté auf die Regeln der beschränkt dinglichen hypothèque. Zusammenfassung: Verwertung nach Massgabe eigenen Rechts

Deutschland, Schweiz, Frankreich

e.

Verwertung aufgrund einer Rechtsverweisung nach Massgabe der Regeln der beschränkten dinglichen Kreditsicherheit (hypothèque) Québec

Stellung in der Insolvenz des Schuldners

Es fallen wiederum zwei Lösungen auf. Nach der ersten Lösung fällt der sicherungsübereignete (bzw. von der fiducie-sûreté erfasste) Gegenstand bei einem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Sicherungsgebers nicht in die Masse. Nach der anderen Lösung fällt der sicherungsübereignete Gegenstand in die Masse, was dazu führt, dass dem Sicherungsnehmer nur ein Absonderungsrecht an dem Gegenstand zusteht. Zwischen den Rechtsordnungen der erstgenannten Gruppe – Schweiz, Frankreich und Québec – muss unterschieden werden. Zum einen ist die Technik unterschiedlich: Frankreich und Québec bilden mit der fiduciesûreté ein Sondervermögen, während es beim schweizerischen Sicherungseigentum zu einer Übertragung des Eigentums auf den Sicherungsnehmer kommt. Zum anderen ist die schweizerische Lösung untrennbar mit der hohen Stellung des Faustpfandprinzips verbunden, das in den beiden anderen Rechtsordnungen keine vergleichbare Stellung hat. Deutschland – das das Faustpfandprinzip beim Sicherungseigentum nicht strikt verwirklicht – bildet die zweite Gruppe. Zusammenfassung: Bei der Insolvenz des Sicherungsgebers fällt der Gegenstand nicht in die Insolvenzmasse Frankreich, Québec ⇔ Schweiz

Bei der Insolvenz des Sicherungsgebers fällt der Gegenstand in die Insolvenzmasse Deutschland

704 Z.B. die Notwendigkeit einer Bewertung der Sache, was dann ggf. zur Erstattung eines eventuellen Wertüberschusses über die gesicherte Forderung führt oder auch das Erfordernis der Veräusserung durch bestimmte Personen oder auf einem bestimmten Markt.

C. Systematik der vorgefundenen Regulierungsansätze

157

IV. Zusammenfassende Bewertung der vorgefundenen Regulierungsansätze Unter II. 1. wurden die de lege lata dargestellten Rechtsordnungen bzw. Rechtsnormen dahingehend verglichen, ob sie generell die Verwendung von Eigentumssicherheiten vorsehen oder nicht. Auf diese generalisierende Frage kann nur mit „ja“ oder „nein“ geantwortet werden. Dementsprechend konnten die untersuchten Rechtsordnungen bzw. Rechtsnormen in zwei Gruppen eingeteilt werden. Einmal solche, die separate Regelungen für Eigentumssicherheiten vorsehen und solche, die es nicht tun. Das Ergebnis hat gezeigt, dass es hier im Kern um die Unterscheidung zwischen einem unitären Ansatz (unitary approach) und einem pluralen Ansatz (plural approach) in der Gesetzgebung zu den Kreditsicherheiten geht. Die Rechtsnormen, die keine separaten Regeln für Eigentumssicherheiten vorsehen, stellen den Parteien eines Sicherungsgeschäfts nur ein einheitliches Kreditsicherungsrecht an beweglichen Sachen zur Verfügung. Wenn es nur ein Kreditsicherungsrecht an beweglichen Sachen gibt, müssen zwangsläufig auch einheitliche Regeln gelten. Der unitäre Ansatz führt mithin dazu, dass alle Rechtsgeschäfte, die zur Sicherung einer Forderung ein Recht an einer Sache begründen, einheitlich reguliert werden. Genau das ist das ist das Anliegen des funktionalen Ansatzes (functional approach)705. Dieser Ansatz fordert, dass – um die einheitliche Behandlung möglich zu machen – Sicherungsgeschäfte nicht nach Massgabe ihrer Bezeichnung oder ihrer Form, sondern nach ihrer Funktion charakterisiert werden sollen. Der unitäre Ansatz ist mithin eine Methode der Durchsetzung des funktionalen Ansatzes. Unter II. 2. wurden die untersuchten Rechtstexte nach dem Grad der Eigenständigkeit ihrer Regulierung untersucht. Dabei fiel auf, dass allein die separate Regulierung von Eigentumssicherheiten nicht bedeuten muss, dass es in der Sache eine abweichende Regulierung zu anderen Kreditsicherheiten gibt. Besonders deutlich wurde das an den Lösungen des DCFR und des UNCITRAL-Leitfadens (Option B), aber auch an der Lösung des Code civil québécois. Alle drei sehen unterschiedliche Kreditsicherheiten mit jeweils eigenen Regeln vor706. Dennoch kommen sie in der Sache weitgehend zu gleichen Rechtsfolgen707. Sogar bei den anderen Rechtsord705

Bazinas, 37; Davies, [2004] 24 LS 300. Im DCFR ist es das security right und retention-of-ownership devices; beim UNCITRAL-Leitfaden ist es das security right und daneben retention-of-title right und financial lease right. Beim CCQ ist es neben der hypothèque gleich eine ganze Reihe von Eigentumssicherheiten. 707 Der CCQ ist nicht so konsequent wie der DCFR und der UNCITRAL-Leitfaden (Option B), achtet aber hinsichtlich der Publizität und hinsichtlich der Verwertungsvoraussetzungen auf eine weitgehend gleiche Behandlung. 706

158

Teil 1: Grundlagen und Situation de lege lata

nungen, die ihre Eigentumssicherheiten in der Sache weitgehend eigenständig regeln, fällt auf, dass sie hin und wieder in der Rechtsfolge das gleiche Ergebnis vorsehen, das für eine andere Kreditsicherheit gilt. Exemplarisch wurde die Behandlung der Sicherungsübereignung nach deutschem Recht in der Insolvenz des Sicherungsgebers herausgestellt. Das führt zu folgenden Erkenntnissen: Der funktionale Ansatz kann sowohl durch einen unitären, als auch durch einen pluralen Ansatz in der Gesetzgebung zu den Kreditsicherheiten durchgesetzt werden708. Auch plurale Rechtsordnungen bzw. Rechtsnormen können mithin vom funktionalen Ansatz Gebrauch machen. Der unterschiedliche Grad der eigenständigen Regulierung in der Sache hat gezeigt, dass eine Rechtsreform sich weniger mit der Frage auseinandersetzen muss „Funktionalismus oder nicht?“, als mit der Frage: „Was ist die richtige Reichweite des Funktionalismus?“709. Der Vergleich unter Abschnitt III. bestätigt die gerade gemachte Feststellung, dass selbst Rechtsordnungen, die Eigentumssicherheiten in der Sache eigenständig regulieren, an bestimmten Stellen der Regulierung (z.B. bei der Publizität oder bei der Behandlung des Rechts in der Insolvenz) vom funktionalen Ansatz Gebrauch machen. Wenn die Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen bzw. Rechtsnormen auf dem Gebiet der Kreditsicherheiten auf den Gegensatz von funktional und formalistisch reduziert werden710, dann wirkt das vor diesem Hintergrund zu simplifiziert und trifft nicht den Kern der gesetzgeberischen Entscheidungen. Aus Sicht des Reformgesetzgebers stellen sich zusammengefasst deshalb folgende Fragen: Ist dem unitären oder pluralen Ansatz in der Gesetzgebung zu den Kreditsicherheiten zu folgen? Soweit Letzteres der Fall ist, wie weit soll dem funktionalen Ansatz gefolgt werden, d.h., bei welchen Sachfragen sind die Eigentumssicherheiten einer einheitlichen Regulierung, die auch für andere Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen gilt, mit zu unterwerfen? Wie soll diese Regulierung im Einzelfall aussehen?

708

S. UNCITRAL-Legislative Guide, Ch. IX, Erwägungsgründe 75 ff.; Bazinas, 37. So Macdonald, Transnational Secured Transactions Reform, ZEuP 2009, p. 745, 757: “(…) the policy decision is less about adopting a functional approach per se, than It is about finding the optimal framework for imposing functionalism on disparate legal forms”. 710 S. z.B. Röver, Secured Lending in Eastern European Countries, Oxford 2007, p. 113; McCormack, Secured Credit, p. 71. 709

Teil 2: Fallstudien A. Einleitung A. Einleitung

In Teil 1 wurden der unitäre Ansatz und der plurale Ansatz als grundlegender Ausgangspunkt für die Regulierung von Eigentumssicherheiten vorgestellt (C. II. 1.). Es wurde des Weiteren festgestellt, dass allein die Existenz von Eigentumssicherheiten nicht bedeuten muss, dass Eigentumssicherheiten in der Sache anders behandelt werden, als sonstige Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen (C. II. 2.). Eine systematische Übersicht über die in verschiedenen Rechtsordnungen bestehenden gesetzlichen Voraussetzungen für die Verwendung der wichtigsten Eigentumssicherheiten (C. III.) hat dieses Ergebnis bestätigt. Teil 2 der Arbeit will diese gewonnenen Erkenntnisse mit Hilfe von praktischen Fallbeispielen überprüfen und vertiefen. Dabei soll folgende Frage überprüft werden: Führt der Gebrauch von Eigentumssicherheiten in Rechtsordnungen, die dem pluralen Ansatz in der Gesetzgebung folgen, wirklich zu anderen Ergebnissen, als die Verwendung des einheitlichen Kreditsicherungsrechts auf der Basis von Rechtsordnungen oder Rechtstexten, die dem unitären Ansatz folgen? Anders ausgedrückt: Unterscheiden sich unitärer und pluraler Ansatz in den Rechten, die sie den Parteien eines Sicherungsgeschäfts in konkreten Situationen einräumen? Um diese Frage zu beantworten, untersucht Teil 2 vier Fallbeispiele, die Situationen aufgreifen, in denen in Deutschland oder der Schweiz auf Eigentumssicherheiten zurückgegriffen wird oder zumindest eine Motivation bestehen könnte, auf Eigentumssicherheiten zurückzugreifen. Die Fallbeispiele werden vergleichend gelöst, indem auf Rechtsordnungen bzw. Rechtstexte zurückgegriffen wird, die entweder den Gebrauch von Eigentumssicherheiten nicht zulassen (unitärer Ansatz) oder aber wie Deutschland oder die Schweiz dem pluralen Ansatz folgen, ihre Eigentumssicherheiten aber in der Sache anders regulieren. Aufgrund des Umfangs der Thematik ist eine Begrenzung der zu untersuchenden Situationen erforderlich. Insgesamt sollen vier Sachverhalte rechtsvergleichend gelöst werden, wobei jeweils zwei auf die Situation des Warenkreditgebers eingehen und zwei auf die Situation des Geldkreditgebers. Das Fallbeispiel 2 zum Wa-

160

Teil 2: Fallstudien

renkredit enthält eine Besonderheit: Hier geht es um Fälle des Leasing. Obwohl es sich dabei – nach der Definition aus Teil 1 – nicht um eine Eigentumssicherheit handelt, soll das Leasing hier genauer untersucht werden, da es die Unterschiede zwischen den grundsätzlichen Regulierungsansätzen gut verdeutlicht. Die Fallbeispiele zum Geldkredit untersuchen Situationen, in denen nach deutschem oder schweizerischem Recht das Sicherungseigentum eine Rolle spielen könnte. Der Blickwinkel dieser beiden letzten Fallbeispiele hat eine besondere Spezifik, auf die in deren Einleitung eingegangen werden soll. Teil 2 greift bei den einzelnen Fallbeispielen nicht immer auf die gleichen Rechtsordnungen bzw. Rechtstexte zurück. Für jedes Fallbeispiel soll eine Auswahl getroffen werden, die unterschiedliche Lösungsansätze repräsentiert. So verzichtet z.B. das Fallbeispiel 2 zum Warenkredit auf eine Lösung nach schweizerischem Recht, weil dessen Lösung für diesen Fall ähnlich der des deutschen Rechts ist. Auch wird z.B. nur dort auf das Recht der kanadischen PPSA-Provinzen zurückgegriffen, wo sie einen echten Unterschied zum Recht des Article 9 UCC – als Prototyp des unitären und funktionalen Ansatzes – darstellen.

B. Fallbeispiele für die Situation des Warenkreditgebers B. Fallbeispiele für die Situation des Warenkreditgebers

In Rechtsordnungen, wie z.B. in Deutschland und der Schweiz, die den Gebrauch des Eigentumsvorbehalts anerkennen, hat der Vorbehaltsverkäufer besondere Vorteile, die der Inhaber eines beschränkten dinglichen Sicherungsrechts an fremder Sache – z.B. der Pfandgläubiger – nicht hat. Besonders relevant ist der Fall der Insolvenz des Käufers. Dem Vorbehaltsverkäufer wird für diesen Fall regelmässig das Recht zugebilligt, den Vorbehaltsgegenstand aus der Masse auszusondern. Dadurch, dass nach diesen Rechtsordnungen das Eigentum an der Kaufsache für die Dauer des Vorbehalts nicht in das Vermögen des Käufers fällt, erhält der Vorbehaltsverkäufer faktisch einen Vorrang vor allen anderen vorherigen gesicherten Gläubigern des Käufers. Die Frage ist nun, wie der unitäre und funktionale Ansatz der Gesetzgebung und Rechtsordnungen bzw. Rechtstexte, die diesen Ansatz umgesetzt haben, diese Fälle lösen. Kommt es hier zu anderen Ergebnissen? Steht der Sicherungsnehmer in der Insolvenz des Käufers schlechter, weil der Gebrauch des Eigentumsvorbehalts nicht anerkannt ist? Oder gibt es Regelungsmechanismen, die zu gleichen oder ähnlichen Ergebnissen führen?

B. Fallbeispiele für die Situation des Warenkreditgebers

I.

Fallbeispiel 1: Die Sicherung des Erwerbskreditgebers

1.

Zum Sinn und Zweck der Sicherung des Erwerbskreditgebers

161

Ein Gläubiger, der zur Erweiterung des Anlage- und Umlaufvermögens eines Unternehmers beiträgt, hat Interesse an einer effektiven Sicherheit für seinen Kredit. Sein Interesse wiegt besonders stark, wenn der Einkäufer-Schuldner bereits eine Globalsicherheit zugunsten seiner Bank hinsichtlich seiner gegenwärtigen und zukünftigen Einrichtungsgegenstände und Umlaufvermögens eingeräumt hat. Der mögliche Prioritätsnachteil würde den weiteren Kreditgeber möglicherweise von seinem Kredit abhalten, sehr wahrscheinlich aber könnte der Unternehmer neuen Kredit nur zu hohen Kosten aufnehmen. Der Erwerb weiterer Vermögensgegenstände durch den Unternehmer würde mithin durch die starke Position seiner Bank verhindert. Es wird aber für wünschenswert gehalten, dem Unternehmer den Erwerb weiterer Vermögensgegenstände unabhängig von der global gesicherten Bank zu ermöglichen. Das erfordert, dass der Kreditgeber, der den Erwerb eines neuen Gegenstands finanziert, im Verhältnis zur global gesicherten Bank in Bezug auf die finanzierte Sache eine vorrangige Sicherheit erwerben kann. Die Vorzugsbehandlung des Erwerbskreditgebers beruht auf folgenden Argumenten1: Die Erweiterung der Vermögensgegenstände des Unternehmers wird generell vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Wachstums und der Steigerung der gesellschaftlichen Wohlfahrt für wünschenswert gehalten. Die effektive Möglichkeit der Sicherung des Erwerbskredits ist besonders für kleine und mittlere Unternehmen wichtig. Diese wären nämlich durch einen durch gegenwärtige und zukünftige Vermögensgegenstände gesicherten Geldkreditgeber gleichsam „geknebelt“2. Der Erwerbskredit bietet in dieser Situation den Vorteil, dass der Kreditgeber sein Risiko aufgrund des spezifischen Kaufgegenstands gut einschätzen kann. Er braucht sich mithin nicht durch die bereits komplette Besicherung aller Vermögensgegenstände des Unternehmers „abschrecken zu lassen“. Hinzu kommt, dass die Erweiterung des Vermögens des Unternehmers durch eine neue Schuld erfolgt, die sich qualitativ von der Darlehensschuld gegenüber der Bank unterscheidet. Die neue Schuld ist nämlich neutral in Bezug auf die bereits existierenden Vermögensgegenstände des Schuldners, da sie durch die Zuführung eines neuen Gegen-

1

Vgl. zu den folgenden Argumenten McCormack, The UNCITRAL Legislative Guide, p. 55–56; Jackson/Kronman, Secured Financing and Priorities Among Creditors, 88 Yale L.J. 1172 (1978–1979); von Bar/Clive (eds.), Draft Common Frame of Reference (DCFR), Kommentar zu Art. IX.-1:103. 2 Jackson/Kronman, 88 Yale L.J. 1172 (1978–1979) sprechen von einem situational monopoly des Geldkreditgebers in diesem Fall.

162

Teil 2: Fallstudien

stands „aufgewogen“ wird3. Letztlich kann die vorrangige Prioritätsstellung des Erwerbskreditgebers auch der Bank zugute kommen. Wenn die Zuführung eines neuen Vermögensgegenstands dem Unternehmer zu neuen Gewinnen verhilft, dann steigert sich auch der Wert bzw. der Umfang der dem Zugriff der Bank unterliegenden Sachen. 2.

Mögliche Praxisfälle

Es sind alle Fälle betroffen, in denen ein Verkäufer4 einem Unternehmer einen Gegenstand verschafft, den dieser für seine Betriebsführung entweder als Einrichtungsgegenstand oder zur Weiterveräusserung benötigt. Der Erwerb einer Sache kann aber nicht nur durch einen Verkäufer, sondern auch durch einen Geldkreditgeber finanziert werden, der die notwendigen Mittel zum Erwerb eines Vermögensgegenstands von einem Dritten aufbringt. Inwieweit aber diesen Geld-Erwerbskreditgebern ebenfalls wie den Vorbehaltsverkäufern eine vorrangige Prioritätsstellung eingeräumt werden soll, wird unterschiedlich gesehen. Unterschiedliche Rechtsordnungen bieten hier unterschiedliche Lösungen an, auf die im Rahmen der Lösungsübersicht eingegangen werden soll5. 3.

Das Fallbeispiel6

K vertreibt als Grosshändler verschiedene Maschinen und Fahrzeuge, die für den Strassenbau benötigt werden. Von seiner Hausbank ist ihm eine langfristige Kreditlinie eingeräumt worden. Zur Sicherheit hat er ihr alle 3 Die bisherigen Gläubiger des Schuldners werden nicht dadurch geschädigt, dass der neu hinzukommende Gegenstand ihrem Zugriff entzogen bleibt. Sie hatten ihre Kreditentscheidung auf Basis des bisher bestandenen Vermögenspools des Schuldners getroffen und der Vorbehaltsverkäufer wird zu seiner Befriedigung nicht auf die anderen Vermögensgegenstände des Schuldners zugreifen; s. zu dieser Thematik Brinkmann, The Position of Secured Creditors in Insolvency, in: Eidenmüller/Kieninger (eds.), The Future of Secured Credit in Europe, Berlin 2008, 256. 4 Hier geht es um jede Art der Verschaffung einer Sache, auch im Wege des Leasing oder der Kommission. Da die erste Fallgruppe aber spezifisch von einem Eigentumsvorbehalt ausgeht, wird hier nur der Fall des Verkaufs erwähnt. 5 Die Lösungen gehen hier von einer Bevorzugung des Warenkreditgebers über eine Gleichbehandlung von Waren- und Geldkreditgebern bis zu einer vollständig integrierten Lösung, vgl. dazu den Überblick bei UNCITRAL Ch. IX, Erwägungsgründe 46 ff. 6 Der folgende Fall enthält die Besonderheit, dass er nicht nur die Ergebnisse der typischen Situation des Eigentumsvorbehalts im deutschen oder schweizerischen Recht vergleicht, sondern darüber hinaus noch eine Besonderheit enthält: Hier konkurrieren zwei unterschiedliche Erwerbskreditgeber (nämlich ein Waren- und ein Geldkreditgeber) mit einem vorher umfassend gesicherten Geldkreditgeber, dem eine Globalsicherheit an allen gegenwärtigen und zukünftigen Vermögensgegenständen des Schuldners eingeräumt worden ist.

B. Fallbeispiele für die Situation des Warenkreditgebers

163

Rechte an seinem gegenwärtigen und zukünftigen Inventar (Anlage- und Umlaufvermögen) übertragen. Die Durchführung von gesicherten Transaktionen mit anderen Kreditgebern ist dem K nicht verboten worden. Da das Geschäft nicht gut läuft, will K seine Produktpalette ändern. Obwohl er kaum Mittel frei hat, plant er, probeweise einige AsphaltKettenfertiger zu erwerben, die insgesamt 1 Mio. Franken kosten würden. In den Verhandlungen mit dem Hersteller V, der an der Leistungsfähigkeit des K zweifelt, ergibt sich, dass K die Hälfte sofort bezahlen solle, den Rest dürfe er in Raten zahlen. Bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises behält sich V das Eigentum an den Maschinen vor. K gelingt es, sich die für die Barzahlung notwendigen Mittel in Höhe von 500.000 Franken bei X als Kredit zu beschaffen. Dem X wird dazu an den zu erwerbenden Maschinen eine (je nach nationalem Recht für diesen Fall typische) maximale Sicherheit in Höhe von 600.000 Franken bestellt. Wenig später verwendet K die 500.000 Franken, um damit die Hälfte des Kaufpreises an V zu zahlen. Er beginnt auch mit der Ratenzahlung an V, jedoch wird er bereits kurz danach zahlungsunfähig und stellt alle Zahlungen ein. V beendet daraufhin den Kaufvertrag und auch X und die Hausbank stellen ihre Kredite fällig. Kurze Zeit später wird ein Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen des K eröffnet. Anmerkungen: Es ist davon auszugehen, dass X und V die für die (maximale) Drittwirksamkeit ihrer Sicherheiten notwendigen Schritte jeweils gleich nach Abschluss ihrer Verträge und noch vor der Besitznahme der Maschinen durch K vorgenommen haben. Die hypothetische Veräusserung der Maschine würde 800.000 Franken einbringen. 1. Welche Rechte kann V an den Maschinen geltend machen? 2. Kann X Rechte an den Maschinen geltend machen? 3. Würde sich an der Situation des X etwas ändern, wenn V ihm seinen Kaufpreisanspruch gegen K (noch vor der Eröffnung der Insolvenz) abgetreten hätte? Was hätte das für Auswirkungen auf die Stellung von X in der Insolvenz? Das Fallbeispiel soll nach den Rechten Deutschlands, der Schweiz, des Article 9 UCC und des Code civil québécois gelöst werden. Für die Auswahl der Rechtsordnungen sind folgende Gründe massgeblich: Deutschland und die Schweiz erlauben die Verwendung des Eigentumsvorbehalts und geben damit spezifisch den Verkäufern ein sehr effektives Kreditsicherungsrecht in die Hand. Article 9 UCC ist der Prototyp der Rechtsordnungen, die den Gebrauch des Eigentumsvorbehalts nicht zulassen und den Verkäufer statt dessen auf das auch allen anderen Gläubigern zur Verfügung stehende Kreditsicherungsrecht an fremder Sache verweisen. Das

164

Teil 2: Fallstudien

Recht der Provinz Québec schliesslich soll geprüft werden, weil es eine Mittellösung zwischen den vorher genannten Rechtsordnungen entwickelt hat. 4.

Lösung des Fallbeispiels

a.

Lösung nach deutschem Recht

(i) Rechte des Verkäufers V an der Maschine Zum Zeitpunkt der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens – in Deutschland das Insolvenzverfahren – bilden alle Vermögensgegenstände, die dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung gehören, die Insolvenzmasse (§ 35 Abs. 1 InsO). Alle Gläubiger werden an der Masse grundsätzlich gleichmässig und anteilig befriedigt; Einzelmassnahmen der Gläubiger sind unzulässig (vgl. §§ 89, 96 InsO). Eine Ausnahme gilt für Gläubiger, denen ein Aussonderungsrecht zusteht. Hier kommt ein Aussonderungsrecht des V an den Maschinen infrage. Dazu muss er geltend machen, dass die Maschinen aufgrund eines ihm zustehenden dinglichen Rechts nicht zur Insolvenzmasse gehören. Es ist anerkannt, dass das vorbehaltene Eigentum ein solches dingliches Recht darstellt, durch das der verkaufte Gegenstand nicht in die Masse fällt7. Laut Sachverhalt hat V sich wirksam das Eigentum an den Maschinen vorbehalten. Jedoch müsste V auch das Recht besitzen, die Kaufsache aufgrund des Eigentumsvorbehalts herausverlangen zu dürfen. Laut § 449 Abs. 2 BGB kann er die Sache nur herausverlangen, wenn er vom Kaufvertrag zurückgetreten ist. V hat die Beendigung des Vertrags schon vor8 der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erklärt. Der Wirksamkeit des Rücktritts steht nichts entgegen9. Mithin kann V die Maschinen aus der Masse aussondern. Zum Verhältnis der Rechte der Hausbank am Vermögen des K gilt Folgendes: Die Vereinbarung zwischen K und seiner Hausbank, dass der Hausbank alle Rechte am gegenwärtigen und zukünftigen Inventar übertragen würden, ist nach deutschem Recht als Sicherungsübereignung zu verstehen. Möglich wäre in Bezug auf die zukünftig in die Räume oder Lagerhallen des K kommenden Gegenstände eine Sicherungsübereignung mittels antizipierten Besitzkonstituts10. Wie auch immer die Sicherungs7

Vgl. Jauernig/Berger, § 44 Rn. 7; Bork, Insolvenzrecht, Rn. 238. Damit hat der Insolvenzverwalter hier auch nicht die Möglichkeit, anstelle des K den Vertrag zu erfüllen und von V die Erfüllung zu verlangen, s. § 103 Abs. 1 InsO. 9 Es handelt sich um einen Rücktritt aufgrund der nichterbrachten Gegenleistung, vgl. §§ 323 I, II Nr. 2, 346 Abs. 1, 433 Abs. 2 BGB. 10 Hier soll nicht mehr wichtig sein, als dass nach deutschem Recht mittels antizipierter Sicherungsübereignung auch zukünftig in das Vermögen des Schuldners gelangende 8

B. Fallbeispiele für die Situation des Warenkreditgebers

165

übereignung im Einzelnen durchzuführen ist, fest steht, dass nur solche Sachen an die Hausbank zur Sicherung übereignet werden können, die vorher in das Vermögen des K gefallen sind. Das ist aber bei den verkauften Maschinen gerade nicht der Fall. K konnte der Hausbank maximal das Anwartschaftsrecht an den Maschinen mittels eines antizipierten Besitzkonstituts übertragen. Mit der Beendigung des Kaufvertrags ist das Anwartschaftsrecht allerdings erloschen. Das Eigentum des Vorbehaltsvekäufers V geht möglichen Rechten der Hausbank mithin vor. (ii) Rechte des X Fraglich ist, ob X, der – obwohl er nicht die Ware liefert, sondern Kredit zu ihrer Anschaffung gibt – auch Erwerbskreditgeber ist, nach deutschem Recht Rechte an den Maschinen erwerben konnte. Da K den Besitz der Maschinen nicht aufgeben wollte, würde wieder die Sicherungsübereignung als Kreditsicherungsrecht in Betracht kommen. Zum Zeitpunkt der Vereinbarung war K aber noch nicht Eigentümer. Mithin kommt wieder eine antizipierte Sicherungsübereignung in Betracht. X hat aber nicht antizipiert das Sicherungseigentum erworben, denn K ist zu keinem Zeitpunkt Eigentümer der Maschinen geworden. Möglich war mithin nur eine sicherungsweise Übertragung der Anwartschaft des K am Eigentumserwerb11. Die Anwartschaft besteht aber nur solange, wie K tatsächlich noch das Eigentum erwerben kann, mithin nur solange, wie der Kaufvertrag den V zur Übereignung verpflichtet. Da der Kaufvertrag aber bereits rückabgewickelt ist, ist auch das Anwartschaftsrecht des X erloschen. X kann mithin keine Rechte in der Insolvenz geltend machen. Er ist nicht gesichert12. (iii) Möglichkeit des X, in die Rechtsstellung des V einzutreten? Nach deutschem Recht besteht keine Möglichkeit ausserhalb des Anwartschaftsrechts, den X mittels eines Kreditsicherungsrechts am Kaufgegenstand zu sichern. Es stellt sich deshalb die Frage, ob X die Möglichkeit hätte, durch Zahlung des Restkaufpreises anstelle des K in die Position des V einzurücken, mithin, wie vorher der V, durch den Eigentumsvorbehalt Sachen übereignet werden können. Das ist anerkannt, vgl. nur Wieling, Sachenrecht, 5. Aufl., Berlin 2007, 101; Baur/Stürner, § 59 Rn. 65. 11 Palandt/Bassenge, § 929 Rn. 45; MünchKommBGB/Oechsler, § 929 Rn. 17. 12 Solange K nicht Eigentümer wird, kann er dem X mithin keine Rechte an der Sache bestellen. Allerdings kann er dem X – wie dargestellt – das Anwartschaftsrecht zur Sicherheit übertragen (Übertragung nach §§ 929, 930 BGB). Dabei entstehen allerdings dogmatische Probleme in Bezug auf die Frage, für wen K den Besitz mittelt, vgl. nur Baur/Stürner, § 59 Rn. 35. Das Anwartschaftsrecht kann dem X als eine gewisse Sicherheit dienen. Er kann es weiter übertragen oder belasten; allerdings ist die Position (s.o.) vom Bestehen des Kaufvertrags abhängig, worauf X keinen Einfluss hat.

166

Teil 2: Fallstudien

für seine Darlehensforderung gegen K gesichert zu sein. Inhaltlich geht es dabei um die Frage, ob das deutsche Recht eine Lösung vorsieht, um die Stellung des Geldkreditgebers, der die Anschaffung des Kaufgegenstands unterstützt, zu verbessern. Der Eigentumsvorbehalt wird im deutschen Recht nicht als akzessorisches Recht angesehen. Mithin kommt es im Fall des Übergangs oder der Abtretung der Kaufpreisforderung auf X nicht automatisch zum Übergang des Eigentumsvorbehalts. Das Eigentum des V wäre vielmehr im Wege der §§ 929, 931 BGB, d.h. durch Abtretung des Herausgabeanspruchs aus dem Eigentum zu übertragen13. Fraglich ist aber, welche Auswirkungen ein solcher Übergang des Vorbehaltseigentums auf den Finanzier des Kaufpreises im Fall der Insolvenz des Käufers hat. Grundsätzlich berechtigt der Eigentumsvorbehalt zur Aussonderung (§ 47 InsO) im Rahmen der Insolvenz. Nach der deutschen Rechtslage erfährt der Eigentumsvorbehalt aber durch die Übertragung auf den Geldkreditgeber – auch wenn er den Erwerb einer Sache gefördert hat – einen Bedeutungswandel. In einem relativ jungen Urteil hat der BGH das Aussonderungsrecht eines Finanziers des Kaufpreises, der sich nach Zahlung des offenen Kaufpreises an den Verkäufer den Eigentumsvorbehalt hatte abtreten lassen, abgelehnt14. Dieses Ergebnis begründete der BGH damit, dass der Vorbehalt nun nicht mehr die Kaufpreisforderung des Verkäufers, sondern die Darlehensforderung des Finanziers sichere. Damit erfülle er aber die Funktion des Sicherungseigentums, das nur ein Recht zur abgesonderten Befriedigung gebe. Würde man dem Finanzier auch ein Aussonderungsrecht gewähren, dann werde die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers, den Warenkreditgeber vor dem Geldkreditgeber zu bevorzugen, unterlaufen15. Diese Entscheidung verdeutlicht die Position des deutschen Rechts zum Verhältnis von Geldkreditgeber und Warenkreditgeber. Letzterer erhält durch den Eigentumsvorbehalt eine Vorzugsbehandlung vor anderen Kreditgebern, denen keine vergleichbar starke Prioritätsstellung zugebilligt wird. Selbst der einen Erwerb finanzierende Geldkreditgeber erhält keine vergleichbare Stellung.

13 BGHZ 42, 53, 56; vgl. zur Rechtsnatur des Eigentumsvorbehalts im deutschen Recht Weber, 193; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 768; Zur eventuell bestehenden schuldrechtlichen Pflicht des Gläubigers zur Übertragung des Vorbehaltseigentums an den Forderungserwerber vgl. Palandt/Grüneberg, § 401 Rn. 5; BGH NJW 1964, 1788, 1790 (für einen Bürgschaftsfall). 14 S. BGH NJW 2008, 1803 (Az.: IX ZR 220/05). 15 BGH NJW 2008, 1803, 1805–1806.

B. Fallbeispiele für die Situation des Warenkreditgebers

b.

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Lösung nach schweizerischem Recht

(i) Rechte des Verkäufers V an der Maschine Wie im deutschen Recht fallen alle Gegenstände, die sich im Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens im Vermögen des Schuldners befinden und pfändbar sind, in die Konkursmasse (Art. 197 SchKG). Auch in der Schweiz ist anerkannt, dass der Vorbehaltseigentümer – sofern er vom Kaufvertrag zurückgetreten ist – den Kaufgegenstand aus der Masse aussondern kann16. Eine Besonderheit im Vergleich zum deutschen Recht ergibt sich im Zusammenhang mit den Rechten der Bank. Laut Sachverhalt hatte K der Bank alle Rechte an seinem gegenwärtigen und zukünftigen Inventar übertragen. Das schweizerische Recht kennt aber keine Möglichkeit der Bestellung eines Sicherungsrechts an Sachen, die im Besitz des Schuldners verbleiben sollen. Zwar wäre es theoretisch möglich, dass K und die Bank gemeinsam Besitz ausüben, sodass K nicht ohne Mitwirkung der Bank Zutritt zu den verpfändeten Sachen haben könnte. Die Durchführung dieser Variante des Pfandrechts wäre aber sehr kompliziert17 und kann z.B. dann nicht in Frage kommen, wenn Umlaufvermögen schnell revolviert. Das Sicherungseigentum kann – anders als im deutschen Recht – nicht an die Stelle des Pfandrechts treten, da das schweizerische Recht das Faustpfandprinzip strikt durchsetzt, vgl. Art. 717 Abs. 1 ZGB18. Zwar kann es zwischen den Parteien wirksam auch mit Besitzkonstitut begründet werden, aber die Bank wird das Risiko der fehlenden Drittwirksamkeit nicht eingehen wollen. Aus diesem Grund begnügen sich Geldkreditgeber in der Schweiz vor allem mit der Sicherungsabtretung der aus der Veräusserung des Umlaufvermögens entstehenden Forderungen. Der Sachverhalt wäre mithin so auszulegen, dass K die Bank durch Sicherungszession der aus der Veräusserung der von ihm vertriebenen Maschinen und Fahrzeuge herrührenden Forderungen gesichert hat. 16 Vgl. dazu BGE 93 III 96; Graham-Siegenthaler, 38 m.w.N. Dadurch, dass V vor der Eröffnung des Verfahrens vom Vertrag zurückgetreten ist, kann der Konkursverwalter ebenfalls nicht die Fortführung des Vertrags entscheiden, s. dazu Art. 211 Abs. 2 SchKG. 17 Vgl. Foëx, Propositions, p. 302; s. auch die Entscheidung des schweizerischen Bundesgerichts, Az. 5C.172/2000 v. 1.11.2000 zum Fall der Begründung eines Pfandrechts durch sog. Raumgewahrsam. Für das Erfordernis des Besitzübergangs reiche der Mitverschluss aus, z.B. wenn Schuldner und Gläubiger jeweils im Besitz unterschiedlicher Schlüssel sind und sich der Aufbewahrungsraum nur mithilfe beider Schlüssel öffnen lässt. Das Gericht hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob die Existenz von Belüftungsöffnungen von 52x39 cm gegen einen Besitzübergang i.S.v. Art. 922 Abs. 1 ZGB spreche. 18 Vgl. dazu Foëx, Propositions, p. 302; Aeschlimann/Foëx, p. 24.

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Teil 2: Fallstudien

Im Ergebnis gibt es keinen Unterschied zum deutschen Recht. Da davon auszugehen ist, dass der Eigentumsvorbehalt konform mit den Anforderungen des schweizerischen Rechts19 wirksam bestellt worden ist, kann V die Maschinen aussondern. Rechte der Hausbank an den AsphaltKettenfertigern bestehen nicht. (ii) Rechte des X Hier stellt sich wieder die Frage, welche Sicherungsmöglichkeit für einen Geldkreditgeber, der den Erwerb eines Vermögensgegenstands finanziert, in Frage kommt. Dabei ist wiederum festzustellen, dass eine dem Eigentumsvorbehalt vergleichbare Sicherheit zugunsten des Geldkreditgebers nicht existiert. Für X gilt das Gleiche wie für die Hausbank. Da ein besitzloses Sicherungsrecht an beweglichen Sachen mit Ausnahme des Eigentumsvorbehalts nicht existiert, der K aber auf den Besitz an den Maschinen angewiesen ist, kommt für X keine Kreditsicherheit an den Maschinen in Betracht. Auch die Sicherungsübereignung des Anwartschaftsrechts des K kommt nicht in Betracht, weil zwecks Erlangung der Drittwirksamkeit auch dabei der Besitzübergang erforderlich wäre20. Gleicherweise kommt das Pfandrecht nicht in Betracht, sodass für X wieder nur die Sicherungszession von Forderungen in Betracht käme. (iii) Möglichkeit des X, in die Rechtsstellung des V einzutreten? Es ist mithin wieder zu prüfen, ob X zumindest in die Stellung des V eintreten könnte. Anders als das deutsche Recht sieht das schweizerische Recht den Eigentumsvorbehalt als akzessorisches Nebenrecht zur Kaufpreisforderung an21. Folge ist, dass der Eigentumsvorbehalt mit der Abtretung des noch offenen Kaufpreisanspruchs an den X auf ihn übergehen würde (Art. 170 Abs. 1 ZGB). Was sich aber daraus für die Stellung des X angesichts des Konkurses des K ergibt, ist noch nicht entschieden worden. Es dürfte sich hier keine andere Lösung als für die zum deutschen Recht ergeben. X dürfte auch nach schweizerischem Recht kein Recht zur Aussonderung in der Insolvenz ergeben, denn auch hier würde der Eigentumsvorbehalt wieder nur den Anspruch auf die Rückzahlung des Darlehens gegen K sichern. Auch das schweizerische Recht will den Gläubiger, der 19

Hier ist besonders die Registereintragung relevant, vgl. Art. 715 Abs. 1 ZGB. Die schweizerische Doktrin beschäftigt sich nur hin und wieder und längst nicht so ausgiebig wie die deutsche mit dem Phänomen des Anwartschaftsrechts des Vorbehaltskäufers. Das ist insofern verständlich, als die Anwartschaft aufgrund des Art. 717 Abs. 1 ZGB nicht als Sicherungsmittel verwendet werden kann. Vgl zum Anwartschaftsrecht im schweizerischen Recht BK-Zobl, Art. 884, Rn. 111 und 136. 21 BGE 46 II 47; 77 II 133; 95 IV 6; ZK-Haab/Scherrer, Art. 715/716 ZGB Rn. 84; Steinauer, II, no 2034. 20

B. Fallbeispiele für die Situation des Warenkreditgebers

169

mit seinem Geldkredit den Erwerb einer Sache finanziert, nicht mit dem Warenkreditgeber gleichstellen. Wie beim deutschen Recht erscheint der Warenkreditgeber dem schweizerischen Gesetzgeber schutzwürdiger als der Geldkreditgeber. c.

Lösung nach dem Recht des UCC und verwandter Systeme

(i) Rechte des Verkäufers V an der Maschine Der United States Bankruptcy Code kennt mehrere Verfahren der Liquidation und der Reorganisation sowohl des Vermögens von Unternehmen, als auch des Vermögens von Individuen22. Mit der Eröffnung des Verfahrens werden alle laufenden Prozesse und Vollstreckungen gegen den Schuldner automatisch eingestellt und das Vermögen des Schuldners wird dem trustee in bankruptcy zur Verwertung anvertraut23. Eigentümer haben das Recht, ihre Sachen aus der Masse (estate) auszusondern. Die Aufgabe des trustee ist es, die Vermögensgegenstände des Schuldners zu verwerten. Dabei muss er die Rechte von gesicherten Gläubigern beachten, die nach der Terminologie des US-amerikanischen Insolvenzrechts als lien on property bezeichnet werden. Gesicherte Gläubiger mit einem lien an Vermögensgegenständen des Schuldners haben ein Recht auf vorrangige Verteilung des Erlöses aus der Verwertung der betreffenden Sache24. Sowohl die Bank als auch der Vorbehaltsverkäufer V25 können Rechte an den Maschinen geltend machen. K hatte der Bank, von der er eine Kreditlinie erhalten hatte, bereits vor dem Geschäft mit V ein Sicherungsrecht am gegenwärtigen und zukünftigen Inventar bestellt. Nach der Terminologie des Article 9 UCC handelt es sich dabei um ein security interest in after-acquired property26. V, der sich das Eigentum vorbehalten hat, hat nach dem Recht des UCC ebenfalls nur ein security interest, da Article 9 UCC den Eigentumsvorbehalt nicht anerkennt. Er wird lediglich als security interest behandelt27. Fraglich ist nun, ob V oder die Bank Vorrang bei der Verwertung der Maschinen geniesst. Diese Frage ist aufgrund der Prioritätsregeln des Ari22 Der Bankruptcy Code ist Title 11 des United States Code. Für Unternehmen kommen insbesondere die Verfahren nach Chapter 11 (Reorganization) und Chapter 7 (Liquidation) in Betracht. Im Folgenden soll der Einfachheit halber das Verfahren nach Chapter 7 als Grundlage genommen werden. 23 Sog. automatic stay nach 11 USC § 362. 24 11 USC § 724 (b) (1). 25 Vor dem Hintergrund einer besseren Vermittlung der Funktionsweise des amerikanischen Rechts soll hier noch nicht auf die Rechte des X eingegangen werden. 26 Vgl. Art 9-204 UCC und Schwartz, Security Interests and Bankruptcy Priorities: A Review of Current Theories, 10 LS 6 (1981). 27 Art. 1-201 (b)(35), 9-202 und 9-109 (b)(1) UCC.

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Teil 2: Fallstudien

cle 9 UCC zu entscheiden. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass die Begriffe der Drittwirksamkeit z.B. im deutschen und schweizerischen Recht und der Begriff der perfection nach dem Recht des Article 9 UCC nicht deckungsgleich sind28. Art. 9-322 (a)(1) UCC ordnet das Verhältnis zwischen zwei an der selben Sache gesicherten Gläubigern nach dem Kriterium, welcher Gläubiger zuerst entweder seine Sicherheit registriert (notice filing)29 oder zuerst seine Sicherheit perfektioniert (perfected). Die Gleichstellung von beiden Anknüpfungspunkten (notice filing und perfection) führt dazu, dass ein Gläubiger auch dann Vorrang geniessen kann, wenn sein security interest noch gar nicht perfektioniert ist, er es aber als erster registriert hat30. Dieser Vorteil kommt insbesondere Gläubigern zugute, die sich Sicherheiten an wechselnden Beständen (after-acquired property) bestellen lassen. Da Article 9 UCC nicht die jeweilige erneute Registrierung von neu hinzukommenden Gegenständen des Schuldners verlangt, ermöglicht er durch den Verzicht auf das Abstellen auf die perfection solchen Gläubigern, sich ihre Prioritätsstellung im Vorhinein „zu sichern“. Da die Bank nach dem Sachverhalt eher als V ihr security interest registriert hat und die Registrierung auch after-acquired property erfasst, hätte sie mithin grundsätzlich Vorrang bei der Verwertung der Maschinen. Allerdings gewährt Article 9 UCC solchen security interests, die zur Finanzierung des Erwerbs einer Sache bestellt werden (sogenanntes purchase money security interest), eine gewisse Vorzugsbehandlung. Nach Art. 9324 (a) hat ein purchase money security interest Vorrang vor einem anderen vorher bestellten security interest an der gleichen Sache, wenn der Inhaber dieser Sicherheit sein Recht innerhalb einer „Gnadenzeit“ (grace period) von 20 Tagen seit der Inbesitznahme durch den Schuldner registriert. Während dieser Zeit wird zugunsten des Erwerbskreditgebers eine Ausnahme von dem Erfordernis der Publizität gemacht. Bei einem purchase money security interest an inventory31 gelten laut Art. 9-324 (b) UCC al28 Die Besonderheit des US-amerikanischen Rechts liegt darin, dass auch schon ein nicht perfektioniertes security interest drittwirksam ist. Perfection beschreibt eher den Zustand maximaler Drittwirksamkeit, die ein Gläubiger erreichen kann. 29 Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass das notice filing nicht mit dem Begriff der Registrierung z.B. einer Hypothek im deutschen oder schweizerischen Recht vergleichbar ist. 30 Das notice filing ist lediglich ein möglicher perfecting step neben anderen und führt ohne das Vorliegen der weiteren Voraussetungen von Art. 9-308 (a) UCC nicht zur Perfektion des security interest. 31 Die Asphalt-Kettenfertiger sind nach der folgenden Definition als inventory anzusehen. Laut Art. 9-201 (a) (48) erfasst der Begriff Inventory „goods, other than farm products, which: (A) are leased by a person as lessor; (B) are held by a person for sale or lease or to be furnished under a contract of service; (C) are furnished by a person under a

B. Fallbeispiele für die Situation des Warenkreditgebers

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lerdings strengere Voraussetzungen für den Vorrang vor dem vorher bestellten security interest. So reicht es nicht, wenn der Verkäufer das Recht innerhalb einer Gnadenzeit nach Besitzübergang auf den Käufer registriert. Vielmehr muss das security interest zum Zeitpunkt, zu dem der Käufer die Kaufsache in Besitz nimmt, vollständig perfektioniert sein. Des Weiteren muss der vorher gesicherte Gläubiger (hier die Hausbank) vom Erwerb des purchase money security interest durch den Erwerbskreditgeber (der Hersteller V) informiert werden32. Da laut Anmerkung zum Fall V die zu maximaler Drittwirksamkeit seiner Sicherheit führenden Schritte bereits vor der Übergabe des Besitzes an K vorgenommen hat, kann von rechtzeitiger Perfektionierung ausgegangen werden. Wenn man auch davon ausgeht, dass V die Hausbank über ihr Sicherungsrecht an den AsphaltKettenfertigern in Kenntnis gesetzt hat, hat das zum Ergebnis, dass V die Vorteile des purchase money security interest für sich nutzen kann. Mithin geniesst er – obwohl er sein security interest später registriert und auch später perfektioniert als die Bank – Vorrang in Bezug auf die Maschinen. (ii) Rechte des X X ist ebenfalls Inhaber eines security interest. Es sind sowohl die Voraussetzungen des attachment (Art. 9-203 (a) UCC) als auch die Voraussetzungen der perfection (Art. 9-308 und 9-310 UCC) erfüllt. Da sowohl V als auch X Rechte an den Maschinen haben, ist auf die Regeln zur Priorität zurückzugreifen. Grundsätzlich ist dabei wieder vorrangig auf den Zeitpunkt des financing statement im Register abzustellen (Art. 9-322 (a) UCC). Es ist aus dem Sachverhalt nicht eindeutig ersichtlich, wer zuerst registriert hat. Darauf kommt es aber für die hier zu prüfende Konkurrenzsituation auch nicht an. X finanziert ebenfalls – wie V – den Erwerb von Vermögensgegenständen. Die Besonderheit von Article 9 UCC besteht darin, dass er hinsichtlich des Erwerbskredits keinen Unterschied macht zwischen einem Warenkreditgeber und einem Geldkreditgeber. Beide können die Prioritätsregelungen des purchase money security interests für sich nutzen. Mithin ist hier der Fall der Konkurrenz zweier Erwerbskreditgeber zu lösen, die beide ein purchase money security interest am selben Gegenstand haben. Art. 9-324 (g) (1) UCC löst diesen Fall. Danach hat das den

contract of service; or (D) consist of raw materials, work in process, or materials used or consumed in a business.” 32 Das Erfordernis der Benachrichtigung erklärt sich daraus, dass ein am Umlaufvermögen des Schuldners für eine Kreditlinie gesicherter Gläubiger, der für neu hereinkommende Gegenstände weitere Kreditbeträge valutiert, keine Sicherheit an diesen Gegenständen haben würde, wenn ihm sein Schuldner die Bestellung eines vorrangigen purchase money security interest verschwiegen hat, vgl. Art. 9-324 Commentary 4.

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Teil 2: Fallstudien

Kaufpreis sichernde security interest Vorrang vor dem den Geldkredit zum Erwerb der Kaufsache sichernden security interest. Das Ergebnis ist, das X zwar im Verhältnis zur Bank vorrangig ist, im Verhältnis zu dem ebenfalls durch ein purchase money security interest gesicherten V aber nachrangig befriedigt wird. Praktisch ergibt sich dabei folgendes: V würde hinsichtlich des noch offenen Kaufpreises in Höhe von 500.000 CHF durch die Verwertung der Maschinen vorrangig befriedigt werden. Durch den verbleibenden Betrag würde dann X bis zur Höhe seines offenen Anspruchs auf die Darlehensrückzahlung befriedigt werden. (iii) Möglichkeit des X, in die Rechtsstellung des V einzutreten? Da X Rechte an den Maschinen geltend machen kann, stellt sich diese Frage hier nicht. Sein einziges Interesse könnte an der Verbesserung seiner Prioritätsstellung bestehen. Insofern könnte er mit V eine Rangrücktrittsvereinbarung treffen. Darauf soll aber hier nicht eingegangen werden. d.

Lösung nach dem Recht der Provinz Québec

(i) Rechte des Verkäufers V an der Maschine Vor dem Inkrafttreten des kanadischen Harmonisierungsgesetzes vom 10.5.200133 berücksichtigte der föderale Bankruptcy and Insolvency Act die Sonderstellung von Eigentumssicherheiten in der Provinz Québec. Der Vorbehaltsverkäufer wurde mithin als Eigentümer behandelt, der die Kaufsache gemäss s. 81 BIA aussondern konnte34. Seit Inkrafttreten des Gesetzes behandelt s. 2 BIA den Vorbehaltsverkäufer jedoch nur noch als secured creditor (gesicherter Gläubiger)35. Er nimmt folglich – genauso wie die in den anderen Provinzen durch das unitäre security interest gesicherten Gläubiger – am Verfahren teil. Ein Aussonderungsrecht hat er nicht mehr. Die Folge ist, dass zumindest im Insolvenzverfahren der Vorbehaltsverkäufer keinen Vorteil aus seiner Stellung als Eigentümer gegenüber einem vorher umfassend gesicherten Gläubiger – wie der Bank – herleiten kann36. Entscheidend für die Rechte des V ist mithin seine Prioritätsstellung im Verhältnis zur Bank.

33

Ausführlicher Titel des Gesetzes auf französisch: Loi no 1 visant à harmoniser le droit fédéral avec le droit civil de la province de Québec et modifiant certaines lois pour que chaque version linguistique tienne compte du droit civil et de la common law. 34 Vgl. z.B. Ouellet (Syndic de), [2004] 3 R.C.S. 348. 35 Vgl. dazu Jobin/Cumyn, no 266; s.a. Payette, no 1998. 36 Wie angedeutet, gilt dieses Ergebnis nur insoweit, als das BIA als kanadisches Bundesrecht Anwendung findet. Ausserhalb dessen bleibt es bei der Vorzugsstellung aus dem Eigentum.

B. Fallbeispiele für die Situation des Warenkreditgebers

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Aus Art. 2950 und 2954 CCQ ergibt sich die Möglichkeit der Sicherung der Bank durch eine hypothèque an einer Sachgesamtheit von gegenwärtigen und zukünftigen Vermögensgegenständen. Laut Art. 2954 CCQ kommt es für die Stellung der Bank auch hinsichtlich der zukünftig in das Vermögen des K gelangenden Vermögensgegenstände auf den Zeitpunkt der Registrierung der hypothèque an. Da die Bank ihre Sicherheit mithin eher registriert hätte als V seinen Eigentumsvorbehalt, hätte die Bank rein zeitlich gesehen Priorität vor V an den Maschinen. Die Neufassung des BIA durch das Harmonisierungsgesetz sollte allerdings nicht in die Prioritätsregelung innerhalb der Provinz Québec eingreifen. Der Eigentumsvorbehaltsverkäufer soll nur für die Zwecke des BIA wie ein secured creditor behandelt werden. Das bedeutet, dass er die Kaufsache nicht aussondern darf und wie alle anderen gesicherten Gläubiger am Verfahren teilnehmen muss37. Die nach provinziellem Recht zu bestimmende Frage der Priorität bleibt dagegen unberührt. Danach profitiert V als Eigentumsvorbehaltsverkäufer – sofern er den Eigentumsvorbehalt innerhalb der Frist von 15 Tagen eingetragen hat – vom Vorrang gegenüber vorher registrierten anderen Gläubigern (Art. 1745 al. 2 CCQ). Die Folge ist, dass V als Vorbehaltsverkäufer bezüglich der Verteilung des Erlöses vorrangig vor der Bank befriedigt würde. (ii) Rechte des X Der Code civil québécois sieht für den einen Erwerb finanzierenden Geldkreditgeber ebenfalls keine Stellung vor, die mit dem Eigentumsvorbehaltsverkäufer vergleichbar wäre. Stattdessen gibt er einem Verkäufer gleich zwei Möglichkeiten vorrangiger Sicherung: den Eigentumsvorbehalt und die sogenannte vendor’s hypothec nach Art. 2954 CCQ. Die vendor’s hypothec, die als solche ausdrücklich im Kaufvertrag bezeichnet wird, gibt dem Verkäufer Vorrang an der Verwertung der Kaufsache gegenüber einer eher eingetragenen hypothèque, die auch zukünftige Sachen des Schuldners erfasst, sofern sie innerhalb von 15 Tagen nach Abschluss des Kaufvertrags registriert wird. Damit ähnelt die vendor’s hypothec dem purchase money security interest des Article 9 UCC. Der grosse Unterschied besteht allerdings darin, dass sie anders als Article 9 UCC nur Warenkreditgeber begünstigt. Für X bleibt daher nur die Bestellung einer besitzlosen hypothèque an den Maschinen. Diese könnte aber erst in dem Zeitpunkt wirksam werden, in dem K Eigentum an den Maschinen erwirbt (Art. 2670 CCQ). Dazu ist es aber laut Sachverhalt nie gekommen. Mithin war X ungesichert. Auch 37 Der Supreme Court verweist in Ouellet (Syndic de), [2004] 3 R.C.S. 348, darauf, dass die Gleichstellung mit dem security interest für die Zwecke des trustee erfolge.

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Teil 2: Fallstudien

wenn K das Eigentum erworben hätte, so wäre die hypothèque des X der vorher bestellten hypothèque der Bank wegen des mangelnden Schutzes der Geldkreditgeber bei der Finanzierung des Erwerbs von Vermögensgegenständen nachrangig. (iii) Möglichkeit des X, in die Rechtsstellung des V einzutreten? Wiederum stellt sich deshalb für X die Frage, ob er durch Zahlung des Kaufpreises an V in dessen Rechtsposition eintreten könnte. Da der Eigentumsvorbehalt in Québec als akzessorisches Recht angesehen wird38, würde er mit Abtretung des Kaufpreisanspruchs auf X übergehen. Denkbar wäre auch ein Einrücken des X in eine eventuelle vendor’s hpothec des V. Für die Stellung in der Insolvenz des K ergibt sich aber für den X kein Vorteil im Bezug auf andere Gläubiger, da der föderale BIA alle secured creditors gleich am Verfahren teilnehmen lässt. e.

Zusammenfassungen

Das erste Fallbeispiel untersuchte die Frage, wie Gläubiger geschützt werden, die den Erwerb von Vermögensgegenständen von Schuldnern finanzieren, die bereits einer Bank eine Sicherheit an gegenwärtigen und zukünftigen Vermögensgegenständen eingeräumt haben. Beim Vergleich der Mechanismen fällt Folgendes auf: Das deutsche und das schweizerische Recht erkennen die Effektivität des Eigentumsvorbehalts an und geben dem Verkäufer durch das Eigentum eine überragende Prioritätsstellung. Die Falllösung ergibt mithin, dass der Verkäufer die Maschinen jeweils aus der Masse aussondern kann. Das US-amerikanische Recht erkennt die Effektivität des Eigentumsvorbehalts zwar nicht an, kommt aber mit seiner Regulierungsmethode zu einer vergleichbar starken Prioritätsstellung des Vorbehaltsverkäufers, indem es das unitäre security interest für den Fall des Erwerbskredits mit einer Ausnahme vom Grundsatz der zeitlichen Priorität ausstattet. Der Vorbehaltsverkäufer wird vorrangig aus dem Erlös der Verwertung befriedigt. Das Recht der Provinz Québec vereint zugunsten des Verkäufers beide Lösungen. Es erkennt den Eigentumsvorbehalt an und stattet die normale hypothèque für den Warenkredit mit einer bevorzugten Rangstellung aus. Die ursprünglich zulässige Aussonderung des Eigentumsvorbehaltsverkäufers ist durch eine Änderung des föderalen kanadischen Insolvenzrechts nicht mehr möglich. Wie im Recht der Vereinigten Staaten kommt es zu einer Vorabbefriedigung am Verwertungserlös. Die Frage hinsichtlich der möglichen Rechte des X setzte sich mit der Reichweite des beschriebenen Schutzes auseinander. Das deutsche und das 38

Vgl. Payette, no 2002.

B. Fallbeispiele für die Situation des Warenkreditgebers

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schweizerische Recht sowie das Recht der Provinz Québec schützen nur den Warenkreditgeber vor bereits bestehenden Sicherheiten am gegenwärtigen und zukünftigen Vermögen des Schuldners. Das US-amerikanische Recht lässt diesen Schutz auch einem Geldkreditgeber, der den Erwerb eines Vermögensgegenstands finanziert, zugutekommen. Ein gewisser Vorrang des Warenkreditgebers wird lediglich im Rahmen der Konkurrenz beider Erwerbskreditgeber sichtbar. In Deutschland (und vermutlich auch in der Schweiz) wird die Entscheidung des Gesetzgebers, nur den Warenkreditgeber, nicht aber den einen Erwerb finanzierenden Geldkreditgeber zu bevorzugen, besonders deutlich. Der Eintritt in die Position des Warenkreditgebers hinsichtlich des Eigentumsvorbehalts gibt Letzterem in der Insolvenz eine schwächere Position als dem Warenkreditgeber. II. Fallbeispiel 2: True Leasing vs. Security Leasing 1.

Zu den Schnittstellen von Leasing und Kreditsicherung

Wie in der ersten Fallgrupe liegt hier eine Situation vor, in der ein Hersteller einer Sache einer anderen Person diese Sache überlässt. Im Unterschied zum ersten Fall steht zwischen den Parteien aber nicht der Übergang des Eigentums an der Sache im Vordergrund, sondern die Möglichkeit der Nutzung der Sache durch den Abnehmer, der dafür ein regelmässiges Entgelt zahlen muss. Die Parteien wählen nicht das Institut des Kaufs, sondern des Leasing. Unter gewissen Umständen kann unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten das Leasing die gleiche Funktion ausüben, wie ein gängiger Eigentumsvorbehalt. Unter Umständen verfolgen beide das gleiche Ziel: Dem Vertragspartner des Verkäufers bzw. des Leasinggebers soll die Nutzung eines Vermögensgegenstands ermöglicht werden, dessen Erwerb er sich augenblicklich nicht leisten kann. Für das Leasing kommt allerdings noch die Besonderheit dazu, dass es dem Leasingnehmer zumeist gar nicht auf den Erwerb der Sache ankommt, auch wenn er sich den Erwerb leisten könnte, z.B. aus steuerlichen Gesichtspunkten. Dennoch ist die Struktur zwischen beiden Verträgen sehr ähnlich: Der Käufer/Leasingnehmer erhält den Besitz an einem Gegenstand, der ihm durch den Verkäufer/Leasinggeber (oder im Fall des Leasing einem unabhängigen Lieferanten) übergeben wird. Der Verkäufer/Leasinggeber erhält fortgesetzt regelmässige Zahlungen. Der scheinbar grosse Unterschied besteht nun darin, dass in der Situation des Eigentumsvorbehaltskaufs der Eigentumsübergang von Anfang an beabsichtigt ist, während das beim Leasing möglicherweise nur als Eventualität in Aussicht gestellt wird oder gar ausgeschlossen wird. In wirtschaftlicher Sicht ist das ein geringer Unterschied: Der Besitz einer Sache über einen gewissen Zeitraum hinweg kann dem

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Teil 2: Fallstudien

Eigentumserwerb gleichstehen, wenn der Leasingnehmer die Sache über ihren gesamten wirtschaftliche Lebenszeitraum hinweg besitzt oder – falls das wirtschaftliche Lebensende noch nicht erreicht ist – zum Ende des Vertrags die Möglichkeit erhält, den geleasten Gegenstand zu einem Nominalbetrag zu erwerben. Je nach Konstellation39 kann mithin das Leasing hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Funktion eine dem Eigentumsvorbehaltskauf identische Funktion ausüben. Für diesen Fall würde das Eigentum eine Sicherungsfunktion für den Leasinggeber ausüben. Es stellt sich die Frage, wie Rechtsordnungen, die unterschiedlichen Methoden der Regulierung von Eigentumssicherheiten folgen, praktisch mit den Grenzsituationen der Kreditsicherung umgehen. 2.

Mögliche Praxisfälle

Es sind beim Leasing alle Fälle betroffen, unter denen eine Person eine andere einen Vermögensgegenstand zur Nutzung überlässt, ohne dabei das Eigentum an der Sache zu übertragen. Der Leasingnehmer wird zur Zahlung von regelmässigen Raten verpflichtet. Das Leasing kann sich statt in einer Zweipersonen- auch in einer Dreipersonensituation abspielen. Dabei bittet der zukünftige Leasingnehmer seinen Vertragspartner – häufig eine Bank –, einen Gegenstand von einem Hersteller/Lieferanten zu erwerben und dann an ihn zu leasen. 3.

Das Fallbeispiel

Scott benötigt für sein Unternehmen eine Kopiermaschine. Er wird sich mit Wilhelm, der Büromaschinen herstellt und least, einig. Beide unterzeichnen eine „Leasingvereinbarung“. Danach soll Scott die Maschine fix für 36 Monate leasen. Alle vier Monate soll er eine feste Leasingrate an Wilhelm überweisen. Nach Ablauf der 36 Monate hat er das Recht, den Vertrag um weitere 12 Monate zu verlängern. Die ökonomische Lebensdauer der Maschine soll bei 5 Jahren angenommen werden. Das Recht der ausserordentlichen Kündigung des Vertrags bleibt unberührt. Mit Ausnahme des schriftlichen Vertrags unternehmen Scott und Wilhelm keine weiteren Schritte. Insbesondere denkt Wilhelm nicht an eine Registrierung eines Sicherungsrechts. Etwas mehr als ein Jahr nach Abschluss der Vereinbarung wird Scott insolvent und stellt die Mietzahlungen ein. Wilhelm beendet daher den Vertrag. Bevor er die Maschine abholen kann, wird ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Unternehmens des Scott eröffnet. Als Wilhelm die Maschine abholen will, verwehrt ihm das der Verwalter. 39 S. bereits oben die Unterscheidung zwischen Operating- und Finanzierungsleasing, A. I. 2. b. (i) (b).

B. Fallbeispiele für die Situation des Warenkreditgebers

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1. Kann Wilhelm die Maschine aus der Masse heraus verlangen? 2. Folgende Abwandlung soll nach dem US-amerikanischen Recht und dem Recht der kanadischen Personal Property Security Acts analysiert werden: Ein Jahr nach Abschluss der Vereinbarung mit Wilhelm sichert die National Bank dem Scott die Gewährung eines umfangreichen Kredits zu. Scott und ein Vertreter der Bank unterzeichnen eine Sicherungsvereinbarung. Danach besichert Scott den Kredit mit seinem gesamten gegenwärtigen und zukünftigen Einrichtungs- und Umlaufvermögen. Die Bank zahlt den Kredit sofort aus und registriert ihre Sicherheit auch sofort. Wilhelm hat nach wie vor nicht registriert. Kurze Zeit später gerät Scott in Engpässe und zahlt nicht mehr. Sowohl Wilhelm als auch die Bank wollen nun den Fotokopierer verwerten. Kann Wilhelm die Maschine zurücknehmen oder muss er sich einer eventuellen Verwertung durch die National Bank fügen? Für die zu prüfenden Rechte gilt Folgendes: Die erste Fragestellung ist nach deutschem, US-amerikanischem, kanadischem Recht (PPSA), dem Recht der Provinz Québec und nach dem Vorschlag des Draft Common Frame of Reference (DCFR) zu lösen. Die Auswahl der Rechte erklärt sich wiederum daraus, dass sie repräsentativ sind für unterschiedliche Lösungswege hinsichtlich des Themas des Falles: der Abgrenzung an der Grenze von Sicherheit und Nicht-Sicherheit. Die Beschränkung der Abwandlung auf das US-amerikanische Recht und das Recht der PPSAs erklärt sich daraus, dass hier allein die Besonderheit beider Rechte vertieft werden soll. 4.

Lösung des Fallbeispiels

a.

Der Ausgangsfall

(i) Lösung nach deutschem Recht Das deutsche Recht sieht nur einzelne regulierende Eingriffe in den Gebrauch von Eigentumssicherheiten vor. Konform mit diesem Grundsatz greift der Gesetzgeber auch nur ausnahmsweise in die Vereinbarung der Parteien ein, um an ein Rechtsgeschäft Folgen zu knüpfen, die seiner Funktion anstatt seiner Form entsprechen40. Da jedoch in Bezug auf den Leasingvertrag eine solche Regelung nicht besteht und auch nicht im Wege der Rechtsfortentwicklung angewandt wird, besteht hier kein Anlass, da-

40 Das „Paradebeispiel“ dazu ist die Behandlung des Sicherungseigentums wie ein Pfandrecht in der Insolvenz des Sicherungsgebers, vgl. § 50 Nr. 1 InsO.

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Teil 2: Fallstudien

nach zu fragen, ob es sich bei dem zwischen Wilhelm und Scott geschlossenen Vertrag um ein Sicherungsgeschäft handelt oder nicht41. Folglich kann Wilhelm die Maschine, da er den Leasingvertrag beendet hat, grundsätzlich aussondern (§ 47 InsO). Insofern besteht kein Unterschied zum Eigentumsvorbehalt unter dem ersten Fallbeispiel. Wäre der Vertrag dagegen zum Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens noch nicht beendet, hätte der Verwalter das Wahlrecht, ob er Erfüllung des Vertrags verlangen will oder nicht, § 103 Abs. 1 InsO. (ii) Lösung nach dem Recht des UCC Wilhelm kann die Kopiermaschine aus der Masse heraus verlangen, wenn er Eigentümer ist. Während diese Frage im deutschen Recht unproblematisch erscheint – Wilhelm hat das Eigentum ja im Rahmen der Leasingvereinbarung nicht an Scott übertragen – ist diese Frage aufgrund des unitary and functional approach des UCC problematisch. Nach Massgabe dieses Ansatzes ist es entscheidend, ob der Leasingvertrag eine Sicherungsfunktion ausübt oder nicht. Die Einordnung nach Sicherheit oder NichtSicherheit ist die alles entscheidende Frage für das Herausgabeverlangen des Wilhelm. Wenn die Vereinbarung ihm eine Sicherheit verschafft, dann kann er die Maschine vom Verwalter (trustee) nicht herausverlangen, weil Article 9 UCC insofern die Vereinbarung wie die Bestellung eines security interest behandelt, was den Übergang des Eigentums auf den Leasingnehmer impliziert. Die Einordnung des Rechtsgeschäfts ist auch insofern von enormer Relevanz, als für den Fall, dass Article 9 UCC ein security interest annimmt, die Wirksamkeits- und Drittwirksamkeitsvoraussetzungen42 für ein security interest gelten. Das hätte praktisch zur Folge, dass der Leasinggeber, wenn er keine Registrierung vorgenommen hat – so ist es hier mit Wilhelm –, nachrangig ist gegenüber anderen (auch späteren) 41 Im deutschen (und auch schweizerischen) Sprachgebrauch unterscheidet man zwischen Finanzierungs- und Operatingleasing. Ersteres zielt auf die volle oder zumindest überwiegende Amortisierung der durch den Leasinggeber erbrachten Anschaffungskosten (Investitionskosten), entweder im Wege eines Voll- oder Teilamortisierungsvertrags. Beim Teilamortisierungsvertrag, der sehr häufig verwendet wird, decken die bis zum Abschluss der Nutzungsdauer gezahlten Leasingraten noch nicht die Investitionskosten des Leasinggebers. Das wird erst durch eine anschliessende Verwertung erreicht, wie z.B. die Veräusserung an den Leasingnehmer. Vgl. zum Leasingvertrag MünchKommBGB/J. Koch, Leasing Rn. 6; Leible, Finanzierungsleasing und „arrendamiento financiero“, Berlin 1996, 37 ff. 42 Gemeint sind hier die Voraussetzungen von attachment und perfection, die Article 9 UCC aufstellt, vgl. dazu insbes. Art. 9-203 und 9-308 UCC. Der Begriff der Drittwirksamkeit wird hier nur der Einfachheit halber gebraucht. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass perfection i.S.d. Article 9 UCC und Drittwirksamkeit im Verständnis deutscher und schweizerischer Kreditsicherungsrechte nicht das Gleiche bedeuten.

B. Fallbeispiele für die Situation des Warenkreditgebers

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Gläubigern des Leasingnehmers, die ein security interest an den Sachen des Leasingnehmers perfektioniert haben. Die entscheidende Frage ist mithin die der Funktion der Leasingvereinbarung. Gemäss Art. 9-109 (a) UCC liegt ein security interest immer dann vor, wenn durch Vertrag ein Sicherungsrecht an beweglichen Vermögensgegenständen eines Schuldners begründet wird. Hierbei kommt es auf die Funktion oder auf die „Substanz der Transaktion“ an. Dabei ist auf die Absicht der Parteien abzustellen, jedoch in einem objektiven Sinn, nämlich durch Rückgriff auf die objektiven Umstände des Vertragsabschlusses. Ein praktischer Abgrenzungsansatz wäre die Frage, ob die Vereinbarung mehr Gemeinsamkeiten mit einem Kauf oder mit einem mietähnlichen Vertrag hätte43. Insofern kann man fragen: Welche Rechte hat der Leasinggeber? Kommt er einem Verkäufer näher als einem Vermieter? Welche Rechte und Pflichten hat der Leasingnehmer? Die praktische Abgrenzung zwischen „echtem“ Leasing und einem security interest kann sich als sehr schwierig herausstellen, da sich mehrere Funktionen überlagern können. Vor dem Hintergrund der weitreichenden Konsequenzen der Klassifizierung würden daraus Rechtssicherheitsprobleme entstehen44. Um die Rechtssicherheit zu verbessern, enthält Art. 1-203 UCC eine minutiöse Darstellung der Abgrenzungskriterien zwischen Leasing und security interest. Im Kern stellt er auf dabei auf die wirtschaftlichen Positionen der Parteien ab, so wie sie sich infolge des Vertrags ergeben45. Erste Voraussetzung für das Vorliegen eines security interest ist nach Art. 1-203 (b) UCC, dass die Zahlungsverpflichtung des Leasingnehmers eine Verpflichtung ist, die sich über den gesamten Zeitraum des Leasing erstreckt und dass der Leasingnehmer den Leasingvertrag nicht einseitig beenden kann. Des Weiteren muss eine von den vier folgenden Voraussetzungen hinzu kommen: Erstens, der Leasingzeitraum deckt mindestens die verbleibende ökonomische Lebensspanne der betreffenden Sache ab; zweitens, der Leasingnehmer ist verpflichtet, den Vertrag bis zum Ende der ökonomischen Lebensspanne zu erneuern oder er ist verpflichtet, die Sache zu erwerben; drittens, der Leasingnehmer erhält eine Option, den Vertrag für die verbleibende ökonomische Lebenszeit der Sache zu verlängern, ohne eine Gegenleistung (oder nur eine geringe nominelle Gegenleistung) erbringen 43

Zu diesem Ansatz s. Cuming/Walsh/Wood, p. 69. Vgl. Cooper, Identifying a Personal Property Lease under the UCC, 49 Ohio St. L.J. 200 (1988–1989) zum alten UCC (vor der Reform von 1999), der massgeblich auf den Willen der Parteien abstellte und keine klaren Kriterien für die Abgrenzung vorsah. Die daraus folgende Rechtsunsicherheit habe für die Parteien eine unnötige Kostenlast erzeugt. Vgl. zu den Schwierigkeiten der Abgrenzung auch die Rechtslage aus Sicht der Provinz Ontario (Lage vor 2006): Cuming/Walsh/Wood, p. 67–75. 45 Vgl. dazu u.a. Cooper, 49 Ohio St. L.J. 202 (1988–1989); Davies, [2004] 24 LS 306–308; Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 599. 44

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Teil 2: Fallstudien

zu müssen; viertens, der Leasingnehmer erhält die Option, das Eigentum an der Sache für keine oder nur eine geringe nominelle Gegenleistung erwerben zu können. Zusammenfassend ist festzustellen, dass der UCC die Abgrenzung massgeblich anhand des Kriteriums vornimmt, ob dem Leasinggeber nach dem Ende der Vertragsbeziehung noch ein ökonomischer Restwert an der Sache zusteht. Dieser Umgang mit der Abgrenzung von „echtem“ Leasing und security interest wird von einigen Kommentatoren als Abwendung vom Kriterium der Funktion hin zu einem formalen Kriterium angesehen46. Für den Ausgangsfall bedeutet das Folgendes: Zwar ist Scott verpflichtet, für die gesamte Dauer des Vertrags Leasingraten zu zahlen; auch kann er den Vertrag wegen der festen Laufzeit nicht einseitig beenden. Allerdings ist keine Variante des Art. 1-203 (b) einschlägig. Scott kann die Maschine nach dem Vertrag maximal für 3 Jahre (einschliesslich der Option für weitere 12 Monate) mieten. Die maximale ökonomische Lebensdauer soll laut Sachverhalt aber bei 5 Jahren liegen. Eine Vereinbarung, wie Scott das Eigentum gegebenenfalls zu einem Nominalpreis erwerben könnte, ist nicht getroffen worden. Der Vertrag ist mithin nach dem Recht des UCC nicht als security interest zu werten47. Die Folge ist, dass Wilhelm als Eigentümer die Kopiermaschine aus der Masse herausverlangen kann48. Auf eine Registrierung seines Rechts kommt es nicht an49. (iii) Lösung nach dem Recht der kanadischen PPSAs Im Recht der kanadischen Personal Property Security Acts ist die Ausgangslage ähnlich wie im US-amerikanischen Recht. Wilhelm könnte die Maschine aus der Masse nehmen, wenn er Eigentümer wäre. Da die kanadischen PPSAs im Grundsatz die gleiche Regulierungsmethode der Eigentumssicherheiten verwenden, wie das US-amerikanische Recht des UCC, 46 Diese Autoren sehen in der Problematik der Abgrenzung eine bedeutende Schwäche der funktionalen Sichtweise. Vgl. Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 599, die in dem Abstellen auf den ökonomischen Restwert der Sache eigentlich ein Abstellen auf die Berechtigung an der Sache sehen: „The new version confirms the paramount relevance of the location of residual title (in the substantive sense of the residual economic value) in drawing the lease/security distinction (…).” Vgl. auch Davies, [2004] 24 LS 307. 47 Insofern kommt es auch nicht mehr auf die Einschränkungen in Art. 1-203 (c) UCC an. 48 Wäre eine der weiteren Voraussetzungen des Art. 1-203 (b) UCC erfüllt, würde z.B. der Leasingzeitraum die gesamte verbleibende Lebensdauer der Maschine abdecken, dann wäre ein security interest gegeben. Wilhelm könnte dieses dann nicht gegenüber dem Verwalter geltend machen, weil er es nicht registriert hat. 49 Dem Leasinggeber bleibt die Möglichkeit der freiwilligen Registrierung unbenommen, vgl. Art. 9-505 UCC.

B. Fallbeispiele für die Situation des Warenkreditgebers

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scheint es wieder zentral auf die funktionale Abgrenzung zwischen „echtem“ Leasing und security interest anzukommen, denn ein am Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht registriertes security interest ist gegenüber dem Verwalter nicht wirksam50. Die Besonderheit der kanadischen PPSAs liegt nun darin, dass sie für einen Grossteil der Leasingverträge die schwierige Abgrenzung zum security interest umgehen. Sobald die Dauer einer Leasingvereinbarung länger ist als ein Jahr, wird vermutet, dass es sich um ein Leasing zu Sicherungszwecken handelt und die Vorschriften der PPSAs – mit Ausnahme der Vorschriften über die Verwertung – finden Anwendung51. Die Folge ist, dass der Leasinggeber, der nun als gesicherter Gläubiger behandelt wird, sein Recht in allen Fällen des Leasing, die länger als ein Jahr dauern, registrieren muss, um nicht gegenüber anderen Gläubigern nachrangig zu sein52. Über das Leasing hinaus wenden die meisten PPSA-Provinzen die Vermutung des Vorliegens eines security interest auch auf andere Rechtsgeschäfte an53. Die Abgrenzung bleibt dagegen relevant für die für die Verwertung anwendbaren Vorschriften und auch in Bezug auf die Rechte und Pflichten zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer54. Der Leasinggeber muss mithin in jedem Fall der Überschreitung der Dauer von einem Jahr sein Recht registrieren. Die PPSAs behandeln den Leasinggeber – unabhängig, ob funktional ein Sicherungsgeschäft vorliegt – automatisch als purchase money security creditor, als Gläubiger eines Erwerbskredits, sodass er in den Genuss der 15-tägigen grace period (für Sachen, die nicht inventory i.S.d. PPSA sind) kommt und somit – ähnlich wie bei der ersten Fallgruppe im amerikanischen Recht – einen Vorrang in 50

Vgl. PPSA-SA s. 20 (2); PPSA-ON s. 20 (1) (b); PPSA-PEI s. 20 (2) (a). Daher auch die Bezeichnung deemed security interest. Vgl. zu den Vorschriften PPSA‐SA s. 3 (2); PPSA-NB s. 3 (2); PPSA-NS s. 4 (2); PPSA-ON s. 2 (c). Wenn der Leasingvertrag nicht auf unbestimmte Zeit abgeschlossen ist oder durch Option oder Vereinbarung automatisch erneuert wird, muss sich der Leasingnehmer auf jeden Fall bereits seit einem Jahr im Besitz der Sache befunden haben, damit die PPSA Anwendung finden, vgl. PPSA-NS s. 2; PPSA-BC s. 1 (1); PPSA-Y s. 1 (1). Für die während des ersten Jahres findet allgemeines Recht Anwendung, vgl. Cuming/Walsh/Wood, p. 95. 52 Die Ein-Jahres-Regel wird damit erklärt, dass Verträge mit kurzer Dauer, wie die Miete eines Autos für ein Wochenende, ausgeschlossen werden sollen. Für diese Verträge mit kurzer Dauer gibt es keine Vermutung, dass es sich um Finanzierungsverträge handelt, vgl. Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, 5th ed., Toronto 2009, p. 55–58. 53 Dazu gehören transfer of account (Forderungsabtretung), transfer of chattel paper (Übertragung eines Papiers, das einen Zahlungsanspruch verkörpert), commercial consignement (Kommissionsgeschäft im Rahmen der Ausübung eines Gewerbes) und sale of goods without change of possession (Verkauf von Gütern ohne Besitzübertragung), vgl. Cuming/Walsh/Wood, p. 90–96. 54 Cuming/Walsh/Wood, p. 67. 51

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Teil 2: Fallstudien

der Priorität vor vorher eingetragenen umfassend gesicherten Gläubigern erhält55. Die Anwendung der PPSA-Vorschriften auf den vorliegenden Fall führt dazu, dass angesichts der Dauer des zwischen Wilhelm und Scott abgeschlossenen Leasingvertrags vermutet wird, dass die Vereinbarung Sicherungszwecken dient. Mithin wird das Vorliegen eines security interest vermutet. Damit finden die Vorschriften zur perfection Anwendung und Wilhelm hätte sein Recht registrieren müssen. Da er es nicht getan hat, kann er sein Recht gegenüber dem Verwalter (trustee) nicht geltend machen. Damit ist die Lösung nach den PPSA anders als im USamerikanischen Recht. (iv) Lösung nach dem Recht des DCFR Der Draft Common Frame of Reference beschäftigt sich nicht mit der Insolvenz. Um den Umgang des DCFR mit den Leasingfällen darstellen zu können, soll hier davon ausgegangen werden, dass Wilhelm die Maschine aussondern könnte, wenn er Eigentümer wäre. Der DCFR behandelt das Leasing als einen Unterfall von retention of ownership devices, mithin von verschiedenen Methoden des Vorbehalts des Eigentums, die unter diesem einheitlichen Begriff zusammengefasst werden. Es werden jedoch nicht alle Fälle des Leasing von diesem Begriff erfasst, sondern nur solche, in denen der Leasingnehmer vertraglich die Option hat, nach Ablauf des Vertrags den geleasten Gegenstand zu erwerben oder ihn ohne weitere Zahlung oder nur zu einer rein nominalen Zahlung weiter zu benutzen (Art. IX.-1:103 (2) (c) DCFR). Diese Verträge bezeichnet der DCFR als financial leasing56. Die Besonderheit der Lösung des DCFR im Unterschied zum unitary and functional approach des UCC und der PPSAs liegt darin, dass es nicht auf die Abgrenzung von Leasing und Sicherungsrecht ankommt. Anders als die kanadischen PPSAs erreicht der DCFR diesen Umstand nicht über eine Vermutung, sondern indem er neben der Kategorie des security right nach wie vor die Kategorie des Eigentumsvorbehalts anerkennt. Die Besonderheit ist dabei, dass der DCFR den Eigentumsvorbehalt – oder genauer gesagt, die Fälle des Eigentumsvorbehalts – im Unterschied z.B.

55 Vgl. z.B. Saskatchewan: PPSA-SA s. 2 (1) (jj) (iii); PPSA-NB s. 1 (1): purchase money security interest (c); vgl. auch Cuming/Walsh/Wood, p. 335. 56 Art. IX.-103 (2) (c) DCFR: „The term retention of ownership device includes (…) (c) ownership of the leased assets under a contract of leasing, provided that according to the terms of the contract the lessee at the expiration of the lease period has an option to acquire ownership of, or a right to continue to use, the leased asset without payment or for merely nominal payment (financial leasing) (…)”.

B. Fallbeispiele für die Situation des Warenkreditgebers

183

zum deutschen oder schweizerischen Recht funktional definiert57 und damit auch bestimmte Arten des Leasing erfasst, die in Rechtsordnungen des unitary and functional approach als security lease gewertet werden würden. Die Abgrenzung von financial lease und anderen Fällen des Leasing bleibt allerdings hinsichtlich der Rechtsfolgen weiter erforderlich. Würde ein financial lease nach Art. IX.-103 (2) (c) DCFR vorliegen, dann fänden die auf den Eigentumsvorbehalt anwendbaren Vorschriften des DCFR Anwendung. Der DCFR verweist für den Eigentumsvorbehalt auf einen Grossteil der für das beschränkte dingliche security interest geltenden Regeln; dazu gehören die Regeln über die Publizität, die im Grundfall durch Registereintragung zu erfolgen hat58. Ohne Eintragung könnte der Leasinggeber sein Eigentum nicht anderen Gläubigern des Leasingnehmers entgegen halten (Art. IX.-3:101 DCFR). Für den vorliegenden Sachverhalt bedeutet das Folgendes: Da Wilhelm nicht die Option erhalten hat, die Maschine nach Ablauf der Leasingdauer zu erwerben oder weiter zu nutzen, liegen die Voraussetzungen des Art. IX.-1:103 (2) (c) DCFR nicht vor. Der Vertrag wird mithin nicht als einer der Fälle des Eigentumsvorbehalts behandelt. Es finden die allgemeinen Regeln Anwendung. Scott hätte die Maschine aufgrund der Beendigung bereits an Wilhelm zurückgeben müssen59. In der Insolvenz geht diese Verpflichtung auf den Verwalter über. (v) Lösung nach dem Recht der Provinz Québec Wie bereits oben zu der ersten Fallgruppe festgestellt, ist das Insolvenzrecht in Kanada Bundesrecht, während die Voraussetzungen der einzelnen als Kreditsicherheiten verwendeten Institute in den Regelungsbereich des Zivilrechts fallen, für das die Provinzen zuständig sind. Nach dem Bankruptcy and Insolvency Act (BIA) kann Wilhelm die Maschine herausverlangen, wenn er ihr Eigentümer ist. Es ist ebenfalls bereits darauf hingewiesen worden, dass der BIA den Eigentumsvorbehaltsverkäufer lediglich als secured creditor behandelt und ihm gerade nicht die Aussonderung gestattet60. Wilhelm könnte mithin nur aussondern, wenn ihm das Eigentum 57 Macdonald, Transnational Secured Transactions Reform, ZEuP 2009, p. 745, 762; von Bar/Clive (eds.), Draft Common Frame of Reference (DCFR), Kommentar zu Art. IX.-1:103 (S. 5399). 58 Vgl. Art. IX.-1:104 DCFR zu den punktuellen Verweisen und Art. IX.-3:102 DCFR zur Registereintragung als Grundmodell der Publizität. 59 Art. IV.B.-5:109 DCFR. Es ist davon auszugehen, dass Wilhelm infolge dessen, dass Scott die Zahlungen einstellt, sein ausserordentliches Kündigungsrecht in Anspruch nehmen konnte. 60 S. die Definitionen in s. 2 BIA und Jobin/Cumyn, no 266; s.a. Payette, no 1998.

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Teil 2: Fallstudien

an der Maschine zusteht, es sich nicht um einen Eigentumsvorbehalt handelt und der Verwalter (trustee) nicht entgegenstehende Rechte geltend machen kann. Entscheidend ist mithin, ob Wilhelm nach dem Recht der Provinz Québec das Eigentum an der Maschine zusteht und wie der Code civil québécois die mit Scott getroffene Vereinbarung wertet. Der CCQ unterscheidet zwischen crédit-bail (leasing)61 und louage (lease)62. Der crédit-bail ist mit dem Finanzierungsleasing im Sinne des deutschen oder schweizerischen Rechts vergleichbar, während der als louage bezeichnete Vertrag mit der Miete vergleichbar ist. Sofern ein crédit-bail vorliegt, muss der Leasinggeber (crédit-bailleur) sein Eigentumsrecht registrieren, damit es Dritten gegenüber wirksam ist (Art. 1847 CCQ). Ohne Registrierung kann es Dritten, darunter auch dem Verwalter (trustee), in der Insolvenz nicht entgegengehalten werden. Da Wilhelm im vorliegenden Fall sein Recht nicht registriert hat, würde er gegenüber dem trustee mithin keine Rechte an der Maschine geltend machen können. Ein crédit-bail i.S.d. CCQ liegt aber nicht vor, denn der CCQ stellt in seiner Definition darauf ab, dass drei Personen involviert sein müssen: Der Gegenstand muss von einem Dritten erworben werden und der Dritte muss direkt gegenüber dem Leasingnehmer die Qualität der Sache gewährleisten63. Mithin kommt nur eine Einordnung als louage (lease) in Betracht. Problematisch ist dabei, dass auch bei der Miete beweglicher und unbeweglicher Sachen laut Art. 1852 al. 2 CCQ „die aus der Miete herrührenden Rechte“ zu publizieren sind, wenn es sich um einen Vertrag handelt, der die Dauer von einem Jahr übersteigt und bei dem eine Sache u.a. zum Zweck des Betriebs eines Unternehmens geleast wird64. Umstritten war (und ist weiterhin), welche Rechte – unter der Drohung mangelnder Drittwirksamkeit – zu publizieren sind. Während ein Teil der Rechtsprechung der Provinz davon ausging, dass es sich lediglich um die Rechte des Mieters auf Benutzung der Sache und des Vermieters auf die Mietzahlungen handeln sollte, ging ein anderer Teil der Rechtsprechung davon aus, dass das Eigentumsrecht des Vermieters selbst zu registrieren sei65. Nachdem 61 Art. 1842 ss CCQ. Der Vertrag kommt als Verbrauchergeschäft nicht in Betracht, s. Art. 1842 al. 2 CCQ. 62 Art. 1851 ss CCQ. 63 So Payette, no 2153; vgl. für das Erfordernis des Erwerbs der Sache von einem Dritten Art. 1842 al. 2 CCQ. 64 S. Art. 1852 CCQ: « (1) Les droits résultant d’un bail peuvent être publiés. (2) Sont toutefois soumis à la publicité les droits résultant d’un bail d’une durée de plus d’un an portant sur (…) tout bien meuble requis pour le service ou l’exlpoitation d’une entreprise (…) ». 65 S. einen Überblick zu diesem Streitstand und seiner weiteren Entwicklung bei Payette, no 2165.

B. Fallbeispiele für die Situation des Warenkreditgebers

185

die Cour d’appel du Québec in einer Entscheidung aus dem Jahre 200366 das Eigentum der Leasinggeber (Vermieter) nicht als gegenüber dem Verwalter (trustee) wirksam angesehen hatte, kam der Streitgegenstand im Jahre 2004 vor den Supreme Court of Canada67. Das Gericht entschied, dass die Leasinggeber ein Aussonderungsrecht geltend machen dürften. Wenn Art. 1852 al. 2 CCQ die Konsequenz hätte, dass ein Leasinggeber sein Eigentumsrecht gegenüber dem Verwalter nicht geltend machen dürfte, dann würde er wie der Gläubiger eines beschränkten dinglichen Sicherungsrechts (hypothèque) behandelt, der aufgrund mangelnder Publikation seine Sicherheit Dritten nicht entgegenhalten dürfe. Dieses Ergebnis führe praktisch zu einer Umcharakterisierung des Eigentums in ein beschränktes dingliches Sicherungsrecht, was in der Reform des Code civil québécois von 1994 ausgeschlossen worden sei. Um die gesetzgeberische Grundentscheidung der Provinz zu respektieren und die beiden klar getrennten Konzepte von „Sicherheit und Eigentum“68 nicht zu verwischen, dürfe es für die Drittwirksamkeit des Eigentums des Leasinggebers (Vermieters) nicht auf die Registrierung des Rechts ankommen. Es erscheint etwas merkwürdig, dass die Leasingfälle – hierunter fallen offensichtlich nicht nur die Fälle des louage (Miete beweglicher Sachen), sondern auch die des crédit-bail – auch dann, wenn der Transaktion ein Sicherungsaspekt innewohnt, nicht von der Umcharakterisierung des Art. 2 BIA erfasst werden sollen, während das für den Eigentumsvorbehalt des CCQ aber der Fall ist69. Vor dem Hintergrund, dass sich der Bankruptcy and Insolvency Act um ein funktionales Verständnis der Kreditsicherheit bemüht, wirft die Entscheidung des Supreme Court Fragen auf. Ein Erklärungsansatz für die unterschiedliche Behandlung von Eigentumsvorbehalt und Leasing kann wohl nur sein, dass der BIA eine konzeptuelle Unterscheidung vornimmt, indem er darauf abstellt, dass der Eigentumsvorbehalt letztendlich zum Übergang des Eigentums führt, während das bei der

66

697.

Lefebvre (Syndic de); Tremblay (Syndic de) (2003) R.J.Q. 819, 229 D.L.R. (4th)

67 Lefebvre (Syndic de); Tremblay (Syndic de) (2004) 3 R.C.S. 326; REJB 200472118. 68 S. zum Wortlaut der Entscheidung des Supreme Court in Lefebvre (Syndic de); Tremblay (Syndic de) (2004) 3 R.C.S. 326 (no 24): „The majority of the Court of Appeal held that a recharacterization was necessary and, consequently, that the failure to publish could be relied on by the trustee (…). However, as Beauregard J.A. noted in his dissenting opinion, this position tends to confuse the concepts of ownership and security (…). [The interpretation of the Court of Appeal] seems to reintroduce into Quebec’s law of real security a concept that was rejected by the legislature in the 1994 codification, namely the presumption of the hypothec.” 69 S. dazu oben Teil 1 B. I. 1. a. (vii) (4).

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Teil 2: Fallstudien

Miete und auch beim Leasing nicht der Fall ist oder (für das Leasing) zumindest nicht in erster Linie beabsichtigt ist70. Für Wilhelm bedeutet das, dass ihm die mangelnde Registrierung seines Rechts nicht schaden würde. Er kann die Maschine aus der Masse herausverlangen. Abstrakt fällt bei der Lösung der Provinz Québec auf, dass es nicht – wie in den Vereinigten Staaten oder zumindest prinzipiell auch in den anderen kanadischen Provinzen – auf eine Abgrenzung von „echtem“ Leasing und Leasing zu Sicherungszwecken ankommt. Vielmehr kommt es auf die Einordnung in Kategorien an (wie z.B. hypothèque, crédit-bail oder louage) die gegebenenfalls auf der Rechtsfolgenseite an die Kategorie der hypothèque angepasst werden. b.

Lösung der Abwandlung

(i) Lösung nach dem Recht des UCC Im Unterschied zum Ausgangsfall kommt eine weitere Partei hinzu, die National Bank, die sich von Scott – nachdem er mit Wilhelm den Leasingvertrag geschlossen hat – eine Sicherheit am gesamten gegenwärtigen und zukünftigen Umlauf- und Anlagevermögen hat bestellen lassen. Ein Insolvenzverfahren ist nicht eröffnet. Wilhelm muss Verwertungshandlungen der National Bank nicht dulden und kann die Maschine von Scott ohne Weiteres herausverlangen, wenn sein Recht dem Recht der National Bank vorrangig ist. Wie im Ausgangsfall festgestellt, ist Wilhelm Eigentümer der Maschine und – wie die Anwendung des Art. 1-203 UCC ergeben hat – nicht lediglich Inhaber eines security interest. Das bedeutet, dass er den Gläubigerwettstreit mit den möglichen Inhabern von security interests umgehen kann. Dass Wilhelm sein Recht nicht registriert hat, ist nach US-amerikanischem Recht für diesen Fall ohne Belang. Teilweise stösst man sich in der US-amerikanischen Rechtsprechung und Doktrin an dem Umstand, dass durch den Rückgriff auf die Zuordnung des Eigentums in einem Fall wie dem vorliegenden nach wie vor Fälle auftreten, in denen Inhaber verborgener (nicht publizierter) Rechte Priorität vor registrierten gesicherten Gläubigern eingeräumt wird. Anknüpfungspunkt für eine „Gegenlösung“ ist das security interest der Bank und die Voraussetzungen für dessen Begründung. Der Erwerb eines security interest zugunsten der Bank erfordert, dass die Voraussetzungen der Anhaftung (attachment) nach Art. 9-203 (b) UCC vorliegen. Problematisch ist hier allein das Erfordernis, dass Scott Rechte an der Kopiermaschine hatte. Wilhelm hatte sie ihm lediglich geleast. Die Vertreter der „Gegenlösung“ 70

In diese Richtung Payette, no 2167.

B. Fallbeispiele für die Situation des Warenkreditgebers

187

verwenden die rights in collateral-Voraussetzung, um das oben erzielte Ergebnis der Bevorzugung des (nicht publizierten) Eigentümers zu umgehen. Sie stützen sich darauf, dass der Sicherungsschuldner nicht Eigentümer sein müsse, um ein security interest bestellen zu können; vielmehr müsse er nur irgendwelche Rechte haben, an die das security interest anhaften kann71. Für die Anhaftung des security interest reiche aus, dass er (hier Scott) “any interest other but naked possession” habe72, nämlich das Recht, die Sache für eine bestimmte Zeitdauer zu besitzen und zu nutzen. Mit dieser Argumentation soll die Anhaftung des security right der Bank ermöglicht werden und der Bank ein Recht zur Verwertung eingeräumt werden. Diese Anwendung des rights in collateral-Erfordernisses wird aber zu Recht abgelehnt. Das Erfordernis sagt nur etwas über die Entstehung eines security interest aus. Es trifft keine Aussage darüber, inwieweit das Recht der Bank dem Eigentum des Leasinggebers vorgehen soll73. Das Recht des Leasinggebers beim true lease fällt nicht unter den Anwendungsbereich des Article 9 UCC und gehört auch nicht zu den Nicht-Sicherungsgeschäften, die dessen Anwendungsbereich unterworfen werden74. Article 9 UCC kann mithin für den vorliegenden Fall keine Aussage über das Verhältnis von Eigentum des Wilhelm und security interest der Bank treffen. Es handelt sich um einen Fall, in dem US-amerikanische Gerichte nach wie vor anhand der Zuordnung des Eigentums entscheiden75. Die Abwandlung macht allerdings deutlich, dass das Ergebnis des Ausgangsfalls nicht einmütig gutgeheissen wird.

71

Das ist Ausdruck des Grundsatzes nemo dat – nemo potest dare quod non habet. Vgl. zum rights in collateral-Erfordernis Livingston, Certainty, Efficiency, and Realism: Rights in Collateral Under Article 9 of the Uniform Commercial Code, 73 N.C. L. Rev. 164 (1994–1995); White/Summers, 5th ed. 2002, § 31-3 (p. 126–127); Art. 9-203 Commentary 6. 72 So Kinetics Technology 705 F. 2d 396; s. auch White/Summers, 5th ed. 2002, § 31-3 (p. 127–128). Für die Verwendung der rights in collateral-Voraussetzung zur Umgehung von ostensible ownership-Problemen vgl. Livingston, 73 N.C. L. Rev. 164 (1994–1995); Baird/Jackson, Possession and Ownership, 35 Stan. L. Rev. 202–204 (1982–1983). Ablehnend dagegen Davies, [2004] 24 LS 304. 73 So Davies, [2004] 24 LS 304; vgl. auch Baird/Jackson, Possession and Ownership, 35 Stan. L. Rev. 203 (1982-1983), die dieses Resultat allerdings nur als Zwischenschritt nehmen und in der Folge vertreten, dass der Secured Creditor Priorität vor dem Eigentümer haben sollte, falls Letzterer sein Recht nicht publik gemacht hat (p. 205). 74 S. die unter Art. 9-109 (a) (3) und (4) UCC aufgezählten Rechtsgeschäfte. 75 S. zu diesem Fall genauer unten Teil 3 C. II. 4. Vgl. dazu die Fälle unter dem Stichwort des bailment for commodity processing, vgl. Medomak Canning Co. 25 UCC Rep Serv (Callaghan) 437; Sitkin Smelting and Refining (Sitkin I) 625 F. 2d 1213; vgl. auch Davies, [2004] 24 LS 303.

188

Teil 2: Fallstudien

(ii) Lösung nach dem Recht der kanadischen PPSAs Wie oben festgestellt, wird Wilhelm aufgrund der von den PPSAs angewendeten Vermutung im Unterschied zum Recht der Vereinigten Staaten als Inhaber eines (deemed) security interest behandelt. Zu prüfen ist, ob die National Bank ebenfalls Inhaber eines security interest ist und wem die PPSAs in diesem Fall die Priorität einräumen. Fraglich unter den Voraussetzungen der Entstehung des Rechts ist wieder die Voraussetzung, dass Scott Rechte an der Sache haben muss, an denen ein security interest entstehen könnte. Anders als das US-amerikanische Recht umgehen die PPSA auch die hierin liegende Schwierigkeit, indem sie ausdrücklich klarstellen, dass im Fall eines länger als ein Jahr dauernden Leasing der Leasingnehmer Rechte an der Sache hat, sobald er den Besitz an der geleasten Sache infolge der Vereinbarung erhält76. Die Verfasser der PPSAs sahen es offensichtlich nicht als selbstverständlich an, dass der Leasingnehmer ausreichende Rechte an der Sache hat, welche die Anhaftung eines security interest begründen könnten. Deshalb wollten sie durch diese Regelung gewährleisten, dass die Nichteintragung eines deemed security interest auch wirklich durch die Nachrangigkeit gegenüber möglichen nachfolgenden gesicherten Gläubigern sanktioniert wird77. Die National Bank hat danach ein security interest erworben. Mithin kommt es auf die Priorität zwischen den beiden security interests an. Grundsätzlich entscheidet der Zeitpunkt der Eintragung des Rechts. Hier kommt jedoch die Besonderheit dazu, dass die PPSAs den Leasinggeber als purchase money security creditor behandeln, dem deshalb u.U. eine gewisse „Gnadenzeit“ bei der Eintragung zugute kommen könnte78. Im vorliegenden Fall hat Wilhelm aber zu keiner Zeit sein Recht eingetragen. Die Folge ist, dass die National Bank Priorität in Bezug auf die Maschine vor Wilhelm hat. Wilhelm muss mithin Verwertungshandlungen der Bank dulden. c.

Zusammenfassungen

Im zweiten Falleispiel ging es um ein Rechtsgeschäft, das je nach seiner inhaltlichen Ausgestaltung sowohl Sicherungszwecke als auch andere Zwecke verfolgen kann. Dafür wurde das relevante Beispiel des Leasing

76

Vgl. PPSA-SA s. 12 (2); PPSA-NS (13) (3); PPSA-BC (12) (2). Die einzige Ausnahme ist die Provinz Ontario, die eine solche Regelung nicht vorsieht. 77 Cuming/Walsh/Wood, p. 91, erwecken den Eindruck, dass der Besitz des Leasingnehmers oder Kommissionärs im Normalfall nicht für die rights-in-collateral-Voraussetzung ausreichend wären. 78 S. zur grace period z.B. PPSA-SA s. 34; PPSA-PEI s. 34.

B. Fallbeispiele für die Situation des Warenkreditgebers

189

gewählt und untersucht, wie unterschiedliche Regulierungsmethoden mit diesen Fällen umgehen. Für die Zusammenfassung erscheint es hilfreich, die geprüften Rechtssysteme in zwei Gruppen einzuteilen: erst Deutschland, der DCFR und Québec und dann in einem zweiten Schritt das Recht des Article 9 UCC und die PPSAs. Für das deutsche Recht ist es irrelevant, ob das Leasing Sicherungszwecke erfüllt oder nicht. Auch auf die landläufige Unterscheidung zwischen Finanzierungsleasing und Operatingleasing kommt es nicht an, denn für den Fall der Insolvenz zählt das Eigentum des Leasinggebers, das in beiden Fällen unterschiedslos gegeben ist. Funktionale Anpassungen mit dem Hinweis auf den Sicherungscharakter werden dagegen nur punktuell vorgenommen79. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Nach dem DCFR soll es dagegen auf die Unterscheidung zwischen Finanzierungsleasing und Operatingleasing ankommen, denn aufgrund der funktionalen Definition des Eigentumsvorbehalts würde das financial leasing von den für die Fälle des Eigentumsvorbehalts geltenden Vorschriften erfasst – darunter insbesondere die Vorschriften über Publizität als Drittwirksamkeitserfordernis. Die massgebliche Abgrenzung beim DCFR muss mithin zwischen dem financial leasing und den anderen Formen des Leasing geschehen. Das für die Abgrenzung massgebliche Kriterium erscheint nicht zu kompliziert80. Nach dem Recht der Provinz Québec ist es fraglich, ob es auf die Abgrenzung zwischen dem crédit-bail und der Miete beweglicher Sachen (louage) ankommt. Das Gesetz sieht nämlich bei bestimmten relevanten Verträgen auch für die Miete beweglicher Sachen (louage) eine Publikationspflicht vor, sofern die Miete einen längeren Zeitraum als ein Jahr betrifft81. Allerdings war umstritten, ob diese Publizitätspflicht gerade auch das Eigentum des Leasinggebers betrifft. Die angeführte Entscheidung des Supreme Court of Canada scheint das zu verneinen, sodass es in der Konsequenz auf eine Abgrenzung zwischen crédit-bail und Miete beweglicher Sachen (louage) ankäme. Article 9 UCC und die PPSAs, die prinzipiell nur die Kategorien von Sicherheit oder Nicht-Sicherheit anerkennen, stossen beim Leasing, das eine Vielzahl von Funktionen erfüllt, an die Grenzen der funktionalen Wertung. Da die Wertung als Sicherheit aber schwerwiegende Folgen nach sich zieht (insbesondere die Notwendigkeit der Publizität), versuchen sowohl Article 9 UCC als auch die PPSAs sich zu behelfen, allerdings auf 79

Hier ist insbesondere die Behandlung der Institution des Sicherungseigentums in der Insolvenz des Sicherungsgebers relevant, vgl. §§ 50, 51 Nr. 1 InsO. 80 Vgl. Art. IX.-103 (2) (c) DCFR wirkt weit weniger kompliziert als Art. 1-203 (b) und (c) UCC. 81 Art. 1852 al. 2 CCQ.

190

Teil 2: Fallstudien

unterschiedlichem Wege. Der UCC versucht die Abgrenzung mit Hilfe von gesetzlichen Kriterien zu erleichtern. Allerdings sind diese Kriterien kompliziert82. In der Konsequenz werden die Vorschriften des Article 9 UCC (besonders massgeblich sind hier die Publizitäts- und Verwertungsvorschriften) nur angewandt, wenn wirklich eine Sicherheit vorliegt. Die PPSAs wählen einen anderen Weg. Sie umgehen die Abgrenzung für einen Grossteil der Leasinggeschäfte durch die Einführung einer Vermutung für die Sicherheit bei Verträgen, welche die Dauer eines Jahres übersteigen. Damit wird die Abgrenzung, soweit der Anwendungsbereich der Vermutung geht, in Bezug auf die meisten Regelungsgegenstände – z.B. die Publizität – hinfällig83. Die praktische Folge der Vermutung ist, dass die Nachrangigkeit des Leasinggebers auch beim „echten“ Nicht-SicherheitsLeasing in Kauf genommen wird. Die Abwandlung hat Unterschiede zwischen dem US-amerikanischen Recht und den kanadischen PPSAs vertiefend dargestellt. Die Vermutungsregelung der PPSAs führt zur Registrierungspflicht und unterstützt damit das Anliegen, das Auseinanderfallen von Eigentum und Besitz (ostensible ownership-Fälle) so weit wie möglich publik zu machen. Das USamerikanische Recht muss beim Leasing, das keinen Sicherungszweck hat, weiter auf Publizität verzichten. Wie angedeutet, trifft das aber auf wenig Gegenliebe in einem Teil der Rechtsprechung, die versucht, auch solche Fälle unter das Publizitätserfordernis zu bringen.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

Die folgenden beiden Fallbeispiele werden allein auf das Sicherungseigentum eingehen. Das liegt zum einen daran, dass das Sicherungseigentum eine sehr prominente84 Eigentumssicherheit des Geldkreditgebers an beweglichen Sachen seines Schuldners ist. Zum anderen – und vor allem – liegt es daran, dass das Sicherungseigentum eine Eigentumssicherheit ist, die von modernen Reformentwürfen besonders stark kritisiert wird. Die eigenständige Regulierung des Sicherungseigentums wird in viel stärkerem Masse in Frage gestellt als die des Eigentumsvorbehalts. So hat die Darstellung in Teil 1 ergeben, dass sowohl der UNCITRAL-Leitfaden (in sei82

Art. 1-203 UCC. Wie oben dargelegt, hat die Vermutung keine Folgen in Bezug auf die Vorschriften für die Verwertung. I.Ü. kommt es – soweit die Vermutung nicht greift – weiterhin auf die Abgrenzung von „Sicherheits“- und „echtem“ Leasing an. 84 Das gilt auch für die Sicherungsabtretung von Forderungen; die wird allerdings in dieser Arbeit nicht behandelt. In Deutschland ist das Sicherungseigentum von überragender Wichtigkeit für Geldkreditgeber. 83

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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ner Option B.) als auch der Draft Common Frame of Reference, obwohl sie Eigentumssicherheiten für den Warenkreditgeber vorsehen, das Sicherungseigentum – teilweise ausdrücklich85 – in ein security right umcharakterisieren86. Das ist insofern nachvollziehbar, als die Daseinsberechtigung für das Sicherungseigentum zu einem grossen Teil mit dem Interesse der Parteien des Sicherungsvertrags erklärt wird, die Notwendigkeit der Besitzaufgabe bei der Bestellung des (Faust-)Pfandrechts zu umgehen87. Angesichts der Betonung der besitzlosen Bestellung stellt sich die Frage, ob es eine Daseinsberechtigung für das Sicherungseigentum gibt, wenn eine Reform des Rechts der Kreditsicherheiten die Einführung eines besitzlosen Registerpfandrechts beinhalten würde. Die Einführung eines solchen besitzlosen Pfandrechts gehört zu den gängigen Reformforderungen in Deutschland und der Schweiz88. Aber auch wenn kein besitzloses Pfandrecht eingeführt würde, stellt sich die Frage, ob das Sicherungseigentum gegenüber dem Pfandrecht einen Vorteil gewährt, wenn es dem Sicherungsgeber gar nicht auf die Beibehaltung des Besitzes ankommt. Die beiden folgenden Fallbeispiele wollen auf diese Sonderproblematik des Sicherungseigentums eingehen. Sie sollen deshalb nicht nur Situationen vergleichend lösen, in denen in Deutschland oder der Schweiz der Rückgriff auf das Sicherungseigentum möglich sein könnte. Sie sollen darüber hinaus auch die Hypothese untersuchen, dass der Sicherungsnehmer Inhaber eines Pfandrechts ist. So soll gleichzeitig untersucht werden, ob das Sicherungseigentum – über die Überwindung der Nachteile des Faustpfands hinaus – 85

S. Art. IX.-1:103 (4) DCFR. Für die Systematik s. in Teil 1 den Abschnitt C. II. 1. b. 87 Das gilt nur dort, wo das Sicherungseigentum besitzlos bestellt werden kann. Zu dem Bezug zwischen der Bedeutung des Sicherungseigentums und der fehlenden Möglichkeit der besitzlosen Bestellung anderer Kreditsicherheiten s. UNCITRAL-Legislative Guide, Introduction, Erwägungsgrund 41 und Ch. II, Erwägungsgrund 22; vgl. auch die Darstellung zur Bedeutung des Sicherungseigentums im deutschen Recht, Teil 1 B. I. 2. a. (i) (1). 88 Das gilt in besonderem Masse für die Schweiz. Vgl. zum deutschen Recht nur Kieninger, Die Zukunft, AcP 208 (2008), 182, 209 ff.; Wiegand, Vorbem. zu §§ 1204 ff., Rn. 1–2 und zum schweizerischen Recht Foëx, Propositions, p. 328; GrahamSiegenthaler, 726, 744; Walter, Sicherungsrechte heute – Probleme und Lösungsansätze; in: Honsell/Heinrich (Hrsg.): Aktuelle Aspekte des Schuld- und Sachenrechts: Festschrift für Heinz Rey zum 60. Geburtstag, Zürich 2003, 148; Altorfer, 211; Wiegand, Fiduziarische Sicherungsgeschäfte, ZBJV 116 (1980), 555; Eigenmann, L’effectivité, p. 128–129, 390, Aeschlimann/Foëx, p. 30; Hadžimanović, Die allgemeine Mobiliarhypothek – unentbehrlich fürs Schweizer Recht?, AJP 2009, 1435 ff. Schliesslich gibt auch die jüngere Reform in Frankreich Anlass für die Annahme, dass die Einführung eines besitzlosen Pfandrechts wahrscheinlich ist. Frankreich befand sich in der Reihe der Länder, die im Rahmen der Kodifizierung ihrer Privatrechte im 19. Jahrhundert das Faustpfandprinzip sanktioniert haben. Seit der Reform des Kreditsicherungsrechts von 2006 ist die besitzlose Bestellung des Pfandrechts als Registerpfand möglich, vgl. Art. 2338 C.civ. 86

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Teil 2: Fallstudien

dem Sicherungsnehmer einen Vorteil bietet, der für seine separate Regulierung sprechen würde. I. Fallbeispiel 1: Verfügung über den Sicherungsgegenstand (right of use) Das Fallbeispiel 1 beschäftigt sich mit der Problematik des Verwendungsrechts (right of use) des Gläubigers über einen als Sicherheit bestellten Gegenstand. Dabei handelt es sich um ein Sonderproblem, das bei Wertpapieren und anderen Kapitalmarktrechten relevant ist. Welche Möglichkeiten gibt es, dass der gesicherte Gläubiger den Sicherungsgegenstand verwenden darf, d.h. über ihn verfügen darf, auch wenn der Ausfall mit der gesicherten Forderung nicht eingetreten ist? Wie zu zeigen sein wird, handelt es sich um einen Fall, bei dem alle Lösungsansätze – unabhängig, ob sie Eigentumssicherheiten anerkennen oder nicht – konzeptuelle Schwierigkeiten haben und bei dem die Relevanz der Unterscheidung von Eigentum und beschränktem dinglichen Recht schwindet. 1.

Das dahinter stehende Gläubigerinteresse

Ein gesicherter Gläubiger kann im Normalfall erst nach Ablauf des Kreditvertrags über den Sicherungsgegenstand verfügen, wenn der Ausfall des Schuldners feststeht und diesem die Verwertung angedroht worden ist. Häufig sehen die einzelstaatlichen Regelungen nur im Ausnahmefall vor, dass der Gläubiger den Gegenstand freihändig an einen von ihm ausgewählten Käufer veräussern kann. Nun kann für einen gesicherten Gläubiger das Interesse bestehen, bereits während der Laufzeit des Vertrags über den Sicherungsgegenstand zu verfügen, ohne den Ausfall des Schuldners abwarten zu müssen. Möglicherweise wäre dieses Interesse ein Grund für ihn, sich für das Sicherungseigentum im Unterschied zu einer beschränkten dinglichen Sicherheit, wie dem Pfandrecht, zu entscheiden, wenn das Sicherungseigentum diese Funktion erfüllen könnte. 2.

Mögliche Praxisfälle

Ein Gläubigerinteresse an der Verfügung über den Sicherungsgegenstand besteht v.a. im Bereich der Finanzmärkte. Kreditinstitute und sonstige Finanzdienstleistungsunternehmen haben ein Interesse daran, von ihnen gehaltene Wertpapiere oder andere Kapitalmarktrechte zu veräussern. Ein Anwendungsfall ist die sogenannte Wertpapierleihe (securities lending/prêt de titres). Der Verleiher hat ein Interesse daran, sein Wertpapierportfolio nutzbar zu machen und die Rendite des ansonsten ruhenden De-

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

193

pots zu erhöhen89. Zur Veräusserung kommt es auch im Rahmen von Wertpapierpensionsgeschäften (repurchase agreements/mise en pension de titres), durch die sich Banken Geldmittel beschaffen90. Dabei wird zum einen das Eigentum an der ursprünglich vereinbarten Menge von Wertpapieren übertragen. Zum anderen kann der Wertpapierentleiher verpflichtet sein, auf Anforderung der Vertragspartei während der Laufzeit des agreement andere Wertpapiere zu übertragen, wenn ein Absinken des Kurses der bereits übertragenen Wertpapiere den Saldo zwischen der Geldforderung und dem Wert der Wertpapiere zu seinen Ungunsten verändert (sogenannter margin call). Wenn man von „Wertpapierleihe“ spricht, ist doch zu beachten, dass die Tendenz immer mehr in die Richtung der Entmaterialisierung der Übertragungsvorgänge geht, d.h. weg von der Übertragung von Miteigentumsanteilen an der global verwahrten Sammelurkunde hin zu der Übertragung von blossen Buchpositionen, sogenannten Bucheffekten91. Neben dem Bereich der Wertpapiere kann das Interesse an der Verfügung über den Sicherungsgegenstand bei Geldkautionen bestehen; weiterhin bei Waren, besonders wenn sie vertretbar sind92. Hier wird besonders auf den Zusammenhang zur Rechtsfigur des irregulären Pfandrechts hinzuweisen sein.

89 Z.B. durch die Entleihgebühr. Vgl. zur Wertpapierleihe und den damit verbundenen Vorteilen für den Verleiher u.a. Rayroux, Securities Lending, in: Journée 2002 du droit bancaire et financier, Bern 2003, p. 81 ss; Gesell, Wertpapierleihe und Repurchase Agreement im deutschen Recht, Köln 1995; Richa, Pension de titres (repos) et autres cessions temporaires, Genève 2008, p. 50 ss; Bertschinger, Finanzinstrumente in der Aktienrechtsrevision – Derivate, Securities Lending und Repurchase Agreements, SZW 2008, 208, 215; Fabozzi, Securities Lending and Repurchase Agreements, New Hope (Pa.) 1997. 90 Die Besicherung durch Wertpapiere mit hoher Bonität kann auch nicht so kreditwürdigen Finanzunternehmen kostengünstigen Kredit verschaffen. Vgl. zu den Repurchase Agreements Richa, Pension de titres (repos) et autres cessions temporaires, Genève 2008; Giovanoli, Rechtsprobleme von Repurchase Agreements (Repos), Zürich [et al.] 2003; Fabozzi, Securities Lending and Repurchase Agreements, New Hope (Pa.) 1997; Schroeder, Repo Madness: The characterization of repo agreements under the Bankruptcy Code and UCC, 46 Syr. L.Rev. 999. 91 Vgl. dazu Zobl/Lombard, Zur Entmaterialisierung der Wertpapiere, SZW 1991, 117 ff.; Wood, Comparative Law of Security Interests and Title Finance, 2 nd ed., London 2007, p. 29–50; Hess/Friedrich, Das neue Bucheffektengesetz (BEG), GesK 2008, 97, 100, 102; Eggen, Sicherheiten an Wertrechten – eine Untersuchung der Rechtslage ab Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes, SZW 2009, 116 ff.; Foëx, Les actes de disposition sur les titres intermédiés, in: Placements collectifs et titres intermédiés – Renouveau de la place financière suisse, CEDICAC, Lausanne 2008, p. 83 ss. 92 Vgl. zu diesen Fällen BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1172 ff.; ZK-Oftinger/Bär, Syst. Teil zu Art. 884–918 ZGB, Rn. 183.

194 3.

Teil 2: Fallstudien

Das Fallbeispiel

Die A-Bank will an die B-Bank Wertpapiere verleihen, um die Rendite ihres Wertpapierguthabens zu erhöhen. Die B-Bank soll Eigentümerin der Wertpapiere werden, da sie ihrerseits auf die Möglichkeit der Weiterverfügung angewiesen ist. Sie ist nämlich gegenüber einem weiteren Finanzdienstleister in Lieferschwierigkeiten in Bezug auf eine bestimmte Menge an Wertpapieren des Typs z. Der Bankkunde K hält bei der A-Bank ein Depotkonto, auf dem auch Aktien des Typs z gutgeschrieben sind. Die ABank lässt die Aktien bei der Clearstream Banking AG (bzw. einer anderen Sammelverwahrstelle) verwahren. Als die A-Bank dem K ein Darlehen gewährt, lässt sie sich ein Sicherungsrecht an den Aktien des Typs z bestellen, die auf dem Depotkonto des K gutgeschrieben sind. Es besteht eine Dauerglobalurkunde über die von z emittierten Wertpapiere beim Zentralverwahrer V. Kann die A-Bank zugunsten der B-Bank über die Aktien des Typs z, die auf dem Depotkonto des K gutgeschrieben sind, verfügen? Welche Möglichkeiten zur Verfügung über Kapitalmarktrechte sehen die Rechtsordnungen generell vor? Folgende Situationen sollen unterschieden werden: 1. Die A-Bank lässt sich von K das Eigentum an den Wertpapieren/Wertrechten übertragen. 2. K bestellt zugunsten der A-Bank ein beschränktes dingliches Sicherungsrecht an den Wertpapieren/Wertrechten. Die Fragestellungen sollen anhand des deutschen, schweizerischen und des US-amerikanischen Rechts gelöst werden. Auf das Recht der kanadischen Provinz Québec soll nur eingegangen werden, soweit die Rechtslage vom US-amerikanischen Recht abweicht und deshalb eine besondere Originalität der Lösung gegeben ist. 4.

Lösung des Fallbeispiels

a.

Lösung nach deutschem Recht

(i) Lösungsübersicht bei sicherungsweiser Übertragung des Eigentums Geprüft wird, ob das Sicherungseigentum einem Gläubiger – der A-Bank – den Vorteil verschaffen könnte, über den Sicherungsgegenstand verfügen zu können und ob mithin eine von der Umgehung des Faustpfandprinzips unabhängige Daseinsberechtigung für das Sicherungseigentum gegeben wäre. Im Folgenden soll deshalb zuerst auf die Beziehung von Eigentum und Verfügungsrecht über eine Sache eingegangen werden, bevor ein Überblick über die Übertragung von Rechten an Wertpapieren im deut-

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

195

schen Recht gegeben wird und schliesslich gefragt wird, inwieweit das Sicherungseigentum diese Funktion erfüllen kann oder nicht. (a) Zusammenhang zwischen Eigentum und Verfügung In diesem Abschnitt geht es um die Frage: Wie zwingend ist der Schluss von der Verfügungsgewalt auf das Eigentum? Im deutschem Recht wird das Eigentum an einer Sache im Wege der Verfügung übertragen. Verfügung wird definiert als ein Rechtsgeschäft, durch das ein Recht unmittelbar aufgehoben, übertragen, belastet oder inhaltlich modifiziert wird93. Durch das Erfordernis eines Verfügungsgeschäfts, das von dem zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäft (z.B. einem Kaufvertrag) unabhängig ist (Trennungsprinzip94), grenzt sich das deutsche Recht von anderen Rechten ab, nach denen bereits der auf die Eigentumsübertragung gerichtete schuldrechtliche Vertrag selbst den Übergang des Eigentums herbeiführt95. Die Übertragung eines dinglichen Rechts – im vorliegenden Fall ist es das Eigentum an Wertpapieren – ist eine Art der Verfügung. Voraussetzung der wirksamen Verfügung ist das Bestehen der Verfügungsberechtigung96 des Verfügenden. Die Verfügungsberechtigung kann sich aus verschiedenen Gründen ergeben. Die Inhaberschaft eines dinglichen Rechts ist der Hauptfall der Verfügungsberechtigung. Das wird besonders klar, wenn es dabei um das Eigentum geht. Der Eigentümer einer Sache hat die unbeschränkte, absolute Herrschaft über die Sache und kann mit ihr nach Belieben verfahren97. Dazu gehört insbesondere, dass er sowohl sein Eigentumsrecht als Ganzes als auch gewisse Einzelberechtigungen aus dem Eigentum auf andere Personen übertragen kann. Dem Gesetzgeber war das Recht des Eigentümers, über seine Rechtsposition verfügen zu können, so wichtig, dass er Beschränkungen dieses Rechts – seien es Beschränkungen gesetzlicher98 oder vertraglicher99 Art – stark eingeschränkt oder sogar ausgeschlossen hat. 93

Vgl. z.B. MünchKomm/Schramm, § 185 Rn. 6; Wieling, Sachenrecht, § 1 III 1. (S. 9 Fn. 26); generell zum dinglichen Rechtsgeschäft als Unterfall der Verfügungen vgl. Baur/Stürner, § 5 (S. 42 ff.). 94 Baur/Stürner, § 5 Rn. 40. 95 So z.B. das französische Recht oder das Recht der Provinz Québec. 96 Auch verwendet wird der Begriff der Verfügungsbefugnis; s. dazu Wilhelm, Rn. 805. 97 § 903 BGB; vgl. zu den Befugnissen des Eigentümers MünchKomm/Oechsler, § 929 Rn. 43; MünchKomm/Säcker, § 903 Rn. 5; Wieling, Sachenrecht, § 8 II (S. 90). 98 Gesetzliche Veräusserungsverbote, die nur den Schutz bestimmter Personen bezwecken, führen zur relativen Unwirksamkeit gegenüber diesen Personen, vgl. dazu z.B. §§ 135, 135 BGB. Zu den geringen Anwendungsfällen s. MünchKommBGB/Armbrüster, § 135 Rn. 12 ff. In wenigen Fällen gibt es gegenüber jedermann, mithin absolut wirkende Veräusserungsverbote, vgl. dazu §§ 1365, 1369 oder § 2113 BGB.

196

Teil 2: Fallstudien

Eine Verfügung kann aber auch wirksam sein, ohne dass der Verfügende der Inhaber des Rechts ist. Besonders relevant sind hier die Möglichkeiten der Einwilligung, der Genehmigung und der Konvaleszenz100. In Betracht kommen in diesem Zusammenhang auch die Fälle des gutgläubigen Erwerbs101. Schliesslich kann das Gesetz selbst einer Person die Verfügungsberechtigung über Sachen eines Dritten einräumen102. Das alles ändert aber nichts daran, dass die Inhaberschaft eines Rechts der Hauptfall der Verfügungsberechtigung ist. Der bei Weitem wichtigste Fall ist die Inhaberschaft des Eigentums als des umfänglichsten Rechts. (b) Zum Ablauf der Übertragung von Rechten an Wertpapieren im deutschen Recht Der Ablauf der Übertragung von Rechten an Wertpapieren wird von tiefgreifenden Veränderungen im Wertpapierrecht in den letzten Jahrzehnten beeinflusst. Im Mittelpunkt dieser Entwicklung steht der immer grössere Funktionsverlust des Wertpapiers als Urkunde und im Zusammenhang damit die Frage, inwieweit der Übertragungsvorgang noch nach Sachenrecht bewertet werden kann103. 99 § 137 BGB stellt klar, dass Veräusserungsverbote, die zwischen Parteien eines Vertrags vereinbart worden sind, nur schuldrechtlich und nicht dinglich wirken können. Die Folge ist, dass die Verfügung desjenigen, der eine vertraglich verbotene Veräusserung vornimmt, wirksam ist. Er wird aber seinem Vertragspartner gegenüber schadensersatzpflichtig. Zu den Rechtsfolgen der Verletzung der Verpflichtung, nicht zu verfügen s. MünchKommBGB/Armbrüster, § 137 Rn. 30 ff. 100 Massgeblich in diesem Zusammenhang ist v.a. § 185 BGB. Nach dessen Abs. 1 kann der tatsächlich Berechtigte durch seine (der Verfügung vorangehende) Einwilligung die notwendige Ermächtigung zur wirksamen Verfügung verschaffen. Anwendungsfälle der Einwilligung in die Verfügung sind z.B. im Rahmen der Verkaufskommission (§§ 383 ff. HGB) oder des verlängerten Eigentumsvorbehalts gegeben, vgl. MünchKommBGB/Schramm, § 185 Rn. 32. Abs. 2 sieht die Möglichkeit der (nachfolgenden) Genehmigung vor und regelt des Weiteren Fälle, in denen der Verfügende durch nachträglichen Rechtserwerb die Berechtigung zur Verfügung im Nachhinein erwirbt. Der Begriff der Konvaleszenz erfasst die Fälle, in denen ein anfänglich unwirksames Rechtsgeschäft nachträglich (z.B. durch den später eintretenden Rechtserwerb) wirksam wird. 101 Dabei handelt es sich um einen originären Erwerb beim Erwerber, da der nicht berechtigte Veräusserer selbst keine Rechtsmacht hat, die er übertragen kann, vgl.Wilhelm, Rn. 805. Der Erwerb ist aber ausgeschlossen, wenn der Erwerber nicht gutgläubig in Bezug auf das Eigentum des Veräusserers war (§ 932 Abs. 2 BGB) oder wenn die Sache abhanden gekommen war (§ 935 BGB). 102 Z.B. im Fall des Insolvenzverwalters (§ 80 InsO) oder des Testamentsvollstreckers (§ 2205 BGB). 103 Vgl. zur folgend beschriebenen Entwicklung: Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, Tübingen 1995, 12 ff.; MünchKommHGB/Einsele, Depotgeschäft, Rn. 42 ff.; Nodoushani, Rechtsfragen bei der Aktienverpfändung, WM 2007, 289, 290; Hirte/Knof, Das Pfandrecht an globalverbrieften Aktien in der Insolvenz, WM 2008, 7, 9 f.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

197

Mit den Veränderungen geht eine Diskrepanz zwischen Gesetzeslage und Rechtswirklichkeit einher. Das deutsche Wertpapierrecht beruht immer noch auf dem Prinzip, dass die Innehabung der Urkunde für die Ausübung des durch sie verkörperten Rechts massgeblich ist. Die tatsächliche Entwicklung kann wie folgt zusammengefasst werden: Ursprünglich wurden Wertpapiere bei der Bank des Kunden einzeln, getrennt von den Beständen der Bank und anderer Hinterleger, aufbewahrt104. Seit Ende des 19. Jahrhunderts wurden Wertpapiere gleicher Art gesammelt in einem einheitlichen Bestand bei der jeweiligen Bank verwahrt105. Die Folge war, dass der einzelne Hinterleger nur noch Miteigentümer nach Bruchteilen an den Wertpieren der gleichen Art im Sammelbestand wurde106. In der weiteren Folge übertrugen die Hausbanken die Verwahrung der Wertpapiere sogenannten Wertpapiersammelbanken107, wodurch der Grundstein für den Effektengiroverkehr, d.h. die stückelose Übertragung von Rechten im Wege von Umbuchungen beim Sammelverwahrer, gelegt wurde. Der bisher letzte Schritt (im deutschen Recht) in dieser Entwicklung war die Einführung von Globalurkunden an Stelle von Sammelbeständen108. Alle Wertpapierberechtigten aus einer Emission sind danach Bruchteilseigentümer an dieser einen Urkunde. Da der weitaus grösste Teil von Wertpapieren bei einem Zentralverwahrer verwahrt wird109, entsteht zwischen einzelnem

104

Sog. Streifbandverwahrung. Sog. Sammelverwahrung. 106 Vgl. § 6 Abs. 1 S. 1 DepotG. Er verlor sein Eigentum an der konkreten Urkunde in Folge der Vermischung (§§ 948, 947 Abs. 1 BGB). Übertragungsgegenstand wird nun der Miteigentumsanteil am Sammelbestand, vgl. §§ 1008, 747 BGB. 107 Das System wird als Girosammelverwahrung bezeichnet. Die Berechtigung der einzelnen Banken, die Verwahrung zu übertragen, ergibt sich aus § 5 Abs. 1 DepotG. 108 S. § 9a DepotG, der vorsieht, dass eine Globalurkunde nur „einer“ Wertpapiersammelbank zur Verwahrung übergeben werden kann. Die Einführung von Globalurkunden erfolgte mit dem Ziel, die Masse an Wertpapieren einzudämmen. Globalurkunden stellen eine Zusammenfassung von Einzelurkunden dar. Mittels einer Globalurkunde kann ein Teil einer Emission oder sogar die gesamte Emission eines Wertpapiers erfasst werden. Eine besondere Art der Globalurkunde stellt die Dauerglobalurkunde dar. Bei ihr ist der Anspruch der einzelnen Berechtigten auf Einzelverbriefung ausgeschlossen (§ 9a Abs. 3 S. 2 DepotG). Es handelt sich bei ihr um eine einzelne Urkunde, die eine Emission für die gesamte Laufzeit verbrieft. 109 Zentralverwahrer in Deutschland ist die Clearstream Banking AG. Andere Finanzdienstleistungsunternehmen unterhalten bei der Clearstream eigene Depots, um die Wertpapiere ihrer Kunden zu verwalten. Das hat für den Zentralverwahrer den Vorteil, dass er es nur mit wenigen Vertragspartnern zu tun hat und nicht mit einer Masse von Einzelanlegern. 105

198

Teil 2: Fallstudien

Kunden bis zum Zentralverwahrer eine lange Kette von Verwahrungsverhältnissen110. Umstritten ist im deutschen Recht, ob sich der Auslieferungsanspruch111 des einzelnen Hinterlegers nur gegen seine Depotbank richtet oder auch gegen den Zentralverwahrer. Diese Frage ist insofern relevant, als sie für den Ablauf des Übertragungsvorgangs von Wertpapierrechten entscheidend ist. Denn nur, wenn der einzelne Hinterleger weiterhin als mittelbarer Besitzer in Bezug auf sein „Bruchstück“ an der Globalurkunde angesehen werden kann, kann der Übertragungsvorgang nach den sachenrechtlichen Vorschriften der §§ 929 ff. ablaufen112. Das Bestehen eines Besitzmittlungsverhältnisses im Verhältnis zwischen einzelnem Aktionär und Zentralverwahrer wird kontrovers diskutiert113. Die Diskussion dreht sich dabei v.a. um die Natur der Auslieferungsansprüche und um die Frage, ob diese überhaupt eine tatsächliche Sachherrschaft begründen könnten114. 110

Das liegt daran, dass zwischen Hausbank und Zentralverwahrer häufig noch Zwischenverwahrer eingeschaltet sind. Vgl. für ein Schema der so entstehenden Verwahrpyramide Einsele, Bank-und Kapitalmarktrecht, Tübingen 2006, § 9 Rn. 6. 111 Der einzelne Hinterleger hat einen schuldrechtlichen Auslieferungsanspruch in Bezug auf für ihn hinterlegte Wertpapiere, auch bei Bestehen einer Globalurkunde, sofern der Aussteller der Wertpapiere nicht von der Verpflichtung, an die Inhaber der Sammelurkunde einzelne Wertpapiere auszugeben, befreit ist (§ 9a Abs. 3 S. 2 DepotG). 112 Einsele, Bank-und Kapitalmarktrecht, § 9 Rn. 13 ff.; MünchKommHGB/Einsele, Depotgeschäft, Rn. 93 f.; Berger, Verpfändung und Verwertung von Aktien, WM 2009, 577 ff. 113 S. zur Diskussion u.a. Habersack/Mayer, WM 2000, 1678 ff.; Einsele, Wertpapierrecht, 75 ff., 83 ff.; MünchKommHGB/Einsele, Depotgeschäft, Rn. 106 ff.; Berger, WM 2009, 577 ff.; Nodoushani, WM 2007, 289 ff. 114 Die Ansicht, die das ablehnt, bringt u.a. das Argument vor, dass die in den §§ 7 und 8 DepotG geregelten Auslieferungsansprüche keine Sachherrschaft des Hinterlegers begründen könnten. Da sie sich auf effektive Stücke (die zum Zeitpunkt des Verlangens noch gar nicht bestünden) und nicht auf den Miteigentumsanteil als solchen bezögen, stellten sie nicht das Korrelat des Miteigentumsrechts dar und könnten deshalb keine tatsächliche Sachherrschaft begründen, vgl. Einsele, Wertpapierrecht, 75. Im Übrigen sei dieser Anspruch eher mit einem Rückerstattungsanspruch auf Sachen gleicher Art und Güte i.S.d. § 700 Abs. 1 BGB vergleichbar, so MünchKommHGB/Einsele, Depotgeschäft, Rn. 93. Besonders gewichtig werden die Argumente der Gegenansicht bei Vorliegen einer Dauerglobalurkunde. Bei ihr sei aufgrund des Ausschlusses des Anspruchs auf Auslieferung (§ 9 Abs. 3 S. 2 DepotG) der Mangel der Sachherrschaft besonders deutlich, vgl. zu diesen Argumenten besonders MünchKommHGB/Einsele, Depotgeschäft, Rn. 93; Einsele, Wertpapierrecht, 72. Dem wird von der h.M. entgegen gehalten, dass die Vorschrift nur die Pflicht der Zentralverwahrstelle, effektive Stücke auszuliefern, ausschliessen wollte, dagegen aber nicht die Globalurkunde als solche erfasse (Berger, WM 2009, 577, 580). Die h.M. anerkennt die Stichhaltigkeit besonders der von Einsele vorgebrachten Bedenken am mittelbaren Besitz, will aber anstatt auf die reine Rechtsübertragung auszuweichen (§ 398 BGB) weiter an den sachenrechtlichen Verkehrsvorgängen festhalten und sieht den Hinterleger daher weiterhin als Besitzmittler an,

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

199

Mehrheitlich wird aber weiter das Bestehen eines Besitzmittlungsverhältnisses angenommen. Das hat die Konsequenz, dass damit weiterhin die Anwendung der sachenrechtlichen Vorschriften auf die Übertragung angenommen wird. Für die Durchführung der Übertragung des Bruchteilseigentums an einer Globalurkunde soll nach h.M. § 929 S. 1 BGB einschlägig sein, wobei die Besitzübertragung durch die Umbuchung im Verwahrungsbuch (§ 14 Abs. 1 DepotG) ersetzt wird. Dadurch bringt die buchführende Stelle den Willen zum Ausdruck, die Wertpapiere nunmehr für den Erwerber zu verwahren115. Nach dem Gesagten würde die Sicherungsübereignung zwischen der ABank und dem Kunden K vermutlich nach § 929 S. 2 BGB erfolgen. Zu einem Besitzübergang von K auf die A-Bank kommt es nämlich nicht. Vielmehr mittelt die A-Bank in Folge der Vereinbarung den Besitz an der Globalurkunde nicht mehr dem K, sondern übt ihren mittelbaren Besitz nur noch116 für sich selbst aus. (c) Das Sicherungseigentum als Alternative für ein Verwendungsrecht (right of use)? Im Kern geht es um die Frage, ob die A-Bank als Sicherungseigentümerin das Recht hätte, über den Miteigentumsanteil hinsichtlich der z-Aktien zugunsten der B-Bank im Rahmen der Wertpapierleihe zu verfügen. Bereits an dieser Stelle werden jedoch die Grenzen des Sicherungseigentums deutlich. Diese Grenzen sind der Konzeption des Sicherungseigentums inhärent. Zwar ist die Bank als Sicherungseigentümerin Vollrechtsinhaberin und kann somit im Aussenverhältnis wirksam über die Wertpapiere verfüvgl. Berger, WM 2009, 577, 581; für weitere Nachweise s. MünchKommHGB/Einsele, Depotgeschäft, Rn. 59. Auch der Bundesgerichtshof (BGHZ 160, 121) hat sich in dieser Hinsicht geäussert. Global verbriefte Aktien seien weiterhin als Wertpapiere und nicht als blosse Wertrechte anzusehen. 115 BGHZ 160, 121, 124; MünchKommHGB/Einsele, Depotgeschäft, Rn. 108. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Umbuchung nicht notwendigerweise auf der Ebene des Zentralverwahrers geschieht. Wenn die A-Bank und die B-Bank jeweils Konten bei der Bank C haben, die für A als Zwischenverwahrer hinsichtlich der z-Aktien fungiert, dann braucht nur die C-Bank eine Umbuchung vorzunehmen. Der Zentralverwahrer wird davon nicht berührt. Anders wäre es, wenn die C-Bank zwar Aktien für die A-Bank zwischenverwahrt, nicht aber für die B-Bank, die wie die Bank C direkt beim Zentralverwahrer ein Konto haben könnte. In diesem Fall müsste die A-Bank die Bank C anweisen, beim Zentralverwahrer eine Gutschrift vom Konto der Bank C auf das Konto der B-Bank zu veranlassen. 116 Da die Sammelverwahrstelle – als eine höhere Ebene als die A-Bank – das Buch führt, kommt es gar nicht zu einer eigentlichen Umbuchung, da die Sammelverwahrstelle die Rechte weiterhin auf den Namen der A-Bank führt. Die neue Situation besteht darin, dass die A-Bank den Besitz nicht mehr für K mittelt.

200

Teil 2: Fallstudien

gen117. Insofern könnte die Bestellung des Sicherungseigentums für sie vorteilhaft sein, weil es sie in die Position versetzt, im Aussenverhältnis verfügungsberechtigt in Bezug auf die sicherungsübereigneten Wertpapiere zu sein. Allerdings ist der sicherungsweisen Übertragung des Eigentums das treuhänderische Element inhärent, durch das die Rechtsmacht des Sicherungsnehmers im Verhältnis zum Sicherungsgeber beschränkt wird. Er ist verpflichtet, sein Recht im Interesse des Sicherungsgebers auszuüben118. Dazu gehört die enge Anbindung an den Sicherungszweck und die Verpflichtung, den Rückübertragungsanspruch des Sicherungsgebers zu schützen. Die Übertragung der Sache an einen Dritten während der Laufzeit des Vertrags würde mithin grundsätzlich eine Pflichtverletzung des Sicherungsvertrags darstellen119. Der Sicherungsnehmer kann sich nicht durch die Rückübereignung von Sachen gleicher Art und Güte behelfen, denn es ist gerade die besondere Charakteristik der Sicherungsübereignung, dass die Rückübereignung genau der gleichen Sache geschuldet ist120. Festzustellen ist mithin, dass die A-Bank als Sicherungseigentümerin sehr wohl die Rechtsmacht hätte, über die Wertpapiere zu verfügen, dass sie aber durch die Verfügung dem Risiko einer Haftung wegen Pflichtverletzung (§§ 280 Abs. 1, 3, 281 BGB) des Sicherungsvertrags ausgesetzt wäre. Um ihrem Interesse zu verfügen entsprechen zu können, müsste es die A-Bank auf eine Pflichtverletzung anlegen. Die Aussicht der Haftung wegen Pflichtverletzung wird die Bank von einer Verfügung abhalten. Die Sicherungsübereignung kann daher keine brauchbare Alternative darstellen, um einer Bank die Verfügung über den Sicherungsgegenstand zu ermöglichen. Folglich spielt das Sicherungseigentum im Zusammenhang mit der Bestellung von Kreditsicherheiten an Kapitalmarktrechten, insbesondere Wertpapieren, im deutschen Recht nur eine sehr untergeordnete Rolle121. 117 S. z.B. MünchKommBGB/Oechsler, Anh §§ 929–936 Rn. 40; s.a. Weber, 171; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1278; Wiegand, Fiduziarische Sicherungsgeschäfte, ZBJV 116 (1980), 541; aus schweizerischer Sicht s. BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1359. 118 MünchKommBGB/Oechsler, Anh §§ 929–936 Rn. 40; Weber, 171; s. aus schweizerischer Sicht auch BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1357. 119 MünchKommBGB/Oechsler, Anh §§ 929–936 Rn. 44. 120 BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1136. 121 Darauf weisen z.B. Meyer/Bundschuh, Sicherungsübereignung börsennotierter Aktien, Pflichtangebot und Meldepflichten, WM 2003, 960, 961, hin. Ein Anwendungsfall der Sicherungsübereignung sei z.B. der Konsortialkredit, wobei der Konsortialführer für die anderen Konsorten Sicherheiten treuhänderisch verwalte. Merkel spricht in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., München 2001, § 93 Rn. 5, davon, dass an Wertpapieren „fast immer“ Pfandrechte bestellt würden. Stupp, Aktuelle Rechtsprobleme bei der Verpfändung von Aktien zur Kreditbesicherung, DB 2006, 655, 657, weist darauf hin, dass die Sicherungsübereignung für den Sicherungsgeber den Nachteil habe, dass er aufgrund des Eigentumsverlusts das Recht zur Stimmabgabe und

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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Eine gewisse Bedeutung kann der Sicherungsübereignung allenfalls dann zukommen, wenn die Parteien ein besonderes Interesse an der im Vergleich zum Pfandrecht grösseren Gestaltungsmöglichkeit bei der Verwertung der Sicherheiten haben122. (d) Ergebnis Diese Fallgestaltung kann mithin kein Beispiel für eine Funktion des Sicherungseigentums sein, die es im deutschen Recht über die Funktion der Umgehung des Faustpfandprinzips hinaus interessant machen würde. Die A-Bank würde mit K keine Sicherungsübereignung vereinbaren. (ii) Frage 2: Lösungsübersicht bei beschränktem dinglichen Sicherungsrecht (a) Vorüberlegungen zur Verpfändung Unter dieser Hypothese hätten die A-Bank und K sich auf die Bestellung eines Pfandrechts geeinigt123. Wiederum besteht die Frage, ob die A-Bank in dieser Konstellation schon während der Dauer der Sicherung zugunsten der B-Bank über die verpfändeten Wertpapiere verfügen darf. Hier ist aber bereits darauf hinzuweisen, dass Pfandrecht und Verfügungsbefugnis des Pfandgläubigers sich nach der Konzeption des Pfandzur Dividendenausschüttung verliere. Die relativ geringe Bedeutung der Sicherungsübereignung im Zusammenhang mit dem Bankengeschäft zeigt sich auch darin, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken die Bestellung des Sicherungseigentums nur für den Fall von eingereichten Schecks und Wechseln vorsehen, vgl. S. Nr. 15 Abs. 1 Nr. 1 AGB Banken: „Die Bank erwirbt an den ihr zum Einzug eingereichten Schecks und Wechseln zum Zeitpunkt der Einreichung Sicherungseigentum“; vgl. dazu die Kommentierung von Bunte, AGB Banken Rn. 351 ff. 122 Meyer/Bundschuh, WM 2003, 960, 961. Im Vergleich zur Sicherungsübereignung spielt die Verpfändung, insbesondere was Wertpapiere anbelangt, im Bankengeschäft eine weit grössere Rolle. Ihre Bedeutung zeigt sich insbesondere an Nr. 14 der AGB Banken, der den Erwerb eines Pfandrechts der A-Bank allen Wertpapieren und Sachen vorsieht, an denen eine inländische Geschäftsstelle der Bank im Rahmen ihres Geschäftsverkehrs Besitz erlangt, vgl. dazu Bunte, AGB Banken Rn. 320 ff. 123 Die Möglichkeit der Verpfändung eines Miteigentumsanteils wird durch § 1258 BGB impliziert. Bereits oben bei den Ausführungen zum Sicherungseigentum ist festgestellt worden, dass der einzelne Bankkunde (hier K) auch bei einer Dauerglobalurkunde als mittelbarer Besitzer anzusehen ist. Die Verpfändung von Wertpapieren, die zumindest in einer Dauerglobalurkunde verkörpert sind, kann sich daher nach § 1205 Abs. 2 BGB richten; möglich ist aber auch die Verpfändung nach § 1205 Abs. 1 BGB. Nodoushani hält diese Variante für weniger vorteilhaft. Da sie eine Umbuchung beim Zentralverwahrer (entspricht der Übergabe) erfordere, könnte dadurch der Anschein einer Sicherungsübereignung geweckt werden, was weitere Schwierigkeiten nach sich ziehen könnte, vgl. WM 2007, 289, 295.

202

Teil 2: Fallstudien

rechts grundsätzlich ausschliessen müssen. Das Pfandrecht ist ein beschränktes dingliches Recht und gibt nach seinem Inhalt dem Pfandgläubiger lediglich die Berechtigung, sich im Falle des Ausfalls des Schuldners durch Verwertung der verpfändeten Sache zu befriedigen124. Zur Veräusserung kann es daher grundsätzlich erst bei Eintritt des Sicherungsfalls kommen, nicht aber schon während der Laufzeit des Vertrags. Der Rückgriff auf das Pfandrecht kann der A-Bank mithin aus zwei Gründen nicht weiterhelfen: Einmal erstreckt sich der Umfang der Berechtigung des Pfandgläubigers an der Sache nicht auf die Verfügungsbefugnis. Zum anderen greifen die Verwertungsrechte des Pfandgläubigers erst ein, wenn der Sicherungsfall eintritt und Pfandreife besteht. (b) Einfluss der Finanzdienstleistungsrichtlinie Die eben beschriebene Rechtslage hat durch die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06. Juni 2002 über Finanzsicherheiten125 eine interessante Änderung erfahren. Ziel der Richtlinie war es, eine gemeinschaftsweite Regelung für die Verwendung von Finanzsicherheiten zu schaffen. Dadurch sollte die durch die Unterschiedlichkeit der einzelstaatlichen Regelungen bestehende Rechtsunsicherheit beseitigt werden und Integration und Kostenwirksamkeit des europäischen Finanzmarkts erhöht werden126. Finanzsicherheiten werden in Finanzinstrumente und Barsicherheiten unterschieden127. Finanzinstrumente sind u.a. Aktien und andere Wertpapiere sowie Schuldverschreibungen, die auf dem Kapitalmarkt gehandelt werden können128. Die Richtlinie beeinflusst den vorliegenden Fall insofern, als sie die Mitgliedstaaten verpflichtet, eine vertragliche Vereinbarung anzuerkennen, nach der ein Sicherungsnehmer über eine Finanzsicherheit, an der er ein beschränktes dingliches Sicherungsrecht hält, verfügen darf. Der verfügende Sicherungsnehmer wird verpflichtet, Sicherheiten der gleichen Art und Güte zurückzuerstatten, die an die Stelle der ursprünglichen Sicherheiten treten sollen129. Das Verfü124 Vgl. § 1204 Abs. 1 BGB; Staudinger/Wiegand (2009) Vorbem. zu §§ 1204 ff., Rn. 16 ff.; Wiegand, Eigentumsvorbehalt, 109. 125 2002/47/EG. 126 S. zu den Hintergründen und Zielen der Richtlinie KOM 27.03.2001 KOM(2001) 168 endg., S. 2 ff.; Erwägungsgründe 3–5 der Richtlinie; Lober/Klima, The Implementation of Directive 2002/47 on Financial Collateral Arrangements, J.I.B.L.R. 2006, 21(4), p. 203; Herring/Cristea, Die Umsetzung der Finanzsicherheiten-Richtlinie und ihre Folgen für Kapitalanlagegesellschaften, deutsche Single-Hedgefonds und Prime-Brokerm ZIP 2004, 1627, 1628. 127 Art. 1 Abs. 4 (a). 128 Art. 2 Abs. 1 (e). 129 Art. 5: „(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Sicherungsnehmer, soweit bei der Bestellung der Finanzsicherheit vorgesehen, ein Verfügungsrecht über Finanzsi-

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gungsrecht soll zum einen die Liquidität des Finanzmarkts erhöhen. Zum anderen soll dem Sicherungsnehmer ermöglicht werden, mit der Weiterverwendung der Wertpapiere Erträge zu erzielen, sodass der Sicherungsgeber von besseren Finanzierungsbedingungen profitieren kann130. Der deutsche Gesetzgeber hat keinen Bedarf gesehen, Art. 5 der Richtlinie ausdrücklich in deutsches Recht umzusetzen. Er hat vielmehr darauf verwiesen, dass die durch Rechtsprechung und Literatur anerkannte Institution des irregulären Pfandrechts zur Umsetzung der in Art. 5 der Richtlinie zum Ausdruck kommenden Regelungsziele ausreichend sei131. Ein irreguläres Pfandrecht liegt vor, wenn dem Pfandgläubiger das Recht eingeräumt wird, die Pfandsache zu veräussern oder zu verbrauchen und dem Sicherungsgeber nach dem Wegfall des Sicherungsbedürfnisses gleichwertige Sachen zurückzugeben132. Teilweise wird für das Vorliegen eines irregulären Pfandrechts gefordert, dass die Parteien von vornherein beabsichtigen, dass der Sicherungsgegenstand in das Eigentum des Sicherungsnehmers übergeht und dass jener nach Tilgung der Schuld eine gleichartige Sache133 zurück überträgt134. Das durch Rechtsfortbildung entwickelte Institut des irregulären Pfandrechts ist im deutschen und schweizerischen Recht zwar anerkannt135. Umstritten ist jedoch seine Rechtsnatur. Man ist sich darin einig, dass es sich nicht um ein echtes Pfandrecht handelt, dass aber die Regeln des Pfandrechts (besonders jene, die sich auf den Sicherungszweck beziehen) entsprechend anzuwenden sind136.

cherheiten in Form eines beschränkten dinglichen Sicherungsrechts ausüben kann. (2) Übt ein Sicherungsnehmer ein Verfügungsrecht aus, geht er damit die Verpflichtung ein, eine Sicherheit derselben Art zu beschaffen, die spätestens zum Fälligkeitstermin der massgeblichen Verbindlichkeiten an die Stelle der ursprünglichen Sicherheit tritt.“ 130 KOM 27.03.2001 KOM(2001) 168 endg., S. 9; Erwägungsgrund 19 der Richtlinie; Keijser, Financial Collateral Arrangements, Deventer 2006, p. 175; Lober/Klima, J.I.B.L.R. 2006, 21(4), 209. 131 BT-Drucks. 15/1853 S. 11 f. mit Nachweisen auf Literatur und Rechtsprechung. 132 Vgl. BGHZ 127, 138, 140f.; Staudinger/Wiegand (2009) § 1204 Rn. 54 ff; MünchKommBGB/Damrau, 1204 Rn. 9. 133 Das ist der Unterschied zum Sicherungseigentum, wo die gleiche Sache zurückübertragen werden muss. 134 Baur/Stürner, § 55 Rn. 5. 135 Vgl. generell zum irregulären Pfandrecht Staudinger/Wiegand (2009) § 1204 Rn. 54 ff; MünchKommBGB/Damrau, 1204 Rn. 9; Baur/Stürner, § 55 Rn. 5. Zum irregulären Pfandrecht in der Gesetzgebung s. für Deutschland §§ 13, 17 DepotG; für die Schweiz vgl. Art. 24 BEG (Bucheffektengesetz). Vgl. zu einem schweizerischen Beitrag Bärtschi, Die rechtliche Umsetzung des Bucheffektengesetzes, AJP 2009, 1071, 1080. 136 Vgl. Staudinger/Wiegand (2009) § 1204 Rn. 5g m.w.N.; Baur/Stürner, § 55 Rn. 5.

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Teil 2: Fallstudien

(c) Kritik an der Regelung des Art. 5 der Richtlinie Die Anbindung eines Verfügungsrechts des Pfandgläubigers über die Pfandsache – wenn auch vertraglich eingeräumt – ist im Hinblick auf die oben dargestellte Grundkonzeption des Pfandrechts problematisch und deshalb kritisiert worden. Dabei ist besonders die Arbeit von Keijser relevant, der sich vertieft mit dem Verwendungsrecht auseinandergesetzt hat137. Er beschäftigt sich zum einen mit der Frage, wie das Recht des Art. 5 der Richtlinie mit verschiedenen Rechten – darunter dem deutschen Recht – in Einklang gebracht werden kann und äussert einige generelle Kritikpunkte an der Regelung. Keijser untersucht in Bezug auf das deutsche Recht Mechanismen, welche die Verfügung des Nichteigentümers ermöglichen, um das Verwendungsrecht anhand des existierenden Rechts erklären zu können. Nachdem er die Verkaufskommission, den Eigentumsvorbehalt und die Sicherungsübereignung aufgrund zu grosser Unterschiede mit dem Verwendungsrecht nach Art. 5 der Richtlinie ausgeschieden hat, stellt er fest, dass auch die vertragliche Vereinbarung eines Verfügungsrechts für den Pfandnehmer in Deutschland nie anerkannt worden ist138. Dafür benennt er folgende Gründe: Zum einen sei die Weiterverpfändung durch den Pfandgläubiger im deutschen Recht unzulässig; dann widerspräche das Verfügungsrecht der eigentlichen Natur eines beschränkten dinglichen Rechts; die Verfügung stehe einer Aneignung gleich und verstosse daher gegen das Verbot der Verfallklausel139; schliesslich – darauf legt Keijser besonderen Wert – störe das Verwendungsrecht die im Rahmen des Interessenausgleichs zwischen Pfandgläubiger, Schuldner und Drittgläubigern getroffene Balance140. In Übereinstimmung mit dem deutschen Gesetzgeber begründet er dann, weshalb er das irreguläre Pfandrecht als den besten Erklärungsansatz für das Verwendungsrecht hält141.

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Keijser, Financial Collateral Arrangements, Deventer 2006. Keijser, p. 225, 227, 229, 231. Die vertragliche Vereinbarung einer Anbindung eines Verfügungsrechts an das beschränkte dingliche Pfandrecht sei im deutschen Recht nicht von vornherein ausgeschlossen. Die Reglung des Sachdarlehens (§ 607 Abs. 1 BGB) gebe ein gutes Beispiel dafür ab (vgl. p. 231). 139 Sog. pacte commissoire, vgl. § 1229 BGB. 140 Keijser, p. 232–233. 141 Keijser, p. 265–266. Die Rechtslage zum irregulären Pfandrecht stimme mit dem Verwendungsrecht in vielen Punkten überein. In beiden Fällen erhalte der Pfandgläubiger ein Sicherungsrecht zu Sicherung seiner Forderung. In beiden Fällen komme es zum Eigentumsübergang auf den Pfandgläubiger, der den Sicherungsgegenstand für seine Zwecke weiter verwenden könne. In beiden Fällen schliesslich bestünde die Verpflichtung der Übertragung von Sachen gleicher Art und Güte am Ende der Transaktion (p. 266). 138

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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Seine Hauptkritikpunkte an Art. 5 der Richtlinie sind folgende: Das Verwendungsrecht sei inkompatibel mit sachenrechtlichen Grundprinzipien. Beschränkte dingliche Sicherungsrechte seien so konzipiert, dass sie gerade kein Verfügungsrecht gewährten142. Die Anbindung eines Verfügungsrechts an ein beschränktes dingliches Sicherungsrecht führe praktisch zu einer Vollrechtsübertragung. Dadurch würden aber die Grenzen zwischen beschränkter dinglicher Sicherheit und Vollrechtsübertragung verwischt143. Einen weiteren Kritikpunkt sieht er schliesslich darin, dass das Verwendungsrecht die treuhänderischen Pflichten des Pfandgläubigers in Bezug auf den Umgang mit der Sache ausser Kraft setze144. (d) Eigene Stellungnahme Keijser ist darin Recht zu geben, dass das Verwendungsrecht nach Art. 5 der Richtlinie ein Problem für die sachenrechtliche Grundordnung des deutschen Rechts darstellt. Ein Verfügungsrecht steht danach einem Inhaber eines Pfandrechts gerade nicht zu. Ihm ist darin Recht zu geben, dass die Regelung zu einer Verwischung der Unterschiede zwischen beschränkter dinglicher Sicherheit und Vollrecht führt. Schliesslich ist ihm auch darin zuzustimmen, dass das Verwendungsrecht am ehesten dem im deutschen Recht anerkannten irregulären Pfandrecht entsprechen dürfte. Hier ist allerdings anzuschliessen, dass mit den Finanzsicherheiten dem irregulären Pfandrecht, das bisher eher ein Schattendasein fristete, ein ganz neuer – und relevanter – Anwendungsbereich eröffnet wird. Schon aus diesem Grund hätte sich eine ausdrückliche gesetzliche Umsetzung angeboten145. Worauf Keijser allerdings nicht eingeht, ist die Besonderheit der Pfandgegenstände: Es handelt sich um Wertpapiere und mithin um vertretbare Sachen. Es stimmt zwar, dass ein Pfandgläubiger grundsätzlich gegen seine treuhänderische Bewahrungspflicht verstösst, wenn er den Pfandgegen-

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Keijser, p. 266. Keijser, p. 272; Robine, La réforme du droit spécial des garanties financières par l’ordonnance no 2005-171 du 24 février 2005, Bull. Joly Bourse 2005, 521 (spe. 535) spricht nicht von einem „Verwischen der Grenzen“, sondern von einer „Annäherung“ beider Sicherheitstypen. 144 Keijser, p. 180, 258, 272. 145 Das irreguläre Pfandrecht wurde bisher v.a. im Zusammenhang mit Kautionen und dem Flaschenpfand behandelt, vgl. Staudinger/Wiegand (2009) § 1204 Rn. 54 ff. Im Zusammenhang mit dem Verwendungsrecht nach Art. 5 der Richtlinie ist es bisher nicht neu erörtert worden. Vgl. auch Keller, Umsetzung der Richtlinie zu Finanzsicherheiten – BMJ-Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der InsO und anderer Gesetze, BKR 2003, 481 (Info). 143

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Teil 2: Fallstudien

stand ohne Weiteres veräussert146. Dem Pfandgeber dürfte aber mit dem Anspruch auf Wertpapiere gleicher Art und Güte gedient sein. Hinzu kommt, dass die Pflichtverletzung nicht in Betracht kommt, wenn der Pfandschuldner in die Verfügungsberechtigung eingewilligt hat, was Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie gerade zur Voraussetzung macht. (e) Folge für den vorliegenden Fall Für den Fall bedeutet das Folgendes: Die A-Bank kann über die für den K gutgeschriebenen Wertpapiere verfügen, wenn sie mit ihm ein irreguläres Pfandrecht vereinbart hat. Dieses muss nicht ausdrücklich so bezeichnet werden, aber muss sich aus der Vereinbarung ergeben, dass der A-Bank ein Verwertungsrecht zustehen soll und dass sie verpflichtet ist, dem K Wertpapiere gleicher Art und Güte zu erstatten. (iii) Zusammenfassung zum deutschen Recht Die Lösung zum deutschen Recht hat ergeben, dass das Sicherungseigentum aufgrund seiner klaren – und durch die Möglichkeit von Schadensersatzansprüchen – sanktionierten Zweckbindung untauglich ist, um dem Sicherungsnehmer ein Verfügungsrecht über die Sicherungsgegenstände zu geben. Das Pfandrecht kann wegen der beschränkten Befugnisse des Pfandgläubigers ebenfalls nicht in Betracht kommen. Die Verfügung ist aber im Rahmen der bisher wenig in der Diskussion stehenden, im Wege der Rechtsfortbildung anerkannten Institution des irregulären Pfandrechts möglich. b.

Lösung nach schweizerischem Recht

(i) Der Unterschied zum deutschen Recht Im Unterschied zum deutschen Recht hat das schweizerische Recht den Versuch unternommen, die Regelung der Rechtsverhältnisse an Kapitalmarktrechten an die tatsächliche Entwicklung im Zusammenhang mit der mediatisierten Wertpapierverwahrung anzupassen147. Dazu ist am 1.1.2010 146

Keijser, p. 180, 258. An einer anderen Stelle weist Keijser darauf hin, dass das Verständnis vom Eigentumsrecht im Wertpapiermarkt nicht so stark ausgeprägt sei wie in anderen Rechtsbereichen (p. 183). 147 Wie auch schon zum deutschen Recht ausgeführt, bestand auch in der Schweiz eine Rechtsunsicherheit, die daraus herrührte, dass die rechtlichen Grundlagen zum Wertpapierrecht mit der tatsächlichen Entwicklung nicht mehr übereinstimmten. Nach Art. 965 OR kann das durch die Urkunde verkörperte Recht ohne die Urkunde nicht geltend gemacht werden. Der Besitz ist prinzipiell Grundlage für die Übertragung des Rechts (Transportfunktion), für den Gutglaubensschutz (Verkehrsfunktion) und auch für die Geltendmachung des Rechts (Legitimationsfunktion). Wie auch im deutschen Recht

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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das Bucheffektengesetz148 in Kraft getreten. Im Mittelpunkt dieser Neuregelung steht die Bucheffekte (titre intermédié) als Vermögensobjekt sui generis. Die Bucheffekte lässt sich nicht in die gängigen sachen- oder schuldrechtlichen Schemata einordnen, da sie sowohl Merkmale einer schuldrechtlichen Forderung als auch einer Sache aufweist149. Laut Art. 3 BEG sind Bucheffekten „vertretbare Forderungs- und Mitgliedschaftsrechte gegenüber Emittenten: a. die einem Effektenkonto gutgeschrieben sind; und b. über welche die Kontoinhaberinnen und Kontoinhaber nach den Vorschriften des Gesetzes verfügen können.“150 Art. 6 BEG zählt drei Situationen auf, in denen Bucheffekten entstehen können. In jeder dieser drei Situationen muss zusätzlich die Gutschrift des Rechts in einem oder mehreren Effektenkonten erfolgen: die Hinterlegung von Wertpapieren zur Sammelverwahrung, die Hinterlegung von Globalurkunden und die Eintragung von Wertrechten im Hauptregister. Die Besonderheit des schweizerischen Rechts im Unterschied zum deutschen Recht ist es, dass die Bucheffekte als eigenständiges Vermögensobjekt selbst zum Übertragungsgegenerfolgt die Übertragung von Miteigentumsanteilen an Globalurkunden oder an sammelverwahrten Wertpapieren durch Besitzanweisung, vgl. Art. 924 ZGB. Tatsächlich aber werden auch in der Schweiz Rechte an mediatisiert verwahrten Urkunden lediglich durch Anweisung an die kontoführende Verwahrstelle und Gutschrift im Depotkonto übertragen. Die Rechtszuständigkeit ergibt sich damit faktisch nur noch aus einer Gutschrift. Des Weiteren ist die Funktion des Besitzes als Rechtsscheinträger für den Gutglaubenswerb i.R.d. der mediatisierten Wertpapierverwahrung mit gestuften und von aussen nicht erkennbaren Besitzmittlungsverhältnissen untauglich. Gleiches gilt auch für die Legitimationsfunktion des Papiers: Für die Geltendmachung von Rechten an Wertpapieren, die gesammelt oder in Gestalt einer Globalurkunde verwahrt werden, ist für die Legitimation die Vorlage des Papiers beim Emittenten nicht erforderlich. Der Emittent begnügt sich faktisch mit einer Bestätigung des Zentralverwahrers (SIS AG), dass das Recht existiert, vgl. dazu Zobl/Lambert, Zur Entmaterialisierung der Wertpapiere, SZW 1991, 117, 131 ff. Das Bucheffektengesetz unternimmt den Versuch, durch die Anpassung an die Realität der mediatisierten Wertpapierverwahrung Rechtssicherheit herzustellen; vgl. dazu Botschaft zum Bucheffektengesetz. V. 15.11.2006, BBl. 2006, 9321 ff. 148 Bundesgesetz vom 3. Oktober 2008 über Bucheffekten. 149 Botschaft, BBl. 2006, 9339; FISA & HSC Commentary-Graham-Siegenthaler, Art. 1 FISA N 12; Für Einzelheiten, wie das Bucheffektengesetz von der bisherigen Rechtslage abweicht, vgl. Piotet, Titres intermédiés: ruptures avec les principes généraux de la codification, in: Michel, (édt.): Placements collectifs et titres intermédiés: Le renouveau de la place financière suisse, Lausanne 2008, p. 107 ss. 150 Vgl. zu den Bestandteilen der Definition Gomez Richa/Veuve, Les titres intermédiés et leurs instruments financiers sous-jacents, GesKR 2010, 6, 8 ff. Zwischen einzelnem Anleger und der Zentralverwahrungsstelle gibt es eine Kette von Verwahrungsverhältnissen. Effektenkonten werden dabei nicht nur vom Zentralverwahrer, sondern auch von den zwischengeschalteten Verwahrstellen geführt. Ab der zweiten Verwahrungsebene werden in der Regeln Sammelkonten geführt, die die Gesamtheit der Rechte der Anleger einer Verwahrstelle wiedergeben, vgl. die Übersicht in der Botschaft, BBl. 2006, 9322.

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Teil 2: Fallstudien

stand wird. Anders als im deutschen Recht kommt es mithin für die Übertragung nicht mehr auf die nach traditionellem Sachenrecht komplizierte Konstruktion der Übertragung oder Belastung von Miteigentumsanteilen an sammelverwahrten Wertpapieren oder Globalurkunden an151. (ii) Wie können Bucheffekten als Kreditsicherheit verwendet werden? Das Bucheffektengesetz regelt die Bestellung von Sicherheiten an Bucheffekten in den Art. 25 und 26 BEG. Auffallend ist, dass Art. 25 BEG allerdings nicht auf die bisher geläufigen Institutionen abstellt, die als Mobiliarsicherheiten dienen, sondern einen funktionalen Begriff der „Sicherheit“ verwendet. Damit wollte der schweizerische Gesetzgeber aber keine neue Sicherheit sui generis einführen. Es spricht einiges dafür, dass er davon ausging, dass die bisher bekannten Institutionen weiter verwendet werden, dass er aber durch die Verwendung des einheitlichen Begriffs „Sicherheit“ sicherstellen wollte, dass für alle diese Institutionen die gleichen Rechtsfolgen gelten152. Im Einzelnen ermöglichen die Normen die Bestellung eines regulären und irregulären Pfandrechts an Bucheffekten und die Sicherungsübereignung von Bucheffekten153. Das Bucheffektengesetz sieht drei Mechanismen zur Bestellung einer Sicherheit an einer Bucheffekte vor: die Verfügung über die Bucheffekte mittels Weisung und Gutschrift (Art. 24 BEG), die Bestellung einer Sicherheit mittels Kontrollvereinbarung (Art. 25 BEG) und den Abschluss einer Vereinbarung zugunsten der Verwahrungsstelle (Art. 26 BEG). Im ersten Fall (Weisung und Gutschrift) kommt es zu einer vollständigen Übertragung der Effekte vom Schuldner auf den Gläubiger. Die übertragenen Effekten werden auf die Weisung des Schuldners an seine Verwahrungsstelle aus dem Konto des Schuldners gestrichen und zugunsten des

151 Die Botschaft, BBl. 2006, 9339, weist darauf hin, dass den Bucheffekten „alle funktionellen Eigenschaften eines Wertpapiers [zukommen], ohne Sache im Sinne der schweizerischen Privatrechtsordnung zu sein“; s.a. Gomez Richa/Veuve, GesKR 2010, 6, 7: «Il se conçoit comme un instrument financier dématérialisé dont le transfer physique est remplacé par des écritures comptables.» 152 Hess/Stöckli, Bestellung von Sicherheiten an Bucheffekten, SJZ 106 (2010), 155, begründen das damit, dass das BEG sich nur zur den dinglichen Rechtsakten, nicht aber zum schuldrechtlichen Sicherungsvertrag verhalte. Vgl. zum funktionalen Begriff der „Sicherheit“ auch die Botschaft, BBl. 2006, 9369, die darauf hinweist, dass aufgrund des funktionalen Begriffs sowohl Vollrechtsübertragungen, als auch Pfandrechte erfasst sein sollen; vgl. auch FISA & HSC Commentary-Eigenmann, Art. 25 FISA N 13; Foëx, Les sûretés sur les titres détenus auprès d’une banque en Suisse selon la loi sur les titres intermédiés, in: Thévenoz/Bovet (édts.), Journée 2008 de droit bancaire et financier, Genève 2009, p. 128. 153 Vgl. Foëx, Les sûretés sur les titres intermédiés, p. 127.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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Gläubigers auf dessen Konto gutgeschrieben154. Mit dem Abschluss der Gutschrift erwirbt der Gläubiger die volle Herrschaft155 über die Effekten und der Schuldner verliert sein Recht an den Bucheffekten (Art. 24 Abs. 2 BEG). In Übereinstimmung mit den Regeln des allgemeinen Rechts muss bei allen drei Mechanismen ein Sicherungsvertrag abgeschlossen sein und der Schuldner muss die Verfügungsmacht über Bucheffekten besitzen156. Bei der Bestellung einer Sicherheit im Wege der Kontrollvereinbarung (der 2. Fall) vereinbart der Schuldner (Kontoinhaber) mit der Verwahrungsstelle157 unwiderruflich, dass diese den Weisungen des Gläubigers ohne seine eigene weitere Mitwirkung Folge zu leisten habe (s. Art. 25 Abs. 1 BEG). In diesem Fall wird keine Umbuchung vorgenommen. Der Schuldner bleibt daher als Rechtsinhaber der Bucheffekten im Effektenkonto eingetragen158. Für den dritten Fall – Abschluss einer Vereinbarung zugunsten der Verwahrungsstellen – sieht Art. 26 BEG schliesslich vor, dass für die Bestellung einer Sicherheit zugunsten der Verwahrungsstelle der Abschluss einer Vereinbarung für die Drittwirksamkeit159 ausreicht. (iii) Das Nutzungsrecht der Verwahrungsstelle nach Art. 22 und 23 BEG Art. 22 BEG ermöglicht es dem Kontoinhaber, seiner Verwahrungsstelle ein Nutzungsrecht an den im Buch der Verwahrungsstelle geführten Buch154 Häufig werden Gläubiger und Schuldner wohl nicht die gleiche Verwahrungsstelle verwenden. In diesem Fall wird die Verwahrungsstelle des Schuldners die gemeinsame übergeordnete Verwahrungsstelle anweisen, zugunsten des Verwahrers des Gläubigers eine Gutschrift zu erteilen. 155 Foëx, Les sûretés sur les titres intermédiés, p. 129, der deshalb vermutet, dass diese Art von Transaktion v.a. zum Zwecke der Durchführung einer Sicherungsübereignung oder eines irregulären Pfandrechts verwendet wird. 156 Letzteres Erfordernis kann allerdings durch den guten Glauben des Gläubigers überwunden werden, vgl. Art. 29 BEG und Foëx, Les sûretés sur les titres intermédiés, p. 131. 157 Möglich ist aber auch eine dreiseitige Vereinbarung unter Einbeziehung des Gläubigers, vgl. FISA & HSC Commentary-Eigenmann, Art. 25 FISA N 16; Foëx, Les sûretés sur les titres intermédiés, p. 133. 158 Da diese Regelung auf die verschiedenen bekannten Mobiliarsicherheiten gleicherweise angewandt wird, entsteht hier der Eindruck einer Vollrechtsübertragung, auch wenn die Parteien eine Sicherungsübereignung vereinbart haben. Dass die Bucheffekten auf dem Konto des Verpfänders verbleiben, wird von Hess/Stöckli, SJZ 106 (2010), 157, als Ausnahme vom Faustpfandprinzip angesehen. 159 Grundsätzlich hat die Verwahrungsstelle mithin Vorrang vor späteren Sicherungsrechten anderer Gläubiger (s. Art. 30 Abs. 1 BEG). Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Verwahrungsstelle eine Kontrollvereinbarung zugunsten eines Gläubigers abschliesst (Art. 25 Abs. 1 BEG), ohne den Gläubiger auf die ihr bereits zustehende Sicherheit hinzuweisen (s. Art. 30 Abs. 2 BEG); vgl. dazu auch FISA & HSC CommentaryEigenmann, Art. 26 FISA N 26.

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Teil 2: Fallstudien

effekten des Kontoinhabers zu gewähren. Die Norm erwähnt nicht ausdrücklich, welche Rechte die Verwahrungsstelle im Einzelnen aufgrund eines Nutzungsrechts geltend machen kann; allerdings erwähnt sie das Recht, über die Bucheffekten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu verfügen und erwähnt beispielsweise („namentlich“) die Weiterverwendung als Sicherheit. Die der Verwahrungsstelle aus dem Nutzungsrecht zukommenden Rechte ergeben sich aus den verschiedenen Arten der Verfügung, die das Bucheffektengesetz vorsieht: die Verfügung durch Weisung und Gutschrift i.S.d. Art. 24 BEG, die Bestellung einer Sicherheit durch Kontrollvereinbarung i.S.v. Art. 25 BEG, die Vereinbarung eines Nutzniessungsrechts i.S.v. Art. 25 Abs. 3 BEG und die Umwandlung oder Auslieferung (mit der Folge des Erlöschens) von Bucheffekten (Art. 7 und 8 Abs. 2 BEG)160. Die Verwahrungsstelle kann aber die Bucheffekten nicht ohne Weiteres nutzen, sondern benötigt die Autorisierung des Kontoinhabers. Vor dem Hintergrund der Risiken für den Kontoinhaber161 muss die Autorisierung unmissverständlich erfolgen162. Allerdings verlangt Art. 22 Abs. 2 BEG nicht generell die schriftliche Ermächtigung, sondern nur dann, wenn der Kontoinhaber „kein qualifizierter Anleger“ ist163. Die Ermächtigung darf in diesem Fall nicht in allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sein. Da der Sachverhalt zu der Frage der unmissverständlichen Autorisierung durch den Kontoinhaber schweigt, ist noch zu untersuchen, was sich nach schweizerischem Recht ergibt, wenn die Verwahrungsstelle, ohne die Ermächtigung des Kunden erhalten zu haben, über Bucheffekten verfügt. Laut Art. 29 Abs.1 BEG ist der gutgläubige und entgeltliche Erwerber auch dann geschützt, wenn der Veräusserer zur Verfügung über die Bucheffekten nicht befugt war164. In den meisten Fällen wird mithin auch eine 160

FISA & HSC Commentary-Foëx, Art. 22 FISA N 7. Er hat nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf die Rückerstattung von Bucheffekten gleicher Zahl und Gattung (Art. 23 Abs. 2 BEG) und keinen dinglichen Anspruch, vgl. FISA & HSC Commentary-Foëx, Art. 22 FISA N 27. 162 Foëx, FISA & HSC Commentary, Art. 22 N 19, mit Verweis auf das Rundschreiben 10/2 der eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA zum Securities Lending, nach dem der Kunde vom Finanzinstitut auf die Risiken hinzuweisen ist und der Teilnahme der Bank am Securities Lending- Geschäft gesondert von den allgemeinen Geschäftsbedingungen ausdrücklich zustimmen muss (Rz. 12). 163 Vgl. Art. 5 lit. d. BEG. Qualifizierte Anleger sind danach eine Verwahrungsstelle, eine beaufsichtigte Versicherungseinrichtung, eine öffentlich-rechtliche Körperschaft und eine Vorsorgeeinrichtung oder ein Unternehmen mit professioneller Tresorerie. 164 Damit macht Art. 29 BEG – wie auch Art. 935 ZGB für Geld und Inhaberpapiere – eine Ausnahme von dem in Art. 934 ZGB verankerte Grundsatz, dass der Besitzer, dem die Sache ohne seinen Willen abhanden kommt, sie innerhalb von 5 Jahren von jedem Empfänger herausverlangen darf. Sinn der Vorschrift ist die Erhöhung der Rechtssicherheit im Effektenhandel und die Gewährleistung der Schnelligkeit der Effektentransaktio161

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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nicht autorisierte Verfügung wirksam sein, denn vor dem Hintergrund der Anonymität des Effektenhandels wird der gute Glaube des Erwerbers nur selten in Zweifel zu ziehen sein165. Die Autorisierung allein macht weitere Verfügungen durch den Kontoinhaber noch nicht unmöglich. Die Rechte an den Bucheffekten ändern sich erst durch Vornahme weiterer Handlungen durch die Verwahrungsstelle166. Dazu gehört in erster Linie, dass die Verwahrungsstelle die betreffenden Bucheffekten vorher (bereits in Ausübung des Nutzungsrechts) auf ihr eigenes Effektenkonto übertragen muss (Art. 12 Abs. 2 BEG), bevor sie eine der oben genannten Verfügungen vornehmen kann. Wenn die Verwahrungsstelle Bucheffekten nutzt, muss sie dem Kontoinhaber spätestens bei Fälligkeit der gesicherten Forderung Bucheffekten derselben Zahl und Gattung zurückerstatten (Art. 23 Abs. 1 BEG). Art. 23 Abs. 2 BEG schliesslich regelt einen Sachverhalt der Realsubstitution: Danach unterfallen die zurückerstatteten Bucheffekten so dem ursprünglichen Sicherungsrecht, als hätte nie eine Verfügung stattgefunden167. (iv) Zusammenfassung zum schweizerischen Recht Nach schweizerischem Recht kann einer Bank oder einer anderen Verwahrungsstelle ein Nutzungsrecht durch unmissverständliche Ermächtigung eingeräumt werden. Dieses Nutzungsrecht ermächtigt die Verwahrungsstelle zu einer Reihe von spezifischen im Bucheffektengesetz vorgesehenen Verfügungen. Das Bestehen einer Kreditsicherheit zugunsten der Verwahrungsstelle ist keine Voraussetzung für die Einräumung des Nutzungsrechts. Das Nutzungsrecht des Bucheffektengesetzes ist mithin keine typische Angelegenheit des Kreditsicherungsrechts. Für den (Sonder-) Fall, dass als Kreditsicherung bestellte Bucheffekten genutzt werden, sieht Art. 23 BEG eine Sonderregel für die Rückerstattungspflicht der Verwahrungsstelle vor. Da das Bucheffektengesetz einen funktionalen Sicherheitenbegriff verwendet, muss es sich nicht mit der Frage auseinandersetzen, wie das Verwendungsrecht an Bucheffekten, an denen der Verwahrstelle eine Sicherheit eingeräumt wurde, rechtstheoretisch einzuordnen ist. Es ist zu vermuten, dass das schweizerische Recht wie auch das deutsche Recht die Vernen, vgl. dazu FISA & HSC Commentary-Eigenmann, Prel. Cmts Art. 24–26 FISA N 15; vertiefend zu Art. 29 BEG Foëx, Les actes de disposition, p. 85 ss. 165 Vgl. dazu Foëx, Les actes de disposition, p. 86. 166 FISA & HSC Commentary-Foëx, Art. 23 FISA N 24. 167 Sinn dieser Regelung ist es, dass die Verwahrungsstelle ihre ursprüngliche Rangordnung in der Konkurrenz mit anderen Gläubigern massgeblich sein soll. Es zählt insofern die ursprüngliche Gutschrift, vgl. die Botschaft, BBl. 2006, 9367; FISA & HSC Commentary-Foëx, Art. 23 FISA N 22.

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Teil 2: Fallstudien

einbarung zwischen Kontoinhaber und Verwahrstelle als irreguläres Pfandrecht werten würde. (v) Anwendung auf den vorliegenden Fall Für die Lösung des Falls ergibt sich Folgendes: Wenn man davon ausgeht, dass die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Bucheffektengesetzes gegeben sind, kann die A-Bank zugunsten der B-Bank über die dem Kunden K zustehenden Rechte an den z-Aktien verfügen. Dazu muss die ABank nicht gesicherte Gläubigerin sein (Art. 22 BEG). Das Bestehen eines Sicherungsrechts zwischen der A-Bank und K ist lediglich eine mögliche Situation, in der ein Nutzungsrecht gewährt werden kann (s. Art. 23 BEG). In diesem Fall wäre die Vertragsbeziehung zwischen beiden vermutlich als irreguläres Pfandrecht zu werten. Erforderlich für das Nutzungsrecht ist aber die unmissverständliche Ermächtigung durch K. Da K einfacher Bankkunde ist, müsste die Ermächtigung in schriftlicher Form, ausserhalb der allgemeinen Geschäftsbedingungen, erfolgen. Vorausgesetzt, dass sie vorliegt, bieten sich für die Verfügung v.a. zwei Methoden des Bucheffektengesetzes an: die Verfügung durch Weisung und Gutschrift und die Bestellung einer Sicherheit im Wege der Kontrollvereinbarung. c.

Lösung nach dem Recht des Article 9 Uniform Commercial Code

(i) Übersicht Das US-amerikanische Recht kennt Verwendungsrechte168 gesicherter Gläubiger (secured party = SP) in den Institutionen des repledge (to repledge) und der rehypothecation (to rehypothecate). Die mit diesen Phänomenen bezeichneten Verwendungsrechte sind keine dem allgemeinen Recht der secured transactions generell entstammenden Gläubigerrechte. Vielmehr handelt es sich dabei um Rechte von Gläubigern, die speziell beim Handel mit Kapitalmarktrechten eingeräumt werden. Um die Funktionsweise dieser Verwendungsrechte zu verdeutlichen, wird es in der Folge unumgänglich sein, auf bestimmte Anwendungsfälle, wie z.B. das margin lending und spezielle Formen des Handelns mit Derivaten (Over-theCounter-Derivative-Transactions, OTCs) einzugehen. Die Abgrenzung zwischen repledge und rehypothecation ist nicht ganz eindeutig. Gelegentlich kommt es zu Überschneidungen169. Folgende Un168

Der abstrakte Begriff Verwendung soll hier benutzt werden, um Schwierigkeiten mit der Übertragung der Verfügung in das amerikanische Recht zu umgehen. 169 S. den Hinweis und die Nachweise bei Kettering, Symposium: Repledge and PreDefault Sale of Securities Collateral Under Revised Article 9, (1999) 74 Chi.-Kent L. Rev. 1109, 1112.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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terscheidung aber scheint sich herauszukristallisieren: Es handelt sich um ein repledge, wenn ein gesicherter Gläubiger (SP) in Gemässheit der einschlägigen Vorschriften des Article 9 UCC den dem Schuldner (D) gehörenden Gegenstand zugunsten eines eigenen Gläubigers (SP2) erneut als Sicherheit verwendet. Rehypothecation wird dagegen als Oberkategorie begriffen, die jede Art der Verwendung eines Sicherungsgegenstands zugunsten der Zwecke des Gläubigers (secured party = SP) betrifft. Erfasst ist nicht nur die erneute Verwendung als Sicherheit für eine Verbindlichkeit von SP gegenüber einem eigenen Gläubiger (SP2), sondern auch der Verkauf (sale) im Wege von repurchase agreements und jede andere Art der Verwendung170. Im Folgenden wird nicht zwischen Frage 1 (Vollrechtsübertragung) und Frage 2 (beschränktes dingliches Sicherungsrecht) unterschieden, da – darauf wurde bereits mehrfach hingewiesen – diese Unterscheidung bei Vorliegen einer Sicherheit bei Article 9 UCC irrelevant ist171. Da rehypothecation noch ein relativ junges Phänomen ist, repledge dagegen die ursprüngliche Form der Verwendung des Sicherungsgegenstands, soll in der folgenden Betrachtung zuerst auf Letzteres eingegangen werden. Im Anschluss daran soll auf die rehypothecation im Umfeld des – praktisch wichtigen – Handels mit Derivaten eingegangen werden. (ii) Das repledge nach Article 9 UCC (a) Der Begriff. Art. 9-207 und 9-314 UCC Mit dem Begriff repledge wird das Recht eines Gläubigers beschrieben, einen Gegenstand, an dem ihm ein Schuldner ein Kreditsicherungsrecht bestellt hat, für die Besicherung einer eigenen Verbindlichkeit gegenüber seinem eigenen Gläubiger selbst als Sicherheit einzusetzen172. Er betrifft mithin nicht den Fall der Doppelverpfändung, wobei ein Pfandschuldner einem weiteren Gläubiger am gleichen Gegenstand ein nachrangiges Sicherungsrecht bestellt. Durch das repledge ensteht dagegen eine Siche170

So die Abgrenzung von Kettering, Symposium, (1999) 74 Chi.-Kent L. Rev. 1109, 1112; dem entsprechend auch die Definition von Johnson, Derivatives and Rehypothecation Failure: It’s 3:00 p.m., Do You Know Where Your Collateral Is?, 39 Ariz. L. Rev. 949, 973 (1997). Für diese Abgrenzung spricht auch die Definition von rehypothecation im West’s Law and Commercial Dictionary in Five Languages, St. Paul, Minnesota, 1985: „To pledge to another or to transfer to another a note or goods which have been pledged; e.g. a broker may pledge securities pledged to him by a customer to finance his borrowings from a bank.“ Das Black’s Law Dictionary, 7 th ed., St. Paul, Minnesota 1999, enthält dagegen keine Definition der Begriffe rehypothecation und repledge. 171 So ausdrücklich Art. 9-202. 172 Kettering, Symposium, (1999) 74 Chi.-Kent L. Rev. 1111; Gilmore, Security Interests, p. 1157.

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Teil 2: Fallstudien

rungskette: Der gesicherte Gläubiger kann den vollen Wert des Gegenstands für eine eigene, vom ursprünglichen Schuldner unabhängige Schuld als Sicherheit verwenden. Im Grundsatz verbietet Article 9 UCC einem Gläubiger, während der Dauer der gesicherten Transaktion den Sicherungsgegenstand für eigene Zwecke zu verwenden. Art. 9-207 (a), der sich an Gläubiger im Besitz der Sache oder mit der Kontrolle über die Sache wendet, verlangt von ihnen die Anwendung einer vernünftigen Sorgfalt bei der Bewahrung des Gegenstands173. Art. 9-207 (c) grenzt die Gläubiger, die ausnahmsweise ein security interest zugunsten von eigenen Gläubigern am Sicherungsgegenstand bestellen (s. Nr. (3) des Abs. (c)174) und damit auch schon vor Ausfall des Schuldners auf den Gegenstand zugreifen dürfen, stark ein. Die Norm zählt Gläubigergruppen auf, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass sie Sicherheiten an Depotkonten, Wertpapieren, Schuldverschreibungen und anderen Zahlungsversprechen halten175. Die zweite Vorschrift des Article 9 UCC, die sich mit dem repledge beschäftigt, ist Art. 9-314 (c)176. Sie will verhindern, dass ein Gläubiger, der seine Sicherheit im Wege der Kontrollausübung177 perfektioniert hat, seinen Perfektionsstatus durch das repledge verliert. Wenn der Gläubiger den Sicherungsgegenstand nämlich zugunsten eines eigenen Gläubigers als Sicherheit einsetzt, würde das nach den allgemeinen Regeln des Article 9 173 Er lautet: „(...) a secured party shall use reasonable care in the custody and preservation of collateral in the secured party's possession.“ Absatz (b) der Vorschrift enthält Regelungen über die Kostentragung für die Erhaltung des Gegenstands, über das Risiko des zufälligen Untergangs und der Beschädigung sowie über die Rechte von SP in Bezug auf den Gegenstand während der Vertragsdauer. 174 Art. 9-207 (c): „(...) a secured party having possession of collateral or control of collateral under Section 9-104, 9-105, 9-106, or 9-107: (…) (3) may create a security interest in the collateral.“ 175 Art. 9-207 (c) (3): „A secured party [that] has control over a deposit account (Art. 9-104); A secured party [that] has control over an electronic chattel paper (Art. 9105); A secured party [that] has control of Investment Property (Art. 9-106)” und schliesslich „A secured party [that] has control of a Letter-of-Credit right (Art. 9-107).“ Für die Definition von investment property s. Art. 9-102 (a) (49): „Investment property means a security, whether certificated or uncertificated, security entitlement, securities account, commodity contract, or commodity account.“ 176 Art. 9-314 (c): „A security interest in investment property is perfected by control under Section 9-106 from the time the secured party obtains control and remains perfected by control until: (1) the secured party does not have control; and (2) one of the following occurs: (A) if the collateral is a certificated security, the debtor has or acquires possession of the security certificate; (B) if the collateral is an uncertificated security, the issuer has registered or registers the debtor as the registered owner; or (C) if the collateral is a security entitlement, the debtor is or becomes the entitlement holder.“ 177 Kontrollausübung ist ein möglicher perfecting step für bestimmte Sicherungsgegenstände, wie z.B. investment property, vgl. Art. 9-312 und 9-314 UCC.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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UCC bedeuten, dass er die Kontrolle über den Sicherungsgegenstand und damit auch den Status als perfektionierter Gläubiger verlieren würde. Der Gläubiger stünde damit in der Gefahr, sein security interest nicht gegenüber Drittgläubigern geltend machen zu können. Indem er klar regelt, dass die perfection durch den Kontrollverlust des Gläubigers allein, ohne Erlangung der Kontrolle durch den Schuldner nicht aufgehoben wird, löst die Norm diese Problematik für Fälle des repledge178. (b) Der Anwendungsbereich des repledge – das indirect holding system Die Bedeutung des repledge beschränkt sich fast ausschliesslich auf Sicherheiten an Wertpapieren und anderen Kapitalmarktrechten. Wie in allen modernen Märkten werden die tatsächlichen Papiere zum weitaus grössten Teil nicht mehr unmittelbar durch den Investor, sondern durch Verwahrstellen verwahrt. Dieses System wird in den Vereinigten Staaten als indirect holding system (IHS)179 bezeichnet und ist das Gegenbild der auch in Europa vollzogenen Entwicklung hin zum stückelosen Verkehr bei Kapitalmarktrechten180. Das System des stückelosen Handels in den Vereinigten Staaten wurde im Jahr 1973 durch die Schaffung der Depository Trust Company (DTC)181 durch den Markt selbst182 begründet. Die DTC hält durch ihren Nominee Cede & Co. als zentrale Verwahrungsstelle für Kapitalmarktrechte den Grossteil der in den Vereinigten Staaten gehandelten Kapitalmarktrechte. Nur Cede & Co. hält selbst materialisierte Papiere (certificated securities). Übertragungen von Rechten werden durch Kontoumbuchungen bei der DTC vorgenommen. Neben der immobilization ist das netting eine weitere wichtige Institution im Handel mit Kapitalmarktrechten, nicht nur auf dem amerikanischen Kapitalmarkt. Die zu diesem 178 S. dazu Kettering, Symposium, (1999) 74 Chi.-Kent L. Rev. 1109, 1137; Art. 9314 Commentary 3. 179 S. im Einzelnen zur Funktion des Indirect Holding System und Part 5 des Article 8 UCC: Schroeder, Is Article 8 Finally Ready This Time? The Radical Reform of Secured Lending on Wall Street, 1994 Colum. Bus.L. J. 291, 324; Mooney, Beyond Negotiability: A New Model for Transfer and Pledge of Interests in Securities Controlled by Intermediaries, 12 Cardozo L. Rev. 305, 316 1990–1991. 180 Für den stückelosen Verkehr hat sich der Begriff immobilization durchgesetzt. S. dazu Schroeder, Is Article 8 Finally Ready, 1994 Colum. Bus.L. J. 324. 181 Seit 1999 gemeinsam mit der National Securities Clearing Corporation (NSCC) unter dem Dach der Depository Trust and Clearing Corporation (DTCC) zusammengefasst. 182 Die 1978 in Folge dieser Entwicklung unternommene Anpassung des Article 8 UCC, der den Handel mit Kapitalmarktrechten regelt, wurde als völlig verfehlt erachtet. Insbesondere wurde ihr vorgeworfen, dass sie die Realität des modernen Handels mit Kapitalmarktrechten nicht berücksichtigte und stattdessen zu sehr auf physische Übertragung der verkörpernden Papiere abstellte, s. Schroeder, Is Article 8 Finally Ready, 1994 Colum. Bus.L. J. 305.

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Teil 2: Fallstudien

Zweck gegründete National Securities Clearing Corporation (NSCC) handelt als zentrale Gegenpartei für die gehandelten Kapitalmarktrechte183. Ebenso wie beim Handel mit Kapitalmarktrechten in Europa kommt es zu einer Verwahrungspyramide, für die die Rechte und Pflichten der beteiligten Seiten im 1994 eingefügten Part 5 des Article 8 UCC geregelt sind. Beteiligt sind an dieser Pyramide die DTC als Zentralverwahrer (central securities depository), die mittels Cede & Co. physisch greifbare Papiere (certificates) hält, des Weiteren die sogenannten securities intermediaries184, wie Broker oder Banken, die für ihre Kunden Konten bei der DTC halten185 und letztendlich die einzelnen Investoren/Kunden. Die Rechte des einzelnen Investors/Kunden an financial assets186 werden in seinem securities account bei seiner Bank oder seinem Broker gebucht. In der Terminologie des Article 8 UCC wird er dadurch zum Inhaber eines securities entitlement187. Von besonderer Relevanz für das repledge ist Art. 8-504 (b). Danach darf ein securities intermediary an financial assets, die er nach Abs. (a) vorrätig halten muss, keine weiteren eigenen Sicherungsrechte bestellen,

183 Das bedeutet, dass alle Transaktionen nicht über verschiedene, sondern nur über einen einzigen Vertragspartner abgewickelt werden. Die NSCC ist zuständig für die Berechnung der Liefer- und Zahlungsverpflichtungen aller beteiligten Vertragsparteien. Gemäss den Berechnungen nimmt die DTC dann Umbuchungen an den Konten vor. 184 Art. 8-102 (a) (14) UCC. 185 Wie auch beim deutschen System der Zentralverwahrung sind die Konten nicht auf die Namen der einzelnen Kunden, sondern auf die Namen der Zwischenverwahrer ausgestellt. Da die Konten bei der DTC auf den Namen der jeweiligen intermediaries lauten, ergibt sich die tatsächliche Berechtigung nur aus den Konten (securities account, vgl. Art. 8-502 (a) UCC)) des jeweiligen broker oder der jeweiligen Bank. Zwischen der DTC und dem einzelnen Investor sind in der Mehrheit der Fälle noch weitere securities intermediaries eingeschaltet, da kleinere intermediaries nicht selbst Konten bei der DTC unterhalten. 186 Art. 8-102 (a) (9) UCC. 187 Art. 8-102 (a) (17) UCC enthält folgende Definition für das security entitlement: „’Security entitlement’ means the rights and property interest of an entitlement holder with respect to a financial asset specified in Part 5“. Der einzelne Investor wird als entitlement holder (Art. 8-102 (a) (7)) bezeichnet. Art. 8-503 (b) stellt klar, dass das Recht des Investors (property interest) am financial asset ein anteilsmässiges Recht (pro rata) an allen Rechten an einem speziellen financial asset ist, die vom securities intermediary gehalten werden. Art. 8-504 (a) enthält die Pflicht des Letzteren, immer so viel von einem financial asset zu halten, wie es der Summe der Einzelberechtigungen der entitlement holder an diesem financial asset entspricht.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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wenn es ihm der entitlement holder188 nicht gestattet. Securities intermediaries versuchen daher regelmässig, die Norm zu umgehen189. Der ursprünglich typische Anwendungsbereich des repledge ist das sogenannte margin lending190. Dabei erwirbt ein Börsenmakler (stock broker) im Auftrag eines Investoren Wertpapiere, die auf dem Konto des Investors verbucht werden. Ein bedeutender Teil des Kaufpreises wird durch einen Kredit des stock brokers beglichen, der durch ein security interest zu seinen Gunsten an den im Konto gebuchten Wertpapieren besichert wird (sogenanntes margin). Das zulässige Verhältnis von Eigenkapital des Kunden und Kredit wird durch Regulierungen festgelegt191. Da der Börsenmakler häufig nicht ausreichend eigenes Kapital für das margin lending hat, finanziert er den Kundenkredit durch die Aufnahme eines eigenen Kredits bei einem Dritten, typischerweise einer Bank, die er durch das repledge der bereits verpfändeten Wertpapiere besichert. (c) Auswirkungen der Article 9 UCC-Reform 1999: Das impairing repledge Die Autoren der dritten Reform des Article 9 UCC von 1999 haben sich darum bemüht, das repledge als Mittel zur Verwendung von Sicherungsgegenständen tauglicher zu machen. Zu diesem Zweck haben sie die Auswirkungen des repledge auf das dem Schuldner zustehende right of redemption ins Visier genommen. Das right of redemption192 ermöglicht es dem Sicherungsgeber, den Sicherungsgegenstand jederzeit vor Beginn der Verwertung durch den Gläubiger einzulösen (to redeem). Dieses Recht des Schuldners könnte aber durch die Ausübung des repledge behindert werden, wenn der gesicherte Gläubiger (SP) bei Zahlung der gesicherten Schuld nicht mehr in der Lage wäre, den Sicherungsgegenstand an den

188

Art. 8-102 (a) (7) UCC. Z.B. durch die Umbuchung des financial asset auf das eigene Konto des securities intermediary. Durch die Umbuchung verliert der Investor den Status des entitlement holder, wodurch die Anwendbarkeit von Art. 8-504 (b) UCC ausgeschlossen wird. 190 So Kettering, Symposium, (1999) 74 Chi.-Kent L. Rev. 1109, 1112; nachfolgendes Beispiel ebenfalls nach Kettering a.a.O. 191 Während der gesamten Laufzeit des Kredits darf die Differenz zwischen dem Wert der als Sicherheit gegebenen Wertpapiere und der Höhe der noch offenen Ansprüche des stock broker einen bestimmten Mindestbetrag (minimal margin requirement) nicht unterschreiten, um den stock broker gegen den Verfall des Werts der Wertpapiere ausreichend abzusichern. 192 Art. 9-623 UCC. Entspricht dem Einlösungsrecht in der deutschen Rechtssprache. Die Einlösung erfolgt durch Erfüllung der gesicherten Verbindlichkeiten zuzüglich eventueller Rechtsverfolgungskosten des Gläubigers. 189

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Teil 2: Fallstudien

Schuldner herauszugeben193. Das würde die sachenrechtliche Berechtigung des Schuldners am Sicherungsgegenstand in Frage stellen194. Der Art. 9207 (2) (e) UCC in der Fassung vor der Reform verbot ein solches impairing repledge195. Art. 9-207 (c) (3) UCC macht das impairing repledge zum gesetzlichen Regelfall, indem er das Verbot der Behinderung des Einlösungsrechts nicht mehr erwähnt. Folge ist, dass der Schuldner dem Insolvenzrisiko des SP ausgesetzt ist. Er trägt das Risiko, den Sicherungsgegenstand erst zu einem späteren Zeitpunkt oder zu anderen Bedingungen zurück erhalten zu können196. 193 Folgender Fall (nach Johnson, 39 Ariz. L. Rev. 974 (1997)) zeigt, dass die Praxis des repledge die Rechte des Schuldners nicht beeinträchtigen muss: Ein Schuldner (D) erhält einen Kredit in Höhe von 800 $ von seinem Gläubiger (im Folgenden SP) und bestellt ihm dafür eine Sicherheit an einem Gegenstand im Wert von 1000 $. SP verwendet daraufhin den Gegenstand, um eine eigene Verbindlichkeit gegenüber seinem Gläubiger SP2 abzusichern. Der Schuldner hat zwei Möglichkeiten, den Gegenstand einzulösen: Entweder er zahlt an SP 800 $, der daraufhin seine Schuld von 700 $ gegenüber SP2 begleicht oder er zahlt 700 $ direkt an SP2 (und 100 $ an SP). Der Schuldner steht dabei nicht schlechter, als wenn SP die Forderung (mitsamt des Übergangs des Gegenstands) an SP2 abgetreten hätte. Zu einer Beeinträchtigung des right of redemption kommt es dann, wenn SP den Gegenstand zur Besicherung einer höheren Schuld als der des S verwendet oder auch, wenn die Schuld von SP gegenüber SP2 erst später erfüllbar wird als die des ursprünglichen Schuldners (sog. impairing repledge). Die im common law entwickelten Regeln stellten deshalb sicher, dass SP durch das repledge nur eine geringere Schuld besichern durfte, die auch den Zeitpunkt der Erfüllbarkeit der ursprünglichen Schuld nicht überschreiten durfte, vgl. Johnson, 39 Ariz. L. Rev. 974 (1997); Schroeder, Repo Madness, 46 Syr. L.Rev. 1021 1995–1996; Gilmore, Security Interests, p. 1157, 1158; Kettering, Symposium, (1999) 74 Chi.-Kent L. Rev. 1118–1119. 194 Wie nachfolgend zu zeigen sein wird, würde dadurch in Frage gestellt, ob der Schuldner überhaupt property rights am Sicherungsgegenstand hat. Das wiederum wirkt sich auf die rechtliche Qualifizierung des Vertrags zwischen Schuldner und ursprünglich gesichertem Gläubiger (SP) aus. 195 Er lautete: „The secured party may repledge the collateral upon terms which do not impair the debtor’s right to redeem it.“ 196 Zwar könnte man einwenden, dass dass Art. 8-504 (b) UCC für den relevanten Bereich der Wertpapierverwahrung im indirect holding system das repledge eines financial asset ohne Zustimmung des entitlement holder verbietet. Jedoch wird diese Bestimmung häufig umgangen, indem securities intermediaries sich selbst als Berechtigte des financial asset eintragen lassen. Der Schuldner verliert dann seine Eigenschaft als entitlement holder, was Voraussetzung für die Norm ist. Im Übrigen wird darauf darauf hingewiesen, dass die Rechte des ursprünglichen Schuldners gegenüber dem zweiten Gläubiger (SP2) durch das Zusammenspiel von repledge und reformiertem Part 5 des Article 8 UCC stark eingeschränkt würden. S. in diesem Zusammenhang zur Neufassung der adverse-claimcut-off-rules in Art. 8-502 und 503 Schroeder, Is Article 8 Finally Ready, 1994 Colum. Bus.L. J. 299; Facciolo, Father Knows Best: Revised Article 8 and the Individual Investor, 27 Fla. St. U. L. Rev. 653–656.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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(d) Das Charakterisierungsproblem Die für die dritte Revision des Article 9 UCC durchgeführten Änderungen in Bezug auf das repledge werfen einige Fragen hinsichtlich dessen funktionaler Charakterisierung auf. Ist das Rechtsverhältnis zwischen ursprünglichem Schuldner und Gläubiger wirklich noch als secured transaction i.S.d. Article 9 UCC zu werten oder handelt es sich eher um eine Veräusserung (outright sale) der Sache an den Gläubiger? Massgeblich für die Charakterisierung ist die Frage, welche property rights dem Schuldner an dem Gegenstand nach der Bestellung der Sicherheit zugunsten von SP noch verbleiben. Ist er noch Inhaber von Rechten am Gegenstand oder sind alle Rechte am Gegenstand auf SP übergegangen?197 Im Mittelpunkt dieser Frage steht das Problem, inwieweit der Schuldner sein right of redemption, das Ausdruck seiner Rechte an der Sache ist, bei einem impairing repledge faktisch noch ausüben kann. Entscheidend für diese Frage ist die Klärung der Priorität in Bezug auf den Sicherungsgegenstand im Verhältnis von Schuldner und SP2. Wenn nämlich SP2 das Einlösungsrecht des Schuldners „abschneiden“198 kann, bedeutet das einen starken Einschnitt in die Rechtsposition des Schuldners am Sicherungsgegenstand. Art. 9-207 (c) (3) UCC führt gemeinsam mit den seit der Reform des Article 8 UCC von 1994 zugunsten des transferee (SP2) verschärften adverse-claim-cut-off-rules zu einer Beeinträchtigung des Einlösungsrechts des Schuldners. Das gilt unabhängig davon, ob der Schuldner den Status eines entitlement holder hat oder nicht199. Der Status des Schuldners in der ersten Situation als entitlement holder hat zur Folge, dass der securities intermediary (SP) ohne seine Zustimmung den Gegenstand nicht erneut als Sicherheit verwenden darf200. Seit der 1994er Reform des Article 8 UCC liegt es aber auch im Fall fehlender Zustimmung am Schuldner zu beweisen, dass SP nicht berechtigt war, zugunsten von SP2 eine Sicherheit zu bestellen und dass die Übertragung des Rechts auf SP2

197 Siehe dazu Schroeder, Repo Madness, 46 Syr. L.Rev. 1017 1995–1996, die folgendermassen zwischen secured transaction und sale abgrenzt: „In a secured transaction, the secured party only obtains a limited property interest in the conveyed property, known as security interest, which is subject to the limited property interest retained by the debtor, sometimes known as debtor’s equity. In a sale, the conveyancer conveys its entire property interest to the conveyancee.” 198 Daher der Ausdruck Adverse-claim-cut-off-Rules, nach denen sich die Frage der Durchsetzbarkeit von Ansprüchen des Schuldners auf die Sache gegenüber dem transferee SP2 regelt; vgl. für den Bereich des indirect holding system Art. 8-502 und 8-503 (d) (e). 199 Voraussetzung soll immer sein, dass der Schuldner gegenüber SP die Verwendung seiner Rechte an Wertpapieren nicht gestattet hat. 200 Art. 8-504 (b).

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Teil 2: Fallstudien

deshalb rechtswidrig war201. Die anwendbare Regelung für die vorliegende Hypothese ist Art. 8-503 (e)202, der Art. 8-502 – der die generelle Regel darstellt – ablöst. Art. 8-503 (e) macht zur Bedingung eines Anspruchs des Schuldners aus seinem property right, dass securities intermediary und transferee (SP2) bei der Verletzung der dem securities intermediary nach Art. 8-504 obliegenden Rechte im Sinne einer Kollusion (collusion) zusammengewirkt haben. Dieser Nachweis wird vom Schuldner nur in Ausnahmefällen zu erbringen sein203. Für den Fall, dass der Schuldner nicht entitlement holder ist204, gilt nichts anderes. In diesem Fall ist SP wegen Art. 9-207 (c) (3) UCC nicht auf die Zustimmung des Schuldners angewiesen. In diesem Fall der Konkurrenz mit SP2 müsste der Schuldner nachweisen, dass SP2 tatsächliches Wissen (the person knows of the adverse claim)205 vom Vorhandensein der Rechte des Schuldners hatte. Dabei geht es allerdings um die Kenntnis eines speziellen Anspruchs des Schuld-

201

Art. 8-503 Commentary 3; Facciolo, 27 Fla. St. U. L. Rev. 654. „An action based on the entitlement holder's property interest with respect to a particular financial asset under subsection (a), whether framed in conversion, replevin, constructive trust, equitable lien, or other theory, may not be asserted against any purchaser of a financial asset or interest therein who gives value, obtains control, and does not act in collusion with the securities intermediary in violating the securities intermediary's obligations under Section 8-504.“ 203 Die offiziellen Kommentare definieren collusion zwar nicht direkt, lassen aber erkennen, dass collusion nur in aussergewönlich extremen Umständen vorliegt, vgl. Art. 8-503 Commentary 2: „The entitlement holder cannot assert rights directly against other persons, such as other intermediaries through whom the intermediary holds the positions, or third parties to whom the intermediary may have wrongfully transferred interest, except in extremely unusual circumstances where the third party was itself a participant in the wrongdoing.“ Das Erfordernis des Nachweises von collusion zu Lasten des Schulders wird als „virtually insurmountable“ beschrieben, vgl. Facciolo, 27 Fla. St. U. L. Rev. 656. 204 Z.B. weil die Vereinbarung getroffen wird, dass die verpfändeten Rechte des Schuldners auf den eigenen securities account des securities intermediary, den dieser bei seinem intermediary hält, umgebucht werden, vgl. Kettering, Repledge Deconstructed, 61 U. Pitt. L. Rev. 108. 205 Art. 8-105 (a) (1). Für den Bereich der adverse claims werden die Voraussetzungen für das Vorliegen von notice damit gegenüber dem insgesamt für den UCC geltenden Standard (s. Art. 1-202 (a)) erhöht; vgl. dazu Facciolo, 27 Fla. St. U. L. Rev. 644. Art. 8105 (a) lautet insgesamt: „A person has notice of an adverse claim if: (1) the person knows of the adverse claim; (2) the person is aware of facts sufficient to indicate that there is a significant probability that the adverse claim exists and deliberately avoids information that would establish the existence of the adverse claim; or (3) the person has a duty, imposed by statute or regulation, to investigate whether an adverse claim exists, and the investigation so required would establish the existence of the adverse claim.“ 202

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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ners206. Hinzu kommt, dass auch das Vorliegen der Voraussetzungen für die Geltendmachung eines adverse claims gegen SP2 fraglich sind207. Für die Frage der Charakterisierung des Vertrags zwischen Schuldner und SP ergibt sich Folgendes: Teilweise wird davon ausgegangen, dass aufgrund des Umstands, dass SP durch das repledge im Rahmen des indirect holding system die Rechte des Schuldners gleichsam „auslöschen“208 könne, die Beziehung nicht mehr als secured transaction, sondern als Kauf angesehen wird209. Auch nach US-amerikanischem Recht kommt es hier zu einem Konflikt, denn zwar erhält der gesicherte Gläubiger eine Berechtigung an der Sache, allerdings behält der Schuldner das ownership interest. Teilweise wird der Charakter als secured transaction aber auch schon mit dem Hinweis darauf abgelehnt, dass der Schuldner nur ein anteiliges Recht an allen Rechten an einem bestimmten financial asset habe und deshalb kein Recht an einem spezifischen Vermögensgegenstand festmachen könne210. Trotz der Nähe zum Kauf wird das Verhältnis zwischen Schuldner und SP mehrheitlich weiter als secured transaction und nicht als sale angesehen, wenn auch – wie es scheint – eher aus Tradition, denn aufgrund einer tragfähigen Begründung. Dass Article 9 UCC weiterhin von einer secured transaction ausgeht, zeigt sich daran, dass, wenn man in allen Fällen des impairing repledge von einem Kauf ausgehen würde211, die Normen, die

206

Es reicht nicht aus, dass SP2 wusste, dass der Schuldner property interests an den Wertpapieren hat, vgl. Art. 8-105 Commentary 2. 207 Gemäss der gesetzlichen Definition erfordert ein adverse claim nämlich, dass es eine Verletzung der Rechte des Schuldners darstellt, dass SP nun Inhaber eines security interest an den Wertpapieren ist. Vgl. dazu Art. 8-102 (a) (1)): „’Adverse claim’ means a claim that a claimant has a property interest in a financial asset and that it is a violation of the rights of the claimant for another person to hold, transfer, or deal with the financial asset.“ Vgl. Kettering, Repledge Deconstructed, 61 U. Pitt. L. Rev. 160. 208 Kettering, Symposium, (1999) 74 Chi.-Kent L. Rev. 1135: „wipe out“. 209 Kettering (1999) 74 Chi.-Kent L. Rev. 1135: „As a matter of substance, the difference between such a transaction and an outright sale is little but the label.“; Schroeder hatte in Repo Madness, 46 Syr. L.Rev. 1023 1995–1996, die Charakterisierung (unter der Rechtslage vor der dritten Reform des Article 9) als Kauf vor allem mit dem Argument abgelehnt, dass SP von Gesetzes wegen kein Recht zum impairing pledge habe. Soweit Art. 9-207 (c) (3) nun dieses Recht grundsätzlich einräumt, müsste sie nun theoretisch von einem Kauf ausgehen. 210 Sog. Non-Traceability-Thesis. Facciolo, 27 Fla. St. U. L. Rev. 655, weist darauf hin, dass das securities entitlement kein property interest sei. Deshalb sei es höchst unwahrscheinlich, dass ein einzelner Investor jemals nachweisen könne, dass er ein Recht an einem bestimmten financial asset habe. Vgl. auch Art. 8-502 Commentary 2; Kettering, Repledge Deconstructed, 61 U. Pitt. L. Rev. 202. 211 So der von Schroeder vorgeschlagene Consent to Impairment-Test, s. Repo Madness, 46 Syr. L.Rev. 1023 1995–1996.

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Teil 2: Fallstudien

sich auf das repledge beziehen, überflüssig wären212. Dass man den Wertungsschritt zum Kauf nicht vollzogen hat, erscheint insofern nachvollziehbar, als der Schuldner, sofern er nicht seine gesamten Rechte am Gegenstand auf SP übertragen hat, weiter Inhaber der Rechte bleibt, unabhängig davon, ob es ihm gelingt, sie gegenüber SP2 durchzusetzen. Eine secured transaction kann aber dann nicht mehr vorliegen, wenn sich der Schuldner damit einverstanden erklärt hat, dass SP2 den Vorrang haben soll. Dadurch wird die spätere Geltendmachung des right of redemption ausgeschlossen213. Festzuhalten ist, dass das US-amerikanische Recht auch im Fall des impairing repledge im indirect holding system weiterhin von einer secured transaction zwischen Schuldner und ursprünglichem Gläubiger (SP) ausgeht, obwohl der Schuldner sein right of redemption in den meisten Fällen faktisch nicht durchsetzen können wird. Teilweise wird deshalb argumentiert, dass das right of redemption in diesen Fällen nur schuldrechtlicher Natur sei. Das könne dann bedeuten, dass SP dem Schuldner nur zur Erstattung von Sicherungsgegenständen gleicher Art und Güte verpflichtet sei214. (iii) Neuere Entwicklungen: Rehypothecation zur Erfüllung von Verbindlichkeiten des Sicherungsnehmers (SP) aus Repo-Transaktionen (a) Begriff und Zusammenhang mit Repo-Transaktionen Wie oben dargelegt, wird der Begriff rehypothecation für die folgende Bearbeitung in dem Sinne verstanden werden, dass er alle Arten der Verwendung eines Sicherungsgegenstands zugunsten von SP umfasst, darunter sowohl die Bestellung eines security interest, als auch die Übertragung des Eigentums im Wege eines Kaufvertrags. Die Hauptbedeutung hat die rehypothecation im Zusammenhang mit repurchase agreements (repos). Repos sind zwischen Finanzinstituten geschlossene Verträge, die ihnen als Finanzierungsmittel dienen. In einem ersten Schritt werden dabei typischerweise festverzinsliche (aber auch andere) Wertpapiere gegen eine Geldzahlung übertragen. In einem zweiten Schritt wird die Verpflichtung zum Rückkauf von Wertpapieren der gleichen Art zu einem bestimmten Termin in der Zukunft zuzüglich eines Zinsbetrags für die Nutzung des Geldes verein-

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Kettering, Repledge Deconstructed, 61 U. Pitt. L. Rev. 206. So ausdrücklich Art. 9-207 Commentary 6. 214 Auf diese Folge weist Kettering, Symposium, (1999) 74 Chi.-Kent L. Rev. 1154 hin; s.a. Art. 9-207 Commentary 6. 213

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

223

bart215. Obwohl repos gewisse Charakteristiken von secured transactions aufweisen, werden sie doch mehrheitlich als Kauf gewertet, v.a. mit Hinblick auf die dem repo buyer (Erwerber der Wertpapiere) in Bezug auf die Wertpapiere zustehende Rechtsmacht216. Eine Bank, die ein security interest an Wertpapieren eines Kunden hat, erhält durch die rehypothecation die Möglichkeit eine grössere Menge an Wertpapieren für repos einzusetzen. Rehypothecation ist für die Bank mithin eine kostengünstige Quelle für die eigene Finanzierung. Zum einen treffen sie keine Kosten zum Erwerb der Wertpapiere, die als Sicherheit gegeben worden sind. Zum anderen hat sie im Verhältnis zum repo buyer nur geringe Finanzierungskosten, da jener in der Transaktion als Eigentümer der übertragenen Wertpapiere gilt. Der repo buyer erfreut sich mithin eines guten Schutzes im Fall der Insolvenz von SP217. (b) Rehypothecation im Rahmen des Handels mit Derivaten, insbesondere im Rahmen von Over-the-Counter-Derivatives (OTCs) Rehypothecation hat mit dem starken Anwachsen des Handels mit Derivaten, insbesondere mit swaps, stark an Bedeutung gewonnen. Derivate sind auf dem Finanzmarkt geschlossene Verträge, die – in Bezug auf die aus ihnen resultierenden Vertragspflichten und ihren wirtschaftlichen Wert – von einem externen Basiswert (underlying) abhängen218. Basiswerte können z.B. der Preis eines Rohstoffs oder eines Vermögensgegenstands wie z.B. Aktien oder Anleihen, der Wechselkurs einer Währung zu einer anderen, die Höhe von Zinsraten, das Kreditrisiko aus einem bestimmten Vertrag u.a. Dinge sein. Derivate ermöglichen die Absicherung von Marktteilnehmern gegen bestimmte Risiken im Hinblick auf den Basiswert, z.B. das Risiko, dass sich der Marktpreis eines Rohstoffs oder eines Wertpapiers zu Ungunsten des Teilnehmers ändert (Marktrisiko). Dabei können Anstieg und Abfall eines Preises gleichermassen unerwünscht sein und eine Absi215

S. zum Ablauf von Repos: Lehman Bros. Inc v. Canadian Imperial Bank of Commerce, 2000 U.S. Dist. LEXIS 13979; Schroeder, Repo Madness, 46 Syr. L.Rev. 1005 1995–1996; Richa, p. 50 ss. 216 Vgl. Schroeder, Repo Madness, 46 Syr. L.Rev. 1017-1023 1995–1996; SEC v. Drysdale Securities Corp., 785 F.2d 38, 41–42 (2d Circuit, 1986); s. mit einem starken Abstellen auf die von den Parteien gewählte Begrifflichkeit (Purchase und Sale): Granite Partners, L.P. v. Bear, Stearns & Co. Inc., 17 F. Supp. 2d 275 (U.S. Dist. Crt. SD New York, 1998). 217 Johnson, 39 Ariz. L. Rev. 969–971 (1997). Zum Schutz des repo buyers tragen auch verschiedene gesetzliche Reglementierungen bei, vgl. z.B. Section 362 (b) (7) Bankruptcy Code (11 U.S.C. § 362). 218 Feder, Deconstructing Over-the-Counter Derivatives, 2002 Colum. Bus. L. Rev. 681; Castagnino, Derivatives, 3 rd ed., Oxford 2009, p. 1; Rechtschaffen, Capital Markets, Derivatives and the Law, New York 2009, p. 159; Johnson, 39 Ariz. L. Rev. 953 (1997).

224

Teil 2: Fallstudien

cherung durch ein Derivat ratsam erscheinen lassen. Derivate können auch der Absicherung gegen Risiken dienen, die mit der Solvabilität von Vertragspartnern zusammenhängen (Kreditrisiko)219. Ein Marktteilnehmer, der gegen Zahlung eines Preises Schutz gegen ein Risiko erwirbt, eliminiert dieses Risiko damit nicht, sondern verlagert es auf seinen Vertragspartner220. Die Absicherung gegen Risiken (hedging) ist nur eine der Motivationen für den Handel mit Derivaten. Daneben spielt auch die Spekulation auf Preisänderungen sowie das Ausnutzen von Preisunterschieden auf verschiedenen Märkten eine Rolle. Derivate können danach unterschieden werden, ob es zu einer tatsächlichen Lieferung einer bestimmten Menge des Basiswerts kommen soll (physical settlement) oder ob lediglich ein Geldbetrag in Höhe der Wertdifferenz zwischen Derivat bei Vertragsreife und Basiswert gezahlt werden soll (cash settlement). Es existiert eine Vielfalt von Derivate-Verträgen je nach Art der Risikoabsicherung und des zugrunde liegenden Basiswerts. Die Derivate mit der grössten Bedeutung sind Optionen, forwards, futures und swaps221. Derivate können sowohl an der Börse (exchange traded), als auch ausserbörslich, direkt zwischen den Parteien (Over-the-Counter, OTC) gehandelt werden. Während an der Börse standardisierte Verträge gehandelt 219

Feder, 2002 Colum. Bus. L. Rev. 688–689; Johnson, 39 Ariz. L. Rev. 954 (1997); Waldman, OTC Derivatives & Systemic Risk: Innovative Finance for the Dance into the Abyss, 43 Am. U. L. Rev. 1026 (1994); Rechtschaffen, p. 159–160. Die Absicherung durch Eingehen eines Vertrags, der für den Fall des Verlusts einen Ausgleich generieren soll, wird hedging genannt, vgl. Feder, 2002 Colum. Bus. L. Rev. 688–689; s.a. die Definition des West’s Law and Commercial Dictionary in Five Languages, St. Paul, Minnesota 1985. 220 Rechtschaffen, p. 160; Feder, 2002 Colum. Bus. L. Rev. 683. 221 Eine Option berechtigt ihren Erwerber, verpflichten ihn aber nicht, einen bestimmten Betrag eines Basiswerts in der Zukunft zu einem festgelegten Betrag zu kaufen (call option) oder zu verkaufen (put option). Je nach Basiswert werden Währungsoptionen, Bondoptionen, caps, floors u.a. unterschieden. Forwards und futures (Termingeschäfte) enthalten dagegen die Verpflichtung zum Austausch einer Leistung in der Zukunft. Swaps sind Derivate, bei denen zwei Parteien zu bestimmten Terminen während eines Zeitraums, der einige Jahre oder Jahrzehnte dauern kann, Zahlungsströme austauschen. Welche von beiden Parteien an einem swap an die andere zu zahlen hat, hängt von der Entwicklung des zugrunde liegenden Basiswerts ab. Bei einem Zinsswap (interest rate swap) liegt typischerweise eine Situation vor, in der Parteien eine variable Zinsverpflichtung gegen eine Festzinsverpflichtung austauschen, sog. Plain Vanilla Swap. Vgl. zum swap Castagnino, p. 54; Feder, 2002 Colum. Bus. L. Rev. 701; Rechtschaffen, p. 172; K3C Inc. v. Bank of America, 204 Fed. Appx. 455 (5th Circuit). Der credit-default-swap ist im Unterschied zu den oben genannten Mitteln ein Derivat, mit dem sich der Erwerber gegen das Risiko des Ausfalls eines Vertragspartners absichern will. Gegen Zahlung einer Prämie verpflichtet sich der Verkäufer des Derivats, im Fall des Ausfalls eine bestimmte Ausgleichszahlung an den Käufer des Derivats zu leisten, vgl. dazu Feder, 2002 Colum. Bus. L. Rev. 708.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

225

werden, erlaubt der OTC-Handel, Derivate-Verträge präzise auf die Bedürfnisse der Parteien zuzuschneiden. Der OTC-Handel hat aber (bisher)222 kein mit dem System des Börsenhandels vergleichbares Risikoabsicherungssystem und ist deshalb weitaus riskanter223. Gerade aber weil der OTC-Handel eine maximale Präzision in der Risikoprävention für die einzelne Partei ermöglicht, erfreut er sich so grosser Beliebtheit. Aufgrund des bei der Teilnahme am OTC-Handel besonders hohen Kreditrisikos (counterparty risk)224 ergibt sich ein besonderes Bedürfnis nach Kreditsicherung225. Obwohl OTC-Verträge im Grundsatz zwischen den Parteien selbst ausgehandelt werden, greifen Parteien zum grossen Teil auf von der International Swap and Derivatives Association (ISDA) ausgearbeitete Standardverträge zurück. Das bedeutendste Dokument der ISDA ist das 222 Während des G 20-Treffens in Pittsburgh wurde als Ziel festgehalten, dass OTCTransaktionen bis Ende 2012 stärker reguliert werden sollen, z.B. durch die Verpflichtung zur Einschaltung einer zentralen Gegenpartei für bestimmte Derivate-Verträge. 223 S. zum Vergleich von OTC und exchange traded derivatives: Rechtschaffen, p. 162–163; Feder, 2002 Colum. Bus. L. Rev. 731–735. Die Bedingungen des Börsenhandels zielen darauf ab, das Kreditrisiko der Marktteilnehmer zu verringern. Der Anbieter der Börse fungiert häufig als zentrale Gegenpartei für alle über die Börse abgeschlossenen Verträge. Ein Marktteilnehmer muss deshalb nicht die Kreditwürdigkeit seines Vertragspartners überprüfen. Des Weiteren muss schon bei der Eröffnung einer Derivateposition Kreditsicherheit (initial margin) in Form von Geld oder Wertpapieren gestellt werden. Diese Absicherungen gibt es im OTC-Handel bisher noch nicht (die gegenwärtige Entwicklung geht aber in diese Richtung, vgl. dazu die Verordnung (EU) Nr. 648/2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister vom 04.07.2012; sogenannte European Markets Infrastructure Regulation). 224 Da es keine zentrale Gegenpartei gibt, müssen die Parteien auf die Kreditwürdigkeit des Vertragspartners vertrauen. Das Risiko ist bei OTC-Derivaten besonders hoch: Es wird durch die Kosten der Beschaffung eines ersetzenden Vertrags berechnet, vgl. Waldman, 43 Am. U. L. Rev. 1048 (1994); Johnson, 39 Ariz. L. Rev. 959 (1997). Da OTC-Verträge flexibel auf die Situation der Parteien angepasst sind, kann sich die Beschaffung eines ersetzenden Vertrags als schwierig erweisen. Das Bedürfnis nach Absicherung wird dadurch verstärkt, dass die gegenseitigen Ansprüche in Abhängigkeit vom Basiswert schwanken und ihr Umfang insofern schwer vorhersehbar ist. Das Kreditrisiko entsteht im Übrigen auf beiden Seiten, da Zahlungsverpflichtungen zwischen den beiden Seiten wechseln können. Das gilt insbesondere für die Fälle des swap, wobei die Parteien über einen längeren Zeitraum hinweg Zahlungen austauschen. Vgl. insgesamt zum Kreditrisiko bei Derivaten Waldman, 43 Am. U. L. Rev. 1047–1048 (1994); Castagnino, p. 207; Feder, 2002 Colum. Bus. L. Rev. 718; Johnson, 39 Ariz. L. Rev. 959 (1997). 225 Der ISDA Margin Survey 2009 schätzt, dass im Jahr 2008 Kreditsicherheiten im Wert von 4 Billionen $ zur Besicherung von Over-the-Counter- Derivaten gestellt wurden, im Vergleich zu 2,1 Billionen $ im Jahr 2008. 65 % aller OTC-Transaktionen sollen 2008 Vereinbarungen über Kreditsicherheit enthalten haben; vgl. S. 2 des Dokuments auf der Webseite der ISDA: ; vgl. dazu auch Davidson, Protect and Survive, Risk (2009) 22, 64.

226

Teil 2: Fallstudien

1992 – und in überarbeiteter Fassung 2002 – veröffentlichte Master Agreement226. Das Master Agreement bildet eine Einheit mit weiteren Dokumenten der ISDA227. 1995 hat die ISDA einen Credit Support Annex (CSA) vorgelegt, in dem geregelt ist, unter welchen Bedingungen jede Partei von der anderen Kreditsicherheiten verlangen kann und welche Rechte und Pflichten zwischen den Parteien in Bezug auf die Sicherheiten bestehen228. Die ISDA hat vier Varianten des CSA erarbeitet: einen Credit Support Annex und Credit Support Deed nach englischem Recht und jeweils einen Credit Support Annex nach dem Recht des Bundesstaats New York und japanischem Recht. Der Credit Support Annex nach New Yorker Recht basiert auf dem Recht des Article 9 UCC. Sicherheit kann mithin nur im Wege der Bestellung eines security interest gestellt werden229. Folglich kann der Sicherungsnehmer nur die Rechte eines secured creditor i.S.d. Article 9 UCC haben. Von Interesse für die vorliegende Betrachtung ist allerdings der Para. 6 (c) CSA-NY, der dem gesicherten Gläubiger ein weitgehendes Verwendungsrecht an den Sicherungsgegenständen (collateral) einräumt. Er lautet: “Use of Posted Collateral. Unless otherwise specified (…), the Secured Party will, notwithstanding Section 9-207 of the New York Uniform Commercial Code, have the right to (i) sell, pledge, rehypothecate, assign, invest, use, commingle or otherwise dispose of, or otherwise use in its business any Posted Collateral it holds, free from any claim and right of any nature whatsoever of the Pledgor, including any equity or right of redemption by the Pledgor (…).” Die Norm zählt eine Reihe von Rechten 226 1992 sind zwei Formen veröffentlicht worden: Die Multi-Currency – Cross Border-Form und die Single-Currency – Single Jurisdiction-Form; vgl. zum Hintergrund der ISDA Castagnino, p. 187–190; Feder, 2002 Colum. Bus. L. Rev. 736–741. 227 Dabei handelt es sich um schedule, confirmation und einem Credit Support Annex. Es enthält allgemeine Regelungen über netting der gegenseitigen Verbindlichkeiten, Vorliegen von Ausfall, Fälle der Vertragsbeendigung, Höhe der Zinsen etc. Während das agreement vorformuliert ist, gibt das durch Bezugsklausel einbezogene schedule, das zwischen den Parteien verhandelt wird, die Möglichkeit der Anpassung des Rahmenvertrags auf die besondere Lage der Parteien. Die Bedingungen einer einzelnen Transaktion werden durch in der confirmation festgelegt. 228 Vgl. zum CSA Harding/Johnson, Mastering Collateral Management and Documentation, Glasgow 2002, p. 195-282; Hval, Credit Risk Reduction in the International Over-the-Counter Derivatives Market: Collateralizing the Net Exposure with Support Agreements, 31 Int’l L. 808 (1997); Suetens, Collateralization and the ISDA Credit Support Annex, 14 Int’l Fin. L. Rev. 15 (1995); Feder, 2002 Colum. Bus. L. Rev. 745; Castagnino, p. 207–216. 229 Vgl. Para. 2 CSA-NY (Ausschnitt): „Each party, as the Pledgor, hereby pledges to the other party, as the Secured Party, a security for its Obligations, and grants to the Secured Party a first priority continuing security interest in (…) all Posted Collateral Transferred to or received by the Secured Party hereunder (…)”.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

227

auf, die dem SP eingeräumt werden. Relevant für die vorliegende Betrachtung sind besonders die ersten drei. SP darf den Sicherungsgegenstand verkaufen („sell“). Sale beinhaltet nach UCC-Recht die Übertragung des Eigentums an der Sache auf den Käufer, wie sich aus Article 2 UCC ergibt230. Pledge bedeutet die Verwendung zur Bestellung eines security interest zugunsten eines eigenen Gläubigers (SP2) im Wege des repledge. Der Begriff rehypothecation passt, was die qualitative Abgrenzung zu sale und pledge anbelangt, nicht in eine Reihe mit den bereits genannten. Im Unterschied zu diesen trifft er keine Aussage über den Umfang der Rechte, die SP dem SP2 verschafft. Er betrifft eher den Status des Gegenstands, der verwendet werden soll: Es ist ein Gegenstand, an dem bereits ein Sicherungsrecht besteht. Sowohl das Bestellen eines security interest als auch die Übertragung des Eigentums zur Absicherung und Erfüllung von Verbindlichkeiten des SP kann mithin unter den Begriff fallen231. Interessant für die funktionale Wertung des Vertrags zwischen Schuldner und SP ist die Aussage von Para. 6 (c) CSA-NY zum right of redemption des Schuldners. Danach erklärt sich der Schuldner/Sicherungsgeber damit einverstanden, dass SP Rechte am Sicherungsgegenstand frei vom right of redemption und Ansprüchen irgendwelcher Art des Sicherungsgebers auf die Sache übertragen darf. Bereits in den Ausführungen zum repledge wurde festgestellt, dass das right of redemption Ausdruck seiner Rechte an der Sache ist, denn es gibt dem Sicherungsnehmer einen Anspruch auf Rückgabe genau des Gegenstands, den er als Sicherheit gegeben hat. Es wurde ebenfalls festgestellt, dass es für die Wertung als Kauf spricht, wenn der Sicherungsgeber sich damit einverstanden erklärt, dass SP den Gegenstand in einer Weise weiter verwendet, welche die Ausübung des right of redemption behindert. Da Para. 6 (c) (i) CSA-NY dem SP die Möglichkeit gibt, den Sicherungsgegenstand frei von Rechten des Schuldners zu übertragen, scheint der Vertrag zwischen Schuldner und SP eher als Kauf, denn als secured transaction gewertet werden zu müssen. Die Rechte des SP gehen über die Rechte hinaus, die ein secured creditor nach Article 9 UCC hat. Para. 6 (c) (i) CSA will es dem SP ermöglichen, den Sicherungsgegenstand zu verkaufen. Damit gibt ein Vertrag, der vom Annex geregelt wird, mehr Rechte als SP in der Situation des repledge hätte.

230

S. Art. 2-401 (2) UCC: Der Verkauf steht immer im Zusammenhang mit dem Übergang des Eigentums (transfer of title) auf den Käufer. 231 Es scheint deshalb, dass die Aufzählung von rehypothecation angesichts der umfangreichen sonstigen aufgezählten Berechtigungen von SP nicht unbedingt erforderlich gewesen wäre. Vermutlich wollten die Verfasser des CSA einfach den grossen Umfang der Rechtsmacht zugunsten von SP unterstreichen.

228

Teil 2: Fallstudien

Das repledge nach Article 9 UCC ermöglicht nämlich nur die Bestellung eines security interest232. Wenn der Credit Support Annex darauf hinweist, dass der SP nur ein security interest erhält (Para. 2 CSA-NY), ist er mithin widersprüchlich. Insofern als Para. 6 (c) (i) CSA ausdrückt, dass Art. 9-207 UCC-NY nicht berührt werden soll, erscheint das ebenfalls widersprüchlich, denn zur Zeit der Ausarbeitung des Annex war noch die alte Version des Art. 9-207 UCC in Kraft, die das Verbot des impairing repledge ohne Zustimmung des Sicherungsgebers vorsah. Der Credit Support Annex macht mithin besonders deutlich, dass es auch im US-amerikanischen Recht eine Spannung zwischen ökonomischen Bedürfnissen oder Interessen und juristischer Gestaltungsmöglichkeit gibt233. (iv) Zusammenfassung zum amerikanischen Recht Es wird deutlich, dass das US-amerikanische Recht auf ähnliche Probleme trifft wie das deutsche. Es schafft es ebenso wenig wie das deutsche Recht234, die Verfügung über den Sicherungsgegenstand mit Hilfe des vorhandenen Rechts klar konzeptionell einzuordnen. Das security interest sieht die Möglichkeit der Verwendung des Sicherungsgegenstands grundsätzlich nicht vor. Durch die Reform von 1999 und ihren Einfluss auf das right of redemption des Schuldners führt Article 9 UCC allerdings selbst einen Zustand herbei, der mit der Grundkonzeption des security interest nicht vereinbar ist. Die Spannung zwischen geschriebenem Recht und Rechtswirklichkeit ist besonders im Zusammenhang mit der rehypothecation beim Handel mit Derivaten deutlich geworden. Trotz alledem wird die Wertung als security interest des Vertrags zwischen Schuldner und ursprünglich gesichertem Gläubiger nicht ernsthaft in Frage gestellt. Festzustellen ist schliesslich, dass repledge und rehypothecation zu einer Verwischung der Unterschiede von security interest und Vollrechtsübertragung (outright sale) geführt haben. Das erinnert an die Annäherung von beschränktem dinglichen Sicherungsrecht und sicherungsweiser Über-

232

Art. 9-207 (c) (3). Aussagekräftig in diesem Zusammenhang ist die Feststellung von Yates/Montagu, The Law of Global Custody, 3rd ed., Haywards Heath 2009, p. 54: „While certain techniques have been developed with a view of reconciling a right of use with the equity of redemption, they are rarely both legally robust and commercially appropriate in the international financial markets, and it is difficult to obtain clean legal opinions about them.” 234 Exakter wäre zu sagen, „wie das Recht der Finanzsicherheitenrichtlinie“. 233

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

229

eignung in Folge des Verwendungsrechts des Art. 5 der Finanzsicherheitenrichtlinie235. (v) Lösung des Ausgangsfalls Die Lösung des Falls nach US-amerikanischem Recht ergibt, dass die ABank über die im Depot des K gutgeschriebenen Wertpapiere verfügen darf. Da es sich um ein Verhältnis zwischen Bank und einzelnem Investor handelt und nicht um einen der typischen Anwendungsfälle der rehypothecation, so wie oben beschrieben, ist davon auszugehen, dass die A-Bank von ihrem Recht auf repledge nach Art. 9-207 (c) (3) UCC Gebrauch machen würde, wenn das zumindest in den Geschäftsbedingungen der Bank vorgesehen ist und diese Grundlage des Vertrags geworden sind. Danach hätte die Bank das Recht, über die Berechtigungen des K an den Aktien zu verfügen. d.

Rechtslage unter dem Code civil québécois

Die Besonderheiten der Rechtslage nach dem Recht der Provinz Québec sollen hier nur ganz kurz zusammengefasst werden: Die Rechte an mediatisiert verwahrten Wertpapieren werden in Québec geregelt durch die Loi sur le transfert de valeurs mobilières et l'obtention de titres intermédiés236, die mit der Regelung des Article 8 UCC vergeichbar ist. Im Unterschied zu Article 8 UCC besteht die Besonderheit des Rechts der Provinz Québec darin, dass der Inhaber einer hypothèque mobilière avec dépossession über Wertpapiere oder Bucheffekten (titres intermédiés/security entitlements) über die Wertpapiere oder Bucheffekten grundsätzlich verfügen kann oder zugunsten eines Dritten eine weitere hypothèque bestellen kann, ohne dass die vorherige Zustimmung des Schuldners nötig wäre. Wie sich aus dem Wortlaut des insofern einschlägigen Art. 2714.6 CCQ ergibt, muss dieses Nutzungsrecht ausdrücklich ausgeschlossen werden237. e.

Zusammenfassungen

Die vorhergehenden Betrachtungen im Rahmen des ersten Fallbeispiels zum Geldkreditgeber lassen folgende zusammenfassenden Bemerkungen zu.

235

S. dazu oben C. III. 4. a. (ii). Loi du 1er février 2009; L.R.Q. c. T-11.002. 237 S. den Wortlaut des Art. 2714.6 CCQ: « Sauf convention contraire entre le constituant et le créancier, le créancier titulaire d'une hypothèque mobilière avec dépossession portant sur des valeurs mobilières ou des titres intermédiés peut aliéner ces valeurs ou titres ou les grever d'une hypothèque mobilière en faveur d'un tiers ». 236

230

Teil 2: Fallstudien

Es hat sich gezeigt, dass alle analysierten Rechtsordnungen an konzeptuelle Grenzen stossen, wenn es um die Frage geht, ob ein gesicherter Gläubiger – bevor der Schuldner mit der Forderung ausgefallen ist – über den Sicherungsgegenstand verfügen darf. Zum deutschen Recht ist festgestellt worden, dass das Sicherungseigentum für ein Verwendungsrecht schon grundsätzlich nicht geeignet ist. Im Zusammenhang des deutschen Rechts ist auf die EU-Finanzsicherheitenrichtlinie eingegangen worden, die ein Verwendungsrecht an ein beschränktes dingliches Recht knüpft, obwohl das mit der sachenrechtlichen Konzeption als beschränktes dingliches Recht nicht zusammenpasst. Im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie begnügte sich der deutsche Gesetzgeber damit, ohne weitere Erklärungen auf das irreguläre Pfandrecht zu verweisen, obwohl jenes bisher nur wenig gebraucht und im Zusammenhang mit dem neuen und weiten Anwendungsbereich der Berechtigungen an Wertpapieren nicht eingehend erörtert worden ist. Das US-amerikanische Recht hat ebenfalls Schwierigkeiten, die Möglichkeit eines Verwendungsrechts mit der bestehenden Rechtssystematik zu erklären. Auf der einen Seite gehört es zur Essenz eines security interest, dass der Sicherungsgeber das Recht hat, die sicherungsweise hingegebene Sache einzulösen (right of redemption). Die Analyse der Vorschriften zum repledge und des Article 8 UCC (Part 5) hat gezeigt, dass der Sicherungsnehmer faktisch die Möglichkeit bekommt, dieses Einlösungsrecht abzuschneiden, wenn er den Sicherungsgegenstand (im Rahmen des Anwendungsbereichs von Article 8 UCC) erneut als Sicherheit verwendet (impairing repledge). Damit wird der Vertrag zwischen Schuldner und ursprünglichem Sicherungsnehmer einem Kaufvertrag ähnlicher, als einer secured transaction. Die Analyse zu den Fallkonstellationen der rehypothecation hat zu ähnlichen Ergebnissen geführt. Das schweizerische Bucheffektengesetz hebt sich sowohl von der deutschen als auch von der US-amerikanischen Lösung ab, weil es die Thematik des Verwendungsrechts unabhängig vom Recht der Kreditsicherheiten regelt (s. Art. 22 BEG). Das Bestehen einer Kreditsicherungsbeziehung zwischen Kontoinhaber und Verwahrstelle ist danach keine Voraussetzung für das Verwendungsrecht. Festgestellt wurde aber auch, dass das schweizerische Recht einen funktionalen Sicherheitenbegriff verwendet und deshalb – für den Fall, dass Kontoinhaber und Verwahrstelle eine Sicherungsvereinbarung abgeschlossen haben – die rechtliche Einordnung dieser Vereinbarung offenlässt. Abschliessend ist im Hinblick auf den besonderen Prüfungsschwerpunkt bei den beiden Fallbeispielen zum Geldkredit238 festzustellen, dass sich weder das Sicherungseigentum, noch das (reguläre) Pfandrecht als zur 238

S. dazu oben die Einleitung direkt unter C.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

231

Bewältigung des Verwendungsrechts (right of use) hilfreiche Institute erwiesen haben. II. Fallbeispiel 2: Notwendigkeit der zügigen Verwertung des Sicherungsgegenstands Das Fallbeispiel 2 untersucht eine Situation, in der für den Gläubiger die besonders zügige Verwertung des Sicherungsgegenstands im Vordergrund steht. Nach dem gerade Gesagten werden hier die Lösungen von Rechtsordnungen, die das Sicherungseigentum anerkennen, mit den Lösungen von Rechtsordnungen verglichen, die das nicht tun. Gleichzeitig sollen die Lösungen bei der Bestellung eines Pfandrechts dargestellt werden. 1.

Das dahinter stehende Gläubigerinteresse

Der Wert einer Sicherheit hängt stark davon ab, unter welchen Umständen und in welcher Art und Weise das Gesetz seine Verwertung erlaubt. Wenn eine Sicherheit, die einfach bestellt werden kann, nur in einem umständlichen und kostenaufwendigen Verfahren verwertet werden kann, dann ist ihr Wert als effektive Sicherung gegen den Ausfall des Schuldners stark eingeschränkt. Unter Umständen kann die Schnelligkeit der Verwertung der Sicherheit eine entscheidende Rolle für den dabei erzielten Erlös spielen. Wenn der Wert des Sicherungsgegenstands durch den Einfluss äusserer Umstände sinkt, kann der Gläubiger (und unter Umständen auch der Schuldner) an einer schnellen Verwertung ohne Rücksicht auf die normalen formellen Anforderungen interessiert sein, um eine weitere Entwertung und die damit verbundene Minderung der Sicherung gegen den Ausfall des Schuldners abzuwenden. Vor dem Hintergrund der Fragestellung der Arbeit geht es dabei darum, ob das Sicherungseigentum aufgrund der grösseren Rechtsfülle des Eigentümers dem Gläubiger grössere Flexibilität verleiht, als eine beschränkte dingliche Sicherheit. 2.

Mögliche Praxis-Fälle

Die Fallgruppe zielt auf Situationen ab, in denen für den Sicherungsnehmer die möglichst schnelle Verwertung des Sicherungsguts eine überragende Bedeutung hat. Die Flexibilität des Verwertungsverfahrens spielt eine wichtige Rolle bei Gegenständen, die starken Wertschwankungen unterliegen. So kann es sein, dass die dem Sicherungsnehmer als Sicherheit übergeben Wertpapiere innerhalb kurzer Zeit an Wert verlieren, sodass ihre Funktion als Kreditsicherheit beeinträchtigt ist239. Die gleiche Situation 239 Vgl. den der Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth v. 12.11.2002, ZIP 2003, 474 ff., zugrunde liegenden Sachverhalt; RGZ 101, 47, 48; vgl. zu dieser Problematik

232

Teil 2: Fallstudien

kann sich ergeben bei Metallen und anderen Rohstoffen, die aufgrund bestimmter Umstände stark an Wert verlieren240. Ein weiteres Anwendungsbeispiel der Praxis ist der Währungsverfall241. Im Hinblick auf die Zielrichtung der Arbeit wird zu fragen sein, ob es – um das genannte Interesse des Sicherungsnehmers zu befriedigen – eines Regulierungssystems bedarf, das Eigentumssicherheiten zulässt oder ob sein Interesse durch ein den Eigentumssicherheiten ablehnend gegenüberstehendes System ausreichend berücksichtigt sein kann. 3.

Das Fallbeispiel242

Der freiberuflich tätige S ist seit 2003 Kunde bei der B-Bank. Er ist Inhaber eines Girokontos. Daneben lautet auch ein Depotkonto auf seinen Namen, in dem die Rechte des S gutgeschrieben sind. In dem Depotkonto sind zum weit überwiegenden Teil Aktien des Unternehmens X verzeichnet, das Industrieanlagen herstellt und überwiegend nach Russland und in den Nahen Osten (Syrien, Jordanien, Iran etc.) vertreibt. Alle Aktien des Unternehmens X werden vom Zentralverwahrer Z im System der Sammelverwahrung verwahrt. Die Vertragsbedingungen der B-Bank sehen ein Pfandrecht der Bank für Forderungen aus allen möglichen Vertragsbeziehungen mit den Kunden u.a. an den im Depotkonto verzeichneten Rechten des Kunden vor. Seit einiger Zeit hat sich S verschuldet. Ein im Rahmen eines Bauprojekts von der B-Bank gewährtes Darlehen kann S zum Zeitpunkt der Fälligkeit Ende 2004 nicht zurückzahlen. Da S auch den Ansprüchen weiterer auch Saenger/Bergjan, Kurzkommentar zu LG Nürnberg-Fürth a.a.O., EWiR 2003, 321 ff.; Degrandi, Rechtsprobleme des Lombardkredites, SZW 1990, 2, 10; Ochsner, Exécution du séquestre, JdT 2006 II 77, 119 sv. 240 So z.B. für den starken Verfall des Rohölpreises im Zusammenhang mit der einsetzenden Wirtschaftskrise, besonders zwischen Mai und Oktober 2008. Gleiches gilt auch für den Preisverfall für Biodiesel seit Sommer 2008 und ähnliche Produkte. 241 Z.B. die Abwertung des Dollars während des Jahrs 1985; in diesem Zusammenhang vgl. die Entscheidung der Commission de surveillance des offices des poursuites et des faillites des Kantons Genf in der Sache République Islamique d’Iran, SJ 1986, 175 sv. Gegenstand dieser Sache war die Frage der Zuständigkeit des Betreibungsamts für den Umtausch eines in US-Dollar lautenden Betrags in Schweizer Franken zwecks Werterhaltung. Aktuelle Beispiele für rasanten Währungsverfall sind z.B. die isländische Krone, der russische Rubel oder der polnisches Zloty, besonders zwischen Herbst 2008 und Anfang 2009. Daneben gibt es auch weitere mögliche Anwendungsfälle, vgl. z.B. BGE 81 III 119 zum Sinken des Verkaufswerts von Damenmode (In diesem Fall wurde keine schnelle Wertminderung angenommen); s.a. BGE 131 III 280 zum Notverkauf eines Handelsgeschäfts an einen Übernehmer mit dem Argument der schnellen Wertminderung. 242 Der Fall ist eine vereinfachte Fassung von LG Nürnberg-Fürth v. 12.11.2002, ZIP 2003, 474.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

233

Gläubiger ausgesetzt ist und seit einigen Monaten kein bedeutungsvolles Einkommen mehr erzielt hat, besteht keine Aussicht auf eine baldige Besserung der Situation des S. Seit Juli 2005 verschlechtern sich ausserdem die wirtschaftlichen Aussichten des X-Unternehmens. Grund dafür ist zum einen die Fusion von zwei russischen Konkurrenzunternehmen, zum anderen ein Einfuhrverbot für einen bedeutenden Teil der bisher an Syrien und den Iran gelieferten Maschinen. Der Wert der Aktie des X-Unternehmens fällt deshalb in einigen Tagen um ein Viertel. Als gegen Ende August eine Aufhebung der Sanktionen gegen Syrien und Iran auf lange Sicht ausgeschlossen wird, fällt der Aktienkurs weiter beträchtlich, nämlich auf 50 % des Werts des Zeitraums vor Juli 2005. Da die Aktien im Depot des S die einzige Sicherheit der B-Bank darstellen, entscheidet sie sich vor dem Hintergrund der schlechten wirtschaftlichen Lage des S dazu, alle Forderungen gegen S fällig zu stellen. Das geschieht am 1.9.2005. Die B-Bank fordert den S auf, alle Schulden sofort zu begleichen, ansonsten werde man die Aktien im Depot bestmöglich verwerten. Am 15.09.2005 hat S nicht reagiert. Der Kurs der Aktie hat sich zwischenzeitlich nicht weiter verschlechtert. Der Vorstand der B-Bank berät daraufhin unter gleichem Datum über das weitere Vorgehen. Da ein weiterer Fall des Kurses wahrscheinlich ist, hält man einen schnellen Verkauf, am besten noch unter dem 15.9., für die beste Lösung. 1. Wann (und wie) kann die B-Bank aufgrund des Pfandrechts die Aktien im Depot des S frühestens verwerten? 2. Ändert sich etwas an der Lösung des Ausgangsfalls, wenn S Kaufmann bzw. Unternehmer ist? Können S und die B-Bank privatvertraglich eine vereinfachte Verwertung erwirken? 3. Wäre das Vorgehen der Bank aussichtsreicher, wenn sie sich anstelle des Pfandrechts das Eigentum zur Sicherheit hätte übertragen lassen? Die Fragestellungen sind unter Zuhilfenahme des deutschen, schweizerischen, französischen, US-amerikanischen Rechts und des Rechts der Provinz Québec vergleichend zu lösen. Soweit möglich, sollen bei der Lösung zuerst die Verwertungsregeln des allgemeinen Rechts dargestellt werden, bevor auf die für Rechte an Wertpapieren geltenden Sonderregeln eingegangen wird.

234

Teil 2: Fallstudien

4.

Lösung des Fallbeispiels

a.

Lösung nach deutschem Recht

(i) Frage 1: Lösungsübersicht bei bestelltem Pfandrecht (a) Bestellung eines Pfandrechts Die zu beantwortende Frage ist, ob die B-Bank im Ausgangsfall sofort am 15.9.2005 die Wertpapiere im Depot des S verwerten kann. Ein Anspruch auf Verwertung kann sich aus den §§ 1205 Abs. 1 BGB und 1228 Abs. 1 BGB ergeben. Letzterer sieht die Verwertung durch Verkauf vor. Laut Sachverhalt haben sich S und die B-Bank vertraglich über die Bestellung eines Pfandrechts an den Wertpapieren im Depot zugunsten der Bank geeinigt243. Die dem Pfandrecht zugrunde liegende notwendige Forderung (§ 1204 BGB) besteht laut Sachverhalt in der Forderung auf Rückzahlung des Darlehens (§ 488 Abs. 1 S. 2 BGB) der Bank gegen S. Für den Besitzübergang von S auf die B-Bank ist die Umstellung des Besitzmittlungsverhältnisses durch den Zentralverwahrer notwendig244. In Bezug auf die Rechte an sammelverwahrten Wertpapieren und die in diesem Zusammenhang entstehenden Besitzmittlungsverhältnisse wird umfänglich auf die Ausführungen im Rahmen der ersten Fallgruppe zum Sicherungseigentum verwiesen. Das Erfordernis der Fälligkeit der Rückzahlungsforderung (§ 1228 Abs. 2 BGB) ist laut Sachverhalt gegeben. (b) Die Voraussetzungen der Verwertung nach allgemeinem Recht Sobald Verkaufsberechtigung gegeben ist (§ 1228 Abs. 2 BGB), ist der Pfandgläubiger zur Androhung der Verwertung verpflichtet (§ 1234 Abs. 1 BGB). Der Verkauf darf grundsätzlich erst nach Ablauf eines Monats nach Androhung erfolgen (Wartefrist des § 1234 Abs. 2 BGB). Sinn der mit einer Wartefrist verknüpften Androhung ist es, dem Pfandschuldner sowohl Zeit zur Erfüllung der gesicherten Forderung bzw. zur Ablösung der Schuld des persönlichen Schuldners zu geben (§ 1223 Abs. 2 BGB), als auch Zeit für das Vorbringen von Einwendungen gegen die Verwertung einzuräumen245. Der Verkauf selbst erfolgt grundsätzlich im Wege öffent-

243 Genau genommen handelt es sich dabei um die Verpfändung des dem S zustehenden Miteigentumsanteils an den sammelverwahrten Aktien des X-Unternehmens (§§ 1258, 747 BGB); vgl. Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Bd. I, 3. Aufl., München 2007, § 72 Rn. 115. 244 Schimansky/Bunte/Lwowski, § 72 Rn. 115; Einsele, Bank-und Kapitalmarktrecht, § 9 Rn. 37; s.a. Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 498. 245 Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 569; BGH NJW 1994, 2754, 2755.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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licher Versteigerung (§ 1235 Abs. 1 BGB)246. Allerdings kann der Pfandgläubiger den freihändigen Verkauf durch einen „öffentlich ermächtigten Handelsmäkler oder durch eine zur öffentlichen Versteigerung befugte Person“ zum laufenden Preis bewirken, wenn das Pfand einen Börsenoder einen Marktpreis hat (§§ 1235 Abs. 2, 1221 BGB)247. Nach dem eben Dargestellten könnte die B-Bank den Miteigentumsanteil des S an den Wertpapieren durch eine der genannten Personen freihändig veräussern lassen, da die Aktien des Unternehmens X an der Börse gehandelt werden. Allerdings könnte die Bank den Verkauf nicht sofort unter dem 15.9.2005 vornehmen lassen, da die einmonatige Wartefrist ablaufen muss. Da in der Aufforderung am 1.9.2005 eine ausreichende Androhung zu sehen ist, könnte der Verkauf mithin frühestens unter dem 1.10.2005 erfolgen. (c) Die Ausnahme der wesentlichen Wertminderung Ein anderes Ergebnis könnte sich dann ergeben, wenn der „Verderb“ oder eine „wesentliche Wertminderung“ der Aktien droht (§§ 1219-1221 BGB) und dadurch die Sicherung des Pfandgläubigers gefährdet wird. Auch hier kommt aus den gleichen Gründen wie unter (c) der freihändige Verkauf in Betracht (§ 1221 BGB). Fraglich ist, ob ein „Verderb“ oder eine „wesentliche Wertminderung“ droht. Beides liegt nicht nur im Fall der Substanzveränderung vor, sondern auch bei Veränderungen der äusseren Beziehungen zur Sache, z.B. ihres Börsenpreises248. Der Verfall darf nicht nur geringfügig im Verhältnis zum verbleibenden Sachwert sein. Teilweise wird dabei der Massstab des § 237 BGB angewandt und gefragt, ob zwei Drittel des Werts der Pfandsache unter dem Wert der gesicherten Forderung liegen249. In Bezug auf die Wertminderung von Aktien wird vertreten, dass es sich um einen nennenswerten Kursrückgang handeln müsse, der ein „ge246 Gemäss § 383 Abs. 3 BGB hat „die Versteigerung durch einen für den Versteigerungsort bestellten Gerichtsvollzieher oder zu Versteigerungen befugten anderen Beamten oder öffentlich angestellten Versteigerer öffentlich zu erfolgen“. 247 S. dazu auch § 385 BGB. Der freihändige Verkauf ist der Verkauf ohne das Erfordernis einer Versteigerung. Ein Börsen- oder Marktpreis ist gegeben, wenn für die betreffende Sache am Verkaufsort ein Durchschnittspreis ermittelt werden kann, vgl. RGZ 34, 117, 120 und MünchKommBGB/Wenzel, § 385 Rn. 2; erforderlich ist dafür eine grössere Anzahl gleichartiger Geschäfte am Ort des Verkaufs. Wertpapiere, die nicht zum Handel an der Börse zugelassen sind oder nicht täglich an der Börse gehandelt werden, haben zwar keinen Börsenpreis, jedoch kann auch hier ein Marktpreis festgestellt werden, vgl. BT-Drucks. 15/1853 S. 17; der „laufende Preis“ ist der Durchschnittspreis am Tag und Ort des Verkaufs, vgl. MünchKommBGB/Wenzel, § 385 Rn. 2; Staudinger/Wiegand (2002) § 1221 Rn. 2. 248 Staudinger/Wiegand (2002) § 1218 Rn. 3. 249 MünchKommBGB/Damrau, 1219 Rn. 2.

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Teil 2: Fallstudien

wisses Ausmass mit zu erwartender Nachhaltigkeit“ zeigt250. Als Kriterien dafür können die Fragestellungen dienen, ob der Verfall über eine blosse aktientypische Volatilität hinausgeht und ob ein bestimmtes firmenspezifisches Risiko zum Verfall führt251. § 1220 Abs. 1 BGB erlaubt die Verwertung ohne Androhung nur im Fall, dass das Pfand dem Verderb ausgesetzt ist. Bei einer Wertminderung ist die Androhung und das Setzen einer angemessenen Frist zur Leistung anderweitiger Sicherheit weiterhin erforderlich. Androhung und Fristbestimmung dürfen nur unterbleiben, wenn sie untunlich, d.h. dem Pfandgläubiger im Einzelfall nicht zuzumuten sind. Für den Fall von Wertpapieren ist schliesslich der freihändige Verkauf anstelle der Versteigerung möglich (§ 1221 BGB). Fraglich ist, ob der Sachverhalt hier die Annahme eines nennenswerten Rückgangs im Kurs zulässt. Laut Sachverhalt betrug der Kurs Anfang September 2005 und wohl auch noch Mitte September 2005 50 % des Werts von der Zeit vor Juli 2005. Dieser Rückgang um mehr als die Hälfte dürfte ohne Weiteres ein nennenswertes Ausmass haben. Hinzu kommt, dass ein weiterer Verfall des Kurses als wahrscheinlich gilt. Der Verfall müsste aber auch nachhaltig sein. Hier ist darauf hinzuweisen, dass das XUnternehmen in besonderer Weise von bestimmten Märkten abhängig ist. Wenn nun, wie zumindest im Fall des Iran und Syriens, Zugangsbeschränkungen errichtet werden, fallen für das Unternehmen wichtige Märkte weg. Daneben bleiben nicht viele andere Absatzgebiete. Die Situation in Russland hat sich für das X-Unternehmen auch verschlechtert. Hinzu kommt schliesslich der zeitliche Aspekt: Laut Sachverhalt ist von einer baldigen Aufhebung der Sanktionen nicht auszugehen. Deshalb dürften die Anforderungen an die Nachhaltigkeit des Verfalls auch erfüllt sein. (d) Ergebnis zur Frage 1 Eine Bewertung auf der Basis des deutschen Rechts führt mithin zu dem Ergebnis, dass eine wesentliche Wertminderung zu bejahen ist. Auf der Basis der §§ 1219-1221 BGB konnte die B-Bank die Aktien mithin schon nach einer angemessenen Frist nach Androhung (s. § 1220 Abs. 1, 2. Fall BGB252) nach den Vorgaben des § 1221 BGB freihändig verwerten lassen.

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S. LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2003, 474, 475; Saenger/Berjan, Kurkommentar zu LG Nürnberg-Fürth a.a.O., EWiR 2003, 321, 322; RGZ 101, 47, 48 bejaht diese Voraussetzungen implizit bei einem Kursrückgang von „Petersburger Handelsaktien“ von 149,5 auf 112 zurzeit der Situation in Russland in den Jahren 1917 und 1918; s.a. MünchKommBGB/Damrau, 1219 Rn. 2. 251 So das LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2003, 474, 475. 252 Den Verzicht auf die Androhung sieht § 1220 Abs. 1 BGB nur für den Fall des Verderbs vor. Für den Fall der Wertminderung verlangt er weiterhin die Androhung (al-

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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Die angemessene Frist nach § 1220 Abs. 1 BGB muss eingehalten werden, um dem Schuldner die Stellung anderweitiger Sicherung zu ermöglichen. Im vorliegenden Fall dürfte eine Frist von wenigen Tagen ausgereicht haben. Danach hätte die Bank vermutlich schon am 3. oder 4. September die Verwertung veranlassen können. Die Aussicht auf einen weiteren Kursverfall könnte unter Umständen auch zu dem Ergebnis führen, dass die Androhung untunlich ist, wonach die Bank schon unter dem 1. September hätte verwerten können. Da hier aber von dem Datum des 15. September ausgegangen wird und der Wert der Aktie zwischen Anfang und Mitte September nicht weiter gefallen ist, wird man vom Erfordernis einer Androhung mit kurzer Wartefrist (eventuell 2-3 Tage) ausgehen können. (ii) Lösung der Frage 2 (a) S als Kaufmann Wäre S Kaufmann gewesen, wäre der Abschluss des Depotvertrags für ihn im Zweifel als ein Handelsgeschäft anzusehen (§§ 344 Abs. 1, 343 Abs. 1 HGB). Folge wäre die Anwendung von § 368 Abs. 1 HGB, der die Monatsfrist des § 1234 Abs. 2 BGB auf 1 Woche verkürzt. § 368 Abs. 1 HGB führt aber nur zu einer Änderung der allgemeinen pfandrechtlichen Vorschriften. Daneben bleiben die für Verderb und Wertminderung geltenden Regeln der §§ 1218 ff. BGB unberührt. Es gibt mithin hier kein abweichendes Ergebnis im Vergleich zu (i). (b) Abkürzung durch privatvertragliche Einigung Durch eine privatvertragliche Vereinbarung könnte die B-Bank neben einer Veräusserung unter laufendem Preis auch ihr Interesse an einer schnelleren Verwertung als im Gesetz vorgesehen, befriedigen. § 1245 Abs. 1 BGB erlaubt eine vertragliche Abweichung von einem Grossteil der Verwertungsvorschriften schon vor Eintritt der Verkaufsberechtigung. Insofern ist es sowohl möglich, auf Androhung und Wartefrist ganz zu verzichten, als auch eine kürzere Wartefrist zu vereinbaren253. Hier sind allerdings die Grenzen des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen zu beachten. Bisher wurde der in allgemeinen Geschäftsbedingungen standardisiert vorgesehene Ausschluss von Androhung und Fristsetzung mehrheitlich als unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners und damit als unwirksam i.S.v. § 307 Abs. 1 und 2 BGB angesehen254. Dieses Ergebnis ist lerdings mit der Ausnahme der Untunlichkeit, s. Abs. 3) und die Setzung einer angemessenen Frist für anderweitige Sicherungsleistung. 253 Staudinger/Wiegand (2002) § 1234 Rn. 2; Weber, 155. 254 Die massgeblichen Entscheidungen BGH NJW 1992, 2626, 2627; NJW 1994, 2754, 2755; NJW 1995, 1085, 1086 sind zum Ausschluss von Androhung und Fristset-

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Teil 2: Fallstudien

problematisch für Banken, da allgemeine Vertragsbedingungen das typische Mittel zur Regelung vertraglicher Beziehungen mit den Kunden sind und eine Bank sich nicht leisten kann, im Massengeschäft mit den Bankkunden Vertragsklauseln im Einzelnen auszuhandeln, um die Anwendbarkeit der AGB-Vorschriften so auszuschliessen. Festzuhalten ist mithin, dass ein genereller Ausschluss von Androhung und Fristsetzung für die B-Bank aus den dargelegten Gründen wohl nicht zu erreichen ist. Das stellt aber kein Problem dar, da die Bank an der sofortigen Verwertung wohl nur dann interessiert ist, wenn die Gefahr besteht, dass sie ihre Sicherung verliert. Wenn sie daher in ihren Geschäftsbedingungen nur für diesen Fall Androhung und Fristsetzung ausschliesst oder beschränkt, dann dürfte insofern kein Verstoss gegen § 307 BGB vorliegen, weil die Bank insofern nicht von bestehendem Recht (nämlich den §§ 1218 ff. BGB) abweicht. (c) Der Einfluss der Finanzsicherheitenrichtlinie auf die Fragestellung Etwas anderes könnte sich aber unter dem Anwendungsbereich des durch Gesetz vom 05.04.2004 neu in den BGB aufgenommenen § 1259 ergeben. Die Norm wurde zur Umsetzung der Richtlinie 2002/47/EG eingefügt255. zung bei der Verwertung sicherungsabgetretener Lohn- und Gehaltsansprüche ergangen. BGH NJW 1992, 2626, 2627 weist darauf hin, dass die Interessen des Schuldners in solchen Fällen noch schwerer wiegen, als im Fall der Verpfändung einer Sache, denn der Gläubiger tritt in die volle Rechtsstellung des Schuldners ein, bei Zahlungsbereitschaft des Dritten ohne Möglichkeit eines gerichtlichen Erkenntnisverfahrens. Dennoch finden die grundsätzlichen Gedanken auch im vorliegenden Fall zum Schutz des Pfandschuldners Anwendung, vgl. Staudinger/Wiegand (2002) § 1234 Rn. 3; Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 4. Aufl. München 1999, § 9 S 107; a.A. aber MünchKommBGB/Damrau, § 1234 Rn. 5 mit dem Argument, dass die Klausel nur von einem unwesentlichen Gedanken des Gesetzes abweiche, da § 1234 Abs. 1 S. 2 BGB das Unterlassen der Androhung ermögliche, wenn diese untunlich sei. 255 Die Finanzsicherheitenrichtlinie zielt darauf ab, gemeinschaftsweit gleiche Regelungen in Bezug auf die Bereitstellung von Wertpapieren und Barguthaben als Sicherheit entweder im Wege der Bestellung einer beschränkten dinglichen Sicherheit oder im Wege der Vollrechtsübertragung zu erwirken. Das soll zu einer „weiteren Integration und höheren Kostenwirksamkeit des Finanzmarkts sowie zur Stabilität des Finanzsystems in der Gemeinschaft beitragen und dadurch den freien Dienstleistungs- und Kapitalverkehr im Finanzbinnenmarkt fördern“; vgl. Erwägungsgrund 3 der RL und BT-Drucks. 15/1853 S. 1; s.a. Erman/Michalski, 12. Aufl., Köln 2008, § 1259 Rn. 2; § 1259 BGB geht v.a. auf Art. 4 der RL zurück. Dessen Abs. 1 lautet: „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass im Verwertungs- bzw. Beendigungsfall der Sicherungsnehmer jede in Form eines beschränkten dinglichen Sicherungsrechts bestellte Finanzsicherheit vereinbarungsgemäss wie folgt verwerten kann: a) bei Finanzinstrumenten durch Verkauf oder Aneignung und anschliessende Verrechnung ihres Werts mit den massgeblichen Verbindlichkeiten oder Verwendung an Zahlungs statt (…)“. Absatz 4 lautet: „Finanzsicherheiten können vorbehaltlich der Bedingungen der Sicherheitsvereinbarung in der vorgenannten Weise verwertet wer-

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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Wäre S Unternehmer (die Bank ist eine juristische Person), wäre der persönliche Anwendungsbereich der Norm eröffnet. Wie bei §§ 1221 und 1235 Abs. 2 BGB ist der sachliche Anwendungsbereich auf eine Pfandsache beschränkt, für die ein Börsen- oder Marktpreis besteht. § 1259 BGB ermöglicht es den Parteien, beim Abschluss der Verpfändung eine Vereinbarung über die Verwertung zu treffen, die von den gesetzlichen Voraussetzungen noch weiter abweicht, als es § 1245 ermöglicht256. Über die Regelung des § 1245 BGB hinaus können die Parteien den freihändigen Verkauf ermöglichen, der abweichend von §§ 1235 Abs. 2, 1221 BGB auch durch den Pfandgläubiger selbst erfolgen kann. Auf die Verwertungsandrohung und Wartefrist kann ebenso wie bei § 1245 Abs. 1 BGB verzichtet werden. Schliesslich erlaubt § 1259 BGB in Abweichung von § 1229 BGB eine Verfallvereinbarung257. Fraglich ist, ob vor dem Hintergrund der Einfügung des § 1259 BGB der in allgemeinen Vertragsbedingungen standardisierte Ausschluss von Androhung und Wartefrist nicht mehr als Verstoss gegen § 307 Abs. 1 oder 2 BGB zu werten wäre. Gegen eine zu oben abweichende Betrachtung könnte sprechen, dass weiterhin ein Bedürfnis nach Schutz vor einer unangemessenen Benachteiligung durch den Verwender besteht258. Für eine abweichende Betrachtung und gegen einen Verstoss spricht aber, dass § 1259 BGB, der ausdrücklich die Ziele der Richtlinie verfolgt, eine gewisse Leitbildfunktion hat, die zugunsten der Wirksamkeit einer entsprechenden Klausel sprechen könnte259. Die Norm ist Teil des Gesetzes; in ihrem Anwendungsbereich kann deshalb nicht von wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) abgewichen werden260. Im Übrigen wäre im Gleichklang mit der obigen Arden, ohne dass a) eine Verwertungsandrohung erforderlich ist; b) ein Gericht, ein Beauftragter einer öffentlichen Stelle oder eine andere Person den Verwertungsbedingungen zugestimmt haben muss; c) die Verwertung mittels einer Auktion oder auf eine andere vorgeschriebene Art und Weise stattfinden muss oder d) eine zusätzliche Wartefrist verstrichen sein muss.“ Zur Umsetzung der RL durch § 1259 BGB s.a. Kollmann, Zur Umsetzung der Richtlinie 2002/47/EG vom 6. Juni 2002 über Finanzsicherheiten in das deutsche Recht, WM 2004, 1012, 1018f.; Erman/Michalski, § 1259 Rn. 2; Palandt/Bassenge, § 1259 Rn. 1. 256 Nach § 1259 S. 3 BGB finden die §§ 1229 und 1233 bis 1239 BGB keine Anwendung, wenn eine Verwertungsvereinbarung nach § 1259 BGB getroffen wurde. 257 S. 2 der Vorschrift regelt die Folgen des Verfalls. Die Forderung gilt in Höhe des am Tag der Fälligkeit geltenden Börsen- oder Marktpreises als berichtigt, vgl. Erman/Michalski, 12. Aufl., Köln 2008, § 1259 Rn. 9. Die Norm ist in Bezug auf die Folgen des Verfalls – verglichen mit der französischen Regelung in Art. 2348 C.civ. – eher knapp. 258 S. zum Schutzzweck der §§ 305 ff. BGB Palandt/Heinrichs, Überbl v § 305 Rn. 8. 259 Vgl. Im Rahmen von § 307 Abs. 2 BGB Staudinger/Coester (2006) § 307 Rn. 229. 260 Insofern wird das Argument von MünchKommBGB/Damrau, § 1234 Rn. 5 (s. Fn. 23) in der Fallkonstellation des § 1259 BGB verstärkt.

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Teil 2: Fallstudien

gumentation eine wirksame Durchsetzung der Ziele der Richtlinie unmöglich, müsste eine Bank mit ihren Kunden die entsprechende Klausel im Einzelnen aushandeln. Der Ausschluss von Androhung und Wartefrist durch allgemeine Vertragsbedingungen muss mithin im Anwendungsbereich von § 1259 BGB wirksam sein; zumindest muss das dann gelten, wenn er auf den Fall eines Wertrückgangs der Pfandsache261 beschränkt wird. (d) Ergebnis zu Frage 2 Für den Normalfall des Pfandrechts gilt Folgendes: Wenn S Kaufmann ist, verkürzt sich die gesetzliche Wartefrist auf 1 Woche. Die Wartefrist kann durch Vertrag bereits vor Eintritt der Verkaufsberechtigung abgekürzt werden. Der generelle komplette Ausschluss im Wege der allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nicht möglich. Eine Ausnahme ist allerdings § 1259 BGB, der – soweit sein spezieller Anwendungsbereich eröffnet ist – generell die Vereinbarung einer Verwertung unter Ausschluss von Androhung und Wartefrist ermöglich. Er hilft der B-Bank hier aber nicht weiter, da kein Anhaltspunkt besteht, dass S beim Abschluss des Depotvertrags in Ausübung seiner selbständigen beruflichen Tätigkeit gehandelt hat262. In allen Konstellationen ist jedoch wie im Ausgangsfall die Verwertung nach Androhung und kurzer angemessener Frist – oder u.U. sogar unter Ausschluss der Androhung, wenn sie untunlich ist – möglich, sofern die Voraussetzungen des Verderbs oder der wesentlichen Wertminderung gegeben sind. Im Ergebnis ergibt sich für die Lösung des Falls kein Unterschied zum Ausgangsfall. (iii) Frage 3: Lösung bei Vereinbarung der Sicherungsübereignung (a) Bei Fehlen einer Vereinbarung über die Verwertung Schwierig ist die Beantwortung der Frage nur dann, wenn die Parteien sich nicht darüber geeinigt haben, wie die Verwertung im Einzelnen ablaufen soll. Es ist umstritten, ob in diesem Fall auf die gesetzlichen Regelungen der Verwertung des Pfandrechts in den §§ 1234 ff. BGB zurückgegriffen werden soll. Nach einer Ansicht263 ist bei der Verwertung von Sicherungsgut grundsätzlich und vollständig auf die Regelungen zum Pfandrecht abzustellen. Begründet wird das u.a. mit dem Argument, dass die Sicherungsübereignung nur zur Umgehung des Faustpfandprinzips, nicht aber 261

Hierbei kann es sich nur um Fälle handeln, die nicht schon von §§ 1219–1221 BGB erfasst werden. 262 S. zur Definition des Unternehmers § 14 Abs. 1 BGB. 263 S. z.B. Wieling, Sachenrecht, 5. Aufl., Berlin 2007, § 18 5; Prütting, Sachenrecht, 33. Aufl., München 2008, Rn. 412.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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zur Verminderung des Schuldnerschutzes als zulässig anerkannt worden sei264. Die mehrheitlich vertretene Gegenansicht will einen Rückgriff auf die Normen des Pfandrechts im Grundsatz nicht anerkennen. Im Hinblick darauf, wie der nötige Schuldnerschutz erreicht werden kann, werden dabei unterschiedliche Vorschläge präsentiert. Z.T. wird darauf verwiesen, dass es insofern ausreichend sei, dass der Sicherungsnehmer aus dem Sicherungsvertrag zur Beachtung der berechtigten Interessen des Sicherungsgebers verpflichtet sei265. Auf diese Pflicht ist in der Rechtsprechung mehrfach hingewiesen worden266. Insbesondere sei der Sicherungsnehmer daher verpflichtet, sich um das bestmögliche Verwertungsergebnis zu bemühen267. Teilweise wird vertreten, dass auf die Bestimmungen des Pfandrechts zurückgegriffen werden soll, wenn sie Konkretisierungen des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) darstellten268. Schliesslich wird vorgeschlagen, bestimmte Regelungen ergänzungsweise bei der Auslegung des Vertragsverhältnisses heranzuziehen269 oder nur solche Pfandrechtsregelungen anzuwenden, die einen allgemeinen Billigkeitsgedanken erkennen lassen, der sich nicht allein auf das Sicherungsmittel des Pfandrechts beschränken lässt270. Alle genannten Ansichten kommen für den Normalfall der Verwertung der sicherungsweise übereigneten Sachen zum Erfordernis der Androhung. Nach der ersten Ansicht, die generell auf die Pfandrechtsvorschriften abstellt, ergibt sich das Erfordernis der Androhung der Verwertung aus der einfachen Anwendung des § 1234 Abs. 1 BGB, sofern die einschlägigen Vorschriften keine Ausnahme zulassen271. Aber auch die Ansicht, nach der Pfandrechtsvorschriften grundsätzlich nicht auf das Sicherungseigentum anzuwenden sind, kommt zum gleichen Ergebnis, jedoch durch unterschiedliche Erwägungen, je nach der Spezifik ihres Ausgangspunkts272. 264

Wieling, § 18 5. Weber, 177. 266 S. nur BGH NJW 1997, 1063, 1064; NJW 2000, 352, 353. 267 BGH NJW 2000, 352, 353; OLG Frankfurt a.M. MDR 1991, 255; OLG Düsseldorf NJW-RR 1990, 1073, 1074; Soergel/Henssler (2002) § 930 Anh Rn. 72. 268 Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1222; ders., Anwendbarkeit von Pfandrechtsbestimmungen auf die Sicherungstreuhand, 2. Teil, WM 1985, 405, 410. 269 Brehm/Berger, 497. 270 Serick, Die Verwertung von Sicherungseigentum, BB 1970, 541, 546. 271 So ausdrücklich Wieling, § 18 5 in Fn. 38. 272 Serick sieht keine Probleme darin, in dem Erfordernis der Androhung der Verwertung eine verallgemeinerungsfähige Billigkeitsentscheidung zu sehen, die auch auf die Sicherungsübereignung anwendbar ist. Dabei argumentiert er mit dem zwischen Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber bestehenden Treuhandverhältnis, das den Sicherungsnehmer grundsätzlich verpflichte, den Sicherungsgeber auf die beabsichtigte Verwertung hinzuweisen, vgl. Serick, BB 1970, 541, 546. Nach Bülow ist das Erfordernis der Androhung eine Konkretisierung des Grundsatzes von Treu und Glauben und deshalb zu be265

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Teil 2: Fallstudien

In Bezug auf die Wartefrist vor Beginn der Verwertung ergibt sich Folgendes: Die auf die Pfandrechtsregelungen abstellende Ansicht würde hier zum gleichen Ergebnis kommen wie oben zum Pfandrecht. Danach ist grundsätzlich die Monatsfrist des § 1234 Abs. 2 BGB einzuhalten. Die Vertreter der anderen Ansicht, die als Korrektiv lediglich auf die berechtigten Belange des Pfandschuldners abstellen, ermöglichen über die Interessenabwägung273 eine von § 1234 BGB abweichende Regelung der Länge der Wartefrist. Auch nach den anderen Vertretern der zweiten Ansicht scheint eine Abkürzung der Wartefrist möglich, da sie nicht starr an § 1234 BGB festhalten, sondern ihn vielmehr dem Grundsatz von Treu und Glauben unterordnen274. Mithin kommt es auf eine auf den Einzelfall abstellende Interessenabwägung an, deren Ergebnis den Anforderungen an Treu und Glauben entspricht275. Zu prüfen ist, ob auch im konkreten Fall der Wertminderung von Aktien Androhung und Fristsetzung erforderlich ist. Nach der ersten Ansicht muss hier auf die einschlägigen Pfandrechtsvorschriften abgestellt werden (§§ 1219-1221 BGB). Insofern würde sich kein Unterschied zu einem Pfandrecht ergeben. Insofern, als mit dem Hinweis auf einen allgemeinen Billigkeitsgedanken oder dem Grundsatz von Treu und Glauben § 1234 BGB für anwendbar erklärt wird276, liegt die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften, die eine Ausnahme von § 1234 BGB vorsehen, ebenfalls nahe. Die auf die Rücksichtspflicht des Pfandgläubigers abstellende Ansicht lässt dagegen einen gewissen Abwägungsspielraum. Es wird darauf hinrücksichtigen, vgl. Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1222; ders., Anwendbarkeit von Pfandrechtsbestimmungen, WM 1985, 405, 410, mit dem Hinweis, dass die Verwertung ultima ratio sei. Es sei daher auch die Pflicht des Sicherungseigentümers, dem Sicherungsgeber noch eine letzte Möglichkeit zur Erfüllung zu geben. Insofern, als lediglich auf die generelle Rücksichtnahmepflicht aus dem Sicherungsvertrag abgestellt wird (vgl. Weber, 177), ist zu klären, ob die Androhung der Verwertung generell zu den „berechtigten Interessen“ des Sicherungsgebers gehören würde. Der Pfandschuldner hat generell ein Interesse daran, zu wissen, ab wann es „ernst wird“ und ob der Gläubiger noch Geduld mit ihm hat. Zwar muss er ab Fälligkeit der Forderung mit der Verwertung rechnen (§ 1228 Abs. 2 BGB), jedoch erfordert es der Umstand, dass die Verwertung ultima ratio des Gläubigers ist, dass er dem Pfandschuldner noch eine letzte Möglichkeit zur Erfüllung der Forderung gibt, vgl. dazu auch Bülow, Anwendbarkeit von Pfandrechtsbestimmungen, WM 1985, 405, 410. Dieser Belang ist grundsätzlich auch berechtigt, denn dem Pfandschuldner kann durch das Unterlassen der Androhung ein Schaden entstehen, z.B., wenn er gerade einen Kredit aufgenommen hatte, um die Schuld begleichen zu können, vgl. Serick, BB 1970, 541, 546. 273 Vgl. BGH NJW 2000, 352, 353; WM 1997, 432, 433; WM 1997, 1574, 1475. 274 Vgl. Serick, BB 1970, 541, 546; Bülow, Anwendbarkeit von Pfandrechtsbestimmungen, WM 1985, 405, 410; s.a. Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1221 f. 275 Bülow, Anwendbarkeit von Pfandrechtsbestimmungen, WM 1985, 405, 410. 276 Serick, BB 1970, 541, 546, Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1222; ders., Anwendbarkeit von Pfandrechtsbestimmungen, WM 1985, 405, 410; Brehm/Berger, 497.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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gewiesen, dass schutzwürdige Sicherungsinteressen des Pfandgläubigers277, z.B. die Notwendigkeit schneller Verwertung, um den Wert der Sicherheit zu erhalten, die berechtigten Belange des Pfandschuldners278 überwiegen könnten. Im Ergebnis werden sich die beiden Ansichten kaum unterscheiden: Je nach Schweregrad der Gefahr für den Bestand der Sicherheit erlauben §§ 1219-1221 BGB die Abkürzung der Wartefrist oder sogar den Verzicht auf die Androhung. Die Ansichten, welche die Anwendung der Pfandrechtsvorschriften ablehnen, werden den Schweregrad der Gefahr im Einzelnen im Rahmen der Abwägung der Interessen von Sicherungseigentümer und Sicherungsgeber berücksichtigen. Beide Ansichten müssen das eventuelle Interesse des S berücksichtigen, abzuwarten, ob sich der Kurs wieder erholt, was eine bessere Verwertung ermöglichen würde279. Ebenfalls müssen beide Ansichten das Interesse der B-Bank berücksichtigen, angesichts des Risikos des weiteren Kursverfalls zu reagieren und die Aktien wenigstens unter dem augenblicklichen Kurs zu veräussern. Dieses Interesse ist aufgrund der Aussicht des weiteren Verfalls und angesichts der finanziellen Situation des S als hoch einzustufen. Die Abwägung wird mithin bei beiden Ansichten zu dem Ergebnis führen, dass die B-Bank dem S die Verwertung zwar anzudrohen hat, aber nach der Androhung nur eine sehr kurze Zeit geben muss, um zu reagieren. Vor dem Hintergrund des Sachverhalts scheint – wie im Ausgangsfall – eine kurze Frist von 2 oder 3 Tagen als angemessen. (b) Bei vertraglicher Einigung über die Verwertung Im Unterschied zur grundsätzlichen Situation beim Pfandrecht ist der in allgemeinen Vertragsbedingungen geregelte gänzliche Ausschluss der Androhung möglich. Beim Pfandrecht ergab sich die generelle Möglichkeit des vertraglichen Ausschlusses aus § 1245 BGB, allerdings erwies sich der gänzliche Ausschluss einer Androhung aufgrund des Rechts der allgemeinen Vertragsbedingungen als problematisch. Dieses Problem ergibt sich bei der Sicherungsübereignung nicht, da sie – wie oben dargestellt – grundsätzlich nicht auf die Pfandrechtsvorschriften zurückgreift, sodass eine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Rege-

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BGH NJW 2000, 352, 353; WM 1997, 432, 433; WM 1997, 1574, 1475. Der Schuldner hat z.B. ein Interesse, dass ihm die Verwertung angezeigt wird, damit er nicht in der Folgezeit aufgrund seiner Unwissenheit anderweitige Verpflichtungen im Hinblick auf seine Schuld unternimmt, vgl. Serick, BB 1970, 541, 546 279 Vgl. LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2003, 474, 476. 278

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Teil 2: Fallstudien

lung insoweit nicht vorliegt (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Das Sicherungseigentum ist insoweit wesentlich anders geartet als das Pfandrecht280. (c) Ergebnis zu Frage 3: Sofern die Parteien keine besondere Abmachung über die Verwertung getroffen haben, ist – bei dem gegebenen Sachverhalt – die Androhung der Verwertung erforderlich. Die Wartefrist kann mit einigen Tagen (Vorschlag: 2-3 Tage) sehr kurz gehalten werden. In allgemeinen Vertragsbedingungen kann der gänzliche Ausschluss der Androhung wirksam vereinbart werden. (iv) Systematik der Ergebnisse zum deutschen Recht Im Grundfall des gesetzlichen Pfandrechts ist eine Verwertung erst nach einer Androhung und nach Ablauf einer einmonatigen Wartefrist möglich. Diese Grundfrist kann jedoch durch privatvertragliche Einigung verkürzt werden. Gleiches gilt für den Fall, dass S Kaufmann ist. Der gänzliche Ausschluss der Androhung (sofortige Verwertung nach Fälligkeit) kann im Rahmen der Sicherungsübereignung durch Privatvereinbarung mittels allgemeiner Vertragsbedingungen erreicht werden, beim Pfandrecht, soweit der Anwendungsbereich des § 1259 BGB reicht, ansonsten nur ausserhalb des AGB-Rechts. In dem hier vorliegenden Fall einer wesentlichen Wertminderung kann die B-Bank nach einer Androhung und nach Ablauf einer kurzen Wartefrist von 2-3 Tagen mit der Verwertung beginnen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob eine privatvertragliche Abmachung besteht, S Kaufmann ist oder ob das Eigentum sicherungsweise übertragen wurde. § 1259 BGB, der den Verzicht auf die Androhung ermöglichen würde, ist hier nicht einschlägig. In allen Konstellationen wäre als Ausnahme auch der Verzicht auf die Androhung möglich.

280 Weber, 176; RGZ 143, 113, 118 spricht ausdrücklich davon, dass der Sicherungsnehmer hinsichtlich der Verwertung erheblich freier gestellt sei.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

245

Grafische Übersicht Verwertung ohne Wertminderung frühestens möglich nach… Pfand Grundkonst.

Pfand Handelsgesch.

Pfand AGBs

Pfand § 1259 BGB

SiET ohne Verwertungsregelung

SiET mit AGBs

1 Monat nach Androhung 1 Woche nach Androhung Wenige Tage nach Androhung Sofort ohne Androhung

Verwertung in der Fallkonstellation (wesentliche Wertminderung) frühestens möglich nach… Pfand Grundkonst.

Pfand Handelsgesch.

Pfand AGBs

Pfand § 1259

SiET ohne Verwertungsregelung

SiET mit AGBs

1 Monat nach Androhung 1 Woche nach Androhung Wenige Tage nach Androhung Sofort ohne Androhung

b.

Lösung nach schweizerischem Recht

(i) Lösungsübersicht bei bestelltem Pfandrecht (a) Lösung nach allgemeinem Recht Die Regelungen zur Verwertung eines Pfands nach schweizerischem Recht befinden sich – im Unterschied zum deutschen Recht – im Rahmen der

246

Teil 2: Fallstudien

Vorschriften über die Zwangsvollstreckung und den Konkurs, namentlich in den Art. 151 -158 SchKG. Art. 891 Abs. 1 ZGB beschränkt sich darauf, auf das Recht des Gläubigers hinzuweisen, sich im Falle der Nichtbefriedigung aus dem Pfand zu befriedigen. In Bezug auf die Entstehung des Pfandrechts nach allgemeinem Recht gilt das gleiche, was schon zum deutschen Recht gesagt worden ist. Der einzige Unterschied besteht darin, dass aufgrund des im schweizerischen Recht geltenden Kausalitätsprinzips281 ein gültiger Erwerbstitel, der Pfandvertrag282, notwendige Voraussetzung für die wirksame Begründung des dinglichen Rechts ist. Nach dem allgemeinem Recht gilt für die Verwertung Folgendes: Der Pfandgläubiger, der sein Pfand verwerten will, muss ein Betreibungsbegehren an das für seinen Kanton zuständige Betreibungsamt richten (Art. 151, 67 SchKG)283. Dieses erlässt gegenüber dem Schuldner einen Zahlungsbefehl (Art. 152, 69 SchKG), verbunden mit der Androhung, dass die Pfandverwertung erfolgt, sollte der Schuldner nicht innerhalb einer Frist von einem Monat doch noch zahlen284. Art. 154 Abs. 1 SchKG legt fest, dass der Gläubiger die Verwertung des Pfands frühestens einen Monat nach Zustellung des Zahlungsbefehls beim Betreibungsamt verlangen kann285. Nach Art. 156, 125 SchKG erfolgt die Verwertung grundsätzlich im Wege der öffentlichen Versteigerung, die durch Beamte des Betreibungsamtes durchgeführt wird286. Bei Wertpapieren, die einen Markt- oder Börsenpreis haben, kann die Verwertung freihändig erfolgen, wenn der angebotene Preis dem Tageskurs gleichkommt (Art. 130 Nr. 2 SchKG)287. 281 Zwar wird auch in der Schweiz das Vorliegen eines vom kausalen Grundgeschäft getrennten Verfügungsvertrags angenommen (Trennungsprinzip), allerdings ist der Eigentumsübergang von Wirksamkeit und Bestehen des schuldrechtlichen Vertrags abhängig, vgl. dazu BGE 55 II 306 ff.; 114 II 49; 119 II 328; BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1394; Steinauer, III, no 3096; Tuor/Schnyder/Schmid, 906. 282 Versprechen des Pfandgebers, Gläubiger zur Sicherung seiner Forderung eine Pfandsache zu übergeben; zum Pfandvertrag vgl. BSK ZGB II-Bauer, Art. 884 Rn. 13 ff.; Steinauer, III, no 3094. 283 Das ist entweder das Betreibungsamt am Wohnsitz des Schuldners (Art. 46 Abs. 1 SchKG) oder am Ort der Belegenheit der Pfandsache (Art. 51 Abs. 1 SchKG). 284 S. zu dieser Bedenkfrist z.B. SchKG-Känzig/Bernheim, Art. 152 N 4. 285 Das Betreibungsamt beginnt mit der Verwertung, wenn seit Zustellung des Zahlungsbefehls ein Monat verstrichen ist. Der Schuldner hat die Möglichkeit, gegen den Zahlungsbefehl Rechtsvorschlag zu erheben (Art. 153a, 74 SchKG), wodurch der Ablauf der Monatsfrist gehemmt wird (Art. 154 Abs. 1 S. 2 SchKG). Die zu früh vorgenommene Verwaltungsmassnahme ist unwirksam, vgl. SchKG-Känzig/Bernheim, Art. 154 N 10; BGE 69 III 46. 286 SchKG-Rutz, Art. 125 N 4. 287 In Bezug auf den Markt- oder Börsenpreis kann auf die Ausführungen zum deutschen Recht verwiesen werden, vgl. oben Abschn. II. 4. a. (i) (b). Für das schweizerische

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

247

Für den Fall der „schneller[en] Wertminderung“ des Pfandgegenstands kann der Betreibungsbeamte die Gegenstände „jederzeit“ verwerten (Art. 124 Abs. 2 SchKG)288. Nach wie vor wird davon ausgegangen, dass das Betreibungsamt die Massnahmen nach Art. 124 Abs. 2 SchKG erst nach Vorliegen eines rechtskräftigen Zahlungsbefehls ergreifen darf289. Das hat zur Konsequenz, dass das Betreibungsamt die Verwertung nach Art. 124 Abs. 2 SchKG nur vornehmen kann, wenn nach Ablauf von 10 Tagen (Art. 74 Abs. 1 SchKG) kein Rechtsvorschlag gegen den Zahlungsbefehl erhoben wurde (Art. 153a, 74 SchKG)290. Sollte „schnelle Wertminderung“ vorliegen, könnte die Verwertung mithin frühestens 10 Tage nach Zustellung des Zahlungsbefehls erfolgen291. Zum Notverkauf von Aktien liegt bisher keine Entscheidung schweizerischer Gerichte vor, allerdings dürften die Anforderungen mit der in Deutschland geltenden Rechtslage vergleichbar sein292. Recht s. BGE 63 III 81; Dallèves/Foëx/Jeandin, Poursuite et faillite, Genève [et al.] 2005, Art. 130 LP no 15; SchKG-Rutz, Art. 125 N 7. Der angebotene Preis muss dem Tageskurs „gleichkommen“. Teilweise wird angenommen, dass bei Zustimmung aller Beteiligter auch ein Preis unter dem Tageskurs möglich sein soll, vgl. Jaeger/Kull, Das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG), Zürich 2006, Art. 124 N 3; SchKG-Rutz, Art. 130 N 7. 288 Der Sinn dieser Vorschrift besteht – vergleichbar mit der Lage im deutschen Recht – darin, zugunsten des Gläubigers finanziellen Schaden abzuwenden, der durch die Einhaltung der genannten Frist entstehen würde. Das Betreibungsamt ist i.Ü. generell dazu verpflichtet, die notwendigen Massnahmen zur Erhaltung des Verwertungssubstrats zu treffen, s. Art. 100 SchKG; vgl. dazu Dallèves/Foëx/Jeandin, Art. 100 LP n o 4; SchKGSuter, Art. 124 N 2; BGE 26 I 489; 35 I 278; 101 III 29; Martin, La surveillance en matière de poursuites et faillites: premières expériences et jurisprudences d’une nouvelle autorité, SJ 2008 II, p. 131 ss, 181. 289 BGE 33 I 858; SchKG-Suter, Art. 124 N 7; Gilliéron, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes te la faillite, Lausanne 2000, Art. 124 n o 17; Jaeger/Kull, Art. 124 N 10; BlSchK 1980, 77 ff. Begründet wird dieses Ergebnis mit einer Analogie mit dem Verfahren der Betreibung auf Pfändung (Art. 42, 89–150 SchKG), in dem die Rechtskraft des Zahlungsbefehls (Art. 69, 88 SchKG), entweder durch Ablauf der Frist des Art. 88 SchKG oder durch Beseitigung des Rechtsvorschlags (Art. 79 ff. SchKG), eingetreten ist. Solange der Zahlungsbefehl bei der Betreibung auf Pfandverwertung noch nicht rechtskräftig sei, würde die Pfandsache gleichsam noch nicht vom Zwangsvollstreckungsverfahren ergriffen. Deshalb habe das Betreibungsamt noch keine Berechtigung, aus Art. 124 Abs. 2 SchKG vorzugehen, vgl. BGE 33 I 859; SchKG-Suter, Art. 124 N 7. 290 So ausdrücklich BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 679. Hinzu kommt allerdings die Zeit zwischen der Stellung des Betreibungsbegehrens und der Zustellung des Zahlungsbefehls. 291 Sollte es zum Rechtsvorschlag kommen, verlängert sich die Zeit bis zur tatsächlichen Verwertung (vgl. Art. 78 Abs. 1, 153a Abs. 1 S. 2 SchKG). 292 Die im Ermessen des Betreibungsbeamten stehende Entscheidung, ob er das Vorliegen einer „schnellen Wertminderung“ annimmt und damit den Pfandgegenstand vor-

248

Teil 2: Fallstudien

(b) Lösung im Fall der Geltung des Bucheffektengesetzes Zu den Voraussetzungen der Anwendbarkeit des Bucheffektengesetzes, insbesondere zum Begriff der Bucheffekte, wird auf die Ausführungen im Rahmen des ersten Fallbeispiels zum Sicherungseigentum verwiesen. Vor dem Hintergrund, dass Z die X-Aktien sammelverwahrt und dass die BBank ein Depotkonto zugunsten von S unterhält, auf dem die Rechte des S gutgeschrieben sind, soll hier von der Anwendung des Bucheffektengesetzes ausgegangen werden293. Hier stellt sich die Frage, wann und wie die B-Bank aufgrund ihres Pfandrechts die im Effektenkonto des S gutgeschriebenen Bucheffekten verwerten kann. In Bezug auf das Pfandrecht der B-Bank ist darauf hinzuweisen, dass das Bucheffektengesetz einen funktionalen Sicherheitenbegriff enthält. Die Begriffe „Pfandrecht“, „Sicherungsübereignung“ oder „irreguläres Pfandrecht“ tauchen in dem Gesetz nicht auf. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Gesetz eine neue „Sicherheit“ sui generis schafft. Festzustellen ist vielmehr, dass das Bucheffektengesetz lediglich darauf verzichtet, unterschiedliche Rechtsfolgen an das Vorliegen der vier in Frage kommenden Sicherungsinstitutionen294 zu knüpfen. Das ergibt sich schon daraus, dass das Gesetz keine Aussagen zu Sicherungsverträgen enthält, sondern nur die dinglichen Geschäfte regelt295. Für die verschiedenen zeitig verwertet, kann nur dann erfolgreich angefochten werden, wenn sie gleichsam „unsinnig“ sein sollte (so ausdrücklich BGE 81 III 121; s.a. BGE 101 III 30). In einer Entscheidung aus dem Jahr 1955 hat das Bundesgericht (BGE 81 III 119) die Entscheidung eines Betreibungsbeamten bestehen lassen, wonach nach einmaliger starker Saisonentwertung jährlich um 10 % im Wert sinkende Damenmode kein Fall von schneller Wertminderung sei. Dagegen kann eine schnelle Wertminderung in einem Fall gesehen werden, in dem ein Luxusauto seit Arrest (Wert zu diesem Zeitpunkt: 7000 CHF) innerhalb eines Jahres an 4200 CHF des Werts verloren hat (BGE 101 III 31). In der Literatur ist vereinzelt darauf hingewiesen worden, dass das Betreibungsamt vor dem Hintergrund von rasch sinkenden Kursen gar zum Notverkauf verpflichtet sein kann. Teilweise zielen die entsprechenden Beiträge auf den Fall des Arrests ab, so Ochsner, Exécution du séquestre, JDT 2006 II 77, 120; s.a. Degrandi, SZW 1990, 2, 10. Im Fall des Arrests ist die Situation allerdings leicht verschieden. Das Betreibungsamt hat für die Erhaltung der Sache zu sorgen, ohne dass vorher feststeht, ob wirklich eine Schuld des potentiellen Schuldners vorliegt, vgl. BGE 101 III 29; Autorité de surveillance des offices de poursuite pour dettes et de faillite du canton de Genève, SJ 1986, 176. 293 Im Einzelnen wäre zu prüfen, ob die B-Bank als Verwahrungsstelle (Art. 4 Abs. 1 und 2 lit. a BEG) Bucheffekten (Art. 3 BEG; siehe für die Entstehungsvoraussetzungen Art. 6 BEG) führt und ob S als Kontoinhaber (Art. 5 lit. d BEG) nach den Vorschriften des Bucheffektengesetzes über sie verfügen kann (Art. 3 Abs. 1 lit. b BEG). 294 Pfandrecht, Sicherungsübereignung, irreguläres Pfandrecht und das Retentionsrecht (Zurückbehaltungsrecht). 295 Vgl. zum Verhältnis des Begriffs der „Sicherheit“ zu den genannten Typen Hess/Stöckli, SJZ 106 (2010), p. 155; FISA & HSC Commentary-Foëx, Prel. Cmts Art. 31–32 FISA N 1–17.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

249

Fälle der Mobiliarkreditsicherheiten gelten mithin die gleichen Rechtsfolgen296. Es ist bereits auf die Methoden der Begründung von Sicherheiten i.S.d. Bucheffektengesetzes durch Weisung und Gutschrift (Art. 24 BEG) und durch Kontrollvereinbarung (Art. 25 BEG) hingewiesen worden. Für die hier relevante Sicherheit zugunsten der Verwahrungsstelle297 sieht Art. 26 BEG eine Sonderregel vor. Nach Abs. 1 kann die Sicherheit (egal, ob Pfandrecht oder Sicherungseigentum etc.) danach ohne Umbuchung durch einfache Vereinbarung mit dem Sicherungsgeber dinglich wirksam bestellt werden. Nach dem Gesagten dispensiert das Bucheffektengesetz die Parteien allerdings nicht von den üblichen Voraussetzungen für die Bestellung des Pfandrechts. Für das Pfandrecht zwischen S und der B-Bank ergibt sich daraus Folgendes: S und die B-Bank müssen einen schuldrechtlichen Sicherungsvertrag298 abschliessen, der S zur Bestellung des Pfandrechts an den Bucheffekten zugunsten der B-Bank verpflichtet. Erforderlich ist weiterhin die dingliche Einigung und die Verfügungsbefugnis des S299. Art. 26 Abs. 1 BEG verzichtet nun auf den für die dingliche Wirkung ansonsten notwendigen zusätzlichen Akt, z.B. die Vornahme einer Umbuchung. Art. 31 Abs. 1 BEG gibt dem Sicherungsnehmer folgende Möglichkeiten zur Verwertung der Bucheffekten: Lit. a sieht den Verkauf und die Verrechnung des Preises mit der gesicherten Forderung vor; lit. b ermöglicht die Aneignung und die Verrechnung des Werts der Bucheffekten mit der gesicherten Forderung. Erforderlich für die Vornahme dieser Verwertungen ist aber, dass sie vertraglich vereinbart worden sind; des Weiteren müssen die Effekten an einem repräsentativen Markt gehandelt werden300. Damit die Verwertung begonnen werden kann, muss die gesicherte Forderung fällig sein. Des Weiteren erfordert Art. 32 Abs. 1 BEG, dass der Sicherungsnehmer dem Sicherungsgeber die Verwertung ankündigt. Nur ein Sicherungsgeber, der ein qualifizierter Anleger i.S.v. Art.5 lit.d BEG

296

Allerdings gibt es Ausnahmen, insbes. zum Sicherungseigentum, für das vertreten wird, das teilweise weiterhin gesonderte Rechtsfolgen gelten sollen, vgl. unten III. b. 297 Die B-Bank ist laut Art. 4 Abs. 2 lit. a BEG eine Verwahrungsstelle. 298 Nach Foëx, Les actes de disposition, p. 97, ist es dieser Vertrag und nicht das Verfügungsgeschäft, der von Art. 26 Abs. 1 BEG erwähnt wird (nwN). 299 Vgl. dazu Foëx, Les actes de disposition, p. 97; Foëx, Les sûretés sur les titres intermédiés, p. 138. 300 Das Erfordernis der vertraglichen Vereinbarung lässt erkennen, dass das Bucheffektengesetz die Privatverwertung nicht zum Prinzip werden lässt, vgl. Eigenmann, La réalisation des sûretés sur les titres intermédiés, in Michel (édt.), Placements collectifs et titres intermédiés: Le renouveau de la place financière suisse, Lausanne, CEDICAC 2008, p. 132; FISA & HSC Commentary-Foëx, Art. 31 FISA N 28.

250

Teil 2: Fallstudien

ist, kann auf die Ankündigung verzichten301. Art. 32 BEG erwähnt es zwar nicht, aus der Ankündigungspflicht ergibt sich aber, dass dem Sicherungsgeber eine gewisse Frist einzuräumen ist, um auf die Ankündigung der Verwertung zu reagieren. Die Länge dieser Frist kann von den Parteien frei vereinbart werden302. Ankündigung und Frist sind die für den Normalfall vorgesehenen Voraussetzungen der Verwertung. Nichts hindert den Sicherungsnehmer aber, im Fall des Wertverlustes der Aktien einen Notverkauf vorzunehmen, wenn die Aktien einem andauernden Kursverfall ausgesetzt sind und nichts auf eine Erholung hindeutet. In diesem Fall ist der sofortige Verkauf – auch ohne Ankündigung – durch die beiderseitigen Interessen geboten303. Im vorliegenden Fall liegt ein starker Wertverlust vor: Der Wert der Aktien ist bis Ende August auf 50 % des Werts von vor Juli 2005 gefallen. Aufgrund der weiterhin bestehenden Sanktionen gegen den Iran und Syrien deutet nichts auf eine Verbesserung des Kurses hin. Die B-Bank hätte deshalb schon unter dem 1. September 2005 mit der Verwertung beginnen können304. Laut Sachverhalt hat die Bank allerdings bis zum 15. September keine Verwertung vorgenommen. Da der Kurs seitdem nicht weiter gefallen ist, erscheint eine Ankündigung mit einer kurzen Frist von vielleicht 2-3 Tagen angemessen. (c) Ergebnis zu Frage 1 Nach allgemeinem Recht kann die B-Bank grundsätzlich die Vornahme der Verwertung nach Art. 154 SchKG frühestens einen Monat nach Zustellung des Zahlungsbefehls verlangen. Wenn der Betreibungsbeamte von einem Fall des Art. 124 Abs. 2 SchKG ausgeht, kann der Notverkauf nicht vor Ablauf der 10-Tage-Frist für den Rechtsvorschlag erfolgen. Im Rahmen des Bucheffektengesetzes können die Parteien die private Verwertung vereinbaren. Der Beginn der Verwertung erfordert grundsätzlich deren Ankündigung, die mit einer kurzen Frist verbunden ist. Die Ankündigung ist nur entbehrlich, wenn die Voraussetzungen des Notverkaufs 301

Das Erfordernis der Ankündigung, bei dem sich die Schweiz von der Geneva Securities Convention (UNIDROIT) und der Finanzsicherheitenrichtlinie (2002/47/EG) unterscheidet (vgl. FISA & HSC Commentary-Foëx, Art. 32 FISA N 4), soll dem Sicherungsgeber Zeit für notwendige Dispositionen geben, um die Verwertung zu vermeiden, vgl. die Botschaft, BBl. 2006, 9382; Eigenmann, La réalisation, p. 133. 302 Zum Erfordernis der Frist s. FISA & HSC Commentary-Foëx, Art. 32 FISA N 21, der – sollte eine Vereinbarung fehlen, 5–10 Tage vorschlägt. 303 Vgl. zum Notverkauf BK-Zobl, Art. 890 N 40; für die Verwertung von Bucheffekten s. FISA & HSC Commentary-Foëx, Art. 32 FISA N 27. 304 Da der Notverkauf nicht von der Fälligkeit der gesicherten Forderungen abhängt, hätte die Bank ihn auch schon im Juli 2005 durchführen können, falls die Voraussetzungen vorgelegen haben.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

251

vorliegen, die unter dem 15. September 2005 aber wohl nicht gegeben waren. (ii) Frage 2: S als Kaufmann bzw. Unternehmer; Privatvertragliche abweichende Vereinbarung (a) Nach allgemeinem Recht Die Schweiz kennt keine Sonderregelungen für den Fall des Vertrags zwischen Kaufleuten bzw. Unternehmern. Insofern ändert sich nichts an dem obigen Ergebnis. Das allgemeine Recht erlaubt die Vereinbarung einer privaten Verwertung, die unabhängig von den Vorschriften des SchKG erfolgt305. Die Privatverwertung kann durch Freihandverkauf oder durch öffentliche Versteigerung erfolgen306. Die freihändige Verwertung in Abgrenzung vom Verfahren der Art. 151 ff. SchKG wird gerade im Hinblick auf ihre Schnelligkeit im Zusammenhang mit dem drohenden Kursverlust von Aktien als zweckmässig angesehen307. Grundsätzlich sind hier vorherige Androhung und Fristsetzung erforderlich308, allerdings können die Parteien aber – wie grundsätzlich nach § 1245 BGB auch im deutschen Recht – im Voraus wirksam auf eine Androhung ganz verzichten309. Dieser Verzicht erscheint auch dann, wenn er in allgemeinen Vertragsbedingungen der Bank geregelt ist, keinen Bedenken zu begegnen310. 305

Vgl. Zur Zulässigkeit der privaten Verwertung BGE 24 II 445; 118 II 114; 119 II 345; 81 III 59; BSK ZGB II-Bauer, Art. 891 Rn. 20; BK-Zobl, Art. 891, Rn. 28; ZKOftinger/Bär, Art. 891, Rn. 48; Dallèves/Foëx/Jeandin, Intro. art. 151 à 158 LP no 9; SchKG-Känzig/Bernheim, Art. 151 N 10. 306 Der Freihandverkauf wird insbesondere dann als gangbarer Weg angesehen, wenn der Pfandgegenstand über einen Marktwert verfügt. In diesen Fällen wird sogar die Möglichkeit des Selbsteintritts als zulässig angesehen, vgl. Koller, Der Selbsteintritt des Pfandgläubigers, ZBJV 1994, 375, 377; BK-Zobl, Art. 891, Rn. 50; BSK ZGB II-Bauer, Art. 891 Rn. 31; BGE 119 II 346. 307 BSK ZGB II-Bauer, Art. 891 Rn. 24. 308 BSK ZGB II-Bauer, Art. 891 Rn. 25; ZK-Oftinger/Bär, Art. 891, Rn. 58; BK-Zobl, Art. 891, Rn. 46; Koller, ZBJV 1994, 375, 378; BGE 118 II 114; so auch Lombardini, Droit bancaire suisse, 2 ème éd., Zurich 2008, p. 891. 309 BK-Zobl, Art. 891, Rn. 48; BSK ZGB II-Bauer, Art. 891 Rn. 26. 310 In der Schweiz gibt es keine besonderen gesetzlichen Regelungen für die allgemeinen Geschäftsbedingungen. Dennoch wird auf der Basis allgemeiner Rechtsgrundsätze die Durchführung einer Inhaltskontrolle gefordert. Grundannahmen sind dabei das Vertrauensprinzip und das Kriterium der Ungewöhnlichkeit. Eine allgemeine Pfandklausel – Verpfändung der Vermögenswerte des Kunden, die in den Besitz der Bank gelangen – wird nicht als so ungewöhnlich angesehen, dass der Vertragspartner mit ihr nicht zu rechnen brauchte, vgl. BK-Zobl, Art. 884, Rn. 435; Emch/Renz/Arpagaus, Das schweizerische Bankgeschäft, 6. Aufl. Zürich 2004, Rn. 1050; Moskric, Der Lombardkredit, Zürich [et al.], 2003, 234 Fn. 1272; BSK ZGB II-Bauer, Art. 884 Rn. 84; Lombardini,

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Teil 2: Fallstudien

(b) Nach Bucheffektengesetz Das Bucheffektengesetz unterscheidet hinsichtlich der Anleger nicht nach Kaufleuten oder Unternehmern, sondern danach, ob „qualifizierte Anleger“ vorhanden sind (s. Art. 5 lit. d BEG). Nur diese können auf die Ankündigung der Verwertung verzichten (Art. 32 Abs. 1 S. 2 BEG). Aus dieser Feststellung, wann vom Erfordernis der Ankündigung abgewichen werden kann, ergibt sich, dass Art. 32 BEG zwingendes Recht enthält311. Da S kein qualifizierter Anleger i.S.v. Art, 5 lit. b BEG ist, kann auf die Ankündigung (und die damit verbundene kurze Frist) nicht verzichtet werden. Da die Möglichkeit des Notverkaufs davon nicht berührt wird, ergibt sich kein zu oben abweichendes Ergebnis. (c) Ergebnis zu Frage 2 Nach allgemeinem Recht ist es privatvertraglich möglich, vom Erfordernis einer Androhung ganz abzusehen. Das gilt allerdings für den Fall der Anwendbarkeit des Bucheffektengesetzes nur dann, wenn der Sicherungsgeber qualifizierter Anleger i.S.d. Bucheffektengesetzes ist. Das ist im vorliegenden Fall für S ausgeschlossen. Allerdings wird die Möglichkeit des Notverkaufs nicht berührt. (iii) Frage 3: Lösung für das Sicherungseigentum (a) Nach allgemeinem Recht Das allgemeine Recht stellt für die Verwertung des Sicherungseigentums nicht auf die Vorschriften der Betreibung auf Pfandverwertung ab. Die Verwertung der sicherungsübereigneten Sachen erfolgt nach den Regeln über die Privatverwertung, die für das Pfandrecht entwickelt worden sind312. Der Sicherungseigentümer ist danach zum freihändigen Verkauf,

p. 890; als ungewöhnlich wird dagegen eine Pfandklausel in (reinen) Depotreglementen angesehen. Diese Fallgruppe hat aber wenig Bedeutung, da die Einrichtung eines Depots meistens mit einem daneben bestehenden Kontokorrentverhältnis verbunden ist, aus dem der Bank Ansprüche zustehen, vgl. BK-Zobl, Art. 884, Rn. 436. Gleiches gilt für die Regelung der freihändigen Verwertung und auch den Selbsteintritt, vgl. Moskric, 226; Emch/Renz/Arpagaus, Rn. 1050; BSK ZGB II-Bauer, Art. 891 Rn. 24; Lombardini, p. 891. Etwas anderes kann mithin für den Verzicht auf das Erfordernis der Androhung auch nicht gelten, vgl. Lombardini, p. 891. 311 FISA & HSC Commentary-Foëx, Art. 32 FISA N 8. 312 BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1488; ZK-Oftinger/Bär, Syst. Teil, Rn. 266; Lombardini, p. 900; BSK ZGB II-Bauer, Art. 884 Rn. 36.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

253

zur freiwilligen Versteigerung und zum Selbsteintritt berechtigt313. Der Verweis auf den Privatverkauf zieht auch die Anwendung der für den eigentlichen Ablauf anwendbaren Grundsätze (Androhung, Ablauf einer Frist) nach sich. Ebenso wie beim Pfandrecht steht es den Parteien dabei frei, auf die Androhung der Verwertung ganz zu verzichten. (b) Nach Bucheffektengesetz Grundsätzlich finden die Regeln des Bucheffektengesetzes auf alle in Frage kommenden Typen der Mobiliarkreditsicherheiten gleichermassen Anwendung. Mithin müssten auch für die Verwertung des Sicherungseigentums die Verwertungsarten des Art. 31 Abs. 1 BEG in Betracht kommen und die Ankündigung nach Art. 32 BEG wäre einzuhalten. In Bezug auf Art. 31 Abs. 1 BEG könnte das insofern fraglich sein, als lit. b die Aneignung ermöglicht, obwohl der Sicherungseigentümer ja bereits Eigentümer ist314. Auch die Anwendbarkeit des Ankündigungserfordernisses nach Art. 32 Abs. 1 BEG wird in Frage gezogen. So soll das Erfordernis nur Anwendung finden, wenn der Sicherungseigentümer sich für den Privatverkauf entscheide315. Das wäre insofern nachvollziehbar, als die Verwertung im Wege des Verkaufs zu einer unumkehrbaren Vermögensverschiebung auf den Erwerber führt. Hier besteht ein besonders grosses Interesse des Schuldners, Gelegenheit zur Verhinderung zu bekommen. Allerdings ist auch die Umwandlung von temporärem Eigentum in definitives Eigentum (Inzahlungnahme der Sache) eine Art der Verwertung, die den Schuldner – wenn der Vorgang auch nicht unumkehrbar ist – beeinflusst. Mithin wird auch in diesem Fall eine Pflicht zur Ankündigung nach Art. 32 Abs. 1 BEG bestehen. Wiederum besteht allerdings die Möglichkeit des Notverkaufs. Es gibt mithin kein abweichendes Ergebnis. (c) Ergebnis zu Frage 3 Sowohl mit als auch ohne privatvertragliche Einigung kann die Verwertung unter dem 15.9.2005 erfolgen. Bei entsprechender Vereinbarung hätte die B-Bank auch sofort, ab Fälligkeit, ohne Androhung verwerten können. Ohne entsprechende Vereinbarung hätte sie die Verwertung androhen und 313

BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1488; BSK ZGB II-Bauer, Art. 884 Rn. 36; s.a. BGE 119 II 328. 314 Nach Foëx, FISA & HSC Commentary, Art. 31 FISA N 7, solle der gesamte Abs. 1 deshalb keine Anwendung finden, da der Sicherungseigentümer gar nicht zur Verwertung schreiten müsse. Er könne die Sache einfach in Zahlung nehmen, vorausgesetzt, dass er dem Sicherungsgeber eine Abrechnung erstelle und einen etwaigen Überschuss auskehre. Abs. 1 (und Abs. 2) beträfe deshalb nur den Pfandgläubiger. 315 FISA & HSC Commentary-Foëx, Art. 32 FISA N 6.

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Teil 2: Fallstudien

dem S wenige Tage (Vorschlag ebenfalls: 4 Tage) Zeit zur Erfüllung geben müssen. (iv) Systematik der Ergebnisse zum schweizerischen Recht Nach allgemeinem Recht ist eine Verkürzung der normalerweise länger als einen Monat dauernden Frist nur möglich, wenn die Voraussetzungen für einen Notverkauf (Art. 124 Abs. 2 SchKG) vorliegen. Allerdings muss auch da die Rechtskraft des Zahlungsbefehls (10-Tage-Frist) abgewartet werden. Für den Fall der privatvertraglichen Einigung und auch für das Sicherungseigentum (sofern eine vertragliche Einigung in dieser Hinsicht vorliegt) kann vom Erfordernis der Androhung ganz abgewichen werden. Für Kaufleute bzw. Unternehmer gelten keine abweichenden Regelungen. Wenn das Bucheffektengesetz anwendbar ist, muss im vorliegenden Fall grundsätzlich immer, sowohl beim Pfand als auch beim Sicherungseigentum, eine Ankündigung der Verwertung, verbunden mit einer kurzen Wartefrist, erfolgen. Allerdings bleibt der sofortige Notverkauf möglich. Grafische Übersicht (schweizerisches Recht) Verwertung ohne Wertminderung frühestens möglich nach… Pfand Grundkonst. > 1 Monat nach Zahlbef. 1 Woche nach Androhung Wenige Tage nach Androhung Sofort ohne Androhung

Pfand Handelsgeschäft

Pfand IndivVertrag

Pfand – allg. Vertragsbed.

SiET ohne Verwertungsregelung

SiET mit AGBs

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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Verwertung in der Fallkonstellation (wesentliche Wertminderung und Anwendbarkeit des Bucheffektengesetzes) frühestens möglich nach… Pfand Grundkonst.

Pfand qualifiz. Anleger

Pfand IndivVertrag

Pfand – allg. Vertragsbed.

SiET ohne Verwertungsregelung

SiET mit AGBs

> 1 Monat nach Zahlbef. 1 Woche nach Androhung Wenige Tage nach Androhung Sofort ohne Androhung

c.

Lösung nach französischem Recht

(i) Lösungsübersicht bei bestelltem Pfandrecht (a) Allgemeines Pfandrecht Die B-Bank müsste auch hier Inhaberin eines Pfandrechts geworden sein. Das französische Recht der Kreditsicherheiten ist in den Jahren 2006 und 2007 bis 2009316 starken Veränderungen unterzogen worden, bei denen zwar das Grundsystem als solches nicht revolutioniert wurde, aber dennoch beträchtliche Modernisierungen vorgenommen wurden.

316 Durch die ordonnance no 2006-346 du 23 mars 2006 ist das Kreditsicherungsrecht der beweglichen Sachen im französischen Code civil tiefgreifend erneuert worden. Die wichtigsten Neuerungen waren die Einführung der Bestellung des Pfandrechts als besitzloses Registerpfand, die Zulassung der Verfallklausel und die Einführung von Regelungen zum Eigentumsvorbehalt im Code Civil. Daneben wurde die Reichweite des Pfandrechts erweitert (z.B. Erstreckung auch auf zukünftige Sachen; Einführung eines gage des stocks in den Code de Commerce). 2007 wurde die fiducie in den Code civil eingeführt durch die Loi no 2007-211 du 19 février 2007. Deren Anwendungsbereich wurde bereits im nächsten Jahr stark erweitert durch die Loi 2008-776 du 4 août 2008 de modernisation de l’économie. S.a. die kürzlich im Code monétaire et financier vorgenommenen Änderungen in Bezug auf die instruments financiers durch die Ordonnance n° 2009-15 du 8 janvier 2009 relative aux instruments financiers und das zu ihrer Anwendung erlassene Décret n° 2009-297 du 16 mars 2009.

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Teil 2: Fallstudien

Nach dem Code civil in der Fassung von 2006 kann das Pfandrecht durch schriftliche Vereinbarung mit gewissen Mindestvereinbarungen zwischen den Parteien wirksam bestellt werden (Art. 2336 C.civ.). Registereintragung und Besitzübertragung auf den Pfandgläubiger sind seit der Reform zwei gleichberechtigte Alternativen, um die Drittwirksamkeit zu erreichen (Art. 2337 C.civ.)317. Art. 2346, 2347 und 2348 C.civ. sehen drei verschiedene Verwertungsmöglichkeiten vor, die sich ebenfalls stark von der Rechtslage vor 2006 abgrenzen. Zum einen kann der Gläubiger (wie auch nach altem Recht) beim zuständigen Gericht den Pfandverkauf beantragen. Dazu muss das Verfahren der einschlägigen Zwangsvollstreckungsvorschriften strikt eingehalten werden. U.a. ist dem Schuldner nach Empfang der Zahlungsaufforderung ein Monat Zeit zu lassen, um die Pfandsache selbst zu veräussern, mit der Ausnahme von an der Börse gehandelten Wertpapieren318. Nach Art. 2347 C.civ. kann sich der Pfandgläubiger schliesslich vom Gericht autorisieren lassen, die Pfandsache in Zahlung zu nehmen. Schliesslich wird seit der Reform auch die Verfallklausel (Art. 2348 C.civ.) als zulässig erklärt. Diese kann zusammen mit dem Pfandvertrag vereinbart werden. Dabei ist aber folgendes zu beachten: Für den Fall, dass kein Markt- oder Börsenpreis ermittelt werden kann, ist der Wert der Pfandsache von einem Experten zu bestimmen. Der über die Forderung hinausgehende Wert ist an den Schuldner auszuzahlen, Art. 2358 al. 3 C.civ. (b) Verpfändung von Depotkonten Die Verpfändung von Depotkonten (nantissement de comptes titres) verläuft allerdings nach eigenen Regeln, die erst kürzlich reformiert wurden. Art. L.211-20 al. 2 des Code monétaire et financier weist darauf hin, dass die Wertpapiere ebenfalls von einem Sammelverwahrer gehalten werden 317 In seiner alten Fassung kannte der Code civil nicht die generelle besitzlose Bestellung des Pfandrechts. Dagegen waren Spezialpfänder bekannt, die besitzlos bestellt werden können, vgl. Graham-Siegenthaler, 299; Reich, 53 f.; diese Spezialpfänder hat der Gesetzgeber nicht angetastet, sondern eher noch erweitert, s. dazu Ancel, no 284. 318 S. Art. 107 Décret no 92-755 du 31 juillet 1992 instituant de nouvelles règles relatives aux procédures civiles d'exécution pour l'application de la loi n° 91-650 du 9 juillet 1991 portant réforme des procédures civiles d'exécution. Die Gläubiger sind von den Kaufangeboten zu informieren und haben 15 Tage Zeit, Stellung zu nehmen (Art. 108 al. 3). Erst wenn der auf diesem Wege eingeschlagene Verkauf fehlschlägt, kommt es zum Zwangsverkauf im Wege der öffentlichen Versteigerung (Art. 110 ff.). Vgl. zu diesem Verfahren; Piedelièvre, sûretés, n o 402; Ancel, no 306, weist auf die umständliche Formalität des Verfahrens hin; s.a. Drobnig, Die Verwertung von Mobiliarsicherheiten, RabelsZ 60 (1996), 40, 44. In Bezug auf an der Börse gehandelte Wertpapiere s. (Stand 2002) Cabrillac/Mouly, nos 906 sv.; Grundlegend zur Zwangsvollstreckung s. Perrot/Théry, Procédures civiles d’exécution, 2 ème éd., Paris 2005, nos 597 ss.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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können. Voraussetzung für die Verwertung des verpfändeten Depots ist zuerst die Fälligkeit der zugrunde liegenden Forderung (Art. L.211-20 al. 5 C.mon.fin.)319. Wenn mithin die Verwertungsberechtigung gegeben ist, muss der Pfandgläubiger den Schuldner in Verzug setzen (mise en demeure), Art. L.211-20 al. 5 C.mon.fin. Der Text der Inverzugsetzung muss eine Androhung der Verwertung enthalten320. Die Verwertung kann – sofern keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde – 8 Tage darauf erfolgen (Art. L.211-20 al. 5 C.mon.fin. und Art. D. 211-12 al. 2 des Décret no 2009-297). Die Veräusserung kann durch Verkauf auf einem geregelten Markt oder durch Inzahlungnahme (attribution en propriété) erfolgen. Das bedeutet im vorliegenden Fall, dass die Bank zu einer Verwertung des Depots unter dem 15.9.2005 schreiten konnte. Die Verwertung hätte auch schon eher – 8 Tage nach einer Inverzugsetzung – erfolgen können. Für den Fall des plötzlichen Wertverfalls gibt es im französischen Recht keine Sonderregelungen. Es bleibt mithin hier bei den 8 Tagen Mindestfrist. (c) Ergebnis zu Frage 1 Die Regeln des allgemeinen Pfandrechts (zumindest in dem Fall des Verkaufs) sehen eine relativ lange Wartefrist für den Gläubiger vor, bevor mit der Verwertung begonnen werden kann. Für die Verwertung eines verpfändeten Depotkontos gelten eigene Regeln. Die B-Bank kann die Aktien danach unter dem 15.9.2005 verwerten. Sie hätte auch schon 8 Tage nach dem 1.9.2005 zur Verwertung schreiten können, wenn man die Aufforderung an diesem Tag als Inverzugsetzung ansieht. (ii) Frage 2: S als Kaufmann bzw. Unternehmer; Privatvertragliche abweichende Vereinbarung (a) Allgemeines Pfandrecht Für das allgemeine Pfandrecht ist eine vereinfachte Verwertung vorgesehen, wenn es sich um ein Pfand handelt, das entweder durch einen Kaufmann oder auch durch einen Nichtkaufmann im Rahmen der Ausübung ei319 Die Norm spricht von « créance certaine, liquide et exigible ». « Liquide » bedeutet, dass die Forderung auf einen bestimmten Geldbetrag lauten muss oder dass zumindest ausreichende Anhaltspunkte für die Feststellung des Betrags gegeben sind, vgl. Perrot/Théry, Procédures civiles d’exécution, 2 ème éd., Paris 2005, no 285. 320 Im Einzelnen siehe dazu das Décret n° 2009-297 du 16 mars 2009 pris pour l'application de l'ordonnance n° 2009-15 du 8 janvier 2009 relative aux instruments financiers.

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Teil 2: Fallstudien

nes Handelsgeschäfts bestellt wurde (Art. L.521-1 C.com.). Hier braucht der Pfandgläubiger keine gerichtliche Genehmigung. Er kann sich das komplizierte Verfahren nach den Vorschriften des Zwangsvollstreckungsrechts ersparen und acht Tage nach einer einfachen Anzeige an den Schuldner den öffentlichen Verkauf der Pfandsache vornehmen321 (Art. L.521-3 C.com.). In Bezug auf Privatvereinbarungen gilt Folgendes: Im Bereich des allgemeinen Pfandrechts weist Art. 2346 C.civ. darauf hin, dass die Pfandvereinbarung (für den Fall des Verkaufs) nicht von den Vorschriften der Zwangsvollstreckung abweichen darf. Nach allgemeiner Ansicht soll es dagegen möglich sein, nach der Bestellung des Pfandrechts abweichende Vereinbarungen zu treffen322. (b) Verwertung eines Depotkontos Art. L.211-20 al. 5 C.mon.fin. weist ausdrücklich323 darauf hin, dass es für die Verwertung keinen Unterschied macht, ob es sich um ein nach den allgemein zivilrechtlichen oder nach den handelsrechtlichen Vorschriften bestelltes Pfand handelt. Was die Möglichkeit der Abweichung durch Privatvereinbarung anbelangt, weist Art. D.211-11 C.mon.fin. darauf hin, dass die Verwertung nach Ablauf „jeder anderen vorher vereinbarten Frist“324 erfolgen kann. Mithin kann die Frist verkürzt werden. Es ergibt sich aber aus den Vorschriften kein Anhaltspunkt dafür, dass auf die Inverzugsetzung, die die Androhung der Verwertung enthält, verzichtet werden kann. Um dem Schuldner Zeit zur Reaktion zu lassen, erscheint eine Mindestfrist von 2-3 Tagen angemessen. (c) Ergebnis zur Frage 2 Bei einem im Rahmen eines Handelsgeschäfts bestellten Pfand gilt eine kürzere Wartefrist von 8 Tagen. Vertraglich kann nur nach der Bestellung des Pfandrechts von den Verwertungsvorschriften abgewichen werden. Für Kaufleute bzw. Handelsgeschäfte gibt es keine Sonderregelungen in Bezug auf die Verwertung von Depotkonten. Vertraglich kann dagegen 321

Piedelièvre, sûretés, no 401; Ancel, no 306. Piedelièvre, sûretés, no 402; Ancel, no 306. Das bedeutet zum einen, dass der Freihanderkauf vereinbart werden kann, der ansonsten grds. ausgeschlossen ist; zum anderen dürfte sich hier auch die Möglichkeit der Fristverkürzung und sogar des Verzichts auf eine Androhung ergeben. 323 « Le créancier (…) peut (…) réaliser le nantissement, civil ou commercial, huit jours (…) après mise en demeure du débiteur (…) ». 324 « (…) à l’échéance de tout autre délai préalablement convenu avec le titulaire du compte nanti(…) ». 322

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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jede andere Frist vereinbart werden. Die B-Bank hätte mit Hilfe einer privatvertraglichen Vereinbarung die Verwertung auch schon nach 2-3 Tagen nach dem 1.9.2005 durchführen können. (iii) Frage 3: Lösung für das Sicherungseigentum Wie in Teil 1 gezeigt wurde, kennt das französische Recht das Sicherungseigentum des deutschen oder des schweizerischen Rechts nicht. Seit 2007 steht den Gläubigern ein vergleichbares Sicherungsrecht mit der fiduciesûreté zur Verfügung. Schon vor der Einführung der fiducie war allerdings die Übertragung des Eigentums an Wertpapieren – besonders im Interbankenhandel – anerkannt325. Das Verfahren – mise en pension de titres financiers – ist mit der Einführung der fiducie nicht obsolet geworden, sondern lediglich an anderer Stelle des Code monétaire et financier (Art. L.211-27 C.mon.fin.326) neu geregelt worden. Allerdings kommt die Möglichkeit der mise en pension im vorliegenden Fall nicht in Betracht, da der persönliche Anwendungsbereich der Vorschrift nicht eröffnet ist. Das Verfahren kann nur durch juristische Personen, Anlagefonds oder Verbriefungsfonds (special purpose vehicle) genutzt werden. Denkbar wäre, dass die B-Bank und S hier auf die fiducie zurückgreifen. Seit Februar 2009 können auch natürliche Personen Treugeber sein. Die B-Bank kann sowohl Treuhänderin, als auch Begünstigte sein (Art. 2016 C.civ.). Die fiducie könnte aber für die Interessen der Bank zu umständlich sein. Die Schaffung eines vom Vermögen der Bank getrennt zu haltenden Sondervermögens (Art. 2011 C.civ.) könnte zu komplex für das „Alltagsgeschäft“ der Führung eines Wertpapierdepots sein327. Insofern scheint das nantissement die praktischere Lösung zu sein. Die fiducie muss ausdrücklich vereinbart werden (Art. 2012 C.civ.). Der Mangel bestimmter Formanforderungen oder der Registrierung bei der zuständigen Steuerbehörde (vgl. Art. 2018 und 1019 C.civ.) zieht die Folge der Nichtigkeit nach sich. Sollten sich die Parteien aber trotzdem für die fiducie entscheiden, so gilt wohl Folgendes: Der Code civil enthält in den 325

Cabrillac/Mouly, no 530. Neuregelung durch die Ordonnance n o 2009-15 du 8 janvier 2009; Wortlaut des Art.: « La pension est l'opération par laquelle une personne morale, un fonds commun de placement, un fonds de placement immobilier ou un fonds commun de titrisation cède en pleine propriété à une autre personne morale, à un fonds commun de placement, à un fonds de placement immobilier ou à un fonds commun de titrisation, moyennant un prix convenu, des titres financiers et par laquelle le cédant et le cessionnaire s'engagent respectivement et irrévocablement, le premier à reprendre les titres, le second à les rétrocéder pour un prix et à une date convenus ». 327 Die fiducie müsste bedingt bestellt werden, schon bevor S schuldet. 326

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Teil 2: Fallstudien

Art. 2372-3 ss. nur knappe Vorschriften über die Verwertung des Treuhandguts. Wenn der Treuhänder selbst Gläubiger ist, erhält er im Zeitpunkt des Ausfalls des Schuldners mit der Forderung die freie Verfügungsmacht über den Sicherungsgegenstand. Er kann ihn in sein Vermögen eingliedern oder verkaufen. Für beide Fälle ist die unabhängige Bewertung des Sicherungsguts und der Ausgleich der Wertdifferenz zur geschuldeten Forderung erforderlich328. Für den Fall des Verkaufs fehlt eine Regelung zum Verfahren im Einzelnen. Aus der treuhänderischen Beziehung wird man jedoch herleiten können, dass der Sicherungsnehmer – wenn eine Vereinbarung fehlt – zur Androhung verpflichtet ist, verbunden mit einer kurzen Wartefrist von vielleicht 2-3 Tagen. Es ergibt sich folgendes Ergebnis für Frage 3: Die fiducie wird grundsätzlich zu unpraktisch sein für die Bestellung von Kreditsicherheiten im Alltagsgeschäft der Bank. Sollten sich S und die B-Bank dennoch dafür entscheiden, wäre die BBank wohl zur Androhung und zum Abwarten von 2-3 Tagen verpflichtet. Beides könnte jedoch durch entsprechende einzelvertragliche Regelung umgangen werden. (iv) Systematik der Ergebnisse zum französischen Recht Das allgemeine Pfandrecht verweist für die Verwertung des Pfands auf die Regeln der Procédures civiles d’exécution. Für die Verwertung im Wege des Verkaufs ist dabei vom Pfandgläubiger eine beträchtliche Wartezeit von wenigstens einem Monat zu respektieren. Privatvertragliche Vereinbarung und handelsrechtliches Pfand erlauben die Abkürzung der Wartefrist. Beim handelsrechtlichen Pfand beträgt sie 8 Tage. Bei der Verpfändung eines Depotkontos kann die Verwertung 8 Tage nach Inverzugsetzung des Schuldners (die eine Androhung enthält) erfolgen. Eine besondere Verkürzung für die Verpfändung von Depotkonten, die für Kaufleute eingerichtet wurden, gibt es nicht. Durch Privatvereinbarung hätten die Parteien zwar nicht auf die Androhung verzichten können, jedoch hätte die Frist auf 2-3 Tage verkürzt werden können. Die fiducie kommt für ein Sicherungsrecht am Depotkonto im vorliegenden Fall wohl eher nicht in Betracht. Sollte sie dennoch verwendet werden, so ist die Androhung verbunden mit einer Wartefrist von 2-3 Tagen zu beachten. Beides kann privatvertraglich ausgeschlossen werden.

328

Art. 2372-4 C.civ.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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Grafische Übersicht Verwertung in der Fallkonstellation (wesentliche Wertminderung von im Depotkonto gutgeschriebenen Aktien) frühestens möglich nach… Pfand Grundkonst.

Pfand Handelsgesch.

Pfand IndivVertrag

Pfand – allg. Vertragsbed.

fiducie ohne Verwertungsregelung

fiducie mit IndivVertrag

> 1 Monat nach Androhung 8 Tage nach Androhung. 2-3 Tage nach Androhung Sofort ohne Androhung

d.

Lösung nach dem Recht der Provinz Québec

(i) Lösungsübersicht bei bestelltem Pfandrecht (a) Allgemeines Recht Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass die Provinz ein einheitliches Kreditsicherungsrecht an fremden beweglichen Sachen kennt, die hypothèque (Art. 2660 ff. CCQ). Der Begriff des „Pfandrechts“ (gage) taucht im Code civil québécois weiterhin auf, allerdings bedeutet er eine blosse Modalität der Bestellung der hypothèque, nämlich die Bestellung mittels Besitzübertragung auf den Sicherungsnehmer329. Der Code civil québécois sieht vier Verwertungsmöglichkeiten vor: die Inbesitznahme des Sicherungsgegenstands zwecks Verwaltung (Art. 2773 ff. CCQ), die Inzahlungnahme der Sache (Art. 2778 329

Auch hier ist der CCQ allerdings äusserst unverbindlich. So ist auch im Fall der Besitzübertragung die Bezeichnung als Pfandrecht nicht verpflichtend. Am unverbindlichsten ist dabei die englische Fassung des Art. 2665 al. 2 CCQ: „A movable hypothec may be created with or without delivery of the movable hypothecated. Where it is created with delivery, it may also be called a pledge.” (Hervorhebung durch den Autor).

262

Teil 2: Fallstudien

CCQ), den Verkauf durch den Gläubiger (Art. 2784 ff. CCQ) und den gerichtlich beaufsichigten Verkauf (Art. 2791 ff. CCQ). Diese verschiedenen Verwertungsarten kommen aber nicht für jeden Sicherungsnehmer und für jeden Sicherungsgegenstand in Betracht; vielmehr unterscheidet der CCQ jeweils hinsichtlich des Anwendungsbereichs330. Zum einen – bei der Hypothek über zu einem Unternehmen gehörende Gegenstände – kann der Gläubiger diese in Besitz nehmen, um sie selbst oder durch einen Dritten zu verwalten (Art. 2773 ff. CCQ). Die Inzahlungnahme der Pfandsache ist die zweite Möglichkeit; allerdings benötigt der Pfandgläubiger hier für den Fall, dass der Schuldner schon die Hälfte der gesicherten Forderung erfüllt hat, einen entsprechenden Beschluss des Gerichts (Art. 2778 CCQ). Der Inhaber einer Hypothek über zu einem Unternehmen gehörende Gegenstände kann diese nach einer blossen Anzeige beim Bureau de la publicité des droits verkaufen (Art. 2784 ff. CCQ). In allen anderen Fällen kommt es zu einem gerichtlich beaufsichtigten Verkauf (Art. 2791 ff. CCQ). Der Beginn der Verwertung erfordert, dass der geschuldete Betrag zwischen den Parteien feststeht oder bestimmt werden kann (créance liquide), dass die Forderung fällig ist (créance est exigible, Art. 2748 al. 2 CCQ), dass der Gläubiger dem Schuldner die Absicht der Verwertung angedroht hat und dass diese Androhung beim Bureau de la publicité de droits registriert worden ist (Art. 2757 CCQ)331. Schliesslich ist dem Schuldner eine Frist zu lassen, innerhalb derer er die Sache an den Gläubiger aufgeben muss (délaissement, vgl. Art. 2758 CCQ). Die Frist zur Aufgabe der Sache beginnt mit der Eintragung der Androhung im Register; sie läuft bei beweglichen Sachen 20 Tage (Art. 2758 al. 2 CCQ)332. Art. 2767 CCQ ermöglicht dem Gläubiger, vor Ablauf der genannten Frist bei Gericht die Erzwingung der Aufgabe der Sache zu beantragen, wenn diese möglicherweise untergehen wird oder stark an Wert verlieren wird. In diesem Fall wird der Gläubiger zur sofortigen Verwertung autorisiert. Allerdings sind 330 Die Inbesitznahme zwecks Verwaltung kommt nur bei einer hypothèque über die Vermögensgegenstände eines Unternehmens in Betracht (Art. 2773 CCQ). Die Inzahlungnahme des Sicherungsgegenstands bedarf in dem Fall, dass der Schuldner zurzeit der Androhung der Verwertung schon die Hälfte der Schuld beglichen hat, der Zustimmung des Gerichts (Art. 2778 CCQ). Der Verkauf durch den Gläubiger kommt wiederum nur hinsichtlich von Vermögensgegenständen eines Unternehmens in Betracht (Art. 2784 CCQ). 331 Vgl. im Einzelnen zu dem den Verwertungshandlungen vorangehenden Verfahren: Pratte, Priorités et hypothèques, Sherbrooke, Québec, 2005, p. 327 ss.; s. speziell zur Androhung Payette, nos 1603 ss. 332 Wenn die gesicherte Forderung aus einem Verbrauchervertrag resultiert, dann erhöht sich die Frist auf 30 Tage. Bei unbeweglichen Sachen erhöht sie sich auf 60 Tage (Art. 2758 al. 2 CCQ).

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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hier mögliche Rechtsmittel des Schuldners gegen die gerichtliche Entscheidung zu beachten333. Auf die Mitteilung und Eintragung der Androhung kann der Gläubiger allerdings auch im Fall der Dringlichkeit nicht verzichten; darauf ist im Hinblick auf den Wortlaut des Art. 2767 CCQ mehrfach hingewiesen worden334. (b) Verwertung von Bucheffekten (titres intermédiés/securities entitlements) Der Code civil québécois sieht Sonderregelungen für Wertpapiere bzw. Bucheffekten vor. Dabei bezieht er sich ausdrücklich (vgl. z.B. Art. 2659 CCQ) auf das neue Gesetz in diesem Bereich (Loi sur le transfert de valeurs mobilières et l’obtention de titres intermédiés/LTVM)335, das die Assemblée nationale am 18.06.2008 angenommen hat. Entsprechend den Gegebenheiten bei sammelverwahrten Wertpapieren sieht Art. 2701.1 CCQ vereinfachte Bestellungsvoraussetzungen vor. Danach gilt eine zugunsten einer Depotbank oder einer Clearingstelle336 bestellte Hypothek an Wertpapieren oder Bucheffekten im Sinn der LTVM durch ihre blosse Begründung als publiziert. Eine Kontrollvereinbarung ist ausreichend für die Drittwirksamkeit der Sicherheit337. In Bezug auf die Verwertung ermöglicht Art. 2759 CCQ die Abweichung von den oben dargestellten Verwertungsvorschriften338. Danach kann der Gläubiger einer Hypothek über Wertpapiere oder Bucheffekten im Sinne der LTVM die entsprechenden Titel verkaufen, oder auf andere Weise darüber verfügen. Dabei ist er nicht an die Anforderungen der Androhung, der Besitzaufgabe oder der Wartefrist gebunden. Jedoch muss 333 Der Schuldner kann innerhalb von 5 Tagen nach der gerichtlichen Entscheidung Einwände geltend machen, die sich auf die Behauptungen des Gläubigers zum Wertverfall beziehen, s. Art. 799 Code de la procédure civile (québécoise); s.a. Pratte, p. 349. Dadurch wird die Verwertung durch den Gläubiger allerdings nicht gehemmt. 334 Vgl. folgende durch quebecer Gerichte ergangene Entscheidungen: 167599 Canada inc. c. 9007-4337 Québec inc., [1997] R.J .Q. 2657 (C.A.) (Cour d’Appel du Québec); 2765225 Canada inc. c. 2687682 Canada inc., [1995] R.J.Q. 237 (C.S.) (Cour supérieure du Québec); Amyot c. Banque Nationale du Canada, [2004] R.J.Q. 2385 (C.A.); vgl. a. Pratte, p. 314; Payette, no 1611. 335 Vgl. mit einigen Hintergründen zum LTVM, insbes. aber zu seinem Wertpapierbegriff Rousseau, La notion de valeurs mobilières en droit canadien, RD bancaire et financier no 2, Mars 2009, dossier 13. 336 Zum Begriff Intermédiaire en valeurs mobilières/Securitiy Intermediary s. Art. 8 LTVM. Verantwortlich für die Sammelverwahrung, wie auch für die Organisation der Buchungen im Bucheffektensystem in Kanada ist die Canadian Clearing and Depository Serices Inc. 337 Vgl. Art. 2714.1 CCQ. 338 Vgl. zu Art. 2759 CCQ Payette, nos 1614 ss.

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Teil 2: Fallstudien

insofern eine Einigung der Parteien in der Sicherungsvereinbarung vorliegen, die das Vorgehen des Gläubigers erlaubt339. Für den vorliegenden Fall würde das bedeuten, dass die B-Bank die hypothekierten Wertpapiere bzw. die entsprechenden Miteigentumsanteile sofort ab Fälligkeit der Forderung verwerten durfte, ohne dem S eine Frist lassen zu müssen, wenn eine dementsprechende Einigung vorliegt. Sollten die Parteien sich ausnahmsweise nicht geeinigt haben, sind wohl die genannten Erfordernisse von Androhung und Frist zur Aufgabe der Sache weiter anwendbar. Auf den Wertverfall würde es nur in letzterem Fall ankommen. (c) Ergebnis zu Frage 1 Nach allgemeinem Pfandrecht ist die Verwertung anzudrohen und die Androhung in ein Register einzutragen. Danach sind dem Schuldner mindestens 20 Tage für die Aufgabe der Sache Zeit zu geben. Bei Bucheffekten im Sinne des LVTM gilt Folgendes: Wenn – was fast immer der Fall sein wird – die Parteien sich in dieser Hinsicht geeinigt hätten, hätte die Verwertung aufgrund des Art. 2759 CCQ schon unter dem 1.9.2005 stattfinden können. Sie kann deshalb auch unproblematisch unter dem 15.9.2005 erfolgen. Festzuhalten ist, dass es in letzterem Fall gar nicht auf die Frage der Wertminderung ankommt. (ii) Frage 2: S als Kaufmann bzw. Unternehmer; Privatvertragliche abweichende Vereinbarung (a) Allgemeines Recht Das Hypothekenrecht kennt im Zusammenhang mit der Ausübung der Hypothekarrechte keine besondere Behandlung der Kaufleute oder Unternehmer, sondern lediglich eine Sonderbehandlung der Verbraucher: Nach Art. 2758 CCQ verlängert sich die Frist für die Aufgabe der Sache an den Gläubiger im Fall eines zugrunde liegenden Verbrauchervertrags auf 30 Tage340. Insofern es Sonderbehandlungen des Hypothekenrechts in Bezug auf Kaufleute oder Unternehmer gibt, knüpfen diese an den Tatbestand 339

Fraglich ist, ob Letzteres erfordert, dass die Sicherungsvereinbarung dieses Verfahren ausdrücklich vorsehen muss oder es nur keine entgegenstehende Absprache geben darf. Die Wortwahl (permettre/permit) deutet darauf hin, dass der Gläubiger auch bei Schweigen der Sicherungsabrede vom Art. 2759 CCQ Gebrauch machen darf. Ansonsten hätte sich wohl eine neutralere Ausdrucksweise angeboten, wie z.B. si la convention prévoit ainsi bzw. if the agreement provides correspondingly. 340 S. zum Begriff des Verbrauchers nach quebecer Recht Art. 1 e) der Loi sur la protection du consommateur.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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des „Betriebs eines Unternehmens“ an (la personne qui exploite une entreprise) und betreffen eher die Reichweite der Hypothek341. Im Normalfall der Hypothek können die Parteien durch Privatvereinbarung nicht vom Erfordernis der Androhung abweichen; dieses Erfordernis wird insofern als zwingendes Recht angesehen. Art. 2759 CCQ wird als einzige Ausnahme angesehen342. Es wird auch abgelehnt, dass die Parteien den délai de délaissement durch Vereinbarung verkürzen könnten: Auch in dem Fall, in dem der Schuldner vor Ablauf der Frist die Sache an den Gläubiger aufgebe, müsse dieser bis zum Ablauf der Frist warten, bevor er seine Rechte ausüben könne343. Das wird u.a. damit begründet, dass die Frist nicht nur im Interesse des Schuldners, sondern auch im Interesse weiterer Gläubiger sei, die in der Zwischenzeit ihre Rechte geltend machen könnten344. Ausserhalb der Voraussetzungen der Art. 2767 CCQ oder 2759 CCQ kann die Aufgabefrist daher nicht abgekürzt werden. (b) Verwertung von Bucheffekten (titres intermédiés/securities entitlements) Wenn S Kaufmann oder Unternehmer wäre, würde das für die Lösung des Falls keinen Unterschied machen. Die B-Bank kann die Rechte mithin verwerten, unabhängig von der Frage, ob S die genannten Eigenschaften erfüllt oder nicht. In Bezug auf die privatvertragliche Vereinbarung gilt Folgendes: Die BBank kann mit einer Vereinbarung i.S.v. Art. 2759 CCQ die Erfordernisse von Androhung und Wartefrist ausschliessen345. (c) Ergebnis zur Frage 2 Für das allgemeine Recht ändert sich hier nichts. Insbesondere ist der privatvertragliche Ausschluss von Androhung und Wartefrist nicht möglich. 341 So erlaubt Art. 2684 al. 1 CCQ nur demjenigen, der ein Unternehmen betreibt, die Bestellung einer Hypothek über eine Sachgesamtheit gegenwärtiger und zukünftiger Güter. Eine Ausnahme gilt dabei aber für Wertpapiere und Bucheffekten im Sinn der LTVM (Art. 2684.1 CCQ). Nur eine natürliche Person, die ein Unternehmen betreibt und eine Hypothek über Unternehmensgegenstände bestellt, unterliegt keinen Beschränkungen in Bezug auf die Bestellung ohne Besitzübergang (Art. 2683 al. 1 CCQ). 342 2765225 Canada inc. c. 2687682 Canada inc., [1995] R.J.Q. 237 (C.S.); Payette, no 1611. 343 Québec (Sous-ministre du Revenu) c. Industrielle-Alliance, compagnie d’assurances sur la vie, [2003] R.J.Q. 1781, REJB 2003-43173 (C.A.); Beauchamp/Bousquet [et al.], Contrats, sûretés et publicité des droits, Cowansville (Québec), 2007, p. 157. 344 S. in Bezug auf diese Rechte insbesondere Art. 2761 und 1779 CCQ. Zu diesem Argument Beauchamp/Bousquet [et al.], p. 157; 2765225 Canada inc. c. 2687682 Canada inc., [1995] R.J.Q. 237 (C.S.). 345 Zur Gestaltungsfreiheit der Parteien insofern vgl. Payette, no 1615.

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Teil 2: Fallstudien

Art. 2759 CCQ gibt den Parteien im Bereich der Rechte an Wertpapieren grösstmögliche Freiheit, Vereinbarungen über die Verwertung abzuschliessen. Für Kaufleute oder Unternehmer gibt es keine Sonderregelungen in Bezug auf die Schnelligkeit der Verwertung. (iii) Frage 3: Lösung für das Sicherungseigentum Art. 1263 al. 1 CCQ sieht zwar ausdrücklich die Verwendungsmöglichkeit der fiducie zu Sicherungszwecken vor. Wie auch zum französischen Recht muss aber bemerkt werden, dass die fiducie für das Massengeschäft im Zusammenhang mit der Führung von Depotkonten zu schwerfällig ist und deshalb grundsätzlich nicht als Alternative zur Hypothek in Betracht kommen kann. V.a. ist das deshalb der Fall, weil sie vom Vermögen des Gläubigers und des Schuldners getrennt etabliert und verwaltet werden muss346. Des Weiteren ist sie ohne Registereintragung nicht drittwirksam (Art. 1263 al. 1 CCQ)347. Aber auch wenn man die fiducie als Alternativmodell verwenden würde, würde für ihre Verwertung nichts anderes gelten, als für die Verwertung der Sache, an der eine Hypothek bestellt wurde, wie es Art. 1263 al. 2 CCQ klarstellt. Zwar wird diskutiert, ob der Treuhänder an die vier Verwertungsverfahren des Hypothekenrechts gebunden ist oder nicht. Fest steht aber, dass er die Voraussetzungen von Androhung und Ablauf der Aufgabefrist einhalten muss348. Für den vorliegenden Sonderfall führt der Verweis aber auf Art. 2759 CCQ, was zu dem gleichen Resultat wie oben führt. Es bleibt mithin beim Ergebnis zu Frage 1. (iv) Systematik der Ergebnisse zum Recht von Québec Das allgemeine Recht erfordert für die Verwertung eine Androhung, die in einem Register eingetragen werden muss. Danach müssen dem Schuldner wenigstens 20 Tage für die Aufgabe der Sache gegeben werden. Für Kaufleute gibt es keine Sonderregelungen. Die Abkürzung durch vertragliche Vereinbarung ist nicht möglich. Die fiducie wird eher nicht als Sicherungsmittel in Betracht kommen. Sofern es sich um eine hypothèque an Wertpapieren oder Bucheffekten i.S.d. LTVM handelt, kann die B-Bank bereits ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit der zugrunde liegenden Forderung die Wertpapiere (bzw. Buchef346

Normand, p. 324. Der Treuhänder muss sich des Weiteren vor Interessenkonflikten bewahren, vgl. Art. 1310 CCQ. 347 Das gilt – wie bereits dargestellt wurde – nicht im Fall der Hypothekierung von Wertpapieren oder Bucheffekten, vgl. Art. 2701.1 CCQ. 348 Vgl. Payette, nos 1883 und 1962 ss.

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

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fekten) verwerten, sofern eine vertragliche Vereinbarung dahingehend vorliegt. Die Verwertung unter dem 15.9.2005 ist mithin auch kein Problem. Insoweit kommt es nicht auf die Vorschriften über die Wertminderung an. Grafische Übersicht Verwertung (bei Vorliegen einer Vereinbarung i.S.v. Art. 2759 CCQ) frühestens möglich nach… Hypothek Grundkonst.

Hypothek Handelsgesch.

Hypothek IndivVertrag

fiducie ohne Verwertungsregelung

fiducie mit Verwertungsregelung

> 1 Monat nach Androhung 20 Tage nach Androhung Wenige Tage nach Androhung Sofort ohne Androhung

e.

Lösung nach dem Recht des Uniform Commercial Code

(i) Frage 1: Lösungsübersicht bei bestelltem Pfandrecht (a) Grundlagen Nach dem Recht des Article 9 UCC führt die Vereinbarung des Pfandrechts zu einem security interest an den Wertpapieren bzw. an den Berechtigungen des S an den Wertpapieren. Die Vorschriften über die Rechte an Wertpapieren und deren Übertragung finden sich in Article 8 UCC. Die Bestellung von Sicherungsrechten an Wertpapieren ist aber Article 9 UCC überlassen349. Part 5 des Article 8 UCC regelt speziell den Fall des indirect holding system. Auf das System der Sammelverwahrung von Wertpapieren und der Übertragung von in Depotkonten gutgeschriebenen security entitlements ist bereits im Rahmen der ersten Fallgruppe zum Geldkredit hin349

Das gilt zumindest seit 1994. Vgl. zum Verhältnis von Art. 8 und 9 UCC Klutz/Batty/Nichols, How to be secure when your collateral is a security: a guide to the creation and perfection of security interests in investment property under the 1994 revisions to the uniform commercial code, 4 N.C. Banking Inst. 183 (2000); Rogers, Policy perspectives on Revised U.C.C. Article 8, 43 UCLA L. Rev. 1431, 1473 (1996).

268

Teil 2: Fallstudien

gewiesen worden. Für attachment und perfection eines security interest an Depotkonten gelten grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften, jedoch mit leichten Abweichungen. So muss der Sicherungsnehmer neben der Sicherungsvereinbarung zusätzlich die Kontrolle über das Depotkonto des Schuldners ausüben (s. Art. 9-203 (b) (3) (D) UCC)350. Art. 9-312 UCC enthält eine Sonderregelung zur Perfektion (perfection) des Sicherungsrechts. Die Perfektion erfolgt danach typischerweise durch Erlangung der Kontrolle durch den Sicherungsnehmer ((b) (1); Art. 314 (a) UCC). Zwar ist auch perfection durch Registereintragung (notice filing) möglich, jedoch ist eine Kontrollvereinbarung immer vorrangig, selbst dann, wenn das financing statement zeitlich vor der Vereinbarung eingetragen wurde351. Für den (jetzt häufigen) Fall, dass die Wertpapiere entmaterialisiert sind und die Rechte des Schuldners als Bucheffekten geführt werden, ist die notwendige Kontrolle gegeben, wenn der Sicherungsnehmer vom Sicherungsgeber die Wertpapierberechtigung (security entitlement) erhält oder der security intermediary (wie Depotbank oder Broker) erklärt, Verfügungsaufträgen des Sicherungsnehmers Folge zu leisten, ohne auf eine Genehmigung des Sicherungsgebers zu warten (Art. 8-106 (d) (2) UCC)352. Letztere Variante erinnert an die Bestellung eines Sicherungsrechts durch Kontrollvereinbarung nach Art. 25 des schweizerischen Bucheffektengesetzes. (b) Die Verwertung Die Verwertung des Sicherungsrechts erfordert den Ausfall des Schuldners (Art. 9-601 (a) UCC), der hier vorliegt. Fraglich ist, wie im vorliegenden Fall nach dem Recht des UCC die Verwertung zu erfolgen hat. Die einzige Sonderregelung innerhalb des Art. 9 UCC zur Verwertung findet sich in Art. 9-607 (a) (4) und (5). Abs. (a) (4) ist für den hier relevanten Fall anwendbar, dass die Bank selbst Inhaberin des Sicherungsrechts an dem von ihr geführten Depotkonto ist. Nach dieser Vorschrift kann die B-Bank, die bereits automatisch die Kontrolle über das Depotkonto ausübt (vgl. Art. 9350

Das u.a. ist schon dann gegeben, wenn die Bank als Gläubigerin das Konto des Schuldners führt, vgl. Art. 9-104 (a) (1) UCC. S. zu den anderen Möglichkeiten Bstn. (2) und (3). Vgl. zum attachment auch Klutz/Batty/Nichols, 4 N.C. Banking Inst. 187 (2000); Rogers, 43 UCLA L. Rev. 1474 (1996). 351 S. Art. 9-328 (1) UCC; vgl. a. Art. 9-312 Commentary 4; Klutz/Batty/Nichols, 4 N.C. Banking Inst. 191 (2000); Durham, Legislative Survey: Commercial Law, 20 Campbell L. Rev. 401 (1998). 352 Art. 8-106 (d) (3) UCC sieht auch die Möglichkeit vor, dass ein Dritter die Kontrolle für den Sicherungsnehmer ausübt. S. generell zu den verschiedenen Möglichkeiten Klutz/Batty/Nichols, 4 N.C. Banking Inst. 189, 202–203 (2000).

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

269

104 (a) (1) UCC), den Wert der im Depot gebuchten securities zur Befriedigung der Forderung verwenden. In Bezug auf das Verwertungsverfahren im Einzelnen findet auch Art. 9-611 (b) UCC Anwendung, der die B-Bank zur Androhung der Verwertung verpflichtet. Art. 9-612 UCC schreibt vor, dass dem Sicherungsgeber – sofern dieser kein Verbraucher ist – nach der Androhung der Verwertung 10 Tage Zeit zu geben sind, während derer keine Verwertung erfolgen darf. Wiederum jedoch gibt es eine Ausnahme für den Fall, dass Wertverfall droht (Art. 9-611 (d) UCC). Dieselbe Vorschrift sieht auch eine generelle Ausnahme vom Gebot der Androhung und Fristsetzung für den Fall vor, dass der Sicherungsgegenstand gewöhnlicherweise an einem anerkannten Markt veräussert wird. Der Kommentar zu Art. 9-611 (d) UCC verweist dabei ausdrücklich auf marketable securities353, mithin Kapitalmarktrechte, die an einem Markt gehandelt werden. An Börsen gehandelte Aktien – wie im vorliegenden Fall – gehören dazu, sodass die Ausnahme der Vorschrift einschlägig ist. (c) Ergebnis zu Frage 1 Article 9 UCC erfordert in den allgemeinen Vorschriften die Androhung einer Verwertung mit 10-Tages-Frist. Bei der Verwertung von in Depotkonten gutgeschriebenen Rechten an Wertpapieren gilt aber anderes. Die B-Bank kann die Aktien im Depot des S sofort nach Fälligkeit der zugrunde liegenden Forderung veräussern, sofern S nicht zahlt. Mithin hätte sie erst recht unter dem 15.9.2005 ohne Probleme verwerten können. (ii) Frage 2: S als Kaufmann bzw. Unternehmer; Privatvertragliche abweichende Vereinbarung Es ergibt sich hier keine andere Lösung. Der Uniform Commercial Code vertritt einen Ansatz, der auch schon im Recht der Provinz Québec aufgefallen ist: Er ist auf Verbraucher und Kaufleute gleichermassen anwendbar, allerdings enthält er Einzelausnahmen – insbesondere zugunsten von Verbrauchern – auf der Ebene spezieller Geschäfte354. 353

Art. 9-611 Commentary 7. So gilt z.B. die 10-Tages-Frist des Art. 9-612 (b) UCC nur für „NichtVerbraucher“. Es gibt weitere Sonderbehandlungen von Verbraucherverträgen (consumer transactions). So ist z.B. die teilweise Inzahlungnahme des Sicherungsguts durch den Sicherungsnehmer bei Verbraucherverträgen ausgeschlossen (Art. 9-620 (g) UCC). Für andere Fälle der Sonderbehandlung von Verbraucherverträgen s. z.B. Art. 9-626 (b) oder Art. 9-628 (c). Zur Definition des Begriffs consumer transaction s. Art. 9-102 (a) (26) UCC. 354

270

Teil 2: Fallstudien

Auch durch Privatvereinbarung könnte die B-Bank hier kein günstigeres Resultat erreichen. Würde kein Gut vorliegen, das im Sinne von Art. 9-611 (d) UCC an einem anerkannten Markt gewöhnlicherweise veräussert werden kann, könnte allerdings nicht ohne Weiteres auf die Androhung der Verwertung verzichtet werden. Art. 9-624 (a) UCC erlaubt den Verzicht erst nach dem Vorliegen von default, also nachdem der Schuldner nach Fälligkeit seiner Schuld mit der Leistung ausgefallen ist355. Im Ergebnis ergibt sich mithin kein Unterschied. Die Verwertung am 15.09.2005 ist unproblematisch möglich. Die B-Bank könnte bereits verwerten, sobald feststeht, dass S mit der Zahlung ausfällt. (iii) Frage 3: Lösung für das Sicherungseigentum Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass die Regelungen des Art. 9 UCC alle Vereinbarungen ohne Unterschied der Form erfassen, die darauf abzielen, ein Sicherungsrecht an einem Gegenstand zu begründen356. Das ist Folge des unitären und funktionalen Ansatzes von Art. 9 UCC. Es ergibt sich mithin kein anderes Ergebnis. (iv) Systematik der Ergebnisse zum UCC-Recht Nach den allgemeinen Vorschriften des Article 9 UCC muss die B-Bank die Verwertung androhen und eine Frist setzen, die wenigstens 10 Tage lang ist. Allerdings erlaubt Art. 9-611 (d) UCC den Verzicht auf beides im Fall der zügigen Wertminderung (speedy decline). In Bezug auf den Sonderfall des Depotkontos kommt man in allen überprüften Situationen zum gleichen Ergebnis. Die B-Bank kann die Wertpapiere im Depot bzw. ihre Berechtigung an den im Depot befindlichen Werten sofort verwerten, sobald der Ausfall des Schuldners feststeht. Massgeblich ist der Ausfall (default), nicht bereits die Fälligkeit. Im Ergebnis ist die Verwertung unter dem 15.09.2005 kein Problem. Die Ergebnisse sind hier deshalb einheitlich, weil Article 9 UCC nicht das Vorliegen von Wertminderung erfordert, sondern die sofortige Verwertung erlaubt, wenn der Sicherungsgegenstand an einem anerkannten Markt gewöhnlicherweise gehandelt wird.

355 Art. 9-611 Commentary 9. Art. 9-624 (a) UCC erfordert den Verzicht aufgrund eines authenticated agreement. Zu diesem Erfordernis (im Normalfall reicht ein unterzeichnetes Dokument) s. Art. 9-102 (a) (7) UCC. 356 S. insbes. Art. 9-109 (a) (1) und Art. 9-202 UCC.

271

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

Grafische Übersicht Verwertung (im Fall des Depotkontos als Sicherheit) frühestens möglich nach… Security Interest Grundkonst.

Security Int. Handelsgesch.

Security Int. IndivVertrag

SiETohne Verwertungsregelung

SiET mit Verwertungsregelung

> 1 Monat nach Androhung 10 Tage nach Androhung Wenige Tage nach Androhung Sofort ohne Androhung

f.

Vergleich der vorgefundenen Ergebnisse

(i) Anmerkung zu den Lösungen Der Fall untersucht, inwieweit verschiedene Kreditsicherungsrechte dem Interesse des Gläubigers (oder beider Parteien) an einer zügigen Verwertung des Sicherungsguts nachkommen. Der Sachverhalt beschreibt dazu einen Fall der Wertminderung des Sicherungsguts, denn gerade in einer solchen Situation besteht ein besonders grosses Interesse an der schnellen Verwertung des Sicherungsguts. Im Einzelnen verwendet er einen besonders relevanten Anwendungsfall des Problems, nämlich den Verfall des Werts von Aktien, an denen eine Kreditsicherheit bestellt ist. Neben dem Vergleich der Grundansätze in der Gesetzgebung zu den Kreditsicherheiten bestand das Ziel der Falllösung darin zu untersuchen, ob das Sicherungseigentum dem Gläubiger einen Vorteil gegenüber dem Pfandrecht in Fällen bietet, in denen es nicht auf die Wahrung des Besitzes beim Sicherungsgeber ankommt. (a) Anmerkungen zu den Regelungen des allgemeinen Rechts In Bezug auf die Regelungen des allgemeinen Rechts (kein Wertpapier) hat es geringfügige Unterschiede zwischen Sicherungseigentum und Pfandrecht gegeben. Diese Unterschiede betreffen Situationen, in denen es die Parteien unterlassen haben, eine Vereinbarung über den Ablauf der

272

Teil 2: Fallstudien

Verwertung zu treffen. In diesem Fall erlaubt das deutsche Sicherungseigentum eine zügigere Verwertung. In der Schweiz muss bei der Verwertung des Sicherungseigentums generell nicht auf das umständliche Betreibungsverfahren nach dem SchKG abgestellt werden. Festzustellen ist aber, dass auch in den wenigen Fällen, in denen das Verwertungsverfahren des beschränkten dinglichen Rechts im Verhältnis zum Sicherungseigentum nachteiliger ist, ein Notverkauf ohne Durchführung der normalerweise einzuhaltenden Schritte möglich ist, wenn die Existenz der Sicherheit bedroht ist. Eventuelle Unterschiede zwischen Sicherungseigentum und Pfandrecht wirken sich daher nur insoweit aus, als die Grenze des Notverkaufs noch nicht erreicht ist. Diese geringfügigen Unterschiede haben allerdings kein Gewicht, denn bereits das allgemeine Recht hat gezeigt, dass die Parteien einer beschränkten dinglichen Sicherheit durch vertragliche Vereinbarung den Verwertungsprozess abkürzen können, sodass eventuell bestehende geringe Vorteile des Sicherungseigentums ausgeglichen werden. In einigen Rechten (Deutschland und Frankreich) ist die lange Verwertungsdauer des Pfandrechts im Rahmen von Handelsverträgen abgekürzt. (b) Anmerkungen zum Sachverhalt: Wertpapierrechte, die in einem Depotkonto gutgeschrieben sind Im Spezialfall der Verwertung von in Depotkonten gutgeschriebenen Wertpapierrechten werden eventuell bestehende Nachteile des Pfandrechts nahezu völlig aufgehoben. Zwar gibt es weiterhin Unterschiede für den Fall, dass sich Parteien nicht auf die Art und Weise der Verwertung geeinigt haben. In Deutschland würden dann weiterhin die allgemeinen Regeln Anwendung finden, sodass die Frage wichtig würde, ob eine Wertminderung gegeben ist oder nicht. Gleiches gilt für die Schweiz und Québec, die für die besonderen Verwertungsverfahren für Bucheffekten eine vertragliche Einigung erfordern. Der Uniform Commercial Code und Frankreich sehen unabhängig vom Vorliegen einer Einigung besondere Verwertungsregeln für Rechte, die in Depotkonten gebucht sind, vor. Während der UCC die Verwertung ohne Androhung ermöglicht, reduziert Frankreich die Wartefrist auf 8 Tage (ermöglicht aber die vertragliche Verkürzung). Die Nichtregelung der extrem wichtigen Verwertung dürfte vor dem Hintergrund, das es sich hier um Geschäfte handelt, die von Finanzakteuren spezialisiert angeboten werden, extrem selten sein. Wenn man davon ausgeht, dass die Parteien sich vertraglich auf den Verzicht der Androhung der Verwertung geeinigt haben, werden die Unterschiede der geprüften Rechtsordnungen – unabhängig davon, ob ein Pfandrecht oder Sicherungseigentum gegeben ist – fast auf Null reduziert,

C. Fallbeispiele für die Situation des Geldkreditgebers

273

sodass es praktisch nicht mehr auf die Frage der Wertminderung ankommt. Dieses Ergebnis wird durch eine weltweite Entwicklung hin zu mehr Liberalisierung bei der Verwertung von Rechten an mediatisiert verwahrten Wertpapieren bedingt. Das US-amerikanische Recht erfordert nicht einmal einen Vertrag für den Ausschluss der Androhung. Der vertragliche Ausschluss der Androhung ist in Québec und in Deutschland ohne Weiteres möglich. In der Schweiz ist er dagegen nur bei qualifizierten Anlegern im Sinne des Bucheffektengesetzes möglich. Der Wortlaut des französischen Art. L.211-20 al. 5 Code monétaire et financier scheint dagegen weiterhin eine zumindest kurze Wartefrist zu verlangen. Festzustellen ist weiterhin, dass die geprüften Rechtsordnungen Regelungswerke zu Rechten an mediatisiert gehaltenen Wertpapieren geschaffen haben, die Regelungen über die Verwertung betreffen. Etwas aus dem Rahmen fällt Deutschland, das in Folge der Richtlinie 2002/47/EG dem BGB lediglich den § 1259 hinzugefügt hat. Die genannten Regelungswerke erlauben es, die unkomplizierte Verwertung mit der besonderen Interessensituation im Fall von mediatisiert gehaltenen Wertpapieren zu begründen. Wie schon angedeutet, dürfte es deshalb praktisch nur noch in seltenen Fällen auf die Frage ankommen, ob ausnahmsweise das Vorliegen einer Wertminderung die sofortige Verwertung erlaubt. In Bezug auf das Sicherungseigentum ist schliesslich festzustellen, dass es in der vorliegenden Fallkonstellation schon von seinen Charakteristiken her nicht zur Anwendung kommen wird. Aussagekräftig ist hier besonders die tatsächliche Lage in Deutschland, das die weite Verwendung des Sicherungseigentums zulässt: Das Sicherungseigentum wird für die Verpfändung von in Depotkonten gebuchten Rechten an Wertpapieren so gut wie nicht verwendet. Das liegt daran, dass sich der Nachteil des Pfandrechts de lege lata hier nicht auswirkt. Die besitzlose Verpfändung ist nicht erforderlich. In Frankreich und in Québec ist die Bestellung der fiducie zu aufwendig für alltägliche Sicherungsgeschäfte der Banken. (ii) Abschliessende Bemerkung Die Bearbeitung des 2. Fallbeispiels zum Sicherungseigentum führt ebenfalls nicht zu der Einsicht, dass in der vorliegenden Konstellation das Interesse des Kreditgebers an einer schnellen Verwertung nur durch die Anerkennung von Eigentumssicherheiten berücksichtigt werden kann. Dem liegen v.a. zwei Erkenntnisse zugrunde. Eine schnelle Verwertung von Rechten an Wertapieren kann auch auf anderem Wege erreicht werden. Z.B. können Kapitalmarktrechte – wie Wertpapiere – generell einer besonderen Regelung unterworfen werden. Möglich ist es auch, generell Güter, die an einem anerkannten Markt gewöhnlicherweise veräussert werden, besonders zu regeln. Es ist bereits im

274

Teil 2: Fallstudien

Zusammenhang mit der ersten Fallgruppe zum Geldkredit darauf hingewiesen worden, dass die insofern ergangenen einzelstaatlichen und supranationalen Regelungen zu einer Annäherung der eigentlich konzeptuell getrennten Institutionen der Eigentumssicherheit und der beschränkten dinglichen Sicherheit geführt haben. Zum anderen ist die Bedeutung der Privatvereinbarungen zu beachten. Durch Privatvereinbarung kann auf der Ebene der beschränkten dinglichen Sicherheit das Erfordernis der Androhung ausgeschlossen werden oder zumindest eine nur sehr kurze Frist vereinbart werden. Das hat durchaus eine grosse Bedeutung, weil im Bankverkehr fast generell die gegenseitigen Rechte durch allgemeine Vertragsbedingungen geregelt werden. Schliesslich ist nicht zu vergessen, dass, unabhängig davon, ob ein Fall des Pfandrechts gegeben ist oder ein Fall des Sicherungseigentums, in Fällen der Bedrohung des Werts der Sicherungssache immer ein sofortiger Notverkauf im Interesse der beiden Parteien möglich sein sollte.

D. Ergebnisse zu Teil 2 D. Ergebnisse zu Teil 2

Teil 2 hat die Frage aufgeworfen, ob sich die unterschiedlichen Methoden der Regulierung von Eigentumssicherheiten praktisch in unterschiedlichen Ergebnissen äussern. Dazu wurden vier Fallkonstellationen geprüft. Während die beiden Konstellationen zum Warenkredit sich allein mit der Frage beschäftigten, wie die Fallkonstellationen durch Regulierungsmethoden gelöst werden, die Eigentumssicherheiten nicht oder unter anderen Modalitäten als in Deutschland oder der Schweiz zulassen, sollten die Konstellationen zum Geldkredit zusätzlich die Frage beantworten, ob das Sicherungseigentum eine Funktion haben kann, die über die blosse Möglichkeit der Bestellung eines besitzlosen Pfandrechts (insofern ausgehend von der deutschen Rechtslage) hinausgeht. I.

Ergebnisse zum Warenkredit

Die beiden Fallbeispiele haben die Verschiedenheit der Lösungswege unterstrichen. Sie haben aber auch gezeigt, dass die praktischen Unterschiede der jeweiligen Resultate gering sind. Das erste Fallbeispiel zielte auf die Funktion des Eigentumsvorbehalts ab, den Verkäufer von Anlage- oder Umlaufvermögen im Verhältnis zu einem zeitlich vorhergehenden umfassend gesicherten Gläubiger zu schützen. Hier ist Folgendes aufgefallen: Auch Rechtsordnungen, die den Eigentumsvorbehalt nicht anerkennen, weil sie den funktionalen und unitären

D. Ergebnisse zu Teil 2

275

Ansatz implementiert haben357, räumen dem Verkäufer die Priorität ein. Sie kommen zu diesem Resultat über eine Ausnahme zur normalen Regelung der Priorität. Ein Unterschied besteht aber in Verfahren der Insolvenz. Rechtsordnungen, die den Eigentumsvorbehalt anerkennen, geben dem Verkäufer ein Aussonderungsrecht358, während die anderen ihm ein Recht auf vorrangige Befriedigung gewähren. Schliesslich führte dieser Fall zur Erkenntnis, dass Staaten, die den Eigentumsvorbehalt anerkennen, den Warenkreditgeber gegenüber dem Geldkreditgeber bevorzugen, da sie – anders als z.B. der Uniform Commercial Code oder die kanadischen Personal Property Security Acts – keine Möglichkeit vorsehen, den Geldkreditgeber, der den Erwerb von Vermögensgegenständen finanziert, mit den gleichen Rechten auszustatten, wie einen Eigentumsvorbehaltsverkäufer. Die Zielrichtung des zweiten Fallbeispiels war die Frage, wie die unterschiedlichen Ansätze mit Sachverhalten an der Grenze zwischen Sicherheit und Nicht-Sicherheit umgehen. Rechtsordnungen, die den unitären und funktionalen Ansatz bisher nicht eingeführt haben, haben hier kein Problem, weil sie in Bezug auf die Rechte des Gläubigers in der Insolvenz einfach prüfen können, ob er Eigentümer ist359. Rechtsordnungen, die dem unitären und funktionalen Ansatz folgen, haben dagegen ein Problem. Da sie grundsätzlich nur zwischen Sicherheit und Nicht-Sicherheit unterscheiden, bleiben ihnen kaum Kriterien für eine vernünftige Abgrenzung schwieriger Fälle wie z.B. beim Leasing. Die Folge ist dann, dass sie entweder komplizierte Kriterien einführen (vgl. Article 9 UCC) oder die Abgrenzung umgehen, indem sie gesetzliche Vermutungen einführen (vgl. die kanadischen PPSAs). II. Ergebnisse zum Geldkredit Die beiden Fallbeispiele zum Geldkredit haben keine besonderen Vorteile des Sicherungseigentums nachweisen können. Beide Fälle betrafen Situationen, in denen Rechte an Wertpapieren Sicherungsgegenstand waren. Das erste Fallbeispiel fragte, ob dem Sicherungseigentum eine Rolle zukommen könnte, wenn ein Gläubiger ein Interesse daran hat, bereits während der Dauer der Sicherungsvereinbarung über die Rechte an den Wertpapieren zu verfügen. Hier wurde festgestellt, dass bereits in Rechtsordnungen, die diese Form der Eigentumssicherheit anerkennen, keine 357 In diesem Fallbeispiel wurde dieser Ansatz mittels des US-amerikanischen Rechts dargestellt. 358 Eine Ausnahme ergab sich für die Provinz Québec durch die Besonderheit, dass das Insolvenzrecht anders als das Zivilrecht kanadisches Bundesrecht ist. 359 Das ist leicht vereinfacht ausgedrückt, denn auch nicht-funktionale Regulierungsmethoden stellen unter Umständen auf die Funktion ab, vgl. z.B. die Behandlung des deutschen Sicherungseigentums in der Insolvenz.

276

Teil 2: Fallstudien

Eignung des Sicherungseigentums gegeben ist. Es wird bereits faktisch nicht verwendet, weil es auf eine Umgehung des Faustpfanderfordernisses bei Rechten an Wertpapieren nicht ankommt. Festgestellt wurde des Weiteren, dass alle Regulierungsmethoden Schwierigkeiten haben, die Verfügung über Rechte an Wertpapieren nach der ihren Rechten jeweils zugrunde liegenden Konzeption theoretisch einzuordnen. Das galt sowohl für das deutsche Pfandrecht, als auch aus US-amerikanischer Sicht für das security interest des Article 9 UCC. Dennoch gibt im Ergebnis jede der geprüften Rechtsordnungen dem Sicherungsnehmer ein Verwendungsrecht (right of use) an den Wertpapieren. Man muss deshalb zusammenfassen, dass für diesen Beispielsfall keine Regulierungsmethode Vorzüge vor einer anderen aufweist. Das zweite Fallbeispiel beschäftigte sich mit dem Interesse an einer zügigen Verwertung von Rechten an Wertpapieren. Hier gab das Sicherungseigentum innerhalb von Rechtsordnungen, die es anerkennen, geringe Vorteile gegenüber dem Pfandrecht. Diese geringen Vorteile konnten aber ohne Weiteres auch beim Pfandrecht mit einer vertraglichen Vereinbarung über die Verwertung ausgeglichen werden. Erneut gab es Zweifel am Sinn des Sicherungseigentums, da es wiederum auf die Umgehung des Faustpfanderfordernisses nicht ankam. Rechtsordnungen, die dem funktionalen und unitären Ansatz folgen360, sahen keine nachteiligeren Ergebnisse vor. Im Gegenteil: Sie zeigen insbesondere eine Tendenz zur Sonderregelung der Materie der Rechte an Wertpapieren, die eine sofortige Verwertung schon aufgrund der Besonderheiten des Sicherungsgegenstands generell zulässt. III. Zusammenfassung der Ergebnisse Die verschiedenen Methoden der Regulierung von Eigentumssicherheiten äussern sich nur beschränkt in unterschiedlichen Ergebnissen. Leichte Unterschiede wurden im Fall des Eigentumsvorbehalts festgestellt. Die Fälle zum Geldkredit haben keine besondere Daseinsberechtigung für das Sicherungseigentum in den geprüften Konstellationen ergeben können. Der Fall zum Leasing hat schliesslich auch einige konzeptuelle Schwierigkeiten des unitären und funktionalen Ansatzes deutlich gemacht.

360

Geprüft wurde hier stellvertretend wieder das US-amerikanische Recht.

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung der Regulierungsmethoden A. Vorbemerkungen A. Vorbemerkungen

I.

Gegenstand dieses Teils

In den vorangegangenen beiden Teilen der Arbeit sind zwei grundsätzlich unterschiedliche Methoden der Regulierung von Eigentumssicherheiten vorgestellt worden: auf der einen Seite der funktionale und unitäre Ansatz und auf der anderen Seite der plurale Ansatz in der Gesetzgebung des Rechts der Kreditsicherheiten. Des Weiteren ist anhand von Fallbeispielen untersucht worden, ob und inwieweit sich diese Methoden in unterschiedlichen Ergebnissen niederschlagen. Im dritten und letzten Teil der Arbeit sollen normative Aussagen getroffen werden, von welchem dieser Gesetzgebungsmodelle sich eine Reform des deutschen oder schweizerischen Kreditsicherungsrechts leiten lassen sollte und welche Anpassungen im einzelnen hinsichtlich der relevanten Aspekte (z.B. Publizität, Regelung der Priorität, etc.) vorzunehmen wären. II. Zur Vorgehensweise Exemplarisch für beide Regulierungsmethoden soll auf der einen Seite auf das US-amerikanische – und da, wo es angebracht erscheint, auf die PPSARechte – und auf der anderen Seite sowohl auf das deutsche als auch auf das schweizerische Recht der Kreditsicherheiten abgestellt werden. Ein besonderes Augenmerk dieses Teils der Arbeit soll darauf gelegt werden, wie der plurale Ansatz – wie er sich de lege lata zeigt – verbessert werden kann, um mögliche bestehende Nachteile gegenüber dem anderen Ansatz auszugleichen. Im Hinblick auf das deutsche und auch auf das schweizerische Recht unternimmt es die Arbeit in diesem Zusammenhang, praktische Erkenntnisse zu suchen, an welchen Stellen eine Reform mit dem Ziel der Verbesserung der Regulierung der Eigentumssicherheiten erforderlich wäre. Diese Frage ist insofern relevant, als sich für den Fall einer Überlegenheit des funktionalen und unitären Ansatzes die Frage stellt, ob eine Modernisierung des deutschen oder des schweizerischen Rechts auf dem We-

278

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

ge einer Übernahme dieses Ansatzes erreicht werden soll, oder ob „gute Ergebnisse“ auch durch eine punktuelle Verbesserung der abgestuften Regulierung der Eigentumssicherheiten erreicht werden können. Die Frage, was ein „gutes Ergebnis“ ist, erfordert zuallererst eine Bestimmung von Kriterien, die für die weitere Bearbeitung relevant sein sollen. Dem will sich die Arbeit als nächstes zuwenden. Zu beachten ist weiterhin, dass die Regulierung der Eigentumssicherheiten nicht unabhängig von der das gesamte Kreditsicherungsrecht durchziehenden Ordnungsentscheidung gesehen werden kann. Darum wird es unumgänglich sein, dass die Betrachtung an einigen Stellen über den Rahmen der blossen Eigentumssicherheiten hinausgeht. Abschliessend ist noch auf Folgendes hinzuweisen: Der Vergleich und die Bewertung sollen unter der Prämisse geführt werden, dass eine Reform des deutschen und des schweizerischen Kreditsicherungsrechts u.a. auch die Einführung eines besitzlosen (Register-)Pfandrechts beinhaltet. Wie in der Einleitung zu Abschnitt C. des Teils 2 dargelegt wurde, kann das Sicherungseigentum nur dann unverfälscht bewertet werden, wenn sich seine Rolle nicht zum grossen Teil nur aus den unpraktikablen Voraussetzungen anderer Kreditsicherheiten1 erklärt.

B. Grundannahmen und Kriterien B. Grundannahmen und Kriterien

Um beide Ansätze – den unitären und funktionalen Ansatz und den pluralen Ansatz – vergleichen und bewerten zu können, ist die Verwendung von Kriterien als Entscheidungshilfe erforderlich. Diese Kriterien sind Einzelverdeutlichungen dessen, worauf man bei der Bewertung als entscheidend abstellt. Wertende Betrachtungen darüber, was „gut“ und erwünscht ist, sind jedoch nur auf der Basis von Grundannahmen möglich, die nicht in Frage gestellt werden. Wenn mithin im Folgenden die Kriterien vorgestellt werden, anhand derer entschieden wird, wie ein Regulierungssystem der Eigentumssicherheiten aussehen muss, damit es gut funktioniert, sind zuerst die Grundannahmen darzustellen, auf denen diese Kriterien aufbauen. I.

Grundannahmen

Die darzustellenden Grundannahmen hängen massgeblich mit den Rahmenbedingungen der Wirtschaftssysteme in der heutigen Welt zusammen. Diese Rahmenbedingungen beeinflussen die Frage, ob es ein Recht der Kreditsicherheiten geben soll und was es leisten soll. Die dazu jeweils ge1 In diesem Fall dem für viele Parteien unpraktikablen Erfordernis des Besitzübergangs auf den Sicherungsnehmer beim Pfandrecht.

B. Grundannahmen und Kriterien

279

troffenen Entscheidungen bestimmen die Grundlinien der Gesetzgebung im Bereich der Kreditsicherheiten. Ausgangspunkt dieser Arbeit ist das Bestehen eines marktwirtschaftlich orientierten Systems. Auf dieser Basis ist die erste Grundannahme, dass durch die Erhöhung des Kreditvolumens in einem marktwirtschaftlich orientierten System2 die gesellschaftliche Wohlfahrt erhöht werden kann3. Der Hintergrund dieser Annahme ist, dass Kapital und Produktionsmittel häufig nicht in den gleichen Händen liegen und dass deshalb über Kredite eine Verteilung des Kapitals an die Akteure einer Gesellschaft erfolgen muss, die produktive Prozesse vornehmen. Hier kommen nun die Kreditsicherheiten ins Spiel, da allgemein davon ausgegangen wird – das ist die zweite Grundannahme –, dass sie den Effekt haben, den Preis von Krediten zu senken4 und deshalb gesamtwirtschaftlich gesehen zu einer Erhöhung der auf einem Markt vorhandenen Menge an Krediten beizutragen. Aufgabe der Gesetzgebung ist es nach diesen Überlegungen, dem Markt ein gesetzliches Regelwerk zur Verfügung zu stellen, das die Verwendung von Vermögen zur Besicherung von Krediten möglich macht. Es kann weiter geschlussfolgert werden, dass Kreditsicherheiten den Kreditpreis um so stärker senken, in je effektiverer und effizienterer Weise ihr Gebrauch nach Massgabe des jeweiligen Gesetzes möglich ist. In diesem Zusammenhang ergeben sich auch die beiden Kriterien aus diesen Grundannahmen: Einen wie effektiven und wie effizienten Gebrauch von Kreditsicherheiten ermöglichen die beiden zu vergleichenden Regulierungssysteme?

2 Wie eben erläutert, trifft diese Grundannahme nur für das System der Marktwirtschaft zu. Von Vertretern eines anderen Systems, z.B. dem der Planwirtschaft, würde sie möglicherweise abgelehnt werden. 3 Vgl. zu dem folgenden Ansatz und den Grundannahmen bereits den Text oben in Teil 1 A. I. 1. 4 Nur ein relativ kleiner Anteil am Kreditzins ist allerdings wirklich der Risikoauffassung unterworfen. Der Kreditzins setzt sich aus folgenden Teilen zusammen: Eine Liquiditätsprämie dafür, dass der Gläubiger auf seine Zahlungsfähigkeit teilweise verzichtet, bzw. selbst Kosten aufwenden muss, um seinerseits Kredit zu erhalten, zweitens ein Bestandteil für den Inflationsausgleich, drittens der Wachstumsanteil für den Mehrwert des Kapitals, viertens einen Anteil für die Aufwendungen des Gläubigers für die Bereitstellung des Kredits und die Einrichtung von Kontrollmassnahmen gegenüber dem Schuldner und schliesslich der von der Risikoauffassung abhängige Bestandteil: Der Risikozuschlag. Vgl. dazu z.B. Carlsson, On the Efficiency of Secured Lending, 80 Va. L. Rev. 2186 (1994); Macdonald, Faut-il s’assurer qu’on appelle un chat un chat? Observations sur la méthodologie législative à travers l’énumération limitative des sûretés, «la présomption d’hypothèque» et le principe de «l’essence de l’opération», in: Caparros, Ernest (dir.): Mélanges Germain Brières, Montréal 1993, p. 546.

280

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

II. Zu den Kriterien der Effektivität und der Effizienz 1.

Effektivität

Der Begriff der Effektivität bezieht sich auf die tatsächliche Wirksamkeit eines bestimmten Gegenstands5. Diese wird an der Finalität bzw. dem eigentümlichen Zweck des bewerteten Gegenstands gemessen: Inwieweit erreicht er das Ziel, zu dem er geschaffen wurde? In Bezug auf die Verwendung von Kreditsicherheiten in einer Rechtsordnung kann man die Frage der Effektivität unter einem mikroökonomischen und unter einem makroökonomischen Blickwinkel stellen. Zum einen kann man fragen: Inwieweit erfüllt die einzelne Kreditsicherheit ihren Zweck, einem Gläubiger (mittels des Verwertungsrechts an einer Sache) Sicherheit für die Situation des Ausfalls des Schuldners zu gewähren? Zum anderen kann man fragen, inwieweit das makroökonomische Ziel erreicht wird, die auf einem Markt vorhandene Menge an Krediten zu erhöhen. Eigenmann hat in seiner im Jahr 2001 veröffentlichten Dissertation den Begriff der Effektivität im Hinblick auf das schweizerische Mobiliarkreditsicherungsrecht angewandt6. Dabei stellte er die Frage, ob und wie das Kreditsicherungsrecht der Schweiz die erhofften juristischen Wirkungen erzielt. Hinsichtlich der effectivité unterscheidet er dabei zwischen effectivité juridique und effectivité économique7. Erstere sei gegeben, wenn das Recht dem Gläubiger die Möglichkeit der vorrangigen Verwertung sicherstelle. Drei Voraussetzungen seien für die „rechtliche Effektivität“ erforderlich: Das Sicherungsrecht müsse existieren, es müsse Dritten wirksam entgegen gehalten werden können und schliesslich müsse es publik sein. In der Folge prüft Eigenmann die einzelnen Institutionen des schweizerischen und vergleichsweise auch des amerikanischen Mobiliarkreditsicherungsrechts im Hinblick auf diese drei Merkmale. Auf der anderen Seite bedeutet effectivité économique für ihn, dass das Recht Gläubigern den Zugriff auf Sicherheiten ermöglichen können muss und dass generell die Möglichkeit bestehen muss, sein Vermögen zur Erhebung von Kredit zu nutzen8. In einem weiteren Schritt analysiert er die Gründe für die bestehenden Ineffektivitäten und bietet dann Reformvorschläge. Der Begriff der Effektivität – wie er im Folgenden verwendet wird – kommt dem Begriff der effectivité juridique von Eigenmann nahe. Der Fo5 S. Duden Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., Mannheim [et al.] 2006. Die entsprechende englische Wortbedeutung wäre efficacy oder efficaciousness, s. Oxford Dictionary of English, 3 rd ed., Oxford 2010. 6 Eigenmann, L’effectivité des sûretés mobilières – Etude critique en droit suisse au regard du droit américain et propositions législatives, Fribourg 2001. 7 Eigenmann, L’effectivité, p. 53–54. 8 Eigenmann, L’effectivité, p. 54–55.

B. Grundannahmen und Kriterien

281

kus soll auf folgende Frage gelegt werden: Inwiefern erhält ein Gläubiger in einem untersuchten System tatsächlich Sicherheit? In diesem Zusammenhang wird darauf einzugehen sein, wie die untersuchten Systeme mögliche Ursachen für die Unsicherheit9 ausschliessen. 2.

Effizienz

Hier ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff der „Effizienz“ unterschiedliche Bedeutungen haben kann10. Die Unterscheidung hinsichtlich der Bedeutungen soll sich auch in der weiteren Bearbeitung niederschlagen. Zum einen kann der Begriff der „Effizienz“ verwendet werden, um eine Aussage über das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen einer bestimmten Operation zu treffen. Es kann dabei um ganz unterschiedliche Ziele gehen, die verfolgt werden. Die Frage ist jeweils: Wie kann das Ziel mit einem so gering wie möglichen Mitteleinsatz erreicht werden?11 Anders ausgedrückt geht es in dieser Sichtweise um die Wirtschaftlichkeit einer beliebigen Massnahme. Der Begriff „Effizienz“ hat eine besondere Bedeutung im Rahmen der Wohlfahrtsökonomik. In diesem Zusammenhang wird er insbesondere von den Vertretern der „Ökonomischen Analyse des Rechts“ (sogenannter Law and Economics-Ansatz) verwendet. Im wohlfahrtsökonomischen Sinne wird der Begriff der Effizienz nicht zur Beschreibung des Wegs verwendet, auf dem ein Ziel erreicht wird, sondern zur Beschreibung eines Zustands, der als erstrebenswert gilt. Die Effizienz wird damit zum Ziel selbst. Die Frage lautet hier, welche Lösung am besten für die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt wäre. Ziel in diesem Sinne ist es, die in einer Gesellschaft knappen Ressourcen so zu verteilen, dass sie zum grösstmöglichen Nutzen der Gesellschaft verwendet werden oder anders ausgedrückt, dass sie ihrer wertvollsten Verwendung zugeführt werden. Dadurch steigt auch der Wohlstand der Gesellschaft. Ein solcher Zustand wird als Allokationseffizienz bezeichnet12. Im Zusammenhang mit gesetzgeberischen 9 Diese Ursachen können daraus resultieren, dass der Gläubiger die Voraussetzungen für Bestellung und Drittwirksamkeit seiner Kreditsicherheit nicht eingehalten hat. Sie können aber auch aus Konflikten mit anderen Gläubigern, die ebenfalls Rechte am gleichen Gegenstand geltend machen, herrühren. 10 S. dazu Vahlens grosses Wirtschaftslexikon, 2. Aufl., München 1993. 11 S. Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, Tübingen 1995, 55; Zur KostenNutzen-Analyse im Recht s. Ogus, Costs and cautionary tales – Economic insights for the law, Oxford 2006, p. 283–290; Adler/Posner, Rethinking Cost-Benefit Analysis, 109 Yale L. J. 165 (1999–2000). 12 Vgl. zur ökonomischen Effizienz Mercuro/Medema, Economics and the Law: From Posner to Postmodernism and Beyond, 2 nd ed., Princeton 2006, p. 20; Eidenmüller, Effizienz, 4, 41 ff.; Picot/Dietl/Franck, Die Organisation – eine ökonomische Perspektive, 5. Aufl., Stuttgart 2008, 36. Im Unterschied zur Allokationseffizienz wird die Reich-

282

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

Massnahmen wird zwischen interner und externer Effizienz unterschieden13. Externe Effizienz fragt danach, inwieweit durch die Massnahme der gesamtgesellschaftliche Nutzen gesteigert wird. Interne Effizienz fragt dagegen danach, inwieweit die durch die Gesetzgebung begründeten Einrichtungen und ihre Verwendung (z.B. die Bestellung einer Kreditsicherheit) selbst den Geboten der Effizienz folgen. Der wohlfahrtsökonomische Effizienzbegriff wird von den Vertretern der ökonomischen Analyse des Rechts unter zwei Aspekten verwendet. Einerseits verwenden sie ihn, um positiv zu erklären, welche wirtschaftlichen Auswirkungen eine bestimmte gesetzgeberische Massnahme hat oder haben könnte. Andererseits wird er auch verwendet, um als normatives Kriterium für konkrete Gesetzgebungsmassnahmen einzutreten und zwischen mehr oder weniger gut geeigneten Massnahmen zu unterscheiden14. Im Rahmen der Wohlfahrtsökonomik werden unterschiedliche Ansätze verwendet. Neben der neoklassischen Theorie hat sich seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts die Neue Institutionenökonomie als für die ökonomische Theorie des Rechts besonders relevanter Ansatz etabliert. Die für die ökonomische Theorie des Rechts relevantesten Ansätze und Analysemethoden sollen in einem Abschnitt über die ökonomischen Aspekte der Kreditsicherheiten dargestellt werden (siehe dazu gleich unten II.). Für die weitere Verwendung des Effizienzbegriffs im Rahmen dieses dritten Teils der Arbeit gilt mithin Folgendes: Es wird vorrangig auf die Effizienz im Sinne der Kosten-Nutzen-Analyse abgestellt. In zweiter Linie, gleichsam als Hilfsargument, wird auch auf die Effizienz als besonderer Begriff der Wohlfahrtsökonomie hingewiesen. Beide Aspekte werden bei tumsmaximierung eines Individuums oder einer bestimmten Gruppe von Menschen als Produktionseffizienz bezeichnet, vgl. Ogus, p. 63. Für die Feststellung, wann ein effizienter Zustand gegeben ist, sind verschiedene Kriterien vorgeschlagen worden. Z.B. spricht man von Pareto-Effizienz, wenn eine Massnahme zu einem Zustand führt, in dem zumindest ein Individuum bessergestellt wird, ohne dass irgendein anderes Individuum schlechter gestellt wird. Das Paretokriterium wird kritisiert, weil es staatliche Handlungsspielräume stark einengt: Es ist kaum eine Massnahme denkbar, in der nicht zumindest ein Individuum schlechter gestellt wird. Deshalb wird mehrheitlich das Kaldor/Hicks-Kriterium akzeptiert, wonach eine Massnahme einen bestehenden Zustand auch dann verbessern kann, wenn dadurch ein Individuum schlechtergestellt würde, insgesamt aber so viel Vorteile entstehen, dass alle schlechter Gestellten kompensiert werden könnten, und nach der theoretischen Kompensation immer noch eine Besserstellung für zumindest ein Individuum zu verzeichnen ist. S. zu diesen Wohlfahrtsökonomischen Effizienzkriterien und auch zum Reichtumsmaximierungsprinzip Eidenmüller, Effizienz, 47–55; Janson, Ökonomische Theorie im Recht: Anwendbarkeit und Erkenntniswert im Allgemeinen und am Beispiel des Arbeitsrechts, Berlin 2004, 91–92; Ogus, p. 27. 13 Vgl. Macdonald, The Counter-Reformation, 19 (1991) Can. Bus. L.J. 267. 14 Eidenmüller, Effizienz, 41; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4. Aufl., Berlin Heidelberg 2005, 1.

B. Grundannahmen und Kriterien

283

den einzelnen Vergleichspunkten getrennt behandelt. Im Rahmen des ökonomischen Effizienzbegriffs sollen die Erkenntnisse der normativen ökonomischen Analyse des Rechts – wie Sie im Folgenden dargestellt werden – genutzt werden. 3.

Grenzen der Aussagekraft von Effektivität und Effizienz

Der Rückgriff auf die Prinzipien der Effektivität und Effizienz soll nicht verdecken, dass es andere rechtspolitische Ziele geben kann, deren Durchsetzung dem Gesetzgeber wichtig ist. Losgelöst vom Gebiet der Kreditsicherheiten würde sich wohl ein Gesetzgeber, der angibt, dass „ökonomische Effizienz“ sein einziges rechtspolitisches Ziel sei, starker Kritik aussetzen. Vielmehr muss er einen Ausgleich mit anderen Zielen suchen15. Dabei kommt insbesondere der Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit (distributive justice) in Betracht. Gerade ein Staat, der einer sozialen Marktwirtschaft verpflichtet ist, darf sich nicht nur dafür interessieren, den Saldo von Vor- und Nachteilen einer Massnahme zu maximieren, sondern muss auch darauf achten, bei wem die Vorteile anfallen16. Diese Annahme ist aber keineswegs unproblematisch. Wie Eidenmüller darlegt, ist schon die Anerkennung der Notwendigkeit einer Umverteilung höchst strittig. Wenn man die Notwendigkeit der Umverteilung anerkennt, dann ist v.a. fraglich, ob sich Rechtsnormen des Zivilrechts überhaupt für die Verfolgung verteilungspolitischer Ziele eignen17. Eidenmüller fasst vier Gruppen von Meinungen zusammen, die gegen die Verwendung des Zivilrechts für verteilungspolitische Ziele vorgebracht werden. Nach der ersten Gruppe wird staatliche Umverteilung als solche bereits ausgeschlossen, weil sie illegitim sei18. Die zweite Gruppe verneint die Erforderlichkeit der staatlichen Umverteilung im Rahmen von wirtschafts- oder rechtspolitischen Massnahmen. Sie basiert dabei auf dem Argument, dass es bei einer rechtspolitischen Massnahme, die dem Effizienzziel unterworfen sei, keine Verlierer geben könne, da zumindest in der Summe aller Massnahmen alle

15 S. dazu Eidenmüller, Effizienz, 273 ff., der zu dem Ergebnis kommt, dass „der Versuch, das ökonomische Effizienzziel als alleiniges oder überragendes Ziel der Rechtspolitik zu rechtfertigen, als gescheitert angesehen werden“ müsse; s.a. Janson, 117; Schäfer/Ott, 30, 38; Macdonald, Article 9 Norm Entrepreneurship, 43 [2006] Can. Bus. L.J. 252; Ogus, p. 30, 288. 16 Mit dieser Dichotomie der Blickrichtungen des ökonomischen Effizienzprinzips und der Verteilungsgerechtigkeit, s. Eidenmüller, Effizienz, 274. 17 Eidenmüller, Effizienz, hat sich im Kapitel 6 seiner Arbeit besonders mit der Frage der Möglichkeit der Umverteilung durch das Mittel des Zivilrechts beschäftigt und sich mit den massgeblich vertretenen Ansichten beschäftigt. 18 Eidenmüller, Effizienz, 275 m.w.N.

284

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

profitierten19. Nach einer dritten Gruppe von Autoren sind umverteilende Massnahmen erforderlich, allerdings soll das Steuerrecht oder das Sozialrecht geeigneter und insbesondere eine Umverteilung mittels Anknüpfung an diese Materien kostengünstiger sein als eine Umverteilung über das Zivilrecht20. Eine letzte Gruppe von Autoren schliesslich verweist deshalb auf das Steuer- und Sozialrecht, weil die Umverteilung durch das Zivilrecht generell unmöglich sei. Zivilrechtliche Normen knüpften nie oder fast nie an den sozialen Status oder die Leistungsfähigkeit einer Person an21. Eidenmüller kommt in seiner Untersuchung zu dem Fazit, dass das Zivilrecht das Steuer- und Sozialrecht als Umverteilungsmechanismus zwar nicht ablösen könne, dass es aber als ergänzendes Instrument eingesetzt werden könne22. Die in der Gesetzgebung ausgedrückten rechtspolitischen Ziele hängen entscheidend von der in Frage stehenden Materie ab23. Insofern das Gebiet der Kreditsicherheiten betroffen ist, entsteht gelegentlich der Eindruck, als seien maximale Verfügbarkeit von Kredit und generell ökonomische Effizienz die ausschliesslich zu verfolgenden Ziele24. Zum Teil erscheint das nachvollziehbar: Jedes Kreditsicherungsrecht, egal welchen Grad interner Effektivität und Effizienz es aufweist, verfolgt das Ziel, Kreditaufnahme zu ermöglichen, die ohne Sicherheit nicht oder nur zu schlechteren Bedingungen möglich wäre. Der Effekt ist mithin die Senkung des Kreditpreises und ein Anstieg des auf einem Markt existierenden Kreditvolumens. Die ökonomischen Ziele der Gesetzgebung auf dem Gebiet der Kreditsicherheiten haben mithin die primäre Stellung25. Schliesslich erfolgt Gesetzgebung auf dem Gebiet der Kreditsicherung in erster Linie nicht, um zwecks Herstellung sozialer Gerechtigkeit Einkommen und Vermögen zwischen Bevölkerungsteilen umzuverteilen. Das soll aber nicht heissen, dass andere 19

Diese Ansicht führt eine „Generalkompensation“ durch, vgl. Eidenmüller, Effizienz, 245 und 275 m.w.N. 20 Eidenmüller, Effizienz, 275 m.w.N. 21 Eidenmüller, Effizienz, 275, verweist für dieses Argument auf Schäfer/Ott, 222. 22 Eidenmüller, Effizienz, 320. 23 Eidenmüller, Effizienz, 273. 24 Diesen Eindruck erweckt jedenfalls eine Lektüre der Erwägungsgründe des UNCITRAL-Legislative Guide. Einen Verweis auf andere Politikziele, wie z.B. Verteilungsoder soziale Gerechtigkeit, sucht man vergebens. Gleiches gilt auch z.B. für die Principles and Guidelines for Effective Insolvency and Creditor Rights Systems der Weltbank (2001) oder die Core Principles for a Secured Transactions Law der EBRD, vgl. Macdonald, Article 9 Norm Entrepreneurship, 43 [2006] Can. Bus. L.J. 253, note 26. 25 S. in diesem Zusammenhang Dahan/Simpson, Legal Efficiency for Secured Transactions Reform: Bridging the Gap Between Economic Analysis and Legal Reasoning, 27 Penn. St. Int’l L. Rev. 625 (2008–2009): „Secured transactions are encouraged because of the economic benefits that can be derived from them and the law is needed first and foremost to enable those economic benefits to be maximized.”

B. Grundannahmen und Kriterien

285

Prinzipien das ökonomische Effizienzziel nicht einschränken könnten. Zugunsten des Schutzes von Bevölkerungsteilen mit geringerem Einkommen und Vermögen sollte das Effizienzprinzip durchaus eingeschränkt werden. Folgende Überlegung soll das verdeutlichen: Um die primär relevanten makroökonomischen Ziele des Rechts der Kreditsicherheiten zu erreichen, kann der Gesetzgeber gehalten sein, der Verwendung des Privatvermögens als Kreditunterlage so wenig wie möglich Schranken zu setzen. Vor dem Hintergrund der sozialen Gerechtigkeit dagegen könnte es geboten sein zu verhindern, dass Personen mit knappem Vermögen auch „ihren Rest“ als Sicherheit einsetzen können. Der Gesetzgeber könnte als Antwort auf diesen Gegensatz sowohl das generelle Prinzip möglichst unbeschränkter Verwendung des Vermögens zu Sicherungszwecken statuieren, als auch zugunsten bestimmter Personen Ausnahmen vorsehen. Ein Beispiel hierzu ist Art. 2683 des Code civil québécois26. Mit solch einem Vorgehen würde der Gesetzgeber die Überschuldung des schwächsten Bevölkerungsteils verhindern und auch dazu beitragen, dass diesem Bevölkerungsteil die wichtigen Lebensgegenstände erhalten bleiben. Insgesamt gesehen könnte er so der Gefahr einer grösseren Ungleichheit in der Verteilung von Vermögen in der Bevölkerung entgegenwirken. III. Zu den ökonomischen Aspekten von Kreditsicherheiten Die ökonomischen Aspekte von Kreditsicherheiten werden besonders von den Vertretern der ökonomischen Analyse des Rechts herausgestellt, teilweise mit dem Ziel, bestimmte Effekte von Kreditsicherheiten zu erklären (als positive Aussage), teilweise mit dem Ziel, für eine bestimmte Regulierung zu plädieren (als normative Aussage). Bevor auf die ökonomischen Funktionen von Kreditsicherheiten im einzelnen eingegangen wird, soll ein kurzer allgemeiner Überblick über die ökonomische Analyse des Rechts gegeben werden. 1.

Überblick über die ökonomische Analyse des Rechts

a.

Wirtschaftswissenschaftlicher Hintergrund

Innerhalb der Volkswirtschaftslehre beschäftigt sich die Ökonomik mit der Anwendung der ökonomischen Methode auf die Sozialwissenschaften. In ihrer positiven Ausrichtung erklärt sie wirtschaftliche Vorgänge; in ihrer 26

Nach Art. 2683 CCQ können natürliche Personen, die kein Gewerbe betreiben, nur in Ausnahmefällen eine besitzlose hypothèque bestellen. Durch diese Massnahme wird die Möglichkeit, Kredit zu erhalten und damit die Gefahr der Überschuldung, für private Haushalte eingeschränkt. I.Ü. lässt auch der UNCITRAL-Legislative Guide erkennen, dass er in Bezug auf verbraucherschützende Vorschriften flexibel ist, vgl. UNCITRAL rec. 2 (b).

286

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

normativen Ausrichtung bewertet sie diese nach bestimmten Kriterien. Die Wohlfahrtsökonomik als Teilgebiet der normativen Ökonomik bewertet wirtschaftliche Vorgänge danach, inwiefern sie dazu beitragen, die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt zu steigern27. Sie baut auf der massgeblich von Bentham beeinflussten Philosophie des Utilitarismus auf28, die das Nützlichkeitsprinzip als ethisches Prinzip und auch als kollektive Entscheidungsregel etabliert hat29. Die ökonomische Analyse des Rechts kann – wie oben angedeutet – sowohl ein Teil der positiven als auch ein Teil der normativen Ökonomik sein. Unter Rückgriff auf Grundannahmen und Methodik der Ökonomik untersucht sie, welche Wirkung rechtliche Regeln auf die Gesellschaft ausüben. Normativ untersucht sie, inwieweit rechtliche Regeln einem bestimmten Effizienzkriterium genügen30. Die eigentliche Wirtschaftswissenschaft begann mit dem durch Adam Smith begründeten klassischen Liberalismus. Das Grundmodell des klassischen Liberalismus besagt, dass der Markt eine effiziente Ressourcenverteilung von selbst, „wie mit unsichtbarer Hand“ vornehme31. Wer sein Eigeninteresse der Vernunft gemäss verfolge, fördere damit gleichzeitig auch das Allgemeinwohl. Die klassische liberale Sichtweise wird heute jedoch nur noch als Arbeitskonstrukt genutzt. Das liegt v.a. daran, dass das Modell von allzu vereinfachenden Grundbedingungen ausgeht32. U.a. wird kritisiert, dass die dem Modell zugrundeliegende Annahme einer Welt mit perfekter Information und ohne Transaktionskosten unrealistisch sei33. Das Gleiche gelte für die Definition des menschlichen Verhaltens mit Hilfe des Modell des homo oeconomicus. So gehe es fehl, von einer konsequenten Ausrichtung seiner Entscheidungen am Eigeninteresse auszugehen34. Wei-

27

Vgl. Eidenmüller, Effizienz, 21. S. zu den Beziehungen und zu den Aussagen des Utilitarismus Eidenmüller, Effizienz, 22 ff. 29 Nach der kollektiven Entscheidungsregel soll Grundlage staatlicher Entscheidungen die Maximierung des kollektiven Nutzens der Einzelnen sein. Die Erlangung von Glück und die Vermeidung von Not sei das natürliche und ethisch richtige Streben der Menschen. Das ökonomische Verhaltensmodell der ökonomischen Theorie des Rechts baut auf diesen Grundlagen auf. 30 Eidenmüller, Effizienz, 21. 31 S. die Darstellung bei Röver, Vergleichende Prinzipien, 102, mit Nachweis auf Adam Smith, Der Wohlstand der Nationen (Fn. 503). 32 Die allzu abstrakten Grundannahmen sind ein Hauptkritikpunkt. Vgl. z.B. Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 3. Aufl., Tübingen 2003, 13 ff.; Coase, The New Institutional Economics, 88 AEA Papers and Proceedings, 72; Malloy, A New Law and Economis, in: Malloy, Robin Paul/Braun, Christopher K. (eds.): Law and Economics – New and Critical Perspectives, New York [et al.] 1995, p. 15–18. 33 Richter/Furubotn, 13; Carlsson, 80 Va. L. Rev. 2185 (1994). 34 Janson, 32. 28

B. Grundannahmen und Kriterien

287

terhin müsse die Annahme des Rationalverhaltens abgelehnt werden 35. Seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts hat sich als neuer Analysestil der Wirtschaftswissenschaften die Neue Institutionenökonomik (Neoinstitutional economics), auch Organisationsökonomik genannt, etabliert36. Sie baut auf die Institutionenökonomik auf, die ihrerseits eine Reaktion auf die zu formale Sichtweise der klassischen und neoklassischen ökonomischen Analyse war. Ansatzpunkt dieser Richtung der Ökonomik ist der Ausgangspunkt, dass alltägliche Wirtschaftsabläufe nicht in einem transaktionskostenlosen Bereich stattfinden, sondern durch institutionelle Rahmenbedingungen beeinflusst werden. Die Organisation der Wirtschaftsabläufe erfordere nämlich die Begründung, Benutzung und Unterhaltung von Institutionen, die ihrerseits Transaktionskosten verursachten. Nach Richter und Furubotn37 sind Institutionen „ein auf ein bestimmtes Zielbündel abgestelltes System von Normen, einschliesslich deren Garantieinstrumente, mit dem Zweck, das individuelle Verhalten in eine bestimmte Richtung zu steuern.“ Es sind Normen im weitesten Sinne, die zur Koordination wirtschaftlicher Leistungsbeziehungen beitragen38. Janson beschreibt sie als Regeln im sozialen Verhalten, die bestimmte wiederkehrende Verhaltensweisen gebieten, verbieten, erlauben39. Institutionen sind mithin Regeln und Normen im weitesten Sinne (auch Sitten und Traditionen). Darunter fallen auch Organisationsformen als zweckgerichtete Bündel von Regeln, z.B. Märkte und Unternehmen40. Die Neue Institutionenökonomik sieht diese Institutionen als Systeme der Anreizsetzung und Sanktionierung und untersucht, wie sie sich auf das Verhalten der Menschen auswirken. Das Ziel des Ansatzes ist es, sie in solch einer Weise zu formen, dass die Reichtumsmaximierung der Gesellschaft gefördert wird41. Innerhalb des Ansatzes existieren verschiedene Analysemethoden, von denen im Folgenden die drei bedeutendsten – die principle-agent-Theorie als Teil der ökonomischen Vertragstheorie, die Transaktionskostenökonomik und die property rights-Theorie (Verfügungsrechtstheorie) vorgestellt werden sollen.

35 Janson, 39; mit weiteren Argumenten in einer umfassende Darstellung s.a. Eidenmüller, Effizienz, 28 ff. 36 Für eine umfassende Darstellung der Analyseansätze der Neuen Institutionenökonomik und praktische Anwendungen s. Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 3. Aufl., Tübingen 2003, insbes. 39 ff. S.a. Janson, 20; Mercuro/Medema, p. 241. 37 Richter/Furubotn, 50. 38 Picot/Dietl, Neue Institutionenökonomie und Recht, in Ott/Schäfer (Hrsg.), Ökomische Analyse des Unternehmensrechts, Heidelberg 1993, S. 306. 39 Janson, 22; s.a. Mercuro/Medema, p. 209. 40 Picot/Dietl, 9. 41 Mercuro/Medema, p. 245.

288

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

b. Der Law and Economics-Ansatz als Teil der Neuen Institutionenökonomie Die ökonomische Analyse des Rechts kann als Teilgebiet der Neuen Institutionenökonomie angesehen werden, da sie sich mit den Zusammenhängen zwischen Rechtsnormen und der Reichtumsmaximierung beschäftigt. Während in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts die Methode v.a. im Bereich des Kartellrechts angewandt wurde, wurde sie seitdem auf fast alle Rechtsbereiche erweitert42. Die ökonomische Analyse des Rechts greift auf die oben aufgezählten wichtigsten Analysemethoden der Neuen Institutionenökonomik zurück. Dabei handelt es sich zum einen um die principal-agent-Theorie43. Diese Theorie beschäftigt sich mit einer Zweipersonen-Situation, in der eine Partei (der Prinzipal) an die andere (Agent) Aufgaben delegiert. Dabei besteht ein Problem asymmetrischer Informationsverteilung zwischen P und A, das auch als agency-Problem44 bezeichnet wird: A soll für die Interessen des P tätig sein. Da P und A aber unterschiedliche Ziele und Risikopräferenzen haben und P zudem die Schwierigkeit hat, das Handeln des A nicht oder nur eingeschränkt kontrollieren zu können, kann er sich nicht sicher sein, ob A seinen Interessen gerecht wird. Dieses Problem schlägt sich in Kosten nieder: Als agency costs werden die aus der Problematik folgenden Überwachungs- und Kontrollkosten des P bezeichnet, sowie Signalisierungs- und Garantiekosten auf der Seite des A und der verbleibende Wohlfahrtsverlust45. Die Theorie beschäftigt sich nun mit der Frage, durch welche Anreize Ziele und Präferenzen zwischen A und P einander angenähert werden können und wie das Informationsungleichgewicht ausgeglichen werden kann. Die Problematik wird besonders unter drei Fallgruppen diskutiert. In der ersten Fallgruppe (hidden characteristics) kennt P vor Vertragsabschluss bestimmte Eigenschaften des A nicht. Es besteht die Gefahr der adverse selection46. Das bedeutet, dass P in der Gefahr 42

Sie ist allerdings immer noch schwerpunktmässig in den Vereinigten Staaten vertreten; Posner, Economic Analysis of Law, 5th ed., New York 1998, p. 25; für eine Einführung in die Methode s. Eidenmüller, Effizienz, 17 ff.; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4. Aufl., Berlin Heidelberg 2005; Polinsky, An Introduction to Law and Economics, 3rd ed., New York, Aspen 2003. 43 Richter/Furubotn, 218 ff.; Picot/Dietl, 319; für das Beispiel einer Anwendung s. Sitkoff, An Agency Cost Theory of Trusts, 89 Cornell L. Rev. 89 (2003–2004). 44 Eisenhardt, Agency Theory: An Assessment and Review, 14 Academy of Management Rev. 58 (1989). 45 Picot/Dietl, 320. 46 S. als Überblick zu der Problematik der adverse selection Richter/Furubotn, 239 ff.; Löfgren/Persson/Weibull, Markets with Asymmetric Information: The Contributions of George Akerlof, Michael Spence and Joseph Stiglitz, Scand. J. of Economics 104, 195 (2002). Die wohl bekannteste Arbeit ist die von Akerlof, The Market for „Lem-

B. Grundannahmen und Kriterien

289

steht, einen unerwünschten Vertragspartner auszuwählen, weil er die vorgegebenen Eigenschaften von A nicht überprüfen kann. Stieglitz und Weiss haben das Problem auf die Kreditvergabe angewendet47. Danach haben Banken weniger Information über die Kreditwürdigkeit als der Kreditnehmer selbst. Bei grosser Nachfrage nach Krediten wäre die Erhöhung des Kreditpreises die typische Folge der klassischen ökonomischen Methode. So könnte die Bank theoretisch auch überprüfen, welcher Kreditnehmer leistungsfähiger ist. Das Problem ist nun aber, dass ab einem bestimmten Augenblick der Erhöhung des Preises die Renditekurve wieder zu sinken beginnt. Der Grund liegt darin, dass die Erhöhung des Kreditpreises sicherere Kreditnehmer vertreibt und die Verbleibenden zu riskanteren Geschäften anreizt. Unter diesen Umständen reagieren Banken eher mit einer Restriktion der zu vergebenden Kredite. Die principle-agent-Theorie untersucht nun, wie das zum Problem der adverse selection führende Informationsgefälle überwunden werden kann. Dabei wird z.B. versucht, Anreize für den Kreditnehmer zu setzen, seine Leistungsfähigkeit gegenüber der Bank offenzulegen48. Eine weitere Fallgruppe betrifft Fälle von hidden action. Damit werden nach Vertragsschluss bestehende Informationsprobleme bezeichnet. P kann die Handlungen des A nicht beurteilen oder nicht feststellen, ob z.B. das Erreichen von Unternehmenszielen wirklich auf das Handeln von A zurückzuführen ist. A könnte deshalb versucht sein, diesen Umstand auszunutzen, z.B. indem er weniger Einsatz zeigt, als er könnte. Dieses Problem wird als moral hazard bezeichnet49. Hier wird nach Wegen gesucht, die Interessen des A an jene des P anzugleichen, im Unternehmen z.B. durch Prämien oder erfolgsabhängige Entlohnung. Eine letzte Fallgruppe wird mit hidden intention bezeichnet. Hier besteht zwar kein Informationsproblem, allerdings kennt P mögliche verborgene Absichten des A nicht. In allen diesen Fällen wird untersucht, durch welche Massnahmen eine Annäherung der Interessen von P und A und damit eine Lösung der genannten Probleme erreicht werden kann. Ein weiterer Ansatz der Neuen Institutionenökonomie, auf den in der ökonomischen Theorie des Rechts zurückgegriffen wird, ist die Transaktionskostenökonomik. Ausgangspunkt ist der Gedanke, dass der Marktmechanismus selbst zu einer effizienten Ressourcenverteilung führt, sofern ons“: Quality Uncertainty and the Market Mechanism, 84 Q. J. Econ. 488 (1970). S.a. Stieglitz/Weiss, Credit Rationing in Markets with Imperfect Information, 71 Am. Econ. Rev. 393 (1981). 47 Stieglitz/Weiss, 71 Am. Econ. Rev. 408 (1981). 48 Eisenhardt, 14 Academy of Management Rev. 61 (1989); Picot/Dietl, 321. 49 Eisenhardt, 14 Academy of Management Rev. 61 (1989); Picot/Dietl, 322; Richter/Furubotn, 224 ff.

290

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

die Beteiligten rational und mit dem Ziel der Nutzenmaximierung handeln und keine Informationshindernisse und Transaktionskosten auftreten50. Der Transaktionskostenansatz untersucht nun die Bedeutung der Kosten der Transaktionen als Hindernisse einer effizienten Allokation von Ressourcen. In seinem Aufsatz The Problem of Social Cost stellte Coase fest51, dass wenn man die Kosten in Betracht zieht, die durch die Durchführung von Markttransaktionen entstehen, eine effiziente Verteilung von Ressourcen nur stattfindet, wenn der Gewinn der Transaktion die Transaktionskosten übersteige. Transaktionen sind Folge der Arbeitsteilung bei produktiven Prozessen. Vom Begriff der Transaktion ist jede Art der Übergabe einer Ressource auf einem Markt oder auch innerhalb eines Unternehmens an eine andere Stelle erfasst52. Transaktionskosten sind die Aufwendungen von Ressourcen zur Durchführung einer einzelnen Transaktion (z.B. zum Abschluss eines Vertrags oder zur Registrierung eines Sicherungsrechts), aber auch die Kosten zur generellen Errichtung, Erhaltung und Veränderung der Institutionen im oben genannten Sinne (des Rechtssystems, eines Markts, einer Unternehmensform)53. Die Erkenntnis der Bedeutung von Transaktionskosten wirft die Frage auf, wie die durch sie begründeten Ineffizienzen beseitigt werden sollen. Eidenmüller zählt drei Anforderungen auf54, die sich aus der Transaktionskostenanalyse für das Recht ergeben. Zum einen müsse der Staat einen Markt für Rechtspositionen überhaupt zulassen. Zweitens habe das Recht die Aufgabe, Markttransaktionen zu erleichtern, indem es Transaktionskosten verringere. Schliesslich könne das Recht auch die Aufgabe treffen, den Marktmechanismus zu simulieren. Das sei z.B. erforderlich, wenn ein marktgemässer Austausch zwischen den Parteien an zu hohen Transaktionskosten scheitern würde. In diesem Fall müsse das Recht die hypothetische Verhandlungslösung rekonstruieren, die vorliegen würde, wenn die Transaktionskosten Null wären und der 50 Diese Annahme wird als Coase-Theorem bezeichnet, vgl. dazu Eidenmüller, Effizienz, 59 ff.; Röver, Vergleichende Prinzipien, 122 ff.; Ogus, p. 4. 51 Coase, The Problem of Social Cost, 3 J. Law & Econ. 15–16 (1960). S. generell zum Transaktionskostenansatz Eidenmüller, Effizienz, 91 ff.; Röver, Vergleichende Prinzipien, 122; Picot/Dietl, 312; Janson, 76. Bereits in seinem Aufsatz “The Nature of the Firm”, (1937) 4 Economica (New Series) 386, hatte Coase untersucht, weshalb Individuen bei arbeitsteiligen Prozessen teilweise zweiseitige Verträge (z.B. mit Lieferanten) abschliessen, teilweise sich aber mit anderen an den Prozessen Beteiligten in Unternehmen zusammenschliessen. Im Kern der Untersuchung stand die Frage, inwieweit die Unternehmensstruktur nützlich sein kann, um Kosten, die bei der individuellen Teilnahme am Markt anfallen, zu umgehen. Generell besteht mithin die Frage, weshalb Individuen bestimmte Rechtsformen nutzen. 52 Richter/Furubotn, 55. 53 Richter/Furubotn, 57. 54 Eidenmüller, Effizienz, 63 ff.

B. Grundannahmen und Kriterien

291

Markt reibungslos funktionieren würde55. Alle drei Anforderungen lassen das Grundprinzip des Ansatzes erkennen, nämlich dass das Recht dem Ziel der Herstellung und Unterhaltung eines perfekten Markts untergeordnet wird56. Für die ökonomische Analyse des Rechts ist die Rekonstruktion der hypothetischen Verhandlungslösung durch das Recht einer der Hauptgegenstände der Forschung57. Schliesslich spielt in der Neuen Institutionenökonomie auch der Property Rights-Ansatz58 eine gewisse Rolle. Grundgedanke des Ansatzes ist, dass der Wert von ausgetauschten Gütern massgeblich von der gesetzlichen Ausgestaltung der Rechte an Sachen und ihrer Übertragbarkeit abhängt59. Vor dem Hintergrund, dass property rights dazu dienen, Kompetenzen bei der Nutzung knapper Ressourcen zuzuteilen, untersucht der Ansatz, wie sich die Ausgestaltung von property rights und die Art ihrer Zuordnung auf die effiziente Nutzung von Ressourcen auswirkt60. Dabei nimmt er insbesondere die Anreizwirkung der Ausgestaltung von Verfügungsrechten auf das Verhalten der Marktteilnehmer und die daraus resultierenden Folgen für die Verteilung der Verfügungsrechte in Betracht61. Die ökonomische Analyse der Kreditsicherheiten62

2.

Im Folgenden soll ein Überblick über die Diskussion der ökonomischen Analyse des Rechts im Zusammenhang mit den Kreditsicherheiten gegeben werden. Die dabei verwendeten Argumente entstammen sowohl der

55

Eidenmüller, Effizienz, 65; Mercuro/Medema, p. 60. Eidenmüller, Effizienz, 66: „Letztlich also, so könnte man zusammenfassen, beherrscht die Logik des Marktes das Recht“. 57 Eidenmüller, Effizienz, 65, wendet den Grundsatz der Simulierung des Marktmechanismus auf ein Beispiel zur ergänzenden Vertragsauslegung an, die in dem Fall zu einer vermeidbaren Vertragsstörung zur Haftung des Vertragspartners führen, der den Eintritt des Schadens mit den geringsten Kosten hätte vermeiden können. 58 Röver, Vergleichende Prinzipien, 125, bezeichnet ihn als „Theorie der Handlungsrechte“; Richter/Furubotn, 90, verwenden dagegen den Begriff „Verfügungsrechtsansatz“. S. zu dem Ansatz auch Picot/Dietl/Franck, 46 ff. 59 Furubotn/Pejovich, Property Rights and Economic Theory: A Survey of Recent Literature, 10 J. of Economic Literature 1137 (1972); Picot/Dietl/Franck, 46. 60 Röver, Vergleichende Prinzipien, 125; Ogus, p. 38; Furubotn/Pejovich, 10 J. of Economic Literature 1139 (1972). 61 Richter/Furubotn, 90 ff. 62 Zu einigen jüngeren Arbeiten auf diesem Gebiet s. z.B. Armour, The Law and Economics Debate, p. 1–29; Hynes/Posner, The Law and Economic of Consumer Finance, 4 ALER 168 (2002); Longhofer/Santos, The Importance of Bank Seniority for Relationship Lending, 9 J. of Financial Intermediation 57 (2000); Katz, An Economic Analysis of the Guarantee Contract, 66 U. Chi. L. Rev. 47 (1999); Rasmussen, Secured credit, control rights and options, 25 Cardozo L. Rev. 1935 (2003–2004). 56

292

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

klassischen ökonomischen Analyse, als auch den dargestellten Analysemethoden der Neuen Institutionenökonomie. a.

Argumente der klassischen ökonomischen Theorie

Auf einige der Argumente der klassischen ökonomischen Theorie ist in anderen Stellen der Arbeit63 bereits hingewiesen worden. Deshalb werden die folgenden Ausführungen knapp gehalten. Nach den Argumentationslinien der klassischen ökonomischen Theorie ist der Gläubiger durch Gewährung einer Sicherheit bereit, Kredit zu geringerem Preis anzubieten, da sich seine Risikoaussicht verbessert64. Genau betrachtet ermöglicht die Auffassung des geringeren Risikos mikroökonomisch einen geringeren Zins, die Erhöhung des Kreditumfangs, die Verlängerung der Laufzeit und eine bessere Eigenkapitalquote des Schuldners65. In makroökonomischer Hinsicht soll sie zu einer Anhebung des Investitionsumfangs führen und das für die Produktion erforderliche Kapital ökonomisch effizient zuordnen. Die klassische Sichtweise auf die Funktion der Kreditsicherheiten ist kritisiert worden. U.a. geht es dabei um die Annahme, dass Kreditsicherheiten den gesamtgesellschaftlichen Nutzen steigern könnten. Z.B. ist darüber gestritten worden, ob sich die durch Kreditsicherheiten erlangten Vorteile gesamtgesellschaftlich dadurch wieder ausgleichen, dass Gläubiger für ungesicherten Kredit höhere Zinsen forderten66. Dem wird aber u.a. entgegen gehalten, dass nicht alle Kreditgeber ihre Kreditbedingungen an den Umstand der fehlenden Sicherung anpassen könnten (sogenannte non-adjusting creditors)67.

63

S. oben Teil 1 A. I. S. z.B. Vergleichende Prinzipien, 108; s.a. Mann, 110 Harv. L. Rev. 638 (1996– 1997); Kieninger, Security Rights, p. 8; Dorndorf/Frank, ZIP 1985, 56, 74. 65 Damit hätte der Schuldner auch mehr Kapazität für neues Fremdkapital, vgl. Röver, Vergleichende Prinzipien, 109. 66 Schwartz, Security Interests, 10 LS 1 (1981). Die Annahme eines „Nullsummenspiels“ wird zurückgewiesen u.a. von Harris/Mooney, A Property-Based Theory of Security Interests: Taking Debtor’s Choices Seriously, 80 Va. L. Rev. 2021 (1994), s. insbes. 2028, 2031; s.a. Carlsson, 80 Va. L. Rev. 2200 (1994). 67 Bei den non-adjusting creditors handelt es sich z.B. um Gläubiger mit deliktischen Ansprüchen, vgl. dazu Armour, The Law and Economics Debate, p. 9 (m.w.N.); Bebchuk/Fried, The Uneasy Case for Priority of Secured Claims in Bankruptcy, 105 Yale L.J. 857 (1995–1996); LoPucki, The Unsecured Creditor’s Bargain, 80 Va. L. Rev. 1887 (1994). 64

B. Grundannahmen und Kriterien

b.

293

Argumente der Neuen Institutionenökonomie

Da auf die Grundsätze der folgenden Theorien bereits oben eingegangen worden ist, beschränkt sich der folgende Abschnitt auf die Besonderheiten der Verwendung von Kreditsicherheiten. (i) Argumente aus der principle-agent-Theorie In Bezug auf Kreditsicherheiten untersuchen die Anhänger der principleagent-Theorie inwieweit sie dazu beitragen können, die Nachteile aus der Informations- und Präferenzasymmetrie zwischen Prinzipal und Agent auszugleichen. Untersucht wird insbesondere die Funktion der Kreditsicherheit als Anreizmittel, um die Interessen von Prinzipal und Agent aneinander anzugleichen. Nach Zeitpunkten der Betrachtung kann man unterscheiden zwischen der Zeit vor Abschluss des Kreditvertrags und der Zeit ab Abschluss des Vertrags. Vor Abschluss des Kreditvertrags besteht das Problem, das als adverse selection bezeichnet worden ist: Der Gläubiger will die Finanzierung von besonders vertrauenswürdigen Projekten; ihm fehlt aber die Möglichkeit der Einschätzung des Projekts. Das kann nur der Schuldner, der jedoch typischerweise dazu neigt, das Risiko heikler Projekte tendenziell auf andere abzuwälzen. Wie oben dargelegt, kann der Gläubiger sich hier nur beschränkt mit einer Erhöhung des Kreditzinses behelfen68. Wenn der Kreditnehmer dem Kreditgeber eine Sicherheit stellt, kann das einen Effekt haben, der mit signalling bezeichnet wird: Da er vermeiden will, dass der Gläubiger den Risikozuschlag zu hoch festlegt, informiert er den Kreditgeber über den Wert seines Projekts. Die Bestellung der Kreditsicherheit ist in diesem Sinne als Aussage zu verstehen, dass ihm sein Projekt so viel wert ist, dass er dafür die Kosten der Bestellung der Sicherheit in Kauf nimmt. Das kann ein Indiz für den Gläubiger darstellen, dass das Projekt gewinnträchtig ist69. Für die Zeit nach Abschluss des Kreditvertrags besteht für den Kreditgeber das Problem, dass sich der Kreditnehmer zu seinem Nachteil zu riskant verhalten könnte. Er selbst ist dagegen an einem Verhalten interes68

Die Erhöhung der Zinsrate erhöht auch den Risikoanreiz für den Schuldner, vgl. Röver, Vergleichende Prinzipien, 117 m.w.N. Wenn der Gläubiger eine günstige Risikoprognose annimmt und den Zins reduziert, besteht die Gefahr, dass der Schuldner damit riskantere Vorhaben finanziert, vgl. Schwartz, Security Interests, 10 LS 14 (1981). 69 Schwartz, Security Interests, 10 LS 15 (1981); zum signalling s.a. Spence, Job Market Signalling, 87 Q. J. Econ. 355 (1973); Löfgren/Persson/Weibull, Scand. J. of Economics 104, 199 (2002). Für Kripke, Law and Economics, 133 U. Pa. L. Rev. 969 (1984–1985) hat die Bestellung einer Sicherheit dagegen eine umgekehrte Aussagekraft: Es sei ein Zeichen von Schwäche, denn der Schuldner zeige damit an, dass ihm Gläubiger keinen ungesicherten Kredit für sein Projekt gewähren würden.

294

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

siert, dass die Chance vollständiger Rückzahlung der Valuta erhöht. Der Kreditnehmer dagegen hat eine andere Risikopräferenz: Da er aufgrund des Kredits nun mit einem geringeren Eigenkapitalanteil haften würde, besteht ein Anreiz zu riskanteren Geschäften70. Hierbei handelt es sich um das bereits erläuterte Problem des moral hazard. Wenn der Kreditgeber nun die Projektführung des Schuldners beaufsichtigen wollte, hätte das hohe Kosten zur Folge, die sich im Zinsanteil für die Aufwendungen des Gläubigers niederschlagen würden. Die Bestellung einer Sicherheit könnte hier folgendermassen helfen: Zum einen kann sie dem Kreditgeber ermöglichen, seine Aufsicht auf den Sicherungsgegenstand zu beschränken71. Daneben kann die Bestellung der Sicherheit helfen, die Interessen von Kreditgeber und Kreditnehmer aneinander anzugleichen. Die Bestellung von Kreditsicherheiten reduziert die Aussichten des Kreditnehmers, weiteren Kredit von anderen Quellen zu bekommen72. Dadurch kann zugunsten des Kreditgebers das Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital des Kreditnehmers in einem Rahmen bleiben, das letzterem einen Anreiz zu vorsichtiger unternehmerischer Tätigkeit gibt73. Zusätzlich gibt die Bestellung einer Sicherheit dem Kreditgeber Einfluss, denn er kann dem Kreditnehmer durch die Verwertung der Sicherheit Schaden zufügen74. (ii) Argumente aus der Transaktionskostenanalyse Die Argumente aus Sicht der Transaktionskostenanalyse ähneln den oben gebrachten Argumenten. Die aus der Unsicherheit über die Leistungsfähigkeit des Schuldners herrührenden Informations- und Überwachungskosten können als Transaktionskosten verstanden werden, die hinderlich für eine effiziente Allokation von Ressourcen sind. Die Bestellung von Kreditsicherheiten kann demnach helfen, diese Kosten zu verringern und somit zu einer effizienten Ressourcenverteilung beizutragen. Allerdings muss darauf geachtet werden, dass auch die z.B. durch die Bestellung und Verwertung der Kreditsicherheit entstehenden Kosten gering zu halten sind75. 70 S. dazu Schwartz, Security Interests, 10 LS 10 (1981); Jackson/Kronman, Secured Financing and Priorities Among Creditors, 88 Yale L.J. 1149 (1978–1979); Carlsson, 80 Va. L. Rev. 2187 (1994); Schwartz, A Theory of Loan Priorities, 18 LS 226 (1989). 71 Jackson/Kronman, 88 Yale L.J. 1153 (1978–1979); Mann, 110 Harv. L. Rev. 650 (1996–1997). 72 Der Grund liegt darin, dass der Kreditnehmer nun weniger unbelastetes Vermögen hat, das zur Besicherung neuen Kredits eingesetzt werden könnte. 73 Diese Verwendung von Kreditsicherheiten wird als bonding bezeichnet. S. zu dem Thema auch Armour, The Law and Economics Debate, p. 7–9; Mann, 110 Harv. L. Rev. 641 (1996–1997); Schwartz, A Theory, 18 LS 228 (1989). 74 Mann, 110 Harv. L. Rev. 655 (1996–1997); Carlsson, 80 Va. L. Rev. 2189 (1994). 75 Janson, 58 ff; Röver, Vergleichende Prinzipien, 124–125; Eidenmüller, Effizienz, 58, 64.

B. Grundannahmen und Kriterien

295

Röver weist darauf hin, dass mit Hilfe der durch Kreditsicherheiten verursachten Transaktionskosten ihre Allokationseffizienz auf den Prüfstand gestellt werden kann76. (iii) Argumente der Property Rights-Analyse Die Property Pights-Theorie untersucht, inwieweit sich die Art und Weise der Zuordnung von property interests zwischen Personen auf die effiziente Verteilung von Ressourcen in einer Gesellschaft auswirkt. Die Möglichkeit, Vermögen zur Sicherung von Krediten und damit zur Senkung der Kosten des Kredits zu verwenden, wird als Beispiel der effizienten Nutzung von Vermögen angeführt77. Harris und Mooney fordern in dem Zusammenhang, dass die Bestellung von Vermögen zur Besicherung von Krediten in Article 9 UCC vereinfacht werden sollte78: “The positive value of permitting debtors to give security freely and effectively suggests two important rules of thumb (…). First, the drafters should purge Article 9 of obstacles to the creation of effective security interests. (…) formalistic requirements that upset the intentions of the parties and prove to be traps for the unwary should be eliminated. Second, the scope of Article 9 should be expanded. (…) The drafters should add limitations and restrictions only when they are demonstrably warranted in particular circumstances.” IV. Das weitere Vorgehen Wie dargestellt, nimmt diese Arbeit einige Basisgrundsätze an, die nicht in Frage gestellt werden. Dazu gehört in erster Linie das Vorhandensein eines marktwirtschaftlichen Systems. Darauf bauen die genannten Grundannahmen auf, dass in einem solchen System gesellschaftliche Wohlfahrt durch Vorhandensein von Kredit gefördert werden kann und dass Kreditsicherheiten zur Vermehrung des in einer Gesellschaft vorhandenen Kreditvolumens beitragen können. Aus diesen Grundannahmen sind die Kriterien der Effektivität und der Effizienz des Gebrauchs der Kreditsicherheiten entwickelt worden. Beide betreffen sowohl die Eigenschaften des gesamten Systems der Kreditsicherheiten als auch die Eigenschaften der Verwendung einer einzelnen Kreditsicherheit im engeren Sinne. Es ist des Weiteren gezeigt worden, dass das Kriterium der Effizienz unter zwei unterschiedlichen Aspekten betrachtet werden kann. In der Folge wird unterschieden zwischen der Ko76

Röver, Vergleichende Prinzipien, 125. Er weist aber gleichzeitig darauf hin, dass die Transaktionskostenanalyse zum derzeitigen Stand (1999) kaum genauere Aussagen erlaube, als dass die Transaktionskosten möglichst geringzuhalten seien. 77 Röver, Vergleichende Prinzipien, 126; Janson, 60. 78 Harris/Mooney, 80 Va. L. Rev. 2052–2053 (1994).

296

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

sten-Nutzen-Effizienz und den aus den einzelnen Ansätzen der ökonomischen Theorie des Rechts entwickelten normativen Kriterien.

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung beider Systeme C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

Beim Vergleich der beiden Ansätze zur Regulierung der Eigentumssicherheiten soll folgendermassen vorgegangen werden: Im ersten Schritt wird der Vergleichsfokus auf die Grundsatzfrage beschränkt, von welchem der beiden vorgestellten Ansätze sich eine Reform des deutschen oder schweizerischen Rechts grundsätzlich leiten lassen sollte. In den weiteren Schritten wird der Vergleich in Bezug auf einige spezifische Regulierungsfragen (Publizität, Priorität etc.) nachvollzogen. Hier sollen dann auch Vorschläge gemacht werden, wie die Eigentumssicherheiten bei einer möglichen Reform des deutschen oder schweizerischen Rechts im Einzelnen reguliert werden sollten. Innerhalb jeder der einzelnen Vergleichsschritte soll – soweit möglich – auf folgende Punkte eingegangen werden: Wie sind die Regulierungsansätze (in Form der sie repräsentierenden Rechtsordnungen) anhand der in Abschnitt B dieses Teils aufgestellten Kriterien zu werten? Ergeben sich Anhaltspunkte für eine kritischere Betrachtung des unitären und funktionalen Ansatzes (bzw. der ihn repräsentierenden Rechtsordnung)? Können eventuelle Lehren aus dem Code civil québécois für eine Reform des deutschen und schweizerischen Kreditsicherungsrechts nutzbar gemacht werden? Schliesslich soll darauf eingegangen werden, welche möglichen Erkenntnisse für die Reformlage des deutschen und schweizerischen Mobiliarkreditsicherungsrechts festgehalten werden können. I.

Die Entscheidung bezüglich des grundsätzlichen Ansatzes

In diesem ersten Abschnitt sollen die beiden grundsätzlichen Regulierungsansätze bewertet werden, um zu einer Entscheidung zu gelangen, von welchem dieser Grundkonzepte – funktionaler und unitärer Ansatz und auf der anderen Seite der plurale Ansatz – sich eine mögliche Reform des deutschen und schweizerischen Kreditsicherungsrechts leiten lassen sollte. Dabei ist Folgendes im Blick zu behalten: In der Systematik79 des Teil 1 ist dargelegt worden, dass auch Rechtsordnungen, die dem pluralen Ansatz folgen – wie Deutschland und die Schweiz –, von einer funktionalen Sichtweise auf Sicherungsgeschäfte Gebrauch machen. Der de lege lataTeil in Teil 1 hat zu der Erkenntnis geführt, dass der unitäre Ansatz ledig79

S. den Abschnitt C. IV.

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

297

lich ein Weg zur Durchsetzung des funktionalen Ansatzes in der Gesetzgebung ist. Praktisch soll u.a. untersucht werden: Ist ein System, das alle Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen gleichbehandelt, notwendigerweise effektiver als ein System, das für Eigentumssicherheiten separate Regeln vorsieht? Die hier gestellte Frage ist den im zweiten Schritt zu prüfenden Aspekten logischerweise übergeordnet: Wie die Eigentumssicherheiten hinsichtlich ihrer Publizität, Verwertung etc. geregelt werden sollen, hängt von der übergeordneten Frage ab, inwieweit ihnen überhaupt eine neben anderen Sicherheiten separate Rolle zukommen soll. Um den folgenden Aspekten so wenig wie möglich vorzugreifen, soll hier nur auf die abstrakte Frage des Rahmenkonzepts für die Regulierung eingegangen werden. Da die Grundsätze zum Funktionieren der beiden Ansätze bereits dargestellt worden sind, beschränkt sich der folgende Abschnitt auf einen kurzen Überblick. 1.

Reichweite des Funktionalismus bei Article 9 UCC

Article 9 UCC schliesst alle Eigentumssicherheiten ausnahmslos in das security interest ein. Die Reichweite seiner funktionalen Betrachtung der Sicherungsgeschäfte ist umfassend. Alle vertraglichen Rechte an beweglichen Sachen, die mit dem Ziel der Sicherung einer Forderung bestellt werden, werden erfasst80. Da der Ansatz so umfassend ist, lässt sich nicht einmal von einem Ansatz in Bezug auf die Eigentumssicherheiten an solchem reden. Die einheitliche Behandlung der Eigentumssicherheiten ist die Folge des generellen, auf alle Arten von Kreditsicherheiten anwendbaren Prinzips. 2. Reichweite des Funktionalismus im deutschen und schweizerischen Recht Deutschland und die Schweiz verfolgen den pluralen Ansatz in der Gesetzgebung der Kreditsicherheiten. Sie sehen für die zulässigen Eigentumssicherheiten grundsätzlich separate Regelungen vor, die sich inhaltlich von den für andere Kreditsicherheiten (insbesondere das Pfandrecht) geltenden Regelungen unterscheiden. Wie die Systematik in Teil 1 gezeigt hat, erlaubt der plurale Ansatz viele Differenzierungen in der Gesetzgebung: Wie viele Eigentumssicherheiten sind zulässig? Wie eigenständig werden sie in der Sache geregelt? Werden sie in der Rechtsfolge wie eine andere Kreditsicherheit (insbesondere wie ein Pfandrecht) behandelt? 80

S. dazu Art. 1-201 (b) (35) UCC und Art. 9-109 (a) UCC.

298

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

Obwohl beide Rechte – das deutsche und das schweizerische – den pluralen Ansatz verfolgen, hat Teil 1 gelehrt, dass es zwischen ihnen beträchtliche Unterschiede gibt. Wie dargelegt wurde, besteht der Hauptunterschied im unterschiedlichen Umgang mit der Publizität. Das schweizerische Recht sieht sowohl beim Eigentumsvorbehalt als auch bei der Sicherungsübereignung ein striktes Publizitätserfordernis vor. Im Zusammenhang mit dem Sicherungseigentum ist die hohe Stellung des Faustpfandprinzips im schweizerischen Recht deutlich geworden. So kann das Sicherungseigentum nur dann drittwirksam bestellt werden, wenn – wie beim Pfandrecht erforderlich – der Besitz auf den Sicherungsnehmer übergegangen ist. Das deutsche Recht behandelt Inhaber von Eigentumssicherheiten in der Sache eigenständiger. So sieht es weder für das Sicherungseigentum noch für den Eigentumsvorbehalt ein Publizitätserfordernis vor. Beim deutschen Recht war allerdings aufgefallen, dass es bei der Insolvenz des Sicherungsgebers auf den Sicherungseigentümer die gleichen Regeln anwendet, die für einen Pfandgläubiger gelten. 3.

Bewertung beider Systeme

a.

Argumente aus der Sicht des Effektivitätsgebots

Was die Ebene des einzelnen Vertragsverhältnisses anbelangt, ist grundsätzlich festzustellen, dass beide Systeme gleichermassen einem Gläubiger wirksame Sicherheit geben können. Jedoch könnten Unterschiede gegeben sein, wenn sich mehrere gesicherte Gläubiger im Wettstreit befinden. Ein Gläubiger kann v.a. aus zwei Gründen über die Effektivität seiner Sicherheit im Ungewissen sein: Der erste Grund betrifft seine eigene Person. Es kann sein, dass seine Sicherheit nicht wirksam entstanden ist oder dass er sie Dritten nicht entgegenhalten kann, z.B. weil er die Voraussetzungen für die Drittwirksamkeit der Sicherheit nicht eingehalten hat. Zum anderen kann seine Ungewissheit aus dem Konflikt mit anderen Gläubigern herrühren. Zum Beispiel könnte seine Sicherheit durch Veräusserung des Sicherungsgegenstands untergehen. Vor allem aber könnte ihr Wert dadurch gemindert werden, dass verborgene Sicherheiten oder sonstige Rechte vorhanden sind, die eine bessere Prioritätsstellung haben. Diesen Unsicherheiten kann der Gesetzgeber begegnen, indem er Vorschriften zum Schutz der Gläubiger in diesen und weiteren wichtigen Fällen erlässt. Um Gründe für die Unsicherheit soweit wie möglich auszuschliessen, müssen diese Vorschriften aber mit einer möglichst grossen Reichweite ausgestattet werden. Besonders deutlich ist das am Beispiel der Publizität. Sofern alle Gläubiger, die Rechte an einem Gegenstand geltend machen, zur Publizität verpflichtet werden, können andere Gläubiger nicht in Ungewissheit über den Stellenwert eigener Rechte an der Sache sein. Sofern

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

299

jedoch das Publizitätserfordernis nur für einen Teil der möglichen Rechtsinhaber gilt, bleibt Ungewissheit, wenn nicht auf andere Methoden der Information ausgewichen werden kann. Gleiches ist auch im Zusammenhang mit den Verwertungsvoraussetzungen denkbar: Wenn ein Gläubiger weiss, dass alle anderen Gläubiger nur unter Berücksichtigung derselben Anforderungen, die auch er berücksichtigen muss, verwerten können, dann erhöht das seine Sicht auf die Effektivität seiner Sicherheit. Anders ist es, wenn er damit rechnen muss, dass es Gläubiger gibt, die im Hinblick auf die Verwertungsvoraussetzungen oder das Verwertungsverfahren bevorzugt sind. Das plurale System könnte hier, wenn es auch nicht per se Unsicherheiten schafft, so doch anfälliger für Unsicherheiten sein als das unitäre System. Je mehr unterschiedliche Kreditsicherheiten bestellt werden können, desto eher scheint es möglich, dass ein Gläubiger Vorschriften umgeht, um sich einen Vorteil vor anderen Gläubigern zu verschaffen. Wie gezeigt worden ist, stellt sich die Regulierungsfrage besonders im Zusammenhang mit den Eigentumssicherheiten. Da der Rückgriff auf das Eigentum Gläubigern eine besondere Vorzugsstellung vor nur durch beschränkte dingliche Sicherheiten gesicherten Gläubigern gewährt, ist die „Erfindung“ von auf dem Eigentum basierenden Sicherungsgeschäften eine grosse Herausforderung für den Gesetzgeber. Folgendes Beispiel soll die Problematik von Schlupflöchern verdeutlichen: Der schweizerische Gesetzgeber hat sich entschieden, dass aus Gründen des Drittschutzes eine ohne Besitzaufgabe stattfindende Sicherungsübereignung beweglicher Sachen nicht drittwirksam sein soll. Dritte sollen sich darauf verlassen können, dass im Besitz des Schuldners befindliche bewegliche Vermögensgegenstände nicht in Wahrheit einem Gläubiger gehören81. Deshalb variieren der Schuldner A und die Bank B ihr Rechtsgeschäft: A soll seine Maschine an B übereignen und B soll dann die Maschine langfristig an A zurückvermieten. Dieses Geschäft kann – je nach Dauer und Struktur der Mietzahlungen – wie eine besitzlose Sicherungsübereignung wirken. Der Schuldner A erhält Liquidität, kann aber gleichzeitig seine Sache weiter nutzen. Die Bank B erhält einen Anspruch auf laufende Geldzahlungen. Wenn die gesetzliche Regulierung – der Ausschluss der Drittwirksamkeit – hier nicht greifen würde82, würden Dritte um die Effektivität eigener Sicherheiten fürchten müssen. 81

Auf die Angemessenheit des Besitzes als Publizitätsmittel in der heutigen Zeit soll hier nicht eingegangen werden. Das Beispiel dient nur der Verdeutlichung der „Schlupfloch“-Problematik. 82 Nach der wohl herrschenden Auffassung in der Schweiz sollen sog. sale-and-leaseback-Geschäfte eine Umgehung des Faustpfandprinzips darstellen, sodass – wie beim besitzlosen Sicherungseigentum – der Eigentumsübergang nicht drittwirksam sein soll (Art. 717 Abs. 1 ZGB), vgl. Girsberger, Finanzierungsleasing, 11 m.w.N.; s.a. BGE 119 II 236 (241, obiter dictum).

300

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

Um zu verhindern, dass Gläubiger bestimmte Voraussetzungen umgehen können, die nach dem Willen des Gesetzgebers einheitlich gelten sollen, sind bei der Regulierung der Eigentumssicherheiten zwei Imperative zu beachten. Beide verdeutlichen zugleich die Risiken des pluralen Ansatzes: Zum einen ist eine lückenlose Konzeptualisierung der Rechtsgeschäfte, die Eigentumssicherheiten begründen, erforderlich83. Zum anderen ist es erforderlich, dass der Gesetzgeber die gewollte Regulierung einheitlich auf die erfassten Eigentumssicherheiten anwendet. Wie am Beispiel des Code civil québécois zu zeigen sein wird, besteht bei beiden Imperativen ein Fehlerpotential. So kann es sein, dass der Gesetzgeber ein bestimmtes Sicherungsgeschäft unreguliert lässt, weil er gar nicht daran gedacht hat. Zum anderen kann es sein, dass er die einzelnen Voraussetzungen für Bestellung, Publizität, Verwertung etc. der Sicherheit uneinheitlich auf die unterschiedlichen Sicherungsrechte anwendet. Während bei einem unitären System die gleichmässige Anwendung der Vorschriften von vornherein feststeht, besteht bei einem pluralen System zumindest die Gefahr, dass bei den Verweisungen bestimmte Eigentumssicherheiten übersehen werden oder sonst Fehler unterlaufen. Auf die erste Sicht hin erscheint ein unitäres System deshalb weniger anfällig für Ungleichbehandlungen und Schlupflöcher und somit gegenüber einem pluralen System vorteilhafter. Der Gesetzgeber, der sich für ein plurales System entscheidet, sollte diesen Gefahren aber begegnen können, indem er darauf achtet, dass Gläubiger verschiedener Kreditsicherheiten an den entscheidenden Punkten gleich behandelt werden. Das erfordert eine sorgfältige Typisierung aller Rechtsgeschäfte, für die die jeweilige Regelung (z.B. das Registrierungserfordernis oder eine Verwertungsvoraussetzung) gelten sollen. Dabei sollte sich der Gesetzgeber von der Maxime leiten lassen, das System so übersichtlich wie möglich zu halten. Daraus könnte sich das Erfordernis ergeben, solche Eigentumssicherheiten nicht mehr separat zu regulieren, für die eine echte raison d’être – unabhängig von dem blossen Ausgleich von Nachteilen des beschränkten dinglichen Sicherungsrechts – nicht erwiesen ist. Um Schlupflöcher zu vermeiden, kann es hilfreich sein, einzelne Eigentumssicherheiten, die repräsentativ für eine Gruppe sind, funktional zu definieren84. 83

Das bedeutet einfach ausgedrückt, dass der Gesetzgeber erst einmal eine komplette Übersicht haben muss, welche Rechtsgeschäfte als Eigentumssicherheiten überhaupt in Frage kommen (Der Begriff „Konzeptualisierung“ wird synonym mit dem Begriff der „Typologie“ verwandt). An einer anderen Stelle (s.o. Teil 1 B. III. 2.) ist bereits auf den Typologisierungsvorschlag von Macdonald, Transnational Secured Transactions Reform, ZEuP 2009, 745, 759, hingewiesen worden. 84 Damit würden alle anderen Eigentumssicherheiten, die auch in diese Gruppe fallen, da sie die gleiche Funktion erfüllen, automatisch von der Regelung erfasst. Beispielhaft

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

301

Anzufügen ist, dass Gründe für die Ineffektivität von Kreditsicherheiten auch in unitären Systemen nicht völlig aufgehoben sind. Wie die Abwandlung des 2. Fallbeispiels in Teil 2 (True Leasing vs. Security Leasing) gezeigt hat, ist die Unsicherheit über das Bestehen fremder Rechte an der Sache auch im US-amerikanischen Recht und in den kanadischen PPSARechten nicht völlig aufgehoben85. Für diese Rechtsordnungen spricht aber, dass sie für den Bereich der Rechtsgeschäfte, die unbestreitbar zu den Kreditsicherheiten gehören, einen klaren und gradlinigen Grundansatz schaffen86. Daneben zeigen sie aber, dass sie die Problematik auch darüber hinaus umfassend angehen wollen, indem sie gewisse Rechtsgeschäfte – wie den Kommissionskauf – in den Regelungsbereich einbeziehen, unabhängig davon, ob es sich im Einzelfall um ein Sicherungsgeschäft handelt oder nicht. Die verbleibenden Unsicherheiten könnten nur dann beseitigt werden, wenn das Problem der Trennung von Eigentum und Besitz umfassend angegangen wird. b.

Argumente aus Sicht der Kosten-Nutzen-Effizienz

Hier ist zu unterscheiden zwischen den Kosten, die für die Unterhaltung des jeweiligen Systems anfallen und den Kosten für die Durchführung von Transaktionen aus Sicht der einzelnen Vertragsparteien. Es erscheint aufwändiger, ein System zu unterhalten, das eine Vielzahl unterschiedlicher Kreditsicherungsrechte vorsieht als ein System, das auf alle Kreditsicherungsrechte die gleichen Regeln anwendet. Das muss insbesondere dann der Fall sein, wenn die Vielzahl von Kreditsicherungsrechten dazu führt, dass mehr Verwaltungseinrichtungen geschaffen sein müssen, z.B. mehrere Register für unterschiedliche Kreditsicherungsrechte87. Aus Sicht der einzelnen Parteien können Informations- und Rechtsverfolgungskosten entstehen. Je mehr verschiedene Kreditsicherungsrechte es gibt, desto mehr müssen Parteien sich informieren, welches Recht für ihre Situation das geeignete ist und welche Anforderungen vom Gesetz an die wirksame Bestellung gestellt werden. Ein unitäres System scheint deshalb vorteilhafin diesem Zusammenhang ist der Umgang des DCFR mit dem Eigentumsvorbehalt, vgl. Art. IX.-1:103 DCFR. 85 Die Unsicherheiten beschränken sich hier aber auf die Grenze von Sicherheiten zu Rechtsgeschäften, die nicht als Sicherheit zu werten sind. Für das Beispiel der Leasingverträge wurde in der 2. Fallgruppe von Teil 2 gezeigt, wie sich die kanadischen PPSAs mit einer Vermutungsregelung behelfen. 86 Zum US-amerikanischen und kanadischen Recht ist des Weiteren gezeigt worden, dass sie die durch den unitären Ansatz schon breite Regelung durch Einbeziehung weiterer Rechtsgeschäfte noch erweitern. 87 Dass das nicht sein muss, zeigt wieder der DCFR, der ein zentrales Register vorsieht, in das gleichermassen das Security Right und der Eigentumsvorbehalt eingetragen werden, vgl. Art. IX.-3:303 DCFR.

302

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

ter. Allerdings ist der Umfang dieses Vorteils schwer nachprüfbar. Je klarer und einfacher ein plurales System konzipiert ist, desto eher dürften diese eventuellen Nachteile ausgeglichen sein. c. Argumente aus der ökonomischen Betrachtung der Kreditsicherungsrechte (i) Klassische ökonomische Sichtweise Mikroökonomisch ist an das oben Gesagte anzuknüpfen: Das unitäre Modell ist möglicherweise weniger problemanfällig als das plurale Modell, jedoch hängt das von der praktischen Ausgestaltung der Gesetzgebung ab. Allerdings hat das 2. Fallbeispiel in Teil 2 gezeigt, dass Rechtsordnungen, die dem unitären Ansatz folgen, möglicherweise zu einer anderen Art von Unsicherheit führen: Hier stellt sich die Frage, ob nicht die faktische Umcharakterisierung von Rechtsgeschäften in Sicherungsgeschäfte ein Risiko für Vertragsparteien darstellt, die mit der Umcharakterisierung nicht rechnen. Die Umcharakterisierung in diesen Rechten führt zur Registrierungspflicht. Der Mangel der Registrierung führt zwangsläufig zur Nachrangigkeit gegenüber anderen Gläubigern. Makroökonomisch stellt sich die Frage, welches der beiden Systeme eher zu einer effizienten Verteilung von Ressourcen führt. Hier fällt an den Eigentumssicherheiten auf, dass sie insofern problematisch sind, als sie dem Schuldner nur eine beschränkte Ausnutzung der Kreditkapazität ermöglichen. Ein Schuldner, der für eine Schuld von 50 einen Gegenstand mit einem Wert von 100 sicherungsübereignet, kann den überschiessenden Wert der Sache nicht für weiteren Kredit verwenden88. Wäre der Gläubiger dagegen nur Inhaber eines Sicherungsrechts am Gegenstand des Schuldners, könnte der Schuldner weiter über den Gegenstand verfügen und so nachrangige Sicherungsrechte bestellen. Beim Eigentumsvorbehaltskauf kann der bereits akkumulierte Wert der Kaufpreiszahlungen grundsätzlich noch nicht für weitere Verfügungen genutzt werden. Aus makroökonomischer Sicht lässt sich daher feststellen, dass ein System, das Eigentumssicherheiten zulässt, es erschwert, den maximalen Kreditbetrag für einen gegebenen Wert einer Sache zu erhalten. (ii) Ansätze aus dem Bereich der Neuen Institutionenökonomik Die Prinzipal-Agenten-Theorie beschäftigt sich mit dem Problem, dass Kreditgeber und Kreditnehmer im Rahmen ihrer Geschäftsbeziehung unterschiedlichen Anreizen folgen. Während der Kreditgeber an einer mög88 Allerdings haben sich hier in den Rechtsordnungen Hilfsmittel entwickelt, s. für das deutsche Recht die Möglichkeit der Veräusserung des Anwartschaftsrechts.

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

303

lichst sicheren Geschäftsführung interessiert ist, kann die Kreditaufnahme den Kreditnehmer durch die damit verbundene Senkung des Eigenkapitalanteils zu riskanteren Geschäften anreizen (moral hazard-Problem). Sowohl unitäre als auch plurale Systeme geben dem Kreditgeber die Möglichkeit, seine Überwachung auf den Sicherungsgegenstand zu konzentrieren. U.U. können die Eigentumssicherheiten sogar eine positive Rolle bei der Angleichung der Interessen der Parteien spielen. Der Sicherungsgeber einer Eigentumssicherheit kann – wie dargelegt worden ist – das maximale Kreditpotential dieser Sache nicht in dem gleichen Umfang ausnutzen wie der Sicherungsgeber einer besitzlosen beschränkten dinglichen Sicherheit. Damit wird die Möglichkeit neuer Kreditaufnahme in stärkerem Masse gemindert und – wie es dem Interesse des Kreditgebers entspricht – die Aufrechterhaltung einer gewissen Eigenkapitalhaftung des Kreditnehmers gefördert. Möglicherweise kommt den Eigentumssicherheiten in diesem Sinne auch ein stärkerer signalling-Effekt zu, denn wenn ein Sicherungsgeber eine Sache veräussert, anstatt sie zu belasten, deutet er in stärkerem Masse an, wie viel ihm sein zu förderndes Projekt wert ist. Im Rahmen der Transaktionskostenanalyse stellt sich die Frage, inwieweit beide Systeme Transaktionskosten aufwerfen, die eine effiziente Ressourcenverteilung hindern könnten. In Übereinstimmung mit den oben zur Kosten-Nutzen-Effizienz gemachten Aussagen erscheint es schlüssig, dass ein plurales System mehr Transaktionskosten erfordert als ein unitäres System. Bei letzterem ist davon auszugehen, dass weniger Informations- und Rechtsverfolgungskosten anfallen als bei ersterem, da den Parteien bei jedem Sicherungsgeschäft von vornherein grundsätzlich immer das gleiche Verfahren für die drittwirksame Bestellung, die Verwertung etc. zur Verfügung steht. Auch bei der Property Rights-Analyse kann auf bereits gemachte Aussagen verwiesen werden: Eigentumssicherheiten erscheinen generell problematisch im Hinblick auf eine effiziente Ressourcenallokation. (iii) Ergebnisse Obige Überlegungen können folgendermassen zusammengefasst werden. Ein plurales System ist nicht per se ineffektiver und ineffizienter als ein unitäres Regulierungssystem der Kreditsicherheiten. Es ist jedoch stärker der Gefahr ausgesetzt, dass aufgrund einer übersehenen Regelung oder aufgrund mangelnder Konzeptualisierung aller Sicherungsgeschäfte Schlupflöcher existieren, die einzelnen Gläubigern Vorteile vor anderen Gläubigern geben. Ein plurales System ist des Weiteren ebenfalls eher der Gefahr von höheren Unterhaltungs-, Informations- und Rechtsverfolgungskosten ausgesetzt. Diese stellen Transaktionskosten im Sinne der Transaktionskostenanalyse dar. Während das unitäre System auch die Ten-

304

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

denz zu einer effizienteren Allokation von Ressourcen für sich hat, kann jedoch nach Sichtweise der Prinzipal-Agenten-Theorie ein System, das Eigentumssicherheiten zulässt, gewisse Vorteile aufweisen. Die obigen Betrachtungen lassen Tendenzen erkennen, die zum Teil für das unitäre System sprechen. Auf der anderen Seite hilft die Betrachtung aber auch, die Vorzeichen zu erkennen, unter denen ein plurales System reformiert werden kann. 4.

Einfachere Rechtsanwendung beim unitären und funktionalen Ansatz?

Die obige Betrachtung hat einige grundlegende Vorteile des unitären und funktionalen Ansatzes ergeben. Insbesondere ist dargelegt worden, dass Rechtsanwendungskosten daraus entstehen können, dass unterschiedliche Kreditsicherungsrechte mit unterschiedlichen Voraussetzungen bestehen. Das unitäre System hat hier den Vorteil, dass auf alle Arten von Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen grundsätzlich dieselben Regeln anzuwenden sind, sodass es auf Abgrenzungen zwischen verschiedenen Kreditsicherheiten nicht ankommt. Das ist ein Vorteil, den ein plurales System a priori nicht kennt. Diesen Vorteil hat das unitäre System aber nur, soweit Rechtsgeschäfte vorliegen, die unbestritten als Sicherheit zu werten sind. Wie verhält es sich aber bei Abgrenzungen zwischen Sicherheit und Nicht-Sicherheit? Exemplarisch soll hier auf Article 9 UCC zurückgegriffen werden. Er verkörpert scheinbar ein ganz einfachen Prinzip, das seine Überlegenheit gegenüber einem pluralen System ausdrückt: Für die Frage, ob eine Sicherheit vorliegt, soll nur noch auf die Funktion des Rechtsgeschäfts abgestellt werden. Jedes Rechtsgeschäft, das in seiner Substanz (Art. 9-109 (a) UCC) eine Sicherheit an einer beweglichen Sache bestellt, wird dem Anwendungsbereich des Artikels unterworfen. Article 9 UCC kennt damit nur noch die Kategorien „Sicherheit“ und „Nicht-Sicherheit“. Die altbekannten Begriffe des Sachenrechts wie „Eigentum“ oder „beschränktes dingliches Recht“ spielen für ihn keine Rolle mehr. Insbesondere soll die Zuordnung des Eigentums zwischen den Parteien im Rahmen des Article 9 UCC ohne Relevanz sein89. Der funktionale und unitäre Ansatz führt mithin zu einem Bedeutungsverlust der altbekannten Konzeptionen des Sachenrechts90.

89

Art. 9-202 UCC. Hier soll nicht behauptet werden, dass die Implementierung eines funktionalen und unitären Ansatzes bei der Regulierung der Kreditsicherheiten zwangsläufig zu einer Ablösung der überkommenen sachenrechtlichen Grundordnung führt. Wie zu zeigen sein wird, haben sich die Autoren des Article 9 UCC aber für den Anwendungsbereich des Uniform Commercial Code für diesen Weg entschieden. Dagegen erscheint es auch denkbar, ein funktionales und unitäres Kreditsicherungsrecht auf der Basis eines der be90

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

305

Macht aber die Beschränkung auf die Funktion eines Rechtsgeschäfts als einziges Abgrenzungskriterium den Rückgriff auf sachenrechtliche Wertungen wirklich obsolet? a. Der Anspruch: Article 9 UCC und der Verzicht auf Konzeptionen des Sachenrechts Die Entscheidung der Verfasser von Article 9 UCC, auf Konzeptionen des Sachenrechts zu verzichten, hat zum einen Auswirkungen auf das Verständnis des security interest selbst und zum anderen auf die Abgrenzungsfrage, welche Transaktionen als „Sicherheit“ angesehen werden sollen und welche nicht. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass das security interest keinem der vor dem Inkrafttreten des Uniform Commercial Code gebräuchlichen Sicherungsrechte nachgebildet ist91. Den Autoren des Article 9 war die Frage der rechtstechnischen Konzeptualisierung in die bekannten Figuren des Sachenrechts grundsätzlich unwichtig. Das Recht soll Gläubigern die durch den Artikel gewährten Rechte gegen Schuldner und Drittgläubiger gewährleisten; sofern der Anwendungsbereich des Artikels eröffnet ist, kommt es deshalb auf eine Konzeptualisierung gar nicht an92. Wichtiger war den Autoren die Frage, welche Transaktionen zusätzlich in den Anwendungsbereich eingeschlossen werden sollten, um den Regelungszielen des Artikels zu grösstmöglicher Anwendungsbreite zu verhelfen93. Konzeptionell wird das Recht aber weiterhin als Recht an einer Sache verstanden94. Für die Abgrenzung zwischen Sicherheit und Nicht-Sicherheit spielt für den Artikel eine herkömmliche sachenrechtliche Analyse keine Rolle mehr. Dieses ist zumindest sein Anspruch, der durch Bridge et al. zusamkannten Typen aufzubauen, z.B. des Pfandrechts, und für die Frage, ob eine Sicherheit vorliegt oder nicht, weiterhin auf sachenrechtliche Wertungen abzustellen. 91 S. dazu bereits oben Teil 1 D. II. 3. c. (ii). Cuming, The Internationalization, p. 505; Gilmore, Security Interests, p. 334. 92 Cuming, The Internationalization, p. 505; die Klärung des Begriffs wird den Gerichten überlassen, Macdonald, Article 9 Norm Entrepreneurship, 43 [2006] Can. Bus. L.J. 277. 93 Das wird z.B. von Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 575, kritisiert. In diesem Zusammenhang ist auch die Tendenz bei Article 9 UCC und den kanadischen PPSAs zu beachten, Transaktionen, deren Wertung als Sicherungsgeschäft fragwürdig wäre, die aber dennoch im Sinne der Vermeidung von ostensible ownership relevant sind, in den Anwendungsbereich des Artikels einzuschliessen, vgl. Art. 9-109 (a) insbes. (3) und (4) UCC; s.a. Baird/Jackson, Possession and Ownership, 35 Stan. L. Rev. 175 (1982–1983). 94 Harris/Mooney, 80 Va. L. Rev. 2051 (1994); Cuming, The Internationalization, p. 507.

306

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

mengefasst wird95: “(…) pursuant to a functionalist model, the essence of a security interest is not determined by the formal legal framework out of which it arises, but in what it seeks to accomplish.” Besonderes Kennzeichen dieses Anspruchs ist, dass es hinsichtlich der Merkmale für das Vorliegen einer Sicherheit unerheblich sein soll, wem nach der Vereinbarung zwischen den Parteien das Eigentum am Sicherungsgegenstand zustehen soll96. Ankommen soll es allein auf die Frage, ob eine Vereinbarung in ihrer Substanz ein security interest begründet oder nicht97. Die Aversion gegen den Rückgriff auf „alte“ Konzepte, insbesondere gegen den Rückgriff auf die Verortung des Eigentums zur Feststellung von Rechten und Pflichten zwischen den Parteien ist eine Charakteristik, die den ganzen Uniform Commercial Code durchzieht und zumindest teilweise mit dem Einfluss bestimmter Rechtsphilosophien auf die Autoren des Code erklärt werden kann. Eine bedeutende Rolle in diesem Zusammenhang spielte die Strömung des Legal Realism (Rechtsrealismus), deren Anhänger Ideale und fiktive Konzepte im Recht verwarfen. Rechtskonzepte sollten danach allein durch Beschäftigung mit Fakten und aus tatsächlicher Erfahrung entwickelt werden, anstatt den Rechtssubjekten gleichsam vorgesetzt zu werden98. b.

Die Wirklichkeit: Rückgriff auf sachenrechtliche Wertungen

Eine genauere Untersuchung zeigt jedoch, dass Article 9 entgegen seinem oben dargestellten Anspruch dennoch nicht völlig auf die Eigentumsanalyse verzichten kann. Das zeigt sich u.a. bei bestimmten Abgrenzungsfällen an der Grenze von Sicherheit und Nicht-Sicherheit und an der Vorzugsbehandlung bestimmter Arten von Kreditgebern. (i) Leasing und Kommissionskauf Die Abgrenzung zwischen true leasing und security leasing ist ein Hauptbeispiel, das die Grenzen des unitären und funktionalen Ansatzes aufzeigt. Wann begründet ein Leasingvertrag ein security interest, sodass Article 9 Anwendung findet und wann funktioniert ein solcher Vertrag nicht als Fi95

Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 577. Vgl. Art. 9-202 UCC und PPSA-ON s. 2 (a). 97 Der Hinweis auf die Substanz ist nicht in der Definition des Article 9 UCC enthalten, dagegen aber z.B. in PPSA-ON s. 2 (a) und PPSA-SA s. (3)(1) (a). 98 Karl Llewellyn war ein Proponent des Legal Realism, vgl. dazu und zu dieser Strömung generell Kamp, Between-the-Wars Social Thought, Karl Llewellyn, Legal Realism and the Uniform Commercial Code in Context, 59 Albany L. Rev. 325 (1995– 1996). Vgl. für einen Vertreter der Strömung Cohen, Transcendental Nonsense and the Functional Approach, 35. Colum. L. Rev. 809 (der auf p. 821 das Konzept des title als “magic solving word of traditional jurisprudence“ kritisiert). 96

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

307

nanzierungsmittel, sodass Article 9 keine Anwendung findet? Von der Beantwortung der Frage hängt u.a. ab, in welchem Umfang Drittgläubiger Rechte gegen den Leasingnehmer geltend machen können oder unter welchen Voraussetzungen der Leasinggeber sein Recht verwerten kann. Das blosse Abstellen auf das Kriterium der Funktion des Geschäfts oder der „Substanz“ der Transaktion stösst hier an seine Grenzen, denn von der Funktion her können Eigentumsvorbehaltskauf und Leasinggeschäft sehr ähnlich sein99: Sowohl Eigentumsvorbehaltsverkäufer, als auch Leasinggeber geben den Besitz an der Sache auf und Vorbehaltskäufer und Leasingnehmer erhalten jeweils den Besitz und Verwendung der Sache ohne zur Einmalzahlung des Kaufpreises verpflichtet zu sein. In beiden Fällen geht das Risiko des zufälligen Untergangs und die Unterhaltungspflicht typischerweise auf den Vorbehaltskäufer bzw. Leasingnehmer über. Sowohl Vorbehaltsverkäufer als auch Leasinggeber erhalten Ansprüche auf regelmässige Zahlungen und haben ein Recht an der Sache, dass sie in der Insolvenz des Vorbehaltskäufers bzw. Leasingnehmers schützt100. Ähnlich wie der Eigentumsvorbehalt, der als security interest gewertet wird, erlaubt mithin das Leasing dem Leasingnehmer Besitz und Verwendung einer Sache, deren Erwerb er sich im Augenblick nicht leisten kann. Art. 1-201 (37) UCC in der Fassung von 1978 gab keine Hinweise, anhand welcher Kriterien eine Unterscheidung zwischen Kauf, Leasing oder Kreditsicherheit erfolgen sollte: „Unless a lease or consignment is intended as security, reservation of title thereunder is not a security interest.“ Die Folge war eine grosse Unsicherheit, da es auch den Gerichten nicht gelang, klare Kriterien zu entwickeln101. Festzustellen ist jedoch, dass die Gerichte jeweils auf Kriterien zurückgriffen, welche die Klärung der Zuordnung des Eigentums zwischen den Parteien ermöglichen sollten. Als bedeutendes Kriterium für ein Finanzierungsgeschäft und damit für ein security interest wurde es z.B. angesehen, wenn der Leasingnehmer die Risiken und Lasten tragen sollte, die typischerweise mit dem Eigentum an einer Sache verbunden sind102. Teilweise griffen Gerichte auf den „Multiple Factor Approach“ zurück, der jeweils eine unterschiedlich lange Liste von

99

Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 599. Vgl. zur Gegenüberstellung von security und leasing: Howard, Equipment Lessors and Secured Parties in Bankruptcy: An Argument for Coherence, 48 Wash. & Lee L. Rev. 281–282 (1991); Kripke, Equipment Leasing – Leveraged Leasing (Book Review), 37 Bus. Law. 723 (1981–1982). Zum Wert des funktionalen Ansatzes vor diesem Hintergrund der Aufsatz von Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 598. 101 S. dazu den Aufsatz von Cooper, 49 Ohio St. L.J. 195 (1988–1989). 102 So z.B. In re Tulsa Port Warehouse Co., Inc., 690 F.2d 809 (C.A.Okl) October 14, 1982. 100

308

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

Kriterien vorsah103. Weitere Kriterien waren danach z.B., ob es eine Kaufoption zu einem nominalen Preis gab, ob der Leasingnehmer eine für einen Kauf übliche Steuer zahlte, die Hinweis für einen Eigentumsübergang sein könnte oder der Leasingnehmer verantwortlich für die umfassende Versicherung der Sache war. Da daneben weitere Methoden der Abgrenzung existierten und insgesamt der Eindruck eines „Patchworks“ von nicht zu vereinbarenden Entscheidungen entstand104, griff der Gesetzgeber 1987 durch die Änderung des Art. 1-201 (37) UCC105 und die Neuschaffung des Art. 2A UCC ein und richtete den Fokus auf den wirtschaftlichen Standpunkt der Parteien. Im Mittelpunkt der Abgrenzung steht seitdem die Frage, ob der Leasingnehmer während der ursprünglich vorgesehenen Nutzungsdauer oder zuzüglich eines anschliessenden Zeitraums den wirtschaftlichen Wert der Sache vollständig verbrauchen wird. Wenn die Sache zugunsten des Leasinggebers nach Abschluss der Vertragsdauer keinen wirtschaftlichen Restwert mehr hat, wenn also ihre wirtschaftliche Lebenszeit verstrichen ist, soll ein security lease vorliegen. Das Abstellen auf die Zuordnung des wirtschaftlichen Restwerts ist aber nichts anderes als ein Abstellen auf die Verortung des residual title106. Der UCC führt mithin in Bezug auf das Abgrenzungsproblem weiterhin eine formale Betrachtung durch, die darauf abstellt, welcher Seite die Rechte und Pflichten des Eigentums zufallen sollen107. Im Rahmen der Verkaufskommission zeigt sich das gleiche Abgrenzungsproblem. Hier geht es um die Abgrenzung zwischen true con-

103 In dem Fall Matter of Brookside Drug Store, Inc., 3 B.R. 120, Bkrtcy.Conn., February 28, 1980, handelte es sich um 16 anzuwendende Kriterien; s. ausführlich zu den verschiedenen Methoden der Abgrenzung und zur den Entwicklungen der Gesetzgebung in diesem Zusammenhang In re QDS Components, Inc., 292 B.R. 313 (insbes. 324–325), Bkrtcy.S.D.Ohio, October 01, 2002. 104 So ausdrücklich J. Hoffman, In re QDS Components, Inc., 292 B.R. 313, 329. 105 Seit der Revision von 2001 sind die Vorschriften zur Abgrenzung von true lease und security lease in den Art. 1-203 UCC verlagert worden. 106 Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 599. S. zum Begriff title im angloamerikanischen Recht bereits oben in Teil 1 den Abschnitt B. II. 1. d. Residual title bedeutet die Rechtsstellung des Leasinggebers an der Leasingsache nach Abzug der Nutzungsrechte des Leasingnehmers – mithin das Recht, die Sache nach dem Ende der Leasingdauer herauszuverlangen und für sich zu nutzen. 107 S. dazu Ihne, Seeking a Meaning for „Meaningful Residual Value“ and the Reality of „Economic Realities“ – An Alternative Roadmap for Distinguishing True Leases from Security Interests, 62 Bus. Law. 1439 (2006-2007), auf 1441: „determining which party is the party to whom the right and responsibilities of ownership of goods should be ascribed, is precisely what is at stake”; s. dazu auch Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 599; Baird/Jackson, Possession and Ownership, 35 Stan. L. Rev. 198 (1982–1983).

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

309

signment und security consignment108. Seiner Funktion nach ermöglicht auch die nicht zu Sicherungszwecken erfolgende Verkaufskommission den Handel mit Waren, deren Erwerb sich der Kommissionär augenblicklich nicht leisten könnte. In beiden Fällen bleibt der Kommittent durch sein Recht am Verkaufsgegenstand gesichert. Auch hier sollte deshalb auf die formale Frage zurückgegriffen werden, wer letztendlich die Last und Vorteile des Eigentums tragen soll. So könne z.B. entscheidend sein, ob der Kommissionär auch dann zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet sei, wenn er es nicht geschafft habe, die Sache zu veräussern109. Seit Article 9 UCC auch das consignment seinem Anwendungsbereich unterwirft, ist diese Problematik entschärft. Die Überlegungen zum Leasing und zum Kommissionskauf haben folgendes gezeigt: Der unitäre und funktionale Ansatz des Article 9 UCC erhebt zwar den Anspruch, dass eine herkömmliche sachenrechtliche Analyse und insbesondere die Frage der Zuordnung des Eigentums zwischen den Parteien für die Rechte und Pflichten der Parteien im Anwendungsbereich des Article 9 ohne Relevanz sein soll110. Doch die vorangehende Betrachtung zum Leasing hat gezeigt, dass Article 9 UCC nach wie vor auf die herkömmliche Feststellung der Zuordnung des Eigentums angewiesen ist. (ii) Die Vorzugsbehandlung des Warenkreditgebers vor dem Geldkreditgeber Dass Article 9 UCC unabhängig von der genannten Abgrenzungsfrage dem Eigentum nach wie vor eine gewisse Rolle gibt, zeigt sich auch an der Vorzugsbehandlung des Warenkreditgebers. Im Konflikt zweier purchase money security interests, bei denen eines der Finanzierung des Kaufpreises einer Sache dient und das andere einen Geldkredit absichert, gibt Art. 9324 (g) (1) UCC ersterem die Priorität. Während die Grundordnung des Article 9 UCC auf die erste Registrierung abstellen müsste, erscheint die Norm wie eine Reminiszenz an die bevorzugte Stellung des Eigentumsvorbehaltskäufers111. Die Behandlung von purchase money security interests an consumer goods112 (Art. 9-309 (1), 9-310 (b) (2) UCC) stellt seit der dritten Reform des Article 9 nun allerdings kein Beispiel mehr für eine Vorzugsbehandlung des Warenkreditgebers dar. Nach den genannten Vor108 109

S. dazu Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 605. So der Vorschlag von Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J.

605.

110

Der stärksten Ausdruck der Bedeutungslosigkeit der Zuordnung des Eigentums für die Rechte und Pflichten der Parteien besteht in der Behandlung des Eigentumsvorbehalts als blosses security interest. 111 Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 596. 112 Art. 9-102 (a) (23) UCC.

310

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

schriften werden diese security interests automatisch zum Zeitpunkt des attachment perfektioniert. Sie müssen nicht registriert werden. Nach altem Recht wurde dieser Vorteil nur Warenkreditgebern an solchen Gütern zuteil. Geldkreditgeber mussten dagegen weiterhin registrieren113. (iii) Weitere Fälle Bridge et al. weisen des Weiteren nach, dass auch der Umstand, dass Article 9 UCC und die PPSAs für purchase money security interests an inventory mehr Voraussetzungen ansetzen als bei purchase money security interests an equipment ein Abbild der alten, auf formale Gegebenheiten abstellenden Rechtslage ist114. Ein weiteres Beispiel dafür, dass Article 9 nach wie vor auf formale Sachenrechtskonzepte abstellt, ist die Rechtslage bei einem negotiable instrument115. Das Eigentum an negotiable instruments (z.B. einem Scheck) wird mittels Besitzübertragung und gegebenenfalls zusätzlichem Indossament übertragen. Normalerweise müsste auch hier der zuerst registrierende Gläubiger Vorrang haben vor dem später durch Besitzergreifung perfektionierenden Gläubiger. Art. 9-331 (a) UCC ändert aber hier die Grundregel und gewährt den Inhabern der negotiable instruments Priorität auch vor eher bestellten security interests. Damit gewährt er dem Eigentümer die Priorität116. 5.

Lehren aus dem Code civil québécois?

Im Sinne der obigen Kriterien sind an der Regulierung der Kreditsicherheiten des Code civil québécois von 1994 insbesondere zwei Dinge positiv zu werten: Zum einen hat die Reform zu einer Vereinfachung des bestehenden Rechts – auf der Basis der herkömmlichen zivilistischen Tradition – geführt. So ist die hypothèque als einheitliches Sicherungsrecht an fremden Sachen statuiert worden. Zum anderen unternimmt der Code civil eine Konzeptualisierung und gesetzliche Regulierung der Eigentumssicherheiten, die er – wo es notwendig erscheint – an das Regulierungsvorbild der hypothèque angleicht. Damit anerkennt er auf der einen Seite eine Sonderstellung des Eigentums, unternimmt es aber auf der anderen Seite gleich-

113 Vgl. insoweit zur alten Rechtslage Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 596. 114 Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 596. 115 S. für den Begriff instrument Art. 9-102 (a) 47 UCC. Der Begriff negotiable instrument entspricht ungefähr dem Begriff der Inhaberschuldverschreibung, darunter fällt z.B. die Banknote oder der Scheck. 116 Vgl. dazu Hagedorn, Secured Transactions, p. 238.

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

311

zeitig, die mögliche Benachteiligung des Schuldners und Dritter zu verhindern. Während dieser generelle Ansatz in der Regulierung der Kreditsicherheiten teilweise als positiv gewertet wird117, wird doch seine praktische Ausführung im Rahmen der Gesetzgebung von Macdonald bemängelt118. Kritisiert wird zum einen, dass die Regelung die Eigentumssicherheiten nicht umfassend konzeptualisiere. Deshalb würden einige überhaupt nicht reguliert. Zum anderen sei die Regulierung, soweit sie stattfinde, inkohärent, indem die regulierten Eigentumssicherheiten in unterschiedlicher Konsequenz an das Regime der hypothèque angeglichen würden, ohne dass für dieses Verfahren ein Prinzip erkennbar wäre. Zum besseren Verständnis muss hier angemerkt werden, dass die Kritik von Macdonald auf einer von ihm erarbeiteten Typologie119 der Eigentumssicherheiten (title-security) beruht, die Eigentumssicherheiten funktional betrachtet. Macdonald sieht es als entscheidendes Kriterium an, dass ein Gläubiger eine Sache aus dem Schuldnervermögen herausnimmt, so dass er nicht nur gegenüber anderen Gläubigern einen Vorrang in der Verwertung der Sache hat, sondern sie deren Zugriff ganz entzieht120. Deshalb sind z.B. Finanzierungsleasing und Verkaufskommission nach seiner Typologie Eigentumssicherheiten. Die von Macdonald vorgeschlagene Typologie beruht auf einer Aufteilung der Eigentumssicherheiten in vier Verwendungssituationen121. Grundlegend unterscheidet er zwischen Eigentumssicherheiten des Verkäufers und Eigentumssicherheiten des Geldkreditgebers. Beide Gruppen werden dann noch einmal unterschieden, ob das 117 Québec wird als erstes Beispiel einer einigermassen gelungenen Modernisierung des Kreditsicherungsrechts innerhalb der zivilistischen Tradition angesehen, vgl. dazu Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 659; Macdonald, Article 9 Norm Entrepreneurship, 43 [2006] Can. Bus. L.J. 288. 118 Als Vertreter Québecs, der sich kritisch mit der Lösung der Provinz auseinandersetzt, ist dem Autor nur R. A. Macdonald bekannt, s. dazu insbesondere folgende Beiträge: Article 9 Norm Entrepreneurship, 43 [2006] Can. Bus. L.J. 240; Three Metaphors of Norm Migration in International Context, 34 Brook. J. of Int’l. L. 603 (2009); Faut-il s’assurer qu’on appelle un chat un chat? Observations sur la méthodologie législative à travers l’énumération limitative des sûretés, «la présomption d’hypothèque» et le principe de «l’essence de l’opération», in: Caparros, Ernest (dir.): Mélanges Germain Brières, Montréal 1993, p. 528–591; Transnational Secured Transactions Reform: Book IX of the Draft Common Frame of Reference in Perspective, ZEuP 2009, 745 ff. Für einen Standpunkt aus kanadischer Sicht s. Cuming, Symposium, 29 [1996] Loy. L.A. L.Rev. 971; Für eine Bewertung des Kreditsicherungsrechts des Code civil québécois aus französischer Sicht s. Riffard, Le security interest, p. 168 ss. 119 Macdonald, Transnational Secured Transactions Reform, ZEuP 2009, 745, 758. 120 Macdonald, Transnational Secured Transactions Reform, ZEuP 2009, 745, 758. 121 S. die beschriebene grafische Darstellung in Macdonald, Transnational Secured Transactions Reform, ZEuP 2009, 745, 759.

312

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

Eigentum sich bis zur Begleichung der gesicherten Forderung beim Schuldner oder beim Gläubiger befindet. Im einzelnen bemängelt Macdonald122, dass der Code civil nur spezifische Transaktionen innerhalb dieser vier Verwendungssituationen benenne, auf die bestimmte Regulierungen Anwendung finden sollten. Andere, in die gleiche Gruppe fallende Transaktionen seien unter Umständen nicht von der Regulierung erfasst. Da die regulierte Eigentumssicherheit nicht funktional definiert werde, könnten die nicht geregelten Eigentumssicherheiten nicht an die geregelten angepasst werden. Unter den Eigentumssicherheiten des Verkäufers, bei denen das Eigentum bis zur Begleichung der Schuld beim Gläubiger verbleibt, kommen nach Macdonalds Typologisierung z.B. der Eigentumsvorbehalt, das leasing (crédit-bail), die Verkaufskommission und auch der Abschluss eines Kaufvertrags unter einer aufschiebenden Bedingung in Betracht. In dieser Gruppe – so bemängelt Macdonald – werde nur der Eigentumsvorbehalt weitgehend123 (bezüglich Publizität, Priorität und Verwertung) an das Regulierungsvorbild der hypothèque angepasst. Das leasing124 werde nur hinsichtlich der Publizität an das Regime der hyothèque angepasst. Die Verkaufskommission und der Verkauf unter einer aufschiebenden Bedingung blieben dagegen ungeregelt und würden auch nicht im Sinne des funktionalen Ansatzes der Regelung des Eigentumsvorbehalts unterworfen. Die Folge sei, dass Gläubiger gleichsam „eingeladen“ würden, auf die unregulierten Rechtsgeschäfte auszuweichen und damit die Anforderungen an die regulierten zu umgehen125. Ein klares Prinzip für das unterschiedliche Vorgehen bei den genannten Rechtsgeschäften bei der Anpassung an die Regulierung der hypothèque ist tatsächlich nicht sichtbar. Der Eigentumsvorbehalt126, das Wiederkaufsrecht (vente avec faculté de rachat/sale with a right of redemption)127, Verkauf einer unbeweglichen Sache unter einer auflösenden Bedingung und die fiducie (trust)128 zu Sicherungszwecken werden hinsichtlich Publizität, Priorität und Verwertung an die hypothèque angeglichen. Für den Eigentumsvorbehalt und das Wiederkaufsrecht gilt das jedoch unter der Einschränkung, dass es sich um eine für den Betrieb eines Unternehmens er122

Macdonald, Article 9 Norm Entrepreneurship, 43 [2006] Can. Bus. L.J. 279; Macdonald, Faut-il s’assurer, p. 579. 123 Art. 1745 al. 2, 1749 CCQ. 124 Art. 1847 CCQ. 125 Macdonald, Article 9 Norm Entrepreneurship, 43 [2006] Can. Bus. L.J. 285; Macdonald, Three Metaphors, 34 Brook. J. of Int’l. L. 603 (2009). 126 Art. 1745 al. 2, 1749 CCQ. 127 Art. 1750 al. 2 und für die Verwertung eines Wiederkaufsrechts zu Sicherungszwecken Art. 1756 al. 2 CCQ. 128 Art. 1263 CCQ.

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

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worbene Sache, ein Strassenfahrzeug oder eine andere durch Verordnung festgelegte bewegliche Sache handelt. Das leasing (crédit-bail) wird dagegen nur der Publizität unterworfen129; hinsichtlich der Verwertung findet keine Anpassung an die hypothèque statt. Der Gebrauch der Eigentumssicherheiten des Geldkreditgebers in den Fällen, in denen das Eigentum bis zum Ausfall beim Schuldner verbleibt, ist dagegen verboten. Der Code civil erwähnt jedoch nur das Verbot der Verfallklausel (pacte commissoire) ausdrücklich130, nicht dagegen z.B. das Verbot des Verkaufs an den Gläubiger unter einer aufschiebenden Bedingung. Es ist unklar, weshalb sich die Autoren der Reform von 1994 nicht auch hier für eine Regulierung durch Verweisung auf die Publizitäts- und Verwertungsvoraussetzungen der hypothèque entschieden haben131. Kritisiert wird des Weiteren, dass die Einschränkungen bei der Anpassung an die hypothèque die mit der Regulierung der hypothèque verbundenen Politikziele unmöglich mache132. Z.B. erlaubt das Gesetz einer natürlichen Person grundsätzlich nur dann die hypothèque mobilière sans dépossession, wenn Vermögensgegenstände des Unternehmens dieser Person hypothekiert werden (Art. 2683 CCQ). Der Eigentumsvorbehalt, der Verkauf unter einer auflösenden Bedingung oder der Wiederkauf sind dagegen für diese Personen einschränkungslos möglich. Die genannten Personen können daher ohne Weiteres das Verbot der hypothèque umgehen, indem sie auf die genannten Eigentumssicherheiten zurückgreifen. Problematisch im Sinne des Effektivitätsgebots ist mithin, dass das Recht der Kreditsicherheiten der Provinz Québec eine einheitliche Anwendung der für den Schuldner- und Drittschutz erforderlichen Regulierungen nicht sicherstellen kann. Die exemplarisch für die hypothèque festgelegten Regulierungen werden nur uneinheitlich und mit unterschiedlicher Konsequenz auf die genannten Rechtsgeschäfte angewandt. Insgesamt – so wird resümiert – habe die Reform von 1994 eine echte Vereinfachung und Rationalisierung der Rechte und Rechtsbehelfe wohl nicht erreicht133. Als einen Behelf, um einen wesentlichen Teil der Schwächen zu beheben, schlägt Macdonald134 vor, dass innerhalb der vier Verwendungssituationen jeweils eine Eigentumssicherheit funktional definiert werden müsste. Alle anderen Eigentumssicherheiten der jeweils gleichen 129

Art. 1847 CCQ. Art. 1801 CCQ. 131 Macdonald, Faut-il s’assurer, p. 578. 132 Macdonald, Article 9 Norm Entrepreneurship, 43 [2006] Can. Bus. L.J. 286. 133 So Macdonald, The Counter-Reformation, 19 (1991) Can. Bus. L.J. 278. 134 Sog. vierfacher funktionaler Ansatz, s. Macdonald, Three Metaphors, 34 Brook. J. of Int’l. L. 619 (2009); Macdonald, Article 9 Norm Entrepreneurship, 43 [2006] Can. Bus. L.J. 286. 130

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Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

Gruppe würden dann unter deren Regime gebracht. Damit wären keine Schlupflöcher mehr gegeben. 6. Diskussion möglicher Anpassungen beim deutschen und schweizerischen Recht der Kreditsicherheiten a.

Erkenntnisse aus der vorangehenden Betrachtung

(i) In Bezug auf das Rechtssicherheitsniveau Die obige Betrachtung hat zu folgenden Erkenntnissen geführt: Der Vorteil des unitären Ansatzes besteht darin, dass er die Grundlage für ein hohes Rechtssicherheitsniveau legt. Der Grundansatz ist einfach, auch wenn die Ausgestaltung der Regeln z.B. des Article 9 UCC im Einzelnen komplex anmutet. Die Unterscheidung zwischen dem Bereich, in dem unstrittig eine Sicherheit im funktionalen Sinne vorliegt, und dem Bereich, in dem die Sicherungsfunktion zweifelhaft ist, führt jedoch zu einer differenzierteren Betrachtung. Sofern unstrittig ist, dass ein Rechtsgeschäft vorliegt, das die Funktion der Sicherheit erfüllt, führt der funktionale und unitäre Ansatz dazu, dass schuldner- und drittschützende Vorschriften grundsätzlich automatisch auf alle Arten von Sicherungsgeschäften angewendet werden. Auf Abgrenzungen zwischen verschiedenen Sicherungsinstituten kommt es deshalb nicht an; Schlupflöcher zugunsten einzelner Gläubiger werden verhindert. Grundsätzlich weiss jeder Gläubiger, egal in welcher Situation, welche Schritte er für die drittwirksame Begründung seiner Sicherheit, für die Verwertung etc. unternehmen muss. Das wirkt sich positiv auf die Effizienz des Systems aus. Ein System, das Eigentumssicherheiten separat regelt, muss dagegen, um ein hohes Rechtssicherheitsniveau zu erreichen, die Anwendung der massgeblichen schuldnerschützenden Vorschriften für den Einzelfall sicherstellen. Dazu müssen in einem ersten Schritt alle Rechtsgeschäfte, die auf das Eigentum zurückgreifen und einen Sicherungszweck erfüllen, konzeptualisiert werden. In einem zweiten Schritt ist die einheitliche Anwendung der massgeblichen Regulierung durchzuführen. Im Zusammenhang mit Rechtsgeschäften, die eine eindeutige Charakterisierung als Sicherheit nicht erlauben, wird aber deutlich, dass es auch beim funktionalen und unitären Ansatz keine vollständige Rechtssicherheit geben kann. Aussagekräftig ist dabei das Beispiel der Publizität: Article 9 UCC und die PPSAs gewährleisten zwar eine weitgehende und über die blossen Kreditsicherheiten hinausgreifende Regulierung der Publizität. Solange aber das Problem der ostensible ownership (für Dritte nicht erkennbare Trennung von Eigentum und Besitz) nicht als solches angegangen wird, muss auch dieses System immer lückenhaft bleiben.

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

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(ii) In Bezug auf die Komplexität der Anwendung Im Zusammenhang mit dem gerade Gesagten ist des Weiteren festzustellen, dass die Beschränkung auf die alleinige Kategorie einer „Sicherheit“ (security interest/right) komplizierte Abgrenzungen im Rahmen der traditionellen Sachenrechtsordnung nicht überflüssig macht. Article 9 UCC muss deshalb weiterhin auf die Zuordnung des Eigentums zwischen den Parteien abstellen. Die Anwendung der funktionalen Sichtweise auf einer Ebene, die so abstrakt ist, dass nur noch zwischen Sicherheit und NichtSicherheit unterschieden werden kann, stellt sich vielmehr als sehr schwierig dar. Hier zeigt sich, dass es zwischen dem unitären und funktionalen Ansatz und dem pluralen Ansatz lediglich eine Verschiebung in der Abgrenzungsproblematik gibt: Beim pluralen System befindet sich der massgebliche Abgrenzungsvorgang auf einer unteren Ebene. Sofern Rechtsfolgen unterschiedlich sind, muss zwischen verschiedenen Sicherungsinstituten bzw. zwischen Sicherungsinstituten und anderen Rechten an einer Sache abgegrenzt werden. Der unitäre und funktionale Ansatz muss dagegen auf der abstraktesten Kategorieebene abgrenzen: Liegt eine Sicherheit vor oder nicht? Diese Abgrenzung spielt für das plurale System keine Rolle, denn einen einheitlichen Begriff der „Kreditsicherheit“ mit bestimmten Rechtsfolgen gibt es nicht135. Das hat zur Konsequenz, dass in einem pluralen System der Gesetzgeber die Einordnungsentscheidung zu treffen hat, auf welche Rechtsgeschäfte die für Sicherheiten massgeblichen schuldner- und drittschützenden Vorschriften angewendet werden sollen. Bei Article 9 UCC hat der Gesetzgeber dagegen entschieden, wie eine „Sicherheit“ reguliert werden soll. Die Frage, was eine „Sicherheit“ ist, hat er den Gerichten überlassen136. Der vorgehende Abschnitt hat schliesslich des Weiteren gezeigt, dass Article 9 UCC auch innerhalb seines unbestrittenen Anwendungsbereichs nach wie vor auf die Zuordnung des Eigentums abstellt. b.

Vorschlag: Unitärer oder pluraler Ansatz?

Die vorangehende Betrachtung hat gezeigt, dass ein plurales System der Kreditsicherheiten, wie in Deutschland oder der Schweiz, nicht notwendigerweise weniger effektiv und weniger effizient sein muss als ein unitäres 135

Diese Aussage bezieht sich speziell auf die Rechtslage in Deutschland und in der Schweiz. Wie gezeigt worden ist, ist der Begriff der Kreditsicherheit z.B. in Frankreich einer konsequenteren theoretischen Betrachtung unterzogen worden (s. den Begriff der sûreté). 136 Vgl. Gilmore, Security Interests, p. 335; Macdonald, Article 9 Norm Entrepreneurship, 43 [2006] Can. Bus. L.J. 277.

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Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

System, sofern die erforderlichen schuldner- und drittschützenden Normen konsequent angewandt werden. Welche Gründe sprechen aber positiv dafür, dass sich eine Reform in Deutschland oder der Schweiz weiterhin am pluralen Ansatz ausrichten sollte? (i) Argumente für den pluralen Ansatz Die Rechtspraxis in beiden Ländern denkt und funktioniert seit jeher in den traditionellen Kategorien des Sachenrechts137. Eine entscheidende Rolle, insbesondere für die Frage der Rangordnung von Rechten, spielt die Zuordnung des Eigentums. Der unitäre und funktionale Ansatz verwischt dagegen die Unterschiede von Schuld- und Sachenrecht. Eine Übernahme des unitären Modells, das fraglos Vorteile hat, erscheint vor diesem Hintergrund unverhältnismässig. Rechtssicherheit lässt sich für alle Beteiligten auch in einem pluralen System erreichen. Der unitäre und funktionale Ansatz ist in diesem Sinne nicht mehr als ein möglicher rechtstechnischer Ansatz, um das Reformziel grösserer Effektivität und Effizienz des Systems der Kreditsicherheiten durchzusetzen. Er ist eine mögliche „Architektur“ für eine Reform, aber nicht mehr138. Article 9 UCC zeigt, dass man die Kategorien, in denen zivilistische Traditionen seit Jahrhunderten denken, zwar verdrängen, aber nicht völlig ausschalten kann139. Zu einer Verdrängung kommt es bei Article 9 UCC im Übrigen nur innerhalb seines unbestrittenen Anwendungsbereichs; es kann also sein, dass eine Eigentumssicherheit, die innerhalb seines Anwendungsbereichs wie ein Recht an fremder Sache behandelt wird, im Anwendungsbereich einer anderen Regelungsmaterie, z.B. des Steuerrechts, weiterhin als Eigentum behandelt wird. „Aufspaltungen“ in unterschiedliche Bewertungen sind mithin nicht ausgeschlossen. Für zivilistische Rechtsordnungen wie Deutschland und die Schweiz wäre aber der „Aufspaltungseffekt“ viel schwerwiegender. Während der gesamte Uniform Commercial Code seine Regelungen unabhängig von sachenrechtlichen Grundkonzeptionen – wie die Zuordnung des Eigentums – aufbaut, hätte die Einführung des unitären und funktionalen Ansatzes in zivilistischen Rechts137 Zur Bedeutung der überlieferten Rechtskultur für die „Architektur“ der Reform s. Macdonald, Article 9 Norm Entrepreneurship, 43 [2006] Can. Bus. L.J. 290; ders., Three Metaphors, 34 Brook. J. of Int’l. L. 603 (2009). 138 S. Macdonald, Article 9 Norm Entrepreneurship, 43 [2006] Can. Bus. L.J. 290: “(…) in conceiving the architecture of the reform, legislatures must avoid sacrificing the policy goals to be achieved to a particular set of legal techniques deployed elsewhere to achieve these goals.” 139 Der unitäre und funktionale Ansatz verwirft Kategorien, die hilfreich dabei sein können, Rechtsgeschäfte und ihre jeweiligen Konsequenzen zu verstehen und zu unterscheiden, so Davies, [2004] 24 LS 304; s.a. Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 578.

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

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ordnungen zur Folge, dass unterschiedliche rechtliche Wertungen innerhalb des Zivilrechts entstünden. Die Einführung eines unitären Ansatzes würde mithin weitgreifende Anpassungen erforderlich machen. Das gilt insbesondere für das Insolvenzrecht. Lediglich beschränkte dingliche Rechte erhalten hier in den meisten Rechtsordnungen der zivilistischen Tradition nicht den gleichen Status wie Eigentumssicherheiten140. Der besondere Status des Eigentumsvorbehaltsverkäufers ist aber in bestimmten Ländern wirtschaftspolitisch beabsichtigt. Ausserdem greift der unitäre und funktionale Ansatz auch in die Freiheit der Parteien ein, bestimmte Rechtsfolgen an von ihnen gewählte Rechtsgeschäfte zu knüpfen. Die Charakterisierung als security interest führt zur umfassenden Unterwerfung unter die Regeln des Article 9 UCC. Das führt ein erhöhtes Risiko mit sich, dass die von den Parteien gewünschten Ziele missachtet werden. Ein plurales System, das Eigentumssicherheiten punktuell in der Rechtsfolge an die Regeln anderer Kreditsicherungsrechte (insbesondere des Pfandrechts) anpasst, würde dagegen mehr Raum für die Berücksichtigung des Willens der Parteien lassen. Schliesslich ist auch zu berücksichtigen, dass ein Staat entscheiden kann, gewissen Gläubigern, die Inhaber einer Eigentumssicherheit sind, besonders Eigentumsvorbehaltsverkäufern, eine Vorrangstellung vor anderen Gläubigern einzuräumen oder auch, eine solche Vorrangstellung bestimmten Gläubigern gerade nicht zu gewähren141. Massgeblich hierfür sind jedoch politische und wirtschaftliche und nicht rechtliche Erwägungen142.

140 S. dazu die Unterscheidung zwischen Aussonderungs- und Absonderungsrecht, vgl. a. Art. IX.-1:104 und von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR-Kommentar, 5401. 141 So haben Geldkreditgeber in Deutschland oder der Schweiz keine Möglichkeit des Vorrangs an der mit dem Kredit gekauften Sache, die mit der Stellung des Eigentumsvorbehaltsverkäufers der Sache vergeichbar wäre; vgl. dazu auch das Fallbeispiel 1 zum Warenkredit in Teil 2 („Die Sicherung des Erwerbskreditgebers“). 142 Bedeutsam ist hier, was in einer Wirtschaft die primäre Kreditquelle ist. Sofern z.B. der Lieferantenkredit eine bedeutende Rolle spielt, kann es im Interesse des Gesetzgebers sein, solche Kreditgeber vor anderen Kreditgebern bevorzugt zu behandeln. Wenn dagegen – wie in Nordamerika – besonders Banken als Kreditgeber auftreten, dann würde es weniger Gründe geben, Lieferanten bevorzugt zu behandeln. Dass Article 9 UCC dem Eigentumsvorbehalt keine Sonderstellung einräumt, kann auch damit erklärt werden, dass in den Vereinigten Staaten Banken in starkem Masse in Verkaufsprozesse eingebunden sind. So greifen z.B. Autohersteller bei der Finanzierung eines Erwerbs häufig auf eigene Banken zurück. Bei Alltagsgeschäften werden in viel stärkerem Masse als in Europa Kreditkarten genutzt.

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Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

(ii) Ergebnis Deutschland und die Schweiz sollten mithin bei einer Reform ihrer Mobiliarkreditsicherheiten weiterhin am pluralen Modell festhalten und in der Konsequenz die separate Regulierung von Eigentumssicherheiten ermöglichen. Allerdings lassen sich aus der vorangehenden Betrachtung folgende Gebote für die Reform folgern: Das System ist möglichst einfach und übersichtlich zu gestalten. Die zugelassenen Eigentumssicherheiten sind in konsequenter Weise den erforderlichen schuldner- und drittschützenden Vorschriften zu unterwerfen. Dabei sind die Fehler zu vermeiden, die den Verfassern des Code civil québécois unterlaufen sind: Der Code civil lässt einige Eigentumssicherheiten unreguliert und gibt damit nach wie vor die Möglichkeit von Schlupflöchern. Des Weiteren werden die regulierten Eigentumssicherheiten in unterschiedlicher Konsequenz reguliert, ohne dass dafür ein Prinzip erkennbar wäre. c.

Weiterführende Überlegungen

Wie breit sollte das plurale System jedoch ausgestaltet sein? Wie viele unterschiedliche Eigentumssicherheiten sollten zugelassen werden? Jüngere Reformen haben unterschiedliche Möglichkeiten aufgezeigt. Der Code civil québécois lässt neben der einheitlichen hypothèque mehrere Kategorien von Eigentumssicherheiten zu und verwendet mithin einen multiplen funktionalen Ansatz. Das Recht der Kreditsicherheiten der Ukraine143 verfolgt einen dualen funktionalen Ansatz: Es fasst sowohl alle beschränkten dinglichen Sicherungsrechte funktional einheitlich zusammen, als auch – getrennt davon – alle Eigentumssicherheiten. Es würde zu weit gehen, hier Detailvorschläge zu machen. Fest steht jedoch, dass eine Reform so strukturiert sein muss, dass für eine konsequente Durchsetzung schuldner- und drittschützender Vorschriften gesorgt wird und das System – s. obige Effizienzerwägungen – insgesamt einfach gestaltet wird. Im Sinne der übersichtlichen Gestaltung des Systems bietet sich möglicherweise eine Beschränkung der Zahl der zulässigen Eigentumssicherheiten an. Für das deutsche Recht könnte zu diskutieren sein, ob – unter der Prämisse eines reformierten Registerpfandrechts, das die besitzlose Bestellung ermöglicht – weiterhin eine Berechtigung für das Sicherungseigentum besteht oder nicht. Teil 2 der Arbeit konnte eine eigenständige Daseinsberechtigung nicht erhärten. Eine Möglichkeit wäre, das Sicherungseigentum – zusammen mit dem Wiederkauf – in ein (reformiertes) besitzloses Pfand-

143 S. dazu Macdonald, Article 9 Norm Entrepreneurship, 43 [2006] Can. Bus. L.J. 248, 283; Macdonald, Three Metaphors, 34 Brook. J. of Int’l. L. 629, 651 (2009).

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

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recht umzucharakterisieren144. In der Schweiz ist diese Frage aufgrund der konsequenten Regulierung der Eigentumssicherheiten weniger virulent. Hier besteht das Hauptproblem darin, praktisch brauchbare Mobiliarsicherheiten anzubieten. Die Reform oder Neueinführung eines beschränkten dinglichen Sicherungsrechts, das besitzlos bestellt und unkompliziert verwertet werden kann, dürfte aber auch hier dieselbe Frage aufwerfen. Jedenfalls muss entschieden werden, welche Regulierungen einheitlich auf die zulässigen Eigentumssicherheiten angewendet werden sollen. Dabei wird es v.a. um die Einführung eines modernen Publizitätsmittels gehen und um die Anwendung von Verwertungsregeln, welche die Rechte des Schuldners und Dritter schützen. 7.

Zusammenfassung

Für die Rechtsreform sollte weiterhin am pluralen Ansatz der Regulierung festgehalten werden. Um allerdings ein Effektivitäts- und Effizienzniveau zu erreichen, das dem des unitären Ansatzes vergleichbar ist, müssen Anpassungen auf der Ebene der einzelnen Kreditsicherheiten, insbesondere der Eigentumssicherheiten, vorgenommen werden. II. Entscheidung über die Regelung der Priorität/des Rangs zwischen verschiedenen Gläubigern hinsichtlich des gleichen Gegenstands Im Folgenden soll untersucht werden, welche Grundsätze jeweils die Regulierung der Priorität zwischen Gläubigern in beiden Systemen ordnen und wie sich diese Grundsätze in Bezug auf die Gebote der Effektivität und der Effizienz des Kreditsicherungsrechts und in Bezug auf die ökonomischen Funktionen von Sicherheiten verhalten. „Regulierung der Priorität“ wird verstanden als ein Verfahren, das den Wettstreit von Gläubigern, die Rechte an der gleichen Sache des Schuldners geltend machen, durch Festlegung einer Reihenfolge der Befriedigung der Gläubiger entscheidet. Dass die Situationen, in denen es zu Kollisionen der dinglichen Ansprüche von Gläubigern kommt, vielfältig sein können, soll durch die folgende Aufzählung verdeutlicht werden: Zwei gesicherte Gläubiger (mit möglicherweise unterschiedlichen Sicherungsrechten) treffen aufeinander; ein gesicherter Gläubiger und ein späterer Erwerber des Sicherungsgegenstands; ein gesicherter Gläubiger und der Verkäufer (bzw. anderweitige vorherige Eigentümer) des Sicherungsgegenstands. Das Zusammentreffen von gesichertem und ungesichertem Gläubiger ist zwar auch eine Frage der Priorität, gehört aber genau genommen nicht hierher, da letzterer kein Recht an einer bestimmten Sache geltend machen kann. 144 Mit einer solchen Lösung würde man dem Vorbild des Draft Common Frame of Reference folgen, vgl. Art. IX.-1:102 (3) DCFR.

320

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

Der folgende Abschnitt will sich nicht mit den Einzelheiten der Regulierung der Priorität auseinandersetzen, sondern beschränkt sich darauf, die jeweiligen Grundansätze herauszuarbeiten und zu vergleichen. 1. Das Grundprinzip der Priorität nach Article 9 UCC und den kanadischen PPSAs Article 9 UCC und die kanadischen PPSAs verfolgen einen umfassenden Ansatz bei der Regulierung von Prioritätskonflikten. Der Ansatz kann aus zwei Gründen als „umfassend“ charakterisiert werden. Zum einen werden alle Rechtsgeschäfte, die ein Sicherungsrecht an beweglichen Sachen begründen, einer einheitlichen Regelung unterworfen. Zum anderen erweitern sowohl die US-amerikanische Regelung als auch die kanadischen Regelungen ihren Anwendungsbereich auf bestimmte Rechtsgeschäfte, die zwar nicht unbedingt mit der Absicht der Kreditsicherung eingegangen worden sind, die aber dem Anwendungsbereich unterworfen werden, da sie ein ostensible ownership-Problem begründen oder da ihr Charakter als Sicherheit schwer festzustellen ist. Hierunter fallen z.B. sale of accounts, chattel paper, payment intangibles und promissory notes und consignments sowie im Fall der PPSAs auch Leasinggeschäfte, welche die Dauer von einem Jahr überschreiten145. Article 9 UCC und die PPSAs regeln darüber hinaus nicht nur Konflikte zwischen gesicherten oder ihnen gleichgestellten Gläubigern, sondern auch Konflikte mit anderen Gläubigern wie den Erwerbern des Sicherungsgegenstands oder einem Gläubiger, der Rechte aufgrund von Veränderungen am Sicherungsgegenstand erwirbt146. Es ist darauf hingewiesen worden, dass die Beseitigung der ostensible ownership-Problematik für die Autoren von Article 9 UCC und den PPSAs höchste Bedeutung hatte. Um sein security interest zu perfektionieren, muss ein Gläubiger es publizieren. Im Normalfall geschieht das durch Registrierung (notice filing). Perfektionierte Gläubiger „gewinnen“ immer im Verhältnis zu nicht perfektionierten Gläubigern. Mit anderen Worten kann ein Gläubiger, der ein ostensible ownership-Problem begründet und somit andere Gläubiger einem Risiko aussetzt, sein Recht solange nicht anderen entgegenhalten, bis er einen Schritt unternommen hat, das Problem zu beseitigen. Erst durch die Registrierung seines Rechts kann er das Risiko, dass die Existenz eines Rechts unbekannt ist, von sich auf nachfolgende Gläubiger verlagern. Die Folge ist, dass die Registrierung die Zuordnung 145

S. dazu Art. 9-109 (a) UCC, PPSA-SA sec.3 (2), PPSA-NB s. 3 (2), PPSA-NS s. 4 (2) and PPSA-ON s. 2 (4). 146 S. am Bsp. von Article 9 UCC: Für den Konflikt von secured creditor und Erwerber der Sache Art. 9-315 und 9-320 UCC; für fixtures, accessions und commingled goods s. Art. 9-334 bis 9-336 UCC; für den Konflikt zwischen secured creditor und lien creditor (z.B. der trustee in bankruptcy) Art. 9-317 UCC.

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

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des Eigentums als das Grundprinzip bei der Regelung von Prioritätskonflikten abgelöst hat147. Anders ausgedrückt spielt es keine Rolle mehr, ob der Kreditnehmer Rechte an einer Sache hat, die er auf den Kreditgeber übertragen kann. Wenn der potentielle Gläubiger keinen Registereintrag findet, kann er sich darauf verlassen, dass kein verborgenes Recht besteht und sein security interest den bestmöglichen Prioritätsstatus geniesst. Dass die nemo dat-Analyse148 durch Article 9 UCC und die PPSAs überflüssig gemacht wird, wird allerdings von einem Teil der Lehre bestritten. Darauf soll später genauer eingegangen werden. Praktisch bedeutet das „Registrierungskriterium“ Folgendes: Der Konflikt zwischen zwei secured creditors wird immer zugunsten dessen entschieden, der zuerst registriert hat. Im Fall des Eigentumsvorbehaltsverkäufers gilt nichts anderes. Gegenüber dem späteren secured creditor „gewinnt“ er nur, wenn er sein Recht registriert hat. Falls er nicht registriert hat, gewinnt der secured creditor, unter der Bedingung, dass er seinerseits registriert hat. 2. Regulierung der Priorität im aktuellen deutschen und schweizerischen Recht Deutschland und die Schweiz kennen keinen einheitlichen Begriff der „Kreditsicherheit“. Statt dessen gibt es eine Mehrzahl von Instituten, die für die Besicherung von Krediten verwendet werden und die unabhängig voneinander geregelt werden. Die Konsequenz ist, dass es einen umfassenden Ansatz der Regulierung von Priorität nicht gibt. Anstatt auf eine für alle Arten von Kreditsicherheiten geltende Grundregel zurückzugreifen, muss die Priorität für jeden besonderen Fall der Kollision im Einzelnen bestimmt werden. In diesem Zusammenhang ist auffallend, dass der Begriff der „Priorität“ im juristisch-technischen Sprachgebrauch keine Rolle 147 Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 602–603; als Vertreter einer weitestmöglichen Durchsetzung dieses Prinzips s. Baird/Jackson, Possession and Ownership, 35 Stan. L. Rev. 175 (1982–1983). 148 Nemo potest dare quod non habet. Diese Analyse wird im englischen Sprachgebrauch auch als (derivative) title analysis bezeichnet. Sie sagt aus, dass jemand nur solche Rechte übertragen kann, die er selbst erhalten hat. Ob die Registrierung als Grundkonzept auch die title analysis obsolet macht, ist umstritten. Schauplatz der Auseinandersetzung ist die Voraussetzung des attachment, wonach ein security interest nur dann der Sache anhaftet, wenn der Schuldner überhaupt Rechte an der Sache hat (rights in collateral), vgl. Art. 9-203 (b) (2) UCC. Wenn ein Sicherungsschuldner im Besitz einer Sache ist, an der er keine Rechte hat, könnte er kein security interest bestellen. Um zu verhindern, dass dadurch auch der nicht registrierte Eigentümer sein Recht – trotz fehlender Registrierung – gegenüber dem später registrierenden secured creditor durchsetzt, wird teilweise vertreten, dass für rights in collateral das blosse Besitzrecht des Schuldners ausreichen soll. S. dazu Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 602.

322

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

spielt. Verwendet wird dagegen der Begriff des „Rangs“ oder der „Rangordnung“, der allerdings auf den Konflikt zweier durch Pfandrechte gesicherter Gläubiger beschränkt ist. Das Gesetz ordnet diesen Konflikt nach der Zeit der Bestellung des Pfandrechts149. Andere Prioritätskonflikte werden dagegen im Gesetz150 nicht geregelt. Dieser Zustand hat zur Folge, dass die Zuordnung des Eigentums das massgebliche Kriterium für die Regelung von Prioritätskonflikten wird. Grund dafür ist die sachenrechtliche Ordnung in beiden Ländern. Mobiliarkreditsicherheiten sind Sachenrechte, deren Bestellung den Regeln über die Verfügung über Sachenrechte folgt. Bedingung für die Verfügung über Sachenrechte ist, dass der Verfügende (in diesem Fall der Schuldner, der eine Kreditsicherheit bestellt) die dazu erforderliche Berechtigung hat. Hauptfall der Berechtigung ist die Eigentümerstellung. Wer Eigentümer ist, kann seine Sache belasten151 oder das Eigentum an ihr übertragen. Deshalb kann der Kreditnehmer grundsätzlich nur dann, wenn er Eigentümer ist, wirksam den Sicherungsgegenstand sicherungsübereignen oder ein Pfandrecht daran bestellen152. Allgemein ausgedrückt ist entscheidend, ob der Kreditnehmer Rechte an der Sache hat, die er auf den Kreditgeber übertragen kann. Je mehr in einer Rechtsordnung Eigentumssicherheiten verwendet werden, desto tiefgreifender wirkt sich dieses Grundprinzip für die Prioritätsfeststellung aus. Da Deutschland und die Schweiz anders als die Rechtsordnungen des unitären und funktionalen Ansatzes Eigentumssicherheiten nicht in ein beschränktes dingliches Sicherungsrecht umcharakterisieren, erfreuen sich diese immer unbeschränkter Priorität, falls der Gesetzgeber nicht regulierend eingreift153. Es ist aber bereits darauf hingewiesen worden, dass Eigentumssicherheiten an beweglichen Sachen in Deutschland aufgrund der liberalen Regulierung bei weitem gebräuchlicher sind als in der Schweiz. Wenn daher der Eigentumsvorbehaltskäufer vor vollständiger Zahlung des Kaufpreises die gekaufte Sache verpfändet, dann gewinnt grundsätzlich der Vorbehaltsverkäufer in einem späteren Konflikt mit dem neuen 149

S. für die Regelung des „Rangs“ von Pfandgläubigern § 1209 BGB für das deutsche Recht und Art. 893 Abs. 2 ZGB für das schweizerische Recht. 150 Der Begriff „Gesetz“ bezieht sich hier auf das materielle Kreditsicherungsrecht. 151 Der Hauptfall der Belastung ist das Pfandrecht. Allerdings kann nicht nur der Eigentümer ein Pfand an seiner Sache bestellen. Erforderlich ist, dass der Verpfändende Inhaber eines dinglichen Rechts ist, das ihm das Recht zum Besitz einer Sache gewährt. Mithin kann auch der Niessbraucher ein Pfandrecht am Niessbrauch bestellen. 152 Zu diesem Grundsatz gibt es allerdings Ausnahmen. So kann jemand, der nicht Eigentümer ist, vom Eigentümer zur Verfügung berechtigt sein oder das Verfügungsrecht nachträglich erwerben. Zugunsten des Verkehrsschutzes stellen die Regelungen über den gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten wichtige Ausnahmen dar. 153 S. dazu als Bsp. für das deutsche Recht § 51 Nr. 1 InsO.

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

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Sicherungsnehmer, der auch Rechte an der Sache geltend macht, da dem Käufer die Berechtigung zur Verfügung über die Kaufsache fehlte. Der gleiche Grund führt auch zur Priorität des Verkäufers gegenüber einem späteren Geldkreditgeber, der sich das Eigentum an der Kaufsache sicherungsweise übertragen lassen wollte. 3.

Bewertung beider Systeme

a.

Argumente aus der Sicht des Effektivitätsgebots

Der Vorteil des Ansatzes von Article 9 UCC und den PPSAs ist, dass ein Gläubiger sich grundsätzlich keine Gedanken machen muss über mögliche verborgene Rechte anderer Gläubiger, sofern er im Register keinen Eintrag findet. Das verbessert seine Risikoeinschätzung, was sich dann im Kreditpreis niederschlägt. Die Rechtsordnungen, die den unitären und funktionalen Ansatz ablehnen, müssen dagegen im Einzelfall klarstellen, dass ein Publizitätserfordernis besteht. Wie am deutschen Beispiel gezeigt worden ist, ist das häufig nicht der Fall. Wo das Publizitätsproblem nicht umfassend in Angriff genommen wird, besteht generell die Gefahr, dass Gläubiger Schlupflöcher nutzen können, um einem nur teilweise bestehenden Publizitätserfordernis auszuweichen. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass verborgene Rechte Dritter existieren, was sich negativ auf die Effektivität der Kreditsicherheit niederschlägt. Die deutsche und auch die schweizerische Lösung geben dagegen dem Eigentumsvorbehalt eine besonders grosse Effektivität. Dadurch, dass der unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Gegenstand nicht in das Schuldnervermögen fällt, hat der Verkäufer auch vor einem Gläubiger Vorrang, der schon vorher ein Sicherungsrecht an gegenwärtigen und zukünftigen Vermögensgegenständen des Schuldners erhalten hatte. Auf das Interesse an einer guten Prioritätsposition des Vorbehaltsverkäufers ist bereits hingewiesen worden. Article 9 UCC und die PPSAs haben dafür das Mittel des purchase money security interest (pmsi). Dieses gibt aber jedem Erwerbsfinanzierer eine vorrangige Sicherheit und nicht nur dem Verkäufer. Beim pmsi fallen neben den Kosten für die Registrierung noch besondere Kosten an, denn bei den wichtigsten Sicherungsgegenständen – bei Umlaufvermögen (inventory) – müssen die bereits eingetragenen Gläubiger über das pmsi und die betroffenen Vermögensgegenstände informiert werden, damit der Vorrang wirksam wird154.

154

Art. 9-324 (b) UCC, sec.33 (2) PPSA-ON.

324 b.

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

Argumente aus der Sicht der Kosten-Nutzen-Effizienz

Hier wird davon ausgegangen, dass ein System umso kostenaufwendiger ist, je mehr ein Gläubiger in den Büchern seines Schuldners oder in anderen Quellen über mögliche prioritäre Rechte an den Sachen des Schuldners Nachforschungen anstellen muss. Die nordamerikanischen Rechte sind hier grundsätzlich vorteilhaft: Der Gläubiger kann sich mit einem Blick in das Register begnügen. Im deutschen Recht dagegen muss er sich mit den Verträgen seines Schuldners auseinandersetzen155. Wenn sich der Gläubiger in den Vereinigten Staaten oder in Kanada auch auf den fehlenden Eintrag verlassen kann, so fallen doch, sofern er einen Eintrag vorfindet, weitere Kosten an. Das notice filing verfolgt nämlich lediglich das Ziel, einen potentiellen Gläubiger vor der Möglichkeit anderer Rechte zu warnen. Ein potentieller Gläubiger wird bei seinem Blick in das Register nur eine beschränkte Anzahl an Daten finden. Z.B. muss die Höhe der gesicherten Forderung nicht vermerkt werden, u.U. muss der Name des Gläubigers nicht auftauchen, da er sich durch einen representative vertreten lassen kann. Auch eine spezifische Beschreibung der Sicherungsgegenstände ist nicht erforderlich156. Der Gläubiger wird mithin angehalten, weitere Nachforschungen durchzuführen. In Bezug auf Article 9 UCC und die PPSAs stellt sich schliesslich die Frage, ob es einen Punkt gibt, bei dem der Kostennachteil den Nutzenvorteil der Registrierung übersteigt. Da Article 9 und die PPSAs den Anwendungsbereich des Publizitätserfordernisses auch auf einige Rechtsgeschäfte erstrecken, die keine Sicherheit begründen sollen, können Gläubiger angehalten sein, sich im Einzelfall danach zu erkundigen, ob eine Registrierung ihres Rechts – das sie nicht als Sicherungsrecht ansehen – erforderlich ist. Das gilt insbesondere, wenn die Vereinbarung ein ostensible ownership-Problem begründet, z.B. in den Fällen des Leasing oder des Kommissionskaufs157.

155 Das schweizerische Recht ist hier in Bezug auf bewegliche Sachen wegen des hinsichtlich Eigentumsvorbehalts und Sicherungseigentums strikt durchgesetzten Publizitätsgebots weniger problematisch. Allerdings bleiben Nachforschungen erforderlich z.B. in den Fällen der Sicherungszession von Forderungen oder auch beim Finanzierungsleasing, die dagegen von Article 9 UCC und den PPSAs (zumindest grundsätzlich) dem Publizitätserfordernis unterworfen werden. 156 S. zum Konzept des notice filing schon Teil 1 E. III. 2. und Art. 9-502-504 und Art. 9-108 UCC; Kieninger, Die Zukunft, 208 AcP 183 (213); Sigman, The Security Interest, p. 68–69; Mooney, The Mystery and Myth, 39 Ala. L. Rev. 749. 157 Mooney, The Mystery and Myth, 39 Ala. L. Rev. 749–750, weist des Weiteren hin auf die Bedeutung des Nachforschungsaufwands für die Kosten-Nutzen-Ratio. Ein potentieller Gläubiger könne leichter feststellen, dass ein Vermögensgegenstand vom Schuldner geleast worden ist, als dass ein security interest an einer Sache des Schuldners be-

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

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Das auf die Zuordnung des Eigentums abstellende System erscheint kostenaufwendiger auch unter dem Gesichtspunkt der Bindung von Ressourcen für Rechtsstreitigkeiten. Bei der Frage, ob der Schuldner zur Bestellung oder Übertragung eines Sicherungsrechts berechtigt war, ist die Parteibeziehung zu seinen anderen Gläubigern inhaltlich zu prüfen, was aufwändig sein kann. Dabei wird z.B. die Frage im Raum stehen, ob der Vertrag mit seinem Zulieferer zum Eigentumsübergang führen sollte oder nicht. Nach Article 9 UCC und den PPSAs ist es dagegen a priori ausreichend zu überprüfen, ob und zu welchem Zeitpunkt registriert wurde158. c. Argumente aus der ökonomischen Betrachtung der Kreditsicherungsrechte (i) Klassische ökonomische Sichtweise Am Article 9 UCC/PPSA-Ansatz ist positiv zu bewerten, dass er potentiellen Gläubigern ein einfaches Mittel in die Hand gibt, um die Risikoaussicht klar festzustellen und er damit zur Reduzierung des Kreditpreises beiträgt. Bei dem Ansatz, der auf die Zuordnung des Eigentums abstellt, ist die Risikoaussicht dagegen höher, was sich nachteilig auf den Kreditpreis niederschlägt. (ii) Ansätze aus der Neuen Institutionenökonomik Hier soll ein Blick auf die Transaktionskostenanalyse geworfen werden. Aufgrund seines einfachen Prinzips würde der Article 9 UCC/PPSAAnsatz geringere Informationskosten verursachen als der deutsche bzw. der schweizerische Ansatz. Um Sicherheit über die Stellung seines Rechts zu bekommen, muss ein Gläubiger eben grundsätzlich nicht mehr tun, als in das Register schauen. Wenn im Register nichts steht, kann er grundsätzlich sicher sein, dass kein anderer gesicherter Gläubiger Vorrang haben wird159. Hier muss aber einschränkend berücksichtigt werden, dass die Registerführung und die Konsultation des Registers selbst Kosten verursacht. Vor diesem Hintergrund erscheint es zu aufwändig, das Publizitätserfordernis generell auf jede ostensible ownership-Problematik160 auszudehnen. Aus der Sicht von Article 9 UCC/den PPSAs muss daher geklärt werden, stellt wurde. Deshalb hätte das Registrierungserfordernis bei Leasinggeschäften einen geringeren Nutzen. 158 Allerdings schliesst das nicht aus, dass u.U. aufwändig überprüft werden muss, ob die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit von Article 9 UCC oder den PPSAs gegeben sind. 159 Natürlich unter der Voraussetzung, dass er selbst die zur Perfektionierung seines security interest erforderlichen Schritte ausführt. 160 Trennung von Eigentum und Besitz, die für Dritte nicht erkennbar ist.

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Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

ab wann die Kosten der Registrierung die dadurch eingesparten Vorteile übersteigen161. Ein generelles Registrierungserfordernis kann zu weit gehen, z.B. bei Geschäften von geringem Wert, wenn die Wahrscheinlichkeit der Täuschung gering ist, weil der potentielle Gläubiger andere Möglichkeiten hat, um schnell und verlässlich an die notwendigen Informationen zu kommen oder in dem Fall, dass das ostensible ownership-Problem nur kurzzeitig besteht162. (iii) Ergebnis Der Ansatz von Article 9 UCC/den PPSAs kann Effektivität und Effizienz besser gewährleisten als der deutsche oder schweizerische Ansatz. Es ist aber auch festgestellt worden, dass eine zu strikte Anwendung des Publizitätserfordernisses das gesamte System selbst zu kostenträchtig machen kann. 4. Inkohärenz des amerikanischen Rechts im Bereich der Regelung der Priorität Bisher sind das US-amerikanische und das PPSA-Recht vereinfacht dargestellt worden, um die grundsätzliche Unterschiedlichkeit der Ansätze in der Regulierung von Prioritätskonflikten herauszustellen. Die nachfolgende genauere Betrachtung zeigt jedoch die Grenzen des unitären und funktionalen Ansatzes auf. Sie zeigt, dass beide Rechte in bestimmten Fällen nach wie vor auf die nemo dat-Analyse und besonders auf die Zuordnung des Eigentums als Kriterium für die Regelung von Prioritätskonflikten abstellen müssen. a. Ostensible ownership-Fälle ausserhalb des Anwendungsbereichs von Article 9 UCC Der oben vorgestellte Regulierungsansatz findet seine Grenze im Anwendungsbereich von Article 9 UCC/den PPSAs. Obwohl beide für einen weiten Anwendungsbereich sorgen163, gibt es doch Rechtsgeschäfte, die nicht erfasst werden. Für diese Rechtsgeschäfte muss weiter auf die Zuordnung des Eigentums zwischen den Parteien abgestellt werden. Das Hauptbeispiel 161

S. zu dieser Frage Baird/Jackson, Information, Uncertainty and the Transfer of Property, 13 J. Leg. Stud. 309; Livingston, 73 N.C. L. Rev. 136–138; s.a. Mooney, The Mystery and Myth, 39 Ala. L. Rev. 749–750. 162 Z.B. wäre es unverhältnismässig, wenn jemand, der seine Uhr für einige Tage zur Reparatur bei einem Uhrmacher, Juwelier etc. abgibt, sich deshalb registrieren müsste. S. dazu und auch zu anderen Beispielen Livingston, 73 N.C. L. Rev. 136–138. 163 S. auch die Einbeziehung bestimmter Rechtsgeschäfte, die nicht mit dem Ziel der Begründung einer Sicherheit abgeschlossen werden.

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

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dieser Fälle ist das bailment for commodity processing. Dabei überträgt der Eigentümer (bailor) den Besitz an Gegenständen, an denen bestimmte Arbeiten vorzunehmen sind, auf den bailee mit der Bitte, diese Gegenstände nach Bearbeitung wieder an ihn zurückzugeben. Zum Problem kommt es dann, wenn der bailor sein Recht nicht registriert und andere Gläubiger auf das Vermögen des bailee zugreifen. Nach dem oben wiederholten Grundprinzip von Article 9 würden diese anderen Gläubiger vor dem bailor Vorrang haben, da der bailor sein Recht nicht registriert hat. Obwohl in diesen Fällen ein ostensible ownership-Problem besteht, mithin Dritte das Recht des bailor nicht ohne Weiteres erkennen können, haben Gerichte – trotz mangelnder Registrierung – die vertragliche Vereinbarung der Parteien ausgelegt, um herauszufinden, ob eine Eigentumsübertragung aufgrund eines Kaufvertrags beabsichtigt war oder nicht. In dem wohl bekanntesten Fall zur Problematik, Medomak Canning Co.164, beabsichtigte ein grösserer Nahrungsmittelhersteller, Underwood, seine Produkte durch andere Unternehmen verarbeiten und verpacken zu lassen. Dazu wandte er sich an Medomak, dessen Geschäftsgegenstand das Verpacken und Tiefkühlen von Nahrungsmitteln war. Beide Unternehmen vereinbarten, dass Underwood Medomak mit den Nahrungsmitteln und mit Verpackungsmaterial beliefern sollte. Medomak sollte pro Fertigprodukt einen Festpreis erhalten. Underwood registrierte sein Recht nicht. Nachdem Medomak mit der Produktion begonnen hatte, verschlechterte sich seine wirtschaftliche Situation so, dass ein Chapter XI-Verfahren des Bankruptcy Code eröffnet werden musste. Zu dem Zeitpunkt befand sich noch eine beträchtliche Menge der von Underwood gelieferten Nahrungsmittel und Materialien in den Lagerhäusern von Medomak. Zum Zeitpunkt der Eröffnung des Chapter XIVerfahrens erhält der trustee in bankruptcy die Rechte eines secured creditor am Vermögen des Schuldners165. Zu klären war, ob die Rechte von Underwood an den gelieferten Sachen denen des trustee vorrangig waren. Das lien des trustee hätte Priorität vor einem nicht perfektionierten security interest von Underwood166. Das mit der Frage befasste Gericht entschied den Fall nicht anhand der mangelnden Registrierung, sondern untersuchte die Rechtsnatur des Vertrages. Es argumentierte, dass das lien des trustee nur dann den Gegenständen angehaftet hätte, wenn Medomak aufgrund eines Kaufvertrags title an den Sachen erhalten hätte. In dem Fall schloss das Gericht einen Kaufvertrag aus und wertete die Vertragsbeziehung als

164

25 UCC Rep. Serv. (Callaghan) 437; Datum der Entscheidung: 31.08.1977. Für einen vergleichbaren Fall s. Sitkin Smelting and Refining (Sitkin I), 639 F.2d 1213, 30 UCC Rep. Serv. (Callaghan) 1566. 165 Sog. Judicial lien, vgl. zur Rechtsstellung des trustee 11 U.S.C. § 544. 166 S. dazu Art. 9-317 (a) (2) UCC.

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Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

bailment. Aufgrund der UCC-Variante des Bundesstaats Maine167 war dann noch zu prüfen, ob es sich um ein „bailment intended for security“ handelte, was den Vertrag dem Registrierungserfordernis unterworfen hätte. Auch das lehnte das Gericht ab, drückte jedoch seine Bedenken angesichts des weiter bestehenden ostensible ownership-Problems aus: „The potential for abuse posed by a retention of possession by a merchant in circumstances indicating ostensible ownership, such as the entrustment here involved, may well warrant, but has escaped, Uniform Commercial Code regulation (…). Reasonable men may well differ as to the wisdom or equity of these Code policies (…).“168 Andere Gerichte wollen sich nicht mit dem bestehenden ostensible ownership-Problem abfinden und versuchen deshalb, auch diese Fälle unter den Anwendungsbereich von Article 9 UCC zu bringen. In Kinetics Technology International Co.169 belieferte Kinetics (KTI) seinen Vertragspartner Oklahoma Heat Transfer Corporation (OHT) mit vorgefertigten elektronischen Teilen, die OHT zur Herstellung von Wärmetauschern für KTI verwenden sollte. KTI sollte Eigentümer der gelieferten Materialien bleiben. KTI verzichtete ebenfalls auf die Registrierung. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war die FNT-Bank Inhaberin eines security interest am gegenwärtigen und zukünftigen inventory von OHT. Noch vor Fertigstellung der Wärmetauscher verschlechterte sich die Situation von OHT derart, dass sie den Betrieb einstellte. Daraufhin nahm die FNT-Bank mit Hinweis auf ihr security interest die Geräte in Besitz. KTI behauptete, dass aufgrund des mangelnden Eigentumsübergangs der Geräte auf OHT schon kein security interest zugunsten der Bank entstanden sei und verlangte die Herausgabe. Während der trial court entsprechend der MedomakEntscheidung das Vorliegen eines Kaufvertrags170 ablehnte, lehnte das Berufungsgericht171 eine Beschäftigung mit dem Vertragsverhältnis ab und konzentrierte sich statt dessen auf die Entstehungsvoraussetzungen für das security interest der Bank, insbesondere auf die Voraussetzung rights in collateral172. Dafür sei es ausreichend, wenn der Sicherungsschuldner an einer Sache „irgendein Recht über den nackten Besitz hinaus“173 habe. 167

11 MRSA § 1-201 (37) in der Fassung zz. der Entscheidung. 25 UCC Rep. Serv. (Callaghan) 437. 169 705 F.2d 396, 36 UCC Rep. Serv. (Callaghan) 292; der Tatbestand ist in stark vereinfachter Form dargestellt. 170 Hätten KTI und OHT einen Kaufvertrag geschlossen, wäre KTIs Eigentumsvorbehalt in ein security interest (pmsi) umzudeuten gewesen, das mangels Registrierung gegenüber dem security interest der Bank nachrangig wäre. 171 United States Court of Appeals fort he 10th Circuit. 172 Voraussetzung für die Anhaftung (attachment) des security interest, s. Art. 9-203 (b) (2) UCC. 173 Verweis auf die Entscheidung Morton Booth, 564 P.2d 210. 168

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

329

Worin dieses Recht im Fall bestand, klärte des Gericht nicht174. Statt dessen wies es darauf hin, dass diese Definition von rights in collateral mit den Regelungszielen von Article 9 in Einklang stünde: „The Morton Booth definition strongly supports the Article 9 purpose of promoting certainty in commercial loan transactions (...). Otherwise, if a debtor received collateral from a third party under an agreement giving the debtor authority to exercise any outward indicia or manifestations of ownership or control, a would-be creditor could easily be misled into making a loan under an ineffective security agreement.“ Das Gericht bejahte deshalb die Entstehung eines security interest zugunsten der Bank an den Geräten der KTI175. Diese Entscheidung wird von denen unterstützt, die dafür plädieren, zugunsten einer umfassenden Beseitigung der ostensible ownershipProblematik das Registrierungserfordernis auf alle Fälle der Trennung von Eigentum und Besitz zu erweitern. Um das Prinzip konsequent durchzusetzen, sollte ein Schuldner generell immer ausreichende rights in collateral haben, um die Anhaftung eines security interests zugunsten des secured creditor zu ermöglichen176. Die Verwendung der rights in collateral- Voraussetzung durch Gerichte wie im Fall von Kinetics ist kritisiert worden177. Wenn ein security interest Rechten des Schuldners anhafte, dann sei damit erst einmal nur die Möglichkeit der Anhaftung geklärt, nicht aber die Frage der Priorität im Verhältnis zum Eigentümer der Sache. Nach dem Grundsatz nemo potest dare quod non habet leite der secured creditor sein Recht vom Schuldner ab. Er könne mithin nicht mehr Rechte haben als jener. Article 9 beantworte gar nicht die Frage, wie der Konflikt zwischen einem vorherigen Eigentümer178 und dem secured creditor zu lösen sei. Der Lösungsweg der Kinetics-Entscheidung wird deshalb als „Hintertür-Methode“ bezeichnet179.

174 Vermutlich beruft es sich aber auch da auf die Entscheidung Morton Booth, 564 P.2d 210, 214. Hier hatte der Schuldner das Recht, die gelieferten Gegenstände in eine Gesamtsache einzubauen und diese dann an den Lieferanten zu verkaufen. 175 Das Gericht gab im Endeffekt dennoch der KTI Recht, da es befand, dass KTI die Geräte im ordentlichen Geschäftsgang von OHT – frei vom security interest – erworben hatte. 176 So Baird/Jackson, Possession and Ownership, 35 Stan. L. Rev. 204 (1982–1983); Auch Livingston hält wohl zumindest des Resultat der Vermeidung von ostensible ownership für wünschenswert, s. 73 N.C. L. Rev. 164 (1994–1995). 177 Vgl. Baird/Jackson, Possession and Ownership, 35 Stan. L. Rev. 203 (1982–1983); Davies, [2004] 24 LS 304; Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 609. 178 Das gilt allerdings nicht, sofern das Recht des vorherigen Eigentümers auch Article 9 unterworfen wird, z.B. im Fall des Eigentumsvorbehalts. 179 Livingston, 73 N.C. L. Rev. 164: „By relying principally on rights in the collateral to elevate the secured party over the bailor, courts adopt a back-door method of deciding

330 b.

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

Konflikt zwischen pmsi-Gläubigern

Dass Article 9 und die PPSAs weiterhin im Bereich der Priorität auf die Zuordnung des Eigentums zurückgreifen, wird auch anhand des Konflikts zwischen Eigentumsvorbehaltsverkäufer und Geldkreditgeber, die beide ein security interest am gleichen Vermögensgegenstand halten, deutlich180. Der unitäre und funktionale Ansatz gibt beiden Kreditgebern gleicherweise die bevorzugte Stellung eines purchase money security interest. Nach der funktionalen Logik müssten sie auch im Konflikt miteinander gleich behandelt werden, sodass der erste Registereintrag entscheidet. Statt dessen geben Article 9 und die PPSAs die Priorität dem Warenkreditgeber181. Aus Sicht des funktionalen Ansatzes gibt es für diese Vorzugsbehandlung keine Erklärung. Es ist keine andere Erklärung möglich, als dass auch der unitäre und funktionale Ansatz dem vorherigen Eigentümer der Sache eine Sonderstellung einräumt182. c.

Ergebnis

Article 9 UCC und die PPSAs sorgen für einen unkomplizierten und umfassenden Ansatz in der Regulierung von Prioritätskonflikten. Dass aber selbst diese Rechte noch auf die Zuordnung des Eigentums und den nemo dat-Grundsatz abstellen, weckt Zweifel daran, dass es tatsächlich möglich ist, Registrierung als das alleinige Grundprinzip für die Regulierung von Priorität zu implementieren. 5.

Die Erfahrungen der Provinz Québec

Die Provinz Québec nimmt – anders als Article 9 UCC und die PPSAs – die Prioritätsproblematik nicht umfassend in Angriff. Anders aber als in Deutschland und der Schweiz werden die Eigentumssicherheiten weitgehend an die Voraussetzungen der hypothèque angeglichen, besonders in Bezug auf die Publizität. Folglich spielt die Zuordnung des Eigentums zwischen den Parteien eine geringere Rolle für die Regulierung von Prioritätskonflikten als in Deutschland oder der Schweiz.

that the bailor’s interest is in reality a security interest subject to the Article 9 filing requirements.“ 180 S. dazu Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 575. 181 Art. 9-324 (g) UCC; PPSA-ON s. 33 (3). 182 S. Official Commentary 13 zu Art. 9-324 (mit Verweisung auf das Restatement – Property 1997): „In the final analysis, the law is more sympathetic to the vendor’s hazard of losing real estate previously owned, than to the third party lender’s risk of being unable to collect from an interest in real estate that never previously belonged to it.“

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

331

Die zuerst publik gemachte hypothèque hat Vorrang vor der später publizierten183. Eine nicht publizierte hypothèque kann Dritten nicht entgegen gehalten werden184. Der Code civil québécois sorgt dafür, dass diese Grundsätze auf die relevantesten Fälle der Eigentumssicherheiten angewandt werden. Einige Regulierungsaspekte werden ausdrücklich auf solche beweglichen Sachen angewandt, die dem Betrieb eines Unternehmens dienen sollen und damit auf die besonders relevanten Fälle der Besicherung mit Anlage- oder Umlaufvermögen. Das gilt insbesondere für das Publizitätserfordernis. Ein Beispiel dafür ist der Eigentumsvorbehalt, der zwar grundsätzlich nicht publik gemacht werden muss, dagegen aber z.B. immer dann, wenn es sich um für den Betrieb eines Unternehmens erworbene Sachen handelt185. Genauso verfährt das Gesetz beim Wiederkaufsrecht186. Das Finanzierungsleasing (crédit-bail/leasing) wird dagegen generell dem Publizitätserfordernis unterworfen187. Dass der Code civil québécois dagegen das Publizitätserfordernis nur lückenhaft regelt, zeigt sich z.B. am Verkauf unter einer auflösenden Bedingung, der dem Erfordernis nicht unterworfen wird, wogegen er von Article 9 UCC und den PPSAs als Sicherungsgeschäft gewertet werden würde. Auf der anderen Seite wiederum zeigt der Code civil eine gewisse Nähe zu seinen nordamerikanischen Pendants, die ihren Anwendungsbereich auch auf bestimmte Rechtsgeschäfte erstrecken, die nicht unbedingt zur Begründung einer Sicherheit führen. So unterwirft er wie auch die PPSAs188 Leasingverträge (louage/lease), welche die Dauer eines Jahres überschreiten und bewegliche Gegenstände betreffen, die dem Betrieb eines Unternehmens dienen sollen, dem Publikationserfordernis. Der Mittelweg der Provinz Québec wird daran besonders deutlich, dass sie dem Verkäufer neben dem Eigentumsvorbehalt die vendor’s hypothec189 als ebenso wirksames Sicherungsrecht zur Seite stellt. Ein Verkäufer kann somit sowohl von der Vorrangstellung des Eigentums profitieren, als auch von einem beschränkten dinglichen Recht, das aber nach dem Vorbild des purchase money security interest bevorzugt behandelt wird.

183

Art. 2750 al. 1 CCQ. Art. 2945 CCQ. 185 Art. 1745 al. 1 CCQ. 186 Art. 1750 al. 2 CCQ. 187 Art. 1847 CCQ. 188 Vgl. z.B. PPSA-ON s. 2 (4). 189 S. Art. 2954 CCQ. 184

332

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

6. Diskussion möglicher Anpassungen beim deutschen und schweizerischen Recht der Kreditsicherheiten a.

Erkenntnisse aus der obigen Darstellung

Die Regulierung der Priorität von Rechten an Sachen ist von hoher Bedeutung für die Aussicht potentieller Gläubiger auf die Effektivität ihrer Sicherheiten. Entscheidend aus ihrer Sicht ist dabei zum einen, welche Schritte sie unternehmen müssen, um eine bestmögliche Stellung in der Rangordnung der Gläubiger zu erhalten. Zum anderen ist entscheidend, ob Rechte anderer Gläubiger existieren oder später existent werden können, die Priorität vor den eigenen Rechten hätten. Die erste positive Errungenschaft von Article 9 UCC/den PPSAs bezieht sich auf den zuletzt genannten Punkt: die Problematik verborgener Rechte am Vermögen des Schuldners. Die grundsätzliche Bindung der Prioritätsstellung an die Lösung des ostensible-ownership-Problems schafft Klarheit: Wenn jemand Nutzniesser eines verborgenen Rechts ist, muss er es registrieren, um Priorität vor anderen Gläubigern zu erlangen. Der registrierende Gläubiger weiss, dass auch in dem Fall, dass verborgene Rechte existieren, diese seine Stellung nicht schmälern können. Um die Rechtstellung seines Schuldners im Hinblick auf die Sicherungsgegenstände muss er sich grundsätzlich nicht kümmern. Er muss nicht die Bücher seines Schuldners durchforschen, um dessen Rechtsposition zu klären. Dadurch bekommt er eine positive Aussicht auf die Effektivität seiner Sicherheit, die durch die grosse Reichweite des Publizitätserfordernisses auf eine feste Grundlage gestellt wird. Diese Lösung ist undenkbar ohne das Grundmodell der Mobiliarsicherheit in den Vereinigten Staaten und Kanada, die besitzlos ist190. Die weitere Errungenschaft der Article 9 UCC/PPSA-Lösung ist deren Einfachheit. Grundsätzlich ist für jeden Rechtsanwender klar, was er tun muss, um die maximale Stellung in der Rangordnung der Gläubiger zu bekommen. Aus diesen Vorteilen können folgende erste Anhaltspunkte für eine mögliche Rechtsreform in Deutschland oder der Schweiz festgehalten werden: Potentielle Gläubiger sollten so wenig wie möglich in den Büchern des Schuldners nachforschen müssen, um ihre Stellung in der Rangordnung der Gläubiger verlässlich bestimmen zu können. Das Erfordernis der Registereintragung bei besitzlosen Mobiliarsicherheiten, das nach den Grundsätzen des notice filing funktioniert, ist dabei eine grosse Hilfe. Weiterer Anhaltspunkt ist, dass man bei der Implementierung dieses Ansatzes möglichst umfassend vorgehen sollte, um ein hohes Mass an Rechtssicher190 Wie dargelegt worden ist, stehen bisher besitzlose Mobiliarsicherheiten in der Schweiz noch nicht zur Verfügung. In Deutschland haben das Sicherungseigentum und die Verlängerungsformen des Eigentumsvorbehalts wirtschaftlich gesehen die Funktion der besitzlosen Mobiliarkreditsicherheit übernommen.

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

333

heit zu erreichen. Das bedeutet zum einen, dass das Erfordernis der Registrierung gleichermassen auf verschiedene Institute, die dem Ziel der Kreditsicherung dienen, Anwendung finden sollte, egal ob es sich um beschränkte dingliche Rechte oder Eigentumssicherheiten handelt. Zum anderen bedeutet das, dass es sich um ein zentrales Register handeln sollte191. Ausgelöst durch das Verfahren von Article 9 UCC und den PPSAs besteht daneben auch die Frage, inwieweit andere Rechte, die nicht oder nur untergeordnet der Sicherung einer Forderung dienen, die ebenfalls ein Risiko für potentielle Kreditgeber begründen, in das Registrierungserfordernis einzubeziehen sind. Wenn die obige Betrachtung eine Vorbildwirkung von Article 9 UCC und den PPSAs bejaht, so hat sie aber auch gelehrt, dass diese Vorbilder für eine Rechtsreform in zivilistischen Ländern wie Deutschland und der Schweiz nur begrenzt tauglich sind. Der Medomak-Fall hat verdeutlicht, dass die Zuordnung des Eigentums als Hauptkriterium für die Bestimmung von Priorität192 nicht einfach ersetzt werden kann. Auch Article 9 UCC und die PPSAs, die es sich doch zur Aufgabe gemacht haben, überkommene sachenrechtliche Grundsätze zur Regelung der Rechte und Pflichten der Parteien zu „überwinden“, müssen nach wie vor auf nemo dat-Grundsatz193 abstellen. Was sie dagegen „geschafft“ haben, ist, diese Grundsätze an den Rand zu drängen. Für die Frage der Vorbildwirkung von Article 9 UCC/den PPSAs für die Reform der Prioritätsregulierung des deutschen oder schweizerischen Rechts ist aber vor allem Folgendes zu berücksichtigen: Die vermeintlich verringerte Bedeutung der sachenrechtlichen Analyse bei Article 9 UCC/den PPSAs ist nicht so sehr Ergebnis einer konkreten Entscheidung zur Regulierung von Prioritätsproblemen, als vielmehr Folge der übergeordneten Entscheidung zugunsten des unitären und gegen den pluralen Ansatz in der Gesetzgebung zu den Kreditsicherheiten. Der unitäre Ansatz führt zusammen mit der grossen Reichweite von Article 9 UCC/der PPSAs zu einer möglichst ausnahmslosen Anwendung des bestehenden Publizi191

Die Forderung nach einem zentralen Register für alle oder mehrere Mobiliarkreditsicherheiten ist nicht neu. Vgl. Berger, Registrierung von Mobiliarsicherheiten, ZBJV 2002, 224; Walter, 148; Foëx, Propositions, p. 331, erwähnt ausdrücklich den Eigentumsvorbehalt, der in das neu zu schaffende Mobiliarsicherheitenregister eingetragen werden solle; Aeschlimann/Foëx, p. 36; Eigenmann, L’effectivité, p. 405. S. in diesem Zusammenhang auch die Vorschläge des Draft Common Frame of Reference (Art. IX.3:301 und 303 DCFR) und des UNCITRAL-Legislative Guide (Ch. IV, Erwägungsgrund 21). 192 Bzw. nach angloamerikanischem Sprachgebrauch der nemo dat-Grundsatz, bzw. die derivative title analysis. 193 Zur Rekapitulation: Sie müssen nach wie vor auf die Frage abstellen, ob der Schuldner überhaupt Rechte hatte, die er an den secured creditor übertragen kann.

334

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

tätserfordernisses, dessen Grundmodell die Registrierung ist. Die Folge davon ist, dass nur sehr wenig Fälle bleiben, in denen es noch auf die Zuordnung des Eigentums zwischen den Parteien ankommt. Registrierung wird damit faktisch zum bestimmenden Kriterium für die Regulierung von Priorität. Die Entscheidung zwischen pluralem und unitärem Ansatz ist daher die eigentlich massgebliche Frage nicht nur für die Regulierung von Prioritätsproblemen, sondern auch für die ganze Reform. Sofern sich ein Staat für die separate Regulierung von Eigentumssicherheiten entscheidet, dann bietet ihm die Ebene der Regulierung von Prioritätskonflikten noch einmal die Möglichkeit, die übergeordnete Entscheidung zu „korrigieren“194. b.

Zwischenergebnis

Die Verknüpfung der Prioritätsstellung mit dem ostensible ownershipProblem ist besonders für die Schweiz keine neue Lösung. Nach schweizerischem Recht können Eigentumsvorbehaltskäufer und Sicherungseigentümer ihr Recht Dritten nicht entgegenhalten, wenn sie dieses nicht publik gemacht haben195. Auch das Eigentum des Leasinggebers im sale and lease back-Verfahren hat keine Drittwirksamkeit. Nach schweizerischem und deutschem Recht entsteht ein Pfandrecht schon gar nicht, wenn es nicht – im Wege der Besitzübertragung – publik gemacht worden ist. Beide Rechte sind mit ihrer an die fehlende Publizierung gebundenen Sanktion sogar strenger, als Article 9 UCC oder die PPSAs. Letztere gewähren auch einem nicht registrierenden Gläubiger eine gewisse Drittwirksamkeit, wenn auch auf einem sehr niedrigen Niveau. Neu ist für beide Länder mithin nicht diese Verknüpfung, sondern eher die Einführung der Registrierung als eines modernen Publizitätsmittels. Was dagegen die Eigentumssicherheiten anbelangt, unterscheiden sich beide Länder auch hier stark: Deutschland sieht hier bisher keine Publizitätsanforderung vor. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es für eine Reform nicht auf die Verdrängung des Eigentums als des Leitprinzips der Prioritätsregulierung ankommen muss, sondern auf die Reduzierung der Fälle, in denen verborgene Rechte bestehen können. Je konsequenter das Publizitätserfordernis durchgesetzt wird, desto weniger muss sich ein potentieller Gläubiger um die Rechtsstellung seines potentiellen Schuldners sorgen196 und für 194 Z.B. indem er, wie es der Code civil québécois (oder in gewisser Art und Weise auch das schweizerische Recht) tut, solchen Eigentumssicherheiten die Drittwirksamkeit versagt, die nicht publik gemacht worden sind. 195 Nach einer Ansicht entsteht der Eigentumsvorbehalt nicht mit Wirksamkeit zwischen den Parteien, wenn er nicht registriert worden ist, vgl. Teil 1 E. I. 1. b. 196 Unter der Annahme eines (reformierten) Registerpfandrechts bedeutet das: Wenn V einen Gegenstand an K verkauft, sich das Eigentum vorbehält, aber nicht registriert

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

335

umso effektiver hält er auch seine Sicherheit. Aus diesem Grund sollte die Schaffung eines einheitlichen Registers für unterschiedliche Sicherungsrechte avisiert werden. Während diese Punkte in der schweizerischen Diskussion vermehrt unterstützt werden197, ist man in Deutschland eher skeptisch gegenüber der weitreichenden Einführung des Publizitätserfordernisses198. Anders als in der Schweiz werden nicht endogene, sondern exogene Gründe für eine Reform im Rahmen der Publizität angeführt, d.h., die Gründe für die Reform werden nicht im Zustand des nationalen Kreditsicherungsrechts selbst gesehen, sondern in seinem Verhältnis zu anderen europäischen Rechten199. c. Praktische Vorschläge zum Publizitätserfordernis bei Eigentumssicherheiten Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, wie weit das Publizitätserfordernis – dessen Grundform die Registrierung ist – für die Eigentumssicherheiten reichen sollte. Daneben stellt sich auch die Frage, ob und inwieweit auch Rechte, die nicht Kreditsicherheiten sind, publik gemacht werden sollten. Als erste Prämisse dieser Überlegung soll davon ausgegangen werden, dass sowohl die Schweiz, als auch Deutschland in einer Reform die Möglichkeit der besitzlosen Bestellung des Pfandrechts mit Registerpublizität eröffnen. Dieses Register soll zentral, d.h., auf höchster nationaler Ebene und für alle eintragungsbedürftigen Mobiliarsicherheiten geführt werden. Schliesslich soll es nach dem Vorbild des notice filing

(Annahme eines bestehenden Registrierungserfordernisses), geht das Eigentum auf K über. Der über einen Kredit zugunsten K verhandelnde Bank B findet im Register keinen Eintrag zu Lasten des K. Sofern auch andere typische Kreditgeber (wie Banken oder Leasinggeber im Finanzierungsleasing) registrieren müssen, muss B sich keine Sorge machen über die Rechtsstellung des K. 197 S. dazu schon oben unter 6. a. 198 Laut Lwowski ist in Deutschland die generelle Stimmung einer solch starken Änderung gegenüber eher abgeneigt, vgl. Lwowski, “Quiet” Creation of Security Interests or Filing, in: Eidenmüller/Kieninger (eds.), The Future of Secured Credit in Europe, Berlin 2008, 175, 179 (Vgl a. Kieninger, Die Zukunft, 208 AcP 183 (211)). Bereits die Gutglaubensvorschriften erschwerten es einem Schuldner, sich betrügerisch zu Lasten seines ersten Gläubigers zu verhalten. Es gebe in Deutschland generell wenig Kollisionsfälle zwischen Gläubigern. Vgl. auch Stürner, Perfection and Priority of Security Rights – Commentary, in: Eidenmüller/Kieninger (eds.), The Future of Secured Credit in Europe, Berlin 2008, p. 168, der darauf hinweist, dass Gläubiger in Deutschland bereits damit rechnen, dass Gegenstände des Schuldners belastet sind. S. aber befürwortend zugunsten einer Reform i.S.d. notice filing Kieninger, Die Zukunft, 208 AcP 183 (210). 199 S. dazu z.B. die Zusammenfassung von Kieninger, Die Zukunft, 208 AcP 183 (226) mit dem Hinweis auf die Anerkennungsproblematik.

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Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

elektronisch geführt werden und mit einem Minimum an Eintragungen auskommen200. Die zweite Prämisse fasst die Grundlinien zusammen: Zum einen sollen die Fälle verborgener Rechte möglichst weit reduziert werden. Zum anderen kann eine zu strikte Anwendung des Registrierungserfordernisses dazu führen, dass der Aufwand der Registrierung ausser Verhältnis zum dadurch erreichten Publizitätsvorteil steht. (i) Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung (a) Der Eigentumsvorbehalt Sollte die Drittwirksamkeit des Eigentumsvorbehalts – so wie es bisher in der Schweiz geltendes Recht ist – ohne Ausnahme von der Registereintragung abhängen oder sollen nur bestimmte Eigentumsvorbehalte registriert werden? Es ist zu berücksichtigen, dass Dritte nicht in allen Fällen des Eigentumsvorbehalts gleichermassen dem Risiko der Existenz der verborgenen Sicherheit und damit verbundener Vermögensnachteile ausgesetzt sind. Es ist nämlich nicht in allen Fällen gleich wahrscheinlich, dass unter Vorbehalt übereignete Gegenstände von einer anderen Sicherungsvereinbarung erfasst werden. Während Unternehmen für den Grossteil der besicherten Kreditgeschäfte verantwortlich sind, ist die mehrfache Besicherung beweglicher Sachen bei natürlichen Personen, die nicht in der Ausübung eines Gewerbes tätig sind, die Ausnahme. Sicherungsfähige bewegliche Gegenstände sind bei Unternehmen v.a. im Umlaufvermögen (z.B. das Warenlager) zu finden, unter Umständen auch im Anlagevermögen, z.B. Fahrzeuge des Unternehmens201. Hier sind Kollisionen von Sicherungsrechten besonders häufig. Ein Finanzier (z.B. eine Bank) ist deshalb auf die Kenntnis angewiesen, an welchen Gegenständen z.B. des Warenlagers bereits fremde Sicherungsrechte bestehen. Unabhängig vom Bereich der Finanzierung auf der Basis von einem Unternehmen gehörenden Vermögenswerten kann auch der Wert einer Sache ein Kriterium sein, das ein erhöhtes Interesse an der Offenlegung des Eigentumsvorbehalts begründet. Dabei kommen auch Gegenstände von Privatleuten in Betracht, die aufgrund ihres herausgeho-

200 S. zu Vorschlägen in Bezug auf den Inhalt und die Wirkungen eines solchen Registers Aeschlimann/Foëx, 36; Kieninger, Die Zukunft, 208 AcP 183 (210); Sigman, Perfection and Priority of Security Rights, in: Eidenmüller/Kieninger (eds.), The Future of Secured Credit in Europe, Berlin 2008, p. 158. 201 Besonders bei kleinen und mittleren Unternehmen dürfte aber das Umlaufvermögen den wichtigsten Sicherungsgegenstand ausmachen, vgl. Berger, Registrierung von Mobiliarsicherheiten, ZBJV 2002, 205–206.

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

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benen Werts als Sicherungsgegenstände für Gläubiger in Betracht kommen, z.B. Kraftfahrzeuge, Boote oder Caravans202. Dass den Kosten der Registrierung kein oder nur ein geringer Vorteil gegenübersteht, kann z.B. der Fall sein, wenn Privatleute Gegenstände, die keinen herausgehobenen Wert haben, wie z.B. einen Computer oder eine Stereoanlage, unter Eigentumsvorbehalt für ihren Privatgebrauch erwerben. Abgesehen vom Gesichtspunkt des Privatgebrauchs, bei dem die Gläubigerkollision eher selten sein wird, kann auch der geringe Wert des Geschäfts sowie der Umstand, dass es massenhaft vorgenommen wird, gegen die Registrierung sprechen. In anderen Rechtsordnungen findet man unterschiedliche Ansätze im Umgang mit der Problematik. Article 9 UCC sieht für consumer goods die Möglichkeit der automatischen Perfektionierung im Zeitpunkt der Anhaftung des Sicherungsrechts vor203. Das bedeutet, dass für die Erlangung der maximalen Prioritätsstufe kein weiterer perfecting step, mithin auch nicht die Registrierung erforderlich ist. Diese Ausnahme gilt aufgrund des unitären Ansatzes für alle Arten von Geschäften, die Article 9 UCC unterworfen sind. Nach Sigman ist diese Regelung ein Ausdruck des Gedankens, dass der Vorteil aus dem perfecting step geringer sein kann als der Nachteil aus der Last der Registrierung204. Als consumer goods werden bezeichnet “goods that are used or bought for use primarily for personal, family, or household purposes“205. Der Code civil québécois geht umgekehrt vor. Er verlangt grundsätzlich nicht die Registrierung des Eigentumsvorbehalts, zählt aber Ausnahmen auf. So sind Gegenstände, die für den Betrieb eines Unternehmens erworben worden sind, Strassenfahrzeuge und andere durch Verordnung bestimmte Gegenstände in das Register einzutragen206. Im Unterschied zu Article 9 UCC geht die kanadische Provinz nicht einheitlich in Bezug auf verschiedene Sicherungsrechte vor, denn anders als der Eigentumsvorbehalt muss die hypothèque auch bei geringwertigen Geschäften mit Verbrauchern publik gemacht werden207. Allerdings ist zu beachten, dass nach Art. 2683 CCQ Personen, die nicht in Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit handeln, nur in Ausnahmefällen besitzlose Sicherheiten bestellen dürfen. In Frankreich, das ebenfalls für das Pfand-

202 S. dazu die Lösung der Provinz Québec zum Eigentumsvorbehalt Art. 1745 al. 2 CCQ und Payette, no 2061. 203 Art. 9-309 (1) UCC. 204 Sigman, Perfection, p. 150. 205 Art. 9-102 (a) (23) UCC. 206 S. das Règlement sur le registre des droits personnels et réels mobiliers. Einzutragen ist danach z.B. der Eigentumsvorbehalt an einem Boot, Flugzeug oder Caravan. S. dazu auch Payette, no 2064. 207 Das gilt auch für die vendor’s hypothec, vgl. Art. 2954 CCQ.

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Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

recht ein ausnahmsloses Publizitätserfordernis vorsieht208, muss der Eigentumsvorbehalt dagegen überhaupt nicht publik gemacht werden209. Das geringere Schutzbedürfnis bei Geschäften mit Verbrauchern oder zwischen Privatleuten könnte dazu veranlassen, solche Geschäfte nach dem Vorbild von Article 9 UCC aus dem Registrierungserfordernis auszunehmen. Anknüpfungspunkt für die Ausnahme könnte die Definition des Verbrauchers oder auch nach dem Vorbild der Provinz Québec die Zweckrichtung des Erwerbs sein210. Auf der anderen Seite aber ist auf die Kohärenz zum Pfandrecht zu achten. Denn wenn man für die genannten Geschäfte eine Ausnahme von der Publizität verlangt, dann kann man diese Ausnahme mit den gleichen Argumenten auch für das Pfandrecht verlangen, es sei denn, der Warenkredit an Privatleute sollte gegenüber dem Geldkredit an Privatleute bevorzugt behandelt werden. Für private Haushalte ist eine Notwendigkeit für die Vorzugsbehandlung des Warenkreditnehmers (Eigentumsvorbehalt) vor dem Geldkreditnehmer (Pfandrecht) aber nicht ersichtlich. In der bisherigen Reformdiskussion geht es aber nicht um einen Verzicht auf Publizität, sondern – nach dem Vorbild der französischen Reform von 2006 – um das Angebot eines zusätzlichen Publizitätsmittels zur Besitzübertragung211. Für eine Ausnahme vom Gebot der Registrierung des Eigentumsvorbehalts würde letztendlich nur sprechen, dass die Registrierung in manchen Fällen zu aufwendig sein könnte. In diese Richtung ging bisher die Argumentation in Deutschland, das bisher überhaupt keine Publizität fordert. Hier haben seit jeher Kostenargumente eine Rolle gespielt212. Dagegen zeigen heute elektronisch betriebene Register in anderen Weltgegenden, dass die Kosten der Eintragung und der Suche nach bestehenden Sicherungsrechten sehr gering sein können. Die Eintragung eines financing statement im neuseeländischen Personal Property Security Register kostet etwa 3 NZD213. Das entspricht 2,35 CHF 208

Art. 2337 al. 1 C.civ. Zur Möglichkeit freiwilliger Publizität, s. Art. L.624-10 C.com. 210 Art. 1745 al. 2 CCQ: « La réserve de propriété (…) de tout bien meuble acquis pour le service ou l’exploitation d’une entreprise (…) ». 211 In der schweizerischen Diskussion herrscht dagegen Uneinigkeit darüber, ob die Möglichkeit zur besitzlosen Bestellung des Pfandrechts nur zugunsten von Kaufleuten bzw. Unternehmen oder insgesamt im bürgerlichrechtlichen Verkehr zugelassen werden soll. Zugunsten der generellen Zulassung in Bezug auf alle Personen s. Foëx, Propositions, p. 328. Für die Beibehaltung des zwingenden Faustpfandprinzips für Rechtsgeschäfte zwischen Privatleuten s. Berger, Registrierung von Mobiliarsicherheiten, ZBJV 2002, 212; Hurni, Kreditsicherheiten im Handelsregister, REPRAX 2008 (2), 125, 135. Auch Québec lässt nur in Ausnahmefällen die Registrierung der hypothèque als Publizitätsmittel zu. Ansonsten bleibt es beim Faustpfandprinzip. 212 S. dazu die Nachweise bei Kieninger, Die Zukunft, 208 AcP 183 (211). 213 ; s. auch Kieninger, Die Zukunft, 208 AcP 183 (212). Die Suche mittels Mobiltelefon kostet nur 1 NZD. 209

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

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oder 1,95 EUR214. Das Register wird komplett online betrieben, sodass der tatsächliche Aufwand gering ist. In Ontario215 sind die Kosten etwas höher. Die Registrierung eines security interest kostet dort 8 CAD (= 7,73 CHF und 6,44 EUR). Diese Daten zeigen, dass das Argument mit dem Aufwand nicht mehr tragfähig ist. Wenn ein Verbraucher einen Elektronikgegenstand für 1000 CHF unter Eigentumsvorbehalt erwirbt, ist ein zusätzlicher Aufwand von 5-10 CHF angemessen. Für das unbeschränkte Erfordernis der Registrierung spricht auch, dass damit die Rechtssicherheit erhöht wird, da Abgrenzungen zwischen einzutragenden und nicht einzutragenden Eigentumsvorbehalten vermieden werden. Letztlich könnte die Registrierung den Parteien auch vor Augen stellen, „was es bedeutet“, als Privatperson Schulden zu haben216. Sollte die Registrierung tatsächlich einmal im Verhältnis zur geschuldeten Forderung oder angesichts des Registrierungsverfahrens aufwendig sein, wird es sich um so unbedeutende Geschäfte handeln, dass eine Kollision mit anderen Gläubigern sehr unwahrscheinlich ist und deshalb schon aus diesem Grund auf die Registrierung verzichtet werden kann217. Unter diesen Umständen spricht nichts dagegen, den Eigentumsvorbehalt generell dem Erfordernis der Registerpublizität zu unterwerfen. (b) Die Sicherungsübereignung Soweit sich Staaten für die weitere separate Regelung der Sicherungsübereignung entscheiden, gilt bei ihr nichts anderes als beim Eigentumsvorbehalt. Bei ihr kommt hinzu, dass es sich um ein pfandrechtsähnliches Sicherungsgeschäft handelt218. Es ist mithin in besonderem Masse auf die Parallelität zum Pfandrecht zu achten. Im Unterschied zum Eigentumsvorbehalt kommen hier beide Publizitätsarten – Registrierung und Besitz – alternativ in Betracht. (ii) Das Finanzierungsleasing Die Frage, ob das Finanzierungsleasing registriert werden sollte, wurde bisher in der Schweiz vor allem vor dem Hintergrund seiner Rechtsnatur diskutiert. Würde die Absicht der Veräusserung im Verhältnis zur Absicht 214

Zum 14.7.2012. . 216 Der Schuldner weiss nun, dass er namentlich registriert ist. Dieser Umstand kann ihn eventuell dazu bringen, sich noch einmal zu überlegen, welche Bedeutung das Geschäft führ ihn tatsächlich hat. 217 Das gilt natürlich nur, wenn die Registrierung als Voraussetzung der Drittwirksamkeit, nicht aber als Voraussetzung des Bestehens des Eigentumsvorbehalts an sich angesehen wird. 218 BK-Zobl, Syst. Teil, Rn. 1100. 215

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Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

der Gebrauchsüberlassung determinierend sein, wären die gesetzlichen Vorschriften des Eigentumsvorbehalts und damit auch das Erfordernis der Registrierung (Art. 715 Abs. 1 ZGB) anzuwenden219. Auslöser dieser Diskussion war der Umstand, dass Gläubiger aufgrund der Unpraktikabilität des schweizerischen Eigentumsvorbehalts – besonders im Zusammenhang mit dem Eigentumsvorbehaltsregister – nach Umgehungsmöglichkeiten suchten220. Das Überwiegen des Veräusserungsaspekts wird teilweise bejaht. Ansatzpunkt dieser Überlegung ist, dass der Gebrauch einer Sache ihren Substanzwert aufzehren und dieser Vorgang rechtlich als Veräusserung angesehen werden kann221. Mehrheitlich aber wird das Finanzierungsleasing als Innominatkontrakt als Gebrauchsüberlassungsvertrag sui generis verstanden und damit die Anwendung von Art. 715 Abs. 1 ZGB abgelehnt222. Es greift zu kurz, allein aus der Nähe zum Eigentumsvorbehalt auf die Notwendigkeit der Publizität schliessen zu wollen. Sofern man das Finanzierungsleasing der Registrierung unterwerfen will, muss man dabei auf andere Gründe zurückgreifen223. Es steht dem Erfordernis der Rechtssicherheit entgegen, wenn man die Publizität von der Ausgestaltung des Leasingvertrags im Einzelnen abhängig machen wollte. Wollte man das Publizitätserfordernis auf die Fälle beschränken, in denen das Element der Veräusserung überwiegt, würde man die Vertragsparteien zu Umgehungsversuchen ermuntern224. Das Beispiel von Article 9 UCC hat des Weiteren gezeigt, wie kompliziert in der Praxis die Abgrenzung von true leasing und security leasing sein kann. Für die Registrierung des Finanzierungsleasings sprechen die Gesichtspunkte, die oben im Zusammenhang mit der Effektivitätserwartung von Gläubigern an ihre Sicherheiten dargestellt worden sind. Das Leasing beweglicher Investitionsgüter ist eine gängige Finanzierungsvariante von Unternehmen. Der Verzicht auf die Registrierung würde mithin einen bedeu219

S. dazu Tercier/Favre, Les contrats spéciaux, 4ème éd., Genève 2009, no 7788; Berger, Registrierung von Mobiliarsicherheiten, ZBJV 2002, 232; Stauder, Das Finanzierungs-Innvestitionsgüterleasing von Mobilien durch eine Leasinggesellschaft: Offene Fragen; in Kramer, Neue Vertragsformen der Wirtschaft: Leasing, Factoring, Franchising, 2. Aufl., Bern [et al.] 1992, 89. 220 BK-Zobl, Art. 884 N 720; Aeschlimann/Foëx, p. 22. 221 Hausheer, Finanzierungs-Leasing, ZBJV 106 (1970) 209, 225–229; Stauder, 77. 222 Honsell, Das Aussonderungsrecht, SJZ 95 (1999), 25–26; Tercier/Favre, no 7792; Stauder, 78. Teilweise wird das Rechtsgeschäft auch als Kreditvertrag sui generis angesehen, vgl. Hanisch, Finanzierungs-Leasing, 185. 223 S. Hanisch, Finanzierungs-Leasing, 185 und 189: „Dem Meinungsstreit über die Rechtsnatur des Finanzierungsleasings kann die Lösung des [Publizitäts-]Problems nicht überlassen bleiben“. 224 Hanisch, Finanzierungs-Leasing, 189.

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

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tenden Unsicherheitsfaktor zu Lasten weiterer Gläubiger des Leasingnehmers darstellen, die sich nicht sicher sein können, wie umfangreich der Vermögenspool ihres Schuldners tatsächlich ist. Die Registrierungspflicht beseitigt diese Unsicherheit und hätte darüber hinaus den Effekt, die Leasinggeber vom gutgläubigen Erwerb der Leasingsache durch Dritte zu schützen225. Für die Gleichbehandlung mit dem Eigentumsvorbehalt spricht auch die Nähe zwischen beiden Instituten. Wirtschaftlich gesehen erfüllt das Finanzierungsleasing die gleiche Funktion, nämlich die Finanzierung des Gebrauchs von Gegenständen, die dem Betrieb eines Unternehmens zugute kommen sollen226. Aus schweizerischer Sicht würde die Registrierung den Widerspruch in der Behandlung von Eigentumsvorbehalt und Finanzierungsleasing ausräumen227. Die Registrierung des Finanzierungsleasings erscheint mithin aus Sicht des Effektivitätsgebots erforderlich. (iii) Andere Fälle der Trennung von Eigentum und Besitz Die obige Überlegung zum Finanzierungsleasing hat folgende Problematik erkennen lassen: Wie lässt es sich begründen, dass der Leasinggeber sein Recht mangels Registrierung Dritten nicht entgegen halten kann? Besonders deutlich wird das bei Fällen, die nicht unter die Definition des Finanzierungsleasings fallen (s. das operating leasing; vgl. auch in Teil 2 das Fallbeispiel 2 zum Warenkredit). Eine Kreditsicherheit liegt hier nicht vor. Die Rechtslage ist anders als beim Eigentumsvorbehalt: Der Vorbehaltskaufvertrag soll zu einer Übertragung des Eigentums auf den Käufer führen. Die mangelnde Eintragung des Vorbehalts setzt den vorbehaltenden Effekt ausser Kraft. Beim operating leasing soll es aber gar nicht zu einer Übertragung kommen. Hier steht die Gebrauchsüberlassung im Mittelpunkt. Was gibt Dritten hier das Recht, bei mangelnder Eintragung davon auszugehen, dass der Leasingnehmer Eigentümer ist228? Leasingverträge, die nicht unter die Definition des Finanzierungsleasings fallen, nehmen eine bedeutende Position in der Finanzierung von

225 Mit diesen Argumenten für die Registrierung des Finanzierungsleasing s. Walter, 147; Berger, Registrierung von Mobiliarsicherheiten, ZBJV 2002, 235; Hausheer, Urteilsanmerkung zum Leasing-Entscheid des Bundesgerichts vom 30. April 1992, ZBJV 1992, 480, 483. 226 Vgl. Art. IX.-1:103 (2) (c) DCFR und von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR-Kommentar, 5396. 227 Berger, Registrierung von Mobiliarsicherheiten, ZBJV 2002, 236. 228 Payette, no 2167, weist darauf hin, dass es aus zivilistischer Sicht an einem Konzept fehlt, diese Wirkung rechtlich zu konstruieren.

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Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

Ausrüstungsgegenständen von Unternehmen ein229. Rein faktisch begründen diese Vereinbarungen verborgene Rechte, die aufgrund ihrer Häufigkeit geeignet sind, das Vertrauen Dritter in die Existenz ihrer Rechte zu gefährden. Für die Registrierung auch solcher Rechtsgeschäfte spricht mithin der Gesichtspunkt der Effektivität der Sicherheiten potentieller Kreditgeber des Leasingnehmers. Des Weiteren kann auf diese Weise für die Publizität auf die Abgrenzung von Finanzierungsleasing und anderen Arten des Leasing verzichtet werden230. Da die Fälle verborgener Rechte vielfältig sind – man denke z.B. an Reparatur- oder Verwahrungsverträge – stellt sich allerdings die Frage, wo die Grenze gezogen werden soll. Das Recht der Kreditsicherheiten darf m.E. das Problem verborgener Rechte nur insoweit angehen, als typischerweise eine Kollision mit anderen Kreditgebern in Betracht kommen kann. Bei den verschiedenen Formen des Leasing – die eine grosse Bedeutung bei der Finanzierung von Unternehmen haben – ist das der Fall. Anders ist es bei den genannten Fällen. Der Mitarbeiter der Bank, der über den Kredit an einen Garagisten zu entscheiden hat, weiss, dass die zu reparierenden Fahrzeuge nicht als Kreditunterlage dienen können. Auch der Grossteil der Verwahrungsverhältnisse wird zu erkennen sein. Die gleiche Erkennbarkeit existiert beim Leasing nicht. Ob für einen Pkw die Vertragsform des Finanzierungsleasing oder des Operatingleasing gewählt wurde, ist ohne Einblick in die Vertragsunterlagen nicht zu erkennen. Das spricht für die Gleichbehandlung aller Fälle des Leasing. Das Kreditsicherungsrecht sollte dagegen andere Rechtsgeschäfte, die eine Trennung von Besitz und Eigentum herbeiführen, unberührt lassen. 7.

Zusammenfassung

Während im Recht des Article 9 UCC und der PPSAs die Registrierung faktisch zum entscheidenden Kriterium für die Regulierung von Prioritätskonflikten geworden ist, ist nach deutschem und auch schweizerischem Recht die Zuordnung des Eigentums das Hauptkriterium. Eine Reform sollte daran nichts ändern. Die Rechtsreform auf dem Gebiet der Mobiliarkreditsicherheiten muss es sich allerdings zur Aufgabe machen, die Fälle publizitätsloser Sicherheiten zu verringern. Als Publizitätsmittel sollte auf ein jeweils national einheitliches, zentrales Register abgestellt werden. Die Registerpublizität sollte in Ausnahmefällen auf Rechtsgeschäfte erweitert 229

Die Internetseite des Bundesverbands deutscher Leasingunternehmen weist darauf hin, dass das Operating Leasing verstärkt im Pkw- und IT-Bereich anzutreffen sei; vgl. (Leasing A-Z, Stichwort „Operating Leasing“). 230 Nach dem Vorschlag des Draft Common Frame of Reference ist diese Abgrenzung weiterhin erforderlich, vgl. Art. IX.-1:103 (2) (c) DCFR.

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werden, die selbst keine Kreditsicherheiten begründen, aber ein Risiko für Kreditgeber darstellen können, z.B. das operating leasing. III. Die Verwertung der Eigentumssicherheiten (ausserhalb der Insolvenz) Der folgende Abschnitt beschränkt sich auf den einfachen Eigentumsvorbehalt. Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen ist die Regelung des Eigentumsvorbehalts im Verhältnis zu anderen Eigentumssicherheiten in der internationalen Diskussion besonders umstritten231. Zum anderen ist der Konflikt zwischen unterschiedlichen Rechtsbereichen, die ein Rechtsinstitut bestimmen können, beim Eigentumsvorbehalt besonders ausgeprägt. Da der Eigentumsvorbehalt eng an die Kaufpreisforderung eines bestimmten Kaufvertrags gebunden ist, kann er – anders als z.B. das Pfandrecht – grundsätzlich nicht zur Sicherheit von Forderungen unterschiedlicher Herkunft verwendet werden232. Daraus ergibt sich seine Nähe zum Kaufrecht. Mithin ist bei der Ausgestaltung der Regeln des Eigentumsvorbehalts nicht nur auf das Recht der Kreditsicherheiten, sondern auch auf das Kaufrechts Rücksicht zu nehmen. Article 9 UCC und auf der anderen Seite das deutsche und schweizerische Recht regulieren die Verwertung233 des Eigentumsvorbehalts sehr unterschiedlich. Während Article 9 ihn umfassend an die Regeln des security interest anpasst, verzichten letztere auf eine Anpassung an die Regeln des Pfandrechts und überlassen die Verwertung dem Kaufrecht. Im Folgenden sollen die jeweiligen Verwertungsverfahren insbesondere hinsichtlich folgender Punkte verglichen werden: Soll der Eigentumsvorbehalt den gleichen formalen Verwertungsvoraussetzungen unterworfen werden, die auch für andere Kreditsicherheiten einschlägig sind? Wem soll ein eventueller Überschuss des Werts der Vorbehaltssache über die zu sichernde Kauf231 Klarer ist man sich dagegen in der Ablehnung des Sicherungseigentums. S. zu jüngeren Regulierungen des Eigentumsvorbehalts die Entscheidung des UNCITRALLeitfadens, den Staaten eine „B-Lösung“ anzubieten, die die Beibehaltung des Eigentumsvorbehalts ermöglicht. Der Leitfaden macht seine Abneigung gegen diese Methode der Regulierung der Eigentumssicherheiten aber klar, s. dazu in Teil 1 den Abschnitt B. IV. 1. a. (iv). Vgl. i.Ü. auch die Lösung des DCFR, s. dazu in Teil 1 den Abschnitt B. IV. 2. a. (iii). 232 In dieser Charakteristik unterscheidet sich der Eigentumsvorbehalt z.B. von der Sicherungsübereignung, die zur Sicherung einer Vielzahl von verschiedenen Forderungen eingesetzt werden kann. 233 Der Begriff der „Verwertung” wird hier als neutraler Oberbegriff für die Durchsetzung der Rechte des Eigentumsvorbehaltsverkäufers gebraucht. Entsprechend der Konzeption des Eigentumsvorbehalts im deutschen und schweizerischen Recht spricht man eher von der „Geltendmachung” des Eigentums durch den Verkäufer. Rechtsordnungen, die den Eigentumsvorbehalt dagegen in ein beschränktes dingliches Sicherungsrecht umcharakterisieren, können nur von der „Verwertung” der Sicherheit sprechen.

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Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

preisforderung zugute kommen? Wird ein eventuelles Interesse des Eigentumsvorbehaltsverkäufers an der Sache selbst berücksichtigt oder schützen die Verwertungsregeln nur sein Interesse am Sachwert? 1.

Die Regelung der Verwertung nach Article 9 UCC

Part 6 des Article 9 UCC sieht zwei besondere234 Verwertungsarten vor: Zum einen kann der Gläubiger die Sache mit der Wirkung der teilweisen oder vollständigen Erfüllung der Schuld annehmen (acceptance of collateral in full or partial satisfaction, sogenannte strict foreclosure)235. Teilweise wird diese Art der Verwertung auch als Inzahlungnahme bezeichnet236. Zum anderen kann er über die Sache verfügen, z.B. durch Verkauf oder Leasing (disposition after default, sogenannte foreclosure)237. Diese Verfahren gelten für alle security intests gleichermassen, mithin auch für die Geltendmachung des Rechts des Verkäufers beim Eigentumsvorbehalt. Die Ausübung der Inzahlungnahme führt dazu, dass der Eigentumsvorbehaltsverkäufer alle Rechte des Schuldners an der Sache erlangt. Das security interest sowie andere nachrangige Rechte an der Sache erlöschen238. Da Article 9 UCC die Effektivität des Eigentumsvorbehalts nicht anerkennt, kommt der Verkäufer durch die Annahme in eine Position, die er während der Dauer der gesicherten Transaktion nicht hatte: Er wird wieder Eigentümer der Sache. Seine Stellung entspricht daher erst nach Ausübung der Inzahlungnahme und auch nur bei dieser Verwertungsmethode der Stellung, die ein Eigentumsvorbehaltskäufer nach deutschem oder schweizerischem Recht nach Rückgewähr seiner Sache innehat. Die Verfahrensvoraussetzungen setzen der Annahme allerdings bedeutende Hürden: Der Schuldner muss der Inzahlungnahme nach dem Ausfall zustimmen. Nicht nur er, sondern auch interessierte Dritte, insbesondere nachrangige Gläubiger, können der Inzahlungnahme widersprechen239. Der Gläubiger muss deshalb alle interessierten Dritten über seine Absicht, die Sache in Zahlung zu nehmen, informieren240. Indem Schuldner oder Dritte der Inzahlungnahme widersprechen, zwingen sie den Gläubiger, die Sache mittels Verfügung (disposition) zu verwerten. Die Folge ist, dass der Gläubiger die Sache typischerweise veräussern wird, da Schuldner und Dritte dabei nicht widersprechen können. Auch die 234

Article 9 UCC gewährt dem Gläubiger zusätzliche Vorgehensweisen zu den bereits bestehenden, vgl. dazu Art. 9-601 UCC und bereits in Teil 1 den Abschn. B. II. 2. e. 235 S. Art. 9-620 UCC. 236 Z.B. in Québec, vgl. Art. 2778 CCQ (taking in payment/prise en paiement). 237 S. Art. 9-610 UCC. 238 Art. 9-622 (a) UCC. 239 Art. 9-620 (c) UCC. 240 Art. 9-620 (a) (2) und 9-621 UCC.

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

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Veräusserung muss der Gläubiger allerdings solchen Personen androhen, die ihm gegenüber ein Recht an der Sache geltend gemacht haben oder die ein security interest oder irgend ein anderes lien an der massgeblichen Sache registriert hatten241. Die Androhung muss wenigstens 10 Tage vor Beginn der Verwertungshandlung erfolgen242. Nachdem Rechtsverfolgungskosten erstattet sind, wird der Verwertungserlös auf die Befriedigung der gesicherten Forderung verwendet und danach auf die Befriedigung eventueller nachrangiger Gläubiger243. Ein eventuell anfallender Überschuss über den Wert der gesicherten Forderung hinaus ist an den Schuldner auszuzahlen244. Da Schuldner und interessierte Dritte den Vorbehaltsverkäufer zum Verfahren der disposition after default zwingen können, respektiert das US-amerikanische Recht faktisch nur das Interesse des Verkäufers an dem der Sache innewohnenden Sicherungswert, nicht aber sein eventuelles Interesse an der Sache selbst245. 2.

Die Regelung der Verwertung in Deutschland und der Schweiz

Anders als das US-amerikanische Recht unterwerfen das deutsche und das schweizerische Recht die Verwertung des Eigentumsvorbehalts ausserhalb der Insolvenz nicht den für andere Kreditsicherheiten geltenden Regelungen. Die massgeblichen Regelungen folgen aus dem Schuldrecht, insbesondere aus dem Kaufrecht, ggf. im Zusammenhang mit dem Sachenrecht. Der Verkäufer kann vom Kaufvertrag zurücktreten und die Rückgewähr der Kaufsache verlangen. Gegebenenfalls muss dem Käufer eine Frist zur Leistung gesetzt werden. Das Vorgehen ist im Unterschied zum USamerikanischen Recht einfach. Insbesondere muss auf Dritte keine Rücksicht genommen werden. Der Verkäufer muss die Sache nicht veräussern, sondern kann sie – nachdem er sie wieder in Besitz genomen hat – einfach behalten. Ein eventueller Überschuss ist dem Schuldner nicht zu erstatten. Damit berücksichtigen das deutsche und das schweizerische Recht das Interesse des Gläubigers an der Kaufsache selbst und nicht nur das Interesse an dem ihr innewohnenden Sicherungswert. Dass es in einer zivilistischen Rechtsordnung auch anders gehen kann, zeigt das Beispiel des 2006 reformierten französischen Kreditsicherungsrechts. Anders als im deutschen oder schweizerischen Recht wird die 241

Art. 9-611 (c) UCC. Art. 9-612 (b) UCC. Bei consumer transactions muss im Einzelfall festgestellt werden, ob die Verwertungsfrist ausreichend lang war. 243 Art. 9-615 (a) UCC. 244 Art. 9-615 (d) UCC. 245 Theoretisch besteht aber die Möglichkeit, dass der Gläubiger die Sache im Rahmen der Veräusserung selbst erwirbt, vgl. Art. 9-610 (c) UCC. 242

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Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

Rücknahme rechtlich als Verwertung im Wege der Inzahlungnahme der Kaufsache angesehen246. Deren Ausübung lässt die ursprünglichen Leistungspflichten unberührt. Crocq weist allerdings darauf hin, dass der Verkäufer durch die Inzahlungnahme nicht das Eigentum erhält – das würde der US-amerikanischen Lösung entsprechen –, sondern lediglich das Recht, über die Sache zu verfügen247. Aus der Wertung des Eigentumsvorbehalts als sûreté ergibt sich des Weiteren, dass der Wert der Sache auf die offene Forderung angerechnet wird (Art. 2371 al. 2 C.civ.). Die Forderung erlischt in der Höhe des Werts der Kaufsache. Eine eventuelle Differenz aus dem Überschuss des Werts der Sache ist dem Schuldner zu erstatten (al. 2)248. 3.

Bewertung beider Systeme

a.

Argumente aus der Sicht des Effektivitätsgebots

Hier stellt sich die Frage, inwieweit die Regeln der Verwertung die Sicherung des Gläubigers im Fall des Ausfalls des Schuldners tatsächlich unterstützen249. Die Sicherung kann faktisch z.B. dadurch beeinträchtigt werden, dass die Verfahrensschritte umständlich und zeitaufwendig sind oder dass dem Gläubiger nicht erlaubt wird, auf die Marktsituation zu reagieren und so einen bestmöglichen Erlös zu erzielen. (i) Das Verfahren der Verwertung Aus der Sicht des Vorbehaltsverkäufers sind das deutsche und auch das schweizerische Recht vorteilhaft: Sie ermöglichen eine unkomplizierte Rücknahme der Kaufsache. Gegebenenfalls erfordert das Schuldrecht, dass dem Käufer eine Frist für die Erbringung der Leistung gesetzt wird, bevor der Verkäufer zurücktreten und die Rückgewähr der Sache verlangen kann. Mit der Rücknahme der Sache tut der Verkäufer aus Sicht beider Rechte nichts anderes, als sein Eigentum geltend zu machen. Er kann daher, wenn 246

Crocq, La réserve de propriété, JCP suppl. au no 20 2006, p. 24. Crocq, La réserve de propriété, JCP suppl. au n o 20 2006, p. 24; so auch schon C.Cass.com. 5 mars 1996, Bull. civ. IV, n o 72, p. 59. 248 S. dazu Dirix, Remedies of Secured Creditors outside Insolvency, in: Eidenmüller/Kieninger (Hrsg.), The Future of Secured Credit in Europe, Berlin, De Gruyter 2008, 226; s.a. Kieninger, The Scope and Limits of Security Interests – Commentary, in: Eidenmüller/Kieninger (eds.), The Future of Secured Credit in Europe, Berlin 2008, 223. 249 S. zur Bedeutung des Verwertungsverfahrens für die Effektivität der Kreditsicherheit Röver, Secured Lending, p. 289; Armour, The Law and Economics Debate, p. 19 (m.w.N.); Dirix, 223; Aeschlimann, Défaillance, réalisation et insolvabilité: Le point de vue du praticien sur quelques questions choisies, in: Foëx/Thévenoz/Bazinas (édts.), Réforme des sûretés mobilières – Les enseignements du Guide legislative de la CNUDCI, Genève 2007, 153. 247

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

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er den Besitz erhalten hat, mit der Sache nach Belieben verfahren und muss niemandem über ihren Wert Rechnung legen. Insbesondere erleichtert es die Verwertung, dass er auf mögliche weitere Rechtsinhaber keine Rücksicht nehmen muss. Nach US-amerikanischem Recht ist die Rücknahme der Sache (repossession) dagegen nur Voraussetzung der Verwertung. Der Gläubiger kann es nicht dabei belassen, sondern muss weitere Schritte unternehmen. Da er nicht als Eigentümer der Kaufsache gilt, kann er die Sache nicht einfach behalten, sondern muss eine der beiden Verwertungsarten (Inzahlungnahme oder Veräusserung der Sache) einleiten. Schuldner und interessierte Dritte können den Gläubiger schliesslich zur Veräusserung der Vorbehaltssache zwingen250. Der Gläubiger ist anders als im deutschen oder schweizerischen Recht in seiner Entscheidung nicht unabhängig. Bevor er die Verwertung selbst beginnen kann, muss er Dritte, die ebenfalls ein security interest am gleichen Gegenstand registriert haben oder die sonst ihm gegenüber ein Recht am Gegenstand geltend gemacht haben, von seiner Verwertungabsicht informieren. Was die Veräusserung selbst anbelangt, lässt Article 9 UCC dagegen den Gläubigern viel Freiraum251, um Marktvorteile weitestgehend auszunutzen. In dieser Hinsicht unterstützt er die effektive Sicherung der Gläubiger. Aus der Sicht des einzelnen Vorbehaltsverkäufers wirkt Article 9 UCC, besonders wegen der Benachrichtigungspflichten gegenüber Dritten, etwas umständlich. Aus der Gesamtsicht allerdings stellt sich die Bewertung anders dar. Die Benachrichtigungspflicht dient der Effektivität der Rechte Dritter am gleichen Gegenstand. Da der verwertende Gläubiger andere möglicherweise betroffene Gläubiger vor der Verwertung benachrichten muss, kann er sich nicht über deren Rechte hinwegsetzen. Diese können sein Vorgehen kontrollieren und somit die Chance eines maximalen Erlöses und damit auch die Aussicht der Befriedigung nachrangiger Gläubiger erhöhen. Dieser Schutz weiterer Gläubiger ist dagegen nach der Grundkonzeption des deutschen und schweizerischen Rechts nicht notwendig, da andere Kreditsicherheiten neben dem Eigentumsvorbehalt grundsätzlich nicht bestehen können252. Es lässt sich mithin feststellen, dass das US-amerikanische Recht dem Eigentumsvorbehaltsverkäufer die Verwertung etwas schwerer macht, als 250

Das erscheint besonders dann sinnvoll, wenn die Veräusserung einen über die Höhe der gesicherten Forderung hinausgehenden Erlös erwarten lässt und generell, wenn mehrere Gläubiger vorhanden sind. 251 Der Gläubiger hat grösstmögliche Freiheit, sofern seine Handlungen „commercially reasonable“ sind, vgl. Art. 9-610 (b) UCC. 252 Denkbar wäre aber der gutgläubige Erwerb eines Pfandrechts durch einen Dritten. Anknüpfungspunkt für „nachrangige“ Rechte kann u.U. auch das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers sein.

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Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

das deutsche oder schweizerische Recht. Allerdings ist dieser Umstand im Rahmen der gesamten Regulierungsentscheidung in Bezug auf alle Kreditsicherheiten zu würdigen. Der funktionale und unitäre Ansatz behandelt alle Kreditsicherheiten gleich. Dazu gehört auch die Gleichbehandlung aller Arten von Erwerbskreditgebern – egal, ob Verkäufer oder Geldkreditgeber. Durch diese Entscheidung will Article 9 UCC deren Wettbewerb fördern, um so in makroökonomischer Sicht zur Verringerung des Kreditpreises beizutragen. (ii) Die Bedeutung des Eigentums an einer speziellen Sache Article 9 UCC anerkennt nicht das Eigentum des Vorbehaltsverkäufers. Um sich im Rahmen der Verwertung das Eigentum wieder zu verschaffen, muss er die Sache in Zahlung nehmen (strict foreclosure). Dass für Article 9 UCC allein der Sicherungswert der Sache zählt, nicht aber das Eigentum des Vorbehaltsverkäufers, kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass Schuldner und andere Rechtsinhaber den Gläubiger zum Verkauf zwingen können. Deutsches und schweizerisches Recht sind in diesem Sinne vorteilhafter für den Verkäufer, da sie sein Interesse an der Sache selbst schützen. Ein wirklicher Vorteil der Lösung dieser Rechtsordnungen wäre darin aber nur dann zu sehen, wenn ein Interesse des Eigentumsvorbehaltsverkäufers über den Sicherungswert hinaus an der Sache selbst anzuerkennen wäre. Ob der Verkäufer über die Befriedigung seiner Forderung hinaus ein Interesse an der Kaufsache selbst hat, ist fraglich. b.

Argumente aus Sicht der Kosten-Nutzen-Effizienz

Hier stellt sich die Frage nach dem Aufwand der Verwertung. Der Vorteil des deutschen und schweizerischen Rechts liegt darin, dass sich der Verkäufer – zumindest wenn sich der Käufer noch im Besitz der Sache befindet – bei der Verwertung grundsätzlich nur an den Käufer halten muss. Um Dritte muss er sich nicht kümmern. Er muss den Rücktritt erklären und kann die Sache dann aufgrund des Rückgewährschuldverhältnisses herausverlangen. Wie schon dargelegt, ist Article 9 UCC, der die normalen Regeln über die Verwertung des security interest anwendet, aufwendiger. Das gilt besonders vor dem Hintergrund, dass der Gläubiger zur Durchführung des Verkaufs gezwungen werden kann. Des Weiteren fallen Kosten im Rahmen der Benachrichtigungspflichten an.

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c. Argumente aus der ökonomischen Betrachtung der Kreditsicherungsrechte (i) Klassische ökonomische Sichtweise Nach mikroökonomischer Sicht sinkt der Kreditpreis, je besser die Risikoaussicht des Gläubigers ist. Vorteilhaft in diesem Sinne ist ein unkompliziertes Verwertungsverfahren, das ein bestmögliches Ergebnis gewährleistet. Wenn man die Betrachtung auf den Sicherungswert der Kaufsache beschränkt, ergibt sich zwischen beiden Systemen nur ein geringer Unterschied. Im deutschen und schweizerischen Recht muss der Verkäufer die Sache im eigentlichen Sinne gar nicht verwerten, da sie ihm gehört. Er kann mit ihr verfahren, wie er will. Das US-amerikanische Recht gesteht dem Verkäufer ein Verwertungsrecht an der Sache des Schuldners zu. Er muss Verfahrensschritte einhalten, die nach deutschem oder schweizerischem Recht nicht erforderlich sind. In diesem Sinne ist das USamerikanische Recht komplizierter. Was die Durchführung der Verwertung im engeren Sinne anbelangt, gibt Article 9 UCC dem Eigentumsvorbehaltsverkäufer (wie jedem anderen gesicherten Gläubiger auch) einen grossen Gestaltungsspielraum, um einen optimalen Erlös zu ermöglichen. Ihm steht jede wirtschaftlich vernünftige Verfahrensweise zur Verfügung253. Sofern man dagegen ein Interesse des Vorbehaltsverkäufers an der Sache selbst anerkennt, sind die US-amerikanischen Vorschriften zur Verwertung aus seiner Sicht riskant, da ihm die Möglichkeit der Inzahlungnahme der Sache nicht garantiert wird254. Aus makroökonomischer Sicht ist die Frage der Zuordnung eines eventuellen Überschusses des Werts der Kaufsache für das Kriterium der effizienten Ressourcenverteilung relevant. Zugunsten des US-amerikanischen Rechts könnte hier sprechen, dass die Auszahlung eines eventuellen Überschusses an den Schuldner anderen ungesicherten Gläubigern zugute kommen könnte. Der Überschuss würde damit der Person zugute kommen, die ihn besonders nötig hat. Der Schuldner könnte ihn zur Tilgung anderer Verbindlichkeiten verwenden. Es gibt einen weiteren Vorteil: Wenn der Gläubiger Rechnung ablegen muss über einen eventuellen Überschuss, dann schafft das einen Anreiz für andere Gläubiger, den Verwertungsprozess genau zu verfolgen, was die Chancen auf einen höchstmöglichen Er-

253

Art. 9-610 (a) UCC a.E. Das französische Recht stellt hier den Mittelweg dar: Der Eigentumsvorbehaltsverkäufer kann nicht zur Verwertung durch Verkauf gezwungen werden. Auf der anderen Seite muss er aber Rechnung über den Wert der Sache zum Zeitpunkt der Rücknahme ablegen und einen eventuellen Überschuss erstatten (Art. 2371 al. 1 et 2 C.civ.). 254

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lös steigert255. Dass Article 9 UCC einen eventuellen Überschuss dem Schuldner zuordnet, ist mithin positiv im Sinne der Allokationseffizienz. (ii) Ansätze aus dem Bereich der Neuen Institutionenökonomik Nach dem bisher Gesagten verursachen das deutsche und das schweizerische Recht für die Parteien des Eigentumsvorbehaltskaufvertrags geringere Transaktionskosten als das US-amerikanische Recht. Letzteres verlangt selbst bei Vorbehaltskaufverträgen über Sachen von geringem Wert, dass die Verwertung nach den Vorschriften des Article 9 UCC erfolgt. Auf der anderen Seite gibt es aus globaler Sicht aber Vorteile zugunsten des USamerikanischen Rechts. Da Dritte, die ebenfalls Rechte an Sachen des gleichen Schuldners geltend machen, damit rechnen können, informiert zu werden, bevor ein anderer Gläubiger Verwertungshandlungen einleitet, verringern sich deren Transaktionskosten. Sie müssen nicht dauernd überprüfen, ob ihr Schuldner in die Gefahr der Vollstreckung durch andere Gläubiger gerät. Für das deutsche und schweizerische Recht würde die Information anderer Gläubiger ebenfalls sinnvoll sein, da jene so in die Lage versetzt würden zu entscheiden, die offene Kaufpreisforderung anstelle ihres Schuldners zu begleichen, um das Eigentum an der Kaufsache zu erwerben. Die Benachrichtigungspflicht liefert auch aus Sicht der PropertyRights-Analyse ein Argument. Article 9 UCC schützt durch die Benachrichtigungspflicht die Rechte anderer Gläubiger, die neben dem Recht des Vorbehaltsverkäufers existieren können. Das deutsche und das schweizerische Recht schützen andere Gläubiger nur über die Gutglaubensvorschriften. Dabei kommt es aber häufig zu „entweder-oder“-Situationen. Falls ein Dritter die unter Vorbehalt stehende Sache gutgläubig erwirbt, verliert der Verkäufer das Eigentum. Falls ein Dritter ein Pfandrecht gutgläubig erwirbt, belastet es das Eigentum des Vorbehaltsverkäufers. Es kommt mithin eher zu einer Verdrängung, als zu einem Nebeneinander von Rechten. Die Verdrängung von Rechten ist aber für die sinnvolle Ausnutzung des Vermögens zu Sicherungszwecken nachteilig. (iii) Ergebnisse Aus Sicht des einzelnen Kaufvertragsverhältnisses sind das deutsche und schweizerische Recht vorteilhaft. Sie ermöglichen dem Eigentumsvorbehaltsverkäufer eine unkomplizierte Rücknahme der Sache. Ein Verwertungsverfahren im engeren Sinne muss nicht durchgeführt werden. Article 9 UCC ist nach dieser Sicht nicht so vorteilhaft, da er einen grösseren Aufwand erfordert. Der Gläubiger muss nach der Rücknahme zusätzliche 255

So UNCITRAL-Legislative Guide, Ch. IX, Erwägunsgrund 195.

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

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Verwertungsschritte unternehmen. Die Verwertung muss auch Dritten angedroht werden. Im Rahmen der Verwertung selbst achtet Artice 9 UCC aber auf grösstmögliche Freiheit bei der Durchführung der Veräusserung. Das eventuelle Interesse des Verkäufers an der Sache selbst wird allerdings nicht geschützt. Als positiv wurden letztendlich die Pflicht zur Rechnungslegung und die Zuordnung eines eventuellen Überschusses an den Schuldner gewertet. Die genannten Unterschiede sind indes lediglich Folgen der unterschiedlichen Ansätze im Umgang mit den Eigentumssicherheiten auf der Ebene des Mobiliarkreditsicherungsrechts als Ganzes. Dass Article 9 UCC die Benachrichtigung anderer gesicherter Gläubiger verlangt, hängt damit zusammen, dass er Eigentumssicherheiten in security interests umcharakterisiert und damit erst die Möglichkeit schafft, dass neben dem Recht des Vorbehaltsverkäufers andere Rechte an der gleichen Sache existieren können. Das ist nach der Konzeption des deutschen oder schweizerischen Kreditsicherungsrechts nicht der Fall. Wenn man die Verwertungsregeln des US-amerikanischen Rechts mithin im Zusammanhang mit seiner Entscheidung für den unitären Ansatz sieht, dann ist die Pflicht der Benachrichtigung anderer Gläubiger als positiv zu werten. Sie schützt die Effektivität ihrer Rechte an derselben Sache. Die Verwertungsvorschriften von Article 9 UCC sind kohärent mit seiner Politik, alle gesicherten Gläubiger gleich zu behandeln und insbesondere den Wettbewerb von Erwerbskreditgebern zu ermöglichen. Obwohl er einem einzelnen Gläubiger möglicherweise mehr Lasten aufbürdet, kann ein solcher Ansatz – wenn man das gesamte System der Kreditsicherheiten betrachtet – insgesamt Effizienzvorteile aufweisen. Diese ergeben sich aber – wie schon angedeutet – dann nicht aus den Verwertungsvorschriften für sich betrachtet, sondern aus dem gesamten Ansatz. Die Regeln über die Verwertung können mithin nicht getrennt von der das gesamte Mobiliarkreditsicherungsrecht durchziehenden Regulierungsentscheidung gesehen werden. Hintergrund des unterschiedlichen Verfahrens mit dem Eigentumsvorbehalt in diesem Rahmen ist das unterschiedliche Verständnis dessen, von welchen Rechtsbereichen er beeinflusst wird bzw. welcher Rechtsbereich sich bei seiner Regelung durchsetzen sollte. Wie gezeigt wurde, geben beide Lösungsansätze dem Kreditsicherungsrecht und dem Kaufrechts jeweils unterschiedliche Gewichtungen. Die Entscheidung über die Verwertungsregeln muss an diesem grundlegenden Punkt ansetzen. 4.

Mögliche Schwachpunkte bei Article 9 UCC

Indem er den Eigentumsvorbehalt den Verwertungsregeln des security interest komplett unterwirft, zeigt Article 9 UCC, dass er ihn pauschal als

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Kreditsicherungsrecht versteht. Damit unterschlägt er aber, dass der Eigentumsvorbehalt auch einen starken kaufrechtlichen Aspekt hat256. In der Konsequenz wendet Article 9 UCC seine Verwertungsvorschriften ausnahmslos auf jeden Eigentumsvorbehalt an, unabhängig vom Wert der Kaufsache und der Schutzbedürftigkeit der Beteiligten. Das erscheint besonders vor dem Hintergrund der umfassenden Benachrichtigungserfordernisse aufwendig. Deshalb ist in der Vergangenheit gefordert worden, kaufrechtliche Rückforderungsrechte zu erweitern257. 5.

Die Erfahrungen der Provinz Québec

In Québec ist bislang nicht eindeutig geklärt, welche Regeln auf die Verwertung des Eigentumsvorbehalts Anwendung finden sollen. Diese Unklarheit ist Ausdruck einer Unsicherheit über das Wesen des Eigentumsvorbehalts und wie die Konkurrenz zwischen dem Recht der Kreditsicherheiten und dem Kaufrecht entschieden werden sollte. Laut Art. 1749 al. 1 CCQ muss der Verkäufer, der sich für die Rücknahme der Kaufsache (reprise de possession)258 entscheidet, die „auf die Ausübung der Rechte des Hypothekars anwendbaren Regeln“ beachten259. Unklar ist, wie weit dieser Verweis reicht. Unstrittig ist allein, dass der Vorbehaltsverkäufer den mesures préalables à l’exercice des droits hypothécaires unterworfen ist260. Das bedeutet v.a., dass er der Person, gegenüber der er sein Recht durchsetzen möchte (d.h. dem Schuldner, Sicherungsschuldner oder einem Dritten, der sich im Besitz der Sache befindet),

256 Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 588 deuten an, dass den Autoren von Article 9 UCC doch klar gewesen sein muss, dass die Wertung als Kreditsicherheit nicht so eindeutig ist, denn sonst hätten sie es – so das Argument – nicht für notwendig befunden, den Eigentumsvorbehalt ausdrücklich in ein security interest umzucharakterisieren, vgl. Art. 1-201 (b) (35) UCC. 257 Dabei geht es um das Recht des Verkäufers aus Art. 2-702 (2) UCC, die Kaufsache von einem Käufer zurückzufordern, der sie zu einem Zeitpunkt auf Kredit empfangen hat, als er insolvent war. Das Recht gilt aber nur „within a reasonable time“ nachdem der Käufer die Waren empfangen hat. S. Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 594 mit Verweis auf Garvin, Credit, Information and Trust in the Law of Sales: The Credit Seller’s Right of Reclamation, 44 UCLA L. Rev. 247 (1996). 258 S. zu den Alternativen des Verkäufers Art. 1748 CCQ. 259 « [Le vendeur] est assujetti aux règles relatives à l’exercice des droits hypothécaires enoncées au livre Des priorités et des hypothèques (...) ». Das gilt für den Fall, dass kein Verbrauchervertrag gegeben ist. Davon soll hier ausgegangen werden. 260 D.h., den Vorbedingungen, die für den Eintritt in die eigentliche Verwertung erforderlich sind. Sie finden sich in den Art. 2757–2772 CCQ und betreffen das Erfordernis der Androhung der Verwertung (préavis/prior notice), die Rechte des Schuldners auf Auslösung oder Wiedereinsetzung und die Vorschriften über die Rücknahme der Sache (délaissement/surrender).

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

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die Verwertung androhen muss261. Die Androhung ist im Registre des droits personnels et réels mobiliers publik zu machen262. In der Androhung sind dem Adressaten alle Vertragsverstösse aufzuführen und es sind ihm 10 Tage Zeit zu lassen für die Rückgabe der Sache263. Die Unklarheit darüber, was der Eigentumsvorbehalt ist und welche Regeln auf seine Verwertung Anwendung finden sollen, spiegelt sich insbesondere in dem Streit wieder, ob der Verkäufer auch auf die Methoden der Verwertung der hypothèque verwiesen werden und damit für den Bereich der Verwertung einem Hypothekengläubiger gleichgestellt werden soll. Art. 1749 al. 1 CCQ in der alten Fassung von 1998 unterwarf die Rücknahme der Kaufsache ausdrücklich den Regeln der Inzahlungnahme (prise en paiement/taking in payment). Wie im US-amerikanischen Recht konnten damals der Schuldner oder ein anderer interessierter Gläubiger den Vorbehaltsverkäufer zwingen, auf die Inzahlungnahme zu verzichten und die Sache statt dessen zu verkaufen264. Seit die Norm jedoch auf die Verwertungsregeln der hypothèque verweist, wird teilweise vertreten, dass der Verkäufer nun zwischen allen vier Verwertungsarten wählen müsse265. Nach dieser Ansicht ist der Verweis auf Regeln der hypothèque ein Hinweis auf den Kreditsicherungscharakter des Eigentumsvorbehalts266. Danach würde die Rücknahme für sich genommen nicht mehr ausreichen und nur noch einen Zwischenschritt vor der eigentlichen Verwertung sein. In der Konsequenz wäre der Vorbehaltsverkäufer einem Hypothekengläubiger vollkommen gleichgestellt. Das widerspricht aber nach anderer Ansicht267 der Entscheidung des Gesetzgebers des Code civil von 1994, der den Eigentumsvorbehalt gerade nicht als hypothèque behandeln wollte. Deshalb müsse sich der Verweis auf die Regeln der hypothèque auf die mesures préalables beschränken. Auf die vier Verwertungsarten sei der Verkäufer dagegen nicht verwiesen. Durch die Gesetzesänderung sei auch 261

Art. 2757 CCQ. Dabei muss auch der Nachweis vorgelegt werden, dass der Verkäufer der Androhungspflicht nachgekommen ist, vgl. dazu Payette, no 2115. 263 Art. 2758 al. 2 CCQ sieht in Abhängigkeit von der Art der Sache und der Art des Rekurses verschiedene Fristen vor. Für einen Verbrauchervertrag gilt eine Frist von 30 Tagen. Bis zum Ablauf der Frist kann der Käufer oder ein anderer interessierter Dritter die Inbesitznahme verhindern, indem er die Forderung erfüllt oder – sofern möglich – die ausstehenden Raten nebst Kosten des Verkäufers zahlt. 264 Vgl. Art. 2779 CCQ; vgl. a. Grenon, Le credit-bail et la vente à temperament dans le Code Civil du Québec, 25 R.G.D. 229 (1994). 265 So Daoust/Deslauriers [et al.], obligations, 211. Diese Ansicht scheint sich auch die Cour d’Appel der Provinz zueigen gemacht zu haben, vgl. Case Crédit ltée c. Foresterie Bernier Inc., C.A. Québec no 200-09-004397-037, 29 novembre 2004, REJB 2004-80974. 266 Daoust/Deslauriers [et al.], obligations, 211. 267 Payette, no 2105. 262

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klargestellt worden, dass die Verwertung nicht mehr als Inzahlungnahme der Kaufsache angesehen werden dürfe. Als Eigentümer sei der Verkäufer ja bereits ohne gesetzliche Ermächtigung zu allen Möglichkeiten der Verwertung befugt268. Deshalb sei er nach der Rücknahme nicht zu weiteren Schritten verpflichtet. Diese letztgenannte Ansicht entspricht dem Verständnis des kanadischen Supreme Court von der Ausgestaltung des Eigentumsvorbehalts in der Provinz: „The legal relationship between the original buyer and the seller must always be interpreted as one of ownership in the legal sense and not as a security relationship. The reservation of ownership should therefore not be assimilated to a mere security”269. Wenn man der erstgenannten Ansicht folgt, wäre der Eigentumsvorbehaltsverkäufer auch an die formellen Voraussetzungen der einzelnen Verwertungsverfahren gebunden. Das bedeutet z.B., dass er selbst den Verkauf nur durchführen könnte, wenn es sich um für ein Unternehmen erworbene Gegenstände handelt270. Bei anderen Gegenständen müsste ein gerichtlich beaufsichtigter Verkauf stattfinden (vente sous contrôle de justice/sale by judicial authority)271. Das erscheint gerade beim Verkauf von Sachen von geringerem Wert als sehr umständlich272. Ein solches Verfahren ist als schwerfällig, komplex und kostenträchtig kritisiert worden. Besonders kleine und mittlere Unternehmen, die häufig auf den Eigentumsvorbehalt zurückgriffen, würden dadurch benachteiligt273. Wie mit einem möglichen Überschuss zu verfahren ist, hängt ebenfalls davon ab, welcher der beiden genannten Ansichten man sich anschliesst. Nach der ersten Ansicht könnte der Gläubiger, der den Kaufgegenstand in Zahlung nehmen will, auf den Verkauf verwiesen werden274. In diesem Rahmen muss er dem Eigentümer des Sicherungsgegenstands Rechnung ablegen und einen Überschuss erstatten275. Die Diskussion in Québec zeigt, wie sehr die Frage der auf die Verwertung anwendbaren Vorschriften die Grundproblematik des Wesens des Eigentumsvorbehalts und seiner Situierung im Recht der Kreditsicherheiten berührt.

268

Payette, no 2109. Ouellet, (Syndic de) [2004] 3 R.C.S. 348. 270 Das würde sich jedenfalls bei Anwendung des Art. 2784 CCQ ergeben, auf den Art. 1749 al. 1 CCQ mit verweist. 271 Art. 2791 CCQ. 272 Kritisch auch Boodman/Macdonald, 27 [1996] Can. Bus. L.J. 262. 273 So Grenon, 25 R.G.D. 228–230 (1994), m.w.N., zur alten Rechtslage, die die Verwertung des Eigentumsvorbehalts den Regeln der Inzahlungnahme unterwarf. 274 Art. 2779 CCQ. 275 Art. 2789 al. 2 CCQ. 269

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6. Diskussion möglicher Anpassungen beim deutschen und schweizerischen Recht der Kreditsicherheiten a. Vorrang des Kaufrechts oder Vorrang des Rechts der Kreditsicherheiten? Besonders im Zusammenhang mit dem Recht der Provinz Québec ist deutlich geworden, dass eine klare Zuordnung zu nur einer der beiden Rechtsbereiche beim Eigentumsvorbehalt nicht möglich ist. Er folgt vielmehr beiden Rechtsbereichen. Der Sicherungsaspekt des Eigentumsvorbehalts wird in seinem Ziel deutlich: Der Verkäufer will einen Teil seiner Leistung (den Eigentumsübergang) zurückbehalten, bis der Käufer den Kaufpreis vollständig gezahlt hat. Würde er das nicht tun, hätte er für seine Vorleistung keine Sicherheit276. Diese enge Beziehung zur Kaufpreisschuld lässt zugleich die Bedeutung des Kaufrechts erkennen: Die Sicherung ist ohne die spezifische kaufvertragliche Beziehung nicht denkbar. Zumindest in seiner Grundform kann der Vorbehalt nicht für eine Vielzahl von verschiedenen Forderungen eingesetzt werden, sondern dient der Sicherung eines ganz spezifischen Kaufpreisanspruchs. Eine weitere Besonderheit im Unterschied zu anderen Rechten, die der Kreditsicherung dienen, wie z.B. dem Pfandrecht, der hypothèque oder dem Sicherungseigentum, liegt darin, dass das Eigentum vom Verkäufer – dem Gläubiger – und nicht vom Schuldner herrührt277. Die oben angesprochenen Rechtsordnungen berücksichtigen Recht der Kreditsicherheiten und Kaufrecht in unterschiedlicher Weise. Article 9 UCC unterwirft den Eigentumsvorbehalt völlig dem Recht der Kreditsicherheiten. Deshalb berücksichtigt er auch nur das Interesse am Sachwert und verlangt die Herausgabe eines eventuellen Überschusses. In Québec ist man sich seit der Reform des Art. 1749 CCQ von 1998 in der Frage nicht einig. Deutschland und die Schweiz regeln ihn – für den Bereich der Verwertung – eher nach Massgabe des Kaufrechts bzw. des Schuldrechts. b.

Diskussion

Zu entscheiden ist, welcher der beiden Rechtsbereiche die Regeln über die Verwertung grundsätzlich folgen sollten. (i) Das Recht der Kreditsicherheiten Wollte man dem Recht der Kreditsicherheiten den Vorrang geben, wäre der Eigentumsvorbehalt an die Verwertungsregeln anderer Kreditsiche276 277

hin.

Vgl. nur Weber, 189. Darauf weisen Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 589

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Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

rungsrechte anzupassen. Wie oben dargelegt, berücksichtigt das Recht der Kreditsicherheiten die spezifischen Schutzinteressen des Sicherungsschuldners und anderer interessierter Dritter in der Verwertung. Der UNCITRAL-Leitfaden schlägt eine Lösung vor278, wie ein separat geregelter Eigentumsvorbehalt aussehen könnte, bei dem das Recht der Kreditsicherheiten den Vorrang erhält. Chapter IX (Acquisition Financing) macht in den Erwägungsgründen deutlich, dass auch dann, wenn dem Eigentumsvorbehalt in der Gesetzgebung eine besondere Stelle zugewiesen wird, die Gleichbehandlung aller Quellen des Erwerbskredits angestrebt werden sollte279. Wenn ein Staat sich gegen den unitary approach entscheide, sollten dennoch „functionally equivalent enforcement results“ ermöglicht werden280. Der Abschnitt drückt auch deutlich aus, was „volle funktionale Gleichwertigkeit“281 des Eigentumsvorbehalts bedeuten würde: Schuldner und interessierte Dritte sollen den Vorbehaltsverkäufer zwingen können, auf die Geltendmachung seines Eigentums zu verzichten und die Kaufsache wie ein Inhaber einer beschränkten dinglichen Sicherheit zu veräussern. Des Weiteren soll der Verkäufer Rechnung über einen eventuellen Überschuss (wie auch über ein Defizit) ablegen müssen und diesen an den Schuldner herausgeben. Die Empfehlungen (recommendations) drücken sich etwas vorsichtiger aus: Danach sollen „functionally equivalent economic results“282 erzielt werden (rec. 188). Rec. 200 (b) lässt einen vorsichtigen Verweis auf den Rechtsbereich des Kaufrechts erkennen: Es soll bei der Verwertung nur insoweit von den Regeln des security right abgewichen werden, als das notwendig ist, um die Kohärenz zu dem auf Kauf und Leasing anwendbaren Recht zu wahren283. Dafür, dem Eigentumsvorbehaltskäufer das Schutzniveau eines Sicherungsschuldners zu gewähren, spricht, dass sich seine Stellung mit zunehmenden Ratenzahlungen immer mehr an die eines Eigentümers annähert. Je mehr Raten er zahlt, desto mehr ähnelt die Situation bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise der Bestellung eines besitzlosen Pfandrechts des Verkäufers an einer Sache des Verkäufers. Auf der anderen Seite ist das gegen Anfang der Vertragsbeziehung gerade noch nicht so: Der Käufer hat zwar schon eine Anwartschaftsposition an der Kaufsache; diese

278

Alternative B im UNCITRAL-Legislative Guide, Ch. IX, Acquisition Financing. UNCITRAL-Legislative Guide, Ch. IX, Erwägungsgrund 194. 280 UNCITRAL-Legislative Guide, Ch. IX, Erwägungsgrund 196. 281 „[F]ull functional equivalence“, s. dazu UNCITRAL-Legislative Guide, Ch. IX, Erwägungsgrund 195. 282 Hervorhebung durch den Autor. 283 Rec. 200 (b): „(...) except as is necessary to preserve the coherence of the regime applicable to sale and lease“. 279

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ist aber noch nicht so verfestigt, dass es gerechtfertigt wäre, den Gläubiger auf ein Verwertungsverfahren zu verweisen284. Die Betrachtung des US-amerikanischen Rechts hat gezeigt, dass es erforderlich sein kann, andere Gläubiger mit Rechten an derselben Sache von der beabsichtigten Verwertung zu benachrichtigen, damit sie ihre Rechte geltend machen können. Fraglich ist, ob sich ein solches Schutzbedürfnis anderer Gläubiger auch bei der Verwertung des Eigentumsvorbehalts ergibt. Zwar kann es nachrangige Rechte an der Kaufsache nicht geben. Möglich ist aber, dass Dritte das Anwartschaftsrecht des Käufers erworben haben oder Rechte am Anwartschaftsrecht haben285. Die Rücknahme der Sache durch den Eigentumsvorbehaltsverkäufer würde das Anwartschaftsrecht zum Erlöschen bringen. Wenn der Käufer bereits einen wesentlichen Teil des Kaufpreises gezahlt hat, können diese Gläubiger interessiert sein, die noch offenen Raten zu zahlen, um damit ihre Rechtsposition an der unter Eigentumsvorbehalt verkauften Sache zu festigen286. In diesem Sinne könnte es sinnvoll sein, den Eigentumsvorbehaltsverkäufer zu verpflichten, Gläubiger mit Rechten am Anwartschaftsrecht von der bevorstehenden Verwertung zu unterrichten. Unklar ist aber, weshalb der UNCITRAL Legislative Guide dafür wirbt, dass Gläubiger mit Rechten am Anwartschaftsrecht den Verkäufer zur Veräusserung zwingen können sollten287. Sie sind keine nachrangigen Gläubiger, da ihr Recht mit dem Eigentumsvorbehalt steht und fällt. Falls die Veräusserung einen Überschuss erwarten lässt, haben diese Gläubiger keinen Vorteil gegenüber ungesicherten Gläubigern. Wenn man die Verwertung des Eigentumsvorbehalts in dem Masse der Logik der Kreditsicherung unterwirft, wie es die UNCITRALErwägungsgründe befürworten, dann sinkt das Eigentum des Verkäufers zu einem inhaltsleeren Konstrukt herab. Wenn der Eigentümer gezwungen werden kann, auf die Geltendmachung seines Rechts zu verzichten und die Kaufsache zu veräussern, wird in den Kern des Eigentumsrechts eingegriffen, nämlich ungestört nach eigenem Gutdünken über die eigene Sache verfügen zu können. Die Position des Eigentümers unterscheidet sich ele284 Das unterscheidet die Situation vom Geldkredit, der durch ein besitzloses Sicherungsrecht besichert wird. Hier ist der Schuldner Eigentümer der Sache. Das erfordert ein erhöhtes Schutzniveau bei der Verwertung durch den Gläubiger, der nicht Eigentümer ist, vgl. Bridge/Macdonald/Simmonds/Walsh, 44 [1999] McGill L.J. 590–591. 285 Bisher ist diese Situation im schweizerischen Recht mangels besitzlosen Sicherungsrechts undenkbar. Die Einführung eines Registerpfandrechts dürfte das ändern. 286 Wenn der Gläubiger, der das Anwartschaftsrecht erworben hat und den Kaufpreis an den Vorbehaltsverkäufer zahlt (vgl. für das deutsche Recht § 268 BGB), erwirbt er das Eigentum direkt, vgl. dazu Lux, Das Anwartschaftsrecht des dinglich Berechtigten in Einzelzwangsvollstreckung und Insolvenz, MDR 2008, 895, 899. 287 UNCITRAL-Legislative Guide, Ch. IX, Erwägungsgrund 194.

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mentar von der eines Gläubigers, der ein beschränktes dingliches Sicherungsrecht innehat: Letzterer ist nicht Eigentümer der Sache. Das Gesetz muss deshalb die Berechtigung zur Verwertung ausdrücklich einräumen und dazu ein Verfahren vorsehen, das die Rechte des Eigentümers und anderer Beteiligter ausreichend schützt. Beim Eigentumsvorbehalt ist die Situation aber anders: Der Eigentümer hat bereits alle möglichen Verfügungsrechte über seine Sache. Es sind mithin nur die Gründe wegzunehmen, die ihn an der Ausübung seiner Stellung hindern288. Dafür bedarf es aber nur des Rücktritts, der das Besitzrecht des Käufers zum Erlöschen bringt. Wenn der Eigentumsvorbehalt so umfassend an die Logik der Kreditsicherung angepasst werden soll, wie es die Erwägungsgründe von UNCITRAL vertreten, wäre es „aufrichtiger“, auf eine separate Regelung ganz zu verzichten. (ii) Das Kaufrecht Soweit die Entscheidung zugunsten der separaten Regelung des Eigentumsvorbehalts getroffen ist, ist es vor diesem Hintergrund vorteilhaft, die Verwertungsregeln grundsätzlich am Kaufrecht bzw. am Schuldrecht zu orientieren. Das Recht der Kreditsicherheiten tendiert dazu, das Interesse des Gläubigers auf den der Kaufsache innewohnenden Wert zu beschränken. Damit stellt sie den Verkäufer mit dem Geldkreditgeber gleich. Für das Kaufrecht spricht, dass es das Interesse des Verkäufers an der Kaufsache selbst respektiert. Hat aber der Eigentumsvorbehaltsverkäufer wirklich ein anderes Interesse an der Sache, als ein Geldkreditgeber? Gelegentlich ist mit dieser Annahme gegen die Gleichbehandlung von Waren- und Geldkredit argumentiert worden289. Als Anhaltspunkt bietet sich die unterschiedliche Herkunft des Eigentums in beiden Fällen an. Beim Geldkredit nimmt das Eigentum seinen Ursprung beim Schuldner bzw. verbleibt während der Dauer der Transaktion bei ihm. Beim Warenkredit geht das Eigentum dagegen vom Verkäufer aus. Rechtfertigt das aber eine unterschiedliche Behandlung? Dazu ist festzustellen, dass der Vorbehalt des Eigentums für den Warenkreditgeber erst einmal nur die naheliegendste Lösung ist. Er behält einfach einen Teil seiner Leistung zurück, bis die andere Seite auch vollständig leistet. Auch konzeptuell ist die Lösung einfacher, als wenn er erst das Eigentum übertragen würde und dann ein Sicherungsrecht am verkauften Gegenstand erhalten würde. Vor allem aber ist der Eigentumsvorbehalt besonders in Ländern mit zivilistischer Tradition die einzige Lösung, die 288 Das ist das Besitzrecht des Käufers, der Kaufvertrag. S. zu diesem Argument Payette, no 2109. 289 So Boodman/Macdonald, 27 [1996] Can. Bus. L.J. 260, die aber nicht sagen, worin dieses Interesse bestehen könnte.

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ihm als Erwerbskreditgeber effektiven Schutz gegen bereits bestehende revolvierende Globalsicherheiten bietet290. Es ist deshalb fraglich, ob Erwerbskreditgeber weiterhin auf den Eigentumsvorbehalt zurückgreifen würden, wenn nationalstaatliche Rechte zu ihren Gunsten z.B. ein Registerpfandrecht mit einem Vorrang nach dem Vorbild des purchase money security interest ausstatten würden291. Auch dann, wenn neben dem Eigentumsvorbehalt ein beschränktes dingliches Recht zur Verfügung stünde, das dem Verkäufer ausreichenden Schutz in der Insolvenz gäbe, wäre die Sonderbehandlung des Eigentumsvorbehalts in der Verwertung gerechtfertigt, wenn man ein Interesse des Verkäufers an der Substanz der Sache – und nicht nur an dem ihr innewohnenden Wert – begründen könnte. In Betracht kommen dabei Motivationen des Kreditgebers, die über die blosse Sicherung hinausgehen. Denkbar ist z.B., dass dem Verkäufer daran gelegen ist, eine Sache, die für ihn einen grossen Affektionswert hat, nur an eine bestimmte Person zu verkaufen, z.B. weil er nur diese Person oder dieses Unternehmen als würdigen Eigentümer ansieht, andere dagegen nicht292. Nach Foëx293 kann ein Gläubiger mit dem Eigentumsvorbehalt auch das Interesse verfolgen, die Kontrolle über die verkaufte Sache weiter auszuüben. Das könne z.B. der Fall sein, wenn er verhindern wolle, dass eine wertvolle Metallverbindung bei der Insolvenz des mit der Verarbeitung beauftragten Unternehmens in die Hände eines Konkurrenten fällt294. Einschränkend muss dazu gesagt werden, dass der Verkäufer sein zusätzliches Interesse nur solange durchsetzen kann, wie der Eigentumsvorbehalt besteht. Wenn die Insolvenz des Käufers zu einem Zeitpunkt eintritt, in dem der Kaufpreis beglichen ist, kann sich der Gläubiger mit dem Eigentumsvorbehalt nicht behelfen. Wie der von Foëx in Bezug genommene Entscheid295 zeigt, geht es deshalb insbesondere um Sachverhalte, in denen es nur zu einem zeitweiligen Besitzübergang kommt und der Über290 Hörmann, „Die insolvenzrechtliche Stellung von Geldkreditgebern wird durch die Verschaffung von Sicherungsmitteln eines Warenkreditgebers nicht verbessert” (Kommentar zu BGH IX ZR 220/05), BB 2008, 1084, 1085. 291 Hier ist allerdings darauf zu achten, dass sich Erwerbskreditgeber solange für den Eigentumsvorbehalt entscheiden werden, wie staatliche Insolvenzverfahren das einen Erwerbskredit sichernde beschränkte dingliche Sicherungsrecht nicht mit dem gleichen Effektivitätsniveau ausstatten, wie den Eigentumsvorbehalt. Reform des Rechts der Kreditsicherheiten und Reform des Insolvenzrechts müssen daher Hand in Hand gehen. 292 Z.B. beim Verkauf von wertvollem Mobiliar (Familienerbstücken) oder einem Grundstück, das aufgrund seiner Naturschutzbedeutung nur an Personen veräussert werden soll, die entsprechende Anliegen teilen. 293 Das ist von Foëx, Types et création, p. 67, vorgebracht worden. 294 Foëx, Types et création, p. 67, verweist dazu auf BGE v. 14.1.2003, SJ 2003 I 312 (vorhergehend Tribunal Cantonal de Neuchâtel v. 9.7.2002, no de dossier: CC.1997.707). 295 BGE v. 14.1.2003, SJ 2003 I 312.

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gang des Eigentums für die Parteien nicht im Vordergrund steht. In dem genannten Fall sollten wertvolle Rohstoffe an ein verarbeitendes Unternehmen übergeben werden, das daraus Gravuren für Uhren herstellen sollte. Der weitaus grössere Teil des Rohstoffs wurde nicht verwendet und sollte wieder an den Eigentümer zurückgegeben werden. Die Parteien hatten keine klare Abmachung über die Zuordnung des unverarbeiteten Teils des Rohstoffs getroffen. In diesen Fällen besteht ein Interesse des Eigentümers, dass sein Eigentum von Dritten und insbesondere vom Insolvenzverwalter des „Käufers“ anerkannt wird296. Allerdings werden sich die Parteien in diesen Fällen vielfach bereits durch klare vertragliche Abmachungen behelfen können, die auch für den Insolvenzverwalter bindend sind297. Ein unzweideutiger Klarstellungseffekt eines eingetragenen Eigentumsvorbehalts ist aber nicht von der Hand zu weisen. Für die Sonderbehandlung des Eigentumsvorbehalts auf der Basis des Kaufrechts würde auch sprechen, wenn bereits das Schuldrecht der Rücknahme der Sache durch den Verkäufer Schranken setzte und somit den Sicherungsschuldner vor rabiaten Verwertungsmethoden schützte. Das Schuldrecht beachtet die Schutzinteressen des Käufers. Der Verkäufer kann die Sache nicht ohne Erklärung des Rücktritts vom Vertrag herausverlangen298. Der Verzug allein reicht grundsätzlich nicht aus. Der Verkäufer muss dem Käufer noch eine Frist zur Nacherfüllung setzen299. Im deutschen Recht wird der Schutz des Käufers besonders beim Verbrauchervertrag deutlich: Der Verkäufer kann nur dann zurücktreten, wenn der Käufer mit zwei aufeinanderfolgenden Raten ausgefallen und dabei mit wenigstens 10 % der Kaufpreissumme in Verzug ist. Dazu muss der Verkäufer eine Nacherfüllungsfrist von zwei Wochen setzen300. Der Schuldner bekommt dadurch eine weitere Frist, in der er die Schuld erfüllen kann. Die Vorschrift verhindert des Weiteren die Ausübung des Rücktritts bei geringfügiger Vertragsverletzung. Mithin wird der Schuldner auch ohne die typischen Verwertungsvorschriften der Kreditsicherungsrechte gegen rücksichtslose Verwertungsmassnahmen des Verkäufers geschützt. Gläubiger mit Rechten am Anwartschaftsrecht des Käufers werden allerdings nicht 296 Diese Fälle werden im US-amerikanischen Recht unter dem Stichwort bailment for commodity processing behandelt. Im Vordergrund steht dabei allerdings das Problem, dass Dritte das Eigentum des Auftraggebers nicht erkennen können. Deshalb hat man dort vorgeschlagen, diese Vereinbarungen dem Anwendungsbereich von Article 9 UCC zu unterwerfen, auch wenn kein Sicherungszweck verfolgt wird. 297 In dem Fall BGE v. 14.1.2003, SJ 2003 I 312 gaben die Parteien widersprüchliche Angaben ab, was mit den nicht verwendeten Rohstoffen geschehen sollte. 298 Vgl. nur für das deutsche Recht § 449 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 323, 346 ff. BGB. 299 § 323 Abs. 1 BGB. 300 §§ 508 Abs. 2 S. 1, 498 S. 1 BGB. Nach schweizerischem Recht gilt ebenfalls die 10% - Regel, vgl. Art. 18 Abs. 1 KKG.

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geschützt, da die Rücktrittsvorschriften nur das Verhältnis zwischen Verkäufer und Käufer betrachten. Ein weiterer Grund für die Sonderbehandlung des Eigentumsvorbehalts durch das Kaufrecht liegt in der Rechtspolitik: Die politische Entscheidung des Gesetzgebers, den Warenkreditgeber vor dem Geldkreditgeber bevorzugt zu behandeln, wird unterstützt301. Gerade in Volkswirtschaften, in denen kleine und mittlere Unternehmen, die auf den Verkauf unter Eigentumsvorbehalt angewiesen sind, eine besondere Rolle spielen, kann es sinnvoll sein, auf die Gleichbehandung unterschiedlicher Erwerbskreditgeber zu verzichten. (iii) Entscheidung im Grundsatz Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass sich die Verwertung des Eigentumsvorbehalts im Grundsatz nach dem Kaufrecht richten sollte. So wird gewährleistet, dass die Durchsetzung des Eigentumsvorbehalts als wichtiges Sicherungsmittel kleiner und mittlerer Betriebe nicht mit formalen Anforderungen überladen wird. Nur so wird auch das Interesse des Verkäufers an seiner Sache respektiert. Letztendlich zeigt sich darin die Konsequenz der Entscheidung für die separate Regulierung der Eigentumssicherheiten und gegen den unitären Ansatz. Das bedeutet, dass der Verkäufer die Sache nach der Erklärung des Rücktritts herausverlangen kann, ohne weitere Verwertungsschritte zu unternehmen. (iv) Die übrigen gesicherten Gläubiger des Käufers Allerdings stellt sich die Frage, ob durch eine Anpassung einzelner Regelungen eine Verbesserung der Stellung der anderen Gläubiger des Käufers erreicht werden kann. Während im Recht von Article 9 UCC andere Gläubiger des Käufers ebenfalls Sicherungsrechte an der Kaufsache erwerben können und damit in die volle Stellung eines secured creditor einrücken, haben diese Gläubiger im deutschen oder schweizerischen Recht nicht den gleichen Stand, was sich negativ auf die Verfügbarkeit weiteren Kredits für den Vorbehaltskäufer auswirken und auch in gesamtwirtschaftlicher Sicht Nachteile haben könnte. Diese Gläubiger können den im Laufe der Ratenzahlungen steigenden Überschuss des Sachwerts über die Forderung nicht mit der Bestellung eines Sicherungsrechts ausnutzen. Zwar bleibt die Möglichkeit des Erwerbs eines Rechts am Anwartschaftsrecht des Käu-

301

S. ausführlich zu dieser Grundentscheidung des deutschen Gesetzgebers BGH NJW 2008, 1803, 1805–1806. S.a. oben in Teil 2 die Fallgruppe 1 zum Eigentumsvorbehalt.

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fers302, doch ist die Verwirklichung des Rechts dem Risiko des Wegfalls303 des Kaufvertrags ausgesetzt. In rechtlicher Sicht unterscheidet sich die Stellung des Anwartschaftsberechtigten304 von der Stellung eines secured creditor bzw. Pfandgläubigers. Das Recht des secured creditor ist unbedingt existent, aber nachrangig. Es haftet unmittelbar der Sache selbst an. Das Recht des Ersteren ist dagegen durch die Erfüllung des Kaufvertrags bedingt. Ein secured creditor nach Article 9 UCC würde bei Inzahlungnahme der Sache durch den Verkäufer sein Recht verlieren. Bei einem Gläubiger mit Pfandrecht am Anwartschaftsrecht des Käufers würde das Recht beim Rücktritt des Verkäufers dagegen nicht zur Entstehung gelangen305. Ein Interesse an der Besserstellung der genannten Gläubiger kann aber aus den genannten wirtschaftlichen Erwägungen bestehen. In Betracht zu ziehen ist, ob die genannten Gläubiger von einem eventuellen Überschuss der Sache über die Forderung profitieren sollen und ob Inhaber von Rechten am Anwartschaftsrecht vom bevorstehenden Rücktritt zu informieren sind. (a) Zuordnung eines Überschusses an den Käufer? Oben ist festgestellt worden, dass die Zuordnung eines eventuellen Überschusses an den Eigentumsvorbehaltskäufer positiv im Sinne der Allokationseffizienz ist. Das folgende Beispiel306 zeigt aber, dass die Pflicht zur Erstattung eines Überschusses ein konzeptuelles Problem aufwirft, das sich an den gerade aufgestellten Grundsätzen für die Verwertung stösst: V verkauft einen Pkw (Wert: 10.000 EUR) an K zum Preis von 9.000 EUR unter Eigentumsvorbehalt. Nachdem K 1.000 EUR gezahlt hat, stellt er die Zahlungen ein. Nach erfolgloser Fristsetzung tritt V vom Kaufvertrag zurück (bzw. droht die Verwertung an). Nach dem Vorschlag des UNCITRAL Legislative Guide307 muss V folgendermassen verfahren: Nachdem er den Besitz erhalten hat, verkauft er den PkW. Es soll angenommen werden, dass er entsprechend dem Wert des Pkw einen Erlös von 10.000 EUR erzielt. Aus der Differenz zur noch offenen Forderung von 8.000 EUR ergibt sich ein Überschuss von 2.000 EUR, der an den Vorbehaltskäufer K zu 302 Das ist jedoch – wie schon dargelegt – im schweizerischen Recht praktisch nicht möglich, wenn der Käufer im Besitz der Kaufsache bleiben will. 303 Bzw. dem Risiko der Umwandlung des Kaufvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis. 304 Das schliesst hier auch den Inhaber eines Pfandrechts am Anwartschaftsrecht ein. 305 Lux, MDR 2008, 895, 896. 306 Lösung des Beispielfalls nach dem Vorschlag des UNCITRAL-Legislative Guide, dem französischen, dem deutschen und dem schweizerischen Recht. 307 UNCITRAL-Legislative Guide, Ch. IX, Erwägungsgründe 194–195. Rec. 200 ist neutraler ausgedrückt, lässt aber in lit. (b) eine klare Tendenz erkennen. Hier wird davon ausgegangen, dass V den Gegenstand durch Verkauf verwertet.

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zahlen ist. Unter Berücksichtigung der bereits gezahlten 1.000 EUR macht K einen „Gewinn“ von 1.000 EUR, mithin in der Höhe, in der der Wert der Kaufsache den Kaufpreis überschreitet. Das französische Recht unterscheidet sich vom UNCITRAL-Vorschlag dadurch, dass V den Gegenstand nur zurückzunehmen braucht, ohne ihn z.B. durch Verkauf zu verwerten. Dagegen bleiben die Leistungspflichten weiter bestehen. Der Wert der zurückgenommenen Sache ist zahlungshalber auf die noch offene Forderung anzurechnen (Art. 2371 al. 2 C.civ.). Der Verkäufer schuldet dem Käufer einen eventuellen Überschuss des Werts (al. 3). Das führt zum gleichen Ergebnis wie bei UNCITRAL: V schuldet K 2.000 EUR. Merkwürdig an der französischen Lösung ist jedoch, dass sie dem Vorbild der Inzahlungnahme nach Article 9 UCC308 folgt und daran die Pflicht der Erstattung eines Überschusses anschliesst, obwohl Article 9 UCC diese bei der Inzahlungnahme gerade ausschliesst. Die Zahlung eines Überschusses an den Verkauf zu knüpfen, ist insofern sinnvoll, als der Kaufpreis einen Wert darstellt, der gegen die offene Forderung angerechnet werden kann. Wenn der Code civil den die Sache in Zahlung nehmenden Verkäufer nun aber zur Bewertung der Sache verpflichtet, dann zwingt er ihn praktisch dazu, diese zu veräussern. Das gilt insbesondere, wenn es dem Verkäufer an verfügbaren Barmitteln mangelt, um dem Schuldner die Wertdifferenz zu erstatten. Wollte er die Sache nicht veräussern, müsste ein Sachverständiger mit der Bewertung der Sache beauftragt werden, dessen Unabhängigkeit sicherzustellen wäre. Das deutsche und auch das schweizerische Recht unterscheiden sich von den vorher genannten dadurch, dass die ursprünglichen Leistungspflichten nicht mehr fortbestehen. Der Rücktritt führt zur Umwandlung in ein Rückgewährschuldverhältnis. V muss dem K die bereits gezahlten 1.000 EUR zurückgeben und K muss den Pkw an V herausgeben. Da die ursprünglichen Leistungspflichten nicht mehr bestehen, kann es auch nicht zu einer Anrechnung des Werts der Sache und zu der Auszahlung eines Überschusses kommen. Der Fall zeigt, dass die Pflicht der Erstattung des Überschusses nicht mit der Entscheidung für die Verwertung infolge einfachen Rücktritts übereinstimmt. Die Erstattung des Überschusses setzt die Verrechnung mit der Kaufpreisforderung voraus. Diese besteht aber nach der Erklärung des Rücktritts nicht mehr in der gleichen Form. Schon deshalb widerspricht die Erstattung des Überschusses der grundsätzlichen Entscheidung für die Verwertung durch Rücktritt. Gegen die Zuordnung eines Überschusses an den Schuldner spricht weiterhin, dass der Verkäufer im Fall eines Überschusses entweder von vornherein zum Verkauf verpflichtet ist oder – wie das französische Recht zeigt – faktisch zum Verkauf verpflichtet wird. Damit wird aber sein eventuelles 308

Art. 9-620 UCC = Acceptance of collateral in full or partial satisfaction.

364

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

Interesse an der Sache selbst und nicht nur am Sicherungswert nicht mehr respektiert. Die Erstattung eines Überschusses an den Schuldner ist deshalb abzulehnen. (b) Benachrichtigung der Inhaber von Rechten am Anwartschaftsrecht? Es ist darauf hingewiesen worden, dass es sinnvoll sein kann, Gläubiger mit Rechten am Anwartschaftsrecht des Käufers vom bevorstehenden Rücktritt zu unterrichten. Dadurch erhalten sie, da ihre Position vom Bestehen des Kaufpreisanspruchs abhängig ist, mehr Rechtssicherheit. Sie erhalten die Möglichkeit, an Stelle des Käufers die noch ausstehenden Raten zu zahlen. Damit können sie dem Erlöschen ihrer Anwartschaft zuvorkommen und ihr Recht zum Entstehen bringen. Fraglich ist allein, ob der Aufwand der Benachrichtigung angemessen ist. Problematisch ist dabei, wie der Verkäufer die Gläubiger mit Rechten am Anwartschaftsrecht des Käufers ausfindig machen soll. Kein Problem bestünde dann, wenn Pfandrechte am Anwartschaftsrecht auch zu registrieren wären. Damit wären aber Dritterwerber des Anwartschaftsrechts nicht erfasst. Unter der Hypothese eines vollständig digitalisierten Registers mit geringen Eintragungskosten erscheint es als Alternative denkbar, vom Vorbehaltsverkäufer die Registrierung der Rücktrittsabsicht zu verlangen. Anders als nach dem Recht von Québec aber müsste die Registrierung für sich schon die Vermutung der Kenntnis jener Gläubiger nach sich ziehen. Die zusätzlich erforderliche Benachrichtigung im Einzelnen – nach dem Vorbild von Québec – erscheint zu aufwendig für den Eigentumsvorbehalt. (c) Ergebnis Während die Erstattung eines Überschusses an den Schuldner abzulehnen ist, erscheint die Benachrichtigung anderer Gläubiger mit Rechten an der Anwartschaft des Käufers sinnvoll, sofern sie ohne grossen Aufwand durchgeführt werden kann. 7.

Zusammenfassung

Die Verwertung des Eigentumsvorbehalts sollte sich weiter nach dem Schuld- bzw. dem Kaufrecht richten. Das bedeutet, dass der Vorbehaltsverkäufer die Kaufsache nach Massgabe der Regeln des Schuld- und Kaufrechts nach erfolgtem Rücktritt zurücknehmen kann, ohne den besonderen Verwertungsvoraussetzungen des Rechts der Kreditsicherheiten zu folgen. Zu befürworten ist allerdings die Pflicht des Vorbehaltsverkäufers, andere Gläubiger mit Rechten an der Anwartschaft des Käufers von dem bevorstehenden Rücktritt innerhalb einer angemessenen Frist zu informieren. Der Verkäufer sollte dagegen nicht verpflichtet werden, einen eventuellen

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

365

Überschuss des Werts der Kaufsache über die noch offenen Forderung an den Käufer auszuzahlen. IV. Die Stellung der Eigentumssicherheiten in der Insolvenz Erneut ist festzustellen, dass sich zwei Rechtsbereiche in einer Konkurrenzsituation befinden: Während dem Recht der Kreditsicherheiten an einer effektiven Verwertung der Kreditsicherheiten gelegen ist, um die Sicherung der einzelnen Gläubiger zu verwirklichen, zielt das Insolvenzrecht auf die Erhaltung der Masse ab, um einen grösstmöglichen Wert für die Verteilung an alle Gläubiger zur Verfügung zu haben. Da der Wert eines tätigen Unternehmens über dem Wert seiner Einzelteile (Zerschlagungswert) liegt, kann die zeitweise Betriebsfortführung mit dem Ziel einer Veräusserung als going concern309 oder die Sanierung nach den Zielen des Insolvenzrechts geboten sein310. Wenn der Inhaber einer Eigentumssicherheit sein Recht im Fall der Insolvenz ohne Weiteres aus der Masse aussondern könnte, würde das die Ziele von Insolvenzverfahren erheblich stören. Vor diesem Hintergrund wendet sich dieser Abschnitt insbesondere folgenden Fragen zu: Welche Stellung geben die Vergleichsrechtsordnungen im Insolvenzverfahren, bzw. in anderen Gesamtvollstreckungsverfahren, den Eigentumssicherheiten im Unterschied zu beschränkten dinglichen Kreditsicherheiten (z.B. Pfandrechten)? Insbesondere ist zu prüfen: Fallen Eigentumssicherheiten in die Masse? Welche Rechte haben die Gläubiger bei Eröffnung eines Verfahrens? Kann der Insolvenz- oder Konkursverwalter eine für die Fortführung des Betriebs des insolventen Unternehmens erforderliche Eigentumssicherheit nutzen? Die Relevanz der nationalen Insolvenzgesetze für die Reform der Kreditsicherheiten wird auch von internationalen Reformprojekten auf dem Gebiet des Rechts der Kreditsicherheiten betont. Zum Beispiel weisen die Autoren des Draft Common Frame of Reference darauf hin, dass sie u.a. deshalb weiter eine separate Regulierung des Eigentumsvorbehalts vorsehen, weil dieses Kreditsicherungsmittel de lege lata in vielen europäischen Insolvenzrechten die einzige effektive Schutzmöglichkeit für Erwerbskreditgeber in der Insolvenz ihrer Sicherungsnehmer sei311.

309

Mithin als funktionierendes Unternehmen und nicht nur als Summe der Einzelteile. Bahar, Security Interests and Reorganization: A Clash of Institutions, in: Peter/Jeandin/Kilborn (eds.): The Challenges of Insolvency Law Reform in the 21 st Century, Zürich, Basel, Genf 2006, p. 116; Schlegel, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung – unüberwindbare Hindernisse einer Betriebsfortführung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter?, DZWIR 2000, 94; UNCITRAL-Legislative Guide, Ch. XII (The impact of insolvency on a security right), General Remarks, p. 423. 311 S. dazu Art. IX.-1:103 und von Bar/Clive (eds.), DCFR-Kommentar S. 5398. 310

366

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

1. Eigentumssicherheiten im Verfahren der US-amerikanischen bankruptcy Das US-amerikanische Recht der Kreditsicherheiten behandelt die Eigentumssicherheiten als security interest. In einem Verfahren der bankruptcy werden security interests im Sinne von Article 9 UCC als lien bezeichnet312. Eigentumssicherheiten fallen unter das gleiche bankruptcy-Regime wie alle anderen Kreditsicherheiten. Zum Zeitpunkt der Eröffnung eines bankruptcy-Verfahrens bilden alle Rechte, die der Schuldner an Vermögensgegenständen besitzt, die Masse (property of the estate). Laufende Vollstreckungen einzelner Gläubiger werden unterbrochen (automatic stay)313. Das Ziel der Unterbrechung unterscheidet sich je nach Art des eingeschlagenen bankruptcy-Verfahrens. Bei Unternehmen als Schuldnern kommen v.a. die Verfahren nach Chapter VII und Chapter XI in Betracht. Chapter VII ist ein Liquidationsverfahren. Der automatic stay hat hier den Sinn, dem Verwalter (trustee) die geordnete Verwertung des Unternehmensvermögens zu ermöglichen. Chapter XI verfolgt dagegen das Ziel der Reorganisation des Unternehmens. Hier steht im Vordergrund, den Betrieb des Unternehmens aufrecht zu erhalten. Der trustee kann während der Zeit der Unterbrechung entscheiden, welcher Vermögenswerte er für die Verwertung bedarf. Zwar kann zugunsten einzelner Gläubiger die Unterbrechung ausnahmsweise aufgehoben werden (relief from the stay), aber diese Möglichkeit gibt es nur, wenn der Schuldner an der betreffenden Sache keine zugunsten der Masse verwertbare Rechtsposition hat314 oder wenn die Sache für eine Reorganisation des Unternehmens nicht erforderlich ist315. Im Verfahren von Chapter XI hat der Schuldner 120 Tage Zeit, einen Reorganisationsvorschlag zu unterbreiten. Bis zur Annahme dürfen höchstens 180 Tage vergangen sein, jedoch kann das Gericht diese Frist bis auf maximal 20 Monate verlängern316. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Reorganisation auch gegen den Willen von Gläubigern erfolgen317. Während der gesamten Zeit zwischen dem Eintritt des automatic stay bis zur Annahme des Plans kann kein gesicherter Gläubiger seine Kreditsicherheit verwerten. Das gilt nach dem bereits Gesagten ebenso für Inhaber von Eigentumssicherheiten, z.B. Eigen312

11 USC § 101 (37). 11 USC § 362 (a). 314 In diesem Fall kann der trustee die Sache auch einfach aufgeben (abandonment), s. 11 USC § 554 (a). 315 11 USC § 362 (d) (2); LoPucki/Warren, Secured Credit: A Systems Approach, th 6 ed., New York 2009, p. 100. 316 11 USC § 1121 (b) und (d). 317 Sog. cram down; vgl. zu den Vorausetzungen für die Annahme des Plans 11 USC § 1129; Bahar, p. 130. 313

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

367

tumsvorbehaltsverkäufer. Wenn der Reorganisationsplan angenommen ist, sind die Gläubiger durch den Plan gebunden. 2. Eigentumssicherheiten in deutschen und schweizerischen Gesamtvollstreckungsverfahren In beiden Rechten nehmen beschränkte dingliche Kreditsicherheiten am Insolvenz- bzw. Konkursverfahren teil und gehören deshalb zur Masse. Das bedeutet im Einzelnen, dass der Insolvenz- bzw. Konkursverwalter verpfändete Sachen für die Weiterführung des Betriebs nutzen darf318. In diesem Fall muss er nur dann einen Wertverlust ausgleichen, wenn sich durch die Nutzung eine Beeinträchtigung der Sicherung des absonderungsberechtigten Gläubigers ergibt319. Der Verwalter verwertet das Pfand; nicht der Gläubiger. Der Gläubiger wird an den dabei anfallenden Feststellungsund Verwertungskosten beteiligt, bevor er aus dem verbleibenden Erlös befriedigt wird320. Der Überschuss bei der Verwertung einer verpfändeten Sache fliesst in die Masse. Die Verwertung durch den Verwalter eröffnet die Möglichkeit der Weiterverwendung von Sachen, die für die Fortführung des Unternehmens notwendig sind. In Bezug auf Eigentumssicherheiten ist zwischen deutschem und schweizerischem Recht zu unterscheiden. a.

Deutsches Recht

Grundsätzlich fallen nicht dem Schuldner gehörende Gegenstände nicht in die Masse. Das bedeutet, dass fremde Eigentümer an ihren Sachen Aussonderungsrechte haben321. Das gilt grundsätzlich auch für die Eigentumssicherheiten. Allerdings macht das deutsche Recht eine Ausnahme, indem es dem Sicherungseigentümer in der Insolvenz des Sicherungsgebers nur ein Absonderungsrecht einräumt322. Eigentlich relevant in Bezug auf die Wirkungen von Eigentumssicherheiten in der Insolvenz ist deshalb nur die Frage der Behandlung des einfachen Eigentumsvorbehalts323. Der Eigentumsvorbehaltsverkäufer kann, sofern eine der beiden Seiten vom Kaufvertrag zurückgetreten ist oder sich der Insolvenzverwalter gegen die Erfüllung des Kaufvertrags entschieden 318

Vgl. z.B. Art. 198 SchKG; Jeandin, Défaillance, réalisation, insolvabilité: enseignements pour le droit suisse, in: Réforme des sûretés mobilières – Les enseignements du Guide legislative de la CNUDCI, Genève 2007, p. 137. 319 Vgl. für das deutsche Recht §§ 166 Abs. 1, 172 Abs. 1 InsO. 320 § 170 Abs. 1 InsO; Art. 262 Abs. 2 SchKG. 321 §§ 35, 47 InsO. 322 § 51 Nr. 1 InsO. 323 Erweiterter und verlängerter Eigentumsvorbehalt geben nur ein Recht auf Absonderung, vgl. Jäger/Henckel, Kommentar zur Insolvenzordnung, 1. Aufl., Berlin 2004, § 51 InsO Rn. 27 und 32.

368

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

hat, die Kaufsache als sein Eigentum aussondern324. Unter Eigentumsvorbehalt stehende Gegenstände, die zur Fortführung des Betriebs des Schuldner-Unternehmens notwendig wären, unterstehen mithin anders als die Kreditsicherheiten i.e.S. nicht der Verwertungsbefugnis des Verwalters325. Daran können die Regeln zum Insolvenzplan (§§ 217 ff. InsO), der eine bedeutende Rolle für die Sanierung innerhalb eines Insolvenzverfahrens spielt, auch nichts ändern. Zwar darf der Plan in die Rechte der Absonderungsberechtigten eingreifen326, nicht aber in die Rechte der Aussonderungsberechtigten. Diese nehmen am Insolvenzplanverfahren nicht teil327. Sofern der Schuldner im Augenblick der Eröffnung des Insolvenzverfahrens den Kaufvertrag nicht mehr erfüllen kann, würde das bedeuten, dass Eigentumsvorbehaltssachen nach erfolgtem Rücktritt ausgesondert werden können328. Das aber ist aus Sicht der möglichen Sanierung des Schuldner-Unternehmens problematisch, denn der Insolvenzverwalter kann zu dem frühen Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung noch nicht einschätzen, ob eine Sache zur Fortführung des Unternehmens erforderlich ist und ob genügend Mittel zur Erfüllung des Kaufvertrags zur Verfügung stehen. Das deutsche Recht versucht dieses Problem zu lösen, nicht indem es das Aussonderungsrecht des Vorbehaltsverkäufers beschränkt, sondern indem es die Regeln über das Wahlrecht des Insolvenzverwalters bei noch nicht vollständig erfüllten gegenseitigen Verträgen (§ 103 InsO) modifiziert. Im Normalfall muss sich der Verwalter sofort erklären, wenn ihn der Vertragspartner des insolventen Schuldners zur Erklärung auffordert, ob er Erfüllung verlangen will. Laut § 107 Abs. 2 InsO muss der Insolvenzverwalter seine Entscheidung über die Erfüllung des Kaufpreisanspruchs aus dem Vorbehaltskauf dagegen erst unverzüglich nach dem Berichtstermin abgeben. Der Berichtstermin braucht maximal erst 3 Monate nach dem Eröffnungsbeschluss stattzufinden329. Das hat zur Folge, dass der Vorbehaltsverkäufer bis zu diesem Zeitpunkt die Aussonderung nicht betreiben 324

Wenn sich der Insolvenzverwalter entscheidet, den Vertrag nicht zu erfüllen (dazu gleich unten), dann hat der Eigentumsvorbehaltsverkäufer einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Kaufvertrags. Bezüglich dieses Anspruchs ist er aber ein nicht bevorrechtigter Insolvenzgläubiger, vgl. Lux, MDR 2008, 895, 899. 325 S. aber die Möglicheit des Eingriffs in die Rechte des aussonderungsberechtigten Gläubigers während des vorläufigen Insolvenzverfahrens, § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO, sofern ein bestimmter Gegenstand für die Fortführung des Unternehmens des Schuldners von erheblicher Bedeutung ist. 326 § 223 Abs. 2 InsO. 327 Smid, Rechtsstellung der finanzierenden Bank im Eigentumsvorbehaltskauf – Zugleich eine Anmerkung zu BGH WM 2008, 821, WM 2008, 2089, 2090. 328 Der Klarheit halber soll hier davon ausgegangen werden, dass der Eigentumsvorbehaltsverkäufer nicht bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgetreten ist. 329 § 29 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

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kann, auch wenn der Insolvenzverwalter in dieser Zeit die Zahlungen nicht aufnimmt. Rechtstechnisch liegt der Grund darin, dass der Kaufpreisanspruch mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine Durchsetzbarkeit verliert330. Damit fehlt es schon an einer notwendigen Voraussetzung für den Rücktritt nach § 323 Abs. 1 BGB. Der Anspruch wird erst dann wieder durchsetzbar, wenn der Insolvenzverwalter seine Entscheidung getroffen hat. Auch wenn das Aussonderungsrecht nicht aufgehoben wird, führen diese gesetzlichen Regelungen zu einer faktischen Bindung der unter Eigentumsvorbehalt stehenden Kaufsache an die Masse. Dadurch wird dem Insolvenzverwalter die Entscheidung erleichtert, ob die Sache für die eventuelle Fortführung des Betriebs des Unternehmes erforderlich ist331. Der Insolvenzverwalter kann in dem gesetzlich maximal zulässigen Zeitraum auch solche Kaufsachen für das Unternehmen behalten, für deren Bezahlung die Masse anfangs noch gar nicht über ausreichende Mittel verfügt332. Wie ein Autor es formuliert hat, wird die Unternehmensfortführung durch die Regelung des § 107 Abs. 2 InsO „unausgesprochen“333 erleichtert. b.

Schweizerisches Recht

Im schweizerischen Recht nehmen weder das Sicherungseigentum noch der Eigentumsvorbehalt am Konkursverfahren teil. Mithin wird das Sicherungseigentum anders als im deutschen Recht nicht wie ein Pfandrecht behandelt. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Sicherungsübereignung in der Schweiz eine geringere Rolle spielt als in Deutschland, da die drittwirksame Bestellung mittels Besitzkonstitut nicht möglich ist. Der Eigentumsvorbehaltsverkäufer hat ein Aussonderungsrecht334. Die sich im Besitz des Sicherungseigentümers befindliche Sache kann nicht zur Masse gezogen (admassiert) werden. Wie auch im deutschen Recht kann die 330 BGH v. 25.04.2002, WM 2002, 1199, 1201; Huber, Rücktrittsrecht des Vorbehaltsverkäufers in der Insolvenz des Vorbehaltskäufers, NZI 2004, 57, 62. 331 S. zu dieser Wirkung des § 107 Abs. 2 InsO auch Smid, Rechtsstellung, WM 2008, 2089, 2091; Schlegel, DZWIR 2000, 94, 99; Brinkmann, The Position, p. 263, 265. 332 So ausdrücklich die Begründung des Regierungsentwurfs für die Insolvenzordnung in BT-Drucks. 12/2443, S. 146 (zu § 121 i.d.F. des Entwurfs). Der Entwurf (a.a.O.) zieht dabei sogar eine Parallele zur Behandlung des Sicherungseigentums: „Die Regelung dient – ebenso wie das Verwertungsrecht des Verwalters bei zur Sicherung übereigneten Sachen (…) – dem Ziel, das Vermögen im Besitz des Schuldners zunächst zusammenzuhalten, um Fortführungs- und Sanierungschancen zu wahren”. Andere Möglichkeit: Dem Insolvenzverwalter wird einfach die Ausproduktion mit Hilfe z.B. der unter Eigentumsvorbehalt stehenden Maschinen ermöglicht, so Smid, Im Blickpunkt: Haftung und Sanierung, BB 1999, 1, 6. 333 So Jäger/Henckel, § 51 InsO Rn. 25. 334 Vgl. Art. 197 Abs. 1, 242 Abs. 1 SchKG. S. dazu auch Bahar, p. 126 und Jeandin, Défaillance, p. 137.

370

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

Konkursverwaltung beim Eigentumsvorbehalt Erfüllung des Kaufvertrags verlangen, wenn der Vorbehaltsverkäufer nicht bereits vor der Eröffnung des Verfahrens den Rücktritt erklärt hat335. Der Vorbehaltsverkäufer muss die Entscheidung des Verwalters abwarten336. Anders als im deutschen Recht steht dabei aber der Aspekt einer möglichen Fortführung nicht im Vordergrund, da das schweizerische Konkursverfahren allein der Liquidation dient; die Sanierung spielt keine Rolle. Die Sanierung des Schuldners kann allerdings im Nachlassverfahren angegangen werden (Art. 293 ff. SchKG). In dem Verfahren kann das Gericht eine Nachlassstundung bewilligen, wenn Aussicht auf den Abschluss eines Nachlassvertrags besteht. Eigentumssicherheiten werden davon aber nicht erfasst. Auch für beschränkte dingliche Kreditsicherheiten sieht das Nachlassverfahren keine konsequente Lösung vor. Zwar werden pfandgesicherte Forderungen von der Stundung erfasst, sobald aber der Nachlassvertrag inkraft tritt, ist den Pfandgläubigern in Höhe des durch das Pfand gedeckten Forderungsbetrags die Vollstreckung wieder möglich337. Es fehlt mithin an einer effektiven Unterstützung für die Sanierung338. c.

Zusammenfassung

Es ist festzustellen, dass das schweizerische Recht den Akzent sehr stark auf den Schutz der Gläubigerrechte legt. Es gibt praktisch keine Möglichkeit der Verwendung der Eigentumssicherheiten für eine Reorganisation bzw. Sanierung. Das US-amerikanische Recht stellt dagegen das Sanierungsziel ganz in den Vordergrund des Chapter XI-Verfahrens. Das deutsche Recht befindet sich zwischen beiden, indem es das Sicherungseigentum der Verwertung des Insolvenzverwalters überlässt und auch einem Insolvenzplan unterwirft. Beim Eigentumsvorbehalt versucht es, das Sanierungsziel faktisch über § 107 Abs. 2 InsO zu unterstützen. 3.

Bewertung der Systeme

Hier ergeben sich zwei Besonderheiten: Zum einen ist für die Untersuchung der Effektivitiät und der Effizienz etc. nicht nur ein, sondern es sind zwei Aspekte zu beachten: das Recht der Kreditsicherheiten und das Insolvenzrecht. Zum anderen muss aufgrund der jeweiligen Besonderheiten

335

Art. 211 Abs. 2 SchKG. BGE 73 III 165, 170; Graham-Siegenthaler, 39 Fn. 196. 337 Pfandgläubiger können ab der Wirksamkeit des Nachlassvertrags weiter betreiben. 338 Art. 310 Abs. 1 S. 2 SchKG; s. deshalb auch Bahar, p. 131: “(…) Swiss law sacrifices the effectiveness of composition agreements for the benefit of secured creditors (…)”. 336

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

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stärker zwischen deutschem und schweizerischem Recht unterschieden werden. a.

Argumente aus der Sicht des Effektivitätsgebots

(i) Vergleich Aus der Sicht des Inhabers einer Eigentumssicherheit gewährleistet das schweizerische Recht eine besonders grosse Effektivität der Kreditsicherheit im Konkurs. Der Gläubiger behält die mainmise complête339 über den Gang der Verwertung auch in der Insolvenz. Der Vorbehaltsverkäufer kann die Sache in ihrer Substanz aussondern, sobald der Verwalter die Entscheidung nach Art. 211 Abs. 2 SchKG getroffen hat. Auch der Sicherungseigentümer, der sich im Besitz der Sache befindet, muss nicht befürchten, dass der Verwalter die Sache zur Masse zieht. Da beide am Konkursverfahren nicht teilnehmen, wird die Effektivität ihrer Sicherheiten weder durch Zeit- noch Kostengesichtspunkte beeinträchtigt340. Es stellt sich die Frage, ob die grosse Effektivität der Eigentumssicherheiten im schweizerischen Konkurs zu einer Aushöhlung der Konkursmasse führt und deshalb die Effektivität des Konkursverfahrens beeinträchtigt. Dazu muss bemerkt werden, dass in der Schweiz bereits das materielle Recht Grenzen setzt: Die Sicherungsübereignung ist ohne Besitzübergang nicht drittwirksam und kommt deshalb in Fällen, in denen der Schuldner auf seine Betriebsmittel nicht verzichten kann, nicht in Betracht. Anders als in Deutschland sind beim Eigentumsvorbehalt die Erweiterungs- und Verlängerungsformen bereits nicht als wirksam anerkannt. Von einer Aushöhlung der Insolvenzmasse aufgrund der Eigentumssicherheiten kann man daher nicht sprechen. Dagegen wird aber die effektive Verfolgung der Sanierung von Unternehmen beeinträchtigt. Mehr noch als im deutschen Recht fehlt es an einer Möglichkeit für den Konkursverwalter, auf die in fremdem Eigentum stehenden Sachen zurückzugreifen. Das Nachlassverfahren, das eigentlich die Sanierung eines Unternehmens ermöglichen soll, kann Eigentumssicherheiten nicht erfassen und kann – sobald der Nachlassvertrag bewilligt ist – grundsätzlich nicht einmal Pfandgläubiger an der Betreibung hindern. Es mangelt mithin an einer effektiven Unterstützung der Reorganisation. Die Lage im US-amerikanischen Recht stellt sich anders dar. Der gesicherte Gläubiger, unabhängig davon, ob Inhaber einer Eigentumssicherheit oder nicht, hat keine Kontrolle über die Verwertung in der bankruptcy. Er 339

Jeandin, Défaillance, p. 138. Der Eigentumsvorbehaltsverkäufer muss sich allerdings auch nach schweizerischem Recht gedulden, bis der Verwalter über die eventuelle Erfüllung des Kaufvertrags entschieden hat. 340

372

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

muss sie dem trustee überlassen. Im Verfahren nach Chapter XI kann es sein, dass er an einen Reorganisationsplan gebunden wird, auch wenn er ihm nicht zugestimmt hat341. Zwar respektiert das US-amerikanische Recht die bestehende Sicherung des secured creditor im Verfahren, doch wird sein Recht auf einen reinen Geldwert reduziert342. Dieser wird am Wert des Sicherungsgegenstands gemessen. Das schafft die Gefahr des Wertverlusts durch fehlerhafte Bewertung343. Problematisch wird es für den Gläubiger auch, wenn der Reorganisationsplan fehlschlägt und das Verfahren deshalb in ein Liquidationsverfahren übergeht344. Dann besteht die Gefahr, dass infolge des Verlusts des going concern-Werts auch der Sicherungsgegenstand deutlich an Wert verliert. Die Aussicht des einzelnen Gläubigers auf die Effektivität seiner Sicherheit, besonders beim Chapter XI-Verfahren, wird dadurch eingeschränkt. Die Bewertung ändert sich aber, soweit es um die Effektivität des Gesamtvollstreckungsverfahrens geht. Hier stellt sich das US-amerikanische Recht positiv dar. Gegenstände, die für die Reorganisation des Schuldner-Unternehmens erforderlich sind, sind dem Vollstreckungsverbot unterworfen und müssen vom trustee nicht freigegeben werden345. Dabei sind Eigentumssicherheiten mit eingeschlossen. Dadurch wird auch die Veräusserung als going concern vereinfacht und die Effektivität sowohl des Ziels der Erhaltung eines maximalen Werts der Masse als auch des Ziels, die Reorganiation zu ermöglichen, wird unterstützt. Das deutsche Recht steht zwischen den beiden vorangehenden. Die Effektivität des Sicherungseigentums in der Insolvenz des Sicherungsgebers ist eingeschränkt, da der Sicherungseigentümer nicht selbst über die Art der Verwertung entscheiden kann. Der Eigentumsvorbehaltsverkäufer kann sich dagegen auf die Effektivität seines (einfachen) Eigentumsvorbehalts verlassen, muss aber inkauf nehmen, dass er während einer bestimmten Zeit nicht vom Kaufvertrag zurücktreten kann. Während dieser Zeit ist sein Recht gleichsam „eingefroren“. Im deutschen Recht muss besonders die Frage gestellt werden, inwiefern die Effektivität von Insolvenzverfahren durch die Aushöhlung der Masse eingeschränkt wird. In der Tat hat sich die Rechtspraxis in Deutschland mit den Erweiterungs- und Verlänge341

Sogenanntes cram down; vgl. 11 USC § 1129 (b) (1). Ein Anspruch des gesicherten Gläubigers ist nur bis zur Höhe des Werts des Sicherungsgegenstands ein secured claim im Sinne des Verfahrens, vgl. 11 USC § 506 (a). Hinsichtlich des überschiessenden Betrags der Forderung gilt der secured creditor als ungesicherter Gläubiger. Die Teilung der Forderung in zwei Teile macht eine Bewertung nötig, die aus Sicht des secured creditor riskant ist, so Bahar, p. 131 und p. 122 m.w.N. 343 S. dazu Bahar, a.a.O. 344 S. 11 USC § 1112 (b). S. mit starker Kritik am Chapter XI-Verfahren den etwas älteren Aufsatz von Jones, Chapter 11: A Death Penalty for Debtor and Creditor Interests, 77 Cornell L. Rev. 1088, 1089 (1991–1992). 345 S. 11 USC § 362 (d). 342

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rungsformen des Eigentumsvorbehalts und mit der Möglichkeit der Sicherungsübereignung revolvierender Sachgesamtheiten als sehr findig erwiesen. Mit diesen und anderen Mitteln wird eine maximale Abdeckung der Vermögensgegenstände des Schuldners durch Kreditsicherheiten erreicht. Der Anteil der Eigentumssicherheiten an diesem Effekt ist aber nicht entscheidend, denn sowohl das Sicherungseigentum, als auch die Erweiterungs- und Verlängerungsformen des Eigentumsvorbehalts werden in der Insolvenz des Sicherungsgebers wie ein Pfandrecht behandelt. Dadurch wird aber die Effektivität des Insolvenzverfahrens erhöht, denn alle diese Gegenstände unterstehen den Entscheidungen des Insolvenzverwalters. Sie können des Weiteren vom Insolvenzplanverfahren erfasst werden. Die faktische Bindung der unter einfachem Eigentumsvorbehalt stehenden Gegenstände bis nach dem Berichtstermin346 unterstützt die Anliegen des Insolvenzverfahrens. Geleaste Sachen unterstehen – dafür gibt die Rechtsprechung Anhaltspunkte347 – dem gleichen Regime. (ii) Zusammenfassung Das schweizerische Recht sorgt für eine grosse Effektivität der Eigentumssicherheiten in der Insolvenz. Das US-amerikanische Recht betont besonders die Effektivität der bankruptcy-Verfahren, indem es alle Kreditsicherheiten gleich behandelt und damit ermöglicht, dass auch Eigentumssicherheiten zugunsten einer Sanierung „in die Pflicht genommen“ werden können. Auf der jeweils anderen Seite zeigen sich aber Schwierigkeiten: Das schweizerische Recht kennt keine Mittel, um fremde bewegliche Sachen (insbesondere unter Eigentumsvorbehalt stehende Sachen) dem Sanierungsziel unterzuordnen. Das US-amerikanische Recht bürdet dem secured creditor das Risiko des Wertverlusts beim Scheitern des Chapter XIVerfahrens auf. Das deutsche Recht erreicht einen Ausgleich zwischen Insolvenzrecht und dem Recht der Kreditsicherheiten: Nur dem Eigentumsvorbehalt wird eine besonders grosse Effektivität in der Insolvenz gewährt, nicht dagegen dem Sicherungseigentum. Dennoch nimmt in gewisser Weise auch der Eigentumsvorbehaltsverkäufer am Insolvenzverfahren teil, was positiv ist, denn er wird gezwungen, seine Sache zumindest für eine Weile der Fortführung des Betriebs des Unternehmens unterzuordnen. Dadurch wird die effektive Verfolgung der Ziele des Insolvenzverfahrens gestärkt. Die deutsche Lösung erreicht mithin einen guten Ausgleich zwischen beiden Logiken.

346

§ 107 Abs. 2 InsO. Das lässt die Formulierung in der Entscheidung des BGH v. 01.03.2007, WM 2007, 840, 841, vermuten. Der BGH hat die Frage aber offen gelassen. 347

374 b.

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

Argumente aus Sicht der Kosten-Nutzen-Effizienz

(i) Vergleich Als einfacher secured creditor nimmt der mit einer Eigentumssicherheit gesicherte Gläubiger nach US-amerikanischem Recht am bankruptcyVerfahren teil. Die Geltendmachung seines Rechts erfordert die Teilnahme am Verfahren, die Kosten erzeugt. Erforderlich ist u.a. ein proof of claim348. Falls die Möglichkeit besteht, dass dem Gläubiger erlaubt wird, weiter selbst betreiben zu können, muss er sich um die Befreiung von der Unterbrechung (relief from the stay) bemühen. Der Gläubiger wird schliesslich an den Kosten der Verwaltung und der Veräusserung des Sicherungsgegenstands beteiligt349. Aus Sicht der Ziele des Verfahrens der bankruptcy ist das vorteilhaft: Sachen des Schuldners, an denen Sicherungsrechte irgendwelcher Art bestehen, fallen prinzipiell in die Masse. Das erleichtert dem trustee die Durchführung eines effizienten Verfahrens, denn Inhaber von Eigentumssicherheiten haben kein stärkeres Verhandlungsgewicht, als Inhaber von anderen Kreditsicherheiten. Der hohe Grad der Effektivität der schweizerischen Eigentumssicherheiten setzt sich auch in den Kostengesichtspunkten fort: Der Eigentumsvorbehaltsverkäufer muss sein Recht nur geltend machen350 und kann die Kaufsache dann aussondern. Allerdings unterliegt auch er einer gewissen Wartezeit, die ihm Kosten verursachen kann, bis der Verwalter über die eventuelle Erfüllung des Kaufvertrags entschieden hat. Für den sich im Besitz der Sache befindenden Sicherungseigentümer fallen überhaupt keine Kosten an, es sei denn, der Verwalter versucht, den Sicherungsgegenstand zur Masse zu ziehen. Die Gestaltung des Nachlassvertrags nach schweizerischem Recht kann aufwendig sein, weil Pfandgläubiger ab Inkrafttreten des Vertrags wieder uneingeschränkt betreiben können. Diese Gläubiger sind deshalb in einer besonders starken Position. Sie nehmen nur in Höhe des ungesicherten Teilbetrags ihrer Forderung am Nachlass teil. Der Schuldner hat daher einen erhöhten Verhandlungsaufwand351, um auch diese Gläubiger an der Sanierung zu beteiligen. Beim deutschen Recht ist hinsichlich des Aufwands für die Geltendmachung wieder zwischen Sicherungseigentümer und Eigentumsvorbehaltsverkäufer zu unterscheiden. Ersterer nimmt am Insolvenzverfahren teil wie ein Pfandgläubiger und wird deshalb auch an den Kosten beteiligt. Letzte348

Eine Forderungsanmeldung, s. 11 USC § 501 (a). 11 USC § 506 (c). 350 Art. 232 Abs. 2 Nr. 2 SchKG. Wenn der Konkursverwalter allerdings das Recht bestreitet, muss ein Aussonderungsprozess geführt werden. 351 Resultierend aus der starken Position der gesicherten Gläubiger, vgl. Bahar, p. 128; s.a. Jeandin, Défaillance, p. 149. 349

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

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rer dagegen kann seine Sache grundsätzlich frei aussondern, ist aber durch die relativ lange Überlegungszeit des Insolvenzverwalters gebunden. In Bezug auf den Aufwand des Insolvenzverfahrens ist festzustellen, dass es für den Verwalter aufwendiger ist, als im US-amerikanischen Recht, festzustellen, welche Gegenstände in die Masse fallen und welche nicht. Dabei kommt ihm aber zugute, dass Gegenstände, die – was häufiger als in der Schweiz geschieht – sicherungsübereignet worden sind, wie Pfandrechte in die Masse fallen. Sicherungseigentümer nehmen des Weiteren wie alle anderen absonderungsberechtigten Gläubiger am Insolvenzplanverfahren teil352, wobei – im Unterschied zum schweizerischen Nachlassverfahren – die Möglichkeit der Überstimmung einzelner absonderungsberechtigter Gläubiger besteht. Hinsichtlich der unter Eigentumsvorbehalt übereigneten Gegenstände wird der Aufwand des Insolvenzverwalters erleichert, da er sich mit der Entscheidung über die Erfüllung Zeit nehmen kann. (ii) Zusammenfassung Inhaber von Eigentumssicherheiten nach schweizerischem Recht können ihre Rechte in effizienter Weise geltend machen. Auf der anderen Seite aber behindert das schweizerische Recht die effiziente Durchführung der Sanierung. Inhaber von security interests nach US-amerikanischem Recht werden unterschiedslos mit Kosten belastet, da sie automatisch am Verfahren der bankruptcy teilnehmen und die Möglicheit der Aussonderung nicht besteht353. Dafür besteht auf der anderen Seite der Vorteil, dass die Ziele der bankruptcy-Verfahren in effizienter Weise durchgesetzt werden können. Das deutsche Recht mutet Sicherungseigentümern die gleichen Kosten zu für die Geltendmachung ihres Rechts wie Pfandgläubigern. Der Vorteil für das Insolvenzverfahren ist, dass diese Inhaber von Eigentumssicherheiten auch den Regeln des Insolvenzplanverfahrens unterworfen werden können, was die Durchführung einer Reorganisierung vereinfacht. Wiederum erreicht das deutsche Recht einen guten Ausgleich zwischen den beteiligten Rechtsbereichen. c. Argumente aus der ökonomischen Betrachtung der Kreditsicherungsrechte und des Insolvenzrechts Nach der klassischen ökonomischen Sichtweise ist ein Recht der Kreditsicherheiten positiv zu bewerten, wenn es dazu führt, den Preis des Kredits zu senken und damit makroökonomisch das auf einem Markt gegebene 352

Vgl. §§ 217, 222 Abs. 1 Nr. 1 InsO. S. aber die Möglichkeit des abandonment, wenn der Wert einer Sache komplett vom security interest erfasst wird und diese Sache auch nicht für eine mögliche Reorganisation in Betracht kommt, vgl. 11 USC § 554 (a). 353

376

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

Kreditvolumen erhöht. Massgeblich für diese Ziele ist die bestmögliche Effektivität der Kreditsicherheiten in der Insolvenz, denn gerade für diesen Fall will sich der Gläubiger absichern. In diesem Sinne geben die schweizerischen Eigentumssicherheiten eine sehr gute Aussicht auf die Durchsetzung in der Insolvenz, da sie weder umcharakterisiert werden, noch zur Teilnahme an einem Sanierungsverfahren gezwungen werden können. Im US-amerikanischen Recht wird zwar immer das Vorrecht an einem dem Wert des Sicherungsgegenstands entsprechenden Geldwert eingeräumt, allerdings besteht dabei das Problem der richtigen Bewertung der Sicherungsgegenstände. Eigentumssicherheiten sind immer der Verwertung durch den trustee unterworfen. Schliesslich besteht auch das Risiko des Scheiterns eines Chapter XI-Verfahrens mit seinen negativen Auswirkungen auf die gesicherten Gläubiger. Hinsichtlich des deutschen Rechts ist bereits darauf hingewiesen worden, dass Sicherungseigentümer wie Pfandgläubiger behandelt werden und die Aussicht auf die Durchsetzung des Eigentumsvorbehalts in der Insolvenz gut ist, allerdings eingeschränkt durch die Überlegungszeit des Verwalters. Je kleiner die Masse wird, desto geringer wird die Möglichkeit ungesicherten Kredits. Eine zu grosse Effektivität der Eigentumssicherheiten kann somit auch negative Aussichten auf die Fähigkeit des Schuldners haben, Kredit zu erlangen. Die zu grosse Effektivität bringt die Gefahr mit sich, dass die Masse so ausgedünnt wird, dass die Durchführung von effektiven Insolvenzverfahren erschwert wird. Obwohl das schweizerische Recht einen hohen Effektivitätsgrad für Eigentumssicherheiten vorsieht, sind die genannten Probleme dennoch reduziert. Das liegt v.a. daran, dass das strikte Publizitätsgebot (der Besitzübertragung) die umfangreiche Sicherungsübertragung von Sachen verhindert, die zur Fortführung des Unternehmes notwendig sind. Das US-amerikanische Recht hat hier kein Problem, weil der Gläubigerwettstreit nicht durch Eigentumssicherheiten umgangen werden kann. Positiv für die Effektivität der bankruptcy-Verfahren ist, dass der trustee mit umfangreichen Vollmachten ausgestattet ist, die ihm ermöglichen, auch belastete Gegenstände für die Fortführung des Unternehmens zu nutzen. Im Unterschied zur Schweiz sind in Deutschland Eigentumssicherheiten, insbesondere die Sicherungsübereignung und der Eigentumsvorbehalt, in starkem Gebrauch. Dieser Umstand an sich ist aber für die Problematik der Massearmut und damit ineffektiver Insolvenzverfahren nicht verantwortlich. Das Problem der Massearmut hängt zusammen mit der Frage, inwieweit besitzlose Kreditsicherungsrechte zugelassen sind und wie die Reichweite der Sicherungsvereinbarung ist354. Problema-

354 S. Gehrlein, Die Wirksamkeit einer Sicherungsübereignung, MDR 2008, 1069, 1070, dazu, wie die Einhaltung des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes im

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

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tisch in diesem Sinne sind die Verlängerungs- und Erweiterungsformen des Eigentumsvorbehalts nach deutschem Recht. Zum anderen kann das Problem durch Regulierung auf der Ebene des Insolvenzrechts eingedämmt werden. Das ist in Deutschland geschehen, indem die Sicherungsübereignung und der erweiterte und verlängerte Eigentumsvorbehalt nur ein Absonderungsrecht in der Insolvenz gewähren. Aus ökonomischen Gesichtspunkten spricht nichts gegen eine Privilegierung des einfachen Eigentumsvorbehalts: Die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts ist gegenüber den ungesicherten Gläubigern des Vorbehaltskäufers neutral. Es kommt ein neuer Gegenstand zur Masse, auf dessen Haftung sich die bisherigen ungesicherten Gläubiger nicht verlassen haben355. Auch aus ökonomischen Gesichtspunkten ist das deutsche Recht hilfreich. Es gewährt dem Eigentumsvorbehalt einen guten Effektivitätsgrad. Das Sicherungseigentum wird dem Insolvenzverfahren unterworfen. Nicht ganz so weitgehend wie im US-amerikanischen Recht, aber in ähnlicher Konsequenz wird damit das Ziel der Fortführung unterstützt. Das ist aus ökonomischer Sicht positiv, weil es so möglich wird, den maximalen Wert aus dem Schuldnervermögen zu erzielen356. 4.

Anmerkung zum US-amerikanischen Recht

Auf mögliche Schwachpunkte des US-amerikanischen Rechts wurde bereits oben hingewiesen. Sie werden deshalb hier nur noch einmal zusammengefasst: Das Chapter XI-Verfahren kann für gesicherte Gläubiger insofern problematisch sein, als es zu einer Teilung der gesicherten Forderung kommt, wenn der Wert der Forderung den Wert des Sicherungsgegenstands übersteigt. Die dabei vorzunehmende Bewertung des Sicherungsgegenstands birgt die Gefahr von Fehlern, die zu Lasten der gesicherten Gläubiger gehen. Des Weiteren wurde auf das Risiko hingewiesen, dass ein Chapter XI-Plan fehlschlägt und die gesicherten Gläubiger durch die einhergehenden Wertverluste der Vermögensgegenstände des SchuldnerUnternehmens geschädigt werden. 5.

Lehren aus der Provinz Québec?

Die Stellung der Eigentumssicherheiten im Recht der Provinz Québec in der Insolvenz verdeutlicht den Konflikt zwischen dem Recht der Provinz, das die Eigentumssicherheiten abgestuft reguliert, und dem kanadischen Rahmen der Sicherungsübereignung helfen kann, die Aushöhlung der Masse zu verhindern. 355 Brinkmann, The Position, p. 256. Problematisch ist allerdings, wie neue Gläubiger zu schützen sind. Das ist eine Frage der Publizität. 356 Vgl. Armour, The Law and Economics Debate, p. 20.

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Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

Bundesrecht der bankruptcy (BIA), das dem unitären Ansatz zuneigt. Während der Code civil québécois die Effektivität des Eigentumsvorbehalts anerkennt, behandelt der BIA den Vorbehaltsverkäufer lediglich als secured creditor357. Die Folge ist, dass er mit den anderen gesicherten Gläubigern (z.B. den Inhabern eines security interest nach dem Recht der PPSAs) gleichbehandelt wird. Er muss mithin am Verfahren teilnehmen und kann die Kaufsache nicht aussondern. Es existiert eine gewisse Unklarheit, wie weit dieses Prinzip geführt werden soll. So hat der kanadische oberste Gerichtshof in einem Fall zum Leasing entschieden, dass es der Québectypischen Unterscheidung zwischen ownership und security widersprechen würde, wenn man dem nicht registrierten Leasinggeber untersagen würde, sein Eigentumsrecht dem trustee in bankruptcy des Leasingnehmers entgegenzuhalten358. 6. Anpassungen im deutschen und schweizerischen Insolvenz- bzw. Konkursrecht? Ziel von Anpassungen in Bezug auf die Stellung von Eigentumssicherheiten in der Insolvenz muss es sein, den angemessenen Ausgleich zwischen den Zielen des Rechts der Kreditsicherheiten und des Insolvenzrechts zu finden. Die vorangehende Betrachtung erlaubt die Feststellung einiger Eckpunkte. Einleitend ist Folgendes festzustellen: Ziel des Rechts der Kreditsicherheiten ist es, Gläubigern die effektive Verwendung von Vermögensstücken zur Besicherung von Kreditrisiken zu ermöglichen. Die Insolvenz des Sicherungsschuldners ist gleichsam der Zeitpunkt, in dem sich die Effektivität der Kreditsicherheiten beweisen muss. Jedoch erfordert das Zusammentreffen mit der Situation der Insolvenz eine gewisse Modifikation der Rechte der gesicherten Gläubiger, um einen Ausgleich mit den Zielen des Insolvenzverfahrens zu erreichen. Eigentumssicherheiten können in ganz besonderer Weise in diese Ziele eingreifen. Das liegt zum einen daran, dass die Insolvenzmasse durch den Umfang des Vermögens des Schuldners begrenzt wird und zum anderen daran, dass die Berechtigung des Insolvenzverwalters gegenständlich auf dieses Vermögen begrenzt ist. Beschränkte dingliche Kreditsicherheiten dagegen verändern nicht die Masse, sondern geben ein Recht auf vorrangige Befriedigung aus dem belasteten Gegenstand, dessen Verwertung dem Insolvenzverwalter zukommt. Die interessierende Frage ist mithin, welche Grenzen an die Effektivität des 357 S. dazu die Definition des secured creditor im BIA und Jobin/Cumyn, no 266 und Payette, no 1998. 358 Dabei handelte es sich um ein Leasing i.S.v. Art. 1852 CCQ, In re Lefebvre [2004] 3 R.C.S. 326.

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

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Eigentums als Kreditsicherheit in der Insolvenz anzulegen sind, um den Zielen des Insolvenzverfahrens gerecht zu werden. a.

Aussonderung oder Absonderung ?

Die erste Frage ist, ob Inhaber von Eigentumssicherheiten in der Insolvenz des Schuldners lediglich ein Recht auf Absonderung erhalten sollten. Eigentumssicherheiten haben Auswirkungen auf die zur Verteilung bestimmte Masse selbst und nicht nur auf die Regeln der Verteilung. In je stärkerem Masse Vermögensgegenstände aus der Masse genommen werden, desto stärker wird das Ziel der Durchführung von sinnvollen Gesamtvollstreckungsverfahren gefährdet. Deshalb ist zu entscheiden, ob und inwieweit den Eigentumssicherheiten ein Aussonderungsrecht zuzubilligen ist. Dass diese Frage in der Zusammenschau mit dem geltenden materiellen Recht gesehen werden muss, verdeutlicht das schweizerische Recht: Die Lösung des schweizerischen Rechts zur Stellung der Eigentumssicherheiten in der Insolvenz wäre als kritisch anzusehen, wenn die gleichen Voraussetzungen des materiellen Rechts gegeben wären wie in Deutschland. Aufgrund des strikt durchgesetzten Faustpfanderfordernisses kommt die Sicherungsübereignung in den relevanten Fällen des Unternehmenskredits nicht so häufig zur Anwendung wie in Deutschland. Der Grund liegt darin, dass Unternehmen, die eine Finanzierung benötigen, in den meisten Fällen auf die infrage kommenden Sicherungsgegenstände angewiesen sind, um ihren Betrieb zu führen. (i) Das Sicherungseigentum Im deutschen Recht hat die Sicherungsübereignung bisher die Rolle eines besitzlosen Pfandrechts übernommen. Die Sicherungsübereignung hat mithin dazu beigetragen, eine vom ursprünglichen Gesetzgeber nicht vorgesehene Rechtslage herzustellen. Wie bei beschränkten dinglichen Kreditsicherheiten hat der Sicherungsnehmer kein Interesse an der Substanz der Sache, sondern will sich aus ihr befriedigen359. Damit unterscheidet sich das Sicherungseigentum vom Eigentumsvorbehalt, da das Eigentum dort aus dem Bereich des Verkäufers kommt. Für das deutsche Recht wurde bisher die Verwendung als besitz- und publizitätsloses Sicherungsrecht als weiterer Grund für die Gleichbehandlung mit dem Pfandrecht in der Insolvenz genannt360. Das Sicherungseigentum führe zur Aushöhlung der Masse, ohne das den anderen Gläubigern publik zu machen361. Wenn eine Reform des Rechts der Mobiliarkreditsicherheiten in Deutschland oder der 359

Jäger/Henckel, § 51 InsO Rn. 7. Smid, Praxishandbuch Insolvenzrecht, 5. Aufl., Berlin 2007, 59. 361 Smid, a.a.O. 360

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Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

Schweiz zur Einführung eines besitzlosen Registerpfandrechts führt, dann wird das Registrierungserfordernis auch auf die Sicherungsübereignung Anwendung finden. Auch in diesem Fall, vorausgesetzt, es bleibt – anders als der DCFR das vorschlägt – bei einer separaten Regulierung des Sicherungseigentums neben einem neuen Registerpfandrecht362, ergibt sich aber nichts anderes für die Behandlung in der Insolvenz. Die Ziele des Insolvenzrechts erfordern genauso wie bei den beschränkten dinglichen Kreditsicherheiten eine Teilnahme am Insolvenzverfahren und die Einräumung eines Absonderungsrechts. (ii) Der Eigentumsvorbehalt Es ist bereits vorgeschlagen worden, dem Vorbehaltsverkäufer nur ein Absonderungsrecht zu gewähren363. Das ist damit begründet worden, dass der Eigentumsvorbehalt wirtschaftlich wie ein besitzloses Pfandrecht wirke364. Deshalb könnte es angebracht sein, die gleichen Regeln anzuwenden, die für die beschränkte dingliche Kreditsicherungsrechte in der Insolvenz gelten. Der Einschluss der unter Vorbehalt stehenden Sache in die Masse könnte auch hilfreich sein, um die Fortführung des Betriebs des SchuldnerUnternehmens zwecks Sanierung oder Veräusserung als going concern zu ermöglichen365. Dem ersten Argument ist entgegenzuhalten, dass der Unterschied zum Sicherungseigentum darin liegt, dass das Eigentum aus der Sphäre des Gläubigers stammt. Der Abschnitt zur Verwertung hat gezeigt, dass der Verkäufer deshalb im Unterschied zu einem Pfandgläubiger ggf. ein besonderes Interesse an der Sache selbst haben kann366. Wenn der Verkäufer die Sache ausserhalb der Insolvenz nicht im eigentlichen Sinne verwerten muss, sondern sie nach Rücktritt nur zurücknehmen muss, wäre es widersprüchlich, ihn für den Bereich der Insolvenz wie einen Inhaber eines beschränkten dinglichen Kreditsicherungsrechts zu behandeln. Insofern ist die Rechtslage, so wie sie für Québec geschildert wurde, zu vermeiden. Die Aussonderung stellt eine Vorzugsbehandlung des Eigentumsvorbehaltsverkäufers dar, die bereits existierende ungesicherte Gläubiger wirtschaftlich nicht schlechter stellt. Zukünftige weitere Gläubiger werden 362

Zu Zweifeln daran s. Teil 2 die Fallgruppen zum Sicherungseigentum. S. den deutschen Referentenentwurf zum Insolvenzrecht v. 01.11.1989 (§ 55 des Entwurfs), abgedruckt im Bundesanzeiger, Jg. 41, Nr. 227a, Köln 1989. 364 Jäger/Henckel, § 51 InsO Rn. 25. 365 Dass sich diese Problematik bei den Eigentumssicherheiten stellt, hat auch Jeandin, Défaillance, p. 137 ss, angesprochen. S. dazu auch Brinkmann, The Position, p. 263; UNCITRAL Legislative Guide on Insolvency Law, Wien 2007, Rec. 35 a und Part II Erwägungsgrund 10. 366 S. oben C. III. 6. b. (ii). 363

C. Eigentlicher Vergleich und eigentliche Bewertung

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durch das Registrierungserfordernis geschützt. Schliesslich unterstützt die Aussonderung die politische Entscheidung367 des deutschen und des schweizerischen Gesetzgebers, den Warenkreditgeber vor dem Geldkreditgeber zu bevorzugen. Zum zweiten Argument ist zu sagen, dass die Fortführung bereits durch die Erfüllung des zugrunde liegenden Vertrags sichergestellt werden kann. Ein Problem stellt sich hier nur, wenn es bei Eröffnung des Verfahrens an ausreichenden Mitteln fehlt, den Kaufvertrag zu erfüllen. Das deutsche Recht gibt hier aber mit der Entscheidungsfrist zugunsten des Insolvenzverwalters über die Vertragsfortführung ein gutes Beispiel, wie man die Ziele des Insolvenzrechts berücksichtigen kann, ohne zu stark in die Rechte des Vorbehaltsverkäufers einzugreifen. b.

Fortführung des Unternehmens in der Insolvenz

Der Gebrauch von Eigentumssicherheiten darf die Aussicht auf eine mögliche Fortführung des Betriebs des Schuldner-Unternehmens, sei es für die Ausproduktion, die Erhaltung des going concern für die Liquidierung als Gesamtheit oder für die Sanierung, nicht schmälern368. Sicherungseigentum und Eigentumsvorbehalt müssen dabei nach dem oben Gesagten unterschiedliche Wege gehen. (i) Das Sicherungseigentum Die oben vorgeschlagene Gleichbehandlung des Sicherungseigentums mit einem Pfandrecht in der Insolvenz führt zum Einschluss der sicherungsübereigneten Sachen in die Masse und gibt dem Verwalter die in den Insolvenzgesetzen vorgesehenen Verwendungsmöglichkeiten. (ii) Der Eigentumsvorbehalt Unter Vorbehalt übereignete Sachen können auch dann in den Dienst der Fortführung des Schuldner-Unternehmens gestellt werden, wenn sie nicht in die Masse fallen. Der indirekte Eingriff über die Regeln der Erfüllung von Dauerschuldverträgen hat den Vorteil, dass er weniger stark in die Rechte des Vorbehaltsverkäufers eingreift. Letzterer bleibt im Grundsatz weiter Herr des Verfahrens. Die Ausübung seiner Rechte wird lediglich aufgeschoben. Sofern sich der Insolvenzverwalter sofort für die Nichterfüllung entscheidet, z.B. weil schnellstmöglich liquidiert werden soll und die Erhaltung des going concern nicht in Betracht kommt, besteht für den 367

S. dazu Jäger/Henckel, § 51 InsO Rn. 26. Jeandin, Défaillance, p. 137 ss; Brinkmann, The Position, p. 263; UNCITRALInsolvency Guide, Rec. 35 a und Part II Erwägungsgrund 10. 368

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Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

Verkäufer kein Problem. Er kann sofort aussondern. Es ist auch möglich, wenn auch selten, dass der Verwalter über aureichend Mittel verfügt, um den Vertrag weiter zu erfüllen. Dann bräuchte er theoretisch nicht abzuwarten mit der Entscheidung, weiter erfüllen zu wollen. Der Aufschub der Rechte des Verkäufers ist aber auch in dieser Situation gerechtfertigt: Der Verwalter weiss zu dem frühen Verfahrensstadium häufig noch nicht, welchen Wert die Sache für das Unternehmen hat. Der Aufschub ermöglicht ihm in dieser Situation die geordnete Sondierung und Planung. Besonders relevant ist der Aufschub aber für die Situation, in der die Masse im Augenblick der Eröffnung keine Mittel zur Erfüllung hat, der Gegenstand aber erforderlich ist für die Fortführung. In dieser Situation kann die Wartezeit die Situation überbrücken, bis z.B ein Sanierungsplan feststeht, der Mittel für die Erfüllung vorsieht. Ein ausreichender Aufschub kann mithin die Fortführung des Unternehmens erleichtern. Die Dauer des Aufschubs muss ausreichend sein, damit eine verlässliche Fortführungsprognose abgegeben werden und ggf. ein Sanierungskonzept zumindest grob erarbeitet werden kann. In dieser Hinsicht bietet sich eine Orientierung an der Regelung des deutschen Rechts369 an. 7.

Zusammenfassung

Für die Stellung der Eigentumssicherheiten in der Insolvenz ist es hilfreich, dem Vorbild des deutschen Rechts zu folgen. Das deutsche Recht erreicht einen guten Ausgleich zwischen der Effektivität der Eigentumssicherheiten, da wo es begründet ist (beim Eigentumsvorbehalt), und respektiert gleichzeitig die Belange des Insolvenzrechts, ohne zu stark in die Position des Eigentumsvorbehaltsverkäufers einzugreifen. Das bedeutet: Der Eigentumsvorbehalt sollte ein Aussonderungsrecht gewähren, wobei das Recht aber durch eine ausreichende Überlegungszeit des Insolvenzverwalters aufgeschoben wird. Das Sicherungseigentum sollte ledigliche ein Absonderungsrecht gewähren.

D. Ergebnisse zu Teil 3 D. Ergebnisse für Teil 3

Teil 3 der Arbeit hat versucht, normative Aussagen für die Reformlage in Bezug auf die Stellung der Eigentumssicherheiten im deutschen und schweizerischen Mobiliarkreditsicherungsrecht zu erarbeiten. Dazu hat er den unitären und funktionalen Regulierungsansatz mit dem pluralen Regulierungsansatz verglichen. Exemplarisch wurden dazu auf der einen Seite das Recht des Article 9 UCC als prominentester Vertreter dieses Regulie369

§ 107 Abs. 2 S. 1 InsO.

D. Ergebnisse für Teil 3

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rungsansatzes und auf der anderen Seite das deutsche und schweizerische Mobiliarkreditsicherungsrecht verwendet. Deutsches und schweizerisches Recht – so hat es der Vergleich ergeben – weisen, obwohl sie den gleichen Regulierungsansatz verwenden, in der Ausführung beträchtliche Unterschiede auf. Kriterium des Vergleichs war der Grad der Effektivität und die Effizienz des Gebrauchs der Kreditsicherheiten in den verglichenen Rechten. In Bezug auf die Effizienz wurde v.a. auf den Kosten-NutzenAspekt abgestellt, zusätzlich aber auch auf den wohlfahrtsökonomischen Effizienzbegriff, so wie er von der ökonomischen Analyse des Rechts verwendet wird. I.

Gesamtergebnis

Teil 3 hat ergeben, dass ein effektiver und effizienter Gebrauch von Kreditsicherheiten auch in einem System möglich ist, das dem pluralen Ansatz in der Regulierung der Kreditsicherheiten folgt. Der Blick auf den Code civil québécois hat jedoch gezeigt, dass das Regulierungskonzept im Einzelnen konsequent ausgearbeitet sein muss, um diesem Anspruch zu genügen. Der Lösungsansatz des Article 9 UCC ist für eine Reform des deutschen oder schweizerischen Rechts der Kreditsicherheiten durchaus hilfreich, indem er Anhaltspunkte für Änderungen gibt. Vor einer zu starken Anleihe beim US-amerikanischen Recht sollte man aber absehen. Zum einen leidet auch Article 9 UCC, wie dieser Teil der Arbeit gezeigt hat, unter gewissen Schwächen. Vor allem aber können die einzelnen Regulierungsfragen nicht losgelöst von der Grundkonzeption der verglichenen Rechte, insbesondere auf dem Gebiet des Sachenrechts, gesehen werden. Eine Transplantation nordamerikanischer Lösungen ist daher ausgeschlossen. Es geht deshalb darum, von positiven Aspekten dieses Rechts zu lernen und sie dann – soweit es den politischen Vorstellungen entspricht – innerhalb der eigenen Rechtsstruktur umzusetzen. II. Einzelergebnisse 1.

Zum unitären oder pluralen Ansatz

Zu empfehlen ist die weitere Orientierung am pluralen Ansatz. Eigentumssicherheiten sollten prinzipiell weiterhin separat geregelt werden. Der unitäre und funktionale Ansatz genügt auf den ersten Blick den genannten Kriterien zwar besser als der plurale Ansatz. So muss die Anwendung der notwendigen schuldner- und drittschützenden Vorschriften grundsätzlich nicht im Einzelfall festgestellt werden. Auf Abgrenzungen zwischen verschiedenen Sicherungsrechten kommt es nicht an und pragmatische Gesichtspunkte ersetzen das Abstellen auf traditionelle Prinzipien des Sachenrechts. Ein genauerer Blick auf Article 9 UCC hat aber ergeben,

384

Teil 3: Vergleich und normative Bewertung

dass der unitäre und funktionale Ansatz die Beschäftigung mit komplizierten Rechtsfragen nicht obsolet macht. Abgrenzungsproblematiken werden lediglich auf die abstrakteste Stufe verlagert, nämlich auf die Frage, ob eine „Sicherheit“ gegeben ist oder nicht. Trotz des an sich selbst gestellten Anspruchs schafft er es nicht, sich von überkommenen Kriterien des Sachenrechts, z.B. dem Kriterium, wem nach einer Vereinbarung das Eigentum an einer Sache zustehen soll, zu lösen. Aus Article 9 UCC und dem Code civil québécois kann jedoch die Lehre gezogen werden, dass Eigentumssicherheiten vollständig zu konzeptualisieren und konsequent den erforderlichen schuldner- und drittschützenden Vorschriften zu unterwerfen sind. 2. Zur Frage der Priorität bzw. des Rangs zwischen den gesicherten Gläubigern Die Zuordnung des Eigentums sollte in Deutschland und in der Schweiz weiterhin das Hauptkriterium für die Regelung der Priorität von Gläubigern mit Rechten an der gleichen Sache bleiben. Zu achten ist aber auf die konsequente Durchsetzung des Publizitätserfordernisses, gerade bei den Eigentumssicherheiten. Dafür sollte jeweils national ein zentrales Register für alle eintragungsfähigen Rechte bestehen. Positiv an Article 9 UCC zu bewerten ist sein einfaches Grundprinzip: Die Herstellung von Publizität ist entscheidend für die Regelung der Priorität. Die Notwendigkeit der Klärung komplizierter sachenrechtlicher Fragen soll damit vermieden werden. Ein genauerer Blick hat aber gelehrt, dass Article 9 UCC trotz seines umfangreichen Anwendungsbereichs Fälle von publizitätslosen Rechten nicht völlig ausschliessen kann und ausserdem nach wie vor auf die Zuordnung des Eigentums abstellen muss. Für eine deutsche oder schweizerische Reform wird sich deshalb für das Grundprinzip der Regulierung von Priorität – die Frage der Zuordnung des Eigentums – nichts ändern. Zu achten ist aber auf eine konsequente Durchsetzung der Publizität. Der Eigentumsvorbehalt sollte generell im zentralen Kreditsicherheitenregister registriert werden. Das Gleiche gilt für das Sicherungseigentum (sofern es weiter zur Verfügung stellen soll) und für die Fälle des Leasing (Finanzierungs- und operating-Leasing). 3.

Zur Verwertung der Eigentumssicherheiten ausserhalb der Insolvenz

Bei der Verwertung des Eigentumsvorbehalts sollten die kaufrechtlichen Belange gegenüber den Belangen des Rechts der Kreditsicherheiten Vorrang geniessen. Deshalb sollte der Eigentumsvorbehaltsverkäufer die Kaufsache nach erfolgtem Rücktritt herausverlangen dürfen, grundsätzlich ohne weitere Verwertungsschritte unternehmen zu müssen.

D. Ergebnisse für Teil 3

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Der Abschnitt hat gezeigt, dass die Frage der Verwertung des Eigentumsvorbehalts im Grunde genommen die Frage ist, welchem der genannten Rechtsbereiche der Vorrang bei der Regelung der Verwertung des Eigentumsvorbehalts einzuräumen ist. Im US-amerikanischen Recht steht die Wertung als Kreditsicherheit im Vordergrund. Die Unterwerfung unter die gängigen Verwertungsschritte ist kohärent zur Entscheidung des Article 9 UCC, gesicherte Gläubiger (Geld- und Warenkreditgeber) grundsätzlich gleich zu behandeln. Diese Arbeit hat dagegen zu der Erkenntnis geführt, dass beim Eigentumsvorbehalt den Belangen des Kaufrechts bzw. des Schuldrechts gefolgt werden sollte. Damit wäre es nicht zu vereinen, den Vorbehaltsverkäufer zur Erstattung eines eventuellen Überschusses an den Käufer zu verpflichten. Unter Umständen kann es aber angezeigt sein, den Vorbehaltsverkäufer zu verpflichten, Gläubiger mit Rechten an der Anwartschaft des Käufers vom bevorstehenden Rücktritt zu unterrichten. 4. Zur Stellung der Eigentumssicherheiten in der Insolvenz des Sicherungsgebers Es ist zu empfehlen, dass der Sicherungseigentümer nur ein Absonderungsrecht erhält, wogegen der Eigentumsvorbehaltsverkäufer (beim einfachen Eigentumsvorbehalt) aussondern können sollte. Die Rechte des Letzteren sollten aber für eine ausreichende Zeit aufgeschoben werden, damit der Verwalter genügend Zeit hat, zu entscheiden ob die Kaufsache für die mögliche Fortführung des Schuldnerunternehmens erforderlich ist. Die Entscheidung über die Stellung der Eigentumssicherheiten in der Insolvenz des Sicherungsgebers ist v.a. eine Entscheidung über den richtigen Ausgleich zwischen den Belangen des Rechts der Kreditsicherheiten und den Belangen des Insolvenzrechts. Die Arbeit kommt hier zu dem Ergebnis, dass das deutsche Recht einen guten Ausgleich dieser beiden Logiken repräsentiert, dem man folgen sollte. Das US-amerikanische Recht der bankruptcy nach Chapter XI gewährt dem Sanierungsziel einen hohen Effektivitätsgrad, enthält dabei aber Regelungen, welche die Sicherung der Gläubiger einschränken können. Beim schweizerischen Recht ist es umgekehrt: Es gewährt den Kreditsicherheiten, insbesondere den Eigentumssicherheiten, einen sehr hohen Grad an Effektivität. Auf der anderen Seite behindert es dadurch die effektive Verfolgung einer möglichen Sanierung des Schuldnerunternehmens.

Gesamtergebnisse Gesamtergebnisse

Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Diskussion zur Reform der Mobiliarkreditsicherheiten hat diese Arbeit einen Teilbereich des möglichen Reformstoffs einer eingehenden Betrachtung unterworfen: die Verwendung des Eigentums zum Zweck der Kreditsicherung. Welche Rolle sollten die Eigentumssicherheiten in einem reformierten deutschen oder schweizerischen Mobiliarkreditsicherungsrecht spielen? Die bisherige Rechtslage zu den Eigentumssicherheiten in der Schweiz, besonders aber in Deutschland – so hat die Arbeit gezeigt – sieht sich herausgefordert durch die starke Verbreitung moderner Ansätze in der Gesetzgebung auf dem Gebiet der Kreditsicherheiten. Im Mittelpunkt steht dabei der unitary and functional approach, der – angeregt durch den Erfolg seines Hauptproponenten, des Article 9 UCC – immer grössere Verbreitung findet. Das Neue dieses Ansatzes liegt darin, dass er nicht mehr zwischen verschiedenen Typen von Mobiliarkreditsicherheiten wie Pfandrecht, Sicherungseigentum oder Eigentumsvorbehalt unterscheidet. Er unterwirft alle eine Sicherheit an beweglicher Sache begründenden Rechtsgeschäfte den einheitlichen Regeln des security interest. Die Gleichbehandlung aller mit beweglichen Sachen gesicherten Gläubiger soll die Rechtssicherheit erhöhen und damit positive Auswirkungen auf die Kreditvergabe und die gesellschaftliche Wohlfahrt haben. Internationale Reformprojekte, wie der UNCITRAL Legislative Guide on Secured Transactions und der Draft Common Frame of Reference (DCFR), übernehmen diesen Ansatz oder nehmen zumindest eine starke Anleihe daran und stellen damit den bisherigen Umgang mit den Eigentumssicherheiten in Deutschland, der Schweiz und in anderen Ländern infrage. Die Arbeit hat deshalb besonders auf die Beantwortung folgender Fragen abgestellt: Sollen Eigentumssicherheiten weiterhin separat neben beschränkten dinglichen Kreditsicherungsrechten geregelt werden? Wenn ja, inwieweit sollen sie Kreditgebern stärkere Vorrechte geben dürfen als beschränkte dingliche Kreditsicherungsrechte? Die Arbeit kommt mittels eines umfangreichen Rechtsvergleichs und einer Bewertung verschiedener Methoden der Regulierung von Eigentumssicherheiten zu folgendem Ergebnis: Deutschland und die Schweiz müssen

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Gesamtergebnisse

nicht auf die separate Regulierung der Eigentumssicherheiten verzichten, um ein Recht der Kreditsicherheiten zu haben, das einen ebenso effektiven und effizienten Gebrauch von Kreditsicherheiten ermöglicht wie das Recht des Article 9 UCC und anderer Systeme, die den unitary and functional approach implementiert haben. Da allerdings die gegenwärtige Regulierung der Eigentumssicherheiten in beiden Ländern – in Deutschland mehr als in der Schweiz – kein klares Regulierungskonzept erkennen lässt, sind Änderungen vorzunehmen, auf die diese Arbeit im Einzelnen eingeht. Bei diesen Änderungen sollte man sich von Errungenschaften des Article 9 UCC und anderer Rechte (z.B. den kanadischen Personal Property Security Acts (PPSAs)) inspirieren lassen, ohne jedoch diese Lösungen vorbehaltlos zu transplantieren. Dazu sind die Fundamente der verglichenen Rechtsordnungen zu unterschiedlich. Des Weiteren hat die Arbeit gezeigt, dass auch „fortschrittliche“ Systeme, wie z.B. Article 9 UCC, nicht frei von Widersprüchen und Inkohärenzen sind. Teil 1 hat die Grundlagen für den Vergleich und die Bewertung der Regulierungsmethoden gelegt. Nachdem er sich mit einer Definition der Begriffe „Kreditsicherheit“ und „Eigentumssicherheit“ befasst hat, hat er die Gründe untersucht, die aus makro- und mikroökonomischer Sicht für die Existenz von Kreditsicherheiten sprechen. Ein geschichtlicher Überblick über das Recht der Mobiliarkreditsicherheiten und insbesondere über die Rolle des Eigentums im Rahmen der Kreditsicherung hat die Grundlagen abgeschlossen. In seinem Hauptteil hat Teil 1 den de lege lata-Zustand hinsichtlich der Regulierung der Eigentumssicherheiten verschiedener Rechtsordnungen bzw. Rechtstexte dargestellt. Dieser darstellende Teil beschäftigte sich zunächst mit einem systematischen Vergleich der Regulierung der Eigentumssicherheiten in den zivilistischen Rechtsordnungen Deutschlands, der Schweiz, Frankreichs und der kanadischen Provinz Québec, wobei dem Eigentumsvorbehalt und der Sicherungsübereignung der weitaus grösste Raum zuteil wurde. In dem darauf folgenden Schritt wurde das Kreditsicherungsrecht des US-amerikanischen Article 9 UCC als des Hauptvertreters des funktionalen und unitären Ansatzes und das Recht der kanadischen Personal Property Security Acts untersucht. Abschliessend wurden zwei zurzeit besonders einflussreiche nicht-hoheitliche Instrumente – der UNCITRAL Legislative Guide on Secured Transactions und der Draft Common Frame of Reference – analysiert. Die Systematisierung der aufgefundenen Lösungsansätze hat zu folgenden Erkenntnissen geführt: Grundlegend konnten zwei Ansätze unterschieden werden: ein unitärer Ansatz, der die separate Regulierung von Eigentumssicherheiten nicht zulässt, und ein pluraler Ansatz, der separate Regeln für Eigentumssicherheiten vorsieht. Von den untersuchten Rechtsordnungen bzw. Rechtstexten wurden Article 9 UCC, die kanadischen Perso-

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nal Property Security Acts und der UNCITRAL-Leitfaden (Option A.) als zum unitären Ansatz gehörig eingestuft. Deutschland, die Schweiz, Frankreich, Québec, der DCFR und der UNCITRAL-Leitfaden (Option B.) wurden dagegen als Vertreter des pluralen Ansatzes identifiziert. Beim pluralen Ansatz geht die Tendenz dahin – so der DCFR und der UNCITRALLeitfaden (Option B.) –, die Zahl der zulässigen Eigentumssicherheiten zu verringern. Sowohl UNCITRAL als auch der DCFR lassen Eigentumssicherheiten nur zugunsten des Warenkreditgebers zu. Zum pluralen Ansatz wurde weiterhin festgestellt, dass sich seine Rechtsordnungen bzw. Rechtstexte dahingehend unterscheiden, wie eigenständig sie die zulässigen Eigentumssicherheiten regulieren. Während einige Rechtsordnungen Eigentumssicherheiten weitgehend unabhängig von anderen Mobiliarkreditsicherheiten regulieren (so Deutschland und Frankreich und in einem geringeren Masse auch die Schweiz), sehen andere Rechtsordnungen bzw. Rechtstexte für Eigentumssicherheiten weitgehend die gleichen Regeln vor wie für andere Kreditsicherheiten (so UNCITRAL (Option B.), der DCFR und die Provinz Québec). Das führte zu der Erkenntnis, dass es nicht nur im Rahmen eines unitären, sondern auch im Rahmen eines pluralen Ansatzes möglich ist, eine weitgehende Gleichbehandlung unterschiedlicher Kreditsicherheiten zu erreichen. Allerdings lässt der plurale Ansatz die Freiheit, im Einzelfall – für jede Eigentumssicherheit und für jeden zu regelnden Sachverhalt – über das Ob und die Reichweite einer eventuellen Anpassung an andere Kreditsicherheiten zu entscheiden. Abschliessend wurde systematisiert, wie die untersuchten Rechtsordnungen bzw. Rechtstexte ihre Eigentumssicherheiten im Einzelnen regulieren. Die in der Systematisierung gewonnenen Erkenntnisse bereiteten die im Teil 3 normativ zu entscheidenden Fragen vor: Sollte eine Reform dem unitären oder dem pluralen Ansatz folgen? Bis zu welchem Grad sollten die Eigentumssicherheiten inhaltlich selbständig reguliert werden? Wie sollte diese Regulierung im Einzelnen aussehen? Teil 2 der Arbeit hat anhand von konkreten Fallbeispielen geprüft, inwieweit sich die unterschiedlichen Regulierungsansätze praktisch in unterschiedlichen Ergebnissen äussern. Dazu hat er – je nach der Originalität des Lösungsansatzes – auf unterschiedliche Rechtsordnungen bzw. Rechtstexte zurückgegriffen. Zwei Fallbeispiele betrafen Situationen des Warenkredits und zwei weitere Fallbeispiele betrafen Situationen des Geldkredits. Die beiden Fallbeispiele zum Geldkredit setzten sich jeweils vertieft mit dem Sicherungseigentum auseinander. Das hatte folgenden Grund: Im deutschen Recht wird das Sicherungseigentum zum grossen Teil verwendet, um das Erfordernis der Besitzübertragung beim Pfandrecht zu umgehen. Um die Frage der raison d’être des Sicherungseigentums in einem reformierten Recht der Kreditsicherheiten entscheiden zu können, war

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mithin zu untersuchen, ob es eine darüber hinausgehende, selbständige Daseinsberechtigung des Sicherungseigentums gibt. Die Lösungen der Fallbeispiele haben ergeben, dass die unterschiedlichen Regulierungsmethoden nur beschränkt zu unterschiedlichen Resultaten führen. Die Lösungen der Fallbeispiele zum Sicherungseigentum konnten darüber hinaus in dem Anwendungsbereich ihrer jeweiligen Sachverhalte eine besondere Daseinsberechtigung für das Sicherungseigentum neben einem besitzlosen Pfandrecht nicht erhärten. Das erste Fallbeispiel zum Warenkredit beschäftigte sich mit der generellen Frage, wie die Regulierungsmethoden den Warenkreditgeber im Verhältnis zu vorangehenden, umfassend gesicherten Gläubigern schützen. Ausgangspunkt war die Erkenntnis, dass die Einräumung einer Vorrangstellung für den Warenkreditgeber aus ökonomischen Gründen sinnvoll ist. Die vergleichende Lösung hat ergeben, dass auch Rechtsordnungen, deren Recht der Kreditsicherheiten dem unitary and functional approach folgt und mithin den Eigentumsvorbehalt nicht anerkennt, dem Warenkreditgeber die Priorität einräumen. Während Deutschland, die Schweiz und andere zivilistische Rechtsordnungen mittels des Eigentumsvorbehalts Verkäufern ein besonders starkes Recht für den Gläubigerwettbewerb an die Hand geben, kommen die Vertreter des unitary and functional approach über die Figur des purchase money security interest zum gleichen Ergebnis. Die Besonderheit des purchase money security interest liegt darin, dass es nicht nur den Warenkreditgeber begünstigt, sondern allen Arten von Kreditgebern eine Sonderstellung verschafft, die den Erwerb einer Sache finanzieren, so auch Geldkreditgebern. Staaten wie Deutschland oder die Schweiz sehen dagegen zugunsten des Geldkreditgebers, der den Erwerb einer Sache fördert, keine gleichwertige Sicherungsmöglichkeit an der gekauften Sache vor. Das zweite Fallbeispiel hat sich mit Abgrenzungsfragen an der Grenze von Sicherheit und Nicht-Sicherheit befasst. Anhand eines Falls zum Leasing hat das Fallbeispiel gezeigt, dass Rechtsordnungen, die dem unitary and functional approach folgen, ein Problem mit dieser Abgrenzung haben, weil es ihnen an handhabbaren Abgrenzungskriterien mangelt. Für die Frage, ob ein Leasinggeschäft zur Begründung eines security interest des Leasinggebers führt und damit auch die Registrierungspflicht auslöst, muss z.B. Article 9 UCC auf ökonomische Kriterien abstellen, die im Kern – entgegen der Absicht seiner Autoren – wieder auf die Frage der Zuordnung des Eigentums zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer hinausführen. Teilweise versuchen die Vertreter des unitären und funktionalen Ansatzes deshalb, die Abgrenzungsproblematik beim Leasing ganz zu umgehen: So haben die kanadischen PPSAs für bestimmte Fälle des Leasing eine Vermutungsregelung für das Vorliegen eines security lease eingeführt.

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Die Fallbeispiele zum Geldkredit beschränkten sich – um zusätzlich die Frage der separaten Daseinsberechtigung des Sicherungseigentums untersuchen zu können – auf Situationen, in denen es auf die besitzlose Bestellung des Sicherungsrechts nicht ankommt. Sicherungsgegenstände waren deshalb Wertpapiere bzw. Rechte an Wertpapieren. Das erste Fallbeispiel ist der Frage nachgegangen, ob das Sicherungseigentum in Situationen hilfreich sein kann, in denen es dem Sicherungsnehmer auf die Möglichkeit der Verfügung über den Sicherungsgegenstand noch vor dem Ausfall des Schuldners mit der gesicherten Forderung (sog. Verwendungsrecht; right of use) ankommt. Die Lösung hat gezeigt, dass keine der untersuchten Rechtsordnungen hier einen Vorteil vor den anderen aufweist. Sowohl Rechtsordnungen, die die Sicherungsübereignung anerkennen, als auch Rechtsordnungen, die dem unitary and functional approach folgen, haben Schwierigkeiten, die Verfügung über den Sicherungsgegenstand anhand des existierenden Rechts theoretisch zu erklären. Während das deutsche Recht versucht, die genannte Situation über die Figur des irregulären Pfandrechts zu lösen, will das US-amerikanische Recht das right of use über die Fallgruppen des repledge und der rehypothecation ermöglichen. Problematisch bei der US-amerikanischen Lösung ist, dass in beiden Fällen das Einlösungsrecht des Schuldners (right of redemption) am Sicherungsgegenstand beschnitten werden kann, was die Frage aufwirft, ob überhaupt noch ein Sicherungsgeschäft vorliegt. Trotz dieser dogmatischen Schwierigkeiten sind sich beide Rechte darin einig, dass dem gesicherten Gläubiger im Ergebnis die Verfügung über Rechte an Wertpapieren bereits vor dem Ausfall des Schuldners mit der gesicherten Forderung ermöglicht werden sollte. Die Besonderheit der schweizerischen Lösung bestand darin, dass es nach den Regelungen des Bucheffektengesetzes (BEG) für ein Verwendungsrecht gar nicht auf das Bestehen einer Kreditsicherungsbeziehung ankommt. Das zweite Fallbeispiel hat die Regulierungsmethoden hinsichtlich der Schnelligkeit der Durchführung der Verwertung verglichen. Gleichzeitig wurde – soweit möglich – zwischen Eigentumssicherheit und Pfandrecht unterschieden. Die Lösung führte zu dem Ergebnis, dass es in den Rechtsordnungen, die die Sicherungsübereignung anerkennen, de lege lata nur geringe zeitliche Vorteile gegenüber dem Pfandrecht gibt, die im Übrigen durch entsprechende Privatvereinbarungen ausgeglichen werden können. Die dem unitären und funktionalen Ansatz folgenden Rechtsordnungen tendieren dagegen dahin, die Materie der Rechte an Wertpapieren gesondert zu regeln und in diesem Bereich die sofortige Verwertung mit Rücksicht auf die Besonderheiten des Sicherungsgegenstands zuzulassen. Aufgabe von Teil 3 der Arbeit war es schliesslich, normativ Vorschläge zu entwickeln, von welchen Grundsätzen sich eine Reform der deutschen

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und schweizerischen Eigentumssicherheiten leiten lassen sollte. Dazu hat er die beiden grundlegend unterschiedlichen Gesetzgebungsansätze, nämlich auf der einen Seite den unitary and functional approach und auf der anderen Seite den pluralen Ansatz, miteinander verglichen. Exemplarisch griff er dabei auf der einen Seite auf Article 9 UCC – und, wo es angebracht war, auf die kanadischen Personal Property Security Acts – und auf der anderen Seite auf das deutsche und das schweizerische Recht der Kreditsicherheiten zurück. Die Hauptvergleichskriterien waren der Grad der Effektivität und der Grad der Effizienz des Gebrauchs der Kreditsicherheiten im jeweiligen System. Darüber hinaus hat der Vergleich aus der ökonomischen Analyse des Rechts bekannte Ansätze wie die principal-agentTheorie und die Transaktionskostenanalyse nutzbar gemacht. Die Arbeit hat damit bewusst auf ökonomische Kriterien zurückgegriffen, die bei modernen Reformvorschlägen wie dem UNCITRAL Legislative Guide on Secured Transactions und dem Mobiliarkreditsicherungsrecht des Draft Common Frame of Reference eine wichtige, wenn nicht eine überragende Rolle spielen. Hintergrund ist, dass auf diese Weise der Frage nachgegangen werden sollte, inwiefern „gute Ergebnisse“ im Sinne dieser Kriterien anstatt durch die Einführung eines komplett neuen Systems auch durch eine punktuelle Reform auf der Basis des bestehenden deutschen und schweizerischen Rechts erreicht werden können. Der Vergleich hat insgesamt zu folgendem Ergebnis geführt: Obwohl Article 9 UCC in vielen Belangen de lege lata einen effektiveren und effizienteren Gebrauch der Kreditsicherheiten erlaubt, als es in Deutschland oder der Schweiz augenblicklich möglich ist, sollte eine Transplantation der US-amerikanischen Lösung in das deutsche oder das schweizerische Mobiliarkreditsicherungsrecht ausgeschlossen sein. Dazu sind bereits die fundamentalen Eckdaten der jeweiligen Rechtsordnungen zu unterschiedlich. Article 9 UCC will sich, beeinflusst durch die Philosophie des Legal Realism, bewusst von traditionellen Kriterien des Rechts, wie dem Kriterium der Zuordnung des Eigentums zwischen den Parteien, lösen und stattdessen allein auf pragmatische Gesichtspunkte abstellen. Die Entwicklung des deutschen und schweizerischen Rechts stand dagegen unter ganz anderen Vorzeichen und ist anders verlaufen. Dass es das effektive und effiziente Recht der Kreditsicherheiten nicht gibt, wird daran deutlich, dass der Gesetzgebungsansatz des Article 9 UCC – wie dieser Teil der Arbeit gezeigt hat – grundlegende Probleme mit sich führt. Der Ansatz des Article 9 UCC musste zwar hinsichtlich der Effektivität und der Effizienz des Gebrauchs der Kreditsicherheiten in weiten Teilen besser bewertet werden als das gegenwärtige deutsche und schweizerische Recht der Mobiliarkreditsicherheiten. Dennoch hat eine tiefergehende Untersuchung die Grenzen des unitary and functional approach aufgezeigt. Auf der einen Seite führt

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die Zusammenführung unterschiedlicher Mobiliarkreditsicherungsrechte unter ein einheitliches Regime zu einer einfacheren Rechtsanwendung. Die Abschaffung der formalen Unterschiede zwischen verschiedenen, der Kreditsicherung dienenden Instituten macht allerdings Abgrenzungsfragen nicht überflüssig. Im Mittelpunkt des Ansatzes steht die Frage nach der Substanz einer Transaktion: Wird eine Sicherheit begründet oder nicht? Das Beispiel des Leasing hat gezeigt, dass Article 9 UCC mit dieser so grundlegenden Frage Schwierigkeiten hat. Um zwischen Sicherheit und Nicht-Sicherheit abgrenzen zu können, muss er deshalb weiterhin auf Kriterien des Sachenrechts zurückgreifen, die nach der Absicht der Autoren des UCC innerhalb seines Anwendungsbereichs eigentlich obsolet sein sollten. Eine bedeutende Charakteristik von Article 9 UCC liegt weiterhin darin, Fälle der Trennung von Eigentum und Besitz (ostensible ownership) einem umfassenden Publizitätserfordernis zu unterwerfen. Auch das schafft allerdings – wie Teil 3 gezeigt hat – Schwierigkeiten. Es kann vorkommen, dass Rechtsgeschäfte dem Publizitätserfordernis unterworfen werden, obwohl Gläubiger und Schuldner gar nicht beabsichtigt hatten, ein security interest zu bestellen, mit allen negativen Folgen für das Verhältnis zu anderen Gläubigern. Auf der anderen Seite haben die Fälle des bailment for commodity processing gezeigt, dass es – trotz des Anspruchs des Article 9 UCC an sich selbst – nach wie vor Situationen gibt, in denen ein Gläubiger, der alle Schritte zur Perfektionierung seines security interest unternommen hat, der Gefahr der Existenz verborgener Rechte ausgesetzt ist. Vor diesem Hintergrund muss es Ziel einer Reform des deutschen oder schweizerischen Rechts der Kreditsicherheiten sein, die Effektivität und Effizienz des Gebrauchs der Kreditsicherheiten durch Anpassungen des existierenden Systems zu erreichen. Auf Article 9 UCC sollte man dabei als Inspirationsquelle zurückgreifen, indem man sich von seinen Errungenschaften leiten lässt. Der unitary and functional approach sollte als lediglich ein möglicher Ansatz für einen effektiven und effizienten Gebrauch der Kreditsicherheiten angesehen werden. Der Blick auf die Erfahrungen der kanadischen Provinz Québec hat gelehrt, dass auch der plurale Ansatz der Gesetzgebung zu guten Ergebnissen führen kann. Voraussetzung ist allerdings, dass die möglichst einheitliche Anwendung der erforderlichen schuldner- und drittschützenden Vorschriften auf die der Kreditsicherung dienenden Rechtsinstitute sichergestellt wird. Das Beispiel von Québec ist für Deutschland und die Schweiz besonders deshalb interessant, weil die Provinz, deren Recht der Gruppe der zivilistischen Rechtsordnungen zugeordnet wird, in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts ihr Recht der Kreditsicherheiten einer tiefgreifenden Reform unterworfen hat, ohne dabei ihr rechtsgeschichtliches Erbe zu verleugnen.

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Folgende Eckpunkte haben sich für eine Reform der Eigentumssicherheiten im deutschen und schweizerischen Recht der Kreditsicherheiten herauskristallisiert: Beide Staaten sollten weiterhin dem pluralen Ansatz der Gesetzgebung folgen, d.h., dass Eigentumssicherheiten grundsätzlich weiter separat neben einem beschränkten dinglichen Kreditsicherungsrecht geregelt werden sollten. Allerdings ergibt sich für die Gesetzgeber die Aufgabe, die Eigentumssicherheiten konsequent den erforderlichen schuldner- und drittschützenden Vorschriften zu unterwerfen. Das erfordert in einem ersten Schritt eine vollständige Konzeptualisierung der Eigentumssicherheiten im Rahmen der Mobiliarkreditsicherungsrechte. Je einfacher das System gestaltet ist, desto erfolgreicher wird die einheitliche Anwendung der erforderlichen Vorschriften und damit die Vermeidung von regulativen Schlupflöchern sein. Vor diesem Hintergrund – und unter der Prämisse der Einführung eines Registerpfandrechts im Rahmen einer Reform – schlägt Teil 3 der Arbeit vor, sich kritisch mit der Daseinsberechtigung des Sicherungseigentums auseinanderzusetzen und verweist in diesem Zusammenhang auf den diesbezüglichen Vorschlag des IX. Buchs des Draft Common Frame of Reference. Für die einzelnen behandelten Regulierungsthemen kommt Teil 3 zu folgenden Ergebnissen: An der Frage der Zuordnung des Eigentums als Hauptkriterium für die Regelung der Priorität zwischen Gläubigern mit Rechten an der gleichen Sache wird sich in Deutschland und in der Schweiz nichts ändern. Zu achten ist aber auf die konsequente Durchsetzung des Publizitätserfordernisses, gerade bei den Eigentumssicherheiten. Die Staaten sollten dafür jeweils ein zentrales Register für alle eintragungsfähigen Rechte bereitstellen. Im Hinblick auf die Verwertung der Eigentumssicherheiten hat sich der Abschnitt ausführlich mit der Rechtsposition des Eigentumsvorbehaltsverkäufers beschäftigt. Die Problematik besteht hier darin, dass der Eigentumsvorbehalt von zwei Rechtsbereichen beeinflusst wird: vom Kauf- bzw. Schuldrecht und vom Recht der Kreditsicherheiten. Vorherrschend sollte das Kauf- bzw. Schuldrecht sein. Aus der Entscheidung dieser „Vorfrage“ ergibt sich, dass der Eigentumsvorbehaltsverkäufer die Kaufsache nach erfolgtem Rücktritt herausverlangen darf, grundsätzlich ohne weitere Verwertungsschritte zu unternehmen. Für die Frage der Stellung der Eigentumssicherheiten in der Insolvenz des Sicherungsgebers musste schliesslich wiederum der Konflikt zweier Rechtsbereiche berücksichtigt werden, nämlich des Rechts der Kreditsicherheiten und des Insolvenzrechts. Die Arbeit empfiehlt hier, dem Sicherungseigentümer lediglich ein Absonderungsrecht zu gewähren. Der Eigentumsvorbehaltsverkäufer sollte aussondern können, jedoch sollte sein Recht für eine ausreichende Zeitdauer aufgeschoben werden, um dem Insolvenzverwalter

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genug Zeit zu geben, die Bedeutung der Kaufsache für die Masse einzuschätzen und über die Erfüllung des Kaufvertrags zu entscheiden.

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Sachregister Sachregister

Absonderung (von der Insolvenzmasse) 94, 368, 379 ff. acquisition financing device 141, 143 ff., 150 acquisition security right 130 ff. adverse incentive 30 adverse selection 288 f., 293 after-acquired property 101, 104, 116, 169 f. Akzessorietätsgrundsatz 14 f., 72 f., antizipierte Übereignung 87 Anwartschaft 50, 65 f., 165, 362 Article 9 UCC, siehe auch security interest 98 ff., 267 ff. – altes Kreditsicherungsrecht 99 ff. – Regelungsziele 103 ff. asymmetrische Information 28 f. attachment (des security interest) 111 f., 115, 123 f. Ausfallrisiko 27 f., 32 Aushöhlung (der Insolvenzmasse) 371 f., 379 Aussonderung (aus der Insolvenzmasse) 70, 93 f., 164, 167, 368 f., 374, 379 ff. bailment for commodity processing 326 ff. bankruptcy (Vereinigte Staaten) 169, 366 f., 371, 373, 376, 385 Banque Royale du Canada v. BorgWarner Acceptance Canada Ltée. 64 Benachrichtigung Dritter (über die Verwertungsabsicht) 347, 350 f., 357, 364 Bestimmtheitsgrundsatz (Spezialitätsgrundsatz) 86 ff. BGE v. 14.1.2003 (SJ 2003 I 312) 359 Betreibungsamt 246 f.

Bucheffekte 206 ff., 247 ff., 252, 253, 273 – Bestellung einer Kreditsicherheit 207 f., 249 – security entitlement 267 ff. – titre intermédié (Québec) 263, 265 – Verwertung 249 f., 265, 268 f. chattel mortgage 100 ff. crédit-bail (Frankreich) 76 crédit-bail (Québec) 184 f., 189, 312 f., 331 Derivat 223 ff. – Over-the-Counter (OTC) 223 ff. deutsches Recht 46, 50 f., 55 f., 58 ff., 65, 66 f., 72 f., 75, 77 f., 82, 85, 86 ff., 90, 91 f., 93 f., 95, 96 f., 164 ff., 177 f., 194 ff., 234 ff., 297 f., 321 ff., 345 f., 367 ff. Draft Common Frame of Reference 138 ff., 182 f., 365 – Modellregeln 140 – regulatorischer Ansatz 140 f. – Regulierung im einzelnen 142 ff. – Ziele 138 ff. Effektivität 280 f., 298 ff., 323, 346 ff., 371 ff. Effizienz 281 ff. – Allokationseffizienz 295, 350 – Kosten-Nutzen-Effizienz 281, 301 f., 324 f., 348, 347 f. – Wohlfahrtsökonomik 281 ff. Eigenkapitalquote 29 Eigentumssicherheit 16 ff. – Definition 17 f. – Eigenständigkeit der Regulierung 149 ff., 297 f., 312 f.

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Sachregister

– Insolvenz 365 ff. – Typologie 18 ff – Verwertung 343 ff. Eigentumsübertragung 195 f. – Kausalitätsprinzip 51, 83, 246 – Konsensprinzip 54 f., 83 f. – Römisches Recht 36 ff., 38 ff. – Tradition 51 f. – Trennungsprinzip 50, 195 Eigentumsvorbehalt 19, 46 ff., 151 ff., 322 f., 336 ff., 355 ff., 380 f., 381 f. – Bedeutung 46 ff. – Begründung 50 ff. – Drittwirksamkeit 55 ff. – erfasste Vermögensgegenstände 57 ff. – erweiterter Eigentumsvorbehalt 58 ff., 377 – funktionale Definition 182 f. – Insolvenz des Schuldners 70 ff. – Interesse des Vorbehaltsverkäufers an der Substanz der Sache 357 ff. – Konkurrenz (von Kreditsicherungsrecht und Kaufrecht) 351 ff., 355 ff. – Publizität 52 f., 134, 144, 152, 334 ff. – Rechte und Pflichten der Parteien 65 ff., – Rechtsnatur 72 ff., 351 – Register 52 f., 57, 70 f., 336 ff. – Übertragung auf den Geldkreditgeber 165, 168 f., 174 – Veräusserungserlös 58 ff., 64 – Verarbeiterklausel 58, 61 – verlängerter Eigentumsvorbehalt 58 ff., 377 – Verwertung 66 ff., 343 ff., 355 ff. Erwerbskredit 161 ff. Faustpfand 42 ff., 61 f., 75, 77 ff., 150, 167, 379 – Umgehung 43 f., 77 ff., 240 f. fiducia 33 ff., 40 f. – fiducia cum amico contracta 34 – fiducia cum creditore contracta 34, 35 ff. fiducie (Québec) 24 f., 84 f., 155 f., 266 fiducie-sûreté (Frankreich) 24 f., 80 f., 155 f., 259 f. – beteiligte Personen 83 f. – Funktion 81

fiduziarisches Rechtsverhältnis 14 f., 90 f. field warehousing 101 f. financing statement 113, 124, 268, 338 Finanzdienstleistungsrichtlinie 202 ff. Finanzierungsleasing 19 ff, 74 ff., 339 ff. – Konsequenzen der rechtlichen Einordnung 74 – rechtliche Bewertung 22 ff., 175 ff. – wirtschaftlicher Wert der Sache 21, 180, 308 f. Finanzsicherheitenrichtlinie 238 ff. foreclosure 118 ff., 343 – strict foreclosure 118 ff., 344, 348 Fortführung des Unterehmens (in der Insolvenz) 381 ff. französisches Recht 47 f., 53 ff., 56, 62 f., 66, 67 f., 71, 73 f., 76, 80 f., 83 f., 86, 89, 91 , 92 f., 94 f., 96, 97, 255 ff., 363 – Reform der Kreditsicherheiten 47 f., 255 f. funktionaler und unitärer Ansatz (functional and unitary approach) 104 f., 106 ff., 130 ff., 141, 157 f., 304 ff., 314 ff., 383 f. – Abgrenzung von Sicherheit und Nicht-Sicherheit 108 ff., 178 ff., 304 ff. – Bewertung 277 ff., 298 ff. – einfache Rechtsanwendung 304 ff. – Entscheidung 296 ff., 314 ff., 383 f. – Wertungsschwierigkeiten 108 ff., 178 ff., 304 ff., 309 f. Geldkreditgeber 18, 23 ff., 76 ff., 190 ff., 275 f., 309 f. Geschichte der Mobiliarkreditsicherheiten 33 ff. Gleichbehandlungsgrundsatz in der Insolvenz 9 ff., 17 Globalsicherheit 59, 87, 89, 161, 359 going concern 365, 372, 381 günstiger Kredit 31 f. hypotheca 39, 41 f. hypothèque (Québec) 173 f., 261, 310 ff., 330 f., 353 f.

Sachregister – Prioritätsregelung 330 f. – vendor’s hypothec 173 f., 331 – Verwertung 261 ff. indirect holding system 215 ff., 267 ff. Informationsaufwand des Gläubigers 28 f., 288 ff. Insolvenzplan 368, 373, 375 Insolvenzverfahren – Gleichbehandlungsgrundsatz 9 ff., 17 – Konkurrenz zwischen Insolvenzrecht und Recht der Kreditsicherheiten 370 ff., 378 ff. – pro-rata-Befriedigung 11 – Wahlrecht des Insolvenzverwalters 368 ff. – Ziele 9 f., 365, 376 f., 378 ff. International Swap and Derivatives Association (ISDA) 225 f. – Standardverträge 225 f. – Credit Support Annex 226 ff. inventory 100, 116 f., 134, 170, 328 irreguläres Pfandrecht 203 ff., 208, 212, 230, 391 Kinetics Technology International Co. 328 f. Kollision von Kreditsicherheiten 59 f. Konkursverfahren 94 f., 70 f., 167, 367, 369 ff. Kreditsicherheit – Begriff 8 ff., 15 – Besserstellung des Gläubigers 11 f. – Bucheffektengesetz 208 f., 248 – Einschränkung der Gläubigergleichbehandlung 11 f. – Merkmale 11 ff. – ökonomischer Zweck 25 ff., 283 ff. – Zuordnung eines Vermögensgegenstands 12 ff. Leasing 19 ff., 74 ff., 175 ff., 188 ff. – Abgrenzung security leasing – true leasing 108 ff., 122, 175 ff., 180 ff., 183 ff., 306 ff. – Vermutung eines security interest 181, 188 Legal Realism 306 Legislative Guide (UNCITRAL) 128 ff. Liberalismus (Wirtschaftsmodell) 286

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Medomak Canning Co. 327 f. Mobiliarhypothek 13, 42 ff., 75 – Verbot 42 f., 47, 62, 75, 86 moral hazard 289, 294, 302 Nachlassverfahren 370 Neue Institutionenökonomie 287 f., 293 ff., 302 f., 325 f., 350 notice filing 103 f., 114 f., 116, 143, 170, 324, 332, 335 f. – Unterschied zum document filing 114 ökonomische Analyse des Rechts (Law and Economics-Ansatz) 281, 285 ff., 291 ff. – klassische ökonomische Theorie 292, 302, 325, 349 f., 375 ff. – Kreditsicherheiten 291 ff. ökonomische Motive für Kreditsicherung 25 ff., 285 ff. – makroökonomische 25 ff., 302, 349 f., 375 f. – mikroökonomische 27 ff., 302, 349 Operatingleasing 19 f., 178, 189, 341 ff. ordre public 80 ostensible ownership-Problematik 103, 110, 190, 314, 326 ff. – bailment-Fälle 326 ff. Ouellet (Syndic de) 354 perfection (des security interest) 111, 113 ff., 120, 170, 215, 268 – Unterschied zur Drittwirksamkeit 113 Personal Property Security Acts (Kanada) 121 ff. Pfandrecht 33 ff., 38 ff. – actio Serviana 39 – besitzloses Pfandrecht 38 f., 42 f., 191 f., 380 – Depotkonto 256 f. – Bestellung 39, 234 – Verfallpfand 40 – Verwertung 234 ff., 245 ff. – wesentliche Wertminderung 235 f. – Wertpapiere 201 ff. pignus 33 ff., 38 ff., 41 f. pluraler Gesetzgebungsansatz 151, 299 f., 314 ff., 383 f. – Fehleranfälligkeit 299 f. – Vorteile 316 f. Prioritätskonflikte 115, 319 ff., 384

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Sachregister

– Bedeutung des Eigentums 321 ff., 334 f. principal-agent-Theorie 287 ff., 293 f. property rights-Theorie 287, 291, 295, 350 propriété-garantie 16 propriété-sûreté 16 Publizität 51, 56, 85 f., 152, 298 f., 334 f. – Eigentumsvorbehalt 336 ff. – Finanzierungsleasing 339 ff. – Registerpublizität 113 f., 133 f., 143, 325 f., 332 f., 335 f. – Vorschläge 335 f. purchase money security interest 107, 115, 116 f., 170 ff., 188, 309 f., 330 – Vorrang des Warenkreditgebers 309 f. Québec 48 ff., 55, 56 f., 63 f., 66, 68 f., 71 f., 74, 76, 82, 84 f., 86, 89 f., 91, 93, 95, 96, 97, 172 ff., 183 ff., 229, 261 ff., 310 ff., 330 f. 352 ff., 377 f. – Code civil du Bas-Canada 48, 66 – Comité de révision du Code civil 48 f. – présomption d’hypothèque 49 – Regulierungsansatz 310 ff. – Verhältnis von Eigentumsvorbehalt und Leasing 183 ff. – Verwertung des Eigentumsvorbehalts 352 ff. Rang (von Kreditsicherheiten) 134, 321 f., 384 rechtspolitische Ziele 283 ff., 361 rechtsvergleichende Untersuchung 4, 6 f., 159 ff. Regulierung von Eigentumssicherheiten 44 ff., 157 f., 174 f., 350 f. – Grundansätze 147 ff., 157 f. – normative Bewertung 277 ff. – Unterscheidungskriterien 147 rehypothecation 222 ff. – Abgrenzung zum repledge 212 f. repledge 213 ff. – funktionale Charakterisierung 219 ff. – impairing repledge 217 ff. repossession 118 f., 347 repurchase agreements (Wertpapierpensionsgeschäfte) 193, 222 f., 259

residual title 109 f., 308 retention-of-ownership devices 141 ff. right of redemption (Einlösungsrecht) 217 ff., 227 f. römisches Recht 33 ff. – Corpus Iuris Civilis 40 f. – fiducia 33 ff., 40 f. – hypotheca 39, 41 – mancipatio 35 – pignus 33 ff., 38 ff., 41 f. – Rezeption 42 ff. – traditio 38 Sachgesamtheit 63, 87, 135 f. sale and lease-back 23 f., 75 schweizerisches Recht 46 f., 51 ff., 56, 61 f., 65 f., 67, 70 f., 73, 75 f., 78 ff., 82 f., 85 f., 88 f., 90 f., 92, 94, 95, 97, 167 ff., 206 ff., 245 ff., 297 f., 321 ff., 345 f., 369 f. security interest (Article 9 UCC) 104 ff., 169 ff., 178 ff., 186 ff., 212 ff., 267 ff., 297, 320 f., 344 f., 351 f., 366 f. – dogmatische Konzeption 105 f., 305 ff. – erfasste Vermögensgegenstände 116 ff. – Inkohärenzen 306 ff., 326 ff. – Insolvenz des Sicherungsgebers 120 f. – Priorität (priority) 115, 170 f., 320 f. – Rechte und Pflichten der Parteien 117 f. – Relevanz der Zuordnung des Eigentums 186 f., 304 ff. – Verwertung 118 ff., 344 f. – Wirksamkeit inter partes 111 ff. security interest (Kanada) 122 ff., 180 ff., 188, 320 f. – Behandlung des Leasing 180 ff. security right (DCFR) 141 ff., 182 f. security right (UNCITRAL) 132 ff. Sicherungsübereignung 23, 77 ff., 155 f., 199 ff., 240 ff., 339, 379 f., 381 – Bedeutung 77 ff. – Daseinsberechtigung neben dem Pfandrecht 190 ff., 273, 276, 318 – Drittwirksamkeit 85 ff.

Sachregister – erfasste Vermögensgegenstände 86 ff. – Insolvenz des Schuldners 93 ff., 367, 379 f. – Rechte und Pflichten der Parteien 90 ff. – Rechtsnatur 95 f. – Verstoss gegen den ordre public 80 – Verwertung 91 ff., 240 ff. – Wirksamkeit inter partes 82 ff. – „wirtschaftliches“ Eigentum 78, 79 f., 93 f. signalling 293, 303 soft law 126 ff. Substanz der Transaktion 106, 304 ff. Transaktionskosten 287, 289 ff., 294 f., 302, 350 Überschuss (aus der Verwertung) 68, 80 92, 119 f., 345 f., 349, 354 ff., 362 ff., 367, 385 Übersicherung 59 Umverteilung 283 ff. Uniform Commercial Code 98 f. – Revisionen 99 unitärer Gesetzgebungsansatz (unitary approach) 104 f., 130 f., 157 f., 300 f., 356, 383 f. United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) 127 ff., 356 ff. vente à réméré 97 vente avec faculté de rachat 97 Veräusserungserlös (proceeds) 117, 124 f., 135 f., 143 f., 153 Verfallvereinbarung 239 Vergleich (der Regulierungssysteme) 277 ff., 296 ff.

 

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– Grundannahmen 278 f. – Kriterien 280 ff. Verkaufskommission 22, 308 f. Vermögensgegenstände als Kreditsicherheiten 12 ff. Verwendungsrecht (right of use) 192 ff., 229 ff. – Nutzungsrecht nach Bucheffektengesetz 209 ff. Verwertung der Kreditsicherheit 66 ff., 91 ff., 118 ff., 125, 136 ff., 145 f., 154, 155 f., 231 ff., 261 ff., 343 ff., 384 f. – Androhung 69, 234 ff. – freihändiger Verkauf (clause de voie parée) 80, 239, 251, 253 – pacte commissoire 80 – Wartefrist 234 ff.,, 242 f. – Zügigkeit der Verwertung 231 ff., 271 ff. Vollstreckung 67 Warenkreditgeber 18 f., 45 ff., 160 ff., 274 f., 309 f., 358 ff. Warenlager (mit wechselndem Bestand) 88, 100 f., 135 f. Wertminderung 231 ff., 242 f., 247, 272 f. Wertpapiere – Globalurkunde 197 f. – mediatisierte Verwahrung 206 ff., 215 ff. – Rechtsübertragung 196 ff. – Wertschwankungen 231 f. – Zentralverwahrer 197 ff., 215 ff. Wertpapierleihe (securites lending) 192 f. Wiederkauf (Sicherungskauf) 23, 96 f. Wirtschaftssystem 278 f.