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German Pages 720 Year 2014
Lutter/Krieger/Verse Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats
Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats von
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Marcus Lutter em. Universitätsprofessor in Bonn Rechtsanwalt in Berlin
Prof. Dr. Gerd Krieger Rechtsanwalt und Honorarprofessor in Düsseldorf
Prof. Dr. Dirk A. Verse, M. Jur. (Oxford) Universitätsprofessor in Mainz
6. neu bearbeitete und erweiterte Auflage
2014
Zitierempfehlung: Lutter/KiiegerNerse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 2014, Rn ....
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verz:eiclmet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 info®otto-schrnidt.de www.otto-schrnidt.de ISBN 978-3-504-31717-1
©2014 by Verlag Dr. Otto Schrnidt KG, Köln
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, übersetzungen, Mikroverfilmllilgeil. und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Jan P. Lichtenfo:rd, Mettmann Satz: WMTP, Birkenau Druck und Verarbeitung: K.ösel, Krugzell Printed in Germany
Vorwort Der Aufsichtsrat als Pflichtorgan der Aktiengesellschaft, der großen GmbH und der Genossenschaft steht seit langem im Zentrum des Interesses nicht nur der Wissenschaft, sondern auch und vor allem der Praxis. Vornehmlich ihr will diese Schrift eine Handreichung sein. Sie gibt auf gedrängtem Raum einen zusammenhängenden Überblick über die Rechte und die vielfältigen Pflichten des Aufsichtsrates und seiner einzelnen Mitglieder. Zugleich soll die Schrift aber auch eine schnelle Information über Einzelfragen der laufenden Arbeit bieten und Zugang zu den für den Aufsichtsrat und seine Mitglieder wichtigen Rechtsproblemen eröffnen. Wir haben deshalb weder auf weiterführende Anmerkungen noch auf eigene Stellungnahmen zu den vielen kontroversen Rechtsfragen verzichtet. Das Buch ist zuletzt vor sechs Jahren in 5. Auflage 2008 erschienen. Seither hat sich wieder viel getan und geändert: eine Fülle von Aufsätzen hat vielfältige Aspekte der Aufsichtsratsarbeit untersucht, viele Bücher sind neu oder in neuer Auflage erschienen, der Gesetzgeber aber hat sich zurückgehalten und selbst die lange geplante Novelle 2012 ist in letzter Minute gescheitert. Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung zu den Beraterverträgen mit Aufsichtsrats-Mitgliedern und zur Anfechtbarkeit der Entlastung bei unzutreffenden Kodex-Erklärungen ausgeweitet. All das ist in dieser neuen Auflage berücksichtigt, die in allen ihren Teilen vollständig überarbeitet worden ist. All das erforderte aber auch zusätzliche Arbeitskraft und so freuen sich der Verlag und die bisherigen Autoren, mit Herrn Prof. Dr. Dirk Verse einen Mitautor der jungen Generation gefunden zu haben. Das Buch entspricht in allen seinen Teilen dem Stand vom 1. Januar 2014. Herrn Ass. jur. Marcus Mandl danken wir für die Erstellung des Stichwortverzeichnisses. Für Kritik und Anregungen zu dieser Auflage, um die wir erneut herzlich bitten, steht eine Antwortkarte am Ende des Buches zur Verfügung. Bonn, Düsseldorf und Mainz, im Januar 2014 Marcus Lutter
Gerd Krieger
Dirk Verse
V
Inhaltsübersicht Seite
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XV
Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXXVII
§1 Übersicht Rn. Seite
I. Der Aufsichtsrat als spezielles Element der deutschen Unternehmensverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1
II. Der Aufsichtsrat als Pflichtorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
5
III. Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . .
8
5
IV. Wahl und Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder . . . . .
9
6
V. Persönliche Voraussetzungen der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
10
VI. Dauer der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
19
VII. Veröffentlichung von Beginn und Ende des Aufsichtsratsmandats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
22
VIII. Der Aufsichtsrat als Innenorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
22
I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46
25
II. Neuerungen durch das KonTraG von 1998 . . . . . . . . . . .
47
26
III. Neuerungen durch das TransPuG von 2002 . . . . . . . . . .
48
26
IV. Neuerungen durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Haftungsrechts (UMAG) von 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
27
V. Neuerungen durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) von 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
27
VI. Neuerungen durch das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG) von 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
28
§2 Der Aufsichtsrat als Element einer modernen und leistungsfähigen Unternehmensführung – Corporate Governance
VII
Inhaltsübersicht Rn. Seite
VII. Neuerungen durch das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) von 2009 . . . . . . . . . . . .
52
29
VIII. Das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) von 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
29
IX. Die geplante, aber gescheiterte Aktienrechtsnovelle 2012 (VorstKoG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
29
X. Der Deutsche Corporate Governance Kodex . . . . . . . . . .
55
31
XI. Der Aufsichtsrat als mit-unternehmerisches Organ der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
32
I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
35
II. Gegenstand und Umfang, Prüfungsmaßstab und Grenzen der Überwachung nach § 111 Abs. 1 AktG . . . .
63
35
III. Die Beratung mit dem Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
103
53
IV. Einwirkungsmöglichkeiten des Aufsichtsrats . . . . . . . .
109
56
V. Summa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
137
68
I. Erweiterung der Überwachungsaufgaben des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
141
69
II. Umfang der Erweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
146
72
§3 Die allgemeine Überwachung durch den Aufsichtsrat
§4 Die Überwachung im Konzern
III. Urteilsbildung im Aufsichtsrat über Konzernvorgänge . .
147
72
IV. Beratung mit dem Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
158
78
V. Konzernweite Zustimmungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . .
159
78
VI. Konzernspezifische Besonderheiten der Überwachung in abhängigen Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
164
80
I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
171
83
II. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
172
83
§5 Aufsichtsrat und Abschlussprüfer
VIII
Inhaltsübersicht
§6 Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat Rn. Seite
I. Die Unterrichtung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . .
191
95
II. Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
254 122
III. Berichts- und Informations-Ordnung für den Vorstand . .
317 147
IV. Vertraulichkeits-Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
320 148
§7 Bestellung und Anstellung des Vorstands und die Organisation der Vorstandstätigkeit I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
331 149
II. Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
332 150
III. Das Anstellungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
384 177
IV. Vertretung der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern; Verfolgung von Schadensersatzansprüchen . . .
440 212
V. Organisation der Vorstandsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . .
451 220
VI. Besondere Vorstandsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
459 224
VII. Besonderheiten im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
478 233
§8 Sonstige Aufgaben und Befugnisse des Aufsichtsrats I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
481 237
II. Feststellung des Jahresabschlusses und Billigung des Konzernabschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
482 237
III. Erklärung zum Deutschen Corporate Governance Kodex
489 240
IV. Ausnutzung eines genehmigten Kapitals . . . . . . . . . . . .
496 245
V. Ausübung von Beteiligungsrechten in mitbestimmten Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
497 245
VI. Befugnisse in Bezug auf die Hauptversammlung . . . . . . .
501 248
VII. Vertretung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
508 250
VIII. Kreditgewährung an Führungskräfte; Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
510 250
IX. Ad-hoc-Publizitätspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
513 251 IX
Inhaltsübersicht
§9 Der Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung Rn. Seite
I. Die vom Gesetz geforderten Berichtsinhalte . . . . . . . . . .
562 254
II. Sonstige Berichtsinhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
580 260
III. Die Gestaltung der Berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
598 264
IV. Verstöße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
601 265
§ 10 Überblick über die kapitalmarktrechtlichen Pflichten des Aufsichtsrats I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
611 267
II. Allgemeine Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
612 267
III. Besondere Verhaltenspflichten bei Übernahmen . . . . . .
614 268
IV. Persönliche kapitalmarktrechtliche Verhaltenspflichten der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . .
628 272
§ 11 Die Organisation des Aufsichtsrats I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
651 275
II. Der Vorsitz im Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
660 280
III. Der Verfahrensablauf im Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . .
688 293
IV. Aufsichtsratsausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
743 323
§ 12 Rechte und Pflichten der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder; Vergütung
X
I. Gleichheit und Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
821 347
II. Die Rechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder . . . . .
823 349
III. Pflichten und Pflichtenkollisionen der Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
885 377
IV. Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
935 395
Inhaltsübersicht
§ 13 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder Rn. Seite
I. Haftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der Gesellschaft (Innenhaftung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
981 399
II. Haftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber Dritten (Außenhaftung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1030 422 III. D&O-Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1036 426
§ 14 Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1051 429 II. Bestellung des Ersatzmitglieds und Nachrücken in den Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1052 429 III. Ausscheiden des Ersatzmitglieds und Vermeidung des Nachrückfalles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1055 431 IV. Rechte und Pflichten des Ersatzmitglieds . . . . . . . . . . . . 1059 433
§ 15 Der Pflichtaufsichtsrat einer GmbH I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1091 435 II. Voraussetzungen für die Pflicht zur Bildung eines Aufsichtsrats – Größenmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1095 436 III. Die Leitungsstruktur in der GmbH mit Pflichtaufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1114 442 IV. Aufgaben und Kompetenzen des Pflichtaufsichtsrats in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1116 444 V. Besonderheiten der kapitalmarktorientierten GmbH . . . 1173 467
§ 16 Der freiwillige (fakultative) Aufsichtsrat in der GmbH I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1181 469 II. Die Einrichtung und Ordnung des fakultativen Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1183 469 III. Besonderheiten der kapitalmarktorientierten GmbH . . . 1234 486
XI
Inhaltsübersicht
§ 17 Besonderheiten des Aufsichtsrats in der Genossenschaft Rn. Seite
I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1251 487 II. Die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1258 490 III. Die Generalversammlung als Überwachungsorgan . . . . 1280 499
§ 18 Der Aufsichtsrat in der KGaA I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1301 503 II. Zusammensetzung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . 1302 504 III. Keine Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung 1305 505 IV. Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats in der KGaA . . . 1309 506 V. Besonderheiten der gesetzesuntypischen KGaA . . . . . . . 1327 513 VI. Fakultative Gremien in der KGaA . . . . . . . . . . . . . . . . . 1333 516 VII. Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1338 518
§ 19 Das Aufsichtsorgan in der SE mit Sitz in Deutschland I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1351 519 II. Die Grundstrukturen des Aufsichtsorgans in der dualistischen SE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1352 520 III. Anwendbares Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1358 523 IV. Zusammensetzung und Organisation . . . . . . . . . . . . . . . 1360 523 V. Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1377 530 VI. Bestellung/Anstellung/Abberufung des Leitungsorgans . 1396 536 VII. Vertretung der Gesellschaft gegenüber dem Leitungsorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1399 537 VIII. Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1400 537 IX. Erklärung zum Deutschen Corporate Governance Kodex 1401 538 X. Rechte und Pflichten des einzelnen Mitglieds . . . . . . . . 1402 538 XI. Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1406 540
XII
Inhaltsübersicht
§ 20 Besonderheiten des Aufsichtsrats in Unternehmen der öffentlichen Hand Rn. Seite
I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1421 541 II. Zusammensetzung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . 1423 542 III. Weisungsfreiheit und Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1425 542 IV. Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder . . 1430 546
§ 21 Besonderheiten des Aufsichtsrats in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1450 551 II. Anforderungsprofil für die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1454 553 III. Aufgaben und Überwachungsinstrumente des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1491 573 IV. Interne Organisation des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . 1506 582 V. Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . 1526 590 VI. Haftung und sonstige Folgen von Pflichtverletzungen . . 1531 592
Anhang: Die Vergütungen der Aufsichtsrats- bzw. Aufsichtsorganmitglieder der DAX 30 Unternehmen . . . . . . . . . . . .
593
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
607
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
657
XIII
Inhaltsverzeichnis Seite
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VII
Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXXVII
§1 Übersicht Rn. Seite
I. Der Aufsichtsrat als spezielles Element der deutschen Unternehmensverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1
1 1
2. Die Besonderheiten der sog. dualen Unternehmensverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
3
3. Europa und die Modelle der Unternehmensverfassung .
4
3
4. Die Arbeit der Regierungskommission „Corporate Governance“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
4
5. Der „Deutsche Corporate Governance Kodex“ . . . . . . .
6
4
II. Der Aufsichtsrat als Pflichtorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
5
III. Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . .
8
5
IV. Wahl und Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder . . . . 1. Wahl der Arbeitnehmervertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9 10
6 7
2. Wahl der Anteilseignervertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14
7
3. Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
8
4. Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern . . .
19
9
V. Persönliche Voraussetzungen der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20 20
10 10
2. Unvereinbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
11
...... ...... ......
24 24 25
13 13 14
...... ......
26 27
15 16
3. Sonstige persönliche Voraussetzungen/fachliche Zusammensetzung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . a) Fachliche Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der unabhängige Finanzexperte . . . . . . . . . . . c) Insbesondere Unabhängigkeit und mögliche Interessenkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Besetzungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XV
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
e) Nominierungs-Ausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Mindestqualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Frauenquote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28 29 30
17 17 18
VI. Dauer der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Regelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31 31
19 19
2. Die Abberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34
20
3. Die Amtsniederlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
20
VII. Veröffentlichung von Beginn und Ende des Aufsichtsratsmandats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
22
VIII. Der Aufsichtsrat als Innenorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40 40
22 22
2. Der Bericht an die Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . .
41
22
3. Aufsichtsrat und Betriebsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
22
4. Der Aufsichtsrat als Kollegialorgan . . . . . . . . . . . . . . . .
43
23
I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46
25
II. Neuerungen durch das KonTraG von 1998 . . . . . . . . . . .
47
26
III. Neuerungen durch das TransPuG von 2002 . . . . . . . . . .
48
26
IV. Neuerungen durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Haftungsrechts (UMAG) von 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
27
V. Neuerungen durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) von 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
27
VI. Neuerungen durch das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG) von 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
28
VII. Neuerungen durch das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) von 2009 . . . . . . . . . . . .
52
29
VIII. Das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) von 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
29
IX. Die geplante, aber gescheiterte Aktienrechtsnovelle 2012 (VorstKoG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
29
§2 Der Aufsichtsrat als Element einer modernen und leistungsfähigen Unternehmensführung – Corporate Governance
XVI
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
X. Der Deutsche Corporate Governance Kodex . . . . . . . . .
55
31
XI. Der Aufsichtsrat als mit-unternehmerisches Organ der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57 57
32 32
2. Erweiterung der Aufgaben des Aufsichtsrats . . . . . . . . .
58
32
3. Verbindung der Vorzüge von board-Verfassung und Aufsichtsrats-Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
33
I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
35
II. Gegenstand und Umfang, Prüfungsmaßstab und Grenzen der Überwachung nach § 111 Abs. 1 AktG . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63 63
35 35
2. Gegenstand und Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
36
3. Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ordnungsmäßigkeit, insbesondere Unternehmensplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wirtschaftlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zweckmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
.. ..
73 74
40 40
.. .. ..
79 89 90
42 47 47
4. Prüfungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
91
48
. . . .
92 93 95 101
48 48 49 52
III. Die Beratung mit dem Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beratungsrecht und Beratungspflicht . . . . . . . . . . . . . . .
103 103
53 53
2. Grenzen des Beratungsauftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
107
55
IV. Einwirkungsmöglichkeiten des Aufsichtsrats . . . . . . . . 1. Stellungnahmen und Beanstandungen . . . . . . . . . . . . . .
109 110
56 57
2. Erlass einer Geschäftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
111
57
3. Zustimmungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Umfang und Katalog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Erteilung oder Versagung der Zustimmung; Information des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . .
.... .... ....
112 114 118
57 58 60
....
123
63
§3 Die allgemeine Überwachung durch den Aufsichtsrat
5. Kontrolldichte und inhaltliche Grenzen der Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) In der Normallage des Unternehmens . . b) In der Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bei Zustimmungsvorbehalten . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
XVII
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
d) Einzelne Zustimmungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . e) Nicht-Einhaltung der Vorgaben von Satzung und Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Abberufung von Vorstandsmitgliedern . . . . . . . . . . . . . .
130
65
133 134
66 67
5. Einwirkungsmöglichkeiten im Rahmen der Feststellung des Jahresabschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
135
67
6. Einberufung der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . .
136
67
V. Summa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
137
68
I. Erweiterung der Überwachungsaufgaben des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
141 141
69 69
2. Gründe für die Erweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
142
69
3. Besondere Schwierigkeiten der Überwachung im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
144
71
II. Umfang der Erweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
146
72
III. Urteilsbildung im Aufsichtsrat über Konzernvorgänge . 1. Rechtmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
147 148
72 73
2. Ordnungsmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
151
74
3. Rentabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
153
76
4. Zweckmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
154
76
5. Summa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
156
77
IV. Beratung mit dem Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
158
78
V. Konzernweite Zustimmungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . .
159
78
VI. Konzernspezifische Besonderheiten der Überwachung in abhängigen Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
164
80
I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
171
83
II. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Abschlussprüfer als Berater und Gehilfe des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
172
83
172
83
§4 Die Überwachung im Konzern
§5 Aufsichtsrat und Abschlussprüfer
XVIII
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
2. Der Vertragsschluss mit dem Abschlussprüfer . . . . . . . .
173
84
3. Der Prüfungsbericht des Abschlussprüfers (§ 321 HGB) .
176
86
4. Die Bilanzsitzung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . .
181
89
5. Zusätzliche Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
185
92
6. Konzernabschlussprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
187
93
7. Freistellung der kleinen AG von der Prüfungspflicht . . .
188
94
8. Der Prüfungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
190
94
I. Die Unterrichtung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
191 191
95 95
2. Die regelmäßigen Berichte des Vorstands . . . . . . . a) Vierteljahresberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Angaben zum Umsatz . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gang der Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Lage der Gesellschaft; Liquiditätsübersicht b) Jahresberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bericht über die Rentabilität . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Keine Einschränkung, aber Möglichkeit zur Erweiterung der Berichtspflichten . . . . . . . . . .
. . . . . . . .
193 96 193 96 194 97 195 98 196 98 198 99 204 100 205 101
.....
207 102
§6 Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
3. Sonderberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsgeschäfte von erheblicher Bedeutung . . . . . b) Wichtige Anlässe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Krisen, Risikomanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vom Aufsichtsrat oder einzelnen seiner Mitglieder angeforderte Berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Gemeinsamkeiten der Sonderberichte . . . . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . .
. . . .
208 208 209 210
103 103 103 104
.. ..
212 105 215 106
.... ....
216 106 217 107
....
218 107
....
220 108
5. Die Empfänger der Berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
222 109
6. Die Gestaltung der Berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
223 110
7. Information und Berichte im Konzern . . . . . . . . . . . . . . a) Gleiche Regeln wie für die AG selbst . . . . . . . . . . . .
228 112 228 112
4. Vorlageberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Jahresabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Abhängigkeitsbericht einer abhängigen AG nach § 312 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Maßnahmen des Vorstands, die der Mitwirkung (Zustimmung) des Aufsichtsrats bedürfen . . . . .
XIX
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
8. 9.
10.
11.
b) Die regelmäßigen Berichte des Vorstands . . . . . . . c) Sonderberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vorlageberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Information des Aufsichtsrats bei Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern . . . . . . . . . . . . Vorstandsunabhängige Information des Aufsichtsrats: Das unmittelbare Einsichts- und Prüfungsrecht des Aufsichtsrats nach § 111 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . Vorstandsunabhängige Information des Aufsichtsrats: Information des Aufsichtsrats durch Dritte und das Personal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlussbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
.. .. ..
231 113 238 115 239 116
..
240 116
..
241 116
.. ..
246 118 252 121
II. Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verschwiegenheitspflicht und Mitbestimmung . . . . c) Verschwiegenheitspflicht und Meinungsfreiheit . . . 2. Geheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vertrauliche Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . .
4. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beratungs- und Abstimmungsgeheimnis . . . . . . . . . . b) „Wahlkampf“ – Rückkoppelung zwischen Wählern und Gewählten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Einzelne typische Geheimnisse und vertrauliche Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verbot der Weitergabe von so genannten Kenndaten b) Technik und Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kaufmännischer Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Finanzieller Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Planungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Unterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ausmaß der Schweigepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Persönlicher Umfang der Schweigepflicht . . . . . . . . b) Schweigepflicht und Aufsichtsrat in von der öffentlichen Hand beherrschten Unternehmen . . . . . . . . . c) Schweigepflicht im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Grenzen der Vertraulichkeitspflicht – Konflikte . . . e) Die Kompetenz zur Weitergabe von Informationen .
XX
254 254 254 255 257 259 264
122 122 122 122 124 126 127
265 128 266 129 268 130
. . . . . . .
269 269 271 272 273 274 275
130 130 131 131 131 132 132
. .
276 132 276 132
. . . .
277 281 283 284
133 133 134 134
7. Dauer der Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . .
285 135
8. Vorgaben und verantwortliche Entscheidung jedes Aufsichtsratsmitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
286 136
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
9. Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Sonderprobleme der Verschwiegenheit in börsennotierten Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Konzerndimension des Insiderrechts und der Ad-hoc-Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aufsichtsräte und Insiderrecht . . . . . . . . . . . . . . c) Befugte und unbefugte Weitergabe von Insiderinformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sicherung der Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . e) Ad-hoc-Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Zusammenfassung: Folgen für die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . .
288 136
...
290 137
... ...
291 138 293 139
... ... ...
296 140 303 142 304 143
...
308 145
III. Berichts- und Informations-Ordnung für den Vorstand . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
317 147 317 147
2. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
318 147
IV. Vertraulichkeits-Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
320 148
§7 Bestellung und Anstellung des Vorstands und die Organisation der Vorstandstätigkeit I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
331 149
II. Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bestellungshoheit des (Gesamt-)Aufsichtsrats . . . . . . . . a) Alleinkompetenz des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . b) Entscheidungsvorbereitung durch Personalausschüsse
332 332 332 337
150 150 150 152
2. Entscheidungsermessen des Aufsichtsrats . . . . . . . . a) Zahl der Vorstandsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . b) Eignungsvoraussetzungen und Ausschlussgründe c) Sachgerechte Ermessensausübung . . . . . . . . . . . .
338 338 339 342
152 152 153 154
. . . .
. . . .
. . . .
3. Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine Wahlgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wahlverfahren nach § 31 MitbestG . . . . . . . . . . . . . .
346 157 346 157 348 158
4. Fragen der Amtszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Dauer der Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verlängerung der Amtszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
354 162 354 162 356 163
5. Mängel der Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
359 165
6. Beendigung der Bestellung . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . b) Voraussetzungen des Widerrufs c) Ausübung des Widerrufsrechts
361 361 364 368
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
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. . . .
166 166 166 169 XXI
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
d) Mängel und gerichtliche Überprüfung des Widerrufs e) Einvernehmliche Aufhebung; Amtsniederlegung . . f) Suspendierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Anmeldung zum Handelsregister . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
III. Das Anstellungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inhalt und Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abschluss des Vertrages . . . . . . . . . . a) Zuständigkeit des Aufsichtsrats . b) Übertragung auf einen Ausschuss c) Dauer des Anstellungsvertrags . . d) Mängel des Anstellungsvertrages
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
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. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
371 376 378 383
172 174 175 177
384 177 384 177 386 386 388 392 393
178 178 179 181 181
3. Vorstandsvergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Angemessenheit und Nachhaltigkeit der Gesamtbezüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammensetzung der laufenden Vergütung d) Ruhegehalt, Übergangsgeld . . . . . . . . . . . . . e) Abfindungsleistungen an ausscheidende Vorstandsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Herabsetzung der Bezüge . . . . . . . . . . . . . . . g) Vergütungsleistungen durch Dritte . . . . . . . h) Offenlegung der Bezüge . . . . . . . . . . . . . . . . i) Vergütungsvotum der Hauptversammlung .
....... .......
394 182 394 182
....... ....... .......
395 183 400 187 409 193
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
411 414 417 418 420
194 196 198 199 200
4. Beendigung und Änderung des Vertrages . . . . . a) Verhältnis zum Widerruf der Bestellung . . . b) Zuständigkeitsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kündigung aus wichtigem Grund . . . . . . . . d) Ordentliche Kündigung; Aufhebungsvertrag; Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kündigung durch das Vorstandsmitglied . . . f) Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
423 423 426 428
202 202 204 205
....... ....... .......
432 208 434 209 436 209
5. Anstellungsverträge zwischen Vorstandsmitgliedern und Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
437 210
IV. Vertretung der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern; Verfolgung von Schadensersatzansprüchen . . . 1. Gerichtliche und außergerichtliche Vertretung durch den Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
440 212
2. Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
447 217
V. Organisation der Vorstandsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
451 220 451 220
XXII
440 212
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
2. Geschäftsordnung und Geschäftsverteilung . . . . . . . . . .
453 221
3. Änderungen der Geschäftsverteilung . . . . . . . . . . . . . . .
457 223
VI. Besondere Vorstandsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern in den Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
459 224 459 224
2. Ernennung eines Vorstandsvorsitzenden . . . . . . . . . . . .
464 226
3. Bestellung eines Arbeitsdirektors . . . . . . . . . . . . . . . . . .
469 229
4. Bestellung stellvertretender Vorstandsmitglieder . . . . . .
477 232
VII. Besonderheiten im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
478 233
§8 Sonstige Aufgaben und Befugnisse des Aufsichtsrats I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
481 237
II. Feststellung des Jahresabschlusses und Billigung des Konzernabschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
482 237
III. Erklärung zum Deutschen Corporate Governance Kodex 489 240 IV. Ausnutzung eines genehmigten Kapitals . . . . . . . . . . . .
496 245
V. Ausübung von Beteiligungsrechten in mitbestimmten Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
497 245
VI. Befugnisse in Bezug auf die Hauptversammlung . . . . . . 1. Einberufung und Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . . . . .
501 248 502 248
2. Berichterstattung an die Hauptversammlung . . . . . . . . .
506 249
3. Änderung der Satzungsfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
507 249
VII. Vertretung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
508 250
VIII. Kreditgewährung an Führungskräfte; Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
510 250
IX. Ad-hoc-Publizitätspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
513 251
§9 Der Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung I. Die vom Gesetz geforderten Berichtsinhalte . . . . . . . . . 1. Der Bericht zu Jahresabschluss und Konzernabschluss .
562 254 562 254
2. Der Bericht des Aufsichtsrats zum Dividendenvorschlag des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
565 255 XXIII
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
3. Der Rechenschaftsbericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
566 255
4. Die Prüfung des Abhängigkeitsberichts . . . . . . . . . . . . .
574 258
II. Sonstige Berichtsinhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bericht über Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
580 260
2. Entsprechenserklärung nach § 161 AktG . . . . . . . . . . . .
586 261
3. Beauftragung des Abschlussprüfers und Konzernabschlussprüfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
587 261
4. Interessenkonflikte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
588 261
5. Bericht über Beraterverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
592 262
6. Rechtliche Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
593 263
7. Bericht über Ausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
596 264
8. Ungewöhnliche Ereignisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
597 264
III. Die Gestaltung der Berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vollständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
598 264 598 264
2. Schriftlichkeit, Auslage und Einreichung zum Handelsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
599 265
IV. Verstöße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
601 265
580 260
§ 10 Überblick über die kapitalmarktrechtlichen Pflichten des Aufsichtsrats I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
611 267
II. Allgemeine Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überwachungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
612 267 612 267
2. Abgabe der Entsprechenserklärung nach § 161 AktG . . .
613 267
III. Besondere Verhaltenspflichten bei Übernahmen . . . . . . 1. Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitspflichten . . . . . .
614 268 614 268
2. Verhaltenspflichten des Aufsichtsrats der Bietergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
615 268
3. Verhaltenspflichten des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Stellungnahmepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
617 269 618 269
XXIV
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
b) Erhöhte Überwachungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Pflichten bei feindlichen Übernahmen . . . . . . . . . . .
624 271 625 271
IV. Persönliche kapitalmarktrechtliche Verhaltenspflichten der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . 1. Directors’ Dealings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
628 272 629 272
2. Offenlegung des Aktienbesitzes nach WpHG und Kodex
630 273
3. Verbot von Insidergeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
631 274
§ 11 Die Organisation des Aufsichtsrats I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
651 275 651 275
2. Geschäftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
652 275
3. Selbstorganisationspflicht; Effizienzprüfung . . . . . . . . .
654 276
4. Finanzierung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
656 278
II. Der Vorsitz im Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bestellung des Vorsitzenden und des Stellvertreters a) Rechtslage nach dem Aktiengesetz . . . . . . . . . . b) Besonderheiten nach dem MitbestG . . . . . . . . .
660 660 660 669
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
280 280 280 284
2. Aufgaben des Vorsitzenden und des Stellvertreters . . . .
678 288
3. Ehrenvorsitzender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
685 291
III. Der Verfahrensablauf im Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . 1. Aufsichtsratssitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zahl der Sitzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Einberufungsverlangen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Aufhebung oder Verlegung der Sitzung . . . . . . . . . . . e) Vorbesprechungen bei mitbestimmten Aufsichtsräten f) Teilnahme an Aufsichtsratssitzungen . . . . . . . . . . . . g) Sitzungsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Sitzungsniederschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschlussfassung im Aufsichtsrat . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . c) Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Mehrheitserfordernisse . . . . . . . . . . e) Fehlerhafte Aufsichtsratsbeschlüsse
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
688 688 688 692 695 698 699 700 705 707
293 293 293 295 297 298 298 299 302 303
714 714 716 721 733 737
306 306 306 308 315 317
XXV
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
IV. Aufsichtsratsausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aufgabendelegation an Ausschüsse und ihre Grenzen . . 2. Einzelne Ausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Personalausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aufsichtsratspräsidium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Prüfungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Nominierungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vermittlungsausschuss und Beteiligungsausschuss
. . . . . .
. . . . . .
743 323 743 323 749 750 751 753 758 760
326 327 327 328 331 332
3. Einsetzung und Besetzung von Ausschüssen . . . . . . . . . a) Einsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Besetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
761 332 761 332 764 333
4. Innere Ordnung der Ausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
770 336
5. Informationssystem und Ausschüsse . . . . . . . . . . . a) Informationsansprüche des Ausschusses . . . . . . b) Informationsansprüche des Plenums . . . . . . . . . c) Informationsansprüche einzelner Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
.... .... ....
779 341 779 341 783 342
....
786 344
6. Vermittlungsausschuss nach § 27 Abs. 3 MitbestG . . . .
789 346
§ 12 Rechte und Pflichten der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder; Vergütung I. Gleichheit und Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
821 347
II. Die Rechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder . . . . . 1. Aufsichtsratsinterne Mitwirkungsbefugnisse . . . . . . . .
823 349 824 349
2. Rechte gegenüber anderen Gesellschaftsorganen . . . . . .
829 350
3. Rechte auf Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ergänzung des unvollständig besetzten Aufsichtsrats b) Richtige Zusammensetzung des Aufsichtsrats . . . . . c) Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Beschlüssen der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Unwirksamkeit von Beschlüssen des Aufsichtsrats . . e) Durchsetzung von subjektiven Organrechten . . . . . . f) Klagebefugnis anstelle des Aufsichtsrats? . . . . . . . . . g) Klagebefugnis aus persönlichen Ansprüchen, insbesondere auf Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Persönliche Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsverhältnis zur Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . .
XXVI
831 351 833 351 835 353 836 837 838 840
353 354 355 356
841 356 842 357 842 357
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
b) Allgemeine Vergütungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . c) Aufwendungsersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Erfolgsorientierte Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aktienkursorientierte Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . b) Dividendenorientierte Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . c) Von Unternehmenskennziffern abhängige Vergütung d) Die heutige Lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
843 358 845 359 848 849 855 856 857
361 361 363 363 364
6. Beraterverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendungsbereich der §§ 113, 114 AktG . . . . . . . . c) Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Auftrag durch den Aufsichtsrat selbst . . . . . . . . . . . . e) Beraterverträge in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Beraterverträge im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Beraterverträge mit einer dem Aufsichtsratsmitglied verbundenen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Rückgewähr ungerechtfertigter Vergütungen . . . . . . i) Offenlegung der Beraterverträge und ihres Inhalts . . .
858 858 859 863 865 868 871
364 364 365 368 369 371 371
7. Drittgeschäfte mit Aufsichtsratsmitgliedern . . . . . . . . . a) Kreditierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonstige Drittgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
879 374 879 374 880 375
876 373 877 374 878 374
III. Pflichten und Pflichtenkollisionen der Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 885 1. Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . 885 a) Pflicht zur Mitarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 886 b) Pflicht zur Urteilsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 887 c) Insbesondere: Pflicht zur persönlichen Urteilsbildung über die Eignung des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . 888 d) Organisationspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 889 e) Informationspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 890 f) Prüfungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 891 g) Pflicht zum Einschreiten bei Anhaltspunkten für eine Pflichtverletzung des Vorstands . . . . . . . . . . . . . 892 h) Pflicht zur Erhaltung bei öffentlicher Kritik am Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 892a
377 377 377 377 378 378 379 379 379 380
2. Die Verpflichtung auf das Wohl der Gesellschaft . . . . . .
893 380
3. Interessenkonflikte . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzliche Rahmenbedingungen b) Unterschiedliche Konflikte . . . . . c) Konfliktlösung . . . . . . . . . . . . . . . d) Fallgruppenbildung . . . . . . . . . . . aa) Einfache Interessenkonflikte . bb) Pflichtenkollisionen . . . . . . .
894 895 896 897 904 904 907
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
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. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
381 382 382 383 384 384 385
XXVII
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
(1) Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat . . . . . (2) Konflikte im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Konflikte von Repräsentanten öffentlicher Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Konflikte durch Beteiligung von Bankenvertretern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Insbesondere: Interessenkonflikte bei Übernahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Freundliche Übernahme . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Feindliche Übernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Bankenvertreter bei feindlichen Übernahmen e) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Der Kodex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gerichtliche Abberufung aus wichtigem Grund . . . . . . IV. Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
907 385 911 387 914 388 915 389 918 919 920 924 926 929 930
389 390 390 391 392 392 393
935 395
§ 13 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder I. Haftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der Gesellschaft (Innenhaftung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sorgfaltsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Amtspflichten des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . bb) Mitwirkungspflichten der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Überwachungsverpflichtung und Ausschusstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Treuepflicht und Verschwiegenheitspflicht . . . . . . .
981 399 981 399
. . .
984 400 984 400 985 400
.
997 407
. 1002 409 . 1005 410
3. Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1009 411 4. Haftungsentlastung durch externe Sachverständige . . . . 1012 413 a) Recht und Pflicht zur Einholung externen Rats . . . . . 1012 413 b) Enthaftung durch Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1015 414 5. Schaden und Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1020 417 6. Beweislastumkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1021 417 7. Haftungsausschlüsse und -einschränkungen a) Mitwirkung der Hauptversammlung . . . . b) Verzicht, Vergleich, Verjährung . . . . . . . . c) Haftungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
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. . . .
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1022 1022 1023 1024
418 418 419 419
8. Durchsetzung des Ersatzanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . 1025 420 a) Zuständigkeit und Handlungspflicht des Vorstands . . 1025 420 XXVIII
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b) Anspruchsverfolgung durch die Hauptversammlung oder eine Aktionärsminderheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 1026 420 c) Anspruchsverfolgung durch einzelne Aktionäre und Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1028 422 II. Haftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber Dritten (Außenhaftung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1030 422 1. Haftung gegenüber Aktionären . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1031 423 2. Haftung gegenüber Anlegern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1034 424 3. Haftung gegenüber Gesellschaftsgläubigern und sonstigen Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1035 425 III. D&O-Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1036 426
§ 14 Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1051 429 II. Bestellung des Ersatzmitglieds und Nachrücken in den Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1052 429 III. Ausscheiden des Ersatzmitglieds und Vermeidung des Nachrückfalles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1055 431 1. Entziehende Nachwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1056 432 2. Überholende Nachwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1058 432 IV. Rechte und Pflichten des Ersatzmitglieds . . . . . . . . . . . 1059 433
§ 15 Der Pflichtaufsichtsrat einer GmbH I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1091 435 II. Voraussetzungen für die Pflicht zur Bildung eines Aufsichtsrats – Größenmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . 1095 436 1. Nach dem Drittelbeteiligungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . 1096 436 2. Nach dem Mitbestimmungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . 1098 437 3. Nach dem Montan-Mitbestimmungsgesetz und Montan-Mitbestimmungsergänzungsgesetz . . . . . . . . . . 1099 437 4. Nach dem Kapitalanlagegesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . 1100 437 5. Maßgebende Arbeitnehmerzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1101 438 6. Arbeitnehmerbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1102 438 7. Feststellung des einschlägigen Aufsichtsratssystems . . . 1110 440
XXIX
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
III. Die Leitungsstruktur in der GmbH mit Pflichtaufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1114 442 IV. Aufgaben und Kompetenzen des Pflichtaufsichtsrats in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1116 444 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1116 444 2. Die Überwachung der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . a) Der Überwachungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Informationsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Einwirkungsmöglichkeiten auf die Geschäftsführer
. . . .
1118 1118 1122 1124
444 444 446 447
3. Prüfung des Jahresabschlusses und Erteilung des Prüfungsauftrags an den Abschlussprüfer . . . . . . . . . . . . 1131 450 4. Besetzung der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . a) Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer . aa) Paritätisch mitbestimmte GmbH . . . . . . . . . bb) Drittelmitbestimmte GmbH nach DrittelbG b) Anstellungsvertrag und Kündigung . . . . . . . . . . . aa) Paritätisch mitbestimmte GmbH . . . . . . . . . bb) Drittelmitbestimmte GmbH nach DrittelbG c) Einfluss des AGG auf die Besetzung der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Organisationskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Paritätisch mitbestimmte GmbH . . . . . . . . . bb) Drittelmitbestimmte GmbH nach DrittelbG e) Bestellung von Prokuristen . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Paritätisch mitbestimmte GmbH . . . . . . . . . bb) Drittelmitbestimmte GmbH nach DrittelbG
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
1132 1132 1132 1134 1135 1135 1138
450 450 450 451 452 452 453
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
1139 1142 1142 1147 1148 1148 1150
454 455 455 457 457 457 458
5. Mitwirkung auf Gesellschafterebene . . . . . . . . . . . . . . . 1151 458 a) Paritätisch mitbestimmte GmbH . . . . . . . . . . . . . . . 1151 458 b) Drittelmitbestimmte GmbH nach DrittelbG . . . . . . 1155 459 6. Innere Organisation des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . 1156 460 a) Paritätisch mitbestimmte GmbH . . . . . . . . . . . . . . . 1156 460 b) Drittelmitbestimmte GmbH nach DrittelbG . . . . . . 1157 460 7. Rechte und Pflichten des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1158 460 8. Das besondere Weisungsrecht der Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat aus § 32 MitbestG . . . . . . . . . . . . . . . . . 1159 461 9. Haftung der Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . 1160 462 a) Haftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der Gesellschaft (Innenhaftung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1160 462
XXX
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
b) Haftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber Dritten (Außenhaftung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1169 465 c) D&O-Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1172 466 V. Besonderheiten der kapitalmarktorientierten GmbH . . . 1173 467
§ 16 Der freiwillige (fakultative) Aufsichtsrat in der GmbH I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1181 469 II. Die Einrichtung und Ordnung des fakultativen Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1183 469 1. Einrichtung durch Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1183 469 2. Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1184 470 3. Zusammensetzung des fakultativen Aufsichtsrats . . . . . 1186 470 4. Persönliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1191 471 5. Altersregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1196 473 6. Bestellung und Abberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1198 474 7. Ersatzmitglieder und Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1202 475 8. Befugnisse, Rechte und Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1204 475 9. Weisungsgebundenheit der Aufsichtsratsmitglieder? . . . 1213 479 10. Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder, Beraterverträge . 1215 480 11. Information des Aufsichtsrats und Pflicht zur Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1218 481 12. Interne Ordnung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . 1220 481 13. Aufhebung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1227 483 14. Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1229 483 a) Innenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1229 483 b) Außenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1233 486 III. Besonderheiten der kapitalmarktorientierten GmbH . . . 1234 486
§ 17 Besonderheiten des Aufsichtsrats in der Genossenschaft I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1251 487 1. Der Aufsichtsrat der Genossenschaft nach dem Reformgesetz von 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1251 487
XXXI
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
2. Mitbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1252 487 3. Zusammensetzung und persönliche Voraussetzungen . . 1253 488 4. Besonderheiten in kapitalmarktorientierten Genossenschaften und Kreditgenossenschaften . . . . . . . . . . . . . . 1256 489 5. Die Rechte und Pflichten nach den Regeln des GenG . . 1257 490 II. Die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1258 490 1. Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1258 490 2. Information des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . a) Die regelmäßige Information . . . . . . . . . . . . . b) Zustimmungsvorbehalte und Vorlageberichte c) Einsichts- und Untersuchungsrechte . . . . . . . d) Prüfungsbericht des Verbandsprüfers . . . . . . . e) Sonderberichte und angeforderte Berichte . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
1260 1260 1263 1265 1266 1269
490 490 492 492 493 493
3. Geheimhaltung und Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . 1270 494 4. Ausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1271 494 5. Bestellung und Abberufung des Vorstands . . . . . . . . . . . 1276 497 a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1276 497 b) MitbestG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1277 498 6. Vertretung der Genossenschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1278 498 7. Pflichtverletzung und Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1279 498 III. Die Generalversammlung als Überwachungsorgan . . . . 1280 499 1. Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1281 499 2. Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1282 500 a) Die Generalversammlung als Willensbildungsorgan . 1282 500 b) Die Generalversammlung „als Überwachungsorgan“ 1283 500 3. Rechte und Pflichten des einzelnen Mitglieds . . . . . . . . 1284 501 4. Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1285 501
§ 18 Der Aufsichtsrat in der KGaA I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1301 503 II. Zusammensetzung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . 1302 504 III. Keine Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung 1305 505 IV. Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats in der KGaA . . . 1309 506
XXXII
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
1. Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Umfang der Überwachung und Veränderbarkeit b) Information des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . c) Einwirkungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . d) Unterrichtung durch den Aufsichtsrat . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
1309 1310 1311 1313 1315
506 506 507 507 508
2. Zustimmungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1316 509 3. Erlass einer Geschäftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1319 510 4. Vertretung der Gesellschaft gegenüber den Komplementären . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1320 510 5. Vertretung der Kommanditaktionäre . . . . . . . . . . . . . . . 1322 511 6. Ausführungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1323 512 7. Börsennotierte und kapitalmarktorientierte KGaA . . . . 1325 513 V. Besonderheiten der gesetzesuntypischen KGaA . . . . . . . 1327 513 1. Möglichkeiten der Satzungsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . 1327 513 2. Insbesondere: Die Kapitalgesellschaft und Co. KGaA . . 1330 514 VI. Fakultative Gremien in der KGaA . . . . . . . . . . . . . . . . . 1333 516 VII. Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1338 518
§ 19 Das Aufsichtsorgan in der SE mit Sitz in Deutschland I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1351 519 II. Die Grundstrukturen des Aufsichtsorgans in der dualistischen SE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1352 520 III. Anwendbares Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1358 523 IV. Zusammensetzung und Organisation . . . . . . . . . . . . . . 1360 523 1. Zusammensetzung des Aufsichtsorgans . . . . . . . . . . . . 1360 523 2. Abberufung, Amtsniederlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1364 525 3. Amtszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1365 525 4. Vorsitz und stellvertretender Vorsitz . . . . . . . . . . . . . . . 1367 526 5. Beschlussfassung und Geschäftsordnung . . . . . . . . . . . . 1369 528 6. Wahrnehmung der Geschäftsleitung durch Mitglieder des Aufsichtsorgans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1373 529 7. Zahl der Sitzungen, Einberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1375 529 8. Ausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1376 530
XXXIII
Inhaltsverzeichnis Rn. Seite
V. Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1377 530 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1378 530 2. Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Information des Aufsichtsorgans gemäß Art. 41 SE-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Information des Aufsichtsorgans im Konzern c) Berichtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . 1379 530 . . . . . . 1380 531 . . . . . . 1389 534 . . . . . . 1390 534
3. Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1391 534 4. Einwirkungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1392 535 a) Zustimmungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1393 535 b) Geschäftsordnung für Leitungsorgan . . . . . . . . . . . . . 1395 536 VI. Bestellung/Anstellung/Abberufung des Leitungsorgans . 1396 536 VII. Vertretung der Gesellschaft gegenüber dem Leitungsorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1399 537 VIII. Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1400 537 IX. Erklärung zum Deutschen Corporate Governance Kodex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1401 538 X. Rechte und Pflichten des einzelnen Mitglieds . . . . . . . . 1402 538 1. Persönliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1403 538 2. Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1404 539 3. Interessenkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1405 539 XI. Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1406 540
§ 20 Besonderheiten des Aufsichtsrats in Unternehmen der öffentlichen Hand I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1421 541 II. Zusammensetzung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . 1423 542 III. Weisungsfreiheit und Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1425 542 IV. Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder . . 1430 546
XXXIV
Inhaltsverzeichnis
§ 21 Besonderheiten des Aufsichtsrats in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen Rn. Seite
I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1450 551 II. Anforderungsprofil für die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1454 553 1. Überblick, Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1454 553 2. Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sachkunde der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder b) Gesamtqualifikation des Aufsichtsrats . . . . . . . . c) Fortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
1455 1455 1462 1465
554 554 558 559
3. Zuverlässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1471 562 4. Zeitliche Verfügbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1473 563 5. Inkompatibilität, unzulässige Ämterhäufung . . . . . . . . . 1475 564 6. Diversität, Frauenförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1480 567 7. Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1482 568 8. Anzeige- und Berichtspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1483 569 9. Rechtsfolgen bei Verstößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1485 570 a) Aufsichtsrechtliche Eingriffsbefugnisse (Abberufungsverlangen, Tätigkeitsverbot) . . . . . . . . . 1485 570 b) Gesellschaftsrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1487 571 III. Aufgaben und Überwachungsinstrumente des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesteigerte Bedeutung der Legalitätskontrolle . . . c) Besondere Betonung der Zukunftsgerichtetheit der Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusätzliche aufsichtsrechtliche Einzelaufgaben . .
. . . .
. . . .
1491 1491 1491 1492
573 573 573 573
. . 1494 575 . . 1498 577
2. Überwachungsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1499 578 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1499 578 b) Direktkontakte zu Mitarbeitern im Besonderen . . . . 1501 579 3. Besonderheiten im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1504 580 IV. Interne Organisation des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . 1506 582 1. Teilnahmerecht der BaFin an Sitzungen . . . . . . . . . . . . . 1507 582 2. Ausschüsse des Aufsichtsrats von Kreditinstituten a) Allgemeines, Besetzung der Ausschüsse . . . . . . b) Risikoausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Prüfungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
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. . . .
1508 1508 1511 1513
582 582 584 585
XXXV
Inhaltsverzeichnis
d) Nominierungsausschuss . . . . . . . . . e) Vergütungskontrollausschuss . . . . . f) Sonstige Ausschüsse . . . . . . . . . . . . V. Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder 1. Versicherungsunternehmen . . . . . . . . .
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. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
1516 1520 1525 1526 1527
586 588 589 590 590
2. Kreditinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1530 591 VI. Haftung und sonstige Folgen von Pflichtverletzungen . . 1531 592 Anhang: Die Vergütungen der Aufsichtsrats- bzw. Aufsichtsorganmitglieder der DAX 30 Unternehmen . . . . . . . . . . . .
593
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
607
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
657
XXXVI
Abkürzungsverzeichnis ABl. Abs. AcP AEUV AG AGB AGG AktFoV AktG AnSVG ARUG AÜG
AuR BaFin BAG BAnz BayObLG BB BetrAVG BetrVG BFuP BGB BGBl. BGE BGH BGHSt BGHZ BilMoG BilReG BKR BörsG BörsO
Amtsblatt Absatz Archiv für die civilistische Praxis Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift), Aktiengesellschaft, Amtsgericht Allgemeine Geschäftsbedingungen Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Verordnung über das Aktionärsforum Aktiengesetz Anlegerschutzverbesserungsgesetz Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie Gesetz zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz) Arbeit und Recht (Zeitschrift) Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesarbeitsgericht Bundesanzeiger Bayrisches Oberstes Landesgericht Der Betriebs-Berater (Zeitschrift) Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung Betriebsverfassungsgesetz Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz) Bilanzrechtsreformgesetz Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Börsengesetz Börsenordnung XXXVII
Abkürzungsverzeichnis
BR BT BVerfG BVerfGE B.W.
Bundesrat Bundestag Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Burgerlijk Wetboek
CCO CCZ CESR CFL CRD CRR
Chief Customer Officer Corporate Compliance Zeitschrift Committee of European Securities Regulators Corporate Finance Law (Zeitschrift) Capital Requirements Directive Capital Requiremente Regulation
D&O DAV DB DBW DCGK DJT DÖV DrittelbG
Directors & Officers Deutscher Anwaltverein Der Betrieb (Zeitschrift) Die Betriebswirtschaft (Zeitschrift) Deutscher Corporate Governance Kodex Deutscher Juristentag Die Öffentliche Verwaltung (Zeitschrift) Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat (Drittelbeteiligungsgesetz) Deutscher Standardisierungsrat Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift) Durchführungsverordnung Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
DRS DRSC DStR DVBl. DVO DZWiR EBA ECFR EHUG
EIOPA ESMA ESUG EuGH EuropUR EuZA EuZW EWiR EWR XXXVIII
European Banking Authority European Company and Financial Law Review Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister European Insurance and Occupational Pensions Authority European Securities and Markets Authority Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen Europäischer Gerichtshof Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht Europäische Zeitschrift für Arbeitsrecht Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäischer Wirtschaftsraum
Abkürzungsverzeichnis
FamFG
FGG FKAG FMStG FMStGÄndG FS GDV GenG GesR GesRZ GG GK-MitbestG GmbHG GmbHR GNotKG GOB GRUR GS GuV GVBl. GVG GV NRW GWB GWR
Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Finanzkonglomerate-Aufsichtsgesetz Finanzmarktstabilisierungsgesetz Gesetz zur Stärkung der Finanzmarkt- und Versicherungsaufsicht Festschrift Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Gesellschaftsrecht Der Gesellschafter (Zeitschrift) Grundgesetz Gemeinschaftskommentar zum Mitbestimmungsgesetz Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Gerichts- und Notarkostengesetz Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift) Gedächtnisschrift Gewinn- und Verlustrechnung Gesetz- und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift)
Hdb. HGB HRefG
Handbuch Handelsgesetzbuch Gesetz zur Neuregelung des Kaufmanns- und Firmenrechts und zur Änderung anderer handels- und gesellschaftsrechtlicher Vorschriften
IAS IDW IFRS InsO InstVergV
International Accounting Standards Institut der Wirtschaftsprüfer International Financial Reporting Standards Insolvenzordnung Institutsvergütungsverordnung XXXIX
Abkürzungsverzeichnis
InvG IRZ
Investmentgesetz Zeitschrift für Internationale Rechnungslegung
JBl.
Juristische Blätter
KAGB KapCoRiLiG KG KGaA KonTraG
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KSzW KTS KWG LAG LG LKV LMK
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MaRisk MgVG
Mindestanforderungen an das Risikomanagement Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung MitbestErgG Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie MitbestG Mitbestimmungsgesetz MMVO Marktmissbrauchsverordnung MoMiG Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen MontanMitbestErgG s. MitbestErgG MontanMitbestG Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie MünchKomm. Münchener Kommentar NaStraG NdsVBl. NJOZ NJW NJW-RR NVersZ NZA XL
Namensaktiengesetz Niedersächsische Verwaltungsblätter Neue Juristische Online-Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) NJW-Rechtsprechungs-Report Neue Zeitschrift für Versicherung und Recht Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht
Abkürzungsverzeichnis
NZG NZI
Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Insolvenz und Sanierung
OGH OHG ÖJZ OLG OWiG
Oberster Gerichtshof (Österreich) Offene Handelsgesellschaft Österreichische Juristenzeitung Oberlandesgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
RdA RdW RegE RGBl. RGZ RIW RL
Recht der Arbeit (Zeitschrift) Recht der Wirtschaft (Zeitschrift) Regierungsentwurf Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der Internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Richtlinie
SAE SAG SE SEAG
SJZ StGB StückAG SZW
Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen Die schweizerische Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Societas Europaea (Europäische Gesellschaft) Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (SE-Ausführungsgesetz) Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer Europäischen Gesellschaft (SE-Beteiligungsgesetz) Schweizerische Juristen-Zeitung Strafgesetzbuch Stückaktiengesetz Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
TransPuG TUG
Transparenz- und Publizitätsgesetz Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz
UG UMAG
Unternehmergesellschaft Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts Umwandlungsgesetz
SEBG
UmwG VAG VersR VersVergV VerwArch VG VGR VorstAG
Versicherungsaufsichtsgesetz Versicherungsrecht (Zeitschrift) Versicherungsvergütungsverordnung Verwaltungsarchiv (Zeitschrift) Verwaltungsgericht Gesellschaftsrechtliche Vereinigung Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung XLI
Abkürzungsverzeichnis
VorstKoG
VorstOG VVaG VVG WGG WiB WM WP WpAIV WpDVerVO WPg WpHG WpPG WpÜG WuB WuW ZBB ZCG ZfA ZfB ZfbF ZfgG ZfK ZfO ZGR ZHR ZInsO ZIP ZNotP ZPO ZVersWiss ZWH ZZP
XLII
Gesetz zur Verbesserung der Kontrolle der Vorstandsvergütung und zur Änderung weiterer aktienrechtlicher Vorschriften Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit Versicherungsvertragsgesetz Gesetz über die Gemeinnützigkeit im Wohnwesen Wirtschaftsrechtliche Beratung (Zeitschrift) Wertpapier-Mitteilungen (Zeitschrift) Wirtschaftsprüfer Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) Wertpapierhandelsgesetz Wertpapierprospektgesetz Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht Wirtschaft und Wettbewerb (Zeitschrift) Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Corporate Governance Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für Betriebswirtschaft Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen Zeitung für kommunale Wirtschaft Zeitschrift für Organisation Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für die Notar-Praxis Zivilprozessordnung Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft Zeitschrift für Wirtschaftsstrafrecht und Haftung im Unternehmen Zeitschrift für Zivilprozess
§1 Übersicht I. Der Aufsichtsrat als spezielles Element der deutschen Unternehmensverfassung 1. Einführung Keine Figur des Unternehmensrechts hat die Phantasie und die Gemüter von Fachleuten und Laien im In- und Ausland in den letzten 50 Jahren so sehr beschäftigt wie der Aufsichtsrat. Dabei ist er eine schon über 100 Jahre zurückreichende Erfindung des deutschen Rechts1, wie dann auch – in ganz konsequenter Weise – die Mitbestimmung im Aufsichtsrat eine deutsche Erfindung wurde2; gerade sie hat den Aufsichtsrat seit 1950 ins Zentrum des politischen und gesellschaftlichen Interesses am Unternehmensrecht gerückt und auch international (Schweden, Dänemark, Niederlande, Luxemburg, Österreich) einige Erfolge gehabt3. Auch die Kommission der EU hat seit Beginn ihrer Bemühungen um eine Angleichung der nationalen Gesellschaftsrechte in Europa Vorschläge für eine „Europäisierung“ der Mitbestimmung in der EU ausgearbeitet4 und sogar das Projekt „Europäische Aktiengesellschaft“ verwirklicht5 – allerdings ohne eine Harmonisierung der Mitbestimmung in Europa zu erreichen6. 1 Zur Entstehungsgeschichte vgl. Wiethölter, Interessen und Organisation, S. 270 ff. und Hommelhoff in Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 53, 91 ff. sowie eingehend Jan Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 65 f. und Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, 2007. 2 Erstmals eingeführt im Betriebsräte-Gesetz von 1920. 3 Vgl. dazu H. Hoffmann, Mitbestimmung für Arbeitnehmer in Gesellschaftsorganen und grenzüberschreitenden Unternehmenszusammenschlüssen der Europäischen Gemeinschaft, Diss. Bonn 1976. 4 Zur Entwicklung vgl. Kolvenbach, Mitbestimmungsprobleme im gemeinsamen Markt, 1991, S. 22 ff.; Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht, S. 25 ff. und S. 643 ff. sowie die Arbeiten an der 5. Richtlinie, abgedruckt bei Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, 3. Aufl. 1991, S. 233 ff. 5 Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. EG Nr. L 294 vom 10.11.2001, S. 1 ff.; Richtlinie 2001/86/EG des Rates vom 8.10.2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer, ABl. EG Nr. L 294 v. 10.11.2001, S. 22 ff. sowie das Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG) vom 22.12.2004, BGBl. I 2004, 3675 mit seinen beiden Teilen SE-Ausführungsgesetz (SEAG) und dem SE-Beteiligungsgesetz (SEBG), das die oben zit. Richtlinie umsetzt. Eingehend dazu Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Einleitung. 6 Vorrang genießt nach Art. 3 der SE-Richtlinie eine Verhandlungslösung. Wird keine Einigung erzielt, greift nach Art. 7 der Richtlinie eine Auffangregelung ein, nach der die weitestgehende nationale Mitbestimmungsregelung zur Anwendung kommt, die bis zur Gründung des SE in einer der nationalen Gründungsgesellschaften galt; vgl. dazu §§ 4 ff. SEBG einerseits, §§ 34 ff. SEBG andererseits.
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§1
Übersicht
Das alles aber darf nicht darüber hinweg täuschen, dass AufsichtsratsVerfassung und Mitbestimmung sich bislang nur im kontinental-europäischen Bereich entwickelt und – höchst teilweise – durchgesetzt haben1. International überwiegt bei weitem die einstufige Organisation der Verwaltung von rechtlich selbständigen Unternehmen des Privatrechts, das sog. board-Modell des anglo-amerikanischen Rechts bzw. das (im Prinzip gleiche) Modell des conseil d’administration des französischen Rechts und seiner Ableger2. In diesen Rechten gibt es denn auch kaum eine etablierte Form der Mitbestimmung. Das gilt insbesondere für Großbritannien und die von ihm beeinflussten Rechte sowie für die USA; dort sind Vertreter der Arbeitnehmer nur ganz selten aufgrund besonderer Vereinbarungen im board vertreten3. 2
Mitglied im Aufsichtsrat, gar Vorsitzender eines Aufsichtsrats zu sein, ist hochbegehrt4, auch wenn die Bezüge wesentlich niedriger liegen als beim Vorstand (siehe zu den Aufsichtsratsbezügen Tabelle im Anhang, S. 593 ff.). Was aber hat der Aufsichtsrat eigentlich zu tun, welches sind seine Rechte und Pflichten, welche Funktion hat er und haben seine Mitglieder im unternehmerischen Geschehen der betreffenden Gesellschaft? Wie ist seine Stellung zum Vorstand, wie zum Betriebsrat? Davon soll hier die Rede sein.
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Es gibt also nicht eine „europäische SE“, sondern eine „deutsche SE“, eine „englische SE“ etc. Vgl. Blanquet, ZGR 2002, 20 ff.; Heinze, ZGR 2002, 66 ff. Kritisch zum deutschen Modell der Trennung von Geschäftsführung und Überwachung Bleicher, ZfbF 1988, 930, 931, 935: Der Aufsichtsrat als „strategische Lücke der Spitzenverfassung deutscher Aktiengesellschaften“. Zur deutlich veränderten Position des Aufsichtsrats heute vgl. unten Rn. 57 ff. Zum einstufigen board-Modell vgl. die gute Darstellung bei Conard, ZGR 1987, 180 ff.; vgl. weiter Henzler in Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Zeitgemäße Gestaltung der Führungsspitze von Unternehmen 1983, sowie Bleicher/Paul, DBW 1986, 263 ff.; zum Modell des conseil d’administration vgl. Brachvogel, Aktiengesellschaft und Gesellschaftsgruppe im französischen Recht, 1971, S. 55 ff. Ein erstes deutsch-französisches binationales Unternehmen war die Europipe GmbH in Ratingen: Die Mannesmann AG und die französische Usinor-Sacilor S.A. hatten ihre Großröhrenproduktion zusammengelegt und in der Holding – der Europipe GmbH – einen zwölfköpfigen Aufsichtsrat eingerichtet, in dem die Arbeitnehmer durch zwei Vertreter aus Deutschland und zwei aus Frankreich repräsentiert sind, vgl. FAZ vom 10.9.1991, S. 23 und Wirtschaftswoche vom 31.5.1991, S. 56 f. Vgl. dazu Bleicher/Paul, DBW 1986, 263 ff. Empirische Untersuchungen zur personellen Verflechtung, zu den hauptberuflichen Tätigkeiten, dem Alter und der Qualifikation von Aufsichtsratsmitgliedern sowie zur Größe von Aufsichtsräten finden sich bei Schiffels, Aufsichtsrat als Instrument der Unternehmenskooperation, 1998, sowie bei Bleicher, Aufsichtsrat im Wandel, 1987. Eine DSW-Aufsichtsratsstudie 2006 zu den DAX-30-Gesellschaften stammt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz und kann unter www.dsw-info.de/DSW-Aufsichtsratstudie-2006.805.0.html abgerufen werden. Vgl. aber auch die Studie des Reinhard Mohn-Instituts der Universität Witten/Herdecke „High Performance Boards – Entscheidungen und Prozesse in deutschen Aufsichtsräten“, 2011.
Element der deutschen Unternehmensverfassung
§1
2. Die Besonderheiten der sog. dualen Unternehmensverfassung Die Besonderheit besteht zunächst einmal in der schlichten Existenz eines Aufsichtsrats. Das ist nicht selbstverständlich; denn das in der Welt weit überwiegende One Board- oder One Tier-System kennt den Aufsichtsrat nicht und mithin – aus unserer Sicht – nur den Vorstand. Diese anderen Rechte kennen damit auch nicht die speziellen Probleme, die sich aus dem Verhältnis der beiden Organe zueinander ergeben; sie müssen nicht die Frage entscheiden, wer wofür und für welche Entscheidung in der Gesellschaft zuständig ist, wer was vom anderen verlangen kann etc.: alles Fragen, die Gegenstand dieses Buches sind. Im One Tier-System hingegen ist der Vorstand (Verwaltungsrat, board, conseil d’administration) für alle Entscheidungen in der Gesellschaft zuständig, die nicht ausnahmsweise der Hauptversammlung vorbehalten sind. Eine Abgrenzung der Zuständigkeiten ist nicht erforderlich. Im Gegenzug verzichten diese Rechte auf das Element der Aufsicht über den Vorstand – was unserem GmbH-Recht bis zur Grenze von 500 Arbeitnehmern entspricht1.
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3. Europa und die Modelle der Unternehmensverfassung Die in Deutschland entwickelte duale Unternehmensverfassung hat einige Gefolgschaft vor allem auf dem europäischen Kontinent gefunden (insbesondere Niederlande, Österreich, Polen und andere einst sozialistische Länder, in Frankreich und Italien wahlweise). Da diese duale Verfassung in vielen Fällen mit der Arbeitnehmer-Mitbestimmung verknüpft ist (dazu oben Rn. 1), führt sie zu großen Schwierigkeiten bei einer Europäisierung der Unternehmensverfassung: 30 Jahre lang stand sie der Europäischen Aktiengesellschaft (dazu oben Rn. 1 mit Fn. 5 und Fn. 6) entgegen und nach wie vor verhindert sie die Europäische Privatgesellschaft (SPE). Unter Aufrechterhaltung der nationalen Besonderheiten sind aber für die SE (SE-Richtlinie und SEBG)2 und für die internationale Fusion (§§ 122a ff. UmwG und MgVG) Lösungen gefunden worden und auch die internationale (grenzüberschreitende) Sitzverlegung ist vom EuGH akzeptiert worden3. Heute ist längst klar, dass sich der Gedanke an eine einheitliche Unternehmensverfassung in Europa nicht verwirklichen lässt, es vielmehr nur um eine teilweise Europäisierung unter Aufrechterhaltung wesentlicher Unterschiede gehen kann4. 1 Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG (wie früher nach § 77 BetrVG 1952) muss eine GmbH mit mehr als 500 Arbeitnehmern einen Aufsichtsrat bilden; näher dazu Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 37 ff. 2 Oben Rn. 1 Fn. 5 und 6. 3 EuGH v. 12.7.2012 – C-378/10, ZIP 2012, 1394 = EuZW 2012, 621 (VALE) und dazu Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, § 6 Rn. 58 ff.; Bayer/Schmidt, ZIP 2012, 1481; W.-H. Roth in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 965; Schön, ZGR 2013, 333. 4 Signifikant dafür ist die Geschichte der sog. EU-Strukturrichtlinie, bei Lutter/ Bayer/J. Schmidt, EuropUR, S. 140 ff. Vgl. auch Lutter, EuropUR, 4. Aufl., S. 171 ff.
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§1
Übersicht
Daher richtet sich die Unternehmensverfassung der AG nach dem nationalen Recht am Sitz der jeweiligen AG; und das Gleiche gilt auch für die übernehmende Gesellschaft nach einer internationalen Verschmelzung gemäß den §§ 122a ff. UmwG1. Immerhin erlaubt Art. 38 der SE-VO den Gründern einer SE die Wahl zwischen der monistischen (board-)Verfassung oder der dualistischen (Vorstand – Aufsichtsrat-)Verfassung2. 4. Die Arbeit der Regierungskommission „Corporate Governance“ 5
Am 29.5.2000 wurde von der Bundesregierung die Kommission „Corporate Governance – Unternehmensführung – Unternehmenskontrolle – Modernisierung des Aktienrechts“ eingesetzt. Diese erhielt den Auftrag, sich mit möglichen Defiziten des deutschen Systems der Unternehmensführung und -kontrolle auseinanderzusetzen. Im Rahmen dieses Auftrags hat sich die Corporate Governance-Kommission unter anderem mit der Frage nach einer verbesserten und effektiveren Überwachung der Unternehmensleitung durch den Aufsichtsrat befasst. Die in diesem Zusammenhang von der Regierungskommission in ihrem Abschlussbericht vom 12.7.20013 ausgesprochenen Empfehlungen finden an den betreffenden Stellen des vorliegenden Buches Erwähnung. Bei diesen Empfehlungen handelt es sich nur zum Teil um Vorschläge zur Änderung des zwingenden Aktienrechts, der Großteil sind vielmehr Regelungsvorschläge, die in den Deutschen Corporate Governance Kodex aufgenommen werden sollten, den zu erstellen die Kommission vorgeschlagen hat. Zum Kodex sogleich sub 5. 5. Der „Deutsche Corporate Governance Kodex“
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Dieser Kodex guter Unternehmensführung ist von einer weiteren, von der Bundesjustizministerin eingesetzten Kommission erarbeitet, verabschiedet und im Bundesanzeiger veröffentlicht worden4. Der Kodex enthält zunächst einmal und zu 50 % seines Textes Hinweise auf das geltende Recht, insbesondere bezüglich Vorstand und Aufsichtsrat, zu 40 % aber insgesamt über 100 Empfehlungen, die über das geltende Recht hinausgehen, und zu etwa 10 % unverbindliche Anregungen. Die einzelnen Teile des Kodex unterscheiden sich nur sprachlich. So sind Empfehlungen im Text des Kodex durch die Verwendung des Wortes 1 Dazu Bayer in Lutter, Komm. UmwG, §§ 122a ff. 2 Dazu Teichmann in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 38 Rn. 14 ff. 3 Der Bericht ist veröffentlicht: Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001. 4 Der Kodex ist unter www.corporate-governance-code.de immer aktuell abrufbar; vgl. dazu auch Seibert, BB 2002, 581 sowie Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. Kodex, S. 1 ff. (Text), Rn. 25 ff. (Entstehung) und Peltzer, Leitfaden, Rn. 22 ff.
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Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats
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„soll“ gekennzeichnet, während die unverbindlichen Anregungen mit „sollte“ oder „kann“ bezeichnet sind. Die sprachlich nicht weiter gekennzeichneten Teile des Kodex beinhalten das geltende Gesetzesrecht. Der Kodex selbst ist kein Gesetz. Doch müssen Vorstand und Aufsichtsrat (nur) einer börsennotierten Aktiengesellschaft nach § 161 AktG jährlich erklären, ob sie die Empfehlungen des Kodex eingehalten haben und einhalten werden oder ob und wo sie abgewichen sind und abweichen werden und warum (Begründungszwang)1. Aber auch diese Erklärung führt nicht zu einer Verbindlichkeit; denn Vorstand und Aufsichtsrat können jederzeit und mithin auch „unterjährig“ ihre Meinung ändern, müssen das dann aber auch umgehend publizieren2. Die Empfehlungen des Kodex an den Aufsichtsrat sind in diesem Buch ausdrücklich berücksichtigt.
II. Der Aufsichtsrat als Pflichtorgan Der Aufsichtsrat ist Organ in bestimmten Gesellschaften. Seine Existenz in der konkreten einzelnen Gesellschaft beruht entweder auf Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag oder auf Gesetz; nur von diesem letzteren, dem gesetzlichen Pflicht-Aufsichtsrat soll hier zunächst3 gesprochen werden. Ein solcher Aufsichtsrat ist kraft Gesetzes Pflichtorgan in allen Aktiengesellschaften, allen Genossenschaften sowie in allen solchen Gesellschaften mbH, die der Montan-Mitbestimmung unterliegen4 oder Kapitalanlagegesellschaften (§ 18 KAGB) sind oder mehr als 500 (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG) oder 2000 (§ 1 MitbestG) Arbeitnehmer haben.
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III. Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats Der Aufsichtsrat ist immer Kollegialorgan mit mindestens drei Mitgliedern. Seine Zusammensetzung regelt sich auf höchst unterschiedliche Weise5.
1 Vgl. Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 87. 2 Zu dieser Entsprechens-Erklärung des Aufsichtsrats siehe unten Rn. 489 ff., zu den Risiken für den Fall, dass die Erklärung abgegeben, aber die Empfehlungen des Kodex doch nicht befolgt werden, siehe unten Rn. 981 ff. 3 Siehe aber zum fakultativen Aufsichtsrat in der GmbH unten Rn. 1181 ff. 4 1980 existierten zwei solche GmbHs, vgl. Säcker/Theisen in Säcker/Zander, Mitbestimmung und Effizienz, S. 165. Derzeit unterliegt aber offenbar keine GmbH mehr der Montan-Mitbestimmung. 5 Besteht Streit zwischen Arbeitnehmern (Betriebsrat) und der Gesellschaft über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats oder die Pflicht zu seiner Bildung ist stets ein sog. Statusverfahren nach §§ 97, 98 AktG einzuleiten, vgl. BAG v. 16.4.2008 – 7 ABR 6/07, ZIP 2008, 1630 = AG 2008, 708; OLG Frankfurt a.M. v. 2.11.2010 – 20 W 362/10, GWR 2011, 85 = ZIP 2011, 21.
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§1
Übersicht
– In den wenigen Montan-Gesellschaften nach dem MontanMitbestG1: je gleiche Zahlen von Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer bzw. ihnen nahestehender Personen sowie eines Neutralen; sog. 11., 15. oder 21. Mann (§§ 4, 9 MontanMitbestG; § 5 MitbestErgG). – In Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien sowie Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit mehr als 500, aber weniger als 2000 Arbeitnehmern nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG: je 2/3 Anteilseigner-Vertreter und 1/3 Arbeitnehmer-Vertreter. – In den Gesellschaften mit mehr als 2000 Arbeitnehmern nach dem MitbestG2: je gleiche Zahl von Anteilseigner- und Arbeitnehmer-Vertretern (§ 7 MitbestG)3. Die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder ist im Gesetz (§ 7 MitbestG) genau festgelegt und kann auch nicht um nichtstimmberechtigte Mitglieder erweitert werden4. – In den verbleibenden Aktiengesellschaften mit weniger als 500 Arbeitnehmern: nur Anteilseignervertreter (§§ 95, 96 AktG). Das Gesetz legt aber nicht nur die Verhältniszahl von Anteilseigner- und Arbeitnehmervertretern fest, sondern auch die Höchstzahl der Mitglieder des Aufsichtsrats. Diese Zahl kann durch die Satzung nicht verändert werden5, auch nicht durch zusätzliche stimmrechtslose Mitglieder.
IV. Wahl und Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder 9
Die Wahl und Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder ist außerordentlich vielfältig und kompliziert und nicht Gegenstand dieses Buches; eine 1 Die am 1.1.1989 in Kraft getretene Änderung des MitbestErgG sieht in § 3 Abs. 2 Satz 1 vor, dass Unternehmen so lange der Montanmitbestimmung unterliegen, wie die Montantätigkeit noch 20 % beträgt oder mehr als 2000 AN im Montanbereich tätig sind. Für Unternehmen, die bisher nicht montan-mitbestimmungspflichtig waren, liegt die Schwelle erst bei sechs Geschäftsjahren und über 50 % Montantätigkeit, § 16 Abs. 1 Nr. 1 MitbestErgG. Die unterschiedlichen Voraussetzungen für das Eingreifen des MitbestErgG haben zu Bedenken hinsichtlich Art. 3 Abs. 1 GG geführt, die aber vom BVerfG in seiner Entscheidung vom 2.3.1999 – 1 BvL 2/91, BVerfGE 99, 367 abgelehnt worden sind. 2 Zahlenangaben und Einzelheiten zu den Unternehmen, die unter das MitbestG fallen, finden sich in Die Mitbestimmung 2002, 75: per 31.12.2001 insgesamt 388 Aktiengesellschaften und 325 GmbH. Am 31.12.2006 waren 319 von insgesamt rd. 15 000 bestehenden Aktiengesellschaften paritätisch mitbestimmt; vgl. Die Mitbestimmung 2007, 70. Zum 31.12.2010 fielen noch 281 und zum 31.12.2011 noch 267 Aktiengesellschaften unter das MitbestG; vgl. Die Mitbestimmung 2012, 659. 3 Vgl. zum Problem der Doppelvertretung von Arbeitnehmern, wenn sie nach dem MitbestG und als Inhaber von Belegschaftsaktien Aufsichtsratsmitglieder wählen, Etzel, Die Doppelvertretung der Belegschaftsaktionäre im mitbestimmten Aufsichtsrat, 1991, S. 127 ff., 149 ff. 4 BGH v. 30.1.2012 – II ZB 20/11, ZIP 2012, 472 = AG 2012, 248 mit Anm. E. Vetter in EWiR § 7 MitbestG 1/12, 219 und dazu Böttcher, NZG 2012, 809. 5 BGH v. 30.1.2012 – II ZB 20/11, ZIP 2012, 472 = AG 2012, 248 und dazu Böttcher, NZG 2012, 809.
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Wahl und Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder
§1
kurze Übersicht muss daher genügen. Dabei muss in erster Linie danach unterschieden werden, ob es sich um Vertreter der Arbeitnehmer oder um solche der Anteilseigner handelt. 1. Wahl der Arbeitnehmervertreter Die Wahl der Arbeitnehmervertreter regelt sich nach den Besonderheiten des betreffenden Gesetzes, auf dem die Mitbestimmung in der fraglichen Gesellschaft beruht.
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Montan-Mitbestimmung: Die Arbeitnehmervertreter werden vom Betriebsrat vorgeschlagen und durch das Wahlorgan, also die Hauptversammlung oder die Gesellschafterversammlung, gewählt; dieses aber ist an die Vorschläge gebunden, die sog. Wahl eine reine Formalie (§ 6 Abs. 1, 6 MontanMitbestG).
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Auch die Abberufung erfolgt nur auf Vorschlag des Betriebsrates mit der Maßgabe, dass für die Abstimmung im Wahlorgan eine 3/4-Mehrheit erforderlich ist (§ 11 MontanMitbestG). Die Wahl des Neutralen geschieht durch das Wahlorgan auf Vorschlag des Aufsichtsrats selbst (also praktisch durch Kooptation der 10, 14 oder 20 Arbeitnehmer- und Anteilseignervertreter, § 8 Abs. 1 MontanMitbestG). Drittelbeteiligungsgesetz: Die Wahl der Arbeitnehmervertreter erfolgt unmittelbar durch alle Arbeitnehmer der betreffenden Gesellschaft, des Konzerns1 (§§ 2 und 5 DrittelbG)2 oder des Gemeinschaftsbetriebes3; das Gleiche gilt für die Abberufung mit der Maßgabe, dass dafür auch hier eine 3/4-Mehrheit erforderlich ist (§ 12 DrittelbG).
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MitbestG: Die Wahl erfolgt unmittelbar durch die Belegschaft oder mittelbar durch gewählte Delegierte (§ 9 MitbestG) des betreffenden Unternehmens oder Konzerns (§ 5 MitbestG); das Gleiche gilt für die Abberufung mit der Maßgabe, dass hierfür erneut eine 3/4-Mehrheit erforderlich ist (§ 23 MitbestG).
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2. Wahl der Anteilseignervertreter Die Wahl der Anteilseignervertreter bestimmt sich nach der Rechtsform: Aktiengesellschaft, Genossenschaft oder GmbH. In der AG ist für die Wahl der Anteilseigner-Vertreter nur die Hauptversammlung zuständig, für die Abberufung mit der Maßgabe, dass eine 3/4-Mehrheit erforderlich ist (§ 103 Abs. 1 Satz 2 AktG). Die Satzung kann 1 Vgl. dazu BAG v. 15.12.2011 – 7 ABR 56/10, GWR 2012, 255 = AG 2012, 632. 2 Zur Beteiligung der Arbeitnehmer des Konzerns an der Wahl der ArbeitnehmerVertreter vgl. die Entscheidungen des BAG v. 9.2.2011 – 7 ABR 11/10, ZIP 2011, 1332 = AG 2011, 670 und BAG v. 15.12.2011 – 7 ABR 56/10, AG 2012, 632 = ZIP 2012, 1610. 3 BAG v. 13.3.2013 – 7 ABR 47/11, ZIP 2013, 1880 = GmbHR 2013, 990.
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§1
Übersicht
bestimmten Aktionären (ad personam) ein Entsenderecht in den Aufsichtsrat einräumen, jedoch höchstens für ein Drittel der AnteilseignerVertreter (§ 101 Abs. 2 Satz 4 AktG), de facto also höchstens für drei Sitze. Von dieser Möglichkeit wird nur selten und dann vor allem in gemischtwirtschaftlichen Unternehmen mit staatlicher oder kommunaler Beteiligung Gebrauch gemacht (z.B. VW; früher auch Hamburgische Elektrizitätswerke AG – HEW). Allerdings wurde 2007 auch die Satzung der rein privatwirtschaftlichen ThyssenKrupp AG geändert und der mit mehr als 25 % beteiligten Krupp-Stiftung ein Entsenderecht für drei Sitze eingeräumt1. Die Abberufung erfolgt dann ebenfalls durch den Entsendeberechtigten. 15
In der Genossenschaft werden die Anteilseignervertreter durch die Mitgliederversammlung oder durch die Vertreterversammlung gewählt und abberufen; für letztere ist wiederum eine qualifizierte Mehrheit von 3/4 erforderlich. Ein Entsenderecht kennt das Genossenschaftsrecht nicht.
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Die Wahl der Anteilseignervertreter in der GmbH erfolgt durch die Gesellschafterversammlung. Doch ist die Satzung hier frei, die Zuständigkeit zur Wahl einem anderen Organ (z.B. Gesellschafterausschuss, Beirat, auch Kooptation durch den Aufsichtsrat selbst) oder einzelnen Gesellschaftern ein Entsendungsrecht zum Aufsichtsrat einzuräumen oder sie selbst schon in der Satzung als Aufsichtsratsmitglieder zu bestimmen. Für die Abberufung gelten die gleichen Grundsätze; ist in der Satzung nichts Besonderes geregelt, so findet § 103 AktG entsprechende Anwendung, d.h. zur Abberufung ist dann eine 3/4-Mehrheit erforderlich.
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Absprachen unter den Aktionären/Gesellschaftern/Genossen bei Wahlen zum Aufsichtsrat (sog. Wahlvereinbarungen) sind weit verbreitet und zulässig2. Darin liegt kein sog. acting in concert nach § 30 Abs. 2 WpÜG, so dass deswegen jedenfalls kein Übernahmeangebot abgegeben werden muss3. 3. Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats
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Aus den verschiedensten Gründen können Aufsichtsratsmitglieder während einer Wahlperiode wegfallen; das würde dann das gesetzliche Gleichgewicht insbesondere bei der paritätischen Mitbestimmung nach Montan-Recht und MitbestG sehr stören. Die Einberufung einer außerordentlichen Wahlversammlung (Hauptversammlung, Betriebsversammlung) aber ist zeitaufwändig, kompliziert und teuer; die Möglichkeit der Ersatzbestellung durch das Registergericht nach § 104 AktG ist in aller Regel unerwünscht. Daher hat sich in unterschiedlichem Maße die Wahl 1 Dazu BGH v. 8.6.2009 – II ZR 111/08, AG 2009, 694; Verse, ZIP 2008, 1754. 2 BGH v. 29.5.1967 – II ZR 105/66, BGHZ 48, 163; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 101 Rn. 25 ff. mit allen Nachw. 3 BGH v. 18.9.2006 – II ZR 137/05, BGHZ 169, 98 = BB 2006, 2432 = AG 2006, 883.
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Wahl und Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder
§1
von Ersatzmitgliedern für weggefallene Aufsichtratsmitglieder herausgebildet; sie ist im Gesetz ausdrücklich zugelassen (§ 101 Abs. 3 AktG; näher dazu unten Rn. 1052 ff.). 4. Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern Beschlüsse der Hauptversammlung/Gesellschafterversammlung/General- 19 versammlung über die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern sind durch Klage vor Gericht anfechtbar, §§ 243, 251 AktG1. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung ist das betreffende Aufsichtsratsmitglied dennoch voll gültiges Mitglied des Aufsichtsrats2. Das ändert sich mit der Rechtskraft eines der Anfechtungsklage stattgebenden Urteils: Diese Entscheidung vernichtet den Wahlbeschluss ex tunc; der Betreffende war also nie Aufsichtsratsmitglied3. Damit entstehen große Probleme hinsichtlich der zwischenzeitlich ergangenen Aufsichtsrats-Beschlüsse. Die Mitwirkung des Betroffenen als solche daran beeinträchtigt die Beschlüsse des Aufsichtsrats nicht. Der Ausfall des Betroffenen kann aber zur Beschlussunfähigkeit führen; das ist insbesondere bei einem Aufsichtsrat der Fall, der nur aus 3 Mitgliedern besteht: dessen Beschlüsse sind nichtig. Im übrigen kommt es darauf an, ob der Beschluss auch ohne die Stimme des Betroffenen die erforderliche Mehrheit gefunden hätte; anderenfalls ist der Beschluss nichtig, also etwa auch die so erfolgte Bestellung eines Vorstandsmitglieds. Dieser ausgesprochen unangenehmen Situation für die Gesellschaft mit einer großen Menge rechtlicher Folgeprobleme kann dadurch begegnet werden, dass der Vorstand nach § 104 AktG bei Gericht beantragt, die von der Anfechtungsklage betroffenen Aufsichtsratsmitglieder aufschiebend bedingt für den Fall der rechtskräftig erfolgreichen Anfechtungsklage vom Zeitpunkt ihrer (nichtigen) Wahl bis zur nächsten Hauptversammlung nach Rechtskraft des der Anfechtung stattgebenden Urteils zu bestellen4. Eine solche aufschiebend bedingte Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern ist möglich, wie § 101 Abs. 3 AktG für Ersatzmitglieder zeigt5.
1 Und zwar ggf. auch noch nach Rücktritt des Betroffenen, vgl. BGH v. 19.2.2013 – II ZR 56/12, BGHZ 196, 195 = ZIP 2013, 720 = AG 2013, 387. 2 Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 101 Rn. 227; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 101 Rn. 107. 3 Vgl. nur Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 101 Rn. 228; Habersack, MünchKomm. AktG, § 101 Rn. 71; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 101 Rn. 32; Schürnbrand, NZG 2008, 609, 610; noch h.M. Unentschieden Mertens/ Cahn in Kölner Komm. AktG, § 101 Rn. 107 („im Ergebnis selbst dann … ex nunc, wenn man im Grundsatz … ex-tunc Wirkung … annimmt“). 4 Zutr. und eingehend mit allen Nachw. E. Vetter/van Laak, ZIP 2008, 1806, 1809 ff. 5 Der ablehnende Beschluss des OLG Köln v. 29.3.2007 – 2 Wx 4/07, ZIP 2008, 508 = AG 2007, 822 (IVG), steht dem nicht entgegen, da die Ersatzbestellung unbedingt beantragt war. Dem aber konnte nicht stattgegeben werden, da die fragli-
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Darüber hinaus wird die in Rechtsprechung und Lehre akzeptierte Rechtsfigur der „fehlerhaften Gesellschaft“1 bzw. des fehlerhaften Unternehmensvertrages2 zunehmend auch auf das fehlerhaft bestellte Organ und Organmitglied angewandt3. Folgt man dem, so wäre das fehlerhaft bestellte Aufsichtsratsmitglied von seiner Annahme der Wahl bis zur tatsächlichen Beendigung des Mandats4 wie ein wirksam bestelltes Aufsichtsratsmitglied zu behandeln mit allen Rechten und Pflichten5. Der BGH hat diese Lehrmeinungen in seinem Urteil vom 19.2.2013 ausdrücklich abgelehnt6, so dass es bei der oben dargestellten Rechtslage verbleibt.
V. Persönliche Voraussetzungen der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat 1. Allgemeines 20
Mitglied des Aufsichtsrats kann jede natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige und nicht betreute Person sein (§ 100 Abs. 1 AktG). Eine GmbH kann also ebenso wenig Mitglied des Aufsichtsrats sein wie ein Minderjähriger. Darüber hinaus sind einzelne Personen vom Amt des Aufsichtsrats in wenigen weiteren Fällen ausgeschlossen, nämlich vor allem, wenn sie – Mitglied des geschäftsführenden Organs der betreffenden Gesellschaft selbst sind (Unvereinbarkeit von Vorstands- bzw. Geschäftsführer- und Aufsichtsrats-Amt) oder eine solche Position in einer von dieser abhängigen anderen Gesellschaft haben oder Prokurist, Generalbevollmächtigter oder Generalhandlungsbevollmächtigter der Gesellschaft sind (§§ 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 105 Abs. 1 AktG), – schon in zehn anderen Gesellschaften mit einem Pflicht-Aufsichtsrat Mitglied des Aufsichtsrats sind (§ 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AktG), wobei
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chen Aufsichtsratsmitglieder beim Scheitern der Anfechtungsklage wirksam gewählt wären, nicht also erneut bestellt werden können. Mit allen Nachw. K. Schmidt, GesR, § 6, S. 136 ff. BGH v. 14.12.1987 – II ZR 170/87, BGHZ 103, 1 = AG 1988, 133 bestätigt von BGH v. 11.11.1991 – II ZR 287/90, BGHZ 116, 37, 39 = AG 1992, 83 und BGH v. 5.11.2001 – II ZR 119/00, GmbHR 2002, 62; Lutter/Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, Anh. zu § 13 Rn. 82 ff. m.N. in Fn. 6. Vgl. Habersack, MünchKomm. AktG, § 101 Rn. 70; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 101 Rn. 228; Hüffer, Komm. AktG, § 101 Rn. 18; nun auch Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 101 Rn. 35 ff. m.w.N. Mit Sympathien auch Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 101 Rn. 112. Vgl. Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 101 Rn. 36; Habersack, MünchKomm. AktG, § 101 Rn. 71. Vgl. Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 101 Rn. 228; differenzierend Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 101 Rn. 37. Mit Ausnahmen auch Habersack, MünchKomm. AktG, § 101 Rn. 72 und ihm folgend Hüffer, Komm. AktG, § 101 Rn. 18. Zum Ganzen eingehend Fleischer, DB 2013, 160 und 217. BGH v. 19.2.2013 – II ZR 56/12, ZIP 2013, 720 = AG 2013, 387; vgl. dazu auch Schürnbrand, NZG 2013, 481.
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Persönliche Voraussetzungen der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat
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bis zu fünf Mandate in Aufsichtsräten von Konzerngesellschaften nicht angerechnet werden, so dass eine Person in solchen Fällen bis zu 15 Mandate wahrnehmen kann (§ 100 Abs. 2 Satz 2 AktG), während der Vorsitz in Aufsichtsräten doppelt gerechnet wird (§ 100 Abs. 2 Satz 3 AktG)1, – in den Fällen der Überkreuzverflechtung des § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AktG, – noch vor weniger als 2 Jahren Mitglied des Vorstands der börsennotierten Gesellschaft waren, es sei denn, der Wahlvorschlag kommt von Aktionären, die mehr als 25 % der Stimmrechte halten, § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AktG. Die Mitgliedschaft von Arbeitnehmern gleichzeitig im Betriebsrat und im Aufsichtsrat ist hingegen nicht nur erlaubt, sondern zweckmäßig und oft geübt. 2. Unvereinbarkeit Über die soeben zu 1. genannten Fälle (Rn. 20) hinaus kennt das Gesetz keine weiteren Regeln zur Unvereinbarkeit. Daraus schließt die herrschende Lehre, dass es auch in naheliegenden anderen Fällen wie insbesondere bei Aufsichtsratsmitgliedern in Konkurrenzgesellschaften keinen Ausschluss vom Amt gebe. Die herrschende Lehre akzeptiert also, dass dieselbe Person Aufsichtsrat von Daimler und Audi2, von Siemens und Bosch, von Kaufhof und Karstadt sein kann3.
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Dem können wir für Unternehmen nicht folgen, bei denen eine Konkurrenzsituation in ihren zentralen Tätigkeitsbereichen besteht4. Vielmehr ist in einem solchen Fall Amtsunfähigkeit in Bezug auf die zeitlich späte-
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1 Der Kodex empfiehlt in Ziff. 5.4.5 Vorstandsmitgliedern einer börsennotierten Gesellschaft eine Höchstzahl von 3 konzernexternen Aufsichtsrats-Sitzen in börsennotierten Gesellschaften. 2 So einst der IG-Metall-Bezirksleiter von Stuttgart, Lisla, und der IG-Metall-Vorsitzende Steinkühler. 3 BGH v. 21.2.1963 – II ZR 76/62, BGHZ 39, 116, 123: Ausgeschlossen ist eine Person aus solchen Gründen nur, wenn es „krass gesellschaftswidrig“, also „schlechthin untragbar ist“; das führt aber auch nicht zu einem zwingenden Wählbarkeitshindernis, sondern stellt einen wichtigen Grund zur Abberufung gemäß § 103 Abs. 3 AktG dar; ebenso Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 261; Dreher, JZ 1990, 896, 898 ff.; Krebs, Interessenkonflikte, S. 267 ff. mit allen Nachw.; ebenso für das österreichische Recht Kastner in FS Strasser, 1983, S. 843, 849 f. 4 Näher dazu Lutter, ZHR 145 (1981), 224, 236 ff.; Lutter, RdW 1987, 314, 319; Lutter in FS Beusch, 1993, S. 509 ff. und in Lutter, 25 Jahre Aktiengesetz, S. 63 ff.; Wardenbach, Interessenkonflikte als Bestellungshindernisse zum Aufsichtsrat der AG, S. 13 ff.; Säcker in FS Rebmann, 1989, S. 781, 788 f.; auch Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 100 Rn. 28 und Lüderitz in FS Steindorff, 1990, S. 113, 122 für Einproduktunternehmen; anders Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 68 ff.
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re Wahl gegeben1. Jedes Aufsichtsratsmitglied ist aus dem Gesichtspunkt ordnungsgemäßer Amtsführung (§ 116 Satz 1 AktG) verpflichtet, das Wohl „seiner“ Gesellschaft zu fördern. Das Wohl zweier miteinander im Wettbewerb stehender Unternehmen in gleicher Weise zu fördern, ist aber schwerlich möglich2. Aufsichtsräte sind umfassend gerade auch über die künftigen Vorhaben und Planungen ihrer Gesellschaft zu unterrichten; darüber soll im Aufsichtsrat eine Erörterung stattfinden (näher dazu unten Rn. 103 ff.). Wie soll aber eine offene Diskussion stattfinden, wenn „ein Mann von der Konkurrenz“ daran beteiligt ist3? Wie soll man die Modellpolitik zur C-Klasse oder E-Klasse bei Daimler erörtern, wenn ein „Mann“ von BMW dabeisitzt? 23
Wer daher als Aufsichtsratsmitglied in ein Konkurrenzunternehmen gewählt wird, kann diese Wahl nur wirklich annehmen, wenn er zuvor das erste Mandat niedergelegt hat. Tut er das nicht, wird er nicht Aufsichtsratsmitglied im Konkurrenzunternehmen; er ist nur Schein-Mitglied4. Die h.M. lehnt das hier postulierte Bestellungshindernis ab5, u.a. mit dem zutr. Hinweis, der Gesetzgeber habe bei der Beratung des KonTraG bewusst auf die Normierung verzichtet6. Statt dessen rekurriert die h.M. auf eine aus Treubindung folgende Pflicht des Betreffenden zur Amtsniederlegung bzw. eine ebenfalls aus Treubindung folgende Pflicht der anderen Aufsichtsratsmitglieder, die gerichtliche Abberufung nach § 103 Abs. 3 AktG zu beantragen7. 1 OLG Schleswig v. 26.4.2004 – 2 W 46/04, ZIP 2004, 1143 = AG 2004, 453; Lutter in Lutter, 25 Jahre Aktiengesetz, S. 64. 2 Einen Fall zweier widerstreitender Aufgaben, die nicht beide zugleich pflichtgemäß wahrgenommen werden können, behandelt auch OLG Hamburg v. 23.1.1990 – 11 W 92/89, WM 1990, 311 = AG 1990, 218 = EWiR § 103 AktG 2/90, 219 (Hirte): Der schleswig-holsteinische Energieminister Jansen, verantwortlich für den „Ausstieg“ seines Landes aus der Kernenergie, wurde aus dem Aufsichtsrat der Hamburger Electricitätswerke aus wichtigem Grund abberufen. 3 So auch Lüderitz in FS Steindorff, 1990, S. 113, 119. 4 Dies entspricht der Rechtslage bei den gesetzlich ausdrücklich genannten Fällen der Unvereinbarkeit, vgl. nur § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG und Hüffer, MünchKomm. AktG, § 250 Rn. 13 ff.; Schwab in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 250 Rn. 5 und 6. Zum Fall einer erst nach Amtsannahme eintretenden Konkurrenzsituation siehe Rn. 894 ff. 5 Habersack, MünchKomm. AktG, § 100 Rn. 58; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 100 Rn. 73 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 103 Rn. 13b; Langenbucher, ZGR 2007, 571, 583 sowie die Nachweise oben Rn. 21 Fn. 3. 6 RegE KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 17: „Allerdings könnte eine Konkurrenzsituation, welche dauerhaft die gesamte Tätigkeit und den wesentlichen Kernbereich der Unternehmen betrifft, dazu führen, dass das Aufsichtsratsmitglied wegen der erwähnten Pflichtenkollision gehindert wäre, sein Amt überhaupt wahrzunehmen. Insoweit wäre es sinnwidrig, einen Kandidaten zu wählen oder zu bestimmen, der voraussehbar sein Amt auf Dauer nicht ausüben kann und deshalb gehalten wäre, es niederzulegen …“. 7 Habersack, MünchKomm. AktG, § 100 Rn. 72; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 100 Rn. 171; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 34; Hüffer, Komm. AktG, § 116 Rn. 5; Hoffmann-Becking in Münchener Hdb. AG, § 33 Rn. 83, je m.w.N.
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Das überzeugt nicht. Wer die Wahl in einer solchen Situation angenommen hat, ist offenbar uneinsichtig und wird nicht gleich wieder zurücktreten. Die gerichtliche Abberufung aber setzt einen Mehrheitsbeschluss des Aufsichtsrats voraus (§ 103 Abs. 3 AktG) und ist ein langwieriges Verfahren. Bis dahin müsste der Aufsichtsrat das betr. Mitglied regelmäßig vor die Türe stellen: und das in beiden betroffenen Gesellschaften. Das ist keine vernünftige Lösung1. Die Mindermeinung wird von uns gegen die h.M. aufrechterhalten und gibt den Gerichten zu gegebener Zeit die Möglichkeit, ihre Tragfähigkeit zu testen. 3. Sonstige persönliche Voraussetzungen/fachliche Zusammensetzung des Aufsichtsrats a) Fachliche Qualifikation Von der Satzung der betreffenden Gesellschaft können sonstige persönliche Voraussetzungen für die Wählbarkeit von Aufsichtsratsmitgliedern nur für Anteilseignervertreter und nicht für Arbeitnehmervertreter festgelegt werden (§ 100 Abs. 4 AktG). In den Satzungen von Aktiengesellschaften geschieht das selten, häufiger hingegen in der GmbH. In Betracht kommen: Festlegung eines höheren Mindest- oder Höchstalters2, berufliche und fremdsprachliche3 Qualifikation, Zugehörigkeit zu einer bestimmten Familie o.Ä. Über 100 Jahre lang diente der Aufsichtsrat als Netzwerk und do-ut-desEinrichtung, spezielle Kompetenz war nicht gefragt4. Das ist bei einem Aufsichtsrat mit stark gewachsenen Aufgaben bis hin zu mitunternehmerischen Entscheidungen nicht mehr möglich. Heute sollte im Interesse einer leistungsfähigen Unternehmensführung und -überwachung auch ohne besondere Festsetzungen in der Satzung bei der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder darauf geachtet werden, dass der im Aufsichtsrat insgesamt vertretene Sachverstand die Aufgaben im Unternehmen abdeckt (unten Rn. 27). Der Kodex formuliert dazu unter Ziff. 5.4.1: „Der Aufsichtsrat ist so zusammenzusetzen, dass seine Mitglieder insgesamt über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen
1 OLG Schleswig v. 26.4.2004 – 2 W 46/04, ZIP 2004, 1143 = AG 2004, 453. 2 Dazu Lutter, Anwendbarkeit der Altersbestimmungen des AGG auf Organpersonen, BB 2007, 725 sowie BGH v. 23.4.2012 – II ZR 163/10, ZIP 2012, 1291 = GmbHR 2012, 845. 3 Dazu Dreher in FS Lutter, 2000, S. 357, 365. 4 Max Weber schreibt in seinem Grundriss der Sozialökonomik III – Wirtschaft und Gesellschaft, Tübingen 1922, S. 675: „Normalerweise vereinigen diese Gebilde (scil. Aufsichtsräte) nicht Träger speziellen Fachwissens, sondern die ausschlaggebenden ökonomischen Hauptinteressen.“
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verfügen.“1 Nicht jedes Aufsichtsratsmitglied muss Spezialist sein; der Aufsichtsrat insgesamt sollte aber die Grundfunktionen des Unternehmens beurteilen können2, also nicht nur aus Bankiers und Anwälten zusammengesetzt sein3. Die fachliche Qualifikation der Aufsichtsratsmitglieder von Banken und Versicherungen ist das Thema der CRD IV-Richtlinie und wird im Schlusskapitel dieses Buches erörtert (§ 21, S. 551 ff.). Es ist aber nicht anzunehmen, dass dies ohne Einfluss auf die börsennotierten/börsennahen Gesellschaften bleibt. Insofern empfielt sich eine besonders sorgfältige Analyse4. b) Der unabhängige Finanzexperte 25
Auf der Grundlage von Art. 41 der (neuen) Abschlussprüferrichtlinie von 20065 hat der deutsche Gesetzgeber § 100 AktG um einen Abs. 5 ergänzt: „Bei Gesellschaften im Sinn des § 264d HGB (scil. börsennotierte und börsennahe Gesellschaften) muss mindestens ein unabhängiges Mitglied des Aufsichtsrats über Sachverstand auf den Gebieten Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen.“
und § 107 AktG um einen Abs. 4: „Richtet der Aufsichtsrat einer Gesellschaft im Sinn des § 264d HGB einen Prüfungsausschuss im Sinn des Abs. 3 Satz 2 ein, so muss mindestens ein Mitglied die Voraussetzungen des § 100 Abs. 5 erfüllen.“
Damit werden erstmals im deutschen Aktienrecht bestimmte Eigenschaften jedenfalls von einem Aufsichtsratsmitglied einer börsennotierten oder börsennahen Gesellschaft verlangt, nämlich (1) Sachverstand auf dem Gebiet der Rechnungslegung oder Abschlussprüfung (2) Unabhängigkeit6. 1 Der Kodex fährt fort: „Der Aufsichtsrat soll für seine Zusammensetzung konkrete Ziele benennen, die unter Beachtung der unternehmensspezifischen Situation die internationale Tätigkeit des Unternehmens, potentielle Interessenkonflikte, die Anzahl der unabhängigen Aufsichtsratsmitglieder im Sinn von Nummer 5.4.2 eine festzulegende Altersgrenze für Aufsichtsratsmitglieder und Vielfalt (Diversity) berücksichtigen. Diese konkreten Ziele sollen insbesondere eine angemessene Beteiligung von Frauen vorsehen.“ 2 Semler, Führungsvorsorge im Unternehmen, in Unternehmensführung heute, S. 7, 9; zur Auswahl der Aufsichtsratsmitglieder vgl. auch noch Bleicher, ZfbF 1988, 930, 937 f. mit Weber-Rey, Der Gesellschafter (Österr.) 2013, 134. Eine Typologie der Besetzung von Aufsichtsräten findet sich bei Gerum, DBW 1991, 719, 726 ff. 3 Der German Code of Corporate Governance des Berliner Initiativkreises (DB 2000, 1573 = AG 2001, 6 ff.) fordert ausdrücklich unter Ziff. IV, 4.2 „unterschiedliche Qualifikationen“ der Aufsichtsräte der Anteilseigner. 4 Vgl. Merkelbach, Der Konzern 2013, 227. 5 Abgedruckt bei Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, § 27 S. 859 ff. 6 Dazu der Kodex in Ziff. 5.4.2 Satz 2. Vgl. weiter Claudia Nowak, Die Unabhängigkeit, insbes. S. 239 ff.
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Persönliche Voraussetzungen der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat
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Wie das betreffende Aufsichtsratsmitglied seinen Sachverstand erworben hat, spielt keine Rolle – Studium oder Praxis sind gleichgestellt, das Ergebnis zählt (siehe oben Rn. 24)1. c) Insbesondere Unabhängigkeit und mögliche Interessenkonflikte Das Gesetz verlangt in den §§ 100 Abs. 5 und 107 Abs. 4 AktG von einem Mitglied des Aufsichtsrats einer börsennotierten/börsennahen Gesellschaft „Unabhängigkeit“, der Kodex verlangt eine nach Einschätzung des Aufsichtsrats selbst „angemessene Anzahl unabhängiger Mitglieder“ (Ziff. 5.4.2 Satz 1). Das Gesetz definiert „Unabhängigkeit“ bewusst nicht, doch hat die Gesetzes-Begründung2 auf eine Empfehlung der Europäischen Kommission vom 15.2.20053 hingewiesen, die eine solche Definition enthält4. Der Kodex hingegen definiert „Unabhängigkeit“ negativ wie folgt (Ziff. 5.4.2 Satz 2): „Ein Aufsichtsratsmitglied ist im Sinn dieser Empfehlung insbesondere dann nicht als unabhängig anzusehen, wenn es in einer persönlichen oder einer geschäftlichen Beziehung zu der Gesellschaft, deren Organen, einem kontrollierenden Aktionär oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen steht, die einen wesentlichen und nicht nur vorübergehenden Interessenkonflikt begründen kann.“
Diese Definition wird in ihrem ersten Teil allgemein akzeptiert5, umstritten ist nur die „persönliche oder geschäftliche Beziehung zu einem kontrollieren Aktionär oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen“6. Damit ist der Vertreter des Großaktionärs im Aufsichtsrat und mittelbar auch dieser selbst gemeint. Das widerspricht der gesetzlichen Lösung des faktischen Konzerns bei uns nach §§ 311 ff. AktG, wonach die Beherrschung einer AG ausdrücklich erlaubt ist. Mittel der Beherrschung aber ist der Aufsichtsrat7. Setzt sich die Definition des Kodex und der europäischen Empfehlung durch, gerät das herrschende Unternehmen 1 Durch OLG München v. 28.4.2010 – 23 U 5517/09, AG 2010, 639 sind die Anforderungen an den Sachverstand des Financial Expert leider und gegen die Absicht des Gesetzgebers deutlich gesenkt worden. 2 Begr. RegE BT-Drucks. 16/10067, S. 101 f. 3 Empfehlung 2005/162/EG der Kommission vom 15.2.2005, ABl. EU Nr. L 52 vom 25.2.2005 und dazu Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, § 18 Rn. 18 ff., 32 f. sowie Lutter, EuZW 2009, 799 ff. 4 Vgl. Bayer, NZG 2013, 1, 10 ff.; Lutter, EuZW 2009, 799, 803 f.; Kremer in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. Kodex, Rn. 998 ff., 1005. 5 Bayer, NZG 2013, 1, 10 mit allen Nachw.; Kremer in Ringleb/Kremer/Lutter/ v. Werder, Komm. Kodex, Rn. 1009 ff.; Stephanblome, NZG 2013, 445. Allgemein und rechtsvergleichend M. Roth, ZHR 175 (2011), 605; eingehend Kremer/v. Werder, AG 2013, 340; Florstedt, ZIP 2013, 337. Kritisch für Familienunternehmen Hommelhoff, ZIP 2013, 953. Im Übrigen vgl. OLG Hamm v. 28.5.2013 – I-27 W 35/13, ZIP 2013, 2008 = AG 2013, 927. 6 In der Sache ebenso die Empfehlung 2005/162/EG der Europäischen Kommission vom 15.2.2005, ABl. EU Nr. L 52 vom 25.2.2005 und dazu Lutter, EuZW 2009, 799. 7 Grigoleit in Grigoleit, Komm. AktG, § 18 Rn. 2; Windbichler, Großkomm. AktG, § 18 Rn. 27; Koppensteiner, Kölner Komm. AktG, § 18 Rn. 38.
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im Aufsichtsrat einer paritätisch mitbestimmten Tochter (z.B. VW bei Audi) in die Minderheit1. Das kann nicht gewollt sein und kann auch nicht aus der Begründung des Gesetzes allein entwickelt werden. Interessenkonflikte (unten Rn. 894 ff.) sind tunlichst zu vermeiden. Daher sollten Personen, bei denen solche Konflikte naheliegen (Lieferanten, Abnehmer, Anwälte) oder sich entwickeln könnten, erst gar nicht zur Wahl in den Aufsichtsrat vorgeschlagen werden2. d) Besetzungsplan 27
Nach Lutter3 sollten die Anteilseigner-Vertreter im Aufsichtsrat großer und größerer Gesellschaften einen Besetzungsplan für die Aufsichtsräte der Anteilseigner entwickeln, in dem sie die in ihrem Aufsichtsrat erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen auflisten, also etwa einen – (früheren) Unternehmensleiter (mit Auslandserfahrung) – Produktionsfachmann (Techniker) – Entwicklungsfachmann – Finanzmann – unternehmensrechtlich erfahrenen Juristen – Steuerfachmann – Rechnungsleger (Financial Expert) und erst anschließend die Suche nach der oder dem Besten des fraglichen Gebietes beginnen, also nicht ad personam besetzen, sondern primär ad causam. Der Kodex folgt diesem Gedanken in dreifacher Weise. Zum einen verlangt er vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses (dazu unten Rn. 941 ff., 951) Kenntnisse und Erfahrungen in der Rechnungslegung und der internen Kontrolle (Ziff. 5.3.2)4; zum anderen verlangt er die Bildung eines Nominierungsausschusses (Ziff. 5.3.3), der vernünftigerweise nicht anders verfahren kann und wird als hier beschrieben5 und schließlich soll er für 1 50 % Arbeitnehmervertreter, 50 % Anteilseignervertreter minus 1 vom Großaktionär Unabhängiger. Das sieht Bayer, NZG 2013, 1, 10 ff. mit allen Nachw. ebenso und begrüßt es; zu Unrecht. 2 Vgl. etwa v. Falkenhausen, Der Anwalt im Aufsichtsrat, ZIP 2013, 862 und Hasselbach/Jakobs, BB 2013, 643. 3 Lutter, ZIP 2003, 417 und Lutter, DB 2009, 775 sowie Lutter in Almendinger et al. (Hrsg.), Corporate Governance, 2011, S. 140, 148 ff. insgesamt zur Professionalisierung des Aufsichtsrats; vgl. auch Peltzer, NZG 2009, 1041, 1042 f. und Börsig/Löbbe in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 125, 143 ff. 4 So auch das Gesetz in Befolgung der geänderten 8. EU-Richtlinie: §§ 100 Abs. 5 und 107 Abs. 4 AktG (oben Rn. 25), allerdings nur für ein Mitglied des Aufsichtsrats bzw. des Prüfungsausschusses, nicht notwendig für dessen Vorsitzenden. Im Übrigen vgl. Kremer in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. Kodex, Rn. 954. 5 Lutter in FS Wymeersch, 2009, S. 132.
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seine eigene Zusammensetzung konkrete Ziele benennen (Ziff. 5.4.1) und über deren Erreichung berichten. Die §§ 100 Abs. 5 und 107 Abs. 4 AktG sind eine vorsichtige Anerkennung des hier und vom Kodex entwickelten Auswahlsystems1 und des Gedankens der „Gesamtqualifikation“2. Das verbindet sich mit der Aussage des Bundesgerichtshofs3 und des OLG Stuttgart4, dass kein Aufsichtsratsmitglied einer Maßnahme des Vorstands zustimmen darf, dessen Risiken und Wirkungen es nicht versteht: Kompetenz schützt vor dem Haftungsrisiko5. e) Nominierungs-Ausschuss Auch der vom Kodex seit 2007 empfohlene Nominierungsausschuss (unten Rn. 962) kann in der Sache nicht anders vorgehen als hier beschrieben.
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f) Mindestqualifikation Ob und welche Mindestqualifikationen ein Aufsichtsratsmitglied von Gesetzes wegen haben muss, ist lebhaft umstritten6. Der Bundesgerichtshof hat dazu in der Hertie-Entscheidung vom 15.11.19827 gesagt: „Mit diesem Gebot persönlicher und eigenverantwortlicher Amtsausübung ist vorausgesetzt, dass ein Aufsichtsratsmitglied diejenigen Mindestkenntnisse und -fähigkeiten besitzen oder sich aneignen muss, die es braucht, um alle normalerweise anfallenden Geschäftsvorgänge auch ohne fremde Hilfe verstehen und sachgerecht beurteilen zu können …“
Bemerkenswert ist daran die Formulierung „oder sich aneignen muss“. Das Aufsichtsratsmitglied muss also diese Kenntnisse und Fähigkeiten nicht von Anfang an haben8. Wenn aber die Nachholung nicht in an-
1 Vgl. dazu auch Theisen, Der Aufsichtsrat 2009, 81 sowie Peltzer, NZG 2009, 1041, 1042 f. 2 Kremer in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. Kodex, Rn. 954 und Dreher in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 313 ff.; Langenbucher, ZGR 2012, 314 ff. Zum Ganzen eingehend Weber-Rey, NZG 2013, 766 ff. und Leyens/Schmidt, AG 2013, 533, 539 sowie mit beachtlichen Thesen v. Werder/Wieczorek, DB 2007, 297. 3 BGH v. 6.11.2012 – II ZR 111/12, ZIP 2012, 2438 = AG 2013, 90. 4 OLG Stuttgart v. 29.2.2012 – 20 U 3/11, ZIP 2012, 625 = AG 2012, 298. Ähnlich OLG Düsseldorf v. 31.5.2012 – I-16 U 176/10, ZIP 2012, 2299 = AG 2013, 171. 5 Dazu Schüppen, M+A Review 2013, 314. 6 Vgl. dazu die Kontroverse zwischen Semler, MünchKomm. AktG, 2. Aufl., § 100 Rn. 76 ff. einerseits und Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 100 Rn. 22 ff. andererseits. 7 BGH v. 15.11.1982 – II ZR 27/82, BGHZ 85, 293 = AG 1983, 133. 8 Anders nach § 24 Abs. 3a Nr. 4 KWG und §§ 1b Abs. 6, 7a Abs. 4 VAG für die Aufsichtsräte von Banken, Finanzdienstleistern und Versicherungen, von denen „Sachkunde“ verlangt wird.
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Übersicht
gemessener Zeit geschieht, so liegt ggf. ein Übernahmeverschulden vor1. Im Übrigen hat das OLG Stuttgart entschieden, dass ein Aufsichtsratsmitglied, das eine Maßnahme des Vorstands nicht versteht, ihr aber doch zustimmt, seine Pflichten verletzt2. Im Gegensatz zum AktG verlangen das KWG und das VAG für Aufsichtsund Verwaltungsräte in Bank- und anderen Finanzdienstleistungsunternehmen sowie in Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen in den §§ 24 Abs. 3a Nr. 4, 36 Abs. 3 KWG und § 7a Abs. 4 VAG von allen diesen Organmitgliedern „Zuverlässigkeit“ und „Sachkunde“, was der BaFin anzuzeigen und nachzuweisen ist und was von dieser laufend kontrolliert wird3. 4. Frauenquote 30
Nachdem derzeit nur 17 % der Aufsichtsrats-Sitze von Frauen eingenommen werden (überwiegend Arbeitnehmervertreterinnen), überrascht es nicht, dass vielfach nach dem Gesetzgeber gerufen wird. Entsprechende Entwürfe der Fraktion der Grünen im Bundestag4 und des Landes Nordrhein-Westfalen5 liegen vor. Außerdem hat die Europäische Kommission am 14.11.2012 einen entsprechenden Richtlinien-Entwurf dazu vorgelegt6.
1 So auch Simons in Hölters, Komm. AktG, § 100 Rn. 13; Spindler in Spindler/ Stilz, Komm. AktG, § 100 Rn. 47. 2 OLG Stuttgart v. 29.2.2012 – 20 U 3/11, ZIP 2012, 625 = AG 2012, 298 und dazu Hoffmann, AG 2012, 478. Zur Mindestqualifikation auch Weber-Rey, Der Gesellschafter (Österr.) 2013, 134, 136. 3 Vgl. dazu Langenbucher, ZHR 176 (2012), 652 mit der Darstellung weiterer Anforderungen; Wolfgarten/Schilmar in Deloitte, Corporate Governance – Forum 4/2012, S. 6 ff. sowie BaFin, Merkblatt zur Kontrolle der Mitglieder von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und VAG vom 3.12.2012. Auch der Kodex weist in seiner Ziff. 5.4.1 auf dieses Problem hin. Das österreichische Recht verlangt von diesen Personen sogar das Bestehen einer Eignungsprüfung; vgl. etwa Chini, Aufsichtsrat aktuell (Österr.) 2013, 14 ff. 4 Entwurf eines Gesetzes zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichtsräten, BT-Drucks. 17/3296 v. 13.10.2010. Mit einer baldigen Verabschiedung ist nicht zu rechnen. 5 Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen, BR-Drucks. 87/11 v. 11.2.2011. Mit einer baldigen Verabschiedung ist nicht zu rechnen. 6 Entwurf einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Gewährleistung einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern unter den nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften und über damit zusammenhängende Maßnahmen, COM (2012) 614/5 und 2012/99 (COD). Mit einer baldigen Verabschiedung ist nicht zu rechnen. Vgl. auch die Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 14. November 2012, IP/12/1205 mit Tabellen zur derzeitigen Situation in Europa. Das Freiburger CEP (Centrum für Europäische Politik) hat alle in Betracht kommenden Kompetenznormen der Europäischen Verträge untersucht und kommt
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Dauer der Mitgliedschaft
§1
Alle hier erwähnten Entwürfe beschränken ihren Anwendungsbereich auf börsennotierte Unternehmen1 und entgehen dem Vorwurf der Diskriminierung dadurch, dass sie eine Beteiligung in den Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen von je mindestens 40 % für Männer und Frauen vorsehen. Die Quotenregelung selbst soll in einem neuen Abs. 4 von § 101 AktG verankert werden2.
VI. Dauer der Mitgliedschaft 1. Regelfall Das einzelne Aufsichtsratsmitglied erwirbt das Amt mit seiner Bestellung (Wahl) und deren Annahme und verliert es durch Zeitablauf (Ablauf der Wahlperiode), durch Tod, Verlust der Wählbarkeit (bei Arbeitnehmervertretern also auch durch Pensionierung oder Wechsel des Arbeitsplatzes, § 24 Abs. 1 MitbestG), durch wirksame Abberufung oder Amtsniederlegung.
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Die Amtszeit beträgt nach dem Gesetz einheitlich für alle Aufsichtsratsmitglieder höchstens fünf Jahre, § 102 Abs. 1 AktG mit § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG und § 6 Abs. 2 MitbestG. Die Satzung der Gesellschaft kann kürzere Wahlperioden anordnen. Auch unterschiedliche Wahlperioden für verschiedene Aufsichtsratsmitglieder sind möglich3, nicht jedoch Sonderregeln gerade nur für Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer4,5.
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zu dem Ergebnis, dass die EU über keine Kompetenz zum Erlass einer solchen Richtlinie verfügt. Der Grünen-Entwurf will auch die Aufsichtsräte der mitbestimmten Unternehmen mit in seine Regelung einbeziehen. Zum Ganzen siehe Bayer, NZG 2013, 1, 7 ff.; Bachmann, ZIP 2011, 1131 und Round Table … Berlin, Center of Corporate Governance (BCCG), Berücksichtigung von Frauen bei der Besetzung von Unternehmensorganen – 10 Thesen aus Sicht guter Corporate Governance –, DB 2010, 2786. BGH v. 15.12.1986 – II ZR 18/86, BGHZ 99, 211, 215 = AG 1987, 152; OLG Frankfurt a.M. v. 19.11.1985 – 5 U 30/85, AG 1987, 159, 160. H.M., zwingendes Gebot der Nicht-Diskriminierung, vgl. BGH v. 15.12.1986 – II ZR 18/86, BGHZ 99, 211, 215 = AG 1987, 152; BGH v. 29.6.1987 – II ZR 242/86, WM 1987, 1070 = AG 1987, 348; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 102 Rn. 8. Besondere Probleme der Amtszeit ergeben sich, wenn durch Satzungsänderungen die Mitgliederzahl eines mitbestimmten Aufsichtsrats verringert wird. Nach wohl überwiegender und zutreffender Meinung gilt in diesem Fall: Das Statusverfahren nach §§ 97 ff. AktG ist nicht anwendbar. Die Satzungsänderung wird nicht sofort, sondern erst mit Ende der laufenden Amtsperiode der Arbeitnehmervertreter wirksam. Vgl. ausführlich BAG v. 3.10.1989 – 1 ABR 12/88, WM 1990, 633, 635 f. = AG 1990, 361 – obiter und OLG Hamburg v. 26.8.1988 – 11 W 53/88, ZIP 1988, 1191 = AG 1989, 64 mit ausführlichen Nachweisen zum Meinungsstand. Hat der Aufsichtsrat aufgrund gesunkener Arbeitnehmerzahlen zuviele Mitglieder, ist das Statusverfahren nach §§ 97 ff. AktG durchzuführen
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§1 33
Übersicht
In diesem Zusammenhang ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24.6.20021 von großer Bedeutung. Denn danach endet das Amt mit Ablauf der Amtszeit automatisch mit der Folge, dass das betreffende Aufsichtsratsmitglied plötzlich „Nicht-Mitglied“ ist und der Aufsichtsrat unvollständig besetzt ist, wenn nicht rechtzeitig vor Ablauf der Amtszeit eine Neuwahl stattgefunden hat. Das gilt insbesondere auch, wenn nicht innerhalb von 8 Monaten nach Beendigung des 4. Geschäftsjahres nach der Wahl eine Hauptversammlung stattgefunden hat und in ihr Beschluss über die Entlastung des betreffenden Aufsichtsratsmitglieds stattgefunden hat. Das Amt endet dann automatisch nach Ablauf der 8-Monats-Frist2. 2. Die Abberufung
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Sie ist nach dem Gesetz nur unter erschwerten Voraussetzungen möglich (3/4-Mehrheit; siehe bereits oben Rn. 14 ff.); für (alle) Anteilseigner-Vertreter und (nur) für Arbeitnehmer-Vertreter nach DrittelbG kann die Satzung einheitlich für alle Aufsichtsratsmitglieder3 geringere, aber auch höhere Mehrheiten und weitere Voraussetzungen festlegen, z.B. einen wichtigen Grund in der Person des abzuberufenden Mitglieds4. Für Arbeitnehmer-Vertreter nach dem Montan-MitbestG und dem MitbestG gilt stets die gesetzliche 3/4-Mehrheit. Zur gerichtlichen Abberufung aus wichtigem Grund vgl. unten Rn. 930 ff. 3. Die Amtsniederlegung
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a) Jedes Aufsichtsratsmitglied kann sein Amt jederzeit niederlegen, ohne dass es eines wichtigen Grundes dafür bedürfte; das ist zu Recht heute die weit überwiegende Meinung5. Umstritten ist nur, ob die Niederlegung nicht zur Unzeit, also insbesondere nicht in der wirtschaftlichen
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und anschließend der gesamte Aufsichtsrat neu zu besetzen; vgl. Henssler in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 7 MitbestG Rn. 23 m.w.N. Zur Rechtslage in nicht mitbestimmten Gesellschaften vgl. Habersack, MünchKomm. AktG, § 95 Rn. 18; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 95 Rn. 27; Hüffer, Komm. AktG, § 95 Rn. 5. BGH v. 24.6.2002 – II ZR 296/01, AG 2002, 676; str., vgl. Hüffer, Komm. AktG, § 102 Rn. 3 und Gärtner, NZG 2013, 652. OLG München v. 9.11.2009 – 31 WX 136/09, NZG 2009, 1430 = AG 2010, 87 und dazu Gärtner, NZG 2013, 652. BGH v. 15.12.1986 – II ZR 18/86, BGHZ 99, 211, 215 f. = AG 1987, 152; BGH v. 29.6.1987 – II ZR 242/86, WM 1987, 1070 = AG 1987, 348. Dazu eingehend Uwe H. Schneider/Nietsch in FS Westermann, 2008, S. 1447 ff. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 103 Rn. 57; Hüffer, Komm. AktG, § 103 Rn. 17; Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 10; Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 301; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 30 Rn. 78; Wardenbach, AG 1999, 74, 75; demgegenüber halten Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 52 bei Bestellung auf bestimmte Zeit einen wichtigen Grund für erforderlich.
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Dauer der Mitgliedschaft
§1
Krise der Gesellschaft erfolgen darf1. Aber auch das hindert die Wirksamkeit der Amtsniederlegung nicht; es geht nur um die Frage nach der etwaigen Pflichtverletzung. Das Aufsichtsratsmitglied steht in keinem Vertragsverhältnis zur Gesellschaft; es ist vielmehr Inhaber eines privaten Amtes, das vom Gesetz frei und offen gestaltet ist. Richtiger Ansicht nach muss ein Aufsichtsratsmitglied daher keine Voraussetzungen beachten, sondern kann ohne Angabe von Gründen ad nutum jederzeit sein Amt niederlegen, mithin auch in der Krise der Gesellschaft. Eine äußerste Grenze bildet allerdings die Treupflicht des Aufsichtsratsmitglieds zur Gesellschaft2, die ein betont schädigendes Verhalten des Aufsichtsratsmitglieds ausschließt und ggf. zur Schadensersatzpflicht, aber nicht zur Bleibepflicht führt. b) Von der organschaftlichen Freiheit zur Amtsniederlegung sind etwaige besondere vertragliche Bindungen des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds zur Gesellschaft zu unterscheiden. So kann die Gesellschaft in Sonderfällen mit dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied die Übernahme und Erfüllung zusätzlicher Aufgaben vertraglich vereinbaren (§ 114 Abs. 1 AktG). Hierfür gelten dann naturgemäß die besonderen Regeln der §§ 611 ff. BGB, die eine vorzeitige Niederlegung dieser vertraglichen Pflicht nur aus wichtigem Grund und jedenfalls nicht zur Unzeit erlauben; anderenfalls droht hier eine Schadensersatzpflicht.
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c) Die Amtsniederlegung erfolgt durch formlose, aber empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber der Gesellschaft zu Händen des Aufsichtsrats (seines Vorsitzenden) oder des Vorstands und muss die Amtsniederlegung deutlich erkennbar werden lassen3. Reine Untätigkeit ist keine Amtsniederlegung4, führt nicht zur Befreiung von Pflichten, sondern im Gegenteil zur Haftung wegen Verletzung der Amtspflicht.
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Die Amtsniederlegung kann auch in einer Hauptversammlung erklärt werden. d) Das Amt erlischt mit Zugang5 der Niederlegungserklärung bei der Gesellschaft, es sei denn, das Aufsichtsratsmitglied habe die Niederlegung ausdrücklich für einen späteren Zeitpunkt erklärt.
1 So Habersack, MünchKomm. AktG, § 103 Rn. 60; Ulmer/Habersack in Ulmer/ Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 6 MitbestG Rn. 72; Mertens, Kölner Komm. AktG, § 103 Rn. 53. 2 Zur Treupflicht des Aufsichtsratsmitglieds gegenüber der Gesellschaft vgl. unten Rn. 1002 sowie Hüffer, Komm. AktG, § 116 Rn. 4; Fleck in FS Heinsius, 1991, S. 89 f.; Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 67; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 116 Rn. 20 ff.; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 116 Rn. 56 ff. 3 Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 10. 4 BGH v. 13.6.1983 – II ZR 67/82, WM 1983, 835, 836 = GmbHR 1984, 72. 5 Nach § 112 Satz 2 mit § 78 Abs. 2 Satz 2 AktG ist jedes Mitglied des Vorstands und jedes Mitglied des Aufsichtsrats dafür empfangszuständig.
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§1
Übersicht
VII. Veröffentlichung von Beginn und Ende des Aufsichtsratsmandats 39
Nach § 106 AktG ist bei jedem Wechsel im Aufsichtsrat eine vollständige Liste aller Mitglieder des Aufsichtsrats mit Name, Vorname, Beruf und Wohnort vom Vorstand oder Geschäftsführer zum Handelsregister einzureichen, wo diese Liste von jedermann eingesehen werden kann, der dadurch stets einen aktuellen Überblick erhält. Das Registergericht seinerseits hat die Einreichung der Liste – nicht die Liste selbst – nach § 10 HGB bekannt zu machen.
VIII. Der Aufsichtsrat als Innenorgan 1. Überblick 40
Der Aufsichtsrat ist Innenorgan. Seine Aufgaben beziehen sich fast ausschließlich auf das interne Geschehen in der Gesellschaft. Nach außen tritt er nur selten in Erscheinung. Er vertritt die Gesellschaft nur gegenüber den Mitgliedern des Vorstands (§ 112 AktG), früheren Vorstandsmitgliedern und deren Witwen1 und ggf. Kindern sowie dem Abschlussprüfer (§ 111 Abs. 2 Satz 3 AktG) gerichtlich und außergerichtlich, insbesondere also beim Abschluss und bei der Aufhebung der entsprechenden Verträge. Sonstigen Dritten gegenüber vertritt er die Gesellschaft weder in gerichtlichen Verfahren noch beim Abschluss von Verträgen, führt also keine Verhandlungen und tätigt keine Abschlüsse. Er leitet die Gesellschaft nicht, gibt keine Erklärungen – auch keine Presseerklärungen! – für diese ab; allenfalls teilt er durch seinen Vorsitzenden die Bestellung oder Abberufung von Vorstandsmitgliedern mit. 2. Der Bericht an die Hauptversammlung
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Die einzige reguläre Verlautbarung des Aufsichtsrats erfolgt gegenüber der Hauptversammlung. Dieser gegenüber ist er einmal jährlich berichtspflichtig (§ 171 Abs. 2 AktG). Dazu näher unten Rn. 562 ff. 3. Aufsichtsrat und Betriebsrat
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Die Hauptversammlung ist der einzige Adressat des Berichts des Aufsichtsrats. Dieser steht als solcher in keinerlei besonderer Beziehung zum Betriebsrat; dessen Gesprächspartner ist der Vorstand. Aber nichts steht entgegen, wenn der Aufsichtsrat etwa den Betriebsrat zu einem Informationsgespräch einlädt.
1 BGH v. 16.10.2006 – II ZR 7/05, ZIP 2006, 2213 = AG 2007, 86.
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Der Aufsichtsrat als Innenorgan
§1
4. Der Aufsichtsrat als Kollegialorgan Der Aufsichtsrat hat je nach Größe der Gesellschaft mit dem für sie geltenden Mitbestimmungsmodell mindestens 3 und höchstens 21 Mitglieder, ist also notwendigerweise Kollegialorgan. Er nimmt daher durch Beschlüsse und sonstige Maßnahmen des Kollegiums seine Rechte wahr und übt seine Pflichten aus. Das einzelne Mitglied hat nur innerhalb des Kollegiums seine Aufgaben zu erfüllen, nur innerhalb des Kollegiums hat das einzelne Mitglied Rechte und Pflichten, nicht aber als einzelnes Aufsichtsratsmitglied persönlich1. Selbst der besondere Informationsanspruch des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds nach § 90 Abs. 3 AktG geht auf Unterrichtung des gesamten Aufsichtsrats, nicht (nur) des einzelnen Mitglieds. Von dieser Regel gibt es nur eine Ausnahme: wenn ein Aufsichtsratsmitglied durch einen Beschluss des Aufsichtsrats nach § 111 Abs. 2 Satz 2 AktG mit besonderen Prüfungsaufgaben in der Gesellschaft beauftragt worden ist; das aber kommt selten genug vor, da der Aufsichtsrat in einer solchen offenbar kritischen Situation entweder den Abschlussprüfer oder einen außenstehenden Sachverständigen mit der notwendigen Untersuchung beauftragen wird. Einstweilen frei.
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44, 45
1 OLG Stuttgart v. 30.5.2007 – 20 U 14/06, AG 2007, 873.
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§2 Der Aufsichtsrat als Element einer modernen und leistungsfähigen Unternehmensführung – Corporate Governance1 I. Überblick Schwere Unternehmenskrisen und Unternehmenszusammenbrüche in den 90er Jahren2 hatten zunehmend Zweifel am Aufsichtsrat und seiner Leistungsfähigkeit genährt3. Dabei hatte sich herausgestellt, dass die eher passive Haltung des Aufsichtsrats den hohen Anforderungen moderner Unternehmensführung kaum mehr gewachsen war4. Diese Feststellung hat in der Folge zu einer Fülle von Vorschlägen zur Verbesserung der Aufsichtsrats-Arbeit geführt5. Dabei gingen die Auffassungen vor allem darüber auseinander, ob der Gesetzgeber mit entsprechenden zwingenden Vorschriften eingreifen solle oder Appelle an den Aufsichtsrat genügen6. Der Gesetzgeber hat sich im KonTraG von 1998 zu einem Kompromiss entschlossen, indem er relativ wenige neue zwingende Normen für den Aufsichtsrat geschaffen, zusätzlich aber einige Normen entwickelt hat, die das Verhalten des jeweiligen Aufsichtsrats und seiner Mitglieder in bestimmter Weise steuern sollen („Anregungsnormen“7). So empfiehlt das Gesetz erst seit 2009 und in Umsetzung einer entsprechenden Vor-
1 Die deutsche und internationale Literatur zu diesem Thema ist kaum mehr überschaubar; verwiesen sei daher vor allem auf Feddersen/Hommelhoff/Uwe H. Schneider (Hrsg.), Corporate Governance, 1996; Hommelhoff/Hopt/v. Werder (Hrsg.), Handbuch Corporate Governance, 2. Aufl. 2010; Hopt/Kanda/Roe/Wymeersch/Prigge (Hrsg.), Comparative Corporate Governance, 1996; Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Deutscher Corporate Governance Kodex, 5. Aufl. 2014; Hopt, Corporate Governance: Aufsichtsrat oder Markt, Dritte Max Hachenburg Gedächtnisvorlesung, 1998; Hopt, Gemeinsame Grundsätze der Corporate Governance in Europa, ZGR 2000, 779; Lutter, Vergleichende Corporate Governance, ZGR 2001, 215 und JurA 2002, 83 sowie die Abhandlungen in GesR 2002, Sonderheft „Corporate Governance“; Wackerbarth, Investorenvertrauen und Corporate Governance, ZGR 2005, 686; Habersack, Der Aufsichtsrat im Visier der Kommission, ZHR 168 (2004), 373; je mit vielen weiteren Nachw. 2 Von Co-op über Balsam und Metallgesellschaft bis zu Holzmann. 3 Schilling, Der Aufsichtsrat ist für die Katz, FAZ Nr. 199 vom 27.8.1994, S. 11; Bremeier/Mülder/Schilling, Praxis der Aufsichtsratstätigkeit in Deutschland, 1994. 4 Deutlich Böckli in FS Reist, 1992, S. 3 ff. und Mertens, Kölner Komm. AktG, 1. Aufl., Vorb. § 95 Rn. 2. 5 Vgl. nur Lutter, ZHR 159 (1995), 287 ff. 6 Etwa Lutter, ZHR 159 (1995), 287 ff. einerseits, Hopt und Mertens, AG 1997, Sonderheft „Die Aktienrechtsreform 1997“ andererseits. 7 Die Formulierung stammt von Hommelhoff/Mattheus, AG 1998, 249 ff.
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§2
Der Aufsichtsrat als Element der Unternehmensführung
schrift der geänderten 8. EU-Richtlinie1 die Bildung eines Prüfungsausschusses in börsennotierten Gesellschaften und verlangt vom Aufsichtsrat einer solchen Gesellschaft in seinem Bericht an die Hauptversammlung weitere Angaben darüber, ob und welche (anderen) Ausschüsse er gebildet hat, § 171 Abs. 2 Satz 2 AktG, regt also zur Bildung weiterer Ausschüsse nachdrücklich an. Der Kodex hat in Ziff. 5.3.2 von Anfang an die Bildung eines Prüfungsausschusses empfohlen und seit 2007 auch die eines Nominierungsausschusses (Ziff. 5.3.3).
II. Neuerungen durch das KonTraG von 19982 47
Das Gesetz hat viele Detail-Änderungen gebracht, die sich zum Teil an die Aufsichtsratsmitglieder selbst wenden, – so zählt für die Höchstzahl von zehn Aufsichtsratssitzen, die eine Person nach § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AktG halten darf, der Vorsitz in einem Aufsichtsrat doppelt (§ 100 Abs. 2 Satz 3 AktG), zum Teil seine Pflichten berühren – so die Pflicht zur Überwachung des vom Vorstand einzurichtenden Risikomanagementsystems nach § 91 Abs. 2 AktG und die Pflicht, den Abschlussprüfer zu seiner Sitzung über den Jahresabschluss einzuladen und anzuhören nach § 171 Abs. 1 Satz 2 AktG, oder seine Rechte ausweiten – so seine Zuständigkeit für den Abschluss des Vertrages mit dem Abschlussprüfer (§ 111 Abs. 2 Satz 3 AktG). Vor allem aber betreffen diese Neuerungen – wie soeben schon angedeutet – das Verhältnis des Aufsichtsrats zum Abschlussprüfer (dazu unten Rn. 171 ff.).
III. Neuerungen durch das TransPuG von 2002 48
Die von der Bundesregierung im Jahre 2001 eingesetzte Kommission „Corporate Governance“ hat rund 100 Vorschläge zur Änderung des Aktiengesetzes und des Handelsgesetzbuchs vorgelegt3. Davon hat das Transparenz- und PublizitätsG von 20024 eine Reihe aufgegriffen. Für den 1 Richtlinie 2006/43/EG vom 17. Mai 2006, ABl. EG Nr. L 157 vom 9.6.2006, S. 87 ff. = Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, S. 875 ff., dort Art. 41, umgesetzt als § 107 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 AktG. 2 Eingehend dazu Hommelhoff/Mattheus, AG 1998, 249 ff. und Feddersen, AG 2000, 385 ff. 3 Vgl. Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001. 4 BGBl. I 2002, 2681 ff.
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Neuerungen durch das MoMiG von 2008
§2
Aufsichtsrat sind davon mehrere Gesetzesänderungen von erheblicher Bedeutung, nämlich: – Nach § 90 Abs. 1 Nr. 1 AktG ist in den Jahres-Berichten nach § 90 Abs. 2 i.V.m. § 90 Abs. 1 Nr. 1 AktG des Vorstands an den Aufsichtsrat auch auf die Unternehmensplanung und auf etwaige Abweichungen von den Planungen mit Gründen einzugehen; – nach § 90 Abs. 1 Satz 2 AktG haben diese Berichte mit gleichen Gegenständen auch auf die Konzernunternehmen einzugehen; – nach § 90 Abs. 3 Satz 2 AktG kann jedes Aufsichtsratsmitglied auch allein einen Zusatzbericht vom Vorstand verlangen; – die Berichte sind möglichst rechtzeitig und in der Regel schriftlich („in Textform“) zu erstatten, § 90 Abs. 4 und 5 AktG; – Aufsichtsrats-Ausschüsse müssen regelmäßig über ihre Arbeit an den Gesamtaufsichtsrat berichten, § 107 Abs. 3 AktG; – der Aufsichtsrat kann nicht mehr nur, sondern er hat einen Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte zu verabschieden, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG; – und schließlich formuliert § 116 Satz 2 AktG: „Die Aufsichtsratsmitglieder sind insbesondere zur Verschwiegenheit über erhaltene vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen verpflichtet.“
IV. Neuerungen durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Haftungsrechts (UMAG) von 2005 Dieses Gesetz hat die Regeln zum Aufsichtsrat weder geändert noch er- 49 gänzt. Es hat aber in den Abs. 1 von § 93 AktG einen neuen Satz 2 eingefügt und damit die sog. Business Judgment Rule kodifiziert, die schon zuvor – durch die Rechtsprechung entwickelt1 – geltendes Recht war. Durch die Verweisung in § 116 AktG auf § 93 AktG gilt das mithin auch für den Aufsichtsrat (näher unten Rn. 986)2.
V. Neuerungen durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) von 2008 Dieses Gesetz ist das große Reformgesetz für die GmbH, hat aber im Hu- 50 ckepack-Verfahren vor allem für die Vorstände und Aufsichtsräte börsennotierter Gesellschaften eine Verlängerung der Verjährungsfrist von fünf auf zehn Jahre für Schadensersatzansprüche gegen sie gebracht (§ 93 1 BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244 = AG 1997, 377 (ARAG). 2 Eingehend dazu Lutter, Die Business Judgment Rule und ihre praktische Anwendung, ZIP 2007, 97.
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§2
Der Aufsichtsrat als Element der Unternehmensführung
Abs. 6 AktG). Ist der Aufsichtsrat ausnahmsweise für die Gesellschaft vertretungsberechtigt (§ 112 AktG) und geht ihm in diesem Zusammenhang eine Willenserklärung zu (z.B. Kündigung des Vorstands), so ist jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied empfangsberechtigt.
VI. Neuerungen durch das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG) von 2009 51
Dieses Gesetz ist das große Reformgesetz für die Bilanz der Unternehmen, die nicht nach IFRS bilanzieren müssen oder dürfen, unter gleichzeitiger Umsetzung von drei EU-Richtlinien. Auch diesem Gesetz wurden einige neue aktienrechtliche Regelungen angefügt: 1. In Umsetzung von Art. 41 der (neuen) Abschlussprüferrichtlinie von 20061 verlangen Abs. 5 von § 100 AktG und Abs. 4 von § 107 AktG seither den unabhängigen Bilanz-Sachverständigen im Aufsichtsrat und Prüfungsausschuss. 2. Ebenfalls in Umsetzung von Art. 41 der (neuen) Abschlussprüferrichtlinie verlangen § 171 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AktG vom Abschlussprüfer Angaben zu etwaigen Mängeln des Kontroll- und Risikomanagementsystems der Gesellschaft sowie zu Umständen, die seine eigene Unabhängigkeit in Frage stellen könnten. 3. Schließlich wurde § 161 AktG mit seiner jährlichen Erklärungspflicht von Vorstand und Aufsichtsrat zum Kodex geändert und erweitert: a) Lehnen Vorstand und Aufsichtsrat eine Empfehlung des Kodex ab, so war das früher nur aufgrund einer Kodex-Empfehlung zu begründen (Ziff. 3.10). Das ist in § 161 Abs. 1 Satz 1 AktG Gesetz geworden2. b) Schon früher verlangte das Gesetz, dass die Erklärung dauerhaft öffentlich zugänglich sein musste. Das wurde in der Literatur einhellig als Erklärung auf der Internet-Seite der Gesellschaft interpretiert. Nunmehr verlangt das Gesetz das ausdrücklich, § 161 Abs. 2 AktG3. c) Und schließlich wurde der Kreis der erklärungspflichtigen Gesellschaften über die Börsengesellschaften hinaus auf so genannte börsennahe Gesellschaften ausgedehnt, die z.B. Anleihen ausgegeben haben, die an einem organisierten Markt gehandelt werden, § 161 Abs. 1 AktG4.
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Abgedruckt und erläutert bei Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, S. 859 ff. Vgl. dazu Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 87 f. Vgl. dazu Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 104. Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 35 und Ringleb in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. Kodex, Rn. 1253.
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Die geplante, aber gescheiterte Aktienrechtsnovelle 2012 (VorstKoG)
§2
VII. Neuerungen durch das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) von 2009 Neben den neuen eingehenden Regeln zur Vergütung des Vorstands (näher dazu unten Rn. 394 ff.) enthält auch dieses Gesetz einige allgemeine neue Regeln zum Aufsichtsrat, nämlich:
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1. In § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AktG die so genannte zweijährige „coolingoff“-Periode für ehemalige Vorstandsmitglieder, ehe sie in den Aufsichtsrat ihrer Gesellschaft gewählt werden dürfen (oben Rn. 20). 2. In § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG die Regel, dass Vorstandsverträge nicht in einem Ausschuss abschließend behandelt werden dürfen, sondern vom Gesamtaufsichtsrat beschlossen werden müssen. 3. Und schließlich in § 116 Satz 3 AktG die Drohung, dass die Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschaft gegenüber persönlich haften, wenn sie eine unangemessene Vorstandsvergütung festlegen.
VIII. Das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) von 2009 Das ARUG hat zwar eine große Zahl von Neuerungen bei der Hauptversammlung, ihrer Vorbereitung und ihrem Ablauf gebracht, aber keine neuen Regeln zum Aufsichtsrat.
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IX. Die geplante, aber gescheiterte Aktienrechtsnovelle 2012 (VorstKoG) Der Gesetzgeber hatte sich seit Ende 2010 mit einer Aktienrechtsnovelle befasst, die zunächst als „Aktienrechtsnovelle 2011“ gestartet war1, als „Aktienrechtsnovelle 2012“ in einen Regierungsentwurf einmündete2 und es schließlich als „Gesetz zur Verbesserung der Kontrolle der Vorstandsvergütung und zur Änderung weiterer aktienrechtlicher Vorschriften (VorstKoG)“ bis zum Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestags brachte3. Auf Empfehlung des federführenden Rechtsausschusses4 rief der Bundesrat in seiner Sitzung vom 20.9.2013 den Vermittlungsausschuss an. Damit konnte das Gesetz in der letzten Legislaturperiode nicht mehr zustande kommen. Ob und wie es in der neuen Legislatur1 Referentenentwurf zur Aktienrechtsnovelle 2011 vom 2.11.2010. 2 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 14.3.2012, BT-Drucks. 17/8989; vgl. auch die Beschlussempfehlung und den Bericht des Rechtsausschusses vom 26.6.2013, BT-Drucks. 17/14214. 3 Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages vom 27.6.2013, BR-Drucks. 637/13. 4 Empfehlungen des Rechtsausschusses und des Wirtschaftsausschusses vom 9.9.2013, BR-Drucks. 637/1/13.
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§2
Der Aufsichtsrat als Element der Unternehmensführung
periode wieder aufgegriffen wird, bleibt abzuwarten1. Für den Aufsichtsrat hätte das VorstKoG zwei wesentliche Änderungen gebracht: 1. Bislang kann die Hauptversammlung einer börsennotierten Gesellschaft nach § 120 Abs. 4 AktG über das System des Aufsichtsrats zur Vergütung des Vorstands beratend beschließen, also unverbindlich und ohne alle Rechtsfolgen (say on pay). Das VorstKoG sah eine Änderung des Abs. 4 von § 120 AktG dahingehend vor, dass – die Hauptversammlung einer börsennotierten Gesellschaft jährlich über das System des Aufsichtsrats zur Vergütung des Vorstands sollte beschließen müssen – und dieser Beschluss für den Aufsichtsrat positiv oder negativ verbindlich sein sollte. Damit die Erörterung des Systems in der Hauptversammlung nicht zu abstrakt blieb, sollte der Aufsichtsrat in seiner Vorlage an die Hauptversammlung angeben, welche Höchstbeträge vom Vorstandsvorsitzenden, vom stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden und von den gewöhnlichen Vorstandsmitgliedern in dem Vergütungssystem erreicht werden können. Der Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft hätte damit die Autonomie über die Vergütung des Vorstands verloren; er wäre auf die Zustimmung der Hauptversammlung angewiesen gewesen2. Diese Kompetenzeinbuße des Aufsichtsrats war der wesentliche Grund dafür, dass der Bundesrat den Vermittlungsausschuss anrief3. Vgl. näher unten Rn. 422. 2. Vertreter von Gebietskörperschaften im Aufsichtsrat unterliegen nach § 394 Satz 1 AktG „hinsichtlich der Berichte, die sie der Gebietskörperschaft zu erstatten haben, keinerlei Verschwiegenheitspflicht.“
Die Verschwiegenheitspflicht geht nach § 395 AktG auf den Empfänger dieser Berichte über. Diese Vorschrift sollte durch das VorstKoG einen neuen Satz 3 mit folgendem Wortlaut erhalten: „Die Berichtspflicht nach Satz 1 kann auf Gesetz, auf Satzung oder auf dem Aufsichtsrat in Textform mitgeteiltem Rechtsgeschäft beruhen.“
Das hätte eine deutliche Erweiterung solcher Berichtspflichten bedeutet; insbesondere hätten diese künftig in der Satzung der betreffenden Gesellschaft festgelegt werden können4. Vgl. auch dazu noch unten Rn. 1431 f. 1 Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 27.11.2013 formuliert die Absicht, dass künftig die Hauptversammlung auf Vorschlag des Aufsichtsrats über die Vorstandsvergütung entscheiden soll (S. 17). 2 Ähnlich schon immer die Rechtslage in der paritätisch mitbestimmten GmbH, wo die Gesellschafter verbindliche Vergütungsrichtlinien erlassen können, näher dazu unten Rn. 1136. 3 Vgl. Empfehlungen der Ausschüsse vom 9.9.2013, BR-Drucks. 637/1/13. 4 Näher dazu unten Rn. 394 ff.
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Der Deutsche Corporate Governance Kodex
§2
X. Der Deutsche Corporate Governance Kodex Die in Rn. 48 erwähnte Kommission „Corporate Governance“ hat in- 55 ternationalen Erfahrungen folgend1 auch die Erarbeitung eines Deutschen Corporate Governance Kodex vorgeschlagen. Die Bundesregierung ist auch diesem Vorschlag gefolgt und hat eine neue Kommission zur Erarbeitung des Kodex eingesetzt. Dieser Kodex wurde im Jahre 2002 verabschiedet2. Der Kodex und seine Regeln sind für die betreffenden Gesellschaften nicht verpflichtend, doch müssen Vorstand und Aufsichtsrat jeder börsennotierten Gesellschaft jährlich erklären, ob sie die Regeln dieses Kodex eingehalten haben und einhalten werden oder warum sie davon abgewichen sind („comply or explain“). Rechtsgrundlage ist der vom Bundesgesetzgeber im TransPuG (Rn. 48) geschaffene § 161 AktG3 mit folgendem Wortlaut: „(1) Vorstand und Aufsichtsrat der börsennotierten Gesellschaft erklären jährlich, dass den vom Bundesministerium der Justiz im amtlichen Teil des Bundesanzeigers bekannt gemachten Empfehlungen der „Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex“ entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet wurden oder werden und warum nicht. … (2) Die Erklärung ist auf der Internetseite der Gesellschaft dauerhaft öffentlich zugänglich zu machen.“
Die Aufsichtsräte und (Vorstände) börsennotierter Aktiengesellschaften müssen also seit 2002 in jedem Jahr öffentlich erklären, ob sie den Empfehlungen des Kodex gefolgt sind, folgen werden und wo und warum sie abgewichen sind4. Die Befolgung des Kodex ist in die autonome Entscheidung von Vorstand und Aufsichtsrat der börsennotierten Aktiengesellschaft gestellt. Dabei gehen die Kommission „Corporate Governance“ und der Gesetzgeber davon aus, dass der Kapitalmarkt diese Entscheidung entsprechend positiv oder negativ honoriert5. Wird die Erklärung positiv abgegeben, so sind Vorstand und Aufsichtsrat naturgemäß gehalten, die Empfehlungen des Kodex auch zu beachten6, 1 Vgl. nur Hopt, ZGR 2000, 779 und Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), Corporate Governance in Deutschland, 2001 sowie Böckli, SZW 1999, 1 ff. 2 Der Kodex ist in seiner jeweils neuesten Fassung abrufbar unter www.corpora te-governance-code.de; vgl. dazu auch den Kommentar von Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Deutscher Corporate Governance Kodex, 5. Aufl. 2014 und Peltzer, Deutsche Corporate Governance – Ein Leitfaden, 2. Aufl. 2004. 3 Die Vorschrift wurde durch das BilMoG vom 25.5.2009 neu gefasst. 4 Zu dieser Erklärung vgl. unten Rn. 489 ff. sowie Lutter, Die Erklärung zum Corporate Governance Kodex, ZHR 166 (2002), 523, und Lutter in FS Huber, 2006, S. 871 ff. 5 Vgl. zur Honorierung guter Corporate Governance durch den Kapitalmarkt McKinsey, Investor Opinion Survey, June 2000, Appendix; skeptisch Mahr/Rott/ Nowak, ZGR 2005, 252. 6 Vgl. dazu BGH v. 7.12.2009 – II ZR 63/08, ZIP 2010, 879 = AG 2010, 452; Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 140 ff. sowie Lutter in FS Druey, Zürich 2002, S. 463 ff. und Goette, MünchKomm. AktG, § 161 Rn. 77.
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§2
Der Aufsichtsrat als Element der Unternehmensführung
soweit sie nicht eine „Gegenerklärung“ beschlossen und erneut publiziert haben1. Geschieht das nicht, drohen Schadensersatzansprüche (dazu unten Rn. 492) und außerdem können die Vorstände und Aufsichtsräte nicht entlastet werden bzw. ist der Hauptversammlungsbeschluss über ihre Entlastung anfechtbar2. Die Empfehlungen des Kodex sind, soweit sie für den Aufsichtsrat relevant sind, in diesem Buch ausdrücklich berücksichtigt3. Sie werden auch von den börsennotierten Gesellschaften in einem ganz hohen Maße (rd. 90 %) eingehalten4, so dass es für die einzelne Gesellschaft faktisch immer schwieriger wird, sich auszuschließen.
XI. Der Aufsichtsrat als mit-unternehmerisches Organ der Gesellschaft 1. Überblick 57
Die Kontrolle des Vorstands durch den Aufsichtsrat (§ 111 Abs. 1 AktG) wurde traditionell retrospektiv gesehen: Was ist in den letzten drei oder zwölf Monaten geschehen, lautete die Frage. Es ging um Rechenschaft für Vergangenes. Das genau entspricht auch der historischen Entstehung des Aufsichtsrats vor über 100 Jahren: Die praktische Unmöglichkeit der Hauptversammlung, die Geschäftsführung des Vorstands (allein) zu kontrollieren, führte zur Schaffung des Aufsichtsrats als Pflicht-Organ. 2. Erweiterung der Aufgaben des Aufsichtsrats
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a) Diese retrospektive Betrachtung und Aufgabenstellung für den Aufsichtsrat hat sich in nur knapp 20 Jahren von 1991–2009 durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes5, das KonTraG (Rn. 47) und das TransPuG (Rn. 48), das MoMiG (Rn. 50), das BilMoG (Rn. 51) und das VorstAG (Rn. 52) geradezu dramatisch geändert im Sinne einer Erweiterung der Aufgaben des Aufsichtsrats als Organ sowie der Rechte und Pflichten seiner Mitglieder. 1 Im Zweifel ist dazu der Vorstand wegen der Kursrelevanz des Vorgangs schon nach § 15 Abs. 1 WpHG verpflichtet. 2 BGH v. 10.7.2012 – II ZR 48/11, ZIP 2012, 1807 = AG 2012, 712 (Fresenius). 3 Im Übrigen vgl. dazu Lutter, Der Deutsche Corporate Governance Kodex, GesRZ (Der Gesellschafter) 2002, Sonderheft, S. 19 ff. und die Kommentierung des § 161 AktG durch Lutter in Kölner Komm. AktG, 3. Aufl. 4 Vgl. dazu die jährlichen Berichte von v. Werder/Böhme, Corporate Governance Report 2011, DB 2011, 1285, v. Werder/Bartz, Corporate Governance Report 2012, DB 2012, 869 und v. Werder/Bartz, Corporate Governance Report 2013, DB 2013, 885. 5 BGH v. 25.3.1991 – II ZR 188/89, BGHZ 114, 127, 130 = AG 1991, 312: „Die Aufgabe des Aufsichtsrats, die Geschäftsführung zu überwachen, enthält die Pflicht, den Vorstand in übergeordneten Fragen der Unternehmensführung zu beraten.“ BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 255 = AG 1997, 377 (ARAG): „… wo er (der Aufsichtsrat) die unternehmerische Tätigkeit des Vorstands im Sinne einer präventiven Kontrolle begleitend mitgestaltet.“
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Der Aufsichtsrat als mit-unternehmerisches Organ der Gesellschaft
§2
Der Aufsichtsrat bleibt wie bisher zuständig für die Überwachung der Geschäftsführung des Vorstands (dazu unten §§ 3 und 4). Zugewachsen ist dem Aufsichtsrat aber seither die weitere Aufgabe eines mitunternehmerischen, beratenden und mit-entscheidenden Unternehmensorgans. Der Aufsichtsrat ist heute mit-verantwortlich für die Führung der Gesellschaft und des Konzerns, er hat nicht mehr nur retrospektive, sondern betont zukunftsorientierte Aufgaben1. Er hat diese Aufgaben selbstverständlich nicht allein, sondern zusammen mit dem Vorstand2. Die Annahme dieser gewichtigen Aufgaben und ihrer Ausfüllung ist Sache jeder einzelnen Person, jedes Mitglieds. Gesetz, Rechtsprechung, Lehre und Kodex können nur Vorgaben machen. Im Übrigen muss man hoffen, dass diese Vorgaben in dem gedachten aktiven, mit-unternehmerischen Sinne auch tatsächlich ausgefüllt und übernommen werden. b) Diese gestiegenen Aufgaben haben zweierlei zur Folge:
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Zum einen kann nicht jedes Aufsichtsratsmitglied den gestiegenen sachlichen Anforderungen vollständig gerecht werden. Es kommt also auf die richtige personelle Besetzung des Aufsichtsrats an derart, dass alle erforderlichen Fähigkeiten und Kompetenzen in ihm vertreten sind. Darauf wurde bereits oben Rn. 27 und 28 hingewiesen und darauf weist auch Ziff. 5.4.1 des Kodex zutreffend hin. Die befragten Aufsichtsräte selbst nennen eine „kompetenzorientierte Besetzung“ als wichtigstes Mittel zur Bewältigung ihrer Aufgaben3. Darüber hinaus aber verlangt diese starke Erweiterung der Aufgaben von jedem Aufsichtsratsmitglied ein deutlich größeres Zeitbudget; auch darauf weist der Kodex in Ziff. 5.4.5 zu Recht hin. 3. Verbindung der Vorzüge von board-Verfassung und Aufsichtsrats-Verfassung Idealtypisch verbindet diese neue Festlegung der Aufgaben des Aufsichtsrats die Vorteile der weltweit führenden monistischen board-Verfassung (alle Organmitglieder sind zuständig für die strategischen und unternehmenspolitischen, zukunftsorientierten Entscheidungen) mit den Vorzügen der dualistischen Aufsichtsrats-Verfassung (Existenz auch einer Kontrollinstanz, die im board-System fehlt)4. 1 Lutter, Der Aufsichtsrat: Kontrolleur oder Mitunternehmer?, in FS Albach, 2001, S. 225 ff.; ähnlich schon früher Gutenberg, ZfB 1970, Ergänzungsheft, S. 1 ff. Sehr kritisch dieser These gegenüber Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, Vorb. § 95 Rn. 10. 2 So ausdrücklich auch Abschnitt 3 des Kodex „Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat“. 3 Ruhwedel/Peth, Der Aufsichtsrat 2010, 170 f.; Börsig/Löbbe, Die gewandelte Rolle des Aufsichtsrats, in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 125 ff. 4 Börsig/Löbbe, Die gewandelte Rolle des Aufsichtsrats, in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 131 ff.
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§3 Die allgemeine Überwachung durch den Aufsichtsrat I. Überblick Der Aufsichtsrat hat als wichtigste, ständige und unabdingbare Aufgabe gemäß § 111 Abs. 1 AktG die Geschäftsführung des Vorstands zu überwachen. Die gleiche Aufgabe trifft ihn gemäß § 268 Abs. 2 Satz 2 AktG gegenüber den Abwicklern einer aufgelösten Gesellschaft. Daneben steht – hier nur zu erwähnen – ein gewisser Einfluss des Aufsichtsrats auf Entscheidungen der Hauptversammlung, der aus seinem Beschlussvorschlagsrecht nach § 124 Abs. 3 AktG, aus seinem Teilnahmerecht an der Hauptversammlung (§ 118 Abs. 3 Satz 1 AktG) und der Befugnis zur Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen (§ 245 Nr. 5 AktG) resultiert. Im Zentrum seiner Tätigkeit aber steht die Überwachung der Geschäftsführung des Vorstands.
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Die Aufgabe umfasst zweierlei: Sie ist zum einen auf die Kontrolle der Geschäftsführung des Vorstands zur Verhinderung oder Aufdeckung von Fehlern gerichtet, zum anderen auf dessen Beratung. In einigen Angelegenheiten ist der Aufsichtsrat darüber hinaus zu echter Mitentscheidung berufen. Versagt ist es ihm hingegen, selbst die Geschäftsführung der Gesellschaft auszuüben: Die Leitung der Gesellschaft obliegt eigenverantwortlich allein dem Vorstand (§ 76 Abs. 1 AktG); weder können dem Aufsichtsrat Maßnahmen der Geschäftsführung übertragen werden (§ 111 Abs. 4 Satz 1 AktG), noch steht ihm die Möglichkeit zur Verfügung, den Vorstand zu einem bestimmten Verhalten rechtsverbindlich anzuweisen. Die Rechtsmacht des Aufsichtsrats erstreckt sich allenfalls auf die Verhinderung bestimmter Geschäftsführungsmaßnahmen, nicht aber auf deren Erzwingung.
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II. Gegenstand und Umfang, Prüfungsmaßstab und Grenzen der Überwachung nach § 111 Abs. 1 AktG 1. Überblick a) Der Vorstand ist zur Leitung der Gesellschaft verpflichtet und kann diese Aufgabe nicht delegieren1. Diese Leitung betrifft die Zielsetzung des Unternehmens, die Festlegung der Unternehmenspolitik und -strategie, die Unternehmensplanung, die Finanzierung, die Organisation und 1 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 76 Rn. 4 ff., 45 f.; Spindler, MünchKomm. AktG, § 76 Rn. 15 ff.; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 76 Rn. 10; Kort, Großkomm. AktG, § 76 Rn. 28 ff., 49 f.; Hüffer, Komm. AktG, § 76 Rn. 7 ff.; Bürgers/Israel in Bürgers/Körber, Komm. AktG, § 76 Rn. 6 ff., je mit allen Nachw.
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§3
Die allgemeine Überwachung durch den Aufsichtsrat
deren Kontrolle sowie die Besetzung der Führungsposititionen. Das zu überwachen ist auf jeden Fall Aufgabe des Aufsichtsrats. Seine Aufgabe geht jedoch weit darüber hinaus, weil sie auch Ergebniskontrolle der Leitung ist. Das zeigt die regelmäßige Information des Aufsichtsrats über die Entwicklung der Gesellschaft nach § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3 und 4 AktG hinsichtlich Umsatz und Ertrag. An einzelnen der Führungsaufgaben ist der Aufsichtsrat kraft Gesetzes beteiligt, wie etwa an der Unternehmensplanung1; im Übrigen muss er die regelmäßigen Informationen des Vorstands auswerten und ggf. ergänzende Informationen anfordern (dazu näher Rn. 93 ff.; dort auch zur Zweckmäßigkeit einer Informationsordnung). 64
b) Überwachung der Leitung des Unternehmens durch den Vorstand setzt Kenntnis des Unternehmens voraus: Was genau ist sein Gegenstand, was sein Ziel und auf welche Weise soll es erreicht werden; wo liegen seine Stärken, wo die Risiken, hat es mit seinen Produkten die Nase vorn und wie und in welchem Umfang und wo ist es im Ausland tätig? Erst auf diesem Hintergrund werden die Maßnahmen des Vorstands verständlich und kontrollierbar. Neu gewählte Aufsichtsratsmitglieder sollten sich daher unbedingt vor ihrer ersten Sitzung eine Woche lang durch den Vorstand und durch Mitarbeiter durch das Unternehmen führen und über es unterrichten lassen. Der Vorstand sollte das von sich aus anbieten. 2. Gegenstand und Umfang
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a) Gegenstand der Überwachung des Aufsichtsrats ist die Geschäftsführung. Anders als noch § 246 HGB in seiner alten, bis 1937 geltenden Fassung spricht das Gesetz heute nicht mehr von einer Überwachung der Geschäftsführung „in allen Zweigen der Verwaltung“. Einem derart umfassend beschriebenen Überwachungsauftrag könnte ein Aufsichtsrat nicht gerecht werden. Seine Aufgabe erstreckt sich daher nur auf die Leitungsmaßnahmen in der Gesellschaft; Überwachungsgegenstand ist somit die Tätigkeit des Vorstands, dem diese Leitung obliegt (§ 76 Abs. 1 AktG), nicht die des Personals2.
1 Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 50 ff. 2 Zu diesem Streit ausführlich Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 248 ff.; und Lutter, AG 2006, 517, 520, 521. Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 87 f., unterscheidet zwischen Funktions- und Organkontrolle, wobei die Überwachung des Aufsichtsrats als Funktionskontrolle angesehen wird im Gegensatz zu Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 112, der als Gegenstand der Überwachung das Organ Vorstand erachtet. Eine solche Differenzierung ist nicht erforderlich, da die Geschäftsführung (Leitung) im Sinne des Gesetzes allein dem Vorstand zusteht, im Rechtssinne allein von ihm wahrgenommen wird, so dass Funktion und Organ zusammenfallen. Vgl. dazu auch Spindler, MünchKomm. AktG, § 76 Rn. 21; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 77 Rn. 5; Dreist, Überwachungsfunktion, S. 81.
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Gegenstand, Umfang, Prüfungsmaßstab und Grenzen
§3
Zu den Leitungsaufgaben gehört auch das von § 91 Abs. 2 AktG geforderte Risikomanagement1. Der Aufsichtsrat hat also zu prüfen, – ob der Vorstand ein solches System eingerichtet und dokumentiert2 hat und – dass es seine Aufgaben auch erfüllen kann. Insoweit hilft § 317 Abs. 4 HGB dem Aufsichtsrat börsennotierter Gesellschaften, weil genau das auch der Abschlussprüfer zu prüfen hat. Das Gleiche gilt für die Einrichtung einer Internen Revision zur Vermeidung von Unterschlagungen und Bestechungen3 (Compliance)4. b) Die Schwerpunkte der so umrissenen Überwachungsaufgaben konkretisiert – neben § 171 Abs. 1 AktG (Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses samt Lagebericht, des Konzernabschlusses und Konzernlageberichts, und des Gewinnverwendungsvorschlags) und § 314 Abs. 1 AktG (Pflicht zur Prüfung des etwaigen Abhängigkeitsberichts) – vor allem § 90 Abs. 1 AktG mit seinen Berichtspflichten des Vorstands an den Aufsichtsrat. Was dem Aufsichtsrat zu berichten ist, ist zugleich Gegenstand seiner Prüfung. Hierzu gehören vor allem die beabsichtigte Unternehmenspolitik und andere wesentliche Fragen der Unternehmensplanung, insbesondere die Finanz-, Investitions- und Personalplanung (§ 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG)5. Daneben stehen alle anderen wesentlichen Fragen künftiger Tätigkeit des Unternehmens, d.h. alle anderen Führungsentscheidungen, die die Entwicklung des Unternehmens mittel- oder langfristig steuern, die von bedeutsamem Einfluss auf seine Vermögens-, Ertrags- oder Finanzlage oder die Interessen seiner Belegschaft sind.
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Im Übrigen hat der Aufsichtsrat dem Gang der Geschäfte der Gesellschaft, ihrem Umsatz, ihrer Lage am Markt und ihrer finanziellen Situation ständig sein Augenmerk zu widmen (§ 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AktG). Einzelne Rechtsgeschäfte oder andere Einzelvorgänge bedürfen seiner Prüfung aber nur dann, wenn sie von wesentlichem Einfluss auf Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft sein können oder aus anderen Gründen für sie von wesentlicher Bedeutung sind (§ 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4,
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1 Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 229 sowie unten Rn. 85 ff. 2 Dazu LG München I v. 5.4.2007 – 5 HK O 15964/06, BB 2007, 2170 = AG 2007, 417. 3 Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 210 f. 4 Dazu der Kodex in den Ziff. 3.4, 4.1.3 und 5.3.2; eingehend Hauschka (Hrsg.), Corporate Compliance, 2. Aufl. 2011 und Bachmann, Compliance-Rechtsgrundlagen und offene Fragen, in VGR, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2007, 2008, S. 66 ff. 5 Die Pflicht des Vorstands, dem Aufsichtsrat über die Unternehmensplanung Bericht zu erstatten, wurde erst mit dem KonTraG ausdrücklich in § 90 Abs. 1 Nr. 1 AktG aufgenommen, bestand jedoch auch schon davor, vgl. 3. Aufl., Rn. 24 und Lutter, Information und Vertraulichkeit, bereits in der 1. Aufl. 1979, S. 13 und in der 3. Aufl. 2006, Rn. 45 ff. sowie Lutter, AG 1991, 249 ff.; Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 291 f.; zur Unternehmensplanung näher unten Rn. 80 ff.
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§3
Die allgemeine Überwachung durch den Aufsichtsrat
Satz 3 AktG)1. Der Beobachtung weniger gewichtiger Maßnahmen des Vorstands kann der Aufsichtsrat sich nicht nur enthalten, sondern er muss es auch. Um die Leitungsautonomie des Vorstands nicht zu beeinträchtigen, darf der Aufsichtsrat nicht als dessen ständiger Schatten fungieren, sondern hat seine Kontrolle auf bedeutsame Schwerpunkte der Vorstandstätigkeit zu konzentrieren2. 68
c) Insbesondere unterliegt die Erledigung des laufenden Tagesgeschäfts im Einzelnen nicht der Überwachung durch den Aufsichtsrat3. Hier kann auch der Vorstand nicht über jede Maßnahme selbst befinden, sondern muss delegieren und hat sich darauf zu beschränken, die Ausführung seiner Leitungsentscheidung zu lenken, zu koordinieren und zu kontrollieren und für die ordentliche Besetzung nachgeordneter Entscheidungsträger zu sorgen; das allerdings ist unverzichtbare Leitungsaufgabe des Vorstands und insoweit auch Gegenstand der Überwachung durch den Aufsichtsrat.
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d) Überwachung der Geschäftsführung i.S. von § 111 Abs. 1 AktG bedeutet, dass diese auf das Organ Vorstand, d.h. die Gesamtheit seiner Mitglieder, gerichtet ist. Der Aufsichtsrat hat sich daher mit seinen Fragen, Bedenken und ggf. Beanstandungen zunächst an das Gesamtorgan zu wenden. Führt dieses Vorgehen zu keinem Ergebnis und insbesondere zu keiner Beseitigung der gerügten Mängel, so kann und muss er sich dann auf das zuständige Vorstandsmitglied sowohl bei der Ermittlung des relevanten Sachverhalts als auch bei der Ausübung von Einwirkungskompetenzen konzentrieren4.
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e) Überwachungsgegenstand ist – wie auch § 268 Abs. 2 Satz 2 AktG zeigt – die Geschäftsführung des Vorstands, nicht aber die Tätigkeit von Angestellten5. Sie zu leiten und zu beaufsichtigen ist Sache des Vorstands, der 1 Siehe dazu Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 61 ff. 2 Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 113; ebenso Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 27. 3 OLG Stuttgart v. 19.6.2012 – 20 W 1/12, AG 2012, 762. Ebenso Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 346; v. Schenck in Semler/ v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 7 Rn. 39. 4 v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 7 Rn. 32 f.; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 122 ff.; nur in Nuancen anders Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 24, wonach der Aufsichtsrat generell auch das einzelne Vorstandsmitglied zu überwachen hat; die sich daraus etwa ergebenden Beanstandungen muss er jedoch auch nach der Auffassung von Mertens/Cahn grundsätzlich gegenüber dem Gesamtvorstand geltend machen. 5 Ebenso Semler, MünchKomm. AktG, 2. Aufl., § 111 Rn. 107 ff.; Habersack, MünchKomm. AktG, 3. Aufl., § 111 Rn. 21, 25; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 26 (a.A. noch in der 1. Aufl., § 111 Rn. 32); Wendeling-Schröder, Divisionalisierung, S. 76 f.; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 29; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 40 ff.; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 342; Hambloch-Gesinn/Gesinn in Hölters, Komm. AktG, § 111 Rn. 22; weitergehend aber Hopt/Roth, Großkomm. AktG,
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Gegenstand, Umfang, Prüfungsmaßstab und Grenzen
§3
vom Aufsichtsrat daraufhin überwacht wird, ob er dieser Aufgabe ordnungsgemäß nachkommt. Nur heißt dies nicht, dass der Aufsichtsrat sich mit der Tätigkeit von Angestellten gar nicht zu befassen habe; sie ist lediglich kein selbständiges Überwachungsobjekt, spielt aber naturgemäß eine Rolle für die Frage, ob der Vorstand seinen Leitungspflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist. Der Aufsichtsrat überprüft in diesem Zusammenhang, ob die Delegation von Geschäftsführungsmaßnahmen auf leitende Angestellte zweckmäßig organisiert ist, ob die Personen entsprechend geeignet sind1 und vom Vorstand ausreichend überwacht werden. Problematisch ist dieser Aspekt nur bei Angestellten, die unterhalb des Vorstands maßgebliche Leitungsfunktion wahrnehmen (insbes. sog. Geschäftsbereichsleiter). Hat der Aufsichtsrat die Leitung der Gesellschaft zu überwachen, so liegt es zwar nahe, diese Aufgabe auch auf Angestellte dieser zweiten Hierarchie-Ebene zu erstrecken. So nimmt etwa Uwe H. Schneider2 an, die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats beziehe sich auch auf Mitarbeiter, die maßgeblich an der Vorbereitung und Durchführung grundlegender Entscheidungen beteiligt sind3. Auch Ulmer/Habersack4 meinen, dass für den Umfang der Überwachung eher die Bedeutung und das Gewicht der fraglichen Maßnahmen für das Unternehmen entscheidend sei als die Frage, ob sie vom Vorstand oder von Angestellten ausgeführt worden sind oder werden sollen. Diesen gewiss naheliegenden Überlegungen ist nicht zu folgen, da andernfalls die klare Ordnung der Zuständigkeiten und der Verantwortung verloren gehen könnte. Kontrolliert der Aufsichtsrat „unten“, so mag sich der Vorstand „oben“ entpflichtet und entlastet fühlen. Das aber geht nicht an. Vor dem Hintergrund des § 76 AktG, der den Vorstand zu eigenverantwortlicher Leitung der Gesellschaft verpflichtet, dürfte die richtige Lösung eher darin liegen, durch die Betonung seiner Lenkungs- und Kontrollpflichten in Bezug auf alle Tätigkeiten im Unternehmen und insbesondere auch in Bezug auf die zweite Hierarchiestufe, einem Rückzug des Vorstands aus seiner Leitungsaufgabe entgegenzuwirken. Bleiben die Fäden in dessen Hand und sorgt der Aufsichtsrat dafür, dann funktioniert das gesetzliche Überwachungssystem des Aufsichtsrats gegenüber dem
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§ 111 Rn. 248 ff.; a.A. Baumbach/Hueck, Komm. AktG, § 111 Anm. 5; Hüffer, Komm. AktG, § 111 Rn. 3. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 26; v. Schenck in Semler/ v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 7 Rn. 34. Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 90. Ähnlich Biener, BFuP 1977, 489, 491; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/ Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 53; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaften, § 15 Rn. 3; Raiser, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 69; Dreist, Überwachungsfunktion, S. 87; Schönbrod, Organstellung, S. 195; a.A. Semler, Leitung und Überwachung, S. 23; Semler in FS Döllerer, 1988, S. 571, 588; ausführlich zu Rechtsproblemen der Spartenorganisation Schwark, ZHR 142 (1978), 203 ff.; Wendeling-Schröder, Divisionalisierung, S. 76 f.; Schiessl, ZGR 1992, 64. Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 50; ebenso Hüffer, Komm. AktG, § 111 Rn. 3.
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§3
Die allgemeine Überwachung durch den Aufsichtsrat
Vorstand, ohne dass es einer – auch schwerlich erfüllbaren – Ausdehnung der Überwachungspflicht auf weitere Hierarchiestufen bedürfte1. 72
f) Den zeitlichen und gegenständlichen Umfang seiner Überwachungstätigkeit kann der Aufsichtsrat normalerweise an den vom Vorstand nach § 90 AktG und einer in der Gesellschaft bestehenden Berichtsordnung (dazu unten Rn. 317) erstatteten Berichten ausrichten. Er genügt seiner Überwachungsaufgabe in der Regel durch sorgfältige Prüfung und Erörterung der Vorstandsberichte, wobei er in Zweifelsfällen Erläuterungen und weitere Informationen verlangen und unmittelbar die Unterlagen der Gesellschaft einsehen kann (§§ 90 Abs. 3, 111 Abs. 2 AktG) und ggf. muss2. In Sondersituationen – bei schlechter Lage der Gesellschaft, schwerwiegenden Bedenken gegen die Geschäftsführung des Vorstands oder nach der Bestellung neuer Vorstandsmitglieder – steigert sich die Intensität der Überwachungspflicht3. 3. Prüfungsmaßstab
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Die Überwachung hat sich auf Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung zu beziehen4. a) Rechtmäßigkeit
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Die Rechtmäßigkeit (Legalität) der Geschäftsführung durch den Vorstand gehört zu den Grundbedingungen der korrekten Leitung der Gesellschaft und unterliegt daher fraglos der Überwachung durch den Aufsichtsrat5. Dieser hat daher auf die Einhaltung der Regeln des Aktiengesetzes (ins1 Zum Ganzen Lutter, AG 2006, 417 ff. 2 Semler, MünchKomm. AktG, 2. Aufl., § 111 Rn. 164 ff.; Habersack, MünchKomm. AktG, 3. Aufl., § 111 Rn. 29 f., 44; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 17 und 20; Hambloch-Gesinn/Gesinn in Hölters, Komm. AktG, § 111 Rn. 11. 3 Semler, MünchKomm. AktG, 2. Aufl., § 111 Rn. 208 ff.; Habersack, MünchKomm. AktG, 3. Aufl., § 111 Rn. 45 f.; näher zur „abgestuften Überwachung“ unten Rn. 95 ff. 4 Allg. Meinung; vgl. BGH v. 25.3.1991 – II ZR 188/89, BGHZ 114, 127, 129 f. = AG 1991, 312; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 14; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 183; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 114 ff.; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 31; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 490 ff.; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 85 ff., die allerdings das Kriterium der Ordnungsmäßigkeit ablehnt. 5 BGH v. 16.3.2009 – II ZR 280/07, ZIP 2009, 860 = AG 2009, 404; BGH v. 20.9.2010 – II ZR 78/09, GmbHR 2010, 1200 = AG 2010, 785 (Doberlug); OLG Braunschweig v. 14.6.2012 – Ws 44/12 und 45/12, GWR 2012, 437 = AG 2003, 47; OLG Karlsruhe v. 4.9.2008 – 4 U 26/06, WM 2009, 1147 = AG 2008, 900: „Zu den Pflichten des Aufsichtsrats gehört es, Rechtsverstöße des Vorstands zu verhindern“.
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bes. im Hinblick auf § 93 Abs. 3 AktG) und der Satzung der Gesellschaft, aber auch auf die Beachtung der anderen, gerade an Wirtschaftsunternehmen und ihre Repräsentanten gerichteten Normen (Kartellrecht, Wettbewerbsrecht, Steuerrecht, Umweltrecht, Vergaberecht, Bestechung etc.) zu achten. Es wäre ein Missverständnis anzunehmen, der Aufsichtsrat habe sich in solche Fragen nicht einzumischen; seine Frage danach, wie im Unternehmen sichergestellt sei, dass die Regeln des Umweltschutzrechtes von den Mitarbeitern beachtet werden, ist völlig korrekt, ja ggf. notwendig. Nicht minder wäre es ein Missverständnis, würde der Aufsichtsrat seine Aufgabe hier in Anzeigen an Behörden und Verwaltungen sehen: Er hat mit eigenen Mitteln das Haus zu bestellen und für Legalität zu sorgen; gerade das ist seine Aufgabe (Selbstverwaltung der Unternehmen). Eine Pflicht des Aufsichtsrats zur Erstattung von Anzeigen kann sich nur dann ergeben, wenn er trotz Ausschöpfung aller gesellschaftsinternen Einwirkungsmittel einen gesetzmäßigen Zustand nicht herstellen kann; außerdem bei einer alle Staatsbürger treffenden Anzeigepflicht oder wenn nur auf diesem Weg ein schwerer Schaden von der Gesellschaft abgewendet werden kann1. Im Übrigen hat er darauf zu achten, dass die Bestimmungen der Geschäftsordnung vom Vorstand eingehalten, die Berichte an ihn ordnungsgemäß und zeitgerecht erstattet2 und die Termine für Jahresabschluss, Hauptversammlung und die Veröffentlichungen eingehalten werden. Insbesondere Compliance3: Es ist Aufgabe des Vorstands, für die Einhaltung von Gesetz und Recht im Unternehmen und im Konzern4 zu sorgen; das ist unstreitig. Wie er das macht, unterliegt im Prinzip seinem Ermessen. Nun haben aber die Vorgänge bei Siemens gezeigt, dass die Maßnahmen zur Gewährleistung der Legalität heute viel systematischer und energischer sein müssen als ehedem. Insbesondere bei großen und größeren Gesellschaften ist daher die Einrichtung einer Compliance-Organisation und die Benennung eines Compliance-Beauftragten (Compliance Officer) praktisch unabdingbar. Das „Wie“ einer solchen Organisation hängt dagegen sehr von den individuellen Gegebenheiten des einzelnen Unternehmens ab5. Der Aufsichtsrat hat die Einrichtung eines solchen Systems zu überwachen, sich von seiner Plausibilität zu überzeugen und sich regelmäßig
1 v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 7 Rn. 193. 2 Nach v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 7 Rn. 189 gehören die vorstehend erwähnten Überwachungsgegenstände zur „Ordnungsgemäßheit“ der Geschäftsführung. 3 Dazu vor allem Hauschka (Hrsg.), Corporate Compliance, 2. Aufl. 2011; Bachmann, Compliance – Rechtsgrundlagen und offene Fragen, in VGR, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2007, 2008, S. 66 ff. mit allen Nachw. 4 Eingehend Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider, ZIP 2007, 2061; Lutter, AG 2006, 517, 518 f.; Fleischer, CCZ 2008, 1 ff. 5 Dazu Kremer/Klahold, ZGR 2010, 113; Nothhelfer, CCZ 2013, 23.
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vom Vorstand über dessen Maßnahmen und das Feedback aus dem Unternehmen berichten zu lassen. Insgesamt: Der Aufsichtsrat ist mit-verantwortlich für die Einhaltung von Gesetz und Recht in der Gesellschaft und im Konzern1. Es ist daher richtig, dass im Zuge der Bestechungsaffäre bei Siemens nicht nur der Vorstandsvorsitzende, sondern auch der Aufsichtsratsvorsitzende zurücktreten musste. 76
Stellt der Aufsichtsrat, auf welchem Wege auch immer, Verstöße fest, so hat er korrigierend einzugreifen, ohne dass es auf eine Unterscheidung in geringfügige2 oder schwerwiegende3 Verstöße ankäme; denn der Aufsichtsrat hat durch seine Maßnahmen Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Auch zunächst geringfügig erscheinende Verstöße können zu großen ideellen (Ansehensschmälerung) und materiellen Schäden führen. Die Unterscheidung mag sich aber darin auswirken, wie scharf der Aufsichtsrat eingreift4, ob er also Abhilfe durch den Vorstand nur anmahnt oder diesen gar förmlich abmahnt.
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Fragen der Legalität können sich aber auch im Zusammenhang mit Satzungsänderungen und insbes. Kapitalerhöhungen stellen. So hat der Vorsitzende des Aufsichtsrats die Anmeldung der Kapitalerhöhung und ihrer Durchführung zum Handelsregister nach §§ 184, 188 AktG mit zu unterzeichnen, muss sich also von der Legalität der Maßnahme überzeugen. Macht der Vorstand von einem genehmigten Kapital Gebrauch, so bedarf er der Zustimmung des Aufsichtsrats (§ 202 Abs. 3 Satz 2 AktG, vgl. dazu unten Rn. 496), der sich seinerseits von der Legalität des Vorgangs überzeugen muss.
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Fehlt dem Aufsichtsratsvorsitzenden bzw. dem Aufsichtsrat die erforderliche Rechts- oder Sachkunde, so müssen sie einen unabhängigen, also mit dem betreffenden Vorgang bislang nicht befassten, fachlich qualifizierten Berufsträger (Anwalt) einschalten und dessen schriftliche Stellungnahme auf seine Plausibilität prüfen5; vgl. dazu auch unten Rn. 1009 ff. b) Ordnungsmäßigkeit, insbesondere Unternehmensplanung
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aa) Ordnungsmäßigkeit in der Leitung der Gesellschaft bedeutet zunächst einmal die Existenz einer der Größe, Struktur und Eigenart der Gesellschaft entsprechenden und angemessenen Organisation des Unterneh-
1 Lutter, AG 2006, 517, 518 f.; Fleischer, CCZ 2008, 1. 2 So v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 7 Rn. 192. 3 So Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 187. 4 Zu den Einwirkungsmöglichkeiten unten Rn. 109 ff. 5 BGH v. 20.9.2011 – II ZR 234/09, ZIP 2011, 2097 = AG 2011, 876 (ISION) und dazu Binder, ZGR 2012, 757 und Krieger, ZGR 2012, 496.
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mens1, der Gesellschaft und des Konzerns unter Beachtung betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse und Erfahrungen2. Hier muss sich der Aufsichtsrat davon überzeugen, dass der Vorstand die Gesellschaft tatsächlich leiten und steuern kann, obwohl er als Vorstand selbst nur Anweisungen und Impulse zu geben vermag (korrekte Leitung trotz Delegation). Wesentliches Kennzeichen hierfür ist eine angemessene Planung im Unternehmen3. bb) Eine entsprechende Pflicht des Vorstands zur Planung wird durch § 90 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG ausdrücklich bestätigt. Planung macht das Handeln überschaubar. Erfolge und Misserfolge sind in einem Soll-Ist-Vergleich (Planung/Ergebnis) ablesbar4; das erleichtert die Überwachung. Bei negativen Abweichungen der Ist-Entwicklung von der Planvorstellung besteht die Möglichkeit einer Erörterung der Gründe und der etwa erforderlichen Maßnahmen zur Anpassung des Ist an das Soll. Der Aufsichtsrat hat sich über die Tatsache einer angemessenen Unternehmensplanung zu vergewissern und ihre Existenz zu gewährleisten. Da die Anforderungen an den Inhalt der vorzulegenden Planung stark vom einzelnen Unternehmen abhängen, sollte der Aufsichtsrat dazu bestimmte Vorgaben machen5. Die Planung muss im Einzelnen umfassen eine kurzfristige Planung (Budgetierung des laufenden und des nächsten Geschäftsjahres in Zahlen6) und eine Mittelfristplanung je der Produktion, des Umsatzes, der Finanzen (Liquidität und Erträge) und der Investitionen, in der die Entwicklung für einen überschaubaren Zeitraum (drei bis vier Jahre) dargelegt wird7. Voraussetzung jeder Planung aber ist Klarheit über die Strategie, die das Unternehmen in der Zukunft verfolgen will. Sie ist mit dem Aufsichtsrat abzustimmen und über ihre Umsetzung ist ihm regelmäßig zu berichten8. 1 Dazu BGH v. 19.6.2012 – II ZR 243/11, GWR 2012, 445 = GmbHR 2012, 967; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 184. 2 Dazu v. Werder/Maly/Pohle/Wolff, DB 1998, 1193 und v. Werder, DB 1999, 2221. 3 Dazu Semler, ZGR 1983, 1, 16 ff.; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 50 ff.; Lutter, AG 1991, 249 ff.; ausführlich Fuhr, Prüfung der Unternehmensplanung, 2003. 4 So auch für das Schweizer Recht Theisen, RIW 1991, 920, 924. 5 Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 63. 6 Also der aus den Einzelplänen der Produktgruppen oder Unternehmensbereichen zusammengesetzte Unternehmens-Gesamtplan, unterteilt in Umsatz-, Ertrags-, Liquiditäts- und Investitionsplanung, dazu Lutter, AG 1991, 249, 253 m.w.N. 7 Zur Frage, was der Vorstand davon dem Aufsichtsrat zwecks Überprüfung vorzulegen hat – die kurzfristige Planung in Zahlen, die mittelfristige verbal – siehe Rn. 223 ff. Nach Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 64 muss die mittelfristige Planung „mit Zahlen unterlegt“ sein. 8 Kodex Ziff 3.2 und dazu Lutter in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. Kodex, Rn. 361 ff.; vgl. dazu auch Grothe, Unternehmensüberwachung, S. 147 ff., 186 ff. sowie Müller-Stewens/Schimmer, Der Aufsichtsrat 2008, 98, die für die Einrichtung eines Strategie-Ausschusses plädieren.
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Über einen Zeitraum von vier bis fünf Jahren hinaus besteht eine Pflicht zur Langzeitplanung nur, wenn sich dies aus Größe und Struktur der unternehmerischen Tätigkeit ergibt1.
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Bei der Frage nach den Folgen einer Ablehnung der vom Vorstand vorgelegten Planung durch den Aufsichtsrat muss differenziert werden. So besteht eine Pflicht des Vorstands zur Neuplanung, wenn die ursprüngliche Planung gegen fachliche Grundsätze oder Vorschriften der Geschäftsordnung oder der Satzung verstößt. Dagegen muss der Vorstand seine Planungen nicht den abweichenden unternehmerischen Vorstellungen des Aufsichtsrats anpassen. Er ist sogar verpflichtet, Planungsänderungen, die ihm der Aufsichtsrat nahelegt, unberücksichtigt zu lassen, wenn sie – aus seiner Sicht – mit Nachteilen für die Gesellschaft verbunden oder unrealistisch sind. Der Aufsichtsrat kann seine Vorstellungen nur durch Ad hoc-Anordnung eines speziellen Zustimmungsvorbehalts oder durch eine personelle Neugestaltung des Vorstands durchsetzen – fehlende Übereinstimmung in Grundsatzfragen der Unternehmenspolitik ist ein wichtiger Abberufungsgrund (dazu unten Rn. 364)2. Selbst für den Fall, dass hinsichtlich der Unternehmensplanung ein allgemeiner Zustimmungsvorbehalt nach § 111 Abs. 4 AktG besteht, hat der Aufsichtsrat nur diese begrenzten Befugnisse3, kann seine Vorstellungen dem Vorstand also nicht vorschreiben4.
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cc) Ein weiteres Kennzeichen einer angemessenen Unternehmensorganisation ist die ausreichende und ständige Information des Vorstands von „unten“ sowie aufgrund eines effektiven Rechnungs- und Berichtswesens. Beide Gesichtspunkte lassen sich vom Aufsichtsrat überprüfen: Sind unternehmensinterne Daten kurzfristig verfügbar? Wann liegen die Monatsdaten vor, wann der Quartalsbericht? Sind die Analysen der Abweichung vom Soll der Planung zum Ist des Ergebnisses überzeugend, mindestens plausibel? Etc. Das alles gilt ebenso für die modernen Führungsinstrumente der Delegation, der Berichte und eines ausgebauten, leistungsfähigen Rechnungswesens. Als Teile ordnungsgemäßer Unternehmensorganisation gehören sie zum Überwachungsfeld des Aufsichtsrats5. Selbstverständlich gehören eine angemessene Personalplanung6, ausdrücklich erwähnt in § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG, und Förderung
1 Zum Beispiel bei Großunternehmen mit langfristigen Investitionen wie in den Branchen Auto, Bergbau, Stahl und Energie; zum Ganzen schon ausführlich Lutter, AG 1991, 249, 252 ff. 2 Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 216. 3 Kropff, NZG 1998, 613, 616 f. Zur Frage der Zulässigkeit eines Zustimmungsvorbehalts bei der Unternehmensplanung vgl. unten Rn. 112 ff. sowie Habersack in FS Hüffer, 2010, S. 259, 268 ff. m.w.N. 4 Säcker/Rehm, DB 2008, 2814, 2818. 5 Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 117. 6 Dabei ist auch auf die Nachwuchs-Vorsorge im Unternehmen zu achten, Semler, Führungsvorsorge im Unternehmen, in Unternehmensführung heute, S. 18 ff.
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der Weiterbildung der Beschäftigten ebenso zur Ordnungsmäßigkeit der Leitung wie die Beachtung sozialer Aspekte1. dd) Der durch das KonTraG 1998 eingefügte Abs. 2 von § 91 AktG begründet eine Pflicht des Vorstands, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, insbesondere ein Risiko-Überwachungssystem einzurichten, um Entwicklungen, die den Bestand der Gesellschaft gefährden, rechtzeitig zu erkennen.
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Der Aufsichtsrat von börsennotierten Gesellschaften wird bei der Überwachung dieser Vorstandsverpflichtung vom Abschlussprüfer unterstützt2; denn dieser hat das vom Vorstand geschaffene Früherkennungsund Überwachungssystem in seine Prüfung miteinzubeziehen (§ 317 Abs. 4 HGB) und dem Aufsichtsrat darüber in einer gesonderten Beurteilung zu berichten (§ 321 Abs. 4 HGB).
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ee) Zum Umfang der dem Vorstand im Rahmen von § 91 Abs. 2 AktG obliegenden Maßnahmen sagt das Gesetz allerdings nichts, sondern überlässt ihm – unter der Kontrolle des Aufsichtsrats und des Abschlussprüfers – die Entscheidung über die Art der „geeigneten Maßnahmen“. Im betriebswirtschaftlichen Schrifttum wird eine Pflicht des Leitungsorgans zur Einrichtung eines umfassenden Risikomanagementsystems angenommen, mit Hilfe dessen unternehmerische Risiken systematisch erkannt, überwacht und letztlich abgewehrt werden sollen3. Eine derart weite Auslegung ist jedoch von § 91 Abs. 2 AktG nicht gemeint; denn das von der Norm ausdrücklich geforderte Überwachungssystem bezieht sich nur auf die Eignung der Früherkennungsmaßnahmen sowie deren tatsächliche Einhaltung4. Hüffer5 nimmt daher an, dass dem Vorstand nur die Schaffung eines Informationsweitergabesystems obliegt, aufgrund dessen ihm die bestandsgefährdenden Entwicklungen erfahrungsgemäß so frühzeitig bekannt werden, dass er ihnen noch erfolgversprechend entgegenwirken kann. Eine „erfahrungsgemäße“ Kenntnisnahme seitens des Vorstands genügt jedoch nicht; die Risikoerfassung und Informationswei-
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1 Ebenso Raiser in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 87; a.A. insoweit Meyer-Landrut in Meyer-Landrut/Miller/Niehus, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 21; ebenso Hüffer, Komm. AktG, § 111 Rn. 6 ohne Begründung. 2 Bei den übrigen Aktiengesellschaften hat der Abschlussprüfer nur zu prüfen, ob Risiken der zukünftigen Entwicklung zutreffend im Lagebericht dargestellt sind (§ 317 Abs. 2 Satz 2 HGB); er muss dazu in seinem Prüfungsbericht Stellung beziehen (§ 321 Abs. 1 HGB). Kritisch gegenüber dieser Differenzierung Hommelhoff in FS Sandrock, 1999, S. 373, 375 f. 3 Vgl. Brebeck/Herrmann, WPg 1997, 381 ff.; Kromschröder/Lück, DB 1998, 1573 ff.; Kuhl/Nickel, DB 1999, 133 ff.; Lück, DB 1998, 8 ff. und 1925 ff.; Scharpf in Dörner/Menold/Pfitzer/Oser (Hrsg.), Reform des Aktienrechts, der Rechnungslegung und Prüfung, S. 380 f. 4 So ausdrücklich noch § 93 Abs. 1 Satz 3 des Referentenentwurfs KonTraG (abgedruckt in AG 1997, Sonderheft, 1, 7); die Neufassung im Regierungsentwurf sollte keine inhaltliche Änderung bewirken, vgl. Begr. RegE KonTraG, BT-Drucks. 13/1972, S. 15. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 91 Rn. 6 ff.
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terleitung an den Vorstand ist vielmehr durch ein planmäßiges Vorgehen sicherzustellen1 und intern durch ein entsprechendes Kontrollsystem zu überwachen (Controlling) und zu dokumentieren2. Dieses „Paket“ aus Risikoerfassung, Weiterleitung, Kontrolle3 und Dokumentation hat der Aufsichtsrat seinerseits zu überwachen4. 88
ff) In Umsetzung von Art. 41 Abs. 2 der Abschlussprüferrichtlinie hat sich das BilMoG erneut mit der Risiko-Überwachung in der Gesellschaft beschäftigt5 und formuliert ausdrücklich, dass der Prüfungsausschuss des Aufsichtsrats – wenn er denn besteht – die Überwachung insbesondere „der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, des Risikomanagementsystems und des internen Revisionssystems …“ (§ 107 Abs. 3 Satz 2 AktG n.F.) zu leisten habe6. Außerdem hat der Abschlussprüfer dem Aufsichtsrat – neben dem Bericht nach §§ 317 Abs. 4 und 321 Abs. 4 HGB (oben Rn. 86) – über „wesentliche Schwächen des Kontroll- und des Risikomanagementsystems … zu berichten“ (§ 171 Abs. 1 Satz 2 AktG). Der Abschlussprüfer als Gehilfe des Aufsichtsrats ist also in ganz wesentlicher Weise mit in die Überwachung der Systeme „interne Kontrolle“, „interne Revision“ und „Risikomanagement“ eingebunden. Ähnliches gilt für die „Compliance“. All das sind Organisationsaufgaben des Vorstands, die im Gesetz besonders hervorgehoben werden und die vom Aufsichtsrat oder seinem Prüfungsausschuss mit Hilfe des Abschlussprüfers auf Existenz und plausible Funktionsfähigkeit zu überwachen sind7.
1 In diesem Sinne Drygala/Drygala, ZIP 2000, 297, 299; Seibert in FS Bezzenberger, 2000, S. 427, 437 (Nr. 1). 2 Zutr. hat das LG München I im Urteil v. 5.4.2007 – 5 HK O 15964/06, BB 2007, 2170 = AG 2007, 417, in der fehlenden Dokumentation einen Gesetzesverstoß gesehen, der einer wirksamen Entlastung des Vorstands entgegenstand; dazu Huth, BB 2007, 2167. 3 Begr. RegE KonTraG, BT-Drucks. 13/1972, S. 15; Hommelhoff in FS Sandrock, 1999, S. 373, 375 f.; Dobler, DStR 2001, 2086; Weber, BB 2001, 140. 4 Eingehend dazu Claussen/Korth in FS Lutter, 2000, S. 327 ff.; sowie Kropff, NZG 2003, 346; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 229 f.; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, § 27; Böcking/Gros in FS Hommelhoff, 2012, S. 99, 106 ff. 5 Art. 5 BilMoG. 6 Das Gesetz formuliert es anders und zwar als Möglichkeit des Aufsichtsrats, den Prüfungsausschuss mit diesen Aufgaben zu betrauen. Das ist nachgerade komisch; denn das kann er sowieso. Die Vorschrift ist mithin überflüssig. Das aber ist in der Tradition deutscher Gesetzgebung überraschend. Daher ist die Vorschrift dahin zu verstehen, dass der Aufsichtsrat so verfahren soll. 7 Noch immer ist umstritten, welche Maßnahmen der Vorstand nach § 91 Abs. 2 AktG einzurichten hat, vgl. nur Krieger/Sailer-Coceani in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 91 Rn. 13 ff. mit allen Nachw. Dieser Streit hat sich mit dem neuen Satz 2 des § 171 Abs. 2 AktG erledigt, wonach der Abschlussprüfer den Aufsichtsrat/Prüfungsausschuss über etwaige Schwächen des Risikomanagementsystems zu unterrichten hat. Diese Prüfungspflicht setzt die Pflicht des Vorstands zur Einrichtung eines solchen Systems voraus.
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Tief beeindruckt von der Wirtschaftskrise der Jahre 2007/2008 legt das Gesetz besonderen Nachdruck auf diese Instrumente und ihre Überwachung durch den Aufsichtsrat oder seinen Prüfungsausschuss. c) Wirtschaftlichkeit Mit der Wirtschaftlichkeit hat der Vorstand die Lebens- und Überlebensfähigkeit des Unternehmens zu sichern: Von Verlusten kann niemand, auch kein Unternehmen leben, ohne ausreichende Erträge sinkt die Investitions- und damit Innovationskraft der Gesellschaft. Das aber mindert ihre Überlebensfähigkeit im Wettbewerb mit anderen Unternehmen1. Der Aufsichtsrat hat sich also davon zu überzeugen, dass der Vorstand die Sicherung der Liquidität der Gesellschaft, ihre angemessene Finanzierung und ihre Ertragskraft ebenso wie ihre Stellung am Markt als ständige und zentrale Aufgabe seiner Leitung vor Augen hat und mit entsprechenden Maßnahmen auch zu sichern versteht2.
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Der Kodex verpflichtet den Vorstand in seiner Ziff. 4.1.1, seine Geschäftsführung am Ziel der Steigerung des nachhaltigen Unternehmenswertes auszurichten. Auch dem muss die Berichterstattung des Vorstands an den Aufsichtsrat gerecht werden (wertorientierte Berichterstattung), da der Aufsichtsrat genau das zu überwachen hat3. d) Zweckmäßigkeit Die Zweckmäßigkeit der Leitung ist in den meisten der soeben angesprochenen Aspekte schon mit enthalten und daher in der Regel keine eigene Kategorie in der Überwachung: Eine unzweckmäßige Organisation oder Finanzierung ist eben schlecht und vom Aufsichtsrat zu beanstanden. Insoweit gehört die Zweckmäßigkeit getroffener oder geplanter Maßnahmen gewiss zum Kontrollbereich des Aufsichtsrats4. Im Übrigen kann die ständige Umorganisation des Unternehmens und damit die Verlagerung von Ressourcen nach innen statt nach außen ein Beispiel für eine per-seUnzweckmäßigkeit der Unternehmensführung sein. Andererseits darf Kontrolle der Zweckmäßigkeit nicht im Sinne einer Kontrolle alltäglicher Dinge oder der Einmischung in beliebige Alternativen (Kredit bei A 1 Dazu insbesondere Albach, Verhandlungen des 55. DJT, Bd. II, 1984, K9, K15 ff.; Albach, AG 1979, 121 ff. 2 Näher Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 191. 3 Dazu Deutsches Aktieninstitut, Wertorientierte Überwachung durch den Aufsichtsrat, 2005, S. 45 ff. 4 H.M., vgl. BGH v. 12.1.1979 – III ZR 154/77, BGHZ 75, 120, 133; BGH v. 25.3.1991 – II ZR 188/89, BGHZ 114, 127, 129 = AG 1991, 312; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 192 ff.; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 243; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 493; v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 7 Rn. 195; Hüffer, Komm. AktG, § 111 Rn. 6; Hambloch-Gesinn/ Gesinn in Hölters, Komm. AktG, § 111 Rn. 9; a.A. hier Mertens, ZGR 1977, 270, 278.
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oder B, Einstellung des Angestellten X statt Y) missverstanden werden: Diese Zweckmäßigkeitsfragen stehen allein zur Disposition des Vorstands1. 4. Prüfungsmittel 91
Dem Aufsichtsrat stehen vielfältige Mittel zur Verfügung, mit deren Hilfe er seine Aufsichtspflicht verwirklichen kann. Dazu gehören in erster Linie die Berichte, die ihm vom Vorstand unaufgefordert (Rn. 193 ff.), aber möglichst nach Vorgaben des Aufsichtsrats (Rn. 317) zu erstatten sind, die von ihm selbst angeforderten (Zusatz-)Berichte (Rn. 212) und die eigenen Einsichts- und Prüfungsrechte (Rn. 241 ff.). Wichtig ist hier der Hinweis, dass alle Berichte nur wirklich sinnvoll sind, wenn sie das Soll der Planung (Rn. 200) mit dem erreichten Ist in Vergleich setzen (Soll/IstVergleich)2 und die (etwaige) Abweichung analysieren (§ 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG). Dafür hat der Aufsichtsrat eine eigene Verantwortung, kann sich also nicht mit jedweder Art der Berichterstattung zufrieden geben3. Anders gewendet: Der Aufsichtsrat und jedes seiner Mitglieder muss, wann immer er sich nicht ausreichend informiert fühlt, von seiner Möglichkeit Gebrauch machen, zusätzliche Berichte anzufordern (§ 90 Abs. 3 Satz 2 AktG). Mit der schlichten Aussage „davon habe ich nichts gewusst“ wird das Aufsichtsratsmitglied im Haftungsprozess nicht gehört. 5. Kontrolldichte und inhaltliche Grenzen der Überwachung
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„Die Intensität der Überwachungspflicht ist abhängig von der wirtschaftlichen Lage, in der sich die Gesellschaft befindet“4.
a) In der Normallage des Unternehmens 93
Gerade im Rahmen dieser Zweckmäßigkeits- und Wirtschaftlichkeitskontrolle gilt es zu beachten, dass der Aufsichtsrat zu überwachen, nicht aber selbst die Gesellschaft zu leiten hat5. Deshalb kann und muss er sich darauf beschränken, erst dann einzugreifen, wenn eine Maßnahme des 1 Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 119. 2 Dazu Lutter, Unternehmensplanung und Aufsichtsrat, in FS Albach, 1991, S. 345 ff. = AG 1991, 249; Bea/Scheurer, DB 1994, 2149. 3 Sog. „Holschuld“; vgl. Ziff. 3.4 des Kodex. 4 So zutr. Drygala/Staake/Szalai, Kapitalgesellschaftsrecht, § 21 Rn. 120. Diese Lehre geht zurück auf Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 231 ff.; heute h.M., vgl. nur Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 22 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 111 AktG Rn. 7; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 111 Rn. 22 ff. Vgl. auch OLG Stuttgart v. 19.6.2012 – 20 W 1/12, AG 2012, 762. 5 Insbesondere darf ein Aufsichtsratsmitglied nicht Kontakt mit Geschäftspartnern der Aktiengesellschaft aufnehmen, um sich über Einzelheiten der Geschäftsbeziehungen zu informieren. Dies gehört zum Kompetenzbereich des Vorstands, OLG Zweibrücken v. 28.5.1990 – 3 W 93/90, DB 1990, 1401 mit Anm. Theisen = AG 1991, 70 = EWiR § 103 AktG 3/90, 631 (Altmeppen).
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Vorstands in seinem pflichtgemäßen Urteil unvertretbar erscheint. Er kann sich dann auf Vorhaltungen konzentrieren oder ad hoc einen Zustimmungsvorbehalt beschließen und so die Maßnahme verhindern1. Hält sich der Vorstand im Rahmen vertretbaren Ermessens, ist es Aufgabe des Aufsichtsrats, seine Sicht dem Vorstand vor Augen zu stellen, nicht aber ist es Sache des Aufsichtsrats, seine eigene Beurteilung gegenüber dem Vorstand durchzusetzen2. Diese sog. begleitende Überwachung darf aber auch nicht missverstanden werden. Die Kartell- und Bestechungsverstöße ebenso wie die Bankenkrise zeigen, dass der Aufsichtsrat hellwach bleiben und immer wieder potentielle Gefahrenherde ansprechen muss3. Im Übrigen vgl. oben Rn. 72. Diese „begleitende Überwachung“ ändert sich sofort, wenn Maßnahmen des Vorstands anstehen, die für die „Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft“ (§ 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG) oder ihr Risiko von größerer Bedeutung sind. Hier hat der Aufsichtsrat die geplante Maßnahme ggf. unter Mithilfe von Sachverständigen eingehend zu prüfen; ist er nicht einverstanden oder kann er sich kein Urteil bilden4, hat er ad hoc einen Zustimmungsvorbehalt zu beschließen und so für ein vorläufiges stand still zu sorgen5.
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b) In der Krise In der Krise und auch schon bei sich abzeichnenden erhöhten Risiken oder Ergebnisverschlechterungen erhöht sich die Kontrolldichte in sachlichem und zeitlichem Umfang6. 1 BGH v. 15.11.1993 – II ZR 235/92, BGHZ 124, 111, 127. 2 Vgl. Semler, MünchKomm. AktG, 2. Aufl., § 111 Rn. 131 ff.; Habersack, MünchKomm. AktG, 3. Aufl., § 111 Rn. 43; v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 7 Rn. 269; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 41; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 271 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 111 Rn. 7; Semler in FS Ulmer, 2003, S. 625, 629, 641. 3 Zutr. Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 111 Rn. 23. 4 Das Aufsichtsratsmitglied Piëch hat öffentlich erklärt, er wisse nicht, wie hoch die Risiken aus einem 50-Mrd.-Optionsgeschäft des Vorstands der Porsche SE sind, hat aber nichts unternommen, um das fragliche Geschäft zu verhindern. Das war pflichtwidrig: OLG Stuttgart v. 29.2.2012 – 20 U 3/11, ZIP 2012, 625 = AG 2012, 298 = EWiR § 111 AktG 1/12, 303 (Lieder) (Revision vom BGH nicht angenommen, Beschluss v. 20.3.2011 – II ZR 289/09); Selter, NZG 2012, 660. Zu den weiteren Möglichkeiten des Aufsichtsrats in solchen Situationen vgl. Hasselbach/Seibel, AG 2012, 114. 5 Zu den Anforderungen an die reguläre Überwachung aus betriebswirtschaftlicher Sicht siehe Arbeitskreis Externe Unternehmensrechnung (AKEU)/Arbeitskreis Externe und Interne Überwachung der Unternehmen (AKEIÜ), DB 2009, 1279. 6 BGH v. 15.10.1996 – VI ZR 319/95, BGHZ 133, 370, 379 = AG 1997, 37; OLG Hamburg v. 18.2.2000 – 11 U 213/98, AG 2001, 141, 144; OLG Stuttgart v. 19.6.2012 – 20 W 1/12, ZIP 2012, 1965 = AG 2012, 762; OLG Düsseldorf v.
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§3
Die allgemeine Überwachung durch den Aufsichtsrat
Aus einer „begleitenden“ Überwachung bei normalem Verlauf der Geschäftsentwicklung wird bei Verschlechterung der Lage eine unterstützende Überwachung, die ihre größte Kontrolldichte in der Krise des Unternehmens entfaltet1. Das alles gilt auch, wenn sich der Verdacht auf bilanzielle Manipulationen ergibt. In einer solchen Situation kommt der Aufsichtsrat seinen Pflichten nur nach, wenn er geeignete Ermittlungen veranlasst und häufiger zu Sitzungen zusammentritt2. 96
Zwar darf der Aufsichtsrat nicht selbst in die Geschäftsführung eingreifen; er muss sich jedoch durch Anforderung zusätzlicher Berichte verstärkt informieren und häufiger zu Aufsichtsratssitzungen zusammenfinden3. Der Aufsichtsrat muss auch vermehrt Zustimmungsvorbehalte festlegen4 und u.U. Sachverständige mit Prüfungen beauftragen5. Er hat darüber zu wachen, dass der Vorstand die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei Eintritt von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung rechtzeitig, spätestens nach drei Wochen, beantragt (§ 15a Abs. 1 InsO)6. Kurz: In der Krise der Gesellschaft wird ein Höchstmaß an Kontrolldichte und Kontrollintensität als Pflicht des Aufsichtsrats erreicht7.
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31.5.2012 – I-16 U 176/10, AG 2013, 171; LG München I v. 31.5.2007 – 5 HK O 11977/06, AG 2007, 827; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 231 ff.; ebenso Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 111 Rn. 24 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 111 Rn. 7; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaften, § 15 Rn. 3; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 92 ff. Im Ansatz wohl ebenso Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 46; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 25. Vgl. auch Polley/Kroner, Der Aufsichtsrat 2012, 69; Hasselbach, NZG 2012, 41. Semler, AG 1983, 141 f.; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 111 Rn. 24 ff.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 25 lehnen dagegen diese Dreistufigkeit der Überwachungspflicht ab, da sie weder in der Praxis von Nutzen noch vom Gesetz vorgesehen ist. LG Nürnberg-Fürth v. 18.10.2007 – 1 HK O 6564/07, EWiR § 145 AktG 1/07 (Wilsing/Siebmann). LG München v. 31.5.2007 – 5 HKO 11977/06, AG 2007, 827; die Grenze liegt dort, wo die Aufsichtsratstätigkeit in eine Beschäftigung mit Tagesfragen abzugleiten droht. Die aber nicht zu einer Hemmung der Vorstandstätigkeit führen dürfen. BGH v. 20.9.2011 – II ZR 234/09, ZIP 2011, 2097 = AG 2011, 876; BGH v. 27.3.2012 – II ZR 171/10, NZG 2012, 672 = GmbHR 2012, 746; Hasselbach, NZG 2012, 41, 45; Semler, AG 1983, 141, 142. Anderenfalls haften die Aufsichtsratsmitglieder persönlich: BGH v. 16.3.2009 – II ZR 280/07, ZIP 2009, 860 = AG 2009, 404 und BGH v. 20.9.2010 – II ZR 78/09, GmbHR 2010, 1200 = AG 2010, 785 (Doberlug) sowie OLG Düsseldorf v. 31.5.2012 – I-16 U 176/10, ZIP 2012, 2299; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 1296; Schürnbrand, NZG 2010, 1207. Haben Vorstand und/oder Aufsichtsrat einen Sachverständigen beauftragt, die Frage der Insolvenzreife der Gesellschaft zu überprüfen und kommt dieser zu dem falschen Ergebnis, die Gesellschaft sei nicht insolvent, so können die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats in den Schutzbereich dieses Vertrages einbezogen sein mit der Folge, dass sie beim Sachverständigen wegen der ge-
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Gegenstand, Umfang, Prüfungsmaßstab und Grenzen
§3
In der Krise muss der Aufsichtsrat vor allem für einen Vorstand sorgen, 97 der zur Lösung der Krisensituation geeignet ist. Damit greift der Aufsichtsrat auch hier nicht in die Geschäftsleitung ein, sondern macht von seiner Personalkompetenz Gebrauch. Er kann die Geschäftsverteilung ändern, neue Vorstandsmitglieder bestellen und andere abberufen. Ein die Abberufung rechtfertigender wichtiger Grund im Sinne von § 84 Abs. 3 Satz 2 AktG ist die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung in der Krise1. Von „führender“ Überwachung2 lässt sich insofern sprechen, als der Weg aus der Krise u.U. über die Umgestaltung des Vorstands führt. Da diese Entscheidung aber dem Aufsichtsrat obliegt, kommt ihm in der Krise die vorrangige Handlungspflicht zu3. In einer besonders kritischen Lage der Gesellschaft kann der Aufsichtsrat ausnahmsweise gehalten sein, vorübergehend zwingend erforderliche Geschäftsführungsmaßnahmen selbst zu veranlassen4, insbesondere durch Delegation eines seiner Mitglieder nach § 105 Abs. 2 AktG in den Vorstand. Im Übrigen ist und bleibt die Führung und Leitung der Gesellschaft Aufgabe des Vorstands. Sind die Führungspositionen durch den Aufsichtsrat mit geeigneten Per- 98 sonen besetzt, muss der Aufsichtsrat darauf hinwirken, dass der Vorstand ein Sanierungskonzept vorlegt und dieses eingehend mit ihm berät. Dabei sollte jede Maßnahme „nach Art, Zweck und Ziel, Investitionsbedarf, Kosten, Erfolgserwartung, Zeit und Verantwortlichkeit“ beurteilt werden5. Dem Sanierungsplan vorausgehend hat der Vorstand eine Ursachenanalyse der Krise (Führungsprobleme, konjunkturelle und strukturelle Probleme der Branche oder des Unternehmens) vorzunehmen und damit eine Analyse hinsichtlich der vorhandenen Ressourcen der Gesellschaft (stille Reserven, qualifiziertes Fachpersonal) zu verbinden. Der Aufsichtsrat hat die entsprechenden Berichte durchzuarbeiten; hält er die Analysen für unzureichend, muss er notfalls Sachverständige zur Prüfung bzw. sogar zur neuen Erstellung heranziehen6. Im Übrigen kommt die Pflicht des Aufsichtsrats zur Beratung des Vorstands (unten Rn. 103 ff.) in der Krise besonders zum Tragen7. Denn es
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gen sie gerichteten Ansprüche Regress nehmen können; siehe BGH v. 14.6.2012 – IX ZR 145/11, WM 2012, 1359 = GmbHR 2012, 1009. Semler, AG 1983, 141, 142, 145. So noch die missverständliche Formulierung von Semler, AG 1983, 141, 142; er spricht jetzt von „gestaltender Überwachung“, Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 234 (Fn. 359). Semler, AG 1983, 141, 142. Hüffer, Komm. AktG, § 111 Rn. 7; v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 7 Rn. 207; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 234. Semler, AG 1983, 141, 146 f.; ihm folgend Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 1293. OLG Stuttgart v. 25.11.2009 – 20 U 5/09, AG 2010, 133; Semler, AG 1983, 141, 146; auch Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 1292. Hasselbach, NZG 2012, 41, 46.
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§3
Die allgemeine Überwachung durch den Aufsichtsrat
gilt, Wege aus der Krise zu finden. Dafür können der Sachverstand und die Erfahrung einzelner Aufsichtsratsmitglieder hilfreich sein, auch ihre Personalkenntnis in Bezug auf erfahrene „Sanierer“ als Berater oder zusätzliche Vorstandsmitglieder. Häufigere Zusammenkünfte sind jetzt vom Aufsichtsrat geschuldet1; und mindestens monatliche Berichte muss er jetzt vom Vorstand nach § 90 Abs. 3 AktG verlangen. 100
Führen diese Maßnahmen nicht zum Erfolg und wird die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet, so muss der Vorstand bei Gefahr seiner persönlichen Haftung alle sorgfaltswidrigen Zahlungen einstellen (§ 92 Abs. 2 AktG) und spätestens nach drei Wochen förmlichen Insolvenzantrag nach § 15a InsO stellen. Genau das muss der Aufsichtsrat überwachen und ggf. einschreiten. Er kann zwar selbst den Insolvenzantrag nicht stellen, muss aber notfalls und bei Gefahr seiner eigenen Haftung eine andere Person zum Vorstand bestellen. Ob Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorliegt, ist oft nicht leicht zu erkennen. Der Vorstand muss dann – wie auch bei anderen Entscheidungen, die seine Kenntnisse und Fähigkeiten übersteigen – kurzfristig außenstehenden, anerkannten und unabhängigen Sachverstand heranziehen (Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt), dessen eingehende schriftliche Stellungnahme anfordern und diese noch einmal einer eigenen Plausibilitätskontrolle unterziehen2. Ob der Rechtsrat der eigenen Rechtsabteilung in einer solchen Situation ausreicht, hängt davon ab, ob diese unabhängig ist3. c) Bei Zustimmungsvorbehalten
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Anders als in der Normallage des Unternehmens (oben Rn. 93) verhält es sich bei Geschäften, die gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen. Hier ist der Aufsichtsrat Mitunternehmer4 und berechtigt, seine Zustimmung auch dann zu versagen, wenn er die Maßnahme des Vorstands zwar für vertretbar hält, selbst aber eine andere Lösung bevorzugen würde. Aber auch hier wird man keine Pflicht zum Eingreifen annehmen können, solange auch für die Auffassung des Vorstands gute Gründe bestehen5. 1 LG München I v. 31.5.2007 – 5 HK O 11977/06, AG 2007, 827. 2 Vgl. dazu die Entscheidungen des BGH v. 14.5.2007 – II ZR 48/06, NJW 2007, 2118 = AG 2007, 548 und BGH v. 27.3.2012 – II ZR 171/10, NZG 2012, 672 = GmbHR 2012, 746 und dazu Fleischer, KSzW 2013, 3 ff. mit allen Nachw.; Strohn, ZHR 176 (2012), 137; Henze, Der Aufsichtsrat 2013, 12. 3 Vgl. Goette, ZHR 176 (2012), 588, 602; Klöhn, DB 2013, 153; Kremer in VGR, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2012, 2013, S. 171, 180. 4 Lutter in FS Albach, 2001, S. 2234 ff.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 32 und 35. 5 Wie hier Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 111; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 585; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 153 ff.; wohl auch Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 51 a.E.
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Die Beratung mit dem Vorstand
§3
Eine solche Pflicht des Aufsichtsrats zu Eingriffen besteht erst bei unterschiedlicher Beurteilung der unternehmerischen Zielkonzeption1. Grundlagenentscheidungen erfordern Übereinstimmung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat. Fehlt es daran, ist es zwar nicht Sache des Aufsichtsrats, eine eigene Unternehmenspolitik zu erarbeiten, er ist aber verpflichtet, beim Vorstand auf die Erarbeitung einer Konzeption hinzuwirken, der er sich glaubt anschließen zu können. Versagt hier der Vorstand, so kann dies ein wichtiger Grund zu seiner Abberufung sein.
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III. Die Beratung mit dem Vorstand 1. Beratungsrecht und Beratungspflicht a) Die Überwachung des Vorstands darf nicht nur darauf gerichtet sein, diesen zu kontrollieren, Mängel festzustellen, diese zu monieren und damit künftige Mängel der Geschäftsführung zu verhindern; der Aufsichtsrat ist auch und vor allem zur Beratung des Vorstands und mit dem Vorstand über Fragen der Leitung (also zentrale Fragen der Unternehmenskonzeption und Unternehmensführung) berufen; denn abgeschlossene Tatbestände sind zwar rechtlich von großem Gewicht (etwa: Abberufung des Vorstands aus wichtigem Grund wegen solcher historischer Mängel). Viel wichtiger ist aber die Gestaltung der Zukunft des Unternehmens und die möglichst klare Vermeidung künftiger Fehler dabei. Mehr als nur Kontrolleur historischer Vorgänge und relativ einfacher Sachverhalte (z.B. Legalität der Unternehmensführung) ist der Aufsichtsrat daher institutioneller Ratgeber und Gesprächspartner des Vorstands2 im Sinne einer „vorbeugenden Überwachung“3 oder „begleitenden und vorausschauenden Kontrolle“4. Der BGH5 spricht von „in die Zukunft gerichteter Kontrolle“. Aus den Berichtspflichten des Vorstands nach § 90 1 Vgl. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 33; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 216. 2 So ausdrücklich auch der BGH v. 25.3.1991 – II ZR 188/89, BGHZ 114, 127, 130 = ZIP 1991, 653, 654 = AG 1991, 312: „ständige Diskussion“ und „laufende Beratung“; dazu Lutter/Kremer, ZGR 1992, 87 und Boujong, AG 1995, 203, 205; Bestätigung einer Beratungspflicht des Aufsichtsrats als Teil seiner Überwachungsaufgabe in BGH v. 4.7.1994 – II ZR 197/93, BGHZ 126, 340, 344 f. = ZIP 1994, 1216, 1217 f. = AG 1994, 508; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 1258 f.; Henze, BB 2005, 165; im Übrigen vgl. zur Beratungsfunktion des Aufsichtsrats auch Deckert, AG 1997, 109; Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 12, 39 ff.; Hüffer, ZGR 1980, 321, 324; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 20; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 249 ff.; wesentlich enger Mertens, AG 1980, 67, 68. 3 Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 247.1; vgl. auch Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 44: „vorausschauende“ Beratung als Teil der Überwachungsaufgabe. 4 Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 91 und 124 sowie Dreist, Überwachungsfunktion, S. 88. 5 BGH v. 25.3.1991 – II ZR 188/89, BGHZ 114, 127, 130 = ZIP 1991, 653, 654 = AG 1991, 312; dazu Lutter/Kremer, ZGR 1992, 87.
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§3
Die allgemeine Überwachung durch den Aufsichtsrat
AktG, die dem Aufsichtsrat die Möglichkeit rechtzeitiger Mitsprache eröffnen, wird das besonders deutlich. Muss sich der Aufsichtsrat im Rahmen seiner unmittelbaren Kontrollaufgaben darauf beschränken, Unvertretbares zu verhindern, so heißt das nicht, dass er sich auch darauf beschränken dürfte, die Vorlagen und Vorhaben des Vorstands von vornherein nur auf ihre Vertretbarkeit hin zu prüfen. Zwar ist vom Aufsichtsrat keine so intensive Tätigkeit verlangt, dass er schließlich in der Lage wäre zu entscheiden, ob er selbst als Vorstand sich ebenso verhalten würde. Er hat aber die Vorlagen und Vorhaben des Vorstands im Rahmen seiner Möglichkeiten auf ihre Plausibilität zu untersuchen, ggf. Zusatzinformationen einzuholen, sorgfältig zu erwägen, ob nach seinen Informationen, Kenntnissen und Erfahrungen nicht ein anderes Verhalten des Vorstands zweckmäßiger sein könnte. Kommt der Aufsichtsrat dabei zu anderen Ergebnissen als der Vorstand, hat er seine Bedenken darzulegen und seine Überlegungen mit dem Vorstand zu erörtern, auch wenn er diesem dann die endgültige Entscheidung überlassen muss1. Dagegen kann – und soll! – vom Aufsichtsrat im Rahmen seiner Beratungsaufgabe nicht verlangt werden, dass er dem Vorstand entscheidungsreife Alternativpläne vorlegt2: Das wäre ein Eingriff in die Leitungsbefugnis des Vorstands. Nach der ausdrücklichen Anweisung des Gesetzes in § 90 Abs. 1 Nr. 1 AktG („beabsichtigte Geschäftspolitik“) hat der Aufsichtsrat die Strategie des Vorstands zu kontrollieren und mit ihm zu erörtern. Das setzt besonders große Anstrengungen des Aufsichtsrats voraus3 und ist erneut keine Richtigkeits-, sondern eine Plausibilitätskontrolle. 104
So wie der Aufsichtsrat verpflichtet ist, den Vorstand zu beraten, so ist der Vorstand verpflichtet, sich beraten zu lassen. Über Art, Zeit und Ausmaß der Beratung mit dem Vorstand entscheidet der Aufsichtsrat. Der Vorstand ist verpflichtet, sich der Erörterung mit dem Aufsichtsrat zu stellen und dessen Anregungen sorgfältig zu erwägen. Die Vorstellung, die Beratung könne aus der Sicht des Vorstands immer nur ein Angebot sein und nur stattfinden, wenn sie vom Vorstand gewünscht werde, wäre also unrichtig4.
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b) Gegenüber dieser These von der Beratungspflicht und dem Beratungsrecht des Aufsichtsrats mit dem Vorstand über Fragen der Unternehmensleitung verhalten sich Steinmann/Klaus5 besonders kritisch und bezweifeln die Möglichkeiten des Aufsichtsrats, überhaupt Ratgeber eines modernen, professionellen Managements sein zu können. Das mag vor knapp 30 Jahren hin und wieder der Fall gewesen sein, trifft auf die heute 1 Vgl. zum Ganzen auch Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 32 ff., insbesondere Rn. 40. Vgl. aber auch Hohenemser, Der Aufsichtsrat 2012, 160 zur Begleitung der Unternehmensstrategie durch den Aufsichtsrat. 2 Ebenso Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 1260; a.A. Höhn, GmbHR 1993, 777, 778. 3 Vgl. dazu Hirt, Der Aufsichtsrat 2013, 144. 4 Wie hier Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 1263. 5 Steinmann/Klaus, AG 1987, 29 ff.
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Die Beratung mit dem Vorstand
§3
viel professioneller zusammengesetzten Aufsichtsräte aber nicht mehr zu, in denen erfahrene Leiter anderer Unternehmen sitzen, die schließlich wissen, wovon die Rede ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die kritische Beurteilung einer Leitungsentscheidung nicht das gleiche Know-how verlangt wie deren Findung1. Vor allem aber wird bei solchen Analysen übersehen, welch wichtige Beratungshilfen ein überlegt zusammengesetzter Aufsichtsrat in mittelständischen Unternehmen leisten kann und nach hier vertretener Meinung auch leisten muss: Immerhin gibt es einen Aufsichtsrat nicht nur in den rund 750 Unternehmen mit mehr als 2000 Arbeitnehmern, sondern eben auch in den wahrscheinlich mehr als 15 000 Aktiengesellschaften und GmbHs mit mehr als 500, aber weniger als 2000 Arbeitnehmern. Im Gegensatz zu Großunternehmen ist in diesen mittelständischen Unternehmen auch die Ebene unterhalb von Vorstand/Geschäftsführung nicht immer so professionell besetzt, als dass die Geschäftsführung stets auch in der Belegschaft selbst erfahrene Gesprächspartner hätte2. Im Gegensatz zu dieser herrschenden Betrachtung plädiert Theisen3 für ein generelles Verbot der Beratung durch das Überwachungsorgan und seine Mitglieder, da Überwachung und Beratung sich funktionell ausschließen würden. Während die Überwachung im Interesse und auf Wunsch Dritter erfolge, finde eine Beratung hingegen im Interesse des Ratsuchenden statt. Diese Auffassung verkennt, dass das frühzeitige Erkennen und Korrigieren von Fehlern in der unternehmerischen Zukunftsplanung aufgrund der Beratung durch den und mit dem Aufsichtsrat gerade auch im Interesse der Aktionäre und allgemein im Unternehmensinteresse liegt4.
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2. Grenzen des Beratungsauftrags Überspannt würde der Beratungsauftrag des Aufsichtsrats allerdings, wollte man es ihm zur Pflicht machen, zu jedweder Vorlage und jedwedem Vorhaben des Vorstands förmlich Stellung zu beziehen: Tatsächlich übt der Aufsichtsrat im Unternehmen eine Nebentätigkeit und nicht ein Hauptamt aus. Wie sich der Aufsichtsrat gegenüber dem Vorstand verhält, obliegt seinem pflichtgemäßen Ermessen. Ergeben sich im Aufsichtsrat keine Bedenken oder teilt die Mehrheit des Aufsichtsrats die
1 Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 1262. 2 Gewichtig ist der Hinweis von Steinmann/Klaus, AG 1987, 29, 33, Überwachung setze Misstrauen voraus, das dem Aufsichtsrat gegenüber dem Vorstand verlorengehen könne, je mehr er sich mit diesem beratend verbinde: Dieser Gefahr muss sich der Aufsichtsrat tatsächlich bewusst sein. 3 Theisen, AG 1995, 193, 199 f. Der Kodex formuliert in Ziff. 3.1: „Vorstand und Aufsichtsrat arbeiten zum Wohle des Unternehmens eng zusammen“. Dazu v. Werder in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. Kodex, Rn. 351 ff. 4 So Jäger, DStR 1996, 671, 674, der zwar ein Recht des Aufsichtsrats zur Beratung für gegeben hält, eine organschaftliche Pflicht aber ablehnt.
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107
§3
Die allgemeine Überwachung durch den Aufsichtsrat
Auffassung des Vorstands, bedarf es keiner Äußerung1. Hat der Aufsichtsrat Zweifel an der Zweckmäßigkeit des Vorstandshandelns, so genügt er seinem Auftrag auch durch eine formlose Erörterung mit dem Vorstand. 108
Außerhalb des Bereichs überwachungsbedürftigen Vorstandshandelns, bei den weniger bedeutsamen Maßnahmen, trifft den Aufsichtsrat keine besondere Beratungspflicht. Wo er nicht kontrollieren muss, muss er auch keinen Rat erteilen. Daher beschränkt sich seine organschaftliche Pflicht zur Beratung auf die strategisch-konzeptionellen Teile der Unternehmensleitung, erfasst hingegen nicht den operativen Bereich2. Er kann sich der Beschäftigung mit solchen Angelegenheiten gänzlich enthalten und ist von sich aus nicht einmal berechtigt, zu sämtlichen Angelegenheiten der Gesellschaft ungebeten Stellung zu nehmen. Denn soll der Vorstand die Gesellschaft eigenverantwortlich leiten, gilt es, ihn vor ständigen, wenn auch unverbindlichen Einmischungen in seinen Tätigkeitsbereich zu schützen3.
IV. Einwirkungsmöglichkeiten des Aufsichtsrats 109
Sinnvolle Überwachung kann sich nicht nur auf bloßes Prüfen beschränken, sondern erfordert die Möglichkeit zur Einwirkung auf den zu Prüfenden. Das vom Gesetz dem Aufsichtsrat hierzu zur Verfügung gestellte Instrumentarium ist begrenzt. In Betracht kommen hier vor allem: – Stellungnahmen und Beanstandungen, – Erlass einer Geschäftsordnung für den Vorstand, – Zustimmungsvorbehalte nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG, – Abberufung von Vorstandsmitgliedern, – im Rahmen der Prüfung von Jahresabschluss und Abhängigkeitsbericht: Verweigerung der Zustimmung zum Jahresabschluss oder Konzernabschluss (§§ 172, 173 Abs. 1 AktG) und Beanstandungen im Pflichtbericht an die Hauptversammlung über das Ergebnis der Prüfung (§§ 171 Abs. 2, 314 Abs. 2 AktG), – Einberufung einer Hauptversammlung nach § 111 Abs. 3 AktG, – gerichtliche Klagen.
1 Wie hier Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 201. 2 Deckert, AG 1997, 109, 114. 3 Ähnlich Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 56; weitergehend Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 264; insoweit zutreffend Mertens, AG 1980, 67, 68; einschränkend Hopt/ Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 297.
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Einwirkungsmöglichkeiten des Aufsichtsrats
§3
1. Stellungnahmen und Beanstandungen Stellungnahmen und Beanstandungen des Aufsichtsrats hat der Vorstand zwar sorgfältig zu erwägen, ihnen kommt aber aus sich heraus keine rechtliche Verbindlichkeit zu. Der Aufsichtsrat verfügt – von Sonderfällen abgesehen – über kein Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand. Befolgt dieser eine Stellungnahme des Aufsichtsrats nicht, so ist seine Maßnahme nicht allein deshalb rechtswidrig, sondern sie kann pflichtwidrig nur wegen ihres Inhalts selbst sein. Umgekehrt kann eine Stellungnahme des Aufsichtsrats den Vorstand nicht von seiner Pflicht zu eigenverantwortlicher Leitung der Gesellschaft entlasten: Er darf ihr nicht unbesehen folgen, sondern hat unter Erwägung der Meinung des Aufsichtsrats selbst zu entscheiden, was zu tun ist1.
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2. Erlass einer Geschäftsordnung Zum Erlass einer Geschäftsordnung für den Vorstand vgl. Rn. 453.
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3. Zustimmungsvorbehalte Die Möglichkeit rechtsverbindlicher Einflussnahme auf Maßnahmen der Unternehmensleitung kann dem Aufsichtsrat – und nur ihm – gemäß § 111 Abs. 4 AktG dadurch eröffnet werden, dass bestimmte Arten von Geschäften an seine Zustimmung gebunden werden. Auch dann kann der Aufsichtsrat dem Vorstand zwar keine bestimmte Verhaltensweise positiv vorschreiben, er kann aber vom Vorstand beabsichtigte Maßnahmen verhindern: seine Ablehnung wirkt wie ein Veto.
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Der Aufsichtsrat entscheidet hier neben dem Vorstand als Mitunternehmer nach pflichtgemäßem Ermessen2. Ihm kommt für diese Entscheidung daher auch das Privileg der Business Judgment Rule nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG zugute3. Diese Zustimmungsvorbehalte waren bis zum TransPuG von 2002 in das Ermessen des Satzungsgebers oder des Aufsichtsrats selbst gestellt4. Das Gesetz verpflichtet durch eine Änderung des Wortlauts von § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG5 – früher: „kann jedoch“, nunmehr: „hat jedoch“ – die Gesellschaft zur Schaffung eines solchen Kataloges zustimmungspflichtiger 1 Vgl. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 38 m.w.N.; Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 125. 2 Goette in FS 50 Jahre BGH, 2000, S. 123, 128; Lutter in FS Albach, 2001, S. 226; Probst/Theisen, DB 2010, 1573, 1574 f. 3 Lutter, ZIP 2007, 841, 846. 4 Im Gefolge des MitbestG 1976 hatten die betreffenden Gesellschaften ihre statutarischen Kataloge zustimmungspflichtiger Geschäfte abgeschafft; vgl. Ulmer, Anpassung der Satzungen, 1980. 5 Auch insoweit einem Vorschlag der Kommission Corporate Governance folgend; vgl. Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rn. 34 und 35; dazu Berrar, DB 2001, 2181.
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113
§3
Die allgemeine Überwachung durch den Aufsichtsrat
Geschäfte, ohne ihnen jedoch inhaltliche Vorgaben zu machen1. Damit können die Hauptversammlung (Satzung) oder der Aufsichtsrat selbst nach wie vor den speziellen Bedürfnissen und Besonderheiten je ihrer Gesellschaft Rechnung tragen. Das ist vom Gesetzgeber und vom Kodex so gewollt. a) Einrichtung 114
Zur Einrichtung solcher Zustimmungsvorbehalte sind Satzung und Aufsichtsrat unabhängig voneinander befugt: In der Satzung angeordnete Zustimmungsvorbehalte kann der Aufsichtsrat weder aufheben noch durch Erteilung einer „Generalzustimmung“ überspielen2. Andererseits kann die Satzung das Recht des Aufsichtsrats zur Anordnung von (weiteren) Zustimmungsvorbehalten weder ausschließen noch in irgendeiner Form beschränken3, 4.
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Zur Einrichtung eines Zustimmungsvorbehalts durch den Aufsichtsrat selbst bedarf es eines Plenarbeschlusses; einem Aufsichtsratsausschuss kann die Entscheidung nicht übertragen werden (§ 107 Abs. 3 Satz 3 AktG). Welche Zustimmungsvorbehalte der Aufsichtsrat anordnet, unterliegt seinem pflichtgemäßen Ermessen, beschränkt jedoch auf Geschäfte von Bedeutung5; andererseits sollten alle Geschäfte von grundlegender Bedeutung erfasst sein6, 7. Seine Pflicht zu gewissenhafter Kontrolle des 1 Anders das österreichische (§ 95 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1–11 öAktG) und das niederländische Recht (dort Buch 2, Art. 164 B.W.). 2 Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 126; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 80; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 591; im Ergebnis ebenso Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 20. 3 H.M., vgl. Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 48 m.w.N.; Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 103; ausführlich Immenga, ZGR 1977, 249, 261 ff.; Götz, ZGR 1990, 633, 634 ff.; Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 21; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 78; Hopt/ Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 590; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 1752; wie die h.M. auch Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 61 mit dem Argument, dass die dadurch eröffnete Mitwirkung des Aufsichtsrats an bestimmten Geschäftsführungsmaßnahmen ein wesentliches Kontroll- und Überwachungsinstrument ist. A.A. Wiedemann, ZGR 1975, 385, 426; Wiedemann, BB 1978, 1, 8. 4 Statutarische Zustimmungsvorbehalte sind heute eher selten, um bei den sich rasch verändernden äußeren Umständen keine „Zementierung“ zu bewirken. Im Übrigen vgl. zu den Grenzen der Einrichtung solcher Zustimmungsvorbehalte Fleischer, BB 2013, 835. 5 Zutr. Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 641 ff.; Säcker/Rehm, DB 2008, 2814, 2815 ff.; vgl. auch unten Rn. 121. 6 Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 102 versteht das zu Unrecht als „muss“; zutr. Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 608 ff. 7 Welche das in concreto sind, variiert nach Größe und Tätigkeitsfeld der Gesellschaft; vgl. im Übrigen unten Rn. 118.
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Einwirkungsmöglichkeiten des Aufsichtsrats
§3
Vorstands kann es aber verlangen, bestimmte Maßnahmen der Zustimmungspflicht zu unterwerfen1. Dem BGH2 zufolge reduziert sich das Ermessen des Aufsichtsrats dann auf eine Pflicht zur Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts, wenn eine gesetzeswidrige Maßnahme des Vorstands nur noch auf diese Weise verhindert werden kann. Dasselbe ist bei einem satzungswidrigen Vorstandsverhalten anzunehmen3. Verzichtet der Aufsichtsrat daher auf solche speziellen Zustimmungsvorbehalte oder hält er den Katalog der zustimmungspflichtigen Maßnahmen bewusst eng, so kann darin eine Pflichtwidrigkeit liegen, die seine Schadensersatzpflicht auszulösen vermag4. Das aber bedeutet nicht, dass ein Beschluss des Aufsichtsrats, der solche Zustimmungserfordernisse ablehnt, a priori nichtig wäre5. Ein Unterlassen des Vorstands kann nicht an einen Zustimmungsvorbehalt gebunden werden, da das zu einer Handlungspflicht des Vorstands führen würde. Das aber steht dem Aufsichtsrat nicht zu6. Zustimmungsvorbehalte sind üblicherweise Teil einer Geschäftsordnung, die sich der Aufsichtsrat selbst gegeben oder für den Vorstand erlassen hat7. Im Zweifel sollte das auch im Sinne einer guten Corporate Governance geschehen.
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Ein solcher Zustimmungsvorbehalt kann (und muss ggf.) vom Aufsichtsrat auch ad hoc beschlossen werden8, etwa um Absichten des Vorstands, die der Aufsichtsrat für unvertretbar hält, noch verhindern zu können, insbesondere wenn der Vorstand sich in der Erörterung trotz gewichtiger Gegenargumente nicht überzeugen lässt.
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1 Ebenso Hommelhoff, ZGR 1978, 119, 152 (für GmbH); Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 148 f.; Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 48 f.; vgl. auch schon Biener, BFuP 1977, 489, 496; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 48, die diese Pflicht allerdings nur zwecks Sicherstellung rechtzeitiger Unterrichtung des Aufsichtsrats begründen, während es u.E. auch um die Verpflichtung geht, sich bei besonders wichtigen Angelegenheiten eine Veto-Position zu eröffnen; enger Götz, ZGR 1990, 633, 637 ff. 2 BGH v. 15.11.1993 – II ZR 235/92, BGHZ 124, 111, 127 = AG 1994, 124. 3 Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 304; Schön, JZ 1994, 684, 685. 4 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 61a; a.A. Götz, ZGR 1990, 633. 5 So aber Säcker, Aufsichtsratsausschüsse, S. 28. 6 Wie hier Lieder, DB 2004, 2254; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 647; a.A. Lange, DStR 2003, 376, 380. 7 Neuere Untersuchungen zur Häufigkeit und zum Inhalt solcher Kataloge fehlen, vgl. Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 51 ff. 8 BGH v. 15.11.1993 – II ZR 235/92, BGHZ 124, 111, 127 = AG 1994, 124; Hopt/ Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 595; Hambloch-Gesinn/Gesinn in Hölters, Komm. AktG, § 111 Rn. 75; Theisen, Die Überwachung der Unternehmungsführung, S. 352.
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b) Umfang und Katalog 118
Zustimmungsvorbehalte haben den Zweck, dem Aufsichtsrat eine Vorwegkontrolle zu ermöglichen, eine Art „Vier-Augen-Prinzip“ übertragen auf die beiden Organe Vorstand und Aufsichtsrat. Sie können vom Aufsichtsrat aber auch strategisch als Steuerungsinstrument für seine Beteiligung an wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen eingesetzt werden1. Schon daraus ergibt sich eine Beschränkung auf wesentliche und ggf. risikoreiche Geschäfte und Entscheidungen. Der Vorstand darf in der Führung des Tagesgeschäftes nicht beeinträchtigt werden und der Aufsichtsrat darf sich nicht selbst überlasten2. Zustimmungsvorbehalte können nur für „bestimmte Arten von Geschäften“ (so wörtlich § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG) festgelegt werden. Ausgeschlossen sind damit generalklauselartige Zustimmungsvorbehalte wie etwa „alle bedeutenden Geschäfte“3; die vom Zustimmungsvorbehalt erfassten Geschäfte müssen vielmehr nach allgemeinen Merkmalen bestimmt werden. Beispiele für solche Zustimmungsvorbehalte sind4: (1) Die Jahresplanung (Budget) und die Investitionsplanung sowie deren Änderungen und Überschreitungen5; (2) Gründung und Schließung von Tochtergesellschaften und Niederlassungen im In- und Ausland, soweit diese nicht nur reine Vertriebsaufgaben haben; (3) Erwerb und Veräußerung von Unternehmen und Unternehmensteilen über x Euro hinaus; (4) Erwerb und Veräußerung von Grundbesitz über x Euro hinaus; (5) Aufnahme von Krediten über x Euro hinaus; (6) Gewährung von Krediten über x Euro hinaus; (7) Einführung und Änderung von Beteiligungs- und Optionsplänen gleich welcher Ausgestaltung für Mitarbeiter; (8) Aufnahme neuer Produkte und Produktionen sowie deren Aufgabe;
1 Vgl. Schima, Der Gesellschafter (Öster.) 2012, 35. 2 Säcker/Rehm, DB 2008, 2814, 2818; Fleischer, BB 2013, 835. 3 OLG Stuttgart v. 27.2.1979 – 12 U 171/77, WM 1979, 1296, 1300; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 62; Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 106; Rodewig in Semler/ v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 28; Grigoleit/ Tomasic in Grigoleit, Komm. AktG, § 111 Rn. 46; ebenso Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 304 bezüglich eines Vorbehalts bei „allen Geschäften, die über den laufenden Geschäftsbetrieb hinausgehen“. 4 Vgl. aber auch den sehr viel umfangreicheren und deshalb (Überlastung des Aufsichtsrats) problematischen Katalog von Ziemons in Nirk/Ziemons/Binnewies, Hdb. Aktiengesellschaft, Rn. I 8.620. 5 So schon vor über 50 Jahren Schilling, JZ 1967, 615.
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(9) Bestellung und Abberufung von Vorständen und Geschäftsführern in wesentlichen Tochtergesellschaften; (10) Abschluss und Kündigung von Unternehmensverträgen in wesentlichen Tochtergesellschaften; (11) Der Vorstand ist verpflichtet, für die Einführung gleicher Zustimmungsvorbehalte in wesentlichen Tochtergesellschaften zu sorgen verbunden mit der Pflicht, seine Zustimmung erst nach der Zustimmung des Aufsichtsrats zu erteilen. Auch der Abschluss von Haustarifverträgen und Betriebsvereinbarungen kann der Zustimmung des Aufsichtsrats unterworfen werden. Es ist kein Ansatz dafür ersichtlich, insoweit immanente Schranken aus der Tarifautonomie der Gewerkschaften oder den Kompetenzen der betriebsverfassungsrechtlichen Organe abzuleiten1. Im Übrigen ist dieser Katalog unspezifisch und sollte um unternehmensspezifische Geschäfte von besonderem Risiko oder besonderer Bedeutung ergänzt werden, wie etwa (12) Annahme oder Vergabe von Bauaufträgen in Höhe von mehr als 100 Mio. Euro oder (13) die Vergabe eines Bauauftrages für ein Schiff von mehr als 50 Mio. Euro oder (14) die Bestellung von Flugzeugen für mehr als 50 Mio. Euro. Ausnahmsweise können aber auch einzelne Geschäfte von herausragender Bedeutung für die Gesellschaft der Zustimmungspflicht unterworfen werden2. Als Beispiel kann man etwa an den Jahresvertrag eines Zulieferer-Unternehmens mit seinem Hauptkunden denken. Zustimmungspflichten in diesem Zusammenhang sind in der Praxis aber offenbar selten.
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Zustimmungsvorbehalte können auch und gerade rein unternehmensinterne Maßnahmen betreffen, insbesondere also auch unternehmerische Planungen des Vorstands3, wie etwa Großinvestitionen oder das jährliche Investitionsbudget. Überhaupt werden Maßnahmen vorausschauender
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1 Ebenso Vogel, Aktienrecht und Aktienwirklichkeit, S. 227; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 28. Zur Frage des Stimmrechtsausschlusses vgl. unten Rn. 894 ff. 2 BGH v. 15.11.1993 – II ZR 235/92, BGHZ 124, 111, 127 = AG 1994, 124; Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 106; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 79; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 55; Hüffer, Komm. AktG, § 111 Rn. 18; Götz, ZGR 1990, 633, 642 f.; a.A. aber Hoffmann/ Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 304, der Einzelgeschäfte ausnahmslos ausnimmt; ablehnend auch Raiser/Veil, Kapitalgesellschaften, § 15 Rn. 7; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 151 f. 3 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 55; Rodewig in Semler/ v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 32; Kropff, NZG 1998, 613, 616 f.; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaften, § 15 Rn. 10; Haber-
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§3
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Planung von der Betriebswirtschaftslehre als besonders geeignet für Zustimmungsvorbehalte und damit für förmliche Beratungspflichten mit dem Vorstand angesehen. 121
Begrenzt wird das Recht zur Anordnung von Zustimmungsvorbehalten durch die Befugnis des Vorstands zu autonomer Leitung der Gesellschaft (§ 76 AktG). Um diese nicht zu beeinträchtigen, dürfen Zustimmungsvorbehalte zum einen nur für bedeutsame Angelegenheiten angeordnet werden, zum anderen müssen sie auch in diesem Bereich in ihrem Umfang bestimmt und begrenzt bleiben. Nicht nur für Routinegeschäfte sind Zustimmungsvorbehalte deshalb unzulässig, sondern unzulässig wäre es auch, alle „wichtigen“ Geschäfte pauschal für zustimmungsbedürftig zu erklären oder den Zustimmungskatalog in konkreter Form auf alle oder den Großteil der Vorstandsentscheidungen zu erstrecken1.
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Unter Hinweis auf die Leitungsverantwortung des Vorstands (§ 76 Abs. 1 AktG) und das Geschäftsführungsverbot des Aufsichtsrats (§ 111 Abs. 4 Satz 1 AktG) wird es teilweise für unzulässig gehalten, eine Mehrjahresplanung von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig zu machen. Die nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG erforderliche konkrete Bezeichnung der zustimmungspflichtigen Geschäfte sei außerdem nur bei einzelnen Planungsmaßnahmen und eventuell bei der jährlichen Budgetplanung möglich2. Tatsächlich bleibt die gesetzliche Zuordnung der Geschäftsführung zum Vorstand jedoch auch bei einer zustimmungspflichtigen Mehrjahresplanung unangetastet, da der Aufsichtsrat seine abweichenden geschäftspolitischen Vorstellungen nicht mit der Forderung nach einer Neuplanung durchsetzen kann. Der Vorstand ist nur dann verpflichtet, die vom Aufsichtsrat geforderten Planungsänderungen vorzunehmen, wenn seine ursprüngliche Planung gegen fachliche Grundsätze, die Satzung oder die Geschäftsordnung verstoßen hat3. Außerdem hat die Anordnung dieses Zustimmungsvorbehalts den Vorteil, dass der Aufsichtsrat gezwungen ist, sich eingehend mit der Planung auseinanderzusetzen und Stellung zu beziehen4.
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sack in FS Hüffer, 2010, S. 259, 268 ff.; Schilling, JZ 1967, 615; einschränkend v. Rechenberg, BB 1990, 1356 ff. H.M., vgl. nur Säcker/Rehm, DB 2008, 2814; Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 106 ff.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 79 m.w.N.; ebenso Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 304; Ulmer/Habersack in Ulmer/ Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 62; etwas zu eng Götz, ZGR 1990, 633, 640 ff., der Zustimmungsvorbehalte auf Geschäfte i.S. von § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG beschränken will. Hüffer, Komm. AktG, § 111 Rn. 18; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 86; a.A. Lutter, AG 1991, 249, 254. Im Übrigen vgl. bereits oben Rn. 80 ff. Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 70; Kropff, NZG 1998, 613, 616; Lieder, DB 2004, 2251, 2255. Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 300.
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Einwirkungsmöglichkeiten des Aufsichtsrats
§3
c) Die Erteilung oder Versagung der Zustimmung; Information des Aufsichtsrats Sie ist nur im Innenverhältnis zwischen Vorstand und Gesellschaft von Bedeutung. Auch bei versagter Zustimmung kann der Vorstand nach außen wirksam handeln, er darf es aber nicht und handelt pflichtwidrig, wenn er sich über das Fehlen der Zustimmung hinwegsetzt1, und wird nach § 116 AktG schadensersatzpflichtig. Gegen die Zustimmungsverweigerung des Aufsichtsrats kann der Vorstand jedoch die Hauptversammlung anrufen, die dann anstelle des Aufsichtsrats mit 3/4-Mehrheit die Zustimmung erteilen kann (§ 111 Abs. 4 Sätze 3 und 4 AktG). Praktisch kommt das nicht vor.
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Ist die Zustimmung des Aufsichtsrats zu einer Maßnahme des Vorstands vorbehalten, so bedarf es ihrer Einholung vor Durchführung des beabsichtigten Geschäfts. Bei einer nur nachträglichen Genehmigung stünde der Aufsichtsrat vor vollendeten Verhältnissen, und es wäre der Zweck des Zustimmungsvorbehalts schlechthin verfehlt2. Die Gegenansicht trifft daher nicht zu und selbst die Auffassung, eine nachträgliche Zustimmung genüge ausnahmsweise in dringenden Fällen3, begegnet erheblichen Bedenken. Angesichts der Möglichkeiten fernmündlicher Beschlussfassung und schriftlicher Stimmabgabe (§ 108 Abs. 3 und 4 AktG) ist der Aufsichtsrat auch Eilsituationen in der Regel gewachsen, so dass in jedem Fall zumindest der Versuch unternommen werden kann, eine vorherige Entscheidung des Aufsichtsrats zu erlangen. Allenfalls wenn der Versuch scheitert und die Entscheidung keinen Aufschub mehr duldet, darf der Vorstand ohne vorherige Einwilligung des Aufsichtsrats handeln. Und das alles gilt naturgemäß erst recht, wenn die Zustimmungsbefugnis an einen Ausschuss delegiert ist: An ihm vorbei zu handeln, dürfte im Zweifel stets pflichtwidrig vom Vorstand sein4.
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Es handelt sich hier um die notwendige Kooperation zwischen Vorstand und Aufsichtsrat: Der Vorstand will die Zustimmung des Aufsichtsrats. Es liegt auf der Hand, dass die Einwilligung des Aufsichtsrats ein voll-
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1 OLG Köln v. 22.1.2009 – 18 U 142/07, NZG 2009, 1223; Grigoleit/Tomasic in Grigoleit, Komm. AktG, § 111 Rn. 53; h.M. 2 H.M., vgl. Baumbach/Hueck, Komm. AktG, § 111 Anm. 12; Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 123; Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 54; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 106; Seebach, AG 2012, 70, 71; differenzierend Bauer, Organklagen, S. 97: grundsätzlich vorherige Zustimmung, Ausnahmen bei besonders eiligen Geschäften; a.A. Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 680 ff. und Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 302. 3 So aber die h.M., vgl. Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 50; Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 124; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 106; HoffmannBecking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 58; enger Götz, ZGR 1990, 633, 643 f. 4 Ebenso Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 56.
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§3
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ständiges Maß seiner Information bedingt, da dieser anders die zur Debatte stehende Entscheidung für die Gesellschaft nicht mittragen kann. Die erforderliche Information wird hier üblicherweise als Begründung des Vorstands über die eigenen Vorstellungen gegeben, soweit diese Informationen nicht bereits in den beizufügenden Unterlagen enthalten sind1. Diese Begründung sollte zunächst einmal den reinen Sachverhalt schildern. Sodann sind die Vor- und Nachteile der betreffenden Maßnahme insbesondere für Liquidität und Ertrag darzustellen. Erst nach diesem Sachbericht sollte der Vorstand dann seine Gründe für die betreffende Maßnahme erläutern und den Sachverhalt aus seiner Sicht hinsichtlich der Notwendigkeiten und der Vorzüge für die Gesellschaft bewerten2. Trotz all dieser Informationen mag der Aufsichtsrat sachlich überfordert sein3. Er ist dann berechtigt und verpflichtet, sachverständigen Rat eines unabhängigen Experten einzuholen4. Dessen schriftliche Stellungnahme hat der Aufsichtsrat dann auf Stringenz und Plausibilität zu prüfen, ehe er dem entsprechenden Rat folgt5. 126
Ob der Aufsichtsrat die Zustimmung erteilt, unterliegt seinem pflichtgemäßen Ermessen; hält er die vom Vorstand beabsichtigte Maßnahme für unvertretbar, muss er sie untersagen; hält er sie zwar für vertretbar, eine andere Maßnahme aber für zweckmäßiger, darf er die Zustimmung verweigern, muss es aber nicht.
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Der Aufsichtsrat muss über statutarisch festgelegte Zustimmungsvorbehalte in jedem Einzelfall entscheiden. Eine Generalzustimmung/ Vorwegzustimmung kommt hier nicht in Betracht, weil sie faktisch einer Aufhebung des statutarischen Gebotes gleichkommen würde. Dafür ist der Aufsichtsrat nicht zuständig. Anders ist es bei vom Aufsichtsrat selbst festgelegten Zustimmungsvorbehalten. Diese kann der Aufsichtsrat ändern und einschränken, also auch durch eine Generalzustimmung/Vorwegzustimmung6.
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Innerhalb des Aufsichtsrats kann die Entscheidung einem Ausschuss übertragen werden. Das Delegationsverbot des § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG 1 Entscheidet der Aufsichtsrat auf der Grundlage unzureichender Information, so verletzen er und der Vorstand ihre Pflichten: OLG Oldenburg v. 22.6.2006 – 1 U 34/03, DB 2006, 2511 = GmbHR 2006, 1263. 2 Vgl. Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 90; Seebach, AG 2012, 70, 72. 3 So war es objektiv in den Fällen der Vorstände und Geschäftsführer in BGH v. 14.5.2007 – II ZR 48/06, AG 2007, 548 = ZIP 2007, 1265 und BGH v. 20.9.2011 – II ZR 234/09, AG 2011, 876. 4 Einzelheiten bei Selter, AG 2012, 11 ff. Die Situation unterscheidet sich nicht vom überforderten Vorstand oder Geschäftsführer. 5 Vgl. dazu BGH v. 20.9.2011 – II ZR 234/09, AG 2011, 876 sowie Fleischer, ZIP 2009, 1397. 6 Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 126.
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Einwirkungsmöglichkeiten des Aufsichtsrats
§3
nennt die Zustimmungsvorbehalte des § 111 Abs. 4 AktG gerade nicht1. Auch hier ist eine Generalzustimmung/Vorwegzustimmung (nur) für vom Aufsichtsrat selbst festgelegte Zustimmungsvorbehalte möglich. Das setzt aber eine entsprechende Ermächtigung seitens des Plenums voraus. Die Entscheidung des Aufsichtsrats/des Ausschusses wird dem Vorstand vom jeweiligen Vorsitzenden mitgeteilt.
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d) Einzelne Zustimmungsvorbehalte Entscheidungen über größere Investitionen der Gesellschaft, insbesondere über den Erwerb von Unternehmensbeteiligungen, werden häufig einem Zustimmungsvorbehalt unterworfen. Der Aufsichtsrat muss sich vor Erteilung seiner Zustimmung zu einer solchen Investition vergewissern, dass deren Chancen und Risiken von der Geschäftsführung sorgfältig gegeneinander abgewogen werden2. Dazu muss er umfassende Informationen vom Vorstand einfordern; die Rentabilität der Investition ist ihm durch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung nachzuweisen3. Seine Zustimmung sollte der Aufsichtsrat unter der Auflage erteilen, dass der Vorstand regelmäßig über die Entwicklung der Investition berichtet4.
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Erfolgt die Investition in Form eines Unternehmens- oder Beteiligungskaufs, trifft den Aufsichtsrat die Pflicht, die Vorlage eines Bewertungsgutachtens oder zumindest dessen Zusammenfassung hinsichtlich des zu erwerbenden Objekts zu verlangen. Das Gutachten kann der Vorstand selbst erstellen, er kann sich dazu auch externer Gutachter bedienen, muss dann aber zu dessen Vorgehensweise und Ergebnissen gegenüber dem Aufsichtsrat Stellung nehmen5. Vermehrt wird vor einem Beteiligungs- oder Unternehmenserwerb bei Zustimmung des Zielunternehmens die aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis stammende due diligence-Prüfung vorgenommen, in deren Rahmen die mit dem Erwerb verbundenen Risiken ermittelt und bewertet werden sollen. Trotz der nur eingeschränkten Zulässigkeit der due diligence6 und deren noch nicht abschließend geklärten gewährleistungsrechtlichen Folgen7 muss
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1 Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 26 und 35 und Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 61a. 2 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 5. Aufl., S. 319 (in Neuauflage nicht mehr enthalten). 3 Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 85; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 5. Aufl., S. 319 (in Neuauflage nicht mehr enthalten). 4 Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 83. 5 Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 76 f. 6 Vgl. dazu Lutter, ZIP 1997, 613 ff.; weitergehend Mertens, AG 1997, 541 ff. 7 Näher dazu Loges, DB 1997, 965, 967 ff.; Merkt, BB 1995, 1041, 1046 ff. sowie Eggenberger, Gesellschaftsrechtliche Voraussetzungen und Fragen einer due dili-
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§3
Die allgemeine Überwachung durch den Aufsichtsrat
heute eine allgemeine und regelmäßige Pflicht des Vorstands zur Durchführung dieser Prüfung angenommen werden1, deren Ergebnis dem Aufsichtsrat vorzulegen ist. Unabhängig davon muss sich der Aufsichtsrat jedenfalls darüber informieren, welche Risiken die Geschäftsleitung bereit ist einzugehen, ob das nach dem Zustand der eigenen Gesellschaft gerechtfertigt ist und wie man sich dagegen durch Gewährleistungsvereinbarungen mit dem Verkäufer abgesichert hat. Die Existenz der eigenen Gesellschaft darf selbst im worst case nie in Frage stehen2. Letztendlich hat der Aufsichtsrat zu prüfen, ob sich der Erwerb in die Unternehmensstrategie, wie sie in der Mittelfrist- und Langzeitplanung dargelegt wurde, einfügt3. 132
Im Rahmen von Personalentscheidungen sollten Zustimmungsvorbehalte aus Praktikabilitätsgründen nur für Angestellte direkt unterhalb des Vorstands angeordnet werden. Ferner sollte die Entscheidung über die Zustimmung einem Personalausschuss übertragen werden. e) Nicht-Einhaltung der Vorgaben von Satzung und Aufsichtsrat
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Beachtet der Vorstand die Zustimmungsrechte des Aufsichtsrats nicht, so ist das eine klare Pflichtverletzung, die zur Schadensersatzpflicht der Mitglieder des Vorstands nach § 93 Abs. 2 AktG führt4. Das gilt auch, wenn der Vorstand glaubt, die Zustimmung nachholen zu können. Der Aufsichtsrat ist in keiner Weise verpflichtet, nachträglich zuzustimmen. Der Vorstand, der ohne Zustimmung handelt, handelt auf eigenes Risiko. Die Business Judgment Rule des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG findet hier keine Anwendung.
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gence-Prüfung, 2001; Hölters in Hölters, Handbuch Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2010, Rn. I, 167; Semler in Hölters, Handbuch Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2010, Rn. VII, 47. Schüppen, BB 2012, Heft 39 „Die Erste Seite“ m.N. aus der Rspr.; Kiethe, NZG 1999, 976, 982 f., der für den Fall, dass das Zielunternehmen eine due diligencePrüfung nicht zulässt, eine Pflicht des Vorstands zur Ablehnung des Erwerbs annimmt. Vgl. auch die due diligence-Checkliste von Wegen, WiB 1994, 291 ff. Bei dem Erwerb der großen Alpe Adria durch die Bayerische Landesbank hat deren Verwaltungsrat zugestimmt und der Vorstand den Vertrag abgeschlossen, ehe die due diligence fertiggestellt war. Das u.a. ist heute der Grund für eine Haftungsklage gegen die damaligen Vorstands- und zwei der damaligen Verwaltungsratsmitglieder. Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 78. Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 79; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 5. Aufl., S. 320 (in Neuauflage nicht mehr enthalten). OLG Köln v. 22.1.2009 – 18 U 142/07, NZG 2009, 1223.
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Einwirkungsmöglichkeiten des Aufsichtsrats
§3
4. Abberufung von Vorstandsmitgliedern Zur Abberufung von Vorstandsmitgliedern als einer Maßnahme der Einwirkung auf die Geschäftsführung und deren Kontrolle vgl. Rn. 331 und 361 ff. Dabei vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich sowohl bei der korporativen Abberufung als auch bei der Kündigung des Anstellungsvertrages und dem etwaigen Rechtsstreit daraus1.
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Eine solche Abberufung ist nahezu zwangsläufig, wenn der Vorstand gegen das oberste Gebot der unbedingten Offenheit gegenüber dem Aufsichtsrat verstoßen und diesen etwa belogen hat2. 5. Einwirkungsmöglichkeiten im Rahmen der Feststellung des Jahresabschlusses Vgl. Rn. 482 ff.
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6. Einberufung der Hauptversammlung Der Überwachungsaufgabe nutzbar gemacht werden kann schließlich 136 auch das Recht des Aufsichtsrats, gemäß § 111 Abs. 3 AktG eine Hauptversammlung einzuberufen, wenn es das Wohl der Gesellschaft verlangt. Der Aufsichtsrat kann auf diese Weise Beschlüsse über Angelegenheiten aus dem Zuständigkeitsbereich der Hauptversammlung (§ 119 Abs. 1 AktG) initiieren und der Hauptversammlung Gelegenheit geben, Vorstandsmitgliedern das Vertrauen zu entziehen und so einen wichtigen Grund zu deren Abberufung statuieren (§ 84 Abs. 3 Satz 2 AktG). Man wird es aber auch für zulässig halten müssen, der Hauptversammlung die Möglichkeit zur Erörterung von Geschäftsführungsfragen zu bieten3. Entscheiden kann sie in Fragen der Geschäftsführung zwar in der Regel nur auf Verlangen des Vorstands (§ 119 Abs. 2 AktG4). Hat sie aber das Recht, Maßnahmen des Vorstands zum Anlass für einen Vertrauensentzug zu 1 BGH v. 9.10.1986 – II ZR 284/85, AG 1987, 19; der Aufsichtsrat ist in diesen Streitigkeiten auch dann vertretungsbefugt, wenn die Organstellung des Vorstandsmitgliedes vorher durch Zeitablauf erloschen ist, BGH v. 8.2.1988 – II ZR 159/87, BGHZ 103, 213 = AG 1988, 168 und BGH v. 22.4.1991 – II ZR 151/90, WM 1991, 941 = AG 1991, 269. 2 OLG München v. 14.3.2012 – 7 U 681/11, GWR 2012, 347 = AG 2012, 753. 3 Ebenso Biener, BFuP 1977, 489; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 167 f.; a.A. Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 89 ff.; Zöllner, Kölner Komm. AktG, 1. Aufl., § 119 Rn. 33. 4 Nur ausnahmsweise hat der Vorstand die Pflicht, die Hauptversammlung zur Entscheidung einer außergewöhnlichen Maßnahme einzuberufen: vgl. BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 = AG 1982, 158 (Holzmüller) und dazu Lutter in FS Stimpel, 1985, S. 825 ff. sowie BGH v. 26.4.2004 – II ZR 155/02, BGHZ 159, 30 = AG 2004, 384 (Gelatine I) und BGH v. 26.4.2004 – II ZR 154/02, ZIP 2004, 1001 = NZG 2004, 575 (Gelatine II); dazu Fleischer, NJW 2004, 2335 und Götze, NZG 2004, 585. Eine derartige Pflicht besteht bei Ausgliederung
67
§3
Die allgemeine Überwachung durch den Aufsichtsrat
nehmen, kann ihr vorbeugend durchaus das Recht zuerkannt werden, besonders gewichtige Fragen auch ohne ein entsprechendes Begehren des Vorstands zu erörtern und – wenn auch unverbindlich – zu ihnen Stellung zu nehmen.
V. Summa 137
Überwachung sagt sich leicht und ist doch schwer zu handhaben, weil sie neben der rückwärts gerichteten Überwachung nach Art des § 90 AktG die künftigen Risiken und Entwicklungen im Auge behalten muss1. In diesem Zusammenhang ist es außerordentlich nützlich, auch einen Blick auf betriebswirtschaftliche Arbeiten zu werfen2, zumal durch diese schon vor einiger Zeit „Grundsätze ordnungsgemäßer Überwachung“ entwickelt worden sind3, die sehr viel stärker die künftige statt der historischen Entwicklung der Gesellschaft im Auge haben.
138–140 Einstweilen frei.
der Datenverarbeitung nicht, LG Darmstadt v. 6.5.1986 – 14 O 328/85, ZIP 1986, 1389 = AG 1987, 218 und dazu Kort, AG 1987, 193 ff. 1 Hätten die Aufsichtsräte der Industriebank AG (IKB) und die Verwaltungsräte der Sächsischen Landesbank das getan, dann hätten sie gemerkt, dass beide Unternehmen ein Risikopotential von je 25–30 Mrd. Euro angehäuft hatten und wären vor der Katastrophe eingeschritten. Vgl. dazu Lutter, ZIP 2009, 197. 2 Dazu siehe Hommelhoff/Schwab, ZfbF-Sonderheft 36/1996, S. 149 ff. 3 Arbeitskreis „Externe und interne Überwachung der Unternehmung“ der Schmalenbach Gesellschaft, DB 1995, 1; Theisen, Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensüberwachung, 1998, S. 250 ff.
68
§4 Die Überwachung im Konzern I. Erweiterung der Überwachungsaufgaben des Aufsichtsrats 1. Der Konzern Aktiengesellschaften und größere (500–2000 Arbeitnehmer)1 und große GmbHs (mehr als 2000 Arbeitnehmer)2 sind heute nahezu ausnahmslos Teil eines Unternehmensverbundes, eines Konzerns. Der Konzern als die Verbindung von einem herrschenden Unternehmen (Obergesellschaft) und einem oder mehreren abhängigen Unternehmen (Tochtergesellschaften) unter der einheitlichen Leitung der Obergesellschaft (§ 18 Abs. 1 AktG) hat selbst aber keine eigene Rechtsform, sondern ist der funktionale Zusammenschluss aus mehreren (gar nicht selten mehreren hundert)3 rechtlich selbständigen Gesellschaften unterschiedlicher Rechtsform und unterschiedlicher Nationalität4. Diese abhängigen Gesellschaften leben je nach den Regeln des für sie zuständigen Rechts. Insoweit ergeben sich keine Besonderheiten gegenüber dem bisher Gesagten5.
141
2. Gründe für die Erweiterung Im Konzern aber werden alle Dinge komplexer und schwieriger. Denn einerseits gelten für alle Konzerngesellschaften die Regeln ihres eigenen Rechts weiter, haben ihre Aufsichtsräte die Geschäftsführung von Vorständen oder Geschäftsführern ihrer Gesellschaften zu überwachen etc., andererseits erweitert sich zugleich der unternehmerische Handlungsspielraum des Vorstands einer Obergesellschaft. Denn der Konzern ist vom Gesetz definiert durch die einheitliche Leitung mehrerer Unterneh-
1 Gesellschaften, die einen Aufsichtsrat haben müssen, in dem die Arbeitnehmer ein Drittel der Sitze innehaben (§ 4 Abs. 1 DrittelbG); siehe dazu oben Rn. 8. 2 Gesellschaften, die einen Aufsichtsrat haben müssen, in dem die Arbeitnehmer die Hälfte der Sitze innehaben (§§ 1 ff. MitbestG); siehe oben Rn. 8. 3 Die frühere VEBA und heutige e-on AG soll mehr als 1000 abhängige Tochter-, Enkel- und Urenkel-Gesellschaften haben. 4 Von besonderer Bedeutung sind heute die nach ausländischem Recht gegründeten und im Ausland ansässigen Tochtergesellschaften: Für sie ist allein das betreffende ausländische Recht maßgebend, vgl. Großfeld in Staudinger, Internationales Gesellschaftsrecht, Rn. 188 ff.; Assmann, Großkomm. AktG, Einl. Rn. 517 ff.; Bayer in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, Anh I zu § 4a Rn. 9 ff. 5 Die vier großen derzeitigen oder ehemaligen Tochter-Aktiengesellschaften der e-on AG (VEBA Öl AG, VEBA Chemie AG, VEBA Handel AG und PreußenElektra AG) haben je ihren eigenen, nach den Regeln des MitbestG gebildeten Aufsichtsrat.
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142
§4
Die Überwachung im Konzern
men aus einer Obergesellschaft heraus (§ 18 Abs. 1 AktG)1. Die Leitung der Obergesellschaft bestimmt also nicht mehr nur das Geschehen im eigenen Unternehmen, sondern zugleich – mehr oder minder – das in einer oder mehreren anderen Gesellschaften. Mittel dieser Leitung über weitere, „fremde“ Gesellschaften sind Unternehmensverträge (Vertragskonzern) und Beteiligungen (faktischer Konzern). Dehnt sich aber der Handlungsspielraum des Vorstands aus, so kann das nicht unkontrolliert geschehen: Parallel dazu weitet sich auch der Aufgabenkreis des Aufsichtsrats aus. Grundlage für diese Aussage ist die Erkenntnis, dass diese einheitliche Leitung auch der anderen Gesellschaften zugleich Geschäftsführung für die Obergesellschaft ist2. Der Aufsichtsrat hat aber die gesamte Geschäftsführung des Vorstands, also auch diejenige im Zusammenhang mit der Konzernleitung zu überwachen (§ 111 Abs. 1 AktG)3. Das wird auch bestätigt durch §§ 171, 337 AktG, wonach der Konzernabschluss einschließlich des Konzernlageberichts und des Prüfungsberichts des Abschlussprüfers eben diesem Aufsichtsrat der Obergesellschaft zur Prüfung vorzulegen ist4. Das aber erhält seinen Sinn nur aus der Pflicht des Aufsichtsrats zur Überwachung auch der konzernleitenden Maßnahmen seines Vorstands5. 143
Diese schon immer richtige Sicht wird durch § 90 Abs. 1 Satz 2 AktG bestätigt, wonach gilt:
1 Zum Begriff der einheitlichen Leitung vgl. Koppensteiner, Kölner Komm. AktG, § 18 Rn. 15; Krieger, Münchener Hdb. AG, § 68 Rn. 67 ff.; zur Stellung des Aufsichtsrats im beherrschten Unternehmen vgl. Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 456 ff. und Turner, DB 1991, 583 f. 2 Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 156; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 28; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 369 ff.; v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 7 Rn. 72; Timm, AG 1980, 172, 181; Lutter, AG 2006, 517 ff.; Henze, BB 2005, 165, 168. 3 Nach Uwe H. Schneider, BB 1981, 249, 252 (für den GmbH-Konzern Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 187) sind auch die geschäftsführenden Organe der nachgeordneten Konzerngesellschaften durch den Aufsichtsrat der Obergesellschaft zu überwachen. Dem steht jedoch die rechtliche Selbständigkeit der Konzernunternehmen entgegen, vgl. v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 7 Rn. 71. Wie hier Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, 1982, S. 188; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 401; Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 52; Hambloch-Gesinn/Gesinn in Hölters, Komm. AktG, § 111 Rn. 24 f.; Krieger, Münchener Hdb. AG, § 69 Rn. 30; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 500 ff. Ebenso Enzinger, Der Aufsichtsrat im Konzern, in Kalss/ Kunz, Handbuch für den Aufsichtsrat, Rn. 18 ff. 4 Auch über diese Prüfung hat der Aufsichtsrat an die Hauptversammlung zu berichten, § 171 Abs. 2 und 3 AktG; vgl. im Übrigen unten Rn. 561 ff. 5 Hierzu näher Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 163; Lutter, AG 2006, 517, 518; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 369 ff.; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 381 ff.; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, 1982, S. 190; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 500.
70
Erweiterung der Überwachungsaufgaben des Aufsichtsrats
§4
„Ist die Gesellschaft Mutterunternehmen (§ 290 Abs. 1, 2 des Handelsgesetzbuchs), so hat der Bericht auch auf Tochterunternehmen und auf Gemeinschaftsunternehmen (§ 310 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs) einzugehen.“
Was aber dem Aufsichtsrat zu berichten ist, muss von ihm auch kontrolliert werden. Aufgrund dieser Erweiterung der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats der Obergesellschaft1 kann es zweckmäßig oder sogar erforderlich sein, offizielle Aufsichtsratsausschüsse zu bilden, die einzelne Konzernbereiche verstärkt überwachen2. 3. Besondere Schwierigkeiten der Überwachung im Konzern Der Konzern hat keine eigene Rechtsform, der Aufsichtsrat der Obergesellschaft ist daher auch nicht der förmliche Aufsichtsrat des Konzerns. In den Tochter- und Enkelgesellschaften ist er nicht Aufsichtsrat, ist nicht Organ im Verhältnis zur dortigen Geschäftsleitung, hat keine eigenen Informationsrechte diesen gegenüber3. Auch in schwierigen Situationen kann er nicht etwa die betreffende Tochtergesellschaft selbst besuchen und dort Einblick in die Bücher nehmen und sich mit der örtlichen Geschäftsleitung beraten. All das wäre nur mit Zustimmung des Vorstands der Obergesellschaft und mit Zustimmung der örtlichen Geschäftsleitung und den örtlichen Aufsichtsräten möglich. Daher muss sich der Aufsichtsrat der Obergesellschaft mit seinem Informationssystem (dazu näher unten Rn. 317), ggf. mit seinen Ausschüssen und mit seinen Möglichkeiten der Rückkoppelung zum Konzern-Abschlussprüfer (§ 111 Abs. 2 Satz 3 AktG) darauf einrichten, seine Überwachungsaufgabe im Konzern ebenfalls zentral und parallel zur Überwachung der Obergesellschaft und ihres Vorstands selbst zu organisieren und zu verwirklichen. Es ist gerade hier daran zu erinnern, dass der Aufsichtsrat für die Organisation seiner Überwachung und für diese selbst verantwortlich ist, bei Mängeln der Organisation seiner Überwachung und etwaigen Schäden daraus selbst einzustehen hat und ggf. selbst haftet. Das alles zeigen die §§ 90 Abs. 1 Satz 3, 171 Abs. 1 Satz 1 AktG mit der Informationspflicht des Vorstands über den Konzern und der Verantwortung des Aufsichtsrats der Obergesellschaft für den Konzernabschluss.
1 So auch Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 111 Rn. 28. Zur Überwachungspflicht des Vorstands/Geschäftsführung der Obergesellschaft bezüglich ihrer Tochtergesellschaften vgl. OLG Jena v. 12.8.2009 – 7 U 244/07, GmbHR 2010, 483 = NZG 2010, 226 und dazu Wilsing/Ogorek, NZG 2010, 216. 2 Krieger in Lutter, Holding-Handbuch, 4. Aufl. 2004, § 6 Rn. 39; Scheffler, DB 1994, 783, 797. Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325, 342 hält hingegen einen „Konzernausschuss“ nur bei unterschiedlichen Geschäftsbereichen von Ober- und Untergesellschaft für zweckmäßig. 3 So ausdrücklich der österr. OGH in seinem Urteil vom 17.6.2013 – 2 Ob 112/12b, JBl. 2013, 523, 527 unter Ziff. 5.2.2 der Gründe.
71
144
§4 145
Die Überwachung im Konzern
Die unten (Rn. 317) behandelte Informationsordnung des Aufsichtsrats ist mithin von Anfang an nicht nur auf die Obergesellschaft selbst, sondern auch auf den Konzern insgesamt so auszulegen, dass dessen wirtschaftliche und unternehmerische Entwicklung transparent und zugleich die Orte der etwaigen Schwachstellen im Konzern erkennbar sind: Der Aufsichtsrat der Obergesellschaft muss in relativ einfacher und klarer Weise erkennen können, ob die Obergesellschaft selbst erfolgreich arbeitet, der Konzern insgesamt im Prinzip ebenfalls, gravierende Schwächen aber bei der brasilianischen und der kanadischen Tochtergesellschaft aufgetreten sind: Darüber hat dann das Gespräch mit dem Vorstand zu erfolgen1.
II. Umfang der Erweiterung 146
Die Überwachung des Aufsichtsrats richtet sich nach der Geschäftsführung des Vorstands. Diese aber hat je nach der Organisation des Konzerns unterschiedlich starke Einwirkungsmöglichkeiten und Verantwortlichkeitsstrukturen in Bezug auf den Konzern2: Bei eingegliederten Gesellschaften treffen Ergebnis und Haftung voll die Obergesellschaft; hier ist der Aufsichtsrat nicht mehr und nicht weniger zur Überwachung verpflichtet wie bei einer Betriebsabteilung der eigenen Gesellschaft. Gleiches gilt aus praktisch gleichen Gründen bei Organschaftsverträgen (Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag) und, wegen der ungemein engen Verbindung, auch für die 100 %igen oder fast 100 %igen Tochtergesellschaften3. Im einfachen faktischen, auf Mehrheitsbesitz beruhenden Konzern ist der Handlungsspielraum des Vorstands der Obergesellschaft geringer, insbesondere wegen der §§ 311 ff. AktG; dem entspricht auch ein geringerer Überwachungsrahmen des Aufsichtsrats4.
III. Urteilsbildung im Aufsichtsrat über Konzernvorgänge 147
Während die Handlungen des Vorstands in der eigenen Gesellschaft ausgerichtet sind an deren Nutzen und Besten (Interessen), geht es bei den Konzerngesellschaften aus der Sicht des Vorstands der Obergesellschaft nicht nur um deren Bestes, sondern um die Förderung des Konzerns. Maßstab des Vorstandshandelns im Konzern ist das Konzerninteresse, die 1 Dazu Theisen in FS E. Frese, 1998, S. 442, 444 ff.; zum Ganzen Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 148 ff.; Lutter, AG 2006, 517, 518 ff. 2 Dazu Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 111 Rn. 29. 3 Zu beiden ausführlich Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 163 ff.; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 372. 4 Selbstverständlich unterliegt auch der schlichte Beteiligungsbesitz einer Gesellschaft und seine Verwaltung durch den Vorstand der Überwachung durch den Aufsichtsrat. Nur enthält das keine Besonderheiten aus dem Aspekt des Konzerns.
72
Urteilsbildung im Aufsichtsrat über Konzernvorgänge
§4
Förderung des Unternehmensverbundes als Ganzem1. Dieser Sicht hat der Aufsichtsrat bei der Überwachung und der Beurteilung des Vorstandshandelns zu folgen. Dabei sind insbesondere folgende Einzelaspekte zu beachten: 1. Rechtmäßigkeit a) Der Aufsichtsrat hat die Rechtmäßigkeit der Konzerngeschäftsführung zu überwachen2. Hier kommt dem Aufsichtsrat besondere Verantwortung zu im Hinblick auf die §§ 311 ff. AktG3 und die Einhaltung entsprechender Treuepflichten in der GmbH mit Minderheitsgesellschaftern durch den Vorstand der Obergesellschaft4. Daher hat der Aufsichtsrat mit großer Sorgfalt darauf zu achten, dass der Abhängigkeitsbericht nach §§ 313, 314 AktG keinerlei Beanstandungen von Seiten des Abschlussprüfers oder des Aufsichtsrats der betreffenden abhängigen Gesellschaft enthält5.
148
Zur Rechtmäßigkeit des Vorstandshandelns im Konzern als Aspekt der Überwachung durch den Aufsichtsrat gehört im internationalen (multinationalen) Konzern aber auch – soweit einschlägig – die Einhaltung des fremden Rechts6 sowie die Berücksichtigung der für multinationale Unternehmen festgelegten Grundsätze7. Auch wenn diese letzteren Grund-
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1 Ebenso Marsch-Barner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 13 Rn. 135 und v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 7 Rn. 202; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 367; Semler, MünchKomm. AktG, 2. Aufl., § 111 Rn. 233; Scheffler, DB 1994, 793, 797; demgegenüber sprechen sich für eine Verpflichtung des Vorstands allein auf das Unternehmensinteresse der Konzernobergesellschaft aus: Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325, 329 ff. und jetzt auch Habersack, MünchKomm. AktG, 3. Aufl., § 111 Rn. 54, während Krieger in Lutter, HoldingHandbuch, 4. Aufl. 2004, § 6 Rn. 30; Krieger, Münchener Hdb. AG, § 69 Rn. 32 mit guten Gründen zweifelt, ob Konzerninteresse und Interesse der Konzernobergesellschaft überhaupt miteinander in Konflikt stehen können; zur Auflösung des Streitstandes und Vereinbarung beider Begriffe miteinander siehe Löbbe, Unternehmenskontrolle, 2003, S. 64 ff. Aus österr. Sicht siehe Enzinger, Der Aufsichtsrat im Konzern, passim. 2 Lutter, AG 2006, 517, 519; zum Inhalt der Konzernleitungspflicht vgl. Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, 1982, S. 182 ff.; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 469 ff.; Götz, ZGR 1998, 524, 530 ff.; Reuter, DB 1999, 2250. 3 Ebenso Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 428; Krieger, Münchener Hdb. AG, § 69 Rn. 31; Uwe H. Schneider in FS Hadding, 2004, S. 621, 627. 4 Es gehört auch zu den Regeln ordnungsgemäßer Führung der Gesellschaft und des Konzerns, die Minderheit nicht durch Maßnahmen der Geschäftsführung zugunsten der Mehrheit zu benachteiligen; vgl. dazu BGH v. 5.6.1975 – II ZR 23/74, BGHZ 65, 15 ff. (ITT) (Konzernumlage). 5 Vgl. zur Prüfung des Abhängigkeitsberichts durch den Aufsichtsrat der abhängigen Gesellschaft unten Rn. 218. 6 Z.B. die Beachtung amerikanischen Kartellrechts, brasilianischen Steuer- und Devisenrechts etc. 7 Vgl. dazu Steeg, ZGR 1985, 1 ff. mit allen Nachw.
73
§4
Die Überwachung im Konzern
sätze kein formelles Recht sind1, so gehört ihre Berücksichtigung doch zu den Grundsätzen ordnungsgemäßer Konzerngeschäftsführung2. Das aber bedeutet, dass eine Abweichung von diesen Regeln jedenfalls der Begründung gegenüber dem Aufsichtsrat bedarf. 150
b) Zur ordnungsgemäßen Konzerngeschäftsführung durch den Vorstand der Obergesellschaft gehört auch, dass dieser für die Einhaltung von Gesetz und Recht in den Konzerngesellschaften sorgt3. Das geschieht etwa durch die Bestellung eines Compliance-Beauftragten (Compliance Officer) in der Obergesellschaft mit Zuständigkeit für den ganzen Konzern4 und der Aufgabe, bis in die letzte Urenkel-Gesellschaft für die Einhaltung von Gesetz und Recht zu sorgen, etwaige Verstöße festzustellen und zu ahnden bzw. ahnden zu lassen. Die ganz große Bedeutung dieses Bereichs wird deutlich, wenn man bedenkt, dass alle Verstöße der jüngeren Vergangenheit bei Tochter- und Enkelgesellschaften stattfanden, wegen der zentralen Verantwortung der Obergesellschaft aber dort zu sehr hohen Bußgeldern geführt haben. All das hat der Aufsichtsrat zu überwachen. Er ist also mitverantwortlich für die Compliance im Konzern5, muss sich über die getroffenen Maßnahmen laufend Bericht erstatten lassen und diese Maßnahmen mindestens auf ihre Plausibilität hin prüfen6. 2. Ordnungsmäßigkeit
151
Der Aufsichtsrat hat weiter auch hier auf die Ordnungsmäßigkeit der Konzerngeschäftsführung zu achten. Dazu gehört die Investitions-, Produkt-, Absatz-, Finanz- und vor allem die Personalplanung im Konzern7. Die Pflichten des Vorstands zur Planung und des Aufsichtsrats zur Über1 Deshalb spricht man in diesem Zusammenhang auch gerne von „soft law“, von „weichem“ Recht! Vgl. dazu Kolvenbach, ZGR 1986, 47, 49; Steeg, ZGR 1985, 1, 14 m.w.N. 2 Ebenso Scheffler, Corporate Governance, S. 147, 164; Krieger in Lutter, HoldingHandbuch, 4. Aufl. 2004, § 6 Rn. 31. 3 Der Kodex sagt dazu in Ziff. 4.1.3: „Der Vorstand hat für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und der unternehmensinternen Richtlinien zu sorgen und wirkt auf deren Beachtung durch die Konzernunternehmen hin (Compliance).“ Vgl. dazu auch Ringleb in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. Kodex, Rn. 582 ff. und Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 246 und 247; Kremer/ Klahold, ZGR 2010, 113, 122. 4 Vgl. dazu Brückle in Hauschka (Hrsg.), Corporate Compliance, 2. Aufl. 2011, § 8, S. 127 ff.; Kremer/Klahold, ZGR 2010, 113, 122. 5 Nicht zuletzt auf Initiative des Aufsichtsrats von Siemens wurde ein neues Vorstandsmitglied bestellt allein zur Sicherung der Compliance im Konzern. 6 Näher zur Compliance im Konzern Habersack in FS Möschel, 2011, S. 1175; Lutter in FS Goette, 2011, S. 289; Verse, ZHR 175 (2011), 401; Grundmeier, Rechtspflicht zur Compliance im Konzern, 2011. 7 Zur Planung im Konzern mit instruktiven Beispielen Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 324 ff.
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Urteilsbildung im Aufsichtsrat über Konzernvorgänge
§4
wachung der Planung bestimmen sich nach denselben Grundsätzen, die für die Einzelgesellschaft gelten1. Die Ordnungsmäßigkeit der Konzerngeschäftsführung betrifft aber auch eine sachgerechte und der Konzernpolitik angemessene Konzernorganisation. Diese darf weder dem Zufallsprinzip folgen noch in Unübersichtlichkeit zerfließen, sondern muss rational betriebswirtschaftlichen (und allerdings auch steuerlichen) Grundsätzen folgen2. Zur Ordnungsmäßigkeit der Konzerngeschäftsführung gehört auch die Einrichtung eines konzernweiten, betriebswirtschaftlichen Anforderungen genügenden Controlling-Systems3; das gilt umso mehr, als die großen Unternehmenskrisen des vergangenen Jahrzehnts ihren Ausgang bei Tochtergesellschaften im In- oder Ausland nahmen. Der Aufsichtsrat hat hier eine besonders wichtige und verantwortliche Kontrollaufgabe. § 91 Abs. 2 AktG spricht nur vom Risiko-Kontrollsystem der Gesellschaft (oben Rn. 87). Die dort statuierte Pflicht ist aber nur deklaratorischer Natur, formuliert nur, was sowieso Teil einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung ist. Daher auch gilt Gleiches für die ordnungsgemäße Konzerngeschäftsführung: der Vorstand ist zur Einrichtung eines konzernweiten Systems der Risiko-Früherkennung und eines konzernweiten Controllings verpflichtet4 und der Aufsichtsrat hat das zu überwachen, wobei er nach Lage der Dinge verpflichtet sein kann, den Prüfungsauftrag des Abschlussprüfers darauf zu erweitern5. Wichtig ist zu erkennen, dass zunächst einmal der Vorstand verpflichtet ist, das Geschehen in den Tochtergesellschaften zu überwachen bzw. überwachen zu lassen. Daran lässt das OWiG keine Zweifel6. Aber das gilt nicht nur für straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtliche Fragen, sondern für das gesamte wirtschaftliche Geschehen nach den Prinzipien Legalität, Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit. Für all das ist der Vorstand der Obergesellschaft zuständig7 und der Aufsichtsrat hat das seinerseits zu überwachen. 1 Siehe oben Rn. 80 ff. und Lutter, AG 1991, 249, 255. 2 Zu den verschiedenen Formen der Organisation eines Konzerns (z.B. Regionalprinzip, Spartenprinzip etc.) vgl. Bleicher, ZfO 1979, 243 ff., 328 ff.; Schwark, ZHR 142 (1978), 203, 205; v. Werder, Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensleitung im Konzern, in Albach (Hrsg.), Konzernmanagement, 2001, S. 145. 3 Krieger in Lutter, Holding-Handbuch, 4. Aufl. 2004, § 6 Rn. 32; Semler in Lutter, Holding-Handbuch, 4. Aufl. 2004, § 5 Rn. 93; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 531 f.; eingehend Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, 2006, S. 199 ff. 4 OLG Jena v. 12.8.2009 – 7 U 244/07, NZG 2010, 227 = GmbHR 2010, 483 und dazu Wilsing/Ogorek, NZG 2010, 210. 5 Nach § 317 Abs. 4 HGB muss das der Abschlussprüfer bei börsennotierten Gesellschaften in jedem Falle prüfen, und zwar konzernweit; vgl. Hopt/Merkt in Baumbach/Hopt, Komm. HGB, § 317 Rn. 10. 6 Lutter in FS Goette, 2011, S. 289 ff. und Grundmeier, Rechtspflicht zur Compliance im Konzern, 2011, passim. 7 Die Versäumung dieser Pflicht ist pflichtwidrig: OLG Jena v. 12.8.2009 – 7 U 244/07, NZG 2010, 226 = AG 2010, 376 und dazu Wilsing/Ogorek, NZG 2010, 216.
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§4
Die Überwachung im Konzern
3. Rentabilität 153
Von besonderer Bedeutung und großem Gewicht sind im Konzern die Fragen der Finanzierung und der Rentabilität (Wirtschaftlichkeit). Für Letztere gilt das Gleiche wie oben Rn. 89 zur Einzelgesellschaft ausgeführt, nur muss die Überwachung verstärkt betrieben werden im Hinblick auf die großen Gefahren aus einem Verlust der Gesamtrentabilität1 und die technischen Schwierigkeiten des Überblicks2. Im Übrigen ist die Finanzierung des Konzerns nach einheitlichen Aspekten geradezu ein konstitutives Element des Konzerns3. Sie ist heute von großer betriebswirtschaftlicher4 und rechtlicher Bedeutung5 einschließlich der Fragen, die sich aus Gewinnen und Verlusten im Konzern auf die Einbehaltung und Ausschüttung an die Aktionäre ergeben6. Dieser Bedeutung muss dann auch die Überwachung durch den Aufsichtsrat unter Berücksichtigung der Optimierung und der Sicherung (Liquidität) entsprechen. Die vom Gesetz (§ 90 Abs. 1 Satz 2 AktG mit § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 3 AktG) vorgeschriebenen vierteljährlichen Berichte des Vorstands an den Aufsichtsrat über die Entwicklung von Ertrag und Liquidität im Konzern entsprechen dieser Bedeutung (näher dazu unten Rn. 196 ff.). Der Aufsichtrat ist aber gut beraten, wenn er die Häufigkeit gerade dieser Berichte in seiner Berichtsordnung für den Vorstand erhöht und monatliche Berichte verlangt. 4. Zweckmäßigkeit
154
Schließlich hat der Aufsichtsrat auch im Konzernbereich die Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung des Vorstands zu überwachen. Das bedeutet auch hier mitnichten, dass er für die Durchsetzung seiner eigenen Meinung einzutreten hätte: Wie der Vorstand die Gesellschaft leitet, so leitet er – als Geschäftsleiter der Obergesellschaft – auch den Konzern in 1 VW hat an seiner Triumph/Adler AG nahezu 2 Mrd. DM (!) verloren; bei weiteren Verlusten von „nur noch“ 1 Mrd. DM wäre die Gesamtrentabilität des Unternehmens VW über Jahre hinaus fraglich geworden. An ähnliche Entwicklungen bei BMW, Daimler oder Metallgesellschaft sei erinnert. 2 Beton und Monierbau AG fiel in die Insolvenz vor allem wegen plötzlicher und hoher Verluste einer afrikanischen Tochtergesellschaft. Die Fast-Insolvenz der Metallgesellschaft hatte ihren Grund im riesigen Verlust einer amerikanischen Tochtergesellschaft. 3 So vor allem Koppensteiner, Kölner Komm. AktG, § 18 Rn. 26 ff. m.w.N. 4 Vgl. Reintges in Christians, Finanzierungshandbuch, S. 661 ff.; Schnabel, ZfB 51 (1981), 1238 ff. 5 Dazu vor allem Uwe H. Schneider, ZGR 1984, 497 ff.; sowie Lutter/Scheffler/ Uwe H. Schneider (Hrsg.), Handbuch Konzernfinanzierung, 1998, insbes. S. 1 ff. und S. 171 ff. Dazu auch Theisen in Lutter, Holding-Handbuch, 4. Aufl. 2004, § 11 S. 470 ff. 6 Dazu vor allem Götz, AG 1984, 93 ff.; Geßler, AG 1985, 257 ff.; Werner in FS Stimpel, 1985, S. 935, 940 ff.; Lutter in FS Goerdeler, 1987, S. 327 ff.; Lutter in Lutter/Scheffler/Uwe H. Schneider, Handbuch Konzernfinanzierung, 1998, Rn. 14.1 ff.
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Urteilsbildung im Aufsichtsrat über Konzernvorgänge
§4
eigener Verantwortung1. Der Aufsichtsrat aber hat – wie in der Gesellschaft – auch im Konzern für die Zweckmäßigkeit im Sinne von Plausibilität und innerer Folgerichtigkeit im Vorstandshandeln zu sorgen, auf Widersprüche hinzuweisen und für die Einhaltung der allgemeinen Regeln ordnungsmäßiger Konzerngeschäftsführung und Konzernorganisation zu sorgen. Bei einer faktisch herrschenden Obergesellschaft hat ihr Aufsichtsrat die Konzerngeschäftsführung auch dahingehend zu überwachen, dass diese durch die Art und Weise ihrer Einwirkung auf die abhängigen Gesellschaften nicht ein Haftungsrisiko der Obergesellschaft begründet2.
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5. Summa Der Inhalt der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats in der Konzernobergesellschaft im Hinblick auf die Konzerngeschäftsführung lässt sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen3:
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– Einhaltung der Vorschriften des Konzernrechts, – Einhaltung von Gesetz und Recht in allen Teilen des Konzerns und deren Sicherung durch geeignete Maßnahmen (Compliance), – Vorliegen einer zweckmäßigen Konzernorganisation, – Einrichtung eines Konzern-Controlling und eines konzernweiten Risiko-Managementsystems entspr. § 91 Abs. 2 AktG, – Zweckmäßigkeit der Vorgaben und Richtlinien der Konzernleitung sowie deren Beachtung und – Erzielung eines nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolges im Konzern. Hinsichtlich einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung in den abhängigen Gesellschaften kann sich der Aufsichtsrat der Obergesellschaft grundsätzlich darauf verlassen, dass diese durch eine ordnungsgemäße Überwachung der Tochteraufsichtsräte – soweit solche vorhanden sind – sichergestellt wird4. Von diesem Grundsatz sind allerdings zwei Ausnahmen zu machen: dann, wenn es sich um wesentliche wirtschaftliche Aktivitäten oder große Vermögensbindungen handelt5, oder wenn Anzeichen dafür bestehen, dass der Aufsichtsrat in der Untergesellschaft seinen Verpflichtungen nicht in ausreichendem Maße nachkommt6. 1 Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, 1982, S. 165 ff. 2 Vgl. etwa BGH v. 17.9.2001 – II ZR 178/99, ZIP 2001, 1874 = AG 2002, 43 (Bremer Vulkan). 3 Scheffler, DB 1994, 793, 796 f.; Lutter, AG 2006, 517 ff. 4 Hommelhoff, ZGR 1996, 144, 155 f., 159; Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider, Der Aufsichtsrat der Tochtergesellschaft, Der Aufsichtsrat 2009, 33. 5 Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325, 333; Scheffler, DB 1994, 793, 797; a.A. Hommelhoff, ZGR 1996, 144, 156. Beispielsweise VW in Bezug auf AUDI. 6 Hommelhoff, ZGR 1996, 144, 156.
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§4
Die Überwachung im Konzern
IV. Beratung mit dem Vorstand 158
Beratung ist Teil der Überwachung1. Da der Aufsichtsrat zur Überwachung der Konzernleitung und der Führung verbundener Unternehmen durch den Vorstand verpflichtet ist, gilt für die Beratung in Konzernfragen das Gleiche wie zu den Fragen der Gesellschaft selbst (siehe dazu oben Rn. 103 ff.).
V. Konzernweite Zustimmungsvorbehalte 159
1. Der Aufsichtsrat kann bestimmte Maßnahmen seines Vorstands in den Untergesellschaften von seiner eigenen Zustimmung abhängig machen (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG); denn soweit der Vorstand in der Untergesellschaft handelt, betreibt er zugleich Geschäftsführung für die Obergesellschaft2. Maßnahmen dieser Art können etwa sein: Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern in den Tochtergesellschaften, Investitions- und Desinvestitionsentscheidungen, schwerwiegende Änderungen in der Produktion, Kapitalerhöhungen, Satzungsänderungen etc. in den (wesentlichen) Tochtergesellschaften3. Dabei gilt auch hier der bereits oben Rn. 121 erörterte Grundsatz, dass solche Zustimmungspflichten des Aufsichtsrats der Obergesellschaft für Maßnahmen des Vorstands in Konzerngesellschaften von einigem Gewicht sein müssen und nicht gerade die Alltäglichkeiten der Konzernführung erfassen dürfen4.
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In den meisten Fällen beziehen sich die in der Obergesellschaft festgelegten Zustimmungsvorbehalte nicht ausdrücklich auf Maßnahmen ihres Vorstands in den Untergesellschaften. Bei Auslegung dieser „neutralen“ Zustimmungsvorbehalte ist entscheidend, ob das zu beurteilende Geschäft der abhängigen Gesellschaft in seinen Folgen für die Entwicklung des herrschenden Unternehmens den dort ausdrücklich dem Zustimmungsvorbehalt unterworfenen Geschäften vergleichbar ist. Das ist anzunehmen, wenn es für den Fall, dass die Untergesellschaft ein rechtlich unselbständiger Teil der Obergesellschaft wäre, vom Zustimmungskatalog erfasst würde5. Näher dazu auch Harbarth in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 457. 1 BGH v. 25.3.1991 – II ZR 188/89, BGHZ 114, 127, 129 f. = AG 1991, 312 und Lutter/Kremer, ZGR 1992, 87, 88 f. Ebenso der Kodex unter Ziff. 3.1 und 2 sowie 5.1.1. 2 Dazu ausführlich Lutter in FS Fischer, 1979, S. 419 ff.; Lutter, AG 2006, 517, 520; ebenso Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 431 ff.; Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 194 f. 3 Vgl. bereits oben den Katalog Rn. 118; vgl. weiter Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 562 ff. 4 Zutreffend Martens, ZHR 147 (1983), 377 ff., 419; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 57. 5 Lutter in FS Fischer, 1979, S. 419 ff.; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 57; Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325, 340; ihnen folgend Hüffer, Komm. AktG, § 111 Rn. 16; Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 118;
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Konzernweite Zustimmungsvorbehalte
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Außerdem ist nach der Geschäftsart zu differenzieren: während Zustimmungsvorbehalte z.B. bei Investitionen und Unternehmensverträgen konzernweit zu interpretieren sind, werden Personalentscheidungen und Prokuraerteilungen in den Untergesellschaften nicht vom Zustimmungsvorbehalt der herrschenden Gesellschaft erfasst1. Erstreckt sich der Zustimmungsvorbehalt auch auf Geschäfte in den Tochterunternehmen, stellt sich die Frage nach seiner Durchsetzung, denn deren Vorstand kann nicht an die Zustimmung des Aufsichtsrats der Obergesellschaft gebunden werden. Vielmehr ist der Vorstand des herrschenden Unternehmens verpflichtet, im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten am Geschäft der Untergesellschaft mitzuwirken, um so einen Anknüpfungspunkt für die Aufsichtsratszustimmung zu liefern2. Bei Vorliegen eines Beherrschungsvertrags oder einer Eingliederung, sowie wenn die Tochter GmbH ist, kann er dazu von seinem Weisungsrecht Gebrauch machen, anderenfalls sollte er selbst im Aufsichtsrat der Tochter sein. Besteht dagegen nur ein faktisches Beherrschungsverhältnis, so hat der Vorstand, dessen Mitglieder zumeist im Aufsichtsrat des abhängigen Unternehmens vertreten sind, auf die Schaffung eines Zustimmungsvorbehalts in dieser Gesellschaft hinzuwirken3. Verweigert nun der Aufsichtsrat der faktisch herrschenden Obergesellschaft seine Zustimmung zu einem für die Untergesellschaft vorteilhaften Geschäft, dann befinden sich diese Vorstandsmitglieder bei ihrer Entscheidung im Tochteraufsichtsrat in einem Konflikt zwischen den Interessen des Konzerns und denen der Untergesellschaft. Diesen Konflikt haben sie zugunsten der Interessen der Untergesellschaft aufzulösen. Sie dürfen allenfalls dann dem Ablehnungswunsch des Aufsichtsrats der herrschenden Gesellschaft Folge leisten, wenn sichergestellt ist, dass ein eventuell beim abhängigen Unternehmen eintretender Nachteil nach § 311 AktG ausgleichsfähig ist und auch ausgeglichen wird4.
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Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 687 ff.; Lenz, AG 1997, 448, 452; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 563; in diesem Sinne auch Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 94; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 96 f., die jedoch eine Auslegung zugunsten konzernweiter Sachverhalte dann ablehnen, wenn der Aufsichtsrat der Obergesellschaft die Zustimmungsvorbehalte selbst beschließt. Lutter in FS Fischer, 1979, S. 419, 437 f.; ebenso Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 95; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 96; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 438; a.A. Krieger in Lutter, Holding-Handbuch, 4. Aufl. 2004, § 6 Rn. 44. Götz, ZGR 1990, 633, 646 ff.; Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325, 341 f.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 93; in diesem Sinne auch Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 565 f. Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 102 f.; Semler, MünchKomm. AktG, 2. Aufl., § 111 Rn. 237 sowie Habersack, MünchKomm. AktG, 3. Aufl., § 111 Rn. 53. Lutter in FS Fischer, 1979, S. 419, 427 ff.; Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 107 f.; Potthoff/Trescher/
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Die Überwachung im Konzern
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2. Der Aufsichtsrat kann weiterhin Konflikte zwischen der Konzernleitung und einer Untergesellschaft über § 308 Abs. 3 AktG zu schlichten behilflich sein; die dort geregelte Zustimmungspflicht des Aufsichtsrats der Untergesellschaft ist dieser Gesellschaft zugeordnet und setzt daher beim herrschenden Unternehmen keinen eigenen solchen Zustimmungsvorbehalt in dessen Satzung oder durch Beschluss des Aufsichtsrats voraus1.
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3. Schließlich hat der Aufsichtsrat als mitbestimmter Aufsichtsrat nach dem MitbestG die besonderen Befugnisse aus § 32 MitbestG (ähnlich nach § 15 MontanMitbestErgG), wonach der Vorstand in einer Reihe von Konzernmaßnahmen sogar an die Weisungen seines eigenen Aufsichtsrats gebunden ist: Solche verbindlichen Weisungen des Aufsichtsrats an den Vorstand sind dem Gesellschaftsrecht sonst ganz fremd2. Korrespondierend zu diesen besonderen und zusätzlichen Aufgaben im Konzern hat der Aufsichtsrat auch zusätzliche Informationsrechte; siehe dazu unten Rn. 228 ff.
VI. Konzernspezifische Besonderheiten der Überwachung in abhängigen Gesellschaften 164
Die Überwachung durch den Aufsichtsrat einer eingegliederten, faktisch oder vertraglich konzernierten Gesellschaft folgt zunächst denselben Grundsätzen, die für die Überwachung einer konzernfreien Gesellschaft gelten3. Aufgrund der Einflussnahme des herrschenden Unternehmens auf die Tochtergesellschaft ergeben sich jedoch einige konzernspezifische Überwachungsaufgaben4. In der faktisch abhängigen Aktiengesellschaft trifft den Aufsichtsrat die zusätzliche Pflicht, den Bericht über die Beziehungen zu verbundenen Unternehmen, den sog. Abhängigkeitsbericht, seines Vorstands zu prüfen und der Hauptversammlung darüber Rechen-
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Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 567; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 437; wohl auch Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 94 f.; a.A. Götz, ZGR 1990, 633; 653 f., der bei der Möglichkeit des Nachteilsausgleichs die Vorstandsmitglieder für verpflichtet hält, dem Interesse der Obergesellschaft Vorrang einzuräumen. Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 196. Eingehend zur Frage von Zustimmungsvorbehalten in Bezug auf Tochtergesellschaften auch Götz, ZGR 1990, 633, 646 ff. Zur rechtspolitischen Kritik an § 32 MitbestG vgl. Ulmer/Habersack in Ulmer/ Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 32 MitbestG Rn. 4 m.w.N. sowie Lutter, Mitbestimmung im Konzern, S. 69 ff. Krieger, Münchener Hdb. AG, § 69 Rn. 36; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 29; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 381; Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325, 345. Dazu Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 111 Rn. 30 f.; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 597 ff.; Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 57; Bürgers/Israel in Bürgers/Körber, Komm. AktG, § 111 Rn. 9 f.
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Konzernspezifische Besonderheiten in abhängigen Gesellschaften
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schaft abzulegen, ggf. hat er zu einem Bericht des Abschlussprüfers Stellung zu nehmen (§ 314 Abs. 2 AktG)1. Gegenstück zu dieser Verpflichtung ist die Haftungsregelung des § 318 Abs. 2 AktG2. Ergeben sich aus dem Abhängigkeitsbericht Hinweise auf eine Benachteiligung der Untergesellschaft, dann muss der Aufsichtsrat diesen nachgehen. Bestätigt sich sein Verdacht, hat er auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach § 317 AktG hinzuwirken und ggf. gegen den eigenen Vorstand einzuschreiten3. Der Aufsichtsrat muss aber bereits während des Geschäftsjahres Informationen darüber einholen, ob der Vorstand die Interessen der Untergesellschaft im Rahmen des § 311 AktG hinreichend vertreten hat, etwa durch eindringlichen Hinweis auf drohende Nachteile und einen angemessenen Ausgleich4.
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Sind im Aufsichtsrat der konzernabhängigen Gesellschaft Vorstandsmitglieder der Obergesellschaft vertreten, müssen sie bei Erfüllung ihrer Überwachungsaufgabe den Interessen der Untergesellschaft den Vorzug geben5. Ist das nicht möglich, haben sie sich bei der Abstimmung zu enthalten oder bei einem permanenten Interessenkonflikt sogar ihr Amt niederzulegen6.
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In der vertraglich beherrschten Aktiengesellschaft muss der Vorstand die Weisungen der Obergesellschaft befolgen, es sei denn, sie überschreiten die durch Gesetz, Satzung und Beherrschungsvertrag gezogenen Grenzen, dienen offensichtlich nicht Konzernbelangen (§ 308 Abs. 2 AktG) oder ge-
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1 Versäumt der Aufsichtsrat diese Prüfung und Berichterstattung, so kann er nicht entlastet werden, LG München v. 31.5.2001 – 5 HK O 17738/00, DB 2001, 1714 = AG 2002, 302. Seine Entlastung kann wirksam angefochten werden, wenn der Aufsichtsrat den Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers in seinem Bericht an die Hauptversammlung nicht aufnimmt oder nicht wörtlich wiedergibt, LG München v. 29.9.2005 – 5 HK O 13412/05, DB 2006, 94 = AG 2005, 170. 2 Nach h.M. verdrängt § 318 Abs. 2 AktG die §§ 93, 116 AktG nicht, sondern modifiziert diese nur; vgl. dazu Kropff, MünchKomm. AktG, § 318 Rn. 24 ff.; Hopt/ Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 387; Hüffer, Komm. AktG, § 318 Rn. 9 f. 3 Vgl. dazu Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 468 f. 4 Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 603; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 462; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 181. 5 Krieger, Münchener Hdb. AG, § 69 Rn. 36; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 567; Scheffler, DB 1994, 793, 799; Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325, 344; sinngemäß Martens, ZHR 159 (1995), 567, 588; auch Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 464, 466, der zu Recht annimmt, dass der Aufsichtsrat der abhängigen Gesellschaft nicht auf seinen Vorstand einwirken darf, wenn dieser aufgrund rechtmäßigen Konzerneinflusses vom Interesse der Untergesellschaft abweicht. Nach BGH v. 21.12.1979 – II ZR 244/78, DB 1980, 438 = AG 1980, 111 führt die Interessenvertretung zugunsten des herrschenden Unternehmens nicht zum Ausschluss der Haftung als Aufsichtsratsmitglied der Untergesellschaft. 6 Scheffler, DB 1994, 793, 799; Lutter in FS Priester, 2007, S. 417 ff.
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Die Überwachung im Konzern
fährden die Existenz der Untergesellschaft1. Der Überwachungsauftrag des Aufsichtsrats der Untergesellschaft wird beim Vorliegen einer Weisung der Obergesellschaft nicht hinfällig, sondern konkretisiert sich auf die Überprüfung, ob der Vorstand der Untergesellschaft die Grenzen seiner Folgepflicht ordnungsgemäß eingehalten hat2. Der Vorstand/Geschäftsführer der Untergesellschaft wiederum hat seinen Aufsichtsrat darüber zu unterrichten, wann und aus welchem Grund er eine Weisung nicht befolgt, damit dieser vermittelnd tätig werden kann3. 168
Bei einer eingegliederten Aktiengesellschaft besteht dagegen auch die Pflicht des Vorstands zur Befolgung von existenzgefährdenden Weisungen und solchen, die mit den Konzernbelangen offensichtlich nicht im Einklang stehen. Sie entfällt nur bei Rechtswidrigkeit der Weisung4. Entsprechend modifiziert sich der Überwachungsumfang des Aufsichtsrats in der eingegliederten Gesellschaft.
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Einstweilen frei.
1 Zu Letzterem Hüffer, Komm. AktG, § 308 Rn. 19; Krieger, Münchener Hdb. AG, § 70 Rn. 149; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 615; a.A. Koppensteiner, Kölner Komm. AktG, 3. Aufl., § 308 Rn. 50 ff. 2 Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 612; Hommelhoff, ZGR 1996, 144, 147. 3 Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 616. 4 Koppensteiner, Kölner Komm. AktG, § 323 Rn. 7; Grunewald, MünchKomm. AktG, § 323 Rn. 2; Hüffer, Komm. AktG, § 323 Rn. 3; Ziemons in K. Schmidt/ Lutter, Komm. AktG, § 323 Rn. 6 und 13; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 624.
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§5 Aufsichtsrat und Abschlussprüfer I. Überblick In diesem Buch ist von den Rechten und Pflichten des Aufsichtsrats und seiner einzelnen Mitglieder die Rede. Daher kommt der Abschlussprüfer in dieser Darstellung nur an einzelnen Punkten vor, so bei der Befugnis des Aufsichtsrats zum Abschluss des Prüfungsvertrages mit dem von der Hauptversammlung/Gesellschafterversammlung gewählten Abschlussprüfer (§ 111 Abs. 2 Satz 3 AktG), so bei der notwendigen Beteiligung des Abschlussprüfers an den Beratungen des Aufsichtsrats über den Jahresabschluss und den Konzernabschluss (§ 171 Abs. 1 Satz 2 AktG), so aber auch bei der Befassung des Aufsichtsrats mit der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers (§ 107 Abs. 3 Satz 2 AktG). Das allein aber wird der besonderen Rolle und Aufgabe des Abschlussprüfers im Zusammenhang mit dem Aufsichtsrat insbesondere nach entsprechenden Änderungen im KonTraG und TransPuG nicht mehr gerecht: Der Abschlussprüfer ist wieder zu dem Berater des Aufsichtsrats bei der Durchführung seiner Überwachungsaufgaben geworden1, was er zunächst nach der Notverordnung von 1931 war.
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II. Einzelheiten 1. Der Abschlussprüfer als Berater und Gehilfe des Aufsichtsrats Der Abschlussprüfer wurde in der Aktienrechtsreform des Jahres 19312 und nach den großen aktienrechtlichen Problemen der 20er Jahre als Folge der Wirtschaftskrise dieser Jahre vom deutschen Gesetzgeber „erfunden“, und zwar als Gehilfe des Aufsichtsrats bei Erfüllung seiner Pflicht zur Prüfung und Feststellung des Jahresabschlusses der Gesellschaft (heute §§ 171, 172 AktG); denn der Aufsichtsrat war mit dieser ganz speziellen und zunehmend auch technischen Aufgabe überfordert. Daneben aber entwickelte sich mehr und mehr eine Art Garantiefunktion des Abschlussprüfers gegenüber der Öffentlichkeit und insbesondere den Anlegern am Kapitalmarkt, bestätigt er diesen doch die Richtigkeit des Jahresabschlusses, seines Anhangs und des Lageberichts, wie ihn der Vorstand aufgestellt hat. Damit wurde der Abschlussprüfer mehr und mehr aus der Rolle des Gehilfen des Aufsichtsrats herausgenommen und mehr und 1 Eingehend dazu die Beiträge in Lutter (Hrsg.), Der Wirtschaftsprüfer als Element der Corporate Governance, 2001. 2 Erste Notverordnung des Reichspräsidenten vom 19.9.1931, RGBl. I/1931, S. 493 ff.; vgl. dazu Schlegelberger/Quassowski/Schmölder, Verordnung über Aktienrecht, 1932, § 262a HGB 1931 Rn. 6; Klausing, Reform des Aktienrechts, 1933, S. 171 f.
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§5
Aufsichtsrat und Abschlussprüfer
mehr in die Nähe des Vorstands gerückt, der ja den Jahresabschluss aufzustellen hatte und hat: Es lag nahe, dass der Vorstand sich zuvor mit dem Abschlussprüfer verständigte, um unterschiedliche Meinungen schon im Vorfeld ausräumen zu können. Dieser Entwicklung wollte das KonTraG entgegenwirken, indem es sich um die Klarstellung der beiden Funktionen des Abschlussprüfers – Berater des Aufsichtsrats und Garant für Anleger und Öffentlichkeit – bemüht und seine Unterstützungsfunktion gegenüber dem Aufsichtsrat betont hat1. Diese Doppelrolle gilt es in diesen Tagen auch dem EU-Gesetzgeber bei der europaweiten Reform der Abschlussprüfung zu vermitteln. Nach Zöllner2 reichert das KonTraG die Aufgaben des Abschlussprüfers an mit dem Ziel, den Aufsichtsrat zu unterstützen und die Qualität von dessen Kontrolltätigkeit zu verbessern, verändert aber nicht die Rolle, die er insbes. auch gegenüber der Öffentlichkeit wahrzunehmen hat. 2. Der Vertragsschluss mit dem Abschlussprüfer 173
Die Bestellung des Abschlussprüfers erfolgt durch die Hauptversammlung oder Gesellschafterversammlung (§ 318 Abs. 1 Satz 1 HGB, § 119 Abs. 1 Nr. 4 AktG, § 48 Abs. 1 GmbHG)3. Daneben aber muss der Geschäftsbesorgungsvertrag mit Werkvertragscharakter4 mit dem Prüfer geschlossen, seine Vergütung und der Umfang seiner Aufgaben festgelegt werden. Diese Aufgabe wurde durch das KonTraG vom Vorstand auf den Aufsichtsrat übertragen (§ 111 Abs. 2 Satz 3 AktG)5. Das ist eine der Änderungen, durch welche im Interesse der Neutralität der Abschlussprüfer ein größerer Abstand zwischen dem Vorstand und seinen Kontrolleuren 1 In diesem Sinne Begründung des Regierungsentwurfs BR-Drucks. 872/97, S. 41; abgedruckt auch bei Ernst/Seibert/Stuckert, KonTraG, KapAEG, StückAG, 1988, S. 29 ff.; Endres, ZHR 163 (1999), 441, 457; Forster, AG 1999, 193, 194; Hommelhoff, BB 1998, 2567, 2568 f.; Hommelhoff/Mattheus, AG 1998, 249, 251 („Gehilfe des Aufsichtsrats“); Mattheus, ZGR 1999, 682, 684; nach Hopt/Merkt in Baumbach/Hopt, Komm. HGB, § 317 Rn. 1: „Partner des Aufsichtsrats“, nach Gelhausen, BFuP 1999, 390 „eine Zweckgemeinschaft“. Zum Ganzen Kraßnig, S. 47 ff. Zu den Reformplänen der EU Schüppen, ZIP 2012, 1317; Velte, NZG 2012, 535. 2 Zöllner in Noack/Spindler (Hrsg.), Unternehmensrecht, S. 69, 85. 3 Zum Abschlussprüfer im Konzern siehe unten Rn. 187 f. 4 BGH v. 28.10.1993 – IX ZR 21/93, BGHZ 124, 27, 30 = AG 1994, 81; Adler/Düring/Schmaltz, Prüfung und Rechnungslegung der Unternehmen, § 318 HGB Rn. 126; Hopt/Merkt in Baumbach/Hopt, Komm. HGB, § 318 Rn. 3; Bormann in MünchKomm. Bilanzrecht, § 318 HGB Rn. 50. 5 § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG könnte dahin missverstanden werden, dass der Aufsichtsrat nur dann die Kompetenz zur Erteilung des Prüfungsauftrags innehat, wenn die Aufstellung und Prüfung der (Konzern-)Abschlüsse gesetzlich angeordnet ist. Von der Regierungskommission „Corporate Governance“ wurde aus diesem Grund eine gesetzliche Klarstellung dahingehend angeregt, dass der Aufsichtsrat auch bei den freiwillig aufgestellten (Konzern-)Abschlüssen für die Auftragserteilung zuständig ist, vgl. Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission, Rn. 284. Diese Klarstellung ist bislang nicht erfolgt.
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Vertragsschluss mit dem Abschlussprüfer
§5
geschaffen werden sollte1. Das Gesetz legt (nur) einen Mindestumfang fest (Prüfung des Jahresabschlusses samt Lagebericht, Prüfung des Konzernabschlusses samt Konzernlagebericht, Prüfung des Risikomanagements des Vorstands). In diesem Rahmen kann der Aufsichtsrat Prüfungsschwerpunkte festlegen, z.B. verstärkte Prüfung der Kontrollsysteme bei Derivatehandel, Vorratsbewertung und Verlustrisiken aus langfristigen Anlageaufträgen. Zweckmäßigerweise sollten diese Schwerpunkte jährlich gewechselt werden2. Der Aufsichtsrat kann – und muss ggf. – darüber hinaus gehen, indem er etwa in einzelnen Jahren gezielte erweiterte Prüfungen gemäß § 111 Abs. 2 Satz 2 AktG veranlasst, etwa eine gezielte Bestechungs- oder Betrugsprüfung oder eine Prüfung über die Einhaltung der Informationsordnung (unten Rn. 317) durch den Vorstand. Der (Gesamt-)Aufsichtsrat beschließt über den Prüfungsumfang, kann 174 aber naturgemäß nicht die Verhandlungen mit dem Abschlussprüfer führen. Dazu kann er entweder einen Ausschuss ermächtigen (audit committee, Bilanzausschuss) oder den Aufsichtsratsvorsitzenden. Ob diese Ermächtigung nur zur Vorbereitung geschehen kann mit der Folge, dass der Gesamtaufsichtsrat letztlich zu entscheiden hat3, oder ob die Ermächtigung auch zum endgültigen Abschluss durch (den Aufsichtsratsvorsitzenden bzw.) einen Ausschuss4 erfolgen kann, ist umstritten. Beide Ansichten haben gute Argumente für sich. Zugunsten einer vollständigen Übertragung der Erteilung des Prüfungsauftrags auf einen Ausschuss, etwa auf den Bilanzausschuss, wird § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG angeführt. Das in dieser Vorschrift niedergelegte Delegationsverbot erwähne die Mandatserteilung an den Abschlussprüfer gerade nicht5. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die konkrete Ausgestaltung des Prüferauftrags eine wesentliche Grundlage für die ordnungsgemäße Erfüllung der eigenen Prüfungskompetenz des Aufsichtsrats hinsichtlich des Jahresabschlusses ist (so hat er nach § 171 Abs. 2 Satz 3 AktG zum Prüfungsbericht der Ab1 Forster, WPg 1998, 41, 42; grundlegend Hommelhoff/Mattheus, AG 1998, 249, 257. 2 Vgl. Begr. RegE BR-Drucks. 872/97, S. 41; Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 210; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 337; Forster, WPg 1998, 41, 43; Kompenhans/Splinter in Deloitte, Corporate Governance-Forum 4/2012, S. 13 f. 3 In diesem Sinne Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 111 Rn. 38; Forster, WPg 1998, 41, 42; Hommelhoff, BB 1998, 2567, 2570; Hommelhoff/Mattheus, AG 1998, 249, 257; Mattheus, ZGR 1999, 682, 708; Theisen, DB 1999, 341, 345; Schindler/Rabenhorst, BB 1998, 1886, 1887; Ziemons, DB 2000, 77, 81. 4 So Bürgers/Israel in Bürgers/Körber, Komm. AktG, § 111 Rn. 16; Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 82, 86; Hambloch-Gesinn/Gesinn in Hölters, Komm. AktG, § 111 Rn. 62; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 487; Hüffer, Komm. AktG, § 111 Rn. 12c; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 111 Rn. 51; Altmeppen, ZGR 2004, 390, 405 f. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 111 Rn. 12c; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 111 Rn. 51; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 487; Grigoleit/Tomasic in Grigoleit, Komm. AktG, § 111 Rn. 34.
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Aufsichtsrat und Abschlussprüfer
schlussprüfer Stellung zu nehmen), die gemäß § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG nicht abschließend auf einen Ausschuss übertragen werden kann1. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass mit den Änderungen des KonTraG gerade eine effektivere Zusammenarbeit zwischen Abschlussprüfer und (Gesamt-)Aufsichtsrat gefördert werden und letzterer über die gezielte Einflussnahme auf die Prüfungsschwerpunkte seine eigene Kontrolltätigkeit verbessern sollte. In der Begründung zum Regierungsentwurf heißt es daher nicht ohne Grund: „… Er (der Aufsichtsrat) kann die vorbereitenden Arbeiten hierzu auch an … einen Ausschuss delegieren“2. Die abschließende Entscheidung über den Inhalt des Prüfungsvertrags und damit auch eine entsprechende Verantwortung sollten dem gesetzgeberischen Willen zufolge beim Gesamtaufsichtsrat verbleiben. Der Aufsichtsratsvorsitzende kann allerdings beim eigentlichen Vertragsabschluss als sein Erklärungsvertreter auftreten3. 175
Über die Frage einer möglichen Mitwirkung des Vorstands im Vorfeld der Auftragserteilung herrscht Uneinigkeit: Der Entwurfsbegründung zufolge ist sie im Rahmen vorbereitender Arbeiten zulässig4, im Schrifttum wird eine Mitarbeit hingegen aufgrund der durch das KonTraG beabsichtigten Trennlinie zwischen Vorstand und Abschlussprüfer abgelehnt5. Es kann nicht geleugnet werden, dass die Kenntnisse des Vorstands bei der Auftragserteilung von Nutzen sein können, jedenfalls aber ist der Aufsichtsrat zu einer kritischen Überprüfung der Beiträge seitens des Vorstands angehalten6. 3. Der Prüfungsbericht des Abschlussprüfers (§ 321 HGB)
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Eine Pflichtprüfung ist bei Gesellschaften i.S. von § 316 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 i.V.m. § 267 HGB durchzuführen. Der Abschlussprüfer/Konzernabschlussprüfer hat dabei das Ergebnis seiner Prüfung nicht nur in einem Bestätigungsvermerk (§ 322 HGB) zusammenzufassen, sondern die ge1 Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 111 Rn. 38; Theisen, DB 1999, 341, 345; Ziemons, DB 2000, 77, 79 stellt außerdem darauf ab, dass die Erteilung des Prüfungsauftrags an den Abschlussprüfer die allgemeine Überwachungsaufgabe konkretisiere, die, obwohl sie in § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG keine Erwähnung gefunden hat, unbestritten nicht auf einen Ausschuss verlagert werden kann; in diesem Sinne auch Hommelhoff, BB 1998, 2567, 2570. 2 BR-Drucks. 872/97, S. 41. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 111 Rn. 12c; allgemeiner Hüffer in FS Claussen, 1997, S. 171, 184; Schindler/Rabenhorst, BB 1998, 1886, 1887. 4 BR-Drucks. 872/97, S. 47; kritisch Forster, WPg 1998, 41, 42 f. 5 Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 474; Hommelhoff, BB 1998, 2567, 2570; Lenz/Ostrowski, BB 1997, 1523, 1524; kritisch auch Dörner, DB 1998, 1, 5. 6 Von Rechts wegen ganz außerordentlich problematisch ist die nach wie vor gar nicht seltene Übung, dass der Vorstand die gesamte Vorbereitung einschließlich der Auswahl des Abschlussprüfers übernimmt und dem Aufsichtsrat nur noch das fertige Ergebnis zur Beschlussfassung und Unterzeichnung vorlegt; dazu Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 325.
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Prüfungsbericht des Abschlussprüfers
§5
samte Prüfung in einem Prüfungsbericht darzustellen und zu erläutern (§ 321 HGB). Ihn will der EU-Gesetzgeber nun europaweit verbindlich vorgeben1. Dabei hat der Abschlussprüfer nach § 321 Abs. 2 HGB insbesondere darzustellen, „… ob die Buchführung und die weiteren geprüften Unterlagen, der Jahresabschluss, der Lagebericht, der Konzernabschluss und der Konzernlagebericht den gesetzlichen Vorschriften und den ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung entsprechen. In diesem Rahmen ist auch über Beanstandungen zu berichten, die nicht zur Einschränkung oder Versagung des Bestätigungsvermerks geführt haben, soweit die für die Überwachung der Geschäftsführung und des geprüften Unternehmens von Bedeutung ist. Es ist auch darauf einzugehen, ob der Abschluss insgesamt unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung oder sonstiger maßgeblicher Rechnungslegungsgrundsätze ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft oder des Konzerns vermittelt. Dazu ist auch auf wesentliche Bewertungsgrundlagen sowie darauf einzugehen, welchen Einfluss Änderungen in den Bewertungsgrundlagen einschließlich der Ausübung von Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten und der Ausnutzung von Ermessensspielräumen sowie sachverhaltsgestaltende Maßnahmen insgesamt auf die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage haben. Hierzu sind die Posten des Jahres- und des Konzernabschlusses aufzugliedern und ausreichend zu erläutern, soweit diese Angaben nicht im Anhang enthalten sind. Es ist darzustellen, ob die gesetzlichen Vertreter die verlangten Aufklärungen und Nachweise erbracht haben.“
Darüber hinaus hat der Abschlussprüfer darzustellen, – ob bei Durchführung der Prüfung Unrichtigkeiten oder Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften festgestellt worden sind, – ob Tatsachen festgestellt worden sind, die den Bestand des geprüften Unternehmens oder des Konzerns gefährden oder seine Entwicklung wesentlich beeinträchtigen können, – ob Tatsachen festgestellt worden sind, die schwerwiegende Verstöße der gesetzlichen Vertreter oder von Arbeitnehmern gegen Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder die Satzung erkennen lassen2 (§ 321 Abs. 1 HGB).
1 Dazu Hommelhoff, DB 2012, 389 ff., 445 ff. 2 Dieser Berichtspflicht des Abschlussprüfers über nicht rechnungslegungsbezogene Gesetzes- und Satzungsverstöße soll nach einer Empfehlung der Regierungskommission „Corporate Governance“ (Baums [Hrsg.], Bericht der Regierungskommission, Rn. 290) künftig in einer gesonderten Erklärung nachgekommen werden, die nur dem Aufsichtsrat, nicht aber sonstigen Berichtsadressaten, wie z.B. Aufsichtsämter, zuzuleiten ist. Dadurch soll die Bereitschaft der Abschlussprüfer zur Darstellung entsprechender Verstöße erhöht werden. Weiterhin wurde diese Regelung durch das TransPuG dahingehend geändert, dass der Abschlussprüfer bereits bei Tatsachen zu berichten hat, die einen Gesetzes- oder Satzungsverstoß „erkennen lassen“ (im früheren Wortlaut hieß es „darstellen“). Damit wird der Abschlussprüfer von umfassenden juristischen Prüfungen hinsichtlich einer Gesetzes- oder Satzungsverletzung befreit, die möglicherweise zu einer zurückhaltenden Berichterstattung in diesem Bereich führen. Zu dieser ungemein wichtigen sog. „Redepflicht“ des Abschlussprüfers vgl. Lück, BB 2001, 404.
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§5
Aufsichtsrat und Abschlussprüfer
Und schließlich hat der Abschlussprüfer bei börsennotierten Gesellschaften1 in einem besonderen Abschnitt seines Berichts dazu Stellung zu nehmen, „… ob der Vorstand die ihm nach § 91 Abs. 2 des Aktiengesetzes obliegenden Maßnahmen in einer geeigneten Form getroffen hat und ob das danach einzurichtende Überwachungssystem seine Aufgaben erfüllen kann.“ (§ 317 Abs. 4 HGB)
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Durch das KonTraG und das TransPuG wurde das Recht des Prüfungsberichts umfassend neugestaltet, unter anderem auch, um die stärkere Problemorientierung der Abschlussprüfung nach dem ebenfalls neu eingefügten § 317 Abs. 1 Satz 3 HGB zwecks Unterstützung des Aufsichtsrats widerzuspiegeln. Die Prüfungstätigkeit ist vom Abschlussprüfer danach von Beginn an so anzulegen, dass Unrichtigkeiten und Verstöße gegen Gesetz und/oder Satzung „bei gewissenhafter Berufsausübung erkannt werden.“ Hilfreich für den Aufsichtsrat ist außerdem eine weitere Neuerung: Dem Prüfungsbericht ist fortan „vorweg“ ein Kommentar des Abschlussprüfers zum (Konzern-)Lagebericht des Vorstands zu stellen, vgl. § 321 Abs. 1 Satz 2 AktG. Der Aufsichtsrat soll dadurch auf wesentliche Probleme hinsichtlich Bestand und künftiger Entwicklung des Unternehmens aufmerksam gemacht werden2.
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Alle diese Informationen richten sich an den Aufsichtsrat, er ist der Empfänger des Berichts (§ 321 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 HGB), ihm ist dieser Bericht vom Abschlussprüfer über den Aufsichtsratsvorsitzenden und nicht mehr über den Vorstand zuzuleiten. Allerdings ist dem Vorstand vor der Zuleitung des Berichts an den Aufsichtsrat aber nach Unterzeichnung durch den Abschlussprüfer Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen (§ 321 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 HGB).
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Im Prinzip hat jedes Aufsichtsratsmitglied einen individuellen Anspruch auf Aushändigung des Berichts (§ 170 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 AktG). Hat der Aufsichtsrat allerdings die Einrichtung eines Ausschusses beschlossen (dazu Rn. 743 ff.), so kann er zugleich beschließen, dass nur die Mitglieder dieses Ausschusses den Bericht erhalten. Das aber berührt nicht die Befugnis jedes Aufsichtsratsmitglieds, Einsicht und Kenntnis vom Prüfungsbericht zu nehmen (§ 170 Abs. 3 Satz 1 AktG)3. 1 § 317 Abs. 4 AktG hatte zunächst einen engeren Anwendungsbereich als den Begriff der Börsennotiertheit aus § 3 Abs. 2 AktG; das wurde durch das TransPuG geändert. 2 Hommelhoff/Mattheus, AG 1998, 249, 256 f.; Schindler/Rabenhorst, BB 1998, 1939, 1940; vgl. im Einzelnen zum Lagekommentar des Abschlussprüfers Hopt/ Merkt in Baumbach/Hopt, Komm. HGB, § 321 Rn. 1. Die Berichtspflichten des Abschlussprüfers hat das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) in einem Prüfungsstandard (IDW PS 450) zusammengefasst. Dazu Uwe H. Schneider, Der Aufsichtsrat 2012, 97. 3 Strieder/Graf, BB 1997, 1943, 1945, sehen in dem Verweis auf das Einsichtsrecht eine zu weitgehende faktische Informationsbeschränkung für Nichtausschussmitglieder; zustimmend Vaude, NZG 2009, 737, 738 f.; für eine einschränkende Auslegung Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 111 Rn. 19; Hüffer,
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Bilanzsitzung des Aufsichtsrats
§5
Der Prüfungsbericht des Abschlussprüfers/Konzernabschlussprüfers ist die wichtigste „neutrale“ Informationsquelle des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder und muss daher entsprechend sorgfältig studiert und ggf. mit dem Abschlussprüfer diskutiert werden1. Kein Aufsichtsratsmitglied kann sich nach der entscheidenden Bilanzsitzung (unten Rn. 181) mehr darauf berufen, es habe die Unterlagen nicht gesehen oder nicht verstanden. Im Gegenteil: Eine solche Erklärung wäre die einfachste und klarste direkte Grundlage der persönlichen Haftung des betreffenden Aufsichtsratsmitglieds nach §§ 93, 116 Satz 1 AktG gegenüber der Gesellschaft. Das Aufsichtsratsmitglied kann sich der Verantwortung auch nicht dadurch entziehen, indem es diese Aufgabe auf einen Beauftragten des Aufsichtsrats oder eine Gruppe im Aufsichtsrat bzw. sogar einen außenstehenden Sachverständigen delegiert2.
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Umgekehrt ist die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers von entscheidendem Gewicht für die Verlässlichkeit der Prüfungsinformationen an den Aufsichtsrat. Deshalb hat der Prüfer den Aufsichtsrat nach § 171 Abs. 1 Satz 3 AktG über Umstände zu informieren, die seine, des Prüfers Befangenheit, besorgen lassen, und über die erbrachten Nicht-Prüfungsleistungen zu berichten. Mit ihnen und mit der Prüferunabhängigkeit hat sich alsdann der Aufsichtsrat zu befassen (§ 107 Abs. 3 Satz 2 AktG). Für das kommende Recht ist die Entscheidung des Aufsichtsrats (oder doch zumindest seine Zustimmung) zur Beauftragung des Abschlussprüfers mit Nicht-Prüfungsleistungen vorgeschlagen worden3. 4. Die Bilanzsitzung des Aufsichtsrats Der Aufsichtsrat erhält vom Vorstand den aufgestellten Jahresabschluss, vom Abschlussprüfer den Bestätigungsvermerk und den Prüfungsbericht. Das Gleiche gilt für die entsprechenden Unterlagen bezüglich des Konzerns, also für Konzernabschluss, Konzern-Bestätigungsvermerk und Prüfungsbericht des Abschlussprüfers bezüglich dieses Konzernabschlusses4.
1 2 3 4
Komm. AktG, § 170 Rn. 12 hält es für praktikabel; ebenso Hennrichs/Pöschke, MünchKomm. AktG, § 170 Rn. 85 f.; Hommelhoff, BB 1998, 2567, 2573, geht von einer Aushändigungspflicht gegenüber jedem Aufsichtsratsmitglied im Hinblick auf den Prüferkommentar zum Vorstands-Lagebericht aus, denn nur so könne dieser objektiv gewürdigt werden. Velte, AG 2009, 102, 107. Zur Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit des einzelnen Mitglieds siehe ausführlich Hennrichs/Pöschke, MünchKomm. AktG, § 171 Rn. 93 ff. BGH v. 15.11.1982 – II ZR 27/82, BGHZ 85, 293 ff. = AG 1983, 133 (Hertie) und dazu Hommelhoff, ZGR 1983, 551; vgl. auch Hennrichs in FS Hommelhoff, 2012, S. 383, 393 ff. Hommelhoff in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 547. Auf Vorschlag der Regierungskommission „Corporate Governance“ sollen Aufsichtsrat oder Prüfungsausschuss festlegen, dass Mitgliedern des Prüfungsausschusses oder anderen von Anteilseigner- und Arbeitnehmervertretern ausgewählten Aufsichtsratsmitgliedern bereits vor der Erteilung des Bestätigungsvermerks Leseentwürfe des Jahres-(Konzern-)Abschlusses, des (Kon-
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§5
Aufsichtsrat und Abschlussprüfer
Auf dieser Grundlage hat sodann jedes Aufsichtsratsmitglied diese Unterlagen zu studieren und zu prüfen und in Anwesenheit des Abschlussprüfers mit diesem darüber zu beraten, ob er den Jahresabschluss billigt: Nur dann ist dieser festgestellt (§ 172 AktG) und zugleich Grundlage für den späteren Dividenden-Verteilungsbeschluss der Hauptversammlung. Vorstand, Aufsichtsrat und Abschlussprüfer tragen also gemeinsam die Verantwortung für den anschließend zu publizierenden Jahresabschluss samt Lagebericht sowie Konzernabschluss samt Konzern-Lagebericht. Darüber hinaus soll der Aufsichtsrat bei der Anhörung des Abschlussprüfers in der Bilanzsitzung (und bereits bei der Erteilung des Prüfungsauftrags) sicherstellen, dass ihm über die Berichtsinhalte des § 321 HGB hinaus auch über alle wesentlichen Vorkommnisse berichtet wird, die sich bei der Abschlussprüfung ergeben und für die Überwachungsaufgabe bedeutsam sind, z.B. Organisationsmängel1. Der Kodex ist dem in seiner Empfehlung Ziff. 7.2.3 gefolgt2. Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat die Grundsätze für die Kommunikation des Abschlussprüfers mit dem Aufsichtsorgan in einem eigenen Standard PS 470 zusammengefasst. 182
Wegen der besonderen Bedeutung des Jahresabschlusses/Konzernabschlusses und der besonderen Verantwortung des Aufsichtsrats dafür schreibt das Gesetz ausdrücklich die Anwesenheit des Abschlussprüfers bei der Beratung über die Prüfung und Feststellung des Jahresabschlusses sowie die Prüfung des Konzernabschlusses durch den (Gesamt-)Aufsichtsrat vor (§ 171 Abs. 1 Satz 2 AktG)3, wobei eine Delegation dieser Aufgabe an einen beschließenden Ausschuss nicht möglich ist (§ 107 Abs. 3 Satz 3 AktG). Um Aufsichtsrat und Abschlussprüfer dabei miteinander ins Gespräch zu bringen, muss letzterer trotz seines vorliegenden schriftlichen Berichts erläuternd und ergänzend mündlich über seine Prüfungsergebnisse berichten.
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Das Gesetz sagt an dieser Stelle, der Abschlussprüfer habe „an den Verhandlungen des Aufsichtsrats oder des Prüfungsausschusses … teilzunehmen“. Daraus wird von mancher Seite geschlossen, es genüge, wenn der Abschlussprüfer nur an der (vorbereitenden Bilanz-)Ausschusssitzung teilnimmt; er müsse dann nicht zusätzlich auch noch an der Plenarsitzern-)Lageberichts und des Geschäftsberichts zur kurzfristigen Prüfung und Stellungnahme zugeleitet werden. Zweck dieser Regelung, die in den Corporate Governance Kodex aufgenommen werden sollte, ist es, Kritik und Vorschläge des Aufsichtsrats frühzeitig zu berücksichtigen. Die Kodex-Kommission hat diesen Vorschlag nicht aufgegriffen. 1 Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission, Rn. 324. 2 Siehe dazu auch den Fragenkatalog für Aufsichtsräte bei Pfitzer/Oser/Orth, Der Aufsichtsrat 2006, 2, 3 sowie den Prüfkatalog bei Hennrichs/Pöschke, MünchKomm. AktG, § 171 Rn. 29 ff. 3 Damit hat der KonTraG-Gesetzgeber entsprechenden Forderungen im Schrifttum Rechnung getragen: vgl. etwa Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 299; Claussen, AG 1996, 481, 488; Theisen, WPg 1994, 809, 815.
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Bilanzsitzung des Aufsichtsrats
§5
zung teilnehmen, auch wenn das sinnvoll sei1. Diese Auffassung trifft nicht zu. Die Entscheidung über den Jahresabschluss (und den Konzernabschluss) trifft nur das Plenum (§ 107 Abs. 3 Satz 3 AktG). Daher muss dort der Abschlussprüfer zur Verfügung stehen und jedes Mitglied des Aufsichtsrats die Möglichkeit haben, Fragen zu stellen. Das „oder“ im Text bezieht sich also im Sinne einer Kumulation auf den (Bilanz-)Ausschuss.2 Dort hat der Abschlussprüfer auch teilzunehmen; denn die Vorprüfung durch den Ausschuss kann intensiver und sachverständiger erfolgen als im Plenum3. Mit dieser Teilnahmepflicht des Abschlussprüfers im Ausschuss und Plenum entzieht das Gesetz erneut dem Aufsichtsrat und seinen Mitgliedern den (späteren) Einwand, sie hätten Sinn und Bedeutung einzelner Unterlagen nicht erkannt: Der Aufsichtsrat und jedes seiner Mitglieder hätte nach diesen Regeln fraglos Zeit und Gelegenheit gehabt, Fragen zu stellen und Unklarheiten zu beseitigen4. Jedes Aufsichtsratsmitglied ist also gut beraten, sich auf diese Sitzung anhand der reichen Unterlagen gründlich vorzubereiten und sich an der Diskussion darüber zu beteiligen5. Die Anwesenheitsverpflichtung des Abschlussprüfers ist nicht etwa, wie aufgrund der Aussage in den Gesetzesmaterialien („Der Prüfer soll zur Teilnahme … verpflichtet sein, soweit der Aufsichtsrat nicht ausdrücklich anders entscheidet“6) vermutet werden könnte, zur Disposition des Aufsichtsrats gestellt. Eine dahingehende Interpretation des Gesetzes entspricht der Rechtslage vor Inkrafttreten des KonTraG, der Gesetzgeber beabsichtigte jedoch gerade, mit der Neuregelung eine engere Zusammenarbeit zwischen Abschlussprüfer und Aufsichtsrat herbeizuführen. Zudem findet sich im Wortlaut des § 171 Abs. 1 Satz 2 AktG kein An-
1 Kropff, MünchKomm. AktG, 2. Aufl., § 171 Rn. 109; ebenso Hennrichs/Pöschke, MünchKomm. AktG, 3. Aufl., § 171 Rn. 125; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 1561; Hüffer, Komm. AktG, § 171 Rn. 11a; E. Vetter in Henssler/Strohn, Komm. Gesellschaftsrecht, § 171 AktG Rn. 6; Velte, AG 2009, 102, 107 f. 2 Siehe auch Lutter, AG 2008, 1, 3. 3 Das hier Gesagte gilt in gleicher Weise für den Konzernabschlussprüfer. Dazu unten Rn. 187 f. 4 Die Regierungskommission „Corporate Governance“ empfiehlt daher, § 171 Abs. 1 AktG dahingehend zu ergänzen, dass jedes Aufsichtsratsmitglied das Recht hat, in den Verhandlungen des Aufsichtsrats oder des Prüfungsausschusses Auskunft vom Abschlussprüfer über die Ergebnisse seiner Prüfung zu verlangen (Baums [Hrsg.], Bericht der Regierungskommission, Rn. 326). Das ist bisher nicht geschehen, ist aber auch nicht erforderlich: Es handelt sich um eine Sitzung des Aufsichtsrats bzw. Prüfungsausschusses und da ist jedes Mitglied per se zu Rede und Frage befugt. 5 Im Einzelnen dazu Hennrichs/Pöschke, MünchKomm. AktG, § 171 Rn. 167 und Claussen/Korth, Kölner Komm. AktG, § 171 Rn. 3. 6 Begr. RegE BR-Drucks. 872/97, S. 58.
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§5
Aufsichtsrat und Abschlussprüfer
haltspunkt für eine Ausschlussbefugnis des Aufsichtsrats1. Nimmt der Abschlussprüfer nicht an der Bilanzsitzung des Aufsichtsrats teil, wirkt sich das nicht auf die Wirksamkeit des festgestellten Jahresabschlusses aus2. Die Nicht-Einladung des Abschlussprüfers durch den Aufsichtsrat bzw. seinen Vorsitzenden oder dessen Nicht-Erscheinen ist per se Pflichtverletzung3. Es bestehen daher, je nachdem, ob der Abschlussprüfer oder der Aufsichtsrat die Pflichtverletzung begangen hat, Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen den Abschlussprüfer aus Verletzung einer Pflicht des Prüfungsvertrags oder gegen die Mitglieder des Aufsichtsrats aufgrund eines Sorgfaltsverstoßes i.S. von § 116 Satz 1 AktG4. 5. Zusätzliche Prüfungen 185
a) Der Prüfer des Jahresabschlusses und des Lageberichts, des Konzernabschlusses und des Konzern-Lageberichts hat ein gesetzlich festgelegtes, umfangreiches Prüfungsprogramm zu absolvieren und dem Aufsichtsrat darüber zu berichten5. Es gibt aber allgemeine Gründe und spezielle Anlässe für den Aufsichtsrat, dieses Prüfungsprogramm noch einmal zu erweitern. So kann es sich – wie oben Rn. 173 schon gesagt – von Zeit zu Zeit empfehlen, den Abschlussprüfer mit einer speziellen Untersuchung über etwaige Unterschlagungen durch Mitarbeiter und Bestechung von Mitarbeitern zu beauftragen. Aber auch eine gelegentliche Untersuchung etwa der Mieten und der Grundstückswerte etc. kann sich empfehlen, ebenso die Professionalität der Planung des Vorstands sowie der zeitgerechten und korrekten Information des Aufsichtsrats durch den Vorstand: All das liegt in der Entscheidungskompetenz des Aufsichtsrats, soweit er dabei im Interesse der Gesellschaft und des Konzerns sowie insgesamt in
1 Hüffer, Komm. AktG, § 171 Rn. 11a; Kropff, MünchKomm. AktG, 2. Aufl., § 171 Rn. 111 und Hennrichs/Pöschke, MünchKomm. AktG, 3. Aufl., § 171 Rn. 101 f.; Waclawik in Hölters, Komm. AktG, § 171 Rn. 13; Bischof/Oser, WPg 1998, 539, 541 f.; Böcking/Orth, WPg 1998, 351, 361; Schindler/Rabenhorst, BB 1998, 1886, 1888; Schulze-Osterloh, ZIP 1998, 2129, 2133; a.A.: ohne Begründung Dörner, DB 1998, 1, 6; Gelhausen, AG 1997, Sonderheft, 73, 79; Lingemann/Wasmann, BB 1998, 853, 858; Peemöller/Keller, DStR 1997, 1986, 1988. 2 Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 171 Rn. 9; Euler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 171 Rn. 28. 3 Scheffler, WPg 2002, 1289, 1300. 4 Hüffer, Komm. AktG, § 171 Rn. 11a; Euler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 171 Rn. 27 f.; Bischof/Oser, WPg 1998, 539, 543; Schindler/Rabenhorst, BB 1998, 1886, 1888 f. 5 Börsennahe Gesellschaften sind durch das TUG verpflichtet worden, einen Halbjahresfinanzbericht zu erstellen und zu veröffentlichen. Dieser Bericht kann – nicht muss – durch einen dafür eigens zu bestellenden Abschlussprüfer einer prüferischen Durchsicht unterzogen werden, § 37w WpHG. Der Aufsichtsrat wird in diesem Zusammenhang vom Gesetz nicht angesprochen, doch tut er gut daran, sich diesen Bericht und ggf. den Vermerk des Abschlussprüfers vor seiner Veröffentlichung vorlegen zu lassen; vgl. dazu Wagner, BB 2007, 454 ff. und Wiederhold/Pukallus, Der Konzern 2007, 264 ff.
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Konzernabschlussprüfung
§5
einem angemessenen Rahmen handelt1. Bei diesen zusätzlichen Prüfungen wird der Abschlussprüfer vom Aufsichtsrat als Sachverständiger gemäß § 111 Abs. 2 Satz 2 AktG beauftragt. b) In besonderem Maße gilt das, wenn der Aufsichtsrat von einem Fehlverhalten des Vorstands hört2. Rückfragen beim Vorstand sind dann nutzlos, eigene Prüfungen nach § 111 Abs. 2 AktG (unten Rn. 241 ff.) im Zweifel auch nicht hilfreich. Hier liegt der Gedanke an einen zusätzlichen Auftrag zur Prüfung an den Abschlussprüfer auf der Hand3.
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6. Konzernabschlussprüfung In § 171 Abs. 1 Satz 1 AktG wurde durch das KonTraG für den Aufsichtsrat eines Mutterunternehmens i.S. von § 290 HGB die Prüfungspflicht hinsichtlich des Konzernabschlusses und Konzernlageberichts eingeführt4. Die zum Jahresabschluss des Einzelunternehmens dargestellten Grundsätze finden auf die Konzernabschlussprüfung uneingeschränkt Anwendung (siehe oben Rn. 176 ff.). Der Abschlussprüfer ist insbesondere gemäß § 171 Abs. 1 Satz 2 AktG zur Teilnahme an den Verhandlungen des Aufsichtsrats bzw. Ausschusses über den Konzernabschluss verpflichtet. Die Regierungskommission „Corporate Governance“ hat vorgeschlagen, in den Corporate Governance Kodex eine Regelung aufzunehmen, wonach der Aufsichtsrat von konzernabschlusspflichtigen Mutterunternehmen sicherstellen soll, dass von den in den Konzernabschluss einzubeziehenden Tochterunternehmen der gleiche Abschlussprüfer bzw. die gleiche Prüfungsgesellschaft bestellt wird, der bzw. die auch die Konzernabschlussprüfung vornimmt. Die damit verbundene Konzentrationswirkung sei durch die erhöhte Effektivität der Konzernabschlussprüfung gerechtfertigt5. Die Kodex-Kommission ist diesem Vorschlag nicht gefolgt. Der Aufsichtsrat ist also frei, ob er sich bei den Haupt- und Gesellschaftsversammlungen der Konzerntöchter für die Einheitslösung verwenden will 1 Siehe dazu auch die Vorschläge bei Scheffler, WPg 2002, 1289, 1299 und Hennrichs in FS Hommelhoff, 2012, S. 383, 391 ff. 2 Vgl. den Fall LG Bielefeld v. 16.11.1999 – 15 O 91/98, ZIP 2000, 20 mit Anm. Westermann, ZIP 2000, 25 ff. = BB 1999, 2630 mit Anm. Thümmel, BB 1999, 2633 ff. = AG 2000, 136. 3 Im Falle LG Bielefeld (v. 16.11.1999 – 15 O 91/98, ZIP 2000, 20 = AG 2000, 136) wäre das die richtige Entscheidung des Aufsichtsrats gewesen und hätte seine Pflichtwidrigkeit verhindert. In der Sache hätte es wahrscheinlich nicht geholfen, weil der Abschlussprüfer mit dem Vorstand unter einer Decke saß. Dagegen müssen praktisch alle Regeln versagen. 4 Damit sollte der Bedeutung des Konzernabschlusses bei größeren, börsennotierten Gesellschaften Rechnung getragen werden, vgl. BT-Drucks. 13/9712, S. 22; außerdem Kropff in FS Claussen, 1997, S. 659, 661 f., 665. 5 Vgl. Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission, Rn. 282 f.
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§5
Aufsichtsrat und Abschlussprüfer
oder nicht; denn dort fällt die Entscheidung, die deren Aufsichtsrat dann zu vollziehen hat. 7. Freistellung der kleinen AG von der Prüfungspflicht 188
a) § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB stellt die kleine, nicht börsennotierte AG (§ 267 Abs. 1 HGB) von der Pflicht zur Prüfung ihres Jahresabschlusses frei. Das schließt naturgemäß die freiwillige Prüfung nach Vorgabe der Satzung der AG nicht aus1. Wird der Jahresabschluss endgültig nicht geprüft, so steigt die Verantwortung des Aufsichtsrats energisch; denn er ist dann die einzige Instanz, welche die Darstellung des Vorstands im Jahresabschluss kontrollieren kann und muss2. Fühlt er sich dabei überfordert, kann er von sich aus und zu Lasten der Gesellschaft eine Prüfung anordnen (§ 111 Abs. 2 Satz 2 AktG). Das gilt natürlich erst recht für die sog. Kleinstkapitalgesellschaft nach dem MicroBilG.
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b) Da die kleine AG auch von der Aufstellung eines Konzernabschlusses befreit ist (§ 293 HGB), entfällt insoweit auch die Prüfungspflicht per se. Für die freiwillige Aufstellung eines Konzernabschlusses und dessen Prüfung gilt dann Gleiches wie oben bei Rn. 188. 8. Der Prüfungsausschuss
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Der Aufsichtsrat hat das Recht, für alle seine Aufgaben Ausschüsse zu bilden (§ 107 Abs. 3 AktG), also auch für seine Aufgaben bei der Rechnungslegung, Bilanzierung und Prüfung. Und das empfehlen heute das Gesetz (§ 107 Abs. 3 Satz 2 AktG) auf der Grundlage von Art. 41 der neugefassten Abschlussprüferrichtlinie3 wie der Kodex seit seinem Bestehen (Ziff. 5.3.2). Dieser kann zwar nicht den Jahresabschluss beschließen – das ist Sache des Plenums –, aber diesen Beschluss vorbereiten, die Nähe zum Abschlussprüfer halten und mit diesem zusammen die Wirksamkeit der internen Revision, des Risikomanagements und der Compliance überprüfen4. Das sind so umfangreiche und komplexe Aufgaben, dass sich eine Entlastung des Gesamt-Aufsichtsrats per se empfiehlt. Die Europäische Kommission arbeitet weiter an diesem Thema und erwägt die verpflichtende Einführung eines Prüfungsausschusses für jedes Unternehmen des öffentlichen Interesses5. 1 Hopt/Merkt in Baumbach/Hopt, Komm. HGB, § 316 Rn. 5. 2 Eingehend zum Prüfprogramm des Aufsichtsrats Hennrichs/Pöschke, MünchKomm. AktG, § 171 Rn. 29 ff. 3 Bei Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, S. 859 ff. 4 Vgl. dazu PriceWaterhouseCoopers, Der Prüfungsausschuss, 4. Aufl. 2012; Velte, AG 2009, 102; Nonnenmacher/Pohle/v. Werder, DB 2009, 1447; vgl. Lanfermann/Maul, BB 2012, 627. 5 Vgl. Lanfermann/Maul, BB 2012, 627; Verse, EuZW 2013, 336, 339 f.
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§6 Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat I. Die Unterrichtung des Aufsichtsrats1 1. Überblick a) Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung auf Rechtmäßigkeit2, Ordnungsmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit3 zu überwachen. Er muss den Vorstand beraten und personell ergänzen. Das alles kann er nur verwirklichen, wenn er – d.h. seine Mitglieder – über das Geschehen in der Gesellschaft informiert ist. Da nun aber der Aufsichtsrat die Gesellschaft nicht leitet, erfährt er von den Vorhaben und Geschehnissen in ihr nichts durch eigene Anschauung und Tätigkeit, sondern muss darüber informiert werden4. Diese Information des Aufsichtsrats geschieht durch regelmäßige Berichte und Sonderberichte des Vorstands, durch den jährlichen Bericht des Wirtschaftsprüfers (§§ 170 Abs. 3, 171 Abs. 1 Satz 2 AktG)5 und ggf. auch durch eigene Ermittlungen des Aufsichtsrats nach § 111 Abs. 2 AktG. Wichtigster Teil in diesem System der Information des Aufsichtsrats sind – neben dem jährlichen Bericht des Abschlussprüfers/Konzernabschlussprüfers (dazu oben Rn. 171 ff.) – die Berichte des Vorstands. Die Eigentümlichkeit des Systems liegt also darin, dass gerade die Geschäftsleitung, welche ja überwacht werden soll, die Daten zu ihrer eigenen Überwachung zu liefern hat. Daher ist es wichtig, dass in jeder Gesellschaft aus den regulären Informationspflichten des Vorstands und den zusätzlichen Informationswünschen des Aufsichtsrats ein System regelmäßiger, rechtzeitiger und einheitlicher, mit-
1 Vgl. zum Ganzen ausführlich Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 32 ff.; Mertens, AG 1980, 67 ff.; Krieger/Sailer-Coceani in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 90 Rn. 6 ff.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 90 Rn. 1 ff.; Spindler, MünchKomm. AktG, § 90 Rn. 1 ff.; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 141 ff.; v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 1 Rn. 103 ff.; Theisen, Information und Berichterstattung, S. 27 ff.; Zöllner, Aktienrechtliche Binnenkommunikation, S. 69, 79 ff. 2 BGH v. 15.11.1993 – II ZR 235/92, BGHZ 124, 111, 127 = AG 1994, 124. 3 BGH v. 25.3.1991 – II ZR 188/89, BGHZ 114, 127, 129 f. = AG 1991, 312; siehe auch Hambloch-Gesinn/Gesinn in Hölters, Komm. AktG, § 111 Rn. 9. 4 Das für die Überwachung nötige Informationsniveau rechtfertigt es aber nicht, dass Aufsichtsratsmitglieder Kontakt mit Geschäftspartnern der Aktiengesellschaft aufnehmen, um sich über Einzelheiten der Geschäftsbeziehungen zu unterrichten, OLG Zweibrücken v. 28.5.1990 – 3 W 93/80, DB 1990, 1401 mit Anm. Theisen. 5 Soweit die betreffende AG nicht als sog. „kleine AG“ nach § 316 Abs. 1 i.V.m. § 267 Abs. 1 HGB von der Prüfungspflicht befreit ist.
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hin vergleichbarer Berichte entwickelt wird; kurz: eine vom Aufsichtsrat selbst verabschiedete Berichtsordnung für den Vorstand1. Im Übrigen: Der Aufsichtrat hat ein nahezu unbeschränktes Informationsrecht2. Was der Vorstand weiß, darf auch der Aufsichtsrat wissen3. Und: Der Aufsichtsrat darf sich nicht einfach auf die rechtzeitige und vollständige Information durch den Vorstand verlassen, sondern muss ggf. seinerseits mit dem Wunsch nach Sonderberichten (§ 90 Abs. 3 AktG) oder der Einsicht in die Unterlagen der Gesellschaft aktiv werden4. Im Prozess um seine Haftung wird er mit dem Satz, er sei vom Vorstand nicht informiert worden, nicht gehört. 192
Die Information des Aufsichtsrats ist folglich die Grundlage für die Erfüllung seiner Überwachungspflicht nach § 111 Abs. 1 AktG. Art und Inhalt dieser Überwachungspflicht haben daher Einfluss auf die Art und Weise der Information des Aufsichtsrats und umgekehrt. Haben wir oben (Rn. 80 ff.) festgestellt, dass eine sinnvolle Überwachung nur aufgrund von Planung im Unternehmen und dem Vergleich mit der Verwirklichung dieser Planung möglich ist, so bestimmt das auch den Inhalt der Berichtspflicht des Vorstands – wie umgekehrt die in § 90 Abs. 1 Satz 3 AktG statuierte Sonderberichtspflicht des Vorstands auch Auswirkungen auf die Pflicht des Aufsichtsrats und seines Vorsitzenden hat. Die Pflicht des Vorstands zur Unternehmensplanung ist durch das KonTraG und das TransPuG nochmals verdeutlicht worden. So dient der Klammerzusatz in § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG der Konkretisierung der Planungspflichten des Vorstands, um die zukunftsgerichtete ex-ante-Kontrolle des Aufsichtsrats wie seine Konzern-Kontrolle zu erleichtern5. Das gilt erst recht für die dort ebenfalls betonte Pflicht des Vorstands, bei Gelegenheit seines nächsten Berichts an den Aufsichtsrat ausdrücklich darauf einzugehen, ob die Planziele erreicht wurden und weshalb ggf. nicht (follow up)6. 2. Die regelmäßigen Berichte des Vorstands a) Vierteljahresberichte
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Nach den Vorstellungen des Gesetzes tagt der Aufsichtsrat mindestens vierteljährlich (§ 110 Abs. 3 AktG); dem entspricht auch ganz überwie1 Vgl. dazu Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 98 ff. Eine solche Berichtsordnung empfiehlt jetzt auch der Kodex in Ziff. 3.4 Abs. 3 Satz 1. Vgl. auch Börsig/Löbbe in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 125, 137. 2 LG Dortmund v. 10.8.1984 – 12 O 580/83, Die Mitbestimmung 1984, 410 mit Anm. Köstler; Theisen, Information und Berichterstattung, S. 112; Wilde, ZGR 1998, 423, 426 ff.; Grunewald, Gesellschaftsrecht, 2 C Rn. 83. 3 Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 289. 4 Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 383. 5 BT-Drucks. 13/9712, S. 15 und § 90 Abs. 1 Satz 2 AktG. 6 Zu den verbleibenden Schwächen der Regularberichte Zöllner in Noack/Spindler (Hrsg.), Unternehmensrecht, S. 69, 83. Eingehend und kritisch dazu auch Theisen, ZfbF 61 (2009), 530 ff.
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gend die Praxis1. Der Gesetzgeber hat auch bei der Schaffung des KonTraG auf eine Änderung dieses Leitbildes in der Hoffnung auf eine erhöhte Bildung und Tätigkeit von Ausschüssen verzichtet2. Und mit dieser Vorstellung des Gesetzes vom Rhythmus der Aufsichtsratstätigkeit sind dann auch die so genannten Vierteljahresberichte des Vorstands nach § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 mit Abs. 2 Nr. 3 AktG verknüpft: Sie zielen auf eine regelmäßige, ordnungsgemäße und zeitnahe Unterrichtung des Aufsichtsrats, da mindestens vierteljährlich zu berichten ist3. Eine ordnungsgemäße Leitung der Aufsichtsratsgeschäfte durch den Aufsichtsratsvorsitzenden wird also die Termine der Aufsichtsratssitzungen so legen, dass dann bereits die Berichte des Vorstands zum vorausgehenden Quartal vorliegen können; dazu reichen erfahrungsgemäß vier bis sechs Wochen aus. In diesem Sinne hat der Vorstand dem Aufsichtsrat mindestens vierteljährlich über den Gang der Geschäfte, insbesondere den Umsatz, und über die Lage der Gesellschaft zu berichten (§ 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 3 AktG)4. aa) Angaben zum Umsatz Sie besagen als solches herzlich wenig; erst im Vergleich und in der Gewichtung erhalten diese Angaben ihre Bedeutung. Daher müssen diese Angaben zum Umsatz im Periodenvergleich stehen und mindestens nach Sparten, wenn nicht gar nach Produkten bzw. Produktgruppen aufgegliedert sein5. Diese Angaben zum Umsatz müssen vor allem aber auch verdeutlichen, in welchem Maße die Umsatzplanung verwirklicht werden konnte: Der Vergleich zwischen dem Soll der Jahresplanung ist also dem zeitanteiligen Ist gegenüberzustellen; erst das gibt ein wirklich relevantes Bild6.
1 Bleicher, Aufsichtsrat im Wandel, S. 41, 44 gibt einen Durchschnittswert von 3, 80 Aufsichtsratssitzungen pro Jahr an. 2 BT-Drucks. 13/9712, S. 16. 3 Osterloh, AuR 1986, 332, 336 weist zutreffend darauf hin, dass die in § 90 Abs. 2 Nr. 3 AktG angeordnete „regelmäßige, mindestens vierteljährliche Berichterstattung“ vordergründig noch nichts über die Rechtzeitigkeit der Information aussagt. Insbesondere bei Vorhaben der Gesellschaft hängt es entscheidend davon ab, in welcher Phase der Plan mitgeteilt und die Information gegeben wird, ob der Aufsichtsrat dieses Vorhaben beratend begleiten kann oder – faktisch – nur noch zur Kenntnis nehmen muss. Zum Erfordernis der Aktualität der dem Aufsichtsrat zu berichtenden Informationen aus betriebswirtschaftlicher Perspektive siehe Theisen, Die Überwachung der Unternehmungsführung, S. 68. 4 Zur Qualität dieser Berichte vgl. die empirische Studie von Fischer/Beckmann, DB 2009, 1661. 5 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 90 Rn. 37; Hüffer, Komm. AktG, § 90 Rn. 6; Spindler, MünchKomm. AktG, § 90 Rn. 27; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 90 Rn. 27; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 153; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 659. 6 Theisen, Die Überwachung der Unternehmungsführung, S. 77; Oltmanns in Heidel, Komm. AktG, § 90 Rn. 8.
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Beispiel: Der Umsatz der Gesellschaft in Fahrrädern ist um 5 % gegenüber der Vorjahresperiode gestiegen; das klingt gut. Geplant war aber eine Umsatzsteigerung von 20 %. Dieses Minus von 15 % gegenüber Plan ist naturgemäß viel mehr von Gewicht und ist vom Vorstand eingehend zu erläutern, § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG.
bb) Gang der Geschäfte 195
Darunter versteht man die allgemeine Entwicklung der Gesellschaft, insbesondere im Hinblick auf positive und negative Abweichungen gegenüber Vergleichsperioden und insbesondere gegenüber den Plänen1. Damit scheint das Gesetz die erforderlichen Angaben zu Rn. 194 zu wiederholen; aber das scheint nur so. Gemeint ist tatsächlich damit eine Zusammenfassung und eine Analyse der einzelnen Umsätze nach Sparten, Produktgruppen und ggf. Einzelprodukten: Daraus werden dann der Gang der Geschäfte der Gesellschaft und die Lage der Gesellschaft am Markt deutlich. cc) Lage der Gesellschaft; Liquiditätsübersicht
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Aber weder dieser „Gang der Geschäfte“ noch allein die Lage der Gesellschaft am Markt machen die „Lage der Gesellschaft“ aus; sie kann am Markt gut, finanziell aber ganz schlecht sein, weil etwa die Umsätze mit hohen Preisnachlässen „erkauft“ wurden. Daher gehört „zur Lage der Gesellschaft“ auch ihre Ertrags- und ihre Liquiditätslage. Diese ist in einer Liquiditätsübersicht im Periodenvergleich (Quartalsvergleich) ebenso überschaubar darzustellen wie jene, wobei gerade bei der Ertragslage eine Produkt- oder doch spartenbezogene Darstellung naheliegend ist2.
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Zur Darstellung der gesamten Lage der Gesellschaft gehört dann aber auch eine Analyse derjenigen Faktoren, die zu Abweichungen in Umsatz oder Ertrag gegenüber den Plänen bzw. zur Verbesserung/Verschlechterung der Liquiditätslage geführt haben3. Sieht und handhabt man das alles in dieser Weise richtig, so steht dem Aufsichtsrat ein wirksames und zeitnahes Kontrollinstrument zur Verfügung, das die Erfolge und Misserfolge des Vorstands offenlegt und diesem zugleich die Chance der Analyse und der Erläuterung gibt: Auch negative Abweichungen im Periodenvergleich oder von Plänen bedeuten ja nicht unbedingt einen Mangel der Geschäftsführung; ebenso können externe Faktoren (sinkende Kaufkraft, Änderung von Währungsparitäten, Eindringen eines neuen Wettbewerbers etc.) die entscheidende und vom Vorstand nicht beeinflussbare Rolle spielen. 1 Semler, ZGR 1983, 1, 30; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 153; Hüffer, Komm. AktG, § 90 Rn. 6; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 25 Rn. 20. 2 Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 659. 3 Peltzer, WM 1981, 346, 350 spricht in diesem Zusammenhang zutreffend vom Erfordernis einer „prägnanten Abweichungsanalyse“. So ausdrücklich auch § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG.
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b) Jahresberichte Mindestens einmal jährlich muss der Vorstand dem Aufsichtsrat über die von ihm beabsichtigte Geschäftspolitik der Gesellschaft und andere grundsätzliche Fragen der Unternehmensplanung berichten (§ 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 AktG)1. Eine solche „beabsichtigte Geschäftspolitik“ aber lässt sich rational nur in der Form von Einzelplanungen und Planrechnungen entwickeln und darstellen2. Und da dieser Bericht jährlich für die Zukunft zu erfolgen hat, muss er vor Beginn oder ganz unmittelbar am Anfang des betreffenden Geschäftsjahres vorliegen.
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§ 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG spricht an sich nur von „grundsätzlichen Fragen der Unternehmensplanung“. Die Gesetzesmaterialien lassen aber ebenso wie der Klammerzusatz keinen Zweifel daran, dass der Vorstand zur Unternehmensplanung verpflichtet sein soll3. Abhängig von Größe und Branche des Unternehmens können andere Planbereiche hinzukommen. Hieraus fließt zudem, dass auch Umfang und Reichweite der Planungspflicht des Vorstands nur vom Einzelfall bestimmt werden können. Entscheidend ist indes, dass der Vorstand überhaupt eine rationale und nachprüfbare Planung betreibt, die der konkreten Struktur und den besonderen Bedürfnissen der betreffenden Gesellschaft gerecht wird: Eine Produktionsgesellschaft plant jedenfalls teilweise anders als eine Handelsgesellschaft etc4.
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Planung setzt aber auch voraus, dass der Vorstand strategische und taktische Vorstellungen darüber hat, wie er seine Ziele erreichen will. Auch darüber muss er berichten. Denn auf diesem Hintergrund müssen Vorstand und Aufsichtsrat eingehend über das Unternehmensziel im nächsten und den nächsten Jahren beraten und Konsens erzielen5. Planung der Geschäftspolitik setzt nach dem heutigen Stande der Betriebswirtschaftslehre Planrechnungen voraus6. Sie sind Basis für eine fundierte Kontrolle des Vorstands durch den Aufsichtsrat; denn sowohl 1 Unklar ist das Verhältnis von „beabsichtigter Geschäftspolitik“ und „Unternehmensplanung“, vgl. Hüffer, Komm. AktG, § 90 Rn. 4a. 2 Zur Gleichsetzung von „beabsichtigter Geschäftspolitik“ mit Unternehmensplanung siehe Osterloh, AuR 1986, 332, 337 m.w.N.; dort auch zur Unterscheidung zwischen strategischer, taktischer und operativer Planung. 3 BT-Drucks. 13/9712, S. 15. 4 Zur Planungspflicht des Vorstands bereits nach altem Recht Lutter, AG 1991, 249, 250 f.; Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 291 f.; Kropff, NZG 1998, 613, 613; Albach, ZGR 1997, 32, 33. 5 Ziemons in Nirk/Ziemons/Binnewies, Hdb. Aktiengesellschaft, Rn. I 8.778 ff. Zur Frage wie zu verfahren ist, wenn sich Vorstand und Aufsichtsrat über die Unternehmensziele und die Strategie zu ihrer Verwirklichung nicht einigen können, vgl. oben Rn. 114 ff. 6 Vgl. dazu Semler, ZGR 1983, 1, 17 f.; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 146; v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 1 Rn. 129; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 54 sowie Theisen, Die Überwachung der Unternehmungsführung, S. 77–81.
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die Vierteljahresberichte als auch der spätere Jahresabschluss ermöglichen sehr deutlich den Vergleich zwischen Planung und Erreichtem. Hinsichtlich des Inhalts der Berichte ist zwischen kurzfristiger Planung einerseits und mittel- bzw. langfristiger Planung andererseits zu unterscheiden1. Soll das Jahresbudget korrekt formuliert sein, so muss es im Kern aus Zahlen bestehen. Verbale Ausführungen können zusätzlich erfolgen, genügen aber allein nicht: Genaue Zielvorgaben an die Mitarbeiter sind erforderlich, und das erfordert Zahlen. Außerdem ist der zu planende – und zu berichtende – Zeitraum relativ überschaubar, so dass Zahlenangaben nicht mit so hohen Unsicherheiten belastet sind, dass sie keine taugliche Zielvorgabe abgeben könnten. Nur ein derart abgefasster Bericht ermöglicht die Kontrolle des Vorstands im Soll-Ist-Vergleich. 201
Anders hingegen bei der Mittel- und Langfristplanung: Bei Zeiträumen von bis zu zehn Jahren in die Zukunft beruhen alle Zahlen auf so hohen Unsicherheiten, dass zur Verhinderung von Irrtümern die verbale Darstellung im Mittelpunkt stehen muss. Unbenommen bleibt dem Vorstand, seine Planungen in Zahlenwerke umzusetzen; berichten muss er diese jedenfalls nicht2.
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Das Gesetz sagt jetzt klar und deutlich, dass auch alle Planungsberichte im Periodenvergleich zu erfolgen haben, also etwa nach folgendem Schema: Was hatten wir uns für das laufende Jahr vorgenommen, was haben wir erreicht (sog. follow up), was planen wir jetzt für das nächste Jahr? Oder: wie lautete unsere letzte 4-Jahres-Planung, was haben wir davon bis jetzt erreicht (follow up), wie passen wir diese 4-Jahres-Planung aufgrund der Erfahrung des letzten Jahres an? Positive, vor allem aber negative Abweichungen sind jeweils sorgfältig zu begründen3.
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Der Jahresbericht ist auch der geeignete Rahmen, über die Einrichtung und die Funktionsweise des Risikofrühwarnsystems nach § 91 Abs. 2 AktG und die Compliance-Maßnahmen zu berichten. Der Bericht ist schriftlich abzufassen; ein mündlicher Vortrag allein genügt nicht. c) Bericht über die Rentabilität
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Bei der sog. Bilanzsitzung des Aufsichtsrats, also bei seiner Beratung und Beschlussfassung über den Jahresabschluss nach §§ 171, 172 AktG, ist 1 Zum Folgenden vgl. Lutter, AG 1991, 249, 254; Krieger/Sailer-Coceani in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 90 Rn. 12 ff. Zwischen kurz-, mittel- und langfristiger Planung unterscheidet auch die Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 15. 2 Wie hier v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 1 Rn. 128, der jedoch die mittelfristige Planung durchweg als quantitativ fassbar und damit als Zahlenwerk darstellbar ansieht. 3 Ebenso v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 1 Rn. 124.
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auch die Rentabilität der Gesellschaft zu erläutern (§ 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AktG). Gemeint ist damit die Ertragskraft der Gesellschaft. Dieser Rentabilitätsbericht kann sich zunächst einmal auf die Jahresplanung (oben Rn. 198 ff.) und die Quartalsberichte (oben Rn. 193 ff.) stützen. Als zusammenfassender Bericht über einen längeren Zeitabschnitt (abgelaufenes Geschäftsjahr) und sachliche Ergänzung zum Jahresabschluss muss dieser Bericht aber aussagekräftiger sein als die entsprechenden Erläuterungen in den Quartalsberichten und deren Addition. Er muss aber auch deutlich aussagekräftiger sein als die Pflichtangaben im Jahresabschluss samt Anhang1, muss also in jedem Falle außer den vom Gesetz vorgeschriebenen Angaben zur Verzinsung des Eigenkapitals weitere Rentabilitätskennziffern enthalten, insbesondere also den cash-flow, die Umsatz-Rentabilität2 und den Return on Investment (ROI). Gerade bei börsennotierten Gesellschaften sind Kennzahlen wie der Gewinn je Aktie besonders wichtig; denn sie sind für Käufer und Verkäufer von Aktien sowie deren Berater von erheblicher Bedeutung und damit für den Börsenwert des Unternehmens. Ferner ist der Gewinn je Aktie für die Bestimmung der price earnings ratio relevant; er dient damit auch dem Ziel einer vergleichenden Kursbeurteilung3. Zu der viel wichtigeren Konzern-Rentabilität vgl. unten Rn. 2374. d) Zusammenfassung Dem Aufsichtsrat müssen mithin folgende regelmäßige Informationsund Erkenntnismittel zur Verfügung stehen: – Die Jahresplanung mit ihren Unterteilen: Finanz-, Investitions- und Personalplanung, je nach Branche und Unternehmensgröße weitere Planungen wie Liquiditätsplanung, Produktions-, Absatz-, Beschaffungs-, Entwicklungs-, Kosten- und Ergebnisplanung; abgesehen von der Liquiditätsplanung ist eine Unterteilung nach Sparten, Produkten oder Produktgruppen vorzunehmen. Aufzunehmen sind ferner Informationen zur Wirkungs- und Funktionsweise des Risikofrühwarnsystems. – Der Jahres-Rentabilitätsbericht mit den entsprechenden Kennziffern sowie den Vergleichszahlen zum Vorjahr und zu den einstigen Planzahlen (Soll-Ist-Vergleich). 1 Der Rentabilitätsbericht ist also mehr und anderes als der einstige Geschäftsbericht und heutige Anhang; missverständlich daher Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 90 Rn. 36. 2 Vgl. auch Mertens, AG 1980, 67, 70 f.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 90 Rn. 36; Oltmanns in Heidel, Komm. AktG, § 90 Rn. 7; Spindler, MünchKomm. AktG, § 90 Rn. 25; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 90 Rn. 25; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 682 ff.; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 150 mit Fn. 213; v. Schenck in Semler/ v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 1 Rn. 136. 3 Vgl. Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 688. 4 Vgl. auch Ziemons in Nirk/Ziemons/Binnewies, Hdb. Aktiengesellschaft, Rn. I 8.738.
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– Das Jahres-Investitionsbudget, ggf. verbunden mit einer Investitionsrechnung. – Die Quartalsberichte zur Marktstellung der Gesellschaft je mit dem Soll-Ist-Vergleich und dessen Analyse. – Die Quartalsberichte zur Entwicklung der Ertrags- und Liquiditätslage der Gesellschaft. – Mittelfristplanung des Umsatzes, der Finanzen und der Investitionen. – Kenntnis von der Taktik und Strategie des Vorstands bei der Verwirklichung neuer Ziele1. 206
Auf dieser Grundlage sachlicher und sachlich nachprüfbarer Informationen kann der Aufsichtsrat seiner Pflicht zur Überwachung des Vorstands durchaus wirkungsvoll nachkommen2. Diese Überwachung konzentriert sich dann darauf festzustellen, ob die negativen Abweichungen Mängel der Geschäftsführung offenlegen (Gleichgültigkeit, schlechte Organisation, mangelnde Motivation der Mitarbeiter, schlampige Planung, Inkompetenz etc.) oder aber aus externen Faktoren folgen, die auch eine wirkungsvolle Geschäftsführung nicht hat antizipieren können. Das gilt natürlich auch für positive Entwicklungen. Wenn der Vorstand – wie VW 2011 – das beste Jahresergebnis der Unternehmensgeschichte vorlegen kann, weiß der Aufsichtsrat, dass seine Personalentscheidungen richtig waren. e) Keine Einschränkung, aber Möglichkeit zur Erweiterung der Berichtspflichten
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Die hier angesprochenen Berichtspflichten des Vorstands an den Aufsichtsrat sind Mindestpflichten und können weder durch die Satzung noch durch Beschluss des Aufsichtsrats selbst eingeschränkt werden3. Wohl aber kann der Aufsichtsrat selbst nach § 90 Abs. 3 AktG, aber auch die Satzung, die insoweit nicht sperrt, die Informationspflichten des Vorstands ausweiten, also etwa vom Drei-Monats-Rhythmus auf den ZweiMonats-Rhythmus übergehen4: Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes handelt es sich bei diesen Regular-Berichten und Informationen um Min1 Vgl. dazu Gerberich/Griesheimer, Der Aufsichtsrat 2010, 156. 2 Skeptisch Theisen, Die Überwachung der Unternehmungsführung, S. 78 f., der das Informationssystem des § 90 AktG im Hinblick auf die Aufgaben des Aufsichtsrats für unzureichend hält; skeptisch auch Zöllner, Aktienrechtliche Binnenkommunikation, S. 69, 83. 3 Allg. Meinung; vgl. nur Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 90 Rn. 53; Spindler, MünchKomm. AktG, § 90 Rn. 8; Meyer-Landrut, Großkomm. AktG, 3. Aufl., § 90 Anm. 15. 4 Vgl. Spindler, MünchKomm. AktG, § 90 Rn. 8; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 93; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 90 Rn. 12; wohl auch Meyer-Landrut, Großkomm. AktG, 3. Aufl., § 90 Anm. 15; a.A. hinsichtlich des Rentabilitätsberichts Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 90 Rn. 53.
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destpflichten des Vorstands. Grenze der Ausweitung dieser Pflichten ist nur der Rechtsmissbrauch, hier verstanden als sinnlose und unvernünftige Beschäftigung des Vorstands mit zusätzlichen Berichten, deren Erkenntnisgehalt gering ist1. Im Übrigen entspricht der laufende Informationsaustausch zwischen Vorstand und Aufsichtsrat – zumindest über die jeweiligen Vorsitzenden – vielfach zu beobachtender Unternehmenspraxis2. 3. Sonderberichte a) Rechtsgeschäfte von erheblicher Bedeutung Über Rechtsgeschäfte der Gesellschaft, die von erheblicher Bedeutung für Rentabilität und Liquidität auch nur werden können, ist stets zu berichten, § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 4 AktG3. Das gilt auch dann, wenn das betreffende Geschäft keiner besonderen Genehmigung des Aufsichtsrats bedarf. Die besondere Bedeutung für die Gesellschaft bestimmt sich nach den möglichen Auswirkungen auf deren Gesamttätigkeit (z.B. Verkauf einer Produktionsstätte bzw. Erwerb eines anderen Unternehmens mit neuen Produkten) und auf die bisherige Geschäftspolitik (z.B. erstmalige Investition im Ausland). Sie beurteilt sich weiter nach dem Risiko des geplanten Rechtsgeschäfts für Liquidität und Ertrag. Die Erfüllung des Elements „besondere Bedeutung“ ist daher stets in Bezug auf die betreffende Gesellschaft zu sehen und ist zugleich in doppelter Weise größenabhängig: von dem Umfang des geplanten Rechtsgeschäfts selbst und von seinem Verhältnis zu den entsprechenden Daten der Gesellschaft. Sinn und Zweck dieser Berichtspflicht ist es, dem Aufsichtsrat die Möglichkeit zu einer Beratung mit dem Vorstand zu geben. Daher hat die Unterrichtung, wenn irgend möglich, vor Abschluss des Rechtsgeschäfts zu geschehen. Und auf jeden Fall ist der Aufsichtsratsvorsitzende zu unterrichten.
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b) Wichtige Anlässe Mit der Pflicht zum Bericht über geplante Rechtsgeschäfte von besonderer Bedeutung hängt zusammen die Berichtspflicht nach § 90 Abs. 1 1 Zur Frage nach weiteren Informationsschranken bei zweckwidrigem Informationsverlangen, der Gefahr missbräuchlicher Informationsverwertung und bei geheimhaltungspflichtigen Tatbeständen Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 108 ff.; Mertens, AG 1980, 67, 72 f.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 90 Rn. 8 ff.; Krieger/Sailer-Coceani in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 90 Rn. 47; Sina, NJW 1990, 1016, 1017 ff. 2 Zu den hieraus resultierenden Problemen des Sonderwissens einzelner Aufsichtsratsmitglieder vgl. Emde, DB 1999, 486 ff. 3 Näher dazu Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 90 Rn. 38 f., Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 60 ff. sowie Krieger/Sailer-Coceani in K. Schmidt/ Lutter, Komm. AktG, § 90 Rn. 25 ff.; Bürgers/Israel in Bürgers/Körber, Komm. AktG, § 90 Rn. 14.
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Satz 3 AktG. Danach hat der Vorstand auch bei allen sonstigen „wichtigen Anlässen“ zu berichten. Hintergrund auch dieser Berichtspflicht sind wiederum die Beratung mit und die Kontrolle durch den Aufsichtsrat1. Daher sind hier vor allem die negativen Ereignisse und die gewichtigen Gefahren für die Interessen der Gesellschaft angesprochen, wie insbesondere wesentliche Verluste, Gefährdung von Außenständen, gefährliche Angriffe in der Öffentlichkeit oder vor Gericht, Unglücke mit Umweltschäden, Betriebsstörungen, behördliche Eingriffe oder drohende Arbeitskämpfe2. Auch hier ist die Relation des Ereignisses zu den sonstigen Daten der Gesellschaft maßgebend für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals „wichtig“: Die „Beton- und Monierbau AG“ und eine ihrer ausländischen Tochtergesellschaften konnten Außenstände nicht realisieren. Damit war die Liquidität plötzlich gefährdet: Selbstverständlich musste sofort informiert werden. c) Krisen, Risikomanagement 210
Im Übrigen sei noch auf § 92 AktG und auf § 91 Abs. 2 AktG verwiesen. Die in § 92 AktG formulierten Pflichten des Vorstands bei Verlusten, Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung unterfallen auch der Überwachungspflicht des Aufsichtsrats, seiner Pflicht zum Eingreifen3 verbunden mit den Gefahren seiner ganz persönlichen Haftung aus §§ 93 Abs. 1 Satz 1, 116 Satz 1 AktG4.
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Gleiches gilt für die Verpflichtung des Vorstands aus § 91 Abs. 2 AktG. Das KonTraG hat hier die Pflicht des Vorstands, für ein angemessenes Risikomanagement und für eine angemessene interne Revision zu sorgen5, verdeutlicht. Für den Aufsichtsrat folgt hieraus die Pflicht, die Einrichtung und das Funktionieren eines Frühwarnsystems zu überwachen6. Da die vollständige Überprüfung der Zuverlässigkeit des Risikoüberwachungssystems die Kapazitäten des Aufsichtsrats übersteigt, liegt der
1 Dazu Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 90 Rn. 38 f.; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 60 ff.; Peltzer, WM 1981, 346, 350 sowie Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 238 ff.; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 699 f.; Ziemons in Nirk/Ziemons/Binnewies, Hdb. Aktiengesellschaft, Rn. I 8.791 ff. 2 Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 700; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 25 Rn. 22; Krieger/Sailer-Coceani in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 90 Rn. 33 ff.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 90 Rn. 45; Oltmanns in Heidel, Komm. AktG, § 90 Rn. 11; Müller-Michaels in Hölters, Komm. AktG, § 90 Rn. 11. 3 BGH v. 16.3.2009 – II ZR 280/07, ZIP 2009, 860 = AG 2009, 404. 4 BGH v. 20.9.2010 – II ZR 78/09, JZ 2010, 1188 Anm. Habersack, S. 1191 f. = AG 2010, 785; Habersack/Schürnbrand, WM 2005, 957; Schürnbrand, NZG 2010, 1207. 5 Zur Entstehungsgeschichte Seibert in FS Bezzenberger, 2000, S. 427 ff. 6 Thümmel, DB 1999, 885, 886.
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Schwerpunkt der Überwachungstätigkeit hier beim Abschlussprüfer (§§ 317 Abs. 4, 321 Abs. 4 HGB)1. d) Vom Aufsichtsrat oder einzelnen seiner Mitglieder angeforderte Berichte Von ganz besonderer Bedeutung ist schließlich die Berichtspflicht des 212 Vorstands aufgrund von Anforderungen des Aufsichtsrats selbst nach § 90 Abs. 3 AktG. Dieses sehr weitgehende Initiativrecht des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder hat seinen Grund nicht in der unzureichenden Ordnung der regulären Informationspflicht des Vorstands2, da diese reguläre Informationspflicht, richtig verstanden und gehandhabt, durchaus zweckentsprechend ist. Grund der gesetzlichen Regelung mit dem Initiativrecht des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder selbst sind die unterschiedlichen Betrachtungen und Gewichtungen, die stets möglich sind im Hinblick auf die Auswahl von Informationen. In den bisher geschilderten Fällen lag die Initiative und damit auch der Inhalt und die Gestaltung der Berichte in der Regel beim Vorstand3. Die dort gesetzten Schwerpunkte aber mögen mit der Sichtweise des Aufsichtsrats ganz und gar nicht übereinstimmen. Diesem Aspekt will § 90 Abs. 3 AktG Rechnung tragen und damit auch von Rechts wegen die hier bestimmende und maßgebende Rolle des Aufsichtsrats betonen. Daher kann hier, im Initiativbereich des Aufsichtsrats, dieser selbst durch Beschluss, aber auch jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied jederzeit und zusätzlich zu den Regularberichten des Vorstands über alle Angelegenheiten der Gesellschaft einen Bericht an den Aufsichtsrat verlangen4. Diese Berichtspflicht ist thematisch nur begrenzt durch den notwendigen Bezug zur Gesellschaft (Angelegenheiten der Gesellschaft). Ein in diesem Rahmen liegendes Verlangen des Aufsichtsrats oder einzelner seiner Mitglieder kann vom Vorstand überhaupt nicht zurückgewiesen werden, auch das Berichtsverlangen eines einzelnen Aufsichtsratsmitgliedes genügt. Positiv heißt das: Jedes Aufsichtsratsmitglied kann stets in diesem weiten Rahmen zusätzliche Berichte des Vorstands an den Aufsichtsrat verlangen, ohne dass der Vorstand oder auch die Mehrheit des Aufsichtsrats intervenieren könnte. Da die Befugnis jedem Mitglied zusteht, kann auch jeder Aufsichtsrats-Ausschuss solche Sonderberichte anfordern. Wie der Vorstand solche Berichtswünsche nicht zurückweisen kann, so kann es auch der Aufsichtsrat selbst nicht etwa durch Beschluss gegen einzelne seiner Mitglieder: Die betreffenden Rechte sind unangreifbar und weder
1 Endres, ZHR 163 (1999), 441, 457. 2 So aber Spindler, MünchKomm. AktG, § 90 Rn. 32. 3 Soweit nicht der Aufsichtsrat eine Berichtsordnung für den Vorstand erlassen hat; vgl. oben Rn. 191. 4 Vgl. dazu Ziemons in Nirk/Ziemons/Binnewies, Hdb. Aktiengesellschaft, Rn. I 8.797 ff.
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Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat
durch die Satzung noch durch den Vorstand oder den Aufsichtsrat selbst einschränkend gestaltbar1. 214
Da die Initiative hier vom Aufsichtsrat oder einzelnen seiner Mitglieder ausgeht, müssen diese zunächst einmal ihr Anliegen so präzise formulieren, dass der Vorstand in dem notwendigerweise eingeschränkten Umfang eines jeglichen Berichts überhaupt darauf antworten kann2. Darüber hinaus aber muss das Verlangen noch erfüllbar sein und darf nicht identisch sein mit einem sowieso in aller Kürze zu erstattenden Regularbericht. Mit anderen Worten: Ergibt sich die gewünschte Antwort aus einem erst kürzlich vorgelegten Regularbericht oder Sonderbericht oder ist dieser sowieso in aller Kürze zu erstatten und daher der angeforderte Bericht nach § 90 Abs. 3 AktG nicht oder nicht wesentlich früher erfüllbar, so zielt die Anforderung ins Leere. Erfülltes oder sowieso Geschuldetes kann zu leisten nicht bzw. nicht noch einmal begehrt werden3. Darüber hinaus darf das Begehren auch nicht aus anderen Gründen missbräuchlich sein. Das wäre etwa der Fall, wenn ein Aufsichtsratsmitglied den Zusatzbericht und die in ihm erwarteten Informationen für persönliche Zwecke verwenden will oder es um Quisquilien geht, die unter keinem Aspekt (oben Rn. 207) den Kontrollauftrag des Aufsichtsrats betreffen. e) Gemeinsamkeiten der Sonderberichte
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Auch diese Sonderberichte gehen in jedem Falle vom Vorstand an den Aufsichtsrat, also nicht etwa an das einzelne Aufsichtsratsmitglied, welches den Sonderbericht veranlasst hat. Im Übrigen gelten die allgemeinen Regeln bezüglich Form und Sorgfalt der Erstellung sowie Kenntnis und Einsicht wie unten erläutert (Rn. 223 ff.). 4. Vorlageberichte
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Der Vorstand hat im Rahmen von Vorlagen immer dann zu berichten, wenn er einen bestimmten Beschluss des Aufsichtsrats erstrebt. Zu diesen Vorlagen gehören insbesondere:
1 Vgl. oben Rn. 207; LG Düsseldorf v. 8.3.1988 – 36 O 138/87, AG 1988, 386, 387 lässt es aber zu, dass der Aufsichtsrat durch einstimmige Übertragung bestimmter Angelegenheiten auf einen paritätisch besetzten Ausschuss für diesen Bereich auf sein Auskunftsrecht verzichtet. Das erscheint uns problematisch. 2 LG Bonn v. 16.10.1986 – 10 O 166/85, AG 1987, 24 und OLG Köln v. 9.5.1986 – 19 U 193/85, AG 1987, 24 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 90 Rn. 11; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 90 Rn. 48; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 25 Rn. 24; Müller-Michaels in Hölters, Komm. AktG, § 90 Rn. 14. 3 Ähnlich Spindler, MünchKomm. AktG, § 90 Rn. 35, der hier von Rechtsmissbrauch spricht; vgl. auch zur ähnlichen Situation im GmbH-Recht beim Auskunftsrecht der Gesellschafter Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 51a Rn. 7 ff.
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a) Jahresabschluss Der Jahresabschluss mit seinem Anhang (§ 264 Abs. 1 Satz 1 HGB) und dem Lagebericht ist dem Aufsichtsrat zu selbständiger Prüfung vorzulegen. Darüber hinaus ist der Prüfungsbericht des Abschlussprüfers (soweit nicht „kleine AG“1) direkt dem Aufsichtsrat ohne den Umweg über den Vorstand zuzuleiten (§ 321 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 HGB). Dies ist eine Folge der Auftragserteilung durch den Aufsichtsrat (§ 111 Abs. 2 Satz 2 AktG) und unterstreicht die Unabhängigkeit zwischen Abschlussprüfer und Vorstand2. Näher dazu oben Rn. 171 ff. Der Aufsichtsrat muss in jedem Falle diese Unterlagen prüfen und darüber einen positiven oder negativen eigenen Beschluss fassen (§ 171 Abs. 1 Satz 1 AktG). Soll die Feststellung ausnahmsweise durch die Hauptversammlung erfolgen (wie sonst stets bei der GmbH), so trägt der Aufsichtsrat zwar keine Mitverantwortung dafür, er muss aber dennoch seine Sicht der Dinge dieser Versammlung erläutern (§ 124 Abs. 3 AktG) und bedarf daher auch in diesem Falle der gleichen Angaben und Unterlagen3, 4.
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b) Der Abhängigkeitsbericht einer abhängigen AG nach § 312 AktG Dieser besondere und wichtige Bericht des Vorstands einer abhängigen Aktiengesellschaft (§ 17 AktG) ist ebenfalls dem Aufsichtsrat vorzulegen. Auch er ist durch den Abschlussprüfer zu prüfen, und sein Bericht dazu ist ebenfalls dem Aufsichtsrat unmittelbar zuzuleiten. Dieser hat die Unterlagen wiederum selbständig zu prüfen und darüber Beschluss zu fassen. Auch hier muss der Abschlussprüfer an der betreffenden Sitzung des Aufsichtsrats teilnehmen und diesem über die wesentlichen Ergebnisse seiner Prüfung berichten, § 314 Abs. 4 AktG.
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Das Gesetz versagt dem Aktionär die Einsicht in den Abhängigkeitsbericht und gibt ihm nur die Entscheidung von Prüfer und Aufsichtsrat bekannt; außerdem ist nach § 312 Abs. 3 Satz 3 AktG die Erklärung des Vorstands über den Ausgleich etwaiger Nachteile auch in den Lagebericht aufzunehmen. Das Gesetz bringt auf diese Weise die beiden Instanzen
218a
1 Ist die betreffende AG nicht prüfungspflichtig, so entfällt naturgemäß auch der Prüfungsbericht, vgl. oben Rn. 189. 2 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 13/9712, S. 22. 3 Die Vorlagepflicht des § 170 AktG besteht auch in den Gesellschaften mbH unter dem DrittelbG (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG verweist auf § 170 AktG) und dem MitbestG, obwohl dort eine ausdrückliche gesetzliche Verweisung auf diese Norm fehlt; vgl. OLG Karlsruhe v. 20.11.1986 – 8 W 54/86, Die Mitbestimmung 1987, 72; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 754 und dort Fn. 4 sowie Raiser in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 233; ähnlich auch Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 58, die auf § 111 Abs. 2 AktG i.V.m. § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG verweisen. 4 Die Vorlagepflicht nach § 170 AktG und die Prüfungspflicht des Aufsichtsrats nach § 171 AktG sind sogar für den fakultativen Aufsichtsrat nach § 52 GmbHG festgelegt.
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Aufsichtsrat und Prüfer in die Position von Garanten der abhängigen Gesellschaft und ihrer Minderheit: Umso sorgfältiger hat der Aufsichtsrat beide Berichte zu prüfen, und umso detaillierter hat der Vorstand über etwaige Unterschiede aus seiner Sicht und der Sicht des Prüfers dem Aufsichtsrat zu berichten. 218b
Im Übrigen verlangt das Gesetz vom Aufsichtsrat dieser abhängigen AG einen sehr eingehenden Bericht an die Hauptversammlung, und zwar – über das Ergebnis seiner Prüfung des Abhängigkeitsberichtes, – über das Ergebnis der Prüfung des Abhängigkeitsberichtes durch den Abschlussprüfer unter wörtlicher Wiedergabe von dessen Bestätigungsvermerk bzw. dessen Versagung. Am Schluss dieses Berichtes hat der Aufsichtsrat zu erklären, „ob nach dem abschließenden Ergebnis seiner Prüfung Einwendungen gegen die Erklärung des Vorstands am Schluss des Berichts über die Beziehungen zu verbundenen Unternehmen zu erheben sind“.
Fehlt der Bericht oder fehlt auch nur eines seiner Elemente, so kann der Aufsichtsrat nicht entlastet werden. Geschieht das doch, ist der Beschluss anfechtbar1. 219
Besonders sorgfältig muss der Aufsichtsrat prüfen, wenn es sich um eine kleine AG handelt, die nach §§ 316 Abs. 1, 267 Abs. 1 HGB keiner Pflichtprüfung unterliegt und daher auch keine Prüfer für den Abhängigkeitsbericht hat; gerade bei abhängigen Aktiengesellschaften wird das in Zukunft häufiger der Fall sein. c) Maßnahmen des Vorstands, die der Mitwirkung (Zustimmung) des Aufsichtsrats bedürfen
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Vorgänge dieser Art gibt es schon nach dem Gesetz in nicht geringer Zahl (z.B. §§ 59 Abs. 3, 89, 114, 115, 171, 202 Abs. 3 Satz 2, 308 Abs. 3 Satz 2 AktG), hinzukommen in je nach Gesellschaft unterschiedlichem Maße Zustimmungsrechte kraft Satzung oder Beschluss des Aufsichtsrats gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG selbst (dazu oben Rn. 112 ff.). In allen diesen Fällen geht es um eine „mitwirkende Überwachung“ der Geschäftsführung des Vorstands durch den Aufsichtsrat. In allen diesen Fällen steht die Initiative dem Vorstand zu, der, ergreift er sie, den Aufsichtsrat für seine Vorstellungen gewinnen muss. Das setzt entsprechende Informationen voraus. Das gilt insbesondere für die zustimmungsbedürftigen Maßnahmen nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG; hier handelt es sich um eine Kooperation zwischen Vorstand und Aufsichtsrat. Es liegt auf der Hand, 1 Vgl. BGH v. 25.11.2003 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47 = NJW 2003, 1032 = AG 2003, 273 (Macrotron); OLG Dresden v. 23.4.2003 – 18 U 1976/02, AG 2003, 433, 435 (Anfechtbarkeit bei Informationsverletzung); LG München v. 29.9.2005 – 5 HK O 13412/05, AG 2006, 170; Altmeppen, MünchKomm. AktG, § 314 Rn. 30 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 314 Rn. 5.
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dass sie ein vollständiges Maß an Information des Aufsichtsrats bedingen, da dieser sonst die Entscheidung für die Gesellschaft nicht tragen bzw. mittragen kann1. Die erforderliche Information wird hier als Begründung des Vorstands für die eigenen Vorstellungen gegeben, soweit sie nicht bereits in den beigefügten Unterlagen selbst enthalten ist. Selbstverständlich können auch hier Zusatzfragen und Zusatzberichte zur Ergänzung der Unterlagen (Begründung) verlangt werden (siehe oben Rn. 212). Sehr kritisch sind Wünsche des Vorstands auf nachträgliche Zustimmung 221 (Genehmigung) seines Handelns zu sehen. Der Vorstand kann in diesen Fällen auch ohne die vorherige Mitwirkung des Aufsichtsrats rechtlich wirksam handeln2, aber er darf bzw. soll es nicht. Hier mag es seltene Fälle geben, in denen es aus Zeitgründen oder Gründen der Geheimhaltung richtig ist, den Aufsichtsrat erst nachträglich zu befassen: Den Vorsitzenden bzw. das Präsidium vorweg zu informieren aber ist stets möglich und daher unabdingbar. Da die fragliche Maßnahme selbst in solchen Fällen nicht mehr zu beeinflussen (zu stoppen) ist, gilt es, sie im Sinne der Kontrolle der Geschäftsführung des Vorstands jedenfalls nachträglich sorgfältig zu beurteilen; denn für die hier gefragte Kooperation zwischen Vorstand und Aufsichtsrat ist die Meinung des Aufsichtsrats sowohl in der Sache wie zum Zeitfaktor wie zum Verhalten des Vorstands überhaupt von großem Gewicht. Der Aufsichtsrat ist in keiner Weise verpflichtet, die Maßnahme des Vorstands zu genehmigen. Dieser handelt also auf eigene Gefahr. Denn ohne Zustimmung/Genehmigung bleibt seine Maßnahme pflichtwidrig. 5. Die Empfänger der Berichte Die Berichte des Vorstands gehen stets an den Aufsichtsrat. Dieser wird bei schriftlichen Berichten dabei durch seinen Vorsitzenden repräsentiert3; über ihn sind also die schriftlichen Berichte an alle Aufsichtsrats1 Der BGH hat das im Leitsatz seiner Entscheidung vom 11.12.2006 – II ZR 243/05, ZIP 2007, 224 nachdrücklich betont: „Der … Aufsichtsrat … verletzt seine zur Haftung führenden organschaftlichen Pflichten …, wenn er ohne gebotene Information … seine Zustimmung zu nachteiligen Geschäften erteilt“. 2 Grundsätzlich ist die Vertretungsmacht des Vorstands unbeschränkt, § 82 Abs. 1 AktG. Zustimmungserfordernisse betreffen also in der Regel nur die internen Geschäftsführungsbefugnisse, vgl. Spindler, MünchKomm. AktG, § 82 Rn. 1, 30; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 82 Rn. 1; Weber in Hölters, Komm. AktG, § 82 Rn. 2 ff. Die Zustimmung nach § 114 AktG beinhaltet allerdings ein Wirksamkeitserfordernis, vgl. Habersack, MünchKomm. AktG, § 114 Rn. 27. Teilweise wird dies auch für §§ 89, 115 AktG angenommen, vgl. Jörg Gessler, Komm. AktG, § 89 Rn. 5; a.A. die h.M., vgl. nur Spindler, MünchKomm. AktG, § 89 Rn. 51 m.w.N. 3 Gläubiger ist das Organ Aufsichtsrat. Zum Teil wird allerdings angenommen, die Gesellschaft selbst sei Gläubiger der Berichte, so Spindler, MünchKomm. AktG, § 90 Rn. 36 und 59; Baumbach/Hueck, Komm. AktG, § 82 Anm. 14; weitere Nachweise bei Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 119 in Fn. 372. Diese Ansicht stößt indes auf unüberwindliche Probleme, da sie auf einen Anspruch
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mitglieder zu leiten1, soweit der Aufsichtsrats-Vorsitzende nicht den Vorstand gebeten hat, die Berichte unmittelbar allen Aufsichtsratsmitgliedern zuzuleiten. Das gilt für alle schriftlichen Berichte, also auch für die von einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern angeforderten (Zusatz-)Berichte (oben Rn. 212). Und weil das für alle Berichte gilt, hat auch der Aufsichtsrats-Vorsitzende ihm zugehende Sonderberichte nach § 90 Abs. 1 Satz 3 AktG möglichst umgehend an die übrigen Aufsichtsratsmitglieder weiterzuleiten; spätestens in der nächsten Aufsichtsratssitzung muss der Vorsitzende die übrigen Mitglieder über diese Sonderberichte und ihren Inhalt unterrichten, § 90 Abs. 5 Satz 3 AktG. Nach § 90 Abs. 5 Satz 2 AktG kann (nur) der Aufsichtsrat selbst durch Beschluss (also nicht die Satzung!)2 die Aushändigung von Berichten an die Aufsichtsratsmitglieder ausschließen und die Mitglieder auf die Möglichkeit der Einsicht in diese Unterlagen in den Räumen der Gesellschaft verweisen; diese letztere Möglichkeit kann dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied nie genommen werden. Wenn von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, kommt eine Übermittlung der betreffenden Berichte an die Aufsichtsratsmitglieder naturgemäß nicht in Betracht. An die Stelle der Übersendung tritt dann die – unabdingbar notwendige – Unterrichtung der Aufsichtsratsmitglieder, sei es durch den Vorstand, sei es durch den Aufsichtsratsvorsitzenden, dass der Vorstand einen Bericht zum Thema X bzw. nach § Y AktG erstellt hat und dieser zur Einsicht der Aufsichtsratsmitglieder in den Geschäftsräumen der Gesellschaft ausliegt. 6. Die Gestaltung der Berichte 223
a) Diese Gestaltung obliegt dem Vorstand. Der Bericht hat dabei „den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft zu entsprechen“ (§ 90 Abs. 4 Satz 1 AktG).
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b) Der Bericht muss inhaltlich vollständig sein, und er muss vor allem sorgfältig zwischen der Mitteilung von Tatsachen und ihrer Bewertung (Meinung) unterscheiden. Er sollte tunlichst an frühere Berichte anschließen und deren Daten aufnehmen. Er muss übersichtlich gegliedert und geordnet, straff formuliert (statt geschwätzig) und gedanklich klar (statt wirr) sein3 und sollte versuchen, durch Tabellen und Schaubilder die Dar-
der Gesellschaft gegen sich selbst hinausläuft. Auch sind die Aufsichtsratsmitglieder nicht etwa Gesamtgläubiger nach § 428 BGB; so aber Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 154 ff. 1 H.M., vgl. Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 187 m.w.N.; Mertens, AG 1980, 67, 73; Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 149 f. m.w.N.; Oltmanns in Heidel, Komm. AktG, § 90 Rn. 19. Demgegenüber können mündliche Berichte nur in einer förmlichen Sitzung des Aufsichtsrats erstattet werden. 2 Vgl. Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 196. 3 Ebenso Peltzer, WM 1981, 346, 350: „Systematisch, aussagekräftig, gut gegliedert, klar und den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend“.
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stellung zu straffen und zu vereinfachen1. Er hat sodann die mitgeteilten Fakten zu werten, hat also eine Meinung des Vorstands zur Bedeutung des geschilderten Sachverhalts für die Lage und die Politik der Gesellschaft erkennen zu lassen und ggf. mit einem Entscheidungsvorschlag an den Aufsichtsrat zu enden. Ein auf unzureichende Information des Aufsichtsrats gefasster Beschluss ist nichtig2, was von jedem Aufsichtsratsmitglied mit der Feststellungsklage geltend gemacht werden kann. c) In welcher Form der Vorstand zu berichten hat, ist vom Gesetz über lange Zeit hin offengelassen worden und war daher in der Literatur sehr umstritten3. Dieser Streit gehört der Vergangenheit an; denn § 90 Abs. 4 AktG hat durch das TransPuG einen weiteren Satz erhalten mit folgendem Wortlaut: „Sie sind möglichst rechtzeitig und, mit Ausnahme des Berichts nach Absatz 1 Satz 3, in der Regel in Textform zu erstatten.“
Damit ist geklärt, dass die regulären Berichte schriftlich oder in Textform (Fax, E-Mail) zu erstatten sind und nur deren aktuelle Ergänzung sowie die Mitteilung neuester Geschehnisse und Entwicklungen mündlich in der Sitzung erfolgen kann4. Das ist auch völlig richtig und sachgerecht so; denn der Vorstand kann – beratend! – nur wirksam kontrolliert werden, wenn sich die Aufsichtsratsmitglieder auf diese Sitzungen gründlich vorbereitet haben und die Stichhaltigkeit (Plausibilität) der Argumentation des Vorstands in Ruhe bedenken können. Es ist auch für wirtschaftlich erfahrene Personen ausgeschlossen, aufgrund allein mündlicher Vorträge spontan die etwaigen Probleme sicher zu erkennen. Denn der Vorstand wird stets versuchen, auf Probleme und Pannen von sich aus nicht eingehen zu müssen. Jedenfalls wird er auf sie (zu) spät hinweisen, um ein Problem unbemerkt vom Aufsichtsrat selbst lösen zu können. Das ist die ganz normale Haltung eines Vorstands, und sie ist unabdingbar die Folge des gesetzlichen Systems, wonach der Vorstand selbst den Aufsichtsrat zu informieren hat, einen Aufsichtsrat, der die Personalhoheit über ihn ausübt und daher auch über energische Sanktionsmöglichkeiten ihm gegenüber verfügt: Niemand reicht einem anderen gern und rasch den Strick, mit dem er aufgeknüpft werden kann! Soll also der Aufsichtsrat im Bereich der Überwachung des Vorstands mehr sein als ein Reiter auf dem dünn vereisten Bodensee – und das soll er nach dem Gesetz gewisslich! –, dann verlangt das von jedem Aufsichtsratsmitglied Vorbereitung und Beschäftigung mit dem betreffenden Unternehmen und 1 Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 25 Rn. 34; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 659 f. 2 LG Hannover v. 27.6.1989 – 7 O 214/89, DB 1989, 1816. 3 Vgl. dazu etwa Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 259 ff.; Lutter, AG 1991, 249, 252; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 142. 4 Diese zusätzlichen Ergänzungen sollten dann aber in das Protokoll aufgenommen werden, zutr. Ziemons in Nirk/Ziemons/Binnewies, Hdb. Aktiengesellschaft, Rn. I 8.806.
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seinen Problemen über die vier Sitzungstage im Jahr hinaus1. Anders ist moderne Unternehmensführung – und darauf bezogen ist ja der Aufsichtsrat – nicht möglich. 226
In der Regel ist schriftlich zu berichten (natürlich vor dem Hintergrund geplanter weiterer mündlicher Ergänzungen) und nur ausnahmsweise – und das heißt: mit entsprechender Begründung – mündlich. Ein freies Ermessen besteht hier nicht. Sieht man das richtig, so kommt eine (nur) mündliche Berichterstattung vor allem aus zwei Gründen in Betracht: wegen der besonderen Geheimhaltungsbedürftigkeit der betreffenden Angaben und wegen der sich rasch verändernden Umstände, die eine Festlegung (noch) nicht erlauben. Auch hier ist der Inhalt des mündlichen Berichts tunlichst in das Protokoll aufzunehmen.
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Zu einer nach § 90 Abs. 4 AktG ordnungsgemäßen Berichterstattung des Vorstands gehört auch, dass dieser seine schriftlichen Regelberichte dem Aufsichtsratsvorsitzenden oder auf dessen Bitte unmittelbar den Mitgliedern rechtzeitig vor den Aufsichtsratssitzungen zuleitet. Nur unter dieser Voraussetzung ist den Aufsichtsratsmitgliedern ein hinreichendes Studium der Berichte sowie deren Bewertung möglich. Auch das stellt Satz 2 von § 90 Abs. 4 AktG ausdrücklich klar („möglichst rechtzeitig“)2. 7. Information und Berichte im Konzern a) Gleiche Regeln wie für die AG selbst
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Alle bisher erörterten Berichte betreffen die Gesellschaft, nicht die Gruppe oder den Konzern. Andererseits wurde bereits oben (Rn. 141 ff.) festgestellt, dass der Aufsichtsrat, d.h. der Aufsichtsrat einer Konzernobergesellschaft, fraglos auch die Aufgabe hat, die Leitung des Gesamtkonzerns durch den Vorstand der (seiner) Obergesellschaft zu überwachen. Das aber kann er nur vor dem Hintergrund von Informationen; und diese wiederum kann ihm nur der Vorstand verschaffen3.
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Der Konzern wird vom Gesetz selbst als funktionale („einheitliche Leitung“, § 18 AktG) und als wirtschaftliche Einheit trotz seiner Zusammensetzung aus selbständigen Gliedgesellschaften, also auch aus rechtlich selbständigen Teilen, verstanden (den Konzerngesellschaften)4. Deswegen auch hat der Vorstand der Konzernobergesellschaft vielfache auf diese „Einheit“ bezogene Pflichten der Leitung und Führung5; und er hat über 1 Boujong, AG 1995, 203, 205 spricht sogar von „ständiger Diskussion mit dem Vorstand“ und dessen „laufender Beratung“. 2 Vgl. auch bei Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 271. Die Formulierung des Gesetzes „in der Regel“ erlaubt wiederum einen Verzicht seitens des Aufsichtsrats und Ausnahmen in Sonderfällen, z.B. hohe Vertraulichkeit des Berichtsinhalts. 3 Dazu auch Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 503. 4 Koppensteiner, Kölner Komm. AktG, § 18 Rn. 17 ff. m.w.N. 5 Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, 1982, S. 77 m.w.N.
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diese funktionale Einheit „Konzern“ auch einheitlich Rechnung zu legen (§§ 290 ff. HGB). Es ist damit offenbar, dass der Vorstand das nicht etwa im rechtsleeren Raum tut, sondern als Teil seiner Pflicht zur Geschäftsführung für die Obergesellschaft, deren Herrschaftsrechte aus Beteiligung und Vertrag in den Konzerngesellschaften er wahrnimmt und wahrnehmen muss. Genau das zu kontrollieren ist Aufgabe des Aufsichtsrats1, der das gar nicht anders kann als vor dem Hintergrund von Informationen, wie sie auch für die AG selbst gelten. Daraus folgt, dass der Konzern in den Berichten des Vorstands an den Aufsichtsrat in gleicher Weise und nach den gleichen Regeln erscheinen muss wie in den vom Gesetz vorgeschriebenen Berichten für die Gesellschaft (AG) selbst. Insbesondere ist nicht erkennbar, weshalb etwa nur der Aufsichtsratsvorsitzende zu informieren sein sollte2 oder der Gesamtaufsichtsrat nur dann, wenn einzelne Entwicklungen im Konzern für die Gesellschaft selbst unmittelbar von Bedeutung sind: Denn das gilt nach § 90 Abs. 1 AktG sowieso, etwa dann, wenn bei einer Tochtergesellschaft Verluste entstanden sind, zu deren Übernahme die AG nach § 302 AktG verpflichtet ist. Das Gesetz selbst hat die Fragen der Information im Konzern nicht ausreichend und insbesondere nicht systematisch bedacht und daher auch nur in Ansätzen geregelt, so z.B. in § 90 Abs. 2 und Abs. 3 AktG, aus denen sich die Geschäftsführungspflicht des Vorstands für den Gesamtkonzern und die darauf beruhende Überwachungspflicht des Aufsichtsrats folgern lässt. Insgesamt lässt sich damit sagen:
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b) Die regelmäßigen Berichte des Vorstands aa) Die regelmäßigen Berichte des Vorstands an den Aufsichtsrat (Vierteljahres-Berichte, Jahresberichte, Rentabilitätsberichte) müssen in gleichem Umfange und mit gleichem Inhalt auch für den Konzern erstattet werden, § 90 Abs. 1 Satz 2 AktG3. Das gilt insbesondere für die eingegliederten Gesellschaften nach §§ 319 ff. AktG, die Organgesellschaften (§§ 291 ff. AktG) und die (fast) 100 %igen Tochter- und Enkelgesellschaften. Ihre wirtschaftliche Lage, ihre Liquiditäts- und Ertragssituation sind für die Obergesellschaft und deren wirtschaftliche Situation unmittelbar relevant. Mängel der Geschäftsführung in ihnen wirken sich nicht weniger und nicht anders aus als Mängel in der Geschäftsführung der Gesellschaft 1 Zutreffend Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 381 ff.; ebenso Mertens, AG 1980, 67, 70; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 90 Rn. 40 f.; Götz, ZGR 1998, 524, 540. 2 So etwa Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 248.1. 3 Ausführlich Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 148 ff. m.w.N.; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 404 ff.; Spindler, MünchKomm. AktG, § 90 Rn. 22. Im Übrigen: Wenn z.B. VW eine neue Fabrik im In- oder Ausland zu bauen beabsichtigt, kann es für die Mitwirkung des Aufsichtsrats an Planung und Entscheidung überhaupt keinen Unterschied machen, ob diese Investition von der VW AG selbst oder einer ihrer ausländischen Tochtergesellschaften getätigt wird.
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selbst. Ihnen gegenzusteuern ist der Vorstand der Obergesellschaft (AG) verpflichtet und in der Lage (z.B. Abberufung des Managements in der betreffenden Tochtergesellschaft). Der Gesetzgeber hat das erst spät erkannt und es erst im TransPuG von 2002 durch Einfügung eines neuen Satzes 2 von § 90 Abs. 1 AktG geregelt: „Ist die Gesellschaft Mutterunternehmen (§ 290 Abs. 1, 2 des Handelsgesetzbuchs), so hat der Bericht auch auf Tochterunternehmen und auf Gemeinschaftsunternehmen (§ 310 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs) einzugehen.“
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bb) Die zur Überwachung der Konzernleitung benötigten Informationen können vom Vorstand der Tochtergesellschaft an den Vorstand der Muttergesellschaft oder, mit dessen Zustimmung, direkt an deren Aufsichtsrat erfolgen.
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Dieser Informationsfluss im Konzern ist nicht verboten: Der Konzern, auch der faktische, ist rechtmäßig, §§ 291 ff., 311 ff. AktG, einheitliche Leitung also erlaubt. Da einheitliche Leitung aber der Information bedarf, sind Auskünfte der Tochtergesellschaften an die Muttergesellschaft zum Zwecke der Konzernleitung nicht nur zulässig, sondern auch erforderlich1.
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Werden derartige Informationen von der Tochter außerhalb der Hauptversammlung erteilt, so findet doch § 131 Abs. 4 AktG keine Anwendung; denn die Mutter erhält die Information nicht in ihrer Eigenschaft als Aktionär, sondern als konzernleitendes Unternehmen2. Das wird in § 131 Abs. 4 Satz 3 AktG für den Spezialfall der Einbeziehung der Tochter in den Konzernabschluss der Mutter ausdrücklich klargestellt.
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cc) Anders ist die Rechtslage dann, wenn in den Tochtergesellschaften noch „echte“ Minderheitsaktionäre sind und kein Unternehmensvertrag besteht: Dann sind gegenläufige Interessen der Tochter strikt zu berücksichtigen, wie die §§ 311 ff. AktG zeigen. Das aber unterbricht die Erlaubnis zum schrankenlosen Informationsfluss zwischen dem Tochterbereich und dem Aufsichtsrat der Obergesellschaft3. Der Vorstand der Tochter muss dann „nach oben“ berichten, dass eine Weitergabe der gewünschten Information im Interesse der Tochter und ihrer Minderheitsgesellschafter nicht möglich ist.
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dd) Bei der Gestaltung dieser regelmäßigen Berichte über den Konzern hat sich der Vorstand an deren Funktion zu orientieren: Darstellung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit unter den genannten Aspekten. Er 1 Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 156 ff.; Pentz, ZIP 2007, 2298 ff. Zurückhaltend Spindler/Janssen-Ischebeck, Informationsfluss, S. 147, 153 ff. 2 H.M., vgl. nur Krieger, Münchener Hdb. AG, § 69 Rn. 26; Zöllner, Kölner Komm. AktG, 1. Aufl., § 131 Rn. 69; Hüffer, Komm. AktG, § 131 Rn. 38; Scheffler, DB 1994, 793, 798; ebenso Kubis, MünchKomm. AktG, § 131 Rn. 141 f. 3 Dazu Lutter, AG 1991, 249, 255.
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wird also tunlichst über den Konzern nach dem gleichen Schema und nach den gleichen Regeln berichten wie über die Gesellschaft selbst1, also über den Umsatz und den Ertrag im Konzern insgesamt und nach Sparten bzw. Bereichen getrennt, je im Periodenvergleich und im Vergleich zur Planung. Außerdem sind Hinweise zu den spezifischen Risiken und Kostenfaktoren (Zins, Währung, Arbeitnehmer) in den verschiedenen Sparten bzw. Bereichen zu geben. Dabei hat der Vorstand wichtige Konzerngesellschaften – ähnlich wie wichtige Betriebsabteilungen in der Gesellschaft selbst – besonders hervorzuheben, um sie ggf. mit ihren besonderen Stärken und Schwächen sowie den dort vorgesehenen Maßnahmen zur Ausnutzung von Stärken bzw. zur Überwindung von Schwächen darzustellen. ee) Für den Inhalt des Jahresberichts gelten die gleichen Regeln wie für den Jahresbericht der Gesellschaft selbst2: Im Zentrum stehen die Planungen im Konzern. Im Übrigen wird es am zweckmäßigsten sein, nach Schwerpunkten und Tätigkeitsgebieten (Produkten, Bereichen) zu gliedern: Es besagt wenig, wenn der Vorstand über die Absicht einer Investition von X US-Dollar bei der A-Corporation (die Kunststoffteile und chemische Produkte herstellt) berichtet, aber viel, wenn über geplante Investitionen im Sektor chemischer Produkte mit Schwerpunkt bei der A-Corporation mitgeteilt wird. Nicht zu übersehen ist schließlich der jährliche Konzern-Rentabilitätsbericht. Auch hier gelten die obigen Überlegungen: Es sagt wenig, ja möglicherweise sogar Falsches, wenn der Rentabilitätsbericht für die Gesellschaft selbst zufriedenstellend, vielleicht sogar gut ist, während sich die Lage im Konzern dramatisch verschlechtert. Gerade in der beginnenden Krise wird eine solche Konstellation nicht selten sein. Der Aufsichtsrat verletzt daher seine Pflicht, wenn er nicht auf zeitnaher Information über Gesellschaft und Konzern besteht. Zum Zwecke einer effektiven Konzernleitungskontrolle empfiehlt es sich, vom Vorstand ein Kontrollstatut zu fordern, in dem das Instrumentarium zur Kontrolle der Unternehmensgruppe niedergelegt ist3.
237
c) Sonderberichte Sonderberichte über den Konzern sind schon im Gesetz selbst vorgesehen, § 90 Abs. 1 Satz 3 AktG. Unter den gleichen Voraussetzungen, wie sie oben (Rn. 208 ff.) zur Gesellschaft selbst formuliert wurden, nunmehr aber bezogen auf den Konzern als wirtschaftliche Einheit, sind solche Sonderberichte zu erstatten. Das gilt aber nicht für den Konzern als solchen, sondern auch für die einzelne Konzerngesellschaft, in der sich Sonderentwicklungen abzeichnen. Daher ist selbstverständlich über Arbeits1 So geschieht es auch in der Praxis der börsennotierten Aktiengesellschaften hinsichtlich ihrer Geschäfts- und ihrer Quartalsberichte. 2 Vgl. Götz, ZGR 1998, 524, 540 f. 3 Näher siehe Götz, ZGR 1998, 524, 541; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 420; zu dieser Forderung auch schon Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 308.
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kämpfe, behördliche Eingriffe, Absatz- und Ertragseinbrüche etc. in wichtigen Tochtergesellschaften im Rahmen solcher Sonderberichte zu berichten. d) Vorlageberichte 239
Sie betreffen vor allem die Vorlage des Konzernabschlusses und des Konzernlageberichts nach § 170 Abs. 1 AktG. Sie sind weiterhin angezeigt, wenn der Vorstand die Durchführung einer zustimmungspflichtigen Maßnahme im Konzern wünscht (vgl. dazu oben Rn. 159 ff.), und sie gelten erst recht, wenn der Vorstand nach § 32 MitbestG oder § 15 MontanMitbestErgG die Zustimmung bzw. Weisung des Aufsichtsrats für bestimmte Maßnahmen in Konzerngesellschaften benötigt. 8. Information des Aufsichtsrats bei Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern
240
Die Besonderheiten, die sich hinsichtlich der Information des Aufsichtsrats bei Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern durch die Einschaltung von Personalausschüssen ergeben, werden unten (Rn. 337) näher erläutert. 9. Vorstandsunabhängige Information des Aufsichtsrats: Das unmittelbare Einsichts- und Prüfungsrecht des Aufsichtsrats nach § 111 Abs. 2 AktG
241
a) Der Vorstand ist die wichtigste Informationsquelle für den Aufsichtsrat, aber er kann als derjenige, der zu kontrollieren ist, nicht die einzige Informationsquelle für den Aufsichtsrat sein. Das wird unmittelbar einsichtig, wenn man an den durchaus möglichen und weitreichenden Konflikt zwischen den beiden Organen denkt. Und es gilt erst recht, wenn die Frage akut wird, ob sich der Vorstand Pflichtverletzungen hat zuschulden kommen lassen. Daher sieht § 111 Abs. 2 AktG vor, dass sich der Aufsichtsrat die gewünschte Information auch durch eigene und unmittelbare Einsicht in die Unterlagen der Gesellschaft selbst verschaffen und dabei insbesondere die Angaben des Vorstands vor Ort überprüfen kann1. Dieses Recht steht dem Organ Aufsichtsrat zu; er hat es also durch Mehrheitsbeschluss einzuleiten. Ein Recht einzelner Mitglieder auf unmittelbare Einsicht und Prüfung kennt das Gesetz hier (im Gegensatz zur Berichtspflicht des Vorstands: Zusatzberichte) nicht2; das einzelne Mitglied kann also nur einen entsprechenden Antrag im Aufsichtsrat selbst zur Entscheidung (Abstimmung) stellen. 1 Zu den Schranken des Einsichts- und Prüfungsrechts vgl. näher Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 293 ff. 2 Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 166; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 129; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 284 m.w.N.; Hüffer, Komm. AktG, § 111 Rn. 11.
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Das Einsichts- und Prüfungsrecht dient der Überwachung (nur) des Vorstands, besteht also nicht beliebig und per se. b) Die konkrete Ausübung des Rechts durch den gesamten Aufsichtsrat wäre denkbar unzweckmäßig. Sie würde auch zu einer großen Beunruhigung im Unternehmen führen und daher der Gesellschaft eher schaden als nützen. Daher sieht das Gesetz vor, dass der Aufsichtsrat eine Gruppe (z.B. einen Ausschuss) oder gar ein einzelnes Mitglied mit der Einsicht oder Prüfung beauftragt. Der Vorteil einer solchen Vorgehensweise liegt in einem erhöhten Maß an Vertraulichkeit1, was wiederum gerade bei börsennotierten Gesellschaften der Prävention von Insidergeschäften zuträglich ist (siehe unten Rn. 290 ff.). Schließlich kann die Prüfung der konkreten Frage (z.B. Liquiditätslage, Auftragsbestand, Organisation, bestimmtes Fehlverhalten des Vorstands) auch durch einen Dritten und hier insbesondere einen Wirtschaftsprüfer oder den eigenen Abschlussprüfer durchgeführt werden2. Es muss sich dabei aber stets um die Prüfung einer konkreten und bestimmten Frage handeln, nicht um eine unspezifische, „flächendeckende“ allgemeine Prüfung3.
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c) Diese Prüfung muss sich naturgemäß auf die Überwachung des Vorstands beziehen. Geht es etwa um das Fehlverhalten von Arbeitnehmern, so kann der Aufsichtsrat nur den Vorstand um Klärung des Sachverhalts und Bericht an sich auffordern, kann aber weder selbst prüfen noch prüfen lassen. Das wird anders, wenn der Aufsichtsrat Grund zur Annahme hat, dass der Vorstand unvollständig oder unrichtig berichtet: Dann geht es um die Klärung des Verhaltens des Vorstands. Das ist eine Frage, die der Aufsicht des Aufsichtsrats unterliegt; sie wird sich häufig gerade in Konzernsachverhalten stellen. Aber auch in diesen Fällen ist der Aufsichtsrat nur in sehr engen Grenzen befugt, Arbeitnehmer unmittelbar zu befragen.
243
Geht es um (alte) Sachverhalte, die den jetzigen Vorstand nicht betreffen, so geht es auch nicht um seine Überwachung. Sind jedoch mögliche Schadensersatzansprüche gegen frühere Vorstandsmitglieder im Gespräch und sind diese noch nicht verjährt (§ 93 Abs. 6 AktG), so kann der Aufsichtsrat die Rechte aus § 111 Abs. 2 AktG zu deren Klärung einsetzen (Annexkompetenz), da nur er zu deren Geltendmachung berechtigt (§ 112 AktG) und zugleich verpflichtet4 ist. 1 Vgl. Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 286. 2 Vgl. dazu näher Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 298 ff.; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 130 ff. 3 BGH v. 15.11.1982 – II ZR 27/82, BGHZ 85, 293 ff. = AG 1983, 133 (Hertie) betont daher zutreffend, dass nur zur Klärung bestimmter Fragen ein besonderer Sachverständiger nach §§ 109 Abs. 1 Satz 2, 111 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 5 AktG beauftragt werden kann; vgl. auch Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 52 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 111 Rn. 12; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 165; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 130. 4 Vgl. nur BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244 = AG 1997, 377 (ARAG).
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d) Das Einsichts- und Prüfungsrecht steht in keiner „Rangordnung“ zum Informationsrecht nach § 90 AktG, darf also an sich jederzeit ausgeübt werden. Aber der Aufsichtsrat ist selbstverständlich auf die Interessen der Gesellschaft verpflichtet (§§ 93, 116 AktG) (vgl. unten Rn. 885 ff.). Für diese aber ist ein solcher Vorgang eine hohe Belastung, signalisiert er doch der gesamten Belegschaft (und damit praktisch der Öffentlichkeit) das Misstrauen des Aufsichtsrats gegenüber dem amtierenden Vorstand. Daher sollte dieses Recht vom Aufsichtsrat als Ultima Ratio verstanden und nicht etwa beliebig eingesetzt werden1.
245
e) Dieses unmittelbare Einsichts- und Prüfungsrecht betrifft nur die Gesellschaft, nicht aber Konzerngesellschaften. Der Aufsichtsrat der Obergesellschaft kann also nur bei der eigenen Gesellschaft die dort befindlichen und den Konzern betreffenden Unterlagen einsehen und prüfen (lassen), nicht aber bei den Konzerngesellschaften unmittelbar tätig werden. Hier liegt eine deutliche Schwäche im Überwachungssystem2! Das gilt vor allem dann, wenn der Vorstand selbst in den Tochtergesellschaften tätig ist, dort aber keiner oder jedenfalls keiner relevanten Überwachung durch unabhängige Dritte unterworfen ist3. Dieser mangelnden Überwachung in den Konzerngesellschaften kann der Aufsichtsrat in der Obergesellschaft nur durch sein Beharren auf detaillierten und eingehenden Berichten durch den Vorstand entgegenwirken. 10. Vorstandsunabhängige Information des Aufsichtsrats: Information des Aufsichtsrats durch Dritte und das Personal
245a
a) Das hier geschilderte normative System der Informationsversorgung des Aufsichtsrats ist am normalen Geschehen in der Gesellschaft ausgerichtet und geht von einer vertrauensvollen Zusammenarbeit von Vorstand und Aufsichtsrat aus. Dieses Informationssystem ist daher unzurei1 Zustimmend Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 174; wohl eher einfaches Ermessen befürwortend Hüffer, Komm. AktG, § 111 Rn. 11; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 33 ff.; Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 66. 2 Aus diesem Grund empfiehlt die Regierungskommission „Corporate Governance“, § 111 Abs. 2 AktG um folgenden Satz zu erweitern: „Ein vom Aufsichtsrat bestellter zur Berufsverschwiegenheit verpflichteter Sachverständiger sollte die Rechte nach § 111 Abs. 2 Satz 1 AktG auch gegenüber Tochterunternehmen im Sinne des § 290 Abs. 2 HGB und anderen Unternehmen im Sinne des § 310 HGB haben; er sollte von deren gesetzlichen Vertretern Aufklärungen und Nachweise verlangen können.“ (Baums [Hrsg.], Bericht der Regierungskommission, Rn. 22). Diese Empfehlung ist vom Gesetzgeber bisher nicht aufgenommen worden. 3 Hier liegt ein faktisches Problem aus bestimmten Formen der Konzernorganisation: Sind Mitglieder des Vorstands zugleich im Vorstand/Geschäftsführung der Tochter und wird deren Aufsichtsrat vor allem durch sonstige Personen aus dem Konzern besetzt, dann kann die Überwachung in der Tochter kaum funktionieren; hier ist der Aufsichtsrat der Obergesellschaft in besonderem Maße gefordert.
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chend für die Diskussion zwischen Vorstand und Aufsichtsrat über Planung und Strategie, unzureichend für Finanzierungsfragen, beim Erwerb von Unternehmen etc. Hier kommt zunächst einmal die Pflicht des Vorstands zu speziellen Zusatzinformationen (oben Rn. 208 ff.) und das Recht des Aufsichtsrats auf jede Art von Zusatzinformationen (§ 90 Abs. 3 AktG) zum Tragen. Aber alle diese Informationen bleiben vom Vorstand getragene Informationen. Seine Sicht der Dinge färbt diese Informationen, soweit sie nicht durch Zahlen abgesichert werden können. Diese Färbung ist bei Plänen und Wünschen des Vorstands zum Erwerb von Unternehmen, zur Gründung von Tochtergesellschaften im Ausland etc. evident. b) Daher stellt sich zunehmend die Frage nach „vorstandsunabhängigen“ Informationen. Das ist auch heute schon vielfach möglich:
245b
aa) Der Aufsichtsrat kann dem Abschlussprüfer und dem Konzern-Abschlussprüfer – seinen Gehilfen bei der Überwachung – jederzeit den Auftrag zu zusätzlichen Prüfungen erteilen. Darauf ist oben Rn. 185 f. schon hingewiesen worden. Der Bericht des Prüfers enthält dann nicht nur das Ergebnis, sondern auch die es tragenden Informationen. Solche Aufträge bieten sich für Compliance-Maßnahmen des Vorstands an, für sein Risikomanagement, für die Marktlage der Gesellschaft und ihre Finanzierung. bb) Der Aufsichtsrat kann und muss ggf. aber auch außenstehenden Sachverstand für sich in Anspruch nehmen. Darauf hat der BGH ausdrücklich hingewiesen1. Von dieser Möglichkeit sollte der Aufsichtsrat bei gewichtigen und weitreichenden Entscheidungen unbedingt Gebrauch machen. So hätte etwa das „Unglück“ bei der Bayerischen Landesbank2 vielleicht verhindert werden können, wenn der Verwaltungsrat einen unabhängigen Sachverständigen zu Rate gezogen hätte – allein dessen Fragen und Wünsche nach gezielten Zusatzinformationen hätten möglicherweise zu einer ablehnenden Entscheidung des Verwaltungsrats geführt. c) Ein schwieriges Kapitel ist die Frage, ob der Aufsichtsrat berechtigt und dann auch verpflichtet ist, Informationen beim Personal einzuholen3. Das Gesetz verbietet es nicht4. Andererseits lehnt die weit überwie1 BGH v. 14.5.2007 – II ZR 48/06, AG 2007, 548 und OLG Stuttgart v. 25.11.2009 – 20 U 5/09, AG 2010, 133 (Ziff. 4), jeweils für den Vorstand. Gleiches gilt selbstverständlich für den Aufsichtsrat. 2 Vgl. http://www.welt.de/regionales/muenchen/article2802609/Bayerische-Lan desbank-wird-zum-Milliardengrab.html, zuletzt abgerufen am 8.7.2013. 3 Sehr eingehend und kritisch gegenüber der ablehnenden h.M. Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 502 ff. und Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 68 sowie Leyens, Information, passim, insbes. S. 191 ff.; Sven H. Schneider, Informationspflichten, passim, insbes. S. 103 ff.; M. Roth, AG 2004, 1. Differenzierend Marsch-Barner in FS Schwark, 2009, S. 119 ff. mit allen Nachw. und dem nachdrücklichen Hinweis auf eine entsprechende Informationsordnung. 4 Zutr. Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 507; Leyens, Information des Aufsichtsrats, S. 182.
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gende Meinung eine solche Information des Aufsichtsrats durch und beim Personal ab mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat einerseits und dem notwendigen Schutz der Autorität des Vorstands andererseits1. Man wird hier sorgfältig unterscheiden müssen: 247
aa) Geht es um das Einsichts- und Prüfungsrecht des Aufsichtsrats nach § 111 Abs. 2 AktG (oben Rn. 241 ff.) und wird es von einem Aufsichtsratsmitglied, einem Ausschuss oder einem Beauftragten ausgeübt, so sind Fragen an das Personal zum Verständnis und zur Erläuterung der etwa eingesehenen Unterlagen fast unabdingbar und zulässig2.
248
bb) Geht es um die Klärung von Vorwürfen gegenüber dem Vorstand, insbesondere um mangelhafte oder gar fehlerhafte Information, um Unkorrektheit oder gar Unredlichkeit, so gilt das Gleiche: der Aufsichtsrat kann sich hier unmittelbar an dafür zuständige Mitarbeiter wenden, etwa den Leiter der internen Revision3.
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cc) Geht es hingegen um Fragen zur Geschäftsführung des Vorstands, ist der Aufsichtsrat nicht berechtigt, am Vorstand vorbei zu handeln, sondern hat diesen zu bitten, den oder die gewünschten Mitarbeiter zur Sitzung des Aufsichtsrats mitzubringen; der Vorstand kann dann an der Diskussion des Aufsichtsrats mit diesen Mitarbeitern teilnehmen. Das gilt insbesondere, wenn der Aufsichtsrat sich über das Risikomanagement und das Risiko-Überwachungssystem (§ 91 Abs. 2 AktG), die Maßnahmen zur Verhinderung von Unterschlagungen (interne Revision) oder Bestechungen (Compliance-Abteilung) regelmäßig informieren will: hier können und sollten mit dem Vorstand feste Termine für die Teilnahme der entsprechenden Mitarbeiter vereinbart werden, die dem Vorstand dann bekannt sind und ihm die Möglichkeit der Teilnahme geben4. Das alles gilt entsprechend für die Aufsichtsratsausschüsse, insbesondere das Audit Committee und den Leiter der Rechnungs-Abteilung. Alle diese Maßnahmen müssen den Charakter der Kooperation mit dem Vorstand tragen und dürfen nicht als Inquisition missverstanden werden.
1 Vgl. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 90 Rn. 52; Semler, MünchKomm. AktG, 2. Aufl., § 111 Rn. 286; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 171 f.; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 135; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaften, § 15 Rn. 3; Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., § 5 Rn. 57; zum Ganzen Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 504 ff. mit allen Nachw. und Lutter, AG 2006, 517, 520 f. 2 Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 311; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 128; Leyens, Information des Aufsichtsrats, S. 175 f. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 90 Rn. 11; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 313; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 90 Rn. 52. 4 Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 502 ff.; Grothe, Unternehmensüberwachung, S. 273 ff.
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Dieser ganze und für die Information des Aufsichtsrats wichtige Komplex sollte Gegenstand der schon mehrfach angesprochenen Informationsordnung des Aufsichtsrats für den Vorstand sein. dd) Besteht im Unternehmen kein sog. Whistleblowing-System und tragen daher Mitarbeiter von sich aus offen oder anonym etwaige Pflichtverletzungen des Vorstands oder Rechtsverletzungen im Unternehmen an den Aufsichtsrat heran, so hat dieser diesen Vorwürfen sorgfältig nachzugehen, den Vorstand zu hören und dabei die oft gewünschte Anonymität des Informanten zu schützen. Die Mitarbeiter müssen wissen, dass der Aufsichtsrat diese Vorgänge und ihr naheliegendes Interesse am Schutz der eigenen Person ernst nimmt. Der Aufsichtsrat kann durch Beschluss Vorkehrungen treffen, um solche Informationen entgegenzunehmen und den Informanten zu schützen1.
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ee) Gewiss unzulässig ist es hingegen, wenn der Aufsichtsrat am Vorstand vorbei versucht, mit Hilfe von Mitarbeitern ein eigenes Informationssystem aufzubauen oder sich auf laufende Zuträge aus dem Unternehmen einlässt. Das verstößt gegen das Recht des Vorstands, den Aufsichtsrat zu informieren, und gegen dessen Pflicht, die Autorität des Vorstands zu schützen2.
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11. Schlussbemerkung Manchmal wird vor allem von betriebswirtschaftlicher Seite in allgemei- 252 nen Publikationen der Eindruck erweckt, Aufsichtsräte würden ständig unzureichend informiert. Die Verfasser können das aus eigener Anschauung nicht bestätigen. Aber sie möchten mit Nachdruck betonen, dass schlechte Information durch den Vorstand auch durch einen gleichgültigen Aufsichtsrat veranlasst sein kann. Anders gewendet: Der Aufsichtsrat hat alle rechtlichen und faktischen Mittel zur Verfügung, um sich ausreichende und ordnungsgemäß aufbereitete Informationen zu beschaffen. Wenn der Aufsichtsrat dennoch von seinen Informationsmöglichkeiten keinen Gebrauch macht, so entlastet ihn der Hinweis auf Mängel der Vorstandsberichte in keiner Weise3. Diesen Gefahren kann der Aufsichtsrat am Besten steuern, indem er gemeinsam mit dem Vorstand eine Berichtsordnung entwickelt und als den Vorstand bindende Geschäftsordnung erläßt4. Diese Berichtsordnung kann dann funktionsbezogen auf bestimmte Problemfelder eingehen wie Risiko und Risikomanagement, Compliance, Liquidität und Finanzierung, etc. 1 Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 508 f. 2 Eingehend dazu Lutter, Der Aufsichtsrat im Konzern, AG 2006, 517, 520 f. m.w.N. 3 Der Kodex formuliert daher auch in Ziff. 3.4 Abs. 1 zutr. die Mitverantwortung des Aufsichtsrats für seine eigene Information („Holschuld“). 4 Davon wird in den großen und größeren Gesellschaften zunehmend Gebrauch gemacht.
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Näheres dazu unten Rn. 317 ff. 253
In diesem Zusammenhang muss auch die ARAG-Rechtsprechung des BGH Berücksichtigung finden1. Die in dieser Entscheidung betonte Pflicht des Aufsichtsrats, Regressansprüche gegen den Vorstand grundsätzlich geltend zu machen, übt zugleich Druck auf den Aufsichtsrat aus, von den ihm zur Verfügung stehenden Informationsrechten in effizienter Weise Gebrauch zu machen.
II. Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder 1. Überblick a) Grundsatz 254
§ 93 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 116 AktG verpflichtet den Aufsichtsrat und jedes einzelne seiner Mitglieder zur Wahrung von Geheimnissen und vertraulichen Angaben der Gesellschaft2. Das kann nicht überraschen; denn wer, wie der Aufsichtsrat, umfassend zu informieren ist, muss auch die Interessen der Gesellschaft an der Sicherung der für sie wichtigen Informationen vor den Ohren Dritter respektieren. Dabei liegt es auf der Hand, dass der Aufsichtsrat und alle seine Mitglieder, je mehr sie von ihren Informationsrechten Gebrauch machen und in die Interna der Gesellschaft eindringen, desto mehr gehalten sein müssen, die derart erlangten Kenntnisse mit Sorgfalt zu behandeln und zu bewahren: Wer über Dritte viel wissen will und wissen muss, muss auch schweigen können. Das gilt für Ärzte ebenso wie für Priester, für Anwälte ebenso wie für Notare, und ebenso für Aufsichtsräte, die nicht eigennützig (im Eigeninteresse), sondern fremdnützig (in Ausübung eines privaten Amtes für einen Dritten, die Gesellschaft) tätig sind. Das alles wird ausdrücklich durch § 116 AktG bestätigt, wo es in Satz 2 heißt: „Die Aufsichtsratsmitglieder sind insbesondere zur Verschwiegenheit über erhaltene vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen verpflichtet.“ b) Verschwiegenheitspflicht und Mitbestimmung
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Die Fragen und Einzelheiten zum Umfang und zu den Grenzen der Verschwiegenheitspflicht haben die Literatur seit dem Mitbestimmungs-Ge-
1 BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244 = AG 1997, 377 (ARAG/Garmenbeck); dazu Lutter, ZIP 1995, 441 f. und Lutter in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 747; Goette in Liber amicorum Winter, 2011, S. 153. 2 Dazu Säcker, NJW 1986, 803 ff. und Gaul, GmbHR 1986, 296 ff. sowie ausführlich Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 384 ff. mit allen Nachw.
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setz von 1976 ganz ungewöhnlich stark beschäftigt1. Das hängt mit sehr verschiedenen Aspekten aus dem praktischen Leben von Mitbestimmung zusammen. So etwa werden die Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsrat der großen Gesellschaften in einer oft lebhaft geführten Kampagne von der Belegschaft gewählt2, während die Wahl der Anteilseigner-Vertreter in der Hauptversammlung demgegenüber eine sublime Form der Kooptation oder der Wahl in einem von wenigen Personen beherrschten System (Oligarchie) ist3 – mag sich dieses System auch derzeit ändern4. Hier liegt es für die Arbeitnehmer-Vertreter nahe, im „Wahlkampf“ die eigenen „Erfolge“ während der letzten Wahlperiode auszuloben bzw. während einer Wahlperiode zur Festigung der eigenen Position bekannt zumachen. Und das setzt unabdingbar die Weitergabe von Informationen voraus und naturgemäß solcher, die bislang so nicht bekannt waren: je stärker vertraulich und geheim, desto besser aus der Sicht der Zuhörer. Nicht minder besteht ein solches Interesse, wenn im Aufsichtsrat mögliche Beschäftigungsprobleme erörtert werden; es ist eine seit alters her erfolgreiche Strategie, die Pläne des Gegners zu stören oder zu zerstören, indem man eben diese Pläne öffentlich bekannt macht. Kurz: Der Druck verständlicher Wünsche und Interessen der Arbeitnehmer geht vielfältig auf Offenlegung von Sachverhalten, deren vertrauliche Behandlung das Unternehmen selbst aus vielfältigen Gründen wünscht5. Von Seiten der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften wird dabei allerdings leicht übersehen, dass bei solcher Strategie der Vorstand im Interesse der Gesellschaft versuchen wird, Informationen nicht oder erst im spätesten Moment zu geben. Dadurch leidet zwar die Arbeit im Aufsichtsrat; aber gegen den Informationsträger Vorstand ist schwer zu handeln, wenn er glaubt, im Interesse der Gesellschaft „mauern“ zu müssen: Man kann eben den Kuchen nicht gleichzeitig essen und behalten6. Wol1 Vgl. nur die Nachweise bei Säcker, NJW 1986, 803 ff. und Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 384 ff. sowie die Rechtsprechungsübersicht bei Theisen, AG 1987, 137, 147 ff.; Theisen, AG 1998, 153, 162 ff. 2 Vgl. nur die ungemein komplexen Regeln zur mittelbaren oder unmittelbaren Wahl der Arbeitnehmervertreter nach dem MitbestG bei Henssler in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, Vorb. vor § 9 MitbestG. 3 So schon Lutter, Aktionär, S. 20; näher dazu der Bericht der Mitbestimmungskommission, BT-Drucks. VI/334, S. 32 sowie Witte, ZfB 51 (1981), 733, 744 ff. und Flume, Juristische Person, S. 56. Das gilt insbesondere für Publikumsgesellschaften ohne Großaktionär, in denen nach Vogel, Aktienrecht und Aktienwirklichkeit, S. 200 ff., 202, nur in 10 % der Fälle keine Kooptation stattfindet. 4 Den Verf. ist bekannt, dass große Gesellschaften heute sog. head-hunter beauftragen, geeignete Kandidaten für vakante Aufsichtsratspositionen vorzuschlagen. 5 Solche Situationen lagen den Verfahren AG München v. 2.5.1985 – HRB 2212, ZIP 1985, 1139 = AG 1986, 170 und LG Stuttgart v. 8.5.1985 – 26 O 192/85, (nicht veröffentlicht) zugrunde; vgl. Theisen, AG 1987, 137, 143; Grunewald, Gesellschaftsrecht, 2 C Rn. 84, 85. 6 Man kann wohl annehmen, dass im Streitfall zwischen den Arbeitnehmervertretern und dem Vorstand der Adam Opel AG in BGH v. 28.11.1988 – II ZR 57/88, BGHZ 106, 54 = AG 1989, 89, genau das die Alternative des Vorstands war, der
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len die Mitglieder des Aufsichtsrats also sachverständig und kompetent im Aufsichtsrat mitarbeiten und wirklich mitentscheiden, so sollten sie auch aus Gründen des eigenen Nutzens und der eigenen Interessen der hiesigen Rechtsauffassung folgen: Sie sollten volle Information gegen zuverlässige Vertraulichkeit in Anspruch nehmen und auf spektakuläre Einzelerfolge verzichten. Das hier Gesagte gilt schließlich auch im Verhältnis zu den Organen der Betriebsverfassung1. Es mag zwar durchaus zutreffen, dass die Informations-Durchlässigkeit vom Aufsichtsrat zum Betriebsrat (Gesamtbetriebsrat, Konzernbetriebsrat) zu „Synergieeffekten“ bei der Vertretung von Arbeitnehmerinteressen führt2. Aber weder ist es der Zweck der Regeln über die unternehmerische Mitbestimmung, noch ist es eine der Aufgaben des Aufsichtsrats oder gar seiner Pflichten im Unternehmen, Synergieeffekte beim Betriebsrat zu begünstigen: Es geht beim Aufsichtsrat um die Mitwirkung bei der Führung eines Wirtschaftsunternehmens, das in vielfache Interessen eingebunden ist. Diese Führungsaufgabe aber ist nicht zu verwechseln mit der Wahrnehmung und Durchsetzung von Partikularinteressen. Dies wird auch durch § 116 Satz 2 AktG bestätigt. c) Verschwiegenheitspflicht und Meinungsfreiheit 257
Die Meinungsfreiheit des Bürgers hat Verfassungsrang (Art. 5 GG), die Schweigepflicht hingegen beruht auf dem einfachen (Aktien-)Gesetz und dem (einfachrechtlichen) Treuegebot des Organmitglieds gegenüber dem Unternehmen, als dessen Aufsichtsrat man tätig ist. Daher liegt der von Säcker entwickelte Gedanke nahe, dieses einfachgesetzliche Schweigegebot stets an der höherrangigen Meinungsfreiheit zu messen und verfassungsgemäß einschränkend zu interpretieren3. Dennoch trifft diese Rechtsbetrachtung nicht zu4. Selbstverständlich darf jeder Bürger seine
1
2 3 4
den ganzen und besonders sensiblen Datenbereich aus der Gesellschaft ausgegliedert hatte. A.A. Köstler/Müller/Sick, Aufsichtsratspraxis, Rn. 574 ff.; so wie hier HoffmannBecking, Münchener Hdb. AG, § 33 Rn. 58; Hüffer, Komm. AktG, § 116 Rn. 7; Jaeger in Nirk/Ziemons/Binnewies, Hdb. Aktiengesellschaft, Rn. I 9.313; Raiser/ Veil, Kapitalgesellschaften, § 15 Rn. 97; Edenfeld/Neufang, AG 1999, 47, 52 unter Hinweis auf das bewusste Weglassen einer dem § 79 Abs. 1 Satz 4 BetrVG vergleichbaren Regelung durch den Gesetzgeber. So Osterloh, AuR 1986, 332, 339. Säcker, Informationsrechte der Betriebs- und Aufsichtsratsmitglieder, S. 60; Säcker, NJW 1986, 803, 804; neuerdings auch Köstler/Müller/Sick, Aufsichtsratspraxis, Rn. 552. Ebenso ausdrücklich Marsch-Barner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 13 Rn. 5; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 III, 1c, S. 824 ff.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 43, die allerdings in Extremfällen eine Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht als Folge einer grundrechtlich geschützten Gewissensentscheidung zulassen will. Dem ist ebenfalls nicht zu folgen; denn hierin liegt zum einen ein Einfallstor für Umgehungsmöglichkeiten der soeben genannten Grundsätze. Zum anderen unterliegt auch die Gewissensausübungsfreiheit des Art. 4 Abs. 2 GG verfassungsimma-
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Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder
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Meinung an welchem Ort auch immer sagen und dafür im Grundsatz auch alle ihm verfügbaren Informationen verwenden. Aber genau hier liegt das Problem: Natürlich sind Meinungen umso interessanter, je reicher die Informationen sind, die in sie einfließen und mit ihnen transportiert werden. Daher ist der Journalist so wichtig. Aufsichtsräte aber sind keine Journalisten, sondern Organwalter; ihnen müssen von Rechts wegen alle Informationen gegeben werden. Es wäre nun aber merkwürdig genug, wenn das Unternehmen – zum Zwecke seiner Verwaltung und Leitung – seinen Amtswaltern alle Informationen geben muss, diese dann aber damit ihre private Meinung „füttern“ dürfen: Wer – freiwillig – sein Amt übernimmt, kann sich gegenüber dem dann selbstverständlichen Gebot der Amtsverschwiegenheit nicht auf die subjektiv-eigene Meinungsfreiheit berufen. Im Übrigen entspricht genau das dem Gesetz; und es wäre merkwürdig genug, wenn es anders wäre. Man kann dafür auf §§ 93 Abs. 1 Satz 3, 116 Satz 2 AktG verweisen und auf die schon lange vorher anerkannte Treupflicht jedes Aufsichtsratsmitglieds der Gesellschaft gegenüber. Man kann stattdessen höher ansetzen und auf die im Sinne des Grundgesetzes (Art. 5 Abs. 1 GG) garantierte Meinungsfreiheit i.S. von Äußerungsfreiheit abheben, muss dann aber sofort auch auf Abs. 2 und die Schranken dieser Freiheit in den allgemeinen Gesetzen eingehen. Fraglos ist § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG in dieser Sicht dann ein solches „allgemeines Gesetz“1. Dieses muss dann sub specie der Verfassung ausgelegt werden (Wechselwirkung oder „Schaukeltheorie“). Dabei aber ist wiederum das Interesse der Gesellschaft und die Eigenschaft des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds als Organwalter von zentraler Bedeutung. Es kann auch im Lichte einer Interpretation von § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG aus Art. 5 Abs. 1 GG nicht übersehen werden, dass sich das einzelne Aufsichtsratsmitglied seinerseits freiwillig in den Interessenbereich der Gesellschaft begibt, die ihn ihrerseits nicht ablehnen kann. Demgegenüber können auch noch so schöne Worte wie „Bürgerfreiheit“2 nicht verfangen. Es muss daher einerseits bei der Regel strikter Verschwiegenheitspflicht bleiben und den seltenen Ausnahmen im Interesse der Gesellschaft3 andererseits, während es gewisslich nicht um die Interessen des betreffenden Aufsichtsratsmitnenten und verhältnismäßigen Schranken. Eine einfachgesetzliche Ausprägung dieser Schranken bilden auch §§ 93, 116 AktG. 1 Das hat auch Lutter nie bestritten, wie Säcker, NJW 1986, 803, 804 fälschlich meint; vgl. Lutter, BB 1980, 292 (insbesondere bei Fn. 15) und Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 628. Nicht minder unzutreffend ist die Behauptung, der BGH (BGH v. 5.6.1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325) sei auf Art. 5 Abs. 2 GG eingegangen (so aber Säcker, Informationsrechte der Betriebs- und Aufsichtsratsmitglieder, S. 6). Wie hier Marsch-Barner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 13 Rn. 6; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 43. 2 Säcker, NJW 1986, 803 ff. 3 Seit BGH v. 5.6.1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 327 unstreitig; vgl. auch Lutter, BB 1980, 291, 292.
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glieds an Beliebtheit, Wiederwahl oder gar Gegenstrategie gegen die Gesellschaft geht. 2. Geheimnis 259
Unter einem Geheimnis i.S. von § 93 Abs. 1 AktG ist jede relativ unbekannte Tatsache zu verstehen, deren Weitergabe zu einem Schaden der Gesellschaft führen würde1. Das Tatbestandsmerkmal Tatsache ist weit zu verstehen; Tatsache umfasst alle objektiven Daten ebenso wie eine – geäußerte! – Absicht oder Meinung: Der Hinweis eines Aufsichtsratsmitglieds, es werde die Abberufung des Vorstandsmitglieds X beantragen, ist eine solche Tatsache. Die fragliche Tatsache muss relativ unbekannt, keineswegs also völlig unbekannt sein. Es genügt, dass sie bislang nur einem beschränkten Personenkreis bekannt ist2 und dass ein Dritter nicht problemlos Zugang zu den Tatsachen hat3: Ein veröffentlichtes Patent ist kein Geheimnis mehr; die dem Großhandel angekündigte Neueinführung eines bestimmten Produkts beseitigt die Unbekanntheit der Neueinführung, nicht aber seiner Zusammensetzung. Eine relativ unbekannte Tatsache liegt sonach vor, wenn ein nicht geringer Aufwand an Zeit (z.B. Produktanalyse) oder Mitteln (Feststellung von Marktanteilen) erforderlich ist, um endgültige Kenntnis von der fraglichen Tatsache zu erlangen4.
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Die Offenlegung des Geheimnisses muss den Eintritt eines Schadens für die Gesellschaft erwarten lassen. Dieser Schaden kann ein materieller Vermögensschaden der Gesellschaft im Sinne von §§ 249, 252 BGB sein, ist aber keineswegs darauf beschränkt: Jeder immaterielle Schaden, insbesondere jede Minderung des Ansehens der Gesellschaft und jeder Vertrauensverlust in sie, ist in diesem Sinne ein Schaden der Gesellschaft5. Der Eintritt eines solchen Schadens bei Weitergabe der relativ unbekannten Tatsache muss auch nicht etwa gesichert sein, es genügt, wenn er nur möglich ist: Es ist also keineswegs so, dass nur derjenige das Gebot des Geheimnisschutzes verletzt, durch dessen Handlung ein konkreter Scha-
1 Zum Verhältnis zwischen Geheimnisbegriff und Insiderinformation siehe unten Rn. 290 ff. 2 Spindler, MünchKomm. AktG, § 93 Rn. 100; G. Hueck, RdA 1975, 35, 38; Hengeler in FS Schilling, 1973, S. 175, 176 ff.; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 126; ausführlich v. Stebut, Geheimnisschutz und Verschwiegenheitspflicht, S. 12 ff. 3 v. Stebut, Geheimnisschutz und Verschwiegenheitspflicht, S. 7 ff.; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 414. 4 v. Stebut, Geheimnisschutz und Verschwiegenheitspflicht, S. 9 ff. 5 Spindler, MünchKomm. AktG, § 93 Rn. 100; G. Hueck, RdA 1975, 35, 38; Hengeler in FS Schilling, 1973, S. 175, 180; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 128; v. Stebut, Geheimnisschutz und Verschwiegenheitspflicht, S. 43; Wessing/Hölters, DB 1976, 1671, 1674.
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den entsteht. Es genügt das Risiko eines Schadenseintritts; denn die Gesellschaft soll vor eben solchen Risiken geschützt werden. Das Geheimnis im Sinne der Norm ist mithin objektiv zu verstehen, nicht etwa subjektiv danach, was der Vorstand für geheim hält oder für geheim erklärt1. Dennoch sollte die Erklärung eines verantwortlichen Vorstands über den Geheimnischarakter einer bestimmten Tatsache nicht gering geachtet werden. Der Vorstand kann die Interessen der Gesellschaft und die Gefahr eines Schadens am ehesten ermessen.
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Ein besonderer Geheimhaltungswille des Vorstands als des Vertreters der Gesellschaft ist nicht erforderlich. Dieser aber kann ausdrücklich oder stillschweigend auf den Geheimnischarakter für die AG verzichten2. Der Vorstand beseitigt den Geheimnisstatus, wenn er eine bestimmte, bislang relativ unbekannte Tatsache bekannt macht (z.B. Veräußerung eines Unternehmensteils, Stilllegung einer Produktionsstätte). Er kann aber auch Dritte und also auch Aufsichtsratsmitglieder ermächtigen, von der fraglichen Information Gebrauch zu machen (Verzicht auf den Geheimnischarakter). Und schließlich kann er stillschweigend verzichten: Hier ist die Übung in der konkreten Gesellschaft maßgebend. Werden dort die Unterlagen über die aktuelle Liquidität und die Ertragslage der Gesellschaft jedem Interessierten jederzeit überlassen, so hat der Vorstand insoweit auf den Geheimnischarakter für die Gesellschaft verzichtet; will er seine Politik insoweit künftig ändern, so muss er das deutlich machen.
262
Die Möglichkeit des Vorstands, auf den Geheimnisstatus zu verzichten, bedeutet nicht, dass er selbst über den Umfang seiner Pflichten entscheidet; denn die Möglichkeit, auf den Geheimnischarakter einer Tatsache durch Veröffentlichung zu verzichten, ist nicht losgelöst von der Pflichtenbindung des § 93 AktG. So würde es einen Verstoß gegen § 93 AktG bedeuten, wenn der Vorstand den Geheimnisstatus fallenließe, obschon dies zum Schaden der Gesellschaft wäre. Beim Verzicht des Vorstands auf den Geheimnischarakter einer Tatsache handelt es sich ansonsten um eine unternehmerische Entscheidung, ihm steht dabei somit ein breites Ermessen zu3.
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3. Vertrauliche Angaben Das sind bekannte Tatsachen, deren Nicht-Erörterung („schlafen lassen“) im Interesse der Gesellschaft liegt. Vertrauliche Angaben werden also durch das objektive Interesse der Gesellschaft an dieser Handhabung be-
1 Ganz h.M., vgl. nur BGH v. 5.6.1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 328 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 III, 1c, 824 f. 2 Ebenso Marsch-Barner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 13 Rn. 14; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 25 Rn. 42; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 116 Rn. 30. 3 BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 253 = AG 1997, 377 (ARAG).
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stimmt1. Und dieses objektive Interesse bestimmt sich nach den gleichen Kriterien, wie sie zum Geheimnis erörtert wurden. Auch hier kann dieses objektive Interesse also nicht etwa durch Beschluss des Vorstands oder des Aufsichtsrats geschaffen oder erweitert werden. Das Interesse der Gesellschaft besteht oder es besteht nicht. Daher muss es auch nicht besonders gekennzeichnet sein2. Wohl aber kann der Vorstand ausdrücklich oder konkludent auf die Vertraulichkeit für die Gesellschaft verzichten und damit auch die entsprechende Pflicht für die Aufsichtsratsmitglieder beseitigen. Wie er umgekehrt auch auf die – seiner Meinung nach – Vertraulichkeit hinweisen kann, für die dann eine Vermutung spricht. Im Übrigen gelten die gleichen Regeln wie zum Geheimnis (oben Rn. 259 ff.)3. 4. Einzelheiten 265
Das Organ Aufsichtsrat ist nie eine Einzelperson, immer ein Gremium aus mehreren Personen. In den hier behandelten Fällen ist es stets zusammengesetzt aus Angehörigen verschiedener Gruppen (Aktionärsvertreter, Angehörige des Managements, Arbeitnehmervertreter, Gewerkschaftsfunktionäre). Dennoch ist der Aufsichtsrat und sind alle seine Mitglieder einheitlich und ohne Unterschied auf das Wohl und die Interessen des betreffenden Unternehmens verpflichtet4. Das verlangt eine offene, stetige, von Vertrauen, Überschaubarkeit und Verlässlichkeit getragene Zusammenarbeit. Daher unterliegen auch alle Aufsichtsratsmitglieder inkl. der Arbeitnehmer-Vertreter den gleichen strengen Vertraulichkeitsgeboten, § 116 Satz 2 AktG5. Magna Charta der Arbeit im Aufsichtsrat ist daher die vertrauensvolle Zusammenarbeit seiner Mitglieder6. Als Rechtsprinzip hat diese Aussage Rechtsfolgen:
1 H.M., vgl. etwa BGH v. 5.6.1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 329; Spindler, MünchKomm. AktG, § 93 Rn. 103; Hüffer, Komm. AktG, § 93 Rn. 7; G. Hueck, RdA 1975, 35, 38; Mertens, AG 1975, 235; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 130; v. Stebut, Geheimnisschutz und Verschwiegenheitspflicht, S. 57 ff., 60, 64 f.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 49 ff.; Marsch-Barner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 13 Rn. 13. 2 Krieger/Sailer-Coceani in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 93 Rn. 19. 3 H.M., vgl. BGH v. 5.6.1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 329 sowie Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 451 f. m.w.N. 4 H.M., vgl. BVerfG v. 7.11.1972 – 1 BvR 338/68, BVerfGE 34, 103, 112; BGH v. 5.6.1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 331; ausführlich dazu Koch, Das Unternehmensinteresse als Verhaltensmaßstab der Aufsichtsratsmitglieder im mitbestimmten Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft, 1983, S. 7 ff.; kritisch Großmann, Unternehmensziele im Aktienrecht, 1980, S. 87 ff., je m.w.N. 5 Vgl. Keilich/Brummer, BB 2012, 897. 6 Zutreffend Säcker, NJW 1986, 803, 806; vgl. außerdem Rittner in FS Hefermehl, 1976, S. 365 ff.
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a) Beratungs- und Abstimmungsgeheimnis Der Aufsichtsrat soll durch Diskussion und Argumentation zu seiner Entscheidung kommen, nicht durch das simple Abzählen längst festgelegter Stimmen. Das setzt eine offene Argumentation voraus und die Bereitschaft, sich durch andere überzeugen und in seiner Meinung umstimmen zu lassen, setzt die Bereitschaft zum Irrtum voraus und zu lebendiger, ungeschützter Diskussion. All das ist ausgeschlossen, wenn Inhalt und Verlauf der Beratung und ggf. sogar Zitate nach Abschluss der Sitzung publik gemacht werden. Es ist daher unbestritten, dass das Beratungsgeheimnis im Interesse der Gesellschaft und ihrer Funktionsfähigkeit strikt zu wahren ist1. Dem entspricht auch Satz 2 von § 116 AktG, wenn er von der Verschwiegenheitspflicht über „vertrauliche Beratungen“ spricht.
266
Von diesem Beratungsgeheimnis zu trennen ist die Vertraulichkeit der Stimmabgabe. Hier ist – nahezu – unumstritten, dass weder das Abstimmungsergebnis noch die Art der Abstimmung seitens eines anderen Mitglieds (ja – nein – Enthaltung) mitgeteilt werden darf2. Umstritten ist im Grunde nur, ob man die eigene Stimmabgabe („ich habe gewiss nicht für A gestimmt“) mitteilen darf. Das ist sicher unzulässig, wenn dadurch zugleich die Abstimmung der anderen offengelegt wird (Beispiel: „ich habe als einziger gegen A gestimmt“; „alle Arbeitnehmer haben gegen A gestimmt“, der dennoch gewählt wurde: Damit wird bekannt, dass alle anderen für A gestimmt haben). Aus diesem Grunde ist es ebenfalls nicht zulässig mitzuteilen, der Aufsichtsratsvorsitzende habe von seinem Zweitstimmrecht Gebrauch gemacht; denn das Abstimmungsergebnis signalisiert dann dessen Stimmabgabe3. In den wenigen dann überhaupt noch verbleibenden Fällen sollte die eigene Stimmabgabe ebenfalls vertraulich behandelt werden4; denn ihre Offenbarung fördert den Druck
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1 Vgl. nur BGH v. 5.6.1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 332 sowie Säcker, NJW 1986, 803, 806; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 116 Rn. 29; Habersack, MünchKomm. AktG, § 116 Rn. 54; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 106; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 131; Jäger in Nirk/Ziemons/ Binnewies, Hdb. Aktiengesellschaft, Rn. I 9.309; Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 274. Diese Interna können daher auch nicht in der Hauptversammlung erfragt werden; BGH v. 5.11.2013 – II ZB 28/12, ZIP 2013, 2454 mit Anm. Kersting. 2 BGH v. 5.6.1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 332 sowie Säcker, NJW 1986, 803, 807 m.w.N.; Habersack, MünchKomm. AktG, § 116 Rn. 54; Begr. RegE, BTDrucks. 14/8769, S. 18. 3 Ebenso Säcker, NJW 1986, 803, 807 und Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 116 Rn. 29; a.A. Köstler/Schmidt, BB 1981, 88, 90 unter unzutreffendem Hinweis auf BGH v. 5.6.1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 332. 4 Ebenso Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 54; Marsch-Barner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 13 Rn. 25; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 25 Rn. 44; a.A. noch bei Raiser/Veil, Kapitalgesellschaften, 4. Aufl. 2006, § 15 Rn. 106 (in 5. Aufl. nicht mehr enthalten); offenlassend Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 131.
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von außen auf das betreffende Mitglied und, nicht minder, auf die anderen Mitglieder. Und schließlich wäre es Außenstehenden überhaupt nicht zu verdeutlichen, weshalb man in der Regel still sein muss, aber ganz ausnahmsweise einmal – dann nämlich, wenn andere Mitglieder nicht betroffen sein können – reden darf. Insofern kann es nur in extremen Konfliktsituationen geboten sein, von der Regel eiserner Verschwiegenheit abzurücken1, so z.B. um Unruhen zu vermeiden oder Gerüchten entgegenzutreten, die von erheblichem Schaden für die Gesellschaft sein können2. Voraussetzung hierfür ist weiter, dass eine Abstimmung und Koordination im Aufsichtsrat nicht mehr rechtzeitig erfolgen kann3. b) „Wahlkampf“ – Rückkoppelung zwischen Wählern und Gewählten 268
Aktionärsvertreter brauchen das Vertrauen ihrer Gruppe, Arbeitnehmervertreter müssen regelmäßig von einer großen Zahl von Mitarbeitern wiedergewählt werden. Die Positionen im Aufsichtsrat sind begehrt. Vertrauen aber setzt vertrauensbildende Maßnahmen voraus, also Gespräche und Diskussionen. Daher steht nichts entgegen, wenn Aufsichtsräte sich mit ihrer Wahlgruppe bzw. deren Repräsentanten rückkoppeln, ihre eigene Meinung über die Unternehmenspolitik formulieren und Anregungen entgegennehmen („ich halte den Export von Arbeitsplätzen für verfehlt“; „eine weitere Verschuldung des Unternehmens ist ausgeschlossen“; „man wird über die Verjüngung des Vorstands nachdenken müssen“ etc.). Dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden. Allein entscheidend ist der Transport von vertraulichen Informationen aus dem Aufsichtsrat in diesem Zusammenhang („ich war immer gegen den Export von Arbeitsplätzen; jetzt wünscht der Vorstand die Zustimmung zur Gründung einer Tochtergesellschaft in Korea; ich werde mich energisch dagegen wenden“): Das ist und bleibt verboten4. Die Information des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder hat gerade nicht den Sinn, Aktionärs- und Arbeitnehmer-Gegenstrategien auf anderen Ebenen zu fördern und auszulösen5. 5. Einzelne typische Geheimnisse und vertrauliche Angaben a) Verbot der Weitergabe von so genannten Kenndaten
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Jedes nach modernen betriebswirtschaftlichen Grundsätzen gut geführte Unternehmen verfügt über eine ganze Reihe von Kenndaten zur Kontrolle der eigenen Leistung und Stärke bzw. Schwäche. Diese reichen vom Umsatz pro Mitarbeiter oder Verkaufsfläche über die Relation zwischen Umsatz und Ertrag und dem Return on Investment bis zur Kostenstruk1 Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 276. 2 Weitere Beispiele bei Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 903 ff. 3 Arg. § 681 Satz 1 BGB; ähnlich Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 276. 4 So auch Edenfeld/Neufang, AG 1999, 47, 52; Keilich/Brummer, BB 2012, 897. 5 Vgl. Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 593 ff.; Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 269 ff.
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tur, von den Gemeinkosten, den sog. overheads, bis zu den Marktanteilen. Insgesamt und in ihren Teilen bestimmen sie den Charakter der einzelnen Wirtschaftseinheit, die Stellung des Unternehmens am Markt und im Wettbewerb. Diese Daten gehören zu den wichtigsten Geheimnissen des Unternehmens: Ihre Weitergabe an Dritte aus dem Aufsichtsrat ist eine besonders grobe Verletzung der Schweigepflicht, da sie dem Wettbewerber die Grundlage für Gegenstrategien eröffnet. Wie sehr diese Daten als Geheimnis seitens der Unternehmensleitung angesehen werden, wird schon dadurch deutlich, dass sie einem potentiellen Käufer oder Fusionspartner erst nach Abschluss eines besonderen Geheimhaltungsvertrages und Unterzeichnung eines Letter of Intent übergeben werden. Allerdings ist die Geheimhaltungsdauer solcher Kennzahlen zumeist sehr kurz1; zum einen lassen sich diese Daten von fachkundigen Lesern aus freiwilligen Veröffentlichungen erschließen; zum anderen kann das Unternehmen verpflichtet sein, die Daten dem Anlegerpublikum offenzulegen (§ 15 Abs. 1 WpHG). Zuständig für die Veröffentlichungen ist indes nur der Vorstand, gewiss nicht der Aufsichtsrat oder seine Mitglieder2.
270
b) Technik und Wissenschaft Aus diesem Bereich sind typische Geheimnisse die Forschungsvorhaben, die Forschungsrichtungen und die Forschungsergebnisse sowie Patente, die technischen Entwicklungen und Fertigungsverfahren, Produktentwicklungen und Produktionsvorhaben3.
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c) Kaufmännischer Bereich Im kaufmännischen Bereich sind typische Geheimnisse das geplante Marketing und die Absatzstrategie, die Kundenlisten und die Verträge mit besonderen Kunden einschließlich der schwebenden Verhandlungen, die Werbestrategie und die Werbepläne.
272
d) Finanzieller Bereich Aus dem finanziellen Bereich sind außer den oben Rn. 269 genannten Daten noch typische Geheimnisse: der cash flow, die Ertragslage einzelner Unternehmensbereiche und einzelner Tochtergesellschaften, die Kreditverträge mit Lieferanten, Kunden und Banken, der Gewinn pro Aktie.
1 Vgl. Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 903. 2 Vgl. Spindler, MünchKomm. AktG, § 93 Rn. 102, 112; Hopt, Großkomm. AktG, § 93 Rn. 206 ff.; v. Stebut, Geheimnisschutz und Verschwiegenheitspflicht, S. 98, 100. 3 Ebenso Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 903; Raiser/ Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 126.
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e) Planungsbereich 274
Im Planungsbereich sind außer den bereits genannten Aspekten die Investitionsplanung, die Produktplanung und die allgemeine Unternehmensplanung typische Geheimnisse, wie man überhaupt gerade diese Vorhaben besonders vertraulich behandeln muss, da hier die Gegenstrategie des Wettbewerbers sonst besonders erfolgreich verlaufen kann. f) Unterlagen
275
Der Aufsichtsrat erhält vom Vorstand den Entwurf des Jahresabschlusses und des Lageberichts sowie des Konzernabschlusses und des Konzernlageberichts sowie vom Abschlussprüfer dessen Prüfungsbericht zum Jahresabschluss und Konzernabschluss. Jedenfalls die beiden Prüfungsberichte des Abschlussprüfers unterliegen ganz und gar der strengsten Vertraulichkeit, die Entwürfe von Jahresabschluss und Konzernabschluss inkl. der Lageberichte jedenfalls so lange, als sie nicht festgestellt sind. 6. Ausmaß der Schweigepflicht a) Persönlicher Umfang der Schweigepflicht
276
Geheimnisse und vertrauliche Angaben sind gegenüber jedermann zu wahren, auch gegenüber dem Betriebsrat und sonstigen Betriebsangehörigen, auch gegenüber Banken und selbstverständlich auch gegenüber Aktionären1; ihre freiwillige oder gesetzlich vorgeschriebene Information (etwa § 15 WpHG) ist ausschließlich Sache des Vorstands, niemals dagegen die des Aufsichtsrats oder einzelner seiner Mitglieder. Die Pflicht zur Vertraulichkeit besteht ebenso selbstverständlich nicht gegenüber anderen Aufsichtsratsmitgliedern, wohl aber gegenüber Ersatzmitgliedern im Aufsichtsrat, die vor ihrem Einrücken in den Aufsichtsrat eben keine Aufsichtsratsmitglieder sind2. Allerdings kann der Aufsichtsrat aufgrund seiner Organisationshoheit Informationen auf einen bestimmten Ausschuss beschränken3. Großaktionäre verstehen die von ihnen ausgesuchten und gewählten Aufsichtsratsmitglieder häufig als ihre „Vertreter“ im Aufsichtsrat. Davon 1 So die ganz h.M., vgl. Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 465 ff. m.w.N.; unzutreffend demgegenüber die Auffassung einiger Autoren von einer nur begrenzten Verschwiegenheitspflicht (jedenfalls der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat) gegenüber Belegschaft, Betriebsrat und Gewerkschaft; etwa Naendrup, GK-MitbestG, § 25 Rn. 194 und 205; Unterhinninghofen, GewSKomm. MitbestG, § 25 Anm. 48 sowie Köstler/Müller/Sick, Aufsichtsratspraxis, Rn. 571 ff.; hiergegen auch Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 270 ff.; ebenso Marsch-Barner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 13 Rn. 29 ff.; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 132; Habersack, MünchKomm. AktG, § 116 Rn. 60. 2 Vgl. Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 465. 3 Vgl. Marsch-Barner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 13 Rn. 34.
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Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder
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kann keine Rede sein. Jedes Aufsichtsratsmitglied ist ganz und gar unabhängig und jedermann gegenüber zur Wahrung der Vertraulichkeit verpflichtet1. Andererseits sind Gespräche über das Unternehmen bei voller Wahrung der Vertraulichkeit zwischen dem Aufsichtsratsmitglied und dem Großaktionär erlaubt. b) Schweigepflicht und Aufsichtsrat in von der öffentlichen Hand beherrschten Unternehmen Zu Sonderfragen bei Aufsichtsräten der öffentlichen Hand vgl. unten Rn. 1421 ff. Einstweilen frei.
277
278–280
c) Schweigepflicht im Konzern Im Zusammenhang mit den Informationsrechten des Aufsichtsrats und den Informationspflichten des Vorstands wurde bereits dargetan, dass „die Gesellschaft“ im Sinne von § 90 AktG in einem erweiterten Sinne als „die Gesellschaft und die mit ihr konzernverbundenen Unternehmen“ zu verstehen ist (vgl. oben Rn. 141–143). Der Aufsichtsrat ist also vom Vorstand auch über die Interna dieser Gesellschaften, mithin ggf. auch über deren Geheimnisse und vertrauliche Angelegenheiten zu informieren. Dann muss dieser erweiterten Informationslage eine entsprechende Verschwiegenheitspflicht korrespondieren2. Das entspricht auch § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG, da das Verschwiegenheitsgebot bezüglich der Tochter-Geheimnisse den eigenen Interessen und Notwendigkeiten der Obergesellschaft selbst entspricht; denn würde eine Konzerngesellschaft auf diese Weise geschädigt, so wäre das auch ein Schaden der Obergesellschaft. Aufsichtsratsmitglieder der Obergesellschaft haben über Geheimnisse der Konzerngesellschaft und deren vertrauliche Angelegenheiten daher in gleichem Umfange und nach den gleichen Regeln Stillschweigen zu üben, wie wenn es sich um Angelegenheiten unmittelbar der Obergesellschaft selbst handeln würde. Diese Regeln gelten aber auch für die Aufsichtsräte der Untergesellschaft oder die Aufsichtsräte in gleichgeordneten Unternehmen eines Gleichordnungskonzerns, soweit sie vertrauliche Informationen über die Obergesellschaft oder Schwestergesellschaft erhalten: Jeweils läge in der Verletzung fremder Geheimnisse zugleich die Gefahr des Schadens für die eigene Gesellschaft.
281
Die Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats der Tochtergesellschaft ist indes insofern gelockert, als eine Informationsweitergabe von Ge-
282
1 Zum gleichen Problem in der Schweiz vgl. Forstmoser/Küchler in FS Rolf H. Weber, 2011, S. 34 ff., 60, 62. 2 Vgl. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 52; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 921.
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heimnissen und vertraulichen Angaben an den Vorstand der Obergesellschaft zulässig ist. Ähnlich wie bei §§ 394, 395 AktG wandert in diesen Fällen der Geheimnis- und Vertraulichkeitsschutz „nach oben“, geht die Verantwortung dafür auf die Organe der Obergesellschaft und deren Mitglieder über1. d) Grenzen der Vertraulichkeitspflicht – Konflikte 283
Die Wahrung der Vertraulichkeit kann einen Schaden der Gesellschaft verhindern, zugleich Grundlage eines anderen Schadens sein (z.B. Unruhe in der Belegschaft, Gefahr von spontanen Streiks etc.). Solche Konflikte sind der Rechtsordnung durchaus vertraut und können zur Einschränkung der einen Rechtspflicht führen. Kann also die Weitergabe der (vertraulichen) Information ausnahmsweise einen (anderen) ebenso wesentlichen Nachteil der Gesellschaft beseitigen oder ist die Weitergabe gar das „kleinere Übel“ zwischen zwei Nachteilen, so darf die betreffende Information weitergegeben werden2, allerdings selektiv und in dem geringsten Umfange, der notwendig ist. Darüber hinaus kann es auch für ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied, das z.B. persönlich und öffentlich angegriffen wird, unzumutbar werden, die Vertraulichkeit weiterhin zu wahren: Insoweit aber handelt es sich um äußerste Grenzen3; nicht jede kleine Unannehmlichkeit erlaubt schon die Preisgabe von Geheimnis und Vertraulichkeit. e) Die Kompetenz zur Weitergabe von Informationen
284
Über den Fragen der Vertraulichkeit und ihrer Grenzen wird gerne übersehen, dass der Aufsichtsrat reines Innenorgan ist; zuständig für die Vertretung der Gesellschaft nach außen ist allein der Vorstand, § 78 Abs. 1 AktG4. Darf also ein Geheimnis ausnahmsweise weitergegeben werden 1 Ebenso Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 52; Marsch-Barner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 13 Rn. 39 mit dem zusätzlichen Kriterium der strikten Erforderlichkeit der Informationsweitergabe; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 33 Rn. 60; Dittmar, AG 2013, 498, 500 ff. 2 BGH v. 5.6.1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 331; BGH v. 23.4.2012 – II ZR 163/10, ZIP 2012, 1291, 1294 Tz. 40 = GmbHR 2012, 845; Semler, MünchKomm. AktG, 2. Aufl., § 116 Rn. 377; Habersack, MünchKomm. AktG, 3. Aufl., § 116 Rn. 62; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 116 Rn. 240; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 437 ff., 564 f. 3 Nach Gaul, GmbHR 1986, 296, 299, besteht zusätzlich eine Unzumutbarkeitsregel zwischen Gesellschaftsinteresse und dem Eigeninteresse des Organmitglieds; ebenso Spindler, MünchKomm. AktG, § 93 Rn. 116; Habersack, MünchKomm. AktG, § 116 Rn. 59; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 135; Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 276; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 919; Hambloch-Gesinn/Gesinn in Hölters, Komm. AktG, § 116 Rn. 48. 4 Vgl. dazu Spindler, MünchKomm. AktG, § 78 Rn. 5 ff.; Habersack, Großkomm. AktG, § 78 Rn. 1; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 78 Rn. 3 ff.
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Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder
§6
oder liegt ein solches oder eine vertrauliche Angabe überhaupt nicht (mehr) vor, so bedeutet das noch lange nicht, dass der Aufsichtsrat bzw. das einzelne Aufsichtsratsmitglied zu einer eigenen Informationspolitik für die Gesellschaft befugt ist. Das betreffende Mitglied kann die fragliche Information zur Beratung mit Dritten, zu Sachgesprächen etc. benutzen, keineswegs aber eine eigene Informationspolitik für die Gesellschaft betreiben: Weitergabe von Informationen und Informationspolitik sind Elemente der Leitung der Gesellschaft und unterstehen der Zuständigkeit des Vorstands1. Nur wenn dessen Informationspolitik zum offensichtlichen Nachteil der Gesellschaft gereicht, kann der Gesamtaufsichtsrat und, wenn dieser es ablehnt, das einzelne Aufsichtsratsmitglied selbst, ausnahmsweise und nur zur Abwendung von erheblichen Nachteilen für die Gesellschaft tätig werden2. 7. Dauer der Verschwiegenheitspflicht Die Dauer der Verschwiegenheitspflicht richtet sich nach mehreren Fak- 285 toren. Sie erlischt auf jeden Fall, wenn die Tatsache vom Vorstand bekanntgemacht wurde oder von ihm deutlich gemacht wird, dass ein Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft nicht mehr gegeben ist. Sie endet nicht mit dem Ende des Amtes; soweit dann §§ 93 Abs. 1, 116 AktG nicht mehr unmittelbar anwendbar sind, kommt die nachwirkende Treupflicht aus der früheren Mitgliedschaft im Organ Aufsichtsrat zum Tragen3. So sind zur Sicherung der Verschwiegenheitspflicht frühere Aufsichtsratsmitglieder berechtigt, gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO die Aussage zu verweigern, sofern sich die Vernehmung auf Tatsachen erstrecken würde, die ihnen anvertraut sind und deren Geheimhaltung geboten ist4.
1 Ebenso Gaul, GmbHR 1986, 296, 299; Spindler, MünchKomm. AktG, § 93 Rn. 124; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 93 Rn. 169; v. Stebut, Geheimnisschutz und Verschwiegenheitspflicht, S. 98, 100; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 51. Zum umgekehrten Fall, wenn ein Aufsichtsratsmitglied zur Informationsbeschaffung mit Geschäftspartnern der AG Kontakte aufnimmt, vgl. oben Rn. 191 und OLG Zweibrücken v. 28.5.1990 – 3 W 93/80, DB 1990, 1401. 2 BGH v. 5.6.1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 331; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 50; Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 276. 3 OLG Koblenz v. 5.3.1987 – 6 W 38/87, WM 1987, 480 = AG 1987, 184; MarschBarner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 13 Rn. 69; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 123; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 33 Rn. 57 m.w.N. in Fn. 100. 4 OLG Koblenz v. 5.3.1987 – 6 W 38/87, WM 1987, 480 = AG 1987, 184; vgl. auch Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 40.
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Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat
8. Vorgaben und verantwortliche Entscheidung jedes Aufsichtsratsmitglieds 286
a) Bestimmte Angaben sind per se vertraulich wie etwa die Beratung im Aufsichtsrat und die Abstimmung dort (oben Rn. 266 f.). Darüber hinaus spricht das Gesetz selbst in § 116 Satz 2 AktG von „vertraulichen Berichten“ und deutet damit deren Kennzeichnung als vertraulich (im Zweifel durch den Vorstand) an. Die Begründung zum Regierungs-Entwurf des TransPuG sagt dazu: „Das Gesetz ändert nichts daran, dass die Geheimhaltungsbedürftigkeit einer Tatsache keiner subjektiven Einstufung unterliegt, sondern objektiv zu bewerten ist. Wenn allerdings die Quelle der Information (sei es der Vorstand oder der Aufsichtsrat selbst) diese ausdrücklich als vertraulich bezeichnet, so besteht jedenfalls eine Vermutung, dass ein objektives Geheimhaltungsinteresse besteht …“
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b) Im Übrigen muss die Frage, ob ein Geheimnis oder eine vertrauliche Angabe vorliegt oder nicht, noch immer vorliegt oder nur in der Vergangenheit vorgelegen hat, ob ausnahmsweise offenbart werden darf oder strikt geheimzuhalten ist, von jedem Aufsichtsratsmitglied für sich selbst und eigenverantwortlich beantwortet werden1. Sind andere Organe der Gesellschaft (insbesondere der Vorstand) oder gar die Aufsichtsratsmehrheit der Auffassung, dass die Vertraulichkeit geboten ist, so muss das betreffende Aufsichtsratsmitglied mit besonderer Sorgfalt und großem Bedacht abwägen und entscheiden2. Vor allem aber muss es sich stets vor Augen halten, dass weder der Aufsichtsrat noch erst recht das einzelne Aufsichtsratsmitglied für die Informationspolitik der betreffenden Gesellschaft zuständig ist. Ein betonter Bruch der Vertraulichkeit muss daher zuvor im Aufsichtsrat erörtert oder mindestens mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden besprochen werden, ehe das Mitglied an die Öffentlichkeit gehen darf3. 9. Sanktionen
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Verletzt ein Aufsichtsratsmitglied die Geheimhaltungspflicht schuldhaft, so unterliegt es der Strafdrohung aus § 404 AktG. Durch das TransPuG wurde für börsennotierte Gesellschaften der Strafrahmen des § 404 AktG angehoben4. Im Übrigen kann beim Bruch von Geheimnis oder Vertrau1 BGH v. 5.6.1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325; h.M., vgl. etwa Raiser/Veil, Kapitalgesellschaften, § 15 Rn. 99. 2 BGH v. 5.6.1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 328 und Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 442 ff., Rn. 697 ff. 3 Vgl. Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 527 und dort S. 307 ff. die Vorschläge für eine vom Aufsichtsrat selbst zu beschließende Richtlinie zur Wahrung der Vertraulichkeit im Aufsichtsrat. 4 Dies war von der Regierungskommission „Corporate Governance“ gefordert worden: Mit der Anhebung der Freiheitsstrafe bei unbefugter Offenbarung von Gesellschaftsgeheimnissen (Abs. 1) von einem auf zwei Jahre, bei Handeln gegen Entgelt oder in Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht von zwei auf drei Jahre,
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Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder
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lichkeit durch den Vorstand namens der Gesellschaft gegen das betreffende Aufsichtsratsmitglied auf Unterlassung und ggf. auch auf Ersatz des materiellen Schadens der Gesellschaft geklagt werden1. Außerdem kann der Aufsichtsrat selbst aufgrund eines Beschlusses mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen (dem betroffenen Mitglied steht bei diesem Beschluss kein Stimmrecht zu) einen Antrag beim örtlich zuständigen Amtsgericht auf Abberufung dieses Aufsichtsratsmitglieds nach § 103 Abs. 3 AktG stellen2; vgl. dazu auch unten Rn. 930. Eine solche Abberufung setzt einen wichtigen Grund voraus; dieser liegt an sich im Bruch der Vertraulichkeit. Dennoch ist nach der Schwere des Falles zu entscheiden3; denn Grund der Regelung ist die Unzumutbarkeit der weiteren Zusammenarbeit mit dem Mitglied im Aufsichtsrat (Pflicht zu vertrauensvoller Zusammenarbeit). Im Allgemeinen ist diese Unzumutbarkeit bei einem leichten ersten Fall noch nicht gegeben; hier muss Abmahnung durch den Vorstand bzw. den Aufsichtsratsvorsitzenden erfolgen4. Anderes gilt in groben Fällen des Vertrauensbruchs; hier kann bereits beim ersten Mal die Unzumutbarkeit künftiger Zusammenarbeit mit dem betreffenden Aufsichtsratsmitglied vorliegen mit der Folge, dass es vom Amtsgericht abberufen werden muss5. Alle diese Regeln gelten für alle Aufsichtsratsmitglieder, also auch für die entsandten Mitglieder und Vertreter der Arbeitnehmer. Schließlich ist die Abwahl eines Aufsichtsratsmitglieds durch seine eigene Wahlkörperschaft selbst in den Grenzen der § 103 AktG, § 23 MitbestG möglich6.
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10. Sonderprobleme der Verschwiegenheit in börsennotierten Unternehmen Die Sonderentwicklung der börsennotierten7 Gesellschaften findet auch auf dem Feld der Verschwiegenheitspflicht ihre besondere Ausprägung.
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solle eine größere Abschreckungswirkung erzielt werden, da in den erfassten Fällen nur eine geringe Aufklärungswahrscheinlichkeit besteht. Eine Ausdehnung der Strafandrohung auf die unbefugte Offenlegung von vertraulichen Angaben wurde hingegen nicht nahegelegt, da es sich insofern um kein strafwürdiges Unrecht handele (Baums [Hrsg.], Bericht der Regierungskommission, Rn. 67). Näher Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 574 ff.; Marsch-Barner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 13 Rn. 70; Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 265. Für die gerichtliche Abberufung nach § 103 Abs. 3 AktG i.V.m. §§ 375 Nr. 3, 376 FamFG, § 23a GVG ist das Amtsgericht zuständig. Vgl. z.B. AG München v. 2.5.1985 – HRB 2212, ZIP 1985, 1139 und OLG Hamburg v. 23.1.1990 – 11 W 92/89, WM 1990, 311 = AG 1990, 218. Dazu Säcker, NJW 1986, 803, 810 f. LG Frankfurt a.M. v. 14.10.1986 – 3/11 T 29/85, NJW 1987, 505, 506; OLG Stuttgart v. 7.11.2006 – 8 W 388/06, AG 2007, 218. Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 581. Der Begriff der Börsennotierung darf hier nicht in dem engen Sinne des § 3 AktG verstanden werden, dass etwa nur die Aktien einer Gesellschaft an der Börse no-
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Diese geht in zwei Richtungen: Auf der einen Seite werden Organe von börsennotierten Gesellschaften hinsichtlich ihrer Pflicht zur Verschwiegenheit noch strenger in die Pflicht genommen1; dies besorgen die insiderrechtlichen Strafbestimmungen der §§ 13, 14 und 38 WpHG. Danach unterliegen Aufsichtsräte strengen Unterlassungspflichten, was den Umgang mit Insiderinformationen angeht (Erwerbsverbot, Weitergabeverbot von Insiderinformationen). Auf der anderen Seite fordert die kapitalmarktrechtliche Ad-hoc-Publizität (§ 15 WpHG) von börsennotierten Gesellschaften selbst ein erhöhtes Maß an Transparenz, indem bestimmte kursrelevante und für den Anleger entscheidungsrelevante Tatsachen unverzüglich veröffentlicht werden müssen. Hier sind Kollisionen mit dem gesellschaftsrechtlichen Geheimnisschutz vorprogrammiert. a) Die Konzerndimension des Insiderrechts und der Ad-hoc-Publizität 291
Die Auswirkungen des Insiderrechts sind nicht nur auf Aufsichtsräte börsennotierter Gesellschaften beschränkt2. Erfasst werden auch Aufsichtsräte einer nicht börsennotierten Obergesellschaft, die Insiderinformationen aus der börsennotierten Tochtergesellschaft erlangen. Ebenso können Aufsichtsräte einer Tochtergesellschaft, die selbst nicht börsennotiert ist, in den Besitz von Insiderinformationen kommen, die aus der börsennotierten Obergesellschaft stammen; ferner all jene, die aufgrund ihres Berufs oder ihrer Tätigkeit oder ihrer Aufgabe bestimmungsgemäß in den Besitz von Insiderinformationen im Sinne von § 13 WpHG kommen; dazu gehören alle Aufsichtsräte der Gesellschaft und des Konzerns. All diese Personen unterliegen bei Strafe (§ 38 Abs. 1 Nr. 2a und 2c WpHG) dem oben Rn. 290 bereits erwähnten Verbot der unbefugten Weitergabe von Insiderinformationen3.
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Auch die Ad-hoc-Publizität hat Auswirkungen in Konzerndimension. So kann ein Geheimnis der Obergesellschaft im Sinne von § 93 AktG durchaus zugleich ein Geheimnis der Tochtergesellschaft sein. Ist dies bei Patenten etc., die sich bilanzierungstechnisch zuordnen lassen, selten der Fall, so stellen andererseits geplante Übernahmen oder Unternehmensverkäufe, die Auswirkungen auf den gesamten Konzern haben, regelmäßig ein Geheimnis von Mutter und Tochter dar. Als DaimlerChrysler sich von Chrysler trennen wollte, stellte dies gewisslich ein Geheimnis sowohl von DaimlerChrysler als auch von Chrysler dar. Der Geheimnischa-
tiert sind; der Anwendungsbereich der insiderrechtlichen Vorschriften erfasst auch andere notierte Wertpapiere wie Optionen, Genussscheine oder andere Schuldverschreibungen; vgl. § 2 Abs. 1 WpHG und § 264d HGB. Daher ist auch der Fall denkbar, dass zwar die Aktien nicht börsennotiert sind, hingegen andere Papiere, die selbständig gehandelt werden. 1 Dazu eingehend Veil, ZHR 172 (2008), 239 ff. 2 Vgl. Marsch-Barner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 13 Rn. 186. 3 Zum Ganzen vgl. Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 635 ff., 647 ff.
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rakter endet jedoch, wenn der geheimzuhaltende Sachverhalt im Rahmen einer Ad-hoc-Meldung öffentlich gemacht wird. b) Aufsichtsräte und Insiderrecht Das 2. Finanzmarktförderungsgesetz hat die Vorgaben der Insiderrichtlinie1 in den §§ 12 ff. WpHG umgesetzt. Danach unterschied das Gesetz zwischen Primärinsidern (zu denen Vorstände und Aufsichtsräte gehörten) und Sekundärinsidern. Diese Unterscheidung wurde durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG) in Umsetzung der Marktmissbrauchsrichtlinie vom 28.1.20032 aufgehoben; sie lebt heute nur mehr fort bei der Frage nach der Strafbarkeit des § 38 WpHG (Aufsichtsräte in der Gesellschaft und im Konzern) oder der Ordnungswidrigkeit des § 39 WpHG. Heute richtet sich das Verbot der Verwendung, der Weitergabe und der Empfehlung aufgrund von Insiderinformationen (oben Rn. 290) an jedermann. Faktisch betroffen davon sind aber naturgemäß Personen, die – wie Aufsichtsräte – gerade über solche Informationen verfügen.
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Insiderinformationen sind nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Wertpapieren oder diese selbst beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Kurs von Insiderpapieren3 erheblich zu beeinflussen, §§ 12 und 13 WpHG. Mit dem Geheimnis i.S. von § 93 AktG (oben Rn. 259 ff.) hat die Insiderinformation das Merkmal der fehlenden öffentlichen Bekanntheit gemeinsam4. Einen Unterschied hinsichtlich der tatbestandlichen
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1 Richtlinie 89/592/EWG des Rates vom 13.11.1989, abgedruckt auch bei Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, 4. Aufl., S. 594 ff. 2 Abgedruckt bei Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, S. 1234 ff. 3 Der Begriff des Insiderpapiers ist legaldefiniert in § 12 WpHG: Erfasst sind demnach alle Wertpapiere im Sinne von § 2 Abs. 1 WpHG, die an einer inländischen Börse zum Handel zugelassen sind; einbezogen ist auch der Freiverkehr. Insiderpapiere können aber auch Wertpapiere sein, die in einem anderen EU- oder EFTA-Staat notiert sind; für Einzelheiten siehe § 12 WpHG; näher Hoffmann/ Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 506.3 und Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, Komm. WpHG, § 12 Rn. 4 ff. 4 Fraglich ist, wann eine Insiderinformation öffentlich bekannt ist. Nach h.M. reicht es hierzu aus, wenn eine sog. Bereichsöffentlichkeit hergestellt ist; dies bedeutet, dass die Tatsache den Marktteilnehmern über ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem zur Verfügung gestellt wird (§ 5 Satz 1 WpAIV). Denn dies führt bereits zur Aufnahme der Information in die Kursbewegung (Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, Komm. WpHG, § 13 Rn. 34 m.w.N.). Nicht erforderlich ist hingegen, dass das Anlegerpublikum die Information – z.B. über den Börsenticker – erfahren hat. Daraus könnte man schließen, dass der Begriff der fehlenden Öffentlichkeit bei § 93 AktG enger zu verstehen ist, weil hier nur ein enger Kreis von Personen eingeweiht ist. Nach Sinn und Zweck des Merkmals bei der Insidertatsache ist dieses Merkmal aber auch hier so auszulegen, dass vor der Veröffentlichung nur ein kleiner Kreis von Personen Kenntnis hat.
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Voraussetzungen bildet indes das Merkmal der Kursrelevanz1. Die Unschärfe dieses Merkmals macht im Einzelfall eine exakte Abgrenzung zwischen Geheimnis und Insiderinformation schwierig. Diese ist aber auch nicht nötig; denn eine Vielzahl von Unternehmensgeheimnissen würde bei ihrer Veröffentlichung ebenfalls einen deutlichen Kursausschlag zeitigen2. 295
Insgesamt unterscheidet sich das Geheimnis durch das Erfordernis des potentiellen Schadens für die Gesellschaft bei seiner Verletzung von der Insiderinformation durch das Erfordernis einer möglichen erheblichen Kursbeeinflussung. Das aber bedeutet: der Bereich eines strikten und strafbewehrten Vertraulichkeitsgebotes für alle Aufsichtsräte börsennotierter Gesellschaften oder solcher Gesellschaften im Konzern (oben Rn. 291) wird durch das Insiderrecht deutlich erweitert. c) Befugte und unbefugte Weitergabe von Insiderinformationen
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aa) § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG verbietet die unbefugte Weitergabe von Insiderinformationen. Wann eine Weitergabe von Informationen befugt bzw. unbefugt ist, ist bislang noch nicht endgültig geklärt. Zwar besteht Einigkeit, dass das Merkmal „unbefugt“ nicht als allgemeines Verbrechensmerkmal zu verstehen, mithin also nicht bereits die bloße Weitergabe der Information tatbestandsmäßig ist3: sie muss eben unbefugt sein. Unproblematisch befugt ist daher die Weitergabe von Insiderinformationen vom Vorstand an den Aufsichtsrat und innerhalb des Aufsichtsrats, da der Vorstand den Aufsichtsrat informieren muss, der Aufsichtsrat alles wissen darf und alle Aufsichtsratsmitglieder von Rechts wegen gleich zu behandeln sind. In dieses System des AktG greift das WpHG nicht ein.
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bb) Unproblematisch ist weiter, dass beliebige außenstehende Dritte unbefugt sind und nicht informiert werden dürfen. Der Wortlaut des Geset1 Hierbei handelt es sich um das am schwersten zu bestimmende Tatbestandsmerkmal der Insiderinformation und mithin auch der Verbote aus § 14 WpHG (oben Rn. 290) und des Gebots zur Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG; vgl. Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, Komm. WpHG, § 13 Rn. 59 ff.; Feldhaus, Eignung, S. 165 ff.; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 640. Bei Schuldverschreibungen hilft dieses Tatbestandsmerkmal kaum weiter. Daher geht der Emittentenleitfaden 2013 Ziff. IV.2.2.5.1 davon aus, dass es hier darauf ankommt, ob die Erfüllung der Pflichten des Emittenden beeinträchtigt wird. Vgl. dazu auch Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, Komm. WpHG, § 13 Rn. 66a. 2 Zu einer verhältnismäßig großen Schnittmenge gelangt man, wenn man den Katalog potentieller Insiderinformationen mit dem Katalog möglicher Unternehmensgeheimnisse vergleicht; zum Katalog von potentiellen Insiderinformationen vgl. den Emittentenleitfaden der BaFin von 2013 Ziff. III.2.1 ff.; zum Katalog möglicher Unternehmensgeheimnisse vgl. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 47; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 408 ff. 3 H.M., vgl. etwa Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, Komm. WpHG, § 14 Rn. 72 ff. m. allen Nachw.; Schäfer in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 14 WpHG Rn. 24 f.; Götz, DB 1995, 1949, 1952.
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zes setzt nicht voraus, dass die Weitergabe der Information zwecks Erwerbs oder Veräußerung von Insiderpapieren erfolgt: schon die unbefugte Weitergabe als solche ist verboten. cc) Damit spitzt sich für das Aufsichtsratsmitglied das Problem im Umgang mit Insiderinformationen auf die Frage zu, wann der Informationsfluss an Mitarbeiter eine unbefugte Weitergabe darstellt. Macht sich ein Aufsichtsratsmitglied strafbar nach § 38 WpHG, wenn es einem Assistenten kursrelevante vertrauliche Informationen mitteilt, damit dieser ein Konzept für die nächste Aufsichtsratssitzung ausarbeitet? Macht das Aufsichtsratsmitglied unbefugt Insiderinformationen zugänglich, das den Aktenschrank im Büro offen stehen lässt, obwohl es weiß, dass die neugierige Sekretärin gerne darin herumschnuppert?
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dd) Bei dem Merkmal „unbefugt“ handelt es sich um ein tatbestandsbeschränkendes Merkmal. Dies folgt auch aus der europarechtlichen Vorgabe: Nach Art. 3 und 6 Abs. 3 der Marktmissbrauchsrichtlinie soll der Informationsfluss dann zulässig – also nicht unbefugt – sein, soweit er in einem normalen Rahmen in Ausübung der Tätigkeit oder der Erfüllung der Aufgaben geschieht1. So schlüssig diese Formel auf den ersten Blick erscheint, umso mehr Folgefragen wirft sie auf den zweiten Blick auf, vor allem: Was ist als „normaler Rahmen“ anzusehen? Nicht mehr vertreten wird hierzu die Ansicht2, die Weitergabe müsse zwingend erforderlich erscheinen3. Ein derart restriktives Verständnis würde zu einer zu starken Ausdehnung der Strafbarkeit führen und damit die Organisation der Aufsichtsratsarbeit durch Delegation einzelner Aufgaben in erheblichem Maße behindern und verzögern.
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Im Ergebnis ist darauf abzustellen, ob die Informationsweitergabe notwendig war, um dem Informanten die Ausübung von Beruf, Tätigkeit oder Aufgabe im üblichen Rahmen zu ermöglichen4. Dabei erweist es sich als vorteilhaft, Insiderinformationen als Geheimnisse im Sinne von § 93 AktG einzustufen; denn die insiderrechtliche Zulässigkeit der Informationsweitergabe folgt damit der Grenze, die bereits durch die Verschwiegenheitspflicht gezogen ist5. 1 Nahezu ebenso die Gesetzesbegründung: BT-Drucks. 12/6679, S. 47. 2 Assmann, AG 1994, 247. 3 Assmann, AG 1997, 55; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, Komm. WpHG, § 14 Rn. 74; Schmidt-Diemitz, DB 1996, 1810; Götz, DB 1995, 1950. 4 Eher enger EuGH v. 22.11.2005 – C-384/02, Slg. 2005, I-9939 = WM 2006, 612 (Groongaard und Bang). In der Nachfolgeentscheidung hat dann aber der dänische Oberste Gerichtshof die Weitergabe einer Insiderinformation durch einen Arbeitnehmervertreter an seinen Gewerkschaftsvorsitzenden gebilligt (dessen Mitarbeiter diese dann ausgenutzt hat); vgl. ZIP 2009, 1526 sowie Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, Komm. WpHG, § 14 Rn. 74 ff. sowie Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, S. 1242. 5 Vgl. Lutter/Krieger, DB 1995, 257 ff.; im Ergebnis ebenso Götz, DB 1995, 1949, 1952; im Übrigen ist eine Weitergabe von Insiderinformationen gewisslich dann „unbefugt“, wenn das Aufsichtsratsmitglied Anlass zu der Annahme hat, dass der Empfänger der Information dieselbe für Insidergeschäfte missbraucht; in Eng-
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Assistenten und Sekretäre/innen des Aufsichtsrats oder seiner einzelnen Mitglieder sind Hilfskräfte und notwendige Elemente in einem arbeitsteiligen System; sie sind daher befugt1, soweit sie in die Aufsichtsratsarbeit eingeschaltet sind, allerdings auch nur insoweit. Das Gleiche gilt für Berater von Aufsichtsräten wie Rechtsanwälte, Steuerberater, Unternehmensberater, die etwa bei der Entscheidung über ein geheimes Erwerbsprojekt eingeschaltet werden. Alle diese Personen werden dann ihrerseits Insider (§ 38 Abs. 1 Nr. 2c WpHG) und unterliegen dann ihrerseits dem Erwerbs- und Weitergabeverbot aus § 14 WpHG.
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Vorgesetzte im Bereich privater Organisationen sind als solche nicht per se befugt. Das hat der EuGH in der Entscheidung Grongaard klar gesagt2. In diesem dänischen Fall hatte der Vertreter einer Gewerkschaft im Verwaltungsrat einer börsennotierten Gesellschaft Insiderinformationen, nämlich den Plan einer Fusion, an seinen Gewerkschaftsvorsitzenden weitergegeben; dieser seinerseits gab die Information an einen Mitarbeiter weiter, der sie für ein Insidergeschäft mit hohem Gewinn ausnutzte3. Das Gericht legte dem EuGH die Frage vor, ob die Weitergabe an den Gewerkschaftsvorsitzenden „unbefugt“ oder „befugt“ gewesen sei. Der EuGH lehnte es strikt ab, den Empfänger per se als befugt anzusehen, und wies das dänische Gericht an zu prüfen, ob die Weitergabe für die reguläre Gewerkschaftsarbeit erforderlich war. Das dänische Oberste Gericht hat das bejaht4.
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Das gilt so nicht im öffentlich-rechtlichen Bereich, soweit die Betroffenen zur Information ihrer Vorgesetzten verpflichtet sind, wie das etwa im Rahmen der §§ 394 und 395 AktG der Fall ist5. d) Sicherung der Verschwiegenheitspflicht
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Die sehr strengen Regeln führen zwangsläufig zu der Frage, wie die hier beschriebene Verschwiegenheitspflicht in der Praxis gesichert werden kann, um zu gewährleisten, dass die Grenzen der Informationsweitergabe eingehalten werden und keine Informationen aussickern (leaking out of information). Für Wertpapierdienstleistungsunternehmen obligatorisch (§ 33 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WpHG) ist die Einrichtung einer sog. Compliance-Abteilung.
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land ist eben dieser Fall ins Gesetz aufgenommen; vgl. Uwe H. Schneider/Singhof in FS Kraft, 1998, S. 587, 589 in Fn. 15 mit entsprechenden Nachweisen. Lutter/Krieger, BB 1995, 257 ff.; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, Komm. WpHG, § 14 Rn. 96 ff.; Hasselbach, NZG 2004, 1094. EuGH v. 22.11.2005 – C-384/02, NJW 2006, 133 (Groongaard und Bang). Letzterer war durch die Weitergabe seinerseits zum Insider geworden und unterlag damit fraglos dem strafbewehrten Erwerbsverbot. ZIP 2009, 1526. Vgl. dazu Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, Komm. WpHG, § 14 Rn. 80 ff.; Schäfer in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 14 WpHG Rn. 30; sowie unten Rn. 1421 ff.
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Eine solche Abteilung ist aber auch für andere vom Insiderrecht betroffene Unternehmen ausgesprochen sinnvoll. Um die Einhaltung der Insiderregeln zu sichern, geschieht das vor allem durch die Organisation von Vertraulichkeitsbereichen durch sog. Chinese Walls1. Daneben organisiert die Compliance-Abteilung die Ausgabe von Vertraulichkeits-Richtlinien für die Mitarbeiter, in denen sämtliche Vorschriften und Regeln konkretisiert und durch eine Art Leitfaden anschaulich gemacht werden2. Darüber hinaus müssen alle Emittenten ein sog. Insiderverzeichnis führen über „solche Personen, die für sie tätig sind und bestimmungsgemäß Zugang zu Insiderinformationen haben“ (§ 15b Abs. 1 WpHG). e) Ad-hoc-Publizität Die Ad-hoc-Publizität geht auf Schema C Nr. 5a der Börsenzulassungsrichtlinie3 und auf Art. 7 der Insiderrichtlinie zurück; sie war zunächst in § 44a BörsG geregelt und wurde im Rahmen der Umsetzung der Marktmissbrauchsrichtlinie durch das 2. Finanzmarktförderungsgesetz unter leichten Modifikationen in § 15 WpHG umgesiedelt. Heute ist europarechtliche Grundlage dieser Pflicht Art. 6 Abs. 1, 2 und 3 der Marktmissbrauchsrichtlinie (MAD) von 20034.
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Nach § 15 Abs. 1 WpHG sind Emittenten von Finanzinstrumenten, die zum Handel an einer inländischen Börse zugelassen sind, verpflichtet, unverzüglich sie betreffende Insiderinformationen zu veröffentlichen, die in ihrem Tätigkeitsbereich eingetreten und nicht öffentlich bekannt sind, wenn sie im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens geeignet sind, den Börsenpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen5.
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Ziel der Ad-hoc-Publizität ist zweierlei: Zuvörderst sollen Insidergeschäfte präventiv bekämpft werden, indem mögliche Insiderinformationen öffentlich gemacht werden6. Daneben soll die Ad-hoc-Publizität alle Anleger möglichst gleichzeitig mit den wichtigsten entscheidungsrelevanten
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1 Näher dazu Eisele, WM 1993, 1021, 1024 ff. 2 Vgl. dazu Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 697 ff. 3 Richtlinie 79/279/EWG des Rates vom 5.3.1979, abgedruckt auch bei Lutter, EuropUR, 4. Aufl., S. 528 ff. 4 Richtlinie 2003/6/EG vom 28.1.2003, ABl. EU Nr. L 96 vom 12.4.2003, S. 16 und dazu Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, § 35 (S. 1234), Rn. 1 ff. 5 Für Schuldverschreibungen empfiehlt die BaFin in Ziff. IV.2.2.5.1 ihres Emittentenleitfadens 2013 eine andere Betrachtung. Danach kommt es bei ihnen nicht auf das Kursbeeinflussungspotential an, sondern darauf, ob die Fähigkeit des Emittenten beeinträchtigt wird, seinen Verpflichtungen nachzukommen; diese Sonderregelung geht auf Anhang Schema D Nr. 4a der Börsenzulassungsrichtlinie zurück; im Übrigen vgl. Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, S. 1244 ff. 6 Vgl. Lutter in FS Zöllner, 1998, S. 363, 368; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, Komm. WpHG, § 15 Rn. 32.
143
§6
Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat
Informationen versorgen und auf diese Weise angemessene Preise auf dem Kapitalmarkt sichern1. 307
Seit der Neufassung des § 15 WpHG entsteht diese Publizitätspflicht an sich spätestens mit der Entscheidung des Geschäftsführungsorgans2. Bei mehrstufigen Entscheidungsprozessen kann aber eine Publizität der Entscheidung des Vorstands, bevor die Entscheidung des Aufsichtsrats zu dieser Frage gefallen ist, zu einer erheblichen Schwächung der Rolle des Aufsichtsrats führen, da dieser in seiner Entscheidung nach Veröffentlichung der Entscheidung des Vorstands nicht mehr frei wäre. Allerdings sieht § 15 Abs. 3 WpHG eine Befreiung von der Pflicht zur Veröffentlichung vor. Der Emittent kann demnach so lange mit der Veröffentlichung der Insiderinformationen warten, wie es der Schutz seiner berechtigten Interessen erfordert, keine Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten ist sowie die Vertraulichkeit der Insiderinformation gewährleistet ist. Eine vor der Zustimmung des Aufsichtsrats erfolgte Veröffentlichung würde die Funktionsfähigkeit der aktienrechtlichen Organaufgaben in Frage stellen3. Daher liegt in den Fällen, in denen die Zustimmung des Aufsichtsrats noch aussteht, ein Aufschub der Publizität in der Regel im berechtigten Interesse des Emittenten sowie des Anlegers4. Dies sieht auch § 6 Satz 2 Nr. 2 WpAIV vor. Danach kann ein besonderes Interesse immer dann vorliegen, „wenn durch das Geschäftsführungsorgan des Emittenten abgeschlossene Verträge oder andere getroffene Entscheidungen zusammen mit der Ankündigung bekannt gegeben werden müssten, dass die für die Wirksamkeit der Maßnahme erforderliche Zustimmung eines anderen Organs des Emittenten noch aussteht, und dies die sachgerechte Bewertung der Information durch das Publikum gefährden würde.“
Der Aufschub der Information ist in den Fällen, in denen die Entscheidung des Aufsichtsrats noch aussteht, daher – vorausgesetzt die Vertraulichkeit der Information ist weiterhin gewährleistet – als Ausnahme zu § 15 Abs. 1 WpHG möglich5. 1 Diese Funktion ist nach der Rechtsprechung des BGH im DAT/Altana-Beschluss besonders wichtig. 2 So auch auf Anfrage des BGH der EuGH in seinem berühmten Urteil v. 28.6.2012 – C-19/11, ZIP 2012, 1282 = AG 2012, 555 = NZG 2012, 784 = EWiR § 13 WpHG 2/12 (Bachmann) (Geltl), nach der die einzelnen Schritte im Rahmen mehrgliedriger Entscheidungen, also sogenannte Zwischenschritte, in einem gestreckten Vorgang durchaus eine „Insider-Information“ („präzise Information“) seien und mithin publizitätspflichtig sein können. Ihr folgend der BGH v. 23.4.2013 – II ZB 7/09, ZIP 2013, 1165 Anm. Brellochs. Vgl. dazu v. Bonin/Böhmer, EuZW 2012, 694 m.w.N. und Ihrig in VGR, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2012, 2013 (VGR Bd. 18), S. 113 ff., insbes. S. 128 ff. 3 Siehe dazu schon Lutter in FS Zöllner, S. 363, 371 f. 4 Emittentenleitfaden der BaFin von 2013 Ziff. IV.2.2.7; Assmann in Assmann/ Uwe H. Schneider, Komm. WpHG, § 15 Rn. 145. 5 Emittentenleitfaden der BaFin von 2013 Ziff. IV.2.2.7; Assmann in Assmann/ Uwe H. Schneider, Komm. WpHG, § 15 Rn. 145; Pattberg/Bredol, NZG 2013,
144
Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder
§6
Die Veröffentlichung muss aber unverzüglich nach Wegfall der Ausnahmevoraussetzungen – also der Entscheidung des Aufsichtsrats – nachgeholt werden. f) Zusammenfassung: Folgen für die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder Will man die Folgen der Einführung der §§ 12 ff. WpHG für die Praxis des Aufsichtsrats zusammenfassen, so ergibt sich: Einerseits bedeutet die Einführung eines Straftatbestandes – nämlich des Weitergabeverbotes von Insiderinformationen – eine Verschärfung der Verschwiegenheitsund Vertraulichkeitspflichten des Aufsichtsrats. Dies betrifft vor allem Informationen über das operative Geschäft, z.B. wesentliche Entwicklungen neuer Produkte, des Umsatzes, des Gewinns oder anderer Kennzahlen. Gleiches gilt für Massenkündigungen, Betriebsstilllegungen, geplante Übernahmen und Fusionen.
308
Auf der anderen Seite bedeutet die Veröffentlichung von Insiderinformationen im Wege von Ad-hoc-Meldungen eine Erleichterung für das einzelne Aufsichtsratsmitglied: Ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung kann es offen und ungehemmt über die Information verfügen. Anders gewendet: Der Zeitpunkt, von dem ab die Verschwiegenheitspflicht endet, ist für das einzelne Aufsichtsratsmitglied klar erkennbar.
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Um eine Strafbarkeit nach den Insiderbestimmungen zu vermeiden, empfiehlt es sich – insbesondere nach einer Aufsichtsratsneuwahl – die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder über den Inhalt der Insiderbestimmungen zu informieren. Dies kann entweder durch ein Rundschreiben des Aufsichtsratsvorsitzenden, eine Informationsbroschüre, die Vertraulichkeitsrichtlinien der Compliance-Abteilung oder durch einen eigenen Tagesordnungspunkt auf der ersten Aufsichtsratssitzung geschehen.
310
Um in der laufenden Aufsichtsratspraxis Insiderfälle zu vermeiden, sollte jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied insiderrelevante Unterlagen – Pläne über Unternehmenszukäufe oder den Bericht des Abschlussprüfers – für Dritte unzugänglich aufbewahren. Auch wenn die Weitergabe von Insiderinformationen an engste Mitarbeiter zwecks Vorbereitung einer Aufsichtsratssitzung notwendig wird, sollte eine Weitergabe nur in sehr engen Grenzen stattfinden. Hierfür können vom Aufsichtsrat als Orientierungshilfe bestimmte Verfahrensgrundsätze aufgestellt werden, die z.B. Hinweise auf typische Insiderinformationen enthalten1. Ebenfalls können Tatsachen – wie in der Praxis bereits üblich – in den Unterlagen
311
87; Ihrig in VGR, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2012, 2013 (VGR Bd. 18), S. 128 ff. 1 Sog. Wertpapierdienstleistungsunternehmen – dies sind hauptsächlich Kreditinstitute – sind sogar verpflichtet, interne Kontrollmechanismen einzuführen, um Verstöße gegen Insiderbestimmungen zu verhindern; vgl. § 25a KWG, § 33 Abs. 1 WpHG.
145
§6
Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat
als Insiderinformationen gekennzeichnet werden. Dabei sollte auch das Datum der geplanten Veröffentlichung der Information angegeben werden; auf diese Weise hat das einzelne Aufsichtsratsmitglied eine Orientierung, ab wann voraussichtlich der Status der Vertraulichkeit der Information aufgehoben wird; denn mit der Veröffentlichung endet auch die Möglichkeit einer strafrechtlichen Sanktionierung. In Zweifelsfällen sollte sich das einzelne Aufsichtsratsmitglied mit dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats in Verbindung setzen. 312
Da auch die Ausnutzung von Insiderinformationen zwecks Veräußerung oder Erwerb von Wertpapieren gemäß §§ 13, 14 WpHG strafbar ist, sollte das einzelne Aufsichtsratsmitglied Transaktionen in Insiderpapieren nur dann vornehmen, wenn anzunehmen ist, dass alle kursrelevanten Informationen öffentlich bekannt sind. Dies ist beispielsweise in den ersten Wochen nach der jährlichen Bilanzpressekonferenz, nach einer ordentlichen Hauptversammlung oder nach der Herausgabe eines Zwischenberichtes der Fall.
313
Sicherer für das Aufsichtsratsmitglied ist es, Wertpapiergeschäfte auf einen unabhängigen Dritten zu übertragen, der weisungsfrei Transaktionen für Rechnung des Aufsichtsratsmitgliedes vornimmt.
314
Ein wirksames Instrument zur Prävention von Insidergeschäften ist eine offene und schnelle Investor-Relation-Politik. Zu einer solchen kann auch der Aufsichtsrat im Falle eines Zustimmungserfordernisses oder einer Anhörungspflicht beitragen.
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Ein geeigneter Weg, die vertrauliche Behandlung der Insiderinformationen bis zu ihrer Veröffentlichung zu sichern, ist die Bildung von Ausschüssen. Auf diese Weise wird der Kreis derjenigen, die mit der entsprechenden Information konfrontiert werden und sie potentiell für die Weitergabe oder gar für die Ausführung von Insidergeschäften ausnutzen können, klein gehalten. Insbesondere lohnt sich die Einrichtung eines sog. Ad-hoc-Ausschusses, der mit dem Vorstand Zeitpunkt, Umfang und Art der Veröffentlichung berät1.
316
Denkbar ist auch die Verkürzung der Zeit bis zur Entscheidung des Aufsichtsrats durch eine Verkürzung der Einberufungsfristen oder durch Entscheidungen im Umlaufverfahren.
1 Vgl. Marsch-Barner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 13 Rn. 256.
146
Berichts- und Informations-Ordnung für den Vorstand
§6
III. Berichts- und Informations-Ordnung für den Vorstand 1. Überblick Das Gesetz macht eingehende Angaben dazu, wie, worüber und in welcher zeitlichen Folge der Vorstand den Aufsichtsrat über die Gesellschaft und den Konzern zu informieren hat (oben Rn. 191 ff.). Dazu gehört auch die Pflicht zum inhaltlichen Anschluss an frühere Berichte, zur gleichen systematischen Ordnung der Berichte, zum Soll-Ist-Vergleich und zur Mitteilung über das Soll-Ist der Planung (§ 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG). Dennoch bleiben naturgemäß erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Informationsbedürfnisse des Aufsichtsrats einer Bank, einer Maschinenfabrik, eines Kaufhaus-Unternehmens oder eines Software-Unternehmens. Da der Aufsichtsrat (auch) selbst gehalten ist, für seine ausreichende Information zu sorgen (Holschuld), empfiehlt sich der Erlass einer Berichts- und Informations-Ordnung, in der die Einzelheiten der Information des Aufsichtsrats durch den Vorstand festgelegt werden. Das empfiehlt auch der Kodex1. Der Sache nach handelt es sich dabei um eine Geschäftsordnung des Aufsichtsrats für den Vorstand, ist für diesen also verpflichtend.
317
2. Einzelheiten a) Die Informations-Ordnung ist an die Vorgaben des Gesetzes gebunden. Was dort nach Zeit und Gegenstand verlangt ist, kann nicht unterschritten werden.
318
b) Im Übrigen wird man zunächst die innere Ordnung der laufenden Berichte festlegen, also nach Umsatz der einzelnen Produkte, ihrer Bruttoerträge etc., das Ganze im Soll-Ist-Vergleich mit der Planung und ggf. der vorangehenden Periode, im Übrigen je nach den besonderen Bedürfnissen dieser Gesellschaft und des Konzerns. Sodann wird man den Rhythmus der Berichterstattung bestimmen, wobei der Drei-Monats-Rhythmus des Gesetzes die Untergrenze ist. Bei großen Gesellschaften und solchen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten kann sich ein Übergang auf den ZweiMonats-Rhythmus empfehlen.
319
Das Gleiche gilt für den Bericht zu Liquidität und Ertrag sowie den Bericht über die speziellen Risiken der Gesellschaft und des Konzerns. Und schließlich wird man die Sonderberichte aufführen und in diesem Zusammenhang erneut die Besonderheiten der betreffenden Gesellschaft berücksichtigen.
1 Ziff. 3.4 Abs. 3 Satz 1 lautet dazu: „Der Aufsichtsrat soll die Informations- und Berichtspflichten des Vorstands näher festlegen.“ So auch Seibt in Hommelhoff/ Hopt/v. Werder (Hrsg.), Corporate Governance, S. 391, 407 ff.
147
§6
Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat
IV. Vertraulichkeits-Ordnung 320
Der Aufsichtsrat kann diese Fragen – anders als bei den Fragen seiner Information – nicht eigentlich gestalten: die Dinge sind geheim oder vertraulich und dann entsprechend zu beachten oder sie sind es eben nicht: tertium non datur. Aufsichtsrat und Vorstand können also Nicht-Geheimnisse bzw. nichtvertrauliche Angaben nicht in den Rang von Geheimnissen oder Vertraulichkeiten erheben1. Wohl aber kann eine solche Vertraulichkeits-Ordnung Regeln formulieren, wie in Zweifelsfällen von den Aufsichtsratsmitgliedern verfahren werden sollte2 und – vor allem – welche Dinge unstreitig vertraulich zu behandeln sind (vgl. dazu auch oben Rn. 266 ff.) bzw. wo eine hohe Vermutung der Pflicht zur Vertraulichkeit besteht. Gerade eine solche Situation der vermuteten Vertraulichkeit deutet auch der § 116 AktG an. Erklärt demnach der Vorstand eine schriftliche Vorlage oder eine mündliche Information für vertraulich, so spricht eine Vermutung dafür, dass dies zutrifft. Das kann in einer solchen Vertraulichkeits-Ordnung auch deutlich gesagt werden. Hält sich ein Aufsichtsratsmitglied dann nicht daran, so kann es sich mit NichtWissen nicht entschuldigen. Das gilt insbesondere dann, wenn in einer solchen Ordnung der Vertraulichkeit für solche Fälle ein System der Beratung festgelegt ist, etwa: zunächst mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden und dann ggf. noch mit dem Gesamtaufsichtsrat.
321–330 Einstweilen frei.
1 BGH v. 5.6.1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325 (Bayer). 2 Das Muster einer solchen vom Aufsichtsrat zu beschließenden „Richtlinie zur Wahrung der Vertraulichkeit im Aufsichtsrat“ findet sich bei Lutter, Information und Vertraulichkeit, S. 307 ff.
148
§7 Bestellung und Anstellung des Vorstands und die Organisation der Vorstandstätigkeit I. Überblick Nicht weniger bedeutsam als die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats ist seine Kompetenz zur Besetzung des Vorstands (§ 84 AktG). Mit dem Recht zur Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern sind ihm zwei wesentliche Instrumente vorbeugender und repressiver Überwachung verliehen. Vor allem aber nimmt er mit der Auswahl der Vorstandsmitglieder selbst wesentlichen Einfluss auf das Geschick des Unternehmens und dessen geschäftspolitischen Kurs. Rechtstechnisch gliedert sich die Aufgabe der Vorstandsbesetzung in die Bestellung (und Abberufung) einerseits sowie den Abschluss (und die Kündigung) des Anstellungsvertrages andererseits1. Mit der Bestellung wird dem Vorstandsmitglied seine körperschaftsrechtliche Stellung als Organ der Gesellschaft und die damit verbundene Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht verliehen; sie bedarf der Annahme des Bestellten. Rechtlich davon zu trennen ist der Anstellungsvertrag, der die schuldrechtlichen Individualbeziehungen (Vergütung, Urlaub usw.) zwischen Vorstandsmitglied und Gesellschaft regelt. Sowohl die Organstellung als auch das Anstellungsverhältnis begründen zwischen Vorstandsmitglied und Gesellschaft neben den gesetzlich und vertraglich konkret geregelten Rechten und Pflichten gegenseitige Treuebindungen, zu denen einerseits eine Fürsorgepflicht der Gesellschaft gegenüber dem Vorstandsmitglied und andererseits eine Verpflichtung des Vorstandsmitglieds gehört, im Rahmen seiner Tätigkeit das Wohl des Unternehmens zu verfolgen2; dazu können auch Informationspflichten des Vorstandsmitglieds über gesundheitliche Probleme gehören3. Ergänzt wird die Personalkompetenz des Aufsichtsrats durch sein Recht, die Vorstandstätigkeit durch Erlass einer Geschäftsordnung für den Vorstand zu organisieren (§ 77 Abs. 2 AktG).
1 Zur Trennung von Bestellung und Anstellung vgl. etwa BGH v. 24.11.1980 – II ZR 182/79, BGHZ 79, 38, 41; Kort, Großkomm. AktG, § 84 Rn. 19 ff.; Thüsing in Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 4 Rn. 1 ff.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 4 ff.; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 11 ff.; Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 3 ff. 2 Vgl. nur Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 76, § 93 Rn. 113 ff.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 93 Rn. 95 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 9. 3 Dazu näher Fleischer, NZG 2010, 561, 563 ff.; zum Umgang mit Gesundheitsproblemen eines Vorstandsmitglieds auch Lutter, Der Aufsichtsrat 2009, 97; zur Ad hoc-Publizität bei schweren Erkrankungen eines wichtigen Vorstandsmitglieds Fleischer in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 333.
149
331
§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
II. Bestellung 1. Bestellungshoheit des (Gesamt-)Aufsichtsrats a) Alleinkompetenz des Aufsichtsrats 332
Zur Bestellung von Vorstandsmitgliedern ist ausschließlich der Aufsichtsrat befugt; das gilt auch in der Insolvenz der Gesellschaft1. Weder von sich aus noch aufgrund einer entsprechenden Satzungsbestimmung (§ 23 Abs. 5 AktG) können andere Organe oder gar Dritte eine Vorstandsbestellung vornehmen; auch der Aufsichtsrat selbst kann diese Aufgaben nicht delegieren (§ 111 Abs. 5 AktG).
333
Diese Alleinkompetenz des Aufsichtsrats umfasst das Recht zur selbständigen Auswahl der Vorstandsmitglieder. Der Aufsichtsrat und seine Mitglieder sind keinerlei Weisungen2, verbindlichen Vorschlagsrechten oder Zustimmungsvorbehalten unterworfen, sondern verpflichtet, eigenständig zu entscheiden. Satzungsbestimmungen, welche die Auswahlautonomie in irgendeiner Form beschneiden, sind unwirksam (§ 23 Abs. 5 AktG)3. Das Gleiche gilt für jede Art von Vereinbarung, die die Auswahlfreiheit beeinträchtigt4.
334
Der Aufsichtsrat kann die Vorstandsbestellung auch nicht von sich aus von der Zustimmung der Hauptversammlung oder anderer Stellen abhängig machen, denn er ist zu höchstpersönlicher Entscheidungsfindung verpflichtet5. Deshalb kann sich ein Aufsichtsratsmitglied auch nicht dazu verpflichten, sein Amt niederzulegen, wenn es meint, der Empfehlung eines Dritten nicht folgen zu können6. 1 OLG Nürnberg v. 20.3.1990 – 1 U 2275/89, WM 1991, 1719 = AG 1991, 446; Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 84 Rn. 8 und 20; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 5; K. Schmidt, AG 2011, 1, 2 ff.; a.A. Klöckner, AG 2010, 780, 781, der die Hauptversammlung für zuständig ansieht. Zur gerichtlichen Notbestellung nach § 85 Abs. 1 AktG vgl. etwa Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 28 ff. 2 OLG Köln v. 4.5.1987 – 2 W 27/87, AG 1988, 50. Zur Sondersituation bei Aufsichtsratsmitgliedern, die von öffentlich-rechtlichen Körperschaften entsandt oder auf deren Veranlassung gewählt sind, vgl. unten Rn. 1425 ff. 3 Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 12; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 8 f.; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 5. 4 Vgl. etwa OLG Köln v. 4.5.1987 – 2 W 27/87, AG 1988, 50; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 14; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 8; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 5; Krieger, Personalentscheidungen, S. 12 f., 43 ff. m.w.N. 5 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 8; Hommelhoff, BB 1977, 322, 325; Krieger, Personalentscheidungen, S. 42 f. 6 H.M., z.B. Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 33 Rn. 7; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 78; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 79; Krieger, Personalentscheidungen, S. 45 f.; a.A. Tank, AG 1977, 34, 38 f.; Hoffmann/Lehmann/Weinmann, Komm. MitbestG, § 27 Rn. 31, § 31 Rn. 28.
150
Bestellung
§7
Rein faktische Einflussnahmen auf Mitglieder des Aufsichtsrats (Empfehlungen u.Ä.) schließt das Gesetz nicht aus1. Hingegen ist jede Art einer Institutionalisierung von Empfehlungen u.Ä. unzulässig. Selbst ein ausdrücklich als unverbindlich bezeichnetes Vorschlagsrecht für andere Organe oder Dritte kann nicht geschaffen werden2; das Gleiche gilt für jeden Versuch, Aufsichtsratsmitglieder zu verpflichten, vor der Entscheidung Rücksprache zu nehmen u.Ä.3. Verträge zwischen Aktionären, in welchen diese sich gegenseitig verpflichten, für die Wahl bestimmter Vorstandsmitglieder zu sorgen (allenfalls zulässig, wenn man die Verletzung solcher Vereinbarungen als sanktionslos ansieht), binden nicht4. Gleiches wird man für Verträge annehmen müssen, mit denen Aktionäre einem Dritten zusagen, für seine Wahl in den Vorstand zu sorgen5.
335
In der Praxis erfolgt die Besetzung vakanter Vorstandspositionen unter normalen Umständen in enger Abstimmung mit dem amtierenden Vorstand. Das ist für eine sachgerechte Auswahlentscheidung im Allgemeinen auch richtig, denn der Vorstand wird vielfach selbst am besten einschätzen können, welche fachlichen und persönlichen Eigenschaften der Nachfolger mitbringen sollte6. Es dürfte deshalb in der Regel zu den Sorgfaltspflichten des Aufsichtsrats gehören, dem Vorstand Gelegenheit zu geben, seine Vorstellungen über die erforderliche Qualifikation des Nachfolgers vorzutragen, ggf. selbst geeignete Persönlichkeiten namhaft zu machen und sich zu den vom Aufsichtsrat in die engere Wahl gezogenen Bewerbern zu äußern. Umgekehrt ist es sicher richtig, dass es zu den Pflichten des Vorstands gehört, sich an der Entscheidung zu beteiligen und ihn dabei eine gewisse Mitverantwortlichkeit trifft7. Ziff. 5.1.2 Abs. 1 Satz 3 des Kodex empfiehlt daher zu Recht, dass der Aufsichtsrat gemeinsam mit dem Vorstand für eine langfristige Nachfolgeplanung sorgen soll.
336
1 H.M., vgl. nur OLG Stuttgart v. 30.5.2007 – 20 U 14/06, AG 2007, 873, 876; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 15; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 9; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 80. 2 Streitig, wie hier Hommelhoff, BB 1977, 322, 325; Kort, Großkomm. AktG, § 84 Rn. 36; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 9; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 7; Krieger, Personalentscheidungen, S. 51 f.; wohl auch Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 5; a.A. Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 6; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 14; Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 84 Rn. 11. 3 Krieger, Personalentscheidungen, S. 52. 4 Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 15; a.A. wohl Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 9; Niewiarra, BB 1998, 1961, 1963 f. 5 Zurückhaltend auch Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 6; offener Niewiarra, BB 1998, 1961, 1963 f. 6 Näher Martens in FS Fleck, 1988, S. 191, 203; vgl. auch Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 9; Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 22; Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 84 Rn. 12. 7 So auch Martens in FS Fleck, 1988, S. 191, 202 ff., der die rechtliche Mitverantwortung des Vorstands jedoch überdehnt; Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 22.
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§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
Herr des Verfahrens ist und bleibt aber der Aufsichtsrat. Der Vorstand hat keinen eigenen Anspruch gegen den Aufsichtsrat, beteiligt zu werden. Und er ist schon gar nicht berechtigt, ohne Abstimmung mit dem Aufsichtsrat auf eigene Faust geeignete Kandidaten auszusuchen, mit ihnen zu verhandeln usw.1. b) Entscheidungsvorbereitung durch Personalausschüsse 337
Die Entscheidung über die Bestellung kann der Aufsichtsrat keinem Ausschuss übertragen (§ 107 Abs. 3 Satz 3 AktG), er kann sich aber zur Entscheidungsvorbereitung eines Personalausschusses bedienen (§ 107 Abs. 3 Satz 1 AktG). Herkömmlicherweise bereiten Personalausschüsse die Vorstandsbestellung so weitgehend vor, dass dem Plenum schließlich nur ein einziger Vorschlag zur Beschlussfassung unterbreitet wird; die eigentliche Auswahl findet im Ausschuss statt. Stimmen in der Literatur, die dies kritisiert und sich für eine stärkere Steuerung des Auswahlprozesses durch das Plenum ausgesprochen haben2, haben sich nicht durchsetzen können3. Allerdings hat der Personalausschuss im Rahmen seiner allgemeinen Berichtspflicht (§ 107 Abs. 3 Satz 4 AktG; dazu näher unten Rn. 748) das Plenum über seine Arbeit informiert zu halten. 2. Entscheidungsermessen des Aufsichtsrats a) Zahl der Vorstandsmitglieder
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Bei der Besetzung des Vorstands ist der Aufsichtsrat zunächst durch gesetzliche Vorschriften über die Mindestzahl von Vorstandsmitgliedern gebunden. Grundsätzlich genügt die Bestellung einer Person (§ 76 Abs. 2 Satz 1 AktG), Ziff. 4.2.1 des Kodex empfiehlt jedoch einen mehrköpfigen Vorstand. Unter den Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Satz 2 AktG und wenn die Bestellung eines Arbeitsdirektors erforderlich ist (§ 13 Abs. 1 MontanMitbestG, § 13 MitbestErgG, § 33 MitbestG), muss der Vorstand aus mindestens zwei Personen bestehen, es sei denn die Satzung bestimmt, dass er aus nur einer Person besteht. Die Satzung hat nähere Anordnungen über die Zahl der Mitglieder des Vorstands oder die Regeln, nach denen diese Zahl festgelegt wird, zu treffen (§ 23 Abs. 3 Nr. 6 AktG). Sie kann den genauen Umfang des Vorstands oder eine Mindestzahl und/ oder Höchstzahl der Vorstandsmitglieder bestimmen4. Bestimmt die Satzung die Zahl der Vorstandsmitglieder nicht genau, kann sie die Entschei1 A.A. anscheinend Martens in FS Fleck, 1988, S. 191, 203. 2 Krieger, Personalentscheidungen, S. 58 ff.; Köstler/Müller/Sick, Aufsichtsratspraxis, Rn. 631. 3 Ablehnend namentlich BGH v. 17.5.1993 – II ZR 89/92, BGHZ 122, 342, 359 f. = AG 1993, 464; Mertens, ZGR 1983, 189, 193 ff.; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 17; Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 26. 4 OLG Köln v. 17.2.1998 – 22 U 163/97, DB 1998, 1855 f. = AG 1998, 525; Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 76 Rn. 19; Hüffer, Komm. AktG, § 23
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Bestellung
§7
dung hierüber dem Aufsichtsrat1 oder der Hauptversammlung übertragen2, jedoch keiner anderen Stelle. b) Eignungsvoraussetzungen und Ausschlussgründe Daneben hat der Aufsichtsrat bei der Vorstandsbestellung gesetzliche Eignungsvoraussetzungen und Ausschlussgründe zu beachten, die zum Teil im Aktiengesetz, zum Teil in anderen Gesetzen enthalten sind. Mitglied des Vorstands kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein (§ 76 Abs. 3 Satz 1 AktG). Sie muss jedoch weder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, noch ihren Wohnsitz im Gebiet der Bundesrepublik haben. Auch Ausländer mit Wohnsitz im Ausland können also Vorstand einer deutschen Aktiengesellschaft sein. Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für die Bundesrepublik sind keine Voraussetzung für die Bestellung zum Vorstand3; es ist heute für die Bestellung eines Ausländers auch nicht mehr erforderlich, dass dieser jederzeit nach Deutschland einreisen darf4. Nach näherer Maßgabe von § 76 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1–3 AktG bestehen Bestellungshindernisse für Personen, die unter Betreuung stehen, einem Berufs- oder Gewerbeverbot unterliegen oder wegen bestimmter Vorsatzstraftaten verurteilt sind.
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Gemäß § 105 Abs. 1 AktG sind Aufsichtsratsmitglieder vom Vorstandsamt ausgeschlossen; zur Ausnahme des § 105 Abs. 2 AktG vgl. unten Rn. 459 ff. Bestimmte staatliche Funktionsträger können kraft Verfassungsrechts nicht Vorstand sein5. Beamte bedürfen zur Übernahme des
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Rn. 31; Pentz, MünchKomm. AktG, § 23 Rn. 136; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 19 Rn. 48. BGH v. 17.12.2001 – II ZR 288/99, ZIP 2002, 216, 217 = AG 2002, 289; Mertens/ Cahn, Kölner Komm. AktG, § 76 Rn. 105; Hüffer, Komm. AktG, § 23 Rn. 31; Pentz, MünchKomm. AktG, § 23 Rn. 138; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 19 Rn. 48. OLG Köln v. 17.2.1998 – 22 U 163/97, DB 1998, 1855 ff. = AG 1998, 525; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 76 Rn. 105; Kort, Großkomm. AktG, § 76 Rn. 195; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 76 Rn. 111; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 19 Rn. 48. OLG Düsseldorf v. 20.7.1977 – 3 W 147/77, DB 1977, 1840 = GmbHR 1978, 110; OLG Frankfurt a.M. v. 14.3.1977 – 20 W 113/77, NJW 1977, 1595; LG Köln v. 7.10.1983 – 87 T 16/83, GmbHR 1984, 157; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 1; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 76 Rn. 109. OLG München v. 17.12.2009 – 31 Wx 142/09, ZIP 2010, 126 = GmbHR 2010, 210; OLG Düsseldorf v. 16.4.2009 – I-3 Wx 85/09, ZIP 2009, 1074 = GmbHR 2009, 776; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 76 Rn. 15; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 1; a.A. die früher h.M. und nach wie vor Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 76 Rn. 24; Bürgers/Israel in Bürgers/Körber, Komm. AktG, § 76 Rn. 33; Hüffer, Komm. AktG, § 76 Rn. 25; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 76 Rn. 122. Vgl. z.B. Art. 55 Abs. 2, 66 GG und entsprechende Bestimmungen in den Landesverfassungen.
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§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
Amtes einer beamtenrechtlichen Genehmigung1. Zum Problem der Vorstandsdoppelmandate im Konzern vgl. unten Rn. 480. 341
Die Festlegung weiterer Eignungsvoraussetzungen durch die Satzung (z.B. bestimmte Ausbildung, Familienzugehörigkeit, Mindestalter usw.) wird von der zum Aktiengesetz ganz herrschenden Meinung ebenfalls für zulässig gehalten, allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Auswahlfreiheit des Aufsichtsrats nicht aufgehoben werden dürfe2. Der Aufsichtsrat darf nach dieser Ansicht nur solche Personen zum Vorstand bestellen, die die von der Satzung verlangten Eignungsvoraussetzungen erfüllen; zu den Rechtsfolgen eines Verstoßes vgl. unten Rn. 359. Für Gesellschaften, die dem Mitbestimmungsgesetz unterfallen, werden vielfach graduell strengere Anforderungen gestellt oder statutarische Eignungsvoraussetzungen ganz abgelehnt, weil andernfalls die Mitbestimmungsbefugnis der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat durch die Anteilseigner beeinträchtigt werden könne3. Überzeugender erscheint die Gegenmeinung, die satzungsmäßige Eignungsvoraussetzungen bereits aus aktienrechtlichen Gründen als für den Aufsichtsrat nicht verbindlich ansieht. Danach hat der Aufsichtsrat solche Eignungsvoraussetzungen bei seiner Entscheidungsfindung zwar mit in Erwägung zu ziehen, er darf sich aber nach pflichtgemäßem Ermessen darüber hinwegsetzen4. c) Sachgerechte Ermessensausübung
342
Der Aufsichtsrat hat sich bei der Personalauswahl vom Interesse des Unternehmens und dem Bemühen leiten zu lassen, eine für das Unternehmen bestmögliche Wahl zu treffen. Diese Aufgabe stellt an den Aufsichtsrat große Anforderungen. Es gilt nicht nur, eine allgemein besonders qualifizierte Person zu finden, sondern es muss auch untersucht werden, ob diese Person trotz ihrer allgemeinen Qualifikation für das Unternehmen in seiner konkreten Situation und in Anbetracht der konkret anstehenden Aufgaben geeignet ist. Dabei ist die Zahl guter Manager begrenzt. Dem Aufsichtsrat erwächst daraus die Verpflichtung, den Markt möglicher Führungskräfte vor allem auch im eigenen Unternehmen laufend genau zu beobachten. Künftige Vakanzen im Vorstand müssen vorbedacht, in Aussicht genommene interne Kandidaten über einen längeren Zeitraum beobachtet, mögliche Alternativlösungen erwogen werden. Nur so kann sich der Aufsichtsrat ein zuverlässiges Urteil bilden. Die 1 Vgl. z.B. § 99 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BBG und entsprechende Bestimmungen in den Landesbeamtengesetzen. 2 Hüffer, Komm. AktG, § 76 Rn. 26; Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 76 Rn. 25; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 76 Rn. 126 ff.; Spindler, MünchKomm. AktG, § 76 Rn. 27; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 6. 3 Vgl. dazu Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 10 ff.; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 9 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 76 Rn. 26. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 76 Rn. 116; Krieger, Personalentscheidungen, S. 13 ff.; ausführlich Hommelhoff, BB 1977, 322 ff.
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Bestellung
§7
Auswahl des Vorstands erfordert also eine sorgfältige Analyse der unternehmerischen Bedürfnisse und langfristige Planung1. Dementsprechend empfiehlt Ziff. 5.1.2 Abs. 1 Satz 3 des Kodex mit Recht, dass der Aufsichtsrat gemeinsam mit dem Vorstand für eine langfristige Nachfolgeplanung sorgen soll. Zur Verpflichtung des Aufsichtsrats, sich bei seiner Entscheidung mit dem amtierenden Vorstand abzustimmen, vgl. oben Rn. 336. Der Aufsichtsrat hat bei der Bestellung von Vorstandsmitgliedern die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu beachten (§ 6 Abs. 3 AGG)2. Das gilt auch dann, wenn über die Wiederbestellung eines Vorstandsmitglieds nach Ablauf seiner Amtszeit entschieden wird3. Es gelten also das Verbot der Benachteiligung eines Bewerbers aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität (§§ 7 Abs. 1, 1 AGG), die Beweiserleichterung nach § 22 AGG und die Schadensersatzpflicht nach § 15 Abs. 1 AGG4.
343
Bei der Zusammensetzung des Vorstands soll der Aufsichtsrat nach Ziff. 5.1.2 Abs. 1 Satz 2 des Kodex „auch auf Vielfalt (Diversity) achten und dabei insbesondere eine angemessene Berücksichtigung von Frauen anstreben“. Der Kodex hat sich hier wie auch an anderen Stellen für umstrittene Forderungen aus einer allgemeinen gesellschaftspolitischen Diskussion vereinnahmen lassen5. Auswahlmaßstab für den Aufsichtsrat darf nur die Qualifikation für die konkret zu besetzende Position mit dem Ziel einer bestmöglichen Besetzung des Vorstands sein. Dazu gehört es, unterschiedliche berufliche Kenntnisse und Erfahrungen für das Gremium nutzbar zu machen, je nach Tätigkeitsbereich des Unternehmens kann auch Internationalität der Vorstandsmitglieder ein Qualifikationsmerkmal sein. Das Geschlecht und erst recht andere Diversitätsmerkmale wie z.B. Hautfarbe, sexuelle Orientierung oder religiöse Einstellung
344
1 Lutter, AG 1979, 85, 90; ausführlich Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 4 ff.; Krieger, Personalentscheidungen, S. 22 ff. Zu den Wegen der Vorstandsrekrutierung (intern vs. extern) eingehend Zimmermann, zfbf 62 (2010), 160. 2 BGH v. 23.4.2012 – II ZR 163/10, BGHZ 193, 110 = GmbHR 2012, 845 Tz. 19; zum früheren Streit, ob das AGG nur den Abschluss des Anstellungsvertrags oder auch die Bestellung betreffe, vgl. nur Bauer/Arnold, NZG 2012, 921, 922 m.w.N. 3 BGH v. 23.4.2012 – II ZR 163/10, BGHZ 193, 110 = GmbHR 2012, 845 Tz. 20 ff.; Thüsing, MünchKomm. BGB, § 2 AGG Rn. 9; Schrader/Schubert in Däubler/ Bertzbach, Komm. AGG, § 6 Rn. 30; Bauer/Arnold, ZIP 2012, 597, 603; vgl. auch EuGH v. 11.11.2010 – C-232/09, ZIP 2010, 2414 = AG 2011, 165 (Danosa); a.A. noch Lutter, BB 2007, 725, 728 f.; Eßer/Baluch, NZG 2007, 321, 329. 4 BGH v. 23.4.2012 – II ZR 163/10, BGHZ 193, 110 = GmbHR 2012, 845 Tz. 26 f., 60 ff.; näher etwa Paefgen, ZIP 2012, 1296, 1297 f., 1299; Bauer/Arnold, NZG 2012, 921, 924 f. 5 Zur Kritik vgl. nur Hoffmann-Becking, ZIP 2011, 1173, 1176; Krieger, ZGR 2012, 202, 212.
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§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
sind als Auswahlkriterien hingegen in aller Regel verfehlt; eine Auswahl, bei der bestmögliche Qualifikation als Ziel zurücktritt, um Vielfalt in solchen Bereichen herzustellen, ist bei Lichte besehen eine Pflichtverletzung des Aufsichtsrats. Vielfalt ergibt sich von selbst, wenn der Aufsichtsrat ohne Scheuklappen nach dem jeweils besten Kandidaten Ausschau hält, Vielfalt um ihrer selbst Willen ist eine sachwidrige Zielsetzung. Eine hieran orientierte Auswahl benachteiligt zugleich andere Bewerber, weil ihnen entsprechende Merkmale fehlen, und verstößt damit gegen die Vorschriften des AGG. 345
Ziff. 5.1.2 Abs. 2 Satz 3 des Kodex empfiehlt des Weiteren, eine Altersgrenze für Vorstandsmitglieder festzulegen. In der Praxis wird dabei im Allgemeinen ein Alter zwischen 58 und 65 Jahren gewählt. Die Festsetzung muss nicht in Form einer strikten für jede Vorstandsbestellung geltenden Altersgrenze geschehen, sondern der Kodexempfehlung genügt auch die Festlegung einer Regelaltersgrenze, die im Einzelfall aber durchbrochen werden kann; eine einmalige Abweichung von einer derartigen Regelaltersbegrenzung macht dann keine Einschränkung der Entsprechenserklärung nach § 161 AktG nötig1. Nach §§ 8, 10 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters nur in den Grenzen dieser Vorschriften zulässig. Danach können insbesondere betriebs- und unternehmensbezogene Interessen eine unterschiedliche Behandlung wegen Alters rechtfertigen (§ 10 Satz 1 AGG)2. Damit dürfte es sich vereinbaren lassen, entsprechend der Empfehlung nach Ziff. 5.1.2 Abs. 2 Satz 3 des Kodex eine Altersgrenze für Vorstandsmitglieder festzulegen, auch wenn diese unterhalb des allgemeinen Renteneintrittsalters liegt3; für Erstbestellungen wird man auch deutlich niedrigere Altersgrenzen akzeptieren müssen (vgl. auch § 10 Satz 3 Nr. 3 AGG)4. Nach Ansicht des BGH soll es für die Ablehnung der Wiederbestellung eines Vorstandsmitglieds hingegen nicht ausreichen, dass die Gesellschaft den Wunsch hat, ihr Vorstandsmitglied auf eine volle Fünf-Jahresperiode zu bestellen, der Betreffende aber vor Ablauf dieses Zeitraums das allgemeine Renteneintrittsalter erreichen würde5; das erscheint nicht überzeugend. Insgesamt 1 Vgl. etwa Kremer in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. DCGK, Rn. 906. Für Abweichungen von einer Regelaltersgrenze für Aufsichtsratsmitglieder auch OLG München v. 6.8.2008 – 7 U 5628/07, ZIP 2009, 133, 135 = AG 2009, 294 (MAN); Kremer in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. DCGK, Rn. 978. 2 BGH v. 23.4.2012 – II ZR 163/10, BGHZ 193, 110 = GmbHR 2012, 845 Tz. 54; Bauer/Arnold, ZIP 2012, 597, 600; Paefgen, ZIP 2012, 1296, 1298 f. 3 Ausdrücklich offengelassen von BGH v. 23.4.2012 – II ZR 163/10, BGHZ 193, 110 = GmbHR 2012, 845 Tz. 57; wie hier Lutter, BB 2007, 725, 730 (58 Jahre zulässig); ebenso Bauer/Arnold, ZIP 2008, 993, 1000; Bauer/Arnold, ZIP 2012, 597, 599 ff.; Kremer in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. DCGK, Rn. 908 (60 Jahre, aber auch darunterliegende Altersgrenze möglich); enger Hohenstatt/ Naber, ZIP 2012, 1989, 1995 f.; a.A. Ziemons, KSzW 01.2013, 19, 23 f. 4 Zutreffend Bauer/Arnold, NZG 2012, 921, 925 (50 Jahre); zu eng Hohenstatt/Naber, ZIP 2012, 1989, 1994 (3 Jahre vor dem Rentenalter). 5 BGH v. 23.4.2012 – II ZR 163/10, BGHZ 193, 110 = GmbHR 2012, 845 Tz. 56; a.A. Thüsing/Stiebert, NZG 2011, 641, 644.
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Bestellung
§7
ist es sachgerecht, bei dieser Frage ein unternehmerisches Ermessen des Aufsichtsrats anzuerkennen1. 3. Beschlussfassung a) Allgemeine Wahlgrundsätze Jedes Aufsichtsratsmitglied ist befugt, Beschlussanträge zu stellen, über die der Aufsichtsrat abstimmen muss; daher kann auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats Wahlvorschläge machen und darüber eine Beschlussfassung verlangen2. Die Satzung kann dieses Recht nicht einschränken3. Ein entsprechendes Wahlantragsrecht anderer Organe oder Dritter besteht hingegen nicht; es kann auch nicht durch die Satzung oder auf andere Weise geschaffen werden.
346
In der mitbestimmungsfreien AG erfolgt die Wahl durch einen mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefassten Beschluss. Es gelten dafür die allgemeinen Regeln über Beschlussfassungen des Aufsichtsrats; vgl. dazu unten Rn. 714 ff. Die Satzung kann keine höhere Mehrheit oder zusätzliche Anforderungen vorschreiben4. Sind mehrere Vorstandspositionen zu besetzen, ist für jede gesondert zu wählen; Listenwahlen sind wegen der damit verbundenen Beschränkung der Auswahlfreiheit unzulässig5. Stimmberechtigt ist jedes Aufsichtsratsmitglied, nach zutreffender, aber sehr umstrittener Ansicht auch das selbst zur Wahl vorgeschlagene6.
347
1 OLG Köln v. 29.7.2010 – 18 U 196/09, NZG 2011, 187 Tz. 79; Thüsing/Stiebert, NZG 2011, 641, 644; Paefgen, ZIP 2012, 1296, 1299; Bauer/Arnold, NZG 2012, 921, 925. 2 Oetker, Großkomm. AktG, § 31 MitbestG Rn. 5; Ulmer/Habersack in Ulmer/ Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 17; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 13. 3 A.A. Hoffmann/Lehmann/Weinmann, Komm. MitbestG, § 31 Rn. 7, die es für zulässig halten, das Antragsrecht an die Unterstützung durch ein zweites Aufsichtsratsmitglied zu binden; wie hier Krieger, Personalentscheidungen, S. 89 f. m.w.N. 4 Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 84 Rn. 10; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 18; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 19. 5 Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 46; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 18; Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 84 Rn. 9; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 17. 6 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 67; Bürgers/Israel in Bürgers/ Körber, Komm. AktG, § 108 Rn. 11; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 70; Oetker, Großkomm. AktG, § 31 MitbestG Rn. 6; Gach, MünchKomm. AktG, § 31 MitbestG Rn. 9; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 13; Matthießen, Stimmrecht und Interessenkollision, S. 230 ff., 238 ff.; Mertens, ZGR 1983, 189, 203 ff.; a.A. – Stimmverbot analog § 34 BGB – Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 18a; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 18; Kort, Großkomm. AktG, § 84 Rn. 35; Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 9; Wiesner,
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b) Wahlverfahren nach § 31 MitbestG 348
Für mitbestimmte Gesellschaften schreibt § 31 MitbestG ein abgestuftes Kompromissverfahren mit drei Wahlgängen und einem zwischengeschalteten Vermittlungsverfahren vor. Damit wird vom Gesetz der Zweck verfolgt, bei der Vorstandsbestellung die Mitwirkung beider Seiten im Aufsichtsrat in besonderem Maße sicherzustellen. Das Verfahren läuft wie folgt ab:
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Im ersten Wahlgang bedarf es zur Wahl der Mehrheit von 2/3 der Mitglieder des Aufsichtsrats (§ 31 Abs. 2 MitbestG). Die Mehrheit berechnet sich nicht nach der Zahl der abgegebenen Stimmen, sondern nach der Zahl der Mitglieder, die dem Aufsichtsrat im Zeitpunkt der Beschlussfassung angehören (Ist-Stärke)1. Eine Wahl mit dieser Mehrheit bleibt auch im weiteren Verfahrensverlauf stets möglich. Auch wenn also die im ersten Wahlgang erforderliche Mehrheit zunächst nicht erreicht wurde und bereits der Vermittlungsausschuss (unten Rn. 350) tätig ist, kann jederzeit eine Wahl mit der im ersten Wahlgang nötigen Mehrheit erfolgen.
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Verfehlt eine Abstimmung diese Mehrheit, hat der nach § 27 Abs. 3 MitbestG gebildete, regelmäßig aus je zwei Aufsichtsratsmitgliedern beider Seiten bestehende Vermittlungsausschuss innerhalb eines Monats einen Kompromissvorschlag zu machen (§ 31 Abs. 3 Satz 1 MitbestG). Dieser Kompromissversuch ist zwingend. Weder die Satzung noch der Aufsichtsrat können darauf verzichten oder die Frist verkürzen2. Allerdings kann der Ausschuss selbst das Vermittlungsverfahren vor Ablauf der Monatsfrist beenden, indem er beschließt, er sei zu einem Vermittlungsvorschlag außerstande3. Die Gegenmeinung folgert aus dem Zweck der Monatsfrist, Kompromisse zu fördern, dass man die Frist als Sperrfrist verstehen müsse, vor deren Ablauf eine Beschlussfassung mit der niedrigeren Mehrheit nach § 31 Abs. 3 Satz 2 MitbestG in keinem Fall möglich sei4; wenn der Ausschuss seine Kompromissunfähigkeit festgestellt hat, kann die Frist ihren Zweck aber ohnehin nicht mehr erfüllen. Unabhängig von dem laufenden Vermittlungsverfahren bleibt es stets möglich, eine Wahl mit der
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Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 20; Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 84 Rn. 10. Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 19; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 14. Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 16; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 20; Oetker, Großkomm. AktG, § 31 MitbestG Rn. 7. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 31 MitbestG Rn. 6; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 22; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 20; Oetker, Großkomm. AktG, § 31 MitbestG Rn. 8; Mertens, ZGR 1983, 189, 202. Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 16; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Steinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 16; früher auch Krieger, Personalentscheidungen, S. 102 m.w.N.
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Mehrheit des ersten Wahlgangs vorzunehmen. Die Monatsfrist beginnt, sobald eine Abstimmung die 2/3-Mehrheit nach § 31 Abs. 2 MitbestG verfehlt hat. Eine förmliche Feststellung durch den Aufsichtsratsvorsitzenden oder den Aufsichtsrat, dass der erste Wahlgang erfolglos beendet sei, ist für den Fristbeginn nicht erforderlich1. Der Vermittlungsausschuss beschließt mit einfacher Mehrheit2. Ein Zweitstimmrecht in Pattsituationen steht keinem der Ausschussmitglieder zu und kann auch nicht durch Satzung oder Aufsichtsratsbeschluss geschaffen werden3. Beschlussfähig ist der Ausschuss nur bei Teilnahme aller vier Mitglieder4. Beschlussunfähigkeit des Ausschusses hindert den Ablauf der Monatsfrist nicht. Das gilt auch dann, wenn die Beschlussunfähigkeit darauf beruht, dass eines der Ausschussmitglieder fehlt5. Gelangt der Ausschuss zu einem Vorschlag, kann dieser im zweiten Wahlgang gemäß § 31 Abs. 3 Satz 2 MitbestG mit der absoluten Mehrheit der Stimmen der Aufsichtsratsmitglieder gewählt werden. Für die Berechnung der Mehrheit kommt es auch hier nicht auf die abgegebenen Stimmen an, sondern auf die Stimmen aller Mitglieder, die dem Aufsichtsrat zum Zeitpunkt der Beschlussfassung angehören (Ist-Stärke). Zugleich mit dem Vorschlag des Ausschusses können dem Plenum andere Beschlussvorschläge unterbreitet werden, für welche dann ebenfalls die absolute Mehrheit genügt. Gelangt der Ausschuss zu keinem Vorschlag, kann nach Ablauf der Monatsfrist auch allein über andere Anträge mit absoluter Mehrheit beschlossen werden6. Liegt nach Ablauf der Monatsfrist weder ein Vorschlag des Ausschusses noch ein sonstiger Vorschlag vor, kann 1 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 18; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 15; Krieger, Personalentscheidungen, S. 102 f.; a.A. Hoffmann/Lehmann/ Weinmann, Komm. MitbestG, § 31 Rn. 14. 2 Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 28; Gach, MünchKomm. AktG, § 31 MitbestG Rn. 13. 3 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 102/81, BGHZ 83, 144, 147 f. = AG 1982, 221; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 28; Paefgen, Aufsichtsratsverfassung, S. 377 m.w.N.; a.A. OLG München v. 29.4.1981 – 20 U 1464/80, DB 1981, 1077 = AG 1981, 348. 4 Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 27 MitbestG Rn. 36; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 28; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 23; Oetker, Großkomm. AktG, § 27 MitbestG Rn. 27; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 33; a.A., zwei Mitglieder ausreichend: Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 208; Hoffmann/Lehmann/Weinmann, Komm. MitbestG, § 27 Rn. 47; wohl auch Rittner in FS Fischer, 1979, S. 627, 632; drei Mitglieder ausreichend: Meilicke/Meilicke, Komm. MitbestG, §§ 30, 31 Rn. 3.2. 5 Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 16; a.A. Rittner in FS Fischer, 1979, S. 629, 630 ff., der annimmt, das Bestellungsverfahren verharre in einem solchen Fall zwingend auf der Verfahrensstufe des § 31 Abs. 2 MitbestG. 6 Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 16; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mit-
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der Aufsichtsrat mit Zustimmung sämtlicher Mitglieder das Verfahren abbrechen, um es später erneut zu beginnen1. Das muss aber nicht geschehen, sondern es bleibt eine Wahl mit der Mehrheit des zweiten Wahlgangs auch für später benannte Bewerber möglich2. 352
Führt auch die Abstimmung im zweiten Wahlgang nach § 31 Abs. 3 MitbestG zu keinem positiven Ergebnis, schließt sich der dritte Wahlgang nach § 31 Abs. 4 MitbestG an: Bei einer weiteren Abstimmung bedarf es nach wie vor der absoluten Mehrheit der Ist-Stärke des Aufsichtsrats, dem Vorsitzenden steht jedoch eine Zweitstimme zu. Auch in diesem Verfahrensstadium ist es wiederum zulässig, neue Vorschläge zu unterbreiten3. Der Aufsichtsrat muss keinen dritten Wahlgang durchführen, sondern kann mit Zustimmung aller Mitglieder das Verfahren abbrechen, um es später neu zu beginnen4. Geschieht das nicht, kann über neue Vorschläge jedes Aufsichtsratsmitglied eine Abstimmung verlangen5. Ob über die alten Anträge erneut abgestimmt wird, entscheidet hingegen der Aufsichtsratsvorsitzende, mit Mehrheitsbeschluss des Aufsichtsrats kann jedoch eine erneute Abstimmung angeordnet werden6.
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bestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 21; Oetker, Großkomm. AktG, § 31 MitbestG Rn. 8 f. Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 18; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 18. Krieger, Personalentscheidungen, S. 107 f.; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 16; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 31 MitbestG Rn. 7. Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 17; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 19; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 18; Gach, MünchKomm. AktG, § 31 MitbestG Rn. 17; a.A. Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 298 ff. Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 18; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 18; großzügiger Gach, MünchKomm. AktG, § 31 MitbestG Rn. 17, der einen Mehrheitsbeschluss über den Abbruch des Bestellungsverfahrens zulässt. Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 18; Krieger, Personalentscheidungen, S. 109; a.A. Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/ Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 24; Gach, MünchKomm. AktG, § 31 MitbestG Rn. 19; Oetker, Großkomm. AktG, § 31 MitbestG Rn. 15, die bei Erfolglosigkeit des 3. Wahlgangs einen Neubeginn des Verfahrens fordern, ohne jedoch zu sagen, wie lange sie für den 3. Wahlgang die Einbringung von neuen Vorschlägen als zulässig ansehen wollen. Ebenso Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 13; Oetker, Großkomm. AktG, § 31 MitbestG Rn. 9; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 18; Krieger, Personalentscheidungen, S. 109 ff.; a.A. etwa Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 210, die auch insoweit jedem Aufsichtsratsmitglied ein Antragsrecht zubilligen.
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Bestellung
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Kommt es zu einer Abstimmung im dritten Wahlgang, hat der Aufsichtsratsvorsitzende zwei Stimmen. Die Zweitstimme dient der Überwindung von Pattsituationen. Der Aufsichtsratsvorsitzende kann sie deshalb richtigerweise nicht abgeben, um mit ihr eine Stimmengleichheit erst herbeizuführen1. Sind z.B. 10 Stimmen für einen Kandidaten abgegeben worden und 9 Stimmen gegen ihn, so ist der Betreffende gewählt; der Aufsichtsratsvorsitzende kann die Wahl nicht dadurch verhindern, dass er mit der Zweitstimme gegen den Bewerber stimmt und damit Stimmengleichheit herbeiführt. Der Aufsichtsratsvorsitzende ist weder verpflichtet, die Zweitstimme überhaupt abzugeben2, noch trifft ihn die Pflicht zu gleichzeitiger3 oder einheitlicher4 Abgabe seiner beiden Stimmen. Er kann vielmehr auf den Einsatz der Zweitstimme verzichten, wenn er das für richtig hält, er kann sie gleichzeitig mit der Erststimme abgeben, kann aber auch erst einmal abwarten, welches Stimmergebnis ohne die Zweitstimme erreicht wird, und er kann mit der Zweitstimme für Ja stimmen, wenn er mit der Erststimme für Nein gestimmt hat (und umgekehrt). Die Zweitstimme kann schriftlich abgegeben werden (§ 31 Abs. 4 Satz 2 MitbestG, § 108 Abs. 3 AktG). Sie steht nur dem Aufsichtsratsvorsitzenden persönlich zu, nicht seinem Stellvertreter (§ 31 Abs. 4 Satz 3 MitbestG).
1 Umstr., wie hier z.B. Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 17; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 20; Krieger, Personalentscheidungen, S. 113 ff.; Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 286 f., alle m.w.N.; a.A. die h.M. Ulmer/ Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 22; Oetker, Großkomm. AktG, § 31 MitbestG Rn. 13; Gach, MünchKomm. AktG, § 31 MitbestG Rn. 18; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 31 MitbestG Rn. 8; Hoffmann/Lehmann/Weinmann, Komm. MitbestG, § 31 Rn. 23. 2 Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 18; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 19; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 23; a.A. Luther, ZGR 1977, 306, 310. 3 Str., a.A. z.B. Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 19; wie hier z.B. Krieger, Personalentscheidungen, S. 112; wohl auch Hoffmann/Lehmann/Weinmann, Komm. MitbestG, § 29 Rn. 30; noch enger Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 287 f., der eine gleichzeitige Abgabe der Zweitstimme mit der Erststimme sogar für unzulässig hält. 4 Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 18; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 17; Gach, MünchKomm. AktG, § 31 MitbestG Rn. 18; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 23; a.A. Luther, ZGR 1977, 306, 310; Säcker, Anpassung von Satzungen und Geschäftsordnungen an das Mitbestimmungsgesetz 1976, 1977, S. 24 Fn. 42 m.w.N.
161
353
§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
4. Fragen der Amtszeit a) Dauer der Bestellung 354
Vorstandsmitglieder können höchstens auf 5 Jahre bestellt werden (§ 84 Abs. 1 Satz 1 AktG). Spätestens nach Ablauf dieser Zeit soll der Aufsichtsrat erneut in freier Entschließung über die weitere Besetzung des Vorstands befinden. Die 5-Jahres-Frist beginnt mit der Amtszeit, nicht mit dem Bestellungsbeschluss; dieser kann schon früher gefasst werden, vgl. unten Rn. 357. Eine auf längere Zeit bemessene Bestellung wird nach Ablauf von 5 Jahren unwirksam, ist bis dahin aber wirksam (§§ 134, 139 BGB)1. Eine auf unbestimmte Zeit bemessene Vorstandsbestellung ist in aller Regel als Bestellung auf die übliche Amtszeit von 5 Jahren auszulegen2.
355
Die Bemessung der Amtszeit im Einzelfall liegt bis zu der gesetzlichen Höchstdauer im Ermessen des Aufsichtsrats. Wie für die Personalauswahl selbst ist er auch für die Festlegung der Amtszeit zwingend allein zuständig3; anders als bei der SE (vgl. Art. 46 SE-VO) kann auch die Satzung die Amtszeit der Vorstandsmitglieder nicht zwingend regeln. Eine Mindestdauer der Bestellung sieht das Gesetz nicht vor. Da der Vorstand die Gesellschaft unabhängig und eigenverantwortlich leiten soll, darf er aber nicht durch zu kurzfristige Bestellung in seiner Unabhängigkeit gefährdet werden4. In der Praxis sind Vorstandsbestellungen auf weniger als 5 Jahre eher die Ausnahme. Diese praktisch vernünftig bemessene Amtszeit sollte man auch als die für eine eigenverantwortliche und unabhängige Unternehmensleitung rechtlich erforderliche Regeldauer verstehen. Von ihr kann im Einzelfall zwar abgewichen werden, je weiter der Aufsichtsrat sich von ihr aber entfernt, um so mehr bedarf es der sachlichen Rechtfertigung5. Eine kürzere Amtsdauer kann bei Erstbestellungen sachgerecht sein; dementsprechend regt Ziff. 5.1.2 Abs. 2 Satz 1 des Kodex mit Recht an, dass bei Erstbestellungen eine Bestelldauer von fünf Jahren nicht die Regel sein sollte6. Daneben finden sich kürzere Bestellungsperi1 BGH v. 11.7.1953 – II ZR 126/52, BGHZ 10, 187, 195; BGH v. 16.11.1961 – II ZR 81/60, WM 1962, 109, 112; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 13; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 34. 2 Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 7; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 16; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 34; öOGH v. 25.5.1999 – 1 Ob 11/99w, AG 2001, 100, 102. Vgl. im Übrigen zur Frage, ob eine Bestellung auf unbestimmte Zeit möglich ist, näher Krieger, Personalentscheidungen, S. 121. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 17; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 38; Krieger, Personalentscheidungen, S. 117 f. m.w.N.; a.A. Luther in FS Hengeler, 1972, S. 167, 180. 4 Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 7; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 24; Kort, Großkomm. AktG, § 84 Rn. 65; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 35. 5 Krieger, Personalentscheidungen, S. 118 ff.; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 139. 6 Für eine dreijährige Höchstfrist bei Erstbestellungen Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 14; Fleischer, AG 2006, 429, 436.
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Bestellung
§7
oden vornehmlich bei einer letztmaligen Bestellung vor Eintritt in den Ruhestand. Eine Bestellung auf weniger als ein Jahr ist, außer in bloßen Überbrückungsfällen oder zur Erledigung einer zeitlich beschränkten Sonderaufgabe (z.B. Restrukturierung, Produkteinführung u.Ä.), in aller Regel unzulässig1. Eine zu kurze Bestellung stellt eine Pflichtwidrigkeit des Aufsichtsrats dar, sie ist jedoch wirksam und verlängert sich auch nicht auf einen angemessenen Zeitraum2. b) Verlängerung der Amtszeit Für eine Verlängerung der Amtszeit oder die Wiederbestellung eines Vorstandsmitglieds nach Ablauf seiner Amtsperiode gelten die gleichen Grundsätze wie für die erstmalige Bestellung. Erforderlich ist eine ausdrückliche Beschlussfassung (§ 84 Abs. 1 Satz 3 und 4 AktG), die dem Aufsichtsratsplenum vorbehalten ist (§ 107 Abs. 3 Satz 3 AktG) und in mitbestimmten Gesellschaften den Anforderungen des § 31 MitbestG unterliegt. Der Aufsichtsrat ist in seiner Entscheidung ebenso frei wie bei einer erstmaligen Bestellung. Er kann sich grundsätzlich nicht zu einer Wiederbestellung verpflichten3; auch Verträge, durch die Aktionäre einem Vorstandsmitglied zusagen, für seine Wiederbestellung zu sorgen, binden nicht4. Wenn allerdings die ursprüngliche Bestellungsdauer unter 5 Jahren lag, kann der Aufsichtsrat eine Verpflichtung zu einer späteren Verlängerung der Bestellung bis zu einer Gesamtamtszeit von 5 Jahren übernehmen5. Eine automatische Verlängerung der Amtszeit ohne erneute Beschlussfassung des Aufsichtsrats kann vorgesehen werden, sofern dadurch die Gesamtamtszeit nicht mehr als 5 Jahre beträgt (§ 84 Abs. 1 Satz 4 AktG).
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Eine Verlängerung der Amtszeit kann frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit beschlossen werden (§ 84 Abs. 1 Satz 3 AktG). Das gilt aber nur für Verlängerungen über die 5-Jahres-Grenze hinaus. Hingegen verbietet § 84 Abs. 1 Satz 3 AktG es nicht, die laufende Bestellung auch früher als ein Jahr vor ihrem Ablauf einvernehmlich aufzuheben und zugleich eine Wiederbestellung auf bis zu 5 Jahre vorzunehmen. Das
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1 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 24; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 37; Kort, Großkomm. AktG, § 84 Rn. 66. Zur vorübergehenden Tätigkeit von Interim-Managern im Vorstand ausführlich Krieger in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 707. 2 Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 7; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 24; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 37. 3 Allgemeine Meinung, vgl. BGH v. 11.7.1951 – II ZR 118/50, BGHZ 3, 90, 93 f.; BGH v. 11.7.1953 – II ZR 126/52, BGHZ 10, 187, 195; BGH v. 6.4.1964 – II ZR 75/62, BGHZ 41, 282, 290; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 19; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 45. 4 Vgl. schon oben Rn. 333; zurückhaltend auch Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 6; offener Niewiarra, BB 1998, 1961, 1963 f. 5 Arg. § 84 Abs. 1 Satz 4 AktG; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 46; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 33; a.A. anscheinend Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 19.
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§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
wurde in der Vergangenheit teilweise als generell unzulässig1 oder nur bei Vorliegen besonderer Gründe zulässig angesehen2. Der Bundesgerichtshof hat sich jedoch mit überzeugender Begründung der Meinung angeschlossen, dass die Wiederbestellung eines Vorstandsmitglieds nach einverständlicher Amtsniederlegung auch früher als ein Jahr vor Ablauf der ursprünglichen Bestelldauer grundsätzlich zulässig ist, auch wenn keine besonderen Gründe für diese Vorgehensweise vorliegen3. Die Aufhebung und Neubestellung muss bei dieser Vorgehensweise nicht mit sofortiger Wirkung erfolgen, sondern es ist auch zulässig, sie bereits bis zu einem Jahr vorher zu beschließen, so dass die alte Amtszeit zunächst noch ein Jahr weiterläuft, bevor sich die neue anschließt4. Ziff. 5.1.2 Abs. 2 Satz 2 des Kodex empfiehlt, den geschilderten Weg nur bei Vorliegen besonderer Umstände zu beschreiten. Solche Umstände können insbesondere die Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden oder die Zuweisung eines neuen Ressorts sein, es sind aber auch sonstige Umstände denkbar, die ein besonderes Interesse der Gesellschaft darin begründen, das Vorstandsmitglied vorzeitig noch einmal für die volle Amtsperiode von fünf Jahren an sich zu binden. Die vorzeitige Aufhebung und Wiederbestellung ist unwirksam, wenn sie rechtsmissbräuchlich erfolgt5. Das kann etwa in Betracht kommen, wenn kurz vor einer Neuwahl des Aufsichtsrats der alte Aufsichtsrat die Vorstandsamtszeiten verlängert, um die Position der Vorstandsmitglieder bei Ausscheidensverhandlungen mit dem neuen Aufsichtsrat zu verbessern6. Allein die Tatsache, dass eine Entscheidung nicht eilbedürftig ist und deswegen auch bis zur Neuwahl des Aufsichtsrats warten könnte, ist hingegen nicht geeignet, den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs zu begründen, wenn noch der alte Aufsichtsrat diese Entscheidung trifft; solange der Aufsichtsrat im Amt ist, ist er auch zuständig, und ein Grundsatz, er müsse jedenfalls grundlegende
1 So z.B. AG Duisburg v. 10.7.2008 – 62 IN 167/02, NZI 2008, 621, 622; Mertens/ Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 23; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 44; Kort, Großkomm. AktG, § 84 Rn. 114. 2 So noch 5. Aufl. Rn. 538; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 7; Fonk in Semler/ v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 51. 3 BGH v. 17.7.2012 – II ZR 55/11, ZIP 2012, 1750 = AG 2012, 677 Tz. 19 ff.; zustimmend Wedemann, ZGR 2013, 316, 319 ff.; Paschos/von der Linden, AG 2012, 736, 738 f.; so auch früher schon etwa Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 84 Rn. 16; Mutter in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, 2. Aufl. § 19 Rn. 76 f.; Bosse/Hinderer, NZG 2011, 605, 607; Selter, NZG 2011, 897, 898 f.; Fleischer, DB 2011, 861, 863 ff. 4 Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 27; Hölters/Weber, AG 2005, 629, 632; Krieger, Personalentscheidungen, S. 127. 5 BGH v. 17.7.2012 – II ZR 55/11, ZIP 2012, 1750 = AG 2012, 677 Tz. 30 ff.; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 19; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 27. 6 Insoweit zutreffend Wedemann, ZGR 2013, 316, 326; auf die missbräuchliche Motivation abstellend auch BGH v. 17.7.2012 – II ZR 55/11, ZIP 2012, 1750 = AG 2012, 677 Tz. 31 f.; Paschos/von der Linden, AG 2012, 736, 739.
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Bestellung
§7
Entscheidungen dem neuen Aufsichtsrat überlassen, weil dieser „bessere Entscheidungen“ treffen werde1, lässt sich nicht begründen. Entsprechend § 84 Abs. 1 Satz 3 AktG können auch Neubestellungen nicht früher als 1 Jahr vor Amtsbeginn erfolgen2.
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5. Mängel der Bestellung Die Vorstandsbestellung ist nichtig, wenn der zugrundeliegende Aufsichtsratsbeschluss wegen Mängeln seines Zustandekommens nichtig ist (vgl. dazu unten Rn. 737 ff.). Sie ist ferner nichtig, wenn gesetzliche Amtsvoraussetzungen nicht erfüllt sind3; fallen sie später weg, erlischt das Vorstandsamt automatisch4. Das Fehlen oder der Wegfall einer satzungsmäßigen Eignungsvoraussetzung soll das Recht begründen, die Bestellung aus wichtigem Grund zu widerrufen5. Dem ist in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen. Da satzungsmäßige Eignungsvoraussetzungen für den Aufsichtsrat nur eine unverbindliche Auswahlrichtlinie sind (vgl. oben Rn. 341), kommt es ganz auf den Einzelfall an, ob ihr Fehlen ein solches Gewicht hat, dass darin ein wichtiger Widerrufsgrund liegt6.
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Soweit die Vorstandsbestellung nichtig ist, kann dieser Mangel nur mit Wirkung für die Zukunft geltend gemacht werden. Für die Vergangenheit ist die fehlerhafte Organstellung als wirksam anzusehen7. Die fehlerhafte Organstellung endet ohne weiteres, sobald die Unwirksamkeit der Bestellung durch Abberufungsbeschluss oder Amtsniederlegung geltend gemacht wird8. Der Aufsichtsrat ist in aller Regel gehalten, die fehlerhafte Vorstandsbestellung unverzüglich zu beenden, sei es durch Abberufung, sei es durch Behebung des Mangels. Der Widerrufsbeschluss kann nicht
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1 So Wedemann, ZGR 2013, 316, 328 ff. 2 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 15; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 34; Krieger, Personalentscheidungen, S. 127 f.; a.A. Kort, Großkomm. AktG, § 84 Rn. 111. 3 OLG Hamm v. 29.12.2010 – I-15 W 659/10, ZIP 2011, 527; Hüffer, Komm. AktG, § 76 Rn. 28. 4 BayObLG v. 16.7.1982 – BReg. 3 Z 74/82, BB 1982, 1508; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 76 Rn. 126; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 26; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 8. 5 Kort, Großkomm. AktG, § 76 Rn. 226; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 30; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 44; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 9; Beiner, Vorstandsvertrag, Rn. 72. 6 Ähnlich Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 76 Rn. 116. 7 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 30 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 10; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 38 ff.; Stein, Das faktische Organ, S. 97 ff., 119 ff.; Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 2 ff. 8 Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 233; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 32; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 10; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 40; Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 204 ff.; a.A. Stein, Das faktische Organ, S. 136 ff., die eine automatische Beendigung mit Kenntniserlangung vom Mangel annimmt.
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§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
einem Ausschuss überlassen werden, bedarf jedoch nicht des Verfahrens nach § 31 Abs. 2–4 MitbestG1. 6. Beendigung der Bestellung a) Allgemeines 361
Der Aufsichtsrat kann die Bestellung zum Vorstandsmitglied vor Ablauf der regulären Amtszeit widerrufen, sofern dafür ein wichtiger Grund vorliegt (Abberufung). Daneben bestehen die für die Praxis wichtigen, gesetzlich jedoch nicht geregelten Möglichkeiten der einvernehmlichen Beendigung des Vorstandsamtes, der Amtsniederlegung durch das Vorstandsmitglied und der vorübergehenden Suspendierung.
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Die Organstellung des Vorstandsmitglieds findet mit der Abberufung ihr Ende; Vertretungsmacht sowie Geschäftsführungsrecht und -pflicht erlöschen. Das Schicksal des Anstellungsvertrags bestimmt sich nach den allgemeinen Vorschriften (§ 84 Abs. 3 Satz 5 AktG); vgl. dazu unten Rn. 423 ff.
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Ebenso wie das Bestellungsrecht steht auch das Abberufungsrecht ausschließlich dem Aufsichtsrat zu. Es kann weder ausgeschlossen noch in irgendeiner Form (Weisungsrechte, Zustimmungsvorbehalte u.Ä.) beschränkt werden2. b) Voraussetzungen des Widerrufs
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Der Widerruf der Bestellung erfordert das Vorliegen eines wichtigen Grundes (§ 84 Abs. 3 Satz 1 AktG). Ein solcher ist gegeben, wenn der Gesellschaft auf Grund bestimmter Umstände die Beibehaltung des Vorstandsmitglieds nicht mehr zugemutet werden kann3; näher unten Rn. 365 ff. Weder durch Satzung noch durch Vereinbarung mit dem Vorstandsmitglied kann eine Abberufung ohne wichtigen Grund zugelassen oder ein objektiv nicht ausreichender Tatbestand zum wichtigen Grund erhoben werden4. Mit der Widerrufsvoraussetzung des wichtigen Grundes schützt das Gesetz die Unabhängigkeit des Vorstands. Seine Mitglieder können ihres Amtes nicht nach Belieben enthoben werden, sondern
1 Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 233; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 32. 2 Vgl. BGH v. 28.1.1953 – II ZR 265/51, BGHZ 8, 348, 360 f.; BGH v. 11.7.1953 – II ZR 230/54, WM 1955, 1222; OLG Köln v. 4.5.1987 – 2 W 27/87, NJW-RR 1988, 254, 255 = AG 1988, 50; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 105; Mertens/ Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 105. 3 BGH v. 23.10.2006 – II ZR 298/05, DStR 2007, 262 = AG 2007, 125; OLG Stuttgart v. 13.3.2002 – 20 U 59/01, AG 2003, 211, 212; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 26. 4 Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 113 f.; Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 84 Rn. 48.
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Bestellung
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nur dann, wenn sich ihre weitere Tätigkeit für die Interessen der Gesellschaft als unzumutbar darstellt. § 84 Abs. 3 Satz 2 AktG nennt als wichtige Gründe beispielhaft grobe Pflichtverletzungen (z.B. unsorgfältige Geschäftsführung; Kartellverstöße; Korruptionsdelikte; Verletzung der Berichtspflicht) und Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung (z.B. längere Verhinderung; mangelnde Qualifikation), lässt aber auch Raum für eine Abberufung aus anderen Gründen, sofern nur die weitere Tätigkeit des Betroffenen nicht länger hingenommen werden kann1. Deshalb können trotz des dem Vorstand zustehenden Leitungsermessens auch unüberbrückbare Differenzen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat über grundsätzliche Fragen der Unternehmenspolitik die Abberufung rechtfertigen, denn ohne Übereinstimmung in den wesentlichen Grundsatzfragen ist eine gedeihliche Zusammenarbeit nicht möglich2. Ebenso kann die Abberufung gerechtfertigt sein, wenn das notwendige Vertrauen des Aufsichtsrats zum Vorstand aus anderen Gründen zerstört ist3. Neben verhaltens- und personenbedingten Umständen können im Einzelfall auch betriebsbedingte Gründe eine Abberufung rechtfertigen, etwa eine Veräußerung des Geschäftsbereichs, für den das Vorstandsmitglied zuständig ist, oder eine sonstige Umstrukturierung, die einer sinnvollen Weiterführung des Amtes entgegensteht4. In besonderen Fällen kann auch der Wunsch zur Verkleinerung des Vorstands genügen, vorausgesetzt, dass einerseits sachliche Gründe für die angestrebte Verkleinerung des Vorstands sprechen, die den Schutzzweck des § 84 Abs. 3 AktG, die Unabhängigkeit des Vorstands zu gewährleisten, nicht tangieren (z.B. Schrumpfung des Geschäfts; Massenentlassungen in der Belegschaft, die sich aus Gründen der sozialen Akzeptanz auch in den Führungsebenen widerspiegeln sollen), und dass andererseits eine allein von sachlichen Überlegungen geleitete Auswahl des aus diesem Grunde abzuberufenden Vorstandsmitglieds erfolgt5. Letztlich kommt es bei jeder Abberufung auf die Umstände des 1 Umfangreiche Beispiele aus Rechtsprechung und Literatur bei Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 52 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 28; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 119 ff. 2 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 126; Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 84 Rn. 49a; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 121; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 107; Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 303; a.A. Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 28; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 56; Goette in FS 50 Jahre BGH, 2000, S. 123, 128 f., die eine Abberufung nur bei Überschreitung des Leitungsermessens des Vorstands zulassen wollen. 3 OLG München v. 14.3.2012 – 7 U 681/11, AG 2012, 753, 755 (Verstoß gegen das Gebot unbedingter Offenheit des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat). 4 Vgl. etwa Kort, Großkomm. AktG, § 84 Rn. 175; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 121; Thüsing in Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 5 Rn. 10. 5 Zu undifferenziert Heidel, AG 2013, R 341, der eine Verkleinerung des Vorstands anscheinend unter keinen Umständen als Abberufungsgrund akzeptieren will, weil der Aufsichtsrat sich damit den wichtigen Abberufungsgrund selbst schaffe und das Erfordernis des wichtigen Grundes unterlaufe; dabei wird die Notwen-
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Bestellung und Anstellung des Vorstands
Einzelfalls an: Geht die reguläre Amtszeit ohnehin bald zu Ende, kann der Gesellschaft ein Abwarten unter Umständen eher zugemutet werden als im umgekehrten Fall1, sind minderschwere Maßnahmen (z.B. Umverteilung der Geschäfte) möglich und zumutbar, hat der Aufsichtsrat sich darauf zu beschränken. An den wichtigen Grund zur Abberufung (§ 84 Abs. 3 AktG) sind geringere Anforderungen zu stellen als an den wichtigen Grund zur Kündigung des Anstellungsvertrags (§ 626 BGB); vgl. näher unten Rn. 428. Überdies kommt es für die Abberufung ausschließlich auf die Interessen der Gesellschaft an; die Individualinteressen des Vorstands sind bei der Frage zu prüfen, ob ein wichtiger Grund für die Kündigung des Anstellungsvertrages vorliegt, nicht jedoch bei der Frage seiner Abberufung aus der Organstellung2. 366
Erleichtert wird der Widerruf der Bestellung, wenn die Hauptversammlung einem Vorstandsmitglied das Vertrauen entzieht. Ein solcher Vertrauensentzug berechtigt ohne weiteres zur Abberufung, einer zusätzlichen Begründung bedarf es daneben nicht mehr3. Etwas anderes gilt nur, wenn sich der Vertrauensentzug auf offenbar unsachliche Gründe stützt (§ 84 Abs. 3 Satz 2 AktG), in diesem Fall stellt der Hauptversammlungsbeschluss keinen Grund zum Widerruf der Bestellung dar4. Das ist etwa anzunehmen, wenn der Vertrauensentzug nur als Vorwand für eine Abberufung dient, etwa um bereits verwirkte Abberufungsgründe wieder zur Geltung zu bringen, oder wenn es um willkürliche, völlig haltlose Vorwürfe geht5. Der Vertrauensentzug muss durch die Hauptversammlung beschlossen werden. Ein Vertrauensentzug durch den Aufsichtsrat reicht
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digkeit übersehen, die Verkleinerung des Vorstands als solche und die Auswahlentscheidung auf ihre sachliche Rechtfertigung zu überprüfen. BGH v. 7.6.1962 – II ZR 131/61, WM 1962, 811, 812; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 116; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 100. Umstr., wie hier Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 49; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 101 f.; Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 84 Rn. 49; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 117; Krieger, Personalentscheidungen, S. 132; Säcker in FS Müller, 1981, S. 745, 746 ff.; vermittelnd Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 12; Beiner, Vorstandsvertrag, Rn. 127; Janzen, NZG 2003, 468, 470, die Interessen der Gesellschaft seien „überwiegend“ zu berücksichtigen und ihnen komme „größeres Gewicht zu“; a.A. etwa BGH v. 7.6.1962 – II ZR 131/61, WM 1962, 811, 812; OLG Stuttgart v. 13.3.2002 – 20 U 59/01, AG 2003, 211, 212; KG v. 3.5.2007 – 23 U 102/06, AG 2007, 745, 746; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 26; Bürgers/Israel in Bürgers/Körber, Komm. AktG, § 84 Rn. 28; Eckert in Wachter, Komm. AktG, § 84 Rn. 56. Österreichischer OGH v. 28.4.1998 – 1 Ob 294/97k, AG 1999, 140; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 29; Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 84 Rn. 50. Zur Frage der Anfechtbarkeit des HV-Beschlusses wegen offenbarer Unsachlichkeit vgl. zutreffend OLG Hamm v. 7.7.2010 – I-8 U 119/09, AG 2012, 789, 790. Vgl. etwa BGH v. 28.4.1954 – II ZR 211/53, BGHZ 13, 188, 193; BGH v. 3.7.1975 – II ZR 35/73, WM 1975, 787, 789; KG v. 3.12.2002 – 1 W 363/02, ZIP 2003, 1042, 1046 f. = AG 2003, 500; LG Darmstadt v. 4.2.1987 – 9 O 339/86, AG 1987, 318, 320.
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nicht1, ebensowenig soll es genügen, wenn sämtliche Aktionäre außerhalb einer förmlichen Hauptversammlung den Vertrauensentzug erklären2. Die bloße Verweigerung der Entlastung genügt ebenfalls nicht3; die z.T. vertretene Auffassung, eine Entlastungsverweigerung könne im Einzelfall als Vertrauensentzug auszulegen sein,4 mag in der Theorie zutreffen, wird aber allenfalls in seltenen Ausnahmefällen praktisch werden. Vertrauensverluste auf Seiten Dritter, etwa großer Aktionäre, Arbeitnehmer, kreditgebender Banken, Auftraggeber, Lieferanten usw. berechtigen in aller Regel nicht zur Abberufung. Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn die Situation so eskaliert, dass die Abberufung zum Schutz des Unternehmens unumgänglich ist5.
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c) Ausübung des Widerrufsrechts Bei der Ausübung der Widerrufsrechte steht der Aufsichtsrat zumeist unter Zeitdruck. Zwar ist der Bestellungswiderruf nicht fristgebunden, aber für eine außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrags gilt die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB (näher unten Rn. 430). Wird diese verpasst, mag die Abberufung zwar wirksam sein, aber wenn der Vertrag kein ordentliches Kündigungsrecht vorsieht und keine Koppelungsklausel enthält (dazu unten Rn. 424), besteht der Anstellungsvertrag fort, und der Aufsichtsrat ist hierfür eventuell sogar haftbar. Liegt ein wichtiger Grund zum Widerruf der Bestellung vor, ist der Aufsichtsrat in der Regel zur Abberufung verpflichtet, allerdings ist ihm ein gewisser Ermessensspielraum zuzubilligen6. Das gilt vor allem bei einem Vertrauensentzug 1 Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 50; a.A. OLG München v. 17.9.1985 – 7 W 1933/85, AG 1986, 234, 235, dessen Meinung das Erfordernis des wichtigen Grundes völlig leerlaufen lässt. 2 BGH v. 7.6.1962 – II ZR 131/61, WM 1962, 811; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 30; Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 84 Rn. 51. 3 LG München v. 28.7.2005 – 5 HK O 10485/04, AG 2005, 701, 702; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 111; Seibt in K. Schmidt Lutter, Komm. AktG, § 84 Rn. 51; Bürgers/Israel in Bürgers/Körber, Komm. AktG, § 84 Rn. 32; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 47. 4 Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 30; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 127; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 127; offengelassen von KG v. 3.5.2007 – 23 U 102/06, AG 2006, 745, 746. 5 Vgl. etwa BGH v. 27.3.1961 – II ZR 24/60, BGHZ 34, 392 (rechtswidriger Streik); BGH v. 3.5.1999 – II ZR 35/98, DStR 1999, 1537 (Druck eines Kunden); BGH v. 23.10.2006 – II ZR 298/05, ZIP 2007, 119 (Drohung der Hausbank, eine lebenswichtige Kreditlinie nicht zu verlängern); eingehend Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 114 ff.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 131; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 30 Rn. 59; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 39. 6 OLG Stuttgart v. 13.3.2002 – 20 U 59/01, AG 2003, 211, 212; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 115; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 122 und 129; Beiner, Vorstandsvertrag, Rn. 128; Krieger, Personalentscheidungen, S. 141; wohl auch BGH v. 28.4.1954 – II ZR 211/53, BGHZ 13, 188, 193; enger Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31
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durch die Hauptversammlung: hier kann es im Einzelfall – nach sorgfältiger Abwägung – gerechtfertigt sein, trotz des Vertrauensverlustes zum Schutze höherwertiger Interessen des Unternehmens auf die Abberufung zu verzichten1. Im Übrigen kann es Ausnahmesituationen geben, die es rechtfertigen, an einer unter normalen Umständen eigentlich untragbaren Person notgedrungen weiter festzuhalten. 369
Die Entscheidung über einen Widerruf der Bestellung kann nur das Aufsichtsratsplenum treffen, die Delegation auf einen Ausschuss ist unzulässig (§ 107 Abs. 3 Satz 3 AktG). In mitbestimmten Gesellschaften gilt das mehrstufige Verfahren nach § 31 Abs. 2–4 MitbestG auch für die Abberufung (§ 31 Abs. 5 MitbestG). Allerdings ist das Abberufungsverfahren schon nach dem ersten Wahlgang beendet, wenn der Abberufungsantrag nicht die Mehrheit der abgegebenen Stimmen2 erreicht. Das gilt allerdings dann nicht, wenn die Hälfte der Stimmen aller Aufsichtsratsmitglieder (Ist-Stärke) den Antrag unterstützt, weil dann im dritten Wahlgang die Abberufung mit der Zweitstimme des Vorsitzenden erfolgen kann3.
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Der Widerruf ist dem Betroffenen durch den Aufsichtsrat mitzuteilen. Er wird mit Zugang wirksam4. Einer besonderen Mitteilung bedarf es nicht, wenn der Betroffene bei der Beschlussfassung anwesend war. Sonst wird der Aufsichtsrat in der Regel durch Geschäftsordnungsbestimmung oder Beschluss seinen Vorsitzenden oder ein anderes Aufsichtsratsmitglied bevollmächtigen, den vom Plenum beschlossenen Widerruf als Erklärungsvertreter gegenüber dem Vorstandsmitglied auszusprechen5. Richtigerweise wird man den Aufsichtsratsvorsitzenden aber auch ohne ausdrückliche
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MitbestG Rn. 32; a.A. Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 61; Oetker, Großkomm. AktG, § 31 MitbestG Rn. 16; Janzen, NZG 2003, 468, 471; Schaefer/ Missling, NZG 1998, 441, 445, die von einer strikten Abberufungspflicht ausgehen. Zu großzügig Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 129; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 128; zu eng Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 61; näher zur Ermessensausübung in einem solchen Fall Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 141 ff. Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 34; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 33; Oetker, Großkomm. AktG, § 31 MitbestG Rn. 18; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 31 MitbestG Rn. 10. Krieger, Personalentscheidungen, S. 143 ff.; Westhoff, DB 1980, 2520 ff. OLG Düsseldorf v. 24.2.2012 – I-16 U 177/10, AG 2012, 511 f.; OLG Düsseldorf v. 17.11.2003 – I-15 U 225/02, AG 2004, 321, 322; OLG Stuttgart v. 13.3.2002 – 20 U 59/01, AG 2003, 211, 212; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 97; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 45. OLG Düsseldorf v. 17.11.2003 – I-15 U 225/02, AG 2004, 321, 322; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 97; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 45; Bauer/S. Krieger, ZIP 2004, 1247, 1248; Leuering, NZG 2004, 120, 121.
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Regelung aufgrund seiner Amtsstellung1 oder einer konkludenten Bevollmächtigung2 als befugt anzusehen haben, den Widerruf als Vertreter des Aufsichtsrats zu erklären; vgl. auch unten Rn. 682. Ob die Widerrufserklärung nach § 174 BGB zurückgewiesen werden kann, wenn der Erklärungsvertreter keine Vollmachtsurkunde vorlegt, ist umstritten. Jedenfalls ist § 174 BGB nicht anwendbar, wenn die Bevollmächtigung zur Übermittlung des vom Aufsichtsrat beschlossenen Widerrufs in der Satzung oder der Geschäftsordnung des Aufsichtsrats enthalten ist3. Richtigerweise ist bei Übermittlung der Widerrufserklärung durch den Aufsichtsratsvorsitzenden aber auch ohne eine solche Regelung § 174 BGB nicht entsprechend anwendbar4. Angesichts des bestehenden Meinungsstreits empfiehlt es sich in diesem Fall jedoch aus praktischen Gründen, das Aufsichtsratsprotokoll mit dem Widerrufsbeschluss (entweder im Original oder in Form eines vom Protokollführer unterzeichneten Auszug) beizufügen5; als Alternative reicht auch eine Vollmachtsurkunde, die von den an der Beschlussfassung mitwirkenden Aufsichtsratsmitgliedern unterschrieben sein muss6. Die Widerrufserklärung kann statt durch einen Bevollmächtigten auch durch einen Boten übermittelt werden7.
1 Überzeugend Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 102; im Ergebnis auch Cahn in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 247, 252 f., der den Aufsichtsratsvorsitzenden insoweit nur als Boten des Aufsichtsrats ansieht. 2 Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 111; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 111; Bednarz, NZG 2005, 418, 421 f.; Bauer/S. Krieger, ZIP 2004, 1247, 1248; v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 4 Rn. 141; a.A. OLG Düsseldorf v. 17.11.2003 – I-15 U 225/02, AG 2004, 321, 322 f.; Weber in Hölters, Komm. AktG, § 84 Rn. 67; Beiner, Vorstandsvertrag, Rn. 109. 3 OLG Düsseldorf v. 24.2.2012 – I-16 U 177/10, AG 2012, 511; OLG Düsseldorf v. 17.11.2003 – I-15 U 225/02, AG 2004, 321, 324; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 97; Beiner, Vorstandsvertrag, Rn. 562; Bauer/S. Krieger, ZIP 2004, 1247, 1248. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 111; Kort, Großkomm. AktG, § 84 Rn. 540; Thüsing in Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 5 Rn. 2; Bednarz, NZG 2005, 418, 422 ff.; a.A. OLG Düsseldorf v. 17.11.2003 – I-15 U 225/02, AG 2004, 321, 323; wohl auch OLG Düsseldorf v. 24.2.2012 – I-16 U 177/10, AG 2012, 511; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 111; Beiner, Vorstandsvertrag, Rn. 109; Pusch, RdA 2005, 170 ff. 5 OLG Düsseldorf v. 17.11.2003 – I-15 U 225/02, AG 2004, 321, 323; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 97; Schockenhoff/Topf, DB 2005, 539, 544. 6 Bauer/S. Krieger, ZIP 2004, 1247, 1248; zu eng Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 97; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 109; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 45 (Unterzeichnung durch alle Aufsichtsratsmitglieder). 7 Dazu näher OLG Düsseldorf v. 24.2.2012 – I-16 U 177/10, AG 2012, 511 f., dort auch zur Frage, ob für die Kündigung des Anstellungsvertrags durch einen Boten bei vereinbarter Schriftform Besonderheiten gelten; vgl. zu dieser Frage auch Bauer/S. Krieger, ZIP 2004, 1247, 1250; zur Abgrenzung zwischen der Übermittlung von Aufsichtsratsbeschlüssen durch einen Vertreter oder einen Boten vgl. auch Cahn in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 247, 252 ff.
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d) Mängel und gerichtliche Überprüfung des Widerrufs 371
Ein Widerruf, der ohne entsprechenden Abberufungsbeschluss des Aufsichtsrats vom Aufsichtsratsvorsitzenden oder vom Personalausschuss allein ausgesprochen wird, ist unwirksam1. Das Gleiche gilt, wenn der Abberufungsbeschluss des Aufsichtsrats wegen Verfahrensfehlern nichtig ist (vgl. unten Rn. 739). Das kann etwa der Fall sein, wenn ein Teil der Aufsichtsratsmitglieder zur Sitzung nicht eingeladen war oder wenn in einer mitbestimmten Gesellschaft die Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmervertreter durch unzureichende Information und zu kurze Bemessung der Überlegungsfrist beeinträchtigt waren2. In einem solchen Fall kann das betroffene Vorstandsmitglied auf Feststellung der Unwirksamkeit seiner Abberufung klagen3. Vor allem aber ist in diesen Fällen die Weiterführung des Amtes auch im Wege einer einstweiligen Verfügung durchsetzbar; § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG steht dem nicht entgegen, sondern ist nur bei formell ordnungsgemäß zustandegekommenen Aufsichtsratsbeschlüssen anwendbar4.
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Das Fehlen eines wichtigen Grundes für den Widerruf der Bestellung lässt den Widerruf solange wirksam, bis seine Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt ist (§ 84 Abs. 3 Satz 4 AktG). Das betroffene Vorstandsmitglied kann sich in diesem Fall gegen den Widerruf der Bestellung nur durch Klage zur Wehr setzen, eine einstweilige Verfügung gegen die Abberufung ist bei Fehlen eines wichtigen Abberufungsgrundes – anders als bei formellen Beschlussmängeln (oben Rn. 371) – nicht möglich5. Ebenso ist es ausgeschlossen, durch einstweilige Verfügung einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern oder der Gesellschaft die Herbeiführung eines Abberufungsbeschlusses zu untersagen6. Einen entsprechenden Unterlassungsanspruch kann es nicht geben, sondern die Funktion des Aufsichtsrats verlangt es, diesem zunächst einmal die Möglichkeit einer eigenen Meinungsbildung zu geben, bevor diese anschließend gerichtlich überprüft werden kann. Bei der Klage gegen den Bestellungswiderruf handelt es sich der Sache nach um eine Gestaltungsklage, auch wenn der Antrag auf 1 OLG Stuttgart v. 13.3.2002 – 20 U 59/01, AG 2003, 211, 212; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 62. 2 OLG Köln v. 28.2.2008 – 18 U 3/08, ZIP 2008, 1767, 1768 = AG 2008, 458; OLG Stuttgart v. 15.4.1985 – 2 U 57/85, ZIP 1985, 539, 540 ff. = AG 1985, 193. 3 Die Klage ist – da in diesem Fall § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG nicht eingreift – Feststellungs-, nicht Gestaltungsklage; OLG Stuttgart v. 13.3.2002 – 20 U 59/01, AG 2003, 211, 212; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 34. 4 OLG München v. 17.9.1985 – 7 W 1933/85, AG 1986, 234, 235; OLG Stuttgart v. 15.4.1985 – 2 U 57/85, ZIP 1985, 539, 540 f. = AG 1985, 193; OLG Köln v. 28.2.2008 – 18 U 3/08, ZIP 2008, 1767, 1768 = AG 2008, 458; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 32 und 34. 5 OLG Stuttgart v. 15.4.1985 – 2 U 57/85, ZIP 1985, 539, 540 = AG 1985, 193; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 32 und 34; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 64. 6 Für eine einstweilige Verfügung gegen ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied ebenso, für eine einstweilige Verfügung gegen die Gesellschaft jedoch offenlassend OLG München v. 16.10.2013 – 7 U 3018/13, ZIP 2013, 2200 = AG 2013, 886.
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Feststellung der Unwirksamkeit des Widerrufs gerichtet sein sollte1. Sofern die Amtszeit während des Rechtsstreits endet, kann das Feststellungsinteresse an der Klage fortbestehen2, wobei eine Umstellung des Antrags auf einen Feststellungsantrag erforderlich sein dürfte3 Das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist nach h.M. in vollem Umfang gerichtlich zu überprüfen4. Richtiger erscheint es jedoch, die gerichtliche Kontrolle lediglich auf die Vertretbarkeit der Entscheidung des Aufsichtsrats zu richten und dem Aufsichtsrat insoweit einen überprüfungsfreien Beurteilungsspielraum zuzubilligen5, denn der Aufsichtsrat ist in Zweifelsfällen besser in der Lage als das Gericht, die Zumutbarkeit der weiteren Amtsführung des Vorstandsmitglieds zu beurteilen.
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Neue, erst später eingetretene Abberufungsgründe kann die Gesellschaft im Rechtsstreit nur geltend machen, wenn zuvor der Aufsichtsrat darauf einen erneuten Abberufungsbeschluss gestützt hat6. Entsprechend ist auch das Nachschieben von Gründen, auf die die Abberufung zunächst nicht gestützt worden ist, obwohl sie bereits seinerzeit vorgelegen haben, nur zulässig, wenn der Aufsichtsrat zuvor beschlossen hat, die Abberufung auch auf sie zu stützen7. Kannte der Aufsichtsrat diese Gründe schon bei seinem ursprünglichen Abberufungsbeschluss, werden sie allerdings im allgemeinen verwirkt sein8.
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Zuständig für Abberufungsstreitigkeiten sind die ordentlichen Gerichte, in erster Instanz das Landgericht, Kammer für Handelssachen. Die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts soll nach h.M. weder durch eine Schiedsklausel in der Satzung noch durch eine Schiedsvereinbarung im
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1 OLG Hamm v. 7.7.2010 – 8 U 119/09, AG 2010, 789, 791; KG v. 8.7.1983 – 14 U 259/83, AG 1984, 24, 25; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 34. 2 OLG Hamm v. 7.7.2010 – I 8 U 119/09, AG 2010, 789, 791; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 134, 138; a.A. Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 137. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 134, 138; unklar OLG Hamm v. 7.7.2010 – I-8 U 119/09, AG 2010, 789, 791. 4 Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 26; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 122; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 51; Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 84 Rn. 49. 5 Näher dazu Krieger, Personalentscheidungen, S. 137 ff.; Vollmer, GmbHR 1984, 5, 7, 9; tendenziell wohl auch Peltzer, WM 1982, 996, 998. 6 OLG Hamm v. 7.7.2010 – 8 U 119/09, AG 2010, 789, 792; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 140; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 134; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 34. 7 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 140; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 65. 8 BGH v. 28.4.1954 – II ZR 211/53, BGHZ 13, 188, 194 f.; BGH v. 16.11.1961 – II ZR 81/60, WM 1962, 109, 111; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 140; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 34; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 65.
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Einzelfall begründet werden können1. Die Klage ist gegen die Gesellschaft, vertreten durch den Aufsichtsrat (§ 112 AktG), zu richten2. Aufsichtsratsmitglieder können in einem solchen Rechtsstreit als Nebenintervenient auf Seiten der Gesellschaft beitreten3. e) Einvernehmliche Aufhebung; Amtsniederlegung 376
Eine einvernehmliche Aufhebung der Bestellung ist jederzeit zulässig, eines wichtigen Grundes bedarf es dafür nicht4. Auch hierfür liegt die Alleinkompetenz beim Aufsichtsrat. Die Entscheidung des Aufsichtsrats über den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung ist entsprechend § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG dem Plenum vorbehalten5 und unterliegt in mitbestimmten Gesellschaften entsprechend § 31 Abs. 5 MitbestG dem abgestuften Verfahren nach § 31 Abs. 2 bis 4 MitbestG6.
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Das Vorstandsmitglied kann sein Amt durch einseitige Erklärung gegenüber dem Aufsichtsrat niederlegen. Darin kann, sofern dem Vorstandsmitglied kein wichtiger Grund zur Seite steht, allerdings eine Verletzung seiner anstellungsvertraglichen Pflicht liegen. Die Amtsniederlegung ist jedoch unabhängig davon wirksam, ob ein wichtiger Grund vorliegt oder sich das Vorstandsmitglied auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes auch nur beruft7. Im Einzelfall kann die Amtsniederlegung wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam sein, insbesondere wenn sie zur Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft führt und rechtzeitige Abhilfe auch durch gerichtliche Ersatzbestellung eines Vorstandsmitglieds nicht möglich ist8.
1 BGH v. 4.7.1951 – II ZR 117/50, LM Nr. 1 zu § 199 AktG; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 132; Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 84 Rn. 53; a.A. Vollmer, GmbHR 1984, 5, 11 ff.; Beiner, Vorstandsvertrag, Rn. 547; wohl auch Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 134 i.V.m. Rn. 99. 2 BGH v. 13.2.1984 – II ZR 2/83, WM 1984, 532 = AG 1984, 266; BGH v. 11.5.1981 – II ZR 126/80, AG 1982, 18; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 33. 3 BGH v. 29.1.2013 – II ZB 1/11, AG 2013, 257, 258 f. 4 BGH v. 24.11.1980 – II ZR 182/79, DB 1981, 308, 309 = AG 1981, 73; OLG Karlsruhe v. 13.10.1995 – 10 U 51/95, WM 1996, 161, 167 = AG 1996, 224; vgl. auch BGH v. 17.7.2012 – II ZR 55/11, ZIP 2012, 1750 = AG 2012, 677; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 37; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 67. 5 BGH v. 24.11.1980 – II ZR 182/79, AG 1981, 73 = DB 1981, 308, 309; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 37; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 104; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 68. Ein Ausschuss kann allerdings den Aufhebungsvertrag unter der Bedingung späterer Zustimmung des Plenums abschließen; vgl. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 104; Hoffmann-Becking in FS Stimpel, 1985, S. 589, 597 ff. 6 Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 68; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 42; Krieger, Personalentscheidungen, S. 148 f. 7 BGH v. 8.2.1993 – II ZR 58/92, BGHZ 121, 257, 260 = AG 1993, 280; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 36; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 67. 8 Vgl. näher Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 143; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 36; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 67.
174
Bestellung
§7
f) Suspendierung Eine vorübergehende Enthebung eines Vorstandsmitgliedes von der Amtsführung (einseitige Suspendierung) ist als milderes Mittel gegenüber einer Abberufung zulässig. Während darin vereinzelt ein echter Widerruf der Bestellung gesehen wird, der vorübergehend zur Beendigung des Vorstandsamtes führe1, geht die herrschende Meinung mit Recht davon aus, dass das suspendierte Vorstandsmitglied im Amt bleibt2. Dem suspendierten Vorstandsmitglied ist also die Amtsführung verboten, auch wenn seine Vertretungsmacht im Außenverhältnis bestehen bleibt; zugleich ist es von der Verantwortlichkeit für die Vorstandstätigkeit während des Suspendierungszeitraums befreit3. Die Suspendierung ist nicht publizierungspflichtig, insbesondere bedarf sie nicht der Anmeldung zum Handelsregister und ist das Vorstandsmitglied weiterhin auf den Geschäftsbriefen (§ 80 Abs. 1 AktG) und im Anhang des Jahresabschlusses (§ 285 Nr. 10 HGB) zu nennen4.
378
Welche materiellen Voraussetzungen für eine Suspendierung erfüllt sein 379 müssen, ist umstritten. Teilweise wird das Vorliegen eines wichtigen Grundes verlangt, der auch eine sofortige Abberufung rechtfertigen würde5; nach dieser Ansicht kann namentlich der Verdacht einer groben Pflichtverletzung eine Suspendierung erst dann rechtfertigen, wenn dieser Verdacht sich bereits soweit konkretisiert hat, dass er auch eine Abberufung rechtfertigen würde. Nach überwiegender Ansicht soll in Anlehnung an das Dienstvertragsrecht eine Suspendierung lediglich ein billigenswertes Interesse der Gesellschaft erfordern, an das allerdings hohe Anforderungen zu stellen seien; danach kann der Verdacht einer zum Widerruf berechtigenden Pflichtverletzung die Suspendierung rechtfertigen, auch wenn dieser Verdacht mangels hinreichender Aufklärung für eine Abberufung noch nicht ausreicht6. Im Interesse der durch das Erfor1 So LG München I v. 27.6.1985 – 5 HKO 9397/85, AG 1986, 142; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 143 ff. 2 OLG München v. 17.9.1985 – 7 W 1933/85, AG 1986, 234, 235; KG v. 8.7.1983 – 14 U 259/83, AG 1984, 24, 25; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 192 ff.; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 139; Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 84 Rn. 59; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 73 f.; Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 348 ff. 3 Vgl. die Nachweise in der vorherigen Fn. 4 Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 139; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 74; Krieger, Personalentscheidungen, S. 152 ff.; a.A. Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 350. 5 So namentlich Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 144; Meyer-Landrut in FS Fischer, 1979, S. 477, 481; Krieger, Personalentscheidungen, S. 154 ff.; Hoffmann/Lehmann/Weinmann, Komm. MitbestG, § 31 Rn. 51; auch KG v. 8.7.1983 – 14 U 259/83, AG 1984, 24, 25, das allerdings offen lässt, ob die Suspendierung nicht schlechthin unzulässig ist. 6 So insbesondere Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 73; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 189; offengelassen von OLG München v. 17.9.1985 – 7 W 1933/85, AG 1986, 234, 235; vgl. auch Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 35, der diese Auffassung zwar für plausibel, aber durch § 84 Abs. 3 AktG nicht ge-
175
§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
dernis des wichtigen Grundes geschützten Unabhängigkeit des Vorstands wird man im Grundsatz auch für Suspendierungen an der Notwendigkeit eines wichtigen Grundes festhalten müssen. Weil die Suspendierung ein weniger schwerwiegender Eingriff ist als die Abberufung, können jedoch an den wichtigen Grund geringere Anforderungen gestellt werden. Deshalb kann es im Ergebnis gerechtfertigt sein, eine Suspendierung auszusprechen, wenn so gewichtige Anhaltspunkte für die Existenz eines Abberufungsgrundes bestehen, dass eine vorläufige weitere Amtsführung bis zur endgültigen Aufklärung der Angelegenheit für die Gesellschaft eine unzuträgliche Belastung würde1. 380
Eine Suspendierung ist im Hinblick auf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit nur in zeitlichen Grenzen möglich. Eine „Suspendierung“ bis zum Ende der Amtszeit ist nicht möglich, sondern stellt einen echten Widerruf der Bestellung dar2. Eine nur vorübergehend gewollte Suspendierung ist nur in einem angemessenen und erforderlichen zeitlichen Umfang zulässig. Wo diese Grenzen liegen, ist einzelfallabhängig, jedoch wird man eine Suspendierung von mehr als einem Monat allenfalls in besonderen Ausnahmen billigen können3. Bei einer Überschreitung dieser Grenzen ist die Suspendierung unwirksam, der Betroffene bleibt zur Amtsführung berechtigt. Zum Teil wird verlangt, dass die Dauer der Suspendierung schon im voraus festgesetzt wird4; das ist jedoch angesichts des ohnehin engen zeitlichen Rahmens unnötig und auch deshalb zu streng, weil sich der benötigte Zeitraum im Voraus häufig nicht genau absehen lässt.
381
Zuständig für die Suspendierung ist allein der Gesamt-Aufsichtsrat, eine Übertragung der Entscheidung auf einen Ausschuss ist entsprechend § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG ausgeschlossen5. In mitbestimmten Gesellschaften ist entsprechend § 31 Abs. 5 MitbestG das abgestufte Abberufungsverfahren nach § 31 Abs. 2 bis 4 MitbestG einzuhalten6. Auf eine
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6
deckt hält, während nach der Gegenmeinung die Suspendierung ohne überzeugenden Sinn sei. Ebenso Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 137; Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 84 Rn. 59. Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 137; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 74; Krieger, Personalentscheidungen, S. 152; Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 348. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 189; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 74; Krieger, Personalentscheidungen, S. 153; auf den Einzelfall abstellend Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 135. Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 74; Krieger, Personalentscheidungen, S. 153 f. OLG München v. 17.9.1985 – 7 W 1933/85, AG 1986, 234, 235; KG v. 8.7.1983 – 14 U 259/83, AG 1984, 24, 25; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 138; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 194; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 63. Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 138; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 194; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 DrittelbG Rn. 42; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 75.
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Das Anstellungsverhältnis
§7
Suspendierung wird man § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG nicht analog anwenden können1. Das hat zur Folge, dass ein Vorstand seine weitere Amtsführung bei Fehlen eines Suspendierungsgrundes anders als bei Fehlen eines Abberufungsgrundes (dazu oben Rn. 372) auch durch einstweilige Verfügung erzwingen kann2. Einvernehmliche Suspendierungen sind wegen der fehlenden Publizität einer Suspendierung nur unter den gleichen Voraussetzungen und in den gleichen zeitlichen Grenzen, die bei einer einseitigen Suspendierung gelten, zulässig; zuständig ist allein der Gesamtaufsichtsrat, in mitbestimmten Gesellschaften gilt § 31 Abs. 5 MitbestG3. Wenn eine einvernehmliche Suspendierung danach nicht möglich ist, kommt unter Umständen eine einvernehmliche Dienstbefreiung in Betracht, bei der im Gegensatz zur Suspendierung nicht nur die Mitgliedschaft im Vorstand, sondern auch die Teilnahme an der Gesamtverantwortung des Vorstands aufrecht erhalten bleibt; eine solche Dienstbefreiung ist rechtlich zulässig, wenn ein Vorstandsmitglied aus zwingenden Gründen, z.B. Erkrankung,4 für einen längeren Zeitraum gehindert ist, der Gesellschaft seine Arbeitskraft im gebotenen Umfang zur Verfügung zu stellen5.
382
7. Anmeldung zum Handelsregister Die Bestellung von Vorstandsmitgliedern und die Beendigung der Bestellung sind zum Handelsregister anzumelden (§ 81 AktG). Die Anmeldung obliegt jedoch nicht dem Aufsichtsrat, sondern ist Sache des Vorstands6.
383
III. Das Anstellungsverhältnis 1. Inhalt und Rechtsnatur Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht der Vorstandsmitglieder werden durch die Bestellung begründet. Gegenstand des Anstellungsvertrages sind die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen Vorstandsmitglied und Gesellschaft, also vor allem die Regelung der Vergütung, der Versorgungsbezüge, evtl. Nebenleistungen, des Urlaubs, nachvertragli-
1 Ebenso Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 138. 2 Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 138; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 159. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 196 f.; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 140; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 76; ganz ablehnend Meyer-Landrut in FS Fischer, 1979, S. 477, 484. 4 Dazu näher Fleischer, NZG 2010, 561, 566. 5 Vgl. dazu näher Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 197; Kort, Großkomm. AktG, § 84 Rn. 258; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 77; Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 299. 6 Vgl. dazu näher etwa Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 78 ff.
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§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
cher Wettbewerbsverbote usw.1. Es handelt sich bei entgeltlicher Tätigkeit um einen Geschäftsbesorgungs-Dienstvertrag, der den Vorschriften der §§ 675, 611 ff. BGB unterliegt2. 385
Der Anstellungsvertrag ist auch das geeignete Instrument zur verbindlichen Verankerung der im Kodex vorgesehenen Verhaltensempfehlungen für die einzelnen Vorstandsmitglieder (vgl. etwa Ziff. 4.3.4 – Offenlegung von Interessenkonflikten; 4.3.5 – Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats für Nebentätigkeiten). Will der Aufsichtsrat im Rahmen der jährlichen Entsprechenserklärung nach § 161 AktG die künftige Befolgung dieser Empfehlungen erklären, muss er dies im Verhältnis zu den betroffenen Vorstandsmitgliedern sicherstellen. Dazu bietet sich die Begründung einer entsprechenden Verpflichtung im Anstellungsvertrag an3. 2. Abschluss des Vertrages a) Zuständigkeit des Aufsichtsrats
386
Ebenso wie für die Bestellung ist auch für die Regelung des Anstellungsverhältnisses ausschließlich und zwingend der Aufsichtsrat zuständig (§ 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 bis 4 AktG). Er entscheidet unter Beachtung der Vergütungsmaßstäbe des § 87 AktG (vgl. unten Rn. 395 ff.) autonom über den Inhalt des Vertrages und vertritt die Gesellschaft gegenüber dem Vorstandsmitglied (§ 112 AktG vgl. unten Rn. 440 ff.). Die Beschlussfassung des Aufsichtsrats unterliegt in mitbestimmten Gesellschaften nicht dem abgestuften Verfahren nach § 31 MitbestG, sondern richtet sich nach § 29 MitbestG4. Der Aufsichtsrat entscheidet also mit einfacher Mehrheit; vgl. näher unten Rn. 733 ff.
387
Für Zustimmungsvorbehalte Dritter, Weisungsrechte gegenüber dem Aufsichtsrat u.ä. ist bei der Anstellung ebensowenig Raum wie bei der Bestellung5. Auch Vorgaben durch Satzung oder Hauptversammlungs1 Vertragsmuster bei Hoffmann-Becking, Beck’sches Formularbuch, Formular X.13.; Hölters, Münchener Vertragshandbuch, Band I, Formular V.64. 2 Zur Rechtsstellung der Vorstandsmitglieder und den gegenseitigen Rechten und Pflichten aus dem Anstellungsverhältnis vgl. namentlich Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 60 ff.; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 76 ff., 93 ff.; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 43 ff., 75 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 16 ff.; Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 87 ff., 103 ff., 152 ff., 169 ff.; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 34 ff., 92 ff. 3 Vgl. auch Ulmer, ZHR 166 (2002), 150, 173; Lutter, ZHR 166 (2002), 523, 536 f. 4 Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 27; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 34; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 41. 5 BGH v. 24.2.1954 – II ZR 63/53, BGHZ 12, 327, 333; BGH v. 6.4.1964 – II ZR 75/62, BGHZ 41, 282, 285; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 59; Mertens/ Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 48; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 20.
178
Das Anstellungsverhältnis
§7
beschluss zur Höhe und Struktur der Vergütung wird man de lege lata als unzulässig ansehen müssen1. Die Grenzen hat das Gesetz in § 87 Abs. 1 AktG selbst abschließend gezogen. Das bestehende Recht der Hauptversammlung zur Abgabe eines unverbindlichen Vergütungsvotums (§ 120 Abs. 4 AktG) ändert an dieser Beurteilung nichts. Sollte der Gesetzgeber das in der letzten Legislaturperiode gescheiterte, im Koalitionsvertrag aber erneut vorgesehene verbindliche Vergütungsvotum der Hauptversammlung (vgl. unten Rn. 394) einführen, wird man die Frage erneut zu prüfen haben. Die Antwort wird von der genauen Ausgestaltung des Vergütungsvotums abhängen. Bleibt es dabei, dass die Hauptversammlung nur über ein vom Aufsichtsrat vorgelegtes Vergütungssystem entscheiden kann, dürften Satzungsregeln und Hauptversammlungsbeschlüsse, denen keine Vorlage des Aufsichtsrats zugrunde liegt, weiterhin unzulässig bleiben. Zur Diskussion um die Einführung eines verbindlichen Vergütungsvotums vgl. unten Rn. 422. b) Übertragung auf einen Ausschuss Im Gegensatz zur Bestellung war die Entscheidung über den Anstellungsvertrag bis zum Erlass des VorstAG nicht zwingend dem Plenum vorbehalten, sondern der Aufsichtsrat konnte die Regelung des Anstellungsverhältnisses einem Ausschuss übertragen2. Demgemäß wurde der Anstellungsvertrag üblicherweise durch das Präsidium oder den Personalausschuss geregelt. Seit Mitte 2009 bestimmt § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG, dass die Aufgabe nach § 87 Abs. 1 AktG, d.h. die Festsetzung der Bezüge der Vorstandsmitglieder, zwingend vom Plenum zu beschließen ist. Das gilt für alle Vereinbarungen, die Vergütungscharakter haben, neben der Festsetzung des Grundgehalts, der erfolgsorientierten Vergütungselemente und der Versorgungsbezüge also auch für alle anderen vergütungsbezogenen Regelungen, wie die Erstattung von Versicherungsprämien, die Länge des Urlaubs und die Privatnutzung des Dienstwagens3. Auch die Festlegung der Erfolgsziele bei variablen Vergütungselementen ist dem Plenum vorbehalten, wenn es sich um verbindliche Zielfestlegungen 1 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 87 Rn. 4; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 33; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 20; Bors, Erfolgs- und leistungsorientierte Vorstandsvergütung, 2006, S. 68 ff.; E. Vetter, ZIP 2009, 1307 ff.; a.A. Hüffer, Komm. AktG, § 87 Rn. 2; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 40; Grattenthaler, Die Vergütung von Vorstandsmitgliedern in Aktiengesellschaften, 2007, S. 61 ff.; Schüppen, ZIP 2010, 905, 909, der eine HV-Entscheidung auf Verlangen des Aufsichtsrats analog § 119 Abs. 2 AktG zulassen will. 2 BGH v. 23.10.1975 – II ZR 90/73, BGHZ 65, 190; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 11; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 16. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 162; Fonk in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 347, 351 f.; Cahn in FS Hopt, Band 1, 2010, S. 431, 445; Hoffmann-Becking/Krieger, NZG 2009, Beilage zu Heft 26, Rn. 72; Gaul/Jantz, NZA 2009, 809, 813; a.A. anscheinend Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 18 (nur Festsetzung der Gesamtbezüge, nicht aber Ausgestaltung der einzelnen Klammerelemente des § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG).
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388
§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
handelt; unverbindliche Ziele kann auch der Ausschuss mit dem Vorstandsmitglied ins Auge fassen1. Die spätere Festlegung des Zahlbetrags der variablen Vergütung kann der Ausschuss vornehmen, wenn die variable Vergütung formelmäßig so festgelegt war, dass die genaue Höhe der Zahlung nur noch errechnet werden muss; das Plenum ist hingegen zwingend zuständig, wenn bei der Festlegung der genauen Zahlung nach Abschluss des Geschäftsjahres Raum für eine Ermessenausübung verbleibt2. 389
Nicht vergütungsbezogene Regelungen des Anstellungsvertrages können weiterhin einem Ausschuss zur Entscheidung übertragen werden. Dazu zählen etwa die Vertragsdauer, die Vereinbarung einer Schiedsgerichtsklausel, die Zustimmung zur Übernahme von Mandaten u.ä.3. Da der weit überwiegende Teil der anstellungsvertraglichen Regelungen vergütungsbezogene Themen betrifft, ist es jedenfalls beim erstmaligen Vertragsabschluss aber kaum sinnvoll, einzelne Entscheidungen einem Ausschuss zu überlassen4.
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Soweit der Ausschuss entscheidungsbefugt ist, unterliegt seine Regelungskompetenz zusätzlichen Beschränkungen, die sich aus der vorrangigen Bestellungshoheit des Plenums ergeben. Der Ausschuss darf keine anstellungsvertraglichen Regelungen treffen, die geeignet sind, der Bestellungsentscheidung des Plenums die Grundlage zu nehmen (vgl. auch unten Rn. 426); er kann deshalb z.B. dem Vorstandsmitglied im Anstellungsvertrag nicht das Recht zur Kündigung des Vertrages vor Ablauf der Bestellungsdauer einräumen5. Ein Ausschuss kann schließlich auch nicht Regelungen über den Tätigkeitsbereich des Vorstandsmitglieds treffen; die Ressortzuweisung ist dem Gesamtaufsichtsrat vorbehalten6.
391
Zulässig bleibt es, einem Ausschuss die Vorbereitung des Anstellungsvertrags und seiner Vergütungsregelungen zu überlassen. Auch die Unterzeichnung des im Aufsichtsrat beschlossenen Vertrages kann einem Aufsichtsratsmitglied – zumeist dem Vorsitzenden – übertragen werden7. Das geschieht häufig durch Satzung, Geschäftsordnung oder Aufsichtsratsbeschluss; zur Frage, ob der Aufsichtsratsvorsitzende auch ohne aus1 Hoffmann-Becking/Krieger, NZG 2009, Beilage zu Heft 26, Rn. 70; Fonk in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 347, 351. 2 Hoffmann-Becking/Krieger, NZG 2009, Beilage zu Heft 26, Rn. 70; Ihrig/Wandt/ Wittgens, ZIP 2012, Beilage zu Heft 40, S. 27 f. 3 Näher Ihrig/Wandt/Wittgens, ZIP 2012, Beilage zu Heft 40, S. 28; Fonk in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 347, 351 f. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 162. 5 Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 60; Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 213; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 21. 6 Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 12; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 49; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 21. 7 BGH v. 6.4.1964 – II ZR 75/62, BGHZ 41, 282, 285; BGH v. 17.4.1967 – II ZR 157/64, BGHZ 47, 341, 350; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 22.
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Das Anstellungsverhältnis
§7
drückliche Bestimmung kraft Amtes oder konkludent bevollmächtigt ist, vgl. oben Rn. 370. Der Bevollmächtigte muss sich dabei aber auf die Ausformulierung des vom Aufsichtsrat beschlossenen Vertragsinhalts beschränken und kann nicht eigene Entscheidungen an Stelle des Aufsichtsrats treffen1. c) Dauer des Anstellungsvertrags Anstellungsverträge dürfen nicht auf eine längere Dauer als fünf Jahre geschlossen werden (§ 84 Abs. 1 Satz 5 und 1 AktG); sind sie auf unbestimmte Zeit oder längerfristig abgeschlossen, laufen sie spätestens nach fünf Jahren aus (§§ 134, 139 BGB). Es ist jedoch möglich, im Anstellungsvertrag eine Verlängerungsklausel mit dem Inhalt zu vereinbaren, dass sich im Fall einer späteren Verlängerung der Bestellung automatisch auch der Anstellungsvertrag entsprechend verlängert (§ 84 Abs. 1 Satz 5 AktG). Wird ohne eine solche Verlängerungsklausel die Bestellung verlängert, ohne dass zugleich auch über den Anstellungsvertrag ausdrücklich entschieden wird, kann je nach den Umständen des Falles in dem Beschluss über die Verlängerung der Bestellung die konkludente Verlängerung auch des Anstellungsvertrags liegen2. Zur Vereinbarung einer automatischen Vertragsbeendigung bei Widerruf der Bestellung vgl. unten Rn. 424.
392
d) Mängel des Anstellungsvertrages Erweist sich ein tatsächlich vollzogener Anstellungsvertrag nachträglich als nichtig, sind die arbeitsrechtlichen Grundsätze über fehlerhafte Arbeitsverhältnisse anzuwenden: Für die Vergangenheit ist der Vertrag als wirksam zu behandeln, für die Zukunft können sich beide Parteien jederzeit ohne weiteres vom Vertrag lossagen3.
1 Köhler, NZG 2008, 161, 162; vgl. auch unten Rn. 444. 2 BGH v. 12.5.1997 – II ZR 50/96, DStR 1997, 932, 933; OLG Schleswig v. 16.11.2000 – 5 U 66/99, AG 2001, 651, 653; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 41; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 53; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 24; zur Frage der Anwendbarkeit von § 625 BGB vgl. OLG Karlsruhe v. 13.10.1995 – 10 U 51/95, AG 1996, 224, 227; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 24; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 17. 3 BGH v. 21.1.1991 – II ZR 144/90, BGHZ 113, 237, 247 ff. = AG 1991, 316; BGH v. 6.4.1964 – II ZR 75/62, BGHZ 41, 282, 286; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 57 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 19; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 32 f.; näher Köhler, NZG 2008, 161, 164 ff. Zur Genehmigung eines Anstellungsvertrages, bei dessen Abschluss die Gesellschaft nicht ordnungsgemäß vertreten war, vgl. BGH v. 19.12.1988 – II ZR 74/88, ZIP 1989, 294, 295 f. = AG 1989, 129.
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§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
3. Vorstandsvergütung a) Allgemeines 394
Eine besondere Rolle in der Corporate Governance-Diskussion spielte und spielt die Höhe der Vorstandsvergütung1. Dabei stehen vielfach Einzelfälle besonders hoher Vergütungen, Übergangszahlungen oder Abfindungen im Blickpunkt2, die schnell in eine grundsätzliche Kritik an der Höhe der Vorstandsvergütung münden3. Überdies wurden Fehlanreize aufgrund zu stark kurzfristig erfolgsorientierter Vergütungselemente als eine Mitursache der Finanzkrise angesehen4. Der Gesetzgeber reagierte darauf zunächst mit der im Jahre 2005 durch das VorstOG eingeführten Verpflichtung zur individualisierten Offenlegung der Vorstandsvergütung bei börsennotierten Gesellschaften (§ 285 Nr. 9 Buchst. a Satz 5, § 314 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a Satz 5 HGB), nachdem die bereits im Jahre 2003 eingeführte Empfehlung des Kodex5, die Vorstandsbezüge individualisiert offenzulegen, nach Ansicht des Gesetzgebers von zu wenigen Gesellschaften befolgt worden war. Durch das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) von 2009 wurden weitere Regelungen geschaffen, die das Ziel verfolgen, angemessene Vorstandsbezüge sicherzustellen6; zu nennen sind insbesondere erweiterte Grundsätze für die Vorstandsbezüge (§ 87 Abs. 1 und 2 AktG), das Verbot, Vergütungsentscheidungen auf einen Aufsichtsratsausschuss zu delegieren (§ 107 Abs. 3 Satz 3 AktG), und das Recht der Hauptversammlung, einen unverbindlichen Beschluss über die Billigung des Systems der Vorstandsvergütung zu fassen (§ 120 Abs. 4 AktG). In der aktuellen rechtspolitischen Diskussion steht das Vorhaben im Vordergrund, durch Neufassung von § 120 Abs. 4 Satz 1 AktG zwingend eine jährliche Beschlussfassung der Hauptversammlung der börsennotierten Gesellschaft „über die Billigung des vom Aufsichtsrat vorgelegten Systems zur Vergütung der Vorstandsmitglie-
1 Zur Vergütungsentwicklung vgl. etwa die Sammlung der Vergütungsberichte der börsennotierten Unternehmen unter www.verguetungsregister.de sowie Goetz/Friese, Corporate Finance biz 2012, 414; Wilke/Schmid, Entwicklung der Vorstandsvergütung 2011 in den DAX-30-Unternehmen, Arbeitspapier 269 der Hans Böckler Stiftung, 2012; Stenzel, Rechtliche und empirische Aspekte der Vorstandsvergütung, 2012, S. 173 ff.; Böcking/Wallek/Weßels, Der Konzern 2011, 269 ff.; Kuhner/Hitz/Sabibalsky, Studie Managergehälter 2008, S. 21 ff.; Heins, Die Angemessenheit von Vorstandsbezügen einer Aktiengesellschaft, 2006, S. 25 ff. 2 Beispiele bei Lutter, ZIP 2006, 733, 734. 3 Vgl. hierzu nur die Beispiele bei Ringleb in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. Kodex, Rn. 679 sowie die Gesetzgebungsanträge der Bundestagsfraktionen von SPD (BT-Drucks. 17/13472) und von Bündnis 90/Die Grünen (BTDrucks. 17/13239). 4 Vgl. nur den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum VorstAG, BT-Drucks. 16/12278, S. 1, 5. 5 Ziff. 4.2.4 des Kodex i.d.F. vom 21.5.2003. 6 Zu den rechtspolitischen Überlegungen zur Beschränkung der Vorstandsvergütung eingehend Seibert in FS Hüffer, 2010, S. 955 ff.
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der“ einzuführen1; näher unten Rn. 422. Daneben werden immer wieder einmal gesetzliche Höchstgrenzen für Vorstandsgehälter2 oder für den Betriebsausgabenauszug von Gehältern und Abfindungen3 gefordert. b) Angemessenheit und Nachhaltigkeit der Gesamtbezüge Gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG hat der Aufsichtsrat bei der Festsetzung der Gesamtbezüge des einzelnen Vorstandsmitglieds dafür zu sorgen, dass diese in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen des Vorstandsmitglieds sowie zur Lage der Gesellschaft stehen und die übliche Vergütung nicht ohne besondere Gründe übersteigen. Die Zusage unangemessener Bezüge lässt die Wirksamkeit des Anstellungsvertrags grundsätzlich unberührt, insbesondere zieht eine Verletzung des Angemessenheitsgrundsatzes keine Nichtigkeit nach § 134 BGB nach sich4, sondern der Vertrag kann allenfalls wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) oder Missbrauchs der Vertretungsmacht des Aufsichtsrats nichtig sein5. Die Vereinbarung unangemessener Bezüge stellt jedoch eine Pflichtverletzung dar, die Schadensersatzansprüche gegen die beteiligten Aufsichtsratsmitglieder (§ 116 Satz 3 AktG) begründet6; eine vorsätzliche Verletzung des Angemessenheitsgebots kann überdies eine strafbare Untreue der beteiligten Aufsichtsratsmitglieder (§ 266 StGB) sein7. Demgegenüber ist umstritten, ob die Vereinbarung unangemessener Bezüge auch eine Pflichtverletzung des betroffenen Vorstandsmitglieds ist; richtigerweise wird man das nicht annehmen können, weil das Vorstandsmitglied bei der Aushandlung der Bezüge keine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Gesellschaft trifft8.
1 Vgl. Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestags vom 27.6.2013 zu einem „Gesetz zur Verbesserung der Kontrolle der Vorstandsvergütung und zur Änderung weiterer aktienrechtlicher Vorschriften (VorstKoG)“, BR-Drucks. 637/13, Art. 1 Nr. 6; Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 27.11.2013, S. 17. 2 Antrag der Fraktion der SPD im Deutschen Bundestag vom 14.5.2013, BTDrucks. 17/13472. 3 Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 23.4.2013, BT-Drucks. 17/13239. 4 Spindler, MünchKomm. AktG, § 87 Rn. 80; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 87 Rn. 5. 5 Kort, DStR 2007, 1127, 1129 ff.; Säcker/Stenzel, JZ 2006, 1151, 1154; Peltzer in FS Lutter, 2000, S. 571, 579 f.; Heins, Die Angemessenheit von Vorstandsbezügen einer Aktiengesellschaft, 2006, S. 159 f.; weitergehend Fleischer in Spindler/ Stilz, Komm. AktG, § 87 Rn. 58 (teleologische Reduktion der Vertretungsmacht); vgl. auch Spindler, MünchKomm. AktG, § 87 Rn. 80. 6 Eingehend Hüffer in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 589 ff. 7 Vgl. BGH v. 21.12.2005 – 3 StR 470/04, ZIP 2006, 72 = AG 2006, 110 (Mannesmann); Weber in Hölters, Komm. AktG, § 87 Rn. 46; Bürgers/Israel in Bürgers/ Körber, Komm. AktG, § 87 Rn. 7. 8 Wie hier BGH v. 21.12.2005 – 3 StR 470/04, ZIP 2006, 72, 81 = AG 2006, 110 (Mannesmann); Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 87 Rn. 5; a.A. Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 87 Rn. 58; Kort, DStR 2007, 1127, 1132 f.; Grattenthaler, Die Vergütung von Vorstandsmitgliedern in Aktiengesellschaf-
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Das Angemessenheitsgebot gilt für die Gesamtbezüge. Demgegenüber spricht Ziff. 4.2.3 Abs. 2 Satz 5 des Kodex davon, dass sämtliche Vergütungsteile für sich und insgesamt angemessen sein müssten; damit gibt der Kodex das Gesetz jedoch nicht zutreffend wieder1. Als Gesamtbezüge nennt § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG Gehalt, Gewinnbeteiligungen, Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte, Provisionen, anreizorientierte Vergütungszusagen und Nebenleistungen jeder Art. Dazu gehören auch Sachleistungen, wie die verbreitete Privatnutzung von Dienstwagen und Fahrer, nicht hingegen die Prämie für eine D&O-Versicherung, da eine solche Versicherung in erster Linie im Eigeninteresse der Gesellschaft abgeschlossen wird (vgl. näher unten Rn. 1035)2. Bei der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen sind außerdem Zahlungen, die erst für den Fall der Beendigung des Vorstandsamtes zugesagt wurden, wie Abfindungen und Übergangsgelder, sowie die Versorgungszusagen; Ziff. 4.2.3 Abs. 1 des Kodex stellt das zu Recht heraus. Schwieriger zu beurteilen ist die Frage, ob in die Angemessenheitsprüfung auch Leistungen von Dritten einzubeziehen sind, die im Hinblick auf die Vorstandstätigkeit gewährt werden. Ziff. 4.2.3 Abs. 1 des Kodex will auch Leistungen von Dritten einbeziehen. Dem ist zuzustimmen soweit es um Bezüge geht, die von nachgeordneten Konzerngesellschaften geleistet werden3. Denn die Wahrnehmung von Funktionen in Tochtergesellschaften ist zugleich eine Aufgabe im Rahmen der Vorstandstätigkeit für die Mutter, und die von Tochtergesellschaften gezahlten Bezüge wirken sich auch wirtschaftlich zu Lasten der Mutter aus. Hingegen ist es sehr fraglich, ob Vergütungszahlungen übergeordneter Konzernunternehmen als Teil der Vorstandsvergütung in einem nachgeordneten Unternehmen angesehen werden können, und erst recht wird man dies bei Leistungen sonstiger Dritter zu bezweifeln haben4. Denn solche Drittzahlungen betreffen das Vermögen der Gesellschaft nicht und fallen daher nicht unter den Schutzzweck des § 87 AktG. Eine andere Frage ist es allerdings, in welchem Umfang Drittvergütungen überhaupt zulässig sind, vgl. dazu unten Rn. 417.
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Als Kriterien für die Angemessenheit nennt § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG die Aufgaben und Leistungen des Vorstandsmitglieds sowie die Lage der Gesellschaft, daneben können weitere Gesichtspunkte herangezogen wer-
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ten, 2007, S. 61 ff.; Heins, Die Angemessenheit von Vorstandsbezügen einer Aktiengesellschaft, 2006, S. 161 ff.; Peltzer in FS Lutter, 2000, S. 571, 577 f. Ebenso Ihrig/Wandt/Wittgens, ZIP 2012, Beilage zu Heft 40, S. 7. Bestritten, wie hier Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 87 Rn. 20; Bürgers/ Israel in Bürgers/Körber, Komm. AktG, § 87 Rn. 3; Kort, Großkomm. AktG, § 87 Rn. 232; Hohenstatt/Naber, DB 2010, 2321 f.; Weber in Hölters, Komm. AktG, § 87 Rn. 7; a.A. Spindler, MünchKomm. AktG, § 87 Rn. 12 ff.; Schwennicke in Grigoleit, Komm. AktG, § 87 Rn. 5. Lutter, ZIP 2006, 733, 736; Semler in FS Budde, 1995, S. 599, 607 ff.; Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 265. Ebenso Traugott/Grün, AG 2007, 761, 768 f.; a.A. Lutter, ZIP 2006, 733, 736; Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 265; Semler in FS Budde, 1995, S. 599, 607 ff.
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den, etwa Reputation, besondere Erfahrungen u.Ä.1. Das Kriterium der Aufgaben und Leistungen macht es nicht nötig, für jedes Vorstandsmitglied eine individuell unterschiedliche Vergütung festzusetzen, sondern mit Blick auf die Gesamtverantwortung des Kollegialorgans Vorstand bleibt es zulässig, alle oder einen Teil der Vorstandsmitglieder gleich zu vergüten2. Das Kriterium der Lage der Gesellschaft schließt auch bei einer schlechten wirtschaftlichen Lage höhere Bezüge nicht aus, sondern eine schlechte wirtschaftliche Lage kann im Gegenteil höhere Bezüge geradezu erfordern, um geeignete Persönlichkeiten zu gewinnen3. Daneben ist die übliche Vergütung von Bedeutung, die gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG nicht ohne besondere Gründe überstiegen werden soll. Dieses Kriterium umfasst zwei Komponenten, nämlich die horizontale und die vertikale Vergleichbarkeit4. Dabei meint horizontale Vergleichbarkeit, dass sich die festzusetzende Vorstandsvergütung bezogen auf Branche, Größe und Land im üblichen Bereich bewegen muss. Hierzu können die jährlichen individualisierten Veröffentlichungen der Vorstandsvergütungen in börsennotierten Gesellschaften Informationen liefern5. Üblichkeit ist allerdings ein Kriterium, mit dem vorsichtig umgegangen werden muss. Nicht alles, was üblich ist, muss deshalb schon angemessen sein, sondern der Aufsichtsrat bleibt auch bei der Anlehnung an übliche Standards zu einer kritischen Prüfung und zur eigenverantwortlichen Beurteilung der Angemessenheit verpflichtet. Umgekehrt liegt ein Verstoß gegen § 87 Abs. 1 AktG nicht allein deshalb vor, weil die Bezüge über dem Niveau der Branche liegen6. Überragende Leistungen können auch sehr hohe Vergütungen rechtfertigen7; das gleiche kann gelten, wenn der „Marktwert“ konkreter Vorstandskandidaten besonders hoch ist8. Mit der vertikalen Vergleichbarkeit ist gemeint, dass die Vorstandsvergütung nicht Maß und Bezug zur Vergütungsstaffelung im Unternehmen verlieren soll9. Sie ist als Maßstab kaum justitiabel und hat eher die Bedeutung eines Appells zum Maß halten. Sie fordert nicht die Einhaltung eines bestimmten Abstands zwischen den Vorstandsbezügen und den Bezügen der nächsten Ebene und schließt es auch nicht aus, dass einzelne nachgeordnete Mitarbeiter aufgrund von erfolgsabhängigen Vergütungen im Ergebnis mehr 1 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 87 Rn. 14 f.; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 87 Rn. 19; Ihrig/Wandt/Wittgens, ZIP 2012, Beilage zu Heft 40, S. 7. 2 Bauer/Arnold, AG 2009, 717, 719. 3 OLG Karlsruhe v. 24.11.2011 – 9 U 18/11, AG 2012, 464, 466 (und Leits. 2); Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 87 Rn. 9; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 87 Rn. 14; Hoffmann-Becking, NZG 1999, 797, 798. 4 Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum VorstAG, BTDrucks. 16/12278, S. 5; Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433, S. 10. 5 Sammlung der Vergütungsberichte unter www.verguetungsregister.de. 6 LG München v. 29.3.2007 – 5 HK O 12 931/06, NZG 2007, 477 = AG 2007, 458. 7 LG München v. 29.3.2007 – 5 HK O 12 931/06, NZG 2007, 477 = AG 2007, 458. 8 Feudner, NZG 2007, 779, 780; Thüsing, ZGR 2003, 457, 468 ff. 9 Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. 16/13433, S. 10.
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verdienen als die Vorstandsmitglieder1. In allgemeiner Form lässt sich das Angemessenheitsgebot nicht weiter konkretisieren2, und alle Versuche, de lege ferenda oder gar de lege lata Obergrenzen für Vorstandsgehälter zu definieren3, können nicht überzeugen4. 398
§ 87 Abs. 1 Satz 2 AktG verlangt für börsennotierte Gesellschaften, die Vergütungsstruktur auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung auszurichten. Was das bedeuten soll, ist dunkel. Nach überwiegendem und zutreffendem Verständnis ist der Nachhaltigkeitsbegriff eng auszulegen und geht es nur darum, dass die Vergütungsstruktur keine Fehlanreize setzt, die langfristige Unternehmensentwicklung zugunsten kurzfristiger Erfolge zu vernachlässigen5. Demgegenüber wollen einzelne Stimmen aus dem Begriff der Nachhaltigkeit eine Verpflichtung des Aufsichtsrats herleiten, qua Vergütungsstruktur sicherzustellen, dass die Geschäftsführungstätigkeit des Vorstands die ökologischen, sozialen und ökonomischen Bedürfnisse heutiger wie auch zukünftiger Generationen berücksichtigt6. Damit wird der Bedeutungsgehalt des konturenlosen Modebegriffs der Nachhaltigkeit in § 87 Abs. 1 Satz 2 AktG in unvertretbarer Weise überhöht und der Aufsichtsrat mit einer unerfüllbaren Aufgabe überfordert.
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Bei der Ausgestaltung der Vergütungszusage steht dem Aufsichtsrat ein weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum zu. Es handelt sich um eine unternehmerische Aufgabe, auf die die Grundsätze der Business Judgement Rule (§§ 116 Satz 1, 93 Abs. 1 Satz 2 AktG) Anwendung finden7. 1 Hoffmann-Becking/Krieger, NZG 2009, Beilage zu Heft 26, 2009, Rn. 7. 2 Zutreffend Hüffer, Komm. AktG, § 87 Rn. 3; Schwark in FS Raiser, 2005, S. 377, 387 ff.; vgl. allerdings den Versuch bei Lücke, NZG 2005, 692, 696, aus Kennziffern des Unternehmens einen Vergütungskorridor abzuleiten; in diese Richtung auch Grattenthaler, Die Vergütung von Vorstandsmitgliedern in Aktiengesellschaften, 2007, S. 345 ff. 3 Vgl. z.B. Adams, ZIP 2002, 1325, 1343 (max. das 150-fache des durchschnittlichen Arbeitnehmerentgelts) sowie jüngst die Gesetzgebungsanträge der Bundestagsfraktionen der SPD (BT-Drucks. 17/13472: Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs und Festlegung einer Höchstgrenze für das Verhältnis zwischen Vorstandsvergütung und durchschnittlichem Arbeitnehmereinkommen) und von Bündnis 90/Die Grünen (BT-Drucks. 17/13239: Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs). 4 Hüffer, Komm. AktG, § 87 Rn. 3; Fleischer, DStR 2005, 1279, 1281 ff.; Baums, ZIP 2004, 1877, 1879 f.; Grattenthaler, Die Vergütung von Vorstandsmitgliedern in Aktiengesellschaften, 2007, S. 377 ff.; Heins, Die Angemessenheit von Vorstandsbezügen einer Aktiengesellschaft, 2006, S. 55 ff. 5 Stenzel, Rechtliche und empirische Aspekte der Vorstandsvergütung, 2012, S. 70 ff.; Louven/Ingwersen, BB 2013, 1219, 1220 ff.; Klöhn, ZGR 2012, 1, 17; Mertens, AG 2011, 57, 58 f.; Marsch-Barner, ZHR 175 (2011), 737 ff., 745; Wagner, AG 2010, 774, 776; Fleischer, NZG 2009, 801, 802; Hohenstatt/Kuhnke, ZIP 2009, 1981 f. 6 Röttgen/Kluge, NJW 2013, 900, 902 ff.; dagegen mit Recht nachdrücklich Louven/Ingwersen, BB 2013, 1219, 1220 ff. 7 BGH v. 21.12.2005 – 3 StR 470/04, ZIP 2006, 72, 73 = AG 2006, 110 (Mannesmann); LG München v. 29.3.2007 – 5 HK O 12 931/06, NZG 2007, 477 = AG
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Der Aufsichtsrat handelt also rechtmäßig, so lange er vernünftigerweise davon ausgehen kann, auf der Basis angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Auch wenn es rechtlich nicht erforderlich ist, wird es sich vielfach empfehlen, dass der Aufsichtsrat zur Gestaltung des Vergütungssystems einen Vergütungsberater hinzuzieht. Ziff. 4.2.2 Abs. 3 des Kodex empfiehlt in diesem Fall, auf die Unabhängigkeit des Vergütungsexperten vom Vorstand und vom Unternehmen zu achten. Das setzt voraus, dass der Vergütungsberater in keiner geschäftlichen, persönlichen oder finanziellen Beziehung zur Gesellschaft und den Vorstandsmitgliedern steht, die die Objektivität seiner Beratung beeinträchtigen könnte1. c) Zusammensetzung der laufenden Vergütung Die laufende Vorstandsvergütung setzt sich in der Praxis aus fixen und variablen Bestandteilen zusammen, wobei der Anteil der variablen Vergütung am Gesamteinkommen zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Bei den DAX-Gesellschaften überwiegen heute die variablen Vergütungselemente, während bei den übrigen Aktiengesellschaften zumeist weiterhin das Festgehalt im Vordergrund steht2. Für börsennotierte Gesellschaften empfiehlt Ziff. 4.2.3 Abs. 2 Satz 2 des Kodex die Vereinbarung fixer und variabler Vergütungselemente, aktienrechtlich bleibt aber auch die reine Festvergütung zulässig3. Zweck des Festgehalts ist die Deckung eines angemessenen Lebensunterhalts4. Die variablen Vergütungselemente lassen sich mit dem Gedanken einer angemessenen Beteiligung am unternehmerischen Erfolg rechtfertigen, während die Vorstellung, damit die Motivation der Vorstandsmitglieder zu steigern, weniger überzeugt5.
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Die Vorgabe aus § 87 Abs. 1 Satz 2 AktG, die Vergütungsstruktur bei börsennotierten Gesellschaften auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung auszurichten, konkretisiert Satz 3 der Vorschrift dahingehend, es sei „daher“ für variable Vergütungsbestandteile eine mehrjährige Bemessungsgrundlage vorzusehen. Das gilt zwar als gesetzliche Verpflichtung nur für börsennotierte Aktiengesellschaften, sollte aber grundsätz-
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2007, 458; LG München v. 23.8.2007 – 5 HK O 10 734/07, NZG 2008, 114, 115 = AG 2008, 133; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 87 Rn. 39; Mertens/ Cahn, Kölner Komm. AktG, § 87 Rn. 4; Spindler, MünchKomm. AktG, § 87 Rn. 20; Spindler, AG 2011, 725, 726; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 50. Näher dazu Baums, AG 2010, 53, 56 ff.; Fleischer, BB 2010, 67, 71; Weber-Rey/ Buckel, NZG 2010, 761, 762 ff.; Goslar in Wilsing, Komm. DCGK, Ziff. 4.2.2 Rn. 32. Näher Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 36. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 87 Rn. 22; Hüffer, Komm. AktG, § 87 Rn. 4c; Hoffmann-Becking/Krieger, NZG 2009, Beilage zu Heft 26, Rn. 10. Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 126; Weber/Burmester, Anstellungsvertrag für Manager, S. 37. Näher Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 129.
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lich auch von nicht-börsennotierten Gesellschaften berücksichtigt werden1. Zweck der Regelung ist es, zu verhindern, dass durch die Vergütungsstruktur Fehlanreize zur Eingehung übermäßiger Risiken gesetzt werden2. Welche Dauer ein „mehrjähriger“ Bemessungszeitraum haben muss, ist umstritten. Überwiegend wird ein Zeitraum von mindestens drei Jahren gefordert3, während andere schon zwei bis drei Jahre genügen lassen4 oder sich für eine Dauer von eher vier bis fünf Jahren aussprechen5. Dabei ist das langfristig variable Element so auszugestalten, dass nicht nur die Auszahlung hinausgeschoben wird, sondern die variablen Bestandteile auch an negativen Entwicklungen im gesamten Bemessungszeitraum teilnehmen6. § 87 Abs. 1 Satz 3 AktG verlangt nicht, dass alle variablen Vergütungsbestandteile eine mehrjährige Bemessungsgrundlage haben, sondern es ist auch eine Kombination vom Jahreserfolg abhängiger Vergütungskomponenten (Tantieme, Bonus) mit langfristigen variablen Komponenten zulässig7 und in der Praxis üblich. Bei einer solchen Kombination verschiedener variabler Vergütungskomponenten ist allerdings sicherzustellen, dass insgesamt ein langfristiger Verhaltensanreiz erzeugt wird. Das ist jedenfalls der Fall, wenn die langfristigen Elemente überwiegen8. Bei der Frage, ob insgesamt ein langfristiger Verhaltensanreiz erzeugt wird, können aber auch weitere Gestaltungsfaktoren, wie z.B. die Verpflichtung während der Dauer der Vorstandszugehörigkeit in bestimmtem Umfang Aktien der Gesellschaft zu halten9, herangezogen werden. Im Ergebnis kommt es auf die Bewertung der Umstände des konkreten Falles an; feste Zahlen für das nötige Verhältnis von lang- und kurzfristig variablen Vergütungselementen lassen sich nicht aufstellen10.
1 Bericht des Rechtsausschusses zum VorstAG, BT-Drucks. 16/13433, S. 10. 2 Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum VorstAG, BT-Drucks. 16/12278 S. 5; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 45; Fleischer, NZG 2009, 801, 803. 3 So etwa Ihrig/Wandt/Wittgens, ZIP 2012, Beilage zu Heft 40, S. 10 f.; Eichner/ Delahaye, ZIP 2010, 2082 f.; Hoffmann-Becking/Krieger, NZG 2009, Beilage zu Heft 26, Rn. 17 ff.; Bauer/Arnold, AG 2009, 717, 723; so auch die Empfehlung der EU-Kommission zur Vorstandsvergütung KOM 2009/385/EG, ABl. Nr. L 120 vom 15.5.2009, S. 29. 4 So etwa Hohenstatt/Kuhnke, ZIP 2009, 1981, 1985. 5 So etwa Hüffer, Komm. AktG, § 87 Rn. 4d; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 87 Rn. 32; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 48. 6 Bericht des Rechtsausschusses zum VorstAG, BT-Drucks. 16/13433, S. 16. 7 Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum VorstAG, BT-Drucks. 16/13433, S. 10; Hüffer, Komm. AktG, § 87 Rn. 4c; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 45. 8 Hoffmann-Becking/Krieger, NZG Beilage zu Heft 26/2009, Rn. 21; Ihrig/ Wandt/Wittgens, ZIP 2012, Beilage zu Heft 40, S. 12. 9 Hoffmann-Becking/Krieger, NZG Beilage zu Heft 26/2009, Rn. 24; Eichner/Delahaye, ZIP 2010, 2082, 2083. 10 Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 48; Ihrig/Wandt/Wittgens, ZIP 2012, Beilage zu Heft 40, 12.
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Für die konkrete Ausgestaltung kurz- und langfristiger Vergütungselemente hat die Praxis viele Formen entwickelt1. Als Erfolgsparameter stehen betriebswirtschaftliche Kennzahlen wie EBIT, EBITA, ROCE u.a. im Vordergrund, zunehmend finden sich neben betriebswirtschaftlichen Erfolgskennziffern aber auch andere Parameter, die etwa an die Zufriedenheit von Kunden und Mitarbeitern, Umweltziele (z.B. Co2-Reduktion) u.ä anknüpfen können2. Die variable Vergütungszahlung bemisst sich dann anhand für die entsprechenden Erfolgsparameter festgelegter Ziele und dem Grad der Zielerreichung. Solche Erfolgsziele sind sowohl für kurzfristig als auch für langfristig variable Vergütungskomponenten geeignet, indem die Ziele für ein Jahr oder für einen längeren Zeitraum festgelegt werden; langfristige Zielvorgaben müssen allerdings so festgelegt werden, dass sie nicht durch Einmaleffekte erreicht werden können3. Zu beachten ist außerdem, dass es nicht die Aufgabe des Aufsichtsrats ist, Unternehmensziele zu definieren, sondern dies in die autonome Leitungskompetenz des Vorstands fällt. Unternehmenszielorientierte Vergütungselemente müssen daher auf der Planung des Vorstands aufbauen und dürfen nicht dazu führen, dass der Aufsichtsrat über das Vergütungssystem die Unternehmensplanung gestaltet4.
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Als variable Vergütungskomponenten finden sich in der Praxis neben ergebnis- und kennzahlenabhängigen Vergütungselementen vielfach aktienbasierte Vergütungsbestandteile. Diese können etwa in einer vom Aktienkurs oder der mehrjährigen Kursentwicklung abhängigen Zahlung bestehen. Verbreitet ist aber auch die Gewährung von Aktien der Gesellschaft ohne spezielle Erfolgsziele, jedoch verbunden mit der Verpflichtung des Begünstigten, die Aktien langfristig zu halten und auf diese Weise an einer langfristig positiven Kursentwicklung interessiert zu sein („restricted shares“)5. Demgegenüber sind an bestimmte Erfolgsziele geknüpfte „Aktienoptionsprogramme“6, die seit Mitte der 1990er Jahre eine große Rolle gespielt hatten7, in der Praxis selten geworden.
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1 Näher Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 51 f.; Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 138 ff.; Ihrig/Wandt/Wittgens, ZIP 2012, Beilage zu Heft 40, S. 10 ff.; Eichner/Delahaye, ZIP 2010, 2082, 2085 ff. 2 Vgl. nur Ihrig/Wandt/Wittgens, ZIP 2012, Beilage zu Heft 40, S. 10. 3 Näher Ihrig/Wandt/Wittgens, ZIP 2012, Beilage zu Heft 40, S. 11. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 87 Rn. 28; Spindler, MünchKomm. AktG, § 87 Rn. 42; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 52; Fonk, NZG 2011, 321 ff.; C. Schäfer in Liber amicorum M. Winter, 2011, S. 557 ff.; zu eng Dauner-Lieb/ Preen/Simon, DB 2010, 377, 381, mit der Annahme, der Vorstand selbst müsse anhand seiner Strategie realistische Gehaltsvorstellungen entwickeln. 5 Zur Beschaffung von restriced shares eingehend Krieger/Sven H. Schneider in FS Hellwig, 2010, S. 181. 6 Dazu näher etwa Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 58. 7 Nähere Angaben bei v. Rosen/Leven in Harrer, Mitarbeiterbeteiligungen und Stock-Option-Pläne, Rn. 57 ff.; Scheuer, Aktienoptionen als Bestandteil der Arbeitnehmervergütung in den USA und der Bundesrepublik Deutschland, 2004, S. 15 ff.
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Eine nachträgliche Herabsetzung festgelegter Erfolgsziele (Repricing) widerspricht im Allgemeinen dem Zweck der variablen Vergütung und wird deshalb mit Recht als unerwünscht angesehen1. Ziff. 4.2.3 Abs. 2 Satz 8 des Kodex empfiehlt dementsprechend, ein Repricing auszuschließen. Ein striktes Verbot lässt sich allerdings nicht formulieren, solange die Vergütung auch nach der Herabsetzung den Rahmen des § 87 Abs. 1 AktG einhält und die Grenzen des Mannesmann-Urteils gewahrt bleiben (vgl. unten Rn. 408). Sollen Aktien gewährt werden, erfordert die Änderung der durch die Hauptversammlung festgelegten Erfolgsziele (§§ 193 Abs. 2 Nr. 4, 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 AktG) einen entsprechenden Hauptversammlungsbeschluss, während etwa eine Ermächtigung des Aufsichtsrats zum Repricing im Ausgangsbeschluss unzulässig wäre2.
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Häufig finden sich Tantiemeregelungen, die für die Berechnung nicht an Erfolgsparameter der Gesellschaft, sondern des Konzerns anknüpfen. Das ist bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags oder eine Eingliederung unproblematisch. Im bloß faktischen Konzern kann eine Anknüpfung an die Erfolgsparameter des Konzerns für Vorstandsmitglieder der Konzernspitze sachgerecht sein, denn in ihren Verantwortungsbereich fällt nicht nur die Führung der Gesellschaft, sondern auch die Leitung und Überwachung der verbundenen Unternehmen3; allerdings darf die Vergütung nicht so ausgestaltet sein, dass durch sie ein Anreiz gesetzt wird, Belange der Obergesellschaft zu vernachlässigen4. Für Vorstandsmitglieder von Tochtergesellschaften hingegen werden Tantiemeregelungen, die überwiegend auf das Konzernergebnis abstellen, verbreitet als problematisch angesehen, weil sie den Tochtervorstand einseitig auf den Erfolg der Mutter motivierten und dadurch mit der Verpflichtung des Tochtervorstands zur eigenverantwortlichen Leitung kollidieren könnten5. Gerade im Aktienrecht mit seinen konzernrechtlichen Schutzvorschriften der §§ 311 ff. 1 Vgl. nur Fuchs, MünchKomm. AktG, § 192 Rn. 73; Hoffmann-Becking, NZG 1999, 798, 803. 2 Näher Krieger, Münchener Hdb. AG, § 63 Rn. 44; Käpplinger/Käpplinger, WM 2004, 712 ff.; Semmer, Repricing – Die nachträgliche Modifikation von Aktienoptionsplänen zugunsten des Managements, 2005, S. 105 ff. 3 Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 42; zu eng Spindler, MünchKomm. AktG, § 87 Rn. 43, der tochterbezogene Vergütungselemente im faktischen Konzern für unzulässig hält, weil dadurch Anreize geschaffen würden, dass die Konzernmutter in unzulässiger Weise Einfluss auf die Tochter ausübe. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 87 Rn. 11; insoweit zutreffend auch Spindler in FS K. Schmidt, 2009, S. 1529, 1536 ff., die Vergütung dürfe nicht so ausgestaltet sein, dass nur das Interesse einer Tochtergesellschaft zu Lasten der Mutter verfolgt werde. 5 OLG München v. 7.5.2008 – 7 U 5618/07, ZIP 2008, 1237, 1239 f. = AG 2008, 593; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 42; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 87 Rn. 11; Spindler in FS K. Schmidt, 2009, S. 1529, 1536 ff.; Tröger, ZGR 2009, 447, 452 ff.; Vollmer in FS Großfeld, 1999, S. 1269, 1279 ff.; abratend auch Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 134. Zur gleichgelagerten Problematik der Einbeziehung von TochterVorständen in Aktienoptionsprogramme der Mutter vgl. den Überblick über den Meinungsstand bei Hüffer, Komm. AktG, § 192 Rn. 20a.
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AktG erscheint das jedoch als überzogen1; das scheint auch die Auffassung des Bundesgerichtshofs zu sein2. Die Verpflichtung des Aufsichtsrats, die Angemessenheit der Gesamtbezüge sicherzustellen (§ 87 AktG), verlangt, geeignete Regelungen zu treffen, um zu verhindern, dass variable Vergütungsbestandteile zu unangemessen hohen Zuflüssen führen können. § 87 Abs. 1 Satz 3 AktG hält den Aufsichtsrat börsennotierter Gesellschaften deshalb an, für außerordentliche Entwicklungen eine Begrenzungsmöglichkeit (Cap) zu vereinbaren. Das kann in Form einer generellen Vereinbarung im Anstellungsvertrag geschehen, es reicht aber auch, einen entsprechenden Vorbehalt bei Zuteilung der Optionen zu vereinbaren oder in die Optionsbedingungen aufzunehmen. Der vom Gesetz vorgesehene Cap betrifft allerdings nur den Fall, dass außerordentliche Entwicklungen eintreten. Dem liegt anscheinend die Vorstellung zugrunde, für normale, vorhersehbare Entwicklungen müsse der Aufsichtsrat schon bei Ausgestaltung der variablen Vergütungselemente dafür sorgen, dass die Zuflüsse keine unangemessene Höhe annehmen könnten. Man wird bezweifeln müssen, ob das stets gewährleistet ist. Wirksamer, und jedenfalls vom Aufsichtsrat zu erwägen, ist die Vereinbarung eines echten „Caps“, also einer ziffernmäßig festgelegten oder berechenbaren Höchstgrenze3, wie sie jetzt auch durch Ziff. 4.2.3 Abs. 2 Satz 6 des Kodex empfohlen wird.
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In die Kategorie der erfolgsabhängigen Vergütungskomponenten fallen auch die in der Praxis verbreiteten Ermessenstantiemen, die dem Vorstand keinen konkreten Zahlungsanspruch, sondern nur einen Anspruch auf pflichtgemäße Ermessensausübung durch den Aufsichtsrat geben. Sie sind besonders geeignet, um bei der Vorstandsvergütung jährlich die persönlichen Leistungen des Vorstandsmitglieds zu berücksichtigen4, werden allerdings zum Teil kritisch gesehen, weil sie die Gefahr begründeten, dass der Vorstand sich zu sehr an den Wünschen des Aufsichtsrats
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1 Rieckers in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 192 Rn. 61a/b; Hüffer, Komm. AktG, § 192 Rn. 20b; Reichert/Balke in FS Hellwig, 2011, S. 285, 291; Goette in FS Hopt, 2010, S. 689, 693 ff. („Brechstangenlösung“); Austmann, ZGR 2009, 277, 289 f.; Habersack in FS Raiser, 2005, S. 111, 118; Martens in FS Ulmer, 2003, S. 399, 416 f.; Krieger, Münchener Hdb. AG, § 63 Rn. 39, jeweils für Aktienoptionsprogramme der Mutter. 2 BGH v. 9.11.2009 – II ZR 154/08, ZIP 2009, 2436, 2437 = AG 2010, 79, der die Frage zwar im Ergebnis offenlässt, zur entgegenstehenden Meinung des OLG München v. 7.5.2008 – 7 U 5618/07, ZIP 2008, 1237, 1239 f. = AG 2008, 593 jedoch die Bemerkung macht, dass es sich hierbei um einen „sich von den Regeln des § 87 AktG a.F. entfernenden Ansatz“ handele. 3 Weitergehend Brauer, NZG 2004, 502, 507; Semler in FS Budde, 1995, S. 599, 610; Hüffer, ZHR 161 (1997), 214, 235; Heins, Die Angemessenheit von Vorstandsbezügen, S. 55 ff., die von einer Verpflichtung zur Festsetzung einer Obergrenze ausgehen; wie hier Bors, Erfolgs- und leistungsorientierte Vorstandsvergütung, S. 82; jede Verpflichtung des Aufsichtsrats ablehnend Grattenthaler, Die Vergütung von Vorstandsmitgliedern in Aktiengesellschaften, S. 74 ff. 4 Näher Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 131.
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ausrichte1. Ermessenstantiemen sind auch im Lichte des MannesmannUrteils (vgl. unten Rn. 408) rechtlich zulässig, wenn sie vertraglich vereinbart sind, weil dann ein Anspruch des Vorstandsmitglied auf sachgerechte Ermessensausübung unter Würdigung der zuvor erbrachten Leistungen besteht2. Demgegenüber ist die häufig vereinbarte Garantietantieme der Sache nach Bestandteil der Festvergütung; dass diese nicht als Teil des Festgehalts gezahlt, sondern als gesonderte Tantieme bezeichnet wird, hat im Allgemeinen den Hintergrund, dass dieser Teil der festen Vergütung bei der Berechnung der Altersversorgungsleistung nicht mit herangezogen werden soll3. 408
Einmalige erfolgsabhängige Vergütungskomponenten können dazu dienen, besondere, einmalige Leistungen zu honorieren, wie die Umsetzung eines bestimmten geschäftlichen Vorhabens, die Erreichung bestimmter Kennzahlen u.ä.4. Sie können im Vorhinein auf der Basis einer Zielvereinbarung festgelegt werden, sind in dieser Form aber wohl noch nicht sehr verbreitet5. In aller Regel ist es aber auch zulässig, sie im Nachhinein auf freiwilliger Basis zu gewähren6. Allerdings kann dem das verfehlte Mannesmann-Urteil des BGH7 entgegenstehen, wenn das Vorstandsamt zeitnah endet. Nach dieser Entscheidung sollen freiwillige Leistungen, auf die das Vorstandsmitglied keinen vertraglichen Anspruch hat, nur dann zulässig sein, wenn ihnen ein angemessener künftiger Vorteil für die Gesellschaft gegenübersteht, zumindest in Form einer Anreizwirkung für das Vorstandsmitglied oder für andere Führungskräfte. Hingegen seien rein belohnende Leistungen an Vorstandsmitglieder unzulässig und als Untreue strafbar8. Eine freiwillige Tantieme kann nach diesen Grundsät1 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 87 Rn. 29. 2 BGH v. 21.12.2005 – 3 StR 470/04, ZIP 2006, 72, 75 = AG 2006, 110 (Mannesmann); Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 87 Rn. 45; Lutter, ZIP 2006, 733, 737. 3 BGH v. 9.5.1994 – II ZR 128/93, NJW-RR 1994, 1055, 1056; OLG Celle v. 29.8.2007 – 3 U 37/07, NZG 2008, 79; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 52. 4 Ringleb in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. DCGK, Rn. 732. 5 Dazu Ringleb in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. DCGK, Rn. 732. 6 Zur Vereinbarkeit mit § 87 Abs. 1 AktG näher Raapke, Die Regulierung der Vergütung, 2012, S. 179 ff.; Poguntke, ZIP 2011, 893, 895 ff. 7 BGH v. 21.12.2005 – 3 StR 470/04, ZIP 2006, 72 = AG 2006, 110 (Mannesmann); ablehnend die ganz überwiegende Literatur, z.B. Hüffer, Komm. AktG, § 87 Rn. 4; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 32; Ringleb in Ringleb/Kremer/ Lutter/v. Werder, Komm. DCGK, Rn. 733; Hoffmann-Becking, NZG 2006, 127 ff.; Dreher, AG 2006, 213 ff.; Spindler, ZIP 2006, 349 ff.; Peltzer, ZIP 2006, 205 ff.; siehe auch schon Fonk, NZG 2005, 248, 250 f.; Marsch-Barner in FS Röhricht, 2005, S. 401, 406; Fleischer, DStR 2005, 1318, 1320 ff.; Kort, NJW 2005, 333, 334; wie der BGH hingegen Martens, ZHR 169 (2005), 124, 131 ff.; Rolshoven, Die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit von Anerkennungsprämien, 2006, S. 86 ff.; Grattenthaler, Die Vergütung von Vorstandsmitgliedern in Aktiengesellschaften, 2007, S. 312 ff. 8 BGH v. 21.12.2005 – 3 StR 470/04, ZIP 2006, 72, 74 = AG 2006, 110 (Mannesmann).
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zen nur gezahlt werden, wenn die Tätigkeit des Vorstandsmitglieds weiter andauert und die Leistung damit eine Anreizwirkung gegenüber dem Vorstandsmitglied entfalten kann, oder wenn die Leistung in einer Form bekannt gemacht wird, dass sie Anreizwirkung gegenüber anderen Führungskräften entfalten kann. Wenn sich der Aufsichtsrat die Möglichkeit offenhalten will, auch an ein ausscheidendes Vorstandsmitglied bei besonderen Leistungen eine freiwillige Prämie zu zahlen, empfiehlt sich deshalb eine entsprechende vertragliche Regelung1, wobei es erforderlich sein wird, die Regelung so auszugestalten, dass sich mit ihr ein Anspruch des Vorstandsmitglieds auf sachgerechte Ermessensausübung verbindet. d) Ruhegehalt, Übergangsgeld Zu den üblichen Leistungszusagen an ausgeschiedene Vorstandsmitglieder gehören Ruhegehaltsregelungen, die für das Vorstandsmitglied und seine Hinterbliebenen Ansprüche auf Alters- und Berufsunfähigkeitsversorgung begründen2. Dabei standen jedenfalls in der Vergangenheit Leistungszusagen („defined benefit“) im Vordergrund, die dem Vorstandsmitglied und seinen Hinterbliebenen für den Eintritt des Versorgungsfalls (Erreichen der Altersgrenze, Invalidität, Tod) eine bestimmte Versorgungsleistung zusagen (verbreitet sind Alters- und Invaliditätsleistungen von 50–60 % der Festbezüge, Witwenrenten von 60 % der Altersrente3 und Waisenrenten von 10–20 % der Altersrente4). Inzwischen nehmen beitragsorientierte Zusagen („defined contribution“) zu, bei denen eine bestimmte jährliche Beitragszahlung festgelegt und vereinbart wird, dass sich bei Eintritt des Versorgungsfalls aus den angesammelten Beitragsleistungen die Höhe der Versorgungsleistung berechnet5. Auch Ruhegehaltszusagen unterliegen als Teil der Gesamtbezüge dem gesetzlichen Angemessenheitsgebot (§ 87 Abs. 1 Satz 4 AktG)6. Ruhegehaltszahlungen müssen überdies rechtzeitig erteilt werden; einer Gewährung oder Aufbesserung von Pensionszusagen erst bei Ausscheiden wird in aller Regel das Mannesmann-Urteil des BGH entgegenstehen (vgl. dazu Rn. 408). Neben der Ausgestaltung und Höhe der Versorgungsleistungen ist darüber 1 So die Empfehlung von Ringleb in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. DCGK, Rn. 733; Peltzer, ZIP 2006, 205, 207; ebenso die inzwischen verbreitete Vertragspraxis, vgl. etwa Hoffmann-Becking, Beck’sches Formularbuch, Form X.13 § 2 Abs. 6 Satz 2. 2 Dazu eingehend Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 236 ff.; Fonk, ZGR 2009, 413 ff.; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 70 ff.; Grattenthaler, Die Vergütung von Vorstandsmitgliedern in Aktiengesellschaften, 2007, S. 254 ff.; Beiner, Vorstandsvertrag, Rn. 353 ff.; Bauer/Baeck/v. Medem, NZG 2010, 721 ff.; Doetsch, AG 2010, 465 ff. 3 Fonk, ZGR 2009, 413, 429 ff.; Doetsch, AG 2010, 465, 467 f., der eine Bandbreite von 40–80 % nennt. 4 Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 87; Doetsch, AG 2010, 465, 468. 5 Näher Fonk, ZGR 2009, 413, 417 ff.; Doetsch, AG 2010, 465, 468. 6 Näher Doetsch, AG 2010, 465, 469 ff.; Bauer/Baeck/v. Medem, NZG 2010, 721, 725 f.
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zu entscheiden, ob die Pensionsverpflichtungen in der Gesellschaft verbleiben oder aus der Bilanz – etwa im Wege des sog. contractual trust arrangements – aus der Bilanz ausgelagert werden sollen1. 410
Neben Pensionszusagen stehen Vereinbarungen, die dem Vorstandsmitglied für den Fall unverschuldeten Ausscheidens ein Übergangsgeld gewähren, zumeist in Höhe der vereinbarten Ruhegeldleistungen („dritter Pensionsfall“)2. Solche Leistungen, die die Zeit bis zum regulären Eintritt in den Ruhestand oder bis zur Aufnahme einer neuen Tätigkeit überbrücken sollen, sind vertretbar, wenn sie von der Erreichung eines bestimmten Lebensalters und/oder einer bestimmten Amtszeit abhängig sind und sich auf einen angemessenen Zeitraum beschränken, sie werden jedoch häufig gegen das Angemessenheitsgebot des § 87 AktG verstoßen, wenn die Zusage selbst bei jüngeren Vorstandsmitgliedern „vom ersten Tag an“ gilt, der Zeitraum nicht begrenzt ist und die Zahlungen für viele Jahre oder gar Jahrzehnte bis zum Eintritt in den Ruhestand geschuldet werden3. Außerdem ist in aller Regel die Anrechnung anderweitigen Einkommens zwingend zu vereinbaren4. Die Vereinbarung einer Abfindungoder Übergangszahlung auch für den Fall einer Abberufung oder Kündigung aus wichtigem Grund ist unwirksam5. e) Abfindungsleistungen an ausscheidende Vorstandsmitglieder
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Im Zusammenhang mit dem Ausscheiden von Vorstandsmitgliedern sind vielfach finanzielle Fragen klärungsbedürftig. Dazu hat der BGH im Mannesmann-Urteil (vgl. oben Rn. 408) den Grundsatz aufgestellt, dass rein belohnende Leistungen an Vorstandsmitglieder unzulässig und als Untreue strafbar seien. Zulässig seien nur solche Leistungen, auf die das Vorstandsmitglied entweder einen vertraglichen Anspruch habe oder denen ein angemessener Vorteil für die Gesellschaft gegenüber stehe, zumindest in Form einer Anreizwirkung für andere Führungskräfte6.
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Bei vorzeitiger Vertragsaufhebung kann nach diesen Grundsätzen als Abfindung ein Betrag gezahlt werden, der sich an den für die restliche Vertragslaufzeit geschuldeten Leistungen der Gesellschaft bemisst. Allerdings wird man neben einer Abzinsung fordern müssen, dass – wenn der 1 Vgl. dazu näher Fonk, ZGR 2009, 413, 416 f., 423 f. 2 Näher Beiner, Vorstandsvertrag, Rn. 386 ff.; Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 243; Redenius-Hövermann, Der Aufsichtsrat 2012, 39. 3 Ebenso Bauer/Baeck/v. Medem, NZG 2010, 721, 725; vgl. auch Redenius-Hövermann, Der Aufsichtsrat 2012, 39 f.; Veltins, Der Aufsichtsrat 2013, 86 f. 4 Beiner, Vorstandsvertrag, Rn. 390; Redenius-Hövermann, Der Aufsichtsrat 2012, 39, 40; Bauer/Baeck/v. Medem, NZG 2010, 721, 725. 5 BGH v. 3.7.2000 – II ZR 282/98, ZIP 2000, 1442 und BGH v. 17.3.2008 – II ZR 239/06, NZG 2008, 471. 6 BGH v. 21.12.2005 – 3 StR 470/04, ZIP 2006, 72, 74 = AG 2006, 110 (Mannesmann); mit Recht ablehnend die ganz h.M. in der Literatur, vgl. oben Rn. 408 Fn. 7.
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Vertrag nicht ohnehin nur noch eine geringe Restlaufzeit hat – ein angemessener Abzug für den Verzicht auf die bei Fortbestand des Vertrages geschuldete Anrechnung anderweitigen Einkommens (§ 615 Satz 2 BGB) gemacht wird1. Eine Abfindung, die über eine volle Abgeltung der vertraglichen Ansprüche für die restliche Vertragslaufzeit hinausgeht, ist vor dem Hintergrund der Mannesmann-Entscheidung nur in Ausnahmefällen denkbar2, insbesondere dann, wenn der Vertrag einen entsprechenden Abfindungsanspruch gewährt. Ziff. 4.2.3 Abs. 4 des Kodex empfiehlt, bei Abschluss von Vorstandsverträgen darauf zu achten, dass Zahlungen bei vorzeitiger Beendigung der Vorstandstätigkeit ohne wichtigen Grund den Wert von zwei Jahresvergütungen nicht überschreiten (Abfindungs-Cap) und nicht mehr als die Restlaufzeit des Vertrages vergüten. Für die Berechnung empfiehlt der Kodex, „auf die Gesamtvergütung des abgelaufenen Geschäftsjahres und ggf. auch auf die voraussichtliche Gesamtvergütung für das laufende Geschäftsjahr“ abzustellen. Technisch lässt sich der Abfindungs-Cap für Fälle, in denen ein wichtiger Grund zum Widerruf der Bestellung besteht, durch eine Koppelungs- oder Kündigungsklausel im Anstellungsvertrag umsetzen, die vorsieht, dass bei Beendigung der Bestellung auch der Anstellungsvertrag endet oder ordentlich gekündigt werden kann und das Vorstandsmitglied in diesem Fall einen Abfindungsanspruch hat, sofern nicht ein wichtiger Grund zur Kündigung des Anstellungsvertrages vorliegt3. Fehlt ein wichtiger Abberufungsgrund, hilft eine solche Klausel jedoch nicht, solange nicht das Vorstandsmitglied bereit ist, einvernehmlich zu diesen Konditionen auszuscheiden4. Change of Control-Klauseln sehen zumeist vor, dass das Vorstandsmitglied im Falle einer (im Detail definierten) Übernahme der Gesellschaft das Recht hat, seine Vorstandstätigkeit vorzeitig zu beenden und unter Erhalt einer Abfindung auszuscheiden5. Solche Regelungen sollen sicherstellen, dass Vorstandsmitglieder bei einer Übernahmesituation ihr Verhalten ohne Sorge um die eigene wirtschaftliche Lage ausschließlich am Interesse des Unternehmens und seiner Aktionäre ausrichten können6. Sie sind, solange sich die geldwerten Leistungen im Rahmen des Ange1 Hoffmann-Becking, ZIP 2007, 2101, 2104; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 53. 2 Hoffmann-Becking, ZIP 2007, 2101, 2104; Lutter, ZIP 2006, 733, 737; Spindler, MünchKomm. AktG, § 87 Rn. 67 ff.; Kort, Großkomm. AktG, § 87 Rn. 340; großzügiger noch Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 358. 3 Vgl. dazu Lutter, BB 2009, 1874, 1875 f.; Bauer/Arnold, BB 2008, 1692, 1695 f.; Hohenstatt/Willemsen, NJW 2008, 3462, 3463 ff.; Hoffmann-Becking, ZIP 2007, 2101, 2106. 4 Näher Hoffmann-Becking, ZIP 2007, 2101, 2106; Bauer/Arnold, BB 2007, 1793, 1794 f.; Dorrwächter/Trafkowski, NZG 2007, 846, 848 ff. 5 Näher Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 55; Korts, BB 2009, 1876; Hoffmann-Becking, ZIP 2007, 2101, 2103 f.; Dorrwächter/Trafkowski, NZG 2007, 846, 847; Dreher, AG 2002, 214, 217 ff.; Beiner, Vorstandsvertrag, Rn. 348 f. 6 Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 55; Hoffmann-Becking, ZIP 2007, 2101, 2103; Dreher, AG 2002, 214, 216 f.; Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch
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messenen bewegen, rechtlich unbedenklich1. Das ist auch dann nicht anders, wenn eine Change of Control-Klausel in Erwartung eines konkreten Übernahmeversuchs abgeschlossen wird, denn ihr Zweck, die Unabhängigkeit des Vorstands zu sichern, ist auch dann noch erreichbar2. Als Abfindung ist häufig die Abgeltung der Ansprüche für die restliche Vertragslaufzeit und eine Zusatzzahlung von ein bis zwei Jahresbezügen vorgesehen3. Ziff. 4.2.3 Abs. 5 des Kodex empfiehlt hierzu, dass die Leistungszusage aus einer Change of Control-Klausel 150 % des AbfindungsCaps nach Abs. 4 (vgl. oben Rn. 412) nicht übersteigen soll, d.h. sie soll auf insgesamt max. drei Jahresbezüge beschränkt sein4. f) Herabsetzung der Bezüge 414
Nach § 87 Abs. 2 AktG soll der Aufsichtsrat die Bezüge der Vorstandsmitglieder auf die angemessene Höhe herabsetzen, wenn sich die Lage der Gesellschaft nach der Festsetzung so verschlechtert, dass die Weitergewährung der Bezüge unbillig wäre5. Nach der Gesetzesbegründung liegt eine Verschlechterung der Lage vor, wenn die Gesellschaft in die Insolvenz oder in die Krise gerät oder Entlassungen oder Lohnkürzungen vornehmen muss und keine Gewinne mehr ausschütten kann6. Die zuletzt genannten Kriterien sind allerdings zweifelhaft und problematisch7. Tatsächlich wird man an die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft anzuknüpfen und eine krisenhafte Situation des Unternehmens als Vo-
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für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 178; Dorrwächter/Trafkowski, NZG 2007, 846, 847. Hüffer, Komm. AktG, § 87 Rn. 4b; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 87 Rn. 53; Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 178 ff.; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 55; Kort, AG 2006, 106, 108; Dreher, AG 2002, 214, 216 f.; a.A. Lutter, ZIP 2006, 733, 736; Martens, ZHR 169 (2005), 124, 143, die die Zusage einer Abfindung in der Change of Control-Klausel für unangemessen und unzulässig ansieht. Überzeugend Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 87 Rn. 86; Hoffmann-Becking, ZHR 169 (2005), 155, 171; wohl auch Weber in Hölters, Komm. AktG, § 87 Rn. 45; a.A. Spindler, MünchKomm. AktG, § 87 Rn. 84; Spindler in FS Hopt, 2010, Bd. 1, S. 1407, 1428 f.; Spindler in FS K. Schmidt, 2009, S. 1529, 1546; Kort, Großkomm. AktG, § 87 Rn. 366; Kort, AG 2006, 106, 108; unklar Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 87 Rn. 53. Näher Hoffmann-Becking, ZIP 2007, 2101, 2104; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 55; enger Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 182; Kort, AG 2006, 106, 107; zu eng Spindler in FS K. Schmidt, 2009, S. 1529, 1545 f., der höchstens die Abgeltung der restlichen Gehaltszahlungen für zulässig hält. Vgl. hierzu Hoffmann-Becking, ZIP 2007, 2101, 2106 f. Eingehend Oetker, ZHR 175 (2011), 527. Begr. des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum VorstAG, BT-Drucks. 16/12278, S. 6. Vgl. nur Ihrig/Wandt/Wittgens, ZIP 2012, Beilage zu Heft 40, S. 20; HoffmannBecking/Krieger, NZG 2009, Beilage zu Heft 26, Rn. 32; Bauer/Arnold, AG 2009, 717, 725; Fleischer, NZG 2009, 801, 804; Hohenstatt, ZIP 2009, 1349, 1352; Thüsing, AG 2009, 517, 522.
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raussetzung für eine Herabsetzung zu fordern haben1. Unbillig ist die ungekürzte Weitergewährung der Vorstandsvergütung nach der Fraktionsbegründung immer dann, wenn der fragliche Vorstand pflichtwidrig gehandelt hat, liegt kein Pflichtenverstoß vor, so soll eine Unbilligkeit trotzdem in Betracht kommen, wenn die Verschlechterung der Lage der Gesellschaft in die Amtszeit des fraglichen Vorstandsmitglieds fällt und ihm zurechenbar ist2. Da es sich bei § 87 Abs. 2 AktG um eine Soll-Vorschrift handelt, kann der Aufsichtsrat bei Vorliegen besonderer Umstände von einer Herabsetzung absehen3. Ein solcher Umstand kann auch darin liegen, dass die Gesellschaft auf das Vorstandsmitglied in besonderem Maße angewiesen ist und bei einer Herabsetzung der Vorstandsvergütung die Gefahr bestünde, dass das Vorstandsmitglied von seinem Kündigungsrecht aus § 87 Abs. 2 Satz 4 AktG Gebrauch macht4. Die Herabsetzung ist rückgängig zu machen, wenn die Verschlechterung der Gesellschaftslage entfallen ist5. § 87 Abs. 2 AktG erlaubt es nicht, die Vergütung für die Vergangenheit herabzusetzen, sondern das Herabsetzungsrecht beschränkt sich auf künftige Bezüge. Auf Ruhegehalt, Hinterbliebenenbezüge und Leistungen verwandter Art erstreckt sich das Herabsetzungsrecht ebenfalls, allerdings mit der Maßgabe, dass diese Leistungen nur in den ersten drei Jahren nach Ausscheiden aus der Gesellschaft herabgesetzt werden können (§ 87 Abs. 2 Satz 2 AktG). Die Regelung ist – auch im Hinblick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG – sehr problematisch, weil sie in bereits verdiente Leistungen im Nachhinein eingreift6. Man wird eine Herabsetzung von Versorgungszahlungen daher allenfalls unter erhöhten Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal der Unbilligkeit zulassen können7. Gleiches muss für die Herabsetzung bereits verdienter Versorgungsan1 Ihrig/Wandt/Wittgens, ZIP 2012, Beilage zu Heft 40, S. 20; Bauer/Arnold, AG 2009, 717, 725; vgl. auch OLG Karlsruhe v. 24.11.2011 – 9 U 18/11, AG 2012, 464, 465 f. 2 Begr. des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum VorstAG, BT-Drucks. 16/12278, S. 6; anders Klöhn, ZGR 2012, 1, 22 ff., der zusätzlich verlangen will, dass die Vergütungsstruktur gegen § 87 Abs. 1 Satz 2 AktG verstößt, d.h. nicht auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung ausgerichtet ist. 3 Bericht des Rechtausschusses zum Fraktionsentwurf des VorstAG, BT-Drucks. 16/13433, S. 10. 4 DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2009, 612, 614; Oetker, ZHR 175 (2011), 527, 540, 545 ff. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 87 Rn. 9a; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 87 Rn. 98, 104; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 87 Rn. 73; Oetker, ZHR 175 (2011), 527, 550 f.; Dauner-Lieb, NZG 2010, 688, 689 ff. 6 Vgl. nur DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2009, 612, 614; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 87 Rn. 105; Hüffer, Komm. AktG, § 87 Rn. 9a; Reichert/ Ullrich in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1017, 1031 f.; a.A. Weller, NZG 2010, 7, 9 ff. 7 Hüffer, Komm. AktG, § 87 Rn. 9b (nur in existenziellen Notlagen der Gesellschaft); Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 87 Rn. 22; Dauner-Lieb in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 87 AktG Rn. 42.
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wartschaften gelten1, während zukünftige Anwartschaftserhöhungen unter § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG fallen. Erhebliche ungeklärte Rechtsprobleme verbinden sich darüber hinaus mit der Frage der Herabsetzbarkeit von Abfindungszusagen und bereits geleisteten Abfindungen, wenn damit künftige Vergütungsansprüche abgegolten wurden2. 416
Zuständig für die Herabsetzung ist der Aufsichtsrat; das gilt auch in der Insolvenz der Gesellschaft3. Er entscheidet durch Beschluss. Wie alle Vergütungsentscheidungen ist auch diese zwingend dem Plenum vorbehalten und kann nicht einem Ausschuss übertragen werden (§§ 107 Abs. 3 Satz 3, 87 Abs. 1 AktG). Der Aufsichtsrat ist im Rahmen der seinen Mitgliedern obliegenden Sorgfalt (§ 116 AktG) gehalten, sich bei einer Verschlechterung der Situation der Gesellschaft mit der Frage einer Herabsetzung der Vorstandsbezüge zu befassen. Unterlässt er dies, setzt er sich dem Risiko der Schadensersatzhaftung aus4. Seine Entscheidung unterfällt jedoch aufgrund ihres unternehmerischen Charakters der Business Judgement Rule5. Die Abwägungen des Aufsichtsrats sollten stets sorgfältig dokumentiert werden. g) Vergütungsleistungen durch Dritte
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In der Praxis finden sich Vergütungszusagen, die nicht die Gesellschaft, sondern Dritte dem Vorstandsmitglied machen. Das kann zum einen der Fall sein, wenn der gesamte Anstellungsvertrag nicht mit der Gesellschaft, sondern mit Dritten geschlossen werden soll, wie es innerhalb von Konzernverhältnissen und bei Einsatz von Interim-Managern im Vorstand anzutreffen ist; vgl. dazu unten Rn. 437. Zum anderen gibt es Vereinbarungen mit Aktionären, die Vorstandsmitgliedern selbständige Zahlungszusagen unabhängig vom Anstellungsvertrag machen. Die Muttergesellschaft im Konzern mag für das Erreichen bestimmter Ziele Prämien aussetzen, Finanzinvestoren haben häufig ein Interesse, dem Vorstand Boni für den Fall in Aussicht zu stellen, dass es ihnen mit Unterstützung des Vorstands gelingt, ihre Beteiligung zu einem späteren Zeitpunkt gewinnbringend zu veräußern usw. Solche Drittvergütungen sind rechtlich unter verschiedenen Aspekten problematisch6. Ähnlich wie bei erfolgsabhängigen Vergütungselementen, die sich nicht am Erfolg der Gesellschaft, sondern am Erfolg der Mutter orientieren (vgl. oben 1 Diller, NZG 2009, 1006, 1008; Jaeger/Balke, ZIP 2010, 1471, 1476 f. 2 Vgl. dazu eingehend Krieger in Liber amicorum M. Winter, 2011, S. 371; Jaeger, NZA 2010, 128, 133 ff.; Diller, NZG 2009, 1006, 1009; Hüffer, Komm. AktG, § 87 Rn. 9c. 3 Schwennicke in Grigoleit, Komm. AktG, § 87 Rn. 39; a.A. Göcke/Greubel, ZIP 2009, 2086, 2087 f., die den Insolvenzverwalter für zuständig ansehen. 4 Vgl nur Oetker, ZHR 175 (2011), 527, 549. 5 Vgl. nur Bauer/Arnold, AG 2009, 717, 731; etwas enger Oetker, ZHR 175 (2011), 527, 539 ff. 6 Unter moralischen Aspekten mahnend Peltzer/Uwe H. Schneider, Der Aufsichtsrat 2007, 33.
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Das Anstellungsverhältnis
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Rn. 405), kann man zunächst die Frage aufwerfen, ob sie mit dem eigenverantwortlichen Leitungsauftrag des Vorstands in Konflikt stehen. Insoweit sind Drittvergütungen aber jedenfalls dann unproblematisch, wenn die Zielvorgaben, von deren Erreichen die Vergütungsleistung abhängt, mit dem Unternehmensinteresse der Gesellschaft in Einklang oder jedenfalls nicht in Konflikt stehen1. Schwieriger zu beantworten ist die Frage, ob die Vereinbarung einer Drittvergütung der Zustimmung des Aufsichtsrats bedarf. Das wird man in der Tat annehmen müssen2. Zwar wird das Vermögen der Gesellschaft durch Drittvergütungen nicht berührt, es handelt sich aber – auch im Falle des Vertrags- oder Eingliederungskonzerns – um einen Eingriff in die Kompetenz des Aufsichtsrats zur Festlegung der Vergütungsstruktur3. Außerdem begibt sich das Vorstandsmitglied, das sich eine Drittvergütung zusagen lässt, in einen potentiellen Interessenkonflikt, dem nicht allein durch Offenlegung (vgl. unten Rn. 418 sowie Ziff. 4.3.4 Satz 1 des Kodex) beizukommen ist4. Es liegt vielmehr näher, es als vertragliche Nebenpflicht der Vorstandsmitglieder anzusehen, Vergütungszusagen Dritter nicht ohne Zustimmung des Aufsichtsrats zu akzeptieren. In die Angemessenheitsprüfung nach § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG sind Drittbezüge hingegen nicht einzubeziehen; vgl. oben Rn. 396. h) Offenlegung der Bezüge Im Anhang zum Jahres- und zum Konzernabschluss sind die Gesamtbezüge der Mitglieder des Vorstands (Gehälter, Gewinnbeteiligungen, Bezugsrechte, sonstige aktienbasierte Vergütungen, Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte, Provisionen und Nebenleistungen jeder Art) sowie die Gesamtbezüge der früheren Mitglieder des Vorstands (Abfindungen, Ruhegehälter, Hinterbliebenenbezüge und Leistungen verwandter Art) anzugeben (§§ 285 Nr. 9 lit. a und b, 314 Abs. 1 Nr. 6a und b HGB). Bei einer börsennotierten Aktiengesellschaft sind zusätzlich unter Namensnennung die Bezüge jedes einzelnen Vorstandsmitglieds aufzuführen, und zwar aufgeteilt nach erfolgsunabhängigen und erfolgsbezogenen Komponenten sowie Komponenten mit langfristiger Anreizwirkung (§§ 285 Nr. 9 lit. a Satz 5, 314 Abs. 1 Nr. 6 lit. a Satz 5 HGB). Individualisierte Angaben sind darüber hinaus in Bezug auf Leistungen bei Vertragsbeendigung zu machen (§§ 285 Nr. 9 Buchst. a Satz 6, 314 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a Satz 6 HGB). Die Offenlegungspflicht erstreckt sich überdies auf Leistungen, die dem einzelnen Vorstandsmitglied im Hinblick auf 1 Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 195 ff.; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767; Bauer/ Arnold, DB 2006, 260, 265; a.A. Thüsing in Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 4 Rn. 68; wohl auch Spindler in FS Hopt, 2010, Bd. 1, S. 1407, 1420 ff., 1425 ff. 2 Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 198 f.; Thüsing in Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 4 Rn. 68; Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 265; a.A. Traugott/Grün, AG 2007, 761, 768. 3 Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 198 f.; a.A. Traugott/Grün, AG 2007, 761, 768; für den Fall des Vertrags- oder Eingliederungskonzerns a.A. auch Hommelhoff in FS Goette, 2011, S. 169, 171 ff. 4 So aber Traugott/Grün, AG 2007, 761, 768.
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sein Vorstandsmandat von einem Dritten zugesagt oder gewährt worden sind (§§ 285 Nr. 9 lit. a Satz 7, 314 Abs. 1 Nr. 6 lit. a Satz 7 HGB). Das wird, entsprechend dem Gesetzeszweck, mögliche Interessenkonflikte deutlich zu machen1, allerdings nur insoweit gelten können, wie die Drittleistung geeignet ist, einen Interessenkonflikt zu begründen2; auch wenn es an der Gefahr eines Interessenkonflikts fehlt, sind Drittvergütungen allerdings offenzulegen, wenn sie letztlich von der Gesellschaft getragen werden3. Die Hauptversammlung kann jeweils für fünf Jahre und mit einer Mehrheit von mindestens 75 % des vertretenen Grundkapitals beschließen, von einer individualisierten Veröffentlichung der Bezüge nach §§ 285 Nr. 9 lit. a Satz 5–8, 314 Abs. 1 Nr. 6 lit. a Satz 5–8 HGB abzusehen (§§ 286 Abs. 5, 314 Abs. 2 Satz 2 HGB). In der Praxis ist diese Möglichkeit des „opting out“ von geringer Bedeutung. 419
Neben den Vergütungsangaben im (Konzern-)Anhang soll bei börsennotierten Aktiengesellschaften auch der Lagebericht und der Konzernlagebericht die Grundzüge des Vergütungssystems schildern; dann können die Angaben im (Konzern-)Anhang (oben Rn. 418) unterbleiben, soweit sie im (Konzern-)Lagebericht gemacht werden (§§ 289 Abs. 2 Nr. 5 Satz 2, 315 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 HGB). Ergänzend zu den gesetzlichen Veröffentlichungspflichten empfiehlt Ziff. 4.2.5 des Kodex, als Teil des Lageberichts einen Vergütungsbericht zu erstatten, der eine allgemein verständliche Schilderung des Vergütungssystems mit einer Vielzahl individualisierter Angaben umfassen und dabei Mustertabellen verwenden soll, die die Vergleichbarkeit der Vergütung im Zeitverlauf und zu anderen Unternehmen gewährleisten sollen. Für die Praxis empfiehlt es sich, die gesamten Vergütungsangaben in den als Teil des Lageberichts erstatteten Vergütungsbericht aufzunehmen. i) Vergütungsvotum der Hauptversammlung
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Nach der Empfehlung in Ziff. 4.2.3 Abs. 6 des Kodex soll der Vorsitzende des Aufsichtsrats in der Hauptversammlung einmalig über die Grundzüge des Vergütungssystems und deren Veränderung informieren. Es bedarf dieses mündlichen Berichts in der Hauptversammlung also nicht jedes Jahr, sondern nach erstmaliger Berichterstattung ist in Folgejahren in der Hauptversammlung nur noch über Veränderungen zu berichten.
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Durch das VorstAG wurde darüber hinaus § 120 Abs. 4 AktG eingeführt, wonach die Hauptversammlung der börsennotierten Gesellschaft über die Billigung des Systems zur Vergütung der Vorstandsmitglieder beschließen kann. Es handelt sich dabei um einen unverbindlichen Beschluss, der nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung weder Rech1 Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum VorstOG BT-Drucks. 15/5860, S. 10. 2 Grottel, BeckBilKomm., § 285 HGB Rn. 191; Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 200; Leuering/Simon, NZG 2005, 945, 947. 3 Krieger in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 711, 725.
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te noch Pflichten begründet (§ 120 Abs. 4 Satz 2 AktG) und überdies nicht nach § 243 AktG angefochten werden kann (§ 120 Abs. 4 Satz 3 AktG). Der Zweck der Regelung besteht darin, das Angemessenheitsgebot nicht nur durch die Veröffentlichung der Vorstandsvergütung, sondern zusätzlich durch die Möglichkeit eines förmlichen Vergütungsvotums der Hauptversammlung abzusichern. Zum Verfahren der Beschlussfassung gibt es eine Reihe von Zweifelsfragen1. In der Praxis haben die größeren Gesellschaften nach Inkrafttreten der Regelung Vergütungsvoten eingeholt, wobei die Hauptversammlungen in aller Regel das Vergütungssystem des Vorstands gebilligt haben2. Seither wird das Vergütungsvotum nicht jährlich eingeholt, sondern jeweils nur dann, wenn sich Änderungen am Vergütungssystem ergeben haben. Zu den zuletzt aktuellen rechtspolitischen Vorhaben gehörte es, das bislang unverbindliche Vergütungsvotum der Hauptversammlung aufzuwerten und für börsennotierte Gesellschaften eine verbindliche jährliche Beschlussfassung der Hauptversammlung über das vom Aufsichtsrat vorzulegende System der Vorstandsvergütung vorzuschreiben. Der Deutsche Bundestag hatte dazu am 27.6.2013 einen Gesetzesbeschluss3 gefasst, das Gesetz kam jedoch wegen Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat in der letzten Legislaturperiode nicht mehr zustande. Danach sollte § 120 Abs. 4 AktG wie folgt gefasst werden: „(4) Die Hauptversammlung der börsennotierten Gesellschaft beschließt jährlich über die Billigung des vom Aufsichtsrat vorgelegten Systems zur Vergütung der Vorstandsmitglieder. Die Darstellung des Systems hat auch Angaben zu den höchstens erreichbaren Gesamtbezügen, aufgeschlüsselt nach dem Vorsitzenden des Vorstands, dessen Stellvertreter und einem einfachen Mitglied des Vorstands, zu enthalten. Der Beschluss berührt nicht die Wirksamkeit der Vergütungsverträge mit dem Vorstand; er ist nicht nach § 243 anfechtbar.“
Der Aufsichtsrat hätte danach zwingend jedes Jahr die Hauptversammlung mit dem Vergütungssystem befassen und die vorgesehenen Angaben zu den erreichbaren Höchstbezügen machen müssen4. Das Recht der Hauptversammlung sollte sich wie bisher darauf beschränken, das vom
1 Vgl. dazu Hüffer, Komm. AktG, § 120 Rn. 21; Schick, ZIP 2011, 593, 598; v. Falkenhausen/Kocher, AG 2010, 623, 625 f.; Hoffmann-Becking/Krieger, Beilage zu NZG Heft 26/2009, Rn. 83 ff. 2 Vgl. zu den Erfahrungen mit dem Vergütungsvotum näher v. Falkenhauser/Kocher, AG 2010, 623 ff. 3 Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestags vom 27.6.2013 zu einem „Gesetz zur Verbesserung der Kontrolle der Vorstandsvergütung und zur Änderung weiterer aktienrechtlicher Vorschriften (VorstKoG)“, BR-Drucks. 637/13. 4 Dabei hätte es dem Zweck der Vorschrift genügt, den Punkt jeweils in die Tagesordnung der ordentlichen Hauptversammlung aufzunehmen, auch wenn seit der letzten ordentlichen Hauptversammlung mehr als ein Jahr vergangen wäre; vgl. Verse, NZG 2013, 921, 922; Wagner, BB 2013, 1731, 1732; a.A. Ziemons, GWR 2013, 283, 284, die die Einhaltung eines Zwölfmonatszeitraums als erforderlich ansah.
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Aufsichtsrat vorgelegte Vergütungssystem1 zu billigen oder abzulehnen, die Hauptversammlung sollte also nicht berechtigt sein, ein geändertes System oder andere Vergütungshöchstbeträge zu beschließen2. Anders als nach geltendem Recht sollte der Hauptversammlungsbeschluss jedoch verbindlich sein3, wobei der Umfang der Bindungswirkung und die genauen Rechtsfolgen eines zustimmenden oder ablehnenden Hauptversammlungsbeschlusses unklar blieben4. Es bleibt abzuwarten, ob die Gesetzesvorlage in der neuen Legislaturperiode erneut eingebracht wird5. 4. Beendigung und Änderung des Vertrages a) Verhältnis zum Widerruf der Bestellung 423
Die Beendigung des Anstellungsvertrages richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften (§ 84 Abs. 3 Satz 5 AktG). Neben der Befristung des Vertrages sind dabei insbesondere der Abschluss von Aufhebungsverträgen und die Kündigung von Bedeutung6.
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Der Widerruf der Bestellung führt grundsätzlich nicht zur Beendigung des Vertrages, sondern lässt das Anstellungsverhältnis unberührt. Es ist jedoch zulässig, durch eine sog. „Koppelungsklausel“ im Anstellungsvertrag die automatische Beendigung des Dienstvertrages (auflösende Bedingung) bei Beendigung der Organstellung zu vereinbaren7. Fehlt es 1 Zu der Frage, ob sich damit eine Verpflichtung des Aufsichtsrats verbunden hätte, ein Vergütungssystem zu entwickeln und Vergütungshöchstgrenzen zu vereinbaren, vgl. Verse, NZG 2013, 921, 923: Pflicht zur Vereinbarung von Höchstbeträgen; Wagner, BB 2013, 1731, 1732, 1733: Pflicht zur Ausarbeitung eines Vergütungssystems, jedoch keine Pflicht zur Einführung eines Vergütungscaps; Löbbe/Fischbach, WM 2013, 1625, 1628 f.: Verzicht auf Vergütungssystem und Höchstgrenzen zulässig, aber der Hauptversammlung zur Billigung vorzulegen. 2 Verse, NZG 2013, 921, 923; Löbbe/Fischbach, WM 2013, 1625, 1630; Leuering/ Rubner, NJW-Spezial 2013, 335. 3 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 17/14214, S. 22; Verse, NZG 2013, 921, 923; Löbbe/Fischbach, WM 2013, 1625, 1631. 4 Zur Bindung an ein gebilligtes Vergütungssystem ausführlich Löbbe/Fischbach, WM 2013, 1625, 1632 ff.; Verse, NZG 2013, 921, 923; Wagner, BB 2013, 1731, 1734 f.; Sünner, CCZ 2013, 169, 171; Leuering/Rubner, NJW-Spezial 2013, 335; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 17/14214, S. 22. Zum Handlungsspielraum des Aufsichtsrats bei abgelehntem Vergütungssystem ebenfalls ausführlich Löbbe/Fischbach, WM 2013, 1625, 1631 f., 1636; Verse, NZG 2013, 921, 926; Wagner, BB 2013, 1731, 1735 f.; Sünner, CCZ 2013, 169, 171 f.; Ziemons, GBR 2013, 283, 284 f.; Leuering/Rubner, NJW-Spezial 2013, 335, 336. 5 Vgl. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 27.11.2013, S. 17: Über die Vorstandsvergütung soll künftig die Hauptversammlung auf Vorschlag des Aufsichtsrats entscheiden. 6 Zu sonstigen Beendigungsgründen vgl. Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 128 f. 7 BGH v. 29.5.1989 – II ZR 220/88, ZIP 1989, 1190, 1191 f. = AG 1989, 437 m.w.N.; OLG Saarbrücken v. 8.5.2013 – 1 U 154/12-43, GmbHR 2013, 758, 759 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 40; differenzierend Bauer/Diller, GmbHR 1998, 809,
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daran, bedarf es zur Beendigung des Anstellungsvertrages einer gesonderten Kündigung oder Aufhebungsvereinbarung. Allerdings wird im Bestellungswiderruf im Zweifel zugleich eine konkludente außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages liegen1, so wie umgekehrt in einer Vertragskündigung im Zweifel zugleich konkludent ein Widerruf der Bestellung liegen wird2. Solange der Anstellungsvertrag nicht beendet ist, bestehen die schuldrechtlichen Rechte und Pflichten, insbesondere der Vergütungsanspruch, fort3. Das Vorstandsmitglied muss sich allerdings gemäß § 615 Satz 2 BGB anderweitigen oder böswillig unterlassenen Erwerb anrechnen lassen4 und kann verpflichtet sein, auf Verlangen eine zumutbare andere Position im Unternehmen zu akzeptieren5; es hat hingegen keinen Anspruch darauf, für die restliche Dauer des Anstellungsvertrages unterhalb der Vorstandsebene weiter tätig zu bleiben6. Endet die Bestellung, ohne dass in nahem zeitlichem Zusammenhang auch das Anstellungsverhältnis beendet wird, kann sich dieses unter Umständen in ein normales Arbeitsverhältnis umwandeln. Das ist aber nur anzunehmen, wenn Einigkeit erzielt wird, dass das betroffene Vorstandsmitglied als Arbeitnehmer für die Gesellschaft tätig bleiben soll. Solange die Wirksamkeit der Abberufung im Streit ist, ist das nicht der Fall. Es reicht auch nicht aus, wenn das Vorstandsmitglied nach Abberufung unter Fortzahlung seiner Bezüge freigestellt wird7. Durch die Vereinbarung, das Anstellungsverhältnis als Arbeitsverhältnis fortzusetzen, darf überdies kein wirtschaftlicher Zwang
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810 ff. Die Beendigung des Dienstvertrages tritt dann allerdings erst mit Ablauf der Frist nach § 622 Abs. 1 u. 2 BGB ein: BGH v. 29.5.1989 – II ZR 220/88, ZIP 1989, 1190, 1192 f. = AG 1989, 437. BGH v. 29.3.1973 – II ZR 20/71, WM 1973, 639; OLG Hamburg v. 28.6.1991 – 11 U 148/90, GmbHR 1992, 43, 48; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 152; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 103. Vgl. etwa BGH v. 24.11.1980 – II ZR 182/79, BGHZ 79, 38, 41 f. = AG 1981, 73; BGH v. 11.7.1953 – II ZR 126/52, NJW 1953, 1465; OLG Düsseldorf v. 13.7.1979 – 8 U 132/78, BB 1979, 1314, 1315; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 103; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 104. Vgl. etwa BGH v. 8.12.1977 – II ZR 219/75, WM 1978, 109, 110; BGH v. 24.11.1980 – II ZR 182/79, WM 1981, 30 = AG 1981, 73; BGH v. 13.2.1984 – II ZR 2/83, WM 1984, 532 = AG 1984, 266; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 103. BGH v. 9.2.1978 – II ZR 189/76, WM 1978, 319, 320; Säcker, BB 1979, 1321, 1325 m.w.N. BGH v. 14.7.1966 – II ZR 212/64, GmbHR 1966, 277; vgl. auch BGH v. 9.2.1978 – II ZR 189/76, WM 1978, 319, 320; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 30. BGH v. 11.10.2010 – II ZR 266/08, ZIP 2011, 122 = GmbHR 2011, 82 Tz. 9 f.; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 29; Goette in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 353, 358 f.; Uwe H. Schneider/Hohenstatt in Scholz, Komm. GmbHG, § 35 Rn. 409; a.A. Leuchten, GmbHR 2001, 750. Vgl. zu diesen Fragen näher BGH v. 4.10.1973 – II ZR 130/71, WM 1973, 1320, 1321 f.; BGH v. 13.2.1984 – II ZR 2/83, WM 1984, 532, 533 = AG 1984, 266; BAG v. 25.6.1997 – 5 AZB 41/96, GmbHR 1997, 837, 838; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 29; Bauer, DB 1992, 1413, 1421.
203
425
§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
erzeugt werden, der den Aufsichtsrat von einer an sich notwendigen Abberufung abhalten könnte; eine von vornherein getroffene Abrede, dass sich das Anstellungsverhältnis bei seiner Beendigung in einen unbefristeten Anstellungsvertrag zu gleichen Konditionen umwandelt, kann deshalb wegen Umgehung von § 84 Abs. 1 AktG nichtig sein1. Tritt eine Umwandlung in ein Arbeitsverhältnis ein, hat dies unter anderem zur Folge, dass für eine spätere Kündigung nicht mehr der Aufsichtsrat, sondern der Vorstand zuständig ist2. b) Zuständigkeitsfragen 426
Auch für die Beendigung des Anstellungsvertrages durch Kündigung seitens der Gesellschaft oder Abschluss eines Aufhebungsvertrags ist ausschließlich der Aufsichtsrat zuständig (§ 112 AktG). Das gilt auch, wenn der Aufhebungsvertrag zwecks Wechsels vom Vorstand in den Aufsichtsrat geschlossen und dem ausscheidenden Vorstandsmitglied eine Abfindung für die vorzeitige Beendigung des Anstellungsvertrags gewährt wird; auch in diesem Fall ist für die Abfindungsentscheidung nicht etwa analog § 113 Abs. 1 AktG die Hauptversammlung zuständig3. Er kann die Entscheidung einem Ausschuss übertragen, allerdings nur in Grenzen: Zum einen darf ein Ausschuss nicht durch Beendigung des Anstellungsvertrags die ausschließliche Plenarkompetenz zum Widerruf der Bestellung unterlaufen; zur Kündigung oder Aufhebung des Vertrages ist ein Ausschuss daher erst in der Lage, wenn zuvor vom Plenum die Bestellung beendet wurde4. Zum anderen bedarf es einer Entscheidung des Plenums, soweit im Rahmen einer Aufhebungsvereinbarung – wie üblich – Ermessensentscheidungen über die Behandlung vertraglicher Vergütungsansprüche zu treffen sind (§ 107 Abs. 3 Satz 3, 87 Abs. 1 AktG)5; insoweit kann ein Ausschuss also nur vorbereitende Verhandlungen über die Ausscheidensbedingungen führen, die abschließende Entscheidung trifft jedoch das Plenum. Zur Abgabe der nötigen Willenserklärungen (Kündigungserklärung, Abschluss des vom Aufsichtsrat beschlossenen Aufhebungsvertrags) können auch einzelne Aufsichtsratsmitglieder oder Dritte (z.B. andere Vorstandsmitglieder) bevollmächtigt werden6. Bei einer Vollmacht zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags muss der wesentliche Inhalt vom Plenum oder Ausschuss festgelegt sein, die genaue Ausformulierung des Vertragstextes kann jedoch dem Bevollmächtigten überlassen bleiben (vgl. unten Rn. 444). Zur Frage, ob der Aufsichtsratsvorsitzende zur Ver1 BAG v. 26.8.2009 – 5 AZR 522/08, WM 2009, 2387, 2389 f. = AG 2009, 827. 2 BGH v. 4.10.1973 – II ZR 130/71, WM 1973, 1320, 1322; BGH v. 27.3.1995 – II ZR 140/93, NJW 1995, 1750, 1751; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 30. 3 Dreher in FS K. Schmidt, 2009, S. 233, 238 ff. 4 BGH v. 24.11.1980 – II ZR 182/79, BGHZ 79, 38, 44 = AG 1981, 73; BGH v. 25.2.1982 – II ZR 102/81, BGHZ 83, 144, 150; BGH v. 14.11.1983 – II ZR 33/83, BGHZ 89, 48, 56 = AG 1984, 48; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 38; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 105. 5 Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 127. 6 BGH v. 17.4.1967 – II ZR 157/64, BGHZ 47, 341, 350 f.
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Das Anstellungsverhältnis
§7
tretung berechtigt ist, und zur Frage, ob die Kündigungserklärung eines Vertreters nach § 174 BGB wegen fehlender Vollmachtsurkunde zurückgewiesen werden kann, gilt das oben in Rn. 370 Gesagte. Beschließt der Aufsichtsrat über die Beendigung des Anstellungsvertrags durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag, gilt hierfür – anders als beim Beschluss über die Beendigung der Bestellung (vgl. oben Rn. 369) – nicht das abgestufte Beschlussverfahren nach § 31 MitbestG, sondern es findet § 29 MitbestG Anwendung. Für den Beschluss genügt also die einfache Mehrheit (näher unten Rn. 733 ff.). Der Aufsichtsrat kann aber nach § 29 MitbestG die Beendigung des Anstellungsvertrags erst beschließen, wenn er zuvor im Verfahren nach § 31 MitbestG die Beendigung der Bestellung beschlossen hat1.
427
c) Kündigung aus wichtigem Grund Gemäß § 626 BGB kann der Anstellungsvertrag aus wichtigem Grund gekündigt werden. Dieses Erfordernis ist nicht mit dem wichtigen Grund für den Bestellungswiderruf nach § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG identisch. Ist ein wichtiger Grund zur Kündigung stets auch zum Widerruf der Bestellung ausreichend2, so genügt umgekehrt ein wichtiger Widerrufsgrund keineswegs stets auch den Anforderungen des § 626 BGB3. Insbesondere der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung berechtigt nicht als solcher zur Kündigung des Anstellungsvertrages, sondern nur dann, wenn die dem Vertrauensentzug zugrundeliegenden Umstände den Anforderungen des § 626 BGB genügen4.
428
Ein wichtiger Kündigungsgrund liegt vor, wenn der Gesellschaft nach sorgfältiger und umfassender Abwägung ihrer Interessen gegen die Interessen des betroffenen Vorstandsmitglieds eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zu seinem Ablauf nicht mehr zugemutet werden kann5.
429
1 Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 105; Krieger, Personalentscheidungen, S. 175 f. 2 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 121; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 107. 3 BGH v. 14.7.1966 – II ZR 212/64, WM 1966, 968, 969; BGH v. 8.12.1977 – II ZR 219/75, WM 1978, 109, 110; BGH v. 23.10.1995 – II ZR 130/94, WM 1995, 2064, 2065; OLG München v. 14.3.2012 – 7 U 681/11, AG 2012, 753, 755 f.; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 39; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 107. 4 Vgl. BGH v. 20.10.1954 – II ZR 280/53, BGHZ 15, 71, 75; OLG Stuttgart v. 27.2.1979 – 12 U 171/77, WM 1979, 1296, 1297; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 40. 5 Wegen der Einzelheiten der Abwägung und zu Einzelfällen aus der Rechtsprechung vgl. namentlich Fleck, WM 1978 Sonderbeilage 3, S. 13; Fleck, WM 1981 Sonderbeilage 3, S. 12 f.; Fleck, WM 1985, 677, 680; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 109 ff.; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 154 ff.; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 124 ff.
205
§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
Die Kündigung setzt trotz § 314 Abs. 2 BGB keine Abmahnung voraus1. Erschwerungen des Rechts zur außerordentlichen Kündigung durch Satzung oder Anstellungsvertrag zum Nachteil der Gesellschaft sind unwirksam2. Erleichterungen sind an und für sich zulässig3, man wird aber annehmen müssen, dass die Kündigung des Vertrages nicht an leichtere Voraussetzungen geknüpft werden kann als ein Widerruf der Bestellung; Gründe, die zum Widerruf der Bestellung nicht ausreichen, können auch nicht eine Kündigung des Vertrages rechtfertigen, weil sonst de facto über den Weg der erleichterten Vertragskündigung auch eine erleichterte Abberufung durchgesetzt werden könnte4. Außerdem ist die Kündigung des Vertrages aus einem Grund, der erst kraft Vereinbarung die vorzeitige Auflösung des Vertrages ermöglicht, nur unter Wahrung der Frist des § 622 Abs. 1 und 2 BGB möglich5. 430
Gemäß § 626 Abs. 2 BGB kann die Kündigung nur binnen einer Frist von zwei Wochen seit Kenntniserlangung von den Kündigungsgründen erfolgen. Die Frist beginnt nicht, solange zu einer sachgerechten Beurteilung noch weitere Ermittlungen erforderlich sind und auch tatsächlich mit der gebotenen Eile durchgeführt werden6. Ist der maßgebliche Sachverhalt geklärt, beginnt die Frist grundsätzlich erst, wenn er in einer Aufsichtsratssitzung vorgetragen wird, zu der die Mitglieder ordnungsgemäß geladen und in beschlussfähiger Anzahl zusammengetreten sind7. Die Frist beginnt also nicht schon mit Kenntniserlangung durch einzelne Aufsichtsratsmitglieder8, auch nicht mit Kenntniserlangung durch den Aufsichtsratsvorsitzenden oder seinen amtierenden Stellvertreter9 und nicht 1 BGH v. 2.7.2007 – II ZR 71/06, ZIP 2007, 1566 = AG 2007, 699; BGH v. 10.9.2001 – II ZR 14/00, ZIP 2001, 1957, 1958; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 39; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 115; Goette in FS Wiedemann, 2002, S. 873, 881 f.; differenzierend Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 164; Mertens/ Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 163. 2 BGH v. 28.1.1953 – II ZR 265/51, BGHZ 8, 348, 361; BGH v. 30.11.1961 – II ZR 137/60, WM 1962, 201; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 107. 3 Fleck, WM 1981 Sonderbeilage 3, S. 11 f. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 168; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 107; vgl. dazu auch unten Rn. 432. 5 BGH v. 11.5.1981 – II ZR 126/80, WM 1981, 759 f. = AG 1982, 18; BGH v. 29.5.1989 – II ZR 220/88, ZIP 1989, 1190, 1192 = AG 1989, 437; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 107. 6 BGH v. 19.5.1980 – II ZR 169/79, WM 1980, 1139 = AG 1981, 47; BGH v. 2.7.1984 – II ZR 16/84, WM 1984, 1187; BGH v. 9.4.2013 – II ZR 273/11, ZIP 2013, 971 Tz. 15; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 161; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 116 f.; vgl. zu den damit verbundenen Einzelfallproblemen Arnold/Schansker, NZG 2013, 1172, 1174 ff. 7 BGH v. 15.6.1998 – II ZR 318/96, BGHZ 139, 89, 92 f.; BGH v. 5.4.1990 – IX ZR 16/89, WM 1990, 1028, 1030; BGH v. 10.9.2001 – II ZR 14/00, ZIP 2001, 1957, 1958; LG München I v. 15.10.2010 – 5 HKO 2122/09, ZIP 2010, 2451, 2455; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 116; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 42. 8 So noch BAG v. 20.9.1984 – 2 AZR 73/83, WM 1985, 305; OLG Stuttgart v. 27.2.1979 – 12 U 171/77, WM 1979, 1296, 1297. 9 So noch Mertens, Kölner Komm. AktG, 2. Aufl., § 84 Rn. 144.
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Das Anstellungsverhältnis
§7
einmal mit Kenntniserlangung durch alle Aufsichtsratsmitglieder außerhalb einer Sitzung1. Erforderlich ist für den Fristbeginn vielmehr, dass der Aufsichtsrat die Möglichkeit hatte, die Angelegenheit in einer Sitzung zu erörtern und darüber Beschluss zu fassen. Das setzt allerdings voraus, dass die Sitzung nicht unangemessen verzögert wird2. Erfahren der Aufsichtsratsvorsitzende oder andere Aufsichtsratsmitglieder den maßgeblichen Sachverhalt, sind diese gehalten, für eine Einberufung der Aufsichtsratssitzung in angemessener Zeit3 zu sorgen, um diesen sodann zu informieren und eine Beschlussfassung herbeizuführen. Geschieht das nicht, ist es richtig, die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB in dem Zeitpunkt beginnen zu lassen, in welchem der Aufsichtsrat bei zeitgerechter Einberufung hätte informiert werden und einen Beschluss fassen können4. In mitbestimmten Gesellschaften wird man annehmen müssen, dass die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB unterbrochen wird, wenn innerhalb der Frist das Ausschussverfahren nach § 31 Abs. 3 und 5 MitbestG eingeleitet wird; nach Beendigung des Ausschussverfahrens läuft die Frist von neuem5. Im Rechtsstreit um die Wirksamkeit der Kündigung hat die Gesellschaft die Beweislast für die Einhaltung der Ausschlussfrist6. Kündigungsgründe, die mit den bei der Kündigung geltend gemachten Gründen nicht zusammenhängen, können nur nachgeschoben werden, wenn sie im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung schon vorgelegen haben und die Zweiwochenfrist für diese Kündigungsgründe seinerzeit noch nicht abge-
1 So noch BGH v. 17.3.1980 – II ZR 178/79, WM 1980, 957 (für GmbH-Gesellschafter). 2 BGH v. 15.6.1998 – II ZR 318/96, BGHZ 139, 89, 92 f. = GmbHR 1998, 827; BGH v. 10.9.2001 – II ZR 14/00, ZIP 2001, 1957, 1958 = GmbHR 2001, 1158; OLG München v. 25.3.2009 – 7 U 4835/08, ZIP 2009, 1377, 1378 f.; OLG München v. 14.3.2012 – 7 U 681/11, AG 2012, 753, 757; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 42; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 116. 3 Das schließt die für eine ordentliche Sachverhaltsaufklärung nötige Zeit ein; vgl. dazu näher Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 116; Fleischer in Spindler/ Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 160. 4 BGH v. 15.6.1998 – II ZR 318/96, BGHZ 139, 89, 92 f. = GmbHR 1998, 827; BGH v. 10.9.2001 – II ZR 14/00, ZIP 2001, 1957, 1958 = GmbHR 2001, 1158; OLG München v. 14.3.2012 – 7 U 681/11, AG 2012, 753, 757; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 116. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 25; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 41; Martens in FS Werner, 1984, S. 495, 509 f.; Krieger, Personalentscheidungen, S. 179 f.; etwas anders Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 119 (Hemmung der Zweiwochenfrist durch den Beginn des Verfahrens im Vermittlungsausschuss); a.A. LG Ravensburg v. 4.3.1985 – 1 KfH 251/85, EWiR 1985, 415; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 43; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 174. 6 BGH v. 2.7.1984 – II ZR 16/84, WM 1984, 1187; BGH v. 5.4.1990 – IX ZR 16/89, NJW-RR 1990, 1330, 1331; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 182.
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§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
laufen war1. Ein Beschluss des Aufsichtsrats, die Kündigung auch auf diese Gründe zu stützen, ist nicht erforderlich2. Hingegen muss der Aufsichtsrat erneut die Kündigung beschließen, wenn er diese auf Gründe stützen will, die erst nach Ausspruch der ursprünglichen Kündigung eingetreten sind. d) Ordentliche Kündigung; Aufhebungsvertrag; Änderungskündigung 432
Die ordentliche Kündigung eines Anstellungsvertrages kommt schon nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen nur in Betracht, wenn der Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen ist oder wenn er bei Abschluss auf bestimmte Zeit das Recht zur ordentlichen Kündigung besonders vorsieht. Auch unter diesen Voraussetzungen ist eine ordentliche Kündigung durch den Aufsichtsrat nur möglich, wenn zugleich die Voraussetzungen eines Widerrufs der Bestellung erfüllt sind3. Denn ließe man eine Kündigung ohne wichtigen Grund zu, würde im Ergebnis unter Umgehung des § 84 Abs. 3 AktG auch ein Widerruf der Bestellung ohne wichtigen Grund ermöglicht, weil das Vorstandsmitglied durch eine Vertragskündigung zumindest faktisch zur Amtsniederlegung gezwungen würde. Es ist daher auch nicht möglich, mit einem neuen Vorstandsmitglied eine „Probezeit“ zu vereinbaren, in der die Gesellschaft das Anstellungsverhältnis unter erleichterten Voraussetzungen kündigen kann. Eine „Probezeit“ kann nur darin bestehen, dass für die erste Amtsperiode eine kürzere Bestellungsdauer (vgl. oben Rn. 355) gewählt wird, während derer dann aber die allgemeinen Regeln gelten. Eine einvernehmliche Aufhebung des Anstellungsverhältnisses ist jederzeit möglich und bedarf keines wichtigen Grundes. Zur Kompetenzabgrenzung zwischen Plenum und Ausschuss bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages vgl. oben Rn. 426.
433
Die gleichen Rechtsgrundsätze wie für Beendigungskündigungen gelten auch für Änderungskündigungen. Sie sind nur bei Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes (oben Rn. 428 ff.) oder unter den Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung (oben Rn. 432) zulässig und setzen eine vorherige Beschlussfassung des Aufsichtsratsplenums voraus, die in mitbestimmten Gesellschaften im Verfahren nach § 31 MitbestG zu erfolgen hat. 1 BGH v. 22.4.1982 – VII ZR 160/81, WM 1982, 797, 798; BGH v. 17.10.1983 – II ZR 31/83, WM 1984, 29; OLG Düsseldorf v. 24.2.2012 – I-16 U 177/10, AG 2012, 511, 512 f.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 183; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 118. Zur Frage der Verwirkung bereits länger bekannter Kündigungsgründe vgl. BAG v. 5.5.1977 – 2 AZR 297/76, DB 1978, 353 f.; OLG Stuttgart v. 27.2.1979 – 12 U 171/77, DB 1979, 884, 885 f.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 184. 2 BGH v. 13.7.1998 – II ZR 131/97, AG 1998, 519, 520; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 183; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 118. 3 BGH v. 16.12.1953 – II ZR 41/53, BGHZ 12, 1, 9 f.; OLG Karlsruhe v. 10.7.1973 – 8 U 74/73, BB 1973, 1088; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 149; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 120; Krieger, Personalentscheidungen, S. 180 ff.
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Das Anstellungsverhältnis
§7
e) Kündigung durch das Vorstandsmitglied Auch dem Vorstandsmitglied kann das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 626 BGB zustehen. Das kommt bei schwerwiegenden Vertragsverletzungen seitens der Gesellschaft in Betracht1. Daneben wird der Verlust der eigenverantwortlichen Leitungsbefugnis durch Abschluss eines Beherrschungsvertrages oder durch Eingliederung als wichtiger Kündigungsgrund genannt2. Das ist in dieser Allgemeinheit jedoch nicht überzeugend, sondern wird danach zu beurteilen sein, inwieweit sich durch die entsprechende Strukturmaßnahme im Einzelfall tatsächlich die Verhältnisse ändern. Der Abschluss eines Beherrschungsvertrages zum Beispiel kann im Einzelfall eine nachhaltige Schmälerung der Eigenverantwortlichkeit des Vorstands zur Folge haben, er kann aber auch (zum Beispiel in einer bislang schon eng geführten 100 % Tochter) eher eine Formalie darstellen. In der Praxis finden sich change of control-Klauseln, die dem Vorstandsmitglied das Recht geben, im Falle einer Übernahme der Gesellschaft, das Vorstandsamt niederzulegen und den Anstellungsvertrag außerordentlich zu kündigen; zugleich wird dem Vorstandsmitglied für den Fall der Ausübung dieses Rechts eine Abfindungsleistung zugesagt (näher unten Rn. 413).
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Eine ordentliche Kündigung durch das Vorstandsmitglied ist bei Verträgen auf unbestimmte Zeit möglich; es steht rechtlich auch nichts entgegen, bei einem Vertrag auf bestimmte Zeit dem Vorstandsmitglied das Recht zur ordentlichen Kündigung im Vertrag einzuräumen. Ein Ausschuss des Aufsichtsrats kann eine Vertragsregelung, die dem Vorstand die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung gibt, allerdings nur mit Zustimmung des Plenums vereinbaren3. In der Praxis sind solche Gestaltungen selten und im allgemeinen auch nicht zu empfehlen4.
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f) Rechtsschutz Hält das Vorstandsmitglied eine Kündigung für unwirksam, kann es auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung und auf Weiterzahlung der Bezüge klagen. Die Klage ist gegen die Gesellschaft zu richten, die dabei vom Aufsichtsrat vertreten wird5. Für das Vorstandsmitglied empfiehlt sich für eine Zahlungsklage aus dem Anstellungsvertrag der Urkundenprozess (§§ 592 ff. ZPO). Zuständig ist das Landgericht, Kammer für Handelssachen. Hatte sich das Anstellungsverhältnis allerdings in ein ge1 Beispiele bei Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 170; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 125. 2 Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 170; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 198; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 125. 3 Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 213; Grobys/Littger, BB 2002, 2292, 2295. 4 Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 213. 5 BGH v. 9.10.1986 – II ZR 284/85, AG 1987, 19 f.; BGH v. 8.2.1988 – II ZR 159/87, WM 1988, 413 = AG 1988, 168; vgl. auch unten Rn. 440 ff.
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§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
wöhnliches Arbeitsverhältnis umgewandelt (vgl. oben Rn. 425), wird die Gesellschaft vom Vorstand vertreten; zuständig ist dann das Arbeitsgericht1. 5. Anstellungsverträge zwischen Vorstandsmitgliedern und Dritten 437
In Konzernverhältnissen ist es nicht selten, dass der Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds einer konzernabhängigen Gesellschaft nicht mit dieser Gesellschaft, sondern mit der Konzernobergesellschaft geschlossen wird; umgekehrt kommt es vor, dass Vorstandsmitglieder abhängiger Gesellschaften zugleich in den Vorstand der Obergesellschaft berufen werden, ohne dort einen eigenen Anstellungsvertrag zu erhalten. Von zunehmender praktischer Bedeutung ist darüber hinaus die Erscheinung, dass die Gesellschaft für die Erledigung von „Feuerwehraufgaben“ einen Interim-Manager zum Vorstandsmitglied bestellt, der von einer Interim Management-Agentur gestellt wird und ein Vertragsverhältnis nur zu dieser Agentur besitzt2.
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Ob solche Verlagerungen des Anstellungsverhältnisses zulässig sind, ist umstritten. Verbreitet wird darin eine unzulässige Verletzung der aktienrechtlichen Zuständigkeitsordnung und Gefährdung der Unabhängigkeit des Vorstands gesehen3. Andere lassen Konzernanstellungsverträge mit der Muttergesellschaft im Falle der Eingliederung und des Beherrschungsvertrags, nicht jedoch im faktischen Konzern zu4. Nach wohl überwiegender Ansicht sind Drittanstellungsverträge jedoch unter gewissen Vorbehalten zulässig5; die Rechtsprechung geht ebenfalls von der Zulässigkeit von Drittanstellungsverhältnissen aus6. Für die Praxis mag es angesichts des Meinungsstreits zu empfehlen sein, den Anstellungsvertrag 1 Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 29. 2 Dazu näher Krieger in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 411 ff.; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 6. 3 So etwa Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 56; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 66; Spindler in FS K. Schmidt, 2009, S. 1529, 1534 f.; Weber in Hölters, Komm. AktG, § 84 Rn. 41; Thüsing in Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 4 Rn. 68 f.; Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 73 f.; Theobald in FS Raiser, 2005, S. 421, 423 ff., 435 ff.; Fonk, NZG 2010, 368, 370; zweifelnd auch Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 14, soweit kein Beherrschungsvertrag oder eine Eingliederung bestünden. 4 Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 14; Hommelhoff in FS Goette, 2011, S. 169, 171 ff. 5 So etwa Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 3 ff.; Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 84 Rn. 26; Beiner, Vorstandsvertrag, Rn. 176; Arnold/Günther in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 20 Rn. 92; Krieger, Personalentscheidungen, S. 186 ff.; E. Vetter in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1297, 1301 ff.; Reuter, AG 2011, 274, 280; Jooß, NZG 2011, 1130, 1131; Martens in FS Hilger/Stumpf, 1983, S. 437, 442 ff. 6 KG v. 28.6.2011 – 19 U 11/11, ZIP 2011, 2059, 2060; OLG Celle v. 10.2.2010 – 4 U 68/09, AG 2012, 41 f.; BGH v. 17.5.2011 – II ZR 32/10 (juris), jeweils zur Stellung eines Interim Managers.
210
Das Anstellungsverhältnis
§7
mit der „eigenen“ Gesellschaft zu schließen1, wobei der Vertrag dann naturgemäß von zusätzlichen Vereinbarungen begleitet werden kann, in denen ein Dritter z.B. die Bezüge garantiert, eine Wiedereinstellungszusage abgibt u.Ä. Rechtlich kann man im Ergebnis auch einen Verzicht auf den Abschluss eines Anstellungsvertrages mit der Gesellschaft zu Gunsten einer Drittanstellung akzeptieren, allerdings nur unter dem Vorbehalt der Eigenverantwortlichkeit des Vorstands (§ 76 AktG) und der Personalverantwortung des Aufsichtsrats (§§ 84, 87 AktG). Daraus folgt, dass der Vertragspartner aufgrund des Anstellungsvertrages nicht befugt sein kann, Weisungen hinsichtlich der Amtsführung des Vorstands zu erteilen2. Desweiteren lässt die Verantwortung des Aufsichtsrats für die Bestellung der Vorstandsmitglieder und für die Vergütungsstruktur des Vorstands einen Drittanstellungsvertrag nur zu, wenn der Aufsichtsrat den Vertragsinhalt kennt und seinem Abschluss zustimmt3. Überdies hat der Aufsichtsrat sicherzustellen, dass der Vertrag nicht ohne seine Zustimmung geändert oder durch den Vertragspartner des Vorstandsmitglieds beendet wird4. Das gilt auch im Vertrags- und im Eingliederungskonzern, denn auch bei diesen Konzernierungsformen ist der Aufsichtsrat für die Vergütungsstruktur zuständig und verantwortlich5. Für die Zustimmung des Aufsichtsrats zu Abschluss, Änderung und Beendigung des Anstellungsvertrages gelten ganz die gleichen Regeln wie bei einem unmittelbar
1 So die Empfehlung von Kort, Großkomm. AktG, § 84 Rn. 331; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 14; Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 219. 2 Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 5; E. Vetter in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1297, 1304 ff.; Reuter, AG 2011, 274, 277 f.; Jooß, NZG 2011, 1130, 1131. 3 Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 5; Krieger in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 711, 718 ff.; Austmann, ZGR 2009, 277, 288; Hohenstatt/Seibt/Wagner, ZIP 2008, 2289, 2293; im Ansatz ebenso, aber zu kurz greifend E. Vetter in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1297, 1312 ff., der die Zustimmung des Aufsichtsrats nur bei Vereinbarung variabler Vergütungsbestandteile verlangen will und dabei übersieht, dass auch der Verzicht auf variable Vergütungsbestandteile zugunsten eines reinen Festgehalts eine für die Vergütungsstruktur wesentliche Entscheidung ist, die in den Händen des Aufsichtsrats liegen muss; a.A. Reuter, AG 2011, 274, 278 ff., der eine Zustimmung nur im Falle einer Erstattungsvereinbarung für nötig ansieht, jedoch zum einen den Zusammenhang dienstvertraglicher Regelungen mit der Amtsführung (z.B. Urlaub) und zum anderen die Verantwortung des Aufsichtsrats für die Vergütungsstruktur verkennt. 4 Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 5; Krieger in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 711, 720, 727 ff.; Krieger, Personalentscheidungen, S. 187 f. Für die Beendigung des Drittanstellungsvertrags a.A. E. Vetter in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1297, 1309; Reuter, AG 2011, 274, 280; Jooß, Drittanstellung, S. 122, die annehmen, bei Beendigung des Vertrags seien Gesellschaft und Vorstandsmitglied verpflichtet, einen unmittelbaren Anstellungsvertrag miteinander zu schließen. 5 A.A. Hommelhoff in FS Goette, 2011, S. 169, 173 ff.
211
439
§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
durch die Gesellschaft abgeschlossenen Anstellungsvertrag1; die Zustimmung zum Abschluss des Vertrages und zur Änderung von Vergütungsregelungen ist entsprechend §§ 107 Abs. 3 Satz 3, 87 Abs. 1 AktG zwingend dem Plenum vorbehalten. Soll die Gesellschaft sich verpflichten, dem Dritten die Aufwendungen zu erstatten, die dieser im Zusammenhang mit dem Anstellungsvertrag hat, ist auch für diese Erstattungsvereinbarung ausschließlich der (Gesamt-)Aufsichtsrat zuständig2.
IV. Vertretung der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern; Verfolgung von Schadensersatzansprüchen 1. Gerichtliche und außergerichtliche Vertretung durch den Aufsichtsrat 440
Im Zusammenhang mit der Regelung des Anstellungsverhältnisses obliegt dem Aufsichtsrat die Entscheidung über eine Befreiung des Vorstands vom gesetzlichen Wettbewerbsverbot (§ 88 Abs. 1 AktG) und über Kreditgewährungen an Vorstandsmitglieder (vgl. näher § 89 AktG)3. Der Aufsichtsrat ist darüber hinaus für sämtliche anderen Rechtsgeschäfte zwischen der Gesellschaft und Mitgliedern des Vorstands ausschließlich zuständig. Er vertritt die Gesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern gerichtlich und außergerichtlich (§ 112 AktG). Das umfasst sowohl die interne Willensbildung, ob und mit welchem Inhalt das Geschäft geschlossen werden soll, als auch die Abgabe der erforderlichen Erklärungen nach außen4.
441
Der Umfang der Vertretungsmacht ist sachlich nicht beschränkt. Das Gesetz enthält auch keine Bagatellklausel, so dass im Grundsatz auch Geschäfte des täglichen Lebens von der Vertretungsmacht des Aufsichtsrats gegenüber Vorstandsmitgliedern erfasst werden5; vgl. allerdings noch unten Rn. 444. Zweifelhaft ist die Vertretung der Gesellschaft bei der Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen an Vorstandsmitglieder; da es sich hier um ein Rechtsgeschäft zwischen Gesellschaft und Vorstand handelt, dürfte § 112 AktG die alleinige Vertretungsmacht des Aufsichtsrats begründen6. Gleiches gilt für die Ausgabe der Bezugsrechte an Vor1 Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 5. 2 KG v. 28.6.2011 – 19 U 11/11, ZIP 2011, 2059, 2060 = AG 2011, 758; OLG Celle v. 10.2.2011 – 4 U 68/09, AG 2012, 41 f.; BGH v. 17.5.2011 – II ZR 32/10 (juris) zu OLG Celle; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 4; E. Vetter in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1297, 1310 ff.; Reuter, AG 2011, 274, 277. 3 Zu Krediten an Vorstandsmitglieder vgl. auch LG Aurich v. 24.7.1986 – 2 O 462/86, AG 1987, 320 ff. 4 Näher Cahn in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 247, 248 f. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 112 Rn. 3; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 112 Rn. 22; Habersack, MünchKomm. AktG, § 112 Rn. 19. 6 Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 112 Rn. 48; Hüffer, ZHR 161 (1997), 214, 232 f.; Baums in FS Claussen, 1997, S. 3, 29 ff.; a.A. OLG Stuttgart v. 12.8.1998 – 20 U 111/97, ZIP 1998, 1482, 1486 = AG 1998, 529, die Ausgabe der Anleihe sei gemäß § 221 Abs. 2 AktG zwingend dem Vorstand vorbehalten.
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Vertretung der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern
§7
standsmitglieder im Rahmen eines stock option-Programms nach § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG. Die Vertretungsmacht des Aufsichtsrats nach § 112 AktG umfasst zu- 442 nächst alle Rechtsgeschäfte und Rechtsstreitigkeiten mit amtierenden Vorstandsmitgliedern. Dazu zählen auch Personen, deren Bestellung zum Vorstand nichtig ist und die daher fehlerhaft als Vorstandsmitglied tätig sind (vgl. oben Rn. 359 f.)1. Ebenso kann der Aufsichtsrat die Gesellschaft auch schon gegenüber Personen vertreten, die als Vorstandsmitglieder in Aussicht genommen sind2. Darüber hinaus wird die Gesellschaft auch gegenüber ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern außergerichtlich und gerichtlich vom Aufsichtsrat vertreten3, ebenso gegenüber ehemaligen Geschäftsführern einer zwischenzeitlich in die Rechtsform der AG umgewandelten4 oder auf die AG verschmolzenen5 GmbH. Der Grund liegt darin, dass auch in diesen Fällen bei einer typisierenden Betrachtung die abstrakte Gefahr einer nicht unbefangenen Vertretung durch den Vorstand besteht. Dazu zählen z.B. alle Streitigkeiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der Bestellung oder der Kündigung des Anstellungsvertrags, die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen aus der früheren Vorstandstätigkeit, die Regelung von Versorgungsangelegenheiten usw., aber auch der Abschluss von Beraterverträgen mit ehemaligen Vorstandsmitgliedern6. Die Vertretungszuständigkeit des Aufsichtsrats besteht auch, wenn das ehemalige Vorstandsmitglied zwischenzeitlich selbst dem Aufsichtsrat angehört7. Hingegen soll der Vorstand für solche Geschäfte und Rechtsstreitigkeiten vertretungsbefugt sein, die mit der früheren Vorstandstätigkeit nichts zu tun haben, namentlich Geschäfte des täglichen Lebens mit ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern (sog. neutrale Geschäfte)8; auch bei solchen Geschäften kann aber die Gefahr einer nicht 1 Hüffer, Komm. AktG, § 112 Rn. 2; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 112 Rn. 20; Rupietta, NZG 2007, 801, 802. 2 BGH v. 13.1.1958 – II ZR 212/56, BGHZ 26, 236, 238; Hüffer, Komm. AktG, § 112 Rn. 2; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 112 Rn. 15; Werner, ZGR 1989, 369, 376. 3 BGH v. 16.2.2009 – II ZR 282/07, AG 2009, 327; BGH v. 16.10.2006 – II ZR 7/05, ZIP 2006, 2213 = AG 2007, 86 Tz. 5. 4 BGH v. 28.4.1997 – II ZR 282/95, ZIP 1997, 1108 = AG 1997, 417. 5 BGH v. 1.12.2003 – II ZR 161/02, ZIP 2004, 92 f. = AG 2004, 142; für die Zuständigkeit des Aufsichtsrats auch Kübler in Semler/Stengel, Komm. UmwG, § 20 Rn. 20; Marsch-Barner in Kallmeyer, Komm. UmwG, § 20 Rn. 13; a.A. Grunewald in Lutter, Komm. UmwG, § 20 Rn. 28; Hoffmann-Becking in FS Ulmer, 2003, S. 243, 249 ff., 262. 6 BGH v. 7.7.1993 – VIII ZR 2/92, ZIP 1993, 1380, 1381 = AG 1994, 35. Zu Beraterverträgen mit ehemaligen Vorstandsmitgliedern im Konzern näher van Kann/ Keiluweit, AG 2010, 805 ff. 7 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 112 Rn. 16; Habersack, MünchKomm. AktG, § 112 Rn. 14; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 112 Rn. 37; kritisch Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 112 Rn. 14. 8 Habersack, MünchKomm. AktG, § 112 Rn. 15; Hüffer, Komm. AktG, § 112 Rn. 3; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 112 Rn. 8; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 112 Rn. 31.
213
§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
unbefangenen Vertretung durch den Vorstand bestehen, so dass im Interesse einer klaren Abgrenzung mehr dafür sprechen dürfte, ausgeschiedene Vorstandsmitglieder genauso zu behandeln wie amtierende und hinsichtlich der Vertretungskompetenz überhaupt nicht zu differenzieren1. Die gleichen Grundsätze gelten auch für die Vertretung der Gesellschaft gegenüber Hinterbliebenen früherer Vorstandsmitglieder2. 443
Die Vertretungsmacht des Aufsichtsrats nach § 112 AktG erstreckt sich im übrigen grundsätzlich nicht auf Rechtsgeschäfte mit Dritten. Handelt ein Vorstandsmitglied als Vertreter eines Dritten, wird die Gesellschaft nicht vom Aufsichtsrat vertreten3. Ebensowenig vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft bei Rechtsgeschäften mit Gesellschaften, an denen ein Vorstandsmitglied beteiligt ist. Etwas anderes gilt ausnahmsweise für die Vertretung der AG gegenüber einer anderen Gesellschaft, die mit einem Vorstandsmitglied der AG wirtschaftlich identisch ist; das ist anzunehmen, wenn das Vorstandsmitglied alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der anderen Gesellschaft ist4. Eine zu weit gehende Auffassung will § 112 AktG bereits dann entsprechend anwenden, wenn ein Vorstandsmitglied der AG maßgeblichen Einfluss auf die andere Gesellschaft hat5. Bis der BGH diese Frage klärt, kann es sich für die Praxis empfehlen, in solchen Fällen vorsorglich sowohl Vorstand als auch Aufsichtsrat für die Gesellschaft handeln zu lassen6. Der Aufsichtsrat vertritt die Gesellschaft nicht bei der Ausübung von Gesellschafterrechten in Tochtergesellschaften, wenn dort eines der Vorstandsmitglieder der Gesellschaft zum Mitglied des Tochter-Aufsichtsrats oder der TochterGeschäftsführung bestellt werden soll7. Zu der Zuständigkeit des Aufsichtsrats für Ad-hoc-Publizitätspflichten in Zusammenhang mit Personalentscheidungen vgl. unten Rn. 513.
1 Ebenso Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 23 Rn. 8; mit Recht kritisch auch Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 112 Rn. 24. 2 BGH v. 16.10.2006 – II ZR 7/05, ZIP 2006, 2213, 2214 = AG 2007, 86; Hüffer, Komm. AktG, § 112 Rn. 2a; Habersack, MünchKomm. AktG, § 112 Rn. 16; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 23 Rn. 8. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 112 Rn. 19; Habersack, MünchKomm. AktG, § 112 Rn. 8; näher Werner, ZGR 1989, 369, 372 ff. 4 OLG Saarbrücken v. 11.10.2012 – 8 U 22/11-6, ZIP 2012, 2205, 2206; LG Koblenz v. 28.9.2001 – 3 HO 127/01, ZNotP 2002, 322; Hüffer, Komm. AktG, § 112 Rn. 2a; Habersack, MünchKomm. AktG, § 112 Rn. 9; offengelassen von OLG München v. 10.5.2012 – 14 U 2175/11, ZIP 2012, 1024, 1026 = AG 2012, 518. 5 So etwa Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 112 Rn. 8; Rupietta, NZG 2007, 801, 802 ff.; Werner, Der Konzern 2008, 639, 641 f.; insoweit a.A. auch OLG München v. 10.5.2012 – 14 U 2175/11, ZIP 2012, 1024, 1025 = AG 2012, 518; offen lassend BGH v. 12.3.2013 – II ZR 179/12, ZIP 2013, 819 Tz. 9. 6 Paul, EWiR 2009, 397; Wilsing/Meyer, EWiR 2013, 297, 298. 7 OLG München v. 8.5.2012 – 31 Wx 69/12, ZIP 2012, 1122, 1123 = AG 2012, 467; Hüffer, Komm. AktG, § 112 Rn. 3a; Habersack, MünchKomm. AktG, § 112 Rn. 16; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 112 Rn. 18; a.A. LG Berlin v. 18.12.1996 – 98 T 79/96, NJW-RR 1997, 1534, 1535.
214
Vertretung der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern
§7
Die Aktivvertretung der Gesellschaft nach § 112 AktG ist grundsätzlich Sache des Gesamtaufsichtsrats. Die Willensbildung kann der Aufsichtsrat jedoch einem Ausschuss übertragen, soweit es sich um delegationsfähige Aufgaben (§ 107 Abs. 3 Satz 3 AktG; dazu unten Rn. 744) handelt1, hingegen ist eine Übertragung der Willensbildung auf einzelne Aufsichtsratsmitglieder (z.B. den Vorsitzenden) oder gar auf Dritte (z.B. den Vorstand) grundsätzlich nicht zulässig2; zur Genehmigung entsprechenden Vertretungshandelns vgl. Rn. 445. Teilweise wird es allerdings als zulässig angesehen, einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern in einem engen Rahmen Entscheidungen anstelle des Aufsichtsrats zu überlassen, wenn sie dabei an konkrete Vorgaben gebunden werden3. Dem kann man so allgemein kaum beipflichten. Etwas anderes gilt nur insoweit, wie es um die bloße Ausformulierung des vom Aufsichtsrat Beschlossenen4 geht, und daneben für Geschäfte des täglichen Lebens5. Für diese kann der Aufsichtsrat auch einzelne Mitglieder oder Dritte bevollmächtigen, an seiner Stelle zu entscheiden6. Im Normalfall können die für die Gesellschaft mit diesen Geschäften allgemein betrauten Personen auch für entsprechende Geschäfte mit Vorstandsmitgliedern als stillschweigend bevollmächtigt angesehen werden. Von der Willensbildung zu unterscheiden ist die Abgabe der Willenserklärung des Aufsichtsrats. Insoweit können einzelne Aufsichtsratsmitglieder oder Dritte als Erklärungsvertreter oder als Bote damit betraut werden, vom Aufsichtsrat oder vom zuständigen Ausschuss gefasste Beschlüsse durch Abgabe/Überbringung der Willenserklärung nach außen zu vollziehen7; vgl. dazu auch oben Rn. 370 und unten Rn. 682 f.
1 Hüffer, Komm. AktG, § 112 Rn. 5; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 112 Rn. 36; Werner, ZGR 1989, 369, 387 ff. 2 BGH v. 14.5.2013 – II ZB 1/11, ZIP 2013, 1274, 1276 f. = AG 2013, 562; OLG München v. 19.12.2012 – 7 U 1711/12, NZG 2013, 97 = AG 2013, 136; OLG Zweibrücken v. 23.6.2010 – 4 U 196/09, AG 2010, 918; Hüffer, Komm. AktG, § 112 Rn. 5. 3 So Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 112 Rn. 38; Drygala in K. Schmidt/ Lutter, Komm. AktG, § 112 Rn. 15; Cahn in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 247, 255 ff. 4 Vgl. schon oben Rn. 391; ebenso Hambloch-Gesinn/Gesinn in Hölters, Komm. AktG, § 112 Rn. 13. 5 Beispiele: Ein Vorstand der Lufthansa kauft ein Ticket für einen Lufthansaflug, ein Vorstand der Deutschen Bank eröffnet ein Konto. 6 OLG Hamburg v. 16.5.1986 – 11 U 238/85, AG 1986, 259, 260; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 112 Rn. 40; Cahn in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 247, 252 ff.; Werner, ZGR 1989, 369, 384 ff., 388; im Ergebnis auch Hüffer, Komm. AktG, § 112 Rn. 5; enger Habersack, MünchKomm. AktG, § 112 Rn. 19, der eine ausdrückliche Bevollmächtigung fordert. 7 OLG Düsseldorf v. 17.11.2003 – I-15 U 225/02, AG 2004, 321, 322 f.; OLG Stuttgart v. 20.3.1992 – 2 U 115/90, AG 1993, 85 = BB 1992, 1669; OLG Hamburg v. 16.5.1986 – 11 U 238/85, AG 1986, 259, 260; Hüffer, Komm. AktG, § 112 Rn. 5; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 112 Rn. 37 f.; Cahn in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 247, 252 ff.
215
444
§7 445
Bestellung und Anstellung des Vorstands
Schwierige Rechtsfragen ergeben sich, wenn der dem Vertretungshandeln zugrunde liegende Aufsichtsratsbeschluss fehlerhaft ist. Sofern dies die Nichtigkeit des Aufsichtsratsbeschlusses nach sich zieht (dazu unten Rn. 737 ff.), dürften die besseren Argumente für die Annahme sprechen, dass damit auch die Vertretungsmacht des Erklärungsvertreters fehlt1; leidet der Aufsichtsratsbeschluss allerdings nur an einem Fehler mit eingeschränkter Nichtigkeitsfolge und wird der Fehler nicht rechtzeitig geltend gemacht (näher unten Rn. 742), muss auch das auf dem Beschluss beruhende Vertretungshandeln als wirksam akzeptiert werden2. Geschäfte, bei denen die Gesellschaft wegen unzureichender Willensbildung des Aufsichtsrats nicht ordnungsgemäß vertreten wird, sind nach früher herrschender Meinung nichtig3. Die besseren Argumente sprechen dafür, solche Geschäfte als schwebend unwirksam anzusehen mit der Folge, dass der Aufsichtsrat sie genehmigen kann (§§ 177 ff. BGB)4; das ist auch dann sachgerecht, wenn es sich um vollmachtloses Handeln des Vorstands in einer Angelegenheit handelt, für die zwingend der Aufsichtsrat zuständig ist5. Prozessual führt eine fehlerhafte Vertretung der AG im Rechtsstreit mit einem Vorstandsmitglied zur Abweisung der Klage als unzulässig, wenn der Aufsichtsrat die Prozessführung für die Gesellschaft nicht nachträglich genehmigt6.
1 A.A. Cahn in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 247, 258 ff., der den Beschlussmangel nicht auf die zu seiner Umsetzung vorgenommene Vertretungshandlung durchschlagen lassen will. 2 Cahn in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 247, 262 f. 3 OLG Stuttgart v. 20.3.1992 – 2 U 115/90, BB 1992, 1669 f. = AG 1993, 85; BGH v. 9.10.1986 – II ZR 284/85, AG 1987, 19 f.; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 112 Rn. 109; Habersack, MünchKomm. AktG, § 112 Rn. 3. 4 BGH v. 14.5.2013 – II ZB 1/11, ZIP 2013, 1274, 1277 = AG 2013, 562; OLG München v. 18.10.2007 – 23 U 5786/06, AG 2008, 423, 425; OLG Celle v. 25.2.2002 – 4 U 176/01, AG 2003, 433; Habersack, MünchKomm. AktG, § 112 Rn. 32; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 112 Rn. 41 ff.; Fischer/Hoffmann, NZG 2013, 1419; Werner, Der Konzern 2008, 639, 642 ff.; Pluskat/Baßler, Der Konzern 2006, 403, 406; Leuering in FS Kollhosser, 2004, S. 361, 373; offengelassen in BGH v. 7.7.1993 – VIII ZR 2/92, AG 1994, 35; BGH v. 17.3.2008 – II ZR 239/06, AG 2008, 894, 895. 5 Für diesen Fall a.A. Hüffer, Komm. AktG, § 112 Rn. 7; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 112 Rn. 11; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 112 Rn. 19. 6 BGH v. 16.2.2009 – II ZR 282/07, AG 2009, 327; BGH v. 21.6.1999 – II ZR 27/98, ZIP 1999, 1669, 1670 = GmbHR 1999, 1140; BGH v. 8.9.1997 – II ZR 55/96, WM 1998, 308, 309; OLG Frankfurt a.M. v. 17.8.2011 – 13 U 100/10, AG 2011, 918. Wenn die Tatsacheninstanzen auf den Fehler nicht hingewiesen haben, wird man in der Revisionsinstanz allerdings – entgegen der Praxis des Bundesgerichtshofs – eine Zurückverweisung fordern müssen, damit der Kläger den Fehler durch nachträgliche Zustellung an den Aufsichtsrat heilen kann; vgl. hierzu näher Hager, NJW 1992, 352.
216
Vertretung der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern
§7
Bei der Passivvertretung, d.h. der Entgegennahme von Erklärungen, genügt der Zugang bei einem der Aufsichtsratsmitglieder (§ 112 Satz 2 i.V.m. § 78 Abs. 2 Satz 2 AktG); die frühere Rechtslage, wonach nur der Aufsichtsratsvorsitzende allein zur Passivvertretung in der Lage war1, ist aufgrund der Einführung von § 112 Satz 2 AktG durch Art. 5 Nr. 13 MoMiG entfallen.
446
2. Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglieder Die Zuständigkeit des Aufsichtsrats zur Vertretung der Gesellschaft gegenüber amtierenden und ausgeschiedenen Mitgliedern des Vorstands umfasst auch die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegen Vorstandsmitglieder. Solange nicht die Hauptversammlung oder das Gericht zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs einen besonderen Vertreter gemäß § 147 Abs. 2 AktG bestellt haben2 oder die Hauptversammlung in rechtswirksamer Weise auf den Anspruch verzichtet hat (§ 93 Abs. 4 Satz 3 AktG), ist der Aufsichtsrat aufgrund seiner Überwachungsaufgabe (§ 111 Abs. 1 AktG) und seiner Vertretungskompetenz (§ 112 AktG) verpflichtet, möglichen Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern nachzugehen3. Das gilt selbst dann, wenn gemäß § 148 AktG ein Klagezulassungsverfahren von Aktionären anhängig ist oder das Gericht Aktionäre zur Anspruchsverfolgung ermächtigt hat (vgl. § 148 Abs. 3 Satz 1 AktG)4. Dazu hat der Aufsichtsrat bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte den Sachverhalt festzustellen und die Erfolgsaussichten einer Anspruchsverfolgung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (Prozessrisiko und Beitreibbarkeit der Forderung) zu analysieren. Sodann kann sich die Frage stellen, ob der Anspruch verfolgt werden muss oder es im Interesse des Unternehmens liegt und zulässig ist, von der Anspruchsverfolgung abzusehen. Dabei ist der Aufsichtsrat nicht an eine bestimmte Reihenfolge der Prüfung gebunden, sondern er kann (und muss) schwierigere Prüfungsfragen zurückstellen, wenn sich schon aus anderen Gesichtspunkten ergibt, dass die Anspruchsverfolgung nicht erfolgversprechend oder wegen entgehenstehender Unternehmensinteressen nicht sachgerecht ist5.
1 Vgl. nur Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 112 Rn. 33 sowie 5. Aufl. Rn. 439. 2 Ein besonderer Vertreter verdrängt im Rahmen seines Aufgabenbereichs den Aufsichtsrat; Hüffer, Komm. AktG, § 147 Rn. 7; Bezzenberger, Großkomm. AktG, § 147 Rn. 52. 3 BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 251 ff. = AG 1997, 377 (ARAG/ Garmenbeck). 4 Spindler in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 148 Rn. 35; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2086; Linnerz, NZG 2004, 307, 311. 5 Goette in Liber amicorum M. Winter, 2011, S. 153, 162 f.; Casper, ZHR 176 (2012), 617, 620 f.; Eichner/Höller, AG 2011, 885, 886.
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§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
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Die Beurteilung der Erfolgsaussichten1 richtet sich nach den Haftungsmaßstäben des § 93 Abs. 1 und 2 AktG2, und hat sich – unter Beachtung der Business Judgment Rule und der gesetzlichen Beweislastumkehr – darauf zu richten, ob der Vorstand seine Sorgfaltspflichten verletzt hat, ob der Gesellschaft daraus ein Schaden entstanden ist und in welchem Umfang ein solcher voraussichtlich wird beigetrieben werden können. Dabei kann naturgemäß auch von Bedeutung sein, ob eine D&O-Versicherung besteht und voraussichtlich eintreten muss3. Der Aufsichtsrat hat in aller Regel dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, dessen wesentliche Einwendungen zu würdigen und für die rechtliche Beurteilung fachlichen Rat einzuholen. Er ist aber nicht verpflichtet, sich auf ein außergerichtliches Vorverfahren einzulassen und alle Sachverhalts- und Rechtsfragen mit dem Betroffenen in extenso zu erörtern. Vielmehr ist dem Aufsichtsrat ein erhebliches Ermessen bei der Frage zuzubilligen, welchen Grad von Anhaltspunkten er genügen lassen will, um die Haftungsfrage durch das Gericht klären zu lassen4. Kommt es später zum Streit über die Richtigkeit der Beurteilung der Erfolgsaussichten durch den Aufsichtsrat – etwa im Rahmen einer Nichtigkeitsklage gegen einen die Anspruchsverfolgung ablehnenden Aufsichtsratsbeschluss5 oder im Rahmen einer Schadensersatzklage gegen Aufsichtsratsmitglieder wegen unterlassener Anspruchsverfolgung – ist die Richtigkeit der Beurteilung durch den Aufsichtsrat grundsätzlich durch die Gerichte voll nachprüfbar.6 Allerdings ist dem Aufsichtsrat ein Beurteilungsspielraum bei Fragen zuzubilligen, die sich nicht eindeutig beantworten lassen7. Außerdem können Unsicherheiten bei der Beurteilung auf dieser ersten Prüfungsstufe im Rahmen der Abwägungsentscheidung auf der zweiten Stufe ins Gewicht fallen8.
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Führt die Beurteilung der Erfolgsaussichten zu dem Ergebnis, dass der Gesellschaft voraussichtlich durchsetzbare Schadensersatzansprüche zustehen, soll der Aufsichtsrat nach den Formulierungen der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung in der Regel verpflichtet sein, diese Ansprüche zu
1 Dazu näher Goette in Liber amicorum M. Winter, 2011, S. 153, 156 f.; Goette, ZHR 176 (2012), 588, 600 ff.; Goette in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 377, 379 ff.; Casper, ZHR 176 (2012), 617, 621 f.; Eichner/Höller, AG 2011, 885, 886 ff. 2 Vgl. dazu die Kommentierungen zu § 93 AktG sowie Krieger in Krieger/Uwe H. Schneider, Hdb. Managerhaftung, § 3 Rn. 4 ff. und unten Rn. 981 ff. 3 Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 37; Casper, ZHR 176 (2012), 617, 622. 4 Näher Krieger in Krieger/Uwe H. Schneider, Hdb. Managerhaftung, § 3 Rn. 47. 5 Zum Klagerecht vgl. unten Rn. 741. 6 BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 254 = AG 1997, 377 (ARAG/ Garmenbeck). 7 Ebenso BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 254 = AG 1997, 377 (ARAG/Garmenbeck). 8 Goette, ZHR 176 (2012), 588, 600 f.
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Vertretung der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern
§7
verfolgen1. Jedoch ist ein Absehen von der Anspruchsverfolgung zulässig, wenn gewichtige Gründe des Unternehmenswohls der Geltendmachung des Ersatzanspruchs entgegenstehen2. Hierüber hat der Aufsichtsrat auf der zweiten Prüfungsstufe eine Entscheidung zu treffen3. Dabei können im Einzelfall Gesichtspunkte wie negative Auswirkungen auf Geschäftstätigkeit und Ansehen der Gesellschaft in der Öffentlichkeit, Behinderung der Vorstandsarbeit, Beeinträchtigung des Betriebsklimas u.ä. eine Rolle spielen, während andere Gesichtspunkte als solche des Unternehmensinteresses, wie etwa die Verdienste des Vorstandsmitglieds oder die mit der Anspruchsverfolgung verbundenen sozialen Konsequenzen, keine Rolle spielen dürfen4. Letztlich geht es um die Frage, ob es bei sorgfältiger Abwägung im Interesse des Unternehmens liegt, den Anspruch geltend zu machen oder dies zu unterlassen. Deshalb mag man Kritik an dem vom BGH postulierten Regel-Ausnahme-Verhältnis üben können5, es schärft aber den Blick dafür, dass der Aufsichtsrat kein autonomes Ermessen hat, sondern seine Entscheidung ausschließlich die Interessen des Unternehmens zu berücksichtigen hat und ein Absehen von der Anspruchsverfolgung nur erlaubt ist, wenn dem Interesse an der Schadenskompensation und etwaigen weiteren Verfolgungsinteressen überwiegende andere Gesichtspunkte des Unternehmensinteresse entgegenstehen. Allerdings ist es nötig, dem Aufsichtsrat für seine Beurteilung und Abwägung auf dieser zweiten Stufe den Schutz der Business Judgment Rule zuzubilligen. Das klingt schon im ARAG/Garmenbeck-Urteil selbst an6 und wird zunehmend auch in der Literatur so gesehen7. Ob und welche 1 BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 254 ff. = AG 1997, 377 (ARAG/ Garmenbeck). 2 BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 254 ff. = AG 1997, 377 (ARAG/ Garmenbeck). 3 Dazu eingehend Goette in Liber amicorum M. Winter, 2011, S. 153, 159 ff.; Goette, ZHR 176 (2012), 588, 608 ff.; Goette in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 377, 386 ff.; Casper, ZHR 176 (2012), 617, 632 ff. 4 BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 254 ff. = AG 1997, 377 (ARAG/ Garmenbeck). 5 Reichert in FS Hommelhoff, 2012, S. 907, 917 ff.; a.A. Casper, ZHR 176 (2012), 616, 628 ff. 6 Vgl. BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 256 = AG 1997, 377 (ARAG/Garmenbeck): Das Absehen von der Anspruchsverfolgung müsse zwar die Ausnahme sein und bedürfe gewichtiger Gegengründe und einer besonderer Rechtfertigung, in diesen engen Grenzen könne dem Aufsichtsrat aber „ein Entscheidungsermessen für die Frage zuzubilligen sein, ob er trotz Erfolgsaussicht eine Haftungsklage aus übergeordneten Gründen des Unternehmenswohls ausnahmsweise von der Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs absehen möchte“. 7 Paefgen, AG 2008, 761, 762 ff.; Mertens in FS K. Schmidt, 2009, S. 1183, 1192 ff.; Kocher, CCZ 2009, 215, 219 f.; Krieger in Krieger/Uwe H. Schneider, Hdb. Managerhaftung, § 3 Rn. 48; Goette in Liber amicorum M. Winter, 2011, S. 153, 159 ff.; Goette, ZHR 176 (2012), 588, 589 ff.; Goette in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 377, 393 f.; Reichert in FS Hommelhoff, 2012, S. 907, 917 ff.; etwas enger Casper, ZHR 176 (2012), 617, 635 f.; a.A. Koch, AG 2009, 93, 97 ff.; Lutter in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 747, 749 ff., die lediglich akzeptieren wollen, dass
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§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
Gesichtspunkte des Unternehmensinteresses gegen eine Inanspruchnahme des Vorstandsmitglieds sprechen und wie diese im Vergleich zu den Vermögensinteressen des Unternehmens zu gewichten sind, ist eine subjektive Beurteilung, für die der Aufsichtsrat zuständig und kraft größerer Sachnähe besser in der Lage ist als ein Gericht. Es kann deshalb nicht richtig sein, dass bei dieser Frage ein Gericht seine Beurteilung an die Stelle einer ebenso vertretbaren abweichenden Beurteilung des Aufsichtsrats soll setzen können. Der Aufsichtsrat handelt vielmehr pflichtgemäß, wenn er vernünftigerweise davon ausgehen kann, mit der Entscheidung, von einer Anspruchsverfolgung abzusehen, angesichts der konkreten Umstände des Einzelfalls, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. 450
Soll der Ersatzanspruch verfolgt werden, muss nicht in jedem Fall sofort Klage erhoben werden, sondern der Aufsichtsrat kann eine Klageerhebung auch zurückstellen, um Zeit für Vergleichsgespräche und eine Entscheidung der Hauptversammlung nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG zu gewinnen. Er kann dann aber verpflichtet sein, in geeigneter Form (Einholung einer Verjährungsverzichtserklärung; Ausübung von Zurückbehaltungsrechten gegenüber Ansprüchen des Vorstands) den Anspruch zu sichern1.
V. Organisation der Vorstandsarbeit 1. Grundlagen 451
Kaum weniger bedeutsam als die Auswahl qualifizierter Vorstandsmitglieder ist die sachgerechte Organisation der Vorstandsarbeit. Es genügt nicht allein, qualifizierte Persönlichkeiten zu berufen, sondern erforderlich ist auch ein Organisationsgefüge, welches reibungslose Zusammenarbeit, gegenseitige Kräftesteigerung und Fehlerausgleich im Gesamtorgan gewährleistet. Beides, Organisation und Personalauswahl, steht in engem Zusammenhang: Die Personalauswahl muss sich an der Funktion orientieren, die der Gesuchte im Gesamtorgan übernehmen soll; umgekehrt können organisatorische Regelungen nicht ohne Berücksichtigung der von ihnen betroffenen Personen erfolgen.
452
Das Gesetz spricht die Vorstandsorganisation in § 77 AktG an. Es statuiert dort zunächst das Prinzip der Gesamtgeschäftsführung, wonach alle Vorstandsmitglieder gemeinsam sämtliche Geschäfte zu führen haben (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AktG), lässt es aber zu, dass Satzung oder Geschäftsordnung von diesem Prinzip abweichen (§ 77 Abs. 1 Satz 2 AktG). Damit ist es insbesondere zugelassen, im Wege der Geschäftsverteilung Vorim Einzelfall das Verschulden der Aufsichtsratsmitglieder fehlen kann, wenn sie die Anspruchsverfolgung unterlassen. 1 Zur Sicherung von Ersatzansprüchen durch Streitverkündung gegenüber dem Vorstandsmitglied, wenn die Gesellschaft von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, vgl. Schwab, NZG 2013, 521.
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Organisation der Vorstandsarbeit
§7
standsressorts einzurichten, innerhalb derer die Geschäfte nicht vom Gesamtvorstand, sondern von einem oder mehreren Vorstandsmitgliedern allein geführt werden1. Im Übrigen können im Wege der Geschäftsordnung weitere Regelungen über die Form der Zusammenarbeit im Vorstand getroffen werden, z.B. über die Einberufung und Abhaltung der Vorstandssitzungen u.Ä.2. Die Geschäftsordnung kann jedoch keine materiellen Entscheidungsrichtlinien für den Vorstand enthalten, kann ihm also nicht den Inhalt, sondern nur die Form seiner Tätigkeit vorschreiben. Ziff. 4.2.1 des Kodex enthält die Empfehlung, dass die Geschäftsordnung die Arbeit des Vorstands, insbesondere die Ressortzuständigkeiten einzelner Vorstandsmitglieder, die dem Gesamtvorstand vorbehaltenen Angelegenheiten sowie die erforderliche Beschlussmehrheit bei Vorstandsbeschlüssen (Einstimmigkeit oder Mehrheitsbeschluss) regeln soll. 2. Geschäftsordnung und Geschäftsverteilung Die Zuständigkeit für die Geschäftsordnung liegt vorrangig bei der Satzung, die zum einen eine Geschäftsverteilung anordnen kann (§ 77 Abs. 1 Satz 2 AktG) und der daneben auch die Befugnis zusteht, weitere Einzelfragen der Geschäftsordnung bindend zu regeln (§ 77 Abs. 2 Satz 2 AktG). Soweit die Satzung keine Regelungen trifft, kann der Gesamtaufsichtsrat (nicht ein Ausschuss, § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG) eine Geschäftsordnung für den Vorstand erlassen (§ 77 Abs. 2 Satz 1 AktG) und als Teil der Geschäftsordnung (§ 77 Abs. 1 Satz 2 AktG) auch die Geschäftsverteilung regeln. Verzichtet der Aufsichtsrat auf den Erlass einer Vorstandsgeschäftsordnung, ist der Vorstand selbst dazu befugt, sofern nicht die Satzung dieses Recht ausschließlich dem Aufsichtsrat vorbehalten hat (§ 77 Abs. 2 Satz 1 AktG). Satzung oder Aufsichtsrat können auch bestimmen, dass eine vom Vorstand erlassene Geschäftsordnung der Zustimmung des Aufsichtsrats bedarf (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG)3. Die Satzung kann hingegen nicht vorschreiben, dass der Aufsichtsrat die Geschäftsordnung dem Vorstand überlassen muss4.
453
Die vorrangige Befugnis der Satzung zur Geschäftsverteilung ist nach dem Wortlaut des § 77 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht beschränkt, in anderen
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1 Vgl. dazu näher Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 77 Rn. 15 ff.; Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 77 Rn. 16 ff.; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 22 Rn. 17 ff. 2 Näher Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 77 Rn. 51 ff.; Seibt in K. Schmidt/ Lutter, Komm. AktG, § 77 Rn. 24 ff.; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 22 Rn. 28 ff.; Muster bei Hoffmann-Becking, Beck’sches Formularbuch, Formular X.16; Hölters, Münchener Vertragshandbuch, Band 1, Formular V.52. und 53. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 77 Rn. 19; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 77 Rn. 59; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 30. 4 Hüffer, Komm. AktG, § 77 Rn. 19; Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 77 Rn. 27; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 77 Rn. 59; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 22 Rn. 30.
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§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
Geschäftsordnungsangelegenheiten ist nach dem Gesetzestext nur die Regelung von „Einzelfragen“ durch die Satzung zugelassen (§ 77 Abs. 2 Satz 2 AktG). Soll der Aufsichtsrat seine Aufgabe der Vorstandsbesetzung erfüllen können, bedarf er organisatorischer Flexibilität, um nicht in der Freiheit der Auswahl beeinträchtigt zu sein. Umgekehrt kann eine sachgerechte Regelung aller organisatorischen Einzelheiten nicht erfolgen, ohne auf die konkrete Zusammensetzung des Vorstands Rücksicht zu nehmen. Es hat deshalb seinen guten Sinn, wenn das Gesetz der Satzung nur die Regelung von Einzelfragen der Geschäftsordnung erlaubt, die Details sind dem Aufsichtsrat vorzubehalten1. Erst recht muss dies bei der Geschäftsverteilung gelten. Auch hier kann die Satzung nur Schwerpunktfragen regeln2. 455
Soweit die Satzung Regelungen über die Geschäftsverteilung treffen kann, kann sie dies zudem nur in genereller Form. Die Auswahl der individuellen Personen für ein generell eingerichtetes Ressort kann nicht durch die Satzung erfolgen3. Zwar wird die Ressortzuweisung de jure als Teil der Geschäftsordnung angesehen4, sie ist aber jedenfalls de facto so eng mit der Vorstandsbestellung verbunden, dass sie in erster Linie dem Aufsichtsrat vorbehalten sein muss; verzichtet der Aufsichtsrat auf eine Verteilung der Geschäfte, kann der Vorstand selbst die Geschäftsverteilung regeln (§ 77 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 AktG). Der Aufsichtsrat ist nicht gehindert, die Ressortzuweisung auch zum Gegenstand des Anstellungsvertrages zu erheben5. Allerdings bedarf dies der Zustimmung des Aufsichtsratsplenums, ein Ausschuss ist hierzu nicht befugt, weil er sonst in die dem Gesamtaufsichtsrat vorbehaltene Geschäftsordnungskompetenz eingreifen würde6. Voraussetzung ist überdies, dass ein entsprechendes Ressort zuvor durch eine vom Aufsichtsrat erlassene Geschäftsordnung eingerichtet ist oder der Vorstand der anstellungsvertraglichen Ressortzuweisung einstimmig zustimmt7.
1 Hüffer, Komm. AktG, § 77 Rn. 20; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 77 Rn. 66; Spindler, MünchKomm. AktG, § 77 Rn. 52; Hoffmann-Becking, ZGR 1998, 497, 505; Krieger, Personalentscheidungen, S. 201 f.; a.A. die ältere Literatur, z.B. Hefermehl in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, Komm. AktG, § 77 Rn. 27; Meyer-Landrut, Großkomm. AktG, § 77 Anm. 7; Immenga, ZGR 1977, 249, 268. 2 Krieger, Personalentscheidungen, S. 201 f. 3 Ebenso Kort, Großkomm. AktG, § 77 Rn. 72; Bezzenberger, ZGR 1998, 352, 355. 4 Mertens, ZGR 1983, 189, 196 ff.; Mertens, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 4; Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 89; a.A. Krieger, Personalentscheidungen, S. 199 f. 5 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 77 Rn. 44, § 84 Rn. 285; Kort, Großkomm. AktG, § 84 Rn. 285; unklar Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 22 Rn. 27. 6 Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 12; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 49. 7 Kort, Großkomm. AktG, § 84 Rn. 285; Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 89.
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Organisation der Vorstandsarbeit
§7
Zu den Pflichten des Aufsichtsrats gehört es in jedem Fall, auf eine sachgerechte Organisation der Vorstandsarbeit zu achten. Er kann diese Aufgabe zwar dem Vorstand selbst überlassen, hat dann aber zu kontrollieren, ob dieser die Selbstorganisation ordnungsgemäß wahrnimmt und hat erforderlichenfalls einzuschreiten. Erlässt der Aufsichtsrat eine Geschäftsordnung, kann der Vorstand keine eigene Geschäftsordnung mehr erlassen, eine etwa von ihm früher erlassene Geschäftsordnung tritt außer Kraft1; es ist aber zulässig, dass der Aufsichtsrat den Vorstand ermächtigt, eine vom Aufsichtsrat erlassene Geschäftsordnung oder Geschäftsverteilung durch eine eigene zu ersetzen. Der Aufsichtsrat kann sich auch darauf beschränken, eine Rahmengeschäftsordnung zu erlassen und ergänzende Regelungen dem Vorstand vorzubehalten2. Eine vom Vorstand verabschiedete Geschäftsordnung kann der Aufsichtsrat jederzeit durch eine eigene ersetzen, nach h.M. allerdings nicht bloß in Einzelpunkten abändern3; in der Praxis muss der Aufsichtsrat dann die bisherige Geschäftsordnung mit den von ihm gewünschten Änderungen insgesamt als eigene Geschäftsordnung erlassen.
456
3. Änderungen der Geschäftsverteilung Die Frage unter welchen Voraussetzungen sich Vorstandsmitglieder Änderungen ihres Ressorts gefallen lassen müssen, ist in der Praxis immer wieder Gegenstand von Meinungsverschiedenheiten. Dabei ist zwischen der korporationsrechtlichen und der anstellungsvertraglichen Seite zu unterscheiden. Korporationsrechtlich sind Änderungen des Ressorts ohne weiteres zulässig4, ob sie auch schuldrechtlich zulässig sind, entscheidet sich nach dem Inhalt des Anstellungsvertrages. Ein Entzug anstellungsvertraglich zugesagter Funktionen ist danach zwar aktienrechtlich wirksam, gibt dem Vorstandsmitglied jedoch das Recht zur Amtsniederlegung und zur Kündigung seines Anstellungsvertrages aus wichtigem Grund5. Eine im Widerspruch zum Anstellungsvertrag stehende Zuweisung zusätzlicher Aufgaben kann das Vorstandsmitglied ablehnen. Die Gesellschaft kann Vertragsänderungen nur im Wege einer Änderungskündigung durchsetzen, die jedoch im allgemeinen einen wichtigen Grund i.S. von § 626 BGB, zumindest aber einen wichtigen Abberufungsgrund im Sinne 1 Hüffer, Komm. AktG, § 77 Rn. 19; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 77 Rn. 58; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 22 Rn. 30. 2 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 77 Rn. 58; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 77 Rn. 65; Hoffmann-Becking, ZGR 1998, 497, 504. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 77 Rn. 60; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 77 Rn. 64; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 22 Rn. 31; a.A. anscheinend Seibt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 77 Rn. 26. 4 Spindler, MünchKomm. AktG, § 77 Rn. 41; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 77 Rn. 64; Kort, Großkomm. AktG, § 77 Rn. 93; Mertens, ZGR 1983, 189, 197. 5 OLG Karlsruhe v. 23.3.2011 – 7 U 81/10, NZG 2011, 987, 988 f. = GmbHR 2011, 535; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 77 Rn. 64; Kort, Großkomm. AktG, § 77 Rn. 93; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 22 Rn. 27.
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457
§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
von § 84 Abs. 3 AktG voraussetzt (näher oben Rn. 433); die Änderung der Geschäftsverteilung als solche stellt für die Gesellschaft weder einen wichtigen Grund zur Kündigung des Anstellungsvertrages noch einen wichtigen Grund zur Abberufung des Vorstandsmitglieds dar1. 458
Zuständig für Änderungen der Geschäftsverteilung ist, da es sich hier um eine Maßnahme der Geschäftsordnung handelt, in erster Linie der Aufsichtsrat (§ 77 Abs. 2 AktG). Der Vorstand selbst kann Änderungen der Geschäftsverteilung nur vornehmen, wenn er selbst die Geschäfte verteilt hat, in eine vom Aufsichtsrat erlassene Geschäftsverteilung kann der Vorstand nicht eingreifen. Entscheidet der Aufsichtsrat über Änderungen der Geschäftsverteilung, findet in mitbestimmten Gesellschaften nicht § 31 MitbestG Anwendung, sondern § 29 MitbestG; der Aufsichtsrat entscheidet also mit einfacher Mehrheit, vgl. näher unten Rn. 733 ff. Das ist allerdings anders, wenn dem Arbeitsdirektor anstelle seines bisherigen ein anderes Ressort zugeteilt werden soll2.
VI. Besondere Vorstandsmitglieder 1. Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern in den Vorstand 459
Gemäß § 105 Abs. 2 AktG kann der Aufsichtsrat für einen im voraus begrenzten Zeitraum, höchstens für ein Jahr, einzelne seiner Mitglieder zu Stellvertretern von fehlenden oder behinderten Vorstandsmitgliedern bestellen. Das Aufsichtsratsmitglied hat in dieser Zeit die Rechte und Pflichten des von ihm vertretenen Vorstandsmitglieds, es bleibt aber unter Ruhen des Amtes gleichzeitig Aufsichtsratsmitglied3. Die Satzung kann das Entsendungsrecht nach § 105 Abs. 2 AktG weder ausschließen noch beschränken4. Die Entsendung kann nur erfolgen, wenn ein reguläres Vorstandsmitglied an der Amtsausübung gehindert ist oder ganz fehlt. Das erstere ist der Fall, wenn ein bestelltes Vorstandsmitglied sein Amt, etwa wegen Krankheit, nicht ausüben kann, das letztere, wenn weniger Vorstandsmitglieder bestellt sind als die in der Satzung oder der Geschäftsordnung des Vorstands bestimmte Fest- oder Höchstzahl5. Hingegen steht
1 Spindler, MünchKomm. AktG, § 77 Rn. 41; Kort, Großkomm. AktG, § 77 Rn. 93; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 22 Rn. 27. 2 Henssler in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 33 MitbestG Rn. 25; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 33 MitbestG Rn. 15. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 105 Rn. 10; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 105 Rn. 29 ff.; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 33. 4 Wie hier Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 105 Rn. 3; Habersack, MünchKomm. AktG, § 105 Rn. 3; Simons in Hölters, Komm. AktG, § 105 Rn. 24; Krieger, Personalentscheidungen, S. 225 f.; a.A. Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 105 Rn. 12; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 105 Rn. 3; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 105 Rn. 2. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 105 Rn. 7; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 105 Rn. 20 f.; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 29.
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Besondere Vorstandsmitglieder
§7
es der Entsendung nicht entgegen, wenn auch im Vorstand ein Stellvertreter zur Verfügung stünde1. § 105 Abs. 2 AktG gilt entsprechend für die Entsendung eines Aufsichtsratsmitglieds der Mutter in den Vorstand einer Tochter2. Die Entsendung erfolgt durch Beschluss des Aufsichtsrats der abhängigen Gesellschaft und führt wegen § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AktG zum Ruhen der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens. Wegen dieser Rechtsfolge bedarf die Bestellung zum Vorstand der Tochter der Zustimmung des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens.
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Bei der Entsendung ist von vornherein eine bestimmte Bestellungsdauer festzulegen, die ein Jahr nicht überschreiten darf. Eine auf längere Dauer beschlossene Bestellung ist bis zum Ablauf dieser Frist wirksam (§ 139 BGB), bei zunächst kürzer bemessener Amtszeit ist eine Verlängerung möglich, solange insgesamt die Jahresfrist nicht überschritten wird. Die Jahresfrist bezieht sich auf den jeweiligen Verhinderungsfall; sie kann nicht dadurch überschritten werden, dass nach Ablauf des Jahres ein anderes Aufsichtsratsmitglied mit der Vertretung betraut wird3. Bei mehreren Verhinderungsfällen hingegen kann auch dasselbe Aufsichtsratsmitglied insgesamt – jedoch nicht für den einzelnen Vertretungsfall – über einen längeren Zeitraum als ein Jahr die Vertretung übernehmen4.
461
In mitbestimmten Gesellschaften kommt auf die Beschlussfassung über die Entsendung nicht § 31 MitbestG, sondern § 29 MitbestG zur Anwendung, es genügt also die einfache Mehrheit5. Hingegen wird man in analoger Anwendung von § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG annehmen müssen, dass die Beschlussfassung dem Aufsichtsratsplenum vorbehalten ist und nicht auf einen Ausschuss übertragen werden kann6.
462
1 Hüffer, Komm. AktG, § 105 Rn. 7; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 105 Rn. 21; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 29. 2 Hüffer, Komm. AktG; § 105 Rn. 8; Bürgers/Israel in Bürgers/Körber, Komm. AktG, § 105 Rn. 6; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 36. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 105 Rn. 7; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 105 Rn. 58; Habersack, MünchKomm. AktG, § 105 Rn. 31; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 30; a.A. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 105 Rn. 25; unklar Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 105 Rn. 17. 4 Habersack, MünchKomm. AktG, § 105 Rn. 31; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 105 Rn. 28; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 105 Rn. 25. 5 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 6; Hüffer, Komm. AktG, § 105 Rn. 9; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 105 Rn. 18; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 31. 6 Habersack, MünchKomm. AktG, § 105 Rn. 28; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 105 Rn. 31; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 105 Rn. 16; Krieger, Personalentscheidungen, S. 230 f.; a.A. Hüffer, Komm. AktG, § 105 Rn. 9; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 105 Rn. 18; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 31.
225
§7 463
Bestellung und Anstellung des Vorstands
Wird der Anlass der Entsendung behoben, ist umstritten, ob die Entsendung automatisch endet1, oder eine Amtsniederlegung des entsandten Aufsichtsratsmitglieds oder ein Widerruf der Entsendung erforderlich ist2. Die Entsendung eines Aufsichtsratsmitglieds in den Vorstand kann vom Aufsichtsrat vorzeitig widerrufen werden, nach herrschender Meinung allerdings nur aus wichtigem Grund3. Für die Beschlussfassung gilt das gleiche wie bei der Vornahme der Entsendung: § 31 Abs. 5 MitbestG findet keine Anwendung, wohl aber ist die Entscheidung entsprechend § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG dem Plenum vorbehalten4. 2. Ernennung eines Vorstandsvorsitzenden
464
Gemäß § 84 Abs. 2 AktG kann der Aufsichtsrat ein Mitglied des Vorstands zum Vorstandsvorsitzenden ernennen; die umstrittene Frage, ob auch zwei Vorstandsvorsitzende ernannt werden können5, ist – anders als die Ernennung zweier Vorstandssprecher (vgl. dazu unten Rn. 468) – für die Praxis bedeutungslos. Besondere gesetzliche Befugnisse räumt das Gesetz dem Vorstandsvorsitzenden nicht ein. Er ist im Grundsatz Vorstandsmitglied wie jedes andere auch und nach herrschender Meinung nur mit den üblichen Organisationsrechten des Vorsitzenden eines Gremiums (Sitzungsleitung, Einberufung der Versammlung u.Ä.) ausgestattet6.
465
Die Satzung oder die Vorstands-Geschäftsordnung kann dem Vorsitzenden bei einem mehr als zweiköpfigen Vorstand das Recht zum Stichentscheid bei Stimmengleichheit einräumen7. Jedenfalls in nicht mitbestimmten Gesellschaften ist es auch möglich, dem Vorsitzenden durch Satzung oder Geschäftsordnung ein (endgültiges) Vetorecht gegen Vor1 So Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 105 Rn. 72; Habersack, MünchKomm. AktG, § 105 Rn. 36; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 105 Rn. 18. 2 So Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 105 Rn. 33; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 105 Rn. 29; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 32, die im Wegfall der Verhinderung den wichtigen Abberufungsgrund sehen. 3 Habersack, MünchKomm. AktG, § 105 Rn. 36; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 105 Rn. 36; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 105 Rn. 33; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 32; a.A. Krieger, Personalentscheidungen, S. 232 f. 4 Krieger, Personalentscheidungen, S. 233. 5 Dafür Kort, Großkomm. AktG, § 77 Rn. 49; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 86; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 2; mit Recht ablehnend Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 100. 6 Vgl. etwa Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 21; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 102; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 4; eingehend T. Bezzenberger, ZGR 1996, 661, 662 ff. 7 Ganz h.M., z.B. BGH v. 14.11.1983 – II ZR 33/83, BGHZ 89, 48, 59 = AG 1984, 48; Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 21; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 102; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 22 Rn. 9; einschränkend T. Bezzenberger, ZGR 1996, 661, 669 f., der einen Stichentscheid in paritätisch mitbestimmten Gesellschaften als unzulässig ansieht; a.A. Erle, AG 1987, 7 ff.
226
Besondere Vorstandsmitglieder
§7
standsbeschlüsse einzuräumen1; zur Rechtslage in mitbestimmten Gesellschaften vgl. unten Rn. 473 ff. Es kann jedoch nicht bestimmt werden, dass der Vorstandsvorsitzende Meinungsverschiedenheiten im Vorstand gegen die Mehrheit seiner Mitglieder entscheiden kann (§ 77 Abs. 1 Satz 2 AktG); in einem zweiköpfigen Vorstand ist deshalb auch ein Stichentscheid des Vorsitzenden unzulässig, weil dieser auf ein Alleinentscheidungsrecht hinausliefe2. Auch ohne die Einräumung zusätzlicher Befugnisse durch Satzung oder Geschäftsordnung verbindet sich nach dem gesetzlichen Leitbild mit dem Amt des Vorstandsvorsitzenden im besonderen Maße Verantwortung und Einfluss auf die Geschicke des Unternehmens. Daraus erwachsen dem Vorstandsvorsitzenden besondere Amtspflichten zur organinternen Koordination und Überwachung und als Ausfluss dessen auch einige Sonderrechte gegenüber den anderen Vorstandsmitgliedern3. Der Vorstandsvorsitzende hat nicht die Rechtsstellung des amerikanischen Chief Executive Officer, insbesondere kein Weisungsrecht gegenüber den Vorstandskollegen. In tatsächlicher Hinsicht ist allerdings zu beobachten, dass sich mit der Funktion des Vorstandsvorsitzenden immer mehr eine besondere Führungsfunktion nach dem Vorbild des CEO verbindet4.
466
Für die Ernennung des Vorsitzenden und deren Widerruf ist ausschließlich der Aufsichtsrat zuständig. Ziff. 4.2.1 Satz 1 des Kodex empfiehlt die Ernennung eines Vorsitzenden oder Sprechers (dazu unten Rn. 468). Die Satzung kann die Ernennung eines Vorsitzenden, nicht untersagen5 und nach herrschender Meinung auch nicht anordnen6. Die Entscheidung er-
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1 OLG Karlsruhe v. 23.5.2000 – 8 U 233/99, AG 2001, 93, 94; Hüffer, Komm. AktG, § 77 Rn. 12; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 77 Rn. 13 f.; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 77 Rn. 16 f.; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 22 Rn. 9 f.; Langer/Peters, BB 2012, 2575, 2580 f.; a.A. Simons/Hanloser, AG 2010, 641, 645 ff.; T. Bezzenberger, ZGR 1996, 661, 665 ff.; Erle, AG 1987, 7 ff.; zweifelnd auch Hoffmann-Becking, ZGR 1998, 497, 519; offengelassen in BGH v. 14.11.1983 – II ZR 33/83, BGHZ 89, 48, 58 = AG 1984, 48. 2 OLG Hamburg v. 20.5.1985 – 2 W 49/84, AG 1985, 251; Hüffer, Komm. AktG, § 77 Rn. 11; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 77 Rn. 12; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 22 Rn. 9; a.A. Priester, AG 1984, 253 ff. 3 Vgl. dazu näher Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 4; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 102; Krieger, Personalentscheidungen, S. 244 ff.; Wettich, Vorstandsorganisation, S. 96 ff.; Simons/Hanloser, AG 2010, 641, 642 ff.; T. Bezzenberger, ZGR 1996, 661, 662 ff.; ablehnend Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 102. 4 Vgl. etwa Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, Rn. 36; Wettich, Vorstandsorganisation, S. 118 ff.; Fleischer in Spindler/ Stilz, Komm. AktG, § 77 Rn. 42, § 84 Rn. 89; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 3; Wicke, NJW 2007, 3755, 3757. 5 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 101; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 100; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 4. 6 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 101; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 4; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 86; Paefgen,
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§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
folgt in mitbestimmten Gesellschaften nicht in dem abgestuften Verfahren des § 31 MitbestG, sondern nach den Regeln des § 29 MitbestG1. Sie kann nicht auf einen Ausschuss übertragen werden (§ 107 Abs. 3 Satz 3 AktG). Der Widerruf der Ernennung zum Vorsitzenden – der als solcher die Bestellung zum Vorstandsmitglied nicht berührt – bedarf wie der Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied des wichtigen Grundes (§ 84 Abs. 3 Satz 1 AktG). Schließlich ist der Vorstandsvorsitzende auf allen Geschäftsbriefen der Gesellschaft namhaft zu machen (§ 80 AktG). 468
Macht der Aufsichtsrat von seiner Befugnis zur Bestellung eines Vorstandsvorsitzenden keinen Gebrauch, so ist es praktisch verbreitet, dass der Vorstand selbst ein oder zwei seiner Mitglieder zu Sprechern des Vorstands ernennt. Gelegentlich ernennt auch der Aufsichtsrat eines der Vorstandsmitglieder zum Sprecher, anstatt einen Vorsitzenden zu bestellen. Zulässig ist es auch, dass der Aufsichtsrat die Ernennung eines Sprechers dem Vorstand überlässt, aber an seine Zustimmung oder die Zustimmung eines Ausschusses bindet. Die Unterscheidung zwischen einem Vorstandsvorsitzenden und einem Vorstandssprecher ist allgemein bekannt und akzeptiert. Es steht deshalb nichts entgegen, die Ernennung eines oder zweier Sprecher (und deren Widerruf) als Bestandteil der Geschäftsordnungskompetenz von Aufsichtsrat und Vorstand (§ 77 Abs. 2 AktG) als zulässig anzusehen2. Das gilt um so mehr, als der Aufsichtsrat nicht gehindert ist, jederzeit einen Vorsitzenden zu bestellen; dadurch entfällt dann automatisch die Position des Sprechers3. Im Übrigen kann die Ernennung zum Sprecher jederzeit ohne wichtigen Grund widerrufen werden4. Der Sprecher hat allerdings nicht die besonderen Koordinationsund Überwachungsfunktionen des Vorsitzenden (vgl. oben Rn. 465), sondern ist auf sitzungsleitende und repräsentative Sonderfunktionen beschränkt5. Er darf auch nicht faktisch wie ein Vorsitzender agieren; geschieht dies dennoch, muss der Aufsichtsrat einschreiten6.
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Aufsichtsratsverfassung, S. 142; a.A. Dose, Vorstandsmitglieder, S. 28 ff.; Krieger, Personalentscheidungen, S. 252 f. Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 20; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 100; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 30 MitbestG Rn. 8; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 2; a.A. Krieger, Personalentscheidungen, S. 254; Säcker, Aufsichtsratsausschüsse, S. 61. Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 22; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 84 Rn. 103; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 5 ff. Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 7. Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 7; Spindler, MünchKomm. AktG, § 84 Rn. 103; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 91. Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 22; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 91; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 6. Hüffer, Komm. AktG, § 84 Rn. 22; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 84 Rn. 91; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 6; Hoffmann-Becking, ZGR 1998, 497, 517.
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Besondere Vorstandsmitglieder
§7
3. Bestellung eines Arbeitsdirektors Den Vorständen montanmitbestimmter und dem MitbestG 1976 unter- 469 fallender Aktiengesellschaften muss als gleichberechtigtes Mitglied ein Arbeitsdirektor angehören (§ 33 MitbestG, § 13 MontanMitbestG, § 13 MitbestErgG). Daraus folgt zugleich, dass die Vorstände solcher Gesellschaften aus mindestens zwei Personen zu bestehen haben1. Wächst ein Unternehmen erstmals in die Mitbestimmung hinein, ist die sofortige Neubestellung eines Arbeitsdirektors nötig, wenn bislang noch kein Vorstandsmitglied die Aufgaben eines Arbeitsdirektors wahrgenommen hat, andernfalls ist ein Arbeitsdirektor erst mit dem Ende der laufenden Amtszeit des bisherigen Funktionsträgers zu bestellen2. Die Gegenauffassung, die stets die sofortige Neubestellung verlangt3, übersieht, dass § 37 Abs. 3 MitbestG den amtierenden Vorstandsmitgliedern bis zum Ende ihrer laufenden Amtszeit Bestandsschutz nicht nur in ihrer Eigenschaft als Vorstandsmitglied, sondern auch in ihrer konkreten Funktion im Vorstand sichert4. Die genauen Aufgaben des Arbeitsdirektors umschreibt das Gesetz nicht; es geht aber davon aus, dass ihm – bei Fortbestand einer Letztzuständigkeit des Gesamtvorstands (§ 77 Abs. 1 Satz 2 AktG) – der Kernbereich von Ressortzuständigkeiten in Personal- und Sozialfragen zufällt5. Das hindert nicht, dem Arbeitsdirektor weitere Aufgaben zuzuweisen, solange er dadurch nicht in der sachgerechten Wahrnehmung seines eigentlichen Auftrags behindert wird6. Ebensowenig steht umgekehrt etwas entgegen, einzelne Personal- und Sozialangelegenheiten auf andere Vor-
1 LG Frankfurt a.M. v. 26.4.1984 – 3/6 O 210/83, AG 1984, 276, 277; LG Bad Kreuznach v. 3.10.1979 – 2 T 78/79, AG 1979, 346, 347; Hüffer, Komm. AktG, § 76 Rn. 24; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 76 Rn. 108; Henssler in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 33 MitbestG Rn. 2; a.A. Kötter, Komm. Montan-MitbestG, § 13 Anm. 1; Overlack, ZHR 141 (1977), 125, 128 ff. 2 So z.B. Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 37 MitbestG Rn. 7; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 37 MitbestG Rn. 21; Oetker, Großkomm. AktG, § 37 MitbestG Rn. 11; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 16; ausführlich Mertens, AG 1979, 334. 3 So etwa AG Bremen v. 5.12.1978 – 38 HRB 3029, WM 1979, 154; LG Bad Kreuznach v. 3.10.1979 – 2 T 78/79, AG 1979, 346; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 37 MitbestG Rn. 18 ff. 4 So insbes. Mertens, AG 1979, 334, 335 ff.; Säcker, Anpassung von Satzungen S. 56, 58; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 37 MitbestG Rn. 21. 5 Vgl. dazu näher etwa Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 33 MitbestG Rn. 16 ff.; Henssler in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 33 MitbestG Rn. 43 ff.; Oetker, Großkomm. AktG, § 33 MitbestG Rn. 19 ff.; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 17 ff. 6 BVerfG v. 1.3.1979 – 1 BvR 532, 533/77, 419/78 und 1 BvL 21/78, BVerfGE 50, 290, 378; Henssler in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestbestimmungsrecht, § 33 MitbestG Rn. 42; Oetker, Großkomm. AktG, § 33 MitbestG Rn. 23.
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§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
standsmitglieder zu übertragen1. So ist es zulässig und in der Praxis häufig, das leitende Personal dem Vorstandsvorsitzenden oder -sprecher zu unterstellen2. 471
Für die Bestellung und Abberufung gelten die gleichen Regeln wie für die Bestellung und Abberufung jedes anderen Vorstandsmitgliedes. Zuständig ist das Aufsichtsratsplenum (§ 107 Abs. 3 Satz 2 AktG). Es beschließt – soweit anwendbar – im Verfahren nach § 31 MitbestG. Nur in Gesellschaften, die dem MontanMitbestG unterliegen, können die Bestellung und ihr Widerruf nicht gegen die Stimmen der Mehrheit der Arbeitnehmervertreter erfolgen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 und 3 MontanMitbestG).
472
Die Auswahl des Arbeitsdirektors hat sich uneingeschränkt an den gleichen Maßstäben zu orientieren wie die Auswahl aller anderen Vorstandsmitglieder. Die Wahl wird von der Funktion des Arbeitsdirektors bestimmt, für welche naturgemäß auch das Vertrauen der Belegschaft von Bedeutung ist3. Das bedeutet jedoch nicht, dass es in aller Regel im Unternehmensinteresse geboten wäre, nur solche Persönlichkeiten zum Arbeitsdirektor zu bestellen, die auch von den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat gebilligt werden4.
473
§ 33 MitbestG, § 13 Abs. 1 Satz 1 MontanMitbestG betonen die Gleichberechtigung des Arbeitsdirektors. Literatur und Rechtsprechung folgern daraus, dass die Rechtsstellung der Vorstandsmitglieder in mitbestimmten Gesellschaften durch Satzung oder Geschäftsordnung nur in engen Grenzen unterschiedlich ausgestaltet werden könne. So wird es für problematisch gehalten, ob in einem zweiköpfigen Vorstand neben dem Arbeitsdirektor ein Vorstandsvorsitzender ernannt werden könne5 oder ob 1 BVerfG v. 1.3.1979 – 1 BvR 532, 533/77, 419/78 und 1 BvL 21/78, BVerfGE 50, 290, 378; Henssler in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 33 MitbestG Rn. 45; Oetker, Großkomm. AktG, § 33 MitbestG Rn. 21. 2 Henssler in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 33 MitbestG Rn. 48; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 33 MitbestG Rn. 20; im Ergebnis auch Koberski in Wlotzke/Wissmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 33 MitbestG Rn. 34. 3 Vgl. etwa Bericht des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BTDrucks. 7/4845, S. 9 und die Nachweise in der folgenden Fn. 4 So aber z.B. Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 33 MitbestG Rn. 19, allerdings mit dem Hinweis, dass diese These keine Rechtsnormkraft beanspruche; vgl. in diese Richtung auch den Bericht der Mitbestimmungskommission, BT-Drucks. VI/334, S. 110. Im Ergebnis wie hier die h.M., z.B. BVerfG v. 1.3.1979 – 1 BvR 532, 533/77, 419/78 und 1 BvL 21/78, BVerfGE 50, 290, 379; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 33 MitbestG Rn. 5; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 14. 5 Für die Zulässigkeit mit Recht OLG Frankfurt a.M. v. 23.4.1985 – 5 U 149/84, BB 1985, 1286, 1288; Kötter, Komm. Montan-MitbestG, § 13 Rn. 8b; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 33 MitbestG Rn. 29; Henssler in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 33 MitbestG Rn. 40; Oetker, Großkomm. AktG, § 33 MitbestG Rn. 16; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 77 Rn. 66; zweifelnd Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mit-
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Besondere Vorstandsmitglieder
§7
es zulässig sei, den Arbeitsdirektor nur zum stellvertretenden Vorstandsmitglied zu ernennen1. Weiterhin werde ein Vorstandspräsidium eingerichtet, müsse ihm der Arbeitsdirektor angehören2, unzulässig sei es, ihn in seiner Geschäftsführungs- und Vertretungsmacht (Einzel- oder Gesamtbefugnis) hinter andere Vorstandsmitglieder zurückzustellen3, und unzulässig sei es in mitbestimmten Gesellschaften auch, dem Vorstandsvorsitzenden ein Vetorecht gegen Vorstandsbeschlüsse einzuräumen4. Tatsächlich ist bei diesen Fragen gegenüber pauschalen Aussagen Zurückhaltung am Platz. Gleichbehandlung im Recht hindert sachlich gerechtfertigte Differenzierungen nicht5. Generelle Verbote lassen sich nur bei besonders gravierenden Ungleichbehandlungen begründen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass bereits das AktG den Vorstand als Kollegialorgan versteht und seine Mitglieder davor schützt, zu Vorstandsmitgliedern minderen Rechts ernannt zu werden. Unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung können deshalb Gestaltungen, die aktienrechtlich zulässig sind, nur bei Diskriminierung des Arbeitsdirektors unzulässig werden, wenn gerade der Arbeitsdirektor gegenüber den anderen Vorstandsmitgliedern zurückgestellt wird und diese Zurückstellung in Anbetracht der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls als sachlich nicht begründet erscheint6.
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Von den oben genannten Gestaltungen wird man allein die Einräumung eines Vetorechts für den Vorstandsvorsitzenden als per se unzulässig an-
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bestimmungsrecht, § 33 MitbestG Rn. 43; Meyer-Landrut, DB 1976, 387, 388; generell ablehnend Kieser, Komm. MitbestG, § 33 Rn. 108; Wlotzke, Das Arbeitsrecht der Gegenwart 14 (1976), 17, 41. Zurückhaltend Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 33 MitbestG Rn. 23; für die Zulässigkeit aus sachlichem Grund mit Recht aber die h.M., Hüffer, Komm. AktG, § 94 Rn. 4; Henssler in Ulmer/ Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 33 MitbestG Rn. 39; Oetker, Großkomm. AktG, § 33 MitbestG Rn. 14; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 33 MitbestG Rn. 10 f. Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 33 MitbestG Rn. 42; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 77 Rn. 67; Rumpff, GK-MitbestG, § 33 Rn. 39. Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 33 MitbestG Rn. 31; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 33 MitbestG Rn. 44 f. und 47; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 77 Rn. 67; Ballerstedt, ZGR 1977, 133, 150. BGH v. 14.11.1983 – II ZR 33/83, BGHZ 89, 48, 59 f. = AG 1984, 48; Hüffer, Komm. AktG, § 77 Rn. 13; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 77 Rn. 14; Henssler in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 33 MitbestG Rn. 40 m.w.N. Dies wird auch zu § 33 MitbestG allgemein anerkannt; vgl. etwa Henssler in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 33 MitbestG Rn. 31; Raiser/ Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 33 MitbestG Rn. 24; Oetker, Großkomm. AktG, § 33 MitbestG Rn. 13. Oetker, Großkomm. AktG, § 33 MitbestG Rn. 13; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG § 77 Rn. 67; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 10; Krieger, Personalentscheidungen, S. 265 ff.
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§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
sehen müssen, und auch dies nicht, weil sich damit eine unzulässige Ungleichbehandlung des Arbeitsdirektors verbände, sondern weil dadurch seine zwingende Ressortzuständigkeit zu sehr ausgehöhlt würde1. Bedenkenlos zulässig ist demgegenüber die Begründung eines Stichentscheids für den Vorstandsvorsitzenden in einem mehr als zweiköpfigen Vorstand2, während ein Stichentscheid in einem zweiköpfigen Kollegium bereits aktienrechtlich unzulässig ist (vgl. oben Rn. 465). 476
Etwas anders ist die Rechtslage in der GmbH. Hier ist die Kollegialnatur des Geschäftsführungsorgans weniger ausgeprägt als im Aktienrecht; auch können einzelnen Geschäftsführern Befugnisse eingeräumt werden, die sie weiter über ihre Mitgeschäftsführer herausheben, z.B. – im Gegensatz zu § 77 Abs. 1 Satz 2 AktG – das Recht zum Letztentscheid. Solche aktienrechtlich unzulässigen Differenzierungen sind wegen der Gleichberechtigung des Arbeitsdirektors zu seinen Lasten auch in einer GmbH unzulässig3. 4. Bestellung stellvertretender Vorstandsmitglieder
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Gemäß § 94 AktG gelten für stellvertretende Vorstandsmitglieder die gleichen Vorschriften wie für ordentliche. Die Bezeichnung als Stellvertreter hat keine rechtliche Bedeutung, sondern erschöpft sich in der bloßen Titulierung. Für die Bestellung und Anstellung, den Widerruf der Bestellung und die Kündigung des Anstellungsvertrages gilt das gleiche wie für ordentliche Mitglieder des Vorstands; auch die gesetzliche Vertretungsbefugnis und die zwingenden Geschäftsführungsrechte und -pflichten eines stellvertretenden Vorstandsmitglieds sind die gleichen wie die eines ordentlichen4. Nur in den Grenzen zwingenden Rechts kann die rechtliche Stellung stellvertretender Vorstandsmitglieder von der Gesellschaft besonders ausgestaltet werden. So ist es z.B. möglich, ihnen die Leitung eines bestimmten Ressorts lediglich für Vertretungsfälle zuzuweisen u.Ä. In der Praxis werden vielfach neue Vorstandsmitglieder zunächst als Stellvertreter bestellt, bevor nach entsprechender Bewährung die Bestellung als ordentliches Vorstandsmitglied erfolgt. Ob ein Vorstandsmitglied als ordentliches oder als stellvertretendes bestellt wird, 1 BGH v. 14.11.1983 – II ZR 33/83, BGHZ 89, 48, 59 = AG 1984, 48; Henssler in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 33 MitbestG Rn. 40; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 33 MitbestG Rn. 29; a.A. Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 19. 2 BGH v. 14.11.1983 – II ZR 33/83, BGHZ 89, 48, 59 = AG 1984, 48; Henssler in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 33 MitbestG Rn. 39; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 77 Rn. 66; Oetker, Großkomm. AktG, § 33 MitbestG Rn. 17. 3 Vgl. Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 33 MitbestG Rn. 42; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 33 MitbestG Rn. 30, je m.w.N. 4 Hüffer, Komm. AktG, § 94 Rn. 2 f.; Habersack, Großkomm. AktG, § 94 Rn. 5; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 94 Rn. 2 ff.
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Besonderheiten im Konzern
§7
entscheidet der Aufsichtsrat nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Satzung kann die Bestellung von Vorstandsmitgliedern als nur stellvertretenden Mitgliedern weder ausschließen noch anordnen1. Für Änderungen des Titels gelten die gleichen Regeln wie für eine Neubestellung. Die Ernennung eines bisher stellvertretenden zum ordentlichen Vorstandsmitglied steht also allein dem Gesamtaufsichtsrat zu2. Für eine – wohl nur theoretisch vorstellbare – Herabstufung eines ordentlichen Vorstandsmitglieds zum Stellvertreter gilt das erst recht3. In mitbestimmten Gesellschaften gilt für Änderungen des Titels nicht § 31 MitbestG, sondern § 29 MitbestG4.
VII. Besonderheiten im Konzern Durch ein Abhängigkeits- oder Konzernverhältnis ändert sich die Personalkompetenz des Aufsichtsrats der abhängigen Aktiengesellschaft nicht. Der Aufsichtsrat bleibt für Bestellung und Anstellung und die Abberufung des Vorstands seiner Gesellschaft allein zuständig. Irgendwelche Weisungsrechte des herrschenden Unternehmens bestehen – auch bei Abschluss eines Beherrschungsvertrags und im Falle der Eingliederung – nicht5. Die Personalkompetenz des Aufsichtsrats einer herrschenden Aktiengesellschaft erstreckt sich auch im Konzern zunächst nur auf diese Gesellschaft. Für die Personalentscheidungen in abhängigen Unternehmen bleiben deren Organe zuständig. Der Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens muss sich aber im Rahmen seiner Überwachungsaufgabe mit der Besetzung von Führungspositionen in abhängigen Gesellschaften befassen6. Er hat also darauf zu achten, dass der Vorstand eine planmäßige Personalpolitik betreibt, die dazu geeignet ist, Führungskräfte im Konzern heranzubilden, und er hat sich über wichtige Personalentscheidungen in Tochtergesellschaften berichten zu lassen und diese mit dem Vorstand zu erörtern.
1 Krieger/Sailer-Coceani in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 94 Rn. 1; Habersack, Großkomm. AktG, § 94 Rn. 12; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 94 Rn. 4. 2 Krieger/Sailer-Coceani in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 94 Rn. 3; Spindler, MünchKomm. AktG, § 94 Rn. 9; Habersack, Großkomm. AktG, § 94 Rn. 13. 3 Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 24 Rn. 27; Krieger, Personalentscheidungen, S. 223. 4 Heute ganz h.M. Habersack, Großkomm. AktG, § 94 Rn. 13; Hüffer, Komm. AktG, § 94 Rn. 4; Krieger/Sailer-Coceani in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 94 Rn. 4; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 94 Rn. 5; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 94 Rn. 7; a.A. Oetker, Großkomm. AktG, § 1 MitbestG Rn. 4. 5 Krieger, Münchener Hdb. AG, § 69 Rn. 35, § 70 Rn. 170, § 73 Rn. 67. 6 Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 273 und 430; Krieger, Münchener Hdb. AG, § 69 Rn. 30.
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§7
Bestellung und Anstellung des Vorstands
Der Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens kann auch die Mitwirkung seines Vorstands bei Personalentscheidungen in Tochtergesellschaften gem. § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG von seiner Zustimmung abhängig machen1. Ein solcher Zustimmungsvorbehalt bindet den Vorstand des herrschenden Unternehmens jedenfalls bei der Ausübung der Stimmrechte des herrschenden Unternehmens in der Gesellschafterversammlung der Tochter. Er wirkt sich daher jedenfalls dann aus, wenn es sich um eine Tochter-GmbH handelt, bei welcher die Gesellschafterversammlung über Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer entscheidet. Auf die Tätigkeit von Vorstandsmitgliedern des herrschenden Unternehmens im Aufsichtsrat einer Tochtergesellschaft wirken sich Zustimmungsvorbehalte nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG in der Weise aus, dass der Vorstand des herrschenden Unternehmens seinen Aufsichtsrat über beabsichtigte Personalentscheidungen in der Tochtergesellschaft vorab zu informieren und um seine Zustimmung zu bitten hat; wird die Zustimmung nicht erteilt, kann (und muss) sich der Vorstand des herrschenden Unternehmens im Aufsichtsrat der Tochter darüber allerdings nach pflichtgemäßem Ermessen hinwegsetzen2. 479
Für mitbestimmte Gesellschaften besteht nach § 32 MitbestG und nach § 15 MitbestErgG ein gesetzlicher Zustimmungsvorbehalt, der unter anderem die Ausübung der Rechte der Gesellschaft bei der Bestellung und dem Widerruf der Bestellung von Verwaltungsträgern bei Tochtergesellschaften betrifft, und diese Rechtsausübung von der Zustimmung der Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat der Obergesellschaft abhängig macht (näher unten Rn. 497 ff. Für die Bestellung und Abberufung der Vorstände und Geschäftsführer von Tochtergesellschaften hat das jedoch kaum praktische Bedeutung, da der Zustimmungsvorbehalt nur eingreift, wenn die Gesellschafterversammlung der Tochtergesellschaft und nicht deren Aufsichtsrat für diese Personalentscheidungen zuständig ist3.
480
In der Praxis besteht häufig ein Interesse daran, Mitglieder des Vertretungsorgans oder leitende Angestellte des herrschenden Unternehmens in den Vorstand der abhängigen Gesellschaft oder umgekehrt Mitglieder des Vertretungsorgans eines abhängigen Unternehmens in den Vorstand der herrschenden Gesellschaft zu berufen4. Solche Vorstands-Doppel-
1 Weitergehend Martens, ZHR 159 (1995), 567, 577 ff., der für wichtige Vorstandspositionen bei Töchtern eine Pflicht zur Schaffung eines Zustimmungsvorbehaltes annimmt. 2 Ausführlich dazu Lutter in FS Fischer, 1979, S. 419 ff. 3 Oetker, Großkomm. AktG, § 32 MitbestG Rn. 11; Ulmer/Habersack in Ulmer/ Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 32 MitbestG Rn. 12. 4 Zu den unternehmerischen Aspekten, die für eine derartige Personalverflechtung sprechen, vgl. Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 75; Semler in FS Stiefel, 1987, S. 719, 722 ff.; HoffmannBecking, ZHR 150 (1986), 570; Decher, Verflechtungen, S. 71 ff., 80 ff., 86 ff.
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Besonderheiten im Konzern
§7
mandate sind aktienrechtlich zulässig1, werfen allerdings eine Reihe von Rechtsfragen auf, die sich aus möglichen Interessenkonflikten zwischen den beiden Gesellschaften ergeben2.
1 BGH v. 9.3.2009 – II ZR 170/07, BGHZ 180, 105 = AG 2009, 500 Tz. 14 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 76 Rn. 21; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 76 Rn. 70; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 10. 2 Vgl. dazu nur BGH v. 9.3.2009 – II ZR 170/07, BGHZ 180, 105 = AG 2009, 500 Tz. 14 ff.; Hoffmann-Becking, ZHR 150 (1986), 570 ff.; Wiesner, Münchener Hdb. AG, § 20 Rn. 10; Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 9 Rn. 75. Zur Vertragsgestaltung bei Vorstandsdoppelmandaten eingehend Fonk, NZG 2010, 368, 369 ff.
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§8 Sonstige Aufgaben und Befugnisse des Aufsichtsrats I. Einführung Das Gesamtbild der bisher angesprochenen Kompetenzen lässt den Aufsichtsrat aus der bloßen Rolle eines Kontrolleurs heraustreten und weist deutlich in die Richtung echter unternehmerischer Entscheidungsteilhabe1. Bereits seine Beratungsfunktion (dazu oben Rn. 103 ff.) eröffnet ihm die Möglichkeit eigener unternehmerischer Einflussnahmen auf den Vorstand. Das Recht und die Pflicht, bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen an die Zustimmung des Aufsichtsrats zu binden (dazu oben Rn. 112 ff.), verstärkt diesen Einfluss und gibt dem Aufsichtsrat die Möglichkeit, das eigene unternehmerische Urteil dem Vorstand zwar nicht aufzuzwingen, immerhin aber Maßnahmen des Vorstands zu verhindern, die diesem nicht entsprechen. Und schließlich ist dem Aufsichtsrat mit seiner Personalaufgabe (dazu oben § 7) ein Feld eigenverantwortlicher unternehmerischer Entscheidung eröffnet. In der Überwachung des Vorstands erschöpft sich die Aufgabe des Aufsichtsrats mithin bei weitem nicht; er ist zwar auch Kontrolleur, zugleich aber fallen ihm teils kooperative, teils autonome unternehmerische Aufgabenbereiche zu. Seine Verantwortung steht neben der des Vorstands und setzt nicht erst danach ein2. Das Gesetz zieht den Bereich unternehmerischer Mitentscheidung und Verantwortung des Aufsichtsrats aber noch weiter, vor allem bei der Bilanzfeststellung und Rücklagendotierung, und überträgt ihm eine Reihe zusätzlicher Aufgaben und Befugnisse im Hinblick auf die Geschäftsführung der Gesellschaft und die Hauptversammlung.
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II. Feststellung des Jahresabschlusses und Billigung des Konzernabschlusses Gemäß § 171 AktG hat der Aufsichtsrat den Jahresabschluss und ggfs. den Konzernabschluss zu prüfen und über die Billigung der Abschlüsse zu entscheiden. Die Billigung des Jahresabschlusses zieht zugleich dessen Feststellung nach sich, sofern sich nicht Vorstand und Aufsichtsrat ausnahmsweise darauf einigen, die Feststellung der Hauptversammlung zu überlassen (§ 172 Satz 1 AktG). Im Zusammenhang mit der Feststellung des Abschlusses fällt dem Aufsichtsrat zugleich die Aufgabe zu, gemeinsam mit dem Vorstand über die Einstellung eines Teils des Gewinns in andere Gewinnrücklagen zu befinden (§ 58 Abs. 2 AktG). Daneben hat der Aufsichtsrat die Befugnis zur Mitentscheidung über – in der Praxis al-
1 Lutter in FS Albach, 2001, S. 225, 226 ff. 2 Lutter, AG 1979, 85, 90.
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§8
Sonstige Aufgaben und Befugnisse des Aufsichtsrats
lerdings höchst seltene – Abschlagszahlungen auf den erwarteten Bilanzgewinn (§ 59 Abs. 3 AktG). 483
Die Prüfung und Billigung des Jahresabschlusses kann der Aufsichtsrat nicht auf einen Ausschuss delegieren (§ 107 Abs. 3 Satz 3 AktG). Es ist jedoch zulässig und vom Kodex (Ziff. 5.3.2) empfohlen, dass ein Prüfungsausschuss (audit committee) mit der Vorbereitung der Prüfung und Entscheidung des Plenums beauftragt wird (vgl. näher Rn. 753).
484
Der Vorstand hat dem Aufsichtsrat unverzüglich nach Aufstellung den Jahresabschluss nebst Lagebericht und Gewinnverwendungsvorschlag (§ 170 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AktG) sowie ggf. den Konzernabschluss nebst Konzernlagebericht (§ 170 Abs. 1 Satz 2 AktG) vorzulegen. Zusätzlich erhält der Aufsichtsrat unmittelbar vom Abschlussprüfer und Konzernabschlussprüfer deren Prüfungsberichte (§ 321 Abs. 5 Satz 2 HGB, § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG); vgl. dazu näher oben Rn. 176 ff., 217.
485
Der Aufsichtsrat hat die Vorlagen des Vorstands zu prüfen (§ 171 Abs. 1 Satz 1 AktG)1. Die Prüfung erstreckt sich auf die Rechtmäßigkeit des Jahresabschlusses, d.h. seine Übereinstimmung mit Gesetz und Satzung, daneben aber auch auf die Zweckmäßigkeit der bilanzpolitischen Entscheidungen, einschließlich der Rücklagendotierung nach § 58 Abs. 2 AktG2. Jedes Aufsichtsratsmitglied ist zu einer eigenen Urteilsbildung verpflichtet3. Wichtigstes Hilfsmittel ist dabei der schriftliche Prüfungsbericht des (Konzern-)Abschlussprüfers, der – selbst wenn der Aufsichtsrat die Aushändigung des Berichts auf die Mitglieder eines Ausschusses beschränkt hat (§ 170 Abs. 3 Satz 2 AktG) – von jedem Mitglied des Aufsichtsrats sorgfältig zu studieren und zu analysieren ist; vgl. näher oben Rn. 181 ff. Daneben tritt der mündliche Bericht des (Konzern-)Abschlussprüfers in der Aufsichtsratssitzung, denn der Prüfer ist verpflichtet, an der Bilanzsitzung des Aufsichtsrats teilzunehmen und dort über das wesentliche Ergebnis seiner Prüfung zu berichten (§ 171 Abs. 1 Satz 2 AktG); vgl. näher oben Rn. 183 f. Ergeben sich Zweifel, ist diesen weiter nachzugehen, ohne besonderen Anlass braucht der Aufsichtsrat jedoch die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und des Jahresabschlusses nicht durch eigene weiter gehende Prüfungsmaßnahmen, auch nicht durch Stichproben, zu überprüfen4. Dem Aufsichtsrat stehen für seine Prüfung die allgemeinen 1 Zum Inhalt der Prüfungspflichten eingehend Ekkenga, Kölner Komm. AktG, § 171 Rn. 13 ff. 2 Hüffer, Komm. AktG, § 171 Rn. 7; Ekkenga, Kölner Komm. AktG, § 171 Rn. 19 ff.; Hennrichs/Pöschke, MünchKomm. AktG, § 171 Rn. 52 f.; Waclawik in Hölters, Komm. AktG, § 171 Rn. 8 f.; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 171 Rn. 4; Hennrichs, ZHR 174 (2010), 683, 690; Lutter in FS Albach, 2001, S. 225, 228 f. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 171 Rn. 9; Ekkenga, Kölner Komm. AktG, § 171 Rn. 4; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 171 Rn. 5 ff.; Hommelhoff, ZGR 1983, 551, 576; Clemm, ZGR 1980, 455, 457 f. 4 Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 171 Rn. 6; Adler/Düring/ Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 171 AktG
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Feststellung des Jahresabschlusses und Billigung des Konzernabschlusses
§8
Informationsmittel zur Verfügung, insbesondere kann er Berichte des Vorstands anfordern (§ 90 Abs. 3 AktG), die Bücher und Schriften der Gesellschaft einsehen (§ 111 Abs. 2 Satz 1 AktG) und Sachverständige hinzuziehen (§ 111 Abs. 2 Satz 2 AktG). Einem unmittelbaren Zugriff auf Mitarbeiter der Gesellschaft wird man weiterhin zurückhaltend gegenüberstehen müssen (näher oben Rn. 246 ff.)1. Die einzelnen Mitglieder des Aufsichtsrats sind grundsätzlich nicht berechtigt, zu ihrer Unterstützung persönliche Sachverständige einzuschalten. Auftauchende Fragen sind vielmehr in erster Linie innerhalb des Aufsichtsrats zu klären. Nur wenn dies im Einzelfall einmal nicht möglich sein sollte, kann es ausnahmsweise in Betracht kommen, dass sich ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied für eine ganz konkrete, durch den Einzelfall veranlasste Fragestellung durch einen eigenen Sachverständigen beraten lässt, wenn ihm selbst das nötige Fachwissen fehlt2. Davon zu unterscheiden ist die Einschaltung von Assistenten und sonstigen Hilfskräften, die dem Aufsichtsratsmitglied bei der Prüfung des Abschlusses zuarbeiten und nicht fehlendes Fachwissen des Aufsichtsratsmitglieds ersetzen, sondern es nur zeitlich entlasten; das ist in angemessenem Umfang zulässig3. In jedem Fall der Einschaltung Dritter ist sicherzustellen, dass diese zur Verschwiegenheit verpflichtet sind4.
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Im Anschluss an seine Prüfung hat der Aufsichtsrat eigenverantwortlich zu entscheiden, ob er den Jahresabschluss und ggfs. den Konzernabschluss billigt (§ 171 Abs. 2 Satz 4 und 5 AktG). Die Entscheidung, ob er Einwendungen erheben oder die Abschlüsse billigen will, trifft der Aufsichtsrat durch Beschluss. Mit der Billigung der Abschlüsse übernimmt der Aufsichtsrat die Mitverantwortung für ihre Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit. Versagt der Aufsichtsrat den Abschlüssen die Billigung, entscheidet die Hauptversammlung über die Feststellung des Jahresabschlusses bzw. die Billigung des Konzernabschlusses (§ 173 Abs. 1 AktG),
487
1
2
3 4
Rn. 23 ff.; zweifelnd aber Ekkenga, Kölner Komm. AktG, § 171 Rn. 23; weitergehend auch Hennrichs/Pöschke, MünchKomm. AktG, § 171 Rn. 103 ff., die bei besonders wesentlichen oder in der Öffentlichkeit umstrittenen Bilanzposten stichprobenartig eigene Prüfungshandlungen des Aufsichtsrats fordern. Vgl. die Nachweise oben Rn. 246, Fn. 1 sowie Spindler in FS Hüffer, 2010, S. 985; a.A. Ekkenga, Kölner Komm. AktG, § 171 Rn. 38. Zu aufsichtsrechtlich vorgeschriebenen Direktkontakten des Aufsichtsrats zu Unternehmensmitarbeitern näher Dreher, ZGR 2010, 496, 514 ff. BGH v. 15.11.1982 – II ZR 27/82, BGHZ 85, 293 ff. = AG 1983, 133 (Hertie); Ekkenga, Kölner Komm. AktG, § 171 Rn. 11; Hennrichs/Pöschke, MünchKomm. AktG, § 171 Rn. 113 ff.; Euler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 171 Rn. 32 ff.; eingehend Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 550 ff.; Forster in FS Kropff, 1997, S. 71, 80 f.; großzügiger Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 96 ff. Hüffer, Komm. AktG, § 171 Rn. 9; Ekkenga, Kölner Komm. AktG, § 171 Rn. 12; Hennrichs/Pöschke, MünchKomm. AktG, § 171 Rn. 115; näher Lutter/Krieger, DB 1995, 257, 259 f.; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 553 ff. Hüffer, Komm. AktG, § 171 Rn. 9; Ekkenga, Kölner Komm. AktG, § 171 Rn. 12; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 171 Rn. 8; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 552, 554; Lutter/Krieger, DB 1995, 257, 259 f.
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Sonstige Aufgaben und Befugnisse des Aufsichtsrats
wozu ihr von Vorstand und Aufsichtsrat Beschlussvorschläge zu unterbreiten sind (§ 124 Abs. 3 AktG). 488
In jedem Fall hat der Aufsichtsrat über das Ergebnis seiner Prüfung schriftlich an die Hauptversammlung zu berichten und dabei auch zum Prüfungsergebnis des (Konzern-)Abschlussprüfers Stellung zu nehmen. Zugleich hat er der Hauptversammlung über Art und Umfang seiner Prüfung der Geschäftsführung während des Geschäftsjahres Mitteilung zu machen. Die Einzelheiten der Berichterstattung regeln §§ 171 Abs. 2 und 3, 172 Satz 2 AktG, vgl. dazu näher unten Rn. 562 f.
III. Erklärung zum Deutschen Corporate Governance Kodex 489
§ 161 AktG verpflichtet Vorstand und Aufsichtsrat der börsennotierten Aktiengesellschaft zu der sog. Entsprechenserklärung, d.h. der jährlichen Erklärung, ob den Verhaltensempfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet wurden und werden. Es geht also um eine Wissenserklärung über die Kodexbefolgung in der Vergangenheit und eine Absichtserklärung für die Zukunft. Dabei ist anzugeben, welche Empfehlungen nicht angewendet wurden oder werden; außerdem ist die Nichtbefolgung zu begründen (§ 161 Abs. 1 Satz 1 AktG). Die Begründung kann sich auf eine knappe Nennung der wesentlichen Gesichtspunkte beschränken1; hohe Anforderungen dürfen schon deshalb nicht gestellt werden, weil andernfalls das Recht, Abweichungen zu erklären, faktisch unterminiert würde2.
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Der Gesetzgeber ging augenscheinlich von der Vorstellung einer gemeinsamen Erklärung beider Organe aus3, die sich auch aus praktischer Sicht empfiehlt4. Es sind aber äußerlich getrennte Erklärungen zulässig. Hingegen ist umstritten, ob die Erklärungen beider Organe auch inhaltlich unterschiedlich sein können, wenn sich die Organe im Einzelfall nicht auf eine gemeinsame Erklärung einigen können5, oder ob inhaltlich übereinstimmende Erklärungen abgegeben werden müssen und bei Uneinigkeit der Organe insoweit eine Abweichung von der betreffenden Kodex-
1 Hüffer, Komm. AktG, § 161 Rn. 17a; Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 87; Leyens, Großkomm. AktG, § 161 Rn. 339. 2 Krieger, ZGR 2012, 202, 218; auf den aus der Begründungspflicht folgenden faktischen Befolgungsdruck hinweisend auch Hüffer, Komm. AktG, § 161 Rn. 17a; Goette, MünchKomm. AktG, § 161 Rn. 52. 3 Vgl. Begr. RegE TransPuG, BT-Drucks. 14/8769, S. 11. 4 Leyens, Großkomm. AktG, § 161 Rn. 297; Krieger in FS Ulmer, 2003, S. 365, 370. 5 So Hüffer, Komm. AktG, § 161 Rn. 11; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 34 Rn. 13; Spindler in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 161 Rn. 23; Krieger in FS Ulmer, 2003, S. 365, 369 f.; 5. Aufl. Rn. 491.
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Erklärung zum Deutschen Corporate Governance Kodex
§8
empfehlung zu erklären ist1. Die Frage stellt sich nur für solche Empfehlungen, die beide Organe betreffen (dazu unten Rn. 492). In diesen Fällen spricht der Informationszweck der Entsprechenserklärung wohl eher für die Annahme, dass eine inhaltliche Übereinstimmung der Entsprechenserklärungen nötig ist und nicht das eine Organ die Befolgung und das andere die Ablehnung derselben Empfehlung erklären kann. Die Erklärung ist „jährlich“ abzugeben. Das dürfte im Hinblick auf den Abgabetermin so zu verstehen sein, dass seit der letzten Erklärung nicht mehr als ein Jahr vergangen sein darf2, wobei geringfügige Fristüberschreitungen allerdings unschädlich sind3. Eine Gegenmeinung will es genügen lassen, dass die Erklärung bis zum Ende des nächsten Kalenderoder Geschäftsjahres abgegeben wird4, so dass im Extremfall bis zu fast zwei Jahren zwischen zwei Erklärungen liegen könnten. In der Praxis hat es sich eingebürgert, die Erklärung in einem regelmäßigen Turnus, vielfach im zeitlichen Zusammenhang mit der Feststellung des Jahresabschlusses oder zum Jahresende abzugeben. Von der Frage des Abgabetermins zu unterscheiden ist die Frage, welchen Bezugszeitraum die Entsprechenserklärung abzudecken hat. Für die Vergangenheitserklärung ist dies zweckmäßigerweise der Zeitraum seit der letzten Entsprechenserklärung, auch wenn es rechtlich zulässig sein dürfte, die Erklärung jeweils auf den Schluss des Geschäfts- oder Kalenderjahres abzugeben5. Die Zukunftserklärung gilt „bis auf Weiteres“, eine zeitliche Befristung ist nicht zulässig6. Will die Gesellschaft künftig abweichen, ist dies zuvor durch eine geänderte Entsprechenserklärung mitzuteilen7. Aus der Verpflichtung zur Abgabe der Erklärung nach § 161 AktG ergibt sich zu1 So Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 72 f.; Goette, MünchKomm. AktG, § 161 Rn. 70 ff.; Leyens, Großkomm. AktG, § 161 Rn. 297 ff.; Seibt, AG 2002, 249, 253. 2 OLG München v. 23.1.2008 – 7 U 3668/07, ZIP 2008, 742 = AG 2008, 386; Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 90; Spindler in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 161 Rn. 39; Goette, MünchKomm. AktG, § 161 Rn. 73. 3 Goette, MünchKomm. AktG, § 161 Rn. 73; Spindler in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 161 Rn. 39; Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 90. 4 So z.B. Leyens, Großkomm. AktG, § 161 Rn. 353 (Kalenderjahr); Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 34 Rn. 76 (Kalenderjahr); Hüffer, Komm. AktG, § 161 Rn. 15 (Geschäftsjahr); Rosengarten/Sven H. Schneider, ZIP 2009, 1837, 1841 (Geschäfts- oder Kalenderjahr nach Wahl des Unternehmens). 5 Vgl. Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 91; Leyens, Großkomm. AktG, § 161 Rn. 370; Spindler in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 161 Rn. 39; Rosengarten/Sven H. Schneider, ZIP 2009, 1837, 1842 f.; a.A. anscheinend Goette, MünchKomm. AktG, § 161 Rn. 41, der das abgelaufene Geschäftsjahr als zwingenden Bezugszeitraum anzusehen scheint. 6 Leyens, Großkomm. AktG, § 161 Rn. 373; Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 92; Goette, MünchKomm. AktG, § 161 Rn. 44; Rosengarten/Sven H. Schneider, ZIP 2009, 1837, 1843; a.A. LG Schweinfurt v. 1.12.2003 – 5 HKO 69/03, WPg 2004, 339. 7 BGH v. 16.2.2009 – II ZR 185/07, BGHZ 180, 9 Tz. 19 = AG 2009, 285 (Kirch/ Deutsche Bank); BGH v. 21.9.2009 – II ZR 174/08, BGHZ 182, 272 Tz. 19 = AG 2009, 824 (Umschreibungsstopp); Hüffer, Komm. AktG, § 161 Rn. 20; Lutter,
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Sonstige Aufgaben und Befugnisse des Aufsichtsrats
gleich die Verpflichtung von Vorstand und Aufsichtsrat, organisatorisch sicherzustellen, dass die Verhaltensempfehlungen des Kodex, soweit ihre Befolgung erklärt wurde, eingehalten bzw. Abweichungen rechtzeitig bekanntgemacht werden1. Etwaige Änderungen des Kodex machen es nicht nötig, unverzüglich eine neue Entsprechenserklärung für die Zukunft abzugeben2; für die Vergangenheit genügt eine auf die alte Kodexfassung bezogene Erklärung3. 492
Der Kodex enthält eine Reihe von Empfehlungen, die allein die Amtsführung des Aufsichtsrats betreffen4, darüber hinaus aber auch solche, die sich an den Vorsitzenden des Aufsichtsrats5, den Vorstand6, die Hauptversammlung7 oder die einzelnen Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat8 richten; ein Teil der Empfehlungen kann nur von Vorstand und Aufsichtsrat gemeinsam umgesetzt werden9. Die Entsprechenserklärung hat sich gleichwohl auf alle Empfehlungen zu erstrecken, also auch diejenigen, die nicht den eigenen Zuständigkeitsbereich des Aufsichtsrats betreffen. Im Hinblick auf die Vergangenheitserklärung hat sich der Aufsichtsrat demgemäß vor Abgabe seiner Erklärung zu vergewissern, ob die Empfehlungen in der Zeit seit der letzten Entsprechenserklärung eingehalten wurden; die einzelnen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder sind insoweit auskunftspflichtig10. Haben einzelne Mitglieder die an sie gerichteten Empfehlungen nicht befolgt oder eine Auskunft hierzu abgelehnt, ist die Erklärung entsprechend einzuschränken; Namen müssen nicht genannt werden11. Für die Zukunftserklärung hat der Aufsichtsrat darüber zu entscheiden, ob er den an ihn gerichteten Empfehlungen, d.h. Empfehlungen zu Angelegenheiten, die in seine Zuständigkeit fallen, insgesamt, in Teilen oder gar nicht folgen will. Diese Entscheidungszuständigkeit umfasst auch diejenigen Empfehlungen des Kodex, die die Amtsführung des Aufsichts-
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Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 96; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 34 Rn. 78. Näher Seibt, AG 2002, 249, 254. Hüffer, Komm. AktG, § 161 Rn. 15; Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 94; Leyens, Großkomm. AktG, § 161 Rn. 382. Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 91. Vgl. z.B. Ziff. 3.4 Abs. 3 Satz 1, 3.6 Abs. 2, 4.2.1–4.2.3, 5.1.2, 5.1.3, 5.3.1–5.3.3, 5.4.1, 5.4.3, 5.4.7, 5.5.3, 5.6, 7.2.1, 7.2.3. Vgl. z.B. Ziff. 4.2.3 Abs. 6, 5.2. Vgl. z.B. Ziff. 2.3.1, 2.3.2, 4.2.1, 6.1–6.4, 7.1.1–7.1.5. Vgl. z.B. Ziff. 3.3, 5.4.2, 5.4.6. Vgl. z.B. Ziff. 4.3.4, 4.3.5, 5.4.5, 5.5.2. Vgl. z.B. Ziff. 3.10. Hüffer, Komm. AktG, § 161 Rn. 14; Spindler in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 161 Rn. 28; Krieger in FS Ulmer, 2003, S. 365, 375. Hüffer, Komm. AktG, § 161 Rn. 17; Spindler in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 161 Rn. 35; Ringleb in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. Kodex, Rn. 1347 ff.; Sester in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 161 Rn. 17.
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Erklärung zum Deutschen Corporate Governance Kodex
§8
ratsvorsitzenden betreffen1. Dabei handelt es sich um eine Zweckmäßigkeitsentscheidung, bei welcher dem Aufsichtsrat ein weites unternehmerisches Ermessen zusteht. Er muss dieses Ermessen aber sachgerecht ausüben und unter sorgfältiger Abwägung über die Befolgung entscheiden2. Hingegen kann der Aufsichtsrat keine Entscheidungen für seine einzelnen Mitglieder treffen. Über die Befolgung der Verhaltensempfehlungen, die sich an einzelne Aufsichtsratsmitglieder richten, entscheidet jedes Aufsichtsratsmitglied selbst3. Man wird aber verlangen müssen, dass dissentierende Mitglieder bei der Beschlussfassung über die Befolgung der Kodexempfehlungen klarstellen, wenn sie den an sie persönlich gerichteten Verhaltensempfehlungen nicht folgen wollen4; die Entsprechenserklärung ist dann entsprechend einzuschränken, wobei Namen wohl nicht zu nennen sind5. Auch soweit die Verhaltensempfehlungen den Vorstand und seine Mitglieder betreffen, hat der Aufsichtsrat keine Entscheidungszuständigkeit6. Insoweit muss er sich für die Abgabe seiner Entsprechenserklärung darüber informieren, ob der Vorstand und seine Mitglieder den an sie gerichteten Empfehlungen folgen wollen. Bei Verhaltensempfehlungen, die sich an Vorstand und Aufsichtsrat gemeinsam richten, hat keines der Organe Vorrang, sondern kann jedes eigenständig entscheiden7; kann zwischen Vorstand und Aufsichtsrat allerdings keine Einigung erzielt werden, können wohl nicht zwei divergierende Entsprechenserklärungen abgegeben werden, sondern müssen beide Organe erklären, dass der betreffenden Empfehlung nicht gefolgt wird (vgl. oben Rn. 490). Der Aufsichtsrat entscheidet über den Inhalt seiner Erklärung durch Beschluss. Für diesen Beschluss ist – auch wenn § 161 AktG in dem Katalog der nicht delegationsfähigen Aufgaben in § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG nicht genannt ist – zwingend der Gesamtaufsichtsrat zuständig, die Delegation
1 Sester in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 161 Rn. 17; Leyens, Großkomm. AktG, § 161 Rn. 219; Krieger in FS Ulmer, 2003, S. 365, 375. 2 Seibt, AG 2002, 249, 253 f.; Krieger in FS Ulmer, 2003, S. 365, 378 ff. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 161 Rn. 13; Leyens, Großkomm. AktG, § 161 Rn. 206; Sester in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 161 Rn. 17; Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 60 ff. 4 Sester in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 161 Rn. 17; Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 62; Krieger in FS Ulmer, 2003, S. 365, 374. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 161 Rn. 17; Spindler in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 161 Rn. 35; Ringleb in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. DCGK, Rn. 1346 ff.; a.A. Sester in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 161 Rn. 17; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 34 Rn. 77, die eine Namensnennung verlangen. 6 Hüffer, Komm. AktG, § 161 Rn. 10; Leyens, Großkomm. AktG, § 161 Rn. 150 ff., 205 ff.; Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 49 ff., 60 ff. 7 Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 52; Leyens, Großkomm. AktG, § 161 Rn. 184; Krieger in FS Ulmer, 2003, S. 365, 373 f.
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§8
Sonstige Aufgaben und Befugnisse des Aufsichtsrats
an einen Ausschuss ist nicht möglich1. Das folgt sowohl aus der Bedeutung der Erklärung als auch daraus, dass der Kodex vielfältige Empfehlungen zu Maßnahmen enthält, die ihrerseits nicht auf einen Ausschuss delegiert werden können2. Ausgeschiedene Aufsichtsratsmitglieder wirken an der Vergangenheitserklärung nicht mehr mit, soweit es um die Einhaltung der an sie persönlich gerichteten Empfehlungen geht, ist jedoch eine Erklärung einzuholen, ob sie sich im Erklärungszeitraum bis zu ihrem Ausscheiden an die Empfehlungen gehalten haben3. Später Hinzukommende sind durch den gefassten Beschluss gebunden, soweit es nicht um die sie individuell treffenden Empfehlungen des Kodex geht; wollen sie insoweit abweichen, ist eine Aktualisierung der Entsprechenserklärung nötig. 494
Die Entsprechenserklärung ist auf der Internetseite der Gesellschaft dauerhaft öffentlich zugänglich zu machen (§ 161 Abs. 2 AktG). Diese Verpflichtung bezieht sich auf die jeweils aktuelle Entsprechenserklärung4; für nicht mehr aktuelle Entsprechenserklärungen empfiehlt Ziff. 3.10 Satz 3 des Kodex, diese noch weitere fünf Jahre auf der Internetseite zugänglich zu machen. Im Anhang des Jahresabschlusses und des Konzernabschlusses ist anzugeben, dass die Entsprechenserklärung abgegeben und den Aktionären zugänglich gemacht worden ist (§§ 285 Nr. 16, 314 Abs. 1 Nr. 8 HGB). Darüber hinaus ist der Text der Entsprechenserklärung in die Erklärung zur Unternehmensführung aufzunehmen, die entweder einen gesonderten Abschnitt im Lagebericht bilden oder mit entsprechendem Hinweis im Lagebericht auf der Internetseite der Gesellschaft öffentlich zugänglich gemacht werden kann (§ 289a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 HGB).
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Ist die Entsprechenserklärung von vornherein in einem nicht unwesentlichen Punkt unrichtig oder wird sie bei einem späteren Abweichungsentschluss nicht umgehend berichtigt, sieht die Rechtsprechung darin einen Gesetzesverstoß, der zur Anfechtbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen führen soll, wenn es sich um einen eindeutigen und schwerwiegenden Verstoß handelt, der für den gefassten Beschluss relevant ist5. Diese Rechtsprechung betrifft vor allem Entlastungsbeschlüsse und wird insoweit von der Literatur ganz überwiegend geteilt6. Teile der Rechtspre1 Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 41; Goette, MünchKomm. AktG, § 161 Rn. 67; Hüffer, Komm. AktG, § 161 Rn. 13; Krieger in FS Ulmer, 2003, S. 365, 376. 2 Vgl. z.B. Ziff. 4.2.1, 5.1.3, 5.3.1–5.3.3, 5.4.1, 5.5.3. 3 Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 65. 4 Hüffer, Komm. AktG, § 161 Rn. 23; Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 105. 5 BGH v. 10.7.2012 – II ZR 48/11, BGHZ 194, 14 Tz. 24 ff. = AG 2012, 712 (Fresenius); BGH v. 21.9.2009 – II ZR 174/08, BGHZ 182, 272 Tz. 16 = AG 2009, 824 (Umschreibungsstopp); BGH v. 16.2.2009 – II ZR 185/07, BGHZ 180, 9 Tz. 19 = AG 2009, 285 (Kirch/Deutsche Bank). 6 Vgl. nur Goette, MünchKomm. AktG, § 161 Rn. 88 ff., 91 f.; Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 143 ff.; Sester in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 161
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Ausübung von Beteiligungsrechten in mitbestimmten Gesellschaften
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chung und der Literatur wollen die Anfechtbarkeit aber auch auf andere Hauptversammlungsbeschlüsse, wie etwa die Wahlen zum Aufsichtsrat, erstrecken1. Beides, die Anfechtbarkeit von Entlastungsbeschlüssen und erst recht die Anfechtbarkeit anderer Beschlüsse wegen eines Fehlers der Entsprechenserklärung, ist kritisch zu sehen und letztlich überzogen2. Rechtspolitisch wird daher mit Recht gefordert, gesetzlich klarzustellen, dass eine fehlerhafte Entsprechenserklärung nicht zur Anfechtbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen führt3. Zur Haftung bei unrichtiger Entsprechenserklärung vgl. unten Rn. 992.
IV. Ausnutzung eines genehmigten Kapitals Bei der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals, d.h. einer Ermächtigung der Satzung an den Vorstand zur Kapitalerhöhung gegen Einlagen (§ 202 AktG), bedarf der Vorstand zur Festsetzung der Ausgabebedingungen der Zustimmung des Aufsichtsrats (§ 204 Abs. 1 AktG). Umfasst die Ermächtigung den Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre (§ 203 Abs. 2 AktG), benötigt der Vorstand auch für diese Entscheidung die Zustimmung des Aufsichtsrats. Der Aufsichtsrat hat vor der Erteilung der Zustimmung wiederum die Rechtmäßigkeit und die Zweckmäßigkeit des Vorhabens des Vorstands zu prüfen.
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V. Ausübung von Beteiligungsrechten in mitbestimmten Gesellschaften Im mitbestimmten Konzern ist der Aufsichtsrat der Obergesellschaft partiell in die Rolle des Konzerngeschäftsführers gestellt: Unterfällt die Obergesellschaft dem MitbestG oder der Montan-Mitbestimmung, so kann ihr Vorstand nach Maßgabe von § 32 MitbestG und § 15 MitbestRn. 68 f.; Leyens, Großkomm. AktG, § 161 Rn. 484 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 161 Rn. 31 mit umfangreichen Nachweisen; a.A. Krieger, ZGR 2012, 202, 219 ff. 1 So namentlich OLG München v. 6.8.2008 – 7 U 5628/07, ZIP 2009, 133, 135 = AG 2009, 294 (MAN); LG Hannover v. 17.3.2010 – 23 O 124/09, ZIP 2010, 833, 838 = AG 2010, 459 (Schaeffler/Continental); Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 150 ff.; E. Vetter, NZG 2008, 121, 123 ff.; E. Vetter in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1345, 1362 f.; Waclawik, ZIP 2011, 885; Spindler, NZG 2011, 1007, 1010 f.; differenzierend Leyens, Großkomm. AktG, § 161 Rn. 491 ff.; a.A. Hüffer, Komm. AktG, § 161 Rn. 43; Hüffer in VGR, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2010, 2011, S. 63, 73 ff.; Hüffer, ZIP 2010, 1979, 1980; Rieder, NZG 2010, 737 ff.; Tröger, ZHR 175 (2011), 746, 772 ff.; Noack, Board 2012, 3, 4 f.; Bröcker, Der Konzern 2011, 313, 319 f.; Hoffmann-Becking, ZIP 2011, 1173, 1175; Kremer, ZIP 2011, 1177, 1179; Kiefner, NZG 2011, 201, 203 f.; Krieger, ZGR 2012, 202, 223 f.; Wettich, AG 2012, 725, 735 f. 2 Näher Krieger, ZGR 2012, 202, 219 ff. 3 Leuering, DStR 2010, 2255, 2258; Spindler, NZG 2011, 1007, 1012; Krieger, ZGR 2012, 202, 227 m.w.N.
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Sonstige Aufgaben und Befugnisse des Aufsichtsrats
ErgG Beteiligungsrechte an Tochtergesellschaften bei bestimmten Entscheidungen nur nach Weisung der Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat der Obergesellschaft ausüben1. Das Gesetz will auf diese Weise bestimmte Entscheidungen in der Untergesellschaft vom Einfluss der Mitbestimmung auf der Ebene der Obergesellschaft freistellen, indem es die Entscheidung über die Stimmabgabe von dem durch den mitbestimmten Aufsichtsrat der Obergesellschaft bestellten Vorstand auf die Anteilseignerseite im Aufsichtsrat der Obergesellschaft überträgt. § 32 Abs. 2 MitbestG und § 15 Abs. 2 MitbestErgG setzen voraus, dass die Beteiligung an der Tochtergesellschaft sich mindestens auf 25 % beläuft. Nach § 32 MitbestG ist weiter erforderlich, dass auch die Tochtergesellschaft den Vorschriften des MitbestG unterliegt, während es nach § 15 MitbestErgG unerheblich ist, ob die Tochtergesellschaft der Mitbestimmung unterfällt. 498
Der Weisungsvorbehalt beschränkt sich auf die in § 32 Abs. 1 MitbestG, § 15 Abs. 1 MitbestErgG im Einzelnen genannten Entscheidungen. Es handelt sich dabei vor allem um die Bestellung, Abberufung und Entlastung von Verwaltungsträgern (namentlich der Aufsichtsratsmitglieder) der Untergesellschaft sowie um bestimmte Grundlagenentscheidungen, vor allem den Abschluss von Unternehmensverträgen zwischen Obergesellschaft und Tochter. In diesen Fällen kann der Vorstand der Obergesellschaft die Beteiligungsrechte nur nach Weisung seines Aufsichtsrats ausüben. Insoweit ist seine Vertretungsmacht eingeschränkt2. Ohne entsprechendes Votum des Aufsichtsrats ist die Stimmrechtsausübung in der Gesellschafterversammlung der Tochter daher unwirksam. Der Aufsichtsrat kann dem Vorstand nicht durch Erteilung einer Generalermächtigung freie Hand geben3. Zulässig ist es aber, dem Vorstand für einzelne Beschlussgegenstände eine zeitlich begrenzte und inhaltlich an bestimmte Richtlinien gebundene Ermächtigung zu erteilen4.
1 Zum Zweck der Vorschriften näher Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 32 MitbestG Rn. 1; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 32 MitbestG Rn. 2; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 61. 2 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 32 MitbestG Rn. 14; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 32 MitbestG Rn. 15 f.; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 66. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 32 MitbestG Rn. 15; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 32 MitbestG Rn. 17; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 68. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 32 MitbestG Rn. 15; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 32 MitbestG Rn. 17; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 68; Weiss, Der Konzern 2004, 590, 599 ff.; enger Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 32 MitbestG Rn. 19; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 32 MitbestG Rn. 21; unklar Oetker, Großkomm. AktG, § 32 MitbestG Rn. 20; Gach, MünchKomm. AktG, § 32 MitbestG Rn. 15.
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Ausübung von Beteiligungsrechten in mitbestimmten Gesellschaften
§8
Über die Ausübung der Beteiligungsrechte ist ein Aufsichtsratsbeschluss zu fassen. Dieser bedarf nur der Mehrheit der Stimmen der Anteilseignervertreter (§ 32 Abs. 1 Satz 2 MitbestG, § 15 Abs. 1 Satz 2 MitbestErgG). Die Arbeitnehmervertreter können an den Beratungen teilnehmen1. Ihnen stehen jedoch nicht nur zur Sache, sondern auch zum Verfahrensablauf keine Antrags- und Entscheidungsbefugnisse zu2. Beschlussfähig ist der Aufsichtsrat, wenn die Hälfte der Anteilseignervertreter, die dem Aufsichtsrat angehören müssen (Soll-Stärke), anwesend ist3. Die Mehrheit berechnet sich nicht nach der Zahl der abgegebenen Stimmen, sondern nach der Zahl aller Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner (IstStärke)4.
499
Die Übertragung der Beschlussfassung auf einen Aufsichtsratsausschuss ist zulässig5. Auch die Beschlüsse des Ausschusses müssen aber mit der Mehrheit der Stimmen aller Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner gefasst werden; entsprechend muss dem Ausschuss mindestens die Mehrheit der Anteilseignervertreter angehören6. Arbeitnehmervertreter dürfen dem Ausschuss nach verbreiteter Auffassung nicht angehören, sondern
500
1 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 32 MitbestG Rn. 17; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 32 MitbestG Rn. 25; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 67. 2 Oetker, Großkomm. AktG, § 32 MitbestG Rn. 18; Ulmer/Habersack in Ulmer/ Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 32 MitbestG Rn. 25; Mertens/ Cahn, Kölner Komm. AktG, § 32 MitbestG Rn. 17; Gach, MünchKomm. AktG, § 32 MitbestG Rn. 24; a.A. z.B. Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 32 MitbestG Rn. 16; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 32 MitbestG Rn. 18. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 32 MitbestG Rn. 19; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 32 MitbestG Rn. 26; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 67. 4 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 32 MitbestG Rn. 27; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 67; Oetker, Großkomm. AktG, § 32 MitbestG Rn. 17; Gach, MünchKomm. AktG, § 32 MitbestG Rn. 25; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 32 MitbestG Rn. 20; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 32 MitbestG Rn. 17; a.A. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 32 MitbestG Rn. 18; Uwe H. Schneider, GK-MitbestG, § 32 Rn. 42; Paefgen, Aufsichtsratsverfassung, S. 279 ff.; Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 228. 5 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 32 MitbestG Rn. 20; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 32 MitbestG Rn. 28; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 69. 6 Oetker, Großkomm. AktG, § 32 MitbestG Rn. 19; Gach, MünchKomm. AktG, § 32 MitbestG Rn. 27; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 32 MitbestG Rn. 28; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 32 MitbestG Rn. 21; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/ Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 32 MitbestG Rn. 19; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 69; a.A. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 32 MitbestG Rn. 21 f.; Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 333; Paefgen, Aufsichtsratsverfassung, S. 382 f., die eine Besetzung mit 3 Anteilseignervertretern genügen lassen.
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§8
Sonstige Aufgaben und Befugnisse des Aufsichtsrats
sollen lediglich im Rahmen von § 109 Abs. 2 AktG teilnahmeberechtigt sein1. Nach anderer Auffassung ist es zulässig, aber nicht geboten, den Ausschuss ohne Arbeitnehmervertreter zu bilden2, nach einer dritten Ansicht muss ihnen auf Verlangen zumindest ein Sitz im Ausschuss eingeräumt werden3. Überzeugend erscheint die Ansicht, dass es zwar zulässig, aber nicht erforderlich ist, Arbeitnehmervertreter von einer Mitgliedschaft ganz auszuschließen; auch wenn keine Arbeitnehmervertreter im Ausschuss vertreten sind, bleiben das Teilnahmerecht nach § 109 Abs. 2 AktG und die Möglichkeit seines Ausschlusses durch den Aufsichtsratsvorsitzenden unberührt.
VI. Befugnisse in Bezug auf die Hauptversammlung 501
Der Aufsichtsrat hat eine Reihe von Aufgaben und Befugnissen, die im Zusammenhang mit der Hauptversammlung stehen: 1. Einberufung und Beschlussfassung
502
Gemäß § 111 Abs. 3 AktG hat der Aufsichtsrat eine Hauptversammlung einzuberufen, wenn das Wohl der Gesellschaft es verlangt (dazu oben Rn. 136).
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Bei Einberufung einer Hauptversammlung hat der Aufsichtsrat – ebenso wie der Vorstand (Ausnahme § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG) – zu den Gegenständen der Tagesordnung, über die die Hauptversammlung beschließen soll, Beschlussvorschläge zu machen, die mit der Bekanntmachung der Tagesordnung zu veröffentlichen sind (§ 124 Abs. 3 Satz 1 AktG). Ein Beschlussvorschlag ist nicht erforderlich, wenn der Gegenstand der Beschlussfassung auf Verlangen einer Minderheit auf die Tagesordnung gesetzt worden ist (§ 124 Abs. 3 Satz 3 AktG). Der Vorschlag des Aufsichtsrats wird in aller Regel mit dem des Vorstands übereinstimmen, muss es aber nicht. Zulässig – wenngleich gänzlich unüblich – ist es auch, dass
1 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 32 MitbestG Rn. 22; Uwe H. Schneider, GK-MitbestG, § 32 Rn. 47; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 69; Paefgen, Aufsichtsratsverfassung, S. 384; Weiss, Der Konzern 2004, 590, 598. 2 Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 234 mit der Einschränkung, dass Arbeitnehmervertreter das Recht haben müssten, an den Ausschusssitzungen teilzunehmen; welche Folgen das für das Recht des Vorsitzenden haben soll, gemäß § 109 Abs. 2 AktG die Teilnahme auszuschließen, bleibt unklar. 3 Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 32 MitbestG Rn. 21; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 32 MitbestG Rn. 28; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 32 MitbestG Rn. 20.
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Befugnisse in Bezug auf die Hauptversammlung
§8
der Aufsichtsrat nicht einen einzigen Vorschlag macht, sondern Alternativvorschläge unterbreitet1. In der Hauptversammlung sind die Mitglieder des Aufsichtsrats teilnahmeberechtigt und -verpflichtet (vgl. unten Rn. 830). Überdies ist der Aufsichtsrat als Organ – nicht jedoch das einzelne Aufsichtsratsmitglied (vgl. unten Rn. 830) – antragsberechtigt2. Dabei besteht keine Bindung an seine Beschlussvorschläge nach § 124 Abs. 3 AktG. Der Aufsichtsrat ist also nicht verpflichtet, in der Hauptversammlung eine seinem Vorschlag entsprechende Beschlussfassung zu beantragen, sondern kann auf einen Beschlussantrag verzichten3; ebenso kann er einen von seinem Vorschlag abweichenden Antrag stellen, wenn dafür sachliche Gründe bestehen4 und der Antrag von der Tagesordnung gedeckt ist. Besonderheiten gelten für Beschlussvorschläge über die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern und Prüfern; vgl. hierzu näher § 124 Abs. 3 Satz 1–4 AktG.
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Zur Anfechtung von Beschlüssen der Hauptversammlung ist der Aufsichtsrat als Organ – insoweit anders als der Vorstand (§ 245 Nr. 4 AktG) – nicht befugt, unter den Voraussetzungen des § 245 Nr. 5 AktG kann jedoch ein Anfechtungsrecht des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds bestehen.
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2. Berichterstattung an die Hauptversammlung Der Aufsichtsrat hat der Hauptversammlung jährlich schriftlich Bericht zu erstatten. Vgl. hierzu im Einzelnen unten § 9.
506
3. Änderung der Satzungsfassung Schließlich kann dem Aufsichtsrat durch Hauptversammlungsbeschluss die Befugnis zur Vornahme von Satzungsänderungen eingeräumt werden, sofern es sich dabei lediglich um Änderungen der Fassung, nicht aber des Inhalts handelt (§ 179 Abs. 1 Satz 2 AktG)5.
1 OLG Frankfurt a.M. v. 20.10.2010 – 23 U 121/08, AG 2011, 36, 41; Hüffer, Komm. AktG, § 124 Rn. 12; Rieckers in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 124 Rn. 37; Werner, Großkomm. AktG, § 124 Rn. 76; Kubis, MünchKomm. AktG, § 124 Rn. 36; a.A. Ziemons in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 124 Rn. 17. 2 Kubis, MünchKomm. AktG, § 118 Rn. 100; Rieckers in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 133 Rn. 13. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 124 Rn. 12; Kubis, MünchKomm. AktG, § 118 Rn. 44; Rieckers in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 124 Rn. 76. 4 Näher Werner, Großkomm. AktG, § 124 Rn. 80 f.; Hüffer, Komm. AktG, § 124 Rn. 12; Kubis, MünchKomm. AktG, § 124 Rn. 45; enger Ziemons in K. Schmidt/ Lutter, Komm. AktG, § 124 Rn. 18 (nur bei neuen Tatsachen); weitergehend Rieckers in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 124 Rn. 26 (ohne Einschränkungen). 5 Vgl. für Versicherungsgesellschaften weitergehend §§ 156, 39 Abs. 3 VAG.
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§8
Sonstige Aufgaben und Befugnisse des Aufsichtsrats
VII. Vertretung der Gesellschaft 508
Gegenüber Vorstandsmitgliedern wird die Gesellschaft vom Aufsichtsrat vertreten (§ 112 AktG; vgl. oben Rn. 440 ff.). Er erteilt überdies den Prüfungsauftrag an den Abschlussprüfer (§ 111 Abs. 2 Satz 3 AktG; vgl. oben Rn. 173 ff.). Daneben hat er als Annex zu seinen allgemeinen Aufgaben die Befugnis, die Gesellschaft bei Hilfsgeschäften zu vertreten, die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind (vgl. näher unten Rn. 656 ff.).
509
Bei Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse wird die Gesellschaft normalerweise durch Vorstand und Aufsichtsrat gemeinsam vertreten; klagt der Vorstand oder ein Vorstandsmitglied, wird die Gesellschaft allein durch den Aufsichtsrat, klagt ein Aufsichtsratsmitglied, wird sie allein durch den Vorstand vertreten (§§ 246 Abs. 2, 249 Abs. 1 AktG).
VIII. Kreditgewährung an Führungskräfte; Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern 510
Will die Gesellschaft einem Vorstandsmitglied Kredit gewähren, bedarf es der Zustimmung des Aufsichtsrats nach näherer Maßgabe von § 89 Abs. 1 AktG. Das Gesetz erstreckt diesen Zustimmungsvorbehalt auf Kredite an Prokuristen und Generalhandlungsbevollmächtigte der eigenen Gesellschaft sowie Führungskräfte einer abhängigen Gesellschaft; der Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens muss außerdem Krediten zustimmen, die Führungskräften des herrschenden Unternehmens durch eine abhängige Gesellschaft gewährt werden sollen (§ 89 Abs. 2 AktG). Weitere Ausdehnungen dieses gesetzlichen Zustimmungsvorbehalts finden sich in § 89 Abs. 3 und 4 AktG1. Die Vertretung der Gesellschaft bei Abschluss des Kreditvertrages obliegt bei Krediten an Vorstandsmitglieder ebenfalls dem Aufsichtsrat (§ 112 AktG), ansonsten jedoch dem Vorstand (§ 78 Abs. 1 AktG).
511
Die Zustimmung des Aufsichtsrats ist ebenfalls erforderlich für Kreditgewährungen an Aufsichtsratsmitglieder des eigenen oder eines abhängigen Unternehmens (§ 115 Abs. 1 Satz 1 und 2 AktG). Darüber hinaus bedarf es der Zustimmung des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens, wenn eine abhängige Gesellschaft Kredite an Aufsichtsratsmitglieder des herrschenden Unternehmens gewähren will (§ 115 Abs. 1 Satz 2 AktG). § 115 Abs. 2 und 3 AktG erstreckt diese Regeln auf nahestehende Personen und unter gewissen Voraussetzungen auf juristische Personen, bei denen ein Aufsichtsratsmitglied zugleich gesetzlicher Vertreter ist. Das Gesetz will durch diese Bestimmung die Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder stützen (vgl. näher unten Rn. 879). 1 Näher Kuhlmann, AG 2009, 109; vgl. auch LG Bochum v. 27.6.1989 – 12 O 133/88, ZIP 1989, 1557.
250
Ad-hoc-Publizitätspflichten
§8
Schließlich bedürfen Dienst- oder Werkverträge zwischen Aufsichtsratsmitgliedern und der Gesellschaft der Zustimmung des Aufsichtsrats (§ 114 AktG; vgl. dazu näher unten Rn. 858 ff.).
512
IX. Ad-hoc-Publizitätspflichten Wenn Angelegenheiten aus dem Zuständigkeitsbereich des Aufsichtsrats den Charakter einer Insiderinformation (§ 13 WpHG) haben, muss die Gesellschaft diese Insiderinformation unverzüglich veröffentlichen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG), wenn sie nicht nach Maßgabe von § 15 Abs. 3 WpHG von der Pflicht zur Veröffentlichung befreit ist (sog. Selbstbefreiung). Ob diese Selbstbefreiung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 WpHG von selbst eintritt oder eines Beschlusses des zuständigen Organs bedarf, ist umstritten; die BaFin und ihr folgend die Unternehmenspraxis und eine verbreitete Meinung verlangen eine aktive Inanspruchnahme der Befreiung durch entsprechende Beschlussfassung1. Das kann bei Angelegenheiten aus dem Zuständigkeitsbereich des Aufsichtsrats zu der Frage führen, ob Vorstand oder Aufsichtsrat für die Selbstbefreiung zuständig sind. Insbesondere bei Zwischenschritten auf dem Weg zu einem Wechsel im Vorstandsvorsitz wird diese Frage künftig vermehrt praktische Bedeutung erlangen, nachdem feststeht, dass auch solche Zwischenschritte für sich genommen Insiderinformationen darstellen können2. Die Frage ist bislang wenig erörtert. Die BaFin und Teile der Literatur gehen davon aus, dass ein Beschluss des geschäftsführenden Organs herbeizuführen sei, an dem mindestens ein ordentliches Vorstandsmitglied mitzuwirken habe3. Nach anderer Auffassung soll der Aufsichtsrat kraft Annexkompetenz zuständig sein, wenn es sich um eine Angelegenheit aus seinem Zuständigkeitsbereich handelt4. Eine dritte Auffassung schließlich hält den Vorstand für zuständig, wenn dieser die Insiderinformation kennt, während eine Zuständigkeit des Aufsichtsrats bestehen soll, wenn der Vorstand nicht informiert ist und der Aufsichtsrat ein berechtigtes Interesse daran hat, die Information auch gegenüber dem Vorstand vertraulich zu halten5. Richtigerweise dürfte die Zuständigkeit des Aufsichtsrats für die in Rede stehende Sachentscheidung auch die Zuständigkeit darüber umfassen, ob diese Information im Interesse des Unternehmens gemäß § 15 Abs. 3 WpHG einstweilen vertraulich 1 BaFin-Emittentenleitfaden 2013, S. 59; Widder, BB 2009, 967, 969 ff.; Mennicke, NZG 2009, 1059, 1060 f.; a.A. OLG Stuttgart v. 22.4.2009 – 20 Kap 1/08, ZIP 2009, 962, 969 = AG 2009, 454; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, Komm. WpHG, § 15 Rn. 165a ff.; Ihrig/Kranz, BB 2013, 451, 452 ff. 2 EuGH v. 28.6.2012 – C-19/11, ZIP 2012, 1282 = AG 2012, 555 Tz. 40; BGH v. 23.4.2013 – II ZB 7/09, ZIP 2013, 1165 = AG 2013, 518 Tz. 14 (Geltl/Daimler). 3 BaFin-Emittentenleitfaden 2013, S. 59; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, Komm. WpHG, § 15 Rn. 50. 4 Ihrig/Kranz, BB 2013, 451, 456; Ihrig in VGR, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2012, S. 113, 131; Pfüller in Fuchs, Komm. WpHG, § 15 Rn. 225. 5 Kocher/Schneider, ZIP 2013, 1607, 1611.
251
513
§8
Sonstige Aufgaben und Befugnisse des Aufsichtsrats
bleiben soll. Der Aufsichtsrat sollte daher für die Selbstbefreiung auch dann zuständig sein, wenn der Vorstand über den Sachverhalt informiert ist. Angesichts der abweichenden Auffassung der BaFin wird es sich für die Praxis allerdings empfehlen, möglichst eine gemeinsame Entscheidung von Vorstand und Aufsichtsrat über die Selbstbefreiung herbeizuführen1. 514–560 Einstweilen frei.
1 Ebenso Kocher/Schneider, ZIP 2013, 1607, 1611.
252
§9 Der Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung Nach § 171 Abs. 2 AktG ist der Aufsichtsrat verpflichtet, jährlich an die 561 ordentliche Jahreshauptversammlung schriftlich zu berichten. Dieser Bericht hat eine dreifache Funktion. Er ist zunächst einmal der jährliche Rechenschaftsbericht des Aufsichtsrats gegenüber seinem Wahlorgan (soweit es sich um die Anteilseignervertreter handelt), das über seine Wiederwahl entscheidet, und gegenüber seinem Kontrollorgan, das über seine Entlastung befindet, § 120 AktG1. Der Bericht dient darüber hinaus aber auch der Information der Hauptversammlung, dass und wie der Aufsichtsrat bestimmte Aufgaben erfüllt hat und welche Überlegungen ihn dabei geleitet haben. Der Bericht ist insoweit also ein Mittel, das dem Aufsichtsrat die Selbstkontrolle ermöglicht, ob er seine Pflicht zur Überwachung des Vorstands angemessen erfüllt. Und schließlich ist der Bericht die Basis für eine Kontrolle des Aufsichtsrats durch die Hauptversammlung in Form seiner Entlastung oder eben Nichtentlastung. Dieser Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung hat in der Lehre2, aber auch in der Praxis und Rechtsprechung zunehmend an Bedeutung gewonnen3. Ging er früher über ein bis zwei Seiten, so liegt der Durchschnitt heute bei zehn Seiten. Wird der Bericht von der Rechtsprechung als unzureichend eingestuft, so steht die Vernichtung des Beschlusses über die Entlastung des Aufsichtsrats im Anfechtungsverfahren praktisch fest4.
1 E. Vetter, ZIP 2006, 258; Trescher, DB 1989, 1981. 2 Theisen, Information und Berichterstattung des Aufsichtsrats, S. 195 ff.; Lutter, Der Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung, AG 2008, 1 ff.; E. Vetter, Der Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung, ZIP 2006, 257 ff.; Liese/Theusinger, Anforderungen an den Bericht des Aufsichtsrats vor dem Hintergrund steigender Anfechtungsrisiken für Entlastungsbeschlüsse, BB 2007, 2528; Drygala, Aufsichtsratsbericht und Vertraulichkeit im System der Corporate Governance, AG 2007, 381; Gernoth/Wernicke, NZG 2010, 531. 3 Vgl. LG München I v. 23.8.2007 – 5 HK O 10734/07, AG 2008, 133 und BGH v. 21.6.2010 – II ZR 24/09, AG 2010, 623 = NZG 2010, 943 = ZIP 2010, 1437. 4 Vgl. noch einmal LG München I v. 23.8.2007 – 5 HK O 10734/07, AG 2008, 133, 135 und BGH v. 21.6.2010 – II ZR 24/09, AG 2010, 623 = NZG 2010, 943, 944; OLG Stuttgart v. 15.3.2006 – 20 U 25/05, AG 2006, 379.
253
§9
Der Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung
I. Die vom Gesetz geforderten Berichtsinhalte1 1. Der Bericht zu Jahresabschluss und Konzernabschluss 562
Der Aufsichtsrat hat den Jahresabschluss mit Lagebericht, den Konzernabschluss mit Konzernlagebericht2 und die Berichte des Abschlussprüfers und des Konzernabschlussprüfers seinerseits zu prüfen (näher dazu Rn. 482 ff.). In diesem Kontext hat der Aufsichtsrat dann an die Hauptversammlung zu berichten: (1) Über das Ergebnis seiner eigenen Prüfung von Jahresabschluss und Lagebericht sowie ggf. von Konzernabschluss und Konzernlagebericht sowie (2) über seine eigene Stellungnahme zum Ergebnis der Prüfung durch den Abschlussprüfer und den Konzernabschlussprüfer. (3) Und schließlich hat der Aufsichtsrat am Schluss seines Berichtes zu erklären, „ob nach dem abschließenden Ergebnis seiner Prüfung Einwendungen zu erheben sind und ob er den vom Vorstand aufgestellten Jahresabschluss billigt“ (oder eben nicht billigt), § 171 Abs. 2 Satz 4 AktG. Und das Gleiche gilt für den Konzernabschluss.
563
Für diesen ganz wesentlichen Teil des Aufsichtsratsberichts genügt es nicht, wenn nur gesagt wird, er habe diese Unterlagen zur Kenntnis genommen und geprüft. Er muss mindestens kurz über die Art seiner Prüfung berichten. Zweckmäßig ist es, wenn er berichten kann, sein Prüfungsausschuss habe die Prüfung vorbereitet, darüber in Gegenwart des Abschlussprüfers und des Konzernabschlussprüfers an das Plenum berichtet und dieses habe nach Diskussion den soeben zitierten Beschluss gefasst3.
564
Befindet sich die Gesellschaft in wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten, so ist auch darauf einzugehen4 inkl. des Berichts über die vom Aufsichtsrat getroffenen Maßnahmen zu ihrer Überwindung: die Erfüllung der jetzt geschuldeten verstärkten Überwachung und Beratung (oben Rn. 95 ff.) muss aus dem Bericht deutlich werden5.
1 Dazu Lutter, AG 2008, 1 ff.; Lutter in FS Hommelhoff, 2012, S. 683 ff. und E. Vetter, ZIP 2006, 257 ff. 2 Über die Vorschriften zu den Lageberichten in den §§ 289 und 315 HGB und den Aufgaben des Aufsichtsrats in diesem Zusammenhang vgl. Böcking, Audit Committee Quarterly 2006, S. 4 ff. und Böcking/Stein, Der Konzern 2007, 51. 3 Näher Lutter, AG 2008, 1, 2 ff. 4 OLG Stuttgart v. 15.3.2006 – 20 U 25/05, WM 2006, 861 = AG 2006, 379; LG München I v. 5.4.2007 – 5 HK O 15964/06, AG 2007, 417; LG München I v. 23.8.2007 – 5 HK O 10734/07, AG 2008, 133, 135; Hennrichs/Pöschke, MünchKomm. AktG, § 171 Rn. 198. 5 OLG Düsseldorf v. 28.2.2008 – 6 U 197/06, Juris = BeckRS 2008, 22584.
254
Die vom Gesetz geforderten Berichtsinhalte
§9
2. Der Bericht des Aufsichtsrats zum Dividendenvorschlag des Vorstands Der Vorstand hat der Hauptversammlung einen Vorschlag zur Verwendung des Bilanzgewinns zu machen, § 175 AktG. Diesen Vorschlag hat er vorweg dem Aufsichtsrat zuzuleiten und dieser muss ihn prüfen und in seinem Bericht an die Hauptversammlung Stellung dazu nehmen, kann diesen Vorschlag also unterstützen oder aber wegen einer etwa zu hoch geplanten Ausschüttung ablehnen1. Das aber genügt allein nicht. Vielmehr muss der Aufsichtsrat wenigstens kurz erläutern, weshalb er den Vorschlag des Vorstands unterstützt oder weshalb er ihn ablehnt.
565
3. Der Rechenschaftsbericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung a) Nach § 171 Abs. 2 Satz 2 AktG muss der Aufsichtsrat in seinem Bericht an die Hauptversammlung „mitteilen, in welcher Art und in welchem Umfang er die Geschäftsführung der Gesellschaft während des Geschäftsjahrs geprüft hat; bei börsennotierten Gesellschaften hat er insbesondere anzugeben, welche Ausschüsse gebildet worden sind, sowie die Zahl seiner Sitzungen und die der Ausschüsse mitzuteilen.“ Insoweit hat der Aufsichtsrat also Rechenschaft über das „Wie“ der Erfüllung seiner Aufgabe nach § 111 Abs. 1 AktG abzulegen. Dieser Bericht ist von großem rechtlichen und praktischen Gewicht, kann doch das Wahlorgan Hauptversammlung (für die Anteilseigner) auf diesem Wege seinerseits die Art und Weise der Pflichterfüllung des Aufsichtsrats beurteilen.
566
b) Vor diesem Hintergrund sollte es klar sein, dass Formulierungen wie „Der Aufsichtsrat hat aufgrund der Berichte des Vorstands mit diesem die Entwicklung der Gesellschaft regelmäßig erörtert und sich ein eigenes Bild von der Lage der Gesellschaft verschafft“ kaum genügen können.
567
Für börsennotierte Gesellschaften verlangt schon das Gesetz ausdrücklich die Beantwortung der Frage, ob und welche Ausschüsse gebildet worden sind und wie häufig der Aufsichtsrat und diese Ausschüsse getagt haben. Aber das alles gibt der Hauptversammlung noch keine ausreichende Grundlage für ihre Entscheidung über die Entlastung. Zwar ist der Aufsichtsrat in der Gestaltung seiner Berichte frei, aber in ihrem Inhalt sollte er auf fünf Fragen als Elemente der Überwachung (vgl. oben Rn. 73 ff.) ausdrücklich eingehen:
568
1 Zu den Erwägungen, die der Aufsichtsrat in diesem Kontext anzustellen hat, vgl. Lutter, AG 2008, 1, 4 sowie Theisen, Der Aufsichtsrat 2013, 117.
255
§9
Der Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung
(1) Ob der Vorstand seinen Informationspflichten aus Gesetz (§ 90 AktG) und Geschäftsordnung1 vollständig und zeitgerecht nachgekommen ist. Hat der Aufsichtsrat oder eines seiner Mitglieder Zusatz- oder Ergänzungsberichte2 verlangt, ist darauf ausdrücklich einzugehen3. (2) Ob und wie sich der Aufsichtsrat von der Rechtmäßigkeit der Unternehmensführung überzeugt hat und ob diese Frage im Gespräch mit dem Abschlussprüfer erörtert worden ist. Sind Unregelmäßigkeiten vorgekommen, muss der Aufsichtsrat berichten, was er zur Aufklärung unternommen hat, wie er reagiert hat und ob er sich von geeigneten Maßnahmen des Vorstands für die Zukunft überzeugt hat. Die Fälle etwa des Jahres 2006 (Siemens, MAN) zeigen deutlich, wie wichtig gerade die Überwachung der Rechtmäßigkeit der Unternehmensleitung ist. Der Aufsichtsrat hat sich also zu vergewissern, dass der Vorstand selbst korrekt handelt und dass er je nach Größe des Unternehmens geeignete Maßnahmen zur Überwachung des Personals in dieser Hinsicht getroffen hat4, ob also etwa eine Compliance-Abteilung eingerichtet ist und wie diese arbeitet. Darüber hat der Aufsichtsrat zu berichten. (3) Auch die Ordnungsmäßigkeit der Unternehmensführung durch den Vorstand sollte angesprochen werden. Insbesondere sollte darauf hingewiesen werden, dass der Aufsichtsrat die Organisation der Gesellschaft und des Konzerns mit dem Vorstand erörtert und sich von der Leistungsfähigkeit dieser Organisation überzeugt hat. (4) Fragen der Überwachung der Zweckmäßigkeit sind – außerhalb der bereits angesprochenen Fragen zur Bilanz- und Dividendenpolitik (dazu oben Rn. 485) – weniger berichtsrelevant, dafür sollte auf die Pflicht des Vorstands zum Risikomanagement nach § 91 Abs. 2 AktG und auf dem Hintergrund des Berichts des Abschlussprüfers ausdrücklich eingegangen werden, und zwar unter den Aspekten, ob der Aufsichtsrat sich von der Leistungsfähigkeit des Systems überzeugt hat und sich regelmäßig vom Vorstand darüber hat informieren lassen. (5) Überwachungsgegenstand des Aufsichtsrats ist auch die Wirtschaftlichkeit der Unternehmensführung, also die Stärkung der Ertragskraft und die Beseitigung von etwaigen Verlustquellen. Auch das sollte ausdrücklich angesprochen werden. 569
c) Der Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung ist ein Rechenschaftsbericht über seine Tätigkeit und seine Maßnahmen. Der Bericht darf also nicht dahin missverstanden werden, dass in ihm über Umsatz und Erträge zu berichten sei; das ist Sache des Vorstands. Hingegen sind zustimmungspflichtige Geschäfte nach § 111 Abs. 4 AktG ein be1 Insbesondere wenn der Aufsichtsrat die von Lutter (Information und Vertraulichkeit, Rn. 100, 104 ff.) und dem Kodex (Ziff. 3.4 Abs. 3) empfohlene Berichtsordnung erlassen hat. 2 Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 73 ff. 3 Steiner in Heidel, Komm. AktG, § 171 Rn. 34. 4 Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 186 ff.
256
Die vom Gesetz geforderten Berichtsinhalte
§9
deutendes Mittel der Überwachung (dazu oben unter Rn. 112 ff.). Der Bericht sollte daher ausdrücklich darauf eingehen, ob der Vorstand zustimmungspflichtige Geschäfte korrekt vorgelegt und ob der Aufsichtsrat im Berichtsjahr neue zustimmungspflichtige Geschäfte festgelegt hat. d) Der Aufsichtsrat hat über die Art und Weise seiner Überwachung des Vorstands zu berichten, dazu gehört auch die Frage, wie er das gemacht hat (oben Rn. 566). Es genügt also nicht, dass der Aufsichtsrat über die Einrichtung eines Prüfungsausschusses berichtet, sondern er muss auch berichten, wie er die Aufgaben zwischen sich und dem Prüfungsausschuss aufgeteilt hat. Das gilt heute umso mehr, als Art. 5 BilMoG von 2009 einen neuen Satz 2 in § 107 Abs. 3 AktG eingefügt hat, der lautet:
570
„Er kann insbesondere einen Prüfungsausschuss bestellen, der sich mit der Überwachung des Rechnungslegungsprozesses, der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, des Risikomanagementsystems und des internen Revisionssystems sowie der Abschlussprüfung, hier insbesondere der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers und der vom Abschlussprüfer zusätzlich erbrachten Leistungen befasst.“
Das ist an sich seit eh und je eine Selbstverständlichkeit und wird auch vom Gesetzgeber als „Klarstellung“ bezeichnet1. Das ist für deutsche Gesetzgebung ganz ungewöhnlich. Die Vorschrift ist daher als Soll-Vorschrift zu interpretieren mit dem Inhalt: Wenn ein Prüfungsausschuss besteht, soll er mindestens die im Gesetz aufgeführten Aufgaben haben2. Mit dieser Vorschrift betont der Gesetzgeber die Bedeutung des Prüfungsausschusses und der ihm zugewiesenen Aufgaben. Daher hat der Aufsichtsrat auch genau darüber an die Hauptversammlung zu berichten inkl. der Frage, wie der Abschlussprüfer und der Konzern-Abschlussprüfer in diese Aufgabenverteilung eingebunden worden sind3. e) Kommt es zu Sonderentwicklungen, sei es zu einer wirtschaftlichen Schieflage (dazu bereits oben Rn. 95 ff.), sei es zu Unregelmäßigkeiten im Unternehmen oder hat der Aufsichtsrat in diesem oder einem anderen Zusammenhang von seinem Einsichtsrecht nach § 111 Abs. 2 AktG Gebrauch gemacht, so ist auch darüber zu berichten und insbesondere darüber, welche Maßnahmen der Aufsichtsrat ergriffen hat4.
571
f) Der Aufsichtsrat ist aber auch zur Überwachung des Vorstands bei dessen Leitung des Konzerns verpflichtet; das ist heute unstreitig5. Daher muss der Aufsichtsrat in seinem Bericht an die Hauptversammlung auch darauf ausdrücklich eingehen, insbesondere ob und wie er über die Entwicklung im Konzern informiert wurde und ob sich dabei Besonderheiten, insbesondere wirtschaftliche Schieflagen, ergeben haben. Das Glei-
572
1 Begr. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 102. 2 Lutter in FS Hommelhoff, 2012, S. 683, 686. 3 Lutter in FS Hommelhoff, 2012, S. 683, 686; vgl. auch Krasberg, Prüfungsausschuss, S. 113 ff., 208 ff. 4 OLG Düsseldorf v. 28.2.2008 – 6 U 197/06, Juris = BeckRS 2008, 22584. 5 Dazu oben Rn. 141 ff.; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 148 ff.; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 381 ff.; Lutter, AG 2006, 518.
257
§9
Der Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung
che gilt für das „Ob“ und „Wie“ eines konzernweiten Risikomanagements und einer konzernweiten Compliance-Ordnung: über all das ist zu berichten. 573
g) Zur Überwachung gehört aber auch die Beratung des Vorstands1. Der Bericht muss also auch darauf eingehen und schon der Vollständigkeit halber erwähnen, dass sich der Aufsichtsrat oder einer seiner Ausschüsse mit dem Vorstand laufend über die Zielsetzung des Unternehmens, über die Strategie und ihre möglichst erfolgreiche Umsetzung beraten hat. 4. Die Prüfung des Abhängigkeitsberichts
574
a) Ist die vom Aufsichtsrat zu überwachende Gesellschaft eine Aktiengesellschaft und ist sie nach § 17 AktG von einem anderen Unternehmen abhängig, so hat ihr Vorstand nach § 312 AktG jährlich einen Abhängigkeitsbericht zu erstatten, der seinerseits vom Abschlussprüfer dieser abhängigen Gesellschaft zu prüfen ist, § 313 AktG. Auch darüber hat der Abschlussprüfer zu berichten, § 313 Abs. 2 AktG. Beide Berichte – Abhängigkeitsbericht des Vorstands und Prüfungsbericht des Abschlussprüfers – sind dem Aufsichtsrat der Obergesellschaft vorzulegen, der diese seinerseits zu prüfen und darüber an die Hauptversammlung zu berichten hat, § 314 Abs. 2 AktG2.
575
b) System und Aufgabenstellung an den Aufsichtsrat in diesem Zusammenhang sind seiner Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses nachgebildet. Aber eine spezielle Funktion dieses Berichts kommt hinzu. Durch seine Prüfungs- und Berichtspflicht wird der Aufsichtsrat zum Treuhänder der Gläubiger und einer etwaigen Minderheit, die keine Einsicht in den Abhängigkeitsbericht erhalten3. Der Aufsichtsrat hat diese Prüfungsaufgabe daher mit großer Sorgfalt und Verantwortung vorzunehmen.
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c) Im Übrigen gilt: der Aufsichtsrat hat zunächst den Bericht des Vorstands zusammen mit dem des Abschlussprüfers zu studieren und hat etwaige Ungereimtheiten mit dem Abschlussprüfer zu erörtern und dabei das Schwergewicht auf drei Fragen zu legen: (1) Sind alle Rechtsgeschäfte zwischen herrschendem Unternehmen und der abhängigen Gesellschaft sowie alle „Maßnahmen“ des herrschenden Unternehmens (§ 312 Abs. 1 Satz 2 AktG) vollständig erfasst; 1 BGH v. 25.3.1991 – II ZR 188/89, BGHZ 114, 127 = AG 1991, 312 („Die Aufgabe des Aufsichtsrats, die Geschäftsführung zu überwachen, enthält die Pflicht, den Vorstand in übergeordneten Fragen der Unternehmensführung zu beraten.“); bestätigt von BGH v. 4.7.1994 – II ZR 197/93, BGHZ 126, 340 = AG 1994, 508; vgl. dazu Boujong, AG 1995, 203, 205; Säcker/Rehm, DB 2008, 2814 und Hasselbach, NZG 2012, 41, 46 f.; oben Rn. 103 ff. 2 Vgl. Bödeker in Henssler/Strohn, Komm. Gesellschaftsrecht, § 314 AktG Rn. 4 ff.; eingehend Velte, Der Konzern 2010, 49, 55 ff. 3 Altmeppen, MünchKomm. AktG, § 314 Rn. 4 spricht vom „Interesse der abhängigen Gesellschaft“, das der Aufsichtsrat zu wahren habe.
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Die vom Gesetz geforderten Berichtsinhalte
§9
(2) sind die Rechtsgeschäfte at arm’s length erfolgt oder (3) sind Rechtsgeschäfte oder Maßnahmen auf Veranlassung des herrschenden Unternehmens für das abhängige Unternehmen nachteilig gewesen und ist der Nachteil vollständig und vor Ende des Geschäftsjahres ausgeglichen worden. Auch hier hat der Aufsichtsrat nicht eine zweite Prüfung des Abhängigkeitsberichts vergleichbar der des Abschlussprüfers durchzuführen, sondern kann sich auf eine Plausibilitätsprüfung1 von Vorstandsbericht und Prüferbericht konzentrieren, es sei denn,
577
– der Prüferbericht gibt Anlass zu vertiefter Prüfung oder – der Aufsichtsrat selbst hat Zweifel an Aussagen in den ihm vorgelegten Berichten2. Aus seinem, des Aufsichtsrats, Bericht muss auf jeden Fall deutlich werden, dass er die beiden Berichte des Vorstands und des Abschlussprüfers eigenständig geprüft hat, § 314 Abs. 2 AktG. d) Auch hier ist es zweckmäßig, wenn ein Prüfungsausschuss die Entscheidung des Aufsichtsrats vorbereitet und dabei den Abschlussprüfer hinzuzieht. Die Entscheidung über den Bericht des Aufsichtsrats aber ist unabdingbar dem Plenum vorbehalten (§ 107 Abs. 3 Satz 3 AktG), an dessen abschließender Beratung erneut der Abschlussprüfer teilnehmen muss.
578
e) Ähnlich wie beim Jahresabschluss und Konzernabschluss gibt das Gesetz dem Aufsichtsrat Formulierungen für den Abschluss seines Berichts hierüber an die Hauptversammlung vor. So ist „ein von dem Abschlussprüfer erteilter Bestätigungsvermerk in den Bericht aufzunehmen, eine Versagung des Bestätigungsvermerks ausdrücklich mitzuteilen“ (§ 314 Abs. 2 Satz 3 AktG). Und weiterhin hat der Aufsichtsrat „am Schluss des Berichts … zu erklären, ob nach dem abschließenden Ergebnis seiner Prüfung Einwendungen gegen die Erklärung des Vorstands am Schluss des Berichts über die Beziehungen zu verbundenen Unternehmen zu erheben sind“ (§ 314 Abs. 3 AktG). Dieses Zitat aus dem Bericht des Abschlussprüfers und diese Formulierung des Aufsichtsrats am Ende seines Berichts sind unabdingbar. Fehlt auch nur einer von ihnen, so ist der Bericht unvollständig und der Aufsichtsrat kann nicht entlastet werden; anderenfalls ist der Entlastungsbeschluss anfechtbar3.
579
1 So auch die Formulierung von J. Vetter in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 314 Rn. 12. 2 Ähnlich Altmeppen, MünchKomm. AktG, § 314 Rn. 20 ff.; Fett in Bürgers/Körber, Komm. AktG, § 314 Rn. 5; Hans-Friedrich Müller in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 314 Rn. 7; Koppensteiner, Kölner Komm. AktG, § 314 Rn. 5. 3 BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 52 = AG 2003, 273 (Macrotron); LG Berlin v. 13.12.2004 – 101 O 124/04, DB 2005, 1320.
259
§9
Der Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung
II. Sonstige Berichtsinhalte 1. Bericht über Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern 580
a) Neben der Überwachung des Vorstands und der Beratung mit ihm ist die wichtigste Aufgabe des Aufsichtsrats die Bestellung und Abberufung der Mitglieder des Vorstands sowie der Abschluss und die Kündigung des Anstellungsvertrages mit ihnen. Diesen Aspekt spricht das Gesetz beim Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung in § 171 Abs. 2 AktG nicht ausdrücklich an. Fraglich ist daher, wie der Aufsichtsrat damit in seinem Bericht umzugehen hat.
581
b) Ganz gewiss ist der Aufsichtsrat nicht gehindert, darüber zu berichten. Fraglich ist also nur, ob er das sollte oder ob er es gar muss.
582
(1) Die Information der Hauptversammlung über die Veränderungen im Vorstand während der Berichtsperiode ist gewiss sinnvoll und wird daher in der Praxis nahezu regelmäßig gemacht. Das „sollte“ ist daher klar zu bejahen. Dabei sind jedenfalls bei börsennotierten Gesellschaften keine Hinweise zu Abfindungen o.Ä. erforderlich, da sich diese schon aus dem Vorstandsvergütungsbericht nach §§ 285 Satz 1 Nr. 9a und 314 Abs. 1 Nr. 6a HGB ergeben1.
583
(2) Damit aber ist die Frage nach dem gesetzlichen „muss“ dieser Angaben noch nicht geklärt. Die Frage ist zu bejahen2. Denn die Bestellung neuer und die Abberufung amtierender Vorstandsmitglieder ist jedenfalls mit Aspekten der Überwachung verknüpft. Und da das Gesetz in § 171 Abs. 2 Satz 2 AktG ganz allgemein vom Bericht des Aufsichtsrats über seine Prüfung der Geschäftsführung spricht, ist dieser Aspekt auch davon erfasst3. Bei neu berufenen Vorstandsmitgliedern müssen die Gründe für die Bestellung nicht erläutert, wohl aber ihre besonderen Aufgaben und ihre Ressortzuständigkeit angegeben werden.
584
(3) Ist mithin über Veränderungen im Vorstand zu berichten, so stellt sich weiter die Frage, ob dabei etwaige besondere Gründe für das Ausscheiden eines Vorstandsmitglieds zu nennen sind. Auch das ist der Fall; denn wenn der Aufsichtsrat Gründe für die Trennung von einem Vorstandsmitglied sieht, so ist das Teil und Folge seiner Überwachung. Und gerade darüber hat er ja zu berichten.
585
(4) Und schließlich kann die Überwachung des Aufsichtsrats auch zur Feststellung von Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegen ein
1 Vgl. auch Kodex Ziff. 4.2.5. 2 So auch Steiner in Heidel, Komm. AktG, § 171 Rn. 41. 3 Ebenso E. Vetter, ZIP 2006, 260 sowie Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, Komm. AktG, § 171 Rn. 32 (so nicht in die 2. Aufl. übernommen).
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Sonstige Berichtsinhalte
§9
Vorstandsmitglied führen. Auch darüber ist dann – ggf. in neutralisierter Form – zu berichten1. 2. Entsprechenserklärung nach § 161 AktG Bei börsennotierten Gesellschaften haben Vorstand und Aufsichtsrat jährlich zu erklären, ob „den Empfehlungen der „Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex“ entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet wurden oder werden und warum nicht“. Nach § 161 Abs. 2 AktG ist „die Erklärung auf der Internetseite der Gesellschaft dauerhaft öffentlich zugänglich zu machen“. Außerdem wird die Erklärung von einzelnen Gesellschaften in ihren Corporate Governance-Bericht aufgenommen. Damit ist das gesetzliche Erfordernis erfüllt. Eine zusätzliche Aufnahme in den Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung erübrigt sich damit.
586
3. Beauftragung des Abschlussprüfers und Konzernabschlussprüfers Nach § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG erteilt der Aufsichtsrat „dem Abschlussprüfer den Prüfungsauftrag für den Jahres- und den Konzernabschluss gemäß § 290 des Handelsgesetzbuchs.“ Darüber und über den Inhalt des Auftrages, der gesetzlich in § 317 HGB festgelegt ist, muss nicht gesondert berichtet werden. Es empfiehlt sich aber durchaus, dass mit dem Prüfer zusätzliche Prüfungsschwerpunkte oder Berichtspflichten2 vereinbart werden. Das ist dann in den Bericht an die Hauptversammlung aufzunehmen, weil es unmittelbar die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats und dessen Erfüllung betrifft.
587
4. Interessenkonflikte? Das geltende Aktienrecht beschäftigt sich an keiner Stelle mit der großen Anfälligkeit des Aufsichtsrats für Interessenkonflikte3. Anders der Kodex. Er empfiehlt zunächst einmal die interne Offenlegung des Konfliktes mit folgender Formulierung: „Jedes Aufsichtsratsmitglied soll Interessenkonflikte, insbesondere solche, die aufgrund einer Beratung oder Organfunktion bei Kunden, Lieferanten, Kreditgebern oder sonstigen Geschäftspartnern entstehen können, dem Aufsichtsrat gegenüber offenlegen“.4
588
Der Kodex empfiehlt aber darüber hinaus in seiner Ziff. 5.5.3 Satz 1 dem Aufsichtsrat, der Hauptversammlung über solche aufgetretenen Interes-
589
1 Ebenso E. Vetter, ZIP 2006, 260. 2 Vgl. dazu Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rn. 324. 3 Dazu Lutter/Quack in FS Raiser, 2005, S. 259; Lutter in FS Priester, 2007, S. 417 ff.; Lutter in FS Canaris, 2007, Bd. II, S. 245 ff. 4 Ziff. 5.5.2 Kodex; vgl. dazu Kremer in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. Kodex, Rn. 1112 ff.
261
§9
Der Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung
senkonflikte und deren Behandlung zu berichten. Eine Negativ-Erklärung ist nicht erforderlich1. 590
a) Gelangt der Aufsichtsrat zu dem Ergebnis, dass ein ihm angezeigter Interessenkonflikt tatsächlich nicht vorliegt, so erübrigt sich jeder Bericht.
591
b) Liegt hingegen auch aus der Sicht des Aufsichtsrats ein Interessenkonflikt vor, so ist darüber an die Hauptversammlung zu berichten – es sei denn, in der Erklärung nach § 161 AktG wurde die Befolgung von Ziff. 5.5.3 des Kodex abgelehnt. Dieser Bericht muss weder den Grund des Konfliktes noch die betroffenen Personen benennen2. Es genügt der neutralisierte Hinweis, dass es einen solchen Konflikt gegeben hat und wie man mit ihm im Aufsichtsrat umgegangen ist. Dafür kommt – außer der Amtsniederlegung – schon von Rechts wegen nur ein Ausschluss des Betroffenen von Beratung und Beschlussfassung im Aufsichtsrat in Betracht3. Das ist dann im Bericht so auch ausdrücklich zu sagen. Im Zusammenhang mit der hier erforderlichen neutralisierten Berichterstattung wird durchaus zu Recht auf die notwendige Vertraulichkeit im Aufsichtsrat hingewiesen4. Dieses Vertraulichkeitsgebot gilt auch hier. Dies ist die Rechtslage für Unternehmen von öffentlichem Interesse nach § 161 Abs. 1 AktG. Was aber gilt für die rd. 14 000 anderen Aktiengesellschaften? Es gilt das Gleiche; denn Interessenkonflikte im Aufsichtsrat können die Überwachungsaufgabe beeinträchtigen. Daher ist es ganz allgemein für die Hauptversammlung von Bedeutung, zu wissen, dass diese Beeinträchtigung entstanden ist, dass ihr aber durch den Aufsichtsrat selbst begegnet wurde5. 5. Bericht über Beraterverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern?
592
Solche nach § 114 AktG durch den Aufsichtsrat zustimmungspflichtigen Verträge generieren die Gefahr von Abhängigkeiten und Interessenkonflikten. Die Hauptversammlung weiß davon nichts, muss darüber aber schon im Hinblick auf eine etwaige Wiederwahl des Betreffenden unterrichtet sein. Darüber hinaus kann die Qualität der Überwachung des Vorstands durch den Aufsichtsrat leiden, wenn solche Abhängigkeiten bestehen. Auch un-
1 OLG Düsseldorf v. 22.11.2012 – I-6 U 18/12, NZG 2013, 178. 2 Vgl. E. Vetter, ZIP 2006, 261; Priester, ZIP 2011, 2081; v.d. Linden, GWR 2011, 407; strenger OLG Frankfurt a.M. v. 5.7.2011 – 5 U 104/10, ZIP 2011, 1613 = AG 2011, 713 unter Außerachtlassung des Gebotes strenger Vertraulichkeit im Aufsichtsrat (dazu oben Rn. 265 ff.). 3 Lutter in FS Priester, 2007, S. 417, 418 ff. 4 Drygala, AG 2007, 381; Priester, ZIP 2011, 2081; Hennrichs/Pöschke, MünchKomm. AktG, § 171 Rn. 195 und 210. 5 Henze, Der Aufsichtsrat 2013, 135.
262
Sonstige Berichtsinhalte
§9
ter dem Aspekt der Rechenschaftspflicht des Aufsichtsrats ist der Bericht darüber daher erforderlich1. 6. Rechtliche Konflikte a) Im ARAG-Fall2 hatte der Bundesgerichtshof über die Klage einer Auf- 593 sichtsratsminderheit gegen die Mehrheit des Aufsichtsrats zu entscheiden. Ein solcher Konflikt „mitten im Aufsichtsrat“ befördert die Gefahr, dass der Aufsichtsrat seine Pflichten aus § 111 AktG nicht mehr korrekt erfüllen kann. Der Konflikt ist daher auch hier in neutralisierter Form der Hauptversammlung zu berichten. b) Denkbar ist, dass die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern durch die Hauptversammlung angefochten ist. Es kann also sein, dass sich nach ein oder mehreren Jahren herausstellt, dass die Wahl unwirksam war. Das beeinträchtigt zwar nicht die Entscheidungen des Aufsichtsrats bis dahin; denn bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Unwirksamkeit des Wahlbeschlusses gilt dieser als wirksam bestellt (siehe oben Rn. 19). Aber die Stellung einzelner oder aller Aufsichtsratsmitglieder ist durch die Anfechtungsklage geschwächt. Auch das muss die Hauptversammlung – erneut in neutralisierter Form – durch den Bericht des Aufsichtsrats erfahren.
594
Erst recht gilt die Berichtspflicht, wenn der Anfechtungsklage rechtskräftig stattgegeben wurde und einzelne Aufsichtsratsmitglieder ex tunc ihr Amt verloren haben3. Hier besteht die Gefahr, dass Beschlüsse des Aufsichtsrats nichtig sind (oben Rn. 19). Das muss die Hauptversammlung wissen. c) Und schließlich ist sogar denkbar, dass entweder ein noch amtierendes Mitglied des Aufsichtsrats gegen die Gesellschaft4, etwa auf Feststellung der Nichtigkeit eines Aufsichtsratsbeschlusses5, oder die Gesellschaft gegen ein Mitglied etwa auf Schadensersatz nach §§ 116, 93 AktG klagt. Möglich ist aber auch, dass dies eine Aktionärsminderheit nach § 148 AktG unternimmt. Über all das muss der Aufsichtsrat von Rechts wegen an die Hauptversammlung berichten. Denn all das berührt die Fähigkeit des Aufsichtsrats zur Wahrnehmung seiner Aufgaben und insbesondere zur Überwachung des Vorstands. 1 A.A. OLG München v. 24.9.2008 – 7 U 4230/07, ZIP 2009, 1667, 1669 = AG 2009, 121. 2 BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244 = AG 1997, 377. 3 BGH v. 19.2.2013 – II ZR 56/12, ZIP 2013, 720 = AG 2013, 387. 4 So war es im berühmten Hertie-Fall, BGH v. 15.11.1982 – II ZR 27/82, BGHZ 85, 293 = AG 1983, 133. 5 Daran hat jedes Aufsichtsratsmitglied ein rechtliches Interesse: BGH v. 29.1.2013 – II ZB 1/11, DB 2013, 449 = AG 2013, 257. Und daher kann auch jedes Aufsichtsratsmitglied einem solchen Verfahren, sei es auf Seiten des Klägers, sei es auf Seiten der Gesellschaft, beitreten (Nebenintervention): BGH v. 29.1.2013 – II ZB 1/11, DB 2013, 449 = AG 2013, 257.
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595
§9
Der Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung
All dies gilt nicht, wenn der Konflikt ausgeschiedene Mitglieder betrifft. Denn davon ist der amtierende Aufsichtsrat nicht berührt. 7. Bericht über Ausschüsse 596
Nach § 171 Abs. 2 Satz 2 (Halbsatz 2) AktG hat der Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft zu berichten, welche Ausschüsse er gebildet hat und wie oft diese getagt haben. Das ist eine höchst missverständliche Vorschrift. Denn nach dem Halbsatz 1 dieser Norm muss der Aufsichtsrat berichten, „in welcher Art und in welchem Umfang“ er geprüft hat. Dazu gehört naturgemäß die Mitteilung, ob er sich dabei entsprechender Ausschüsse und insbesondere eines Prüfungsausschusses bedient hat und welche Aufgaben diese hatten1, wie die Zusammenarbeit zwischen Ausschuss und Plenum organisiert war und wie das Plenum die Ausschüsse überwacht hat. Anders kann sich die Hauptversammlung kein Bild von der Art machen, wie der Aufsichtsrat seine Überwachungsaufgaben erfüllt hat. Unabhängig von § 171 Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2 AktG gilt diese Berichtspflicht zu den Ausschüssen für alle (Pflicht-)Aufsichtsräte. 8. Ungewöhnliche Ereignisse
597
Zwei große DAX-Gesellschaften sind in 2006/2007 von schwerwiegenden Fehlentwicklungen überrascht worden. Offensichtlich haben die traditionellen Sicherungen versagt2. Es gab also in diesen und im Grunde allen anderen Unternehmen genügend Gründe, über Verbesserungen in den Kontrollsystemen der Gesellschaft und des Konzern nachzudenken. Das ist gewiss Aufgabe der Geschäftsführung des Vorstands. Aber der Aufsichtsrat hat das zu überwachen. Er hat daher genau darüber zu berichten, wie der Vorstand in ständigem Kontakt und Beratung mit ihm eine Wiederholung solcher Vorgänge verhindern will.
III. Die Gestaltung der Berichte 1. Vollständigkeit 598
Der Bericht muss vollständig und richtig sein und getreuer Rechenschaft entsprechen, das versteht sich von selbst3. Er sollte aber auch so aufgebaut sein, dass die einzelnen Berichtsteile erkennbar und unterscheid1 Dazu Lutter, Über eine zusätzliche Berichtspflicht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung, in FS Hommelhoff, 2012, S. 683, 686 ff. 2 Katrin Terpitz, Wer vertraut, muss kontrollieren, Handelsblatt vom 9.3.2007 (Kapitalmarkt S. 1). 3 Vgl. Kropff, MünchKomm. AktG, 2. Aufl., § 171 Rn. 166; ebenso Hennrichs/ Pöschke, MünchKomm. AktG, 3. Aufl., § 171 Rn. 209; Euler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 171 Rn. 72.
264
Verstöße
§9
bar sind. Je mehr das der Fall ist, desto mehr vermeidet der Aufsichtsrat auch die Gefahr, dass einzelne Berichtserfordernisse von ihm übersehen werden. Auf die Beachtung der Gremienvertraulichkeit bei der Abfassung des Berichts sei nochmals hingewiesen1. 2. Schriftlichkeit, Auslage und Einreichung zum Handelsregister Der Bericht muss schriftlich abgefasst, vom Plenum des Aufsichtsrats be- 599 schlossen (§ 107 Abs. 3 Satz 3 AktG), vom Aufsichtsratsvorsitzenden unterzeichnet und so der Hauptversammlung vorgelegt werden, § 176 Abs. 1 Satz 1 AktG2. Er ist von der Einberufung der Jahres-Hauptversammlung an in den Geschäftsräumen der Gesellschaft zur Einsicht der Aktionäre auszulegen, § 175 Abs. 2 Satz 1 AktG, und muss jedem Aktionär nach dessen Anforderung auch zugesandt werden. In der Hauptversammlung hat ihn der Aufsichtsratsvorsitzende zu erläutern, § 176 Abs. 1 Satz 2 AktG.
600
IV. Verstöße Ist der Bericht unvollständig, so ist die Entlastung aller Aufsichtsratsmitglieder gefährdet, sei es, dass sie von der Hauptversammlung verweigert, sei es, dass sie durch Anfechtung vernichtet wird3.
601
Das soll auch für die Entlastung des Vorstands gelten, der einen unvollständigen Bericht des Aufsichtsrats der Hauptversammlung vorgelegt hat4. Das ist zweifelhaft; denn einerseits ist der Vorstand nicht der Kontrolleur des Aufsichtsrats; andererseits hat der Vorstand den Bericht des Aufsichtsrats in den Geschäftsräumen der Gesellschaft auszulegen und den Aktionären auf Verlangen zuzusenden, § 175 Abs. 2 AktG, ist also in den unzureichenden Bericht des Aufsichtsrats involviert. Einstweilen frei.
602–610
1 Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 384 ff., 493 ff. 2 BGH v. 21.6.2010 – II ZR 24/09, ZIP 2010, 1437 = AG 2010, 632. 3 BGH v. 16.2.2009 – II ZR 185/07, BGHZ 180, 9 = AG 2009, 285 (Kirch/Deutsche Bank); LG München I v. 10.3.2005 – 5 HK O 18110/04, AG 2005, 408 und OLG München v. 13.9.2005 – 7 U 2759/05, AG 2006, 592; OLG Stuttgart v. 15.3.2006 – 20 U 25/05, AG 2006, 380; LG München I v. 5.4.2007 – 5 HK O 15964/06, BB 2007, 2170; OLG Düsseldorf v. 28.2.2008 – 6 U 197/06, Juris = BeckRS 2008, 22584 und dazu Liese/Theusinger, BB 2007, 2528; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 44 Rn. 17 ff. 4 OLG Düsseldorf v. 28.2.2008 – 6 U 197/06, Juris = BeckRS 2008, 22548.
265
§ 10 Überblick über die kapitalmarktrechtlichen Pflichten des Aufsichtsrats I. Überblick Eine Aktiengesellschaft, die nach § 3 Abs. 2 AktG als börsennotiert zu qualifizieren ist, unterliegt als sog. Emittentin einer großen Zahl von Anzeige- und Informationspflichten gegenüber der Öffentlichkeit und der BaFin. Diese vielfältigen Pflichten sind vom Vorstand zu erfüllen. Der Aufsichtsrat ist Innen-, nicht Außenorgan der Gesellschaft und wird daher vom Gesetz in diesem Zusammenhang auch nur ausnahmsweise direkt angesprochen. Um so mehr sind seine allgemeinen internen Pflichten auch hier von großer Bedeutung.
611
II. Allgemeine Pflichten 1. Überwachungspflichten Die allgemeine Überwachungspflicht des Aufsichtsrats erstreckt sich selbstverständlich auch auf die Überwachung der kapitalmarktrechtlichen Pflichten des Vorstands. Das gilt hier insbesondere für die Einhaltung der Legalität, also die Beachtung des Insiderhandelsverbots und die Einhaltung der Vorschriften zur Ad-hoc-Publizität gemäß § 15 WpHG. Zu der in diesem Zusammenhang relevanten Frage des Zeitpunkts der Berichtspflicht des Vorstands1 u.a. bei mehrstufigen Entscheidungsprozessen siehe die Ausführungen in Rn. 290 f., 304 ff.
612
2. Abgabe der Entsprechenserklärung nach § 161 AktG Nach § 161 AktG werden Vorstand und Aufsichtsrat börsennotierter Aktiengesellschaften zur jährlichen Erklärung verpflichtet, ob den Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex gefolgt wurde und wird und welchen Empfehlungen gegebenenfalls nicht entsprochen wurde und wird und warum nicht. Siehe dazu die Ausführungen in Rn. 489 ff.
1 Vgl. dazu vor allem das Urteil des EuGH v. 28.6.2012 – C-19/11, ZIP 2012, 1282 = AG 2012, 555 = EWiR § 13 WpHG 2/12 (Bachmann) auf Vorlage des BGH (v. 22.11.2010 – II ZB 7/09, AG 2011, 84) und dazu Ihrig/Kranz, BB 2013, 451. Näher oben Rn. 307. Vgl. weiter den Beschluss des OLG Stuttgart v. 15.2.2007 – 901 Kap. 1/06, AG 2007, 250 und dazu die Revisionsentscheidung des BGH v. 25.2.2008 – II ZB 9/07, AG 2008, 380 = WM 2008, 641 = DStR 2008, 641.
267
613
§ 10
Kapitalmarktrechtliche Pflichten des Aufsichtsrats
III. Besondere Verhaltenspflichten bei Übernahmen 1. Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitspflichten 614
Im Gegensatz zu den Vorüberlegungen zum WpÜG sieht das Gesetz in seiner endgültigen Fassung keine Vorschrift vor, die für Vorstand oder Aufsichtsrat der Bieter- oder Zielgesellschaft besondere Geheimhaltungspflichten normiert. Sowohl Vorstand als auch Aufsichtsrat der Bieterund Zielgesellschaft unterliegen daher den allgemeinen Geheimhaltungsund Vertraulichkeitsanforderungen der §§ 116, 93 AktG1. Außerdem sind natürlich die Regelungen der §§ 12 ff. WpHG zu beachten, handelt es sich doch bei Unternehmensübernahmen um das klassische Beispiel einer Insiderinformation. 2. Verhaltenspflichten des Aufsichtsrats der Bietergesellschaft
615
Den Aufsichtsrat der Bietergesellschaft treffen keine besonderen kapitalmarktrechtlichen Pflichten. Er muss seiner allgemeinen Überwachungspflicht nachkommen und die Vorstandsentscheidungen zum Übernahmeangebot prüfen und begleiten. Insbesondere hat er darauf zu achten, dass der Vorstand die nach §§ 10 ff. WpÜG erforderlichen Schritte für die Abgabe des Übernahmeangebots einleitet.
616
Regelmäßig wird für den Erwerb von Unternehmen oder Unternehmensanteilen auch ein Zustimmungsvorbehalt nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG bestehen. Da das Übernahmeangebot jedoch unverzüglich nach der Entscheidung veröffentlicht werden muss, stellt sich die Frage, ob ein Abwarten auf die Zustimmung des Aufsichtsrats gegen das Unverzüglichkeitsgebot des § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG verstößt. Das ist nicht der Fall. Denn ist die Zustimmung des Aufsichtsrats zum Angebot der Gesellschaft auf Übernahme erforderlich, so liegt ohne diese Zustimmung ein wirksames Angebot nicht vor, kann also überhaupt noch nicht abgegeben und publiziert werden2. Der EuGH3 hat das bei Art. 1 der Marktmissbrauchsrichtlinie und mithin § 15 Abs. 1 WpHG scheinbar anders gesehen. Dort aber ging es um die Auslegung des Begriffs „präzise Information“ in Art. 1 Nr. 1 der Marktmissbrauchsrichtlinie, hier geht es um Art. 6 der Übernahmerichtlinie4 („Entscheidung zur Abgabe eines Angebots“) und die wortgleiche Formu1 Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 633 ff. 2 Ebenso Hirte, Kölner Komm. WpÜG, § 10 Rn. 30 ff.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rn. 7; Walz in Haarmann/Schüppen, Frankfurter Komm. WpÜG, § 10 Rn. 24; Baums/Thoma, Komm. WpÜG, § 10 Rn. 23. 3 EuGH v. 28.6.2012 – C-19/11, ZIP 2012, 1282 = AG 2012, 555 = EWiR § 13 WpHG 2/12 (Bachmann); und dazu Ihrig in VGR, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2012, 2013, S. 113; Ihrig/Kranz, BB 2013, 451. 4 Richtlinie 2004/25/EG vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EU Nr. L 142 vom 30.4.2004, S. 12; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, § 30 S. 961 ff., 1043 ff.
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Besondere Verhaltenspflichten bei Übernahmen
§ 10
lierung in § 10 Abs. 1 WpÜG. Es wäre auch merkwürdig genug, wenn der Vorstand ein Angebot publizieren müsste, das bei einer Weigerung des Aufsichtsrats wieder zurückgenommen werden müsste. Da andererseits die Entscheidung des Vorstands schon eine Insider-Information ist1, müsste sie nach § 15 Abs. 1 WpHG publiziert werden. Die Gesellschaft und ihr Vorstand können sich hier aber auf § 15 Abs. 3 WpHG berufen, müssen aber für eine möglichst kurze Zwischenzeit bis zur Entscheidung des Aufsichtsrats für die Sicherung der Vertraulichkeit sorgen (vgl. oben Rn. 307). Sicherlich muss der Aufsichtsrat aber zügig über die Zustimmung beraten. Das sollte jedoch bei den modernen Kommunikationsformen und der Möglichkeit von Videokonferenzen kein Problem sein2. 3. Verhaltenspflichten des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft Der Aufsichtsrat ist gemäß § 3 Abs. 3 WpÜG bei allen seinen Handlungen im Übernahmeverfahren auf das Unternehmensinteresse seiner Gesellschaft verpflichtet.
617
Sind Aufsichtsratsmitglieder zugleich für Bieter- und Zielgesellschaft tätig, liegt ein evidenter Interessenkonflikt vor. Siehe dazu die Ausführungen in Rn. 894 ff. a) Stellungnahmepflicht Der Vorstand hat den Aufsichtsrat über ein der Gesellschaft und ihren Aktionären unterbreitetes Übernahmeangebot zu unterrichten. Beide müssen dann gemäß § 27 WpÜG eine Stellungnahme zum Angebot der Bietergesellschaft abgeben3. Ob diese getrennt abzugeben ist oder auch gemeinsam abgegeben werden kann, lässt der Wortlaut des § 27 WpÜG offen. Die Ausschussbegründung deutet daraufhin, dass vom Gesetz grundsätzlich zwei getrennte Stellungnahmen verlangt werden4; es spricht aber auch nichts gegen eine (ausnahmsweise) gemeinsame Stellungnahme5, sie ist heute üblich6.
618
Den Mindestinhalt der Stellungnahme regelt § 27 Abs. 1 Satz 2 WpÜG, insbesondere hat sie auf die Art und Höhe der angebotenen Gegenleistung und die voraussichtlichen Folgen eines erfolgreichen Angebots für
619
1 Vgl. EuGH v. 28.6.2012 – C-19/11, ZIP 2012, 1282 = AG 2012, 555 = EWiR § 13 WpHG 2/12 (Bachmann) und EuGH v. 10.5.2007 – C-391/04, AG 2007, 542 = NZG 2007, 749 (Georgikas). 2 § 108 Abs. 4 AktG, siehe dazu auch oben Rn. 123 ff. 3 Dazu Seibt in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1119, 1131 ff. 4 BT-Drucks. 14/7477, S. 53; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 672. 5 Krause/Pötzsch in Assmann/Pötzsch/Uwe H. Schneider, Komm. WpÜG, § 27 Rn. 42; Schiessl in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1019, 1032. 6 Seibt, CFL 2011, 213, 236.
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§ 10
Kapitalmarktrechtliche Pflichten des Aufsichtsrats
die Zielgesellschaft und deren Arbeitnehmer einzugehen1. Mithin trifft den Aufsichtsrat die Pflicht zur Bildung einer eigenen Meinung darüber, wie das Angebot zu beurteilen ist, insbesondere auch zur Angemessenheit der Gegenleistung. Dazu ist die Beschaffung von Informationen, z.B. über die wirtschaftliche Lage des Bieters und die wirtschaftlichen Eckdaten des Übernahmeangebots, sowie die sorgfältige Prüfung der Angebotsunterlagen unabdingbar. Dabei wird es sich – zumal im Hinblick auf das mit der Stellungnahme verbundene Haftungsrisiko – in aller Regel empfehlen, eine Investmentbank oder einen anderen geeigneten Finanzberater hinzuzuziehen2. Eine Empfehlung für oder gegen die Übernahme ist zwar wünschenswert, muss in der Stellungnahme des Aufsichtsrats aber nicht zwangsläufig ausgesprochen werden. Wird keine Empfehlung ausgesprochen, müssen jedoch die Gründe dafür offen gelegt werden. 620
Ist in der Satzung nichts anderes bestimmt, reicht für die Beschlussfassung im Aufsichtsrat die einfache Mehrheit aus. Fraglich ist, ob abweichende Stimmen in der Stellungnahme aufgeführt werden müssen. Das ist zu bejahen3, würde den Aktionären doch sonst ein falsches Bild gegeben. Das kapitalmarktrechtliche Transparenzgebot des § 3 Abs. 2 WpÜG überlagert in diesen Fällen das aktienrechtliche Verschwiegenheitsgebot4. Eine Veröffentlichung von Sondervoten ist erlaubt, dagegen nicht als Pflicht anzunehmen, die Benennung einzelner Aufsichtsratsmitglieder mit ihrer gegenteiligen Meinung ist nur mit deren Zustimmung erlaubt5.
621
Die Aufsichtsratsmitglieder, die Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft sind, müssen nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WpÜG in der Stellungnahme auch angeben, ob sie das Angebot annehmen wollen. Diese Verpflichtung ist unabhängig von der Größe der Beteiligung6. Entscheiden sich die betroffenen Organmitglieder nicht einheitlich, müssen die Entscheidungen der Organmitglieder unter namentlicher Nennung in der Stellungnahme mitgeteilt werden7. Daraus lassen sich auch Rückschlüsse auf das Stimmverhalten im allgemeinen Teil der Stellungnahme ziehen.
1 Vgl. dazu eingehend Krause/Pötzsch in Assmann/Pötzsch/Uwe H. Schneider, Komm. WpÜG, § 27 Rn. 53 ff., 79 ff.; Hirte, Kölner Komm. WpÜG, § 27 Rn. 31 ff., 43; Harbarth in Baums/Thoma, Komm. WpÜG, § 27 Rn. 33 ff. 2 Näher Schiessl, ZGR 2003, 814, 827 f.; Schiessl in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1019, 1032 ff.; Seibt in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1119, 1139 ff. 3 Siehe dazu ausführlich Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 673 ff. 4 So auch Krause/Pötzsch in Assmann/Pötzsch/Uwe H. Schneider, Komm. WpÜG, § 27 Rn. 38. 5 Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 675 f.; bzgl. der Namen a.A. Fleischer/Schmolke, DB 2007, 99 f. 6 Röh in Haarmann/Schüppen, Frankfurter Komm. WpÜG, § 27 Rn. 42; Harbarth in Baums/Thoma, Komm. WpÜG, § 27 Rn. 59. 7 Krause/Pötzsch in Assmann/Pötzsch/Uwe H. Schneider, Komm. WpÜG, § 27 Rn. 85; Harbarth in Baums/Thoma, Komm. WpÜG, § 27 Rn. 60.
270
Besondere Verhaltenspflichten bei Übernahmen
§ 10
Aus kapitalmarktrechtlicher Sicht dürfte es auch unzulässig sein, die 622 Stellungnahme des Vorstands an die Zustimmung des Aufsichtsrats zu binden. Anstelle eines Zustimmungserfordernisses tritt die eigene Stellungnahme des Aufsichtsrats und deren Veröffentlichung. Dabei spielt die Stellungnahme des Aufsichtsrats beim „management buy out“ eine besondere Rolle, da der Vorstand in diesem Fall nicht mehr als neutral angesehen werden kann. In Fällen, in denen auf die Zielgesellschaft das WpÜG keine Anwendung findet1, dürfte sich aus der allgemeinen Überwachungspflicht (§ 111 Abs. 1 AktG) und der Berichtspflicht gegenüber der Hauptversammlung (§ 171 Abs. 2 AktG) ebenfalls eine Pflicht zur Stellungnahme durch den Aufsichtsrat ergeben, die allerdings in ihrem Detaillierungsgrad geringer sein kann, als die von § 27 WpÜG vorgeschriebene Stellungnahme2.
623
b) Erhöhte Überwachungspflicht Unabhängig von der Stellungnahmepflicht stellen Übernahmesituationen an den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft besondere Anforderungen, die gerade die Phase des Vorfelds des Übernahmeangebots betreffen. Problematisch ist in dieser Phase typischerweise die Wahrung der nötigen Vertraulichkeit einerseits, bei ausreichender Information des Aufsichtsrats andererseits3. Vor allem aber intensiviert sich die Überwachungspflicht des Aufsichtsrats und erweitert sich sein Überwachungsgegenstand in dieser Phase erheblich und erstreckt sich insbesondere auf die Ausgestaltung der Due Diligence, die Bewältigung von Interessenkonflikten im Vorstand, die Vereinbarung von „break up fees“, die Suche nach möglichen alternativen Bietern und die Preisverhandlungen4. Überdies sind unter Umständen Interessenkonflikte im Aufsichtsrat zu lösen, wenn einzelne Mitglieder des Aufsichtsrats Verbindungen zum Bieter oder einem an dem Angebot interessierten Großaktionär haben5.
624
c) Pflichten bei feindlichen Übernahmen Bei einer feindlichen Übernahme trifft den Aufsichtsrat die besondere Pflicht, die Neutralität des Vorstands zu überwachen. Gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG darf der Vorstand keine Handlungen vornehmen, durch die der Erfolg des Angebots verhindert werden könnte. Es dürfen nur Handlungen vorgenommen werden, die auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Gesellschaft, die nicht von einem Übernahmeangebot betroffen ist, vorgenommen hätte, oder Handlungen, die der 1 Praxisbeispiele bei Seibt in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1119, 1135 Fn. 49 und 50. 2 Näher Seibt in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1119, 1135 f. 3 Näher dazu Schiessl in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1019, 1025 ff. 4 Näher Schiessl in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1019, 1029 ff. 5 Näher Schiessl in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1019, 1034 ff.; Seibt in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1119, 1142 ff.
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§ 10
Kapitalmarktrechtliche Pflichten des Aufsichtsrats
Suche nach einem Konkurrenzangebot dienen. Die Einhaltung dieser Regelungen sind vom Aufsichtsrat zu prüfen. Ihn selbst trifft dieses Verhinderungsverbot als Kontrollorgan jedoch anders, als noch im Regierungsentwurf zum WpÜG vorgesehen war, nicht1. Das erklärt sich mit einer weiteren Ausnahme: sollen Abwehrmaßnahmen getroffen werden, unterliegen diese gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 WpÜG ex lege der Zustimmung des Aufsichtsrats. 626
Sinn dieses besonderen Zustimmungserfordernisses ist es, eine Ausnahme vom Neutralitätsgebot zu erlauben. Daraus ergibt sich, dass eine Zustimmung immer vor Durchführung der Maßnahme zu erteilen ist2. Davon kann auch keine Ausnahme in Fällen von Eilbedürftigkeit gemacht werden3. Würde man die Möglichkeit einer nachträglichen Zustimmung des Aufsichtsrats bejahen, würde man dadurch faktisch das Neutralitätsgebot aushebeln, denn es ist kaum vorstellbar, dass der Aufsichtsrat den schon durchgeführten Maßnahmen des Vorstands im Nachhinein nicht zustimmen würde.
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Eine Zustimmung des Aufsichtsrats ist gemäß § 33 Abs. 2 Satz 4 WpÜG auch für die Ausübung der von der Hauptversammlung gegebenen sog. Vorratsermächtigungen nötig. Dagegen ist bei der Durchführung von Abwehrmaßnahmen aufgrund einer Ad-hoc-Zustimmung der Hauptversammlung eine Zustimmung des Aufsichtsrats nicht erforderlich4.
IV. Persönliche kapitalmarktrechtliche Verhaltenspflichten der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder 628
Nicht nur der Aufsichtsrat als Gesamtorgan, sondern auch das einzelne Aufsichtsratsmitglied unterliegt kapitalmarktrechtlichen Verhaltenspflichten. 1. Directors’ Dealings
629
Gemäß § 15a WpHG besteht für Personen mit „Führungsaufgaben“, zu denen gemäß § 15a Abs. 2 WpHG auch Mitglieder von Aufsichtsorganen gehören, die Pflicht, eigene Geschäfte mit Aktien des Emittenten, also 1 Krause/Pötzsch/Stephan in Assmann/Pötzsch/Uwe H. Schneider, Komm. WpÜG, § 33 Rn. 76 ff.; Röh in Haarmann/Schüppen, Frankfurter Komm. WpÜG, § 33 Rn. 75 ff., 78; Steinmeyer in Steinmeyer, Komm. WpÜG, § 33 Rn. 13. 2 Röh in Haarmann/Schüppen, Frankfurter Komm. WpÜG, § 33 Rn. 84; Krause/ Pötzsch/Stephan in Assmann/Pötzsch/Uwe H. Schneider, Komm. WpÜG, § 33 Rn. 179. 3 So aber für die Zustimmung des Aufsichtsrats zu Abwehrmaßnahmen nach Ermächtigung der Hauptversammlung Krause/Pötzsch/Stephan in Assmann/ Pötzsch/Uwe H. Schneider, Komm. WpÜG, § 33 Rn. 240 m.w.N. 4 Krause/Pötzsch/Stephan in Assmann/Pötzsch/Uwe H. Schneider, Komm. WpÜG, § 33 Rn. 199.
272
Persönliche kapitalmarktrechtliche Verhaltenspflichten
§ 10
der Gesellschaft, oder sich darauf beziehenden Finanzinstrumenten innerhalb von 5 Werktagen dem Emittenten und der BaFin mitzuteilen. Diese Pflicht bezieht sich nicht nur auf die Aufsichtsratsmitglieder selbst, sondern auch auf Personen, die mit ihnen in einer engen Beziehung stehen; dazu gehören Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, unterhaltsberechtigte Kinder und Verwandte, die seit mindestens einem Jahr im selben Haushalt wie das Aufsichtsratsmitglied leben. Diesen gleichgestellt sind auch juristische Personen, bei denen das Aufsichtsratsmitglied eine Leitungsaufgabe wahrnimmt, sowie juristische Personen anderer Gesellschaften oder Einrichtungen, die direkt oder indirekt von einem Aufsichtsratsmitglied kontrolliert werden, zu seinen Gunsten gegründet wurden oder deren wirtschaftliche Interessen weitgehend denen des Aufsichtsratsmitglieds entsprechen. Eine Verpflichtung zur Mitteilung besteht jedoch nicht, wenn die Gesamtsumme der Geschäfte des Aufsichtsratsmitglieds und der mit ihr in einer engen Beziehung stehenden Personen den Betrag von 5000 Euro bis zum Ende des Kalenderjahres nicht übersteigt. Der Inhalt der Mitteilung ist in § 10 WpAIV festgelegt. Neben Angaben zur Person muss sie insbesondere Angaben zur genauen Beschreibung des Geschäfts enthalten. 2. Offenlegung des Aktienbesitzes nach WpHG und Kodex Ebenso wie alle Anteilseigner müssen auch Aufsichtsratsmitglieder, wenn sie durch Erwerb, Veräußerung oder auf sonstige Weise einen der Schwellenwerte (3, 5, 10, 15, 20, 25, 30, 50 oder 75 Prozent der Stimmrechte) des § 21 WpHG erreichen, über- oder unterschreiten dieses dem Emittenten und der BaFin innerhalb von vier Handelstagen mitteilen1. Unter dem genannten Schwellenwert von 3 Prozent besteht keine gesetzlich vorgeschriebene Pflicht der Aufsichtsratsmitglieder ihren Aktienbesitz anzuzeigen. Allerdings fordert der Kodex in seiner Ziff. 6.3, dass auch der Aktienbesitz (einschließlich Optionen oder sonstiger Derivate) von Aufsichtsratsmitgliedern offengelegt werden soll, wenn er direkt oder indirekt größer als 1 Prozent der von der Gesellschaft ausgegebenen Aktien ist. Übersteigt der Gesamtbesitz aller Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder mehr als 1 Prozent, so soll dieser Gesamtbetrag getrennt nach Vorstand und Aufsichtsrat im Corporate Governance Bericht angegeben werden.
1 Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider, Komm. WpHG, § 21 Rn. 111; Hirte in Kölner Komm. WpHG, § 21 Rn. 129 ff.
273
630
§ 10
Kapitalmarktrechtliche Pflichten des Aufsichtsrats
3. Verbot von Insidergeschäften 631
Gemäß § 14 WpHG ist es verboten, a) unter Verwendung von Insiderinformationen Insiderpapiere für eigene oder fremde Rechnung oder für einen andern zu erwerben oder zu veräußern, b) einem anderen eine Insiderinformation unbefugt mitzuteilen oder zugänglich zu machen, c) sowie einem anderen auf der Grundlage einer Insiderinformation den Erwerb oder die Veräußerung von Insiderpapieren zu empfehlen oder einen anderen auf sonstige Weise dazu zu verleiten. Da Aufsichtsräte umfassend zu informieren sind und alles über das Unternehmen wissen dürfen, ist es außerordentlich naheliegend, dass sie über Insiderinformationen verfügen1. Sie sollten sich daher strenges Stillschweigen auferlegen2 und Geschäfte in Aktien des Unternehmens vermeiden oder allenfalls zu Zeiten vornehmen, wo durch ad-hoc-Mitteilungen, Pressekonferenz oder Hauptversammlung praktisch keine Insiderinformationen mehr vorliegen. Ein Problem für Aufsichtsratsmitglieder stellt insbesondere das Weitergabeverbot dar, wenn sie zur Aufgabenerfüllung Mitarbeiter hinzuziehen wollen. Wann eine Weitergabe hier als befugt oder unbefugt anzusehen ist, ist ausführlich unter Rn. 254 ff., 290 ff. besprochen.
632–650 Einstweilen frei.
1 Zum Begriff der Insiderinformation vgl. Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, Komm. WpHG, § 13 Rn. 4 ff.; Pawlik in Kölner Komm. WpHG, § 13 Rn. 11 ff. 2 Zur Strafbarkeit eines Verstoßes vgl. § 38 WpHG und dazu Vogel in Assmann/ Uwe H. Schneider, Komm. WpHG, § 38 Rn. 4 ff.; Altenhain in Kölner Komm. WpHG, § 38 Rn. 34 ff.
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§ 11 Die Organisation des Aufsichtsrats I. Allgemeines 1. Überblick Die dem Aufsichtsrat zugewiesenen Aufgaben obliegen ihm als Kollegialorgan. Er erfüllt sie durch das Handeln seiner Mitglieder als Gesamtheit. Wie die Aufgaben im Einzelnen organintern erledigt werden, regelt das Gesetz nur in wenigen Vorschriften. Es geht dabei zum einen um die innere Ordnung des Gesamtorgans durch Schaffung besonderer Funktionsträger (Vorsitzender, Ausschüsse) und zum anderen um die Ordnung des Verfahrensablaufs, in welchem der Aufsichtsrat seine Aufgaben erfüllt1. Besondere Funktionsträger spricht das Gesetz in § 107 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 3 Satz 1 und 2 AktG an, den Ablauf des Verfahrens regelt es in § 107 Abs. 2, Abs. 3 Satz 3 und 4 AktG und §§ 108–110, 171 Abs. 1 Satz 2 AktG. Das MitbestG baut auf diese Regelungen auf; es ergänzt sie oder weicht von ihnen ab in den §§ 27–29, 31 und 32 MitbestG. Schließlich befasst sich der Kodex in einer Reihe von Regelungen mit Fragen der Organisation des Aufsichtsrats, insbes. in Ziff. 3.6, 5.1.3–5.3.3 und 5.6.
651
2. Geschäftsordnung Die gesetzlichen Bestimmungen lassen erheblichen Raum für ergänzende, teils auch für abweichende Regelungen über die Organisation der Aufsichtsratstätigkeit. Dazu ist zunächst die Satzung befugt. Satzungsregelungen in Geschäftsordnungsfragen binden den Aufsichtsrat2. Das gilt auch für Gesellschaften, die dem MitbestG unterliegen. Das MitbestG schränkt die Kompetenz der Satzung zur Regelung von Geschäftsordnungsfragen nicht ein3. Es können aber nicht alle Fragen durch die Satzung geregelt werden, über einige Punkte, z.B. die Aufgabendelegation auf Ausschüsse, kann nur der Aufsichtsrat selbst entscheiden; vgl. dazu jeweils die Ausführungen zu den betreffenden Fragenkreisen.
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Soweit nicht schon die Satzung Regelungen getroffen hat, kann der Aufsichtsrat sich selbst eine Geschäftsordnung geben und darin – soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften entgegenstehen – seine Organisation regeln4. Ziff. 5.1.3 des Kodex empfiehlt dies dem Aufsichtsrat. Für Aufsichtsratsbeschlüsse über Erlass, Änderung und Aufhebung einer Ge-
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1 2 3 4
Hommelhoff, BFuP 1977, 507, 508. BGH v. 5.6.1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 328 = AG 1975, 219. Vgl. BGH v. 25.2.1982 – II ZR 123/81, BGHZ 83, 106, 119 = AG 1982, 218. Vgl. dazu die Muster bei Hoffmann-Becking, Beck’sches Formularbuch, Formulare X.17 und 18; Hölters/Favoccia, Münchener Vertragshandbuch, Band 1, Formular V.52 und 53; Happ, Aktienrecht, Formulare 9.01 und 9.02.
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§ 11
Die Organisation des Aufsichtsrats
schäftsordnung gelten die allgemeinen Regeln der Beschlussfassung (vgl. unten Rn. 714 ff.). Es genügt daher im Regelfall die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Die Satzung kann, soweit die Gesellschaft nicht dem MitbestG unterliegt, eine qualifizierte Mehrheit vorschreiben (siehe auch unten Rn. 734)1; der Aufsichtsrat selbst kann ein höheres Mehrheitserfordernis hingegen nicht einführen2. In mitbestimmten Gesellschaften ist der Einsatz der Zweitstimme des Vorsitzenden (§ 29 Abs. 2 MitbestG) zulässig3. Die Geschäftsordnung gilt so lange fort, bis sie vom Aufsichtsrat geändert oder aufgehoben wird. Mitgliederwechsel im Aufsichtsrat berühren die Geschäftsordnung nicht4. Der Aufsichtsrat kann sich über die von ihm selbst erlassene Geschäftsordnung im Einzelfall hinwegsetzen, ohne die Geschäftsordnung als solche zu ändern5. Verstöße gegen Geschäftsordnungsbestimmungen der Satzung können hingegen zur Nichtigkeit des Aufsichtsratsbeschlusses führen6. 3. Selbstorganisationspflicht; Effizienzprüfung 654
Im Rahmen der gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorgaben ist der Aufsichtsrat nicht nur zur näheren Regelung seiner Organisation berechtigt. Er ist dazu auch verpflichtet, soweit organisatorische Maßnahmen zur sachgerechten Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind7. Das Gesetz geht davon aus, dass die Aufgaben des Aufsichtsrats von allen Mitgliedern gemeinsam erledigt werden, es räumt aber die Möglichkeit ein, innerhalb des Aufsichtsrats spezielle Aufgabenträger zu errichten. In größeren Aufsichtsräten lässt sich die Fülle der Aufgaben in aller Regel nur arbeitsteilig bewältigen, indem 1 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 4. 2 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 185; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 4. 3 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 14; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 46; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 4. 4 OLG Hamburg v. 23.7.1982 – 11 U 179/80, WM 1982, 1090, 1092 = AG 1983, 21; Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 24; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 184; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 14; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 5; abweichend Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 15; Säcker, DB 1977, 2031, 2036, die die Fortgeltung der alten Geschäftsordnung bei einem neu gewählten Aufsichtsrat nur akzeptieren wollen, wenn der neue Aufsichtsrat auf der Grundlage der alten Geschäftsordnung seine Tätigkeit aufnimmt, ohne dass der Antrag gestellt wird, die Geschäftsordnung zu ändern oder aufzuheben. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 24; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 190; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 4. 6 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 189; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 166; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 16; einschränkend Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 15. Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Nichtigkeit von Aufsichtsratsbeschlüssen vgl. unten Rn. 737 ff. 7 Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 10; Hommelhoff/Mattheus, AG 1998, 249, 254.
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Allgemeines
§ 11
einzelne Aufsichtsratsmitglieder je nach ihren Kenntnissen und Fähigkeiten Teilaufgaben für das Gesamtorgan übernehmen. Dies hat der Gesamtaufsichtsrat zu organisieren: Kein Aufsichtsratsmitglied ist zur Erledigung sämtlicher Angelegenheiten des Aufsichtsrats verpflichtet, jedes Mitglied ist aber verpflichtet, für die sachgerechte Erledigung sämtlicher Angelegenheiten Sorge zu tragen. Dazu gehört die Verteilung der Aufgaben auf Ausschüsse und einzelne Aufsichtsratsmitglieder, die Koordination dieser Ressorttätigkeiten und vor allem ihre Überwachung und die Einrichtung eines funktionsfähigen Informations- und Kontrollsystems innerhalb des Gesamtaufsichtsrats und zwischen ihm und seinen Untereinheiten1. Ziff. 5.6 des Kodex empfiehlt dem Aufsichtsrat, regelmäßig die Effizienz seiner Tätigkeit zu überprüfen. Es handelt sich dabei um eine echte Empfehlung, auch wenn der Kodex die Durchführung der Effizienzprüfung inhaltlich nicht weiter vorgibt2. Dabei geht es in erster Linie um Organisation und Verfahrensabläufe3, daneben wird aber auch die inhaltliche Seite der Aufsichtsratsarbeit einzubeziehen sein4. Gegenstand der Kodex-Empfehlung ist die Evaluation der Tätigkeit des Gesamtorgans, nichts steht aber entgegen, und im Einzelfall kann es auch zweckmäßig sein, sie auf die Tätigkeit von Ausschüssen oder einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern zu erstrecken5. Die Effizienzprüfung ist Sache des Plenums und dort einmal jährlich zu erörtern, wobei die Vorbereitung in den Händen eines Ausschusses oder des Aufsichtsratsvorsitzenden liegen kann6. Auch die Hinzuziehung externer Berater ist möglich7. In der Praxis geht der Erörterung zumeist eine Befragung der Aufsichtsratsmitglieder in Form von Fragebögen voraus8. Genauere Vorgaben zur Selbstevaluation finden sich in den Empfehlungen der EU-Kommission zu den Aufgaben für nichtgeschäftsführende Direktoren/Aufsichtsratsmitglieder börsennotierter Gesellschaften9. 1 Zum Ganzen ausführlich Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 298 ff. m.w.N.; E. Vetter in Liber amicorum Winter, 2011, S. 701, 703 ff.; v. Schenck in Semler/ v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 1 Rn. 41 ff. 2 v. Werder in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. DCGK, Rn. 1132; Wilsing in Wilsing, Komm. DCGK, Ziff. 5.6 Rn. 1; a.A. Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 8 („wohl eher als Anregung zu verstehen“). 3 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 2a; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 832. 4 Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 107; v. Werder in Ringleb/ Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. DCGK, Rn. 1133; Wilsing in Wilsing, Komm. DCGK, Ziff. 5.6 Rn. 2. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 2a; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG § 107 Rn. 8; v. Werder in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. DCGK, Rn. 1135. 6 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 2a; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 832; v. Werder in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. DCGK, Rn. 1134; Wilsing in Wilsing, Komm. DCGK, Ziff. 5.6 Rn. 4; Seibt, DB 2003, 2107, 2110. 7 Wilsing in Wilsing, Komm. DCGK, Ziff. 5.6 Rn. 4. 8 Näher zum Evaluationsverfahren insbesondere v. Werder in Ringleb/Kremer/ Lutter/v. Werder, Komm. DCGK, Rn. 1135 ff.; Wilsing in Wilsing, Komm. DCGK, Ziff. 5.6 Rn. 3 ff.; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 832 ff.; Seibt, DB 2003, 2107, 2111. 9 ABl. EU Nr. L 52 vom 15.2.2005, S. 51 ff.; dazu eingehend Spindler, ZIP 2005, 2033 ff.; Maul, BB-Special 9/2005, S. 2 ff.
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§ 11
Die Organisation des Aufsichtsrats
4. Finanzierung des Aufsichtsrats 656
Der Aufsichtsrat hat als Annex zu seinen allgemeinen Aufgaben die Befugnis, im Namen der Gesellschaft Geschäfte abzuschließen, die zur Erfüllung der Aufgaben des Aufsichtsrats erforderlich sind (sog. Hilfsgeschäfte)1. Dazu gehört etwa die Hinzuziehung von Sachverständigen zu einer Sitzung (§ 109 Abs. 1 Satz 2 AktG), die Beauftragung von Sachverständigen nach § 111 Abs. 2 Satz 2 AktG, aber zum Beispiel auch – soweit erforderlich – die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zu anderen Fragen, für welche die Kenntnisse und Erfahrung der Mitglieder nicht genügen (dazu näher unten Rn. 1009 ff.), die Beauftragung von Prozessbevollmächtigten in Rechtsstreitigkeiten zwischen der Gesellschaft und dem Vorstand, die Zusage von Auslagenersatz an einen Vorstandsbewerber usw. Eine entsprechende Vertretungsmacht für Hilfsgeschäfte haben auch Aufsichtsratsausschüsse und der Aufsichtsratsvorsitzende im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgaben (vgl. dazu unten Rn. 682, 1011).
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Ob der Aufsichtsrat auch über solche Einzelfälle hinaus berechtigt ist, sich durch Rechtsgeschäfte im Namen der Gesellschaft die für seine Tätigkeit gewünschten sächlichen und persönlichen Hilfsmittel zu beschaffen (z.B. Einstellung einer Hilfskraft, Einrichtung eines Aufsichtsratssekretariats usw.) ist umstritten2. Nach herkömmlicher Auffassung bedarf es insoweit der Mitwirkung des Vorstands. Es liegt allerdings auf der Hand, dass der Aufsichtsrat seinen immer anspruchsvoller werdenden Aufgaben nicht gerecht werden kann, ohne dass ihm dafür angemessene Hilfsmittel zur Verfügung stehen, und es würde seiner Aufgabe und der dafür erforderlichen Unabhängigkeit auch nicht gerecht, ihn dabei zwingend an die Mitwirkung des Vorstands zu binden. Um dem Aufsichtsrat insoweit größere Flexibilität einzuräumen, wird der Vorschlag gemacht, ihm durch Satzung oder Hauptversammlungsbeschluss auf der Basis von § 113 AktG ein Budget zu bewilligen, über das er nach eigenem Ermessen verfügen kann3. Dagegen spricht allerdings, dass es hier nicht um die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder geht, sondern um die für seine Aufgabenerledigung angemessene Ausstattung des Aufsichtsrats, für die die Hauptversammlung weder zuständig ist, noch in Anbetracht der Eigenverantwortlichkeit des Aufsichtsrats zuständig sein sollte4. Weitergehen1 Vgl. dazu Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 112 Rn. 24 ff.; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 112 Rn. 3; Habersack, MünchKomm. AktG, § 112 Rn. 4; Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 164 ff.; Werner, ZGR 1989, 369, 383 f. 2 Für die Zulässigkeit etwa Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 134; Hasselbach, Der Aufsichtsrat 2012, 36, 37 f.; im Grundsatz auch Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 112 Rn. 63; a.A. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 112 Rn. 127; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 112 Rn. 3; Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 184. 3 Theisen, Der Aufsichtsrat 2011, 1; Theisen, BFuP 2012, 349, 356 ff. 4 Zur Frage eines Budgets für Fortbildungsmaßnahmen der Aufsichtsratsmitglieder ebenso: Leyendecker-Langner/Huthmacher, NZG 2012, 1415, 1418; allgemein zu Fortbildungskosten unten Rn. 846.
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Allgemeines
§ 11
de Vorschläge zielen darauf ab, dem Aufsichtsrat selbst das Recht zur Aufstellung eines Budgets und eine interne Zahlungsanweisungskompetenz für die Kosten seiner Tätigkeit einzuräumen1. Tatsächlich bedarf es keiner Rechtsfortbildung, um dem Aufsichtsrat das Recht zuzubilligen, nach eigenem Ermessen und ohne Mitwirkung des Vorstands über Ausgaben im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit zu entscheiden und die Gesellschaft dabei zu vertreten. Denn es steht außer Frage, dass die Mitglieder des Aufsichtsrats entsprechend § 670 BGB Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen haben, die sie den Umständen nach für erforderlich halten dürfen (vgl. auch unten Rn. 845 ff.)2. Darüber entscheidet zwar, wenn es um Auslagen des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds geht, im ersten Zugriff der Vorstand (arg. § 93 Abs. 3 Nr. 7 AktG)3. Aber es ist schon heute anerkannt, dass im Streit über Grund oder Höhe des Ersatzanspruchs die Entscheidungszuständigkeit nicht beim Vorstand, sondern beim Aufsichtsrat liegt und die Gesellschaft durch den Aufsichtsrat vertreten wird4. Dann kann für Aufwendungen, die nicht das einzelne Aufsichtsratsmitglied, sondern der Aufsichtsrat als Organ veranlasst, von vornherein nichts anderes gelten, sondern der Aufsichtsrat muss das Recht haben, eigenverantwortlich und ohne Mitwirkung des Vorstands die Aufwendungen zu veranlassen, die er den Umständen nach für erforderlich hält. Seine Befugnis, die Gesellschaft bei der Veranlassung solcher Aufwendungen zu vertreten, leitet sich dann unschwer aus seiner Vertretungsbefugnis für Hilfsgeschäfte ab5.
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Die Frage, welche Aufwendungen der Aufsichtsrat als zur sachgerechten Erledigung seiner Aufgaben erforderlich ansieht, hat er mit der ihm obliegenden Sorgfalt zu entscheiden; dabei ist ihm, wie auch sonst bei der Erledigung seiner Aufgaben, ein angemessener Beurteilungsspielraum zuzubilligen (§§ 116, 93 Abs. 1 Satz 2 AktG). Was an Ausstattung sachgerecht ist, hängt von den Verhältnissen der Gesellschaft ab. Selbstverständlich benötigt der Aufsichtsrat Sekretariatsunterstützung für seine Tätigkeit, um die Einladungen zu schreiben und zu verschicken, Sitzungsräume zu organisieren usw. Daneben können viele weitere Unterstützungsleistungen für den Aufsichtsrat nötig werden, wie die Vorbereitung des schriftlichen und mündlichen Berichts an die Hauptversammlung, die Ausarbeitung von Analysen, Präsentationen und Übersetzungen, die Vorbereitung und Auswertung der Effizienzprüfung des Aufsichtsrats, die Protokollie-
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1 So Knoll/Zachert, AG 2011, 309, 311 ff.; ablehnend Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 112 Rn. 26; Hüffer, Komm. AktG, § 111 Rn. 12. 2 Vgl. statt aller Hüffer, Komm. AktG, § 113 Rn. 2b; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 113 Rn. 28 ff. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 113 Rn. 2b; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 113 Rn. 26. 4 Hüffer, Komm. AktG, § 113 Rn. 2b; Habersack, MünchKomm. AktG, § 113 Rn. 26; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 113 Rn. 26; a.A. Fonk, NZG 2009, 761, 765. 5 Ebenso Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 113 Rn. 26; Hasselbach, Der Aufsichtsrat 2012, 36, 37 f.
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§ 11
Die Organisation des Aufsichtsrats
rung seiner Sitzungen usw.1. In kleineren und mittleren Gesellschaften wird dies vielfach im Geschäftsbereich des Vorstandsvorsitzenden oder des Chefsyndikus erledigt, größere Gesellschaften richten in aller Regel ein eigenes Aufsichtsratsbüro ein2. Neben solchen Unterstützungsleistungen kann bei großen Gesellschaften auch die Bereitstellung eigener Büro- und Besprechungsräume für den Aufsichtsratsvorsitzenden angemessen sein. Ebenso ist es vertretbar, dass der Aufsichtsratsvorsitzende für seine dienstlichen Aufgaben auf die Fahrbereitschaft des Unternehmens zurückgreifen kann oder in ganz großen Gesellschaften sogar einen eigenen Dienstwagen mit Fahrer erhält (strikt beschränkt auf eine dienstliche Nutzung, eine Privatnutzung wäre Vergütung und daher hauptversammlungspflichtig, § 113 Abs. 1 AktG). All das entscheidet der Aufsichtsrat nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen, ohne an die Zustimmung des Vorstands gebunden zu sein. Im Allgemeinen wird es sachgerecht sein, hierfür auf die vorhandenen Ressourcen der Gesellschaft (Mitarbeiter, Räumlichkeiten, Sachausstattungen) zuzugreifen. Insoweit führt dann an der Mitwirkung des Vorstands kein Weg vorbei, den Vorstand trifft aber eine Kooperationspflicht. Wenn die Gesellschaft nicht in der Lage ist, die gewünschten Hilfsmittel aus eigenen Beständen zur Verfügung zu stellen, oder wenn es der Aufsichtsrat aus besonderen Gründen als nicht zweckmäßig ansieht, auf die Einrichtungen und das Personal der Gesellschaft zurückzugreifen, darf er sich die gewünschten Hilfsmittel unmittelbar extern beschaffen und die Gesellschaft dabei vertreten. Der Vorstand hat dann dafür zu sorgen, dass die so begründeten Zahlungsverpflichtungen von der Gesellschaft erfüllt werden. Eine eigene Kompetenz, die Zweckmäßigkeit der Aufwendungen zu prüfen, steht dem Vorstand nicht bzw. nur dann und insoweit zu, wie es um die Frage geht, ob der Aufsichtsrat mit den veranlassten Aufwendungen seine Sorgfaltspflicht aus § 116 AktG überschritten hat.
II. Der Vorsitz im Aufsichtsrat 1. Bestellung des Vorsitzenden und des Stellvertreters a) Rechtslage nach dem Aktiengesetz 660
Der Aufsichtsrat ist verpflichtet, aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und mindestens einen Stellvertreter zu wählen. Wahlberechtigt ist allein der Aufsichtsrat in seiner Gesamtheit. Abweichende Satzungsregelungen (z.B. Wahl durch die Hauptversammlung) sind nicht möglich3. Auch eine Übertragung der Wahl auf einen Aufsichtsratsausschuss schließt das Gesetz aus (§ 107 Abs. 3 Satz 3 AktG). Selbst wenn der Aufsichtsrat die 1 Auch hierzu näher Henning in Orth/Ruter/Schichold, Der unabhängige Finanzexperte im Aufsichtsrat, 2013, S. 157, 166 ff. 2 Näher zu Funktion und Aufgaben des Aufsichtsratsbüros Henning in Orth/Ruter/ Schichold, Der unabhängige Finanzexperte im Aufsichtsrat, 2013, S. 157, 164 ff. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 3; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 8.
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Der Vorsitz im Aufsichtsrat
§ 11
Wahl pflichtwidrig unterlässt, kann nicht an seiner Stelle die Hauptversammlung die Wahl vornehmen1; in einem solchen Fall kann jedoch analog § 104 Abs. 2 AktG eine gerichtliche Ersatzbestellung erfolgen2. Das Gesetz schreibt die Wahl mindestens eines Stellvertreters vor. Der Aufsichtsrat kann nach eigenem Ermessen mehrere Stellvertreter wählen. In der Satzung kann die Zahl der Stellvertreter bis auf einen begrenzt3 oder umgekehrt die Wahl mehrerer Stellvertreter vorgeschrieben werden.
661
Wählbar sind nur Aufsichtsratsmitglieder. Die Wahl zum Vorsitzenden oder Stellvertreter kann aber unter der aufschiebenden Bedingung der Bestellung zum Aufsichtsratsmitglied schon vorher erfolgen4; die Praxis macht von dieser Möglichkeit immer wieder einmal Gebrauch. Weitergehende Beschränkungen des passiven Wahlrechts als die Zugehörigkeit zum Aufsichtsrat bestehen nicht und können auch von der Satzung nicht vorgeschrieben werden5. Die Satzung kann also z.B. die Wählbarkeit nicht von der Zugehörigkeit zur Gruppe der Anteilseigner- oder Arbeitnehmervertreter, von der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Familienstamm, von einem Mindestalter, einem bestimmten Aktienbesitz u.Ä. abhängig machen. Ebenso wenig kann die Satzung die Auswahlfreiheit des Aufsichtsrats dadurch beschränken, dass sie die Wahl an die Zustimmung anderer Stellen (z.B. Hauptversammlung, Vorstand, einzelne Aktionäre usw.) bindet6; auch der Aufsichtsrat selbst ist nicht in der Lage, seine Wahl von der Zustimmung anderer Stellen abhängig zu machen.
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Ziff. 5.4.3 Satz 3 des Kodex empfiehlt, Kandidatenvorschläge für den Aufsichtsratsvorsitzenden den Aktionären bekannt zu geben. Diese Empfehlung gefährdet die Wahlfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder und das Beratungsgeheimnis und muss als verfehlt angesehen werden7. Darüber
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1 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 3b; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 8. 2 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 3b; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 23; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 25; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 21; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 8; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 4; a.A. Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 7 m.w.N. Zur Wahrnehmung der Aufgaben und Funktionen bei Fehlen von Vorsitzendem und Stellvertreter, vgl. LG Mainz v. 19.12.1989 – 10 HO 65/89, GmbHR 1990, 513, 515 f. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 7; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 52; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 17. 4 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 9. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 3; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 9. 6 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 14; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 16. 7 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 12 („rechtswidrig und daher unbeachtlich“); Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 11; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 10; Hoffmann-Becking in FS Hüffer, 2011, S. 337, 350 f.; a.A. Kremer in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. DCGK, Rn. 1041 mit dem Argument, die Empfehlung greife nur ein, „wenn Neuwahlen
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§ 11
Die Organisation des Aufsichtsrats
hinaus enthält Ziff. 5.4.4 des Kodex die Empfehlung, dass in Fällen, in denen Vorstandsmitglieder vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Ende ihrer Bestellung auf Vorschlag von Aktionären mit mindestens 25 % der Stimmrechte in den Aufsichtsrat wechseln (§ 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AktG), der Wechsel in den Aufsichtsratsvorsitz eine der Hauptversammlung zu begründende Ausnahme sein soll. Auch diese Empfehlung ist zu kritisieren. Wenn Aktionäre sich entscheiden, ein Vorstandsmitglied schon vor Ablauf der Karenzfrist ausnahmsweise in den Aufsichtsrat zu wählen, stellt sich die Empfehlung, dass dann die Wahl in den Vorsitz aber eine „noch größere Ausnahme“ sein müsse, in unangemessener Weise dem Vertrauensvotum der Aktionäre entgegen, und die vom Kodex zusätzlich empfohlene Begründung begegnet den gleichen Vorbehalten wie die Empfehlung zur Bekanntgabe von Kandidatenvorschlägen für den Aufsichtsratsvorsitz1. 664
Für das Wahlverfahren gelten, sofern die Satzung keine anderen Vorschriften enthält, die allgemeinen Regelungen über Beschlussfassungen des Aufsichtsrats (vgl. näher unten Rn. 714 ff.). Normalerweise ist die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. Die Satzung kann eine relative Mehrheit für die Wahl genügen lassen2; umgekehrt kann sie wohl auch eine höhere als die einfache Stimmenmehrheit verlangen3. Die Mitglieder des Aufsichtsrats können ihre Stimme auch für ihre eigene Wahl abgeben; auch daran kann die Satzung nichts ändern4. Geheime Wahl ist zulässig5, kann aber nicht durch die Satzung vorgeschrieben werden6. Zur Einberufung und Leitung der Sitzung, in der der Vorsitzende gewählt wird, vgl. unten Rn. 692 und 705.
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6
zum Aufsichtsrat durch die Hauptversammlung anstehen und sich der Aufsichtsrat auf einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden festgelegt“ habe; positiv auch Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 469. Auch insoweit mit Recht kritisch Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 12; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 11; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 11. Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 3; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 15; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 9. Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 3; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 22; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 9; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 107 Rn. 10; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 32; einschränkend Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 20; ganz ablehnend Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 14. Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 3; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 14; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 9. Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 22; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 38; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 107 Rn. 10; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 12; zweifelnd Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 19. Zweifelnd auch Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 12; wohl auch Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 38; a.A. Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 22.
282
Der Vorsitz im Aufsichtsrat
§ 11
Der Vorsitzende und seine Stellvertreter sind vom Vorstand zum Handelsregister anzumelden (§ 107 Abs. 1 Satz 2 AktG). Die Anmeldung braucht nicht in notariell beglaubigter Form zu erfolgen. Sie hat nur den Charakter einer Mitteilung an das Registergericht. Eine Eintragung oder Veröffentlichung erfolgt nicht. Gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 AktG ist der Vorsitzende, nicht jedoch sein Stellvertreter, überdies auf allen Geschäftsbriefen mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen anzugeben.
665
Sofern nicht etwas anderes bestimmt ist, endet die Amtszeit als Vorsitzender oder Stellvertreter mit der Amtszeit, für die der Betreffende zum Aufsichtsratsmitglied gewählt wurde1. Erfolgt eine Wiederwahl zum Aufsichtsratsmitglied, verlängert sich damit nicht automatisch auch die Amtszeit als Vorsitzender bzw. Stellvertreter2. Satzung, Geschäftsordnung oder der Wahlbeschluss können abweichende Bestimmungen treffen. Dort kann vorgesehen werden, dass die Amtszeit als Vorsitzender bzw. als Stellvertreter im Falle einer Wiederwahl zum Aufsichtsratsmitglied auch über die laufende Amtsperiode hinaus andauert3; umgekehrt kann auch eine kürzere Amtszeit bestimmt werden (z.B. einjährige Amtsdauer)4. Das Amt als Vorsitzender bzw. als Stellvertreter endet in jedem Fall mit dem Ausscheiden des Betreffenden aus dem Aufsichtsrat; abweichende Regelungen sind weder durch die Satzung noch durch den Aufsichtsrat selbst möglich5. Die Amtszeiten des Vorsitzenden und des Stellvertreters müssen sich nicht decken, sondern können auch, sofern nicht die Satzung etwas anderes vorschreibt, unterschiedlich festgelegt werden6.
666
Der Aufsichtsrat kann die Wahl zum Vorsitzenden bzw. Stellvertreter durch Beschluss jederzeit widerrufen. Die Satzung oder die Geschäftsordnung können aber bestimmen, dass eine Abberufung nur aus wichtigem Grund möglich ist7. Für die Abberufung ist – sofern nicht die Satzung oder die Geschäftsordnung etwas anderes regeln – dieselbe Mehrheit erforderlich wie für die Wahl8, normalerweise also die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Ein Widerruf aus wichtigem Grund kann
667
1 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 4; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 31; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 15. 2 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 4; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 31; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 30. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 4; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 29; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 15. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 29; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 29; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 48. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 4; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 29; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 15. 6 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 30; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 29; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 18. 7 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 36; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 33; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 16. 8 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 4; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 33; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 16.
283
§ 11
Die Organisation des Aufsichtsrats
nicht durch Satzungs- oder Geschäftsordnungsregelungen erschwert werden und ist daher stets mit einfacher Stimmenmehrheit möglich1. Der Vorsitzende bzw. der Stellvertreter ist bei der Abstimmung über seine Abberufung stimmberechtigt, wenn die Abberufung nicht aus wichtigem Grund erfolgen soll; bei einer Abberufung aus wichtigem Grund ist er vom Stimmrecht ausgeschlossen2. 668
Die Niederlegung des Amtes als Vorsitzender bzw. Stellvertreter ist grundsätzlich jederzeit möglich, genauso wie die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat jederzeit niedergelegt werden kann (vgl. oben Rn. 35). Allerdings darf die Amtsniederlegung nicht zur Unzeit erfolgen; sie ist zwar auch dann wirksam, jedoch pflichtwidrig3. Ist die Niederlegung des Amtes als Aufsichtsratsmitglied durch die Satzung an bestimmte Formen und Fristen oder das Vorliegen eines wichtigen Grundes geknüpft, wird dies entsprechend auch für die Niederlegung des Vorsitzenden- bzw. Stellvertreteramtes gelten müssen4. Andernfalls erfolgt die Amtsniederlegung durch formlose Erklärung gegenüber dem Aufsichtsrat5, wobei jedenfalls Zugang beim Stellvertreter genügt6, aber auch eine Erklärung gegenüber einem der anderen Aufsichtsratsmitglieder ausreichen dürfte. Eine Niederlegungserklärung gegenüber dem Vorstand reicht nicht7; man wird aber annehmen können, dass eine solche Erklärung vom Vorstand an den Aufsichtsrat weiterzuleiten ist und dann mit Zugang beim Aufsichtsrat wirksam wird8. b) Besonderheiten nach dem MitbestG
669
In mitbestimmten Gesellschaften gelten gemäß § 27 MitbestG teilweise Sonderregelungen. Diese Sonderregelungen sind zwingend; weder Satzung noch Aufsichtsrat können davon also abweichen:
670
Gemäß § 27 Abs. 1 MitbestG bedarf die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters im ersten Wahlgang der Mehrheit von 2/3 der Stimmen der nach dem Gesetz erforderlichen Aufsichtsratsmitglieder (Sollstärke). Die Abstimmung über die Wahl des Vorsitzenden und des 1 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 4; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 33; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 16. 2 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 4; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 34; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 107 Rn. 17. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 37; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 34; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 16. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 37; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 51; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 16. 5 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 37; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 16. 6 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 37; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 51; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 16. 7 Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 51; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 34; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 16. 8 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 37; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 38; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 107 Rn. 17; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 16.
284
Der Vorsitz im Aufsichtsrat
§ 11
Stellvertreters kann gleichzeitig vorgenommen werden. Es ist aber auch eine getrennte Abstimmung möglich1. Kommt die Wahl auch nur einer der beiden Positionen mit der im ersten Wahlgang erforderlichen 2/3-Mehrheit nicht zustande, so ist in einem zweiten Wahlgang erneut abzustimmen. Dabei wählen die Anteilseignervertreter den Vorsitzenden, die Arbeitnehmervertreter den Stellvertreter; es genügt jeweils die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen in den Wählergruppen (§ 27 Abs. 2 MitbestG). Der zweite Wahlgang soll alsbald nach dem ersten erfolgen; der Aufsichtsrat kann aber mit Zustimmung aller Teilnehmer des ersten Wahlgangs beschließen, den ersten Wahlgang noch einmal zu wiederholen2. Die Abstimmungen der beiden Gruppen im zweiten Wahlgang können in einer Plenarsitzung des Aufsichtsrats, ebenso gut aber in getrennten Sitzungen vorgenommen werden3. Beschlussfähig sind die beiden Gruppen entsprechend § 28 MitbestG, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder, aus denen sie zu bestehen haben (Sollstärke), an der Beschlussfassung teilnehmen4.
671
In beiden Wahlgängen ist jedes Aufsichtsratsmitglied an sich unabhängig 672 von seiner Gruppenzugehörigkeit wählbar5, jedoch geht das Gesetz von einem Anteilseignervertreter als Vorsitzendem und einem Arbeitnehmervertreter als seinem Stellvertreter aus; hiervon abzuweichen (etwa bei Gesellschaften unter Einfluss der öffentlichen Hand), kann treuwidrig gegenüber den Interessen der anderen Beteiligten sein. Auch in Gesellschaften unter dem MitbestG ist die Wahl weiterer Stellvertreter zulässig6. Die Satzung kann auch hier die Wahl weiterer Stellvertreter anordnen, sie kann aber nicht die Auswahlfreiheit des Aufsichtsrats beschränken. Namentlich kann nicht durch die Satzung vorgeschrieben werden, dass die beiden Stellvertreter der einen oder anderen Gruppe von Aufsichtsratsmitgliedern zugehören müssten7. Für die Wahl weiterer Stellvertreter gilt nicht das Wahlverfahren nach § 27 MitbestG. Vielmehr finden die allgemeinen Regeln über die Beschlussfassung im 1 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 6; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 27 MitbestG Rn. 12; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 28. 2 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 6; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 27 MitbestG Rn. 12; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 28. 3 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 8; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 27 MitbestG Rn. 13; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 29. 4 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 8; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 27 MitbestG Rn. 13; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 29. 5 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 28 MitbestG Rn. 7; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 27 MitbestG Rn. 13; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 29. 6 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 123/81, BGHZ 83, 106 = AG 1982, 218 (Siemens). 7 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 123/81, BGHZ 83, 106, 116 = AG 1982, 218 (Siemens).
285
673
§ 11
Die Organisation des Aufsichtsrats
Aufsichtsrat nach § 29 MitbestG Anwendung1; der Aufsichtsrat beschließt also mit einfacher Stimmenmehrheit, notfalls mit Einsatz der Zweitstimme des Vorsitzenden (vgl. näher unten Rn. 734). 674
Wie unter dem AktG (vgl. oben Rn. 660) ist auch für Gesellschaften unter dem MitbestG eine gerichtliche Notbestellung des Aufsichtsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters analog § 104 AktG zulässig, wenn der Aufsichtsrat seiner Bestellungspflicht nicht nachkommt2.
675
Für die Amtszeit gilt das Gleiche wie unter dem AktG (vgl. oben Rn. 666). Satzung oder Aufsichtsrat können Bestimmungen über die Amtszeit treffen; allerdings müssen sich – anders als unter dem AktG – die Amtszeiten des Vorsitzenden und seines Stellvertreters decken3. Haben die Satzung oder der Aufsichtsrat keine besonderen Regelungen über die Amtszeit getroffen, sind der Vorsitzende und sein Stellvertreter für die Dauer ihrer laufenden Amtsperiode als Aufsichtsratsmitglied gewählt4.
676
Die Wahl zum Vorsitzenden und zum Stellvertreter ist auch in mitbestimmten Gesellschaften jederzeit widerruflich. Wurde der Betreffende im ersten Wahlgang nach § 27 Abs. 1 MitbestG gewählt, bedarf es zur Abberufung ebenfalls der Mehrheit von zwei Dritteln der Sollstärke des Aufsichtsrats5. Wurde der Betreffende im zweiten Wahlgang nach § 27 Abs. 2 MitbestG gewählt, ist seine Abberufung mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen derjenigen Gruppe möglich, von der er gewählt wurde; hingegen genügt nicht eine 2/3-Mehrheit des gesamten Aufsichts-
1 OLG Hamburg v. 23.7.1982 – 11 U 179/80, AG 1983, 21, 22; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 19; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 25 MitbestG Rn. 7; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 31; a.A. Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 27 MitbestG Rn. 15. 2 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 4; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 27 MitbestG Rn. 8; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 27 MitbestG Rn. 5; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 30; a.A. Koberski in Wlotzke/Wißmann/ Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 7; Naendrup, GK-MitbestG, § 27 Rn. 22. 3 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 10; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 27 MitbestG Rn. 16; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 32. 4 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 10; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 27 MitbestG Rn. 16; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 32. 5 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 13; Raiser/Veil, Komm. MitbestG, § 27 Rn. 17; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 18; Oetker, Großkomm. AktG, § 27 MitbestG Rn. 13 f. m.w.N.; HoffmannBecking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 34; a.A., einfache Mehrheit: Hoffmann/ Lehmann/Weinmann, Komm. MitbestG, § 27 Rn. 23 f.; Döring/Grau, NZG 2010, 1328, 1329 ff.; Säcker, BB 2008, 2252, 2254; Meyer-Landrut, DB 1978, 443; Hönig, DB 1979, 745; 1/3-Minderheit: Reuter, AcP 179 (1979), 509, 531 f.
286
Der Vorsitz im Aufsichtsrat
§ 11
rats1. Satzungsregelungen, die die Abberufung gegenüber diesen Grundsätzen erleichtern (z.B. Abberufung schon mit einfacher Mehrheit des Gesamtaufsichtsrats), sind unzulässig2. Bestimmungen, die die Abberufung erschweren, wird man für zulässig halten können3, allerdings nur für die Abberufung ohne wichtigen Grund (vgl. oben Rn. 667). Werden der Vorsitzende oder sein Stellvertreter abberufen oder legen sie ihr Amt nieder, hat dies auf das Amt des jeweils anderen keine Auswirkungen4. Abweichende Satzungsregelungen dürften unzulässig sein5. Für die vakant gewordene Position ist unverzüglich eine Nachwahl durchzuführen, für welche ebenfalls die Wahlvorschriften des § 27 Abs. 1 und 2 MitbestG Anwendung finden6. Ersatzvorsitzende bzw. -stellvertreter, die automatisch nachrücken, können nicht bestellt werden7. 1 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 13a; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 18; Oetker, Großkomm. AktG, § 27 MitbestG Rn. 15; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 34; Döring/ Grau, NZG 2010, 1328, 1330; a.A. Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 27 MitbestG Rn. 18; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 27 MitbestG Rn. 9; Gach, MünchKomm. AktG, § 27 MitbestG Rn. 16; Hoffmann/Lehmann/Weinmann, Komm. MitbestG, § 27 Rn. 24; Paefgen, Aufsichtsratsverfassung, S. 279 f., die auch eine Abberufung mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Sollstärke des gesamten Aufsichtsrats zulassen wollen. 2 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 13; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 27 MitbestG Rn. 20; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 18; Oetker, Großkomm. AktG, § 27 MitbestG Rn. 13; a.A. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 27 MitbestG Rn. 9. 3 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 13; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 27 MitbestG Rn. 20; Paefgen, Aufsichtsratsverfassung, S. 286; Reuter, AcP 179 (1979), 509, 532; a.A. Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 18; Hoffmann/Lehmann/Weinmann, Komm. MitbestG, § 27 Rn. 25. 4 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 12; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 27 MitbestG Rn. 19; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 33. 5 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 27 MitbestG Rn. 8; Paefgen, Aufsichtsratsverfassung, S. 271; a.A. Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 27 MitbestG Rn. 25; Hoffmann/Lehmann/Weinmann, Komm. MitbestG, § 27 Rn. 26; Philipp, ZGR 1978, 60, 68 f. 6 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 11; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 27 MitbestG Rn. 21 ff.; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 33; a.A. Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 17: sei der Ausgeschiedene nach § 27 MitbestG gewählt worden, finde auch die Nachwahl sogleich nach Abs. 2 statt. 7 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 11; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 27 MitbestG Rn. 21; Oetker, Großkomm. AktG, § 27 MitbestG Rn. 17; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 33; a.A. Hoffmann/Lehmann/Weinmann, Komm. MitbestG, § 27 Rn. 26; Philipp, ZGR 1978, 60, 74 f.
287
677
§ 11
Die Organisation des Aufsichtsrats
2. Aufgaben des Vorsitzenden und des Stellvertreters 678
Der Aufsichtsratsvorsitzende ist kein besonderes Organ der AG, sondern nur Mitglied des Aufsichtsrats, dem allerdings in einer Reihe gesetzlicher Einzelvorschriften besondere Aufgaben zugewiesen sind und dem kraft Gewohnheitsrecht all diejenigen Aufgaben obliegen, die dem Vorsitzenden eines Gremiums üblicherweise zustehen1. Seine Aufgaben gliedern sich in drei Funktionsbereiche2: die Koordination und Leitung des Aufsichtsratsverfahrens, die Repräsentation des Aufsichtsrats, insbesondere gegenüber Vorstand und Hauptversammlung, und die Vertretung der Gesellschaft bei Abgabe bestimmter Handelsregistererklärungen (vgl. z.B. §§ 184 Abs. 1, 188 Abs. 1, 195 Abs. 1, 207 Abs. 2, 223, 229 Abs. 3 und 237 Abs. 2 AktG). Zumeist wird ihm daneben durch die Satzung auch die Leitung der Hauptversammlung übertragen. Nach Ziff. 5.2 Abs. 1 des Kodex koordiniert der Aufsichtsratsvorsitzende die Arbeit im Aufsichtsrat, leitet dessen Sitzungen und nimmt die Belange des Aufsichtsrats nach außen wahr; nach Ziff. 5.2 Abs. 3 soll er zwischen den Sitzungen mit dem Vorstand, insbesondere dessen Vorsitzenden oder Sprecher, regelmäßig Kontakt halten.
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Die wesentlichen Aufgaben des Aufsichtsratsvorsitzenden betreffen die Verfahrensleitung und -koordination im Aufsichtsrat3. Er beruft die Sitzungen des Aufsichtsrats ein (§ 110 Abs. 1 AktG), bereitet sie vor und leitet sie, er hat die Ausschusstätigkeit zu koordinieren und anderes mehr (vgl. z.B. noch §§ 107 Abs. 2 Satz 1, 109 Abs. 2 AktG). Satzung oder Geschäftsordnung können in diesem Bereich der Verfahrensleitung die Rechtsstellung des Vorsitzenden ergänzend regeln, soweit damit nicht das zwingende Organisationsrecht der AG berührt wird4; vgl. dazu näher unten Rn. 689 ff. In mitbestimmten Gesellschaften ist der Vorsitzende der Inhaber des Zweitstimmrechts (§§ 29 Abs. 2, 31 Abs. 4 MitbestG) und kraft Amtes Mitglied des Vermittlungsausschusses nach § 27 Abs. 3 MitbestG.
680
Zur Repräsentation des Aufsichtsrats gehört die Informationsvermittlung zwischen dem Aufsichtsrat und anderen Organen der AG5, vor allem aber ist der Aufsichtsratsvorsitzende der allgemeine Ansprechpartner des Vor1 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 5; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 40; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 22; a.A. Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 27 ff. 2 So die Unterscheidung von Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 16 ff.; ähnlich Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 19; v. Schenck in Semler/ v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 4 Rn. 38; v. Schenck, AG 2010, 649, 650. 3 Umfassend Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 24 bis 135; aus empirischer Sicht Trögel, Möglichkeiten und Grenzen der Einflussnahme des Vorsitzenden im Aufsichtsrat, 2013, S. 49 ff. 4 Umfassend Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 321 bis 411. 5 Dazu oben Rn. 222, sowie umfassend Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 138 bis 163; v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 4 Rn. 41 ff.; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 83 ff.
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Der Vorsitz im Aufsichtsrat
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stands, der mit diesem in ständiger Fühlungnahme zu stehen hat1. Das betont auch Ziff. 5.2 Abs. 3 des Kodex, der in diesem Zusammenhang insbesondere die Beratung der Strategie, der Planung, der Geschäftsentwicklung, der Risikolage des Risikomanagements und der Compliance zwischen dem Aufsichtsratsvorsitzenden und dem Vorstand hervorhebt2. Der Aufsichtsratsvorsitzende empfängt darüber hinaus die Vorstandsberichte (§ 90 Abs. 1 Satz 3 AktG) und leitet sie weiter (§ 90 Abs. 5 Satz 3 AktG); vgl. dazu näher oben Rn. 222. In der Hauptversammlung hat der Aufsichtsratsvorsitzende den Bericht des Aufsichtsrats über die Prüfung des Jahresabschlusses und des Konzernabschlusses und seine Überwachungstätigkeit (vgl. oben Rn. 561 ff.) zu erläutern (§ 176 Abs. 1 Satz 2 AktG). Zur Ausübung des Besitzes an Unterlagen des Aufsichtsrats vgl. unten Rn. 713. Dem Aufsichtsratsvorsitzenden steht als Annexkompetenz das Recht zu, im Namen der Gesellschaft diejenigen Hilfsgeschäfte abzuschließen, die für eine ordnungsgemäße Durchführung seiner Aufgaben erforderlich sind. Er kann also z.B., soweit das erforderlich ist, Räume für die Sitzung anmieten, einem gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 AktG zuzuziehenden Sachverständigen Kostenerstattung zusagen3 oder im Namen der Gesellschaft Rechtsrat einholen, wenn er diesen im Rahmen seiner Aufgaben benötigt. Ob zu den zulässigen Hilfsgeschäften auch der Abschluss einer Honorarvereinbarung mit einem Sachverständigen zählt, ist umstritten; manche wollen dies erst nach vorangegangener Beschlussfassung des Aufsichtsrats4 oder unter dem Vorbehalt zulassen, dass der Aufsichtsrat der Hinzuziehung nicht widerspricht5. Richtigerweise entscheidet sich die Frage danach, ob es sich noch um ein Hilfsgeschäft zur Vorbereitung der Sitzung handelt oder nicht. Dient die Beauftragung des Sachverständigen einer angemessenen und üblichen Sitzungsvorbereitung, kann der Aufsichtsratsvorsitzende auch das Honorar vereinbaren, geht sie darüber hinaus, bedarf es der Zustimmung des Aufsichtsrats6.
1 Näher dazu Krieger, ZGR 1985, 338, 340 ff.; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 68 f.; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 39; v. Schenck, AG 2010, 649, 650, 652 f. 2 Vgl. dazu auch v. Schenck, AG 2010, 649, 652 f., 654 ff., der einerseits die Notwendigkeit eines solchen laufenden Austausches zwischen Vorstand und Aufsichtsratsvorsitzendem anerkannt, andererseits aber befürchtet, dass sich die Beteiligten damit „streng rechtlich gesehen häufig im Grenzbereich des Zulässigen“ bewegten, und der deshalb eine gesetzliche Regelung empfiehlt. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 53; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 116; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 107 Rn. 22; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 42. 4 So Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 182 ff. 5 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 53; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 58. 6 So wohl auch Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 43; HoffmannBecking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 23.
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Soweit darüber hinaus für die rechtsgeschäftliche (Aktiv-)Vertretung der Gesellschaft der Aufsichtsrat zuständig ist (Vertretung gegenüber dem Vorstand nach § 112 AktG; Zuziehung von Sachverständigen nach § 111 Abs. 2 Satz 2 AktG; sonstige Hilfsgeschäfte zur Durchführung der Aufsichtsratsaufgaben; vgl. oben Rn. 440 ff., 508 ff.), hat der Vorsitzende nach h.M. von Gesetzes wegen keine besonderen Befugnisse. Das ist zutreffend, soweit es um die Entscheidung über die Vornahme des Geschäfts geht. Hierfür ist der Gesamtaufsichtsrat zuständig; die Willensbildung kann (in den Grenzen von § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG) einem Ausschuss übertragen werden, nicht jedoch dem Vorsitzenden allein1. Ob der Vorsitzende kraft seines Amtes berechtigt ist, die vom Plenum oder dem zuständigen Ausschuss getroffene Entscheidung durch Abgabe der nötigen Willenserklärungen, Unterzeichnung der entsprechenden Verträge usw. zu vollziehen, ist umstritten. Nach h.M. ist er hierzu nicht kraft Amtes befugt, sondern muss besonders ermächtigt werden2; die Ermächtigung kann durch einen Aufsichtsratsbeschluss oder die Geschäftsordnung erteilt werden, sie kann aber auch in der Satzung enthalten sein3. Es wird allerdings verbreitet angenommen, dass bei Aufsichtsratsbeschlüssen, die durch Rechtsgeschäfte umgesetzt werden müssen, die Ermächtigung in dem Beschluss konkludent enthalten sei4. Überzeugender ist es, den Aufsichtsratsvorsitzenden kraft Amtes als befugt anzusehen, die Beschlüsse des Aufsichtsrats oder seiner Ausschüsse zu vollziehen5. Davon zu unterscheiden ist die Passivvertretung der Gesellschaft: Soweit die Gesellschaft durch den Aufsichtsrat vertreten wird, genügt für das Wirksamwerden einer Willenserklärung der Zugang bei einem Aufsichtsratsmitglied (§§ 112 Satz 2, 78 Abs. 2 Satz 2 AktG).
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Der Vorsitzende ist überdies zuständig für sonstige Erklärungen des Aufsichtsrats an die Öffentlichkeit, namentlich Presseerklärungen u.Ä. Grundsätzlich ist der Aufsichtsrat zu solchen Erklärungen allerdings überhaupt nicht befugt. Denn er ist reines Innenorgan, die Vertretung der Gesellschaft nach außen obliegt dem Vorstand. Gelegentlich kann es aber im Interesse der Gesellschaft erforderlich sein, die Meinung des Auf1 Vgl. dazu schon oben Rn. 444 und Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 52; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 21. 2 BGH v. 6.4.1964 – II ZR 75/62, BGHZ 41, 282, 285; OLG Düsseldorf v. 17.11.2003 – I 15 U 225/02, NZG 2004, 141, 142 f. = AG 2004, 321; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 59; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 52. 3 OLG Düsseldorf v. 24.2.2012 – I-16 U 177/10, AG 2012, 511; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 59; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 112; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 101; a.A. Drygala in K. Schmidt/ Lutter, Komm. AktG, § 112 Rn. 14, der Satzungsregelungen für unzulässig hält; unklar Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 52, § 112 Rn. 41. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 52; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 59; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 42; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 112 Rn. 14. 5 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 102; Bednarz, NZG 2005, 418, 419 ff.
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sichtsrats zu bestimmten Fragen der Öffentlichkeit zu erläutern; in Ausnahmefällen und zur Abwendung von erheblichen Nachteilen für die Gesellschaft kann der Aufsichtsrat auch befugt sein, andere Informationen an die Öffentlichkeit zu geben (vgl. dazu oben Rn. 284). Die Abgabe solcher Erklärungen ist dann Sache des Aufsichtsratsvorsitzenden, einer besonderen Ermächtigung bedarf es dazu nicht1. Der Stellvertreter des Vorsitzenden übt dessen Aufgaben nur im Verhinderungsfall aus (§ 107 Abs. 1 Satz 3 AktG). Das ist der Fall, wenn der Vorsitzende – aus welchen Gründen auch immer – zur rechtzeitigen Ausübung des Dienstgeschäfts nicht in der Lage ist. Ist es hingegen möglich und zumutbar, dass der Vorsitzende die Aufgabe innerhalb eines Zeitraums, der ohne Nachteil für die Gesellschaft abgewartet werden kann, selbst erledigt, liegt keine Verhinderung vor. Es kommt also stets darauf an, wie eilig die jeweilige Maßnahme ist. Ist der Vorsitzende in der Lage, die Aufgabe selbst rechtzeitig zu erledigen, kann er sie seinem Stellvertreter nicht überlassen2. Es ist also z.B. nicht möglich, dass sich der Vorsitzende und sein Stellvertreter aus „Paritätsgründen“ in der Sitzungsleitung abwechseln. Sind mehrere Stellvertreter gewählt, ist in aller Regel eine Rangfolge dieser Stellvertreter festgelegt. Fehlt es daran, wird man annehmen müssen, dass der an Lebensjahren ältere Stellvertreter vor dem jüngeren berufen ist, solange nicht der Aufsichtsrat etwas anderes beschließt3; in mitbestimmten Gesellschaften ist bei der Wahl mehrerer Stellvertreter allerdings zunächst der durch die Arbeitnehmer gewählte Stellvertreter zur Vertretung berufen4. Ist die Gesellschaft mitbestimmt, ist auch der Stellvertreter kraft Amtes Mitglied des Vermittlungsausschusses nach § 27 Abs. 3 MitbestG; ein Zweitstimmrecht steht ihm jedoch nicht zu (§§ 29 Abs. 2 Satz 3; 31 Abs. 4 Satz 3 MitbestG).
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3. Ehrenvorsitzender Die Gesellschaft kann Personen, die nicht dem Aufsichtsrat angehören, den Titel eines Ehrenvorsitzenden (oder -mitglieds) des Aufsichtsrats oder der Gesellschaft verleihen. Für die Verleihung bedarf es keiner besonde1 Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 176. 2 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 7; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 72; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 24; a.A. Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 56. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 7; Henssler in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 107 AktG Rn. 12; a.A. Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 57, der auf Dienstjahre statt Lebensjahre abstellen will; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 71; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 107 Rn. 25, die Stellvertreter könnten sich untereinander abstimmen, es könne aber auch jeder von ihnen eine Sitzung einberufen, damit der Aufsichtsrat entscheiden könne, wer von ihnen die Vertretung übernehmen solle. 4 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 20; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 27 MitbestG Rn. 33.
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ren Zulassung durch die Satzung1. Die Satzung kann jedoch Regelungen treffen, ob ein solcher Titel verliehen werden darf und welches Verfahren dabei einzuhalten ist2. Ohne besondere Satzungsregelung sind sowohl die Hauptversammlung als auch der Aufsichtsrat zu der Ernennung berechtigt3. In der Praxis kann sich die Ernennung durch die Hauptversammlung empfehlen, um dem Titel auf diese Weise zusätzliches Gewicht zu geben4. 686
Irgendwelche Rechte in Bezug auf den Aufsichtsrat verbinden sich mit der Verleihung des Titels nicht. Zur Teilnahme an Aufsichtsratssitzungen ist ein Ehrenvorsitzender oder -mitglied nur in denselben engen Grenzen befugt wie sonstige Dritte5; vgl. dazu Rn. 700 ff. Besondere Informationsrechte stehen einem Ehrenvorsitzenden nicht zu; auch ihm gegenüber gilt vielmehr uneingeschränkt die allgemeine aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht nach § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG6. Der Ehrenvorsitzende hat grundsätzlich keinen Anspruch auf Vergütung, insbesondere steht ihm nicht die für Aufsichtsratsmitglieder festgesetzte Vergütung zu7. Allerdings ist es zulässig, dem Ehrenvorsitzenden in entsprechender Anwendung von § 113 AktG, d.h. durch Satzungsregelung oder Hauptversammlungsbeschluss, einen „Ehrensold“ zu gewähren8. 1 Lutter, ZIP 1984, 645, 649; Siegel in FS Peltzer, 2001, S. 519, 526 f. 2 Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 73; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 168; Johannsen-Roth/Kießling, NZG 2013, 972, 973; Lutter, ZIP 1984, 645, 648; Siegel in FS Peltzer, 2001, S. 519, 526 f. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 9; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 61; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 107 Rn. 27; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 73; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 168; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 26; a.A. Lutter, ZIP 1984, 645, 649; Hennerkes/Schiffer, DB 1992, 875 (alleinige Kompetenz der Hauptversammlung); Jüngst, BB 1984, 1583, 1584; Johannsen-Roth/Kießling, NZG 2013, 972, 973 f., 977 f. (alleinige Kompetenz des Aufsichtsrats); Mertens/ Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 76 (Einvernehmen von Aufsichtsrat und Vorstand erforderlich). 4 Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 61. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 9; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 76; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 71; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 26; Böttcher, NZG 2012, 809, 810; Lutter, ZIP 1984, 645, 651 f.; a.A. Johannsen-Roth/Kießling, NZG 2013, 972, 974 ff. (Teilnahme- und Rederecht aufgrund Aufsichtsratsbeschlusses); Siebel in FS Peltzer, 2001, S. 519, 533 f.; Jüngst, BB 1984, 1583, 1584. 6 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 9; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 62; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 170; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 21 Rn. 26; Lutter, ZIP 1984, 645, 652 f.; a.A. JohannsenRoth/Kießling, NZG 2013, 972, 976 ff.; Jüngst, BB 1984, 1583, 1585. 7 Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 72; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 170; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 26; Lutter, ZIP 1984, 645, 653. 8 Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 72; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 63; Henssler in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 107 AktG Rn. 15; Lutter, ZIP 1984, 645, 653; weitergehend, aber nicht überzeugend Johannsen-Roth/Kießling, NZG 2013, 972, 974, der Aufsichtsrat habe die „Annexkompetenz aus der Ernennungskompetenz“ zur Gewährung eines Ehrensoldes.
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Daneben ist es zulässig, dass die Gesellschaft den Ehrenvorsitzenden mit der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben für die Gesellschaft beauftragt, insbesondere mit repräsentativen Aufgaben und der Pflege von Kontakten zu Kunden und Lieferanten. Im Rahmen solcher Vertragsverhältnisse ist naturgemäß die Zahlung einer angemessenen Vergütung zulässig, außerdem besteht gemäß § 670 BGB Anspruch auf Ersatz angemessener Auslagen1. Dabei ist nur zu beachten, dass der Ehrenvorsitzende für Repräsentations- und Kontaktpflegeaufgaben nicht „kraft Amtes“ zuständig ist. Voraussetzung ist vielmehr jeweils eine besondere Auftragserteilung durch die Gesellschaft. Vertreten wird die Gesellschaft dabei durch den Vorstand (§ 78 AktG), ist der Ehrenvorsitzende ehemaliges Mitglied des Aufsichtsrats, wird zum Teil empfohlen, wegen § 114 AktG vorsorglich auch die Zustimmung des Aufsichtsrats einzuholen2; rechtlich erforderlich ist das aber nicht3.
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III. Der Verfahrensablauf im Aufsichtsrat 1. Aufsichtsratssitzung a) Zahl der Sitzungen Der Aufsichtsrat muss zwei Sitzungen im Kalenderhalbjahr abhalten (§ 110 Abs. 3 Satz 1 AktG). Wie die beiden Pflichtsitzungen auf das Kalenderhalbjahr verteilt werden, liegt im Ermessen des Aufsichtsrats oder seines Vorsitzenden. Die frühere Regelung, wonach der Aufsichtsrat einmal im Kalendervierteljahr zusammentreten sollte, ist im Zuge der Neufassung des § 110 Abs. 3 AktG durch das TransPuG entfallen.
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In nicht börsennotierten Gesellschaften (§ 3 Abs. 2 AktG) kann der Aufsichtsrat beschließen, dass nur eine Sitzung im Kalenderhalbjahr abzuhalten ist (§ 110 Abs. 3 Satz 2 AktG). Dafür genügt ein Aufsichtsratsbeschluss mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen (vgl. unten Rn. 733 f.). Unberührt bleibt das Recht jedes Aufsichtsratsmitglieds, gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 AktG die Einberufung weiterer Sitzungen zu verlangen4. Der Aufsichtsrat kann sich mit den vorgeschriebenen Mindestsitzungen begnügen, solange nicht wegen besonderer Umstände weitere Sitzungen erforderlich sind5. Die Satzung kann häufigere Sitzungen vorschreiben6.
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1 Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 72; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 170; Johannsen-Roth/Kießling, NZG 2013, 972, 974. 2 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 9; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 63. 3 So auch Johannsen-Roth/Kießling, NZG 2013, 972, 974. 4 Begr. RegE TransPuG, BR-Drucks. 109/02, S. 37 f. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 110 Rn. 10; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 110 Rn. 50; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 36. 6 Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 110 Rn. 46; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 110 Rn. 66; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 36.
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Vor der Neufassung von § 110 Abs. 3 AktG durch das TransPuG wurde verbreitet angenommen, dass die vorgeschriebene Zahl der Mindestsitzungen ein körperliches Zusammentreten der Aufsichtsratsmitglieder verlangte und Telefon- oder Videokonferenzen nicht ausreichten1. Mit der Neufassung von § 110 Abs. 3 AktG haben die Verfasser des Gesetzentwurfs die Absicht verbunden, „jedenfalls in begründeten Ausnahmefällen“ auch eine Sitzung in Form einer Telefon- oder Videokonferenz als auf die Zahl der Mindestsitzungen anrechenbare Sitzung ausreichen zu lassen; dies soll im Wortlaut der Regelung dadurch zum Ausdruck kommen, dass dem Aufsichtsrat in Abkehr vom bisherigen Wortlaut („zusammentreten“) nur noch vorgeschrieben wird, eine Sitzung „abzuhalten“2. In der Literatur wird vor diesem Hintergrund zum Teil angenommen, die Mindestsitzungen könnten ohne Einschränkung per Video-, Internetoder Telefonkonferenz abgehalten werden3, andere Auffassungen sind zurückhaltender, indem sie etwa Video-, nicht jedoch Telefonkonferenzen genügen lassen wollen4, mindestens eine Präsenzsitzung im Jahr oder Halbjahr verlangen5 oder nur Präsenzsitzungen für die gesetzliche Mindestzahl genügen lassen6. Mit dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Mindestanzahl von Sitzungen lässt sich die Anrechnung von Telefonund Videokonferenzen nur schwer vereinbaren, weil eine Beratung per Telefon- oder Videokonferenz bei einer umfangreichen Tagesordnung, komplizierten Gegenständen oder einem großen Personenkreis in ihrer Qualität deutlich hinter einem persönlichen Treffen zurückbleibt. Telefon- oder Videokonferenzen sollten sich deshalb in der Regel auf eilige Erörterungen und Beschlussfassungen außerhalb der regulären Sitzungsfrequenz beschränken; sie sind dann naturgemäß auch nicht auf die Zahl der Mindestsitzungen anrechenbar. Die Abhaltung der vorgeschriebenen Mindestsitzungen in Form einer Telefon- oder Videokonferenz kann nur bei kleinen Aufsichtsräten oder einer einfachen Tagesordnung und auch 1 Begr. RegE TransPuG, BR-Drucks. 109/02, S. 38; Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, Rn. 57; Kindler, NJW 2001, 1678, 1689; vgl. auch den Diskussionsbericht zum ZHR-Symposion 2001 von Casper, ZHR 165 (2001), 219, 221; a.A. früher – allerdings jeweils nur bezogen auf Videokonferenzen – Mertens, Kölner Komm. AktG, 2. Aufl., § 108 Rn. 116; Wagner, NZG 2002, 57, 59 ff.; Kindl, ZHR 166 (2002), 335, 344 ff. 2 Begr. RegE TransPuG, BR-Drucks. 109/02, S. 38. 3 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 36; Schick in Wachter, Komm. AktG, § 110 Rn. 12; Tomasic in Grigoleit, Komm. AktG, § 110 Rn. 8, allerdings mit dem Hinweis, die Aufgaben des Aufsichtsrats würden sich ohne regelmäßige Präsenzsitzungen kaum in angemessener Weise erfüllen lassen; Götz, NZG 2002, 599, 602. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 110 Rn. 33; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 110 Rn. 70 f.; Wasse, AG 2011, 685, 689; Kindl, ZHR 166 (2002), 335, 346; Wagner, NZG 2002, 57, 62. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 110 Rn. 11; Habersack, MünchKomm. AktG, § 110 Rn. 45; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 110 Rn. 35; Bürgers/Israel in Bürgers/Körber, Komm. AktG, § 110 Rn. 10; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 110 Rn. 71 (für die Bilanzsitzung). 6 Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 110 Rn. 20.
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dann nur ausnahmsweise reichen; ein Aufsichtsrat, der diese Form der Sitzung zur Regel werden lässt, verletzt seine Sorgfaltspflichten1. Die Satzung kann im Übrigen vorschreiben, dass der Aufsichtsrat zur Durchführung der Mindestsitzungen körperlich zusammentreten muss. Beschlüsse können in einer Telefon- oder Videokonferenz nur gefasst werden, wenn kein Mitglied widerspricht (§ 108 Abs. 4 AktG); vgl. dazu näher unten Rn. 728. Außer zu den Mindestsitzungen nach § 110 Abs. 3 AktG hat der Vorsitzende den Aufsichtsrat stets dann einzuberufen, wenn nach seinem pflichtgemäßen Urteil ein Zusammentreten des Aufsichtsrats im Interesse des Unternehmens erforderlich ist oder wenn dies von einem Aufsichtsratsmitglied oder dem Vorstand nach § 110 Abs. 1 Satz 1 AktG verlangt wird (dazu unten Rn. 695 ff.).
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b) Einberufung Die Einberufung der Sitzungen2 erfolgt durch den Vorsitzenden, der jedes Aufsichtsratsmitglied einzuladen hat; er kann, was in der Praxis häufig geschieht, den Vorstand bitten, die Einladung in seinem Namen auszusprechen3. Sind der Vorsitzende und sein Stellvertreter (noch) nicht gewählt, können jedes Aufsichtsratsmitglied oder der Vorstand den Aufsichtsrat einberufen (§ 110 Abs. 2 AktG analog)4. Satzung oder Geschäftsordnung können die Einberufung von der Einhaltung bestimmter Formen (insbesondere Schriftform) und Fristen abhängig machen; in der Praxis wird häufig eine Einberufung in Textform unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen festgelegt. Für den Fall, dass ein Aufsichtsratsmitglied oder der Vorstand die Einberufung verlangen, kann die zweiwöchige Einberufungsfrist des § 110 Abs. 1 Satz 2 AktG jedoch durch die Satzung nicht verlängert werden5. Sind keine besonderen Regelungen getroffen, kann die Einladung formlos (auch mündlich) erfolgen, und zwar so rechtzeitig, dass den Aufsichtsratsmitgliedern eine nach den Umständen des Einzelfalls angemessene Zeit bis zum Termin bleibt. Es genügt die Aufgabe eines Einladungsschreibens an die bei der Gesellschaft bekannte Anschrift; auf den Zugang des Schreibens kommt es nicht an, die Aufgabe muss allerdings so frühzeitig erfolgen, dass mit einem rechtzeitigen Zugang gerechnet werden kann6. 1 Ebenso Habersack, MünchKomm. AktG, § 110 Rn. 45. 2 Muster bei Hölters/Favoccia, Münchener Vertragshandbuch, Band 1, Formular V.60. 3 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 38. 4 Hüffer, Komm. AktG, § 110 Rn. 2. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 110 Rn. 3; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 110 Rn. 14; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 39. 6 Hüffer, Komm. AktG, § 110 Rn. 3; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 110 Rn. 24; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 110 Rn. 8; Heller, AG 2008, 160 f., 162 mit Hinweis auf eine unveröffentlichte Entscheidung des LG Landshut, die anscheinend einen Zugangsnachweis fordert.
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Die Einberufung muss Zeit und Ort der Sitzung angeben. Der Sitzungsort kann auch im Ausland liegen1. Es muss sich allerdings um einen Ort handeln, der für die Aufsichtsratsmitglieder mit zumutbarem Aufwand erreichbar ist. Die Geschäftsordnung des Aufsichtsrats kann hierzu Regelungen treffen. Die Tagesordnung wird vom Aufsichtsratsvorsitzenden festgesetzt. Sie muss nicht unbedingt der Einberufung beigefügt werden, sondern es genügt, sie in angemessener Zeit vor der Sitzung bekanntzugeben2; ist allerdings eine Einberufungsfrist bestimmt, muss auch die Tagesordnung innerhalb dieser Frist mitgeteilt werden3. Die Gegenstände sind so genau zu bezeichnen, dass den Aufsichtsratsmitgliedern eine sachgerechte Vorbereitung möglich ist4. Jedes Aufsichtsratsmitglied und der Vorstand können unter Angabe der Gründe vom Vorsitzenden eine Ergänzung der Tagesordnung verlangen, vorausgesetzt allerdings, dass die Ergänzung noch unter Wahrung der für die Einberufung maßgeblichen Frist möglich ist. Entspricht der Vorsitzende einem solchen Verlangen nicht unverzüglich, wird man annehmen können, dass § 110 Abs. 2 AktG entsprechend anzuwenden ist5; das bedeutet, dass bei einem Ergänzungsverlangen des Vorstands oder eines Aufsichtsratsmitglieds diese selbst durch entsprechende Mitteilung an die übrigen Mitglieder des Aufsichtsrats die Tagesordnung ergänzen können; vgl. dazu auch unten Rn. 696 f.
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Die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung ist nicht davon abhängig, dass zugleich oder überhaupt zu den Tagesordnungspunkten auch konkrete Beschlussanträge mitgeteilt werden6. Man wird es aber als Amtspflicht des Vorsitzenden ansehen müssen, möglichst frühzeitig vor der Sitzung die Beschlussanträge mitzuteilen7; ein Verstoß gegen diese Pflicht ist jedoch für die Beschlussfassung des Aufsichtsrats ohne Bedeutung.
1 Wasse, AG 2011, 685, 689. 2 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 110 Rn. 4; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 110 Rn. 22; Habersack, MünchKomm. AktG, § 110 Rn. 18; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 110 Rn. 10; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 41; a.A. Hüffer, Komm. AktG, § 110 Rn. 4; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 110 Rn. 25. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 110 Rn. 4; Habersack, MünchKomm. AktG, § 110 Rn. 18; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 41. 4 BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, ZIP 2007, 1942, 1945 (zu § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB); Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 110 Rn. 4; Habersack, MünchKomm. AktG, § 110 Rn. 19; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 42. 5 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 110 Rn. 4; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 110 Rn. 20; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 43. 6 Hüffer, Komm. AktG, § 110 Rn. 4; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 110 Rn. 4; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 42. 7 Hüffer, Komm. AktG, § 110 Rn. 4; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 110 Rn. 4; Habersack, MünchKomm. AktG, § 110 Rn. 18; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 41.
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Der Verfahrensablauf im Aufsichtsrat
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c) Einberufungsverlangen Jedes Aufsichtsratsmitglied sowie der Vorstand kann (und muss) unter Darlegung des Zwecks und der Gründe eine Einberufung des Aufsichtsrats verlangen, wenn er sie für erforderlich hält (§ 110 Abs. 1 Satz 1 AktG). Das Verlangen ist an den Aufsichtsratsvorsitzenden zu richten. Dieser muss dem Verlangen unverzüglich nachkommen. Er ist – abgesehen von Fällen offensichtlichen Rechtsmissbrauchs – nicht berechtigt, die Einberufung zu verweigern, weil er selbst sie nicht für notwendig hält. Der Vorsitzende ist von der Verpflichtung zur Einberufung einer Sitzung nicht dadurch frei, dass er eine Beschlussfassung ohne Sitzung, d.h. im schriftlichen Verfahren, einleitet1, es sei denn, dies geschehe im Einverständnis mit dem Antragsteller. Da Beschlüsse in einer Telefon- oder Videokonferenz nur gefasst werden können, wenn kein Mitglied diesem Verfahren widerspricht (§ 108 Abs. 4 AktG; vgl. unten Rn. 728), wird man überdies annehmen müssen, dass entsprechend § 110 Abs. 1 Satz 1 AktG jedes Aufsichtsratsmitglied und der Vorstand verlangen können, dass eine Sitzung als Präsenzsitzung durchzuführen ist2.
695
Entspricht der Vorsitzende einem Einberufungsverlangen eines Aufsichtsratsmitglieds oder des Vorstands nicht binnen 2 Wochen, können diese den Aufsichtsrat selbst einberufen (§ 110 Abs. 2 AktG). Die frühere Rechtslage, wonach nur mindestens zwei Aufsichtsratsmitglieder das Recht zur Selbsteinberufung hatten, ist durch das TransPuG geändert worden. Das Recht zur Selbsteinberufung steht allerdings nur solchen Aufsichtsratsmitgliedern zu, die auch schon selbst (zu demselben Zweck) das Einberufungsverlangen an den Vorsitzenden gerichtet hatten. Es genügt also nicht, dass sich ein Mitglied erst nach der Weigerung des Vorsitzenden dem Einberufungsverlangen eines anderen Mitglieds anschließt, um auch diesem weiteren Mitglied das Recht zur Selbsteinberufung zu verleihen3. In diesem Fall muss das betreffende Mitglied vielmehr zunächst selbst ein Einberufungsverlangen an den Vorsitzenden richten.
696
Die Selbsteinberufung muss unverzüglich erfolgen. Dabei muss das vergebliche Einberufungsverlangen dargelegt werden. Außerdem sind etwaige in Satzung oder Geschäftsordnung für die Einberufung von Aufsichtsratssitzungen vorgeschriebene Formen und Fristen einzuhalten. § 110 Abs. 1 Satz 2 AktG, wonach bei einer vom Vorsitzenden auf Verlangen vorgenommenen Einberufung zwischen Einladung und Sitzung höchstens zwei Wochen liegen dürfen, gilt im Falle der Selbsteinberufung
697
1 Hüffer, Komm. AktG, § 110 Rn. 7; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 110 Rn. 15. 2 A.A. Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 110 Rn. 10; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 110 Rn. 15; Wagner, NZG 2002, 57, 62 f. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 110 Rn. 8; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 110 Rn. 18.
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§ 11
Die Organisation des Aufsichtsrats
nicht1. Die Satzung kann das Selbsteinberufungsrecht nicht einschränken, wohl aber erweitern2. So kann z.B. nicht bestimmt werden, dass für eine Selbsteinberufung mehr als ein Mitglied erforderlich sei; umgekehrt kann aber das Recht zur Selbsteinberufung auch ohne vorherige Einschaltung des Vorsitzenden vorgesehen werden. d) Aufhebung oder Verlegung der Sitzung 698
Bis zum Beginn der Aufsichtsratssitzung kann der Vorsitzende den Termin einer von ihm einberufenen Sitzung verlegen oder ersatzlos aufheben. Das gilt auch für eine Sitzung, die der Vorsitzende auf Verlangen eines Aufsichtsratsmitglieds oder des Vorstands nach § 110 Abs. 1 AktG einberufen hat. Die Aufhebung oder Verlegung einer solchen Sitzung durch den Vorsitzenden ist wirksam; sie ist allerdings pflichtwidrig und löst das Selbsteinberufungsrecht gemäß § 110 Abs. 2 AktG aus, sofern dadurch die Sitzung nicht innerhalb der vorgeschriebenen 2 Wochen seit dem Einberufungsverlangen (§ 110 Abs. 1 Satz 2 AktG) stattfindet3. Eine nach § 110 Abs. 2 AktG durch den Vorstand oder ein Aufsichtsratsmitglied einberufene Sitzung kann der Vorsitzende nicht verlegen oder aufheben. Hat die Sitzung bereits begonnen, kommt nur noch eine Vertagung der ganzen Sitzung oder einzelner Tagesordnungspunkte in Frage4; hierfür ist der Gesamtaufsichtsrat zuständig, der durch Beschluss entscheidet (vgl. dazu unten Rn. 724). e) Vorbesprechungen bei mitbestimmten Aufsichtsräten
699
Für mitbestimmte Aufsichtsräte regte Ziff. 3.6 Abs. 1 des Kodex früher die Durchführung gruppeninterner Vorbesprechungen der Anteilseignerund der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat an; seit der Kodex-Fassung von Mai 2012 wird jetzt nur noch auf die Möglichkeit solcher Vorbesprechungen hingewiesen. In der Praxis fanden sich solche Vorbesprechungen in der Vergangenheit vor allem auf Seiten der Arbeitnehmervertreter, inzwischen macht auch die Anteilseignerseite häufiger davon Gebrauch. Sie sind rechtlich zulässig5, aber alles andere als unproblematisch6. Ihr Vorteil besteht darin, dass innerhalb der „Fraktionen“ 1 Hüffer, Komm. AktG, § 110 Rn. 9; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 110 Rn. 20; Habersack, MünchKomm. AktG, § 110 Rn. 36; a.A. Spindler in Spindler/ Stilz, Komm. AktG, § 110 Rn. 41. 2 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 110 Rn. 29 m.w.N. 3 Habersack, MünchKomm. AktG, § 110 Rn. 33; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 47. 4 Zu der begrifflichen Unterscheidung zwischen Aufhebung, Verlegung und Vertagung vgl. Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 47. 5 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 37; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 18; E. Vetter in FS Hüffer, 2011, S. 1017, 1022; Sünner, AG 2012, 265, 266 f. 6 Kritisch E. Vetter in FS Hüffer, 2011, S. 1016, 1021 f.; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 18.
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Der Verfahrensablauf im Aufsichtsrat
§ 11
vielfach ein offenerer Meinungsaustausch möglich sein wird als im Plenum und die spätere Diskussion im Plenum gestrafft wird, der Nachteil liegt in der Gefahr, Fraktionsdenken zu fördern, die Diskussion im Plenum stark zu entleeren und zu einem ungleichen Informationsstand beider Seiten zu führen1. Bindende Beschlüsse können in solchen Vorbesprechungen nicht gefasst werden2, und auch die faktische Bindung solcher informellen Vorabstimmungen darf nicht so weit gehen, dass nicht das einzelne Aufsichtsratsmitglied weiterhin bereit wäre, aufgrund etwa neuer Gesichtspunkte, die sich in der nachfolgenden Plenardiskussion ergeben, seine aufgrund der Vorbesprechung gebildete vorläufige Meinung zu ändern3. Die Mitglieder des Vorstands dürfen an den Vorbesprechungen teilnehmen und den Aufsichtsratsmitgliedern alle von diesen gewünschten Informationen erteilen4; sie müssen aber sicherstellen, dass auch die Vertreter der anderen Seite – sei es in deren Vorbesprechung, sei es in der Plenarsitzung – alle Informationen erhalten, die der einen Seite in der Vorbesprechung gegeben wurden5. Eine Verpflichtung der Vorstandsmitglieder, an Vorbesprechungen der Fraktionen teilzunehmen, besteht hingegen nicht und kann auch durch Satzung oder Geschäftsordnung nicht begründet werden können6. f) Teilnahme an Aufsichtsratssitzungen Zur Teilnahme an den Sitzungen des Aufsichtsrats ist jedes Mitglied berechtigt und verpflichtet. Für den Fall, dass ein Mitglied in einem Geschäftsjahr an weniger als der Hälfte der Sitzungen teilgenommen hat, empfiehlt Ziff. 5.4.7 des Kodex, dies im Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung (§ 171 Abs. 2 AktG) zu vermerken. Ein Ausschluss vom Teilnahmerecht ist ausnahmsweise bei gravierender Gefährdung der Interessen der Gesellschaft möglich; das kann z.B. in Frage kommen, wenn über Betriebsgeheimnisse verhandelt wird und aufgrund konkreter Tatsachen ein Geheimnisverrat durch das betreffende Mitglied dringend zu befürchten ist7. Über den Ausschluss entscheidet in diesen Fällen der 1 Näher E. Vetter in FS Hüffer, 2011, S. 1016, 1021 f.; Sünner, AG 2012, 265, 266 f. 2 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 37. 3 Näher E. Vetter in FS Hüffer, 2011, S. 1017, 1025 ff. 4 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 37; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 18. 5 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 37; Hoffmann-Becking in FS Havermann, 1995, S. 229, 241 f.; E. Vetter in FS Hüffer, 2010, S. 1017, 1023 ff.; unklar Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 18, die eine Information der anderen Seite erst in der Plenumssitzung nicht genügen lassen wollen, ohne zu sagen, was daraus für die Pflicht des Vorstands folgen soll, wenn etwa die andere Seite keine Vorbesprechung durchführt oder den Vorstand dazu nicht einlädt. 6 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 34; Habersack, MünchKomm. AktG, § 109 Rn. 12. 7 Hüffer, Komm. AktG, § 109 Rn. 2; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 13 f.; Habersack, MünchKomm. AktG, § 109 Rn. 10; Spindler in Spindler/
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Die Organisation des Aufsichtsrats
Aufsichtsrat durch Beschluss1. Daneben ist ein Ausschluss von der Sitzung als letztes Mittel zur Verhinderung von Störungen des Sitzungsverlaufs zulässig2; hierüber entscheidet der Vorsitzende im Rahmen der Sitzungsleitung3, der Betroffene kann hiergegen jedoch das Plenum anrufen4. 701
Die Satzung kann zulassen, dass an den Sitzungen Personen, die dem Aufsichtsrat nicht angehören, anstelle von verhinderten Aufsichtsratsmitgliedern teilnehmen können, wenn diese sie hierzu in Textform (§ 126b BGB), d.h. insbesondere schriftlich, per Fax oder per E-Mail, ermächtigt haben (§ 109 Abs. 3 AktG). Für die Praxis ist das von geringer Bedeutung. Die Ermächtigung kann nicht pauschal erteilt werden, sondern muss sich auf die konkrete Sitzung beziehen5. Der Beauftragte hat nicht die Stellung eines Vertreters, sondern wird nur als Bote des verhinderten Aufsichtsratsmitglieds tätig. Er hat kein Recht, eigene Erklärungen abzugeben und Anträge zu stellen, sondern darf lediglich von seinem Auftraggeber formulierte Erklärungen und Anträge überbringen6. Er darf auch nicht selbst abstimmen, sondern nur eine schriftliche Stimmabgabe des verhinderten Aufsichtsratsmitglieds überreichen (§ 108 Abs. 3 Satz 3 AktG); vgl. dazu auch unten Rn. 725 ff.
702
Vorstandsmitgliedern steht kein eigenes Recht zur Teilnahme an Aufsichtsratssitzungen zu; es kann ihnen durch die Satzung nur mit dem Vorbehalt eingeräumt werden, dass der Aufsichtsrat die Teilnahme im Einzelfall ausschließen kann7. Dem Aufsichtsrat steht es aber frei, Mitglieder des Vorstands zu seinen Sitzungen zuzulassen. Auf Verlangen des Aufsichtsrats ist jedes Vorstandsmitglied zur Teilnahme verpflichtet8.
1
2 3 4 5 6 7 8
Stilz, Komm. AktG, § 109 Rn. 6 ff.; Matthießen, Stimmrecht und Interessenkollision, S. 351; Kindl, Teilnahme, S. 111 ff. Hüffer, Komm. AktG, § 109 Rn. 2; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 109 Rn. 9; Semler/Stengel, NZG 2003, 1, 4; weitergehend Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 15; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 109 Rn. 23, die auch eine entsprechende Anordnung des Vorsitzenden zulassen wollen, gegen welche der Aufsichtsrat angerufen werden könne. Hüffer, Komm. AktG, § 109 Rn. 2; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 109 Rn. 10; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 12; Kindl, Teilnahme, S. 88 f.; Säcker, NJW 1979, 1521, 1522. Hüffer, Komm. AktG, § 109 Rn. 2; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 109 Rn. 10; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 12; Kindl, Teilnahme, S. 88 f. Habersack, MünchKomm. AktG, § 109 Rn. 9; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 109 Rn. 10; Kindl, Teilnahme, S. 104 f. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 38; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 109 Rn. 46. Hüffer, Komm. AktG, § 109 Rn. 7; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 41; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 109 Rn. 46. Hüffer, Komm. AktG, § 109 Rn. 3; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 17. Hüffer, Komm. AktG, § 109 Rn. 3; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 20; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 52.
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Der Verfahrensablauf im Aufsichtsrat
§ 11
Die Teilnahme der Vorstandsmitglieder an den Aufsichtsratssitzungen ist in der Praxis die Regel und im Allgemeinen für eine sachgerechte Zusammenarbeit von Vorstand und Aufsichtsrat unverzichtbar1. Das schließt es nicht aus, dass der Aufsichtsrat – wie der Kodex in Ziff. 3.6 Abs. 2 überflüssigerweise empfiehlt – „bei Bedarf ohne den Vorstand“ tagt. Aber das sind Ausnahmefälle, während die Teilnahme des Vorstands die Regel sein muss. Die Entscheidung über die Teilnahme trifft der Aufsichtsratsvorsitzende im Rahmen der Sitzungsleitung2; die Entscheidung steht aber – wie alle sitzungsleitenden Maßnahmen des Vorsitzenden – unter dem Vorbehalt, dass der Aufsichtsrat etwas anderes beschließen kann (vgl. unten Rn. 706). Zur Teilnahme des Abschlussprüfers und des Konzernabschlussprüfers an der Bilanzsitzung des Aufsichtsrats vgl. oben Rn. 181 ff. Die Beratung in Anwesenheit anderer Personen ist nur als Ausnahme zulässig (§ 109 Abs. 1 AktG). Grundsätzlich sollen Personen, die weder dem Aufsichtsrat noch dem Vorstand angehören, an den Sitzungen des Aufsichtsrats nicht teilnehmen (§ 109 Abs. 1 Satz 1 AktG). Insbesondere ist es dem Aufsichtsrat damit untersagt, an seinen Sitzungen ständige Berater oder Gäste (einschließlich von Ehrenmitgliedern des Aufsichtsrats) teilnehmen zu lassen3; auch eine routinemäßige Hinzuziehung künftiger Aufsichtsratsmitglieder wäre nicht zulässig4. Nur als Ausnahme dürfen Sachverständige und Auskunftspersonen von Fall zu Fall zur Beratung über einzelne Tagesordnungspunkte hinzugezogen werden (§ 109 Abs. 1 Satz 2 AktG). Dabei sind die Begriffe Sachverständiger und Auskunftsperson aber weit auszulegen; sie erfassen jeden, von dem der Aufsichtsrat zu dem konkreten Tagesordnungspunkt einen fachkundigen Rat oder eine Information erhalten kann5. Daneben ist die Hinzuziehung von Hilfskräften (Protokollführer, Dolmetscher, Sekretärin) zulässig6. Über die Zulassung entscheidet ebenfalls der Vorsitzende im Rahmen der Sitzungsleitung7; wie immer kann der Aufsichtsrat aber durch Beschluss anders entscheiden (vgl. unten Rn. 706).
703
Aufsichtsratssitzungen finden in der Praxis in aller Regel in deutscher Sprache statt. Aufsichtsratsmitglieder, die die deutsche Sprache nicht
704
1 Uwe H. Schneider, ZIP 2002, 873, 875 f. 2 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 16; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 52. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 109 Rn. 4; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 25 und 27; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 50; Kindl, Teilnahme, S. 46 f.; a.A. Jüngst, BB 1984, 1583, 1585. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 25; Kindl, Teilnahme, S. 48; Böttcher, NZG 2012, 809, 810; a.A. Janberg/Oesterlink, AG 1960, 240, 243. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 109 Rn. 5; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 23; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 50; Kindl, Teilnahme, S. 16 ff. 6 Hüffer, Komm. AktG, § 109 Rn. 5; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 50. 7 Hüffer, Komm. AktG, § 109 Rn. 5; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 49 f.; Kindl, Teilnahme, S. 22 f.
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§ 11
Die Organisation des Aufsichtsrats
(ausreichend) beherrschen, haben Anspruch darauf, dass ihnen ein Simultan-Dolmetscher gestellt wird und sie die wesentlichen Unterlagen in Übersetzung erhalten1. Rechtlich zulässig ist es auch, die Sitzung in einer Fremdsprache durchzuführen, wenn dies zweckmäßig erscheint2. Ein Minderheitenrecht auf Abhaltung der Aufsichtsratssitzung in deutscher Sprache ist nicht anzunehmen3; jedoch hat auch bei Verwendung einer Fremdsprache jedes Aufsichtsratsmitglied, welches die Sitzungssprache nicht ausreichend beherrscht, Anspruch auf Stellung eines Simultan-Dolmetschers und auf Vorlage der Unterlagen in deutscher Sprache4. Über die Sitzungssprache entscheidet der Vorsitzende im Rahmen der Sitzungsleitung5. Die Geschäftsordnung des Aufsichtsrats kann Regelungen hierzu treffen6, hingegen wird man Satzungsregelungen als unzulässigen Eingriff in die Geschäftsordnungsautonomie des Aufsichtsrats nicht zulassen können7. g) Sitzungsleitung 705
Die Leitung der Aufsichtsratssitzung obliegt dem Vorsitzenden; ist ein solcher noch nicht gewählt, kann der Aufsichtsrat den Sitzungsleiter bestimmen, oder es übernimmt das an Lebensjahren älteste Mitglied die Leitung. Der Sitzungsleiter entscheidet über die Teilnahme der Vorstandsmitglieder und Dritter (vgl. oben Rn. 702 f.), bestimmt die Reihenfolge der Tagesordnungspunkte (kann dabei auch von der ursprünglich vorgesehenen Reihenfolge abweichen)8, erteilt das Wort und bestimmt die Reihenfolge der Redner, kann das Wort entziehen und Redezeitbeschränkungen anordnen9. Der Vorsitzende kann die Sitzung für eine kurze Zeit unterbrechen10, eine Vertagung der ganzen Sitzung oder der Behandlung einzelner Tagesordnungspunkte kann hingegen nur das Ple1 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 48; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 50; Dreher in FS Lutter, 2000, S. 357, 367. 2 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 48; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 99; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 53; Wasse, AG 2011, 685, 688. 3 LG Frankfurt a.M. v. 21.2.2004 – 3-03 O 88/03, Der Aufsichtsrat 2005, 11. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 48; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 93; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 50; Dreher in FS Lutter, 2000, S. 357, 367. 5 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 48; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 99; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 53. 6 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 53. 7 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 53; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 1992; Wasse, AG 2011, 685, 688; a.A. Dreher in FS Lutter, 2000, S. 357, 360. 8 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 48; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 55; Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 102 f. 9 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 50; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 56; Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 103 ff. 10 Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 98; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 56.
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num beschließen; vgl. unten Rn. 724. Bei der Fassung von Aufsichtsratsbeschlüssen ist es Sache des Vorsitzenden, die Reihenfolge der Abstimmungen über mehrere Anträge zu bestimmen1, er entscheidet über die Art der Abstimmung2 und stellt das Beschlussergebnis fest3. Auch die Frage, ob Aufsichtsratsmitglieder im Einzelfall einem Stimmverbot unterliegen (vgl. unten Rn. 730), ist vom Vorsitzenden zu entscheiden4; anders als bei Fragen der technischen Sitzungsleitung hat das Plenum bei der Rechtsfrage des Stimmverbots nicht die Möglichkeit, die Entscheidung des Vorsitzenden abzuändern5. Die Entscheidungen des Aufsichtsratsvorsitzenden im Rahmen der Sitzungsleitung können durch einen Beschluss des Aufsichtsratsplenums mit einfacher Stimmenmehrheit (unten Rn. 733 ff.) jederzeit aufgehoben oder geändert werden6. Jedes Aufsichtsratsmitglied hat das Recht, eine Aufhebung oder Änderung zu beantragen und eine Abstimmung hierüber zu verlangen.
706
h) Sitzungsniederschrift Über die Sitzung des Aufsichtsrats ist eine Niederschrift anzufertigen, die der Aufsichtsratsvorsitzende zu unterzeichnen hat (§ 107 Abs. 2 Satz 1 AktG). Das Gleiche gilt, wenn ohne Sitzung Aufsichtsratsbeschlüsse im Wege des Umlaufverfahrens, fernmündlich oder in anderen vergleichbaren Formen gefasst werden (vgl. dazu unten Rn. 728)7.
707
Die Niederschrift hat die in § 107 Abs. 2 Satz 2 AktG genannten Angaben zu enthalten. Neben Ort und Tag der Sitzung, den Teilnehmern und den Gegenständen der Tagesordnung sind danach der wesentliche Inhalt der Verhandlungen und die Beschlüsse des Aufsichtsrats anzugeben. Die Wiedergabe des wesentlichen Inhalts der Verhandlungen erfordert kein Wortprotokoll, sondern eine zusammenfassende Darstellung der tragenden
708
1 Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 110 Rn. 33; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 57; Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 116 f. 2 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 48; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 59; Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 118 ff. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 48; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 58. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 49; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 58. 5 Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 55; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 49; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 58; a.A. Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 94. 6 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 46; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 93; Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 79 ff. 7 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 90; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 66; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 112.
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Gesichtspunkte1. Zur Protokollierung der Beschlüsse des Aufsichtsrats gehört neben der Wiedergabe des Inhalts auch die Art der Beschlussfassung und das genaue Abstimmungsverhältnis2. Wenn der Beschluss auf bestimmte Unterlagen Bezug nimmt (z.B. Zustimmung zu einem im Entwurf vorliegenden Vorstandsvertrag), sind diese Unterlagen als Anlagen beizufügen, weil andernfalls der genaue Beschlussinhalt dem Protokoll nicht zu entnehmen wäre3. 709
Einzelne Mitglieder haben im Allgemeinen nicht das Recht, die wörtliche oder sinngemäße Aufnahme von ihnen abgegebener Erklärungen in das Protokoll zu verlangen4. Ob man dies anders beurteilen muss, wenn eine persönliche Haftung des Aufsichtsratsmitglieds im Zusammenhang mit dem fraglichen Vorgang in Betracht kommen kann5, ist zweifelhaft. Denn jedes Aufsichtsratsmitglied hat das Recht, die Protokollierung eines Widerspruchs zu einem bestimmten Beschluss zu verlangen6 und kann sich damit ausreichend vor Haftungsrisiken schützen.
710
Der Sitzungsleiter hat das Protokoll zu unterzeichnen, auch wenn als Protokollführer ein anderer tätig war. Mit der Unterzeichnung ist die Niederschrift komplett. Eine besondere Genehmigung, etwa in der nächsten Sitzung des Aufsichtsrats, ist nicht nötig.
711
Die Sitzungsniederschrift soll lediglich Beweiszwecken dienen. Ist die Niederschrift unvollständig oder fehlt sie ganz, hat das auf die Wirksamkeit der gefassten Beschlüsse keinen Einfluss (§ 107 Abs. 2 Satz 3 AktG). Etwaige Unrichtigkeiten der Niederschrift kann der Vorsitzende von sich aus oder auf den Widerspruch von Aufsichtsratsmitgliedern hin korrigie-
1 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 12; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 78; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 107. 2 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 78; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 106. 3 Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 67; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 182; a.A. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 78; E. Vetter in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 27 Rn. 73. 4 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 23; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 107 Rn. 30; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 107; a.A. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 79; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 67; Brinkschmidt, Protokolle, S. 62 ff. 5 So Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 107; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 185, die einen Protokollierungsanspruch nur dann verneinen, wenn eine Haftung eindeutig ausgeschlossen werden könne. 6 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 79; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 107; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 185; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 107 Rn. 30; enger Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 23 (nur bei haftungsrelevanten Sachverhalten).
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Der Verfahrensablauf im Aufsichtsrat
§ 11
ren. Die Entscheidung über eine solche Berichtigung trifft der Vorsitzende allein1. Jedem Mitglied des Aufsichtsrats ist auf Verlangen eine Abschrift der Sitzungsniederschrift auszuhändigen (§ 107 Abs. 2 Satz 4 AktG). Dieses Recht kann nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden2. Es ist jedoch beschränkt auf Sitzungsprotokolle aus der Zeit der Mitgliedschaft des Aufsichtsratsmitglieds; hinsichtlich früherer Aufsichtsratsprotokolle besteht kein Anspruch auf Aushändigung, wohl aber das allgemeine Recht auf Einsicht in die Unterlagen des Aufsichtsrats (vgl. unten Rn. 828)3. Nach ihrem Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat haben die Aufsichtsratsmitglieder die ihnen überlassenen Protokolle und sonstigen Gesellschaftsunterlagen entsprechend §§ 666 f. BGB zurückzugeben4. Der Vorstand hat keinen Rechtsanspruch auf Überlassung einer Kopie des Protokolls, es ist aber üblich und zweckmäßig, dem Vorstandsvorsitzenden oder allen Vorstandsmitgliedern eine Kopie zur Verfügung zu stellen, soweit nicht ein Geheimhaltungsinteresse gegenüber dem Vorstand besteht5.
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Der Besitz an den Protokollen und sonstigen Unterlagen des Aufsichtsrats wird für die Gesellschaft durch den Aufsichtsratsvorsitzenden ausgeübt6. Es ist allerdings zulässig und in der Praxis üblich, dass der Aufsichtsratsvorsitzende die Verwahrung der Protokolle und Unterlagen dem Vorstand überträgt, soweit nicht im Einzelfall Geheimhaltungsgründe entgegenstehen7. Davon zu unterscheiden ist die Frage, durch wen die Gesellschaft vertreten wird, wenn Mitglieder des Aufsichtsrats Klage auf Aushändigung einer Abschrift oder Einsicht in Aufsichtsratsprotokolle erheben oder staatliche Organe die Vorlage verlangen oder eine Beschlagnahme verfügen8. Die überwiegende Meinung geht davon aus, dass die
713
1 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 12; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 83; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 110. 2 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 14; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 86; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 109. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 87; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 87; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 75; Brinkschmidt, Protokolle, S. 125 f.; zu eng E. Vetter, Hdb. börsennotierte AG, § 27 Rn. 76 (nur „bei Vorliegen besonderer Gründe“). 4 BGH v. 7.7.2008 – II ZR 71/07, ZIP 2008, 1821 Tz. 13 ff.; kritisch Heider/Hirte, CCZ 2009, 106. 107 ff. 5 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 89; Habersack, Münch. Komm. AktG, § 107 Rn. 86; näher E. Vetter in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 27 Rn. 76. 6 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 14; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 76; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 89; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 196. 7 Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 89; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 196. 8 Zur Vorlagepflicht gegenüber Finanzbehörden vgl. etwa BFH v. 13.2.1968 – GrS 5/67, BFHE 91, 351, 355 ff.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 92; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 90. Zur Beschlagnahme zugunsten eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses BVerfG v. 5.11.1986 – 2
305
§ 11
Die Organisation des Aufsichtsrats
Gesellschaft bei solchen Streitigkeiten um Aufsichtsratsprotokolle durch den Vorstand vertreten werde1. Die besseren Argumente sprechen jedoch für die Annahme, dass die Gesellschaft durch den Aufsichtsratsvorsitzenden vertreten wird2. 2. Beschlussfassung im Aufsichtsrat a) Allgemeines 714
Der Aufsichtsrat kann als Organ seinen Willen nur durch Beschlussfassung bilden (§ 108 Abs. 1 AktG). Beschlüsse können nicht stillschweigend gefasst werden, sondern erfordern stets eine Abstimmung; ist ein Beschluss durch Abstimmung gefasst worden, so ist er allerdings auslegungsfähig3.
715
Das Beschlussverfahren ist im AktG und MitbestG nicht abschließend geregelt. Hilfsweise kommen die vereinsrechtlichen Vorschriften des BGB zur Anwendung4; im Übrigen können Satzung und Geschäftsordnung in den Schranken zwingender gesetzlicher Regelungen nähere Bestimmungen treffen. b) Beschlussfähigkeit
716
Ein Beschluss kann nur gefasst werden, wenn eine hinreichend große Zahl von Mitgliedern an der Beschlussfassung teilnimmt, sei es durch Zustimmung, Ablehnung oder Stimmenthaltung. Wer sich nicht einmal durch Stimmenthaltung an der Beschlussfassung beteiligt, sondern erklärt, dass er an der Abstimmung nicht teilnimmt, zählt für die Feststellung der Beschlussfähigkeit auch dann nicht mit, wenn er in der Sitzung anwesend ist5.
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BvR 1178/86, BVerfGE 74, 7; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 93. Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 14 f.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 54; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 90; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 107 Rn. 32. Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 76; Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 179 ff.; Peus, ZGR 1987, 545 ff.; Brinkschmidt, Protokolle, S. 138 f. Unstr., BGH v. 21.6.2010 – II ZR 24/09, ZIP 2010, 1437 = AG 2010, 632 Tz. 14 (Aufsichtsratsbericht); Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 4; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 15; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 65. LG Hannover v. 27.6.1989 – 7 O 214/89, AG 1989, 448, 449; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 17; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 24; Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 15; a.A. Baums, ZGR 1983, 300, 305. Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 10; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 74; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 61.
306
Der Verfahrensablauf im Aufsichtsrat
§ 11
Das AktG überlässt die Bestimmung der Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats grundsätzlich der Satzung (§ 108 Abs. 2 Satz 1 AktG). Besteht eine Regelung der Satzung nicht, ist der Aufsichtsrat (nur) bei Teilnahme der Hälfte der Mitglieder, aus denen er zu bestehen hat (Sollstärke), beschlussfähig (§ 108 Abs. 2 Satz 2 AktG). Der Beschlussfähigkeit steht hingegen nicht entgegen, dass dem Aufsichtsrat weniger Mitglieder als die durch Gesetz oder Satzung festgesetzte Zahl angehören (§ 108 Abs. 2 Satz 2 und 4 AktG); ein zwölfköpfiger Aufsichtsrat ist daher auch dann beschlussfähig, wenn nur sechs Mitglieder gewählt sind1. Die Satzung kann eine geringere Teilnehmerzahl genügen lassen oder eine höhere Teilnehmerzahl fordern. Mindestens müssen aber drei Aufsichtsratsmitglieder an der Abstimmung teilnehmen; unter diese Mindestzahl kann auch die Satzung nicht zurückgehen (§ 108 Abs. 2 Satz 3 AktG).
717
Zwingend regelt das Gesetz die Beschlussfähigkeit für mitbestimmte Gesellschaften in § 10 MontanMitbestG, § 11 MitbestErgG und § 28 MitbestG; hier ist stets die Teilnahme von mindestens der Hälfte der Mitglieder, aus denen der Aufsichtsrat zu bestehen hat (Sollstärke), erforderlich2. Von diesen Regelungen kann für montan-mitbestimmte Gesellschaften wegen des insoweit klaren Gesetzeswortlauts im Hinblick auf die Beschlussfähigkeit des Plenums (anders für die Beschlussfähigkeit von Ausschüssen) nicht abgewichen werden3. Demgegenüber ist es für Gesellschaften unter dem MitbestG als zulässig anzusehen, dass die Satzung die Beschlussfähigkeit zwar nicht an geringere, wohl aber an strengere Voraussetzungen knüpft, solange dadurch nicht der Grundsatz der Gleichberechtigung der Aufsichtsratsmitglieder verletzt wird (dazu unten Rn. 720)4.
718
1 OLG München v. 28.9.2011 – 7 U 711/11, AG 2011, 849, 842. 2 Zum Sonderproblem der Beschlussfähigkeit bei der Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden nach § 27 Abs. 2 MitbestG und bei einer Entscheidung nach § 32 MitbestG vgl. oben Rn. 671 und 499. 3 Wißmann in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 10 Montan-MitbestG Rn. 4, § 11 MitbestErgG Rn. 1; Oetker, Großkomm. AktG, § 10 Montan-MitbestG Rn. 2; Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 40. 4 Sehr umstritten, wie hier z.B. OLG Hamburg v. 4.4.1984 – 2 W 25/80, BB 1984, 1763; LG Frankfurt a.M. v. 3.10.1978 – 3/11 T 32/78, NJW 1978, 2398; LG Hamburg v. 29.6.1979 – 64 T 3/79, NJW 1980, 235; LG Mannheim v. 23.7.1979 – 12 O 16/79, NJW 1980, 236; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 28 MitbestG Rn. 2; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 63 f.; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 108 Rn. 13; Feldmann, DB 1986, 29 ff.; a.A. z.B. OLG Karlsruhe v. 20.6.1980 – 15 U 171/79, NJW 1980, 2137, 2139; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 72; Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 40; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 43 f.; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 28 MitbestG Rn. 3; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 28 MitbestG Rn. 4; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 28 MitbestG Rn. 6; Oetker, Großkomm. AktG, § 28 MitbestG Rn. 8; offengelassen von BGH v. 25.2.1982 – II ZR 145/80, BGHZ 83, 151, 153 f. = AG 1982, 223.
307
§ 11
Die Organisation des Aufsichtsrats
719
Allein dadurch, dass dem Aufsichtsrat weniger Mitglieder angehören, als nach Gesetz oder Satzung an sich erforderlich wären, wird die Beschlussfähigkeit nicht beeinträchtigt; auch wenn die Anteilseigner- oder Arbeitnehmerseite nicht vollständig besetzt ist, kann der Aufsichtsrat also beschlussfähig sein (§ 108 Abs. 2 Satz 4 AktG). Von diesem Grundsatz kann auch die Satzung nicht abweichen1.
720
Schließlich kann die Beschlussfähigkeit auch nicht davon abhängig gemacht werden, dass bei der Beschlussfassung bestimmte Aufsichtsratsmitglieder (etwa der Vorsitzende) teilnehmen oder ein bestimmtes Verhältnis zwischen Anteilseigner- und Arbeitnehmervertretern gewahrt ist. Nach Inkrafttreten des Mitbestimmungsgesetzes wurden gelegentlich Satzungs- oder Geschäftsordnungsbestimmungen geschaffen, wonach der Aufsichtsrat nur beschlussfähig sein sollte, wenn z.B. mindestens die Hälfte der Teilnehmer Anteilseignervertreter waren und sich unter ihnen der Vorsitzende befand. Solche Regelungen sind nichtig, denn sie verletzen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Aufsichtsratsmitglieder2. c) Abstimmung
721
Aufsichtsratsbeschlüsse werden grundsätzlich in Aufsichtsratssitzungen gefasst. Jedes Mitglied hat die Befugnis, dem Plenum zu den Punkten der Tagesordnung Beschlussanträge zu unterbreiten und darüber eine Abstimmung zu verlangen3. Dieses Recht kann weder entzogen noch eingeschränkt werden.
722
Die Zulässigkeit geheimer Abstimmungen im Aufsichtsrat ist umstritten. Während sie früher überwiegend für unzulässig angesehen wurden, lässt die heute wohl herrschende Meinung sie mit Recht zu4. Ob geheim
1 Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 11; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 82; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 60. 2 Heute wohl allg. Meinung, vgl. insbesondere BGH v. 25.2.1982 – II ZR 145/80, BGHZ 83, 151, 154 ff. = AG 1982, 223; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 64; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 28 MitbestG Rn. 4; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 28 DrittelbG Rn. 3; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 28 MitbestG Rn. 2. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 18; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 15. 4 Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 5; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 40 ff.; Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 18; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 59; v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 5 Rn. 132 f.; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 26; Uwe H. Schneider in FS Fischer, 1979, S. 727, 742 f.; Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 120 ff.; a.A. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 52; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 18; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 21; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/ Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 23.
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Der Verfahrensablauf im Aufsichtsrat
§ 11
abgestimmt wird, entscheidet in erster Linie der Vorsitzende1. Der Aufsichtsrat kann aber, wie stets, durch Beschluss von der verfahrensleitenden Anordnung des Vorsitzenden abweichen und beschließen, dass geheim oder offen abzustimmen sei2; für die teilweise vertretene Ansicht, auch einzelne Aufsichtsratsmitglieder könnten eine geheime Abstimmung verlangen3, ist eine tragfähige Grundlage nicht ersichtlich4. Über in der Tagesordnung nicht angekündigte Gegenstände kann beschlossen werden, sofern keines der anwesenden Aufsichtsratsmitglieder widerspricht und allen in der Sitzung abwesenden Mitgliedern die Möglichkeit zu einem nachträglichen Widerspruch gegen die Abstimmung über diesen nicht angekündigten Tagesordnungspunkt gegeben wird5. Erforderlich ist dazu, dass der Vorsitzende jedem der abwesenden Mitglieder den Beschlussantrag mitteilt und einen angemessenen Zeitraum für die Erhebung eines Widerspruchs gegen diese Form der Beschlussfassung einräumt. Nach verbreiteter Auffassung in der Literatur würde es auch genügen, den nicht anwesenden Mitgliedern statt des Rechts eines nachträglichen Widerspruchs gegen die Abstimmung das Recht zur nachträglichen Stimmabgabe einzuräumen6; tatsächlich reicht die bloße Möglichkeit zur nachträglichen Stimmabgabe jedoch nicht, weil sie das Recht auf Mitwirkung an einer Erörterung im Aufsichtsrat nicht ersetzen kann. Hingegen ist es nicht erforderlich, zusätzlich zum nachträglichen Widerspruchsrecht ein Recht auf nachträgliche Stimmabgabe zu bewilligen, weil das Mitwirkungsrecht des nicht anwesenden Aufsichtsratsmitglieds durch das Widerspruchsrecht hinreichend geschützt ist.
723
Der Aufsichtsrat kann die Entscheidung über bestimmte Beschlussanträge durch Beschluss vertagen. Der Vorsitzende hat hingegen kein Vertagungsrecht. Für Vertagungsklauseln in der Satzung gilt Ähnliches wie für Beschlussfähigkeitsregelungen (vgl. oben Rn. 716 ff.): Die Satzung kann nicht anordnen, dass eine Beschlussfassung vertagt werden muss, wenn bestimmte Aufsichtsratsmitglieder (namentlich der Vorsitzende) nicht anwesend sind oder wenn nicht ein bestimmtes Verhältnis zwischen Anteilseigner- und Arbeitnehmervertretern gewahrt ist; solche
724
1 Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 5a; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 59; Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 19; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 43. 2 Vgl. die Nachweise in der vorangegangenen Fn. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 5a; Peus, DStR 1996, 1656 f. (jedes Mitglied); Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 19; Ulmer, AG 1982, 300, 305; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 26 (2–3 Mitglieder). 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 52; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 43; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 59. 5 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 41; großzügiger Baums, ZGR 1983, 300, 316, der bei dringenden Eilentscheidungen kein Recht abwesender Mitglieder zum nachträglichen Widerspruch für nötig ansieht. 6 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 110 Rn. 5; Habersack, MünchKomm. AktG, § 110 Rn. 21.
309
§ 11
Die Organisation des Aufsichtsrats
Klauseln verstoßen ebenso wie entsprechende Beschlussfähigkeitsregelungen gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Aufsichtsratsmitglieder. Hingegen sind Vertagungsklauseln zulässig, wenn das Gebot der Gleichbehandlung aller Aufsichtsratsmitglieder beachtet wird1. Von den Autoren, die in mitbestimmten Gesellschaften eine Verschärfung der Beschlussfähigkeitsregelungen des § 28 MitbestG für unzulässig halten (vgl. oben Rn. 718), wird die Zulässigkeit von Vertagungsklauseln zum Teil dahingehend eingeschränkt, dass solche Klauseln nur eine einmalige Vertagung zulassen dürften, weil anderenfalls das Verbot einer Verschärfung der Beschlussfähigkeitsvoraussetzungen umgangen werde2. Zulässig ist aber auch danach z.B. eine Satzungsbestimmung, wonach bei nicht vollständiger Anwesenheit der Aufsichtsratsmitglieder auf Antrag eines oder mehrerer Mitglieder die Beschlussfassung einmal zu vertagen ist, oder wonach der Vorsitzende nach eigenem Ermessen die Beschlussfassung einmal vertagen kann3. 725
Verhinderten Aufsichtsratsmitgliedern gibt das Gesetz die Möglichkeit, ihre Stimme in der Sitzung durch einen Stimmboten schriftlich abgeben zu lassen (§ 108 Abs. 3 Satz 1 AktG)4. Das gilt nicht nur bei Präsenzsitzungen, sondern es ist kein Grund erkennbar, warum nicht auch in einer Aufsichtsratssitzung in Form einer Video- oder Telefonkonferenz ein Stimmbote die ihm ausgehändigte schriftliche Stimmabgabe des verhinderten Mitglieds sollte abgeben können5. Die schriftliche Stimmabgabe kann stets durch ein anderes Aufsichtsratsmitglied überbracht werden (§ 108 Abs. 3 Satz 2 AktG). Personen, die nicht dem Aufsichtsrat angehören, können die schriftliche Stimme hingegen nur übergeben, wenn die Satzung es nach § 109 Abs. 3 AktG zulässt, dass aufsichtsratsfremde Personen anstelle von verhinderten Aufsichtsratsmitgliedern an der Sitzung teilnehmen (§ 108 Abs. 3 Satz 3 AktG). Die vom Gesetz geforderte 1 Vgl. dazu näher Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 83 f.; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 78; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 28 MitbestG Rn. 7; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 87; ausführlich Paefgen, Aufsichtsratsverfassung, S. 190 ff. 2 So z.B. Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 28 MitbestG Rn. 7; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 28 MitbestG Rn. 4. 3 LG Hamburg v. 29.6.1979 – 64 T 3/79, NJW 1980, 235; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 83 und § 28 MitbestG Rn. 3; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 87; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 28 MitbestG Rn. 7; Oetker, Großkomm. AktG, § 28 MitbestG Rn. 10; a.A. Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 28 MitbestG Rn. 7. 4 Muster bei Hölters/Favoccia, Münchener Vertragshandbuch, Band 1, Formular V.64. 5 Näher dazu Wagner, NZG 2002, 57, 60; Kindl, ZHR 166 (2002), 335, 346 ff.; für Sitzung per Videokonferenz auch Miettinen/Victoria Villeda, AG 2007, 346, 349; a.A. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 35; Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 51; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 52.
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Der Verfahrensablauf im Aufsichtsrat
§ 11
schriftliche Stimmabgabe setzt eine eigenhändige Namensunterschrift voraus (§ 126 BGB); daneben muss jedenfalls die elektronische Form des § 126a BGB genügen1. Nach h.M. sollen Stimmabgaben durch Telegramm, Telex oder Telefax gleichgesetzt werden können2. Jedoch wäre dem Zweck des Gesetzes durch Stimmabgabe per Telegramm oder Telex ebenso wenig genügt wie durch eine Stimmabgabe per einfacher E-Mail oder per SMS, weil die Authentizität der Stimmabgabe nicht hinreichend überprüft werden kann. Hingegen wird man eine Stimmabgabe durch unterschriebenes Telefax zulassen können. Der Stimmbote darf nur die Entscheidung des verhinderten Mitglieds überreichen. Er ist nicht zu einer eigenen Entscheidung befugt, sondern jegliches Entscheidungsermessen des Stimmboten ist unzulässig. Deshalb ist es nicht möglich, dem Stimmboten eine Blankoerklärung oder verschiedene Stimmabgabeschreiben auszuhändigen mit der Ermächtigung, nach eigenem Ermessen über die Verwendung zu entscheiden. Es reicht auch nicht, dem Stimmboten über die Verwendung Richtlinien zu geben, solange dabei Raum für eigene Ermessensausübungen bleibt3. Hingegen wird man anders entscheiden müssen, wenn dem Stimmboten so exakte Weisungen vorliegen oder (etwa telefonisch) während der Sitzung gegeben werden, dass er kein eigenes Ermessen auszuüben hat4.
726
Eine schriftliche Stimmabgabe muss sich auf einen konkreten Beschlussantrag beziehen. Wird der Antrag inhaltlich geändert, kann die Stimme nicht mehr abgegeben werden. Bloße Formulierungsänderungen, die den Beschlussinhalt als solchen nicht berühren, schaden jedoch nicht5.
727
1 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 25 ff.; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 55; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 91; a.A. Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 31a; Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 53. 2 KG, JW 1938, 1824; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 25; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 56; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 109; Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 15; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 91; Kindl, Teilnahme, S. 30 ff.; Kindl, ZHR 166 (2002), 335, 347; a.A. Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 53; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 31a. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 14; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 30 ff.; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 90. 4 Streitig, wie hier Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 34; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 112; Bürgers/Israel in Bürgers/Körber, Komm. AktG, § 108 Rn. 14; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 90; Lutter in FS Duden, 1979, S. 269, 276 ff.; Riegger, BB 1980, 130, 131; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 27; Säcker, DB 1977, 1791, 1795 Fn. 33; a.A. Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 14; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 54; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 32; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 27. 5 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 89.
311
§ 11 728
Die Organisation des Aufsichtsrats
Ohne Abhaltung einer Präsenzsitzung kann der Aufsichtsrat per Telefonoder Videokonferenz, schriftlich oder in anderer vergleichbarer Form (z.B. Telefax, E-Mail) Beschluss fassen, wenn keines seiner Mitglieder diesem Verfahren widerspricht; die Satzung oder die Geschäftsordnung des Aufsichtsrats kann dieses Widerspruchsrecht beseitigen oder modifizieren (§ 108 Abs. 4 AktG). Bei einer Telefon- oder Videokonferenz handelt es sich um eine Aufsichtsratssitzung (vgl. auch oben Rn. 690). Zu ihr ist einzuladen wie zu einer Präsenzsitzung. Gleichwohl steht auch gegen ihre Durchführung – sofern nicht durch Satzung oder Geschäftsordnung ausgeschlossen – jedem Mitglied das Widerspruchsrecht aus § 108 Abs. 4 AktG zu1, es ist also jedem Mitglied ein angemessener Zeitraum für einen Widerspruch gegen diese Form der Beschlussfassung einzuräumen. Bei einer Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren ist es erforderlich, dass jedem Aufsichtsratsmitglied vom Vorsitzenden der Beschlussantrag mitgeteilt und ein angemessener Zeitraum für die Stimmabgabe oder die Erhebung eines Widerspruchs gegen diese Form der Beschlussfassung eingeräumt wird. Der Zeitraum für Stimmabgabe und/oder Widerspruch gegen das Verfahren wird im Allgemeinen kürzer sein dürfen als die bei Einladung zu einer Sitzung einzuhaltende Frist (oben Rn. 692)2. Stimmabgaben, die nach Ablauf des festgesetzten Zeitraums eingehen, sind unbeachtlich3. Ebenso wenig besteht Anlass zu der Annahme, dass ein verspäteter Widerspruch gegen das Verfahren bis zur Feststellung des Beschlussergebnisses durch den Vorsitzenden noch beachtlich sei4. Dass sämtliche Aufsichtsratsmitglieder durch eine Stimmabgabe an der Abstimmung teilnehmen, verlangt das Gesetz nicht. Aufsichtsratsmitglieder, die sich gar nicht äußern, nehmen an der Abstimmung lediglich nicht teil; das kann allerdings bei einer entsprechend großen Zahl die Beschlussunfähigkeit des Aufsichtsrats herbeiführen. Satzung oder Geschäftsordnung können diese Art der Beschlussfassung ausschließen, erschweren oder durch Beseitigung bzw. Modifizierung des Widerspruchsrechts erleichtern5.
1 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 95; Habersack, MünchKomm. AktG, § 106 Rn. 60; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 58; E. Vetter in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 27 Rn. 54; a.A. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 37: kein Widerspruchsrecht bei Videokonferenzen. 2 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 42; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 96; Hoffmann-Becking in Liber amicorum Happ, 2006, S. 81, 82. 3 A.A. Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 122; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 96; E. Vetter in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 27 Rn. 55, die bis zur schriftlichen Niederlegung oder Verkündung durch den Vorsitzenden auch verspätete Stimmabgaben berücksichtigen wollen; vgl. dazu auch unten Rn. 732. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 42; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 96; a.A. Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 22. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 16; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 48 f.
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Der Verfahrensablauf im Aufsichtsrat
§ 11
Angesichts der Möglichkeit der Beschlussfassung ohne Sitzung ist schließlich auch eine gemischte Beschlussfassung zulässig. Das kann zum einen in der Form geschehen, dass den bei einer Beschlussfassung in einer Sitzung abwesenden Aufsichtsratsmitgliedern das Recht zu nachträglicher Stimmabgabe innerhalb angemessener Zeit in schriftlicher, fernmündlicher oder anderer vergleichbarer Form vorbehalten wird1. Zum anderen ist es zulässig, abwesende Aufsichtsratsmitglieder telefonisch oder per Videoübertragung zuzuschalten und sie auf diese Weise an der Beschlussfassung in der Sitzung durch fernmündliche Stimmabgabe teilnehmen zu lassen2; auch andere vergleichbare Formen (z.B. per E-Mail) einer Beteiligung abwesender Mitglieder an der Beschlussfassung in der Sitzung sind denkbar. Auch diesen Formen der Beschlussfassung kann jedes (an- oder abwesende) Aufsichtsratsmitglied widersprechen, es sei denn, die Satzung oder Geschäftsordnung habe das geändert oder modifiziert3. Eine Regelung aller dieser Fragen in der Satzung oder Geschäftsordnung ist dringend zu empfehlen.
729
Zur Abstimmung berechtigt ist grundsätzlich jedes Aufsichtsratsmitglied. In entsprechender Anwendung von § 34 BGB besteht jedoch ein Stimmverbot, wenn über den Abschluss eines Rechtsgeschäfts mit ihm oder über die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen der Gesellschaft und ihm abgestimmt wird4; dazu gehört auch die Beschlussfassung über einen Antrag auf gerichtliche Abberufung des betreffenden Aufsichtsratsmitglieds nach § 103 Abs. 3 AktG5. Rechtsgeschäfte oder Rechtsstreitigkeiten mit Gesellschaften, zu deren gesetzlichen Vertretern das Aufsichtsratsmitglied gehört, sind vom Stimmverbot im Allgemeinen nicht betroffen6; etwas anderes gilt allerdings, wenn zwischen dem Aufsichtsratsmitglied und der anderen Gesellschaft nahezu vollständige Interessenidentität besteht7. Der Stimmrechtsausschluss betrifft nur die Ab-
730
1 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 50; Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 70 ff.; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 93; Miettinen/Victoria Villeda, AG 2007, 346, 347 f.; zweifelnd Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 16. 2 Wagner, NZG 2002, 57, 58 f.; Kindl, ZHR 166 (2002), 335, 342 f. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 51; Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 71; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 93. 4 BGH v. 2.4.2007 – II ZR 325/05, ZIP 2007, 1056 = AG 2007, 484 Tz. 13; BayObLG v. 28.3.2003 – 3 Z BR 199/02, ZIP 2003, 1194, 1195 f. = AG 2003, 427; Mertens/ Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 65 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 9; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 70. Umfassend zur Problematik des Stimmrechts bei Interessenkollisionen Matthießen, Stimmrecht und Interessenkollision im Aufsichtsrat, 1989. 5 BayObLG v. 28.3.2003 – 3 Z BR 199/02, ZIP 2003, 1194 = AG 2003, 427; Mertens/ Cahn, Kölner Komm. AktG, § 103 Rn. 65. 6 Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 30; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 68; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 28; a.A. Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 60; Matthießen, Stimmrecht und Interessenkollision, S. 267 ff. 7 Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 30; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 67.
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gabe einer Ja- oder Nein-Stimme. Hingegen bleibt es zulässig, dass das vom Stimmverbot betroffene Aufsichtsratsmitglied durch Stimmenthaltung an der Beschlussfassung teilnimmt; es ist zur Beteiligung an der Abstimmung durch Enthaltung verpflichtet, wenn der Aufsichtsrat andernfalls beschlussunfähig wäre1. 731
Einen allgemeinen Stimmrechtsausschluss bei anderen Interessenkollisionen kennt das Gesetz hingegen nicht. Namentlich ist das Aufsichtsratsmitglied auch stimmberechtigt, wenn es um seine Wahl zum Vorstandsmitglied2 oder in eine besondere Funktion innerhalb des Aufsichtsrats3 geht. Bei der Stellungnahme des Aufsichtsrats zum Antrag auf gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern (§ 142 Abs. 5 Satz 1 AktG) sind wohl auch solche Aufsichtsratsmitglieder stimmberechtigt, die von der Sonderprüfung betroffen wären: § 142 Abs. 5 AktG enthält gerade keine dem § 142 Abs. 1 Satz 2 AktG entsprechende Regelung, und eine Analogie scheidet aus, weil die Stellungnahme des Aufsichtsrats nur den Charakter einer rechtlich unerheblichen Meinungsäußerung hat4. Nach Ziff. 5.5.2 des Kodex soll das Aufsichtsratsmitglied Interessenkonflikte jedoch gegenüber dem Aufsichtsrat offenlegen, und dieser soll darüber gemäß Ziff. 5.5.3 des Kodex in seinem Bericht an die Hauptversammlung informieren, vgl. dazu auch Rn. 588 ff.
732
Der in einer Sitzung gefasste Beschluss wird mit der Abstimmung entsprechend deren Ergebnis wirksam. Eine Feststellung des Beschlusses durch den Versammlungsleiter ist für das Wirksamwerden nicht erforderlich5, ebenso wenig die Niederlegung im Protokoll (§ 107 Abs. 2 Satz 3 AktG); eine unrichtige Feststellung oder Protokollierung ändern am Zustandekommen des Beschlusses mit seinem tatsächlichen Inhalt nichts. Das gilt auch in den Fällen der Telefon- oder Videokonferenz. Bei schriftlicher Beschlussfassung soll hingegen nach verbreiteter Ansicht eine Feststellung des Abstimmungsergebnisses erforderlich sein, um das Ende des Abstimmungsverfahrens zu dokumentieren6. Dieser Meinung ist nicht zuzustimmen. Sie hat weder eine gesetzliche Basis, noch ist sie aus praktischen Gründen zwingend. Das Ende des Abstimmungsverfahrens ergibt sich bei schriftlicher Beschlussfassung aus der vom Vorsitzenden 1 BGH v. 2.4.2007 – II ZR 325/05, ZIP 2007, 1056 = AG 2007, 484 Tz. 13; Mertens/ Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 66; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 33. 2 Insoweit umstritten, vgl. oben Rn. 347. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 9; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 67; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 70. 4 Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 32; und auch Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 65; zweifelnd Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 28. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 18; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 25, 45; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 58. 6 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 55; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 45, 225; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 112.
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zu setzenden Frist für Stimmabgabe oder Widerspruch (vgl. oben Rn. 728). Das Beschlussergebnis ist durch die schriftlich oder anderweitig verkörperten Stimmabgaben hinreichend dokumentiert; überdies ist auch der im schriftlichen Verfahren gefasste Beschluss in einem Protokoll niederzulegen (analog § 107 Abs. 2 AktG). d) Mehrheitserfordernisse aa) Nach dem AktG fasst der Aufsichtsrat – außer im Sonderfall des § 124 Abs. 3 Satz 5 AktG – seine Beschlüsse mit der Mehrheit aller abgegebenen Stimmen (sog. einfache Stimmenmehrheit). Bei Stimmengleichheit ist der Antrag abgelehnt; Stimmenthaltungen zählen (anders als bei der Beschlussfähigkeit; oben Rn. 716) nicht mit1. Die Satzung – aber nicht die Geschäftsordnung – kann einem Aufsichtsratsmitglied (insbesondere dem Vorsitzenden) das Recht zum Stichentscheid bei Stimmengleichheit einräumen2. Im Übrigen haben die Stimmen aller Aufsichtsratsmitglieder gleiches Gewicht. Keinem der Mitglieder kann durch Satzung oder Geschäftsordnung ein höheres Stimmrecht eingeräumt werden. Ebenso wenig wäre es zulässig, bestimmten Aufsichtsratsmitgliedern ein Vetorecht gegen Aufsichtsratsbeschlüsse zu verleihen3. Eine qualifizierte (zum Beispiel 2/3- oder 3/4-)Mehrheit kann durch die Satzung für solche Aufgaben angeordnet werden, die dem Aufsichtsrat nicht kraft Gesetzes zwingend obliegen4. Zulässig ist hingegen die Bestimmung, dass Stimmenthaltungen als abgegebene Stimmen mitzählen, also wie Nein-Stimmen wirken5.
733
bb) Das Prinzip der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gilt auch nach dem MitbestG (§ 29 Abs. 1 MitbestG), dem MontanMitbestG und dem MitbestErgG, ist dort aber gänzlich zwingend, sofern nicht gesetzlich eine andere Mehrheit gefordert wird (vgl. insbesondere §§ 27, 31, 32, 37 MitbestG, § 13 MontanMitbestG, § 15 MitbestErgG)6. Bestimmt
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1 Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 6; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 59; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 66. 2 Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 8; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 61; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 68. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 8; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 63; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 68. 4 Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 8; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 62; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 69; Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 20, 24; Jürgenmeyer, ZGR 2007, 112, 122 ff. 5 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 62; Oetker, Großkomm. AktG, § 29 MitbestG Rn. 2; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 29 MitbestG Rn. 6; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 6; zweifelnd Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 8. 6 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 8; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 8; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 29 MitbestG Rn. 7; Oetker, Großkomm. AktG, § 29 MitbestG Rn. 3. Für Beschlussgegenstände, die dem Aufsichtsrat nicht kraft Gesetzes zu-
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werden kann auch hier, dass Stimmenthaltungen als abgegebene Stimmen mitzählen und somit wie Nein-Stimmen wirken1. 735
§ 29 Abs. 2 MitbestG durchbricht den Grundsatz, dass ein Antrag bei Stimmengleichheit abgelehnt ist: Hat eine Abstimmung Stimmengleichheit ergeben, steht dem Aufsichtsratsvorsitzenden – und nur ihm (§ 29 Abs. 2 Satz 3 MitbestG) – bei einer erneuten Abstimmung über denselben Antrag eine zweite Stimme zu, sofern auch diese zweite Abstimmung im Patt endet. Das Zweitstimmrecht besteht bei Verfahrensentscheidungen (z.B. Abstimmung über einen Vertagungsantrag) ebenso wie bei Sachentscheidungen2. Die Entscheidung über die Durchführung einer zweiten Abstimmung und deren Zeitpunkt steht in erster Linie dem Aufsichtsratsvorsitzenden zu. Solange nicht der Aufsichtsrat selbst hierüber beschließt, kann der Vorsitzende entscheiden, ob überhaupt eine zweite Abstimmung durchgeführt werden oder es dabei bleiben soll, dass der Antrag in der ersten Abstimmung gescheitert ist3. Er kann auch entscheiden, ob die zweite Abstimmung noch in derselben Sitzung oder zu einem späteren Termin stattfindet. Der Aufsichtsrat kann allerdings durch Beschluss die Entscheidung des Vorsitzenden aufheben oder ändern. Der Vorsitzende ist nicht gezwungen, bei der zweiten Abstimmung seine Zweitstimme abzugeben, ebenso wenig besteht ein Zwang, die Zweitstimme – wenn sie abgegeben wird – übereinstimmend mit der Erststimme abzugeben4.
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Satzung oder Geschäftsordnung können von diesen Prinzipien nur zum Teil abweichen. Sie können das Entscheidungsermessen des Aufsichtsrats über allgemein zulässige Vertagungs- und Beschlussfähigkeitsregelungen (vgl. oben Rn. 717 und 724) hinaus nicht unangemessen beschneiden. Unzulässig sind deshalb Klauseln, die dem Aufsichtsrat eine
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gewiesen sind, abweichend Hoffmann/Lehmann/Weinmann, Komm. MitbestG, § 29 Rn. 18 m.w.N.; Uwe H. Schneider, GK-MitbestG, § 29 Rn. 106. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 29 MitbestG Rn. 3; Oetker, Großkomm. AktG, § 29 MitbestG Rn. 2; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 29 MitbestG Rn. 6; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 6; a.A. Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 6. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 29 MitbestG Rn. 6; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 10; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 29 MitbestG Rn. 9; einschränkend Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 10, 41 f. (nicht bei unterparitätischer Ausschussbesetzung). Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 29 MitbestG Rn. 11; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 29 MitbestG Rn. 10; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 13. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 29 MitbestG Rn. 12; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 29 MitbestG Rn. 12; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 16.
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zweite Abstimmung vorschreiben1, und es ist wohl auch nicht zulässig, die Entscheidung über eine zweite Abstimmung in das alleinige Ermessen des Aufsichtsratsvorsitzenden zu legen und das Letztentscheidungsrecht des Gesamtaufsichtsrats auszuschließen2. Zweifelhaft sind deshalb auch Klauseln, wonach eine zweite Abstimmung stets einer neuen Aufsichtsratssitzung vorbehalten sein oder umgekehrt stets sofort nach der ersten stattfinden soll3. Erleichterungen sind zulässig, etwa die Regelung, dass jedes Aufsichtsratsmitglied die Durchführung einer zweiten Abstimmung verlangen kann4. Der Vorsitzende kann jedoch keinen Bindungen im Hinblick auf seine Zweitstimme unterworfen werden5. e) Fehlerhafte Aufsichtsratsbeschlüsse Beschlüsse des Aufsichtsrats, die in ihrem Inhalt oder der Form ihres Zustandekommens gegen Gesetz oder Satzung verstoßen, wurden früher stets mit der Folge als nichtig angesehen, dass sich jeder Betroffene auf diesen Mangel ohne zeitliche Begrenzung berufen konnte6. Demgegenüber besteht heute Einigkeit, dass eine Differenzierung nach der Schwere des Fehlers nötig ist. Teile der Literatur – der zunächst auch die Rechtsprechung gefolgt ist – wollen hierzu zwischen der Nichtigkeit und der bloßen Anfechtbarkeit des Beschlusses unterscheiden7; damit verband sich teilweise die Vorstellung, die Regeln über die Anfechtbarkeit von
1 Oetker, Großkomm. AktG, § 29 MitbestG Rn. 8; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 29 MitbestG Rn. 14; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/ Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 20. 2 Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 29 MitbestG Rn. 14; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 20; Paefgen, Aufsichtsratsverfassung, S. 241 f. 3 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 83; Koberski in Wlotzke/ Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 15 und 22; a.A. Oetker, Großkomm. AktG, § 29 MitbestG Rn. 9; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 29 MitbestG Rn. 15; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 19. 4 Oetker, Großkomm. AktG, § 29 MitbestG Rn. 10; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 29 MitbestG Rn. 14; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/ Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 19. 5 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 29 MitbestG Rn. 12; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 29 MitbestG Rn. 16; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 20. 6 Nachweise bei Fleischer, DB 2013, 160. 7 So z.B. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 101 ff.; Baums, ZGR 1983, 300, 308 ff.; Lemke, Aufsichtsratsbeschluss, S. 94 ff., 122 ff.; Kindl, Teilnahme, S. 169 ff.; Axhausen, Anfechtbarkeit, S. 183 ff.; aus der Rechtsprechung insbesondere noch BGH v. 28.11.1988 – II ZR 57/88, BGHZ 106, 54, 66 f. = AG 1989, 89; OLG Hamburg v. 23.7.1982 – 11 U 179/80, WM 1982, 1090, 1095 = AG 1983, 21; OLG Hamburg v. 25.5.1984 – 11 U 183/83, WM 1984, 965, 967 = AG 1984, 248; OLG Hamburg v. 6.3.1992 – 11 U 134/91, DB 1992, 774 f. = AG 1992, 197.
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Hauptversammlungsbeschlüssen (§§ 241 ff. AktG) analog anzuwenden1, während andere die Anfechtbarkeit von Aufsichtsratsbeschlüssen eigenständigen Regeln unterstellen wollen2. Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und die heute h.M. in der Literatur lehnen eine Differenzierung zwischen nichtigen und anfechtbaren Aufsichtsratsbeschlüssen ab. Sie gehen von der grundsätzlichen Nichtigkeit fehlerhafter Aufsichtsratsbeschlüsse aus und wollen stattdessen das Bedürfnis, die Nichtigkeitsfolge bei minderschweren Mängeln zurückzudrängen, über eine sachgerechte Bestimmung des erforderlichen Rechtsschutzinteresses und über das Rechtsinstitut der Verwirkung befriedigen3. Diese Rechtsprechung führt also bei mangelbehafteten Beschlüssen zu einer Differenzierung zwischen uneingeschränkter und eingeschränkter Nichtigkeit. Ihr ist jedenfalls insoweit zu folgen, als sie eine Übertragung der für die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen geltenden Regelungen der §§ 241 ff. AktG auf Aufsichtsratsbeschlüsse ablehnt. Ob es im Übrigen richtiger ist, die gebotene Einschränkung der Nichtigkeitsfolge über die Erfordernisse des Rechtsschutzinteresses und das Institut der Verwirkung oder über die Unterscheidung zwischen nichtigen und lediglich vernichtbaren („anfechtbaren“) Beschlüssen zu treffen, ist für die Praxis von untergeordneter Bedeutung. Im Ergebnis werden beide Ansätze zu denselben Ergebnissen gelangen4. 738
Aufsichtsratsbeschlüsse, deren Inhalt gegen zwingende Vorschriften des Gesetzes oder der Satzung verstößt (sog. Inhaltsmängel), sind grundsätzlich uneingeschränkt nichtig. Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich um Verstöße gegen im öffentlichen Interesse gegebene Vorschriften handelt5, etwa wenn der Aufsichtsrat Geschäftsordnungsbestimmungen beschließt, die gegen die Vorschriften des MitbestG verstoßen; in Betracht kommen daneben z.B. die Bestellung eines Vorstandsmitglieds, dem gesetzliche Eignungsvoraussetzungen fehlen (vgl. oben Rn. 339), Ermessensentschei-
1 So z.B. OLG Hamburg v. 6.3.1992 – 11 U 134/91, DB 1992, 774 f. = AG 1992, 197; Baums, ZGR 1983, 300, 308 ff.; Lemke, Aufsichtsratsbeschluss, S. 94 ff., 122 f.; näher Überblick bei Fleischer, DB 2013, 160 f. 2 So z.B. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 116 f.; Semler, MünchKomm. AktG, 2. Aufl., § 108 Rn. 255; Kindl, Teilnahme, S. 183 ff. 3 BGH v. 17.5.1993 – II ZR 89/92, BGHZ 122, 342, 346 ff. = AG 1993, 464 (Hamburg-Mannheimer); BGH v. 15.11.1993 – II ZR 235/92, BGHZ 124, 111, 115 = AG 1994, 124 (Vereinte Krankenversicherung); BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 247 = AG 1997, 377 (ARAG); zustimmend Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 18 ff.; Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 73 ff., 81 ff.; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 136 ff.; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 65, 73 ff.; näher und kritisch Fleischer, DB 2013, 160, 161 sowie DB 2013, 217, 218. 4 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 116; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 101; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 136; E. Vetter in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 27 Rn. 77. 5 Vgl. etwa Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 153; Baums, ZGR 1983, 300, 326 f.; Axhausen, Anfechtbarkeit, S. 159 ff.
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dungen, die die Grenzen des Vertretbaren überschreiten1, u.Ä. Für besondere Ausnahmefälle wird auch bei Inhaltsmängeln erwogen, keine Nichtigkeit, sondern nur eine Anfechtbarkeit/eingeschränkte Nichtigkeit des Beschlusses eintreten zu lassen. Gedacht wird hier etwa an den Fall, dass der Aufsichtsrat bei einer Kapitalerhöhung aus einem genehmigten Kapital nach § 204 Abs. 1 Satz 2 AktG einem Bezugsrechtsausschluss zustimmt, obwohl dafür kein sachlicher Grund vorliegt2; als weitere Fälle werden genannt eine Ungleichbehandlung von Aufsichtsratsmitgliedern bei der Verteilung gewinnabhängiger Vergütungsanteile oder bei einer Kreditgewährung3, die Überschreitung der ihm übertragenen Zuständigkeit durch einen Ausschuss4 oder die Besetzung eines Ausschusses unter ungenügender Beachtung des Diskriminierungsschutzes der Arbeitnehmerseite5. Tatsächlich wird man in solchen Ausnahmefällen auch bei Inhaltsmängeln im Interesse der Rechtssicherheit zu einer Einschränkung der Nichtigkeitsfolge kommen können, wenn es sachlich vertretbar ist, bei Einverständnis aller Aufsichtsratsmitglieder von der Nichtigkeit des Beschlusses abzusehen6. Beschlüsse, die nicht in ihrem Inhalt, sondern in der Form des Zustandekommens gegen Gesetz oder Satzung verstoßen (sog. Verfahrensmängel), sind uneingeschränkt nichtig, wenn gegen Vorschriften verstoßen wurde, auf deren Einhaltung die Aufsichtsratsmitglieder nicht verzichten können (z.B. mangelnde Beschlussfähigkeit, schriftliche Beschlussfassung gegen den Widerspruch von Aufsichtsratsmitgliedern, Beschlussfassung außerhalb der Tagesordnung gegen den Widerspruch von Aufsichtsratsmitgliedern, u.Ä.)7. Verstöße gegen Verfahrensvorschriften, auf deren Einhaltung die Aufsichtsratsmitglieder verzichten können, führen nur zur eingeschränkten Nichtigkeit/Anfechtbarkeit des Beschlusses. Hierzu zählen z.B. Verstöße gegen Vorschriften über Ort und Zeit der Sitzung, eine verspä-
1 Vgl. etwa BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 247 ff. = AG 1997, 377 (ARAG); Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 97. 2 So Baums, ZGR 1983, 300, 327 ff.; a.A. Axhausen, Anfechtbarkeit, S. 171 ff. 3 Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 156; Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 83; Axhausen, Anfechtbarkeit, S. 176 ff. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 106. 5 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 106; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 156; Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 83. 6 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 106; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 156 ff.; a.A. Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 70; zurückhaltend auch Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 108 Rn. 36. 7 Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 147 f.; Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 83; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 68 f.; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 116; ausführlich Axhausen, Anfechtbarkeit, S. 183 ff.; a.A. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 103, die den Beschluss bei Verfahrensmängeln stets nur als vernichtbar ansehen.
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tete Einberufung, die unzulässige Teilnahme Dritter u.Ä.1. Die Nichtladung oder der unzulässige Ausschluss einzelner Aufsichtsratsmitglieder führen nach herrschender Meinung ebenfalls zur uneingeschränkten Nichtigkeit der gleichwohl gefassten Aufsichtsratsbeschlüsse; überzeugender scheint es hingegen, nur eingeschränkte Nichtigkeit/Anfechtbarkeit anzunehmen2. Die Unwirksamkeit von Einzelstimmen führt zur uneingeschränkten Nichtigkeit des Beschlusses, wenn die unwirksamen Stimmen für das Beschlussergebnis ausschlaggebend waren. Andernfalls ist der Beschluss weder nichtig noch anfechtbar, sondern fehlerfrei wirksam3. Nach diesen Grundsätzen beurteilen sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch die Auswirkungen der erfolgreichen Anfechtung der Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds. Wird die Wahl für nichtig erklärt, ist das betreffende Aufsichtsratsmitglied für die Beschlussfassung wie ein Nichtmitglied zu behandeln. Hingen die Beschlussfähigkeit oder das Zustandekommen der Mehrheit von seiner Stimme ab, ist der so gefasste Beschluss nichtig; war die Stimme für die Ablehnung eines Beschlussantrags ursächlich, ist der Beschluss zustandegekommen4. In der Literatur hatte sich demgegenüber eine vordringende Auffassung für die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Organstellung ausgesprochen5; diese Lehre erscheint weiterhin vorzugswürdig6. 740
Verstöße gegen bloße Ordnungsvorschriften (z.B. mangelhafte Protokollierung, Sitzungsteilnahme aufsichtsratsfremder Personen entgegen § 109 Abs. 1 Satz 1 AktG) sind für die Wirksamkeit des Beschlusses ohne Belang7.
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Auf die uneingeschränkte Nichtigkeit eines Aufsichtsratsbeschlusses kann sich jeder Betroffene unbefristet und ohne besondere Form berufen. 1 Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 82; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 69; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 116; Fleischer, DB 2013, 217, 218 f.; Baums, ZGR 1983, 300, 308 ff.; ausführlich Axhausen, Anfechtbarkeit, S. 183 ff. 2 So auch Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 103; Baums, ZGR 1983, 300, 309 ff.; Axhausen, Anfechtbarkeit, S. 190 ff.; a.A. Drygala in K. Schmidt/ Lutter, Komm. AktG, § 108 Rn. 37; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 69; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 40. 3 Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 143; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 66; Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 17. 4 BGH v. 19.2.2013 – II ZR 56/12, ZIP 2013, 720 = AG 2013, 387 Tz. 17 f., 20 f.; BGH v. 14.5.2013 – II ZB 1/11, ZIP 2013, 1274 = AG 2013, 562 Tz. 26. 5 Vgl. etwa Habersack, MünchKomm. AktG, § 101 Rn. 70; Happ in FS Hüffer, 2010, S. 293, 305 ff.; Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 6; umfassende Nachweise zum Meinungsstand in BGH v. 19.2.2013 – II ZR 56/12, ZIP 2013, 720 Tz. 18. 6 Priester, GWR 2013, 175, 176. 7 Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 18 (weniger gravierende Verfahrensverstöße); Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 148; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 108 Rn. 35; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 116; Fleischer, DB 2013, 217, 219; näher Axhausen, Anfechtbarkeit, S. 203 ff.
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Der Verfahrensablauf im Aufsichtsrat
§ 11
Daneben ist die Erhebung einer Nichtigkeits-Feststellungsklage gegen die Gesellschaft möglich, vorausgesetzt, der Kläger hat ein entsprechendes Feststellungsinteresse1. Den Mitgliedern des Aufsichtsrats kommt dieses Interesse aufgrund ihrer Organstellung und ihrer sich daraus ergebenden Verantwortung für die Rechtmäßigkeit ihrer Beschlüsse zu2; ob das Feststellungsinteresse entfällt, wenn das Aufsichtsratsmitglied für den Beschluss gestimmt hat3, ist zweifelhaft. Das Feststellungsinteresse wird man im Ergebnis auch den Vorstandsmitgliedern zuzubilligen haben4. Aktionären hingegen kann das Feststellungsinteresse nur zustehen, wenn der Beschluss ihr Mitgliedschaftsrecht berührt (z.B. Ausnutzung eines genehmigten Kapitals mit Bezugsrechtsausschluss, Zustimmung zu Abwehrmaßnahmen gegen ein Übernahmeangebot)5; es gelten insoweit die allgemeinen Grundsätze für die Zulässigkeit von Aktionärsklagen gegen Maßnahmen von Vorstand und Aufsichtsrat6. Dass der Beschluss das Vermögen der Gesellschaft beeinträchtigt, kann hingegen nicht genügen, um ein Feststellungsinteresse von Aktionären zu begründen7, vielmehr sind die Aktionäre insoweit auf die Rechtsschutzmöglichkeit des § 148 AktG verwiesen. Eine Heilung der Nichtigkeit kommt außer im Ausnahmefall des § 256 Abs. 6 AktG nicht in Betracht8. Welche Folgen die Nichtigkeit des Aufsichtsratsbeschlusses für daran anknüpfende weitere Maßnahmen (z.B. Beschlussvorschläge zur Tagesordnung der Hauptversammlung, Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern, Zustimmung zu Geschäftsführungsmaßnahmen, usw.) hat, hängt vom Einzelfall ab9. Bei fehlerhaften Beschlüssen mit bloß eingeschränkter Nichtigkeitsfolge ist es hingegen erforderlich, die Nichtigkeit innerhalb einer angemesse1 Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 18; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 111; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 73 ff.; Baums, ZGR 1983, 300, 343 f. 2 BGH v. 29.1.2013 – II ZB 1/11, AG 2013, 257 Tz. 13; BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 248 = AG 1997, 377 (ARAG); Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 18; Fleischer, DB 2013, 217, 219. 3 So Fleischer, DB 2013, 217, 219. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 112; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 75; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 174. 5 Vgl. auch OLG Frankfurt a.M. v. 7.9.2010 – 5 U 187/09, AG 2011, 631, 633: Feststellungsinteresse nur für Antrag auf Feststellung der Beschlussnichtigkeit, nicht für Antrag auf Feststellung der Verletzung von Mitgliedschaftsrechten. 6 Vgl. dazu etwa BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122, 133 = AG 1982, 158 (Holzmüller); BGH v. 23.6.1997 – II ZR 132/93, BGHZ 136, 133, 141 = AG 1997, 465 (Siemens/Nold); BGH v. 10.10.2005 – II ZR 148/03, BGHZ 164, 241, 254 ff. = AG 2006, 36 (Commerzbank/Mangusta II); OLG Frankfurt a.M. v. 7.9.2010 – 5 U 187/09, AG 2011, 631, 633; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 112; Zöllner, ZGR 1988, 392, 420 ff.; Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 353 ff. 7 Fleischer, DB 2013, 217, 220; a.A. Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 174; wohl auch Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 75; „unter gewissen Umständen“ auch Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 112. 8 Fleischer, DB 2013, 217, 222; Panetta, NJOZ 2008, 4294, 4295. 9 Dazu näher Panetta, NJOZ 2008, 4294, 4295 ff.
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Die Organisation des Aufsichtsrats
nen Frist geltend zu machen1. Dazu berechtigt sind nur diejenigen Mitglieder des Aufsichtsrats2, die selbst von dem Verfahrensverstoß betroffen sind3. Zur Geltendmachung des Mangels genügt im ersten Schritt eine Erklärung gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden4. Lehnt der Aufsichtsrat es daraufhin ab, den Mangel zu beheben, wird man im zweiten Schritt die Erhebung einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses verlangen müssen5. Demgegenüber wurde früher verbreitet angenommen, für die Herbeiführung der Nichtigkeitsfolge genüge allein die Rüge gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden, während eine anschließende Klage nicht mehr erforderlich sei6; diese Lösung wird dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit jedoch nicht ausreichend gerecht. Welche Fristen angemessen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Für die Beanstandung des Beschlusses im ersten Schritt wird man im Allgemeinen verlangen müssen, dass sie rechtzeitig vor der nächsten Aufsichtsratssitzung zu erfolgen hat, damit sich der Aufsichtsrat in dieser Sitzung damit befassen kann7; wenn der Aufsichtsrat trotz der Beanstandung an dem Beschluss festhält, wird man für die dann erforderliche Klage der Monatsfrist des § 246 AktG eine Leitbildfunktion zumessen können8. Die Satzung wird Bestimmungen über die Klagefrist treffen können9. Die rechtzeitige Geltendmachung des Mangels führt nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der ihr folgenden
1 BGH v. 17.5.1993 – II ZR 89/92, BGHZ 122, 342, 352 = AG 1993, 464 (HamburgMannheimer); Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 20; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 117. 2 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 116; Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 20; Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 82; Axhausen, Anfechtbarkeit, S. 218 ff.; weitergehend Baums, ZGR 1983, 300, 339 ff., der auch betroffenen Aktionären dieses Recht geben will; wohl auch Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 177 f. 3 Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 168, 176; Fleischer, DB 2013, 217, 219; a.A. Kindl, AG 1993, 153, 160 f.; Baums, ZGR 1983, 300, 399; Axhausen, Anfechtbarkeit, S. 219 f. 4 BGH v. 17.5.1993 – II ZR 89/92, BGHZ 122, 342, 352 = AG 1993, 464 (HamburgMannheimer); Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 180; Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 20; Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 82; Mertens/ Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 17. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 20; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 180; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 177; Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 82. 6 5. Aufl. Rn. 728; Mertens, Kölner Komm. AktG, 2. Aufl., § 108 Rn. 95; Semler, MünchKomm. AktG, 2. Aufl., § 108 Rn. 203. 7 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 117; etwas großzügiger Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 82 und Fleischer, DB 2013, 217, 222, die eine Rüge spätestens in der nächsten Aufsichtsratssitzung verlangen. 8 Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 82; in diese Richtung auch Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 20 (Klageerhebung spätestens einen Monat nach der nächsten Aufsichtsratssitzung); vgl. auch Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 117; offener Fleischer, DB 2013, 217, 221 f. 9 Fleischer, DB 2013, 217, 222.
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Aufsichtsratsausschüsse
§ 11
Literatur1 dazu, dass es bei der Nichtigkeit bleibt, während nach Ansicht derjenigen Autoren, die zwischen Nichtigkeit und Anfechtbarkeit unterscheiden, die Geltendmachung des Mangels zur rückwirkenden Vernichtung des Beschlusses führt2.
IV. Aufsichtsratsausschüsse 1. Aufgabendelegation an Ausschüsse und ihre Grenzen § 107 Abs. 3 AktG lässt es zu, dass der Aufsichtsrat aus seiner Mitte einen oder mehrere Ausschüsse bestellt. Aufgabe des Ausschusses kann es sein, die Verhandlungen und Beschlüsse des Aufsichtsrats vorzubereiten (vorbereitender Ausschuss), die Ausführungen der Beschlüsse des Aufsichtsrats zu überwachen (überwachender Ausschuss) oder bestimmte Angelegenheiten anstelle des Aufsichtsrats zu entscheiden (entscheidender Ausschuss). Ziel der Ausschussbildung ist es, die Effizienz der Aufsichtsratstätigkeit zu steigern, indem besondere Aufgaben einem kleineren Kreis von Mitgliedern übertragen werden, die möglichst fachkundig besetzt sind und sich intensiver und effizienter ihrer Aufgabe widmen können als es dem Plenum möglich wäre3. Der Kodex empfiehlt in Ziff. 5.3.1, dass der Aufsichtsrat – abhängig von den spezifischen Gegebenheiten des Unternehmens und der Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder – fachlich qualifizierte Ausschüsse bildet. Ziff. 5.3.2 des Kodex empfiehlt insbesondere die Einrichtung eines Prüfungsausschusses (näher unten Rn. 753 ff.), nach Ziff. 5.3.3 des Kodex soll überdies ein Nominierungsausschuss zur Vorbereitung der Aufsichtsratswahlen gebildet werden (näher unten Rn. 758 ff.). Die Pflicht des Aufsichtsrats zu sachgerechter Organisation seiner Tätigkeit wird ihn bei größeren Gesellschaften in aller Regel dazu zwingen, von der Möglichkeit der Ausschussbildung Gebrauch zu machen4. Darüber hinaus schreibt das Gesetz für paritätisch 1 Vgl. BGH v. 17.5.1993 – II ZR 89/92, BGHZ 122, 342, 346 ff. = AG 1993, 464 (Hamburg-Mannheimer); BGH v. 15.11.1993 – II ZR 235/92, BGHZ 124, 111, 115 = AG 1994, 124 (Vereinte Krankenversicherung); BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 247 = AG 1997, 377 (ARAG); zustimmend Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 18 ff.; Habersack, MünchKomm. AktG, § 108 Rn. 73 ff., 81 ff.; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 136 ff.; Spindler in Spindler/ Stilz, Komm. AktG, § 108 Rn. 65, 73 ff.; näher und kritisch Fleischer, DB 2013, 160, 161 sowie DB 2013, 217, 218. 2 Vgl. z.B. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 101 ff.; Baums, ZGR 1983, 300, 308 ff.; Lemke, Aufsichtsratsbeschluss, S. 94 ff., 122 ff.; Kindl, Teilnahme, S. 169 ff.; Axhausen, Anfechtbarkeit, S. 183 ff.; aus der Rechtsprechung insbesondere noch BGH v. 28.11.1988 – II ZR 57/88, BGHZ 106, 54, 66 f. = AG 1989, 89; OLG Hamburg v. 23.7.1982 – 11 U 179/80, WM 1982, 1090, 1095 = AG 1983, 21; OLG Hamburg v. 25.5.1984 – 11 U 183/83, WM 1984, 965, 967 = AG 1984, 248; OLG Hamburg v. 6.3.1992 – 11 U 134/91, DB 1992, 774 f. = AG 1992, 197. 3 Näher Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 88. 4 Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 262; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 92; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 96; E. Vetter in Li-
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Die Organisation des Aufsichtsrats
mitbestimmte Gesellschaften die Bildung des Vermittlungsausschusses nach § 27 Abs. 3 MitbestG vor (näher unten Rn. 789 ff.). Bei börsennotierten Gesellschaften hat der Aufsichtsrat in seinem Bericht an die Hauptversammlung darzulegen, welche Ausschüsse gebildet worden sind (§ 171 Abs. 2 Satz 2 letzter Halbsatz AktG). 744
Das Gesetz erlaubt in weitem Umfang, Aufsichtsratsaufgaben zur endgültigen Erledigung auf einen entscheidenden Ausschuss zu delegieren. Nur die Erledigung der besonders wichtigen Angelegenheiten des Aufsichtsrats ist zwingend dem Plenum vorbehalten. Die dem Plenum vorbehaltenen Entscheidungen ergeben sich vor allem aus dem in § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG enthaltenen Katalog von Aufgaben, die nicht auf einen beschließenden Ausschuss delegiert werden können. Hierzu gehören z.B. die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden und des Stellvertreters, die Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern, die Regelung der Vergütung der Vorstandsmitglieder und der Erlass einer Geschäftsordnung für den Vorstand. Darüber hinaus besteht ein ungeschriebenes Delegationsverbot für alle Entscheidungen des Aufsichtsrats über Fragen seiner Selbstorganisation: der Erlass einer Aufsichtsratsgeschäftsordnung, die Bildung von Ausschüssen, der Widerruf der Bestellung zum Aufsichtsratsvorsitzenden oder zum Stellvertreter und die Beschlussfassung über den Antrag auf gerichtliche Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds aus wichtigem Grund (§ 103 Abs. 3 Satz 2 AktG) sind zwingend dem Gesamtaufsichtsrat vorbehalten1. Gleiches gilt für die Beschlussfassung über die Abgabe der Entsprechenserklärung (§ 161 AktG)2. Ein allgemeines Delegationsverbot für „alle wichtigen Entscheidungen“ gibt es hingegen nicht3. Die Entscheidungen nach § 32 MitbestG, § 15 MitbestErgG über die Ausübung von Beteiligungsrechten in mitbestimmten Gesellschaften können einem Ausschuss übertragen werden, dem allerdings die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner angehören muss; vgl. oben Rn. 500.
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Für die Übertragung von Vorbereitungsaufgaben an vorbereitende Ausschüsse sieht das Gesetz keine Schranken vor. Gleichwohl ist in dem Aufgabenbereich, der dem Gesamtaufsichtsrat zur Entscheidung vorbehalten ist, auch eine vorbereitende Tätigkeit durch Ausschüsse nicht ganz unproblematisch. Für den Spezialfall des Personalausschusses wurde ber amicorum Winter, 2011, S. 701, 712; Krieger, ZGR 1985, 338, 361 f.; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 14 f. 1 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 168 ff.; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 134; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 396 ff.; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 5; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 17 f. 2 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 175; Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 41; Leyens, Großkomm. AktG, § 161 Rn. 227; Goette, MünchKomm. AktG, § 161 Rn. 67; a.A. Ihrig/Wagner, BB 2002, 2509, 2513. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 169; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 132; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 399 f.; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 23 ff.
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Aufsichtsratsausschüsse
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dies bereits oben Rn. 337 erörtert, bei anderen Ausschüssen im Aufgabenbereich des § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG stellt sich die Problematik ähnlich: Umfasst die Vorbereitungstätigkeit die selbständige Wertung und Aussonderung gesammelter Informationen, wird der Entscheidungseinfluss des Plenums reduziert und der Zweck des § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG berührt. Dies nötigt zwar nicht zu der Konsequenz, dass vorbereitende Ausschüsse sich auf reine Informationssammlung zu beschränken hätten1. Erforderlich ist aber ein ausreichender Informationsfluss zwischen Ausschuss und Plenum, der es dem Gesamtaufsichtsrat erlaubt, sich eine eigene Meinung zu bilden und eigenverantwortlich zu entscheiden2. Als Aufgabenbereich überwachender Ausschüsse nennt § 107 Abs. 3 Satz 1 AktG die Überwachung der Ausführung der Aufsichtsratsbeschlüsse durch den Vorstand. Seine allgemeine Überwachungsaufgabe kann der Aufsichtsrat hingegen nicht auf einen Ausschuss delegieren3. Dieses Verbot hindert es aber nicht, einen Ausschuss damit zu betrauen, einzelne Bereiche der Geschäftsführung (z.B. Überwachung einzelner konkreter Geschäftsführungsmaßnahmen oder bestimmte Bereiche der Geschäftsführung) intensiver zu überwachen4.
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Auch wenn zur Entlastung des Aufsichtsrats Ausschüsse eingesetzt werden, bleibt der Gesamtaufsichtsrat Herr des Verfahrens. Der Ausschuss ist verpflichtet, bei seiner Tätigkeit auf den Willen des Gesamtaufsichtsrats Rücksicht zu nehmen und diesem die Möglichkeit zur Entscheidung zu geben, wenn zwischen der Mehrheitsmeinung des Ausschusses und der des Plenums Widersprüche bestehen5. Der Gesamtaufsichtsrat ist jederzeit befugt, Entscheidungen, die er einem Ausschuss übertragen hat, wieder an sich zu ziehen, sei es generell, sei es für den Einzelfall6. Ebenso kann der Ausschuss jederzeit aufgelöst oder anders besetzt werden.
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Der Gesamtaufsichtsrat hat die Tätigkeit der Ausschüsse zu überwachen und sich zu diesem Zweck regelmäßig über die Ausschusstätigkeit berichten zu lassen. Das war auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung
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1 Näher Krieger, Personalentscheidungen, S. 69 f.; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 46 ff., je m.w.N. auch zur Gegenmeinung. 2 Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 156; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 48 f., 54 f. 3 OLG Hamburg v. 29.9.1995 – 11 U 20/95, ZIP 1995, 1673, 1675 = AG 1996, 84; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 145 ff.; Spindler in Spindler/ Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 87; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 4. 4 Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 87; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 3; ausführlich Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 32 ff. 5 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 141; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 92; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 375; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 43 f. 6 BGH v. 14.11.1983 – II ZR 33/83, BGHZ 89, 48, 55 f. = AG 1984, 48; Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 18; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 139; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 352.
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anerkannt1, ist inzwischen aber auch in § 107 Abs. 3 Satz 4 AktG klargestellt. Die Berichterstattung hat grundsätzlich in jeder ordentlichen Aufsichtsratssitzung zu erfolgen2. Sie kann sich auf eine Zusammenfassung des Wesentlichen beschränken3. Detailinformationen braucht der Ausschuss nur zu geben, wenn dies durch Mehrheitsbeschluss des Plenums verlangt wird oder bei vorbereitenden Ausschüssen für eine ordnungsgemäße Entscheidung des Plenums nötig ist; vgl. unten Rn. 784. Zur Verantwortlichkeit der nicht dem Ausschuss angehörenden Aufsichtsratsmitglieder in Bezug auf die Ausschusstätigkeit vgl. unten Rn. 999 ff. 2. Einzelne Ausschüsse 749
In der Praxis ist die Bildung von Aufsichtsratsausschüssen weit verbreitet4. Im Vordergrund stehen Personalausschüsse und Aufsichtsratspräsidien. In börsennotierten Gesellschaften werden zumeist auch Prüfungsausschüsse (Audit Committees)5 und – als neuere Erscheinung – Nominierungsausschüsse nach Ziff. 5.3.3 des Kodex gebildet. Daneben finden sich Ausschüsse für besondere Sachgebiete, etwa für Finanzen, Investitionen und Compliance; die Deutsche Bank hat kürzlich einen „Integritätsausschuss“ gebildet6. Schließlich werden in der Praxis in Sondersituationen Ad-hoc-Ausschüsse für die Wahrnehmung vorübergehender Aufgaben gebildet, so etwa zur Behandlung von Fragen im Zusammenhang mit einem öffentlichen Übernahmeangebot oder zur Begleitung besonders wichtiger operativer Vorhaben des Vorstands7; in rechtlicher Hinsicht gelten für Ad-hoc-Ausschüsse keine Besonderheiten8.
1 OLG Hamburg v. 29.9.1995 – 11 U 20/95, ZIP 1995, 1673, 1676 = AG 1996, 84; Mertens, Kölner Komm. AktG, 2. Aufl., § 107 Rn. 128; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 57 ff. 2 Begr. RegE TransPuG, BR-Drucks. 109/02, S. 36; LG München I v. 26.7.2007 – 12 O 8466/07, WM 2007, 1975, 1977; Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 22a; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 142; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 42. 3 Begr. RegE TransPuG, BR-Drucks. 109/02, S. 36; Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 22a; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 142; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 42. 4 Vgl. zur praktischen Bedeutung von Aufsichtsratsausschüssen namentlich Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 2; aus der älteren Literatur auch Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 1 ff.; Vogel, Aktienrecht und Aktienwirklichkeit, S. 183 ff.; zu Kreditausschüssen von Banken ausführlich Hommelhoff in FS Werner, 1984, S. 315 ff. 5 Vgl. Kremer in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. DCGK, Rn. 940, wonach 100 % der DAX-Gesellschaften und 73 % aller börsennotierten Gesellschaften einen Prüfungsausschuss gebildet haben. 6 Näher dazu Plagemann, NZG 2013, 1293. 7 Konkrete Praxisbeispiele bei Hasselbach/Seibel, AG 2012, 114, 115. 8 Eingehend Hasselbach/Seibel, AG 2012, 114, 116 ff.
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a) Personalausschuss Am meisten verbreitet ist der Personalausschuss1. Seine Aufgabe ist insbesondere die Vorbereitung der Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, insbesondere der Bestellung von Vorstandsmitgliedern und der Ausgestaltung der Anstellungsverträge. Daneben wird ihm vielfach die Entscheidung über Nebentätigkeiten von Vorstandsmitgliedern (§ 88 AktG), Kreditvergaben nach §§ 89, 115 AktG und Dienstverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern (§ 114 AktG) übertragen2. Die Regelung der Vergütung der Vorstandsmitglieder, die früher die wesentliche Aufgabe des Personalausschusses bildete, ist heute zwingend dem Plenum zugewiesen (§§ 107 Abs. 2 Satz 3, 87 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 AktG); vgl. dazu im Einzelnen oben Rn. 394 f., 416.
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b) Aufsichtsratspräsidium In vielen Gesellschaften ist ein Aufsichtsratspräsidium gebildet. Das Auf- 751 gabenbild ist vielfältig. Oft sind Präsidien als Personalausschuss des Aufsichtsrats tätig. Daneben werden ihnen auch andere Aufgaben, z.B. die Behandlung von Finanzierungsfragen und Fragen der Investitionspolitik, zugewiesen; häufig wird dem Präsidium auch die Befugnis übertragen, Eilfälle und besonders vertrauliche Angelegenheiten (namentlich Insidersachverhalte) zu behandeln3. Der eigentliche Kern der Funktionen des Präsidiums ist jedoch der Auftrag, mit dem Vorstand ständig Fühlung zu halten; daneben soll das Präsidium üblicherweise die Arbeit im Aufsichtsrat koordinieren und bei der Sitzungsvorbereitung mitwirken4. Auch soweit das Präsidium diese eigentlichen Präsidialaufgaben wahrnimmt, ist es nach herrschender Auffassung ein Ausschuss des Aufsichtsrats5, nach anderer Meinung ein Gremium eigener Art, weil ihm nicht Aufgaben übertragen werden, die eigentlich dem Plenum obliegen, sondern Aufgaben, die ohne Einsetzung eines Präsidiums vom Aufsichtsratsvorsitzenden zu erledigen sind6. Praktische Unterschiede verbinden sich mit diesen verschiedenen Sichtweisen nicht. Die Errichtung eines Präsidiums setzt einen entsprechenden Aufsichtsratsbeschluss voraus. Ohne einen solchen Beschluss wäre die Bildung ei1 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 2. 2 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 13. 3 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 15, 17; Krieger, ZGR 1985, 338 f. 4 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 123/81, BGHZ 83, 106, 114 = AG 1982, 218; HoffmannBecking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 15; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 103; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 233; Krieger, ZGR 1985, 338, 339. 5 Für die h.M. insbesondere BGH v. 25.2.1982 – II ZR 123/81, BGHZ 83, 106, 114 = AG 1982, 218; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 103; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 233. 6 Krieger, ZGR 1985, 338, 340 ff., 359 ff.; offen Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 16.
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§ 11
Die Organisation des Aufsichtsrats
nes dauernden Beraterkreises des Vorsitzenden (nicht die gelegentliche Beratung einer Einzelfrage mit sachverständigen Aufsichtsratskollegen) pflichtwidrig1. Für die Einsetzung eines Präsidiums gelten im Wesentlichen die gleichen Regeln wie für die Errichtung eines (sonstigen) Ausschusses. Die Entscheidung, ob ein Präsidium gebildet werden soll, obliegt ausschließlich dem Aufsichtsrat selbst; die Satzung kann insoweit keine wirksamen Anordnungen treffen2. Über die Größe des Präsidiums kann der Aufsichtsrat frei entscheiden. Der Grundsatz, dass entscheidende Ausschüsse mit mindestens drei Mitgliedern besetzt werden müssen (vgl. unten Rn. 764), gilt für das Aufsichtsratspräsidium – soweit es um die Wahrnehmung der eigentlichen Präsidialfunktionen geht (vgl. Rn. 751) – nicht3. Der Aufsichtsratsvorsitzende, sein Stellvertreter und etwaige weitere Stellvertreter des Vorsitzenden sind geborene Mitglieder des Präsidiums; ohne sie kann ein Präsidium nicht gebildet werden4. c) Prüfungsausschuss 753
Die Bildung eines Prüfungsausschusses wird durch das Gesetz zwar nicht vorgeschrieben, seit dem BilMoG (2009) sind der Prüfungsausschuss und seine Aufgaben jedoch in § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG besonders hervorgehoben, Ziff. 5.3.2 des Kodex empfiehlt die Einrichtung eines Prüfungsausschusses schon seit der ersten Kodexfassung im Jahre 2002, und in der Praxis ist er seit Ende der 1980er Jahre verbreitet5. Ziff. 5.3.2 des Kodex empfiehlt ergänzend, dass der Vorsitzende des Prüfungsausschusses über besondere Kenntnisse und Erfahrungen in der Anwendung von Rechnungslegungsgrundsätzen und internen Kontrollverfahren verfügen soll. Ziff. 5.2 Abs. 2 des Kodex empfiehlt außerdem, dass der Aufsichtsratsvorsitzende nicht den Vorsitz im Prüfungsausschuss innehaben soll; diese Empfehlung ist als verfehlt abzulehnen6. Nach der Empfehlung in Ziff. 5.3.2 Satz 3 des Kodex soll der Vorsitzende überdies unabhängig und kein ehemaliges Vorstandsmitglied der Gesellschaft sein, dessen Bestellung vor weniger als zwei Jahren endete; auch diese Empfehlung, die den
1 Krieger, ZGR 1985, 338, 363 f. 2 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 123/81, BGHZ 83, 106, 115 = AG 1982, 218; Krieger, ZGR 1985, 338, 361; Semler, AG 1988, 60, 63; a.A. Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 74, 132. 3 Krieger, ZGR 1985, 338, 362; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 16; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 104; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 233. 4 Krieger, ZGR 1985, 338, 363; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 8; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 105. 5 Vgl. aus der Zeit vor dem BilMoG etwa Haasen, ZfbF 40 (1988), 370; Goerdeler, ZGR 1987, 219; Langenbucher/Blaum, DB 1994, 2197; Coenenberg/Reinhart/ Schmitz, DB 1997, 989; Luck, DB 1999, 441; Ranzinger/Blies, AG 2001, 455; Hopt/Roth in FS Nobel, 2005, S. 147. 6 Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 138; Scheffler, ZGR 2003, 236, 261; Coenenberg/Reinhart/Schmitz, DB 1997, 998, 993; a.A. Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 457; Altmeppen, ZGR 2004, 390, 405.
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Aufsichtsratsausschüsse
§ 11
engen Rahmen des § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AktG noch weiter einengt, ist kritisch zu sehen1. Als Aufgaben des Prüfungsausschusses2 nennt § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG die Befassung mit der Überwachung des Rechnungslegungsprozesses, mit der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, des Risikomanagementsystems und des internen Revisionssystems sowie mit der Abschlussprüfung, hier insbesondere der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers und den vom Abschlussprüfer zusätzlich erbrachten Leistungen. Der Kernbereich der Tätigkeit des Prüfungsausschusses kommt in dieser gesetzlichen Regelung kaum zum Ausdruck. Er besteht in der Vorbereitung der dem Gesamtaufsichtsrat obliegenden Prüfung und Entscheidung über die Billigung von Jahres- und Konzernabschluss3 und der Behandlung der Halbjahres- und etwaiger Quartalsfinanzberichte, die nach Ziff. 7.1.2 Satz 2 des Kodex vor der Veröffentlichung vom Aufsichtsrat oder seinem Prüfungsausschuss mit dem Vorstand erörtert werden sollen. In kapitalmarktorientierten Gesellschaften (§ 264d HGB) ist der Vorschlag des Aufsichtsrats zur Wahl des Abschlussprüfers auf eine Empfehlung des Prüfungsausschusses zu stützen (§ 124 Abs. 3 Satz 2 AktG). Darüber hinaus empfiehlt Ziff. 5.3.2 des Kodex, dass sich der Prüfungsausschuss auch mit der Erteilung des Prüfungsauftrags an den Abschlussprüfer, der Bestimmung von Prüfungsschwerpunkten und der Honorarvereinbarung befasst; all diese Aufgaben können dem Prüfungsausschuss anstelle des Aufsichtsrats zur Erledigung übertragen werden. Nach der Empfehlung in Ziff. 5.3.2 des Kodex soll sich der Prüfungsausschuss schließlich auch mit der Compliance befassen, sofern kein anderer Ausschuss damit betraut ist4.
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Die in § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG genannte Befassung mit der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers und der vom Abschlussprüfer zusätzlich erbrachten Leistungen, wird in Ziff. 7.2.1 des Kodex näher konkretisiert. Vor Unterbreitung des Vorschlags zur Wahl des Abschlussprüfers an die Hauptversammlung und dementsprechend vor der Empfehlung des Prüfungsausschusses an das Plenum (§ 124 Abs. 3 Satz 2 AktG) soll eine Erklärung des vorgesehenen Prüfers eingeholt werden, ob und ggf. welche geschäftlichen, finanziellen, persönlichen oder sonstigen Beziehungen zwischen dem Prüfer und seinen Organen und Prüfungsleitern einerseits und dem Unternehmen und seinen Organmitglieder andererseits bestehen, die Zweifel an seiner Unabhängigkeit begründen können. Die Klärung soll sich auch darauf erstrecken, in welchem Umfang im vorausgegangenen Geschäftsjahr andere Leistungen für das Unternehmen, ins-
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1 Vgl. etwa Krieger, ZGR 2012, 202, 211 f.; befürwortend jedoch Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 138; Altmeppen, ZGR 2004, 390, 404. 2 Dazu eingehend Schoch, Der Prüfungsausschuss, S. 156 ff.; Hempelmann, Die Überwachung des Vorstands, S. 256 ff.; Nonnenmacher/Pohle/v. Werder, DB 2009, 1074, 1450 f.; Hönsch, Der Konzern 2009, 553, 559 ff. 3 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 23. 4 Kritisch dazu Sünner, CCZ 2008, 56, 58.
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§ 11
Die Organisation des Aufsichtsrats
besondere auf dem Beratungssektor, erbracht wurden oder für das folgende Jahr vertraglich vereinbart sind. Die Erteilung solcher Zusatzaufträge obliegt dem Vorstand. Ein gesetzlicher Zustimmungsvorbehalt für den Aufsichtsrat besteht nicht1. Auch eine Sorgfaltspflicht des Aufsichtsrats, einen Zustimmungsvorbehalt einzurichten2, wird sich kaum begründen lassen. Allerdings empfiehlt Ziff. 7.2.1 des Kodex, mit dem Abschlussprüfer zu vereinbaren, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrats bzw. des Prüfungsausschusses über während der Prüfung auftretende mögliche Befangenheitsgründe unverzüglich unterrichtet wird; dazu können auch solche Zusatzaufträge gehören. 756
Die ebenfalls in § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG genannte Überwachung des Rechnungslegungsprozesses meint eine Systemprüfung des Prozesses der Ableitung der Zahlen und Angaben des Jahresabschlusses aus der Rechnungslegung3. Die Überwachung der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems und des Risikomanagementsystems erfasst diese Systeme zum einen im Hinblick auf den Rechnungslegungsprozess, zum anderen geht es hierbei jedoch auch um die übrigen Abläufe im Unternehmen4. Kapitalmarktorientierte Unternehmen haben im Lagebericht die wesentlichen Merkmale des internen Kontroll- und Risikomanagementsystems im Hinblick auf den Rechnungslegungsprozess zu schildern (§ 289 Abs. 5 HGB). Die Überwachung der Wirksamkeit des internen Revisionssystems betrifft ebenfalls eine Systemprüfung; der Aufsichtsrat hat nicht die interne Revision und deren Mitarbeiter als solche zu überwachen, sondern die Eignung des vom Vorstand eingerichteten Systems5. Auch soweit Ziff. 5.3.2 des Kodex schließlich empfiehlt, dass sich der Prüfungsausschuss mit der Compliance befasst, sofern damit kein anderer Ausschuss betraut ist, geht es um eine Systemprüfung der Compliance-Organisation (dazu oben Rn. 75)6. In manchen Unternehmen wird für diese Tätigkeit ein besonderer Compliance-Ausschuss eingerichtet; das kann sich insbesondere dann empfehlen, wenn konkrete Compliance-Probleme eine gesteigerte Überwachung in diesem Bereich nötig machen.
1 Hüffer, Komm. AktG, § 111 Rn. 12a; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 111 Rn. 56; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 496 f.; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 28; a.A. Hellwig, ZIP 1999, 2117, 2125, der § 114 AktG analog anwenden will. 2 Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 111 Rn. 56; dazu neigend anscheinend auch Hüffer, Komm. AktG, § 111 Rn. 12a. 3 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 24; E. Vetter, ZGR 2010, 751, 766; Nonnenmacher/Pohle/v. Werder, DB 2009, 1447, 1451. 4 Näher Diederichs/Kißler, Board 2012, 215; E. Vetter, ZGR 2010, 751, 768 ff.; Hoensch, Der Konzern 2009, 553, 559 ff.; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 25 f. 5 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 27; E. Vetter, ZGR 2010, 751, 771 f.; Nonnenmacher/Pohle/v. Werder, DB 2009, 1447, 1451. 6 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 29; E. Vetter, ZGR 2010, 751, 777 f.
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Aufsichtsratsausschüsse
§ 11
Richtet der Aufsichtsrat einer kapitalmarktorientierten Gesellschaft (§ 264b HGB) einen Prüfungsausschuss ein, muss mindestens ein Mitglied die Voraussetzung des § 100 Abs. 5 AktG erfüllen (§ 107 Abs. 4 AktG), d.h., es muss sich um ein unabhängiges Aufsichtsratsmitglied mit Sachverstand auf den Gebieten Rechnungslegung oder Abschlussprüfung handeln. Zu den Anforderungen an die Unabhängigkeit vgl. Ziff. 5.4.2 Satz 2 des Kodex und näher oben Rn. 26. Der von § 100 Abs. 5 AktG geforderte Sachverstand muss entweder auf dem Gebiet der Rechnungslegung oder auf dem Gebiet des Abschlussprüfung vorhanden sein. Er setzt nicht voraus, dass das Aufsichtsratsmitglied über eine entsprechende Berufsausbildung verfügt oder auf einem dieser Bereiche schwerpunktmäßig beruflich tätig war, sondern es genügt, dass sich das Aufsichtsratsmitglied durch Ausbildung oder Werdegang Kenntnisse und Erfahrungen verschafft hat, die es in die Lage versetzen, die vom Vorstand gegebenen Informationen kritisch zu hinterfragen1.
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d) Nominierungsausschuss Ziff. 5.3.3 des Kodex empfiehlt dem Aufsichtsrat, einen Nominierungsausschuss zu bilden, der ausschließlich mit Vertretern der Anteilseigner besetzt ist und dem Aufsichtsrat für dessen Wahlvorschläge an die Hauptversammlung (§ 124 Abs. 3 AktG) geeignete Kandidaten vorschlägt. Die Empfehlung, dass der Nominierungsausschuss nur mit Vertretern der Anteilseigner besetzt sein soll, zeigt, dass nur die Vorschläge für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern gemeint sind, nicht aber die ebenfalls dem Aufsichtsrat obliegenden Vorschläge zur Wahl von Prüfern2. Die Empfehlung wurde erstmals in die Kodexüberarbeitung 2007 aufgenommen und geht auf eine entsprechende Empfehlung der EU-Kommission zurück3. Ihre Umsetzungsquote ist derzeit noch unterdurchschnittlich4. Aufgabe des Ausschusses soll es sein, ein Anforderungsprofil für die Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat zu erarbeiten und auf der Basis eines solchen Profils die Wahlvorschläge des Plenums vorzubereiten5. Es handelt sich also um einen vorbereitenden Ausschuss. Es ist aber auch zulässig, ihm als entscheidendem Ausschuss anstelle des Aufsichtsrats die Beschluss1 OLG München v. 28.4.2010 – 23 U 5517/09, AG 2010, 639 f.; LG München v. 5.11.2009 – 5 HKO 15312/09, AG 2010, 339 f.; Hüffer, Komm. AktG, § 100 Rn. 12; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 100 Rn. 76; Nowak, BB 2010, 2423 f.; eingehend Meyer, Der unabhängige Finanzexperte im Aufsichtsrat, S. 276 ff. 2 Ebenso Wilsing in Wilsing, Komm. DCGK, Ziff. 5.3.3 Rn. 2; wohl auch Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 18. 3 Vgl. Abschnitt II, Ziff. 5.6.1 der Empfehlungen der EU-Kommission vom 15.2.2005, ABl. EG Nr. L 52 vom 25.2.2005, S. 51. 4 Vgl. dazu Kremer in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. DCGK, Rn. 963, der eine Umsetzungsquote von 45 % aller börsennotierten Unternehmen und 96,3 % der DAX-Unternehmen nennt. 5 Kremer in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. DCGK, Rn. 964; Wilsing in Wilsing, Komm. DCGK, Ziff. 5.3.3 Rn. 1.
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§ 11
Die Organisation des Aufsichtsrats
fassung über den Wahlvorschlag an die Hauptversammlung zu übertragen1; nach dem Zweck der Empfehlung liegt darin keine Abweichung, so dass es insoweit keiner Einschränkung der Entsprechenserklärung nach § 161 AktG bedarf2. 759
Der Nominierungsausschuss soll ausschließlich mit Vertretern der Anteilseigner besetzt werden. Das ist sachgerecht und rechtlich ohne Weiteres zulässig, da auch der Wahlvorschlag des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung nur der Mehrheit der Stimmen der Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat bedarf (§ 124 Abs. 3 Satz 5 AktG)3. Wird der Nominierungsausschuss auch mit Arbeitnehmervertretern besetzt, liegt darin eine Kodexabweichung, die eine Einschränkung der Entsprechenserklärung nötig macht4. Der Beschluss des Aufsichtsrats über die Einsetzung und Besetzung des Nominierungsausschusses bedarf nach verschiedenen Stimmen in der Literatur analog § 124 Abs. 3 Satz 5 AktG nur der Mehrheit der Stimmen der Anteilseignervertreter5. Dem ist allenfalls für den Fall zuzustimmen, dass die Aufgabe des Nominierungsausschusses strikt auf die Vorbereitung des Wahlvorschlags zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern beschränkt bleibt6, aber auch für diesen Fall bleibt die Analogie zweifelhaft7. e) Vermittlungsausschuss und Beteiligungsausschuss
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Zum Vermittlungsausschuss nach § 27 Abs. 3 MitbestG vgl. unten Rn. 789 ff. Zum sog. Beteiligungsausschuss, dem die Entscheidungen nach § 32 MitbestG, § 15 MitbestErgG übertragen werden, siehe näher oben Rn. 500. 3. Einsetzung und Besetzung von Ausschüssen a) Einsetzung
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Über die Einsetzung von Ausschüssen entscheidet der Aufsichtsrat selbst. Die Satzung kann die Bildung von Ausschüssen mit bestimmten
1 Hüffer, Komm. AktG, § 124 Rn. 13a; Rieckers in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 124 Rn. 31; Wilsing in Wilsing, Komm. DCGK, Ziff. 5.3.3 Rn. 2. 2 Wilsing in Wilsing, Komm. DCGK, Ziff. 5.3.3 Rn. 2; ersichtlich auch Hüffer, Komm. AktG, § 124 Rn. 13a; Rieckers in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 124 Rn. 31. 3 Kremer in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. DCGK, Rn. 966; Wilsing in Wilsing, Komm. DCGK, Ziff. 5.3.3 Rn. 3; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 19. 4 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 19. 5 Kremer in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. DCGK, Rn. 966; Sünner, AG 2012, 265, 268. 6 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 19. 7 Ablehnend Wilsing in Wilsing, Komm. DCGK, Ziff. 5.3.3 Rn. 4.
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Aufsichtsratsausschüsse
§ 11
Aufgaben im Allgemeinen weder verbieten noch vorschreiben1. Anders ist dies nur, wenn es sich um eine Aufgabe handelt, die dem Aufsichtsrat nicht schon kraft Gesetzes, sondern erst durch die Satzung zugewiesen ist2. Der Aufsichtsrat kann Ausschüsse durch die Geschäftsordnung oder durch Aufsichtsratsbeschluss einsetzen3. Der Einsetzungsbeschluss bedarf der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Eine Verschärfung dieses Mehrheitserfordernisses durch die Satzung ist nicht zulässig. In mitbestimmten Gesellschaften folgt das schon aus der zwingenden Natur von § 29 MitbestG4. Im Übrigen folgt aus der allgemein akzeptierten Annahme, dass die Satzung die Errichtung von Ausschüssen nicht verbieten kann, dass auch Erschwerungen durch höhere Mehrheitserfordernisse unzulässig sind5.
762
Personelle Veränderungen im Gesamtaufsichtsrat ändern an der Einsetzung des Ausschusses nichts; die Ausschusseinsetzung als solche bleibt wirksam. Der Ausschuss wird allerdings handlungsunfähig, wenn durch das Ausscheiden von Mitgliedern seine Mitgliederzahl unter die Mindestzahl von zwei Mitgliedern bei vorbereitenden und überwachenden bzw. drei Mitgliedern bei abschließend entscheidenden tätigen Ausschüssen (unten Rn. 764) sinkt6.
763
b) Besetzung Die zahlenmäßige Zusammensetzung von Aufsichtsratsausschüssen regelt das Gesetz nicht. Zwar sind, damit von einem Ausschuss geredet werden kann, mindestens zwei Personen erforderlich. Dies hindert es aber nicht, vorbereitende Aufgaben auch einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern zu übertragen7. Zur Entscheidung können hingegen nur Ausschüsse 1 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 123/81, BGHZ 83, 106, 115 = AG 1982, 218; BGH v. 17.5.1993 – II ZR 89/92, BGHZ 122, 342, 355 = AG 1993, 464; Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 16; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 96. 2 Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 85; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 132; differenzierend Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 29, der für diese Fälle ein Verbot, jedoch kein Gebot der Ausschussbildung zulässt; ablehnend Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 247; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 96. 3 Muster bei Hölters/Favoccia, Münchener Vertragshandbuch, Band 1, Form.V.59 § 7–12 und V.63; Hoffmann-Becking, Beck’sches Formularbuch, Form. X.17 § 5 und X.18 §§ 8–12. 4 Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 8; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 29 MitbestG Rn. 7. 5 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 97; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 34; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 117. 6 Näher Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 142 ff. 7 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 17; Tomasic in Grigoleit, Komm. AktG, § 107 Rn. 25; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 99, 123; Hoffmann-Becking,
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§ 11
Die Organisation des Aufsichtsrats
mit mindestens drei Mitgliedern eingesetzt werden1. Ebenso wird man für überwachende Ausschüsse, die einzelne Überwachungsaufgaben abschließend erledigen sollen, eine Mindestzahl von drei Mitgliedern verlangen müssen, auch wenn sich mit der Übertragung der Überwachungsaufgabe keine Beschlusskompetenzen verbinden2. Für vorbereitende und überwachende Ausschüsse, die das Plenum nur unterstützen sollen, kann ein Ausschuss auch mit zwei Personen besetzt sein3. In diesem Rahmen entscheidet über die Zahl der Ausschussmitglieder allein der Aufsichtsrat4. In Abhängigkeit von der Größe des Plenums und den Aufgaben des Aufsichtsrats wird eine angemessene Ausschussgröße häufig zwischen drei und sechs Personen liegen5. 765
Der Entscheidung des Aufsichtsrats obliegt auch die personelle Besetzung der Ausschüsse. Mitglied eines Ausschusses kann nur sein, wer Mitglied des Aufsichtsrats ist. Für die Beschlussfassung des Aufsichtsrats über die Wahl der Ausschussmitglieder gelten die allgemeinen Regeln. Der Aufsichtsrat entscheidet mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Das gilt auch in mitbestimmten Gesellschaften (§ 29 Abs. 1 MitbestG)6; dem Vorsitzenden steht auch hier das Zweitstimmrecht nach § 29 Abs. 2 MitbestG zu7. Für die Auswahl der Ausschussmitglieder gilt in erster Linie
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Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 36; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 88 ff. BGH v. 23.10.1975 – II ZR 90/73, BGHZ 65, 190; BGH v. 19.12.1988 – II ZR 74/88, ZIP 1989, 294, 295 = AG 1989, 129; BGH v. 27.5.1991 – II ZR 87/90, ZIP 1991, 869 = AG 1991, 398; Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 17; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 36. Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 269; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 123; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 125; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 92 ff. Ganz h.M., z.B. Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 17; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 36; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 269. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 114; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 268; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 35; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 95 f. Gittermann in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 6 Rn. 40; Hasselbach/Seibel, AG 2012, 114, 177. Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 127; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 56; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 38. Anders noch Säcker, Aufsichtsratsausschüsse, S. 52 ff., der Beschlüsse des Aufsichtsrats über die Besetzung von Ausschüssen dem Verfahren nach § 27 Abs. 1 und 2 MitbestG unterwerfen wollte; dagegen BGH v. 25.2.1982 – II ZR 102/81, BGHZ 83, 144, 148 = AG 1982, 221. Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 127; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 56; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 25 MitbestG Rn. 9; HoffmannBecking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 38; a.A. Koberski in Wlotzke/Wißmann/ Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 41 (kein Zweitstimmrecht für unterparitätische Besetzung); Lieb, JA 1978, 318, 321.
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Aufsichtsratsausschüsse
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das Eignungsprinzip1. Unzulässig ist es allerdings, eine der Gruppen im Aufsichtsrat in diskriminierender Weise von der Mitwirkung an der Ausschussarbeit fernzuhalten. Unter dem MitbestG war in diesem Zusammenhang vor allem umstritten, ob Ausschüsse gesetzlich zwingend paritätisch zu besetzen seien. Sowohl die Auffassung, die dies bejahen2, als auch die Gegenmeinung, welche die personelle Besetzung weiterhin der freien Entscheidung des Aufsichtsrats überlassen wollte3, haben sich in dieser absoluten Form zu Recht nicht durchgesetzt. Einerseits greift das MitbestG hier in die Gestaltungsautonomie des Aufsichtsrats gerade nicht ein, andererseits geht es aber erkennbar von dem Gedanken zweier gleichgewichtiger Gruppen im Aufsichtsrat aus: Eine unterparitätische Besetzung oder der völlige Ausschluss einer Gruppe von der Teilnahme an einem Ausschuss gegen ihren Willen ist nicht per se rechtswidrig, darf aber nur erfolgen, sofern dafür im Einzelfall ein sachlicher Grund besteht4.
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In Gesellschaften, die nach dem DrittelbG mitbestimmt sind, gelten weniger strenge Grundsätze. Hier ist die Bildung von Ausschüssen ohne Arbeitnehmervertreter im Allgemeinen zulässig, ohne dass dafür jeweils eine sachliche Rechtfertigung dargelegt werden müsste5. Die Zulässigkeitsgrenze liegt hier erst bei einer Diskriminierung der Arbeitnehmervertreter. Eine solche liegt jedenfalls dann vor, wenn die Arbeitnehmervertreter ohne sachlichen Grund von der Beteiligung an sämtlichen Ausschüssen ausgeschlossen werden6. Überdies wird ein Ausschuss für
767
1 2 3 4
Näher Paefgen, Aufsichtsratsverfassung, S. 332 f. mit vielen Nachweisen. So etwa Geitner, AG 1976, 210, 211 f.; Reich/Lewerenz, AuR 1976, 261, 271. So etwa Luther, ZGR 1977, 306, 314; Schaub, ZGR 1977, 293, 302. In diesem Sinn BGH v. 17.5.1993 – II ZR 89/92, BGHZ 122, 342, 355 ff. = AG 1993, 464; BGH v. 25.2.1982 – II ZR 102/81, BGHZ 83, 144, 146 f. = AG 1982, 221; OLG München v. 27.1.1995 – 23 U 4282/94, AG 1995, 466, 467; OLG Hamburg v. 6.3.1992 – 11 U 134/91, DB 1992, 774, 776 = AG 1992, 197; Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 21; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 126 ff.; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 40; etwas großzügiger Oetker, Großkomm. AktG, § 29 MitbestG Rn. 34 ff.; enger z.B. Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 41, der den völligen Ausschluss einer Seite gegen ihren Willen für unzulässig ansieht und für eine unterparitätische Besetzung das Zweitstimmrecht versagen will; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 127a und Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 95, die von einer Vermutung der Diskriminierung ausgehen, wenn einem Ausschuss keine AN-Vertreter angehören; Paefgen, Aufsichtsratsverfassung, S. 352, der den völligen Ausschluss einer Gruppe nur mit deren Zustimmung für möglich hält. 5 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 39; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 96; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 130; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 278; Zöllner in FS Zeuner, 1995, S. 161, 182 ff. 6 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 124; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 39; Zöllner in FS Zeuner, 1995, S. 161, 182 ff.
335
§ 11
Die Organisation des Aufsichtsrats
sozialpolitische Angelegenheiten im Allgemeinen nicht ohne Beteiligung der Arbeitnehmer gebildet werden dürfen1. Hingegen geht es zu weit, eine unzulässige Diskriminierung schon dann anzunehmen, wenn ein Personalausschuss ohne Arbeitnehmervertreter gebildet wird2. 768
Die Satzung kann weder anordnen, dass bestimmte Aufsichtsratsmitglieder bestimmten Ausschüssen anzugehören oder nicht anzugehören hätten, noch kann sie vorschreiben, dass die Mitgliedergruppen im Aufsichtsrat sich in bestimmter Weise in einem Ausschuss widerspiegeln müssten3. Hingegen sind entsprechende Bestimmungen der Geschäftsordnung zulässig und wirksam, sofern hierüber der Aufsichtsrat selbst entscheidet (vgl. auch oben Rn. 652)4.
769
Die Amtszeit der Ausschussmitglieder kann mit der Wahl bestimmt werden. Geschieht das nicht, ist im Zweifel davon auszugehen, dass die Wahl für die Dauer der laufenden Amtsperiode als Aufsichtsratsmitglied gelten soll. Bei einer Wiederwahl zum Aufsichtsratsmitglied verlängert sich die Ausschussmitgliedschaft jedoch nicht automatisch, vielmehr ist eine Neuwahl auch zum Ausschussmitglied erforderlich. Das Ausscheiden anderer Aufsichtsratsmitglieder aus dem Aufsichtsrat oder dem Ausschuss berührt die Ausschussmitgliedschaft nicht5. 4. Innere Ordnung der Ausschüsse
770
Die Arbeitsweise von Aufsichtsratsausschüssen regelt das Gesetz in § 108 Abs. 3 und 4 und § 109 AktG. Nähere Regelungen kann die Satzung treffen, solange sie nicht in die dem Aufsichtsrat vorbehaltene Entscheidungsfreiheit über die Einrichtung und Besetzung von Ausschüssen eingreift6. Soweit die Satzung keine vorrangigen Regelungen getroffen hat, kann der Gesamtaufsichtsrat die Geschäftsordnung der Ausschüsse be1 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 124; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 278; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 39; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 107. 2 So aber LG Frankfurt a.M. v. 19.12.1995 – 2/14 O 183/95, ZIP 1996, 1661, 1663; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 125; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 96; wie hier Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 278; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 39. 3 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 123/81, BGHZ 83, 106, 115 = AG 1982, 218; Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 21; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 35, 37. 4 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 21; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 257 f.; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 37; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 136 f.; a.A. OLG Hamburg v. 23.7.1982 – 11 U 179/80, WM 1982, 1090, 1092 ff. = AG 1983, 21; einschränkend Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 98. 5 Näher zum Ganzen Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 142. 6 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 123/81, BGHZ 83, 106, 118 = AG 1982, 218; Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 19; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 45.
336
Aufsichtsratsausschüsse
§ 11
stimmen, soweit er keine Regelung trifft, kann der Ausschuss selbst eine Geschäftsordnung für sich beschließen1. Im Übrigen finden die Bestimmungen über die innere Ordnung des Gesamtaufsichtsrats entsprechende Anwendung2. Die Bestellung eines Ausschussvorsitzenden ist möglich, aber nicht notwendig3. Die Entscheidung, ob ein Vorsitzender bestellt werden soll, und die Auswahl des Vorsitzenden stehen in erster Linie dem Gesamtaufsichtsrat zu, der mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen entscheidet. Hat der Gesamtaufsichtsrat keine Entscheidung getroffen, kann der Ausschuss selbst über die Wahl eines Vorsitzenden befinden4. Die Satzung kann hierzu keine Bestimmungen treffen. Sie kann die Wahl eines Vorsitzenden weder anordnen noch untersagen, ebenso wenig kann sie bestimmen, dass eine bestimmte Person – z.B. der Aufsichtsratsvorsitzende, das älteste Ausschussmitglied usw. – Vorsitzender des Ausschusses sei5. Der Kodex empfahl bislang in Ziff. 5.2 Abs. 2, dass der Aufsichtsratsvorsitzende zugleich den Vorsitz in den Ausschüssen übernimmt, die die Vorstandsverträge behandeln und die Aufsichtsratssitzungen vorbereiten, also im Personalausschuss und im Präsidium; mit der Kodexüberarbeitung 2013 wurde diese überflüssige Empfehlung gestrichen. Zu den Empfehlungen hinsichtlich des Vorsitzes im Prüfungsausschuss (Ziff. 5.3.2 Satz 3 und 4 des Kodex) vgl. oben Rn. 753.
771
Hat der Ausschuss einen Vorsitzenden, so obliegt diesem die Einberufung von Ausschusssitzungen; andernfalls ist jedes Ausschussmitglied zur Einberufung berechtigt6. Entsprechend § 110 Abs. 1 AktG kann jedes Ausschuss- (nicht: Aufsichtsrats-)Mitglied eine Einberufung des Ausschusses verlangen und notfalls entsprechend § 110 Abs. 2 AktG den Ausschuss selbst einberufen7; vgl. dazu oben Rn. 695 f. Das gleiche Recht wird man dem Vorstand zubilligen müssen, denn wenn der Aufsichtsrat
772
1 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 136; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 110 f.; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 45. 2 Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 102; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 147; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 45. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 120; Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 19; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 105; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 46; a.A., es müsse ein Vorsitzender bestellt werden, Paefgen, Aufsichtsratsverfassung, S. 359 f. m.w.N. 4 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 19; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 120; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 46. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 19; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 96; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 46; a.A. Lehmann, DB 1979, 2117, 2121. 6 Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 19; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 107; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 47. 7 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 129; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 107; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 47.
337
§ 11
Die Organisation des Aufsichtsrats
Aufgaben einem Ausschuss übertragen hat, würde das Recht des Vorstands, eine Einberufung des Gesamtaufsichtsrats zu erzwingen, seinen Zweck verfehlen, übertrüge man es nicht auch auf den Ausschuss1. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats ist hingegen nicht zur Einberufung befugt2. Für die Aufstellung und Bekanntgabe der Tagesordnung zur Ausschusssitzung gilt das Gleiche wie beim Gesamtaufsichtsrat3; vgl. oben Rn. 693. 773
Zur Teilnahme an Ausschusssitzungen ist jedes Aufsichtsratsmitglied befugt (§ 109 Abs. 2 AktG). Die nicht dem Ausschuss angehörenden Aufsichtsratsmitglieder sind daher – allerdings nur auf Wunsch4 – zu den Sitzungen des Ausschusses einzuladen und über die Tagesordnung zu informieren; in jedem Fall ist auch der Aufsichtsratsvorsitzende zu informieren, wenn er dem Ausschuss nicht angehört5. Mit dem Teilnahmerecht verbindet sich die Befugnis zur Einsichtnahme in alle Unterlagen des Ausschusses6, allerdings nur insoweit, als diese Unterlagen Grundlage der jeweiligen Sitzung sind7. In der Sitzung haben auch die nicht dem Ausschuss angehörenden Aufsichtsratsmitglieder das Recht, sich an der Diskussion zu beteiligen8. Nach der Sitzung kann jedes Aufsichtsratsmitglied, auch wenn es an der Sitzung nicht teilgenommen hat, Einsicht in das Protokoll verlangen (näher unten Rn. 788)9.
1 A.A. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 129. 2 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 47; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 149; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 107 Rn. 48; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 165; Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 135 ff.; a.A. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 110 Rn. 129; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 420; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 107. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 129; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 47. Zum Gestaltungsspielraum der Satzung hinsichtlich der Sitzungseinberufung vgl. näher Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 166. 4 Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 109 Rn. 28; Habersack, MünchKomm. AktG, § 109 Rn. 22; Hasselbach/Seibel, AG 2012, 114, 120; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 228 f.; zu weitgehend Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 30, der anscheinend auch eine unaufgeforderte Information der ausschussfremden Aufsichtsratsmitglieder über Ort und Zeit von Ausschusssitzungen verlangen will. 5 Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 109 Rn. 59; Hasselbach/Seibel, AG 2012, 114, 120. 6 Hüffer, Komm. AktG, § 109 Rn. 6; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 109 Rn. 37; vgl. auch unten Rn. 788. 7 Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 229; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 109 Rn. 37 f. 8 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 30; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 109 Rn. 36; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 230. 9 Hüffer, Komm. AktG, § 109 Rn. 6; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 109 Rn. 37 f.; Habersack, MünchKomm. AktG, § 109 Rn. 23; weitergehend Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 53, der von einem Recht auf Aushändigung einer Protokollabschrift ausgeht.
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Aufsichtsratsausschüsse
§ 11
Der Aufsichtsratsvorsitzende kann den nicht dem Ausschuss angehörenden Mitgliedern die Teilnahme untersagen (§ 109 Abs. 2 AktG). Mit dem Teilnahmeverbot entfällt das korrespondierende Recht auf Einsicht in die Sitzungsunterlagen und das Sitzungsprotokoll1. Nur der Vorsitzende des Aufsichtsrats, nicht der Vorsitzende des Ausschusses, ist befugt, das Teilnahmerecht zu entziehen; auch dem Aufsichtsratsplenum steht dieses Recht nicht zu2. Nach h.M. kann das Plenum nicht einmal das vom Aufsichtsratsvorsitzenden ausgeschlossene Teilnahmerecht wieder herstellen, so dass es insoweit also keinen gesellschaftsinternen Rechtsbehelf gegen das Teilnahmeverbot gibt3. Ebenso wenig kann der Aufsichtsratsvorsitzende die Entscheidung an den Ausschuss oder dessen Vorsitzenden delegieren4. Das Teilnahmeverbot kann für einzelne oder alle Aufsichtsratsmitglieder ausgesprochen werden, die dem Ausschuss nicht angehören; es kann sich auf einzelne Ausschusssitzungen beschränken, aber bei entsprechendem Geheimhaltungsbedürfnis auch generell für alle Sitzungen eines bestimmten Ausschusses verhängt werden5. Bestehen mehrere Ausschüsse, ist es aber grundsätzlich nicht zulässig, ein generelles Teilnahmeverbot für sämtliche Ausschüsse anzuordnen6. Ein „wichtiger Grund“ für den Ausschluss des Teilnahmerechts ist nicht erforderlich7. Der Aufsichtsratsvorsitzende entscheidet vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen, wobei insbesondere die Wahrung der Vertraulichkeit der Beratungen des Ausschusses, aber auch Gesichtspunkte wie die Effizienz der Ausschusstätigkeit oder die Fernhaltung von Mitgliedern mit Interessen-
1 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 36; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 109 Rn. 40; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 53; siehe auch unten Rn. 788. 2 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 31; Habersack, MünchKomm. AktG, § 109 Rn. 25; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 109 Rn. 29; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 230 ff.; a.A. Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 60. 3 Habersack, MünchKomm. AktG, § 109 Rn. 25 und 31; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 109 Rn. 62; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 31; a.A. Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 58 ff.; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 230 ff. 4 Habersack, MünchKomm. AktG, § 109 Rn. 25; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 109 Rn. 29; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 31. 5 LG München I v. 26.7.2007 – 12 O 8466/07, WM 2007, 1975; Hüffer, Komm. AktG, § 109 Rn. 6; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 34; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 109 Rn. 33; Habersack, MünchKomm. AktG, § 109 Rn. 28; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 48; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 237 ff.; a.A. Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 109 Rn. 63; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 44; Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 55 ff.; Säcker, NJW 1979, 1521, 1523, die einen Ausschluss nur für einzelne Sitzungen zulassen wollen. 6 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 34; Habersack, MünchKomm. AktG, § 109 Rn. 28; Hüffer, Komm. AktG, § 109 Rn. 6; a.A. Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 237 ff. 7 A.A. Hasselbach/Seibel, AG 2012, 114, 120.
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§ 11
Die Organisation des Aufsichtsrats
konflikten u.a. sachgerechte Entscheidungsgesichtspunkte sind1. Der Aufsichtsratsvorsitzende ist bei seiner Entscheidung zur Gleichbehandlung der Aufsichtsratsmitglieder verpflichtet; eine diskriminierende Ausschließung einzelner Aufsichtsratsmitglieder oder Mitgliedergruppen ist unzulässig2. Aufsichtsratsmitgliedern, die den Ausschluss ihres Teilnahmerechts für missbräuchlich erachten, steht die Möglichkeit einer entsprechenden Feststellungsklage offen3. Für die Teilnahme Dritter gelten gemäß § 109 Abs. 1 und 3 AktG die gleichen Regeln wie für Sitzungen des Gesamtaufsichtsrats; vgl. dazu oben Rn. 701 ff. 775
Entscheidungsbefugte Aufsichtsratsausschüsse müssen, damit der Zweck der Beschlussfähigkeitsvorschrift des § 108 Abs. 2 Satz 3 AktG nicht unterlaufen wird, aus mindestens drei Mitgliedern bestehen (vgl. oben Rn. 764) und sind in der Konsequenz dessen auch nur bei Teilnahme von mindestens drei Mitgliedern beschlussfähig4. Im Übrigen gelten § 108 Abs. 2 Satz 2 AktG, § 28 Satz 1 MitbestG entsprechend. Das heißt, dass mindestens die Hälfte der Mitglieder, aus denen der Ausschuss zu bestehen hat (Sollstärke), an der Abstimmung teilnehmen muss5. Satzung oder Geschäftsordnung können eine höhere oder niedrigere Quote festlegen, allerdings nicht die Mindestzahl von drei Mitgliedern unterschreiten6.
776
Die Beschlussfassung in Ausschüssen muss ebenso wie im Plenum (vgl. oben Rn. 714) ausdrücklich erfolgen7. Sie bedarf der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Der Aufsichtsrat kann ein höheres Mehrheitserfordernis anordnen8; hingegen wird man Verschärfungen des Mehrheitserfordernisses durch die Satzung nicht zulassen können9. Ein Zweitstimmrecht analog § 29 Abs. 2 MitbestG steht dem Ausschussvorsitzenden auch in 1 Vgl. etwa LG München I v. 23.8.2007 – 12 O 8466/07, NZG 2008, 348, 349; Hüffer, Komm. AktG, § 109 Rn. 6; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 109 Rn. 66; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 109 Rn. 32. 2 OLG Hamburg v. 25.5.1984 – 11 U 183/83, AG 1984, 248, 250 f.; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 109 Rn. 31; Habersack, MünchKomm. AktG, § 109 Rn. 26. 3 Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 109 Rn. 70; Habersack, MünchKomm. AktG, § 109 Rn. 31. 4 BGH v. 23.10.1975 – II ZR 90/73, BGHZ 65, 190, 192 f.; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 50. 5 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 132; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 50; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 167. 6 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 132; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 50; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 167 f. 7 BGH v. 19.12.1988 – II ZR 74/88, ZIP 1989, 294, 295 = AG 1989, 129; Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 19. 8 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 136; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 51; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 136. 9 Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 169 f.; wohl auch E. Vetter in MarschBarner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 28 Rn. 22; a.A. die h.M., z.B. Hopt/ Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 425; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 136; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 153.
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Aufsichtsratsausschüsse
§ 11
Gesellschaften unter dem MitbestG nicht zu1. Es ist jedoch zulässig, einem Ausschussmitglied (insbesondere dem Vorsitzenden) in der Satzung, in der Geschäftsordnung oder im Beschluss über die Bildung des Ausschusses das Recht zum Stichentscheid oder ein Zweitstimmrecht nach dem Vorbild des § 29 Abs. 2 MitbestG bei Stimmengleichheit einzuräumen2. Für schriftliche Stimmabgaben und schriftliche oder andere vergleichbare Formen der Beschlussfassung gelten gemäß § 108 Abs. 3 und 4 AktG die gleichen Vorschriften wie für den Gesamtaufsichtsrat; vgl. dazu oben Rn. 601 ff. Für fehlerhafte Beschlüsse eines Ausschusses gelten die gleichen Regeln wie für fehlerhafte Aufsichtsratsbeschlüsse (vgl. oben Rn. 737 ff.). Ein uneingeschränkter Nichtigkeitsgrund ist es hier auch, wenn ein entscheidungsbefugter Ausschuss nicht mit der erforderlichen Zahl von mindestens drei Mitgliedern (oben Rn. 764) besetzt war3.
777
Über die Sitzungen des Ausschusses ist entsprechend § 107 Abs. 2 AktG eine Niederschrift anzufertigen4, von der jedes Mitglied des Ausschusses eine Abschrift verlangen kann (zum Recht der übrigen Aufsichtsratsmitglieder auf Einsicht oder Erteilung von Abschriften vgl. unten Rn. 788).
778
5. Informationssystem und Ausschüsse a) Informationsansprüche des Ausschusses Zur Erledigung seiner Aufgaben ist ein Ausschuss ebenso wie das Plenum auf die Erteilung entsprechender Informationen durch den Vorstand angewiesen. Das rechtfertigt die Annahme, dass den Ausschüssen und ihren Mitgliedern entsprechend § 90 Abs. 3 AktG das Recht zusteht, vom Vorstand über Angelegenheiten aus dem Zuständigkeitsbereich des Ausschusses eine Berichterstattung an den Ausschuss zu verlangen5.
779
Will der Vorstand aus eigener Initiative über Angelegenheiten aus dem Zuständigkeitsbereich eines Ausschusses berichten, ist dieser Bericht
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1 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 102/81, BGHZ 83, 144, 148 = AG 1982, 221; Mertens/ Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 134. 2 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 123/81, BGHZ 83, 106, 117 ff. = AG 1982, 218; BGH v. 25.2.1982 – II ZR 102/81, BGHZ 83, 144, 146 ff. = AG 1982, 221; Hüffer, Komm. AktG, § 107 Rn. 22. 3 BGH v. 19.12.1988 – II ZR 74/88, ZIP 1989, 294, 295 = AG 1989, 129; BGH v. 27.5.1991 – II ZR 87/90, ZIP 1991, 869 = AG 1991, 398. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 135; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 53. 5 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 138; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 433; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 157; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 179 ff., 193; Semler, AG 1988, 60, 64 f.
341
§ 11
Die Organisation des Aufsichtsrats
dem zuständigen Ausschuss zu erstatten1. Mündliche Berichte sind also in einer Ausschusssitzung vorzutragen, schriftliche Berichte den Mitgliedern oder dem Vorsitzenden des Ausschusses direkt zuzuleiten. Parallel dazu ist der Aufsichtsratsvorsitzende zu unterrichten, damit dieser ggf. von seinem Recht aus § 109 Abs. 2 AktG Gebrauch machen kann2. Berichte aus wichtigem Anlass (§ 90 Abs. 1 Satz 3 AktG) gehen an den Aufsichtsratsvorsitzenden, der dann entsprechend § 90 Abs. 5 Satz 3 AktG die Ausschussmitglieder zu informieren hat. 781
Ein unmittelbares Einsichts- und Prüfungsrecht entsprechend § 111 Abs. 2 AktG steht den Ausschüssen des Aufsichtsrats grundsätzlich nicht zu3. Das Plenum kann jedoch einen Ausschuss generell oder für den Einzelfall zur Ausübung der Rechte nach § 111 Abs. 2 AktG ermächtigen4.
782
Schließlich ist der Ausschuss ebenso wie der Gesamtaufsichtsrat berechtigt, den fachkundigen Rat Dritter einzuholen, soweit dies für die ordnungsgemäße Erledigung seiner Aufgaben erforderlich ist5; vgl. dazu auch oben Rn. 656 und 703. b) Informationsansprüche des Plenums
783
Informationsansprüche des Aufsichtsratsplenums gegen den Vorstand über Angelegenheiten aus dem Aufgabenbereich beschließender Ausschüsse bestehen – solange die Übertragung der Aufgabe an den Ausschuss nicht rückgängig gemacht ist – grundsätzlich nicht. Vielmehr erfüllt der Vorstand seine Berichtspflicht mit der Unterrichtung des Ausschusses6. Gleiches gilt für vorbereitende Ausschüsse: Solange deren 1 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 138; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 433; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 188 ff., 193 ff.; Semler, AG 1988, 60, 64 f. 2 Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 434; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 116; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 157; Gittermann in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 6 Rn. 89 f.; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 188 ff.; 193 f.; Semler, AG 1988, 60, 64 f.; anders Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 137; Mertens, AG 1980, 67, 73, die Berichte seien zunächst dem Aufsichtsratsvorsitzenden zuzusenden, dem dann die Weitergabe an den Ausschuss obliege. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 137; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 434; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 116; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 199 ff.; a.A. Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 130; Raiser/ Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 61. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 137; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 434; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 157; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 200; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 286. 5 Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 201 ff.; Semler, AG 1988, 60, 64. 6 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 138; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 116; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 443; Rel-
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§ 11
Tätigkeit andauert und das Plenum die Angelegenheit nicht wieder an sich zieht, besteht ein Informationsanspruch des Plenums gegenüber dem Vorstand nicht1. Ist die Vorbereitungsphase abgeschlossen, braucht der Vorstand die dem Ausschuss erstatteten schriftlichen Berichte nicht noch einmal gegenüber dem Plenum zu wiederholen; insoweit hat er seine Pflichten erfüllt2. Anders kann es sich aber bei nur mündlichen Berichten an den Ausschuss verhalten3. Zu beachten ist in jedem Fall, dass dem Plenum stets die allgemeine Überwachung der Geschäftsführung obliegt. Deshalb kann das Plenum weiterhin vom Vorstand solche Informationen verlangen, die zur Verwirklichung der allgemeinen Überwachungspflicht erforderlich sind, auch wenn diese Informationen Tätigkeitsbereiche eines Ausschusses betreffen4. Die Ausschüsse haben das Plenum regelmäßig in zusammengefasster Form über ihre Arbeit zu unterrichten (§ 107 Abs. 3 Satz 4 AktG); vgl. dazu oben Rn. 748. Das Plenum des Aufsichtsrats kann überdies durch entsprechenden Beschluss von seinen Ausschüssen umfassende Informationen verlangen5. Ein vorbereitender Ausschuss ist darüber hinaus naturgemäß verpflichtet, dem Plenum von sich aus zu berichten, sobald er seine Arbeit getan hat. Schriftliche Vorstandsberichte, die dem Ausschuss erstattet wurden, sind an das Plenum weiterzuleiten, über mündliche Vorstandsberichte ist das Plenum zu informieren6. Außerdem hat der Ausschuss durch einen eigenen Bericht dafür zu sorgen, dass das Plenum die für seine Entscheidung erforderlichen Kenntnisse rechtzeitig erhält7. Anders verhält es sich bei Ausschüssen, denen Angelegenheiten zur abschließenden Erledigung an Stelle des Aufsichtsrats übertragen sind. Vorstandsberichte, die solchen Ausschüssen über Angelegenheiten aus ihrem Bereich erstattet wurden, braucht der Ausschuss nicht von sich aus an
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lermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 184 ff.; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 372. Hasselbach/Seibel, AG 2012, 114, 122; Mertens, AG 1980, 67, 73 f.; Semler, MünchKomm. AktG, 2. Aufl., § 107 Rn. 369; wohl auch Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, 107 Rn. 138; vgl. auch Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 377; a.A. wohl Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 116. Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 193 f.; Semler, AG 1988, 60, 64. Näher Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 194 ff.; Semler, AG 1988, 60, 65. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 138; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 373. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 142; Habersack, MünchKomm. AktG, § 107 Rn. 156; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 43; Paefgen, Aufsichtsratsverfassung, S. 359 f. Zu möglichen Ausnahmen von diesem Grundsatz vgl. Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 205 f. Mertens/Cahn, Köner Komm. AktG § 107 Rn. 142; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 114; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 207 f. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 142; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 114; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 44; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 208 ff.; Semler, AG 1980, 60, 65.
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das Plenum weiterzuleiten1. Ebenso wenig ist der Ausschuss gehalten, von sich aus sonstige Detailinformationen über die Verhandlungen im Ausschuss dem Plenum zuzuleiten2. 785
Die Einsichts- und Prüfungsrechte des Plenums nach § 111 Abs. 2 AktG werden durch die Einsetzung von Ausschüssen nicht berührt. Auch wenn das Plenum einen Ausschuss ermächtigt hat, im Rahmen seines Aufgabenbereichs die Rechte nach § 111 Abs. 2 AktG auszuüben, ist es nicht gehindert, davon auch selbst Gebrauch zu machen. c) Informationsansprüche einzelner Aufsichtsratsmitglieder
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Das Recht einzelner Aufsichtsratsmitglieder, vom Vorstand nach § 90 Abs. 3 Satz 2 AktG Berichterstattung an den Aufsichtsrat zu verlangen, wird durch die Einsetzung von Ausschüssen ebenfalls beschränkt. Über Angelegenheiten, die einem Ausschuss zur abschließenden Erledigung übertragen sind, können einzelne Aufsichtsratsmitglieder ebenso wenig Berichterstattung an den Aufsichtsrat verlangen wie das Plenum selbst3; dieses Recht steht nur noch den Ausschussmitgliedern zu (vgl. oben Rn. 783 ff.). Gleiches wird man für Angelegenheiten vorbereitender Ausschüsse annehmen müssen, solange der Ausschuss tätig ist4.
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Eine andere Frage ist, inwieweit einzelne Aufsichtsratsmitglieder Berichtsansprüche gegenüber Ausschüssen erheben können. Das wird zum Teil entsprechend § 90 Abs. 3 Satz 2 AktG angenommen mit der Folge, dass einzelne Aufsichtsratsmitglieder vom Ausschuss einen Bericht an das Plenum verlangen könnten. Gegenüber abschließend tätigen Ausschüssen soll sich dieser Anspruch aber auf Informationen beschränken, die für die Überwachung des Ausschusses erforderlich sind5; weitergehende Informationen durch den Ausschuss kann nur das Plenum durch Mehrheitsbeschluss anfordern6. Gegenüber vorbereitenden Ausschüssen soll
1 Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 114; Hasselbach/Seibel, AG 2012, 114, 122 f. 2 Näher Hasselbach/Seibel, AG 2012, 114, 122 f. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 138; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 443; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 217 ff.; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 372; Semler, AG 1988, 60, 65. 4 Semler, AG 1988, 60, 65; Paefgen, Aufsichtsratsverfassung, S. 348 f.; wohl auch Mertens/Cahn, AG 1980, 67, 73 f.; a.A. Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 219 ff., der es lediglich für möglich hält, den Anspruch aller Aufsichtsratsmitglieder auf eine Berichterstattung an den Ausschuss zu beschränken, sofern der Ausschuss die Funktion eines „Informationsforums“ habe. 5 Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 224 f.; Semler, AG 1988, 60, 65. 6 LG München I v. 26.7.2007 – 12 O 8466/07, WM 2007, 1975, 1977; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 107 Rn. 114; a.A. Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 381, der nach Abschluss der Ausschusstätigkeit jedem Aufsichtsratsmitglied ein umfassendes Informationsrecht über die Tätigkeit des Ausschusses zuspricht.
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der Berichtsanspruch hingegen umfassend sein1; Uneinigkeit besteht allerdings über die Frage, ob der Berichtsanspruch erst nach Abschluss der Ausschusstätigkeit besteht2 oder schon vorher3. Richtigerweise kann wegen § 109 Abs. 2 AktG von vorbereitenden Ausschüssen vor Abschluss ihrer Tätigkeit Berichterstattung nur mit Zustimmung des Aufsichtsratsvorsitzenden verlangt werden4; das sollte im Interesse des Vertraulichkeitsschutzes auch gelten, wenn das Teilnahmerecht zuvor nicht ausgeschlossen war. Die wichtigste Möglichkeit einzelner Aufsichtsratsmitglieder, sich über die Arbeit des Ausschusses zu informieren, ergibt sich aus dem gesetzlichen Recht auf Teilnahme an den Ausschusssitzungen; vgl. dazu oben Rn. 773 f. Mit dem Recht zur Teilnahme an den Ausschusssitzungen verbindet sich die Befugnis auf Einsichtnahme in alle Unterlagen des Ausschusses und in die Ausschussprotokolle5. Mit einem Teilnahmeverbot nach § 109 Abs. 2 AktG entfällt dieses Einsichtsrecht6. Überdies kann der Aufsichtsratsvorsitzende das Einsichtsrecht entsprechend § 109 Abs. 2 AktG auch isoliert ausschließen, wenn ein Aufsichtsratsmitglied Einsicht begehrt, das an der Sitzung nicht teilgenommen hat7; hingegen muss ein Ausschluss des Einsichtsrechts gegenüber Sitzungsteilnehmern wohl ausscheiden8. Werden das Teilnahme- oder das Einsichtsrecht ausgeschlossen, folgt daraus zugleich die Verpflichtung der Ausschussmitglieder, über den Inhalt der Sitzung gegenüber den vom Verbot betroffenen Aufsichtsratsmitgliedern Stillschweigen zu bewahren9. Eine andere Meinung will demgegenüber jedem Aufsichtsratsmitglied ein vom Teilnahmerecht unabhängiges, umfassendes Recht auf Einsicht und Aushändigung sämtlicher Unterlagen der Ausschüsse zubilligen, wobei auch die Vertreter dieser Auffassung dem Aufsichtsratsvorsitzenden entsprechend 1 Semler, AG 1988, 60, 65; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 225 f., der jedoch eine Ausnahme für den Fall macht, dass dem Ausschuss die Funktion eines „Informationsforums“ für alle Aufsichtsratsmitglieder übertragen wurde. 2 So Semler, AG 1988, 60, 65; Leyens, Information des Aufsichtsrats, 2006, S. 280 f. 3 So Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 225 f.; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 107 Rn. 443. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 107 Rn. 142; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 43; E. Vetter in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 28 Rn. 28. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 109 Rn. 6; Habersack, MünchKomm. AktG, § 109 Rn. 23; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 109 Rn. 37 f.; weitergehend Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 53, wonach ein Anspruch auf Aushändigung der Protokolle bestehe. 6 Hüffer, Komm. AktG, § 109 Rn. 6; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 109 Rn. 36; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 109 Rn. 40; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 53. 7 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 32 Rn. 53; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 109 Rn. 73. 8 Habersack, MünchKomm. AktG, § 109 Rn. 29; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 109 Rn. 40; a.A. Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 109 Rn. 73. 9 Eingehend Oetker in FS Hopt, 2010, Bd. 1, S. 1091, 1101 ff.
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§ 109 Abs. 2 AktG das Recht zusprechen, Einsicht und Aushändigung auszuschließen, wenn ein Interesse an besonderer Geheimhaltung bestehe1. 6. Vermittlungsausschuss nach § 27 Abs. 3 MitbestG 789
In mitbestimmten Gesellschaften hat der Aufsichtsrat unmittelbar nach der Wahl des Vorsitzenden und des Stellvertreters einen ständigen Ausschuss zu bilden, dem bei der Bestellung von Vorstandsmitgliedern die Vermittlungsaufgabe nach § 31 Abs. 3 Satz 1 MitbestG zufällt (§ 27 Abs. 3 MitbestG). Weitere Aufgaben hat dieser Ausschuss von sich aus nicht. Er kann – was in der Praxis nicht üblich ist – durch Beschluss des Aufsichtsrats mit zusätzlichen Aufgaben betraut werden, untersteht dann aber insoweit den Rechtsregeln eines normalen Aufsichtsratsausschusses i.S. von § 107 Abs. 3 AktG (vgl. oben Rn. 743 ff.).
790
Der Vermittlungsausschuss besteht aus dem Aufsichtsratsvorsitzenden und seinem Stellvertreter sowie zwei weiteren Mitgliedern, von denen eines von den Arbeitnehmer- und eines von den Anteilseignervertretern im Aufsichtsrat in getrennter Wahl mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt wird (§ 27 Abs. 3 MitbestG). Etwaige weitere Stellvertreter des Aufsichtsratsvorsitzenden (vgl. dazu oben Rn. 661) sind nicht Mitglieder des Vermittlungsausschusses. Sie werden es auch nicht im Vertretungsfall2. Die Amtszeit der beiden gewählten Mitglieder ist von etwaigen Wechseln in der Person des Vorsitzenden oder seines Stellvertreters unabhängig und dauert für die ganze Amtsperiode des Aufsichtsrats an3. Fällt eines der beiden gewählten Mitglieder aus, ist von der Gruppe, die es gewählt hat, unverzüglich eine Nachwahl durchzuführen.
791
Die Regelungen in § 27 Abs. 3 MitbestG sind zwingend. Weder der Aufsichtsrat selbst noch die Satzung können davon in irgendeiner Form abweichen. Namentlich ist weder eine andere Zusammensetzung des Vermittlungsausschusses zulässig, noch ein anderes Wahlverfahren4.
792
Zur Beschlussfassung im Vermittlungsausschuss vgl. oben Rn. 350.
793–820 Einstweilen frei.
1 Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 242 ff.; Deckert, ZIP 1996, 985, 992. 2 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 123/81, BGHZ 83, 106, 116 = AG 1982, 218. 3 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 22; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 27 MitbestG Rn. 34. 4 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 21; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 27 MitbestG Rn. 35.
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§ 12 Rechte und Pflichten der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder; Vergütung I. Gleichheit und Unabhängigkeit Alle Aufsichtsratsmitglieder, gleich von wem sie bestellt oder gewählt wurden, sind in ihren Rechten und Pflichten gleich. Das ist in der Literatur unbestritten1 und mehrfach vom Bundesgerichtshof2 bestätigt worden. Ihnen stehen gleiche Informationen und gleiche Mitwirkungsrechte, gleiches Rederecht und – mit Ausnahme der Stichentscheidbefugnis des Vorsitzenden – auch gleiche Stimmrechte zu. Sie sind andererseits ohne Unterschied ihrer Gruppenzugehörigkeit gleichmäßig auf die Wahrung des Unternehmensinteresses verpflichtet3, haben gleiche Pflichten zur Teilnahme an den Aufgaben des Aufsichtsrats und stehen in gleicher Haftung und Verantwortung. Satzungs- oder Geschäftsordnungsbestimmungen, die dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen, sind nichtig4. Das gilt auch für Beschlüsse des Aufsichtsrats selbst. Zur Frage der Besetzung von Ausschüssen in diesem Zusammenhang vgl. oben Rn. 764 ff.
821
In ihrer Tätigkeit sind die Mitglieder des Aufsichtsrats auch keinerlei Weisungen unterworfen, sondern verpflichtet, eigenständig5 und eigenverantwortlich zu handeln, § 111 Abs. 5 AktG6. Niemand kann von einem Aufsichtsratsmitglied – z.B. durch einstweilige Verfügung – eine be-
822
1 Vgl. etwa Habersack, MünchKomm. AktG, Vor § 95 Rn. 14; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 201 ff.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, Anh. § 117 B § 25 MitbestG Rn. 10; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 76; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaften, § 15 Rn. 94; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 104; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 566 m.w.N. 2 BGH v. 5.6.1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 330 (Bayer); BGH v. 25.2.1982 – II ZR 123/81, BGHZ 83, 106, 120 = AG 1982, 218 (Siemens); BGH v. 25.2.1982 – II ZR 145/80, BGHZ 83, 151, 154 = AG 1982, 223 (Bilfinger & Berger); BGH v. 15.12.1986 – II ZR 18/86, BGHZ 99, 211, 216 = AG 1987, 152. Zuletzt BGH v. 30.1.2012 – II ZB 20/11, AG 2012, 248, 250 = NZG 2012, 347, 349 = ZIP 2012, 472, 473. 3 Vgl. nur BVerfG v. 1.3.1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78, BVerfGE 50, 290, 374; ausführlich unten Rn. 893. 4 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 145/80, BGHZ 83, 151 = AG 1982, 223; BGH v. 17.5.1993 – II ZR 89/92, BGHZ 122, 342 = AG 1993, 464. 5 BGH v. 15.11.1982 – II ZR 27/82, BGHZ 85, 293, 295 f. = AG 1983, 133 (Hertie); zur Einschaltung von Hilfspersonen näher Lutter/Krieger, DB 1995, 257 ff. 6 Allg. Meinung, vgl. BGH v. 29.1.1962 – II ZR 1/61, BGHZ 36, 296, 306; Raiser/ Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 121; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 77; v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 5 Rn. 115. Zur Weisungsfreiheit auch des Aufsichtsratsmitglieds im Pflicht-Aufsichtsrat eines öffentlichen Unternehmens (in privater Rechtsform)
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§ 12
Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder; Vergütung
stimmte Entscheidung erzwingen1. Jedes Mitglied hat vielmehr die volle Freiheit, selbst zu entscheiden – vor dem Hintergrund des ebenso vollen Risikos, bei Verletzung seiner Pflichten haften zu müssen. Verträge, mit denen sich Aufsichtsratsmitglieder verpflichten, ihre Stimme nach Weisung irgendeiner Person (Vorstand, Großaktionär o.Ä.) abzugeben, sind in vollem Umfang unwirksam2, gleichgültig wer immer der Partner einer solchen Vereinbarung auch sei: der Großaktionär, ein Kreditgeber, eine Gewerkschaft oder der Betriebsrat. Das Gleiche gilt für eine vertragliche Vereinbarung, in der sich Aufsichtsratsmitglieder zur Amtsniederlegung verpflichten für den Fall, dass sie einer – wie soeben festgestellt: rechtlich unverbindlichen – Weisung nicht folgen wollen3. Allenfalls zulässig sind unverbindliche Richtlinien und Empfehlungen eines Wahl- oder Entsendungsberechtigten. Solche Empfehlungen entbinden ein Aufsichtsratsmitglied nicht von seiner Pflicht, jeweils im Einzelfall seine Entscheidung eigenverantwortlich zu treffen und am Gesamtinteresse des Unternehmens auszurichten4. Das betreffende Aufsichtsratsmitglied befindet sich in einer schwierigen Situation. Denn einerseits besteht das korporative Amtsverhältnis zur Gesellschaft als Quelle der soeben dargestellten Pflicht zur unverbrüchlichen Wahrung der Interessen dieser Gesellschaft. Andererseits steht das Aufsichtsratsmitglied möglicherweise in einem durchaus gültigen schuldrechtlichen Auftragsverhältnis zum Großaktionär. Steht ein „Wunsch“ des Großaktionärs im Einklang mit den Interessen der Gesellschaft, steht nichts entgegen, wenn das Aufsichtsratsmitglied dem Wunsche folgt. Besteht diese Übereinstimmung hingegen nicht, hat das Unternehmensinteresse Vorrang. Gegen dieses kann sich das Auftragsverhältnis in keinem Falle durchsetzen5. Dies alles gilt so für den Pflicht-Aufsichtsrat nach AktG, GenG, MitbestG und DrittelbG6. Es gilt so nicht für den fakultativen Aufsichtsrat nach § 52 GmbHG7.
1 2 3
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vgl. Schwintowski, NJW 1995, 1316, 1318 einerseits, Heidel, NZG 2012, 48 andererseits. Vgl. OLG Köln v. 4.5.1987 – 2 W 27/87, AG 1988, 50. Raiser/Veil, Kapitalgesellschaften, § 15 Rn. 95; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 122. Wie hier die h.M. vgl. Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 78; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 33 Rn. 7; ausführlich Raiser, ZGR 1978, 391 ff.; Säcker, DB 1977, 1791, 1793; ausführlich auch Krieger, Personalentscheidungen, S. 41 ff.; a.A. Hoffmann/Lehmann/Weinmann, Komm. MitbestG, § 27 Rn. 31. Dazu ausführlich Raiser, ZGR 1978, 391 ff. m.w.N. und Krieger, Personalentscheidungen, S. 41 ff. Eingehend dazu Susanne Kalss in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 631 ff. mit allen Nachw. Vgl. auch schon oben Rn. 275. OVG Sachsen v. 3.7.2012 – 4 B 211/12, GmbHR 2012, 35. BVerwG v. 31.8.2011 – 8 C 16/10, BVerwGE 140, 300 = AG 2011, 882; OVG Sachsen v. 3.7.2012 – 4 B 211/12, GmbHR 2012, 35; näher unten Rn. 1213 f. und Lut-
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Die Rechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder
§ 12
II. Die Rechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder1 Die dem Aufsichtsrat übertragenen Kompetenzen sind diesem als Organ zugewiesen, nicht seinen einzelnen Mitgliedern (dazu bereits oben Rn. 40 ff., 43). Diesen steht nur die Befugnis zu, innerhalb des Aufsichtsrats an dessen Tätigkeit mitzuwirken2. Daneben verfügen die einzelnen Mitglieder des Aufsichtsrats aber über einige selbständige Rechte gegenüber anderen Gesellschaftsorganen und in einigen Fällen über die Möglichkeit, eine gerichtliche Entscheidung oder eine sonstige gerichtliche Maßnahme herbeizuführen. Neben diesen organschaftlichen Befugnissen stehen schließlich die persönlichen Ansprüche des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds aus seinem Verhältnis zur Gesellschaft. Im Einzelnen gilt:
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1. Aufsichtsratsinterne Mitwirkungsbefugnisse Die Mitwirkungsbefugnisse der Aufsichtsratsmitglieder im Organ Aufsichtsrat selbst sind im Wesentlichen bereits behandelt und bedürfen hier nur der Zusammenfassung:
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Alle Aufsichtsratsmitglieder haben das Recht auf Teilnahme an den Sitzungen des Aufsichtsrats3, zu denen sie unter Mitteilung der Tagesordnung rechtzeitig zu laden sind. Ihnen steht ein Anspruch auf Aushändigung oder mindestens Einsicht4 in die schriftlichen Berichte des Vorstands und die sonstigen Beschlussvorlagen des Aufsichtsrats zu, sie können sich vorweg schriftlich und in der Sitzung mündlich zu allen Punkten der Tagesordnung äußern, Beschlussanträge stellen und an der Abstimmung teilnehmen. Jedes Mitglied des Aufsichtsrats ist auch berechtigt, die Einberufung einer Aufsichtsrats-Sitzung zu verlangen und notfalls selbst eine solche Sitzung einzuberufen (§ 110 Abs. 1 und 2 AktG). Den einzelnen Organmitgliedern kann in der Geschäftsordnung – sofern das gleichmäßig für alle geschieht – das Recht eingeräumt werden, eine einmalige Vertagung der Abstimmung zu verlangen. Und schließlich kann die Geschäftsordnung für die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder auch gleichmäßig einen Anspruch auf Anordnung einer erneuten Abstimmung in Pattsituationen vorsehen.
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ter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 3 ff. und Rn. 107 ff. Siehe auch Altmeppen in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1 ff. Vgl. dazu auch die Darstellung von Säcker, NJW 1979, 1521 ff. Dazu OLG Stuttgart v. 30.5.2007 – 20 U 14/06, AG 2007, 873. Zum Problem, ob das Teilnahmerecht an Aufsichtsrats-Sitzungen in Konfliktfällen ausgeschlossen ist, vgl. unten Rn. 897 ff. sowie Behr, AG 1984, 281 ff. Vgl. § 90 Abs. 5 AktG (dazu bereits oben Rn. 222) sowie speziell § 170 Abs. 3 AktG zur Einsicht in die Unterlagen für die Bilanzaufsichtsratssitzung und dazu OLG Karlsruhe v. 20.11.1986 – 8 W 54/86, Die Mitbestimmung 1987, 72: Mindestens 4 Stunden ungestörte Einsicht in den Geschäftsräumen der Gesellschaft ist dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied zu gewähren!
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§ 12
Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder; Vergütung
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Jedes Aufsichtsratsmitglied kann die Ergänzung der Tagesordnung verlangen und das auch (allein!) erzwingen (§ 110 Abs. 2 AktG analog)1. Darüber hinaus steht jedem Mitglied ein Vetorecht gegen eine Beschlussfassung ohne förmliche Sitzung zu, es sei denn die Satzung oder die Geschäftsordnung des Aufsichtsrats regelt es anders (§ 108 Abs. 4 AktG)2.
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An den Sitzungen von Ausschüssen können – mangels gegenteiliger Anordnung des Vorsitzenden – auch diejenigen Aufsichtsratsmitglieder teilnehmen, die dem Ausschuss selbst nicht angehören (§ 109 AktG). Im Rahmen dieses Teilnahmerechts kann dann auch die Übersendung der Einladung zu bzw. die Benachrichtigung von den Ausschusssitzungen und der Mitteilung der Tagesordnung verlangt werden.
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Schließlich hat jedes Organmitglied einen Anspruch auf Aushändigung der Sitzungsprotokolle (§ 107 Abs. 2 Satz 4 AktG) und das Recht, Erklärungen zu Protokoll abzugeben. Es kann auch die sonstigen Unterlagen des Aufsichtsrats einsehen und die Aushändigung der vom Vorstand an den Aufsichtsrat erstatteten Berichte einschließlich der Unterlagen zum Jahresabschluss und des Abhängigkeitsberichts verlangen, soweit die Übermittlung nicht nach § 90 Abs. 5 Satz 2 AktG wirksam ausgeschlossen und auf das Einsichtsrecht in den Räumen der Gesellschaft beschränkt worden ist: Dieses Einsichtsrecht ist unabdingbar und kann weder durch die Satzung noch durch die Geschäftsordnung noch durch einen Beschluss des Aufsichtsrats selbst weiter beschränkt oder gar ausgeschlossen werden3. 2. Rechte gegenüber anderen Gesellschaftsorganen
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Jedes Aufsichtsratsmitglied kann vom Vorstand jederzeit die Erstattung eines Berichts an den Aufsichtsrat über – im weitesten Sinne – alle Angelegenheiten der Gesellschaft und des Konzerns verlangen. Ein solches Verlangen kann vom Vorstand nicht zurückgewiesen werden, § 90 Abs. 3 AktG4.
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Jedes Mitglied des Aufsichtsrats ist zur Teilnahme an den Hauptversammlungen berechtigt und grundsätzlich auch verpflichtet (§ 118 Abs. 3 AktG); die Satzung kann dafür aber auch Bild- oder Tonübertragungen vorsehen. Das Aufsichtsratsmitglied hat dort das Recht zur Äußerung, hingegen weder Antrags- noch Stimmrecht. Ausfluss dieses Teilnahmerechts ist der Anspruch gegen den Vorstand, auf Verlangen die Einberu1 Ebenso Habersack, MünchKomm. AktG, § 110 Rn. 26; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 43; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 1983. 2 Dazu schon oben Rn. 652. 3 Unstreitig, vgl. Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 194 ff. 4 Das TransPuG hat § 90 Abs. 3 AktG geändert und das Erfordernis der Unterstützung dieses Begehrens durch mindestens ein weiteres Aufsichtsratsmitglied beseitigt.
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Die Rechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder
§ 12
fung der Hauptversammlung nebst den dazugehörigen Unterlagen mitgeteilt zu bekommen (§ 125 Abs. 3 AktG). Dagegen besteht kein Anspruch auf Mitteilung eines etwaigen weiteren Schriftwechsels zwischen dem Vorstand und Gesellschaftern (Aktionären)1. Über weitere und andere Angaben als die in § 125 Abs. 1 AktG genannten Mitteilungen kann aber Unterrichtung gemäß § 90 Abs. 3 AktG verlangt werden, d.h. als Bericht an den Gesamtaufsichtsrat. Und schließlich kann jedes Aufsichtsratsmitglied vom Vorstand die schriftliche Mitteilung der Beschlüsse der Hauptversammlung beanspruchen (§ 125 Abs. 4 AktG). 3. Rechte auf Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung Bei der Inanspruchnahme der Gerichte durch einzelne Aufsichtsratsmit- 831 glieder im Zusammenhang mit ihrer Organfunktion gilt es drei Komplexe sorgfältig voneinander zu unterscheiden: Zum einen hat das Gesetz dem Aufsichtsratsmitglied persönlich eine Reihe gerichtlicher Klage- und Antragsbefugnisse eingeräumt, mit denen es auf eine ordnungsgemäße Besetzung des Aufsichtsrats und des Vorstands hinwirken und sich gegen fehlerhafte Beschlüsse des Aufsichtsrats selbst, aber auch der Hauptversammlung wenden kann. Daneben kommt eine Einschaltung der Gerichte in Betracht mit dem Ziel, die dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied als Organwalter (Organmitglied) zustehenden Rechte (oben Rn. 824 ff.) durchzusetzen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob und inwieweit einzelne Aufsichtsratsmitglieder anstelle des Gesamtaufsichtsrats in bestimmten Konflikten die Gerichte anrufen können. Und über allem ist nicht zu vergessen, dass das Aufsichtsratsmitglied auch persönliche Ansprüche haben kann, die es notfalls gegen die Gesellschaft durchzusetzen berechtigt sein muss.
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a) Ergänzung des unvollständig besetzten Aufsichtsrats Jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied hat kraft Gesetzes (§ 104 AktG, § 6 Abs. 2 MitbestG) zunächst einmal die Befugnis, für die zahlenmäßige Vollständigkeit des Aufsichtsrats und des Vorstands zu sorgen2. Ist also etwa ein Aufsichtsratsmitglied gleich aus welchem Grunde weggefallen (Tod, Rücktritt), ist kein Ersatzmitglied bestellt worden (dazu unten § 14) oder sind alle Ersatzmitglieder schon „verbraucht“ und ist mit einer als-
1 So offenbar aber Säcker, NJW 1979, 1521, 1524. 2 Von der Ersatzbestellung eines Aufsichtsratsmitglieds oder Vorstandsmitglieds ist die Ersatzbestellung des ganzen Organs zu unterscheiden. Sie kam im Grunde nur bei sog. Spaltgesellschaften aus der Teilung Deutschlands vor. Vgl. dazu BayObLG v. 3.2.1987 – BReg. 3 Z 162/86, AG 1987, 210, 211: Ein solches Organ darf nur im Rahmen der gerichtlich festgelegten Befugnisse tätig werden.
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Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder; Vergütung
baldigen Neuwahl nicht zu rechnen1, so kann2 jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied Antrag bei dem für die Gesellschaft örtlich zuständigen Amtsgericht/Registergericht auf Ersatzbestellung eines Aufsichtsratsmitglieds stellen3. Dieser Befugnis kommt gerade in paritätisch besetzten Gremien große Bedeutung zu. Das/die antragstellende(n) Aufsichtsratsmitglied(er) kann/können dazu auch persönliche Vorschläge machen4; das Gericht aber ist daran in der Regel nicht gebunden, muss jedoch auf die Einhaltung der gesetzlichen Parität oder bestimmter Voraussetzungen der Satzung achten (§ 104 Abs. 4 AktG)5. Das Gleiche gilt auch in Fällen, in denen ein dreiköpfiger Aufsichtsrat infolge eines Stimmverbots eines seiner Mitglieder beschlussunfähig geworden ist6. Für die Beschlussfassung über die Frage, bei der das Stimmverbot besteht, kann die gerichtliche Ersatzbestellung beantragt werden7. Diese durchaus richtige Lösung des Problems wird vom BGH dadurch einfach überflüssig gemacht, dass er schon die Beschlussunfähigkeit leugnet8: Der vom Stimmrecht Ausgeschlossene sei dennoch teilnahme- und redeberechtigt9. Das ist außerordentlich problematisch, wird dem Ausgeschlossenen doch trotz des Interessenkonflikts Einfluss auf die Entscheidung durch seine Teilnahme und sein Rederecht während der Sitzung zu Unrecht ermöglicht10.
1 Da Aufsichtsratsmitglieder von der Hauptversammlung oder der Belegschaft gewählt werden, ist der Aufwand für eine Neuwahl sehr hoch, und es kommt nicht selten vor, dass man sich im Aufsichtsrat selbst oder jedenfalls in seinen Gruppen auf einen solchen Antrag auf Ersatzbestellung einigt. 2 Weitergehend Wagner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 2 Rn. 41, die bei mangelnder Beschlussfähigkeit von der (ungeschriebenen) Verpflichtung des Aufsichtsratsmitglieds zu unverzüglicher Antragstellung ausgeht. Zurückhaltender Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 104 Rn. 10, die von einer Pflicht ausgehen, den Vorstand zu einem entsprechenden Antrag zu veranlassen; nur wenn das nicht zum Erfolg führe, müsse das einzelne Aufsichtsratsmitglied den Antrag selbst stellen. 3 Nach OLG Düsseldorf v. 1.2.1994 – 10 W 1/94, WM 1994, 498 = AG 1994, 424 trägt der Antragsteller die Kosten. Dieser aber hat dafür einen Aufwendungsersatzanspruch gegen die Gesellschaft (dazu unten Rn. 845), da er ja in deren Interesse tätig wird. 4 Zum Anspruch des Vorstands und der übrigen Aufsichtsratsmitglieder auf rechtliches Gehör bei der gerichtlichen Bestellung eines (vorgeschlagenen) Aufsichtsratsmitglieds vgl. OLG Dresden v. 30.9.1997 – 15 W 1236/97, NJW-RR 1998, 830 = AG 1998, 427. 5 Vgl. dazu etwa BayObLG v. 20.8.1997 – 3 Z BR 193/97, NJW-RR 1998, 330 sowie Seidel, Gerichtliche Ergänzung, S. 75 ff. 6 BayObLG v. 28.3.2003 – 3 Z BR 199/02, AG 2003, 427, 429; ebenso OLG Frankfurt a.M. v. 21.9.2005 – 1 U 14/05, ZIP 2005, 2322, 2324 = AG 2005, 925. 7 BayObLG v. 28.3.2003 – 3 Z BR 199/02, AG 2003, 427, 429; ablehnend Priester, AG 2007, 190 ff. 8 BGH v. 2.4.2007 – II ZR 325/05, WM 2007, 1025 = AG 2007, 484. 9 So auch Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 424. 10 Dazu kritisch Lutter in FS Priester, 2006, S. 417 ff.
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Nach § 85 AktG, § 31 Abs. 1 MitbestG kann das Aufsichtsratsmitglied auch in den Fällen, in denen der Vorstand nach Gesetz (z.B. trotz § 33 MitbestG nur ein Vorstandsmitglied1) oder Satzung personell unzureichend besetzt ist, einen Antrag auf Bestellung eines Vorstandsmitglieds durch das Gericht stellen. Neben dem Vorliegen eines dringenden Falls ist Voraussetzung für die gerichtliche Bestellung, dass der gesamte Aufsichtsrat nicht oder nicht schnell genug tätig werden kann2.
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b) Richtige Zusammensetzung des Aufsichtsrats Ist in der Gesellschaft oder in ihren Organen streitig, nach welchen Regeln der Aufsichtsrat zu bilden ist – nach MontanMitbestG, MitbestG oder DrittelbG –, so kann jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied durch Antrag an das für die Gesellschaft örtlich zuständige Landgericht für gerichtliche Klärung sorgen (§ 98 Abs. 2 Nr. 2 AktG, § 6 Abs. 2 MitbestG). Die auf einen solchen Antrag hin ergehende Entscheidung des Gerichts ist für die Gesellschaft und für alle Beteiligten verbindlich, hat also Wirkung für und gegen alle Beteiligten und Betroffenen.
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c) Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Beschlüssen der Hauptversammlung Darüber hinaus kann jedes Aufsichtsratsmitglied nach § 249 AktG Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses erheben3; das war und ist vor allem von Bedeutung, wenn es um die Klärung der Frage geht, ob Regeln der Satzung dem MitbestG widersprechen4. Unter gewissen zusätzlichen Voraussetzungen (§ 245 Nr. 5 AktG) gilt das Gleiche, wenn ein Beschluss nach Auffassung eines Aufsichtsratsmitglieds gemäß §§ 243 ff. AktG zwar gesetz-/statutenwidrig, aber nicht nichtig ist; die Frage kann dann durch Anfechtungsklage des Aufsichtsratsmitglieds gerichtlich geklärt werden5.
1 Allg. Meinung, vgl. Spindler, MünchKomm. AktG, § 85 Rn. 9; Mertens, Kölner Komm. AktG, § 85 Rn. 6. 2 BGH v. 12.11.2001 – II ZR 225/99, NZG 2002, 130, 131 = AG 2002, 241; ein dringender Fall im Sinne des § 85 AktG liegt z.B. immer dann vor, wenn der Vorstand aufgrund der Unterbesetzung die Hauptversammlung bei Vorlage eines von § 121 Abs. 1 AktG genannten Einberufungsgrunds nicht einberufen kann (Kubis, MünchKomm. AktG, § 121 Rn. 16). 3 Die Vorschrift des § 249 AktG wird man entsprechend anzuwenden haben, wenn die Feststellung begehrt wird, dass nach Eintritt der vollen Mitbestimmung entgegenstehende Satzungsvorschriften gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 MitbestG außer Kraft treten. 4 Die Vorschrift findet nach zutreffender Ansicht auch im GmbH-Recht analoge Anwendung; vgl. näher K. Schmidt in Scholz, Komm. GmbHG, § 45 Rn. 127 und 134; Raiser in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, Anh. § 47 Rn. 215. 5 Problematisch aber ist, ob im GmbH-Recht auch § 245 Nr. 5 AktG analog anzuwenden ist; siehe dazu auch näher K. Schmidt in Scholz, Komm. GmbHG, § 45
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d) Unwirksamkeit von Beschlüssen des Aufsichtsrats 837
Wiederum durch Klage beim örtlich für die Gesellschaft zuständigen Landgericht kann1 jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied die Frage klären lassen, ob ein bestimmter Aufsichtsratsbeschluss wirksam ist oder nicht2. Die Klage zur Geltendmachung der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit erfolgt durch Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO3, die gegen die Gesellschaft zu richten ist4. Abweichend von der Regel des § 78 AktG sollte die AG im Fall aufsichtsratsinterner Streitigkeiten jedoch nicht vom Vorstand vertreten werden. Näher liegt hier eine Vertretung durch den Aufsichtsrat in analoger Anwendung des § 112 AktG5. Das Feststellungsinteresse des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds ergibt sich aus der Mitverantwortung für die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse des Organs6. Daher kann das Aufsichtsratsmitglied auch als Nebenintervenient einem solchen Verfahren beitreten, und zwar sowohl auf Seiten des klagenden Aufsichtsratsmitglieds als auch auf Seiten der Gesellschaft7. Nichtigkeitsklage (entsprechend §§ 241, 249 AktG) oder Anfechtungsklage (entsprechend §§ 243 ff. AktG) sind nicht möglich8.
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Rn. 127 und 134 und Raiser in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, Anh. § 47 Rn. 215 und 177. Eine Klagepflicht des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds besteht allenfalls in ganz eklatanten Fällen, näher dazu Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 101. Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 603 f., wollen der Feststellungsklage eine „Anfechtung“ ggü. dem Aufsichtsrats-Vorsitzenden vorschalten. Dieser Versuch einer internen Klärung ist sehr vernünftig und sollte stets versucht werden. Ein rechtlicher Zwang dazu besteht aber nicht. BGH v. 17.5.1993 – II ZR 89/92, BGHZ 122, 342, 347 ff. = AG 1993, 464; BGH v. 15.11.1993 – II ZR 235/92, BGHZ 124, 111, 115 = AG 1994, 124; BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 247 = AG 1997, 377 (ARAG/Garmenbeck); BGH v. 29.1.2013 – II ZB 1/11, NZG 2013, 297 = AG 2013, 257 Tz. 13; zustimmend: Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 18; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 111; Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 97; v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 5 Rn. 148; Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 604. BGH v. 25.2.1982 – II ZR 102/81, BGHZ 83, 144, 146 = AG 1982, 221; BGH v. 17.5.1993 – II ZR 89/92, BGHZ 122, 342, 344 = AG 1993, 464; OLG Stuttgart v. 30.5.2007 – 20 U 13/06, NZG 2007, 549, 550 sub II = AG 2007, 873; Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 20; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 173; Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 97; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 33 Rn. 91; a.A.: Bork, EWiR § 243 AktG 1/92, 421; Bork, ZIP 1991, 137, 143 ff.; Noack, DZWiR 1994, 341, 342; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 213. Gegen BGH v. 17.5.1993 – II ZR 89/92, BGHZ 122, 342, 345 = AG 1993, 464; zur Argumentation vgl. sogleich Rn. 838. BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 248 = AG 1997, 377 (ARAG/ Garmenbeck); BGH v. 29.1.2013 – II ZB 1/11, NZG 2013, 297 = AG 2013, 257 Tz. 13; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 112; K. Schmidt in FS Semler, 1993, S. 329, 345. BGH v. 29.1.2013 – II ZB 1/11, NZG 2013, 297 = AG 2013, 257 = ZIP 2013, 720. BGH v. 17.5.1993 – II ZR 89/92, BGHZ 122, 342, 347 ff. = AG 1993, 464; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 117; Habersack, MünchKomm.
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e) Durchsetzung von subjektiven Organrechten Schließlich kann jedes Mitglied des Aufsichtsrats notfalls die ihm in seiner Organfunktion zustehenden Rechte durch Klage durchsetzen (also insbesondere Teilnahme-, Rede-, Informations- und Stimmrechte); das ist unbestritten1. Besondere Bedeutung kommt diesem Klagerecht für die Individualansprüche2 des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds auf Erstattung des Anforderungsberichts (an den Aufsichtsrat, § 90 Abs. 3 Satz 2 AktG) und auf Kenntnisnahme und Übermittlung dieser Berichte (innerhalb des Aufsichtsrats, § 90 Abs. 5 AktG) zu. Gerichtlich überprüft werden kann schließlich auch die Art und Weise, in der der Anforderungsbericht erstellt wurde. Denn es muss geklärt werden können, ob die vom Vorstand vorgelegten oder erstatteten Berichte den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechen oder zu allgemein bzw. inhaltsleer bzw. zu wenig nachvollziehbar sind.
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Kontrovers beurteilt wird die Frage nach dem richtigen Klagegegner bei der Durchsetzung subjektiver Organrechte. Ein Teil der Literatur tendiert dazu, eine solche Klage gegen das betreffende Organ (also den Vorstand) bzw. das betreffende Organmitglied (also den Aufsichtsratsvorsitzenden, der etwa die Vorstandsberichte nicht weiterleitet, oder den Hauptversammlungsleiter, der dem betreffenden Aufsichtsratsmitglied das Wort verboten hat) zuzulassen3. Demgegenüber weisen der BGH und die wohl überwiegende Ansicht im Schrifttum4 der Gesellschaft die Beklagtenrolle
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AktG, § 108 Rn. 81; Hüffer, Komm. AktG, § 108 Rn. 19; Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 437 f.; Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 97; Götz in FS Lüke, 1997, S. 167, 178; Kindl, AG 1993, 153, 162; a.A. OLG Hamburg v. 6.3.1992 – 11 U 134/91, AG 1992, 197, 198; LG Hannover v. 27.6.1989 – 7 O 214/89, AG 1989, 448, 449; Baums, ZGR 1983, 300, 305 ff.; Lemke, Der fehlerhafte Aufsichtsratsbeschluss, S. 94 ff., 194; Axhausen, Anfechtbarkeit aktienrechtlicher Aufsichtsratsbeschlüsse, S. 224 f. Vgl. nur aus der Rechtsprechung BGH v. 15.11.1982 – II ZR 27/82, BGHZ 85, 293, 295 = AG 1983, 133; BGH v. 28.11.1988 – II ZR 57/88, BGHZ 106, 54, 62 = AG 1989, 89 (Opel); aus der Literatur Spindler, MünchKomm. AktG, § 90 Rn. 61 f.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 90 Rn. 66; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 144; Grunewald, Gesellschaftsrecht, C Rn. 99; Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 ff.; Flume, Juristische Person, S. 406 f.; Westermann in FS Bötticher, 1969, S. 369, 378 ff.; v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 7 Rn. 320 ff.; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 33 Rn. 92 ff. Gegenüber dem Vorstand, der gewünschte Informationen verweigert, kann auch das registergerichtliche Verfahren nach § 407 Abs. 1 AktG eingeleitet werden (Zwangsgeld). Gleiche Terminologie bei Hüffer, Komm. AktG, § 90 Rn. 21; demgegenüber spricht v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 7 Rn. 320 von „eigenem Recht“. Vgl. etwa Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 313 ff.; K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212, 224 ff.; Säcker, NJW 1979, 1521, 1526; Teichmann in FS Mühl, 1981, S. 662, 672 ff.; Bork, ZIP 1991, 137, 140 ff. BGH v. 15.11.1982 – II ZR 27/82, BGHZ 85, 293, 295 = AG 1983, 133 (Hertie); BGH v. 17.5.1983 – II ZR 89/92, BGHZ 122, 342, 344 f. = AG 1993, 464; Mertens/
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zu. Das hat den Nachteil, dass der Vorstand als Vertreter der dann beklagten Gesellschaft eine Position zu verteidigen hat (z.B. die des „eigentlich“ verklagten Aufsichtsratsvorsitzenden), die nicht die eigene ist und die er vielleicht selbst gar nicht verteidigen will. Deshalb sollte bei aufsichtsratsinternen Streitigkeiten zur Durchsetzung subjektiver Organrechte (z.B. Übermittlung eines Vorstandsberichts gemäß § 90 Abs. 5 AktG), in gleicher Weise aber auch bei (ebenfalls aufsichtsratsinternen) Streitigkeiten um die Rechtmäßigkeit eines Aufsichtsratsbeschlusses (vgl. Rn. 837) eine Vertretung der Gesellschaft durch den Aufsichtsrat entsprechend § 112 AktG in Betracht gezogen werden1. f) Klagebefugnis anstelle des Aufsichtsrats? 840
Ob das einzelne Aufsichtsratsmitglied darüber hinaus anstelle des Aufsichtsrats gegen ein (angeblich) rechtswidriges Handeln anderer Gesellschaftsorgane klagen kann, ist sehr problematisch und umstritten. Voraussetzung dafür ist zunächst, dass das gerügte Verhalten überhaupt einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich ist. Ist das der Fall, schreitet der Aufsichtsrat selbst aber nicht ein, wird teilweise befürwortet, an seiner Stelle das einzelne Organmitglied als klagebefugt anzusehen (vergleichbar der actio pro societate); richtigerweise wird man das jedoch allenfalls in Ausnahmefällen annehmen können2. g) Klagebefugnis aus persönlichen Ansprüchen, insbesondere auf Vergütung
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Und letztlich ist fraglos, dass das Aufsichtsratsmitglied die ihm persönlich zustehenden Ansprüche gegen die Gesellschaft (unten Rn. 842 ff.) notfalls auch klageweise gegen die Gesellschaft durchzusetzen berechtigt ist. Insoweit bestehen keinerlei Besonderheiten gegenüber der normalen Situation eines Gläubigers gegenüber seinem angeblich säumigen Schuldner.
Cahn, Kölner Komm. AktG, § 90 Rn. 66; Hüffer, Komm. AktG, § 90 Rn. 21 f.; Bürgers/Israel in Bürgers/Körber, Komm. AktG, § 80 Rn. 20 f.; Flume, Juristische Person, S. 407. 1 Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 15 f. (§ 112 AktG analog); Rellermeyer, WuB II A. § 107 AktG 1.93 (§ 112 AktG analog); Noack, DZWiR 1994, 341, 342; Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 439. 2 Dazu OLG Stuttgart v. 30.5.2007 – 20 U 14/06, AG 2007, 873 = NZG 2007, 549 (der BGH hat die Revision nicht angenommen, Beschluss v. 25.6.2008 – II ZR 141/07). Restriktiv auch v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 7 Rn. 316 ff.; Grunewald, Gesellschaftsrecht, C Rn. 100.
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Die Rechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder
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4. Persönliche Ansprüche a) Rechtsverhältnis zur Gesellschaft Neben ihrer Rechtsstellung als Mitglied des Organs Aufsichtsrat (dem sog. „Organwalterverhältnis“1), stehen die Mitglieder des Aufsichtsrats auch in einem persönlichen Rechtsverhältnis zur Gesellschaft, das insbesondere für die Frage ihrer Vergütung von Bedeutung ist. Der rechtliche Charakter und Gehalt dieses Rechtsverhältnisses ist umstritten. Richtiger Ansicht nach handelt es sich nicht um ein Dienstverhältnis2 und erst recht nicht um einen Teil des (Arbeitnehmer-)Arbeitsverhältnisses3, sondern um ein rein korporatives Rechtsverhältnis4. Es kommt mit Annahme der Wahl zustande und kann individuell-schuldrechtlich hinsichtlich der allgemeinen Aufsichtsratsstellung nicht ergänzt werden5, da sie im Gesetz bindend festgelegt ist und es im Übrigen nur einheitliche Vergütungsregeln für alle Aufsichtsratsmitglieder geben darf und kann6, also individuelle Regelungen von Gesetzes wegen gerade ausgeschlossen sind. Daher gilt allein das Korporationsrecht. Gemäß § 113 Abs. 1 AktG und § 25 Abs. 1 MitbestG kann den Mitgliedern des Aufsichtsrats durch die Satzung oder durch Hauptversammlungsbeschluss eine angemessene Vergütung ihrer Tätigkeit gewährt werden7; kraft Gesetzes besteht ein solcher Vergütungsanspruch nicht8.
1 Säcker, NJW 1979, 1521, 1525. 2 So aber Säcker, NJW 1979, 1521, 1525; Säcker in FS Rebmann, 1989, S. 781, 783. 3 Zutreffend Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 202. 4 So zutreffend Habersack, MünchKomm. AktG, § 101 Rn. 67; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 101 Rn. 92; Hüffer, Komm. AktG, § 101 Rn. 2; Henssler in Henssler/Strohn, Komm. Gesellschaftsrecht, § 101 AktG Rn. 1; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 101 Rn. 9; Simons in Hölters, Komm. AktG, § 101 Rn. 7. 5 So aber Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 59 und 202 sowie Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 354 f. je für die GmbH. 6 Zur gleichen Rechtsstellung aller Aufsichtsratsmitglieder vgl. bereits oben Rn. 821. 7 Zur Frage, ob eine Vergütungsregelung durch Hauptversammlungsbeschluss im Zweifel nur für ein Jahr oder für alle künftigen Geschäftsjahre gilt, vgl. E. Vetter, BB 1989, 442 f. m.w.N. Zum rechtspolitischen Vorschlag einer gesetzlichen Gebührenordnung für Aufsichtsräte vgl. Geßler, DB 1978, 63; dagegen Lutter, AG 1979, 85. 8 Vgl. Wagner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 11 Rn. 1. Es entspricht aber allgemeiner Übung, dass eine solche Vergütung geleistet wird, deren Höhe allerdings von Gesellschaft zu Gesellschaft stark abweicht; vgl. Theisen, Überwachung, S. 263, 444 f. Die Vergütung steht dann dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied persönlich zu; dieses kann also darüber frei verfügen, die Vergütung z.B. auch ganz oder teilweise an eine Arbeitnehmer-Organisation weiterleiten (und sich dazu auch dieser Organisation gegenüber wirksam verpflichten). Dazu kritisch Theisen, Überwachung, S. 262 f.
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b) Allgemeine Vergütungsgrundsätze 843
Wird die Tätigkeit der Aufsichtsratsmitglieder vergütet, ist der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Mitglieder strikt zu wahren: Unterschiedliche Vergütungshöhen für einzelne Aufsichtsratsmitglieder sind nur zulässig, soweit sie sachlich gerechtfertigt sind, sei es durch besondere Funktionen im Aufsichtsrat (Ziff. 5.4.6. Abs. 1 Satz 2 DCGK empfiehlt die Berücksichtigung von Vorsitz, stellvertretender Vorsitz, Vorsitz und Mitgliedschaft in besonderen Ausschüssen1), sei es durch besondere Qualifikation (unterschiedliches Dienstalter o.Ä.)2. Eine Ungleichbehandlung kommt schließlich auch insoweit in Betracht, als einem untätigen Aufsichtsratsmitglied (Krankheit, sonstige regelmäßige Abwesenheit) die Vergütung gekürzt oder gestrichen werden kann3.
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Die Höhe der Vergütung kann nur durch die Satzung oder einen Beschluss der Hauptversammlung festgelegt werden4. Sie darf nicht unangemessen sein (§ 113 Abs. 1 Satz 3 AktG) und kann5 neben einem festen Betrag auch variable, erfolgsorientierte Bestandteile (dazu Rn. 848 ff.) enthalten. Daneben kann auch ein Sitzungsgeld als Entgelt für den eingesetzten Zeitaufwand bezahlt werden. Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat müssen sich aber – finden die Sitzungen während ihrer Arbeitszeit statt – das Sitzungsgeld auf ihre Bezüge anrechnen lassen6. Die Höhe der Gesamtvergütung des Aufsichtsrats ist in den letzten Jahren weiter angestiegen7. 1 Insoweit auch allg. Meinung, vgl. Wagner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 11 Rn. 14; Hüffer, Komm. AktG, § 113 Rn. 4; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 76 und 86; Habersack, MünchKomm. AktG, § 113 Rn. 39; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 113 Rn. 67; Säcker, NJW 1979, 1521, 1525, je m.w.N. 2 Insoweit streitig; wie hier: Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 113 Rn. 10; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 84; Lutter, AG 1979, 85, 89; Vollmer/Maurer, BB 1993, 591, 592; Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 365; a.A. Säcker, NJW 1979, 1521, 1525; Bürgers/Israel in Bürgers/Körber, Komm. AktG, § 113 Rn. 2; wohl auch Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 76 und 86. 3 Wagner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 11 Rn. 59; einschränkend: Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 113 Rn. 32 (nur bei unentschuldigtem Fehlen). 4 Zur Vergütungsstruktur und -höhe siehe die Tabelle im Anhang, S. 593 ff. sowie die unten Fn. 7 zit. Kienbaum-Studie. 5 Ziff. 5.4.6 Abs. 2 Satz 1 a.F. des Kodex empfahl eine variable Vergütung neben der festen Vergütung. Seit der Kodex-Änderung von Mai 2012 (dazu Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, NZG 2012, 1081) ist diese Empfehlung entfallen. Siehe auch unten Rn. 857. 6 Ebenso Oetker, Erfurter Komm. Arbeitsrecht, § 26 MitbestG Rn. 4; differenzierend Gach, MünchKomm. AktG, § 26 MitbestG Rn. 7. 7 Siehe die Kienbaum-Aufsichtsratsstudie 2006/2007, Gummersbach 2008, S. 91 ff. Vgl. dazu auch die neue Studie Metzner/Rapp/Wolff, Vergütung deutscher Aufsichtsratsorgane 2012 sowie Probst/Theisen, Der Aufsichtsrat 2012,
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§ 12
Werden Vergütungen entgegen der Satzung oder ohne Satzungsregel bzw. Hauptversammlungsbeschluss gezahlt, so sind sie nach § 114 Abs. 2 AktG zurück zu gewähren (unten Rn. 877). Ihre Zahlung kann darüber hinaus als Untreue des Vorstands oder der Aufsichtsratsmitglieder strafbar sein1. c) Aufwendungsersatz Daneben hat jedes Aufsichtsratsmitglied entsprechend §§ 675, 670 BGB Anspruch auf Ersatz derjenigen Aufwendungen, die es zur Ausübung seines Amtes für erforderlich halten durfte. Hierher gehören insbesondere Porto-, Telefon-, Fahrt- und Übernachtungskosten. Welchen Lebensstandard das Aufsichtsratsmitglied bei gesellschaftsbezogenen Aufwendungen zugrunde legen darf (Linienflug oder Charterflug, gehobene Hotels oder ausschließlich Luxushotels etc.) kann nicht allgemein gültig, sondern muss einzelfallbezogen beantwortet werden2. In die Beurteilung der Angemessenheit sind (auslagenerhöhend) die Gewohnheiten des Vorstands ebenso einzubeziehen wie (auslagenbegrenzend) die finanzielle Situation der Gesellschaft. Hinsichtlich einzelner Aufwendungen gelten folgende Grundsätze3: Benötigt das Aufsichtsratsmitglied ausnahmsweise zur Erfüllung seiner Aufgaben die Hinzuziehung eines sachverständigen Beraters, so sind diese Kosten zu erstatten4. Bei Rechtsstreitigkeiten, die Aufsichtsratsmitglieder kraft ihres Amtes führen (z.B. Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Aufsichtsratsbeschlusses), spricht einiges für die Annahme, dass die Kosten (solange es sich nicht um eine mutwillige Prozessführung handelt) von vornherein im Rahmen der prozessualen Kostenentscheidung unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits der Gesellschaft aufzuerlegen sind; zumindest besteht ein entsprechender materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch5. Nicht erstattungsfähig sind in der Regel die Kosten für die Unterhaltung eines persönlichen Sekretari-
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66 ff., mit den Ergebnissen des „10. Aufsichtsratspanel“ vom Frühjahr 2012, nach der über die Hälfte der befragten Aufsichtsratsmitglieder ihre Vergütung für „zu niedrig“ und fast alle anderen Befragten ihre Vergütung für jedenfalls „angemessen“ halten. OLG Braunschweig v. 14.6.2012 – Ws 44 und 45/12, ZIP 2012, 1860 = AG 2013, 47. Semler in FS Claussen, 1997, S. 381, 386 f.; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 33 Rn. 14. Ausführlich hierzu Semler in FS Claussen, 1997, S. 381, 383 ff. Z.B. zur Klärung der Frage, ob ausnahmsweise die Vertraulichkeit gebrochen werden darf; ob ein Beschluss des Aufsichtsrats unwirksam ist etc. Näher dazu Säcker, NJW 1979, 1521, 1526; Säcker in FS Fischer, 1979, S. 635, 641 ff.; vgl. auch Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 552 und dort Fn. 45. Für eine unmittelbare Kostentragungspflicht der Gesellschaft bei Organklagen z.B. Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 224; Bauer, Organklagen, S. 82; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 232 ff. Sieht man dies anders, besteht ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch; ein solcher kann der prozessualen Regelung entgegengerichtet sein, wenn Umstände vorliegen, die bei der prozessualen Kostenentscheidung nach §§ 91 ff. ZPO nicht berücksichtigt wer-
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§ 12
Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder; Vergütung
ats1. Die Einrichtung eines solchen Büros kann jedoch gerechtfertigt sein, wenn dessen Anmietung und Ausstattung für die Gesellschaft wegen des Wegfalls von Reisekosten billiger oder wegen der ständigen Verfügbarkeit des Aufsichtsratsvorsitzenden für die Gesellschaft günstiger ist. In solchen Fällen trägt die Gesellschaft die Kosten eines solchen externen Büros. Nicht im Rahmen des allgemeinen Aufwendungsersatzanspruchs liegen die Kosten für eine Versicherung gegen Haftungsrisiken aus der Aufsichtsratstätigkeit. Denn das dabei versicherte Risiko trifft nicht die Gesellschaft, sondern das einzelne Aufsichtsratsmitglied. Üblich ist heute aber der Abschluss einer sog. D&O-Versicherung seitens der Gesellschaft zugunsten ihrer Aufsichtsratsmitglieder. Ein solcher Abschluss bedarf auch nicht der Zustimmung der Hauptversammlung nach § 113 AktG, da das Interesse der Gesellschaft an einem solventen Schuldner im Vordergrund steht. Näher dazu unten Rn. 1036 ff. 846
Umstritten ist, ob auch jene Auslagen erstattungsfähig sind, die ein Aufsichtsratsmitglied zur Teilnahme an Schulungs- und Fortbildungsveranstaltungen tätigt. Dies ist jedenfalls abzulehnen, soweit es um den Erwerb von Mindestkenntnissen geht2. Jedes Aufsichtsratsmitglied hat selbst dafür zu sorgen, dass es die erforderliche Qualifikation zu einer sorgfältigen Amtsführung besitzt. Anders liegt es unter Umständen beim Erwerb tiefergehender Spezialkenntnisse3. Vor dem Hintergrund einer wünschenswerten Professionalisierung der Aufsichtsratstätigkeit kann der Besuch bestimmter Fortbildungsveranstaltungen durch ein Aufsichtsratsmitglied durchaus im Interesse der Gesellschaft liegen. Insoweit darf das Aufsichtsratsmitglied die entstandenen Aufwendungen dann auch „für erforderlich halten“ und sie entsprechend § 670 BGB ersetzt verlangen. Für börsennotierte Gesellschaften gilt im Zweifel Ziff. 5.4.5 Abs. 2 des Kodex: „Die Mitglieder des Aufsichtsrats nehmen die für ihre Aufgaben erforderlichen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen eigenverantwortlich wahr. Dabei sollen sie von der Gesellschaft angemessen unterstützt werden“.
den können; vgl. dazu BGH v. 18.5.1966 – Ib ZR 73/64, BGHZ 45, 251, 257 f.; Giebel, MünchKomm. ZPO, vor § 91 Rn. 17. 1 Ebenso Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 982. Anders liegt es freilich bei einem von der Gesellschaft eingerichteten und vergüteten Sekretariat des Aufsichtsrats, das dann unter der Leitung des Aufsichtsratsvorsitzenden steht und über das das einzelne Aufsichtsratsmitglied nach Rücksprache mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden ggf. zeitweise verfügen kann. Vgl. dazu bereits oben Rn. 656 ff. 2 Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 449; Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 70; Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 368 m.w.N.; a.A. Köstler/Müller/Sick, Aufsichtsratspraxis, Rn. 761. 3 So auch Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 983; Restriktiver wohl Wagner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 11 Rn. 69.
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Die Rechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder
§ 12
Ist diese Bestimmung von der Erklärung von Vorstand und Aufsichtsrat dieser Gesellschaft nach § 161 AktG erfasst, können Aufsichtsratsmitglieder davon ausgehen, dass eine angemessene Fortbildung im Interesse der Gesellschaft liegt und die Kosten dafür von ihr erstattet werden1. Die erstattungsfähigen Aufwendungen können über Pauschalen ersetzt werden2. Da jedes Aufsichtsratsamt ein Teilzeitamt ist, sollten für den Aufsichtsratsvorsitzenden bei der Berechnung der Pauschale aber im Regelfall nicht mehr als drei Arbeitstage pro Monat angesetzt werden. Jede darüber hinausgehende Inanspruchnahme müsste gesondert nachgewiesen werden, damit der gezahlte Aufwendungsersatz auch vor Rückfragen in der Hauptversammlung bestehen kann und nicht der Eindruck einer unzulässigen Zusatzvergütung entsteht.
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5. Erfolgsorientierte Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern Die Tätigkeit des Aufsichtsrats ist heute nicht mehr allein auf die Überwachung der Geschäftsführung des Vorstands beschränkt. Sie hat sich vielmehr zu der eines mitunternehmerischen Organs ausgeweitet (dazu Rn. 58). Aufgrund dieses verantwortungsvollen Aufgabenfeldes haben die Mitglieder des Aufsichtsrats in den vergangenen Jahren zusätzlich zu einer festen auch eine erfolgsorientierte variable Vergütung erhalten. Das hat sich 2012 deutlich geändert3.
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a) Aktienkursorientierte Vergütung Bis vor einigen Jahren bestand die Möglichkeit, Aufsichtsratsmitglieder mit Aktienoptionen zu vergüten und sie so am Unternehmenserfolg teilhaben zu lassen. Nach neuer Rechtslage aufgrund des BGH-Urteils vom 16.2.20044 ist eine Gewährung von Aktienoptionen an Aufsichtsratsmitglieder jedoch nicht mehr möglich und auch eine Vergütung in Form von Wertsteigerungsrechten oder der Ausgabe eigener Aktien erscheint zweifelhaft.
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Zunächst wurde die Zulässigkeit der Ausgabe von reinen Optionsrechten (sog. naked warrants) an Aufsichtsratsmitglieder vom Gesetzgeber im Rahmen der Beratungen zum KonTraG und der damit verbundenen Änderungen der §§ 192, 193 AktG abgelehnt. Der Kreis der Bezugsberechtigen wurde in beiden Vorschriften auf Arbeitnehmer und Mitglieder der Ge-
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1 Vgl. dazu Kremer in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. Kodex, Rn. 1017, 1017a. 2 Wagner in Semler/v. Schenck, Handbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 11 Rn. 43; Habersack, MünchKomm. AktG, § 113 Rn. 21. 3 Siehe dazu die Tabelle in der 5. Aufl. S. 496 ff. einerseits und unten S. 593 ff. andererseits. Vgl. weiter Ludwig, Vergütung, S. 231 ff. Zu dem in neuester Zeit wieder feststellbaren Trend zu einer reinen Fixvergütung siehe aber noch Rn. 857. 4 II ZR 316/02, BGHZ 158, 122 = AG 2004, 265.
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Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder; Vergütung
schäftsführung beschränkt und Aufsichtsratsmitglieder folglich ausgenommen. Der BGH erklärte daraufhin in Anlehnung an die Wertung des Gesetzgebers auch die Gewährung von Aktienoptionen, die mit nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG zurückgekauften eigenen Aktien unterlegt werden sollten, für unzulässig und zog in einem obiter dictum die Zulässigkeit der Vergütung mit Aktienoptionen in Form von Wandel- oder Optionsanleihen in Zweifel1. Diese Zweifel wurden vom Gesetzgeber aufgenommen. Im Rahmen des UMAG wurde § 221 Abs. 4 AktG geändert und ein Verweis auf § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG eingefügt. In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich bestätigt, dass damit auch auf die Beschränkung der Bezugsberechtigten verwiesen werden soll2. Eine Ausgestaltung der variablen Vergütung in Form von Aktienoptionsprogrammen ist daher nicht mehr möglich. 851
Aufgrund dieser Entwicklung ist zweifelhaft, ob die Ausgestaltung einer aktienkursorientierten Vergütung in Form von Wertsteigerungsrechten (stock appreciation rights) oder phantom stocks noch rechtlich zulässig ist3. Mit dieser schuldrechtlichen Nachbildung von Aktienoptionsprogrammen könnte die Wertung des Gesetzgebers, Optionsprogramme für Aufsichtsräte nicht zuzulassen, umgangen werden4.
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Aus ähnlichen Gründen erscheint auch die Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern mit eigenen Aktien der Gesellschaft jedenfalls in den Fällen problematisch, in denen die Ausgabe der Aktien an bestimmte Bedingungen geknüpft wird und diese Ausgestaltung der eines Aktienoptionsprogramms nahe kommt5.
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Hierbei stellt sich außerdem das Problem der Beschaffung eigener Aktien durch die Gesellschaft. Ein Erwerb eigener Aktien auf Grundlage einer Ermächtigung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG würde vermutlich von der Rechtsprechung mit dem Verweis auf § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG und den dort beschränkten Kreis der Bezugsberechtigten auf Arbeitnehmer und Mitglieder der Geschäftsführung für unzulässig erklärt werden.
1 BGH v. 16.2.2004 – II ZR 316/02, BGHZ 158, 122 = AG 2004, 265, dazu u.a. Peltzer, NZG 2004, 509, 510; Paefgen, WM 2004, 1169, 1172. 2 BT-Drucks. 15/5092, S. 25. 3 Die DaimlerChrysler AG verzichtete mit Hinweis auf die unsichere Rechtslage nach dem Urteil des BGH darauf, ihren Aufsichtsratsmitgliedern phantom stocks als variable Komponente der Vergütung einzuräumen. Ihre Aufsichtsratsmitglieder erhalten nur noch eine feste Vergütung. Die Meinung der Literatur ist uneinheitlich: für die Unzulässigkeit von phantom stocks und stock appreciation rights Sven H. Schneider/Uwe H. Schneider, WuB II A. § 71 AktG 1.04, 501, 503; Paefgen, WM 2004, 1169, 1173; Habersack, ZGR 2004, 721, 731; kritisch dazu Bösl, BKR 2004, 474; von Rosen, BB 37/2004, 1; Fuchs, WM 2004, 2233, 2239 spricht sich auch nach der BGH-Entscheidung für die Zulässigkeit der virtuellen Wertsteigerungsmodelle aus. 4 Ebenso Habersack, ZGR 2004, 721, 731 f. 5 Marsch-Barner in FS Röhricht, 2005, S. 401, 417.
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Die Rechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder
§ 12
Die Wahl der letztgenannten Vergütungsmodelle ist aufgrund der mit ihnen verbundenen Rechtsunsicherheit daher nicht zu empfehlen. Möglich wäre es dagegen, die Aufsichtsratsmitglieder zu verpflichten, für einen bestimmten Anteil ihrer Barvergütung Aktien der Gesellschaft zu erwerben und diese über einen vorher festgelegten Zeitraum zu halten1. Dadurch würde für die Mitglieder des Aufsichtsrats ein direkter Anreiz zur Steigerung des Unternehmenserfolgs geschaffen werden.
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b) Dividendenorientierte Vergütung Rechtlich zulässig ist es, einen Teil der Vergütung dividendenorientiert zu gewähren. Die Höhe der zusätzlichen Tantieme wird dabei an die ausgezahlte Dividende angeknüpft.
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In der Praxis könnte eine entsprechende Formulierung so aussehen: Für jeden Cent, den die Dividende pro Aktie einen Euro (20 Cent, 50 Cent) übersteigt, erhält jedes Aufsichtsratsmitglied 500 Euro (800 Euro, 1000 Euro). Eine solche Ausgestaltung hatten einst zwei Drittel der Dax-30-Unternehmen2. Problematisch an dieser Vergütungsregelung ist aber, dass der Aufsichtsrat an der Feststellung des Jahresabschlusses mitwirkt und gemäß § 124 Abs. 3 AktG der Hauptversammlung die Höhe der Dividendenzahlung vorschlägt. Damit kann er indirekt die Höhe seiner eigenen Vergütung bestimmen. Daher sollte eine dividendenorientierte Vergütung nur ein Zusatz sein und keinesfalls den Großteil der Gesamtvergütung des Aufsichtsratsmitglieds ausmachen. c) Von Unternehmenskennziffern abhängige Vergütung In vielen Fällen werden als Bemessungsgrundlage einer erfolgsorientierten Vergütung interne Unternehmenskennziffern herangezogen. Dies ist ebenfalls zulässig. Dabei kann auf Ergebnisgrößen wie z.B. EBIT (Earnings Before Interest and Taxes)3 oder EBITDA (Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization) zurückgegriffen werden, oder es werden renditeorientierte Kennzahlen, wie z.B. ROI (Return on Investment) oder ROCE (Return on Capital Employed) als Bemessungsgrundlage verwendet. Zweckmäßig ist dabei eine Kombination von ergebnis- und renditeorientierten Größen, da beide Größen für sich genommen den Unternehmenserfolg nicht zwangsläufig richtig abbilden4.
1 Marsch-Barner in FS Röhricht, 2005, S. 401, 417. 2 Gehling, ZIP 2005, 549. 3 Diese Bemessungsgrundlage nutzt z.B. die Metro AG und die ThyssenKrupp AG. 4 So auch die „Empfehlung zur Aufsichtsratsvergütung“ des Deutschen Aktieninstituts, Juni 2003, 32.
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d) Die heutige Lage 857
Durch das VorstAG von 20091 mit seinen starken Eingriffen in die Vergütung der Vorstände und seinem Anliegen einer am langfristigen Erfolg des Unternehmens orientierten variablen Vergütung haben sich auch die Überlegungen zur Vergütung der Aufsichtsräte geändert2. Da der Langfrist-Gedanke bei der Vergütung von Aufsichtsräten technisch nur schwer zu verwirklichen ist3, tendieren die Unternehmen heute wieder verstärkt zu einer reinen Fix-Vergütung4. Im Vordergrund steht nach den Verlautbarungen der Unternehmen dabei der Gedanke, dass man die Unabhängigkeit der Kontrolle stärken will5. 6. Beraterverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern a) Allgemeines
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Unabhängig und jenseits seiner regulären Aufsichtsratstätigkeit kann es für die Gesellschaft wichtig und interessant sein, das einzelne Aufsichtsratsmitglied auch noch für andere und zusätzliche Aufgaben zu gewinnen, etwa als Personal- oder Organisationsfachmann, als Anwalt oder Steuerberater etc. Das ist, wie § 114 Abs. 1 AktG zeigt, nicht verboten. Der entsprechende Dienstvertrag nach §§ 611, 675 BGB wird zwischen der AG, vertreten durch den Vorstand, und dem betreffenden Aufsichtsratsmitglied geschlossen, bedarf aber zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung des Gesamtaufsichtsrats6. Doch ist wegen § 113 AktG größte Sorgfalt, Vorsicht und Zurückhaltung geboten. Alle Unklarheiten im Verhältnis von § 113 AktG zu § 114 AktG im konkreten Einzelfall gehen zu Lasten des betreffenden Aufsichtsratsmitglieds7.
1 Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) vom 31.7.2009, BGBl. I 2009, 2509. 2 Der Kodex hat zum Mai 2012 seine Empfehlung zur variablen Vergütung aufgehoben (früher Ziff. 5.4.6. Abs. 2 Satz 1). Siehe dazu auch Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, NZG 2012, 1081, 1088. Zustimmend Peltzer, NZG 2012, 368, 370. Kritisch Stellungnahme des DAV-Handelsrechtsausschusses, NZG 2012, 335, 339. 3 Die Aufsichtsräte müssten mehrere Jahre auf einen Teil ihrer Vergütung warten, ohne zu wissen, ob und wieviel es sein wird. 4 Vgl. die Tabelle unten S. 593 ff. Siehe dazu auch Reimsbach, BB 2011, 940. 5 Vgl. Allen & Overy, Analyse der Vergütungssysteme, 2013, S. 5. 6 Zur Frage, ob das betreffende Aufsichtsratsmitglied dabei mitberatungs- und stimmberechtigt ist, vgl. unten Rn. 894 ff. Die Frage ist in paritätisch besetzten Aufsichtsräten von großer praktischer Bedeutung, da es zum Einsatz der Zweitstimme des Aufsichtsratsvorsitzenden nur kommen kann, wenn zunächst eine Pattsituation besteht (§§ 29 Abs. 2, 31 MitbestG). 7 BGH v. 3.7.2006 – II ZR 151/04, ZIP 2006, 1529, 1533 = AG 2006, 667; BGH v. 4.7.1994 – II ZR 197/93, BGHZ 126, 340, 346 = AG 1994, 508.
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b) Anwendungsbereich der §§ 113, 114 AktG Verboten ist aber gemäß § 113 AktG, den Aufsichtsratsmitgliedern an der Hauptversammlung oder Satzung vorbei durch den Abschluss von Beraterverträgen, die nichts anderes umfassen als die ohnehin geschuldete Organpflicht zur Beratung (vgl. dazu oben Rn. 103), zusätzliche Vergütungen zukommen zu lassen. Fehlt die Zustimmung gemäß § 114 AktG oder ist der Vertrag – bei Identität von Beratungsgegenstand und Organpflicht – gemäß § 113 AktG, § 134 BGB nichtig, so sind empfangene Vergütungen nach § 114 Abs. 2 AktG zurückzuzahlen (unten Rn. 877). Die entscheidende Frage für die Abgrenzung zwischen den nach § 114 AktG erlaubten, aber zustimmungsbedürftigen und den nach § 113 AktG verbotenen Verträgen lautet daher: Wann liegt eine von der Aufsichtsratstätigkeit unabhängige Leistungspflicht (Beratungspflicht) vor oder, anders gewendet, wann decken sich Organpflicht und Beratungstätigkeit1? Anzuknüpfen ist an den Beratungsgegenstand: Ein Beratervertrag ist mit Zustimmung des Aufsichtsrats nur wirksam, wenn die vereinbarte Tätigkeit Fragen eines speziellen Fachgebiets jenseits der Organpflichten betrifft2. Aus § 111 i.V.m. § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG sowie § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 3 AktG lässt sich entnehmen, dass die Beratung des Vorstands als Bestandteil der Überwachungsaufgabe nur wesentliche Geschäftsvorgänge von grundsätzlicher Bedeutung erfasst. Wesentliche Fragen der Geschäftsführung können daher nicht Gegenstand eines Beratervertrages sein3, ebenso wenig wie die Beratung der Gesellschaft in „wesentlichen Konzernangelegenheiten“, die „Mitwirkung bei der Betreuung von Tochtergesellschaften“ im In- und Ausland4 und von Beteiligungen aller Art oder die Beratung in allen im Zusammenhang mit der Geschäftsführung auftretenden Rechtsfragen5. 1 Dazu BGH v. 25.3.1991 – II ZR 188/89, BGHZ 114, 127 = ZIP 1991, 653 = NJW 1991, 183 = DB 1991, 1212 mit Anm. Theisen = AG 1991, 312 mit Anm. Wolf = EWiR § 114 AktG 1/91, 525 (Semler) sowie Lutter/Kremer, ZGR 1992, 87; Mertens in FS Steindorff, 1990, S. 173 ff.; Hoffmann/Kirchhoff, WPg 1991, 592 ff. 2 BGH v. 25.3.1991 – II ZR 188/89, BGHZ 114, 127, 132 = AG 1991, 312; BGH v. 4.7.1994 – II ZR 197/93, BGHZ 126, 340, 346 = AG 1994, 508; BGH v. 3.7.2006 – II ZR 151/04, ZIP 2006, 1529, 1533 = AG 2006, 667; BGH v. 20.11.2006 – II ZR 279/05, ZIP 2007, 22, 23 = AG 2007, 80; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 114 Rn. 17; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 114 Rn. 7; Mertens in FS Steindorff, 1990, S. 173, 181; Lutter/Kremer, ZGR 1992, 87, 95 ff.; Beater, ZHR 157 (1993), 420, 421 ff.; Deckert, AG 1997, 109, 111 ff.; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 33 Rn. 45 ff.; Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 127 stellen alternativ auf den Umfang der Inanspruchnahme ab; das halten Hoffmann/Kirchhoff, WPg 1991, 592, 594 und HoffmannBecking, Münchener Hdb. AG, § 33 Rn. 46 ff. zutr. für zu unbestimmt. Eingehend dazu Lutter in FS Westermann, 2008, S. 1171, 1174 ff. und Ziemons, GWR 2012, 451. 3 BGH v. 25.3.1991 – II ZR 188/89, BGHZ 114, 127, 132 = AG 1991, 312. 4 Lässt eine Formulierung – wie hier – eine klare Zuordnung nicht zu, so liegt im Zweifel ein Verstoß gegen § 113 AktG vor, näher Lutter/Kremer, ZGR 1992, 87, 95 ff. 5 Lutter/Kremer, ZGR 1992, 87, 95 ff.
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Die Abgrenzung ist mithin so vorzunehmen, dass Fragen von grundsätzlicher Bedeutung zur Beratungsaufgabe des Aufsichtsrats gehören, dagegen nicht Fragen spezieller Art und insbesondere solche des Tagesgeschäfts, seiner Vorbereitung und Umsetzung1. Beispiele für letzteren Bereich sind die Auswahl eines neuen Abteilungsleiters in einem zentralen Unternehmensbereich oder die Vorbereitung einer speziellen Emission, allgemeine oder spezielle Steuerberatung oder Prozessführung, technische Vorbereitung und Abwicklung eines Unternehmenskaufes. Diese – und vergleichbare – Tätigkeiten können nach § 114 AktG Gegenstand eines Beratervertrages sein2. In Zweifelsfällen ist ergänzend auf den Zweck der Beratung abzustellen. Während die organschaftliche überwachende Beratung der Vermeidung von Fehlern bei der Unternehmensleitung sowie der Vorbereitung und Mitwirkung an strategischen und Planungsentscheidungen dient, hat eine Beratung im Sinne von § 114 AktG die Lösung konkreter Geschäftsführungsprobleme zum Ziel3. Verbleibende Zweifel und Unklarheiten der Abrede gehen zu Lasten der Gültigkeit des Vertrages4. Bei der Abgrenzung ist zu bedenken, dass die Rechtsprechung den Bereich der organschaftlichen Pflichten sehr weit zieht5. Vor Abschluss eines Beratervertrages ist daher sorgfältige Prüfung und Formulierung erforderlich. Noch einmal: Alle Unklarheiten gehen zu Lasten der Gültigkeit des Vertrages.
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Rechtsfolge einer möglichen, aber fehlenden und nach § 114 AktG erforderlichen Zustimmung ist die schwebende Unwirksamkeit des Vertrages, nach Verweigerung der Genehmigung dessen endgültige Unwirksamkeit. 1 So im Grundsatz auch Hoffmann/Kirchhoff, WPg 1991, 592, 594; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 114 Rn. 21; von Bünau, Beratungsverträge, S. 28; Leuering/ Simon, NJW-Spezial 2006, 171; E. Vetter, AG 2006, 173. 2 Umfasst die Beratungstätigkeit Bereiche, die an sich zur Organpflicht gehören, aber von einem Ausschuss wahrgenommen werden, dem das betreffende Aufsichtsratsmitglied nicht angehört, kann der Vertrag trotzdem nicht über § 114 AktG wirksam sein, näher Lutter/Kremer, ZGR 1992, 87, 97 f. 3 Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 1876; zustimmend Deckert, AG 1997, 109, 113 f.; Grigoleit/Tomasic in Grigoleit, Komm. AktG, § 111 Rn. 7; der BGH nennt in seiner Entscheidung vom 20.11.2006 (II ZR 279/05, ZIP 2007, 22, 23 f. = AG 2007, 80) folgende Fälle: Beratung der Gesellschaft bei dem Abschluss von Unternehmens- und Beteiligungskaufverträgen und bei der Eingehung strategischer Allianzen; Beratung zu Finanzierungsmodellen zur Ausstattung mit liquiden Mitteln (Kapitalerhöhungen, Inhaber- und Wandelschuldverschreibungen, Kreditverträge); Beratung bei sonstigen Kapitalmaßnahmen sowie die Beratung bei internen Strukturierungen. Zu streng daher OLG München v. 5.6.2008 – 7 U 4388/07, Juris = BeckRS 2008, 15555. 4 So ausdrücklich BGH v. 4.7.1994 – II ZR 197/93, BGHZ 126, 340, 348 = AG 1994, 508. 5 Ziemons, GWR 2012, 451 mit Beispielen aus der Rspr. S. 453 f. Unzutr. OLG Köln v. 31.1.2013 – 18 U 21/12, GWR 2013, 164 = BB 2013, 592 = EWiR § 113 AktG 1/13 (v. Falkenhausen), wonach die Erstellung des Leitfadens für die Hauptversammlung zum gesetzlichen Pflichtenkreis der von der Satzung zum Versammlungsleiter bestimmten Aufsichtsratsvorsitzenden gehören soll. Das trifft gewiss nicht zu.
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Die Rechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder
§ 12
Das gilt auch dann, wenn dem Aufsichtsrat der Vertrag überhaupt nicht zwecks Zustimmung vorgelegt wird1. Ein Verstoß gegen § 113 AktG führt zur Nichtigkeit des Vertrages gemäß § 134 BGB. Auch Verträge, die mit Dritten abgeschlossen wurden („Altverträge“), unterfallen den §§ 113, 114 AktG, wenn der Dritte später zum Aufsichtsratsmitglied bestellt wird2. Dies allerdings mit der Maßgabe, dass der Verstoß gegen § 113 AktG nicht zur Nichtigkeit des Vertrages führt, sondern zu dessen Suspendierung3. Im Zustimmungsverfahren nach § 114 AktG gilt ein „umfassendes Transparenzgebot“4, das bedeutet, dass zumindest der wesentliche Inhalt des Beratungsvertrages dem Aufsichtsrat vor der Beschlussfassung schriftlich5 offen zu legen ist. Der Aufsichtsrat muss aus den im Vertrag enthaltenen Angaben zur Beratungsleistung ersehen können, ob diese in den Bereich der organschaftlichen Pflichten gehört oder aber genehmigungsfähig ist. Aus dem Vertrag muss sich einwandfrei ergeben, worauf die Beratertätigkeit gerichtet sein soll6. Es genügt nicht, dass allgemein auf „Beratung“ oder „Beratung in allen Angelegenheiten, die nicht in den Aufgabenbereich eines Aufsichtsratsmitglieds fallen“ Bezug genommen wird7. Weiterhin muss sich aus dem Vertrag auch die genaue Höhe der versprochenen Vergütung ergeben, um deren Angemessenheit beurteilen zu können; allerdings genügt insoweit der Verweis auf eine Gebührenordnung8. Erfüllt der Beratungsvertrag diese Konkretisierungsanforderungen nicht, ist er von vornherein nach § 113 AktG zu beurteilen und damit schwebend unwirksam (weil durch nachträgliche Konkretisierung genehmigungsfähig, Rn. 863) oder (wenn nicht nachträglich geheilt) nichtig9. Aus1 BGH v. 4.7.1994 – II ZR 197/93, BGHZ 126, 340, 348 = AG 1994, 508; dem folgend Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 1880. 2 Mertens in FS Steindorff, 1990, S. 173, 182 f.; BGH v. 25.3.1991 – II ZR 188/89, BGHZ 114, 127, 133 = AG 1991, 312 für § 113 AktG; BGH v. 4.7.1994 – II ZR 197/93, BGHZ 126, 340, 346 für § 114 AktG = ZIP 1994, 1216 = EWiR § 114 AktG 1/94, 943 (Bork, zustimmend); anders die frühere h.M. für § 114 AktG, vgl. Semler, MünchKomm. AktG, 2. Aufl., § 114 Rn. 35 f. 3 BGH v. 25.3.1991 – II ZR 188/89, BGHZ 114, 127, 134 = AG 1991, 312; a.A. Wolf, AG 1991, 315, 316. 4 Deckert, AG 1997, 109, 114. 5 Anders sind die hohen Anforderungen an den Vertragsinhalt zur Kenntnis aller Aufsichtsratsmitglieder nicht vorstellbar; vgl. auch OLG Frankfurt a.M. v. 21.9.2005 – 1 U 14/05, NZG 2006, 29 = AG 2005, 925 Tz. 18. 6 BGH v. 3.7.2006 – II ZR 151/04, ZIP 2006, 1529, 1533 = AG 2006, 667; OLG Frankfurt a.M. v. 21.9.2005 – 1 U 14/05, AG 2005, 925, 926, Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 114 Rn. 22; E. Vetter, AG 2006, 173, 177; Peltzer, ZIP 2007, 305, 307. 7 BGH v. 3.7.2006 – II ZR 151/04, ZIP 2006, 1529, 1533 = AG 2006, 667; Ziemons, GWR 2012, 451, 454. 8 BGH v. 4.7.1994 – II ZR 157/93, BGHZ 126, 340, 344 f. = AG 1994, 508; Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 156; Jaeger, ZIP 1994, 1759, 1760. 9 BGH v. 4.7.1994 – II ZR 157/93, BGHZ 126, 340, 345 = AG 1994, 508 in Anlehnung an Lutter/Kremer, ZGR 1992, 87, 96; Mertens in FS Steindorff, 1990, S. 173, 175, 179.
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862
§ 12
Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder; Vergütung
nahmsweise ist, trotz dahin gehender Mängel von seiner Wirksamkeit auszugehen, wenn die Aufsichtsratsmitglieder zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die notwendigen konkreten Angaben verfügt haben, und diese zusätzlich in den ausdrücklich gefassten Zustimmungsbeschluss aufgenommen wurden. Der Schutzzweck des § 114 AktG ist in diesem Fall hinreichend gewahrt1. Vor Erteilung seiner Zustimmung hat der Aufsichtsrat zu prüfen, ob diese dem Interesse der Gesellschaft entspricht. Insoweit gilt folgender Grundsatz: Kann die Beratungsleistung mit gleicher Qualität und unter gleich hohem Kostenaufwand auch von einem Dritten erbracht werden, so ist die Zustimmung im Zweifel zu verweigern, es sei denn, besondere Gründe sprechen gerade für die Beratung durch das Aufsichtsratsmitglied, z.B. wegen kürzerer Einarbeitungszeit oder dessen besonderer Vertrauenswürdigkeit aufgrund bereits bewiesener Kompetenz2. c) Zustimmung 863
Die hier schon mehrfach erwähnte Zustimmung ist (vorherige) Einwilligung oder (nachträgliche) Genehmigung, § 184 BGB. Davon kann zur Sicherung der Rechtslage vor allem dadurch Gebrauch gemacht werden, dass zunächst dem Vertrag mit dem betreffenden Aufsichtsratsmitglied in allgemein umschriebener Form (z.B. Rechtsberatung, Steuerberatung, Beratung in Fragen der Organisation), verbunden mit den Grundlagen der Vergütung, zugestimmt wird, die einzelnen konkreten Leistungen und deren spezielle Vergütung aber später noch einmal dem Aufsichtsrat zur Genehmigung vorgelegt werden3. Geht es um konkrete Einzelaufgaben, wie die Vertretung der Gesellschaft in einem Steuerstreit oder einem Anfechtungsprozess, entstehen keine besonderen Probleme. Denn diese Pflichten können sofort und vor Beginn der Arbeit im Vertrag inkl. der Vergütung festgelegt und dem Aufsichtsrat zur Zustimmung vorgelegt werden. Solche Verträge betreffen aber auch häufig die ganz allgemeine Beratung und Vertretung der Gesellschaft in Rechts- und Steuersachen. Deren genauer Inhalt und Umfang lässt sich aber vorweg kaum bestimmen; sie konkret festzulegen gelingt erst im Nachhinein. Das gilt insbesondere, 1 OLG Köln v. 27.5.1994 – 19 U 289/93, AG 1995, 90, 91 stellt vorrangig auf Kenntnis und Beschlussinhalt ab. 2 Rodewig in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 168. 3 Dazu Lutter/Drygala in FS Ulmer, 2003, S. 381, 395 ff.; a.A. OLG Frankfurt a.M. v. 21.9.2005 – 1 U 14/05, NZG 2006, 29, 30 = AG 2005, 925 und OLG Frankfurt a.M. v. 15.2.2011 – 5 U 30/10, ZIP 2011, 425 mit abl. Anm. Drygala = AG 2011, 256; der BGH lässt diese Frage ausdrücklich offen, BGH v. 20.11.2006 – II ZR 279/05, ZIP 2007, 22, 24 = AG 2007, 80; so erneut in der Entscheidung vom 10.7.2012 – II ZR 48/11, NZG 2012, 1064 = AG 2012, 712 = ZIP 2012, 1807 Tz. 18 (Fresenius). Im Fall des OLG Köln v. 31.1.2013 – 18 U 21/12, BB 2013, 592 = ZIP 2013, 516 (Solarworld) und dazu Strenger/Brinkschmidt, Board 2013, 85 waren die einzelnen Leistungen nicht sorgfältig genug aufgelistet.
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Die Rechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder
§ 12
wenn eine Gesellschaft ihre gesamten Rechts- und Steuerangelegenheiten an eine Sozietät ausgelagert hat, an der ein Aufsichtsratsmitglied beteiligt ist. In diesen Fällen kann die notwendige Konkretisierung erst am Jahresende erfolgen. Das genügt; denn das Gesetz spricht von „Zustimmung“, die nach §§ 183, 184 BGB die nachträgliche Genehmigung mit umfasst1. In solchen Fällen arbeitet die Sozietät auf eigenes Risiko; denn ohne die Konkretisierung ist der Vertrag trotz Zustimmung des Aufsichtsrats nicht gültig und wird das erst mit der Konkretisierung und Genehmigung durch den Aufsichtsrat. Vorher darf daher der Vorstand auch nicht zahlen, sondern muss die Konkretisierung und die Genehmigung des Aufsichtsrats abwarten2. Wird dennoch früher gezahlt, bleibt das Verhalten auch bei späterer Genehmigung rechtswidrig und die Beteiligten können nicht wirksam entlastet werden. Bei der Beschlussfassung im Aufsichtsrat hat das betreffende Mitglied kein Stimmrecht3 und sollte auch nur auf Wunsch des Aufsichtsrats und zwecks näherer Erläuterung an der Verhandlung über die Zustimmung teilnehmen.
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d) Auftrag durch den Aufsichtsrat selbst Der Aufsichtsrat (§ 109 Abs. 1 Satz 2 AktG), aber auch das einzelne Aufsichtsratsmitglied, können in schwierigen Situationen für sich sachverständigen Rat durch einen Dritten in Anspruch nehmen4. In die gleiche Situation kann aber auch der Aufsichtsrat insgesamt kommen. Das gilt insbesondere bei schwierigen Vertragsproblemen mit dem Vorstand, bei der Aufstellung einer Geschäftsordnung oder der Vorbereitung einer schwierigen Hauptversammlung, die der Aufsichtsratsvorsitzende zu leiten hat. In allen diesen Fällen kann der Aufsichtsrat hierfür in erster Linie Hilfe von Mitarbeitern der Gesellschaft (z.B. Vorbereitung der Hauptversammlung), wo das nicht möglich (fehlendes Personal der Gesellschaft) oder untunlich ist (Behandlung von Vorstandsverträgen), aber auch sachverständige Hilfe von dritter Seite in Anspruch nehmen. Der Aufsichtsrat ist zur Beauftragung externer sachverständiger Berater trotz Fehlens gesellschaftsinterner Lösungen nur befugt, wenn es sich bei dem Beratungs1 A.A. aber zu Unrecht OLG Frankfurt a.M. v. 15.2.2011 – 5 U 30/10, ZIP 2011, 425 = AG 2011, 256; zutr. Drygala, ZIP 2011, 427 ff. 2 BGH v. 10.7.2012 – II ZR 48/11, NZG 2012, 1064 = AG 2012, 712 = ZIP 2012, 1807 = BB 2012, 2522 (Fresenius); ebenso die Vorinstanz OLG Frankfurt a.M. v. 15.2.2011 – 5 U 30/10, ZIP 2011, 425 = AG 2011, 256; so schon Lutter/Drygala in FS Ulmer, 2003, S. 381; kritisch Cahn, Der Konzern 2012, 501, der von Überdehnung des § 114 AktG spricht; zustimmend Ihrig, ZGR 2013, 417, 430 (der Aufsichtsrat darf vom Vorstand nicht präjudiziert werden). 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 114 Rn. 26; Hambloch-Gesinn/Gesinn in Hölters, Komm. AktG, § 114 Rn. 5; Henssler in Henssler/Strohn, Komm. Gesellschaftsrecht, § 114 AktG Rn. 17; OLG Frankfurt a.M. v. 21.9.2005 – 1 U 14/05, NZG 2006, 29, 31 = AG 2005, 925. 4 BGH v. 15.11.1982 – II ZR 27/82, BGHZ 85, 293, 296 f., 300 = AG 1983, 133.
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§ 12
Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder; Vergütung
gegenstand um eine konkrete, durch den Einzelfall veranlasste Frage innerhalb des gesetzlichen Aufgabenbereichs des Aufsichtsrats handelt. Weiterhin muss die Vertraulichkeit der in diesem Zusammenhang dem außenstehenden Berater offengelegten Informationen gewahrt sein, z.B. aufgrund dessen Berufsverschwiegenheit oder einer ausdrücklichen vertraglichen Verpflichtung1. 866
Unter diesen Voraussetzungen kann der Aufsichtsrat auch eines seiner Mitglieder mit entsprechendem Sachverstand beauftragen2, allerdings sind dabei zusätzlich die Anforderungen der §§ 113, 114 AktG zu beachten3. Die Vertretungsmacht des Aufsichtsrats zur Verpflichtung der Gesellschaft aus dem Beratungsvertrag – sei es mit einem Dritten, sei es mit einem Aufsichtsratsmitglied – ergibt sich aus seiner sog. Annexkompetenz4. Hat der Aufsichtsrat über die Beauftragung des eigenen Mitglieds in Form eines Beschlusses im Sinne von § 108 AktG entschieden, ist darin zugleich der Zustimmungsbeschluss nach § 114 Abs. 1 AktG zu sehen; es bedarf insoweit keines gesonderten Aufsichtsratsbeschlusses5.
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Eine entgeltliche Beauftragung des einzelnen Organmitglieds durch den Aufsichtsrat, und nicht wie gesetzestypisch durch den Vorstand, wird teilweise generell für unzulässig gehalten, denn dadurch werde die Gefahr einer „Selbstbedienung“ begründet6. Diese Gefahr ist jedoch gering, da die Erteilung eines Beratungsauftrags durch den Aufsichtsrat nur unter den oben dargestellten engen Voraussetzungen zulässig ist und des Weiteren eine Sondervergütung innerhalb der Organpflichten des einzelnen Mitglieds ausgeschlossen ist. Darüber hinaus stellt der ansonsten mitwirkende Vorstand keine geeignete Kontrollinstanz dar, denn vor dessen unsachlicher Beeinflussung soll das gesetzliche Zustimmungserfordernis des Aufsichtsrats gerade schützen7. Die Beratung durch ein Aufsichtsratsmitglied anstelle eines externen Sachverständigen kann vor dem Hinter1 BGH v. 15.11.1982 – II ZR 27/82, BGHZ 85, 296, 296 f., 300 = AG 1983, 133; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 550 ff.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 122 f. 2 Zum Ganzen Lutter/Drygala in FS Ulmer, 2003, S. 381, 385 ff. Auch der Kodex akzeptiert das, verlangt aber Offenlegung gegenüber der Hauptversammlung, Ziff. 5.4.6 Abs. 3. 3 In diesem Sinne Mertens in FS Steindorff, 1990, S. 173, 183 f.; Fischer, BB 1967, 859, 861 f. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 111 Rn. 127, § 112 Rn. 24; Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 135; Semler in FS Rowedder, 1994, S. 441, 454 f.; Werner, ZGR 1989, 369, 383. 5 Ein konkludenter Beschluss genügt im Rahmen von § 114 Abs. 1 AktG im Übrigen jedoch nicht: OLG Köln v. 27.5.1994 – 19 U 289/93, ZIP 1994, 1773, 1774 = AG 1995, 90; LG Stuttgart v. 27.5.1998 – 27 O 7/98, ZIP 1998, 1275, 1280; Habersack, MünchKomm. AktG, § 114 Rn. 30. 6 Fischer, BB 1967, 859, 861 f.; Mertens in FS Steindorff, 1990, S. 173, 184, Bernhardt, BB 1967, 863, 865. 7 Zum Zweck des § 114 AktG vgl. Hüffer, Komm. AktG, § 114 Rn. 1; Begr. RegE zu § 114 AktG bei Kropff, Aktiengesetz, S. 158.
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Die Rechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder
§ 12
grund der Vertraulichkeit von gesellschaftsbezogenen Informationen sogar vorzugswürdig sein1. e) Beraterverträge in der GmbH In der GmbH2 ist zu unterscheiden zwischen Pflicht-Aufsichtsrat und fakultativem – also durch die Satzung vorgeschriebenem – Aufsichtsrat (näher dazu unten Rn. 1181 ff.). Handelt es sich um letzteren, so sind drei Gestaltungen denkbar: Die Satzung sagt nichts über die Kompetenzen des Aufsichtsrats. Dann gelten über § 52 Abs. 1 GmbHG die §§ 113, 114 AktG, allerdings mit der Einschränkung, dass die Gesellschafterversammlung die Zustimmung des Aufsichtsrats nach § 114 AktG durch einen eigenen Beschluss ersetzen3 bzw. nach § 113 AktG verbotene Verträge genehmigen kann.
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Hat die Satzung hingegen die Vergütungskompetenz für Aufsichtsratsmitglieder dem Aufsichtsrat übertragen, so ist jeder Beratervertrag – auch wenn er Organpflichten enthält – zustimmungsbedürftig. Bei der Zustimmung ist aber der Grundsatz der Gleichbehandlung der Aufsichtsratsmitglieder zu beachten, was reine Scheinverträge zwecks Vergütungserhöhung verbietet. Schließlich kann die Satzung vorsehen, dass die Gesellschafter selbst über den Abschluss von Beraterverträgen mit ihnen entscheiden. Damit ist dem Aufsichtsrat die Zustimmungsbefugnis entzogen.
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In der mitbestimmten GmbH ist die Bildung eines Aufsichtsrats zwingend vorgeschrieben; es gelten hier uneingeschränkt die §§ 113, 114 AktG4.
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f) Beraterverträge im Konzern Betrachtet man die Zulässigkeit von Beraterverträgen im Konzern5, so ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich Überwachung und Beratung des Vorstands der Konzernobergesellschaft durch deren Aufsichtsrat auch auf die Leitung des Konzerns erstrecken, nicht aber auf die Geschäftsfüh1 Vgl. Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 550 ff. 2 Zum Folgenden näher Lutter/Kremer, ZGR 1992, 87, 100 f.; Lutter in FS Westermann, 2008, S. 1171 ff. 3 Ebenso Wagner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 171. 4 Bestellt die Gesellschafterversammlung zusätzlich einen Beirat und werden in den Beirat Aufsichtsratsmitglieder gewählt, so ist § 114 AktG analog anzuwenden, wenn die Beiratstätigkeit reguläre Beratungspflichten betrifft und entgeltlich erfolgt: Die Unvoreingenommenheit der Aufsichtsratsmitglieder soll nicht durch deren Bestellung zum Beirat als geldgleiche Zuwendung beeinträchtigt werden, näher Lutter/Kremer, ZGR 1992, 87, 101 ff.; a.A. Mertens in FS Steindorff, 1990, S. 173, 185 f. 5 Lutter/Kremer, ZGR 1992, 87, 103 ff.; Lutter in FS Westermann, 2008, S. 1171, 1181 ff.; a.A. Mertens in FS Steindorff, 1990, S. 173, 186.
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§ 12
Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder; Vergütung
rungsorgane der Tochtergesellschaften (siehe oben Rn. 141 ff.). Dabei sind nur diejenigen Konzernleitungsmaßnahmen des Vorstands Gegenstand der Überwachung und Beratung durch seinen Aufsichtsrat, die für die Obergesellschaft sowie den Unternehmensverband insgesamt von Gewicht und Bedeutung sind. In diesem Maße sind Beraterverträge nach § 113 AktG unzulässig. Im Übrigen verbleibt es bei § 114 AktG, also etwa bei Rechts- und Steuerberatung der Obergesellschaft in Konzernfragen. 872
Schließt ein Aufsichtsratsmitglied der Obergesellschaft mit einer Tochtergesellschaft einen Beratervertrag ab, in dem es sich verpflichtet, die Tochter in allen wesentlichen Fragen der Geschäftsführung zu beraten, so gilt auch hier der Rechtsgedanke des § 113 AktG. Dies obwohl an sich keine Aufsichtsratstätigkeit betroffen ist; denn die allgemeine Geschäftsführung in der Tochtergesellschaft gehört nicht zur Überwachungspflicht des Aufsichtsrats in der Obergesellschaft. Aber der Vorstand der Obergesellschaft hat die Möglichkeit, auf den Abschluss des Beratungsvertrages Einfluss zu nehmen und so dem Aufsichtsratsmitglied doch eine Sondervergütung zukommen zu lassen. Daher sind Beraterverträge zwischen Aufsichtsratsmitgliedern und Tochtergesellschaften nicht nur unzulässig, wenn ihr Inhalt (ausnahmsweise) sogar die Pflichten im Aufsichtsrat der Obergesellschaft betrifft, sondern auch, wenn ihr Inhalt, wäre das betreffende Aufsichtsratsmitglied (zugleich) im Aufsichtsrat der Tochter, gegen die dortigen Organpflichten verstößt1.
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Ist beides nicht der Fall, sind Beraterverträge also nicht per se unzulässig, so unterfallen sie aber auch noch der Kontrolle nach § 114 AktG so, wie wenn es um eine Tätigkeit für die Obergesellschaft ginge2. Das bedeutet, dass sowohl der Aufsichtsrat der Tochter- als auch der Aufsichtsrat der Muttergesellschaft ihnen zustimmen muss3. Dass anders als in § 115 Abs. 1 Satz 2 AktG eine konzernweite Anwendung in § 114 AktG nicht geregelt ist4, hat seinen Grund in der recht kurzfristigen Einfügung der Vorschrift im Gesetzgebungsverfahren5. 1 Zustimmend Wagner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 148. 2 Näher Lutter/Kremer, ZGR 1992, 87, 105 f.; Lutter in FS Westermann, 2008, S. 1171, 1184; zustimmend Kummel/Küttner, DB 1996, 193, 195; Rellermeyer, ZGR 1993, 77, 88; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 114 Rn. 14; nun auch Hüffer, Komm. AktG, § 114 Rn. 2b; Wagner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 149; a.A. Mertens in FS Steindorff, 1990, S. 173, 186; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 114 Rn. 11; ähnlich Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 33 Rn. 52: „jedenfalls“ bei ersichtlicher Umgehungsabsicht. 3 Lutter in FS Westermann, 2008, S. 1171, 1184. 4 Darauf stellen ab: Schlaus, AG 1968, 376, 377; Jaeger in Nirk/Ziemons/Binnewies, Hdb. Aktiengesellschaft, Rn. I 9.292; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 33 Rn. 52. 5 Deckert, WiB 1997, 561, 564; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 114 Rn. 40; Wagner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 147.
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Die Rechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder
§ 12
Dasselbe muss auch für Beraterverträge mit Enkelgesellschaften gelten. Auch hier ist eine Einflussnahme des Vorstands der Obergesellschaft nicht auszuschließen und es sind daher die §§ 113, 114 AktG auf diese Verträge analog anwendbar1.
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Schwieriger zu beurteilen ist ein Vertrag eines Aufsichtsratsmitglieds der Tochter- mit der Muttergesellschaft. Eine rechtliche oder praktische Möglichkeit des Vorstands der Tochtergesellschaft, auf den Vertragsschluss über den Beratervertrag mit der Obergesellschaft Einfluss zu nehmen, besteht dabei nicht. Damit ist der Schutzzweck der §§ 113, 114 AktG nicht betroffen und Beratungsverträge sind in diesen Konstellationen ohne Beschränkungen und ohne Zustimmungserfordernisse möglich2.
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g) Beraterverträge mit einer dem Aufsichtsratsmitglied verbundenen Gesellschaft Die Frage nach der Anwendbarkeit der §§ 113, 114 AktG stellt sich auch, 876 wenn der Beratungsvertrag nicht mit dem Aufsichtsratsmitglied, sondern mit einer Gesellschaft abgeschlossen wird, der dieser als Gesellschafter, gesetzlicher Vertreter oder Aufsichtsratsmitglied angehört3. Sie ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn das Aufsichtsratsmitglied kraft seiner verbandsrechtlichen Stellung in der Gesellschaft die Auszahlung des Beratungshonorars an sich bewirken kann, z.B. weil es die Gesellschaft beherrscht, oder wenn der Vertrag ausdrücklich seine maßgebliche Beteiligung an der vertraglichen Gegenleistung vorsieht4. Im Hinblick auf den Zweck des § 114 AktG, eine unsachliche Beeinflussung von Aufsichtsratsmitgliedern durch Sonderleistungen des Vorstands zu verhindern5, muss die Zustimmung des Aufsichtsrats aber auch dann eingeholt werden, wenn das Mitglied an dem Beratungshonorar nur mittelbar beteiligt wird, z.B. über die Gewinnverteilung in der vertragschließenden Rechtsanwaltssozietät, ohne dabei selbst Partei des Beratungsvertrags zu sein6,
1 Lutter in FS Westermann, 2008, S. 1171, 1184; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 114 Rn. 14; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 114 Rn. 7. 2 Lutter in FS Westermann, 2008, S 1171, 1185; a.A. Habersack, MünchKomm. AktG, § 114 Rn. 17; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 114 Rn. 7, die Schutz vor Einflussnahme des herrschenden Unternehmens auf Aufsichtsratsmitglied des abhängigen Unternehmens jedenfalls im bloß faktischen Konzern vom Zweck des § 114 AktG erfasst sehen. 3 Dazu Lutter in FS Westermann, 2008, S. 1171, 1178 ff. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 114 Rn. 10; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 33 Rn. 51: bei Umgehungsabsicht. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 114 Rn. 1; Begr. RegE zu § 114 AktG bei Kropff, Aktiengesetz, S. 158. 6 BGH v. 20.11.2006 – II ZR 279/05, BGHZ 170, 60 = ZIP 2007, 22 = AG 2007, 80; Werner, DB 2006, 935, 936; Bosse, NZG 2007, 172, 173; LG Stuttgart v. 27.5.1998 – 27 O 7/98, BB 1998, 1549, 1552; Oppenhoff in FS Barz, 1974, S. 283, 288; Rellermeyer, ZGR 1993, 77, 88 f.; a.A. Wissmann/Ost, BB 1998, 1957, 1960, die es für
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Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder; Vergütung
es sei denn, diese sind geringfügig oder haben im Vergleich zur offiziellen Aufsichtsratsvergütung nur einen vernachlässigenswerten Umfang1. h) Rückgewähr ungerechtfertigter Vergütungen 877
Wann immer ein Beratervertrag nach den soeben erläuterten Regeln mangels Genehmigung oder mangels Genehmigungsfähigkeit nichtig ist, muss der Begünstigte das Erhaltene an die Gesellschaft nach § 114 Abs. 2 AktG zurückgewähren2. Da der Anspruch korporativer Natur und kein Bereicherungsanspruch ist, findet § 818 BGB und insbesondere dessen Abs. 3 keine Anwendung3. Zu den strengen Anforderungen an einen etwaigen Gegenanspruch des Aufsichtsratsmitglieds aus § 812 BGB gegen die Gesellschaft vgl. OLG Düsseldorf vom 20.5.20084. i) Offenlegung der Beraterverträge und ihres Inhalts
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Die Kommission Corporate Governance hat dem Gesetzgeber in ihrem Bericht5 vorgeschlagen, eine Pflicht zur Angabe im Anhang zum Jahresabschluss für „persönlich erbrachte Leistungen, insbesondere Beratungsund Vermittlungsleistungen, bezogenen Vergütungen oder Vorteile“ vorzusehen. Das ist bislang nicht verwirklicht worden. Dafür aber sieht genau das Ziff. 5.4.6 (Abs. 3) des Kodex als Empfehlung vor: „Die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder soll im Anhang oder im Lagebericht individualisiert, aufgegliedert nach Bestandteilen ausgewiesen werden. Auch die vom Unternehmen an die Mitglieder des Aufsichtsrats gezahlten Vergütungen oder gewährten Vorteile für persönlich erbrachte Leistungen, insbesondere Beratungsund Vermittlungsleistungen, sollen individualisiert angegeben werden.“
7. Drittgeschäfte mit Aufsichtsratsmitgliedern a) Kreditierung 879
Aufsichtsratsmitglied und Gesellschaft stehen sich außerhalb des Organverhältnisses wie Dritte gegenüber. Daher können zwischen beiden auch im Übrigen beliebige Rechtsverhältnisse abgewickelt werden. Nur: Das Aufsichtsratsmitglied soll nicht „gekauft“ werden können, soll unabhängig bleiben. Daher missbilligt das Gesetz zu Recht die Kreditierung des Aufsichtsratsmitglieds und der mit diesem verbundenen Personen durch
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entscheidend halten, ob die Beratungsleistung durch das Aufsichtsratsmitglied erbracht wird. BGH v. 20.11.2006 – II ZR 279/05, BGHZ 170, 60 = ZIP 2007, 22 = AG 2007, 80. BGH v. 20.11.2006 – II ZR 279/05, BGHZ 170, 60 = ZIP 2007, 22 = AG 2007, 80; BGH v. 3.7.2006 – II ZR 151/04, BGHZ 168, 188 = ZIP 2006, 1529 = AG 2006, 667; vgl. dazu auch Kanzler, AG 2013, 554. Lutter in FS Westermann, 2008, S. 1171, 1186. OLG Düsseldorf v. 20.5.2008 – 23 U 128/07, Juris = BeckRS 2008/13221. Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rn. 265.
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Die Rechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder
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die Gesellschaft und bindet den ausnahmsweise dennoch gewährten Kredit an strenge Regeln und wiederum an die Zustimmung der (anderen) Aufsichtsratsmitglieder (§ 115 AktG)1. Die Zustimmung darf nur erteilt werden, wenn der Kreditgewährung das Interesse der Gesellschaft nicht entgegensteht, z.B. weil der Kreditnehmer an die Gesellschaft gebunden werden soll2. Der Begriff des Kredits in § 115 AktG ist in einem weiten Sinne zu verstehen: Neben Darlehen sind auch Stundungen, die über das verkehrsübliche Maß hinausgehen, die Gewährung von Sicherheitsleistungen für Drittkredite sowie die Zahlung von Gehaltsvorschüssen an arbeitnehmerseitige Aufsichtsratsmitglieder erfasst3. Die gewährten Kredite sind gemäß § 285 Nr. 9c HGB im Anhang des Jahresabschlusses anzugeben. b) Sonstige Drittgeschäfte Im Übrigen gilt auch hier und ähnlich wie im Verhältnis Gesellschaft zu 880 Aktionär das at-arm’s-length-Prinzip: Das Aufsichtsratsmitglied darf außerhalb seiner Organfunktion durchaus seine eigenen Interessen verfolgen, auch wenn sie den Interessen der Gesellschaft widersprechen. Insbesondere besteht kein Wettbewerbsverbot. Grenze ist ein Verhalten, das die Gesellschaft in einem Maße belastet, das für die Erzielung des angestrebten Erfolges in keinem angemessenen Verhältnis mehr steht (Willkürverbot)4. Ebenso darf das Aufsichtsratsmitglied Geschäftschancen, die es außerhalb seines Amts erfahren hat, für eigene Zwecke nutzen5, auch wenn sie gleichzeitig für die Gesellschaft interessant sind. Anders ist die Rechtslage hingegen, wenn ein Aufsichtsratsmitglied sein Amt für geschäftliche Eigeninteressen ausnutzen will: Zwar sind Geschäfte mit der Gesellschaft nicht verboten; tritt aber das Aufsichtsratsmitglied der Gesellschaft als Geschäftspartner gegenüber, so darf es nicht zum Nachteil der Gesellschaft auf deren Geschäftsführung einwirken. Häufig aber werden Aufsichtsräte gerade im Hinblick auf bestehende oder zu erwartende Geschäftsbeziehungen ausgesucht; es ist daher dem Aufsichtsratsmitglied nicht verwehrt, mit der Gesellschaft für ihn günstige – aber nicht objektiv unvertretbare – Vertragsbedingungen auszuhandeln und mit diesem Ziel mit der Geschäftsführung zu verhandeln6.
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Die Grenze ist aber erreicht, wenn das Aufsichtsratsmitglied den Vorstand zu Geschäften bewegt, die absehbar einen nicht mehr vom Un-
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1 Dazu Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 325 ff.; Wagner in Semler/ v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 124 ff. 2 Wagner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 133. 3 Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 326; Wagner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 130. 4 Ulmer, NJW 1980, 1603, 1606 f. 5 Fleck in FS Heinsius, 1991, S. 89, 92. 6 Fleck in FS Heinsius, 1991, S. 89, 93.
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Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder; Vergütung
ternehmensinteresse gedeckten Nachteil für die Gesellschaft mit sich bringen. Stehen Leistung und Gegenleistung in einem objektiven Missverhältnis zugunsten des Aufsichtsratsmitglieds, so liegt eine Pflichtverletzung nicht nur des Vorstands, sondern eben auch des betreffenden Mitglieds vor. Es gilt insofern nichts anderes als für die verdeckte Gewinnausschüttung bei Aktionären1. Man kann das am besten auf folgende Formel bringen: Das Aufsichtsratsmitglied darf den Vorstand nicht zu einem Handeln veranlassen, das es aufgrund seines Amtes sogleich rügen müsste2. Die Ausnutzung von internen, nicht – oder noch nicht – allgemein bekannten Informationen für eigene Zwecke stellt insbesondere dann einen Verstoß gegen die Treupflichten dar, wenn das Aufsichtsratsmitglied mit diesem „Insiderwissen“ eigene Geschäftsverbindungen zu Dritten auf- oder ausbaut und dabei der Gesellschaft Nachteile entstehen3. Denkbar ist z.B., dass ein Aufsichtsratsmitglied mit seinen im Amt erworbenen Kenntnissen über Absatzorganisation und Kundenkreis der Gesellschaft sich dieser gegenüber Wettbewerbsvorteile verschafft und durch Eigengeschäfte Erwerbschancen der Gesellschaft vereitelt4. 883
Probleme können sich auch ergeben, wenn ein Aufsichtsratsmitglied vom Vorstand mit der Ausführung eines Geschäfts einschließlich der Anbahnung von Geschäftsbeziehungen beauftragt wird. Überschreitet die vereinbarte Vergütung den üblichen Maklerlohn, so liegt eine Pflichtverletzung vor5. Provisionen, die ein von seiner Gesellschaft beauftragtes Aufsichtsratsmitglied von der Gegenseite erhält, muss es – abweichende Vereinbarungen sind möglich – gemäß §§ 675, 667 BGB herausgeben6.
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Handelt das Aufsichtsratsmitglied dagegen nicht im Auftrag des Vorstands, liegt eine Pflichtverletzung darin, dass es sich von einem Dritten eine Provision für die Bemühungen versprechen lässt, ihm einen Auftrag der Gesellschaft zu verschaffen. Solche „Schmiergelder“ kann und muss die Gesellschaft nach §§ 687 Abs. 2, 681 Satz 2, 667 BGB stets herausver-
1 Dazu Lutter, Kölner Komm. AktG, 2. Aufl., § 57 Rn. 15 ff.; Drygala, Kölner Komm. AktG, 3. Aufl., § 57 Rn. 37 ff. 2 Ulmer, NJW 1980, 1603; Lutter, ZHR 145 (1981), 224, 240 f. und BGH v. 21.12.1979 – II ZR 244/78, NJW 1980, 1629. 3 Fleck in FS Heinsius, 1991, S. 89, 100. Für den Nachteil ist ein Schaden im Sinne der §§ 249, 252 BGB nicht erforderlich; es genügen alle immateriellen Schäden, so die Störung der Planungen der Gesellschaft oder Ansehensminderung und Vertrauensverlust durch Weitergabe von Insiderinformationen, Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 417. 4 Zur missbräuchlichen Ausnutzung von durch die Aufsichtsratsstellung erlangten Informationen für Geschäfte mit Wertpapieren („Insiderhandel“) vgl. Fleck in FS Heinsius, 1991, S. 89, 101 ff. 5 Ein derartiger Vertrag fällt außerdem unter § 114 AktG, wenn er dienstvertragsähnlich ist, also der Auftraggeber entgegen § 652 BGB Honorar auch dann schulden soll, wenn die Bemühungen des Aufsichtsratsmitglieds erfolglos waren, Fleck in FS Heinsius, 1991, S. 89, 104. 6 Fleck in FS Heinsius, 1991, S. 89, 107 ff.
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Pflichten und Pflichtenkollisionen der Aufsichtsratsmitglieder
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langen1. Das Aufsichtsratsmitglied sollte also über seine besonderen Pflichten bei der Ausgestaltung von Drittbeziehungen zur Gesellschaft nicht sorglos hinwegsehen, insbesondere offen informieren und strikt das at-arm’s-length-Prinzip beachten. Andernfalls drohen Schadensersatzforderungen der Gesellschaft nach §§ 93 Abs. 2, 116 Satz 1 AktG, die je nach Umfang der Geschäfte beträchtliche Summen erreichen können.
III. Pflichten und Pflichtenkollisionen der Aufsichtsratsmitglieder 1. Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder Jedes Aufsichtsratsmitglied ist verpflichtet, an der Erfüllung der dem Aufsichtsrat obliegenden Aufgaben mitzuwirken, und hat dazu seine gesetzlichen Rechte zu nutzen. Diese Mitwirkungspflichten lassen sich wie folgt bündeln2:
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a) Pflicht zur Mitarbeit Jedes Aufsichtsratsmitglied ist verpflichtet, im Aufsichtsrat mitzuwirken. Hierbei handelt es sich gewissermaßen um die Grundpflicht eines jeden Aufsichtsratsmitgliedes. Dieses hat im Rahmen dieser Pflicht regelmäßig an den Aufsichtsratssitzungen teilzunehmen und sich auf diese vorzubereiten, da ohne Vorbereitung eine effektive Aufsichtsratsarbeit nicht möglich ist. Wird dem Aufsichtsratsmitglied seitens des Gesamtaufsichtsrats ein Auftrag übertragen, muss es diesen gewissenhaft wahrnehmen3.
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b) Pflicht zur Urteilsbildung Aus der Pflicht zur Mitarbeit erwächst sodann die Pflicht, sich ein Urteil über Verhandlungsgegenstände des Gesamtaufsichtsrats oder des Aufsichtsratsausschusses zu machen4. Diese Pflicht jedes einzelnen Aufsichtsratsmitglieds zu persönlicher Urteilsbildung hat das OLG Stuttgart in einem Aufsehen erregenden Fall festgestellt5. Für Aufsichtsratsmitglie1 Ein Schaden i.S. von §§ 93 Abs. 2, 116 Satz 1 AktG wird nicht immer nachweisbar sein, dazu ausführlich Fleck in FS Heinsius, 1991, S. 89, 107 ff. 2 Vgl. zu den Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder auch Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 10 ff.; Deckert, DZWir 1996, 406, 407 ff. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 11; Habersack, MünchKomm. AktG, § 116 Rn. 31. 4 Betreffend das Mitglied eines freiwilligen Aufsichtsrats bei der Publikums-KG OLG Düsseldorf v. 8.3.1984 – 6 U 75/83, WM 1984, 1080, 1084 ff. = AG 1984, 273. 5 OLG Stuttgart v. 29.2.2012 – 20 U 3/11, ZIP 2012, 625 = AG 2012, 298 (Piëch); Revision vom BGH nicht angenommen: Beschluss vom 8.11.2012 – II ZR 111/12, EWiR § 116 AktG 2/13 (Heidel) = AG 2013, 90; der BGH hat in seinem Beschluss aber festgestellt, dass sich ein Aufsichtsratsmitglied über erhebliche Risiken
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der, die nicht Mitglied eines Ausschusses sind, ist die Pflicht zur Mitarbeit und zur Urteilsbildung eingeschränkt. Es existiert gewissermaßen eine gestaffelte Verantwortlichkeit: Im Rahmen der Aufgaben des Ausschusses sind in erster Linie dessen Mitglieder für die sorgfältige Erfüllung verantwortlich. Die Pflicht der übrigen Aufsichtsratsmitglieder beschränkt sich auf die Überwachung der Ausschusstätigkeit durch das Plenum und insofern auf Mitarbeit und Urteilsbildung1, arg. § 107 Abs. 3 Satz 4 AktG. c) Insbesondere: Pflicht zur persönlichen Urteilsbildung über die Eignung des Vorstands 888
Eng mit dem Überwachungsauftrag des Aufsichtsrats verbunden ist die Pflicht eines jeden Aufsichtsratsmitglieds, sich ein Urteil über die Eignung der Vorstandsmitglieder für die Leitung des Unternehmens und seiner Ressorts zu bilden2. Das gilt nicht nur allgemein, sondern speziell im Hinblick auf eine Wiederbestellung. Im Übrigen hat sich jedes Aufsichtsratsmitglied an der Suche und an der Willensbildung zu beteiligen oder aber – sofern es in den entsprechenden Aufsichtsratsausschuss delegiert ist – bereits bei der Vorauswahl potentieller Vorstandsmitglieder mitzuwirken3. d) Organisationspflicht
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Die Organisationspflicht beschreibt die Pflicht eines Aufsichtsratsmitglieds, auf eine dem Gesetz entsprechende und funktionsgerechte Organisation und Arbeitsweise des Aufsichtsrats hinzuwirken4. Sie dient der Sicherung der effizienten Arbeitsweise des Aufsichtsrats. Daher ist ein Aufsichtsratsmitglied auch verpflichtet, notfalls Verbesserungsvorschläge für die Arbeitsweise des Aufsichtsrats zu machen. Zur Organisationspflicht gehört es auch, in dringenden Fällen die Einberufung des Aufsichtsrats zu verlangen oder diese zu erzwingen5. Ebenso ist die Pflicht
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von Vorstandsgeschäften kundig machen und ihr Ausmaß selbständig abschätzen muss. Vgl. dazu auch Westermann in FS Hommelhoff, 2012, S. 1319 ff. A.A. diesbezüglich Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 11: Ein Aufsichtsratsmitglied, das nicht dem Ausschuss angehört, brauche an dessen Arbeit keinen Anteil zu nehmen und trage auch nicht die Verpflichtung zur Kontrolle der Ausschussarbeit. Diese Ansicht wird dem Überwachungsauftrag des Gesamtaufsichtsrats nicht gerecht. Vgl. zu Personalentscheidungen des Aufsichtsrats Fonk in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 1 ff. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 15; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 116 Rn. 152. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 12; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 116 Rn. 120 ff.; vgl. auch Potthoff/Trescher/Theisen, Der Aufsichtsrat, Rn. 796 ff. Im Übrigen vgl. oben Rn. 651, 654 ff. § 110 AktG.
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zu nennen, gegebenenfalls auf den Ausschluss eines anderen Aufsichtsratsmitglieds hinzuwirken1. e) Informationspflicht Ein Aufsichtsratsmitglied muss sich ferner über alle für die Tätigkeit des Aufsichtsrats erforderlichen Angelegenheiten informieren. Ziel der Informationspflicht ist es, dass das Aufsichtsratsmitglied mit allen nötigen Informationen versorgt ist, die für eine Urteilsbildung über Beschlussgegenstände des Aufsichtsrats oder des Aufsichtsratsausschusses erforderlich sind. Zu diesem Zweck muss es sich über alle Berichte des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat gemäß § 90 AktG in Kenntnis setzen2. Reicht dies nicht aus, um sich ein Bild von der Lage der Gesellschaft zu machen, muss das Aufsichtsratsmitglied unter Umständen von seinem individuellen Recht auf zusätzliche Berichterstattung aus § 90 Abs. 3 Satz 2 AktG Gebrauch machen3.
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f) Prüfungspflicht § 171 Abs. 1 AktG weist dem Aufsichtsrat die spezielle Pflicht zu, den Jahresabschluss, den Lagebericht, den Konzernabschluss und Konzernlagebericht sowie den Vorschlag für die Verwendung des Bilanzgewinnes zu prüfen und nach § 171 Abs. 2 Satz 3 AktG zum Prüfungsbericht Stellung zu nehmen. Darüber hinaus hat der Aufsichtsrat die Pflicht, den Vertrag mit dem von der Hauptversammlung gewählten Abschlussprüfer abzuschließen (§ 111 Abs. 2 Satz 3 AktG). Hierbei handelt es sich freilich um eine Pflicht des Aufsichtsrats als Kollegialorgan. Gleichwohl hat hieran jedes Mitglied des Aufsichtsrats durch seine Urteilsbildung mitzuwirken.
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g) Pflicht zum Einschreiten bei Anhaltspunkten für eine Pflichtverletzung des Vorstands Der Überwachungspflicht des gesamten Aufsichtsrats entspringt die Pflicht eines jeden Aufsichtsratsmitglieds, ein ihm bekannt gewordenes Fehlverhalten des Vorstands oder eine Verletzung seiner Geschäftsführungspflichten den anderen Aufsichtsrats- oder Ausschussmitgliedern oder wenigstens dem Aufsichtsratsvorsitzenden bekanntzumachen. Letzteres wird in der Praxis die sinnvollste Methode sein, um das Vertrauensverhältnis zwischen Vorstand und Aufsichtsrat nicht zu zerstören.
1 § 103 AktG; siehe dazu sogleich unter Rn. 930 ff. 2 Dem korrespondiert die Pflicht des Aufsichtsratsvorsitzenden, die Berichte den einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern auszuhändigen; vgl. Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 184. 3 Siehe dazu oben unter Rn. 212 ff.
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h) Pflicht zur Erhaltung bei öffentlicher Kritik am Vorstand BGH v. 6.11.2012 – II ZR 111/12, AG 2013, 90 (Piëch) = EWiR § 116 AktG, 2/13 (Heidel). 2. Die Verpflichtung auf das Wohl der Gesellschaft
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Die Mitglieder des Aufsichtsrats sind in ihrer Funktion nicht Vertreter von Partikularinteressen ihrer Wähler, sondern sind alle gleichermaßen allein auf das Wohl der Gesellschaft verpflichtet. Dies ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung des § 116 i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG. Obwohl im Gesetz der Begriff des Wohles der Gesellschaft gewählt wurde1, entspricht diese Verpflichtung der schon vor der Gesetzesänderung anerkannten Verpflichtung der Aufsichtsratsmitglieder auf das Unternehmensinteresse2. Dieses ist weder mit den Interessen der Aktionäre noch denen der Arbeitnehmer, weder mit dem der Vertragspartner noch mit dem der Region oder der Allgemeinheit identisch, sondern ist das Ergebnis einer Abwägung der verschiedenen betroffenen Individualinteressen im Einzelfall. Folgt die Gesellschaft dem shareholder-value-Ansatz, so bedeutet das zwar eine (zulässige) Verschiebung zugunsten der Interessen der Aktionäre. Dies bedeutet aber nicht, dass andere Individualinteressen vollständig ausgeblendet werden dürften. Gleiches gilt umgekehrt bei Befolgung des stakeholder-Ansatzes3. Was im Unternehmensinteresse also zu tun ist, lässt sich nicht in abstrakter Form objektiv vorweg bestimmen, sondern bedarf der Entscheidung aus der Sicht des Unternehmens und seiner Bedürfnisse im Einzelfall4. Das heißt aber nicht, dass dieser Interessenausgleich sich im „Zusammenraufen“ faktisch voneinander abhängiger Interessenvertreter vollzieht5; vielmehr ist jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied verpflichtet, bei seiner persönlichen Meinungsbildung selbst alle betroffenen Interessen zu berücksichtigen und gegeneinander sub specie des Unternehmens abzuwägen6. Das Ergebnis dieser Abwägung ist objek1 Die Formulierung ist erst mit der sog. Business Jugdment Rule (dazu Lutter, ZIP 2007, 841) durch das UMAG ins AktG gekommen. 2 Ganz h.M. in Rechtsprechung und Lehre, vgl. etwa BVerfG v. 1.3.1979 – 1 BvR 532/77, BVerfGE 50, 290, 374 sowie BGH v. 29.1.1962 – II ZR 1/61, BGHZ 36, 296, 306, 310 und BGH v. 9.7.1979 – II ZR 118/77, NJW 1979, 1823, 1826; zur Gleichwertigkeit beider Begriffe vgl. Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 116 Rn. 34; BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 253 und 255; in der Lit. vgl. etwa Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, Vorbem. § 95 Rn. 12 ff.; Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 108 f.; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 923 ff. 3 Hüffer, ZHR 161 (1997), 214, 217 f.; Mülbert, ZGR 1997, 129, 140 ff.; aus der Sicht des Vorstands v. Werder, ZGR 1998, 69, 77 ff. 4 Ebenso Koch, Unternehmensinteresse, S. 66. 5 So aber die Vertreter des sog. Konfliktmodells, vgl. Laske, ZGR 1979, 173; Naendrup, GK-MitbestG, § 25 Rn. 190; Köstler/Müller/Sick, Aufsichtsratspraxis, Rn. 610 ff. 6 So das von der h.M. vertretene sog. Integrationsmodell; vgl. hierzu Mertens/ Cahn, Kölner Komm. AktG, Vorbem. § 95 Rn. 12 m.w.N.; Semler, Münch-
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Pflichten und Pflichtenkollisionen der Aufsichtsratsmitglieder
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tiver Beurteilung nur begrenzt zugänglich; durchaus möglich ist es aber, die Überschreitung bestimmter, allerdings weit gesteckter, vom vertretbaren Ermessen nicht mehr gedeckter Grenzen festzustellen1, die jedenfalls dort überschritten sind, wo der langfristige Bestand des Unternehmens gefährdet wird2: In jedem Unternehmen wie in jeder lebendigen Einheit muss gelegentlich unter nur nachteiligen Optionen entschieden werden (Verluste oder Entlassung von wichtigem Fachpersonal; höhere Kosten oder Verlängerung des Streiks etc.). Aber die langfristige Perspektive des Unternehmens, das nur mit ausreichenden Erträgen überleben und konkurrenzfähig bleiben kann, muss stets beachtet werden. Beschlüsse, die hiergegen verstoßen, sind unwirksam (dazu bereits oben Rn. 737 ff.); Mitglieder, die solche Beschlüsse anregen und mittragen, machen sich der Gesellschaft gegenüber schadensersatzpflichtig – gleichgültig, zu welcher Gruppe von Mitgliedern sie gehören (Rn. 984 ff.). 3. Interessenkonflikte Die Aufsichtsratsmitglieder sind dem Wohl der Gesellschaft (Unternehmensinteresse) verpflichtet; in der Regel stehen sie aber – begünstigt durch die Ausgestaltung des Aufsichtsratsmandates als Nebenamt3 – auch noch in anderen Rollen und Pflichten, die sie unter Umständen in divergierende Interessen einbinden4.
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Komm. AktG, 2. Aufl., § 116 Rn. 177 f. sowie Habersack, MünchKomm. AktG, 3. Aufl., § 116 Rn. 44 und 46; Möllers in Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 423 ff.; Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 108. Ebenso Ulmer, Der Einfluss des Mitbestimmungsgesetzes, S. 31; Marsch-Barner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 13 Rn. 96, 97; Schilling, ZHR 144 (1980), 136, 144; Brinkmann, Unternehmensinteresse und Unternehmensstruktur, S. 199 ff.; Teubner, ZHR 149 (1985), 470, 485 ff.; so wohl auch Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, Vorbem. § 95 Rn. 13 f. Ebenso etwa Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 94; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, Vorbem. § 95 Rn. 13; Raisch in FS Hefermehl, 1976, S. 347, 361; Raiser in FS R. Schmidt, 1976, S. 101, 105, 107, 109; mit wesentlich strengeren Anforderungen Wiedemann, BB 1978, 5, 10 f.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, S. 625 ff.; skeptisch gegenüber diesem Ansatz Jürgenmeyer, Das Unternehmensinteresse, 1984, S. 104 ff.; ebenso Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 14 III.2a). So schon Lutter, ZHR 145 (1981), 224, 235; vgl. auch Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 790; Lutter in FS Canaris, 2007, Bd. II, S. 245, 252; Westermann in FS Hommelhoff, 2012, S. 1319, 1320 ff.; Butzke in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 229 ff. Lutter in FS Coing, 1982, S. 565 ff.; Lutter, ZHR 145 (1981), 224 ff.; Lutter in FS Priester, 2007, S. 471 ff.; Lutter in FS Canaris, 2007 Bd. II, S. 245, 252; Westermann in FS Hommelhoff, 2012, S. 1319, 1320 ff.; Butzke in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 229 ff.
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a) Gesetzliche Rahmenbedingungen 895
Die aus solchen Situationen entstehenden Konflikte haben erst in jüngerer Zeit verstärkt Beachtung gefunden1. Das Gesetz nimmt manche Konflikte grundsätzlich hin, beispielsweise bei der unternehmerischen Mitbestimmung2. Zur präventiven Bekämpfung von Konfliktsituationen verlangt § 125 Abs. 1 Satz 5 AktG, dass in börsennotierten Gesellschaften bei der Aufsichtsratswahl neben Beruf und Wohnort (§ 124 Abs. 3 Satz 4 AktG) weitere Aufsichtsratsmandate der Kandidaten angegeben werden. Dies gilt auch für Mitgliedschaften in vergleichbaren in- und ausländischen Kontrollgremien. In börsennotierten Gesellschaften und Kreditinstituten müssen zudem anderweitige Vorstands- und Aufsichtsratsmandate im Anhang zum Jahresabschluss angegeben werden (§§ 285 Nr. 10, 340a Abs. 4 Nr. 1 HGB). Die Aktionäre sollen so sich abzeichnende Risiken für Interessenkonflikte frühzeitig erkennen können3. Gleichwohl kann ein Aufsichtsratsmitglied, dessen Einsatzfähigkeit im Aufsichtsrat z.B. durch Tätigkeit in einem Konkurrenzunternehmen faktisch nicht mehr gegeben ist, im Abberufungsverfahren nicht einwenden, die Aktionäre hätten doch von seiner Sondersituation gewusst und sie billigend in Kauf genommen. Ein solcher Einwand würde voraussetzen, dass die Aktionäre über die Amtsfähigkeit einer Person entscheiden könnten. Das aber trifft nicht zu, wie das Gesetz an vielen Stellen deutlich macht4. b) Unterschiedliche Konflikte
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Zu unterscheiden sind einfache Interessenkonflikte und Pflichtenkollisionen5. Bei Interessenkonflikten widerstreiten die Unternehmensinteressen den eigenen Interessen des Aufsichtsratsmitglieds6. Bei Pflichtenkollisionen kollidiert die Pflicht zur Wahrnehmung des Unternehmensinteresses mit der Pflicht zu einem abweichenden Verhalten aus einem anderen Rechtsverhältnis.
1 Vgl. etwa Marsch-Barner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 13 Rn. 79 ff.; Roth/Wörle, ZGR 2004, 565 ff.; Säcker, AG 2004, 180, 182 ff.; Hopt, ZGR 2004, 1 ff.; Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 500 ff.; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 65 ff.; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 929 ff.; Krebs, Interessenkonflikte, passim. 2 Dazu Lutter in FS Coing, Bd. 1, 1982, S. 565. 3 Vgl. Begr. RegE zu § 124 AktG, BT-Drucks. 13/9712, S. 17; vgl. auch Mülbert, Gutachten E zum 61. DJT, 1996, E 108; Hopt, AG 1997, 42, 43; Kübler, AG 1997, 48, 50; Mertens, AG 1997, 70. 4 Vgl. §§ 85 Abs. 1, 88, 103, 105 AktG. 5 Siehe schon Lutter, ZHR 145 (1981), 224, 231; Werner, ZHR 145 (1981), 252, 257; Dreher, JZ 1990, 896, 900; Marsch-Barner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 13 Rn. 99; ebenso Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 56 ff. 6 Vgl. Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 56.
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Pflichten und Pflichtenkollisionen der Aufsichtsratsmitglieder
§ 12
c) Konfliktlösung Zuvörderst gilt der Grundsatz der Rollentrennung1: Das einzelne Mitglied hat zwischen seinen verschiedenen Rollen zu unterscheiden, das jeweilige Unternehmensinteresse zu beachten und seine Mitarbeit im Aufsichtsrat daran auszurichten2. So darf sich die Zustimmung zu einer Übernahme der Gesellschaft nicht aus dem Wunsch herleiten, nach der Übernahme Vorstandsvorsitzender der nunmehr konzernierten Tochter zu werden.
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In vielen Fällen indes hilft der Grundsatz der Rollentrennung nicht weiter: Das Aufsichtsratsmitglied kann die eigenen oder fremden Interessen nicht ausblenden oder – unabhängig davon – sein Mitwirken würde zu einer erheblichen Störung der vertrauensvollen Zusammenarbeit führen.
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Das Gesetz sieht hier folgende Lösungsmöglichkeiten vor: Liegt ein Fall 899 des „Richtens in eigener Sache“ vor, steht dem Betreffenden bereits von Gesetzes wegen kein Stimmrecht zu3. Dies folgt aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz der §§ 34 BGB und 47 Abs. 4 GmbHG4. In anderen Fällen kann die Treupflicht dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied gebieten, seine Mitwirkung im Aufsichtsrat – in Abhängigkeit von Dauer und Intensität des Konfliktes – zu beschränken. Als „Ultima Ratio“5 kommt die Niederlegung in Betracht, wenn auch nach Beendigung des Konfliktes eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im Aufsichtsrat nicht mehr möglich ist. Kommt der Betreffende seiner Pflicht zur Niederlegung nicht nach, kann er nach § 103 AktG abberufen werden.
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Ist hingegen nach Beendigung des Konfliktes eine vertrauensvolle Mitarbeit noch möglich, ist ein Ruhenlassen des Mandates für die Dauer des Konfliktes ausreichend. Während dieser Zeit entfällt nicht nur das Stimmrecht; das Aufsichtsratsmitglied muss auch den Sitzungen des Aufsichtsrats fernbleiben6.
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In vielen Fällen indes reicht es aus, sich in der konkreten Konfliktsache von jeder Mitwirkung und erst recht von jeder Stimmabgabe fernzuhal-
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1 Dazu vgl. Diekmann/Fleischmann, AG 2013, 141. 2 Dreher, JZ 1990, 896, 990; Deckert, DZWir 1996, 406, 409; Möllers in Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 434. 3 Das Stimmverbot aus § 34 BGB hat dingliche Wirkung; vgl. Jauernig, Komm. BGB, § 34 Rn. 3. 4 Näher zum Verbot des „Richtens in eigener Sache“ siehe unten unter Rn. 904 ff. 5 Siehe Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 73; Häuser, Interessenkollisionen, S. 158. 6 A.A. der BGH in seiner Entscheidung vom 2.4.2007 – II ZR 325/05, WM 2007, 1025 = ZIP 2007, 1056, der dem betroffenen Aufsichtsratsmitglied die Teilnahme an der Sitzung erlaubt: zu Unrecht. Wie hier Diekmann/Fleischmann, AG 2013, 141, 147.
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Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder; Vergütung
ten1. Darüber hinaus sind die anderen Aufsichtsratsmitglieder (ggf. über den Aufsichtsratsvorsitzenden) über den Konflikt zu informieren2. Und schließlich soll der Aufsichtsrat über den Konflikt sogar in seinem Jahresbericht an die Hauptversammlung berichten3. 903
Gleiches gilt im Übrigen auch für Tätigkeiten in einem Ausschuss. Soll etwa der Prüfungsausschuss ein Geschehen im Unternehmen untersuchen, so ist ein auch nur möglicherweise involviertes Ausschussmitglied für die Zeit der Überprüfung ex lege ausgeschlossen. d) Fallgruppenbildung4 aa) Einfache Interessenkonflikte
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Interessenkonflikte entwickeln sich in der Praxis zumeist in drei Bereichen: Der erste Bereich betrifft Verträge mit der Gesellschaft, die der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen. Gesetzlich zustimmungspflichtig sind Beratungsverträge (§ 114 AktG) und Kreditverträge (§ 115 AktG). Darüber hinaus kann die Satzung (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG) den Abschluss weiterer Verträge an die Zustimmung des Aufsichtsrats binden. Der zweite Bereich betrifft korporationsrechtliche Geschäfte (Wahl zum Vorstand, zum Aufsichtsratsvorsitzenden, zum Ausschussvorsitzenden etc.). Zum dritten Bereich gehören für das einzelne Aufsichtsratsmitglied nachteilige Maßnahmen (Einleitung oder Beendigung eines Rechtsstreites, die Verweigerung der Teilnahme an einem bestimmten Ausschuss usw.).
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In diesen Fallgruppen geht es zum einen um die Frage des Stimmrechts, zum anderen um die Frage, ob das Mitglied auch bei der Beratung anwesend sein darf5. Bei der Vertragszustimmung oder bei nachteiligen Rechtsgeschäften hat der Betreffende kein Stimmrecht6. Es gilt der Rechtsgrundsatz der § 34 BGB bzw. § 47 Abs. 4 GmbHG (Verbot der Entscheidung in eigener Sache)7. Hiergegen lässt sich nicht einwenden, die Mitwirkung des 1 Stimmenthaltung allein genügt nicht; vgl. Lutter in FS Priester, 2007, S. 417 ff. sowie Lutter in FS Canaris, 2007, Bd. II, S. 245 ff.; ähnlich Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 62 m.w.N. in Fn. 99. 2 Kodex Ziff. 5.5.2. 3 Kodex Ziff. 5.5.3. 4 Vgl. dazu schon Lutter, ZHR 145 (1981), 224, 231 ff.; Werner, ZHR 145 (1981), 252, 259; Ulmer, NJW 1980, 1603, 1604 ff.; Butzke in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 229 ff. 5 Vgl. Deckert, DZWir 1996, 406, 409. 6 Nahezu einhellige Ansicht; vgl. Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 58; Deckert, DZWir 1996, 406, 409, jeweils m.w.N. gegen einen Stimmrechtsausschluss bei der Frage der Abberufung eines Mitgliedes als Organ Weick in Staudinger, Komm. BGB, § 34 Rn. 15. 7 Manche Autoren wollen die genannten Vorschriften direkt anwenden; vgl. Meilicke in FS W. Schmidt, 1959, S. 71, 85 f.; zum Teil wird eine analoge Anwendung befürwortet: Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 65; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 108 Rn. 54; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 70; Reuter, MünchKomm. BGB, § 34 Rn. 4; Werner, ZHR 145 (1981),
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§ 12
Aufsichtsrats sei lediglich „nachgeschaltet“1, würde dadurch doch der Überwachungsauftrag des Aufsichtsrats zur Gänze in Frage gestellt. Demgegenüber besteht das Stimmrecht, wenn es um die Wahl zum Vorstandsmitglied, Aufsichtsratsvorsitzenden etc. geht. Hier ist – ähnlich wie bei Adenauers Wahl zum Bundeskanzler – die Selbstwahl erlaubt2. Indes wird es ein Akt der Höflichkeit sein, sich der Diskussion zu enthalten. Anders beim Stimmrechtsausschluss3: Hier ist das Mitglied auch von jeder anderen Art der Mitwirkung ausgeschlossen4. Es darf an keiner Beratung mitwirken, denn sein gesamtes Handeln ist von der Tatsache geprägt, dass es nicht im alleinigen Interesse der Gesellschaft handeln kann5. Gleiches gilt im Übrigen auch für Tätigkeiten in einem Ausschuss. Soll etwa der Prüfungsausschuss ein Geschehen im Unternehmen überprüfen, so ist ein auch nur möglicherweise involviertes Ausschussmitglied für die Zeit dieser Überprüfung ex lege von der Mitwirkung im Ausschuss ausgeschlossen.
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bb) Pflichtenkollisionen (1) Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat stehen regelmäßig in einem Konflikt: Einerseits erwartet ihre Wählerschaft die Wahrnehmung von Arbeitnehmerinteressen. Andererseits müssen sie den Vorstand unter den Aspekten des Wohls des Unternehmens überwachen. Das Gesetz akzeptiert diesen Konflikt, sind doch die Arbeitnehmervertreter wie alle Aufsichtsratsmitglieder dem Unternehmensinteresse verpflichtet6. Gleichwohl gibt es bestimmte Situationen, in denen sich der Konflikt nicht lösen lässt und eine objektive Teilnahme an Beratung und Stimmausübung gefährdet ist:
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– Arbeitskämpfe Rechtswidrige Streiks widersprechen dem Unternehmensinteresse; Ar- 908 beitnehmervertretern ist daher die Teilnahme verwehrt. Anders bei recht-
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252, 266; tatsächlich ist ein allgemeiner Rechtsgedanke anzunehmen: Lutter, ZHR 145 (1981), 224, 247; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 610. So aber Marsch-Barner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 13 Rn. 122. Weick in Staudinger, Komm. BGB, § 34 Rn. 14; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 67 m.w.N.; vgl. auch RGZ 60, 172 betreffend den Stimmrechtsausschluss eines Aktionärs bei seiner Wahl in den Aufsichtsrat. Behr, AG 1984, 281, 282 f.; ablehnend Dreher, JZ 1990, 896, 901; Ulmer, NJW 1980, 1603, 1605; Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 502. Dazu Lutter in FS Priester, 2007, S. 417 ff. A.A. BGH v. 2.4.2007 – II ZR 325/05, WM 2007, 1025, der die Teilnahme an der Beratung erlaubt; zu Unrecht. Wie hier Diekmann/Fleischmann, AG 2013, 141, 147; dort auch zum „mehrstufigen Umgang“ mit Interessenkonflikten. Ähnlich auch Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 100 Rn. 169 und Diekmann/ Fleischmann, AG 2013, 141, 147. Deckert, DZWir 1996, 406, 409, 410.
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mäßigen Arbeitskämpfen: Hier ist die Teilnahme, z.B. durch Arbeitsniederlegung, mit dem Aufsichtsratsmandat vereinbar1, einer aktiven Teilnahme sind indes Grenzen gesetzt: Postenstehen, Verteilen von Flugblättern oder gar gegen das Unternehmen gerichtete polemische Reden widersprechen dem Unternehmensinteresse. Insofern ist für Arbeitnehmervertreter in einem Arbeitskampf Zurückhaltung angezeigt2. Daran hat es der Vorsitzende der Gewerkschaft Ver.di im Konflikt mit der Lufthansa AG, deren stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender er ist, fehlen lassen; ihm ist daher zu Recht die Entlastung verweigert worden3. Ein am Streik beteiligter Arbeitnehmervertreter darf nicht an Aufsichtsratssitzungen teilnehmen, sofern es um Informationen über die von der Arbeitgeberseite (Vorstand) geplanten Gegenmaßnahmen, wie z.B. Aussperrung, geht, besteht doch nicht nur ein evidenter Interessenkonflikt, sondern auch eine erhebliche Gefahr der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht. Das gilt auch für ein Aufsichtsratsmitglied, das gleichzeitig Verhandlungsführer der Gewerkschaft in einem Tarifkonflikt mit der Gesellschaft ist4. – Betriebsvereinbarungen und Haustarifverträge 909
Bei der Abstimmung über eine Betriebsvereinbarung oder einen Haustarifvertrag im Aufsichtsrat geht der Arbeitnehmervertreter nicht „automatisch“ seines Stimmrechts verlustig. Etwas anderes gilt, wenn der Arbeitnehmervertreter zuvor als Mitglied des Betriebsrates oder als Gewerkschaftsvertreter maßgeblich für das Zustandekommen der Betriebsvereinbarung oder des Haustarifvertrages gesorgt hat. Nicht einwenden lässt sich hier, die Betriebsvereinbarung diene in aller Regel dem Unter-
1 H.M., vgl. Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 117; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaften, § 15 Rn. 123 ff.; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 140 f.; Uwe H. Schneider, GK-MitbestG, § 29 Rn. 21; jeweils m.w.N. Zum Teil wird jedoch eine Teilnahme von Arbeitnehmervertretern bei Beratungen und Abstimmungen insofern verneint, als sie das Verhalten des Unternehmens im Arbeitskampf betreffen; vgl. Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 502 f.; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 26 MitbestG Rn. 34 f.; zur Streikteilnahme ausführlich Mertens, AG 1977, 306, 312 ff. unter Betonung des Unternehmensinteresses; Seiter in FS Müller, 1981, S. 589, 599 ff. 2 Dazu ausführlich Lutter/Quack in FS Raiser, 2003, S. 259, 266; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 116 Rn. 206 ff.; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 940; a.A. Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 118 ff.; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 141 ff.; Gach, MünchKomm. AktG, § 25 MitbestG Rn. 20 f.; Ulmer, NJW 1980, 1603, 1604 in Fn. 14. 3 Eingehend dazu Lutter/Quack in FS Raiser, 2003, S. 259, 266. 4 Lutter, FAZ v. 15.6.2007.
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nehmensinteresse. Dies zu prüfen ist ja gerade Aufgabe des Aufsichtsrats1! Vielmehr gilt der Grundsatz des § 34 BGB: Der Arbeitnehmervertreter hat bei der Abstimmung kein Stimmrecht2. Eine Teilnahme an der Beratung ist hingegen möglich, wenn der Interessenkonflikt für alle anderen Aufsichtsratsmitglieder offenkundig ist. Der betreffende Arbeitnehmervertreter fungiert gewissermaßen als Sachverständiger für die Arbeitnehmerinteressen, die ins Unternehmensinteresse mit einfließen.
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(2) Konflikte im Konzern – Vertragskonzerne Personelle Verflechtungen im Konzern führen unter Umständen zu Interessenkonflikten. Bei Vertragskonzernen unterstellt sich die abhängige Gesellschaft durch den Beherrschungsvertrag (§ 291 AktG) dem herrschenden Unternehmen und hat dessen Weisungen Folge zu leisten (§ 308 Abs. 2 AktG). Auch nachteilige Weisungen sind zulässig, sofern sie im Konzerninteresse3 liegen4 und nicht unverhältnismäßig sind5. Dies haben die Aufsichtsratsmitglieder der Untergesellschaft – also auch Doppelmandatsträger – zu berücksichtigen: Sie haben ihre Überwachungstätigkeit am Interesse des herrschenden Unternehmens auszurichten, dürfen aber auch das isolierte Interesse der Untergesellschaft nicht aus dem Blick verlieren. Nachteilige Auswirkungen für die Untergesellschaft sind im Auge zu behalten und daraufhin zu prüfen, ob sie vom Interesse des herrschenden Unternehmens erfasst und nicht unverhältnismäßig sind. Gegebenenfalls – z.B. durch Verweigerung seiner Zustimmung (§ 111 Abs. 4 AktG) – ist darauf hinzuwirken, dass die nachteilige Maßnahme unterbleibt. Das herrschende Unternehmen kann in diesem Fall die Weisung wiederholen. In diesem Fall ist die Zustimmung des Aufsichtsrats der Untergesellschaft nicht mehr erforderlich (§ 308 Abs. 3
1 Marsch-Barner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 13 Rn. 132, vertritt ferner die These, dass eine Konfliktlösung bereits vorher auf organisatorischem Wege durch Ausschussbildung gefunden werden muss. Alles andere sei mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Aufsichtsratsmitglieder nicht vereinbar. 2 Ebenso Ulmer in Hanau/Ulmer, Komm. MitbestG, 1. Aufl., § 25 Rn. 28; anders aber Ulmer/Habersack seit der 2. Aufl. in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 27, 28. 3 Zum Begriff des Konzerninteresses siehe Altmeppen, MünchKomm. AktG, § 308 Rn. 106 ff.; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 308 AktG Rn. 48 ff.; Geßler, ZHR 140 (1976), 433, 436 ff.; Sina, AG 1991, 1, 4 f. 4 Hüffer, Komm. AktG, § 308 Rn. 16. 5 Zur Unzulässigkeit existenzbedrohender Weisungen OLG Düsseldorf v. 7.6.1990 – 19 W 13/86, AG 1990, 490, 492; Krieger, Münchener Hdb. AG, § 70 Rn. 149; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 150; a.A. Koppensteiner, Kölner Komm. AktG, § 308 Rn. 32.
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Satz 2 Halbsatz 1 AktG), wohl aber die Zustimmung des Aufsichtsrats der Obergesellschaft (§ 308 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 AktG)1. – Faktische Konzerne 912
In faktischen Konzernen kommt es häufig vor, dass ein Vorstand der Obergesellschaft Mitglied im Aufsichtsrat der Tochtergesellschaft ist. Als Vorstand der Obergesellschaft hat das Aufsichtsratsmitglied die Konzerninteressen wahrzunehmen; zugleich ist er aber auch als Mandatsträger der Tochtergesellschaft deren Unternehmensinteresse verpflichtet.
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Geht man von der Billigung faktischer Konzerne durch das Gesetz aus, gilt dies auch für den Vorrang des Konzerninteresses: Das Gesetz lässt für die Untergesellschaft nachteilige Maßnahmen zu, wenn sie von der Obergesellschaft ausgeglichen werden (§ 311 AktG). Dies haben die Aufsichtsratsmitglieder der Untergesellschaft – also auch die Doppelmandatsträger – zu berücksichtigen: Zu prüfen ist daher, ob nachteilige Handlungen im Konzerninteresse liegen und ob nachteilige Maßnahmen überhaupt ausgleichsfähig sind. (3) Konflikte von Repräsentanten öffentlicher Einrichtungen
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Häufig anzutreffen ist die Situation, dass ein Mitglied des Aufsichtsrats zugleich Repräsentant einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung (Gebietskörperschaft) ist2. In solchen Fällen können Unternehmensinteresse und öffentliches Interesse auseinanderlaufen: So kann ein Vertreter der Landesregierung, der im Aufsichtsrat eines Autoherstellers sitzt, aus politischen Gründen gegen Entlassungen sein. Ein Vorrang öffentlicher Interessen vor dem Unternehmensinteresse besteht nicht3. Insbesondere können Weisungen aufgrund Landesrechts (z.B. §§ 107 ff. GO NW) gesellschaftsrechtliche Pflichten nicht aufwiegen (Art. 31 GG)4. Infolgedessen kann bei langfristigen Konflikten durchaus eine Abberufung aus wichtigem Grund in Betracht kommen5.
1 Zu den Informationsrechten des Aufsichtsrats in der Konzernobergesellschaft siehe Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 148 ff.; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 403 ff. 2 Zu der Situation im schweizerischen Recht siehe Forstmoser/Jaag, Der Staat als Aktionär, 2000, S. 37 ff.; zum deutschen Recht siehe Säcker in FS Rebmann, 1989, S. 781 ff. 3 Schwintoski, NJW 1995, 1316, 1318 f.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 35 m.w.N.; Säcker in FS Rebmann, 1989, S. 781, 788, 790. 4 Deklaratorisch daher etwa § 108 Abs. 6 Satz 5 GO NW, wonach Bindungen aufgrund der GO NW nicht gelten, sofern zwingende Vorschriften des Gesellschaftsrechts entgegenstehen; siehe auch Säcker in FS Rebmann, 1989, S. 781, 792. 5 Dazu OLG Hamburg v. 23.1.1990 – 11 W 92/89, WM 1990, 311 = AG 1990, 218; Decher, ZIP 1990, 311, 313 f.; Hirte, EWiR § 103 AktG 2/90, 219, 220; Säcker in FS Rebmann, 1989, S. 781, 788.
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§ 12
(4) Konflikte durch Beteiligung von Bankenvertretern Hier sind drei Problembereiche zu unterscheiden1: Ein erster Konfliktbereich besteht im Verhältnis der Gesellschaft zur Bank des betroffenen Aufsichtsratsmitglieds in ihren verschiedenen Tätigkeitsbereichen2. Hier gilt der Grundsatz der Rollentrennung. Das Aufsichtsratsmitglied hat ausschließlich im Interesse dieser Gesellschaft tätig zu werden3.
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Ein zweiter Konfliktbereich liegt zwischen der Gesellschaft und der Bank als Vertragspartner eines Dritten. So war im Herstatt-Fall ein Vorstandsmitglied der Bank zugleich Aufsichtsratsmitglied der Gesellschaft und als solches in schwierige Sanierungsgespräche eingeschaltet4. Hier stellt sich die Frage, ob die Bank gegenüber ihren Kunden zur Aufklärung verpflichtet ist, wenn diese Geschäfte mit der insolvenzgefährdeten Gesellschaft abschließen wollen. Wäre der Bank das Sonderwissen „ihres“ Aufsichtsratsmitglieds zuzurechnen, müsste sie ihre Kunden aufklären. Indes: Eine Zurechnung ist mit der Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsratsmitglieds nicht zu vereinbaren.
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Ein dritter Konfliktbereich entsteht dadurch, dass Bankenvertreter mehrere Aufsichtsratsmandate gleichzeitig innehaben. Handelt es sich bei den jeweiligen Mandatsgesellschaften um Konkurrenzunternehmen, liegt ein Fall wettbewerbsbedingter Inkompatibilität vor5.
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cc) Insbesondere: Interessenkonflikte bei Übernahmen6 Bei Übernahmen kann es zu starken Interessenkonflikten kommen, wenn ein Vertreter des Bieters Mitglied im Aufsichtsrat der Zielgesell-
1 Interessenkonflikte durch Bankenvertreter waren bereits vor dem Ersten Weltkrieg bekannt und wurden in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts im Rahmen einer Enquetekommission breit erörtert; siehe Ausschuss zur Untersuchung der Erzeugungs- und Absatzbedingungen der deutschen Wirtschaft (Enquetekommission), I. Unterausschuss, 3. Arbeitsgruppe, 1928, S. 273, 329 ff.; vgl. auch Lutter, ZHR 145 (1981), 224, 235; Ulmer, NJW 1980, 1603, 1604. Indes: Der Gesetzgeber hat seitdem auf eine spezielle Regelung zur Lösung der Interessenkonflikte verzichtet. 2 Lutter, ZHR 145 (1981), 224, 233 mit Beispielen auf S. 231 f. 3 BGH v. 21.12.1979 – II ZR 244/78, NJW 1980, 1629; zustimmend Ulmer, NJW 1980, 1603. 4 BGH v. 29.5.1978 – II ZR 89/76, WM 1978, 588; OLG Frankfurt a.M. v. 29.4.1976 – 1 U 184/75, WM 1976, 723; LG Frankfurt a.M. v. 11.9.1975 – 2/4 O 554/74 I R (gleicher Fall), WM 1975, 1118. Ausführliche Besprechung bei Lutter, ZHR 145 (1981), 224, 238. 5 Vgl. bereits Lutter, ZHR 145 (1981), 224, 238. 6 Dazu eingehend Hopt, Übernahmen, Geheimhaltung und Interessenkonflikte, ZGR 2002, 333 ff.; Heermann, WM 1997, 1689 ff.; Schiessl in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1019, 1034 ff.; Seibt in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1119, 1142 ff.
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schaft ist1. Gleiches gilt im umgekehrten Fall, wenn also ein Vertreter der Zielgesellschaft im Aufsichtsrat der Bietergesellschaft ist. (1) Freundliche Übernahme 919
Bei einer freundlichen Übernahme sind Interessenkonflikte selten; man ist sich über die Vorteilhaftigkeit der Übernahme für beide Gesellschaften einig. Gleichwohl entbindet dies den Aufsichtsrat nicht von seiner Überwachungsaufgabe. Unter Umständen ist der Vorstand der Zielgesellschaft nur wegen eines großzügigen Abfindungsangebotes oder wegen eines in Aussicht gestellten Managementpostens zur Übernahme bereit. Damit bleibt die Frage der Stimmberechtigung von Aufsichtsratsmitgliedern, die zugleich Vertreter der jeweils anderen Gesellschaft sind, bestehen. Bei auch nur leisen Anzeichen, dass die Übernahme nicht im Interesse der Gesellschaft liegen könnte, muss das Aufsichtsratsmitglied sein Mandat vorerst ruhen lassen oder, fraglos besser, ausscheiden. (2) Feindliche Übernahme
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Bei feindlichen Übernahmen bestehen regelmäßig erhebliche Interessenunterschiede zwischen Bieter- und Zielgesellschaft: Ist ein Aufsichtsratsmitglied der Zielgesellschaft zugleich Funktionsträger der Bietergesellschaft, kollidiert die Treupflicht gegenüber der Bietergesellschaft mit der gegenüber der Zielgesellschaft.
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Zumeist handelt es sich um einen Fall der wettbewerbsbedingten Inkompatibilität2. Die Konkurrenzsituation ist in vielen Fällen gerade Auslöser des Übernahmeversuches: Der Konkurrent soll durch die Übernahme an die Kette genommen oder er soll zerschlagen werden, um sich wichtige Betriebseinheiten einzuverleiben. Besteht die Konkurrenzsituation schon bei Mandatsantritt, ist bereits die Bestellung unwirksam; entsteht sie erst später, liegt ein wichtiger Grund für die Abberufung des betroffenen Mandatsträgers i.S. von § 103 Abs. 3 AktG vor3.
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Eine Konkurrenzsituation liegt bereits dann vor, wenn der Bieter zwar noch nicht auf dem gleichen Markt wie die Zielgesellschaft tätig ist, sich aber gerade durch die Übernahme eine Marktposition erschließen will. Dies ist der Fall, wenn Ziel der Übernahme die Erschließung eines neuen Geschäftsbereichs oder der Aufbau eines Standbeins im Ausland ist4. Ein Verbleib des betroffenen Aufsichtsratsmitgliedes ist hier selbst bei erfolgreicher Abwehr der Übernahme angesichts der nachhaltig gestörten Vertrauensbasis im Aufsichtsrat nicht hinzunehmen. Daher liegt ein wichtiger Grund i.S. des § 103 Abs. 3 AktG vor. 1 2 3 4
Vgl. den Fall „Mc Graw-Hill“ bei Lutter, ZHR 145 (1981), 224, 232. Vgl. Lutter in FS Beusch, 1993, S. 509, 515. Siehe dazu sogleich unter Rn. 930 ff. So beispielsweise die Übernahme von Voicestream in den USA durch die Deutsche Telekom AG.
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Die soeben erörterte Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds der Zielgesellschaft verstößt nicht gegen das sog. Verhinderungsverbot des § 33 WpÜG (früher: Neutralitätsgebot). Denn der hier allein antragsberechtigte Aufsichtsrat und ggf. die Hauptversammlung unterliegen diesem gesetzlichen Verbot nicht1.
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(3) Bankenvertreter bei feindlichen Übernahmen Die Situation bei feindlichen Übernahmen ist bei Beteiligung von Bankenvertretern noch komplizierter; drei Fälle sind denkbar: Erstens kann ein Bankenvertreter Aufsichtsratsmitglied einer Zielgesellschaft sein, dessen Bank die Übernahme finanziell oder organisatorisch unterstützt2. Der Fall kann nicht anders entschieden werden, als säße ein Funktionsträger der Bietergesellschaft im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft; denn der Bankenvertreter stammt gewissermaßen aus dem „Heerlager“ der Bietergesellschaft. Legt das Aufsichtsratsmitglied sein Mandat nicht freiwillig nieder3, besteht ein wichtiger Grund für die Abberufung (§ 103 Abs. 3 AktG).
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Zweitens kann ein Bankenvertreter im Aufsichtsrat der Bietergesellschaft sitzen und die Bank Hausbank der Zielgesellschaft sein. Der Fall liegt hier spiegelbildlich, so dass auch hier eine Abberufung angezeigt ist.
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Bei der dritten Konstellation sitzt ein Bankenvertreter im Aufsichtsrat sowohl der Ziel- als auch der Bietergesellschaft. Hier liegt erkennbar ein Sonderfall der Inkompatibilität vor, so dass – wenn nicht schon die Berufung unwirksam ist – eine Abberufung aus wichtigem Grund möglich ist4.
1 Vgl. Krause/Pötzsch/Stephan in Assmann/Pötzsch/Uwe H. Schneider, Komm. WpÜG, § 33 Rn. 76–79; Röh in Haarmann/Schüppen, Frankfurter Komm. WpÜG, § 33 Rn. 34. 2 So war es tatsächlich beim Übernahmeversuch der Krupp-Hoesch AG bezüglich der Thyssen AG; vgl. im Übrigen den Fall „Übernahmekredit“ bei Lutter, ZHR 145 (1981), 224, 232; eingehend dazu auch Hopt, Übernahme, Geheimhaltung und Interessenkonflikte, ZGR 2002, 333 ff. 3 Ein bloßes Ruhenlassen des Mandats kommt als milderes Mittel nicht in Betracht. Denn auch nach der Abwehr des Übernahmeversuchs wäre die Vertrauensbasis im Aufsichtsrat gestört. Das betroffene Mitglied wäre regelmäßig mit der Frage konfrontiert, warum es nicht früher von dem Übernahmevorhaben berichtet hat; a.A. Marsch-Barner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 13 Rn. 174 mit dem Hinweis, dass eine Niederlegung des Mandats als Hinweis auf die bevorstehende Übernahme gewertet werden könnte. Hier stellt sich indes die Frage, ob nicht auch das Ruhenlassen des Mandates misstrauisch macht. 4 Siehe dazu oben Rn. 915; anders Marsch-Barner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 13 Rn. 160, der dem betroffenen Aufsichtsratsmitglied ein Wahlrecht einräumen will, in welcher der beiden Gesellschaften er das Mandat vorübergehend aussetzen oder niederlegen will.
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Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder; Vergütung
e) Zusammenfassung 926
Pflichtenkollisionen sind teilweise vom Gesetz veranlasst (Mitbestimmung), lassen sich mithin nicht vermeiden und müssen vom Betroffenen mit Sorgfalt und Fingerspitzengefühl gelöst werden. Teilweise sind sie die Folge einer nicht vorhersehbaren Entwicklung (feindliches Übernahmeangebot oder Aufnahme von Wettbewerbsaktivitäten in einem anderen Unternehmen des betreffenden Aufsichtsratsmitglieds), Kollisionen, die in der Regel durch Amtsniederlegung gelöst werden müssen, teilweise beruhen sie auf einem „Übernahmeverschulden“ des betreffenden Aufsichtsratsmitglieds, das vermieden werden muss.
927
Auch Interessenkonflikte sind häufig schon in der Person des betreffenden Aufsichtsratsmitglieds angelegt (z.B. Vorstand eines Zulieferers im Aufsichtsrat des Autoherstellers, Vorstand der Hausbank im Aufsichtsrat), können sich aber auch sporadisch entwickeln. Hier kommt es auf die Intensität und Häufigkeit der Konflikte an: In der Regel können sie von Fall zu Fall durch Abstinenz von Beratung und Beschlussfassung, aber auch z.B. durch einen punktuellen Ausschuss, dem das betreffende Aufsichtsratsmitglied nicht angehört, gelöst werden; nur ausnahmsweise und insbesondere bei sich ständig wiederholenden Konflikten führen sie zur Pflicht der Amtsniederlegung. Jedenfalls hat das betroffene Aufsichtsratsmitglied die Pflicht, den anderen Mitgliedern seinen Interessenkonflikt offen zu legen1. Bestehen diese Konflikte breitflächig (z.B. durch Organtätigkeit in Konkurrenzunternehmen), ist das betreffende Mitglied amtsunfähig2.
928
Die heute bei börsennotierten Gesellschaften vorgeschriebene Mitteilung jeder zur Wahl des Aufsichtsrats anstehenden Person, über alle Mitgliedschaften im Aufsichtsrat oder vergleichbaren Kontrollgremien anderer inund ausländischer Gesellschaften3 Auskunft zu geben (§ 125 Abs. 1 Satz 5 AktG), legt die Gefahr solcher Pflichten- und Interessenkollisionen offen und sollte als Aufforderung des Gesetzes zur Vermeidung solcher Kollisionen verstanden werden. f) Der Kodex
929
Der Kodex behandelt Interessenkonflikte von Aufsichtsratsmitgliedern in seiner Ziff. 5.5 eingehend und verlangt insbesondere deren Offenlegung intern gegenüber dem Aufsichtsrat und extern im Bericht des Aufsichtsrats gegenüber der Hauptversammlung inkl. deren Behandlung. Das ist nicht unproblematisch, weil der Hauptversammlung gegenüber das Ge1 Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 100 Rn. 164; Lutter in FS Priester, 2007, S. 417 ff.; Kodex Ziff. 5.5.2. 2 Dazu bereits oben eingehend Rn. 22 ff. 3 Insoweit aber nur eine „soll“-Vorschrift. Im Anhang der Bilanz ist nach § 285 Nr. 10 HGB dagegen auch die Angabe der Mitgliedschaft in „anderen Kontrollgremien“ verpflichtend, vgl. Hüffer, Komm. AktG, § 125 Rn. 4.
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Pflichten und Pflichtenkollisionen der Aufsichtsratsmitglieder
§ 12
bot der Vertraulichkeit gilt (oben Rn. 254 ff.). Die Darstellung im Bericht ist daher zu neutralisieren1. Die Namen der Betroffenen und der Gegenstand des Konfliktes können daher bei entsprechenden Fragen nach § 131 AktG abgelehnt werden. 4. Gerichtliche Abberufung aus wichtigem Grund Im Falle pflichtwidrigen Verhaltens droht dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied zum einen die persönliche Haftung für den gesamten der Gesellschaft daraus entstandenen Schaden, §§ 116 Satz 1, 93 AktG (siehe dazu unten Rn. 981 ff.). In gravierenden Fällen pflichtwidrigen Verhaltens kann zudem eine Abberufung erfolgen. Gemäß § 103 Abs. 3 AktG kann ein Aufsichtsratsmitglied durch das zuständige Amtsgericht auf Antrag abberufen werden, wenn in seiner Person ein wichtiger Grund vorliegt; vgl. dazu auch schon oben Rn. 288. Ob es sich um gewählte, entsandte oder gerichtlich bestellte Aufsichtsratsmitglieder handelt, spielt keine Rolle. Für Arbeitnehmervertreter besteht die Abberufungsmöglichkeit – wie § 103 Abs. 4 AktG zeigt („gelten außer Absatz 3“) – ebenso wie für Anteilseignervertreter. Auch der „elfte Mann“ der Montanmitbestimmung kann aus wichtigem Grund gerichtlich abberufen werden (§ 11 Abs. 3 MontanMitbestG, § 5 Abs. 3 MitbestErgG). In der Praxis sind solche Abberufungsanträge selten.
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Antragsbefugt ist stets der Aufsichtsrat (§ 103 Abs. 3 Satz 1 AktG). Er beschließt über die Antragstellung mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 103 Abs. 3 Satz 2 AktG). Das betroffene Mitglied ist nach richtiger, aber sehr umstrittener Meinung nicht stimmberechtigt2. Eine Delegation der Entscheidung an einen Ausschuss ist unzulässig (vgl. Rn. 743 ff.). Bei Aufsichtsratsmitgliedern, die aufgrund eines satzungsmäßigen Entsendungsrechts nach § 101 Abs. 2 AktG in den Aufsichtsrat entsandt sind, kann auch eine Aktionärsminderheit die gerichtliche Abberufung beantragen. Die antragstellenden Aktionäre müssen Aktien besitzen, die zusammen mindestens 10 % des Grundkapitals oder den Nennbetrag von 1 Mio. Euro erreichen (§ 103 Abs. 3 Satz 3 AktG). Bei nennwertlosen Aktien folgt der anteilige Betrag aus der Division des Grundkapitals durch die Aktienanzahl3.
931
1 A.A. OLG Frankfurt a.M. v. 5.7.2011 – 5 U 104/10, ZIP 2011, 1613 (LS 4); im Ergebnis wie hier Kremer in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. Kodex, Rn. 1112; zu Recht kritisch Butzke in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 229, 241 ff. 2 So auch Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 103 Rn. 49; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 6 MitbestG Rn. 70; Uwe H. Schneider/Nietsch in FS Westermann, 2008, S. 1447, 1459; a.A. Hoffmann/ Kirchhoff in FS Beusch, 1993, S. 377, 380 f. 3 Vgl. Hüffer, Komm. AktG, § 103 Rn. 12.
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Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder; Vergütung
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In montanmitbestimmten Gesellschaften schließlich kann eine gerichtliche Abberufung des „elften Mannes“ auch von mindestens drei Aufsichtsratsmitgliedern beantragt werden.
933
Eine gerichtliche Abberufung kann nur aus wichtigem Grund erfolgen. Ein wichtiger Abberufungsgrund liegt vor, wenn eine weitere Aufsichtsratsmitgliedschaft des Betreffenden bis zum Ablauf der Amtszeit für die Gesellschaft unzumutbar ist1. Ein „krass gesellschaftswidriges Verhalten“ oder ein Sachverhalt, der das Aufsichtsratsmitglied als „schlechthin untragbar“ erscheinen lässt, ist stets ausreichend, aber heute nach h.M.2 nicht mehr erforderlich3, wohl aber muss der Verbleib des Betreffenden für die Gesellschaft unzumutbar sein4. Als wichtiger Grund kommen vor allen Dingen schwere Pflichtverletzungen des Aufsichtsratsmitglieds in Frage, etwa Verletzungen der Verschwiegenheitspflicht (vgl. oben Rn. 288 f.), Beteiligungen an „wilden Streiks“, über die Arbeitsniederlegung hinausgehende aktive Mitwirkung an rechtmäßigen Arbeitskämpfen (vgl. Rn. 907 ff.), heimliches anonymes Schreiben ans Bundeskartellamt mit negativer Stellungnahme in angemeldeten Fusionsvorhaben, ehrenrührige Vorwürfe gegen Geschäftsführung usw. Bei leichteren und fahrlässigen Pflichtverletzungen, wie etwa der einmaligen Bekanntgabe geplanter Dividendenerhöhungen und des Abstimmungsverhaltens anderer Aufsichtsratsmitglieder, ist eine Abberufung in der Regel erst im Wiederholungsfall möglich5. Unverträglichkeit und Unfähigkeit zur Zusammenarbeit im Aufsichtsrat sind als Abberufungsgründe denkbar6, allerdings nur in sehr schweren Fällen. Eine Abberufung wegen zu weit 1 OLG Frankfurt a.M. v. 1.10.2007 – 20 W 141/07, AG 2008, 456; OLG Zweibrücken v. 28.5.1990 – 3 W 93/90, AG 1991, 70; LG Frankfurt a.M. v. 14.10.1986 – 3/11 T 29/85, NJW 1987, 505, 506 = AG 1987, 160; OLG Hamburg v. 23.1.1990 – 11 W 92/89, WM 1990, 311, 314 = AG 1990, 218 (Hamburger Electricitäts-Werke AG) – obiter = EWiR § 103 AktG 2/90, 219 (Hirte); LG Mühlhausen v. 15.8.1996 – 1 HKO 3127/96, ZIP 1996, 1660 = AG 1996, 527; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 198; Habersack, MünchKomm. AktG, § 103 Rn. 39 ff.; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaften, § 15 Rn. 49; Raiser/ Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 6 MitbestG Rn. 38; Hüffer, Komm. AktG, § 103 Rn. 10; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 30 Rn. 86 m.w.N.; vgl. auch Kirchhoff/Hoffmann in FS Beusch, 1993, S. 377, 381 ff. 2 Vgl. Hüffer, Komm. AktG, § 103 Rn. 10; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/ Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 6 MitbestG Rn. 71; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 30 Rn. 86. 3 So aber noch AG München v. 2.5.1985 – HRB 2212, ZIP 1985, 1139 = AG 1986, 170; Köstler/Müller/Sick, Aufsichtsratspraxis, Rn. 821 m.w.N. So auch noch die Rspr. zum AktG 1937, in dem jedoch eine dem § 103 Abs. 3 AktG entsprechende gesetzliche Regelung fehlte, vgl. z.B. BGH v. 21.2.1963 – II ZR 76/62, BGHZ 39, 116, 123. 4 OLG Stuttgart v. 7.11.2006 – 8 W 388/06, AG 2007, 218; OLG Frankfurt a.M. v. 1.10.2007 – 20 W 141/07, AG 2008, 456; Uwe H. Schneider/Nietsch in FS Westermann, 2008, S. 1447, 1461; Hüffer, Komm. AktG, § 103 Rn. 10, 11 m.w.N. 5 Insoweit zutreffend AG München v. 2.5.1985 – HRB 2212, ZIP 1985, 1139, 1141 = AG 1986, 170; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 30 Rn. 86. 6 Habersack, MünchKomm. AktG, § 103 Rn. 42.
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Weiterbildung
§ 12
gehender Ausübung von Auskunfts- und Prüfungsrechten1 ist kaum vorstellbar. In besonderen Einzelfällen können schließlich auch Interessenkollisionen eine Abberufung des Aufsichtsratsmitglieds rechtfertigen2, so etwa wenn ein Unternehmen, dessen Vorstand es angehört, mit dem Unternehmen, dessen Aufsichtsrat es angehört, in einen gravierenden Interessenkonflikt gerät3. Die Verweigerung der Entlastung durch die Hauptversammlung ist für sich allein kein wichtiger Grund4. Zuständig für die Abberufung ist das Amtsgericht des Sitzes der Gesellschaft (§ 14 AktG). Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften des FamFG, § 375 Nr. 3. Das Amtsgericht entscheidet durch Beschluss (§ 38 FamFG). Ein die Abberufung aussprechender Beschluss wird mit seiner Bekanntmachung an das betroffene Aufsichtsratsmitglied wirksam (§ 40 FamFG).
934
Gegen den Beschluss des AG ist nach § 58 FamFG die Beschwerde zulässig, über die das OLG(!) entscheidet. Gegen dessen Entscheidung gibt es nur mehr die zulassungsabhängige Rechtsbeschwerde zum BGH (§§ 70 ff. FamFG). Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung, wurde der Betreffende abberufen und ist das Aufsichtsratsamt in der Zwischenzeit schon wieder neu besetzt worden, kann die Abberufung im Beschwerdeverfahren nicht mehr aufgehoben werden. Der Gefahr, dass in der Zwischenzeit durch eine Neubesetzung vollendete Tatsachen geschaffen werden, kann durch eine einstweilige Anordnung nach §§ 49 ff. FamFG begegnet werden5.
IV. Weiterbildung 1. Der Kodex sagt in seiner Ziff. 5.4.5 Abs. 2
935
„Die Mitglieder des Aufsichtsrats nehmen die für ihre Aufgaben erforderlichen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen eigenverantwortlich wahr. Dabei sollen sie von der Gesellschaft angemessen unterstützt werden.“
Auf diesem Hintergrund haben sich zahlreiche Weiterbildungs-Einrichtungen für Aufsichtsräte gebildet, die die verschiedensten Programme anbieten. Das Gesetz schweigt.
1 Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 6 MitbestG Rn. 39. 2 So OLG Hamburg v. 23.1.1990 – 11 W 92/89, WM 1990, 311 = AG 1990, 218. 3 Vgl. dazu zunächst oben Rn. 926 f. sowie OLG Hamburg v. 23.1.1990 – 11 W 92/89, WM 1990, 311, 314 = AG 1990, 218; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 103 Rn. 33; Habersack, MünchKomm. AktG, § 103 Rn. 42; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 198 („Eintritt in ein Konkurrenzunternehmen“); auch Hüffer, Komm. AktG, § 103 Rn. 11. 4 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 6 MitbestG Rn. 71; Wißmann in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 6 MitbestG Rn. 72. 5 OLG Köln v. 12.10.1988 – 2 WX 27/88, AG 1989, 205 (zum FGG).
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Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder; Vergütung
Fraglich ist mithin, ob das einzelne Aufsichtsratsmitglied verpflichtet ist, an solchen Kursen teilzunehmen. Das hängt von den Kenntnissen und Erfahrungen der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder ab. Besonders schwierige Aufgabenfelder der Aufsichtsräte sind die Planung mit dem Vorstand, die Überwachung seines Risikomanagements und die Zustimmung zur oder Ablehnung der Bilanz und Konzernbilanz, wobei Letztere in aller Regel nach den internationalen Regeln der IFRS erstellt ist. Handelt es sich bei dem konkreten Aufsichtsratsmitglied um den langjährigen Finanzvorstand eines großen oder größeren Unternehmens, so käme dieser dafür eher als Lehrender denn als Lernender in Betracht. Ganz anders wird es sein, wenn der erfolgreiche Chemiker in den Aufsichtsrat gerufen wurde. Er war und ist mit diesen Fragen bisher nicht in Berührung gekommen und schon nach der Hertie-Formel des BGH1 zur Aneignung dieser Fähigkeiten durch entsprechende Fortbildung verpflichtet. Die Entscheidung trifft das einzelne Aufsichtsratsmitglied selbstkritisch und eigenverantwortlich2. 936
2. Von der Pflicht zur Weiterbildung zu unterscheiden ist die Frage, wer die Kosten für die Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen trägt.
937
a) Die Hertie-Entscheidung des BGH sagt, dass jedes Aufsichtsratsmitglied „diejenigen Mindestkenntnisse und -fähigkeiten besitzen oder sich aneignen muss, die es braucht, um alle normalerweise anfallenden Geschäftsvorgänge auch ohne fremde Hilfe verstehen und sachgerecht beurteilen zu können.“
Diese Fähigkeiten muss das Aufsichtsratsmitglied bei Amtsantritt haben oder sich umgehend aneignen3. Das ist seine Pflicht und dafür trägt es die Kosten4. 938
b) Diese „Mindestkenntnisse und -fähigkeiten“ entsprechen aber zunehmend nicht mehr den tatsächlichen Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder. Wer in den Prüfungsausschuss des Aufsichtsrats gewählt wird, muss etwas von Bilanzen und von Risiko-Management verstehen, wer im Ausschuss für Forschung und Entwicklung mitreden will, muss etwas von der Organisation von Forschung verstehen, sonst erreicht er die Augenhöhe mit dem zu überwachenden Vorstand nicht. Entschließt sich hier das Aufsichtsratsmitglied zur Teilnahme an entsprechenden Fortbildungsveranstaltungen, hat ihm die Gesellschaft diese Kosten als notwendige Auslagen zu erstatten5. 1 Oben Rn. 26 und unten Rn. 937. Kritisch dazu Opitz, BKR 2013, 177 ff. 2 Wobei „eigenverantwortlich“ eben auch bedeutet: unter dem Risiko eigener Haftung nach §§ 93, 116 AktG. 3 Unstr., vgl. Habersack, MünchKomm. AktG, § 113 Rn. 26; Wilsing in Wilsing, Komm. DCGK, Ziff. 5.4.1 Rn. 14. 4 Habersack, MünchKomm. AktG, § 113 Rn. 24; Hüffer, Komm. AktG, § 113 Rn. 2c. 5 Kremer in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kodex Komm., Ziff. 5.4.5 Rn. 1058; Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, NZG 2010, 1161, 1166; Drygala in K. Schmidt/
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Weiterbildung
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3. Über diese Fragen hinaus kann aber auch der Aufsichtsrat selbst zu der Auffassung gelangen, dass er seinen Kenntnisstand über den gesetzlich geforderten Standard hinaus anheben und zu diesem Zweck einen Fortbildungskurs organisieren will. Ein solcher Beschluss führt im Zweifel zur Teilnahmepflicht aller seiner Mitglieder. Und da die Maßnahme im Interesse der Gesellschaft geschieht, hat diese auch die Kosten zu tragen1.
939
4. Oben in Rn. 26 wurde schon auf die Vorschriften des KWG hingewiesen, was die Mindestfähigkeiten der Aufsichtsratsmitglieder von Kreditinstituten und Finanzdienstleistern betrifft. Inzwischen ist dazu eine EURichtlinie2 in Kraft getreten, die in ihrem Art. 91 Abs. 9 expressis verbis eine Schulung vorschreibt. Seiner Pflicht zur Umsetzung ist der Bundesgesetzgeber pünktlich zum Ablauf der Frist am 31.12.2013 durch Änderung von § 25d Abs. 4 KWG wie folgt nachgekommen3:
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„Institute, Finanzholding-Gesellschaften und gemischte Finanzholding-Gesellschaften müssen angemessene personelle und finanzielle Ressourcen einsetzen, um den Mitgliedern des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans die Einführung in ihr Amt zu erleichtern und die Fortbildung zu ermöglichen, die zur Aufrechterhaltung der erforderlichen Sachkunde notwendig ist.“4
Diese Norm wird im Zweifel auf die Rechtsmeinung auch im AktG ausstrahlen und vor allem für die Börsen-Gesellschaften in dem Sinne Auswirkung haben, dass Fortbildungs-Maßnahmen der Aufsichtsräte und ihrer Mitglieder auf Kosten der Gesellschaft als verpflichtend angesehen werden. Einstweilen frei.
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Lutter, Komm. AktG, § 113 Rn. 22; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 113 Rn. 12. Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 113 Rn. 20; Habersack, MünchKomm. AktG, § 113 Rn. 24 a.E.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 112 Rn. 24; HoffmannBecking, ZGR 2011, 136, 142; Opitz, BKR 2013, 177; Wilsing in Wilsing, Komm. DCGK, Ziff. 5.4.1 Rn. 15; Leyendecker-Langner/Huthmacher, NZG 2012, 1415, 1416. Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG, ABl. EU Nr. L 176 vom 27.6.2013, S. 338. Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRD IV-Umsetzungsgesetz) vom 28.8.2013, BGBl. I 2013, 3395. Vgl. dazu Velte/Buchholz, ZBB 2013, 400 sowie das Schlusskapitel dieses Buches (§ 21, S. 551 ff.).
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§ 13 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder I. Haftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der Gesellschaft (Innenhaftung) 1. Grundlagen Aufsichtsratsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, unterliegen verschiedenen Sanktionen. Ihnen kann die Entlastung verweigert werden (§ 120 AktG), eine trotz eindeutiger und schwerwiegender Pflichtverletzung erteilte Entlastung kann angefochten werden1, sie können aus ihrem Amt abberufen werden, sei es durch das jeweilige Wahlorgan2, sei es durch das Gericht3, und sie können sich gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig machen.
981
Die Schadensersatzhaftung ist im Wesentlichen durch §§ 116 Satz 1, 93 982 AktG geregelt. Danach haben Aufsichtsratsmitglieder ihr Amt mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Aufsichtsratsmitglieds zu erledigen. Verletzen sie diese Pflicht schuldhaft, sind sie zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet (§§ 116 Satz 1, 93 Abs. 2 AktG). Das Verschulden wird vom Gesetz vermutet. Das betreffende Aufsichtsratsmitglied muss das fehlende Verschulden seinerseits dartun und beweisen. Und das ist, liegt objektiv ein Pflichtverstoß vor, sehr schwer. Daneben enthält das Gesetz einige spezielle Haftungsvorschriften, die jedoch nicht von praktischer Bedeutung sind. Dazu gehört die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder nach § 117 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 AktG im Zusammenhang mit vorsätzlich schädigenden Einflussnahmen auf die Gesellschaft und die konzernrechtliche Haftung nach §§ 310 Abs. 1, 318 Abs. 2 AktG. Einige spezielle Pflichtverletzungen sind darüber hinaus unter Straf- oder Bußgeldandrohung gestellt (§§ 399, 400, 404, 405 AktG; §§ 331, 334 HGB). Überdies kann sich naturgemäß eine Haftung aus den allgemeinen Vorschriften über die unerlaubte Handlung ergeben, und besonders gravierende Pflichtverletzungen können Straftatbestände, insbesondere den Untreuetatbestand, verletzen4. 1 Vgl. nur BGH v. 6.11.2012 – II ZR 111/12, ZIP 2012, 2438, 2439 = AG 2013, 90 (Piëch) mit vielen Nachweisen; OLG Stuttgart v. 29.2.2012 – 20 U 3/11, ZIP 2012, 625, 626 ff. = AG 2012, 298 (Piëch). 2 § 103 Abs. 1 und 2 AktG, § 12 DrittelbG, § 23 MitbestG, § 11 MontanMitbestG, § 10m MitbestErgG. 3 § 103 Abs. 3 AktG, vgl. im Einzelnen oben Rn. 9 ff. 4 Vgl. dazu z.B. BGH v. 28.5.2013 – 5 StR 551/11, ZIP 2013, 1382 = AG 2013, 640 zur Frage der Untreue bei Risikogeschäften; OLG Braunschweig v. 14.6.2012 – Ws 44/12, ZIP 2012, 1860 = AG 2013, 47: Untreue von Aufsichtsratsmitgliedern bei Abrechnung und Entgegennahme einer Vergütung unter Verstoß gegen § 113 AktG; eingehend zur Aufsichtsratsuntreue Brammsen, ZIP 2009, 1504.
399
983
§ 13
Haftung der Aufsichtsratsmitglieder
2. Pflichtverletzung a) Sorgfaltsverpflichtung 984
Bei der Frage nach der Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern geht es in erster Linie um die Pflicht zur sorgfältigen und gewissenhaften Erledigung der Aufgaben des Aufsichtsrats, d.h. vor allem der Überwachung und Besetzung des Vorstands. aa) Amtspflichten des Aufsichtsrats
985
Die Überwachungspflichten des Aufsichtsrats sind oben eingehend behandelt. Überwachungsgegenstand sind die Führungsentscheidungen des Vorstands der Gesellschaft (vgl. oben Rn. 63 ff.). Der Aufsichtsrat haftet also nicht für Versäumnisse im Tagesgeschäft, weil dieses nicht seiner Überwachung unterliegt. Er haftet auch nicht für Fehler, die auf nachgeordneten Führungsebenen oder in untergeordneten Konzerngesellschaften vorkommen. Denn diese sind nicht vom Aufsichtsrat, sondern vom Vorstand zu überwachen. Zur Kontrollaufgabe des Aufsichtsrats gehört insoweit allerdings die Frage, ob der Vorstand seiner Führungs- und Überwachungsaufgabe im Hinblick auf nachgeordnete Führungsebenen und Konzerntöchter – insbesondere durch Schaffung geeigneter Organisationsrichtlinien, ein ordnungsgemäßes konzernweites Controlling und ein funktionsfähiges konzernweites Compliance-System – nachkommt (vgl. oben Rn. 141 ff.). Versäumnisse des Vorstands bei der Überwachung von Tochtergesellschaften können auf diese Weise auch zur Haftung des Aufsichtsrats führen, wenn dieser seinerseits die Konzernleitung des Vorstands nicht hinreichend überwacht hat.
986
Überwachungsmaßstab des Aufsichtsrats sind Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung durch den Vorstand (vgl. oben Rn. 73 ff., 147 ff.). Deshalb handelt der Aufsichtsrat z.B. pflichtwidrig, wenn er rechtswidriges Vorstandshandeln duldet, z.B. – in Kenntnis der Überschuldung der AG und jenseits der vom Gesetz erlaubten Sanierungsfrist sich nicht nachdrücklich für die Insolvenzantragstellung durch den Vorstand einsetzt1, – trotz bestehender Anhaltspunkte, dass der Vorstand Zahlungen entgegen dem Verbot des § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG leisten wird, nicht darauf hinwirkt, dass die verbotswidrigen Zahlungen unterbleiben2,
1 BGH v. 16.3.2009 – II ZR 280/07, AG 2009, 404, 405; BGH v. 9.7.1979 – II ZR 211/76, BGHZ 75, 96, 107 ff. = AG 1979, 263 (Herstatt); OLG Brandenburg v. 17.2.2009 – 6 U 102/07, AG 2009, 662, 664 f. 2 BGH v. 20.9.2010 – II ZR 78/09, BGHZ 187, 60 Tz. 13 = AG 2010, 785 (Doberlug); BGH v. 16.3.2009 – II ZR 280/07, AG 2009, 404, 405; OLG Düsseldorf v. 31.5.2012 – I-16 U 176/10, ZIP 2012, 2299, 2300 f. = AG 2013, 171. Vgl. dazu auch Altmeppen, ZIP 2010, 1973; Schürnbrand, NZG 2010, 1207; Thiessen, ZGR 2011, 275.
400
Innenhaftung
§ 13
– drohende Rechtsverletzungen wie Kartellabsprachen oder Patentverletzungen, die ihm bekannt werden, nicht verhindert1, – es zulässt, dass Aktien vor Leistung der Bareinlage ausgegeben werden2, oder gegen die fehlerhafte Festsetzung einer untauglichen Sacheinlage nicht einschreitet, sondern ihr zustimmt3, – Geschäfte des Vorstands duldet, die den satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand der Gesellschaft überschreiten4, – es duldet, dass der Vorstand unter Verstoß gegen § 113 AktG unzulässige Vergütungszahlungen an Aufsichtsratsmitglieder leistet5. Im Rahmen der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung muss der Aufsichtsrat darauf achten, dass die sachgerechten kaufmännischen Instrumente für die Unternehmensführung, insbesondere eine funktionierende Planung, ein funktionierendes Berichtswesen und ein funktionierendes Risikomanagement6 vorhanden sind. Im Rahmen dieser Überwachungsaufgabe hat der Aufsichtsrat überdies zu prüfen, ob das Unternehmen ein den Anforderungen genügendes Compliance-System eingerichtet hat7. Lässt der Aufsichtsrat dies außer Betracht, verhält er sich pflichtwidrig und kann haften.
987
Bei Zweckmäßigkeitsentscheidungen hat der Vorstand im Rahmen der Business Judgment Rule des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG ein weites unternehmerisches Ermessen. Das gilt auch im Verhältnis zum Aufsichtsrat. Bei unternehmerischen Zweckmäßigkeitsentscheidungen des Vorstands hat der Aufsichtsrat die Sorgfalt der Entscheidungsfindung des Vorstands zu prüfen und etwaige eigene Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit der Vorstandsabsichten darzulegen und zu diskutieren, er kann aber im Ergebnis grundsätzlich den Vorstand gewähren lassen und braucht nicht sein eigenes Zweckmäßigkeitsurteil an die Stelle des Vorstands zu setzen, solange dessen Handeln kaufmännisch ebenfalls vertretbar erscheint (vgl. oben
988
1 Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, Rn. 247. 2 BGH v. 18.2.2008 – II ZR 132/06, BGHZ 175, 265 Tz. 17 = AG 2008, 383 (Rheinmöve). 3 BGH v. 20.9.2011 – II ZR 234/09, ZIP 2011, 2097 Tz. 27 = AG 2011, 876 (Ision). 4 BGH v. 15.1.2013 – II ZR 90/11, ZIP 2013, 455 Tz. 16 = AG 2013, 259 (Corealcredit Bank); OLG Düsseldorf v. 9.12.2009 – I 6 W 45/09, ZIP 2010, 28, 30 f. = AG 2010, 126 (IKB). 5 OlG Braunschweig v. 14.6.2012 – Ws 44/12, ZIP 2012, 1860, 1861 ff. = AG 2013, 47. 6 Zu den Überwachungspflichten und Haftungsrisiken des Aufsichtsrats im Zusammenhang mit dem Risikomanagement vgl. eingehend Pahlke, NJW 2002, 1680 ff.; Röhrich, ZCG 2006, 41 ff.; Ehlers, ZInsO 2008, 524, 529. Vgl. dazu überdies Begr. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 104 f.; Preußner, NZG 2008, 574. 7 Dazu näher M. Winter in FS Hüffer, 2010, S. 1103, 1119 f. Zur Compliance in Finanzdienstleistungsunternehmen und in Industrieunternehmen näher z.B. Gebauer/Kleinert in Krieger/Uwe H. Schneider, Hdb. Managerhaftung, § 20 sowie Kremer/Klahold in Krieger/Uwe H. Schneider, Hdb. Managerhaftung, § 21.
401
§ 13
Haftung der Aufsichtsratsmitglieder
Rn. 93). Der Aufsichtsrat hat jedoch das Vorhaben des Vorstands zunächst sorgfältig zu prüfen und verletzt daher seine Pflichten, – wenn er die Zustimmung zu einem mit erheblichen Risiken behafteten oder nachteiligen Geschäft erteilt, ohne zuvor die mit dem Geschäft zusammenhängenden Chancen und Risiken selbst sorgfältig ermittelt und abgewogen zu haben1. Zu unterbinden hat der Aufsichtsrat überdies unvertretbare Geschäftsführungshandlungen. Er handelt deshalb z.B. pflichtwidrig, – wenn er der Veräußerung eines Grundstücks weit unter seinem Verkehrswert zustimmt2, – es zulässt, dass der Vorstand übergroße und existenzbedrohende Risiken eingeht3. 989
Für Zweckmäßigkeitsentscheidungen des Aufsichtsrats, etwa bei der Erteilung oder Verweigerung der Zustimmung zu einem zustimmungsbedürftigen Geschäft, steht dem Aufsichtsrat der gleiche weite Ermessensspielraum zu wie dem Vorstand. § 116 Satz 1 AktG verweist auch für die Mitglieder des Aufsichtsrats auf die Business Judgment Rule des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG. Auch die Mitglieder des Aufsichtsrats haften daher nicht, wenn sie bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durften, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln4. Hingegen verletzen die Aufsichtsratsmitglieder ihre Pflichten, wenn sie einer Maßnahme die Zustimmung erteilen, ohne sich selbst die zur Entscheidung erforderlichen Informationen zu verschaffen und darauf aufbauend die Chancen und Risiken abzuwägen5. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Aufsichtsrat nicht alle denkbaren Informationen beiziehen muss, sondern seiner Informationspflicht genügt, wenn er vernünftigerweise davon ausgehen kann, ausreichende Informationen zu haben; auch das ist eine Beurteilung, bei der dem Aufsichtsrat ein weites Ermessen zusteht6. Überdies muss der Aufsichtsrat sich die Informationen nicht in jedem Fall selbst beschaffen. 1 BGH v. 6.11.2012 – II ZR 111/12, ZIP 2112, 2438, 2439 = AG 2013, 90 (Piëch); OLG Stuttgart v. 29.2.2012 – 20 U 3/11, ZIP 2012, 625, 627 f. = AG 2012, 298 (Piëch); BGH v. 11.12.2006 – II ZR 243/05, ZIP 2007, 224, 225 f. = AG 2007, 167. 2 LG Stuttgart v. 29.10.1999 – 4 KfH O 80/98, DB 1999, 2462 = AG 2000, 237 (Ass): Verkehrswert 34 Mio. DM, Kaufpreis 14 Mio. DM. 3 OLG Düsseldorf v. 9.12.2009 – I 6 W 45/09, ZIP 2010, 28, 32 = AG 2010, 126 (IKB). 4 Hüffer, Komm. AktG, § 116 Rn. 8; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 67 ff.; Habersack, MünchKomm. AktG, § 116 Rn. 39 ff.; eingehend zur Informationspflicht des Aufsichtsrats Cahn, WM 2013, 1293, 1297 ff.; anschaulich LG Essen v. 25.4.2012 – 41 O 45/10, NZG 2012, 1307, 1308 f. 5 BGH v. 6.11.2012 – II ZR 111/12, ZIP 2012, 2438, 2439 = AG 2013, 90 (Piëch); OLG Stuttgart v. 29.2.2012 – 20 U 3/11, ZIP 2012, 625, 627 f. = AG 2012, 298 (Piëch); BGH v. 11.12.2006 – II ZR 243/05, ZIP 2007, 224 = AG 2007, 167. 6 Dies betonend auch Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 71; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 116 Rn. 37; Spindler, NZG 2005, 865, 872.
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Innenhaftung
§ 13
Vielmehr kann er in der Regel von den ihm durch den Vorstand vermittelten Informationen ausgehen, solange er nicht den Eindruck haben muss, dass diese unrichtig oder unvollständig sind1. Die Business Judgment Rule gilt unmittelbar nur bei unternehmerischen Zweckmäßigkeitsentscheidungen, nicht hingegen bei rechtlich gebundenen Entscheidungen. Auch diese erfordern allerdings häufig Prognosen und Bewertungen, die danach verlangen, dem Aufsichtsrat einen der Business Judgment Rule vergleichbaren Beurteilungs- und Ermessensspielraum einzuräumen2. Das gilt auch bei unklaren Rechtsfragen. Hier muss der Aufsichtsrat sich sachgerecht informieren, nötigenfalls Rechtsrat einholen und sich fragen, welche Rechtsauffassung sich im Streitfall voraussichtlich bei den Gerichten durchsetzen würde. Bleibt die Frage unklar, kann er der Entscheidung die für die Gesellschaft günstigere Rechtsauffassung zugrunde legen, sofern er unter Berücksichtigung der rechtlichen Risiken vernünftigerweise annehmen darf, damit die für die Gesellschaft bessere Entscheidung zu treffen3. Hinsichtlich des Überwachungsumfangs reicht im Normalfall die sorgfältige Prüfung der regelmäßig erstatteten Vorstandsberichte, auf deren Richtigkeit und Vollständigkeit der Aufsichtsrat grundsätzlich vertrauen darf. Ergeben sich hierbei Bedenken, ist diesen nachzugehen. Eine vertiefte Prüfung kann nötig sein, wenn besondere Umstände, wie eine wirtschaftlich schwierige Lage der Gesellschaft (vgl. oben Rn. 95), vorliegen, die Gesellschaft erst vor relativ kurzer Zeit angelaufen ist4, besonders riskante Geschäfte zu beurteilen sind5 oder der Vorstand in der Vergangen1 Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 127; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 111 Rn. 668 f.; Lederer, Die Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern, S. 91 f.; Cahn, WM 2013, 1293, 1298 f.; Fleischer, ZIP 2009, 1397, 1400 f.; Fonk, ZGR 2006, 841, 861 ff.; in diese Richtung auch BGH v. 11.12.2006 – II ZR 243/05, ZIP 2007, 224, 225 f. = AG 2007, 167, wo weitergehende Informationspflichten mit vorangegangenen Eigenmächtigkeiten des Vorstands begründet werden. Wohl nur missverständlich BGH v. 6.11.2012 – II ZR 111/12, ZIP 2012, 2438, 2439 = AG 2013, 90 (Piëch) und OLG Stuttgart v. 29.2.2012 – 20 U 3/11, ZIP 2012, 625, 627 f. = AG 2012, 298 (Piëch), wo davon die Rede ist, der Aufsichtsrat müsse sich über erhebliche Risiken, die der Vorstand mit Geschäften eingehe, kundig machen und dürfe sich nicht auf die Entgegennahme der Informationen des Vorstands beschränken: tatsächlich ging es dabei wohl weniger um die Beschaffung als um die Auswertung der vom Vorstand erteilten Informationen. 2 Ausführlich Cahn, WM 2013, 1293, 1294 ff.; v. Falkenhausen, NZG 2012, 644, 646 f. 3 Näher Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 93 Rn. 29 ff.; Spindler, MünchKomm. AktG, § 93 Rn. 66 ff.; Cahn, WM 2013, 1293, 1294 f.; Buck/Heeb, BB 2013, 2247, 2254 ff.; Langenbucher, ZBB 2013, 16, 22 f. (zum Bankenaufsichtsrecht). 4 BGH v. 22.10.1979 – II ZR 151/77, BB 1980, 546, 548; OLG Stuttgart v. 19.6.2012 – 20 W 1/12, AG 2012, 762, 764; OLG Düsseldorf v. 8.3.1984 – 6 U 75/83, WM 1984, 1080, 1084 = AG 1984, 273. 5 BGH v. 6.11.2012 – II ZR 111/12, ZIP 2012, 2438, 2439 = AG 2013, 90 (Piëch); OLG Stuttgart v. 29.2.2012 – 20 U 3/11, ZIP 2012, 625, 627 f. = AG 2012, 298 (Piëch).
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Haftung der Aufsichtsratsmitglieder
heit seinen Berichtspflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist1. Das Gebot, in solchen Fällen vertieft zu prüfen, bedeutet konkret, dass bei schwieriger Lage der Gesellschaft insbesondere die Sitzungs- und Berichtsfrequenz erhöht werden muss, dass bei Risikogeschäften der Aufsichtsrat von seinen Informationsrechten aktiv Gebrauch machen und gegebenenfalls Sachverständige einschalten muss, dass er sich bei der Verletzung von Berichtspflichten in der Vergangenheit nicht auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der erstatteten Berichte verlassen darf, sondern von Fall zu Fall sein Frage- und Einsichtsrecht ausüben muss. Gleiches kann bei einer verhältnismäßig neuen Gesellschaft gelten. Pflichtwidrig handelt der Aufsichtsrat deshalb z.B., wenn er – trotz Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsführung keine Untersuchungen und weitere Maßnahmen veranlasst2, – Hinweisen auf eine massive Gefährdung der Gesellschaft nicht unverzüglich nachgeht und geeignete Gegenmaßnahmen einleitet3, – in schwieriger Lage den Vorstand, der keine einwandfreien Zeugnisse hat, keiner strengen Überwachung unterstellt4, oder – sich bei einer erst kürzlich angelaufenen und vornehmlich im Ausland tätigen Gesellschaft nicht vor Ort selbst einen Eindruck von dem Geschäft verschafft oder sich wenigstens durch unabhängige Sachverständige diesen Eindruck verschaffen lässt5. 991
Zu den Sorgfaltspflichten des Aufsichtsrats gehört es, die ihm zur Verfügung stehenden Überwachungsmittel zweckgerecht einzusetzen, d.h. für die pünktliche Berichterstattung durch den Vorstand zu sorgen, das Frage- und Einsichtsrecht auszuüben, soweit dazu Anlass besteht, und für wichtige Geschäftsführungsmaßnahmen einen Zustimmungsvorbehalt einzurichten (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG). Unvertretbare Geschäftsführungsmaßnahmen muss der Vorstand verhindern. Pflichtwidrig handelt der Aufsichtsrat daher, wenn er – nicht mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen ungewöhnlich leichtfertige Maßnahmen des Vorstands einschreitet6, – nicht notfalls zur Verhinderung unvertretbarer Geschäftsführungsmaßnahmen ad hoc einen Zustimmungsvorbehalt für das Einzelgeschäft einrichtet, um sodann die Zustimmung zu verweigern7. 1 Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 158; Kiethe, WM 2005, 2122, 2124. 2 BGH v. 11.12.2006 – II ZR 243/05, ZIP 2007, 224, 225 = AG 2007, 167; vgl. auch die Entscheidung des schweizerischen Bundesgerichts, BGE 97 II 403 ff., 411 ff. 3 LG München I v. 31.5.2007 – 5 HKO 11977/06, NZI 2007, 609, 610. 4 Vgl. die Nachweise in SAG 9 (1936/37), 118 ff. 5 OLG Düsseldorf v. 8.3.1984 – 6 U 75/83, WM 1984, 1080, 1084 = AG 1984, 273. 6 BGH v. 4.7.1977 – II ZR 150/75, BGHZ 69, 207, 214. 7 BGH v. 15.11.1993 – II ZR 235/92, BGHZ 124, 111, 127 = AG 1994, 124; OLG Braunschweig v. 14.6.2012 – Ws 44/12, ZIP 2012, 1860, 1862 = AG 2013, 47; LG Bielefeld v. 16.11.1999 – 15 O 91/98, WM 1999, 2457, 2465 = AG 2000, 136 (Balsam).
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Eine Pflichtwidrigkeit des Aufsichtsrats kann ferner darin liegen, dass er die zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben nötige Selbstorganisation vernachlässigt. Dazu gehört die Abhaltung der nötigen Anzahl von Sitzungen, die Einrichtung von Ausschüssen, die Schaffung eines Berichtssystems zwischen Ausschuss und Plenum, das dem Plenum die Überwachung der Ausschusstätigkeit ermöglicht, und die Zuziehung von Beratern, wo dies nötig ist. Es ist daher z.B. als Pflichtwidrigkeit des Aufsichtsrats anzusehen, wenn dieser sich trotz Unerfahrenheit nicht von Spezialisten beraten lässt1, während umgekehrt die Einholung sachverständigen Rats zur Enthaftung führen kann; vgl. näher unten Rn. 1012 ff.
992
Im Bereich der Personalmaßnahmen kann der Aufsichtsrat durch die 993 Bestellung ungeeigneter Personen zu Vorstandsmitgliedern pflichtwidrig handeln. Da ihm hierbei ein weiter Beurteilungsspielraum zusteht, kommt das aber nur bei völlig unvertretbaren Auswahlentscheidungen in Betracht. Überdies sind Pflichtwidrigkeiten bei der Festsetzung der Vorstandsvergütung (näher oben Rn. 395 ff.) denkbar, insbesondere durch Zusage unvertretbar hoher Zahlungen2 oder Herbeiführung einer Vergütungsstruktur, die den Anforderungen des § 87 Abs. 1 Satz 2 und 3 AktG nicht genügt; ebenso kann es zur Haftung führen, wenn der Aufsichtsrat bei Verschlechterung der Lage der Gesellschaft nicht von dem Herabsetzungsrecht des § 87 Abs. 2 AktG Gebrauch macht3. Obwohl § 116 Satz 3 AktG die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder für die Festsetzung einer unangemessenen Vorstandsvergütung ausdrücklich hervorhebt, gilt allerdings auch hier, dass bei der Vergütungsentscheidung ein sehr weites Ermessen des Aufsichtsrats anzuerkennen ist. Von hoher praktischer Bedeutung ist die Mannesmann-Entscheidung des Bundesgerichtshofs, nach der der Aufsichtsrat pflichtwidrig handelt, wenn er freiwillige Leistungen an Vorstandsmitglieder bewilligt, denen kein adäquater Vorteil für die Gesellschaft gegenübersteht4; vgl. dazu näher oben Rn. 408. Überdies können Haftungsgefahren für den Aufsichtsrat im Zusammenhang mit seiner Verpflichtung entstehen, bei gegebenem Anlass das Bestehen von Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern zu prüfen. Nach der ARAG-Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist der Aufsichtsrat grundsätzlich verpflichtet, etwaige Ersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder zu verfolgen, und ein Verzicht auf die Anspruchsverfolgung ist nur zulässig, wenn im Einzelfall gewichtige Zweifel an der Begründetheit oder Durchsetzbarkeit des Anspruchs bestehen oder überwiegende Interessen der Gesellschaft dafür 1 Schweizerisches Bundesgericht, SJZ 38 (1941/42), 79 und BGE 93 II, 22 ff., 26; österreichischer OGH v. 31.5.1977 – 5 Ob 306/76, AG 1983, 81, 82. 2 Eingehend dazu Hüffer in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 589 ff.; Spindler, AG 2011, 725 ff.; Reichert/Ullrich in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1017, 1020 ff. 3 Reichert/Ullrich in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1017, 1029 ff.; Habersack, ZHR 174 (2010), 2, 3; Hoffmann-Becking/Krieger, Beilage zu NZG Heft 26/2009, Rn. 80. 4 BGH v. 21.12.2005 – 3 StR 470/04, ZIP 2006, 72, 74 (Mannesmann).
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sprechen, den ihr entstandenen Schaden ersatzlos hinzunehmen1; näher oben Rn. 447 ff. Der Aufsichtsrat kann also pflichtwidrig handeln und selbst in die Haftung geraten, wenn er Schadensersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder trotz überwiegender Erfolgsaussichten nicht verfolgt. Vielfach hat der Aufsichtsrat daher gar keine andere Wahl, als Schadensersatzansprüche geltend zu machen. 995
Des weiteren verdient die Verpflichtung des Aufsichtsrats zur jährlichen Abgabe der Entsprechenserklärung gemäß § 161 AktG (näher oben Rn. 489 ff.) auch in haftungsrechtlicher Hinsicht Aufmerksamkeit. Wird gegen die Erklärungspflicht aus § 161 AktG verstoßen – insbesondere weil die Erklärung nicht oder von vornherein fehlerhaft abgegeben wird, oder bei unterjährigen Abweichungen die notwendige Einschränkung der bisherigen Entsprechenserklärung unterbleibt (vgl. dazu oben Rn. 489) – so liegt hierin zugleich eine Pflichtverletzung im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1 AktG, die Schadensersatzansprüche der Gesellschaft auslösen kann, sofern der Gesellschaft daraus ein Schaden entsteht2. Zum Schadensersatzanspruch von Anlegern vgl. unten Rn. 1034. Eine ganz andere Frage ist es demgegenüber, ob die Entscheidung, einzelne oder alle Empfehlungen des Kodex zu befolgen oder nicht zu befolgen, für sich genommen ein Indiz für sorgfaltsgemäßes oder sorgfaltswidriges Verhalten des Aufsichtsrats darstellen kann. Zum Teil wird in der Tat angenommen, Abweichungen vom Kodex könnten als Indiz für eine Sorgfaltswidrigkeit im Sinne des § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG angesehen werden3. Dem ist jedoch nicht zu folgen, denn die Empfehlungen des Kodex sollen gerade unverbindlich sein4. Näherliegend ist es demgegenüber, die Einhaltung des Kodex als Indiz für pflichtgemäßes Verhalten zu werten5. 1 BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 255 f. = AG 1997, 377 (ARAG/ Garmenbeck). 2 Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 154 ff.; Leyens, Großkomm. AktG, § 161 Rn. 518 ff.; Sester in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 161 Rn. 80 ff.; Spindler in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 161 Rn. 66 ff.; Goette, MünchKomm. AktG, § 161 Rn. 97 ff.; eingehend Bertrams, Die Haftung des Aufsichtsrats im Zusammenhang mit dem Deutschen Corporate Governance Kodex und § 161 AktG, 2004, S. 115 ff. 3 Lutter, ZHR 166 (2002), 523, 542; Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 164; Ulmer, ZHR 166 (2002), 150, 166 f.; Bertrams, Die Haftung des Aufsichtsrats im Zusammenhang mit dem Deutschen Corporate Governance Kodex und § 161 AktG, 2004, S. 178 ff., 211 f. 4 Spindler in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 161 Rn. 68; Hüffer, Komm. AktG, § 161 Rn. 27; Leyens, Großkomm. AktG, § 161 Rn. 530 ff.; Sester in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 161 Rn. 83; Goette, MünchKomm. AktG, § 161 Rn. 99; Bachmann, WM 2002, 2137, 2138; Ettinger/Grützedick, AG 2003, 353, 354 f. 5 So etwa Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 164; Lutter, ZHR 166 (2002), 523, 542; Kort in FS K. Schmidt, 2009, S. 945, 949; Schüppen, ZIP 2002, 1269, 1271; Bertrams, Die Haftung des Aufsichtsrats im Zusammenhang mit dem Deutschen Corporate Governance Kodex und § 161 AktG, 2004, S. 178 ff., 210 ff.; Seibt, AG 2002, 249, 251, der sogar von einer Umkehr der Beweislastregelung des § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG zugunsten der Organmitglieder, die die Kodex-
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Schließlich kann eine Haftung der Aufsichtsratsmitglieder bei Übernahmeangeboten in Betracht kommen. Zum einen verpflichtet § 27 WpÜG den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft, eine begründete Stellungnahme zu dem Angebot abzugeben. Kommt der Aufsichtsrat dieser Verpflichtung nicht ordnungsgemäß nach (vgl. dazu oben Rn. 618 ff.), verletzt er seine Sorgfaltspflichten gegenüber der Gesellschaft, so dass – vorausgesetzt der Gesellschaft entsteht hierdurch ein Schaden – eine Haftung in Frage kommen kann1. Darüber hinaus kann der Aufsichtsrat im Zusammenhang mit der Zustimmung zu Verteidigungsmaßnahmen nach § 33 Abs. 1 Satz 2 oder § 33 Abs. 2 Satz 4 WpÜG seine Pflichten verletzen, wenn die Maßnahme nicht im besten Interesse der Gesellschaft liegt2; für den Aufsichtsrat besteht dabei aber, ebenso wie für den Vorstand, ein weites unternehmerisches Ermessen (vgl. oben Rn. 988)3.
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bb) Mitwirkungspflichten der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder Die einzelnen Mitglieder des Aufsichtsrats haften allerdings nicht automatisch deshalb, weil der Aufsichtsrat seine Pflichten verletzt, sondern ihre Haftung setzt eine individuelle Pflichtverletzung voraus. Um diesen Pflichten zu genügen, reicht es jedoch nicht, in kritischen Situationen nichts zu tun oder bei einer rechtswidrigen Beschlussfassung lediglich mit Nein zu stimmen. Vielmehr hat jedes Aufsichtsratsmitglied nach besten Kräften an der Aufgabenerledigung durch den Aufsichtsrat mitzuwirken4. Dazu gehört die Herbeiführung einer Aufsichtsratssitzung, wenn dazu Anlass besteht, eine sorgfältige Vorbereitung auf die Sitzungen des Aufsichtsrats, die Teilnahme an den Sitzungen und die Beteiligung an den Erörterungen und der Urteilsbildung im Aufsichtsrat. Dazu gehört es auch, bei einer als problematisch erkannten Entscheidung den eigenen Standpunkt darzulegen und beurteilungsrelevante Informationen an den Aufsichtsrat weiterzugeben. Deshalb handelt z.B. ein Aufsichtsratsmitglied pflichtwidrig, das – es unterlässt, für die rechtzeitige Durchführung einer Aufsichtsratssitzung zu sorgen, um dort die zur Verhinderung rechtswidriger Maßnah-
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Empfehlungen beachten, ausgehen will; a.A. Hüffer, Komm. AktG, § 161 Rn. 27; Spindler in K. Schmidt/Lutter, Komm AktG, § 161 Rn. 68; Bachmann, WM 2002, 2137, 2138 f.; Ettinger/Grützedick, AG 2003, 353, 355. Krause/Pötzsch in Assmann/Pötzsch/Uwe H. Schneider, Komm. WpÜG, § 27 Rn. 155; Röh, Frankfurter Komm. WpÜG, § 27 Rn. 83; Harbarth in Baums/Thoma, Komm. WpÜG, § 27 Rn. 154. Krause/Pötzsch/Stephan in Assmann/Pötzsch/Uwe H. Schneider, Komm. WpÜG, § 33 Rn. 314; Röh, Frankfurter Komm. WpÜG, § 33 Rn. 145; Grunewald in Baums/Thoma, Komm. WpÜG, § 33 Rn. 107 i.V.m. 101. Krause/Pötzsch/Stephan in Assmann/Pötzsch/Uwe H. Schneider, Komm. WpÜG, § 33 Rn. 183 ff., 236; Grunewald in Baums/Thoma, Komm. WpÜG, § 33 Rn. 107 i.V.m. 101. Näher Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 10 ff.; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 116 Rn. 34 ff.; Habersack, MünchKomm. AktG, § 116 Rn. 30 ff.
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men des Vorstands1 oder zur Vermeidung der Insolvenz2 nötigen Beschlüsse zu fassen, – es unterlässt, vor der Beschlussfassung über die Vergabe eines ungesicherten Kredits die übrigen Aufsichtsratsmitglieder über die wirtschaftlich prekäre Situation des Darlehensempfängers aufzuklären3, – Hinweise auf existenzbedrohende Geschäfte des Vorstands nicht weitergibt und ihnen nicht unverzüglich nachgeht4, – Kenntnisse über unrechtmäßiges Handeln des Vorstands (ungesicherte Darlehensgewährung an Muttergesellschaft) nicht an den gesamten Aufsichtsrat weitergibt5. 998
Erscheint eine Beschlussfassung des Aufsichtsrats unvertretbar, genügt es nicht, sich der Stimme zu enthalten, sondern das Aufsichtsratsmitglied muss mit Nein stimmen6. Allerdings ist es – etwa in einem dreiköpfigen Aufsichtsrat – nicht verpflichtet, zur Verhinderung einer Entscheidung die Beschlussunfähigkeit des Gremiums herbeizuführen.
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Wird ein Aufsichtsratsmitglied bei einer Entscheidung überstimmt, die es für fehlerhaft ansieht, tut es gut daran, um später dem Vorwurf der Pflichtverletzung und der Gefahr der Haftung zu entgehen, seine Ablehnung des Beschlusses ausdrücklich zu Protokoll zu geben7.
1000
Im Einzelfall kann sich auch die Frage stellen, ob ein Aufsichtsratsmitglied gehalten sein kann, die Durchführung eines für rechtswidrig angesehenen Aufsichtsratsbeschlusses durch Klageerhebung zu unterbinden. Diese Frage lässt sich nicht generell beantworten, sondern es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an. Eine Klage belastet die weitere Zusammenarbeit im Aufsichtsrat erheblich und kann der Gesellschaft durch negative Öffentlichkeitswirkung schaden. Deshalb wird man eine Pflicht zur Klageerhebung nur ausnahmsweise dann annehmen können, wenn
1 OLG Braunschweig v. 14.6.2012 – Ws 44/12, ZIP 2012, 1860, 1862 = AG 2013, 47. 2 LG München I v. 31.5.2007 – 5 HKO 11977/06, AG 2007, 827, 828. 3 LG Hamburg v. 16.12.1980 – 8 O 229/79, ZIP 1981, 194 = AG 1982, 51. 4 LG Bielefeld v. 16.11.1999 – 15 O 91/98, WM 1999, 2457, 2464 f. = AG 2000, 136 (Balsam). 5 LG Dortmund v. 1.8.2001 – 20 O 143/93, DB 2001, 2591 = AG 2002, 97. 6 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 11; Habersack, MünchKomm. AktG, § 116 Rn. 31; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 116 Rn. 34; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 116 Rn. 16. 7 LG Berlin v. 8.10.2003 – 101 O 80/02, ZIP 2004, 73, 76; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 116 Rn. 41. Zum Recht jedes Aufsichtsratsmitglieds, Widerspruch zu Protokoll zu geben, um sich gegen die Haftung für rechtswidrige Aufsichtsratsbeschlüsse zu sichern, vgl. oben Rn. 709; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 31 Rn. 107.
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der Vollzug eines rechtswidrigen Aufsichtsratsbeschlusses für die Gesellschaft mit ganz erheblichen Schäden verbunden sein kann1. Eine Pflicht zur Amtsniederlegung kann es wohl in keinem Fall geben2. Aufsichtsratsmitglieder haben ihre internen Möglichkeiten zu nutzen, um auf eine sachgerechte Aufsichtsratsarbeit hinzuwirken. Sie können jedoch nicht verpflichtet – wohl aber naturgemäß berechtigt – sein, ihre Mitwirkung einzustellen, wenn sie sich mit ihrer Auffassung innerhalb des Aufsichtsrats nicht durchsetzen können.
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cc) Überwachungsverpflichtung und Ausschusstätigkeit Aufsichtsräte können und sollen Aufgaben zur Vorbereitung oder zur abschließenden Erledigung an Ausschüsse übertragen (vgl. oben Rn. 743 ff.). Kommt es im Tätigkeitsbereich eines Ausschusses zu Pflichtverletzungen, sind davon in erster Linie die Mitglieder des Ausschusses betroffen. Im Hinblick auf sie gelten für ihre Tätigkeit im Ausschuss die vorstehend Rn. 997 ff. dargelegten allgemeinen Grundsätze. Die Frage, wie sich die Einsetzung eines Ausschusses auf die Pflichten- und Haftungslage der übrigen Aufsichtsratsmitglieder auswirkt, hängt davon ab, inwieweit das Gesamtorgan mit der Angelegenheit befasst war oder nicht:
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War der Ausschuss nur vorbereitend tätig, wurde die Entscheidung – z.B. über die Zustimmung zu einer Investitionsmaßnahme – letztlich aber vom Gesamtorgan getroffen, haben alle Mitglieder des Aufsichtsrats trotz der Ausschussvorbereitung ihre Meinungsbildung mit derselben Sorgfalt zu treffen, die sie auch sonst bei der Erledigung der Aufsichtsratsaufgaben anzuwenden haben. Das schließt es nicht aus, sich bei der Entscheidung auf die Vorbereitungstätigkeit des Ausschusses zu stützen, denn sonst wäre diese sinnlos. Erforderlich ist es aber, dies mit der nötigen Sorgfalt zu tun und sich auf den Ausschuss nicht blind zu verlassen, sondern dessen Meinung sorgfältig auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen3.
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Schwieriger sind Vorgänge zu beurteilen, an denen das Gesamtorgan nicht beteiligt war. Hier gilt der Grundsatz, dass jedes Mitglied des Auf-
1004
1 Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 116 Rn. 41; Habersack, MünchKomm. AktG, § 116 Rn. 38; E. Vetter, DB 2004, 2623, 2626; Kiethe, WM 2005, 2122, 2127; enger Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 64 (nur in „Extremfällen“); Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 116 Rn. 19 (Beschränkung auf strafbares Verhalten als Leitlinie). 2 Ebenso E. Vetter, DB 2004, 2623, 2627; Doralt/Doralt in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 14 Rn. 166; Kiethe, WM 2005, 2122, 2127; weitergehend Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 19; Habersack, MünchKomm. AktG, § 116 Rn. 38; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 116 Rn. 20, die in (nicht näher beschriebenen) Ausnahmefällen eine Amtsniederlegung zur Vermeidung der Haftung für nötig halten. 3 Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 116 Rn. 45; Drygala in K. Schmidt/ Lutter, Komm. AktG, § 116 Rn. 6; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 116 Rn. 117; Fleischer, ZIP 2009, 1397, 1401 f.
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sichtsrats allgemein auch die Tätigkeit der Ausschüsse im Auge behalten muss1. Das bedeutet nicht, dass das Plenum oder die Aufsichtsratsmitglieder, die dem Ausschuss nicht angehören, sich ohne Anlass in die Tätigkeit des Ausschusses einschalten müssten. Wer aber Informationen erhält, die Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Ausschusstätigkeit wecken, muss diesen nachgehen und entweder den Aufsichtsratsvorsitzenden oder das Gesamtorgan einschalten, die dann ihrerseits einzugreifen haben und notfalls die Angelegenheit wieder in das Plenum zurückholen müssen. Darüber hinaus ist der Gesamtaufsichtsrat verpflichtet, die Tätigkeit der Ausschüsse zu überwachen und sich zu diesem Zweck regelmäßig über die Ausschusstätigkeit berichten zu lassen (vgl. näher oben Rn. 748). Eine Verletzung dieser Überwachungspflicht führt bei Pflichtversäumnissen im Ausschuss auch dann zur Haftung der übrigen Aufsichtsratsmitglieder, wenn diese nicht informiert waren, bei ordnungsgemäßer Überwachung des Ausschusses aber hätten informiert sein müssen. b) Treuepflicht und Verschwiegenheitspflicht 1005
Die Mitglieder des Aufsichtsrats trifft neben der Verpflichtung zur Mitwirkung an den Aufgaben des Aufsichtsrats eine Treuepflicht und eine Verschwiegenheitspflicht gegenüber der Gesellschaft.
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Inhalt der Treuepflicht ist die Verpflichtung, das Unternehmensinteresse zu wahren, und das Verbot, das Aufsichtsratsamt zu benutzen, um im eigenen Interesse oder im Interesse eines anderen Unternehmens nachteilig auf die Gesellschaft einzuwirken2. Pflichtwidrig handelt deshalb z.B., – wer im Widerstreit von Interessen den Vorstand zu einer für die Gesellschaft schädlichen, einem anderen Unternehmen aber günstigen Maßnahme veranlasst3, – wer Informationen, die er in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied erhalten hat, benutzt, um Geschäftschancen der Gesellschaft für sich selbst zu nutzen4 (Ziff. 5.5.1 Satz 2 DCGK). Das Verbot, Geschäftschancen der Gesellschaft zu nutzen, gilt allerdings nur insoweit, wie das Aufsichtsratsmitglied gerade aufgrund seines Am-
1 Hüffer, Komm. AktG, § 116 Rn. 9; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 116 Rn. 45; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 116 Rn. 6; Hopt/ Roth, Großkomm. AktG, § 116 Rn. 116; Fleischer, ZIP 2009, 1397, 1402. 2 Eingehend dazu Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 24 ff.; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 116 Rn. 56 ff.; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 116 Rn. 20 ff. 3 BGH v. 21.12.1978 – II ZR 244/78, NJW 1980, 1629 (Schaffgotsch); dazu Ulmer, NJW 1980, 1603; Lutter, ZHR 145 (1981), 224 ff., 239 ff. 4 BGH v. 23.9.1985 – II ZR 246/84, WM 1985, 1443 = GmbHR 1986, 293 (für GmbH-Geschäftsführer); Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 31; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 116 Rn. 60.
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tes Zugriff auf diese Geschäftschancen gewonnen hat. Außerhalb seines Mandats ist das Aufsichtsratsmitglied frei1. Interessenkollisionen entlasten das Aufsichtsratsmitglied nicht, sondern es bleibt bei Ausübung seines Aufsichtsratsmandates verpflichtet, allein die Interessen der Gesellschaft zu wahren2. Es ist ihm aber gestattet – und in aller Regel zweckmäßig – sich bei der Abstimmung der Stimme zu enthalten3 und auch von sonstigen Einflussnahmen auf die Entscheidung abzusehen; denkbar ist auch ein Verzicht auf die Einbindung in den Informationsfluss zu dem betreffenden Gegenstand und der Verzicht auf die Sitzungsteilnahme bei der Erörterung und Entscheidung der betreffenden Angelegenheit, vgl. dazu näher oben Rn. 894 ff.
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Die Verschwiegenheitspflicht gebietet den Aufsichtsratsmitgliedern, über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, die ihnen durch ihre Tätigkeit im Aufsichtsrat bekanntgeworden sind, insbesondere auch über erhaltene vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen, Stillschweigen zu bewahren (§ 116 Satz 2 AktG); vgl. dazu näher oben Rn. 254 ff. Auch eine Verletzung dieser Pflicht kann Schadensersatzansprüche nach sich ziehen, wenn sie zu einem bezifferbaren Schaden der Gesellschaft führt.
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3. Verschulden Die Haftung der Aufsichtsräte ist eine Verschuldenshaftung. Verschuldensmaßstab ist ebenfalls die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Aufsichtsratsmitglieds4. Wer nicht mit dieser Sorgfalt handelt, handelt nicht nur pflichtwidrig, sondern zugleich schuldhaft. Es gilt also ein objektivierter Verschuldensmaßstab für alle Aufsichtsratsmitglieder ohne Unterschied ihrer persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten5. Jedes Aufsichtsratsmitglied, gleichgültig ob Anteilseigner- oder Arbeitnehmervertreter, muss die Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen, die ihn in die Lage versetzen, diesem Maßstab gerecht zu werden. Eine Entschuldigung: 1 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 31; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 116 Rn. 57, 60. 2 BGH v. 21.12.1978 – II ZR 244/78, NJW 1980, 1629, 1630 (Schaffgotsch); Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 25; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 116 Rn. 67; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 33 Rn. 78. 3 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 25, 34; Spindler in Spindler/ Stilz, Komm. AktG, § 116 Rn. 34; a.A. Habersack, MünchKomm. AktG, § 100 Rn. 71. 4 Hüffer, Komm. AktG, § 116 Rn. 2 i.V.m. § 93 Rn. 4; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 116 Rn. 36. 5 Habersack, MünchKomm. AktG, § 116 Rn. 70; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 116 Rn. 111; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 33 Rn. 74; Doralt/Doralt in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 14 Rn. 134; Lutter, ZHR 145 (1981), 224, 237 ff.; Schwark in FS Werner, 1984, S. 841 ff.
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„Das habe ich nicht verstanden“, oder: „Das ging über meine Fähigkeiten hinaus“, gibt es nicht, wenn es an diesen Mindestkenntnissen und -fähigkeiten fehlt. Vielmehr haben alle Aufsichtsratsmitglieder für diejenige Sorgfalt einzustehen, die von einem durchschnittlichen Aufsichtsratsmitglied erwartet werden kann1. 1010
Den unterschiedlichen Kenntnissen und Fähigkeiten trägt das Gesetz dadurch Rechnung, dass es die Arbeitsverteilung im Aufsichtsrat zulässt mit der Folge, dass sich die Verantwortung vor allem auf diejenigen Aufsichtsratsmitglieder verlagert, die mit der konkreten Aufgabe betraut worden sind; vgl. oben Rn. 1002 ff. Darüber hinaus ist selbst bei Maßnahmen, die an sich einem Ausschuss überwiesen werden dürfen, aber gleichwohl im Plenum erledigt werden, nichts dagegen einzuwenden, wenn einzelne Aufsichtsratsmitglieder sich auf die Beurteilung der fachlich kompetenteren Kollegen verlassen, nachdem sie deren Beurteilung auf ihre Plausibilität hin überprüft haben2. Nur bei den Tätigkeiten, die zwingend dem Plenum vorbehalten sind, kann sich niemand auf mangelnde Kenntnisse und Fähigkeiten berufen; hier hat jedes Aufsichtsratsmitglied für seine ausreichende Qualifikation einzustehen, denn niemand ist verpflichtet, Aufsichtsratsmitglied zu werden3.
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Aufsichtsratsmitglieder, die innerhalb des Aufsichtsrats besondere Funktionen übernehmen, das heißt insbesondere der Aufsichtsratsvorsitzende und die Mitglieder von Ausschüssen, unterliegen einem strengeren Maßstab. Sie haben für die Kenntnisse und Fähigkeiten einzustehen, die ihre Funktion erfordert, und wenn sie diese nicht besitzen, dürfen sie die Funktion nicht übernehmen4. Darüber hinaus erhöhen besondere Kenntnisse individueller Aufsichtsratsmitglieder für diese den Verschuldensmaßstab5. Wer Sonderkenntnisse besitzt und nicht anwendet, kann sich 1 BGH v. 15.11.1982 – II ZR 27/82, BGHZ 85, 293, 295 = AG 1983, 133 (Hertie); österreichischer OGH v. 26.2.2002 – 1Obl44/01k, GesRZ 2002, 86, 89; Hüffer, Komm. AktG, § 116 Rn. 2; Habersack, MünchKomm. AktG, § 116 Rn. 23; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 63; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 33 Rn. 74. 2 Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 300; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 33 Rn. 75; E. Vetter in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 29 Rn. 59. 3 Reiches Fallmaterial aus der Schweiz bei Hütte, ZGR 1986, 1 ff.; Bär/Forstmoser/v. Greyerz/Pedrazzini/Vischer, Die Verantwortung des Verwaltungsrats in der AG, 1978; Forstmoser/Sprecher/Töndury, Persönliche Haftung nach Schweizer Aktienrecht, 2005. 4 Hüffer, Komm. AktG, § 116 Rn. 3; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 116 Rn. 15 Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 33 Rn. 75; Mutter/ Gayk, ZIP 2003, 1773, 1774 f.; Dreher in FS Boujong, 1996, S. 71, 83 ff. 5 BGH v. 20.9.2011 – II ZR 234/09, ZIP 2011, 2097 Tz. 28 = AG 2011, 876 (Ision); Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 116 Rn. 63; Habersack, MünchKomm. AktG, § 116 Rn. 28; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 116 Rn. 17; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 116 Rn. 37; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 33 Rn. 63.; Mutter/Gayk, ZIP 2003, 1773, 1775; Dreher in FS Boujong, 1996, S. 71, 80; a.A. Hüffer, Komm. AktG, § 116 Rn. 3; Hopt/
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nicht damit entschuldigen, dass ein durchschnittliches Aufsichtsratsmitglied diese Sonderkenntnisse gar nicht besitzen müsse. Zwar gilt der Grundsatz der Gleichheit aller Aufsichtsratsmitglieder (vgl. oben Rn. 821), aber einzelne Mitglieder werden vielfach gerade wegen ihrer besonderen Kenntnisse als Ingenieur, als Vertriebsfachmann, als Bankier, als Wirtschaftsprüfer, als Rechtsanwalt usw. in den Aufsichtsrat gewählt, und sie haben dann auch dafür einzustehen, dass sie diese speziellen Kenntnisse bei ihrer Amtsführung einsetzen. 4. Haftungsentlastung durch externe Sachverständige a) Recht und Pflicht zur Einholung externen Rats Ergeben sich bei der Erledigung der Aufgaben des Aufsichtsrats Frage- 1012 stellungen, für welche die Kenntnisse und Erfahrungen der Aufsichtsratsmitglieder nicht reichen, ist der Aufsichtsrat berechtigt, zu seiner Unterstützung Sachverständige hinzuzuziehen. Das Gesetz regelt dies ausdrücklich im Zusammenhang mit dem Recht des Aufsichtsrats, die Bücher und Schriften der Gesellschaft und deren Vermögensgegenstände einzusehen und zu prüfen (§ 111 Abs. 2 Satz 2 AktG). Auf diesen engen Bereich ist das Recht zur Einschaltung von Sachverständigen aber nicht beschränkt. Vielmehr gilt, dass der Aufsichtsrat immer dann, wenn er zur Erfüllung seiner Aufgaben sachverständiger Hilfe bedarf, zur Beauftragung eines Sachverständigen befugt ist. Dieses Recht steht ihm als Annex zu den ihm vom Gesetz übertragenen Aufgaben zu1. Er kann deshalb z.B. für die Suche nach einem neuen Vorstandsmitglied einen Personalberater, und für die Gestaltung des Vergütungssystems einen Vergütungsberater hinzuziehen. Hat er Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestimmter Maßnahmen des Vorstands, kann er dazu Rechtsrat in Auftrag geben, und will er die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit z.B. eines Investitionsvorhabens beurteilen, hat er das Recht, einen auf dem jeweiligen Gebiet erfahrenen Berater hinzuzuziehen, wenn seine eigene Sachkunde nicht ausreicht. Grenzen ziehen dabei der Aufgabenbereich des Aufsichtsrats und die grundsätzliche Pflicht zur persönlichen Amtsführung. Der Aufsichtsrat kann Sachverständige zur eigenen Unterstützung hinzuziehen, aber kann keine Angelegenheit auf Sachverständige übertragen, für die er selbst nicht zuständig ist. Zudem muss sich die Einschaltung eines Sachverständigen auf konkrete Einzelaufgaben beschränken; der Aufsichtsrat darf nicht einen Dauerberater für die Unterstützung seiner Überwachungsaufgabe einschalten2. Roth, Großkomm. AktG, § 116 Rn. 52; Schwark in FS Werner, 1984, S. 841, 850 f., 853 f.; kritisch auch Selter, AG 2012, 11, 18 f. 1 Vgl. etwa Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 135; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 112 Rn. 60 ff.; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 49; Hoffmann-Becking, ZGR 2011, 136, 140 f. 2 Habersack, MünchKomm. AktG, § 111, Rn. 135; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 112 Rn. 63; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 49.
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Die Hinzuziehung eines Sachverständigen kann zur Pflicht des Aufsichtsrats werden, wenn externer Rat für die Erledigung der Aufgaben des Aufsichtsrats benötigt wird1. Bei der Überwachung des Vorstands spielt dies in der Praxis eine besondere Rolle, soweit es um die dem Aufsichtsrat obliegende Rechtmäßigkeitskontrolle (vgl. oben Rn. 74) geht. Hat der Aufsichtsrat Anlass, Verstöße z.B. gegen Vorschriften des Kartellrechts, des Umweltrechts, des Antikorruptionsrechts usw. zu befürchten, muss er dem nachgehen. Reichen die eigenen Kenntnisse nicht, muss er sich beraten lassen. Rat muss der Aufsichtsrat allerdings nur dann einholen, wenn dazu Anlass besteht, weil er eine Rechtsfrage als problematisch erkennt und die eigene Fachkompetenz nicht genügt. Vom Aufsichtsrat kann hingegen nicht verlangt werden, dass er über die Sensibilität verfügt, jedes Rechtsproblem zu erkennen2. Allerdings wird man von den Aufsichtsratsmitgliedern einer Aktiengesellschaft verlangen müssen, dass sie die wesentlichen Grundregeln des Aktienrechts und die Kardinalpflichten aus den für die Geschäftstätigkeit ihrer Gesellschaft wesentlichen Rechtsbereichen, etwa dem Wertpapierhandelsrecht, dem Kartellrecht, dem Betriebsverfassungsrecht u.Ä. kennen.
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Über die Hinzuziehung eines externen Sachverständigen entscheidet der Aufsichtsrat durch Beschluss. Er ist dann auch zur Vertretung der Gesellschaft beim Abschluss des Beratungsvertrages befugt3, kann diese aber auch dem Vorstand überlassen4. Geht es um Angelegenheiten, die einem Ausschuss zu Erledigung anstelle des Aufsichtsrats übertragen sind, steht das Recht zur Hinzuziehung des Sachverständigen dem Ausschuss zu; Gleiches wird man annehmen müssen, wenn der Ausschuss eine Plenumsentscheidung vorbereiten soll. b) Enthaftung durch Beratung
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Wird ein Berater eingeschaltet, kann dies zur Haftungsentlastung des Aufsichtsrats führen, auch wenn der Rat des Sachverständigen objektiv unrichtig war. Die Aufsichtsratsmitglieder müssen sich den Irrtum des Sachverständigen nicht nach § 278 BGB zurechnen lassen5. Die Recht1 BGH v. 6.6.1994 – II ZR 292/91, BGHZ 126, 181 = GmbHR 1994, 539; OLG Stuttgart v. 25.11.2009 – 20 U 5/09, ZIP 2009, 2386, 2389 = AG 2010, 133; Lutter, DB 1994, 129, 135. 2 So aber, wohl missverständlich, Strohn, ZHR 176 (2012), 137, 139; dagegen Krieger, ZGR 2012, 496, 498 f. 3 Habersack, MünchKomm. AktG, § 111 Rn. 135; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 112 Rn. 63; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 29 Rn. 49. 4 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 112 Rn. 24; Hoffmann-Becking, ZGR 2011, 136, 141; Werner, ZGR 1989, 369, 383 f.; a.A. Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 112 Rn. 60, die eine Vertretung durch den Vorstand nur zulassen, wenn der Vorstand vom Aufsichtsrat bevollmächtigt worden ist. 5 BGH v. 20.9.2011 – II ZR 234/09, ZIP 2011, 2097 Tz. 17 = AG 2011, 876 (Ision); Cahn, WM 2013, 1293, 1302 f.; Strohn, ZHR 176 (2012), 137, 142 f.; Wagner, BB 2012, 651, 654 f.
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sprechung stellt an eine Haftungsentlastung durch fehlerhafte Beratung allerdings hohe Anforderungen1: Zunächst muss der Berater für die Aufgabe fachlich befähigt sein. Ob das der Fall ist, hängt von der konkreten Fragestellung und den beruflichen Kenntnissen und Erfahrungen des Beraters ab. Formale Qualifikationen aufgrund einer bestimmten Berufsträgereigenschaft oder zum Beispiel einer Fachanwaltsqualifikation sind keine zwingenden Voraussetzungen2, aber auch nicht per se genügend3; je komplexer die Fragestellung ist, um so weniger wird die formale Qualifikation ausreichen, sondern es auf die konkreten Kenntnisse und Erfahrungen ankommen, über die sich der Aufsichtsrat informieren muss4.
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Die Rechtsprechung verlangt weiterhin, dass es sich um einen unabhän- 1017 gigen Berater handelt. Dies hat in der Praxis zu manchen Zweifelsfragen geführt, vor allem zu der Frage, ob dann, wenn bereits ein Berater tätig war, nur ein anderer Berater in Betracht kommt, weil der erste aufgrund seiner Vorbefassung nicht mehr als unabhängig angesehen werden kann5. Das ist so pauschal jedenfalls nicht der Fall. Zumindest im ersten Schritt kann der Aufsichtsrat den bereits zuvor mit der Sache befassten Berater hinzuziehen und seine Fragen mit diesem erörtern. Lassen sich die Zweifel dabei ausräumen, bedarf es keines weiteren Sachverständigen mehr. Das Erfordernis der Unabhängigkeit soll lediglich sicherstellen, dass das Gremium kein „Gefälligkeitsgutachten“, sondern einen objektiven, allein nach sachlichen Gesichtspunkten erteilten Rat erhält. Diese Zielsetzung schließt es nicht per se aus, den bereits zuvor tätigen Berater anzuhören und sich von seinem Rat überzeugen zu lassen6. Aus dem gleichen Grund ist es auch nicht in jedem Fall, in dem sachverständiger Rat benötigt wird, erforderlich, einen externen Berater hinzuzuziehen, sondern es
1 Insbesondere BGH v. 20.9.2011 – II ZR 234/09, ZIP 2011, 2097 Tz. 16 ff. = AG 2011, 876 (Ision); BGH v. 27.3.2012 – II ZR 171/10, ZIP 2012, 1174 Tz. 16 = GmbHR 2012, 746; BGH v. 14.5.2007 – II ZR 48/06, ZIP 2007, 1265 Tz. 16 f. = AG 2007, 548; OLG Stuttgart v. 25.11.2009 – 20 U 5/09, ZIP 2009, 2386, 2389 = AG 2010, 133; LG Essen v. 25.4.2012 – 41 O 45/10, NZG 2012, 1307, 1309 f.; aus der Literatur insbesondere Strohn, ZHR 176 (2012), 137 mit Erwiderung Krieger, ZGR 2012, 496; Strohn, CCZ 2013, 177, 180 ff.; Cahn, WM 2013, 1293, 1301 ff.; Fleischer, KSzW 2013, 3; Buck-Heeb, BB 2013, 2247, 2254 ff.; Sander/ Schneider, ZGR 2013, 725, 746 ff.; Wagner, BB 2012, 651; Selter, AG 2012, 11; Uwe H. Schneider, DB 2011, 99; Uwe H. Schneider, NZG 2010, 121; Uwe H. Schneider, ZIP 2009, 1397. 2 Fleischer, KSzW 2013, 3, 7; Müller, NZG 2012, 981, 982; a.A. Selter, AG 2012, 11, 16. 3 Tendenziell a.A. wohl Strohn, ZHR 176 (2012), 137, 141. 4 OLG Stuttgart v. 25.11.2009 – 20 U 5/09, ZIP 2009, 2386, 2389 = AG 2010, 133. 5 So namentlich Strohn, ZHR 176 (2012), 137, 139 f. 6 Cahn, WM 2013, 1293, 1304; Fleischer, KSzW 2013, 3, 8; Krieger, ZGR 2012, 496, 500 f.; Kiefner/Krämer, AG 2012, 498, 500; Binder, ZGR 2012, 757, 772.
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kann auch eine Fachabteilung des eigenen Unternehmens, bei Rechtsfragen also z.B. die Rechtsabteilung, den nötigen unabhängigen Rat geben1. 1018
Damit sich der Aufsichtsrat auf den Berater verlassen kann, ist dessen vollständige Information über den zu beurteilenden Sachverhalt unumgänglich. Ein Rat kann nur so gut sein, wie die Informationen, auf denen er basiert. Zu beachten ist aber, dass in der Regel der Berater selbst am besten weiß, auf welche Informationen es für seine Beurteilung ankommt. Daher genügt der Aufsichtsrat seiner Sorgfaltspflicht, wenn er für die Bereitstellung derjenigen Informationen sorgt, die den Berater in die Lage versetzen, den Sachverhalt im Wesentlichen zu überschauen und selbst zu beurteilen, ob und welche zusätzlichen Informationen er noch benötigt2.
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Schließlich darf sich der Aufsichtsrat auf seinen Berater nicht blind verlassen. Die Meinung des von ihm eingeschalteten Sachverständigen muss er einer eigenen Plausibilitätsprüfung unterziehen3. Der Bundesgerichtshof verlangt dazu – jedenfalls bei weder einfach gelagerten noch besonders eilbedürftigen Fragen – in aller Regel ein schriftliches Gutachten4. Tatsächlich geht das jedoch zu weit, sondern, ob es eines schriftlichen Gutachtens bedarf, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab5. Ebenso wäre es überzogen zu verlangen, dass jedes Mitglied des Aufsichtsrats das Gutachten stets selbst im Detail durcharbeiten müsse6, sondern auch bei der Auswertung eines schriftlichen Gutachtens müssen sich die Aufsichtsratsmitglieder der Unterstützung Dritter, etwa der Rechtsabteilung, bedienen können7. Empfehlenswert ist es aber zumeist, dass der Sachverständige an der Sitzung des Aufsichtsrats teilnimmt, seine Ergebnisse darlegt und für Nachfragen zur Verfügung steht8.
1 Cahn, WM 2013, 1293, 1303 f.; Fleischer, KSzW 2013, 3, 8; Strohn, ZHR 176 (2012), 137, 140 f.; Krieger, ZGR 2012, 496, 500; Wagner, BB 2012, 651, 655 f.; Selter, AG 2012, 11, 14 f. 2 Cahn, WM 2013, 1293, 1304; Krieger, ZGR 2012, 496, 499; ähnlich Selter, AG 2012, 11, 17. 3 BGH v. 20.9.2011 – II ZR 234/09, ZIP 2011, 2097 Tz. 18 = AG 2011, 876 (Ision) verlangt sogar eine „sorgfältige“ Plausibilitätsprüfung, während BGH v. 27.3.2012 – II ZR 171/10, ZIP 2012, 1174 Tz. 16 = GmbHR 2012, 746 auf das Adjektiv „sorgfältig“ verzichtet. Anschaulich auch LG Essen v. 25.4.2012 – 41 O 45/10, NZG 2012, 1307, 1309 f. 4 BGH v. 20.9.2011 – II ZR 234/09, ZIP 2011, 2097 Tz. 23 f. = AG 2011, 876 (Ision); Strohn, ZHR 176 (2012), 137, 142. 5 Krieger, ZGR 2012, 496, 502 f.; Strohn, CCZ 2013, 177, 183; Fleischer, KSzW 2013, 3, 9; Fleischer, NZG 2010, 121, 124 f.; Binder, ZGR 2012, 775, 772. 6 In diese Richtung aber Strohn, ZHR 176 (2012), 137, 142, der verlangt, der Geschäftsleiter müsse „jedenfalls das Gutachten gründlich lesen“. 7 Cahn, WM 2013, 1293, 1305; Strohn, CCZ 2013, 177, 183 f.; Krieger, ZGR 2012, 496, 503. 8 Krieger, ZGR 2012, 496, 503.
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5. Schaden und Kausalität Eine Ersatzpflicht setzt voraus, dass die Pflichtverletzung des Aufsichtsratsmitglieds einen Schaden der Gesellschaft verursacht hat. Bedeutung hat dabei die Frage, ob und inwieweit Bußgelder einen ersatzpflichtigen Schaden darstellen können, die der Gesellschaft etwa wegen eines Kartellverstoßes (§ 81 GWB) oder wegen einer Verletzung der Aufsichtspflicht im Unternehmen (§ 130 OWiG) auferlegt werden. In der Literatur wird teilweise die Ansicht vertreten, aus Grundsätzen des Ordnungswidrigkeitenrechts folge, dass wegen einer Geldbuße kein oder jedenfalls nur ein beschränkter Regress genommen werden könne1. Andere Erwägungen gehen dahin, die Haftung der Organmitglieder unter Rückgriff auf die aktienrechtliche Fürsorgepflicht auf einen angemessenen Teil der Geldbuße zu beschränken2. Die wohl herrschende Meinung sieht Bußgelder hingegen uneingeschränkt als ersatzfähigen Schaden an3. Allerdings ist zu beachten, dass Geldbußen vielfach nur zu einem Teil Ahndungscharakter, zum größeren Teil aber Abschöpfungscharakter haben; der Abschöpfungsteil stellt keinen Schaden dar, sondern beseitigt nur den wirtschaftlichen Vorteil, den die Gesellschaft aus der Pflichtverletzung erlangt hat. Soweit der Gesellschaft durch die Pflichtverletzung Vermögensvorteile verbleiben, sind die Grundsätze über die Vorteilsausgleichung anwendbar, d.h. der erzielte Vorteil mindert den ersatzpflichtigen Schaden4.
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6. Beweislastumkehr Während normalerweise der Anspruchsteller, der einen Schadensersatzanspruch geltend machen will, die Voraussetzungen dafür zu beweisen hat, trifft gemäß §§ 116 Satz 1, 93 Abs. 2 Satz 2 AktG die Aufsichtsratsmitglieder die Beweislast dafür, dass sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Aufsichtsratsmitglieds angewandt haben. Der Umfang dieser Beweislastumkehr beschränkt sich nicht allein auf die Frage 1 So insbesondere Dreher in FS Konzen, 2006, S. 85, 103 f.; Krause, BB-Spezial 2007, 2, 13; differenzierend Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 93 Rn. 56. 2 Hüffer, Komm. AktG, § 93 Rn. 15; J. Koch in Liber amicorum M. Winter, 2011, S. 329, 330 ff.; J. Koch, AG 2012, 429, 435 ff.; Bayer in FS K. Schmidt, 2009, S. 85, 97. 3 So z.B. Hölters in Hölters, Komm. AktG, § 93 Rn. 250; Eckert in Wachter, Komm. AktG, § 93 Rn. 29; Wilsing in Krieger/Uwe H. Schneider, Hdb. Managerhaftung, § 27 Rn. 34; Werner, CCZ 2010, 143, 144 f.; Marsch-Barner, ZHR 173 (2009), 723, 730; Zimmermann, WM 2008, 433, 437; Hasselbach/Seibel, AG 2008, 770, 773; Glöckner/Müller-Thautphaeus, AG 2001, 344, 346. 4 BGH v. 15.1.2013 – II ZR 90/11, ZIP 2013, 455 Tz. 26 = AG 2013, 259 (Corealcredit Bank); BGH v. 20.9.2011 – II ZR 234/09, ZIP 2011, 2097 Tz. 31 = AG 2011, 876 (Ision); Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 93 Rn. 56, 63; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 93 Rn. 34; Wilsing in Krieger/Uwe H. Schneider, Hdb. Managerhaftung, § 27 Rn. 35 ff.; Marsch-Barner, ZHR 173 (2009), 723 ff.; Zimmermann, WM 2008, 433, 439; ablehnend Säcker, WuW 2009, 362, 368; Lohse in FS Hüffer, 2010, S. 581, 598 f.; zurückhaltend Thole, ZHR 173 (2009), 504, 526 ff.
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§ 13
Haftung der Aufsichtsratsmitglieder
des Verschuldens1, sondern erfasst auch die objektive Pflichtwidrigkeit des Aufsichtsratshandelns2. Das bedeutet allerdings nicht, dass schon der bloße Eintritt eines Schadens der Gesellschaft die Beweislastumkehr auslöst und die Aufsichtsratsmitglieder nun darzulegen hätten, dass dieser Schaden nicht auf einer pflichtwidrigen Handlung oder Unterlassung des Aufsichtsrats beruhe. Vielmehr ist es Sache der Gesellschaft darzulegen, dass ein Schaden eingetreten ist und auf einem zumindest möglicherweise pflichtwidrigen Verhalten des Aufsichtsrats beruht; erst dann ist es Sache der Aufsichtsratsmitglieder, sich zu entlasten3. 7. Haftungsausschlüsse und -einschränkungen a) Mitwirkung der Hauptversammlung 1022
Gemäß § 93 Abs. 4 Satz 1 AktG tritt die Ersatzpflicht der Gesellschaft gegenüber nicht ein, wenn die schadensstiftende Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluss der Hauptversammlung beruht. Der Vorstand ist verpflichtet, von der Hauptversammlung im Rahmen ihrer Zuständigkeit beschlossene Maßnahmen auszuführen (§ 83 Abs. 2 AktG), und demgemäß kann die pflichtgemäße Durchführung des Beschlusses keine Haftung von Vorstand und Aufsichtsrat nach sich ziehen. Diese Haftungsentlastung betrifft nicht nur Entscheidungen, für die eine originäre Zuständigkeit der Hauptversammlung besteht, sondern sie greift auch in den Fällen ein, in denen der Vorstand von sich aus gemäß § 119 Abs. 2 AktG Geschäftsführungsmaßnahmen der Hauptversammlung zur Entscheidung vorlegt4. Erforderlich ist aber ein gesetzmäßiger Beschluss der Hauptversammlung, d.h. ein Beschluss der weder nichtig noch anfechtbar ist5. Auf diesem Beschluss der Hauptversammlung muss die schädigende Handlung beruhen; deshalb reicht eine bloß nachträgliche Billigung durch Beschluss der Hauptversammlung nicht6. Darüber hinaus darf sich der Aufsichtsrat bei Zustandekommen des Beschlusses nicht pflichtwidrig verhalten haben. Deshalb entlastet ein Hauptversammlungsbeschluss nicht, wenn die Hauptversammlung nicht richtig oder vollständig infor1 So noch Fleck, GmbHR 1997, 237, 239. 2 BGH v. 15.1.2013 – II ZR 90/11, ZIP 2013, 455 Tz. 26 = AG 2013, 259 (Corealcredit Bank); BGH v. 20.9.2011 – II ZR 234/09, ZIP 2011, 2097 Tz. 31 = AG 2011, 876; Hüffer, Komm. AktG, § 93 Rn. 16; Kurzwelly in Krieger/Uwe H. Schneider, Hdb. Managerhaftung, § 12 Rn. 4 ff. 3 BGH v. 4.11.2002 – II ZR 224/00, BGHZ 152, 280, 284 = AG 2003, 381; OLG Stuttgart v. 19.6.2012 – 20 W 1/12, AG 2012, 762; eingehend Goette, ZGR 1995, 645 ff.; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 116 Rn. 42; Kurzwelly in Krieger/Uwe H. Schneider, Hdb. Managerhaftung, § 12 Rn. 6 f. 4 Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 93 Rn. 265; Spindler, MünchKomm. AktG, § 93 Rn. 211; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 93 Rn. 148. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 93 Rn. 25; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 93 Rn. 268 ff.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 93 Rn. 155 f.; eingehend Hopt, Großkomm. AktG, § 93 Rn. 316 ff. 6 Hüffer, Komm. AktG, § 93 Rn. 25; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 93 Rn. 267; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 93 Rn. 153.
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Innenhaftung
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miert wurde1. Die Entlastungswirkung entfällt auch dann, wenn sich im Zeitpunkt der Ausführung des Beschlusses die zugrundeliegenden Umstände seit dem Zeitpunkt der Beschlussfassung wesentlich verändert haben2. b) Verzicht, Vergleich, Verjährung Sind Schadensersatzansprüche einmal entstanden, ist es schwierig, sie wieder aus der Welt zu schaffen. Die Gesellschaft kann auf Ersatzansprüche gegen Aufsichtsratsmitglieder nur verzichten und sich über sie auch nur vergleichen, wenn seit der Entstehung des Anspruchs drei Jahre vergangen sind (Ausnahme § 93 Abs. 4 Satz 4 AktG), außerdem die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Aktionärsminderheit von mindestens 10 % des Grundkapitals gegen den Zustimmungsbeschluss Widerspruch zu Protokoll erhebt (§ 93 Abs. 4 Satz 3 AktG). Den Gläubigern gegenüber ist ein Vergleich oder Verzicht selbst bei Einhaltung dieser Voraussetzungen unwirksam (§ 93 Abs. 5 Satz 3 AktG). Bedeutung hat die Möglichkeit eines Vergleichs über Schadensersatzansprüche vornehmlich bei geschlossenen Gesellschaften, während bei Publikumsgesellschaften wegen der Notwendigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses davon seltener Gebrauch gemacht wird3.
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c) Haftungsbeschränkungen Aus dem gesetzlichen Verbot, vor Ablauf von drei Jahren auf Schadensersatzansprüche zu verzichten (§ 93 Abs. 4 Satz 3 AktG), folgt zugleich, dass auch eine Haftungsbeschränkung zu Gunsten der Aufsichtsratsmitglieder weder durch Satzungsregelung noch durch individuelle Vereinbarung vorgesehen werden kann4. Denn darin läge ein vorweggenommener teilweiser Forderungsverzicht, der § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG zuwider liefe. Auch die Grundsätze der Rechtsprechung zur Begrenzung der Arbeitnehmerhaftung bei betrieblichen Tätigkeiten, lassen sich auf Aufsichtsratsmitglieder nach ganz herrschender Meinung nicht übertragen5. Neuere Überlegungen versuchen, die Haftung unter Rückgriff 1 Hüffer, Komm. AktG, § 93 Rn. 26; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 93 Rn. 154; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 93 Rn. 272; Hopt, Großkomm. AktG, § 93 Rn. 325. 2 Hopt, Großkomm. AktG, § 93 Rn. 327 ff.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 93 Rn. 158; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 93 Rn. 275. 3 Am bekanntesten vielleicht der Vergleich der Siemens AG mit ehemaligen Vorstandsmitgliedern in der Hauptversammlung 2010. 4 Hüffer, Komm. AktG, § 93 Rn. 1; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 93 Rn. 3 ff.; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 93 Rn. 8; Hopt, Großkomm. AktG, § 93 Rn. 23 ff. 5 BGH v. 27.2.1975 – II ZR 112/72, WM 1975, 467, 469; OLG Düsseldorf v. 22.6.1995 – 6 U 104/94, ZIP 1995, 1183, 1192 = AG 1995, 416; Hüffer, Komm. AktG, § 93 Rn. 14; Hopt, Großkomm. AktG, § 93 Rn. 339 ff.; Ehlers, ZInsO 2008, 524, 525.
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auf den Gedanken der Fürsorgepflicht des Unternehmens gegenüber den Organmitgliedern auf einen angemessenen Betrag zu reduzieren1. Das erscheint rechtspolitisch sachgerecht, ist de lege lata aber schwer zu begründen. Es sollte deshalb erwogen werden, durch entsprechende Gesetzesänderung eine angemessene Haftungsbegrenzung einzuführen oder zumindest eine Haftungsmilderung durch die Satzung oder aufgrund einer Satzungsermächtigung zuzulassen2. 8. Durchsetzung des Ersatzanspruchs a) Zuständigkeit und Handlungspflicht des Vorstands 1025
Gemäß § 78 AktG ist es Sache des Vorstands, die Gesellschaft gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Darunter fällt auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Aufsichtsratsmitglieder. Für die umgekehrte Konstellation, die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Vorstand, hat der BGH im ARAG-Fall entschieden, dass der Aufsichtsrat grundsätzlich verpflichtet ist, erfolgversprechende Schadensersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder zu verfolgen (vgl. näher oben Rn. 447 ff.). Das gilt spiegelbildlich auch für die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen durch den Vorstand gegen Mitglieder des Aufsichtsrats3. Der Vorstand ist also – sofern nicht im Einfall überwiegende Interessen des Unternehmens entgegenstehen – verpflichtet, erfolgversprechende Ersatzansprüche gegen den Aufsichtsrat durchzusetzen, will er sich nicht selbst ersatzpflichtig machen. Das hat in der Praxis namentlich dann Bedeutung, wenn die Gesellschaft insolvent geworden oder wenn ein neuer Vorstand ins Amt gekommen ist und die Aufsichtsratsmitglieder inzwischen ausgeschieden sind. Hingegen wäre es lebensfremd anzunehmen, dass der alte Vorstand, der an den Vorgängen selbst beteiligt war, den amtierenden Aufsichtsrat wegen mangelnder Überwachung auf Schadensersatz in Anspruch nehmen werde. b) Anspruchsverfolgung durch die Hauptversammlung oder eine Aktionärsminderheit
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Da eine ordnungsgemäße Anspruchsverfolgung durch den Vorstand nicht in jedem Fall gewährleistet ist, enthält das Gesetz zunächst in § 147 AktG Regelungen, die es der Hauptversammlung erlauben, die Anspruchsverfol1 Vgl. für die Fälle des Regresses bei Verhängungen von Unternehmensbußgeldern bereits Rn. 1020 sowie allg. J. Koch, AG 2012, 424, 435 ff. 2 Eingehend Uwe H. Schneider/Schmitz, Börsen-Zeitung v. 26.2.2010; ebenso bereits Hopt, Großkomm. AktG, § 93 Rn. 24; Krieger in Krieger/Uwe H. Schneider, Hdb. Managerhaftung, § 3 Rn. 46; Krieger in RWS-Forum Gesellschaftsrecht 1995, S. 349, 377; Hirte, ZGR-Sonderheft 13, S. 60, 96. 3 Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 116 Rn. 45; Habersack, MünchKomm. AktG, § 116 Rn. 8; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 116 Rn. 119.
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Innenhaftung
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gung zu erzwingen. Dazu kann die Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit beschließen, dass die Ersatzansprüche geltend zu machen sind (§ 147 Abs. 1 Satz 1 AktG). Es ist dann in erster Linie Sache des Vorstands, den Anspruch zu verfolgen. Die Hauptversammlung kann jedoch besondere Vertreter bestellen, die an Stelle des Vorstands für die Anspruchsverfolgung zuständig sind (§ 147 Abs. 2 Satz 1 AktG)1. Außerdem kann eine Minderheit, deren Anteile zusammen 10 % des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von 1 Mio. Euro erreichen, bei Gericht den Antrag stellen, an Stelle des Vorstands oder an Stelle des von der Hauptversammlung bestellten besonderen Vertreters andere Vertreter der Gesellschaft zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs zu bestellen. In der Praxis sind Fälle, in denen die Hauptversammlung die Anspruchsverfolgung beschließt, selten2. Solange die Gesellschaft ihren Ersatzanspruch nicht selbst gerichtlich geltend macht, gibt § 148 AktG einer qualifizierten Aktionärsminderheit die Möglichkeit, ein gerichtliches Klagezulassungsverfahren zu betreiben. Das Verfahren richtet sich darauf, dass das Gericht die antragstellenden Aktionäre ermächtigt, die Schadensersatzansprüche der Gesellschaft im eigenen Namen, aber auf Zahlung an die Gesellschaft geltend zu machen. Antragsberechtigt sind Aktionäre, deren Anteile im Zeitpunkt der Antragstellung zusammen 1 % des Grundkapitals oder einen anteiligen Betrag von 100 000 Euro erreichen. Die Aktionäre müssen ihre Aktien vor Kenntniserlangung von den Pflichtverstößen erworben haben (§ 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AktG), und sie müssen zudem zunächst die Gesellschaft unter Setzung einer angemessenen Frist auffordern, selbst Klage zu erheben (§ 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AktG). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, lässt das Gericht die Klage durch die Aktionäre zu, wenn Tatsachen vorliegen, die den dringenden Verdacht rechtfertigen, dass der Gesellschaft durch Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung Schaden zugefügt wurde und der Geltendmachung des Ersatzanspruchs keine überwiegenden Gründe des Gesellschaftswohls entgegenstehen (§ 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 AktG). Die Gesellschaft bleibt berechtigt, ihren Ersatzanspruch trotz eines laufenden Klagezulassungsverfahrens selbst geltend zu machen (§ 148 Abs. 3 Satz 1 AktG), ein von der Aktionärsminderheit aufgrund entsprechender Zulassung anhängig gemachtes Klageverfahren kann die Gesellschaft übernehmen (§ 148 Abs. 3 Satz 2 AktG). War das Klagezulassungsverfahren erfolgreich, wird 1 Zu den Rechten des besonderen Vertreters instruktiv OLG München v. 28.11.2007 – 7 U 4498/07, ZIP 2008, 73 = AG 2008, 172; LG München I v. 6.9.2007 – 5 HK O 12 570/07, ZIP 2007, 1809 = AG 2007, 756 und LG München I v. 4.10.2007 – 5 HK O 12 615/07, ZIP 2007, 2420 = AG 2008, 92; LG Stuttgart v. 27.10.2009 – 32 O 5/09 KfH, ZIP 2010, 329; Bungert in Krieger/Uwe H. Schneider, Hdb. Managerhaftung, § 13 Rn. 71 ff. 2 Am bekanntesten wohl der Fall der HypoVereinsbank; vgl. dazu OLG München v. 22.6.1995 – 6 U 104/94, ZIP 2008, 73 = AG 2008, 172; LG München I v. 6.9.2007 – 5 HK O 12 570/07, ZIP 2007, 1809 = AG 2007, 756 und LG München I v. 4.10.2007 – 5 HK O 12 615/07, ZIP 2007, 2420 = AG 2008, 92.
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der Vorstand in aller Regel verpflichtet sein, selbst für die Gesellschaft Klage zu erheben oder das von den Aktionären anhängig gemachte Verfahren zu übernehmen1. c) Anspruchsverfolgung durch einzelne Aktionäre und Gläubiger 1028
Wenn der Vorstand nicht handelt und §§ 147, 148 AktG versagen, bleibt die Frage, ob unter besonderen Voraussetzungen auch einzelne Aktionäre die Anspruchsverfolgung in die Hand nehmen können. Die herrschende Meinung in der juristischen Literatur lehnt dies mit Recht ab2. Das Gesetz hat das Problem in §§ 147, 148 AktG geregelt; daneben gibt es konzernrechtliche Sondervorschriften, die ausnahmsweise einzelne Aktionäre zur Anspruchsverfolgung ermächtigen (§§ 309 Abs. 4, 318 Abs. 2 und 4 AktG). Das steht der richterlichen Schaffung weitergehender Minderheitsbefugnisse entgegen.
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Gläubiger haben normalerweise nicht das Recht, Schadensersatzansprüche der Gesellschaft geltend zu machen. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn die Gläubiger von der Gesellschaft keine Befriedigung erlangen können und zusätzlich entweder eine der in § 93 Abs. 3 AktG aufgeführten besonderen Pflichtverletzungen vorliegt oder die Aufsichtsratsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Aufsichtsratsmitglieds gröblich verletzt haben (§§ 116 Satz 1, 93 Abs. 5 AktG). Der Anspruch des Gläubigers ist im eigenen Namen geltend zu machen und richtet sich auf Zahlung an den Gläubiger, nicht an die Gesellschaft3. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, wird das Verfolgungsrecht der Gläubiger durch den Insolvenzverwalter, im Falle der Eigenverwaltung durch den Sachwalter, ausgeübt (§§ 116 Satz 1, 93 Abs. 5 Satz 4 AktG).
II. Haftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber Dritten (Außenhaftung) 1030
Von der Frage der Haftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der Gesellschaft zu unterscheiden ist eine mögliche Schadensersatzhaftung gegenüber Aktionären, Kapitalanlegern, Gesellschaftsgläubigern und sonstigen Dritten.
1 Mock in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 148 Rn. 116 ff.; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2086; Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 351; a.A. J. Koch in FS Hüffer, 2010, S. 447, 450 ff. 2 Hüffer, Komm. AktG, § 148 Rn. 2; Liebscher in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 148 AktG Rn. 2; Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 344; Habersack, DStR 1998, 533; Zöllner, ZGR 1988, 392, 408; a.A. Wellkamp, DZWiR 1994, 221, 223 f. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 93 Rn. 34; Spindler, MünchKomm. AktG, § 93 Rn. 239.
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Außenhaftung
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1. Haftung gegenüber Aktionären Gegenüber Aktionären kommt eine Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern vor allem als deliktische Haftung wegen eines Eingriffs in die Mitgliedschaft in Betracht, die als absolutes Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB geschützt ist1. Dazu reicht allerdings nicht schon eine nur mittelbare Beeinträchtigung des Mitgliedschaftsrechts durch Schädigung der Gesellschaft aus, sondern erforderlich ist eine unmittelbare Verletzung des Mitgliedschaftsrechts2. Als derartige unmittelbare Verletzung des Mitgliedschaftsrechts kommt namentlich die Durchführung von Umstrukturierungsmaßnahmen unter Missachtung von Mitentscheidungsbefugnissen der Hauptversammlung in Frage3. Eine Pflichtverletzung durch den Aufsichtsrat kann sich in diesen Fällen daraus ergeben, dass er der Maßnahme des Vorstands zugestimmt oder sie trotz Erkennbarkeit der bevorstehenden Rechtsverletzung nicht verhindert hat4.
1031
Darüber hinaus wird erörtert, ob eine Haftung von Aufsichtsratsmitglie- 1032 der gegenüber Aktionären im Zusammenhang mit Übernahmeangeboten denkbar ist, insbesondere im Falle einer nicht ordnungsgemäßen Stellungnahme des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft zum Angebot (§ 27 WpÜG) oder im Falle pflichtwidriger Zustimmung zu Abwehrmaßnahmen nach § 33 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 4 WpÜG. Im Ergebnis scheidet eine Haftung insoweit wohl aus. Nach herrschender Meinung sind weder § 27 WpÜG5 noch § 33 WpÜG6 Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Ebenso wenig scheint es überzeugend, bei einer fehlerhaften Stel1 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122, 133 = AG 1982, 158 (Holzmüller); Hopt, Großkomm. AktG, § 93 Rn. 470; Habersack, MünchKomm. AktG, § 116 Rn. 78; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 93 Rn. 80; Doralt/Doralt in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 14 Rn. 292; kritisch Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 116 Rn. 188. 2 Vgl. etwa BGH v. 12.3.1990 – II ZR 179/89, BGHZ 110, 323, 327 und 334 f. (für Vereinsvorstand); Habersack, MünchKomm. AktG, § 116 Rn. 78; Habersack, Mitgliedschaft, S. 258 ff.; enger Hopt, Großkomm. AktG, § 93 Rn. 471 ff., der § 823 Abs. 1 BGB nur bei Maßnahmen anwenden will, die sich gegen den rechtlichen Bestand der Mitgliedschaft richten. 3 Habersack, MünchKomm. AktG, § 116 Rn. 78. Zur Missachtung von Entscheidungszuständigkeiten der Hauptversammlung als Verletzung des Mitgliedschaftsrechts vgl. BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122, 133 und 135 = AG 1982, 158 (Holzmüller). 4 Habersack, MünchKomm. AktG, § 116 Rn. 78; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 116 Rn. 50; Thümmel, DB 1999, 885, 887. 5 Harbarth in Baums/Thoma, Komm. WpÜG, § 27 Rn. 142 ff.; Krause/Pötzsch in Assmann/Pötzsch/Uwe H. Schneider, Komm. WpÜG, § 27 Rn. 150 f.; Noack/ Holzborn in Schwarz/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Komm., § 27 WpÜG Rn. 34; a.A. Röh, Frankfurter Komm. WpÜG, § 27 Rn. 92. 6 Krause/Pötzsch in Assmann/Pötzsch/Uwe H. Schneider, Komm. WpÜG, § 33 Rn. 312, 316; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Komm., § 33 WpÜG Rn. 44; Grunewald in Baums/Thoma, Komm. WpÜG, § 33 Rn. 103; a.A. Hirte, Kölner Komm. WpÜG, § 33 Rn. 159 f.; Röh, Frankfurter Komm. WpÜG, § 33 Rn. 142.
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Haftung der Aufsichtsratsmitglieder
lungnahme zum Angebot eine Haftung nach den Grundsätzen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung anzuerkennen1. Unzulässige Abwehrmaßnahmen stellen, so lange keine Hauptversammlungskompetenzen verletzt werden, schließlich auch keinen Eingriff in das Mitgliedschaftsrecht des Aktionärs (vgl. oben Rn. 1031) dar2. 1033
Neben Deliktsansprüchen können sich im Einzelfall Ansprüche von Aktionären aufgrund von Spezialvorschriften ergeben. Eine unmittelbare Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber Aktionären kommt danach gemäß § 117 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 AktG in den Fällen der vorsätzlich schädigenden Einflussnahme auf die Gesellschaft in Betracht, und daneben im Falle der konzernrechtlichen Schadensersatzverpflichtung nach § 317 Abs. 2, Abs. 1 Satz 2 AktG, jeweils vorausgesetzt, dass den Aktionären ein über die Schädigung der Gesellschaft hinausgehender Schaden entstanden ist. 2. Haftung gegenüber Anlegern
1034
Gegenüber Kapitalanlegern wird eine mögliche Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Abgabe der jährlichen Entsprechenserklärung nach § 161 AktG erörtert3. Eine Haftung für eine fehlerhafte oder unterlassene Entsprechenserklärung kommt zum einen im Fall einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung in Betracht (§ 826 BGB)4, zum anderen kann sich eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB ergeben. Zwar sind weder der Kodex noch § 161 AktG Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB5, eine fehlerhafte Entsprechenserklärung kann aber Straf- und Bußgeldvorschriften verletzen, die ihrer-
1 So aber Röh, Frankfurter Komm. WpÜG, § 27 Rn. 86 ff.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Komm., § 27 WpÜG Rn. 35; Hirte, Kölner Komm. WpÜG, § 27 Rn. 27; a.A. Harbarth in Baums/Thoma, Komm. WpÜG, § 27 Rn. 139; Krause/Pötzsch in Assmann/Pötzsch/Uwe H. Schneider, Komm. WpÜG, § 27 Rn. 145. 2 Röh, Frankfurter Komm. WpÜG, § 33 Rn. 141; Noack/Zetzsche in Schwark/ Zimmer, Kapitalmarktrechts-Komm., § 33 WpÜG Rn. 44. 3 Dazu Sester in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 161 Rn. 72 ff.; Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 168 ff.; Goette, MünchKomm. AktG, § 161 Rn. 102; Leyens, Großkomm. AktG, § 161 Rn. 543 ff.; Spindler in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 161 Rn. 69 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 161 Rn. 30. 4 Hüffer, Komm. AktG, § 161 Rn. 30; Spindler in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 161 Rn. 75; Sester in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 161 Rn. 76; Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 185 ff.; Goette, MünchKomm. AktG, § 161 Rn. 102. 5 Hüffer, Komm. AktG, § 161 Rn. 28; Spindler in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 161 Rn. 73; Sester in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 161 Rn. 73 f.; Goette, MünchKomm. AktG, § 161 Rn. 101; Lutter; Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 179 ff.; Leyens, Großkomm. AktG, § 161 Rn. 571 ff.; Bertrams, Die Haftung des Aufsichtsrats im Zusammenhang mit dem Deutschen Corporate Governance Kodex und § 161 AktG, 2004, S. 255 f.; Seibt, AG 2002, 249, 256.
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Außenhaftung
§ 13
seits als Schutzgesetze anerkannt sind1; von praktischer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang vor allem die Frage, ob eine unrichtige Entsprechenserklärung, weil sie Teil des Lageberichts ist (§ 289a HGB), den Tatbestand des § 331 Abs. 1 Nr. 1 HGB erfüllt, der seinerseits als Schutzgesetz anerkannt ist2. Hingegen wird man im Ergebnis aus dem Gesichtspunkt einer prospekt- und kapitalmarktrechtlichen Vertrauenshaftung keine Schadensersatzansprüche von Anlegern begründen können, die im Vertrauen auf die Richtigkeit der Entsprechenserklärung ihre Anlageentscheidung getroffen haben3. 3. Haftung gegenüber Gesellschaftsgläubigern und sonstigen Dritten Eine Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber Gläubigern der Gesellschaft und sonstigen Dritten wird nur in seltenen Fällen praktisch werden. Denkbar ist eine deliktische Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB wegen der Verletzung von Schutzgesetzen. Als praktisches Beispiel mag insbesondere eine Verletzung der Insolvenzantragspflicht nach § 15a Abs. 1 InsO in Betracht kommen, die ein Schutzgesetz zu Gunsten der Gläubiger darstellt4 und die Schadensersatzansprüche auch gegen Aufsichtsratsmitglieder nach sich ziehen kann. Da die Insolvenzantragspflicht dem Vorstand obliegt, kann eine Aufsichtsratshaftung jedoch nur unter dem Gesichtspunkt der Anstiftung oder Beihilfe (§ 830 Abs. 2 BGB) entstehen, was wiederum Vorsatz voraussetzt5. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die den Mitgliedern des Geschäftsführungsorgans gegenüber Dritten eine Garantenstellung für eine ordnungsgemäße Organisation der Gesellschaft auferlegt6, lässt sich auf den Aufsichtsrat als reines Innenorgan nicht übertragen; auch insoweit kommt eine Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern daher allenfalls unter dem Gesichtspunkt der (vorsätzli1 Dazu näher Schaal, MünchKomm. AktG, § 161 Rn. 103 ff.; Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 182 ff. 2 Für die Anwendbarkeit von § 331 Abs. 1 Nr. 1 HGB etwa Sester in Spindler/Stilz, Komm. AktG. § 161 Rn. 75, 85; Schaal, MünchKomm. AktG, § 161 Rn. 112; Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 182; dagegen Leyens, Großkomm. AktG, § 161 Rn. 575. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 161 Rn. 30; Sester in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 161 Rn. 77 f.; Spindler in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 161 Rn. 77; Leyens in Großkomm. AktG, § 161 Rn. 558 ff., 561 ff.; Goette, MünchKomm. AktG, § 161 Rn. 102; Bertrams, Die Haftung des Aufsichtsrats im Zusammenhang mit dem Deutschen Corporate Governance Kodex und § 161 AktG, 2004, S. 233 ff.; Kort in FS Raiser, 2005, S. 203, 216 ff.; a.A. Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 172 ff.; Lutter in FS Druey, 2002, S. 463, 469 ff.; Ulmer, ZHR 166 (2002), 150, 168 f. 4 BGH v. 9.7.1979 – II ZR 118/77, BGHZ 75, 96, 106 (Herstatt); BGH v. 6.6.1994 – II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 190 = GmbHR 1994, 539, je zur Vorläufernorm des § 92 Abs. 1 AktG a.F.; Hüffer, Komm. AktG, § 92 Rn. 16 m.w.N. 5 BGH v. 9.7.1979 – II ZR 118/77, BGHZ 75, 96, 107 (Herstatt). 6 BGH v. 5.12.1989 – VI ZR 335/88, BGHZ 109, 297, 302 ff. (Baustoff); dazu etwa Hüffer, Komm. AktG, § 93 Rn. 20a; Hopt, Großkomm. AktG, § 93 Rn. 502 ff. m.w.N.; Groß, ZGR 1998, 551, 563 ff.
425
1035
§ 13
Haftung der Aufsichtsratsmitglieder
chen) Anstiftung oder Beihilfe zu einer entsprechenden Pflichtverletzung des Vorstands in Betracht. Gleiches gilt für die Haftung gegenüber Gläubigern oder Dritten wegen der Verletzung sonstiger Schutzgesetze, insbesondere aus dem Bereich der Produkt- und Umwelthaftung, des Wettbewerbsrechts und der steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Pflichten des Vorstands1, sowie für die Haftung aus §§ 826, 830 Abs. 1, 2 BGB2.
III. D&O-Versicherung 1036
Zur Versicherung des Haftungsrisikos werden von den Gesellschaften üblicherweise Vermögensschadenhaftpflichtversicherungen für das Management abgeschlossen, für die sich – abgeleitet von der amerikanischen Directors’ and Officers’ Liability Insurance – die Kurzbezeichnung D&O-Versicherung durchgesetzt hat. Versichert sind Haftpflichtansprüche der Gesellschaft und Dritter, d.h. also sowohl die Innen- als auch die Außenhaftung. Versicherungsnehmer und Prämienschuldner ist die Gesellschaft. Zu den versicherten Personen gehören neben den Mitgliedern des Vorstands in aller Regel auch die Mitglieder des Aufsichtsrats und vielfach ein größerer Kreis leitender Angestellter3.
1037
Die Zulässigkeit solcher Versicherungen steht außer Zweifel. Allerdings wird befürchtet, dass die mit der Haftungsdrohung verbundene Präventivwirkung, die Mitglieder des Aufsichtsorgans zur ordnungsgemäßen Amtsführung anzuhalten, durch den Abschluss einer D&O-Versicherung beeinträchtigt werde. Aus diesem Grund ordnet § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG für D&O-Versicherungen zugunsten von Vorstandsmitgliedern einen zwingenden Selbstbehalt von mindestens 10 % des Schadens bis mindestens zur Höhe des eineinhalbfachen der jährlichen Festvergütung an. Für Aufsichtsratsmitglieder schreibt das Gesetz einen Selbstbehalt nicht zwingend vor, jedoch empfiehlt Ziff. 3.8 Abs. 3 des Kodex einen entsprechenden Selbstbehalt auch für die Mitglieder des Aufsichtsrats.
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Schwierig zu beantworten und entsprechend umstritten ist die Frage, ob der Abschluss einer D&O-Versicherung als (Sach-)Vergütung anzusehen ist und deshalb gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 AktG entweder in der Satzung festgesetzt oder von der Hauptversammlung bewilligt werden muss. Eine früher überwiegende und noch heute verbreitete Meinung geht vom Vergütungscharakter einer D&O-Versicherung aus mit der Folge, dass der 1 Vgl. zur Vorstandshaftung insoweit eingehend Hopt, Großkomm. AktG, § 93 Rn. 499 ff., 506 f., 508 ff., 511 ff. 2 Vgl. dazu etwa BGH v. 11.9.2012 – XI ZR 92/11, AG 2012, 914 Tz. 34 ff.; OLG Düsseldorf v. 23.6.2008 – I-9 U 22/08, AG 2008, 668 f.; OLG Karlsruhe v. 4.9.2008 – 4 U 26/06, AG 2008, 900, 902 ff. 3 Vgl. zum Inhalt von D&O-Versicherungen näher Sieg in Krieger/Uwe H. Schneider, Hdb. Managerhaftung, § 15 Rn. 2 ff.; Hemeling in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 491, 493 ff.; Bilir, Board 2012, 232; Ulmer in FS Canaris, 2007, S. 451.
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D&O-Versicherung
§ 13
Abschluss einer solchen Versicherung zu Gunsten von Aufsichtsratsmitgliedern eine entsprechende Satzungsregelung oder einen Hauptversammlungsbeschluss erfordere. Mittlerweile hat sich jedoch die Auffassung durchgesetzt, dass die D&O-Versicherung im Allgemeinen keinen Vergütungscharakter hat, sondern in erster Linie den Vermögensinteressen der Gesellschaft dient1. Auch die Finanzverwaltung folgt der Auffassung, dass bei Abschluss einer D&O-Versicherung das Unternehmensinteresse im Vordergrund stehen könne und dann die Beiträge zu dieser Versicherung keine lohn- und einkommensteuerpflichtigen Einkünfte der versicherten Person darstellen2. Einstweilen frei.
1039–1050
1 So namentlich Habersack, MünchKomm. AktG, § 113 Rn. 13; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 113 Rn. 53; Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 93 Rn. 234; Spindler in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 113 Rn. 160; Hölters in Hölters, Komm. AktG, § 93 Rn. 401; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 93 Rn. 246; Ringleb in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Komm. DCGK, Rn. 515 ff.; Johannsen-Roth in Wilsing, Komm. DCGK, Ziff. 3.8 Rn. 46; a.A. weiterhin z.B. Hüffer, Komm. AktG, § 113 Rn. 2a; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 113 Rn. 12. 2 BMF-Schreiben v. 24.1.2002, AG 2002, 287; Erlass des Finanzministeriums Niedersachsen v. 25.1.2002, DStR 2002, 678; Loritz/Wagner, DStR 2012, 2205, 2209 f.; Küppers/Dettmeier/Koch, DStR 2002, 199.
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§ 14 Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats I. Überblick Nach § 101 Abs. 3 Satz 2–4 AktG kann für jedes Aufsichtsratsmitglied (Ausnahme: der Neutrale nach § 4 Abs. 1 Satz 2 lit. c MontanMitbestG und § 5 Abs. 1 Satz 2 lit. c MontanMitbestErgG) ein Ersatzmitglied bestellt werden. Davon wird in großen und größeren Aktiengesellschaften häufig Gebrauch gemacht, und zwar sowohl von den Arbeitnehmern als auch von den Anteilseignern, da – wie oben schon geschildert1 – Zeitaufwand und Kosten für die Nachwahl eines weggefallenen Aufsichtsratsmitglieds sehr hoch sind. Die Wahl von Ersatzmitgliedern ist vom Gesetz nicht zwingend vorgesehen, sie liegt vielmehr im Ermessen des jeweils zuständigen Wahlorgans. Ihre Anordnung in der Gesellschaftssatzung ist ebenso unzulässig wie eine Regelung, welche die Bestellung von Ersatzmitgliedern ausschließt2.
1051
II. Bestellung des Ersatzmitglieds und Nachrücken in den Aufsichtsrat Ersatzmitglieder können jeweils nur für eine bestimmte „Kategorie“ von Aufsichtsratsmitgliedern gewählt werden3 (also für Anteilseigner-Vertreter oder Arbeitnehmer-Vertreter und diese dann wiederum unterschieden in Arbeiter und Angestellte) und nur von demjenigen Organ (Belegschaft, Betriebsrat, Haupt- oder Gesellschafterversammlung etc.), das für die Wahl der „Hauptmitglieder“ zuständig ist, also derjenigen, die es ggf. zu ersetzen gilt (§ 101 Abs. 3 Satz 2 AktG, § 7 DrittelbG, § 17 MitbestG). Die Wahl muss gleichzeitig mit der Wahl des ggf. zu ersetzenden Aufsichtsratsmitglieds erfolgen, also in der gleichen Haupt- oder Gesellschafterversammlung, der gleichen Wahlmänner-Versammlung oder der gleichen Direktwahl im Unternehmen4. Ein einheitlicher Abstimmungsvorgang ist normalerweise nicht erforderlich5, lediglich § 7 Abs. 2 Drit-
1 Siehe oben Rn. 18. 2 Begr. RegE zu § 101 AktG bei Kropff, Aktiengesetz, S. 140; Hüffer, Komm. AktG, § 101 Rn. 11; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 101 Rn. 85; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 101 Rn. 29. 3 Vgl. § 17 MitbestG sowie Habersack, MünchKomm. AktG, § 101 Rn. 76; Hüffer, Komm. AktG, § 101 Rn. 16. 4 Hüffer, Komm. AktG, § 101 Rn. 12; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 101 Rn. 30; Habersack, MünchKomm. AktG, § 101 Rn. 78. 5 Habersack, MünchKomm. AktG, § 101 Rn. 78; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 101 Rn. 186; OLG Frankfurt a.M. v. 5.12.1989 – 22 U 148/88 (nicht veröffentlicht).
429
1052
§ 14
Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats
telbG verknüpft die Wahl des Aufsichtsratsmitglieds und des Ersatzmitglieds zu einer Einheit. 1053
Ersatzmitglieder können „Person zu Person“ (so meist bei den Arbeitnehmervertretern nach MitbestG), aber auch in einer geringeren Zahl gewählt werden (so die Regel bei den Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseigner), also z.B. ein Ersatzmitglied für mehrere Aufsichtsratsmitglieder oder mehrere Ersatzmitglieder in bestimmter Reihenfolge für alle Aufsichtsratsmitglieder der betreffenden Kategorie (sog. Listen)1 derart, dass bei der ersten Vakanz A, bei der nächsten B etc. in den Aufsichtsrat einrücken. Eine solche Liste mit mehreren Ersatzmitgliedern kann auch für ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied aufgestellt werden2.
1054
Fällt das betreffende Aufsichtsratmitglied weg (zu den Gründen siehe oben Rn. 31 ff.), so soll nach der herrschenden Meinung das Ersatzmitglied automatisch an seine Stelle treten; eine besondere Annahme des Amtes sei nicht mehr erforderlich, weil der Betreffende mit Annahme seiner Wahl zum Ersatzmitglied mindestens konkludent auch schon das Aufsichtsratsamt akzeptiert habe3. Eine solche Vorweg-Annahme des Aufsichtsratsamtes ist gewiss möglich; sie führt zum abgeschlossenen Bestellungsakt im Augenblick des Eintritts des Ersatzfalles. Erfüllt das Ersatzmitglied in diesem Augenblick dann die persönlichen Voraussetzungen nicht, so ist die Bestellung unheilbar nichtig. Vor diesem Hintergrund ist die These von der mindestens konkludent erklärten antizipierten Annahme des Aufsichtsratsamtes verfehlt. Sie ist eine reine Fiktion, vom Gesetz weder vorgeschrieben noch vorgezeichnet und zudem ausgesprochen unzweckmäßig, da sie die denkbaren Veränderungen in der Gesellschaft und in der Person des Ersatzmitglieds gänzlich außer Betracht lässt4. Insbesondere hätte das Ersatzmitglied vor dem Hintergrund dieser These keine Möglichkeit, nach Eintritt des Ersatzfalles etwa noch notwendige Voraussetzungen in seiner Person – Voraussetzungen, die erst 1 BGH v. 15.12.1986 – II ZR 18/86, BGHZ 99, 211, 214 = AG 1987, 152; BGH v. 29.6.1987 – II ZR 242/86, WM 1987, 1070, 1071 = AG 1987, 348; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 101 Rn. 86; Habersack, MünchKomm. AktG, § 101 Rn. 81 ff.; Hüffer, Komm. AktG, § 101 Rn. 14 f.; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 30 Rn. 52; a.A. noch Roussos, AG 1987, 239, 240 f.; Damm, AG 1987, 44, 47. 2 BGH v. 15.12.1986 – II ZR 18/86, BGHZ 99, 211 = AG 1987, 152, Leitsatz c und die Nachweise in der vorherigen Fn. Für die Arbeitnehmervertreter kann allerdings gemäß § 17 Abs. 1 MitbestG, § 7 DrittelbG, § 4 MgVG nur je ein einziges Ersatzmitglied bestellt werden, wie sich aus den Wahlordnungen zum MitbestG und DrittelbG ergibt, vgl. dazu Wißmann in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 17 MitbestG Rn. 6; Henssler in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 17 MitbestG Rn. 9, § 7 DrittelbG Rn. 3. 3 BayObLG v. 29.3.2000 – 3 ZBR 11/2000, AG 2001, 50, 51; Spindler in Spindler/ Stilz, Komm. AktG, § 101 Rn. 90; Habersack, MünchKomm. AktG, § 101 Rn. 80; Hüffer, Komm. AktG, § 101 Rn. 13; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 101 Rn. 100; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 30 Rn. 54. 4 Dazu Rellermeyer, ZGR 1987, 563, 576.
430
Ausscheiden des Ersatzmitglieds und Vermeidung des Nachrückfalles
§ 14
bei Amtsübernahme vorhanden sein müssen1 – zu schaffen. Das Ersatzmitglied könnte z.B. nicht rechtzeitig vom Vorstandsamt der Gesellschaft (§ 105 Abs. 1 AktG) oder von einem Aufsichtsratsposten zurücktreten, um die Voraussetzung der „nicht mehr als zehn Sitze“ zu erfüllen (§ 100 Abs. 2 Nr. 1 AktG): Seine Bestellung wäre unheilbar unwirksam. Der Einwand, der Bestellte könne seine Annahmeerklärung mit einem entsprechenden Vorbehalt versehen, wenn seine persönlichen Verhältnisse das nahe legten2, verkennt demgegenüber, dass daran im Zweifel nicht gedacht wird, aber die Interessenlage beider Parteien gegen eine antizipierte Annahme spricht. Richtigerweise muss man daher annehmen, dass das Ersatzmitglied dann, wenn es bei der Annahme des Ersatzamtes nicht ausdrücklich die etwaige Bestellung zum Aufsichtsratsmitglied annimmt, die Annahme des Aufsichtsratsamtes erst bei Eintritt des Ersatzfalles erklären will und muss – das dann allerdings unverzüglich nach Mitteilung des Ersatzfalles3. Die hierdurch bewirkte kurzfristige Vakanz des betreffenden Aufsichtsratssitzes schadet demgegenüber nicht, da die Vakanz ohne das Ersatzmitglied erst recht und für eine gewiss längere Zeit gegeben wäre.
III. Ausscheiden des Ersatzmitglieds und Vermeidung des Nachrückfalles Der Notwendigkeit von Ersatzmitgliedern zur Aufrechterhaltung der Parität im – mitbestimmten – Aufsichtsrat steht das Interesse insbesondere der Anteilseigner4 gegenüber, möglichst entsprechend qualifizierte Aufsichtsratsmitglieder zu haben. Bei einer Ersatzliste kann ja der erste Kandidat sowohl für den Bankenvertreter als auch für den Vertreter des Großaktionärs oder aber der Kleinaktionäre nachrücken. Deshalb wird in der Praxis versucht, die Mitgliedschaft des Ersatzmitglieds im Aufsichtsrat möglichst kurz zu halten oder ganz zu vermeiden5.
1 BGH v. 15.12.1986 – II ZR 18/86, BGHZ 99, 211, 219 f. = AG 1987, 152; Habersack, MünchKomm. AktG, § 100 Rn. 42; Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 100 Rn. 37; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 100 Rn. 48 f. 2 So Hüffer, Komm. AktG, § 101 Rn. 13. 3 Wie hier Semler, MünchKomm. AktG, 2. Aufl., § 101 Rn. 178; Lehmann, DB 1983, 485, 487; Rellermeyer, ZGR 1987, 563, 576; a.A. die oben S. 430 in Fn. 3 Genannten. 4 Für die Arbeitnehmervertreter wird nach § 17 Abs. 1 MitbestG bereits nach Arbeitern, Angestellten, leitenden Angestellten und Gewerkschaftsvertretern unterschieden. 5 Dazu Rellermeyer, ZGR 1987, 563, 573 ff.; unzutreffend demgegenüber Roussos, AG 1987, 239, 242 ff., dessen Unterscheidung zwischen Ersatzmitgliedern mit Nachfolgefunktion und solchen mit Überbrückungsfunktion dem Gesetz nicht zu entnehmen ist.
431
1055
§ 14
Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats
1. Entziehende Nachwahl 1056
So kann die Amtszeit des Ersatzmitglieds in der Satzung derart festgelegt werden, dass sie mit der Neuwahl einer anderen Person durch das zuständige Wahlorgan für das weggefallene Aufsichtsratsmitglied endet, spätestens aber mit Ablauf der Amtsperiode des „Weggefallenen“ (§ 102 Abs. 2 AktG)1. Eine solche Nachwahl eines Aufsichtsratsmitglieds setzt aber wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes2 eine 3/4-Mehrheit voraus, da ja das nachgerückte, „ehemalige“ Ersatzmitglied gleichzeitig de facto von seinem Amt abberufen wird (§ 103 Abs. 1 Satz 2 AktG)3. Möglich ist die Nachwahl mit einfacher Mehrheit, wenn auch für die Abberufung in der Satzung generell die einfache Mehrheit vorgesehen ist4.
1057
Verliert ein Ersatzmitglied durch eine Nachwahl die zunächst erlangte Position im Aufsichtsrat, so kann festgelegt sein, dass es wieder in die Liste der Ersatzmitglieder einrückt, sei es an vorderer, sei es an letzter Position5. Ersatzmitglieder, die für alle oder mehrere Aufsichtsratsmitglieder bestellt sind, rücken auch ohne besondere Festlegung wieder in die Position des Ersatzmitglieds ein, wenn die zunächst erlangte Position im Aufsichtsrat durch Nachwahl wieder beendet wird6. 2. Überholende Nachwahl
1058
Lässt sich absehen, wann ein Aufsichtsratsmitglied sein Amt niederlegt oder aus sonstigen Gründen verliert, kann durch rechtzeitiges Abhalten 1 BGH v. 15.12.1986 – II ZR 18/86, BGHZ 99, 211, 214 f. = AG 1987, 152; OLG Frankfurt a.M. v. 17.7.2007 – 5 U 229/05, ZIP 2007, 1463, 1464 f. = AG 2007, 672; Hüffer, Komm. AktG, § 101 Rn. 13a; Habersack, MünchKomm. AktG, § 101 Rn. 89. 2 Dazu schon oben Rn. 821. 3 Entgegen BGH v. 25.1.1988 – II ZR 148/87, WM 1988, 377, 378 = AG 1988, 139, wird man eine solche Kopplung zweier Rechtsfolgen auch für zulässig halten dürfen, wenn für die Bestellung eines Aufsichtsratsmitglieds an sich nur die einfache Mehrheit erforderlich ist. Die darin liegende „Übererfüllung“ bei der Bestellung des neuen Aufsichtsratsmitglieds widerspricht nicht dem Gleichbehandlungsgrundsatz, da dieser erst für die im Amt befindlichen Aufsichtsratsmitglieder relevant wird. Wie hier Hüffer, Komm. AktG, § 101 Rn. 13a; Habersack, MünchKomm. AktG, § 101 Rn. 90; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 101 Rn. 105; Neu, WM 1988, 481, 484. 4 BGH v. 15.12.1986 – II ZR 18/86, BGHZ 99, 211, 215 = AG 1987, 152; BGH v. 29.6.1987 – II ZR 242/86, WM 1987, 1070 = AG 1987, 348; BGH v. 25.1.1988 – II ZR 148/87, WM 1988, 377, 378 = AG 1988, 139; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 101 Rn. 105; Habersack, MünchKomm. AktG, § 101 Rn. 90; kritisch Rellermeyer, ZGR 1987, 563, 578. 5 BGH v. 15.12.1986 – II ZR 18/86, BGHZ 99, 211 = AG 1987, 152, Leitsatz b; Heinsius, ZGR 1982, 232, 238 ff. 6 Habersack, MünchKomm. AktG, § 101 Rn. 92; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 101 Rn. 94; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 30 Rn. 56; Bommert, AG 1986, 315, 320; Rellermeyer, ZGR 1987, 563, 572; offen gelassen von BGH v. 15.12.1986 – II ZR 18/86, BGHZ 99, 211, 220 = AG 1987, 152.
432
Rechte und Pflichten des Ersatzmitglieds
§ 14
einer Hauptversammlung und Neuwahl eines Aufsichtsratsmitglieds der Eintritt eines Ersatzfalles vermieden werden. Ein Ersatzmitglied rückt nur dann in den Aufsichtsrat nach, wenn dort ein Mitglied nicht nur vor Ablauf der Amtszeit ausscheidet, sondern auch eine Lücke hinterlässt1. Wird zeitlich vor dessen Ausscheiden ein Nachfolger gewählt, besteht kein „Ersetzungsbedürfnis“2. Der Gegenmeinung3, die in einer solchen Nachwahl gleichzeitig eine Abberufung des Ersatzmitglieds aus seinem Amt als Ersatzmitglied sieht – für die nach § 103 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 AktG ebenfalls eine 3/4-Mehrheit erforderlich ist –, ist nicht zuzustimmen. Die Ersatzmitgliedschaft soll der Gesellschaft nur die Chance geben, die Nachwahl zum Aufsichtsrat – und damit vor allem die Kosten einer außerordentlichen Hauptversammlung – zu vermeiden4. Das Vorhandensein von Ersatzmitgliedern beinhaltet aber keine Sperrwirkung gegenüber der Hauptversammlung, durch zeitlich vorausgehende Wahl einen Nachfolger für ein ausscheidendes Aufsichtsratsmitglied zu bestimmen5. Wichtig ist hier nur, jede Vakanz auch nur für eine „logische Sekunde“ zu vermeiden, da sonst nach h.M. der Ersatzberechtigte einrückt (vgl. oben Rn. 1052) und dann die Grundsätze für die entziehende Nachwahl (oben Rn. 1056) eingreifen.
IV. Rechte und Pflichten des Ersatzmitglieds Ersatzmitglieder sind bis zu ihrem Einrücken in den Aufsichtsrat nicht Aufsichtsratsmitglieder; sie sind, wie jeder andere auch, außenstehende Dritte und haben daher als solche weder Rechte noch Pflichten aus ihrer Stellung als Ersatzmitglied. Diese wachsen ihnen erst zu, und dann ohne jede Einschränkung, mit dem Augenblick ihres Einrückens in den Aufsichtsrat6. Dieser Augenblick ist hier identisch mit dem Augenblick der Annahme des Aufsichtsratsamtes. Ausnahmsweise sind die Ersatzmitglieder bereits vor diesem Zeitpunkt zur Verschwiegenheit analog § 116 AktG verpflichtet, wenn der Vorstand ihnen im Hinblick auf ihren absehbaren Eintritt in den Aufsichtsrat vertrauliche Informationen zukommen lässt7. Einstweilen frei.
1059
1060–1090
1 BGH v. 29.6.1987 – II ZR 242/86, WM 1987, 1070, 1071 = AG 1987, 348; ebenso schon vorher LG Mannheim v. 18.11.1985 – 24 O 114/85, WM 1986, 104, 105. 2 So prägnant, wenn auch in der Sache ablehnend, Rellermeyer, ZGR 1987, 563, 574. 3 Bommert, AG 1986, 315, 317; Rellermeyer, ZGR 1987, 563, 574. 4 Vgl. Begr. RegE zu § 101 AktG bei Kropff, Aktiengesetz, S. 139. 5 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 101 Rn. 102; Habersack, MünchKomm. AktG, § 101 Rn. 84; Hüffer, Komm. AktG, § 101 Rn. 13a; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 101 Rn. 192; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 30 Rn. 54. 6 Allg. Meinung, vgl. nur Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 101 Rn. 92; Habersack, MünchKomm. AktG, § 101 Rn. 86; Rellermeyer, ZGR 1987, 563, 571. 7 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 101 Rn. 92; Habersack, MünchKomm. AktG, § 101 Rn. 86.
433
§ 15 Der Pflichtaufsichtsrat einer GmbH I. Überblick Gesellschaften mbH haben nach dem GmbHG nur zwei Organe, die Gesellschafterversammlung und den bzw. die Geschäftsführer; sie müssen also normalerweise keinen Aufsichtsrat haben, können ihn aber einführen (§ 52 GmbHG; dazu unten § 16, Rn. 1181 ff.). Von dieser „Kann“-Lösung abgesehen schreiben das neue Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)1 sowie vor allem die verschiedenen Mitbestimmungsgesetze, namentlich das DrittelbG2, das MitbestG sowie das MontanMitbestG und das MontanMitbestErgG (MitbestErgG) der GmbH unter bestimmten Voraussetzungen die Bildung eines Aufsichtsrats als drittes Organ der Gesellschaft vor. In der GmbH gilt also eine dreifache Stufung:
1091
(1) Nach dem GmbH-Gesetz besteht kein Aufsichtsrat; (2) die Gesellschafter können in der Satzung der GmbH einen Aufsichtsrat einführen (§ 52 GmbHG) und (3) sie müssen dies, wenn die Voraussetzungen bestimmter Spezialgesetze vorliegen. Die Rechte und Pflichten eines Pflichtaufsichtsrats gemäß (3) sind weitgehend denen des aktienrechtlichen Aufsichtsrats angepasst3. Die Montan-Mitbestimmungsgesetze verweisen global auf die Bestimmungen des Aktienrechts (§ 3 Abs. 2 MontanMitbestG; § 3 Abs. 1 Satz 2 MitbestErgG i.V.m. § 3 Abs. 2 MontanMitbestG). Im KAGB sowie im DrittelbG und im MitbestG wird ein umfangreicher Katalog aktienrechtlicher Bestimmungen für anwendbar erklärt (vgl. § 18 Abs. 2 Satz 3 KAGB, § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 DrittelbG, § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG) und durch das DrittelbG bzw. die §§ 27–29, 31 und 32 MitbestG ergänzt. Im Übrigen gilt das GmbHG.
1092
Der Montan-Mitbestimmung unterliegen derzeit nur einige wenige Gesellschaften mbH, während die Zahl der GmbHs nach dem MitbestG zum Ende des Jahres 2012 343 betrug4. Die Zahl der Gesellschaften mbH,
1093
1 Eingeführt durch Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Umsetzungsgesetz) vom 4.7.2013, BGBl. I 2013, 1981; damit ist das Investmentgesetz (InvG) außer Kraft getreten (Art. 2a). 2 Eingeführt durch Zweites Gesetz zur Vereinfachung der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat (Art. 1 Drittelbeteiligungsgesetz – DrittelbG) vom 18.5.2004, BGBl. I 2004, 974; damit ist das BetrVG 52 außer Kraft getreten (Art. 6). 3 Es gelten insbesondere auch die §§ 113, 114 AktG, vgl. dazu näher oben Rn. 868 ff. 4 Mitbestimmung 6/2013, S. 62.
435
§ 15
Der Pflichtaufsichtsrat einer GmbH
die der Mitbestimmung nach dem DrittelbG unterliegen, lag nach einer Erhebung des Jenaer Instituts für Rechtstatsachenforschung mit Stand zum 15.10.2009 bei 715 GmbHs1. 1094
Die vorstehend beschriebene dreifache Stufung (kein Aufsichtsrat, fakultativer Aufsichtsrat, Pflichtaufsichtsrat) gilt in gleicher Weise auch für die durch das MoMiG2 eingeführte Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt). Da es sich bei ihr lediglich um eine Variante der GmbH handelt, wird auch sie von den mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften zur GmbH erfasst3. Die folgenden Ausführungen zum Pflichtaufsichtsrat der GmbH beziehen sich daher auch auf die UG (haftungsbeschränkt). Da aber die Mitbestimmung erst bei Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern eingreift (Rn. 1096) und die Rechtsform der UG typischerweise von kleinen Unternehmen gewählt wird, dürften mitbestimmte Unternehmergesellschaften – wenn überhaupt – nur sehr selten vorkommen.
II. Voraussetzungen für die Pflicht zur Bildung eines Aufsichtsrats – Größenmerkmale 1095
Alle soeben genannten Spezialgesetze sind nur anwendbar und führen nur dann zu der Pflicht, einen Aufsichtsrat zu bilden, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind. So ist für die Anwendbarkeit der Mitbestimmungsgesetze insbesondere das Überschreiten einer bestimmten Anzahl von Mitarbeitern erforderlich: 1. Nach dem Drittelbeteiligungsgesetz
1096
Eine GmbH mit mehr als 500, aber nicht mehr als 2000 Arbeitnehmern (dann ist das MitbestG einschlägig, vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 DrittelbG i.V.m. § 1 Abs. 1 MitbestG) ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 DrittelbG verpflichtet, einen Aufsichtsrat zu bilden. Dies führt dann zur sog. DrittelMitbestimmung: Die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder muss durch drei teilbar sein; den Arbeitnehmern gebührt jeder dritte Sitz.
1097
Keine Anwendung findet das DrittelbG hingegen auf GmbHs mit in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmern; ferner ist das DrittelbG nicht anwendbar auf GmbHs mit mehr als 1000 Arbeitnehmern und überwiegender Tätigkeit im Montanbereich sowie auf herrschende GmbHs von solchen Unternehmen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 DrittelbG): Für diese Gesellschaften gelten die insoweit spezielleren Vorschriften des MitbestG, MontanMitbestG und MitbestErgG. Ausgenommen vom Anwendungsbereich des DrittelbG sind überdies sog. Tendenzunternehmen (vgl. § 1 1 Bayer/Hoffmann in Bayer, Aktienrecht in Zahlen, S. 28, 29 f. 2 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.2008, BGBl. I 2008, 2026. 3 Näher Forst, GmbHR 2009, 1131 ff.
436
Pflicht zur Bildung eines Aufsichtsrats
§ 15
Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 DrittelbG) und kirchliche Einrichtungen; für sie besteht nach § 1 Abs. 2 Satz 2 DrittelbG keine Verpflichtung zur Bildung eines Aufsichtsrats. 2. Nach dem Mitbestimmungsgesetz Eine GmbH mit in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmern wird vom Anwendungsbereich des MitbestG erfasst (§ 1 Abs. 1 MitbestG) und muss einen Aufsichtsrat bilden, der sich je zur Hälfte aus Mitgliedern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer zusammensetzt, sog. paritätische Mitbestimmung (§§ 6, 7 Abs. 1 MitbestG). Die Größe des Aufsichtsrats darf 20 Mitglieder keinesfalls übersteigen (§ 7 Abs. 1 MitbestG)1. Das MitbestG ist wiederum nicht anzuwenden auf sog. Tendenzbetriebe und kirchliche Einrichtungen (§ 1 Abs. 4 MitbestG) und auf solche GmbHs, die der Montan-Mitbestimmung unterliegen (§ 1 Abs. 2 MitbestG).
1098
3. Nach dem Montan-Mitbestimmungsgesetz und MontanMitbestimmungsergänzungsgesetz Nach dem MontanMitbestG ist die Bildung eines Aufsichtsrats für die GmbH obligatorisch, wenn sie in der Regel mehr als 1000 Arbeitnehmer beschäftigt (§ 1 Abs. 2 MontanMitbestG) und die Tätigkeit der betreffenden GmbH überwiegend im sog. Montanbereich, also im Bereich von Kohle und Stahl liegt (§ 1 Abs. 1 MontanMitbestG). Sind diese Voraussetzungen bei der GmbH gegeben, führt dies ebenfalls zur paritätischen Mitbestimmung (§§ 3 Abs. 1, 4 MontanMitbestG); den Arbeitnehmervertretern stehen im obligatorischen Aufsichtsrat also ebenso viele Sitze zu wie den Vertretern der Gesellschafter. Das Gleiche gilt nach dem MitbestErgG für eine herrschende GmbH, die zwar nicht selbst, wohl aber deren abhängiges Unternehmen diese Voraussetzungen erfüllt (§§ 1, 2, 3 Abs. 1 MitbestErgG).
1099
4. Nach dem Kapitalanlagegesetzbuch Für in der Rechtsform der GmbH organisierte externe Kapitalverwaltungsgesellschaften, d.h. Gesellschaften, die von einem Investmentvermögen zur Verwaltung desselben bestellt sind (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 KAGB), sieht das KAGB stets die Bildung eines Pflichtaufsichtsrats vor (§ 18 Abs. 2 Satz 1 KAGB, früher § 6 Abs. 2 Satz 1 InvG). Auf die Zahl der Arbeitnehmer kommt es in diesem Fall nicht an.
1 Die Satzung kann daher nicht bestimmen, dass der Aufsichtsrat neben 20 stimmberechtigten Aufsichtsratsmitgliedern noch aus weiteren Mitgliedern mit lediglich beratender Funktion besteht; BGH v. 30.1.2012 – II ZB 20/11, GmbHR 2012, 391 m. zust. Anm. Pröpper; Stoffels, LMK 2012, 333919.
437
1100
§ 15
Der Pflichtaufsichtsrat einer GmbH
5. Maßgebende Arbeitnehmerzahl 1101
Die für die Anwendbarkeit der Mitbestimmungsgesetze maßgebende Arbeitnehmerzahl muss nicht zu einem bestimmten Stichtag vorliegen. Entscheidend ist vielmehr, wie viele Arbeitnehmer die Gesellschaft „in der Regel“ hat (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG, § 1 Abs. 2 MontanMitbestG, § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 DrittelbG); ein vorübergehendes Über- oder Unterschreiten der erforderlichen Anzahl von Arbeitnehmern führt also nicht bereits zu der Pflicht, einen Aufsichtsrat zu bilden, bzw. befreit hiervon nicht1. Diese „Regel“ ist ein Erfahrungswert aus der Vergangenheit, ggf. verbunden mit konkreten Anhaltspunkten für die Entwicklung in der Zukunft. 6. Arbeitnehmerbegriff
1102
Hinsichtlich des für die Bestimmung der Arbeitnehmerzahl maßgeblichen Arbeitnehmerbegriffs ist zunächst davon auszugehen, dass hierunter alle Personen fallen, die in einem Anstellungsverhältnis zu der GmbH stehen, also Angestellte, Arbeiter und Auszubildende2. Dieser allgemeine Begriff des Arbeitnehmers wird in den einzelnen Mitbestimmungsgesetzen teilweise modifiziert, indem einzelne Personengruppen ausdrücklich ausgenommen bzw. hinzugerechnet werden; der für die Bestimmung der Arbeitnehmerzahl maßgebliche Arbeitnehmerbegriff ist in den einzelnen Mitbestimmungsgesetzen deshalb zum Teil unterschiedlich weit gefasst:
1103
a) Das DrittelbG verweist in § 3 Abs. 1 für die Bestimmung des Arbeitnehmerbegriffs auf § 5 Abs. 1 BetrVG, nimmt aber die in § 5 Abs. 3 BetrVG bezeichneten leitenden Angestellten von dieser Definition aus3. Ein klarstellender Verweis insbesondere auf § 5 Abs. 2 BetrVG existiert nicht, die Geschäftsführer sind jedoch schon im Sinne der allgemeinen Definition nicht persönlich abhängig und damit keine Arbeitnehmer. Folglich zählen sie jedenfalls nicht mit. Mangels klarstellenden Verweises gestaltet sich die Einordnung von Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 und 4 BetrVG),
1 Allg. Meinung: BAG v. 22.2.1983 – 1 AZR 260/81, AP Nr. 7 zu § 113 BetrVG; LG Stuttgart v. 11.9.1984 – 2 AktE 1/84, BB 1984, 2082; OLG Düsseldorf v. 9.12.1994 – 19 W 2/94, AG 1995, 328; Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 31; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 150; Müller, Beck’sches Hdb. GmbH, § 6 Rn. 74; Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 165; Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 39. 2 Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 147 ff.; Raiser/ Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 163. 3 Henssler in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 3 DrittelbG Rn. 3 f.
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Pflicht zur Bildung eines Aufsichtsrats
§ 15
schwierig1. Bei ihnen ist jeweils im Einzelfall festzustellen, ob sie Arbeitnehmer im Sinne der hergebrachten Definition sind oder nicht. Teilzeitkräfte und Auszubildende rechnen mit, ebenso wie die in Heimarbeit Beschäftigten, soweit sie in der Hauptsache für die Gesellschaft tätig sind (§ 5 Abs. 1 BetrVG). Mitzuzählen sind ferner von der GmbH verliehene Arbeitnehmer; von der Gesellschaft geliehene Arbeitnehmer sind indes nicht einzurechnen2. Nach § 2 Abs. 2 DrittelbG sind den eigenen Arbeitnehmern der GmbH nur die Arbeitnehmer von solchen Unternehmen hinzuzurechnen, mit denen ein Beherrschungsvertrag i.S. des § 291 AktG besteht3. Bei anderen Unternehmensverträgen, wie z.B. einem Gewinnabführungsvertrag4, sowie bei Bestehen eines bloß faktischen Konzernverhältnisses sind die Arbeitnehmer des abhängigen Unternehmens (anders als bei § 5 MitbestG) indes nicht mitzuzählen. Insofern hat sich durch das DrittelbG nichts geändert5.
1104
b) Der Arbeitnehmerbegriff des MitbestG weicht teilweise von dem des DrittelbG ab: Arbeitnehmer i.S. des MitbestG sind neben Teilzeitkräften, Auszubildenden und Heimarbeitern (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MitbestG i.V.m. § 5 Abs. 1 BetrVG) auch leitende Angestellte (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 2 BetrVG). Ausgenommen sind insbesondere der oder die Geschäftsführer (§ 3 Abs. 1 Satz 2 MitbestG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG).
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Ist die GmbH Komplementärin einer KG, so sind nach § 4 Abs. 1 Satz 1 MitbestG den eigenen Arbeitnehmern der GmbH die Arbeitnehmer der KG zuzurechnen, sofern die Mehrheit (berechnet nach Kapital- oder Stimmanteilen) der Kommanditisten der KG die Mehrheit der Anteile oder Stimmen an der GmbH halten; dies gilt nicht, wenn die GmbH ei-
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1 Lt. Regierungsbegründung (BT-Drucks. 15/2542, S. 12) ist mit der Regelung in § 3 Abs. 1 DrittelbG keine materielle Änderung verbunden. Zustimmend Henssler in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 3 DrittelbG Rn. 3 mit dem Hinweis, § 5 Abs. 2 BetrVG sei ohnehin nur deklaratorischer Natur. 2 Vgl. § 14 Abs. 1 und 2 AÜG; ebenso Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 31; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 149; Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 164; Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 39; OLG Düsseldorf v. 12.5.2004 – I-19 W 2/04 AktE, GmbHR 2004, 1081. 3 BayObLG v. 10.12.1992 – 3 Z BR 130/92, NJW 1993, 1804 = AG 1993, 177. Der in § 2 Abs. 2 DrittelbG überdies geregelte Fall der Hinzurechnung bei Eingliederung des abhängigen in das herrschende Unternehmen betrifft die GmbH nicht, da eine Eingliederung nur zwischen Aktiengesellschaften möglich ist. 4 Siehe hierzu OLG Düsseldorf v. 27.12.1996 – 19 W 4/96 AktE, AG 1997, 129. 5 Vgl. KG v. 6.7.2007 – 2 W 8/07, ZIP 2007, 1566 im Anschluss an OLG Zweibrücken v. 18.10.2005 – 3 W 136/05, WM 2005, 2271. Lediglich bei Bestimmung der aktiven und passiven Wahlberechtigung der Arbeitnehmer im Konzern hat sich eine Änderung ergeben: Über § 2 Abs. 1 DrittelbG gilt dafür die Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG; dazu anschaulich Seibt, NZA 2004, 767, 770 sowie Gimmy in FS Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV, S. 857 ff.
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Der Pflichtaufsichtsrat einer GmbH
nen eigenen Geschäftsbetrieb mit i.d.R. mehr als 500 Arbeitnehmern hat. Ist eine so strukturierte GmbH & Co. KG wiederum Komplementärin einer anderen KG, so zählen auch deren Arbeitnehmer mit (§ 4 Abs. 1 Satz 2 MitbestG). Entsprechendes gilt, wenn sich eine solche Hintereinanderschaltung von GmbH & Co. KGs weiter fortsetzt (§ 4 Abs. 1 Satz 3 MitbestG). 1107
Zugerechnet werden der GmbH nach MitbestG aber vor allem auch die Arbeitnehmer aller (inländischen) von ihr abhängigen Gesellschaften im Sinne der §§ 17, 18 Abs. 1 AktG1; zugerechnet werden insoweit auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft, die Komplementärin einer beherrschten KG ist (§ 5 Abs. 1 Satz 2 MitbestG). Ist das herrschende Unternehmen eine GmbH & Co. KG, so werden der Komplementär-GmbH die Arbeitnehmer der Konzernunternehmen gemäß § 5 Abs. 2 MitbestG zugerechnet, sofern bei der KG die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 MitbestG gegeben sind.
1108
Unterliegt die Spitze eines Gesamtkonzerns selbst nicht der Mitbestimmung (z.B. Personengesellschaft oder ausländische Gesellschaft), sind dieser aber eine GmbH (oder GmbH & Co. KG) nachgeschaltet, so werden diesen Gesellschaften als herrschenden Unternehmen des Teilkonzerns die Arbeitnehmer entsprechend zugerechnet (§ 5 Abs. 3 MitbestG).
1109
c) Im MontanMitbestG selbst ist nicht bestimmt, wer als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes anzusehen ist. Mit Blick auf die Regelung des § 5 Abs. 5 MitbestErgG, die insoweit auf die entsprechenden Regelungen des § 5 Abs. 1, 2 BetrVG verweist, deckt sich der Arbeitnehmerbegriff des MontanMitbestG wohl im Wesentlichen mit dem des BetrVG2. Demnach sind also insbesondere Geschäftsführer sowie leitende Angestellte ausgenommen und sind Auszubildende und Heimarbeiter bei der Bestimmung der Arbeitnehmerzahl mitzurechnen. Eine Hinzurechnung der Arbeitnehmer abhängiger Unternehmen erfolgt nicht. 7. Feststellung des einschlägigen Aufsichtsratssystems
1110
Die Feststellung, ob und ggf. welches Mitbestimmungsgesetz auf die betreffende GmbH Anwendung findet und welche Vorschriften danach bei 1 Eine arbeitnehmerlose Holding-GmbH, die die 100 %ige Stimmrechtsmacht an (nur) einer anderen mitbestimmungspflichtigen GmbH innehat, muss gemäß § 5 MitbestG als Konzernspitze im mitbestimmungsrechtlichen Sinne jedenfalls dann einen mitbestimmten Aufsichtsrat bilden, wenn sie auf die unternehmerische Führung der anderen GmbH einen maßgeblichen Einfluss ausübt, LG Stuttgart v. 29.11.1988 – 2 AktE 1/88, DB 1989, 98 = AG 1989, 445; bestätigt durch OLG Stuttgart v. 3.5.1989 – 8 W 38/89, WM 1989, 1650 = AG 1990, 168. Anders nach dem DrittelbG, vgl. OLG Zweibrücken v. 18.10.2005 – 3 W 136/05, WM 2005, 2271. 2 Im Ergebnis ebenso Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, 17. Aufl., § 52 Rn. 193.
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Pflicht zur Bildung eines Aufsichtsrats
§ 15
der Bildung des obligatorischen Aufsichtsrats sowie im Hinblick auf seine Rechte und Pflichten zu beachten sind, kann aufgrund der teilweise recht komplizierten Regelungen der Mitbestimmungsgesetze zuweilen schwierig sein. Besteht Streit über die Voraussetzungen zur Bildung eines Pflichtaufsichtsrats, so entscheidet das für die betreffende GmbH örtlich zuständige Landgericht in einem Verfahren nach den §§ 98 und 99 AktG, die auf die GmbH sinngemäß Anwendung finden1: Antragsberechtigt sind unter anderem jedes Aufsichtsratsmitglied, jeder Gesellschafter und vor allem auch der (Gesamt-)Betriebsrat des Unternehmens. Das sog. Statusverfahren nach den §§ 97 bis 99 AktG ist stets zu beachten, wenn die GmbH bereits einen obligatorischen Aufsichtsrat hat, dieser aber nunmehr nach den Vorschriften eines anderen Mitbestimmungsgesetzes zusammenzusetzen ist2. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 27 EGAktG sowie der Bezugnahme der § 6 Abs. 2 MitbestG, § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 DrittelbG auf die §§ 96 Abs. 2, 97 ff. AktG. Dasselbe gilt, wenn die GmbH bisher einen fakultativen Aufsichtsrat hat, inzwischen aber in den Anwendungsbereich eines Mitbestimmungsgesetzes fällt und deshalb die Bildung eines Aufsichtsrats mit entsprechender Zusammensetzung obligatorisch geworden ist3.
1111
Sofern eine bestehende GmbH noch keinen Aufsichtsrat hat und nun durch das MitbestG zur Bildung eines Aufsichtsrats verpflichtet ist, ist das Statusverfahren ebenfalls einzuhalten4. Zwar beziehen sich die §§ 96 Abs. 2, 97 ff. AktG i.V.m. § 27 EGAktG unmittelbar nur auf die Zusammensetzung, nicht auf die Bildung des Aufsichtsrats. § 6 Abs. 2 Satz 1 MitbestG erklärt die genannten Vorschriften aber auch hinsichtlich der Bildung des Aufsichtsrats für entsprechend anwendbar. Nichts anderes gilt, wenn die Pflicht zur Bildung eines obligatorischen Aufsichtsrats durch das DrittelbG begründet wird. § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 DrittelbG verweist zwar (anders als § 6 Abs. 2 Satz 1 MitbestG) nur hinsichtlich der Zusammensetzung des Aufsichtsrats auf die §§ 96 Abs. 2, 97 ff. AktG. Trotz dieser unpräzisen Formulierung ist aber das Statusverfahren nach heute ganz h.M. auch in diesem Fall anwendbar, da das Bedürfnis nach rechtssicherer Klärung des Mitbestimmungsstatus im Anwendungsbereich des DrittelbG in gleicher Weise besteht wie im Geltungsbereich des MitbestG5. Bilden die Gesellschafter also nicht freiwillig den jetzt
1112
1 Vgl. § 27 EGAktG, § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Halbsatz 2 DrittelbG, § 6 Abs. 2 MitbestG, § 3 Abs. 2 MontanMitbestG, § 3 Abs. 1 Satz 2 MitbestErgG i.V.m. § 3 Abs. 2 MontanMitbestG. 2 Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 13; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 14. 3 Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 15. 4 Koppensteiner/Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 50; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 15; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 6 MitbestG Rn. 11. 5 BAG v. 16.4.2008 – 7 ABR 6/07, DB 2008, 1850; zustimmend Henssler/Michel, SAE 2009, 134, 136 ff.; Koppensteiner/Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff,
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Der Pflichtaufsichtsrat einer GmbH
nach MitbestG oder DrittelbG vorgeschriebenen Aufsichtsrat, so kann der Betriebsrat/Gesamtbetriebsrat das Verfahren nach §§ 98 f. AktG einleiten (siehe oben Rn. 1110). Nichts anderes gilt schließlich in dem umgekehrten Fall, dass die Aufsichtsratspflicht durch Absinken der Mitarbeiterzahl wieder entfällt. Auch in diesem Fall ist das Verfahren nach §§ 97 ff. AktG (entsprechend) anwendbar1. 1113
Befindet sich die GmbH hingegen erst im Gründungsstadium, also vor Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister, ist der Aufsichtsrat nicht obligatorisch: Einerseits werden die Voraussetzungen für eine Anwendbarkeit der Mitbestimmungsgesetze (mindestens 500 Arbeitnehmer) im Gründungsstadium regelmäßig nicht vorliegen; andererseits besteht aber nach zutreffender Ansicht auch in dem denkbaren Fall der Einbringung eines Unternehmens mit mehr als 500 bzw. 2000 Arbeitnehmern im Rahmen der Sachgründung keine Aufsichtsratspflicht2. Letzteres ergibt sich daraus, dass die Mitbestimmungsgesetze eine Pflicht zur Bildung eines Aufsichtsrats nur für die bereits entstandene GmbH und nicht für die Vor-GmbH vorsehen. Die Eintragung der GmbH im Handelsregister kann daher nicht von der Bildung eines Aufsichtsrats abhängig gemacht werden. Die Geschäftsführer der GmbH sind erst nach der Eintragung verpflichtet, ein Statusverfahren nach §§ 97 ff. AktG einzuleiten.
III. Die Leitungsstruktur in der GmbH mit Pflichtaufsichtsrat 1114
Im Gegensatz zur Aktiengesellschaft ist die GmbH hierarchisch organisiert: Oberstes Organ ist die Gesellschafterversammlung, deren Weisun-
Komm. GmbHG, § 52 Rn. 50; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 15; a.A. die früher überwiegende Ansicht (Nachw. bei Henssler/Michel a.a.O.). 1 Allgemeine Ansicht, OLG Frankfurt a.M. v. 2.11.2010 – 20 W 362/10, NZG 2011, 353; LAG Frankfurt a.M. v. 29.7.2010 – 9 TaBVGa 116/10, Der Konzern 2011, 72; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 67 m.w.N. 2 BayObLG v. 9.6.2000 – 3 Z BR 92/00, ZIP 2000, 1445 = AG 2001, 89 mit zust. Anm. Kort, EWiR 2001, 21 sowie eingehend auch zum Streitstand Halm, BB 2000, 1849 ff.; Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 1 DrittelbG Rn. 22; Koppensteiner/Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 51; Roth in Roth/Altmeppen, Komm. GmbHG, § 11 Rn. 64; Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 1; K. Schmidt in Scholz, Komm. GmbHG, § 11 Rn. 61 m.w.N.; a.A. Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 169: für unmittelbare Anwendung der Mitbestimmungsvorschriften; Schmidt-Leithoff in Rowedder/SchmidtLeithoff, Komm. GmbHG, § 11 Rn. 53 ff.: vorsichtige Analogie zu §§ 30, 31 AktG; für analoge Anwendung des § 31 AktG auch Joost in Lutter, Komm. UmwG, § 218 Rn. 16; Joost in FS Claussen, S. 194 ff.; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 158.
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Die Leitungsstruktur in der GmbH mit Pflichtaufsichtsrat
§ 15
gen der/die Geschäftsführer unterworfen ist/sind (§ 37 Abs. 1 GmbHG)1. Die Bildung eines Aufsichtsrats infolge der Mitbestimmung verändert diese gesellschaftsrechtliche Struktur der GmbH nicht. Auch in den mitbestimmten Gesellschaften mbH bleibt die Gesellschafterversammlung das oberste Organ, ihr Weisungsrecht gegenüber den Geschäftsführern bleibt bestehen2. Die GmbH wird also – im Gegensatz zur Aktiengesellschaft, § 76 AktG – von ihren Geschäftsführern nicht autonom geleitet. Über die Grundsätze der Unternehmenspolitik und über außergewöhnliche Maßnahmen der Geschäftsführung entscheiden stets die Gesellschafter3. Diese sind darüber hinaus befugt, auch im Bereich der laufenden Geschäftsführung Einzelweisungen zu erteilen4. Sie dürfen allerdings nicht die gesamte Geschäftsführung an sich ziehen, weil andernfalls die Mitbestimmung im Aufsichtsrat ihres Sinnes enthoben würde5. Im Übrigen darf die Geschäftsführung in der mitbestimmten GmbH weiterhin allein an den Gesellschafterinteressen ausgerichtet sein; sie muss sich also nicht an einem die Arbeitnehmerbelange einschließenden Unternehmensinteresse orientieren6. Insgesamt bedeutet das: Auch in der mitbestimmten GmbH kann die Leitung der Gesellschaft weitgehend in der Hand der Gesellschafter liegen. Für die Stellung des Aufsichtsrats in der GmbH ist dies von großer Bedeutung und beträchtlicher Auswirkung.
1 Vgl. Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 37 Rn. 1 ff. und § 52 Rn. 2 sowie Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 37 Rn. 20 ff.; Altmeppen in Roth/Altmeppen, Komm. GmbHG, § 37 Rn. 3, je m.w.N. 2 BGH v. 14.11.1983 – II ZR 33/83, BGHZ 89, 48, 57 = AG 1984, 48; BGH v. 6.3.1997 – II ZB 4/96, BGHZ 135, 48, 55. 3 Vgl. § 49 Abs. 2 GmbHG und dazu Seibt in Scholz, Komm. GmbHG, § 49 Rn. 22. 4 Nach einer Untersuchung von Rinninsland, Die Mitbestimmung 1991, 380, 381 werden durchschnittlich zwei Weisungen monatlich erteilt. 5 Vgl. dazu Hommelhoff, ZGR 1978, 119, insbesondere 136 ff.; weiter Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 30 MitbestG Rn. 19 f.; gegen jede Einschränkung des Weisungsrechts aber Paefgen in Ulmer/ Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 37 Rn. 14 f. m.w.N. Ganz anders u.a. Naendrup in GK-MitbestG, § 25 Rn. 141 ff. und Reich/Lewerenz, AuR 1976, 261, 272 f., die Weisungsbefugnisse der Gesellschafter prinzipiell ausschließen und den Geschäftsführern der mitbestimmten GmbH aktienrechtliche Autonomie zuweisen wollen: Das ist sicher unrichtig. 6 Soweit eine Weisung der Gesellschafter nicht gegen arbeitsrechtliche oder sonstige rechtliche Vorgaben verstößt, ist sie daher auch dann zulässig und verbindlich, wenn sie wesentliche Arbeitnehmerbelange beeinträchtigt; zutr. Fleischer, GmbHR 2010, 1307, 1309 f.; Paefgen in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 37 Rn. 20; jew. m.w.N. a.A. insoweit Hommelhoff, ZGR 1978, 119, 138; Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 37 Rn. 50.
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§ 15
Der Pflichtaufsichtsrat einer GmbH
IV. Aufgaben und Kompetenzen des Pflichtaufsichtsrats in der GmbH 1. Überblick 1116
Auch dem Pflichtaufsichtsrat einer GmbH obliegt – wie dem Aufsichtsrat in der AG – vor allem die Aufgabe, die Geschäftsführung zu überwachen. Mit Ausnahme der Aufsichtsräte nach dem DrittelbG haben sie – wie in der AG – die Geschäftsführer zu bestellen und abzuberufen. Ebenso wie in der AG ist der Aufsichtsrat schließlich laut Satzung der GmbH oder kraft eigenen Beschlusses (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG) zur Mitentscheidung (Zustimmung) bei einzelnen und wichtigen Maßnahmen der Geschäftsführung befugt. Diese Aufgaben haben die Aufsichtsratsmitglieder eigenverantwortlich, d.h. frei von Weisungen der Gesellschafter, wahrzunehmen1.
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Gegenüber dem Aufsichtsrat der AG sind ausgenommen von seiner Zuständigkeit im Grunde nur die Befugnisse nach den §§ 124 Abs. 3 und 172 AktG, also die Befugnisse, Beschlussvorschläge der Gesellschafterversammlung zu unterbreiten und an der Feststellung des Jahresabschlusses mitzuwirken (diese Feststellung obliegt allein der Gesellschafterversammlung). Ausgenommen, wie schon erwähnt, ist aber beim häufigsten Fall eines mitbestimmten Aufsichtsrats, dem Aufsichtsrat nach dem DrittelbG, die Befugnis zur Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern; diese bleibt den Gesellschaftern vorbehalten, soweit sie nicht ausnahmsweise durch Satzungsbestimmung an den Aufsichtsrat delegiert worden ist. 2. Die Überwachung der Geschäftsführung a) Der Überwachungsauftrag
1118
Dem Aufsichtsrat der mitbestimmten GmbH obliegt grundsätzlich der gleiche Überwachungsauftrag wie dem Aufsichtsrat der AG; er hat die Geschäftsführung durch die Geschäftsführer (nach Auflösung der Gesellschaft auch die der Abwickler) nach den gleichen Maßstäben der Legalität, Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu überwachen2. Wie in 1 Der Grundsatz der Weisungsunabhängigkeit folgt nach h.M. aus § 111 Abs. 5 AktG (oben Rn. 822), auf den die Mitbestimmungsgesetze jeweils Bezug nehmen. Von diesem Grundsatz kann im Pflichtaufsichtsrat auch die Satzung nicht abweichen (ganz h.M., Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 69b; E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 457; Rodewald/Wohlfarter, GmbHR 2013, 689, 690), und zwar auch nicht in der Einpersonen-GmbH im Verhältnis zwischen Alleingesellschafter und Anteilseignervertretern (so aber Altmeppen in FS Uwe H. Schneider, S. 1, 13; Heidel, NZG 2012, 48, 54; dagegen zu Recht Spindler, ZIP 2011, 689, 694). 2 Siehe dazu schon oben Rn. 74 ff.; vgl. dazu auch Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 51 und Rn. 16; v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 7 Rn. 1 ff.
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der AG gehört zu seinem Kontrollbereich auch der Jahresabschluss1, dessen Feststellung allerdings der Gesellschafterversammlung obliegt. Der Aufsichtsrat hat insbesondere auch die Einrichtung eines Überwachungssystems zur frühzeitigen Erkennung der den Fortbestand der Gesellschaft gefährdenden Entwicklungen durch die Geschäftsführung sowie dessen Tauglichkeit zu überwachen2. Zu der Einrichtung eines solchen Überwachungssystems ist der Vorstand einer AG nach § 91 Abs. 2 AktG verpflichtet. Zwar verweist § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 DrittelbG oder § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG nicht auf diese Vorschrift, doch wird darin lediglich eine allgemeine Pflicht aus dem Bereich ordnungsgemäßer Geschäftsführung (deklaratorisch) hervorgehoben. Dieser insoweit nur klarstellende Hinweis des AktG gilt deshalb auch für den oder die Geschäftsführer einer GmbH, wenn ein solches Früherkennungssystem nach Größe der Gesellschaft erforderlich ist; dies ist bei einer mitbestimmten GmbH (mehr als 500 Arbeitnehmer) im Zweifel anzunehmen. Für die Überwachung der Einrichtung eines solchen Instruments sowie seiner Tauglichkeit zur Früherkennung durch den Aufsichtsrat spricht insbesondere auch, dass der Abschlussprüfer einer GmbH insoweit nicht prüfungspflichtig ist (vgl. § 317 Abs. 4 HGB).
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Anders als in der AG ist dem Aufsichtsrat die Überwachung der Geschäftsführung aber nicht allein übertragen: Neben ihm ist auch die Gesellschafterversammlung der GmbH zur Überwachung der Geschäftsführung befugt. In die umfassenden Befugnisse der Gesellschafterversammlung kann und darf der Aufsichtsrat nicht eingreifen. Unberührt bleibt insbesondere das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung in allen Geschäftsführungsangelegenheiten (Rn. 1114). So bleibt es der Gesellschafterversammlung unbenommen, die Geschäftsführer auch dann zu einer Maßnahme anzuweisen, wenn der Aufsichtsrat diese einem Zustimmungsvorbehalt nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG (Rn. 1126) unterworfen und seine Zustimmung verweigert hat. Wegen des ohnehin bestehenden Weisungsrechts genügt für einen derartigen Gesellschafterbeschluss – abweichend vom Gesetzeswortlaut (§ 111 Abs. 4 Satz 4 AktG i.V.m. § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG, § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 DrittelbG) – die einfache Stimmenmehrheit3.
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1 Siehe hierzu auch unten Rn. 1131 sowie Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 21 und Rn. 82. 2 Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 51; ähnlich Altmeppen, ZGR 1999, 300 ff. 3 Altmeppen in Roth/Altmeppen, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 63; Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 133, 147; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 15; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 254, 300; Deilmann, BB 2004, 2253, 2256; für Dreiviertelmehrheit nach § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG dagegen Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 89; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 66; zwischen MitbestG und DrittelbG differenzierend Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 217 ff.
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Die Gesellschafterversammlung kann darüber hinaus den Geschäftsführern auch gleich eine Weisung erteilen, ohne das Votum des Aufsichtsrats abwarten zu müssen. In diesem Fall muss die betreffende Maßnahme, auch wenn sie eigentlich dem Zustimmungsvorbehalt unterfiele, dem Aufsichtsrat nicht mehr zur Zustimmung vorgelegt werden, da dieser die Entscheidung der Gesellschafter ohnehin zu respektieren hat1. Der Aufsichtsrat ist jedoch von der Maßnahme in Kenntnis zu setzen2. 1121
Beratend und kontrollierend einzuschalten hat sich der Aufsichtsrat gegenüber den Geschäftsführern also nur dort, wo diese selbst entscheiden und wo ihnen bei Ausführung von Gesellschafterentscheidungen ein eigener Ermessensspielraum verbleibt3. Etwas anderes gilt allerdings dort, wo Fragen der Rechtmäßigkeit, also der Legalität der Geschäftsführung zur Debatte stehen4. Problematische Maßnahmen dieser Art zu rügen, ist der Aufsichtsrat stets berechtigt und verpflichtet. Er hat uneingeschränkt die Rechtmäßigkeit des Geschäftsführerhandelns zu kontrollieren, auch dann, wenn diese insoweit nur eine Gesellschafterentscheidung ausführen (sollen); denn die Weisung zu rechtswidrigem Tun bindet die Geschäftsführung naturgemäß nicht. b) Informationsrechte
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Überwachung ohne Kenntnis ist ausgeschlossen; Kenntnis des Aufsichtsrats aber beruht auf Information5. Dennoch findet das gesetzliche Informationssystem des Aktienrechts uneingeschränkt nur in den montanmitbestimmten Gesellschaften mbH Anwendung6. In den mitbestimmten Gesellschaften mbH nach dem DrittelbG und dem MitbestG sowie in den GmbHs mit einem Aufsichtsrat nach dem KAGB ist hingegen die Geschäftsführung von sich aus mangels gesetzlicher Verweisung auf § 90 Abs. 1 und 2 AktG zu keiner kontinuierlichen Berichterstattung an den Aufsichtsrat verpflichtet7. Zwar sind auch hier von der Geschäftsführung 1 Deilmann, BB 2004, 2253, 2256 („unnötiger Formalismus“).; Giedinghagen in Michalski, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 233; a.A. Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 133 ff. m.w.N. zum Streitstand. 2 Altmeppen in Roth/Altmeppen, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 64; Giedinghagen in Michalski, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 233. 3 Vgl. Hommelhoff, ZGR 1978, 119, 140 ff., 150 f.; Ulmer, BB 1979, 398, 401. 4 Näher dazu Hommelhoff, ZGR 1978, 119, 151. 5 Zur Unterrichtung des Aufsichtsrats in der mitbestimmten GmbH siehe ausführlich v. Hoyningen-Huene/Powietzka, BB 2001, 529. 6 § 3 Abs. 2 MontanMitbestG bzw. § 3 Abs. 1 Satz 2 MitbestErgG i.V.m. § 3 Abs. 2 MontanMitbestG verweisen insoweit global auf die Vorschriften des AktG. 7 Str.; wie hier: Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 260, 307 i.V.m. Rn. 134; Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 22, 52; Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 105; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 71; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 55; v. Hoyningen-Huene/Powietzka, BB 2001, 529, 530; Hommelhoff, ZGR 1978, 119, 154; a.A. Raiser/Heermann in Ulmer/
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die Vorlageberichte im Zusammenhang mit zustimmungspflichtigen Geschäften und mit der Übersendung des Jahresabschlusses an den Aufsichtsrat zu erstatten. Auch stehen dem Aufsichtsrat und einzelnen seiner Mitglieder die in § 90 Abs. 3 AktG geregelten Rechte zu (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG, § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 DrittelbG), d.h. der Aufsichtsrat und einzelne seiner Mitglieder können jederzeit einen Bericht zu konkreten Angelegenheiten der Gesellschaft von der Geschäftsführung verlangen. Es besteht in diesem System also keine Pflicht der Geschäftsführung zu Regularberichten, wohl aber die Pflicht zur Beantwortung aller Fragen des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder sowie zur Erstattung aller angeforderten Berichte. Man würde die Verweisung der einschlägigen Gesetze auf § 90 Abs. 3 1123 AktG allerdings missverstehen, wollte man daraus ableiten, der Aufsichtsrat könne die Frage seiner Unterrichtung nachlässig behandeln. Sachgerechte Überwachung setzt regelmäßige und umfassende Information voraus; zu sachgerechter Überwachung aber ist der Aufsichtsrat auch hier verpflichtet (§§ 116 Satz 1, 93 AktG). Auch in der GmbH ist der Aufsichtsrat deshalb verpflichtet, sich von der Geschäftsführung regelmäßig Bericht erstatten zu lassen1. Er kann dieser Pflicht zwar durch die regelmäßige Anforderung von Ad hoc-Berichten genügen, setzt sich dabei aber leicht der Gefahr von Pflichtverletzungen aus, indem er zeitliche und sachliche Berichtserfordernisse übersieht. Es ist deshalb jedem Pflichtaufsichtsrat dringend zu empfehlen, gestützt auf § 90 Abs. 3 AktG ein generelles Berichtsverlangen zu formulieren und darauf basierend eine allgemeine Informationsordnung zu erlassen2. Diese Ordnung sollte sich in der Regel und auf jeden Fall in den großen Gesellschaften mbH nach dem MitbestG an dem überlegten und bewährten System der Abs. 1 und 2 von § 90 AktG orientieren3. Insoweit kann dann auf die Ausführungen oben § 6 (Rn. 191 und 317) Bezug genommen werden. c) Einwirkungsmöglichkeiten auf die Geschäftsführer Die Einwirkungsmöglichkeiten des Aufsichtsrats einer GmbH auf die Geschäftsführer außerhalb von Bestellung und Abberufung, Anstellung Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 115, 235; Koppensteiner/Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 88 i.V.m. Rn. 32; näher hierzu Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 753 ff., 758. 1 Vgl. die parallelen Erwägungen des BGH für das freiwillig gebildete Aufsichtsorgan einer Publikums-Personengesellschaft: BGH v. 22.10.1979 – II ZR 151/77, WM 1979, 1425, 1427; dazu auch Hüffer, ZGR 1980, 320, 335. Wie hier auch Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 134 f.; Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 22, 52. 2 v. Hoyningen-Huene/Powietzka, BB 2001, 529, 530 ff.; Köstler/Müller/Sick, Aufsichtsratspraxis, Rn. 500; v. Schenck in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 1 Rn. 105; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 712 f. 3 Ebenso v. Hoyningen-Huene/Powietzka, BB 2001, 529, 531 f.; vgl. zum Ganzen ausführlich Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 753 ff.
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und Kündigung (dazu unten Rn. 1132 ff.) sind deutlich geringer als im Aktienrecht; teils fehlen bestimmte Befugnisse überhaupt, teils können sie von der Satzung beschränkt werden. 1125
In allen mitbestimmten GmbHs hat der Aufsichtsrat gemäß § 111 Abs. 3 AktG das Recht, die Gesellschafterversammlung einzuberufen, wann immer er es für erforderlich hält1. Dieses Recht kann ihm durch die Satzung weder entzogen noch eingeschränkt werden. Diesem Recht kommt stärkeres Gewicht zu als in der AG, da eine solche Gesellschafterversammlung einfacher und mit geringeren Kosten durchgeführt werden kann und größere Kompetenzen hat als die Hauptversammlung in der AG. Auf diese Weise kann der Aufsichtsrat dem gegenüber den Geschäftsführern weisungsberechtigten Organ Gesellschafterversammlung seine – andere – Sicht zu Fragen der Geschäftsführung vortragen. Entscheidet allerdings die Gesellschafterversammlung im Sinne der Geschäftsführung und folgt sie also nicht der Sichtweise und Meinung des Aufsichtsrats, so kann dieser nichts weiter unternehmen als allenfalls zurückzutreten. Die unternehmerische Entscheidungskompetenz liegt bei der Gesellschafterversammlung, und solche unternehmerischen Entscheidungen können auch von den Gerichten nicht überprüft werden.
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Für alle mitbestimmten Gesellschaften mbH ist § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG für anwendbar erklärt, wonach durch den Gesellschaftsvertrag und den Aufsichtsrat selbst bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen an die Zustimmung des Aufsichtsrats gebunden werden müssen. Anders als im Aktienrecht ist hier allerdings umstritten2, ob die fortbestehende Kompetenz der Gesellschafter in Geschäftsführungsfragen (Rn. 1114) auch die Befugnis umfasst, das Recht des Aufsichtsrats zur Einrichtung von Zustimmungsvorbehalten in der Satzung einzuschränken. Die herrschende Meinung lehnt dies generell ab3. Die Gegenansicht hält es dagegen immerhin in Fällen, in denen die Satzung selbst Zustimmungsvorbehalte 1 Vgl. nur Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 53; Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 126. 2 Nach Rechenberg, Hauptversammlung als oberstes Organ, S. 87 ff., 94 f. hat auch die Satzung einer AG die Möglichkeit, den Aufsichtsrat von zusätzlichen Zustimmungsvorbehalten auszuschließen; das ist problematisch; vgl. oben Rn. 112 f. 3 So Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 131; Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 242; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 25 MitbestG Rn. 92; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 329 f.; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 64; Hommelhoff, ZGR 1978, 119, 151 f. Das Mitbestimmungsurteil des BVerfG scheint vage in die Richtung der h.M. zu deuten, wenn es nur zum Verhältnis einer Zustimmungsverweigerung zum Weisungsrecht Stellung nimmt und damit möglicherweise das Recht zur Schaffung eines Zustimmungsvorbehalts voraussetzt (BVerfG v. 1.3.1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78, BVerfGE 50, 290, 346 = AG 1979, 95).
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nach § 111 Abs. 4 AktG begründet, für zulässig, dem Aufsichtsrat die Kompetenz zur Festlegung weiterer Zustimmungsvorbehalte zu nehmen1. Soweit dem Aufsichtsrat die Zustimmung vorbehalten ist, erfasst dieser Vorbehalt solche Maßnahmen nicht, zu denen die Geschäftsführer von den Gesellschaftern angewiesen wurden. Zustimmungsvorbehalte wirken sich hier nur dann aus, wenn der Geschäftsführung bei Durchführung der Anweisung ein eigener Ermessensspielraum verbleibt (Rn. 1120 f.).
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Verweigert der Aufsichtsrat seine Zustimmung, so können die Geschäftsführer die Gesellschafterversammlung anrufen, deren Zustimmung die Verweigerung durch den Aufsichtsrat ersetzt. Wie dargelegt bedarf es dazu – abweichend vom Gesetzeswortlaut (vgl. § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG) – nur eines mit einfacher Mehrheit gefassten Gesellschafterbeschlusses (Rn. 1120).
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Demgegenüber soll der Aufsichtsrat in der mitbestimmten GmbH nach herrschender Meinung nicht einmal subsidiär die Befugnis haben, eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführer zu erlassen2. Dieser wichtige Einfluss auf die Geschäftsführung und ihre Steuerung soll in der GmbH nur den Gesellschaftern zustehen und dem Aufsichtsrat auch dann nicht, wenn die Gesellschafter von ihrer Befugnis keinen Gebrauch machen. Das ist für die paritätisch mitbestimmte GmbH, in der die Bestellungskompetenz beim Aufsichtsrat liegt, zu eng gesehen (näher unten Rn. 1143–1145).
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Und schließlich hat der Aufsichtsrat keine Befugnis, an der Feststellung des Jahresabschlusses der GmbH mitzuwirken. Diese Feststellung erfolgt in der GmbH stets durch die Gesellschafterversammlung3, nicht also wie in der Aktiengesellschaft durch ein Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat (§ 172 AktG). Damit ist der Aufsichtsrat in der GmbH von allen Entscheidungen über die Verwendung des finanziellen Ergebnisses (Jahresüberschuss) ausgeschlossen, insbesondere also von der Entschei-
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1 Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 47; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 754; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 253. 2 Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 37 Rn. 29; Paefgen in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 35 Rn. 139; Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 37 Rn. 73; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 30 MitbestG Rn. 21; Raiser/ Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 33 MitbestG Rn. 23. A.A. die Nachw. in Rn. 1145. 3 Koppensteiner/Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 89; Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 233, 297; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 59; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/ Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 70.
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dung, ob und welche Teile des Jahresüberschusses den Rücklagen zugeführt und welche an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. 3. Prüfung des Jahresabschlusses und Erteilung des Prüfungsauftrags an den Abschlussprüfer 1131
Obwohl der Aufsichtsrat von der Feststellung des Jahresabschlusses ausgeschlossen ist, hat er in der mitbestimmten GmbH doch die Pflicht zur selbständigen Prüfung des von den Geschäftsführern aufgestellten Jahresabschlusses sowie des Lageberichts und des Vorschlags für die Verwendung des Bilanzgewinns1. Sofern die GmbH Mutterunternehmen i.S. des § 290 HGB ist, gilt dies auch für den Konzernabschluss und den Konzernlagebericht (vgl. §§ 170, 171 AktG und die entsprechenden Verweise in § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 DrittelbG und § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG). Diese Prüfungspflicht ist für den obligatorischen Aufsichtsrat zwingend und kann durch die Satzung nicht reduziert oder abbedungen werden2. Über das Ergebnis seiner Prüfung hat er an die Gesellschafterversammlung zu berichten, § 171 Abs. 2 Satz 1 AktG3. Ferner hat der Aufsichtsrat bei prüfungspflichtigen GmbHs (§ 316 HGB) das Recht und die Pflicht, dem Abschlussprüfer den Prüfungsauftrag für den Jahresabschluss zu erteilen (§ 111 Abs. 2 Satz 3 AktG)4, und er muss zu dem Ergebnis der Prüfung des Jahresabschlusses durch den Abschlussprüfer der Gesellschafterversammlung gegenüber Stellung nehmen (§ 171 Abs. 2 Satz 3 AktG)5, eine Aufgabe, die der Aufsichtsrat – wie die soeben erwähnte Berichtspflicht – sehr ernst nehmen muss6. 4. Besetzung der Geschäftsführung a) Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer aa) Paritätisch mitbestimmte GmbH
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In den mitbestimmten Gesellschaften mbH nach dem MontanMitbestG und dem MitbestG ist die Bestellung der Geschäftsführer und der Wider1 Siehe hierzu auch Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 21, 82. 2 Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 245; Müller, Beck’sches Hdb. GmbH, § 6 Rn. 88; Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 82. 3 Dazu eingehend Lutter, AG 2008, 1 ff. 4 Die Kompetenz zur Bestellung und Abberufung des Abschlussprüfers verbleibt jedoch bei der Gesellschafterversammlung (siehe § 318 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB). Siehe hierzu sowie allgemein zur Reform des Aufsichtsrats der mitbestimmten GmbH durch das KonTraG von 1998 Altmeppen, ZGR 1999, 291, 306 ff.; Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 155. 5 Vgl. dazu oben Rn. 176 ff. sowie OLG Stuttgart v. 15.3.2006 – 20 U 25/05, ZIP 2006, 756 ff. = AG 2006, 379 (RTV). 6 Vgl. erneut OLG Stuttgart v. 15.3.2006 – 20 U 25/05, ZIP 2006, 756 ff. = AG 2006, 379.
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ruf ihrer Bestellung dem Aufsichtsrat zugewiesen (§ 12 MontanMitbestG, § 31 MitbestG i.V.m. § 84 AktG). Es gelten mithin die gleichen Regeln wie für die AG. Ob der Aufsichtsrat auch einen Vorsitzenden der Geschäftsführung ernennen kann, ist umstritten (vgl. dazu unten Rn. 1142, 1146). Die Zahl der Geschäftsführer ist im Gesetz nicht festgelegt. Da ebenso wie in der mitbestimmten AG nach MitbestG und MontanMitbestG auch hier ein Arbeitsdirektor zu bestellen ist, müssen auch hier mindestens zwei Geschäftsführer bestellt werden (siehe oben Rn. 338). Ob und ggf. wie viele weitere Geschäftsführer darüber hinaus bestellt werden müssen oder können, ist in erster Linie Sache der Satzung, in zweiter Linie von der Gesellschafterversammlung zu entscheiden. Schweigen beide, so entscheidet der Aufsichtsrat selbst nach pflichtgemäßem Ermessen. Das Gleiche gilt für die Dauer der Bestellung, die gemäß der hier anwendbaren Norm des § 84 Abs. 1 AktG fünf Jahre nicht überschreiten darf, wohl aber unterschreiten kann. Auch für eine Abberufung der Geschäftsführer vor Ablauf ihrer Bestellungszeit ist allein der Aufsichtsrat zuständig. Doch gilt auch insoweit das aktienrechtliche System, d.h. die Abberufung kann während der Laufzeit, für die der betreffende Geschäftsführer vom Aufsichtsrat bestellt worden ist, nur aus wichtigem Grund erfolgen (§ 84 Abs. 3 AktG; anders stets dort, wo die Gesellschafterversammlung den bzw. die Geschäftsführer bestellt, § 38 Abs. 1 GmbHG).
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bb) Drittelmitbestimmte GmbH nach DrittelbG In den drittelmitbestimmten GmbHs nach DrittelbG steht dem Auf- 1134 sichtsrat die Befugnis zur Bestellung und Abberufung des oder der Geschäftsführer nicht zu, da § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 DrittelbG nicht auf § 84 AktG Bezug nimmt. Diese Befugnis gehört daher – wie auch sonst im GmbH-Recht – zur Kompetenz der Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 5 GmbHG)1. Die Satzung kann mit dieser Aufgabe ein anderes Organ betrauen, also auch den Aufsichtsrat, aber auch einen nicht mitbestimmten Beirat oder Gesellschafterausschuss. Auch ist in diesen GmbHs kein Arbeitsdirektor vorgeschrieben, so dass die Bestellung auch nur eines Geschäftsführers von Gesetzes wegen ausreicht; alles andere ist Sache der Satzung bzw. der Gesellschafterversammlung. Da hier die Regeln des GmbH-Rechts unberührt weitergelten, ist die Gesellschafterversammlung auch für die Abberufung zuständig (soweit die Satzung diese Kompetenz nicht einem anderen Organ übertragen hat). Es gilt darüber hinaus § 38 GmbHG und nicht § 84 AktG; das hat zur Folge, dass die Geschäftsführer einerseits für eine beliebig lange oder kurze Zeit bestellt werden können2, dass sie andererseits aber auch in der Regel jederzeit und ohne 1 Statt aller Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 61; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 352. 2 Die Bestellung von Geschäftsführern auf Lebenszeit hat mancher GmbH schon sehr geschadet!
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dass ein wichtiger Grund vorliegen müsste, abberufen werden können. Die Satzung kann davon abweichen und die Abberufung an bestimmte Gründe oder allgemein auch an einen „wichtigen“ oder „sachlichen“ Grund binden1. Das gilt insbesondere für Geschäftsführer, die zugleich auch Gesellschafter dieser GmbH sind. b) Anstellungsvertrag und Kündigung aa) Paritätisch mitbestimmte GmbH 1135
Aus der Bestellungskompetenz des Aufsichtsrats – soweit sie gegeben ist (Rn. 1132 f.) – folgt weiter, dass der Aufsichtsrat insoweit – also bei GmbHs nach MontanMitbestG und MitbestG, nicht aber nach DrittelbG – zum Abschluss des Anstellungsvertrages der Geschäftsführer berechtigt und verpflichtet ist2. Es gilt insoweit das Gleiche wie für die AG (Rn. 384 ff.). Die Kompetenz des Aufsichtsrats folgt notwendig aus der untrennbaren inneren Zusammengehörigkeit von Anstellung und Bestellung3. Auch kann eine verantwortliche und sachgerechte Auswahl vom Aufsichtsrat nur getroffen werden, wenn er dabei die vom Bewerber verlangten Anstellungsbedingungen mit in die Überlegungen einbeziehen und darüber mitentscheiden kann4. Die Gesellschafter können allerdings verbindlich Vergütungsrichtlinien erlassen, solange damit die personelle Auswahlfreiheit des Aufsichtsrats nicht entscheidend beeinträchtigt wird5.
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Nach Erlass des VorstAG6 ist die Frage entstanden, ob der Aufsichtsrat bei der Festsetzung der Vergütung der Geschäftsführer im Anstellungsvertrag an die Vorgaben des neu gefassten § 87 AktG (Rn. 395 ff.) gebunden ist. Die Frage ist zu verneinen, da § 25 MitbestG auf § 87 AktG be1 Näher Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 38 Rn. 7 ff. und Lutter, ZIP 1986, 1195 m.w.N. 2 Heute einhellige Ansicht; BGH v. 14.11.1983 – II ZR 33/83, BGHZ 89, 48, 58 = AG 1984, 48 (Reemtsma); Uwe H. Schneider/Hohenstatt in Scholz, Komm. GmbHG, § 35 Rn. 317; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 303; Koppensteiner/Gruber in Rowedder/Schmidt-Leithoff, Komm. GmbHG, § 35 Rn. 16; Paefgen in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 35 Rn. 172; Müller, Beck’sches Hdb. GmbH, § 6 Rn. 99; Fonk in Semler/ v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 369; Raiser/ Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 24; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 38 f. 3 Ebenso BGH v. 14.11.1983 – II ZR 33/83, BGHZ 89, 48, 52 ff. = AG 1984, 48. 4 Ebenso BGH v. 14.11.1983 – II ZR 33/83, BGHZ 89, 48, 52 ff. = AG 1984, 48. 5 Ebenso Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 224; Paefgen in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 35 Rn. 173; Hoffmann/Lehmann/Weinmann, Komm. MitbestG, § 30 Rn. 27; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 31 MitbestG Rn. 26; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 40; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 1688; Krieger, Personalentscheidungen, S. 288 f. m.w.N. 6 Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung vom 31.7.2009, BGBl. I 2009, 2509.
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wusst keinen Bezug nimmt1. Jedoch ergibt sich schon aus allgemeinen Grundsätzen (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG i.V.m. §§ 116, 93 AktG), dass der Aufsichtsrat keine unangemessen überhöhte Vergütung festlegen darf2. Praktisch bedeutsamer ist daher die weitere Frage, ob die durch das VorstAG eingeführte zwingende Zuständigkeit des Aufsichtsratsplenums für die Vergütungsentscheidung (§ 107 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 87 AktG) auf die paritätisch mitbestimmte GmbH übertragbar ist oder die Delegation auf einen Ausschuss zulässig bleibt. Für Letzteres spricht, dass § 87 AktG keine Anwendung findet und daher bei wortlautgetreuer Auslegung auch die Verweisung des § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG insoweit ins Leere geht3. Gänzlich zweifelsfrei ist diese Schlussfolgerung allerdings nicht, da der Zweck des Delegationsverbots (Verbesserung der Transparenz der Vergütungsfestsetzung4) auch betroffen ist, wenn das materielle Angemessenheitsgebot nicht § 87 AktG, sondern §§ 116, 93 AktG entnommen wird5. Spiegelbildlich zum Abschluss des Anstellungsvertrags fällt auch die Kündigung desselben in die Kompetenz des Aufsichtsrats6. Wird im Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Geschäftsführers mit diesem ein Beratervertrag für die Zeit nach dem Ausscheiden abgeschlossen, so ist auch hierfür wegen des Sachzusammenhangs der Aufsichtsrat zuständig7.
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bb) Drittelmitbestimmte GmbH nach DrittelbG In der drittelmitbestimmten GmbH nach DrittelbG stehen der Abschluss des Anstellungsvertrages und dessen Kündigung dagegen allein den Gesellschaftern zu (Annexkompetenz zu § 46 Nr. 5 GmbHG), sofern in der Satzung oder dem Bestellungsbeschluss kein anderes Organ ermächtigt 1 Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433, S. 10; Habersack, ZHR 174 (2010), 2, 6 ff.; Hoffmann-Becking/Krieger, NZG 2009, Beil. zu Heft 26 Rn. 77 f.; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 358; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 40; a.A. Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 35. 2 Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 358; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 40; siehe auch schon BGH v. 14.11.1983 – II ZR 33/83, BGHZ 89, 48, 57 = AG 1984, 48 (Reemtsma). 3 Gegen die Anwendbarkeit des Delegationsverbots daher Habersack, ZHR 174 (2010), 2, 6 ff.; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 41a m.w.N. 4 Begr. zum Fraktionsentwurf, BT-Drucks. 16/12278, S. 6. 5 Für die Anwendbarkeit des Delegationsverbots daher Oetker in FS Säcker, S. 443, 455; Spindler in FS Uwe H. Schneider, S. 1287, 1294 ff.; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 360 m.w.N. Siehe zum Ganzen auch schon Hoffmann-Becking/Krieger, NZG 2009, Beil. zu Heft 26 Rn. 77 f. („nicht zweifelsfrei“). 6 Statt vieler Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 352; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG Rn. 42. 7 Leinekugel/Heusel, GmbHR 2012, 309, 314.
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wird. Der in § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 DrittelbG in Bezug genommene § 112 AktG (Vertretung der Gesellschaft durch den Aufsichtsrat) wird insoweit verdrängt1. c) Einfluss des AGG auf die Besetzung der Geschäftsführung 1139
Von zunehmender Bedeutung für die ordnungsgemäße Besetzung der Geschäftsführung ist die Beachtung der Diskriminierungsverbote des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Unter den in § 7 i.V.m. § 1 AGG aufgelisteten Diskriminierungsverboten hat insbesondere die Benachteiligung wegen des Alters hervorgehobene praktische Bedeutung (siehe bereits oben Rn. 343 ff. zur AG). Die Anwendung des AGG auf GmbH-Geschäftsführer bereitet allerdings Schwierigkeiten, da noch nicht abschließend geklärt ist, unter welchen Voraussetzungen die Geschäftsführer als Arbeitnehmer i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1 AGG oder als Organmitglieder i.S. des § 6 Abs. 3 AGG anzusehen sind. Ersterenfalls ist das AGG uneingeschränkt anwendbar, letzterenfalls nur in Bezug auf den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg (§ 6 Abs. 3 AGG).
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Für die Bestellung und Wiederbestellung von Geschäftsführern sowie den Abschluss des Anstellungsvertrags kann die Frage dahinstehen. Da hier der Zugang zur Erwerbstätigkeit i.S. des § 6 Abs. 3 AGG betroffen ist, ist das AGG allemal anwendbar2, also auch dann, wenn man die GmbH-Geschäftsführer nicht als Arbeitnehmer einstuft. Nicht gesagt ist damit, dass Benachteiligungen eines Bewerbers wegen des Alters per se unzulässig wären; sie bedürfen jedoch einer sachlichen Rechtfertigung nach §§ 8, 10 AGG3. Diese ist jedenfalls bei Anknüpfung einer Höchstaltersgrenze an die gesetzliche Regelaltersgrenze gegeben (§ 10 Satz 3 Nr. 5 AGG)4.
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Dagegen fallen die Kündigung des Anstellungsvertrags und die Abberufung nicht unter den Zugang zur Erwerbstätigkeit nach § 6 Abs. 3 AGG5. 1 Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 77; Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 104; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 352; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, Rn. 250 i.V.m. Rn. 116. 2 BGH v. 23.4.2012 – II ZR 163/10, BGHZ 193, 10 = GmbHR 2012, 845; zuvor bereits Lutter, BB 2007, 725 ff.; kritisch – für Erstreckung des Anwendungsbereichs des § 6 Abs. 3 AGG nur auf das Anstellungs-, nicht aber auf das Bestellungsverhältnis – Bauer/Arnold, NZG 2012, 921, 922; Preis/Sagan, ZGR 2013, 26, 65 f. 3 Näher dazu BGH v. 23.4.2012 – II ZR 163/10, BGHZ 193, 10 = GmbHR 2012, 845 Rn. 41 ff.; Lutter, BB 2007, 725, 727 f.; Hohenstatt/Naber, ZIP 2012, 1989, 1993 ff. 4 Ganz h.M., etwa Bauer/Arnold, ZIP 2012, 597, 600; Lutter, BB 2007, 725, 727; Ziemons, KSzW 2013, 19, 26 f. m.w.N.; einschränkend in Bezug auf nicht sozialversicherungspflichtige Geschäftsführer aber Kort, WM 2013, 1049, 1053 f. Zur umstrittenen Frage der Zulässigkeit niedrigerer Altersgrenzen oben Rn. 345. 5 BGH v. 23.4.2012 – II ZR 163/10, BGHZ 193, 10 = GmbHR 2012, 845 Rn. 21. Nach Schubert, ZIP 2013, 289, 291 ff. soll darin jedoch eine unzureichende Umsetzung der Gleichbehandlungsrichtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2006/54/EG liegen.
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Insoweit kommt es daher für die Anwendbarkeit des AGG auf die Arbeitnehmereigenschaft der Geschäftsführer an. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind auch Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft (ungeachtet ihrer Organqualität nach nationalem Gesellschaftsrecht) als Arbeitnehmer im europarechtlichen Sinne anzusehen, sofern sie gegen Entgelt tätig werden, in die Gesellschaft eingegliedert sind, ihre Tätigkeit nach den Weisungen oder unter der Aufsicht eines anderen Gesellschaftsorgans ausüben und jederzeit ohne Einschränkung von ihrem Amt abberufen werden können1. Es liegt nahe, diese Rechtsprechung auf die dem AGG zugrunde liegenden Antidiskriminierungsrichtlinien zu übertragen. Daraus folgt, dass im Wege richtlinienkonformer Auslegung auch Geschäftsführer einer GmbH als Arbeitnehmer i.S. des § 6 Abs. 1 AGG anzusehen sind, sofern sie jederzeit gegen ihren Willen abberufen werden können. Letzteres trifft auf nicht oder nur unwesentlich an der GmbH beteiligte Geschäftsführer einer mitbestimmungsfreien oder drittelmitbestimmten GmbH regelmäßig zu (Rn. 1134)2. Anderes wird aber für Geschäftsführer einer paritätisch mitbestimmten GmbH gelten müssen, da diese nach § 84 Abs. 3 AktG i.V.m. § 31 Abs. 1 MitbestG nur aus wichtigem Grund abberufen werden können (Rn. 1133)3. d) Organisationskompetenz aa) Paritätisch mitbestimmte GmbH Das MitbestG verweist nicht auf § 77 AktG. Daraus wird überwiegend abgeleitet, dass Geschäftsordnung und Geschäftsverteilung der Gesellschafterversammlung vorbehalten sind4. Der Aufsichtsrat könne deshalb auch weder bei der Bestellung noch im Anstellungsvertrag5 eine Vertei1 EuGH v. 11.11.2010 – C-232/09, Slg. I-11405 = AG 2011, 165 Tz. 51 (zur Mutterschutzrichtlinie 92/85/EWG). 2 Für Anwendung des § 6 Abs. 1 AGG daher auch die überwiegende Ansicht; Bauer/Arnold, ZIP 2012, 597, 598 f.; Hohenstatt/Naber, ZIP 2012, 1989 f.; Kort, NZG 2013, 601, 607; Schubert, ZIP 2013, 289, 290 f.; jew. m.w.N.; a.A. Bauer/ Göpfert/Krieger, Komm. AGG, § 6 Rn. 35a; offen gelassen von BGH v. 23.4.2012 – II ZR 163/10, BGHZ 193, 10 Tz. 17 = GmbHR 2012, 845. 3 Preis/Sagan, ZGR 2013, 26, 45. Aus diesem Grund werden auch Vorstandsmitglieder einer AG überwiegend nicht als Arbeitnehmer i.S. des § 6 Abs. 1 AGG angesehen; siehe Bauer/Arnold, ZIP 2012, 597, 598 f.; Hohenstatt/Naber, ZIP 2012, 1989, 1990; Kort, NZG 2013, 601, 606; jew. m.w.N.; a.A. Ziemons, KSzW 2013, 19, 20. 4 Paefgen in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 35 Rn. 139; Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 37 Rn. 73 f.; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 30 MitbestG Rn. 13 f.; Hoffmann/ Lehmann/Weinmann, Komm. MitbestG, § 30 Rn. 27; Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 234; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 30 MitbestG Rn. 21. 5 Paefgen in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 35 Rn. 139; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 30 MitbestG Rn. 21; insoweit anders Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 30 MitbestG Rn. 43.
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lung der Geschäftsführungsbereiche der Geschäftsführer vornehmen. In der Konsequenz dieser Betrachtung liegt es, dem Aufsichtsrat auch die Ernennung eines Vorsitzenden der Geschäftsführung zu versagen, sofern dies nicht in der Satzung vorgesehen ist1. 1143
Die dargestellte Auffassung ist nicht unbedenklich: Ebenso wie die Bestellung und die Anstellung bilden Bestellung und Geschäftsverteilung eine im Grunde untrennbare Einheit. Sachgerechte Personalauswahl kann nur funktionsbezogen erfolgen; ohne zugleich über den Aufgabenbereich befinden zu können, kann der Aufsichtsrat seiner Aufgabe zu sachgerechter Bestellung von Geschäftsführern kaum nachkommen. In Gesellschaften mit mehr als 2000 Mitarbeitern – und davon ist hier die Rede – sucht man eben für die Geschäftsführung einen Ingenieur, einen Chemiker, einen Verkaufschef oder einen Marketingmann, einen Finanzchef oder Steuerfachmann, aber nicht jemanden, der irgendetwas kann. Es dürfte deshalb eher zutreffen, die Kompetenz der Gesellschafter auf die abstrakt-generelle Einrichtung der Geschäftsbereiche zu beschränken und die Zuweisung dieser Bereiche an bestimmte Personen dem Aufsichtsrat als Teil seiner Bestellungshoheit vorzubehalten2.
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Diese Überlegungen werden durch die Pflicht zur Bestellung eines Arbeitsdirektors nach § 13 MontanMitbestG, § 33 MitbestG bestätigt. Denn hier hat das Gesetz ein bestimmtes Ressort zwingend vorgeschrieben und den Aufsichtsrat angewiesen, es mit einer bestimmten, von ihm auszuwählenden Person zu besetzen. In diesen Vorgang kann die Gesellschafterversammlung nicht eingreifen3.
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Aus diesen Gründen wird man die Kompetenz der Gesellschafter zum Erlass einer Geschäftsordnung nur als vorrangige, nicht als ausschließliche Befugnis gegenüber dem Aufsichtsrat verstehen müssen. Die Gesellschafter können eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführer erlassen und sind dabei – anders als nach § 77 Abs. 2 Satz 2 AktG – nicht auf die Regelung von Einzelfragen beschränkt. Machen sie von diesem Recht aber keinen Gebrauch, steht dem Aufsichtsrat als Annex zu seiner Bestel-
1 So Koppensteiner/Gruber in Rowedder/Schmidt-Leithoff, Komm. GmbHG, § 37 Rn. 44; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 30 MitbestG Rn. 9; Hoffmann/Lehmann/Weinmann, Komm. MitbestG, § 31 Rn. 47; Werner in FS Fischer, S. 821, 826; Rittner, DB 1979, 973, 976; a.A. Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 37 Rn. 30; Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 301; Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 30 MitbestG Rn. 6; differenzierend Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 219. 2 Näher dazu Krieger, Personalentscheidungen, S. 294. 3 Diese Grenze der Geschäftsverteilungskompetenz seitens der Gesellschafterversammlung wird auch von der h.M. anerkannt; vgl. etwa Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 30 MitbestG Rn. 13 und Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 30 MitbestG Rn. 18.
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lungskompetenz die Befugnis zu, von sich aus die Geschäftsordnung zu regeln1. Auch bei dieser Betrachtung bleibt die Entscheidung, ob ein Vorsitzender der Geschäftsführung zu bestellen ist, vorrangig der Gesellschafterversammlung vorbehalten: Sie kann die Bestellung eines Vorsitzenden anordnen oder untersagen. Verzichten die Gesellschafter auf eine Regelung, kann der Aufsichtsrat selbst entscheiden; ordnen sie die Bestellung eines Vorsitzenden an, obliegt seine Auswahl allein dem Aufsichtsrat2.
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bb) Drittelmitbestimmte GmbH nach DrittelbG Alle diese Fragen entstehen in drittelmitbestimmten GmbHs nach dem DrittelbG nicht: Hier stehen alle diese Aufgaben und Kompetenzen allein der Gesellschafterversammlung zu.
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e) Bestellung von Prokuristen aa) Paritätisch mitbestimmte GmbH Die Bestellung von Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Geschäftsbetrieb ist nach § 46 Nr. 7 GmbHG Aufgabe der Gesellschafter. Diese fällen die interne Entscheidung; für den Bestellungsakt nach außen sind die Geschäftsführer zuständig3. Die Mitbestimmungsgesetze weichen davon zwar nicht ausdrücklich ab; nach verbreiteter Auffassung soll es aber wertungswidersprüchlich sein, der Gesellschafterversammlung das Recht zur Bestellung der Geschäftsführer zu nehmen, ihr aber die personalpolitische Entscheidungshoheit unterhalb der Geschäftsführung zu belassen. Deshalb müsse auch diese Kompetenz dem Aufsichtsrat, nach Meinung anderer den Geschäftsführern, zugemessen werden4. Dem ist nicht zuzustimmen. Zumindest so lange, wie Prokuristen und Generalhandlungsbevollmächtigte der Weisung und Aufsicht durch die Geschäftsführer unterstehen, führt die Gesellschafterkompetenz zur Entscheidung über ihre Bestellung allenfalls zu leichten Frik1 Im Ergebnis ebenso Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 30 MitbestG Rn. 40 und näher Krieger, Personalentscheidungen, S. 294 ff.; a.A. die h.M. (Nachw. in Rn. 1142): subsidiäre Zuständigkeit der Geschäftsführer. 2 Näher Krieger, Personalentscheidungen, S. 297 ff. m.w.N. 3 BGH v. 13.6.1984 – VIII ZR 125/83, BGHZ 91, 334, 336 = GmbHR 1985, 79; Hüffer in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 46 Rn. 84 m.w.N.; Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 170; im Ergebnis ebenfalls für die Gesellschafterkompetenz Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 46 Rn. 52; Zöllner, ZGR 1977, 319, 326; Hommelhoff, ZGR 1978, 119, 137 Fn. 44. 4 So u.a. für Aufsichtsratskompetenz: Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/ Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 67; Naendrup in GK-MitbestG, § 25 Rn. 133; für Geschäftsführerkompetenz: Säcker, Anpassung von Satzungen, S. 38.
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tionen gegenüber der Aufsichtsratskompetenz zur Bestellung der Geschäftsführer, nicht aber zu dem für eine teleologische Gesetzeskorrektur erforderlichen schwerwiegenden Wertungswiderspruch1. 1149
Das ließe sich allenfalls dann anders beurteilen, wenn nachgeordnete Führungskräfte von der Aufsicht durch die Geschäftsführer und ihrer Weisungsbefugnis freigestellt werden könnten. Das jedoch widerspräche schon geltendem GmbH-Recht und widerspräche erst recht dem Grundgedanken des Mitbestimmungsrechts: Die Gesellschafter können zwar auf die Geschäftsführer einwirken, nicht aber auf das Personal2. bb) Drittelmitbestimmte GmbH nach DrittelbG
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Das zuvor unter Rn. 1148 f. Gesagte gilt erst recht für die drittelmitbestimmte GmbH nach DrittelbG. 5. Mitwirkung auf Gesellschafterebene a) Paritätisch mitbestimmte GmbH
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Sind in der nach MontanMitbestG oder MitbestG mitbestimmten GmbH wesentliche Geschäftsführungsentscheidungen von vornherein den Gesellschaftern vorbehalten und haben diese darüber hinaus das Recht zu verbindlicher Anweisung an die Geschäftsführer, so gewinnt die Frage Bedeutung, ob und inwieweit der Aufsichtsrat hier zur Teilnahme an oder gar Überwachung der Gesellschafterversammlung berufen ist.
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Echte Mitentscheidungsbefugnisse stehen dem Aufsichtsrat insoweit nicht zu. Weder sind Gesellschafterentscheidungen unmittelbar von seiner Mitwirkung abhängig, noch kann er sie mittelbar dadurch seiner Mitwirkung unterwerfen, dass er die Ausführungsmaßnahmen der Geschäftsführer an seine Zustimmung bindet. Auch hat der Aufsichtsrat keine Kompetenz und keine Mittel zur rechtlichen Durchsetzung einer Überwachung der Gesellschafterversammlung: Beide Organe stehen in der paritätisch mitbestimmten GmbH nebeneinander mit je autonomen Befugnissen; keines der beiden Organe ist dem anderen vorgesetzt. Die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats bezieht sich also allein auf den oder die Geschäftsführer3 (soweit die Führung der Geschäfte nicht von der Gesellschafterversammlung durch Anweisung veranlasst ist), nicht aber auf die Gesellschafterversammlung, mag diese durch entsprechende Weisungsbeschlüsse auch selbst geschäftsführend tätig geworden sein (oben Rn. 1120 f.). 1 Ausführlich zum Ganzen Krieger, Personalentscheidungen, S. 299 ff. sowie 4. Aufl. Rn. 945. 2 Näher Krieger, Personalentscheidungen, S. 303 ff. 3 Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 88; Uwe H. Schneider, BB 1981, 249, 252; vgl. auch Martens, AG 1982, 113, 117 und Kallmeyer, ZGR 1983, 57, 70 Fn. 55.
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Die Mitbestimmungsgesetze räumen dem Aufsichtsrat aber beratenden Einfluss ein, wenn sie seinen Mitgliedern – durch Verweisung auf §§ 118 Abs. 3, 125 Abs. 3 und 4 AktG – das Recht auf Teilnahme an den Gesellschafterversammlungen (und auf vorherige Mitteilung der Tagesordnung mitsamt Beschlussvorschlägen) und das damit verbundene Recht zur Kundgabe ihrer Meinung zubilligen1. Dieses Recht ist zugleich Pflicht der Aufsichtsratsmitglieder: Sie haben an den Gesellschafterversammlungen teilzunehmen und sind verpflichtet, den Gesellschaftern mit ihrem Rat und ihrer Meinung zur Verfügung zu stehen. Die Pflicht zur Beratung erstreckt sich in der GmbH auch auf die Geschäftsführung durch die Gesellschafter.
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Ob es in der Hand der Gesellschafter liegt, diese Teilnahme der Aufsichtsratsmitglieder durch Beschlussfassung außerhalb von Gesellschafterversammlungen auszuschließen und damit jeglichen Aufsichtsratseinfluss in bestimmten Fragen der Geschäftsführung zu hindern, wird kontrovers beurteilt. Zwar lässt sich dem MitbestG kein Verbot versammlungsloser Gesellschafterbeschlüsse entnehmen2, andererseits legt die durch § 118 Abs. 3 AktG bewusst eröffnete Teilnahmemöglichkeit durchaus die Erwägung nahe, dass die Gesellschafter vor versammlungsloser Beschlussfassung den Aufsichtsrat zumindest in Kenntnis setzen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen3. Mag dabei auch eine Information sämtlicher Aufsichtsratsmitglieder nicht in Betracht kommen können, so spricht jedenfalls viel für eine Verpflichtung, zumindest durch Unterrichtung des Aufsichtsratsvorsitzenden oder seines Präsidiums dem Gesamtorgan Gelegenheit zur Meinungsäußerung zu geben4.
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b) Drittelmitbestimmte GmbH nach DrittelbG In drittelmitbestimmten GmbHs entstehen alle diese Fragen nicht; der Aufsichtsrat hat keinen (personellen) Einfluss auf die Geschäftsführung und kann sich daher auch in solche Fragen auf der Ebene der Gesell1 Vgl. dazu und zur Frage eines Auskunfts- und eines Beschlussantragsrechts der Aufsichtsratsmitglieder in den Gesellschafterversammlungen einer GmbH Hommelhoff, ZGR 1978, 119, 147; Zöllner in FS Fischer, S. 905, 908 sowie Duden in FS Fischer, S. 95, 98. 2 Wohl einhellige Ansicht; siehe nur Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/ Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 91a; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 48 Rn. 29 m.w.N.; Zöllner in FS Fischer, S. 905, 915 ff. 3 So Hommelhoff, ZGR 1978, 119, 148 f.; Hüffer in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 48 Rn. 58 f. m.w.N.; nachdrücklich a.A. Zöllner in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 48 Rn. 29; Zöllner in FS Fischer, S. 905, 917 ff.; Säcker, NJW 1979, 1521, 1524; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 91a, je mit zahlreichen weiteren Nachw. 4 Für ein eigenes Berichtsrecht des Aufsichtsrats gegenüber der Gesellschafterversammlung Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 89, 120 f.
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schafterversammlung nicht einmischen. Allerdings steht auch diesem Aufsichtsrat gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 DrittelbG, §§ 118 Abs. 3, 125 Abs. 3 und 4 AktG ein Teilnahmerecht an den Gesellschafterversammlungen zu. Er hat also Anspruch auf rechtzeitige Unterrichtung von solchen Versammlungen und ihrer Tagesordnung, kann auf der Versammlung selbst sein Rederecht ausüben. Darüber hinaus können die Gesellschafter jederzeit seinen Rat in Anspruch nehmen. 6. Innere Organisation des Aufsichtsrats a) Paritätisch mitbestimmte GmbH 1156
Hinsichtlich der inneren Organisation des Aufsichtsrats verweist § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG voll auf das AktG, also insbes. seine §§ 107 ff. Daher kann zunächst auf die obigen Rn. 651 ff. verwiesen werden. Es gelten jedoch einige Besonderheiten: (1) Über den Vorsitz im Aufsichtsrat entscheidet der Aufsichtsrat in dem besonderen Verfahren des § 27 MitbestG1. (2) Die Beschlussfähigkeit richtet sich nicht nach § 108 Abs. 2 AktG, sondern ist in § 28 MitbestG abschließend geregelt. (3) Bei Abstimmungen gilt zunächst das Mehrheitsprinzip (§ 29 Abs. 1 MitbestG). Scheitert dieses aber durch ein Patt-Ergebnis, so ist eine zweite Abstimmung über den gleichen Gegenstand anzusetzen. Ergibt auch diese ein Patt, so hat der Aufsichtsratsvorsitzende zur Pattauflösung zwei Stimmen (Doppelstimmrecht nach § 29 Abs. 2 MitbestG)2. b) Drittelmitbestimmte GmbH nach DrittelbG
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In der drittelmitbestimmten GmbH gelten schlechthin die Regeln des Aktienrechts, § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 DrittelbG. 7. Rechte und Pflichten des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds
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Die Rechte und Pflichten des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds unterscheiden sich bei allen mitbestimmten GmbHs in nichts von denjenigen in einer AG. Insbesondere gilt auch hier der Gleichbehandlungsgrundsatz (Rn. 821). Die Satzung allgemein oder die Gesellschafterversammlung durch speziellen Beschluss legen die Vergütung des Aufsichtsrats fest; § 113 AktG ist anwendbar. Ferner dürfen Aufsichtsratsmitglieder auch
1 Näher dazu Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rn. 3 ff.; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 27 MitbestG Rn. 5 ff. 2 Zum Ganzen Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 29 MitbestG Rn. 9 ff.; Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 29 MitbestG Rn. 8 ff., jeweils m.w.N.
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hier nur in eingeschränktem Maße1 und nur mit Zustimmung des Gesamtaufsichtsrats zusätzliche Aufgaben gegen Vergütung in der Gesellschaft übernehmen; § 114 AktG ist also ebenfalls anwendbar2. In Bezug auf § 115 AktG und die dort niedergelegten strengen Regeln für die Kreditvergabe an Aufsichtsratsmitglieder (Rn. 879) ist dagegen zu differenzieren: § 115 AktG gilt nur für die paritätisch mitbestimmte GmbH, nicht für die drittelmitbestimmte, da § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 DrittelbG (wie schon § 77 Abs. 1 BetrVG 1952) jene Vorschrift gerade nicht in Bezug nimmt. Da es sich um ein außergewöhnliches Geschäft handelt, dürfen die Geschäftsführer Kredite an Aufsichtsratsmitglieder aber auch in der drittelmitbestimmten GmbH nicht eigenmächtig vergeben, sondern müssen die Zustimmung der Gesellschafter einholen (§ 49 Abs. 2 GmbHG)3. 8. Das besondere Weisungsrecht der Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat aus § 32 MitbestG Ist eine paritätisch mitbestimmte GmbH Inhaberin von mehr als 25 % der Aktien oder Geschäftsanteile einer anderen paritätisch mitbestimmten AG oder GmbH, so steht allein den Anteilseignervertretern im Aufsichtsrat der beteiligten GmbH für bestimmte wesentliche Entscheidungen „unten“ ein verbindliches Weisungsrecht gegenüber den eigenen Geschäftsführern zu, § 32 MitbestG. Wie sich dieses spezielle Weisungsrecht zum allgemeinen Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung verhält, ist unklar. Nach einer Ansicht besteht zwischen beiden kein Rangverhältnis, es bedürfe vielmehr einer Koordinierung beider Rechte, nach der die Vertreter der Anteilseigner im Aufsichtsrat ausnahmsweise den Weisungen der Gesellschafter unterstünden und verpflichtet seien, deren Weisungen in der Beschlussfassung nach § 32 MitbestG umzusetzen4. Dem wird entgegengehalten, § 32 MitbestG hindere die Gesellschafter nicht, die Entscheidung an sich zu ziehen und dem Vertretungsorgan Weisungen zu erteilen, soweit sie allgemein dazu berechtigt seien. Starr an § 32 MitbestG festzuhalten sei 1 Vgl. BGH v. 3.7.2006 – II ZR 151/04, ZIP 2006, 1529 = AG 2006, 667; BGH v. 20.11.2006 – II ZR 279/05, ZIP 2007, 22 = AG 2007, 80; BGH v. 2.4.2007 – II ZR 325/05, ZIP 2007, 1185 = AG 2007, 484; BGH v. 10.7.2012 – II ZR 48/11, ZIP 2012, 1807 = AG 2012, 712 (Fresenius). Siehe oben Rn. 858 ff. 2 Ungeachtet der starken Position der Gesellschafterversammlung in der GmbH kann die nach § 114 AktG erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats in der mitbestimmten GmbH nicht durch eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung ersetzt werden, da sonst der mitbestimmungsrechtliche Gehalt der Verweisung auf § 114 AktG unterlaufen würde; siehe dazu Scheuffele/Baumgartner, GmbHR 2010, 400, 405; Lutter in FS H.P. Westermann, S. 1171, 1177; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 232 m.w.N. 3 Für Zustimmungserfordernis auch Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 255 (allerdings ohne Bezugnahme auf § 49 Abs. 2 GmbHG); a.A. Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 375. 4 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 32 MitbestG Rn. 21.
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§ 15
Der Pflichtaufsichtsrat einer GmbH
übertriebener Formalismus. In der Tat kann der Zweck des § 32 MitbestG, einer Kumulation der Mitbestimmung entgegenzuwirken1, auch durch eine direkte Entscheidung der Gesellschafter erreicht werden, und zwar dergestalt, dass auch die gesetzliche Zuständigkeitsordnung gewahrt bleibt. Folglich geht das allgemeine Weisungsrecht dem spezielleren des § 32 MitbestG vor2. 9. Haftung der Aufsichtsratsmitglieder a) Haftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der Gesellschaft (Innenhaftung) 1160
Verletzen die Mitglieder des mitbestimmten Aufsichtsrats – gleich ob Anteilseigner- oder Arbeitnehmervertreter – ihre Pflichten gegenüber der GmbH, sind sie ihr gegenüber nach Maßgabe der §§ 116, 93 AktG zum Schadensersatz verpflichtet. Die mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG, § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 DrittelbG) nehmen vollumfänglich auf § 116 AktG und damit auch auf § 93 AktG (mit Ausnahme des Abs. 2 Satz 33) Bezug. Dies ist insofern bemerkenswert, als das Gesetz für den fakultativen Aufsichtsrat eine abweichende Regelung trifft: § 52 Abs. 1 GmbHG verweist ausdrücklich nur auf § 116 i.V.m. § 93 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 AktG, nicht auf § 93 Abs. 3–6 AktG.
1161
Da die §§ 116, 93 AktG entsprechende Anwendung finden, kann hinsichtlich der Modalitäten der Haftung weitgehend auf die zur AG getroffenen Feststellungen (Rn. 981 ff.) Bezug genommen werden. Haftungsbegründend ist also auch hier grundsätzlich jede schuldhafte Pflichtverletzung der Aufsichtsratsmitglieder, die zu einem Schaden der Gesellschaft geführt hat4. Und ebenso wie in der AG ist es auch hier infolge der Beweislastumkehr (§§ 116, 93 Abs. 2 Satz 2 AktG) Sache des in Anspruch genommenen Aufsichtsratsmitglieds, den Entlastungsbeweis der fehlenden Pflichtwidrigkeit oder des fehlenden Verschuldens zu führen, sofern die Gesellschaft nur ihrerseits dargetan hat, dass der Schaden auf einem zumindest möglicherweise pflichtwidrigen Verhalten des Aufsichtsrats beruht (Rn. 1018).
1162
Die Verweisung auf die aktienrechtlichen Vorschriften entbindet den Rechtsanwender jedoch nicht davon, den rechtsformspezifischen Beson1 Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 32 MitbestG Rn. 1. 2 Raiser/Veil, Komm. MitbestG und DrittelbG, § 32 MitbestG Rn. 27; Uwe H. Schneider in GK-MitbestG, § 32 Rn. 35; tendenziell auch Koberski in Wlotzke/ Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 32 MitbestG Rn. 14. 3 Siehe dazu Rn. 1172 (kein notwendiger Selbstbehalt bei D&O-Versicherung). 4 Dies gilt auch, wenn die Aufsichtsratsmitglieder (nahezu) unentgeltlich tätig werden. Die vereinsrechtliche Haftungsprivilegierung des § 31a BGB ist nach zutreffender h.M. nicht analog anwendbar; siehe Verse in Henssler/Strohn, Komm. Gesellschaftsrecht, § 13 GmbHG Rn. 2; E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 187; jew. m.w.N.
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Aufgaben und Kompetenzen des Pflichtaufsichtsrats in der GmbH
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derheiten der GmbH Rechnung zu tragen. Inwiefern sich daraus Modifikationen im Vergleich zur Rechtslage in der AG ergeben, ist noch nicht in allen Punkten hinreichend geklärt. Die in § 116 i.V.m. § 93 Abs. 3 AktG besonders hervorgehobenen Kardi- 1163 nalverstöße gegen ausgewählte Bestimmungen des AktG sind in der GmbH auf die jeweils funktional vergleichbaren Vorschriften des GmbHRechts zu beziehen, soweit sich solche finden lassen1. An die Stelle einer gegen § 57 AktG verstoßenden Einlagenrückgewähr (§ 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG) tritt also in der GmbH der Verstoß gegen § 30 GmbHG, an die Stelle eines gegen § 71 AktG verstoßenden Aktienrückerwerbs (§ 93 Abs. 3 Nr. 3 AktG) ein Verstoß gegen § 33 GmbHG usw. Anwendung findet nach herrschender, aber nicht unbestrittener Ansicht 1164 auch die weitreichende Haftung nach §§ 116, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG2. Nach diesen Vorschriften machen sich die Aufsichtsratsmitglieder haftbar, wenn sie es schuldhaft versäumen, die Geschäftsführer von verbotenen Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, §§ 17, 19 InsO) abzuhalten. An die Stelle des in § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG genannten Zahlungsverbots nach § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG tritt dabei die Parallelvorschrift des § 64 Satz 1 GmbHG. Diese Haftung hat es in sich: Sie geht nach h.M. weiter als die allgemeine Ersatzpflicht nach §§ 116, 93 Abs. 2 AktG, da sie auch dann eingreift, wenn die vom Aufsichtsrat nicht verhinderte Zahlung die insolvente Gesellschaft nicht geschädigt, sondern nur die Insolvenzmasse geschmälert hat (wie z.B. die Tilgung einer Verbindlichkeit). Damit offenbart sich an dieser Stelle ein beträchtliches Haftungsgefälle zwischen obligatorischem und fakultativem GmbH-Aufsichtsrat. Für den fakultativen Aufsichtsrat hat es der BGH nämlich bei der Schadensersatzhaftung nach §§ 116, 93 Abs. 2 AktG bewenden lassen, da § 52 Abs. 1 GmbHG nur hierauf und nicht auf § 93 Abs. 3 GmbHG verweist3. Von größerer Bedeutung als in der AG ist in der GmbH wegen der umfassenden Befugnisse der Gesellschafterversammlung die entsprechende Anwendung des § 116 i.V.m. § 93 Abs. 4 Satz 1 AktG. Danach können weder die Geschäftsführer noch die sie überwachenden Aufsichtsratsmitglieder 1 Näher dazu etwa Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 613; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 209. 2 Habersack, JZ 2011, 1191, 1192 a.E.; Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/ Winter, Komm. GmbHG, Erg.-Band MoMiG, § 52 Rn. 28; Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1209 f.; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 613; Weller, GWR 2010, 541, 543; wohl auch (obiter) BGH v. 20.9.2010 – II ZR 78/09, BGHZ 187, 60 = GmbHR 2010, 1200 Tz. 21 (Doberlug); z.T. abweichend Kiefner/Langen, NJW 2011, 192, 195: Anwendung nur auf den paritätisch mitbestimmten, nicht den drittelmitbestimmten GmbH-Aufsichtsrat (teleologische Reduktion); kritisch auch Noack in FS Goette, S. 345, 353 f.; Zöllner/Noack in Baumbach/ Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 209. 3 BGH v. 20.9.2010 – II ZR 78/09, BGHZ 187, 60 = GmbHR 2010, 1200 (Doberlug); im Schrifttum sehr str., siehe dazu noch unten Rn. 1231.
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§ 15
Der Pflichtaufsichtsrat einer GmbH
für einen Schaden verantwortlich gemacht werden, der auf der Befolgung einer rechtmäßigen und damit verbindlichen Weisung der Gesellschafter an die Geschäftsführer beruht1. 1166
Gleichfalls entsprechend anwendbar ist nach herrschender Ansicht § 116 i.V.m. § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG2. Nach diesen Vorschriften ist ein Verzicht auf einen entstandenen Ersatzanspruch nur zulässig, wenn seit Anspruchsentstehung drei Jahre vergangen sind (Ausnahme § 93 Abs. 4 Satz 4 AktG), die Gesellschafterversammlung zugestimmt und nicht eine Gesellschafterminderheit von mindestens 10 % des Stammkapitals Widerspruch erhoben hat3. Die Anwendung dieser Einschränkungen führt allerdings zu dem merkwürdigen Ergebnis, dass für den Haftungsverzicht hinsichtlich der Aufsichtsratsmitglieder strengere Voraussetzungen gelten als bei der Haftung der Geschäftsführer4. Im Umkehrschluss zu § 52 Abs. 1 GmbHG wird darin jedoch überwiegend eine bewusste und damit hinzunehmende Entscheidung des Gesetzgebers gesehen5.
1167
Ganz ähnliche Ungereimtheiten zeigen sich bei der Frage, ob die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder bereits vorab durch Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag oder durch sonstige Vereinbarungen abgemildert werden kann (z.B. durch Begrenzung der Haftung auf grobe Fahrlässigkeit oder Abkürzung der fünfjährigen Verjährungsfrist nach § 93 Abs. 6 AktG). Die überwiegende Ansicht betrachtet die Haftung als zwingend6 und weiß sich damit in Übereinstimmung mit der Rechtslage in der AG7. Geht man mit der h.M. von der Anwendbarkeit der Verzichtsbeschränkungen nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG aus (Rn. 1166), ist die Annahme ei1 Näher dazu Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 614. 2 Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 264, 307; Henssler in Henssler/Strohn, Komm. Gesellschaftsrecht, § 52 GmbHG Rn. 35; Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 63; Rieble in Bork/Schäfer, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 120; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 615; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 210; a.A. Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 524 (allerdings ohne Unterscheidung nach obligatorischem und fakultativem Aufsichtsrat). 3 Auch eine innerhalb der Dreijahresfrist erteilte Entlastung hat somit (anders als beim fakultativen Aufsichtsrat) keine haftungsbefreiende Wirkung; Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 64. 4 Auf Ansprüche gegen die Geschäftsführer kann in den Grenzen des § 43 Abs. 3 GmbHG auch schon vor Ablauf der Dreijahresfrist und gegen den Willen der Minderheitsgesellschafter verzichtet werden; statt aller Fleischer, MünchKomm. GmbHG, § 43 Rn. 281; Uwe H. Schneider in Scholz, GmbHG, § 43 Rn. 264. 5 Siehe etwa Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 264, 307; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 210: „als klare gesetzliche Anordnung zu respektieren“. 6 Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 63; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 555; Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 256, 307; a.A. Altmeppen, ZIP 2010, 1973, 1978; Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 524. 7 Siehe nur Habersack, MünchKomm. AktG, § 116 Rn. 4 m.w.N.
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§ 15
ner zwingenden Haftung in der Tat konsequent. Unbefriedigend ist allerdings auch hier wieder, dass die Aufsichtsratsmitglieder damit strenger behandelt werden als die Geschäftsführer; für Letztere ist die Zulässigkeit von Haftungserleichterungen heute im Grundsatz anerkannt1. Über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen die Aufsichtsratsmitglieder entscheidet vorbehaltlich abweichender Satzungsbestimmung die Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 8 GmbHG analog)2. Bei pflichtwidrigem Unterbleiben der Geltendmachung kommt auch in Betracht, dass einzelne Gesellschafter den Anspruch im Wege der actio pro socio durchsetzen3. Die Gläubiger der Gesellschafter können den Anspruch nur, aber immerhin unter den engen Voraussetzungen des § 93 Abs. 5 AktG unmittelbar selbst geltend machen4; im Übrigen sind sie auf den Umweg der Pfändung und Überweisung des Ersatzanspruchs der Gesellschaft verwiesen.
1168
b) Haftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber Dritten (Außenhaftung) Wie in der AG begründen die entsprechend anwendbaren §§ 116, 93 AktG nur eine Innenhaftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der Gesellschaft. Eine Haftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber Gesellschaftern, Gläubigern oder Dritten (Außenhaftung) kann sich nur aus anderen Anspruchsgrundlagen ergeben, wobei primär an deliktische Ansprüche (§§ 823 ff. BGB) zu denken ist. Eine solche Haftung wird sich jedoch nur selten begründen lassen; auf die entsprechenden Ausführungen zur AG kann Bezug genommen werden (Rn. 1027 ff.).
1169
Von praktischer Bedeutung ist namentlich die Insolvenzverschleppungshaftung gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a InsO), die neben das insolvenzrechtliche Zahlungsverbot aus § 64 Satz 1 GmbHG (Rn. 1164) tritt. Die Stellung des Insolvenzantrags obliegt zwar nach § 15a Abs. 1 InsO dem Vertretungsorgan, in der GmbH mithin den Geschäftsführern. Der Aufsichtsrat hat aber die Erfüllung die-
1170
1 BGH v. 16.9.2002 – II ZR 107/01, GmbHR 2002, 1197; eingehend Fleischer, MünchKomm. GmbHG, § 43 Rn. 299 ff. m.w.N. 2 Für analoge Anwendbarkeit des § 46 Nr. 8 GmbHG auch K. Schmidt in Scholz, Komm. GmbHG, § 46 Rn. 146; Wicke, Komm. GmbHG, § 46 Rn. 19 a.E.; Zöllner in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 46 Rn. 59 m.w.N.; abw. Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 557. 3 Nach vordringender und heute wohl herrschender Ansicht erstreckt sich der Anwendungsbereich der actio pro socio nicht nur auf Ansprüche der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter, sondern auch auf Ansprüche gegen ihre Organwalter; siehe K. Schmidt in Scholz, Komm. GmbHG, § 46 Rn. 161; Verse in Henssler/ Strohn, Komm. Gesellschaftsrecht, § 14 GmbHG Rn. 124; Verse in FS Uwe H. Schneider, S. 1325, 1333 f. m.w.N. 4 Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 265, 307; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 210; a.A. – kein Verfolgungsrecht – Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 621.
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§ 15
Der Pflichtaufsichtsrat einer GmbH
ser Pflicht durch die Geschäftsführer zu überwachen. Stellen die Aufsichtsratsmitglieder fest, dass die Gesellschaft insolvenzreif ist (§§ 17, 19 InsO), haben sie die Geschäftsführer dazu anzuhalten, rechtzeitig den Insolvenzantrag zu stellen1. Leisten diese der Aufforderung keine Folge, muss der paritätisch mitbestimmte Aufsichtsrat die Geschäftsführer abberufen. Der drittelmitbestimmte Aufsichtsrat, der keine eigene Kompetenz zur Abberufung hat, muss die Gesellschafterversammlung einberufen und diese von der Insolvenzreife unterrichten2. Bleiben die Aufsichtsratsmitglieder trotz Kenntnis der Insolvenzreife hinter diesen Anforderungen zurück, sind auch sie als Gehilfen (§ 830 Abs. 2 BGB) für die Insolvenzverschleppung haftbar3. 1171
Ist die Gesellschaft ausnahmsweise führungslos, d.h. ohne Geschäftsführer (§ 35 Abs. 1 Satz 2 GmbHG, § 10 Abs. 2 Satz 2 InsO) – etwa weil die bisherigen Geschäftsführer ihr Amt niedergelegt haben und noch kein neuer bestellt ist –, geht die Insolvenzantragspflicht nach § 15a Abs. 3 InsO nicht wie in der AG auf die Aufsichtsratsmitglieder, sondern auf die Gesellschafter über. Diese Regelung leuchtet für die GmbH mit fakultativem oder drittelmitbestimmtem Aufsichtsrat unmittelbar ein, da hier die Gesellschafter für die Bestellung der Geschäftsführer verantwortlich sind. Bei der paritätisch mitbestimmten GmbH spricht dagegen die Bestellungskompetenz des Aufsichtsrats (§ 31 MitbestG) eigentlich dafür, die Antragspflicht entsprechend der Rechtslage in der AG den Aufsichtsratsmitgliedern aufzubürden4. Für eine Korrektur des Wortlauts des § 15a Abs. 3 InsO ist gleichwohl kein Raum: Es fehlt an einer planwidrigen Lücke, da der Gesetzgeber ausweislich der Materialien den Fall einer GmbH mit Aufsichtsrat gesehen und eine Ersatzzuständigkeit desselben verworfen hat5. Die Antragspflicht der Gesellschafter entbindet die Aufsichtsratsmitglieder aber nicht davon, auf eine rechtzeitige Antragstellung durch die Gesellschafter oder neu zu bestellende Geschäftsführer hinzuwirken. c) D&O-Versicherung
1172
Zur Versicherung des Haftungsrisikos werden zunehmend auch in Gesellschaften mbH D&O-Versicherungen abgeschlossen, die bei Existenz eines Aufsichtsrats typischerweise neben den Geschäftsführern auch die Aufsichtsratsmitglieder als versicherte Personen mit einschließen. Ein 1 BGH v. 16.3.2009 – II ZR 280/07, GmbHR 2009, 654 Tz. 15 (zur AG). 2 Haas in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 64 Rn. 174d; Strohn, NZG 2011, 1161, 1163. 3 Näher dazu Strohn, NZG 2011, 1161, 1163. 4 So denn auch Haas in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 64 Rn. 169; Habersack, JZ 2010, 1191, 1192; Thiessen, ZGR 2011, 275, 289. 5 Vgl. Rechtsausschuss, BT-Drucks. 16/9737, S. 56; wie hier Altmeppen in Roth/ Altmeppen, Komm. GmbHG, Vor § 64 Rn. 64; Casper in Ulmer/Habersack/ Henssler, Komm. GmbHG, Erg.-Band MoMiG, § 64 Rn. 176; Schmidt-Leithoff/ Baumert in Rowedder/Schmidt-Leithoff, Komm. GmbHG, § 64 Rn. 72.
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Besonderheiten der kapitalmarktorientierten GmbH
§ 15
Selbstbehalt der Aufsichtsratsmitglieder muss dabei ebenso wenig vereinbart werden wie in der AG, da § 116 AktG nicht auf § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG verweist. Auch im Übrigen kann auf die Ausführungen zur AG Bezug genommen werden (Rn. 1033 ff.).
V. Besonderheiten der kapitalmarktorientierten GmbH Nach Art. 41 Abs. 1 und 2 der Abschlussprüferrichtlinie1 müssen die Mitgliedstaaten der EU kapitalmarktorientierten Gesellschaften vorschreiben, einen Prüfungsausschuss zu bilden, der für die Überwachung der Rechnungslegung, der Abschlussprüfung und der internen Kontroll- und Risikomanagementsysteme zuständig ist. Zudem müssen Vorschläge des Aufsichtsrats zur Wahl der Abschlussprüfer auf eine Empfehlung des Prüfungsausschusses gestützt werden (Art. 41 Abs. 3). Mindestens ein Mitglied dieses Ausschusses muss nach den Vorgaben der Richtlinie unabhängig sein und über Sachverstand in den Bereichen der Rechnungslegung oder der Abschlussprüfung verfügen. Als Alternative zur Bildung eines Prüfungsausschusses lässt es die Richtlinie aber auch zu, dass die Aufgaben des Prüfungsausschusses durch ein anderes Kontrollgremium wahrgenommen werden (Art. 41 Abs. 5); damit ist auch und gerade der (Gesamt-)Aufsichtsrat gemeint2.
1173
Der deutsche Gesetzgeber ist diesen Anforderungen mit dem BilMoG3 insbesondere durch Einführung der §§ 100 Abs. 5, 107 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4, 124 Abs. 3 Satz 2 AktG nachgekommen. Danach muss in kapitalmarktorientierten Aktiengesellschaften dem Aufsichtsrat (§ 100 Abs. 5 AktG) und, wenn der Aufsichtsrat einen Prüfungsausschuss bildet, auch diesem (§ 107 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 AktG) mindestens ein Mitglied angehören, das unabhängig ist (Rn. 26) und über Sachverstand in Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügt (Rn. 757). Hat der Aufsichtsrat einen Prüfungsausschuss gebildet, muss sich in der AG ferner der Vorschlag des Aufsichtsrats für die Wahl des Abschlussprüfers auf die Empfehlung des Prüfungsausschusses stützen (§ 124 Abs. 3 Satz 2 AktG). Über die Verweisungen in den Mitbestimmungsgesetzen gelten diese Vorgaben entsprechend auch für die mitbestimmte GmbH (§§ 6 Abs. 2, 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG, § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 DrittelbG)4, soweit diese
1174
1 Richtlinie 2006/43/EG vom 17.5.2006, ABl. EU Nr. L 157 vom 9.6.2006, S. 87. 2 Habersack, AG 2008, 98, 100 f.; Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 9 Rn. 72. 3 Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz vom 28.5.2009, BGBl. I 2009, 1102. 4 Diese Vorschriften verweisen zwar im Unterschied zu § 52 Abs. 1 GmbHG explizit nur auf §§ 100 Abs. 5, 107 Abs. 4 AktG und nicht auf § 124 Abs. 3 Satz 2 AktG. Dies beruht aber ersichtlich auf einem Redaktionsversehen, das mit Blick auf Art. 41 Abs. 3 Abschlussprüfer-Richtlinie im Wege richtlinienkonformer Auslegung zu korrigieren ist; Braun/Louven, GmbHR 2009, 965, 969; Gernoth, NZG 2010, 292, 295; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 275. Allerdings kommt § 124 Abs. 3 Satz 2 AktG in der GmbH nur zum Tragen, wenn der Aufsichtsrat überhaupt einen Wahlvorschlag unterbreitet (was ihm freisteht, da we-
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§ 15
Der Pflichtaufsichtsrat einer GmbH
kapitalmarktorientiert ist. Dies ist nach § 264d HGB bei Gesellschaften der Fall, die Schuldverschreibungen oder sonstige Wertpapiere (z.B. Genussscheine) am organisierten Markt (§ 2 Abs. 5 WpHG) emittieren oder die Zulassung zum Handel am organisierten Markt beantragt haben. 1175
Ist eine GmbH kapitalmarktorientiert i.S. des § 264d HGB, verfügt sie aber über keinen Aufsichtsrat (weder obligatorisch noch fakultativ), ist als Auffangregelung § 324 HGB zu beachten. Nach dieser Vorschrift muss die kapitalmarktorientierte GmbH zwar nicht eigens einen Aufsichtsrat einrichten. Wenn sie auf einen Aufsichtsrat verzichtet, muss sie aber einen Prüfungsausschuss bilden, dem mindestens ein unabhängiges und sachverständiges Mitglied i.S. des § 100 Abs. 5 HGB angehören muss. Bei diesem Prüfungsausschuss handelt es sich dann nicht wie sonst um einen Ausschuss des Aufsichtsrats, sondern um ein eigenständiges Organ der kapitalmarktorientierten GmbH1.
1176–1180 Einstweilen frei.
der in den Mitbestimmungsgesetzen noch in § 52 Abs. 1 GmbHG auf § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG verwiesen wird; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 275). 1 Habersack/Schürnbrand, Großkomm. HGB, § 324 Rn. 13.
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§ 16 Der freiwillige (fakultative) Aufsichtsrat in der GmbH I. Überblick Jede Aktiengesellschaft muss einen Aufsichtsrat haben, nur die Zahl seiner Mitglieder und deren Zusammensetzung hängen von der Größe der Gesellschaft, der Zahl ihrer Arbeitnehmer und dem Tätigkeitsbereich des Unternehmens ab. In der GmbH gibt es den Aufsichtsrat als Pflichtorgan im Grundsatz nicht. Nur ausnahmsweise – und gemessen an der Zahl von heute mehr als 1 Mio.1 GmbHs ist es tatsächlich nach wie vor die Ausnahme – ist ein Aufsichtsrat spezialgesetzlich vorgeschrieben: zum einen, sofern die Gesellschaft mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt, nach den Mitbestimmungsgesetzen (DrittelbG, MitbestG, MontanMitbestG, MitbestErgG) und zum anderen für externe Kapitalverwaltungsgesellschaften nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (§ 18 Abs. 2 KAGB)2.
1181
Vor diesem Hintergrund erlaubt das Gesetz in § 52 GmbHG der mitbestimmungsfreien und nicht dem § 18 Abs. 2 KAGB unterfallenden GmbH die Einführung eines fakultativen Aufsichtsrats. Aber das Gesetz erlaubt nicht nur die Einführung, sondern auch seine individuelle Ausgestaltung: Während die Rechte und Pflichten jedes Pflichtaufsichtsrats nach AktG, DrittelbG, MitbestG, MontanMitbestG, MitbestErgG und KAGB im Gesetz festgelegt sind, können die Rechte und Pflichten des fakultativen Aufsichtsrats nach § 52 GmbHG nahezu beliebig gestaltet werden (vgl. § 52 Abs. 1 letzter Halbsatz GmbHG). Nur dann und nur insoweit, wie die Satzung der betreffenden GmbH von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch macht, verweist das Gesetz mit § 52 GmbHG auf bestimmte Regeln des AktG: Es gilt dann – hinsichtlich der Rechte und Pflichten, nicht hinsichtlich der Zusammensetzung – weitgehend das Gleiche wie für den Pflicht-Aufsichtsrat nach DrittelbG.
1182
II. Die Einrichtung und Ordnung des fakultativen Aufsichtsrats 1. Einrichtung durch Satzung Grundlage der Einrichtung eines solchen fakultativen Aufsichtsrats ist allein die Satzung der betreffenden GmbH. Ein einfacher Gesellschafterbeschluss oder schuldrechtliche Vereinbarungen genügen nicht3. Die Re1 Vgl. die Erhebung von Kornblum, GmbHR 2013, 693: 1 098 222 GmbHs (incl. 78 680 UG) (Stand: 1.1.2013). 2 Siehe dazu im Einzelnen oben unter § 15 (Rn. 1091 ff.). 3 Allgemeine Ansicht, siehe nur Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 34 f. m.w.N.
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§ 16
Der freiwillige Aufsichtsrat in der GmbH
gelung in der Satzung kann aber auch noch nachträglich durch Satzungsänderung eingeführt werden1. 2. Ausgestaltung 1184
Die Satzung kann sich darauf beschränken, die Einrichtung des Aufsichtsrats in der GmbH anzuordnen. Geschieht nicht mehr, so gelten für die Rechte und Pflichten dieses Aufsichtsrats im Wesentlichen die obigen Ausführungen (Rn. 1091 ff.) zum Aufsichtsrat nach DrittelbG; denn die dann maßgebende Verweisung des § 52 GmbHG auf bestimmte Vorschriften des AktG entspricht weitgehend2 der Verweisung in § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 DrittelbG.
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Im Übrigen kann die Satzung vielfache Einzelregelungen treffen. Soweit das geschieht, verdrängen diese statutarischen Regelungen diejenigen des AktG bis auf ganz wenige Grundsätze, die unabdingbar sind und nachstehend ausdrücklich erwähnt werden. 3. Zusammensetzung des fakultativen Aufsichtsrats
1186
Die Satzung kann zunächst einmal die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder beliebig festlegen. Üblich sind mindestens drei und höchstens fünf Mitglieder. Nach der h.M. soll aber auch ein Aufsichtsrat mit nur einem Mitglied zulässig sein3. Das ist problematisch, da sich die Vorstellung vom Aufsichtsrat allgemein und so, wie § 52 GmbHG das meint, am Kollegium orientiert4. Man sollte daher auf jeden Fall bei solcher Gestaltung nicht von Aufsichtsrat sprechen, sondern von einem Delegierten (der Gesellschafterversammlung) oder allenfalls einem Beirat: Denn die Gesellschafterversammlung kann die ihr zustehenden Befugnisse – z.B. die Überwachung der Geschäftsführung – jedenfalls teilweise auch an eine Einzelperson delegieren5.
1187
Regelt die Satzung die Frage nach der Zahl der Aufsichtsratsmitglieder nicht, so ist nach § 52 Abs. 1 GmbHG die Vorschrift des § 95 Satz 1 AktG 1 Statt aller Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 4; Potthoff/ Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 52. 2 Aber nicht durchweg; siehe insbesondere zur Haftung der Aufsichtsratsmitglieder unten Rn. 1229 ff. 3 RG, RGZ 82, 386; Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 208; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 32; Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 28; Rieble in Bork/Schäfer, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 92; Simon, GmbHR 1999, 258. 4 Ähnlich schon RG, RGZ 146, 145, 151: der Aufsichtsrat als Kollegium; zweifelnd auch Geßler, GmbHR 1974, 202, 205; Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 5. 5 Vgl. z.B. OLG Frankfurt a.M. v. 28.4.1981 – 20 W 795/80, DB 1981, 2487 = AG 1981, 230; zu den Grenzen der Delegation vgl. K. Schmidt in Scholz, Komm. GmbHG, § 45 Rn. 13.
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§ 16
anzuwenden. Danach besteht der Aufsichtsrat aus drei Mitgliedern. Allerdings ist jeweils sorgfältig zu prüfen, ob die Satzung so ausgelegt werden kann, dass die Festlegung der Mitgliederzahl dem Bestellungsakt vorbehalten bleiben soll. In diesem Fall kann die Gesellschafterversammlung auch eine höhere Zahl von Mitgliedern wählen1. Trifft die Satzung zu den Modalitäten der Wahl keine Regelung, so werden die Mitglieder des Aufsichtsrats von der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit gewählt (§ 47 Abs. 1 GmbHG).
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Im Übrigen finden sich in diesem Zusammenhang nicht selten Regelungen in der Satzung, die einem oder mehreren Gesellschaftern ein statutarisches Recht auf Mitgliedschaft im Aufsichtsrat einräumen oder ihnen die Befugnis geben, sich oder einen Dritten direkt als Aufsichtsratsmitglied zu bestellen (sog. Entsendungsrecht). Es mag aber auch sein, dass die betreffenden Gesellschafter (nur) berechtigt sein sollen, sich oder andere zur Wahl in den Aufsichtsrat zu benennen mit der Folge, dass die Gesellschafterversammlung dann zur Wahl dieser Person in den Aufsichtsrat verpflichtet ist, soweit nicht in der betreffenden Person ein wichtiger Grund entgegensteht2.
1189
Die gleichen Rechte können auch einer bestimmten Gesellschaftergruppe (z.B. den Mitgliedern eines bestimmten Familienstammes) eingeräumt werden.
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4. Persönliche Voraussetzungen Aufsichtsratsmitglieder müssen natürliche Personen und voll geschäftsfähig sein (§ 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 100 Abs. 1 AktG). Das ist abweichend vom Grundsatz der Satzungsfreiheit (§ 52 Abs. 1 letzter Halbsatz GmbHG) richtiger Ansicht nach unabdingbar3. Ebenso unabdingbar ist die Unvereinbarkeit von Geschäftsführung und Mitgliedschaft im Aufsichtsrat (§ 105 Abs. 1 AktG): Niemand kann sich in unserem System des Aufsichtsrats selbst überwachen4. Außerdem gilt kraft ausdrücklicher 1 Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 79; generell für diese Möglichkeit Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 5. 2 Vgl. OLG Hamm v. 8.7.1985 – 8 U 295/83, ZIP 1986, 1188 mit Anm. Lutter, ZIP 1986, 1195 ff. zum Recht auf Geschäftsführung. 3 Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 11; Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 30; Koppensteiner/ Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 12; a.A. aber Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 254; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 124; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 34. 4 OLG Frankfurt a.M. v. 21.11.1986 – 20 W 247/86, DB 1987, 85; Lutter in Lutter/ Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 11; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 126; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 28 und 39; Müller, Beck’sches Hdb. GmbH, § 6 Rn. 31; a.A. aber Großfeld/Brondics, AG 1987, 293, 299 f.; Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52
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Verweisung hier auch § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AktG, wonach Mitglied im Aufsichtsrat nicht sein kann, wer Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied eines von dieser GmbH abhängigen Unternehmens ist1. Im Sonderfall der kapitalmarktorientierten GmbH (§ 264d HGB) muss ferner mindestens ein Mitglied unabhängig und in Rechnungslegungsfragen sachverständig sein (§ 100 Abs. 5 AktG, dazu noch Rn. 1234 f.). 1192
Allen diesen Regelungen aber steht nicht entgegen, dass die Satzung ein Beratungsgremium schafft, dem auch der oder die Geschäftsführer der GmbH bzw. eines abhängigen Unternehmens angehören. Nur: Es handelt sich dann nicht um einen Aufsichtsrat mit den – in dieser Form gar nicht erfüllbaren – Pflichten der Überwachung (siehe dazu auch noch Rn. 1205 ff.).
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Soweit die Satzung keine andere Regelung trifft, gelten hier nicht die Beschränkungen aus § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 3, Satz 3 AktG, also weder die Beschränkung auf zehn Mandate mit der vom KonTraG geschaffenen Doppelzählung des Aufsichtsratsvorsitzes noch das Verbot der sog. Über-Kreuz-Verflechtung2.
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Im Übrigen kann die Satzung beliebige zusätzliche Erfordernisse wie insbesondere Mindestvoraussetzungen bezüglich der beruflichen Erfahrung, der Familien- oder Stammeszugehörigkeit etc. festlegen. Die Satzung kann in diesem Zusammenhang aber auch vorsehen, dass eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmern der Gesellschaft in den Aufsichtsrat gewählt werden muss3 oder dass z.B. der Vorsitzende des Betriebsrats kraft Amtes Mitglied im Aufsichtsrat ist.
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Ein Verstoß gegen die gesetzlich vorgesehenen persönlichen Voraussetzungen (Rn. 1191) führt zur Nichtigkeit der Wahl (analog § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG)4, ein Verstoß gegen zusätzliche Erfordernisse der Satzung zur
1
2 3
4
Rn. 256; Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 36 (unter Hinweis auf die Aufweichung der Funktionstrennung in der monistischen SE). Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 36 m.w.N.; a.A. Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 260, wonach diese Regel im Konzern und bei bestehender Abhängigkeitslage für den fakultativen Aufsichtsrat abdingbar ist; so auch Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 32. Ebenso Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 262; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 35 und 38; Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 700.3. Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 11; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 120; kritisch Schmidt-Leithoff in Rowedder/SchmidtLeithoff, Komm. GmbHG, Einl. Rn. 249. Wer die Auswahl unter den Arbeitnehmern letztlich trifft, ist wiederum Sache der Satzung; diese kann die Gesellschafterversammlung verpflichten, drei Arbeitnehmer z.B. aus einer Liste des Betriebsrats zu wählen etc. § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG ist auch auf Verstöße gegen § 105 Abs. 1 AktG entsprechend anwendbar; Habersack, MünchKomm. AktG, § 105 Rn. 19; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 122.
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Anfechtbarkeit (analog § 251 Abs. 1 Satz 1 AktG)1. Die erfolgreiche Anfechtung führt ihrerseits zur Nichtigkeit der Wahl (analog §§ 250 Abs. 1, 241 Nr. 5 AktG) und damit nach der Rechtsprechung des BGH dazu, dass das betroffene Aufsichtsratsmitglied in Bezug auf die Beschlussfassung im Aufsichtsrat rückwirkend als Nichtmitglied zu behandeln ist2. Die im Schrifttum mit guten Gründen vertretene Gegenansicht, die auch insoweit die Lehre vom fehlerhaften Bestellungsverhältnis anwenden und das fehlerhaft bestellte Mitglied einem (vorläufig) wirksam bestellten gleichstellen will3, hat der BGH bedauerlicherweise verworfen4. 5. Altersregelungen Hinsichtlich des Alters sind die Vorgaben des AGG5 zu beachten. Zwar wird man Aufsichtsratsmitglieder, sofern sie dem gesetzlichen Leitbild entsprechend weisungsfrei operieren, auch nach dem weiten europarechtlichen Arbeitnehmerbegriff (Rn. 1141) nicht als Arbeitnehmer anzusehen haben. Da die Aufsichtsratsmitglieder aber Organmitglieder i.S. des § 6 Abs. 3 AGG sind, muss sich ihre Bestellung und Wiederbestellung (erstaunlicherweise aber nicht die Abberufung, vgl. Rn. 1140 f.) gleichwohl am AGG messen lassen – allerdings nur, sofern sie für ihre Tätigkeit im Aufsichtsrat eine Vergütung beziehen, da es sonst an einer „Erwerbstätigkeit“ i.S. des AGG fehlt6. Ist der Anwendungsbereich des AGG eröffnet, sind nicht hinreichend gerechtfertigte Benachteiligungen wegen des Alters verboten (§ 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG) und führen zu Entschädigungsansprüchen des Betroffenen (§ 15 AGG).
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Die Anwendbarkeit des AGG steht aber der Festlegung einer angemessenen Mindestaltersgrenze nicht entgegen (§ 10 Satz 3 Nr. 2 AGG). Ein Mindestalter von 30–35 Jahren dürfte als verhältnismäßig anzusehen sein7. Schwieriger gestaltet sich die Beurteilung von Höchstaltersgren-
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1 Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 127. 2 BGH v. 19.2.2013 – II ZR 56/12, AG 2013, 387 Tz. 18 ff. unter Berufung insbes. auf E. Vetter, ZIP 2012, 701, 707 ff.; zu den Konsequenzen dieser Entscheidung näher Ch. Arnold/Gayk, DB 2013, 1830 ff. In Bezug auf Pflichten, Haftung und Vergütung soll dagegen auch nach Ansicht des BGH die Lehre vom fehlerhaften Bestellungsverhältnis zur Anwendung kommen; BGH v. 3.7.2006 – II ZR 151/04, BGHZ 168, 188 = AG 2006, 667 Tz. 14; BGH v. 19.2.2013 – II ZR 56/12, AG 2013, 387 Tz. 19. 3 Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 6 f.; Habersack, MünchKomm. AktG, § 101 Rn. 70 ff.; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 123, jew. m.w.N.; ferner die Schrifttumsnachw. in nachfolgender Fn. 4 BGH v. 19.2.2013 – II ZR 56/12, AG 2013, 387 Tz. 18 ff. Mit Recht kritisch dazu Kiefner/Seibel, Der Konzern 2013, 310 ff.; Priester, GWR 2013, 175 ff.; Rieckers, AG 2013, 383 ff.; Schürnbrand, NZG 2013, 481 ff. 5 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14.8.2006, BGBl. I 2006, 1897. 6 Lutter, BB 2007, 725, 730; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 121. 7 Vgl. auch Bauer/Göpfert/Krieger, Komm. AGG, § 10 Rn. 31: 35 Jahre für einen Personalleiter angemessen.
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zen1. Sie sind aber jedenfalls dann unbedenklich, wenn sie mit dem gesetzlichen Renteneintrittsalter übereinstimmen (§ 10 Satz 3 Nr. 5 AGG). 6. Bestellung und Abberufung 1198
Soweit die Satzung keine Regelung trifft (Entsendungsrecht, Wahlverpflichtung) und die übrigen persönlichen Beschränkungen (oben Rn. 1191 ff.) beachtet werden, ist die Gesellschafterversammlung in der Auswahl der Aufsichtsratsmitglieder frei. Es gilt das schlichte Mehrheitsprinzip bis zur Grenze des Missbrauchs; insbesondere gibt es hier keinen Minderheitenschutz. Soll dieser verwirklicht sein, so muss er in der Satzung ausdrücklich niedergelegt werden2.
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Die Bestellung jedes Aufsichtsratsmitglieds erfolgt mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen (Rn. 1188). Für die Abberufung während der laufenden Amtsperiode ist vorbehaltlich abweichender Satzungsregelung infolge der Verweisung von § 52 Abs. 1 GmbHG auf § 103 Abs. 1 Satz 2 AktG eine 3/4-Mehrheit erforderlich3. Ob dies auch dann gilt, wenn die Abberufung aus einem wichtigen Grund in der Person des betreffenden Aufsichtsratsmitglieds erfolgt, ist umstritten4. Der Gesetzeswortlaut spricht auch hier für eine 3/4-Mehrheit. Jedoch können die Gesellschafter nach Lage des Einzelfalls verpflichtet sein, für die Abberufung aus wichtigem Grund zu stimmen, wenn das Aufsichtsratsmitglied für die Gesellschaft untragbar geworden ist5.
1200
Die Fragen der Amtsdauer von Aufsichtsratsmitgliedern sind beim fakultativen Aufsichtsrat ganz ungeregelt; insbesondere gilt hier nicht die Beschränkung auf eine Höchstdauer der Bestellung von fünf Jahren, da § 52 Abs. 1 GmbHG nicht auf § 102 AktG verweist. Aufsichtsratsmitglieder können also auch auf unbestimmte Zeit oder für eine längere Zeit als fünf Jahre in den fakultativen Aufsichtsrat gewählt werden. Im Übrigen kann eine Regelung durch die Satzung, sonst im Bestellungsbeschluss frei getroffen werden. Dabei ist nicht erforderlich, dass die verschiedenen 1 Näher dazu Lutter, BB 2007, 725, 729 f.; vgl. ferner oben Rn. 345 und Rn. 1140 zu Altersregelungen für Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer. 2 Vgl. Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 218; Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 40. 3 H.M., Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 50; Koppensteiner/Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 19; a.A. für Bestellung auf unbestimmte Zeit Simon, GmbHR 1999, 260: einfache Mehrheit genügt. 4 Für einfache Mehrheit in diesem Fall Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 9; Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 289; a.A. Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 50; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 180; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 47. 5 So zur Abberufung der Geschäftsführer BGH v. 19.11.1990 – II ZR 88/89, NJW 1991, 846 = AG 1991, 137; Verse in Henssler/Strohn, Komm. Gesellschaftsrecht, § 14 GmbHG Rn. 105.
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Aufsichtsratsmitglieder gleich behandelt werden: Ein Mitglied kann auf Lebenszeit, das andere für eine Amtsdauer von nur einem Jahr wirksam bestellt werden1. Erfolgt keine Regelung in der Satzung und auch keine im Bestellungsbeschluss, so ist das betreffende Aufsichtsratsmitglied auf unbestimmte Zeit bestellt2; sein Amt endet dann nur – von Tod und Rücktritt abgesehen – durch Abberufung nach den obigen (Rn. 1199) Regeln. Eine solche Regelung bzw. Nicht-Regelung ist ganz unzweckmäßig und sollte tunlichst durch entsprechende Ordnung in der Satzung vermieden werden.
1201
7. Ersatzmitglieder und Vertreter Sofern die Satzung dies vorsieht, können auch Ersatzmitglieder (vgl. oben § 14) gewählt werden. Ob diese Möglichkeit auch ohne Satzungsgrundlage besteht, ist dagegen zweifelhaft, da § 52 Abs. 1 GmbHG nicht auf § 101 Abs. 3 AktG verweist3.
1202
Darüber hinaus können im freiwilligen GmbH-Aufsichtsrat aufgrund entsprechender Satzungsbestimmung auch richtige Stellvertreter von Aufsichtsratsmitgliedern bestellt werden. Das Stellvertretungsverbot des § 101 Abs. 3 Satz 1 AktG gilt hier nicht4. Je nach dem Inhalt der Satzung bzw. des Bestellungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung können dann solche Vertreter entweder stets für das betreffende Mitglied tätig werden – wenn dieses, gleich aus welchem Grund, nicht teilnimmt – oder nur bei dessen tatsächlicher Verhinderung.
1203
8. Befugnisse, Rechte und Pflichten Trifft die Satzung hinsichtlich der Befugnisse des fakultativen Aufsichtsrats keine Regelung, so ist dieser wie der Aufsichtsrat nach dem DrittelbG nur zur Überwachung der Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet, nicht hingegen zur Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung und nicht zur Feststellung der Bilanz5. Zur Überwachung gehört auch die Überprüfung des Jahresabschlusses und des Konzernabschlusses nach § 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. §§ 170, 171 AktG sowie seit dem KonTraG bei prüfungspflichtigen Gesellschaften (§ 316 HGB) auch die Erteilung 1 Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 278; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 159. 2 Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 277; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 158. 3 Ablehnend daher Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 133; für analoge Anwendung des § 101 Abs. 3 AktG aber Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 227. 4 Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 45; Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 325. 5 § 52 GmbHG verweist auf § 111 AktG, nicht aber auf § 84 AktG und auch nicht auf § 172 AktG.
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des Prüfungsauftrags an den Abschlussprüfer (§ 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG)1. 1205
Da nach § 52 Abs. 1 letzter Halbsatz GmbHG die gesetzlichen Regelungen zum fakultativen Aufsichtsrat grundsätzlich abdingbar sind, scheint auf den ersten Blick die Annahme nahe zu liegen, dass die Zuständigkeiten in der Satzung noch weiter eingeschränkt werden können und der Aufsichtsrat auf eine bloße Beratungsfunktion beschränkt werden kann2. Bei näherem Hinsehen erweist sich ein solches Verständnis jedoch als problematisch. Schon bei den persönlichen Voraussetzungen der Aufsichtsratsmitglieder (Rn. 1191) ist deutlich geworden, dass die Bezugnahmen des § 52 Abs. 1 GmbHG auf die aktienrechtliche Regelung nach h.M. nicht durchweg disponibel sind. Dahinter steht die Überlegung, dass der Rechtsverkehr gewisse Mindeststandards erwartet, wenn sich die Gesellschaft eines „Aufsichtsrats“ berühmt, und infolgedessen die Gefahr der Irreführung besteht, wenn diesen Erwartungen nicht entsprochen wird. Dass auch das Gesetz mit der Bezeichnung Aufsichtsrat eine herausgehobene Funktion verbindet, legen die Transparenzpflichten der §§ 35a Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2 GmbHG nahe, nach denen der Rechtsverkehr zwingend über die Existenz eines Aufsichtsrats zu unterrichten ist3. Geht man daher von einer rechtlich geschützten Verkehrserwartung hinsichtlich gewisser Mindestkompetenzen des Aufsichtsrats aus, ist es nur konsequent, dass es nach herrschender Ansicht einen „Aufsichtsrat“ ohne Überwachungsfunktion nicht geben kann4; denn ein Aufsichtsrat ohne die Befugnis zur Überwachung der Geschäftsführung ist schon dem Wortsinn nach kein Aufsichtsrat5.
1206
Damit ist jedoch umgekehrt nicht gesagt, dass bereits jedwede Schmälerung der Überwachungskompetenz gegenüber dem gesetzlichen Standard dazu führen würde, dass kein Aufsichtsrat mehr vorliegt; eine solche Annahme wäre mit der in § 52 Abs. 1 letzter Halbsatz GmbHG eingeräum1 Siehe hierzu sowie allgemein zu den Auswirkungen des KonTraG auf den Aufsichtsrat bei der GmbH Altmeppen, ZGR 1999, 291, 306 ff. m.w.N.; Bremer, GmbHR 1999, 116. 2 In diesem Sinne Rieble in Bork/Schäfer, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 124. 3 Zu diesem Argument Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 239; E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 453; jew. m.w.N. 4 Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 13; Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 17; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 239; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 27 f.; Müller/Wolf, NZG 2003, 751, 754; Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1211; ausführlich E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 452 ff. („Wo Aufsichtsrat drauf steht, muss auch Aufsicht drin sein.“). 5 Ganz in diesem Sinne sah der Referentenentwurf des GmbH-Gesetzes von 1969 noch eine Regelung vor, welche die Unverzichtbarkeit der Überwachungsaufgabe als Kernaufgabe auch des fakultativen Aufsichtsrats explizit klarstellen sollte (§ 105 Abs. 1, Abs. 8 GmbHG-RefE); siehe dazu Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf eines GmbHG, 1969, S. 254, 264; ferner E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 453.
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ten Satzungsfreiheit nicht vereinbar. Nur der Kern der Überwachungsaufgabe darf nicht tangiert werden. So ist es etwa zulässig, das Recht des Aufsichtsrats zur Festlegung von Zustimmungsvorbehalten (§ 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG) in der Satzung einzuschränken oder auszuschließen1; denn der Aufsichtsrat kann seine Überwachungsaufgabe auch wahrnehmen, indem er sich von den Geschäftsführern unterrichten lässt und bei Missständen die Gesellschafterversammlung einberuft. Auch besteht weithin Einigkeit, dass das formalisierte Verfahren der Prüfung der Rechnungslegung nach §§ 170 f. AktG für den fakultativen Aufsichtsrat nicht zwingend ist. Mit dem Status als Aufsichtsrat unvereinbar wäre es aber, die Prüfung des Abschlusses dem Aufsichtsrat völlig zu entziehen, da es sich dabei um einen Kernbestandteil der Überwachungsaufgabe handelt2. Wollen die Gesellschafter ein Gremium einrichten, dass hinter den soeben skizzierten Minimalkompetenzen zurückbleibt, also etwa ein Gremium mit reinen Beratungsaufgaben, so ist ihnen dies keineswegs verboten. Es handelt sich dann aber eben nicht um einen Aufsichtsrat, sondern lediglich um einen Beirat3 o.Ä. Folglich darf in diesem Fall die Bezeichnung Aufsichtsrat im Rechtsverkehr nicht geführt werden4. Bezeichnet die Satzung ein solches Organ gleichwohl als Aufsichtsrat, kann das Registergericht diese Falschbezeichnung beanstanden (§ 9c Abs. 2 Nr. 2 GmbHG). Im Schrifttum wird darüber hinaus die Ansicht vertreten, dass Satzungsbestimmungen, die dem fakultativen Aufsichtsrat die Überwachungsaufgabe entziehen, nichtig seien mit der Folge, dass die Aufsichtsratsmitglieder entgegen dem Satzungstext doch zur Wahrnehmung der Überwachungsaufgabe verpflichtet seien5. Dem ist jedoch nicht zu folgen, da die bloße Falschbezeichnung nichts daran ändert, dass die Gesellschafter kein Überwachungsgremium schaffen und die „Aufsichtsratsmitglieder“ keine Überwachungsaufgabe übernehmen wollten. Vielmehr ist die Einrichtung des Gremiums mit den gewünschten begrenzten Kompetenzen, d.h. als Beirat, wirksam.
1 Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 15; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 328 m.w.N.; kritisch Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 129 f. 2 Näher E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 453; ferner Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 21; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 113. 3 Dazu Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 109 ff.; ferner Härer, Erscheinungsformen und Kompetenzen des Beirats in der GmbH, 1991; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 1990. 4 E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 454; Großfeld/Brondics, AG 1987, 293, 295: „Täuschung im Rechtsverkehr“. 5 So namentlich E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 454 (unter Berufung auf Raiser/ Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 96, die jedoch ausdrücklich auf die Möglichkeit hinweisen, dass die Satzungsregelung u.U. als wirksame Einrichtung eines Beirats auszulegen sei).
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Während also eine weitere Reduzierung der Befugnisse des fakultativen Aufsichtsrats unter die Grenzen dessen, was nach dem soeben Gesagten zu den Minimal- oder Kernkompetenzen des Aufsichtsrats gehört, nicht möglich ist, ohne dass er die Eigenschaft eines Aufsichtsrats verliert, gilt das nicht für eine Ausweitung seiner Befugnisse1. Dem freiwilligen Aufsichtsrat nach § 52 GmbHG können daher durch die Satzung Mitentscheidungsrechte, etwa die Feststellung der Bilanz oder die Festlegung eines für die Geschäftsführung maßgebenden Budgets, Finanzplans oder Investitionsrahmens, übertragen werden. Ebenso kann die Satzung dem Aufsichtsrat die Befugnis zu Weisungen gegenüber der Geschäftsführung überantworten2. Nicht zuletzt können dem Aufsichtsrat auch das Bestellungs- und Abberufungsrecht bezüglich der Geschäftsführung sowie die Befugnis zum Abschluss und zur Kündigung des Anstellungsvertrages mit den Geschäftsführern übertragen werden3. Trifft die Satzung darüber hinaus keine Regelung, so vertritt der Aufsichtsrat gemäß § 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 112 AktG die GmbH auch gegenüber ausgeschiedenen Geschäftsführern in Streitigkeiten über Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis4. Art und Ausmaß dieser Delegation von Befugnissen der Gesellschafterversammlung auf den Aufsichtsrat ist also allein Angelegenheit der Satzung. Und dies kann durch Satzungsänderung zugunsten und zu Lasten des Aufsichtsrats stets und jederzeit auch geändert werden: Es gibt kein Recht der amtierenden Aufsichtsratsmitglieder auf gleichbleibende Befugnisse, wohl aber die Möglichkeit jedes Mitglieds, deswegen jederzeit sein Amt niederzulegen5.
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Solche Satzungsänderungen können nur die Gesellschafter beschließen; insoweit kommt eine Delegation an den Aufsichtsrat nicht in Betracht.
1210
Im Übrigen verweist § 52 Abs. 1 GmbHG ohne Einschränkung auf § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG. Die Satzung kann6 also Zustimmungsvorbehalte für bestimmte Geschäfte zugunsten des Aufsichtsrats anordnen (näher dazu oben Rn. 112 ff.). Diese Kompetenz steht auch dem Aufsichtsrat selbst zu, soweit sie nicht von der Satzung ausgeschlossen wird (Rn. 1206), etwa 1 Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 13; Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 161; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 123. 2 Allg. M.; Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 13, 69b m.w.N.; Rodewald/Wohlfarter, GmbHR 2013, 689, 691. 3 BGH v. 17.2.1997 – II ZR 278/95, WM 1997, 1015 = AG 1997, 328; Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 13; Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 167; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 122; Großfeld/Brondics, AG 1987, 293, 297. 4 BGH v. 5.3.1990 – II ZR 86/89, WM 1990, 630 = AG 1990, 359; BGH v. 24.11.2003 – II ZR 127/01, GmbHR 2004, 259, 260; BGH v. 23.4.2007 – II ZR 149/06, DStR 2007, 1358; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 367. 5 Vgl. oben Rn. 35 ff.; ferner Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 7; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 192 ff. 6 Das „Muss“ („hat“) des Satzes 2 von § 111 Abs. 4 AktG gilt hier nicht, weil die Verweisung ausdrücklich für abdingbar erklärt worden ist.
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Einrichtung und Ordnung des fakultativen Aufsichtsrats
§ 16
weil deren eigener Zustimmungskatalog als abschließend zu interpretieren ist. Lehnt der Aufsichtsrat die Erteilung seiner Zustimmung (durch Beschluss) ab, können die Geschäftsführer die Gesellschafterversammlung zur endgültigen Entscheidung anrufen. Die Gesellschafterversammlung kann die betreffende Maßnahme dann mit einfacher Mehrheit beschließen1. Das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung hat also auch hier Vorrang gegenüber den Zustimmungsvorbehalten des Aufsichtsrats (näher oben Rn. 1120).
1211
Die Pflichten des Aufsichtsrats folgen seinen Rechten und Befugnissen. Ist er nur zur Überwachung berufen, so hat er allein die oben Rn. 61 ff. erörterten Pflichten mit der Sorgfalt eines ordentlichen Aufsichtsrats wahrzunehmen. Sind ihm weitere Befugnisse zugewiesen, so wachsen die rechtlichen Aufgaben und das Maß an Verantwortung für die Gesellschaft. Das gilt insbesondere dann, wenn der Aufsichtsrat die Personalhoheit über die Geschäftsführung durch die Satzung zugewiesen erhalten hat (vgl. dazu oben Rn. 331 ff.). Zur Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder (§ 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 116 Satz 2 AktG) siehe noch Rn. 1433.
1212
9. Weisungsgebundenheit der Aufsichtsratsmitglieder? Die Aufsichtsratsmitglieder haben ihr Amt eigenverantwortlich, d.h. frei von Weisungen der Gesellschafter, zum Wohl der Gesellschaft wahrzunehmen (§ 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 111 Abs. 5 AktG)2. Während in der AG und der mitbestimmten GmbH hiervon auch in der Satzung nicht abgewichen werden kann, ist dies beim fakultativen Aufsichtsrat umstritten. Die Frage ist insbesondere für GmbHs von Bedeutung, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist (siehe dazu Rn. 1428 f.); sie stellt sich aber auch darüber hinaus.
1213
Das BVerwG hat es in einer neueren Entscheidung für möglich gehalten, in der Satzung eine Weisungsbindung vorzusehen, ohne dass dadurch die Eigenschaft als Aufsichtsrat entfiele3. Nach hier vertretener Ansicht ist dagegen eine Weisungsbindung der Aufsichtsratsmitglieder, die es etwa ermöglicht, bestimmte Bereiche per Weisung aus der Überwachung auszunehmen, mit der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats unvereinbar; die Überwachungsaufgabe wird dadurch in ihrem Kern beeinträchtigt4. Das bedeutet allerdings nicht, dass eine derartige Satzungsbestimmung
1214
1 Das gilt auch dann, wenn der Gesellschaftsvertrag § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG nicht explizit abbedingt; vgl. oben Rn. 1120 mit zahlreichen Nachweisen. 2 Ganz h.M., statt vieler Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 197 f.; kritisch zur Herleitung aus § 111 Abs. 5 AktG Heidel, NZG 2012, 48, 52. 3 BVerwG v. 31.8.2011 – 8 C 16/10, BVerwGE 140, 300 Tz. 21 = GmbHR 2011, 1205 = NJW 2011, 3735 m. Anm. Altmeppen. 4 Ebenso Spindler, ZIP 2011, 689, 695; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 200; E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 457 f.; E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 184 ff. m.w.N.
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§ 16
Der freiwillige Aufsichtsrat in der GmbH
per se nichtig wäre1. Wie in anderen Fällen, in denen die Ausgestaltung des „Aufsichtsrats“ hinter den Minimalanforderungen eines Aufsichtsorgans zurückbleibt, handelt es sich dann aber nicht mehr um ein Organ, das als Aufsichtsrat bezeichnet werden darf und auf das § 52 GmbHG Anwendung findet, sondern um einen Beirat (Rn. 1207). 10. Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder, Beraterverträge 1215
Ob und in welcher Höhe die Aufsichtsratsmitglieder eine Vergütung erhalten, ist ausschließlich Sache der Satzung oder eines Gesellschafterbeschlusses (§ 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 113 AktG). Ohne eine solche Maßnahme besteht auch hier kein Vergütungsanspruch des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds2.
1216
Die Gesellschafterversammlung ist im Rahmen der Festsetzung der Höhe der Vergütung nicht zur Gleichbehandlung der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder verpflichtet. Besonders sorgfältig bedacht werden sollte die Höhe der Vergütung aber, wenn ein Aufsichtsratsmitglied zugleich Gesellschafter oder naher Angehöriger eines Gesellschafters ist; denn bei einer zu großzügigen Handhabung besteht die Gefahr, dass die Vergütung dann wegen ihrer Höhe steuerlich, aber ggf. auch gesellschaftsrechtlich als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet wird3.
1217
Beraterverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern für Leistungen außerhalb der Organtätigkeit unterliegen grundsätzlich den Erfordernissen des § 114 AktG, bedürfen also der Zustimmung des gesamten Aufsichtsrats. Wegen der hierarchischen Struktur der GmbH kann aber (anders als in der mitbestimmten GmbH, Rn. 1158) die Gesellschafterversammlung die Zustimmung oder Zustimmungsverweigerung des Aufsichtsrats durch einen eigenen ablehnenden oder zustimmenden Beschluss ersetzen, soweit die Satzung die Vergütungskompetenz nicht auf den Aufsichtsrat übertragen hat4. Im Übrigen kann die Satzung § 114 AktG auch ganz abbedingen (§ 52 Abs. 1 letzter Halbsatz GmbHG). 1 So aber E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 458; E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 185 m.w.N.; wohl auch Spindler, ZIP 2011, 689, 695. 2 Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 70; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 205. Demgegenüber halten Koppensteiner/Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 39 und Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 123, § 612 BGB (stillschweigend vereinbarte „übliche“ Vergütung) für anwendbar, Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 60 und Müller, Beck’sches Hdb. GmbH, § 6 Rn. 57 jedenfalls für gesellschaftsfremde dritte Aufsichtsratsmitglieder. Dem ist nicht zu folgen: denn die Zuständigkeit der Gesellschafter ist klar gegeben und es gibt keine „stillschweigenden“ Beschlüsse. Etwas anderes kann daher allenfalls in der Einpersonen-GmbH gelten. 3 Vgl. nur Lutter in FS Stiefel, S. 505, 523 ff. sowie Verse in Scholz, Komm. GmbHG, § 29 Rn. 115 ff. 4 Lutter in FS H.P. Westermann, S. 1171, 1177; Scheuffele/Baumgartner, GmbHR 2010, 400, 405; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 232 m.w.N.
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Einrichtung und Ordnung des fakultativen Aufsichtsrats
§ 16
11. Information des Aufsichtsrats und Pflicht zur Vertraulichkeit Das Informationssystem im freiwilligen Aufsichtsrat der GmbH und die Pflichten seiner Mitglieder zur Vertraulichkeit entsprechen nach dem Gesetz (§ 52 Abs. 1 GmbHG verweist auf § 90 Abs. 3, 4, 5 Satz 1 und 2 AktG sowie auf §§ 116, 93 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 2 AktG) dem des mitbestimmten Aufsichtsrats; auf die Ausführungen unter Rn. 1122 f. kann daher verwiesen werden.
1218
Die Satzung kann und sollte dieses unzureichende Informationssystem ordnen und in eine regelmäßige Informationspflicht von der Geschäftsführung an den Aufsichtsrat nach dem Vorbild des § 90 Abs. 1 AktG überführen; siehe dazu mit zahlreichen Nachweisen oben Rn. 317, 11231. Die Satzung oder eine Geschäftsordnung der Gesellschafterversammlung für den Aufsichtsrat kann hier aber auch die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder (§ 116 Satz 2 AktG) beliebig ordnen und insbesondere verschärfen2. Auch hier empfiehlt sich nachdrücklich jedenfalls eine Ordnung dieses Komplexes3.
1219
12. Interne Ordnung des Aufsichtsrats Der Aufsichtsrat entscheidet durch Beschluss mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen (entsprechend § 32 Abs. 1 Satz 3 BGB), sei es in einer ordnungsgemäß mit Tagesordnung geladenen Versammlung (dazu oben Rn. 692 ff.), sei es im schriftlichen bzw. fernmündlichen Umlaufverfahren, wenn kein Aufsichtsratsmitglied widerspricht oder die Satzung entsprechende Anordnungen getroffen hat4. Gegen eine fernmündliche Beschlussfassung ohne Grundlage in der Satzung wird eingewandt, sie sei zu unsicher und schwierig nachprüfbar. Deshalb soll sie nur bei Konferenzschaltungen zulässig sein5.
1220
Richtig ist, dass § 52 GmbHG nicht auf § 108 Abs. 4 AktG verweist. Es ist aber kein Grund ersichtlich, die GmbH insoweit strenger zu behandeln als die Aktiengesellschaft. Deshalb kann zunächst einmal die Satzung diese Fragen regeln. Ist dies nicht geschehen und schweigt auch eine Geschäftsordnung des Aufsichtsrats, so ist entsprechend § 108 Abs. 4
1221
1 Vgl. auch die von Lutter in ZGR 1982, 1, 5 ff. und in Information und Vertraulichkeit, Rn. 759 ff. vorgeschlagene Informationsordnung in der GmbH, an die der freiwillige Aufsichtsrat „angehängt“ werden könnte. 2 Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 777 m.w.N. sowie Lutter in Lutter/ Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 25; a.A., aber ohne Begründung Gaul, GmbHR 1986, 296, 298 mit Fehlzitat. 3 Zum Vorschlag einer Vertraulichkeitsordnung vgl. Lutter, Information und Vertraulichkeit, S. 307 ff. mit Textbeispielen. 4 Vgl. Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 428; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 83; Müller, Beck’sches Hdb. GmbH, § 6 Rn. 39; Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 422. 5 Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 75.
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Der freiwillige Aufsichtsrat in der GmbH
AktG zu verfahren; es genügt also, wenn kein Aufsichtsratsmitglied dem Verfahren im konkreten Einzelfall widerspricht. 1222
Der Aufsichtsratsvorsitzende muss den Aufsichtsratsmitgliedern die Aufforderung zur fernmündlichen Stimmabgabe unter Darlegung des Beschlussantrags mitteilen. Außerdem muss er einen Termin zur Stimmabgabe festlegen sowie Verlauf und Ergebnis der Abstimmung protokollieren1 und das Ergebnis spätestens auf der nächsten Aufsichtsratssitzung bekannt geben. Ist ein Aufsichtsratsmitglied der Meinung, dass sich der Aufsichtsratsvorsitzende unkorrekt verhalten hat, so kann es den Aufsichtsratsbeschluss anfechten2.
1223
Umstritten ist weiterhin, ob bei Schweigen der Satzung bestimmte Regeln der Beschlussfähigkeit zu beachten sind. Da § 52 Abs. 1 GmbHG nicht auf § 108 Abs. 2 AktG verweist, wird man annehmen müssen, dass die Anwesenheit auch nur eines Aufsichtsratsmitglieds zur wirksamen Beschlussfassung genügt3. Zur Vermeidung von Zweifeln sollte die Frage aber in der Satzung geregelt werden.
1224
Die Bestellung eines Vorsitzenden und eines oder mehrerer Stellvertreter ist im fakultativen Aufsichtsrat nicht gesetzlich vorgesehen, da § 52 Abs. 1 GmbHG nicht auf § 107 Abs. 1 AktG Bezug nimmt. Vorbehaltlich einer Satzungsregelung muss der Aufsichtsrat somit weder einen Vorsitzenden noch einen Stellvertreter bestellen, er kann dies aber4. Zweckmäßig ist eine solche Bestellung in jedem Fall5; sie sollte daher auch in der Satzung angeordnet und ggf. mit Einzelheiten geregelt sein. Sieht die Satzung die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden durch die Mitglieder des Aufsichtsrats vor, so ist es der Gesellschafterversammlung auch dann versagt, ihrerseits mit einfacher Mehrheit einen Vorsitzenden zu wählen, wenn im Aufsichtsrat aufgrund der Stimmrechtsverhältnisse eine Patt-Situation besteht und der Vorsitz vorübergehend vakant bleibt6.
1225
Satzungsfreiheit besteht schließlich auch für die Bildung von Ausschüssen des Aufsichtsrats und ihre Zuständigkeit: Die Satzung ist in der 1 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 108 Rn. 42 ff. 2 Näher dazu Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 93 ff. 3 H.M., Henssler in Henssler/Strohn, Komm. Gesellschaftsrecht, § 52 GmbHG Rn. 9; Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 77; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 493; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 88; Koppensteiner/Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 26; a.A. 5. Aufl. Rn. 1220 und Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 407 (mindestens drei Teilnehmer). 4 Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 306; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 405. 5 Vgl. auch Fuhrmann, GmbH-Handbuch, Rn. I 1899. 6 Vgl. den Fall der SAT 1 GmbH, LG Mainz v. 29.11.1989 – 10 HO 65/89, GmbHR 1990, 513 = AG 1991, 33, 34 (dort allerdings mit Vorbehalt für den Fall, dass Gefahr im Verzug sei) und OLG Koblenz v. 25.10.1990 – 6 U 238/90, GmbHR 1991, 21.
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Anordnung, Einrichtung oder Erlaubnis zur Bildung solcher Ausschüsse und ihrer Zuständigkeit ebenso frei wie in ihrem Verbot1. Schweigt die Satzung, so kann der Aufsichtsrat als Ausfluss seiner Organisationsautonomie unstreitig vorbereitende und beratende Ausschüsse bilden. Umstritten ist dagegen, ob der Aufsichtsrat auch ohne ausdrückliche Ermächtigung in der Satzung Beschlusskompetenzen von sich auf einen solchen Ausschuss verlagern kann2. Auch insoweit empfiehlt sich somit eine Regelung in der Satzung. Hinsichtlich etwaiger Mängel solcher Beschlüsse des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse sowie ihrer Rechtsfolgen gilt das oben Rn. 737 ff. Gesagte auch hier3; darauf kann verwiesen werden.
1226
13. Aufhebung des Aufsichtsrats Wie der freiwillige Aufsichtsrat der nicht mitbestimmten GmbH durch 1227 die ursprüngliche Satzung oder eine Satzungsänderung geschaffen werden kann, so kann er durch entsprechende Satzungsänderung auch jederzeit wieder beseitigt werden4. Dafür genügt die gesetzliche oder statutarisch vorgesehene Mehrheit, soweit nicht Sonderrechte einzelner Gesellschafter auf Teilhabe in diesem Aufsichtsrat statutarisch festgelegt sind; nur dann bedarf der Beschluss ihrer Zustimmung (§ 35 BGB). Auch das einzelne Aufsichtsratsmitglied hat keinen Anspruch auf Verbleib und Bestand des Aufsichtsrats; sein Amt erlischt mit Eintragung der Satzungsänderung ins Handelsregister. Auch hier gilt anderes wiederum nur dann, wenn das Mitglied zugleich Gesellschafter ist und ein Sonderrecht auf Teilhabe im Aufsichtsrat hat.
1228
14. Haftung a) Innenhaftung Die Innenhaftung der Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrats gegenüber 1229 der GmbH unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von derjenigen im Pflichtaufsichtsrat (Rn. 1160 ff.). Im Unterschied zu den mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften verweist § 52 Abs. 1 GmbHG nämlich nicht pauschal auf die gesamten §§ 116, 93 AktG, sondern nur auf §§ 116, 93 Abs. 2 Satz 1 und 2 AktG. 1 So auch Gittermann in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 6 Rn. 31; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 447 m.w.N. 2 Dagegen 5. Aufl. Rn. 1222; Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 28; Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 74; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 99; dafür aber Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 442; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 447. 3 Siehe auch Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 93 ff. 4 Dazu Großfeld/Brondics, AG 1987, 293, 294 f.
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Im Ausgangspunkt gilt allerdings auch hier der strenge Grundtatbestand der §§ 116, 93 Abs. 1 und 2 AktG mit der Haftung für jede schuldhafte Pflichtverletzung und der Beweislastumkehr nach § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn die Aufsichtsratsmitglieder unentgeltlich tätig werden1. Im Gegensatz zum obligatorischen Aufsichtsrat (Rn. 1167) kann die Haftung aber durch Regelung in der Satzung oder durch schuldrechtliche Vereinbarung abgemildert werden, etwa durch Beschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit2 oder – mit Ausnahme der Vorsatzhaftung (§ 202 Abs. 1 BGB) – durch Abkürzung der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 52 Abs. 3 GmbHG3. Ferner kann die Gesellschafterversammlung – gegenüber Gesellschaftern in den Grenzen des § 30 GmbHG – auf den entstandenen Anspruch verzichten, ohne an die Einschränkungen des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG (dreijährige Wartefrist, kein Widerspruch einer Minderheit von 10 %) gebunden zu sein4. Ein derartiger Verzicht liegt im GmbH-Recht anders als im Aktienrecht (§ 120 Abs. 2 Satz 2 AktG) auch in der Entlastung der Organwalter, sofern kein Vorbehalt erklärt wird oder die Gesellschafterversammlung den fraglichen Sachverhalt weder kannte noch kennen musste5. Ungeachtet der fehlenden Verweisung auf § 93 Abs. 4 Satz 1 AktG scheidet eine Haftung auch dann aus, wenn der Schaden auf der Befolgung einer rechtmäßigen und damit verbindlichen Weisung der Gesellschafterversammlung an die Geschäftsführer beruht6; denn die Verbindlichkeit solcher Weisungen an die Geschäftsführer hat auch der Aufsichtsrat zu respektieren.
1231
Da § 52 Abs. 1 GmbHG nicht auf § 93 Abs. 3 AktG verweist, kommt eine Haftung wegen der dort genannten Pflichtverletzungen nur in Betracht, wenn gleichzeitig die Voraussetzungen des § 93 Abs. 2 AktG vorliegen. Das wird zwar häufig der Fall sein, muss aber nach der Rechtsprechung des BGH nicht immer so sein. So verneint der BGH einen Schaden der Gesellschaft, wenn die Geschäftsführer nach Eintritt der Insolvenzreife 1 § 31a BGB ist nach h.M. nicht entsprechend anwendbar; Verse in Henssler/ Strohn, Komm. Gesellschaftsrecht, § 13 GmbHG Rn. 2; E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 187; jew. m.w.N. 2 Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 32; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 554. 3 H.L., siehe Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 35; Uwe H. Schneider in Scholz, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 527; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 637; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 78; jew. m.w.N.; anders aber noch BGH 14.4.1975 – II ZR 147/73, BGHZ 64, 238, 245. Umgekehrt kann die Verjährungsfrist in den Grenzen des § 202 Abs. 2 BGB auch verlängert werden; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 637. 4 Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 32; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 616. 5 Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 36; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 610. 6 Allgemeine Ansicht, etwa Henssler in Henssler/Strohn, Komm. Gesellschaftsrecht, § 52 GmbHG Rn. 20; Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 152; Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 614.
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Einrichtung und Ordnung des fakultativen Aufsichtsrats
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unter Verstoß gegen das Zahlungsverbot des § 64 Satz 1 GmbHG (entspricht §§ 92 Abs. 2, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG) Zahlungen auf fällige Verbindlichkeiten der Gesellschaft leisten; es werde dann zwar die Insolvenzmasse geschmälert, nicht aber das Vermögen der Gesellschaft, da sie von der betreffenden Verbindlichkeit befreit wird1. Daraus hat der BGH in der vieldiskutierten „Doberlug“-Entscheidung abgeleitet, dass in einem solchen Fall nur die Geschäftsführer für den Verstoß gegen das Zahlungsverbot haften (§ 64 Satz 1 GmbHG), trotz unzureichender Überwachung der Geschäftsführer aber nicht die Aufsichtsratsmitglieder nach §§ 116, 93 Abs. 2 AktG2. Die Entscheidung ist im Schrifttum auf ein geteiltes Echo gestoßen3 und in der Tat in mehrerlei Hinsicht nicht zweifelsfrei. Unsicher ist bereits, ob man nicht doch von einem (normativen) Schaden der Gesellschaft ausgehen kann, da die Gesellschaft nach Eintritt der Insolvenzreife wirtschaftlich vor allem eine Veranstaltung der Gläubiger ist4. Nachdenklich stimmt ferner, dass nach Ansicht des BGH zwar eine Pflicht der Aufsichtsratsmitglieder besteht, die Geschäftsführer von Zahlungen in der Insolvenz abzuhalten, Verstöße gegen diese Überwachungspflicht aber praktisch weithin sanktionsfrei gestellt werden5. Schließlich mag man sich fragen, warum die Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrats insoweit kraft Gesetzes besser stehen sollen als diejenigen eines mitbestimmten Aufsichtsrats, obwohl ein solches Haftungsgefälle teleologisch in keinem Zusammenhang mit der Mitbestimmung steht6. Über die Geltendmachung bestehender Ersatzansprüche befindet auch hier entsprechend § 46 Nr. 8 GmbHG die Gesellschafterversammlung; subsidiär ist an die actio pro socio zu denken (vgl. oben Rn. 1168). Ein Verfolgungsrecht der Gläubiger nach § 93 Abs. 5 AktG besteht mangels Bezugnahme in § 52 Abs. 1 GmbHG nicht7.
1 BGH v. 20.9.2010 – II ZR 78/09, BGHZ 187, 60 Tz. 14 = GmbHR 2010, 1200 (Doberlug). 2 BGH v. 20.9.2010 – II ZR 78/09, BGHZ 187, 60 = GmbHR 2010, 1200 (Doberlug). 3 Zustimmend Habersack, JZ 2010, 1191; Kiefner/Langen, NJW 2011, 192 ff.; Noack, LMK 2010, 310151; Poertzgen, NZI 2010, 915 ff.; Thiessen, ZGR 2011, 275 ff.; E. Vetter, EWiR 2010, 713 f.; Weller, GWR 2010, 541 ff.; nur im Ergebnis auch K. Schmidt, GmbHR 2010, 1319 ff. (auf Grundlage einer abweichenden Grundkonzeption zu § 64 Satz 1 GmbHG); ablehnend dagegen Altmeppen, ZIP 2010, 1973 ff.; Cahn, WuB II C. § 52 GmbHG 1.11; Schürnbrand, NZG 2010, 1207 ff. 4 Cahn, WuB II C. § 52 GmbHG 1.11. 5 Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1211 f. 6 Vgl. Noack in FS Goette, S. 346, 353 f. und Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 209, die den Widerspruch jedoch in der entgegengesetzten Richtung auflösen und auch die Haftung des mitbestimmten Aufsichtsrats für Verstöße gegen das Zahlungsverbot einschränken wollen. 7 Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 152; ferner Spindler, MünchKomm. GmbHG, § 52 Rn. 621, der § 93 Abs. 5 AktG abweichend von der h.M. auch im mitbestimmten GmbH-Aufsichtsrat für unanwendbar hält.
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Der freiwillige Aufsichtsrat in der GmbH
b) Außenhaftung 1233
Hinsichtlich der Außenhaftung gegenüber Dritten ergeben sich im fakultativen Aufsichtsrat keine Besonderheiten gegenüber dem drittelmitbestimmten Aufsichtsrat (Rn. 1169 ff.).
III. Besonderheiten der kapitalmarktorientierten GmbH 1234
§ 52 Abs. 1 GmbHG nimmt auch die durch das BilMoG eingeführten Sondervorschriften für kapitalmarktorientierte Gesellschaften (§§ 100 Abs. 5, 107 Abs. 4, 124 Abs. 3 Satz 2 AktG) in Bezug. Daher muss in diesen Gesellschaften auch dem fakultativen Aufsichtsrat und ggf. dem (freiwillig) gebildeten Prüfungsausschuss ein unabhängiges und in Rechnungslegungsfragen sachverständiges Mitglied angehören. Ferner müssen etwaige Beschlussvorschläge des Aufsichtsrats zur Wahl der Abschlussprüfer auf eine Empfehlung des Prüfungsausschusses gestützt werden, sofern ein solcher gebildet wurde (vgl. oben Rn. 1173 ff.).
1235
Anders als im Pflichtaufsichtsrat kann die Satzung allerdings von diesen Vorgaben abweichen (§ 52 Abs. 1 letzter Halbsatz GmbHG)1. Theoretisch könnte der fakultative Aufsichtsrat einer kapitalmarktorientierten Gesellschaft also auch weiterhin ohne Rücksicht auf § 100 Abs. 5 AktG zusammengesetzt werden. Dies wird sich jedoch in aller Regel nicht empfehlen: Im Fall eines nicht nach § 100 Abs. 5 AktG besetzten fakultativen Aufsichtsrats würde nämlich ebenso wie bei gänzlich fehlendem Aufsichtsrat die Auffangvorschrift des § 324 HGB eingreifen. Nach dieser Vorschrift wäre neben dem Aufsichtsrat als zusätzliches Organ noch ein eigenständiger Prüfungsausschuss zu bilden, dem dann doch wieder ein unabhängiges und sachverständiges Mitglied angehören müsste. Diesen doppelten Gremienaufwand erspart man sich, wenn man schon den Aufsichtsrat den Anforderungen des § 100 Abs. 5 AktG entsprechend besetzt und die Vorschrift nicht abbedingt.
1236–1250 Einstweilen frei.
1 Begr. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 92; Habersack/Schürnbrand, Großkomm. HGB, § 324 Rn. 8; a.A. offenbar Henssler in Henssler/Strohn, Komm. Gesellschaftsrecht, § 52 GmbHG Rn. 22.
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§ 17 Besonderheiten des Aufsichtsrats in der Genossenschaft I. Überblick 1. Der Aufsichtsrat der Genossenschaft nach dem Reformgesetz von 2006 Die eingetragene Genossenschaft muss als Organe neben der Generalversammlung (und/oder einer Vertreterversammlung nach § 43a GenG) einen Vorstand und grundsätzlich auch einen Aufsichtsrat haben (§ 9 Abs. 1 Satz 1 GenG). Seit dem Reformgesetz von 20061, das anlässlich der Einführung der Europäischen Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea, SCE)2 auch das Genossenschaftsgesetz modernisiert hat, besteht allerdings in sog. Kleingenossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitgliedern die Möglichkeit, durch entsprechende Regelung in der Satzung auf einen Aufsichtsrat zu verzichten (§ 9 Abs. 1 Satz 2 GenG). An seine Stelle tritt dann die Generalversammlung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 GenG)3.
1251
2. Mitbestimmung Gleichwohl kann es Fälle geben, in denen auch eine Kleingenossenschaft verpflichtet ist, einen Aufsichtsrat einzurichten. Falls sie in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigt, ist gemäß § 6 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 MitbestG ein Aufsichtsrat zu bilden. Bei Berechnung der Arbeitnehmerzahl sind den eigenen Arbeitnehmern der Genossenschaft die Arbeitnehmer inländischer abhängiger Konzernunternehmen hinzuzurechnen, § 5 Abs. 1 MitbestG. Beschäftigt eine Kleingenossenschaft ohne Aufsichtsrat in der Regel mehr als 500, aber nicht mehr als 2000 Arbeitnehmer selbst oder in abhängigen Unternehmen im Vertragskonzern (§ 2 Abs. 2 DrittelbG), ist die Rechtslage weniger klar geregelt; eine § 6 Abs. 1 MitbestG entsprechende Regelung findet sich in § 1 Abs. 1 Nr. 5 DrittelbG nicht. Man wird aber auch hier in analoger Anwendung von § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Halbsatz 1 DrittelbG von einer Pflicht zur Bildung eines Aufsichtsrats ausgehen müssen, da mit der Reform des Genossen1 Gesetz zur Einführung der Europäischen Genossenschaft und zur Änderung des Genossenschaftsrechts vom 14.8.2006, BGBl. I 2006, 1911. 2 Die Europäische Genossenschaft hat bisher kaum Verbreitung gefunden; laut Aktionsplan der Kommission vom 12.12.2012 (COM[2012] 740) gab es bis Juli 2012 EU-weit nur 25 SCE. Die SCE wird daher in diesem Buch nicht eigens behandelt; näher zu ihr etwa Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 14 Rn. 1 ff.; Lutter/Bayer/J. Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, § 42 Rn. 1 ff. m.w.N. 3 Zu den Rechten und Pflichten der Generalversammlung als Überwachungsorgan siehe unten Rn. 1280 ff.
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Besonderheiten des Aufsichtsrats in der Genossenschaft
schaftsrechts keine Änderungen bei der Arbeitnehmermitbestimmung beabsichtigt waren1. 3. Zusammensetzung und persönliche Voraussetzungen 1253
Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats in der Genossenschaft ist abhängig von der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer. Bei weniger als 500 Arbeitnehmern richtet sich die Zusammensetzung des Aufsichtsrats allein nach § 36 Abs. 1 Satz 1 GenG (drei Mitglieder) und ggf. den Sonderregeln der Satzung. So kann die Satzung z.B. eine höhere (aber keine niedrigere) Mitgliederzahl als drei festsetzen oder vorsehen, dass die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder durch drei teilbar sein muss. Das Wahlorgan ist dann frei, drei oder mehr Aufsichtsratsmitglieder zu wählen, solange nur die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder durch drei teilbar ist. Von dieser Teilbarkeitsregelung darf es – aber nur für kurze Zeit – aus wichtigem Grund abweichen2.
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Hat die Gesellschaft mehr als 500, aber nicht mehr als 2000 eigene Arbeitnehmer oder Arbeitnehmer im Vertragskonzern, so richtet sich die Zusammensetzung des Aufsichtsrats wie dargelegt nach dem DrittelbG (Rn. 1252). In diesen Genossenschaften muss (wie im Aktien- und GmbH-Recht) die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder durch drei teilbar sein und der Aufsichtsrat zu zwei Dritteln aus Vertretern der Mitglieder der Genossenschaft und zu einem Drittel aus Arbeitnehmervertretern zusammengesetzt sein (§§ 1 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3, 4 Abs. 1 DrittelbG). Beschäftigt die Genossenschaft selbst oder in inländischen abhängigen Konzernunternehmen mehr als 2000 Arbeitnehmer, so ist der Aufsichtsrat nach dem MitbestG paritätisch mitbestimmt (§§ 1 Abs. 1, 7 Abs. 1 MitbestG). Er setzt sich also zur Hälfte aus Vertretern der Mitglieder der Genossenschaft und zur Hälfte aus Vertretern ihrer Arbeitnehmer oder ihrer Gewerkschaften zusammen. Bestehen Unklarheiten über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats, so entscheidet das Landgericht am Sitz der Genossenschaft im Statusverfahren nach §§ 97–99 AktG (i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 5 DrittelbG, § 6 Abs. 2 Satz 1 MitbestG).
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Für die Vertreter der Mitglieder der Genossenschaft im Aufsichtsrat gilt, unabhängig von der Zahl der Beschäftigten, das Prinzip der Selbstorgan1 Die Regierungsbegründung (BT-Drucks. 16/1025, S. 83) geht davon aus, dass ein „Verzicht auf einen Aufsichtsrat unzulässig [ist], wenn die Voraussetzungen des Drittelbeteiligungsgesetzes vom 18. Mai 2004 (BGBl. I S. 974) oder des Mitbestimmungsgesetzes vorliegen.“ Ebenso Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Komm. GenG, § 9 Rn. 3; Schulte in Lang/Weidmüller, Komm. GenG, § 9 Rn. 8 a.E. 2 Ein wichtiger Grund liegt jedenfalls nicht darin, dass bei einer in Aussicht genommenen Fusion weitere Aufsichtratsmitglieder der übertragenden Gesellschaft hinzukommen würden, solange der Abschluss des Verschmelzungsvertrages noch nicht sicher ist; näher OLG Köln v. 2.5.1990 – 11 U 285/89, NJW-RR 1990, 1182.
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schaft (§ 9 Abs. 2 Satz 1 GenG); sie müssen also selbst Mitglieder der Genossenschaft sein oder zumindest den Anforderungen von § 9 Abs. 2 Satz 2 GenG genügen1. Für die Arbeitnehmerseite gilt dieses Gebot nicht (§ 1 Abs. 3 DrittelbG; § 6 Abs. 3 Satz 2 MitbestG). Zu beachten ist ferner, dass die Zahl sog. investierender Mitglieder (§ 8 Abs. 2 Satz 1 GenG) im Aufsichtsrat ein Viertel nicht übersteigen darf (§ 8 Abs. 2 Satz 4 GenG) und dass § 37 GenG besondere Inkompatibilitätsregeln aufstellt. Nach § 37 Abs. 2 GenG kann ein ehemaliges Vorstandsmitglied erst dann in den Aufsichtsrat wechseln, wenn ihm vorher Entlastung erteilt wurde. 4. Besonderheiten in kapitalmarktorientierten Genossenschaften und Kreditgenossenschaften In kapitalmarktorientierten Genossenschaften i.S. des § 264d HGB, also solchen, die an einem organisierten Markt (§ 2 Abs. 5 WpHG) Schuldverschreibungen, Genussscheine oder sonstige Wertpapiere emittiert haben oder die Zulassung dazu beantragt haben, muss zudem mindestens ein Mitglied des Aufsichtsrats unabhängig sein und über Sachverstand in Rechnungslegungsfragen verfügen (§ 36 Abs. 4 GenG). Dabei handelt es sich um die Parallelvorschrift zu § 100 Abs. 5 AktG (zu Einzelheiten oben Rn. 757). Für Kreditinstitute sind ferner die besonderen Anforderungen zu beachten, die das Aufsichtsrecht an die Zuverlässigkeit und Sachkunde der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder (§ 25d Abs. 1 KWG2, bisher § 36 Abs. 3 KWG a.F.) sowie an die Qualifikation des Gesamtorgans (§ 25d Abs. 2 KWG) stellt. Auch gelten in Kreditinstituten besondere, unlängst nochmals verschärfte Inkompatibilitätsvorschriften: So dürfen ehemalige Vorstandsmitglieder der Kreditgenossenschaft nicht in den Aufsichtsrat gewählt werden, wenn diesem bereits zwei ehemalige Vorstandsmitglieder angehören (§ 25d Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KWG, § 36 Abs. 3 Satz 5 KWG a.F.). Ausgeschlossen von der Übernahme eines Aufsichtsratsmandats sind ferner Personen, die bereits in einem anderen Unternehmen Geschäftsleiter sind und zugleich in mehr als zwei weiteren Unternehmen dem Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan angehören (§ 25d Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KWG), sowie Personen, die bereits in mehr als drei anderen Unternehmen dem Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan angehören (§ 25d Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 KWG); näher zu den aufsichtsrechtlichen Besonderheiten unten Rn. 1450 ff.
1 Kritisch dazu Beuthien, NZG 2008, 210, 215. 2 In der Fassung durch das CRD IV-Umsetzungsgesetz vom 28.8.2013, BGBl. I 2013, 3395; anwendbar ab 1.1.2014 (Art. 10 Abs. 1).
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5. Die Rechte und Pflichten nach den Regeln des GenG 1257
Für die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats sind vor allem die §§ 38–41 sowie §§ 57 und 58 GenG maßgebend. Sie sind nach der Reform des GenG sehr weitgehend an die Regeln des AktG angepasst.
II. Die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats im Einzelnen 1. Überwachung 1258
Jeder Aufsichtsrat, ob nun nach GenG, DrittelbG oder MitbestG gebildet, ist zur Überwachung der Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet. Die Formulierung der einschlägigen Vorschrift des § 38 Abs. 1 GenG ist mit der Reform (vgl. oben Rn. 1251) an § 111 Abs. 1 und 2 AktG angeglichen worden. Daher kann für die Überwachung auf die Ausführungen zum Aufsichtsrat in der AG verwiesen werden (Rn. 61 ff., 241 ff.). Dies gilt auch für die Frage nach dem Zugriff des Aufsichtsrats auf das Personal der Genossenschaft unterhalb der Vorstandsebene (Rn. 245a ff.)1.
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Im Übrigen ist mit Überwachung exakt das Gleiche gemeint, wie oben zur Aktiengesellschaft bereits eingehend ausgeführt (§ 3). Diese Überwachung betrifft hier also ebenfalls die Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung2. Darüber hinaus ist der Aufsichtsrat hier gerade und im Besonderen gehalten, über die Vorhaben und die geplante Geschäftsführung mit dem Vorstand zu beraten. Das Gesetz geht davon aus, dass die Mitglieder des Aufsichtsrats als gleichzeitige Mitglieder der Genossenschaft deren Geschäfte kennen (z.B. landwirtschaftliche Genossenschaft, Kreditgenossenschaft, Baugenossenschaft) und daher im besonderen Maße in der Lage sind, die Chancen und Risiken der vom Vorstand geplanten Geschäftspolitik beratend zu begleiten. Damit geht insbesondere auch die Überwachung der Einhaltung des Förderzwecks einher. 2. Information des Aufsichtsrats a) Die regelmäßige Information
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Obwohl die Pflichten des Aufsichtsrats in der Genossenschaft denen des Aufsichtsrats in der AG angeglichen wurden, obwohl auch in der Genossenschaft der Aufsichtsrat von der aktiven Geschäftsführung ausgeschlossen ist und obwohl keines seiner Mitglieder zugleich im Vorstand tätig sein kann (§ 37 Abs. 1 GenG), hat der Gesetzgeber auch in der Re1 Das war allerdings auch nach früherer Fassung umstritten, vgl. K. Müller, Komm. GenG, § 38 Rn. 16. 2 Eingehend dazu mit sorgfältigen Hinweisen zur Kontrolle durch Periodenvergleich Wartenberg, Stellung und Aufgaben des genossenschaftlichen Aufsichtsrats, insbesondere S. 177 ff.
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form des Genossenschafts-Gesetzes von 2006 erneut davon abgesehen, eine § 90 AktG vergleichbare Vorschrift zu schaffen. Der Vorstand einer Genossenschaft ist also nach dem Gesetz nicht zu regelmäßigen Berichten an seinen Aufsichtsrat verpflichtet. Das gilt für jede Genossenschaft, auch für die mitbestimmte Genossenschaft nach dem MitbestG und dem DrittelbG: In den § 38 GenG, § 1 Abs. 1 Nr. 5 DrittelbG, § 25 MitbestG wird an keiner Stelle auf § 90 Abs. 1 AktG verwiesen. Immerhin haben – wie im GmbH- und Aktienrecht – einzelne Aufsichtsratsmitglieder einen eigenen Anspruch gegen den Vorstand auf Bericht an den Aufsichtsrat, § 38 Abs. 1 Satz 4 GenG. Mit der Einholung der Information kann der Gesamtaufsichtsrat allerdings einzelne Mitglieder beauftragen, § 38 Abs. 1 Satz 3 GenG. Dieses gesetzliche System hat Vorzüge der Flexibilität, aber auch erhebliche Nachteile, die vor allem in der Gefahr einer nachlässigen Behandlung des Informationssystems bestehen. Da der Aufsichtsrat keine eigene Kenntnis aus der Geschäftsführung der Genossenschaft hat, hängt auch hier die Qualität seiner Überwachung unmittelbar von der Qualität und Tiefe der ihm zukommenden Informationen ab. Daher empfiehlt es sich, in der Satzung ergänzende Regelungen über eine Regelberichterstattung des Vorstands an den Aufsichtsrat zu treffen, was in der Praxis auch häufig geschieht1. Fehlt es an einer hinreichenden Satzungsregelung, ist jeder Aufsichtsrat einer Genossenschaft gut beraten, wenn er eine Informationsordnung für den Aufsichtsrat beschließt. Er kann dabei auf die Systematik des § 90 AktG zurückgreifen2, aber auch die Besonderheiten der jeweiligen Genossenschaft, ihrer Größe, ihrer saisonalen Schwerpunkte etc. berücksichtigen. Da der Aufsichtsrat zu ordnungsgemäßer Überwachung verpflichtet ist (§§ 38 Abs. 1 Satz 1, 41 i.V.m. § 34 Abs. 1 GenG) und diese ohne Kenntnis vom Geschehen in der Genossenschaft nicht möglich ist, muss man den Aufsichtsrat zum Erlass einer entsprechenden Informationsordnung durch Beschluss dann für verpflichtet ansehen, wenn nicht schon die Satzung eine ausreichende Ordnung geschaffen hat oder der Vorstand ohne besondere Festlegung diesen Erfordernissen entspricht. Entscheidend dabei ist, dass die Berichte in regelmäßigen Abständen und in gleicher Ordnung so erfolgen, dass der Aufsichtsrat unschwer zum Periodenvergleich in der Lage ist. Für die Überwachung des allgemeinen Geschäftsbetriebs, für den erforderlichen Überblick über Ertrag und Liquidität der Genossenschaft sind diese regelmäßigen und gleichförmigen Berichte das entscheidende Instrument.
1261
Auf die Haftung jedes Aufsichtsratsmitglieds bei schuldhaft unsorgfältiger Ausübung der Überwachungspflicht (§§ 41, 34 Abs. 2 GenG) sei hier besonders hingewiesen.
1262
1 Vgl. § 17 der Mustersatzungen der Genossenschaftsverbände; Schaffland in Lang/Weidmüller, Komm. GenG, § 38 Rn. 4. 2 So auch Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 801 a.E.; K. Müller, Komm. GenG, § 38 Rn. 10.
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b) Zustimmungsvorbehalte und Vorlageberichte 1263
Der Vorstand bedarf in verschiedenen Situationen der Zustimmung oder jedenfalls der Stellungnahme seines Aufsichtsrats. Das gilt etwa in den Fällen einer Kreditgewährung an Vorstandsmitglieder; es gilt aber auch dann, wenn die Satzung nach § 38 Abs. 3 GenG eine Zustimmungspflicht für bestimmte Geschäfte in ähnlicher Weise wie bei § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG (siehe oben Rn. 112 ff.) eingeführt hat1. Zustimmungsvorbehalte müssen sich dabei nicht auf Angelegenheiten von besonderer Bedeutung beschränken2, dürfen freilich aber auch nicht zu einer Aushöhlung der Eigenverantwortlichkeit des Vorstands führen. Im Unterschied zur AG kann die Satzung aber nicht nur Zustimmungsvorbehalte, sondern auch die konkrete Mitwirkung des Aufsichtsrats in Form von gemeinsamer Beratung, aber getrennter Abstimmung vorsehen3.
1264
Darüber hinaus hat der Vorstand seinen Entwurf des Jahresabschlusses und des Lageberichts unverzüglich dem Aufsichtsrat vorzulegen (§ 33 Abs. 1 Satz 2 GenG), der diesen seinerseits zu prüfen und über seine Prüfung an die Generalversammlung (Vertreterversammlung) zu berichten hat (§ 38 Abs. 1 Satz 5 GenG). Erst aufgrund dieser Unterlagen kann dann die Generalversammlung (Vertreterversammlung) den Jahresabschluss feststellen (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GenG). c) Einsichts- und Untersuchungsrechte
1265
Der Aufsichtsrat der Genossenschaft hat gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 GenG in gleicher Weise und in gleichem Umfang wie der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft nach § 111 Abs. 2 AktG ein eigenes Einsichts- und Untersuchungsrecht; auf die obigen Ausführungen (Rn. 241 ff.) kann daher verwiesen werden. Wie in der Aktiengesellschaft ist ein Beschluss des Aufsichtsrats zur Einleitung der Einsicht oder Prüfung erforderlich. Auch hier kann der Aufsichtsrat die von ihm beschlossene Einsicht oder Prüfung durch eines oder mehrere seiner Mitglieder ausüben lassen; er kann aber hier nicht einen Sachverständigen mit dieser Prüfung beauftragen4, es sei denn, die Satzung enthält eine entsprechende Ermächtigung.
1 In der Genossenschaft kann das nur die Satzung selbst, nicht auch der Aufsichtsrat durch Beschluss; vgl. K. Müller, Komm. GenG, § 38 Rn. 49 m.w.N.; Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 802. 2 Schaffland in Lang/Weidmüller, Komm. GenG, § 38 Rn. 33; a.A. Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Komm. GenG, § 38 Rn. 16; differenzierend K. Müller, Komm. GenG, § 38 Rn. 49. 3 Schaffland in Lang/Weidmüller, Komm. GenG, § 38 Rn. 32. 4 Das ist anders als im Aktien- und GmbH-Recht, vgl. oben Rn. 241 ff., sowie K. Müller, Komm. GenG, § 38 Rn. 23; a.A. Beuthien, Komm. GenG, § 38 Rn. 5; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Komm. GenG, § 38 Rn. 18.
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Die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats im Einzelnen
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d) Prüfungsbericht des Verbandsprüfers Im Genossenschaftsrecht ist die Prüfung der Genossenschaft und ihrer Geschäftsführung durch einen Prüfungsverband von besonderer Bedeutung. Über diese mindestens zweijährige, wenn nicht gar jährliche Prüfung (§ 53 Abs. 1 GenG) hat der Prüfungsverband zu berichten (§ 58 Abs. 1 GenG)1. Dieser Prüfungsbericht kann von jedem einzelnen Aufsichtsratsmitglied aufgrund eines eigenen subjektiven Rechtes eingesehen werden, ohne dass es also hierzu eines Beschlusses des Gesamtaufsichtsrats bedürfte und ohne dass dieses Recht ausgeschlossen werden könnte (§ 58 Abs. 3 Satz 2 GenG).
1266
Und schließlich hat der Aufsichtsrat für die nächste Generalversammlung zum Ergebnis dieses Prüfungsberichts Stellung zu nehmen (§ 59 Abs. 2 GenG), muss also den Inhalt dieses Berichts und seine Ergebnisse zuvor beraten und eine eigene Stellungnahme dazu beschlossen haben2.
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Über die §§ 53 Abs. 2, 58 Abs. 1 GenG gelten im Rahmen der Abschlussprüfung auch einige Vorschriften über die Prüfung von Kapitalgesellschaften, insbesondere in Bezug auf die Ausgestaltung des Prüfungsberichts (§ 321 Abs. 1 bis 3 sowie 4a HGB) und den Umfang der Prüfung von größeren Genossenschaften, die bei der Stellungnahme zu berücksichtigen sind.
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e) Sonderberichte und angeforderte Berichte In entsprechender Anwendung von § 90 Abs. 1 Satz 3 AktG hat der Vor- 1269 stand den Aufsichtsrat oder mindestens den Aufsichtsratsvorsitzenden bei wichtigen Anlässen und besonderen geschäftlichen Vorgängen zu informieren3. Und vor allem können der Aufsichtsrat und jedes seiner Mitglieder jederzeit vom Vorstand einen Bericht an den Aufsichtsrat über alle Angelegenheiten der Genossenschaft verlangen (§ 38 Abs. 1 Satz 2 und 4 GenG). Insofern gilt also hier das Gleiche wie nach § 90 Abs. 3 AktG für die Aktiengesellschaft; auf die obigen Ausführungen (Rn. 212 ff.) kann somit verwiesen werden.
1 Die Vorschrift verweist auf § 321 Abs. 1 HGB und stellt damit die Vergleichbarkeit mit der Prüfung des Jahresabschlusses einer AG oder GmbH durch einen Wirtschaftsprüfer her. 2 Wartenberg, Stellung und Aufgaben des genossenschaftlichen Aufsichtsrats, S. 219 f. 3 Zutreffend Beuthien, Komm. GenG, § 38 Rn. 5; K. Müller, Komm. GenG, § 38 Rn. 10; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 710; a.A. Lippert, ZfgG 1978, 181, 183 mit Fn. 7.
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3. Geheimhaltung und Vertraulichkeit 1270
Auch in der Genossenschaft gilt der Satz: Es gibt keinen Bereich der Verschwiegenheit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat1. Auf der anderen Seite sind die Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder zu Geheimhaltung und Vertraulichkeit in den §§ 41, 34 Abs. 1 Satz 2 GenG wortgleich mit § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG geregelt. Das Gleiche gilt für die Strafvorschrift des § 151 GenG in ihrem Verhältnis zu § 404 AktG. Es kann daher uneingeschränkt auf die obigen Ausführungen (Rn. 254 ff.) zu diesen Fragen verwiesen werden. Diese Übereinstimmung gilt auch für die Feststellung, dass Änderungen in diesem System durch Satzung oder Geschäftsordnung nicht möglich sind. Und noch in einem weiteren Aspekt gilt Gleiches wie im Aktienrecht: Die anderen Genossen sind „Dritte“; ihnen gegenüber sind die Aufsichtsratsmitglieder also in gleichem Maße wie Außenstehenden gegenüber zur Geheimhaltung und Wahrung der Vertraulichkeit verpflichtet2. 4. Ausschüsse
1271
Das Genossenschaftsgesetz enthält keine allgemeine Regelung zur Bildung von Ausschüssen nach dem Vorbild des § 107 Abs. 3 AktG. Seit dem BilMoG sieht aber § 38 Abs. 1a GenG in Reaktion auf die Abschlussprüferrichtlinie sowie in Anlehnung an § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG (vgl. oben Rn. 753) vor, dass der Aufsichtsrat einen Prüfungsausschuss bilden kann, der sich mit der Überwachung der Rechnungslegung sowie der Wirksamkeit des internen Kontroll-, Risikomanagement- und Revisionssystems befasst3. Wird ein solcher Ausschuss eingerichtet – was dem Aufsichtsrat freisteht –, muss ihm in kapitalmarktorientierten Genossenschaften (Rn. 1256) mindestens ein unabhängiges und in Rechnungslegungsfragen sachverständiges Mitglied angehören (§ 38 Abs. 1a Satz 2 GenG, vgl. § 107 Abs. 4 AktG).
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Aus der Regelung zum Prüfungsausschuss ist nicht der Umkehrschluss zu ziehen, dass dem Aufsichtsrat die Einrichtung weiterer Ausschüsse verwehrt wäre. Im Gegenteil ist allgemein anerkannt, dass auch der Aufsichtsrat einer Genossenschaft als Ausfluss seiner Organisationsautonomie jedenfalls vorbereitende und beratende Ausschüsse bilden kann. Streitig ist dagegen, ob der Aufsichtsrat auch beschließende Ausschüsse
1 K. Müller, Komm. GenG, § 38 Rn. 11; Schaffland in Lang/Weidmüller, Komm. GenG, § 38 Rn. 8; Lippert, ZfgG 1978, 181, 183 mit Fn. 7. 2 Schaffland in Lang/Weidmüller, Komm. GenG, § 41 Rn. 36. 3 Im Vergleich zu § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG fällt auf, dass Fragen der Abschlussprüfung in § 38 Abs. 1a GenG nicht als Zuständigkeit des Prüfungsausschusses angeführt werden. Der Gesetzgeber hielt dies für entbehrlich, da nach den Eigenheiten der genossenschaftlichen Abschlussprüfung bereits der Prüfungsverband über die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Abschlussprüfers wacht; Begr. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 107.
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einrichten kann1. Für die herrschende Ansicht, die auch die Bildung beschließender Ausschüsse von der Organisationsautonomie des Aufsichtsrats gedeckt sieht, lässt sich insbesondere § 38 Abs. 1a GenG anführen. Dieser beschränkt die Kompetenz des Prüfungsausschusses nicht auf eine nur vorbereitende oder beratende Funktion2. Wenn aber in diesem sensiblen Bereich die Einrichtung eines beschließenden Ausschusses möglich ist, wäre es ungereimt, wenn das Gesetz diese Möglichkeit andernorts generell ausschließen würde. Ganz in diesem Sinne versteht auch die amtliche Begründung § 38 Abs. 1a Satz 1 GenG nicht als Ausnahmevorschrift, sondern als bloße Klarstellung dessen, was schon nach allgemeinen Grundsätzen gilt3. In der Praxis sind beschließende Ausschüsse, namentlich Kreditausschüsse von Genossenschaftsbanken, denn auch seit langem weit verbreitet4. Lässt man beschließende Ausschüsse zu, stellt sich die Folgefrage, ob und inwieweit die Delegationsverbote des § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG entsprechend anzuwenden sind. Eine analoge Anwendung wird zwar verschiedentlich schon im Ansatz ausgeschlossen, da es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle5. Dem lässt sich jedoch entgegenhalten, dass es an einer klaren Aussage des Gesetzgebers mangelt und nicht recht einsichtig ist, warum die Organisationsautonomie des Aufsichtsrats generell weiter reichen soll als in der AG. Daher spricht viel dafür, sich im Ausgangspunkt an dem aktienrechtlichen Katalog zu orientieren und für jedes der dort genannten Delegationsverbote zu prüfen, ob es die rechtsformspezifischen Besonderheiten der Genossenschaft rechtfertigen, vom aktienrechtlichen Vorbild abzuweichen.
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Seit Inkrafttreten des VorstAG wird insbesondere darüber gestritten, ob die Entscheidung über die Vergütung der Vorstandsmitglieder noch dem Personalausschuss zugewiesen werden kann oder einer solchen Regelung nunmehr die Aufnahme des § 87 AktG in den Katalog des § 107 Abs. 3
1274
1 Verneinend 5. Aufl. Rn. 1271 sowie K. Müller, Komm. GenG, § 36 Rn. 108; Beuthien, Komm. GmbHG, § 36 Rn. 28; bejahend aber die h.M. Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Komm. GenG, § 36 Rn. 47; Geibel in Henssler/Strohn, Komm. Gesellschaftsrecht, § 36 GenG Rn. 6; Schaffland in Lang/Weidmüller, Komm. GenG, § 38 Rn. 44 f., § 41 Rn. 43; Heutz, NZG 2013, 2013, 611, 612; Scholderer, NZG 2011, 528, 529 f. m.w.N. 2 Wie hier Scholderer, NZG 2011, 528, 529. Die Prüfung des Jahresabschlusses ist allerdings dem Plenum vorbehalten (arg. §§ 107 Abs. 3 Satz 3, 171 AktG); Bauer, Genossenschafts-Handbuch, § 36 GenG Rn. 220, 227, § 38 GenG Rn. 11d. 3 Begr. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 107: „In § 38a Abs. 1 Satz 1 GenG wird klargestellt, dass der Aufsichtrat jeder Genossenschaft einen Prüfungsausschuss einrichten kann.“ (Hervorhebung der Verf.). 4 Vgl. auch Scholderer, NZG 2011, 528, 529 („gängige Praxis“). 5 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Komm. GenG, § 36 Rn. 47a; Rolf/Hautkappe/Schmidt-Ehmann, NZG 2011, 129 f.; Heutz, NZG 2013, 611, 613; dagegen für entsprechende Anwendung des § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG Bauer, Genossenschafts-Handbuch, § 36 GenG Rn. 220 (anders aber Rn. 222 für die Festsetzung der Vergütung); Beuthien, NZG 2010, 333, 334.
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Satz 3 AktG entgegensteht1. Die Frage erinnert an das umstrittene Parallelproblem in der paritätisch mitbestimmten GmbH (Rn. 1136). Richtigerweise spricht mehr gegen als für ein Delegationsverbot. Vordergründig lässt sich gegen ein Delegationsverbot bereits einwenden, dass das Genossenschaftsgesetz gar keine dem § 87 AktG vergleichbare Sondervorschrift zur Angemessenheit der Vergütung kennt; doch mag man dem entgegenhalten, dass die Aufsichtsratsmitglieder aufgrund ihrer allgemeinen Sorgfaltspflicht (§§ 41, 34 GenG) selbstverständlich auch für die Angemessenheit der Vorstandsvergütung Sorge tragen müssen. Ausschlaggebend sollte vielmehr eine andere Überlegung sein: Das Anliegen des Delegationsverbots, die Transparenz und Kontrolle der Vergütungsfestsetzung durch Befassung des Gesamtaufsichtsrats zu verbessern, ist in der Genossenschaft insgesamt weniger dringlich als in der AG, da Genossenschaften einer erweiterten Prüfung durch den Prüfungsverband unterliegen, die sich auch auf die Angemessenheit der Vorstandsvergütung erstreckt2. Es fehlt daher an einer hinreichenden Vergleichbarkeit der Interessenlage; eine analoge Anwendung des aktienrechtlichen Plenumsvorbehalts muss folglich insoweit ausscheiden. Über den gesamten Anstellungsvertrag einschließlich der Vergütungsregelung kann somit der Personalausschuss entscheiden. Hingegen besteht Einigkeit, dass die Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder, so sie denn durch Satzungsbestimmung nach § 24 Abs. 2 Satz 2 GenG dem Aufsichtsrat anstelle der Generalversammlung zugewiesen ist (Rn. 1276), mit Rücksicht auf ihre herausragende Bedeutung nicht auf einen Ausschuss delegiert werden kann3. Dies entspricht dem Rechtsgedanken des § 107 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 AktG. 1275
Unabhängig von der Frage der analogen Anwendbarkeit des § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG nicht delegationsfähig sind zudem alle Fragen, welche die Selbstorganisation des Aufsichtsrats betreffen. Dazu gehören etwa die Wahl und Abberufung des Vorsitzenden und seines Stellvertreters, der Erlass einer Geschäftsordnung des Aufsichtsrats, die Bildung und Auflösung von Ausschüssen und dergleichen4.
1 Für ein Delegationsverbot Beuthien, NZG 2010, 333, 334 f. (sogar in Bezug auf den gesamten Anstellungsvertrag); dagegen jedoch Scholderer, NZG 2011, 528, 529 f.; ferner diejenigen, die schon die Anwendbarkeit des § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG generell verneinen (s. vorige Fn.). 2 Näher Scholderer, NZG 2011, 528, 530; ferner Geibel in Henssler/Strohn, Komm. Gesellschaftsrecht, § 36 GenG Rn. 6; Heutz, NZG 2013, 611, 613. 3 Bauer, Genossenschafts-Handbuch, § 36 GenG Rn. 222; Geibel in Henssler/ Strohn, Komm. Gesellschaftsrecht, § 36 GenG Rn. 6; Schaffland in Lang/Weidmüller, Komm. GenG, § 38 Rn. 47. 4 Schaffland in Lang/Weidmüller, Komm. GenG, § 38 Rn. 46; vgl. oben Rn. 744.
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Die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats im Einzelnen
§ 17
5. Bestellung und Abberufung des Vorstands a) Grundsatz Der Vorstand wird in der Genossenschaft von der Generalversammlung (§ 24 Abs. 2 Satz 1 GenG) oder der Vertreterversammlung (§ 43a GenG) gewählt und abberufen (§ 24 Abs. 3 Satz 2 GenG), es sei denn, diese Befugnis ist in der Satzung dem Aufsichtsrat übertragen worden, § 24 Abs. 2 Satz 2 GenG. Ist dies nicht der Fall und ist der Aufsichtsrat mit der Leistung oder dem Verhalten eines Vorstandsmitglieds (das von der Generalbzw. Vertreterversammlung abzuberufen ist, arg. § 40 GenG) nicht einverstanden, so kann er selbst nicht abberufen. Er kann nach § 40 GenG das betreffende Vorstandsmitglied vorläufig seiner Rechte und Pflichten entheben, muss dann aber sofort eine Generalversammlung (Vertreterversammlung) einberufen und deren endgültige Entscheidung (endgültige Abberufung oder Aufhebung der vorläufigen Amtsenthebung) herbeiführen. Mit dem Widerrufsrecht steht der General- bzw. Vertreterversammlung auch die ausschließliche Entscheidung über eine außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages zu1. Daraus folgt weiter, dass der Aufsichtsrat ohne einen entsprechenden Beschluss der General- bzw. Vertreterversammlung auch keine Vereinbarung über die vorzeitige Auflösung des Dienstvertrages treffen kann, obgleich dies in der Praxis immer wieder geschieht. Ein solches Vorgehen verletzt die alleinige – und nicht zur Disposition von Vorstand und Aufsichtsrat stehende – Kompetenz der General- bzw. Vertreterversammlung zur vorzeitigen Beendigung des Vorstandsamtes und ist deshalb unwirksam2. Es empfiehlt sich jedoch, in der Satzung von der durch § 24 Abs. 2 Satz 2 GenG eröffneten Möglichkeit Gebrauch zu machen, die Befugnis zur Bestellung und zur Abberufung des Vorstands dem Aufsichtsrat zu übertragen. In einem solchen Falle ergibt sich aus der Annexkompetenz zur Abberufung auch die Befugnis zur außerordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrags3, wenn diese nicht ohnehin in der Satzung dem Aufsichtsrat zugewiesen wurde. Dies erleichtert insbesondere die fristlose Kündigung mangels Pflicht zur Einberufung der Generalversammlung. Es bleibt aber rechtlich möglich, nur die Bestellungsbefugnis auf den Aufsichtsrat zu übertragen und die Befugnis zur Abberufung der Generalver-
1 Vgl. BGH v. 18.6.1984 – II ZR 221/83, NJW 1984, 2689. 2 Zutreffend OLG Hamm v. 4.12.1991 – 8 U 262/89, ZfgG 1994, 284; a.A. (solange nicht zugleich ein Verzicht auf Schadensersatzansprüche vereinbart wird) OLG Oldenburg v. 18.4.1991 – 1 U 174/90, DB 1992, 1179, 1180 und Carspecken, DB 1992, 1180 f. mit der unzutreffenden Annahme, die Kündigungskompetenz der Generalversammlung diene nicht zuletzt dem Schutz des Vorstandsmitglieds, welches auf diesen Schutz verzichten könne. 3 Geschwandtner/Helios, NZG 2006, 691, 693 f. Der Abschluss und die Änderung der Anstellungsverträge sowie deren ordentliche Kündigung stehen dem Aufsichtsrat ohnehin zu (§ 39 Abs. 1 Satz 1 GenG).
497
1276
§ 17
Besonderheiten des Aufsichtsrats in der Genossenschaft
sammlung zu belassen1. Das alles gilt auch in der zu einem Drittel mitbestimmten Genossenschaft nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 DrittelbG. b) MitbestG 1277
In der großen Genossenschaft mit mehr als 2000 eigenen oder konzernangehörigen Arbeitnehmern wird der Vorstand nur vom Aufsichtsrat bestellt und abberufen (§ 31 MitbestG). Es gelten insoweit keine Besonderheiten gegenüber den obigen Ausführungen (Rn. 332 ff.) zur Bestellung und Abberufung des Vorstands durch den Aufsichtsrat in der Aktiengesellschaft nach MitbestG. 6. Vertretung der Genossenschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern
1278
In allen Genossenschaften – also unabhängig von seiner Kompetenz zur Bestellung und Abberufung – vertritt der Aufsichtsrat gemäß § 39 Abs. 1 GenG die Genossenschaft gegenüber ihren Vorstandsmitgliedern gerichtlich und außergerichtlich, d.h. beim Abschluss und (mit den oben Rn. 1276 geschilderten Einschränkungen) bei der Kündigung des Anstellungsvertrages ebenso wie bei etwaigen Klagen der Genossenschaft gegen sie auf Schadensersatz etc. Dies gilt wie in § 112 AktG auch im Verhältnis zu ehemaligen Vorstandsmitgliedern, soweit ein Zusammenhang mit der früheren Vorstandstätigkeit besteht (vgl. oben Rn. 442)2. 7. Pflichtverletzung und Haftung
1279
Es gelten nach §§ 41, 34 GenG nahezu wortgleich die gleichen Regeln wie nach §§ 116, 93 AktG; auf die obigen Ausführungen zu § 13 (Rn. 981 ff.) kann also verwiesen werden3. Die Konkretisierung der Sorgfalt auf die des Geschäftsleiters einer Genossenschaft betont den Förderauftrag der Genossenschaft und die Pflicht zur Berücksichtigung der Interessen der Mitglieder. Auch hier gilt, dass niemand verpflichtet ist, ein Aufsichtsratsamt zu übernehmen. Tut er es aber, so hat er es ordentlich, ordnungs1 Keßler, BB 2006, 561, 563. 2 Beuthien, Komm. GenG, § 39 Rn. 6; Schaffland in Lang/Weidmüller, Komm. GenG, § 39 Rn. 11 f. 3 Nennenswerte Abweichungen ergeben sich auch nicht daraus, dass die Business Judgment Rule (Rn. 986) nur in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG, nicht aber in § 34 Abs. 1 GenG kodifiziert wurde. Ungeachtet dessen ist nämlich die Business Judgment Rule als Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, dass unternehmerische Tätigkeit ohne einen weiten Handlungsspielraum für die Geschäftsleiter kaum denkbar ist, auch für die Genossenschaft anerkannt; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 54/03, NZG 2005, 562, 563 = MDR 2005, 1061; OLG Hamm v. 29.6.2010 – I-15 Wx 312/09, FGPrax 2010, 250; Geibel in Henssler/Strohn, Komm. Gesellschaftsrecht, § 34 Rn. 5; Keßler/Herzberg, BB 2010, 907 ff.; Schaffland in Lang/Weidmüller, Komm. GenG, § 34 GenG Rn. 19; zur Eintragungsfähigkeit einer entsprechenden Satzungsbestimmung OLG Hamm v. 29.6.2010 – I-15 Wx 312/09, FGPrax 2010, 250.
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Die Generalversammlung als Überwachungsorgan
§ 17
gemäß und sorgfältig auszuüben; er kann sich weder auf Zeitmangel noch auf Unerfahrenheit berufen.
III. Die Generalversammlung als Überwachungsorgan Mit der Reform des Genossenschaftsrechts von 2006 (Rn. 1251) hat der Gesetzgeber für Kleingenossenschaften, also Genossenschaften, die nicht mehr als 20 Mitglieder haben und nicht der Mitbestimmung nach DrittelbG oder MitbestG unterliegen (Rn. 1252), die Möglichkeit geschaffen, durch Bestimmung in der Satzung auf den Aufsichtsrat zu verzichten (§ 9 Abs. 1 Satz 2 GenG)1. Diese Möglichkeit bietet nicht nur Erleichterungen, sondern führt auch zu neuen Problemen. So ist ein Verzicht auf den Aufsichtsrat zwingend, wenn eine Genossenschaft von nur drei Personen (§ 4 GenG) gegründet werden soll, um den Anforderungen an Selbstorganschaft (§ 9 Abs. 2 GenG), Mindestzahl der Aufsichtsratsmitglieder (§ 36 Abs. 1 Satz 1 GenG) und Inkompatibiliät von gleichzeitiger Vorstandsund Aufsichtsratsmitgliedschaft (§ 37 GenG) zu genügen2. Macht eine Genossenschaft mit 20 oder nahezu 20 Mitgliedern von der Verzichtsmöglichkeit Gebrauch, so entsteht in Form der Generalversammlung ein Überwachungsgremium, dessen Größe als ineffizient und hinderlich angesehen wird3.
1280
1. Aufgaben Die Generalversammlung nimmt in diesem Fall die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats wahr (§ 9 Abs. 1 Satz 3 GenG). Sie hat also in erster Linie den Vorstand bei dessen Geschäftsführung zu überwachen. Diese Überwachung bedeutet, auch wenn sie von der Generalversammlung durchgeführt wird, im Grundsatz nichts anderes als bei allen übrigen Gesellschaften mit Aufsichtsrat auch: Die Kontrolle erfolgt hinsichtlich Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung. Aber auch die Beratung der Geschäftsführung ist Pflicht des Aufsichtsrats und damit in der aufsichtsratslosen Genossenschaft Pflicht der Generalversammlung: Die Vorteile der mit der Selbstorganschaft verbundenen Sachkunde (Rn. 1259) kommen auch hier zum Tragen. Es gibt aber auch Situationen, in denen die Generalversammlung kein idealer Ersatz für den Aufsichtsrat ist, und in denen das GenG besondere Regelungen getroffen hat. Für die Vertretung der Genossenschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern (und im Anfechtungsfall, § 51 Abs. 3 Satz 2 GenG) ist von der Generalversammlung ein Bevoll1 Im Fall einer kapitalmarktorientierten Kleingenossenschaft i.S. des § 264d HGB ist bei Verzicht auf den Aufsichtsrat allerdings ein Prüfungsausschuss als selbständiges Organ der Genossenschaft einzurichten, § 53 Abs. 3 GenG i.V.m. § 324 HGB (vgl. oben Rn. 1172). 2 Geschwandtner/Helios, Genossenschaftsrecht, S. 92. 3 Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 297 f.
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1281
§ 17
Besonderheiten des Aufsichtsrats in der Genossenschaft
mächtigter (der nicht Mitglied der Genossenschaft sein muss1) zu wählen, § 39 Abs. 1 Satz 2 GenG; die Aufgabe des Aufsichtsratsvorsitzenden im Prüfungsverfahren hat ein von der Generalversammlung aus ihrer Mitte gewählter Bevollmächtigter wahrzunehmen, § 57 Abs. 5 und § 58 Abs. 3 Satz 1 GenG. Wenn die Einberufung einer Generalversammlung im Interesse der Genossenschaft erforderlich ist, so ist der Vorstand verpflichtet, dies zu tun, §§ 38 Abs. 2 Satz 2, 44 GenG. 2. Organisation a) Die Generalversammlung als Willensbildungsorgan 1282
Die Konstruktion, die der Gesetzgeber für die Überwachung des Vorstands in der Genossenschaft ohne Aufsichtsrat gewählt hat, ist jedenfalls ungewöhnlich. Ein Organ eines Verbandes nimmt die Rechte und Pflichten eines anderen Organs desselben Verbandes wahr. Damit stellt sich zwangsläufig die Frage, wie die Generalversammlung ihrer Doppelfunktion gerecht werden kann. Die Generalversammlung muss grundsätzlich nur einmal im Jahr zusammentreten, zur Feststellung des Jahresabschlusses, zur Beschlussfassung über die Gewinnverwendung und zur Abstimmung über die Entlastung des Vorstands (§ 48 Abs. 1 GenG). Ein solcher Turnus ist für eine ordnungsgemäße Überwachung der laufenden Verwaltung viel zu gering. Es empfiehlt sich daher, eine Aufspaltung der Aufgaben der Generalversammlung vorzunehmen. Diese kann dann einmal als „oberstes Willensbildungsorgan“ und einmal „als Überwachungsorgan“ zusammenkommen. Dieses Verfahren erweist sich in mehrerlei Hinsicht als vorteilhaft: Nur wenn die Generalversammlung als „oberstes Willensbildungsorgan“ zusammenkommt, müssen die für die Einberufung notwendigen Verfahren (§ 46 GenG) eingehalten werden. Dies bedeutet freilich im Umkehrschluss, dass in dem Fall, in dem die Generalversammlung nicht nach diesen Vorschriften einberufen wurde, auch keine Abstimmung über Punkte, die dem „Willensbildungsorgan“ zugewiesen sind, stattfinden kann, also beispielsweise Änderungen der Satzung, die Feststellung des Jahresabschlusses etc. Zudem muss eine solche Aufspaltung in der Satzung vorgesehen sein, um eine Rechtswidrigkeit von Beschlüssen der Generalversammlung als Überwachungsorgan zu vermeiden. Bis auf weiteres ist im Zweifel jedoch immer zu einer Einberufung und Durchführung nach den Regeln der §§ 44 ff. GenG zu raten. b) Die Generalversammlung „als Überwachungsorgan“
1283
Die Generalversammlung „als Überwachungsorgan“ sollte hingegen einmal im Quartal zusammenkommen, um eine pflichtgemäße Überwachung der Geschäftsführung zu gewährleisten. Sie nimmt insbesondere die Rechte aus § 38 GenG wie ein Aufsichtsrat wahr, kann also beispielsweise Auskünfte verlangen und Unterlagen der Genossenschaf1 Geschwandtner/Helios, NZG 2006, 691, 692.
500
Die Generalversammlung als Überwachungsorgan
§ 17
ten einsehen. Um den Informationsfluss zwischen Vorstand und Überwachungsorgan zu optimieren, ist auch in einer verhältnismäßig kleinen Genossenschaft der Erlass einer an § 90 AktG angelehnten Berichtsordnung zweckmäßig. Außerdem empfiehlt es sich, einmal im Jahr die Sitzung der Generalversammlung als Willensbildungsorgan und als Überwachungsorgan in einer Zusammenkunft zu erledigen, um Maßnahmen wie Prüfung und Feststellung des Jahresabschlusses (§§ 38 Abs. 1 Satz 5, 48 Abs. 1 Satz 1 GenG) in einer Sitzung erledigen zu können. Dabei ist dafür Sorge zu tragen, dass vertrauliche Beratungsgegenstände nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Um bei Kleingenossenschaften mit annähernd 20 Mitgliedern die Effektivität der Überwachung zu erhöhen, bietet sich die Einrichtung von Ausschüssen an (vgl. Rn. 1271 ff.). 3. Rechte und Pflichten des einzelnen Mitglieds Die Rechte und Pflichten der Mitglieder der Generalversammlung sind in Bezug auf die Überwachungsangelegenheiten die eines Aufsichtsratsmitglieds (arg. § 9 Abs. 1 Satz 3 GenG). So kann ein einzelnes Mitglied beauftragt werden, die Einsichtnahme und Prüfung vorzunehmen, sowie Auskünfte verlangen, jedoch nur an die Generalversammlung (§ 38 Abs. 1 GenG). Damit korrespondiert die Pflicht, über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Genossenschaft Stillschweigen zu bewahren (§§ 41, 34 Abs. 1 Satz 2 GenG). Wendet man die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 GenG konsequent an, so müsste auch eine Vergütung der Mitglieder des Organs, das die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats übernimmt, möglich sein.
1284
4. Haftung Der Verzicht auf einen Aufsichtsrat entbindet nicht von einer sorgfälti- 1285 gen Überwachung. Ein Mittel der Durchsetzung der Sorgfaltspflicht ist die Haftung, die ausweislich der Regierungsbegründung gemäß §§ 41, 34 GenG auch für die Mitglieder der Generalversammlung gilt1. Dies kann allerdings zu einem Dilemma führen. Das Mitglied, das in der Generalversammlung, in der der Verzicht auf den Aufsichtsrat in die Satzung aufgenommen wurde, gegen diese Maßnahme gestimmt hat, wird bzw. ist zwangsläufig Mitglied des Überwachungsorgans, unabhängig von Eignung und Befähigung zum Kontrolleur. Will es den damit zusammenhängenden Haftungsrisiken entgehen, bleibt ihm nur der Austritt aus der Genossenschaft2. Eine Ablehnung des „Aufsichtsratsmandats“ ist nicht möglich; ebenso wenig kann die Haftung in der Satzung abbedungen oder abgemildert werden, da auch im Genossenschaftsrecht der Grundsatz der Satzungsstrenge gilt (§ 18 Satz 2 GenG). Im Übrigen kann für die Haftung 1 BT-Drucks. 16/1025, S. 82. Aus dem Schrifttum ebenso Scheibner, DZWiR 2010, 137 f.; zur Gegenansicht s. die Nachw. in Rn. 1286. 2 Dazu ausführlich Geschwandtner/Helios, Genossenschaftsrecht, S. 100.
501
§ 17
Besonderheiten des Aufsichtsrats in der Genossenschaft
auf Rn. 1279 und damit auf die Ausführungen zur AG verwiesen werden1. 1286
Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass das vorstehend geschilderte Verständnis des § 9 Abs. 1 Satz 3 GenG und der daraus folgenden haftungsrechtlichen Konsequenzen für die Mitglieder der Generalversammlung nicht unumstritten ist. Namentlich Beuthien2 interpretiert die Vorschrift anders und sieht darin nur die deklaratorische Feststellung des allgemeinen Grundsatzes, dass in allen Körperschaften ohne Aufsichtsrat das Grundorgan3 zur Überwachung der Geschäftsführung verpflichtet ist. Diese Aussage trifft im Grundsatz zu. Nur konkretisiert das Gesetz in § 9 Abs. 1 Satz 3 GenG diese Pflichten derart, dass sich die Generalversammlung bei ihrer Überwachung an den Pflichten eines Aufsichtsrats zu orientieren hat („nimmt die Generalversammlung die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats wahr“); dafür genügt dann die sonst nur jährlich einmal stattfindende Generalversammlung nicht. Und deswegen gelten für ihre Mitglieder auch die Sonderregeln zur Haftung nach §§ 41, 34 GenG und nicht die allgemeinen Regeln der Schlechterfüllung4. Es bleibt mithin bei den oben Rn. 1281 ff. getroffenen Feststellungen.
1287–1300 Einstweilen frei.
1 Anders Schulte in Lang/Weidmüller, Komm. GenG, § 9 Rn. 8, und Keßler, Berliner Komm. GenG, § 9 Rn. 8 f., wonach die Haftung nicht für die Überwachung des Vorstands eingreifen und das Mitglied nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haften soll. 2 Beuthien, Komm. GenG, § 9 Rn. 4. 3 Mitgliederversammlung beim Verein, Gesellschafterversammlung bei der GmbH. 4 A.A. Beuthien, Komm. GenG, § 41 GenG Rn. 25; Schaffland in Lang/Weidmüller, Komm. GenG, § 41 Rn. 59a.
502
§ 18 Der Aufsichtsrat in der KGaA I. Überblick Ebenso wie die Aktiengesellschaft hat auch die Kommanditgesellschaft 1301 auf Aktien (KGaA) einen Pflichtaufsichtsrat, §§ 278 Abs. 3, 287 AktG. Allerdings unterscheiden sich die innere Struktur der KGaA und das Verhältnis der Organe zueinander grundlegend von der AG, wenngleich auch die KGaA Kapitalgesellschaft und nicht Personengesellschaft ist1. Die wohl wichtigsten Rechte des Aufsichtsrats in der KGaA sind im Vergleich zu denen des Aufsichtsrats in der AG diejenigen Rechte, die er nicht hat2. Der Aufsichtsrat in der KGaA hat in der gesetzestypischen Ausgestaltung kein Recht zur Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung (Rn. 1305 f.), kein originäres Recht zur Festlegung von Zustimmungsvorbehalten (Rn. 1316) und kein Recht zur Feststellung des Jahresabschlusses (vgl. § 286 AktG). Die Ursachen dafür liegen in der Organisationsstruktur der KGaA: Vereinfacht lässt sich sagen, dass sich das Innenverhältnis und damit die Führungsstruktur nach dem Recht der Kommanditgesellschaft bestimmt, die Kapitalstruktur sich hingegen nach Aktienrecht beurteilt3, § 278 Abs. 2 und 3 AktG. Diese Struktur hat Auswirkungen auf den Aufsichtsrat in der KGaA und seine Rechte und Pflichten. Zum einen erfüllt er eine Doppelfunktion: Er überwacht einerseits die Geschäftsführung und repräsentiert andererseits bei Rechtsstreitigkeiten mit den persönlich haftenden Gesellschaftern die Gesamtheit der Kommanditaktionäre4. Zum anderen unterliegt die KGaA nicht ganz der Satzungsstrenge der AG, sondern hinsichtlich ihrer Führungsstruktur der inneren Gestaltungsfreiheit der Personengesellschaften (§§ 109, 163 HGB)5, so dass die Stellung des Aufsichtsrats auch stark von der Satzung der jeweiligen Gesellschaft abhängig ist. Wichtigster Unterschied zur AG und zentral für die (geringe) Macht des Aufsichtsrats ist die Tatsache, dass er kein Recht zur Bestellung und Anstellung der Geschäftsführung hat. „Geborene“ Leitungsorgane in der KGaA sind die persönlich haften-
1 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 32 I, 1; K. Schmidt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 278 Rn. 1; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 278 Rn. 1; zur Geschichte der KGaA K. Schmidt in Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. II, 26. Kap., S. 1188 ff. 2 Vgl. Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 744 ff. 3 BGH v. 24.2.1997 – II ZB 11/96, BGHZ 134, 392, 396 = AG 1997, 370; zu den anwendbaren Normen vgl. den umfangreichen Katalog bei Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 278 Rn. 6. 4 Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 46; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 1. 5 Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 23 Rn. 2.
503
§ 18
Der Aufsichtsrat in der KGaA
den Gesellschafter1. Insoweit ist die Position des Aufsichtsrats in der KGaA durchaus mit der eines freiwilligen Aufsichtsrats in der GmbH vergleichbar2.
II. Zusammensetzung des Aufsichtsrats 1302
1. Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats in der KGaA richtet sich gemäß § 278 Abs. 3 i.V.m. §§ 95 ff. AktG nach Aktienrecht und erfolgt durch Wahl oder Entsendung3. Daher gelten auch die Inkompatibilitätsvorschriften des § 100 AktG. Zu beachten ist weiterhin, dass die persönlich haftenden Gesellschafter in der Hauptversammlung zwar grundsätzlich ein Stimmrecht für ihre Aktien haben, aber gemäß § 285 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AktG bei der Beschlussfassung über die Wahl und Abberufung des Aufsichtsrats das Stimmrecht weder für sich noch für einen anderen ausüben können4. Das führt in Zusammenhang mit dem Verbot für Komplementäre, selbst Aufsichtsratsmitglied zu sein (§ 287 Abs. 3 AktG), auch zur Unzulässigkeit der Begründung von Entsendungsrechten zugunsten der persönlich haftenden Gesellschafter5. Die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder bedarf auch nicht der Zustimmung der persönlich haftenden Gesellschafter (§ 285 Abs. 2 Satz 1 AktG), da sonst das Stimmverbot leerliefe6.
1303
2. Auch die Repräsentation der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat entspricht der in der Aktiengesellschaft: Beschäftigt die Gesellschaft in der Regel nicht mehr als 500 Arbeitnehmer, so sind grundsätzlich keine Arbeitnehmer im Aufsichtsrat vertreten7. Hat die Gesellschaft mehr als 500, aber nicht mehr als 2000 Arbeitnehmer, so muss der Aufsichtsrat gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 DrittelbG zu einem Drittel aus Arbeitnehmervertretern bestehen. Beschäftigt die KGaA schließlich mehr 1 Herfs, Münchener Hdb. AG, § 78 Rn. 2; Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, Vor § 278 Rn. 65; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 278 Rn. 53. 2 Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 23 Rn. 33. 3 Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 23 Rn. 33; K. Schmidt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 287 Rn. 3. 4 Zur Übertragung der Aktien vom Komplementär auf nahestehende Dritte vgl. BGH v. 5.12.2005 – II ZR 291/03, BGHZ 165, 192 = AG 2006, 117 mit Anm. Fett, BGHReport 2006, 375 f.; mit Anm. Ek/Schiemzik, BB 2006, 456 f.; mit Anm. Kersting, WuB II B § 287 AktG 1.06; mit Anm. Dürr, EWiR 2006, 193; K. Schmidt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 285 Rn. 12. 5 BGH v. 5.12.2005 – II ZR 291/03, BGHZ 165, 192, 202 = AG 2006, 117; Perlitt, MünchKomm. AktG, § 285 Rn. 26; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 4. 6 Perlitt, MünchKomm. AktG, § 285 Rn. 50. Zu weiteren Ausnahmen vom Zustimmungsrecht der Komplementäre vgl. Perlitt, MünchKomm. AktG, § 285 Rn. 46 ff. 7 Anderes gilt für Gesellschaften, die vor dem 10. August 1994 eingetragen worden sind und keine Familiengesellschaften sind, § 1 Abs. 1 Nr. 2 DrittelbG; vgl. dazu Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 1 DrittelbG Rn. 13.
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Keine Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung
§ 18
als 2000 Arbeitnehmer, setzt sich der Aufsichtsrat gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 MitbestG zur Hälfte aus Arbeitnehmervertretern zusammen. Mit der Anzahl der Sitze im Aufsichtsrat ist allerdings noch keine Aussage über die sachliche Bedeutung der Mitbestimmung der Arbeitnehmer verbunden (dazu sogleich).
1304
III. Keine Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung 1. Wie bereits erwähnt hat der Aufsichtsrat in der KGaA kein Recht zur Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung. Da gemäß § 278 Abs. 2 AktG i.V.m. §§ 161 Abs. 2, 114, 125 HGB die persönlich haftenden Gesellschafter das „geborene“ Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan der Kommanditgesellschaft auf Aktien sind, findet § 84 AktG keine Anwendung. Damit gilt auch das für Personengesellschaften typische Prinzip der Selbstorganschaft für die KGaA.
1305
Für Gesellschaften, die dem Mitbestimmungsgesetz unterfallen, und in denen der Aufsichtsrat gewöhnlich das Recht zur Bestellung und Abberufung der Mitglieder des zur gesetzlichen Vertretung befugten Organs hat, sieht § 31 Abs. 1 Satz 2 MitbestG für die KGaA ausdrücklich eine Ausnahme vor. Diese Ausnahme wird damit gerechtfertigt, dass sich persönliche Haftung der Komplementäre und unternehmerische Mitbestimmung der Arbeitnehmer ausschließen1. Gesellschafter, die die Risiken der persönlichen Haftung übernehmen, sollten auch in der Lage bleiben, die Geschicke der Gesellschaft weitgehend selbst zu bestimmen2. Auch muss in der mitbestimmten KGaA kein Arbeitsdirektor bestellt werden, § 33 Abs. 1 Satz 2 MitbestG.
1306
2. Umstritten ist aber, wie die Mitbestimmung in der sog. „kapitalisti- 1307 schen“ oder „atypischen“ KGaA auszusehen hat, also in der KGaA, in der die persönlich haftende Gesellschafterin eine juristische Person (etwa eine GmbH, AG oder SE) ist3. Argumentiert wird, dass mit dem Fehlen einer natürlichen Person als persönlich haftendem Gesellschafter auch die Rechtfertigung für die mitbestimmungsrechtliche Privilegierung der KGaA entfalle. Wenn eine Kapitalgesellschaft persönlich haftende Gesellschafterin sei, dann gelte in dieser KGaA auch der Grundsatz nicht mehr, dass sich persönliche Haftung und Mitbestimmung ausschlössen. Durch die atypisch ausgestaltete KGaA entstehe eine Lücke in der Mitbestim1 Herfs, Münchener Hdb. AG, § 78 Rn. 63; Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, Vor § 287 Rn. 9. 2 Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, Vor § 287 Rn. 9. 3 Die Zulässigkeit dieser Gestaltung ist seit BGH v. 24.2.1997 – II ZB 11/96, BGHZ 134, 392 ff. = AG 1997, 370 anerkannt; sie hat in § 279 Abs. 2 AktG (in der Fassung des Handelsrechtsreformgesetzes vom 22.6.1998, BGBl. I 1998, 1474) auch im Gesetzestext ihren Niederschlag gefunden.
505
§ 18
Der Aufsichtsrat in der KGaA
mung, die geschlossen werden müsse. Streit besteht außerdem darüber, wie sich eine „vollwertige“ Mitbestimmung in der atypischen KGaA verwirklichen lässt. So wird sowohl die (entsprechende) Anwendung von § 4 Abs. 1 MitbestG als auch eine Konstruktion über § 5 MitbestG vorgeschlagen, um eine Mitbestimmung auf Ebene der Komplementärin zu begründen1; andere plädieren dagegen für einen Fortfall der Mitbestimmungsprivilegien im Aufsichtsrat der KGaA2. 1308
Der Bundesgerichtshof steht diesbezüglich auf dem Standpunkt, es könne nicht Aufgabe der Gerichte sein, den auf politischem Wege gefundenen Mitbestimmungskompromiss durch eine Rechtsfortbildung zu korrigieren. Es sei allein Sache des Gesetzgebers, das MitbestG zu ändern, wenn er der Ansicht sein sollte, dass die KGaA ohne natürliche Person als persönlich haftendem Gesellschafter der Mitbestimmung unterworfen werden solle3. Dem ist zuzustimmen.
IV. Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats in der KGaA 1. Überwachung 1309
Die Überwachung der Geschäftsführung ist in der KGaA die wichtigste Aufgabe des Aufsichtsrats. § 278 Abs. 3 AktG verweist auf das Erste Buch des AktG und damit auf § 111 Abs. 1 und 2 AktG, weshalb die Überwachung durch den Aufsichtsrat im Wesentlichen wie in der AG erfolgt. Setzt sich die Überwachungsaufgabe in der AG jedoch aus Kontrolle, Beratung und Mitentscheidung zusammen (vgl. oben Rn. 62), so liegt der Schwerpunkt bei der KGaA fast ausschließlich auf der (nachträglichen) Kontrolle, gefolgt von der Beratung mit den Komplementären. Mitentscheidungsrechte stehen dem Aufsichtsrat, wie bereits dargelegt, in der gesetzestypischen KGaA nicht zu4. a) Umfang der Überwachung und Veränderbarkeit
1310
Objekt der Überwachung ist die Geschäftsführung der Gesellschaft durch die persönlich haftenden Gesellschafter. Der Umfang der Überwachung, insbesondere das Ausmaß der Berichte an den Aufsichtsrat gemäß § 90 AktG, kann auch in der Satzung nicht eingeschränkt werden (§§ 278 Abs. 3, 23 Abs. 5 AktG)5. Wird die Befugnis der Komplementäre zur Füh1 So etwa Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 1 MitbestG Rn. 40 f. 2 So namentlich K. Schmidt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 287 Rn. 5. Vgl. zu dieser Diskussion statt vieler Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, Vor § 287 Rn. 9 ff. und Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 278 Rn. 85 ff.; jew. mit umfangreichen Nachweisen. 3 BGH v. 24.2.1997 – II ZB 11/96, BGHZ 134, 392, 400 = AG 1997, 370. 4 Vgl. dazu auch Kallmeyer, ZGR 1983, 57, 71 ff. 5 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 287 Rn. 12; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 16.
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Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats in der KGaA
§ 18
rung der Geschäfte eingeschränkt oder auf andere Organe oder Gremien übertragen, so verringert sich auch der Überwachungsumfang des Aufsichtsrats; Kontrollrechte stehen dem Aufsichtsrat ausschließlich gegenüber den Komplementären zu1. Im Übrigen hat der Aufsichtsrat der KGaA, wie in der AG, die Geschäftsführung auf ihre Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit hin zu überwachen. Insoweit sei auf die Rn. 73 ff. verwiesen. b) Information des Aufsichtsrats Da auch in der KGaA die umfassende Information des Aufsichtsrats unabdingbare Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Überwachung ist, gelten, wie § 283 Nr. 4 AktG hervorhebt, insbesondere die §§ 90 und 111 Abs. 2 AktG auch hier. Dem Aufsichtsrat in der KGaA stehen folglich dieselben Informationsrechte im gleichen Umfang zu wie dem Aufsichtsrat in der AG; die Struktur der KGaA bedingt keine Abweichung von der Berichterstattung in der AG2. So ist der Aufsichtsrat auch über die beabsichtigte Geschäftspolitik zu unterrichten, selbst wenn ihm diesbezüglich (vorbehaltlich Rn. 1313 f.) keine Einwirkungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen3.
1311
Der aus Sicht einer guten Corporate Governance empfehlenswerte Erlass einer Informationsordnung für die persönlich haftenden Gesellschafter gestaltet sich in der KGaA jedoch schwierig, handelt es sich der Sache nach doch um eine Geschäftsordnung (vgl. Rn. 317), zu deren Erlass der Aufsichtsrat in der KGaA mangels Personalkompetenz nicht berechtigt ist, sofern nicht die Satzung Abweichendes bestimmt (Rn. 1319). Es empfiehlt sich daher für den Aufsichtsrat, eine solche Berichtsordnung mit den persönlich haftenden Gesellschaftern einvernehmlich auszuhandeln. Schlägt dies fehl, ließe sich gleichwohl über eine Berichtsordnung nachdenken, die als antizipiertes Berichtsverlangen nach § 90 Abs. 3 AktG ausgestaltet werden könnte. Schließlich besteht die Möglichkeit, dem Aufsichtsrat das Recht zum Erlass einer Berichtsordnung in der Satzung einzuräumen.
1312
c) Einwirkungsmöglichkeiten Die Möglichkeiten des Aufsichtsrats, unmittelbar auf die Geschäftsführung einzuwirken, sind gering. Stimmt der Aufsichtsrat mit der langfristigen Unternehmensentwicklung nicht überein oder gelangt er zu der Ansicht, dass die persönlich haftenden Gesellschafter die Geschäfte nicht ordnungsgemäß führen bzw. sich pflichtwidrig verhalten, hat er zunächst 1 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 287 Rn. 14; Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 35; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 8. 2 Perlitt, MünchKomm. AktG, § 287 Rn. 40; Kallmeyer, ZGR 1983, 57, 73. 3 Kallmeyer, ZGR 1983, 57, 73.
507
1313
§ 18
Der Aufsichtsrat in der KGaA
nur die Möglichkeit, seinen Bedenken in einem Gespräch mit den persönlich haftenden Gesellschaftern Ausdruck zu verleihen1. 1314
Machen sich die persönlich haftenden Gesellschafter diese Bedenken nicht zu eigen oder weisen sie die Bedenken des Aufsichtsrats zurück, so bleibt dem Aufsichtsrat lediglich die Einberufung einer Hauptversammlung gemäß §§ 278 Abs. 3, 111 Abs. 3 AktG, um die Kommanditaktionäre über seine Bedenken zu informieren2. Auch hat er dort die Kommanditaktionäre über rechtlich mögliche Maßnahmen zu unterrichten3, wie z.B. die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis (§ 278 Abs. 2 AktG, §§ 161 Abs. 2, 117 HGB) oder die Möglichkeit der Verweigerung der Zustimmung zu außergewöhnlichen Geschäften (§ 278 Abs. 2 AktG, §§ 164 Satz 1 Halbsatz 2, 161 Abs. 2, 116 Abs. 2 HGB). Dem Aufsichtsrat kommt insoweit die Funktion eines Gegengewichts gegenüber der Information der Hauptversammlung durch die Komplementäre zu4. Ultima ratio ist die Amtsniederlegung des Aufsichtsrats bzw. einzelner seiner Mitglieder, die allerdings keine Flucht aus der Verantwortung sein darf5. Zu konstatieren bleibt in diesem Zusammenhang, dass den Aufsichtsrat keine Haftung trifft, wenn eine beanstandete Maßnahme einen Schaden für die Gesellschaft zur Folge hatte, er seiner Überwachung aber wie beschrieben ordnungsgemäß nachgekommen ist. d) Unterrichtung durch den Aufsichtsrat
1315
In engem Zusammenhang mit den Überwachungsaufgaben des Aufsichtsrats stehen seine Pflichten aus § 171 Abs. 1 AktG zur Prüfung von Jahresund gegebenenfalls Konzernabschluss sowie des Lageberichts und des Gewinnverwendungsvorschlags. Diese Pflichten hat der Aufsichtsrat, auch wenn er nicht an der Feststellung des Jahresabschlusses mitwirkt6; diese obliegt vielmehr der Hauptversammlung im Zusammenwirken mit den Komplementären (§ 286 Abs. 1 AktG). Über das Ergebnis seiner Prüfung hat der Aufsichtsrat der Hauptversammlung gemäß § 171 Abs. 2 AktG zu berichten; darin liegt eine wichtige Informationsquelle für die Kommanditaktionäre7.
1 Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 43; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 287 Rn. 13. 2 Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 747; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 287 Rn. 13; Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 42; Perlitt, MünchKomm. AktG, § 287 Rn. 46; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 7; a.A. Kallmeyer, ZGR 1983, 57, 71 f. 3 Perlitt, MünchKomm. AktG, § 287 Rn. 46. 4 Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 42. 5 Perlitt, MünchKomm. AktG, § 287 Rn. 46. 6 Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 34; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 9. 7 Zum Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung vgl. oben Rn. 561 ff. sowie Lutter, AG 2008, 1 ff.
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Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats in der KGaA
§ 18
2. Zustimmungsvorbehalte Der Stellung des Aufsichtsrats in der gesetzestypischen KGaA als Überwachungsorgan entspricht es auch, dass er – im Gegensatz zum unternehmerisch mitentscheidenden Aufsichtsrat in der AG – kein originäres Recht zur Einrichtung von Zustimmungsvorbehalten hat. § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG findet in der KGaA keine Anwendung1, da für die Geschäftsführung über § 278 Abs. 2 AktG Personengesellschaftsrecht gilt. Nach personengesellschaftsrechtlichen Grundsätzen ist es stattdessen die Hauptversammlung, die bei allen außergewöhnlichen Maßnahmen über ein Zustimmungsrecht verfügt (Rn. 1314). Selbst wenn dieses Zustimmungsrecht in der Satzung abbedungen wird, lebt eine Befugnis des Aufsichtsrats nicht von selbst wieder auf2.
1316
Da die in § 278 Abs. 2 AktG in Bezug genommenen Regelungen des HGB über die Geschäftsführung dispositiv sind, besteht aber die Möglichkeit, in der Satzung nach dem Vorbild des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG bestimmte Arten von Geschäften an die Zustimmung des Aufsichtsrats zu binden oder diesem die Befugnis einzuräumen, selbst für bestimmte Arten von Geschäften Zustimmungsvorbehalte zu begründen3. Die Grenze für den Umfang der Übertragung von Befugnissen auf den Aufsichtsrat ergibt sich aus dem Prinzip der Trennung von Leitung und Kontrolle4. Flächendeckende Zustimmungsvorbehalte auch für gewöhnliche Maßnahmen des Tagesgeschäfts können daher ebenso wenig begründet werden wie in der AG5.
1317
Es besteht auch die Möglichkeit, die notwendige Zustimmung der Hauptversammlung zu außergewöhnlichen Geschäften (Rn. 1314) in der Sat-
1318
1 Heute allgemeine Ansicht; Kallmeyer, ZGR 1983, 57, 68 f.; K. Schmidt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 287 Rn. 15; Perlitt, MünchKomm. AktG, § 278 Rn. 193 und 211; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 287 Rn. 15; Assmann/ Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 39; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 10. 2 Perlitt, MünchKomm. AktG, § 278 Rn. 193; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 10. 3 H.M., Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 39, 44, 76; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 10, 16; Perlitt, MünchKomm. AktG, § 287 Rn. 54; Herfs, Münchener Hdb. AG, § 78 Rn. 57; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 287 Rn. 23; a.A. Servatius in Grigoleit, Komm. AktG, § 278 Rn. 18. 4 Herfs, Münchener Hdb. AG, § 78 Rn. 57; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 278 Rn. 88; Perlitt, MünchKomm. AktG, § 278 Rn. 236. Dagegen steht der Grundsatz der Selbstorganschaft Zustimmungsvorbehalten des Aufsichtsrats auch dann nicht entgegen, wenn dieser mehrheitlich mit Nicht-Gesellschaftern besetzt ist (vgl. dazu noch unten Rn. 1335). 5 Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 278 Rn. 88; Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 77; dort jeweils auch zu der Möglichkeit, ein auf bestimmte Gegenstände beschränktes Weisungsrecht des Aufsichtsrats in der Satzung vorzusehen (s. dazu auch noch Rn. 1328, 1335).
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§ 18
Der Aufsichtsrat in der KGaA
zung abzubedingen und auf den Aufsichtsrat zu übertragen1. Gleichzeitig empfiehlt es sich dann für kapitalmarktorientierte Gesellschaften, im Sinne einer guten Corporate Governance dem Aufsichtsrat nach dem Vorbild der AG in gewissem Umfang Zustimmungsvorbehalte einzuräumen. 3. Erlass einer Geschäftsordnung 1319
Gleiches gilt auch für eine Geschäftsordnung für die persönlich haftenden Gesellschafter. Ein originäres Recht zum Erlass einer solchen steht dem Aufsichtsrat in der KGaA mangels Personalkompetenz nicht zu2. Es kann3 und sollte aber für ihn in der Satzung geschaffen werden. 4. Vertretung der Gesellschaft gegenüber den Komplementären
1320
Gemäß § 278 Abs. 3 i.V.m. § 112 AktG vertritt ausschließlich der Aufsichtsrat die Gesellschaft gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern gerichtlich und außergerichtlich bei Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten mit diesen4. Gleiches gilt für Streitigkeiten mit nicht geschäftsführungsbefugten und ausgeschiedenen Komplementären5 und deren überlebenden Ehegatten (im Fall der Geltendmachung von Rentenansprüchen)6. Auch bei sog. Tätigkeitsvereinbarungen7, die regelmäßig Vergütungsklauseln enthalten und daher in der Satzung vorgesehen sein müssen (§§ 278 Abs. 3, 26 Abs. 1 AktG), vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft gegenüber den Komplementären8. Die persönlich haftenden Gesellschafter sind in diesen Fällen von der Vertretung ausgeschlos1 Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 76. 2 Kallmeyer, ZGR 1983, 57, 67; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 278 Rn. 66; Perlitt, MünchKomm. AktG, § 278 Rn. 78; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 9. 3 Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 40; Perlitt, MünchKomm. AktG, § 278 Rn. 213; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 16. 4 H.M.; BGH v. 29.11.2004 – II ZR 364/02, ZIP 2005, 348, 349 = AG 2005, 239; Perlitt, MünchKomm. AktG, § 287 Rn. 68; Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 67 f.; Hüffer, Komm. AktG, § 278 Rn. 16; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 11 f.; K. Schmidt in K. Schmidt/Lutter, § 278 Rn. 45, § 287 Rn. 20; a.A. Bürgers in Schütz/Bürgers/Riotte, Die Kommanditgesellschaft auf Aktien, § 5 Rn. 495 ff.: vorbehaltlich abweichender Satzungsregelung nur Vertretung durch Komplementäre; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 287 Rn. 19: Vertretungsbefugnis auch der Komplementäre. 5 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 364/02, ZIP 2005, 348 ff. = AG 2005, 239; Assmann/ Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 72; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 13. 6 BGH v. 16.10.2006 – II ZR 7/05, ZIP 2006, 2213 = AG 2007, 86. 7 Vgl. zu diesen Vereinbarungen Hecht in Schütz/Bürgers/Riotte, Die Kommanditgesellschaft auf Aktien, § 5 Rn. 259 ff.; Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 288 Rn. 74 ff.; A. Arnold in Henssler/Strohn, Komm. Gesellschaftsrecht, § 288 AktG Rn. 3 f. 8 Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 288 Rn. 76; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 14.
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Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats in der KGaA
§ 18
sen. Ihre Vertretungsmacht ergibt sich auch nicht aus § 278 Abs. 2 AktG i.V.m. §§ 161 Abs. 2, 125, 126 HGB1, selbst dann nicht, wenn, wie in einer KG, ein Rechtsgeschäft mit einem der Komplementäre oder einem Prokuristen als Vertreter der Gesellschaft und einem anderen Komplementär als Drittem denkbar wäre. Die Rechtfertigung dafür ist in der Tatsache zu sehen, dass die Interessenlage in der KGaA hinsichtlich möglichen Missbrauchs dieselbe ist wie in der AG. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass die persönlich haftenden Gesellschafter die Vertretungsberechtigung zu Lasten der KGaA missbrauchen könnten2. Diese Kompetenz des Aufsichtsrats ist zwingend; eine entgegenstehende Satzungsbestimmung ist nichtig3. Dies ergibt sich schon aus dem Zweck des § 112 AktG, der auf die Vermeidung einer abstrakten Gefährdung der Gesellschaftsinteressen abzielt4.
1321
5. Vertretung der Kommanditaktionäre Neben seiner Funktion als Vertreter der Gesellschaft gegenüber den Komplementären kommt dem Aufsichtsrat die Aufgabe zu, die „Gesamtheit der Kommanditaktionäre“ bei Rechtsstreitigkeiten mit den persönlich haftenden Gesellschaftern zu vertreten, § 287 Abs. 2 AktG. Diese Funktion des Aufsichtsrats hat kein Äquivalent in der AG5, da sie auf die Verschiedenheit der Gesellschaftergruppen in der KGaA zurückgeht6. Die Gesamtheit der Kommanditaktionäre entspricht insoweit dem Kommanditisten einer KG7. Streitigkeiten nach § 287 Abs. 2 AktG sind Rechtsstreitigkeiten aus der Gesellschafterstellung, die nicht die organschaftlichen Rechte der Beteiligten betreffen. Es handelt sich beispielsweise um Klagen der Kommanditaktionäre auf Zustimmung der Komplementäre zur Feststellung des Jahresabschlusses (§ 286 Abs. 1 AktG)8. Nach neuerer und inzwischen ganz herrschender Ansicht handelt der Aufsichtsrat auch insoweit als Organ der Gesellschaft9, nicht als Organ der Komman-
1 So aber Bürgers in Schütz/Bürgers/Riotte, Die Kommanditgesellschaft auf Aktien, § 5 Rn. 498; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 287 Rn. 19. 2 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 364/02, ZIP 2005, 348 f. = AG 2005, 239. 3 H.L., etwa Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 68; Perlitt, MünchKomm. AktG, § 287 Rn. 66; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 11 f.; a.A. OLG München v. 26.7.1995 – 7 U 5169/94, AG 1996, 86; Herfs, Münchener Hdb. AG, § 78 Rn. 56; Schnorbus in Liber amicorum M. Winter, S. 627, 647. 4 Ihrig/Schlitt, ZHR Beiheft 67 (1998), S. 55 f. 5 Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 57. 6 Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 57. 7 Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 57. 8 Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 57. 9 BGH v. 5.12.2005 – II ZR 291/03, BGHZ 165, 192, 199 = AG 2006, 117; K. Schmidt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 287 Rn. 20; Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 65; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 287 Rn. 2, 20; Hüffer, Komm. AktG, § 287 Rn. 2.
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§ 18
Der Aufsichtsrat in der KGaA
ditaktionäre1. Vorsorglich wird aber empfohlen, bei der Parteibezeichnung im Klagerubrum der gesetzlichen Formulierung gemäß die Gesamtheit der Kommanditaktionäre der XY-KGaA, vertreten durch den Aufsichtsrat, anzuführen2. Folgt man der herrschenden Ansicht, ergibt sich ein weiteres Problem: Als Organ der Gesellschaft ist der Aufsichtsrat verpflichtet, die Interessen der Gesellschaft zu wahren. Nun ist es denkbar, dass die Gesamtheit der Kommanditaktionäre Ansprüche gegenüber den Komplementären durchzusetzen plant, die überwiegend ihren eigenen Interessen dienen und weniger denen der Gesellschaft. Der Aufsichtsrat ist dann in einem Interessenkonflikt, da er nicht zwei Herren gleichzeitig dienen kann3. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Aufsichtsrat auch insoweit im Konfliktfall die Interessen der Gesellschaft wahrzunehmen4. Hier empfiehlt es sich, den bereits vom Gesetz vorgezeigten Weg zu gehen: die Wahl eines besonderen Vertreters durch die Hauptversammlung (§ 287 Abs. 2 Satz 1, letzter Halbsatz AktG). Dieses Vorgehen ist auch noch in einem laufenden Verfahren möglich, insbesondere, wenn man den Aufsichtsrat als verpflichtet ansieht, den Kommanditaktionären einen Interessenkonflikt anzuzeigen5. 6. Ausführungsfunktion 1323
Neben seiner Funktion als Vertreter der Kommanditaktionäre kommt dem Aufsichtsrat die Aufgabe zu, die Beschlüsse der Kommanditaktionäre auszuführen, § 287 Abs. 1 AktG. Dabei handelt es sich aber nur um die Beschlüsse, die ausführungsbedürftig sind und Rechte betreffen, die auch den Kommanditisten einer KG gegenüber der Gesellschaft oder den Komplementären zustehen würden6. Beschlüsse, die die Hauptversammlung aufgrund ihrer durch das Aktienrecht gegebenen Zuständigkeiten fasst, werden dagegen von den Komplementären ausgeführt7. Auch in den Fällen, in denen der Aufsichtsrat seiner Ausführungsfunktion nachkommt, besteht die Möglichkeit einer Interessenkollision zwischen den Interessen der Kommanditaktionäre und dem Gesellschaftsinteresse. Diesen Konflikt hat der Aufsichtsrat auf Grund seiner organschaftlichen Treuepflicht in dem Sinne aufzulösen, dass er keine die Gesellschaft schädigenden und auch keine für nichtig erachteten Beschlüsse ausführen darf8. 1 Herfs, Münchener Hdb. AG, § 77 Rn. 57. 2 Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 62; Hüffer, Komm. AktG, § 287 Rn. 2; K. Schmidt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 287 Rn. 20. 3 Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 66. 4 BGH v. 5.12.2005 – II ZR 291/03, BGHZ 165, 192, 199 = AG 2006, 117; Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 66. 5 Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 66. 6 Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 49; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 20 f.; Perlitt, MünchKomm. AktG, § 287 Rn. 58. 7 Perlitt, MünchKomm. AktG, § 287 Rn. 59. 8 Näher Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 52; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 287 Rn. 17.
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Besonderheiten der gesetzesuntypischen KGaA
§ 18
Für die Lösung möglicher Konflikte empfiehlt es sich, die Ausführungsfunktion in der Satzung auf einen Beirat oder ein vergleichbares fakultatives Gremium zu übertragen, das, anders als der Aufsichtsrat, auch keiner Mitbestimmung unterliegt. Existiert ein solches Gremium nicht, kann es zweckmäßig sein, die Ausführung auf eine einzelne Person (Vorsitzender des Aufsichtsrats, Aktionärsvertreter) zu übertragen; in jedem Falle unzulässig ist eine Übertragung auf die Komplementäre1. Auch kann die Satzung eine fallweise Entscheidung der Hauptversammlung über die Ausführungszuständigkeit vorsehen2.
1324
7. Börsennotierte und kapitalmarktorientierte KGaA Auch eine KGaA kann börsennotierte Gesellschaft im Sinne von § 3 Abs. 2 AktG sein3. In diesem Fall unterliegt sie den besonderen Vorschriften für börsennotierte Gesellschaften mit der Folge, dass sich der Aufsichtsrat einer KGaA beispielsweise gemäß § 161 AktG zum Deutschen Corporate Governance Kodex zu erklären hat4. Zu den weiteren kapitalmarktspezifischen Aufgaben des Aufsichtsrats vgl. Rn. 611 ff.
1325
Eine börsennotierte KGaA nach § 3 Abs. 2 AktG ist stets auch kapitalmarktorientiert im Sinne des § 264d HGB. Unter diesen Begriff fallen darüber hinaus aber auch solche Gesellschaften, die keine Aktien, sondern sonstige Wertpapiere (z.B. Schuldverschreibungen, Genussscheine) ausgegeben haben, die an einem organisierten Markt (§ 2 Abs. 5 WpHG) gehandelt werden. Ist die KGaA in diesem Sinne kapitalmarktorientiert, so gelten auch für sie genau wie in der AG die durch das BilMoG eingeführten Vorschriften über das unabhängige und sachverständige Mitglied im Aufsichtsrat und im Prüfungsausschuss (§ 278 Abs. 3 i.V.m. §§ 100 Abs. 5, 107 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4, 124 Abs. 3 Satz 2 AktG; vgl. oben Rn. 757).
1326
V. Besonderheiten der gesetzesuntypischen KGaA 1. Möglichkeiten der Satzungsgestaltung Die Möglichkeiten, eine KGaA sowohl den Wünschen und Bedürfnissen der Gründer als auch den ökonomischen und rechtlichen Entwicklungen anzupassen, sind mannigfaltig. Denkbar sind hauptversammlungs-, bei1 Perlitt, MünchKomm. AktG, § 287 Rn. 10; Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 55. 2 Perlitt, MünchKomm. AktG, § 287 Rn. 11. 3 K. Schmidt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 278 Rn. 3; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 278 Rn. 95. Prominente Beispiele sind Fresenius, Henkel, Merck oder auch Borussia Dortmund. 4 Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 16, 31; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 278 Rn. 103; a.A. wegen des Zuschnitts des Kodex auf die AG Wieneke/Fett in Schütz/Bürgers/Riotte, Die Kommanditgesellschaft auf Aktien, § 10 Rn. 9.
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§ 18
Der Aufsichtsrat in der KGaA
rats-, und komplementärdominierte KGaA sowie Gesellschaften mit einem einflussreichen Aufsichtsrat1. 1328
Die Position des Aufsichtsrats kann durch entsprechende Satzungsgestaltungen erheblich gestärkt werden2. Es ist möglich, ihm das Recht zur Festlegung von Zustimmungsvorbehalten (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG) zu übertragen oder ihn zum Erlass einer Geschäftsordnung für die Komplementäre zu ermächtigen (Rn. 1317, 1319). Das Recht zur Entscheidung über außergewöhnliche Geschäfte kann den Kommanditaktionären entzogen und dem Aufsichtsrat übertragen werden (Rn. 1318). Auch die Aufnahme von persönlich haftenden Gesellschaftern kann von seiner Zustimmung abhängig gemacht bzw. ihm vollständig übertragen werden. Schließlich ist es möglich, ihm im Bereich der Geschäftsführung gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern Weisungsrechte einzuräumen3. Die Grenze liegt allerdings dort, wo der Aufsichtsrat zum allzuständigen Geschäftsherrn gemacht wird4.
1329
Dagegen dürfen dem Aufsichtsrat die ihm nach § 278 Abs. 3 AktG i.V.m. den aktienrechtlichen Vorschriften zugewiesenen Kompetenzen nicht durch die Satzung entzogen werden (§ 23 Abs. 5 AktG)5. Unabdingbar beim Aufsichtsrat verbleiben müssen namentlich die Aufgabe der Überwachung einschließlich der damit verbundenen Befugnisse (§§ 90, 111 Abs. 1–3, 5 AktG)6 sowie die Vertretung der Gesellschaft in den Fällen des § 112 AktG (Rn. 1321). 2. Insbesondere: Die Kapitalgesellschaft und Co. KGaA
1330
Beim Aufsichtsrat der Kapitalgesellschaft und Co. KGaA ergeben sich diverse Unterschiede zur Rolle des Aufsichtsrats in der gesetzestypischen KGaA. Zunächst wirkt sich das Fehlen einer natürlichen Person als persönlich haftendem Gesellschafter auf die mögliche Zusammensetzung des Aufsichtsrats aus. Die geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Personen (Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder) der Komplementärgesellschaft werden in den Anwendungsbereich von § 287 Abs. 3 AktG einbezo1 Assmann/Sethe in FS Lutter, S. 251, 264; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 278 Rn. 3; Herfs, Münchener Hdb. AG, § 75 Rn. 13. 2 Herfs, Münchener Hdb. AG, § 78 Rn. 57; Bürgers in Schütz/Bürgers/Riotte, Die Kommanditgesellschaft auf Aktien, § 5 Rn. 507; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 16 ff. 3 H.M., vgl. Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 77; Perlitt, MünchKomm. AktG, § 278 Rn. 234 ff.; a.A. Herfs, Münchener Hdb. AG, § 78 Rn. 57. Ist der Aufsichtsrat nicht mehrheitlich mit Gesellschaftern besetzt, sind allerdings die Grundsätze der Selbstorganschaft zu beachten, vgl. unten Rn. 1335. 4 Perlitt, MünchKomm. AktG, § 278 Rn. 237; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 278 Rn. 58, § 287 Rn. 18 (Komplementäre dürfen nicht zu Statisten degradiert werden). 5 Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 75; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 16. 6 Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 16.
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Besonderheiten der gesetzesuntypischen KGaA
§ 18
gen und wie persönlich haftende Gesellschafter behandelt; sie können folglich nicht Aufsichtsratsmitglieder der KGaA sein1. Gleiches gilt nach herrschender Ansicht für Gesellschafter der Komplementärgesellschaft mit maßgeblicher Beteiligung an dieser und daraus resultierendem bestimmenden Einfluss auf die Geschäftsleitung2. Wann eine in diesem Sinne maßgebliche Beteiligung vorliegt, ist allerdings noch nicht im Einzelnen geklärt. Insbesondere ist offen, ob stets beherrschender Einfluss (§ 17 AktG) genügt3 oder es darüber hinaus auf die Weisungsbefugnis ankommt, so dass nur der herrschende Gesellschafter einer Komplementär-GmbH erfasst wird, nicht aber der herrschende Gesellschafter einer nur faktisch konzernierten AG4. Für die Geschäftsleiter der Komplementärin und die an ihr maßgeblich beteiligten Gesellschafter gelten im Übrigen auch die Stimmrechtsbeschränkungen des § 285 Abs. 1 AktG analog5. Darüber hinaus hat die Struktur der Kapitalgesellschaft und Co. KGaA auch Auswirkungen auf den Umfang der Überwachungsaufgabe. Der Aufsichtsrat überwacht die Führung der Geschäfte durch die Komplementärgesellschaft und dort durch das vertretungs- und geschäftsführungsbefugte Organ, also den Vorstand der persönlich haftenden AG6 bzw. den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Fraglich ist aber, in welchem Umfang der Aufsichtsrat Auskünfte über die Vorgänge in der Komplementärgesellschaft verlangen kann. Bei Komplementärgesellschaften, deren Unternehmensgegenstand über die Funktion als persönlich haftendem Gesellschafter in der KGaA hinausgeht, erstreckt sich die Über1 Unstreitig, Perlitt, MünchKomm. AktG, § 287 Rn. 28; Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 10; Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 5; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 287 Rn. 8; Wollburg in FS Hoffmann-Becking, S. 1425, 1429 f.; tendenziell auch BGH v. 5.12.2005 – II ZR 291/03, BGHZ 165, 192, 197 f. = AG 2006, 117 („mag geboten sein“). Anderes gilt aber für Aufsichtsratsmitglieder der Komplementärin; Wollburg in FS Hoffmann-Becking, S. 1425, 1430 f.; Otte, AG & Co. KGaA, S. 148 f. 2 Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 5; Förl/Fett in Bürgers/Körber, Komm. AktG, § 287 Rn. 10; K. Schmidt in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 287 Rn. 9; Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 10; a.A. Mertens in FS Ulmer, S. 419, 421 ff., und Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 287 Rn. 8 (nur, wenn Gesellschafter als faktischer Geschäftsleiter agiert); ferner Wollburg in FS Hoffmann-Becking, S. 1425, 1431 ff. (in der AG wegen fehlender Weisungsbefugnis, in der GmbH wegen der Unsicherheit der Abgrenzung); offen gelassen in BGH v. 5.12.2005 – II ZR 291/03, BGHZ 165, 192, 198 = AG 2006, 117. 3 So Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 5. 4 So Förl/Fett in Bürgers/Körber, Komm. AktG, § 287 Rn. 10. In anderem Zusammenhang, nämlich im Kapitalschutzrecht und im früheren Kapitalersatzrecht, stellt der BGH für das Vorliegen einer „maßgeblichen Beteiligung“ ebenfalls auf die Weisungsbefugnis ab; s. etwa BGH v. 31.5.2011 – II ZR 141/09, BGHZ 190, 7 Tz. 42 f. = AG 2011, 548 (Telekom III) und Verse in Scholz, Komm. GmbHG, § 30 Rn. 45 f. m.w.N. aus der Rechtsprechung. 5 Vgl. Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 285 Rn. 25. 6 Zugleich wird der Vorstand einer persönlich haftenden AG auch von deren Aufsichtsrat überwacht. Zu den Konsequenzen dieser Kompetenzüberschneidung Marsch-Barner in FS Hoffmann-Becking, S. 777 ff., der für eine Zusammenarbeit beider Aufsichtsräte plädiert.
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§ 18
Der Aufsichtsrat in der KGaA
wachungsaufgabe jedenfalls nicht auf Sachverhalte in Zusammenhang mit dem erweiterten Teil, da diese nichts mit der Geschäftsführung der KGaA zu tun haben. Im Übrigen beschränkt sich die Überwachung auf elementare Vorkommnisse bei der Komplementärgesellschaft, die Auswirkungen auf ihre Funktion als persönlich haftende Gesellschafterin haben können, wie z.B. drohende Insolvenz, Änderungen des Gesellschafterbestandes etc.1 1332
Ähnliche Überlegungen sind bei der Vertretung der KGaA gegenüber ihrer Komplementärgesellschaft anzustellen. Der Aufsichtsrat vertritt grundsätzlich die KGaA gegenüber ihren persönlich haftenden Gesellschaftern gemäß §§ 278 Abs. 3, 112 AktG (Rn. 1320) und damit jedenfalls auch gegenüber dem vertretungs- und geschäftsführungsbefugten Organ der Komplementärgesellschaft. Im Sinne des Zwecks des § 112 AktG lassen sich des Weiteren die Überlegungen zur Inkompatibilität (Rn. 1330) fruchtbar machen: Auch gegenüber Gesellschaftern der Komplementärgesellschaft mit maßgeblichem Einfluss vertritt der Aufsichtsrat die KGaA2.
VI. Fakultative Gremien in der KGaA 1333
Die KGaA bietet auf Grund ihrer weitgehenden Satzungsautonomie vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten für die Schaffung fakultativer Gremien in Form von Beiräten, Verwaltungsräten, Gesellschafterausschüssen etc.3 Ebenso vielfältig sind die Motive für solche Gestaltungen4. In Betracht kommt etwa das Anliegen, die im Vergleich zur AG erweiterten Zuständigkeiten der Hauptversammlung durch Satzungsbestimmung partiell auf das fakultative Gremium zu übertragen, um dadurch in Publikumsgesellschaften den Aufwand einer Hauptversammlung zu vermeiden und Anfechtungsrisiken zu reduzieren. Zu denken ist dabei namentlich an die – jeweils im Personengesellschaftsrecht wurzelnden und damit satzungsdispositiven – Hauptversammlungskompetenzen bei außergewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen5 und der Aufnahme neuer Komplementäre6. Denkbar ist ferner, die Geschäftsführung der Komplementäre durch wei1 A. Arnold, Die GmbH und Co. KGaA, S. 128; Marsch-Barner in FS Hoffmann-Becking, S. 777, 783 f. 2 Im Ergebnis so auch schon A. Arnold, Die GmbH und Co. KGaA, S. 130. 3 Behandelt werden im Folgenden allein organschaftliche Gremien, die aufgrund entsprechender Satzungsbestimmung gebildet werden. Zu sog. schuldrechtlichen Beiräten, die ohne Satzungsregelung auf Grundlage von Dienstverträgen eingerichtet werden und nur beratende Funktion haben können, sei verwiesen auf Schürnbrand, Die Organschaft im Recht der privaten Verbände, S. 55 ff. 4 S. dazu und zum Folgenden etwa Assmann/Sethe in FS Lutter, S. 251, 254 ff.; Habersack in FS Hellwig, S. 143, 146; Schnorbus in Liber amicorum M. Winter, S. 627, 629. 5 Zur Delegation dieser Kompetenz auf den Beirat ausführlich Schnorbus in Liber amicorum M. Winter, S. 627, 633 ff. 6 Dazu Habersack in FS Hellwig, S. 143, 148; Schnorbus in Liber amicorum M. Winter, S. 627, 633, 640 f.; siehe aber auch noch unten Rn. 1335.
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Fakultative Gremien in der KGaA
§ 18
tere Zustimmungsvorbehalte zugunsten des fakultativen Gremiums zu beschränken1. Zwar könnten all diese Kompetenzen auch dem Aufsichtsrat übertragen werden. Ist der Aufsichtsrat der KGaA mitbestimmt, mag aber ein Interesse bestehen, diese Kompetenzen lieber einem fakultativen, nicht mitbestimmten Gremium zuzuweisen. Ein weiterer Grund hierfür kann darin liegen, dass die Komplementäre auf die Besetzung des Aufsichtsrats keinen Einfluss nehmen können (§ 285 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AktG). Schließlich kann auch nur der Wunsch bestehen, zusätzlich zum Aufsichtsrat noch ein weiteres Überwachungs- und Beratungsgremium einzurichten2. Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit sind freilich dort erreicht, wo dem Beirat oder Gesellschafterausschuss Kompetenzen zugewiesen werden sollen, die nach zwingendem Recht einem anderen Organ zustehen. Die aktienrechtlich vorgegebene Überwachung und (in den Fällen des § 112 AktG) Vertretung durch den Aufsichtsrat, die aktienrechtlichen Hauptversammlungskompetenzen sowie die Komplementärrechte nach § 283 AktG müssen also in jedem Fall unangetastet bleiben3.
1334
In Fällen, in denen der Beirat auch mit Nicht-Gesellschaftern besetzt 1335 werden soll, sind als weitere Zulässigkeitsschranken das Prinzip der Verbandssouveränität und der auf Geschäftsführung und Vertretung bezogene Grundsatz der Selbstorganschaft zu beachten. Aus der Verbandssouveränität folgt, dass der Beirat nur dann über strukturändernde Maßnahmen wie die Aufnahme neuer Komplementäre entscheiden darf, wenn er vollständig oder wenigstens mehrheitlich mit Gesellschaftern besetzt ist4. Unter dem Blickwinkel der Selbstorganschaft verbietet sich ferner die Übertragung von Weisungsbefugnissen in Geschäftsführungsfragen an ein Gremium, dem nicht mehrheitlich Gesellschafter angehören5. Zu weit geht es aber, diese strenge Haltung auch auf die Einräumung von Zustimmungsvorbehalten zu erstrecken6. 1 Habersack in FS Hellwig, S. 143, 147; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 287 Rn. 29; Schnorbus in Liber amicorum M. Winter, S. 627, 649 ff. 2 Habersack in FS Hellwig, S. 143, 148. 3 Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 29. 4 Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 102 f.; Bachmann in Spindler/ Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 31. 5 Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 97; zur KG Mutter, Münchener Hdb. KG u.a., § 8 KG Rn. 24 m.w.N.; strenger Bürgers in Schütz/Bürgers/Riotte, Die Kommanditgesellschaft auf Aktien, § 5 Rn. 590, der ein vollständig mit Gesellschaftern besetztes Gremium verlangt; a.A. Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 31, und Schnorbus in Liber amicorum M. Winter, S. 627, 656 ff.: unbedenklich, da Beirat durch Satzungsänderung jederzeit wieder aufgelöst werden kann. 6 Die h.M. im Personengesellschaftsrecht hält Zustimmungsvorbehalte zugunsten eines ganz oder teilweise mit Dritten besetzten Beirats für unbedenklich; Mutter, Münchener Hdb. KG u.a., § 8 KG Rn. 23; C. Schäfer, Großkomm. HGB, § 109 Rn. 53; jew. m.w.N. Ebenso zur KGaA Bachmann in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 287 Rn. 31; Schnorbus in Liber amicorum M. Winter, S. 627, 656 ff.; a.A. etwa Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 97.
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§ 18
Der Aufsichtsrat in der KGaA
Sofern mitgliedschaftliche Rechte verkürzt werden, ist ferner auf die Einhaltung der hierfür geltenden allgemeinen Schranken (Kernbereichslehre, Bestimmtheitsgrundsatz) zu achten1. 1336
Keine Beschränkung für die Ausgestaltung fakultativer Organe ergibt sich dagegen aus den Vorschriften des Mitbestimmungsrechts, da dieses an die ihm vorgegebenen gesellschaftsrechtlich zulässigen Gestaltungen anknüpft2. Auch bezieht sich die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats nur auf die Geschäftsführung durch die persönlich haftenden Gesellschafter; einen Beirat, dem Geschäftsführungskompetenzen eingeräumt sind, hat der Aufsichtsrat grundsätzlich nicht zu kontrollieren3.
1337
Im Ergebnis ist es unter den genannten Voraussetzungen somit möglich, ein aufsichtsratsähnliches Gremium zu schaffen, das mit dem Recht zur Entscheidung über die Aufnahme neuer persönlich haftender Gesellschafter und damit geschäftsführungs- und vertretungsbefugter Mitglieder ausgestattet ist und nicht mit Arbeitnehmervertretern besetzt werden muss. Herauszuheben ist allerdings, dass in allen genannten Punkten eine sorgfältige und umfassende Regelung in der Satzung unabdingbare Voraussetzung für ein funktionierendes Zusammenwirken aller Organe und Gremien ist. Dort sollte beispielsweise festgelegt sein, ob das Gremium Organ der Gesellschaft oder der Gesellschaftergruppen ist, ob das Gremium eigene Geschäftsordnungskompetenz haben soll, ob Wettbewerbsverbote für die Mitglieder des Gremiums bestehen und so fort4.
VII. Haftung 1338
Aufsichtsratsmitglieder in der KGaA haften über § 278 Abs. 3 AktG wie ihre Kollegen in der AG gemäß §§ 116, 93 AktG5. Sie sind also der Gesellschaft zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der aus der schuldhaften Verletzung ihrer Pflichten entsteht. Für den Aufsichtsrat in der KGaA bedeutet dies daher auch, dass er Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern grundsätzlich durchzusetzen hat. Unterlässt er dies pflichtwidrig, kommt seine eigene Haftung in Betracht6. Mitglieder eines Beirats oder vergleichbaren fakultativen Gremiums haften vorbehaltlich von Modifikationen in der Satzung analog §§ 116, 93 Abs. 1, 2 AktG7.
1339–1350 Einstweilen frei. 1 Dazu Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 99 ff. 2 Assmann/Sethe in FS Lutter, S. 251, 264 f.; Habersack in FS Hellwig, S. 143, 147; Schnorbus in Liber amicorum M. Winter, S. 627, 631 f. 3 Bürgers in Schütz/Bürgers/Riotte, Die Kommanditgesellschaft auf Aktien, § 5 Rn. 595 f.; Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 35, 118. 4 Assmann/Sethe in FS Lutter, S. 251, 267. 5 Siehe oben Rn. 981 ff. 6 BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244 ff. = AG 1997, 377 (ARAG). 7 Näher Assmann/Sethe, Großkomm. AktG, § 287 Rn. 130 ff.
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§ 19 Das Aufsichtsorgan in der SE mit Sitz in Deutschland I. Überblick Am 8. Oktober 2004 trat die SE-Verordnung1 (SE-VO) in Kraft und führte die Societas Europaea (SE) als supranationale Rechtsform europaweit ein, flankiert von nationalen Ausführungsgesetzen2 und der Richtlinie 2001/86/EG des Rates vom 8. Oktober 2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer3. Da die Verordnung über das Statut der Europäischen Gesellschaft lediglich einen Regelungsrahmen vorgibt4, im Übrigen die Anwendung des nationalen (Aktien-)Rechts des Sitzstaates vorsieht, gibt es die SE in 28 + 3 nationalen Ausprägungen. Nur ein Bruchteil des Rechts einer SE ist europäisch, der überwiegende Teil des anwendbaren Rechts entfällt auf nationales Recht. Eine Darstellung aller Varianten würde den Rahmen dieses Buches sprengen. Daher beschränkt sich das folgende Kapitel auf die Rechte und Pflichten des Aufsichtsorgans und seiner Mitglieder in der dualistisch organisierten SE mit Sitz in Deutschland5. Die Praxis hat insbesondere in Deutschland in den letzten Jahren von der Rechtsform der SE im Allgemeinen und der dualistischen SE im Besonde-
1 Art. 70 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. EG Nr. L 294 vom 10.11.2001, S. 1 ff., abgedr. u.a. in Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 13 Rn. 51; Lutter/Bayer/J. Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, S. 1551 ff.; Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, S. 1 ff. 2 Für Deutschland: Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (SEAG) vom 22.12.2004 als Art. 1 Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft vom 22.12.2004, BGBl. I 2004, 3675, abgedr. u.a. in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, S. 29 ff. 3 Richtlinie 2001/86/EG des Rates vom 8. Oktober 2001, ABl. EG Nr. L 294 vom 10.11.2001, S. 22, umgesetzt durch Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer Europäischen Gesellschaft (SEBG) vom 22.12.2004 als Art. 2 Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft vom 22.12.2004, BGBl. I 2004, 3675, 3686, abgedr. u.a. in Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 13 Rn. 52; Lutter/Bayer/J. Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, S. 1571 ff.; Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, S. 1189 ff. 4 Vgl. zum Verhältnis von nationalem zu Gemeinschaftsrecht insbes. Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff, Europäische Gesellschaft, S. 5 ff. 5 Die SE mit Sitz in Deutschland kann auch mit monistischer Verfassung gegründet werden, Art. 43 ff. SE-VO, §§ 20 ff. SEAG (bekanntes Beispiel: PUMA SE). Dann besteht in dieser Gesellschaft kein Aufsichtsorgan; näher dazu Teichmann in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 43 SE-VO Rn. 63 ff.; Verse in Habersack/ Drinhausen, Komm. SE-Recht, Anh. Art. 43 SE-VO Vor § 20 SEAG Rn. 1 ff.
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§ 19
Das Aufsichtsorgan in der SE mit Sitz in Deutschland
ren in durchaus nennenswertem Umfang Gebrauch gemacht1. Die Gründe hierfür liegen neben dem Anliegen, durch die Firmierung als SE die internationale Ausrichtung des Unternehmens zu unterstreichen, vor allem im Bereich der unternehmerischen Mitbestimmung der Arbeitnehmer (dazu sogleich Rn. 1353 ff.).
II. Die Grundstrukturen des Aufsichtsorgans in der dualistischen SE 1352
Nicht nur dem hohen Anteil nationalen Rechts, sondern auch der Ausgestaltung des sog. „two tier system“ in der SE-VO ist die enge Verwandtschaft des Aufsichtsorgans einer SE mit dem Aufsichtsrat einer deutschen Aktiengesellschaft geschuldet. Im Grundsatz funktioniert das Aufsichtsorgan der SE wie ein Aufsichtsrat einer AG. Aufgabe des Aufsichtsorgans in der SE ist damit gleichfalls die Bestellung und Abberufung der Mitglieder des Leitungsorgans, deren Kontrolle sowie ihre Beratung, in einigen Angelegenheiten auch die echte Mitentscheidung2.
1353
Erhebliche Unterschiede zum Aufsichtsrat der AG bestehen allerdings vor allem im Bereich der unternehmerischen Mitbestimmung der Arbeitnehmer. Die für die AG geltenden deutschen Mitbestimmungsgesetze (DrittelbG, MitbestG, MontanMitbestG, MontanMitbestErgG) finden auf die SE keine Anwendung3. Vielmehr sieht die SE-VO im Zusammenspiel mit der Richtlinie 2001/86/EG, die im SEBG ihre nationale Umsetzung erfahren hat, eine Verhandlungslösung mit einer Auffangregelung über die Fragen der Arbeitnehmerbeteiligung vor. Im Rahmen der Gründung bzw. Umwandlung in eine SE werden also zunächst Verhandlungen zwischen der Unternehmensleitung der an der Gründung beteiligten Gesellschaft(en) und einem eigens hierfür gebildeten Besonderen Verhandlungsgremium der Arbeitnehmer geführt, die ggf. in eine Beteiligungsvereinbarung (§ 21 SEBG) münden. Scheitern die Verhandlungen, greift die gesetzliche Auffangregelung ein; diese sieht vor, dass sich der Umfang der Mitbestimmung nach dem höchsten Anteil an Arbeitnehmervertretern in den Organen der an der Gründung beteiligten Gesellschaft(en) bemisst (§ 35 SEBG, sog. „Vorher-Nachher-Prinzip“)4. Ist an der Gründung der SE eine dem MitbestG oder dem DrittelbG unterliegende AG beteiligt, fin1 Prominente Beispiele (jeweils mit dualistischer Führungsstruktur): Allianz, BASF, E.ON, MAN, Porsche, SGL Carbon. Bei Bertelsmann und Fresenius fungiert eine dualistisch organisierte SE jeweils als Komplementärin einer SE & Co. KGaA. Näher zur rechtstatsächlichen Verbreitung der SE in Deutschland Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 13 Rn. 6; Verse in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Anh. Art. 43 SE-VO Vor § 20 SEAG Rn. 10. 2 Vgl. für die AG Rn. 62. 3 Vgl. § 47 Abs. 1 Nr. 1 SEBG und dazu Oetker in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, § 47 SEBG Rn. 6; Hohenstatt/Müller-Bonanni in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, § 47 SEBG Rn. 3. 4 Näher zu den Modalitäten des Verhandlungsverfahrens und der Auffangregelung Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 13 Rn. 36 ff.; Lutter/
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Die Grundstrukturen des Aufsichtsorgans in der dualistischen SE
§ 19
det daher die paritätische Beteiligung bzw. Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer regelmäßig auch im Aufsichtsrat der SE ihre Fortsetzung. Trotz des Vorher-Nachher-Prinzips unterscheidet sich die Mitbestimmung im Aufsichtsorgan der SE insbesondere in folgenden Punkten signifikant von derjenigen im Aufsichtsrat der AG:
1354
(i) Die Zahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans ist anders als in der paritätisch mitbestimmten AG nicht an die Vorgaben des § 7 Abs. 1 Satz 1 MitbestG gebunden. Stattdessen lassen § 17 Abs. 1 Satz 1 und 3 SEAG (i.V.m. Art. 40 Abs. 3 Satz 2 SE-VO) einen wesentlich weitergehenden Regelungsspielraum, der von mindestens drei bis höchstens (je nach Höhe des Grundkapitals) 21 Mitgliedern reicht. Mehrere große Gesellschaften haben daher die Umwandlung in eine SE zu einer Verkleinerung des Aufsichtsrats genutzt1. Umstritten ist dabei allerdings, ob die Festlegung der Mitgliederzahl allein dem Satzungsgeber (also den Gründern bzw. der Hauptversammlung) vorbehalten ist oder ob sie auch in der Mitbestimmungsvereinbarung nach § 21 SEBG festgelegt werden kann2. Obschon mit Blick auf Art. 40 Abs. 3 Satz 1 SE-VO gute Gründe für eine ausschließliche Kompetenz des Satzungsgebers sprechen3, hat eine erste instanzgerichtliche Entscheidung gegenteilig entschieden und die Größe des Aufsichtsorgans als zulässigen Gegenstand einer Mitbestimmungsvereinbarung angesehen4. Nach dieser Entscheidung soll zudem die Möglichkeit bestehen, in der Mitbestimmungsvereinbarung von dem in § 17
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Bayer/J. Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, § 41 Rn. 186 ff. Bei Allianz, BASF und E.ON z.B. von vormals 20 auf 12 Mitglieder; weitere Beispiele bei Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 13 Rn. 7. Für Ersteres Habersack, AG 2006, 345 ff. und ZHR 171 (2007), 613, 632 ff.; Henssler/Sittard, KSzW 2011, 359, 361 ff.; Kiem, ZHR 173 (2009), 156, 175 ff.; Ott in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 16 Rn. 16; Verse in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Anh. Art. 43 SE-VO § 23 SEAG Rn. 9 f.; für Letzteres aber LG Nürnberg-Fürth v. 8.2.2010 – 1 HK O 8471/09, AG 2010, 384 (GfK); Oetker, ZIP 2006, 1113 ff.; Teichmann in Lutter/ Hommelhoff, Komm. SE, Art. 43 SE-VO Rn. 36 ff.; Austmann in FS Hellwig, S. 105, 110 ff.; Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 40 SE-VO Rn. 66 m.w.N. Dass nach Art. 4 Abs. 2 lit. g SE-RL und § 21 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SEBG auch die Zahl der Arbeitnehmervertreter zum Inhalt der Beteiligungsvereinbarung gehört, kann für die hier interessierende Frage nicht den Ausschlag geben, da diese Regelung auch dann ihren Sinn behält, wenn man davon ausgeht, dass der Satzungsgeber die Organgröße bestimmt und die Sozialpartner die Zahl der Arbeitnehmervertreter in Relation zu der satzungsmäßigen Größe vereinbaren. LG Nürnberg-Fürth v. 8.2.2010 – 1 HK O 8471/09, AG 2010, 384 (GfK), allerdings ohne nähere Begründung; zustimmende Besprechungen bei Kiefner/Friebel, NZG 2010, 537 ff.; Seibt, ZIP 2010, 1057 ff.; Teichmann, BB 2010, 1114 f.; ablehnend Kiem, Der Konzern 2010, 275 ff.
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§ 19
Das Aufsichtsorgan in der SE mit Sitz in Deutschland
Abs. 1 Satz 2 SEAG angeordneten Gebot einer Teilbarkeit der Mitgliederzahl durch drei abzuweichen1. 1356
(ii) Das Mitbestimmungsrecht der SE sieht keine dynamische Anpassung der Intensität der Mitbestimmung in Abhängigkeit zur Zahl der Arbeitnehmer vor (Drittelbeteiligung, paritätische Mitbestimmung), sondern schreibt das Ausmaß der Mitbestimmung zum Zeitpunkt der Gründung der SE grundsätzlich für immer fest, gleichgültig wie sich die Zahl der Arbeitnehmer in der Zukunft entwickelt. Lediglich eine strukturelle Änderung der SE kann unter den Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 SEBG eine Pflicht zur Nachverhandlung über die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer auslösen2. Durch dieses „Einfrieren des Mitbestimmungsstatus“ können die Gesellschaften also verhindern, dass sie durch späteres Überschreiten der Beschäftigten-Schwellenwerte des DrittelbG oder des MitbestG in die Drittelbeteiligung bzw. in die paritätische Mitbestimmung hineinwachsen3.
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(iii) Während die deutschen Mitbestimmungsgesetze nur unzureichend auf internationale Sachverhalte zugeschnitten sind, führt das Mitbestimmungsrecht der SE zu einer Internationalisierung der Arbeitnehmerbank, da der Aufsichtsrat für Repräsentanten ausländischer Arbeitnehmer geöffnet wird4. Die internationale Verteilung der Arbeitnehmersitze kann in der Beteiligungsvereinbarung geregelt werden; ergänzend sieht auch die Auffangregelung eine angemessene Repräsentation ausländischer Arbeitnehmer vor (§ 36 SEBG). Auch im Übrigen bietet der Abschluss einer Beteiligungsvereinbarung die Gelegenheit, die Mitbestimmungsregelung flexibler auf die konkreten Bedürfnisse des Unternehmens und seiner Belegschaften zuzuschneiden, als es in der AG unter Geltung der zwingenden Mitbestimmungsgesetze der Fall ist5. 1 Nachw. wie vorige Fn. Eine vom Dreiteilbarkeitsgebot abweichende Regelung begegnet z.B. auch bei der MAN SE (16 Mitglieder). Zu der mehr als berechtigten rechtspolitischen Kritik an § 17 Abs. 1 Satz 2 SEAG s. nur Austmann in FS Hellwig, S. 105, 108. 2 Vgl. dazu Hohenstatt/Müller-Bonanni in Habersack/Drinhausen, Komm. SERecht, § 18 SEBG Rn. 7 ff.; Oetker in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, § 18 SEBG Rn. 15 ff.; Ringe, NZG 2006, 931 ff.; Rieble, BB 2006, 2018 ff. 3 Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 13 Rn. 45 m.w.N. Allerdings steht diese Regelung zur Disposition der Sozialpartner: In der Beteiligungsvereinbarung (§ 21 SEBG) kann vorgesehen werden, dass bei Überschreiten bestimmter Belegschafts-Schwellenwerte Verhandlungen über die Anpassung des Mitbestimmungsstatus aufzunehmen sind; Oetker in FS Konzen, S. 635, 646; Hohenstatt/Müller-Bonanni in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, § 21 SEBG Rn. 28. 4 Näher dazu Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 13 Rn. 8 m.w.N. 5 Zu der nahe liegenden Forderung, diese Vorzüge der Verhandlungslösung auch für eine Reform der deutschen Mitbestimmungsgesetze fruchtbar zu machen, siehe den Vorschlag des Arbeitskreises Unternehmerische Mitbestimmung, ZIP 2009, 885 ff., sowie die darauf bezogenen Beiträge von Habersack, Hanau, Teichmann, Jacobs und Veil in ZIP 2009, Beil. zu Heft 48.
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Zusammensetzung und Organisation
§ 19
III. Anwendbares Recht Die Frage, welches Recht, welche nationalen Gesetze und europäischen Regelungsakte auf die SE anzuwenden ist, lässt sich nicht ganz einfach beantworten1. Unabhängig von der Diskussion um die Zahl der Regelungsebenen und der Hierarchie in der Normenpyramide2, steht die SEVO als unmittelbar anwendbare Verordnung und mit ihr Art. 9 SE-VO im Zentrum.
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Nach Art. 9 SE-VO gilt zunächst die Verordnung selbst und, soweit sie es zulässt, die Satzung der SE. Komplizierter ist die Anwendung von nationalem Recht gemäß Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO. Dieses gilt für die nicht in der SE-VO geregelten Bereiche. Sobald dieser Bereich eröffnet ist, gilt zunächst das SEAG (i), dann das allgemeine deutsche Aktienrecht (ii) und schließlich die Satzung (iii), soweit sie der Satzungsstrenge des § 23 Abs. 5 AktG genügt. Damit ergeben sich vier Ebenen: SE-VO, SEAG, AktG und Satzung3. Vereinfacht gesagt: Es gilt für die SE das allgemeine nationale Aktienrecht des Sitzstaates, soweit es nicht durch die speziellen Regelungen der Satzung bzw. die vorrangigen Bestimmungen des Ausführungsgesetzes und der SE-VO verdrängt wird4.
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IV. Zusammensetzung und Organisation 1. Zusammensetzung des Aufsichtsorgans Die Mitglieder des Aufsichtsorgans werden in der SE grundsätzlich von der Hauptversammlung bestellt (Art. 40 Abs. 2 Satz 1 SE-VO). In mitbestimmten Gesellschaften ist jedoch zwischen den Vertretern der Anteilseigner und denen der Arbeitnehmer zu unterscheiden, bei letzteren nochmals, ob eine Verhandlungslösung oder die Auffangregelung zur Anwendung kommt5.
1 Ausführlich zur Normenhierarchie; Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff, Europäische Gesellschaft, S. 5 ff. 2 Vgl. dazu Hommelhoff/Teichmann in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 9 SEVO (§ 1 SEAG) Rn. 34 ff.; C. Schäfer, MünchKomm. AktG, Art. 9 SE-VO Rn. 21 f. 3 Hommelhoff/Teichmann in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 9 SE-VO (§ 1 SEAG) Rn. 34 ff.; C. Schäfer, MünchKomm. AktG, Art. 9 SE-VO Rn. 21 f. 4 Hommelhoff/Teichmann in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 9 SE-VO (§ 1 SEAG) Rn. 42; C. Schäfer, MünchKomm. AktG, Art. 9 SE-VO Rn. 2. 5 Für das erste Aufsichtsorgan ist umstritten, ob dieses bereits mitbestimmt ist und ob nationales Recht (§§ 30, 31 AktG) zur Anwendung kommt, vgl. Drygala in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 40 SE-VO Rn. 16; Schwarz, Komm. SEVO, Art. 40 Rn. 51 ff.; Reichert/Brandes, MünchKomm. AktG, Art. 40 SE-VO Rn. 43 ff.; Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 40 SE-VO Rn. 47 ff.
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§ 19 1361
Das Aufsichtsorgan in der SE mit Sitz in Deutschland
Die Bestellung der Anteilseignervertreter erfolgt entweder durch Wahl in der Hauptversammlung (Art. 40 Abs. 2 Satz 1 SE-VO) oder durch Entsendung (Art. 40 Abs. 2 Satz 3, 47 Abs. 4 SE-VO). Der Beschluss der Hauptversammlung wird mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst (Art. 57 SE-VO)1. Organisation und Ablauf der Hauptversammlung sowie die Einberufungsmodalitäten richten sich gemäß Art. 53, 54 Abs. 2 SE-VO nach den Vorschriften für die Aktiengesellschaften des Sitzstaats, für die SE mit Sitz in Deutschland mithin nach den Regelungen des AktG für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder einer AG. Die Zulässigkeit der Bestellung von Entsenderechten ergibt sich aus Art. 40 Abs. 2 Satz 3, 47 Abs. 4 SE-VO. Mangels eigener Regelung in der SE-VO richtet sich die Entsendung gemäß Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO nach § 101 Abs. 2 AktG2.
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Für die Bestellung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsorgan gilt gemäß Art. 40 Abs. 2 Satz 3 SE-VO zunächst die Vereinbarung, die im Verfahren über die Beteiligung der Arbeitnehmer nach dem SEBG erzielt worden ist3. Gegenstand dieser Vereinbarung kann das Recht der Arbeitnehmer sein, einen Teil der Mitglieder des Aufsichtsorgans selbst und direkt zu bestellen oder aber die Bestellung zu empfehlen oder abzulehnen (§ 21 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SEBG). Zulässig ist mit anderen Worten sowohl (i) die Vereinbarung, dass die Arbeitnehmervertreter die Bestellung unmittelbar selbst vornehmen, als auch (ii) die Regelung, dass die Arbeitnehmervertreter auf Empfehlung der Arbeitnehmer von der Hauptversammlung bestellt werden4. Letzteres entspricht der Lösung, die bei Eingreifen der Auffangregelung gilt: Nach § 36 Abs. 4 SEBG wählt die Hauptversammlung auch die Vertreter der Arbeitnehmer, ist insoweit aber an deren Vorschläge gebunden5. 1 Hiervon abweichende Satzungsregeln (§ 133 Abs. 2 AktG) sind nach zutreffender Ansicht mit Art. 57 SE-VO unvereinbar, da sie nicht vom nationalen Recht „vorgeschrieben“ werden; Paefgen, Kölner Komm. AktG, Art. 40 SE-VO Rn. 38; Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 40 SE-VO Rn. 36; a.A. Drygala in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 40 SE-VO Rn. 6; Reichert/Brandes, MünchKomm. AktG, Art. 40 SE-VO Rn. 29. 2 Reichert/Brandes, MünchKomm. AktG, Art. 40 SE-VO Rn. 35; Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 40 SE-VO Rn. 37. 3 Drygala in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 40 SE-VO Rn. 7; Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 40 SE-VO Rn. 38. 4 Verschiedentlich wird allerdings vertreten, dass Art. 40 Abs. 2 Satz 1 SE-VO nur für die zweite Variante Raum lasse; Jacobs, MünchKomm. AktG, § 21 SEBG Rn. 19a; Paefgen, Kölner Komm. AktG, Art. 40 SE-VO Rn. 44 ff. Dem ist jedoch in Übereinstimmung mit der h.M. und mit Blick auf Art. 40 Abs. 2 Satz 3 SE-VO nicht zu folgen; Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 40 SEVO Rn. 38; Verse in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 43 Rn. 29 mit zahlreichen Nachw. 5 Kritisch Schwarz, Komm. SE-VO, Art. 40 Rn. 44, der § 36 Abs. 4 SEBG für nicht verordnungskonform hält und der Bestellung durch die Hauptversammlung nur deklaratorischen Charakter attestiert. Gegen diese Kritik jedoch mit Recht die h.M., etwa Drygala in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 40 SE-VO Rn. 8;
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Zusammensetzung und Organisation
§ 19
Im Übrigen sind die Vorschriften über die gerichtliche Entscheidung der Zusammensetzung des Aufsichtsrats gemäß §§ 98 f. und § 104 AktG anwendbar1. Zu möglichen Bestellungshindernissen (§ 100 AktG) siehe noch Rn. 1403.
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2. Abberufung, Amtsniederlegung Die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern ist in der SE-VO nicht geregelt. Gemäß Art. 9 Abs. 1 lit. c ii, 52 Unterabs. 2 SE-VO kommt folglich nationales Recht und damit § 103 AktG zur Anwendung2. Die Anteilseigner im Aufsichtsrat können somit wie in der AG von der Hauptversammlung vorzeitig abberufen werden (§ 103 Abs. 1 Satz 1 AktG). Ebenfalls wie in der AG bedarf es hierfür einer Stimmenmehrheit von drei Vierteln, sofern nicht die Satzung die erforderliche Mehrheit absenkt (Art. 57 Halbsatz 2 SE-VO i.V.m. § 103 Abs. 1 Satz 2 AktG)3. Für entsandte Mitglieder und für die Möglichkeit der gerichtlichen Abberufung gelten § 103 Abs. 2 und 3 AktG. Die Abberufung der Arbeitnehmervertreter bemisst sich nach der Mitbestimmungsvereinbarung und hilfsweise nach § 37 SEBG4.
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Auch die Amtsniederlegung richtet sich nach nationalem Recht5; auf die Ausführungen zur AG (Rn. 35 ff.) kann daher Bezug genommen werden. 3. Amtszeit Die Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder richtet sich nach der Satzung der SE. Diese hat, anders als die Satzung einer AG, zwingend einen Be-
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Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 40 SE-VO Rn. 39; Verse in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 43 SE-VO Rn. 30. Dies folgt aus Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO; Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 40 SE-VO Rn. 42, 74. Reichert/Brandes, MünchKomm. AktG, Art. 40 SE-VO Rn. 57 ff.; Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 40 SE-VO Rn. 55 ff.; gegen eine jederzeitige freie Abberufung aber Hommelhoff, AG 2001, 279, 283; Hirte, NZG 2002, 1, 5. Str., wie hier Bücker in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 57 SE-VO Rn. 20; Kiem, Kölner Komm. AktG, Art. 57 SE-VO Rn. 28; ferner Verse in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Anh. Art. 43 SE-VO § 29 SEAG Rn. 5 ff. (zur Parallelfrage im monistischen System); a.A. – stets einfache Mehrheit, da § 103 Abs. 1 Satz 2 AktG dispositiv ist und daher keine höhere Mehrheit im Sinne des Art. 57 Halbs. 2 SE-VO „vorschreibe“ – Brandt, Die Hauptversammlung der Europäischen Aktiengesellschaft, S. 148, 243; Paefgen, Kölner Komm. AktG, Art. 40 SE-VO Rn. 81; Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 40 SE-VO Rn. 55. Näher dazu Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 40 SE-VO Rn. 60 f. Vgl. Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO; Paefgen, Kölner Komm. AktG, Art. 40 SE-VO Rn. 93; Reichert/Brandes, MünchKomm. AktG, Art. 40 SE-VO Rn. 64.
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§ 19
Das Aufsichtsorgan in der SE mit Sitz in Deutschland
stellungszeitraum festzulegen1; dieser Zeitraum darf sechs Jahre nicht überschreiten, Art. 46 Abs. 1 SE-VO. Man wird es aber als ausreichend ansehen können, in der Satzung eine Höchstdauer vorzusehen und es im Detail dem Bestellungsorgan zu überlassen, diese Regelung auszufüllen2. Der Zweck der Vorschrift, die Personalkompetenz des Bestellungsorgans zu sichern, ist nämlich auch bei dieser Lesart gewahrt. Eine Wiederbestellung kann, wie sich aus Art. 46 Abs. 2 SE-VO ergibt, zwar nicht automatisch erfolgen, ist aber vorbehaltlich satzungsmäßiger Einschränkungen möglich3. Bei vorzeitiger Wiederbestellung ist der Rest der laufenden Amtszeit in die Berechnung der zulässigen Höchstdauer einzubeziehen, um eine Umgehung der Begrenzung auf sechs Jahre zu verhindern4. 1366
Damit sind die für die Satzungsgestaltung relevanten Punkte der Amtszeit und der Wiederbestellung abschließend in der SE-VO geregelt. Für weitergehende Restriktionen durch den nationalen Gesetzgeber lässt Art. 46 SE-VO keinen Raum. Die Regelung des § 84 Abs. 1 Satz 3 AktG, nach der die Wiederbestellung von Vorstandsmitgliedern frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit erfolgen kann (Rn. 357), findet daher schon auf die Vorstandsmitglieder der SE keine Anwendung. Erst recht muss eine analoge Anwendung auf Aufsichtsratsmitglieder ausscheiden5. 4. Vorsitz und stellvertretender Vorsitz
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Der Aufsichtsrat wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden, der in einer paritätisch mitbestimmtem Gesellschaft nur ein Vertreter der Kapitalseite sein kann (Art. 42 SE-VO)6. Bei der Beschlussfassung im Aufsichtsrat gibt nach Art. 50 Abs. 2 Satz 1 SE-VO die Stimme des Vorsitzenden bei
1 Teichmann in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 46 SE-VO Rn. 3; Reichert/ Brandes, MünchKomm. AktG, Art. 46 SE-VO Rn. 3; Drinhausen in Habersack/ Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 46 SE-VO Rn. 9. 2 H.M., Eberspächer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, Art. 46 SE-VO Rn. 5; Hoffmann-Becking, ZGR 2004, 355, 364; Reichert/Brandes, MünchKomm. AktG, Art. 46 SE-VO Rn. 3; ausführlich Drinhausen/Nohlen, ZIP 2009, 1890, 1892 ff.; a.A. Austmann in Münchener Hdb. AG, § 85 Rn. 4 f.; Teichmann in Lutter/ Hommelhoff, Komm. SE, Art. 46 SE-VO Rn. 4. 3 Teichmann in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 46 SE-VO Rn. 9 f.; Reichert/ Brandes, MünchKomm. AktG, Art. 46 SE-VO Rn. 12; Drinhausen in Habersack/ Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 46 SE-VO Rn. 19 f. 4 Reichert/Brandes, MünchKomm. AktG, Art. 46 SE-VO Rn. 12; Drinhausen in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 46 SE-VO Rn. 19. 5 Ebenso Drinhausen in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 46 SE-VO Rn. 19; a.A. aber sowohl für Vorstands- als auch für Aufsichtsratsmitglieder Siems, Kölner Komm. AktG, Art. 46 SE-VO Rn. 18 ff., 21. 6 Zum Wahlverfahren siehe Art. 50 Abs. 1 SE-VO (dazu sogleich Rn. 1369 ff.); ferner Drinhausen in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 42 SE-VO Rn. 9 ff.
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Zusammensetzung und Organisation
§ 19
Stimmengleichheit den Ausschlag1. Dieser Stichentscheid gilt im Ausgangspunkt für mitbestimmte und nicht mitbestimmte Gesellschaften gleichermaßen. Allerdings ist er nur in paritätisch mitbestimmten Gesellschaften zwingend (Art. 50 Abs. 2 Satz 2 SE-VO). Auf diese Weise wird in diesen Gesellschaften das Letztentscheidungsrecht der Anteilseigner gesichert2. In nicht paritätisch mitbestimmten Gesellschaften kann dagegen die Satzung den Stichentscheid abbedingen. Über die Wahl eines oder mehrerer stellvertretender Vorsitzender schweigt die SE-VO. Daher kommt über Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO die Regelung des § 107 Abs. 1 AktG zur Anwendung, nach der mindestens ein Stellvertreter gewählt werden muss. Bei Verhinderung des Vorsitzenden hat der Stellvertreter nach § 107 Abs. 1 Satz 3 AktG die gleichen Rechte wie der Vorsitzende. Daraus folgt, dass vorbehaltlich abweichender Satzungsbestimmung grundsätzlich auch das Recht zum Stichentscheid auf ihn übergeht3. Einschränkende Voraussetzung hierfür ist aber nach Sinn und Zweck des Stichentscheids jedenfalls in paritätisch mitbestimmten Gesellschaften, dass es sich auch bei dem stellvertretenden Vorsitzenden um einen Vertreter der Kapitalseite handelt. Auf einen Arbeitnehmervertreter geht der Stichentscheid also nicht über4. Dagegen besteht kein Anlass, Arbeitnehmervertreter in paritätisch mitbestimmten Gesellschaften von der Übernahme des stellvertretenden Vorsitzes auszuschließen; zur Wahrung des Letztentscheidungsrechts der Anteilseigner genügt es, dass der Stichentscheid nicht auf die Arbeitnehmerseite übergeht5.
1 Anders als in der paritätisch mitbestimmten AG bedarf es bei Stimmengleichheit keiner zweiten Abstimmung (§ 29 Abs. 2 Satz 1 MitbestG); vielmehr gibt die Stimme des Vorsitzenden gleich bei der ersten Abstimmung den Ausschlag; Teichmann in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 50 SE-VO Rn. 24; Reichert/ Brandes, MünchKomm. AktG, Art. 50 SE-VO Rn. 17. 2 Teichmann in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 50 SE-VO Rn. 26; Drinhausen in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 50 SE-VO Rn. 28. 3 Str., wie hier Paefgen, Kölner Komm. AktG, Art. 42 SE-VO Rn. 35; Sven H. Schneider, AG 2008, 887, 889 f.; Verse in Habersack/Drinhausen, Komm. SERecht, Anh. Art. 43 SE-VO § 34 SEAG Rn. 9 ff. (zum monistischen System); a.A. Drygala in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 42 SE-VO Rn. 8; alle m.w.N. 4 In den Satzungen paritätisch mitbestimmter SE wird diese Einschränkung regelmäßig explizit klargestellt, sie gilt allerdings nach richtiger Ansicht ohnehin; dazu Verse in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Anh. Art. 43 SE-VO § 34 SEAG Rn. 11 f. 5 Wie hier Kiem, ZHR 173 (2009), 156, 168; Verse in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Anh. Art. 43 SE-VO § 34 SEAG Rn. 5 m.w.N.; a.A. – auch der stellvertretende Vorsitzender muss in der paritätisch mitbestimmten SE zwingend ein Anteilseignervertreter sein (Art. 42 Satz 2 SE-VO analog) – Paefgen, Kölner Komm. AktG, Art. 42 SE-VO Rn. 36; Reichert/Brandes, MünchKomm. AktG, Art. 42 SE-VO Rn. 19; Ott in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 16 Rn. 54.
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§ 19
Das Aufsichtsorgan in der SE mit Sitz in Deutschland
5. Beschlussfassung und Geschäftsordnung 1369
a) Das Aufsichtsorgan in der SE entscheidet durch Beschluss. Die Regelungen über die Beschlussfähigkeit und Beschlussfassung sind dabei einer Ausgestaltung durch die Satzung zugänglich, wenn auch mit Ausnahmen für Gesellschaften mit paritätischer Arbeitnehmermitbestimmung.
1370
So sieht die SE-VO in Art. 50 Abs. 1 lit. a die Beschlussfähigkeit der Organe vor, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder anwesend oder vertreten ist. Eine abweichende Regelung in der Satzung, nach der ein größeres Quorum vonnöten ist, würde es den Arbeitnehmervertretern ermöglichen, eine Beschlussfassung im Aufsichtsorgan zu verhindern, und ist daher für paritätisch mitbestimmte Gesellschaften unzulässig1. Die Beschlussfassung selbst erfolgt gemäß Art. 50 Abs. 1 lit. b SE-VO mit der Mehrheit der anwesenden oder vertretenen Mitglieder. Da umstritten ist, ob Enthaltungen und ungültige Stimmen nicht mitgezählt2 oder, wie der Wortlaut des Art. 50 Abs. 1 lit. b SE-VO im Gegensatz zu dem des Art. 58 SE-VO nahelegt, als „Nein“-Stimmen gewertet werden3, empfiehlt sich eine Regelung in der Satzung. Diese könnte beispielsweise eine Beschlussfassung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen vorsehen4.
1371
b) Für die Stimmangabe durch abwesende Aufsichtsratsmitglieder gelten über Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO dieselben Regelungen wie in der AG (§§ 108 Abs. 3, 109 Abs. 3 AktG; oben Rn. 725 ff.)5. Keine Besonderheiten gelten auch für Beschlussverfahren ohne Sitzung; diese können nach Maßgabe des § 108 Abs. 4 AktG wie in der AG (Rn. 728) schriftlich, fernmündlich oder in vergleichbarer Form vorgenommen werden6. Vorschriften zum Stimmrechtsausschluss wegen Interessenkollision enthält die SE-VO nicht. Es bewendet daher auch insoweit bei den zur AG dargestellten Regeln (Rn. 730 f.)7.
1 Reichert/Brandes, MünchKomm. AktG, Art. 50 SE-VO Rn. 5. 2 Manz in Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft SE, Art. 50 SEVO Rn. 4. 3 So mit Recht die h.M., Drinhausen in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 50 SE-VO Rn. 16; Schwarz, Komm. SE-VO, Art. 50 Rn. 12; Teichmann in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 50 SE-VO Rn. 17; ausführlich Reichert/ Brandes, MünchKomm. AktG, Art. 50 SE-VO Rn. 12 ff. 4 Siehe zum Aktienrecht oben Rn. 733 ff. 5 Drinhausen in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 50 SE-VO Rn. 12 f. m.w.N.; ausführlich Schumacher, NZG 2009, 697 ff.; anders noch 5. Aufl. § 108 Abs. 3 AktG lässt zwar nur die Stimmbotenschaft und keine Stellvertretung im Sinne der §§ 164 ff. BGB zu. Das steht aber zu Art. 50 Abs. 1 SE-VO („anwesend oder vertreten“) nicht im Widerspruch, da die SE-VO mit „Vertretung“ nur untechnisch auf die Möglichkeit der Einschaltung von Hilfspersonen verweist. 6 Drinhausen in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 50 SE-VO Rn. 11. 7 Drinhausen in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 50 SE-VO Rn. 21; Ott in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 16 Rn. 67.
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Zusammensetzung und Organisation
§ 19
c) Das Aufsichtsorgan kann sich schließlich eine Geschäftsordnung geben; mangels Regelung in der SE-VO richtet sich auch dies nach nationalem Aktienrecht (Rn. 652 f.). Damit kann die Geschäftsordnung, sofern ihr Bestimmungen in der Satzung und in nationalen Gesetzen sowie der SE-VO nicht entgegenstehen, alle Fragen der inneren Organisation des Aufsichtsorgans regeln1.
1372
6. Wahrnehmung der Geschäftsleitung durch Mitglieder des Aufsichtsorgans Als Ausnahme zur Inkompatibilität der Mitgliedschaft im Leitungs- und 1373 im Aufsichtsorgan (Art. 39 Abs. 3 Satz 1 SE-VO) ermöglicht Art. 39 Abs. 3 Satz 2–4 SE-VO i.V.m. § 15 SEAG, einen nicht besetzten Posten im Leitungsorgan durch ein Mitglied des Aufsichtsorgans zu besetzen. Über diese Abstellung eines seiner Mitglieder entscheidet der Aufsichtsrat durch Beschluss; die Abstellung ist nur für einen im Voraus bestimmten Zeitraum zulässig, der auch bei wiederholter Bestellung oder Verlängerung ein Jahr nicht überschreiten darf (§ 15 SEAG). Voraussetzung für eine Abordnung ist, dass ein Posten im Leitungsorgan „nicht besetzt“ ist (Art. 39 Abs. 3 Satz 2 SE-VO). Anders als bei der vergleichbaren Vorschrift in § 105 Abs. 2 AktG kommt daher eine Abstellung bei nur vorübergehender Verhinderung (z.B. Krankheit, Sabbatical) nicht in Betracht2. Für die Zeit der Abstellung ruht das Amt des abgestellten Mitglieds im Aufsichtsorgan (Art. 39 Abs. 3 Satz 3 SE-VO), die Mitgliedschaft selbst bleibt aber erhalten.
1374
7. Zahl der Sitzungen, Einberufung Über die Zahl der Sitzungen schweigt sich die SE-VO aus3. § 110 Abs. 3 AktG findet damit über Art. 9 Abs. 1 lit c ii SE-VO Anwendung, so dass das Aufsichtsorgan halbjährlich mindestens zweimal zusammentreten muss, bei börsenfernen Gesellschaften genügt aber auch nur eine Sitzung im Halbjahr. Darüber hinaus kann jedes Mitglied des Aufsichtsorgans sowie das Leitungsorgan jederzeit vom Vorsitzenden des Aufsichtsorgans verlangen, dass dieser das Aufsichtsorgan unverzüglich einberuft; § 110 Abs. 1 und 2 AktG sind ebenfalls anwendbar4.
1 Schwarz, Komm. SE-VO, Art. 40 Rn. 87; Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 40 SE-VO Rn. 28. 2 Seibt in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 39 SE-VO (§§ 15, 16 SEAG) Rn. 36; Reichert/Brandes, MünchKomm. AktG, Art. 39 SE-VO Rn. 50. 3 Anders aber Art. 44 Abs. 1 SE-VO zum Verwaltungsrat im monistischen System. 4 Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 40 SE-VO Rn. 25.
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§ 19
Das Aufsichtsorgan in der SE mit Sitz in Deutschland
8. Ausschüsse 1376
Die Bildung von Ausschüssen innerhalb des Aufsichtsorgans folgt, da die SE-VO keine Ausschüsse vorsieht, nationalem Recht (§ 107 Abs. 3 AktG)1. Auch in der SE können somit nicht nur vorbereitende und überwachende, sondern auch beschließende Ausschüsse gebildet werden2. Allerdings empfiehlt sich vorsorglich, eine Ermächtigung zur Bildung beschließender Ausschüsse in die Satzung aufzunehmen, da im Schrifttum teilweise vertreten wird, dass ansonsten Art. 50 SE-VO der Delegation von Beschlusskompetenzen entgegenstehe3. Ein Vermittlungsausschuss nach § 27 Abs. 3 MitbestG ist in der SE mangels Anwendbarkeit des MitbestG (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 SEBG) nicht zu bilden. Im Übrigen bewendet es bei den aktienrechtlichen Regelungen (Rn. 743 ff.).
V. Überwachung 1377
Die zentrale Aufgabe des Aufsichtsorgans besteht auch in der SE in der Überwachung der Führung der Geschäfte durch das Leitungsorgan (Art. 40 Abs. 1 Satz 1 SE-VO). Das Aufsichtsorgan darf, wie der Aufsichtsrat in der AG auch, die Geschäfte der SE nicht selbst führen (Art. 40 Abs. 1 Satz 2 SEVO). 1. Überblick
1378
Das wichtigste Mittel der Überwachung ist die Information. Ohne genaue Information können sich die Mitglieder des Aufsichtsorgans kein Bild über die Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung durch das Leitungsorgan machen. Das Wissen um die Vorgänge innerhalb der Gesellschaft ist mithin unerlässliche Voraussetzung für eine funktionierende Kontrolle. 2. Information
1379
Die Be- und Verschaffung dieser Informationen ist in Art. 41 SE-VO geregelt. Davon umfasst ist sowohl eine selbständige Pflicht des Leitungsorgans zu regelmäßigen und zu außerordentlichen Berichten als auch das 1 Drygala in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 40 SE-VO Rn. 5; Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 40 SE-VO Rn. 27. 2 Zu den Grenzen der Delegation von Beschlusskompetenzen siehe aber § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG und oben Rn. 744. 3 So Teichmann in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 50 SE-VO Rn. 22 f.; Manz in Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft SE, Art. 40 SE-VO Rn. 5, 19; ebenso auch noch 5. Aufl. Rn. 1372. Ob Art. 50 SE-VO wirklich eine Aussage zur Ausschussbildung zu entnehmen ist, ist allerdings zweifelhaft; zurückhaltend auch Eberspächer in Spindler/Silz, Komm. AktG, Art. 44 SE-VO Rn. 5; Verse in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Anh. Art. 43 SE-VO § 34 SEAG Rn. 22.
530
Überwachung
§ 19
Recht des Aufsichtsorgans, alle erforderlichen Informationen zu verlangen sowie Überprüfungen vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen. Umstritten ist, ob und in welchem Umfang nationales Recht und damit §§ 90, 111 Abs. 2 AktG neben Art. 41 SE-VO Anwendung finden1; Einigkeit besteht jedoch insoweit, dass sich inhaltlich kaum ein Unterschied zur Information des Aufsichtsrats in der AG ergibt2. a) Information des Aufsichtsorgans gemäß Art. 41 SE-VO Die Information des Aufsichtsorgans erfolgt, wie bereits angedeutet, zum einen unaufgefordert durch selbständige Unterrichtung durch das Leitungsorgan, sei es regelmäßig (Art. 41 Abs. 1 SE-VO), sei es aus besonderem Anlass (Art. 41 Abs. 2 SE-VO). Auch jedes Mal, wenn das Leitungsorgan eine Entscheidung des Aufsichtsorgans, beispielsweise einen Beschluss über ein zustimmungsbedürftiges Geschäft, herbeiführen will oder muss, hat es das Aufsichtsorgan im Vorfeld ausführlich zu unterrichten3. Zum anderen kann die Initiative vom Aufsichtsorgan ausgehen: Art. 41 Abs. 3 SE-VO berechtigt das Aufsichtsorgan, vom Leitungsorgan jegliche Informationen zu verlangen, die zur Ausübung der Kontrolle erforderlich sind (Art. 41 Abs. 3 SE-VO); ferner kann es entsprechende Überprüfungen vornehmen bzw. vornehmen lassen (Art 41 Abs. 4 SEVO). Diese Systematik entspricht der in der AG.
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aa) Die regelmäßigen Berichte des Leitungsorgans gemäß Art. 41 Abs. 1 SE-VO über den Gang der Geschäfte und deren voraussichtliche Entwicklung haben mindestens alle drei Monate zu erfolgen (Quartalsberichte) und entsprechen im Wesentlichen § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–3 AktG4. Insoweit kann auf die Ausführungen oben (Rn. 193 ff.) verwiesen werden. Aus der Formulierung des Art. 41 Abs. 1 SE-VO folgt außerdem die Pflicht zu zukunftsgerichteter Berichterstattung, verbunden mit sog. „follow up“-Berichterstattung, in der auf die Vergleichszahlen zum vorangegangenen Zeitraum und zu den Planzahlen einzugehen ist5. Selbstverständlich ist die Berichtsintensität immer auch von der einzelnen SE und
1381
1 Ablehnend Schwarz, Komm. SE-VO, Art. 41 Rn. 33; Manz in Manz/Mayer/ Schröder, Europäische Aktiengesellschaft SE, Art. 41 SE-VO Rn. 31; befürwortend Reichert/Brandes, MünchKomm. AktG, Art. 41 SE-VO Rn. 3; Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 41 SE-VO Rn. 4. 2 Krieger/Sailer in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 41 SE-VO Rn. 2; Manz in Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft SE, Art. 41 SE-VO Rn. 31; Reichert/Brandes, MünchKomm. AktG, Art. 41 SE-VO Rn. 2. 3 Krieger/Sailer in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 41 SE-VO Rn. 3. 4 Krieger/Sailer in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 41 SE-VO Rn. 2 f. Nach Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 41 SE-VO Rn. 7 liegt dagegen der unionsrechtliche Mindestgehalt der Berichte unterhalb der Detailtiefe nach § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 AktG; allerdings soll für die SE mit Sitz in Deutschland über Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO doch wieder § 90 AktG zur Anwendung kommen; Seibt a.a.O. Rn. 4. 5 Krieger/Sailer in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 41 SE-VO Rn. 6; Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 41 SE-VO Rn. 8.
531
§ 19
Das Aufsichtsorgan in der SE mit Sitz in Deutschland
ihrer Größe, ihren Geschäftsfeldern etc. sowie ihrer wirtschaftlichen Lage abhängig. Auch sind ggf. abhängige Gesellschaften in den Bericht einzubeziehen, soweit sich deren Lage auf die der SE auswirkt1. 1382
bb) Über Ereignisse, die sich spürbar auf die Lage der SE auswirken können, hat das Leitungsorgan dem Aufsichtsorgan rechtzeitig zu berichten und alle Informationen mitzuteilen. Art. 41 Abs. 2 SE-VO vereint dabei in wesentlichen Zügen die Sonderberichte nach § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 90 Abs. 1 Satz 3 AktG2, wenngleich die Schwelle berichtspflichtiger Umstände in der SE etwas niedriger ist („spürbare Auswirkungen“) als in der AG („erhebliche Bedeutung“)3. Die berichtsauslösenden Ereignisse können Vorkommnisse innerhalb der Gesellschaft sein oder von außen kommen, sie können positive oder negative Auswirkungen haben4. Rechtzeitig ist ein Bericht dann, wenn er vor dem Ereignis erstattet wird, und zwar dergestalt, dass das Aufsichtsorgan ggf. noch eigene Entscheidungen im Hinblick auf das Ereignis treffen kann, bei erhöhter Eilbedürftigkeit ist eine Information des Vorsitzenden statt des Gesamtorgans ausreichend5. War eine vorangehende Berichterstattung nicht mehr möglich, hat der Bericht unverzüglich danach zu erfolgen.
1383
cc) Das Informationsrecht des Aufsichtsorgans aus Art. 41 Abs. 3 Satz 1 SE-VO findet seine nationale Entsprechung in § 90 Abs. 3 Satz 1 AktG6, geht in der Formulierung aber noch darüber hinaus. Das Aufsichtsorgan kann demnach jegliche Informationen, die zur Erfüllung seiner Kontrollaufgabe erforderlich sind, verlangen7. Darunter fallen auch Vorgänge in verbundenen Unternehmen, ohne dass diese von erheblichem Einfluss auf die Lage der SE sein müssten8. Art. 41 Abs. 3 Satz 1 SE-VO enthält eine Einschränkung, wie sie auch nationalem Recht entspricht: Adressat des Informationsverlangens ist grundsätzlich nur das Leitungsorgan. Angestellte unterhalb dieser Ebene beispielsweise können damit bis auf krasse Ausnahmefälle (z.B. Verdacht einer Straftat) nicht ohne die Zustimmung des Leitungsorgans als Informationsquelle in Anspruch genommen werden9. 1 Schwarz, Komm. SE-VO, Art. 41 Rn. 8; Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 41 SE-VO Rn. 9. 2 Vgl. zu den Sonderberichten in der AG oben Rn. 208 ff.; Beispiele bei Krieger/Sailer in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 41 SE-VO Rn. 13. 3 Krieger/Sailer in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 41 SE-VO Rn. 12; Schwarz, Komm. SE-VO, Art. 41 Rn. 20. 4 Reichert/Brandes, MünchKomm. AktG, Art. 41 SE-VO Rn. 7. 5 Krieger/Sailer in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 41 SE-VO Rn. 16; Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 41 SE-VO Rn. 17 m.w.N. 6 Zur AG vgl. oben Rn. 212 ff. 7 Dies gilt freilich nur bis zur Grenze des offensichtlichen Missbrauchs, wobei dem Aufsichtsorgan ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen ist; vgl. dazu Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 41 SE-VO Rn. 20 f. 8 Krieger/Sailer in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 41 SE-VO Rn. 19. 9 Krieger/Sailer in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 41 SE-VO Rn. 22; Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 41 SE-VO Rn. 23.
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Überwachung
§ 19
dd) Das Informationsrecht steht jedem einzelnen Mitglied des Aufsichtsorgans zu, allerdings mit der Maßgabe, die Information nur an das Aufsichtsorgan als Ganzes verlangen zu können, Art. 41 Abs. 3 Satz 2 SE-VO i.V.m. § 18 SEAG.
1384
ee) Schließlich hat das Aufsichtsorgan das Recht, alle Überprüfungen vorzunehmen oder vornehmen zu lassen, die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind. Art. 41 Abs. 4 SE-VO kommt damit in der SE die Funktion zu, die § 111 Abs. 2 AktG in der AG erfüllt (vgl. oben Rn. 241). Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie sämtliche Vermögensgegenstände unterliegen seinem Prüfungsrecht. Dabei ist es gleichgültig, ob diese Überprüfungen durch ein Mitglied des Aufsichtsorgans selbst durchgeführt, oder, wie es der Wortlaut gestattet, delegiert werden1. Zu beachten bleibt, dass sich das Überprüfungsrecht des Aufsichtsorgans nur auf Unterlagen und Gegenstände erstreckt, die in „seiner“ Gesellschaft vorhanden sind; dagegen erlaubt es keinen Zugriff auf Unterlagen und Gegenstände, die sich bei anderen, wenn auch abhängigen Gesellschaften befinden2.
1385
ff) Von allen Informationen, die dem Aufsichtsorgan übermittelt werden, kann jedes einzelne Mitglied Kenntnis nehmen. Art. 41 Abs. 5 SE-VO umfasst damit, anders als bei der nationalen Komplementärnorm in § 90 Abs. 5 AktG, nicht nur Berichte, sondern sämtliche Informationen, die dem Aufsichtsorgan vorliegen, insbesondere dann, wenn die Informationen dem Vorsitzenden des Aufsichtsorgans als Empfangsvertreter übermittelt wurden3. Neben dem Recht auf Kenntnisnahme hat jedes einzelne Mitglied das Recht, Berichte in Textform übermittelt zu bekommen, soweit das Aufsichtsorgan für die Übermittlung nichts anderes beschlossen hat; § 90 Abs. 5 Satz 2 AktG findet mangels Regelung in der SE-VO über Art. 9 Abs. 1 lit. a ii SE-VO Anwendung4.
1386
gg) Auch hinsichtlich der Form der Berichte und der Art und Weise ihrer Erstattung schweigt sich die SE-VO aus, so dass diesbezüglich auf nationales Aktienrecht und damit auf § 90 Abs. 4 AktG zurückgegriffen werden kann5.
1387
Im Ergebnis zeigt sich also, dass die SE-VO für den Bereich der Information des Aufsichtsorgans in den überwiegenden Fällen Vorrang vor natio-
1388
1 Bei Beauftragung eines Sachverständigen ist durch eine Vertraulichkeitsvereinbarung der Schutz der Gesellschaftsgeheimnisse sicherzustellen, vgl. Reichert/ Brandes, MünchKomm. AktG, Art. 41 SE-VO Rn. 24; Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 41 SE-VO Rn. 39. 2 Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 41 SE-VO Rn. 35 m.w.N.; siehe auch oben Rn. 245 zur AG. 3 Krieger/Sailer in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 41 SE-VO Rn. 30, 32. 4 Krieger/Sailer in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 41 SE-VO Rn. 31. 5 Lediglich hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Berichte ist Art. 41 Abs. 2 SE-VO abschließend, vgl. Krieger/Sailer in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 41 SEVO Rn. 33; im Übrigen siehe Rn. 223 ff.
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§ 19
Das Aufsichtsorgan in der SE mit Sitz in Deutschland
nalem Recht hat, inhaltlich jedoch mindestens den Informations- und Berichtsstandards in der Aktiengesellschaft gerecht wird. Das Netz der Überwachung ist in der SE genauso engmaschig wie in der AG. b) Information des Aufsichtsorgans im Konzern 1389
Durch die Bildung eines Konzerns mit der SE an seiner Spitze nehmen der Umfang und die Komplexität der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsorgans zu, ohne dass damit eine Erweiterung seiner Rechte einhergeht. Das Aufsichtsorgan überwacht nach wie vor nur die Geschäftsführung durch das Leitungsorgan seiner SE. Dies umfasst jedoch auch die Führung des Konzerns durch das Leitungsorgan. Die Situation entspricht der in der AG, weshalb ein Verweis auf Rn. 141 ff. hier ausreicht. Dabei ist das Verhältnis der Rechte und Pflichten aus Art. 41 SE-VO zu nationalem Recht zu beachten, was dazu führt, das z.B. abhängige Gesellschaften in den Bericht nach Art. 41 Abs. 1 SE-VO einzubeziehen sind, soweit sich deren Lage auf die SE auswirkt oder Ereignisse im Sinne von Art. 41 Abs. 2 SE-VO auch solche in verbundenen Unternehmen sein können. Aber auch nach Art. 41 SE-VO hat das Aufsichtsorgan der SE kein Zugriffsrecht auf Unterlagen oder Personal in abhängigen Gesellschaften (Rn. 1385). Andererseits ergeben sich aber ebenso wie in der AG auch in der SE Möglichkeiten zur Einrichtung konzernweiter Zustimmungsvorbehalte und einer auf Konzernbelange ausgerichteten Berichtsordnung (dazu oben Rn. 159 ff., 228 ff.). c) Berichtsordnung
1390
Um das Netz der Information auf die Besonderheiten der einzelnen SE anpassen zu können, und um so ihrer Größe, ihrer wirtschaftlichen Lage, ihrem Unternehmen und dem Konzern Rechnung zu tragen, empfiehlt sich der Erlass einer Berichtsordnung für das Leitungsorgan durch das Aufsichtsorgan. Bei einer Berichtsordnung handelt es sich der Sache nach um eine Geschäftsordnung (siehe oben Rn. 317), und da Geschäftsordnungen in der SE-VO keine Regelung erfahren haben, ist gemäß Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO § 77 Abs. 2 Satz 1 AktG für eine diesbezügliche Regelung einschlägig1. Für die Einzelheiten einer Berichtsordnung kann unter Berücksichtigung der Ausführungen zu Art. 41 SE-VO auf Rn. 317 ff. verwiesen werden2. 3. Verschwiegenheitspflicht
1391
Ebenso wie ihre Kollegen in den Aufsichtsräten einer AG unterliegen die Mitglieder des Aufsichtsorgans der SE gemäß Art. 49 Halbsatz 1 SE-VO 1 Reichert/Brandes, MünchKomm. AktG, Art. 40 SE-VO Rn. 21. 2 Zur Berichtsordnung in der AG vgl. auch Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 100; zur Geschäftsordnung für den Verwaltungsrat einer monistischen SE vgl. Lutter/Kollmorgen/Feldhaus, BB 2007, 509 ff.
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Überwachung
§ 19
der Pflicht zur Verschwiegenheit. Dies gilt insbesondere auch für die Arbeitnehmervertreter, § 38 Abs. 1 SEBG. Die Pflicht zur Verschwiegenheit umfasst nicht nur vertrauliche Angaben und Geschäftsgeheimnisse, sondern alle Informationen, deren Verbreitung den Interessen der Gesellschaft schaden könnte, unabhängig davon, ob die Informationen bereits bekannt sind1. Damit reicht eine mögliche Rufschädigung der Gesellschaft schon aus, um die Mitglieder des Organs zum Stillschweigen zu verpflichten. Ausnahmen von diesem Vertraulichkeitsgebot, das auch über das Ende der Amtszeit hinausreicht, ergeben sich gemäß Art. 49 Halbsatz 2 SE-VO aus nationalem Recht oder dem öffentlichen Interesse. Für Gesellschaften mit Sitz in Deutschland bedeutet das beispielsweise den Vorrang der Ad-hoc-Publizität ebenso wie für Auskunftsrechte von Behörden oder gegenüber dem Abschlussprüfer2. Die Pflicht zur Vertraulichkeit ist das funktionale Pendant zum umfassenden Informationsrecht des Art. 41 SE-VO. Daher verbietet es sich z.B. für das Leitungsorgan, ein Berichtsverlangen des Aufsichtsorgans oder eines seiner Mitglieder mit der Begründung zurückzuweisen, bei den verlangten Informationen handele es sich um Geschäftsgeheimnisse. 4. Einwirkungsmöglichkeiten Das Aufsichtsorgan hat nach der Kompetenzverteilung in der SE nur eingeschränkte Möglichkeiten, auf das Leitungsorgan einzuwirken. Neben (der Drohung mit) der Abberufung sind Zustimmungsvorbehalte und eine Geschäftsordnung für das Leitungsorgan als Regelungselemente zu nennen.
1392
a) Zustimmungsvorbehalte Zustimmungsvorbehalte sind eines der effektivsten Mittel des Aufsichtsorgans, auf die Geschäftsführung der Gesellschaft im Sinne einer vorbeugenden Überwachung Einfluss zu nehmen. Die Einrichtung von Zustimmungsvorbehalten richtet sich in der SE mit Sitz in Deutschland nach Art. 48 SE-VO i.V.m. § 19 SEAG. Danach hat, anders als in der AG3, zunächst die Satzung zwingend Zustimmungsvorbehalte vorzusehen4. Eine 1 Teichmann in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 49 SE-VO Rn. 4; Manz in Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft SE, Art. 49 SE-VO Rn. 8. Im Ergebnis besteht darin keine Verschärfung zur Rechtslage in der AG. Zwar bezieht sich die Verschwiegenheitspflicht nach §§ 93 Abs. 1 Satz 3, 116 Satz 2 AktG nur auf vertrauliche Angaben und Geheimnisse. Sofern ausnahmsweise auch durch die Verbreitung nicht vertraulicher Informationen ein Schaden droht, müssen die Organmitglieder hiervon aber auch in der AG aufgrund ihrer organschaftlichen Treuepflicht Abstand nehmen; Drinhausen in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 49 SE-VO Rn. 7. 2 Teichmann in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 49 SE-VO Rn. 8 ff.; Reichert/ Brandes, MünchKomm. AktG, Art. 49 SE-VO Rn. 10 ff. 3 Vgl. § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG: „Die Satzung oder der Aufsichtsrat […]“. 4 Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 48 SE-VO Rn. 4; Teichmann in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 48 SE-VO Rn. 5.
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§ 19
Das Aufsichtsorgan in der SE mit Sitz in Deutschland
Satzung ohne Zustimmungsvorbehalte ist fehlerhaft und bildet daher ein Hindernis für die Eintragung der SE1. Im Anschluss an die Satzung hat das Aufsichtsorgan das Recht, diese Zustimmungsvorbehalte auszufüllen und zu ergänzen (Art. 48 Abs. 1 Unterabs. 2 SE-VO i.V.m. § 19 SEAG). Die Möglichkeit des Aufsichtsorgans, eigene Zustimmungsvorbehalte festzulegen, kann auch ad hoc ausgeübt werden2. Einen gesetzlichen Mindestkatalog gibt es für Deutschland nicht. Die Hauptversammlung der SE kann, wie in der AG, eine durch das Aufsichtsorgan verweigerte Zustimmung gemäß § 111 Abs. 4 Satz 3 und 4 AktG ersetzen3. 1394
Im Übrigen und insbesondere im Hinblick auf das zulässige Ausmaß von Zustimmungsvorbehalten mag hier der Verweis auf Rn. 112 ff. genügen. b) Geschäftsordnung für Leitungsorgan
1395
Eine Möglichkeit, die Arbeit des Leitungsorgans zu organisieren, besteht für das Aufsichtsorgan im Erlass einer Geschäftsordnung mit Regelungen über die Geschäftsverteilung. Die SE-VO ist insoweit regelungsoffen, so dass § 77 AktG über Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO Anwendung findet4.
VI. Bestellung/Anstellung/Abberufung des Leitungsorgans 1396
1. Die für die Gesellschaft wohl wichtigsten Entscheidungen fällt das Aufsichtsorgan mit der Bestellung der Mitglieder des Leitungsorgans und deren Abberufung nach Art. 39 Abs. 2 Unterabs. 1 SE-VO. Da der deutsche Gesetzgeber von der Ermächtigung in Unterabs. 2 keinen Gebrauch gemacht hat, steht dem Aufsichtsorgan die alleinige Personalkompetenz zu. Die Anzahl der Mitglieder des Leitungsorgans ergibt sich aus der Satzung (Art. 39 Abs. 4 Satz 1 SE-VO), konkretisiert durch § 16 Satz 1 SEAG. Eine Pflicht zur Bestellung eines Arbeitsdirektors kann sich aus § 16 Satz 2 SEAG i.V.m. § 38 Abs. 2 Satz 2 SEBG ergeben5. Die Bestellung erfolgt auf den in der Satzung bestimmten Zeitraum, der im Unterschied 1 Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 48 SE-VO Rn. 4; Teichmann in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 48 SE-VO Rn. 6. 2 Manz in Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft SE, Art. 48 SEVO Rn. 15. 3 Teichmann in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Anh. Art. 48 SE-VO (§ 19 SEAG) Rn. 5; Schwarz, Komm. SE-VO, Art. 48 Rn. 29; Reichert/Brandes, MünchKomm. AktG, Art. 48 SE-VO Rn. 16; Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 48 SE-VO Rn. 19. 4 Seibt in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 39 SE-VO (§§ 15, 16 SEAG) Rn. 7, 8; Manz in Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft SE, Art. 39 SE-VO Rn. 59, 106. 5 Zur streitigen Frage, ob diese Regelung mit Art. 13 Abs. 2 der SE-Mitbestimmungsrichtlinie (Richtlinie 2001/86/EG) vereinbar ist, siehe einerseits Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 39 SE-VO Rn. 41; andererseits Manz in Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft SE, Art. 39 SEVO Rn. 104.
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Rechnungslegung
§ 19
zum nationalen Recht (§ 84 Abs. 1 Satz 1 AktG) maximal sechs Jahre (Art. 46 Abs. 1 SE-VO) beträgt. Eine Wiederbestellung ist je nach Ausgestaltung der Satzung möglich (Art. 46 Abs. 2 SE-VO); sie kann aber nicht automatisch erfolgen, sofern dadurch die gesamte Amtszeit mehr als sechs Jahre beträgt1. Da Art. 46 Abs. 2 SE-VO ausschließlich statutarische Einschränkungen zulässt, sind weitere Einschränkungen durch den nationalen Gesetzgeber nicht zulässig. § 84 Abs. 1 Satz 3 AktG, der eine Wiederbestellung frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit zulässt (Rn. 357), kommt daher nach zutreffender Ansicht nicht zur Anwendung2. 2. Die Abberufung von Mitgliedern des Leitungsorgans erfolgt ebenfalls durch das Aufsichtsorgan (Art. 39 Abs. 2 Unterabs. 1 SE-VO). Die materiellen Voraussetzungen richten sich gemäß Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO nach nationalem Recht; § 84 Abs. 3 AktG findet Anwendung3. Auch für die Amtsniederlegung gilt nationales Recht (Rn. 35 ff.)4.
1397
3. Auch der Abschluss (und die Kündigung) des Anstellungsvertrags mit 1398 den Mitgliedern des Leitungsorgans obliegt, wie in der AG, dem Aufsichtsorgan. Dieses vertritt gemäß Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO i.V.m. § 112 AktG die Gesellschaft gegenüber jenen5. Lediglich aus Art. 46 Abs. 1 SE-VO ergibt sich eine Abweichung zum Aktienrecht: Die Höchstdauer des Anstellungsvertrags richtet sich nach der maximalen Bestellungsdauer und darf damit sechs Jahre nicht überschreiten.
VII. Vertretung der Gesellschaft gegenüber dem Leitungsorgan Die Vertretung der Gesellschaft gegenüber den Mitgliedern des Leitungsorgans ist in der SE-VO nicht geregelt, weshalb mit § 112 AktG nationales Recht zur Anwendung kommt. Der Verweis auf Rn. 440 ff. soll daher genügen.
1399
VIII. Rechnungslegung Im Hinblick auf Fragen der Rechnungslegung zeigt sich die SE-VO kurz und aussagekräftig: Art. 61 ordnet (vorbehaltlich des Art. 62 SE-VO) die 1 Teichmann in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 46 SE-VO Rn. 10; Manz in Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft SE, Art. 46 SE-VO Rn. 4. 2 Drinhausen in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 47 SE-VO Rn. 19; a.A. 5. Aufl. Rn. 1392; Siems, Kölner Komm. AktG, Art. 46 SE-VO Rn. 18, 21. 3 Paefgen, Kölner Komm. AktG, Art. 39 SE-VO Rn. 69 f.; Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 39 SE-VO Rn. 25; jew. mit zahlreichen Nachw. 4 Paefgen, Kölner Komm. AktG, Art. 39 SE-VO Rn. 72; Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 39 SE-VO Rn. 26. 5 Statt aller Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 39 SE-VO Rn. 29, 31.
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1400
§ 19
Das Aufsichtsorgan in der SE mit Sitz in Deutschland
Anwendung des Rechts des Sitzstaates an. Dies bedeutet die Anwendung des nationalen Rechts für den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss, den Lage- und den Konzernlagebericht sowie für die Prüfung und Offenlegung dieser Abschlüsse und Lageberichte. Nach nationalem Recht richtet sich ferner die Bestellung des Abschlussprüfers durch die Hauptversammlung (Art. 52 Unterabs. 2 SE-VO)1 und die Erteilung des Prüfungsauftrags durch das Aufsichtsorgan (Art. 61 SE-VO, § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG)2. Auch auf den Bericht des Aufsichtsorgans an die Hauptversammlung, die Feststellung des Jahresabschlusses und die Gewinnverwendung ist nationales Recht anzuwenden (§§ 170 bis 176 AktG), die Verweisung erfolgt insoweit jedoch über Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO3.
IX. Erklärung zum Deutschen Corporate Governance Kodex 1401
Ein wenig schwieriger gestaltet sich die Erklärung zum Kodex. Da die SEVO keine Vorschriften zu einer Entsprechenserklärung enthält, findet § 161 AktG über Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO Anwendung4. Zu bedenken ist, dass der Kodex von seiner Struktur her auf eine Aktiengesellschaft deutschen Rechts zugeschnitten ist. Die insgesamt nur geringen Unterschiede zwischen dualistischer SE und AG sind im Einzelnen bei Abgabe der Entsprechenserklärung zu berücksichtigen5.
X. Rechte und Pflichten des einzelnen Mitglieds 1402
Neben den Rechten und Pflichten des Organs sind auch die Rechte und Pflichten des einzelnen Mitglieds des Aufsichtsorgans denen von Aufsichtsratsmitgliedern einer AG sehr ähnlich. 1. Persönliche Voraussetzungen
1403
Neben der Inkompatibilitätsregelung des Art. 39 Abs. 3 SE-VO, die eine Doppelmitgliedschaft im Aufsichts- und Leitungsorgan verbietet, finden über Art. 47 Abs. 2 lit. a SE-VO die Bestellungsverbote des nationalen Aktienrechts Anwendung. Für die dualistische SE mit Sitz in Deutschland 1 Bücker in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 52 SE-VO Rn. 25. 2 Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 40 SE-VO Rn. 16. 3 Habersack in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 61 SE-VO Rn. 3; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 61 SE-VO Rn. 3. 4 Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 32 m.w.N.; zweifelnd Leyens, Großkomm. AktG, § 161 Rn. 128. Der Kodex selbst geht in seiner Präambel davon aus, dass er auf die SE mit Sitz in Deutschland anwendbar ist. 5 Bei einer monistisch organisierten SE bereitet die Abgabe der Entsprechenserklärung dagegen erheblich größere Schwierigkeiten; dazu Verse in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Anh. Art. 43 SE-VO § 22 SEAG Rn. 56 ff. Aus diesem Grund mag man in diesem Fall sogar die vollständige Ablehnung des Kodex erwägen, solange dieser die Besonderheiten des monistischen Systems ignoriert; vgl. Lutter, Kölner Komm. AktG, § 161 Rn. 32.
538
Rechte und Pflichten des einzelnen Mitglieds
§ 19
bedeutet dies, dass § 100 Abs. 1, 2, 5 und § 105 Abs. 1 AktG anzuwenden sind1. Die in Art. 47 Abs. 1 SE-VO grundsätzlich eröffnete Möglichkeit, dass auch juristische Personen bestellt werden können, besteht folglich in der SE mit Sitz in Deutschland nicht (§ 100 Abs. 1 Satz 1 AktG). Über die Rechtslage bei der AG hinaus kann sich ein Bestellungshindernis auch aus einer Gerichts- oder Verwaltungsentscheidung eines Mitgliedstaats ergeben (Art. 47 Abs. 2 lit. b SE-VO), und zwar unerheblich davon, in welchem Mitgliedstaat diese Entscheidung ergangen ist2. Weitere persönliche Voraussetzungen kann gemäß Art. 47 Abs. 3 SE-VO die Satzung der jeweiligen SE festlegen, jedoch nur in einem Umfang, in dem dies auch nach nationalem Recht zulässig wäre, und auch nur für Vertreter der Kapitalseite. Für eine SE mit Sitz in Deutschland bedeutet dies, dass die freie Auswahl der Organmitglieder durch die Hauptversammlung gewährleistet sein muss (§ 100 Abs. 4 AktG)3. Auch sind für Altersregelungen die Vorschriften des AGG zu berücksichtigen (dazu oben Rn. 1196 f.). Weitere Voraussetzungen für Vertreter der Arbeitnehmerseite können in der Beteiligungsvereinbarung (§ 21 SEBG) festgelegt werden4. Im Übrigen ergeben sie sich aus § 36 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 2–4 SEBG; dort ist bestimmt, dass die Arbeitnehmervertreter aus dem Kreis der Belegschaft und der Gewerkschaften zu rekrutieren und nach einem bestimmten Proporz zu wählen sind. 2. Vergütung Die Vergütung der Mitglieder des Aufsichtsorgans ist in der SE-VO nicht geregelt. Über Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO und Art. 52 Unterabs. 2 SE-VO ist daher § 113 AktG anzuwenden5. Für die Details kann daher auf die entsprechenden Ausführungen oben (Rn. 843 ff.) verwiesen werden.
1404
3. Interessenkonflikte Ebenso verhält es sich bei Interessenkonflikten. Die Auflösung von Interessenkollisionen hat die SE-VO ebenfalls nationalem Recht vorbehalten.
1 Drinhausen in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 47 SE-VO Rn. 15 ff.; speziell zu § 100 Abs. 5 AktG Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 40 SE-VO Rn. 46. 2 Drinhausen in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 47 SE-VO Rn. 20; Teichmann in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 47 SE-VO Rn. 6. 3 Manz in Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft SE, Art. 47 SEVO Rn. 17. 4 Jacobs, MünchKomm. AktG, § 21 SEBG Rn. 19a. 5 Spindler in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 52 SE-VO Rn. 38; Manz in Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft SE, Art. 40 SE-VO Rn. 36.
539
1405
§ 19
Das Aufsichtsorgan in der SE mit Sitz in Deutschland
§§ 114, 115 AktG i.V.m. Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO1 sowie die einschlägige nationale Rechtsprechung regeln diesen Bereich, weshalb auch hier der Verweis auf die AG genüge (Rn. 894 ff.).
XI. Haftung 1406
Schließlich unterstellt Art. 51 SE-VO die Innenhaftung der Leitungs- und der Aufsichtsorganmitglieder gegenüber der SE dem nationalstaatlichen Regime. Folglich kommen die §§ 93, 116 AktG (siehe oben Rn. 981 ff.) vollumfänglich zur Anwendung2. Die Außenhaftung gegenüber Dritten ist demgegenüber nicht in Art. 51 SE-VO angesprochen; im Ergebnis richtet sich aber auch sie über Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO3 nach nationalem Recht (oben Rn. 1027 ff.).
1407–1420 Einstweilen frei.
1 Manz in Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft SE, Art. 40 SEVO Rn. 39; Seibt in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 40 SE-VO Rn. 33. 2 Drinhausen in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 51 SE-VO Rn. 7; Teichmann in Lutter/Hommelhoff, Komm. SE, Art. 51 SE-VO Rn. 13. 3 Drinhausen in Habersack/Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 51 SE-VO Rn. 1.
540
§ 20 Besonderheiten des Aufsichtsrats in Unternehmen der öffentlichen Hand I. Einführung Die öffentliche Hand bedient sich seit langem neben den Rechtsformen des öffentlichen Rechts auch privatrechtlicher Rechtsformen – namentlich der Aktiengesellschaft und der GmbH –, um öffentliche Einrichtungen zu betreiben. Insbesondere auf kommunaler Ebene ist es gang und gäbe, Stadtwerke, Verkehrsbetriebe, Häfen und Flughäfen, Messen, Sportstätten, Kultureinrichtungen usw. als GmbH oder AG zu organisieren. In vielen Fällen ist die öffentliche Hand dabei der einzige Gesellschafter, zunehmend sind neben ihr aber auch private Investoren beteiligt, namentlich bei den populären Public Private Partnerships, in denen Bund, Länder und Gemeinden große Investitionsprojekte gemeinsam mit privaten Investoren umsetzen1. Und schließlich sind die Fälle zu nennen, in denen die öffentliche Hand mit nennenswerten Anteilen an großen börsennotierten, ehemals staatlichen Unternehmen beteiligt ist2.
1421
Werden in Unternehmen mit Beteiligung der öffentlichen Hand Aufsichtsräte gebildet, gelten für deren Aufgaben und Kompetenzen, ihre innere Ordnung und die Rechte und Pflichten ihrer Mitglieder zunächst die allgemeinen Regeln der jeweiligen Rechtsform, wie sie oben dargestellt wurden. Die öffentliche Hand unterliegt, wenn sie die Rechtsformen des Privatrechts für sich nutzt, dem für diese geltenden Gesellschaftsrecht3. Die besondere Aufgabenstellung der öffentlichen Hand kann aber in dem durch das Gesellschaftsrecht gesteckten Rahmen zu Besonderheiten auch im Hinblick auf die Stellung des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder in Unternehmen der öffentlichen Hand führen und Konflikte zwischen dem öffentlichen und dem privaten Recht begründen4. Ständige Konfliktbereiche sind insbesondere die gesellschaftsrechtliche Weisungsfreiheit und die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder.
1422
1 Vgl. dazu etwa Schuppert, Grundzüge eines zu entwickelnden Verwaltungskooperationsrechts, Rechts- und verwaltungswissenschaftliches Gutachten erstellt im Auftrag des Bundesministerium des Inneren, 2001; Eifert, VerwArch 93 (2002), 561; Mehde, VerwArch 91 (2000), 540; Häfner, LKV 2005, 340; Kiethe, NZG 2006, 45. 2 Beispiele sind etwa die Beteiligungen der Ruhrgebietskommunen an der RWE AG, des Landes Niedersachsen an der Volkswagen AG und des Bundes an der Deutsche Post AG und der Deutsche Telekom AG. 3 BGH v. 29.1.1962 – II ZR 1/61, BGHZ 36, 296, 306; OVG Sachsen v. 3.7.2012 – 4 B 211/12, AG 2012, 883 Tz. 3 f.; VGH Kassel v. 9.2.2012 – 8 A 2043/10, AG 2013, 35 Tz. 74; vgl. auch Nowak/Wanitschek-Klein, Der Konzern 2007, 665. 4 Oebbecke, Handbuch Kommunale Unternehmen, § 9 Rn. 1; Cronauge/Westermann, Kommunale Unternehmen, Rn. 209.
541
§ 20
Besonderheiten in Unternehmen der öffentlichen Hand
II. Zusammensetzung des Aufsichtsrats 1423
Die Vorschriften des öffentlichen Haushaltsrechts machen Beteiligungen der öffentlichen Hand an Unternehmen privater Rechtsformen in der Regel davon abhängig, dass die öffentliche Hand einen angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat, erhält1. Viele Gemeindeordnungen verpflichten die Gemeinden überdies, bei der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages einer Kapitalgesellschaft darauf hinzuwirken, dass ihnen das Recht eingeräumt wird, Mitglieder in den Aufsichtsrat zu „entsenden“2, wobei sich der Anteil der Vertreter der öffentlichen Hand im Allgemeinen an der Beteiligungsquote zu orientieren hat3. Über die Auswahl der kommunalen Vertreter entscheidet sodann der Rat4, was in der Praxis kommunaler Unternehmen häufig dazu führt, dass die Ratsfraktionen die zu besetzenden Plätze unter sich aufteilen. In manchen Gemeindeordnungen ist sogar vorgeschrieben, dass die Aufsichtsratssitze, die für Vertreter der Gemeinde zur Verfügung stehen, nach dem Verhältnis der Ratsfraktionen zu besetzen sind5. Solche Proporzregeln beschränken sich allerdings auf die kommunale Auswahlentscheidung und lassen den gesellschaftsrechtlichen Bestellungsakt unberührt. Auch eine Aufsichtsratswahl, die gegen Proporzregeln des Gemeinderechts verstößt, ist gesellschaftsrechtlich wirksam und nicht anfechtbar6.
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Zu betonen ist, dass öffentlich-rechtliche Proporzbestimmungen die Anforderungen an die persönliche Qualifikation der Aufsichtsratsmitglieder in keiner Weise berühren. Auch das auf Vorschlag der öffentlichen Hand gewählte Aufsichtsratsmitglied muss diejenigen Mindestkenntnisse und -erfahrungen mitbringen, die für die Erfüllung des Aufsichtsratsmandats erforderlich sind (vgl. oben Rn. 1009). Es kann sich nicht mit dem Einwand entlasten, ihm hätten diese Kenntnisse gefehlt, aber es sei schließlich als Vertreter der Gemeinde in den Aufsichtsrat entsandt worden und habe dieser Entscheidung des Rates Folge leisten müssen.
III. Weisungsfreiheit und Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse 1425
Im Zusammenhang mit den Vertretern der öffentlichen Hand – namentlich mit Vertretern der Kommunen – in öffentlichen Unternehmen spielt in der Praxis immer wieder die Frage eine Rolle, ob die Aufsichtsratsmit1 Vgl. etwa § 65 Abs. 1 Nr. 3 BHO; § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO NW; § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW; § 109 Abs. 1 Nr. 6 GO Nds.; Art. 92 Abs. 1 Nr. 2 GO Bay. 2 Vgl. z.B. § 113 Abs. 3 Satz 1 GO NRW; § 111 Abs. 3 GO Nds.; Art. 93 Abs. 2 GO Bay. 3 Zieglmeier, LKV 2005, 338, 339. 4 Vgl. z.B. § 113 Abs. 3 Satz 2 GO NRW; § 98 Abs. 2 Satz 1 GO Sachs. 5 Vgl. z.B. § 104 Abs. 2 GO BW; § 88 Abs. 3, 1 Satz 5 GO RP; § 98 Abs. 2 Satz 2 GO Sachs; § 119 Abs. 1 Satz 3 GO Sachs-Anh.; § 104 Abs. 1 Satz 3 GO Bbg. 6 Zieglmeier, LKV 2005, 338, 339; Keßler, GmbHR 2000, 71, 76.
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Weisungsfreiheit und Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse
§ 20
glieder den Weisungen der Gebietskörperschaft unterliegen, auf deren Vorschlag sie gewählt oder von der sie entsandt wurden. In einem Fall beschließt der Rat, die auf Veranlassung der Gemeinde gewählten Aufsichtsratsmitglieder in den städtischen Versorgungsbetrieben anzuweisen, einer von der Geschäftsführung befürworteten Erhöhung der Erdgasund Wärmeabgabepreise nicht zuzustimmen1. In einem anderen Fall weist der Stadtrat die von ihm in den Aufsichtsrat entsandten Mitglieder des kommunalen Nahverkehrsunternehmens an, sich für die Fortführung einer Buslinie in den Abendstunden einzusetzen, obwohl die Einstellung des Nahverkehrs ab 21 Uhr mangels Rentabilität geboten ist2. Und in einem dritten Fall beschließt der Rat eine Anweisung an die kommunalen Vertreter im Aufsichtsrat einer stadteigenen GmbH, einen Geschäftsführer abzuberufen3. Sind solche Versuche, auf das Abstimmungsverhalten der Aufsichtsratsmitglieder Einfluss zu nehmen, für die betroffenen Aufsichtsratsmitglieder verbindlich? Im Aufsichtsrat einer AG haben auch die Vertreter der öffentlichen Hand ihr Amt eigenverantwortlich und frei von Weisungen zu führen. Das war nicht immer unumstritten, ist inzwischen jedoch anerkannt4. Auch die in den Gemeindeordnungen durchweg vorgesehene Bindung der auf Veranlassung der Gemeinde gewählten oder entsandten Aufsichtsratsmitglieder an Ratsbeschlüsse5 ändert daran nichts. Diese Regelungen stehen teilweise unter dem ausdrücklichen gesetzlichen Vorbehalt, dass sie nur gelten, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist6; eine solche abweichende gesetzliche Bestimmung ist der aktienrechtliche Grundsatz der Weisungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder7. Unabhängig davon könnten sich kommunalrechtliche Weisungsbindungen als nachrangiges 1 VG Arnsberg v. 13.7.2007 – 12 K 3965/06, ZIP 2007, 1988 mit Anm. Lutter. 2 Beispiel bei Möller, Die rechtliche Stellung und Funktion des Aufsichtsrats in öffentlichen Unternehmen der Kommunen, 1999, S. 76. 3 Beispiel bei Harder/Ruter, GmbHR 1995, 813. 4 Vgl. nur BVerwG v. 31.8.2011 – 8 C 16/10, ZIP 2011, 2054 Tz. 20 f.; OVG Münster v. 24.4.2009 – 15 A 2592/07, ZIP 2009, 1718, 1720; OVG Kassel v. 9.2.2012 – 8 A 2043/10, AG 2013, 35 Tz. 74, 80 ff.; OVG Sachsen v. 3.7.2012 – 4 B 211/12, AG 2012, 883; Hüffer, Komm. AktG, § 394 Rn. 28; Oebbecke, Handbuch Kommunale Unternehmen, § 9 Rn. 41; Cronauge/Westermann, Kommunale Unternehmen, Rn. 209; Früchtl, Die Aktiengesellschaft als Rechtsform für die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 134 f.; Möller, Die rechtliche Stellung und Funktion des Aufsichtsrats in öffentlichen Unternehmen der Kommunen, S. 91 ff.; Weber-Rey/Buckel, ZHR 177 (2013), 13, 21 ff.; Spindler, ZIP 2011, 689, 694; Weckerling-Wilhelm/Mitsching, NZG 2011, 327, 328 f.; Lutter, ZIP 2007, 1991 f.; a.A. Heidel, NZG 2012, 48, 53 f., der ein Weisungsrecht aus § 394 AktG ableiten will, dabei jedoch den engen Anwendungsbereich der Vorschrift (vgl. näher unten Rn. 1431) überdehnt. 5 Z.B. § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW; § 88 Abs. 5 Satz 2 GO RP; § 111 Abs. 1 Satz 2 GO Nds.; § 98 Abs. 1 Satz 5 GO Sachs. 6 Z.B. § 113 Abs. 1 Satz 4 GO NRW; § 88 Abs. 5 Satz 2 GO RP; § 71 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 KVerf M-V. 7 BVerwG v. 31.8.2011 – 8 C 16/10, ZIP 2011, 2054, Tz. 20 f.; OVG Münster v. 24.4.2009 – 15 A 2592/07, ZIP 2009, 1718, 1720; OVG Kassel v. 9.2.2012 – 8 A
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§ 20
Besonderheiten in Unternehmen der öffentlichen Hand
Landesrecht gegen das AktG als Bundesrecht ohnehin nicht durchsetzen (Art. 31 GG)1. Die z.T. noch vertretene Meinung, die in den Gemeindeordnungen vorgesehene Weisungsbindung bestehe so lange, wie die konkret in Rede stehende Weisung der gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung der Aufsichtsratsmitglieder auf das Wohl der Gesellschaft nicht zuwider laufe2, ist heute überholt. Welche Maßnahme dem Wohle der Gesellschaft entspricht, können weder der Rat der Gemeinde noch die Verwaltungsgerichte entscheiden, sondern allein das dafür zuständige Gesellschaftsorgan. 1427
Ebenso sind auch die auf Vorschlag der öffentlichen Hand gewählten oder von dieser entsandten Aufsichtsratsmitglieder einer AG, allein dem Unternehmensinteresse verpflichtet, nicht den Interessen der Gebietskörperschaft, der sie ihre Wahl verdanken, und schon gar nicht den Interessen der Ratsfraktion dieser oder jener Partei, auf deren Vorschlag sie gewählt wurden. Zwar sehen viele Gemeindeordnungen für die Vertreter der Gemeinde im Aufsichtsrat die Pflicht vor, bei ihrer Amtstätigkeit die Interessen der Gemeinde zu verfolgen3. Aber auch diese Regelungen stehen zum Teil unter dem ausdrücklichen gesetzlichen Vorbehalt, dass sie nur insoweit gelten, wie nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist4; im Übrigen gilt auch in diesem Zusammenhang, dass kommunalrechtliche Regelungen, die im Widerspruch zu den Regeln des Aktienrechts stehen, als nachrangiges Landesrecht gegenüber dem höherrangigen Bundesrecht zurücktreten müssen (Art. 31 GG). Die Grundsätze des Aktienrechts über die ausschließliche Bindung der Aufsichtsratsmitglieder an das Unternehmensinteresse gehen daher vor5. Das Unternehmensinteresse muss allerdings keinen Gegensatz zum öffentlichen Interesse darstellen: Das Schutzziel „Unternehmensinteresse“ enthält auch die Interessen der Anteilseigner und damit auch die der öffentlichen Hand. Die besonderen Gemeinwohlinteressen der öffentlichen Hand werden daher
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2043/10, AG 2013, 35 Tz. 74, 80 ff.; OVG Sachsen v. 3.7.2012 – 4 B 211/12, AG 2012, 883; Hüffer, Komm. AktG, § 394 Rn. 30. Vgl. nur OVG Münster v. 24.4.2009 – 15 A 2592/07, ZIP 2009, 1718, 1720; Hüffer, Komm. AktG, § 394 Rn. 30; Kiethe, NZG 2004, 993, 997; übersehen von VG Arnsberg v. 13.7.2007 – 12 K 3965/06, ZIP 2007, 1988, 1990 f. So noch OVG Münster v. 11.12.2006 – 15 B 2625/06, NVwZ 2007, 609; VG Arnsberg v. 13.7.2007 – 12 K 3965/06, ZIP 2007, 1988, 1990; ähnlich auch noch Mertens, Kölner Komm. AktG, 2. Aufl. § 101 Rn. 55; Geßler in Geßler/Hefermehl/ Eckardt/Kropff, Komm. AktG, § 101 Rn. 99; Schwintowski, NJW 1990, 1009, 1013, 1015. Z.B. § 113 Abs. 1 Satz 1 GO NW; § 88 Abs. 4 GO RP; § 104 Abs. 3 GO BW; § 111 Abs. 1 Satz 2 GO Nds. Z.B. § 113 Abs. 1 Satz 4 GO NW. BVerwG v. 31.8.2011 – 8 C 16/10, ZIP 2011, 2054 Tz. 20 f.; Hüffer, Komm. AktG, § 394 Rn. 31; Oebbecke, Handbuch Kommunale Unternehmen, § 9 Rn. 48; Cronauge/Westermann, Kommunale Unternehmen, Rn. 209; Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 764; Banspach/Nowak, Der Konzern 2008, 195, 198; Schön, ZGR 1996, 429, 448 ff.
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Weisungsfreiheit und Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse
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über die Interessen der Anteilseigner von den Aufsichtsratsmitgliedern mitberücksichtigt1. Ganz die gleichen Grundsätze gelten auch für den Pflichtaufsichtsrat einer GmbH. Auch seine Mitglieder haben ihr Amt weisungsfrei und allein im Interesse des Unternehmens zu führen2. Zu Besonderheiten führt hier allerdings das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung gegenüber der Geschäftsführung; vgl. dazu oben Rn. 1120.
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Anders ist demgegenüber die Situation im fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH. Zwar haben auch in einem freiwillig gebildeten GmbH-Aufsichtsrat die Aufsichtsratsmitglieder ihr Amt grundsätzlich eigenverantwortlich im Interesse der Gesellschaft zu führen. Auch in einer kommunalen GmbH mit freiwillig gebildetem Aufsichtsrat sind die Aufsichtsratsmitglieder daher normalerweise nicht an Weisungen des Rates gebunden3. Eine andere Frage ist es jedoch, ob die Satzung der GmbH die Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats an Weisungen binden kann. Die Frage ist umstritten. Nach verbreiteter Auffassung sind Weisungsrechte in Bezug auf die Überwachungsaufgabe auch beim fakultativen Aufsichtsrat nicht zulässig, weil sich mit der Bezeichnung als „Aufsichtsrat“ die schützenswerte Verkehrserwartung der Unabhängigkeit seiner Mitglieder verbinde4. Andere Stimmen wollen Weisungsrechte in der Satzung hingegen zu lassen5, wenn auch teilweise mit dem Hinweis, dass es sich dann nicht
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1 Hüffer, Komm. AktG, § 394 Rn. 31; E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 185; R. Becker in Wurzel/Schraml/Becker, Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, Abschn. D Rn. 572; Banspach/Nowak, Der Konzern 2008, 195, 198; Schwintowski, NJW 1995, 1316, 1318; Lutter/Grunewald, WM 1984, 385, 395. 2 Weber-Rey/Buckel, ZHR 177 (2013), 13, 23; Pauly/Schüler, DöV 2012, 339, 340 f.; Schodder, NdsVBl. 2012, 121, 124; Spindler, ZIP 2011, 689, 694; Leitzen, ZNotP 2011, 453, 461; Weckerling-Wilhelm/Mirtsching, NZG 2011, 327, 329; Strobel, DVBl 2005, 77, 80; für die Einmann-GmbH a.A. Altmeppen in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1, 13 f. 3 OVG Sachsen v. 3.7.2012 – 4 B 211/12, AG 2012, 883; Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 145 f.; Weber-Rey/Buckel, ZHR 177 (2013), 13, 25 f.; Weckerling-Wilhelm/Mirtsching, NZG 2011, 327, 329. 4 Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 147; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 130; E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 184; Spindler, ZIP 2011, 689, 695; Krämer/Winter in FS Goette, 2011, S. 253, 255 ff.; Bäcker in FS Schwark, 2009, S. 101, 106 ff.; Möller, Die rechtliche Stellung und Funktion des Aufsichtsrats in öffentlichen Unternehmen der Kommunen, S. 224 ff.; Keßler, GmbHR 2000, 71, 76 f.; Banspach/Nowak, Der Konzern 2008, 195, 198. 5 So namentlich BVerwG v. 31.8.2011 – 8 C 16/10, ZIP 2011, 2054 Tz. 21 mit allerdings zweifelhafter Vertragsauslegung in Tz. 25 ff. (zur Kritik nur Altmeppen, NJW 2011, 3737 f.; Trölitzsch, EWiR 2011, 779; Weber-Rey/Buckel, ZHR 177 [2013], 13, 25); OVG Münster v. 24.4.2009 – 15 A 2592/07, ZIP 2011, 1718, 1721 f.; Oebbecke, Handbuch Kommunale Unternehmen, § 9 Rn. 41; WeberRey/Buckel, ZHR 177 (2013), 13, 25 ff.; Schodder, NdsVBl. 2012, 121, 125; Pauly/Schüler, DöV 2012, 339, 341 ff.; Leitzen, ZNotP 2011, 459, 461 f.; WeckerlingWilhelm/Mirtsching, NZG 2011, 327, 329 f.; Altmeppen, NJW 1993, 2561,
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mehr um einen echten „Aufsichtsrat“ handele1. Letzterem ist zuzustimmen. Die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats verträgt sich zwar nicht mit einer Weisungsbindung2, d.h. aber nicht, dass eine statutarische Weisungsbindung unzulässig wäre, sondern nur, dass in einem solchen Fall das Organ den Namen Aufsichtsrat nicht verdient, und es sich insoweit um eine Fehlbezeichnung handelt (vgl. oben Rn. 1207).
IV. Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder 1430
In der Aktiengesellschaft unterliegen auch Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand grundsätzlich der gleichen strengen Verschwiegenheitspflicht wie die anderen Aufsichtsratsmitglieder auch (vgl. oben Rn. 254 ff.). Von diesem Grundsatz weichen §§ 394, 395 AktG für solche Aufsichtsratsmitglieder ab, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft gewählt oder von einer solchen entsandt worden sind. Sie dürfen ihrem Vorgesetzten berichten, sofern insoweit eine Berichtspflicht besteht (§ 394 AktG). Wird aufgrund einer solchen Verpflichtung Bericht erstattet, unterliegt der Berichtsempfänger der Vertraulichkeitspflicht (§ 395 AktG).
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Für die Anwendung der §§ 394, 395 AktG ist die Veranlassung der Wahl oder die Entsendung des Aufsichtsratsmitglieds durch eine Gebietskörperschaft erforderlich, wobei es gleichgültig ist, um welche Art von Gebietskörperschaft es sich handelt (Bund, Land, Gemeinde, Gemeindeverband)3. Die Lockerung der Verschwiegenheitspflicht setzt nicht voraus, dass die Gebietskörperschaft eine Mehrheitsbeteiligung an der Gesellschaft hält4, auch eine Minderheitsbeteiligung ist ausreichend5. Ebenso kann eine mittelbare Beteiligung genügen6. Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf der Aktienrechtsnovelle 20127
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2563 ff.; Altmeppen, ZIP 2010, 1972, 1974 f.; Altmeppen in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1, 4 ff., 13; R. Schmidt, ZGR 1996, 345, 354. Strobel, DVBl. 2005, 77, 80 f.; Schodder, NdsVBl. 2012, 121, 125. Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 147; Strobel, DVBl. 2005, 77, 80. Hüffer, Komm. AktG, § 394 Rn. 33; Schall in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 394 Rn. 5; Oetker in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 394 Rn. 5. So aber Martens, AG 1984, 29, 36; Möller, Die rechtliche Stellung und Funktion des Aufsichtsrats in öffentlichen Unternehmen der Kommunen, S. 153. Hüffer, Komm. AktG, § 394 Rn. 33; Schall in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 394 Rn. 5; Oetker in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 394 Rn. 5; Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder, S. 75 ff. Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988, Sonderbeilage 13, S. 7 fordern eine „ins Gewicht fallende“ Beteiligung; dass die Beteiligung Gewicht hat, ergibt sich aber schon daraus, dass die Gebietskörperschaft in der Lage war, das Aufsichtsratsmitglied zu entsenden oder seine Wahl zu veranlassen (vgl. Schall in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 394 Rn. 5; ähnlich Hüffer, Komm. AktG, § 394 Rn. 5). Hüffer, Komm. AktG, § 394 Rn. 35; Schall in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 394 Rn. 7; Oetker in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 394 Rn. 9. BT-Drucks. 17/8989.
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Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder
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empfohlen, § 394 AktG dahingehend zu erweitern, dass die Vorschrift auch für Aufsichtsratsmitglieder gelten solle, die auf Veranlassung einer der Rechtsaufsicht einer Gebietskörperschaft unterstehenden rechtsfähigen Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts oder auf Veranlassung eines Unternehmens, an dem eine oder mehrere Gebietskörperschaften mit insgesamt mehr als 50 % beteiligt sind, in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt worden sind1. Der Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages zu dem – in der letzten Legislaturperiode vorerst gescheiterten (oben Rn. 422) – „Gesetz zur Verbesserung der Kontrolle der Vorstandsvergütung und zur Änderung weiterer aktienrechtlicher Vorschriften (VorstKoG)“ griff diese Empfehlung nicht auf2. Die Lockerung der Verschwiegenheitspflicht setzt voraus, dass eine Berichtspflicht des Aufsichtsratsmitglieds besteht. Nach der derzeitigen Gesetzeslage muss diese Berichtspflicht auf einem Gesetz beruhen3. Der Gesetzesbeschluss zum VorstKoG (oben Rn. 1431) sah vor, künftig auch eine auf Rechtsgeschäft beruhende Berichtspflicht genügen zu lassen4; ob dieses Gesetzesvorhaben in der neuen Legislaturperiode wieder aufgegriffen wird, war bei Drucklegung nicht absehbar. Auf der Basis der geltenden Rechtslage ist der praktische Anwendungsbereich von § 394 AktG klein. § 394 AktG selbst taugt als allgemeine Rechtsgrundlage für die Durchbrechung der Schweigepflicht nicht, da keine allgemeine öffentlich-rechtliche Berichtspflicht der Aufsichtsratsmitglieder zur Berichterstattung an die Gebietskörperschaft besteht5. Erforderlich ist vielmehr eine spezielle Berichtspflicht. Ob sich diese für beamtete Aufsichtsratsmitglieder aufgrund der beamtenrechtlichen Weisungsbindung (z.B. § 62 Abs. 1 BBG) ergibt, ist zweifelhaft und umstritten6. Viele Gemeindeord1 BR-Drucks. 852/11, S. 2 f.; ablehnend die Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/8989, Anl. 4, S. 27; DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2012, 380, 383; Weber-Rey/Buckel, ZHR 177 (2013), 13, 17; Sünner, CCZ 2012, 107, 113. 2 BR-Drucks. 637/13. 3 Hüffer, Komm. AktG, § 394 Rn. 37 ff. m.w.N.; Schall in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 394 Rn. 9; Oetker in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 394 Rn. 12; Hoffmann-Becking, Münchener Hdb. AG, § 33 Rn. 59; Lutter/Grunewald, WM 1984, 385, 397; a.A. Schürnbrand, MünchKomm. AktG, § 304 Rn. 18 ff.; Land/ Hallermayer, AG 2011, 114, 116 ff., die auch eine vertragliche Berichtspflicht genügen lassen wollen; Früchtl, Die Aktiengesellschaft als Rechtsform für die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 124 ff., der, beschränkt auf § 394 AktG, eine Berichtspflicht in der Satzung der Gesellschaft für zulässig und ausreichend ansieht. 4 Vgl. Art. 1 Nr. 22 des Gesetzentwurfs, BR-Drucks. 637/13; kritisch Weber-Rey/ Buckel, ZHR 177 (2013), 13, 16; Bungert/Wettich, ZIP 2012, 297, 302; DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2012, 380, 383. 5 Eingehend dazu Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988, Sonderbeilage 13, S. 10 ff., 24; Hüffer, Komm. AktG, § 394 Rn. 37 ff., 40 f.; Möller, Die rechtliche Stellung des Aufsichtsrats in öffentlichen Unternehmen der Kommunen, S. 154 ff.; Thode, AG 1997, 547, 549. 6 So etwa Schall in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 394 Rn. 10; Schürnbrand, MünchKomm. AktG, § 394 Rn. 20; Lutter/Grunewald, WM 1984, 385, 397; Mar-
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nungen verpflichten die kommunalen Vertreter im Aufsichtsrat, den Rat über alle Angelegenheiten von besonderer Bedeutung zu unterrichten, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist1; vereinzelt sind sogar Auskunftsrechte des Rates gegenüber den kommunalen Vertretern im Aufsichtsrat vorgesehen, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt2. Diese Regelungen sind jedoch nicht geeignet, eine Berichtspflicht gegenüber den Gemeinderäten zu begründen, die gemäß § 394 AktG von der Verschwiegenheitspflicht befreien könnte. Denn aus § 395 AktG wird deutlich, dass die Verschwiegenheitspflicht nicht durchbrochen, sondern „nach oben“ verlagert wird. Aus diesem Grunde darf nicht an eine Institution berichtet werden, bei der – wie in Gemeinde- und Landesparlamenten – die Geheimhaltung nicht gewährleistet ist3. Das hiergegen vorgebrachte Argument, verfassungsrechtliche Gesichtspunkte, wie die ununterbrochene Legitimationskette vom Volk zu den mit den staatlichen Aufgaben betrauten Organen der Verwaltung (Art. 20 Abs. 1 GG) sowie die Pflicht der Kommune zur Überprüfung der Erfüllung des öffentlichen Zwecks, erforderten Informations- und Kontrollrechte gegenüber den Aufsichtsratsmitgliedern4, ist schon deshalb verfehlt, weil niemand die öffentliche Hand zwingt, sich privatrechtlicher Rechtsformen zu bedienen5. Überdies verkennt dieses Argument, dass die öffentliche Hand als Aktionärin oder GmbH-Gesellschafterin ausreichende Informationsund Kontrollrechte aufgrund ihrer Gesellschafterstellung besitzt. 1433
Für die Aufsichtsratsmitglieder einer GmbH besteht im Grundsatz die gleiche Verschwiegenheitspflicht wie im Aktienrecht, da § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG, § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG, § 52 Abs. 1 GmbHG jeweils
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tens, AG 1984, 29, 33; Möller, Die rechtliche Stellung und Funktion des Aufsichtsrats in öffentlichen Unternehmen der Kommunen, S. 156; a.A. Hüffer, Komm. AktG, § 394 Rn. 41; Oetker in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 394 Rn. 13; Bäcker in FS Schwark, 2009, S. 101, 117; Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988 Sonderbeilage 13, S. 19 ff. Z.B. § 113 Abs. 5 Satz 1 GO NRW; § 111 Abs. 4 GO Nds.; § 104 Abs. 4 GO Bbg.; § 98 Abs. 2 Satz 4 GO Sachs.; Art. 93 Abs. 2 Satz 2 GO Bay. Z.B. § 104 Abs. 4 GO Bbg.; § 71 Abs. 4 KVerf M-V; § 115 Abs. 1 Satz 2 KSVG Saarl. Hüffer, Komm. AktG, § 394 Rn. 43; Oetker in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 394 Rn. 21 f.; Weber-Rey/Buckel, ZHR 177 (2013), 13, 17; Land/Hallermayer, AG 2011, 114, 119; Bäcker in FS Schwark, 2009, S. 101, 117 f.; Kaum/Keiluweit, DB 2009, 2251, 2253; Banspach/Nowak, Der Konzern 2008, 195, 200 f.; Möller, Die rechtliche Stellung und Funktion des Aufsichtsrats in öffentlichen Unternehmen der Kommunen, 1999, S. 158 ff.; Schwintowski, NJW 1990, 1009, 1014; Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988, Beilage 13, S. 9; zweifelnd auch Oebbecke, Handbuch Kommunale Unternehmen, § 9 Rn. 38; VG Regensburg v. 2.2.2005 – RN 3 K 04.1408, LKV 2005, 365; Zieglmeier, LKV 2005, 338, 340; a.A. v. Danwitz, AöR 120 (1995), 595, 623 f.; abwegig Meier/Wieseler, Der Gemeindehaushalt 1993, 174, 176, die die Verschwiegenheitspflicht sogar gegenüber den Fraktionen im Gemeinderat aufheben wollen. VG Regensburg v. 2.2.2005 – RN 3 K 04.1408, LKV 2005, 365; Zieglmeier, LKV 2005, 338, 340. Vgl. dazu auch OVG Kassel v. 9.2.2012 – 8 A 2043/10, AG 2013, 35 Tz. 75, 59 ff.
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Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder
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auf § 116 AktG verweisen. Im fakultativen GmbH-Aufsichtsrat kann allerdings die Satzung den Umfang der Verschwiegenheitspflicht einschränken1, während dies für den Pflichtaufsichtsrat nicht möglich ist2. Soweit die Satzung einer kommunalen GmbH die Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrats an die Weisungen des Gemeinderats bindet, folgt daraus zugleich eine Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber dem Rat3. Schwieriger ist die Rechtslage, wenn die Satzung beim fakultativen Aufsichtsrat eine entsprechende Lockerung der Verschwiegenheitspflicht nicht enthält oder wenn ein Pflichtaufsichtsrat besteht. Auch in diesen Fällen gilt die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder nicht gegenüber Gesellschaftern, da das GmbH-Recht viel weitergehende Informationsrechte des Gesellschafters kennt als das Aktienrecht (§ 51a GmbHG)4. Daraus wird zum Teil gefolgert, die Verschwiegenheitspflicht bestehe auch nicht gegenüber dem Gemeinderat5. Dem wird man jedoch allenfalls zustimmen können, wenn es sich um eine 100 %-Tochter der Gemeinde handelt6, sind jedoch Mitgesellschafter vorhanden, kann das Informationsrecht des Gesellschafters eine direkte Information des Rates kaum rechtfertigen. Denn Gesellschafter ist nicht der Rat, sondern die Gemeinde, die durch den Bürgermeister7 oder einen vom Rat bestellten Vertreter8 in der Gesellschafterversammlung vertreten wird. Einstweilen frei.
1434–1449
1 Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 67; Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 144; Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 26. 2 Koberski in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 107; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rn. 99, § 1 DrittelbG Rn. 39; Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 158; van Kann/ Keiluweit, DB 2009, 2251, 2254. 3 Überzeugend Altmeppen in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1, 11 ff. 4 BGH v. 6.3.1997 – II ZB 4/96, BGHZ 135, 48, 56 f. = AG 1997, 372; Lutter in Lutter/Hommelhoff, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 25; Altmeppen in Roth/Altmeppen, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 29; Raiser/Heermann in Ulmer/Habersack/Winter, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 143; Weber-Rey/Buckel, ZHR 177 (2013), 13, 18; Spindler, ZIP 2011, 689, 692; a.A. Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 67. 5 Altmeppen in Roth/Altmeppen, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 29; Altmeppen, NJW 2003, 2561, 2566; wohl auch Oebbecke, Handbuch Kommunale Unternehmen, § 9 Rn. 36; a.A. Weber-Rey/Buckel, ZHR 177 (2013), 13, 19; Spindler, ZIP 2011, 689, 691. 6 Für diesen Fall auch Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, Komm. GmbHG, § 52 Rn. 67; Altmeppen in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1, 13 f.; auch insoweit a.A. Spindler, ZIP 2011, 689, 691. 7 Z.B. § 88 Abs. 1 Satz 1 GO RP; Art. 93 Abs. 1 Satz 1 GO Bay.; § 104 Abs. 1 Satz 1 GO BW. 8 Z.B. § 113 Abs. 2 Satz 1 GO NW; § 111 Abs. 1 Satz 1 GO Nds.; §§ 28 Nr. 20, 104 Abs. 1, 105 GO S-H.
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§ 21 Besonderheiten des Aufsichtsrats in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen I. Einführung In Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen werden die in diesem Buch dargestellten gesellschaftsrechtlichen Regeln über den Aufsichtsrat durch die bank- und versicherungsaufsichtsrechtlichen Sonderregeln des KWG und des VAG überlagert. Bank- und Versicherungsaufsichtsrecht sind Teil des Gewerberechts; es handelt sich um von der BaFin überwachtes besonderes Gefahrenabwehrrecht („Gewerbepolizeirecht“), das darauf abzielt, die Interessen der Einleger und Versicherten zu schützen und ein funktionsfähiges, stabiles Kredit- und Versicherungswesen zu gewährleisten1. Um dieses Ziel zu erreichen, lässt es das Aufsichtsrecht nicht dabei bewenden, den Banken und Versicherungen strikte Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen abzuverlangen. Vielmehr greift es auf vielfältige Weise und mit zunehmender Intensität auch in die Organisationsverfassung von Banken und Versicherungen ein, zuletzt besonders eindringlich in Reaktion auf die Finanzmarktkrise, da der europäische und deutsche Gesetzgeber Schwächen in der Corporate Governance als eine maßgebliche Ursache der Krise ausgemacht haben. Im Zuge dieser Entwicklung ist auch der Aufsichtsrat zunehmend ins Visier des aufsichtsrechtlichen Gesetzgebers geraten2.
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Infolgedessen enthält das Aufsichtsrecht inzwischen detaillierte Vorgaben zum Aufsichtsrat, die über die aktienrechtlichen Vorgaben zum Teil weit hinausgehen, angefangen von Vorschriften zur Qualifikation und Zusammensetzung des Aufsichtsrats, zu seiner internen Organisation durch Bildung von Ausschüssen, zu besonderen Informationsrechten bis hin zur Vergütung. Gemeinsames Anliegen dieser Vorschriften ist es, Professionalität und Effektivität der Kontrolle durch den Aufsichtsrat zu
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1 Vgl. zur Bankenaufsicht Begr. RegE zum KWG von 1961, BT-Drucks. 3/114 („Die Bankenaufsicht soll durch vorbeugende Überwachung allgemein das Entstehen von Schäden im Kreditwesen und von Verlusten der Institutsgläubiger verhindern, also vorwiegend gefahrenabwehrend wirken.“); näher Tröger, ZHR 177 (2013), 475, 481 ff.; zur Versicherungsaufsicht Kaulbach/Pohlmann in Fahr/ Kaulbach/Bähr/Pohlmann, Komm. VAG, vor § 1 Rn. 5 f., sowie auf europäischer Ebene Art. 27 f. Solvabilität II-Richtlinie (Richtlinie 2009/138/EG vom 25.11.2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit, ABl. EU Nr. L 335 vom 17.12.2009, S. 1). 2 Siehe etwa Europäische Kommission, Grünbuch Corporate Governance in Finanzinstituten und Vergütungspolitik vom 2.6.2010, KOM (2010) 284, S. 2, 7: „Die Finanzkrise hat deutlich belegt, dass die Verwaltungsräte [scil. im dualistischen System die Aufsichtsräte] der Finanzinstitute ihre Schlüsselrolle als Machtzentrum nicht wahrgenommen haben. Deshalb waren sie nicht in der Lage, die Geschäftsführung wirksam zu kontrollieren …“.
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§ 21
Besonderheiten in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen
verbessern und damit nicht zuletzt auch die Legalitätskontrolle über die Einhaltung der vielfältigen aufsichtsrechtlichen Vorgaben durch den Vorstand zu stärken. 1452
Besonders weit vorangeschritten ist diese sektorspezifische Regulierung der Corporate Governance im Bankaufsichtsrecht; hier wird bereits von der Herausbildung eines eigenständigen „Bankgesellschaftsrechts“ gesprochen1. Einschneidende Änderungen des Bankaufsichtsrechts mit erheblichen Auswirkungen auch auf die Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats haben zuletzt die europäische Kapitaladäquanzverordnung (Capital Requirements Regulation, CRR)2 sowie die Umsetzung der Vierten Kapitaladäquanzrichtlinie (CRD IV-Richtlinie)3 durch das CRD IV-Umsetzungsgesetz4 mit sich gebracht. Diese Neuerungen sind mit Wirkung zum 1.1.2014 in Kraft getreten. Vor tiefgreifenden Veränderungen steht aber auch das Versicherungsaufsichtsrecht. Mit Wirkung zum 1.1.2016 wird (nach aktuellem Stand) die Solvabilität II-Richtlinie5 umzusetzen sein, die derzeit allerdings noch überarbeitet wird6. Der Regierungsentwurf zum Zehnten VAG-Änderungsgesetz (10. VAGÄndG)7, mit dem diese Richtlinie umgesetzt werden soll, wird im Folgenden bereits mitberücksichtigt. Dieser Entwurf wird wegen der durch die Überarbeitung der Solvabilität IIRichtlinie eingetretenen Verzögerung in der laufenden Legislaturperiode allerdings nochmals ins Gesetzgebungsverfahren einzubringen sein.
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Die Besonderheiten, die sich aus der aufsichtsrechtlichen Regulierung für den Aufsichtsrat in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen ergeben, sollen in diesem Kapitel am Beispiel der Rechtsform der Aktiengesellschaft vorgestellt werden. Ungeachtet dessen gelten die aufsichtsrecht1 Langenbucher, ZHR 176 (2012), 652, 662 f.; Langenbucher in Hölscher/Altenhain, Handbuch Aufsichts- und Verwaltungsräte in Kreditinstituten, S. 3, 5. 2 EU-Verordnung Nr. 575/2013 vom 26.6.2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, ABl. EU Nr. L 176 vom 27.6.2013, S. 1. 3 Richtlinie 2013/36/EU vom 26.6.2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG, ABl. EU Nr. L 176 vom 27.6.2013, S. 338. 4 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRD IV-Umsetzungsgesetz), BGBl. I 2013, 3395. 5 Richtlinie 2009/138/EG vom 25.11.2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II), ABl. EU Nr. L 335 vom 17.12.2009, S. 1. 6 Die Umsetzungsfrist ist daher mehrfach verlängert worden. Zuletzt hat man sich im Trilog von Kommission, Europäischem Parlament und Rat auf den 1.1.2016 verständigt; Pressemitteilung der Europäischen Kommission (MEMO/13/992) vom 14.11.2013. 7 Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetztes vom 18.4.2012, BT-Drucks. 17/9342. Die im Folgenden mit VAG-E gekennzeichneten Vorschriften beziehen sich auf diesen Entwurf.
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Anforderungsprofil für die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat
§ 21
lichen Vorgaben in gleicher Weise auch für Aufsichtsräte und für Verwaltungsräte anderer Rechtsformen, also z.B. auch für den Aufsichtsrat einer Genossenschaft oder eines VVaG oder den Verwaltungsrat einer Sparkasse.
II. Anforderungsprofil für die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat 1. Überblick, Allgemeines Das Aufsichtsrecht enthält zunächst eine Reihe von Vorschriften, die das Anforderungsprofil für die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat näher ausgestalten und neben (nicht anstatt) den aktienrechtlichen Anforderungen (§§ 100, 105 AktG) zu beachten sind. Im Einzelnen finden sich aufsichtsrechtliche Vorgaben zu Qualifikation, Zuverlässigkeit, zeitlicher Verfügbarkeit, Inkompatibilitäten (Begrenzung der Ämterhäufung) sowie zur Zusammensetzung (Diversität) des Aufsichtsrats. Einen wesentlichen Teil dieser Vorgaben hat der deutsche Gesetzgeber 2009 zunächst aus eigenem Antrieb eingeführt1. Inzwischen sind die betreffenden Regelungen jedoch im Banksektor durch die CRD IV-Richtlinie europarechtlich unterlegt und infolgedessen richtlinienkonform auszulegen. Entsprechendes wird künftig (ab 1.1.2016) auch für das reformierte VAG mit Blick auf die Solvabilität II-Richtlinie gelten2. Im Bereich der Versicherungsaufsicht wird namentlich der von der Europäischen Kommission noch zu erlassenden DurchführungsVO zur Solvabilität II-Richtlinie Bedeutung zukommen, welche die persönlichen Anforderungen näher konkretisieren wird3. Von Bedeutung für die praktische Anwendung der europäischen Vorgaben sind ferner die Leitlinien der europäischen Aufsichtsbehörden EBA und EIOPA, die im Interesse einer möglichst einheitlichen Anwendung des Unionsrechts teilweise sehr detaillierte Auslegungsdirektiven geben4. 1 Gesetz zur Stärkung der Finanzmarkt- und Versicherungsaufsicht (FMVAStärkG) vom 29.7.2009, BGBl. I 2009, 2305. 2 Die einschlägige Vorschrift der Solvabilität II-Richtlinie (Art. 42) richtet sich an alle Personen, die „das Unternehmen tatsächlich leiten oder andere Schlüsselaufgaben innehaben.“ Zu diesem Personenkreis zählen nach zutreffender Auslegung auch die Aufsichtsratsmitglieder; siehe Art. 249 SG1 Abs. 1 lit. c, 263 SG11 Abs. 3 Entwurf DurchführungsVO (Draft Implementing Measures Solvency II vom 31.10.2011) („supervisory body“); EIOPA, Leitlinien zum Governance System vom 31.10.2013 (EIOPA-CP- 13/08 DE), Leitlinie 11; Krauel/Broichhausen, VersR 2012, 823, 824; Leyens/Schmidt, AG 2013, 533, 540; Pohlmann, Düsseldorfer Vorträge zum Versicherungsrecht 2012, S. 29, 37 ff.; einschränkend Dreher/Lange, ZVersWiss 2011, 211, 221 ff. (Anwendung des Art. 42 nur auf Aufsichtsratsmitglieder gruppenangehöriger Unternehmen, arg. Art. 248 Abs. 1 lit d Solvabilität II-Richtlinie); ebenso Grote/Schaaf, VersR 2012, 17, 22; ganz ablehnend Bürkle, ZVersWiss 2012, 493, 506 ff. 3 Art. 50 Abs. 1 lit. c Solvabilität II-Richtlinie. Bisher liegt nur ein Entwurf dieser DurchführungsVO vor (Draft Implementing Measures Solvency II vom 31.10.2011). 4 Im vorliegenden Kontext sind insbesondere zu nennen: EBA, Leitlinien zur Internen Governance (GL 44) vom 27.9.2011; EBA, Leitlinien zur Beurteilung der Eignung von Mitgliedern des Leitungsorgans und von Inhabern von Schlüsselfunk-
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§ 21
Besonderheiten in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen
Diese sind zwar für die nationalen Aufsichtsbehörden rechtlich nicht verbindlich; wollen diese von einer Leitlinie abweichen, müssen sie dies aber offenlegen („comply or explain“)1. 2. Qualifikation a) Sachkunde der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder 1455
aa) § 25d Abs. 1 Satz 1 KWG (§ 36 Abs. 3 Satz 1 KWG a.F.) und § 7a Abs. 4 Satz 1 VAG verlangen zunächst, dass die Aufsichtsratsmitglieder von Kreditinstituten2 und Versicherungsunternehmen3 über die erforderliche Sachkunde verfügen müssen, um ihre Kontrollfunktion ordnungsgemäß wahrnehmen zu können. Die Konkretisierung dieser Anforderung im Einzelfall hängt vom jeweiligen Unternehmen ab, namentlich von Umfang und Komplexität der betriebenen Geschäfte (§ 25d Abs. 1 Satz 2 KWG, § 7a Abs. 4 Satz 2 VAG).
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Inhaltlich bringt das Sachkundeerfordernis nach zumindest bisher herrschendem Verständnis keine strengeren Anforderungen mit sich als diejenigen, die schon nach Aktienrecht gelten4. Vielmehr deckt es sich nach ganz überwiegender Ansicht mit den aktienrechtlichen Mindestanforderungen an Aufsichtsratsmitglieder, die der BGH in der „Hertie“-Entscheidung (BGHZ 85, 293) entwickelt hat5. Danach sind die Aufsichtsratsmitglieder als sachkundig anzusehen, wenn sie diejenigen Mindestkenntnisse und -fähigkeiten besitzen, die erforderlich sind, um die normalerweise anfallenden Geschäftsvorgänge auch ohne fremde Hil-
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tionen vom 22.11.2012 (EBA/GL/2012/06); EIOPA, Leitlinien zum Governance System vom 31.10.2013 (EIOPA-CP-13/08 DE). Art. 16 Abs. 3 EBA-VO (Verordnung [EU] Nr. 1093/2010), § 7b Abs. 1 Satz 4–5 KWG; Art. 16 Abs. 3 EIOPA-VO (Verordnung [EU] Nr. 1094/2010); näher dazu Gurlit, ZHR 177 (2013), 862, 875 ff. In Bezug auf die in der vorigen Fußnote angeführten Leitlinien hat die BaFin keine Abweichung erklärt. Genau genommen erfasst § 25d KWG nicht nur Kreditinstitute (§ 1 Abs. 1 KWG), sondern auch Finanzdienstleistungsinstitute (§ 1 Abs. 1a, Abs. 1b KWG), Finanzholding-Gesellschaften (Art. 4 Abs. 1 Nr. 20 CRR) und gemischte FinanzholdingGesellschaften (Art. 4 Abs. 1 Nr. 21 CRR). Im Folgenden ist vereinfachend nur von Kreditinstituten die Rede. Auch § 7a Abs. 4 VAG erfasst nicht nur Versicherungsunternehmen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 VAG), sondern auch Pensionsfonds (§ 112 Abs. 1 VAG), Versicherungs-Holdinggesellschaften (§ 104a Abs. 2 Nr. 4 VAG) und gemischte Finanzholding-Gesellschaften (§ 104a Abs. 2 Nr. 8 VAG). Über die Bezugnahmen in §§ 121a Abs. 1 Satz 1 und 121g Abs. 2 Satz 1 VAG gilt die Vorschrift überdies für Rückversicherungsunternehmen und Versicherungszweckgesellschaften. Aus Vereinfachungsgründen wird im Folgenden nur von Versicherungsunternehmen gesprochen. Über das Aktienrecht hinaus gehen aber die Rechtsfolgen von Verstößen; siehe unten Rn. 1485 zur Möglichkeit des Abberufungsverlangens durch die BaFin. Brandi/Giebeler, NZG 2012, 1321, 1325, 1326; Bürkle, ZVersWiss 2012, 493, 505; Dreher, ZGR 2010, 496, 511 f.; Dreher/Lange, ZVersWiss 2011, 211, 215 f.; Kocher/Lönner, ZCG 2010, 273, 275; Lang/Balzer, WM 2012, 1167, 1172; Langenbucher in Hölscher/Altenhain, Handbuch Aufsichts- und Verwaltungsräte in Kreditinstituten, S. 3, 11 f.; einschränkend Berger, VersR 2010, 422, 423.
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§ 21
fe verstehen und sachgerecht beurteilen zu können1. Die Aufsichtsratsmitglieder einer Bank oder einer Versicherung müssen somit jedenfalls über ein grundlegendes Verständnis des Bank- bzw. Versicherungsgeschäfts einschließlich der wesentlichen regulatorischen Anforderungen verfügen und in der Lage sein, das Geschäftsmodell des Unternehmens zumindest in den Grundstrukturen zu verstehen2. Da insbesondere die regulatorischen Anforderungen immer komplexer werden, steigt folglich auch die geforderte Mindestqualifikation3. Sachkunde ist aber nicht gleichzusetzen mit „fachlicher Eignung“, wie sie von den Geschäftsleitern im Sinne des § 1 Abs. 2 KWG, in der AG also von den Vorstandsmitgliedern, der aufsichtsunterworfenen Unternehmen verlangt wird (§ 25c Abs. 1 KWG, § 7a Abs. 1 Satz 1–3 VAG). Die fachliche Eignung setzt insbesondere Leitungserfahrung voraus (§ 25c Abs. 1 Satz 2 KWG, § 7a Abs. 1 Satz 2 VAG); diese muss bei Aufsichtsratsmitgliedern nicht gegeben sein4. Auch im Rahmen der bevorstehenden Änderung des VAG (Rn. 1452) soll sich daran in der Sache nichts ändern5.
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Dem Willen des deutschen Gesetzgebers und der in einem Merkblatt der BaFin niedergelegten Verwaltungspraxis entspricht es ferner, dass die Sachkunde nicht unbedingt eine Vorbeschäftigung in der Bank- oder Versicherungsbranche voraussetzt, sondern auch auf einer branchenfremden Vortätigkeit in der Industrie oder der öffentlichen Verwaltung beruhen kann6. Die BaFin verlangt in diesem Fall, dass die Tätigkeit über einen längeren Zeitraum maßgeblich auf wirtschaftliche und rechtliche Fragestellungen ausgerichtet war7.
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1 BGH v. 15.11.1982 – II ZR 27/82, BGHZ 85, 293, 295 f. = AG 1983, 133; siehe oben Rn. 28. 2 Näher für Versicherungsunternehmen Dreher/Lange, ZVersWiss 2011, 211, 214, 216 und insbesondere 225: „Dazu gehören etwa ein Grundverständnis der Versicherungstechnik, der Rechnungslegung und Bilanzierung, der Kapitalanlage, der Grundstrukturen des Risikomanagements, der Personalführung sowie der rechtlichen Rahmenbedingungen des Versicherungsgeschäfts.“ 3 Pohlmann, Düsseldorfer Vorträge zum Versicherungsrecht 2012, S. 29, 71. 4 Von der Forderung, auch Aufsichtsratsmitglieder müssten fachliche Eignung einschließlich Leitungserfahrung aufweisen, ist man im Gesetzgebungsverfahren zum FMVAStärkG bewusst abgerückt; näher Dreher, ZGR 2010, 496, 509 ff.; ferner Leyens/Schmidt, AG 2013, 533, 540. 5 Vgl. Begr. RegE Solvabilität-II-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 17/9342, S. 146 („keine geänderten Anforderungen“); Leyens/Schmidt, AG 2013, 533, 540; Louven/Raapke, VersR 2012, 257, 260. § 25 VAG-E ist insoweit allerdings irreführend formuliert; kritisch Bürkle, ZVersWiss 2012, 493, 510 ff. 6 Bericht des Finanzausschusses zum FMVAStärkG, BT-Drucks. 16/13684, S. 29 f. (zu § 36 Abs. 3 KWG a.F.); BaFin, Merkblatt zur Kontrolle der Mitglieder von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und VAG vom 3.12.2012, unter I. Zur Rechtsnatur der BaFin-Merkblätter und -Rundschreiben Gurlit, ZHR 177 (2013), 862, 897 m.w.N.: für die Gerichte unverbindliche norminterpretierende Verwaltungsvorschriften. 7 BaFin, Merkblatt zur Kontrolle der Mitglieder von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und VAG vom 3.12.2012, unter I.
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Da das Sachkundeerfordernis inzwischen europarechtlich determiniert ist (Art. 91 Abs. 1 CRD IV-Richtlinie1) bzw. sein wird (Art. 42 Abs. 1 lit. a Solvabilität II-Richtlinie2), bleibt allerdings abzuwarten, ob sich auf europäischer Ebene eine strengere Auslegung durchsetzen wird. Der deutsche Umsetzungsgesetzgeber geht davon aus, dass der tradierte „Hertie“-Standard beibehalten werden kann3. In der Tat enthalten weder der recht allgemein gehaltene Wortlaut der Richtlinienbestimmungen noch der Entwurf der DurchführungsVO zur Solvabilität II-Richtlinie4 klare Anhaltspunkte dafür, dass die genannten Grundsätze aufgegeben werden müssen. In mindestens einer Hinsicht allerdings muss die bisherige Verwaltungspraxis in Deutschland auf jeden Fall korrigiert werden: Die BaFin verzichtet bisher darauf, die Sachkunde bereits bei Amtsantritt zu verlangen; stattdessen hält sie eine sechsmonatige Einarbeitungs- und Qualifizierungsphase für zulässig5. Diese sehr großzügige und schon bisher unter teleologischen und haftungsrechtlichen Gesichtspunkten fragwürdige Auslegung lässt sich mit den europarechtlichen Vorgaben nicht vereinbaren6. Art. 91 Abs. 1 CRD-IV-Richtlinie und Art. 42 Abs. 1 Solvabilität-II-Richtlinie verlangen ausdrücklich, dass die Organwalter „all1 Art. 91 Abs. 1 CRD IV-Richtlinie lautet: „Die Mitglieder des Leitungsorgans müssen allzeit (…) ausreichende Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrung für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben besitzen.“ Zu den Mitgliedern des „Leitungsorgans“ im Sinne der Richtlinie gehören im dualistischen System nach der Definition des Art. 3 Abs. 1 Nr. 7 und Erwägungsgrund 56 CRD IV-Richtlinie auch die Aufsichtsratsmitglieder. 2 Art. 42 Abs. 1 lit. a Solvabilität II-Richtlinie verlangt für Geschäftsleiter und Inhaber von Schlüsselaufgaben „[ausreichende] Berufsqualifikationen, Kenntnisse und Erfahrungen (…), um ein solides und vorsichtiges Management zu gewährleisten.“ Zur Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf Aufsichtsratsmitglieder siehe oben Rn. 1454 m.z.N. 3 Vgl. Begr. RegE CRD-IV-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 17/10974, S. 87 (mit Bezugnahme auf BGHZ 85, 293); Begr. RegE 10. VAGÄndG, BT-Drucks. 17/9342, S. 146 („keine geänderten Anforderungen“); strenger dagegen Dreher/Lange, ZVersWiss 2011, 211, 220 f. 4 Art. 263 SG11 Abs. 2 Entwurf DurchführungsVO (Draft Implementing Measures Solvency II vom 31.10.2011): „The assessment of whether a person is ‚fit’ shall include an assessment of the person’s professional and formal qualifications, knowledge and relevant experience within the insurance sector, other financial sectors or other businesses and shall take account of the respective duties allocated to that person and, where relevant, the insurance, financial, accounting, actuarial and management skill of that person.“ Siehe dazu auch Dreher, VersR 2012, 1061, 1063. 5 BaFin, Merkblatt zur Kontrolle der Mitglieder von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und VAG vom 3.12.2012, unter I. 1c); in dieselbe Richtung Bericht des Finanzausschusses zum FMVAStärkG, BT-Drucks. 16/13684, S. 29; ansatzweise auch BGH v. 15.11.1982 – II ZR 27/82, BGHZ 85, 293, 295 f. = AG 1983, 133 (Hertie) („Mindestkenntnisse und -fähigkeiten besitzen oder sich aneignen muss“; siehe dazu oben Rn. 28); überwiegend kritisch dazu aber das gesellschaftsrechtliche Schrifttum, siehe Kocher/Lönner, ZCG 2010, 273, 275 f. m.z.N. 6 Ebenfalls ablehnend daher Bürkle, ZVersWiss 2012, 493, 514; Leyens/Schmidt, AG 2013, 533, 540; Pohlmann, Düsseldorfer Vorträge zum Versicherungsrecht
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Anforderungsprofil für die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat
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zeit“/„jederzeit“, d.h. auch schon bei Amtsantritt, ausreichend qualifiziert sein müssen. bb) An die Aufsichtsratsmitglieder, die einem Ausschuss angehören, stellt das KWG (anders als das VAG) explizit besondere Anforderungen. Die Ausschussmitglieder müssen die zur Erfüllung der jeweiligen Ausschussaufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitzen (§ 25d Abs. 7 Satz 3 KWG). So müssen etwa die Mitglieder des Risikoausschusses, der in Kreditinstituten grundsätzlich zu bilden ist1, in der Lage sein, Risikostrategie und Risikobereitschaft des Unternehmens vollständig zu erfassen und zu überwachen2.
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Für den Prüfungsausschuss (Rn. 1508, 1513 ff.) von Kreditinstituten wird ferner verlangt, dass zumindest der Ausschussvorsitzende über Sachverstand auf den Gebieten Rechnungslegung und Abschlussprüfung verfügen muss (§ 25d Abs. 9 Satz 3 KWG). Zur Konkretisierung des geforderten Sachverstands dieses „financial expert“ kann an die zu § 100 Abs. 5 AktG anerkannten Grundsätze angeknüpft werden3. Anders als diese Vorschrift gilt § 25d Abs. 9 Satz 3 KWG aber nicht nur für kapitalmarktorientierte Gesellschaften im Sinne des § 264d HGB. Zudem muss der geforderte Sachverstand abweichend von § 107 Abs. 4 AktG nicht nur in der Person irgendeines Mitglieds des Prüfungsausschusses gegeben sein, sondern gerade in der Person des Ausschussvorsitzenden4. Im Vergütungskontrollausschuss (Rn. 1508, 1516 ff.) muss zudem mindestens ein Mitglied über Sachverstand und Berufserfahrung im Bereich Risikomanagement und -controlling verfügen, insbesondere im Hinblick auf die Ausrichtung der Vergütungssysteme (§ 25d Abs. 12 Satz 3 KWG). Dem Aufsichtsrat von Kreditinstituten muss mit anderen Worten neben dem financial expert auch noch ein Vergütungs- und Risikoexperte angehören.
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2012, S. 29, 68, 71; aus anderen Gründen auch Dreher/Lange, ZVersWiss 2011, 211, 219. § 25d Abs. 7–8 KWG. Näher zu den vier Pflichtausschüssen in Kreditinstituten (Risiko-, Prüfungs-, Nominierungs-, Vergütungskontrollausschuss) unten Rn. 1508 ff. Vgl. Art. 76 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 2 CRD IV-Richtlinie. Zu den Anforderungen an die Mitglieder des Risikoausschusses auch Velte/Buchholz, ZBB 2013, 400, 402. Begr. RegE CRD IV-Umsetzungsgesetz BT-Drucks. 17/10974, S. 88. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass § 100 Abs. 5 AktG im Unterschied zu § 25d Abs. 9 Satz 3 KWG nur Sachverstand in Rechnungslegung „oder“ Abschlussprüfung verlangt. Zu der in §§ 100 Abs. 5, 107 Abs. 4 AktG ebenfalls geforderten Unabhängigkeit schweigt § 25d Abs. 9 Satz 3 KWG hingegen. Insoweit bleibt es bei der Vorgabe, dass in kapitalmarktorientierten Gesellschaften irgendein Prüfungsausschussmitglied sachverständig und unabhängig sein muss; Langenbucher, ZHR 176 (2012), 652, 658 f. Ziff. 5.3.2 Satz 3 DCGK empfiehlt allerdings Unabhängigkeit des Vorsitzenden; ebenso EBA, Leitlinien zur Internen Governance (GL 44) vom 27.9.2011, Nr. 14 Tz. 10.
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Besonderheiten in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen
b) Gesamtqualifikation des Aufsichtsrats 1462
Die Aufsichtsratsmitglieder müssen aber nicht nur jeweils für sich genommen sachkundig sein. Der Aufsichtsrat eines Kreditinstituts muss vielmehr nach § 25d Abs. 2 Satz 1 KWG auch in seiner Gesamtheit die Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen haben, die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Kontrollfunktion notwendig sind (Gesamtqualifikation des Aufsichtsrats)1. Die EBA soll bis zum 31.12.2015 Leitlinien vorlegen, die das Konzept der Gesamtqualifikation konkretisieren (Art. 91 Abs. 12 Unterabs. 1 lit. b CRD-IV-Richtlinie). Schon jetzt ist freilich klar, dass sich die Gesamtqualifikation nicht schon daraus ergibt, dass alle Mitglieder die individuelle Mindestqualifikation (Sachkunde) erfüllen; bei diesem Verständnis wäre die Vorgabe redundant. Gemeint ist stattdessen, dass im Aufsichtsrat unterschiedliche fachliche Qualifikationen repräsentiert sein müssen, damit sich die über die Mindestqualifikation hinausgehenden Spezialkenntnisse der einzelnen Mitglieder sinnvoll ergänzen2. So wird man z.B. nicht von jedem Aufsichtsratsmitglied Spezialkenntnisse im Bereich des Risikomanagements erwarten können. Die zentrale Bedeutung des Risikomanagements, das in Kreditinstituten wesentlich detaillierteren und strengeren Anforderungen unterliegt (§ 25a KWG) als im Aktienrecht (§ 91 Abs. 2 AktG), verlangt aber danach, dass wenigstens bei einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern diese Spezialkenntnisse vorhanden sind3. Dem trägt das Erfordernis der Gesamtqualifikation des Aufsichtsrats Rechnung.
1463
Für Versicherungsunternehmen fehlt es bisher an einer vergleichbaren Vorschrift4. Jedoch sieht der Entwurf der DurchführungsVO zur Solvabilität II-Richtlinie das Erfordernis der Gesamtqualifikation des Aufsichtsrats ausdrücklich vor5, und die EIOPA-Leitlinien bemühen sich um eine Präzisierung6. 1 Vgl. Art. 91 Abs. 7 CRD-IV-Richtlinie. Ergänzend heißt es in Art. 91 Abs. 1 Satz 2 CRD-IV-Richtlinie, dass die Zusammensetzung des Organs insgesamt „ein angemessen breites Spektrum an Erfahrung“ widerspiegeln muss. 2 Ausführlich dazu Dreher in FS Hoffmann-Becking, S. 313, 315 ff. 3 Dreher, ZGR 2010, 496, 513; siehe auch Apfelbacher/Metzner, AG 2013, 773, 776 mit weiteren Beispielen. 4 Ein in diese Richtung gehender Vorschlag des Bundesrats im Gesetzgebungsverfahren zum FMVAStärkG (BT-Drucks. 16/13113, S. 2) ist nicht Gesetz geworden; dazu Dreher in FS Hoffmann-Becking, S. 313, 327. 5 Art. 249 SG1 Abs. 1 lit. c Entwurf DurchführungsVO (Draft Implementing Measures Solvency II vom 31.10.2011): „Insurance and reinsurance undertakings shall: ensure that the members of the administrative body, management body and supervisory body collectively possess the necessary qualifications, competency, skills and professional experience in the relevant areas of the business in order to effectively manage and oversee the insurance undertaking in a professional manner.“ Ferner Art. 263 SG11 Abs. 3 Entwurf DurchführungsVO („appropriate diversity of qualifications, knowledge and relevant experience“). 6 EIOPA, Leitlinien zum Governance System vom 31.10.2013 (EIOPA-CP-13/08 DE), Leitlinie 11 nennt fünf Bereiche, auf die sich die Gesamtqualifikation des Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgans mindestens beziehen muss:
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Anforderungsprofil für die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat
§ 21
Unabhängig davon lässt sich nach zutreffender Ansicht auch schon aus dem Aktienrecht das Gebot einer hinreichenden Gesamtqualifikation des Aufsichtsrats ableiten, da dieser sonst die ihm vom AktG zugewiesenen Kontroll- und Beratungsaufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllen könnte1. Die Aufsichtsratsmitglieder sind daher schon aufgrund ihrer allgemeinen Sorgfaltspflicht (§§ 116, 93 Abs. 1 AktG) gehalten, im Rahmen von Beschlussvorschlägen für die Wahl neuer Aufsichtsratsmitglieder (§ 124 Abs. 3 Satz 1 AktG) dieser Anforderung Rechnung zu tragen2. Von diesem Verständnis geht ersichtlich auch Ziff. 5.4.1 Satz 1 DCGK aus3.
1464
c) Fortbildung aa) Die Aufsichtsratsmitglieder müssen nicht nur bei ihrer Bestellung sachkundig sein, sondern sich auch während ihrer Amtszeit weiter fortbilden, um ihre Sachkunde „allzeit“ (Rn. 1459) aufrechtzuerhalten4. In diesem Zusammenhang bestimmt § 25d Abs. 4 KWG, dass die Kreditinstitute angemessene personelle und finanzielle Ressourcen einsetzen müssen, um den Aufsichtsratsmitgliedern die Einführung in ihr Amt zu erleichtern und die Fortbildung zu ermöglichen, die zur Aufrechterhaltung der Sachkunde notwendig ist5. Auch diese Vorgabe beruht auf der CRD IV-Richtlinie (Art. 91 Abs. 9); auch insoweit ist die EBA aufgerufen, bis zum 31.12.2015 präzisierende Leitlinien vorzulegen (Art. 91 Abs. 12 Unterabs. 1 lit. d CRD-IV-Richtlinie).
1465
Um seiner Fortbildungsverantwortung gerecht zu werden, muss das Kreditinstitut entweder selbst auf eigene Kosten interne Schulungen für die Aufsichtsratsmitglieder durchführen oder diesen ermöglichen, auf Rechnung des Instituts an öffentlich zugänglichen externen Seminaren teilzunehmen. Diese Verpflichtung des Instituts steht zwar nach dem Gesetzeswortlaut unter dem Vorbehalt der Angemessenheit des Aufwands. Jedoch bezieht sich die Vorgabe des § 25d Abs. 4 KWG ohnehin nur auf
1466
1 2 3
4
5
(1) Versicherungs- und Finanzmärkte, (2) Geschäftsstrategie und Geschäftsmodell, (3) Governance-System, (4) Finanzanalyse und versicherungsmathematische Analyse, (5) regulatorischer Rahmen und regulatorische Anforderungen. Dreher in FS Hoffmann-Becking, S. 313, 316. Dreher in FS Hoffmann-Becking, S. 313, 323 f.; vgl. auch Habersack, MünchKomm. AktG, § 101 Rn. 17 f. Ziff. 5.4.1. Satz 1 DCGK lautet: „Der Aufsichtsrat ist so zusammenzusetzen, dass seine Mitglieder insgesamt über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrung verfügen.“ Siehe dazu bereits oben Rn. 24. Vgl. BaFin, Merkblatt zur Kontrolle der Mitglieder von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und VAG vom 3.12.2012, unter I. 1d). Diese Fortbildungspflicht der Aufsichtsratsmitglieder ergibt sich auch schon aus der aktienrechtlichen Sorgfaltspflicht (§§ 116, 93 Abs. 1 AktG); Leyendecker-Langner/ Huthmacher, NZG 2012, 1415, 1416 ff.; Merkelbach, Der Konzern 2012, 227, 231. Sie wird in Ziff. 5.4.5 Abs. 2 DCGK vorausgesetzt. Eine entsprechende Regelung für die Fortbildung der Geschäftsleiter (Vorstandsmitglieder) findet sich in § 25c Abs. 4 KWG.
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§ 21
Besonderheiten in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen
Fortbildungsmaßnahmen, die zur Aufrechterhaltung der Sachkunde, mithin der gesetzlich vorausgesetzten Mindestqualifikation, notwendig sind1. Der darauf verwendete Aufwand wird stets auch angemessen sein, solange sich nur die Modalitäten der Fortbildungsveranstaltung (Unterbringung und Verpflegung der Teilnehmer etc.) im üblichen Rahmen halten2. 1467
Dass das Institut auch für Fortbildungen zur Aufrechterhaltung der Mindestqualifikation aufkommen muss, bedeutet eine Abweichung von der aktienrechtlichen Rechtslage. Im Aktienrecht geht man zwar davon aus, dass die Gesellschaft die Kosten für von ihr angebotene Schulungen den Aufsichtsratsmitgliedern nicht in Rechnung zu stellen braucht, auch nicht, wenn zur Erhaltung der Mindestqualifikation erforderliche Kenntnisse vermittelt werden3. Bietet die Gesellschaft aber von sich aus keine derartigen Veranstaltungen an und nimmt ein Aufsichtsratsmitglied daher an einer externen Fortbildung teil, so soll das Mitglied dafür nach bisher herrschender Ansicht im aktienrechtlichen Schrifttum keine Kostenerstattung beanspruchen können, soweit die Fortbildung nur der Aufrechterhaltung der Mindestqualifikation dient; denn diese Qualifikation schulde das Aufsichtsratsmitglied ohnehin4. Für Kreditinstitute ist diese Frage nunmehr durch § 25d Abs. 4 KWG im gegenteiligen Sinn entschieden. Mag diese aufsichtsrechtliche Vorschrift auch für sich allein keinen zivilrechtlichen Erstattungsanspruch des Aufsichtsratsmitglieds begründen5, so muss das Kreditinstitut doch im Ergebnis die Kosten übernehmen, um seinen öffentlich-rechtlichen Pflichten nachzukommen.
1468
Auch wenn § 25d Abs. 4 KWG nur die zur Aufrechterhaltung der Mindestqualifikation (Sachkunde) notwendigen Fortbildungsmaßnahmen erwähnt, sind die Kreditinstitute selbstverständlich nicht gehindert, den 1 Dieser enge Wortlaut des § 25d Abs. 4 KWG ist aus unionsrechtlicher Sicht allerdings nicht unbedenklich, da Art. 91 Abs. 9 CRD IV-Richtlinie keine vergleichbare Einschränkung enthält. 2 Vgl. zur Angemessenheit von Fortbildungsveranstaltungen (im aktienrechtlichen Kontext) auch Leyendecker-Langner/Huthmacher, NZG 2012, 1415, 1417. 3 Eine Vergütung i.S. des § 113 AktG liegt in dem kostenfreien Angebot derartiger Fortbildungsveranstaltungen nicht; Habersack, MünchKomm. AktG, § 113 Rn. 24; Kocher/Lönner, ZCG 2010, 273, 277; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 113 Rn. 12. 4 Habersack, MünchKomm. AktG, § 113 Rn. 24; Hüffer, Komm. AktG, § 113 Rn. 2c; Fonk, NZG 2009, 761, 769; ferner oben Rn. 846 m.w.N. (dort auch zu Ziff. 5.4.5 Abs. 2 DCGK). Für weitergehende Kostenerstattung hingegen Leyendecker-Langner/Huthmacher, NZG 2012, 1415, 1416 f. (Differenzierung zwischen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen); kritisch gegenüber der h.M. auch Opitz, BKR 2013, 177, 183; reserviert ferner Kocher/Lönner, ZCG 2010, 273, 277 (u.a. mit dem zutr. Hinweis, dass eine exakte Eingrenzung des Bereichs der Mindestqualifikation schwerfällt). 5 Ein solcher könnte sich allenfalls aus § 670 BGB analog ergeben (mit dem Argument, dass das Aufsichtsratsmitglied die getätigten Ausgaben mit Blick auf § 25d Abs. 4 KWG für erforderlich halten durfte).
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Anforderungsprofil für die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat
§ 21
Aufsichtsratsmitgliedern über die Mindestqualifikation hinausgehende Schulungen anzubieten. Ebenso wenig darf aus § 25d Abs. 4 KWG der Umkehrschluss gezogen werden, dass einem Aufsichtsratsmitglied, dass an einer externen, über die Mindestqualifikation hinausgehenden Fortbildungsveranstaltung teilnimmt, eine Kostenerstattung verwehrt wäre. Vielmehr gelten insoweit die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze; danach besteht ein Erstattungsanspruch analog § 670 BGB, sofern die Fortbildung bei Abwägung mit den damit verbundenen Kosten im Gesellschaftsinteresse lag (Rn. 846). Nicht ausdrücklich geregelt ist die Frage, wer innerhalb der AG über die Durchführung interner Schulungen für die Aufsichtsratsmitglieder und über die Kostenerstattung für die Teilnahme derselben an externen Fortbildungen entscheidet. Nach zutreffender Ansicht liegt diese Entscheidungszuständigkeit nicht beim Vorstand1, sondern beim Aufsichtsrat2. Entschiede man anders, würde dem Vorstand mittelbar Einfluss auf die Qualität der Arbeit des ihn kontrollierenden Organs zugestanden; dies liefe der Kontrollfunktion des Aufsichtsrats zuwider. Aus demselben Grund wird man den Aufsichtsrat auch als vertretungsbefugt ansehen dürfen, Verträge mit Anbietern von Fortbildungsveranstaltungen namens der Gesellschaft abzuschließen3; der Vertragsschluss erfolgt dann durch den Aufsichtsratsvorsitzenden als Repräsentant des Aufsichtsrats (Rn. 682). Um eine Kontrolle durch die Aktionäre zu gewährleisten, sollte der Aufsichtsrat in seinem Bericht an die Hauptversammlung (§ 171 Abs. 2 AktG) angeben, ob und inwieweit Fortbildungsmaßnahmen auf Kosten der Gesellschaft durchgeführt wurden4.
1469
bb) Für Versicherungsunternehmen fehlt es an einer dem § 25d Abs. 4 KWG vergleichbaren Regelung. Auch der Regierungsentwurf des 10. VAGÄndG enthält keine entsprechende Vorschrift. Hier bleibt es daher bis auf weiteres bei den allgemeinen aktienrechtlichen Grundsätzen.
1470
1 So aber Bosse/Malchow, NZG 2010, 972, 974; für die Kostenerstattung auch Hoffmann-Becking, ZGR 2011, 136, 142; differenzierend Wagner in Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, § 11 Rn. 85 ff. 2 Leyendecker-Langner/Huthmacher, NZG 2012, 1415, 1418 f.; Merkelbach, Der Konzern 2012, 227, 231 f.; für die Kostenerstattung auch Habersack, MünchKomm. AktG, § 113 Rn. 26; Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 113 Rn. 26; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 113 Rn. 13. 3 Leyendecker-Langner/Huthmacher, NZG 2012, 1415, 1418 f.; Merkelbach, Der Konzern 2012, 227, 231 f. 4 Für eine entsprechende Rechtspflicht Leyendecker-Langner/Huthmacher, NZG 2012, 1415, 1419, die sich zudem für eine Anzeigeobliegenheit des Aufsichtsrats gegenüber dem Vorstand aussprechen.
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§ 21
Besonderheiten in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen
3. Zuverlässigkeit 1471
Die Aufsichtsratsmitglieder müssen nicht nur sachkundig, sondern auch zuverlässig sein (§ 25d Abs. 1 Satz 1 KWG, § 7a Abs. 4 Satz 1 VAG)1. Daran fehlt es, wenn persönliche Umstände die Annahme rechtfertigen, dass die ordnungsgemäße Wahrnehmung des Kontrollmandats gefährdet ist2. Diese Besorgnis kann sich namentlich aus früherem Fehlverhalten des Mitglieds (erhebliche Pflichtverletzungen, u.U. sogar Verwicklung in Straftaten) ergeben3. Auch laufende Untersuchungen sollen bei dieser Prüfung zu berücksichtigen sein4. Voraussetzung ist freilich stets, dass es um ein für den Aufsichtszweck relevantes Fehlverhalten geht5. Bedroht ist die Zuverlässigkeit ferner, wenn sich die betreffende Person in existentiellen finanziellen Schwierigkeiten befindet6.
1472
Zu den Umständen, die die Zuverlässigkeit beeinträchtigen können, zählen nach Ansicht der BaFin auch Interessenkonflikte, die sich aus Geschäftsbeziehungen des Aufsichtsratsmitglieds oder einer diesem nahestehenden Person zu dem beaufsichtigten Unternehmen ergeben7. Die Einzelheiten hierzu sind allerdings noch wenig geklärt8. Die BaFin nennt als Beispiel Fälle, in denen das Mitglied selbst als Finanzanlagen- oder 1 Vgl. Art. 91 Abs. 1 CRD-IV-Richtlinie („ausreichend gut beleumundet“); Art. 42 Abs. 1 lit. b Sovabilität-II-Richtlinie („zuverlässig und integer“). 2 BaFin, Merkblatt zur Kontrolle der Mitglieder von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und VAG vom 3.12.2012, unter I. 2. 3 Detailliert dazu für die Bankenaufsicht EBA, Leitlinien zur Beurteilung der Eignung von Mitgliedern des Leitungsorgans und von Inhabern von Schlüsselfunktionen (EBA/GL/2012/06) vom 22.11.2012, Nr. 13; für die Versicherungsaufsicht Erwägungsgrund 99 und Art. 263 SG11 Abs. 4 Entwurf DurchführungsVO (Draft Implementing Measures Solvency II vom 31.10.2011); EIOPA, Leitlinien zum Governance System vom 31.10.2013 (EIOPA-CP-13/08 DE), Leitlinie 12 nebst Erläuterungen im EIOPA Final Report on Public Consultation No. 13/008 (EIOPA/13/413) vom 27.9.2013; eingehend Dreher, VersR 2012, 1061, 1067 ff. 4 EBA, Leitlinien zur Beurteilung der Eignung von Mitgliedern des Leitungsorgans und von Inhabern von Schlüsselfunktionen (EBA/GL/2012/06) vom 22.11.2012, Nr. 13.5 lit. c; EIOPA, Final Report on Public Consultation No. 13/008 (EIOPA/13/413) vom 27.9.2013, Nr. 5.35-36; kritisch Dreher, VersR 2012, 1061, 1067. 5 Dreher, VersR 2012, 1061, 1067. 6 Vgl. EBA, Leitlinien zur Beurteilung der Eignung von Mitgliedern des Leitungsorgans und von Inhabern von Schlüsselfunktionen (EBA/GL/2012/06) vom 22.11.2012, Nr. 13.7. 7 BaFin, Merkblatt zur Kontrolle der Mitglieder von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und VAG vom 3.12.2012, unter I. 2.; vgl. auch EBA, Leitlinien zur Beurteilung der Eignung von Mitgliedern des Leitungsorgans und von Inhabern von Schlüsselfunktionen (EBA/GL/2012/06) vom 22.11.2012, Nr. 15.1; EIOPA, Final Report on Public Consultation No. 13/008 (EIOPA/13/413) vom 27.9.2013, Nr. 5.38; zurückhaltend Langenbucher in Hölscher/Altenhain, Handbuch Aufsichts- und Verwaltungsräte in Kreditinstituten, S. 3, 12 f. 8 Ebenso Langenbucher in Hölscher/Altenhain, Handbuch Aufsichts- und Verwaltungsräte in Kreditinstituten, S. 3, 12 („wissenschaftlich noch nicht hinreichend ausgeleuchtet“). Siehe noch unten Rn. 1482 (zur Unabhängigkeit).
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Anforderungsprofil für die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat
§ 21
Versicherungsvermittler Bank- oder Versicherungsprodukte des zu beaufsichtigenden Unternehmens vermittelt oder selbst ausfallgefährdeter Kreditnehmer des zu beaufsichtigenden Unternehmens ist (oder für ein Unternehmen arbeitet, das in dieser Weise betroffen ist)1. 4. Zeitliche Verfügbarkeit Für Kreditinstitute stellt das Gesetz zusätzlich klar, dass die Aufsichtsratsmitglieder der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ausreichend Zeit widmen müssen (§ 25d Abs. 1 Satz 1 KWG)2. Für Versicherungsunternehmen fehlt eine entsprechende Klarstellung; die BaFin liest aber die zeitliche Verfügbarkeit in die Zuverlässigkeit (§ 7a Abs. 4 Satz 1 VAG) hinein3. Im Übrigen folgt diese Anforderung selbstverständlich auch schon aus der aktienrechtlichen Sorgfaltspflicht der Aufsichtsratsmitglieder (§§ 116, 93 Abs. 1 AktG; vgl. auch Ziff. 5.4.5 Satz 1 DCGK).
1473
Wie die „ausreichende Zeit“ zu bestimmen ist, soll für die Organwalter von Kreditinstituten künftig durch Leitlinien der EBA konkretisiert werden (Art. 91 Abs. 12 Unterabs. 1 lit. a CRD IV-Richtlinie). Schon aus der genannten Richtlinienbestimmung ergibt sich aber, dass das geforderte zeitliche Engagement stets von den Umständen des Einzelfalls sowie Art, Umfang und Komplexität der Geschäfte des Instituts abhängt. Zu den relevanten Umständen des Einzelfalls zählt auch die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft, da sich in Krisenzeiten die Überwachungspflicht des Aufsichtsrats intensiviert4. Zudem wird man an den Vorsitzenden des Aufsichtsrats, seinen Stellvertreter sowie die Vorsitzenden und Mitglieder wichtiger Ausschüsse höhere zeitliche Anforderungen stellen als an einfache Aufsichtsratsmitglieder5; dieser erhöhte Zeitaufwand spiegelt sich gewöhnlich auch in einer entsprechend abgestuften Vergütung (vgl. Ziff. 5.4.6 Abs. 1 Satz 2 DCGK). Einen weiteren Anhaltspunkt für die Konkretisierung der zeitlichen Anforderungen bilden die Vorschriften über die Begrenzung der Ämterhäufung. Diese fallen im Aufsichtsrecht strenger aus als im Aktienrecht, wie sich etwa an dem Vergleich zwischen § 25d Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 KWG, § 7a Abs. 4 Satz 4 VAG (max. vier bzw. fünf Aufsichtsratsmandate) und § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AktG (max. zehn Aufsichtsratsmandate) zeigt. Dennoch lassen die angeführten Vorschriften erkennen, dass das Aufsichtsratsmandat auch in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen vom Gesetzgeber weiterhin nicht als Vollzeittätigkeit, sondern als (freilich zeitintensives) Nebenamt kon-
1474
1 BaFin, Merkblatt zur Kontrolle der Mitglieder von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und VAG vom 3.12.2012, unter I. 2. 2 Vgl. Art. 91 Abs. 2 CRD IV-Richtlinie. 3 BaFin, Merkblatt zur Kontrolle der Mitglieder von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und VAG vom 3.12.2012, unter I. 2. 4 Siehe aus dem aktienrechtlichen Schrifttum etwa Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 116 Rn. 17. 5 Apfelbacher/Metzner, AG 2013, 773, 775 mit Fn. 15.
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§ 21
Besonderheiten in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen
zipiert ist. Allerdings besteht zunehmend ein Spannungsverhältnis zwischen diesem gesetzlichen Leitbild und den gewachsenen inhaltlichen Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder. Für den Aufsichtsratsvorsitzenden eines großen Kreditinstituts wurde der Zeitaufwand vor wenigen Jahren auf annäherungsweise 100 Tage pro Jahr beziffert1; heute wird dieser Aufwand noch höher zu veranschlagen sein2. 5. Inkompatibilität, unzulässige Ämterhäufung 1475
Auch die aktienrechtlichen Vorschriften zur Inkompatibilität und zur Beschränkung der Ämterhäufung (§ 100 Abs. 2 AktG) werden durch strengere aufsichtsrechtliche Vorgaben ergänzt. Für Kreditinstitute ergeben sich diese aus § 25d Abs. 3 KWG3, für Versicherungsunternehmen aus § 7a Abs. 4 Satz 3–4 VAG.
1476
Für Institute im Sinne des KWG bestimmt zunächst § 25d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KWG, dass kein Aufsichtsratsmitglied zugleich Geschäftsleiter (Vorstandsmitglied) desselben Instituts sein darf. Für Institute in der Rechtsform der AG ergibt sich diese Inkompatibilität bereits aus § 105 Abs. 1 AktG4. Eine Verschärfung bewirkt jene Vorgabe daher allenfalls insofern, als sie bei strikter Anwendung wohl auch der temporären Abordnung eines Aufsichtsratsmitglieds in den Vorstand nach § 105 Abs. 2 AktG entgegensteht5. Verschärfungen im Vergleich zum Aktienrecht bringen aber vor allem die Regelungen des § 25d Abs. 3 Satz 1 Nr. 2–4 KWG mit sich: – Nach Satz 1 Nr. 2 dürfen dem Aufsichtsrat maximal zwei ehemalige Vorstandsmitglieder angehören6. Im Aktienrecht gibt es hierfür lediglich eine unverbindliche Empfehlung in Ziff. 5.4.2 Satz 3 DCGK. In börsennotierten Gesellschaften ist beim Wechsel vom Vorstand in den
1 Breuer in Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch Corporate Governance von Banken, S. 516, 525; vgl. auch (nicht speziell für Kreditinstitute) Lutter in Allmendinger/Dorn/Lang/Lumpp/Steffek, Corporate Governance nach der Finanz- und Wirtschaftskrise, S. 140, 150: zwei bis drei Monate pro Jahr für den Aufsichtsratsvorsitz in größeren Unternehmen. 2 Dezidiert Börsig/Löbbe in FS Hoffmann-Becking, S. 125, 145: Aufsichtsratsvorsitz in größeren börsennotierten Unternehmen heute ein „Fulltime-Job“. 3 Beachte dazu die eigene Übergangsvorschrift des § 64r Abs. 14 KWG (vgl. Art. 91 Abs. 3 CRD IV-Richtlinie): Altmandate aus der Zeit vor dem 1.1.2014 genießen danach Bestandsschutz; in potenziell systemgefährdenden Instituten entfällt dieser Bestandsschutz jedoch ab 1.7.2014. 4 Für die dualistische SE folgt dasselbe aus Art. 39 Abs. 3 Satz 1 SE-VO. Bedeutung hat die Vorgabe aber für den Verwaltungsrat der monistischen SE; Begr. RegE CRD IV-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 17/10794, S. 87. 5 Die Abordnung führt zwar nach § 105 Abs. 2 Satz 3 AktG zum Ruhen des Aufsichtsratsmandats; der Abgeordnete bleibt aber Mitglied des Aufsichtsrats (Rn. 459). Gleiches gilt im Ergebnis in der dualistischen SE; Seibt in Habersack/ Drinhausen, Komm. SE-Recht, Art. 39 SE-VO Rn. 36. 6 Diese Vorgabe entspricht § 36 Abs. 3 Satz 5 KWG a.F.
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Anforderungsprofil für die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat
§ 21
Aufsichtsrat ergänzend die „Cooling-off“-Regelung des § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AktG zu beachten. – Ferner darf nach Satz 1 Nr. 4 ein Aufsichtsratsmitglied maximal drei weitere Verwaltungs- oder Aufsichtsratsmandate (Kontrollmandate) in anderen Unternehmen innehaben1. Das Aufsichtsratsmitglied darf mit anderen Worten insgesamt höchstens vier Kontrollmandate bekleiden. Diese Regelung ist deutlich strenger als die des § 100 Abs. 2 Nr. 1 AktG, die bis zu zehn weitere Aufsichtsratsmandate zulässt und nur Mandate in solchen Unternehmen mitzählt, die kraft Gesetzes einen Aufsichtsrat bilden müssen. – Ist das Aufsichtsratsmitglied zugleich Geschäftsleiter eines anderen Unternehmens, so darf es sogar nur ein weiteres Verwaltungs- oder Aufsichtsratsmandat, in Summe also höchstens ein Geschäftsleiteramt und zwei Kontrollmandate, innehaben. § 25d Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KWG spricht zwar irreführenderweise davon, dass zwei weitere Kontrollmandate (zusammen also drei Kontrollmandate) zulässig seien. Dabei handelt es sich jedoch offensichtlich um ein Redaktionsversehen. Die Regelung steht nämlich in unüberbrückbarem Widerspruch zu § 36 Abs. 3 Satz 1 Nr. 9 KWG: Danach kann die BaFin die Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds bereits dann verlangen, wenn dieses mehr als eine Geschäftsleiter- und zwei Aufsichtsfunktionen ausübt. Dieser Widerspruch ist so aufzulösen, dass der strengeren Regelung (§ 36 Abs. 3 Satz 1 Nr. 9 KWG) der Vorzug gebührt, da nur sie vollumfänglich der Richtlinienvorgabe entspricht2. Auch insoweit geht das Bankaufsichtsrecht deutlich über das Aktienrecht und den Kodex hinaus3. – Allerdings besteht die Möglichkeit einer Einzelfallbefreiung durch die BaFin. Diese kann einem Aufsichtsratsmitglied gestatten, ein Kontrollmandat mehr auszuüben, als nach Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 eigentlich zulässig wäre, sofern die ausreichende zeitliche Verfügbarkeit gesichert ist (§ 25d Abs. 3 Satz 4 KWG)4.
1 Vgl. Art. 91 Abs. 3 Satz 2 lit. b CRD IV-Richtlinie; etwas weniger streng noch § 36 Abs. 3 Satz 6 KWG a.F. (maximal vier weitere Kontrollmandate). 2 Vgl. Art. 91 Abs. 3 Satz 2 lit. a CRD IV-Richtlinie (für bedeutende Institute); wie hier Apfelbacher/Metzner, AG 2013, 773, 777. Entstanden ist das Redaktionsversehen dadurch, dass die zugrunde liegenden Anforderungen der Richtlinie während der Gesetzesberatungen verschärft wurden. Der Finanzausschuss hat daraufhin, um der Richtlinie zu entsprechen, kurz vor Verabschiedung des Umsetzungsgesetzes noch Änderungen eingefügt (BT-Drucks. 17/13541, S. 20; BT-Drucks. 17/13524, S. 83, 96). 3 Ziff. 5.4.5 DCGK empfiehlt, dass das Vorstandsmitglied eines börsennotierten Unternehmens nicht mehr als drei Aufsichtsratsmandate in konzernexternen börsennotierten Gesellschaften oder in Aufsichtsgremien von konzernexternen Gesellschaften, die vergleichbare Anforderungen stellen, übernehmen darf. 4 Vgl. Art. 91 Abs. 6 CRD IV-Richtlinie.
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§ 21
Besonderheiten in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen
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Die Zählung der Mandate regelt § 25d Abs. 3 Satz 2 KWG, der ebenfalls von seinem aktienrechtlichen Pendant (§ 100 Abs. 2 Sätze 2–3 AktG) erheblich abweicht. Mehrere Mandate zählen nur als ein Mandat, wenn sie in Unternehmen wahrgenommen werden, die (i) derselben Gruppe (Institutsgruppe, Finanzholding-Gruppe oder gemischten Finanzholding-Gruppe) angehören1, (ii) an dasselbe institutsbezogene Sicherungssystem angeschlossen sind oder (iii) an denen das Institut eine bedeutende Beteiligung hält (§ 25d Abs. 3 Satz 2 KWG)2. Eine bedeutende Beteiligung in diesem Sinne liegt schon dann vor, wenn das Institut an dem anderen Unternehmen direkt oder indirekt eine Beteiligung von mindestens 10 % des Kapitals oder der Stimmrechte hält oder eine andere Möglichkeit der Wahrnehmung eines maßgeblichen Einflusses auf die Geschäftsführung dieses Unternehmens hat (§ 1 Abs. 9 KWG i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Nr. 36 CRR). Unklar ist, ob die „Herunterrechnung“ auf ein einziges Mandat für Geschäftsleiter- und Kontrollmandate jeweils getrennt zu erfolgen hat oder für beide Mandatsgruppen gemeinsam. Letzteres würde bedeuten, dass z.B. zwei Geschäftsleiter- und zwei Aufsichtsratsmandate innerhalb einer Gruppe auf ein einziges Geschäftsleitermandat (nicht: auf ein Geschäftsleiter- und ein Kontrollmandat) heruntergerechnet werden können. § 25d Abs. 3 Satz 2 KWG-RegE wollte eine derartige „Überkreuz-Herunterrechnung“ noch ausschließen („gelten jeweils als nur ein Mandat“)3. In der letztlich Gesetz gewordenen Fassung lässt der Wortlaut diese nun aber doch zu („gelten als ein Mandat“)4.
1478
Sachlich fragwürdige Erleichterungen gelten für Vertreter der öffentlichen Hand. Kommunale Hauptverwaltungsbeamte wie Bürgermeister und Landräte, die kraft kommunaler Satzung zur Wahrnehmung eines Mandats in einem Unternehmen verpflichtet sind, sind nach § 25d Abs. 3 Satz 5 KWG von der Beschränkung auf höchstens vier Kontrollmandate (Satz 1 Nr. 4) ausgenommen5. Gedacht ist dabei offenbar insbesondere an die Satzungen der kommunalen Sparkassen, die häufig Bürgermeister und Landräte zu „geborenen“ Verwaltungsratsmitgliedern bestimmen. Ferner sieht § 25d Abs. 3 Satz 3 KWG vor, dass Mandate bei Unternehmen, die überwiegend nicht gewerblich ausgerichtet sind, bei Ermittlung der Höchstzahlen nach Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 nicht mitgerechnet werden. Darunter sollen nach dem Gesetzeswortlaut insbesondere Unternehmen fallen, die der kommunalen Daseinsvorsorge dienen. Mit der Richtlinie dürfte sich indes nur die Befreiung von Satz 1 Nr. 4 (höchstens vier Kon1 Zu diesen Begriffen siehe die Legaldefinition in § 10a Abs. 1 KWG; ferner Binder in Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch Corporate Governance von Banken, S. 685, 689 ff. 2 Vgl. Art. 91 Abs. 4 CRD IV-Richtlinie. 3 Begr. RegE CRD IV-Umsetzungsgesetz BT-Drucks. 17/10794, S. 33, 87. 4 In Anlehnung an die Formulierung in Art. 91 Abs. 4 CRD IV-Richtlinie; vgl. Finanzausschuss, BT-Drucks. 17/13541, S. 20. Wie hier Sven H. Schneider in Verband der Auslandsbanken in Deutschland (Hrsg.), Bankenaufsicht 2014 – Praxisseminar 12.11.2013, S. 36 (Folie 11). 5 Vgl. Art. 91 Abs. 5 CRD IV-Richtlinie.
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Anforderungsprofil für die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat
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trollmandate) vertragen, nicht auch diejenige von Satz 1 Nr. 3 (vgl. Art. 91 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 lit. b CRD IV-Richtlinie). Für Versicherungsunternehmen gelten insgesamt weniger strenge Inkompatibilitätsregeln als für Kreditinstitute. Allerdings bewendet es auch hier nicht bei den aktienrechtlichen Regeln. Nach § 7a Abs. 4 Satz 3 VAG dürfen maximal zwei ehemalige Vorstandsmitglieder der Gesellschaft dem Aufsichtsrat angehören; diese Vorgabe entspricht § 25d Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KWG. Ferner dürfen die Aufsichtsratsmitglieder maximal fünf Kontrollmandate in Unternehmen innehaben, die der Aufsicht der BaFin unterstehen (§ 7a Abs. 4 Satz 4 VAG)1. Mandate bei Unternehmen derselben Versicherungs- oder Unternehmensgruppe bleiben dabei außer Betracht (§ 7a Abs. 4 Satz 4 VAG). Anerkannt ist zudem, dass der Treuhänder für das Sicherungsvermögen (§ 70 VAG) nicht zugleich dem Aufsichtsrat angehören darf2. Das 10. VAGÄndG wird insoweit voraussichtlich keine Verschärfungen mit sich bringen3.
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6. Diversität, Frauenförderung Dem reformierten Bankaufsichtsrecht ist zudem daran gelegen, die Di- 1480 versität (diversity) der Zusammensetzung im Aufsichtsrat zu fördern. Damit sind nicht nur unterschiedliche berufliche Qualifikationen gemeint (insoweit besteht eine Überschneidung mit dem Erfordernis der Gesamtqualifikation, Rn. 1462 f.), sondern auch und gerade Unterschiede in Bezug auf Alter, Geschlecht und geografische Herkunft4. Den Konnex zu den Zielen des Aufsichtsrechts sieht der (europäische) Gesetzgeber in der Annahme, dass Diversität unkritischem „Gruppendenken“ entgegenwirke und daher eine wirksamere Überwachung der Geschäftsführung verspreche5. Das KWG trägt diesem Anliegen insgesamt weniger klar Rechnung als die CRD IV-Richtlinie. Nach § 25d Abs. 11 Satz 2 Nr. 1 KWG muss der Nominierungsausschuss (Rn. 1508, 1516 ff.) bei Vorschlägen, die er dem Aufsichtsrat für die Besetzung des Vorstands oder für die Formulierung von Beschlussvorschlägen zur Aufsichtsratswahl unterbreitet, die „Ausgewogenheit und Unterschiedlichkeit der Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen“ der Organmitglieder des Aufsichtsrats berücksichtigen. In richtlinienkonformer Auslegung ist darunter Diversität in dem beschriebenen Sinn zu verstehen6. Deutlicher wird das KWG beim The1 Kontrollmandate in nicht aufsichtsunterworfenen Unternehmen zählen anders als im Rahmen des § 25d Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, 4 KWG nicht mit; Kaulbach in Fahr/Kaulbach/Bähr/Pohlmann, Komm. VAG, § 7a Rn. 38. 2 Bürkle/Scheel in Bähr, Handbuch des Versicherungsaufsichtsrechts, § 13 Rn. 31. 3 § 25 Abs. 4 VAG-E entspricht dem bisherigen § 7a Abs. 4 Satz 3–4 VAG. 4 Erwägungsgrund 60 CRD IV-Richtlinie. 5 Erwägungsgrund 60 CRD IV-Richtlinie. 6 Vgl. Art. 88 Abs. 2 Unterabs. 2 lit. a Satz 1, 91 Abs. 10 CRD IV-Richtlinie. Zur Konkretisierung dieser Vorgaben soll die EBA bis zum 31.12.2015 Leitlinien erlassen (Art. 91 Abs. 12 Unterabs. 1 lit. e CRD IV-Richtlinie).
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ma Frauenförderung: Nach § 25d Abs. 11 Satz 2 Nr. 2 KWG muss der Nominierungsausschuss eine Zielsetzung zur Förderung des unterrepräsentierten Geschlechts im Aufsichtsrat sowie eine Strategie zu deren Erreichung erarbeiten (Rn. 1516). Diese Vorgaben erinnern an Ziff. 5.4.1 Abs. 2 DCGK; anders als im Kodex handelt es sich hier aber nicht nur um eine Empfehlung, sondern eine verbindliche Handlungsanweisung an den Nominierungsausschuss. Schon bald dürfte freilich eine weitere, noch wesentlich weitergehende Neuregelung hinzutreten: Nach den Plänen der Großen Koalition soll 2016 eine gesetzliche Frauenquote für Aufsichtsräte von 30 % für alle paritätisch mitbestimmten und börsennotierten Gesellschaften (gleich, ob inner- oder außerhalb des Finanzsektors) eingeführt werden1. 1481
Das Versicherungsaufsichtsrecht kennt bisher keine vergleichbaren Vorgaben zur Diversität. Insbesondere lässt sich dieses Kriterium nicht unter den Begriff der Sachkunde im Sinne des § 7a Abs. 4 Satz 1 VAG fassen2. 7. Unabhängigkeit
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Keine ausdrücklichen Vorgaben enthalten das KWG und das VAG zur Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder. Nach der Verwaltungspraxis der BaFin kann allerdings ein erheblicher Interessenkonflikt zwischen den Sonderinteressen des Aufsichtsratsmitglieds und dem Unternehmensinteresse die Zuverlässigkeit in Frage stellen. Die BaFin hat dabei vor allem Interessenkonflikte im Auge, die sich aus bestehenden Geschäftsbeziehungen des Aufsichtsratsmitglieds zu dem beaufsichtigten Unternehmen ergeben (Rn. 1472). Die EBA-Leitlinien fordern darüber hinaus explizit „ausreichend Unabhängigkeit“ im Aufsichtsrat3 und verstehen darunter insbesondere auch Unabhängigkeit vom beherrschenden Anteilseigner4. Mangels Grundlage in den Richtlinien ist diese Forderung nach Unabhängigkeit jedoch nicht verbindlich, sie hat auch in der deutschen Umsetzungsgesetzgebung keinen Niederschlag gefunden. Damit bleibt es insoweit bei den allgemeinen Regeln. Beziehungen zum kontrollierenden Aktionär können folglich nach zutreffender Ansicht zwar die Unabhängigkeit des Finanzexperten im Sinne der §§ 100 Abs. 5, 107
1 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 27.11.2013, S. 102: „Aufsichtsräte von voll mitbestimmungspflichtigen und börsennotierten Unternehmen, die ab dem Jahr 2016 neu besetzt werden, sollen eine Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent aufweisen.“ Zu den Bestrebungen, eine Frauenquote auch auf europäischer Ebene einzuführen, siehe Verse, EuZW 2013, 336, 340. 2 Dreher/Lange, ZVersWiss 2011, 211, 216. 3 EBA, Leitlinien zur Internen Governance (GL 44) vom 27.9.2011, Nr. 12 Tz. 2 und 5 nebst Erl. 4 EBA, Leitlinien zur Beurteilung der Eignung von Mitgliedern des Leitungsorgans und von Inhabern von Schlüsselfunktionen (EBA/GL/2012/06) vom 22.11.2012, Nr. 15.2 lit. c.
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Abs. 4 AktG entfallen lassen1 und ebenso die Unabhängigkeit im Sinne von Ziff. 5.4.2 Abs. 1 Satz 2 DCGK; sie begründen aber für sich allein keine Inhabilität nach § 25d Abs. 1 Satz 1 KWG, § 7a Abs. 4 Satz 1 VAG2. 8. Anzeige- und Berichtspflichten Damit die BaFin die Einhaltung der genannten Voraussetzungen kontrollieren kann, sehen KWG und VAG gleichermaßen vor, dass die aufsichtsunterworfenen Unternehmen die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern der BaFin anzuzeigen haben. Der Anzeige sind die zur Beurteilung der Zuverlässigkeit, Sachkunde und zeitlichen Verfügbarkeit notwendigen Angaben beizufügen3. Anzeigepflichtig ist erst die Bestellung selbst, nicht schon die darauf gerichtete Absicht, da § 24 Abs. 1 Nr. 1 KWG und § 13d Nr. 1 VAG eine Vorausanzeigepflicht nur für Geschäftsleiter (Vorstandsmitglieder) vorsehen4. Anzeigepflichtig ist im Übrigen nur die Erst-, nicht die Wiederbestellung5. Im Anwendungsbereich des KWG ist neuerdings auch das Ausscheiden von Aufsichtsratsmitgliedern der BaFin anzuzeigen (§ 24 Nr. 15a KWG)6. Zuständig für die Erstattung der Anzeigen ist der Vorstand als allgemeines Vertretungsorgan der Gesellschaft.
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Die CRR schreibt Kreditinstituten zusätzlich vor, dass sie mindestens einmal jährlich über die Zusammensetzung von Vorstand und Aufsichtsrat, namentlich die Anzahl der von den Organmitgliedern bekleideten Ämter, die Strategie für die Auswahl der Organmitglieder sowie die Förderung der Diversität, Bericht erstatten müssen (Art. 435 Abs. 2 CRR)7. Dies kann im Rahmen der jährlichen Rechnungslegung oder an anderer geeigneter Stelle geschehen (Art. 434 CRR).
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1 Ausführlich dazu Habersack in FS Goette, S. 121, 125 ff.; a.A. Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 100 Rn. 67 f. m.w.N. 2 A.A. offenbar Velte/Buchholz, ZBB 2013, 400, 402 f., die die Unabhängigkeit im Sinne von Ziff. 5.4.2 DCGK in den Begriff der Zuverlässigkeit hineinlesen wollen. 3 § 24 Abs. 1 Nr. 15, Abs. 3a Satz 1 Nr. 4 KWG; ähnlich §§ 13d Nr. 12, 13e Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 3 VAG. Einzelheiten zu den einzureichenden Unterlagen ergeben sich aus dem BaFin-Merkblatt zur Kontrolle der Mitglieder von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und VAG vom 3.12.2012, unter II. Das Merkblatt ist allerdings noch nicht darauf abgestimmt, dass § 24 Abs. 1 Nr. 15 KWG seit dem 1.1.2014 auch Angaben zur zeitlichen Verfügbarkeit verlangt. 4 Süßmann in Schwennicke/Auerbach, Komm. KWG, § 24 Rn. 43. 5 BaFin, Merkblatt zur Kontrolle der Mitglieder von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und VAG vom 3.12.2012, unter II. 1. 6 Eine ähnliche Regelung soll auch für Versicherungsunternehmen eingeführt werden (§ 44 Nr. 2 VAG-E); dazu Dreher, VersR 2012, 1061, 1070. 7 Zur Nutzung dieser Angaben durch die Aufsichtsbehörden siehe Art. 91 Abs. 11 CRD IV-Richtlinie. Die Kommission ist aufgerufen, die Fortschritte im Bereich der Diversität bis zum 31.12.2016 zu prüfen und ggf. weitergehende Gesetzgebungsvorschläge zu unterbreiten (Art. 161 Abs. 5 CRD IV-Richtlinie).
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9. Rechtsfolgen bei Verstößen a) Aufsichtsrechtliche Eingriffsbefugnisse (Abberufungsverlangen, Tätigkeitsverbot) 1485
Bei Verstößen gegen die genannten Vorgaben zur Sachkunde, Zuverlässigkeit und zeitlichen Verfügbarkeit oder gegen die Inkompatibilitätsvorschriften gewährt das KWG der BaFin die Befugnis, von dem jeweiligen Institut die Abberufung des betroffenen Aufsichtsratsmitglieds zu verlangen oder diesem unmittelbar ein Tätigkeitsverbot aufzuerlegen (§ 36 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1–3, 6–9 KWG). Das VAG kennt eine vergleichbare Befugnis bei fehlender Sachkunde oder fehlender Zuverlässigkeit (§ 87 Abs. 8 Satz 1 VAG)1. Zuwiderhandlungen gegen entsprechende Anordnungen der BaFin sind mit hohen Bußgeldern bedroht (§ 56 KWG, § 144 VAG). Die Abberufung selbst wird nach den allgemeinen Regeln vollzogen, hinsichtlich der Anteilseignervertreter mithin regelmäßig durch Beschluss der Hauptversammlung (§ 103 Abs. 1 AktG) oder auf Antrag des Aufsichtsrats durch Beschluss des Amtsgerichts (§ 103 Abs. 3 AktG). Ein wirksames Abberufungsverlangen der BaFin stellt einen wichtigen Grund im Sinne des § 103 Abs. 3 AktG dar2. Den Antrag auf gerichtliche Abberufung kann auch die BaFin stellen, wenn der Aufsichtsrat dem Abberufungsverlangen nicht nachkommt (§ 36 Abs. 3 Satz 3 KWG, § 87 Abs. 8 Satz 3 VAG). Hinsichtlich der Arbeitnehmervertreter bestimmt § 36 Abs. 3 Satz 4 KWG, dass ihre Abberufung „allein nach den Vorschriften der Mitbestimmungsgesetze“ erfolgt. Nach dem Wortlaut scheint somit nur eine Abberufung nach § 23 MitbestG, § 12 DrittelbG, § 37 SEBG, § 26 MgVG in Betracht zu kommen. Allerdings wäre es systematisch ungereimt und in der Sache befremdlich, wenn die Möglichkeit der gerichtlichen Abberufung nach § 103 Abs. 3 AktG, die sonst unstreitig auch bezüglich der Arbeitnehmervertreter besteht3, ausgerechnet im vorliegenden Kontext ausgeschlossen wäre. Die Materialien zeigen denn auch, dass der Gesetzgeber diese Möglichkeit offenbar gar nicht ausschließen wollte; ihm ging es nur um die Klarstellung, dass die mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften „unberührt bleiben“4. In diesem einschränkenden Sinn sollte man die Vorschrift daher auch lesen.
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Der Rechtsschutz der Gesellschaft und des betroffenen Organwalters gegen das Abberufungsverlangen richtet sich nach verwaltungsprozessualen Grundsätzen5. 1 Näher Berger, VersR 2010, 422, 425 ff.; Dreher/Lange, ZVersWiss 2011, 211, 217 f. Weitergehend § 297 Satz 1 Nr. 1 VAG-E; dazu Dreher, VersR 2012, 1061, 1071. 2 Fischer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Komm. KWG, § 36 Rn. 130; einschränkend Berger, VersR 2010, 422, 427. Damit lässt sich auch das von Langenbucher, ZHR 176 (2012), 652, 665, aufgeworfene Problem der abberufungsunwilligen Hauptversammlung lösen. 3 Statt aller Habersack, MünchKomm. AktG, § 103 Rn. 33, 53; vgl. auch den Wortlaut des § 103 Abs. 4 AktG („außer Abs. 3“). 4 Begr. RegE CR IV-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 17/10974, S. 90. 5 Zu den Einzelheiten (Widerspruch, Anfechtungsklage, Antrag auf Wiederherstellung der nach § 49 KWG, § 89a VAG ausgesetzten aufschiebenden Wirkung, ggf.
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b) Gesellschaftsrechtliche Folgen Verstöße gegen die genannten persönlichen Anforderungen haben freilich nicht nur aufsichtsrechtlich, sondern auch haftungsrechtlich Konsequenzen. Ein Aufsichtsratsmitglied, das sich in den Aufsichtsrat, einen Ausschuss oder dessen Vorsitz wählen lässt, obwohl es die gesetzlich geforderten Anforderungen nicht erfüllt, verletzt schon dadurch seine Sorgfaltspflicht (§§ 116 Satz 1, 93 Abs. 1 AktG). Es haftet daher unter dem Gesichtspunkt des Übernahmeverschuldens, sofern die fehlende Qualifikation zu einer Schädigung der Gesellschaft beigetragen hat1.
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Noch kaum diskutiert ist die Frage, ob Verstöße gegen die persönlichen Anforderungen des KWG und des VAG auch die Wirksamkeit der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder tangieren oder zu einem Erlöschen des Amtes führen können. Verschiedentlich wird angenommen, dass Verstöße gegen die Vorschriften zur Sachkunde, Zuverlässigkeit und zeitlichen Verfügbarkeit (§ 25d Abs. 1 Satz 1 KWG, § 7a Abs. 4 Satz 1 VAG) oder die aufsichtsrechtlichen Inkompatibilitätsregeln (§ 25d Abs. 3 Satz 1 KWG, § 7a Abs. 4 Satz 3–4 VAG) die Anfechtbarkeit des Wahlbeschlusses nach § 251 Abs. 1 Satz 1 AktG begründen2. Teilweise geht man für die Inkompatibilitätsregeln sogar noch einen Schritt weiter; eine hiergegen verstoßende Wahl soll analog § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG nichtig sein3. In Konsequenz der zuletzt genannten Ansicht müsste man wohl auch annehmen, dass eine später eintretende Inkompatibilität im Sinne des KWG oder VAG kraft Gesetzes zum Erlöschen des Aufsichtsratsamts führt4.
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Ob diese weitreichenden Rechtsfolgen tatsächlich dem geltenden Recht entnommen werden können, ist allerdings zweifelhaft. Für die Anfechtbarkeit spricht zwar der Wortlaut des § 251 Abs. 1 Satz 1 AktG, der jede Gesetzesverletzung erfasst. Aber dieses Wortlautargument ist schwach, da es nicht durch weitere Auslegungskriterien unterstützt wird. Der his-
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1 2
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Fortsetzungsfeststellungsklage) siehe Schwennicke in Schwennicke/Auerbach, Komm. KWG, § 36 Rn. 57 ff.; Schmitz in Luz/Neus/Schaber/Scharpf/Schneider/ Weber, Komm. KWG, § 36 Rn. 101 ff. Habersack, MünchKomm. AktG, § 116 Rn. 22, 26, 70 (zur aktienrechtlichen Mindestqualifikation); Louven/Raapke, VersR 2012, 257, 266. Kiefner, Kölner Komm. AktG, § 251 Rn. 13 (zu § 36 Abs. 3 Satz 1 KWG a.F., § 7a Abs. 4 Satz 1 VAG); Simon in Hölters, Komm. AktG, § 251 Rn. 5 (zu § 36 Abs. 3 Satz 5 und 6 KWG a.F., § 7a Abs. 4 Satz 3 und 4 VAG); Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse vor Gericht, § 1 Rn. 480 (zu § 36 Abs. 3 Satz 5 KWG a.F.). Für den Verstoß gegen § 25d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KWG kann dies freilich nicht gelten, wenn (wie im Regelfall, Rn. 1476) zugleich § 105 Abs. 1 AktG verletzt ist; denn der Verstoß gegen letztere Vorschrift führt analog § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG anerkanntermaßen zur Nichtigkeit; Habersack, MünchKomm. AktG, § 105 Rn. 19; Kiefner, Kölner Komm. AktG, § 250 Rn. 53. Schwennicke in Schwennicke/Auerbach, Komm. KWG, § 36 Rn. 55 (zu § 36 Abs. 3 Satz 5 und 6 KWG a.F.). Der nachträgliche Eintritt eines Bestellungshindernisses i.S. des § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG führt auch sonst zum Erlöschen des Aufsichtsratsamts; Mertens/ Cahn, Kölner Komm. AktG, § 100 Rn. 52.
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torische Gesetzgeber hat die Frage der Anfechtbarkeit nicht bedacht; bei Einführung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Aufsichtsratsmitglieder hat er sich ganz auf die öffentlich-rechtlichen Eingriffsbefugnisse (Rn. 1485) konzentriert. Da die aufsichtsrechtlichen Anforderungen bereits durch die BaFin intensiv überwacht werden und diese mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet ist, ist ein Bedürfnis, zusätzlich ein private enforcement des Aufsichtsrechts durch Beschlussmängelklagen der Aktionäre zuzulassen, nicht erkennbar. Hinzu kommt, dass man die Wirksamkeit der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern ohne Not mit nicht unerheblicher Rechtsunsicherheit belasten würde, wenn man auf die aufsichtsrechtlichen Vorgaben gestützte Anfechtungsklagen zuließe. Dies gilt insbesondere für Anfechtungsklagen wegen (angeblich) unzureichender Sachkunde, da sich die Qualifikation der Aufsichtsratsmitglieder im Vorhinein häufig nur schwer beurteilen lässt1. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat es die herrschende Ansicht im Aktienrecht bisher stets abgelehnt, das Fehlen der vom AktG vorausgesetzten Mindestqualifikation zum Anfechtungsgrund zu erheben2. Wenn man bedenkt, dass die aktienrechtlich geforderte Mindestqualifikation inhaltlich mit dem aufsichtsrechtlichen Sachkundeerfordernis übereinstimmt (Rn. 1456), leuchtet schwerlich ein, warum ein- und dasselbe Erfordernis bei den aufsichtsunterworfenen Gesellschaften einen Anfechtungsgrund abgeben soll, bei den nicht-aufsichtsunterworfenen dagegen nicht. Es genügt, wenn sich bei Ersteren die BaFin dieser Prüfung annimmt. 1490
Auch die These, ein Verstoß gegen die aufsichtsrechtlichen Inkompatibilitätsregeln führe zur Nichtigkeit der Bestellung analog § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG bzw. (bei nachträglicher Inkompatibilität) zum Erlöschen des Aufsichtsratsamts, begegnet Bedenken. Erstens besteht auch für diese Rechtsfolge neben den aufsichtsrechtlichen Eingriffsbefugnissen kein Bedürfnis. Zweitens geht § 36 Abs. 3 KWG offenbar auch bei Verletzung der Inkompatibilitätsregeln von einer wirksamen Bestellung aus; sonst bedürfte es keiner Abberufung auf Betreiben der BaFin. Und drittens ist anerkannt, dass selbst die Verhängung eines Tätigkeitsverbots durch die Aufsichtsbehörde das Amt des Organwalters nicht zum Erlöschen bringt, sondern nur öffentlich-rechtlich wirkt3. Nichtigkeit kommt daher richtigerweise nur in Betracht, wenn – wie im Fall von § 25d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KWG und § 105 Abs. 1 AktG – mit dem Verstoß gegen die aufsichtsrecht1 Vgl. Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 100 Rn. 25. 2 Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 100 Rn. 20 ff.; Habersack, MünchKomm. AktG, § 100 Rn. 11, 33; Hoffmann-Becking in Münchener Hdb. AG, § 30 Rn. 2a; Kiefner, Kölner Komm. AktG, § 251 Rn. 13; Ihrig in FS Hoffmann-Becking, S. 617; a.A. in Fällen offenkundig fehlender Sachkunde Semler, MünchKomm. AktG, 2. Aufl., § 100 Rn. 109; ferner Wardenbach, Interessenkonflikte und mangelnde Sachkunde als ungeregelte Bestellungshindernisse zum Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft, S. 262 ff., 299 (sogar Nichtigkeit analog § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG). 3 Begr. RegE KWG 1961, BT-Drucks. 3/1114, S. 40; Schwennicke in Schwennicke/ Auerbach, Komm. KWG, § 36 Rn. 16 (jeweils zum Geschäftsleiter).
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Aufgaben und Überwachungsinstrumente des Aufsichtsrats
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lichen Vorgaben ein Verstoß gegen ein aktienrechtliches Bestellungshindernis konkurriert.
III. Aufgaben und Überwachungsinstrumente des Aufsichtsrats 1. Aufgaben a) Ausgangspunkt Die Aufgaben des Aufsichtsrats einer Bank- oder Versicherungs-AG entsprechen im rechtlichen Ausgangspunkt zunächst denen in jeder anderen Aktiengesellschaft. Die zentrale Aufgabe besteht auch hier neben der Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder (§ 84 AktG) in der Überwachung der Geschäftsführung des Vorstands (§ 111 Abs. 1 AktG). Zu dieser gehört nach allgemeinen Grundsätzen nicht nur die retrospektive Kontrolle, sondern auch die zukunftsgerichtete Überwachung, d.h. die Beratung des Vorstands bei Entscheidungen über die künftige Unternehmenspolitik und in bestimmten Fällen (namentlich § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG) auch die Mitentscheidung (Rn. 57 ff., 62). Prüfungsmaßstab ist wie sonst auch die Recht- und Ordnungsmäßigkeit sowie die Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung des Vorstands (Rn. 73 ff.).
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b) Gesteigerte Bedeutung der Legalitätskontrolle Die Konkretisierung dieser allgemeinen Aufgabenstellung hat freilich auf die Besonderheiten des Bank- und Versicherungssektors Rücksicht zu nehmen. So ergibt sich aus der Tatsache, dass der Finanzsektor wesentlich stärker reguliert ist als andere Branchen und das Vorstandshandeln somit besonders weitgehend durch rechtliche Vorgaben bestimmt wird, dass die Kontrolle der Rechtmäßigkeit (Legalitätskontrolle) des Vorstandshandelns in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen von besonders herausgehobener Bedeutung ist1; sie ist erheblich umfangreicher als in nicht aufsichtsunterworfenen Unternehmen. Das KWG hebt diesen Aspekt des Überwachungsauftrags denn auch eigens hervor und stellt klar, dass sich die Kontrolle auch auf die Einhaltung des Aufsichtsrechts zu erstrecken hat: „Das Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan muss die Geschäftsleiter auch im Hinblick auf die Einhaltung der einschlägigen bankaufsichtsrechtlichen Regelungen überwachen“ (§ 25d Abs. 6 Satz 1 KWG). Der Aufsichtsrat eines Kreditinstituts muss sich also insbesondere vergewissern, dass der Vorstand hinreichend2 dafür sorgt, – dass Mindesteigenkapital, Liquidität und Kapitalpuffer den komplexen Anforderungen der CRR und der §§ 10 ff. KWG entsprechen, 1 Bürkle, ZVersWiss 2012, 493, 500 f. 2 Dazu Hopt, ZIP 2013, 1793, 1799, in Erwiderung auf die weitergehende „Optimierungsthese“ von Langenbucher, ZBB 2013, 16, 22 f.
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Besonderheiten in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen
– dass die Begrenzungen für Groß- und Organkredite eingehalten werden (Art. 387 ff. CRR, §§ 13 ff. KWG), – dass das Institut über eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation nach §§ 25a, 25g Abs. 4a KWG verfügt und insbesondere ein funktionsfähiges Risikomanagement im Sinne dieser Vorschriften einschließlich der zugehörigen Kontrollverfahren (internes Kontrollsystem mit Risikocontrolling- und Compliance-Funktion, interne Revision) eingerichtet hat1, – dass das Vergütungssystem den Vorgaben des § 25a Abs. 5–6 KWG und der Institutsvergütungsverordnung genügt (Rn. 1496 f.), und – dass das Institut seinen umfassenden Berichts- und Offenlegungspflichten gegenüber der Aufsicht und der Öffentlichkeit nachkommt. Schon dieser Überblick mag einen Eindruck vermitteln, wie anspruchsvoll die Aufgabe der Legalitätskontrolle in Kreditinstituten ist. Mit der erheblich angewachsenen Komplexität des Aufsichtsrechts, welche die Umsetzung des Basel III-Rahmenwerks durch das sog. CRD IV-Paket mit sich gebracht hat, ist korrespondierend zur Leitungsaufgabe des Vorstands auch die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats noch anspruchsvoller geworden als zuvor. Eine nähere Spezifizierung der Aufgaben (auch) im Bereich der Legalitätskontrolle ergibt sich aus den Aufgabenkatalogen, die § 25d Abs. 8–12 KWG für die zu bildenden Ausschüsse des Aufsichtsrats formuliert (dazu Rn. 1508 ff.). 1493
Ähnliches gilt für Versicherungsunternehmen. Wenngleich das VAG (anders als § 25d Abs. 6 Satz 1 KWG) dies nicht gesondert hervorhebt, ist auch im Versicherungssektor die Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben durch den Vorstand ein zentraler Gegenstand des Überwachungsauftrags des Aufsichtsrats2. Auch hier kann sich der Aufsichtsrat ebenso wenig wie im Banksektor darauf zurückziehen, dass die Überwachung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen bereits von der BaFin wahrgenommen wird3. Und auch hier muss sich der Aufsichtsrat künftig auf gesteigerte Anforderungen einrichten, da er nach Umsetzung der Solvabilität II-Richtlinie die Erfüllung noch komplexerer Eigenmittelanforderungen und die Einhaltung noch weitergehender Organisations-, Berichts- und Offenlegungspflichten durch den Vorstand überwachen muss4.
1 Siehe dazu die detaillierten Vorgaben der BaFin im Rundschreiben 10/2012 (BA) vom 14.12.2012, Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk BA) nebst Anlagen. Das versicherungsaufsichtsrechtliche Pendant bildet das BaFin-Rundschreiben 3/2009 vom 22.1.2009, Aufsichtsrechtliche Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk VA). 2 Bürkle, ZVersWiss 2012, 493, 500 f. 3 Eingehend Dreher/Häußler, ZGR 2011, 471, 483 ff.; ferner Armbrüster, KSzW 2013, 10, 17 f.; Louven/Raapke, VersR 2012, 257, 265. 4 Näher Bürkle, ZVersWiss 2012, 493, 500 ff.
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Aufgaben und Überwachungsinstrumente des Aufsichtsrats
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c) Besondere Betonung der Zukunftsgerichtetheit der Kontrolle Es entspricht einer allgemeinen Entwicklung im Aktienrecht, dass sich seit den 1990er Jahren die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats erheblich ausgeweitet hat: Neben die retrospektive Kontrolle ist mit zunehmender Tendenz die zukunftsgerichtete Kontrolle des Vorstandshandelns getreten (Rn. 46 ff., 57 ff.). Die damit einhergehende Verpflichtung des Aufsichtsrats, seine Rolle als mit-unternehmerisches Organ zu verstehen und dem Vorstand in Fragen der künftigen Unternehmenspolitik beratend zur Seite zu stehen, wird im Aufsichtsrecht besonders betont. So wird in § 25d Abs. 6 Satz 2 KWG ausdrücklich klargestellt, dass der Aufsichtsrat insbesondere „der Erörterung von Strategien, Risiken und Vergütungssystemen für Geschäftsleiter und Mitarbeiter ausreichend Zeit widmen“ muss1. Auch wenn im VAG eine gleichlautende Klarstellung fehlt, gilt für die Aufsichtsräte von Versicherungsunternehmen nichts anderes.
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Unter Strategien ist dabei zunächst die eigentliche Geschäftsstrategie zu verstehen, in der die Ziele des Unternehmens für jede wesentliche Geschäftsaktivität sowie die Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele dargestellt werden2. Gleichermaßen erörterungsbedürftig ist aber auch die Risikostrategie, die zur Beherrschung der aus der Geschäftsstrategie resultierenden Risiken und insbesondere zur Vermeidung von Risikokonzentrationen (Klumpenrisiken) entwickelt wird3. Bei der Überprüfung der Risikostrategie wird der Aufsichtsrat vor allem durch seinen Risikoausschuss unterstützt (§ 25d Abs. 8 KWG, Rn. 1508, 1511 ff.). Sofern § 25d Abs. 6 Satz 2 KWG darüber hinaus generell die Erörterung von Risiken fordert, kann es im Aufsichtsrat und im Risikoausschuss sinnvollerweise nur um die für das Institut wesentlichen Risiken gehen. Diese hängen vom Risikoprofil des jeweiligen Unternehmens ab. Als wesentlich einzustufen sind bei Kreditinstituten insbesondere Adressenausfallrisiken (einschließlich Länderrisiken), Marktpreis-, Liquiditäts- und operationelle Risiken4.
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Dass ferner die Erörterung der Vergütungssysteme für Geschäftsleiter und Mitarbeiter eigens hervorgehoben wird, ist durch eine EBA-Leitlinie inspiriert5 und vor dem Hintergrund zu sehen, dass der europäische und deutsche Gesetzgeber die im Finanzsektor ehemals gängigen Vergütungsstrukturen als einen für die Finanzmarktkrise maßgeblich mitverantwortlichen
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1 Die Zukunftsgerichtetheit der Kontrolle betont das Gesetz im Übrigen auch für die Aufsicht der BaFin, vgl. insbesondere § 6b Abs. 2 KWG. 2 §§ 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, 25g Abs. 4a Nr. 1 KWG; AT 4.2 Tz. 1 MaRisk BA. 3 §§ 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, 25g Abs. 4a Nr. 1 KWG, AT 4.2 Tz. 2 MaRisk BA; vgl. auch § 64a Abs. 1 Satz 4 Nr. 1, Abs. 7 Nr. 1 VAG, 7.1 MaRisk VA. 4 § 25g Abs. 4a Nr. 2 lit. a, Abs. 4b Satz 2 Nr. 2 lit. a KWG, AT 2.2 MaRisk BA. 5 Begr. RegE CRD IV-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 17/10974, S. 87 unter Bezugnahme auf EBA, Leitlinien zur Internen Governance (GL 44) vom 27.9.2011, Nr. 19 Tz. 2.
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Besonderheiten in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen
Faktor ausgemacht haben1. In Reaktion hierauf sind sehr detaillierte aufsichtsrechtliche Vorschriften über die Ausgestaltung der Vergütungssysteme erlassen worden. Für Kreditinstitute finden sich diese in den (in Umsetzung von Art. 92–94 CRD IV-Richtlinie neu gefassten) Vorschriften der §§ 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 6, Abs. 5–6, 25d Abs. 12 KWG und der Institutsvergütungsverordnung (InstVergV)2, für Versicherungsunternehmen in § 64b VAG (§ 26 VAG-E) und der Versicherungsvergütungsverordnung (VersVergV)3. Diese Vorschriften verlangen die Errichtung angemessener, transparenter und auf Nachhaltigkeit ausgerichteter Vergütungssysteme für Geschäftsleiter und Mitarbeiter (§ 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 KWG, § 64b Abs. 1 VAG). Über die Ausgestaltung der Systeme ist in einem öffentlich zugänglichen jährlichen Vergütungsbericht Rechenschaft abzulegen (Art. 450 CRR, § 16 InstVergV, § 4 Abs. 8 VersVergV). Ziel dieser aufwändigen Regulierung ist es, sicherzustellen, dass die handelnden Personen nicht mehr durch Fehlanreize zur Eingehung unverhältnismäßig hoher Risiken verleitet werden. Zu diesem Zweck setzt der Gesetzgeber namentlich auf eine Begrenzung der variablen Vergütung; diese muss insbesondere in einem angemessenen Verhältnis zur Festvergütung stehen4 und darf in Instituten im Sinne des KWG für die seit dem 1.1.2014 erbrachten Leistungen grundsätzlich 100 % der festen Vergütung nicht mehr übersteigen5. Zudem muss 1 Vgl. Empfehlung der Kommission vom 30.4.2009 zur Vergütungspolitik im Finanzdienstleistungssektor (2009/384/EG), ABl. EU Nr. L 120 vom 15.5.2009, S. 22, Erwägungsgrund 2; Grünbuch Corporate Governance in Finanzinstituten und Vergütungspolitik vom 2.6.2010, KOM (2010) 284, S. 11; Begr. RegE Gesetz über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Vergütungssysteme von Instituten und Versicherungsunternehmen (VergAnfG), BT-Drucks. 17/1291, S. 1. 2 Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme von Instituten vom 16.12.2013, BGBl. I 2010, 4270; dazu BaFin, Auslegungshilfe zur Institutsvergütungsverordnung vom 1.1.2014; Zürn/Rappensperger/Brämswig, DB 2013, 2681 ff. (zum RefE); zu der vorausgehenden Fassung der InstVergV vom 6.10.2010 Heuchemer/Kloft, WM 2010, 2241 ff.; Insam/Hinrichs/Hörtz, DB 2012, 1568 ff. 3 Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme im Versicherungsbereich vom 6.10.2010, BGBl. I 2010, 1379 (zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.9.2013, BGBl. I 2013, 3672); dazu BaFin, Begründung zur Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme im Versicherungsbereich vom 22.10.2010; GDV, Auslegungshilfe zu den Anforderungen an Vergütungssysteme in der Versicherungswirtschaft, Feb. 2011; Armbrüster, VersR 2011, 1, 3 ff.; Armbrüster, KSzW 2013, 10, 15 ff. 4 Vgl. § 25a Abs. 5 Satz 1 KWG, § 6 InstVergV; ferner § 4 Abs. 2 VersVergV (beschränkt auf Geschäftsleiter und sog. risk taker bedeutender Versicherungsunternehmen i.S. des § 1 Abs. 2 VersVergV). 5 § 25a Abs. 5 Satz 2 KWG, § 6 Abs. 1 InstVergV (für Geschäftsleiter und alle Mitarbeiter; insoweit noch über Art. 94 Abs. 1 lit. g, 92 Abs. 2 CRD IV-Richtlinie hinausgehend). Eine höhere variable Vergütung von bis zu 200 % der fixen Vergütung darf nur vereinbart werden, wenn die Hauptversammlung mit qualifizierter Mehrheit zustimmt (§ 25a Abs. 5 Sätze 5–9 KWG). Zur Anpassung von Altverträgen siehe § 14 InstVergG, wonach die Institute auf eine Anpassung „hinzuwirken“ haben, diese also nicht kraft Gesetzes eintritt; näher Diller/Ch. Arnold, ZIP 2011, 837 ff. (zum Parallelproblem bei Einführung der InstVergV a.F. und der VersVergV); ferner Lunk/Besenthal, NZG 2013, 1010, 1012 ff. Damit
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sie auf längerfristige Ziele ausgerichtet sein, die nur den nachhaltigen Erfolg des Unternehmens prämieren1. Bei unzureichender Eigenmittelausstattung des Unternehmens kann die BaFin weitere Beschränkungen für die Auslobung und Auszahlung variabler Vergütungen anordnen2. Im Unterschied zu den aktienrechtlichen Anforderungen (§ 87 AktG, 1497 DCGK, Rn. 395 ff.) gelten die aufsichtsrechtlichen Vergütungsregeln nicht nur für die Bezüge der Vorstandsmitglieder, sondern auch für die Mitarbeiter der Institute und Versicherungsunternehmen. Für den Aufsichtsrat ergibt sich daraus eine gestufte Verantwortlichkeit: Die Vereinbarkeit des Vergütungssystems der Mitarbeiter mit den aufsichtsrechtlichen Vorgaben fällt primär in den Verantwortungsbereich des Vorstands3; hier ist der Aufsichtsrat „nur“ als Überwachungsorgan gefordert. Für die Recht- und Zweckmäßigkeit der Vergütung der Vorstandsmitglieder und damit auch die Einhaltung der diesbezüglichen aufsichtsrechtlichen Vorgaben ist der Aufsichtsrat dagegen im Rahmen seiner Personalkompetenz in Vorstandsfragen unmittelbar selbst verantwortlich (§ 84 AktG, § 3 Abs. 2 InstVergV, § 3 Abs. 1 Satz 4 VersVergV). Bei der Erfüllung dieser beiden Aufgaben wird der Aufsichtsrat durch den von ihm zu bildenden Vergütungskontrollausschuss unterstützt (Rn. 1508, 1520 ff.). In formaler Hinsicht hat der Aufsichtsrat darauf zu achten, dass die Vergütung der Vorstandsmitglieder abschließend im Anstellungsvertrag festgelegt sein muss und dieser ebenso wie spätere Änderungen der Schriftform bedarf (§ 10 Abs. 4 InstVergV, § 3 Abs. 3 VersVergV). Zur Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder selbst siehe noch Rn. 1526 ff. d) Zusätzliche aufsichtsrechtliche Einzelaufgaben Über die genannten Aufgaben hinaus weisen das KWG und vor allem das 1498 VAG dem Aufsichtsrat eine Reihe von speziellen aufsichtsrechtlichen Einzelaufgaben zu, die hier nicht im Einzelnen gewürdigt werden können. In Instituten im Sinne des KWG obliegt dem Aufsichtsrat die Mitentscheidung über Organkredite nach §§ 15, 17 KWG; diese Sonderregeln verdrängen die allgemeine Regelung des § 89 AktG (§ 89 Abs. 6 AktG). In Versicherungsunternehmen besteht eine zusätzliche Aufgabe des Aufsichtsrats insbesondere darin, dass ihm anstelle der Hauptversammlung die Bestellung des Abschlussprüfers des Jahresabschlusses und ggf. auch des Konzernabschlusses obliegt (§ 341k Abs. 2 Satz 1 HGB i.V.m. § 58 Abs. 2 VAG; Abweichung von §§ 318 Abs. 1 HGB, § 119 Abs. 1 Nr. 4 AktG). Als weitere aufsichtsrechtliche Aufgaben des Aufsichtsrats eines Versicherungsunternehmens sind zu nennen: bleibt § 14 InstVergV allerdings hinter der strengeren Vorgabe des Art. 162 Abs. 3 CRD IV-Richtlinie zurück. 1 Siehe insbesondere §§ 10 Abs. 2, 19 Abs. 3, 20–22 InstVergV; §§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Abs. 2 Satz 2, 4 Abs. 3 Nr. 2–4, Abs. 5–6 VersVergV. 2 § 45 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5a, 6 KWG, § 81b Abs. 1a VAG. 3 § 76 Abs. 1 AktG, § 3 Abs. 1 Satz 1 InstVergV, § 3 Abs. 1 Satz 4 VersVergV.
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– die Bestellung eines zuverlässigen und fachlich geeigneten Verantwortlichen Aktuars in Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen (§§ 11a Abs. 2a, 12 Abs. 2 VAG)1, – die Bestellung eines geeigneten Treuhänders für das Sicherungsvermögen (§ 71 Abs. 1 Satz 1 VAG)2, – die Mitentscheidung über die Beiträge, die in Lebensversicherungsunternehmen für die Überschussbeteiligung der Versicherten zurückzustellen sind (§ 56a Abs. 1 Satz 1 VAG)3, – in Lebensversicherungsunternehmen die Stellungnahme zu dem Erläuterungsbericht des Verantwortlichen Aktuars im Bericht an die Hauptversammlung (§ 11a Abs. 2b Satz 2 VAG)4, und – bei Ermächtigung durch die Hauptversammlung: die Anpassung beschlossener Satzungsänderungen an ein Änderungsverlangen der BaFin (§§ 156 Abs. 1, 39 Abs. 3 VAG, Abweichung von § 179 Abs. 1 Satz 2 AktG)5. 2. Überwachungsinstrumente a) Allgemeines 1499
Zur Erfüllung seiner Überwachungsaufgabe stehen dem Aufsichtsrat einer Bank- oder Versicherungs-AG zunächst die allgemeinen aktienrechtlichen Überwachungsinstrumente zur Verfügung: die Rechte aus § 111 Abs. 2–4 AktG (insbesondere das Einsichts- und Prüfungsrecht und die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten), die Geschäftsordnungsbefugnis nach § 77 Abs. 2 Satz 1 AktG, die Informationsrechte gegenüber dem Vorstand nach § 90 AktG, das Recht zur Hinzuziehung von Sachverständigen und Auskunftspersonen zur Sitzung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 AktG sowie die Befugnisse im Zusammenhang mit Prüfung und Feststellung des Jahresabschlusses nach §§ 171 f. AktG (Rn. 109 ff., 191 ff.).
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Diese allgemeinen Vorschriften werden im Aufsichtsrecht zunächst dadurch ergänzt, dass die Berichtspflicht des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat (§ 90 AktG) weiter konkretisiert wird, so in Bezug auf die Risikosituation des Unternehmens und des Konzerns6 und in Bezug auf die Ausgestaltung der Vergütungssysteme für die Mitarbeiter7. Bemerkenswert ist aber vor allem, dass das Aufsichtsrecht auch darauf setzt, die vor1 2 3 4 5 6
Vgl. §§ 132 Abs. 3, 136 Abs. 2 Satz 2 VAG-E. Vgl. § 119 Abs. 3 Satz 1 VAG-E. Vgl. § 130 Abs. 2 Satz 1 VAG-E. Vgl. § 132 Abs. 4 Satz 2 VAG-E. Vgl. §§ 182 Abs. 3, 33 Abs. 1 VAG-E. In angemessenen Abständen, mindestens vierteljährlich nach § 25g Abs. 4a Nr. 3 lit. e, Abs. 4b Satz 2 Nr. 3 lit. d KWG; ähnlich für Versicherungsunternehmen BaFin, MaRisk VA, 1.2 („adäquat und regelmäßig“), 7.1.4. 7 Mindestens einmal jährlich nach § 3 Abs. 1 Satz 2 InstVergV, § 3 Abs. 5 Satz 1 VersVergV.
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standsunabhängige Information des Aufsichtsrats zu stärken, und dem Aufsichtsrat zu diesem Zweck ausdrücklich den direkten Zugang zu bestimmten Funktionsträgern unterhalb des Vorstands eröffnet. b) Direktkontakte zu Mitarbeitern im Besonderen aa) Schon vor der CRD IV-Umsetzung verlangte die BaFin als Mindest- 1501 anforderung für ein angemessenes Risikomanagement (§ 25a KWG), dass der Aufsichtsratsvorsitzende Zugang zum Leiter der Internen Revision erhält, allerdings „unter Einbeziehung der Geschäftsleitung“1. Zudem zählte schon bisher zu einem angemessenen Risikomanagement, dass die Interne Revision den Aufsichtsratsvorsitzenden über schwerwiegende Feststellungen gegen Vorstandsmitglieder zu unterrichten hat, wenn der Vorstand diese Feststellungen nicht von sich aus weitergibt2. In Wertpapierdienstleistungsunternehmen treten Kontakte zwischen dem Aufsichtsrat und dem Compliance-Beauftragten hinzu3. Seit 1.1.2014 geht das KWG indes weiter4: Es gewährt den Vorsitzenden der zu bildenden Aufsichtsratsausschüsse (Rn. 1508 ff.) die Befugnis, am Vorstand vorbei – ohne dessen Zustimmung und ohne dessen Anwesenheit – direkt von wichtigen Funktionsträgern unterhalb des Vorstands Informationen einzuholen. Im Einzelnen ist dies vorgesehen für: – den Vorsitzenden des Risikoausschusses und den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses im Verhältnis zu dem Leiter der Internen Revision und dem Leiter des Risikocontrollings (§ 25d Abs. 8 Satz 7, Abs. 9 Satz 4 KWG) sowie für – den Vorsitzenden des Vergütungskontrollausschusses im Verhältnis zu dem Leiter der Internen Revision, den Leitern der für die Ausgestaltung der Vergütungssysteme zuständigen Organisationseinheiten (§ 25d Abs. 12 Satz 7 KWG) und dem in bedeutenden Instituten zu bestellenden Vergütungsbeauftragten (§ 24 Abs. 2 Satz 2 InstVergV, Rn. 1522). Der Vorstand muss jeweils von dem Direktkontakt unterrichtet werden (§ 25d Abs. 8 Satz 8, Abs. 9 Satz 5, Abs. 12 Satz 8 KWG); ausgenommen ist hiervon nur der Direktkontakt zum Vergütungsbeauftragten5. Da das Gesetz nicht ausdrücklich auf einer Vorabunterrichtung besteht, ist anzunehmen, dass ein nachträglicher Hinweis genügt. Wenn die Ausschüsse ausnahmsweise nicht gebildet wurden (Rn. 1508), gehen die Befugnisse 1 BaFin, MaRisk BA, AT 4.4.3 Tz. 2. 2 BaFin, MaRisk BA, BT 2.4 Tz. 5. 3 Vgl. § 33 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 WpHG (Berichtspflicht des Compliance-Beauftragten gegenüber Vorstand und Aufsichtsrat); BaFin, MaComp. BT 1.1 Tz. 2 (Zugang des Vorsitzenden des Aufsichtsrats oder des Prüfungsausschusses zum Compliance-Beauftragten, allerdings wieder nur „unter Einbeziehung der Geschäftsleitung“). 4 Siehe zum Folgenden auch Velte/Buchholz, ZBB 2013, 400, 405 f.; Leyens/ Schmidt, AG 2013, 533, 542 f. 5 § 24 InstVergV sieht keine Unterrichtungspflicht vor.
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Besonderheiten in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen
auf den Vorsitzenden des Aufsichtsrats über (§ 25d Abs. 8 Satz 7, Abs. 9 Satz 4, Abs. 12 Satz 7 KWG). 1502
Die genannten neu eingeführten Befugnisse zum direkten Zugriff auf leitende Angestellte bestehen jeweils unabhängig davon, ob Verdachtsmomente dafür vorliegen, dass der Aufsichtsrat oder seine Ausschüsse vom Vorstand unvollständig oder unrichtig informiert worden sind. Das ist insofern bemerkenswert, als die herkömmliche (allerdings zunehmend bestrittene) Auffassung im Aktienrecht abweichend entscheidet und verdachtsunabhängigen Direktkontakten des Aufsichtsrats zum Personal ohne Zustimmung des Vorstands ablehnend gegenübersteht1.
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bb) Verstreute Sonderregeln zur Frage der Direktkontakte finden sich auch im Versicherungsaufsichtsrecht. Ein unbedingtes, verdachtsunabhängiges Direktinformationsrecht ist hier allerdings nur im Verhältnis zwischen dem Aufsichtsratsvorsitzenden und dem Vergütungsausschuss, einem mit Vergütungsfragen befassten Expertengremium unterhalb des Vorstands, vorgesehen (§ 4 Abs. 7 Satz 3 VersVergV). Ferner ist ein punktueller Direktkontakt zwischen dem Aufsichtsrat und dem Verantwortlichen Aktuar in der Lebensversicherung vorgesehen; dieser hat an der Bilanzsitzung des Aufsichtsrats teilzunehmen (§ 11a Abs. 2b VAG)2. Zudem verlangt die BaFin für die Einrichtung eines angemessenen Risikomanagements (§ 64a VAG), dass sich der Aufsichtsrat mit Informationsverlangen direkt an die Risikocontrollingfunktion wenden kann. Diese Vorgabe stellt die BaFin aber selbst unter den Vorbehalt, dass die aktienrechtlichen Grenzen (Rn. 246 ff.) einzuhalten sind3. 3. Besonderheiten im Konzern
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Besondere Fragen wirft das Aufsichtsrecht auch für die Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats im Konzern auf. Sowohl das Bank- als auch das Versicherungsaufsichtsrecht nehmen in einer Reihe von Vorschriften die Konzernobergesellschaft ausdrücklich in die Pflicht, konzernweit für die Beachtung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben zu sorgen. Das gilt namentlich für die angemessene Eigenmittelausstattung in Institutsgruppen und Finanzkonglomeraten (§ 10a Abs. 8 KWG, § 18 Abs. 3 FKAG) sowie die Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation, insbesondere zur Einrichtung eines wirksamen Risikomanagements und zur angemessenen Ausgestaltung der Vergütungssysteme (§§ 25a Abs. 3–4, 25g Abs. 4b KWG, § 27 InstVergV; §§ 64a Abs. 2, 64b Abs. 3–4 VAG, § 5 VersVergV). Die ohnehin schon anspruchsvolle Überwachungsaufgabe 1 Hüffer, Komm. AktG, § 90 Rn. 11; Mertens/Cahn, Kölner Komm. AktG, § 90 Rn. 52; Hoffmann-Becking, ZGR 2011, 136, 152 f.; siehe auch oben Rn. 246 ff.; weitergehend Drygala in K. Schmidt/Lutter, Komm. AktG, § 90 Rn. 11; Leyens/ Schmidt, AG 2013, 533, 542 f. m.w.N. 2 § 132 Abs. 4 VAG-E. 3 BaFin, MaRisk VA, 7.2.1; dazu Dreher, ZGR 2010, 496, 516 f.
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des Aufsichtsrats einer Konzernobergesellschaft (Rn. 141 ff.) erweitert sich in Bank- und Versicherungskonzernen somit um die Aufgabe, den Vorstand auch daraufhin zu überwachen, ob dieser seiner konzernweiten Verantwortung für die Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben nachkommt1. Bei der Durchsetzung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben im Konzern stellen sich komplexe konzernrechtliche Fragen, die hier nur angedeutet werden können. Vergleichsweise unproblematisch ist die Rechtslage im Vertragskonzern2. Hier verfügt der Vorstand der Obergesellschaft über schlagkräftige Weisungsrechte, um die aufsichtsrechtlichen Vorgaben konzernweit durchzusetzen (§ 308 AktG)3. Schwieriger ist die Situation im faktischen AG-Konzern. Hier kann der Vorstand der Obergesellschaft mangels Weisungsrecht nur versuchen, den Vorstand der Tochter zu den gewünschten Maßnahmen zu bewegen. In der Regel wird der Tochtervorstand mit Rücksicht auf die Personalgewalt der Obergesellschaft zwar kooperativ sein, doch darf er Einflussnahmen der Obergesellschaft nach § 311 AktG nur nachkommen, wenn die betreffende Maßnahme für die Tochter nicht nachteilig ist oder der Nachteil von der Obergesellschaft ausgeglichen wird. Auf ähnliche Restriktionen mag man je nach anwendbarem Recht auch in ausländischen Konzerngesellschaften stoßen. Das deutsche Aufsichtsrecht bringt im Zusammenhang mit der Eigenmittelausstattung zum Ausdruck, dass es an diesen gesellschaftsrechtlichen Gegebenheiten nicht rütteln will, sondern die allgemeinen konzernrechtlichen Grenzen der Einflussnahme akzeptiert (§ 10a Abs. 8 Satz 2 KWG, § 18 Abs. 3 Satz 2 FKAG)4. Eine neuere Ansicht im Schrifttum versucht jedoch, die konzernrechtlichen Grenzen aufzuweichen, indem sie aus dem Aufsichtsrecht ungeschriebene Kooperationspflichten der Untergesellschaft ableitet, die sich letztlich aus dem öffentlichen Interesse an ei-
1 Näher zum Verhältnis zwischen der aufsichtsrechtlichen Gruppenverantwortung und der aktienrechtlichen Konzernleitungspflicht des Vorstands der Obergesellschaft Binder in Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch Corporate Governance von Banken, S. 685, 693 ff.; Tröger, ZHR 177 (2013), 475, 495 ff. 2 Das Aufsichtsrecht steht dem Abschluss von Beherrschungsverträgen, mit denen sich ein aufsichtsunterworfenes Unternehmen auch nachteiligen Weisungen des herrschenden Unternehmens unterstellt, nach heute herrschender und zutreffender Auffassung nicht im Wege; siehe BGH v. 28.5.2013 – II ZR 67/12, NZG 2013, 987 = AG 2013, 680 Tz. 41 ff.; Tröger, ZHR 177 (2013), 475, 504 f. m.w.N. auch zur Gegenansicht. 3 Binder in Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch Corporate Governance von Banken, S. 685, 704 f.; Tröger, ZHR 177 (2013), 475, 503 f.; Dreher/Schaaf, WM 2008, 1765, 1772 f. 4 Siehe darüber hinaus zum Risikomanagement Begr. RegE zu § 64a Abs. 2 VAG, BT-Drucks. 16/6518, S. 17: „Zur Erfüllung dieser Verpflichtung darf das Versicherungsunternehmen bzw. die Versicherungs-Holdinggesellschaft allerdings auf die gruppenangehörigen Unternehmen nur einwirken, soweit dem das allgemeine Gesellschaftsrecht nicht entgegensteht“. Ebenso bisher § 25a Abs. 1a Satz 2 KWG, der jedoch im Zuge der CRD IV-Umsetzung entfallen ist.
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Besonderheiten in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen
ner effektiven konzernweiten Durchsetzung des Aufsichtsrechts ergeben sollen1.
IV. Interne Organisation des Aufsichtsrats 1506
In mehrfacher Hinsicht durch das Aufsichtsrecht überlagert werden auch die aktienrechtlichen Regeln zur internen Organisation des Aufsichtsrats. 1. Teilnahmerecht der BaFin an Sitzungen
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Besonderheiten gelten zunächst für die Teilnahme an Aufsichtsratssitzungen. An diesen können auch Vertreter der BaFin teilnehmen (§ 44 Abs. 4 KWG, § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VAG). Diese haben in den Sitzungen ein Rederecht (§ 44 Abs. 4 Satz 2 KWG, § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VAG), aber kein Stimmrecht2. Zudem ist die BaFin befugt, die Einberufung von Aufsichtsratssitzungen zu verlangen (§ 44 Abs. 5 KWG, § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 VAG). Entsprechendes gilt für Sitzungen von Aufsichtsratsausschüssen3. 2. Ausschüsse des Aufsichtsrats von Kreditinstituten a) Allgemeines, Besetzung der Ausschüsse
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Vor allem aber enthält das KWG seit der CRD IV-Umsetzung detaillierte Vorgaben über die vom Aufsichtsrat aus seiner Mitte zu bildenden Ausschüsse. Es greift damit (anders als das VAG)4 tief in das Selbstorganisationsrecht des Aufsichtsrats ein5. Nach § 25d Abs. 7–12 KWG müssen Verwaltungs- und Aufsichtsräte von Instituten im Sinne des KWG grundsätzlich vier Pflichtausschüsse bilden: Risiko-, Prüfungs-, Nominierungs- und Vergütungskontrollausschuss6. In Bezug auf Risiko-, Nominierungs- und Vergütungskontrollausschuss werden damit die Vorgaben aus 1 Binder in Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch Corporate Governance von Banken, S. 685, 709 f.; eingehend zuletzt Tröger, ZHR 177 (2013), 475 ff. („Sonderkonzernrecht“, „Überformung des Verbandsrechts infolge aufsichtsrechtlicher Wertungen“), u.a. unter Berufung auf einen Umkehrschluss aus Art. 104 Abs. 3 CRD IV-Richtlinie und § 25a Abs. 3 Satz 3 KWG n.F. Ablehnend Wundenberg, Compliance und die prinzipiengeleitete Aufsicht über Bankengruppen, S. 177 f., 197 ff. 2 Schwennicke in Schwennicke/Auerbach, Komm. KWG, § 44 Rn. 28; Bähr in Fahr/Kaulbach/Bähr/Pohlmann, Komm. VAG, § 83 Rn. 18. Näher zum Ganzen Dreher/Häußler, ZGR 2011, 471, 501 ff. 3 Dreher/Häußler, ZGR 2011, 471, 501 (a maiore ad minus). 4 Das VAG kennt keine vergleichbaren Vorschriften; ihre Einführung ist auch im RegE des 10. VAGÄndG nicht vorgesehen. 5 Kritisch Hopt, ZIP 2013, 1793, 1797 („eng geschnürtes Verhaltenskorsett“). 6 In paritätisch mitbestimmten Gesellschaften kommt noch der zwingend zu bildende Vermittlungsausschuss nach § 27 Abs. 3 MitbestG hinzu.
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Interne Organisation des Aufsichtsrats
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Art. 76, 88 und 95 CRD IV-Richtlinie umgesetzt; hinsichtlich des Prüfungsausschusses folgt der deutsche Gesetzgeber einer Empfehlung der EBA1. Die BaFin kann die Bildung weiterer Ausschüsse verlangen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Überwachungsaufgabe erforderlich erscheint (§ 25d Abs. 7 Satz 5 KWG). Die Verpflichtung zur Bildung von Ausschüssen besteht allerdings nicht ausnahmslos; sie ist abhängig von Größe und interner Organisation des Instituts und von Art, Umfang, Komplexität und Risikogehalt der von ihm betriebenen Geschäfte (§ 25d Abs. 7 Satz 1 KWG). In kleinen Instituten mit geringen und überschaubaren Risiken kann somit von der Ausschussbildung abgesehen werden. Aus den Materialien des Umsetzungsgesetzes ergibt sich ferner, dass die Institute – ohne hierfür eine Zustimmung der BaFin zu benötigen – immer dann von der Pflicht zur Einrichtung der Ausschüsse befreit sein sollen, wenn dem Aufsichtsrat weniger als zehn Mitglieder angehören2. Werden keine Ausschüsse gebildet, sind die Aufgaben der Ausschüsse nach § 25d Abs. 8–12 KWG vollumfänglich vom Aufsichtsratsplenum wahrzunehmen. Jeder der zu bildenden Ausschüsse soll eines seiner Mitglieder zum Vor- 1509 sitzenden wählen (§ 25d Abs. 7 Satz 2 KWG). Bei der Besetzung der Ausschüsse sind die besonderen Anforderungen an die Qualifikation der Ausschussmitglieder zu berücksichtigen, namentlich die des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses sowie des Vergütungs- und Risikoexperten im Vergütungskontrollausschuss (Rn. 1461). Ferner ist darauf zu achten, dass dem Vergütungskontrollausschuss in mitbestimmten Gesellschaften mindestens ein Arbeitnehmervertreter angehören muss (§ 25d Abs. 12 Satz 4 KWG)3 und dass mindestens ein Mitglied eines jeden Ausschusses einem weiteren Ausschuss angehören soll (§ 25d Abs. 7 Satz 4 KWG). Diese personelle Überlappung („cross participation“) soll die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen den Ausschüssen verbessern4. Da es 1 Begr. RegE CRD IV-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 17/10974, S. 88 unter Bezugnahme auf EBA, Leitlinien zur Internen Governance (GL 44) vom 27.9.2011, Nr. 14 Tz. 9. Die Aufgaben des Prüfungsausschusses sind in Art. 41 der Abschlussprüfer-Richtlinie geregelt (Richtlinie 2006/43/EG vom 17.5.2006, ABl. EU Nr. L 157 vom 9.6.2006, S. 87). Diese Vorschrift verlangt aber nicht zwingend die Einrichtung eines Prüfungsausschusses, sondern lässt auch die Erledigung seiner Aufgaben durch den Gesamtaufsichtsrat zu; vgl. Art. 41 Abs. 5 der Richtlinie und dazu Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 9 Rn. 72. 2 Begr. RegE CRD IV-Umsetzungsgesetz BT-Drucks. 17/10974, S. 88; siehe auch BaFin, Auslegungshilfe zur InstVergV vom 1.1.2014, zu § 15; Langenbucher, ZHR 176 (2012), 652, 657. Im Gesetzeswortlaut hat diese Einschränkung allerdings keinen Niederschlag gefunden. Auch ist ihre Vereinbarkeit mit der CRD IV-Richtlinie zweifelhaft, da diese die Pflicht zur Ausschussbildung nur von der Bedeutung des Instituts und nicht von der Größe des Aufsichtsrats abhängig macht (Art. 76 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 1, 88 Abs. 2 Unterabs. 1, 95 Abs. 1 Satz 1 CRD IV-Richtlinie). 3 Vgl. Art. 95 Abs. 2 Satz 3 CRD IV-Richtlinie. 4 Der deutsche Gesetzgeber greift damit eine Anregung der EBA-Leitlinien zur Internen Governance (GL 44) vom 27.9.2011, Nr. 14 Tz. 8, auf; vgl. Begr. RegE CRD IV-Umsetzungsgesetz BT-Drucks. 17/10974, S. 88.
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sich um eine „Soll“-Vorschrift handelt, kann hiervon bei Vorliegen einer besonderen sachlichen Rechtfertigung auch ohne Zustimmung der BaFin ausnahmsweise abgewichen werden. 1510
Das KWG spricht davon, dass die zu bildenden Ausschüsse den Gesamtaufsichtsrat bei seinen Aufgaben „beraten und unterstützen“ (§ 25d Abs. 7 Satz 1 KWG). Die Möglichkeit, den Pflichtausschüssen oder sonstigen Ausschüssen zusätzlich auch Beschlusskompetenzen zu übertragen, wird dadurch jedoch nicht ausgeschlossen1. In den Grenzen des § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG und der anerkannten ungeschriebenen Delegationsverbote (Rn. 744) können somit auch in Kreditinstituten beschließende Ausschüsse eingerichtet werden. Auch im Übrigen bleiben, soweit die aufsichtsrechtlichen Sonderregeln nichts Abweichendes vorschreiben, die allgemeinen aktienrechtlichen Regeln über Aufsichtsratsausschüsse anwendbar (Rn. 743 ff.). Insbesondere bleibt es auch hier dabei, dass die Aufgabendelegation an die Ausschüsse den Gesamtaufsichtsrat nicht von seiner Verantwortung für die delegierten Aufgaben entbindet, sondern dieser die Tätigkeit der Ausschüsse überwachen und sich zu diesem Zweck regelmäßig über die Ausschusstätigkeit berichten lassen muss (Rn. 748). b) Risikoausschuss
1511
Zu den Aufgaben des Risikoausschusses gehört dreierlei: Erstens hat er den Aufsichtsrat in Fragen der Risikostrategie und der Überwachung der Umsetzung dieser Strategie durch den Vorstand zu beraten und zu unterstützen (§ 25d Abs. 8 Satz 2 KWG)2. Zweitens obliegt es ihm, die Vereinbarkeit der Konditionen im Kundengeschäft mit dem Geschäftsmodell und der Risikostruktur des Instituts zu überwachen (§ 25d Abs. 8 Satz 3–4 KWG)3. Unbeschadet der Aufgaben des Vergütungskontrollausschusses hat er drittens die von dem Vergütungssystem ausgehenden Anreize auf die Risiko-, Kapital- und Liquiditätsstruktur des Unternehmens zu prüfen (§ 25d Abs. 8 Satz 5–6 KWG)4. Letzteres bedingt eine enge Zusammenarbeit mit dem Vergütungskontrollausschuss (§ 25d Abs. 12 Satz 5 KWG).
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Damit der Risikoausschuss seine Aufgaben ordnungsgemäß wahrnehmen kann, wird dem Ausschussvorsitzenden der direkte Zugriff auf den Leiter der Internen Revision und den Leiter des Risikocontrollings eröffnet (§ 25d Abs. 8 Satz 7–8 KWG, Rn. 1501 f.). Zudem kann er, soweit zur Aufgabenerfüllung erforderlich, externen Sachverstand einholen (§ 25d Abs. 8 Satz 9 KWG). Dabei handelt es sich allerdings bei Licht besehen nur um die Klarstellung eines allgemeinen, auch für andere Ausschüsse gelten1 Zutreffend Apfelbach/Metzner, AG 2013, 773, 779; a.A. offenbar Thelen-Pischke/Sawahn, Kreditwesen 2013, 72, 74. 2 Vgl. Art. 76 Abs. 3 Unterabs. 2 Satz 1 CRD IV-Richtlinie. 3 Vgl. Art. 76 Abs. 3 Unterabs. 3 CRD IV-Richtlinie. 4 Vgl. Art. 76 Abs. 4 Unterabs. 2 Satz 2 CRD IV-Richtlinine.
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Interne Organisation des Aufsichtsrats
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den Grundsatzes1. Um eine hinreichende Informationsversorgung des Risikoausschusses sicherzustellen, wird dem Risikoausschuss aufgegeben, eine Informationsordnung zu erlassen und darin Format und Häufigkeit der Vorstandsberichte zum Thema Strategie und Risiko festzulegen (§ 25d Abs. 8 Satz 10 KWG)2. Über die Bildung des Risikoausschusses und die Anzahl seiner Sitzungen ist nach Art. 435 Abs. 2 lit. d CRR jährlich öffentlich zu berichten (Rn. 1484). c) Prüfungsausschuss Die Beschreibung der Aufgaben des Prüfungsausschusses (§ 25d Abs. 9 Satz 2 KWG) deckt sich weitgehend mit den in §§ 107 Abs. 3 Satz 2, 124 Abs. 3 Satz 2 AktG beschriebenen Aufgaben3. Auf die dazu getroffenen Feststellungen (Rn. 754 ff.) kann Bezug genommen werden, wobei freilich zu beachten ist, dass das zu überwachende Risikomanagementsystem in Kreditinstituten nach §§ 25a, 25g Abs. 4a KWG wesentlich strengeren Anforderungen genügen muss als in der Normal-AG. Über den Aufgabenkatalog des § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG hinaus verlangt das KWG, dass der Prüfungsausschuss dem Aufsichtsrat auch Vorschläge zur Vergütung des Abschlussprüfers unterbreiten muss (§ 25d Abs. 9 Satz 2 Nr. 3 KWG). Zudem hat er den Aufsichtsrat dabei zu unterstützen, die Behebung der vom Abschlussprüfer festgestellten Mängel durch den Vorstand zu überwachen (§ 25d Abs. 9 Satz 2 Nr. 4 KWG)4.
1513
Um die Aufgabenwahrnehmung durch den Prüfungsausschuss zu effektivieren, ist auch hier der Direktkontakt zwischen dem Ausschussvorsitzenden und dem Leiter der Internen Revision und dem Leiter des Risikocontrollings vorgesehen (§ 25d Abs. 9 Satz 4–5 KWG, Rn. 1501 f.). Hinsichtlich der Person des Ausschussvorsitzenden sind neben dem geforderten Sachverstand in Rechnungslegung und Abschlussprüfung (Rn. 1461) in börsennotierten Gesellschaften die Empfehlungen nach Ziff. 5.2 Abs. 2 und 5.3.2 Satz 2–3 DCGK zu berücksichtigen (Inkompatibilität mit Aufsichtsratsvorsitz, Unabhängigkeit, kein ehemaliges Vorstandsmitglied, dessen Bestellung vor weniger als zwei Jahren endete; Rn. 753).
1514
Risiko- und Prüfungsausschuss können zu einem gemeinsamen Ausschuss verbunden werden, wenn dies unter Berücksichtigung von Größe und Organisation des Instituts sowie Umfang, Art, Komplexität und Risi-
1515
1 Siehe Rn. 782; ferner Hoffmann-Becking, ZGR 2011, 136, 139 ff., 142 („Annexkompetenz“). 2 Vgl. Art. 76 Abs. 4 Unterabs. 2 Satz 1 CRD IV-Richtlinie. 3 Diese beruhen ihrerseits auf den Vorgaben des Art. 41 Abs. 2 AbschlussprüferRichtlinie (Richtlinie 2006/43/EG vom 17.5.2006, ABl. EU Nr. L 157 vom 9.6.2006, S. 87). 4 Diese Ergänzungen sind durch die EBA-Leitlinien zur Internen Governance (GL 44) vom 27.9.2011, B.2 Nr. 14 Tz. 9, inspiriert; vgl. Begr. RegE CRD IV-Umsetzungsgesetz BT-Drucks. 17/10974, S. 88.
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Besonderheiten in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen
kogehalt der betriebenen Geschäfte sinnvoll ist (§ 25d Abs. 10 Satz 1 KWG). Nach der Richtlinie ist dies nur bei Instituten der Fall, die anhand der genannten Kriterien nicht von erheblicher Bedeutung sind1. Die Verbindung der Ausschüsse muss der BaFin angezeigt werden (§ 25d Abs. 10 Satz 2 KWG). d) Nominierungsausschuss 1516
Der Nominierungsausschuss (§ 25d Abs. 11 KWG)2 unterstützt den Aufsichtsrat in Personalfragen. Sein Aufgabenbereich bezieht sich zum einen auf die Besetzung des Vorstands: Er erarbeitet ein Anforderungsprofil und unterbreitet dem Aufsichtsrat Vorschläge für geeignete Vorstandskandidaten, wobei er neben der Qualifikation auch die Diversität zu berücksichtigen hat (§ 25d Abs. 11 Satz 2 Nr. 1 KWG). Zudem evaluiert er mindestens einmal jährlich Zusammensetzung, Leistung und Qualifikation des Vorstands und seiner einzelnen Mitglieder (§ 25d Abs. 11 Satz 2 Nr. 3–4 KWG). Zum anderen hat sich der Nominierungsausschuss mit der Besetzung des Aufsichtsrats zu befassen. Er bereitet die Wahlvorschläge des Aufsichtsrats nach § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG vor (erneut unter Rücksicht auf diversity, § 25d Abs. 11 Satz 2 Nr. 1 KWG). Ferner entwickelt er eine Zielvorgabe und Strategie zur Frauenförderung im Aufsichtsrat (§ 25d Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG)3, die jährlich neu zu veröffentlichen ist (Art. 435 Abs. 2 lit. c CRR)4. Mindestens einmal jährlich hat er auch Zusammensetzung, Leistung und Qualifikation des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder zu bewerten (§ 25d Abs. 11 Satz 2 Nr. 3–4 KWG).
1517
Unklar und missglückt ist die Vorschrift des § 25d Abs. 11 Satz 2 Nr. 5 KWG. Nach ihr hat der Nominierungsausschuss den Aufsichtsrat auch bei der „Überprüfung der Grundsätze der Geschäftsleitung für die Auswahl und Bestellung der Personen der oberen Leitungsebene und bei diesbezüglichen Empfehlungen an die Geschäftsleitung“ zu unterstützen. Dunkel bleibt, wer die angesprochenen „Personen der oberen Leitungsebene“ sein sollen. Versteht man darunter die Geschäftsleiterebene, so bleibt die Vorschrift ohne Anwendungsbereich, da sich die Geschäftsleiter (in der AG: die Vorstandsmitglieder, § 1 Abs. 2 KWG) nicht selbst auswählen und bestellen. Ein Blick auf die zugrunde liegende Richtlinienbestimmung (Art. 88 Abs. 2 Unterabs. 2 lit. d CRD IV-Richtlinie) legt nahe, dass § 25d Abs. 11 Satz 2 Nr. 5 KWG in der Tat redundant ist und
1 Vgl. Art. 76 Abs. 3 Unterabs. 4 CRD IV-Richtlinie. 2 Vgl. Art. 88 Abs. 2 CRD IV-Richtlinie. 3 Diese Vorschrift bleibt allerdings hinter der Vorgabe aus Art. 88 Abs. 2 Unterabs. 2 lit. a, 91 Abs. 10 CRD IV-Richtlinie zurück. Die Richtlinie gibt dem Nominierungsausschuss die Erarbeitung einer Frauenförderungsstrategie in Bezug auf das gesamte „Leitungsorgan“ auf, also auch für die Besetzung des Vorstands. 4 Zu dem weitergehenden Vorhaben einer gesetzlich vorgegebenen Frauenquote (ab 2016) siehe oben Rn. 1480.
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auf einem Redaktionsversehen bei der Umsetzung beruht1. Eine extensive Interpretation in dem Sinne, dass mit Personen der oberen Leitungsebene auch die erste Ebene unterhalb der Geschäftsleiter gemeint ist, ist durch die Richtlinie nicht veranlasst; sie ist offenbar auch vom deutschen Gesetzgeber nicht beabsichtigt2. Auch der Nominierungsausschuss kann – wie jeder Ausschuss (Rn. 782, 1512) – externe Berater hinzuziehen (§ 25d Abs. 11 Satz 3–4 KWG). Darüber hinaus kann er nach dieser Vorschrift „auf alle Ressourcen zurückgreifen, die er für angemessen hält“, also offenbar auch auf die Zuarbeit durch Personal des Unternehmens, obwohl dies zu Friktionen mit dem Direktionsrecht des Vorstands führen kann.
1518
Nicht abgestimmt auf die neuen Bestimmungen des KWG ist bisher die Empfehlung nach Ziff. 5.3.3 DCGK, den Nominierungsausschuss nur mit Anteilseignervertretern zu besetzen (Rn. 758 f.). Die Empfehlung geht von der Vorstellung aus, dass sich die Aufgabe des Nominierungsausschusses auf die Erarbeitung von Vorschlägen für die Aufsichtsratswahl konzentriert. Für diesen Fall leuchtet die empfohlene Beschränkung auf Anteilseignervertreter unmittelbar ein, da auch über den Wahlvorschlag selbst nach § 124 Abs. 3 Satz 5 AktG allein diese entscheiden. Die Aufgaben des Nominierungsausschusses nach dem KWG sind aber weiter gefasst; sie beziehen sich auch auf Vorschläge für die Besetzung des Vorstands und umfassen damit Aufgaben, die in der Normal-AG häufig dem Personalausschuss (Rn. 750) zugewiesen werden. Dass die Arbeitnehmervertreter auch von diesen Aufgaben ferngehalten werden sollen, leuchtet schwerlich ein; eine Besetzung nur mit Anteilseignervertretern liefe daher bei fehlender Zustimmung der Arbeitnehmerbank Gefahr, gegen das mitbestimmungsrechtliche Diskriminierungsverbot (Rn. 766 f.) zu verstoßen3.
1519
1 Art. 88 Abs. 2 Unterabs. 2 lit. d CRD IV-Richtlinie lautet: „Er (scil. der Nominierungsausschuss) überprüft den Kurs des Leitungsorgans bei der Auswahl und der Bestellung der Geschäftsleitung und richtet Empfehlungen an das Leitungsorgan.“ Der Begriff Leitungsorgan umfasst nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 7 CRD IVRichtlinie im dualistischen System neben dem Vorstand auch den Aufsichtsrat. Art. 88 Abs. 2 Unterabs. 2 lit. d CRD IV-Richtlinie hat daher die Bestellung der Vorstandsmitglieder durch den Aufsichtsrat oder (im monistischen System) die Bestellung der geschäftsführenden Direktoren durch den Verwaltungsrat (board) im Blick; hierbei soll der Nominierungsausschuss den Aufsichts- bzw. Verwaltungsrat unterstützen. In der deutschen Umsetzung ist diese Aufgabe bereits durch § 25d Abs. 11 Satz 2 Nr. 1, 3 und 4 KWG abgedeckt. Die missglückte Regelung des § 25d Abs. 11 Satz 2 Nr. 5 KWG beruht dagegen darauf, dass der deutsche Gesetzgeber den Begriff Leitungsorgan i.S. der Richtlinie fehlerhaft mit dem engeren Begriff Geschäftsleitung (§ 1 Abs. 2 KWG) übersetzt hat. 2 Der Wille zu einer überschießenden Umsetzung ist aus den Materialien nicht ablesbar; vgl. Begr. RegE CRD IV-Umsetzungsgesetz BT-Drucks. 17/10974, S. 88. 3 Die Arbeitnehmervertreter können aber auf eine Mitwirkung im Nominierungsausschuss verzichten, da das Gesetz diese anders als im Vergütungskontrollausschuss (§ 25d Abs. 12 Satz 4 KWG) nicht zwingend verlangt.
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e) Vergütungskontrollausschuss 1520
Der vierte Pflichtausschuss des Aufsichtsrats ist der Vergütungskontrollausschuss (§ 25d Abs. 12 KWG)1. Ihm müssen mindestens ein Vergütungs- und Kontrollexperte und in mitbestimmten Gesellschaften mindestens ein Arbeitnehmervertreter angehören (§ 25d Abs. 12 Satz 3–4 KWG, Rn. 1461, 1509). Der Vergütungskontrollausschuss ist nicht zu verwechseln mit dem Vergütungsausschuss, der nach § 6 InstVergV a.F. in bedeutenden Instituten von der Geschäftsleitung – nicht vom Aufsichtsrat – einzurichten und mit Mitarbeitern des Instituts zu besetzen war; diese Verpflichtung ist mit der Neufassung der InstVergV im Zuge der CRD IV-Umsetzung entfallen2.
1521
Die in § 25d Abs. 12 Satz 2 Nr. 1–3 KWG und § 15 Abs. 2–4 InstVergV wortreich umschriebenen Aufgaben des Vergütungskontrollausschusses bestehen zusammengefasst darin, zum einen die vom Vorstand eingerichteten Vergütungssysteme für die Mitarbeiter zu überwachen und zum anderen die dem Aufsichtsrat obliegende Gestaltung der Vorstandsvergütung vorzubereiten und zu unterstützen. Dabei hat der Ausschuss insbesondere darauf zu achten, dass die detaillierten rechtlichen Vorgaben des § 25a Abs. 5 KWG und der InstVergV (Rn. 1496 f.), in Bezug auf Vorstandsmitglieder auch des § 87 AktG (Rn. 394 ff.), eingehalten werden.
1522
Was zunächst die Vergütungssysteme für die Mitarbeiter betrifft, so fällt deren angemessene Ausgestaltung in die Zuständigkeit des Vorstands; insoweit bewendet es also bei einer überwachenden Tätigkeit des Aufsichtsrats und damit auch des Vergütungskontrollausschusses. Dabei hat der Ausschuss besonderes Augenmerk auf die Vergütungen für die Leiter der Risikocontrolling- und der Compliance-Funktion sowie solcher Mitarbeiter zu richten, die einen wesentlichen Einfluss auf das Gesamtrisikoprofil des Instituts haben (§ 25d Abs. 12 Satz 2 Nr. 1 KWG). Zudem hat er die Auswirkungen der Vergütungssysteme auf das Risiko-, Kapitalund Liquiditätsmanagement zu bewerten. Unterstützt wird der Ausschuss bei seiner Überwachungstätigkeit durch den in bedeutenden Instituten (§ 17 InstVergV) zwingend zu bestellenden Vergütungsbeauftragten. Dabei handelt es sich um einen unterhalb des Vorstands angesiedelten leitenden Angestellten, der vom Vorstand nach Anhörung des Aufsichtsrats bestellt wird und die Vergütungssysteme der Mitarbeiter ständig zu überwachen hat (§§ 23 f. InstVergV). Der Vergütungsbeauftragte ist angehalten, eng mit dem Vorsitzenden des Vergütungskontrollausschusses zu kooperieren und diesem – ohne dass es dazu der Einschaltung des Vorstands bedürfte – Auskünfte zu erteilen (§ 24 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 InstVergV). Zudem hat der Beauftragte einmal jährlich einen Vergütungs1 Vgl. Art. 95 CRD IV-Richtlinie (dort als Vergütungsausschuss bezeichnet; zur Terminologie im deutschen Recht siehe aber sogleich im Text). 2 In bedeutenden Versicherungsunternehmen soll dagegen nach § 4 Abs. 7 VersVergV weiterhin ein Vergütungsausschuss gebildet werden.
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kontrollbericht zu verfassen und diesen dem Vorstand, dem Aufsichtsrat und dem Vergütungskontrollausschuss vorzulegen (§ 24 Abs. 3 Satz 1 InstVergV). Der Ausschuss kann eine häufigere Berichterstattung verlangen; zudem hat der Beauftragte auch anlassbezogen Bericht zu erstatten (§ 24 Abs. 3 Satz 2 und 3 InstVergV). Die Festsetzung der Vorstandsvergütung obliegt dagegen unmittelbar dem Aufsichtsrat (§ 84 AktG, § 3 Abs. 2 InstVergV); hier geht es somit nicht nur um Überwachung, sondern um eigene aktive Gestaltung. Die letztverbindlichen Entscheidungen über die Vorstandsvergütung sind zwar zwingend dem Aufsichtsratsplenum vorbehalten (§ 107 Abs. 3 Satz 3 AktG). Der Vergütungskontrollausschuss hat die betreffenden Entscheidungen aber vorzubereiten und die Angemessenheit des angewendeten Vergütungssystems regelmäßig zu überprüfen. Nach § 25d Abs. 12 Satz 2 Nr. 2 KWG1 muss er dabei besonders die Auswirkungen auf die Risikoneigung des Vorstands berücksichtigen und neben den Interessen der Anteilseigner, Anleger und sonstiger Beteiligter (namentlich der Arbeitnehmer) auch dem „öffentlichen Interesse“ Rechnung tragen. Allerdings wird man davon ausgehen können, dass bei Einhaltung der detaillierten rechtlichen Vorgaben des § 25a Abs. 5 KWG und der InstVergV praktisch immer auch dem öffentlichen Interesse Rechnung getragen ist, da diese Vorschriften gerade dem öffentlichen Interesse an einem stabilen Kreditwesen zu dienen bestimmt sind.
1523
Im Interesse der effektiven Aufgabenwahrnehmung werden dem Ausschussvorsitzenden auch hier Direktkontakte zu wichtigen Funktionsträgern unterhalb des Vorstands ermöglicht (§ 25d Abs. 12 Sätze 7–8 KWG, § 24 Abs. 2 InstVergV, siehe Rn. 1501 f.). Wegen der engen Verbindung zwischen Vergütungssystem und Risikostrategie soll der Vergütungskontrollausschuss eng mit dem Risikoausschuss kooperieren; zudem soll er sich „beispielsweise“ durch das Risikocontrolling oder extern von vorstandsunabhängigen Personen beraten lassen (§ 25d Abs. 12 Satz 5 KWG)2. Schließlich wird angeordnet, dass Vorstandsmitglieder an Sitzungen des Vergütungskontrollausschusses, in denen über ihre Vergütung beraten wird, nicht teilnehmen können (§ 25d Abs. 12 Satz 6 KWG, Einschränkung des § 109 Abs. 1 AktG).
1524
f) Sonstige Ausschüsse Das KWG schließt es nicht aus, über die im KWG genannten Ausschüsse 1525 hinaus und unbeschadet ihrer Aufgaben und Befugnisse weitere Ausschüsse zu bilden, und zwar nicht nur auf Verlangen der BaFin (§ 25d Abs. 7 Satz 5 KWG), sondern auch freiwillig auf Betreiben des Aufsichtsrats3. So 1 Vgl. Art. 95 Abs. 2 Satz 4 CRD IV-Richtlinie. 2 Vgl. zur Unabhängigkeit des Vergütungsberaters auch Ziff. 4.2.2 Abs. 3 DCGK. 3 Dabei kann es sich auch um beschließende Ausschüsse handeln; siehe oben Rn. 1510.
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Besonderheiten in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen
hat etwa der Aufsichtsrat der Deutschen Bank AG neben den Pflichtausschüssen auch einen Präsidialausschuss (Rn. 751 f.) und einen Integritätsausschuss eingerichtet1.
V. Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder 1526
Die persönliche Rechtsstellung des Aufsichtsratsmitglieds richtet sich auch in Banken und Versicherungen grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln. Dies gilt im Ausgangspunkt auch für die in der Satzung oder durch Hauptversammlungsbeschluss festzulegende Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder (§ 113 AktG, Rn. 843 ff.). Als aufsichtsrechtliche Besonderheiten treten hier jedoch für Versicherungen (seit 2010) die Vorgaben aus § 64b VAG (§ 26 VAG-E) und der VersVergV sowie für Kreditinstitute (seit 1.1.2014) die Vorgaben des § 25d Abs. 5 KWG hinzu. 1. Versicherungsunternehmen
1527
Nach § 64b Abs. 1 VAG müssen in Versicherungsunternehmen nicht nur die Vergütungssysteme für Geschäftsleiter und Mitarbeiter, sondern auch diejenigen für die Aufsichtsratsmitglieder angemessen, transparent und auf eine nachhaltige Entwicklung des Unternehmens ausgerichtet sein. Die Ausrichtung auf die Nachhaltigkeit lässt sich in Anlehnung an die zu § 87 Abs. 1 Satz 2–3 AktG entwickelten Grundsätze konkretisieren2. Wird eine erfolgsorientierte Aufsichtsratsvergütung gewährt, muss diese somit überwiegend auf langfristige Erfolgsziele mit mehrjähriger Bemessungsgrundlage bezogen sein3. Das, was Ziff. 5.4.6 Abs. 2 Satz 2 DCGK lediglich als Empfehlung und nur für börsennotierte Gesellschaften formuliert, gilt in Versicherungsunternehmen mithin generell als bindende rechtliche Vorgabe. Ergänzend sind die aktienrechtlichen Restriktionen für erfolgsorientierte Aufsichtsratsvergütungen zu beachten (siehe Rn. 848 ff. zum Verbot von Aktienoptionen und vergleichbaren Gestaltungen). Mit dem Nachhaltigkeitsgebot vereinbar – und rechtstatsächlich wieder zunehmend anzutreffen – ist auch eine reine Festvergütung4.
1528
Nach § 64b Abs. 2 VAG dürfen Geschäftsleitern und Aufsichtsratsmitgliedern Vergütungen für andere Tätigkeiten, die sie für das Unternehmen erbringen, nur gewährt werden, soweit die Übernahme der anderen Tätigkeit und deren Vergütung mit ihren Aufgaben als Organmitglied vereinbar ist. § 3 Abs. 6 Satz 1 VersVergV präzisiert dies dahin, dass zur Vermeidung von Interessenkollisionen insbesondere Vergütungen im Zu1 2 3 4
Näher zum Integritätsausschuss Plagemann, NZG 2013, 1293 ff. Armbrüster, VersR 2011, 1, 4; Dreher/Häußler, ZGR 2011, 471, 490. Vgl. oben Rn. 398, 401 (zu § 87 Abs. 1 Satz 2–3 AktG). Armbrüster, VersR 2011, 1, 4 (der dort auf S. 8 gemachte Vorbehalt für bedeutende Versicherungsunternehmen bezieht sich nur auf Geschäftsleiter und sog. risk taker unterhalb der Geschäftsleitung, nicht auf den Aufsichtsrat); zu § 87 Abs. 1 Satz 2 AktG statt vieler Fleischer in Spindler/Stilz, Komm. AktG, § 87 Rn. 35.
590
Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder
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sammenhang mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen in der Regel nicht gewährt werden dürfen1. § 3 Abs. 7 VersVergV stellt klar, dass die Zahlung von Arbeitslohn an Arbeitnehmervertreter, die im Unternehmen als Arbeitnehmer tätig sind, neben der Aufsichtsratsvergütung zulässig bleibt. Neben den aufsichtsrechtlichen Vorschriften bleibt § 114 AktG anwendbar; auch diese Vorschrift gilt freilich explizit nicht für Arbeitsverträge, sondern nur für sonstige Dienstverträge und Werkverträge (namentlich Beratungsverträge). Nicht unmittelbar einleuchtend ist die Vorschrift des § 3 Abs. 6 Satz 2 VersVergV. Danach dürfen Aufsichtsratsmitglieder, die zugleich Geschäftsleiter oder Generalbevollmächtigte von Versicherungsvermittlungsunternehmen sind, die in erheblichem Umfang Versicherungsverträge für das Unternehmen vermitteln, keine Aufsichtsratsvergütung beziehen. Damit soll offenbar zum Schutz vor Interessenkonflikten erreicht werden, dass sich der angesprochene Personenkreis gar nicht erst in den Aufsichtsrat wählen lässt2. Dieser Zielsetzung würde allerdings eine Inkompatibilitätsregel besser entsprechen als ein Vergütungsverbot.
1529
2. Kreditinstitute Im KWG hatte der Gesetzgeber auf eine Parallelvorschrift zu § 64b VAG in Bezug auf Aufsichtsratsmitglieder zunächst verzichtet, was im Schrifttum auf Kritik gestoßen war3. Seit 1.1.2014 befasst sich nunmehr § 25d Abs. 5 KWG mit der Aufsichtsratsvergütung in Kreditinstituten. Die Vorschrift knüpft indes nicht unmittelbar an die in § 64b VAG geforderte Nachhaltigkeit an; vielmehr verlangt § 25d Abs. 5 KWG, dass die Ausgestaltung der Aufsichtsratsvergütung im Hinblick auf die wirksame Wahrnehmung der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats keine Interessenkonflikte erzeugen darf. Diese Vorgabe dürfte dazu führen, dass erfolgsorientierte Aufsichtsratsvergütungen in Kreditinstituten nur noch in sehr engen Grenzen zulässig sind4. Der deutsche Gesetzgeber hat sich bei Einführung der Vorschrift erklärtermaßen an den „Guidelines on Remuneration Policies and Practices“ des ehemaligen Ausschusses der Europäischen Aufsichtsbehörden für das Bankwesen (Committee of European Banking Supervisors, CEBS) vom 10.12.2010 orientiert5. Diese bezeichnen es als Ausdruck guter Praxis, Aufsichtsratsmitgliedern eine reine Fixvergütung zu gewähren, und empfehlen demgemäß den Ausschluss jeglicher erfolgsorientierter Vergütungsbestandteile. Wenn dennoch eine 1 Näher dazu BaFin, Begründung zur VersVergV, zu § 3; GDV, Auslegungshilfe zu den Anforderungen an Vergütungssysteme in der Versicherungswirtschaft, Feb. 2011, S. 14. 2 Vgl. BaFin, Begründung zur VersVergV, zu § 3 („grundsätzlich bedenklich“, wenn diese Personen als Aufsichtsratsmitglied des Unternehmens tätig sind). 3 Armbrüster, VersR 2011, 1, 4; Weber-Rey, VersR 2010, 599, 600. 4 Ähnlich Apfelbacher/Metzner, AG 2013, 773, 781 („kaum mehr zulässig“). 5 Begr. RegE CRD-IV-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 17/10974, S. 87.
591
1530
§ 21
Besonderheiten in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen
variable Vergütung gewährt werde, müsse diese passgenau auf die Kontrollaufgabe des Aufsichtsrats zugeschnitten und so ausgestaltet sein, dass sie die Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder nicht beeinträchtigt1. An dieser in den Materialien ausdrücklich in Bezug genommenen Leitlinie wird sich die Auslegung des § 25d Abs. 5 KWG orientieren müssen.
VI. Haftung und sonstige Folgen von Pflichtverletzungen 1531
Die zivilrechtliche Haftung der Aufsichtsratsmitglieder folgt auch in den aufsichtsunterworfenen Unternehmen den allgemeinen Regeln, namentlich den §§ 116, 93 AktG (Rn. 981 ff.). Allerdings verschärfen die vielfältigen aufsichtsrechtlichen Vorgaben über das Bindeglied der Legalitätspflicht des Vorstands die Anforderungen an die sorgfaltspflichtgemäße Leitung der aufsichtsunterworfenen Unternehmen und damit korrespondierend auch die Anforderungen an die pflichtgemäße Überwachung durch den Aufsichtsrat2. Halten sich Vorstand und Aufsichtsrat bei der Erfüllung ihrer aufsichtsrechtlichen Pflichten an eine Auslegung der gesetzlichen Vorgaben durch die BaFin, wird allerdings ein schuldhafter Verstoß gegen die Legalitäts- bzw. Legalitätskontrollpflicht regelmäßig ausscheiden3. Stets einzustehen haben die Aufsichtsratsmitglieder dafür, dass sie über die gesetzlich geforderte Mindestqualifikation verfügen (siehe schon Rn. 1487).
1532
Erhebliche Pflichtverletzungen der Aufsichtsratsmitglieder, die trotz Verwarnung durch die BaFin nicht abgestellt werden, können darüber hinaus ein Abberufungsverlangen der BaFin oder ein von ihr ausgesprochenes Tätigkeitsverbot zur Folge haben (§ 36 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 KWG, § 87 Abs. 8 Satz 2 VAG). Ein solches stellt zugleich einen wichtigen Grund für die gerichtliche Abberufung nach § 103 Abs. 3 AktG dar (Rn. 1485).
1 CEBS, Guidelines on Remuneration Policies and Practices vom 10.12.2010, Tz. 47: „In order to properly address conflicts of interests, it is good practice for members of the supervisory function to be compensated only with fixed remuneration. Incentive-based mechanisms should generally be excluded. If such mechanisms do occur, they must be strictly tailored to the assigned monitoring and control tasks, reflecting the individual’s capabilities and the achieved results. If instruments are granted, appropriate measures should be taken, such as retention periods until the end of the mandate, in order to preserve the independence of judgment of those members of the management body.“ 2 Dreher/Häußler, ZGR 2011, 471, 487; Armbrüster, KSzW 2013, 10, 17; Louven/ Raapke, VersR 2012, 257, 265; siehe schon oben Rn. 1492 f. 3 Näher Fleischer, DB 2009, 1335, 1337 (zur Auslegung des WpHG durch die BaFin); ferner Louven/Raapke, VersR 2012, 257, 265 f.; speziell zu den MaRisk siehe aber auch Dreher/Häußler, ZGR 2011, 471, 498 f.
592
Anhang Die Vergütungen der Aufsichtsrats- bzw. Aufsichtsorganmitglieder der DAX 30 Unternehmen Die nachstehende tabellarische Übersicht1 orientiert sich an den aktuell verfügbaren Geschäftsberichten der DAX-notierten Unternehmen für 2012. Die Abschlussberichte des Geschäftsjahres 2013 lagen zum Redaktionsschluss dieses Werkes noch nicht vor. Jedoch zeigen einzelne Aussagen, dass sich auch im Geschäftsjahr 2013 eine Tendenz fortsetzt, die sich bereits vorher – insbesondere im Zuge der Änderung der Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex – abgezeichnet hat: Die DAX-notierten Unternehmen verzichten zunehmend auf eine kurz- oder langfristige variable Vergütung. Stattdessen gewähren sie ihren Aufsichtsräten zunehmend feste jährliche Zahlungen, die unabhängig von der aktuellen oder zukünftigen Unternehmensentwicklung ausgestaltet sind. Noch im Berichtsjahr 2007 gewährten sechsundzwanzig (von dreißig!) DAX-Unternehmen eine variable Vergütung, die sich entweder nach der ausgeschütteten Dividende oder dem Konzernergebnis je Aktie richtete. Im Berichtsjahr 2012 wurden nur noch von einundzwanzig DAX-Unternehmen entsprechende variable Vergütungen gezahlt. Deren Zahl unterschritt erstmals für das Berichtsjahr 2013 die 50 %-Grenze indem sie sich auf nur noch dreizehn reduzierte: Aufgegeben hatten die variable Vergütung namhafte Unternehmen wie die Deutsche Lufthansa AG, die Merck KGaA sowie die Deutsche Telekom AG. Für das Geschäftsjahr 2014 haben bereits die Deutsche Post AG und die Münchener Rück AG einen Übergang zur reinen Fixvergütung angekündigt. Die Deutsche Bank AG, die BMW AG, die Linde AG sowie die RWE AG haben einen Übergang von einer kurzfristigen zu einer langfristig an den Unternehmenserfolg gekoppelten variablen Vergütung angekündigt2. Allerdings darf im Falle der letztgenannten DAX-Größen nicht vergessen werden, dass neben der variablen auch eine Fixvergütung gezahlt wird. Hintergrund dieser Entwicklung ist einerseits eine Abkehr von der kurzfristigen variablen Vergütung und andererseits eine bewusste Hinwendung in Richtung einer Beteiligung des unternehmerischen Kontroll1 Quelle: Geschäftsberichte der Unternehmen für das Berichtsjahr 2011 und 2012 (soweit verfügbar) sowie Unternehmenssatzungen (Stand vom 31.12.2011). Aufschluss gibt die Umfrageuntersuchung vom Probst/Theisen, Der Aufsichtsrat 2012, 66 ff.; zum Trend der Unternehmen hin zu einer reinen Fixvergütung siehe Deloitte, Corporate-Governance-Forum 2012, S. 5 ff., 13 ff.; als Hintergrund zum Arbeits- und Entlohnungsverhältnis zwischen Aufsichtsrat und Vorstand siehe Rapp/Wolff, Analyse zur Kodexakzeptanz 2012, S. 8 ff.; eine ausführliche Analyse unter Einbeziehung des französischen und britischen Rechts, Ludwig, Vergütung des Aufsichtsrats, Dresden 2011, S. 117 ff. 2 Dies ist das Ergebnis einer Untersuchung der Unternehmensberatung Tower Watson aus 2013.
593
organs an Erfolg und Misserfolg des Unternehmens. Zwar hat die Regierungskommission im Jahr 2012 die gänzliche Streichung einer variablen Vergütung aus den Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex zur Aufsichtsratsvergütung beschlossen. Sie hat jedoch auch klargestellt, dass eine an der nachhaltigen Unternehmensentwicklung orientierte Vergütung des Aufsichtsrates empfehlenswert sei. Für welche Art der Umsetzung dieser Entwicklung sich die DAX-Unternehmen nun entscheiden, bleibt abzuwarten. Klar ist jedenfalls, dass eine kurzfristige variable Vergütung aus der Vergütungslandschaft der Aufsichtsräte verschwinden wird. Ob hingegen die Fixvergütung um eine am langfristigen Unternehmenserfolg ausgerichtete Zahlungskomponente ergänzt wird, hängt wesentlich mit der Frage zusammen, wie die überwachende Tätigkeit des Aufsichtsrates interpretiert wird. Soweit der DCGK im Jahre 2012 in Richtung einer unabhängigeren Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats geändert wurde, mag eine am Unternehmenserfolg ausgerichtete Zahlung diesem Unabhängigkeitserfordernis widersprechen. Da der Aufsichtsrat mit seiner Kontrolltätigkeit jedoch den Vorstand und damit die Unternehmensgeschicke im Auftrage der Aktionäre kontrolliert (vgl. § 111 AktG), erscheint – ebenfalls unter dem Eindruck der (o.g.) Änderungen des DCGK – eine finanzielle Beteiligung des Aufsichtsrats am Ergebnis seiner Tätigkeit vorzugswürdig.
594
–
–
–
–
+6 Cap bei 120 000 t
40 000 t
100 000 t
60 000 t
Adidas AG
Allianz SE
BASF SE
–
Kurzfristige Langfristige variable variable Vergütung2 Vergütung3
Feste Vergütung
Vergütung eines einfachen Mitglieds im Geschäftsjahr 2011
+
+
+
500 t je
750 t
–
Begrenzung Sitzungsder Vergügeld tungshöhe1
2,5-fach
2-fach
3-fach
Aufsichtsratsvorsitzender
1,5-fach
1,5-fach
2-fach
stv. Aufsichtsratsvorsitzenden
Erhöhte Vergütung (soweit nicht anders angegeben bezieht sich der Faktor auf die Gesamtvergütung)
Mitgliedschaft7 in einem Ausschuss mit Ausnahme des Nominierungsausschusses 12 500 t; Mitgliedschaft im Prüfungsausschuss 50 000 t; die jeweiligen Vorsitzenden erhalten das 2-fache, die stellvertretenden Vorsitzenden das 1,5-fache
Vorsitz bzw. Mitgliedschaft5 im Personal-, Risiko- und ständigen Ausschuss 40 000 t bzw. 20 000 t; Vorsitz bzw. Mitgliedschaft im Prüfungsausschuss 80 000 t bzw. 40 000 t
Vorsitz bzw. Mitgliedschaft4 im Präsidialausschuss 40 000 t bzw. 20 000 t; Vorsitz bzw. Mitgliedschaft im Prüfungsausschuss 60 000 t bzw. 40 000 t
Gesonderte Vergütung der Mitarbeit in Ausschüssen nach DCGK
Vergütungen der Aufsichtsräte der DAX 30 Unternehmen
Anhang
595
596
Kurzfristige Langfristige variable variable Vergütung Vergütung –
+11
–
–
+10
+13 Cap bei 110 000 t
Feste Vergütung
120 000 t
40 000 t
55 000 t
Bayer AG
Beiersdorf AG9
BMW AG
Vergütung eines einfachen Mitglieds im Geschäftsjahr 2011
–
–
+
2000 t
1000 t bzw. 500 t bei frühzeitigem Verlassen
100 t je
Begrenzung Sitzungsder Vergügeld tungshöhe
3-fach
2,5-fach
3-fach
Aufsichtsratsvorsitzender
2-fach
1,5-fach
2-fach
stv. Aufsichtsratsvorsitzenden
Erhöhte Vergütung (soweit nicht anders angegeben bezieht sich der Faktor auf die Gesamtvergütung)
Für Vorsitz bzw. Mitgliedschaft in einem Ausschuss wird zusätzlich das 2-fache bzw. 1,5-fache der fixen und variablen Vergütung gezahlt14, 15.
Vorsitz bzw. Mitglieder mit Ausnahme des Vermittlungsausschusses (MitbestG) und des Nominierungsausschusses 40 000 t bzw. 20 000 t12
Vorsitzende bzw. Mitglieder des Prüfungsausschusses erhalten zusätzlich das 1-fache bzw. 0,5-fache der Fixvergütung. Für andere Ausschüsse mit Ausnahme des Nominierungsausschusses werden das 0,5-fache bzw. 0,25-fache der einfachen Vergütung gezahlt8.
Gesonderte Vergütung der Mitarbeit in Ausschüssen nach DCGK
Anhang Vergütungen der Aufsichtsräte der DAX 30 Unternehmen
–
–
+16
+20
40 000 t
Continental 75 000 t AG19
+25
+24
–
60 000 t
70 000 t
Deutsche Bank AG
Deutsche Börse AG
–
–
–
100 000 t
Daimler AG22
Commerzbank AG
–
+26
+
–
–
–
1000 t
1100 t
1000 t
1500 t
170 000 t
4-fach
3-fach
3-fach
3-fach
105 000 t
1,5- fach
2-fach
1,5-fach
2-fach
Vorsitz und Mitgliedschaft im Prüfungs- und Finanzausschuss zusätzlich 60 000 t bzw. 35 000 t je Mitglied; für übrige Ausschüsse 40 000 t bzw. 30 000 t
Vorsitzender und Mitglied erhalten zusätzlich das 2-fache bzw. das 1-fache der festen und variablen Vergütung mit Ausnahme des Vermittlungsausschusses nach § 27 Abs. 3 MitbestG.
Prüfungsausschuss Vorsitzender 1-fach, Mitglieder das 0,5-fache der einfachen Vergütung; je Mitglied im Präsidialausschuss das 0,4-fache, in anderen Ausschüssen das 0,2-fache der einfachen Vergütung.23
2,5-fach für Vorsitzenden des Prüfungsausschusses; 2-fach für Vorsitzenden eines anderen Ausschusses 1,5-fach je Mitglied21
Für Vorsitz bzw. Mitgliedschaften in einem Ausschuss wird zusätzlich das 1-fache bzw. 0,5-fache der einfachen Vergütung gezahlt17, 18.
Vergütungen der Aufsichtsräte der DAX 30 Unternehmen
Anhang
597
598 –
+30
–
1000 t 2-fach
2-fach
40 000 t
1000 t
Deutsche Telekom AG
–
+29
–
40 000 t
Deutsche Post AG
500 t 3-fach
100 000 t
+28
50 000 t
Deutsche Lufthansa AG27
–
Aufsichtsratsvorsitzender
1,5- fach
1,5- fach
1,5-fach
stv. Aufsichtsratsvorsitzenden
Erhöhte Vergütung (soweit nicht anders angegeben bezieht sich der Faktor auf die Gesamtvergütung)
Kurzfristige Langfristige variable variable Vergütung Vergütung
Begrenzung Sitzungsder Vergügeld tungshöhe
Feste Vergütung
Vergütung eines einfachen Mitglieds im Geschäftsjahr 2011
Vorsitzender und Mitglieder des Prüfungsausschusses erhalten zusätzlich das 1,5-fache bzw. 1-fache der fixen und variablen Vergütung; Sonstige Vorsitzende und Mitglieder, mit Ausnahme Vermittlungs- (MitbestG) und Nominierungsausschuss, zusätzlich das 1-fache bzw. 0,5-fache.
Vorsitzende und Mitglieder von Ausschüssen, mit Ausnahme Nominierungs- und Vermittlungsausschuss (MitbestG) erhalten zusätzlich das 1-fache bzw. 0,5-fache der fixen und variablen Vergütung.
Vorsitz und Mitgliedschaft je 0,5-fache bzw. 0,25-fache der festen und variablen Vergütung
Gesonderte Vergütung der Mitarbeit in Ausschüssen nach DCGK
Anhang Vergütungen der Aufsichtsräte der DAX 30 Unternehmen
–
+37
Heidelberg 40 000 t Cement AG
+36
–
80 000 $35
Fresenius Medical Care AG & Co. KGaA
–
+34
13 000 t33
Fresenius SE & Co. KGaA
–
–
140 000 t
EON31
–
–
–
–
1500 t
–
–
1000 t
2,5-fach
2-fach
2-fach
440 000 t
1,5-fach
1,5- fach
1,5-fach
320 000 t
Vorsitzender und Mitglied des Prüfungsausschusses erhalten 30 000 t bzw. 15 000 t; Vorsitzender und Mitglied Personalausschuss erhalten 15 000 t bzw. 7 500 t zusätzlich.
Vorsitzende und Stellvertreter erhalten zusätzlich 60 000 $ bzw. 50 000 $; einfache Mitglieder 40 000 $; Mitgliedschaft im gemeinsamen Ausschuss und Nominierungsausschuss wird nicht zusätzlich vergütet.
Vorsitzender und Mitglieder des Prüfungsausschusses erhalten zusätzlich 20 000 t bzw. 10 000 t.
Vorsitzender und Mitglieder des Prüfungs- und Risikoausschusses erhalten zusätzlich 180 000 t bzw. 110 000 t; Vorsitzende und Mitglieder sonstiger Ausschüsse, mit Ausnahme des Nominierungsausschusses, 140 000 t bzw. 70 000 t32.
Vergütungen der Aufsichtsräte der DAX 30 Unternehmen
Anhang
599
600 –
–
–
+42 Cap bei 50 000 t
–
70 000 t39
50 000 t
100 000 t
Henkel AG & Co. KGaA38
Infineon Technologies AG
K+S AG
–
Kurzfristige Langfristige variable variable Vergütung Vergütung
Feste Vergütung
Vergütung eines einfachen Mitglieds im Geschäftsjahr 2011
–
–
–
2-fach
2-fach
750 t44
2-fach40
Aufsichtsratsvorsitzender
1,5-fach
1,75-fach
1,5-fach41
stv. Aufsichtsratsvorsitzenden
Erhöhte Vergütung (soweit nicht anders angegeben bezieht sich der Faktor auf die Gesamtvergütung)
2000 t
1000 t
Begrenzung Sitzungsder Vergügeld tungshöhe
Mitglieder des Prüfungsausschusses erhalten 15 000 t. Vorsitzender und Stellvertreter erhalten das 2-fache oder 1,5-fache. Mitglieder des Personal- und Nominierungsausschusses erhalten zusätzlich 7500 t, Vorsitzender und Stellvertreter das 2-fache bzw. 1,5-fache.
Vorsitzende und einfache Mitglieder von Investitions-, Finanz- und Prüfungsausschuss sowie Strategie- und Technologiesausschuss erhalten die 0,5-fache bzw. 0,3-fache Fixvergütung; Vermittlungs- und Nominierungsausschuss werden nicht berücksichtigt43.
Vorsitzender und Mitglied eines Ausschusses, mit Ausnahme des Nominierungsausschusses, erhalten zusätzlich das 1-fache bzw. 0,5-fache der gesamten Vergütung.
Gesonderte Vergütung der Mitarbeit in Ausschüssen nach DCGK
Anhang Vergütungen der Aufsichtsräte der DAX 30 Unternehmen
–
– +51
–
+47
+49
+50
+53
50 000 t
7000 t
50 000 t
40 000 t
Merck KGaA
Münchener Rück AG
RWE AG
+45
Linde AG46
–
80 000 t
LANXESS AG
–
3-fach der jährlichen fixen Vergütung
–
–
+ 3-fache Fixvergütung
500 t
2000 t52
–
500 t
1500 t
3-fach
2,5-fach
2-fach
3-fach
3-fach
2-fach
1,5-fach
1,5-fach
1,5-fach
1,5-fach
Vorsitzender und Mitglieder erhalten das 2-fache bzw. 1,5-fache der gesamten Vergütung54.
Vorsitzende und Mitglieder, mit Ausnahme Vermittlungsund Nominierungsausschuss, erhalten zusätzlich die 1-fache bzw. 0,5-fache Fixvergütung.
–
Mitglieder des ständigen Ausschusses erhält das 1,5-fache der gesamten Vergütung; Vorsitzender und Mitglieder des Prüfungsausschusses erhalten 40 000 t bzw. 20 000 t48.
Vorsitzender und Mitglieder des Prüfungsausschusses erhalten zusätzlich die 1-fache bzw. 0,5-fache Festvergütung; Vorsitz und Mitglieder anderer Ausschüsse, mit Ausnahme Vermittlungs- und Nominierungsausschuss, zusätzlich das 0,75-fache bzw. 0,5-fache Fixvergütung.
Vergütungen der Aufsichtsräte der DAX 30 Unternehmen
Anhang
601
602 –
+62
Volkswagen 6000 t AG61
+60
+59
–
–
1000 t
500 t
3-fach
3-fach
2-fach
50 000 t
1500 t
ThyssenKrupp AG
–
–
–
140 000 t
Siemens AG57
–
2-fach
+56
+55
50 000 t
SAP AG
–
Aufsichtsratsvorsitzender
2-fach
2-fach
220 000 t
1,4-fach
stv. Aufsichtsratsvorsitzenden
Erhöhte Vergütung (soweit nicht anders angegeben bezieht sich der Faktor auf die Gesamtvergütung)
Kurzfristige Langfristige variable variable Vergütung Vergütung
Begrenzung Sitzungsder Vergügeld tungshöhe
Feste Vergütung
Vergütung eines einfachen Mitglieds im Geschäftsjahr 2011
Vorsitzender und Mitglieder erhalten das 2-fache bzw. 1,5-fache der gesamten Vergütung63.
Vorsitzender und Mitglieder, mit Ausnahme von Vermittlungs- und Nominierungsausschuss, erhalten zusätzlich das 0,5-fache bzw. 0,25-fache der gesamten Vergütung.
nach abgestuftem System58
Vorsitzender und Mitglieder Prüfungsausschuss erhalten das 0,5-fache bzw. 0,3-fache der Fixzahlung; Vorsitzende und Mitglieder anderer Ausschüsse das 0,4-fache bzw. 0,2-fache Fixvergütung.
Gesonderte Vergütung der Mitarbeit in Ausschüssen nach DCGK
Anhang Vergütungen der Aufsichtsräte der DAX 30 Unternehmen
1 Eine Begrenzung der Vergütung ist unterschiedlich ausgestaltet. So wird bei manchen Unternehmen nur die variable Vergütungshöhe beschränkt, bei anderen die Gesamtvergütung. Wieder andere legen fest, dass bei Innehabung mehrerer Ämter eine Vergütung nur für das am höchsten vergütete Amt gezahlt wird. Hier nur wiedergegeben, sofern eindeutige Aussage im jeweiligen Geschäftsbericht. 2 Fast 50 % der Unternehmen machen die kurzfristige Vergütung von der Dividende abhängig, häufig wird auch das Konzernergebnis je Aktie als Bemessungsgrundlage herangezogen. 3 In diese Kategorie sind alle Vergütungsformen eingeordnet, die sich auf den langfristigen Unternehmenserfolg beziehen. Dabei gibt es die verschiedensten Ausgestaltungen. 4 Gehört ein Aufsichtsratsmitglied mehreren Ausschüssen an, so wird nur die betragsmäßig höchste Mitgliedschaft vergütet. Mitgliedschaften in anderen Ausschüssen werden nicht vergütet. 5 Gehört ein Aufsichtsratsmitglied mehreren Ausschüssen an, so wird nur die betragsmäßig höchste Mitgliedschaft vergütet. Mitgliedschaften in anderen Ausschüssen werden nicht vergütet. 6 Die Höchstzahl ergibt sich abhängig vom Konzernergebnis je Aktie; 800 t für jeden vollen 0,01 t bis zu einem Aktienwert vom 2,25 t; 600 t bis zu einem Aktienwert von 2,75 t; 400 t für jeden darüber hinaus gehenden 0,01 t. 7 Gehört ein Aufsichtsratsmitglied mehreren Ausschüssen an, so wird nur die betragsmäßig höchste Mitgliedschaft vergütet. Mitgliedschaften in anderen Ausschüssen werden nicht vergütet. 8 Ausschusstätigkeiten werden für höchstens zwei Ausschüsse berücksichtigt, wobei jeweils die zwei höchstdotiertesten Mitgliedschaften vergütet werden. 9 Die Beiersdorf AG hat mit HV-Beschluss vom 21.4.2011 die Satzung mit Wirkung zum 1.7.2011 hinsichtlich der Aufsichtsratsvergütung angepasst. 10 1000 t je Cent, um den die ausgeschüttete Dividende pro Aktie den Betrag von 0,25 t übersteigt. Diese variable Vergütung wird zu 40 % nach der Entlastung des jew. Mitglieds durch die Hauptversammlung für das vergütete Geschäftsjahr gezahlt (sog. Ausgangsjahr). Der verbleibende Betrag wird nach der Hauptversammlung ausgezahlt, der der Jahresabschluss für das dritte auf das sog. Ausgangsjahr folgende Geschäftsjahr vorliegt – soweit nicht die durchschnittliche Dividende des Ausgangsjahrs und der drei folgenden Jahre niedriger ist als die des Ausgangsjahrs. 11 Hierunter fällt die Auszahlung der übrigen 60 % der kurzfristigen variablen Vergütung. 12 Gehört ein Aufsichtsratsmitglied mehreren Ausschüssen an, so wird nur die betragsmäßig höchste Mitgliedschaft vergütet. Mitgliedschaften in anderen Ausschüssen werden nicht vergütet. 13 Nach der ordentlichen Hauptversammlung des Folgejahres wird als variable Vergütung gezahlt: 220 t je volle 0,01 t, um die das Ergebnis je Stammaktie im Geschäftsjahr einen Mindestbetrag von 2,30 t übersteigt. 14 Gehört ein Aufsichtsratsmitglied mehreren Ausschüssen an, so wird nur die betragsmäßig höchste Mitgliedschaft vergütet. Mitgliedschaften in anderen Ausschüssen werden nicht vergütet. 15 Diese Vergütung wird nur gezahlt, wenn der Ausschuss mindestens an drei Tagen des Geschäftsjahres zusammenkommt. 16 Als variable Vergütung wird gezahlt: 3000 t je 0,05 t Dividende, die über eine Dividende von 0,10 t je Stückaktie für das abgelaufenen Geschäftsjahr an die Aktionäre ausgeschüttet wird. Zahlung erfolgt nach Ablauf der Hauptversammlung, die über die Entlastung des Aufsichtsrats für das betreffende Geschäftsjahr zu befinden hat. 17 Diese zusätzliche Vergütung wird für maximal drei Ausschussmandate gezahlt.
Vergütungen der Aufsichtsräte der DAX 30 Unternehmen
Anhang
603
18 Diese Vergütung wird nur gezahlt, wenn der Ausschuss mindestens zweimal im laufenden Geschäftsjahr zusammenkommt. 19 Der Aufsichtsrat hat im Geschäftsjahr 2011 sein Vergütungssystem von externen Beratern überprüfen lassen. Die Hauptversammlung hat auf Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat am 27.4.2012 Änderungen des Vergütungssystems beschlossen. 20 90 t je 0,01 t, um den der Durchschnitt aus dem den Anteilseignern zuzurechnenden Konzernergebnis je Aktie des Geschäftsjahres, für das die Vergütung gezahlt wird, und dem Konzernergebnis pro Aktie für jedes der ihm unmittelbar vorausgehenden beiden Geschäftsjahre den Betrag von 2 t übersteigt. Zahlung erfolgt nach Ablauf der Hauptversammlung, die über die Entlastung des Aufsichtsrats für das betreffende Geschäftsjahr zu befinden hat. 21 Zahlung nur für höchstvergütete Funktion. 22 Die Vergütung wurde im laufenden Geschäftsjahr 2011 für dieses durch die Hauptversammlung in der Satzung neu geregelt. 23 Diese zusätzliche Vergütung wird für maximal drei Ausschussmandate gezahlt. Voraussetzung der Auszahlung ist, dass der jeweilige Ausschuss im laufenden Geschäftsjahr getagt hat. 24 Aus dem laufenden Geschäftsjahr: 100 t pro vollen 0,01 t die die ausgeschüttete Dividende im Geschäftsjahr die Dividende von 1,00 t je Aktie übersteigt. Vorsitzender und Stellvertreter der Aufsichtsrats erhalten das 4-fache bzw. 1,5-fache. 25 Long Term Incentive: jährliche Vergütung von 100 t je 0,01 t, um die der Durchschnitt der im Finanzbericht für den Konzern ausgewiesenen Ergebnisse je Aktie für die letzten drei abgelaufenen Geschäftsjahre den Betrag von 4,00 t je Aktie übersteigt. Vorsitzender und Stellvertreter des Aufsichtsrats erhalten das 4-fache bzw. 1,5-fache. 26 Für den Aufsichtsratsvorsitzenden gilt maximal das 4-fache der einfachen und variablen Vergütung. 27 Mit Wirkung zum 1.1.2013 hat die Lufthansa AG die Vergütungsregelung für Aufsichtsräte in ihrer Satzung geändert und dabei gänzlich auf eine variable Vergütung verzichtet. Das Fixum erhöht sich auf 80 000 t, der Vorsitzende erhält das 3-fache, sein Stellvertreter das 1,5-fache. Der Vorsitzende und Mitglieder des Prüfungsausschusses erhalten zusätzlich 60 000 t bzw. 30 000 t, Vorsitzende und Mitglieder anderer Ausschüsse erhalten zusätzlich 40 000 t bzw. 20 000 t. Die Auszahlung dieser zusätzlichen Vergütung steht unter der Voraussetzung, dass der Ausschuss im Geschäftsjahr tagt. Der Vergütungs-Cap wurde aufgehoben. 28 1000 t für jede 0,02 t um die das Konzernergebnis je Aktie 1 t übersteigt. Vorsitzender und stellvertretender Vorsitzender erhalten das 3-fache bzw. 1,5-fache. 29 Long Term Incentive: 1000 t für jede 0,02 t um die der Konzerngewinn je Aktie im zweiten Geschäftsjahr nach dem laufenden Geschäftsjahr den Konzerngewinn je Aktie des Geschäftsjahres vor dem laufenden Geschäftsjahr übersteigt. Vorsitzender und Stellvertreter erhalten das 2-fache bzw. 1,5-fache. Die variable Vergütung kann maximal 50 % der Höhe der Fixvergütung erreichen. Fälligkeit nach Hauptversammlung 2014. 30 Long Term Incentive: 1000 t für jede 0,02 t um die der Konzerngewinn je Aktie im zweiten Geschäftsjahr nach dem laufenden Geschäftsjahr den Konzerngewinn je Aktie des Geschäftsjahres vor dem laufenden Geschäftsjahr übersteigt. Vorsitzender und Stellvertreter erhalten das 2-fache bzw. 1,5-fache. Cap bei 40 000 t. Fälligkeit nach Hauptversammlung 2014. 31 Durch Beschluss der Hauptversammlung vom 5.5.2011 wurde das Vergütungssystem auf ein reines Fixvergütungssystem umgestellt. 32 Aufsichtsratsvorsitzender und Stellvertreter erhalten keine zusätzliche Vergütung für Ausschusstätigkeit. Bei Mitgliedschaften in mehreren Ausschüssen wird nur die jeweils höchste Ausschussvergütung gezahlt. 33 Bei gleichzeitiger Mitgliedschaft im Aufsichtsrat der persönlich haftenden Fresenius Medical Care Management SE reduziert sich die Vergütung anteilig (50 %).
Anhang
604
Vergütungen der Aufsichtsräte der DAX 30 Unternehmen
34 Fixe Vergütung erhöht sich für jedes volle Geschäftsjahr um 10 %, wenn die Dividende je Stammaktie für dieses Geschäftsjahr (es zählt der Dividendenbeschluss der Hauptversammlung) um jeweils einen Prozentpunkt höher ist als 3,6 % des auf eine einzelne Stückaktie entfallenden Anteils des Grundkapitals. 35 Bei gleichzeitiger Aufsichtsratsmitgliedschaft in der Fresenius Management AG erfolgt Halbierung der Bezüge; ist stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der Fresenius Medical Care Management AG, wird seine Tätigkeit als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Fresenius Medical Care nicht vergütet. 36 60 000 t, bei Erreichen eines drei-Jahres-Durchschnitts-EPS-Wachstums-Korridors zwischen 8 % – 8,99 %; 70 000 t, bei Erreichen eines dreiJahres-Durchschnitts-EPS-Wachstums-Korridors zwischen 9 % – 9,99 %; 80 000 t, bei Erreichen eines drei-Jahres-Durchschnitts-EPS-Wachstums-Korridors von 10 % und darüber. 37 Zusätzlich zu den Festbeträgen werden 58 t je 0,01 t Ergebnis je Aktie gewährt, das über den Sockelbetrag von 2,50 t Ergebnis je Aktie hinausgeht. Vorsitzender und Stellvertreter erhalten jeweils das 2,5-fache bzw. 1,5-fache. Cap bei Erreichen der fixen Vergütung. Insgesamt ist der Betrag, der an alle Aufsichtsratsmitglieder ausgezahlt wird, begrenzt auf den Bilanzgewinn, vermindert um 4 % der auf den geringsten Ausgabebetrag der Aktien geleisteten Einlagen. 38 Neben dem Aufsichtsrat führt die Henkel AG & Co. KGAA einen Gesellschafterausschuss, der gemäß den Satzungsvorgaben an der Geschäftsführung mitwirkt. 39 Vergütung für etwaige Mitgliedschaften im Aufsichtsrat der persönlich haftenden Gesellschafterin wird angerechnet. 40 Vergütung für etwaige Mitgliedschaft im Aufsichtsrat der persönlich haftenden Gesellschafterin wird angerechnet. 41 Vergütung für etwaige Mitgliedschaft im Aufsichtsrat der persönlich haftenden Gesellschafterin wird angerechnet. 42 1500 t je 0,01 t, um den das Ergebnis je Aktie einen Mindestbetrag von 0,30 t übersteigt, wobei sich der Mindestbetrag jährlich um 0,03 t erhöht (erstmals für das am 1.10.2011 beginnende Geschäftsjahr). 43 Soweit mehrere Funktionen ausgeübt werden, bemisst sich die Vergütung nur anhand der am höchsten vergüteten Funktion. 44 Bei mehreren Sitzungen an einem Tag maximal 1500 t. 45 Zahlung zum Ende der gewöhnlichen Amtszeit des Aufsichtsratsmitgliedes; ob die variable Vergütung zur Auszahlung gelangt, ist abhängig von der Entwicklung des Aktienkurses vom Beginn bis zum Ende des Aufsichtsratsmandates. Verglichen werden der Durchschnitt des Aktienkurses und des Dow Jones STOXX 600 Chemicals-Index in den 90 Börsentagen vor der Hauptversammlung, in der der Aufsichtsrat bestellt wurde, mit demjeningen in den 90 Tagen vor der Hauptversammlung, mit deren Beendigung das Mandat endet. Zahlung erfolgt, wenn sich der Aktienkurs besser entwickelt hat als der Vergleichsindex. Es erfolgt eine Zahlung von 50 000 t bei einem Unterschied von bis zu 10 %; 100 000 t zwischen 10 % und 20 % und darüber 150 000 t. 46 Die Vergütung des Vorstands ist mit Hauptversammlungsbeschluss vom 5.6.2007 mit Wirkung für das Geschäftsjahr 2007 geändert worden. 47 Die variable Vergütung errechnet sich aus je 300 t für jeden von der Hauptversammlung beschlossenen Gewinnanteil vom 0,01 t pro Aktie, der über einen Gewinnanteil von 0,50 t pro Aktie hinaus ausgeschüttet wird; ferner 450 t für jede 0,1 Prozentpunkte, um die die im jeweiligen Geschäftsjahr erreichte Rendite auf das eingesetzte Kapital die Quote vom 7 % übersteigt. Vorsitzender und Stellvertreter erhalten das 3-fache bzw. das 1,5-fache. 48 Cap bei mehreren Funktionen; Bezahlung nur für höchst vergütete Funktion. 49 Abhängig von der Dividende 550 t für jedes von der Hauptversammlung beschlossene über 6 % des Grundkapitals hinausgehende Prozent der Dividende. Vorsitzender und Stellvertreter erhalten das 2-fache bzw. 1,5-fache.
Vergütungen der Aufsichtsräte der DAX 30 Unternehmen
Anhang
605
50 Errechnet sich aus 4000 t je vollen 1 t, um den das Ergebnis je Aktie im Geschäftsjahr den Betrag von 12 t je Aktie übersteigt. Vorsitzender und Stellvertreter erhalten das 2,5-fache bzw. 1,5-fache. Cap bei 40 000 t. 51 10 000 t in einem Betrachtungszeitraum von 4 Jahren, wenn das Ergebnis pro Aktie des dem Vergütungsjahr vorgehenden dritten Geschäftsjahres um mindestens 30 % übertrifft. Vorsitzender und Stellvertreter erhalten das 2,5-fache bzw. 1,5-fache. 52 Nur für Mitglieder des Prüfungs- und Nominierungsausschusses. 53 Variabel: 225 t je vollen 0,01 t, um die die ausgeschüttete Dividende im Geschäftsjahr die Dividende von 0,10 t je Aktie übersteigt. Vorsitzender und Stellvertreter erhalten das 3-fache bzw. 2-fache. 54 Zahlung nur für höchstvergütete Funktion. 55 Variable Vergütung ist nach Funktion abgeschichtet: 10 000 t (Vorsitzender), 8000 t (stellvertretender Vorsitzender), 6000 (andere Mitglieder) je vollen 0,01 t, um die die ausgeschüttete Dividende im Geschäftsjahr die Dividende von 0,40 t je Aktie übersteigt. 56 Gesamtvergütung ohne Ausschussvergütung: 250 000 t Vorsitzender; 200 000 t stellvertretender Vorsitzender; 150 000 t jedes Mitglied. 57 Hier konnte bereits der Geschäftsbericht 2012 berücksichtigt werden. 58 Vorsitzender und Mitglieder des Prüfungsausschusses zusätzlich 160 000 t bzw. 80 000 t; Vorsitzender und Mitglieder des Präsidiums zusätzlich 120 000 t bzw. 80 000 t; Vorsitzender und Mitglieder des Finanz- und Investitionsausschusses zusätzlich 80 000 t bzw. 40 000 t; Vorsitzender und Mitglieder des Compliance-Ausschusses zusätzlich 80 000 t bzw. 40 000 t, es sei denn, es besteht zusätzliche Mitgliedschaft im Prüfungsausschuss. 59 Variabel: 300 t je vollen 0,01 t, um die die ausgeschüttete Dividende im Geschäftsjahr die Dividende von 0,10 t je Aktie übersteigt. Vorsitzender und Stellvertreter erhalten das 3-fache bzw. das 2-fache. 60 Aus einem Betrachtungszeitraum von drei Jahren: jährliche Vergütung i.H.v. 2000 t je 100 Mio. t Ergebnis (EBT), das im Durchschnitt der letzten drei Geschäftsjahre ein EBT von 1 Mrd. t übersteigt. Vorsitzender und Stellvertreter erhalten das 3-fache bzw. das 2-fache. 61 Hier konnte bereits das Geschäftsjahr 2012 berücksichtigt werden. 62 Variabel: 2500 t je vollen 0,03 t, um die die ausgeschüttete Dividende im Geschäftsjahr die Dividende von 0,15 t je Aktie übersteigt. Vorsitzender und Stellvertreter erhalten das 3-fache bzw. das 2-fache. 63 Zahlung nur für höchstvergütete Funktion.
Anhang
606
Vergütungen der Aufsichtsräte der DAX 30 Unternehmen
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Stichwortverzeichnis Verfasser: Ass. jur. Marcus Mandl Die Zahlen verweisen auf die Randnummern des Textes. Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern – Anteilseignervertreter in der AG 14 – Anteilseignervertreter in der Genossenschaft 15 – Anteilseignervertreter in der GmbH 16 – Anzeigepflichten in Kreditinstituten 1483 – Anzeigepflichten in Versicherungsunternehmen 1483 – Arbeitnehmervertreter 10 ff. – gerichtliche A. aus wichtigem Grund 930 ff. – in der SE 1364 – Überblick 9 ff., 34 Abschlussprüfer – und Aufsichtsrat 172 – Auftragserteilung 173 ff. – Bestellung 173 – Bilanzsitzung des Aufsichtsrats, s. dort – Früherkennungs- und Überwachungssystem 86 – GmbH mit Pflichtaufsichtsrat 1131 – kleine AG 188 f. – KonTraG 1998 47, 85, 172 – Konzernabschlussprüfung 187 – in Kreditinstituten 1498 – Pflichtprüfungen 172 ff. – und Prüfungsausschuss 174, 755 – Prüfungsbericht, s. Prüfungsbericht des Abschlussprüfers – Prüfungsschwerpunkte 173 – in der SE 1400 – zusätzliche Prüfungen 185 f. Ad hoc-Publizität – Überblick 304 ff., 612 – und Verschwiegenheitspflicht 290 ff.
Amtsniederlegung – Form 37 – Grundsatz 35 – vertragliche Bindungen 36 – Wirkung 38 Anteilseignervertreter – Abberufung in der AG 14 – Abberufung in der Genossenschaft 15 – Abberufung in der GmbH 16 – Wahl in der AG 14 – Wahl in der Genossenschaft 15 – Wahl in der GmbH 16 – Wahlvereinbarungen 17 Arbeitnehmervertreter – Abberufung 10 ff. – DrittelbG 12 – MitbestG 13 – Montan-Mitbestimmung 11 – Wahl 10 ff. Arbeitsdirektor – Abberufung 471 – Auswahl 472 – Bestellung 471 – Gleichberechtigung des A. 473 ff. – in der GmbH 476, 1132 ff. – Mitbestimmung 469, 473 – Überblick 469 ff. Audit Committee, s. Prüfungsausschuss Aufsichtsrat – Beratervertrag mit Dritten 865 – Besonderheiten in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen, s. Aufsichtsrat, Besonderheiten in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen – Dauer der Mitgliedschaft, s. Dauer der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat – kompetenzorientierte Besetzung 59
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Stichwortverzeichnis
– als Pflichtorgan, s. Pflicht-Aufsichtsrat – unternehmerische Aufgaben 57 ff. – Zusammensetzung, s. Zusammensetzung des Aufsichtsrats Aufsichtsrat, Besonderheiten in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen – Ämterhäufung 1475 ff. – Anforderungsprofil für die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat 1454 ff. – Anzeigepflichten bei Bestellung und Ausscheidung von Aufsichtsratsmitgliedern 1483 – Aufgaben des Aufsichtsrats 1491 – Aufsichtsrechtliche Eingriffsbefugnisse bei Verstößen gegen das Anforderungsprofil für Aufsichtsratsmitglieder 1485 f. – Aufsichtsrechtliche Einzelaufgaben 1498 – Ausschüsse des Aufsichtsrats in Kreditinstituten 1508 ff. – Ausschüsse des Aufsichtsrats in Versicherungsunternehmen 1508 – Berichtspflicht über Zusammensetzung von Vorstand und Aufsichtsrat in Kreditinstituten 1484 – Beschließende Ausschüsse des Aufsichtsrats in Kreditinstituten 1510 – Besetzung der Ausschüsse des Aufsichtsrats in Kreditinstituten 1508 ff. – Bestellung des Abschlussprüfers 1498 – CRD-IV-Richtlinie 1452 – CRR 1452 – Direktkontakte zu den Mitarbeitern in Kreditinstituten 1501 f. – Direktkontakte zu den Mitarbeitern in Versicherungsunternehmen 1503 – Diversität im Aufsichtsrat in Kreditinstituten 1480
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– Diversität im Aufsichtsrat in Versicherungsunternehmen 1481 – fachliche Eignung der Aufsichtsratsmitglieder 1457 – financial expert 1461 – Folgen von Pflichtverletzungen der Aufsichtsratsmitglieder 1531 f. – Fortbildung der Aufsichtsratsmitglieder eines Kreditinstituts 1465 ff. – Fortbildung der Aufsichtsratsmitglieder eines Versicherungsunternehmens 1470 – Frauenquote in Kreditinstituten 1480, 1516 – Gemeinsamer Ausschuss in Kreditinstituten 1515 – Gesamtqualifikation des Aufsichtsrats eines Kreditinstituts 1462, 1464 – Gesamtqualifikation des Aufsichtsrats eines Versicherungsunternehmens 1463 f. – Gesellschaftsrechtliche Folgen bei Verstößen gegen das Anforderungsprofil für Aufsichtsratsmitglieder 1487 ff. – Haftung der Aufsichtsratsmitglieder bei Pflichtverletzungen 1531 – Information des Aufsichtsrats 1499 ff. – Informationsordnung des Aufsichtsrats in Kreditinstituten 1512 – Inkompatibilität in Kreditinstituten 1475 ff. – Inkompatibilität in Kreditinstituten und Gruppenprivileg 1477 – Inkompatibilität in Versicherungsunternehmen 1475, 1479 – Inkompatibilität bei Vertretern der öffentlichen Hand in Kreditinstituten 1478 – Inkompatibilitätsregelung in Kreditinstituten und Befreiung von durch die BaFin 1476
Stichwortverzeichnis
– Interessenkonflikte bei Aufsichtsratsmitgliedern eines Kreditinstituts 1472 – Interne Organisation des Aufsichtsrats 1506 ff. – Kapitaladäquanzverordnung 1452 – Konzern 1504 f. – Legalitätskontrolle 1492 ff. – Nominierungsausschuss 1508, 1516 ff. – Organisation des Aufsichtsrats 1506 ff. – Organkredite 1498 – persönliche Voraussetzung der Mitgliedschaft in einem Ausschuss des Aufsichtsrats 1460 f., 1509 – Prüfungsausschuss 1501, 1508, 1513 f. – Qualifikation 1455 ff. – Qualifikation der Mitglieder von Ausschüssen des Aufsichtsrats in Kreditinstituten 1460 f., 1509 – Rechtsfolgen bei Verstößen gegen das Anforderungsprofil für Aufsichtsratsmitglieder 1485 ff. – Risikoausschuss 1501, 1508, 1511 f. – Sachkunde der Aufsichtsratsmitglieder 1455 ff. – Solvabilität II-Richtlinie 1452 – Teilnahmerecht der BaFin an den Sitzungen des Aufsichtsrats 1507 – Überblick 1450 ff. – Überwachung der Geschäftsführung durch den Aufsichtsrat 1491 ff. – Überwachungsinstrumente 1499 ff. – Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder 1482 – Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder in Kreditinstituten 1526, 1530 – Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder in Versicherungsunternehmen 1526 ff.
– Vergütungs- und Risikoexperte 1461 – Vergütungskontrollausschuss 1461, 1501, 1508, 1520 ff. – Vergütungssysteme für Geschäftsleiter und Mitarbeiter 1496 f., 1511, 1521 ff. – Vielfalt im Aufsichtsrat in Kreditinstituten 1480 – Vielfalt im Aufsichtsrat in Versicherungsunternehmen 1481 – Vorstandsunabhängige Information des Aufsichtsrats 1500 ff. – Zeitliche Verfügbarkeit der Aufsichtsratsmitglieder 1473 f. – Zukunftsgerichtetheit der Kontrolle 1494 ff. – Zuverlässigkeit der Aufsichtsratsmitglieder 1471 Aufsichtsratsausschüsse, s. Ausschüsse des Aufsichtsrats Aufsichtsratsmitglieder – Abberufung, s. Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern – Anteilseignervertreter, s. dort – Arbeitnehmervertreter, s. dort – Beraterverträge, s. Beraterverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern – Dauer der Mitgliedschaft, s. Dauer der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat – Drittgeschäfte 879 ff. – Ersatzmitglieder, s. Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats – Gleichheit der A. 821 – Haftung, s. Aufsichtsratsmitglieder, Haftung – Höchstzahl der Aufsichtsratssitze 47 – Interessenkonflikte, s. Aufsichtsratsmitglieder, Interessenkonflikte – Kreditgewährung 879 – persönliche Voraussetzungen, s. Persönliche Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder – Pflichten der A., s. dort
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Stichwortverzeichnis
– Rechte der A., s. dort – Rechtsverhältnis zur Gesellschaft 842 – Unabhängigkeit der A. 822 – Vergütung der A., s. Aufsichtsratsmitglieder, Vergütung – Wahl, s. Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern – Weiterbildung 935 ff. Aufsichtsratsmitglieder, Haftung – gegenüber Aktionären 1031 ff. – gegenüber Anlegern 1034 – D&O-Versicherung, s. dort – fakultativer Aufsichtsrat der GmbH, s. GmbH, fakultativer Aufsichtsrat, Haftung der Aufsichtsratsmitglieder – in der Genossenschaft 1279 – gegenüber der Gesellschaft, s. Aufsichtsratsmitglieder, Haftung gegenüber der Gesellschaft – gegenüber Gesellschaftsgläubigern und sonstigen Dritten 1035 – Grundlagen 981 ff. – in der KGaA 1338 – in Kreditinstituten 1487, 1531 – Pflicht-Aufsichtsrat in der GmbH, s. GmbH, Pflichtaufsichtsrat, Haftung der Aufsichtsratsmitglieder – in der SE 1406 – in Versicherungsunternehmen 1487, 1531 Aufsichtsratsmitglieder, Haftung gegenüber der Gesellschaft – bei Abgabe der Entsprechenserklärung gemäß § 161 AktG 995 – Beweislastumkehr 1021 – Business Judgment Rule 986 – Durchsetzung des Ersatzanspruchs durch eine Aktionärsminderheit 1027 – Durchsetzung des Ersatzanspruchs durch einzelne Aktionäre 1028 – Durchsetzung des Ersatzanspruchs durch einzelne Gläubiger 1029
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– Durchsetzung des Ersatzanspruchs durch die Hauptversammlung 1026 – Durchsetzung des Ersatzanspruchs durch den Vorstand 1025 – Enthaftung durch Beratung 1015 ff. – ersatzfähiger Schaden 1020 – Haftungsausschlüsse und -einschränkungen 1022 ff. – Haftungsbeschränkungen 1024 – Haftungsentlastung durch externe Sachverständige 1012 ff. – Haftungsvoraussetzungen 982, 984 ff. – individuelle Pflichtverletzung 997 – Interessenkollisionen 1007 – Kausalität 1020 – Klagezulassungsverfahren 1027 – Mitwirkung der Hauptversammlung bei schadensstiftender Handlung 1022 – bei Nichtverfolgung von Ersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglieder 994 – bei Personalmaßnahmen 993 – Pflichten bei Ausschusstätigkeit 1002 ff. – Pflichten bei Beschlussfassung 998 ff. – Sorgfaltsverpflichtung 984 ff. – Überblick 981 ff. – bei Übernahmeangeboten 996 – Vergleich 1023 – Verjährung 1023 – Verletzung der Amtspflichten des Aufsichtsrats 985 ff. – Verletzung der Mitwirkungspflichten der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder 997 ff. – Verletzung der Treuepflicht 1006 – Verletzung der Überwachungsverpflichtung bei Ausschusstätigkeit 1002 ff.
Stichwortverzeichnis
– Verletzung der Verschwiegenheitspflicht 1008 – Verschulden 1009 ff. – Verzicht 1023 Aufsichtsratsmitglieder, Interessenkonflikte – Arbeitskämpfe 908 – Betriebsvereinbarungen 909 f. – Corporate Governance Kodex 929 – einfache Interessenkonflikte 904 ff. – gesetzliche Rahmenbedingungen 895 – Haftung 1007 – Haustarifverträge 909 f. – Interessenkonflikte bei Übernahmen 918 ff. – Konfliktlösung 897 ff. – in Kreditinstituten 1472 – Pflichtenkollisionen bei Arbeitnehmervertretern 907 ff. – Pflichtenkollisionen bei Bankenvertretern 915 ff. – Pflichtenkollisionen im Konzern 911 ff. – Pflichtenkollisionen bei Repräsentanten öffentlicher Einrichtungen 914 – in der SE 1405 – Überblick 926 ff. Aufsichtsratsmitglieder, Vergütung – aktienkursorientierte Vergütung 849 ff. – allgemeine Vergütungsgrundsätze 843 f. – Aufwendungsersatz 845 ff. – D&O-Versicherung 1036 ff. – dividendenorientierte Vergütung 855 – erfolgsorientierte Vergütung 848 ff. – fakultativer Aufsichtsrat in der GmbH 1215 ff. – Gleichbehandlungsgrundsatz 843 – heutige Lage 857 – in Kreditinstituten 1526, 1530 – in der SE 1404
– Überblick über die Vergütungen der Aufsichtsratsmitglieder der DAX 30 Unternehmen Anhang – von Unternehmenskennziffern abhängige Vergütung 856 – in Versicherungsunternehmen 1526 ff. – VorstAG 2009 857 Aufsichtsratspräsidium – Aufgaben 751 – Errichtung 752 – Wesen 751 Aufsichtsratssitzungen, s. Sitzungen des Aufsichtsrats Ausschüsse des Aufsichtsrats – Amtszeit der Ausschussmitglieder 769 – Audit Committee, s. Prüfungsausschuss – Aufsichtsratspräsidium, s. dort – Ausschussvorsitzender 771 f. – Ausübung von Beteiligungsrechten in mitbestimmten Gesellschaften 497 ff. – Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung über A. 596 – Berichterstattung an den Gesamtaufsichtsrat 748 – Beschlussfassung in den A. 776 f. – Besetzung der A. 764 ff. – Beteiligungsausschuss 500, 760 – und DrittelbG 767 – Einberufung der Sitzungen der A. 772 – Einsetzung von A. 761 ff. – in der Genossenschaft 1271 ff. – und Gesamtaufsichtsrat 747 – Geschäftsordnung 770 – Grenzen der Aufgabendelegation 743 ff. – Informationsansprüche einzelner Aufsichtsratsmitglieder 786 ff. – Informationsansprüche der A. 779 ff. – Informationsansprüche des Gesamtaufsichtsrats 783 ff.
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– innere Ordnung der A. 770 ff. – in Kreditinstituten 1508 ff. – Mindestgröße entscheidungsbefugter A. 775 – und MitbestG 766 – Niederschrift über Sitzungen der A. 778 – Nominierungsausschuss 28, 758 f., 1508, 1516 ff. – Personalausschuss, s. dort – Pflichtausschüsse 743 – Prüfungsausschuss, s. dort – in der SE 1376 – Teilnahme an Sitzungen der A. 773 f. – Teilnahmeverbot 774 – Überblick 743 ff. – überwachende A. 746 – Vermittlungsausschuss 789 ff. – in Versicherungsunternehmen 1508 – vorbereitende A. 745 – Vorsitzender des A. 771 f. Beraterverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern – mit einer dem Aufsichtsratsmitglied verbundenen Gesellschaft 876 – Auftrag durch den Aufsichtsrat selbst 865 ff. – Beratung des Aufsichtsrats 858 ff. – Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung über B. 592 – in der GmbH 868 ff. – im Konzern 871 ff. – Organpflichten der Aufsichtsratsmitglieder 859 ff. – Publizität 862, 878 – Rückgewähr ungerechtfertigter Vergütungen 877 – Überblick 858 – Zustimmung des Aufsichtsrats 863 f. Beratung der Geschäftsführung – Gestaltung der Zukunft des Unternehmens 103
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– Grenzen des Beratungsauftrags 107 f. – im Konzern 158 – Kritik an Beratungspflicht und -recht 105 f. – Pflicht des Vorstands, sich beraten zu lassen 104 – Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats 103 ff. – Wesen 103 ff. Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung – Auslage und Zusendung an die Aktionäre 599 – über Ausschüsse 596 – und Beauftragung des Abschlussprüfers 587 – über Beraterverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern 592 – über Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern 580 ff. – zum Dividendenvorschlag des Vorstands 565 – und Entsprechenserklärung gemäß § 161 AktG 586 – Form und Inhalt 598 f. – Gestaltung 598 ff. – Interessenkonflikte 588 ff. – zu Jahres- und Konzernabschluss 562 ff. – zur Prüfung des Abhängigkeitsberichts 574 ff. – Rechenschaftsbericht 566 ff. – rechtliche Konflikte 593 ff. – Überblick 561 – ungewöhnliche Ereignisse 597 – Verstöße gegen die Berichtspflicht 601 – Vollständigkeit 598 Bericht des Vorstands an den Aufsichtsrat – Berichts- und Informationsordnung für den Vorstand 191, 317 ff. – Berichtssystem 191 – Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern 240
Stichwortverzeichnis
– Einsichts- und Prüfungsrecht des Aufsichtsrats, s. dort – Empfänger 222 – Form 225 ff. – inhaltliche Anforderungen 223 f. – im Konzern, s. Berichte des Vorstands im Konzern – regelmäßige Berichte des Vorstands, s. Berichte des Vorstands, regelmäßige – Sonderberichte, s. Berichte des Vorstands, Sonderberichte – TransPuG 2002 48 – Überblick 191 – und Überwachung der Leitung 66 – und Überwachungspflicht des Aufsichtsrats 192 – Unternehmensplanung 48 – Vorlageberichte, s. Berichte des Vorstands, Vorlageberichte Berichte des Vorstands im Konzern – regelmäßige Berichte 231 ff. – Sonderberichte 238 – Überblick 228 ff. – Vorlageberichte 239 Berichte des Vorstands, regelmäßige – Einschränkung der Berichtspflichten 207 – Erweiterung der Berichtspflichten 207 – Jahresberichte 198 ff. – im Konzern 231 ff. – Rentabilitätsbericht 204 – Überblick 205 f. – Vierteljahresberichte 193 ff. Berichte des Vorstands, Sonderberichte – angeforderte B. 212 ff. – im Konzern 238 – im Krisenfall 210 f. – Rechtsgeschäfte von erheblicher Bedeutung 208 – bei wichtigen Anlässen 209 Berichte des Vorstands, Vorlageberichte – Abhängigkeitsbericht 218 ff. – und Jahresabschluss 217
– im Konzern 239 – und zustimmungsbedürftige Geschäfte 220 f. Beschlussfassung im Aufsichtsrat – Abstimmung 721 ff. – Beschlussfähigkeit 716 ff. – fehlerhafte Beschlüsse 737 ff. – formlose Abstimmung 728 – geheime Abstimmung 722 – gemischte Beschlussfassung 729 – Mehrheitserfordernisse 733 ff. – nicht angekündigte Abstimmungsgegenstände 723 – schriftliche Stimmabgabe 725 ff. – Stimmverbote 730 f. – Überblick 714 f. – Vertagung von Beschlussanträgen 724 – Wirksamwerden des Beschlusses 732 Betriebsrat – Bericht des Aufsichtsrats 42 Bilanzsitzung des Aufsichtsrats – Anwesenheit des Abschlussprüfers 182 ff. – und Feststellung des Jahresabschlusses 181 – Prüfung des Jahresabschlusses 181 Business Judgment Rule – Grundsatz 49 – Haftung 986 – UMAG 2005 49 – bei Zustimmungsvorbehalten 112 Compliance – Haftung 986 – im Konzern 150 – Überwachung der Rechtmäßigkeit der Geschäftsführung 75 – Verschwiegenheitspflicht 303 Corporate Governance – Deutscher Corporate Governance Kodex, s. dort – Neuerungen durch das ARUG 2009 53
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Stichwortverzeichnis
– Neuerungen durch das BilMoG 2009 51 – Neuerungen durch das KonTraG 1998 47 – Neuerungen durch das MoMiG 2008 50 – Neuerungen durch das TransPuG 2002 48 – Neuerungen durch das UMAG 2005 49 – Neuerungen durch das VorstAG 2009 52 – Neuerungen durch das VorstKoG 2013 54 – Regierungskommission Corporate Governance 5 – Überblick 46 D&O-Versicherung – Vergütungscharakter 1036 – Wesen 1036 – Zulässigkeit 1037 Dauer der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat – Abberufung, s. Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern – Amtsniederlegung, s. dort – Regelfall 31 ff. Deutscher Corporate Governance Kodex – Besetzungsplan für den Aufsichtsrat 27 – Bestellung des Vorstands 342 ff. – Erklärung gemäß § 161 AktG, s. Deutscher Corporate Governance Kodex, Erklärung gemäß § 161 AktG – Geschäftsverteilung des Vorstands 452 – Interessenkonflikte von Aufsichtsratsmitgliedern 929 – persönliche Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder 26 – Prüfung der Effizienz der Tätigkeit des Aufsichtsrats 655 – Prüfungsausschuss 483, 753 ff. – Überblick 6, 55 f.
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– variable Vergütung 400 – Vorbesprechungen bei mitbestimmten Aufsichtsräten 699 – Vorsitzender des Aufsichtsrats 663, 678 – Vorstandsvergütung 396 Deutscher Corporate Governance Kodex, Erklärung gemäß § 161 AktG – Abgabetermin 491 – Ausübung des Entscheidungsermessens 492 – und Berichterstattung an die Hauptversammlung 586 – Bezugszeitraum 491 – Entscheidung durch Beschluss 493 – in der SE 1401 – Überblick 55 ff., 489 ff., 613 – Unrichtigkeit 495 – Vergangenheitsbezogenheit 492 – Zugänglichmachung 494 – Zukunftsbezogenheit 492 – Zuständigkeit 493 Diversität 344, 1980 f. Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats – Aufgaben 687 – Rechte und Pflichten 686 – Überblick 685 Einsichts- und Prüfungsrecht des Aufsichtsrats – Gegenstand 243 – in der Genossenschaft 1265 – Informationsrecht 244 – Konzerngesellschaften 245 – Wesen 241 – Zuständigkeit 242 Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats – Ausscheiden des Ersatzmitglieds 1055 ff. – Bestellung 1052 ff. – entziehende Nachwahl 1056 f. – fakultativer Aufsichtsrat bei der GmbH 1202 – Nachrücken der E. 1054 – Rechte und Pflichten der E. 1059
Stichwortverzeichnis
– Überblick 1051 – überholende Nachwahl 1058 – Wahl 18, 1052 f. Frauenquote, s. Persönliche Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder Genossenschaft, Aufsichtsrat – Abberufung des Vorstands 1276 f. – angeforderte Berichte 1269 – Aufsichtsratsausschüsse 1271 ff. – beschließende Ausschüsse 1272 – Bestellung des Vorstands 1276 f. – Delegationsverbote 1273 ff. – Einrichtung 1251 f. – Einsichts- und Untersuchungsrechte 1265 – Generalversammlung, s. Genossenschaft, Generalversammlung – Haftung 1279 – Information des Aufsichtsrats 1260 ff. – kapitalmarktorientierte Genossenschaften 1256 – Kreditgenossenschaften 1256 – Mitbestimmung 1252 – persönliche Voraussetzungen der Aufsichtsratsmitglieder 1253 ff. – Pflichtverletzung 1279 – Prüfungsbericht des Verbandsprüfers 1266 f. – Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats 1258 ff. – regelmäßige Information 1260 f. – Sonderberichte 1269 – Überblick 1251 ff. – Überwachung der Geschäftsführung 1258 f. – Verschwiegenheitspflicht 1270 – Vertretung der Genossenschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern 1278 – Vorlageberichte 1264 – Zusammensetzung 1253 ff. – Zustimmungsvorbehalte 1263
Genossenschaft, Generalversammlung – Aufgaben 1281 – Haftung 1285 f. – Organisation 1282 f. – Pflichtverletzung 1285 f. – Rechte und Pflichten der Mitglieder der Generalversammlung 1284 – Überwachung durch die Generalversammlung 1283 – Wesen 1280 – Willensbildung in der Generalversammlung 1282 Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat – Einsetzung von Aufsichtsratsausschüssen 762 – Überblick 652 f. – Zustimmungsvorbehalte 116 Geschäftsordnung für den Vorstand – Geschäftsverteilung 452 f. – in der SE 1395 – Zustimmungsvorbehalte 116 GmbH – und Arbeitsdirektor 476 – Beraterverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern 868 ff. – fakultativer Aufsichtsrat, s. GmbH, fakultativer Aufsichtsrat – Führungslosigkeit 1171 – Pflichtaufsichtsrat, s. GmbH, Pflichtaufsichtsrat GmbH, fakultativer Aufsichtsrat – Abberufung 1201 – Abgrenzung zum Beirat 1207 – AGG und die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder 1196 f. – Altersregelungen 1196 f. – Amtsdauer 1200 f. – Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder 1186 ff. – Aufhebung des Aufsichtsrats 1227 f. – Aufsichtsratsvorsitzender 1224 – Ausgestaltung 1184 f.
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Stichwortverzeichnis
– Befugnisse der Aufsichtsratsmitglieder 1204 ff. – Beraterverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern 1217 – Beschlussmängel 1226 – Bestellung 1198 ff. – Bildung von Ausschüssen 1225 – Einrichtung durch Satzung 1183 – Entscheidung durch Beschluss 1220 ff. – Ersatzmitglieder 1202 – Falschbezeichnung 1207 – fehlerhafte Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern 1195 – Haftung der Aufsichtsratsmitglieder, s. GmbH, fakultativer Aufsichtsrat, Haftung der Aufsichtsratsmitglieder – Information der Aufsichtsratsmitgliedern 1218 f. – Informationssystem 1219 – interne Ordnung des Aufsichtsrats 1220 ff. – kapitalmarktorientierte GmbH 1234 f. – öffentliche Unternehmen 1429 – persönliche Voraussetzungen der Aufsichtsratsmitglieder 1191 ff. – Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder 1204 ff. – Rechte der Aufsichtsratsmitglieder 1204 ff. – stellvertretende Mitglieder 1203 – Überblick 1181 f. – Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder 1215 ff. – Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder 1218 f. – Wahl der Aufsichtsratsmitglieder 1188 – Weisungsgebundenheit der Aufsichtsratsmitglieder 1213 f. – Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung 1211 – Zusammensetzung 1186 ff.
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– Zustimmungsvorbehalte 1210 f. GmbH, fakultativer Aufsichtsrat, Haftung der Aufsichtsratsmitglieder – Begrenzung der Haftung 1230 – Geltendmachung von Ersatzansprüchen 1232 – Haftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber Dritten 1233 – Haftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der Gesellschaft 1229 ff. – Haftung der Aufsichtsratsmitglieder für einen Verstoß gegen das Zahlungsverbot des § 64 Satz 1 GmbHG 1231 – Verzicht 1230 GmbH, Pflichtaufsichtsrat – Arbeitnehmerbegriff 1102 ff. – Aufgaben und Kompetenzen, s. GmbH, Pflichtaufsichtsrat, Aufgaben und Kompetenzen – Gründungsstadium 1113 – Haftung der Aufsichtsratsmitglieder, s. GmbH, Pflichtaufsichtsrat, Haftung der Aufsichtsratsmitglieder – kapitalmarktorientierte GmbH 1173 ff. – Leitungsstruktur der GmbH bei Pflichtaufsichtsrat 1114 f. – maßgebende Arbeitnehmerzahl 1101 – öffentliche Unternehmen 1428 – Statusverfahren zur Feststellung des einschlägigen Aufsichtsratssystems 1110 ff. – Überblick 1091 ff. – Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder 1433 – Voraussetzungen nach dem DrittelbG 1096 f., 1103 f. – Voraussetzungen nach dem KAGB 1100 – Voraussetzungen bei Kapitalverwaltungsgesellschaften 1100
Stichwortverzeichnis
– Voraussetzungen nach dem MitbestErgG 1099, 1109 – Voraussetzungen nach dem MitbestG 1098, 1105 ff. – Voraussetzungen nach dem MontanMitbestG 1099, 1109 – Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung 1120 GmbH, Pflichtaufsichtsrat, Aufgaben und Kompetenzen – Abberufung der Geschäftsführer in der drittelmitbestimmten GmbH 1134 – Abberufung der Geschäftsführer in der paritätisch mitbestimmten GmbH 1133 – AGG und die Besetzung der Geschäftsführung 1139 ff. – Angemessenheit der Vergütung der Geschäftsführer 1136 – Anstellung der Geschäftsführer in der drittelmitbestimmten GmbH 1138 – Anstellung der Geschäftsführer in der paritätisch mitbestimmten GmbH 1135 f. – besonderes Weisungsrecht der Anteilseigner-Vertreter in der paritätisch mitbestimmten GmbH 1159 – Bestellung der Geschäftsführer in der drittelmitbestimmten GmbH 1134 – Bestellung der Geschäftsführer in der paritätisch mitbestimmten GmbH 1132 – Bestellung von Prokuristen in der drittelmitbestimmten GmbH 1150 – Bestellung von Prokuristen in der paritätisch mitbestimmten GmbH 1148 f. – Einberufung der Gesellschafterversammlung 1125 – Einwirkungsmöglichkeiten auf die Geschäftsführer 1124 ff.
– Erteilung des Prüfungsauftrags an den Abschlussprüfer 1131 – Feststellung des Jahresabschlusses 1130 – und Geschäftsordnung für die Geschäftsführung 1129 – Informationsrechte 1122 f. – Innere Organisation des Aufsichtsrats in der drittelmitbestimmten GmbH 1157 – Innere Organisation des Aufsichtsrats in der paritätisch mitbestimmten GmbH 1156 – Insolvenzantragspflicht 1171 – Kündigung des Anstellungsvertrags in der drittelmitbestimmten GmbH 1138 – Kündigung des Anstellungsvertrags in der paritätisch mitbestimmten GmbH 1137 – Mitwirkung auf Gesellschafterebene in der drittelmitbestimmten GmbH 1155 – Mitwirkung auf Gesellschafterebene in der paritätisch mitbestimmten GmbH 1151 ff. – Organisationskompetenz in der drittelmitbestimmten GmbH 1147 – Organisationskompetenz in der paritätisch mitbestimmten GmbH 1142 ff. – Überblick 1116 f. – Überwachung der Geschäftsführung 1118 ff. – VorstAG 2009 1136 – und Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung 1120 – zustimmungsbedürftige Geschäfte 1126 ff. GmbH, Pflichtaufsichtsrat, Haftung der Aufsichtsratsmitglieder – Begrenzung der Haftung 1167 – D&O-Versicherung 1172 – Geltendmachung von Ersatzansprüchen 1168
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– Haftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber Dritten 1169 ff. – Haftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der Gesellschaft 1160 ff. – Insolvenzverschleppungshaftung 1170 – Verzicht 1166 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder, s. Aufsichtsratsmitglieder, Haftung Handelsregister – Abberufung von Vorstandsmitgliedern 383 – Bestellung von Vorstandsmitgliedern 383 – und Vorsitzender des Aufsichtsrats 665 Hauptversammlung – Berichterstattung an die Hauptversammlung, s. Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung – Beschlussvorschläge durch den Aufsichtsrat 504 – Einberufung durch den Aufsichtsrat 136, 502 f. – Klage auf Anfechtung von Beschlüssen der Hauptversammlung durch den Aufsichtsrat 505 – Klage auf Anfechtung/Feststellung der Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses durch einzelne Aufsichtsratsmitglieder 836 Information des Aufsichtsrats – Bericht des Vorstands an den Aufsichtsrat, s. dort – durch Dritte 245a ff. – Einsichts- und Prüfungsrecht des Aufsichtsrats, s. dort – in Kreditinstituten 1499 ff. – durch das Personal 246 ff., 1500 ff.
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– Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen 1526 ff. – in Versicherungsunternehmen 1499 ff. Insiderrecht – Insiderinformationen 294 – Überwachungspflicht 612 – unbefugte Weitergabe 296 ff. – Verschwiegenheitspflicht 290 ff. Insolvenz – Überwachung der Insolvenzantragstellung 96 Interessenkonflikte von Aufsichtsratsmitgliedern, s. Aufsichtsratsmitglieder, Interessenkonflikte Jahresabschluss – Bericht des Aufsichtsrats 562 ff. – Bilanzsitzung des Aufsichtsrats, s. dort – Feststellung durch den Aufsichtsrat 181, 482 ff. – in der SE 1400 Kapitalmarktrechtliche Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder – Ad hoc-Publizität, s. dort – allgemeine Pflichten 612 ff. – Directors Dealings 629 – Entsprechenserklärung gemäß § 161 AktG, s. Deutscher Corporate Governance Kodex, Erklärung gemäß § 161 AktG – Insiderhandelsverbot, s. Insiderrecht – Offenlegung des Aktienbesitzes 630 – Übernahmerecht, s. dort KGaA, Aufsichtsrat – Abberufung der Geschäftsführung 1305 ff. – Ausführung der Beschlüsse der Kommanditaktionäre 1323 f.
Stichwortverzeichnis
– Bestellung der Geschäftsführung 1305 ff. – börsennotierte KGaA 1325 – Einberufung einer Hauptversammlung 1314 – Einwirkungsmöglichkeiten des Aufsichtsrats auf die Geschäftsführung 1313 f. – fakultative Gremien in der KGaA 1333 ff. – Geschäftsordnung für die Geschäftsführung 1319 – gesetzesuntypische KGaA 1327 ff. – Gestaltungen durch die Satzung 1327 ff. – Haftung 1338 – Information des Aufsichtsrats 1311ff. – Informationsordnung 1312 – Kapitalgesellschaft & Co. KGaA 1330 ff. – kapitalmarktorientierte KGaA 1326 – Mitbestimmung 1303 ff., 1324, 1333, 1336 – Pflichtverletzung 1338 – Überblick 1301 – Überwachung der Geschäftsführung 1309 ff. – Umfang der Überwachung der Geschäftsführung 1310 – Unterrichtung der Hauptversammlung durch den Aufsichtsrat 1315 – Vertretung der Gesellschaft gegenüber den Komplementären 1320 f. – Vertretung der Kommanditaktionäre 1322 – Zusammensetzung 1302 f. – zustimmungsbedürftige Geschäfte 1316 ff. Konzern – Abhängigkeitsbericht 218 ff. – Abschlussprüfung im K. 187, 189
– Anstellungsvertrag zwischen Vorstand der abhängigen Gesellschaft und Konzernobergesellschaft 437 ff. – Beraterverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern 871 ff. – Beratung von Vorstand und Aufsichtsrat 158 – Besonderheiten in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen 1504 f. – Einsichtnahme durch den Aufsichtsrat der herrschenden Gesellschaft 245 – Personalkompetenz 478 ff. – Überwachung der Geschäftsführung im Konzern, s. Überwachung der Geschäftsführung im Konzern – Verschwiegenheitspflicht 281 f. – Wesen 141 – zustimmungspflichtige Geschäfte 159 ff. Kreditinstitute, Besonderheiten des Aufsichtsrats, s. Aufsichtsrat, Besonderheiten in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen Mitbestimmung – Abberufung von Vorstandsmitgliedern 369 – Anstellung von Vorstandsmitgliedern 386 – Arbeitsdirektor 469, 473 – Ausübung von Beteiligungsrechten in mitbestimmten Gesellschaften 497 ff. – Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats 716 ff. – Besetzung von Aufsichtsratsausschüssen 766 f. – Beteiligungsausschuss 500, 760 – Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern in den Vorstand 462 – Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats 1052 f. – in der KGaA 1303 ff., 1324, 1333, 1336
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Stichwortverzeichnis
– Mehrheitserfordernisse bei Beschlussfassung des Aufsichtsrats 734 f. – Pflichtaufsichtsrat in der GmbH, s. GmbH, Pflichtaufsichtsrat – in der SE 1353 ff. – Vermittlungsausschuss 789 ff. – Verschwiegenheitspflicht 255 f. – Vorsitzender des Aufsichtsrats 669 ff. – Vorstandsvorsitzender 467 – Wahlverfahren bei der Wahl der Vorstandsmitglieder 348 ff. Mitentscheidung durch den Aufsichtsrat – und Ausnutzung eines genehmigten Kapitals 496 – und Ausübung von Beteiligungsrechten in mitbestimmten Gesellschaften 497 ff. – Berichterstattung an die Hauptversammlung, s. Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung – Beschlussvorschläge für die Hauptversammlung 504 – Einberufung der Hauptversammlung 502 f. – Erklärung zum Deutsche Corporate Governance Kodex, s. Deutscher Corporate Governance Kodex, Erklärung gemäß § 161 AktG – Feststellung des Jahresabschlusses 482 ff. – Kontrolldichte des Aufsichtsrats 101 f. – Kreditgewährung an Führungskräfte 510 f. – Satzungsänderung 507 – Stellungnahme zu Übernahmeangeboten 618 ff. – Verträge mit Führungskräften 512 – Vertretung der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern, s. dort
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– Zustimmungspflichtige Geschäfte, s. dort Öffentliche Unternehmen, Aufsichtsrat – Aufsichtsratsmitglieder einer Gebietskörperschaft 1430 ff. – Berichtspflicht des Aufsichtsratsmitglieds gegenüber den Gebietskörperschaften 1430 ff. – und GmbH, fakultativer Aufsichtsrat 1429 – und GmbH, Pflichtaufsichtsrat 1428 – und Inkompatibilität in Kreditinstituten 1478 – Mitbestimmung 1433 – persönliche Qualifikation der Aufsichtsratsmitglieder 1424 – Pflichtenkollisionen im Aufsichtsrat 914 – Überblick 1421 f. – Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse 1427 – Verschwiegenheitspflicht 277, 1430 ff. – Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder einer GmbH 1433 – Weisungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder 1425 f. – Zusammensetzung des Aufsichtsrats 1423 f. Organhaftpflichtversicherung, s. D&O-Versicherung Organisation der Aufsichtsratsarbeit – Effizienzprüfung 655 – Finanzierung des Aufsichtsrats 656 ff. – Geschäftsordnung, s. Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat – in Kreditinstituten 1506 ff. – Selbstorganisationspflicht 654 – Überblick 651
Stichwortverzeichnis
– in Versicherungsunternehmen 1506 ff. – Vorsitzender des Aufsichtsrats, s. dort Personalausschuss – Anstellung von Vorstandsmitgliedern 388 ff. – Entscheidungsvorbereitung für die Bestellung von Vorstandsmitgliedern 337 Persönliche Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder – allgemeine Voraussetzungen 20 ff. – Besetzungsplan 27 – Corporate Governance Kodex 26, 27 – fachliche Qualifikationen 24 – fakultativer Aufsichtsrat der GmbH 1191 ff. – Frauenquote 30, 1480, 1516 – KWG 29, 1450 ff. – Konkurrenzsituation mit anderen Unternehmen 22 f. – Mindestqualifikationen 28 f. – öffentliche Unternehmen 1424 – Rechtsfolgen des Fehlens von persönlichen Voraussetzungen 23 – Satzungsbestimmungen 24 – in der SE 1403 – Überblick 20 – unabhängiger Finanzexperte 25 f. – Unvereinbarkeiten 21 ff. – VAG 29, 1450 ff. Pflicht-Aufsichtsrat – Überblick 7 Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder – Einschreiten bei Pflichtverletzungen des Vorstands 892 – beim fakultativen Aufsichtsrat der GmbH 1204 ff. – gerichtliche Abberufung aus wichtigem Grund 930 ff. – Informationspflicht 890
– Interessenkonflikte, s. Aufsichtsratsmitglieder, Interessenkonflikte – KonTraG 1998 47 – Mitarbeitspflicht 886 – Organisationspflicht 889 – Prüfungspflicht 891 – shareholder value-Ansatz 893 – stakeholder value-Ansatz 893 – Überblick 43, 885 – Urteilsbildungspflicht 887 – Urteilsbildungspflicht über die Eignung des Vorstands 888 – Verpflichtung auf das Wohl der Gesellschaft 893 – Verschwiegenheit, s. Verschwiegenheitspflicht Planung, s. Unternehmensplanung Prüfungsausschuss – und Abschlussprüfer 174, 755 – Anforderungen an den Vorsitzenden des P. 753 – Aufgaben 754 ff. – BilMoG 2009 753 – Corporate Governance Kodex 483, 753 ff. – Einrichtung durch den Aufsichtsrat 190, 753 – in der kapitalmarktorientierten Gesellschaft 754, 757 – in Kreditinstituten 1501, 1508, 1513 f. – Prüfungsbericht 179 – Überblick 174 – Unternehmensplanung 88 – Vorbereitung der Prüfung und Billigung des Jahresabschlusses 483, 754 Prüfungsbericht des Abschlussprüfers – Befangenheit des Prüfers 180 – börsennotierte Gesellschaften 176 – Empfänger 178 f. – Inhalt 176 – Kommentar zum Lagebericht des Vorstands 177
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Stichwortverzeichnis
– Prüfungsumfang durch den Aufsichtsrat 180 Publizitätspflichten – Veröffentlichung von Beginn und Ende des Aufsichtsratsmandats 39 Rechte der Aufsichtsratsmitglieder – gegenüber anderen Gesellschaftsorganen 829 f. – aufsichtsratsinterne Mitwirkungsbefugnisse 824 ff. – Berichterstattung durch den Vorstand 829 – Ergänzung des unvollständig besetzten Aufsichtsrats 833 f. – Ergänzung des unvollständig besetzten Vorstands 833 f. – beim fakultativen Aufsichtsrat der GmbH 1204 ff. – auf Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung 831 ff. – und Klage anstelle des Aufsichtsrats 840 – Klage auf Anfechtung/Feststellung der Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses 836 – Klage auf Durchsetzung von subjektiven Organrechten 838 f. – Klage auf Feststellung der Nichtigkeit von Aufsichtsratsbeschlüssen 837 – Klage auf persönliche Ansprüche 841 – Klage auf Vergütung 841 – richtige Zusammensetzung des Aufsichtsrats 835 – Teilnahme an der Hauptversammlung 830 – Vergütung, s. Aufsichtsratsmitglieder, Vergütung Risiko-Überwachungssystem – und Abschlussprüfer 86 – BilMoG 2009 88 – KonTraG 1998 85 – Umfang 87
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Sitzungen des Aufsichtsrats – Anzahl der Sitzungen 688 ff. – Anwesenheit Dritter 703 – Aufhebung der Sitzung 698 – Einberufung 629 f. – Einberufungsverlangen eines Aufsichtsratsmitglieds 695 ff. – Selbsteinberufung durch Aufsichtsratsmitglieder 696 f. – Sitzungsleitung 705 f. – Sitzungsniederschrift 707 ff. – Sitzungssprache 704 – Tagesordnung 693 f. – Teilnahmerecht 700 ff. – Teilnahmerecht von Vorstandsmitgliedern 702 – Telefon-/Videokonferenzen 690 – Verlegung der Sitzung 698 – Vorbesprechungen bei mitbestimmten Aufsichtsräten 699 – zusätzliche Sitzungen 691, 695 ff. Societas Europaea (SE), Aufsichtsorgan – Abberufung der Mitglieder des Aufsichtsorgans 1364 – Abberufung der Mitglieder des Leitungsorgans 1397 – und Abschlussprüfer 1400 – Amtsniederlegung der Mitglieder des Aufsichtsorgans 1364 – Amtszeit 1365 f. – Anstellung der Mitglieder des Leitungsorgans 1398 – anwendbares Recht 1358 f. – Anzahl der Mitglieder 1355 – Anzahl der Sitzungen 1375 – Aufsichtsorgan in der dualistischen SE 1352 ff. – Ausschüsse des Aufsichtsorgans 1376 – Berichtsordnung 1390 – Beschlussfähigkeit 1370 – Beschlussfassung 1369 ff. – Bestellung der Anteilseignervertreter 1361
Stichwortverzeichnis
– Bestellung der Arbeitnehmervertreter 1362 – Bestellung der Mitglieder des Leitungsorgans 1396 – Einberufung 1375 – Einwirkung auf das Leitungsorgan 1392 ff. – Entsprechenserklärung gemäß § 161 AktG 1401 – Geschäftsleitung durch Mitglieder des Aufsichtsorgans 1373 f. – Geschäftsordnung des A. 1372 – Geschäftsordnung für das Leitungsorgan 1395 – Grundstrukturen 1352 ff. – Haftung 1406 – Information des Aufsichtsorgans 1379 ff. – Information des Aufsichtsorgans im Konzern 1389 – Inkompatibilität 1403 – innere Ordnung des Aufsichtsorgans 1369 ff., 1375 – Interessenkonflikte 1405 – Internationalisierung der Arbeitnehmerbank 1357 – Jahresabschluss 1400 – Letztentscheidungsrecht der Anteilseigner 1367 – Mitbestimmung 1353 ff. – persönliche Voraussetzungen der Mitglieder des Aufsichtsorgans 1403 – Pflichtverletzungen 1406 – Prüfungsrecht 1385 – Rechnungslegung 1400 – regelmäßige Berichte des Leitungsorgans 1381 – Sonderberichte 1382 – stellvertretender Vorsitzender 1368 – Stimmangabe durch abwesende Aufsichtsratsmitglieder 1371 – Überblick 1351 – Überwachung des Leitungsorgans 1377 ff.
– Vergütungen der Aufsichtsorganmitglieder der DAX 30 Unternehmen (Überblick) Anhang – Vergütungen der Mitglieder des Aufsichtsorgans 1404 – Verschwiegenheitspflicht 1391 – Vertretung der Gesellschaft gegenüber dem Leitungsorgan 1399 – Vorsitz des Aufsichtsorgans 1367 – Wiederbestellung 1365 f. – Zusammensetzung 1360 ff. – Zustimmungsvorbehalte 1393 f. Strategie des Unternehmens 81, 1494 f. Übernahmerecht – Erhöhte Überwachungspflicht des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft 624 – Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitspflichten 614 – Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber Aktionären 1029 – Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber der Gesellschaft 993 – Interessenkollisionen 918 ff. – Stellungnahme zu Übernahmeangeboten 618 ff. – Verhaltenspflichten des Aufsichtsrats der Bietergesellschaft 615 f. – Verhaltenspflichten des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft 617 ff. – Verhaltenspflichten des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmen 625 ff. Überwachung der Geschäftsführung – Abberufung von Vorstandsmitgliedern 134 – Beratung, s. Beratung der Geschäftsführung – Bericht des Vorstands an den Aufsichtsrat, s. dort
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Stichwortverzeichnis
– Einberufung der Hauptversammlung durch den Aufsichtsrat 136 – Einwirkungsmöglichkeiten des Aufsichtsrats 109 ff. – Gegenstand, s. Überwachung der Geschäftsführung, Gegenstand – Geschäftsordnung für den Vorstand, s. dort – Kontrolldichte, s. Überwachung der Geschäftsführung, Kontrolldichte – im Konzern, s. Überwachung der Geschäftsführung im Konzern – in Kreditinstituten 1491 ff. – und Mitentscheidung, s. Mitentscheidung durch den Aufsichtsrat – Prüfungsmaßstab, s. Überwachung der Geschäftsführung, Prüfungsmaßstab – Prüfungsmittel 91 – in der SE 1377 ff. – Stellungsnahmen und Beanstandungen 110 – Überblick 61 f. – Umfang 72 – in Versicherungsunternehmen 1491 ff. Überwachung der Geschäftsführung, Gegenstand 63 ff. – Angestellte des Unternehmens 70 – Berichtspflichten des Vorstands 66 – Delegation von Geschäftsführungsmaßnahmen an leitende Angestellte 70 f. – Leitungsmaßnahmen der Geschäftsführung 65 – Risikomanagement 65, 85 ff. – Tagesgeschäft 68 – Überblick 63 f. Überwachung der Geschäftsführung, Kontrolldichte – Insolvenzantragstellung 96, 100 – in der Krise 95 ff. – im Normalfall 93 f. – Personalentscheidungen 97
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– Sanierungskonzept 98 – bei Zustimmungsvorbehalten 101 f. – zwingende Geschäftsführungsmaßnahmen 97 Überwachung der Geschäftsführung im Konzern – abhängige Gesellschaften 164 ff. – Compliance 150 – Eingliederungskonzern 168 – erweiterte Überwachungsaufgaben 142 ff. – faktischer Konzern 146 – Informationsordnung 145 – Interessenkollisionen 166 – Konzernleitung 142 – Ordnungsmäßigkeitskontrolle 151 f. – OWiG 152 – Rechtmäßigkeitskontrolle 148 ff. – Rentabilitätskontrolle 153 – Schwierigkeiten 144 f. – in der SE 1389 – Überblick 156 – Umfang 146, 156 f. – Vertragskonzern 146, 167 – Zweckmäßigkeitskontrolle 154 f. Überwachung der Geschäftsführung, Prüfungsmaßstab – Compliance 75 – fehlende Rechts- oder Sachkunde beim Aufsichtsratsmitglied 78 – Ordnungsmäßigkeit 79 ff. – Rechtmäßigkeit der Geschäftsführung 74 ff. – und Satzungsänderungen 77 – Unternehmensplanung 80 ff. – Wirtschaftlichkeit 89 – Zweckmäßigkeit 90 Unabhängigkeit, s. Aufsichtsratsmitglieder; Persönliche Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder Unternehmensplanung – BilMoG 2009 88 – Informationswesen 84 – KonTraG 1998 85
Stichwortverzeichnis
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kurzfristige U. 81 langfristige U. 82 mittelfristige U. 81 Neuplanung 83 Personalplanung 84 Pflicht des Vorstands zur U. 80 ff. – Prüfungsausschuss 88 – Rechnungs- und Berichtswesen 84 – Risiko-Überwachungssystem 85 ff. – Unternehmensorganisation 79 Unternehmensverfassung – duales System 3, 57 ff. – in Europa 4 – und Europäische Privatgesellschaft (SPE) 4 – und Mitbestimmung 1, 4 – monistisches (one tier-)System 3 – Verbindung von dualem und monistischem System 57 ff. Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) 1094 Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern, s. Aufsichtsratsmitglieder, Vergütung Verschwiegenheitspflicht – Abstimmungsgeheimnis 267 – und Ad hoc-Publizität, s. Ad hocPublizität – Beratungsgeheimnis 266 – Compliance 303 – Dauer 285 – fakultativer Aufsichtsrat der GmbH 1218 f. – finanzielle Geheimnisse 273 – Geheimnis, Wesen 259 ff. – in der Genossenschaft 1270 – Insiderrecht, s. dort – kaufmännische Geheimnisse 272 – Kenndaten 269 f. – Meinungsfreiheit 257 f. – und Mitbestimmung 255 f. – öffentliche Unternehmen 1430 ff. – planerische Geheimnisse 274
– Rückkoppelung von Wählern und Gewählten 268 – Sanktionen 288 f. – in der SE 1391 – technische Daten 271 – TransPuG 2002 48 – Überblick 254 ff. – Umfang, s. Verschwiegenheitspflicht, Umfang – Unterlagen 275 – vertrauliche Angaben 264 – Vertraulichkeitsordnung 320 – Zuständigkeit für die Weitergabe von Informationen 284 Verschwiegenheitspflicht, Umfang – Grenzen 283 – im Konzern 281 f. – öffentliche Unternehmen 277, 1430 ff. – persönlicher Umfang 276 – bei „Vertretern“ von Großaktionären 276 Versicherungsunternehmen, Besonderheiten des Aufsichtsrats, s. Aufsichtsrat, Besonderheiten in Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen Vertretung der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern – ausgeschiedene Vorstandsmitglieder 442 – Befreiung vom Wettbewerbsverbot 440 – Business Judgment Rule 448 f. – fehlerhaft bestellte Vorstandsmitglieder 442 – Fehlerhaftigkeit des Aufsichtsratsbeschlusses 445 – Grundsatz der Vertretung der Gesellschaft durch den Aufsichtsrat 440 f. – Hinterbliebene früherer Vorstandsmitglieder 442 – und Kreditgewährung 440 – künftige Vorstandsmitglieder 442
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Stichwortverzeichnis
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Mängel 445 Passivvertretung 446 Umfang 441 ff. Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglieder 447 ff. – Vertretung gegenüber Dritten 443 – Zuständigkeit 444 Vielfalt 344, 1480 f. Vorsitzender des Aufsichtsrats – Abberufung 667, 676 – Amtsniederlegung 668 – Amtszeit 666, 675 – Aufgaben 678 ff. – Bestellung 660 ff. – Corporate Governance Kodex 663, 678 – Handelsregisteranmeldung 665 – Leitung der Aufsichtsratssitzungen 705 f. – und Mitbestimmung 669 ff. – Stellvertreter 661, 673 Vorstand – Bericht an den Aufsichtsrat, s. Bericht des Vorstands an den Aufsichtsrat – Geschäftsverteilung, s. Vorstand, Geschäftsverteilung Vorstand, Geschäftsverteilung – Änderung der G. 457 f. – Corporate Governance Kodex 452 – Geschäftsordnung 453 – Satzung 453 ff. – Zuständigkeit des Aufsichtsrats 453, 458 Vorstandsmitglieder – Abberufung, s. Vorstandsmitglieder, Abberufung – Amtsniederlegung 377 – Amtszeit 354 ff. – Anstellung, s. Vorstandsmitglieder, Anstellung – Anzahl 338 – Arbeitsdirektor, s. dort – Ausschlussgründe 339 ff.
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– Bestellung, s. Vorstandsmitglieder, Bestellung – Eignungsvoraussetzungen 339 ff. – einvernehmliche Aufhebung 376 – Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern in den Vorstand 459 ff. – Schadensersatzansprüche, Verfolgung durch den Aufsichtsrat 447 ff. – stellvertretende V. 477 – Vertretung der Gesellschaft gegenüber V., s. dort – Vorstandssprecher 468 – Vorstandsvorsitzender, s. dort Vorstandsmitglieder, Abberufung – Arbeitsdirektor 471 – Ausübung des Widerrufsrechts 368 ff. – Bericht an die Hauptversammlung 580 ff. – gerichtliche Überprüfung der A. 372 ff. – Gründe der A. 364 ff. – Handelsregister 383 – Information des Aufsichtsrats 240 – im Konzern 478 ff. – Mängel der A. 371 ff. – und Mitbestimmung 369 – Suspendierung 378 ff. – Überblick 361 ff. – Überwachung 134 – Voraussetzungen der A. 364 ff. – Wirksamwerden der A. 370 – Zuständigkeit des Aufsichtsrats 426 f. Vorstandsmitglieder, Anstellung – Änderungskündigung 433 – und Bestellung 384, 390, 392, 423 ff. – Dauer der Anstellung 392 – einvernehmliche Aufhebung 432 – im Konzern 478 ff. – mit Konzernobergesellschaft 437 ff.
Stichwortverzeichnis
– Kündigung aus wichtigem Grund 428 ff. – Kündigung durch das Vorstandsmitglied 434 f. – Mängel 393 – und Mitbestimmung 386 – ordentliche Kündigung 432 – Personalausschuss des Aufsichtsrats 388 ff. – Rechtsnatur des Anstellungsvertrages 384 f. – Rechtsschutz 436 – Übertragung auf einen Ausschuss 388 ff. – Umwandlung in Arbeitsverhältnis 425 – Vergütung, s. Vorstandsmitglieder, Vergütung – Zuständigkeit des Aufsichtsrats 386 f., 426 f. Vorstandsmitglieder, Bestellung – Arbeitsdirektor 471 – Bericht an die Hauptversammlung 580 ff. – Beschlussfassung 346 ff. – Corporate Governance Kodex 342 ff. – Dauer der Bestellung 354 f. – Entscheidungsermessen des Aufsichtsrats 338 ff. – Entscheidungsvorbereitung durch Personalausschüsse 337 – Geschäftsverteilung 453 ff. – Handelsregister 383 – im Konzern 478 ff. – Mängel der Bestellung 359 f. – Verlängerung der Amtszeit 356 – Vielfalt bei der Zusammensetzung des Vorstands 344 – Wahlverfahren nach dem MitbestG 348 ff. – Zeitpunkt der Neubestellung 358 – Zeitpunkt der Wiederbestellung 357 – Zuständigkeit des Aufsichtsrats 332 ff.
Vorstandsmitglieder, Vergütung – Abfindung bei Ausscheiden 412 – aktienbasierte Vergütungsbestandteile 403 – Angemessenheit der Bezüge 395 ff. – Begrenzungsmöglichkeit 406 – Beschlussfassung durch die Hauptversammlung 394, 420 ff. – Business Judgment Rule 399 – Change of Control-Klauseln 413 – Corporate Governance Kodex 396 – einmalige erfolgsabhängige Vergütung 408 – Erfolgsparameter 402 – Festvergütung 400 – Herabsetzung der Bezüge 414 ff. – Herabsetzung festgelegter Erfolgsziele 404 – Hinzuziehung eines Vergütungsberaters 399 – jährliche erfolgsabhängige Vergütung 401 ff. – konzernweite Betrachtung 405 – langfristige erfolgsabhängige Vergütung 401 ff. – Leistungen an ausscheidende Vorstandsmitglieder 411 ff. – Nachhaltigkeit 398 – Offenlegung der Vergütung 418 f. – Ruhegehalt 409 – Tantieme 407 – Überblick 394 – Übergangsgeld bei Ausscheiden 410 – Übertragung auf einen Ausschuss 388 ff. – variable Vergütung 400 ff. – Vergütungsbestandteile 400 ff. – Vergütungsleistungen durch Dritte 417 – Vergütungssystem in Kreditinstituten 1496 f., 1511, 1521 ff. – Vergütungssystem in Versicherungsunternehmen 1496 f. – VorstKoG 2013 422
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Vorstandsvorsitzender – Chief Executive Officer 466 – Rechte 465 f. – Überblick 464 – Zuständigkeit für die Ernennung 467 Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern – Anfechtung 19 – Anteilseignervertreter in der AG 14 – Anteilseignervertreter in der Genossenschaft 15 – Anteilseignervertreter in der GmbH 16 – Arbeitnehmervertreter 10 ff. – Ersatzmitglieder 18 – fehlerhafte Wahl in der AG 19 – fehlerhafte Wahl in der GmbH 1195 – Überblick 9 ff. – Wahlvereinbarungen 17 Zusammensetzung des Aufsichtsrats – Überblick 8 Zustimmungspflichtige Geschäfte – Ad hoc-Zustimmungsvorbehalt 117
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– Berichterstattung durch den Vorstand 220 f. – Einflussnahme auf den Vorstand 112 ff. – Einrichtung 114 ff. – Folgen der Nicht-Einhaltung 133 – Folgen der (versagten) Zustimmung 123 ff. – generalklauselartige Zustimmungsvorbehalte 118 – Generalzustimmung 127 – in der Genossenschaft 1263 – Geschäftsordnung 116 – in der GmbH mit Pflichtaufsichtsrat 1126 ff. – Information des Aufsichtsrats 125 – Katalog 118 – in der KGaA 1316 ff. – im Konzern 159 ff. – MitbestG 163 – nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) 221 – in der SE 1393 f. – TransPuG 2002 48 – Übertragung auf einen Ausschuss 128 – Umfang 118 ff., 130 ff. – Zweck 118