Präterintentionalität und Zurechnungsdogmatik: Zur Auslegung der Körperverletzung mit Todesfolge im Rechtsvergleich Deutschland und Italien [1 ed.] 9783428546374, 9783428146376

Die zentrale Themenstellung betrifft die Auslegung des Tatbestands der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang in den R

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Präterintentionalität und Zurechnungsdogmatik: Zur Auslegung der Körperverletzung mit Todesfolge im Rechtsvergleich Deutschland und Italien [1 ed.]
 9783428546374, 9783428146376

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Beiträge zum Internationalen und Europäischen Strafrecht Studies in International and European Criminal Law and Procedure Band / Volume 21

Präterintentionalität und Zurechnungsdogmatik Zur Auslegung der Körperverletzung mit Todesfolge im Rechtsvergleich Deutschland und Italien

Von

Lukas Staffler

Duncker & Humblot · Berlin

LUKAS STAFFLER

Präterintentionalität und Zurechnungsdogmatik

Beiträge zum Internationalen und Europäischen Strafrecht Studies in International and European Criminal Law and Procedure Herausgegeben von / Edited by Prof. Dr. Kai Ambos, Richter am OLG Braunschweig (abgeordnet)

Band / Volume 21

Präterintentionalität und Zurechnungsdogmatik Zur Auslegung der Körperverletzung mit Todesfolge im Rechtsvergleich Deutschland und Italien

Von

Lukas Staffler

Duncker & Humblot · Berlin

Diese Publikation wurde mit finanzieller Unterstützung des Vizerektorats für Forschung der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck sowie der Österreichischen Forschungsgemeinschaft gedruckt.

Im Rahmen des Gemeinsamen Doktoratstudienplans der Leopold Franzens Universität Innsbruck und der Università degli Studi di Padova wurde diese Arbeit im Sommer 2014 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2015 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: Buch Bücher de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 1867-5271 ISBN 978-3-428-14637-6 (Print) ISBN 978-3-428-54637-4 (E-Book) ISBN 978-3-428-84637-5 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

„Denn im Präventionsstrafrecht der postmodernen Gesellschaft kann allein ein kompromißlos durchgeführtes Schuldprinzip, das insbesondere auch nicht zu einem prozedural verstandenen Schulddialog postmodern verwässert wird, als Magna Charta des Bürgers sicherstellen, daß im Strafrecht niemand widerfährt, was seine Taten nicht wert sind, d. h. was er nicht voraussehen und vermeiden konnte.“ (Bernd Schünemann, in: FS Roxin [2001], S. 11)

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Rahmen des Gemeinsamen Doktoratstudienplans der Leopold Franzens Universität Innsbruck und der Università degli Studi di Padova angefertigt und im Sommer 2014 als Dissertation angenommen. Für die freundliche Betreuung meiner Promotion bin ich meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Mauro Ronco, zu großem Dank verpflichtet. Mein aufrichtiger Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. Klaus Schwaighofer (Zweitbetreuer) und Frau Prof. Dr. Margareth Helfer (Drittbetreuerin). Für die Erstellung des Zweitgutachtens danke ich Frau Prof. Dr. Margarethe Flora. Ferner danke ich Herrn Prof. Dr. Martin P. Schennach für die anregenden Diskussionen zu den rechtshistorischen Themen sowie Herrn Prof. Dr. Fabio Basile für die Forschungsmöglichkeiten und Sprechstunden an der staatlichen Universität Mailand. Schließlich danke ich Frau Vera Mair am Tinkhof und Herrn Lorenz Lois Winkler für die Durchsicht des Manuskripts und die wertvollen Anregungen bei der Korrekturarbeit. Mein Dank gilt schließlich Herrn Prof. Dr. Kai Ambos für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe „Beiträge zum Internationalen und Europäischen Strafrecht“ und dem Verlag Duncker & Humblot für die unkomplizierte Abwicklung der Drucklegung. Für die großzügige Unterstützung bei der Finanzierung der Druckkosten danke ich dem Vizerektorat für Forschung der Universität Innsbruck sowie der Österreichischen Forschungsgemeinschaft. Meinen Eltern widme ich diese Arbeit als Zeichen des Dankes für die unermüdliche Unterstützung. Für die großzügige finanzielle Unterstützung in Form eines Forschungsstipendiums bedanke ich mich herzlich beim „Verein zur Förderung der wissenschaftlichen Ausbildung und Tätigkeit von Südtirolern an der Landesuniversität Innsbruck“. Innsbruck und Padua, im November 2014

Lukas Staffler

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 A. Normative Ausgangssituation im rechtsordnungsspezifischen Kontext . . . . . . . . . . . 18 B. Thematische Eingrenzung und rechtsvergleichende Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

Erster Teil Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen

26

A. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 I. Begriff und Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 II. Zum Strafrahmen der todeserfolgsqualifizierten Delikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Zum Verhältnis von vorsätzlichen Tötungsdelikten und todeserfolgsqualifizierten Delikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2. Fortsetzung: Zum Strafrahmen der todeserfolgsqualifizierten Delikte . . . . . 37 3. Zum Strafrahmen der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung . . . . . . . 38 III. Zur Existenzberechtigung der erfolgsqualifizierten Delikte . . . . . . . . . . . . . . . 39 B. Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 I. Begriff und Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 II. Zum Strafrahmen der todeserfolgsqualifizierten Delikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 1. Zum Verhältnis von vorsätzlichen Tötungsdelikten und todeserfolgsqualifizierten Delikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 2. Fortsetzung: Zum Strafrahmen der todeserfolgsqualifizierten Delikte . . . . . 57 3. Zum Strafrahmen der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung . . . . . . . 59 III. Zur Existenzberechtigung der erfolgsqualifizierten Delikte . . . . . . . . . . . . . . . 61 C. Rechtsvergleichende Zwischenergebnisse ¢ Weiterer Gang der Untersuchung . . . . 63

Zweiter Teil Rechtshistorische Schwerpunkte in der Entwicklung der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung

69

A. Die Entwicklung der Strafrechtstheorie seit der gemeinrechtlichen Doktrin bis Feuerbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

10

Inhaltsverzeichnis

B. Die rechtsdogmatische Entwicklung der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung im Kontext der Tötungsdelikte vom Gemeinrecht bis Feuerbach . . . . . . . . . . . . . . . . 85 I. Die gemeinrechtliche Doktrin zum indirekten Willen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 II. Paradigmenwechsel durch Feuerbachs culpa dolo determinata . . . . . . . . . . . . . 99 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 C. Die gemeinrechtliche Doktrin zum Kausalverständnis nach Art. 147 CCC . . . . . . . . 103 D. Die todeserfolgsqualifizierte Körperverletzung in der Genese der Strafrechtskodifikationen seit dem 19. Jahrhundert (Überblick) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 I. Überblick zur Entwicklung der Körperverletzung mit Todesfolge in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 1. Die Entwicklung im Lichte der Partikularrechte der deutschsprachigen Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 2. Das Preußische Strafgesetzbuch von 1851 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 3. Vom Reichsstrafgesetzbuch von 1871 bis zur Gegenwart . . . . . . . . . . . . . . . 116 II. Zur Entwicklung der präterintentionalen Tötung in Italien . . . . . . . . . . . . . . . . 123 1. Die Entwicklung im Lichte der Partikularrechte der italienischen Länder . . 123 2. Vom codice Zanardelli (1889) zum gegenwärtig geltenden codice Rocco (seit 1930) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 E. Zwischenergebnis zur rechtshistorischen Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 I. Von der ethisch-axiologischen Willenslehre zur psychologischen Willenslehre 132 II. Die rechtshistorische Systemfunktion der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung in den Strafrechtskodifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

Dritter Teil Der Zusammenhang von Grunddelikt und Todeserfolg bei der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung

135

A. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 I. Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 II. Handlungskausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 III. Letalitätstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 IV. Lehre von der Durchgangskausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 V. Leichtfertigkeitszusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 VI. Grunddeliktischer Schutzzweckzusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 VII. Law in action – Auswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 1. Flucht- und Ausweich-Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 2. Sturz-Fallkonstellation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 3. Pistolenschläger-Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

Inhaltsverzeichnis

11

B. Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 I. Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 II. Zurechnung aufgrund verschuldensunabhängige Erfolgshaftung – Responsabilità oggettiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 III. Objektive Verantwortung als Verantwortlichkeit aus völlig unerlaubtem Risiko – Responsabilità da rischio totalmente illecito . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 IV. Zurechnung aufgrund Fahrlässigkeit wegen Missachtung einer strafrechtlichen Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 V. Zurechnung aufgrund implizierter Vorhersehbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 VI. Exkurs: Zur Verfassungskonformität der verschuldensunabhängigen Erfolgshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 VII. Zurechnung aufgrund generell-objektivierter Fahrlässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 200 VIII. Zurechnung aufgrund konkret-subjektiver Fahrlässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 IX. Law in action – Auswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 1. Flucht-Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 2. Ausweich- und Sturz-Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 3. Pistolenschläger-Fallkonstellation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

Vierter Teil Rechtsvergleichende Würdigung

213

A. Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 I. Die Interdependenzen der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung mit den Tötungsdelikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 II. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 B. Zur ratio essendi der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung . . . . . . . . . . . . . . . 225 I. Die Fahrlässigkeitsessenz im deutschen Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 II. Die Fahrlässigkeitsessenz im italienischen Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 III. Schlussfolgerungen für die Bestimmung der Unrechtsessenz der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 C. Zum Vorhersehbarkeitskriterium bei der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung 249 D. Zum deliktsspezifischen Schutzzweck-Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 I. Zum Schutzzweck der Körperverletzungsnormen im Allgemeinen . . . . . . . . . 258 II. Zum Schutzzweck der gefährlichen Körperverletzung in § 224 I StGB . . . . . . 264 1. Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen (Nr. 1) . 267 2. Begehung mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs (Nr. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 3. Begehung mittels eines hinterlistigen Überfalls (Nr. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 4. Begehung mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich (Nr. 4) . . . . . . . 282

12

Inhaltsverzeichnis 5. Begehung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (Nr. 5) . . . . . 285 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287

E. Schlussbetrachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 Personen- und Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334

Abkürzungsverzeichnis a. A. abl. AE a. F. AG ALR Alt. AP App. Art. AT Aufl. BayOLG BGH BGHR

anderer Ansicht ablehnend Alternativentwurf alte Fassung Amtsgericht Preußisches Allgemeines Landrecht Alternative Archivio penale Appendice Artikel Allgemeiner Teil Auflage Bayerisches Oberstes Landesgericht Bundesgerichtshof für Strafsachen Systematische Sammlung der Entscheidungen des deutschen Bundesgerichtshofs BGHSt Entscheidungen des deutschen Bundesgerichtshofs in Strafsachen BT Besonderer Teil BT-Drs. Bundestagsdrucksache BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bzw. beziehungsweise cap. caput Cass. Corte di Cassazione CCC Constitutio Criminalis Carolina CED Centro elettronico di documentazione della Corte di Cassazione CP Cassazione penale (rivista mensile di giurisprudenza) CPMA Cassazione penale masimario annotato D&G Diritto e Giustizia ders. derselbe d. h. das heißt dies. dieselbe Dig. disc. pen. Digesto delle Discipline Penalistiche DPP Diritto penale e processo ED Enciclopedia del diritto EGT Enciclopedia giuridica. Istituto della Enciplopedia italiana fondata Giovanni Treccani et al. et alii, aliae, alia etc. et cetera f. und der, die, das folgende ff. und die folgenden

14 FG FN FS GA Gcost GDir GedS GG GI GM GSHK h. A. h. L. h. M. Hrsg. i. d. R. i. S. d. iStGB iVerf i. V. m. JA JBl. JK JR Jura JuS JZ Kap. LG lib. lit. LK m. Anm. MDR med. MK M. M. m. w. N. n. F. NJ NJW NK NNDI Nr. NStZ NStZ-RR obs.

Abkürzungsverzeichnis Festgabe Fußnote Festschrift Goldtdammers Archiv Giurisprudenza costituzionale Guida al Diritto Gedächtnisschrift Grundgesetz Giurisprudenza Italiana Giurisprudenza di merito Gesamtes Strafrecht Handkommentar herrschende Ansicht herrschende Lehre herrschende Meinung Herausgeber in der Regel im Sinne des Italienisches Strafgesetzbuch Italienische Verfassung in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter Juristische Blätter Jura Kartei, in Juristische Ausbildung Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juristische Schuldung Juristenzeitung Kapitel Landesgericht liber litera Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch mit Anmerkung Monatszeitschrift für deutsches Recht meditatio Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch Minderheitenmeinung mit weiteren Nachweisen neue Fassung Neue Justiz Neue Juristische Wochenschrift NOMOS Kommentar zum Strafgesetzbuch Novissimo Digesto Italiano Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Strafrecht – Rechtsprechungsreport Observatio

Abkürzungsverzeichnis OGHSt OLG öStGB PrOTr PrStGB qu. Rdn. RGSt RIDPP s. S. Sez. Sez. Un. SI SK sog. spec. S/S StGB StGB-E StrRG StV Tit. TU vgl. Vorbem. WaffG WK WStG ZStW

15

Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes für die Britische Zone in Strafsachen Oberlandesgericht Österreichisches Strafgesetzbuch Preußisches (Königliches) Ober-Tribunal Preußisches Strafgesetzbuch quaesito Randnummer Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Rivista italiana di diritto e procedura penale siehe Seite Sezione Sezioni Unite Studium iuris Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch sogenannt, -er, -e, -es spectatio Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, Kommentar Strafgesetzbuch Entwurf des Strafgesetzbuchs Strafrechtsreformgesetz Strafverteidiger titulus Testo unico vergleiche Vorbemerkungen Waffengesetz Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch (Österreich) Wehrstrafgesetz Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft

Einleitung Ein klassisches Thema der Strafrechtsdogmatik betrifft vorsätzliche Straftaten, deren Begehung eine über den intendierten Erfolg hinaus weitere schwerwiegendere Folge nach sich zieht. Die Zurechenbarkeit dieses präterintentionalen Erfolgs (von praeter, lateinisch, darüber hinaus, ausgenommen, und intentio, -ionis, Aufmerksamkeit, Absicht) wird in Deutschland unter dem Überbegriff der Erfolgsqualifikationen und in Italien unter dem Schlagwort preterintenzione in senso lato seit geraumer Zeit eingehend diskutiert, wobei beide Rechtsordnungen von einer allgemein akzeptierten Lösung weit entfernt sind. Von besonderem Interesse sind die Todeserfolgsqualifikationen, also jene Sachverhalte, in denen der Täter über den grunddeliktischen Erfolg hinaus den Tod des Opfers verursacht. Im Zentrum der vorliegenden Untersuchung steht der „Archetyp der Todeserfolgsqualifikationen“1, die Körperverletzung mit tödlichem Ausgang. Dabei geht es um folgende Sachverhaltskonstellation: Der Täter begeht eine vorsätzliche Körperverletzung, verursacht aber über seinen Verletzungsvorsatz hinausgehend (und ungewollt) den Tod des Opfers. Während sich der erste Prüfungsschritt zur Falllösung, nämlich der Ursachenzusammenhang zwischen dem Verhalten des Täters und dem Tod des Opfers, relativ unstrittig darstellt, müssen weitere auf normativer Ebene festgelegte oder durch Rechtsprechung bzw. Schrifttum entwickelte Zurechnungskriterien berücksichtigt werden. So ist in Deutschland der über die Grunddeliktsverwirklichung hinausgehender Todeserfolg dem Täter gemäß § 18 StGB nur dann zuzurechnen, wenn der qualifizierende Erfolg zumindest fahrlässig verursacht wurde. Damit hat sich die deutsche Rechtsordnung einerseits für die Beibehaltung der Deliktskategorie „Erfolgsqualifikationen“ entschieden, andererseits auf Gesetzgebungsebene – in Überwindung der verschuldensunabhängigen Erfolgshaftung – die Fahrlässigkeitsvoraussetzung normativ festgelegt hat. Demgegenüber beinhaltet die italienische Rechtsordnung zwar in Art. 27 I iVerf ein Bekenntnis zum Verschuldensgrundsatz, gleichzeitig stellt das iStGB dem Rechtsanwender einen von diesem Grundsatz abweichenden Haftungsspielraum bereit, sodass die Debatte zur Auslegung der Präterintention überaus lebhaft geführt wird.

1 So Dolcini, in: Vassalli, S. 257; s. auch Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 240; Patalano, in: ED XXXV, S. 353.

18

Einleitung

Daher weisen Schrifttum und Rechtsprechungen in beiden Rechtsordnungen ein vielfältiges Angebot an Lösungen zur Auslegung der Todeserfolgsqualifikationen auf, was eine rechtsvergleichende Gegenüberstellung der im rechtsordnungsspezifischen Kontext entwickelten Auslegungsstrategien einer rechtsvergleichenden Darstellung ermöglicht. Diese Aufgabenstellung ermöglicht nicht nur einen potentiellen Ausbau des Lösungspools für Schrifttum und Rechtsprechung – eine Zielsetzung, die dem traditionellen Verständnis rechtsvergleichender Aufgabenstellung im Hinblick auf Gesetzesänderungen nahekommt2; vielmehr soll der vorliegende Vergleich zur kritischen Reflexion vorhandener Auslegungstendenzen anregen. Dabei setzt die Untersuchung einen besonderen Schwerpunkt auf das Fahrlässigkeitserfordernis zum Todeserfolg, das durch die normative Verankerung in Deutschland nahezu selbstverständlich geworden ist, während es in Italien nicht nur kontrovers diskutiert, sondern teilweise dogmatisch zu einer faktischen Erfolgshaftung denaturiert wird.

A. Normative Ausgangssituation im rechtsordnungsspezifischen Kontext In einem europäischen normativen Überblick3 zeigt sich, dass dem Sachverhalt einer vorsätzlichen Körperverletzung mit fahrlässig-letalem Ausgang unterschiedliche normative Lösungen zugrunde gelegt werden: ¢ Einige Länder, wie Schweden, Schweiz und Spanien (seit 1995), haben die dogmatische Konstruktion der erfolgsqualifizierten Delikte zugunsten einer Idealkonkurrenz-Lösung aufgegeben und regeln derartige Fälle über die Tateinheit von Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikt4. ¢ Andere Länder, wie Deutschland, Österreich5 oder Portugal6, halten dagegen an den Erfolgsqualifikationen fest, wobei sie im Allgemeinen Teil des jeweiligen 2 Vgl. nur Eser, FS Kaiser, S. 1511; Jescheck, ZStW 86 (1974), 775 f., 781; zu den Aufgaben der Strafrechtsvergleichung im Allgemeinen s. ferner Bernardi, L’europeizzazione, S. 78 ff.; Hilgendorf, in: Beck/Burchard/Fateh-Moghadam, S. 14 ff.; Jescheck, FS Bockelmann, S. 136 f.; ders., FS Miyazawa, S. 363; Jung, JuS 1998, 1 ff.; Palazzo/Papa, Lezioni, S. 26 ff. 3 Überblick nach Ambos, GA 2002, 455 f. 4 Zu diesem Befund s. Ambos, GA 2002, 456 m. w. N.; NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 11; zur Idealkonkurrenz vgl. anstelle vieler Jescheck/Weigend, AT S. 718 ff. 5 § 86 des österreichischen Strafgesetzbuchs: „Hat die Tat den Tod des Geschädigten zur Folge, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.“ 6 Art. 147 des portugiesischen Strafgesetzbuchs, zitiert nach Fernandes, S. 128: „1. Wenn die Körperverletzungen, die in den Art. 143 bis 146 bezeichnet sind, den Tod zur Folge haben, wird der Täter mit der Strafe für die entsprechende Straftat bestraft, erhöht um ein Drittel ihres jeweiligen Mindest- und Höchstmaßes. 2. Wenn die Körperverletzungen, die in Art. 143, in Art. 145 AbS. 1 Buchst. a) und in Art. 146 Buchst. a) bezeichnet sind, die Körperverletzungen, die in Art. 144 bezeichnet sind,

A. Normative Ausgangssituation im rechtsordnungsspezifischen Kontext

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Strafrechts ein Fahrlässigkeitserfordernis für den qualifizierenden Erfolg festschreiben7. ¢ Andere Rechtsordnungen wiederum, vornehmlich dem romanischen Rechtskreis zugehörig, wie etwa Frankreich8, Spanien (bis 1995) oder Italien, bedienen sich einer besonderen Deliktskategorie, der sog. „Präterintention“9. Somit erscheint gerade im Hinblick auf die strafrechtlichen Harmonisierungstendenzen in Europa10 eine rechtsvergleichende Untersuchung herausfordernd und vielversprechend11.

zur Folge haben, wird der Täter mit der Strafe für das entsprechende Verbrechen bestraft, erhöht um ein Viertel ihres jeweiligen Mindest- und Höchstmaßes.“ 7 § 7 II des österreichischen Strafgesetzbuchs: „Eine schwerere Strafe, die an eine besondere Folge der Tat geknüpft ist, trifft den Täter nur, wenn er diese Folge wenigstens fahrlässig herbeigeführt hat.“ Art. 18 des portugiesischen Strafgesetzbuchs, zitiert nach Fernandes, S. 45: „Wenn die für eine Tat angedrohte Strafe aufgrund der Herbeiführung eines Erfolgs erschwert wird, ist stets Bedingung für die Erschwerung, dass dieser Erfolg dem Täter zumindest als fahrlässig zugerechnet werden kann.“ 8 Art. 222 – 7 des französischen Strafgesetzbuchs, zitiert nach Bauknecht/Lüdicke, S. 141: „Gewalttätigkeiten, die zum Tod des Opfers geführt haben, ohne daß Tötungsvorsatz vorlag, werden mit 15 Jahren Zuchthaus bestraft.“ Vgl. auch Art. 222 – 8. 9 So kennt das französische Strafrecht die dogmatischen Figuren des délit praeterintentionnel bzw. dol dépassé („überholter Vorsatz“): Ambos, GA 2002, 456; Küpper, Zusammenhang, S. 38 f.; NK-Paeffgen, Vorbem. § 18 Rdn. 8; jeweils m. w. N. 10 Über die Vorzüge und Aufgaben einer europäischen Strafrechtswissenschaft s. Donini, Verbrechenslehre, S. 35; ders., Il volto attuale, S. 176 ff.; Eser, FS Frisch, S. 1454 ff.; Jescheck, ZStW 79 (1967), 141 ff.; Kühl, ZStW 109 (1997), 777 ff.; ders., FS Söllner, S. 616 f., 622 ff.; Papa, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PG I, S. 385 f.; Perron, ZStW 109 (1997), 296 ff.; Riz, in: Foffani, S. 41; Rüter, ZStW 105 (1993), 30 ff.; Schweizer, in: Hilpold/ Steinmair/Perathoner, S. 13 f.; Sieber, ZStW 103 (1991), 973 ff.; ders., JZ 1997, 377 ff.; ders., in: Sieber/Albrecht, S. 96 ff.; ders., ZStW 119 (2007), 7 f., 13; Weigend, ZStW 105 (1993), 783 ff.; eingehend zur Harmonisierung des Strafrechtes in Europa: Basile, Immigrazione, S. 85 ff.; Bernardi, L’europeizzazione, S. 48 ff., 66 ff.; ders., RIDPP 2008, 76 ff.; Dannecker, JZ 1996, 869 ff.; Eser, FS Kaiser, S. 1513 ff., 1525; Hecker, in: Sieber/Brüner/Satzger/Heintschel-Heinegg, § 10 Rdn. 1 ff. m. w. N.; Militello, RIDPP 2012, 351 f.; Maiwald, FS Frisch, S. 1375 ff.; Palazzo/Papa, Lezioni, S. 31 ff.; Sieber, JZ 1997, 374 f.; ders., in: Sieber/Albrecht, S. 93 ff.; Vogel, JZ 1995, 333 f.; kritisch zur bisherigen Praxis der Europäisierung des Strafrechts: Schünemann, FS Szwarc, S. 109 ff. (etwa S. 117: „juristische[] Fehlentwicklung Europas“); Weigend, in: Sieber/Albrecht, S. 61 f.; als konkretes Beispiel zur Harmonisierung des Strafrechts in Europa kann der Vorschlag zur Ausarbeitung und Einführung eines Europäischen Modellstrafrechts dienen: Sieber, ZStW 103 (1991), 957 ff. – a. A. zu dieser Vorgehensweise, nämlich gegen die Einebnung gewachsener Rechtskulturen und Traditionen: Weigend, ZStW 105 (1993), 783 ff., ders., in: Sieber/Albrecht, S. 61; vgl. zur Thematik auch Roxin, in: Eser/ Hassemer/Burkhardt, S. 391: „Das evolutionäre Zusammenwachsen der europäischen Strafrechtsordnung ist dem zentralistischen Oktroi einer Einheitskodifikation vorzuziehen.“ sowie Jescheck, in: Sieber/Albrecht, S. 159: „Die Europäisierung von Strafrecht und Strafprozessrecht wird somit nur unter erheblichen Opfern an nationaler Rechtskultur und gewachsener Rechtstradition erreichbar sein.“

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Einleitung

Bei den zu vergleichenden Rechtsordnungen beschränkt sich die vorliegende Arbeit auf eine Auswahl an Rechtsordnungen, die de lege lata an der dogmatischen Figur der Todeserfolgsqualifikationen im weitesten Sinn festgehalten haben. Dabei bildet das deutsche Strafrecht den Ausgangspunkt der vorliegenden Analyse, da die deutsche Rechtswissenschaft einerseits eine Vielzahl an komplexen Lösungsansätzen zur Auslegung der Körperverletzung mit Todesfolge entwickelt hat12, andererseits mit Blick auf die Umsetzung des Schuldprinzips strafrechtstheoretisch „das vergleichsweise am weitesten ausgearbeitete Konzept der Fahrlässigkeitsdelikte bereithält und deshalb auch in vielen Ländern des europäischen Kontinents Resonanz gefunden hat, so daß dieses Konzept in gewissem Sinne als ein gemeineuropäisches Konzept des Fahrlässigkeitsdelikts qualifiziert werden kann.“13 Demgegenüber bietet die italienische Rechtsordnung einen normativen Lösungsansatz, der selbst in einer Gesamtschau des romanischen Rechtskreises als einzigartig charakterisiert werden kann14: Mit der Einführung des iStGB von 1930 wurde die „Präterintention“ als dritte Schuldform zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit im Allgemeinen Teil des Strafrechts vorgesehen. Der Vergleich zwischen Deutschland und Italien ist nicht nur aufgrund dieses normativen Unterschieds von besonderem Interesse, sondern auch wegen des gegenseitigen Wissenschaftsdialogs15. Damit bietet der rechtsvergleichende Zugang zur Thematik großes Potential für innovative Lösungsansätze, welches sowohl für die Entwicklung in Deutschland als auch in Italien rückgespiegelt werden könnte. Gleichzeitig erhebt die rechtsvergleichende Auseinandersetzung nicht nur einen kritische Innovations- und Harmonisierungsanspruch, sondern mit Blick auf den

11 Vgl. Roxin in: Eser/Hassemer/Burkhardt, S. 381 ff., wonach die Zukunftsaufgabe der Weltstrafrechtswissenschaft in einer Gesamtdarstellung des Strafrechts aller europäischen und der wichtigsten außereuropäischen Staaten besteht, um dadurch einerseits dem einzelnen Forscher Zugang zu Problemlösungen zu verschaffen, die außerhalb des nationalen Rechtskontextes in anderen Länder bereits erarbeitet bzw. gelöst wurden, und andererseits den einzelnen Gesetzgebungsorganen eine wertvolle Erkenntnisquelle zu bieten. 12 Vgl. etwa Roxin, AT I § 10 Rdn. 115, mit seiner Feststellung, dass das Schrifttum von einer Einigkeit weit entfernt sei. 13 Schünemann, GS Meurer, S. 39. 14 Zum Begriff der Rechtskreise vgl. Jescheck, FS Middendorff, S. 133; Jung, JuS 1998, 3; Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, S. 62 ff. 15 Vgl. etwa Pagliaro, CP 2008, 2684: „Ich behaupte, dass die Position der deutschen Rechtslehre überaus bedeutungsvoll ist, weil die Einflüsse der deutschen Lehre auf jene in Italien seit Jahrzehnten derartiges Gewicht erhalten hat, dass man ihr nur mit großer Mühe entgegen treten kann.“ Vgl. auch Ardizzone, I reati, S. 160 f.; Dolcini, in: Vassalli, S. 257 ff.; eingehend zum wissenschaftlichen Dialog Italien-Deutschland Cadoppi, Introduzione, S. 17, 18 f., 27, 31 f.; Militello, RIDPP 2012, 348 ff.; kritisch zum einseitigen Wissenschaftstransfer von Deutschland nach Italien (reiner „Export“) etwa Donini, Verbrechenslehre, S. 39 FN 2.

B. Thematische Eingrenzung und rechtsvergleichende Methode

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Haftungsstandard der Fahrlässigkeit, der in beiden Rechtsordnungen gilt, auch einen Kontroll- und Warnanspruch zur konkreten Umsetzung dieser Vorgabe16. Ausgangspunkt der Untersuchung ist die Körperverletzung mit Todesfolge nach § 227 StGB: § 227 StGB: Körperverletzung mit Todesfolge (1) Verursacht der Täter durch die Körperverletzung (§§ 223 bis 226a) den Tod der verletzten Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. (2) In minder schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu erkennen.

Wie bereits erwähnt, hat der italienische Gesetzgeber eine Lösung auf der Ebene des Allgemeinen Teils des Strafrechts in Form einer eigenen Schuldform entwickelt, die zwischen den Definitionen zu Vorsatz und Fahrlässigkeit in Art. 43 iStGB unter dem Begriff „Präterintention“17 erläutert wird18: Art. 43 iStGB: Psychologisches Element der strafbaren Handlung (1) Das Verbrechen ist: […] präterintentional oder über die Absicht hinausgehend, wenn durch die Handlung oder Unterlassung ein schädigender oder gefährlicher Erfolg herbeigeführt wird, der schwerer ist als der vom Täter gewollte.

Im Besonderen Teil des italienischen Strafgesetzbuchs findet sich expressis verbis nur ein einziges präterintentionales Delikt, nämlich die präterintentionale Tötung in Art. 584 iStGB19: Art. 584 iStGB: Präterintentionale Tötung (1) Wer durch Handlungen, die auf die Begehung eines der in den Artikeln 581 und 582 vorgesehenen Verbrechen abzielen, einen Menschen tötet, wird mit Gefängnisstrafe von zehn bis zu achtzehn Jahren bestraft.

B. Thematische Eingrenzung und rechtsvergleichende Methode Um der Gefahr einer uferlosen rechtsvergleichenden Arbeit aufgrund eines zu weit gefassten Untersuchungsfeldes vorzubeugen, muss eine Begrenzung des Un16 Vgk, Eser, FS Frisch, S. 1455 ff. zu den Zielsetzungen der „wertenden“ Rechtsvergleichung; vgl. auch Arzt, ZStW 111 (1999), 760 f., 766 ff.; Donini, Il volto attuale, S. 188 ff.: Jescheck, ZStW 86 (1974), 765; Jung, JuS 1998, 4. 17 Eingehend zum Terminus Präterintention, der sich aus dem Lateinischen praeter intentionem ableitet, jeweils m. w. N.: Ambos, GA 2002, 455; Finzi, S. 6 ff.; Vitale, S. 9 ff. 18 Übersetzung nach Javers, in: Sieber/Cornils, AT III, S. 696. 19 Übersetzung des seit Inkrafttreten des codice penale von 1930 unverändert gebliebenen Paragraphen nach Riz/J. Bosch, S. 393.

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Einleitung

tersuchungsobjekts vorgenommen werden20. Im Sinne des sog. „Funktionalitätsprinzip[s]“21 beschränkt sich der vorliegende Rechtsvergleich auf die Gegenüberstellung der Auslegungstendenzen zur Zurechnungsdogmatik bei der Körperverletzung mit Todesfolge bzw. präterintentionalen Tötung. Damit wird der Fokus auf Zurechnungskriterien des objektiven und subjektiven Tatbestands22 gesetzt und gleichzeitig die Themenbereiche „Unterlassung“, „Beteiligung“ und „Versuch“ aus der vorliegenden Arbeit ausgeklammert. Eine weitere Beschränkung wird für den Bereich des Ärztestrafrechts gewählt, soweit sie den ärztlichen Behandlungsfehler als Körperverletzungsdelikt betrifft: Der Literaturumfang zu dieser Thematik würde gerade im Bereich der Körperverletzung mit Todesfolge eine eigene monographische Aufarbeitung erfordern. Schließlich bleibt auch die Problematik zur „Rechtfertigung“, insbesondere die „Einwilligung“ nach § 228 StGB, in der vorliegenden Arbeit unberücksichtigt. Der vorliegende Rechtsvergleich verläuft in mehreren Untersuchungsetappen, wobei das zentrale Anliegen in der vergleichenden Untersuchung zum Zurechnungszusammenhang zwischen Grunddelikt und Todeserfolg bei der Körperverletzung mit Todesfolge bzw. präterintentionalen Tötung in den Rechtsordnungen von Deutschland und Italien besteht. Im ersten Teil findet eine eingehende Darstellung der jeweiligen Systematik der Todeserfolgsqualifikationen statt, wobei ein Schwerpunkt auf die Erörterung der Strafrahmen dieser Deliktsgruppe gelegt wird. In methodischer Hinsicht soll über diesen legislativ-theoretischen Rechtsvergleich23 der funktionale Kontext24 der Todeserfolgsqualifikationen herausgearbeitet werden. Die sich daraus ergebenden Fragestellung zur Funktion der untersuchten Delikte wird in einer rechtshistorischen Rahmendarstellung untersucht25. In einer über20 So Jescheck, Entwicklungen, S. 37; ders., FS Middendorff, S. 133; ders., ZStW 79 (1967), 143; vgl. auch Eser, FS Kaiser, S. 1524 sowie jüngst Kremnitzer in: Beck/Burchard/ Fateh-Moghadam, S. 32: „The issue of choice [of the legal system for comparison] is treated here from the point of view of a single researcher and from a perspective of research that is not entirely theoretical […] A single researcher cannot afford to research the entire world, because of two main reasons: the scarcity of time and energy, and the danger of dilettantism.“ 21 So Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, S. 33; vgl. zur Definition des Sachproblems als erster Schritt der rechtsvergleichenden Vorgehensweise: Eser, FS Kaiser, S. 1521 m. w. N. 22 Vgl. die Ausführungen von Freund, FS Frisch, S. 679, 685, wonach die Lokalisierung des „spezifischen Gefahrenrealisierungszusammenhangs“ im alleinigen Bereich der objektiven Erfolgszurechnung angesichts der Relevanz subjektiver Kriterien nicht durchführbar sei; zur unterschiedlichen Terminologie und den damit verbundenen Schwierigkeiten vgl. Stiebig, FG für Paulus, S. 151 ff.; zur Besonderheit der diesbezüglichen italienischen Verbrechenslehre vgl. die Einführung zum Dritten Teil. 23 Terminologie zur Methode nach Eser, FS Frisch, S. 1442 f.; ders., FS Kaiser, S. 1510 ff., 1515 ff. 24 Zum funktionalen Rechtsvergleich vgl. Sieber in: Sieber/Albrecht, S. 112 f. 25 Auf die enge Verknüpfung von Rechtsvergleichung und Rechtsgeschichte weist bereits v. Liszt, in: Vergleichende Darstellung BT V, S. 4 f. hin; vgl. dazu Jescheck, ZStW 79 (1967),

B. Thematische Eingrenzung und rechtsvergleichende Methode

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blicksweisen Darstellung wird die normative Entstehungsgeschichte zur Körperverletzung mit letalem Ausgang in Deutschland und Italien erschlossen, um so die rechtshistorisch gewachsenen Zusammenhänge der einschlägigen Vorschrift mit anderen Bestimmungen nachzuweisen, insbesondere den vorsätzlichen und fahrlässigen Tötungsdelikten26. Schwerpunkte bilden die Untersuchung zum dogmengeschichtlichen Ursprung der Präterintentionalität sowie die Rekonstruktion der dogmatischen Entwicklung seit dem gemeinen Strafrecht. Nach diesen legislativ-theoretischen und rechtshistorisch-theoretischen Grundlagenstudien erfolgt im Hauptteil die Darstellung der durch Rechtsprechung und Schrifttum entwickelten deliktsspezifischen Zurechnungskriterien, was der Vorbereitung des judikativen und theoretischen Strafrechtsvergleichs27 im darauffolgenden Teil im Sinne eines rechtsvergleichenden „Querschnitt[s]“28 dient. Aus diesem Grund wird bei der Darstellung des Meinungsstandes auf jegliche Wertungsaussage verzichtet und eine deskriptiv-beschreibende Vorgehensweise29 gewählt, zumal die Rechtsvergleichung nicht in erster Linie darauf abzielt, „welcher Weg der richtige ist“30, sondern zunächst der Darstellung unterschiedlicher Strategien zur Lösung eines spezifischen Problems dient. Daneben wird dem law in action Platz eingeräumt, indem eine Auswahl von leading cases der deutschen Rechtsprechung in funktionale Fallgruppen gegliedert und ausgewählten italienischen Entscheidungen mit ähnlich gelagerten Sachverhalten gegenüber gestellt wird31. Ziel dieser Vorgehensweise ist die Untersuchung der Leistungsfähigkeit der jeweiligen Kriterien sowie deren Anwendung in der Rechtspraxis in diskutablen Grenzfällen, weshalb der „Zweckmäßigkeitsgedanke“ unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnis als Wertungsmaßstab im abschließenden Teil der Untersuchung fungiert32. Die Bewertung33 der dargelegten Lösungsstrategien bildet schließlich den letzten Schwerpunkt des vorliegenden Forschungsvorhabens und ist als Stellungnahme zu 139; Koch, FS Frisch, S. 1485 ff.; Schweizer, in: Hilpold/Steinmair/Perathoner, S. 14; Schultz, in: Jescheck/Kaiser, S. 14. 26 Vgl. Jescheck, ZStW 86 (1974), 773. 27 Terminologie zur Methode nach Eser, FS Frisch, S. 1442 f.; ders., FS Kaiser, S. 1507 ff., 1510 ff., 1515 ff. 28 So Eser, FS Kaiser, S. 1522. 29 Vgl. aber Eser, FS Frisch, S. 1454 FN 60, der in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass „auch bei scheinbar bloßer Deskription verschiedener Rechtsordnungen in der Auswahl möglicher Gemeinsamkeits- oder Unterscheidungskriterien eine Wertung stecken kann.“ 30 So Jescheck, ZStW 86 (1974), 781 (Hervorhebungen im Original); passend hierzu Arthur Kaufmann, Rechtsphilosophie, S. 289 ff. 31 Vgl. Sieber, in: Sieber/Albrecht, S. 118 sowie Papa, in: Cadoppi/Canestrari/ Manna/ Papa, Trattato PG I, S. 388. 32 Vgl. Eser, FS Frisch, S. 1461 f.; Perron, ZStW 109 (1997), 290. 33 Der Vollständigkeit halber ergeht der Hinweis auf Eser, FS Frisch, S. 1452 f., wonach die Wertung nicht als notwendiger Bestandteil jeder rechtsvergleichenden Arbeit anzusehen sei.

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Einleitung

den Inhalten des dritten Teils konzipiert. Deshalb kann von „evaluativ-kompetitiver“ Strafrechtsvergleichung34 gesprochen werden, zumal die rechtsvergleichende Kritik auf den Erkenntnissen der hier erarbeiteten Grundlagen zum funktionalen und rechtshistorischen Kontext der Regelungen basiert. In diesem Teil der Untersuchung sollen die Zurechnungskriterien vor dem Hintergrund der normativen Fahrlässigkeitsvoraussetzungen bzw. anhand der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs festgelegten Vorgaben gewürdigt werden, sodass die vergleichende Untersuchung der „ureigensten Funktion“ des Rechtsvergleichs, „nämlich ihrer Rolle als Grundlagenforschung“35 gerecht werden kann. Der letzte Teil enthält deshalb eine Grundlagenstudie zur culpa in re illicita. Um die zu untersuchende Deliktsgruppe funktional und von den nationalen Rechtsordnungen dogmatisch unabhängig untersuchen zu können, schlagen Zweigert und Kötz die Verwendung eines „die gemeinsame Funktion erfassenden Oberbegriff[s]“36 vor, der nicht durch rechtsordungsspezifische Begrifflichkeiten vereinnahmt wird. Als verwendbare Bezeichnung scheidet damit „Körperverletzung mit Todesfolge“ aus. Die Verwendung des übersetzten italienischen Begriffs „präterintentionale Tötung“ weist für die Verwendbarkeit im rechtsvergleichenden Zusammenhang neben dem Italienbezug das Problem zur gewichtigen Betonung des Tötungsdelikts auf – im Gegensatz zur deutschen Betrachtungsweise der Vorschrift als Körperverletzungsdelikt. Zudem wäre die Formulierung im Hinblick auf das spezifische Grunddelikt wenig präzise: „Präterintentionale“ Todesfolgen, also über die Absicht hinausgehende letale Erfolgsverwirklichungen, beschränken sich vom Wortlaut her nicht auf die Körperverletzung als Grunddelikt, sondern charakterisieren eigentlich sämtliche todeserfolgsqualifizierten Delikte wie etwa Raub mit Todesfolge oder auch Brandstiftung mit Todesfolge – deren Ähnlichkeit zur Körperverletzung mit Todesfolge besteht in der Tatsache, dass das Grunddelikt (Raub, Brandstiftung) vorsätzlich herbeigeführt, die Folge grundsätzlich jedoch nicht vom Vorsatz des Täters erfasst wird. Aus diesem Grund muss der funktionalistische Begriff nach Möglichkeit eine rechtsordungsbedingte Unabhängigkeit und dogmatische Abstraktion aufweisen. Hierfür bietet sich die allgemeine systematische Erfassung der erfolgsqualifizierten Delikte mit Todesfolge an, die im Schrifttum gelegentlich durch den Überbegriff 34 Vgl. Eser, FS Frisch, S. 1446 f., 1450 ff. m. w. N.; zur Unterscheidung von „wertender“, „wertvergleichender“ und „wertbasierender“ Strafrechtsvergleichung s. Sieber in: Sieber/Albrecht, S. 103, 112 ff., 119 ff.; ders., ZStW 119 (2007), 53; zum kompetitiven Charakter der Rechtsvergleichung vgl. Sieber, in: Sieber/Albrecht, S. 95 ff., 110, 119 ff.; zum Begriff der „Wertung“ in der Rechtsvergleichung vgl. auch Luther, in: Hilpold/Steinmair/Perathoner, S. 31 f.: „Die Qualität von Rechtsvergleichung wird zunehmend von der Fähigkeit bedingt, nicht nur anderes Recht in einem perspektivischen Blick der Selbstvergewisserung zu nehmen, sondern auch die Außenansicht der eigenen kulturellen Identität selbstkritisch einzubeziehen.“ 35 So Eser, FS Kaiser, S. 1519 (Hervorhebungen im Original). 36 Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, S. 44; vgl. auch Schultz, in: Jescheck/Kaiser, S. 24, insbesondere FN 61 („autonom-rechtsvergleichende Begriffe“).

B. Thematische Eingrenzung und rechtsvergleichende Methode

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„todeserfolgsqualifizierte Delikte“37 beschrieben werden. Damit fällt die terminologische Wahl zum vorliegenden Untersuchungsgegenstand auf „todeserfolgsqualifizierte Körperverletzung“: Diese Bezeichnung wird fortan als unabhängiger Leitbegriff für die Delikte der Körperverletzung mit Todesfolge des deutschen Strafrechts sowie der präterintentionalen Tötung der italienischen Rechtsordnung verwendet.

37 So etwa Duttge, FS Herzberg, S. 317 f.; Kahlo, FS Puppe, S. 581; Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 72.

Erster Teil

Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen Die normativen Gegebenheiten zum rechtsvergleichenden Untersuchungsfeld in Deutschland und Italien sollen über einen legislativ-theoretischen Querschnitt dargestellt werden. ¢ Einen besonderen Schwerpunkt bilden die grundlegenden Vorschriften des Allgemeinen Teils der jeweiligen Rechtsordnung, um die normativen Rahmenbedingungen für die Auslegung der Tatbestände im Besonderen Teil zu erschließen. ¢ Einen weiteren Schwerpunkt bildet der Sanktionsrahmen der Vorschriften, insbesondere der Vergleich mit dem Strafrahmen der vorsätzlichen und fahrlässigen Tötungsdelikte.

A. Deutschland I. Begriff und Abgrenzungen Der Tatbestand des § 227 StGB beinhaltet die fahrlässige Herbeiführung des Todeserfolgs, der durch eine vorsätzliche Körperverletzung verursacht wurde. Es handelt sich um ein erfolgsqualifiziertes Delikt, da die Todesfolge einen Qualifikationserfolg zur vorsätzlichen Körperverletzung i. S. d. §§ 223 bis 226a StGB darstellt. Dementsprechend findet im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches § 18 StGB („Schwerere Strafe bei besonderen Tatfolgen“) Anwendung, jene Grundnorm, die in Deutschland seit ihrer Einführung im Jahr 1953 (als § 56 StGB a. F.) die Abkehr von der verschuldensunabhängigen Erfolgshaftung für den Zusatz-Erfolg eingeläutet hat1 und Folgendes bestimmt: „Knüpft das Gesetz an eine besondere Folge der Tat eine schwerere Strafe, so trifft sie den Täter oder den Teilnehmer nur, wenn ihm hinsichtlich dieser Folge wenigstens Fahrlässigkeit zur Last fällt.“ 1 Vgl. GSHK-Duttge, § 18 Rdn. 1; Ferschl, S. 33; MK-Hardtung, § 18 Rdn. 2; Hirsch, GA 1972, 65; Hruschka, GA 1967, 42; NK-Paeffgen, Vorbem. § 18 Rdn. 1, 6; Puppe, Erfolgszurechnung, S. 198; Roxin, AT I § 10 Rdn. 122; SK-Rudolphi/Stein, § 18 Rdn. 1; Sowada, Jura 1995, 644; S/S-Sternberg-Lieben/Schuster, § 18 Rdn. 2; Stuckenberg, FS Jakobs, S. 693, 695; kritisch zur Entwicklung in der Rechtsprechung: Rengier, FS Geppert, S. 479 ff.; ähnlich auch Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 212.

A. Deutschland

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Aus dem Wortlaut des § 18 StGB ergibt sich, dass der Anwendungsbereich einerseits eine mit Strafe bedrohte Tat (im Sinne eines strafbaren Grunddelikts)2 und andererseits eine besondere Folge dieser Tat voraussetzt. Das Grunddelikt einer Erfolgsqualifikation muss eigenständig strafbar sein3 und ist in der Regel eine Vorsatztat. Ein Fahrlässigkeitsdelikt als Grunddelikt ist vom Wortlaut des § 18 StGB aber nicht ausgeschlossen, wie Beispiele vor dem 6. StrRG von 1998 in §§ 309 2. Alt, 314 2. Alt sowie 320 2. Alt StGB a. F. zeigen. De lege lata sind keine fahrlässigen Tatbestände als Grunddelikte von Erfolgsqualifikationen vorhanden. Da § 18 StGB „wenigstens Fahrlässigkeit“ hinsichtlich der schwerwiegenderen Folge voraussetzt, präsentieren sich die erfolgsqualifizierten Delikte typischerweise als Kombinationen von Vorsatz und Fahrlässigkeit bzw. Vorsatz und Leichtfertigkeit. Mit Blick auf das Wort „wenigstens“ in § 18 StGB sind auch Vorsatz-VorsatzKombinationen möglich4. Dies wird in der Begründung des Regierungsentwurfs zur Einführung des § 56 StGB a. F. deutlich: „Der Entwurf sieht daher in Übereinstimmung mit den früheren Entwürfen eine Haftung für strafschärfende Folgen nur dann vor, wenn der Täter sie fahrlässig herbeigeführt hat. Diese Voraussehbarkeit des Erfolges stellt, wie das Wort ,wenigstens‘ andeutet, das Mindestmaß des für die Strafschärfung notwendigen Verschuldens dar. Ist der Erfolg vorsätzlich herbeigeführt worden, so ist er selbstverständlich, soweit dadurch nicht schon der Tatbestand eines anderen schweren Delikts erfüllt wird, ebenso zu vertreten wie ein als möglich vorhersehbarer.“5

Die Bezeichnung „besondere Folge“ geht auf § 15 StGB-E von 1925 zurück, der von einer „im Gesetz besonders bezeichneten Folge“ sprach6. Daran knüpft die aktuelle Formulierung an, wobei sie das Leitbild der todeserfolgsqualifizierten Delikte vor Augen hat7. Der Begriff der „besonderen Folge“ des § 18 StGB umfasst im Besonderen Teil des StGB ausschließlich Verletzungen der Rechtsgüter Leben bzw. körperliche Integrität8.

2 BT-Drs. 4/650, S. 136; Duttge, FS Herzberg, S. 313; Hardtung, Versuch und Rücktritt, S. 2; MK-ders., § 18 Rdn. 5; SK-Rudolphi/Stein, § 18 Rdn. 3; S/S-Sternberg-Lieben/Schuster, § 18 Rdn. 1. 3 Gössel, FS Lange, S. 220; Kudlich, JA 2000, 512; Krey/Schneider, NJW 1970, 640; NKPaeffgen, § 18 Rdn. 3; SK-Rudolphi/Stein, § 18 Rdn. 4. 4 Ausführlich Traub, NJW 1957, 370 f. 5 BT-Drs. 1/3713, S. 33 (eigene Hervorhebungen); vgl. Gössel, FS Lange, S. 219 f.; Kühl, FS Gössel, S. 194; Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 100 f., sieht darin den historischen gesetzgeberischen Willen zugunsten der sog. Exklusivitätslehre; ähnlich auch Rudolphi, JZ 1988, 880; in diesem Punkt zustimmend NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 88. 6 BT-Drs. 1/3713, S. 33. 7 So LK-Vogel, § 18 Rdn. 9. 8 Duttge, FS Herzberg, S. 314, 320; MK-Hardtung, § 18 Rdn. 11 (mit einem Überblick über die einschlägigen Erfolge der Qualifikationstatbestände); Kühl, FG-BGH, S. 244.

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1. Teil: Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen

Die von § 18 StGB beschriebene Deliktsgruppe wird vom Schrifttum in „echte“ und „unechte“ erfolgsqualifizierte Delikte eingeteilt: Diese Unterscheidung ging zunächst auf Horst Schröder9 zurück, der im Zuge der Untersuchung, ob auch nach der Einführung des § 56 StGB a. F. Idealkonkurrenz zwischen vorsätzlicher Tötung und todeserfolgsqualifizierten Delikten weiterhin möglich sei10, zum Ergebnis kam, dass die sog. „echten“ Erfolgsqualifikationen wie § 226 StGB a. F. (= § 227 StGB n. F.) lediglich die fahrlässige Verwirklichung der besonderen Folge umfassten, während die sog. „unechten“ erfolgsqualifizierten Tatbestände wie der todeserfolgsqualifizierte Raub sowohl die fahrlässige als auch die vorsätzliche Verwirklichung von Qualifikationserfolgen beinhalteten. Folglich fielen die Vorsatz-VorsatzKombinationen aus der Definition der „echten“ erfolgsqualifizierten Delikte heraus. Das Verhältnis zwischen vorsätzlicher Tötung und todeserfolgsqualifizierten Delikten wurde als Meinungsstreit zwischen Konkurrenz- und Exklusivitätstheorie kontrovers diskutiert und schließlich mit dem 6. StrRG von 1998 zugunsten der Konkurrenzthese entschieden. Somit konnte diese historische Unterscheidung zwischen „echten“ und „unechten“ erfolgsqualifizierten Tatbeständen inhaltlich neu besetzt werden. Heute werden zur Gruppe der „echten“ Erfolgsqualifikationen die Kombinationen aus Vorsatz und Fahrlässigkeit, Vorsatz und Leichtfertigkeit sowie Vorsatz und Vorsatz gezählt, wobei das Merkmal der „echten“ erfolgsqualifizierten Delikte die Verletzung des Rechtsguts ist11. Demgegenüber besteht die Charakteristik der „unechten“ Erfolgsqualifikationen in der Vorverlagerung des Rechtsgüterschutzes, da diese Deliktsgruppe bereits die Gefährdung des Rechtsgutes voraussetzt. Die qualifizierten Gefahrenerfolge treten als Gefahr des Todes12, einer Gesundheitsschädigung13 sowie einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung14 in Erscheinung. Praktisch relevant ist die Unterscheidung zwischen echten und unechten erfolgsqualifizierten Delikten für den Anwendungsbereich des § 18 StGB, da die gefahrenerfolgsqualifizierten Delikte15 nach h. A.16 nicht dem § 18 9

H. Schröder, NJW 1956, 1737 ff. Da die erfolgsqualifizierten Delikte vor der Einführung des § 56 StGB a. F. als verschuldensunabhängige Deliktkategorie aufgefasst worden war, hatte die Idealkonkurrenz – sowohl mit dem fahrlässigen, als auch mit dem vorsätzlichen Tötungsdelikt – eine Klarstellungsfunktion zur Schuldbeziehung des Täters: vgl. Hruschka, GA 1967, 42; Rudolphi, JR 1976, 74. 11 Vgl. nur Hardtung, Versuch und Rücktritt, S. 9 f. m. w. N. 12 § 176a V 2. Alt.; § 177 IV Nr. 2b; § 225 III Nr. 1; § 235 IV Nr. 1, 1. Alt.; § 250 II Nr. 3b; § 306b II Nr. 1; § 306d; § 330 II Nr. 1, 1. Alt. StGB. 13 § 176a II Nr. 3, 1. Alt.; § 177 III Nr. 3; § 225 III Nr. 1; § 235 IV Nr. 1, 2. Alt.; § 250 I Nr. 1c; § 306a II; § 306 f II; § 330 II Nr. 1, 2. Alt. StGB. 14 § 176a II Nr. 3, 2. Alt.; § 225 III Nr. 2; § 235 IV Nr. 1, 3. Alt.; § 236 IV Nr. 2 StGB. 15 Eingehend hierzu vgl. Backmann, MDR 1976, 969 ff. 16 BGHSt 26, 176, 181; BGHSt 26, 244; BGH NJW 1999, 3131; BGH NStZ 2005, 156, 157; Backmann, MDR 1976, 969 ff.; GSHK-Duttge, § 18 Rdn. 3; ders., FS Herzberg, S. 313 f.; Fischer, StGB, § 18 Rdn. 4; Hardtung, Versuch und Rücktritt, S. 2 f. (mit Hinweis auf die 10

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StGB unterworfen sind. Sie setzen dagegen einen Gefährdungsvorsatz zum Gefahrenerfolg im Sinne des § 15 StGB voraus, da diese Gefahrentatbestände den Rechtsgüterschutz gegenüber der besonderen (Verletzungs-)Folge vorverlegen: In den erfolgsqualifizierten Delikten schlägt sich auf diese Weise das Gefahrenpotential, welches bereits in den Gefahrenerfolgsqualifikationen vorgesehen ist, in einem schädlichen (Verletzungs-)Erfolg nieder. In dieser Vorverlegung des Rechtsgüterschutzes liegt damit die ratio legis der gefahrenerfolgsqualifizierten Delikte17. Auswirkungen sind in der Sanktionssystematik nachzuweisen, wie das Beispiel des (todes-)erfolgsqualifizierten Raubs in § 251 StGB und dem entsprechend vorgelagerten (gefahren-)erfolgsqualifizierten Raub nach § 250 II Nr. 3b StGB zeigt18: Der Sanktionsrahmen des § 250 II Nr. 3b StGB beträgt Freiheitsstrafe von fünf bis fünfzehn Jahren, während § 251 StGB einen Strafrahmen von zehn Jahren bis zu lebenslanger Freiheitsstrafe vorsieht. Ähnlich gestaltet sich die Situation bei den qualifizierten Körperverletzungstatbeständen: Der Regelstrafrahmen der gefahrenerfolgsqualifizierten Körperverletzung in § 224 I StGB liegt bei einer Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren, in minderschweren Fällen zwischen drei Monaten und fünf Jahren Freiheitsstrafe. Die schwere Körperverletzung des § 226 I StGB, ein Qualifikationstatbestand mit Rechtsgutsverletzung, sieht einen Regelstrafrahmen von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vor, bei absichtlicher oder wissentlicher Begehungsweise (zweiter Absatz) einen Strafrahmen zwischen drei und fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe. Entsprechend höher als beim Gefährdungsdelikt in § 224 I StGB liegt auch der Strafrahmen beim todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikt, mit einem Regelstrafrahmen von drei bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe. Ein weiteres Argument gegen die Anwendung des § 18 StGB auf Gefahrenerfolgsqualifikationen findet das Schrifttum mit Blick auf die unterschiedlichen Voraussetzungen hinsichtlich des subjektiven Tatbestandes bei den Gefahrenerfolgsqualifikationen im Vergleich zu den Verletzungsqualifikationen: Da § 251 StGB für den Todeserfolg zumindest Leichtfertigkeit erfordert, wäre es systematisch unlogisch, den vorgezogenen Schutz durch § 250 II Nr. 3b StGB über den Wortlaut des § 18 StGB auszudehnen, wonach wenigstens einfache Fahrlässigkeit genügen sollte19.

Gesetzesmaterialien zum 6. StrRG); MK-ders., § 18 Rdn. 12; Jakobs, AT 9/30; Kudlich, in: Heintschel-Heinegg, § 18 Rdn. 6; ders., JA 2000, 512; Kühl, FG-BGH, S. 244 f.; Küper, NJW 1976, 545 f; Küpper, ZStW 111 (1999), 785; LPK-Kindhäuser, § 18 Rdn. 8; Meyer-Gerhards, JuS 1976, 232; NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 5, 9; Radtke, ZStW 110 (1998), 877; ders., NStZ 2000, 89 f.; NK-Ransiek, § 330 Rdn. 10; Roxin, AT I § 10 Rdn. 120; Stein, JR 2000, 115; S/SSternberg-Lieben/Schuster, § 18 Rdn. 2; LK-Vogel, § 18 Rdn. 15; a. A. Gössel, FS Lange, S. 221 f. 17 LK-Vogel, § 18 Rdn. 15. 18 So Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 94. 19 So LK-Vogel, § 18 Rdn. 15; vgl. auch S/S-Eser/N. Bosch, § 250 Rdn. 24; NK-Kindhäuser, § 250 Rdn. 24; MK-Sander, § 250 Rdn. 69.

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1. Teil: Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen

§ 18 StGB ist ferner nicht auf Erfolgsdelikte mit der Struktur von Vorsatz-Vorsatz, Vorsatz-Fahrlässigkeits- und Fahrlässigkeits-Fahrlässigkeits-Kombinationen anwendbar, in denen die gefährliche (Grund-)Handlung an sich nicht strafbar ist20. Dies führt zur Einteilung in „eigentliche“ und „uneigentliche“ Vorsatz-FahrlässigkeitsKombinationen21: Die „eigentlichen“ Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen bestehen aus einer nicht strafbaren Grundhandlung, die jedoch ein abstrakt gefährliches Verhalten darstellt, und einer hierdurch verursachten konkreten Gefährdung. Als Beispiel dient § 308 I StGB („Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion“)22 : Das vorsätzliche Herbeiführen einer Explosion ist an sich nicht strafbar. Die Strafbarkeit ergibt sich erst mit der schuldhaften Herbeiführung der konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert. Sofern die Gefahr fahrlässig herbeigeführt wird, ergibt sich § 308 I i. V. m. V StGB als „eigentliche“ Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination. Im Unterschied zu dieser Deliktsgruppe sind die Grundhandlungen der erfolgsqualifizierten Delikte bereits an sich strafbar und werden nach dieser Unterscheidung als „uneigentliche“ VorsatzFahrlässigkeits-Kombinationen unterschieden23. Die erfolgsqualifizierten Delikte sind von den objektiven Strafbarkeitsbedingungen abzugrenzen, für die nach h. A.24 § 18 StGB nicht gilt, da diese Bedingungen die Strafbarkeit des Handelns überhaupt erst begründen und nicht schon eine „schwerere Strafe“ nach sich ziehen25. Ein Beispiel hierfür bietet § 231 I StGB („Beteiligung an einer Schlägerei“), der den Tod eines Menschen oder schwere Körperverletzung (i. S. d. § 226 I StGB) als objektive Strafbedingungen voraussetzt. In der Lehre wird mit Blick auf das Schuldprinzip für eine verfassungskonforme Auslegung dieses abstrakten Gefährdungsdelikts die Anwendung des § 18 StGB26 oder zumindest eine dem Schuldprinzip angemessene Interpretation gefordert27. 20 Kudlich, in: Heintschel-Heinegg, § 18 Rdn. 5.1; Kühl, FG-BGH, S. 245; NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 3; Roxin, AT I § 10 Rdn. 121; S/S-Sternberg-Lieben/Schuster, § 18 Rdn. 2. 21 So Krey/Schneider, NJW 1970, 640; kritisch zum Terminus „Vorsatz-FahrlässigkeitsKombination“: Hardtung, Versuch und Rücktritt, S. 8, der stattdessen von „Teilvorsatzdelikten“ spricht. 22 § 308 I StGB: „Wer anders als durch Freisetzen von Kernenergie, namentlich durch Sprengstoff, eine Explosion herbeiführt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.“ 23 So Krey/Schneider, NJW 1970, 641; hinsichtlich des Gesamtinhaltes von § 308 StGB bleibt anzumerken, dass § 18 StGB sehr wohl auf den zweiten und dritten Absatz anzuwenden sind, da es sich hierbei um „echte“ Erfolgsqualifikationen aus dem Grunddelikt des § 308 I StGB mit entsprechender Rechtsgutsverletzung handelt; vgl. NK-Herzog, § 308 Rdn. 12; MKKrack, § 308 Rdn. 13; LK-Wolff, § 308 Rdn. 17, 20. 24 BGHSt 6, 89; GSHK-Duttge, § 18 Rdn. 3; Gössel, FS Lange, S. 220; Kühl, FG-BGH, S. 246; NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 3; Roxin, AT I § 10 Rdn. 121; SK-Rudolphi/Stein, § 18 Rdn. 7; Sowada, Jura 1994, 643; S/S-Sternberg-Lieben/Schuster, § 18 Rdn. 2. 25 So LK-Vogel, § 18 Rdn. 11. 26 So Hirsch, GA 1972, 77; LK-Vogel, § 18 Rdn. 11.

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Ferner sind die erfolgsqualifizierten Delikte von zwei „verwandten Erscheinungsformen“28 abzugrenzen: ¢ Die „erfolgsqualifizierten Regelbeispiele“, welche auf den Entwurf 1962 zurückgehen und mit dem 6. StrRG wieder abgeschafft wurden29. Diese Deliktsgruppe betraf ausschließlich gemeingefährliche Strafbestände und war als Vorsatz-Leichtfertigkeits-Kombinationen strukturiert. ¢ Die „gefahrenerfolgsqualifizierten Regelbeispiele“, welche mit dem 3. StrRG von 1970 geschaffen wurden. Bei den Regelbeispielen handelt es sich um gesetzlich vertypte Strafzumessungsregeln, die der Gesetzgeber im Bereich der erfolgsqualifizierten Delikte als Ersatzstrategie zu den bisherigen Erfolgsqualifikationen zu etablieren versuchte30. Über diese Gesetzestechnik wurden besonders schwere Fälle durch dezidierte Benennung von Beispielfällen in der jeweiligen Vorschrift konkretisiert: So wird in § 243 I StGB ausgeführt, dass ein besonders schwerer Fall von Diebstahl „in der Regel“ (daher die Bezeichnung „Regelbeispiele“) dann vorliegt, wenn eine der im ersten Absatz aufgelisteten Ausführungsmodalitäten verwirklicht wurde31. Der Großteil des Schrifttums geht davon aus, dass Regelbeispiele nur vorsätzlich verwirklicht werden können, dementsprechend soll die Strafbarkeit von unbenannten „besonders schweren Fälle“ durch die Anwendung des § 18 StGB und dem zugrunde liegenden Fahrlässigkeitserfordernis ausgedehnt werden32.

II. Zum Strafrahmen der todeserfolgsqualifizierten Delikte Der Strafrahmen der Todeserfolgsqualifikationen gehört zum „Kerndilemma“33 dieser Deliktsgruppe. Nach dem 6. StRG von 1998, das unter dem Leitmotiv der Strafrahmenharmonisierung stand, zeichnet sich ein abgestuftes Bild zu den Sanktionen der todeserfolgsqualifizierten Delikte ab, wobei allerdings die Änderungen

27 Vgl. NK-Paeffgen, § 231 Rdn. 2, 3; Roxin, AT I § 23 Rdn. 12; MK-Hohmann, § 231 Rdn. 27, wonach das objektive Zurechnungs-Kriterium der „Realisierung der in der Schläger angelegten Gefahr“ zu prüfen ist; zustimmend SK-Horn/Wolters, § 231 Rdn. 8a. 28 So Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 79, 84, 93. 29 A. A. zu § 264 II Nr. 1 StGB: MK-Hardtung, § 18 Rdn. 15. 30 So Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 94. 31 Wessels/Beulke, AT § 4 Rdn. 112; Meyer-Gerhards, JuS 1976, 230; Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 87 f., 299. 32 So Duttge, FS Herzberg, S. 313 f.; Fischer, StGB, § 18 Rdn. 4; Gössel, FS Lange, S. 222; Jakobs, AT 9/30; Küper, NJW 1976, 544; S/S-Sternberg-Lieben/Schuster, § 18 Rdn. 2; LKVogel, § 18 Rdn. 14; a. A. Hardtung, Versuch und Rücktritt, S. 4; MK-ders., § 18 Rdn. 15; NKPaeffgen, § 18 Rdn. 9 f; SK-Rudolphi/Stein, § 18 Rdn. 5. 33 So NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 16.

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1. Teil: Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen

am Strafrahmen vorwiegend in Form von Verschärfungen getätigt wurden34. Aus diesem Grund wird im Schrifttum kritisiert, dass dem Gesetzgeber durch die Reform mittels Strafrahmenerhöhungen keine umfassende Entschärfung der problematischen Sanktionssystematik gelungen ist, weshalb die Lehre weiterhin gesetzgeberische Interventionen fordert35. Generell können die Kritikpunkte der Lehre in zwei Themenblöcke eingeteilt werden: Einerseits findet der generelle Sanktionsrahmen der Todeserfolgsqualifikationen im Verhältnis zu den vorsätzlichen Tötungstatbeständen kritischen Anklang. Andererseits werden die Untergrenzen des Strafrahmens im Vergleich zwischen den erfolgsqualifizierten Tatbeständen einerseits und der Idealkonkurrenz aus vorsätzlichem Grunddelikt und fahrlässigem Tötungsdelikt andererseits kritisiert. Mit dem 6. StrRG von 1998 wurde der Regelstrafrahmen der todeserfolgsqualifizierten Delikte folgendermaßen vereinheitlicht36 : Erfolgsqualifizierte Tatbestände mit dem qualifizierten Fahrlässigkeitserfordernis „Leichtfertigkeit“ (VorsatzLeichtfertigkeits-Kombinationen) weisen den Regelstrafrahmen von lebenslanger Freiheitsstrafe bzw. Freiheitsstrafe von nicht unter zehn Jahren auf. Der Regelstrafrahmen für die todeserfolgsqualifizierten Delikte mit einem einfachen Fahrlässigkeitserfordernis (Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen) beläuft sich auf Freiheitsstrafe von nicht unter drei Jahren, weshalb sich unter Bezugnahme von § 38 II StGB das Sanktionsspektrum in einem Rahmen von drei bis fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe bewegt. Demgegenüber ergibt sich bei den vorsätzlichen Tötungstatbeständen ein Sanktionsmaximum von lebenslanger Freiheitsstrafe in den Delikten „Mord“ (§ 211 StGB) und in besonders schweren Fällen von „Totschlag“ (§ 212 II StGB). Der Regelstrafrahmen bei der grunddeliktischen Variante der vorsätzlichen Tötungsdelikte37, dem Totschlag nach § 212 I StGB, bemisst sich hingegen auf Freiheitsstrafe zwischen fünf und fünfzehn Jahren. Daraus ergeben sich für die kritischen Überlegungen zwei Anhaltspunkte, die speziell die todeserfolgsqualifizierten Delikte mit Leichtfertigkeitserfordernis betreffen:

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So Hörnle, Jura 1998, 177; Kudlich, JuS 1998, 469; MK-Radtke, Vorbem. § 38 Rdn. 11; Küpper, ZStW 111 (1999), 787 spricht deshalb von einer „Harmonie der Zahlen“ in Anlehnung an Hettinger, GA 1995, 402; NK-Paeffgen, § 227 Rdn. 1 spricht im Zusammenhang des 6. StrRG von einer „Strafrahmen-Erweiterungs-Wollust“; kritisch zur Reformierung des Strafrahmens durch das 6. StrRG Fischer, FS Frisch, S. 44 f., 47 f.; Götting, NStZ 1998, 547; Hettinger, FS Küper, S. 95 ff. (zum hiesigen Thema insbesondere S. 112 ff.); Kreß, NJW 1998, 634 f.; Hörnle, Jura 1998, 182; Roxin, in: Eser/Hassemer/Burkhardt, S. 385, 389; Stächelin, StV 1998, 101 f.; Streng, ZStW 111 (1999), 836 f.; Vormbaum, Einführung, S. 265, 268. 35 Vgl. anstelle vieler Rengier, ZStW 111 (1999), 29. 36 Vgl. die Übersicht bei Wörner-Hofer, S. 205 ff.; kritisch zur Vereinheitlichung durch das 6. StrRG über die Regelungstechnik der besonders schweren Fälle: Götting, NStZ 1998, 547. 37 So das herrschende Schrifttum, etwa Arzt/Weber/B. Heinrich/Hilgendorf, BT § 2 Rdn. 26; Kindhäuser, BT I § 1 Rdn. 2; Roxin, AT I § 10 Rdn. 132 und jüngst Deckers/Fischer/ König/Bernsmann, NStZ 2014, 15.

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Der erste Kritikpunkt betrifft die obere Sanktionsgrenze: So sehen sowohl die vorsätzlichen Tötungstatbestände (§§ 211, 212 II StGB) als auch die todeserfolgsqualifizierten Delikte mit Leichtfertigkeitserfordernis dieselbe Obergrenze im Strafrahmen vor, nämlich lebenslange Freiheitsstrafe. Ein Teil der Lehre38 ortet in der lebenslangen Freiheitsstrafe für unvorsätzliche Tötungsdelikte eine verfassungswidrige Obergrenze, die dem Schuldprinzip und dem Gleichheitsgrundsatz widerspräche, da sowohl für die vorsätzliche als auch für die fahrlässige Erfolgsverwirklichung dieselbe Höchststrafe angedroht wird. Die Gegenmeinung39 vertritt hingegen den Standpunkt, dass die Strafrahmenobergrenze in Form der lebenslangen Freiheitsstrafe lediglich in denkbar schwersten Fällen von leichtfertiger Todesverursachung anwendbar sei, die im Unrechtsgehalt auf demselben Niveau wie § 211 StGB liegen. Die lebenslange Freiheitsstrafe komme damit nur in mord-nahen Fällen zur Anwendung40, weshalb die Verhängung dieser Strafe in entsprechenden Ausnahmefällen von der Verfassung gedeckt sei. Der zweite Ausgangspunkt für die Kritik am Strafrahmen41, welche sich auf die Gegenüberstellung von todeserfolgsqualifizierten Delikten und vorsätzlichen Tötungsdelikten bezieht, bildet der Mindeststrafrahmen beim Totschlag gemäß § 212 I StGB von fünf Jahren Freiheitsstrafe. Die Vorsatz-Leichtfertigkeits-Kombinationen sieht mit dem Sanktionsmaximum der lebenslangen Freiheitsstrafe eine Untergrenze von zehn Jahren Freiheitsstrafe vor und überragt damit das untere Sanktionslimit des Totschlags um das Doppelte. Die Bedenken gegenüber diesem Sanktionssprung ergeben sich einerseits aus dem Schuldprinzip, wobei die Zweifel zur Verfassungskonformität aufgrund des vorausgesetzten erhöhten Fahrlässigkeitsgrades der Leichtfertigkeit weniger gravierend ausfallen42. Viel problematischer stellt sich die Situation mit Blick auf den Gleichheitsgrundsatz nach Art 3 I GG dar, da der Täter durch eine unvorsätzliche Tötung im Strafrahmen schlechter gestellt wird als durch die vorsätzliche Tötung nach § 212 I StGB43. Zum Problem dieser speziellen „Strafrahmen-Disharmonie“44 wurden zwei verschiedene Lösungsmodelle entwickelt, wobei sich nach dem 6. StrRG von 1998 die sog. Konkurrenz-These durchgesetzt hat.

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Etwa Geilen, Jura 1979, 558; Lorenzen, S. 108 ff.; 118 f.; 130 f.; 144 f.; kritisch zur lebenslangen Freiheitsstrafe bei fahrlässiger Zusatz-Erfolgsverwirklichung auch Paeffgen, JZ 1989, 221. 39 Etwa Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 121 f. 40 So Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 121 f.; LK-Vogel, § 251 Rdn. 19. 41 Vgl. Geilen, Jura 1979, 558; Lorenzen, S. 117 f., 127 ff., 132 ff.; Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 112 ff. 42 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 124 ff. 43 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 140 f.; NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 83. 44 So NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 86.

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1. Teil: Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen

1. Zum Verhältnis von vorsätzlichen Tötungsdelikten und todeserfolgsqualifizierten Delikten Grundlegender Ausgangspunkt für die Diskussion zum Strafrahmen war die der Einführung des § 56 StGB a. F. vorausgegangene Praxis, gewisse todeserfolgsqualifizierte Delikte in Idealkonkurrenz mit dem vorsätzlichen Tötungsdelikt zu stellen45. Da sowohl die vorsätzliche als auch die fahrlässige Verwirklichung des Todes unter der Erfolgsqualifikation subsumiert wurde, bot die Idealkonkurrenz eine Klarstellung zur subjektiven Tatseite hinsichtlich der Todesfolge46: Sofern der Täter im Zuge eines erfolgsqualifizierten Delikts mit Tötungsvorsatz handelte, wurde Tateinheit mit §§ 211, 212 StGB festgestellt – bei Fahrlässigkeit hingegen kam Tateinheit mit fahrlässiger Tötung in Betracht47. Mit der Einführung des § 56 StGB a. F. im Jahr 1953 stellte sich nun die Frage, ob diese gängige Praxis weiterhin angewendet werden konnte. Diese Frage wurde in Schrifttum48 und Rechtsprechung49 vor allem am Raub mit Todesfolge nach § 251 StGB erörtert. Der Strafrahmen dieses Delikts erstreckt sich für den Täter, der hinsichtlich der Todesfolge leichtfertig handelte, von zehnjähriger bis lebenslanger Freiheitsstrafe. Den Täter hingegen, der den Tod des Opfers vorsätzlich herbeigeführt hat, erwartet nach § 211 StGB lebenslange Freiheitsstrafe. Da die Tatbestandsmerkmale des Mordes sehr schwerwiegende Fälle mit hoher Unrechtsdimension betreffen, erscheint der hohe Strafrahmen gewisser Todeserfolgsqualifikationen aufgrund des mord-nahen Unrechtsgehalts in bestimmten Sachverhaltskonstellationen grundsätzlich vergleichbar50, sieht man von der generellen Kritik an der lebenslangen Freiheitsstrafe ab51. Deutlich kritischer fällt die vergleichende Würdigung zwischen vorsätzlichem Tötungsdelikt und Erfolgsqualifikation aus, wenn nicht der mordtypische Vorsatz aus § 211 StGB, sondern lediglich der Tötungsvorsatz nach § 212 I StGB und damit eine niedrigere Unrechtsdimension festgestellt wird. Problematische Fälle sind in der Praxis selten, aber durchaus vorstellbar: Der Täter raubt Leder, um es zugunsten 45

H. Schröder, NJW 1956, 1737 ff. Abels, S. 70 f., 99; MK-Heintschel-Heinegg, § 52 Rdn. 110 f.; SK-Jäger, § 52 Rdn. 4; LK-Rissing-van Saan, § 52 Rdn. 3; S/S-Sternberg-Lieben/N. Bosch, § 52 Rdn. 2. 47 BGHSt 20, 269; Hruschka, GA 1967, 47; Koffka, Niederschriften II, S. 240. 48 Vgl. Alwart, NStZ 1989, 225 f.; Arzt, StV 1989, 57 f.; Laubenthal, JR 1988, 335 f.; Lorenzen, S. 31 ff.; Maiwald, GA 1974, 270 f.; Paeffgen, JZ 1989, 220 ff.; Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 107 ff., 112 ff., 120 ff.; ders., StV 1992, 496 ff.; Rudolphi, JR 1976, 74 f.; ders., JZ 1988, 880 f.; Tenckhoff, ZStW 88 (1976), 912 ff. 49 Vgl. BGH, Beschluss v. 15. 07. 1975 – 4 StR 201/74; BGHSt 9, 137; BGHSt 26, 175; BGHSt 35, 257 = NStZ 1988, 311 = StV 1988, 383. 50 So etwa Rengier, StV 1992, 497. 51 Vgl. hierzu Starck, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 1 Rdn. 49, wonach die lebenslange Freiheitsstrafe als solche nicht gegen die Menschenwürde verstoße, sofern dem Verurteilten eine „Chance verbleibt, je wieder der Freiheit teilhaftig zu werden“; s. BVerfGE 45, 240 ff. 46

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bedürftiger Armer zu Schuhwerk zu verarbeiten52; der Täter begeht einen Raub für eine notleidende Familie53 ; der Täter als verzweifelter, notleidender Gläubiger wendet Gewalt gegen seinen Schuldner an, der wiederholt in provozierender Weise nicht zahlen will54. Der Strafrahmen beträgt beim Totschlag fünf bis fünfzehn Jahre Freiheitsstrafe, beim todeserfolgsqualifizierten Raub lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren. Diese Diskrepanz von fünf Jahren Freiheitsstrafe im Mindeststrafrahmen zwischen vorsätzlicher Tötung und Erfolgsqualifikation kann nun zur absurden Verteidigungsstrategie55 führen, dass der Täter freiwillig einen Tötungsvorsatz (im Sinne des Tatbildes für Totschlag) gesteht, um auf diese Weise in den Genuss der gegenüber dem todeserfolgsqualifizierten Raub milderen Mindeststrafe für die vorsätzliche Tat nach § 212 I StGB zu kommen56. Noch kritischer wird das Missverhältnis bei der Verwirklichung von minder schweren Fällen des Totschlags nach § 213 StGB57: Der Tatbestand weist einen Sanktionsrahmen von einem bis zehn Jahren Freiheitsstrafe auf und unterschreitet damit die Strafrahmenuntergrenze im Vergleich zum todeserfolgsqualifizierten Raub um das Zehnfache. Diesem Problem begegneten die Vertreter der sog. Exklusivitäts-Lehre58 mit folgendem Lösungsvorschlag: Es herrscht ein striktes Trennungsverhältnis zwischen den vorsätzlichen Tötungstatbeständen nach §§ 211 ff. StGB und den todeserfolgsqualifizierten Delikten, da sich letztere auf fahrlässige bzw. qualifiziert fahrlässige Verursachungen des Todeserfolgs beschränken würden. Zumal sich die Schuldformen Vorsatz und Fahrlässigkeit gegenseitig ausschließen59, sei Idealkonkurrenz aus vorsätzlicher Tötung und Todeserfolgsqualifikation nicht möglich60. Dementsprechend würde bei einer vorsätzlichen Tötung im Zuge eines Raubgeschehens das erfolgsqualifizierte Delikt nach § 251 StGB nicht zur Anwendung kommen: Es wäre §§ 211 ff. StGB in Tateinheit mit dem Grunddelikt nach § 249 I StGB zu prüfen. 52

Beispiel nach Geilen, Jura 1979, 558. Beispiel nach Herzberg, JuS 1976, 43 (FN 31). 54 Beispiel nach Rengier, StV 1992, 497. 55 So Lorenzen, S. 116 f. sowie Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 137. 56 Alwart, NStZ 1989, 225; Rudolphi, JZ 1988, 880; Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 103. 57 So Rengier, StV 1992, 497 m. w. N. 58 Arzt, StV 1989, 58; Lagodny, NStZ 1992, 490 f; Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 98 ff.; ders., StV 1992, 496 ff.; Rudolphi, JR 1976, 74; ders., JZ 1988, 880 f. 59 Vgl. hierzu BGHSt 4, 340, 341; MK-Duttge, § 15 Rdn. 104; Jescheck/Weigend, AT S. 563; Roxin, AT I § 24 Rdn. 80; Sowada, Jura 1995, 646; S/S-Sternberg-Lieben/Schuster, § 15 Rdn. 3; LK-Vogel, § 15 Rdn. 20, 23 ff.; a. A. in dem Sinne, dass der vorsätzlich handelnde Täter gleichzeitig alle Voraussetzungen des Fahrlässigkeitsdelikts erfüllt: Herzberg, JuS 1996, 380 ff.; ders., FG-BGH, S. 58 ff.; Jakobs, AT 9/4; ders., GA 1971, 260 f.; NK-Puppe, § 15 Rdn. 5; dies., AT § 7 Rdn. 1 ff.; Schmidhäuser, AT 7/122. 60 BGHSt 26, 175; BGH bei Dallinger, MDR 1976, 15; Krey/M. Heinrich, BT 1 § 3 Rdn. 263; Lagodny, NStZ 1992, 490; Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 100 ff., 115 ff.; Tenckhoff, ZStW 88 (1976), 919 f. 53

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1. Teil: Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen

Die Vertreter der Konkurrenztheorie61 hingegen gehen davon aus, dass die todeserfolgsqualifizierten Tatbestände nicht nur fahrlässige und leichtfertige, sondern auch vorsätzliche Zusatz-Erfolgsverwirklichungen beinhalten62. Dementsprechend sind Fälle möglich, in denen diese erfolgsqualifizierten Delikte als Vorsatz-VorsatzKombination mit einem vorsätzlichen Tötungsdelikt idealiter konkurrieren. Dem Einwand der Exklusivitätslehre, dass bei gewissen erfolgsqualifizierten Delikten (wie dem § 251 StGB a. F.) lediglich Leichtfertigkeit und nicht schon „wenigstens“ Leichtfertigkeit normiert war, weshalb die Erweiterung des Tatbestandes auf vorsätzliche Begehungsweise unzulässig sei63, begegneten die Vertreter der Konkurrenzlehre mit dem Hinweis auf ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers64. Dementsprechend wäre im Fall eines Raubes mit vorsätzlicher Tötung die Idealkonkurrenz aus §§ 211 ff. StGB in Tateinheit mit dem erfolgsqualifizierten Delikt in § 251 StGB zu prüfen. Gegen diese Ansicht sprach zunächst der historische Wille des Gesetzgebers65: Durch den Begriff „wenigstens“ sollte § 56 StGB a. F. zwar neben fahrlässigen Qualifikationserfolgen auch vorsätzliche Varianten erfassen, allerdings nur dann, wenn die vorsätzliche Verwirklichung nicht den Tatbestand eines anderen schweren Delikts verwirklicht66. Dieser historischen Auslegung steht seit dem 6. StrRG von 1998 der Wille des Gesetzgebers entgegen, der sich für die Lösung nach der Konkurrenztheorie ausgesprochen hat67: Bei den todeserfolgsqualifizierten Delikten mit der Strafrahmenobergrenze der lebenslangen Freiheitsstrafe wurde das Wort „wenigstens“ eingefügt, sodass klargestellt ist, dass diese Deliktsgruppe sowohl als Vorsatz-Leichtfertigkeits- als auch als Vorsatz-Vorsatz-Kombination verwirklicht werden kann68.

61 Alwart, NStZ 1989, 226; Hruschka, GA 1967, 43; Kühl, FG-BGH, S. 246 f.; ders., FS Gössel, S. 194; Laubenthal, JR 1988, 336; Paeffgen, JZ 1989, 223 f.; NK-ders., § 18 Rdn. 97 ff.; LK-Vogel, § 18 Rdn. 56; Widmann, MDR 1966, 556. 62 Dementsprechend werden die todeserfolgsqualifizierten Delikte bei vorsätzlicher Zusatz-Erfolgsverwirklichung als unselbstständige (weil ans Grunddelikt gebundene) Tötungsdelikte eingestuft: Paeffgen, JZ 1989, 223; NK-ders., § 18 Rdn. 93. 63 So Arzt, StV 1989, 58; Rengier, StV 1992, 497; Rudolphi, JR 1976, 74; ders., JZ 1988, 880. 64 So Alwart, NStZ 1989, 225; Hruschka, GA 1967, 43 weist darauf hin, dass der Strafrahmen zur extensiven Interpretation mancher erfolgsqualifizierten Delikte zwingt. 65 Koffka, Niederschriften II, S. 241; Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 100 f.; in diesem Punkt zustimmend, ansonsten die Exklusivitätslehre de lege lata ablehnend: NKPaeffgen, § 18 Rdn. 86; vgl. auch ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 102 f. 66 BT-Drs. 1/3713, S. 33 f. 67 Vgl. etwa Duttge, FS Herzberg, S. 309. 68 Duttge, FS Herzberg, S. 309; Fischer, StGB, § 18 Rdn. 3; MK-Hardtung, § 18 Rdn. 57; NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 91; SK-Rudolphi/Stein, § 18 Rdn. 8, 11; S/S-Sternberg-Lieben/ Schuster, § 18 Rdn. 3; vgl. auch Hardtung, Versuch und Rücktritt, S. 183: „Die Redundanz, die in der doppelten Erwähnung des Tötungsunrechts liegt, ist hinnehmbar.“

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2. Fortsetzung: Zum Strafrahmen der todeserfolgsqualifizierten Delikte Neben dem problematischen Strafrahmenverhältnis von vorsätzlicher Tötung und Todeserfolgsqualifikationen ergibt sich eine gewichtige Strafrahmendisharmonie bei der Gegenüberstellung von Todeserfolgsqualifikationen mit der Idealkonkurrenz des jeweiligen vorsätzlichen Grunddelikts und der fahrlässigen Tötung. Der deutsche Gesetzgeber hat sich bei der Festlegung des Strafrahmens zur Idealkonkurrenz für das Absorptionsprinzip entschieden: Gemäß § 52 II StGB wird bei Tateinheit die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, welches die schwerste Strafe androht, wobei die anderen idealkonkurrierenden Bestimmungen hinsichtlich der Untergrenze eine sog. „Sperrwirkung“69 (§ 52 II Satz 2 StGB) entfalten, d. h. die Strafuntergrenzen der über die Idealkonkurrenz ausgeschlossenen Vorschriften müssen beachtet werden (sog. Kombinationsprinzip)70. Damit ist für die Bestimmung der Strafobergrenze nur das Delikt mit der höchsten Strafdrohung relevant, die anderen Delikte werden diesbezüglich absorbiert. Beim Vergleich der Regelstrafrahmen von todeserfolgsqualifizierten Tatbeständen und idealkonkurrierenden Tatbeständen ergeben sich erhebliche Diskrepanzen, die anhand von vier Beispielen aufgezeigt werden sollen. § 178 StGB (Sexuelle Nötigung und Vergewaltigung mit Todesfolge) sieht einen Regelstrafrahmen von zehn Jahren bis lebenslanger Freiheitsstrafe vor. Das entsprechende vorsätzliche Grunddelikt in § 177 I StGB sieht als Regelstrafrahmen Freiheitsstrafe von einem bis fünfzehn Jahren (i. V. m. § 38 II StGB) vor. Das idealkonkurrierende, fahrlässige Tötungsdelikt in § 222 StGB beinhaltet eine Sanktionsobergrenze von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Damit steht der Strafrahmen von zehn Jahren bis lebenslanger Freiheitsstrafe aus der Erfolgsqualifikation einem potentiellen Regelstrafrahmen von einem Jahr bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe aus der Idealkonkurrenz gegenüber, sodass die Mindeststrafen um das Zehnfache auseinanderliegen. Dasselbe Bild zeichnet sich beim Raub mit Todesfolge ab: Der todeserfolgsqualifizierte Raub wird nach § 251 StGB mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren sanktioniert. Das Grunddelikt in § 249 I StGB sieht einen Regelstrafrahmen von einem Jahr bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe, die fahrlässige Tötung bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Damit ergibt sich auch hier ein enormer Sanktionsunterschied. Eine noch größere Diskrepanz gibt es beim Vergleich der todeserfolgsqualifizierten Brandstiftung nach § 306c StGB (zehnjährige bis lebenslange Freiheitsstrafe) und der Idealkonkurrenz aus fahrlässiger Tötung und Grunddelikt, da das Grund69

Sowada, Jura 1995, 646. Abels, S. 5; Wessels/Beulke, AT § 17 Rdn. 783; Fischer, StGB, § 52 Rdn. 4; MKHeintschel-Heinegg, § 52 Rdn. 7; SK-Jäger, § 52 Rdn. 29; NK-Puppe, § 52 Rdn. 54; LKRissing-van Saan, § 52 Rdn. 45; S/S-Stree/Sternberg-Lieben/N. Bosch, § 52 Rdn. 34. 70

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1. Teil: Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen

delikt nach § 306 I StGB einen Regelstrafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vorsieht. Das größte Missverhältnis der Strafrahmen liegt jedoch bei § 176 I StGB (Sexueller Missbrauch von Kindern) vor: Das Grunddelikt sieht einen Regelstrafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor, die Todeserfolgsqualifikation in § 176b I StGB beinhaltet eine zwanzigfach höhere Mindeststrafe, zumal der Strafrahmen zwischen zehnjähriger und lebenslanger Freiheitsstrafe liegt.

3. Zum Strafrahmen der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung Der Regelstrafrahmen des todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikts liegt bei einer Freiheitsstrafe von drei bis fünfzehn Jahren. Im Vergleich zum Totschlag nach § 212 I StGB, der einen Regelstrafrahmen von fünf bis fünfzehn Jahren aufweist, treten hier die vorher aufgezeigten Disharmonien im Strafrahmen zwar weniger gravierend, aber dennoch kritikwürdig auf71: Die Obergrenze des Totschlags ist identisch mit dem todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikt, was sich nur rechtfertigen lässt, wenn man den Ausführungen von Rengier72 zu denkbar schwerwiegende Fallmöglichkeiten mit leichtfertiger Erfolgsverwirklichung zustimmt, in denen der Nachweis des Tötungsvorsatzes scheitert, jedoch andere unrechts- oder schulderhöhende Umstände hinzukommen. Lediglich der Vergleich zur Untergrenze des Regelstrafrahmens zwischen dem vorsätzlichen Tötungsdelikt (fünf Jahre Freiheitsstrafe) und dem todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikt (drei Jahre Freiheitsstrafe) ergibt dank der Differenz im Mindeststrafrahmen einen einigermaßen nachvollziehbaren Standpunkt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Frage nach dem Konkurrenzverhältnis zwischen der Körperverletzung mit Todesfolge und den vorsätzlichen Tötungstatbeständen nach § 211 ff. StGB seit je her nach der Exklusivitätstheorie gelöst wurde: Bei Tötungsvorsatz verdrängte das entsprechende Tötungsdelikt das todeserfolgsqualifizierte Körperverletzungsdelikt73. Die Würdigung der Strafrahmenuntergrenze fällt bei der Körperverletzung mit Todesfolge hinsichtlich der minder schweren Fälle im zweiten Absatz wesentlich kritischer aus. Der aktuelle Strafrahmen von § 227 II StGB im Ausmaß von einem bis zehn Jahren Freiheitsstrafe deckt sich zwar mit dem minder schweren Fall von Totschlag gemäß § 213 StGB (einem vorsätzlichen Tötungsdelikt!), weitaus pro71 So etwa das Fazit von NK-Paeffgen, § 227 Rdn. 1: Der Strafrahmen „sprengt aber angesichts der – bisweilen sehr – großzügigen Bejahung des Tb [Tatbestandes] auch bei trivialen grunddeliktischen Ausgangstaten jegliches Maß.“ (Hervorhebungen im Original); vgl. auch ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 93; Stuckenberg, FS Jakobs, S. 695. 72 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 121 ff. 73 Vgl. RGSt 61, 375; Jakobs, Konkurrenz, S. 140 f.; Hardtung, Versuch und Rücktritt, S. 187; Hruschka, GA 1967, 44; Koffka, Niederschriften II, S. 240.

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blematischer ist jedoch der Vergleich mit der Idealkonkurrenz vorsätzlicher Körperverletzung und fahrlässiger Tötung gemäß §§ 223, 222, 52 StGB. Diese Konstellation beinhaltet einen Sanktionsrahmen, der von der Verhängung einer Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe reicht. Vor dem 6. StrRG von 1998 lag der Strafrahmen für minder schwere Fälle der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung bei Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fünf Jahren, sodass diese Qualifikationsvariante auf einem Sanktionsniveau wie §§ 223, 222, 52 StGB lag. Über Anwendung des § 47 II StGB eröffnete sich sogar die Möglichkeit, die Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe umzuwandeln, was eine tat- und schuldangemessene Bestrafung auch bei leichtester Fahrlässigkeit ermöglichte. Mit dem 6. StrRG von 1998 wurde der Strafrahmen für die minder schweren Fälle der Körperverletzung mit Todesfolge auf Freiheitsstrafe von einem bis zehn Jahren angehoben, sodass nunmehr alle Fälle des § 227 StGB zum Verbrechen nach § 12 I StGB klassifiziert werden. Durch diese Anhebung des Strafrahmens ergeben sich einschneidende Konsequenzen, zumal die Strafuntergrenze von einem Jahr Freiheitsstrafe die Verhängung einer Geldstrafe anstelle der Freiheitsstrafe nach § 47 II StGB ausschließt. Des Weiteren unterliegt das Anwenden der Strafaussetzung den Anforderungen des § 56 II StGB, weshalb eine Bewährungsstrafe nur unter „besonderen Umständen“ zur Anwendung kommen kann74.

III. Zur Existenzberechtigung der erfolgsqualifizierten Delikte Die Kritik am Strafrahmen findet sich nahezu zu allen erfolgsqualifizierten Delikten und betrifft insbesondere die Gegenüberstellung mit der Idealkonkurrenz von vorsätzlichem Grund- und fahrlässigem Erfolgsdelikt75. Auf die Problematik der Sanktionsmaxima, insbesondere bei den todeserfolgsqualifizierten Delikten mit Leichtfertigkeitserfordernis, wurde bereits hingewiesen. Die Diskussion zur Strafrahmenproblematik bildet ein wichtiges Argument für die teleologisch-restriktive Auslegung der Erfolgsqualifikationen und die Anwendung einer deliktsspezifischen Zurechnungsdogmatik76. Im Schrifttum findet sich häufig die Feststellung, dass die Grundtatbestände der erfolgsqualifizierten Delikte eine geradezu typische Gefahr für weitere, schwerwiegendere Erfolge beinhalten

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So Wörner-Hofer, S. 148. Vgl. supra sowie insbesondere Lorenzen, S. 31 ff., 89 ff.; Schubarth, ZStW 85 (1973), 755 ff. 76 Vgl. aus dem Schrifttum exemplarisch N. Bosch, JA 2008, 547; Heintschel-Heinegg/ Kudlich, JA 2001, 132; Kudlich, ZStW 115 (2003), 7; Roxin, AT I § 10 Rdn. 114; Sowada, Jura 1994, 644, 645 f. sowie ders., Jura 2003, 552 und deutlich auf S. 555: Allgemeine Zurechnungsvoraussetzungen seien eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung bei den Erfolgsqualifikationen. 75

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1. Teil: Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen

würden77. Inwiefern sich aus diesen Überlegungen eine Rechtfertigung für die Entwicklung einer „Sonderdogmatik“78 für Erfolgsqualifikationen ableiten lässt, ist allerdings ebenso umstritten wie der Standpunkt, ob diese Deliktsgruppe de lege ferenda durch modifizierte Idealkonkurrenz-Regeln ersetzt werden soll79. So gibt es Stimmen80, die generell an der Existenzberechtigung dieser Delikte zweifeln und für die Abschaffung der Erfolgsqualifikationen eintreten. Einige dieser Autoren weisen zudem darauf hin, dass die erfolgsqualifizierten Delikte keinen eigenen Unrechtsgehalt beinhalten würden81. So geht Schubarth82 von der Prämisse aus, dass die erfolgsqualifizierten Delikte prinzipiell nur dann eine Existenzberechtigung hätten, wenn sie ihrer Natur nach als Gefährdungstatbestände aufgefasst werden83. Dieser Ansatz sei allerdings nicht 77

So etwa Altenhain, GA 1996, 20; Arzt, GS Schröder, S. 120 f.; Arzt/Weber/B. Heinrich/ Hilgendorf, BT § 6 Rdn. 74; Wessels/Beulke, AT § 1 Rdn. 24; Boldt, ZStW 55 (1936), 50; ders., ZStW 68 (1956), 356; Bussmann, GA 1999, 31; Dolcini, RIDPP 1979, 96 ff.; Duttge, FS Herzberg, S. 321 f.; Engisch, Kausalität, S. 69 f.; Engländer, GA 2008, 670 f.; Freund, FS Frisch, S. 687; Geilen, FS Welzel, S. 657; Gössel, FS Lange, S. 230; Haft, AT S. 166; Hardwig, GA 1965, 100; Hardtung, Versuch und Rücktritt, S. 124, 125; Heinrich/Reinbacher, Jura 2005, 745; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 297; Hirsch, ZStW 83 (1971), 161; ders., JR 1983, 79; ders., FS Oehler, S. 130, 133; ders., FS Lenckner, S. 128 f.; Jakobs, AT 9/34; Jescheck, Niederschriften II, S. 248; Jescheck/Weigend, AT S. 571; Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 243; Küper, GA 1984, 190; Küpper, Zusammenhang, S. 31; ders., ZStW 111 (1999), 790; ders., FS Hirsch, S. 615 f.; R. Lange, ZStW 59 (1940), 583; ders., Niederschriften II, S. 256; Maiwald, JuS 1984, 443 f.; Mitsch, Jura 1993, 20; Oehler, ZStW 69 (1957), 512 ff., 517; ders., FS Schmidt, S. 236; Radbruch, Verursachung, S. 65; Roxin, AT I § 10 Rdn. 108, 114; Schmidhäuser, BT 2/47; S/S-Sternberg-Lieben/Schuster, § 18 Rdn. 1; Stree, FS Schmitt, S. 222 f.; Ulsenheimer, GA 1966, 266 ff.; Wolter, JuS 1981, 169 ff.; ders., GA 1984, 443; ähnlich auch Laue, JuS 2003, 744 (generelle „Gefahrenträchtigkeit“ des Grunddelikts, die in grunddeliktischen Strafrahmen nicht erfasst sei). 78 Terminologie nach MK-Hardtung, § 18 Rdn. 25. 79 Dazu sogleich infra; a. A., nämlich für die Beibehaltung der erfolgsqualifizierten Delikte: Dreher, Niederschriften II, S. 252 f.; Hardwig, GA 1965, 99 f.; Hirsch, ZStW 83 (1971), 160 f.; ders., GA 1972, 74 f., 77; ders., JR 1983, 81; Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 245; Küpper, Zusammenhang, S. 32 ff., 44, 124; ders., ZStW 111 (1999), 791, 803; NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 138; Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 291; Simson/Geerds, S. 178; Wolter, JuS 1981, 169, 178; ders., GA 1984, 450 f.; eingeschränkt für die Beibehaltung einzelner erfolgsqualifizierter Tatbestände: Lorenzen, S. 169 f. 80 Etwa Diez-Ripollés, ZStW 96 (1984), 1065, 1067, 1075; Jescheck, Niederschriften II, S. 248; Löffler, Schuldformen, S. 281; Lorenzen, S. 88, 164, 169; Radbruch, Vergleichende Darstellung AT II, S. 249 f., 251; Schubarth, ZStW 85 (1973), 775, 778 f. 81 So Diez-Ripollés, ZStW 96 (1984), 1067, 1070; Lorenzen, S. 73 ff.; Schubarth, ZStW 85 (1973), 766 ff.; ebenso gegen die Annahme einer besonderen Rechtsnatur der erfolgsqualifizierten Delikte: Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 130 ff.; ders., Jura 1986, 143 ff. 82 Schubarth, ZStW 85 (1973), 766. 83 Die Kritik von Schubarth, ZStW 85 (1973), 766 (ebenso wie jene von Diez-Ripollés, ZStW 96 (1984), 1065 basiert weitgehend auf der Auffassung, dass die erfolgsqualifizierten Delikte Gefährdungstatbestände darstellen. Deshalb folgt eine kurze Darstellung zu dieser ehemals verbreiteten Charakterisierung der Erfolgsqualifikationen: R. Lange (Niederschriften II, S. 256; ebenso Schneider, JR 1953, 415; ders., JZ 1956, 753) sah den Unrechtscharakter der

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haltbar: Gefährdungsdelikte hätten die Funktion, den Rechtsgüterschutz im Hinblick auf eine mögliche Verletzung vorzuverlagern, während die Essenz der erfolgsqualifizierten Delikte gerade auf die eingetretene Verletzung des jeweiligen Rechtsguts abstelle84. Der Autor kommt zum Schluss, dass die erfolgsqualifizierten Delikte lediglich aus historischen Gründen beibehalten worden seien und spricht sich im Ergebnis für die Abschaffung dieser Deliktsgruppe aus, da eine Lösung nach den Regeln der Idealkonkurrenz jene Fallgruppe auf eine solidere dogmatischen Basis stellen würde, als dies über das unsichere Konstrukt der Erfolgsqualifikationen erfolgsqualifizierten Tatbestände in der vorsätzlichen Gefährdung, die sich durch die Grundhandlung ergibt. Diesen Ansatz entwickelte Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 244, weiter, indem er bei den erfolgsqualifizierten Delikten für die volle Verwirklichung des Schuldprinzips zum subjektiven Tatbestand zwei weitere Elemente forderte: Sowohl den Vorsatz hinsichtlich des engeren Erfolgs (Körperverletzung) als auch den Gefährdungsvorsatz beim Zusatzerfolg im Sinne des Bewusstseins über die Eignung der Handlung hinsichtlich des weiteren Erfolgs. Auch Oehler, ZStW 69 (1957), 512 ff., 517 ging von der Konzeption R. Langes aus, die den Wesensgehalt der erfolgsqualifizierten Delikte im Gefährdungscharakter ortete, erhob allerdings Bedenken gegen die Beschränkung auf die vorsätzliche Gefährdung. Vielmehr sei auch „die pflichtwidrige Nichtkenntnis der besonderen tatbestandlichen Gefahr“ zu berücksichtigen, weshalb der erfolgsqualifizierte Grundtatbestand in subjektiver Hinsicht entweder eine vorsätzliche Gefährdung oder eine pflichtwidrig nicht erkannte Gefährdung beinhalte: Oehler, ZStW 69 (1957), 518; a. A. dagegen früher ders., GA 1954, 34 f. Die dogmatischen Überlegungen von R. Lange brachte Gössel, FS Lange, S. 231 zur Definition der erfolgsqualifizierten Delikte als Gefährdungsdelikte, wobei der Autor die Charakteristik der konkreten Gefährdung betonte, da der erfolgsqualifizierte Tatbestand den Erfolgseintritt voraussetze. Die effektive Verwirklichung des Zusatzerfolgs hätte auf die typische Gefahr der grunddeliktischen Handlung zurückzugehen. Der jeweilige Grundtatbestand wäre dabei nicht nur Verletzungs- oder Gefährdungsdelikt hinsichtlich des typisierten Rechtsgutes, sondern zusätzlich abstraktes Gefährdungsdelikt bezüglich des Zusatz-Erfolges (Gössel, FS Lange, S. 232 ff.). Auf Ebene des subjektiven Tatbestands wäre es nach Gössel nicht notwendig, dass sich der Gefährdungsvorsatz auf die schwerere Folge erstrecken müsse, da die erfolgsqualifizierten Delikte i. d. R. zwei unterschiedliche Rechtsgüter betreffen würden und der Gefährdungsvorsatz zum Grunderfolg gleichzeitig eine fahrlässige Gefährdung für den Zusatzerfolg darstelle. Aus der Definition der erfolgsqualifizierten Tatbestände als Gefährdungsdelikte folge weiter, dass über die Verwirklichung des vorsätzlichen Grunddelikts die besondere Sorgfaltspflicht zur Vermeidung des fahrlässigen Zusatzerfolgs verletzt sei. In der Frage zum Gefährdungscharakter der erfolgsqualifizierten ging Küpper in seiner Monographie von der Prämisse aus, dass zwischen Gefährdungsdelikten und fahrlässigen Erfolgsdelikten eine enge Verwandtschaft herrsche, sodass sich das abstrakte Gefährdungsdelikt dem Wesen nach als vertypte Fahrlässigkeit darstelle: Küpper, Zusammenhang, S. 41 unter Hinweis auf Schroeder, ZStW 91 (1979), 259. Das Gefährdungsdelikt erfasse bestimmte Verhaltensweisen, die sich generell gefährlich darstellen, das Fahrlässigkeitsdelikt hingegen beinhalte einen objektiv vorhersehbaren Erfolg, ohne auf eine bestimmte Verhaltensweise abzustellen. Da der Gesetzgeber bestimmten Grunddelikten die typische Gefahr für schwerere Folgen zuschreibt, seien die Grundtatbestände der erfolgsqualifizierten Delikte als abstrakte Gefährdungsdelikte im Bezug auf die nicht erfassten Rechtsgütern anzusehen, da sie neben tatbestandlichen Verhalten auch das pflichtwidrige Verhalten zum fahrlässigen Zusatzerfolg erfassen würden. Bei abstrakten Gefährdungsdelikten beziehe sich der Vorsatz nur auf die objektiven Tatbestandsmerkmale, sodass bei den erfolgsqualifizierten Tatbeständen kein eigener Gefährdungsvorsatz vorauszusetzen sei (Küpper, Zusammenhang, S. 42). 84 Schubarth, ZStW 85 (1973), 768.

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1. Teil: Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen

gelingen könnte. Das Problem über etwaige Unzulänglichkeiten beim Strafrahmen sei über eine Reform der Bestimmung zur Idealkonkurrenz zu lösen, wobei die gegenwärtige Regelung zur Strafrahmenberechnung überdacht werden sollte85. Auch Diez-Ripollés spricht sich für die Abschaffung der erfolgsqualifizierten Delikte aus, da die Einordnung der Erfolgsqualifikationen als konkrete Gefährdungsdelikte zu einer unzulässigen Doppelverwertung führe: So würde zum objektiven Tatbestand sowohl die Verwirklichung der konkreten Gefahr als auch der Eintritt der schweren Folge geprüft werden86. Auch in subjektiver Hinsicht komme es zu einer zweifachen Bewertung, wenn einerseits der Gefährdungsvorsatz und andererseits die Fahrlässigkeit hinsichtlich des Zusatzerfolgs erwogen werden. Im Ergebnis liege damit eine doppelte Unrechtswertung über eine einzige Handlung mit einer einzigen schweren Folge vor87. Die Einordnung der erfolgsqualifizierten Delikte als abstrakte Gefährdungsdelikte schlage fehl, da sie keinen eigenen Unrechtskern beinhalten würden: Die abstrakte Gefahr sei kein Unrechtselement, sondern die ratio legis88. So kommt der Autor zum Ergebnis, dass die erfolgsqualifizierten Delikte keinen eigenen Unrechtscharakter aufweisen würden, sondern sich lediglich aus der Kombination aus Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikt zusammensetzen würden89, und empfiehlt daher die Aufgabe dieser Deliktsgruppe90. Bedenken gegen die verfassungsrechtliche Konformität der Erfolgsqualifikationen äußert Lorenzen, wenn er die hohen Strafrahmen im Kontext des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 I GG) und des Schuldprinzips (Art. 101 III GG) überprüft91. Der Autor kommt zum Ergebnis, dass diese Deliktsgruppe de lege ferenda abzuschaffen sei, da der Strafrahmen der einzelnen Vorschriften verfassungswidrig und insbesondere im Vergleich zur tateinheitlichen Begehung kein Unterschied feststellbar sei, was die Existenz einer eigenen erfolgsqualifizierten Deliktsgruppe nicht rechtfertigen würde92. Zur Diskussion um den Wesensgehalt der erfolgsqualifizierten Delikte weist Lorenzen darauf hin, dass das vermeintliche Gefährdungsunrecht der Erfolgsqualifikationen bereits in vielen Grundtatbeständen berücksichtigt werde, sodass darin nicht die Natur der erfolgsqualifizierten Delikte gesehen werden könne93. Das zeige sich insbesondere an den gemeingefährlichen Delikten94. Insgesamt liege der Verdacht nahe, dass bei der erfolgsqualifizierten Deliktsgruppe trotz

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Schubarth, ZStW 85 (1973), 775 f. Diez-Ripollés, ZStW 96 (1984), 1059, 1065 f. Diez-Ripollés, ZStW 96 (1984), 1066 f. Diez-Ripollés, ZStW 96 (1984), 1068 ff. Diez-Ripollés, ZStW 96 (1984), 1067. Diez-Ripollés, ZStW 96 (1984), 1074 ff. Lorenzen, S. 89 ff. Lorenzen, S. 70 ff., 130 f., 164 ff. Lorenzen, S. 40, insbesondere FN 30. Lorenzen, S. 40 ff.

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der Einführung des § 56 StGB a. F. (§ 18 StGB n. F.) weiterhin das versari in re illicita Prinzip Anwendung finden würden95. Als Alternative zu den erfolgsqualifizierten Tatbeständen schlägt Lorenzen vor, die Regelung zur Idealkonkurrenz auszuschöpfen, wobei der Autor diesbezüglich die Anwendung eines Strafschärfungsprinzips befürwortet96. Lediglich drei Tatbestände, nämlich §§ 224, 225 StGB a. F. (schwere Körperverletzung) und § 239 II 1. Alt. StGB a. F. (Freiheitsentziehung mit einer Dauer von über eine Woche) sollten als erfolgsqualifizierte Delikte beibehalten werden, da über diese Normen die „besondere Intensität“ der grunddeliktischen Rechtsverletzung zum Ausdruck komme, weshalb es hier keine Alternative zur Erfolgsqualifikation geben würde97. Kritik an den erfolgsqualifizierten Tatbeständen kommt schließlich von Ambos, der die gegenwärtige Situation in Deutschland einem Rechtsvergleich zur italienischen98 und spanischen Rechtslage99 unterzieht. Dabei stellt er zunächst fest, dass sich die deutsche Gesetzgebung zu den Erfolgsqualifikationen als Mittelweg zwischen der italienischen und spanischen Lösung präsentiere100. Der Autor zweifelt an der Unentbehrlichkeit der erfolgsqualifizierten Delikte mit dem Hinweis auf die spanische Rechtsordnung, wo die Zahl der Erfolgsqualifikation seit der Reform des código Penal im Jahr 1995 erheblich reduziert wurde, und verweist ferner auf legislative Lösungen ohne Erfolgsqualifikationen im nordischen Rechtskreis101. Im Ergebnis befürwortet Ambos die Aufgabe der Erfolgsqualifikationen de lege ferenda zugunsten einer Regelung nach der Idealkonkurrenz, die allerdings hinsichtlich des idealkonkurrierenden Strafrahmens nach dem Absorptionsprinzip zu konzipieren wäre102. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die kritischen Stimmen zur Deliktsgruppe der Erfolgsqualifikationen alternativ eine Lösung nach den Regeln der Idealkonkurrenz befürworten, wobei allerdings nicht das – de lege lata geltende – Absorptionsprinzip gemäß § 52 II StGB zur Anwendung kommen soll, sondern de lege ferenda eine Strafschärfung (sog. Asperationsprinzip) generell befürwortet wird103, wie es de lege lata bereits bei der Bildung der Gesamtstrafe für die Fälle von Tatmehrheit nach §§ 53, 54 StGB vorgesehen ist104. 95

Lorenzen, S. 164 f. Lorenzen, S. 164, 169. 97 Lorenzen, S. 169. 98 Ambos, GA 2002, 457 ff. 99 Ambos, GA 2002, 463 ff. 100 Ambos, GA 2002, 474, 482. 101 Ambos, GA 2002, 470, 477. 102 Ambos, GA 2002, 479, 482. 103 So Ambos, GA 2002, 482; Diez-Ripollés, ZStW 96 (1984), 1082 ff; Jescheck, Niederschriften II, S. 248; Noll, ZStW 76 (1964), 711; Schneider, JR 1953, 415; Schubarth, ZStW 85 (1973), 763, 775 f. sowie ferner Koffka, Niederschriften II, S. 244; differenzierend hingegen Lorenzen, S. 66 ff., 73, der aber schließlich andeutet, dass das Asperationsprinzip zu bevor96

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1. Teil: Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen

Eine Sonderstellung in dieser Diskussion nimmt Rengier ein: Der Autor befürwortet die Beibehaltung der erfolgsqualifizierten Delikte, spricht dieser Deliktsgruppe aber einen eigenen erhöhten Unrechtsgehalt ab105. Vielmehr würden die Erfolgsqualifikationen Strafzumessungsvorschriften darstellen, die durch einen Unrechts- und Schuldgehalt jenseits der Idealkonkurrenzregeln charakterisiert sind, da sich die Todeserfolgsqualifikationen in die Tötungstatbestände im weitesten Sinne einreihen. Sie würden die Lücke zwischen dem vorsätzlichen Totschlagsdelikt und dem (unqualifizierten) fahrlässigen Tötungstatbestand schließen, sodass diese Delikte die Funktion übernehmen würden, schwerwiegende – aber nicht vorsätzliche – Tötungen strafrechtlich aufzufangen106. Auf der Grundlage dieser Betrachtungsweise zu den Erfolgsqualifikationen würden sich die teilweise sehr hohen Sanktionsrahmen erklären und auch verfassungsrechtlich begründen lassen107. Der überwiegende Teil des Schrifttums geht hingegen davon aus, dass es sich bei den erfolgsqualifizierten Delikten um vertypte Tatbestände qualifizierter Idealkonkurrenz handle108, in denen der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung trägt, dass gewisse Tatbestände typischerweise die Risiken für schwerwiegendere Folgen beinhalten würden: Dieses Risiko werde vom Grundtatbestand allein nicht gedeckt, weshalb die typische Verwirklichung der Gefahr über die Erfolgsqualifikation aufgefangen werden müsse. Der Tatbestand der fahrlässigen Tötung sei an sich nicht geeignet, die Fallgruppe der Erfolgsqualifikationen unrechtsadäquat zu umfassen, da die einschlägigen Sachverhalte die Erfüllung eines Grundtatbestand vorsehen, der nicht bloß fahrlässige, sondern auch vorsätzliche Elemente und die vorher genannte Gefahrentendenz beinhalten würde109. Eine besondere Verknüpfung zwischen vorsätzlichem Grunddelikt und fahrlässigem Zusatzerfolg werde zwar von § 18 StGB nicht explizit gefordert, allerdings wurde bereits vor der Einführung dieser Grundnorm vom Schrifttum festgestellt, dass der Gesetzgeber über seine Auswahl an Tatbeständen für die erfolgsqualifizierten Delikte Fallkonstellationen vorsah, deren Charakteristik in der naheliegenden Gefahr eines schwereren Erfolgs liegt: Die schwere Folge stellte sich hinsichtlich zugen sei (S. 166, 169); kritisch zur Strafschärfung nach dem Asperationsprinzip, weil dies zu einer untragbaren Strafschärfung in den Normalfällen der Idealkonkurrenz führt: Hirsch, GA 1972, 67 ff.; Küpper, Zusammenhang, S. 36 f.; ders., ZStW 111 (1999), 790 f. 104 LK-Rissing-van Saan, Vorbem. § 52 Rdn. 3. 105 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 134, 291; ders., Jura 1986, 143 ff. 106 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 132 f. 107 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 135 f.; vgl. Arzt/Weber/B. Heinrich/Hilgendorf, BT § 4 Rdn. 8: „Nach richtiger Ansicht begründet bei vorsätzlicher Körperverletzung mit tödlichem Ausgang zwar nicht der Vorsatzverdacht, wohl aber die typische Vorsatznähe der Fahrlässigkeit den schärferen Strafrahmen.“ (Hervorhebungen im Original) 108 Vgl. stellvertretend für die h. M. Hirsch, GA 1972, 71. 109 Kritisch zum Strafrahmen des § 222 StGB in Fällen gröbster Fahrlässigkeit (rectius: leichtfertiger Tötung): Jakobs, AT 9/37; Lohmeyer, S. 133 ff.; NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 21; ders., JZ 1989, 221 f.; Stuckenberg, FS Jakobs, S. 699.

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dieser Vorsatztaten als typische bzw. eigentümliche Folge dar110. In dieser Typizität für schwere Folgen liegt nach h. A. der eigentliche Wesensgehalt der erfolgsqualifizierten Delikte, welcher mit den Begriffen wie etwa „unmittelbarer Zusammenhang“111 oder „spezifischer Gefahrenzusammenhang“112 zum Ausdruck komme113. Dies ergebe sich mit Blick auf den gemeinrechtlichen Kausalitätsgedanken zur tödlichen Verwundung letztlich sogar aus rechtshistorischen Überlegungen114. Befürworter der Erfolgsqualifikationen greifen die vorher dargelegte Kritik an der Existenzberechtigung der erfolgsqualifizierten Delikte auf und weisen darauf hin, dass die Durchführung der Idealkonkurrenz-Lösung unter Anwendung eines Strafschärfungsprinzips die Problematik dieser Deliktsgruppe von der Tatbestandsebene in den „schwammigen“ Bereich der Strafzumessung verschiebe115. Des Weiteren würden eine derart ausgestalteten Idealkonkurrenz nicht nur für die anvisierten Problemfälle, sondern auch für Normalfälle gelten, weshalb der Strafrahmen und damit das richterliche Ermessen bedenklich ausgeweitet werden würde116. Wenn die Kritiker als Alternative zu den Erfolgsqualifikationen die Idealkonkurrenz unter Anwendung des Asperationsprinzips in den einschlägigen Fallkonstellationen befürworten, anerkennen sie damit in indirekter Weise die höhere Strafwürdigkeit der erfolgsqualifizierten Tatbestände117.

110 So Engisch, Kausalität, S. 69 f.; Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 243; Oehler, ZStW 69 (1957), 512 ff.; Radbruch, Verursachung, S. 64 f. 111 Vgl. etwa Ferschl, S. 46; Maurach, JR 1970, 71 f.; zu Überlegungen de lege ferenda, nämlich zu einer stärkeren Betonung des Unmittelbarkeitszusammenhangs der Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen bei gleichzeitiger Reform des Tötungsdelikte s. Hirsch, FS Rissingvan Saan, S. 237 FN 66. 112 Vgl. etwa Heinrich/Reinbacher, Jura 2005, 748; Kudlich, JA 2009, 246; Kühl, FS Gössel, S. 205; ähnlich auch Freund, FS Frisch, S. 685 mit seiner Wortschöpfung „spezifischer Gefahrrealisierungszusammenhang“. 113 Eingehend zur vielfältigen Terminologie, die zur Bezeichnung des Zurechnungskriterium in Rechtsprechung und -wissenschaft entwickelt wurde: Stiebig, FG für Paulus, S. 151 ff. 114 Auf diesen historischen Zusammenhang machen insbesondere die Befürworter des sog. Letalitäts-Kriteriums aufmerksam, vgl. Hirsch, JR 1983, 80; ders., FS Oehler, S. 114; Küpper, Zusammenhang, S. 81 f., 85 ff.; ders., FS Hirsch, S. 619; kritisch zur rechtshistorischen Begründung: Ferschl, S. 57 f.; Paeffgen, JZ 1989, 225 f.; NK-ders., § 18 Rdn. 30; Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 200; Stuckenberg, FS Jakobs, S. 701 ff.; dazu auch infra, Dritter Teil A. III. 115 So Dreher, Niederschriften II, S. 252; Ferschl, S. 46 f.; Hirsch, GA 1972, 70. 116 So Hirsch, GA 1972, 68. 117 So Ferschl, S. 42.

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1. Teil: Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen

B. Italien I. Begriff und Abgrenzung Während die deutsche Rechtsordnung im Bereich des erfolgsqualifizierten Delikte eine Grundnorm zum Fahrlässigkeitserfordernis (§ 18 StGB) im Strafrecht vorsehen, beinhaltet das iStGB keine entsprechende Vorschrift118. Trotz dieser normativen „Lücke“ sieht das herrschende Schrifttum in Art. 27 I iVerf das Verschuldensprinzip nulla poena sine culpa verankert, wo es heißt: La responsabilità penale è personale („Die strafrechtliche Verantwortlichkeit ist persönlich“119)120. Das Personalitätsprinzip, das sich auf Grundsatzentscheidungen des Verfassungsgerichtshofs aus dem Jahr 1988 stützt, hat den Gesetzgeber zu verschiedenen normativen Interventionen veranlasst, wie etwa die Gesetzesnovelle aus dem Jahr 1990,

118 Ambrosetti, in: Cocco/Ambrosetti, S. 30; Maiwald, Einführung, S. 93; s. aber Bondi, S. 107, der in Art. 586 iStGB einen „Archetypen“ des § 18 StGB sieht. 119 Übersetzung nach Javers, in: Sieber/Cornils, AT I, S. 299. 120 Vgl. Angioni, RIDPP 1989, 1500 ff.; Basile, La colpa, S. 219 ff.; ders., Il delitto di rissa, S. 112, 119 FN 72; Bettiol/Pettoello Mantovani, PG S. 420 ff.; Cadoppi/Veneziani, Elementi PG S. 323; Cagli, IP 1994, 533; Canestrari, L’illecito penale, S. 19; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 417; ders., in: Bricola/Zagrebelsky, Codice penale PG I, S. 586 f., 613; Castronuovo, La colpa, S. 471 f.; Cornacchia, in: Canestrari/Cornacchia/De Simone, Manuale PG S. 198 f.; ders., Concorso, S. 89 ff.; Carmona, IP 2001, 246; ders., CP 2009, 4586 f.; Cerqua, GM 2009, 1059 ff.; Cori, CP 2006, 2438; De Francesco, Diritto penale, S. 363 ff.; De Vero, Corso I S. 163 ff.; Dolcini, RIDPP 2000, 869, 878; Donini, Imputazione oggettiva, S. 75, 132 f.; ders., in: ED Annali III, S. 638 f.; ders., in: Insolera et al., Introduzione I, S. 233 f.; ders., Teoria del reato, S. 370; ders., Illecito e colpevolezza, S. 36, 73 f., 556 ff.; ders., Verbrechenslehre, S. 33, 55 f., 133 ff.; ders., Il volto attuale, S. 205 f.; Fiandaca, FI 1988, I, 1389 f.; ders./Di Chiara, Introduzione, S. 168; Fiandaca/Musco, PG S. 313 f., 640; E. Gallo, GP 1990, IV, 414; Insolera, IP 1981, 758; Javers, in: Sieber/Cornils, AT I, S. 305; La Monica, in: Ronco/B. Romano, Art. 42 S. 296 ff.; Loreto, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PG II S. 186 f.; ders., in: Dizionario III, S. 2378 f.; ders., IP 2007, 445 f.; Lunghini, in: Dolcini/ Marinucci, Codice penale commentato I, Art. 42 Rdn. 9; Manna, Corso PG S. 69, 175, 401, 406 f.; F. Mantovani, PG S. 295 ff.; ders., RIDPP 1990, 385; ders., RIDPP 2014, 769; Marinucci, ZStW 94 (1982), 353 f.; ders., RIDPP 1996, 428 = La colpa. Studi, S. 377; ders., RIDPP 2003, 372 f. = La colpa. Studi, S. 411 f.; ders., RIDPP 2012, 8 = La colpa. Studi, S. 467 f.; Marinucci/Dolcini, Manuale PG S. 175 f., 288 ff., 334 f.; Musacchio, RP 2010, 2; Palazzo, Corso PG S. 28 f.; Pavich, S. 27 ff.; Piccardi, RIDPP 2004, 879; Putinati, S. 55 ff.; B. Romano, PG S. 343; M. Romano, Commentario sistematico I, Pre-Art. 39 Rdn. 68; Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 489, 585 f.; Salcuni, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/ Papa, Trattato PG II S. 505 ff.; Viganò, RIDPP 2004, 183; aus dem deutschen Schrifttum: Jescheck, FS Miyazawa, S. 372; Schünemann, FS Roxin (2001), S. 10 f. (insbesondere FN 36); a. A. Antolisei/Conti, Manuale PG S. 389; Padovani, Diritto penale, S. 219; Riz, PG S. 303; vermittelnd Dolcini, RIDPP 1979, 757 ff.; ders., RIDPP 1999, 19; ders., RIDPP 2000, 871, der darauf hinweist, dass ein Teil der Rechtsprechung eine verfassungskonforme Interpretation vornimmt, der Gesetzgeber aber letztlich zum Handeln aufgefordert ist, die Erfolgshaftung aus dem Strafgesetz zu verbannen, indem dieser eine Vorschrift, etwa nach dem Vorbild von § 18 StGB schafft.

B. Italien

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welche für die straferschwerenden Umstände einen Mindeststandard in Form von Fahrlässigkeit voraussetzt121. Die grundlegende Vorschrift zur subjektiven Zurechnung bildet Art. 42 iStGB: Art. 42 iStGB: Verantwortlichkeit für Vorsatz oder Fahrlässigkeit oder für das präterintentionale Verbrechen. Objektive Verantwortlichkeit. „(1) Niemand kann wegen einer Handlung oder Unterlassung bestraft werden, die vom Gesetz mit Strafe bedroht ist, wenn er sie nicht mit Wissen und Wollen begangen hat. (2) Niemand kann wegen einer vom Gesetz als Verbrechen mit Strafe bedrohten Tat bestraft werden, wenn er sie nicht mit Vorsatz begangen hat, mit Ausnahme der vom Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Fälle des präterintentionalen oder des fahrlässigen Verbrechens. (3) Das Gesetz bestimmt die Fälle, in denen der Erfolg dem Täter als Folge seiner Handlung oder Unterlassung in anderer Weise zur Last gelegt wird. (4) Bei den Übertretungen ist jeder für seine bewusste und gewollte Handlung oder Unterlassung, sei sie vorsätzlich oder fahrlässig, verantwortlich.“122

Im ersten Absatz des Art. 42 iStGB werden die fundamentalen Mindestanforderungen einer strafrechtlich relevanten Handlung bzw. Unterlassung aufgezählt: Demnach ist ein Täter nur dann für einen strafbaren Erfolg verantwortlich, wenn sein Verhalten vom eigenen Wissen und Wollen getragen ist. Über diese Formulierung wird nach h. L. zum Ausdruck gebracht, dass die Handlung oder Unterlassung – bevor sie einer Bewertung zu Vorsatz oder Fahrlässigkeit unterzogen werden kann – vom menschlichen Willen getragen werden müssen123. Der zweite Absatz, der sich hinsichtlich der Straftaten auf die Verbrechen [delitti] bezieht, zeigt auf, dass das Verbrechen in der Regel vorsätzlich ist und präterintentionale bzw. fahrlässige Tatbestände als vom Gesetz vorgesehene Ausnahmen anzusehen sind124. Damit zeigt sich bereits ein erster Unterschied zur zweiteiligen 121

Gesetz v. 17. 2. 1990, Nr. 16; vgl. dazu etwa Basile, La colpa, S. 229 ff.; ders., Il delitto di rissa, S. 108, 117 ff.; Donini, Verbrechenslehre, S. 136 sowie die monographische Darstellung von Putinati, passim. 122 Übersetzung nach Javers, in: Sieber/Cornils, AT III, S. 695 f. 123 Cadoppi/Veneziani, Elementi PG S. 215; Cornacchia, in: Canestrari/Cornacchia/De Simone, Manuale PG S. 309 f., 485; Caraccioli, Manuale breve PG S. 135, 137; ders., Manuale PG S. 279, 281 f.; De Vero, Corso I S. 164 f.; Fiandaca/Musco, PG S. 215, 218 f.; M. Gallo, Appunti II/1, S. 66 ff.; ders., Appunti II/2, S. 1 f.; Javers, in: Sieber/Cornils, AT III, S. 695; F. Mantovani, PG S. 307; Palazzo, Corso PG S. 221; ders., Fatto di reato, S. 20; Ramacci/ Guerrini, Corso PG, S. 321; Riz, PG S. 186 f.; M. Romano, Commentario sistematico I, PreArt. 39 Rdn. 29, Art. 42 Rdn. 9; Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 127 ff., 447; ders., in: Studi in onore di M. Gallo, S. 235 ff. 124 Aleo, PG S. 271; Ambrosetti, in: Cocco/Ambrosetti, S. 28; Canestrari, in: Cadoppi/ Canestrari/Manna/Papa, Trattato PG II S. 129; Caraccioli, Manuale PG S. 292, 309; M. Gallo, Appunti II/2, S. 2; Javers, in: Sieber/Cornils, AT III, S. 695; La Monica, in: Ronco/B. Romano, Art. 42 S. 303; Loreto, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PG II S. 170 f.; Lunghini, in: Dolcini/Marinucci, Codice penale commentato I, Art. 42 Rdn. 7; Manna, Corso PG S. 338; F. Mantovani, PG S. 311, 364; Marinucci/Dolcini, Manuale PG S. 290 f.; Pagliaro, Principi PG S. 314 f.; Palazzo, Corso PG S. 289; ders., Fatto di reato, S. 153 f.; Pulitanò, Diritto penale,

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1. Teil: Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen

Struktur der subjektiven Tatseite im deutschen Rechtskreis (Vorsatz – Fahrlässigkeit), zumal das italienische Strafrecht in normativer Hinsicht125 diesbezüglich eine Dreiteilung (Vorsatz – Präterintention – Fahrlässigkeit) vornimmt. Mit Blick auf das Schuldprinzip stellt sich der dritte Absatz als bedenklich dar, der eine strafrechtlich relevante Erfolgsverwirklichung in gewissen Bereichen auch „in anderer Weise“ als über die in Art. 43 iStGB genannten Schuldformen dem Täter zurechnen will126 : Damit wurde in normativer Hinsicht der verschuldensunabhängigen Erfolgshaftung nach dem Vorbild des versari in re illicita – Prinzips im beschränkten Ausmaß ein Anwendungsbereich zuerkannt127. Die Notwendigkeit zur Haftung nach der sog. „objektiven Verantwortlichkeit“128 bestand nach dem histoS. 298, 299; Ramacci/Guerrini, Corso PG S. 326; M. Romano, Commentario sistematico I, Art. 42 Rdn. 19; Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 448; vgl. hierzu die Feststellung von Donini, Imputazione oggettiva, S. 94, wonach nach derzeitigem Stand rein von der Anzahl her mehr fahrlässige als vorsätzliche Verbrechen im Strafrecht vorgesehen sind, weshalb die Fahrlässigkeitstatbestände nicht mehr als Ausnahme im wörtlichen Sinne aufgefasst werden können. 125 Es gilt zu beachten, dass die Präterintention nicht als subjektiv-psychologisches tertium genus der menschlichen Verhaltensweise zu werten ist (a. A. De Marsico, PG S. 180), auch wenn sie als Schuldform in einer Vorschrift mit der Überschrift „psychologisches Element“ (Art. 43 iStGB) definiert wird. Zum tertium non datur vgl. Antolisei/Conti, Manuale PG S. 340, 392; Bettiol, PG S. 480; Canestrari, L’illecito penale, S. 35; ders., in: Bricola/Zagrebelsky, Codice penale PG I, S. 601 f.; ders., in: Dig. disc. pen. IX, S. 697; ders., in: Dizionario V, S. 4481; Canestrari, in: Canestrari/Cornacchia/De Simone, Manuale PG S. 474; Cori, CP 2006, 2439 f.; Loreto, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PG II S. 172; Lunghini, in: Dolcini/Marinucci, Codice penale commentato I, Art. 43 Rdn. 61; F. Mantovani, PG S. 364; Pagliaro, Principi PG S. 335; Palazzo, Corso PG S. 288, 347; ders., Fatto di reato, S. 87 f.; Patalano, in: ED XXXV, S. 357; M. Romano, Commentario sistematico I, S. 450; Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 580; Spasari, AP 1957, 245. 126 Vgl. dazu die Bedenken zur Harmonisierung des Strafrechts in Europa bei Maiwald, FS Frisch, S. 1379 f. 127 Aleo, PG S. 297; Antolisei/Conti, Manuale PG S. 390; Ardizzone, I reati, S. 44; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 294; Cadoppi/Veneziani, Elementi PG S. 345; Cagli, IP 1994, 534 f.; Canestrari, L’illecito penale, S. 35; ders., in: Dig. disc. pen. XII, S. 111; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 417; ders., in: Bricola/Zagrebelsky, Codice penale PG I, S. 587; ders., in: Canestrari/Cornacchia/De Simone, Manuale PG, S. 483 f.; Castaldo, L’imputazione oggettiva, S. 177 f.; Castronuovo, La colpa, S. 475; Donini, in: ED Annali III, S. 656 f.; ders, in: Insolera et al., Introduzione I, S. 233 f.; Fiandaca/Musco, PG S. 635 f.; Grosso, in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 273; Manna, Corso PG S. 394 f.; F. Mantovani, PG S. 397; Pulitanò, Diritto penale, S. 359 ff.; Riz, PG S. 319. Dagegen hält Pavich, S. 19, 29, den dritten Absatz des Art. 42 iStGB für überflüssig, da die objektive Erfolgszurechnung zugunsten subjektiver Zurechnungskriterien de facto aufgegeben worden sei. Für eine Darstellung der Entwicklung bis zu den Leitentscheidungen des Verfassungsgerichtes im Jahr 1988 s. Donini, in: Insolera et al., Introduzione I, S. 208 ff.; aus dogmengeschichtlicher Sicht s. Ronco, IP 2011, 10 ff. 128 Die Bezeichnung „objektive Verantwortlichkeit“ wird in der hiesigen Arbeit auch als „verschuldensunabhängige Erfolgshaftung“ beschrieben, da sich ihre Objektivität im Wesentlichen darin erstreckt, das subjektive Verschulden im Hinblick auf die schwere Folge außer Acht zu lassen. Der Begriff „verschuldensunabhängige Erfolgshaftung“ geht hierbei auf Hörster, S. 17 zurück, der im Kontext der strict liability treffend ausführt: „Eine strict liability

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rischen Willen des Gesetzgebers in der Verstärkung der generalpräventiven Wirksamkeit der Strafnormen sowie zur Lösung gewisser Beweisprobleme, die bereits aus der gemeinrechtlichen Lehre bekannt waren129. Auch wenn das italienische Strafrecht keine dem § 18 StGB entsprechende Regelung aufweist, so beinhaltet der Allgemeine Teil des iStGB eine Besonderheit zur Lösung jener Fälle, in denen ein schwerwiegender Erfolg eintritt als vom Täter ursprünglich beabsichtigt. In Art. 43 iStGB werden unter der Überschrift „Psychologisches Element der strafbaren Handlung“130 die verschiedenen Schuldformen definiert – hier kennt das italienische Strafrecht neben Vorsatz und Fahrlässigkeit eine weitere normative Schuldform, die sog. Präterintention: Art. 43 iStGB: Psychologisches Element der strafbaren Handlung „(1) Das Verbrechen ist: […] präterintentional oder über die Absicht hinausgehend, wenn durch die Handlung oder Unterlassung ein schädigender oder gefährlicher Erfolg herbeigeführt wird, der schwerer ist als der vom Täter gewollte.“131

Damit wird bereits im Allgemeinen Teil eine abstrakte Definition von Delikten aufgezeigt, die nach dem Verständnis des deutschen Schrifttums auf die dogmatische Figur der Erfolgsqualifikationen anwendbar ist. Obwohl dieses subjektive Tatbestandsmerkmal durch die entsprechende Überschrift in einen psychologischen Kontext gestellt wird, fasst das herrschende Schrifttum die Präterintention als normative Schuldform ohne psychologisches Fundament (tertium non datur) auf132. Mit Blick auf den Besonderen Teil ist festzustellen, dass der italienische Gesetzgeber unterschiedliche Techniken zur Lösung der Fallgruppe der Todeserfolgs-

bedeutet nicht, dass eine strafrechtliche Verantwortlichkeit ungeachtet der Schuldunfähigkeit oder trotz des (nach deutschem Verständnis) Vorliegens eines Entschuldigungsgrundes bejaht werden kann. Es geht vielmehr darum, dass für die Begründung strafrechtlicher Verantwortlichkeit der Nachweis von Vorsatz oder Fahrlässigkeit nicht hinsichtlich sämtlicher objektiver Tatbestandsmerkmale geführt werden muss. Daher sollte nicht von einer schuld-, sondern allenfalls von einer in Teilen verschuldensunabhängigen Verantwortlichkeit gesprochen werden. Indes mag aber auch die Bezeichnung der strict liability als verschuldensunabhängig im Sinne von unabhängig von Vorsatz oder Fahrlässigkeit leicht irreführen. Die Annahme einer strict liability besagt nämlich nicht, dass der Angeklagte tatsächlich nicht doch vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Lediglich kann eine Bestrafung auch ohne den Nachweis einer mens rea (unter Einschluss der Fahrlässigkeit) bezogen auf sämtliche objektive Tatbestandsmerkmale erfolgen.“ (Hervorhebungen im Original) 129 J. Bosch, ZStW 88 (1976), 493; Fiandaca/Musco, PG S. 636 f.; Maiwald, Einführung, S. 92. 130 Dazu eingehend Donini, Verbrechenslehre, S. 130. 131 Übersetzung nach Javers in: Sieber/Cornils, AT III, S. 696. 132 Bellini, RP 2009, 1093 f.; Bondi, S. 156; Palazzo, Corso PG S. 288; M. Romano, Commentario sistematico I, Art. 43 Rdn. 46; Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 580; a. A. De Marsico, PG S. 209.

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1. Teil: Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen

qualifikationen angewandt hat133. So kennt das iStGB verschiedene todeserfolgsqualifizierte Delikte [reati aggravati dall’evento morte] nach dem in der deutschen Strafrechtsordnung bekannten Struktur der Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination134. Dabei fällt auf, dass Italien im Vergleich zur Strafrechtsordnung in Deutschland eine deutlich geringere Anzahl von todeserfolgsqualifizierten Delikten aufweist135 – so sucht man Todeserfolgsqualifikationen des deutschsprachigen Schrifttums wie die zum vorsätzlichen Raub und jene zur vorsätzliche Brandstiftung als eigenständige Erfolgsqualifikationen im iStGB vergeblich. Dies erklärt sich in zweierlei Hinsicht: Zum Einen wird das todeserfolgsqualifizierte Körperverletzungsdelikt in Art. 584 iStGB von der italienischen Lehre nicht den Erfolgsqualifikationen zugeordnet, sondern erhält eine eigene Klassifikation, die als präterintentionale Delikte [delitti preterintenzionali] bezeichnet wird. Neben dem todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikt gehört nach h. L. die präterintentionale Abtreibung nach Art. 18 II des Gesetzes vom 22. Mai 1978, Nr. 194136 hierhin137. Nach Ansicht des Schrifttums 133

Da sich die hiesige Untersuchung in ihrem Vergleich auf die Todeserfolgsqualifikationen mit vorsätzlichem Grunddelikt beschränkt, soll an dieser Stelle kurz erwähnt werden, dass nach herrschendem italienischen Schrifttum insgesamt drei Arten von Erfolgsqualifikationen unterschieden werden: erstens: Vergehen mit schwererer Erfolgsherbeiführung [contravvenzioni aggravate dall’evento], etwa Art. 689 sowie 727 iStGB; zweitens: Fahrlässige Delikte mit schwerer Erfolgsherbeiführung [delitti colposi aggravati dall’evento], etwa Art. 452 iStGB; drittens: Vorsätzliche Delikte mit schwererer Erfolgsherbeiführung [delitti dolosi aggravati dall’evento], wobei bei dieser Deliktskategorie zwischen gewollter, nichtgewollter Herbeiführung des qualifizierenden Erfolgs sowie von einer Herbeiführung, die unabhängig von der subjektiven Tatseite des Täters ist, unterschieden wird: Tagliarini, S. 36 ff., 45 ff., 58 ff.; vgl. auch Ardizzone, I reati, S. 58 ff.; Bondi, S. 53 ff. sowie für einen Überblick De Francesco, SI 1996, 554 f.; Loreto, IP 2007, 422 ff., 424 ff., 427 ff., 430 ff. 134 Art. 289-bis II und IV (Freiheitsberaubung zu terroristischen Zwecken oder zum Zwecke des Umsturzes); Art. 571 II (Missbrauch von Erziehungs- oder Züchtigungsmitteln); Art. 572 II (Misshandlungen in der Familie oder von Kindern); Art. 588 II (Schlägerei); Art. 591 III (Verlassen minderjähriger oder hilfloser Personen); Art. 593 III (Unterlassene Hilfeleistung); Art. 630 II (Freiheitsberaubung zum Zwecke der Erpressung) iStGB. 135 Außerhalb des italienischen Strafgesetzbuchs finden sich noch weitere Todeserfolgsqualifikationen, etwa in Art. 1 IV des Gesetzes vom 10. Mai 1976, Nr. 342 (Flugzeugentführung); Art. 18 IV des Gesetzes vom 22. Mai 1978, Nr. 194 (Vorsätzliche oder präterintentionale Abtreibung) sowie in Art. 19 VI desselben Gesetzes (Illegale Abtreibung); Art. 3 II des Gesetzes vom 26. November 1985, Nr. 718 (Geiselnahme); Art. 9-ter II StVO (Illegale Straßenrennen). 136 Art. 18 des Gesetzes vom 22. Mai 1978, Nr. 194, übersetzt von J. Bosch/Menges, in: Eser/Koch, S. 887: „(1) Wer einen Schwangerschaftsabbruch ohne Zustimmung der Frau herbeiführt, wird mit Gefängnis von 4 bis zu 8 Jahren bestraft. Die Zustimmung ist unbeachtlich, wenn sie mit Gewalt oder Drohung abgenötigt oder durch eine Täuschung erreicht wurde. (2) Dieselbe Strafe ist auf denjenigen anzuwenden, der den Schwangerschaftsabbruch durch Handlungen herbeiführt, die auf die Verletzung der Frau gerichtet sind. (3) Die genannte Strafe wird bis auf die Hälfte herabgesetzt, wenn aufgrund derartiger Handlungen die Geburt beschleunigt wird. (4) Haben die im ersten und zweiten Absatz beschriebenen Handlungen den Tod der Frau zur Folge, wird Gefängnisstrafe zwischen 8 und 16 Jahren verhängt; haben sie eine sehr schwere

B. Italien

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fiel auch der 1981 abgeschaffte Tatbestand „Tötung oder Körperverletzung aus Gründen der Ehre“ in Art. 587 III 2. Alt. iStGB unter die präterintentionale Deliktsgruppe138. Zum Anderen bedient sich die italienische Strafrechtsordnung zur Vervollständigung des Schutzes zur individuellen Unversehrtheit139 einer weiteren legislativen Besonderheit, die kein entsprechendes Äquivalent im deutschen Strafgesetzbuch aufweist140 : Art. 586 iStGB beinhaltet einen generalklauselartigen erfolgsqualifizierenden Ergänzungstatbestand – im Sinne eines „Vollständigkeitskriterium[s] für erfolgsqualifizierte Delikte“141 – für den Fall des Eintretens eines schwereren Verletzungs- bzw. Todeserfolgs im Kontext eines jeglichen vorsätzlich begangenen Grunddelikts142 : Art. 586 iStGB: Tod oder Körperverletzung als Folge eines anderen Verbrechens „(1) Ist der Tod oder die Verletzung einer Person die vom Täter nicht gewollte Folge einer Tat, die als vorsätzliches Verbrechen vorgesehen ist, werden die Bestimmungen des Artikels 83 angewendet, doch werden die in den Artikeln 589 und 590 angedrohten Strafen erhöht.“143

Nach herrschender Ansicht in Schrifttum144 und Rechtsprechung145 handelt es sich bei dieser Vorschrift um eine lex specialis gegenüber Art. 83 iStGB146, welche die Körperverletzung zur Folge, wird Gefängnisstrafe zwischen 6 und 12 Jahren verhängt; ist die Körperverletzung schwer, wird die zuletzt genannte Strafe herabgesetzt. (5) Die in den vorstehenden Absätzen festgesetzte Strafdrohungen werden erhöht, wenn die Frau unter 18 Jahre alt ist.“ 137 Auch wenn sich in diesem Gesetzestext keinerlei Erwähnung des Terminus „Präterintention“ findet; für die h. L. s. stellvertretend Fiandaca/Musco, PG S. 648; F. Mantovani, PG S. 364; Palazzo, Corso PG S. 348 f.; differenzierter dagegen Militello, Rischio, S. 289, wonach hier lediglich der vierte Absatz als präterintentionales Delikt zu klassifizieren sei; nach Bondi, S. 156 dagegen seien die Tatbestände im zweiten und im vierten Absatz als präterintentionale Delikte aufzufassen. 138 Vgl. nur Manzini, Trattato VIII, S. 151 FN 2; Vassalli, RIDPP 1975, 34 FN 38. 139 Ausdrücklich die Relazione sul progetto definitivo del codice penale, in Lavori preparatori V, II, Roma, 1929, S. 384. 140 Canestrari, L’illecito penale, S. 29. 141 Puppe, Erfolgszurechnung, S. 204. 142 Instruktiv zu Art. 586 iStGB: Basile, La colpa, passim. 143 Zitiert nach Riz/J. Bosch, S. 393. 144 Alimena, S. 87, 191; Antolisei, GP 1948, II, 13; Antolisei/Conti, Manuale PG S. 387 ff.; Ardizzone, I reati, S. 28 f.; Boscarelli Compendio PG S. 173; Caraccioli, Manuale PG S. 545; M. Gallo, in: ED I, S. 64; ders., Appunti II/2, S. 227; Grosso, RIDPP 1963, 499; Leone, S. 220; Manna, Corso PG S. 382; F. Mantovani, PG S. 395 f.; Manzini, Trattato VIII, S. 155; Marini, in: Dig. disc. pen. VIII, S. 538; ders., Delitti contro la persona, S. 149; Militello, in: Dig. disc. pen. VIII, S. 199; Mirri, in: EGT XXXII, S. 1 f.; Musacchio, RP 2010, 1; Patalano, I delitti contro la vita, S. 263; ders., in: ED XXXV, S. 354; ders., in: ED XXIX, S. 981; M. Romano, Commentario sistematico I, Art. 83 Rdn. 18; Ronco, in: Ronco/B. Romano, Art. 586 S. 2708; Spasari, AP 1957, 262; Stile, in: ED XXVII, S. 148; Trapani, S. 104; Vannini, Omicidio, S. 138 f.; Vassalli, RIDPP 1975, 21.

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1. Teil: Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen

Strafen für die fahrlässige Tötung (Art. 589 iStGB) bzw. die fahrlässige Körperverletzung (Art. 590 iStGB) erhöht. So fand das Delikt in Art. 586 iStGB in der Praxis auf verschiedene Grunddeliktskonstellationen mit tödlichem Ausgang Anwendung147, etwa der Verweigerung von Amtshandlungen (Art. 328 iStGB)148, vorsätzliche Brandstiftung (Art. 423 iStGB)149, Fälschen und Nachmachen anderer Sachen von Nahrungsmitteln (Art. 440 iStGB)150, Vergewaltigung (ehemals Art. 519 iStGB – jetzt Art. 609-bis iStGB)151, Misshandlungen in der Familie oder von Kindern (Art. 572 iStGB)152, Beleidigung (Art. 594 iStGB)153, Nötigung (Art. 610 iStGB)154, Bedrohung (Art. 612 iStGB)155, Hausfriedensbruch (Art. 614 iStGB)156, Raub (Art. 628 iStGB)157, Erpressung (Art. 629 iStGB)158, Beschädigung der biologischen Ressourcen des Meeres (Art. 15 I lit. d) des Gesetzes vom 14. Juli 1965, Nr. 963)159, Unerlaubte Weitergabe von Betäubungsmitteln (ehemals Art. 72 des Gesetzes vom 22. 12. 1975, Nr. 685 – jetzt Art. 73 TU stupefacenti)160. Ein einziges 145 146

Vgl. nur Cass. 8. 6. 1982 = CP 1984, 549. Art. 83 iStGB („Vom Willen des Täters abweichender Erfolg“), zitiert nach Riz/J. Bosch,

S. 87: „(1) Wird, abgesehen von den Fällen des vorhergehenden Artikels, infolge eines Irrtums beim Gebrauch der Mittel zur Ausführung der strafbaren Handlung oder aus einem anderen Grund ein anderer als der gewollte Erfolg verursacht, ist der Täter für den nicht gewollten Erfolg wegen Fahrlässigkeit verantwortlich, wenn die Tat vom Gesetz als fahrlässiges Verbrechen unter Strafe gestellt ist. (2) Hat der Täter außerdem den gewollten Erfolg herbeigeführt, so werden die Bestimmungen über das Zusammentreffen von strafbaren Handlungen angewendet.“ Maiwald, Einführung, S. 81 ff. weist darauf hin, dass die traditionelle Lehre in Italien Art. 586 iStGB als Fall einer aberratio delicti bezeichnet; vgl. stellvertretend für das Schrifttum: Ambrosetti, in: Cocco/Ambrosetti, S. 34; Calvi, RIDPP 1962, 1143; Fiorella, in: ED XXXIX, S. 1320 f.; Patalano, in: ED XXIX, S. 981; Stile, in: ED XXVII, S. 142; eingehend zur Entwicklung und Struktur der aberratio delicti im italienischen Strafrecht bei De Francesco, Aberratio, S. 124 ff. 147 Instruktiv: Basile, La colpa, S. 19 ff. m. w. N. 148 Cass. 6. 12. 1995, CED 204469 = RP 1996, 464. 149 Cass. 27. 7. 1993, CED 195270. 150 Cass. 16. 4. 1994, CED 197433 = RP 1995, 186. 151 Cass. 9. 2. 1961 = RIDPP 1961, 1135. 152 Cass. 11. 12. 1936 = RP 1937, 385. 153 Cass. 21. 3. 1967 = CP 1968, 1259. 154 Cass. 16. 5. 1989, CED 182185 = CP 1991, 291. 155 Corte d’Assise Milano v. 24. 10. 1986 = RIDPP 1987, 567. 156 Cass. 3. 8. 1993, CED 194773 = RP 1994, 284. 157 Cass. 5. 11. 1937 = GP 1938, II, 385. 158 Cass. 22. 10. 1998 = DPP 1999, 86. 159 Cass. 20. 1. 2003, CED 223841 – 2 = CP 2004, 125. 160 Zur strafrechtlichen Verantwortung des unmittelbar Abtretenden: Cass. 13. 5. 1986, CED 174072 = FI 1987, II, 351; Cass. 16. 5. 1987, CED 175993 = CP 1988, 830; Cass. 19. 2. 1990, CED 183396 = RP 1990, 943; Cass. 28. 6. 1991, CED 188768 = RP 1992, 892; Cass. 4. 2. 1998, CED 210441 = CP 1998, 2720; zur strafrechtlichen Verantwortung des mittelbaren

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Urteil aus dem Jahr 1933 löst den Fall einer Körperverletzung mit tödlichem Ausgang über Art. 586 iStGB anstatt über Art. 584 iStGB161. Da die Präterintention in Art. 43 iStGB als normative Schuldform definiert wird, nach welcher sich der eingetretene Erfolg „über die Absicht [des Täters] hinausgehend“ darstellt, wird im Schrifttumkontrovers diskutiert, ob die erfolgsqualifizierten Delikte162 bzw. die Regelung in Art. 586 iStGB163 als Bestandteil der präterintentionalen Deliktskategorie in sensu lato aufgefasst werden sollte. Unstrittig hingegen ist die herrschende Ansicht zur Klärung des Verhältnisses zwischen den erfolgsqualifizierten bzw. den präterintentionalen Delikten und dem Tatbestand in Art. 586 iStGB: Während die Gemeinsamkeiten dieser dogmatischen Figuren im vorsätzlichen Grunddelikt und dem unbeabsichtigten schwereren Erfolg bestehen, der an und für sich einen selbstständigen (vorsätzlichen oder fahrlässigen) Tatbestand bilden könnte164, steht die Gruppe der erfolgsqualifizierten bzw. präterintentionalen Delikte dem Art. 586 iStGB als lex specialis gegenüber. So beziehen sich die Erfolgsqualifikationen auf spezifische vorsätzliche Grunddelikte, während Art. 586 Abtretenden: Cass. 4. 11. 1988, CED 179930 = CP 1990, 48; Cass. 19. 12. 1990, CED 186020 = CP 1992, 1809; Cass. 28. 7. 2003, CED 226254 = CP 2004, 2835. 161 So Basile, La colpa, S. 22. Dem Urteil des Landesgerichtes von S. Maria Capua Vetere vom 28. 7. 1993 = GP 1934, II, 427, welches durch das italienische Höchstgericht aufgehoben wurde (Cass. 28. 11. 1933 = GP 1935, II, 352) und in seinem beschrittenen Lösungsweg ein Unikat bildet, lag nach den Darstellungen bei Basile, La colpa, S. 22, folgender Fall zugrunde: Ein Jugendlicher zog sich bei einer Prügelei auf der rechten Hüfte einen geringfügigen Bluterguss mit minimalen Hautabschürfungen zu. Über diese Verletzung gelangten Bakterien in den menschlichen Organismus, welche letztlich zu einer tödlichen Blutvergiftung führten. 162 Im Sinne dieser erweiterten Definition von Präterintention bereits unter dem Vorgänger des aktuellen Strafgesetzbuchs (codice Zanardelli): Finzi, S. 73 ff.; unter dem aktuellen Strafgesetzbuch (codice Rocco): Bondi, S. 162; Dassano, in: Scritti in memoria di G. Marini, S. 257; Canestrari, L’illecito penale, S. 33 ff., 181 ff.; ders., in: Dig. disc. pen. IX, S. 696; ders., in: Canestrari/Cornacchia/De Simone, Manuale PG S. 480; Frosali, GP 1947, II, 582; Grosso, RIDPP 1963, 470 ff., 498; ders., in: EGT XXIV, S. 1 ff.; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 274; Loreto, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PG II S. 182 f.; F. Mantovani, PG S. 400; Pagliaro, Principi PG S. 337; Patalano, in: ED XXXV, S. 358; Ramacci/ Guerrini, Corso PG S. 361 f.; Tagliarini, S. 176, 181, 198 ff.; Vitale, S. 109 ff., 127; Zuccalà, S. 75; a. A. etwa Fiandaca/Musco, PG S. 652; Pavich, S. 8; M. Romano, Commentario sistematico I, Art. 43 Rdn. 51. 163 Mit unterschiedlichen Argumenten zählen folgende Autoren das Delikt in Art. 586 iStGB zur Präterintention: Ambrosetti, in: Cocco/Ambrosetti, S. 33 f.; Canestrari, L’illecito penale, S. 275 ff.; ders., in: Dig. disc. pen. XII, S. 123; Cornacchia, in: Dig. disc. pen. XI, S. 186; Tagliarini, S. 181, 211; Zuccalà, S. 63, 78; ders., Nota introduttiva (artt. 59 – 70), in: Crespi/Stella/Zuccalà, Commentario breve, S. 243; a. A. Dassano, RIDPP 1977, 414; Manzini, Trattato I, S. 780; Vannini, Quid juris?, S. 354; Vassalli, RIDPP 1975, 21; s. dazu auch die Relazione a S.M. il Re sul testo definitivo del nuovo codice penale, Roma, 1931, § 53 (= S. 40), wonach es explizit ausgeschlossen sei, dass Art. 586 (sowie Art. 83) iStGB als präterintentionales Delikt aufzufassen wären. 164 Basile, La colpa, S. 50; Canestrari, L’illecito penale, S. 42; Cornacchia, in: Dig. disc. pen. XI, S. 186; Grosso in: EGT XXIV, S. 1; Militello, in: Dig. disc. pen. VIII, S. 199; Stile, in: ED XXVII, S. 145 ff.

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1. Teil: Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen

iStGB im Sinne eines Auffangtatbestandes165 lediglich voraussetzt, dass der schwerere Erfolg einem vorsätzlichen Verbrechen folgt166. Diese Ausführungen gelten ebenso für die Präterintention in Art. 584 iStGB, die als Grunddelikte die Körperverletzungsvorschriften in Art. 581 und 582 iStGB vorsieht – sofern sich ein anderes Grunddelikt verwirklicht, kommt außer in den Fällen der explizit bezeichneten Erfolgsqualifikationen Art. 586 iStGB zur Anwendung167.

II. Zum Strafrahmen der todeserfolgsqualifizierten Delikte Zunächst bedarf es einiger einleitenden Bemerkungen im Hinblick auf den Vergleich der einschlägigen Sanktionen nach italienischem Strafrecht. Grundsätzlich sehen die italienischen Tötungstatbestände in der vorsätzlichen Variante einen Regelstrafrahmen in Form einer Gefängnisstrafe von nicht unter 21 Jahren (Art. 575 iStGB) und als Fahrlässigkeitsdelikt einen Regelstrafrahmen im Ausmaß von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Gefängnisstrafe (Art. 589 I iStGB) vor. Die Betonung des Terminus „Regelstrafrahmen“ gewinnt bei der vorliegenden Untersuchung besondere Bedeutung, da die italienische Strafrechtsordnung über die Regelung zur Bilanzierung der erschwerenden bzw. mildernden Umstände zu Strafmodifikationen im Besonderen Teil kommt168, die erste Ergebnisse einer aussagekräftigen Vergleichung erschweren würde169. Daher ist es notwendig, sich für die Zwecke der 165

So Dassano, in: Scritti in memoria di G. Marini, S. 262 [norma di chiusura] sowie Lombardi, GI 2005, 591; Marani, S. 136; vgl. Stile in: ED XXVII, S. 145, wonach der Tatbestand des Art. 586 iStGB eine subsidiäre Vorschrift zu den todes- bzw. körperverletzungserfolgsqualifizierten Delikten bilde; ähnlich auch Conti, RIDPP 1950, 735 f. 166 Basile, La colpa, S. 50; Dassano, in: Scritti in memoria di G. Marini, S. 262; Lombardi, GI 2005, 591; Militello, in: Dig. disc. pen. VIII, S. 199. 167 Militello, in: Dig. disc. pen. VIII, S. 199; Patalano, I delitti contro la vita, S. 263; aus der Rechtsprechung vgl. Cass. 11. 3. 1999, CED 213028 = CP 2000, 385; Cass. 23. 2. 2000, CED 215478 = CP 2001, 2371. 168 Vgl. die Kurzdarstellung bei Maiwald, Einführung, S. 30: „Zum vollen Verständnis der Strafzumessungsregelungen im codice Rocco muß man sich allerdings vor Augen führen, dass neben den soeben erwähnten Vorschriften der Art. 132, 133 im Allgemeinen Teil Regelungen über erschwerende Umstände (circostanze aggravanti) und mildernde Umstände (circostanze attenuanti) existieren, und zwar in Gestalt der Art. 61 ff. iStGB. Der Besondere Teil des codice Rocco enthält nicht im Rahmen einzelner Tatbestände Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe für ,besonders schwere Fälle‘ und für ,minder schwere Fälle‘, wie dies für das deutsche StGB kennenzeichnend ist. Vielmehr enthält der codice Rocco, wie erwähnt, im Allgemeinen Teil Regelungen über strafmodifizierende Umstände, die bei ihrem Vorliegen bei der Verwirklichung beliebiger Tatbestände des Besonderen Teils die Strafe modifizieren. Aus diesen Merkmalen lassen sich natürlich ebenfalls Rückschlüsse ziehen auf den Willen des Gesetzgebers allgemein, welche Umstände bezüglich Tat und Täter für die Strafzumessung relevant sein sollen und in welcher Weise.“ (Kursive im Original). 169 Vgl. nur Perron, in: Beck/Burchard/Fateh-Moghadam, S. 127, der im Kontext einer rechtsvergleichenden Studie zur Tötung des tyrannischen Ehegattens bei der Auswertung der jeweiligen nationalen Sanktionsierungsvorschläge mit Blick auf Italien zu folgender Fest-

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hiesigen Untersuchung auf den Vergleich der italienischen Regelstrafrahmen der jeweiligen Delikte zu beschränken. Eine weitere Besonderheit, die sich in der vergleichenden Wertung der Strafrahmen niederschlägt, ist die Anwendung des Asperationsprinzips im Bereich der Idealkonkurrenz nach Art. 81 iStGB170. Für eine aussagekräftige Vergleichsgrundlage erfolgt die Untersuchung der jeweiligen Tatbestände nicht nach dem de lege lata zugrunde liegenden Asperationsprinzip, sondern nach dem Absorptionsprinzip, welches im StGB angewendet wird. Trotz dieser Fiktion wird das abschließende Ergebnis den Asperationsregelungen in Art. 81 und Art. 586 iStGB Rechnung tragen. Grundsätzlich weist das italienische Strafgesetzbuch höchst unterschiedliche Strafrahmenhöhen im Bereich der Todeserfolgsqualifikationen auf. Dabei überschreiten lediglich die beiden Freiheitsdelikte in Art. 289-bis II iStGB und Art. 630 II iStGB mit einer Strafhöhe von jeweils dreißig Jahren Gefängnisstrafe den Min-

stellung kommt: „In krassem Gegensatz zu diesem unerschütterlichen deutschen Vertrauen in die eigene Justiz, das die gesetzlichen Vorgaben souverän auf das gewünschte Ergebnis hin zurechtbiegt, steht die italienische Praxis. Dort hat der Gesetzgeber eine komplizierte Strafzumessungsarithmetik installiert, die ausgehend von einem einheitlichen Tatbestand der vorsätzlichen Tötung die konkrete Feststellung und detaillierte gegenseitige Abwägung einer Vielzahl erschwerender und mildernder Tatumstände erfordert und bei der sich der konkret anzuwendende – enge – Strafrahmen aus einer mathematischen Umsetzung dieser Abwägungen ergibt.“ Des weiteren würden die – im Vergleich zu anderen Rechtsordnungen – wesentlich höher zu verhängenden Strafen in Italien auf doppelte Weise korrigiert werden: Perron, in: Beck/Burchard/Fateh-Moghadam, S. 128: „Zum einen existiert in Italien neben dem allgemein üblichen, an der Rückfallprognose orientierten System der Strafrestaussetzung zur Bewährung ein zweites, kumulativ anzuwendendes System der ,vorzeitigen Haftentlassung‘, das anstelle der mangelnden Gefährlichkeit auf Reue und Einsicht des Täters abstellt; zum anderen ist im Strafverfahren vom Gesetz eine konsensuale Erledigung vorgesehen, die den Angeklagten mit einem Strafrabatt von einem Drittel belohnt, wenn er sich dem Vorschlag des Staatsanwalts freiwillig unterwirft. Fügt man alle diese Möglichkeiten zusammen, dann reduziert sich die tatsächliche Haftdauer auf das in anderen Ländern übliche Niveau.“ 170 Art. 81 iStGB („Idealkonkurrenz. Fortgesetzte strafbare Handlung“), zitiert nach Riz/ J. Bosch, S. 85 ff.: „(1) Wer durch eine einzige Handlung oder Unterlassung verschiedene Gesetzesbestimmungen verletzt oder mehrere Verletzungen derselben Gesetzesbestimmung begeht, wird mit der Strafe belegt, die für die schwerste Verletzung aufzuerlegen wäre, wobei die Strafe bis um das Dreifache erhöht wird. (2) Derselben Strafe unterliegt, wer in Ausführung desselben Verbrechensplans durch mehrere Handlungen oder Unterlassungen, wenn auch zu verschiedenen Zeiten, mehrere Verletzungen derselben Gesetzesbestimmung oder verschiedener Gesetzesbestimmungen begeht. (3) In den in diesem Artikel vorgesehenen Fällen darf die Strafe nicht höher sein als jene, die nach den vorhergehenden Artikeln angewendet werden könnte.“ s. dazu Basile, La colpa, S. 811; Bettiol/Pettoello Mantovani, PG S. 696; Cadoppi/ Veneziani, Elementi PG S. 459; Cornacchia, in: Canestrari/Cornacchia/De Simone, Manuale PG S. 766; Caraccioli, Manuale breve PG S. 287 f.; ders., Manuale PG S. 515 f.; Manna, Corso PG S. 708; F. Mantovani, PG S. 472 ff.; Marinucci/Dolcini, Manuale PG S. 469; Pagliaro, Principi PG S. 600, 704; Ramacci/Guerrini, Corso PG S. 475 f.

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1. Teil: Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen

deststrafrahmen des vorsätzlichen Tötungsdelikts171. Die anderen Todeserfolgsqualifikationen des Strafgesetzbuchs dagegen bleiben größtenteils unter dem Sanktionsminimum der vorsätzlichen Tötung: So sieht der todeserfolgsqualifizierte Tatbestand der Misshandlung in der Familie oder von Kindern (Art. 572 III iStGB) seit einer Gesetzesnovelle im Jahr 2013172 Gefängnisstrafe von zwölf bis zu vierundzwanzig Jahren vor und überschreitet damit die Grenze von einundzwanzig Jahren Gefängnisstrafe, die Todeserfolgsqualifikationen beim Missbrauch von Erziehungs- oder Züchtigungsmitteln (Art. 571 II iStGB) und beim Verlassen minderjähriger oder hilfloser Personen (Art. 591 III iStGB) beinhalten einen Strafrahmen von jeweils drei bis acht Jahren Gefängnisstrafe. Die übrigen Todeserfolgsqualifikationen dagegen bleiben sogar auf dem Niveau des Strafrahmens der fahrlässigen Tötung: So sieht die Schlägerei mit Todesfolge (Art. 588 II iStGB) einen Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Gefängnisstrafe173, die todeserfolgsqualifizierte unterlassene Hilfeleistung (Art. 593 III iStGB) bis zu zwei Jahren Gefängnisstrafe vor174. Für ein Zwischenfazit stellt sich der Vergleich zwischen dem Strafrahmen der Todeserfolgsqualifikationen und jenem des vorsätzlichen Tötungsdelikts als tendenziell harmonisch dar: Nur drei Tatbestände überschreiten den Mindeststrafrahmen der vorsätzlichen Tötung, wobei sich dieser Umstand aufgrund des besonderen Unrechtscharakters der beiden Freiheitsdelikte mit überschießender Innentendenz (Freiheitsberaubung zu terroristischen Zwecken bzw. zur Beseitigung der demokratischen Ordnung in Art. 289-bis iStGB; Freiheitsberaubung zum Zwecke der Erpressung in Art. 630 iStGB) sowie unter Berücksichtigung denkbar schwerster Misshandlungen innerhalb der Familie gemäß Art. 571 III iStGB durchaus rechtfertigen lässt. Die übrigen Todeserfolgsqualifikationen tangieren den Strafrahmen der vorsätzlichen Tötung nicht und stehen hinsichtlich des Strafrahmens teilweise dem fahrlässigen Tötungsdelikt näher als der Vorsatzvariante.

171 Eine Ausnahme bildet der privilegierte Tatbestand in Art. 289-bis IV iStGB, wenn das Opfer infolge der Entführung nach der Befreiung verstirbt: In diesem Fall beträgt die Strafe Gefängnisstrafe von acht bis zu achtzehn Jahren. Dieser Sanktionsrahmen, der unterhalb der Mindeststrafe für vorsätzliche Tötung angesiedelt ist, entspricht in etwa dem Niveau der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung in Art. 584 iStGB. 172 Vgl. Gesetz v. 15. 10. 2013, Nr. 119. 173 Zur Diskussion, inwieweit die Schlägerei mit Todesfolge eine Erfolgsqualifikation (etwa Marinucci/Dolcini, Manuale PG S. 494), ein präterintentionales Delikt (etwa Grosso, in: EGT XXVII, S. 5) oder der Todeserfolg ein deliktsspezifischer erschwerender Umstand sei (etwa Ronco, in: Ronco/B. Romano, Art. 588 S. 2718), s. Basile, Il delitto, S. 97 ff. 174 Vgl. etwa Balarini, in: Dolcini/Marinucci, Codice penale commentato III, Art. 593 Rdn. 32.

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1. Zum Verhältnis von vorsätzlichen Tötungsdelikten und todeserfolgsqualifizierten Delikten Das italienische Schrifttum ist sich weitgehend einig, dass die vorsätzlichen Tötungsdelikte im Verhältnis der Exklusivität zu den todeserfolgsqualifizierten Delikten stehen175 : Sofern der Tod vorsätzlich herbeigeführt wurde, kommt grundsätzlich das vorsätzliche Tötungsdelikt in Art. 575 iStGB in Idealkonkurrenz (Art. 81 iStGB) mit dem jeweiligen Grunddelikt zur Anwendung, beispielsweise bei Brandstiftung ex Art. 423 iStGB mit vorsätzlich verursachter Todesfolge176. Dieses Verhältnis wird im Hinblick auf die Sanktionssystematik nicht durch die beiden Todeserfolgsqualifikationen in Art. 289-bis II iStGB sowie Art. 630 II iStGB beeinträchtigt, deren Strafrahmen sich im Sanktionenbereich des vorsätzlichen Tötungsdelikts bewegt. Der italienische Gesetzgeber hat in diesen Vorschriften die vorsätzliche Herbeiführung des Todeserfolges explizit (nämlich im dritten Absatz der jeweiligen Vorschrift) mit einer lebenslangen Gefängnisstrafe vorgesehen. Nach h. A.177 handelt es sich hier um eine sog. „zusammengesetzte strafbare Handlung“ [reato complesso] gemäß Art. 84 iStGB, sodass dem vorsätzlichen Tötungsdelikt in diesem Kontext keine selbstständige Bedeutung zukommt. Lediglich die Strafrahmenobergrenze im reformierten Art. 572 III letzte Alt. iStGB erscheint in sanktionssystematischer Hinsicht als Fremdkörper. 2. Fortsetzung: Zum Strafrahmen der todeserfolgsqualifizierten Delikte Bei der Gegenüberstellung der Todeserfolgsqualifikationen mit der Idealkonkurrenz aus vorsätzlichem Grunddelikt und fahrlässigem Tötungsdelikt nach Art. 589 I iStGB wird für eine aussagekräftige rechtsvergleichende Würdigung das Absorptionsprinzip angewendet. Die beiden Freiheitsdelikte in Art. 289-bis I iStGB und Art. 630 I iStGB beinhalten in der jeweiligen Grunddeliktsausgestaltung einen überaus hohen Strafrahmen im Ausmaß von fünfundzwanzig bis dreißig Jahren Gefängnisstrafe. Nach den Regeln der Idealkonkurrenz spielt in diesen Fällen die Obergrenze des fahrlässigen Tötungsdelikts in Art. 589 I iStGB (fünf Jahre Gefängnisstrafe) eine untergeordnete Rolle, weshalb dieser erste Vergleich mit der Todeserfolgsqualifikation relativ harmonisch ausfällt: Gegenüber dieser letztgenannten Erfolgsqualifikation, die im 175 Cadoppi/Veneziani, Elementi PG S. 346 f.; Caraccioli, Manuale breve PG S. 179; Fiandaca/Musco, PG S. 651; Gazzaniga, CP 1985, 310 f. 176 Cass. 27. 5. 2010 = CED 247708; vgl. Larizza, in: Dolcini/Marinucci, Codice Penale commentato III, Art. 575 Rdn. 91 m. w. N. 177 Vgl. Baccaredda Boy, in: Dolcini/Marinucci, Codice Penale Commentato III, Art. 630 Rdn. 24 f; a. A. zum reato complesso für den Fall, dass der Täter von Beginn an die Tötung des Entführten beabsichtigte, sodass sich die Entführung lediglich als Mittel zum Zweck der Tötung darstellt: Ronco, in: NNDI – App. VII, S. 140.

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1. Teil: Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen

zweiten Absatz der jeweiligen Delikte eine Gefängnisstrafe von dreißig Jahren vorsieht, zeigt sich nach dem Absorptionsprinzip keine überproportionale Steigerung des Strafrahmens. Eine relativ akzeptable Systemharmonie zeichnet sich bei der Deliktsqualifikation zur unterlassenen Hilfeleistung gemäß Art. 593 iStGB ab, die im Falle der Todeserfolgsqualifikation im dritten Absatz die Verdoppelung der grunddeliktischen Strafe des ersten Absatzes (Geldstrafe bis zu 2.500 Euro oder bis zu einem Jahr Gefängnisstrafe) vorsieht. Der Strafrahmen dieses Qualifikationstatbestands steht in einem harmonischen Verhältnis zur Idealkonkurrenz aus Grunddelikt und fahrlässiger Tötung nach dem Absorptionsprinzip, da sich der errechnete Sanktionsrahmen innerhalb der Fünf-Jahres-Grenze bewegt. Kritischer hingegen fällt die Gegenüberstellung der Strafrahmen zu Idealkonkurrenz mittels Absorptionsprinzip und Todeserfolgsqualifikation bei den übrigen todeserfolgsqualifizierten Delikten aus178. Die grunddeliktische Misshandlung in der Familie oder bei Kindern nach Art. 572 I iStGB beinhaltet einen Strafrahmen von zwei bis zu sechs Jahren Gefängnisstrafe, was rechnerisch nach dem Absorptionsprinzip einen Gesamtstrafrahmen von maximal sechs Jahren Gefängnisstrafe im Falle der idealkonkurrierenden fahrlässigen Tötung ergibt. Demgegenüber kommt das Sanktionsmaximum der Todeserfolgsqualifikation im dritten Absatz (vierundzwanzig Jahre Gefängnisstrafe) beinahe auf das Vierfache, während das Minimum dieser Qualifikation das Sechsfache des grunddeliktischen Mindeststrafrahmens beträgt. Etwas weniger gravierender fällt die Gegenüberstellung bei Art. 591 iStGB aus, dessen Grunddelikt im ersten Absatz einen Strafrahmen von sechs Monaten bis fünf Jahren Gefängnisstrafe vorsieht. Während die Untergrenze der Todeserfolgsqualifikation im dritten Absatz jene des Grunddelikts um das Sechsfache übersteigt, bleibt der Unterschied beim Sanktionsmaximum der Qualifikation (acht Jahre Gefängnisstrafe) in einem vertretbaren Verhältnis. Der größte Unterschied ergibt sich bei der Untersuchung zum Missbrauch von Erziehungs- oder Züchtigungsmitteln nach Art. 571 iStGB: Während die Grunddeliktsvariante im ersten Absatz einen Strafrahmen bis zu sechs Monaten Gefängnisstrafe vorsieht, übersteigt der Strafrahmen bei der Todeserfolgsqualifikation im zweiten Absatz mit einem Sanktionspotential von drei bis acht Jahren Gefängnisstrafe sowohl das Minimum als auch das Maximum um ein Vielfaches. Das im vorhergehenden Absatz aufgezeigte Missverhältnis besteht nach den Regeln der Idealkonkurrenz des italienischen Strafrechts jedoch nicht, da die Rechtsordnung de lege lata das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen 178

So bereits Canestrari, in: Dig. disc. pen. IX, S. 722 f.; Donini, Verbrechenslehre, S. 140; Dolcini, RIDPP 1979, 821; Lunghini, in: Dolcini/Marinucci, Codice penale commentato I, Art. 43 Rdn. 67; Marinucci/Dolcini, Manuale PG S. 347; Stile, in: ED XXVII, S. 143 ff., 148 ff.; einen Überblick über den Meinungsstand im italienischen Schrifttum gibt Castaldo, L’imputazione oggettiva, S. 176 FN 3.

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bzw. mehrerer Gesetzesverletzungen nicht nach dem Absorptionsprinzip, sondern gemäß Art. 81 iStGB nach dem Asperationsprinzip löst, sodass eine Erhöhung des Strafrahmens im Kontext der Idealkonkurrenz möglich ist. Damit zeigen sich die Strafrahmen der Todeserfolgsqualifikationen im Hinblick auf die Idealkonkurrenz aus Grunddelikt und fahrlässigem Tötungsdelikt de lege lata einigermaßen systemharmonisch179. 3. Zum Strafrahmen der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung Die todeserfolgsqualifizierte Körperverletzung ist in der italienischen Strafrechtsordnung unter der Bezeichnung „präterintentionale Tötung“ in Art. 584 iStGB vorgesehen und beinhaltet einen Regelstrafrahmen von zehn bis achtzehn Jahren Gefängnisstrafe. Damit unterschreitet das Maximum dieser Körperverletzungsqualifikation deutlich den Mindeststrafrahmen des vorsätzlichen Tötungsdelikts in Art. 575 iStGB, welches eine Sanktionsuntergrenze von einundzwanzig Jahren vorsieht. Bei der Gegenüberstellung von präterintentionaler (Art. 584 iStGB) und fahrlässiger Tötung (Art. 589 iStGB) fällt im ersten Absatz von letztgenannter Vorschrift zunächst auf, dass die Mindeststrafe der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung exakt das Doppelte des Maximums der fahrlässigen Tötung im ersten Absatz beträgt. Da die Struktur des Tatbestandes in Art. 589 iStGB zuletzt mit der Reform von 2008 eine äußerst differenzierte Ausgestaltungen mit unterschiedlichem Strafniveau erfahren hat, bedarf eine Gesamtwürdigung des Strafrahmens eine nähere Betrachtung dieser Norm: Art. 589 iStGB: Fahrlässige Tötung180 „(1) Wer aus Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Gefängnisstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. (2) Wird die Tat unter Verletzung der Vorschriften der Straßenverkehrsordnung oder der Vorschriften zur Verhütung von Arbeitsunfällen begangen, so ist die Strafe Gefängnisstrafe von zwei bis zu sechs Jahren. (3) Gefängnisstrafe von drei bis zu zehn Jahren findet Anwendung, wenn die Tat unter Verletzung der Vorschriften der Straßenverkehrsordnung begangen wird vom: 1. Täter in einem alkoholbedingten Rauschzustand gemäß Art. 186 II lit. c) des gesetzesvertretenden Dekrets vom 30. 4. 1992, Nr. 285 sowie den jeweiligen Änderungen. 179

Diese Schlussfolgerung gilt jedoch nur für den Bereich der Todes-Erfolgsqualifikationen, nicht für die erfolgsqualifizierte Deliktsgruppe an sich, zumal viele Erfolgsqualifikationen rechnerisch das Strafniveau zur Idealkonkurrenz nach dem Asperationsprinzip überschreiten. Darauf weist das Schrifttum hin, etwa Basile, La colpa, S. 812 (mit einer tabellarischen Übersicht auf S. 813 ff.); Bondi, S. 123, 130, 399; Canestrari, L’illecito penale, S. 40, 47 ff., 55, 132, 223; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 425, 443; ders., in: Dig. disc. pen. IX, S. 697 ff.; Donini, Teoria, S. 370; Pagliaro, in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 17; ders., in: Prospettive di riforma, S. 161; Stile, in: ders., Responsabilità oggettiva, S. 575. 180 Eigene Übersetzung.

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1. Teil: Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen 2. Täter unter Einfluss psychotroper oder bewusstseinsverändernder Substanzen. (4) Im Fall des Todes mehrerer Personen oder im Fall des Todes einer oder mehrerer Personen und der Körperverletzung einer oder mehrerer Personen wird die Strafe, die für die schwerste der begangenen Gesetzesverletzungen verhängt werden müsste, unter Erhöhung um das Dreifache angewendet, die Strafe darf jedoch fünfzehn Jahre nicht überschreiten.“

Neben der bereits angesprochenen Divergenz zwischen dem Strafrahmen der präterintentionalen Tötung und Art. 589 I iStGB spielt für die Bewertung des Strafrahmenkomplexes der letzte Absatz eine besondere Rolle: Bei (grob) fahrlässiger Tötung mehrerer Personen181 kann der Richter einen Strafrahmen von bis zu fünfzehn Jahren Gefängnisstrafe ausschöpfen. In normativer Hinsicht stellt sich das Strafrahmengefüge dieses Tötungstatbestandes mit Leichtfertigkeitsmerkmal in Art. 589 IV iStGB im direkten Vergleich zur fahrlässigen Herbeiführung einer Todesfolge infolge vorsätzlicher Körperverletzungshandlungen nach Art. 584 iStGB einigermaßen systemharmonisch dar. Insgesamt zeigt der Strafrahmen der vorsätzlichen, präterintentionalen und fahrlässigen Tötungsdelikte eine systemlogische Abstufung, welche die Schlussfolgerung nahelegen, dass der präterintentionalen Tötung die Aufgabe einer lex specialis zur grob fahrlässigen Tötung zukommt, die zwischen der vorsätzlichen und der fahrlässigen Tötung angesiedelt ist182. Die Untersuchung zum Strafrahmenvergleich der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung mit der Idealkonkurrenz aus den vorsätzlichen Grunddelikten und dem fahrlässigen Tötungsdelikt unter Anwendung des Absorptionsprinzips fällt dagegen weniger harmonisch aus183 : Während das Grunddelikt in Art. 581 iStGB einen Sanktionsrahmen von bis zu sechs Monaten Gefängnisstrafe bzw. bis zu 309 Euro Geldstrafe vorsieht, beinhaltet die Grunddeliktsvariante des Art. 582 iStGB eine Gefängnisstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren. Nach dem Absorptionsprinzip ergibt sich bei einer idealkonkurrierenden fahrlässigen Tötung eine Obergrenze im Strafrahmen von bis zu fünf Jahren Gefängnisstrafe. Im Vergleich

181

Vgl. Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 121 f. Aus dem Schrifttum stimmen dieser These der präterintentionalen Tötung im Sinne eines omicidio a colpa grave folgende Autoren zu: Bettiol, PG S. 480; Carrara, Programma II, S. 125; F. Mantovani, PG S. 365 f.; Patalano, in: ED XXXV, S. 353; Ronco, in: Ronco/ B. Romano, Art. 43 S. 327 sowie Art. 584 S. 2687 ff.; Vannini, Omicidio, S. 143; ders., Quid iuris?, S. 357 f. Der Ansatz zur qualifizierten/groben Fahrlässigkeit bei den Erfolgsqualifikationen findet sich auch bei Marinucci, RIDPP 2003, 373: „Der Ausweg ist eine gesetzliche Erhöhung des Fahrlässigkeitsgrades, i. S. d. groben Fahrlässigkeit [colpa grave], nicht nur um das notwendige Verhältnis zwischen Strafrahmen und Grad des Verschuldens zu garantieren, sondern ein auf dem Grundsatz nulla poena sine culpa bestehendes Fundament für die erfolgsqualifizierten Delikte zu schaffen.“ Vgl. auch Donini, RIDPP 2013, 154 ff. sowie Castronuvo, RIDPP 2013, 1750 ff. 183 So etwa Basile, La colpa, S. 812 ff.; Donini, Teoria, S. 370 f.; Marinucci/Dolcini, Manuale PG S. 347; Pagliaro, CP 2008, 2685; Piccardi, CP 2004, 878; Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 469; ähnlich auch Grossi, CP 2010, 4196. 182

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stellt der Sanktionsrahmen des todeserfolgsqualifizierte Körperverletzungsdelikts, insbesondere der Mindeststrafrahmen, eine überproportionale Steigerung dar184.

III. Zur Existenzberechtigung der erfolgsqualifizierten Delikte Im italienischen Schrifttum finden sich Stimmen, die – ähnlich der deutschen h. L. – den Erfolgsqualifikationen angesichts des spezifischen Gefahrenzusammenhangs eine deliktsspezifisch erhöhte Strafwürdigkeit zusprechen185. So liege der Grund zur strengeren Sanktionierung im „objektiven Tatbestandselement der spezifischen Gefahr, die dem beabsichtigten Grunddelikt im Bezug auf die Herbeiführung des schwereren Erfolges innewohnt“186 ; der hohe Strafrahmen der Erfolgsquali184

So bereits Vannini, Quid juris?, S. 397. Plakativ etwa Pagliaro, CP 2008, 2686: „Man kann folgern dass die höhere Strafwürdigkeit [maggiore gravità] der erfolgsqualifizierten Delikte gegenüber der Idealkonkurrenz [concorso formale] aus vorsätzlichem und fahrlässigem Tatbestand nahezu makellos mit unserem Sinn für Gerechtigkeit und Gesellschaft übereinstimmt [è perfettamente allineata con il nostro senso di giustizia e con la nostra civiltà].“ oder Dassano, in: Scritti in memoria di G. Marini, S. 261: „Unabhängig zu den Prämissen substantiell-fahrlässiger Natur hinsichtlich der ratio ist jedenfalls festzuhalten, dass in der Struktur des präterintentionalen Tötungsdelikts, sowie in den entsprechenden erfolgsqualifizierten Delikten, ein vorsätzliches Grunddelikt vorhanden ist, das einen Gefahrentatbestand [illecito di pericolo] für das in der Qualifikation bezeichnete Rechtsgut darstellt, sodass der qualifizierende Erfolg eine spezifische Konkretisierung des deliktstypischen Risikos der unerlaubten Handlung [specifica concretizzazione del rischio connaturato alla condotta illecita] ist.“ Vgl. auch Ambrosetti, in: Cocco/Ambrosetti, S. 30; Canestrari, L’illecito penale, S. 148, 283; Marani, S. 136; Palazzo, SI 1996, 1110, 1113; Ranieri, Manuale PG I S. 313. Dagegen weist ein anderer Teil des Schrifttums u. a. auf einen kriminal-politischen Kontext bei der ratio des hohen Strafrahmens hin, etwa Fiandaca/Musco, PS II/1 S. 25. 186 So Canestrari, in: Dig. disc. pen. IX, S. 700: „Der spezifische Unrechtsgehalt [il particolare contenuto di illiceità] der präterintentionalen Verantwortung im weiteren Sinne […] liegt im objektiven Element der spezifischen Gefahr (Unrecht) [nell’elemento (oggettivo) dello specifico pericolo (illecito)], die im vorsätzlichen Grundtatbestand hinsichtlich der qualifizierenden Erfolgsverwirklichung vorhanden ist.“ und ferner ders., in: Dig. disc. pen. IX, S. 713: „Das vorsätzliche Delikt hat die Aufgabe, jenes Risikofeld zu typisieren in dem die schwerere Konsequenz objektiv vorhersehbar [oggettivamente prevedibile] ist: Das Grunddelikt muss also den Inhalt einer abstrakten Gefahr für die geschützten Rechtsgüter, die durch den Komplex des präterintentionalen Delikts geschützt wird, [un contenuto di pericolo astratto verso i beni protetti dal complessivo delitto preterintenzionale] aufweisen“; s. auch ders., L’illecito penale, S. 86 ff., 132 ff., 178 ff.; ders., in: Dig. disc. pen. IX, S. 704, 707; ders., in: Dizionario V, S. 4483, 4485; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 425; durchaus ähnlich, wenn auch differenzierter, Loreto, IP 2007, 439 ff., der in der präterintentionalen Tötung einen durch eine qualifizierende Folge erschwerten Gefährdungstatbestand sieht – etwa S. 440 f. (unter Hinweis auf Ferschl): „Auf Ebene der Tatbestandsmäßigkeit [tipicità] bildet das Grunddelikt sowohl in den explizit als präterintentional bezeichneten Figuren als auch in den vorsätzlichen und durch einen nicht-gewollten Erfolg qualifizierten Delikten einen Gefährdungstatbestand [illecito di pericolo] für das im Qualifikationstatbestand geschützte Rechtsgut; umgekehrt bildet der qualifizierende Erfolg die spezifische Konkretisierung des deliktstypischen Risikos der uner185

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1. Teil: Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen

fikationen sei gerechtfertigt, „wenn die schwerere Folge auf der spezifisch gefährlichen Natur des vorsätzlichen Grunddelikts hinsichtlich des Rechtsgutes im qualifizierten Tatbestandes gründet.“187 Ein anderer Teil des Schrifttums spricht sich gegen die Existenzberechtigung der erfolgsqualifizierten Deliktsgruppe aus: In der italienischen Strafrechtsordnung gebe es einige Grunddeliktsvarianten, die keine erfolgsspezifische Gefährlichkeit für schwere Folgen beinhalten würden188. Die Unausgewogenheit beim Strafrahmen gewisser Erfolgsqualifikationen würde tendenziell gegen die Verfassungskonformität dieser Deliktsgruppen sprechen189. Über die Argumentation zum spezifischen Gefahrenzusammenhang bestehe das Risiko, dass neben dem vorsätzlichen Grunddelikts- und dem fahrlässigen Qualifikationserfolg zusätzlich der Unwert des Gefahrenzusammenhangs die Höhe des Strafmaßes mitbestimmt, was zu einer unzulässigen doppelten Bewertung des Handlungsunrechts führen würde190. Insgesamt gebe es keinen Anhaltspunkt auf der Tatbestandsebene, die für eine erhöhte Strafwürdigkeit der Erfolgsqualifikationen sprechen würde191. De lege ferenda treten einerseits Forderung zutage, die Erfolgsqualifikationen, die präterintentionalen Delikte sowie den Tatbestand in Art. 586 iStGB ersatzlos abzuschaffen und stattdessen der Idealkonkurrenz unter Anwendung des Asperationsprinzips vermehrte Anwendung zu verschaffen192. Unter der Voraussetzung der Beibehaltung erfolgsqualifizierter Delikte wird eine Anhebung des Fahrlässig-

laubten Handlung [l’evento aggravante rappresenta la specifica concretizzazione del rischio connaturato alla condotta illecita].“ s. auch ders., CP 2005, 2369 ff. 187 Canestrari, L’illecito penale, S. 86 f.: „Diese Deliktskategorie bildet eine innere Einheit [unità interiore] im Sinne einer authentischen Risiko-Verantwortlichkeit [autentica ‘responsabilità per rischio’], deren strenge Sanktionshöhe [rigoroso trattamento punitivo] sich immer dann rechtfertigt, wenn die schwerere Konsequenz auf der spezifischen Gefährlichkeit [particolare natura pericolosa] des vorsätzlichen Grunddelikts hinsichtlich des über den komplexen Qualifikationstatbestand geschützten Rechtsgutes gründet.“ s. auch ders., in: Dig. disc. pen. IX, S. 705; ders., in: Dig. disc. pen. XII, S. 115; zustimmend Cerqua, GM 2009, 1066; Militello, in: Dig. disc. pen. VIII, S. 208; ähnlich auch Donini, Teoria, S. 371 f., der deshalb eine teleologisch restriktive Auslegung für Art. 584 iStGB befürwortet; s. auch ders., Illecito e colpevolezza, S. 62 f., 74 ff.; Fiandaca/Musco, PS II/1 S. 25; Marani, S. 114 f.; Palazzo, Fatto di reato, S. 152; Patalano, in: ED XXXV, S. 358; Salazar, CP 1987, 1740; Stile, in: ED XXVII, S. 143 ff.; Trapani, S. 390. 188 So Basile, La colpa, S. 834; Castaldo, in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 331; Grosso, in: EGT XXIV, S. 4. 189 So Marinucci/Dolcini, Manuale PG S. 346 f. 190 So Basile, La colpa, S. 839 f. in Anlehnung an Lorenzen, S. 40 f. sowie Schubarth, ZStW 85 (1973), 770. 191 So Basile, La colpa, S. 843; Dolcini, RIDPP 1979, 821 f.; ähnlich auch Fiandaca, in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 553, 555. 192 So etwa Basile, La colpa, S. 887 ff.; Dolcini, in: Vassalli, S. 281 f.; F. Mantovani, PG S. 362, 396 f.; ders., PS I S. 108, 164; Marinucci/Dolcini, Manuale PG S. 347; Pagliaro, in: Prospettive di riforma, S. 45.

C. Rechtsvergleichende Zwischenergebnisse

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keitsniveaus auf grobe Fahrlässigkeit – ähnlich der Leichtfertigkeit des deutschen Strafrechts193 – vorgeschlagen194.

C. Rechtsvergleichende Zwischenergebnisse ¢ Weiterer Gang der Untersuchung Bevor auf die rechtsvergleichende Würdigung einzelner dogmatischer Besonderheiten eingegangen wird, bedarf es einiger einleitenden Worte zu den unterschiedlichen Sanktionsniveaus bei den Freiheitsstrafen zwischen der deutschen und der italienischen Strafrechtsordnung. Die vergleichsweise hohen Strafrahmen des italienischen Strafrechts ergeben sich einerseits aus den kriminalpolitischen Leitgedanken des italienischen Strafgesetzbuchs von 1930, andererseits mit Blick auf die italienische Entwicklungsgeschichte zu den Reformen im Bereich der strafrechtlichen Sanktionen195. Zur Bedeutung der Freiheitsstrafe bei der Einführung des codice Rocco von 1930 fasst Johanna Bosch treffend zusammen: „Wenn das italienische Recht auch niemals soweit ins Extrem gegangen ist wie wenige Jahre später die deutsche Strafgesetzgebung unter dem Zeichen des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs, so offenbarte der codice Rocco doch in der Härte vieler seiner Bestimmungen den Einfluß der politischen Ideologie der Entstehungszeit. Diese Härte zeigte sich einmal in der Wiederherstellung der Todesstrafe, der Verschärfung vieler Strafdrohungen, der Einführung neuer und härterer straferhöhender Umstände, der Abschaffung der allgemeinen mildernden Umstände und der äußerst strengen Behandlung der Ideal- und Realkonkurrenz sowie des Rückfalls. Das Ergebnis waren die oft übermäßig langen Freiheitsstrafen der früheren italienischen Praxis. Ähnlich wie das deutsche Strafrecht wenig später beruhte der codice Rocco auf dem Prinzip der Abschreckung durch möglichste Strenge.“196

In rechtsvergleichenden Arbeiten wird das Strafrecht Italiens angesichts des hohen Niveaus seines Sanktionenkatalogs zusammen mit Ländern wie Frankreich zu 193

Vgl. Paeffgen, in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 89 ff. So etwa Dolcini, in: Vassalli, S. 282 ff.; Marinucci, RIDPP 1991, 38 = La colpa. Studi, S. 369; ders., RIDPP 2003, 365 = La colpa. Studi, S. 403; Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 589 f.; eingeschränkt Basile, der der groben Fahrlässigkeit lediglich bei der Strafzumessung eine wesentliche Rolle zusprechen will: Basile, La colpa, S. 792 ff., 890 ff. 195 Zum Folgenden vgl. auch Bettiol/Pettoello Mantovani, Diritto penale, S. 48 ff.; Dolcini, in: Dig. disc. pen. II, S. 275 ff., 279 ff.; Donini, Verbrechenslehre, S. 142; Helfer, S. 197 ff.; F. Mantovani, PG S. LIII ff.; Marinucci/Dolcini, Manuale PG S. 25; Papa, ZStW 115 (2003), 175 ff.; Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 458 f., (speziell zu den Strafrahmen der Körperverletzungs- und Tötungsdelikte auf S. 585 f.); Vassalli, GP 1972, I, 521 ff.; ausführlich zum Sanktionensystem und den zahlreichen (vorgeschlagenen bzw. erfolgten) Reformen: Nappi, S. 15 ff., 80 ff. m. w. N.; einen guten Überblick in deutscher Sprache zu den Entwicklungstendenzen in Italien gibt Javers, in: Sieber/Cornils, AT I, S. 327 f. 196 J. Bosch, ZStW 88 (1976), 493 (Hervorhebungen im Original); und jüngst Seminara, in: Vormbaum, Rechtstechnizismus, S. 24. 194

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1. Teil: Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen

den „traditionell punitive[n] Staaten“197 gezählt. Giorgio Marinucci spricht im Kontext der Reformnotwendigkeit des iStGB von der „,Brutalität der Strafrahmen‘ des Besonderen Teils“ bzw. von unerträglicher „Härte des Besonderen Teils“, die „durch den Gesetzgeber nicht im geringsten gemildert“ wurde und letztlich lediglich „zu zunehmender Nachsicht bei der Anwendung des Gesetzes“ seitens der Rechtsprechung führte198. In einem zusammenfassenden Überblick zu den Reformtendenzen der Siebzigerjahre erlebte die Freiheitsstrafe in Deutschland unter dem Leitgedanken der Resozialisierung des Täters eine gewisse Zurückdrängung199, auch wenn diese Strafe de lege lata weiterhin an der Spitze des Sanktionenkatalogs im StGB steht: Die Freiheitsstrafe solle lediglich als ultima ratio Anwendung finden200, was nicht zuletzt auch in den Bestimmungen zur Vollstreckung von kurzen Freiheitsstrafen nach §§ 38, 47 StGB ersichtlich wird. Dagegen rücken verschiedene Ersatzsanktionen wie die Geldstrafe in den Mittelpunkt der angewandten Sanktionierung von Straftaten201. Die Notwendigkeiten der Reform des auf dem Leitbild der Freiheitsstrafe basierenden Sanktionensystems wurden auch in Italien erkannt202. Allerdings entschied sich der italienische Gesetzgeber in den siebziger und achtziger Jahren für alternative Lösungswege203, indem er einerseits die Vollstreckungsmodalitäten der Freiheitsstrafen veränderte (z. B. Halbgefangenschaft, kontrollierte Freiheit)204, andererseits

197 So Frisch, GA 2009, 404 FN 116; zu den Gründen der unterschiedlichen nationalen Sanktionsregelungen s. Bernardi, in: Foffani, S. 117. 198 Alle Zitate nach Marinucci, ZStW 94 (1982), 350 (Hervorhebungen im Original); vgl. auch Papa, ZStW 115 (2003), 184 f. 199 NK-Dünkel, § 38 Rdn. 13 ff.; LK-Häger, Vorbem. §§ 38 ff. Rdn. 35; Heinz, ZStW 94 (1982), 633 f., 651 f.; Hirsch, GS H. Kaufmann, 135 f.; Jescheck/Weigend, AT S. 743; Marinucci, RIDPP 2000, 162; MK-Radtke, Vorbem. § 38 ff. Rdn. 80 f. 200 Vgl. Jescheck, FS Miyazawa, S. 375; ders., ZStW 91 (1979), 1056 f.; Jescheck/Weigend, AT S. 744 f. 201 NK-Dünkel, § 40 Rdn. 6; LK-Häger, Vorbem. §§ 38 ff. Rdn. 40 ff.; Heinz, ZStW 94 (1982), 639 ff.; Jescheck, ZStW 91 (1979), 1042, 1058; Jescheck/Weigend, AT S. 746 f.; Maiwald, L’evoluzione, S. 128; MK-Radtke, § 40 Rdn. 10; eine direkte Gegenüberstellung zur Anwendungspraxis der Geldstrafe in Deutschland (über 80 %) und Italien (ca. 44 %) findet sich bei Dolcini, RIDPP 2001, 826. Eingehend zur Entwicklung der Geldstrafe in Italien vgl. J. Bosch, in: Jescheck/Grebing, S. 464 ff., 475 ff. 202 So etwa Dolcini, in: Ceretti, S. 114 f.; Marinucci, RIDPP 2000, 162; Papa, ZStW 115 (2003), 182. 203 Kritisch dazu Marinucci, ZStW 94 (1982), 352: „Die unkontrollierte Ausbreitung dieser neuen irrationalen und antiliberalen Tendenz [der Autor bezieht sich auf den Ruf nach Recht und Ordnung] wird aber durch die Erbübel eines ausgeprägten autoritären Strafgesetzbuchs ebenso unterstützt wie durch die fast vollständige Isolierung des italienischen Strafrechts von der internationalen Reformbewegung.“ Eingehend Dolcini, in: Ceretti, S. 114 ff., 117 ff.; sowie Donini, Verbrechenslehre, S. 174 ff. 204 Dazu Dolcini, in: Studi in onore di G. Marinucci II, S. 1082 ff.; Dolcini/Paliero, ZStW 102 (1990), 226 ff.; Fiandaca/Musco, PG S. 720, 723; Marinucci, ZStW 94 (1982), 357 f.;

C. Rechtsvergleichende Zwischenergebnisse

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durch die Entkriminalisierung gewisser Straftaten (sog depenalizzazione)205, etwa durch Entnahme einer größere Anzahl von Tatbeständen aus dem Strafrecht bei gleichzeitiger Integration in das Verwaltungsstrafrecht206. Als Italien in den späten siebziger bzw. achtziger Jahren vom Terrorismus erschüttert wurde207 und die Ausbreitung der organisierten Kriminalität allmählich an die Öffentlichkeit kam208, erlangte die Freiheitsstrafe vor allem unter dem Gesichtspunkt der Generalprävention wiederum enorme Bedeutung209 – was sich nicht zuletzt in empfindliche Strafschärfungen bzw. Neuschaffung von Tatbeständen210 niederschlug211. Der soeben skizzierte Reformweg der Freiheitsstrafe, der im Schrifttum treffend als „Auseinanderfallen der Reformbestrebungen von Allgemeinen Teil, unter dem Zeichen der Humanisierung des Strafvollzugs und der Orientierung zur Umerziehung des Straftäters, und Besonderen Teils unter einem tendenziell repressiven Leitgedan-

Papa, ZStW 115 (2003), 189; Nappi, S. 118 ff.; Ronco/Berardi, in: Ronco, Commentario sistematico III, S. 309. 205 Zu den Entkriminalisierungstendenzen in Italien in deutscher Sprache: Javers, in: Sieber/Cornils, AT I, S. 329 f.; Paliero, ZStW 94 (1982), 404 ff. 206 Vgl. dazu Marinucci, RIDPP 2000, 175 sowie die zusammenfassende Feststellung bei Bettiol, PG S. 50: „Der fundamentale Grundgedanke der Reformgesetze von 1950 bis 1974 war von der Idee der strafrechtlichen Prävention [prevenzione penale] geleitet; von 1974 bis 1980 von jenem der Einschüchterung [intimidazione] (Zeit der Roten Brigaden); von 1980 bis heute von der Idee der Entkriminalisierung [depenalizzazione]. Komplettes Durcheinander [caos completo].“ 207 Ein zeitgeschichtlicher Überblick findet sich bei Berardi, S. 1 ff.; Fiandaca/Musco, PS I S. 140 sprechen in diesem Zusammenhang von einem „Klima des Notstandes“, das durch die Eskalation der terroristischen Kriminalität hervorgerufen wurde. Zur Entwicklung der AntiTerror-Gesetzgebung seit den späten 1970er Jahren s. Aleo, in: Aleo/Pica, PS I S. 79 ff.; Foffani, in: Munoz Conde/Vormbaum, S. 146 ff.; Papa, ZStW 115 (2003), 190. 208 Vgl. dazu etwa Cadoppi/Veneziani, Elementi PG S. 484. 209 Dolcini, in: Studi in onore di G. Marinucci II, S. 1079; ders., in: Dig. disc. pen. II, S. 286; ders., in: Ceretti, S. 115 f., 133 f.; Fiandaca/Musco, PG S. 710; Papa, ZStW 115 (2003), 189 f. 210 Vgl. dazu exemplarisch das im Jahr 1978 eingeführte Delikt in Art. 289-bis iStGB „Freiheitsberaubung zu terroristischen Zwecken oder zum Zwecke des Umsturzes“, das als Regelstrafrahmen eine Freiheitsstrafe von 25 bis 30 Jahren vorsieht. Dieser Tatbestand wurde als Reaktion auf die Entführung und Ermordung des italienischen Politikers Aldo Moro durch Mitglieder der Roten Brigaden („Brigate Rosse“) geschaffen: Berardi, S. 11; Boido, in: Ronco/ B. Romano, Art. 270 S. 1373; Fiandaca/Musco, PS I S. 140 FN 2; Papa, ZStW 115 (2003), 190 f.; Pulitanò, in: Ceretti, S. 106; Ronco, in: NNDI – App. VII, S. 753. 211 Kritisch zur aktuellen Entwicklung („Flucht vor der Freiheitsstrafe“), besonders im Hinblick auf die alternativen Verfahrensmöglichkeiten im Strafprozessrecht: Castronuovo, La colpa, S. 558; Dolcini, RIDPP 1999, 874; ders., FS Roxin (2001), S. 1507 ff., 1521 ff.; ders., in: Studi in onore di G. Marinucci II, S. 1106 f. („Man ist stark versucht schlusszufolgern – um einen berühmten nordamerikanischen Slogan zu bedienen –, dass im italienischen Sanktionensystem nichts funktioniert (nothing works): es funktioniert nicht einmal das Gefängnis, wenn man von der Freiheitsstrafe etwas mehr und etwas anderes als Einschüchterung und Neutralisierung erwarten möchte.“); ders., in: Ceretti, S. 133 f.; Fiandaca/Musco, PG S. 725; Manna, Corso PG S. 548 f.; Marinucci, RIDPP 2000, 164 ff.

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1. Teil: Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen

kens“212 bezeichnet wird, bietet im Zusammenhang mit den überblicksmäßig aufgezeigten Hintergründen zu den Grundlagen des iStGB213 eine Erklärung zu den beachtlichen Niveauunterschieden in der Sanktionshöhe zwischen Deutschland und Italien. Die vorliegende Untersuchung zum Strafrahmen der todeserfolgsqualifizierten Delikte zeigt somit exemplarisch die den nationalen Strafrechtsordnungen zugrundeliegende Divergenz im Strafrahmenniveau, die Frisch in seiner Untersuchung „Konzepte der Strafe und Entwicklungen des Strafrechts in Europa“214 anspricht. Der Autor weist darauf hin, wie schwierig sich eine Umsetzung von Strafrahmenstandards gestaltet, die von der Europäischen Union vorgegeben werden, da hierbei der „inneren Ausgewogenheit und Harmonie der nationalen Strafgesetzbücher in Staaten mit niedrigem Strafniveau und milder werdendem Normalstrafrecht“ geschadet werden würde215. Aus diesem Grund sei seitens der gesetzgebenden Instanzen der Gemeinschaft und der Union mehr „Zurückhaltung und Sensibilität beim Umgang mit dem Strafrecht“ zu fordern, damit das europäische Strafrecht nicht als Störfaktor der ausgewogenen Entwicklung gewertet werde216. In einer globalen Bewertung zeigt sich ein bedeutender Unterschied zum Einsatz der Gesetzestechnik der Erfolgsqualifikationen: Das deutsche StGB beinhaltet eine geschlossene Anzahl an erfolgsqualifizierten Delikten, wobei der Rechtsgüterschutz eine dreiteilige Struktur (Grunddelikt – Gefahrenerfolgsqualifikation – Todeserfolgsqualifikation) aufweist. Das iStGB hingegen beinhaltet eine vergleichsweise geringere Anzahl von Erfolgsqualifikationen, vervollständigt aber den Rechtsgüterschutz zur körperlichen Unversehrtheit über den Auffangtatbestand in Art. 586 iStGB. Die vorher erwähnte dreiteilige Struktur des StGB ist dem iStGB fremd. Ein differenziertes Bild zeichnet sich auch bei der Festlegung der Strafrahmen zu den Todeserfolgsqualifikationen ab. Während sich nach dem 6. StrRG von 1998 in der deutschen Strafrechtsordnung ein relativ einheitliches Bild zu den Sanktionsrahmen der Todeserfolgsqualifikationen abzeichnet, weist die italienische Rechtsordnung differenzierte Unrechtswertungen zu Todeserfolgsqualifikationen auf, die sich auf den Sanktionsrahmen auswirken. Ein gemeinsames Problem beider Rechtsordnungen besteht im hohen Unterschied des Strafrahmenniveaus der Todeserfolgsqualifikationen, da dieses häufig weit über den errechneten Sanktionsrahmen nach der Idealkonkurrenz aus vorsätzlichem Grunddelikt und fahrlässigem 212

So die treffende Zusammenfassung von Pulitanò, in: Ceretti, S. 106. Vgl. das Fazit bei J. Bosch, ZStW 88 (1976), 491. 214 Frisch, GA 2009, 404. 215 Durchaus optimistisch zur Harmonisierung der Strafrahmen in Europa: Bernardi, RIDP 2008, 76 ff. 216 Frisch, GA 2009, 405; zur gebietsbezogenen Charakteristik des Strafrecht s. eingehend Basile, Immigrazione, S. 77 ff.; Donini, Verbrechenslehre, S. 35; Maiwald, FS Frisch, S. 1375 f.; kritisch zum Gebrauch dieses Arguments als Einwand gegen die europäische Rechtsvereinheitlichung Schünemann, FS Swarc, S. 116 f. 213

C. Rechtsvergleichende Zwischenergebnisse

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Erfolgsdelikt hinausgeht. Gleichzeitig muss bei der italienischen Rechtsordnung darauf hingewiesen werden, dass die Disharmonie aufgrund der Anwendung des de lege lata zugrundeliegenden Asperationsprinzips entschärft wird. Ein grundsätzliches Problem des StGB bildet der Vergleich des Strafrahmens der Todeserfolgsqualifikationen mit dem Referenzwert des Grunddelikts der vorsätzlichen Tötung in § 212 I StGB. Eine Herabsetzung des Mindeststrafrahmens der todeserfolgsqualifizierten Delikten de lege ferenda auf mindestens fünf Jahren erscheint deshalb dringend geboten, um die Harmonie des Sanktionssystems zu forcieren. Generell sollte die Überarbeitung der Systematik der Tötungstatbestände217 auch eine Reform des Strafrahmens der Todeserfolgsqualifikationen beinhalten, wobei ausdrücklich darauf hinzuweisen ist, dass die Obergrenze des Sanktionsrahmens der Todeserfolgsqualifikationen nicht auf dem selben Niveau der vorsätzlichen (nicht privilegierten) Tötungsdelikte stehen sollte. Eine weitere Eigenheit des StGB betrifft das Verhältnis zwischen der Obergrenze der fahrlässigen Tötung und der Untergrenze des Grunddelikts der vorsätzlichen Tötung. Während sich in Italien ein Sanktionsspielraum von sechzehn (im Bezug auf die Art. 575, 589 I iStGB) bzw. sechs (im Bezug auf die Art. 575, 589 IV iStGB) Jahre Freiheitsstrafe in Italien eröffnet, schließt das Sanktionsmaximum in § 222 StGB direkt an die Strafrahmenuntergrenze des Grunddelikts der vorsätzlichen Tötung in § 212 I StGB an. Dieser nahtlose Übergang des Strafrahmens von der fahrlässigen auf die vorsätzliche Tötung scheint europaweit eine Einzigartigkeit der deutschen Strafrechtsordnung zu sein. Diese Schlussfolgerung ergibt sich aus dem Überblick auf der folgenden Seite zu einigen ausgewählten Strafrechtskodifikationen, wobei die Untergrenze der Freiheitsstrafe beim Grunddelikt der vorsätzlichen Tötung der Obergrenze der Freiheitsstrafe beim Grunddelikt der fahrlässigen Tötung gegenübergestellt wird. Für den weiteren Gang der Untersuchung ist deshalb die rechtshistorische Genese der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsnorm des deutschen Strafrechts von besonderem Interesse. Damit soll ergründet werden, wie sich diese Erfolgsqualifikation in die Systematik der (vorsätzlichen und fahrlässigen) Tötungsdelikte einfügt. Zum Abschluss dieser legislativ-theoretischen Grundlagenstudie können die unterschiedlichen Wurzeln der vielfältige Diskussion zur Auslegung der Todeserfolgsqualifikationen nachgezeichnet werden: Während in Deutschland die Problematik zur Strafrahmendisharmonie, wonach das Grunddelikt der vorsätzlichen Tötung (§ 212 I StGB) mit seinem Strafrahmen von fünf bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe das komplette Sanktionsspektrum der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung beinhaltet (Freiheitsstrafe von drei bis fünfzehn Jahren) und eine Vielzahl an Todeserfolgsqualifikationen in ihrem Mindeststrafrahmen deutlich unterschreitet, eine rege Diskussion zu einer der Unrechtsdimension angepassten 217 Vgl. hierzu etwa den Alternativ-Entwurf von 2008 zu den Delikten Mord und Totschlag mit einer kritischen Würdigung von Hirsch, FS Rissing van Saan, S. 224 ff. und jüngst den Reformvorschlag von Deckers/Fischer/König/Bernsmann, NStZ 2014, 9 ff.

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1. Teil: Über die todeserfolgsqualifizierten Delikte im Allgemeinen

Auslegung hervorgebracht hat, bildet in Italien die Divergenz zwischen den gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten der objektiven Verantwortlichkeit (Art. 42 III iStGB) und dem verfassungsrechtlich statuierten Verschuldensgrundsatz den Ausgangspunkt einer vielfältigen dogmatischen Entwicklung. Überblick über einige ausgewählte Strafrechtskodifikationen Untergrenze der Freiheitsstrafe bei vorsätzlicher Tötung (Grunddelikt)

Obergrenze der Freiheitsstrafe bei fahrlässiger Tötung (Grunddelikt)

Differenz

Rechtsordnungen mit Erfolgsqualifikationen Deutschland 5 Jahre (§ 212)

5 Jahre (§ 222)

0 Jahre

Österreich

10 Jahre (§ 75)

1 Jahr (§ 80)

9 Jahre

Portugal

8 Jahre (Art. 131)

3 Jahre (Art. 137)

5 Jahre

Rechtsordnungen mit Idealkonkurrenz-Lösungen Schweiz

5 Jahre (Art. 111)

3 Jahre (Art. 117)

2 Jahre

Schweden

10 Jahre (Kap. 3 § 1)

2 Jahre (Kap. 3 § 7)

8 Jahre

Spanien (seit 1995)

10 Jahre (Art. 138)

4 Jahre (Art. 142.1)

6 Jahre

Italien

21 Jahre (Art. 575)

5 Jahre (Art. 589)

16 Jahre

Frankreich

30 Jahre (Art. 221 – 1)

3 Jahre (Art. 221 – 6)

27 Jahre

Rechtsordnungen mit präterintentionaler Deliktskategorie

Zweiter Teil

Rechtshistorische Schwerpunkte in der Entwicklung der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung Es hat sich gezeigt, dass die deutsche Strafrechtsordnung bei den Tötungsdelikten eine einzigartige Sanktionensystematik aufweist, indem sie einen nahtlosen Übergang beim Strafrahmen beinhaltet: Die Strafrahmenobergrenze der fahrlässigen Tötung schließt direkt an die Untergrenze zum Grundtatbestand der vorsätzlichen Tötung an. Diese Systematik soll insbesondere mit Hinblick auf die Genese des todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikts hin untersucht werden. Damit ergeben sich für die rechtshistorische Abhandlung zwei erste Interessensschwerpunkte: Einerseits die Genese der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung im Kontext der vorsätzlichen und fahrlässigen Tötungsdelikte, andererseits das systemimmanente funktionale Verhältnis der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung zu den fahrlässigen und vorsätzlichen Tötungstatbeständen in der Entwicklung ausgewählter Strafrechtskodifikationen seit dem 19. Jahrhundert. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Prüfung von rechtshistorischen Argumenten, die verschiedene Auslegungstendenzen untermauern sollen: ¢ So stellte Küpper als Vertreter des deutschen herrschenden Schrifttums zur Auslegung des todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikts im Sinne der Letalitätstheorie einen Zusammenhang zwischen der Entwicklung des § 227 StGB und den Lehren der gemeinrechtlichen Doktrin zum sog. dolus indirectus her1 und beruft sich auf eine „historische Auslegung des Tatbestandes“2. ¢ Auch andere Vertreter des herrschenden Schrifttums verweisen zum besseren Verständnis der strikten erfolgsorientierten Auslegung auf gewisse Theorien der gemeinrechtlichen Wissenschaft3. ¢ Stuckenberg entwickelt als Befürworter des Leichtfertigkeitskriteriums seine Auslegung auf Basis der historischen Genese und fasst die todeserfolgsqualifizierte Körperverletzung als „fragmentierte Vertypung von culpa dolo proxima“4 auf. 1

Vgl. Küpper, Zusammenhang, S. 14 ff., 81 f., 85 ff. sowie zusammenfassend ders., JA 1983, 230. 2 Küpper, Zusammenhang, S. 88; ders., JA 1983, 230; ders., FS Hirsch, S. 619. 3 Vgl. LK-Hirsch, § 227 Rdn. 5; ders., JR 1983, 79 f.; Momsen, in: Satzger/Schmitt/ Widmaier, StGB, § 227 Rdn. 12. 4 Stuckenberg, FS Jakobs, S. 703.

70

2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

¢ Schließlich wird bei der Auslegungskonzeption von Wolter mit dem Hinweis auf das Bayerische StGB von 1813 ein historischer Zusammenhang hergestellt5. Aus diesem Grund erfolgt ein kurzer Abriss zur Straftheorie des Gemeinrechts mit einer Gegenüberstellung der Verbrechenslehre von Feuerbach: Auf diesem Wege soll gezeigt werden, inwieweit die Ansätze des Gemeinrechts in die modernen Strafrechtskodifikationen Einzug gefunden haben und inwiefern mit Blick auf Küpper von Kontinuität im Sinne einer historischen Ableitung gesprochen werden kann6. Da eine vollumfängliche Darstellung zur Strafrechtstheorie genügend Stoff für eine eigene monographische Auseinandersetzung bieten würde, genügt für die vorliegende Darlegung der Standpunkte ein fragmentiertes Bild unter Einbeziehung einer Auswahl namhafter gemeinrechtlicher Autoren. Dieselbe Methode wird bei der Darstellung des gemeinrechtlichen Letalitätskriteriums angewendet, auf das sich das herrschende Schrifttum in Deutschland (Letalitätstheorie) zur Verdeutlichung ihres Interpretationsstandpunktes beruft.

A. Die Entwicklung der Strafrechtstheorie seit der gemeinrechtlichen Doktrin bis Feuerbach Über die Wiederentdeckung des Corpus iuris civilis im 12. Jahrhundert und die von der Rechtsschule in Bologna ausgehenden Neugestaltung des Rechtsunterrichts nach dem Vorbild der römischen Rechtslehre drangen deren Prinzipien in die gerichtliche Praxis des mittelalterlichen Lebens vor7. Das römische Recht, welches in Italien über Gewohnheitsrecht bzw. allgemeiner Volksanschauung in vereinfachter Form verbreitet war, wurde durch die Renaissance der römischen Rechtstheorie und justinianischen Rechtslehre Gegenstand einer von Italien ausgehenden abendländischen Rechtswissenschaft8 und gelangte schließlich im Zuge einer Neuordnung der Rechtspflege im 13. Jahrhundert zu praktischer Entfaltung9. 5

Wolter, JuS 1981, 177. Küpper, FS Hirsch, S. 619; ders., Zusammenhang, S. 87. 7 Ausführlich bei H. Lange, S. 1 ff., 29 ff., 462 ff.; hierbei nahm das Rechtsgebiet des Strafrechts lediglich eine marginale Stellung ein. Zum Strafrecht bei den Glossatoren vgl. H. Lange, S. 445 f.; zum Strafrecht bei den Kommentatoren vgl. H. Lange/Kriechbaum, S. 932 ff. 8 H. Lange, S. 1 ff.; Oehler, Legalordnung, S. 32 f.; vgl. auch Binding, BT I S. 24; Dahm, Deutsches Recht, S. 88; Engelmann, Wiedergeburt, S. 15 ff.; Koch, ZStW 122 (2010), 744; vgl. ferner auch die Darstellung von Radbruch, in: Kaufmann, Rechtsphilosophie, S. 260 (m. w. N.); zur Ausbreitung der italienischen Lehren in Deutschland eingehend bei H. Lange/ Kriechbaum, Römisches Recht im Mittelalter II, S. 18 ff. 9 Dahm, Rezeption, S. 20; ders., Deutsches Recht, S. 86; Engelmann, Wiedergeburt, S. 53 ff.; zur Bedeutung der Arbeiten der Glossatoren zur Vorbereitung eines ius commune s. H. Lange, S. 461 f. 6

A. Die Entwicklung der Strafrechtstheorie

71

Hierbei blieb die neu begründete Rechtswissenschaft eng mit der Theologie verbunden10 : So bediente sich die Jurisprudenz der in der Theologie bereits etablierten scholastischen Methode und setzte sich auf diese Weise mit den Texten des Corpus iuris civilis auseinander11. Die Glossatoren erschlossen die römischen Quellen durch ihre vorwiegend exegetische Arbeitsmethode12 und machten das römische Recht unter dem Einfluss von Moraltheologie und kanonischem Recht der zeitgenössischen Rechtspraxis des 12. und 13. Jahrhunderts zugänglich13. Die Arbeiten der Postglossatoren (rectius: Kommentatoren) des 14. und 15. Jahrhunderts gingen darüber hinaus, da neben Lehre und analytischer Quellenexegese die gerichtliche Gutachtenpraxis zum angewandten Recht bedeutenden Einfluss auf die gemeinrechtliche Entwicklung nahm und so Theorie und Praxis zusammengeführt wurden14. Über die Gutachten, die zu einer einheitlichen Entwicklung des gemeinen Rechts in Italien beitrugen15, entwickelte sich ein Autoritätenkult um die Vertreter der herrschenden Meinung [communis opinio doctorum] wie etwa Bartolus und Baldus, der auch in den aufkommenden deutschen Strafrechtswissenschaften rege Beachtung und über Zitierungen entsprechenden Einzug in das Schrifttum fand16. Die Kritik an der italienisch-beherrschten gemeinrechtlichen Methode sollte in der weiteren Folge neue Akzente für die Entwicklung des Strafrechts setzen. Durch die Rezeption des römischen Rechts und unter Anwendung der analytisch-exegetischen Methode der gemeinen Rechtswissenschaft, die das damals gelebte Recht mit den römischen, kanonischen und langobardischen Rechtsquellen sowie den Stadtstatuten, Landrechten und überliefertem Gewohnheitsrecht in Verbindung brachte und es auf diese Weise der neuen Rechtswirklichkeit anpasste, waren die Voraussetzungen für die Erarbeitung einer systematischen Darstellung der allgemeinen Grundlagen des Strafrechts sowie der Bildung eines komplexen abstrakten Verbrechensbegriffs noch nicht gegeben: Die vorgegebene Struktur der römischen 10 Vgl. Koch, in: Koch/Kubiciel/Löhnig/Pawlik, S. 41 f.; Stuckenberg, in: Koch/Kubiciel/ Löhnig/Pawlik, S. 242; jeweils m. w. N. 11 Dahm, Deutsches Recht, S. 88 f.; Oehler, Legalordnung, S. 33; zum Vorrang des ius divinum vor dem weltlichen Recht vgl. Dahm, Strafrecht Italiens, S. 49 ff. 12 Ausführlich zur Arbeitsweise der Glossatoren: H. Lange, S. 112 ff. 13 Dahm, Rezeption, S. 27; ders., Deutsches Recht, S. 86 f.; Engelmann, Schuldlehre, S. 2 f.; ders., Irrtum und Schuld, S. 36; vgl. auch H. Lange, S. 112 ff., 118 ff. 14 Dahm, Rezeption, S. 27; ders., Deutsches Recht, S. 87; Engelmann, Schuldlehre, S. 5 ff.; ders., Wiedergeburt, S. 243 ff.; Perron, ZStW 109 (1997), 284; Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 532. 15 So H. Lange/Kriechbaum, Römisches Recht im Mittelalter II, S. 934, 942; die Gutachten erlangten in der Praxis vor allem im Hinblick auf den Syndikatsprozess Bedeutung, da die Gutachten den Richter vor einer Verurteilung im Syndikatsprozess schützen sollten; eingehend hierzu Dahm, Strafrecht Italiens, S. 79 ff. 16 Dahm, Deutsches Recht, S. 89; Engelmann, Schuldlehre, S. 11 ff.; ders., Wiedergeburt, S. 244 f.; ders., Irrtum und Schuld, S. 14; H. Lange/Kriechbaum, Römisches Recht im Mittelalter II, S. 935, 941, 943 f.; Moeller, S. 107; H. Müller, S. 37; Schaffstein, FS Niedermeyer, S. 196 f.

72

2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

Rechtsquellen wurde von den italienischen Juristen übernommen, weshalb ihre Ausführungen vielfach auf den Einteilungen der Digesten und Institutionen basierten17. Ab der Mitte des 16. Jahrhundert wurde diese Methode sowie der die Lehre und Praxis beherrschende Autoritätenkult von den Vertretern des Humanismus kritisiert, die ihrerseits über die Anwendung der synthetisch-systematischen Methode neue Impulse für die Weiterentwicklung des Rechts setzen wollten18. Die humanistische Rechtsanschauung versuchte bei der wissenschaftlichen Erörterung des römischen Rechts ohne Rückgriff auf das Schrifttum der Glossatoren und Kommentatoren eine verbindende Systematik zu den vielfältigen Einzelfragen zu entwickeln, indem sie anhand einer Arbeitsweise, die von der platonischen Ideenlehre der absoluten, zeitunabhängig bestehenden Urbildern inspiriert war, den Rechtsstoff synthetisch bzw. rational gegliedert darstellte und auf diese Weise allgemeine Prinzipien erarbeitete19. Entschieden wandte sie sich gegen die Autorität der italienischen Glossatoren und Kommentatoren, da sich deren Schriften an den gemeinrechtlichen Kommentierungen berühmter Autoren orientierten und sich aufgrund dieser verschiedenen Rechtseinflüsse außerhalb des römischen Rechts der Wortgehalt der römischen Quellen nicht richtig darstellen ließe20. Im Ergebnis entfernte sich die humanistische Rechtswissenschaft von der praktischen Perspektive der damals üblichen juristischen Gutachtertätigkeit und nahm vermehrt theoretische Züge mit philosophisch-pädagogischer Prägung an, zumal sie ihren Untersuchungsgegenstand von dogmatischen Einflüssen außerhalb des römischen Rechts bereinigt wissen wollte21. Der Paduaner Tiberius Decianus (1509 – 1582) war der erste Autor, der die synthetische Methode im Strafrecht konsequent anwandte und auf diese Weise erstmals in der Geschichte der Strafrechtswissenschaften einen Allgemeinen Teil des Strafrechts sowie eine systematische Gliederung des Besonderen Teils nach dem geschützten Interesse Gott-Staat-Mensch entwickelte22. Obwohl von der humanistischen Methode beeinflusst, wandte er sich gegen die humanistisch-rechtshistori17

Dahm, Deutsches Recht, S. 90; Engelmann, Schuldlehre, S. 8; Moos, Verbrechensbegriff, S. 54; Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 27; ders., in: Schaffstein, Abhandlungen, S. 202. 18 Dahm, Rezeption, S. 33 f.; ders., Deutsches Recht, S. 90; Moeller, S. 101 ff.; Moos, Verbrechensbegriff, S. 54 f.; Schaffstein, FS Niedermeyer, S. 197; ders., Humanismus, S. 12. 19 Moos, Verbrechensbegriff, S. 55; Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 27; ders., FS Niedermeyer, S. 198, 206. 20 Dahm, Rezeption, S. 30 f.; ders., Deutsches Recht, S. 90; Engelmann, Wiedergeburt, S. 240 f.; Moeller, S. 105 f., 114 f. 21 Dahm, Rezeption, S. 32, 34; Schaffstein, FS Niedermeyer, S. 198; ders., in: Schaffstein, Abhandlungen, S. 220. 22 Ebert, in: Jerouschek/Schild/Gropp, S. 75; Engelmann, Schuldlehre, S. 15; Moos, Verbrechensbegriff, S. 56; Oehler, Legalordnung, S. 38; Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 27; ders., Deliktstatbestände, S. 125 f.; ders., Humanismus, S. 10, 16, 38 ff., 53 ff.; ders., FS Niedermeyer, S. 201, 206, 214; ders., in: Schaffstein, Abhandlungen, S. 200; zu den Entwicklungen der Paduaner Schule s. Pifferi, S. 33 ff.

A. Die Entwicklung der Strafrechtstheorie

73

sche Untersuchung des römischen Rechts und stellte dadurch den zentralen römischrechtlichen Autoritätsgedanken der Humanisten infrage23. Des weiteren verteidigte er die Gutachtertätigkeit der Juristen gegenüber den Vertretern der humanistischen Rechtswissenschaften24, indem er die Wichtigkeit der praktische Aufgabe der Jurisprudenz unterstrich25. Gemäß dem systematisch-synthetischen Gedanken, vom Allgemeinen auf das Besondere zu schließen, eröffnet Decianus sein Lehrbuch mit einer allgemeinen Definition zu Begriffen wie peccatum, dolus oder culpa26 und bereitet damit den Weg eines selbstständigen, d. h. von einzelnen Deliktstypen unabhängigen, Allgemeinen Teil des Strafrechts27. Mit der Abkehr von den humanistischen Rechtsideen fanden die Naturrechtstheorien allmählich Einzug in die allgemeinen Lehren des Strafrechts. So verband Decianus bei der Entwicklung des Verbrechensbegriffes die naturrechtliche Lehre mit seiner christlichen Auffassung und setzte die christlichen Lehren in Beziehung zum Menschen als naturrechtliches Vernunftwesen: „Gott hat mit seinem Finger das Naturgesetz, das aus dem Vernunftteil des Geistes [animus] besteht, schon bei der Erschaffung des Menschen in dessen Herz eingeschrieben; das ganze Gesetz wird in diese drei Gebote aufgelöst: ehrenhaft zu leben, den anderen nicht zu verletzen und dem einzelnen sein Recht zukommen zu lassen […] Durch das Naturrecht, das so alt ist wie der Mensch und diesem selbst eingeboren, sind deshalb immer die Delikte verboten gewesen.“28

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Schaffstein, FS Niedermeyer, S. 204 f. Hier sei insbesondere der Streit zwischen Alciatus und Decianus genannt, vgl. hierzu Tiberius Decianus Werk „Apologia pro iuris prudentibus, qui responsa sua edunt adversus dicta per Alciatum Parergon lib. XII cap. ult.“ von 1579; s. dazu Pifferi, S. 40 ff. 25 Decianus, Apologia pro iuris prudentibus, qui responsa sua edunt adversus dicta per Alciatum Parergon lib. XII., Cap. XI, Nr. 18, zitiert nach Schaffstein, FS Niedermeyer, S. 195, 204: „practicae, quae responsis habetur, est finis iurisprudentiae“; s. hierzu Schaffstein, FS Niedermeyer, S. 206 f.; ders., in: Schaffstein, Abhandlungen, S. 201, 222 f.; ders., Humanismus, S. 39; zur Bedeutung der juristischen Gutachtertätigkeit für die Entwicklung des Strafrechts s. Hegler, S. 11 ff. 26 Decianus, Lib. I, Cap. I, Nr. 12. 27 Demuro, S. 129; Donini, Verbrechenslehre, S. 2 f.; Oehler, Legalordnung, S. 39 f.; Pifferi, S. 109; Schaffstein, in: ders., Abhandlungen, S. 206 f. 28 Decianus, Lib. II, Cap. V, Nr. 5: „Sed & legem naturalem in ipsa hominis creatione digito suo in corde eiusdem inscripsit in rationali animae parte consistentem, quae tota his tribus absolvitur praeceptis, honeste vivere, alterum non laedere, ius suum unicuique tribuere […]“; s. auch ders., Tractatus criminalis, Lib. II, Cap. VI, Nr. 3: „Naturam solam iustum ab iniusto secernere non posse: attamen neq, improprie dici potest animalis a natura doceri ius, id est a Deo, qui natura dicitur, iuxta gl“; nicht zuletzt findet sich die christliche Prägung des Ausdrucks auch in der allgemeinen Definition vom Verbrechen wieder, denn das crimen als Oberbegriff beinhalte auch sämtliche Aspekte der christlichen Sünde: Decianus, Lib. I, Cap. VII, Nr. 1: „Delictum est nomen generis comprehens omne peccatum.“ Vgl. ferner Jescheck, Menschenbild, S. 25, wonach im Kontext des Strafrechtsentwurfs der 1950er Jahre die Auffassung vom Menschen, vom Verbrechen und von der Strafe der christlichen Lehre entspreche. 24

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

Der Vertreter des deutschen gemeinrechtlichen Schrifttums, Petrus Theodoricus (1580 – 1640), folgte den Lehren und Methoden der von Frankreich ausgehenden systematischen Methode, die bereits in Italien von Decianus angewandt worden war, und entwickelte auf diese Weise als erster deutschsprachiger Autor einen Allgemeinen Teil des Strafrechts29. Der Leitgedanke des Autors, vom Allgemeinen auf das Besondere zu schließen30, zeigt sich beispielsweise bei der Darstellung des Diebstahldelikts: Zuerst stellte Theodoricus die allgemeine Deliktsdefinition des Diebstahls vor und erörterte anschließend die einzelnen Tatbestandsmerkmale31. Seine

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Vgl. Ebert, in: Jerouschek/Schild/Gropp, S. 75; näheres hierzu bei Schaffstein, in: ders., Abhandlungen, S. 217 f.: So erweiterte Theodoricus die Verbrechenslehre von Decianus um Erörterungen zur Zurechnungsfähigkeit von Kindern bzw. Geisteskranken und fügte Ausführungen zur Teilnahmeproblematik hinzu. Der Wandel zur rechtswissenschaftlichen Methode schlug sich auch in der terminologischen Entwicklung zum Begriff delictum nieder. Die ältere gemeinrechtliche Doktrin nutzte zwar diesen Oberbegriff, allerdings wurde keine allgemein abstrakte Definition verwendet. Decianus gelang es hier als ersten Autor, eine modernere Bestimmung des Ausdrucks zu entwickeln, der die Elemente von Handlung, Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit und Schuldhaftigkeit beinhaltete: Decianus, Lib. II, Cap. III, Nr. 2: „Delictum est factum hominis vel dictum aut scriptum dolo vel culpa a lege vigente sub poena prohibitum, quod nulla iusta causa excusari potest.“ Mit der Übernahme der neuen Methoden wurden auch im deutschen gemeinrechtlichen Schrifttum allgemeine Definitionen des Verbrechens erarbeitet (s. hierzu Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 35 f. m. w. N.), wobei insbesondere die von Decianus inspirierte Begriffsbestimmung des Theodoricus zu nennen ist, die neben den bei Decianus genannten Elementen zusätzlich jenes des Verbrechenszwecks beinhaltete: Theodoricus, Iudicium criminale practicum, Cap. I, Aphor. VII: „Delictum in genere ita definiri potest, quod sit factum, iuri contrarium, a voluntate hominis proveniens, quo ob proprium commodum, iram ac libidinem explendam alium publice privatimque offendit seque per hoc ad poenam laeso obligat.“ Allerdings blieben die geschilderten Fortschritte in der Entwicklung sowohl in der italienischen als auch in der deutschen gemeinrechtlichen Doktrin angesichts der starken praktischen Orientierung und der damit einhergehenden empirischen Methode, aus den Erkenntnissen des Einzelfalls induktiv auf allgemeine Rechtssätze zu schließen, eher Ausnahmeerscheinungen: s. Ebert, in: Jerouschek/Schild/Gropp, S. 76 f.; Moos, Verbrechensbegriff, S. 60 f.; Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 30; ders., Deliktstatbestände, S. 137 f.; ders., in: Schaffstein, Abhandlungen, S. 218. Eine Definition des Verbrechens oder eine allgemeine Systematik, wie sie bei Decianus oder Theodoricus entwickelt wurde, findet sich bei den frühen, praktisch orientierten deutschen Gemeinrechtlern wie Carpzov nicht mehr. Aufgrund der praktischen Ausrichtung wurden dogmatische Ansätze speziell zu den Tötungsdelikten entwickelt, ohne eine allgemein-systematischen Generalisierung zu erstellen. In diesem Zusammenhang wird der Begriff des crimen bei Carpzov dazu genutzt, die Voraussetzung des Tötungswillens beim homicidium zu begründen: Carpzov, pars I, qu. 1, Nr. 18 (= S. 3), übersetzt nach Oehler, Benedict Carpzov Strafrecht, S. 7: „Deshalb ist beim Delikt dreierlei zu beachten: Entschluß (animus), Tatsache (factum) und Delikt; Entschluß (animus), was jemand beabsichtigt zu begehen, factum, was als Delikt folgt, Delikt, wie es durch das Gesetz bestraft wird, Zit. Da also der, der ohne Tötungswille (animus occidendi) jemanden tötet, ohne Willen sündigt (peccat), begeht er keine eigentliche Tötung (homicidium), noch darf er der Totschlagsstrafe erfaßt werden.“ Vgl. Moos, Verbrechensbegriff, S. 63; Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 36. 30 Theodoricus, Criminale collegium, Cap. I, Aphor I. 31 Theodoricus, Criminale collegium, Cap. II, Aphor I.

A. Die Entwicklung der Strafrechtstheorie

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dem Zeitgeist entsprechende theokratische Rechtsauffassung32 zeigt sich nicht zuletzt am Beispiel des Delikts der Majestätsbeleidigung, denn der Autor behandelte unter diesem Überbegriff auch die Religionsdelikte Blasphemie33 und Ketzerei34. Die christlich-religiöse Prägung der mittelalterlichen Strafrechtslehre, die sich bis weit in das 17. Jahrhundert hinein als herrschendes Leitbild hält, wird am Beispiel von Benedict Carpzov (1595 – 1666), dem bedeutendsten deutschen Strafrechtler des 17. Jahrhunderts neben Theodoricus35, sehr klar betont. So ist Gott oberster Gesetzgeber, Richter und Stifter der weltlichen Macht, der die Obrigkeit als Verwalterin des irdischen Richteramts eingesetzt hat36. Das Verbrechen stellt eine Verletzung der göttlichen Weltordnung, eine Sünde gegen die göttlichen Gebote, einen Angriff auf die Person Gottes bzw. eine Beleidigung der göttlichen Majestät dar37. Die theokratisch geprägte Straftheorie38 zeigte sich schließlich im Kontext zur Rechtfertigung der Todesstrafe in Berufung auf den Zorn Gottes bei unterbliebener Bestrafung von Verbrechen durch die weltliche Obrigkeit39 sowie die Befürwortung der Todesstrafe beim Delikt der Blasphemie40. Hier habe Gott selbst die Todesstrafe vorgesehen, 32 Vgl. Koch, in: Koch/Kubiciel/Löhnig/Pawlik, S. 42 f.; Schaffstein, Deliktstatbestände, S. 138; jeweils m. w. N. 33 Theodoricus, Criminale collegium, Cap. V, Aphor VIII. 34 Theodoricus, Criminale collegium, Cap. V, Aphor IX. 35 Einschätzung nach Moos, Verbrechensbegriff, S. 61; zur Bedeutung und Wirkung von Benedict Carpzovs Hauptwerk Practica nova s. Oehler, FS Hirsch, S. 105 ff.; Schaffstein, in: Jerouschek/Schild/Gropp, S. 17 f., 20 ff. 36 Carpzov, pars I, qu. 41, Nr. 1 (= S. 245 f.); ders., Practica nova, pars II, qu. 77, Nr. 14 (= S. 218); vgl. Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 44; Donini, Verbrechenslehre, S. 3, 5; Ebert, in: Jerouschek/Schild/Gropp, S. 77 f.; Hegler, S. 85; Hüning, in: ders., S. 84; Ignor, S. 69; Moos, Verbrechensbegriff, S. 61; H. Müller, S. 38; Rüping, in: Jerouschek/Schild/Gropp, S. 84; Wartenberg, in: Jerouschek/Schild/Gropp, S. 259 ff.; s. auch Naucke, Zerbrechlichkeit, S. 4 f. 37 Carpzov, pars I, qu. 1, Nr. 2 (= S. 1); pars I, qu. 41, Nr. 1 f. (= S. 245 f.); pars I, qu. 44, Nr. 1 ff. (= S. 277 ff.); pars I, qu. 45, Nr. 1 ff. (= S. 285 ff.); pars II, qu. 77, Nr. 24 (= S. 219); pars II, qu. 89, Nr. 2 (= S. 325); vgl. auch Ebert, in: Jerouschek/Schild/Gropp, S. 77 f.; Ignor, S. 70 f., 92 f.; Hüning, in: ders., S. 84 f.; Schaffstein, in: Jerouschek/Schild/Gropp, S. 18; Wartenberg, in: Jerouschek/Schild/Gropp, S. 259. 38 So etwa Vormbaum, Einführung, S. 25. 39 Vgl. Carpzov, pars III, qu. 101, Nr. 8 (= S. 2), übersetzt nach Vormbaum, Strafrechtsdenker, S. 28: „Daß den Fürsten und den Magistraten obliegt, gegen die Übertreter der Gesetze Strafen zu verhängen, muß aus Gottes eigenem Auftrag in 5. Mos. 17 V. 7, 19, V. 20 entnommen werden […] Wenn also ein Magistrat beim Verhängen von Strafen säumig ist, so zieht Gott ihn selber zur Strafe.“ Ders., Practica nova, pars III, qu. 101, Nr. 15 (= S. 3), übersetzt nach Vormbaum, Strafrechtsdenker, S. 30: „Oft nämlich überzieht Gott wegen des ungesühnten Deliktes eines Einzigen ein ganzes Volk mit seinem Zorn. Dies beweist das Beispiel des Achan; als dieser aus dem Banngut der Feinde Geld und eine goldene Stange entwendet hatte, schlug Gott das ganze Volk Israel so lange, bis jener aus seiner Mitte getilgt war.“ 40 Vgl. Carpzov, pars III, qu. 150, Nr. 29 (= S. 399): „In delictis Lege Divina severa prohibitis veluti est homicidium, adulterium, blasphemia, sortilegium, sodomia. Quia enim horum criminum Reos jus divinum morte punire jubet, ne quidem Summus Princeps aut Magistratus quivis superior hoc casu mortis supplicium absque causa sufficiente remittere potest.“ Dagegen

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

weshalb eine Begnadigung durch weltliche Instanzen wie den Landesherrn auszuschließen seien41. Nach Schaffstein schlug sich die protestantisch-lutherische Einstellung von Carpzov im Vergleich zu katholisch geprägten Autoren in unterschiedlichen Vorstellungen über die Bestrafung der Religionstatbestände nieder42. Durch das Wirken des deutschsprachigen gemeinrechtlichen Schrifttums wurde nicht nur eine Abkehr der bisherigen humanistisch-naturrechtlichen Ideen initiiert, sondern auch die Rezeption der oberitalienischen Rechtslehre überwunden: Mit Beginn des 17. Jahrhunderts wurde der Interessenschwerpunkt der deutschen gemeinrechtlichen Wissenschaft auf die Constitutio Criminalis Carolina, die eigenen Partikularrechte sowie das Recht in seiner praktischen Ausgestaltung verschoben43, sodass letztlich eine Abkehr von der strikten Orientierung an den italienisch-römischen Auffassungen eingeläutet wurde44. Die theokratische Strafrechtsauffassung blieb nicht zuletzt dank des Einflusses von Carpzov weiterhin fester Bestandteil der Strafrechtslehre der gemeinrechtlichen Doktrin45. Der 1707 erfolgte Vorstoß des deutschen Juristen Christian Thomasius (1655 – 1728), der lex positiva divina den Zwangscharakter – und damit die Eigenschaft als Rechtsvorschrift – abzusprechen und als religiöses Gebot darzustellen, fand erst bei späteren Autoren Anklang46. waren Vertreter der italienischen Strafrechtswissenschaften bereits geneigt, die Todesstrafe bei der Blasphemie abzuschaffen, vgl. Hegler, S. 49 m. w. N. 41 Bolt, Böhmer, S. 44; Ebert, in: Jerouschek/Schild/Gropp, S. 77 f.; Hegler, S. 112; Hüning, in: ders., S. 85; Schaffstein, Deliktstatbestände, S. 139. 42 Schaffstein, Deliktstatbestände, S. 127 f. zeigt dies an den Ausführungen zum Delikt der Ketzerei, die nach Carpzov, pars I, qu. 49, Nr. 20, 31, 41 (= S. 320 ff.), nur in Verbindung mit Aufruhr oder Gotteslästerung mit Todesstrafe belegt werden soll, während der aus Tirol stammende katholische Autor Frölich von Frölichsburg generell die Feuerstrafe für Ketzerei fordert: Frölichsburg, 2. Tractat, 1. Buch, 4. Tit. Nr. 4 (= S. 69 f.): „Die mehreste Straffe eines Ketzers bestehet neben dem Feuer auch in deme/daß dessen Vermögen confiscirt/und denen Kinder und Befreundten/wann selbige gleich in wahrer Catholischer Religion unverbrüchlich verharreten/nichts hiervon verabfolgt wird […]“. 43 Moos, Verbrechensbegriff, S. 62 f.; Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 4, 10. 44 Nach Schaffstein, Deliktstatbestände, S. 129, 136 (m. w. N.), zeigt sich dies insbesondere bei der Genese des römisch-rechtlichen furtum-Begriffs, der durch die deutsche gemeinrechtliche Doktrin zum enger definierten Diebstahl und dem Delikt der Unterschlagung entwickelt wurde. Des Weiteren bringt Schaffstein das Beispiel des durch die deutsche gemeinrechtliche Doktrin entwickelten neuen Tatbestandes des Hausfriedensbruchs, der im älteren gemeinrechtlichen Schrifttum noch teilweise als crimen vis bzw. als iniuria angesehen wurde. 45 Vgl. beispielsweise die 1711 erschienene Abhandlung von Beyer, Delineationes, Lib. I, Tit. I & II, Nr. 40 f. (= S. 6): „Lex est jussus imperantis obligans subditos, estque vel divina, vel humana. Divina est jussus Dei obligans vel omnes homines, vel certum populum.“ Oder auch der 1727 erfolgte Rückgriff auf die alte Anschauung durch Leyser, spec. 597, Nr. 6 (= S. 369): „[…] Sed divinae justitiae fundamentum, quod ex sacro codice cognoscimus, talio est. Itaque secundum hujus regulas Deus poenam homicidii, ante in arbitrio principum positam, determinavit, & sibi aliter satisfieri on posse constituit, quam si homicida vicissim occidatur […]“; dazu Hegler, S. 112 ff. m. w. N. 46 Christian Thomasius, Dissertatio inauguralis juridica de iure aggratiandi principis evangelici in causis homicidii, Halae Magdeburgicae, 1714; vgl. hierzu Boldt, Strafrechts-

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Entscheidende Impulse für die weitere Entwicklung in den deutschen Rechtswissenschaften setzte neben Christian Wolff vor allem Samuel von Pufendorf (1632 – 1694), der vor allem von den Schriften und Ideen von Hugo Grotius sowie Thomas Hobbes beeinflusst worden war47. Der Mensch ist nach Pufendorf ein soziales Wesen mit Pflichten gegenüber sich selber, der Gemeinschaft der Menschen und gegenüber Gott48. Aus diesen Pflichten ergeben sich schließlich die Rechte des Einzelnen. Der Autor unterschied hierbei drei Rechtsquellen, nämlich die natürliche Vernunft, die bürgerlichen Gesetze und das Wort Gottes. Aus diesen Quellen folgen drei entsprechende Pflichten, mit denen sich drei unterschiedliche Wissenschaften beschäftigen: Aus der natürlichen Vernunft folgten die allgemeinen Menschenpflichten, mit denen sich das Naturrecht beschäftigt; aus den bürgerlichen Gesetzen folgen die Pflichten des Staatsbürgers, und betreffen die Wissenschaft vom positiven Recht; aus der Heiligen Schrift resultieren die Pflichten eines Christen, das Forschungsfeld der Moraltheologie. Obwohl Pufendorf Gott als Quelle der Prinzipien sieht, welche die Grundlagen des Naturrechts bilden49, vertrat er eine strikte Trennung von Nawissenschaft, S. 44 f.; Hegler, S. 114; Jescheck, ZStW 79 (1967), 129; Rüping, in: Jerouschek/ Schild/Gropp, S. 85 ff.; Vormbaum, Einführung, S. 27, 30; jeweils m. w. N. 47 Braun, S. 278; Hüning, in: ders., S. 73, 81 ff.; Schaffstein, Deliktstatbestände, S. 173; vgl. Arthur Kaufmann, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, S. 54. 48 Zu den Pflichten des Menschen gegen sich selbst vgl. Pufendorf, Über die Pflicht, Lib. I, Cap. 5, § 1 (= S. 59): „[…] Aber in anderer Hinsicht ist der Mensch verpflichtet, bestimmte Grundsätze in bezug auf die eigene Person einzuhalten. Er ist nämlich nicht für sich allein in der Welt, sondern ist mit hervorragenden Gaben von seinem Schöpfer versehen worden, um seinen Ruhm zu preisen und als nützliches Glied der menschlichen Gesellschaft zu leben. Aus diesem Grunde ist der Mensch verpflichtet, sich so zu verhalten, daß er die Gaben des Schöpfers nicht infolge mangelnder Pflege verderben läßt und nach seinen Kräften einen Beitrag zu der menschlichen Gesellschaft leistet.“ Zu den Pflicht gegenüber der Gemeinschaft vgl. Pufendorf, Über die Pflicht, Lib. I, Cap. 3, § 7 (S. 47 f.): „Der Mensch ist also das Lebewesen, das am meisten auf seine Selbsterhaltung bedacht ist. […] Er ist nicht in der Lage, ohne Unterstützung von seinesgleichen zu überleben, ist aber auch bestens geeignet zur gegenseitigen Förderung. […] Daraus ergibt sich, daß der Mensch, um zu überleben, ein Leben in der Gemeinschaft führen muß, d. h. er muß sich mit seinen Mitmenschen zusammentun und sich ihnen gegenüber so betragen, daß sie ihrerseits nicht jeden Vorwand ergreifen, ihm zu schaden, sondern statt dessen bereit sind, auch seinen Vorteil zu wahren und zu fördern.“ Ders., Über die Pflicht, Lib. I, Cap. 3, § 9 (= S. 48): „Daraus ergibt sich folgende Grundregel des Naturrechts: Jeder muß die Gemeinschaft nach Kräften schützen und fördern.“ Zu den Pflichten gegenüber Gott vgl. Pufendorf, Über die Pflicht, Lib. I, Cap. 3, § 1 (= S. 51): „Soweit die Pflicht des Menschen gegenüber Gott allein durch die natürliche Vernunft erkannt werden kann, besteht sie aus zwei Teilen. Erstens, daß wir uns ein richtiges Bild von Gott machen, zweitens, daß wir seinen Willen tun.“ 49 Pufendorf, Über die Pflicht, Lib. I, Cap. 3, § 11 (= S. 48 f.): „Daß aber Gott der Urheber des Naturrechts ist, beweist die natürliche Vernunft […]. Weiter verdankt offensichtlich die Menschheit, ebenso wie die übrige Schöpfung, Gott nicht nur ihr Dasein, sondern weiß sich auch in seiner gegenwärtigen Lage unter der Lenkung seiner Vorsehung geborgen. Daraus folgt: Gott will, daß der Mensch die Kräfte, die er im Unterschied zu den Tieren in sich spürt, zur Wahrung der Unverletzlichkeit seiner Natur einsetzt, damit sich das menschliche Leben vom gesetzlosen Zustand der Tiere abhebe. Das läßt sich nur durch Gehorsam gegenüber dem

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turrecht und Moraltheologie50 : Das Naturrecht orientiere sich an den äußeren Handlungen des Menschen im diesseitigen Leben, während die Moraltheologie die innere Triebfeder des Menschen untersuche, auf die nur ein göttlicher Richter abstellen könne51. Inspiriert durch die Schriften von Hobbes und Grotius brach Pufendorf mit der Orientierung an einem theokratisch geprägten Strafmodell und zog verstärkt die säkular aufgefasste Sozialschädlichkeit des Verbrechens in Betracht: Das Bedürfnis nach Strafe ergebe sich nicht aus der von Gott vorgegebenen Sühnung des Verbrechens, sondern umfasse vielmehr Aspekte rationaler Nützlichkeit52 und gründe daher auf – aus heutiger Sicht formuliert – vornehmlich generalpräventiven Gründen53. Die Naturrecht erreichen. Daher ist es klar, daß Gott den Menschen zu dessen Befolgung verpflichtet hat. Somit ist das Naturrecht […] ausdrücklich von Gott selbst zur Erfüllung seiner Ziele eingesetzt worden.“ s. auch Pufendorf, De Jure, Lib. II, Cap. III, § 6 (= S. 135 f.); vgl. Moos, Verbrechensbegriff, S. 72 f.; Welzel, S. 34 f., 37. 50 Auf dem Fundament der Trennung von physischen Geschehen und der ideellen Wertung dieser Handlung fußt schließlich auch die Zurechnungslehre des Philosophen, die für die weitere Strafrechtsentwicklung wichtige Akzente setzen sollte (vgl. Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 64; Moos, Verbrechensbegriff, S. 74). Die Verantwortung für äußere Handlungen ergibt sich nach Pufendorf allein aus der Handlungsfreiheit des Menschen, die aus Selbstbestimmtheit, Willen und Verstand besteht. Für die volle Zurechnung wird vorausgesetzt, dass die Handlung der Vorstellung und dem Willen des Handelnden entspricht und frei von innerem und äußerem Zwang ist. Dementsprechend ist die Imputation bei Zwang oder Unkenntnis ausgeschlossen, bei geringerer Freiheit oder einem durch den Handelnden selbst verschuldeten Freiheitsmangel gemildert (vgl. Moos, Verbrechensbegriff, S. 76 ff, 504; Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 555). Die moralisch-rechtliche Wertung des zurechenbaren Verhaltens als sittliche Handlung und damit die Definition des Verbrechens an sich hängt schließlich davon ab, welchen Wert bzw. Unwert die Gemeinschaft der konkreten Handlung des Menschen zumisst: Pufendorf, De Jure, Lib. I, Cap. 5, § 1, übersetzt bei Moos, Verbrechensbegriff, S. 76: „Sittliche Handlungen sind freiwillige Handlungen eines Menschen, die mit der Zurechnung ihres Erfolges auf das gemeinschaftliche Leben bezogen sind.“ Diese naturrechtliche Lehre zur Imputation des freien Willens schlug sich ab dem 18. Jahrhundert in den Werken der gemeinrechtlichen Autoren nieder, die von der Zurechnung und ihren Bestandteilen ausgehend Ansätze zu allgemeinen Verbrechenslehren entwickeln, so Moos, Verbrechensbegriff, S. 78 f.; Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 38; s. beispielsweise Boehmer, Observationes, pars I, obs. II, qu. 1, Nr. 62 (= S. 1): „Quidquid enim imputationis delictis inest, fundamentum suum habet in voluntatem“. Vgl. Auer, Das Menschenbild, S. 100; Arthur Kaufmann, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, S. 52. 51 Pufendorf, Über die Pflicht, Vorrede (= S. 15): „Daraus folgt auch, daß das Naturrecht sich zum großen Teil auf die Ordnung der äußeren Handlungen des Menschen bezieht. Denn die menschliche Gerichtsbarkeit beschäftigt sich allein mit den Taten der Menschen und erstreckt sich nicht auf das, was in der Brust des Menschen verborgen ist, keinerlei Wirkung und Zeichen nach außen hervorbringt und somit auch nicht der Sorge des Naturrechts obliegt.“ Vgl. Braun, S. 281; Moos, Verbrechensbegriff, S. 73. 52 Pufendorf, Über die Pflicht, Lib. II, Cap. 13, § 6 (= S. 191): „Vielmehr muß man in Betracht ziehen, welchen Nutzen die Strafe erbringen könnte. Deswegen darf die Strafgewalt auf keinen Fall zum Zwecke ausgeübt werden, daß der Verletzte sich am Schmerz und an der Demütigung des Verletzten weidet und daran sein Vergnügen hat […]“; vgl. Welzel, S. 95 f. 53 Pufendorf, Über die Pflicht, Lib. II, Cap. 13, § 4 (= S. 191): „Die Strafe wird gegen den Willen der Betroffenen verhängt, weil sie sonst ihr Ziel nicht erreichen würde, und das ist, daß

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Strafe solle zunächst durch Besserung oder Unschädlichmachung des Verbrechers verhindern, dass in Zukunft Rechtsverletzungen geschehen, die prinzipiell die Autorität der Staatsgewalt in Frage stellten54. Mit diesem Gedankengang zeichnete Pufendorf den Weg für die Feuerbachsche Idee vom psychologischen Zwang vor, wobei es dem Naturrechtler hier aber – im Gegensatz zu Feuerbachs Abschreckungsgedanken – in erster Linie um die effektive Verhängung der Strafe ging55. Der zweite Zweck der Strafe bestehe im Sicherheitsbedürfnis des Opfers vor einer Rechtsverletzung, was durch Eliminierung, Deportation, Freiheitsstrafe oder Umerziehung des Täters erreicht werden könne56. Nicht zuletzt bezwecke die Strafe die Aufrechterhaltung der allgemeinen Rechtssicherheit sowie die Wiederherstellung und Anerkennung der staatlichen Autorität57. Schließlich fand die Ablösung von theokratischen Vorstellungen mit Autoren wie Johann Samuel Friedrich von Böhmer (1704 – 1772) ihren Niederschlag in der Entwicklung einer säkularen Strafrechtstheorie: Die Strafe wird nicht mehr theologisch gerechtfertigt, sondern wird als vom Menschen selbst gegeben aufgefasst58. Sie wird als Mittel gegen das Verbrechen gesehen59, zumal die Strafgesetze die Sicherheit und den Frieden innerhalb des Staates bezwecken60. Der Zweckgedanke trägt deutliche Züge der naturrechtlichen Strafrechtstheorie von Pufendorf, auf den sich Böhmer auch ausdrücklich beruft61. Neben dieser Zweckorientierung der Strafe dringt bei Böhmer auch der Gedanke zur Verhältnismäßigkeit von Unrecht und Strafe durch, wenn er beispielsweise die Todesstrafe beim Diebstahldelikt ablehnt62. Allerdings finden sich in Böhmers sie durch ihre Strenge die Menschen von Vergehen abschrecke […]“; ders., Über die Pflicht, Lib. II, Cap. 13, § 7: „Das wirkliche Ziel der von Menschen verhängten Strafe ist der Schutz vor Schaden an Sachen und Personen […]“; s. Hüning, in: ders., S. 86; H. Müller, S. 42; Welzel, S. 94. 54 Pufendorf, De Jure, Lib. VIII, Cap. 3, § 9 (= S. 770); ders., Über die Pflicht, Lib. II, Cap. 13, § 7, 8, 10 (= S. 191 f.). 55 Hüning, in: ders., S. 88 f.; Welzel, S. 94 f. 56 Pufendorf, De Jure, Lib. VIII, Cap. 3, § 11 (= S. 772 f.); ders., Über die Pflicht, Lib. II, Cap. 13, § 9 (= S. 192). 57 Pufendorf, De Jure, Lib. VIII, Cap. 3, § 12 (= S. 773 f.). 58 Boehmer, Elementa, Sectio II, Cap. 1, § 15 (= S. 232): „[…] Sunt enim omnes poenae hodiernae iuris humani […]“ 59 Boehmer, Elementa, Sectio I, Cap. 2, § 44 (= S. 26): „remedium contra delictum“. 60 Boehmer, Elementa, Sectio II, Cap. 1, § 2 (= S. 222 f.): „Quicquid alii de fine poenarum disputent, ultimo tamen ille in eo consistit, ut impediatur, quo minus imposterum salus, & tranquilitas rei publicae simili delicto, quod commissum esse constat, turbetur, tum impediendo, & coercendo delinquentem, tum deterrendo alios.“ (Hervorhebungen im Original); vgl. Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 79. 61 Vgl. die Quellenangabe zu Pufendorf bei Boehmer, Elementa, Sectio II, Cap. 1, § 2 (= S. 2); vgl. Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 80 f. 62 Boehmer, Observationes, pars II, obs. 2, qu. 77, Nr. 47 (= S. 51, 1. und 2. Spalte); ders., Meditationes, Art. 157, § 1 (= S. 733); Art. 160, § 4 (= S. 766 f.).

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

Schrifttum nicht nur spezialpräventive Überlegungen, oft hält sich die Betonung des Staatswohls als Grund für die Bestrafung: So befürwortete er die Anwendung der poena capitalis in gewissen Fällen von Brandstiftung63 oder Münzfälschung64 und trat aus Gründen der öffentlichen Sicherheit unter bestimmten Voraussetzungen für eine Strafschärfung ein65, weshalb im Ergebnis über neue Begründungswege vielfach an gewissen Strafarten und Sanktionshöhen der bisherigen Praxis festgehalten wurde. So kam Boldt66 in seinen Untersuchungen zur Straftheorie Böhmers zum Schluss, dass die Begründung des Strafrechts trotz des Einflusses der Pufendorfschen rationalen Strafrechtstheorie immer noch auf dem Gedanken der Vergeltung beruht67. Mit dem Einfluss der Aufklärung wurden schließlich im Bereich des Strafrechts neue Akzente für die weitere Entwicklung dieser Wissenschaft gesetzt68. Philosophie und Rechtswissenschaften hinterfragten die ethisch-axiologischen Grundsätze von Staat und Recht und wollten sie anhand vernünftiger Ansätze neu gestalten69. Für die 63 Boehmer, Observationes, pars I, obs. 2, qu. 38, Nr. 18 (= S. 88, 2. Spalte); vgl. Hegler, S. 102. 64 Boehmer, Observationes, pars I, obs 2, qu. 42, Nr. 29 (= S. 105, 1. Spalte); vgl. Hegler, S. 44 f., 97. 65 Boehmer, Observationes, pars II, obs. 3, qu. 75, Nr. 20 (= S. 44, 1. Spalte). 66 Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 83 f.; so ist auch der von Böhmer festgestellte Proportionalitätsgedanken von Tat und Strafe dem Vergeltungsprinzip verhaftet. 67 Mit Blick auf die weitere Evolution des Verbrechensbegriffs ist festzustellen, dass die spätere gemeinrechtliche Lehre die Termini crimen bzw. delictum nahezu synonym mit dem Terminus corpus delicti gebrauchte. Corpus delicti bezog sich zunächst lediglich auf die prozessrechtlichen Voraussetzungen für den Beginn des Inquisitionsprozesses. Da das Prozessrecht als Verfahrensanweisung an die Kriminalgerichte auch materiellrechtliche Aspekte beinhaltete, nahm das corpus delicti im Sinne des dringenden Tatverdachts, der für die Anwendbarkeit der Folter vorausgesetzt wurde, auch den Verbrechensbegriff in sich auf (vgl. Moos, Verbrechensbegriff, S. 55 f. m. w. N.; Schaffstein, Deliktstatbestände, S. 147). Der lateinische Begriff, dessen Bedeutung in der Endphase des gemeinen Rechtes unklar war, wie die Übersicht bei Boehmer (Meditationes, Art. VI § 10 S. 40 ff.) zeigt (vgl. Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 114 ff.), wurde schließlich mit dem deutschen Wort „Tatbestand“ übersetzt, und Ende des 18. Jahrhunderts mit neuem Inhalt belegt: So führte Feuerbach/Mittermaier, Lehrbuch, § 81 S. 150 aus: „Der Inbegriff der Merkmale einer besonderen Handlung oder Thatsache, welche in dem gesetzlichen Begriff von einer bestimmten Art rechtswidriger Handlung enthalten sind, heisst der Thatbestand des Verbrechens (corpus delicti).“ (Hervorhebungen im Originaltext); vgl. hierzu Schaffstein, Deliktstatbestände, S. 147. 68 Vgl. eingehend Koch, in: Koch/Kubiciel/Löhnig/Pawlik, S. 45 ff., 56 ff. 69 So richtet Beccaria, S. 61, im Prolog „An den Leser“ seine Kritik gegen die bisherigen etablierten römischen und mittelalterlichen Rechtsquellen: „Einige Reste von Gesetzen eines eroberungslustigen Volkes des Altertums, die auf Befehl eines vor zwölf Jahrhunderten herrschenden Fürsten zusammengestellt und später, mit longobardischen Gewohnheitsrecht vermischt in dickleibige Folianten von privaten und unverständigen Auslegern niedergelegt wurden, bilden jene Überlieferung von Rechtsansichten, die noch jetzt in einem großen Teil Europas als Gesetze bezeichnet werden. Es ist traurig, aber es kommt gleichwohl bis auf den heutigen Tag vor, daß eine Ansicht Carpzovs, ein alter von Clarus erwähnter Gebrauch, eine von Farinacius mit zornerfülltem Wohlgefallen vorgeschlagene Folterart die Gesetze sind, denen diejenigen unbedenklich gehorchen, die nur mit der größten Umsicht auf die Lebensführung

A. Die Entwicklung der Strafrechtstheorie

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Etablierung eines aufgeklärten Strafrechts musste deshalb die Frage nach der Rechtfertigung der staatlichen Strafe neu begründet werden. Die bisherige Auffassung des Staates, als von einer höheren Macht legitimiert, wurde überwunden und der Staat wurde nunmehr als Initiative seiner Bürger verstanden, der „das Zusammenleben der Menschen vor dem Gesetze des Rechts“70 sichern sollte: Die Legitimation des Staates an sich und des Strafrechts als Mittel zur Ausübung seiner Aufgabe gründete nunmehr auf der menschlichen Vernunft71. Über diese Neuorientierung setzten vor allem Kant und Feuerbach weitere Akzente für die Entwicklung der Strafrechtswissenschaften72. Immanuel Kant (1724 – 1804) entwickelte die bereits durch Pufendorf und Thomasius bekannte Unterscheidung von Recht und Moral weiter und differenzierte noch stärker: Bei der Moral gehe es um die Bewertung des persönlichen Verhaltens nach den Maßstäben des inneren Gewissens, d. h. um die richtige Steuerung des eigenen Verhaltens im Kontext der inneren Freiheit73. Hierfür stellte der Autor das Kriterium des kategorischen Imperativs der Moral auf: „Der oberste Grundsatz der Sittenlehre ist also: handle nach einer Maxime, die zugleich als allgemeines Gesetz gelten kann“74. Dagegen untersuche das Recht die Mindestvoraussetzungen, unter denen mehrere vernunftbegabte Wesen in der Realität nebeneinander bestehen können – hier gehe es also um die Beschaffenheit der äußeren Freiheit im Rahmen der Gesellschaft: Nach Kant komme es dabei nicht auf die Moralität des Verhaltens, sondern ausschließlich auf dessen Gesetzeskonformität an75. Aus diesem Grund lautet das allgemeine Rechtsgebot nach Kant: „Handle äußerlich so, daß der freie Gebrauch deiner Willkür mit der Freiheit von jedermann nach einem allgemeinen Gesetze zusammen bestehen könne“76. Im Gegensatz zur Moralität, die sich nicht erzwingen lässt, soll das Recht als Regelwerk für äußeres Verhalten zwingenden Charakter haben, um den rechtmäßigen Freiraum des Einzelnen in der Gesellschaft zu garantieren: Recht und die Befugnis zu zwingen gehen Hand in Hand77.

und den Wohlstand der Menschen einwirken sollten“; vgl. Altenhain, GS Keller, S. 1 f.; Deimling, GS H. Kaufmann, S. 52 ff.; Koch, in: Koch/Kubiciel/Löhnig/Pawlik, S. 46 f.; Lüderssen, StV 2011, 378; Naucke, in: Deimling, S. 37 ff.; Vormbaum, Einführung, S. 53. 70 Feuerbach/Mittermaier, Lehrbuch, § 8 S. 36. 71 Feuerbach, Anti-Hobbes, S. 42 ff.; Kant, Anhang Nr. 5 S. 487; vgl. Altenhain, GS Keller, S. 10; Hruschka, FS Puppe, S. 32 ff.; Lüderssen, StV 2011, 378; Moos, Verbrechensbegriff, S. 193. 72 Vgl. Altenhain, GS Keller, S. 2; Hruschka, FS Puppe, S. 17; Moos, Verbrechensbegriff, S. 188. 73 Vgl. Moos, FS Pallin, S. 284; Arthur Kaufmann, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, S. 60 f. 74 Kant, S. 332. 75 Vgl. hierzu Vormbaum, Einführung, S. 20, 40. 76 Kant, S. 337. 77 Kant, S. 203, 231 f.; dazu Byrd/Hruschka, JZ 2007, 958 f.

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

Die dargelegte Trennung von Recht und Moral im aufklärerischen Vernunftdenken bewirkte die Befreiung des Verbrechensbegriffs von seinem ethisch-axiologischen Fundament, weshalb das niedergeschriebene Gesetz stärker in den Vordergrund rückte und die gemeinrechtliche Praxis von unbestimmten Straftatbeständen und richterlicher Willkür abgelehnt wurde78. Damit spielte der von Kant gebrauchte Verbrechensbegriff („Übertretung des öffentlichen Gesetzes“) auf ein verlautbartes Gesetz an, welches Strafe androht, und gab auf diese Weise die Richtung für den von Feuerbach ausformulierten nulla poena sine lege – Satz vor79. Den gemeinrechtlich verhafteten Zweckgedanken als Grundlage der staatlichen Strafe lehnte Kant ab – zumindest als vordergründige Rechtfertigung: Die Strafe soll ausschließlich dann angewendet werden, wenn der Täter ein Verbrechen begangen und sich dadurch strafbar gemacht hat80. Im Unterschied zu Feuerbach ging es Kant hier nicht um präventive Wirkung von Strafe und ihrer Drohung als Rechtfertigung der Strafe, sondern vielmehr um die zweckfreie gerechte Sanktionierung aufgrund eines Strafgesetzes81 als kategorischer Imperativ82 – das Mittel der Generalpräven78 Hruschka, FS Puppe, S. 19; Moos, Verbrechensbegriff, S. 194; die Kritik der Aufklärer richtet sich insbesondere gegen die crimina extraordinaria sowie den richterlichen Ermessensspielraum bei der Festlegung der Strafe. Die gemeinrechtliche Praxis wird bei Carpzov übersichtlich dargestellt: Die extraordinäre Bestrafung ist dann möglich, wenn das Gesetz selbst die Bemessung der Strafe dem richterlichen Ermessen überlässt, oder wenn gewisse Fälle dem Gericht als strafwürdig erscheinen – s. Carpzov, pars III, qu. 133, Nr. 1 (= S. 171): „Id quod accidit non solum, quando lex ipsa absque suplicii denominatione, poenae determinationem arbitrio judicis committit […] sed & si crimen perpetratum nec peculiare nomen sortiatur, nec legibus vel statutis expresse comprehensum reperiatur“; vgl. hierzu Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 39 ff. m. w. N. 79 Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 452: „Das Strafrecht ist das Recht des Befehlshabers gegen den Unterwürfigen, ihn wegen seines Verbrechens mit einem Schmerz zu belegen. […] Diejenige Übertretung des öffentlichen Rechts, die den, welcher sie begeht, unfähig macht, Staatsbürger zu sein, heißt Verbrechen schlechthin (crimen), aber auch ein öffentliches Verbrechen (crimen publicum) […].“ (Hervorhebungen im Original); vgl. Byrd/ Hruschka, JZ 2007, 960; Hruschka, FS Puppe, S. 20 f.; die historischen Wurzeln dieses Prinzips sind freilich älter und gehen bis in das griechische und römische Recht zurück: Duttge, Bestimmtheit, S. 146 m. w. N.; darüber hinaus findet sich dieses Prinzip auch im historischen Kontext außereuropäischer Rechtskulturen, vgl. nur Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 84. 80 Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 453: „Richterliche Strafe (poena forensis) […] kann niemals bloß als Mittel, ein anderes Gute zu befördern, für den Verbrecher selbst oder für die bürgerliche Gesellschaft, sondern muß jederzeit nur darum wider ihn verhängt werden, weil er verbrochen hat; denn der Mensch kann nie bloß als Mittel zu den Absichten eines anderen gehandhabt und unter die Gegenstände des Sachenrechts gemengt werden. […] Er muß vorher strafbar befunden sein, ehe noch daran gedacht wird, aus dieser Strafe einigen Nutzen für ihn oder seine Mitbürger zu ziehen.“ (Hervorhebungen im Original); vgl. Byrd/Hruschka, JZ 2007, 960; Hruschka, FS Puppe, S. 19, 34 f.; Lesch, JA 1994, 513 f.; Moos, FS Pallin, S. 284 f.; H. Müller, S. 56; Ronco, Il problema, S. 78; Roxin, JuS 1966, 377, 380. 81 Hruschka, ZStW 124 (2012), 234; ausführlich bei Byrd/Hruschka, JZ 2007, 961, 963. 82 Zum zweckfreien Gerechtigkeitsanspruch der Strafe s. Kant, S. 453: „[…] denn wenn die Gerechtigkeit untergeht, so hat es keinen Wert mehr, daß Menschen auf Erden leben. […] die Gerechtigkeit hört auf eine zu sein, wenn sie sich für irgend einen Preis weggibt. […] Welche

A. Die Entwicklung der Strafrechtstheorie

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tion wurde im Vollzug der Strafe gesehen83. Bei der Bemessung der Strafe befürwortete der Autor im Sinne einer gerechten Strafe die Anwendung des Talionsprinzips: Dadurch sollte der willkürliche Ermessensspielraum des Richters bei der Strafzumessung minimiert werden84. Mit Paul Johann Anselm von Feuerbach (1775 – 1833) setzten sich die säkularen Tendenzen zur Straftheorie gegenüber den in den vorhergehenden Jahrhunderten herrschenden theokratischen Modellen endgültig durch. So wurde zunächst zwischen der Androhung und der Zufügung der Strafe unterschieden: Der Autor folgte Kant, wenn er den Rechtsgrund zum Vollzug der Strafe im begangenen Verbrechen sah85. Dagegen entwickelte Feuerbach ein eigenes Verständnis vom Zweck der Strafverhängung, welches nach seiner Auffassung in der Aufrechterhaltung der Wirksamkeit der Androhung liegt: Die Strafe muss vollzogen werden, damit der Effekt der Androhung nicht verloren gehe86. Doch sein Untersuchungsfeld ging Art aber und welcher Grad der Bestrafung ist es, welche die öffentliche Gerechtigkeit sich zum Prinzip und Richtmaße macht? Kein anderes, als das Prinzip der Gleichheit (im Stande des Züngleins an der Waage der Gerechtigkeit), sich nicht mehr auf die eine, als auf die andere Seite hinzuneigen.“ Vgl. Byrd/Hruschka, JZ 2007, 961; Duttge, Bestimmtheit, S. 158; Frisch, GA 2009, 387; Hassemer, StV 2006, 322; Küper, FS Jung, S. 490 f., 495; Naucke, Zerbrechlichkeit, S. 79 ff.; Ronco, Il problema, S. 78 f.; Vormbaum, Einführung, S. 41. 83 Byrd/Hruschka, JZ 2007, 962; H. Müller, S. 55 f.; Vormbaum, Einführung, S. 46. 84 Kant, Grundlagen der Metaphysik der Sitten, S. 454: „Nur das Wiedervergeltungsrecht (ius talionis) […] kann die Qualität und Quantität der Strafe bestimmt angeben; alle anderen sind hin und her schwankend und können anderer sich einmischenden Rücksichten wegen keine Angemessenheit mit dem Spruch der reinen und strengen Gerechtigkeit erhalten.“ (Hervorhebungen im Original); vgl. Altenhain, GS Keller, S. 2; Brandt, in: Koch/Kubiciel/Löhnig/ Pawlik, S. 187 ff.; Byrd/Hruschka, JZ 2007, 962 f.; Ebert, in: Jung/Müller-Dietz/Neumann, S. 250 ff.; Hruschka, FS Puppe, S. 19; Arthur Kaufmann, Schuld und Strafe, S. 16 f.; ders., Jura 1986, 228, 230; ders., in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, S. 62 f.; Lesch, JA 1994, 514; plakativ (wenngleich nicht unproblematisch) zusammengefasst bei Lüderssen, StV 2011, 377: „Kant steht nun einmal für Vergeltung.“ (Kursiv im Original) – kritisch zu dieser Darstellung durch Lüderssen: Hruschka, ZStW 124 (2012), 232 ff. 85 So plakativ das Fazit von Hruschka, FS Puppe, S. 37: „Die Leistung von Kants Rechtslehre besteht unter anderem darin, für Feuerbachs Strafrechtsdogmatik die Grundlage gelegt zu haben.“ (Hervorhebung im Original); s. auch die Feststellung von Küper, FS Jung, S. 494 f., dass Feuerbachs „,Aneignung‘ des kategorisch-imperativen Strafgesetzes für die eigene psychologische Zwangstheorie […] ,Kantisch‘ und doch – im entscheidenden Punkt – wiederum ganz ,Unkantisch‘“ sei; zusammenfassend Moos, FS Pallin, S. 285: „Feuerbach übernahm für das Strafrecht zwar den veräußerlichten Rechtsbegriff Kants, nicht aber auch dessen Schuldbegriff.“ (Kursive im Original); sowie jüngst Hilgendorf, in: Koch/Kubiciel/ Löhnig/Pawlik, S. 150, mit der Feststellung, Feuerbachs Strafrechtslehre habe ihren Ausgang von der Rechtslehre Kants genommen, „nicht falsch, aber doch sehr unvollständig [sei]“ und weiter auf S. 168: „der Einfluss Kants [beschränke sich] auf die methodische und begriffliche Schulung Feuerbachs“ ; vgl. auch Lesch, JA 1994, 516. 86 Feuerbach, Anti-Hobbes, S. 225 f.: „So wie aber die Androhung des Strafübels einen Zweck hat, so hat auch die Zufügung desselben nach vollbrachter That einen Zweck, der weder mit dem Zweck der Androhung, noch mit dem Rechtsgrund der Zufügung verwechselt werden darf. Allein der Zweck von dem wir hier reden, ist […] die Androhung selbst wirksam zu machen. Wer nämlich Übel androht um sich vor künftigen Beleidigungen zu sichern, der wi-

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

darüber hinaus, zumal der Autor neben der Zufügung der Strafe bereits die Effekte der reinen Androhung einer Sanktion untersuchte und sich die Frage stellte, durch welches Mittel Rechtsverletzungen überhaupt verhindert werden könnten87. Die Antwort sah Feuerbach in der Androhung von physischen Übeln, die bei der Sanktionierung des Verbrechens vollzogen werden: Die Aussicht des Täters auf Bestrafung bewirke auf psychologischer Ebene, dass in einer Abwägung von Nutzen des Verbrechens und zu erwartende Bestrafung die Sanktionierung als größeres Übel empfunden werde, weshalb davon auszugehen sei, dass der potentielle Täter von seiner Verbrechensabsicht Abstand nimmt88. Die Strafdrohung und die sich daraus ergebende Abschreckung des Täters vor Tatbegehung bilde demzufolge den eigentlichen Zweck der Strafe – damit stellte Feuerbach den Gedanken der negativen Generalprävention in den Mittelpunkt und lancierte so die „Theorie des psychologischen Zwangs“89. Die Konsequenz, die Feuerbach aus der psychologischen Zwangstheorie zog, führte ihn schließlich zu fundamentalen Grundsätzen des Strafrechts, die noch heute gelten: Damit die Abschreckung überhaupt ihre Wirkung erzielen kann, muss der Tatgeneigte wissen, was ihn im Falle der Realisierung seines Verbrechens erwartet. Aus diesem Grund müssen Straftat und Sanktionsdrohung vorab in einem Gesetz definiert werden, damit die psychische Wirkung ihren Effekt überhaupt entfalten kann. In der Zusammenfassung seiner Thesen formulierte Feuerbach in seinem

derspricht sich selbst, wenn er, falls die Beleidigung eintritt, die Drohung nicht vollzieht. Denn eine solche Drohung kann nur dann als solche wirksam seyn, wenn das in ihr enthaltene Übel als ein künftiges wirklich eingetretendes Übel vorgestellt wird. Die Strafe muß daher exequirt werden, wenn die Drohung nicht ein leerer Schall und der Zweck nicht unmittelbar zerstört werden soll, welcher durch sie beabsichtigt wird.“ (Hervorhebungen im Original); diese Gedanken sind in späteren Werken Feuerbachs wieder zu finden, s. Feuerbach, Revision, S. 45, 50, 54 f., 60; Feuerbach/Mittermaier, Lehrbuch, § 16 S. 39; vgl. Brandt, in: Koch/Kubiciel/Löhnig/ Pawlik, S. 178 ff.; Frisch, in: Koch/Kubiciel/Löhnig/Pawlik, S. 198 f.; Küper, FS Jung, S. 495; Hruschka, FS Puppe, S. 22; Moos, FS Pallin, S. 285 f.; H. Müller, S. 77; Roxin, JuS 1966, 383; Vormbaum, Einführung, S. 45 f. 87 Feuerbach, Anti-Hobbes, S. 212 f.; ders., Revision, S. 39 f.; Feuerbach/Mittermaier, Lehrbuch, § 9 S. 37. 88 Feuerbach, Anti-Hobbes, S. 216 ff.; ders., Revision, S. 57; Feuerbach/Mittermaier, Lehrbuch, § 11 f. S. 37 f.; vgl. Moos, Verbrechensbegriff, S. 197; H. Müller, S. 75 f.; Ronco, Il problema, S. 58; ders., IP 2011, 12; Roxin, JuS 1966, 380; Vormbaum, Einführung, S. 45 f. 89 Altenhain, GS Keller, S. 2, 4 f.; Frisch, GA 2009, 387; ders., in: Koch/Kubiciel/Löhnig/ Pawlik, S. 194 f.; Koch, ZStW 122 (2010), 750; Lampe, Unrecht, S. 121; Ronco, Il problema, S. 58 ff.; ders., IP 2011, 12; Roxin, AT I § 3 Rdn. 22 f.; Stratenwerth/Kuhlen, AT § 1 Rdn. 23 f.; vgl. das Resümee bei Lesch, JA 1994, 517: „Die Generalprävention, von der Feuerbach spricht, ist also eine Strafandrohungsprävention, seine Theorie eigentlich keine Straftheorie, sondern eine Theorie der Strafandrohung durch Strafgesetze (Theorie des ,psychologischen Zwangs‘).“ (Hervorhebungen im Original); zustimmend Roxin, AT I § 3 Rdn. 23.

B. Die rechtsdogmatische Entwicklung

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Lehrbuch erstmals die Leitsätze nulla poena sine lege sowie nulla poena sine crimine und damit wesentliche Grundpfeiler des heutigen Strafrechts90.

B. Die rechtsdogmatische Entwicklung der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung im Kontext der Tötungsdelikte vom Gemeinrecht bis Feuerbach Die allgemeine Grundfrage der erfolgsqualifizierten Delikte nach dem Zusammenhang zwischen dem vorsätzlichen Grunddelikt und dem schwerwiegenderen Erfolgsverwirklichung findet ihren Ausgangspunkt in den Lehren des kanonischen Rechts91, welches neben christlich-römischen92 auch durch weltliche93 Einflüsse geprägt war: Besonders Letztgenannte schlugen sich auf dem Gebiet der sog. „Irregularitäten“ nieder. Diese Institution regelte die Voraussetzungen für die Ausübung eines kirchlichen Amts und hierbei wurde besonderer Wert auf das Ansehen der Kleriker in den Augen der Laien gelegt94. Die Würde eines kirchlichen Amtsträgers erforderte deshalb nicht nur die Befolgung kirchlicher Maßstäbe – ein Würdenträger durfte kein Verbrecher nach volkstümlicher Auffassung sein, da er in diesem Fall als Unwürdiger von der Ausübung kirchenämtlicher Funktionen auszuschließen war95. Die Bemühungen, die volkstümliche und christlich-römische Werteauffassung in Einklang zu bringen, erfolgten nicht zuletzt beim wichtigsten Irregularitätsgrund, 90 Feuerbach/Mittermaier, Lehrbuch, § 20 S. 41; s. auch Feuerbach, Revision, S. 49 ff.; vgl. Duttge, Bestimmtheit, S. 146; Jescheck, in: Beiträge zum Strafrecht, S. 394; Arthur Kaufmann, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, S. 74; Moos, Verbrechensbegriff, S. 199 f.; Naucke, ZStW 87 (1975), 881 ff.; Stratenwerth/Kuhlen, AT § 3 Rdn. 5; Vormbaum, Einführung, S. 48. 91 Vgl. Caruso, S. 203; De Asua, RIDPP 1962, 5; Castaldo, L’imputazione oggettiva, S. 177 f.; Demuro, S. 91 f.; Donini, in: ED Annali III, S. 655; ders., in: Insolera et al., Introduzione I, S. 192; Dornseifer, GS H. Kaufmann, S. 428; Ferschl, S. 30; Fiandaca, in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 35; E. Gallo, GP 1990, IV, 409; Jescheck, Niederschriften II, S. 249; Jescheck/Weigend, AT S. 261; Küpper, Zusammenhang, S. 14; Lohmeyer, S. 140; Loreto, IP 2007, 420 f.; Oehler, ZStW 69 (1957), 504 ff.; Paeffgen, in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 89; NK- ders., Vorbem. § 18 Rdn. 3; Radbruch, Vergleichende Darstellung AT II, S. 230; Roxin, AT I § 10 Rdn. 121; Schneider, JR 1953, 414 f.; Schubarth, ZStW 85 (1973), 757; LK-Vogel, § 18 Rdn. 2; eingehend zu den römisch-rechtlichen Ursprüngen des versari in re illicita Prinzips: Bondi, S. 219 ff. m. w. N. 92 Fiandaca, in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 35; Stuckenberg, FS Jakobs, S. 696. 93 Demuro, S. 92; H. Lange, S. 95; vgl. bereits Löffler, Schuldformen, S. 137, wonach das kanonische Recht durch „volkstümliche Rechtsanschauungen […] [mit] starken germanischen Einschlag“ gekennzeichnet war. 94 Löffler, Schuldformen, S. 137 f. 95 Bolt, Böhmer, S. 192; Bondi, S. 255 ff.; Canestrari, L’illecito penale, S. 54 f.; Dahm, Strafrecht Italiens, S. 259; Dolcini, RIDPP 1979, 762; Fiandaca, in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 35; Löffler, Schuldformen, S. 138; Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 110; Schubarth, ZStW 85 (1973), 757.

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

dem homicidium: Jede schuldhafte Tötung führte zur Irregularität – unter „schuldhaft“ wurde nicht nur die dolose und culpose Tötung nach den Maßstäben des römischen Rechts angesehen, vielmehr wurde der Haftungsradius für ungewollte Tötungen über die durch Bernhard von Pavia im 12. Jahrhundert bekannt gewordene Formel erweitert96: Versanti in re illicita imputantur omnia, quae sequuntur ex delicto (Wer eine unerlaubte Tat begeht, haftet für alles, was daraus folgt). Während nach dem früheren kanonischen Recht jede ungewollte Tötung uneingeschränkt zurechenbar war, hing das Schuldurteil gemäß der Versari-Lehre über den Einfluss von Augustinus von der Bewertung der Grundtat ab: Die Erfolgszurechnung war uneingeschränkt – auch für Zufall – dann möglich, wenn das vorhergehende Verhalten unerlaubt war97. Auf diese Weise wurde die schwere Folge unabhängig von jeglichem Verschulden des Täters mit der unerlaubten Grundtat in Verbindung gebracht und dem Urheber zugerechnet98. Schließlich fand ab dem 9. Jahrhundert eine weitere Differenzierung statt, sodass bei der Anwendung des Versari-Prinzips ein Sorgfaltsmaßstab geprüft wurde99. Auch wenn der Haftungsradius über die römisch-rechtlichen Schuldvorstellungen hinaus auch für Zufallserfolge erweitert wurden100, darf nach Kollmann nicht übersehen werden, dass die Versari-Lehre die reine Erfolgshaftung auf jene Handlungen beschränkte, die bereits an sich verboten waren101.

I. Die gemeinrechtliche Doktrin zum indirekten Willen In der Schuldlehre folgten die gemeinrechtlichen Juristen dem römischen Recht und übernahmen grundsätzlich102 die Zweiteilung der Schuldarten in dolus und 96 Die Lehre geht nach Kollmann, ZStW 35 (1914), 75 f., 81 f., 84, auf die 1171 erschienene Summa des Johann von Faenza zurück. Die prägnante Formulierung findet sich indessen in der um 1178 erschienenen Summa von Huguccio wieder, der wiederum der Lehrer des Bernhard von Pavia war; vgl. auch Bondi, S. 246; Demuro, S. 89 ff.; Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 517 f. 97 Donini, in: ED Annali III, S. 655; Kuttner, S. 185 ff.; jeweils m. w. N. 98 Donini, in: ED Annali III, S. 655; Vogel, GA 2006, 386. 99 Dahm, Strafrecht Italiens, S. 259 f.; Kollmann, ZStW 35 (1914), 49 ff.; Klee, S. 7 ff.; Kuttner, S. 201 ff. m. w. N.; M. Müller, S. 68 ff. m. w. N.; Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 517. 100 Vgl. nur Bindokat, JZ 1977, 551. 101 Kollmann, ZStW 35 (1914), 62, 69; zustimmend Basile, in: Studi in onore di M. Romano II, S. 710; Boldt, ZStW 55 (1936), 46; Caruso, S. 204; NK-Paeffgen, Vorbem. § 18 Rdn. 3; im Übrigen findet sich im modernen Kirchenrecht keine Haftung für Zufall mehr: Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 520 m. w. N. 102 Nach Engelmann, Schuldlehre, S. 18 ff., 146 ff. unterscheiden Bartolus und Baldus fünf bzw. sechs verschieden gewichtige Schuldgrade, wobei die einzelnen Verschuldensstufen entweder dem dolus oder der culpa zugerechnet werden; vgl. hierzu ferner Dahm, Strafrecht Italiens, S. 258; Stuckenberg, in: Koch/Kubiciel/Löhnig/Pawlik, S. 242.

B. Die rechtsdogmatische Entwicklung

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culpa: Während die ordentliche Strafe nur für das dolose Verbrechen vorgesehen war, zog die culpose Tat für gewöhnlich103 eine gemilderte, außerordentliche Strafe nach sich104. Über den Einfluss der Moraltheologie und des kanonischen Rechts stand die Schuld als Willensfehler im Zentrum der gemeinrechtlichen Schuldlehre, wobei der dolus als Willensfehler (voluntatis vitium) und die culpa als Wissensfehler (intellectus ac memoriae vitium), der auf diese Weise den Willen beeinträchtigt (nihil volitum nisi cognitum), aufgefasst wurden105. Ein Schwerpunkt der gemeinrechtlichen Lehre war das Praxisproblem, mit den Mitteln des römisch-kanonischen Prozessrechtes den römischrechtlichen dolus nachzuweisen: Der prozessuale Beweis musste über jeden Zweifel erhaben sein. Als voller Beweis galten das Geständnis des Angeklagten bzw. die Aussagen von zwei völlig zuverlässigen Zeugen106 – dagegen waren notorische Tatsachen oder der richterliche Augenschein in der Praxis vergleichsweise weniger bedeutsam. Andere Beweismittel hatten lediglich Indizienwert, so etwa die Aussage eines einzelnen zuverlässigen Zeugen, das außergerichtliche Geständnis oder das Geständnis vor dem inkompetenten Richter107. Auf diese prozessrechtlichen Schwierigkeiten reagierten die italienischen Glossatoren, indem sie eine Ausdehnung des engen römisch-rechtlichen dolus-Begriffs vornahmen108: Sie unterschieden zwischen dem dolus verus bzw. manifestus, der auf einem Geständnis oder offenkundigen Indizien beruhte, und dem dolus praesumptus, 103

Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 532 FN 229 mit Beispielen und m. w. N. Vgl. nur Bartolus de Saxoferrato, D. n. de legem Corn. de sica l. in lege (D. 48, 8, 7), zitiert nach Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 510: „in poenis corporalibus lata culpa non aequiparatur dolo, sed mitius punitur.“ Clarus Iulius, § fin. qu. 84 n. 1: „Et in primis quidem scias, quod regulariter in Poenis criminalibus numquam potest quis puniri corporaliter, nisi dolus interveniat. […] Nec sufficeret lata culpa: nam in criminalibus, cum agitur de imponenda poena mortis, vel mutilationis membri, lata culpa non aequiparatur dolo […] sed regulariter pro culpa non solet aliquis corporaliter puniri.“ s. auch Löffler, Schuldformen, S. 147 ff.; Ronco, RIDPP 2014, 817; Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 94 ff.; Stuckenberg, in: Koch/Kubiciel/Löhnig/Pawlik, S. 242 f. 105 Bondi, S. 259 ff.; Engelmann, Schuldlehre, S. 18 ff.; Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 94 ff.; Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 533; jeweils m. w. N. 106 Vgl. etwa Art. 23 Abs 1 CCC über die Frage, „wie die gnugsam anzeygung eyner mißthat, bewisen werden sollen“: „Item eyn jede gnugsame anzeygung darauff man peinlichen fragen mag, soll mit zweyen guten zeugen, bewisen werden, wie dann inn etlichen artickeln darnach von gnugsamer beweisung geschrieben steht. Aber so die hauptsach der missethat mit eynem guten zeugen bewiesen wu¨ rd, die selb, als eyn halb beweisung, macht eyn gnugsam anzeigung als hernach inn dem dreissigsten artickel anfahend. Item eyn halb beweisung, als so eyner inn der hauptsach etc. funden wirdt.“ 107 Engelmann, Irrtum und Schuld, S. 53 ff.; Ignor, S. 62 ff.; Jerouschek, ZStW 104 (1992), 344 ff.; Löffler, Schuldformen, S. 152 f. 108 Dahm, Strafrecht Italiens, S. 258 f.; Demuro, S. 107 ff.; Engelmann, Schuldlehre, S. 36 f., 49 ff., 135 ff.; ders., Irrtum und Schuld, S. 56 f., 75 ff.; Hall, FS Mezger, S. 238 ff.; Ignor, S. 65; Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 108 f.; Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 534; ders., in: Koch/Kubiciel/Löhnig/Pawlik, S. 243. 104

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

der über schwächere Indizien bewiesen wurde und lediglich zu außerordentlichen Strafen führen konnte109. Für die Vorsatzvermutung spielten die konkrete Handlungsweise des Täters eine Rolle, etwa die Verwendung einer Waffe und deren Beschaffenheit110. Die Kommentatoren hingegen entwarfen ihre Lösungsperspektiven auf dem Fundament der kanonischen Versari-Lehre, d. h. sie gingen davon aus, dass der vom Täter eigentlich angestrebte Erfolg bereits unerlaubt war. Im Gegensatz zum kanonischen Haftungsprinzip wollten sie den Täter nur für jene unbeabsichtigten Erfolge haften lassen, die sich als wahrscheinliche bzw. notwendige Folge der unerlaubten Grundhandlung darstellten. Sofern nach objektiven Umständen der Handlung derartige Indizien für die Vorhersehbarkeit der Folgen vorlagen, wurde der Erfolg als dolose Verursachung angesehen111 – gemäß der nach Bartolus benannten doctrina Bartoli, welche bis ins 16. Jahrhundert herrschende112, wenn auch nicht unumstrittene113 Lehre war. Schließlich wurde diese Lehre von Baldus, einem Schüler von Bartolus, weiter ausgebaut, indem ein besonderer Schwerpunkt auf die innere Einstellung des Täters hinsichtlich des möglichen Erfolgs gelegt wurde: Der Erfolg könne nur dann dem Vorsatz des Täters zugerechnet werden, wenn diesem die Möglichkeit der Erfolgsverwirklichung notwendigerweise bewusst war – dabei kam es nicht auf die Feststellung subjektiver Aspekte, sondern auf die Würdigung objektiver Umstände zur Indizienwertung an114. Bei einer rückblickenden Würdigung ging es nicht um eine Ausweitung des Dolusbegriffs, sondern vielmehr um die erweiterte Anwendbarkeit der poena ordi109 Ex multis s. Iacobus Menochius, De Praesumtionibus, Coniecturis, Signis, et Indicijs Commentaria, In Sex distincta libros, & recens in lucem edita, Venetiis, 1617, lib. V, praes. II, Nr. 6, zitiert nach Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 535: „Dolus verus dicitur, qui manifestis indiciis probatur, vel quem lex statuit esse dolum; praesumptus vero, qui indiciis non multum claris, & manifestis detegitur.“ s. Demuro, S. 108 f; dazu Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 535 m. w. N. 110 Jeweils m. w. N.: Engelmann, Schuldlehre, S. 50 f.; Löffler, Schuldformen, S. 156; Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 535 ff.; ders., in: Koch/Kubiciel/Löhnig/Pawlik, S. 243. 111 Bartolus de Saxoferrato, D. n. ad legem Corne. de sica. l. Divus (D. 48, 8, 14), Nr. 1, 2, 7, zitiert nach Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 538: „Si delinquit in plus incidendo in aliam speciem delicti, hoc adverte: si quidem delictum quod principaliter facere proposuerat, tendit ad illum finem, qui secutus est, et tunc inspicimus eventum. Si vero ad hoc non tendebat delictum, quod principaliter facere proposuerat, tunc non teneur.“ Vgl. Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 193 f.; Demuro, S. 112 ff., 138. 112 Vgl. die Nachweise bei Engelmann, Schuldlehre, S. 97 ff., 100 ff., zu gemeinrechtlichen Autoren wie Bossius, Decianus, Menochius sowie Farinacius. 113 Vgl. hierzu die Nachweise zu den Autoren Decius, Marianus Socinus, Alciatus, Hippolytus de Marsiliis und Clarus bei Engelmann, Schuldlehre, S. 94 ff., die in derartigen Fällen eine „kulpose“ Tötung sahen. 114 Engelmann, Schuldlehre, S. 80 ff.; Löffler, Schuldformen, S. 149; der Darstellung bei Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 109 f., wonach Baldus beim Täter das effektive Bewusstsein über eine Erfolgsverwirklichung voraussetzt, widerspricht Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 538 FN 269 unter Nachweis der Formulierung „putare debuisse“ bei Baldus.

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naria unter faktischem Verzicht auf die Voraussetzung einer Beziehung zwischen Täterwillen und eingetretenem Erfolg: Der Täter sollte bestraft werden, als ob er den animus occidendi gehabt hätte115. Die Willensschuld als zentraler Ausgangspunkt zur Lösung der Frage nach Anwendung der poena ordinaria wurde schließlich in den Lehren zum dolus generalis und zum indirekten Willen (bzw. dolus indirectus) thematisiert: Während das Schrifttum zum dolus generalis nach dem kanonischen Zurechnungsprinzip der Versari-Lehre „nur vereinzelt und zumeist im Kontext von Verwechselungsfällen“116 vorzufinden ist, waren die Ausführungen des spanischen Bischofs Diego de Covarruvias y Leyva (1512 – 1577), dessen Lehren auf Grundsätzen des Thomas von Aquin fußten117, wegweisend für die weitere Entwicklung der Schuldformen in den nächsten Jahrhunderten. Nach der Thomasischen Lehre, die an die Willenslehre des Aristoteles anlehnte, ist die Zurechnung von zufälligen Folgen generell auszuschließen. Der Aquinat unterschied zwischen zwei Willensbeziehungen zum Erfolg, nämlich dem direkt gewollten Erfolg und dem „indirekt“ gewollten, bei dem zwar die Ursache, aber nicht der typischerweise eingetretene Erfolg gewollt war118. Bei Letzterem hätte der Wille den Erfolg hindern können; da dies aber unterblieb, sollte die Folge dem Täter als quasi voluntarium zugerechnet werden119. Covarruvias ging ebenso von der Willenschuld aus und sah die voluntas indirecta dann gegeben, wenn die Folge nicht ganz unwahrscheinlich war und der schwere Erfolg unmittelbar aus der gewollten Handlung resultierte120. Der einflussreiche Autor der deutschen gemeinrechtlichen Strafrechtswissenschaft Carpzov setzte sich mit der Fragestellung auseinander, ob die ordentliche Strafe, die eigentlich den animus occidendi voraussetzt, auch dann anzuwenden sei, 115

So Basile, in: Studi in onore di M. Romano II, S. 707; Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 182, 193 f.; Delitala, in: Raccolta degli scritti I, S. 434; Demuro, S. 117; Engelmann, Schuldlehre, S. 80 f.; Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 538; vgl. ferner die zusammenfassende Unterscheidung von indirektem Willen und dem Versari-Grundsatz bei Demuro, S. 118: „Bei der voluntas indirecta wird dem Handlungswillen der Erfolgswillen hinzugefügt, während beim versari in re illicita die Annahme einer bösartigen Absicht dominiert, die sich in der Verletzung eines Verbots äußert, sodass jede daraus resultierende Konsequenz als verschuldet angesehen wird.“ 116 So Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 539 unter Hinweis auf Farinacius und Tiraquellus. 117 Nach Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 539 f., rezipierte Covarruvias die Lehren von Thomas von Aquin ohne Änderungen, weshalb nichts dafür spreche, den spanischen Bischof als Erfinder der Lehre vom dolus indirectus zu betrachten – sein Verdienst sei vielmehr die „prägnante Darstellung der thomasischen Lehre“, die auf diese Weise in den Strafrechtswissenschaften großen Einfluss gewann. 118 So Löffler, Schuldformen, S. 159 ff. m. w. N. 119 Thomas von Aquin, Summa theologiae, II-1, qu. 77 Art. 7 c, zitiert in: Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 541. 120 So Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 196; Demuro, S. 74 f., 119 ff.; Küpper, Zusammenhang, S. 17; Löffler, Schuldformen, S. 161; Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 110 f.; Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 543.

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

wenn bei einem Todeserfolg zwar eine gefährliche Verletzungshandlung, aber keine eigentliche Tötungsabsicht vorliege121. Im Gegensatz zur überwiegenden Meinung bejahte er die Frage, da der Täter bei der Verwendung gefährlicher Instrumente wisse oder zumindest aufgrund allgemeingültiger Erfahrungssätze wenigsten wissen müsse122, dass die verursachten Verletzungen unmittelbar und an sich zu einem Todeserfolg führen können, weshalb sich sein Wille auf die Verwundung und alles beziehe, was aus ihr folgt123 : Der Handelnde habe den Todeserfolg deshalb indirekt gewollt124. Carpzov verwendete hierbei den Begriff voluntas indirecta nicht in einer 121 Carpzov, pars I, qu. 1, Nr. 15 (= S. 3), übersetzt nach Oehler, Benedict Carpzov Strafrecht, S. 6: „Es ist jetzt von vornherein nicht zu bezweifeln, daß auf den einfachen vorsätzlichen Totschlag, der mit Willen und Tötungsabsicht (animo occidendi) im Streit begangen wird, als ordentliche Strafe die des Schwertes zu setzten ist. […] Was aber, wenn die Tötungsabsicht (animus occidendi) fehlt? Zum Beispiel, wenn jemand mit einem Schwert, einem Holz oder einem anderen ähnlichen Gegenstand den Sempronius getötet hat, zwar mit der schlechten Absicht (pravo animo) ihm eine Beleidigung dadurch, daß er ihm eine Narbe ins Gesicht schlage, zuzufügen, jedoch ihn nicht töten wollte, aber dennoch seine Hand nicht so zähmen konnte, daß er ihn nicht schwer traf, wobei aus dieser Wunde ohne seine Absicht der Tod folgte; soll dann der Täter auch mit der Todesstrafe des Schwertes getötet werden?“ 122 Carpzov, pars I, qu. 1, Nr. 28 (= S. 5), übersetzt nach Oehler, Benedict Carpzov Strafrecht, S. 8 f.: „Ich meine, daß dieser Lehrsatz mit dem Recht und der Wahrheit eher übereinstimmt, und daß der, der mit dem Schwert zustößt, allerdings nur verwunden will, auch vorsätzlich (dolo) handelt, weil er weiß oder wenigstens wissen mußte, daß die Wunde auf diese Weise nicht zugefügt werden durfte, weil besonders ein Schwert oder ähnliches Werkzeug zur Tötung geeignet sind. Im Ergebnis ist nicht zu leugnen, daß solch ein Täter die Tötungsabsicht hat und daß sein Wille die Verletzung und alles das, was unmittelbar aus diesem vorsätzlichen Begehen folgt, einschließt“. 123 Carpzov, pars I, qu. 1, Nr. 29 (= S. 5), übersetzt nach Oehler, Benedict Carpzov Strafrecht, S. 9: „ERSTENS: ist bekannt, derjenige, der eine verbotene Tat begeht, muß sich alles dessen, was außerhalb seiner Absicht oder seinem Willen liegt, versehen, wenn wenigstens der Grund (causa) beabsichtigt und auf ein daraus folgendes Delikt gerichtet ist, so daß der Täter (auctor) das Delikt wahrscheinlich sowohl bedacht hat und überdenken konnte als auch wenigstens bedenken mußte, was aus diesem leicht für Folgen entstehen können“; ders., Practica nova, pars I, qu. 1, Nr. 31 (= S. 5), übersetzt nach Oehler, Benedict Carpzov Strafrecht, S. 9: „ZWEITENS: Freiwillig tötet nicht nur derjenige, der den Tötungsvorsatz hat, sondern auch der, der durch Verletzen des anderen den Grund für den Tod setzt. Der Wille führt manchmal zur Tötungshandlung direkt durch sich selbst (per se), manchmal indirekt durch den Geschehensablauf (per accidens): Direkt führt der Wille zur Tötung, wenn jemand Tötungsabsicht hat, und das ist die verwirklichte eigentliche Bosheit (malicia) bei der Tötung (zit.); indirekt aber durch Geschehensablauf, wenn aus diesem unmittelbar, nicht durch Hinzutreten von Umständen (per accidens) der Tod folgt. Denn auf das, was durch Hinzutreten von Umständen folgt, ist der Wille weder direkt noch indirekt gerichtet“. 124 Carpzov, pars I, qu. 1, Nr. 32 (= S. 5), übersetzt nach Oehler, Benedict Carpzov Strafrecht, S. 9: „Daraus folge, daß der Wille bei der Tötung ein doppelter sei: ein direkter und indirekter. Jenen hat der, der mit Tötungsabsicht einen anderen angreift; diesen der, der eine Wunde beibringt, aus der unmittelbar die Tötung folgt. In beiden Fällen sei der Wille auf die Handlung der Tötung (in actum homicidii) gerichtet. Also verdient der Wille in beiden Fällen für die folgende Tötung (homicidium) die Strafe, die auf Tötung (homicidium) gesetzt ist.“ s. auch ders., Practica nova, pars I, qu. 3, Nr. 3 (= S. 16); vgl. dazu die Zusammenfassung bei Lesch, JA 1997, 803: „Der dolus directus oder animus (Absicht) bezeichnete die ,voluntas directa et per se‘, also den auf den rechtswidrigen Erfolg als eine Hauptfolge der Handlung

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psychologischen Bedeutung, sondern beschrieb damit jene Fälle, in denen zwar nach den Aussagen des Täters die Tötungsabsicht fehlte, die der Autor dennoch dem homicidium dolosum gleichstellen wollte125. Zur Begründung seiner These griff Carpzov unter anderem auf einige Stellen aus dem Alten Testament126 und die kanonische Versari-Lehre127 – wobei der Autor im Gegensatz zum Versari-Prinzip nur die unmittelbaren und typischen Folgen der unerlaubten Handlung zurechnen wollte, die zufällige Folgen hingegen aus der Haftung ausklammerte128 – sowie auf die gerichteten Willen (Erfolgswillen). Unter dem dolus indirectus war demgegenüber die ,voluntas indirecta‘ zu verstehen, d. h. der auf die rechtswidrige Handlung selbst bezogene Willen (Handlungswille), dem unter gewissen Voraussetzungen ein aus dieser Handlung entspringender, praeter intentionem et voluntatem liegender sekundärer Erfolg, also eine ungewollte oder sogar unvorhergesehene Nebenfolge, gleichermaßen zuzurechnen war.“ (Hervorhebungen im Original) 125 Vgl. Carpzov, pars I, qu. 3, Nr. 2 (= S. 16), übersetzt nach Oehler, Benedict Carpzov Strafrecht, S. 26: „Die Gelehrten sehen allgemein als vorsätzlichen Totschlag (dol. homic.) allein solchen an, der mit Willen und animus des Tötens begangen wird, Zit. Es wurde aber oben in quaest. 1, n. 18, gezeigt, daß das falsch ist und vorsätzlicher Totschlag auch ohne Tötungswillen und Tötungsanimus erfolgen könne: nämlich wenn jemand, ohne töten zu wollen, mit bösem und vorsätzlichem animus den anderen schlägt, wobei aus dieser Verletzung später der Tod folgt. Der Zuschlagende nämlich handelt mit animus der Verwundung (vulnerandi) und mit jeder denkbaren Art der Verletzung (laedendi), ebenso auch mit dolus, als ob er den animus des Tötens gehabt hätte: Er weiß, oder sollte wenigstens wissen, daß er sicher und bestimmt irgendeine Wunde zufügen könne, deshalb ist sein Wille auf die Verletzung und auf alles gerichtet, was aus der vorsätzlichen Verletzung unmittelbar (immediate) entsteht.“ Ders., Practica nova, pars I, qu. 3, Nr. 3 (= S. 16), übersetzt nach Oehler, Benedict Carpzov Strafrecht, S. 27: „So kann der Totschlag auf zweifache Weise begangen werden, 1. mit Willen und animus des Tötens, 2. allein mit animus des Verwundens oder Verletzens, woraus der Tod unmittelbar folgt. Dieses ist auf die Verletzung zu beschränken, welche in der Art oder mit einem Instrument begangen wird, die zur vollendeten Tötung geeignet sind, und wodurch gemeinhin und sehr oft der Todt zugefügt wird, so daß der Verletzer von Anfang an ein solches Ergebnis notwendigerweise bedenken kann […]“; vgl. Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 559 oder auch Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 199 f., der das praktische Ergebnis bei Carpzov als primären Antrieb für die Konstruktion der indirekten Willenslösung sieht, sodass die Ausführungen zum indirekten Willen letztlich nur das dogmatische Rüstzeug für die Abgrenzung zur Culpa darstellen sollten; der Autor verweist hier auf die Darstellung in Carpzov, pars I, qu. 1 Nr. 16 (= S. 3), wo es heißt (zitiert nach Oehler, Benedict Carpzov Strafrecht, S. 6): „ERSTENS: so wie bei anderen Delikten, so wird auch bei der Tötung, wenn die Todesstrafe darauf steht, immer Vorsatz (dolus) verlangt, und Fahrlässigkeit (lata culpa) wird dem Vorsatz, soweit es sich um die Todesstrafe handelt, nicht gleichgestellt, Zit. Derjenige aber, der ohne Intention jemanden tötet, weil er die Totschlagsabsicht (animus occidendi) nicht hat, tötet mehr mit Fahrlässigkeit als mit dolus. Wenn jedoch diese Tötung (homicidium) eine dolose genannt wird, dann wird sie mit Tötungsabsicht (animus occidendi) begangen, Zit.“ Zusammenfassend Stuckenberg, in: Koch/ Kubiciel/Löhnig/Pawlik, S. 244 f.: „Erst Carpzov behauptet im Gegensatz zur überwiegenden Meinung die Anwendbarkeit der ordentlichen Strafe mit dem kriminalpolitischen Argument, dass sonst unzählige Morde ungesühnt blieben, weil der Täter immer behaupten könne, er habe nur verletzen, nicht töten wollen, was nur schwer zu widerlegen sei.“ 126 Vgl. Carpzov, pars I, qu. 1, Nr. 39 ff. (= S. 6). 127 Vgl. Carpzov, pars I, qu. 1, Nr. 29 (= S. 5). 128 So Puppe, ZStW 103 (1991), 26; Vogel, GA 2006, 386; ähnlich bereits Finzi, S. 30: „Der nicht gewollte Erfolg wird angerechnet, sofern seine Verwirklichung wahrscheinlich war.“ Vgl.

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

Ausführungen Covarruvias und Thomas von Aquin zurück, und nannte schließlich einen praktischen Grund für seine Vorsatzerweiterung: Die Aussage des Täters, er habe nur verletzen und nicht töten wollen, sei nur schwer zu widerlegen, weshalb der Angeklagte ohne Geständnis eigentlich freizusprechen wäre129. Unter Hinweis auf die Art und Beschaffenheit der Waffe und auf die Tatausführung konnte die Tat nach Carpzovs Lehre bei entsprechender Verantwortung des Täters dennoch als vorsätzliche Tötung eingestuft werden130. Auch wenn das Konzept zum indirekten Willen von Carpzov in der Folgezeit zur herrschenden Lehre der deutschen Strafrechtswissenschaften aufstieg, begegneten einzelne Autoren dem indirekten Willen recht kritisch131. Eine alternative Betrachtung zu diesen Fallkonstellationen erarbeitete Georg Beyer (1665 – 1714), als er die Fälle des indirekten Willens aus der Perspektive der fahrlässigen Tötung betrachtete. Zunächst stellte der Autor klar, dass ein wahres Verbrechen eine entsprechende voluntas im Sinne des propositum peccandi voraussetze132. Die culpose Begehung hingegen könne nur unter bestimmten Voraussetzungen als ein wahres Verbrechen gewürdigt werden, nämlich dann, wenn sie durch ein doloses Verbrechen bedingt werde: auch Caruso, S. 207; De Francesco, RIDPP 1993, 1032 f.; Fiandaca, in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 40; Tagliarini, S. 77 ff. 129 Carpzov, pars I, qu. 1, Nr. 42 (= S. 6), übersetzt nach Oehler, Benedict Carpzov Strafrecht, S. 11 f.: „ACHTENS: Wahrlich, wenn wir etwas anderes sagen würden, würde die Sache ein schlechtes Beispiel bilden und unnötige Totschläge würden unbestraft bleiben, Zit. Nämlich jeder beliebige Mörder, der die Todesstrafe verwirkt hat, könnte sich mit dieser Einwendung herausreden, indem er sich darauf beruft, er habe keinen Tötungswillen (animus occidendi) gehabt, und habe nicht daran gedacht, daß der Tod daraus folgen werde“; vgl. Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 558 mit Hinweis auf Frölichsburg, Anderer Tractat, 2. Buch, 1. Tit., S. 129: „Und diese letztere Doctrin ist der wahre Antrieb/der Sentenz des Carpzovii nachzufolgen.“ Dazu auch De Francesco, RIDPP 1993, 1032; Demuro, S. 138 f.; Dornseifer, GS H. Kaufmann, S. 429; Lesch, JA 1997, 803. 130 Zusammenfassend Carpzov, pars I, qu. 1, Nr. 53 (= S. 7), übersetzt nach Oehler, Benedict Carpzov Strafrecht, S. 12: „Vielmehr handelt der, der eine schlechte Absicht beim Töten (animum pravum occidendi) hat, immer mit Vorsatz, dagegen spricht nicht, daß der, der mit Vorsatz verletzt, nicht immer auch animus occidendi habe. Nach oben Gesagtem sind zwei Sachen am wenigsten zu vermengen, vielmehr ist folgendes festzuhalten: Für den Totschlag, bei dem die Schwertstrafe angewendet wird, ist immer ein vorsätzlicher animus zu erfordern, den der hat, der entweder mit schlechter Absicht beim Töten (animo pravo occidendi) einen anderen tötet, oder der auch dolos (ohne Tötungsabsicht, animo occidendi) den anderen zusammenschlägt und verwundet, woraus später der Tod notwendig folgt.“ Vgl. auch Carpzov, pars I, qu. 3 (= S. 15 ff.); dazu Hsu, FS Puppe, S. 541; Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 200, kommt bei einer Würdigung der dogmatischen Konstruktion zum indirekten Willen bei Carzpov zum Schluss, dass seine Ansätze dem italienischen Modell des dolus generalis samt „materieller Präsumption“ nahekommen. 131 Etwa Frölichsburg, 2. Tractat, 2. Buch, 1. Tit., S. 117 ff.; vgl. Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 559 FN 403 m. w. N. 132 Beyer, Delineatio, lib. 47, tit. I, Nr. 3 (= S. 594): „Ad delicta vera requiritur voluntas, h.e. propositum peccandi“.

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„Culpa verum delictum non constituit, nisi vero dolo accedat, v.g. si vulnerare volens praeter intentionem occidam, dolosa vulneratio ad se trahit caedem, eamque dolo tribuit.“133

Beyer befürwortete damit eine Differenzierung zum Erfolgswillen. Er zeigt auf, dass der Täter zwar mit dolosem Schädigungswillen gehandelt, der Erfolg sich aber aufgrund der ungenügenden sorgfältigen Aufmerksamkeit des Täters verwirklicht hat, sodass hinsichtlich der Todesfolge lediglich culpa vorliege134. Im Ergebnis entwarf der Autor mit dieser Begründung eine Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination, die als culpa dolo accedat konzeptuelle Ähnlichkeiten zur rund 60 Jahre später von Feuerbach entwickelten culpa dolo determinata aufweist135. Die Ablehnung der Konzeption von Beyer durch die zeitgenössische gemeinrechtliche Doktrin, etwa dezidiert durch Böhmer136, ist im Lichte dieser Dogmatik nur allzu konsequent. Im Hinblick auf die Ausgestaltung der voluntas indirecta, die sich auf einen weit verstandenen Erfolgsbegriff stützt – im Schrifttum wurde nicht von einem Verletzungs- und einem separaten Todeserfolg gesprochen, sondern gemäß dem immediate et per se sequitur Gedanken mit einem Folgen–Begriff argumentiert, der all jene intendierten und kollateralen Konsequenzen beinhaltet, die aus der gefährlichen Handlung typischerweise resultieren137 – ist eine Zweiteilung der verursachten Folgen in einen dolosen und einen culposen Teilerfolg nach dem Gemeinrecht nicht durchsetzbar. Des Weiteren ist die Ablehnung auch im Hinblick auf die Sanktionsdimension konsequent, zumal die poena ordinaria dem delictum verum – und damit dem vorsätzlichen (rectius: mit voluntas directa ausgeführten) Verbrechen vorbehalten ist138. Beyers Ausführung, wonach die durch dolus bedingte Fahrlässigkeit ein delictum verum bilde, hat das Potential über das Anliegen hinauszugehen, die einschlägige Fallgruppen ohne propositum occidendi mit derselben Sanktion wie die vorsätzliche Tötung zu belegen, da diese Lösung dogmatisch die Neuerung beinhaltet, die poena ordinaria auf die Schuldform der culpa zugänglich zu machen. Das würde gewissen Prämissen der gemeinrechtlichen Schuldlehre widersprechen, nämlich die ordentliche Bestrafung wegen dolus und die außeror133

Beyer, Delineatio, lib. 47, tit. I, Nr. 11 (= S. 595); eigene Übersetzung: Die Fahrlässigkeit bildet kein wahres Verbrechen, außer wenn sie durch die Absicht bedingt wird, z. B. wenn ich verletzen will und über meinen Willen hinaus [jedoch] töte, zieht die gewollte Verletzung den Tod nach sich, sodass dieser [Erfolg] durch Absichtlichkeit [dolus] bewirkt wurde. 134 Darstellung nach den Ausführungen in Boehmer, Observationes, pars I, obs. II, qu. I, Nr. 62 (= S. 4, 1. Spalte). 135 So Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 225. 136 Vgl. Boehmer, Observationes, pars I, obs. II, qu. I, Nr. 62 (= S. 4, 1. Spalte), der diese Lösungsperspektive mit dem Hinweis auf die Unteilbarkeit der Tat in subjektiver Hinsicht strikt ablehnt: Man könne eine einheitliche Handlung nicht in zwei Stücke teilen, von denen das eine dolos und das andere culpos sei. Die Tötung sei alleiniger Ausgangspunkt der rechtlichen Bewertung, die Verwundung hingegen spiele als rechtliches non ens keine Rolle, da sie in der Tötung aufgegangen sei. Ein simultaneus concursus in eodem obiecto von Verletzung und Tötung sei begrifflich ausgeschlossen. 137 Dazu instruktiv Ronco, RIDPP 2014, 817 m. w. N. 138 Vgl. nur Beyer, Delineatio, lib. 47, tit. I, Nr. 3 (= S. 594).

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

dentliche Bestrafung wegen culpa139. Letztlich blieb Carpzovs Konzept der voluntas indirecta weiterhin Ausgangspunkt für die weiteren Entwicklungen der gemeinrechtlichen Lehre zum indirekten Willen. Augustin Leyser (1683 – 1752) setzte bei der Begründung des animus indirectus einen besonderen Schwerpunkt auf die Tatausführung mittels einer tödlichen Waffe und formuliert in diesem Zusammenhang zum ersten Mal den Einwilligungsgedanken140. Damit beschritt er im Vergleich zu Carpzov einen neuen Weg der dogmatischen Begründung141: Während es Carpzov um die zentrale Frage ging, ob bei fehlender Tötungsabsicht die ordentliche Strafe zu verhängen sei, konstruierte Leyser mit seiner Einwilligungsthese eine Schuldform mit Anwendbarkeit der poena ordinaria, die auf dem selben Niveau wie der animus occidendi directus rangieren sollte142. Da das Anwendungsfeld der animus occidendi indirectus Lehre sehr breit aufgestellt sei143, präzisierte der Autor seine Ausführungen durch die Figur der voluntas nocendi, die er als Grundelement der beiden ordentlichen Schuldformen des animus occidendi sah144. Schließlich befürwortete er die Ersetzung des Terminus animus occidendi indirectus mit animus nocendi, sodass sich im Ergebnis animus occidendi und animus nocendi als Schuldformen für die ordentliche Strafe gegen überstanden145. Für die Einwilligung des Täters in den schwereren Erfolg war nach Leyser erforderlich, dass der Täter den schweren Erfolgseintritt vorhersieht. Hierbei stellte der Autor allerdings auf den Maßstab eines vernünftigen Menschen ab, weshalb im Ergebnis eine abstrakte Vorhersehbarkeit vorlag, die sich auf eine prozessrechtliche Beweisvermutung stützte. Daher stellt sich die Einwilligung des Täters in den schweren Erfolg bei Leyser als juristische Bewertung ohne psychologischen Gehalt dar146. 139

Vgl. nur Boehmer, Observationes, pars I, obs. II, qu. I, Nr. 62 (= S. 4, 1. Spalte). Leyser, spec. 597, med. 17 (= S. 380); ebenso wörtlich ders., Meditationes IX, spec. 603, med. 4, (= S. 550): „Quisquis enim lethifero instrumento vulnus intentat, hic certe, siquidem recta ratione praeditus est, praevidet, ex vulnerare illo mortem sequi posse. Dum itaque hoc scit, & tamen vulnerat, in mortem adversari consentit ATque adeo non in culpa, sed in dolo est.“ Im Ergebnis kommen diese Ausführungen dem Konzept bei Carpzov sehr nahe: Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 204 f.; Demuro, S. 145. 141 So Demuro, S. 145. 142 Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 202; Demuro, S. 145. 143 Leyser, spec. 603, med. 7 (= S. 558): „Animus occidendi indirectus etiam sine proposito vulnerandi aut copus laedendi esse potest.“ 144 Leyser, spec. 603, med. 1 – 3, (= S. 548): „voluntas nocendi, sine qua animus occidendi, sive directus sive indirectus, mente concipi non potest.“ 145 So Leyser, spec. 603, med. 1 – 3, (= S. 549): „Quibus ipsi nos morem gerimus, ac animum occidendi indirectum pro animo nocendi subiude usurpamus.“ 146 Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 202; s. beispielsweise Leyser, spec. 611, med. 33 – 35 (= S. 722) zur Annahme des animus indirectus, wenn die Täterin ihr neugeborenes Kind in ihre 140

B. Die rechtsdogmatische Entwicklung

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Auch bei Böhmer findet sich die Überlegung, dass der Täter als vernunftbegabtes Wesen für die Folgen seiner willentlichen Handlungen vollumfänglich zur Verantwortung zu ziehen sei, auch wenn dieser behauptet, er habe gewisse Folgen nicht beabsichtigt147. Bei der Frage nach der strafrechtlichen Zurechnung ging der Autor davon aus, dass ein vernünftiger Menschen imstande sei, die notwendigen bzw. vorhersehbaren Konsequenzen seiner Handlung zu erkennen, weshalb der Erfolg in direkter oder in indirekter Weise vom Willen des Täters umfasst werde148. Hierbei wurden verschiedene Graduierungen des Willens abgestuft: Der stärkere direkte Wille charakterisiere den dolus, der schwächere indirekte die culpa149. Hielt die bisherige gemeinrechtliche Literatur daran fest, dass der animus directus lediglich die eigentliche Absicht umfasste, erweiterte Böhmer diesen animus-Begriff, indem er die unbeabsichtigten, aber notwendigerweise mit dem erstrebten Ziel verbundenen Folgen ebenso zum animus directus zählte150. Nachdem er feststellte, dass die

Lade legt, wo es erstickte: „Nullus enim homo, qui modo sensum communem habet, neglectionem istam infantibus lethalem esse nescit“ […] „Alldieweil aber ein jeder vernünftiger Mensch wissen muß und kan, daß ein zartes Kind, welches ohne allen Beystand gelassen und noch darzu in eine verschlossene Lade gelegt wird, nothwendig umkommen und ersticken muß, folglich zu einem vorsetzlichen Kinder-Morde eben nicht nöthig ist, daß eine Kindermörderin äußerliche Gewalt brauche, sondern der animus occidendi auch ex non factis z. B. der Entziehung der Nahrung, erhellet; So finden wir nicht das geringste, welches der Inquisitin zur Linderung der ordentlichen Strafe gereichen möchte.“ 147 Boehmer, Observationes, pars I, obs. II, qu. 1, Nr. 62 (= S. 2, 1. Spalte); s. Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 206; Demuro, S. 147; Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 560; vgl. auch Puppe, ZStW 103 (1991), 27, die hierzu treffend feststellt, dass die Interpretation, der dolus indirectus sei ausschließlich bzw. vorwiegend zur Lösung der prozessbedingten Beweisschwierigkeiten entwickelt worden, zu kurz greife. 148 Da ein vernünftiges Wesen imstande ist, die notwendigen bzw. vorhersehbare Konsequenzen seiner Handlung zu erkennen, werden derartige Erfolge ebenso vom Willen umfasst: Boehmer, Observationes, pars I, obs. II, qu. 1, Nr. 62 (= S. 2); vgl. Puppe, Erfolgszurechnung, S. 195; dies., ZStW 103 (1991), 27. 149 Boehmer, Observationes, pars I, obs. II, qu. I, Nr. 62 (= S. 1, 2. Spalte): „Quicquid enim imputationis delictis inest, fundamentum suum habet in voluntate, qua quis decernit certum genus actionis, lege prohibitum, seque ejus auctorem esse ostendit. Voluntas haec duplici modo se exserit, uno quoties ex proposito ad certum delictum directo, & praemeditato consilio; altero quoties imprudenti, ac inconsulto quodam facto, quocum praesens delictum non per se connexum, contra legem peccatur. Priorem dolum, vel culpam malitiae, posteriorem culpam sempliciter, vel cum additamento, imprudentiae, desidiae, negligentiae, vocant. […] Utriusque actio ultimo ad voluntatem referenda, quia, qua huic propria, imputatio, cuilibet cohaeret, extra dolum autem vel culpam nulla est. Quicumque alterutro modo deliquit, voluit delictum, animumque delinquendi habuit. Solus gradus voluntatis utramque actionem distinguit, modumque Imputationis determinat, qui in dolo est fortior, in culpa debilior; ibi ordinariam, hic extraordinariam poenam producit. Ita vero dolo non male animum delinquendum directum, culpam vero indirectum dixeris.“ (Hervorhebungen im Original); vgl. Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 560 m. w. N. 150 Boehmer, Medidationes, Art. 137 CCC, § VI (= S. 649): „Secus dicendum, si factum unice et solum ad destructionem tendit, quod directi, non indirecti animi est argumentum. Frustra enim quis dicitur de seruando illo cogitasse, quem necessitati mortis subiciit […]“

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

Fahrlässigkeit nicht alle Fälle des indirekten Wollens umfasse und deshalb Platz für dolose Fallkonstruktionen bleibe151, stellte Böhmer gewisse Voraussetzungen für die Feststellung des animus indirectus auf, unter anderem jene in Abgrenzung zum Ansatz von Carpzov, der Täter müsse die Möglichkeit des Todeserfolgs vorausgesehen haben152 – wobei hier nicht ein Beweis für die Voraussicht gefordert wurde, sondern das wahrscheinliche Vorliegen einer solchen bereits genügte153. Da der Täter um die Möglichkeit der Erfolgsverwirklichung wusste und trotzdem handelte, willige der Täter zwar nicht völlig, aber doch eventuell in den Erfolg ein, weshalb die Tat nach Böhmer als voluntas eventualis zurechenbar sei154. In derartigen Fällen sollte der vorsätzlich herbeigeführte Erfolg so schwerwiegend sein, dass der Eintritt weiterer schwerer Folgen unter Berücksichtigung der Gegebenheiten im Einzelfall nahelag, weshalb der Täter als vernunftbegabter Mensch auf das Ausbleiben der weiteren Folgen nicht hoffen durfte155. (Hervorhebungen im Original); vgl. Demuro, S. 147 f; Hsu, FS Puppe, S. 531, 542; Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 560. 151 Boehmer, Observationes, pars I, obs. II, qu. I, Nr. 62 (= S. 2, 1. Spalte): „Tametsi enim omne homicidium culposum animo indirecto committi, ut ante ostensum, recte dixeris, dolosum tamen vice versa non solo animo directo absolvitur, sed eque indirecto perpetrari potest, adeoque animus indirectus utrique proprius, culposo semper, & absolute, significatu tamen paulo laxiori, doloso aliquando, & sub certis conditionibus atque in sensu strictiori, quamvis JCtis in doctrina de homicidio hoc familiare, ut sub denominatione animi homicidii indirecti communiter ac in dubio eam speciem, quae dolum conjunctum habet, intelligant; priorem vero sola culposi homicidii appellatione vulgo comprehendant.“ (Hervorhebungen im Original); vgl. Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 216 f. 152 Boehmer, Observationes, pars I, obs. II, qu. I, Nr. 62 (= S. 2, 1. Spalte): „Haec omnia inquam scivit, aut scire potuit, & debuit“; ders., Observationes, pars I, obs. II, qu. I, Nr. 62 (= S. 6, 1. Spalte): „Non enim sufficient cogitare debuisse, quod si factum non fuerit, culpam infert, nisi verisimilis cogitationis actualis, quae dolum arguit, argumenta concurrant.“ (alle Hervorhebungen im Original); vgl. Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 561. 153 Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 561; a. A. Löffler, Schuldformen, S. 172; Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 125. 154 Boehmer, Observationes, pars I, obs. II, qu. I, Nr. 62 (= S. 2, 1. Spalte): „sed etiam si, qui, tametsi solam laesionem sibi proponet, dum in omnem eventum, etiam mortem speciatim vult, ad necandum vires conquirit.“ In diesem Kontext bringt Böhmer schließlich das Beispiel einer plötzlich entstandenen Rauferei, in der Titius den Mevius mit dem Schwert eine tödliche Verwundung beibringt, und stellt fest: „Voluit ubique Titius laesionem principaliter; sed voluit quoque eventualiter mortem.“ (Hervorhebungen im Original); nach Löffler, Schuldformen, S. 172, prägte Böhmer als erster den Begriff dolus eventualis; zustimmend MK-Duttge, § 15 Rdn. 51; Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 124; Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 561; Oehler, ZStW 69 (1957), 504 würdigt das Werk Böhmers, da dieser das Wesen des dolus indirectus am sichersten bestimmte, „[…] indem er in diesem den eventuellen Vorsatz einer Tötung, d. h. das In-Kauf-nehmen des Erfolgseintritts sah.“ 155 Boehmer, Observationes, pars I, obs. II, qu. I, Nr. 62 (= S. 2, 1. Spalte): „Si enim nollet, contraria, & quae commodo simul consistere non possunt, vellet, quod non sanae, sed emotae mentis hominis est, quum quilibet sibi constare, & secundum rectam rationem agere censeatur, quae non probat voluntatem alicujus rei specialem, sine speciali & simultanea voluntate ejus, quod sua natura cum illa re connexum esse solet, hariolari poterat.“ (Hervorhebungen im Original); […] „Scivit tanquam homo sanus, vulnera ad mensuram haud infligi; non ignoravit,

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Eine weitere Entwicklung erfuhr die gemeinrechtliche Strafrechtswissenschaft durch die Nettelbladt-Gläntzersche Dissertation, die im Zeichen des Naturrechts und des Rechtsphilosophen Christian Wolff stand156. So unterschieden die Autoren den dolus als Willenfehler von der culpa als Verstandensfehler, weshalb die volitio indirecta auch in den Bereich des dolus fallen musste: Der Täter handelte trotz seiner Kenntnis über die potentielle Erfolgsverwirklichung, weshalb diese Möglichkeit auf diese Weise vom Willen erfasst sei157. Anhand dieser Definition überschnitten sich die Fälle der intentio indirecta nicht mit dem Bereich der culpa, weshalb sich hier deutliche Abweichungen zu den Positionen von Leyers und Böhmers ergeben. Während Leyser und Böhmer bei der animus indirectus bzw. volitio eventualis eine Einwilligung in den Erfolg sahen, gingen Nettelbladt und Gläntzer von der Vorstellungstheorie aus: Bei der intentio directa wurde dem Täter vorgeworfen, dass er den strafbaren Erfolg als Möglichkeit vorausgesehen hatte und genau deswegen handelte, während der Täter bei der intentio indirecta die Handlung vornahm, obwohl er über den möglichen Erfolgseintritt Bescheid wusste158. Konsequenterweise begnügten sich die Autoren nicht mit einer objektiven Vorhersehbarkeit des Erfolgs, vielmehr forderten sie für das Vorliegen des dolus, dass der Täter den Erfolg tatsächlich vorhergesehen hatte159. Die Abgrenzung zwischen den Ansätzen von Böhmer und Nettelbladt/Gläntzer werden nach etiam artis gladiatoriae peritissimum, quum se ad vulnerandum accingit, non satis sibi ab ictus aberratione cavere poss; gladii stricturam a suo arbitrio non pendere; esse rem periculosissimam, mediantibus armis lethiferis se cum altero committere; mortem alterius ab executione hujusmodi facti periculosi tam facile, quam vulnerationem pendere.“ s. Demuro, S. 148; Puppe, Erfolgszurechnung, S. 197. 156 Demuro, S. 149, 151; Löffler, Schuldformen, S. 177 f.; Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 126; Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 561 f.; Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 212, 217 f. weist den Einfluss des Philosophen bereits bei Böhmers Argumentation für sein Konzept zum dolus eventualis nach. 157 Nettelbladt/Gläntzer, § 13 (= S. 9): „Si agens scit ex sua actione, praeter id, quod directe intendit, eadem facilitate aliud quid seque posse, quoad hoc, si sequitur, in dolo est. Agens enim si scit quod ex sua actione aliud quid, quam id, quod directe intendit, aeque facil sequi possit, quoad hoc, quod praeter id, quod per se vult, sequitur, non est in ignorantia, sed eo sciente producitur. Ergo quoad id quod sequitur sciens sequi potest, velle etiam id, quod sequi potest, praeter id, quod per se vult, necesse est, et quidem vere, quamvis indirecte, cum nisi velit quod indirecte vult, ad talem actionem se determinare non posset, hinc et volens, quoad id quod sequitur, agit. Est ergo in dolo.“ (Kursive im Original); vgl. Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 212; Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 562. 158 So Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 127; Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 562. 159 Nettelbladt/Gläntzer, § 11 (= S. 7): „Ad indirectam intentionem requiritur, ut agens sciat eadem facilitate ex sua actione aliud quid posse sequi, ac id quod directe intendit … Actus voluntatis vero, qui dicitur volitio, non intellegitur, nisi praeva cognitione eius, ad quod dirigenda […], ergo etiam intentio indirecta, quae est volitio, non adesse potest, nisi praevia cognitione eius, ad quod dirigitur. Hinc patet ad intentionem indirectam in agente requiri scientiam.“ (Hervorhebungen im Original); Allerdings wurde nach Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 563, der Beweis für die Vorhersehbarkeit bei Nettelbadt/Gläntzer durch die objektive Beschaffenheit der Handlung erbracht.

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Schaffstein in jenem Fall deutlich, wo der verbrecherische Erfolg zwar nicht beabsichtigt, aber als sichere Folge vorauszusehen war: Böhmer rechnete diesen Fall dem animus directus zu, während derselbe Fall gemäß der Dissertation unter der intentio indirecta subsumiert wurde, da der Täter die Handlung trotz der Kenntnis eines wahrscheinlichen Erfolgseintritts getätigt hatte160. Die gemeinrechtliche Doktrin und insbesondere der Grundgedanke zur erforderlichen Letalität der typischen Grundhandlung, die mit hoher Wahrscheinlichkeit bzw. nach allgemeiner Lebenserfahrung den weiteren schwereren Erfolg nach sich zieht, schlugen sich noch deutlich im Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 (ALR) nieder161: So bestimmt die Grundnorm des § 806 ALR: „Wer in der feindseligen Absicht, einen Andern zu beschädigen, solche Handlungen unternimmt, woraus, nach dem gewöhnlichen allgemein, oder ihm besonders bekannten Laufe der Dinge, der Tod desselben erfolgen mußte, und ihn dadurch wirklich tödtet; der hat als ein Todtschläger die Strafe des Schwerdtes verwirkt.“162

Ebenso beinhalteten die Bestimmungen über die Vorsatzvermutung in §§ 27, 813 ALR die immediate et per se sequitur Gedanken aus den Lehren von Carpzov163 : § 27 ALR: „Ist die Handlung so beschaffen, daß der gesetzwidrige Erfolg, nach der allgemein oder dem Handelnden besonders bekannten natürlichen Ordnung der Dinge, nothwendig daraus entstehen mußte: so wird vermuthet, daß das Verbrechen vorsätzlich sey unternommen worden.“ § 813 ALR: „Wer sich eines zum Tödten bestimmten Instruments auf eine tödtliche Weise bedient, hat die rechtliche Vermuthung, daß er die Lebensgefahr vorausgesehen habe, wider sich.“

Der Letalitätsgedanke der Grundtat, der sich im schweren nachträglichen Erfolg niedergeschlagen haben muss, wird in den §§ 815 und 816 ALR augenscheinlich, denn das Ausbleiben dieses Kriteriums schlägt sich im Einzelfall in einer Strafmilderung nieder: § 815 ALR: „Ist es jedoch in den Fällen des § 811. bis 814. nach den vorwaltenden besonderen Umständen wahrscheinlich, daß der Thäter dennoch die Absicht zu tödten nicht gehabt habe: so soll zehnjährige bis lebenswierige Zuchthaus- oder Festungsstrafe an die Stelle der Todesstrafe treten.“ 160

Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 127. Oehler, Legalordnung, S. 116 f.; Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 14; die nachfolgend angeführten Gesetzesstellen des ALR werden nach Hattenhauer, Landrecht, S. 673, 704 f. zitiert. 162 Weiter heißt es im § 811 ALR: „Hat der Thäter die aus einer Handlung entstehende Lebensgefahr auch nur wahrscheinlich vorausgesehen; so hat er dennoch die in § 806 bestimmte Todesstrafe verwirkt.“ § 812 ALR bestimmt: „Es wird vermuthet, daß der Thäter diejenige Gefahr wirklich vorausgesehen habe, die ihm unter den vorhandenen Umständen nicht verborgen seyn konnte.“ 163 So Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 13 f.; vgl. auch Stuckenberg, in: Koch/Kubiciel/Löhnig/Pawlik, S. 250. 161

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§ 816 ALR: „Ist auf eine vorsätzlich zugefügte, aber weder an sich, noch in Beziehung auf den Beschädigten, tödtliche Verletzung, der Tod dennoch, als mittelbare Wirkung dieser Verletzung, erfolgt: so soll der Thäter sechs- bis zehnjährige Festungsstrafe leiden.“

II. Paradigmenwechsel durch Feuerbachs culpa dolo determinata Wie bereits oben dargelegt, vollzog sich in den Strafrechtswissenschaften durch Feuerbach ein Paradigmenwechsel durch die Theorie des psychologischen Zwangs. Dementsprechend basieren die Schuldformen bei Feuerbach auf einem psychologischen Willensbegriff164, sodass auch die fahrlässige Handlung als Willensfehler einzustufen ist. Nach dieser Feststellung sei die culpa eine bewusste Übertretung der gesetzlich gebotenen Verpflichtung zu gehöriger Aufmerksamkeit165 – mit anderen Worten würden zwei Merkmale das culpose Verbrechen charakterisieren: Zum Einen das Strafgesetz selbst, welches die Erfolgsverursachung bestraft; zum Anderen die gesetzlich gebotene Sorgfalt zur Vermeidung des Erfolgs166. Demgegenüber definierte der Autor den dolus als „die Bestimmung des Begehrungsvermögens (Willens) zu einer Rechtsverletzung als Zweck mit dem Bewußtsein der Gesetzeswidrigkeit desselben“167 und setzt so Vorsatz mit Absicht gleich168. Zunächst befürwortete er eine allgemeine Vorsatzvermutung169, schwächte diese 164 Feuerbach, Revision II, S. 43 ff.: „3) Es muß das Factum in dem Begehren des Subjects gegründet, es muß That sein. Denn wo das Einwirken auf die Kräfte des Begehrens des Menschen unmöglich ist, wo die rechtswidrige Handlung durch blos mechanische Einwirkung äußerer Kräfte hervorgebracht wird, und mithin nicht in dem Begehren, das die Körperkräfte des Subjects zur Realisierung seiner Zwecke in Bewegung bringt, sondern in äußeren mechanischen Ursachen, welche die Kräfte des Subjects wider dessen Begehren determinieren, die Ursache der That begründet ist, da ist ebenfalls die Wirksamkeit des Strafgesetzes unmöglich; denn das Gesetz kann nur psychologisch wirken, hier aber kann das Factum nicht durch Vorstellungen, sondern allein durch mechanische Kräfte verhütet werden. […] Diese drei Stücke, aber auch nur sie, sind die Bedingungen der absoluten, objectiven Strafbarkeit, und setzen daher voraus, 1) Verstand (zur Erkenntniß des Gesetzes), 2) Urtheilskraft (zur Subsumption der Handlung unter das Gesetz), 3) Die Bestimmung des Begehrungsvermögens zur Uebertretung, als Grund ihrer Existenz.“ (Kursive im Original) 165 Feuerbach, in: Almendingen/Grolman/Feuerbach, S. 208 ff., 216 ff.; eingehend zur Fahrlässigkeit bei Stuckenberg, in: Koch/Kubiciel/Löhnig/Pawlik, S. 256 ff. 166 So Ronco, in: Studi in onore di M. Romano II, S. 1191 ff.; Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 567; ders., in: Koch/Kubiciel/Löhnig/Pawlik, S. 256 f. 167 Feuerbach, Revision II, S. 61; ders., in: Almendingen/Grolman/Feuerbach, S. 199; ders., Kritik II, S. 40; ders., Lehrbuch, § 53 S. 48; Feuerbach/Mittermaier, Lehrbuch, § 54 S. 99; vgl. Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 567. 168 So Puppe, ZStW 103 (1991), 28; vgl. auch Stuckenberg, in: Koch/Kubiciel/Löhnig/ Pawlik, S. 253. 169 Feuerbach/Mittermaier, Lehrbuch, § 60 S. 54 f.: „Da bey jeder Handlung eines Menschen Absicht der nächste Erklärungsgrund, vermöge der Natur des menschlichen Geistes, seyn muß, mithin die Hervorbringung einer Wirkung durch willkührliche Handlung, ohne daß jene

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Ansicht allerdings in späteren Arbeiten wieder ab170. Schließlich entwickelte er zwei dolus-Formen171, nämlich einerseits den dolus determinatus für den Fall, dass der Erfolg in der Absicht des Täters lag und sein ausschließlicher Zweck der Handlung war, und andererseits den dolus indeterminatus sive eventualis, der zwei Erscheinungsformen annehmen könne: Zum Einen, wenn die Handlung auf kein bestimmtes Verbrechen gerichtet war und der Täter dem eingetretenen verbrecherischen Erfolg gleichgültig gegenüberstand, zum Anderen, wenn der Täter ein bestimmtes Verbrechen beabsichtigte, von welchem er aber wusste, dass durch seine Handlung möglicherweise ein anderer Erfolg verwirklicht werden könnte, der sich daraufhin realisiert hat. Gleichzeitig lehnte Feuerbach die Lehre zum indirekten Willen als Schuldform ab, da der Erfolg, der über die Absicht hinausgeht, nicht Zweck des Verbrechens und damit nicht vom dolus-Begriff umfasst werden könne172. Dies entsprach konsequenterweise seinem Verbrechensbegriff, der nicht mehr ethischaxiologisch, sondern psychologisch fundiert war173. Die Fälle, welche von der gemeinrechtlichen Doktrin über die Konstruktion des indirekten Willens gelöst wurden, standen nach Feuerbach zwischen den Schuldformen der Absicht und Fahrlässigkeit. Seiner Ansicht nach handelt es sich hierbei um culpose Verbrechensformen, die durch eine dolose Handlung begründet wurden: So würden dolus und culpa in einer Handlung zusammentreffen, wenn „ein Verbrecher einen bestimmten rechtswidrigen Effect zum Zwecke hat, aus der Handlung aber, die ihn realisieren sollte, ein anderer rechtswidriger Effect entstanden ist, den er als mögliche Folge seiner Handlung entweder vorhergesehen hat, oder doch vorhersehen konnte. Hier ist Dolus, in Ansehnung des Zwecks, den er wirklich gewollt hat; Culpa in Ansehnung des Effects, der ohne die Absicht des Subjects, aus der auf einen anderen rechtswidrigen Zweck gerichteten Handlung, entstanden ist.“174 Diese rechtliche Konstruktion wurde von Feuerbach als culpa dolo determinata bezeich-

Wirkung Zweck der Willkühr gewesen, nur eine besondere Ausnahme von der allgemeinen Regel ist; so muß auch ein rechtswidriger durch eine an sich willkührliche Handlung hervorgebrachter Effect so lange als Zweck des Willens angenommen werden, bis sich bestimmte Gründe für die Ausnahme zeigen (Facta laesione praesumitur dolus, donec probetur contrarium).“ (Hervorhebungen im Original); Grobe, ZStW 78 (1966), 61 ff.; Grünhut, S. 208 ff.; Hruschka, FS Kleinknecht, S. 198 f.; Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 567. 170 Grobe, ZStW 78 (1966), 66; Grünhut, S. 210; Hruschka, FS Kleinknecht, S. 199; Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 567. 171 Feuerbach, Kritik II, S. 40 ff.; ders., in: Almendingen/Grolman/Feuerbach, S. 230 ff.; ders., Lehrbuch, § 58 S. 52; Feuerbach/Mittermaier, Lehrbuch, § 59 S. 113.; vgl. Dolcini, RIDPP 1979, 765; Stuckenberg, Vorsatz und Irrtum, S. 568 f.; ders., in: Koch/Kubiciel/Löhnig/ Pawlik, S. 253 f. 172 Feuerbach, in: Almendingen/Grolman/Feuerbach, S. 234 ff. 173 So Lesch, JA 1997, 804; Puppe, Erfolgszurechnung, S. 195; Ronco, in: Studi in onore di M. Romano II, S. 1184. 174 Zitiert nach Feuerbach, Lehrbuch, § 59 S. 53; Feuerbach/Mittermaier, Lehrbuch, § 60 S. 116.

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net. Damit lag in diesen Fällen nach Ansicht des Autors eine Idealkonkurrenz im Sinne einer Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination vor175. Im Ergebnis zeigen sich hier konzeptuelle Parallelen zur Beyerschen Konstruktion der Idealkonkurrenz. Aufgrund des unterschiedlichen historischen bzw. rechtstheoretischen Kontextes kann jedoch nicht von einer inhaltlichen Überschneidung der beiden Konzepte gesprochen werden: Wie bereits aufgezeigt, bildet der Grundsatz des immediate et per se sequitur Gedankens der gemeinrechtlichen Doktrin samt ethisch-axiologischer Prägung einen grundlegend andersartigen paradigmatischen Ausgangspunkt im Hinblick auf die psychologisch fundierte Doktrin von Feuerbach176. Die Loslösung von der gemeinrechtlichen Zurechnungsdoktrin kommt etwa in der folgenden Textstelle aus Feuerbachs Lehrbuch deutlich zum Vorschein177: „II. Beraubung des Lebens ist der rechtswidrige Erfolg; daher erst mit dem Dasein dieser Folge das Verbrechen vollendet ist. III. Diese Folge aber musste als Wirkung in der rechtswidrigen Handlung der Person gegründet sein; daher das Verbrechen der Tödtung erst dann vollständig vorhanden, wenn die durch die rechtswidrige Handlung entstandene körperliche Verletzung die wirkende Ursache des erfolgten Todes gewesen ist; jedoch ohne Unterschied, ob sie allgemein den Tod bewirken musste oder denselben nur ausnahmsweise in dem gegenwärtigen Falle bewirkt hat; ob durch Hülfe der Kunst ihre tödtliche Wirksamkeit hätte gehemmt werden können oder ob sie unheilbar tödtlich gewesen; ob sie durch andere von ihr selbst in Wirksamkeit gesetzte Zwischenursachen oder für sich allein und unmittelbar den Tod hervorgebracht hat.“

III. Zwischenergebnis Im Vergleich zwischen den gemeinrechtlichen Strafrechtstheorien und dem dogmatischen Ausgangspunkt der modernen Strafrechtsentwicklung seit Feuerbach lässt sich feststellen, dass sich durch die Thesen Feuerbachs mit Blick auf die Lehre zur inneren Tatseite ein Paradigmenwechsel vollzog, der mit dem ethisch-axiologischen Verbrechensbegriff des Gemeinrechts und insbesondere mit der dogmatischen Errungenschaft des immediate et per se sequitur Gedankens vollständig brach

175 So Dolcini, RIDPP 1979, 765 f.; C. Köhler, S. 9; Küpper, Zusammenhang, S. 19; Löffler, Schuldformen, S. 215; Oehler, ZStW 69 (1957), 505; Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 19; zum Einfluss der Feuerbachschen culpa dolo determinata auf die italienische Lehre des 19. Jahrhunderts s. Fiandaca, in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 37. 176 Nach Puppe, Erfolgszurechnung, S. 196, ist diese Abstraktionstendenz bei Feuerbach ein Grund, wieso die culpa dolo determinata nicht als Schuldform, sondern lediglich als besondere Deliktsform in der Gestalt der erfolgsqualifizierten Delikte überlebt hat. 177 Feuerbach/Mittermaier, Lehrbuch, § 208 S. 359 (Hervorhebungen im Original).

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und die Straftheorie auf ein psychologisches Fundament hob, das den Weg zu einer wesentlichen inhaltlichen Neuorientierung ermöglichte178. Aus diesem Grund überzeugt das Argument von Küpper zur „historischen Ableitung“179 nicht, sofern es sprachlich wie inhaltlich ein lineares Kontinuitätsverhältnis seit dem Gemeinrecht suggeriert180: Eine derartige Begründung sollte nur unter Hinweis des geistesgeschichtlichen Umschwungs im Zuge des aufgeklärten Strafrechts erfolgen, weshalb die gemeinrechtlichen Lösungsperspektiven im Kontext ihrer ethisch-axiologischen Prägung entsprechend gewürdigt werden181. Da sich aus der rechtshistorischen Untersuchung wichtige Erkenntnisse zur Zurechnungsdogmatik ergeben, soll nun der Hinweis des deutschen herrschenden Schrifttums auf das Kausalkonzept der letalen Wunden im Kontext der gemeinrechtlichen Lehren dargestellt werden. Immerhin wird von einigen Autoren im deutschen Schrifttum zum besseren Verständnis der herrschenden Letalitätstheorie auf den gemeinrechtlichen Letalitätsgedanken verwiesen, weshalb zur Entlastung der Darstellung dieser Auslegungstendenz im Dritten Teil A. III. an dieser Stelle eine zusammenfassende Darstellung dieses historischen „Kausalitätskriteriums“ am Beispiel der Constitutio Criminalis Carolina folgt.

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So bereits Stuckenberg, FS Jakobs, S. 703; ähnlich auch NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 30 wenn er auf die Dogmengeschichte zum PrStGB von 1851 hinweist; auf den axiologischen Hintergrund vor der Lehre Feuerbachs weißt auch Loreto, IP 2007, 421, hin; in diesem Zusammenhang kritisiert Ronco, in: Studi in onore di M. Romano II, S. 1184, den Vorwurf von Löffler, Schuldformen, S. 215, wonach die Ablehnung der Lehre vom dolus indirectus durch Feuerbach „nur eine scheinbare und ganz äußerliche […] sei: „In Wahrheit ist er weit abhängiger von den bei Gelegenheit des dolus indirectus entwickelten Rechtsgedanken, als er glaubt: sie bestimmen den von ihm so genannten dolus indeterminatus s. eventualis.“ (Hervorhebungen im Original); nach Ronco entgehe Löffler hier aber der fundamental andersartige Verbrechensbegriff bei Feuerbach, weshalb von einer Abhängigkeit Feuerbachs gegenüber den gemeinrechtlichen Autoren wohl kaum die Rede sein könne; vgl. ferner Ronco, Il problema, S. 53 f. sowie Murmann, Selbstverantwortung, S. 11 ff. 179 Küpper, FS Hirsch, S. 619; vgl. auch ders., Zusammenhang, S. 87. 180 Den Paradigmenwechsel in den Kodifikationen erkennt Küpper, Zusammenhang, S. 87, wenn er aufzeigt, dass durch das PrStGB von 1851 der Letalitätsgedanke beim todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikt verloren ging, als es aus den Tötungsnormen genommen und in die Vorschriften zur Körperverletzung integriert wurde. Dadurch, so Küpper wörtlich, sei der historische Zusammenhang verloren gegangen. 181 Im Ergebnis ähnlich Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 200: „Zur Rechtfertigung der Letalitätslehre wird in jüngster Zeit auch auf die historische Entwicklung verwiesen. Überzeugend ist das nicht. Die Hervorhebung einer ,jahrhundertelangen Kontinuität‘ ist nicht aussagekräftig, da die Letalitätslehre schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit dem Auftreten Stübels ihren Glanz verloren hat.“ (Hervorhebungen im Original); s. auch NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 30, wonach die historische Begründung der Letalitätstheorie vernachlässigt, dass es im gemeinrechtlichen Kontext um eine Zurechnungsform im Sinne einer Vorsatz-Vermutung ging, die im 19. Jahrhundert überwunden wurde.

C. Die gemeinrechtliche Doktrin zum Kausalverständnis

103

C. Die gemeinrechtliche Doktrin zum Kausalverständnis nach Art. 147 CCC Die besondere Berücksichtigung der Art und Beschaffenheit einer Verwundung als Ausgangspunkt für die Verantwortlichkeit des Täters ist bereits vor der gemeinrechtlichen Doktrin in verschiedenen Rechtstraditionen nachweisbar182, erhielt allerdings in der frühen Neuzeit durch die Positivierung des Letalitätsprinzips in der Constitutio Criminalis Carolina eine besondere Beachtung183. Die gemeinrechtliche Wissenschaft setzte sich im Zuge der Kommentierung dieses Gesetzeswerks mit der Frage zur Kausalität bei Art. 147 CCC und der dort aufgeworfenen Frage zur „Tödlichkeit einer Wunde“ auseinander. Dies erfolgte jedoch ohne Erfassung der allgemeinen Bedeutung von Kausal- und Erfolgszurechnung bzw. ohne Anspruch auf Entwicklung eines derartigen allgemeinen Konzepts184. Art. 147 CCC lautet185: „So eyner geschlagen wirdt vnd stirbt, vnd man zweiffelt ob er an der wunden gestorben sei CXLVII. Item so eyner geschlagen wirt, vnnd u¨ ber etlich zeit darnach stu¨ rb, also das zweiffelich wer, ob er der geklagten streych halb gestorben wer oder nit, in solchen fellen mo¨ gen beyde theyl (wie von weisung gesatzt ist,) kundtschafft zur sach dienstlich stellen, vnd sollen doch sonderlich die wundta¨ rtzt der sach verstendig vnnd andere personen, die da wissen, wie sich der gestorben nach dem schlagen vnd rumor gehalten hab, zu zeugen gebraucht werden, mit anzeygung wie lang der gestorben nach den streychen gelebt hab, vnd inn solchen vrtheylen, die vrtheyler bei den rechtuerstendigen, vnd an enden vnd orten wie zu end diser vnser ordnung angezeygt, radts pflegen.“

Nach dem heutigen Verständnis enthält die Carolina bei einer wörtlichen Betrachtung dieser Bestimmung neben der Beweisfrage zur Feststellung der Tödlichkeit einer Wunde nur die Forderung, dass zwischen der Verletzung und dem Tod ein Kausalzusammenhang bestehen muss. Die zeitgenössische Wissenschaft setzte für das Verbrechen des homicidium die Tödlichkeit der Wunde (vulnus lethale) in jenem Sinne voraus, dass die Verletzung nicht nur eine notwendige Bedingung für den Tod, sondern alleinige und unmittelbare Ursache für den Erfolg gewesen sein musste, sodass eine Zurechnung scheitern musste, wenn das Verhalten des Verletzten oder ein Dazwischentreten Dritter für den tödlichen Ausgang mitursächlich war186. Demnach ist anzunehmen, dass die Formulierung zur Letalität der Wunde im vorher darge-

182

Feuerbach/Mittermaier, Lehrbuch, § 209a S. 363 m. w. N. Zur historischen Entwicklung der Letalitätslehre s. Feuerbach/Mittermaier, Lehrbuch, § 209a S. 360 ff. 184 Caruso, S. 12 f.; Castaldo, L’imputazione oggettiva, S. 17; Knoche, S. 4 f.; Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 48 f.; Scheel, S. 20, 24 f. 185 Zitiert nach Zoepfl, Die peinliche Gerichtsordnung, S. 243. 186 Vgl. stellvertretend für die damalige Lehre: Clarus, § Homicidium, Nr. 42, 43, 44. 183

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

legten Sinne aufgefasst worden ist187. Diese Schlussfolgerung liegt besonders bei den älteren Autoren188 der gemeinrechtlichen Doktrin nahe, die sich auf eine größtenteils wörtliche Wiedergabe der italienischen Strafrechtsgelehrten beschränkten189. Den Letalitätsgedanken präzisierte Carpzov in seinem Hauptwerk, in dem er nur solche Wunden als lethale bezeichnet, die eher zum tödlichen Ausgang tendieren: Bei der Beurteilung komme es unter anderem darauf an, inwieweit eine Rettung nach der medizinischen Heilkunst möglich sei190. Sofern die Wunde nicht als letal charakterisiert werden könne, verantworte der Täter nicht eine Tötung, sondern lediglich eine Verwundung191. Der Täter könne nicht nach der poena ordinaria wegen homicidium bestraft werden, wenn das Verhalten des Opfers oder eines Dritten mitursächlich für den Todeserfolg gewesen war: Deshalb verlangte der Autor, dass der Tod durch die Verwundung selbst und nicht durch zufällige bzw. nachträglich hinzugetretene Ursachen oder auch durch culposes oder nachlässiges Verhalten des Arztes eingetreten war192. Ein derart enges Verständnis von der strafrechtlich relevanten Ursache findet sich zu den Ausführungen über die strafbare Tötung bei Leyser, der zwischen causa und simplex occasio, die er auch als causa sine qua non bezeichnet, unterschied. Der Autor warnte davor, den Ursachenbegriff auf den Bereich der simplex occasio anzuwenden, da dadurch der Haftungsbereich für die Tötung zu weit ausgedehnt werde193. Spätere Ausführungen legen den Schluss nahe, dass Leyser in Anschluss an 187

In diesem Sinn: Feuerbach/Mittermaier, Lehrbuch, § 209a S. 361; Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 49 f. 188 Vgl. den bei Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 50 zitierten Autor Damhouder, Cap. 75, Nr. 2: „Vulneratus tantum propria imperitia, culpa, vel incuria medicorum, vel chirurgorum, moriens, non gravat vulneratem crimine homicidii.“ 189 Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 50. 190 Carpzov, pars I, qu. 26, Nr. 3 (= S. 134): „Non solum autem de homicidio constare debet, sed etiam de omnibus qualitatibus & circumstantiis homicidii, & praecipue occisum ex percussione aut vulnere inflicto obiisse, illudque fuisse lethale & mortiferum, hoc est, tale, quod plus tendit ad mortem, quam ad evasionem […] Et mortali vulnere affectus dicitur ille, qui secunda regulas artis medicae non potest evadere nisi cum magna difficultate“; vgl. Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 50. 191 Carpzov, pars I, qu. 26, Nr. 7 (= S. 134): „Et sic duobus hisce concurrentibus, non mortalitate vulneris, & culpa seu malo regimine vulnerati, vulnerans no de occiso, sed de vulnere tenetur“; vgl. Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 50. 192 Carpzov, pars I, qu. 26, Nr. 22 (= S. 136): „hoc solummodo verum est, si mors ex causa immediata sequatur, hoc est, ex ipso vulnere, non etiam per accidens, ex superveniente malo regimine, aut culpa & negligentia Medici […] procedunt tantum, quantum ad subjectum, circa quod versatur ipsa malitia illicite operantis, & quantum ad ea, quae illi objecto per se & immediate junguntur aut necessario sequuntur, non autem quoad illa, quae per accidens oriuntur a re illa mala, cui opera datur; quia illa quae per accidens eveniunt ex opere aliquo, non imputantur agenti, nec ad maliciam, nec ad bonitatem.“ Vgl. Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 51. 193 Leyser, spec. 602, Nr. 7 – 9 (= S. 515): „causam requisit, non simplicem occasionem, quam forte cum philosophis causam sine qua non appellare posses. Nam si causam tam late

C. Die gemeinrechtliche Doktrin zum Kausalverständnis

105

Carpzov den Letalitätsgedanken bei der Haftungsfrage angewendet wissen wollte194. In diese Richtung gingen auch die Ausführungen von Beyer, der die Anwendung der ordentlichen Strafe in jenen Fällen ablehnte, wo mehrere Täter dem Opfer einzelne, jeweils nicht letale Wunden beigebracht haben, die aber alle zusammen genommen den Tod letztlich verursacht hatten: Hier könne nur extra ordinem gestraft werden195. Da die gemeinrechtliche Praxis von einem sehr strikten Verständnis zur Tödlichkeit einer Wunde ausging und die Beurteilung nach einem abstrakten Maßstab vornahm196, der konkrete Umstände unberücksichtigt ließ (so wurde der Täter nicht mit der poena ordinaria bestraft, wenn etwa der Tatort von der nächsten Stadt weit entfernt gewesen war und die Rettungsmaßnahmen des Arztes den Verletzten deshalb nicht rechtzeitig erreicht hatten), wurde im Schrifttum eine Ausdehnung des Letalitätsbegriffs gefordert197. So befürwortete Böhmer eine Abkehr von der bisherigen Praxis, da sie in gewissen Fällen dem Täter die Möglichkeit bot, einer gerechtfertigten Strafe zu entgehen198. Die poena ordinaria sollte nicht nur auf jene Fälle beschränkt sein, in denen sich die Verwundung als absolut letal darstellt, sondern auch nähere Umstände berücksichtigen, wie etwa die körperliche Konstitution des Opfers oder die Umstände zu Tatort und -zeit: In diesen Fällen sei die Verletzung als relativ letal einzuordnen und ebenso unter dem Gesichtspunkt des Totschlags zu verurteilen199. Die gemeinrechtlichen Entwicklungen zur Letalität findet in Quistorps Abhandlung eine äußerst differenzierte Darstellung: Der Autor unterschied zunächst zwischen „zufällig tödlichen“ (vulnus per accidens lethale) und „schlechterdings tödlichen“ (vulnus absolute lethale) Wunden, wobei Letztere dann vorliegen sollten, accipis, ut occasionem eiam comprehendas, homicidii crimen in infinitum extendetur atque e. g. hospitem & instructorem convivii, in quo homo periit, venditorem vini, cuius potus rixam excitavit, involvet. Absonum hoc est.“ Vgl. Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 51. 194 Vgl. beispielsweise Leyser, spec. 604, Nr. 1 – 3 (= S. 561): „Significant istae voces, ex unanimi fere commentatorum & lexicographorum interpretatione, rem, quae mortem adfert, sive illa vulnus sit, sive morbus, sive telum, sive venenum“; vgl. Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 51. 195 Beyer, Delineatio, Art. 147 – 150, XXI. (= S. 283): „Si plures vulneraverint, & vulnera non singula, sed simul sumta, lethalia sint, omnes extra ordinem puniuntur.“ Vgl. auch Boehmer, Meditationes, Art. 148 § 3; Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 52; zur poena extraordinaria s. Arthur Kaufmann, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, S. 72; Koch, in: Koch/ Kubiciel/Löhnig/Pawlik, S. 44 m. w. N. sowie im Überblick ders., ZStW 122 (2010), 745. 196 Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 52 f. 197 Vgl. die Nachweise bei Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 53. 198 Boehmer, Meditationes, Art. 147, § 6 (= S. 705): „Quis ergo dubitabit, hanc doctrinam insigne palladium futuram, sub quo maxima caterua homicidarum iustam vindictam effugere posset“; vgl. Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 282. 199 Boehmer, Meditationes, Art. 147, § 6 (= S. 705): „qui in relativa lethalitate subsistunt, eamque ex qualitate subiecti, quod laesum esse constat, nec non loci, temporisque conditione, ob quam laeso prorsus succurri non potuit, aestimant.“ (eigene Hervorhebungen); vgl. Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 282 ff.; Schaffstein, Lehren vom Verbrechen, S. 54; ähnlich auch Bindokat, JZ 1977, 551.

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

wenn selbst ein sofortiges medizinisches Eingreifen den tödlichen Ausgang nicht hätte verhindern können200. Die absolut tödlichen Wunden sollten danach untersucht werden, ob der tödliche Verlauf bei jedem Menschen oder lediglich bei bestimmten Menschen aufgrund einer Sonderkonstitution eingetreten sei. Dementsprechend müsse zwischen allgemeinen (in abstracto) und individuell tödlichen Wunden unterschieden werden201. Im Gegensatz zur älteren gemeinrechtlichen Doktrin befürwortete Quistorp die Anwendung der poena ordinaria nicht nur für allgemein tödliche Wunden, sondern auch für die individuell tödlichen Verletzungen202. Sofern sich die Tödlichkeit der Wunde nicht aus „ihrer eigenthümlichen Natur, oder in der Leibesbeschaffenheit und dem besonderen Zustande des Verwundeten während der Verletzung“ ergebe, sondern erst durch andere Umstände, die nach der Tathandlung auftreten, falle die Verletzung unter die Kategorie der zufällig tödlichen Wunden, sodass der Täter den tödlichen Erfolg nicht zu verantworten habe203.

D. Die todeserfolgsqualifizierte Körperverletzung in der Genese der Strafrechtskodifikationen seit dem 19. Jahrhundert (Überblick) I. Überblick zur Entwicklung der Körperverletzung mit Todesfolge in Deutschland 1. Die Entwicklung im Lichte der Partikularrechte der deutschsprachigen Länder Zu Beginn des 19. Jahrhunderts setzten die Strafrechtswissenschaften neue Impulse für die Entwicklung der Strafrechtskodifikationen204. An dieser Stelle werden 200

Quistorp/Klein, Grundsätze I, § 219 (= S. 8). Quistorp/Klein, Grundsätze I, § 219 (= S. 9). 202 Quistorp/Klein, Grundsätze I, § 219 (= S. 9): „Den Rechten nach kommt es bey Totschlägen und zur Anwendung der Todesstrafe nicht sowohl darauf an, daß eine Wunde oder Verletzung schlechterdings, oder allgemein tödlich war, sondern es genüget, wenn sie nach dem besonderen Zustand derjenigen Person, der sie zugefügt worden, und nach den besonderen Umständen, worunter die Verwundung geschehn, ohne daß der Verweundete, oder andere etwas haben versehen, und ohne daß ein unverseher tödlicher Zufall nach der Verwundung hinzugekommen, auch nur individuel tödlich gewesen ist. […] Es genüget vielmehr, daß die Wunde nach ihrer dermaligen Beschaffenheit, den Tod nothwendig habe nach sich ziehen müssen, und daß sie nach der Beschaffenheit des Orts, des gebrauchten Instruments, und der Zeit, wie auch nach dem besonderen Zustand der Person nicht habe geheilt werden können, und daß der Thäter diese individuelle Tödlichkeit der Wunde vorher gewußt habe.“ 203 Quistorp/Klein, Grundsätze I, § 220 (= S. 12). 204 Zu den folgenden Ausführungen, die sich vornehmlich auf den ausführlichen Studien von Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, 22 ff. basieren, s. auch Dolcini, in: Vassalli, S. 257 f.; Oehler, ZStW 69 (1957), 506 ff. 201

D. Die Körperverletzung in der Genese der Strafrechtskodifikationen

107

in exemplarischer Weise die Strafgesetzgebung in den deutschsprachigen Ländern zur Fallkonstellation der Körperverletzung mit Todesfolge bis zum preußischen Strafgesetzbuch von 1851 dargestellt und damit unterschiedliche gesetzgeberische Ansätze aufgezeigt. Generell lässt sich feststellen, dass die Fallkonstellation der Körperverletzung mit Todesfolge von den meisten historischen Gesetzgebern als vorsätzliches Tötungsdelikt angesehen wurde. Vereinzelt finden sich andersartige Lösungsansätze, die offensichtlich von der Lehre der Feuerbachschen culpa dolo determinata wesentlich beeinflusst wurden: Eine allgemeine Generalklausel für sämtliche Todeserfolgsqualifikationen bzw. der Tatbestand einer fahrlässigen Tötung, die durch die vorsätzliche Körperverletzung qualifiziert wird. Die Körperverletzung mit Todesfolge als Erfolgsqualifikation wird dagegen nur in Ausnahmefällen zu den Körperverletzungsdelikten zugeordnet. Den Fall einer vorsätzlichen Misshandlung mit Todesfolge fasste das Strafgesetzbuch für das Königreich Baiern von 1813, an dessen Erstellung Feuerbach maßgeblich beteiligt war, als Totschlagsdelikt auf und knüpfte damit an seinen Vorgänger, dem Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten, an205. So bestimmte der allgemeine Tötungsartikel 142 dieses Gesetzbuchs: „(1) Wer durch rechtswidrige Handlung oder Unterlassung den Tod irgend eines Menschen absichtlich verursacht, ist des Verbrechens vorsätzlicher Tödtung schuldig.“

Für die Definition von Absichtlichkeit verweisen die amtlichen Anmerkungen206 auf die Grundsätze zum dolus in den Art. 39 ff. Der Vorsatz wurde strikt auf die Absicht beschränkt207. Zur subjektiven Zurechnung beinhalteten Art. 41 und Art. 44 Vorsatzvermutungen208, welche an den Grundsatz des immediate per se sequitur

205

So Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 22 f.; Stuckenberg, in: Koch/Kubiciel/ Löhnig/Pawlik, S. 260 ff.; insgesamt steht das bayrische Strafgesetzbuch allerdings unter dem Eindruck der Schriften von Kant und Feuerbach, weshalb es in strafrechtstheoretischer Hinsicht eine Neuorientierung gegenüber dem vorangegangenen ALR darstellt: Oehler, Legalordnung, S. 134 ff. 206 Anmerkungen II, S. 3. 207 Vgl. Anmerkungen I, S. 139: „Wenn mit einer Handlung die Absicht des Handelnden verbunden war, dadurch eine Rechtsverletzung zu bewirken, so ist Dolus vorhanden.“ Das Vorsatz-Konzept von Feuerbach wird mit dem folgenden Zitat augenscheinlich: „Der Vorsatz, durch eine Handlung einen rechtswidrigen Zweck zu erreichen, sezt an sich schon voraus, daß jemand die Rechtswidrigkeit und Strafbarkeit seines Entschlusses kannte.“ Anmerkungen I, S. 140. 208 Art. 41: „(1) Wer mit dem Vorsaze, ein Verbrechen zu bewirken, eine Handlung unternommen hat, woraus eben so leicht ein grösseres als ein geringeres Verbrechen entstehen kann, ist in Ansehung des daraus entstandenen Verbrechens als vorsäzlicher Uebelthäter zu bestrafen, und soll mit dem Vorwande, daß seine Absicht nur auf das geringere Verbrechen gerichtet gewesen sey, nicht gehört werden.“ Art. 44: „(1) Wenn Jemand mit erwiesener Absicht eine Handlung vorgenommen hat, woraus, nach allgemein bekannter Erfahrung, ein bestimmter Erfolg unmittelbar und nothwendig zu entstehen pflegt, so ist für erwiesen anzunehmen, daß

108

2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

Gedanken erinnern: Für die Zurechnung des Erfolgs zur dolosen Handlung müsse der Erfolg so beschaffen sein, „daß derselbe bestimmt aus der Handlung unmittelbar und nothwendig zu entstehen pflegt, oder so, daß derselbe eben so leicht als ein anderer Erfolg entstehen konnte, jedoch einer wie der andere, unmittelbar und nothwendig und gewöhnlich zu entstehen pflegt“209. Bei der Feststellung zur Letalität der Verletzungen kam es in erster Linie auf die Qualität der Handlung an: Der tödliche Erfolg wurde bei Ohrfeigen oder Niederwerfen auf den Boden nicht zugerechnet, weil der Tod sich nach allgemein bekannter Erfahrung nicht als „unmittelbare und nothwendige, und gewöhnliche Folge“ der Handlung darstellt210. Im Ergebnis blieb die Verurteilung wegen Totschlags aus, wenn die Tötungsabsicht auch über die Vorsatzvermutungen nicht nachweisbar war: Da in den Körperverletzungstatbeständen gemäß Art. 178 ff. lediglich ein grunddeliktsspezifischer Todeserfolgstatbestand in Art. 189211, aber keine allgemeine Todeserfolgsqualifikation für körperliche Misshandlungen normiert war, konnte die Rechtsprechung in diesen Fällen nur eine Verurteilung wegen körperlicher Misshandlung und allenfalls wegen fahrlässiger Tötung vornehmen212. Vorbild für das Strafgesetzbuch für die herzoglichen Holstein-Oldenburgischen Lande von 1814 war das Bayerische Strafgesetzbuch von 1813213 : Da sich die Vorsatzdefinition in Art. 52214 eng am Begriff der Absicht nach Feuerbach orientierte, wurde der Fall einer vorsätzlichen Misshandlung mit letalem Ausgang über die in den Artikeln 54215 und 57216 normierten Vorsatzvermutungen als Totschlagsdelikt nach dem Modell des bayerischen Vorgängers in Art. 147 gelöst: dieser Erfolg der Handlung ebenfalls beabsichtigt gewesen sey, woferne nicht durch klare Beweise das Gegentheil dargethan werden kann.“ s. dazu Anmerkungen I, S. 144 f. 209 Anmerkungen I, S. 146 (Hervorhebungen im Original). 210 Anmerkungen I, S. 149 f.; näher dazu Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 23. 211 Art. 189: „Ist die genothzüchtigte Person an den Mißhandlungen gestorben, so soll der Verbrecher am Leben gestraft werden.“ 212 So Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 23. 213 Zum Bayerischen Strafgesetzbuch von 1813 allgemein etwa Koch, ZStW 122 (2010), 746 ff. und eingehend die Beiträge in: Koch/Kubiciel/Löhnig/Pawlik, passim. 214 Art. 52: „(1) Mit rechtswidrigem Vorsatze (dolus) wird ein Verbrechen begangen, wenn eine Person die Hervorbringung des aus ihrer Handlung entstandenen Verbrechens sich als Zweck und Absicht dieser ihrer Handlung vorgesetzt hat, und sich dabei der Rechtswidrigkeit und Strafbarkeit dieses Entschlusses bewußt gewesen ist. (2) Dabei schließt weder die Meinung: was unter bürgerlicher Strafe verboten ist, sey nach dem Gewissen oder der Religion erlaubt gewesen, noch der Irrtum oder die Unwissenheit bloß über Art und Größe der Strafe, noch die Beschaffenheit des Endzweckes oder Beweggrundes, um dessenwillen der Entschluß zum Verbrechen gefaßt worden, den rechtswidrigen Vorsatz aus.“ 215 Art. 54: „(1) Wer mit dem Vorsatze, ein Verbrechen zu bewirken, eine Handlung unternommen hat, woraus eben so leicht ein größeres als ein geringeres Verbrechen entstehen kann, ist in Ansehnung des daraus entstandenen Verbrechens als vorsätzlicher Uebelthäter zu bestrafen, und soll mit dem Vorwande, daß seine Absicht nur auf das geringere Verbrechen gerichtet gewesen sey, nicht gehört werden.“

D. Die Körperverletzung in der Genese der Strafrechtskodifikationen

109

„(1) Wer durch rechtswidrige Handlung oder Unterlassung den Tod irgend eines Menschen absichtlich verursacht, ist des Verbrechens vorsätzlicher Tödtung für schuldig.“

Ein allgemeines todeserfolgsqualifiziertes Körperverletzungsdelikt war im Kapitel über die vorsätzlichen Beschädigungen (Art. 183 ff.) nicht enthalten; dennoch sah das Strafgesetzbuch zwei Fälle von todeserfolgsqualifizierte Misshandlungsdelikte vor, nämlich Art. 194217 nach dem Vorbild des Bayerischen StGB von 1813 sowie Art. 195218, der keine Entsprechung im Bayerischen StGB findet. Das Strafgesetzbuch für das Königreich Württemberg von 1839 beinhaltete in Art. 60 die culpa dolo determinata219. Der Fall der Körperverletzung mit Todesfolge wurde jedoch nicht über die Idealkonkurrenz gelöst, sondern als eigenständiger Tötungstatbestand in Art. 246 normiert220 : „(1) Wer mit vorbedachtem Entschlusse, einen Anderen zu mißhandeln oder zu beschädigen, denselben an seinem Körper oder an seiner Gesundheit verletzt (vergl. Art. 260) und hierdurch seinen Tod verursacht hat, soll bestraft werden: 1. mit achtjährigem bis zwanzigjährigem Zuchthause, wenn die Handlung von solcher Beschaffenheit war, daß der Tod als sehr wahrscheinliche Folge derselben vorhergesehen werden mußte; 2. mit sechsmonatlichem bis sechsjährigem Kreisgefängnisse, wenn der Tod nur als sehr unwahrscheinliche Folge der Handlung vorhergesehen werden konnte; 3. in anderen Fällen mit zweijährigem Arbeitshause bis zehnjährigem Zuchthause.“

Daran anschließend sah Art. 247 den minder schweren Fall eines durch Körperverletzung hervorgerufenen Todeserfolgs vor, wobei der Täter „ohne vorbedachten Entschluß, im Affecte“ gehandelt hat:

216

Art. 57: „(1) Wenn Jemand mit erwiesener Absicht eine Handlung vorgenommen hat, woraus, nach allgemeiner Erfahrung, ein bestimmter gesetzwidriger Erfolg unmittelbar und nothwendig zu entstehen pflegt, so ist anzunehmen, daß dieser Erfolg der Handlung ebenfalls beabsichtigt gewesen sey, woferne nicht durch klare Beweise das Gegentheil dargethan werden kann.“ 217 Art. 194: „(1) Ist die genothzüchtigte Person an den Mißhandlungen gestorben, so soll der Verbrecher am Leben gestraft werden.“ 218 Art. 195: „(1) Wer eine Person durch arglistige Betäubung ihrer Sinne außer Stande setzt, seine Lüste abzuwehren, und dieselbe in diesem Zustande zur Befriedigung seiner Wollust mißbraucht, wer ein Kind unter zwölf Jahren zur Wollust verführt, soll mit der im Art. 192. auf die Nothzucht gesetzten Strafe: wenn aber die gemißbrauchte Person oder das verführte Kind durch die That irgend einen Nachtheil an der Gesundheit gelitten, in Gemäßheit des Art. 193: und wenn der Tod die Folge gewesen, nach dem Art. 194. am Leben gestraft werden.“ 219 Art. 60: „(1) Hatte Jemand einen minder strafbaren, als den eingetretenen Erfolg der Handlung beabsichtigt, so ist ihm die That, soweit sie in seiner Absicht lag, zum rechtswidrigen Vorsatze, hinsichtlich des eingetretenen Erfolges aber, sofern die Voraussetzungen des Art. 58 zutreffen, zur Fahrläßigkeit anzurechnen. “ Die Anwendbarkeit des Art. 60 setzt allerdings im Hinblick auf die Erfolgsverwirklichung eine „strafbare Fahrlässigkeit höheren oder mittleren Grades“ voraus: Hufnagel, S. 60. 220 Hufnagel, S. 60.

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

„(1) Ist die Körperverletzung, durch welche der Tod verursacht worden, ohne vorbedachtem Entschluß, im Affecte, geschehen (vergl. Art. 246), so treten nachstehende Strafen ein: 1. in dem Falle der Ziffer 1 des Art. 246 dreijähriges Arbeitshaus bis zehnjähriges Zuchthaus; doch soll auf Kreisgefängnis von zwei bis zu vier Jahren erkannt werden, wenn der Thäter durch besonders schwere Beleidigungen, Beschimpfungen oder Mißhandlungen zum Zorne gereizt und auf der Stelle zur That hingerissen worden ist; 2. in dem Falle der Ziffer 2 Kreisgefängnis von drei Monaten bis zu einem Jahr; 3. in dem Falle der Ziffer 3 einjähriges bis fünfjähriges Kreisgefängnis; bei einem höheren Grade der Fahrlässigkeit aber, sowie unter anderen erschwerenden Umständen, Arbeitshausstrafe von gleicher Dauer.“

In den Bestimmungen zur Körperverletzung (Art. 260 ff.) fand sich kein allgemeines todeserfolgsqualifiziertes Körperverletzungsdelikt, die einzige Todeserfolgsqualifikation stand im Zusammenhang mit der Verbreitung einer ansteckenden Krankheit, die zum Tode eines Menschen führt (Art. 271221). Das Criminal-Gesetz-Buch für das Herzogtum Braunschweig von 1840 beinhaltete in § 152 „Unvorsätzliche Tötungen“ sowohl den Fall der fahrlässigen Tötung (Absatz 2) als auch den Fall einer vorsätzlichen Grundtat mit tödlichem Ausgang (Absatz 1): „(1) Wer, ohne daß ihm der Vorsatz, zu tödten, beigemessen werden kann, durch die Verübung eines andern vorsätzlichen Verbrechens den Tod eines Menschen verursacht, erleidet, wenn dieser Erfolg seiner That mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten war, Zuchthausstrafe, sonst Zwangsarbeit nicht unter ein Jahr.“

Gemäß den Erläuterungen aus den ständischen Verhandlungen zum Criminalgesetzbuch bezieht sich diese Gesetzesstelle dezidiert auf den Fall der culpa dolo determinata: Der Gesetzgeber wollte mit einer allgemeinen Bestimmung die Strafbarkeit derartiger Fälle regeln222. Im Ergebnis sah dieser Artikel eine allgemeine Generalklausel für Todeserfolgsqualifikationen – ähnlich jener in Art. 586 iStGB des heutigen italienischen Strafgesetzbuchs – vor. Dementsprechend waren im Kapitel zu den „Beschädigungen an der Person“ (§ 159 ff.) keine Todeserfolgsqualifikationen vorhanden. Im Allgemeinen Criminal-Gesetzbuch für das Königreich Hannover von 1840 war der Einfluss der Lehre von Feuerbach besonders gut ersichtlich: Nachdem in 221 Art. 271: „(1) Wer in der Absicht, eine ansteckende Krankheit unter Menschen zu verbreiten, dieselbe Anderen mittheilt, soll, wenn ein Mensch dadurch das Leben verloren hat, mit lebenslänglichem Zuchthause, außerdem nach der mehr oder weniger gefährlichen Beschaffenheit der verbreiteten Krankheit sowie nach der größeren oder geringeren Zahl der angesteckten Personen, mit zweijährigem Arbeitshause bis fünfzehnjährigem Zuchthause, bestraft werden. (2) Geschah die Verbreitung aus Fahrlässigkeit, so kommen die Strafbestimmungen der Art. 251 und 267 zur Anwendung.“ 222 Criminal-Gesetz-Buch Braunschweig, S. 274: „Das Gesetz stellt sich hier auf einen allgemeineren Standpunkt, und die gegebene Vorschrift umfaßt alle hierher gehörigen möglichen Concurrenzfälle.“

D. Die Körperverletzung in der Genese der Strafrechtskodifikationen

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Art. 43223 gesetzliche Vorsatzvermutungen224 aufgezählt wurden, regelte Art. 44225 allgemein den Fall von culpa dolo determinata, der als Idealkonkurrenz von vorsätzlicher Handlung und fahrlässigem Erfolg vorgesehen war. Im achten Kapitel „Von Beschädigungen und anderen Mißhandlungen an der Person“ wurde zunächst der Begriff der vorsätzlichen Körperverletzung in Art. 241 definiert und Strafzumessungsregeln in Art. 242 aufgezeigt. Anschließend unterschied das Gesetzbuch die „einfache“ (Art. 243) von der „ausgezeichneten“ Körperverletzung (Art. 244), wobei letztere neben einer Erfolgs- und einer Tatbestandsqualifikation (Geisteskrankheit im ersten Absatz sowie Vergiftung ohne letalen Ausgang im zweiten Absatz) den Fall einer todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung vorsah: „(3) Ist durch eine vorsätzliche Misshandlung oder Körperverletzung, bei welcher gleichwohl die Absicht des Thäters auf einen tödtlichen Erfolg überall nicht gerichtet war (vergl. Art. 43), die Tödtung des Gemißhandelten bewirkt, so tritt Zuchthausstrafe, und unter erschwerenden Umständen Kettenstrafe bis zu funfzehn Jahren ein.“

Damit wurde diese Fallkonstellation zum ersten Mal im Criminal-Gesetzbuch für das Königreich Hannover als eigenes todeserfolgsqualifiziertes Körperverlet-

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Art. 43: „2. Einzelne Bestimmungen: a. über den Umfang des Vorsatzes. (1) Ist anzunehmen, daß eine dem Strafgesetze zuwiderlaufende Handlung mit rechtswidrigem Vorsatze verübt worden, und ist dieselbe von der Beschaffenheit, daß daraus nach allgemeiner oder dem Thäter besonders bekannter Erfahrung ein bestimmter Erfolg zu entstehen pflegt, oder eben so leicht ein größerer, als eine geringere Verletzung entstehen konnte, so ist nicht minder anzunehmen, daß der Thäter den eingetretenen Erfolg beabsichtigt habe; sofern nicht aus den Umständen sich mit Gewißheit oder hoher Wahrscheinlichkeit ergiebt, daß seine Absicht bestimmt und ausschließlich auf einen anderen strafbaren Erfolg gerichtet war. Vorbehältlich derjenigen besonderen Vorschriften, durch welche die Strafe eines Verbrechens nach der Schwere des eingetretenen Erfolgs, ohne Berücksichtigung der Art des rechtswidrigen Vorsatzes, bestimmt ist. (2) Dagegen kann ein ungewöhnlicher Erfolg dem Täter nur dann zum rechtswidrigen Vorsatze angerechnet werden, wenn dieser Erfolg in seiner Absicht lag.“ 224 Bei denen in der Regel der Gegenbeweis zulässig ist – Ausnahmen davon bilden unter anderem die Fälle der einfachen und ausgezeichneten Körperverletzung in den Art. 243 und 244: Leonhardt, S. 220. 225 Art. 44 „b. Über das Zusammentreffen des Vorsatzes und der Fahrlässigkeit. (1) Wenn nach den vorstehenden Bestimmungen anzunehmen ist, daß der Thäter nur einen minder strafbaren, als den eingetretenen Erfolg seiner verbrecherischen Handlung beabsichtigt habe, so ist ihm die That, insoweit sie in seiner Absicht begründet war, zum rechtswidrigen Vorsatze, hinsichtlich des eingetretenen Erfolgs aber zur Fahrlässigkeit anzurechnen; vorbehältlich der besonderen Bestimmungen, nach welchen bei solchen Verbrechen, die ihrer Natur nach den Begriff der Fahrlässigkeit ausschließen, die auf einen geringern Erfolg gerichtete Absicht nur auf die Zumessung der für das verübte Verbrechen verwirken Strafe von Einfluß ist.“

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

zungsdelikt im Kapitel über die Körperverletzungen226 und nicht als Tötungsdelikt angesehen. Das Criminalgesetzbuch für das Königreich Sachsen von 1841 sah im Kapitel „Von den Verbrechen wider die Gesundheit“ (Art. 132 ff.) kein todeserfolgsqualifiziertes Körperverletzungsdelikt vor, weshalb diese Fallkonstellation unter die Tötungsdelikte in Art. 123 („Todtschlag“) fiel: „(1) Eine ohne Vorbedacht in aufwallender Leidenschaft verübte Tötung soll mit acht- bis zwanzigjähriger Zuchthausstrafe ersten Grades geahndet werden. Wenn jedoch der Getödtete durch besonders schwere Beleidigungen oder thätliche Mißhandlungen den Täter zum Zorn gereizt hat, und dieser dadurch auf der Stelle zu der That hingerissen worden ist, so kann der Richter bis zu vierjähriger Arbeitshausstrafe herabgehen, und ist einem solchen Falle auf Zuchthausstrafe ersten Grades niemals zu erkennen.“

Zum Fall der absichtlichen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang wurde angeregt, ob dieser als Körperverletzungstatbestand aufgefasst werden sollte: Mit Hinweis auf Art. 31227, der für die Vorsatzzurechnung nicht schon Absichtlichkeit, sondern bereits die prinzipielle Vorhersehbarkeit des wahrscheinlich eintretenden Erfolgs genügen lässt, entschied man sich für die Lösung nach dem Tötungsdelikt ex Art. 123228, wobei nach den jeweiligen Umständen des konkreten Falles eine Strafbemessung nach der schweren Körperverletzung (Art. 132 Nr. 3 und 4) oder nach der fahrlässigen Tötung (Art. 127) in Erwägung gezogen werden sollte229. Im Strafgesetzbuch für das Großherzogtum Baden von 1845 war der Fall der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach dem Model der culpa dolo determinata als eigener Qualifikationstatbestand einer fahrlässigen Tötung in Art. 212 („Fahrlässige, durch vorsätzliche Körperverletzung verursachte, Tötung“) vorgesehen: „(1) Wer einen Anderen mit Vorbedacht in der Absicht, ihn zu mißhandeln, oder an seinen Körper oder seiner Gesundheit zu beschädigen, verletzt hat, wird, wenn dadurch der Tod des Verletzten verursacht wurde, folgendermaßen bestraft: 1. mit Zuchthaus nicht unter acht Jahren, wenn die Handlung des Thäters von der Art war, daß der Tod des Anderen von ihm als deren sehr wahrscheinliche Folge vorhergesehen werden konnte;

226 Das achte Kapitel des Criminalgesetzbuchs für das Königreich Hannover umfasst inhaltlich sowohl Körperverletzungstatbestände als auch „Beeinträchtigungen der persönlichen Freiheit“ wie Nötigung (Art. 247), Zwang zur Ehe (Art. 248) und Menschenraub (Art. 250). 227 Art. 31: „(1) Bei einer mit Vorsatz verübten gesetzwidrigen Handlung ist der eingetretene Erfolg auch dann als von dem Thäter beabsichtigt anzunehmen, wenn er diesen Erfolg nicht ausschließlich, sondern denselben, oder eine andere Rechtsverletzung, die eben sowohl daraus entstehen konnte, bewirken wollte, oder wenn die Handlung von einer solchen Beschaffenheit war, daß der Thäter den wirklich eingetretenen Erfolg voraussehen mußte.“ 228 Hartitzsch, Criminalgesetzbuch, S. 219, 221. 229 Hartitzsch, Criminalgesetzbuch, S. 222.

D. Die Körperverletzung in der Genese der Strafrechtskodifikationen

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2. mit Gefängniß, oder Arbeitshaus, wenn die Handlung von der Art war, daß der Tod des Anderen von ihm nur als sehr unwahrscheinliche Folge derselben betrachtet werden konnte; 3. in anderen Fällen mit Arbeitshaus nicht unter zwei Jahren, oder Zuchthaus bis zu zehn Jahren.“

Strafmilderungen für die Fälle des Art. 212, welche „ohne Vorbedacht, im Affect gefaßt und ausgeführt“ wurden, hielt Art. 213 bereit. Im X. Titel zu den Körperverletzungsdelikten (Art. 225 ff.) fand sich zwar kein allgemeines todeserfolgsqualifiziertes Körperverletzungsdelikt, eine Todeserfolgsqualifikationen war allerdings in Art. 230 („Misshandlung einer Schwangeren“) vorgesehen. 2. Das Preußische Strafgesetzbuch von 1851 Zwar hat Feuerbachs culpa dolo determinata nicht als allgemeine Schuldform Einzug in die preußische Kodifikation gefunden230, doch die Lehre beeinflusste die weitere Entwicklung der erfolgsqualifizierten Delikte und insbesondere des todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikts231, das in § 194 des PrStGB von 1851 vorgesehen war: „(1) Hat die vorsätzliche Mißhandlung oder Körperverletzung den Tod des Verletzten zur Folge gehabt, so ist die Strafe Zuchthaus von zehn bis zu zwanzig Jahren.“

Dieses Delikt wurde als Vorsatz-Fahrlässigkeit-Kombination verstanden und setzte die Abwesenheit einer Tötungsabsicht voraus232. Deshalb wurde § 194 PrStGB in die Systematik der Körperverletzungstatbestände und nicht unter die Tötungstatbestände eingeordnet233. Dabei bedingte die Nähe der culpa dolo determinata zum dolus indeterminatus und die damit einhergehende Abgrenzungsproblematik die Strafhöhe der erfolgsqualifizierten Delikte im Besonderen Teil des PrStGB234 : Zur Entschärfung dieser Situation normierte der Gesetzgeber in § 196 PrStGB mildernde Umstände, die für Körperverletzung mit Todesfolge eine Gefängnisstrafe von nicht unter einem Jahr vorsahen. Das todeserfolgsqualifizierte Körperverletzungsdelikt des PrStGB wies eine besondere Beziehung zu den Tötungsdelikten, insbesondere zur fahrlässigen Tötung in § 184 PrStGB auf: Das fahrlässige Tötungsdelikt in § 184 PrStGB235 sollte le230

Im Entwurf zum PrStGB von 1836 wurde sie noch in § 47 definiert, doch die Kommission des Staatsraths entschied sich gegen eine gesetzliche Definition der Schuldformen: Beseler, Kommentar, S. 37, 41 f. 231 So NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 30. 232 Beseler, Kommentar, S. 375; Goltdammer, S. 414, 418, 428, 520, 634 ff.; Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 32. 233 So Goltdammer, S. 369, 418; vgl. dazu v. Liszt, Vergleichende Darstellung BT V, S. 20; Stuckenberg FS Jakobs, S. 698. 234 So Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 33, 38. 235 § 184 PrStGB: „(1) Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen herbeiführt, wird mit Gefängniß von zwei Monaten bis zu zwei Jahren bestraft. (2) Wenn der Thäter zu der

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

diglich in den Fällen einfacher Fahrlässigkeit Anwendung finden236 – bei Vorliegen grober Fahrlässigkeit, wie etwa eine Tötung im Zuge einer anderen unerlaubten Handlung237 oder bei besonderen Sorgfaltspflichten238, sollten entweder die Regeln der Idealkonkurrenz oder aber explizite Vorschriften wie § 194 PrStGB zur Anwendung kommen239. Dies bedeutete eine Abkehr vom Fahrlässigkeitsverständnis zum §§ 777 f. ALR , da dort der Tatbestand der fahrlässigen Tötung nur in Fällen von „groben Fahrlässigkeiten“ angewendet werden sollte240. Damit ist festzuhalten, dass die Körperverletzung mit Todesfolge in § 194 PrStGB als lex specialis einer grob fahrlässigen Tötung konzipiert wurde. Dieses Leitbild hatte in Fällen mit leichter Fahrlässigkeit die Auswirkung, dass in § 196 PrStGB eine normative Möglichkeit für eine deutliche Strafmilderung in Betracht kam241. Die Entscheidung zum Vorliegen eines minderschweren Falls betraf somit den Grad der Fahrlässigkeit. Die Funktion der Körperverletzung mit Todesfolge als Spezialfall der fahrlässigen Tötung wirkte sich auf das Sanktionensystem der Tötungstatbestände Aufmerksamkeit oder Vorsicht, welche er bei der fahrlässigen Tödtung aus den Augen setzte, vermöge seines Amtes, Berufes oder Gewerbes besonders verpflichtet war, so kann derselbe zugleich auf eine bestimmte Zeit, welche die Dauer von fünf Jahren nicht übersteigen darf, oder für immer zu einem solchen Amte für unfähig oder der Befugniß zur selbständigen Betreibung seiner Zunft oder seines Gewerbes verlustig erklären werden.“ 236 Goltdammer, S. 396: „Nach seiner jetzigen Fassung hat der §. 184 nur die Fälle der reinen Fälle, also an sich erlaubte oder höchstens polizeilich verbotene Handlungen, vor Augen.“ 237 Goltdammer, S. 396: „Jene Fälle, wo der Handelnde außerdem schon in der Ausübung einer criminell verbotenen Handlung begriffen war, und welche man, wie zu 2 gedacht, früher hier durch höhere Strafzumessung zugleich unter §. 184 ahnden wollte, sind die Fälle der Konkurrenz von dolus und culpa, also die der culpa dolo determinata.“ 238 Goltdammer, S. 396: „[…] wenn der Thäter zu der Aufmerksamkeit oder Vorsicht, welche er dabei außer Augen setzte, vermöge seines Amtes, Berufs oder Gewerbes besonders verpflichtet war.“ 239 Goltdammer, S. 396 f.: „Sie sind also jetzt im Wege der idealen Konkurrenz zu ahnden. […] Nur in einzelnen Fällen setzt das Gesetz für solche Tödtungen durch culpa dolo determinata eine besondere und zwar höhere Strafe fest, z. B. […] 194.“ Vgl. auch Stuckenberg, FS Jakobs, S. 703. 240 Titel 20 § 777 ALR, zitiert nach Hattenhauer, Landrecht, S. 703: „Ist aber durch die Uebertretung jemand an seiner Gesundheit oder an seinem Leben wirklich verletzt worden: so wird der Uebertreter noch ausserdem als einer, der den Schaden aus grober Fahrläßigkeit zugefügt hat, angesehen.“ Titel 20 § 778 ALR, zitiert nach Hattenhauer, Landrecht, S. 703: „Nach dem Grade dieser Fahrläßigkeit; nach Bewandniß des mehr oder minder erheblichen Schadens; und je nachdem der Beschädigte völlig in den vorigen Stand wieder hergestellt werden kann, oder nicht, soll gegen den Beschädiger Gefängniß- oder Festungsstrafe auf Einen Monath bis zwey Jahre statt finden.“ Vgl. Goltdammer, S. 395 f. 241 Vgl. dazu Goltdammer, S. 420: „Fehlt es nun also auch hier an einem Inhalt im Gesetze für die Beurtheilung des Grades der culpa, welchen der §. 194 fordert, so müssen wiederum die allgemeinen bei §. 184 und im Allg. Theil angedeuteten Grundsätze, nach welchen nur die culpa lata und levis, nicht aber die levissima zur Anrechnung kommt, Anwendung finden, und es müssen für die Fälle der culpa levis, welche die zuletzt gedachte Zusatzbestimmung der Entw. von 1845 und 1847 im Auge hatten, die mildernden Umstände des §. 196 Platz greifen.“

D. Die Körperverletzung in der Genese der Strafrechtskodifikationen

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aus: Während die fahrlässige Tötung einen Sanktionsrahmen von zwei Monaten bis zwei Jahren Gefängnis242 vorsah, schrieb der Grundtatbestand der Tötung in § 176 PrStGB („Todtschlag“) lebenslange Zuchthausstrafe vor. Die todeserfolgsqualifizierte Körperverletzung wurde mit ihrem Strafrahmen von zehn bis zwanzig Jahren Zuchthausstrafe als Brücke zwischen der fahrlässigen und vorsätzlichen Tötung platziert. Auch in der preußischen Praxis fand die culpa dolo determinata von Feuerbach ihren Niederschlag, zumal sich der oberste Gerichtshof auf dieses Konzept zur Auslegung des § 194 PrStGB (Körperverletzung mit Todesfolge) berief: „Der gedachte § 194 enthält nun einen Fall der sogenannten culpa dolo determinata, also den Fall, wenn bei der Verübung einer dolosen strafbaren Handlung zugleich ein nicht beabsichtigter, also fahrlässig herbeigeführter Erfolg eintritt, welcher den Tatbestand auch einer anderen strafbaren Handlung darstellt, so daß also die ideelle Konkurrenz von Dolus und Culpa vorhanden ist.“243

Die Haftung für den qualifizierenden Erfolg setzte damit prinzipiell einen Fahrlässigkeitsvorwurf voraus. Allerdings stellte das Preußische Obertribunal in mehreren Urteilen klar, dass die Verwirklichung der vorsätzlichen Grundhandlung an sich bereits die Fahrlässigkeit bezüglich der schweren Folge impliziere, sodass es keiner konkreten Fahrlässigkeitsprüfung im Bezug auf den Todeserfolg bedürfe244. Das zeigt sich insbesondere am Beispiel der todeserfolgsqualifizierten Brandstiftung in der folgenden Entscheidung von 1867245: „Der Erfolg des Todes kommt lediglich als objektive Folge der That in Betracht und es ist deshalb nicht erforderlich, daß dieser Erfolg gerade in der Art und in der Richtung, in welcher er eingetreten ist, auch in dem Bewußtsein des Thäters gelegen und mit diesem in Beziehung gestanden haben müsse. […] Der Thatbestand der schwersten, die Todesstrafe zur Folge habenden Brandstiftung liegt hiernach dann vor, wenn 1) der Thäter vorsätzlich einen der im §. 285. aufgeführten Gegenstände in Brand setzt, d. h. mit dem Vorsatze, daß der betreffende Gegenstand brennen soll und mit dem Bewußtsein, daß durch diese That Menschenleben gefährdet werden, und 2) dieser vorsätzlichen Anzündung als lediglich objektive Folge der Tod eines Menschen hinzutritt.“246

Durch diese Praxis wurden die Erfolgsqualifikationen im Sinne einer verschuldensunabhängigen Erfolgshaftung ausgelegt247. Der Gefahr ungerechter Verurtei242

Hier konnte bei Verletzung von besonderen Sorgfaltspflichten eine Zusatzstrafe in Form eines Ausübungsverbots von Beruf oder Amt im Ausmaß von bis zu fünf Jahren verhängt werden, s. § 184 Abs 2 PrStGB. 243 PrOTr, in: GA 1864, 142. 244 So Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 39 ff. m. w. N. 245 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 39 ff. m. w. N. zur Rechtsprechung des Preußischen Obertribunals. 246 PrOTr, in: GA, 1867, 564 (eigene Hervorhebungen). 247 So Dolcini, RIDPP 1979, 768; NK-Paeffgen, Vorbem. § 18 Rdn. 5; Puppe, Erfolgszurechnung, S. 196 f.; Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 39 f.; vgl. exemplarisch PrOTr, in: GA 1857, 70.

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lungen wirkte zunächst die Anwendung der letalen Kausalitätstheorie entgegen, doch mit § 185 PrStGB248 war die Abkehr von den individuellen Kausalitätslehren vorgezeichnet. Über die Etablierung der Bedingungstheorie durch von Buri249 konnte das Anwendungsfeld der erfolgsqualifizierten Delikte weiter ausgedehnt werden: Während in der dolus indirectus Lehre die Erfolgszurechnung über die Kausallehre vom typischen-letalen Zusammenhang begrenzt wurde, wurde das Fahrlässigkeitserfordernis zum schweren Erfolg unter Anwendung der condicio sine qua non Formel in der Rechtspraxis faktisch aufgegeben, zumal für die Erfolgszurechnung ein bloßer Ursachenzusammenhang festgestellt wurde und der letale Erfolg lediglich eine objektive Bedingung der erhöhten Strafbarkeit war250. 3. Vom Reichsstrafgesetzbuch von 1871 bis zur Gegenwart Vorbild für das Reichsstrafgesetzbuchs von 1871 war das preußische Strafgesetzbuch von 1851251, weshalb die todeserfolgsqualifizierte Körperverletzung in § 226 RStGB beibehalten wurde: „(1) Ist durch die Körperverletzung der Tod des Verletzten verursacht worden, so ist auf Zuchthaus nicht unter drei Jahren oder Gefängniß nicht unter drei Jahren zu erkennen.“

Auf den ersten Blick fällt im Vergleich zum Vorgänger (§ 194 PrStGB) das niedrigere Niveau des Strafrahmens (i. V. m. § 14 II RStGB) auf. Der Gesetzgeber billigte zwar weiterhin den Standpunkt der preußischen Rechtspraxis, die durch das Reichsgericht fortgesetzt wurde252, und stellte keine normativen subjektiven Anforderungen an die Erfolgszurechnung der schweren Folge. Aufgrund der enormen Tragweite der Zurechenbarkeit der Erfolgsqualifikationen entschied er sich aller248

§ 185 PrStGB: „Bei Feststellung des Thatbestandes der Tödtung kommt es nicht in Betracht, ob der tödtliche Erfolg einer Verletzung durch zeitige oder zweckmäßige Hülfe hätte verhindert werden können, oder ob eine Verletzung dieser Art in anderen Fällen durch Hülfe der Kunst geheilt worden, ingleichen ob die Verletzung nur wegen der eigenthümlichen Leibesbeschaffenheit des Getödteten, oder wegen der zufälligen Umstände, unter welchen sie zugefügt wurde, den tödtlichen Erfolg gehabt hat.“ 249 Grundlegend v. Buri, GA 1863, 753 ff. 250 NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 30 m. w. N.; Dreher, JZ 1953, 425 f.; Puppe, Erfolgszurechnung, S. 197; deutlich das Fazit von Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 41: „So fruchtbar die Befreiung des Strafrechts von dem naturalistischen (medizinischen) Kausalbegriff auch war, so fragwürdig mußten die Folgen für die erfolgsqualifizierten Delikte sein. Man hatte nämlich nicht nur die Schuldbeziehung zu dem Erfolg aufgegeben, sondern die Delikte auch noch dem extremen Ursachenzusammenhang der Bedingungstheorie ausgesetzt und damit den Spielraum für rechtliche ,Notbremsen‘ erheblich reduziert“. 251 So Koch, in: Koch/Kubiciel/Löhnig/Pawlik, S. 53; ders., ZStW 122 (2010), 755; Korn, S. 8, 42 f.; Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 45; Roxin, AT I § 4 Rdn. 1; Vormbaum, Einführung, S. 82, 85 f.; Wachenfeld, S. 182; jeweils m. w. N. 252 Vgl. bspw. RG, in: GA 1893, 391; RG, in: GA 1895, 57; RG, in: GA 1907, 71; RG, in: GA 1921/25, 100; vgl. Cohn, S. 50 f. m. w. N.; Dolcini, RIDPP 1979, 768; Roxin, AT I § 11 Rdn. 39; Schönke, StGB, S. 468.

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dings für die Strafrahmensenkung als Korrektiv gegen ungerechte Verurteilungen253. Eine weitere Strafmilderung für die todeserfolgsqualifizierte Körperverletzung war nach dem Vorbild des § 196 PrStGB in § 228 RStGB vorgesehen, der in minderschweren Fällen Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten bestimmte254. Abgesehen von der bedeutenden Einführung des § 56 StGB a. F. im Jahr 1953255, der sich erheblich auf die Auslegung der Erfolgsqualifikationen im Sinne einer Neuorientierung mit Bekenntnis zum Schuldprinzip auswirkte256, erfuhr das todeserfolgsqualifizierte Körperverletzungsdelikt seit seiner Einführung im Jahr 1871 als § 226 RStGB bis zum 6. StRG von 1998 nur marginale Änderungen257: So wurde mit 253

So Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 52; überhaupt wurden die Reformbestrebungen zum Abschnitt der Körperverletzungsdelikte von einer Strafrahmenmilderung getragen, vgl. Korn, S. 59 m. w. N.; so wurde der Strafrahmen der Körperverletzung mit Todesfolge im ersten Entwurf („Friedberg-Entwurf“) von 1869 von zehn bis zwanzig Jahren Zuchthausstrafe auf Zuchthausstrafe von fünf bis fünfzehn Jahren gemildert: § 199 (zitiert nach Schubert/ Vormbaum, Entstehung I, S. 31): „(1) Hat die vorsätzliche Misshandlung oder Körperverletzung den Tod des Verletzten zur Folge gehabt, so ist die Strafe Zuchthaus von fünf bis fünfzehn Jahren.“ Der zweite Entwurf von 1869 („Leonhardt-Entwurf“), der gleichzeitig als Reichstagsvorlage diente, sah zum todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikt in § 221 einen Strafrahmen von mindestens dreijährigem Zuchthaus vor, wobei die Obergrenze durch § 12 II auf 15 Jahren festgelegt wurde: § 221 (zitiert nach Schubert/Vormbaum, Entstehung I, S. 457): „(1) Ist durch die Körperverletzung der Tod des Verletzten verursacht worden, so ist auf Zuchthaus nicht unter drei Jahren zu erkennen.“ s. dazu auch Korn, S. 63, 74. Schließlich erfolgte die Zuerkennung einer alternativen Gefängnis-Strafe von mindestens drei Jahren, sodass der Tatbestand in § 226 RStGB nunmehr lautete (zitiert nach Schubert/Vormbaum, Entstehung II, S. 294): „(1) Ist durch die Körperverletzung der Tod des Verletzten verursacht worden, so ist auf Zuchthaus nicht unter drei Jahren oder Gefängniß nicht unter drei Jahren zu erkennen.“ Vgl. Korn, S. 86. 254 § 228 RStGB: „(1) Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist in den Fällen des § 223 Absatz 2 und des § 223a auf Gefängniß bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bis zu eintausend Mark, in den Fällen der §§ 224 und 227 Absatz 2 auf Gefängniß nicht unter einem Monat, und im Falle des § 226 auf Gefängniß nicht unter drei Monaten zu erkennen.“ 255 Eingeführt mit dem Dritten Strafrechtsänderungsgesetz vom 04. 08. 1953 in BGBl. I, S. 735. 256 Dieser Paragraph durchbrach den Grundsatz, wonach die Erfolgsqualifikationen nur objektive Straferhöhungsgründe seien und setzte für die Herbeiführung der schweren Folgen wenigstens Fahrlässigkeit voraus: § 56 StGB a. F.: „(1) Knüpft das Gesetz an eine besondere Folge der Tat eine höhere Strafe, so trifft diese den Täter nur, wenn er die Folge wenigstens fahrlässig herbeigeführt hat.“ s. dazu auch die Stellungnahme bei Baumann et al., AlternativEntwurf AT, S. 55: „Jedoch wird man, sofern man nicht überhaupt auf die sogenannten erfolgsqualifizierten Delikte verzichtet […], auf keinen Fall wieder hinter § 56 StGB zurückgehen dürfen.“ Vgl. das Fazit bei NK-Paeffgen, Vorbem. § 18 Rdn. 1: „§ 18 formuliert eine dogmenhistorische Errungenschaft im Kampf gegen die reine Erfolgshaftung.“ (Hervorhebung im Original) sowie Schmidhäuser, AT 7/120: „Die historische Bedeutung des § 18 […] liegt generell darin, daß mit dieser Vorschrift der gesetzliche Schlußstein hinter eine jahrhundertelange Entwicklung des Schuldgrundsatzes gesetzt wurde.“ Ähnlich auch Dreher, JZ 1953, 425; Traub, NJW 1957, 370; zur Entwicklungsgeschichte vgl. insbesondere Dolcini, RIDPP 1979, 769 f.; Vormbaum, Einführung, S. 87 f. sowie Wolters, GA 2007, 65 f.; jeweils m. w. N. 257 An dieser Stelle soll erwähnt werden, dass bereits nach der Einführung des Reichsstrafgesetzes von 1871 auch die todeserfolgsqualifizierte Körperverletzung zahlreichen Re-

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dem 1. StrRG vom 1969 allgemein die Zuchthausstrafe abgeschafft und die Freiheitsstrafe als Einheitsstrafe eingeführt258. Die Höhe der angedrohten Freiheitsstrafe blieb davon unberührt. Dem 1. StrRG waren mehrere Entwürfe vorausgegangen, welche einen nach verschiedenen Grunddelikten gestaffelten erfolgsqualifizierten Körperverletzungstatbestand vorsah259, der sowohl die qualifizierende Folge des Todes (Absatz 1) als auch schwerer Verletzungen (Absatz 2) beinhaltete, – die entsprechenden Vorschläge setzten sich letztlich nicht durch260. Mit dem Einfühformbestrebungen unterzogen wurde, die sich allerdings nicht in einer Änderung des Strafgesetzbuchs niederschlugen; einige Entwürfe sollen hier vorgestellt werden: So wurde im Vorentwurf von 1909 aufgrund der angestrebten Abkehr der Zufallshaftung bei der Körperverletzung mit Todesfolge eine Senkung des Regelstrafrahmens auf „Zuchthausstrafe bis zu zehn Jahren“ befürwortet, um damit auch eine bessere Wertungsabstufung zum vorsätzlichen Totschlag zu erreichen (Korn, S. 164 m. w. N.). Im Gegenentwurf von 1911 wurde die Untergrenze leicht verschärft, indem sie auf mindestens zwei Jahre heraufgesetzt wurde – diese Verschärfung fand jedoch im Entwurf von 1913 keinen Niederschlag, während die Obergrenze wieder auf fünfzehn Jahren Zuchthaus festgelegt wurde, um dadurch die Nähe der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung zu den Tötungsdelikten zum Ausdruck zu bringen (Korn, S. 182, 204, 238 jeweils m. w. N.). In den Entwürfen von 1922 und 1925 wurde die Eigenständigkeit der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsvorschrift abgeschafft und stattdessen als Qualifikationstatbestände der schweren bzw. absichtlich schweren Körperverletzung integriert, wobei der Strafrahmen bei schwerer Körperverletzung strenges Gefängnis bis zu fünf Jahren, bei der absichtlich schweren Körperverletzung den bisher bekannten Strafrahmen von einem bis zu fünfzehn Jahren Zuchthaus bzw. Gefängnis vorsah (Korn, S. 299 f.). Diese Tatbestandslösung blieb auch im Entwurf von 1927 erhalten, der allerdings von einer starken Strafrahmenverschärfung getragen wurde, welche sich auch bei der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung niederschlug. So wurde bei der schweren Körperverletzung mit Todesfolge die Strafrahmenobergrenze von fünf auf zehn Jahren angehoben (Korn, S. 318, 323). Diese Regelung zu den Todesqualifizierungen von schwerer und absichtlich schwerer Körperverletzung wurden ab 1933 im Zuge der Strafrechtsreformbestrebungen wiederum kontrovers diskutiert (Gröning, S. 16 ff.). 258 BGBl. I, S. 1482 von 1969; vgl. Gröning, S. 119. 259 So lautete § 149 des StGB-Entwurfs von 1960 in BT-Drs. 3/2150, S. 36: „(1) Hat die Tat den Tod des anderen zur Folge, so ist die Strafe in den Fällen 1. des § 146 Gefängnis von drei Monaten bis zu fünf Jahren 2. des § 148 Gefängnis nicht unter sechs Monaten und 3. des § 147 Zuchthaus bis zu fünfzehn Jahren, in minder schweren Fällen Gefängnis nicht unter einem Jahr. (2) Hat die Tat eine schwere Schädigung des anderen an Körper oder Gesundheit (§ 147 Abs 2) zur Folge, so ist die Strafe in den Fällen des § 146 Gefängnis bis zu fünf Jahren.“ Im StGB Entwurf von 1962 (BT-Drs. 4/650, S. 36 f.) änderte sich zur Strafrahmenabstufung der Verletzungsqualifikationen im zweite Absatz: „(2) Hat die Tat eine schwere Schädigung des anderen an Körper oder Gesundheit (§ 147 Abs 2) zur Folge, so ist die Strafe in den Fällen 1. des § 146 Gefängnis von bis zu fünf Jahren und 2. des § 148 Gefängnis von drei Monaten bis zu fünf Jahren.“ Der Wortlaut der Norm blieb beim Entwurf von 1965 gleich: BT-Drs. 5/32, S. 34 f.; eingehend zur Reformdiskussion der Entwürfe von 1959, 1960 und 1962: Gröning, S. 59 ff. 260 Ebensowenig setzte sich der Alternativ-Entwurf zu den Straftaten gegen die Person (1970) von 21 Strafrechtswissenschaftler durch, der im Allgemeinen Teil eine Strafschärfung

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rungsgesetz zum Strafgesetzbuch von 1974 wurden die mildernden Umstände des § 228 StGB a. F. als neue Absätze unter der Bezeichnung „minder schwere Fälle“ in § 226 III StGB n. F. integriert261. Gleichzeitig wurde in minder schweren Fällen der Strafrahmen dahingehend erweitert, dass die Verhängung einer Geldstrafe anstelle der Freiheitsstrafe über § 226 III i. V. m. § 47 II StGB ermöglich wurde. Der Leitgedanke eines qualifizierten Falles von fahrlässiger Tötung blieb bei der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung unverändert erhalten262. Mit dem 6. StrRG von 1998 wurde durch die Neuordnung der Systematik der Körperverletzungstatbestände die todeserfolgsqualifizierte Körperverletzung als § 227 StGB eingeordnet. Mittels redaktioneller Änderungen wurde eine Klarstellung zum Grunddelikt angestrebt, indem einerseits sprachlich der Tod „des Verletzten“ durch den „der verletzten Person“ ersetzt, andererseits zum Text „durch die Körperverletzung“ ein ausdrücklicher Verweis auf die §§ 223 bis 226 StGB n. F. hinzugefügt wurde263. Gleichzeitig wurde der Strafrahmen für minder schwere Fälle von drei Monaten bis fünf Jahren auf Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren erheblich angehoben, weshalb nunmehr die Möglichkeit zur Verhängung einer Geldstrafe nach § 47 II StGB ausgeschlossen bleibt. Dabei enthielt der Entwurf des Bundesministeriums der Justiz zunächst den Vorschlag, bei Verbrechen mit Todesfolge für die Verursachung des Todes einheitlich Leichtfertigkeit vorauszusetzen und den Strafrahmen für den minder schweren Fall der Körperverletzung mit Todesfolge auf ein bis zu zehn Jahren anzuheben264. Unter Hinweis auf die Werteordnung des Grundgesetzes, insbesondere dem verfassungsrechtlich hohen Rang des menschlichen Lebens und der körperlichen Unversehrtheit, sowie der generellen Diskrepanz zwischen den Eigentums- und Vermögensdelikten einerseits und den Körperverletzungsdelikten andererseits, strebte die Bundesregierung eine Aufhebung der Wertungswidersprüche bei den Strafrahmen an265. Bei den Todeserfolgsqualifikationen sah der Vorschlag die vorher genannte Anhebung der Strafdrohungen vor, wobei die besonderen Tatfolgen generell den erhöhten Fahrlässigkeitsgrad der Leichtfertigkeit voraussetzen sollten266. In seiner Replik forderte der Bundesrat im bei der Idealkonkurrenz (§ 64 Abs 2 AE) vorsah, wodurch auf Erfolgsqualifikation verzichtet werden konnte: Gröning, S. 104, 108 m. w. N. 261 BGBl. I, S. 488 von 1974; vgl. auch BT-Drs. 6/3250, S. 20. 262 Vgl. nur BT-Drs. 3/2150, S. 268 zum todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikt, welches nach dem StGB-E 1960 nunmehr unter § 149 vorgesehen war: „Absatz 1, der als Merkmal die Strafschärfung die fahrlässig verursachte Todesfolge verwendet und damit eine qualifizierte fahrlässige Tötung regelt, ersetzt den § 226 StGB […]“; wortgleich BT-Drs. 4/650, S. 285 zum StGB-E 1962. 263 BT-Drs. 13/8587, S. 18. 264 Freund, ZStW 109 (1997), 461, 465; in seiner Stellungnahme hielt der Arbeitskreis der Strafrechtslehrer es für möglich, die Strafrahmenverschiebung für die erfolgsqualifizierten Delikte an das Kriterium der Leichtfertigkeit zu binden: Freund, ZStW 109 (1997), 472. 265 BT-Drs. 13/8587, S. 19. 266 BT-Drs. 13/8587, S. 21, 37; Dementsprechend lautete der Entwurf zur Körperverletzung mit Todesfolge in § 226 I StGB: „Verursacht der Täter durch die Körperverletzung (§§ 223 bis

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

Bezug auf die Erfolgsqualifikationen eine differenzierte Vorgehensweise, welche die Unterscheidung Vergehen und Verbrechen im Grundtatbestand berücksichtige267. Bei der Körperverletzung mit Todesfolge wurde vorgeschlagen, das Wort „leichtfertig“ zu streichen, da dieses Delikt bereits bei fahrlässiger Erfolgsverwirklichung einen besonderen Unrechtsgehalt beinhalte und das Kriterium der Leichtfertigkeit nicht geeignet sei, „die Scheidelinie zwischen ,einfacher‘ Körperverletzung und fahrlässiger Tötung einerseits (Strafrahmen in der Regel bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe) und § 226 StGB andererseits (Strafrahmen nicht unter drei Jahren) zu bilden“268 : Die Erhöhung des Strafrahmens sei durch den Unrechtsgehalt auch ohne die Voraussetzung des gesteigerten Grades der Fahrlässigkeit gerechtfertigt. Die Bundesregierung übernahm daraufhin die Strafrahmenerhöhung beim minder schweren Fall der Körperverletzung mit Todesfolge ohne Bindung an das Kriterium der Leichtfertigkeit269, was im Schrifttum teils scharf kritisiert wurde270. Die jüngste Änderung zur todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung erfolgte 2013 in Form einer Grunddeliktserweiterung, indem der neu geschaffene § 226a StGB in die Aufzählung der Grunddelikte zu § 227 StGB aufgenommen wurde271. Hinsichtlich der Tötungsdelikte erfolgten beim Übergang vom PrStGB auf das RStGB sowohl bei der vorsätzlichen als auch bei der fahrlässigen Tötung einige Modifikationen zum Strafrahmen. Das Grunddelikt zur vorsätzlichen Tötung erfuhr eine wesentliche Veränderung des Strafrahmens: Der Mindeststrafrahmen in § 212 RStGB wurde auf fünf Jahre Zuchthaus herabgesetzt272, was bereits im ersten Entwurf des norddeutschen Strafgesetzbuchs mit der Begründung vorgenommen wurde, dass dies in den meisten anderen Gesetzgebungen auch üblich sei273. Damit beinhaltete die Körperverletzung mit Todesfolge zwar den kompletten Umfang des Totschlagsdelikts, bildete aber durch die Strafrahmensenkung auf die Mindeststrafe 225) leichtfertig den Tod der verletzten Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.“: BT-Drs. 13/8587, S. 7. 267 BT-Drs. 13/8587, S. 55. 268 BT-Drs. 13/8587, S. 61. 269 BT-Drs. 13/8587, S. 79. 270 Vgl. Arzt, ZStW 111 (1999), 758, 775; Bussmann, GA 1999, 25 ff.; Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 227 Rdn. 21; Fischer, FS Frisch, S. 44 f., 47; Götting, NStZ 1998, 547; Heghmanns, BT S. 126; LK-Hirsch, § 227 Rdn. 14; Hettinger, FS Küper, S. 95 ff., 112 ff.; Hörnle, Jura 1998, 177, 182; Joecks, Studienkommentar, § 227 Rdn. 3; Kreß, NJW 1998, 634 f.; Kudlich, JuS 1998, 469; Küpper, ZStW 111 (1999), 787; NK-Paeffgen, § 227 Rdn. 1; MKRadtke, Vorbem. § 38 Rdn. 11; Rengier, ZStW 111 (1999), 21; Roxin, in: Eser/Hassemer/ Burkhardt, S. 385, 389; Stächlin, StV 1998, 101 f.; Streng, ZStW 111 (1999), 836 f. 271 Vgl. BGBl. I, S. 3671 von 2013. 272 § 212 RStGB: „(1) Wer vorsätzlich einen Menschen tödtet, wird, wenn er die Tödtung nicht mit Überlegung ausgeführt hat, wegen Todtschlages mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft.“ 273 Vgl. v. Liszt, Vergleichende Darstellung BT V, S. 41: „Die Herabsetzung der Strafmaßes für den Totschlag, § 186, vom absolut lebenslänglichen auf zeitigen Zuchthaus ist nach dem Vorgang der meisten anderen Gesetzgebungen erfolgt.“ Vgl. auch Wachenfeld, S. 178, 182.

D. Die Körperverletzung in der Genese der Strafrechtskodifikationen

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von drei Jahren Zuchthaus bzw. Gefängnis immer noch eine Brückenfunktion zwischen dem Sanktionsmaximum der einfachen fahrlässigen Tötung und dem Sanktionsminimum der vorsätzlichen Tötung (fünf Jahre)274. Diese numerische Untergrenze zum Strafrahmen des Totschlags blieb bis heute erhalten. Im Vergleich dazu wurde das fahrlässige Tötungsdelikt mehrfach hinsichtlich des Strafrahmens reformiert. Mit dem Inkrafttreten des RStGB wurde der Tatbestand der fahrlässigen Tötung von § 184 PrStGB bei einem Strafrahmen von zwei Monaten bis zu zwei Jahren Gefängnisstrafe in § 222 RStGB auf Gefängnisstrafe bis zu drei Jahren erhöht. Die Zusatzstrafe im zweiten Absatz des § 184 PrStGB wurde bei gleichbleibenden Tatbestandsmerkmalen in eine Gefängnisstrafe von bis zu fünf Jahren umgewandelt und schuf damit eine Qualifikation für Fallkonstellationen für einen besonderen Täterkreis mit entsprechenden Sorgfaltspflichten275. Die Vorschrift galt bis 1940 – ab diesem Zeitpunkt wurde die Norm umgestaltet, sodass der Qualifikationstatbestand in § 222 II StGB ersatzlos gestrichen und der konkrete Strafrahmen aus der Norm entfernt wurde276. In der Folgezeit weist die deutsche Strafgesetzgebung mehrere Entwürfe von Strafgesetzbüchern auf, die dezidiert zum Sanktionsrahmen der fahrlässigen Tötung Stellung nehmen. Im Entwurf des Strafgesetzbuchs von 1960277 führten erstmals die Verbrechen gegen das Leben den Besonderen Teil des Strafgesetzbuchs an und § 138 StGB-E sah bei der fahrlässigen Tötung einen Regelstrafrahmen von bis zu fünf Jahren Gefängnisstrafe vor278. Der Grund für diese Entscheidung war die beabsichtigte Streichung der Formulierung der besonderen Amts- und Berufspflicht, die in § 222 RStGB im zweiten Absatz vorgesehen war, da eine derartige Sorgfaltswidrigkeit „oft überhaupt erst den Vorwurf der Fahrlässigkeit begründet und daher nicht zugleich erschwerend wirken kann“279. Die Erhöhung des Strafrahmens sollte auch allgemein schwerwiegenden Fahrlässigkeitsvorwürfen Rechnung tragen280.

274 Vgl. auch Wachenfeld, S. 179 f.: „Der Kommissionsentwurf regelt das Strafverhältnis zwischen dem Totschlage und der vorsätzlichen Körperverletzung mit tödlichem Ausgange, indem er, abgesehen von Milderungsumständen, die Strafe für die letztere wenigstens in ihrem Minimum unter diejenige für den Totschlag herabsetzt.“ 275 Vgl. Berner, Lehrbuch, S. 519: „Es handelt sich hier um die Versäumung von Pflichten, welche aus der mehr oder weniger dauernden besonderen Lebensaufgabe eines Menschen fließen. Sie bilden den Gegensatz einerseits zu den allgemeinen menschlichen oder bürgerlichen Pflichten, andererseits zu den vorübergehend, für einzelne Fälle übernommenen besonderen Pflichten.“ (Hervorhebungen im Original); s. auch Binding, BT I § 8 S. 30; Frank, S. 369 f.; v. Liszt, Vergleichende Darstellung BT V, S. 148 ff. 276 § 222 RStGB: „(1) Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Gefängnis bestraft.“ 277 BT-Drs. 3/2150. 278 § 138 StGB-E 1960: „(1) Wer fahrlässig den Tod eines anderen verursacht, wird mit Gefängnis bis zu fünf Jahren bestraft. (2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Gefängnis bis zu zwei Jahren oder Strafhaft.“ 279 BT-Drs. 3/2150, S. 259.

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

Diesem Standpunkt blieb auch der StGB-E von 1962 treu, der die besondere Differenzierung der grob fahrlässigen Tötung in einem eigenen Absatz festhielt281, um auf diese Weise einerseits für die Durchschnittsfälle von fahrlässiger Tötung282, andererseits aber auch für besonders schwere Fälle283 einen angemessenen Strafrahmen vorzusehen. 1969 wurde mit dem Ersten Gesetz zur Reform des Strafrechts (1. StrRG) die Höhe der Sanktion für die fahrlässige Tötung explizit positiviert, sodass die Vorschrift nach knapp 29 Jahren wieder eine Obergrenze in Form von Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren beinhaltete284. Die letzte Reform dieses Tatbestandes wurde 1975 vorgenommen, indem beim Sanktionsrahmen zusätzlich die Möglichkeit zur Verhängung einer Geldstrafe eingefügt wurde285.

280 Vgl. BT-Drs. 3/2150, S. 259: „Die Vorschrift, die den § 222 StGB ersetzen soll, entspricht in ihrem Absatz 1 sachlich dem geltenden Recht. Nach der ursprünglichen Fassung des § 222 StGB war die Grundstrafdrohung drei Jahre Gefängnis. Als Erschwerungsstatbestand, für den eine Erhöhung der Strafe bis auf fünf Jahre Gefängnis zugelassen war, hatte § 222 StGB in einem zweiten Absatz den Fall geregelt, daß der Täter zu der Aufmerksamkeit, welche er aus den Augen setzte, vermöge seines Amtes, Berufes oder Gewerbes besonders verpflichtet war. Die Entwürfe seit 1911 hatten diesen Absatz beseitigt, weil die Außerachtlassung der Amtsoder Berufspflicht oft überhaupt erst den Vorwurf der Fahrlässigkeit begründet und daher nicht zugleich erschwerend wirken kann, andererseits in schweren Fällen eine höhere Strafe als drei Jahre Gefängnis auch ohne Verletzung einer besonderen Amts- oder Berufspflicht angebracht sein kann. Aus diesen Gründen hat die Verordnung zur Änderung von Strafvorschriften vom 2. April 1940 (Reichsgesetzblatt I 606) in § 222 StGB den Absatz 2 aufgehoben und die Strafdrohung des Absatz 1 auf fünf Jahre Gefängnis erhöht. Hieran hält der Entwurf für den Regelstrafrahmen des Absatzes 1 fest.“ (Hervorhebungen im Original) 281 § 138 StGB-E 1962: „(1) Wer fahrlässig den Tod eines anderen verursacht, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Gefängnis von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel dann vor, wenn der Täter 1. leichtfertig handelt oder 2. den Tod vieler Menschen verursacht. (3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Gefängnis bis zu zwei Jahren oder Strafhaft.“ 282 Vgl. BT-Drs. 4/650, S. 275: „Der Strafrahmen von einem Monat bis zu drei Jahren Gefängnis erscheint für die Durchschnittsfälle fahrlässiger Tötung angemessen. Er gibt den genügenden Spielraum, in dem die auch hier auftretenden verschiedenen Grade des Unrechts und der Schuld berücksichtigt werden können.“ 283 Vgl. BT-Drs. 4/650, S. 275: „Der Strafrahmen ist nach oben weit genug, um auch schwerste Fälle zu erfassen. Kriminalpolitisch besonders wichtig ist die Mindeststrafe von sechs Monaten. Sie soll dem Abgleiten der Strafe nach unten, das sich gerade hier immer mehr ausbreitet, entgegen wirken.“ 284 BGBl. I, S. 1481 von 1969. 285 BGBl. I, S. 59 von 1975.

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II. Zur Entwicklung der präterintentionalen Tötung in Italien Der Systemgedanke als grob fahrlässige Tötung wird in der Entwicklung des für das italienische Recht traditionsreichen präterintentionalen Delikts286 deutlich, auch wenn das Delikt der präterintentionalen Tötung expressis verbis erst mit dem codice Rocco von 1930 Einzug in das Strafgesetzbuch hält und seither keiner gesetzlichen Novelle unterworfen wurde. An dieser Stelle soll anhand einer exemplarischen Darstellung bedeutender italienischer Strafrechtskodifikationen ein Überblick287 zur historischen Entwicklungsgeschichte des präterintentionalen Delikts gegeben werden288. 1. Die Entwicklung im Lichte der Partikularrechte der italienischen Länder Das Strafgesetzbuch des Königreichs beider Sizilien von 1819289 beinhaltete zum vorsätzlichen Tötungsdelikt eine Reihe qualifizierter Tatbestände (Art. 348: Parricidio; Art. 349: Infanticidio; Art. 350: Veneficio; Art. 351: Omicidio premeditato; Art. 353: Spezifische Fälle von Verwandtentötung), für die das Strafgesetzbuch in Art. 352 bzw. Art. 353 die Todesstrafe vorsah. Der Grundtatbestand zur vorsätzlichen Tötung wurde nach Art. 355 mit dem vierten Grad einer qualifizierten Freiheitsstrafe (de’ferri) bestraft, was gemäß Art. 9 V einem Ausmaß von fünfundzwanzig bis dreißig Jahren entsprach. Die fahrlässige Tötung in Art. 375 hingegen wurde mit einer gemilderten Form von Freiheitsstrafe (prigionia) zweiten bzw. dritten Grades bestraft, was nach Art. 26 einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zwei Jahren, bzw. zwei Jahren und einem Monat bis zu fünf Jahren entsprach. Bei den todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungstatbeständen spielte einerseits die Intensität des Vorsatzes, andererseits der Zeitfaktor zwischen dem grunddeliktischen Verhalten und dem Eintritt der Todesfolge eine entscheidende Rolle für die Strafbemessung.290 So sah das Strafgesetzbuch im Kontext der schwersten 286

Vgl. De Asua, RIDPP 1962, 6 ff.; Dolcini, in: Dig. disc. pen. II, S. 273 ff.; Cagli, IP 1994, 534; Finzi, S. 44 ff.; Fresa, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PS VII S. 125 f.; Marani, S. 113 f.; Patalano, in: ED XXIX, S. 973 ff.; ders., I delitti contro la vita, S. 233 ff.; Ronco, in: Ronco/B. Romano, Art. 584 S. 2688; Tagliarini, S. 105, 107 f.; ausführlich zur Entwicklung dieser Deliktskategorie in der monographischen Aufarbeitung von Caterini, S. 89 ff.; zu den Entwicklungen der präterintentionalen Tötung im Schrifttum s. ders., Il reato eccessivo, S. 120 ff. 287 Ein deutschsprachiger Überblick zur Entwicklungsgeschichte des Strafrechts in Italien findet sich bei J. Bosch, ZStW 88 (1976), 488 ff.; sowie bei Javers, in: Sieber/Cornils, AT I, S. 325 ff., 328 ff. 288 Die jeweiligen Gesetzeswerke wurden nach den digitalen Gesetzestexten des italienischen Justizministeriums zitiert, welche unter http://www.giustizia.it/giustizia/it/ mg_7_4_10.wp einsehbar sind (abgerufen am 17. 10. 2014). 289 Codice penale per lo Regno delle Due Sicilie (1819). 290 So Caterini, S. 105.

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Vorsatzform291 mit Art. 362 I dieselbe Strafe wie für die vorsätzliche Tötung vor, wenn der Tod, der aus den Verletzungen hervorgegangen ist, innerhalb von vierzig Tagen erfolgte292 – wenn sich der Tod hingegen nicht ausschließlich aus „der Natur der zugefügten Verletzungen“, sondern aufgrund nachträglicher Kausalfaktoren einstellte, wurde die Strafe um ein bis zwei Grade vermindert: Art. 362 des Strafgesetzbuchs des Königreichs beider Sizilien von 1819: „(1) Der Schuldige absichtlicher Schläge oder Verletzung, aus denen innerhalb vierzig Tagen aufgrund der Beschaffenheit der Verletzungen und Schläge der Tod folgt, wird gleich wie der Mörder bestraft. (2) Wenn der Tod des Opfers nicht aufgrund der alleinigen Beschaffenheit der Verletzungen oder Schläge, sondern wegen einer nachfolgenden Bedingung eintrat, wird die Strafe um ein oder zwei Grade herabgesetzt.“293

Wenn der Tod durch Körperverletzung erst nach vierzig Tagen eintrat, unterschied Art. 363294 danach, ob der letale Ausgang auf der Körperverletzung selbst fußte oder auf andere nachträgliche Faktoren zurückzuführen wäre: Im ersten Fall wurde – wie schon in Art. 362 I – die Strafe nach der Vorgabe der vorsätzlichen Tötung bemessen, im zweiten Fall wurde Strafe um drei Grade gemindert. Schließlich enthielt das Strafgesetzbuch in Art. 391 einen weiteren Tatbestand zur Bestrafung vorsätzlicher körperlicher Übergriffe, deren Erfolg über die eigentliche Absicht des Täters hinausging. Die Besonderheit des Tatbestandes lag darin, dass dem Täter gegenüber den Art. 362 und 363 eine schwächere Vorsatzform nachgewiesen werden musste und eine Bestrafung nach dem schwereren unbeabsichtigten Delikt erfolgte, wobei es Möglichkeiten einer Strafmilderung gab295 : Art. 391 des Strafgesetzbuchs des Königreichs beider Sizilien von 1819: „(1) Wenn aus der Begehung eines vorsätzlichen Schlags oder einer Körperverletzung ein schwereres Verbrechen hervorgeht, das in seinen Auswirkungen über das Ziel des Täters hinausgeht, wird die Strafe für das schwerere Verbrechen angewendet, vermindert um ein bis zwei Grade. Diese Strafminderung findet niemals Anwendung, wenn der Täter die

291

So Caterini, S. 105. Vgl. Caterini, S. 103. 293 Eigene Übersetzung zu Art. 362 codice penale per lo Regno delle Due Sicilie (1819): „(1) Il colpevole di percossa o ferita volontaria da cui segua fra quaranta giorni la morte per la natura di dette ferite o percosse, sarà punito quale omicida. (2) Se la morte dell’offeso non sia accaduta per sola natura delle ferite o percosse, ma per causa sopravvenuta, la pena discenderà di uno o due gradi.“ Vgl. ausführlich Caterini, S. 103 ff. m. w. N. 294 Art. 363 I codice penale per lo Regno delle Due Sicilie (1819): „(1) Il colpevole di percossa o ferita volontaria da cui segua la morte dopo quaranta giorni succeduti al misfatto per sola natura di dette ferite o percosse, sarà parimente omicida; ma la pena discenderà di uno o due gradi. Se la morte dell’offeso non sia avvenuta per sola natura delle ferite o percosse, ma per causa sopravvenuta, la pena discenderà di tre gradi.“ 295 So Caterini, S. 105 f. 292

D. Die Körperverletzung in der Genese der Strafrechtskodifikationen

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Folgen hätte vorhersehen können oder wenn die Verletzung oder der Schlag mittels Waffen im eigentlichen Sinn vorgenommen hat.“296

Das Gesetz des Herzogtums Parma von 1820297 definierte in Art. 305 die vorsätzliche Tötung und sah in den folgenden Artikeln einen Katalog verschiedener Tötungsarten vor, die jeweils mit der Tod bestraft wurden, wie etwa die Tötung mit Vorüberlegung (Art. 306) oder den Giftmord (Art. 309). Außerhalb der aufgezählten Tötungsarten bestimmte Art. 313 für die vorsätzliche Tötung die Strafe lebenslanger Zwangsarbeit (lavori forzati a vita). Die fahrlässige Tötung in Art. 349 sah einen Strafrahmen von drei Monaten bis zu zwei Jahren Kerkerstrafe (prigonia) vor. Im Abschnitt zu den vorsätzlichen Körperverletzungsdelikten sah Art. 319 Todeserfolgsqualifikationen für vorsätzliche und vorbedachte körperliche Übergriffe vor, die im Falle des innerhalb von vierzig Tagen nach dem Übergriff eingetretenen Todes entsprechend den korrespondierenden Vorschriften zu den vorsätzlichen Tötungsdelikten (im Falle des nach Ablauf von vierzig Tagen eingetretenen Todes um einen Grad vermindert) bestraft wurden. Im Abschnitt zu den Tötungsdelikten mit dem Titel „Über die Verminderung der Strafe in anderen Fällen der Tötung, oder bei Körperverletzungen“ [Della minorazione di pena in altri casi di omicidio, o di violenze personali] wurde in Art. 354 der Fall der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung normiert, der allerdings nicht dezidiert von einem Todeserfolg, sondern von allgemein schwereren Konsequenzen spricht. Ein bemerkenswertes Detail zur Vorschrift ist die Wortwahl im dritten Absatz, der nicht schon vom „vorhersehen können“, sondern vielmehr vom „vorhersehen müssen“ sprach298. Art. 354 des Gesetzes des Herzogtums Parma von 1820: „(1) Wenn jemand in der Absicht, lediglich zu stoßen, schlagen oder zu verletzen, eine schwerere Tat begeht, die über die beabsichtigten Konsequenzen seines Verbrechensplans hinaus geht, unterliegt er der Strafe für jene Tat, vermindert um ein bis zwei Grade. (2) Wenn die Tat Kerkerstrafe vorsieht, sind für die Graduierung die im Gesetz vorgesehenen Mindeststrafen sowie die Besserungsstrafen zu beachten.

296 Eigene Übersetzung zu Art. 391 I codice penale per lo Regno delle Due Sicilie (1819): „(1) Se nel commettersi volontariamente una percossa o ferita, ne nasca un reato più grave che sorpassa nelle sue conseguenze il fine del delinquente, si applicherà la pena del reato più grave diminuita di uno a due gradi. Questa diminuzione non avrà mai luogo, quando il delinquente avesse potuto prevederne le conseguenze, o avesse commesso la ferita o percossa con armi proprie.“ Vgl. ausführlich Caterini, S. 103 f. m. w. N., insbesondere zum Umstand, dass bei Vorliegen von Fahrlässigkeit die Strafminderung keine Anwendung fand: Hier musste die Anklage die Vorhersehbarkeit der schwereren Folgen beweisen, um eine Anwendung der Strafmilderung auszuschließen. 297 Codice penale per gli stati di Parma, Piacenza e Guastalla (1820). 298 So Caterini, S. 106, der auf diesen Unterschied im Vergleich zur bisherigen gesetzgeberischen Tradition hinweist.

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(3) Diese Minderung ist nie anzuwenden wenn der Verbrecher, aufgrund der Natur der Umstände, die schweren Konsequenzen hätte vorhersehen müssen.“299

Während der vorsätzliche Tatbestand einer mit Vorbedacht ausgeführten Tötung im Toskanischen Strafgesetzbuch von 1853300 mit dem Tode durch Enthauptung (Art. 309 § 1.) bzw. mit lebenslanger Freiheitsstrafe (Art. 309 § 2.: ergastolo) bestraft wurde, sah der fahrlässige Tötungstatbestand eine Exilstrafe von einem bis zu drei Jahren vor (Art. 315: esiglio) vor. Bei den über die Absicht hinausgehenden Tötungen, die auf eine Körperverletzung zurückzuführen waren, unterschied das Strafgesetzbuch das vorbedachte vom spontanen Täterverhalten. Innerhalb dieser Vorschriften erfolgte eine weitere Unterteilung nach dem Grad der Vorhersehbarkeit des tödlichen Erfolges, wobei die jeweiligen Vorschriften zwischen einem möglichen und einem wahrscheinlichen letalen Ausgang unterschieden301: Darin bestand eine grundlegende Neuheit, zumal in früheren Gesetzeswerken die Vorhersehbarkeit bzw. die Wahrscheinlichkeit der Todesfolge dieselbe Strafe wie das vorsätzliche Tötungsdelikt bestimmt hatten, während das Toskanisch Strafgesetzbuch selbst für wahrscheinliche Todesfolgen einen vom vorsätzlichen Tötungstatbestand unabhängigen Strafrahmen vorsah302. Bei der vorbedachten „über die Intention hinausgehende[n] Tötung“ (Art. 311) lag der Strafrahmen zwischen acht und fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe (in Form der casa di forza), sofern der tödliche Ausgang sich für den Täter als wahrscheinliche Konsequenz seiner Handlung darstellte, und zwischen zwei bis sechs Jahren Freiheitsstrafe (in Form des carcere), wenn der letale Erfolg lediglich als mögliche Folge vorhersehbar war: Art. 311 des Toskanischen Strafgesetzbuchs von 1853: „Die über die Absicht hinausgehende Tötung, die aus einer vorbedachten Körperverletzung hervorgeht, wird wie folgt bestraft: a) mit schwerem Kerker von acht bis fünfzehn Jahren, wenn der Täter den Tod des Opfers als wahrscheinliche Folge seiner Tat vorhersehen konnte; und

299 Eigene Übersetzung zu Art. 354 codice penale per gli stati di Parma, Piacenza e Guastalla (1820): „(1) Se taluno nell’intenzione soltanto di urtare, percuotere o ferire commetta un fatto più grave, che sorpassi nelle sue conseguenze l’avuto disegno, egli incorrerà nella pena dovuta al fatto stesso diminuita di uno a due gradi. (2) Quando il fatto porti la prigionia serviranno di grado alla medesima il minimo stabilito dalla legge, ed anche le pene di buon governo. (3) Tale diminuzione non avrà mai luogo quando il delinquente, giusta la natura delle circostanze, avesse dovuto prevederne le gravi conseguenze.“ Vgl. ausführlich Caterini, S. 106 f. m. w. N. 300 Codice penale del Granducato di Toscana vom 20. Juni 1853. 301 Vgl. Caruso, S. 14 f.; Caterini, S. 112 ff. 302 So Caterini, S. 114.

D. Die Körperverletzung in der Genese der Strafrechtskodifikationen

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b) mit Gefängnis von zwei bis sechs Jahren, wenn der Täter den Tod des Opfers als mögliche Folge seiner Tat vorhersehen konnte.“303

Die spontane „über die Intention hinausgehende Tötung“ (Art. 312) sah Freiheitsstrafen (in Form von carcere) von zwei bis sechs Jahren bzw. ein bis drei Jahren vor – je nachdem, ob der letale Ausgang als wahrscheinliche oder nur als mögliche Folge des Verhaltens des Täters bewertet wurde304 : Art. 312 des Toskanischen Strafgesetzbuchs von 1853: „Die über die Absicht hinausgehende Tötung, die aus einer spontanen Körperverletzung hervorgeht, wird wie folgt mit Gefängnisstrafe bestraft: a) von zwei bis sechs Jahren, wenn der Täter den Tod des Opfers als wahrscheinliche Folge seiner Tat vorhersehen konnte; und b) von einem bis drei Jahren, wenn der Täter den Tod des Opfers als mögliche Folge seiner Tat vorhersehen konnte.“305

Über die Differenzierung in der Vorhersehbarkeit – und damit in jenem Kriterium, das für die klassische Schule des Strafrechts als Essenz der Fahrlässigkeit galt306 – unterschied das Toskanische Strafgesetzbuch wichtige Anhaltspunkte für Strafwürdigkeit des Täters, die entsprechend höher lag, wenn der Erfolg als wahrscheinlich hervorgesehen werden konnte, und entsprechend niedriger lag, wenn der Erfolg lediglich als mögliche Folge vorhergesehen werden konnte307. Damit zeigt sich ein deutlicher Einfluss des Letalitätsgedankens des gemeinen Strafrechts. Gleichzeitig wurde mit diesen Vorschriften, welche die beiden subjektiven Aspekte 303 Eigene Übersetzung von Art. 311 codice penale Toscano (1853): „(1) L’omicidio oltre l’intenzione, prodotto da una lesione personale premeditata, si punisce a) con la casa di forza da otto a quindici anni, se l’agente potè prevedere, come conseguenza probabile del suo fatto, la morte dell’offeso; e b) con la carcere da due a sei anni, se l’agente potè prevedere, come conseguenza possibile del suo fatto la detta morte.“ Vgl. ausführlich Caterini, S. 112 ff. m. w. N. 304 Art. 312 codice penale Toscano (1853): „(1) L’omicidio oltre l’intenzione, prodotto da una lesione personale improvvisa, si punisce con la carcere a) da due a sei anni, se l’agente potè prevedere, come conseguenza probabile del suo fatto, la morte dell’offeso; e b) da uno a tre anni, se l’agente potè prevedere, come conseguenza possibile del suo fatto, la detta morte.“ 305 Eigene Übersetzung Art. 312 codice penale Toscano (1853): „(1) L’omicidio oltre l’intenzione, prodotto da una lesione personale improvvisa, si punisce con la carcere a) da due a sei anni, se l’agente potè prevedere, come conseguenza probabile del suo fatto, la morte dell’offeso; e b) da uno a tre anni, se l’agente potè prevedere, come conseguenza possibile del suo fatto, la detta morte.“ 306 So Castronuovo, La colpa, S. 222 m. w. N.; dies gilt insbesondere für die Unterscheidung vom Tötungstatbestand mit unbestimmten Vorsatz [dolo indeterminato] und dem präterintentionalen Tötungsdelikt: Caterini, S. 132. 307 So Delitala, in: Raccolta degli scritti I, S. 325; Patalano, I delitti contro la vita, S. 235; vgl. dazu auch De Francesco, in: Vinciguerra, S. 410 ff.

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

des jeweiligen Tatbestandes in eine gemeinsame Wertung zusammenführten, erstmals das Fundament für die Entwicklung der besonderen italienischen Schuldform, der Präterintention, im Sinne einer Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination gelegt308. Im Strafgesetzbuch von Modena und Reggio Emilia von 1855309 wurden – ähnlich der Systematik im Strafgesetzbuch des Königreichs beider Sizilien von 1819 – nach der Definition der vorsätzlichen Tötung in Art. 349 in den darauffolgenden Artikeln verschiedene Tötungstatbestände aufgezählt, für die Art. 357 die Todesstrafe vorsah. In Fallkonstellation außerhalb dieser Qualifikationen bestimmte Art. 363 lebenslange Freiheitsstrafe (ergastolo a vita). Die fahrlässige Tötung wurde nach Art. 376 mit Kerkerstrafe (carcere) von drei Monaten bis zu zwei Jahren bestraft. Die todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikte finden sich systematisch im 34. Titel zu den Körperverletzungsdelikten und zeigen eine deutliche Affinität sowohl zu den vorangegangenen Strafgesetzbüchern als auch zum österreichischen StG mit dem dolus indirectus310. Art. 394 des Strafgesetzbuchs von Modena und Reggio Emilia von 1855: „§. 1. Die vorsätzlichen Verletzungen und Schläge, aus denen innerhalb der nächsten 40 Tage der Tod hervorgeht, werden der vorsätzlichen Tötung gleichgestellt und mit den entsprechenden Strafen belegt. §. 2. Wenn der Tod des Opfers innerhalb 40 Tage nicht allein wegen der Beschaffenheit der Verletzungen oder Schläge, sondern auch wegen vorangehender oder nachträglicher Ursachen eingetreten ist, wird die Strafe um einen Grad vermindert.“311 Art. 395 des Strafgesetzbuchs von Modena und Reggio Emilia von 1855: „§. 1. Die vorsätzlichen Verletzungen und Schläge, aus denen nach Ablauf von 40 Tagen nach dem Übergriff der Tod wegen der ausschließlichen Beschaffenheit der genannten Verletzungen oder Schläge hervorgeht, werden ebenso der vorsätzlichen Tötung gleichgestellt, allerdings ist die Strafe um einen Grad vermindert.312 308

So Finzi, S. 44; Patalano, I delitti contro la vita, S. 236. Codice criminale e di procedura criminale per gli stati estesi (1855). 310 So Caterini, S. 117. 311 Eigene Übersetzung zu Art. 394 codice penale (1855): „§. 1. Le ferite e le percosse volontarie per le quali segua la morte entro i quaranta giorni immediatamente successivi, saranno agguagliate all’omicidio e punite colle pene corrispondenti. §. 2. Se la morte dell’offeso seguíta entro i quaranta giorni non sia succeduta per la sola natura delle ferite o percosse, ma anche per causa preesistente o sopravvenuta, la pena sarà diminuita di un grado.“ Vgl. ausführlich Caterini, S. 116 f. m. w. N. 312 Eigene Übersetzung zu Art. 395 codice criminale e di procedura criminale per gli stati estesi (1855): „§. 1. Le ferite e le percosse volontarie per le quali, dopo quaranta giorni successivi al delitto, segua la morte per la sola natura di dette ferite o percosse, sono pure agguagliate all’omicidio; ma la pena sarà inferiore di un grado. §. 2. Se però la morte dell’offeso non avverrà per la sola natura di dette ferite o percosse, la pena sarà inferiore di due gradi.“ 309

D. Die Körperverletzung in der Genese der Strafrechtskodifikationen

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§. 2. Wenn der Tod des Opfers allerdings nicht allein wegen der Beschaffenheit der Verletzungen oder Schläge, sondern wegen vorangehender oder nachträglicher Ursachen eingetreten ist, wird die Strafe um zwei Grade vermindert.“

Die Überbrückungsfunktion der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung zwischen vorsätzlicher und fahrlässiger Tötung wird auch im Sardisch-Italienischen Strafgesetzbuch von 1859313 evident, das im Zuge der Einigung Italiens mit Ausnahme der Toskana auf dem gesamten italienischen Staatsgebiet Geltung erlangte314. Die vorsätzliche Tötung wurden mit dem Tode (Art. 531, 533) bzw. lebenslanger Zwangsarbeit (Art. 534) bestraft. Der fahrlässige Tötungstatbestand in Art. 554 hingegen sah eine Gefängnisstrafe bis zu zwei Jahren bzw. Geldstrafe vor. Die über die Intention hinausgehenden Folgen einer Körperverletzung in Art. 569 wurden mit einer um ein bis zwei Grade verminderten Strafe geahndet 315, die für das schwerere Delikt vorgesehen war (Art. 569 I) – sofern der schwerere Erfolg „leicht vorhergesehen“ werden konnte, wurde dem Täter diese Strafminderung nicht zuerkannt (Art. 569 II). Art. 569 des Sardisch-Italienischen Strafgesetzbuchs von 1859: „(1) Wer mit der Absicht lediglich zu schlagen oder zu verletzen eine schwerere Straftat begeht und in seinen Konsequenzen die ursprüngliche Vorstellung überschreitet, wird mit der für die schwerere Straftat vorgesehene Strafe, vermindert um ein oder zwei Grade, bestraft. (2) Diese Verminderung wird nicht zugebilligt, wenn der Täter die Konsequenzen seiner Tat leicht vorhersehen konnte.“316

Damit lag der Strafrahmen der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung bei zehn bis fünfzehn Jahren bzw. fünfzehn bis zwanzig Jahren Zwangsarbeit. 2. Vom codice Zanardelli (1889) zum gegenwärtig geltenden codice Rocco (seit 1930) Der Vorgänger des aktuellen Strafgesetzbuchs von 1930, das Strafgesetzbuch von 1889 (codice Zanardelli)317, der merklich durch das Toskanische Strafgesetzbuch 313

Codice penale per gli stati di S.M. il re di sardegna, 1859. Vgl. Dolcini, in: Dig. disc. pen. II, S. 274; Javers, in: Sieber/Cornils, AT I, S. 329; Padovani, in: Vinciguerra, S. 401. 315 Zu den verschiedenen Abstufungen der Strafen im codice penale sardo-italiano (1859) s. Art. 52 ff. 316 Eigene Übersetzung zu Art. 569 codice penale sardo-italiano (1859): „(1) Colui che nell’intenzione soltanto di percuotere o ferire commette un reato più grave, e che sorpassa nelle sue conseguenze l’avuto disegno, sarà punito colla pena stabilita pel reato più grave diminuita di uno o di due gradi. (2) Questa diminuzione non avrà luogo quando il delinquente avesse potuto facilmente prevedere le conseguenze del proprio fatto.“ 317 Codice penale per il regno d’Italia con effetto dal 18 gennaio 1889. 314

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

von 1853 geprägt war318, beinhaltete beim Grundtatbestand der vorsätzlichen Tötung in Art. 364 einen Regelstrafrahmen von achtzehn bis einundzwanzig Jahren Freiheitsstrafe (in Form von reclusione), bei der fahrlässigen Tötung gemäß Art. 371 I einen Regelstrafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe (in Form der detenzione) sowie eine Geldstrafe. Die Vorschrift zur fahrlässigen Tötung sah im zweiten Abschnitt erfolgsqualifizierte Tatbestände vor, die mit einer Strafe von einem bis zu acht Jahren Freiheitsstrafe und Geldstrafe sanktioniert wurden. Demgegenüber sah der todeserfolgsqualifizierte Körperverletzungstatbestand in Art. 368, der im Gesetzestext nicht als „präterintentionales Delikt“ bezeichnet wurde319, einen Regelstrafrahmen von zwölf bis achtzehn Jahren Freiheitsstrafe (reclusione) vor320. Im zweiten Absatz der Vorschrift wurde der Strafrahmen für jene Fälle verringert, in denen der Tod unter Mitwirkungen von Faktoren hervorgerufen wurde, die vom Täter nicht bekannt waren bzw. unabhängig vom Verhalten des Täters zum letalen Ausgang geführt haben. Der Sanktionsrahmen dieser minderschweren Fälle lag im Regelfall nach Art. 364 bei einer Freiheitsstrafe von acht bis zu zwölf Jahren. Art. 368 des codice Zanardelli von 1889: „(1) Wer durch Handlungen, die auf die Begehung einer Körperverletzung abzielen, jemandes Tod verursacht, wird mit Gefängnisstrafe von zwölf bis achtzehn Jahren im Fall des Art. 364; von fünfzehn bis zwanzig Jahren in den Fällen des Art. 365; und nicht unter zwanzig Jahren in den Fällen des Art. 366 bestraft. (2) Wenn der Tod ohne das Zusammenwirken von vorhergehenden Bedingungen, die der Schuldige nicht kannte, oder ohne nachträglicher und von seiner Tat unabhängiger Ursachen nicht eingetreten wäre, ist die Strafe Gefängnisstrafe von acht bis vierzehn Jahren im Falle des Art. 364; von zwölf bis sechzehn Jahren in den Fällen des Art. 365; und von fünfzehn bis zwanzig Jahren in den Fällen des Art. 366.“321

Gegenüber der Regelung in den Vorgängern des codice Zanardelli, besonders im Vergleich zum Toskanischen Strafgesetzbuch, fällt auf, dass das differenzierte Vorhersehbarkeitserfordernis auf normativer Ebene nicht mehr genannt wird322 – der 318

Vgl. eingehend Padovani, in: Vinciguerra, S. 397 f., 405 ff.; zu den Vorentwürfen zum codice Zanardelli vgl. die ausführliche Darstellung bei Caterini, S. 132 ff. 319 Ardizzone, I reati, S. 50; Caterini, S. 141; Finzi, S. 73. 320 Zur Entwicklung dieser Vorschrift sowie dem zugrunde liegenden versari in re illicita Gedanken im codice Zanardelli s. Ardizzone, I reati, S. 53; Caterini, S. 132 ff.; E. Gallo, GP 1990, IV, 412 f.; Tagliarini, S. 111 ff. 321 Eigene Übersetzung von Art. 368 codice Zanardelli (1889): „(1) Chiunque, con atti diretti a commettere una lesione personale, cagiona la morte di alcuno è punito con la reclusione da dodici a diciotto anni, nel caso dell’art. 364; da quindici a venti anni, nei casi dell’art. 365; e non minore di venti anni, nei casi dell’art. 366. (2) Se la morte non sarebbe avvenuta senza il concorso di condizioni preesistenti ignote al colpevole, o di cause sopravvenute e indipendenti dal suo fatto, la pena è della reclusione da otto a quattordici anni, nel caso dell’art. 364; da undici a sedici anni nei casi dell’art. 365; e da quindici a venti anni nei casi dell’art. 366.“ 322 So Caterini, S. 137; De Francesco, in: Vinciguerra, S. 410, 421 f.

D. Die Körperverletzung in der Genese der Strafrechtskodifikationen

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Gesetzgeber verzichtete auf eine kodifizierte Legaldefinition der Fahrlässigkeit und Präterintention im Allgemeinen Teil323. Damit zeigt sich einerseits die Emanzipierung von der gemeinrechtlichen Doktrin, andererseits wurde dadurch den zeitgenössischen dogmatischen Entwicklungen zur Fahrlässigkeit Rechnung getragen324, die mit der Krise der überwiegend psychologischen Fahrlässigkeitsdefinition und der zentralen Stellung der Vorhersehbarkeit einherging325. Das Vorhersehbarkeitserfordernis war als implizite Voraussetzung der Präterintention durch das herrschende Schrifttum zwar allgemein anerkannt326, die Entfernung eines normativ verankerten Vorhersehbarkeitskriteriums hatte jedoch zur Folge, dass sich das präterintentionale Tötungsdelikt zu einem Tatbestand objektiver Verantwortlichkeit entwickeln konnte, bei dem lediglich der Grunddeliktsvorsatz nachzuweisen war, während für die schwerere Todesfolge ein verschuldensunabhängiger Verursachungszusammenhang genügte327. Insgesamt zeichnet sich im codice Zanardelli eine gut abgestufte Sanktionensystematik bei den Tötungstatbeständen ab: Der fahrlässige Tötungstatbestand beinhaltete einen maximalen Strafrahmen von bis zu acht Jahren Freiheitsstrafe. Daran schloss der minderschwere Fall der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung in Art. 368 II an, der als Untergrenze eine Freiheitsstrafe von acht Jahren vorsah. Das Maximum des Regelstrafrahmens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang in Art. 368 I, der Freiheitsstrafe von achtzehn Jahren, bildete gleichzeitig das Minimum des vorsätzlichen Tötungstatbestandes nach Art. 364. Mit dem Strafgesetzbuch von 1930 (codice Rocco) erfuhr der todeserfolgsqualifizierte Körperverletzungstatbestand, der in Art. 584 iStGB vorgesehen war, in mehrfacher Hinsicht grundlegende Änderungen, die vor allem zur Erhöhung eines effizienteren Rechtsgüterschutzes für Leben und körperliche Unversehrtheit führen

323 So Caterini, S. 137; eingehend zur Fahrlässigkeit im codice Zanardelli: Castronuovo, La colpa, S. 220 ff.; ders., RIDPP 2002, 497 f., 499 ff.; De Francesco, in: Vinciguerra, S. 409 ff. 324 Eingehend Caruso, S. 138 f. sowie De Francesco, in: Vinciguerra, S. 411 ff., 420 ff.; jeweils m. w. N. 325 Dazu Castronuovo, La colpa, S. 224 ff. m. w. N. 326 So dezidiert Caterini, S. 141, 145 sowie Patalano, I delitti contro la vita, S. 237. 327 So Caterini, S. 146 f.: „L’eliminazione del concetto di prevedibilità – elaborato dai pratici medievali, fatto proprio dai giuristi illuministi e accolto anche in alcuni codici preunitari – nel codice Zanardelli faceva scivolare l’omicidio preterintenzionale verso una forma di dolo misto a responsabilità oggettiva, ossia di ,volontario in causa‘ secondo l’antica regola tomista per la quale chi vuole la causa illecita, vuole anche tutti gli effetti dannosi che ne seguono. Quel che rilevava, oltre alla volontà delle lesioni personali, era solo l’aver oggettivamente causato la morte, senza che assumessero alcun ruolo né la semplice prevedibilità dell’evento, né a fortiori la presenza di un possibile comportamento cauto e diligente posto in essere dall’autore per evitare l’evento più grave.“ Zu den unterschiedlichen Positionen in der Auslegung der Präterintention in der italienischen Lehre zur Zeit des codice Zanardelli s. ausführlich Caterini, S. 147 ff., zum Siegeszug der Auslegung gemäß objektiver Verantwortlichkeit s. ders., S. 164 ff.

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

sollten328 – wie etwa die Festlegung eines (gegenüber der Vorgängervorschriften einheitlichen) hohen Strafrahmens in Form von zehn bis zu achtzehn Jahren Gefängnisstrafe329. Diesbezüglich erfolgte eine wesentliche Änderung zu den Grunddeliktsvarianten: Während der codice Zanardelli lediglich die Körperverletzung als Grunddelikt vorsah, fand mit dem im codice Rocco neugeschaffenen Tatbestand in Art. 581 iStGB eine Erweiterung der Grunddelikte und damit des einschlägigen Rechtsgüterschutzes statt, sodass nunmehr prinzipiell jeder vorsätzliche physische Angriff gegen die Person unter Art. 584 iStGB einschlägig sein kann. Ihre sanktionssystematische Funktion als Bindeglied zwischen vorsätzlicher und fahrlässiger Tötung, die insbesondere über die Bezeichnung „präterintentionale Tötung“ deutlich zum Ausdruck kommt, behielt die Vorschrift bei – trotz zahlreicher Änderungen zum fahrlässigen Tötungstatbestand – zumal sie seit 1930 keine normative Änderung erfuhr.

E. Zwischenergebnis zur rechtshistorischen Untersuchung I. Von der ethisch-axiologischen Willenslehre zur psychologischen Willenslehre Während das Gemeinrecht mit seinem Zentralbegriff der voluntas unter dem Einfluss der aristotelischen und thomistischen Moralphilosophie stand und die Ausgestaltung der Schuldbegriffe von einer ethisch-axiologischen Prägung gekennzeichnet war, erfolgte im Zuge der sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts immer stärker durchsetzenden Säkularisierung des Strafrechts und insbesondere mit der psychologischen Fundierung der Schuldformen durch Feuerbach ein grundlegender Paradigmenwechsel: An die Stelle des immediate et per se sequitur Gedankens, wonach der Täter über den intendierten Erfolg hinaus für die typischen und wahrscheinlichen Folgen seiner Tat zu haften habe, trat die Formel der culpa dolo determinata – die mit ihrem psychologisch fundierten Willensbegriff inhaltlich nicht dieselbe dogmatische Leistungsfähigkeit zur Haftungseinschränkung wie die axiologisch ausgestaltete voluntas indirecta aufweisen konnte. Dies ebnete den Weg zu einer inhaltlichen Neubesetzung dieses Deliktstypus. Dogmengeschichtlich rückblickend erfuhr die reine Erfolgshaftung durch die kanonische Versari-Haftung eine erste Einschränkung, sodass nur jene Erfolge dem Täter zugerechnet wurden, die aus einer unerlaubten Handlung resultierten; Für die gemeinrechtliche Dogmatik der voluntas indirecta wurde der Zurechnungsausschluss verfeinert, indem ausschließlich jene Erfolge zugerechnet wurden, die sich als typische bzw. wahrscheinliche 328

Relazione sui Libri II e III del Progetto, in Lavori preparatori del codice penale e del codice di procedura penale, V, Progetto definitivo di un nuovo codice penale con la relazione del Guardasigilli on. Alfredo Rocco, II, Roma, 1929, S. 384. 329 So Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 585 f.

E. Zwischenergebnis zur rechtshistorischen Untersuchung

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Folge (immediate et per se sequitur) darstellten. Durch die paradigmatische Neuorientierung im 19. Jahrhundert – begünstigt durch die aufkommende Bedingungstheorie – konnte allerdings der Weg hin zu einer objektivistischen Erfolgszurechnung beschritten werden, die lediglich durch das Kriterium zur Feststellung des Kausalzusammenhangs eingeschränkt wurde. Die normative Verankerung des Fahrlässigkeitsstandards erbrachte durch die konkrete Ausgestaltung der Kriterien keine wesentliche Einschränkung.

II. Die rechtshistorische Systemfunktion der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung in den Strafrechtskodifikationen Die todeserfolgsqualifizierte Körperverletzung beinhaltete seit der Kodifikation des PrStGB das Leitbild einer grob fahrlässigen Tötung, die sich von anderen fahrlässigen Tatbeständen durch die besondere Charakteristik auszeichnete, dass sie aus der Verwirklichung eines vorsätzlichen Tatbestandes resultiert. Dieses grunddeliktische Verhalten führt zu einem letalen Erfolg, der weder beabsichtigt noch billigend in Kauf genommen wird. Auf diese Weise bildete die Körperverletzung mit Todesfolge mit ihrem Sanktionsrahmen einen „Brückenschlag“ zwischen der fahrlässigen Tötung und dem Grunddelikt der vorsätzlichen Tötung und gliedert sich systemharmonisch in die Tatbestände zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit330. Diese Annahme wird insbesondere durch die Begleitmaterialien zum Preußischen Strafgesetzbuch belegt331. Der mit den fahrlässigen und vorsätzlichen Tötungstatbeständen abgestimmte Strafrahmen der Körperverletzung mit Todesfolge blieb im Reichsstrafgesetzbuch erhalten, auch wenn seit diesem Gesetzeswerk die todeserfolgsqualifizierte Körperverletzung das komplette Sanktionsspektrum des vorsätzlichen Totschlagsdelikts beinhaltete. Im Zuge einzelner Reformen des Strafgesetzbuches im 20. Jahrhundert ging diese systemimmanente Sanktionsharmonie in Deutschland verloren: Dies ist in erster Linie auf die bereichskonzentrierte Reform einzelner Abschnitte des Strafgesetzbuchs zurückzuführen, im Zuge derer die Körperverletzungstatbestände isoliert von den Tötungstatbeständen verändert wurden, ohne der speziellen systematischen Wechselwirkung genügend Rechnung zu tragen. Damit wird aus heutiger Betrachtung die historisch gewachsene Funktion und Aufgabe des todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikts nicht sofort augenscheinlich, sondern ergibt sich erst mit Blick auf die Genese der Vorschrift in § 227 StGB, die seit dem Reichsstrafge330

Vgl. Schmidhäuser, BT 2/47, wonach die Körperverletzung mit Todesfolge in § 226 StGB a. F. „der Struktur nach eine durch vorsätzliche Körperverletzung begangene fahrlässige Tötung“ sei. 331 So bereits Stuckenberg, FS Jakobs, S. 698 f.

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2. Teil: Schwerpunkte in der Entwicklung der Körperverletzung

setzbuch nahezu unverändert geblieben ist. Aus diesem Grund ist anzunehmen, dass der Leitgedanke der Körperverletzung mit Todesfolge als lex specialis einer grob fahrlässigen Tötung auch nach der letzten Reform durch das 6. StrRG von 1998 systemimmanent geblieben ist. Wie sich gezeigt hat, findet sich dieser Systemgedanke des todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungstatbestands als Bindeglied zwischen fahrlässiger und vorsätzlicher Tötung auch in der italienischen Rechtsordnung. Bei einer künftigen Reform der jeweiligen Strafgesetzbücher sollte den Wechselwirkungen von Tötungs- und Körperverletzungsdelikten insbesondere beim Strafrahmen genügend Platz eingeräumt werden, um ein harmonisch abgestimmtes Sanktionsspektrum zu ermöglichen.

Dritter Teil

Der Zusammenhang von Grunddelikt und Todeserfolg bei der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung Vor der Untersuchung der Zurechnungskriterien bedarf es einer einleitenden Kurzdarstellung zur allgemeinen Verbrechenslehre der italienischen Strafrechtsdogmatik1. Obwohl Begriffe aus dem deutschsprachigen Rechtsraum wie etwa Tatbestand [fattispecie], Rechtswidrigkeit [antigiuridicità] und Schuld [colpevolezza] auch in der italienischen Dogmatik vorhanden sind, stimmen sie aufgrund des andersartigen Systemdenkens2 nicht komplett überein. Das zeigt sich deutlich im vorliegenden Thema: Während in den Strafrechtsordnungen von Deutschland und Österreich die Zurechnungskriterien im Kontext der objektiven Erfolgszurechnung ausgearbeitet wurden, beruhen die Zurechnungstheorien des italienischen Schrifttums auf Kriterien, die im Bereich der Schuld [colpevolezza] entwickelt wurden3, sodass man von „subjektiven Zurechnungskriterien“4 oder von „objektiver Zurechnung im weiteren Sinne“5 sprechen kann6. 1 Instruktiv Cornacchia, Concorso, S. 50 ff.; Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 69 ff.; jeweils m. w. N.; ein deutschsprachiger Überblick zur italienischen Verbrechenslehre findet sich etwa bei Javers, in: Sieber/Cornils, AT II, S. 402 ff.; Maiwald, Einführung, S. 49 ff. sowie Riz, ZStW 93 (1981), 1005 ff.; eingehender bei Donini, Verbrechenslehre, S. 39 ff. 2 So Maiwald, Einführung, S. 49; ders., in: Canestrari, Il diritto penale, S. 234 f. 3 Vgl. Javers, in: Sieber/Cornils, AT III, S. 542: „Nach der traditionellen italienischen Lehre ist die Fahrlässigkeit selbst (im Sinne einer Sorgfaltspflichtverletzung) als ein Teil der subjektiven Tatseite zu verstehen, während es sich nach der neueren Lehre um eine selbständige Form deliktischen Verhaltens handelt, sodass nach dieser Auffassung die Sorgfaltspflichtverletzung, die Überschreitung des erlaubten Risikos sowie die objektive Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des Erfolgseintritts zur objektiven Tatseite gehören“; dies., in: Sieber/Cornils, AT III, S. 695: „Die Frage, ob das Verhalten des Täters bewusst und gewollt war, wird von der überwiegenden Meinung als ein Element der Schuld angesehen. Teile der neueren Literatur wollen demgegenüber einen subjektiven Tatbestand entsprechend dem deutschen Verständnis anerkennen, in dessen Rahmen der Vorsatz anzusiedeln ist.“ 4 In Anlehnung an Canestrari, in: Bricola/Zagrebelsky, Codice penale PG I, S. 587, der im Kontext der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Nr. 364/1988 von einer subjektiven Zurechnung des Unrechts [imputazione soggettiva dell’illecito] spricht; zu dieser Bezeichnung vgl. Donini, Imputazione oggettiva, S. 14 FN 23. 5 So Donini, Imputazione oggettiva, S. 14 ff. 6 Zu den unterschiedlichen dogmatischen Ansätzen von objektiver und subjektiver Zurechnung im italienischen Recht vgl. Donini, Imputazione oggettiva, S. 23 ff.

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

So wurde die „klassische“ Verbrechenslehre, die im 19. Jahrhundert insbesondere von Francesco Carrara im italienischen Schrifttum etabliert wurde7, in Form der zweiteiligen Verbrechenslehre bipartizione entwickelt8. Diesem Verbrechensaufbau zufolge weist das Verbrechen eine zweigliedrige Struktur auf, nämlich eine äußere und eine innere Tatseite. Zur äußeren Tatseite [elemento oggettivo] zählt das Schrifttum das Verhalten im Sinne einer Handlung oder Unterlassung [condotta], den Erfolg [evento] und den Kausalzusammenhang [nesso causale]. Daneben werden hier auch Rechtswidrigkeitselemente wie Notwehr oder Notstand, aber auch die Einwilligung geprüft, die zu den „objektiven Gründen für den Ausschluss des Verbrechenscharakters“9 [cause oggettive di esclusione del reato] gehören. Zur inneren Tatseite [elemento soggettivo] gehören die Schuldformen Vorsatz [dolo] und Fahrlässigkeit [colpa] sowie „subjektive Gründe für den Ausschluss des Verbrechenscharakters“10 [cause soggettive di esclusione del reato], zu denen etwa bestimmte Formen des Irrtums gezählt werden. Eine dreigliedrige Verbrechenslehre hingegen findet sich in der concezione tripartita, die 1930 von Delitala eingeführt11 und vom Großteil des italienischen Schrifttums vertreten wird12. Der „Unrechtstyp“13 [fatto tipico] steht für das Verhalten, welches vom jeweiligen Delikt unter Strafe gestellt wird. Diesem Element schließt sich die Rechtswidrigkeit [antigiuridicità] an, die im Gegensatz zur bi7

Vgl. Carrara, Programma PG I, § 53 ff. (= S. 69 ff.). Dieser zweiteiligen Verbrechenslehre folgen unter anderem: Aleo, PG S. 183 f.; Antolisei/ Conti, Manuale PG S. 214; Caraccioli, Manuale PG S. 382; De Vero, Corso I S. 399 f.; M. Gallo, Appunti II/1, S. 57 ff.; ders., Appunti II/2, S. 13 ff.; ders., RIDPP 1999, 799; Manzini, Trattato I, S. 610 ff.; Marini, Elementi PG I S. 90; ders., Lineamenti, S. 271 ff., 277; Pannain, Manuale PG S. 280; Ramacci/Guerrini, Corso S. 287 ff.; Ranieri, Manuale PG I S. 220; Konzeptuelle Besonderheiten einer zweigliedrigen Verbrechenslehre finden sich bei F. Mantovani, PG S. 106 f.; Pagliaro, Principi PG S. 257 f.; ders., in: Grosso/Padovani/Pagliaro, Trattato PG S. 64 f.; Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 73 ff.; zum zweigliedrigen Verbrechensbegriff im italienischen Schrifttum vgl. die Übersicht bei Javers, in: Sieber/Cornils, AT II, S. 403 f. sowie die ausführliche Darstellung bei Donini, Verbrechenslehre, S. 48 ff. 9 Übersetzung nach Maiwald, Einführung, S. 51. 10 Übersetzung nach Maiwald, Einführung, S. 51. 11 Delitala, in: Raccolta degli scritti I, S. 11 ff.; s. dazu Seminara, in: Vormbaum, Rechtstechnizismus, S. 33 f. m. w. N. 12 So etwa Bettiol, PG S. 210 ff.; Cadoppi/Veneziani, Elementi PG S. 169 f.; De Francesco, Diritto penale, S. 160 ff.; De Marsico, PG S. 61 ff.; Fiandaca/Di Chiara, Introduzione, S. 184 f.; Fiandaca/Musco, PG S. 179; Manna, Corso PG S. 165 f.; Marinucci, RIDPP 1983, 1190 ff., 1248 (a. A., nämlich im Sinne einer viergliedrigen Verbrechenslehre: Marinucci/Dolcini, Manuale PG S. 171); Padovani, Diritto penale, S. 103 ff.; Pulitanò, Diritto penale, S. 62 ff.; Petrocelli, in: Studi in onore di F. Antolisei III, S. 3 ff.; Riz, PG S. 73; M. Romano, Commentario sistematico I, Pre-Art. 39 Rdn. 27 ff.; Vassalli, RIDPP 1984, 533; konzeptuelle Besonderheiten einer dreigliedrigen Verbrechenslehre finden sich bei Donini, Teoria, S. 272 ff.; ders., in: Dig. disc. pen. XIV, S. 58 ff.; Palazzo, Corso PG S. 207 ff.; zum dreigliedrigen Verbrechensbegriff im italienischen Schrifttum vgl. die Übersicht bei Javers, in: Sieber/Cornils, AT II, S. 404. 13 Terminologie nach Maiwald, Einführung, S. 53. 8

A. Deutschland

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partizione nicht als Negativmerkmal im objektiven Tatbestand, sondern als eigenständiger Bestandteil der Verbrechenslehre angesehen wird. Das dritte Element bildet das Verschulden [colpevolezza] und beinhaltet unter anderem Vorsatz und Fahrlässigkeit, auch wenn letztere teilweise14 eine systematische Doppelstellung aufweist, sodass ihre Elemente sowohl zum fatto tipico als auch zur colpevolezza gehören15. Schließlich findet sich ein vierteiliger Verbrechensaufbau [quadripartizione] bei Marinucci und Dolcini16, die nach den Elementen fatto tipico, antigiuridicità und colpevolezza17 der Strafbarkeit [punibilità] eine selbstständige Position in der Verbrechenslehre zuerkennen wollen, die trotz Vorliegen der ersten drei Verbrechenselemente Relevanz entfalten, etwa bei fehlenden objektiven Bedingungen der Strafbarkeit oder beim Rücktritt vom Versuch18.

A. Deutschland § 227 StGB: Körperverletzung mit Todesfolge (1) Verursacht der Täter durch die Körperverletzung (§§ 223 bis 226a) den Tod der verletzten Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. (2) In minder schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu erkennen.

I. Vorbemerkungen Die zentrale Problematik der Körperverletzung mit Todesfolge liegt in der Bestimmung der Voraussetzungen, die an den Zusammenhang zwischen der grunddeliktischen Körperverletzung und dem fahrlässig herbeigeführten Todeserfolg zu stellen sind. Der Gesetzgeber gibt hierbei durch die Grundnorm des § 18 StGB im Allgemeinen Teil vor, dass für die Verursachung des letalen Erfolgs zumindest einfache Fahrlässigkeit erforderlich ist. Damit muss das Verhalten des Täters in zweifacher Hinsicht untersucht werden: Einerseits im Hinblick auf das vorsätzlich verwirklichte Unrecht der grunddeliktischen Körperverletzung, andererseits auf das fahrlässige Unrecht in Bezug auf die Todesfolge19. Wie bereits dargelegt wurde, findet sich in den Materialien zum 6. StrRG von 1998 eine dezidierte Absage an die 14

Vgl. dazu Maiwald, Einführung, S. 52 ff. m. w. N. Etwa Fiandaca/Musco, PG S. 215. 16 Marinucci/Dolcini, Manuale PG S. 171; vgl. auch Basile, Immigrazione, S. 359. 17 Deutlich wird von den Autoren unterstrichen, dass Vorsatz und Fahrlässigkeit nicht nur im Bereich des objektiven Tatbestandes gehören, vgl. Marinucci, Il reato, S. 153 ff.; ders., RIDPP 2012, 15 f. = La colpa. Studi, S. 476. 18 So Maiwald, Einführung, S. 55. 19 Vgl. nur NK-Paeffgen, § 227 Rdn. 7. 15

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

Forderung, das Fahrlässigkeitsniveau für die todeserfolgsqualifizierte Körperverletzung auf die Leichtfertigkeit anzuheben20, weshalb die schwere Folge in § 227 StGB von einem Fahrlässigkeitsvorwurf gekennzeichnet sein muss, der von einfacher bis grober Fahrlässigkeit reicht. Eine weitere gesetzliche Vorgabe zur Auslegung des Tatbestandes in § 227 StGB lautet, dass die Todesfolge „durch die Körperverletzung“ verursacht werden muss. Hierdurch lässt sich das unstrittige Identitätskriterium ableiten: Das von der vorsätzlichen Körperverletzung betroffene Opfer muss gleichzeitig das schließlich verstorbene Opfer sein21. Auf den ersten Blick erscheint dies unproblematisch, doch es sind Fallkonstellationen möglich, in denen eine Divergenz zwischen dem Opfer der Körperverletzung und dem verstorbenen Opfer auftritt: Erleidet beispielsweise ein betagter Elternteil, der zufällig Zeuge der Misshandlung seines Kindes wird, durch den Anblick einen tödlichen Infarkt, ist eine Anwendbarkeit des § 227 StGB ausgeschlossen22. Zur Klarstellung der möglichen Grunddeliktskombinationen für die Körperverletzung mit Todesfolge hat das 6. StrRG von 1998 einen Klammerzusatz eingefügt, der die Grunddelikte explizit aufzählt. Diese Aufzählung wurde schließlich 2013 um ein zusätzliches Grunddelikt (§ 226a StGB: „Verstümmelung weiblicher Genitalien“) erweitert. Der Inhalt des Klammerzusatzes wird bisweilen kritisiert: Indem der Gesetzgeber etwa den § 226 StGB als Grunddeliktsvariante zu § 227 I StGB normiert – eine Vorschrift, die selbst eine auf § 223 I StGB aufbauende Erfolgsqualifikation darstellt, allerdings im Unterschied zur Todes-Erfolgsqualifikation in § 227 I StGB gerade das Weiterleben des Körperverletzungsopfer voraussetzt –, eröffnet er dem Rechtsanwender einen unnötigen „Begründungsumweg“ über § 226 StGB, zumal die Grunddeliktsverwirklichung wesentlich einfacher über § 223 I StGB zu statuieren wäre23. Außerdem wäre es systematisch logisch gewesen, hätte der Gesetzgeber im Zuge des 6. StrRG nicht nur bei § 227 I StGB, sondern auch bei der schweren Körperverletzung in § 226 I StGB eine dezidierte Grunddeliktsaufzählung vorgenommen. Neben diesen normativen Vorgaben ist in Schrifttum und Rechtsprechung anerkannt, dass der Zurechnungszusammenhang zwischen Grunddelikt und schwerer Folge bei den erfolgsqualifizierten Delikten im Allgemeinen, und bei der Körperverletzung mit Todesfolge im Besonderen, restriktiver als die allgemeinen Regeln der objektiven Zurechnung sein muss24. Dieser enge Zusammenhang ist für jedes 20

BT-Drs. 13/8587, S. 61, 79. BGH NStZ 1992, 333; NK-Paeffgen, § 227 Rdn. 6; Roxin, AT I § 24 Rdn. 44 f.; ders., FS Gallas, S. 241, 256 f.; für das österreichische Recht vgl. Burgstaller, Fahrlässigkeitsdelikt, S. 126. 22 So das Beispiel bei NK-Paeffgen, § 227 Rdn. 6. 23 So MK-Hardtung, § 227 Rdn. 15 sowie ders., Versuch und Rücktritt, S. 121, 129. 24 Daraus leitet das überwiegende Schrifttum die Grundlage zur Entwicklung einer „Sonderdogmatik“ (Begriff nach MK-Hardtung, § 18 Rdn. 25) für die Erfolgsqualifikationen 21

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einzelne erfolgsqualifizierte Delikt gesondert zu bestimmen, zumal sich unterschiedliche Arten von „typischen Gefahren“ in den einzelnen Erfolgsqualifikationen realisieren: „Die […] Einteilung der erfolgsqualifizierten Delikte orientiert sich an den durch die jeweiligen Grunddelikte verursachten typischen Gefahren. Bei der Körperverletzung geht es um die Gefahr, daß sich diese über das vom Täter vorsätzlich herbeigeführte Maß hinaus durch einen natürlichen Prozeß steigert. Charakteristisch für die Freiheitsdelikte ist die Bedrohungsgefahr, die sich für das Opfer daraus ergibt, daß es sich in der mehr oder weniger uneingeschränkten Gewalt eines unberechenbaren Straftäters befindet. Bei den gemeingefährlichen Delikten handelt es sich um die Gefahr der Verletzung weiterer Rechtsgüter, die aus einer natürlichen prinzipiell unbeherrschbaren und nur beschränkt berechenbaren Gefahrenquelle fließt. Jede dieser verschiedenen Arten von Gefahren erfordert eine andere Bestimmung der spezifischen Beziehung, die in Rechtsprechung und Literatur üblicherweise dahin beschrieben wird, daß sich die deliktsspezifische Gefahr im Erfolg realisiert haben muß.“25

II. Handlungskausalität Das Auslegungskonzept der Rechtsprechung zu § 227 StGB wird vom Schrifttum26 unter dem Schlagwort „Handlungskausalität“ zusammengefasst27. Zur Veranschaulichung bedarf es einer Darstellung ausgewählter leading cases zur Körperverletzung mit Todesfolge. Während der BGH im „Rötzel“-Fall28 für die Anwendbarkeit der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung voraussetzte, dass die Verletzungshandlung „unmittelbar“ die Todesfolge bewirkt haben muss29, stellte sich in den nachfolgenden Entscheidungen heraus, dass der Begriff „Unmittelbarkeit“ lediglich auf eine besonders nahe Beziehung zwischen Grunddelikt und Todeserfolg abstellte. Letztlich sollte bereits die Körperverletzungs-Handlung auf ihre Tötungstauglichkeit hin untersucht werden: Für die Zurechnung eines letalen Erfolgs reiche es aus, wenn ab – vgl. Kudlich, ZStW 115 (2003), 7; Kühl, in: BGH-FG, S. 237, 249 f.; ders., Jura 2002, 811 f.; Schild, JuS 1989, 654; a. A. Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 319, der zusammenfassend festhält: „Viel wichtiger aber ist, daß unser Aufbaumodell das erfolgsqualifizierte Delikt in den allgemeinen Fahrlässigkeitsaufbau integriert. Auf diese Weise können die Erfolgsqualifikationen harmonisch in die allgemeine Zurechnungslehre eingeordnet werden.“ s. auch ders., Jura 1986, 144 ff., ders., BT II § 16 Rdn. 8a; zustimmend etwa Steinberg, NStZ 2010, 73. 25 So die Zusammenfassung bei Puppe, Erfolgszurechnung, S. 276. 26 So etwa GSHK-Duttge, § 18 Rdn. 10; Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 227 Rdn. 5; MK-Hardtung, § 18 Rdn. 23 sowie § 227 Rdn. 11. 27 Im Laufe der Entwicklung haben Rechtsprechung und Schrifttum den tatbestandsspezifischen Gefahrenzusammenhang mit ähnlich klingenden Formulierungen bezeichnet – einen detaillierten terminologischen Überblick aus Rechtsprechung und Wissenschaft bietet Stiebig, FG für Paulus, S. 155 ff. m. w. N. 28 Zur Fallbesprechung s. im Dritten Teil A. VII. I. 1. 29 BGH NJW 1971, 152.

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

dieser nicht völlig außerhalb der Lebenserfahrung liege, weshalb die Zurechnung nur dann scheitern soll, wenn der tatsächliche Kausalverlauf „so weit außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit [liegt], dass die qualifizierende Folge dem Täter deshalb nicht zuzurechnen ist“30. Damit genügt nach Auffassung des BGH und einem Teil des Schrifttums für die Anwendung des § 227 StGB, dass die fahrlässige Todesfolge durch eine Körperverletzungshandlung verursacht wird, ohne dass der grunddeliktische Körperverletzungs-Erfolg an sich für die Zurechnung eine entscheidende Rolle spielt31. Die Aufgabe des strikten Unmittelbarkeitsgedanken erfolgte im „Hochsitz-Fall“ (BGHSt 31, 96): T warf im Wald den Jagdhochsitz um, auf dem sich sein Onkel O befand. Aufgrund des Sturzes aus 3,5 Metern Höhe brach sich O den rechten Knöchel (Sprunggelenkfraktur). Nach der Operation des Bruchs wurde O aus dem Krankenhaus entlassen, wobei ihm entgegen der medizinischen lex artis keine blutverflüssigenden Mittel verschrieben oder spezielle Anweisungen für die heimische Selbstversorgung erteilt wurden. In der weiteren Folge war O fast ausschließlich bettlägerig. Einen knappen Monat später wurde O mit akuter Atemnot in die Klinik eingeliefert, wo er noch am selben Tag verstarb. Die Obduktion ergab als Todesursache ein Herz-Kreislauf-Versagen infolge des Zusammenwirkens einer doppelseitigen Lungenembolie mit einer Lungenentzündung, die sich aufgrund des verletzungsbedingten längerem Krankenlager entwickelt hatten.

Der BGH bejahte die Anwendung der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung: Die Anwendbarkeit des § 226 StGB a. F. beschränke sich nicht auf die Verursachung lebensgefährlicher Körperschäden und Gesundheitsschädigung, da eine derart restriktive Interpretation dem Schutzzweck der Norm nicht entsprechen würde. Der Begriff der Körperverletzung umfasse nicht nur die Folge der Körperverletzung, sondern bereits das Handeln des Täters, das zur konkreten Folge geführt hat. Damit genüge für die Zurechnung, wenn die Körperverletzungshandlung das Risiko eines tödlichen Ausgangs beinhalte und dieses sich schließlich mit der konkreten Todesfolge realisiere. Die Zurechnung sei erst dann nicht möglich, wenn die Chronologie im konkreten Fall hinsichtlich eines Todesrisikos in der Körperverletzungshandlung außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit liege. Mit dem 30

BGHSt 51, 18, 21. BGHSt 14, 110; BGHSt 31, 96, 99; BGHSt 48, 34, 37 f; BGH NStZ 1995, 287; BGH NStZ 1997, 341; BGH NStZ 2008, 278; BGH NStZ-RR 1998, 171; BGHR § 226 a. F. Todesfolge 1; aus dem Schrifttum etwa N. Bosch, JA 2008, 547 f.; Fischer, StGB, § 227 Rdn. 3a; Heghmanns, BT Rdn. 436 f.; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 299; Hinderer, JA 2009, 29; Koffka, Niederschriften II, S. 242; Laubenthal, JZ 1987, 1068; Satzger, JK 3/2009 StGB § 227 I/4; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 9 Rdn. 31; Stree, GA 1960, 295 f.; Wolter, JuS 1981, 169 f; ders., GA 1984, 444 f.; einen engeren Handlungsansatz vertritt Kindhäuser, BT I § 10 Rdn. 12, wenn der Täter zum einen die Körperverletzungshandlung in einer Weise vorgenommen haben muss, die das Opfer in eine konkrete Lebensgefahr bringen, zum anderen muss sich im Todeserfolg gerade diese Lebensgefahr realisieren; teilweise der Handlungslösung zustimmend Laue, JuS 2003, 746, nämlich für jene Fälle, in denen der Täter allein (d. h. ohne ein Fehlverhalten des Opfers) den schwereren Erfolg verursacht. 31

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Umwerfen des Hochsitzes in Verletzungsabsicht habe T eine Handlung gesetzt, die für O das Risiko eines tödlichen Ausgangs beinhalte. Dass sich die konkrete Verletzung zunächst nicht als lebensbedrohlich darstellte, schließe die Zurechnung des später eingetretenen Erfolgs nicht aus, da es nicht außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit liege, dass einerseits eine Sprunggelenkfraktur zu einem längeren Krankenlager des Verletzten führe, und andererseits der entsprechende Krankheitszustand von O die Entwicklung lebensgefährlicher Embolien und Lungenentzündungen begünstige. Die Verkennung solcher Entwicklungen und das Unterbleiben von effizienten Gegenmaßnahmen, etwa die pflichtwidrigen Versäumnisse des behandelnden Arztes, seien nicht derartig unwahrscheinlich, dass ein Ausschluss für die Zurechnung der Todesfolge zur Körperverletzungshandlung des Täters anzunehmen sei, weshalb die Anwendbarkeit des todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikts im konkreten Fall zu bejahen sei. Eine ähnliche Entscheidungspraxis zeichnete sich im „Gummihammer-Fall“ (BGH JR 1992, 510) ab: T schlug ohne Tötungsvorsatz im Zuge eines verbalen und später handgreiflich geführten Streits O in dessen Wohnung mit einem 550 g schweren Hartgummihammer, den T aus Furcht vor einer tätlichen Auseinandersetzung mit dem körperlich überlegenen O bei sich hatte, wiederholt so heftig auf den Kopf, dass O zu Boden stürzte, bewusstlos liegenblieb und von T für tot gehalten wurde. Tatsächlich lebte O noch. Er hatte allerdings massive Schädelverletzungen erlitten, weshalb er allenfalls noch wenige Stunden zu leben und laut Obduktion trotz Beiziehung eines Arztes nicht überlebt hätte. T verließ die Wohnung und traf wenig später auf seinen Vetter V, dem er vom Vorfall erzählte. V glaubte dem T nicht, weshalb T seinem Verwandten die Wohnungsschlüssel aushändigte, damit dieser sich selbst von den Geschehnissen überzeugen konnte. Nachdem V die Wohnung inspizierte, hängte er den tödlich verletzten, aber noch lebenden O zur Vortäuschung eines Selbstmordes an der Türklinke auf32. Die Obduktion ergab, dass O infolge der Strangulation verstorben war.

In seinen Ausführungen ging der BGH in dubio pro reo davon aus, dass die Strangulation allein unmittelbar zum Tod geführt hatte, auch wenn „die Verletzungen durch die Hammerschläge ursächlich im Sinne der Bedingungslehre“ für den Todeserfolg gewesen seien33. In rechtlicher Hinsicht sah der BGH den unmittelbaren 32

Vgl. hierzu die treffende Kritik zum in concreto festgestellten Sachverhalt bei Puppe, Erfolgszurechnung, S. 210: „Vorgetäuscht werden sollte also, daß das Opfer sich zunächst in Selbstmordabsicht solange auf den Schädel geschlagen habe, bis es ins Koma geriet und dann in diesem Zustand an die Tür gekrochen ist, um sich dort sicherheitshalber kunstgerecht an der Klinke zu erdrosseln.“ 33 BGH JR 1992, 510: „Auch in diesem nicht auszuschließenden und der weiteren Prüfung zugrundegelegten Falle waren die Verletzungen durch die Hammerschläge für die unmittelbare Herbeiführung des Todes durch die Strangulation ursächlich im Sinne der Bedingungstheorie.“ Und weiter auf S. 511: „Angesichts der Heftigkeit, mit der die Hammerschläge versetzt worden sein müssen, war für den Angeklagten als sich aufdrängende Folge […] ohne weiteres vorhersehbar, daß die Verletzungen zum Tode führen würden. Daß der Tod durch das Eingreifen eines Dritten beschleunigt worden ist, schließt die Zurechnung des Todes als fahrlässig verschuldete Folge nicht aus.“ (eigene Hervorhebungen); zur Kritik wegen der aus sprachlicher Sicht wenig geglückten Feststellungen s. Dencker, NStZ 1992, 312 und Puppe, Erfolgszu-

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Gefahrverwirklichungszusammenhang zwischen den Schlägen des T und der Todesfolge gegeben und bestätigte die erstinstanzlich erfolgte Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge mit folgender Begründung: Für eine Zurechnung des Erfolgs sei eine Körperverletzungshandlung notwendig, der das spezifische Risiko einer tödlichen Folge im konkreten Fall anhafte und die sich im Erfolg effektiv niedergeschlagen haben müsse. Im gegenständlichen Fall sei diese unmittelbare Gefahrenverwirklichung im Zusammenhang zwischen der Verletzungshandlung von T und dem Todeseintritt trotz des Eingreifens eines Dritten (V) gegeben, da die wuchtigen Hammerschläge auf den ungeschützten Kopf des O die spezifische Gefahr des Todes beinhalten würden, und der unabwendbare Sterbeprozess noch vor den Strangulationsausführungen durch den Dritten initiiert worden seien. Das Eingreifen des V habe im konkreten Fall die spezifische Todesgefahr also nicht selbstständig geschaffen, sondern die Realisierung des Erfolgs lediglich beschleunigt. Der Dritte sei zudem davon ausgegangen, dass O durch T bereits getötet worden sei, weshalb V zum alleinigen Zweck der Tatverdeckung und im Interesse von T „gleichsam an dessen Stelle“34, und nicht eigenständig gehandelt habe. So sei der Zurechnungszusammenhang zwischen der Tathandlung von T und dem Tod des O insgesamt gegeben. Das Zusammenwirken von selbstschädigenden Opferverhalten und Fehlverhalten Dritter ließ den BGH am Zurechnungszusammenhang im folgenden Fall35 zweifeln: Nach einer tätlichen Auseinandersetzung setzte sich der alkoholisierte 128 kg schwere T „mit Schwung auf den Brustkorb seiner mit dem Rücken am Boden liegenden Frau“, wodurch diese 18 Rippenbrüche erlitt. Dabei blieb T „mindestens 2 Minuten so auf seiner Frau sitzen, dass ihr Brustkorb stark komprimiert wurde und sie kaum Luft bekam.“ Im Krankenhaus wurden O bei zwei Röntgenuntersuchungen lediglich drei Rippenfrakturen diagnostiziert. Der beigezogene Hausarzt verschrieb Schmerzmittel und verordnete häusliche Ruhe. Rund eine Woche später suchte O ihren Hausarzt wegen Beinbeschwerden nochmals auf. Im weiteren Verlauf verschlechterte sich der Gesundheitszustand von O, die drei Wochen später an einem Herz-Kreislauf-Versagen „infolge Sepsis bei insgesamt 18 Rippenserienfrakturen, oft mit Durchspießung nach außen und innen, mit Vereiterung der rechten Brusthöhle als Folge der Rippenverletzungen“ verstarb.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte der BGH aus, die Strafkammer hätte ausdrücklich feststellen müssen, inwieweit die Todesfolge vorhergesehen werden konnte, da dies wegen der Besonderheiten des Tatgeschehens nicht von vornherein augenscheinlich gewesen sei. Des Weiteren seien insbesondere die Voraussetzungen des subjektiven Tatbestandes der gefährlichen Körperverletzung ungenügend geprüft worden. Damit trug der BGH eine sorgfältige Prüfung des Zurechnungszusammenrechnung, S. 208 ff.; dies., JR 1992, 512; im Übrigen vgl. die ähnliche Fallkonstellation bei Cass. 3. 12. 2003 = CED 224903 = CP 2004, 36 ff., wo die Anwendbarkeit der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung nach Art. 584 iStGB ausgeschlossen wurde. 34 BGH JR 1992, 511; vgl. die Kritik von Puppe, Erfolgszurechnung, S. 209 zur vermeintlichen Übertragung der „Geschäftsführung ohne Auftrag“ ins Strafrecht. 35 Zum Fall sowie den folgenden wörtlichen Zitaten s. BGH NStZ 2009, 92.

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hangs zwischen der Körperverletzungshandlung von T und der konkreten Todesfolge auf, wobei auf die folgenden Besonderheiten bei der Prüfung des Zurechnungszusammenhangs hingewiesen wurde: Einerseits seien grobe Behandlungsfehler der Ärzte durchaus geeignet, die Zurechnung im Hinblick auf die Tathandlung des T zu verneinen. Andererseits müsse dem selbstschädigenden Verhalten von O Rechnung getragen werden, da sie sich trotz des ständig verschlechternden Gesundheitszustands nicht zur Inanspruchnahme weiterer ärztlicher Hilfe entschieden habe. Im sog. „Parkplatz-Rambo/Tod durch Überfahren“-Fall36 hatte der BGH folgenden Sachverhalt zu beurteilen: Als T nach dem Erledigen ihrer Einkäufe mit ihrem Fahrzeug den Kundenparkplatz eines Supermarktes verlassen wollte, ärgerte sie sich über die 84-jährige Fußgängerin O, die nur langsam vor ihr über die Straße ging. Als O im Abstand von ca. einem Meter die Mitte des stehenden Wagens erreicht hatte, fuhr T unter Durchtreten des Gaspedals bewusst an und erfasste O, die zunächst auf die Motorhaube aufgeladen und wegen des erfolgten Abbremsens nach links vorne abgeworfen wurde, wo sie anschließend vom linken Vorderreifen des PKWs überrollt und mitgeschleift wurde. Als T anhielt und von Passanten darauf hingewiesen wurde, dass die verletzte O teilweise noch unter ihrem Wagen lag und von den Ersthelfern nicht geborgen werden konnte, wurde sie aufgefordert, ihren Wagen vorzusetzen. Im Zuge dieses Manövers überfuhr T die Verletzte nochmals mit dem linken Hinterrad. Die schwer verletzte O verstarb noch an der Unfallstelle.

Der BGH wies in seinen rechtlichen Ausführungen darauf hin, dass es für die rechtliche Würdigung unerheblich sei, ob O bereits durch das erste oder erst durch das zweite Überrollmanöver tödlich verletzt wurde. Sofern bereits beim ersten Überrollen die tödlichen Verletzungen zugefügt wurden, habe sich mit dem Todeseintritt die von der Körperverletzungshandlung ausgehende Gefahr realisiert, die für T jedenfalls vorhersehbar war. Der für § 227 StGB erforderliche spezifische Gefahrzusammenhang sei auch dann gegeben, wenn die tödlichen Verletzungen einzig auf das vermeintliche Rettungsmanöver zurückzuführen seien. Essentiell sei, dass der tatsächliche Geschehensablauf und insbesondere die Verknüpfung von Körperverletzung und Todesfolge nicht außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit liege, sodass sich im Tod von O die spezifische Gefahr verwirkliche, die der Körperverletzungshandlung anhaftete. Besondere Aufmerksamkeit durch das Schrifttum erfahren die Fallkonstellationen mit seltenen und außergewöhnlichen Kausalfaktoren, die durch ein grunddeliktischen Verhalten des Täters angestoßen werden und zu einem tödlichen Ausgang führen37, wie etwa im „Sekundenherztod-Fall“ (BGHR StGB § 226 Todesfolge 1): T fühlte sich von O belästigt und wehrte O mit mehreren Fausthieben ab. Einer der Faustschläge traf die linke vordere Halsseite, ein anderer kräftiger Hieb die rechte Halsseite

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BGH NStZ-RR 2009, 78. Zuletzt etwa durch Rengier, FS Geppert, S. 479 ff.

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im Bereich der Halsschlagadergabelung. Dieser Schlag bewirkte einen laut Sachverständigengutachten extrem seltenen reflektorischen Herzstillstand.

Während das Landesgericht aufgrund der Seltenheit des tatsächlichen Kausalverlaufs die Anwendbarkeit der Körperverletzung mit Todesfolge ablehnte, kritisierte der BGH, dass das Tatgericht nicht festgestellt hätte, ob die Schläge gegen den Oberkörper geeignet gewesen seien, O umzuwerfen, sodass O sich auf andere Weise tödlich verletzen hätte können. Da eine Zurechnung des Todes regelmäßig vorliege, wenn die Körperverletzung nach Art, Ausmaß und Schwere den Tod des Opfers besorgen lasse, sei entscheidend, ob die konkreten Schläge das Risiko eines tödlichen Ausgangs beinhaltet hätten, wie etwa durch die Schläge bedingtes Aufschlagen mit dem Kopf auf der Bordsteinkante. Der Entscheidung in BGH NStZ 1995, 287 lag folgender Sachverhalt zugrunde: A und B schlugen mit ihren Fäusten auf den Kopf des O. Ein Fausthieb traf dabei das linke Auge. Da O alkoholisiert war und eine reflexmäßige Versteifung der Nackenmuskulatur unterblieb, rief die abrupte und starke Beschleunigung des Kopfes eine innere Subarachnoidalblutung im Basisbereich des Gehirns hervor, die zum sofortigen Bewusstseinsverlust und zum späteren Hirntod führte.

Das Tatgericht sah von einer Verurteilung aus dem todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikt unter Hinweis auf den Sachverständigen ab, wonach es sich beim tödlichen Verlauf um eine medizinische Rarität gehandelt habe. Der BGH bemerkte, dass sich die Vorhersehbarkeit nicht auf die physischen Vorgänge des konkreten Kausalverlaufs zu erstrecken habe – vielmehr reiche aus, dass der Körperverletzungshandlung das Risiko eines tödlichen Ausgangs anhafte und genau dieses Risiko im Todeseintritt verwirklicht habe. Die Faustschläge gegen den Kopf des O würden ein derartiges Risiko beinhalten: „Es steht außer Frage, dass eine derartige Vorgehensweise ohne weiteres zum Tode der Opfer führen kann und in zahlreichen Fällen auch schon zum Tode geführt hat.“38 Im als „Reflex-Tod/Tod durch medizinische Rarität“ bekannt gewordenen Fall (BGH NStZ 2008, 686 = StV 2008, 406) ging es um folgenden Sachverhalt: T trat den am Boden liegende O mit der Spitze des beschuhten Fußes kräftig gegen den Oberkörper, wobei T nach den Feststellungen dezidiert darauf achtete, O „nicht am Kopf zu treffen, weil er um die Gefährlichkeit von Tritten gegen den Kopf wusste.“39 Der Tritt des T traf den Oberkörper von O unmittelbar unterhalb des Rippenwinkels und löste über die Reizung des Solarplexus eine Reaktion des zehnten Hirnnervs aus, die zum Herzstillstand führte. Der Reflextod infolge der Reaktion des parasympathischen Nervensystems wurde möglicherweise durch die starke Alkoholisierung und die damit einhergehende Beeinträchtigung des Atemzentrums sowie durch eine organische Veränderung des Herzmuskels von O infolge einer Herzmuskelentzündung begünstigt.

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BGH NStZ 1995, 287. BGH NStZ 2008, 686.

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Das Landesgericht sah von einer Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge ab, da der Reflextod als medizinische Rarität nicht zum Allgemeinwissen gehöre und deshalb außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit liege. Dem BGH zufolge lag der für die todeserfolgsqualifizierte Körperverletzung unmittelbare Gefahrenverwirklichungszusammenhang vor, da es nicht „außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit“40 liege, dass ein kräftiger Tritt mit der Schuhspitze gegen den Rumpf eines am Boden Liegenden zum Tod des Verletzten führen kann. Aus diesem Grund sei die Zurechnung nicht auszuschließen, auch wenn im vorliegenden Fall die konkrete Todesursache eine „medizinische Rarität“ darstelle und möglicherweise die Alkoholisierung des O und eine Vorschädigung des Herzmuskels für den Todeserfolg mitursächlich waren. Für die Zurechnung des schwereren Erfolgs genüge die Vorhersehbarkeit im Allgemeinen. Zu dieser Judikaturtendenz passen auch jene Fälle, in denen neben der Tathandlung gewisse Sonderkonstitutionen des Opfers den tödlichen Kausalverlauf mitbestimmen, wie etwa im „Herzinfarkt-Fall“ (BGH NStZ 1997, 341): A und B traktierten den 63-jährigen O mit Fausthieben und Fußtritten und fügten ihm erhebliche Verletzungen zu. Dieses Ereignis führte bei O zu einer „besonderen psychischen Belastung und zur Überängstlichkeit des Geschädigten“41, die eine Beschleunigung des Pulses und eine Überbelastung des bereits vorgeschädigten Herzens mit sich brachten. Innerhalb drei Wochen erlitt O zwei Herzinfarkte, wobei der zweite tödlich endete. Der Sachverständige stellte fest, dass der zweite Herzinfarkt im Wesentlichen im Zusammenhang mit den Gewalthandlungen der Täter stehen würde.

Die Vorinstanz hatte die Anwendbarkeit des § 226 StGB a. F. ausgeschlossen, da die Todesfolge nicht aus der Schwere der Verletzung hervorgegangen sei, sondern sich als psychogener Effekt zum physischen Übergriff durch A und B darstelle. Der BGH hingegen bejahte das Vorliegen des „,unmittelbaren‘ (Gefahrverwirklichungs-) Zusammenhang[s] “ zwischen den Körperverletzungshandlungen und dem Tod des O, da es genüge, dass „der Körperverletzung das Risiko eines tödlichen Ausgangs anhaftet und dass sich dann dieses dem Handeln des Täters eigentümliche Risiko beim Eintritt des Todes verwirklicht“42. Die Handlungen von A und B hätten für sich genommen ohne weiteres zum Tode des O führen können, weshalb sich in der Verwirklichung des Grundbestandes nach § 223 I StGB die „anhaftende eigentümliche Gefahr dann auch niedergeschlagen“ habe43. Diese Rechtsprechungstendenzen erfahren im Schrifttum nur vereinzelt Zustimmung. So verteidigt Steinberg zunächst die Entscheidung zu BGH StV 2008, 406 (Reflextod) mit dem Hinweis, dass der BGH offenbar zwischen einem allgemeinen Lebensrisiko und der Typizität des Erfolges unterscheidet: Während die zurechnungsausschließende Atypizität insbesondere in Fällen des allgemeinen Lebensri40 41 42 43

Beide Zitate nach BGH NStZ 2008, 686 (eigene Hervorhebung). BGH NStZ 1997, 341. Alle Zitate nach BGH NStZ 1997, 341. Vgl. auch BGH NStZ 1997, 341; RGSt 54, 349.

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

sikos vorliege, stelle sich der erfolgte Reflextod als typische, wenn auch unwahrscheinliche Gefahr von Fußtritten dar44. Im Ergebnis hält der Autor jedoch fest, dass die Rechtsprechung trotz der immer wiederkehrenden Beteuerung faktisch auf einen spezifischen Gefahrenzusammenhang bei der Körperverletzung mit Todesfolge verzichten würde45. Dagegen wird im Schrifttum die Auslegung nach der Handlungskausalität und der damit verbundenen Problematik der Vorhersehbarkeit heftig kritisiert: Gerade der Seltenheitswert einer vom Sachverständigen attestierten medizinischen Rarität würde bei der Fahrlässigkeitsprüfung, insbesondere zur Vorhersehbarkeit, kaum als „lebenswahrscheinlich“ gelten können46. Nach Hardtung würde die vorliegende höchstrichterliche Judikatur dazu führen, dass sich der BGH in derartigen Fallkonstellationen sowohl für als auch gegen die Vorhersehbarkeit entscheiden könne47 und mit seiner Entscheidungspraxis unvorhersehbare Resultate erzielen würde. Rengier weist darauf hin, dass über die Formulierung des Sachverständigen zur medizinischen Rarität in sprachlicher Hinsicht eine besondere oder sogar extreme Seltenheit des Ereignisses ausgedrückt werden soll, weshalb es sehr fraglich sei, ob der Täter vernünftigerweise mit einem derartigen Resultat zu rechnen habe oder ob der vorliegende Kausalverlauf nicht doch zu weit außerhalb der Lebenserfahrung liege48. So dürfte im Reflex-Tod-Fall zumindest die subjektive Vorhersehbarkeit des Erfolgs wegen ihrer Seltenheit nicht erfüllt sein49. Dementsprechend bemerkt Rengier, dass die „Endergebnis-Formel“50 des BGH, also die Prüfung der Vorhersehbarkeit zum letalen Endresultat nach der Maßgabe jeder Lebenswahrscheinlichkeit, auf eine reine Erfolgshaftung hinauslaufe51. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass nach der Handlungslösung, die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung und Teilen der Literatur befürwortet wird, die Handlung der Körperverletzung an sich den Ausgangspunkt des Gefahrenurteils

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Steinberg, NStZ 2010, 73. Steinberg, NStZ 2010, 76. 46 So findet es NK-Paeffgen, § 227 Rdn. 10a „sprachlich besonders pikant“, wenn eine medizinische Rarität nicht so außergewöhnlich sein soll, dass der Erfolg nicht zurechenbar sei. Rengier, FS Geppert, S. 481, rätselt über die unterschiedliche Formulierung des BGH, wonach außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit enger sein soll als die Formulierung des Landesgerichts (außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit). 47 Hardtung, StV 2008, 411; des weiteren würden nach Hardtung, StV 2008, 410 die unwahrscheinlichen Gefahren der medizinischen Raritäten außerhalb des Schutzzweckzusammenhangs bei § 227 StGB liegen. 48 Rengier, FS Geppert, S. 483; kritisch zur Vorhersehbarkeit auch Duttge, NStZ 2006, 273; NK-Paeffgen, § 227 Rdn. 9; Puppe, Erfolgszurechnung, S. 207. 49 So Pape, Jura 2008, 149; Rengier, FS Geppert, S. 484. 50 So die Bezeichnung bei Rengier, FS Geppert, S. 479 ff. 51 So Rengier, FS Geppert, S. 484. 45

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für den letalen Ausgang bildet52 : Das Verhalten muss die „eigentümliche Gefahr“ des Todeserfolgs aufweisen und damit unabhängig vom konkreten Kausalverlauf für sich tötungstauglich sein53.

III. Letalitätstheorie Die restriktivste Auslegung der Körperverletzung mit Todesfolge vertreten die Befürworter der Letalitätstheorie, die wohl die h. M. im Schrifttum darstellt54. Sie gehen von der These aus, dass der Unterschied zwischen der Körperverletzung mit Todesfolge als erfolgsqualifiziertes Delikt einerseits und der einfachen Idealkonkurrenz aus vorsätzlicher Körperverletzung in Verbindung mit der fahrlässigen Tötung andererseits darin liegt, dass bei der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung ein tatbestandsspezifischer Gefahrenzusammenhang zwischen Grunddelikt und der dadurch verursachten Todesfolge gegeben sein muss55. Dies bedeutet, dass sich in der Todesfolge jene spezifische Gefahr verwirklicht haben muss, die typisch für die grunddeliktische Körperverletzung ist. Diese deliktstypische Gefahr der Körperverletzungsdelikte bestehe ausschließlich darin, dass der Täter über das Ausmaß der beigebrachten Verletzung irre: Die Intensivierungsgefahr, d. h. das Risiko, dass ein einfacher beabsichtigter Verletzungserfolg einen letalen Ausgang nimmt, verwirkliche sich, wenn der Täter die Tauglichkeit seines Eingriffs für einen tödlichen Erfolg (z. B. bei Einsatz eines gefährlichen Tatmittels) unterschätzt oder aber über das volle Maß seiner beabsichtigten Verletzung irrt, da der Eingriff in das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit zwangsläufig mit dem Rechtsgut Leben (z. B. bei wuchtigen Fausthieben gegen den Kopf) verbunden sei. Günther Jakobs spricht in diesem Zusammenhang von einem „Quantitätsirrtum“56 : Durch den Eingriff in die Güter des Opfers irre der Täter „über das Maß der Verletzung […], die das von ihm erkannte Risiko 52 Fischer, StGB, § 227 Rdn. 3a; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 299; Hinderer, JA 2009, 29; Kindhäuser, BT I § 10 Rdn. 12; Koffka, Niederschriften II, S. 242; Laubenthal, JZ 1987, 1068; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 9 Rdn. 31; Stree, GA 1960, 295 f.; Wolter, JuS 1981, 169 f.; ders., GA 1984, 444 f. 53 Nach kritischen Stimmen hänge die Anwendbarkeit des todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikts von der Stärke des Verdachts ab, der Täter habe die Körperverletzung mit Tötungsvorsatz unternommen: SK-Horn/Wolters, § 227 Rdn. 9; NK-Paeffgen, § 227 Rdn. 9. 54 So NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 29 und § 227 Rdn. 13. 55 Bussmann, GA 1999, 31; Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 227 Rdn. 6; Geilen, FS Welzel, S. 674 ff.; Gössel/Dölling, BT 1 § 13 Rdn. 92; LK-Hirsch, § 227 Rdn. 5; ders., GA 1972, 75; ders., JR 1983, 79; ders., FS Oehler, S. 130; ders., FS Lenckner, S. 128 f.; ders., FS Rissing-van Saan, S. 237; Jakobs, AT 9/33 f.; Krey/M. Heinrich, BT 1 § 3 Rdn. 271 ff.; Küpper, Zusammenhang, S. 85 ff.; ders., FS Hirsch, S. 617 f.; ders., JA 1983, 230; ders., ZStW 111 (1999), 790; Momsen, in: Satzger/Schmitt/Widmaier, § 227 Rdn. 10; Oehler, ZStW 69 (1957), 513 (wohl auch ders., FS Schmidt, S. 236); Schmidhäuser, AT 7/120; ders., BT 2/50; Schlapp, StV 1983, 63; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 227 Rdn. 3; Ulsenheimer, GA 1966, 268, 271. 56 Jakobs, AT 9/35; s. dazu LK-Hirsch, § 227 Rdn. 5.

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

entweder am vorsätzlich angegriffenen Gut anrichtet (Beispiel: § 224 StGB [a. F.] oder § 226 StGB [a. F.] dann, wenn der Täter schon die Tauglichkeit seiner Eingriffsmittel unterschätzt) oder an einem vom vorsätzlich angegriffenen Gut notwendig abhängigen Gut (Beispiel: § 226 StGB [a. F.] für den Fall, daß der Täter das volle Maß der Verwundung erkennt und nur die Tödlichkeit des Eingriffs verkennt).“ Ausgangspunkt für die Untersuchung dieser körperverletzungsspezifischen Gefährlichkeit soll der vorsätzlich zugefügte Verletzungserfolg sein: Der letale Ausgang müsse sich aus der konkreten Art der Wunde ergeben57. Aus diesem Grund wird nach dieser Auslegung eine vollendete grunddeliktische Körperverletzung für die Zurechnung vorausgesetzt58. Die Unmittelbarkeit zwischen dem Grunddelikt und dem tödlichen Erfolg liege demnach darin, dass die zugefügte Verletzung über einen pathologischen Prozess ohne das Hinzutreten weiterer Umstände zum Tode führe. Mit anderen Worten: Für die Anwendbarkeit des § 227 StGB müsse der Täter in objektiver Hinsicht eine an sich tödliche Verletzung verursacht haben. Aus diesem Grund sei der Zurechnungszusammenhang zu § 227 StGB ausgeschlossen, wenn das Opfer, ein Dritter oder der Täter selbst einen weiteren Kausalbeitrag setzen, der den letalen pathologischen Entwicklungsprozess der grunddeliktischen Körperverletzung verhindert und den tödlichen Ausgang auf eine andere Weise hervorruft. In diesen Fällen würden sich tödliche Risikofaktoren verwirklichen, die außerhalb des tatbestandsspezifischen Gefahrenzusammenhangs liegen. Demnach scheidet die Zurechnung in Fällen aus, in denen das Opfer im Zuge riskanter Fluchthandlungen zu Tode kommt, ein Dritter (z. B. ein Arzt) in das Tatgeschehen eingreift oder der Täter das bewusstlose, vermeintlich tote Opfer erst im Zuge von Verdeckungshandlungen tötet59. Des Weiteren sei § 227 StGB nicht einschlägig, wenn sich die Letalität aus Umständen ergebe, die außerhalb des grunddeliktischen Körperverletzungserfolgs liegen60. Damit würden die sog. „Ohrfeigen-Fälle“ aus dem Tatbild des § 227 StGB 57 Bussmann, GA 1999, 31 f.; Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 227 Rdn. 6; Geilen, FS Welzel, S. 681 f.; Gössel/Dölling, BT 1 § 13 Rdn. 94; LK-Hirsch, § 227 Rdn. 5; ders., JR 1983, 80; ders., NStZ 1996, 37; ders., FS Oehler, S. 129 ff.; ders., FS Rissing-van Saan, S. 237; Jakobs, AT 9/35; Küpper, Zusammenhang, S. 85 ff.; ders., FS Hirsch, S. 621 f.; ders., JA 1983, 230; ders., ZStW 111 (1999), 792 f.; Mitsch, Jura 1993, 21; Momsen, in: Satzger/Schmitt/ Widmaier, § 227 Rdn. 10 ff.; Roxin, AT I § 10 Rdn. 115; Schild, JuS 1989, 654; Schmidhäuser, BT 2/50; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 227 Rdn. 5; ähnlich wohl auch Schlapp, StV 1983, 63, der die Beurteilung der typischen Gefahr anhand empirischer Daten der Medizin feststellen will. 58 So Hirsch, JR 1983, 79 f.; LK-ders., § 227 Rdn. 2; Küpper, Zusammenhang, S. 85 ff.; Roxin, AT I § 10 Rdn. 115; dezidiert a. A. der BGH (BGH R § 226 „Todesfolge“ 1 S. 2): „Es reicht aus, dass der Körperverletzungshandlung, also nicht erst dem Verletzungserfolg, das Risiko eines tödlichen Ausgangs anhaftet“. 59 Hirsch, FS Oehler, S. 130; Küpper, Zusammenhang, S. 89; ders., FS Hirsch, S. 622 f.; ders., JA 1983, 230; Roxin, AT I § 10 Rdn. 115; Schmidhäuser, BT 2/50. 60 Vgl. zusammenfassend Geilen, FS Welzel, S. 681: „Die Formel von einer dem Grundtatbestand eigentümlichen spezifischen Gefahrverwirklichung bedeutet letztlich, daß eine

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ausscheiden: Kommt das Opfer nur deshalb zu Tode, weil es nach dem Körperverletzungserfolg zurücktaumelt und sich infolge eines Sturzes tödlich verletzt oder nach einem Schlag in eine Teigmaschine stürzt und auf diese Weise erstickt, so ist das todeserfolgsqualifizierte Körperverletzungsdelikt nicht einschlägig. Darüber hinaus sei der Schlag mit der geladenen und entsicherten Pistole nicht tatbestandsmäßig, wenn das Opfer infolge eines Kopfschusses verstirbt, der sich beim Auftreffen der Waffe auf dem Kopf des Opfers gelöst hat, da der für die Anwendbarkeit des § 227 StGB entscheidende Verletzungserfolg im Schlag mit der Waffe bestehe, und eben nicht diese Schlagverletzung, sondern die dadurch sich ergebende Schussverletzung zum letalen Ausgang geführt hat61. Im Bezug auf die Fahrlässigkeitsprüfung nach § 18 StGB arbeiten die Vertreter der Letalitätstheorie mit dem Maßstab der einfachen Fahrlässigkeit62. Die Vorhersehbarkeit des tödlichen Entwicklungspotentials eines einschlägigen Verletzungserfolgs spiele insbesondere bei der Sonderkonstitution des Opfers eine Rolle: Demnach scheitere die Zurechnung nach § 227 StGB, wenn dem Täter die Leichtbluterkrankheit des Opfers nicht bekannt war und das Opfer infolge eines leichten Verletzungserfolgs verstirbt63. Das nähere Verständnis dieser Letalitätstheorie erschließt sich insbesondere mit Blick auf das (in seiner Allgemeinheit noch nicht erkannte) Kausalitätsverständnis der gemeinrechtlichen Doktrin zu den Tötungsdelikten64. Die gemeinrechtliche Lehre prüfte die Zurechnung eines Todeserfolgs zum indirekten Willen anhand des Kriteriums immediate et per se sequitur, d. h. die Zurechenbarkeit einer unbeabsichtigten Tötung hing entscheidend davon ab, ob sich die Folgen als unmittelbar und typisch für die beabsichtigte Handlung darstellen65 bzw. als erfahrungsgemäß mit gewisser Wahrscheinlichkeit aus der Handlung resultierten66 bzw. sich leicht auch der beabsichtigten Grundhandlung ergeben können67. Sofern diese Voraussetzungen gegeben waren, konnte der Sachverhalt über den indirekten Willen als Tötungsdelikt zugerechnet und die poena ordinaria verhängt werden. Isolierung auf die Tatbestandsmerkmale des Grunddelikts vorgenommen und die Gefahrentwicklung unter Ausschaltung außertatbestandlicher Gefährdungsmomente beurteilt werden muß.“ (eigene Hervorhebungen) 61 LK-Hirsch, § 227 Rdn. 4; Jakobs, AT 9/35; ders., JR 1986, 381; Roxin, AT I § 10 Rdn. 116; Schmidhäuser, BT 2/50; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 227 Rdn. 5. 62 Stellvertretend für die h. M. LK-Hirsch, § 227 Rdn. 8; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 227 Rdn. 7. 63 LK-Hirsch, § 227 Rdn. 5, 8; Küpper, Zusammenhang, S. 89 f.; ders., JuS 2000, 226 f.; S/ S-Stree/Sternberg-Lieben, § 227 Rdn. 7. 64 Hirsch, JR 1983, 79 f.; ders., FS Oehler, S. 130; Küpper, FS Hirsch, S. 619; ders., JA 1983, 230; s. auch supra im Zweiten Teil C. 65 Carpzov, pars I, qu. 1 Nr. 31; vgl. auch Puppe, ZStW 103 (1991), 26; a. A. Grünhut, S. 134. 66 Boehmer, Meditationes, Art. 137 § 6 S. 648 Punkt V.; ders., Observationes, Nr. 62 S. 2, 1. Spalte; vgl. Boldt, Strafrechtswissenschaft, S. 255; Puppe, ZStW 103 (1991), 26 f. 67 Nettelbladt/Gläntzer, §§ 11 ff., 21, zusammenfassend § 22.

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

IV. Lehre von der Durchgangskausalität Bei der Untersuchung zum Zurechnungszusammenhang zwischen Grunddelikt und qualifiziertem Erfolg geht die Lehre von der Durchgangskausalität68 vom grunddeliktischen Erfolg aus und weist damit eine gemeinsame Ausgangsposition mit der Letalitätstheorie auf. Der Unterschied zur Letalitätslehre besteht darin, dass die schwere Folge dort allein aus dem Grunddeliktserfolg hervorgehen muss, während sich die Durchgangslehre unter gewissen Voraussetzungen bereits damit begnügt, dass der Erfolg nur mitursächlich für den schweren Erfolg sei69 und daher den Zurechnungsradius weiter spannt70. So entwickelt Ingeborg Puppe ihren Auslegungsansatz zu § 227 StGB anhand ihrer Konzeption zur Kausalität bzw. objektiven Zurechnung, die sie schließlich für die Zurechnung der Erfolgsqualifikationen nutzt. Auf diese Weise nimmt sie eine Präzisierung der Letalitätstheorie vor71, welche im Ergebnis dem Konzept der Durchgangskausalität nahekommt. Über die Kritik an der condicio sine qua non Theorie, die in Rechtsprechung und Schrifttum angewendet wird, postuliert Puppe die folgende Verbesserung der „gesetzmäßigen Bedingung“: Eine Ursache sei dann für den Erfolg kausal, wenn sie notwendiger Bestandteil einer hinreichenden und wahren Entstehungsbedingung des Erfolgs sei72. Im Unterschied zur Bedingungstheorie, die von der notwendigen Bedingung ausgeht, reicht die Konzeption von Puppe durch die Betonung der hinreichenden Bedingung weiter. Damit bietet die Autorin einen Lösungsansatz für Kausalitätsprobleme, die unter Anwendung der condicio sine qua non Formel nur zu unbefriedigenden Ergebnissen führen würden73, wie etwa im Bereich der alternativen Kausalität74 : Nach der strengen Logik der Bedingungstheorie müssten zwei alter68

Terminologie nach NK-Paeffgen, § 227 Rdn. 13 und Sowada, Jura 2003, 552; dagegen bezeichnet LK-Hirsch, § 227 Rdn. 5 diese Auslegungstendenz als „Erfolgslösung“; ähnlich auch MK-Hardtung, § 227 Rdn. 11, 16 („Erfolgskausalität“), wobei der Autor darunter sowohl Letalitätslehre als auch Durchgangslehre versteht. 69 Diesbezüglich forderte bereits Schröder, JR 1971, 208 eine Lösung nach dem Bild der Durchgangskausalität: Für die Anwendbarkeit der Erfolgsqualifikation müsse einerseits festgestellt werden, dass der Täter mit dem Vorsatz der Körperverletzung gehandelt hat, andererseits müsse sich der tödliche Erfolg in einer Weise ergeben, die im Rahmen einer unwesentlichen Abweichung des Kausalverlaufs bleibt. 70 Aus dem Schrifttum vgl. Lackner/Kühl, StGB, § 227 Rdn. 2; LK-Schroeder, § 18 Rdn. 18 FN 30. 71 So NK-Paeffgen, § 227 Rdn. 14: „Reformulierung der Letalitätstheorie durch Puppe: Jüngst hat Puppe sich für die Präszisierung des Unmittelbarkeits-Kriteriums mittels einer konkretisierten Form der Letalitäts-Lehre ausgesprochen […].“ (Hervorhebungen im Original) 72 NK-Puppe, Vorbem. § 13 Rdn. 102 ff.; dies., ZStW 92 (1980), 875 ff.; dies., GA 1994, 303; dies., AT § 2 Rdn. 1 ff. 73 Zum Ursprung dieser Theorie und den Entwicklungen in der englischsprachigen Literatur s. NK-Puppe, Vorbem. § 13 Rdn. 110. 74 Beispiel zur alternativen Kausalität nach Wessels/Beulke, AT § 6 Rdn. 157: A und B geben unabhängig voneinander je eine tödliche Dosis Gift gleicher Art in ein Getränk des

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nativen Ursachen für einen Erfolg die Eigenschaft einer notwendigen Bedingung abgesprochen werden, während sich beide Tatsachen aber als hinreichende Bedingung für den Erfolgseintritt darstellen würden. Für die Überprüfung des konkreten Kausalzusammenhangs nutzt Puppe das – auch im Zuge der klassischen Bedingungstheorie praktizierten – hypothetische Eliminationsverfahren, allerdings mit dem Unterschied, dass über das Hinweg-Denken nicht geprüft wird, ob der Erfolg auch ohne diese Bedingung eingetreten wäre: Die Autorin verlangt, dass die zu untersuchende Tatsache aus den bestimmten bereits festgestellten hinreichenden Bedingungen für den Erfolgseintritt hinweggedacht wird75. Damit soll festgestellt werden, ob das Zustandekommen des konkreten Erfolges ohne die zu untersuchende Tatsache immer noch schlüssig erklärbar sei, weshalb die zu prüfende Ursache ein notwendiger Bestandteil im Sinne eines Mindesterfordernisses zur hinreichenden Bedingung darstellen müsse76. Das damit resultierende Problem der Ersatzkausalität löst sie mit der Präzisierung, dass hypothetische Ersatzursachen aus der konkreten Kausalverkettung auszuklammern seien, sodass die Erklärung zur Ursache als notwendiger Bestandteil einer Mindestbedingung im konkreten Fall „wahr“ sein müsse77. Bei der Auswertung der Rechtsprechung des BGH zur todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung weist Puppe darauf hin, dass der oberste Gerichtshof zur Feststellung der Unmittelbarkeit weniger den Erfolg der Körperverletzung, als vielmehr die Körperverletzungshandlung prüfe: Die spezifische Lebensgefahr, die mit dem Opfers, welches daran stirbt. Auch wenn die Handlung von A weggedacht wird, tritt der Erfolg aufgrund der Handlung von B trotzdem ein. Genauso verhält es sich umgekehrt: Auch das Verhalten von B kann weggedacht werden, ohne dass der Erfolg (diesmal durch A herbeigeführt) entfällt. 75 Puppe, AT § 2 Rdn. 6 demonstriert dies am Psychiatriefall (BGHSt 49, 1), indem der BGH den Vorwurf einer fahrlässigen Tötung gegen zwei Ärzte einer psychiatrischen Klinik zu prüfen hatte. Diese hatten einem hochgradig gefährlich eingestuften Patienten eine Ausgangserlaubnis ohne Überwachung erteilt, im Zuge dessen er zwei Frauen tötete. Eine verweigerte Ausgangsgenehmigung hätte den Patienten aber nicht aufgehalten, da er bereits zuvor zweimal aus der Psychiatrie ausgebrochen war, indem er die zu schwachen Gitterstäbe eines Fenster auseinander gebogen und sich mit zusammengeknoteten Betttüchern abgeseilt hatte. Die Gitterstäbe wurden trotz der wiederholten Ausbrüche aufgrund der Bestimmungen zum Denkmalschutz nicht verstärkt, sodass der Patient ohne Weiteres auch ein drittes Mal hätte ausbrechen können. Puppe, AT § 2 Rdn. 2, kommt nach Anwendung der condicio sine qua non Formel zum Ergebnis, das der Ausgangsgenehmigung keine notwendige Bedingung für die Erfolgsverwirklichung war, da der Patient die Tötung der beiden Frauen auch ohne Ausgangserlaubnis durch einen Ausbruch bewerkstelligt hätte. Über die Anwendung ihres Konzepts hingegen stellt sich die Ausgangsgenehmigung als Bestandteil einer hinreichenden Bedingung dar, weshalb die Kausalität zu bejahen ist. 76 Puppe, AT § 2 Rdn. 7: Im Psychiatriefall (s. vorherige FN) reduziert die Autorin die beiden hinreichenden Bedingungen auf folgende Mindesterfordernisse: Erstens die Erteilung einer Ausgangsgenehmigung; zweitens das Vorhandensein schwacher Gitterstäbe. 77 Puppe, AT § 2 Rdn. 8: Die schwachen Gitterstäbe beinhalten das hypothetische Potential für eine hinreichende Bedingung (im Sinne einer Ersatzursache), sind aber für die konkrete Fallentwicklung keine wirkliche Ursache und werden daher nicht berücksichtigt.

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

Verhalten des Täters in einer engen Beziehung stehen müsse, schlage sich nach dem BGH bereits dann nieder, wenn der letale Kausalverlauf nicht gänzlich unvorhersehbar sei und damit nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung liege78. Puppe kommt bei der Auswertung der Rechtsprechung zu § 227 StGB zum Ergebnis, dass der BGH das im Rötzel-Fall postulierte Unmittelbarkeitserfordernis faktisch aufgegeben habe, da der oberste Gerichtshof unter diesem Begriff nicht nur die typische Körperverletzungsgefahr, sondern auch andere Gefahrenaspekte einordne wie etwa die Bedrohungsgefahr bei Fluchtfällen, in denen das Opfer dem Täter ausgeliefert ist und befürchten müsse, weitere Körperverletzungen zu erleiden; oder bei der körperlichen Auseinandersetzung in der Nähe einer laufenden Maschine, in denen sich nicht eine Körperverletzungsgefahr im engeren Sinn, sondern die Gefahr des unkontrollierten Opferverhaltens an gefährlichen Orten realisiere79. Aufgrund der enormen Bandbreite an Handlungen, die der Körperverletzungstatbestand beinhaltet, und den mit der Täterhandlung einhergehenden verschiedenartigen Gefahren, die bei einer Körperverletzung einhergehen würden, müsse nicht schon das Verhalten des Täters an sich, sondern der Körperverletzungserfolg Anknüpfungspunkt des zu untersuchenden Gefahrenurteils sein. Ein gefährlicher Körperverletzungserfolg zeichne sich gegenüber einem ungefährlichen Verletzungserfolg gerade dadurch aus, dass der vorsätzlich verursachte Erfolg in quantitativer Hinsicht nicht mehr steuerbar sei und daher die Gefahr beinhalte, dass der tatsächlich eingetretene Erfolg weit schwerwiegender (nämlich letal) ausfalle, als er vom Vorsatz des Täters umfasst gewesen sei80. Für die Erfolgszurechnung bei § 227 StGB bringt Puppe zunächst das Kriterium des „Durchgängigkeitserfordernisses“ ins Spiel: Der grunddeliktische Körperverletzungserfolg müsse derart zustande gekommen sein, dass die Beziehung zwischen dem unerlaubten Verhalten des Täters und dem konkret verwirklichten Erfolg eine Kausalverkettung aufweise, in der jedes weitere Zwischenstadium der Fallentwicklung als Glied dieser Kausalkette ein unerlaubtes Element enthalte – ist dies nicht der Fall, so sei der Erfolg dem Täter prinzipiell nicht zurechenbar81. In einem 78

Puppe, Erfolgszurechnung, S. 207. Puppe, Erfolgszurechnung, S. 214, 220. 80 Puppe, Erfolgszurechnung, S. 223. 81 NK-Puppe, Vorbem. § 13 Rdn. 236 ff.; dies., ZStW 99 (1987), 610 f.; dies., Erfolgszurechnung, S. 103 ff.; dies., AT § 4 Rdn. 4 ff.; zur Verdeutlichung des Konzepts erörtert die Autorin den „Taxifall“: Nachdem der Täter das Opfer durch einen Messerstich schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt, will das Opfer mit einem Taxi ins Krankenhaus fahren. Auf dem Weg dorthin kommt es durch einen Fahrfehler des Taxifahrers zu einem Unfall, bei dem das Opfer ein Schädelhirntrauma erleidet und daran stirbt. Der Messerstecher hat zwar eine Bedingung gesetzt, damit das Opfer sich für eine Taxifahrt entscheiden muss. Die Inanspruchnahme eines Taxidienstes ist allerdings als erlaubtes Element anzusehen. Für die konkrete Rekonstruktion der Erfolgsverwirklichung wird das Verhalten des Messerstechers nicht mehr benötigt: Mit der Inanspruchnahme des Taxidienstes folgt auf einen unerlaubten Auftakt im Kausalverlaufs ein erlaubtes Zwischenstadium, sodass zur Klärung des letalen Erfolgs lediglich zwei Tatsachen benötigt werden, nämlich der Einstieg des Opfers in ein Taxi und der Fahrfehler 79

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zweiten Schritt wendet Puppe die vorher dargestellte Kausalkonzeption an: Der Körperverletzungserfolg müsse notwendiger Bestandteil einer hinreichenden Erklärung des Todeserfolgs sein82. Bei der Prüfung sollen alle Aspekte des Sachverhaltes einbezogen werden, die zur Zeit des Erfolgseintritts gegeben waren. Der Tod stelle sich insbesondere dann nicht als unmittelbare und zwangsläufige Folge der Körperverletzung dar, wenn etwa in der Kausalbeziehung weiteres menschliches Verhalten als erfolgsbegünstigendes Zwischenstadium hinzuträte, sodass die Anwendbarkeit des § 227 StGB zu entfallen habe, wenn das Opfer, ein Dritter (z. B. ein Arzt) oder auch der Täter selbst nachträglich entsprechende Faktoren in Bewegung setzte83. Eine mögliche Anwendbarkeit der fahrlässigen Tötung nach § 222 StGB bliebe davon unberührt, da für diesen Tatbestand eine strikte unmittelbare Beziehung nicht vorausgesetzt werde. Des Weiteren scheitere die Subsumtion unter § 227 StGB, wenn neben der typischen Körperverletzungsgefahr der Erfolgsintensivierung weitere Gefahrenmomente als hinreichende Bedingung für den Todeseintritt vorliegen würden84. Als Vertreter par excellence der Lehre der Durchgangskausalität bei den Erfolgsqualifikationen gilt Karsten Altenhain85. Sein Ausgangspunkt zur Auslegung des Gefahrenzusammenhangs ist das vollendete Grunddelikt, wobei der Autor festhält, dass der für § 227 StGB relevante Erfolg sich nicht nur aus einer Intensivierung des einfachen vorsätzlichen Körperverletzungserfolgs ergebe, sondern auch andere Fälle umfassen solle, in denen sich der letale Ausgang erst im Zusammenwirken anderer Ursachen einstellt86. Diese Zusatzfaktoren erkennt der Autor als grunddeliktsspezifische Gefahrenaspekte an, zumal der Schutzzweck des erfolgsqualifizierten Delikts über den Schutzzweck des Grunddelikts hinausgehen würde87. Dabei bedient sich Altenhain der Lehre von der Durchgangskausalität: „Für den spezifischen Zusammenhang zwischen Grunddelikt und schwerer Folge kommt es nicht auf eine spezifische Gefahr der grunddeliktischen Handlung oder des grunddeliktischen Erfolgs an, sondern allein darauf, dass das vollendete Grunddelikt notwendiger Bestandteil der kausalen Erklärung der schweren Folge ist. Mit und durch die vorsätzliche Verwirklichung des Grunddelikts schafft der Täter die Gefahr der schweren Folge.“88 Für die Zurechnung genüge es, wenn sich der grunddeliktische Erfolg als notwendige Mitursache für den letalen Ausgang darstellt89.

des Taxilenkers. Insofern hat sich nach Ansicht der Autorin im konkret verwirklichten Erfolg nicht die Gefahr des Messerstichs, sondern die einer Taxifahrt realisiert. 82 Puppe, Erfolgszurechnung, S. 227. 83 Puppe, Erfolgszurechnung, S. 223 ff., 280 f. 84 Puppe, Erfolgszurechnung, S. 221 ff. 85 Vgl. nur NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 29 (insbesondere FN 51). 86 Altenhain, GA 1996, 30 f.; ebenso Laue, JuS 2003, 746. 87 Altenhain, GA 1996, 19, 32 f. 88 Altenhain, GA 1996, 34.

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

Damit weißt Altenhains Konzept der Durchgangskausalität einige Parallelen zum Ansatz von Puppe auf. Im Gegensatz zur Autorin schließt Altenhain allerdings andere hinzutretende Bedingungen wie menschliches Verhalten, welches sich nach der Täterhandlung als Zwischenstadium zum qualifizierten Erfolg in seiner konkreten Gestalt verwirklicht und an sich eine Minimalbedingung für eine hinreichende Erfolgsbedingung darstellt, nicht a priori aus, sondern will diese Tatsachen im Rahmen der allgemeinen Fahrlässigkeitsdogmatik geklärt wissen: Im Fall der Körperverletzung mit Todesfolge also solle – neben der Prüfung zur Durchgangskausalität des vom Täter vollendeten Grunddelikts – anhand den Zurechnungsregeln in § 222 StGB eigens erörtert werden, inwieweit das Dazwischentreten des Opfers oder eines Dritten bzw. das Nachtatverhalten des Täters einen Zurechnungsausschluss des vorangegangenen Täterverhaltens bewirken könne90. Mit ihrem zwischen der Lehre der Handlungskausalität und jener der Erfolgskausalität vermittelnden Konzept der unerlaubten Risikoschaffung bewegt sich Christine Ferschl zwar in die Nähe des grunddeliktischen Schutzzweckzusammenhangs, allerdings vertritt sie eine gemäßigte Form der Lehre der Durchgangskausalität: Zunächst betont sie das Durchgangsmoment zwischen grunddeliktischem Körperverletzungserfolg und Todesfolge bei § 227 StGB, geht jedoch über diesen Ansatz hinaus, wenn sie das Gefahrenpotential der Täterhandlungen in ihr Konzept des deliktsspezifischen Gefahrenzusammenhangs einbaut. Das Prüfungsschema des erfolgsqualifizierten Delikts skizziert die Autorin wie folgt: „I. Vorsätzliches Grunddelikt • Tatbestand o Objektiver Tatbestand o Subjektiver Tatbestand • Rechtswidrigkeit • Schuld II. Folgedelikt • Tatbestand o Eintritt der schweren Folge o Ursächlichkeit des vorsätzlichen Täterverhaltens hinsichtlich der schweren Folge o Objektive Zurechnung der schweren Folge anhand des unmittelbaren Zusammenhangs

89

Altenhain, GA 1996, 34 f.; vgl. auch Deubner, NJW 1960, 1068; Engisch, Kausalität, S. 71 f.; Schlapp, StV 1983, 62 f.; teilweise zustimmend Laue, JuS 2003, 746 in jenen Fällen, in denen das Verhalten des Opfers mitursächlich ist. 90 Altenhain, GA 1996, 34.

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§ Vorliegen einer besonderen Gefährlichkeit im Hinblick auf die schwere Folge durch die Verwirklichung des vorsätzlichen Grunddelikts (Zurechnung aufgrund unerlaubter Risikoschaffung durch den Täter) § Keine Fortsetzung der besonderen Gefährlichkeit bei dazwischentretenden Ereignissen (keine Zurechnung trotz unerlaubter Risikoschaffung durch den Täter bei dazwischentretenden Ereignissen)? § Objektive Vorhersehbarkeit des Eintritts der schweren Folge im Hinblick auf das Vorliegen der besonderen Gefährlichkeit (objektive Vorhersehbarkeit) • Subjektive Fahrlässigkeitselemente im Rahmen der Schuld o Individuelle Erkennbarkeit der schweren Tatfolge o Individuelle Erkennbarkeit des unmittelbaren Zusammenhangs“91

Ferschl untersucht das spezifische Gefahrenpotential der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung und stellt fest, dass dies in erster Linie im Intensivierungspotential des grunddeliktischen Erfolgs liege: In diesen Fällen stelle sich der einfache vorsätzliche Körperverletzungserfolg als Durchgangsstadium für den tödlichen Ausgang dar, weshalb die Erfolgsqualifikation des einfachen vorsätzlichen Körperverletzungsdelikts damit eine Verstärkung der grunddeliktischen Rechtsgutverletzung sei 92. Andererseits wären Fälle für § 227 StGB denkbar, in denen die Gefährlichkeit nicht ausschließlich auf der Intensivierung des grunddeliktischen Erfolgs beruhe, sondern das Risiko des letalen Ausgangs in einem weiteren Teilaspekt des Grunddelikts liege, nämlich im gefährlichen Verhalten. Der Anknüpfungspunkt für die Untersuchung zur spezifischen Gefährlichkeit könne allerdings nicht allein an der Handlung des Täters festgemacht werden, denn die gefährliche Handlung müsse in ihrer Beziehung zum grunddeliktischen Erfolg gewürdigt werden. Dafür würden neben dem Wortlaut der Vorschrift in § 227 StGB und der typischen Ausgestaltung der Körperverletzungsgefahr als Intensivierungspotential zur einfachen vorsätzlichen Rechtsgutbeeinträchtigung auch jene Fallbeispiele sprechen, in denen ein letaler Erfolg trotz gefährlicher Handlungsweise auf Täterseite erwartungswidrig ausbleibt: Wenn das Verhalten an sich lebensgefährdend gewesen sei, der Tod jedoch unmittelbar ausbleibe und sich erst später aufgrund zusätzlicher Umstände einstelle, so sei der unmittelbare Zurechnungszusammenhang für § 227 StGB nicht gegeben93 – § 227 StGB sei hingegen einschlägig, sofern die zusätzlichen Umstände als unausweichliche Nebenfolgen der Tat anzusehen seien. Über diese Feststellungen kommt Ferschl zum Ergebnis, dass für die Bestimmung des Unmittelbarkeitskriteriums Handlung und Erfolg zusammen berücksichtigt werden müssen94.

91 92 93 94

Ferschl, S. 93 f. (Hervorhebungen im Original). Ferschl, S. 135 ff. Ferschl, S. 139 f. denkt hier an den „Hochsitzfall“ (BGHSt 31, 96). Ferschl, S. 140.

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

Bei der Gefahrenermittlung des § 227 StGB unterscheidet die Autorin eine generelle und eine spezielle Gefährlichkeit, die in ihrem Unrechtsgehalt nahezu gleichwertig sind: Erstere sei dann gegeben, wenn der Eintritt der letalen Folge aufgrund eines allgemeinen Erfahrungswissens besonders naheliegend sei und der Täter somit rechnen müsse, dass durch die Art und Weise seiner Vorgehensweise bei der ursprünglichen Körperverletzung sich der Tod als „häufige, wahrscheinliche und damit letztlich typische Folge“95 darstelle. Dies sei beispielsweise dann der Fall, wenn das Täterverhalten besonders grob sei oder sich gegen besonders verletzungsanfällige Körperpartien richte. Die spezielle Gefährlichkeit liege vor, wenn sich die Lebensgefahr der Körperverletzung durch eine gefährliche Umgebung ergebe oder an einer besonderen Konstitution des Opfers liege. Diese außerhalb des Täterverhaltens liegenden Umstände müsse der Täter erkennen „und darüber hinaus auch die Schlussfolgerung bezüglich der daraus resultierenden Todesnähe des Opfers ziehen“.96 Für die Zurechnung einer gefährlichen Handlung, welche die Kriterien der generellen und speziellen Gefährlichkeit aufweist, soll des Weiteren vorausgesetzt werden, dass sich „die pflichtwidrig geschaffene Gefahr im vorsätzlichen Körperverletzungserfolg niedergeschlagen haben“97 muss. Diese Zurechnungsvoraussetzung zielt insbesondere auf jene Fallkonstellationen ab, in denen sich das Letalitätsrisiko nicht aufgrund der vorsätzlichen Durchgangskörperverletzung, sondern erst einer der darauf aufbauenden Kausalentwicklungen verwirklicht, wie etwa im „Hochsitz“-Fall. Bei der Frage nach der Zurechenbarkeit eines schweren Erfolgseintritts bei dazwischentretenden Ereignissen, d. h. in jenen Fällen, in denen nach der Risikoschaffung des Täters weitere Ursachen zur Erfolgsverwirklichung als prägende Faktoren hinzutreten (wie Opfer- oder Drittverhalten), aber auch ein nachträgliches Fehlverhalten des Täters selber, differenziert Ferschl wie folgt: Beim Fehlverhalten eines Dritten (darunter versteht die Autorin im Hinblick auf die praktische Bedeutung in erster Linie das Fehlverhalten von Ärzten oder Rettern) komme es zunächst auf das Vorliegen des Vertrauensgrundsatzes an, der eine Zurechnung zum Ersttäter a priori ausschließe, wenn sich das Opfer oder ein Dritter nicht „pflichtgemäß verhält“98. Sofern der Vertrauensgrundsatz nicht einschlägig sei, sei eine Zurechnung im Hinblick auf die generelle Gefährlichkeit nur möglich, wenn sich der Beitrag des Dritten in einem einfach-fahrlässigen Unterlassen erschöpfe, da in diesen Fällen die Gefahrenschaffung durch die Körperverletzungshandlung des Täters wesentlich weiterwirke99. In Fällen von vorsätzlicher oder grob fahrlässiger 95 Ferschl, S. 141; dieses Argumentationsmuster ist von der gemeinrechtlichen Doktrin her bekannt. 96 So Ferschl, S. 141 ff., 144. 97 Ferschl, S. 146 ff., 185. 98 Ferschl, S. 169 f. 99 Ferschl, S. 175 f.

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Nichtbehandlung durch den Dritten entfalle die Zurechnung zum Ersttäter – hier präge das Verhalten des Dritten die Erfolgsverwirklichung maßgeblich, da beim aktiven Handeln des Dritten ein neues Risikopotential geschaffen werde, weshalb der Erfolg dem Täter nicht auf Grundlage der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung zuzurechnen sei100. Komplikationen bei der ärztlichen Behandlung des Opfers würden den Zurechnungszusammenhang zum Ersttäter nicht ausschließen, sofern sie primär auf der Täterhandlung basieren (wie eine durch die Körperverletzung entstandene Infektion) und objektiv wie subjektiv für den Täter vorhersehbar sind101. In den Fallkonstellationen der speziellen Gefährlichkeit hingegen sei eine Zurechnung des Täters in jedem Fall zu bejahen102. Beim nachträglichen Fehlverhalten des Opfers müsse zuerst dessen Eigenverantwortlichkeit gemäß der zurechnungsausschließenden, eigenverantwortlichen Selbstschädigung geprüft werden: Sofern das voll verantwortliche Opfer das Risiko für den letalen Ausgang durch eine unterbliebene ärztliche Behandlung der Körperverletzung erkenne und dieses Risiko – etwa entgegen des ärztlichen Rats – bewusst eingehe, soll die Verantwortung des Täters für den schwereren Erfolg unterbleiben103. Sofern diese Voraussetzungen nicht vorliegen, fällt der schwerere Erfolg trotz Opferverhalten in den Verantwortungsbereich des Täters104. Wenn die Erfolgsverwirklichung maßgeblich von der Sonderkonstitution des Opfers abhängt, weil etwa das Opfer große Alkoholmengen konsumiert hatte, soll die Erfolgsqualifikation bei entsprechendem Sonderwissen des Täters anwendbar sein105. In Fällen von Flucht oder Selbstmord sei die Erfolgszurechnung nur dann zu bejahen, wenn diese Konstellationen vom Vorsatz des Täters umfasst sind, d. h. der Täter weist bezüglich der besonderen psychischen Konstitution des Opfers Sonderwissen auf106. Nachträgliches Fehlverhalten durch den Täter schließe die Anwendbarkeit der Erfolgsqualifikation dagegen prinzipiell aus: Aus diesem Grund greife bei Verdeckungshandlungen der Tatbestand der fahrlässigen Tötung nach § 222 StGB, da sich in diesen Fällen nicht das spezifische Risiko des Grunddelikts, sondern vielmehr das neue Risiko der nachträglichen Verdeckungshandlung realisiere107.

100 101 102 103 104 105 106 107

Ferschl, S. 173 ff. Ferschl, S. 179 f. Ferschl, S. 176. Ferschl, S. 177. Ferschl, S. 177 f. Ferschl, S. 180. Ferschl, S. 182, 183. Ferschl, S. 183 f.

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

V. Leichtfertigkeitszusammenhang Die Autoren, welche die Leichtfertigkeit als Zurechnungskriterium für § 227 StGB befürworten, akzeptieren zwar die Prämisse in § 18 StGB, welche für die erfolgsqualifizierten Delikte wenigstens fahrlässige Verursachung der schweren Folge voraussetzen, sehen allerdings in den hohen Strafrahmen der Erfolgsqualifikationen die Notwendigkeit, im Sinne einer unrechts- und schuldangemessenen Bestrafung ein höheres Verschuldensniveau für die Zurechnung der schweren Folge in Form von grober Fahrlässigkeit vorauszusetzen108. Diese qualifizierte Fahrlässigkeit wird als Leichtfertigkeit bezeichnet und stellt objektiv eine Verletzung der gebotenen Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße dar, wobei im Unterschied zur groben Fahrlässigkeit des Zivilrechts die individuellen Fähigkeiten und Kenntnisse des Täters mitberücksichtigt werden109. In der Begründung zum Entwurf des Strafgesetzbuchs von 1962, der die Leichtfertigkeit explizit in § 18 III E 1962 definierte („Leichtfertig handelt, wer grob fahrlässig handelt“)110, werden drei Kriterien für leichtfertiges Handeln aufgezählt: (1) das grob achtlose Nicht-Erkennen der naheliegenden Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung; (2) das Hinwegsetzen über die klar erkannte Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung in frivoler Rücksichtslosigkeit; (3) die Verletzung einer besonders ernstzunehmenden Sorgfaltspflicht. Damit beinhaltet die Leichtfertigkeit Aspekte der unbewussten Fahrlässigkeit (grob achtloses Nicht-Erkennen) und der bewussten Fahrlässigkeit (Hinwegsetzen über die erkannte Möglichkeit in frivoler Rücksichtslosigkeit)111. Die folgende 108

Radtke, FS Jung, S. 738 f.; sachlich übereinstimmend zur Leichtfertigkeitsforderung bei § 227 StGB: Freund, FS Frisch, S. 687; Frisch, GA 1972, 332 f. (qualifizierte Fahrlässigkeitstaten); Lohmeyer, S. 139; Marinucci, RIDPP 2003, 373; Paeffgen, JZ 1989, 224, 225; NKders., § 18 Rdn. 44; Roxin, AT I § 10 Rdn. 110; Stuckenberg, FS Jakobs, S. 703; Baumann/ Weber/Mitsch, AT § 22 Rdn. 71; Wolter, JuS 1981, 177 f.; ders., GA 1984, 448. 109 Vgl. hierzu BT-Drs. IV/650, S. 132; Wessels/Beulke, AT § 15 Rdn. 662; MK-Duttge, § 15 Rdn. 189, 191 ff.; Fischer, StGB, § 15 Rdn. 20; Jescheck/Weigend, AT S. 569; Lackner/ Kühl, StGB, § 15 Rdn. 55; Maiwald, GA 1974, 258; Radtke, FS Jung, S. 739; Roxin, AT I § 24 Rdn. 81 ff.; Sowada, Jura 1995, 644; S/S-Sternberg-Lieben/Schuster, § 15 Rdn. 205; LK-Vogel, § 15 Rdn. 297; Wegscheider, ZStW 98 (1986), 648 ff. 110 Vgl. BT-Drs. 4/650, S. 14, 131 f. 111 BGH StV 1994, 480; MK-Duttge, § 15 Rdn. 190; Lackner/Kühl, StGB, § 15 Rdn. 55; Maiwald, GA 1974, 261; Radtke, FS Jung, S. 742; S/S-Sternberg-Lieben/Schuster, § 15 Rdn. 205; Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 125; Tenckhoff, ZStW 88 (1976), 903 ff.; Wegscheider, ZStW 98 (1986), 654; einige Autoren sehen in der Leichtfertigkeitsstrafbarkeit eine Auffangfunktion für Fälle, in denen der Vorsatz zwar nahe liegt, aber nicht nachweisbar ist: Arzt, GS Schröder, S. 122, 128; LK-Vogel, § 15 Rdn. 298; s. dazu auch Hall, FS Mezger, S. 240, der allerdings in der Leichtfertigkeit einen „Mangel an Haltung“ sieht: „Die Postglossatoren hatten ferner das, was wir so dringend brauchen: die culpa dolo proxima. Damit ist vielleicht am

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Autorenschaft befürwortet die Erfolgszurechnung bei § 227 StGB de lege ferenda auf der Grundlage der Leichtfertigkeit. So sieht Jürgen Wolter die Charakteristik der erfolgsqualifizierten Delikte in der „spezifischen Leichtfertigkeit“, welche für jede Erfolgsqualifikation gesondert festzustellen sei112 und objektive wie subjektive Komponente aufweise, wobei die objektive Leichtfertigkeit, die der Autor auch als Unmittelbarkeit bezeichnet, sich durch das spezielle Verhalten des Täters äußere. Dieses beinhalte ein „grunddeliktsadäquates“ und zugleich „zwangsläufiges“ (im Sinne eines spezifisch hohen bzw. unbeherrschbaren) Todesrisiko, welches sich schließlich im Qualifikationserfolg niederschlage113. Ein historisches Vorbild zur Auslegung findet sich nach Wolter in Art. 44 des Bayerischen StGB von 1813, wo für die Erfolgszurechnung vorausgesetzt wurde, dass „nach allgemeiner bekannter Erfahrung ein bestimmter gesetzwidriger Erfolg unmittelbar und notwendig zu entstehen pflegt“114. Darum könne sich die Todesgefahr entweder aus einer Situation ergeben, die für den Täter unbeherrschbar geworden ist, weshalb die schwerere Erfolgsverwirklichung besonders nahe liege, oder aber sich aus der Grundhandlung geradezu notwendig bzw. zwangsläufig ergebe115. Aufgrund des hohen Strafrahmens der Erfolgsqualifikationen dürfe in subjektiver Hinsicht nicht bereits jede geringste Nachlässigkeit ausreichen, auch wenn sie zur Verwirklichung der Gefahr beitrage. Vielmehr sei als subjektives Pendant zur objektiven Unmittelbarkeit die Leichtfertigkeit in Form von Gleichgültigkeit vorauszusetzen: Hier treffe den Täter der Vorwurf, dass er „die gerade von seiner vorsätzlichen Grundtat ausgehende (,grunddeliktsadäquate‘) Warnung vor einer spezifischen Todesgefahr bewußt (,frivol rücksichtslos‘) in den Wind geschlagen oder ,grob achtlos‘ nicht zur Kenntnis genommen hat“116. Hans-Ullrich Paeffgen entwickelt seinen Lösungsansatz mit der treffenden Feststellung zur Unrechtsessenz der Todeserfolgsqualifikationen, wonach sich diese Deliktskategorie durch eine besondere Letalitäts-Latenz charakterisieren würde117. Um die gesteigerte Strafwürdigkeit dieser Deliktsgruppe in Einklang mit dieser Charakteristik zu bringen, befürwortet der Autor die Untersuchung eines gesteigerten Fahrlässigkeitsvorwurfs in Form von Leichtfertigkeit zur Feststellung des Zusammenhangs zwischen Grunddelikt und Todesfolge: Bei diesem Fahrlässigkeitsmerkmal handle es sich um eine (grunddelikts-)spezifische Leichtfertigkeit, die besten ausgedrückt was wir unter Leichtfertigkeit verstehen. Es ist eine Fahrlässigkeit, die aber doch den gleichen Vorwurf verdient wie der Vorsatz“; vgl. auch ders., FS Mezger, S. 248. 112 Wolter, JuS 1981, 176 (FN 135), 177; ders., GA 1984, 448. 113 Wolter, JuS 1981, 177. 114 Wolter, JuS 1981, 177 unter Berufung auf Boldt, ZStW 55 (1936), 47. 115 Wolter, JuS 1981, 176 f. 116 Wolter, JuS 1981, 177 f. 117 NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 44.

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

„in den Aktunwert des Grunddelikts eingebunden“118 sein müsse, sodass diese „nicht bloß grunddelikts-adäquat, sondern grunddelikts-begründet“ sei. Maßgeblich sei deshalb „die über den Durchschnittsfall hinausgehende erkennbare Opfergefährdung durch den intendierten (Grund-)tatbestandsvollzug“119. Dementsprechend sei § 227 nur dann einschlägig, wenn der Täter „die sich aufdrängenden Hinweise auf eine besonders nahe liegende (,offensichtliche‘) Todesgefahr (mind.) grob fahrlässig ignoriert hat“120. Damit wird die von der Rechtsprechung entwickelte Definition zur Leichtfertigkeit direkt für die Körperverletzung mit Todesfolge fruchtbar gemacht: Leichtfertig handele, „wer die sich ihm aufdrängende Möglichkeit eines tödlichen Verlaufs aus besonderem Leichtsinn oder aus besonderer Gleichgültigkeit außer acht lässt“121. Über diese Definition greift die Vorschrift zur Körperverletzung mit Todesfolge nicht nur in Fällen von bewusster Fahrlässigkeit122, sondern auch in Fallkonstellationen mit grober unbewusster Fahrlässigkeit. Paeffgen denkt bei Letzteren an Fälle von „rücksichtsloser, die eigene Wunschverfolgung schrankenlos überhöhender (,solipsistischer‘) Bedenken- und Gedankenlosigkeit“123 gegenüber dem Opfer, sodass diese Formen unbewusster Fahrlässigkeit dem Unrechtsgehalt von bewusster Fahrlässigkeit ebenbürtig seien124. Dafür spreche nicht zuletzt die für § 227 StGB erforderliche Offenkundigkeit („objektive Evidenz“) zur Todesgefahr, deren Erkennen nach Paeffgen vom Beschuldigten durchaus abverlangt werden könne. Neben diesem tatbestandsspezifischen Einschränkungen will der Autor die allgemeinen Zurechnungseinschränkungen der Fahrlässigkeitsdelikte gelten lassen125, sodass er zum folgenden Prüfungsaufbau der Todeserfolgsqualifikation kommt: • „das vorsätzliche Grunddelikt • dessen Handlungsunwert durch eine konkrete tödliche Gefährlichkeit gegenüber dem Durchschnittsfall des § 222 grob fahrlässig gesteigert sein muss, sowie • den Todes-Erfolg, der […] • nach allg. Fahrlässigkeits-Dogmatik zurechenbar sein muss, d. h. es müssen o Äquivalenz-Kausalität, o normative (sog ,objektive‘) Vermeidbarkeit (= Nicht-Eintritt des Erfolges bei pflichtgemäßem Alternativverhalten),

118

Beide Zitate nach NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 46. NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 46. 120 NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 50 und § 227 Rdn. 17; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 87, 101; ebenso Wolter, JuS 1981, 170, 177 f. 121 Etwa BGHSt 33, 66, 67. 122 Vgl. Lange, Niederschriften II, S. 255 f.; Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 244. 123 NK-Paeffgen, § 227 Rdn. 17 (Hervorhebungen im Original). 124 Zustimmend: Tenckhoff, ZStW 88 (1976), 904. 125 NK-Paeffgen, § 227 Rdn. 18. 119

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o Schutzzweck-Erheblichkeit das grob fahrlässige Tun mit dem Erfolg verbindet. […] in seltenen Fällen ist darüber hinaus nach einer eqD126-spezifischen Erheblichkeit der Leichtfertigkeit des Zusatzerfolges zu fragen, dem • Leichtfertigkeits-Zusammenhang. • Subjektiv ist bzgl. des Todes-Erfolgs eine entspr. individuell nahe liegende, also gesteigert vorwerfbare, weil v. solipsistischer Gesinnung getragene Gleichgültigkeit oder Missachtung gegenüber der Vermeidbarkeit erforderlich (,subjektive Leichtfertigkeit‘).“127

Mit Blick auf die Fälle von panischem Flucht- bzw. Ausweichverhalten stellt Paeffgen fest, dass der grunddeliktische Übergriff in § 227 StGB einen punktuellen Angriff bilde, zumal sich die Gefahr der Körperverletzungs-Handlung üblicherweise „in der einen Attacke“128 erschöpfe: „Wenn also der Verletzungs-Akt abgeschlossen ist und sich in seinem Wirkungsbereich ein Verletzungs-Erfolg nicht unmittelbar verwirklicht hat, so scheidet dieser Akt als Zurechnungs-Grundlage aus.“ Daher wirke sich in den angesprochenen Fällen „die durch die vorangegangenen Untaten begründete Drohung der Fortsetzung“129 aus130. Über die Skizzierung der rechtshistorischen Entwicklung zum todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikt131 stellt Carl-Friedrich Stuckenberg fest, dass die prozessualen Schwierigkeiten, mit denen sich die gemeinrechtliche Doktrin konfrontiert sah, heute überwunden seien, zumal in der Gegenwart nicht nur die Tötungsabsicht, sondern bereits der bedingte Tötungsvorsatz eine Zurechnung zum vorsätzlichen Tatbestand ermögliche. Da der Strafrahmen der fahrlässigen Tötung aufgrund seiner rechtshistorischen Aufgabe, lediglich für Fälle von reiner culpa (unter Ausklammerung der colpa dolo proxima) angewendet zu werden132 – zu niedrig sei, um Fälle vorsatznaher Fahrlässigkeit zu sanktionieren, würde die Körperverletzung mit Todesfolge lediglich in Fällen von culpa dolo proxima zur Anwendung kommen133. Folglich sei aus strafrahmensystematischer Sicht das Leichtfertigkeitserfordernis gegenüber den anderen Kriterien wie Letalitätstheorie und Durchgangserfordernis vorzugswürdig: Unter der Voraussetzung, dass die Körper126

eqD [erfolgsqualifiziertes Delikt]. NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 54 (Hervorhebungen im Original). 128 NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 73; ebenso Sowada, Jura 2003, 555. 129 NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 74 (Hervorhebungen im Original). 130 So kommt Paeffgen zu einer Ablehnung der Konzeption von Rengier, wonach in diesen Fällen mittels § 35 StGB eine Herrschaft über das Opfer begründet werde: Bei den durch den BGH entschiedenen Fällen „lag i. d. R. keine (vorsätzliche) Körperverletzung in mittelbarer Täterschaft vor. Denn wenn der Täter nicht zumindest zum Versuch der Verletzungshandlung angesetzt hat, dann liegt in der (nachfühlbaren) Panikreaktion des Opfers kein einer Verletzungs-Handlung (wohl aber uU ein einer Drohungs-Handlung) zurechenbarer Erfolg vor.“: NKPaeffgen, § 18 Rdn. 75. 131 Stuckenberg, FS Jakobs, S. 695 ff. 132 Stuckenberg, FS Jakobs, S. 698 f. unter Hinweis auf Goltdammer, S. 419. 133 Stuckenberg, FS Jakobs, S. 698. 127

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

verletzung mit Todesfolge als vertypte culpa dolo proxima aufgefasst werde, die im Unrechtsgehalt dem Totschlagsdelikt nahe kommt, lasse sich der hohe Strafrahmen de lege lata rechtfertigen134. Der Vorzug dieses Auslegungskriterium liege in der Flexibilität und Leistungsfähigkeit: Sofern beim Grunddeliktstatbestand ein unübersehbares Todesrisiko aufscheine, soll der Tatbestand § 227 StGB nach allgemeinen Regeln zurechenbar sein. So können „Sonderanfertigungen“ zur objektiven Zurechnungsdogmatik vermieden werden135. Schließlich ist zum Leichtfertigkeitskriterium der Beitrag von Georg Freund zu nennen136. Im Kontext der Vorstellung seiner – zur „objektiven Zurechenbarkeit“ alternativen137 – Konzeption der sog. „Folgenverantwortlichkeit“ zeigt der Autor zunächst die Voraussetzungen zur Anwendbarkeit der Körperverletzung mit Todesfolge in § 227 StGB auf: Das Delikt erfordere, dass sich „im konkreten todeserfolgsverursachenden Geschehen gerade die vom Täter zu verantwortende spezifische Gefährlichkeit des vorsätzlichen Grunddelikts der Körperverletzung“138 realisiere. Dabei präzisiert Freund, dass unter der spezifischen Gefährlichkeit nicht nur die Körperverletzungsgefahren im engeren Sinn, sondern vielmehr der Gefahrenradius des § 224 I Nr. 5 StGB mit der damit verknüpften Lebensgefährlichkeit den Maßstab für die körperverletzungsspezifische Gefahrendimension darstelle139. Ausgangspunkt für die Auslegung des § 227 StGB bildet die sog. „Fahrlässigkeitsverantwortlichkeit“ des Täters, sodass für die Anwendbarkeit der Erfolgsqualifikation hinsichtlich der Zurechnung prinzipiell der Mindeststandard der fahrlässigen Tötung vorauszusetzen sei140. Gleichzeitig müsse die „Folgenverantwortlichkeit“ bei § 227 StGB restriktiv ausgelegt werden, da der Strafrahmen der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung weit über jenem liegt, der bei der Tateinheit aus vorsätzlichem Körperverletzungs- und fahrlässigem Tötungsdelikt greift – dies gelte sowohl für den Regelfall im ersten Absatz, als auch für die minder schweren Fälle im zweiten Absatz der Vorschrift141. Um eine dem Strafrahmen angemessene teleologisch-restriktive Auslegung zu gewährleisten, sei zur Herbeiführung der Todesfolge vorauszusetzen, dass der Täter mit seinem gesteigerten Verhaltensunwert zumindest nahe am Tötungsvorsatz, also

134

Stuckenberg, FS Jakobs, S. 703. Stuckenberg, FS Jakobs, S. 703 f. 136 Freund, FS Frisch, S. 677 ff. 137 Freund, FS Frisch, S. 677 f., 680 ff. 138 Freund, FS Frisch, S. 678 (Hervorhebung im Original). 139 Freund, FS Frisch, S. 678 f. mit Verweis auf Engländer, GA 2008, 675, 676 f. in FN 6. Diese Feststellung an sich würde den Ansatz von Freund in die Nähe des Schutzzweck-Zusammenhangs (infra) bringen. Eine diesbezügliche Nähe soll – trotz der hiesigen Zuteilung zum Leichtfertigkeitszusammenhang – auch nicht abgesprochen werden. 140 Freund, FS Frisch, S. 685. 141 Freund, FS Frisch, S. 685 f. 135

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besonders leichtfertig bzw. qualifiziert fahrlässig vorgegangen sei142. Dieses Leichtfertigkeitserfordernis ergebe sich im Hinblick auf die Systematik konkludent als Wille des Gesetzgebers143. Aufgrund des gesteigerten Unrechtscharakters von § 227 I StGB und der damit verbundenen hohen Unrechtsdimension sei die Aufzählung der einfachen vorsätzlichen Körperverletzung (§ 223 I StGB) als Grunddelikt im Grunde obsolet, da den Strafgerichten mit der Nennung des § 223 I StGB „lediglich die Möglichkeit [geboten werden soll], nach § 227 I StGB zu verurteilen, sofern das in der Sache im konkreten Einzelfall legitimiert werden kann.“144 Da die Rechtsprechung in jüngeren Entscheidungen bei § 227 I StGB „die Kriterien qualifizierter Folgenverantwortlichkeit“ missachte145, sei de lege ferenda die Einführung eines allgemeinen, auf besondere Leichtfertigkeit zugeschnittenen Qualifikationstatbestands zum fahrlässigen Tötungsdelikts zu befürworten146 : „§ 222 StGB (neu) Fahrlässige und besonders leichtfertige Tötung (1) Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Begeht der Täter die Tat in einer vorsätzlichem Handeln nahekommenden Weise (besonders leichtfertig), so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.“

Durch eine derartige Vorschrift könnten einige Todeserfolgsqualifikationen, darunter § 227 StGB, abgeschafft und gleichzeitig „die unberechtigte Privilegierung leichtfertiger Tötungen in anderem deliktischen Zusammenhang (etwa bei der Nötigung) oder in einem nichtdeliktischen Kontext (etwa bei der rücksichtslosen Durchführung von Bauarbeiten ohne jede Sicherungsmaßnahme)“ vermieden werden147.

VI. Grunddeliktischer Schutzzweckzusammenhang Seit der Grunddeliktsaufzählung zu § 227 StGB durch das 6. StrRG von 1998 mehren sich die Positionen im Schrifttum, die bei der Auslegung der Körperverletzung mit Todesfolge einen Schwerpunkt auf den Schutzzweck der Grundnormen setzen148.

142

Freund, FS Frisch, S. 687. Freund, FS Frisch, S. 689 f. 144 Freund, FS Frisch, S. 690 (Hervorhebungen im Original). 145 Freund, FS Frisch, S. 690 ff. 146 Freund, FS Frisch, S. 693 f. 147 Freund, FS Frisch, S. 694 f. 148 Vgl. bereits vor 1998 die Schutzzwecküberlegungen bei Bartholme, JA 1993, 127 f. sowie bei Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, passim; ders., Jura 1986, 143 ff. 143

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

In seiner 1986 erschienenen, für die Auslegung zum Schutzzweckzusammenhang im Sinne der allgemeinen Lehre der Fahrlässigkeitsdogmatik wegweisenden149 Monographie hielt Rudolf Rengier fest, dass der Deliktsaufbau der Erfolgsqualifikationen nach jenem der Fahrlässigkeitsdelikte zu strukturieren sei, sodass die Zurechnungsfragen bei diesen Delikten insgesamt nach den Regeln der allgemeinen Fahrlässigkeitsdogmatik zu lösen seien150. Dementsprechend entwarf der Autor sein Fallprüfungskonzept wie folgt151: „A. Vorsatzteil Vollendetes Grunddelikt (Tatbestand, Rechtswidrigkeit, Schuld) B. Fahrlässigkeitsteil 1. Verursachung des qualifizierenden Erfolges im Sinne der Bedingungstheorie 2. Objektive Pflichtwidrigkeit = die objektive und subjektive Begehung des grunddeliktischen Tatbestandes 3. Zurechnungszusammenhang zwischen Pflichtwidrigkeit und qualifizierendem Erfolg a. Objektive Voraussehbarkeit des qualifizierenden Erfolges infolge des grunddeliktischen Verhaltens b. Objektive Vermeidbarkeit des qualifizierenden Erfolges (Erfolgseintritt auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten?) c. Schutzzweckzusammenhang (Liegt der qualifizierende Erfolgseintritt zumindest auch im Schutzbereich des verbotenen grunddeliktischen Verhaltens? Welche grunddeliktische Verhaltensweisen sind gerade deshalb verboten, um den qualifizierenden Erfolgseintritt zu verhindern?) d. Subjektive Fahrlässigkeitselemente“152

Bei der Prüfung des objektiven Pflichtwidrigkeitszusammenhangs stellte Rengier fest, dass sich hier Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikt überschneiden würden: Gewisse Verhaltensweisen im Bereich zwischen Versuchs- und Vollendungsstadium des Grunddelikts würden die Haftung für den qualifizierenden Erfolg begründen, weshalb von „doppelrelevanten Merkmalen“ gesprochen werden könne153. Die Aufgabe des Pflichtwidrigkeitszusammenhangs sei zunächst die Festlegung eines Bezugspunktes für die Prüfung der objektiven Fahrlässigkeit154, gebe darüber hinaus aber auch die Orientierung zur Frage des Zurechnungszusammenhangs vor155.

149

So MK-Hardtung, § 18 Rdn. 25 FN 58. Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 149; ders., Jura 1986, 143; ders., BT II § 16 Rdn. 8a; ders., FS Geppert, S. 482; ebenso Steinberg, NStZ 2010, 73. 151 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 147, 148 f.; vgl. auch ders., BT II § 16 Rdn. 3. 152 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 148 f. 153 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 150. 154 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 150. 155 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 152. 150

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Auf dieser Prüfungsebene würden sich zwei Positionen gegenüberstehen: Jene des BGH, wonach sich die Verletzung der Sorgfaltspflicht hinsichtlich des schweren Erfolgs bereits automatisch durch die schuldhafte Begehung des Grunddelikts ergebe und letztlich allein die Vorhersehbarkeit des Erfolgs das alleinige Fahrlässigkeitskriterium sei, und jene des Schrifttums, die diesen Automatismus ablehnt. Rengier stellt allerdings fest, dass in der Sache die beiden Standpunkte gar nicht weit voneinander entfernt seien: Die Gefahrenprognose der grunddeliktischen Handlung hinsichtlich des Erfolgs orientiere sich sowohl in Rechtsprechung als auch im Schrifttum am Vorhersehbarkeitskriterium156. Der Streit beruhe daher auf dem Irrtum, dass die objektive Vorhersehbarkeit aus der Pflichtwidrigkeit zu verselbstständigen sei. In der Sache selbst nützten beide Lager das Vorhersehbarkeitskriterium zur Feststellung einer Sorgfaltswidrigkeit. Dem BGH sei allerdings anzulasten, dass er durch den Alleinanspruch des Vorhersehbarkeitskriteriums die Prüfungsstufen zur Vermeidbarkeit und zum Schutzzweckzusammenhang unterschlage157. Bei der objektiven Vorhersehbarkeit gehe es insbesondere um die Aussonderung von außergewöhnlichen Kausalverläufen, in denen sich ein durchaus „vorhersehbares Endergebnis wegen mitwirkender atypischer Kausalfaktoren“158 nicht zurechnen lasse. Die Prüfung der objektiven Vermeidbarkeit betreffe die Aussonderung von Fällen, in denen der Täter den konkreten Erfolg auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten herbeigeführt hätte. Bei den erfolgsqualifizierten Delikten beziehe sich dies auf Fälle, in denen der Erfolg auch ohne die Realisierung des Basisdelikts verwirklicht worden wäre. Rengier zeigt das Beispiel der ärztlichen Operation eines Kindes ohne die Einwilligung der Eltern und bemerkt hier, dass bei einem tödlichen Ausgang die todeserfolgsqualifizierte Körperverletzung nicht anzuwenden sei159. Im Vergleich zu den anderen Fahrlässigkeitskriterien bilde der Schutzzweckzusammenhang das wichtigste Zurechnungskriterium: Durch die Übertragung des Prüfungsschemas der Fahrlässigkeitsdelikte auf den Bereich der erfolgsqualifizierten Delikte laute die zentrale Frage, „ob das begangene Grunddelikt (= objektive Pflichtwidrigkeit) seinem Sinn und Zweck nach zumindest auch den eingetretenen qualifizierenden Erfolg verhindern sollte.“160 Rengier weist hier darauf hin, dass die Rechtsprechung mit ihrer Formulierung, wonach sich im tödlichen Ausgang die dem 156

Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 151. Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 152. 158 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 153 (Hervorhebungen im Original); Rengier denkt hierbei insbesondere an gewisse Sonderkonstitutionen des Opfers wie Bluterkrankheit, dünne Schädeldecke, Herzschwäche, Thromboseneigung. 159 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 154; der Autor stellt aber gleichzeitig fest, dass dieses Zurechnungskriterium bei den gefahrenerfolgsqualifizierten Delikten eine größere Rolle spiele. 160 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 155; vgl. auch ders., FS Roxin (2001), S. 817: „Akzeptiert man die Anwendbarkeit der objektiven Zurechnungslehre, so ergeben sich folgende Leitlinien: Das von der Schlägerei gesetzte unerlaubte Ausgangsrisiko muß sich im Erfolg (Tod, schwere Körperverletzung) verwirklichen.“ 157

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

Grundtatbestand eigentümliche Gefahr niedergeschlagen haben muss, durchaus diesen Weg beschreite161. Schließlich seien subjektive Fahrlässigkeitselemente zu erörtern, wobei Rechtswidrigkeit und Schuld bereits durch die Bejahung im Grunddelikt nicht einer gesonderten Prüfung unterzogen werden müssen162. Bei der Analyse von Fallgruppen mit unterschiedlichen Problemschwerpunkten geht Rengier zunächst auf die Fallkonstellationen ein, in denen die grunddeliktischen Faktoren für die qualifizierte Erfolgsverwirklichung keine Rolle spielen würden, da diese nachträgliche Schadensvergrößerung entweder als Zwischenursache an die bestehende Erstverletzung anknüpft und den erschwerenden Erfolg zumindest mitherbeiführen, oder lediglich als Tatsache und nicht als Verletzungsvorgang bei der schweren Erfolgsverwirklichung mitwirken würde163. Diese Konstellationen bezeichnet der Autor als „grunddeliktsneutrale Fallgruppen“164. Prinzipiell würden medizinische Folgerisiken, die auf der Verletzung oder deren Behandlung beruhen, dem Täter im Zuge der Erfolgsqualifikation zugerechnet, wenn sie „mit dem Ausgangsrisiko der durch die Primärverletzung bedingten Behandlung und/oder Abwehrschwäche zusammenhängen und außerhalb des allgemeinen Lebensrisikos liegen165“: Diese Fälle würden in den Schutzbereich der jeweiligen erfolgsqualifizierten Vorschriften fallen. Beim nachträglich aktiven Dazwischentreten eines Dritten will Rengier nur das vorsätzliche sowie das grob fahrlässige nachträgliche Drittverhalten als Zurechnungsausschluss für die Erfolgsqualifikation gelten lassen, leicht fahrlässiges Verhalten hingegen stehe der Zurechnung zum Ersttäter nicht entgegen166. Beim nachträglich pflichtwidrigen Unterlassen des Dritten würden ebenso die Regeln der allgemeinen Fahrlässigkeitshaftung gelten, wonach einfach fahrlässiges Unterlassen des Dritten die Zurechnung nicht ausschließe, dagegen grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten die Zurechnung zum Verantwortungsbereich des Ersttäters verhindere167. Die Grundsätze des aktiven nachträglichen Drittverhaltens überträgt Rengier auf die grunddeliktisch-neutralen Fälle des aktiven nachträglichen Opferverhaltens, weshalb im Rahmen der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung und/oder -schädigung die vorsätzliche oder grob fahrlässige Herbeiführung des schweren Erfolgs

161

Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 155 f. Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 158. 163 Vgl. dazu auch Rengier, FS Roxin (2001), S. 815. 164 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 159. 165 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 160. 166 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 164; ders., Jura 1986, 146; ähnlich auch Stree, FS Schmitt, S. 223 f. 167 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 165, 167 f. 162

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die Zurechnung ausschließe168. Nach diesem Argumentationsmuster seien auch die Fälle des unvertretbaren bzw. grob fahrlässigen nachträglichen Unterlassens des Opfers zu bewerten169. Eine weitere Gruppe von Fallkonstellationen bilde das grunddeliktisch bedingte Verhalten von Dritten als erfolgsqualifizierender Faktor, in denen das Verhalten des Dritten eng mit dem grunddeliktischen Tatgeschehen verknüpft ist170. Hier stellt Rengier klar, dass die Basisdelikte zu den Qualifikationstatbeständen teleologisch nicht den Schutz potentieller Retter und Verfolger beinhalten würde – dies könne aber in den Schutzbereich des allgemeinen fahrlässigen Tötungsdelikts fallen: Das Eingreifen eines Dritten in das Tatgeschehen einer Körperverletzung – um etwa dem Opfer zu Hilfe zu kommen – und die durch diesen Dritten verursachten Schäden würden einen und neuen vorsätzlichen Verantwortungsbereich bilden und nicht in den Anwendungsbereich der Erfolgsqualifikation gehören171. Bei den Fallkonstellationen, in denen ein Dritter im Zuge seines Rettungsversuchs das Tatopfer versehentlich tötet und damit nicht den schweren Erfolg intensiviert, sondern überhaupt erst begründet172, schließt Rengier die Zurechnung nicht a priori aus, sondern fordert die Prüfung zum Vorliegen der Notstandsvoraussetzungen nach § 35 I StGB173 : (1) Der Dritte müsse sich objektiv in einer Lage befinden, die die mittelbare Täterschaft begründen könne (insbesondere: Nötigungsnotstand). (2) Das Drittverhalten müsse gerade auf die (noch andauernde) grunddeliktische Tatbestandsbegehung zurückzuführen sein. (3) Der Täter müsse aus dem Grunddelikt haften und im übrigen (Punkte 1 und 2; Erfolgsverursachung) fahrlässig bzw. leichtfertig handeln. In Fällen, in denen der schwere Erfolg durch das Verhalten des Opfers selbst herbeigeführt wird, wobei es sich durch die Begehung des Grunddelikts dazu veranlasst fühlt, sei nach Rengier zunächst – gemäß der allgemeinen Zurechnungslehre zur Haftung Dritter für eine Selbsttötung – eine freie Eigenverantwortlichkeit oder

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Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 168 f., 170; ders., Jura 1986, 144; ders., BT II § 16 Rdn. 21; ebenso Stree, FS Schmitt, S. 223 f. 169 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 169, 170 ff.; ders., Jura 1986, 144. 170 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 183. 171 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 185; dagegen genieße der zu Hilfe Eilende in gewissen Deliktstrukturen wie dem Raub oder dem räuberischen Diebstahl den Rechtsgüterschutz aus dem Grunddeliktsangriff gegen das Opfer: Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 185 f. m. w. N. 172 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 186, mit dem Beispiel der Tötung einer Geisel durch eine fehlgeleitete Polizeikugel. 173 Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 188; dezidiert a. A. NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 74.

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

eine mittelbare Täterschaft des Opfers zu prüfen174. Die Anwendbarkeit der Erfolgsqualifikation hänge davon ab, „ob der Tod im Schutzbereich der (noch andauernden) grunddeliktischen Tatbestandsbegehung (§§ 223, 239 I StGB) liegt, ob sich also in der (unfreien) Selbsttötung gerade die von dem jeweiligen Grunddelikt ausgehenden Gefahren verwirklicht haben.“175 Entscheidend seien wiederum die Kriterien des entschuldigenden Notstandes nach § 35 I StGB, d. h. im Falle der todeserfolgsqualifizierenden Körperverletzung das Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr für Leben und Leib des Opfers durch die gegenwärtige Zufügung einer Körperverletzung. Dieselben Grundsätze sollten für die Selbstschädigung des Opfers durch waghalsige Fluchtaktionen gelten176. In seinen Beiträgen zum Münchener Kommentar kritisiert Bernhard Hardtung an den Konzeptionen der h. A., dass sie sich „um eine Sonderdogmatik praeter legem“ für die erfolgsqualifizierten Delikte bemühe, die keine ausreichende Bindung an das Gesetz aufweise177. Vor diesem Hintergrund versucht er, die konkrete Auslegung möglichst nahe an den gesetzlichen Vorgaben und den anerkannten Regeln der Fahrlässigkeitsdogmatik abzuleiten178. Bei der Untersuchung des besonderen Zusammenhangs zwischen Grunddelikt und schwerer Folge erörtert der Autor die unterschiedlichen Ausgangspositionen zur Fahrlässigkeitshaftung, die zwischen der fahrlässigen Tötung und der Körperverletzung mit Todesfolge bestehen: Während bei der fahrlässigen Tötung der Erfolg „durch Fahrlässigkeit“ verursacht werde und damit den allgemeinen Regeln der Fahrlässigkeitsdogmatik unterliege, müsse bei der Körperverletzung mit Todesfolge der letale Erfolg nicht „durch Fahrlässigkeit“, sondern „durch Körperverletzung“ fahrlässig verursacht werden179. Damit werde für die besondere Verknüpfung bei der Erfolgsqualifikation nur jene Fahrlässigkeit gefordert, die in der Begehung der Körperverletzung liege, weshalb die Formulierung des § 227 StGB unter Einbindung der Vorschrift in § 18 StGB folgendermaßen lauten solle: „Verursacht der Täter den Tod der verletzten Person durch die in der Körperverletzung (§§ 223 bis 226) liegende Fahrlässigkeit, so ist die Strafe […]“180. Für die Fahrlässigkeitsprüfung des erfolgsqualifizierten Delikts sei also nicht jede beliebige Sorgfaltspflichtverletzung relevant, sondern nur jene, die der Täter bei der Begehung des Grunddelikts verletzt hat181. Die restriktive Interpretation des § 227 StGB ergebe sich dadurch, dass der Erfolg eine direkte Beziehung zur grunddeliktischen Sorgfaltspflichtverletzung aufweisen 174 175 176 177 178 179 180 181

Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 191, 192 f.; ders., Jura 1986, 145. Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 193; ders., Jura 1986, 145. Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 196 ff.; ders., Jura 1986, 145 f. So MK-Hardtung, § 18 Rdn. 25. MK-Hardtung, § 18 Rdn. 25; ders., StV 2008, 408. MK-Hardtung, § 18 Rdn. 27. MK-Hardtung, § 18 Rdn. 27. MK-Hardtung, § 18 Rdn. 27.

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müsse: Dieser Zusammenhang zwischen Schutzzweck der Grundnorm und dem letalen Erfolg fehle, wenn der Erfolg aus einer anderen, also außerhalb des Schutzzwecks der Körperverletzung liegende, verletzten Sorgfaltspflicht resultiere.182 Aus diesem Grund müsse zunächst die Sorgfaltspflicht des Grunddelikts namhaft gemacht werden. Hardtung definiert sie für § 227 StGB folgendermaßen: „Schaffe nicht vorsätzlich die Gefahr, dass eine andere Person körperlich verletzt wird!“183 Damit ziele der Schutzzweck der Körperverletzung darauf ab, andere Personen vor Verletzungen und allenfalls vor daraus resultierenden Weiterungen, aber nicht vor der generellen Gefährlichkeit irgendwelcher Bewegungen zu schützen, die sich lediglich als Schutzreflex der Körperverletzungsvorschrift präsentiere: So müsse der Tod vom grunddeliktischen Erfolg ausgehend untersucht werden, weshalb die Konzeption der Handlungskausalität abgelehnt wird184. Für die Grunddelikte bedeute dies, dass im Falle des § 223 I StGB der Tod auf dem vorsätzlich verursachten Erfolg einer körperlichen Misshandlung oder einer Gesundheitsschädigung beruhen müsse185. Beim § 225 I StGB als Grunddelikt müsse der Tod auf dem Erfolg des Quälens, der rohen Misshandlung oder der Gesundheitsschädigung beruhen186. Über die Aufzählung des § 226 I StGB könne der Tod aus einem entsprechenden schweren Verletzungserfolg hervorgehen – in der Praxis sei diese Grunddeliktsvariante wenig bedeutend, sie baue strukturell auf denselben Grunddelikten wie § 227 I StGB auf, sodass sich die schwere Körperverletzung in § 226 I StGB als entbehrlicher „Begründungsumweg“ einer Grunddeliktsvariante zu § 227 I StGB darstelle187. Eine spezielle Situation ergebe sich bei der gefährlichen Körperverletzung in § 224 I StGB, da das Tatbild zwei Erfolge voraussetze – nämlich einen Verletzungserfolg i. S. d. § 223 I StGB und zusätzlich einen Gefahrenerfolg, der den über § 223 I StGB hinausgehenden Unrechtsgehalt beinhalte188. Da die gefährliche Körperverletzung ausdrücklich in der Aufzählung zu den Grunddelikten des § 227 I StGB genannt wird, schlussfolgert Hardtung, dass der Tod nicht nur auf den in § 224 I StGB vorausgesetzten Verletzungserfolg (der dem § 223 I StGB entspricht), sondern auch auf einem der Gefahrenaspekte des § 224 I StGB beruhen könne189. Damit grenzt sich der Autor von der h. L. ab, die für den Gefahrenzusammenhang des § 227 182

MK-Hardtung, § 18 Rdn. 29 f. MK-Hardtung, § 227 Rdn. 11. 184 MK-Hardtung, § 18 Rdn. 34 sowie § 227 Rdn. 11. 185 MK-Hardtung, § 227 Rdn. 12. 186 MK-Hardtung, § 227 Rdn. 13; und ausführlich ders., Versuch und Rücktritt, S. 121. 187 MK-Hardtung, § 227 Rdn. 15. 188 MK-Hardtung, § 227 Rdn. 14. 189 MK-Hardtung, § 227 Rdn. 14; deutlich die Zusammenfassung bei ders., Versuch und Rücktritt, S. 126: „Nach dem Wortlaut der §§ 226, 227 sind alle fünf in § 224 beschriebenen Unrechtsteile taugliche Ursachen für schwere Körperverletzung oder Tod.“ (Hervorhebungen im Original); zur Zentralität von § 224 StGB für die Schutzzwecküberlegungen bei § 227 StGB vgl. auch B. Heinrich/Reinbacher, Jura 2005, 749. 183

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

I StGB die Verletzungsletalität fordert. Darüber hinaus erteilt der Autor der Letalitätstheorie eine weitere Absage, wenn er auf die Grunddeliktsverwirklichung in § 225 III Nr. 2 StGB verweist. In diesem Fall bringe der Täter einen Schutzbefohlenen durch vorsätzliche Misshandlung in die „Gefahr einer erheblichen Schädigung der seelischen Entwicklung“, wozu auch massive Suizidtendenzen gezählt werden können190. Sofern eine Selbsttötung nachweislich auf der vom Täter verursachten seelischen Schädigung beruhe, sei § 227 I StGB über die normative Grunddeliktsaufzählung einschlägig, zu der auch § 225 III Nr. 2 StGB gehört191. Hardtung stellt fest, dass der Schutzzweckzusammenhang der Körperverletzung mit Todesfolge zunächst dann gegeben sei, wenn die Todesfolge allein auf der Gefährlichkeit des Grunddeliktserfolgs beruhe: So seien sämtliche Fälle, die nach der Letalitätstheorie zurechenbar sind, für den Zurechnungszusammenhang einschlägig, da sich darin die Folge mit dem Grunddelikt in engster Beziehung darstelle192. Außerdem schließe die Mitursächlichkeit von Unterlassungen des Opfers, eines Dritten oder des Täters die objektive Zurechnung nicht aus, denn in diesen Fällen sei für den Todeseintritt immer noch der grunddeliktische Erfolg und die entsprechende Intensivierungsgefahr für einen letalen Ausgang maßgeblich (die beim Todeseintritt auch effektiv verwirklicht wird). Nach diesem Grundsatz stehe der Zurechnung auch nicht entgegen, dass die Unterlassung in einem vorsätzlichen pflichtwidrigem Einschreiten besteht – dies bewirke lediglich eine Mitverantwortlichkeit des Unterlassers193. Sofern sich eine andere Gefahr als jene des Grunddelikterfolgs verwirkliche, wie in Fällen von weiterem (aktiven) Fehlverhalten des Täters, Opfers oder eines Dritten, sei der grunddeliktische Schutzzweckzusammenhang grundsätzlich ausgeschlossen. Die Zurechenbarkeit könne allerdings dann gegeben sein, wenn das hinzutretende Verhalten auf dem grunddeliktischen Erfolg und damit auf einem Verletzungserfolg des § 223 I StGB oder dem Gefahrenerfolg in § 224 I StGB beruhe, sodass das Opfer in seiner Unfreiheit zum todesursächlichen Verhalten gedrängt werde. So sei der Zurechnungszusammenhang für § 227 I StGB gegeben, wenn das Opfer infolge des Schlages taumelt und beim Sturz auf den Boden tödlich aufschlägt, oder wenn das Opfer nach Schlägen auf dem Kopf benommen bzw. panisch ist und aus dem Fenster stürzt. Dagegen scheitere die Anwendbarkeit für § 227 I StGB, wenn das Opfer allein aus Sorge vor weiteren Verletzungen nach § 223 I StGB sich für die Flucht entscheidet und hierbei zu Tode kommt. Sofern sich aber die Gefahrenmomente des § 224 I StGB im Fluchtversuch realisieren, z. B. Flucht vor einer lebensgefährdenden

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MK-Hardtung, § 227 Rdn. 16. MK-Hardtung, § 227 Rdn. 14, 16. 192 MK-Hardtung, § 227 Rdn. 17. 193 MK-Hardtung, § 227 Rdn. 17; wobei hier die Zurechnung an § 18 StGB, nämlich die Vorhersehbarkeit einer vorsätzlichen pflichtwidrigen Unterlassung, scheitern könne. 191

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Behandlung oder einer gemeinschaftlichen Körperverletzung, sei die Zurechenbarkeit zu befürworten194. Wenn eine intensive Auseinandersetzung mit dem grunddeliktischen Schutzzweckzusammenhang daraus schließen lässt, dass eine objektive Zurechnung möglich sei, hängt die Anwendbarkeit des § 227 StGB schließlich noch von den anderen Fahrlässigkeitsvoraussetzungen gemäß § 18 StGB ab, insbesondere von der Vorhersehbarkeit des Todeserfolgs, wobei der Fahrlässigkeitsmaßstab des § 222 StGB anzuwenden seien195. Zu einer Ablehnung des Zurechnungsausschlusses für § 227 StGB kommt Christoph Sowada in jenen Fällen, in denen der Tod von der Verhaltensweise des Opfers mitverursacht wurde: Hier müssten die Voraussetzungen geklärt werden, unter denen eine Zurechnung möglich sei196. Der BGH bediene sich zur Anwendbarkeit der Körperverletzung mit Todesfolge in Fluchtfällen der Argumentation, eine panikartige Flucht sei „bei den durch Gewalt und Drohung geprägten Straftaten geradezu deliktstypisch“197. Allerdings kritisiert Sowada, dass derartiges Opferverhalten nicht bloß bei den Körperverletzungsdelikten, sondern bei allen Tatbeständen als deliktstypisch angesehen werden könne, die durch Gewalt und Drohung gekennzeichnet sind198. Da § 227 StGB in seiner normativen Struktur „ein ,punktuelles‘ Angriffsgeschehen“199 beinhalte, würde der teleologisch gebotene restriktive Zurechnungsradius zu weit reichen, sollte der BGH jede letale Fluchtverletzung – und damit auch jene, in denen sich das Opfer bereits außer Sicht- und Hörweite des Täters befindet – für die Anwendung des § 227 StGB genügen lassen. Trotzdem sollen zum Tode führende Ausweichbewegungen des Opfers den deliktspezifischen Unmittelbarkeitszusammenhang nicht a priori ausschließen200. Aufgrund der in § 227 StGB enthaltenen Aufzählung der einschlägigen Grunddelikte kommt Sowada zum Schluss, dass den Ausführungen von Hardtung in methodischer Hinsicht weitgehend zu folgen sei201. So könne die Zurechnung in erster Linie auf einem einfachen vorsätzlichen Körperverletzungserfolg gründen, der sich im Sinne der Durchgangskausalität zu einem letalen Ausgang entwickelt. Weitere Zurechnungsmöglichkeiten seien über die Körperverletzungsqualifikationen in §§ 224 und 225 StGB möglich, wobei der Autor im Gegensatz zu Hardtung hinsichtlich der Grunddeliktsvariante zu § 224 StGB lediglich die Bege-

194 195 196 197 198 199 200 201

MK-Hardtung, § 227 Rdn. 18. MK-Hardtung, § 227 Rdn. 19; ders., StV 2008, 408. Sowada, Jura 2003, 554 f. BGH NJW 2003, 150, 153. Sowada, Jura 1994, 650; ders., Jura 2003, 555; zustimmend Steinberg, JZ 2009, 1056. Sowada, Jura 2003, 555. Sowada, Jura 2003, 555. Sowada, Jura 2003, 555.

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

hungsmodalität in Nr. 5 ausreichen lassen will202 : Allein die lebensgefährdende Behandlung beinhalte „einen spezifischen Bezug zu dem für § 227 StGB einschlägigen Rechtsgut ,Leben‘“203, während die anderen Begehungsalternativen der gefährlichen Körperverletzung auf eine vergleichsweise geringere Gefahr der Körperbeeinträchtigung ausgerichtet wären204. In den Fluchtfällen sei daher eine Zurechnung zu § 227 StGB unter der Voraussetzung möglich, dass der Täter von jenen die Lebensgefahr begründenden Umständen Kenntnis hatte, die sich im Fluchtverlauf verwirklicht haben205. Zu einem ähnlichen Schluss kommt Armin Engländer, der sich mit der These auseinandersetzt, ob der deliktsspezifische Gefahrenzusammenhang in § 227 StGB ausschließlich auf einem vorsätzlich verursachten Körperverletzungserfolg im Sinne des § 223 I StGB aufbauen müsse206. Er kommt zum Ergebnis, dass die typischen Gefahrenmomente der Körperverletzung auch durch die bloße Körperverletzungshandlung verwirklicht werden können, da für die gefährliche Körperverletzung in § 224 I StGB ein einfach vorsätzlicher Körperverletzungserfolg i. S. d. § 223 I StGB genüge207. Der Qualifikationstatbestand schöpfe allerdings seinen erhöhten Unrechtsgehalt aus der besonderen Art und Weise der Tatbegehung: Der bewusste Einsatz von Faktoren, welche die Wirkungsmacht einer Angriffshandlung erhöhen208, zeige auf, dass bereits die Täterhandlung an sich in gewissen Fällen ein erhöhtes Verletzungspotential aufweise, auch wenn sich der Verletzungserfolg nur innerhalb des Tatbildes von § 223 I StGB einstelle209 – ein einschlägiges Verhalten beinhalte somit körperverletzungsbezogene Gefahrenaspekte. Im Hinblick auf die Gefahr, dass eine Körperverletzungshandlung zu einem tödlichen Ausgang führen kann, habe der Gesetzgeber die lebensgefährdende Behandlung als Tatmodalität in § 224 I Nr. 5 StGB vorgesehen: Damit erkenne er an, dass in gewissen Fällen bereits durch das Verhalten des Täters ein tödliches Risiko verwirklicht wird, ohne dass eine Intensivierung des einfachen vorsätzlichen Körperverletzungserfolgs (in Richtung letalen Ausgangs im Sinne der Durchgangskausalität bzw. der Letalitätstheorie 202 Sowada, Jura 1994, 650; ders., Jura 2003, 556; ders., FS Schroeder, S. 638; ähnlich Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 299. 203 Dagegen wohl M. Heinrich, FS I. Roxin, S. 246: „Der prinzipielle Eingriffsbereich der fünften Alternative (das Leben gefährdende Behandlung) ist zwar durch Verwendung des Begriffs Leben ein wenig verschleiert. Auch ihr kann es aber aufgrund der Gesetzessystematik nur darum zu tun sein, Fälle besonders unwerter Körperverletzung zu erfassen, während der Lebensschutz nicht als eigenständiger Gesichtspunkt zum Tragen kommt.“ 204 Sowada, Jura 2003, 556. 205 Ebenso SK-Horn/Wolters, § 227 Rdn. 10; im Ergebnis auch Jakobs, JR 1986, 382: Kenntnis eines Körperverletzungsrisikos ohne Kenntnis der Tötungsmöglichkeit durch das identische Risiko. 206 Engländer, GA 2008, 673 ff. 207 Engländer, GA 2008, 674 f. 208 Vgl. M. Heinrich, JA 1995, 720 f. 209 Engländer, GA 2008, 675.

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vorausgesetzt werden müsse)210. Nach Engländer ist die Aufzählung der Grunddelikte in § 227 StGB, die unter anderem auch § 224 StGB beinhaltet, ein Indiz dafür, dass auch der Gesetzgeber gewissen Körperverletzungshandlungen potentielle Todesgefahr beimesse211. Über diese Überlegungen hinaus sieht der Autor den spezifischen Gefahrenzusammenhang bei Körperverletzung mit Todesfolge zum einen immer dann als gegeben, wenn ein einfach vorsätzlicher Körperverletzungserfolg als Durchgangsstadium zum Todeserfolg führt – zum anderen geht er weiter als die Anhänger der Durchgangskausalität, wenn er den deliktsspezifischen Zurechnungszusammenhang für jene Fallkonstellationen bejaht, in denen eine Körperverletzungshandlung vorliegt, die in objektiver wie subjektiver Hinsicht dem Tatbild eines zumindest versuchten § 224 I Nr. 5 StGB entspreche212. Hier stelle sich der letale Erfolg nicht als konsequentes Durchgangsstadium eines einfachen vorsätzlichen Körperverletzungserfolgs dar, sondern beruhe auf anderen, körperverletzungsspezifischen Gefahrenmomenten213. Allerdings seien diese zusätzlichen Gefahrenmomente, die bei der konkreten Körperverletzungshandlung auftreten, unter den Schutzzweck der lebensgefährdenden Behandlung in § 224 I Nr. 5 StGB zu subsumieren, weshalb § 227 I StGB beispielsweise dann nicht einschlägig sei, wenn das Opfer aus Angst vor weiteren Tathandlungen die Flucht ergreift und hierbei zu Tode kommt214. Der Schutzzweck der gefährlichen Körperverletzung erstrecke sich nämlich nicht auf die Gefahrenprävention weiterer Körperverletzungshandlungen. Nach Engländer kann der Gefahrenzusammenhang dann vorliegen, wenn das dazwischengetretene menschliche Verhalten (z. B. Flucht- oder Ausweichhandlung des Opfers) auf der lebensgefährdenden Behandlung durch den Täter beruht: Die Zurechnung zu § 227 I StGB sei demnach möglich, wenn der Täter mit einem Baseballschläger auf den Kopf des Opfers zielt und zum Schlag ausholt, das Opfer diesem Schlag ausweichen kann, sich aber im Zuge des Ausweichmanövers tödlich verletzt215. Die Kommentatoren des § 227 StGB im Systematischen Kommentar zum StGB, Eckhard Horn und Gereon Wolters stehen der hier vorgestellten Ausgangspositionen nahe, wenn sie für die Anwendbarkeit des todeserfolgsqualifizierten Körperverlet210

Engländer, GA 2008, 676 f. Engländer, GA 2008, 674 f.; ebenso Bloy, JuS 1995, L 17, 19; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 299; Laue, JuS 2003, 745; Sowada, Jura 2003, 555; ähnlich im Ergebnis auch Hardtung, NStZ 2003, 261, 263; Hinderer, JA 2009, 29; Wolter, JA 2008, 609. 212 Engländer, GA 2008, 676 ff; ähnlich Hinderer, JA 2009, 29; im Ergebnis auch auf § 224 Abs 1 Nr. 5 StGB basierend, allerdings die diesbezüglichen subjektiven Komponenten (Lebensgefährdungsvorsatz und Kenntnis der die Lebensgefahr begründenden Umstände) ausklammernd: Bloy, JuS 1995, L 17, 19. 213 Engländer, GA 2008, 685; ebenso Sowada, Jura 2003, 556; ähnlich auch Wessels/ Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 299. 214 Darin sieht Engländer den Unterschied zur Konzeption von Sowada: Engländer, GA 2008, 683. 215 Engländer, GA 2008, 682 f., 685. 211

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zungsdelikts fordern, dass der Täter bei der Vornahme der Körperverletzung die wesentlichen Umstände erkennt, „auf denen das Urteil ,sorgfaltswidrig hinsichtlich des Lebens des Opfers‘ ruht“216. Nur auf diese Weise lasse sich begründen, dass eine Körperverletzungshandlung das Risiko eines letalen Ausgangs beinhalte217. Horn und Wolters kommen zum Ergebnis, dass die Körperverletzung mit Todesfolge die gleiche Handlung wie die gefährliche Körperverletzung in der Tatvariante des § 224 I Nr. 5 StGB beschreibe, nämlich der lebensgefährdenden Behandlung: Der Unterschied zwischen den beiden Tatbeständen liege darin, dass sich die in § 224 I StGB bezeichnete Lebensgefahr nicht in einem entsprechenden letalen Erfolg niederschlage, sondern auf Gefahrenebene verbleibe, während sich in § 227 I StGB der Todeserfolg tatsächlich realisiere218. Damit wird für die Anwendung des § 227 StGB gefordert, dass dem Täter in subjektiver Hinsicht der Verletzungsvorsatz für einen einfachen Körperverletzungserfolg und gleichzeitig der Gefährdungsvorsatz im Sinne des § 224 I Nr. 5 StGB nachgewiesen werden müsse. Im Unterschied zu den anderen hier vorgestellten Autoren weisen die Autoren zur Grunddeliktsverwirklichung nach § 225 StGB dezidiert darauf hin, dass die Tatvariante des „seelischen Quälens“ nach § 225 I StGB nicht als Grunddelikt zu § 227 I StGB geeignet sei219. Sofern der besondere Körperverletzungsvorsatz des § 224 I Nr. 5 StGB nicht vorliege, sei lediglich die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung nach § 222 StGB zu prüfen. Damit werde der Zurechnungsradius für Fälle eingeschränkt, in denen ein Fehlverhalten des Opfers oder eines Dritten mitursächlich für den konkreten Todeserfolg wird, sofern der Täter gewisse Umstände nicht erkannt hat: Demnach scheitere die Zurechnung, wenn der Täter sich nicht bewusst ist, dass sich sein Verhalten in der Nähe einer gefährlichen Umgebung (z. B. belebte Straße) abspielt, wenn er nicht weiß, dass die Pistole, mit der er das Opfer schlägt, geladen und ungesichert ist, oder sich nicht vorstellt, dass das Opfer einen selbstmörderischen Fluchtweg wählen wird220.

VII. Law in action – Auswahl Um dem law in action einen angemessenen Raum zu bieten und gleichzeitig eine aussagekräftige Vergleichsgrundlage zu schaffen, werden drei Fallkonstellationen ausgewählt, in denen die Anwendbarkeit der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung erörtert wurde. Es handelt sich hierbei um Flucht- und Ausweichsfälle, Sturzfälle sowie die Konstellationen des Pistolenschläger-Falls, die in ähnlich ge216 217 218 219 220

SK-Horn/Wolters, § 227 Rdn. 10. SK-Horn/Wolters, § 227 Rdn. 10. SK-Horn/Wolters, § 227 Rdn. 10. SK-Horn/Wolters, § 227 Rdn. 3. SK-Horn/Wolters, § 227 Rdn. 10.

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lagerten Sachverhalten in allen drei Rechtsordnungen von der Rechtsprechung entschieden wurden. 1. Flucht- und Ausweich-Fallkonstellationen Der leading case der deutschen Rechtsprechung für die Zurechnung des Todeserfolgs bei der Körperverletzung mit Todesfolge bildet der sog. „Rötzel-Fall“221: Dort wurde von der höchstrichterlichen Rechtsprechung erstmals den Begriff der Unmittelbarkeit entwickelt, weshalb diese Entscheidung für die Auslegung des Zurechnungszusammenhangs der erfolgsqualifizierten Delikte von zentraler Bedeutung war. Den Sachverhaltsdarstellungen zufolge griff der Angeklagte namens Rötzel die im Elternhaus beschäftigte Haushälterin O im Obergeschoss tätlich an und fügte ihr schwere Verletzungen zu, nämlich einen Nasenbeinbruch und eine tiefe Oberarmwunde. Aus Angst vor weiteren Verletzungen flüchtete O und entschied sich für die Flucht über ein Fenster, um auf diese Weise auf einen anschließenden Balkon zu klettern und sich so vor weiteren Angriffen zu schützen. Im Zuge des Fluchtversuchs stürzte O ab und kam ums Leben.

Der BGH stellte das Zurechnungserfordernis eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der qualifizierenden Folge und dem vorsätzlichen Grunddelikt auf, und verneinte die zu prüfende Verantwortlichkeit des Täters wegen § 226 StGB a. F. – der unmittelbare Zusammenhang zwischen Handlung und Todesfolge sei nicht feststellbar, da der Tod von O durch ihr eigenes Fluchtverhalten eingetreten sei: „Für die Anwendung des § 226 StGB genügt es nicht, wenn der tödliche Ausgang letztlich erst durch das Eingreifen eines Dritten oder das Verhalten des Opfers selbst herbeigeführt wurde; die Verletzungshandlung muß unmittelbar die Todesfolge bewirkt haben.“222 Während die Entscheidungen, welche vor dem wegweisenden Urteil von 1971 ergangen sind, den Zurechnungszusammenhang in Fluchtfällen ausschlossen223, 221

BGH NJW 1971, 152. BGH NJW 1971, 152 (eigene Hervorhebungen). 223 Vgl. bereits davor die Entscheidung des BGH bei Dallinger, MDR 1954, 150, der folgender Sachverhalt zugrunde lag: Der Angeklagte misshandelte als Kapo in einem Konzentrationslager einen Gefangenen derart schwer, dass dieser die Flucht ergriff, um weiteren Misshandlungen zu entgehen. Vom Angeklagten verfolgt, führte ihn die Flucht direkt in eine Postenkette einer Wachmannschaften, die den Flüchtenden sogleich niederschoss. Nach Feststellung zum Kausalzusammenhang zwischen der Tätlichkeit des Angeklagten und den Tod des Gefangenen – „ein vorsätzliches Tun des Verletzten [schließt] den Ursachenzusammenhang nur aus […], wenn es bewirkt, dass der Erfolg überhaupt nicht mehr auf das Verhalten des Täters zurückzuführen ist“ – verneinte der BGH die Anwendbarkeit des § 226 StGB a. F., da für diese Vorschrift der Tod durch „die Körperverletzung als solche, d. h. die sie unmittelbar hervorrufende Einwirkung auf den menschlichen Körper den Tod des Verletzten“ herbeigeführt werden müsse. Der Angeklagte habe eine derartige Körperverletzung aber nicht zugefügt. Der tödliche Schuss stehe „nur im Zusammenhang mit einer äußerlich erkennbar beabsichtigten 222

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

scheint der BGH das strikte Unmittelbarkeitsverständnis aufgegeben und eine Kehrtwende vollzogen zu haben, wenn er in neueren Fällen die Unmittelbarkeit bei Fluchtkonstellationen mit tödlichem Ausgang bejaht224. So wurde die besondere Beziehung zwischen Körperverletzung und Todesfolge im „Fenstersturz-Fall“225 bejaht, obwohl die konkrete Fallkonstellation durchaus deutliche Parallelen zum „Rötzel-Fall“ aufwies: Um O zur Herausgabe von Geld zu zwingen, wurde es von A, B und C eine halbe Stunde lang verprügelt. Einer der Täter schlug O mit einem Besenstiel kraftvoll auf die Stirn, was unter anderem zu einer Schädelprellung und wahrscheinlich zu einem Schädel-Hirn-Trauma ersten Grades führte. Aufgrund dieses Schlages war O in weiterer Folge deutlich sichtbar benommen und litt an Bewusstseinsstörungen. Nachdem weitere Faustschläge und Tritte erfolgten, die teilweise auch gegen den Kopf des O ausgeführt wurden, gewährten die Täter O eine Verschnaufpause am Fenster und ließen von O ab. Unter dem Eindruck der unabwendbaren Übermacht sah sich O in einer völlig ausweglosen Lage, geriet in Panik, verlor völlig die Selbstkontrolle und ließ sich aus dem Fenster fallen. Der Sturz aus einer Höhe von 27 Metern endete tödlich. Nach den Ausführungen des Sachverständigen prägten sowohl die panische Angst vor der Fortsetzung der schweren Misshandlungen als auch der Zustand der Benommenheit wegen des Schlages mit dem Besenstiel die psychische Verfassung des O, was seine Fähigkeit zu klaren Denkabläufen und folgerichtigen Handeln beeinträchtigte. Die Flucht des O wurde dabei als „durch die Misshandlung bewirktes Panikverhalten“ und um einen „zwangsläufigen und nicht mehr eigenverantwortlichen Vorgang“ eingestuft.

weiteren Körperverletzung“, die jedoch nicht mehr vollzogen wurde, sodass eine Anwendbarkeit des § 226 StGB ausgeschlossen sei. 224 Nach Meinungen im Schrifttum handle es sich in diesen Fallkonstellationen nicht um eine grunddeliktsspezifische Gefahr der Körperverletzung, sondern vielmehr um Nötigung mit Todesfolge: Küpper, FS Hirsch, S. 623; Mitsch, Jura 1993, 21; ähnlich auch Ferschl, S. 181 f.; Laue, JuS 2003, 746 f.; NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 58, 71; ders., JZ 1989, 227; Puppe, Erfolgszurechnung, S. 206, 214; dies., JR 2003, 124 f.; nach Altenhain, GA 1996, 34 hänge die Anwendbarkeit der Erfolgsqualifikation nach Prüfung der Durchgangskausalität von der Vorhersehbarkeit des letalen Ausgangs ab; ähnlich argumentieren SK-Horn/Wolters, § 227 Rdn. 10, wonach es darauf ankomme, ob der Täter sich vorstelle, dass „das Opfer aus Furcht vor weiteren Mißhandlungen einen selbstmörderischen Fluchtweg wählen wird.“ Dagegen finden sich – vornehmlich im Bereich der Lehre vom Schutzzweckzusammenhang – Befürworter zur Anwendbarkeit von § 227 StGB, freilich mit unterschiedlichen Argumenten wie etwa einer vorliegenden Notstandssituation nach § 35 StGB (Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S- 199 ff.; ders., Jura 1986, 144 f.; ders., BT II § 16 Rdn. 17 ff; zustimmend Bartholme, JA 1994, 377); der Fluchtreaktion als „situationstypisch[e] und naheliegend[e]“ Faktoren (Bartholme, JA 1993, 128; s. auch Heger, JA 2003, 458), als Ausdruck des „elementaren Selbsterhaltungstrieb[s] des Menschen“ (Heintschel-Heinegg/Kudlich, JA 2001, 132, die im Kontext ihrer konkreten Fallbesprechung eine Zurechnung trotzdem ablehnen) oder die Bejahung der objektiven Vorhersehbarkeit, weil das Opfer in einen entsprechenden psychischen Zustand versetzt wurde (N. Bosch, JA 2008, 549). Differenzierter dagegen MK-Hardtung, § 227 Rdn. 18 sowie § 18 Rdn. 46 ff., der die Anwendbarkeit vom Vorliegen der Gefahrenmomente aus § 224 StGB abhängen lässt; vgl. auch ders., NStZ 2003, 263 und insofern zustimmend Engländer, GA 2008, 682 f.; Sowada, Jura 2003, 554 ff. 225 BGH NStZ 1992, 335 = StV 1993, 73.

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In Abgrenzung zum „Rötzel-Fall“, wo die Todesfolge nicht unmittelbar durch die Verletzung bewirkt worden sei, stellte der BGH im vorliegenden Fall fest, dass der Tod des O „eine unmittelbare Folge der Körperverletzung“ sei: Obwohl der Tod durch den Sturz aus dem Fenster und damit letztlich aus einer Handlung des O resultiere, sei dieses Handeln von O in der konkreten Situation direkt auf die vorangegangene Körperverletzung und den diesem Delikt immanent anhaftenden Gefahrenradius zurückzuführen226. Da O in einem durch die Misshandlungen bewirkten Panikverhalten handelte, stelle sich der Sturz aus dem Fenster als zwangsläufiger Vorgang ohne jegliche Entscheidungsfreiheit des O dar227, sodass der grunddeliktischen Körperverletzung die spezifische Gefahr eines tödlichen Ausgangs anhafte. Im Zeichen dieser neuen Tendenz stand auch eine jüngere Entscheidung des BGH („Afrikanisches Tänzerpaar-Fall“)228 : T war Tänzer einer afrikanischen Tanzgruppe, in der auch seine Ehefrau O als Tänzerin engagiert war. Nachdem T vom Arbeitgeber gekündigt wurde, O aber weiterhin bei der Tanzgruppe blieb, versuchte T seine Frau zum Verlassen des Engagements zu bewegen. In einem Gespräch in der ehelichen Wohnung zeichnete sich jedoch ab, dass O die Tanzgruppe nicht verlassen wollte, weshalb sich ein verbaler Streit entwickelte, im Zuge dessen T eine Todesdrohung aussprach. Schließlich ergriff T ein Messer und als O versuchte, es ihm zu entwinden, brach in ihm ein „Aggressionssturm“ los: Mit dem 20 cm langen Küchenmesser fügte er O in Verletzungsabsicht einen etwa 4 cm tiefen Stich in den Rücken zu. Daraufhin floh O barfuß in das Schlafzimmer, stieg in Panik „schwungvoll auf das Fensterbrett“, auf dem sie sich wegen der geringen Fensterhöhe nur zu dreiviertel aufrichten konnte. In dieser Situation fand O keinen Halt auf dem Fensterbrett, rutschte aus, fiel ca. 25 Meter in die Tiefe in ein Gebüsch und zog sich tödliche Verletzungen zu. T war seiner Frau zunächst mit dem Messer in der Hand nachgelaufen, konnte sie aber nicht mehr erreichen, als diese auf das Fensterbrett stieg.

In seiner rechtlichen Beurteilung stellte der BGH fest, dass zwischen der Körperverletzung und dem Tod der verletzten Person eine enge Beziehung vorausgesetzt werde, da nur solche Körperverletzungen erfasst würden, denen spezifische Todesgefahr für das Opfer anhafte. Diese Gefahr könne bereits von der Körperverletzungshandlung ausgehen, einer strikten Kausalität zwischen Körperverletzungserfolg und dem Tod des Opfers bedürfe es nicht. Eine solche deliktstypische Gefahr könne sich auch dann im Tod des Opfers verwirklichen, wenn „die unmittelbar zum 226 BGH StV 1993, 73: „b) Hier ist der Tod des Verletzten R. jedoch die unmittelbare Folge der Körperverletzung gewesen. Zwar wurde der Tod durch den Sturz aus dem Fenster, also durch ein Handeln des Verletzten herbeigeführt; dieses Handeln des Verletzten war aber in der konkreten Situation wiederum Folge einer den vorausgegangen Körperverletzungen eigentümlichen Gefahr.“ 227 Kritisch die Vertreter der Letalitätstheorie, wonach selbstschädigendes Panikverhalten des Opfers die Anwendbarkeit von § 227 StGB ausschließe, s. etwa Geilen, FS Welzel, S. 681; LK-Hirsch, § 227 Rdn. 5, 6; ders., JR 1983, 80; Krey/M. Heinrich, BT I § 3 Rdn. 281 f.; Küpper, Zusammenhang, S. 89; ders., FS Hirsch, S. 623; Mitsch, Jura 1993, 21; Roxin, AT I § 10 Rdn. 115. 228 BGH NStZ 2008, 278.

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

Tod führende Ursache ein Verhalten des Opfers war, sofern dieses selbstschädigende Verhalten sich als naheliegend und deliktstypische Reaktion darstellt wie dies bei Fluchtversuchen in Panik und Todesangst der Fall ist“229. In Anbetracht der konkreten Umstände, nämlich dem Messerstich in den Rücken nach erfolgter Todesdrohung bei gleichzeitiger auswegloser Lage von O, sei diese spezifische Gefahr des § 227 StGB verwirklicht worden, da das panische Fluchtverhalten von O „auf die Körperverletzungshandlung des Angeklagten zurückzuführen und nicht mehr durch einen autonomen, mit dem Geschehen nur durch die bloße Kausalität verbundenen Willensbildungsprozess beeinflusst“ sei. 2. Sturz-Fallkonstellation Beim sog. „Teigmaschinen-Fall“230 ging es um folgenden Sachverhalt: In der Produktionsstätte einer Bäckerei geriet T mit seinem Arbeitskollegen O zunächst in einen heftigen verbalen Streit. Schließlich verpasste T dem O einen heftigen Schlag ins Kreuz, sodass dieser durch die Wucht des Hiebes unter den Hebel der Teigmaschine geriet und auf diese Weise in den Teigbottich gezogen wurde. Dort erstickte O in der Teigmasse.

Einen anderen Sturz-Fall entschied der BGH im Jahr 1954231: T gab dem betrunkenen O einige Ohrfeigen, woraufhin dieser stürzte und sich dabei tödlich verletzte.

In beiden Fällen entschied sich der BGH für die Anwendbarkeit der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung232. Der erste Fall wurde vor allem mit Blick auf die Besonderheit erörtert, dass der Angeklagte seinen Angriff mit Körperverletzungsvorsatz ausführte, während er in einem zweiten Moment nichts zu Rettung des Arbeitskollegen unternahm und hier mit Tötungsvorsatz handelte. Mit Blick auf das vorliegende Untersuchungsfeld zur Einschlägigkeit des Tatbestandes in § 226 StGB a. F. führte das Gericht aus, dass sich die Handlung in der Körperverletzung erschöpfe und die Todesfolge nicht als Teilstück dieser Handlung angesehen 229

BGH NStZ 2008, 278 (eigene Hervorhebungen). OGHSt 1, 357. 231 BGH bei Dallinger, MDR 1954, 150. 232 Aus dem Schrifttum generell kritisch zur Zurechnung in den Sturzfällen Deubner, NJW 1960, 1068; Hirsch, FS Oehler, S. 130, da für die Anwendbarkeit der Erfolgsqualifikation – entsprechend der Logik der Letalitätstheorie – notwendig sei, dass der tödliche Erfolg direkt vom Schlag des Täters selbst resultiere; durchaus ähnlich Puppe, Erfolgszurechnung, S. 220, wonach sich hier keine typische Körperverletzungsgefahr, sondern die Gefahr des unkontrollierten Verhaltens an gefährlichen Orten verwirklichen würde. Dagegen befürworten die Anwendbarkeit der Erfolgsqualifikation in Sturzfällen, freilich mit unterschiedlichen Argumenten, Dannecker, JuS 2002, 1092; Engländer, GA 2008, 683; MK-Hardtung, § 227 Rdn. 18; Hinderer, JA 2009, 29; NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 58; ders., JZ 1989, 226; Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 209 f.; ders., BT II § 16 Rdn. 16; Sowada, Jura 2003, 555; Wolter, JA 2008, 609 f.; unter der Voraussetzung eines entsprechenden Vorsatzes etwa SK-Horn/Wolters, § 227 Rdn. 10 und wohl auch Schröder, JR 1971, 207. 230

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werden kann, weil sich der Vorsatz nicht auf diese Folge bezieht: Der Handlungsbegriff in § 226 StGB a. F. beziehe sich nicht auf die Herbeiführung einer Gefahrenlage, sondern allein auf die Körperverletzung233. Zum zweiten Fall wurde insbesondere ausgeführt, dass es für die Anwendbarkeit des Delikts der Körperverletzung mit Todesfolge in § 226 StGB a. F. entscheidend darauf ankomme, ob das Opfer infolge der Ohrfeigen zurückgetaumelt und gestürzt sei, oder aber aus seinem eigenen Entschluss einige Schritte zurückgegangen und infolge seiner Trunkenheit letztlich stürzte, weil es aufgrund seines Zustandes nicht sicher auf den Beinen stand. Zur Frage der Vorhersehbarkeit führte der BGH aus: „Ob jemand, der einen Betrunkenen ohrfeigt, bei gehöriger, ihm zuzumutender Sorgfalt mit tödlichem Ausgang rechnen muß, ist Tatfrage und läßt sich nur bei Berücksichtigung aller Umstände entscheiden. Wer einem Erwachsenen eine oder zwei nicht besonders kräftige Ohrfeigen mit der flachen Hand versetzt, wird, wenn nicht außergewöhnliche, ihm bekannte Umstände obwalten, im allgemeinen nicht mit tödlichen Folgen seines Verhaltens rechnen müssen.“ Einer 2001 ergangenen Entscheidung234 lag folgender Sachverhalt („S-BahnFall“) zugrunde: T befand sich am Treppenabgang zu einem S-Bahn-Tunnel und traf dort auf O, dessen Ehefrau sowie deren gemeinsamen Sohn. Als die Gruppe den Abgang herunterstieg und beinahe das Ende der Treppe erreicht hatte, entschloss sich T aus einer alkoholbedingten Laune heraus, O anzugreifen. T lief die Treppe hinunter und rannte auf O zu, wobei O seinen Angreifer nicht bemerkte. T sprang mit angewinkeltem Bein und den Armen voraus auf O zu. O, der auf den Angriff nicht vorbereitet war und keine bzw. nur verzögerte Abwehr- oder Schutzreaktionen zeigte, geriet aus dem Gleichgewicht und prallte mit dem Kopf gegen eine nahe Kachelwand. Durch den Anstoß mit der Tunnelwand erlitt O eine Hirnblutung, an deren Folgen er trotz medizinischer Intervention verstarb.

Der BGH hob die Verurteilung des Landesgerichts wegen vorsätzlicher Körperverletzung auf. In seiner Begründung führte das Tatgericht an, dass es aufgrund der bereits feststehenden objektiven und subjektiven Pflichtwidrigkeit durch die Begehung des Grunddeliktes lediglich die Vorhersehbarkeit des Todes des O zu prüfen habe. Hierbei komme es, unter Berücksichtigung einer möglichen Beeinträchtigung von T’s kognitiven Fähigkeiten durch vorangegangenen Alkoholkonsum, darauf an, „ob vom Täter in seiner konkreten Lage nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten der Eintritt des Todes des Opfers – im Ergebnis […] – vorausgesehen werden konnte“235. Die Angriffsmodalitäten von T lassen in Verbindung mit der unterbliebenen Abwehr- oder Ausweichreaktion des O auf ein entsprechendes Ergebnis schließen.

233 234 235

OGHSt 1, 363 f. BGH NStZ 2001, 478. BGH NStZ 2001, 479.

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

3. Pistolenschläger-Fallkonstellationen Dem sog. „Pistolenschlag-Fall“236 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nachdem O den Polizisten T zunächst angegriffen hatte, wurde O von T mit dessen durchgeladener Dienstwaffe durch zwei Schläge auf den Kopf abgewehrt und niedergestreckt. Gleich darauf beugte (oder kniete) sich T über den mit dem Gesicht nach unten auf der Straße liegenden O und stieß mit der Waffe nochmals gegen dessen Hinterkopf, wobei T wie bereits zuvor den Zeigefinger am Abzugsbügel hatte. Hierbei löste sich ein Schuss, der den Kopf des am Boden liegenden O traf und dessen Tod verursachte.

In der Bestätigung der erstinstanzlichen Verurteilung wegen § 226 StGB a. F. stellte der BGH fest, dass sich der Begriff der Körperverletzung in § 226 StGB in erster Linie auf die gesamte körperverletzende Tätigkeit beziehe, die den tödlichen Erfolg verursacht hat. Es komme deshalb darauf an, „ob die Körperverletzungshandlung zum Tode des Angegriffenen geführt hat, ob also mit anderen Worten der von dem Willen, das Opfer zu verletzten, getragene und diese Verletzung im Ergebnis auch bewirkende Tätigkeitsakt zugleich auch den Tod des Opfers herbeiführte.“237 Einen ähnlichen Sachverhalt hatte der deutsche oberste Gerichtshof 1975238 zu entscheiden: T stieß zwei bis dreimal kräftig mit beiden Fäusten gegen den Oberkörper des O. Bei diesen Tathandlungen hielt T in der rechten Hand eine geladene Pistole, die er infolge eines Defekts nicht mehr hätte sichern können. Bei einem der Stöße löste sich ein unbeabsichtigter Schuss 236

BGHSt 14, 110 = NJW 1960, 683. Kritisch zur Zurechnung ist ein gewichtiger Teil des Schrifttums; vgl. Deubner, NJW 1960, 1068; Geilen, FS Welzel, S. 667, 677, 681; Gössel/Dölling, BT I § 13 Rdn. 89, 91, 94; Hirsch, JR 1983, 79; ders., FS Oehler, S. 120 f.; LK-ders., § 227 Rdn. 6; Krey/M. Heinrich, BT I § 3 Rdn. 271; Lackner/Kühl, StGB, § 227 Rdn. 2; Küpper, JA 1983, 230; Prittwitz/Scholderer, NStZ 1990, 387; Roxin, AT I § 10 Rdn. 116; S/S-Sternberg-Lieben/Schuster, § 18 Rdn. 4; eine eingehende Fallanalyse mit ablehendem Ergebnis zur Zurechnung: Puppe, Erfolgszurechnung, S. 216 ff. Zustimmend dagegen Ferschl, S. 147 FN 121 unter dem Hinweis, dass sich die spezifische Gefährlichkeit der Schlagwaffe in einem gefährlichen Körperverletzungserfolg tatsächlich niedergeschlagen habe; Wolter, JuS 1981, 177 mit dem Argument, dass der Täter in seiner fahrlässigen Handlungsweise ein unbeherrschbares Todesrisiko aufgebrochen habe; unter der Voraussetzung zur Einschlägigkeit des Schutzzweckzusammenhangs befürworten die Zurechnung Engländer, GA 2008, 677, 679; MK-Hardtung, § 18 Rdn. 41 sowie § 227 Rdn. 14; B. Heinrich/Reinbacher, Jura 2005, 749; SK-Horn/Wolters, § 227 Rdn. 10 f.; Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 216 ff.; ders., BT II § 16 Rdn. 11, 13; im Ergebnis auch N. Bosch, JA 2008, 548; tendenziell die Anwendbarkeit von § 227 StGB befürwortend: Sowada, Jura 2003, 553. Unter dem Hinweis auf eine unwesentliche Kausalabweichung befürwortet die Anwendbarkeit von § 227 StGB NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 57 sowie § 227 Rdn. 15; ders., JZ 1989, 226; ähnlich auch Schröder, JR 1971, 207; dezidiert anders zur unwesentlichen Abweichung etwa Engländer, GA 2008, 277 FN 29; Geilen, FS Welzel, S. 680; LK-Hirsch, § 226 Rdn. 5; Laubenthal, JZ 1987, 1068; Roxin, AT I § 10 Rdn. 116; Stree, GA 1960, 291; S/S-Stree/ Sternberg-Lieben, § 227 Rdn. 5. 238 BGH bei Dallinger MDR 1975, 196. 237

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und traf O in die Brust. Infolge der Schutzverletzung erlitt O eine Bauchfellentzündung, an der er schließlich verstarb.

In seiner rechtlichen Beurteilung stellte der BGH fest, dass der Tatbestand des § 226 StGB a. F. erfüllt sei: Die vorsätzliche Körperverletzung umfasse den gesamten Vorgang vom willentlichen Ausholen mit den Fäusten bzw. in der Faust gehaltenen Waffe bis zu ihrem Aufschlag auf den Körper des O. Maßgeblich sei, ob diese Handlung, die vom Verletzungswillen getragen war und diesen Erfolg auch bewirkt hatte, ursächlich für den Tod des O war – im vorliegenden Fall lägen diese Bedingungen vor.

B. Italien Art. 584 iStGB Präterintentionale Tötung (1) Wer durch Handlungen, die auf die Begehung eines der in den Artikeln 581 und 582 vorgesehenen Verbrechen abzielen, einen Menschen tötet, wird mit Gefängnisstrafe von zehn bis zu achtzehn Jahren bestraft.

I. Vorbemerkungen Die Vorschrift in Art. 584 iStGB, die in systematischer wie in sanktionssystematischer Hinsicht ein Bindeglied zwischen der vorsätzlichen Tötung in Art. 575 iStGB und der fahrlässigen Tötung in Art. 589 iStGB darstellt, findet eine besondere Ergänzung in Art. 585 iStGB239 : Hierbei handelt es sich um deliktsspezifische erschwerende Umstände, die eine Erhöhung um ein Drittel bis zur Hälfte der konkret zu verhängenden Strafe vorsehen240. Unstrittig ist nach h. A.241, dass die präterintentionale Tötung zum vorsätzlichen Tötungstatbestand in einem Exklusivitätsverhältnis steht: Wurde der letale Erfolg 239

Art. 585 („Erschwerende Umstände“), zitiert nach Riz/J. Bosch, S. 393: „(1) In den Fällen der Artikel 582, 583 und 584 wird die Strafe um ein Drittel bis um die Hälfte erhöht, wenn einer der erschwerenden Umstände des Artikels 576 vorliegt; sie wird bis um ein Drittel erhöht, wenn einer der erschwerenden Umstände des Artikels 577 vorliegt oder wenn die Tat mit Waffen oder mit ätzenden Stoffen begangen wird. (2) Im Sinne des Strafgesetzes gelten als Waffen: 1. Schusswaffen und alle anderen Waffen, die von Natur aus zur Verletzung von Menschen bestimmt sind; 2. alle zur Verletzung geeigneten Instrumente, deren Tragen gänzlich oder ohne berechtigten Grund vom Gesetz verboten ist. (3) Den Waffen werden Sprengstoffe und Gase mit Erstickungs- oder Erblindungswirkung gleichgestellt.“ 240 Vgl. stellvertretend für die h. M. Basile, in: Dolcini/Marinucci, Codice penale commentato III, Art. 585 Rdn. 1; Loreto, in: Canestrari, Reati contro la vita, S. 331. 241 Cass. 23. 1. 1990 = CP 1991, 1376; Cass. 10. 2. 1992 = CED 189871 = GI 1992, II, 624; Cass. 14. 12. 1992 = CED 192792 = GP 1993, II, 573; Cass. 20. 11. 1995 = CED 204069 = GP

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

zumindest mit bedingtem Vorsatz242 herbeigeführt, findet ausschließlich die Vorschrift in Art. 575 iStGB Anwendung – sofern dem Täter kein Tötungsvorsatz, sondern lediglich ein (für Art. 584 iStGB grunddeliktischer) „Angriffs-/Verletzungsvorsatz [dolo di offesa] auf die individuelle Unversehrtheit“243 nachgewiesen werden kann, besteht die Möglichkeit zur Bestrafung nach dem präterintentionalen Tötungsdelikt. Im direkten Vergleich zum herrschenden Schrifttum in Deutschland, welches dem todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikt die sog. Letalitätstheorie zugrunde legt, fällt im Überblick auf, dass diese Theorie im italienischen Rechtsgebiet kaum Fuß gefasst hat: Lediglich vereinzelt finden sich in Lehre244 und Rechtsprechung245 Auslegungstendenzen, die der Letalitätsthese zustimmen. Der Grund hierfür liegt wohl in erster Linie im Wortlaut der italienischen Vorschrift: Während die deutsche Regelung in § 227 I StGB („durch die Körperverletzung“) dem Rechtsanwender einen Interpretationsspielraum zur Frage lässt, ob für die Grunddeliktsverwirklichung bereits die Körperverletzungs-Handlung oder erst der Körperverletzungs-Erfolg genügen soll, hat sich der italienische Gesetzgeber aufgrund des Wortlautes – der im Übrigen deutliche Züge der Formulierung zur

1997, II, 51; Cass. 20. 5. 2001 = CED 219433 = RP 2002, 169; Cass. 13. 2. 2002 = CED 222054 = CP 2004, 874; Cass. 14. 3. 2008 = CED 238967 = DPP 2009, 66; Cass. v., 11. 12. 2008 = CED 242965; Cass. 13. 10. 2010 = CED 248438; Cass. 20. 11. 2013, Nr. 4696; Cass. 28. 3. 2014, Nr. 14647 = D&G 2014, 31; aus dem Schrifttum vgl. Ambrosetti, in: Cocco/Ambrosetti, S. 29; Basile, in: Dolcini/Marinucci, Codice penale commentato III, Art. 586 Rdn. 51; Canestrari, in: Dig. disc. pen. IX, S. 694, 699; ders., L’illecito penale, S. 129 ff.; ders., in: Bricola/ Zagrebelsky, Codice penale PG I, S. 619 f.; Cori, CP 2006, 2441; Fiorella, in: ED XXXIX, S. 1324; Fresa, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PS VII S. 127 f., 143 f.; Grosso, RIDPP 1963, 446; Magnini, DPP 2006, 1397; F. Mantovani, PS I S. 111; Manzini, Trattato VIII, S. 163; Marani, S. 115; Pannain, I delitti contro la vita, S. 92; Patalano, in: ED XXXV, S. 353; ders., in: ED XXIX, S. 973, 986; ders., I delitti contro la vita, S. 247 ff., 257 ff.; Piccardi, RIDPP 2004, 878 f.; Ramacci/Guerrini, Corso PG S. 359; Ronco, in: Ronco/B. Romano, Art. 584 S. 2693 f.; Saltelli/Romano-Di Falco, Commento teorico-pratico I/1, S. 271 f.; dies., Commento teorico-pratico II/2, S. 882, 922; Scotti, RIDPP 1989, 848; Serianni, in: EGT XXI, S. 13; Vannini, Quid juris?, S. 360; Vitale, S. 115. 242 Isoliert blieben einzelne Entscheidungen, welche die Absicht als Vorsatz-Form für das Grunddelikt voraussetzten: Cass. 5. 7. 1988 = RP 1990, 180; Cass. 13. 5. 2004 = CP 2006, 2434 ff. m. Amn. Cori (letzteres Urteil erkannte – aufgrund mangelnden Nachweises zur Absichtlichkeit der vorsätzlichen Grunddeliktsverwirklichung – auf fahrlässige Tötung). 243 So treffend Fresa, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PS VII S. 145; in dieser Wortwahl verbirgt sich ein grundsätzliches Problem zu den Grundtatbeständen des Art. 584 iStGB und respektive zum einschlägigen Rechtsgüterschutz, der sich nicht auf einen pathologisch-objektiven Schutzbereich beschränkt – dazu näher infra im Vierten Teil D. I. 244 Bondi, S. 396 ff.; ähnlich auch Fiorella, in: ED XXXIX, S. 1324, der im Zusammenhang der erfolgsqualifizierten Delikte von einer natürlichen Progression des vorsätzlichen Grunddelikts spricht. 245 Cass. 17. 2. 1961= RIDPP 1962, 829.

B. Italien

183

Versuchsvorschrift in Art. 56 I iStGB246 trägt – und der zweigliedrigen Grunddeliktsstruktur für einen Rechtsgüterschutz entschieden, der nach h. A. nicht auf einer pathologischen Verschlechterung der zugefügten Verletzung beschränkt bleibt247. Im Vergleich zum deutschen Rechtskreis wird eine vorgelagerte Problematik kontrovers diskutiert, nämlich ob der vorgezogene Rechtsgüterschutz des Art. 584 iStGB bereits mit einem allgemein gefährlichen Verhalten an sich greift248 oder erst ab der Versuchsstrafbarkeit für das Körperverletzungsdelikt beginnt249. Während das Identitätskriterium in Deutschland und Österreich bei der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung unstrittig ist und das herrschende italienische Schrifttum mit Hinweis auf die ratio legis des Art. 584 iStGB am Identitätskriterium festhält250, befürwortet ein Teil des italienischen Schrifttums die These, den Anwendungsbereich der präterintentionalen Tötung über die Regelung zum aberratio

246

Art. 56 I iStGB („Versuchtes Verbrechen), zitiert nach Riz/J. Bosch, S. 65: „Wer geeignete Handlungen ausführt, die in eindeutiger Weise auf die Begehung eines Verbrechens abzielen, ist für den Versuch des Verbrechens verantwortlich, wenn die Tat nicht zur Ausführung gelangt oder der Erfolg nicht eintritt.“ Aus der Lehre vgl. Iadecola, CP 2002, 533; Ramacci, I delitti di omicidio, S. 63 f.; dezidiert a. A. Caraccioli, Manuale breve PG S. 158; ders., Manuale PG S. 311 f. 247 Vgl. nur Cass. 17. 11. 1961 = RIDPP 1962, 1137 m. Amn. Calvi; Cass. 30. 6. 1986 = CED 174619 = RP 1987, 886; Cass. 3. 10. 1986 = CED 174956 = CP 1988, 1436; Cass. 20. 1. 1988 = CED 178180 = RP 1988, 1064; Cass. 28. 5. 1990 = CED 185288 = GP 1991, II, 555; Basile, in: Dolcini/Marinucci, Codice penale commentato III, Art. 584 Rdn. 19; Grosso, RIDPP 1962, 823, 829; Manzini, Trattato VIII, S. 156; Serianni, in: EGT XXI, S. 12. 248 In diesem Sinne Cass. 17. 3. 1982 = CED 153514 = GP 1983, II, 99; Cass. 20. 1. 1988 = CED 178180 = RP 1988, 1064; Cass. 15. 11. 1989 = CED 182907 = RP 1990, 744; Caraccioli, Manuale PG S. 312; Grosso, RIDPP 1962, 823, 829; ders., RIDPP 1963, 451; Insolera, IP 1981, 763; Marini, in: Dig. disc. pen. VIII, S. 491, 518 f.; ders., Delitti contro la persona, S. 72; Patalano, in: ED XXIV, S. 989; ders., I delitti contro la vita, S. 261 f.; Serianni, in: EGT XXI, S. 10. 249 In diesem Sinne Cass. 3. 7. 1964 = CPMA 1965, 157; Cass. 11. 11. 1974 = CED 130468 = CPMA 1976, 372; Cass. 13. 12. 1974 = CED 130729 = CPMA 1976, 704; Cass. 23. 3. 1990 = CED 184229 = CP 1992, 310; Cass. 14. 6. 2004 = GDir 2004, 29, 83; Ambrosetti, in: Cocco/ Ambrosetti, S. 28; Antolisei/Grosso, PS I S. 72; Basile, in: Dolcini/Marinucci, Codice penale commentato III, Art. 584 Rdn. 10; Blaiotta, in: Lattanzi/Lupo, Codice penale II, S. 553; Calvi, RIDPP 1962, 1141; Canestrari, L’illecito penale, S. 213 f.; Fiandaca/Musco, PS II/1 S. 25; Fresa, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PS VII S. 138 f.; E. Gallo, GI 1990, IV, 414, 424; Grossi, CP 2010, 4196 ff., 4203; Iadecola, CP 2002, 533; Lombardi, GI 2005, 591; Manzini, Trattato VIII, S. 156; F. Mantovani, PS I S. 108 f.; Palazzo, Corso PG S. 347 f.; Prosdocimi, IP 1985, 297; Ramacci, I delitti di omicidio, S. 64 ff; M. Romano, Contributo, S. 58 ff. (FN 17); Ronco, in: Ronco/B. Romano, Art. 584 S. 2689 f.; Salcuni, in: Manna, Reati contro la persona, S. 129; Scotti, RIDPP 1989, 845; Spasari, AP 1957, 255; Stile, in: ED XXVII, S. 151; Vannini, Omicidio, S. 148; Vitale, S. 115; Zuccalà, S. 15 f. 250 So etwa Basile, in: Marinucci/Dolcini, Codice penale commentato III, Art. 584 Rdn. 59; Brunelli, CP 2001, 2375 ff.; Cornacchia, in: Dig. disc. pen. XI, S. 175; De Francesco, Aberratio, S. 156; Marini, in: Dig. disc. pen. VIII, S. 521 f.; ders., Delitti contro la persona, S. 79; Patalano, in: ED XXIX, S. 992; ders., I delitti contro la vita, S. 268 ff.; Salcuni, CP 2003, 3177 ff.

184

3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

ictus in Art. 82 iStGB251 auch auf den Todeserfolg von Dritten auszudehnen, die nicht unmittelbar von den grunddeliktischen Handlungen des Täters betroffen sind252. So verantworte sich der Täter nicht nach dem fahrlässigen Tötungsdelikt253, sondern nach Art. 584 iStGB i. V. m. Art. 82 iStGB, wenn er in der Konstellation des Pistolenschläger-Falls statt dem Opfer einen unbeteiligten Dritten mit dem ausgelösten Schuss tödlich trifft254. Zur Begründung dieser Ansicht wird von dieser Autorenschaft zum einen auf die für Art. 82 iStGB genügende Homogenität zwischen der beabsichtigten und der konkret herbeigeführten Verletzung verwiesen255, zum anderen auf die tatsächliche Erfüllung des objektiven und subjektiven Tatbestandes des Grunddelikts hinsichtlich des von den Schlägen betroffenen Opfers, weshalb die Anwendung des Art. 82 iStGB unproblematisch sei256.

251

Art. 82 iStGB („Verletzung einer anderen Person als derjenigen, gegen die der Angriff gerichtet war“), zitiert nach Riz/J. Bosch, S. 87: „(1) Ist infolge eines Irrtums beim Gebrauch der Mittel zur Ausführung der strafbaren Handlung oder aus einem anderen Grund eine andere Person als diejenige, gegen die der Angriff gerichtet war, verletzt worden, ist der Täter verantwortlich, wie wenn er die strafbare Handlung zum Nachteil der Person, die er treffen wollte, begangen hätte, jedoch hinsichtlich der erschwerenden und mildernden Umstände unter Vorbehalt der Bestimmungen des Artikels 60. (2) Ist außer der angegriffenen Person auch diejenige verletzt worden, gegen die der Angriff gerichtet war, so wird gegen den Täter die für das schwerste Verbrechen angedrohte Strafe verhängt, die bis um die, Hälfte erhöht wird.“ 252 M. Romano, Contributo, S. 136 f. (insbesondere FN 48); ders., Commentario sistematico I, Art. 82 Rdn. 12; ähnlich auch Leone, S. 180. 253 Eine isoliert gebliebene Entscheidung, wo der fahrlässige Tötungstatbestand über den „Umweg“ des Art. 586 iStGB (i. V. m. Art. 582 iStGB) Anwendung fand, betraf den Fall vor der Corte d’Assise di Salerno vom 19. 7. 1971 = Foro Napoletano 1972, II,17 (erwähnt bei Basile, La colpa, S. 23): Der am Herzen bereits vorgeschädigte Dritte starb an Herzversagen, als er die körperlichen Übergriffe des Täters gegen sein unmittelbares Opfer mitansah. 254 Cass. 28. 5. 1990 = CED 185288 = GP 1991, II, 555; vgl. auch Cass. 19. 5. 1975 = CED 89008 = FI 1976, II, 41; Cass. 13. 1. 1988 = CED 178778 = RP 1989, 426; Cass. 14. 11. 1999 = CED 215478 = CP 2001, 2371. 255 Cass. 13. 1. 1988 = CED 178778 = RP 1989, 426; Bettiol, PG S. 479 f.; Frosali, GP 1947, II, 577 ff.; Giannelli, La figura del delitto preterintenzionale, S. 178 f.; Manzini Trattato VIII, S. 154; Pannain Manuale PG S. 443; ders., I delitti contro la vita, S. 88; M. Romano, Commentario sistematico I, Art. 82 Rdn. 12; Serianni, in: EGT XXI, S. 14; kritisch, inwiefern die Präterintentionalität auf dem Homogenitätskriterium (etwa im Sinne des Letalitätsgedankens) beschränkt bleiben kann: Canestrari, in: Dig. disc. pen. IX, S. 697; Grosso, RIDPP 1963, 466; Spasari, AP 1957, 238, 261. 256 Vgl. Cass. 19. 5. 1975 = CED 89008 = FI 1976, II, 41; Cass. 28. 5. 1990 = CED 185288 = GP 1991, II, 555; Cass. 14. 11. 1999 = CED 215478 = CP 2001, 2371; Corte d’Assise di Foggia vom 28. 6. 2002 = GP 2003, 3172 m. Amn. Salcuni; Corte d’Assise di Napoli vom 29. 9. 1952 = GP 1953, II, 743 m. Amn. Marucci.

B. Italien

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II. Zurechnung aufgrund verschuldensunabhängige Erfolgshaftung – Responsabilità oggettiva Das herrschende Schrifttum in Italien geht davon aus, dass der Gesetzgeber von 1930 gewisse Deliktsstrukturen geschaffen hat, deren Zurechnungsmodell allein nach dem Kriterium einer verschuldensunabhängigen Erfolgshaftung und damit ohne jegliche Berücksichtigung zum Vorliegen einer Fahrlässigkeitsschuld hinsichtlich des eingetretenen schwereren Erfolgs zu handhaben sind: In Anlehnung an Art. 42 iStGB wird hierbei von objektiver Verantwortlichkeit [responsabilità oggettiva] gesprochen257. Nach überwiegender Ansicht des traditionellen Schrifttums258 sowie der Rechtsprechung259 findet diese objektivistische Auslegung auf das präterintentionale 257

Aleo, PG S. 297; Antolisei, GP 1948, II, 12 = Scritti di diritto penale, S. 338; Antolisei/ Conti, Manuale PG S. 387 ff.; Bartoli, S. 119 ff.; Bellini, RP 2009, 1091; Boscarelli, Compendio PG S. 110 ff., 177 f.; ders., RIDPP 1984, 896 f.; Canestrari, L’illecito penale, S. 133; Caraccioli, Manuale PG S. 335 ff., 545 f.; Conti, RIDPP 1950, 727 ff.; Cornacchia, in: Dig. disc. pen. XI, S. 181; Fiandaca, in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 37 f.; Fiandaca/Musco, PG S. 395, 648; Frosali, GP 1947, II, 577 ff.; ders., Sistema I, S. 513 ff.; M. Gallo, in: ED I, S. 61; Grosso, in: EGT XXIV, S. 6; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 267, 272; Insolera, IP 1981, 763 FN 43; Marini, Elementi PG I, S. 185 ff.; ders., Lineamenti, S. 524 ff., 531 ff., 573; ders., in: Dig. disc. pen. VIII, S. 540; Marinucci, in: La colpa. Studi, S. 71 (wobei der Autor eine deutliche Gegenposition zur Auslegung nach objektiver Verantwortlichkeit bezog: Marinucci, in: La colpa. Studi, S. 112); Mirri, in: EGT XXXII, S. 3; Nuvolone, Il sistema, S. 366 ff.; Padovani, Diritto penale, S. 219; Prosdocimi, IP 1985, 291; Ranieri, Manuale PG I S. 350 ff.; Regina, Il reato aberrante, S. 173 ff.; ders., in: EGT XXVI, S. 10; M. Romano, Commentario sistematico I, Art. 42 Rdn. 23 ff. sowie Art. 83 Rdn. 9; ders., Contributo, S. 132 FN 37; Spasari, AP 1957, 241, 261 ff.; Tagliarini, S. 199; Vassalli, RIDPP 1975, 32; Zuccalà, S. 73; ders., in: Crespi/Stella/Zuccalà, Commentario breve, S. 232 ff. 258 Aleo, PG S. 270, 301 f.; Amelio, S. 84, 88 f.; Antolisei, GP 1948, II 12 = Scritti di diritto penale, S. 338; Antolisei/Conti, Manuale PG S. 391 ff.; Antolisei/Grosso, PS I S. 71; Boscarelli, Compendio PG S. 110, 112, 177 f.; Caraccioli, Manuale PG S. 311; ders., Manuale breve PG S. 158; Conti, RIDPP 1950, 727, 730; Fiandaca, in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 40; Fiandaca/Musco, PG S. 648 ff. (vgl. neuerdings aber Fiandaca/Musco, PS II/1 S. 27 f., die auf die gegenwärtigen Tendenzen in der Rechtsprechung zur Auslegung i. S. d. Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination hinweisen); Frosali, GP 1947, II, 579 ff; ders., Sistema I, S. 518 ff.; Graziano, Lineamenti, S. 73 f.; Grosso, in: EGT XXIV, S. 3; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 274; Manzini, Trattato VIII, S. 162; Marini, in: Dig. disc. pen. VIII, S. 520; ders., Elementi PG I, S. 188 ff.; ders., Lineamenti, S. 531; Padovani, Diritto penale, S. 220 ff.; Pannain, Manuale PG S. 445 f.; Ranieri, Manuale PG I S. 312 f., 354; Regina, in: EGT XXVI, S. 10; M. Romano, Commentario sistematico I, Art. 42 Rdn. 30 sowie Art. 43 Rdn. 54; Serianni, in: EGT XXI, S. 13; Spasari, AP 1957, 230, 241 f.; Tagliarini, S. 198; Zuccalà, S. 42 ff., 72; ders., in: Crespi/Stella/Zuccalà, Commentario breve, S. 232, 235 f. 259 Cass. 1. 4. 1980 = CED 145923 = GP 1981, II, 171; Cass. 20. 1. 1988 = CED 178180 = RP 1988, 1064; Cass. 16. 6. 1998 = GP 1999, II, 76; Cass. 13. 2. 2002 = CED 222054 = CP 2004, 874; Cass. 6. 2. 2004 = CED 228497 = FI 2004, II, 541; Cass. 2.12.205 = CED 233064; Cass. 14. 6. 2004 = GDir 2004, 29, 83; Cass. 14. 4. 2006 = DPP 2006, 1389; Cass. 1. 12. 2008 = CP 2010, 967; Cass. 26. 4. 2010 = CED 247267. Für eine Darstellung der Entwicklung bis zu

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

Tötungsdelikt in Art. 584 iStGB Anwendung, weshalb die Präterintention ex Art. 43 iStGB als Kombination aus einer grunddeliktischen Vorsatztat und objektiver Verantwortlichkeit hinsichtlich des schwereren Erfolges auszulegen sei260. So heißt es in jüngeren Entscheidungen, dass keine Notwendigkeit zur Prüfung des Vorliegens von Fahrlässigkeitselementen zwischen der grunddeliktischen Handlung und dem letalen Erfolg bestehe261. Für die Anwendbarkeit des Art. 584 iStGB seien „Parameter wie Nachlässigkeit, Unvorsichtigkeit oder Unerfahrenheit genauso wie die Nichtbeachtung von Vorschriften absolut irrelevant“262. Zur Begründung dieser Auslegung werden im Schrifttum mehrere Anhaltspunkte aufgezeigt. Das wichtigste Argument für die verschuldensunabhängige Erfolgshaftung bestehe im generalpräventiven Anliegen, den Rechtsgütern Leben und körperliche Unversehrtheit einen möglichst effizienten Rechtsgüterschutz beizumessen263. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Begleitmaterialien zum Strafgesetzbuch verwiesen, wo derartige Argumente dezidiert zu finden sind264. den Leitentscheidungen des Verfassungsgerichtes im Jahr 1988 s. Donini, in: Insolera et al., Introduzione I, S. 192, 198 ff. 260 Gerade mit Blick auf das präterintentionale Tötungsdelikt ist die Position von Antolisei in besonderer Weise hervorzuheben. Der Autor hält an der Auslegung nach objektiver Verantwortung fest, entwickelt aber ein eigenes objektives Zurechnungskonzept, das er „menschliche Kausalität“ [causalità umana] nennt, wobei der Grundgedanke dieser Zurechnung in der Beherrschbarkeit von Kausalfaktoren durch den Menschen liegt. Dementsprechend will Antolisei jene Kausalfaktoren für die objektive Zurechnung ausschließen, die vor dem Täterverhalten bereits gegeben waren und absoluten Ausnahmecharakter aufweisen. Mit diesem Konzept, so Antolisei, sei eine Korrektur der durch die Bedingungstheorie hervorgekommenen Fehlentwicklungen für jene Fälle möglich, in denen das aktuelle Strafrecht eine Zurechnung unabhängig von Vorsatz und Fahrlässigkeit vorsieht: Antolisei, Il rapporto, S. 52 f.; zum dogmatischen Konzept der „menschlichen Kausalität“: Antolisei/Conti, Manuale PG S. 245 ff.; ders., Il rapporto, S. 199 ff.; für einen deutschsprachigen Überblick zu dieser Konzeption s. Hofer, S. 142 ff. 261 Vgl. Cass. 26. 4. 2010 = CED 247267; Corte d’Assise di Milano, 24. 1. 2008 = GM 2009, 1052 m. Anm. Cerqua. 262 Cass. 14. 4. 2006 = DPP 2006, 1389 in Anlehnung an den Wortlaut zur Fahrlässigkeitsdefinition in Art. 43 I iStGB. 263 So etwa Amelio, S. 76 f. (insbesondere FN 7), 85 f; Caraccioli, Manuale PG S. 310, 312; Fiandaca, in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 29, 40; Serianni, in: EGT XXI, S. 9; Tagliarini, S. 213; Zuccalà, S. 45, 68; eine verschuldensunabhängige Auslegung aufgrund generalpräventiver bzw. kriminal-politischer Überlegungen findet sich bei Fiandaca/Musco, PG S. 636 f.; Marini, Lineamenti, S. 534; Pannain Manuale PG S. 445; Spasari, AP 1957, 258 f. 264 Relazione sui Libri II e III del Progetto, in Lavori preparatori del codice penale e del codice di procedura penale, V, Progetto definitivo di un nuovo codice penale con la relazione del Guardasigilli on. Alfredo Rocco, II, Roma, 1929 S. 384: „Tuttavia l’opportunità di una più vigorosa tutela in tema di delitti di sangue mi ha consigliato di conservare l’articolo, allo scopo non già d’innovare alla disciplina fondamentale dell’art. 86, ma di stabilire un aumento delle pene per i delitti di omicidio o lesione, che siano conseguenze non volute dal colpevole.“ Aus dieser Überlegung heraus ergibt sich allerdings nach Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 585 f., nicht ein Bekenntnis zur objektiven Verantwortlichkeit, sondern die Erklärung zum hohen Strafrahmen im präterintentionalen Tötungsdelikt.

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Mit Blick auf die historischen Begleitmaterialien zum codice Rocco wird zudem darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber zwei verschiedene Erfolge im präterintentionalen Delikt vorgesehen hat, wobei der Erfolg, der nicht vom grunddeliktischen Vorsatz erfasst ist, verschuldensunabhängig bzw. ex lege zugerechnet werde265. Ferner gebe es keine Schuldform neben Vorsatz und Fahrlässigkeit (tertium non datur)266, weshalb es ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers sei, die Präterintention im Absatz zu den psychologischen Elementen in Art. 43 iStGB und respektive in Art. 42 II iStGB aufgezählt zu haben267. Ferner weisen die Befürworter dieser Auslegung auf die historischen Wurzeln der Präterintention hin, dem Grundsatz des versari in re illicita268. Schließlich habe der Gesetzgeber für die Fallgruppe der aberratio delicti nach Art. 83 iStGB ausdrücklich 265 Vgl. Relazione sul Libro I del Progetto, in Lavori preparatori del codice penale e del codice di procedura penale, V, Progetto definitivo di un nuovo codice penale con la relazione del Guardasigilli on. Alfredo Rocco, I, Roma, 1929 S. 88, zitiert nach Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 581: „V’è in esso una parte dell’evento che non è voluta dall’agente, ma gli è messa a carico come conseguenza della sua azione od omissione“; Atti della Commissione parlamentare chiamata a dare il proprio parere sul progetto di un nuovo codice penale, in Lavori preparatori, IV, Roma, 1930 S. 70, zitiert nach Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 581: „fin dove l’evento coincida con l’intento trattasi di delitto doloso; al di là dell’intento, si risponde a titolo di responsabilità oggettiva o ex lege.“ (Kursive im Original); s. etwa M. Romano, Commentario sistematico I, Art. 43 Rdn. 54; Spasari, AP 1957, 230 f., 249; Tagliarini, S. 195, S. 198; vgl. auch Riz, PG S. 303, der aufgrund historischer Interpretation an der objektiven Verantwortlichkeit de lege lata festhält (für eine Abschaffung de lege ferenda hingegen: Riz, PG S. 306 f.) und diesbezüglich auf das klare normative Fundament der Präterintention bzw. der objektiven Verantwortlichkeit verweist, das nicht durch eine Auslegung – etwa im Sinne einer Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination – entstellt werden sollte: „E, altrettanto non convincente, ci sembra il richiamo alla sentenza n. 364/1988 della Corte Costituzionale che in un ordinamento impostato sulla legalità non riesce a mutare la natura intrinseca degli istituti che hanno un loro chiaro fondamento normativo e non possono essere snaturati. Fino a quando la norma non è espressamente dichiarata viziata d’illegittimità costituzionale, essa resta tale quale è prevista dal codice penale, e il giudice non deve esaminare se l’evento più grave sia stato causato o no con colpa.“ (eigene Hervorhebungen) 266 So Amelio, S. 84; Bartoli, S. 127; Frosali, Sistema I, S. 520 f.; Ranieri, Manuale PG I S. 311; M. Romano, Commentario sistematico I, Art. 43 Rdn. 46; Spasari, AP 1957, 242, 244 f., 257; Zuccalà, S. 42. 267 So etwa Antolisei/Conti, Manuale PG S. 392 f.; ähnlich Frosali, Sistema I, S. 520; ders., GP 1947, II, 580. 268 So etwa Ardizzone, I reati, S. 44, 47; Boscarelli, Compendio PG S. 112; ders., RIDPP 1984, 896 f.; Grosso, in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 272 f.; Fiandaca/Musco, PG S. 636, 651; Padovani, Diritto penale, S. 222; Riz, PG S. 319; Zuccalà, S. 45; ders., in: Crespi/Stella/ Zuccalà, Commentario breve, S. 233; ähnlich auch Bellini, RP 2009, 1091; Demuro, S. 93; Pagliaro, in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 17; besonders hinzuweisen ist auf die Position von Antolisei, GP 1948, II, 7, 10: Als Befürworter der verschuldensunabhängigen Erfolgshaftung [responsabilità oggettiva] lehnt er die Konstruktion einer culpa in re ipsa als eine juristische Absurdität [un vero assurdo giuridico] ab, da auf diese Weise das dogmatische Fundament der Fahrlässigkeit ausgehebelt und das mittelalterliche Prinzip der versari in re illicita in die italienische Rechtsordnung wieder einziehen würde; zustimmend Conti, RIDPP 1950, 729.

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eine Fahrlässigkeitshaftung vorgesehen, die in einer Entscheidung der Vereinigten Senate des Kassationsgerichtshofs von 2009 bestätigt wurde269. Bei der Präterintention hingegen sei ein derartiges Fahrlässigkeitserfordernis nicht eingeführt worden, weshalb in diesem Kontext nach der Logik ubi lex non dixit, noluit eine rein objektive Erfolgszurechnung vorzunehmen sei270. Einige Autoren, welche die verschuldensunabhängige Erfolgshaftung befürworten, sehen in der Vorschrift zum Zurechungsausschluss bei zufälliger Erfolgsverwirklichung in Art. 45 iStGB eine Haftungsbegrenzung zur objektiven Verantwortlichkeit beim präterintentionalen Tötungsdelikt271. Die Ansicht wurde von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht geteilt, da die präterintentionale Tötung ein vorsätzliches Verbrechen sei, welches Zufallskomponenten enthalte272.

III. Objektive Verantwortung als Verantwortlichkeit aus völlig unerlaubtem Risiko – Responsabilità da rischio totalmente illecito In den 1960er Jahren – und damit rund 20 Jahre vor dem „revolutionären Urteil Nr. 364/88 des Verfassungsgerichtshofs“273, welches ein klares Bekenntnis zum Schuldprinzip enthielt274 – wurde von Antonio Pagliaro275 ein Interpretationsansatz entwickelt, der sich gewissermaßen als Alternative zum „reinen Objektivismus“276 des herrschenden Schrifttums zu etablieren versuchte: Trotz des Bekenntnisses zur objektiven Verantwortung wurde bestritten, dass diese Zurechnung einzig auf der 269

Cass. Sez. Un. 22. 1. 2009 = CED 243381 = RP 2009, 1406 = CP 2009, 4564. So etwa Grosso, in: EGT XXIV, S. 3; Riz, PG S. 302. 271 So Calvi, RIDPP 1962, 1145; Trapani, S. 405; Zuccalà, S. 44; vgl. hierzu auch Ramacci, I delitti di omicidio, S. 73. 272 „L’omicidio preterintenzionale è un reato doloso in cui si introduce una componente fortuita“: Cass. 30. 6. 1986 = CED 174619 = RP 1987, 886; Cass. 5. 6. 1978 = CPMA 1980, 395; vgl. ausführlich Vitale, S. 99 ff. 273 So Marinucci, RIDPP 1996, 424 = La colpa. Studi, S. 372; zustimmend auch Canestrari, in: Bricola/Zagrebelsky, Codice penale PG I, S. 586, der von einem radikalen Umbruch der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts spricht: „Si può quindi parlare, a ragione, di una svolta ,radicale‘ nella giurisprudenza costituzionale rappresentata dalla sentenza del 23 marzo 1988 n. 364 […]“. 274 Dieser zeitgeschichtliche Hinweis erscheint deshalb wichtig, da es Militello, in: Dig. disc. pen. VIII, S. 22 zufolge dem Autor Pagliaro um eine „angemessene Antwort auf die Fälle von Verantwortung ohne Vorsatz und Fahrlässigkeit ging“; ebenso auf diesen geschichtlichen Kontext hinweisend Basile, in: Studi in onore di M. Romano II, S. 720. 275 Vgl. Pagliaro, in: Studi in onore De Marsico II, S. 254 ff. sowie ders., La responsabilità, S. 101 f; vgl. aus dem deutschen Schrifttum Schweikert, ZStW 70 (1958), 394 ff., auf den Pagliaro übrigens dezidiert Bezug nimmt, zuletzt etwa in: Pagliaro, Principi PG S. 332 FN 99; die Entwicklungen von Pagliaro im Verhältnis zum Ansatz von Schweikert zeichnet Basile, La colpa, S. 138 f. nach. 276 So Ambos, GA 2002, 458. 270

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Grundlage einer verschuldensunabhängigen Erfolgszurechnung fuße277. Damit sollte erneut278 ein Versuch gestartet werden, die Figur der objektiven Verantwortlichkeit dogmatisch zu strukturieren, um sie so mit dem Schuldprinzip in Einklang zu bringen. Darin liegt der Ausgangspunkt zur Lehre der strafrechtlichen Verantwortung wegen völlig unerlaubtem Risiko279, die als „gemäßigter Objektivismus“280 bezeichnet werden kann. Die normativen Rahmenbedingungen dieser Auslegung bilden einerseits Art. 42 III iStGB, der die Anwendbarkeit von objektiver Verantwortlichkeit im Rahmen der Verfassung zulässt, und andererseits das in Art. 27 I iVerf enthaltene Schuldprinzip281. Pagliaro entwirft den Grundsatz, wonach die Person des Täters eng mit dem Unrecht verknüpft sei (principio di personalità dell’illecito) und drei Voraussetzungen aufweise282 : (1) der Täter muss die einzelnen Bestandteile des Tatbestandes zur Erreichung seiner Zielsetzung beherrschen bzw. zumindest beherrschen können; 277 Vgl. nur Ardizzone, in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 285, 290; Pagliaro, in: Grosso/ Padovani/Pagliaro, Trattato PG S. 137. 278 Bereits in den 1930er Jahren gab es vereinzelte Positionen, welche die objektive Verantwortlichkeit als culpa levissima auffassten: s. etwa Battaglini, Teorie generali, S. 150 f.; eine andere Ansicht forderte bei der Auslegung nach objektiver Verantwortlichkeit hinsichtlich des schwereren Erfolges zumindest Vorhersehbarkeit: Cavallo, La responsabilità, S. 562 ff.; ders., PG II S. 372. 279 So Pagliaro, in: Studi in onore De Marsico II, S. 243, 254 ff.; ders., La responsabilità, S. 101 f.; ders., RIDPP 1985, 645 ff.; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 12 f.; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 567 f.; ders., in: Studi in onore di Vassalli I, S. 179, 189 ff.; ders., CP 2008, 2688; als Ansatz de lege ferenda hingegen: Pagliaro, in: Prospettive di riforma, S. 44; ders., in: Prospettive di riforma, S. 161; ders., RIDPP 1994, 385 ff.; ders., in: Stile, La riforma, S. 38 ff. Diesen dogmatischen Ansatz befürworten prinzipiell auch Ardizzone, I reati, S. 177 f.; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 290 ff.; ders., in: Prospettive di riforma, S. 166 ff.; Militello, Responsabilità, S. 45 f.; ders., Rischio e responsabilità penale, S. 273 ff.; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 500 ff.; zustimmend auch Carmona, IP 2001, 239 f.; Padovani, Diritto penale, S. 222; eine vermittelnde Position nimmt Cori, CP 2006, 2445 ff. ein: Die Autorin steht den Überlegungen von Pagliaro prinzipiell nahe und stützt ihren Ansatz auf die Argumentation zu Art. 45 iStGB, befürwortet im Ergebnis allerdings auch eine konkrete Prüfung einzelner Fahrlässigkeitselemente. In der Rechtsprechung fand dieser Ansatz in zwei Entscheidungen im Kontext des Art. 586 iStGB Anwendung: Cass. 3. 8. 1993 = CED 194773 = RP 1994, 284 sowie Cass. 28. 3. 1997 = CED 207274 = CP 1998, 817; auf die kritische Auseinandersetzung mit dem Ansatz von Pagliaro bei Basile, La colpa, S. 132 ff. repliziert Pagliaro, in: Grosso/Padovani/Pagliaro, Trattato PG S. 143 ff. 280 So Ambos, GA 2002, 458. 281 Pagliaro, Principi PG S. 320; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 3, 13; ders., in: Grosso/Padovani/Pagliaro, Trattato PG S. 136. 282 Pagliaro, Principi PG S. 320; s. auch ders., in: Studi in onore di Vassalli I, S. 182; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 7; ders., RIDPP 1994, 378; ders., in: Stile, La riforma, S. 31, 39 f.; ders., in: Grosso/Padovani/Pagliaro, Trattato PG S. 132 f.

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(2) der Täter darf sich nicht in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befinden; (3) der Täter muss nach dem Maßstab des Art. 42 I iStGB zurechnungsfähig sein. Dem Autor zufolge beinhalte das Schuldprinzip in Art. 27 I iVerf keinen Ausschluss für subjektive Zurechnungskriterien außerhalb von Vorsatz und Fahrlässigkeit: Nach dem Schuldprinzip müsse der Tatbestand dem Täter in ethischer Hinsicht [eticamente] vorwerfbar sein – dagegen schreibe dieser Grundsatz keine spezielle Gesetzestechnik vor, die das Schuldprinzip zwangsläufig auf vorsätzliche bzw. fahrlässige Begehungsweise begrenzen würde283. Das Schuldprinzip setzt nach Pagliaro für einen zurechnungsfähigen Täter (supra, Nr. 3), dem die Kenntnis der Strafgesetze prinzipiell zumutbar ist (supra, Nr. 2) voraus, dass der Sachverhalt in einer beherrschbaren Beziehung zu dessen Verhalten steht (supra, Nr. 1). Diese Beherrschbarkeit werde im Sinne des Art. 27 I iVerf nicht nur durch die subjektiven Tatbestandselemente Vorsatz und Fahrlässigkeit garantiert, sondern auch durch die Kriterien der Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des Erfolgs im konkreten Sachverhalt284. Das dogmatische Fundament dieser Kriterien ergebe sich aus dem Zusammenspiel von Art. 42 III iStGB und Art. 45 iStGB, da die letztgenannte Vorschrift für die Erfolgszurechnung als Ausschlusskriterien „Zufall“ (entspricht der Unvorhersehbarkeit) und „höhere Gewalt“ (ent-

283 Pagliaro, Principi PG S. 327: „Il principio di colpevolezza esige soltanto che il soggetto sia eticamente rimproverabile per il fatto; ma gli rimangono del tutto indifferenti le particolarità tecniche da cui dipende il configurarsi di una responsabilità colpevole.“ s. auch ders., in: Studi in onore di Vassalli I, S. 1185; ders., Principi PG S. 320 f.; ders., in: Grosso/Padovani/Pagliaro, Trattato PG S. 139; zustimmend auch Militello, Responsabilità, S. 38 FN 50: „non si accoglie la tesi, pur autorevole, che legge l’art. 27, comma 1 Cost. in modo da affermare la non compatibilità costituzionale di tutte le forme di responsabilità obiettiva“; s. auch Ardizzone, I reati, S. 197; Carmona, IP 2001, 239. 284 Pagliaro, Principi PG, S. 328: „Una forma di responsabilità, la quale ponga, tra il soggetto dell’illecito e l’accadimento che costituisce il nucleo centrale del fatto di reato, una mera relazione di evitabilità finalistica, può dunque essere considerata ,personale‘. Il che si traduce […] nella duplice esigenza della prevedibilità ed evitabilità dell’evento nella situazione concreta“ (Hervorhebungen im Original); ders., in: Studi in onore di Vassalli I, S. 186: „Soprattutto, poi, per un normalissimo processo di integrazione tra norme di grado superiore e norme di grado inferiore, i requisiti della prevedibilità ed evitabilità dell’evento, desumibili dall’art. 27 Cost., sono per ciò stesso posti in ogni ipotesi di responsabilità penale, anche se la singola disposizione a livello di legge ordinaria non li menziona“; s. auch ders., La responsabilità, S. 105; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 13; ders., in: Stile, La riforma, S. 40; ders., CP 2008, 2686 f.; ders., in: Grosso/Padovani/Pagliaro, Trattato PG, S. 139; zustimmend Ardizzone, I reati, S. 177 ff.; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 302; Carmona, IP 2001, 240; Militello, Responsabilità, S. 41; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 501; ähnlich auch Tagliarini, S. 224; einen starken Fokus auf die Vorhersehbarkeit setzt auch Insolera, IP 1981, 764, der sowohl eine verschuldensunabhängige Erfolgshaftung wie eine Fahrlässigkeitshaftung nach den Kriterien des Art. 43 iStGB ausschließt: „La prevedibilità dell’evento è quindi criterio che consente di ritenere coerenti con il disposto dell’art. 27 I comma della Costituzione, ipotesi che altrimenti dovrebbe definirsi di responsabilità oggettiva.“

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spricht der Unvermeidbarkeit) nennt285. Insgesamt sei die objektive Verantwortlichkeit im Strafrecht eng an die Kriterien von Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit geknüpft, weshalb die objektive Verantwortlichkeit auf Basis der reinen Erfolgshaftung mit der italienischen Rechtsordnung nicht vereinbar sei286. Nach dieser Feststellung versucht der Autor, die Figur der „objektiven Verantwortlichkeit“ auf ein neues dogmatisches Fundament zu stellen, welches im Einklang mit den Prinzipien des Art. 27 I iVerf steht, allerdings nicht mit der strafrechtlichen Verantwortung wegen Fahrlässigkeit zusammenfällt und schließlich eine Erklärung für die erhöhte Strafwürdigkeit gewisser Deliktsgruppen gegenüber der Idealkonkurrenzlösung aus vorsätzlichem Grund- und fahrlässigen Erfolgsdelikt bietet287. Die Verfassungskonformität der objektiven Verantwortlichkeit in Art. 42 III iStGB stellt Pagliaro über die Kriterien der Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des Erfolges sicher288. Die Unvereinbarkeit der Konzepte von objektiver und fahrlässiger Verantwortlichkeit ergebe sich nach dem Autor aus dem Umstand, dass der Fahrlässigkeitsvorwurf auf der Überschreitung eines durch die Rechtsordnung erlaubten Risikos gründe, während bei gewissen Delikten, die der objektiven Verantwortlichkeit zuzuschreiben seien, überhaupt kein Raum für ein erlaubtes Risiko bestehe, da bereits das Grunddelikt verboten sei. Aus diesem Grund seien die beiden Verantwortungsbereiche strikt zu unterscheiden: Während der Fahrlässigkeitsvorwurf eine Überschreitung des erlaubten Risikos darstelle, gründe der Vorwurf zur objektiven Verantwortlichkeit auf einem völlig unerlaubten Risiko289. Gemeinsam hätten die beide Konzepte lediglich die Voraussetzungen nach Art. 27 I iVerf und

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Pagliaro, Principi PG S. 330: I requisiti della prevedibilità e della evitabilità dell’evento „risultano già dal combinato disposto [del terzo comma dell’art. 42 c.p.] con l’art. 45 c.p., il quale non distingue tra le diverse tipologie della responsabilità e perciò dà rilevanza al caso fortuito (= imprevedibilità dell’evento) e alla forza maggiore (= inevitabilità dell’evento) anche nelle forme di responsabilità senza dolo, né colpa“; ders., in: Studi in onore di Vassalli I, S. 182; vgl. auch ders., La responsabilità, S. 102; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 13; ders., in: Grosso/Padovani/Pagliaro, Trattato PG S. 140; Cori, CP 2006, 2447. 286 Pagliaro, Principi PG S. 330; ders., in: Studi in onore di Vassalli I, S. 186; ders., in: Stile, La riforma, S. 38; ders., in: Prospettive di riforma, S. 44; ders., in: Grosso/Padovani/Pagliaro, Trattato PG S. 140; zustimmend Cori, CP 2006, 2447. 287 Pagliaro, Principi PG S. 330; ders., in: Studi in onore di Vassalli I, S. 190; ders., CP 2008, 2684; ders., in: Grosso/Padovani/Pagliaro, Trattato PG S. 140. 288 Pagliaro, Principi PG S. 331; ders., in: Grosso/Padovani/Pagliaro, Trattato PG S. 140. 289 Pagliaro, Principi PG S. 327: „La colpa, infatti, richiede la violazione di una regola cautelare nell’ambito di un’attività in sé stessa lecita; e perciò suppone anche che il soggetto superi il limite di rischio che gli è consentito dall’ordinamento.“ In diesem Sinne auch ders., RIDPP 1985, 645 ff.; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 15; ders., in: Stile, La riforma, S. 40 f.; ders., in: Prospettive di riforma, S. 161 f.; ders., RIDPP 1994, 385; ders., CP 2008, 2688; ders., in: Grosso/Padovani/Pagliaro, Trattato PG S. 141; Ardizzone, I reati, S. 205; Militello, Rischio, S. 237 f.; ders., in: Dig. disc. pen. VIII, S. 207 ff.

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damit die Kriterien zur Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des Erfolges290. So stehe der Fahrlässigkeitshaftung, die auf einem von der Rechtsordnung erlaubten Verhalten gründet, ein moderner objektiver Haftungsbegriff gegenüber, der auf einem völlig unerlaubten Grundverhalten fußt291. Diese Ausführungen würden die erhöhte Strafwürdigkeit gewisser Deliktsgruppen rechtfertigen, zu denen Pagliaro auch die präterintentionalen Delikte zählt292 : Im Unterschied zu den Fahrlässigkeitsdelikten sei das Risiko dieser Delikte von Anfang an unerlaubt, sodass gewisse Tatbestände einen nachvollziehbaren Sanktionensprung gegenüber der Idealkonkurrenzlösung aus vorsätzlichem Grund- und fahrlässigem Erfolgsdelikt aufweisen würden293. Insgesamt stelle sich die moderne objektive Verantwortlichkeit als Haftung ohne Vorsatz bzw. Fahrlässigkeit dar, die dennoch vom Verschuldensgrundsatz gedeckt sei: Die verfassungskonforme Auslegung der objektiven Verantwortlichkeit zu einem Verhalten, das sich im Rahmen eines völlig unerlaubten Risikos bewege, ergebe sich durch die Beachtung der Parameter Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des Qualifikationserfolges294.

IV. Zurechnung aufgrund Fahrlässigkeit wegen Missachtung einer strafrechtlichen Vorschrift Ein Teil des Schrifttums sieht das Zurechnungskriterium für den über die Absicht hinausgehenden schwereren Erfolg beim präterintentionalen Tötungsdelikt in Art. 584 iStGB im Fahrlässigkeitsvorwurf wegen Missachtung einer strafrechtlichen Norm 295. Dieser Ansatz war bereits im Schrifttum zum Vorgänger des aktuellen 290 Pagliaro, in: Studi in onore di Vassalli I, S. 191; ders., RIDPP 1985, 640, 646, 648; vgl. auch Militello, Responsabilità, S. 44. 291 Pagliaro, Principi PG S. 331; ders., in: Grosso/Padovani/Pagliaro, Trattato PG S. 142; vgl. auch Castaldo, in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 317 f. 292 Pagliaro, Principi PG S. 334 ff., explizit auf S. 335: La preterintenzione „è un misto di dolo e responsabilità c.d. obiettiva.“ s. auch ders., in: Studi in onore di Vassalli I, S. 191; ders., in: Grosso/Padovani/Pagliaro, Trattato PG S. 148; zustimmend Ardizzone, in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 290; Militello, Rischio, S. 288 f. 293 Pagliaro, Principi PG S. 327; ders., in: Studi in onore di Vassalli I, S. 193; ders., in: Prospettive di riforma, S. 44 f.; vgl. auch Militello, in: Dig. disc. pen. VIII, S. 201 f. 294 Pagliaro, Principi PG S. 332; ders., in: Studi in onore di Vassalli I, S. 193; in diesem Sinne auch Ardizzone, I reati, S. 205. 295 In der Rechtsprechung s. etwa Cass. 24. 1. 1979 = RP 1979, 665; Cass. 15. 11. 1989 = CED 182907 = RP 1990, 744; aus dem Schrifttum s. Alimena, S. 93 f., 199; Bettiol/Pettoello Mantovani, PG S. 542; Delitala, in: Raccolta degli scritti I, S. 326; ders., in: Raccolta degli scritti, S. 73 FN 135; De Vero, Corso I S. 615 ff.; Finzi, S. 156; Giannelli, La figura del delitto preterintenzionale, S. 23; Nuvolone, Il sistema, S. 314, 367; Vannini, Quid juris?, S. 86; ähnlich auch Prosdocimi, IP 1985, 288; Trapani, S. 403, 409; dabei ist durchaus bemerkenswert, dass der Hauptvertreter dieser Theorie die Anwendbarkeit dieses Ansatzes für die präterintentionale Tötung nach Art. 584 iStGB verneint: Leone, S. 140 f.; deutlich gegen diese Auslegung Ma-

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italienischen Strafgesetzbuchs, dem codice Zanardelli von 1889, anzutreffen296 und wurde erstmals von Finzi297 im Kontext des fahrlässigen Zurechnungskriteriums bei den präterintentionalen Delikten in sensu lato formuliert. Mit der Einführung des codice Rocco von 1930 vergrößerte sich die Zahl der Anhänger dieser Lehre298. Auch in der Rechtsprechung299 stieß dieser Ansatz auf Zustimmung, was nach Basile daran liegt, dass über diese Interpretation in substantieller Hinsicht dieselben Ergebnisse wie über eine reine Erfolgshaftung erreicht werden konnten, ohne dabei das Konzept der „objektiven Verantwortlichkeit“ zu bedienen300. Die Ausarbeitung des dogmatischen Fundaments dieses Ansatzes geht auf eine Publikation von Giovanni Leone zurück301. Der Autor untersuchte den Gesetzestext des Art. 43 iStGB, insbesondere das fahrlässige Verhalten wegen „Nichtbeachtung von Gesetzen“. Zunächst wies er nach, dass auch das Strafgesetz (im Speziellen die vorsätzlichen Delikte) unter die in Art. 43 iStGB genannten Rechtsquellen zur Fahrlässigkeit falle: (1) Der Wortlaut der Vorschrift in Art. 43 iStGB enthalte keine Einschränkungen für strafrechtliche Normen, weshalb sich bei einer wörtlichen Interpretation der Fahrlässigkeitsdefinition im Strafgesetzbuch kein Ausschluss der Strafgesetze ableiten lasse302. (2) Der Unterschied zwischen zivil- und strafrechtlichen Vorschriften bestehe in der Art der Sanktionierung. Dieser Teil der strafrechtlichen Normen spiele aber für rinucci/Dolcini, Manuale PG S. 315 f., 338, die auf den engen Rechtsgüterschutz der grunddeliktischen Verletzungstatbestände hinweisen; vgl. auch die Kritik zu dieser Auslegung, die das Potential zur Erfolgshaftung beinhalten würde: Antolisei, GP 1948, II, 9 ff. = Scritti di diritto penale, 333 ff. (der Autor spricht in diesem Zusammenhang von einem Etikettenschwindel [wörtlich: Etikettentausch]); Antolisei/Conti, Manuale PG S. 375; Canestrari, in: Dig. disc. pen. IX, S. 699, 701; Grosso, in: EGT XXIV, S. 4; Marinucci, in: La colpa. Studi, S. 92, 131, 141, 142 f., 175 ff., 208 f. (insbesondere zu den erfolgsqualifizierten Delikten: S. 139 f., 209); ders., in: La colpa. Studi, S. 321, 323; Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 585; vgl. aus dem deutschen Schrifttum bereits v. Hippel, Vergleichende Darstellung AT III, S. 571; Roxin, ZStW 74 (1962), 431; ders., GS Radbruch, S. 264 f. 296 Eingehend hierzu Castronuovo, RIDPP 2002, 497 ff.; De Francesco in: Vinciguerra, S. 420 ff. jeweils m. w. N. 297 Finzi, S. 156: „Anche nel caso in cui l’evento non possa dirsi conseguenza di una condotta alla quale possa rimproverarsi imprudenza o negligenza, devesi cionondimeno riconoscere che esso è un evento colposo in quanto deriva dalla inosservanza di un precetto penale (delitto doloso).“ (Hervorhebung im Original) 298 So etwa Vannini, Lineamenti, S. 85 f. m. w. N. 299 Vgl. etwa Cass. 15. 11. 1989 = CED 182907 = RP 1990, 744. 300 Basile, La colpa, S. 182 f. 301 Wie bereits zuvor erwähnt, zählt der Autor das präterintentionale Tötungsdelikt in Art. 584 iStGB nicht zu den Vorschriften, die unter den Anwendungsbereich der „colpa per inosservazione di legge“ fällt, da das Tötungsdelikt keinen zweifachen, sondern einen einzigen Erfolg aufweist: Leone, S. 140 f. 302 Leone, S. 141.

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die Bestimmung eines mit dem Gesetz in Konflikt stehenden Verhaltens keine Rolle: Die Gesetzesverletzung ergebe sich in erster Linie aus dem positivierten Verhaltensgebot. Daraus folgt, dass es für die Feststellung eines mit dem Gesetz in Konflikt stehenden Verhaltens irrelevant sei, ob das gesetzliche Verhaltensgebot auf ein Strafgesetz zurückgeht303. (3) Die teleologische Begründung hinter dem Fahrlässigkeitskriterium „Nichtbeachtung von Gesetzen“ ziele auf den schaden- und gefahrenvorbeugenden Charakter der Vorschriften ab. Hier würden auch die strafrechtlichen Normen hineinfallen, die nicht nur repressive, sondern auch präventive Funktionen wahrnehmen304. Leone stellte klar, dass die Fahrlässigkeit wegen Nichtbeachtung einer strafrechtlichen Vorschrift eine vermutete Fahrlässigkeit sei, bei der im Einzelfall keine Notwendigkeit zur Erhebung der Vorhersehbarkeit des unbeabsichtigten Erfolgs oder zum Vorliegen von Nachlässigkeit, Unvorsichtigkeit oder Unerfahrenheit besteht – diese Elemente können lediglich für den Grad der Fahrlässigkeit eine Rolle spielen305. Insgesamt bewege sich sein Konzept an der Grenze zwischen Fahrlässigkeit und objektiver Verantwortlichkeit306, da sich das Zurechnungskriterium einerseits aus dem Kausalzusammenhang zwischen dem grunddeliktischen und dem qualifizierenden Erfolg, und andererseits aus der zur Begehung des Grunddelikts resultierenden Nichtbeachtung einer strafrechtlichen Vorschrift zusammensetzt307.

303 Leone, S. 141: „Poiché della legge quella parte che non si osserva è il precetto, è evidente che, nel determinare il contrasto tra una condotta umana e una legge, quello che viene in esclusiva considerazione è il precetto, mentre la sanzione a questo fine non ha alcuna rilevanza: ma, poiché quella che assegna ad una norma la natura civile o penale è soltanto la sanzione, è evidente che appare del tutto indifferente, ai fini dell’accertamento del contrasto tra condotta umana e legge, il carattere penale o meno di quest’ultima.“ (Hervorhebungen nach Basile, La colpa, S. 165). 304 Leone, GP 1941, 216, zitiert nach Basile, La colpa, S. 165 f.: „In ogni precetto penale, al di sotto del comando di non produrre l’evento vietato, è costantemente contenuto il divieto di mantenere una determinata condotta, la quale, per la sua capacità di produrre l’evento voluto, si presenta fornita delle note più spiccate di pericolosità, quindi contraria alle esigenze di prevenzione del danno o del pericolo che stanno alla base della norma ipotizzante un reato colposo.“ 305 Leone, S. 149 ff., 209. 306 Leone, S. 209. 307 Leone, S. 150, 209.

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V. Zurechnung aufgrund implizierter Vorhersehbarkeit Seit kurzem finden sich im Schrifttum308 und Rechtsprechung309 eine Spezifizierung des Auslegungskonzepts bezüglich der Fahrlässigkeit wegen Nichtbeachtung einer strafrechtlichen Vorschrift, die zumindest in Italien einen neuen Standpunkt310 zur Frage nach der subjektiven Tatseite der präterintentionalen Tötung einnimmt. Diese Auslegung will von der komplexen, zweigliedrigen Struktur der Präterintentionalität im Sinne der Kombinationen von Vorsatz und einem weiteren Element (etwa der objektiven Verantwortlichkeit oder der Fahrlässigkeit) zugunsten eines eingliedrigen subjektiven Kriteriums abrücken. So wird festgehalten, dass die Vorhersehbarkeit des letalen Ausgangs als schwerwiegende Folge einer Körperverletzungshandlung bereits im grunddeliktischen Vorsatz impliziert sei311. Zur Unterstützung wird auf den erschwerenden Umstand zur bewussten Fahrlässigkeit in Art. 61 Nr. 3 iStGB hingewiesen: Die Anwendbarkeit dieses spezifischen erschwerenden Umstandes sei beim präterintentionalen Tötungsdelikt ausgeschlossen, da die Vorhersehbarkeit der Todesfolge – ebenso wie im vorsätzlichen Delikt – bereits ein notwendiges Element des präterintentionalen Tatbestandes sei312. Die Vorhersehbarkeit des tödlichen Erfolges werde daher im vorsätzlichen Grunddelikt absorbiert (im Sinne einer Vorhersehbarkeit in re ipsa313), weshalb die typischen Elemente der Fahrlässigkeit nach Art. 43 iStGB, nämlich Nachlässigkeit, Unvorsichtigkeit, Unerfahrenheit oder die Nichtbeachtung von Normen im Kontext des präterintentionalen Tötungsdeliktes, irrelevant seien314. 308 Amato, GDir 2005/23, 63 ff.; ders., GDir 2006/24, 89 ff.; Pavich, S. 11 ff.; Santalucia, D&G 2006/27, 38 ff. 309 Vgl. Cass. 8. 3. 2006 = CP 2007, 2383; Cass. 27. 1. 2012 = CED 253536; Cass. 17. 5. 2012 = CED 253357 = CP 2003, 2667 m. Amn. Paoloini; Cass. 12. 7. 2012 = CED 253744; Cass. 18. 10. 2012 = CED 254386; Cass. Sez. I v. 8. 5. 2013, Nr. 27161. 310 Vgl. die Praxis des PrOTr in der Mitte des 19. Jahrhunderts im Zweiten Teil D. I. 2. 311 So Amato, GDir 2005/23, 68: „In altri termini, ciò che rileva per ritenere l’elemento psicologico del reato de quo è la dimostrata volontarietà della condotta posta in essere dall’imputato diretta a percuotere, prescindendo da ogni indagine circa la volontarietà e la prevedibilità dell’evento maggiore (cioè, la morte) derivatone.“ (Kursive im Original); und auch Santalucia, D&G 2006/27, 40: „L’omicidio preterintenzionale non richiede invece null’altro oltre il dolo del delitto sussidiario, perché l’evento da cui dipende l’esistenza del reato progressivo è unico.“ 312 Cass. Sez. V v. 8. 3. 2006, Nr. 13673: „La tassativa limitazione dell’aggravante al delitto colposo conferma che la previsione dell’evento da cui dipende l’esistenza del reato è componente necessaria e non circostanziale nel delitto preterintenzionale, come in quello doloso. Il sistema dunque significa che quanto al delitto preterintenzionale, la disposizione dell’art. 43 assorbe la prevedibilità di evento più grave nell’intenzione di risultato, per il quale parametri di negligenza, imprudenza o imperizia, men che l’osservanza di norme sono assolutamente irrilevanti.“ 313 So wörtlich Amato, GDir 2005/23, 68 und ders., GDir 2006/24, 91. 314 So Amato, GDir 2005/23, 68: „In realtà, una soluzione equilibrata e compatibile con i principi costituzionali in tema di responsabilità penale (si veda l’articolo 27), può essere trovata considerando che nell’omicidio preterintenzionale è pur sempre apprezzabile l’elemento

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Da der Vorhersehbarkeit des tödlichen Ausgangs als Zurechnungskriterium keine Relevanz beizumessen sei, würden die Prüfung zum Kausalzusammenhang und die Kriterien der objektiven Erfolgszurechnung nach Art. 40 und Art. 41 iStGB, insbesondere im Hinblick auf nachträgliche Kausalfaktoren, eine wichtige zurechnungsausschließende Funktion beinhalten315.

VI. Exkurs: Zur Verfassungskonformität der verschuldensunabhängigen Erfolgshaftung Während die Auslegung des traditionellen Schrifttums zur präterintentionalen Tötung explizit eine verschuldensabhängige Erfolgshaftung unter dem Schlagwort „objektive Verantwortlichkeit“316 befürwortet, zeigen die anderen bisher vorgestellten Interpretationsansätze eine starke Affinität zum objektivistischen Ansatz317. Vielfach genüge – trotz dogmatischer Konstruktionen eines völlig unerlaubten Risikos, einer impliziten Vorhersehbarkeit318 oder eines Fahrlässigkeitsvorwurfs wegen Verletzung einer strafrechtlichen (Vorsatz-)Norm – ein objektiver Verursachungszusammenhang für die Erfüllung des präterintentionalen Tatbestandes, sodass de facto auf die Prüfung zum Vorliegen des Fahrlässigkeitselements hinsichtlich der Todesfolge verzichtet wird319.

soggettivo della colpa, rispetto all’evento morte non voluto, che va ricercato nell’avere disatteso il precetto di non porre in essere atti diretti a percuotere o a ledere, dai quali è ben possibile (e quindi prevedibile) che da tali atti possa sopravvenire naturalisticamente (ancorché involontariamente) la morte del soggetto.“ und ferner ders., GDir 2006/24, 90: „In realtà, la specificità dell’omicidio preterintenzionale, quale è desumibile dal combinato disposto degli articoli 43 e 584 del Cp, è ravvisabile proprio nel fatto che all’agente è addebitabile anche quell’evento morte che pure non si potesse ritenere in concreto prevedibile a voler considerare le specifiche modalità di aggressione dell’altrui incolumità.“ (eigene Hervorhebungen) 315 Pavich, S. 13; deutlich Amato, GDir 2005/23, 68: „In questa ultima prospettiva ermeneutica, intermediaria rispetto a quelle cui si è accennato della ‘responsabilità oggettiva’ e del ‘dolo misto a colpa’, l’imprevedibilità dell’evento può rilevare per escludere la responsabilità dell’agente solo nella prospettiva dell’articolo 41, comma 2, del Cp, ossia laddove tale evento risulti ricondursi a una causa eccezionale e sopravvenuta del tutto svincolata dalla condotta lesiva dell’agente, tale da porsi come causa esclusiva dell’evento.“ s. auch ders., GDir 2006/24, 91. 316 Dazu rechtsvergleichend Donini, Verbrechenslehre, S. 98. 317 Zustimmend Piccardi, CP 2004, 877; vgl. Puppe, Erfolgszurechnung, S. 197 zur dem Grunddelikt impliziten Vorhersehbarkeit. 318 Dazu rechtsvergleichend Donini, Verbrechenslehre, S. 98. 319 So bereits Ambos, GA 2002, 458; Angioni, RIDPP 1989, 1498 ff., 1511 f; Bettiol, PG S. 480; Canestrari, in: Dig. disc. pen. IX, S. 699, 702 f.; ders., RIDPP 2001, 901, 904 (der Autor spricht in diesem Zusammenhang von einer getarnten objektiven Verantwortlichkeit [responsabilità oggettiva occulta]); Fiandaca/Musco, PG S. 638; Lunghini, in: Dolcini/Marinucci, Codice penale commentato I, Art. 43 Rdn. 63; F. Mantovani, RIDPP 1981, 460; ders., PG S. 399; Marinucci, RIDPP 1991, 37 = La colpa. Studi, S. 368; ders., RIDPP 1996, 435 = La

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Gleichzeitig erscheint bemerkenswert, dass sich das herrschende Schrifttum trotz der äußerst breiten objektivistischen Autorenschaft zum Verschuldensgrundsatz bekennt, indem es in Art. 27 I iVerf die Verankerung des Schuldprinzips sieht320, während lediglich eine Minderheitenmeinung321 bestreitet, dass das Prinzip nulla poena sine culpa durch die genannte verfassungsrechtliche Bestimmung in der geltenden Strafrechtsordnung vorgesehen sei. Der offensichtliche Gegensatz von verschuldensunabhängiger Erfolgshaftung i. S. d. „objektiven Verantwortlichkeit“ und dem Schuldprinzip wurde bereits in mehreren Urteilen des italienischen Verfassungsgerichtshofs ausjudiziert, wobei zwei Entscheidungen aus dem Jahr 1988 wegweisend für die verfassungskonforme Auslegung waren322. Im Urteil des Verfassungsgerichts Nr. 364/1988323 findet sich im obiter dictum ein klares Bekenntnis zum Verschuldensgrundsatz im Strafrecht324 : Über den Terminus „Verschulden“ werde bereits auf grundrechtlicher Ebene der Ermessensspielraum des Gesetzgebers dahingehend eingeschränkt, dass die Verfassung subjektive Mindeststandards für die Sanktionierung strafbaren Verhaltens voraussetze: „Der Begriff der Schuld […], außerhalb der Systematik zum Verbrechensaufbau, beschreibt das liberale rechtsstaatliche Verfassungsprinzip (in Bezug auf den strafrechtlichen Personalitätsgrundsatz, zu den Voraussetzungen der persönlichen Verantwortlichkeit, usw.), aufgrund dessen der Ermessensspielraum des ordentlichen Gesetzgebers beim Statuieren von persönlich-strafbaren Taten eine Grenze erfährt, [nämlich] in dem Sinne, dass die notwendigen Mindestvoraussetzungen für die subjektive Zurechnung [bereits] durch die Verfassung vorgegeben werden, ohne die der Tatbestand nicht rechtmäßig unter Strafe gestellt werden kann.“325

colpa. Studi, S. 385 f.; Marinucci/Dolcini, Manuale PG S. 338; ähnlich auch Patalano, in: ED XXIX, S. 980 f.; ders., in: ED XXXV, S. 354. 320 Instruktiv zur italienischen Entwicklung bei Cornacchia, Concorso, S. 85 ff.; für die einschlägigen Nachweise in der Lehre s. die Übersicht in Fußnote 120 im Ersten Teil. 321 Vgl. dazu etwa Boscarelli, Compendio PG S. 110 ff.; ders., RIDPP 1984, 896 f.; Caraccioli, Manuale PG S. 340; Marini, Lineamenti, S. 245 f.; unter Berufung auf den historischen Willen des Gesetzgebers Riz, PG S. 302 ff.; eingeschränkt auf jene Sachverhalte, in denen dem Täter für die direkt beabsichtigten Erfolge ein Vorsatzvorwurf nachgewiesen werden kann: Tagliarini, S. 220 f. 322 Eingehend zur Entwicklung Donini, in: Insolera et al., Introduzione I, S. 205 ff. 323 Corte Cost. 24. 3. 1988, Nr. 364 = RIDPP 1988, 686 m. Anm. Pulitanò = FI 1988, I, 1385; m. Anm. Fiandaca. 324 Für das herrschende Schrifttum s. – abgesehen vom den in Kapitel II genannten Autoren: Donini, Verbrechenslehre, S. 135 f.; Fiandaca, FI 1988, I, 1385, 1389 f.; F. Mantovani, RIDPP 1990, 385; Marinucci/Dolcini, Manuale PG S. 288 f.; Pulitanò, RIDPP 1988, 699 ff. 325 Eigene Übersetzung zu Corte Cost. 24. 3. 1988, Nr. 364 = FI 1988, I, 1398: „Il termine colpevolezza […], fuori della sistematica degli elementi del reato, denotato il principio costituzionale, garantista (relativo alla personalità dell’illecito penale, ai presupposti della responsabilità personale, ecc.) in base al quale si pone un limite alla discrezionalità del legislatore ordinario nell’incriminazione dei fatti personalmente sanzionabili, nel senso che vengono

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Anschließend beschrieb der oberste Gerichtshof dezidiert den Mindeststandard, wonach eine strafrechtliche Verantwortung des Täters nur dann gegeben sei, wenn ihn ein Fahrlässigkeitsvorwurf hinsichtlich der wesentlichsten Elemente des Tatbestandes trifft: „Als Resümee der ersten Ausführungen zur Auslegung der Bestimmung im ersten Absatz des Art. 27 [der Verfassung] muss […] festgehalten werden, dass der angeklagte Sachverhalt – um rechtmäßig Strafe nach sich zu ziehen – in Bezug auf die wesentlichsten Elemente des Tatbestandes notwendigerweise zumindest die Fahrlässigkeit des Täters beinhalten muss.“326

Obwohl diese Entscheidung der „objektiven Verantwortlichkeit“ prinzipiell Raum zugestand327, kommt sie doch zum Leitsatz, Art. 27 I iVerf („Die strafrechtliche Verantwortung ist persönlich“) beinhalte u. a. das Verschuldensprinzip328. Gleichzeitig bedeutete diese Formulierung für den Rechtsanwender, dass „die objektive Verantwortlichkeit (für die eigene Tat) als solche […] jedoch nie für illegitim gehalten [wurde], nicht einmal im Jahr 1988.“329 – eine absolute Absage an die verschuldensunabhängige Verantwortlichkeit war also vom Verfassungsgericht nicht intendiert. Zwei Präzisierungen der Grundsatzentscheidungen erfolgten durch das Verfassungsgericht im selben Jahr in der Entscheidung Nr. 1085/1988330. So wurde klargestellt, dass eine Haftung nach dem Grundsatz qui in re illicita versatur respondit etiam pro casu mit dem Verschuldensprinzip in Art. 27 I iVerf unvereinbar sei331. costituzionalmente indicati i necessari requisiti subiettivi minimi d’imputazione senza la previsione dei quali il fatto non può legittimamente essere sottoposto a pena.“ 326 Eigene Übersetzung zu Corte Cost. 24. 3. 1988, Nr. 364 = FI 1988, I, 1403: „A conclusione del primo approccio interpretativo del disposto di cui al 18 comma dell’art. 27, deve […] affermarsi che il fatto imputato, perché sia legittimamente punibile, deve necessariamente includere almeno la colpa dell’agente in relazione agli elementi più significativi della fattispecie tipica.“ (Hervorhebungen im Original) Diese Position wird schließlich mit dem Erziehungsgedanken der Strafe begründet – sofern dem Täter nicht einmal Fahrlässigkeit vorgeworfen kann, sei eine Erziehungsmaßnahme von Vornherein zweckfremd: vgl. nur F. Mantovani, RIDPP 1990, 385 f.; Marinucci/Dolcini, Manuale PG S. 288. 327 Corte Cost. 24. 3. 1988, Nr. 364 = FI 1988, I, 1403: „Se nelle ipotesi di responsabilità oggettiva vengono comprese tutte quelle nelle quali anche un solo, magari accidentale, elemento del fatto, a differenza di altri elemento, non è coperto dal dolo o dalla colpa dell’agente (c.d. responsabilità oggettiva spuria od impropria) si deve anche qui ribadire che il 18 comma dell’art. 27 Cost. non contiene un tassativo divieto di ,responsabilità oggettiva‘“; vgl. zur Reichweite dieses Gedankens Pulitanò, RIDPP 1988, 701 ff. 328 Stellvertretend für die h. M. vgl. Basile, La colpa, S. 226 m. w. N. 329 So Donini, Verbrechenslehre, S. 135. 330 Corte Cost. 13. 12. 1988, Nr. 1085 = RIDPP 1990, 289 = FI 1989, I, 1378 m. Anm. Ingroia. 331 Corte Cost. 13. 12. 1988, Nr. 1085 = FI 1989, I, 1385: „Tale principio [qui in re illicita versatur rispondit etiam pro casu] contrasta con l’art. 27, 18 comma, Cost. la sentenza di questa corte n. 364 del 1988 (Foro it., 1988, I, 1385), nell’interpretare, alla luce dell’intero sistema costituzionale, il parametro ora richiamato, ha sancito che dal medesimo risulta richiesto, quale

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Schließlich wurde auch der Sinngehalt der in der früheren Entscheidung erwähnten „wesentlichsten Elemente des Tatbestands“ näher ausgeführt: Der Verschuldensgrundsatz erfordere, dass der Täter in subjektiver Hinsicht all jene Elemente erfasst, die den strafrechtlichen Unrechtsgehalt des Tatbestandes auszeichnen: „Damit Art. 27 I der Verfassung vollumfänglich beachtet wird und die strafrechtliche Verantwortung in authentischer Weise persönlich ist, ist es unentbehrlich, dass jedes einzelne der Elemente, die in der Kennzeichnung des Unwerts des Tatbestandes zusammenwirken, dem Täter subjektiv zugerechnet wird (also von Vorsatz oder Fahrlässigkeit getragen ist) und es ist außerdem unabdingbar, dass jedes der vorher genannten Elemente dem Täter vorwerfbar und damit auch subjektiv missgebilligt ist.“332

Nur jene Merkmale, die außerhalb von Unrecht und Schuld liegen, können ohne Beachtung des Schuldprinzips in Art. 27 I iVerf Anwendung finden333. Weitere Urteile des Verfassungsgerichts bekräftigten die Grundsätze der subjektivistischen Auslegung der beiden wegweisenden Entscheidungen von 1988334. Zuletzt enthielt die Entscheidung aus dem Jahr 2007 das klare Bekenntnis zum Schuldprinzip mit der expliziten Aufforderung an die Rechtsprechung, diesen Grundsatz zu respektieren: „Das Schuldprinzip – wie in den Urteilen Nr. 364 und 1085 im Jahr 1988 von diesem Gericht dargelegt – stellt sich nicht nur für den Gesetzgeber hinsichtlich der Ausgestaltung der strafrechtlichen Institute und der einzelnen strafrechtlichen Vorschriften als rechtsverbindlich dar; sondern auch als hermeneutisches Prinzip für den Richter bei der Auslegung und Anwendung der geltenden Vorschriften.“335 essenziale requisito subiettivo d’imputazione, oltre alla coscienza e volontà dell’azione od omissione, almeno la colpa quale collegamento subiettivo tra l’autore del fatto ed il dato significativo (sia esso evento oppur no) addebitato.“ (Kursive im Original). 332 Eigene Übersetzung zu Corte Cost. 13. 12. 1988, Nr. 1085 = FI 1989, I, 1387: „Perché l’art. 27, 18 comma, Cost. sia pienamente rispettato e la responsabilità penale sia autenticamente personale, è indispensabile che tutti e ciascuno degli elementi che concorrono a contrassegnare il disvalore della fattispecie siano soggettivamente collegati all’agente (siano, cioè, investiti dal dolo o dalla colpa) ed è altresì indispensabile che tutti e ciascuno dei predetti elementi siano allo stesso agente rimproverabile e cioè anche soggettivamente disapprovati.“ 333 Corte Cost. 13. 12. 1988, Nr. 1085 = FI 1989, I, 1386: „Soltanto gli elementi estranei alla materia del divieto (come le condizioni estrinseche di punibilità che, ristringendo l’area del divieto, condizionano, appunto, quest’ultimo o la sanzione alla presenza di determinati elementi oggettivi) si sottraggono alla regola della rimproverabilità ex art. 27, 18 comma, Cost.“ 334 Zum Versari-Grundsatz s. die Entscheidung der Corte Cost. 8./10. 1. 1991, Nr. 2 = Gcost 1991, 14; zum subjektiven Zurechnungskriterium Corte Cost. 22./29. 4. 1991, Nr. 179 = Gcost 1991, 1469; zur Unvereinbarkeit der objektiven Verantwortlichkeit mit dem verfassungsrechtlich garantierten Verschuldensgrundsatz Corte Cost. 14./21. 6. 1996, Nr. 206 = Gcost 1996, 1833; und schließlich zum Fahrlässigkeitskriterium als Mindeststandard der subjektiven Zurechnung die Entscheidungen Corte Cost. 22./29. 4. 1991, Nr. 179 = Gcost 1991, 1469; Corte Cost. 20./24. 2. 1995, Nr. 61 = Gcost 1995, 513 m. Anm. Petrone; Corte Cost. 1./19. 6. 1998, Nr. 218 = Gcost 1998, 1725. 335 Eigene Übersetzung zu Corte Cost. 24. 7. 2007, Nr. 322: „Il principio di colpevolezza – quale delineato dalle sentenze n. 364 e n. 1085 del 1988 di questa Corte – si pone non soltanto

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Trotz dieser deutlichen Vorgabe durch das Verfassungsgericht hält sich in der Rechtsprechung des Kassationsgerichtshofs die Auslegung der verschuldensunabhängigen „objektiven Verantwortlichkeit“ in Urteilen zu Art. 584 iStGB weiterhin hartnäckig336. Dabei ist kaum zu bestreiten, dass der tödliche Ausgang ein „wesentliches Element“ des präterintentionalen Tötungsdelikts i. S. d. Judikatur des Verfassungsgerichtes darstellt337. Diametral anders stellen sich die Kassationsentscheidungen dar, die darauf beharren, dass es für die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Täters im Hinblick auf den letalen Erfolg lediglich auf objektivistische Erfolgszurechnungskriterien ankomme, die Prüfung subjektiver Fahrlässigkeitselemente hingegen keine Rolle spiele338. So heißt es treffend bei Donini: „Die Kultur der objektiven Verantwortung und des versari in re illicita tritt in Fällen wie diesen [erfolgsqualifizierten Delikten] im Wasserzeichen der Seiten des Strafgesetzbuchs zutage und ist jenseits von scheinbar zum Schuldprinzip hin orientierten Gesichtspunkten heute noch in vielen Urteilen zu spüren, in den entsprechenden Begründungen oder in der Art, wie die Richter die Fahrlässigkeit feststellen, von der sie (manchmal) behaupten, sie zu erkennen, als ob sich seit dem Jahr 1988 nichts geändert hätte.“339

VII. Zurechnung aufgrund generell-objektivierter Fahrlässigkeit Ausgangspunkt zum Ansatz von Stefano Canestrari340 bildet die Erörterung zu den Charakteristika der präterintentionalen Grunddelikte: Diese würden sich nicht quale vincolo per il legislatore, nella conformazione degli istituti penalistici e delle singole norme incriminatrici; ma anche come canone ermeneutico per il giudice, nella lettura e nell’applicazione delle disposizioni vigenti.“ (eigene Hervorhebungen) 336 Vgl. dazu etwa Cass. 2. 10. 1996 = CED 205943 = DPP 1997, 319; Cass. 16. 6. 1998 = GP 1999, II, 73; Cass. 13. 4. 2002 = CED 222054 = CP 2004, 874; Cass. 6. 2. 2004 = CED 228497 = FI 2004, II, 541; Cass. 14. 6. 2004 = GDir 2004, 29, 83; Cass. 2. 12. 2005 = CED 233064; Cass. 1. 12. 2008 = CP 2010, 967; Cass. 26. 4. 2010 = CED 247267. 337 In diesem Sinne Ambos, GA 2002, 468; Basile, La colpa, S. 237; Cerqua, GM 2009, 1060 f.; durchaus kritisch zur konkreten Wortwahl der „wesentlichen Elemente“, da noch einige Aspekte der Zurechnung (wie etwa ein klares Bekenntnis zur culpa in concreto) unbeantwortet bleiben: Cagli, IP 1994, 541 ff. 338 Plakativ die Entscheidung der Cass. 6. 4. 2002 = CED 222054 = CP 2004, 874: „Per la sussistenza della colpa, […] è necessaria la prevedibilità dell’evento, elemento che il legislatore non esige per l’omicidio preterintenzionale“ sowie die Entscheidung in Cass. 14. 4. 2006 = DPP 2006, 1389: „Parametri di negligenza, imprudenza o imperizia, men che d’inosservanza di norme sono assolutamente irrilevanti.“ 339 Donini, Verbrechenslehre, S. 142; vgl. auch ders., Il volto attuale, S. 202 f. 340 Canestrari, L’illecito penale, S. 148 ff., 178 ff.; ders., in: Dig. disc. pen. IX, S. 704, 716 ff., 725; Canestrari, in: Bricola/Zagrebelsky, Codice penale PG I, S. 612 ff.; ders., RIDPP 2001, 895 ff.; ders., in: Dizionario V, S. 4485 ff.; ders., in: Canestrari/Cornacchia/De Simone, Manuale PG S. 477; zustimmend Cerqua, GM 2009, 1063 f.; Donini, Illecito e colpevolezza, S. 63 FN 98; Loreto, CP 2005, 2366 ff.; ders., IP 2007, 435 ff.; ders., in: Cadoppi/Canestrari/ Papa, I reati contro la persona I, S. 318 ff.; ders., in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PG II S. 178 ff.; M. Mantovani, in: Cadoppi et al., Introduzione II, S. 246 ff.; Ramacci, I delitti

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nur auf die Vermeidung des grunddeliktischen Erfolgs beschränken, sondern impliziert auch auf die Vermeidung des über die Absicht hinausgehenden schwereren Erfolgs abzielen, sodass die Gefahrenmomente für den qualifizierenden Erfolg in der Risikosphäre des präterintentionalen Grunddelikts bereits vorgesehen sind. Das präterintentionale Tötungsdelikt entspringe der Logik der versari in re illicita und müsse mit dem verfassungsrechtlich vorgesehenen Verschuldensgrundsatz in Harmonie gebracht werden341. Das Grunddelikt weise zwei Charakteristika auf, nämlich einerseits die Gefährdungshandlung hinsichtlich des schwereren qualifizierenden Erfolgs und andererseits die allgemein sorgfaltswidrige Handlung342. Daher weise die Präterintention einen zweiteilig strukturierten Tatbestand auf: Zum einen bestehe sie aus einer vorsätzlichen Grunddeliktsverwirklichung, zum anderen resultiere daraus eine fahrlässige Folge. Die Zurechnung des schweren Erfolgs sei dann möglich, wenn die qualifizierende Erfolgsverwirklichung generell-objektiv fahrlässig zu charakterisieren sei, d. h. der Eintritt dieser Folge sei wegen des grunddeliktischen Verhaltens des Täters nach allgemeinen Erfahrungssätzen objektiv vorhersehbar343. Die Verwirklichung des vorsätzlichen Grunddelikts beinhalte einen Verstoß gegen jene objektiven Sorgfaltspflichten, die zur Vermeidung prinzipiell erkennbarer Risiken gelten – und hierzu gehöre auch das Risiko des qualifizierenden Erfolges: Beim präterintentionalen Tötungsdelikt gemäß Art. 584 iStGB handele es sich konkret um das Risiko eines letalen Ausganges344. Über diesen objektiv-fahrlässigen Zurechnungsmaßstab („objektivierte Fahrlässigkeit“345) will Canestrari den Ausschluss der Zufallshaftung erreichen, die den präterintentionalen Delikten aufgrund des hohen Stellenwerts des geschützten di omicidio, S. 73 (insbesondere FN 83); aus der Rechtsprechung vgl. Cass 11. 12. 1992 = CP 1993, 2529. 341 Canestrari, in: Dig. disc. pen. IX, S. 702, 711; Cerqua, GM 2009, 1061 f.; Loreto, in: Cadoppi/Canestrari/Papa, I reati contro la persona I, S. 319. 342 Canestrari, L’illecito penale, S. 148 ff.; ders., in: Dig. disc. pen. IX, S. 708, 710; ders., in: Bricola/Zagrebelsky, Codice penale PG I, S. 612; ders., in: Dizionario V, S. 4485; Loreto, in: Cadoppi/Canestrari/Papa, I reati contro la persona I, S. 319; ders., CP 2005, 2369. 343 Canestrari, L’illecito penale, S. 150; ders., in: Dig. disc. pen. IX, S. 711; ders., in: Bricola/Zagrebelsky, Codice penale PG I, S. 613; Cerqua, GM 2009, 1065; Donini, Illecito e colpevolezza, S. 62 f.; Loreto, IP 2007, 459 ff., 461 ff.; ders., CP 2005, 2371 f.; vgl. auch die Bezugnahme auf Canestrari bei De Vero, Corso I S. 616 FN 18. 344 So Canestrari, in: Bricola/Zagrebelsky, Codice penale PG I, S. 612; ders., in: Dizionario V, S. 4485; Loreto, in: Cadoppi/Canestrari/Papa, I reati contro la persona I, S. 319; ders., in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PG II S. 178 (der Autor sieht in der präterintentionalen Deliktstruktur einen abstrakt-gefährlichen Unrechtsbeitrag, der im vorsätzlichen Grunddelikt enthalten ist [ll reato doloso deve quindi essere un illecito di pericolo astratto posto a tutela di beni giuridici protetti dalla complessiva fattispecie preterintenzionale.]; ders., IP 2007, 459 ff.; ähnlich Cerqua, GM 2009, 1058, 1064 f.; M. Gallo, CrD 2006, 13, 14; M. Mantovani, in: Cadoppi et al., Introduzione II, S. 246 f. 345 So Ambos, GA 2002, 459.

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Rechtsguts und der Affinität zum versari in re illicita Prinzip anhaftet346. Für eine bessere Anpassung an die verfassungsrechtlichen Entscheidungen zum Verschuldensgrundsatz empfiehlt der Autor de lege ferenda die Anpassung des präterintentionalen Tötungsdelikts in Art. 584 iStGB an das Vorbild des deutschen § 227 StGB347.

VIII. Zurechnung aufgrund konkret-subjektiver Fahrlässigkeit Ein Teil des zeitgenössischen Schrifttums348 sieht das entscheidende Zurechnungskriterium für den Todeserfolg beim todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikt in einer konkret zu prüfenden Fahrlässigkeit349. Demnach entspreche der dogmatische Aufbau der Präterintention einer Vorsatz-FahrlässigkeitsKombination (dolo misto a colpa), wobei das Leitbild, vor allem wegen des Strafrahmens350, einer grob fahrlässigen (leichtfertigen) Tötung entspreche351. 346 Canestrari, RIDPP 2001, 896; s. auch M. Mantovani, in: Cadoppi et al., Introduzione II, S. 246. 347 Canestrari, RIDPP 2001, 897; ders., in: Dig. disc. pen. IX, S. 722. 348 Agostini, CP 2007, 2406 f.; Angioni, RIDPP 1989, 1511 ff.; Basile, La colpa, S. 215 f.; ders., in: Dolcini/Marinucci, Codice penale commentato III, Art. 584 Rdn. 36 ff.; ders., in: Studi in onore di M. Romano II, S. 758 ff.; Cadoppi/Veneziani, Elementi PG S. 346 f.; De Asua, RIDPP 1962, 10 ff., 13; E. Gallo, GI 1990, IV, 414; Helfer, S. 178 f.; Magnini, DPP 2006, 1400 f.; F. Mantovani, PG S. 365, 400 f.; ders., PS I S. 111; Manna, Corso PG S. 394 ff.; Marinucci, RIDPP 2012, 8 = La colpa. Studi, S. 467 f.; Marinucci/Dolcini, Manuale PG S. 337 ff., 354 ff.; Palazzo, Corso PG S. 288, 347 f.; ders., Fatto di reato, S. 87 f., 151; Patalano, in: ED XXXV, S. 351 ff.; Pisa, DPP 1997, 325; Pulitanò, Diritto penale, S. 362 f.; Ramacci/ Guerrini, Corso PG S. 358 f., 361; Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 512 ff.; ders., in: Ronco/B. Romano, Art. 584 S. 2694 ff.; Salcuni, in: Manna, Reati contro la persona, S. 136; wohl auch Ambrosetti, in: Cocco/Ambrosetti, S. 30 f.; Leo, DPP 2003, 33. 349 Explizit gegen die konkret-individuelle Fahrlässigkeitsprüfung etwa Canestrari, L’illecito penale, S. 130; ders., in: Dig. disc. pen. IX, S. 701; Loreto, in: Cadoppi/Canestrari/Papa, I reati contro la persona I, S. 324 („Non si ricorre, dunque, al criterio dell’homo eiusdem professionis et condicionis dell’agente storico, ma al più generico e sfumato modello comportamentale dell’uomo medio, che prescinde dalle caratteristiche soggettive, professionali ed attitudinali del reo.“); ders., CP 2005, 2377; Pavich, S. 13. 350 Vgl. nur die Zusammenfassung bei Fresa, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PS VII S. 131. 351 Nach Einschätzung von Fresa, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PS VII S. 130 bildet diese Beschreibung der ratio der Präterintention gegenwärtig die herrschende Lehre [„la più autorevole dottrina“]; s. etwa die Zusammenfassung bei Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 519 f.: L’omicidio preterintenzionale „è un omicidio strutturalmente colposo, che ricorre soltanto ove affiori un effettivo atteggiamento di trascuratezza e di indifferenza verso il bene della vita. In esso, però, la colpa si presenta in grado elevato, perché la condotta viola consapevolmente una regola di tipo universale, con valenza assoluta, in ogni circostanza di luogo e di tempo, e non soltanto precauzione, con valenza relativa soltanto allo svolgimento di determinate attività.“ (Hervorhebungen im Original); Vannini, Omicidio, S. 143 stellt die Nähe des präterintentionalen Tötungsdelikts zur Feuerbachschen culpa dolo determinata her: „è logico definire l’omicidio preterintenzionale come un omicidio colposo qua-

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Zur Begründung dieser Interpretation werden im Schrifttum verschiedene Argumente angeführt: (1) In Art. 42 III iStGB, der den Anwendungsspielraum der objektiven Verantwortlichkeit beschreibt, wird explizit darauf hingewiesen, dass das Gesetz jene Fälle bestimmt, in denen die Zurechnung „in anderer Weise“ vorgenommen wird. Im Zusammenhang mit dem vorhergehenden Absatz erschließe sich aus der Syntax, dass sich die „andere Weise“ auf jene Vorschriften beziehe, die sich nicht als vorsätzliche, fahrlässige bzw. (aufgrund der expliziten Nennung im zweiten Absatz) präterintentionale Delikte darstellen, sondern außerhalb dieser Deliktsstrukturen operieren würden352. (2) Nach der systematischen Struktur des Art. 43 iStGB, der die normativen Schuldformen beinhaltet, füge sich die Präterintention als Mittelstufe zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit ein. Deshalb werde die dogmatische Struktur dieser normativen Schuldform als Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination suggeriert353. (3) Unter Hinweis auf den Verschuldensgrundsatz in Art. 27 I iVerf und die entsprechenden Entscheidungen des Verfassungsgerichts erfordere eine verfassungskonforme Auslegung der Präterintention die konkrete Prüfung zum Vorliegen von Fahrlässigkeitselementen354. Die konkrete Fahrlässigkeit als Zurechnungskriterium für den schwereren Erfolg beim todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikt entspreche der italieni-

lificato dal particolare contenuto doloso del comportamento causale del reo.“ (Hervorhebungen im Original); ähnlich auch Patalano, I delitti contro la vita, S. 249: „In effetti, non ci sembra che possa mettersi seriamente in dubbio che nell’omicidio preterintenzionale si verifichi una situazione sostanzialmente analoga a quella che si verifica nel delitto colposo.“ 352 Basile, in: Dolcini/Marinucci, Codice penale commentato III, Art. 584 Rdn. 36; Blaiotta, in: Lattanzi/Lupo, Codice penale II, S. 551; Cadoppi/Veneziani, Elementi PG S. 344 f.; Cori, CP 2006, 2442; De Asua, RIDPP 1962, 10; Manna, Corso PG S. 394, 402; F. Mantovani, PG S. 365; Marinucci/Dolcini, Manuale PG S. 337 f.; Palazzo, Corso PG S. 288 f.; ders., Fatto di reato, S. 88; Patalano, in: ED XXXV, S. 352; Ramacci/Guerrini, Corso S. 358; Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 402, 414, 512; Salcuni, in: Manna, Reati contro la persona, S. 134. 353 Basile, in: Dolcini/Marinucci, Codice penale commentato III, Art. 584 Rdn. 36; Cori, CP 2006, 2442; Manna, Corso PG S. 394; F. Mantovani, PG S. 365; Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 414, 469, 512 f. mit dem Hinweis auf die Abstufung der Freiheitsstrafen zwischen vorsätzlicher, präterintentionaler und fahrlässiger Tötung; ähnlich auch Patalano, in: ED XXXV, S. 352. 354 Agostini, CP 2007, 2411; Basile, in: Dolcini/Marinucci, Codice penale commentato III, Art. 584 Rdn. 37 ff.; Cerqua, GM 2009, 1060 f.; Cori, CP 2006, 2446; De Asua, RIDPP 1962, 14; Helfer, S. 178; Manna, Corso PG S. 394; F. Mantovani, PG S. 365; Marinucci/Dolcini, Manuale PG S. 289, 335, 337; Ramacci/Guerrini, Corso S. 360 f.; Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 512, 518.

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schen Rechtstradition seit Francesco Carrara355: Das präterintentionale Tötungsdelikt füge sich auf diese Weise als Zwischenstufe von vorsätzlicher und fahrlässiger Tötung in die Systematik der Delikte gegen die körperliche Unversehrtheit ein – hierbei sei essentiell, dass der Tod weder gewollt noch vorhergesehen (i. S. d. dolus indeterminatus), aber prinzipiell vorhersehbar gewesen sei356. Um den Inhalt des konkreten Fahrlässigkeitsvorwurfs zum qualifizierenden Erfolg bei der präterintentionalen Tötung näher darzustellen, können stellvertretend für das Schrifttum zwei Positionen zu diesem Thema aufgezeigt werden: So stellt Mauro Ronco fest, dass der Fahrlässigkeitsvorwurf beim Todeserfolg, der durch eine Körperverletzung hervorgerufen wurde, darin bestehe, dass über den Angriff auf die körperliche Unversehrtheit das Leben des Opfers in Gefahr gebracht wurde. Hierbei werde keine spezifische Sorgfaltspflicht verletzt, die in einem festgelegten Bereich den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges vermeiden soll – vielmehr werde hier eine universelle Verhaltensregel übertreten, die von jedem vernunftbegabten Menschen erkennbar sei, nämlich dass ein Angriff auf die körperliche Unversehrtheit eines Menschen immer auch Gefahrenpotential für das Leben des Angegriffenen beinhalte. Dieses Gefahrenpotential verwirkliche sich je nach Angriffsmodalität im konkreten Fall mehr oder weniger deutlich und könne so den Fahrlässigkeitsvorwurf hinsichtlich eines tödlichen Ausgangs erhärten357. 355 So Basile, La colpa, S. 254 f.; ders., in: Dolcini/Marinucci, Codice penale commentato III, Art. 584 Rdn. 45; Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 521 f. 356 Carrara, Programma PS I S. 109 f.: „L’omicidio preterintenzionale presuppone per necessità assoluta l’animo di nuocere alla persona di colui che si è ucciso: e questo è ciò che lo stacca dalla famiglia degli omicidi meramente colposi, e lo mantiene nella famiglia degli omicidi doloso. Ma presuppone che la morte oltre a non essersi voluta, non fosse neppure preveduta, benché potesse prevedersi. E questo é ciò che lo distingue dall’omicidio per dolo indeterminato, e ne forma una specialità intermedia tra i completamenti dolosi e i sempliemente colposi omicidi. Esso rappresenta il grado massimo della colpa informata da dolo, ed un grado inferiore al dolo indeterminato. Ciò che lo sconfina dall’omicidio puramente colposo è che il percussore ebbe volontà di offendere. Ciò che lo sconfina dall’omicidio volontario è che l’agente deve ritenersi non aver previsto di poter uccidere.“ (Hervorhebungen im Original); der Autor verweist zur Terminologie (präterintentionale Tötung) auf das entsprechende Delikt in § 140 StG (Carrara, Programma PS I S. 110): „Quello che la pratica nostra chiamò omicidio preterintenzione fu benissimo caratterizzato dal codice austriaco al § 140, e gli diede il nome di uccisione. Il § 140 distingue la uccisione dall’omicidio, come due titoli differenti: e trova il primo tanto in un’azione che toglie ad altri la vita, commessa – ivi – non già con la intenzione di darle morte, ma con altra nemica intenzione.“ (Hervorhebungen im Original) 357 Ronco in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 582: „Il rimprovero a titolo di colpa, che si muove nei confronti di chi ha cagionato un omicidio con atti diretti a percuotere o ledere, è di aver posto in pericolo la vita della persona con atti diretti a ledere l’incolumità. La regola di condotta cautelare violata dall’autore è di tipo universale (non di tipo specifico, con valenza limitata a un certo settore dell’esperienza e con finalità espressamente cautelare, come accade di regola), conoscibile da qualunque uomo di ragione appena sviluppata, che insegna essere qualsiasi attentato all’incolumità della persona pregno di un pericolo potenziale per la vita della persona aggredita. Pericolo potenziale che si specifica in modo più o meno attuale (facendo sorgere in alcuni casi il rimprovero di colpa) a seconda della modalità concreta dell’offesa all’incolumità individuale.“ (Hervorhebungen im Original)

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Auch wenn – im Gegensatz zu erlaubten Handlungen – für den Bereich unerlaubten Verhaltens keine Sorgfaltspflichten aufgestellt würden, so könne vom Täter die Einhaltung allgemeiner und spezifischer Sorgfaltsregeln verlangt werden, deren Missachtung mit Blick auf potentielle schwere, unvorsätzliche Erfolgsentwicklungen einen Fahrlässigkeitsvorwurf begründen können358. Das Kriterium der Vorhersehbarkeit sei – wie üblicherweise bei der Fahrlässigkeitsprüfung – auch bei unerlaubtem Verhalten individuell-konkret festzustellen, sodass im Einzelfall zu prüfen sei, inwieweit Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit auf der Grundlage der Tathandlung gegeben seien359. Insgesamt bilde die grobe Fahrlässigkeit das Fundament der präterintentionalen Tötung, da der Täter in Bezug auf das Rechtsgut Leben mit der Verwirklichung einer vorsätzlichen Tat, die bereits an sich gegen die körperliche Unversehrtheit gerichtet war, eine Gefahr für das Leben geschaffen habe, indem er sich leichtfertig verhalten hat360. Fabio Basile befürwortet nicht nur de lege lata einen konkreten Fahrlässigkeitsvorwurf im Kontext der culpa in re illicita nach derselben Struktur [fisionomia]

358 Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 583: „E, nel caso di azione in territorio illecito, se non si possono, a rigore, fissare regole di diligenza, si deve, tuttavia, esigere almeno il rispetto di regole, generiche e specifiche, di prudenza, la cui violazione impone di ravvisare, nell’agire doloso, quella sconsideratezza che sostanzia il rimprovero di colpa in relazione all’evento diverso e più grave.“ (Hervorhebungen im Original); vgl. auch Donini, Illecito e colpevolezza, S. 63 f. (FN 98): „la natura sostanzialmente colposa della preterintenzione, scolpita sul criterio indicato (= colpa generica oggettiva), postula l’esistenza di vere regole cautelari indirizzate all’agente del fatto doloso di base […] non si tratta tanto dell’idea che anche in un contesto illecito siano possibili regole cautelari […] si tratta, piuttosto, dell’idea che esistano regole cautelari specifiche per il contesto illecito.“ (Hervorhebungen im Original) und weiter ders., Illecito e colpevolezza, S. 427 f.: „Se è comprensibile una tale conclusione nell’ambito di una visione del rischio ‘adeguato’ come concetto di pericolosità della condotta ricostruibile esclusivamente nell’ambito di un contesto lecito, nondimeno non appena si comprende che nello stesso delitto doloso il livello di rischio non può essere inferiore a quello sufficiente per la colpa, vengono a cadere tutti i ‘pregiudizi’ che ostacolano una corretta lettura del problema anche nei casi di preterintenzione. Resta tuttavia un profilo, sicuramente importante, che la tesi in oggetto porta ad emergere: non è il rischio, ma la ricostruzione di possibili regole ‘cautelari’ che diversifica la struttura della colpa da quella della preterintenzione. (Hervorhebungen im Original) 359 Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 583 f.: „Né la colpa che contrassegna l’agire illecito è diversa strutturalmente dalla colpa comune: anche per essa, invero, deve valere il criterio della prevedibilità nella sua misura ,individuale‘. Il concetto di colpa, infatti, è unitario e non può prescindere, in ogni caso, dall’individualizzazione che trova il suo riferimento nel ,poter prevedere‘ e nel ,poter evitare’, onde anche l’agire illecito è o non è colposo in funzione delle concrete attitudini dell’agente, come esse si rivelano nell’azione.“ (Hervorhebungen im Original) 360 Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 584: „Non v’è dubbio, dunque, che la radice e il fondamento dell’omicidio preterintenzionale stanno nella colpa grave dell’agente, in relazione al suo atteggiarsi imprudente nei confronti del bene della vita, messo in pericolo attraverso la realizzazione di una condotta dolosa, in sé e per sé già violatrice dell’incolumità individuale.“ (Hervorhebungen im Original)

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der gewöhnlichen Fahrlässigkeitsdelikte361, sondern schlägt de lege ferenda drei normative Präzisierungen bzw. Korrekturen der Fahrlässigkeitsvoraussetzung vor, welche zugunsten des konkret anzuwendenden Verschuldensgrundsatzes verhindern sollen, dass das Fahrlässigkeitserfordernis in der Praxis ein reines Lippenbekenntnis bleibt362. Erstens solle bei der allgemeinen Fahrlässigkeitsdefinition die unstrittige Präzisierung ergänzt werden, dass die Fahrlässigkeit aufgrund von Missachtung von Vorschriften notwendigerweise einen spezifischen präventiv-sorgfältigen Inhalt aufweise: Damit wäre die automatische Bejahung eines Fahrlässigkeitsvorwurfs wegen der reinen Begehung einer vorsätzlichen Straftat hinfällig363. Zweitens sei die Präzisierung vorzunehmen, dass der Erfolg im fahrlässigen Erfolgsdelikt eine konkret vorhersehbare und vermeidbare Folge der Nichtbeachtung der spezifischen Sorgfaltspflicht bilde: Auf diese Weise müsste der Rechtsanwender einerseits die konkrete Prüfung von Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit vornehmen, andererseits müsste notwendigerweise eine Beziehung zwischen dem Fahrlässigkeitsvorwurf und dem eingetretenen Erfolg nachgewiesen werden364. Drittens soll normativ verankert werden, dass der Fahrlässigkeitsvorwurf für den qualifizierenden Erfolg nicht aufgrund der bloßen Missachtung einer strafrechtlichen 361

Vgl. Basile, La colpa, S. 277 ff.; ders., in: Studi in onore di M. Romano, S. 723 ff. Basile, La colpa, S. 787: „Per sventare il probabile fallimento giurisprudenziale della colpa, una volta che la si introducesse ex lege anche nel nostro ordinamento, per evitare, quindi, un’intollerabile contraddizione tra teoria e prassi, occorre allora chiedersi se sia in qualche modo possibile superare gli ostacoli prasseologici sopra evidenziati, pretendendo, e ottenendo, l’impiego generalizzato (e non più solo eccezionale) da parte delle nostre Corti di una nozione di colpa dai contenuto pregnanti ed effettivi, che funga da vero filtro della responsabilità per gli eventi qualificanti, affinché là dove c’è scritto colpa, si legga colpa!“ (Hervorhebungen im Original); und ferner ders., La colpa in attività illecita, S. 787 f.: „Dobbiamo, quindi, necessariamente porci in una prospettiva di politica legislativa e domandarci se il futuro legislatore italiano, inserendo il limite della colpa, possa contestualmente adottare correttivi tali che, conferendo ,succo e sangue‘ alla colpa in attività illecita, impediscano alla giurisprudenza di ridurre, in sede applicativa, la colpa rispetto alla conseguenza ulteriore non voluta ad un mero orpello lessicale, ritenendola, di fatto, sempre presenta.“ (Hervorhebungen im Original) 363 Basile, La colpa, S. 788 f.: „In tale prospettiva si potrebbe pensare, in primo luogo, all’inserimento, nella definizione legale di colpa, della precisazione – già assolutamente pacifica in dottrina – che la colpa specifica consiste nella violazione di norme giuridiche a contenuto necessariamente cautelare-preventivo. […] In tal modo si porrebbe un freno alla tendenza giurisprudenziale ad imputare per colpa la conseguenza non voluta di un delitto doloso, individuando la colpa, in modo pressoché automatico, nella violazione della legge penale incriminatrice di quello stesso delitto.“ (Hervorhebungen im Original) 364 Basile, La colpa, S. 789: „In secondo luogo, sempre in sede di definizione legale della colpa, potrebbe risultare proficua la precisazione che il fatto costitutivo del reato colposo – e, in particolare, l’evento nei reati colposi d’evento – debba costituire conseguenza in concreto prevedibile ed evitabile dell’inosservanza della regola cautelare. Una siffatta formulazione imporrebbe ai giudici, da un lato, una valutazione della prevedibilità in concreto (con conseguente insufficienza di una mera valutazione in astratto), e, dall’altro, aprirebbe la porta all’accertamento del nesso tra colpa ed evento.“ (Hervorhebungen im Original) 362

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Vorschrift (etwa dem vorsätzlichen Grunddelikt) als erfüllt angesehen werden kann365. Entsprechend der Tendenzen im jüngeren Schrifttum finden sich in den neueren Reformprojekten für ein neues italienisches Strafgesetzbuch klare Bekenntnisse zum Schuldprinzip und in Anlehnung an § 18 StGB Normen zur Fahrlässigkeitshaftung als Untergrenze strafrechtlicher Verantwortlichkeit366. Mit Blick auf eine wegweisende Entscheidung der Vereinigten Senate des Kassationsgerichtshof aus dem Jahr 2009367 zum erfolgsqualifizierten Auffangtatbestand in Art. 586 iStGB scheint sich der hier vorgestellte Ansatz in naher Zukunft auch in der Rechtsprechung zur Auslegung der präterintentionalen Tötung durchzusetzen – eine entsprechende Leitentscheidung zu Art. 584 iStGB wird angesichts dieser Entwicklungen erwartet368.

IX. Law in action – Auswahl Wiederum soll dem sog. law in action ein für die Untersuchung angemessener Raum geboten und gleichzeitig eine aussagekräftige Vergleichsgrundlage geschaffen 365

Basile, La colpa, S. 790 f.: „Infine, per assicurare la ,capacità di rendimento‘ della colpa in attività illecita si potrebbe inserire, in qualche luogo del codice, una norma in cui si statuisca a chiare lettere che, ai fini dell’imputazione della conseguenza ulteriore non voluta di un reatobase doloso, la colpa non può essere presunta in forza della violazione della legge incriminatrice del reato doloso stesso.“ (Hervorhebungen im Original) 366 Vgl. Art. 40 des Progetto Riz von 1995, RIDPP 1995, 927, 981 („1. Quando la legge fa dipendere da una particolare conseguenza del fatto o dal verificarsi di una condizione estranea all’offesa tipica del reato una pena più grave, questa si applica all’agente o al partecipe solo quando tale conseguenza o tale condizione è da lui imputabile almeno per colpa“); Art. 31 des Progetto Grosso von 1999, RIDPP 2001, 574, 667 („Se la legge ricollega una pena più grave ad una conseguenza non voluta di un delitto doloso, di tale conseguenza si risponde solo se essa è ascrivibile a colpa“); Art. 21 des Progetto Nordio von 2004, GP 2005, 244, 254 („Quando da un fatto previsto come reato doloso deriva un’ulteriore conseguenza non voluta dall’agente cagionata per colpa, si applicano le regole del concorso di reati sempre che la conseguenza ulteriore non voluta sia prevista dalla legge come reato colposo“); und schließlich Art. 13 Abs 1 lit. f) des Progetto Pisapia von 2006, einsehbar unter www.giustizia.it/giustizia/it/mg_1_12_1. wp?facetNode_1=1_0(2006)&previsiousPage=mg1_12&contentId=SPS47483 – abgerufen am 17. 10. 2014 („Quando da un fatto previsto come reato derivi per colpa un’ulteriore conseguenza, si applichino le regole del concorso formale di reati, se per la conseguenza ulteriore la legge preveda la responsabilità per colpa“); einen Überblick zu den Reformbestrebungen bietet Javers, in: Sieber/Cornils, AT I, S. 331. 367 Cass. Sez. Un. v. 29. 5. 2009 = CED 234585 = FI 2009, II, 448; dazu eingehend Basile, in: Studi in onore di M. Romano II, S. 699 ff.; Brusco, CP 2012, 1166 ff. m. w. N.; kritisch zur Essenz dieses Urteils, im Sinne der colpa in concreto: Carmona, CP 2009, 4589: In der Leitentscheidung sei lediglich die konkrete Vorhersehbarkeit ohne Berücksichtigung der fahrlässigen Verantwortlichkeit geprüft worden. 368 So Basile, in: Studi in onore di M. Romano II, S. 699, 761; ders., in: Dolcini/Marinucci, Codice penale commentato III, Art. 584 Rdn. 49; Blaiotta, in: Lattanzi/Lupo, Codice penale II, S. 561 f.; Cadoppi/Veneziani, Elementi PG S. 347, 353; Manna, Corso PG S. 395.

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3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

werden, weshalb nach Urteilen gesucht wurde, die den beiden Sachverhaltskonstellationen entsprechen. 1. Flucht-Fallkonstellationen Zunächst ist anzumerken, dass sich in Italien die zentrale Frage nach der Erfolgszurechnung für den letalen Ausgang aufgrund einer riskanten Fluchtverhaltens des Opfers in Italien nicht nur aus dem deliktsspezifischen Kontext in Art. 584 iStGB, sondern vor allem mit Blick auf das allgemeine Zurechnungskriterium in Art. 41 II iStGB erschließt: Eine Zurechnung ist ausgeschlossen, wenn der Erfolg auf einen (dem Täter nachfolgenden) Kausalfaktor zurückzuführen sei, der „allein zur Herbeiführung des Erfolges ausreichend“369 war370. So hatte das italienische oberste Gericht 1996371 folgende Fallkonstellation zu entscheiden: Nach den Feststellungen erteilten A, B, C und D dem O, der bei einem der Angreifer Glücksspielschulden nicht zurückgezahlt hatte, „eine Lektion“, indem sie den O in einer Bar zusammenschlugen. Nachdem der körperliche Übergriff beendet war, verließ O fluchtartig die Bar, wurde von den Schlägern aber nicht verfolgt. Unter dem Eindruck der erlittenen Schläge entschied sich O für einen riskanten Fluchtweg über eine Mauer. Beim Überwinden des Hindernisses stürzte O ab und zog sich tödliche Verletzungen zu.

Das Kassationsgericht (oberstes Gericht in Italien) führte in seiner rechtlichen Beurteilung aus, dass für die Erfolgszurechnung lediglich jene nachträglichen Kausalfaktoren nach Art. 41 II iStGB eine Zurechnung verhindern würden, die sich als absolut unabhängig vom Verhalten der Täter darstellen. In der vorliegenden Fallkonstellation sei der Erfolg den Tätern zuzurechnen, da ihr Verhalten zur konkreten Entwicklung des letalen Ausganges geführt habe. Zusätzlich betonte das oberste Gericht, dass das präterintentionale Tötungsdelikt nach Art. 584 iStGB ein Verbrechen im Sinne einer Kombination von Vorsatz und objektiver Verantwortlichkeit sei, das die Vorhersehbarkeit des letalen Ausganges für die Täter nicht erfordere. Aus diesen Gründen liege eine Anwendbarkeit von Art. 584 iStGB vor. Eine rezente Entscheidung des Kassationsgerichts aus dem Jahr 2012372 erinnert im Sachverhalt an die sog. „Gubener Hetzjagd“ von 2002373: Mehrere Angreifer schlugen und traten auf O ein. O gelang es schließlich, die Flucht anzutreten. Dabei wurde es nach den Feststellungen des Gerichts von den Schlägern unter lautem Geschrei und mit der offensichtlichen Absicht zu weiteren körperlichen Übergriffen 369

So die Übersetzung des Gesetzestextes nach Riz/J. Bosch, S. 57. Eingehend zu diesem Schwerpunkt der Kausalitäts- und Zurechnungsproblematik im italienischen Strafrecht: Hofer, S. 197 ff.; zur Kausalität und Zurechnung im iStGB s. insbesondere Cornacchia, Concorso, S. 32 ff. 371 Cass. 21. 10. 1996 = CED 205943. 372 Cass. 12. 7. 2012 = CED 253744. 373 Vgl. BGHSt 48, 34. 370

B. Italien

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verfolgt. Bei seinem Fluchtweg kletterte O über eine Brüstung, stürzte und zog sich auf diese Weise tödliche Verletzungen zu.

In seiner rechtlichen Beurteilung bestätigte das Höchstgericht die Verurteilung der Täter durch das Berufungsgericht wegen präterintentionaler Tötung nach Art. 584 iStGB und führte aus, dass für die Anwendbarkeit dieses Delikts vorausgesetzt werde, dass die Täter Körperverletzungshandlungen nach Art. 581 iStGB bzw. Art. 582 iStGB vorgenommen haben und dass ein Kausalzusammenhang zwischen diesen grunddeliktischen Übergriffen und dem letalen Ausgang besteht. Gleichzeitig stellte die Kassation klar, dass zur Erfolgszurechnung der tödliche Ausgang nicht einen linearen Kausalverlauf zum Körperverletzungserfolg darstellen müsse – womit das Gericht dem Letalitätsgedanken eine dezidierte Absage erteilte. Gegen den Einwand der Verteidigung zur mangelnden Prüfung des Vorhersehbarkeitskriteriums führte das Kassationsgericht aus, dass die präterintentionalen Tötung keine Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination sei. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite sei ausschließlich der Körperverletzungsvorsatz zu prüfen, der bereits die Vorhersehbarkeit des tödlichen Ausgangs in sich aufnehme374. 2. Ausweich- und Sturz-Fallkonstellationen Einer Entscheidung aus dem Jahr 2005375 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Zuge eines tätlichen Streites stieß T den O in die Richtung eines Abhanges. Dieser kam zu Sturz, fiel hierbei auf eine am Ende des Abhangs in Bau befindliche Mauer stürzte und rammte sich eine aus dem Bau ragende Eisenstange in den Körper. Die schweren inneren Verletzungen führten schließlich zum Tod des O.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Kassationsgericht aus, dass bereits ein vorsätzlicher Stoß gegen den O ohne Verletzungserfolg eine „aktive Ausübung physischer Gewalt“ gegen einen Mitmenschen sei und damit zumindest als Schlag im Sinne des Art. 581 iStGB zu werten sei. Sofern diese Handlung schließlich zum Tod führt, sei das präterintentionale Tötungsdelikt anwendbar, auch wenn der Kausalverlauf in seiner konkreten Gestalt nicht vorhersehbar gewesen sei. Folgender Fall wurde vor dem Schwurgericht in Mailand376 entschieden: T schlug mit einem Stock auf O, eine Person fortgeschrittenen Alters ein, die daraufhin das Gleichgewicht verlor, hart mit dem Kopf auf dem Boden aufschlug und sich so tödliche Verletzungen zuzog.

In seiner rechtlichen Beurteilung hob das Gericht hervor, dass die konkrete Dynamik des tödlichen Ausgangs, nämlich der Verlust des Gleichgewicht einer 374 Diese rechtliche Schlussfolgerung erfolgte unter dem Hinweis auf das Urteil Cass. 8. 3. 2006 = CED 234552. 375 Cass. 22. 3. 2005 = FI 2005, II, 581 = CP 2006, 3248. 376 Corte d’Assise Milano v. 3. 11. 2008 = GM 2009, 1375.

210

3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

älteren Person nach einem Schlag auf dem Kopf, im Bereich des Vorhersehbaren liegt, sodass die Anforderungen an die subjektive Tatseite zum präterintentionalen Tötungsdelikt gegeben seien. Über die Anwendbarkeit des Art. 584 iStGB entschied das höchste Gericht im folgenden Fall377: Als Reaktion auf einen Regelverstoß beim Tischfußball der sich eine Woche zuvor zugetragen hatte, ereignete sich zwischen den beiden alkoholisierten Personen T und O ein Streit. Im Zuge dessen schlug T mit der Faust einmal gegen den Oberkörper des O. Dieser stürzte daraufhin rücklings und schlug mit dem Nacken hart auf dem Gehweg auf, wodurch O sich tödliche Verletzungen zuzog.

Das Kassationsgericht bestätigte die Verurteilung des Berufungsgerichts wegen präterintentionaler Tötung und wies eine tendenziell subjektivistische Interpretation des Art. 584 iStGB zurück. Dabei zitierte das Gericht mehrere Entscheidungen378, die zur subjektiven Tatseite bei Art. 584 iStGB lediglich den animus laedendi des T forderten, eine Prüfung der Vorhersehbarkeit in concreto jedoch verneinten. Die Vorhersehbarkeit des tödlichen Ausgangs werde bereits durch den Verletzungsvorsatz des T absorbiert. Ein rezente Entscheidung von April 2013379 sprach sich in einer „Sturz-Fallvariante“ gegen die Anwendung der präterintentionalen Tötung aus: Der Taxifahrer O überfuhr einen leinenlosen Hund, der seiner Eigentümerin entwischt war. Als O anhielt, ausstieg und sich bei der Halterin entschuldigen wollte, griff sie zusammen mit ihrem Verlobten und ihrem Bruder den O tätlich an, indem sie mehrmals auf O einschlugen und eintraten. Der Übergriff wurde schließlich mit einem heftigen Kniestoß gegen den Kopf des O beendet, sodass O mit dem Hinterkopf auf den asphaltierten Gehweg aufschlug und dort bewusstlos liegen blieb. Einen Monat nach diesem Übergriff starb O an den Folgen der Verletzung.

Das oberste Gericht entschied hier gegen die Anwendbarkeit des präterintentionalen Tötungsdelikts und bejahte die Einschlägigkeit des vorsätzlichen Tötungsdelikts. In seiner rechtlichen Beurteilung stelle es fest, dass die Erfolgsqualifikation nur dann angewendet werden könne, wenn es möglich sei, auf der subjektiven Tatseite jegliche Form der positiven Einstellung zum Todeserfolg und damit jede Form der Risikoakzeptanz zur Verwirklichung des letalen Ausgangs auszuschließen. Im vorliegenden Fall habe dies das zuständige Berufungsgericht zu Recht verneint.

377

Cass. Sez. I v. 8. 5. 2013, Nr. 27161. Cass. 18. 10. 2012 = CED 254386; Cass. 27. 6. 2012 = CED 253536; Cass. 17. 5. 2012 = CED 253357. 379 Cass. Sez I v. 24. 4. 2013, Nr. 22060. 378

B. Italien

211

3. Pistolenschläger-Fallkonstellation 1961 ergingen zwei höchstrichterliche Urteile zur Konstellation des sog. „Pistolenschläger-Falls“. Dem ersten Urteil380 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Wachmann eines landwirtschaftlichen Grundstücks T überraschte zwei Personen, die im Begriff waren, das von ihm bewachte Anwesen mit einem Sack gestohlener Orangen zu verlassen. Nachdem T die beiden Diebe stellte, entstand ein tätlicher Streit, im Zuge dessen sich aus der Schusswaffe, die T in der Hand hielt und als Schlagwerkzeug benutzte, zwei Schüsse lösten, die O, einen der Diebe, an der Schulter trafen. O erlag schließlich seinen Verletzungen.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Kassationsgericht aus, dass der letale Erfolg nicht auf die Schlag- und Trittverletzungen des T zurückzuführen sei, sondern sich aus dem unvorsichtigen Umgang mit einer geladenen Schusswaffe ergebe. Das präterintentionale Tötungsdelikt sei lediglich dann einschlägig, wenn sich die konkrete Todesfolge aus dem vorsätzlichen körperlichen Übergriff selbst ergebe. Damit argumentiert das oberste Gericht ähnlich dem Muster der Letalitätsthese des herrschenden Schrifttums in Deutschland, das die Anwendbarkeit des todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikts auf die pathologische Verschlechterung einer vorsätzlichen Körperverletzung beschränkt wissen will381. Im zweiten Urteil mit ähnlich gelagertem Sachverhalt382 führte das oberste Gericht – im Übrigen wiederum der 1. Senat für Strafsachen, der bereits die vorher dargestellte Entscheidung begründete – aus, dass die unbeabsichtigte Betätigung des Schusswaffenabzugs sehr wohl unter das präterintentionale Tötungsdelikt subsumierbar sei. Für die Anwendbarkeit des fahrlässigen Tötungsdeliktes sei es notwendig, dass sich der Täter außerhalb des vom Gesetzgeber für gewisse erfolgsqualifizierte Delikte vorgesehenen Grunddeliktsradius bewege. Da der Täter jedoch den objektiven und subjektiven Tatbestand des Grunddelikts in Art. 582 iStGB verwirklicht habe und sich der letale Erfolg in einem zurechenbaren Kausalverhältnis mit dem besagten Grunddelikt befinde, sei nicht auf fahrlässige, sondern auf präterintentionale Tötung zu erkennen.

380

Cass. 17. 2. 1961 = RIDPP 1962, 822 ff. Gegen diese Entscheidung wurde vom Schrifttum ins Feld geführt, dass sich die Anwendbarkeit der Vorschrift in Art. 584 iStGB insbesondere aus dem konkreten Wortlaut ergebe, der sich an der Versuchsvorschrift orientiere (Grosso, RIDPP 1962, 823 ff.; ähnlich auch Calvi, RIDPP 1962, 1138 ff.). Des Weiteren habe der unvorsichtige Umgang mit einer geladenen und ungesicherten Schusswaffe den objektiven Tatbestand der für Art. 584 iStGB notwendigen Grunddelikte erfüllt, weshalb es hier „keinen Zweifel“ (Grosso, RIDDP 1962, 831; a. A. Patalano, I delitti contro la vita, S. 284) gebe, dass das todeserfolgsqualifizierte Körperverletzungsdelikt einschlägig sei. 382 Cass. 17. 11. 1961 = RIDPP 1962, 1137 ff.; die spärlichen Angaben zum konkreten Sachverhalt geben lediglich darüber Auskunft, dass sich im Zuge einer als Schlagwaffe geführten Schusswaffe unbeabsichtigt ein Schuss löste, der das Opfer tötete. 381

212

3. Teil: Der Zusammenhang Grunddelikt/Todeserfolg bei der Körperverletzung

Zum selben Ergebnis wie die erste Entscheidung aus 1961 kam der oberste Gerichtshof in einer Pistolenschläger-Variante aus dem Jahr 1982383. T hielt eine geladene und ungesicherte Waffe in der Hand. Nach den veröffentlichten Feststellungen löste sich durch eine unabsichtliche Druckausübung auf den Waffenabzug ein Schuss, der O tödlich verletzte.

In seiner rechtlichen Begründung unterstrich das Kassationsgericht, dass die Anwendbarkeit des präterintentionalen Tötungsdelikts zunächst auf den Körperverletzungsvorsatz aufbauen muss. Da dem T jedoch kein Vorsatz hinsichtlich der Grunddeliktsvarianten in Art. 581 iStGB und Art. 582 iStGB, sondern lediglich hinsichtlich des Bedrohungstatbestand in Art. 612 iStGB384 nachgewiesen werden konnte, sei die Anwendbarkeit des Art. 584 iStGB ausgeschlossen: Vielmehr sei der Auffangtatbestand nach Art. 586 iStGB einschlägig385. Eine Fallvariante zum Gebrauch einer Pistole als Hiebwaffe hatte schließlich das oberste Gericht im Jahr 1990 zu entscheiden386. T schlug zunächst gegen den Fuß des O und vollzog eine Drohgebärde durch Abgabe eines Schusses in die Luft. Anschließend setzte T zu einem Schlag mit dem Pistolenknauf an, wobei sich der tödliche Schuss gegen O löste.

Das Kassationsgericht hob hervor, dass sich die grunddeliktischen Varianten des präterintentionalen Tötungsdelikts auf denselben Rechtsgüterschutz wie die Todeserfolgsqualifikation beziehen, nämlich die körperliche Unversehrtheit und das Leben, während die Grunddeliktsvarianten zum Auffangtatbestand in Art. 586 iStGB auf andere Rechtsgüter abstellen. Essentiell für die Einschlägigkeit von Art. 584 iStGB sei daher die Körperverletzungshandlung, wobei ein grunddeliktischer Versuch für die Anwendbarkeit genüge. Aus diesem Grund sei im vorliegenden Fall auf präterintentionale Tötung zu erkennen.

383

Cass. 17. 3. 1982 = GP 1983, II, 99. Vergleichbar mit dem Delikt in § 241 StGB („Bedrohung“). 385 Zu einem ähnlichen Ergebnis, nämlich zur Anwendbarkeit des Art. 586 iStGB, kam das Höchstgericht 1997, als es um die rechtliche Bewertung eines unbeabsichtigt gelösten Schusses ging. Dem Angeklagten war ein Verletzungsvorsatz nicht nachweisbar – auch wenn er nach den Sachverhaltsdarstellungen mit einer geladenen und ungesicherten Schusswaffe in der Öffentlichkeit unerlaubterweise mit sich führte und sich der Schuss aus der Pistole, die sich in seiner Sportjacke befand, aufgrund der „unvorsichtigen und untüchtigen Handhabung“ dieser Waffe löste: Cass. 29. 1. 1997 = GP 1997, II, 627. 386 Cass. 23. 3. 1990 = CED 184229 = CP 1992, 310. 384

Vierter Teil

Rechtsvergleichende Würdigung A. Vorbemerkungen Die Darstellung der Zurechnungsdogmatik zur todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung hat gezeigt, dass die Vielfalt an Lösungsansätzen keineswegs ein Spezifikum der deutschen Rechtsordnung, sondern auch im italienischen Rechtsraum vorzufinden ist. Mit Blick auf die rechtshistorische Entwicklung lässt sich feststellen, dass durch den Paradigmenwechsel zu Beginn des 19. Jahrhunderts, insbesondere mit der Aufgabe des ethisch-axiologischen voluntas indirecta Konzepts, in den Rechtsordnungen günstige Vorbedingungen für eine Auslegung nach tendenzieller verschuldensunabhängiger Erfolgshaftung bei den Erfolgsqualifikationen geschaffen wurden. Als Reaktion darauf wurde für die Einschränkung dieser weiten Zurechnungspraxis 1953 in Deutschland auf normativer Ebene der Verschuldensstandard der Fahrlässigkeit hinsichtlich der qualifizierenden Todesfolge statuiert. Nach der Einführung des Fahrlässigkeitsstandards wurde in der deutschen Praxis das Vorliegen von Fahrlässigkeitselementen allerdings derart großzügig bejaht, dass die Fahrlässigkeit ihrer ursprünglichen Aufgabe der Zurechungseinschränkung nicht gerecht werden konnte. Darauf reagierte das Schrifttum mit der Etablierung einer deliktsspezifischen Sonderdogmatik, zumal das Fahrlässigkeitskriterium ungeeignet schien, die Probleme der weiten Zurechenbarkeit zu lösen. Das Schulderfordernis i. S. d. Mindeststandards der Fahrlässigkeitshaftung nach § 18 StGB mutierte auf diese Weise zu einem Selbstverständnis1, das in den unterschiedlichen Positionen zur Zurechnungsdogmatik häufig stillschweigend vorausgesetzt wird. Dies gilt insbesondere für das Vorhersehbarkeitskriterium, welches sich einer empirisch-nachvollziehbaren Überprüfung entzieht2 und daher einer flexiblen Anwendbarkeit zugänglich ist. Nur selten wird die konkrete Umsetzung der gesetzlichen Voraussetzung zur Fahrlässigkeitshaftung hinterfragt – dafür treten in eingehenden Analysen zu diesem Untersuchungsschwerpunkt gravierende Mängel auf, weshalb etwa Rengier 1

So etwa Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 7. Vgl. dazu die Bemerkung von Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 213, zur Frage, warum der Schuldgrundsatz nicht vollständig durchgeführt werden kann: „Zunächst ist daran zu erinnern, daß die Schuld ein metaphysischer Gegenstand ist, der sich einer adäquaten oder gar rechnerischen Erfassung entzieht. Das Maß der Schuld werden wir daher nie genau ermitteln können.“ (Hervorhebungen im Original) 2

214

4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

jüngst schlussfolgerte, dass trotz der normativen Verankerung der Verschuldenshaftung in gewissen Sachverhaltskonstellationen eine faktische Erfolgshaftung praktiziert werde3. In Italien wurde der Haftungsstandard der Fahrlässigkeit für qualifizierende Erfolge zwischen 1988 und 2007 vom Verfassungsgerichtshof in mehreren Urteilen bekräftigt. In Ermangelung einer diesbezüglichen Reform des iStGB dominiert jedoch nach wie vor der Konflikt zwischen der objektiven bzw. tendenziell erfolgshaftungsgeprägten Verantwortlichkeit, deren prinzipielle Möglichkeit im Rahmen von Art. 42 III iStGB nach wie vor gegeben ist und vor allem in der Rechtsprechung praktiziert wird, und den Zurechnungstendenzen, die eine Entsprechung mit dem Schuldprinzip anstreben. Dieser dogmatische Disput zu Grundfragen des Schuldprinzips hat in jüngerer Zeit zur eingehenden Untersuchung der Dogmatik der culpa in re illicita geführt4. Für eine anzustrebende Rechtsangleichung kann bereits nach dieser Einleitung eine wichtige Schlussfolgerung gezogen werden: Die Rechtsprechungstendenzen in Deutschland zeigen, dass ein legal transplant des Fahrlässigkeitskriteriums in die italienische Rechtsordnung – etwa durch eine Reform von Art. 42 III iStGB nach dem Vorbild von § 18 StGB, das zugleich den wesentlichen Erkenntnissen der italienischen Verfassungsrechtsprechung seit 1988 entspricht –, zweifelsohne zu befürworten ist. Allerdings garantiert diese Übernahme nicht die Überwindung der Erfolgshaftungstendenzen: Hierfür bedarf es einer präzisen substantiellen Fundierung der Fahrlässigkeitsdogmatik, welche die Besonderheiten des Einzelfalls ausreichend berücksichtigt, sodass dieser Verschuldensstandard seine haftungseinschränkende Aufgabe wahrnehmen kann, ohne auf Kriterien i. S. d. Sonderdogmatik zurückgreifen zu müssen5. Die effektive Umsetzung des Schuldprinzips ist nicht zuletzt gerade bei den Erfolgsqualifikationen und präterintentionalen Delikten von außerordentlicher Dringlichkeit, zumal diese Deliktsgruppen eine hohe Sanktionsdimension aufweisen. Die im vorherigen Teil dargestellten Lösungsansätze zur Auslegung der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung und ihre Wesenszüge lassen sich in einer rechtsvergleichenden Wertung in zwei grundlegende Tendenzen einteilen. So ist das Schrifttum insbesondere um Zurechnungskriterien bemüht, die sich für den Rechtsanwender als greifbar und nachvollziehbar darstellen6, um den Bedürfnissen nach Rechtssicherheit, Rechtsgleichheit und Beschränkung richterlicher Willkür7

3

Rengier, FS Geppert, S. 479 f., 484, 488, 495. Aus dem jüngeren Schrifttum s. Basile, La colpa, passim; ders., in: Studi in onore di M. Romano II, S. 699 ff.; Canestrari, in: Dizionario V, S. 4481 ff.; Loreto, IP 2007, 419 ff.; Putinati, passim. 5 Ähnlich auch F. Mantovani, RIDPP 2014, 770, 778. 6 Vgl. aber Hassemer/Meinberg, Neue Kriminalpolitik 1989, 48. 7 Vgl. nur Puppe, AT § 9 Rdn. 22. 4

A. Vorbemerkungen

215

gerecht zu werden8. So führt etwa Küpper zur Letalitätstheorie dezidiert aus, dass diese Lösung „nicht zuletzt den Vorteil klarer und eindeutiger Ergebnisse für sich beanspruchen“9 könne10. Dagegen tendiert die Rechtsprechung in beiden Rechtsordnungen dazu, den Tatbestand der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung als Auffangtatbestand für einen nicht-nachweisbaren Tötungvorsatz aufzufassen und kommt dadurch zu einer flexiblen und dem Einzelfall angepassten Auslegung11. Dies geht allerdings zulasten einer klaren dogmatischen Lösungsstruktur, die wiederholt vom Schrifttum gefordert wird: Die Feststellung von Geilen, wonach „das Rechtsprechungsbild als einigermaßen buntscheckig bezeichnet werden“12 könne, ist auch vierzig Jahre später nach wie vor aktuell geblieben. Dies spiegelt sich insbesondere bei der Prüfung der Vorhersehbarkeit wieder13 : ¢ Während die Rechtsprechung in Deutschland zur Vorhersehbarkeit die „gebräuchliche Grundformel anwendet, wonach derjenige fahrlässig handle, der ,eine objektive Pflichtwidrigkeit begeht, sofern er diese nach seinen subjektiven Kenntnissen und Fähigkeiten vermeiden konnte, und wenn gerade die Pflichtwidrigkeit objektiv und subjektiv vorhersehbar den Erfolg gezeitigt hat‘“14, wird im Zuge von § 227 I StGB in gewissen Sachverhaltsvarianten die Vorherseh8 Vgl. nur Bydlinksi, Juristische Methodenlehre, S. 57: „Das Ziel der methodologischen Bemühungen in der Jurisprudenz sollte […] viel bescheidener sein. Es kann nur darum gehen, das mögliche Maß an Rationalität und Kontrollierbarkeit des juristischen Denkens voll auszuschöpfen.“ Kritisch zu den aktuellen Tendenzen etwa Di Fabio, Jura 1996, 567, wonach „mitunter die Klarheit der juristischen Begriffsbildung und die Konsistenz der Rechtsordnung“ leidet. 9 Küpper, FS Hirsch, S. 621. 10 Vgl. auch LK-Hirsch, § 227 Rdn. 5: „Auch vermeidet sie [die Letalitätstheorie] die Unklarheiten, die für die beiden anderen Auffassungen [der Autor bezieht sich auf die Handlungslösung und die Durchgangskausalität] bei der Bestimmung des tatbestandsspezifischen Zusammenhangs entstehen.“ 11 Deutliche Kritik bei Puppe, AT § 9 Rdn. 22 (im Kontext der Hemmschwellentheorie): „Misst man das Urteil einmal nicht an den ,kriminal-politischen Kriterien‘, die heute als die überzeugensten und rationalsten Qualitätskriterien der Rechtsprechung gelten, sondern an den altmodischen Maßstäben von Rechtssicherheit, Rechtsgleichheit und Einschränkung richterlichen Gutdünkens, so sollte es eher beunruhigen als befriedigen.“ Gemäßigter Sowada, Jura 2003, 559: „Obwohl für den Richter bei seiner täglichen Arbeit die Einzelfallgerechtigkeit möglicherweise einen höheren Stellenwert hat als für den Wissenschaftler, kann sich der Richter der Aufgabe einer auf verallgemeinerbaren Sätzen beruhenden, nicht zur dezisionistischen Entscheidungsfindung ebenso wenig entziehen wie der Dogmatiker der Frage, ob seine gedanklichen Konstruktionen akzeptable Resultate hervorbringen.“ Aus dem italienischen Schrifttum vgl. die Kritik bei Basile, La colpa, S. 763 (mit Hinweis auf Pulitanò in FN 5), wonach das Strafrecht durch gewisse Interpretationstendenzen wie der objektiven Verantwortlichkeit letztlich zur reinen Verbrechensbekämpfung instrumentalisiert werde. 12 So Geilen, FS Welzel, S. 672. 13 Vgl. Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 164: „Ein Strafrecht und vor allem auch eine Strafpraxis, die vollständig am Schuldgrundsatz orientiert sind, wird es ebenso wenig je geben, wie es einmal das absolut richtige Recht geben wird.“ 14 So Duttge, NStZ 2006, 267.

216

4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

barkeit zum Todeserfolg danach geprüft, ob sie „nicht jeder Lebenswahrscheinlichkeit“15 widerspricht; ob der Geschehensablauf „nicht außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit“16 oder sogar „nicht außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit“17 lag. ¢ Das italienische Kassationsgericht prüft konkrete Fahrlässigkeitsvoraussetzungen im Kontext des präterintentionalen Tötungsdelikts nur in Ausnahmefällen. Um im Einzelfall einen Todeserfolg ohne nachweisbaren Tötungsvorsatz zuzurechnen und zu einer entsprechend hohen Bestrafung zu gelangen, schöpfte die Rechtsprechung zunächst die Möglichkeit der verschuldensunabhängigen Auslegung auf Basis des Art. 42 III iStGB aus. In jüngerer Zeit greift das oberste Gericht zwar den Begriff der Fahrlässigkeitshaftung in seinen Urteilen auf, rückt jedoch den Sorgfaltsverstoß ins Zentrum des Schuldvorwurfs zum Qualifikationserfolg und übergeht – nach der Argumentation zur impliziten Vorhersehbarkeit – die Prüfung zentraler Elemente der Fahrlässigkeitsdogmatik, weshalb auch in Italien auf eine faktisch praktizierte Erfolgshaftung hinzuweisen ist. Durch diese Praxis wird der Grundsatz der Persönlichkeit der strafrechtlichen Verantwortung in Art. 27 I iVerf der starken generalpräventiven Akzentuierung untergeordnet, die sich in der Praxis in Form der dezidierten oder faktischen objektiven Verantwortlichkeit niederschlägt18.

I. Die Interdependenzen der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung mit den Tötungsdelikten Über die rechtshistorische Untersuchung konnte nachgewiesen werden, wie die todeserfolgsqualifizierte Körperverletzung im Kontext der Tötungsdelikte über die dogmatische Figur des indirekten Willens entwickelt wurde, der später als dolus indirectus in einigen Kodifikationen Einzug gefunden hatte. Spätestens mit dem PrStGB von 1851 erhielt dieses Delikt die Systemfunktion einer lex specialis der grob fahrlässigen Tötung. Da die Praxis, damals wie heute, die todeserfolgsqualifizierte Körperverletzung als Auffangtatbestand für Fallkonstellationen auffasst, in denen dem Täter kein Tötungsvorsatz nachzuweisen ist19 und damit eine flexibel gehandhabte Ausle-

15

BGH NStZ 1992, 335. BGH NStZ 1994, 394 (eigene Hervorhebung); s. auch BGH NStZ 1997, 341; BGH NStZ 2008, 686. 17 BGH NStZ 1997, 83; s. auch BGH NStZ 2008, 686; BGH, StV 1983, 62. 18 So Donini, Verbrechenslehre, S. 132. 19 So etwa N. Bosch, JA 2008, 547; Hirsch, JR 1983, 81; Krey/M. Heinrich, BT 1 § 3 Rdn. 264; NK-Paeffgen, § 227 Rdn. 2; Puppe, Erfolgszurechnung, S. 199 f. 16

A. Vorbemerkungen

217

gungspraxis etablieren konnte20, liegt die Vermutung nahe, dass gewisse Interdependenzen zwischen dem todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikt und den Tötungsdelikten herrschen, die sich in höheren dogmatischen Anforderungen an den Tötungsvorsatz niederschlagen. In der deutschen Strafrechtspraxis ist dies tatsächlich seit den 1980er Jahren der Fall: An den Tötungsvorsatz stellt der BGH über die Anwendung der „Hemmschwellentheorie“ (so ironischerweise in der Literatur bezeichnet21) höhere materiell- und prozessrechtliche Anforderungen22. Die im Rahmen der AIDS-Problematik entwickelte Theorie23 findet in der höchstrichterlichen Rechtsprechung vielfache Anwendung – einerseits zur Abgrenzung des Tötungsvorsatzes zur bewussten Fahrlässigkeit, andererseits zur Abgrenzung des Tötungsvorsatzes vom bloßen Körperverletzungs- oder Gefährdungsvorsatz24. So geht der BGH davon aus, dass jeder Mensch instinktiv Skrupel hat, das Leben einer anderen Person zu vernichten: Für die Annahme des bedingten Tötungsvorsatzes bedürfe es daher expliziter Feststellung zur Überschreitung dieser psychologischen Hemmschwelle25. Mit dem Hinweis auf mangelnde Sachverhaltfeststellungen zur Überwindung der Tötungshemmschwelle hat der BGH in einer Vielzahl von Fällen den Tötungsvorsatz bejaht26 bzw. verneint27, ohne eine klare inhaltliche Linie zum Hemmschwellenkriterium erkennen zu lassen. 20 Vgl. nur Küpper, FS Hirsch, S. 629: „Besonders die Rechtsprechung läßt nach wie vor eine klare Linie vermissen. Zudem dehnt sie den Anwendungsbereich des § 227 StGB immer weiter aus […]“ 21 So NK-Puppe, § 15 Rdn. 93; dies., NStZ 2014, 183. 22 Einen Zusammenhang zwischen Hemmschwellentheorie und § 227 StGB skizzieren bereits Geppert, Jura 2001, 59; NK-Paeffgen, § 227 Rdn. 1 (insbesondere FN 1) und Puppe, Erfolgszurechnung, S. 199 f.; dies., NStZ 2014, 187. 23 Nach Rissing-van Saan, FS Geppert, S. 497 f. erstmals in BGH StV 1982, 509. 24 Vgl. BGH NStZ 1983, 407; BGH NStZ 1984, 19; BGH StV 1986, 421; BGHR StGB § 212 Abs 1 Vorsatz, bedingter, 8, 9, 12; Brammsen, JZ 1989, 71, 77 f.; Rissing-van Saan, FS Geppert, S. 497, 505; Steinberg/Stam, NStZ 2011, 177, 179; Trück, NStZ 2005, 233 f.; Verrel, NStZ 2004, 309 ff. 25 Eingehend zuletzt etwa Jahn, JuS 2012, 757 ff.; Mandla, NStZ 2012, 695 ff.; Rissing-van Saan, FS Geppert, S. 504 ff., jeweils m. w. N.; zur Einführung in die Thematik (sowie kritischer Auseinandersetzung) s. Puppe, NStZ 1992, 576: „Zunächst ist zu bemerken, daß es sich bei dieser Hemmschwelle nicht etwa um die Tötungshemmung im Sinne der Verhaltensforschung handelt, oder um die moralische Hemmung, eine Handlung zu begehen, von der man weiß, daß sie den Tod eines Anderen herbeiführen kann. Daß der Täter diese Hemmung überwunden hat, steht ja in jedem Falle fest. […] Es handelt sich vielmehr um eine Hemmung, die dagegen bestehen soll, daß der Täter, der sich trotz klarer Erkenntnis der hochgradigen Lebensgefahr, die er für sein Opfer schaffen wird, zum Handeln entschlossen hat, dies mit Tötungsvorsatz tut, indem er die Möglichkeit des Erfolgseintritts billigend in Kauf nimmt.“ 26 Etwa BGH NStZ 2007, 639 (Faustschläge und Tritte mit festen Schuhen auf Kopf und Körper, Niederstrecken durch Faustschläge, sodass das Bersten des Schädels zu hören war, Ausruf „Ich schlag dich tot“); BGH NStZ 2012, 384 (Messerstich in den Rücken, Ausruf „Verreck’, du Hurensohn“). 27 Etwa BGH NStZ 1986, 549 (Fusstritte nach Art eines Fußballspielers gegen den Rumpf sowie einen Fusstritt von oben auf den Kopf eines dreimonatigen Säuglings); BGH StV 1987, 92

218

4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

Zurecht wird diese Judikaturlinie des BGH im Schrifttum bisweilen heftig kritisiert28 : In der Praxis könne auf eine Vielzahl an Fällen verwiesen werden, die gegen die generelle Annahme einer instinktiven Tötungshemmung oder einem Tötungstabu gegenüber dem Mitmenschen sprechen würden29, weshalb sich diese These in psychologisch-empirischer Hinsicht auf dünnem Eis bewege30. (23 Hammerschläge auf Kopf, Hals und Nacken); BGH NStZ 1987, 424 (Fünf Messerstiche in die linke Körperseite samt Ausspruch „Du Hund, Dich bring ich um“); BGH NStZ 1988, 175 (Wuchtiger Handkantenschlag gegen die Hinterhaupt- und Schläfenregion eines 15 Monate alten Kindes durch einen in Karate geschulten Täter); BGH NStZ 1988, 361 (Würgen bis zur Bewusstlosigkeit, zweimaliges heftiges Aufschlagen des Kopfes auf den Boden samt Äußerung, das Opfer umbringen zu wollen); BGH StV 1988, 93 (Handkantenschläge auf die Halsschlagader einer 84-jährigen Frau sowie Schläge auf den Hinterkopf mit einem 3,5 kg schweren gusseisernen Kerzenständer); BGH StV 1993, 641 (Vier Schläge auf den Kopf mit zwei Wasserflaschen, die dabei zersplittern); BGH NStZ 1994, 585 (Schlag mit leerer Bierflasche ins Gesicht, wobei diese zerbricht; Todesgefahr war „scheißegal“); BGH NStZ 1997, 391 (Werfen eines 20 kg schweren Gullydeckels nach dem Kopf des Opfers); BGH NStZ 2004, 329 (Würgen auch nach Eintritt der Bewusstlosigkeit); BGH NStZ 2007, 331 (Angekündigter kraftvoller Messerstich in die Brust); BGH NStZ 2009, 91 (Sechs mit voller Kraft geführte Hiebe mit einer 75 cm langen und gut 1 kg schweren Eisenstange auf den Rumpf des Opfers); BGH NStZ 2009, 503 (Vier Klappmesserstiche in den Hals- und Gesichtsbereich, wobei das Opfer nur leicht verletzt wurde); BGH NStZ 2011, 338 (Messerstich in den linken Brustkorb, Ausruf „Ich stech dich ab, du bist tot“). 28 So etwa Brammsen, JZ 1989, 77 („erstarrte und inhaltslose Formeln“ „nicht nachvollziehbar“, „mitunter unverständliche bzw. widersprüchliche Ergebnisse“); Fahl, NStZ 1997, 392 („Unbehagen“); Herzberg, JZ 1988, 638 („Orientierungslosigkeit und Unberechenbarkeit der Entscheidungen“, „undurchführbare Theorie“); Geppert, Jura 2001, 59 („alles andere als klar“, „niemals psychologisch näher begründet“,„stereotypische Formulierungen“); Jahn, JuS 2009, 957 („fast beliebige Einsetzbarkeit“, „fehlende psychologische Überzeugungskraft“); ders., JuS 2012, 758 f.; Mandla, NStZ 2012, 696 (kein „einheitliches, überzeugendes Gesamtbild“); Paeffgen, FS Puppe, S. 798, insbesondere FN 30 („wirklichkeitsfremde Laienpsychologie“); NK-Puppe, § 15 Rdn. 44 („völlige Unberechenbarkeit und Manipulierbarkeit“); dies., NStZ 1992, 577 („entweder unklar oder widersprüchlich“); Trück, NStZ 2005, 234 („begriffliche Leerformel“); ders., JZ 2013, 182 (der Begriff als solches sei „überflüssig“); SK-Sinn, § 212 Rdn. 35 (Hierbei gehe es „letztlich um die Beschreibung der Voaussetzungen, unter denen der Richter seine Hemmungen überwindet, […] den (schweren) Totschlagsvorsatz zuzuschreiben […]“); Verrel, NStZ 2004, 310 („unkalkulierbare Rechtsprechung“); vorsichtig hingegen Altvater, NStZ 2003, 21 f. („Mit dem simplen Hinweis auf die Hemmschwelle, auf die die bewusste Tötung eines Menschen stoße, lässt sich dieses Indiz [Einverständnis- oder Wollenselement bei besonders gefährlichen Gewalttaten] nicht zur Seite schieben“); ders., NStZ 2004, 24 (die Strafsenate scheinen „eingehendere Darstellungen auch bei augenscheinlich offensichtlichen Fällen zu fordern“); MK-Schneider, § 212 Rdn. 27 („Beifall verdient diese Rechtsprechung nicht“), 38 („höchst fragwürdig“); vorsichtig zustimmend dagegen LK-Vogel, § 15 Rdn. 112 („Diese Kritik ist nicht von der Hand zu weisen. Doch entspricht es bei Beziehungstaten durchaus nicht selten der Lebenswirklichkeit, dass sich der Täter nicht aus der Beziehung lösen will oder kann; dann wäre es lebensfremd, bereits bei erkannter Lebensgefährlichkeit der Gewalt Tötungsvorsatz anzunehmen“). 29 BGH NStZ 1984, 19; BGH NStZ 1984, 585; BGH NStZ 1987, 424; BGH NStZ 1988, 362; BGH NStZ 1992, 587; BGH NStZ 2004, 329; BGH NStZ 2006, 169; BGH NStZ 2007, 331; BGH StV 1982, 509; BGH StV 1991, 510; BGH StV 1993, 307; BGH StV 1993, 641; BGH StV 1997, 7; BGH NJW 1983, 2268; vgl. Trück, NStZ 2005, 234; Verrel, NStZ 2004, 310.

A. Vorbemerkungen

219

Hierbei ist folgendes zu bemerken: Die Überwindung einer Hemmschwelle zur Tötung eines anderen Menschen, sofern diese überhaupt existiert, kann möglicherweise bei der Fassung des einschlägigen Vorsatzes im Planungsstadium vor Ausführung der Tötungshandlung (rectius: Vorbedacht) Berücksichtigung finden: Sofern festgestellt wird, dass der Täter über seinen Tötungsplan im Vorfeld der Tat nachgedacht hat und ihn schließlich – in Überwindung einer inneren Hemmschwelle – umsetzte, könnte aufgrund des planmäßigen und reflektierten Vorgehens für das Vorliegen von Absichtlichkeit argumentiert werden31. Das Hemmschwellenargument eignet sich jedoch nicht für die Abgrenzung von Vorsatz und Fahrlässigkeit, insbesondere nicht in den Fällen von Affekttaten32: Die tödliche Affekthandlung zeichnet sich nämlich gerade dadurch aus, dass der Täter nicht rational an der Überwindung einer inneren Hemmung arbeitet und sich auf diese Weise für die vorsätzliche Tatbegehung entscheidet, sondern in seiner heftigen Gemütsverfassung (Wut, Zorn) irrational gegen sein Opfer vorgeht, indem er seinem impulsiven Erregungszustand nachgibt und sich zur Tat hinreisen lässt33 – weshalb im Schrifttum überhaupt strittig ist, ob der Affekt den Vorsatz gänzlich ausschließt34. Zu Recht kritisiert Trück35, beim Hemmschwellen-Topos handle es sich eigentlich um eine „Leerformel, die von den Tatgerichten gar nicht ausfüllbar ist. Sie dient im Ergebnis dazu, dem BGH die jederzeitige Möglichkeit offen zu halten, auch ein in sich stimmiges Tatgerichtsurteil aufzuheben.“ Es bestehe die Gefahr, dass durch die Verfolgung kriminal-politischer Ziele andere Werte wie Rechtssicherheit, Rechts-

30 Brammsen, JZ 1989, 77 f.; Geppert, Jura 2001, 59; NK-Neumann, § 212 Rdn. 10, 18; Puppe, NStZ 1992, 576 f.; MK-Schneider, § 212 Rdn. 54; Trück, NStZ 2005, 234 f.; Verrel, NStZ 2004, 310 will aufgrund des Mangels an psychologischer Untermauerung bei der Hemmschwellenjudikatur auf den Begriff „Theorie“ verzichten; vgl. zu diesem Grundsatz: BGH StV 2003, 213, 214. 31 So Puppe, NStZ 1992, 577, wonach der BGH über die Hemmschwellen-Judikatur die Intention verfolgt, „dem klassischen Mordmerkmal der Überlegung praeter legem wieder zur Geltung zu verhelfen.“ Nachdem der Gesetzgeber dieses Mordmerkmal verworfen hat, könne eine Berücksichtigung nur noch über die Vorsatzlehre erfolgen – ob dies allerdings einen gangbaren Weg darstellt, sei mit Blick auf die bisher erfolgten Ergebnisse der Praxis mehr als fraglich, da Tötungen im Affekt nicht mehr den Anforderungen eines eventuellen Tötungsvorsatzes genügen würden. 32 So Fahl, NStZ 1997, 392; Geppert, Jura 2001, 59; Herzberg, FG-BGH, S. 78; NK-Puppe, § 15 Rdn. 93; dies., NStZ 1992, 577; dies., NStZ 2014, 184 f.; Rissing-van Saan, FS Geppert, S. 508. 33 Vgl. Auer, S. 37. 34 Vgl. Jescheck/Weigend, AT S. 416 f.; Stratenwerth, FS Welzel, S. 304 f.; a. A., wonach der Affekt nicht die bewusste Erfassung eines möglichen Taterfolges beeinflusse: vgl. S/SSternberg-Lieben/Schuster, § 15 Rdn. 51, 61; Puppe, ZStW 103 (1991), 21; MK-Schneider, § 212 Rdn. 24. 35 So Trück, NStZ 2005, 238; ähnlich auch ders., JZ 2013, 182, wonach „der Gehalt einer ,Theorie‘ dem Hemmschwellen-Postulat in der Rechtsprechung […] nie zugemessen werden konnte.“

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

gleichheit und die Einschränkung richterlichen Gutdünkens vernachlässigt würden36. Scharfe Kritik im Rahmen eines „möglichen ,Nachruf[s]‘“37 auf die Abkehr der Hemmschwellen-Doktrin38 äußert schließlich auch Paeffgen39 : „Eine wirkliche Sumpfblüte aus dem Morast einer bundesrichterlichen Introspektion, die mit Laienpsychologie zu umschreiben ein Euphemismus wäre, ist die Lehre von der hohen Hemmschwelle, die vor einem Tötungsdelikt liege.“

Der BGH sollte einen anderen Weg wählen, um den eigentlichen Zweck zu realisieren, den er mit der Argumentation zur Tötungshemmschwelle verfolgt – nämlich der Vorbeugung der Gefahr, aus gravierenden Verletzungen nahezu selbstverständlich auf den bedingten Tötungsvorsatz zu schließen40. Diesbezüglich wurden in einer rezenten Entscheidung bereits erste Schritte gesetzt, als der BGH zum ergänzenden Hinweis auf die Hemmschwellentheorie des Schwurgerichtes vermerkte: „Die bloße Erwähnung dieses Schlagwortes [der Hemmschwellentheorie] wird […] vom Generalbundesanwalt daher mit Recht als ,pauschal‘ bzw. ,formelhaft‘ bezeichnet.“41 Rechtsvergleichend kann auf die Hemmschwellen-Argumentation der österreichischen Rechtsprechung zum Totschlag nach § 76 öStGB hingewiesen werden, einem privilegiertem Tötungstatbestand, der im Gegensatz zur Regelung nach § 213 StGB keine reine Strafzumessungsregel für minderschwere Fälle der vorsätzlichen Tötung42, sondern einen eigenständigen Tatbestand für die Tötung im Affekt bildet43. Die Hemmschwelle wird nicht als Abgrenzung von subjektiven Tatbestandsmerkmalen, sondern als Beschreibung des Affekts selbst eingesetzt: Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung des österreichischen Höchstgerichts (oberster Gerichtshof)setzt die Annahme des Totschlages nach § 76 öStGB voraus, dass der 36

Puppe, AT § 9 Rdn. 22; ähnlich auch Geppert, Jura 2001, 59. So NK-Paeffgen, § 227 Rdn. 1 FN 1 bezugnehmend auf BGH NJW 2012, 1524 m. Anm. Jahn, JuS 2012, 757 ff.; zustimmend wohl auch Trück, JZ 2013, 183. 38 So auch Puppe, JR 2012, 477 ff., etwa auf S. 477: „Das ist die endgültige und vollständige Preisgabe der ,Hemmschwellentheorie‘ und damit ein großer Fortschritt in der Anwendung des Begriffs des dolus eventualis auf Tötungsdelikte, ein Fortschritt zu mehr Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für die Instanzengerichte, zu mehr Gleichheit und Rationalität und damit auch zu mehr Gerechtigkeit in der Anwendung dieses problematischen Begriffs.“ Allerdings findet sich der Hemmschwellentopos in der jüngeren Rechtsprechung des BGH, s. etwa BGH NStZ 2014, 35; dazu Puppe, NStZ 2014, 184 f. 39 Paeffgen, FS Puppe, S. 798 FN 30. 40 So Geppert, Jura 2001, 58 f.; NK-Neumann, § 212 Rdn. 18; MK-Schneider, § 212 Rdn. 56. 41 BGH NJW 2012, 1526. 42 Eser, FS Middendorff, S. 75; ders., NStZ 1984, 52; S/S-Eser/Sternberg-Lieben, § 213 Rdn. 2; Fischer, StGB, § 213 Rdn. 1; Glatzel, StV 1987, 553, 555; Haverkamp, GA 2006, 601; LK-Jähne, § 213 Rdn. 2; Mitsch, JuS 1996, 28; WK-Moos, § 76 Rdn. 2; NK-Neumann, § 213 Rdn. 3; ders., FS Eser, S. 434 ff.; MK-Schneider, § 213 Rdn. 1; ders., NStZ 2001, 455; a. A. zum ersten Fall der Provokation: Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 2 Rdn. 55. 43 Kienapfel/Schroll, BT I § 76 Rdn. 1; WK-Moos, § 76 Rdn. 3. 37

A. Vorbemerkungen

221

Täter in einen „Affektsturm“ gerät, der „sogar stärkste sittliche Hemmungen, wie sie gegen die vorsätzliche Tötung eines Menschen bestehen […] hinwegzufegen geeignet ist.“44

II. Zwischenergebnis Durch die dehnbare Auslegung der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung ist es der Rechtsprechung grundsätzlich möglich, höhere Anforderungen an den Eventualvorsatz bei den Tötungsdelikten durchzusetzen. Aufgrund der Interdependenzen zwischen dem vorsätzlichen Tötungsdelikt und der todeserfolgsqualifizierten Körpverletzung stehen die Auslegungstendenzen zur Vorhersehbarkeit bei der Körperverletzung mit Todesfolge in einer direkten Beziehung zur Feststellung des Eventualvorsatzes, wie dies das Beispiel in Deutschland zur Argumentation der Hemmschwelle bzw. dem Vorhersehbarkeitskriterium der Lebenswahrscheinlichkeit zeigt. Die Instrumentalisierung dogmatischer Konzepte im Bereich des allgemeinen Verbrechensaufbaus zur Erreichung einzelfallgerechter Entscheidungen oder gar kriminal-politischer Bedürfnisse ist allerdings abzulehnen45. Der Rückgriff auf unvorhersehbar flexible Konzeptionen, wie etwa jene der Hemmschwellentheorie bei den vorsätzlichen Tötungsdelikten oder die Tendenzen verdeckter Erfolgshaftung bei todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung als Auffangtatbestand für nicht nachweisbaren Tötungsvorsatz, sprengt den Kompetenzrahmen der Rechtsprechung, zumal über diese Entscheidungspraxis von Einzelfällen Aufgaben zur politischen Kontrolle der Gesellschaft im weitesten Sinne wahrgenommen werden können46. Eine derartige Entwicklung, die nach der vorliegenden Untersuchung im Bereich der Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit nicht fernliegt, zeichnet sich nach Meinungen im Schrifttum47 in den jüngeren europäischen Gesetzgebungsprozessen 44 Vgl. OGH 30. 8. 1989, 14 Os 75/89; OGH 12. 12. 1991, 15 Os 141/91; OGH 16. 10. 1997, 12 Os 101/97; OGH 14. 4. 2004, 14 Os 20/04; OGH 16. 6. 2004, 13 Os 51/04; OGH 5. 4. 2005, 14 Os 149/04; OGH 3. 5. 2005, 11 Os 22/05b; OGH 25. 8. 2005, 15 Os 76/05y; OGH 10. 10. 2006, 14 Os 97/06 f; OGH 23. 10. 2008, 12 Os 113/08x; OGH 21. 8. 2013, 15 Os 78/13d; zustimmend Kienapfel/Schroll, BT I § 76 Rdn. 17; WK-Moos, § 76 Rdn. 12. 45 So treffend Puppe, AT § 9 Rdn. 37 und Donini, Verbrechenslehre, S. 94; vgl. auch die Warnung von Arthur Kaufmann, JZ 1963, 425 (im Kontext des Vollrausch-Tatbestandes), inwieweit bloß „der besseren Optik wegen“ Theorien und dogmatische Konstruktionen angewendet werden, „die allein vom erwünschten Ergebnis her bestimmt sind, nicht aber in der Sache selbst ihre Grundlage finden“ sowie der kritische Ausblick beim Vormbaum, Einführung, S. 273. 46 Vgl. das Fazit von Hassemer, in: Jung/Müller-Dietz/Neumann, S. 331: „Das Präventionskonzept [zu den Strafzielen] tendiert heute zu einem Interventionsmodell, welches die Grundsätze der […] Gleichbehandlung von Unrecht und Schuld oder der Legalität strafrechtlicher Eingriffe als lästige Hindernisse effektiver gesellschaftlicher Steuerung disqualifiziert und überspielt.“ 47 Kritisch etwa Pulitanò, RIDPP 2012, 1242 ff. m. w. N.

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

sowie in der rezenten Rechtsprechung des EGMR ab48, wobei das Strafrecht zugunsten eines neuen „Grundrechts auf Sicherheit“49 für Präventionszwecke gegen das „kriminelle Risiko“ instrumentalisiert wird, um den Bürger als potentielles Opfer zu schützen50. Der Schwerpunkt Opferschutz birgt die Gefahr, dass die Entscheidung der Rechtsprechung maßgeblich von moralischen Wertvorstellungen51, etwa über den Täter oder über sein Tatmotiv, beeinflusst wird, sodass die Strafrechtspraxis starke Akzente eines Täterstrafrechts aufnimmt52. Um diese Tendenz im Bereich der Körperverletzungsdelikte mit einem Beispiel zu belegen, kann – neben dem zur Hemmschwellentheorie viel besprochenen53 „Karateschlag-Falls“54 – für den Untersuchungsbereich der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung der „Kochsalz-Fall“55 genannt werden: T zwang ihre vierjährige Tochter O aus erzieherischen Gründen, einen Schokoladenpudding zu essen, den O versehentlich mit Salz versetzt hatte. T nahm dabei in Kauf, dass dies zu leichteren körperlichen Beschwerden wie Magenverstimmungen, Bauchschmerzen oder Unwohlsein führen werde. Allerdings war T weder bekannt, wieviel Salz der Pudding enthielt, noch wusste sie, dass 0,5 bis 1 Gramm Kochsalz pro Kilo Körpergewicht für ge-

48

Vgl. Donini, in: Vormbaum, Rechtstechnizismus, S. 108 ff. Begriff nach Isensee, passim. 50 Vgl. Isensee, S. 33 f. sowie aktuell Castronuovo, Principio, passim; Donini, in: Vormbaum, Rechtstechnizismus, S. 109; zum Thema „Sicherheit durch Strafrecht“ s. Hassemer, in: Jung/Müller-Dietz/Neumann, S. 331; ders., StV 2006, 323 ff. 51 Zu Verhältnis von Strafrechts und Moral vgl. etwa Basile, Immigrazione, S. 110 ff. und Donini, Verbrechenslehre, S. 106 f. 52 Vgl. dazu Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 188: „Der Täter kann nur als Täter, d. h. aus Anlaß und in den Grenzen seiner Tat, nicht aber darüber hinaus in seinem ganzen Sosein und Sogewordensein als Persönlichkeit strafrechtlich beurteilt und zur Verantwortung gezogen werden. Denn nur insofern und insoweit, als er der Täter einer durch das Strafrecht in ihren Merkmalen klar abgegrenzten Tat ist, ist sein Tätersein objektiv erkennbar und somit prozeßordnungsmäßig feststellbar.“ (Hervorhebung im Original) und weiter auf S. 199: „Wer den Boden der Tatschuld verläßt und dafür plädiert, daß auch die jenseits der Tatbegehung liegende Persönlichkeitsschuld strafrichterlich erfaßt werde, zwingt den Richter zu einem heuchlerischen Pharisäertum.“ s. auch S. 140 f., 187, 197, 215 sowie Kuhlen, in: Jung/Müller-Dietz/ Neumann, S. 355: Nach der sog. actor-observer-Differenz „neigen Akteure dazu, ihr Verhalten auf die Umstände der Handlungssituation zurückzuführen, während Beobachter [i. S. d. Richters] dazu tendieren, das Verhalten mit persönlichen Merkmalen des Handelnden zu erklären. Diese Attributionsdisposition der Beobachter erlaubt es eher als die der Akteure, den Handelnden für sein Tun und dessen Folgen verantwortlich zu machen.“ s. auch weitergehend auf S. 355 ff. 53 Zustimmend: Hassemer, GS Armin Kaufmann, S. 308 FN 90 („ein gutes Beispiel für einen differenzierten Umgang mit Indikatoren des Vorsatzes“); Roxin, FS Rudolphi, S. 246, 248 ff.; ders., AT I § 12 Rdn. 88; ablehnend: Puppe, AT § 9 Rdn. 23 ff.; NK-dies., § 15 Rdn. 96; s. dazu aktuell die Entscheidung des BGH NStZ 2012, 443. 54 BGH NStZ 1988, 175 = StV 1988, 328 = JZ 1989, 449. 55 BGH NStZ 2006, 506. 49

A. Vorbemerkungen

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wöhnlich zum Tod führt. Aufgrund der Salzmenge (32 g) und des geringen Körpergewichts des Mädchens (15 kg) starb O an Kochsalzintoxikation56.

In einer rechtlichen Bewertung stellte der vierte Senat des BGH fest, dass die tödliche Gefahr für O so weit außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit lag, weshalb der Tod von O der T nicht zuzurechnen sei: Das Landesgericht habe „nachvollziehbar dargelegt, dass die Angeklagte – und zwar nicht vorwerfbar – keine Kenntnis besaß, dass bereits geringe Mengen an Kochsalz bei einem Kleinkind lebensgefährliche Vergiftungserscheinungen hervorzurufen vermögen; denn das Wissen hierum sei wenig verbreitet und gehöre keinesfalls zu jener medizinischen Sachkenntnis, welche sich fast jede Mutter über kurz oder lang aneigne. Auch wenn es sich nicht um einen Fall einer ,medizinischen Rarität‘ handelt, lässt dabei auch der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht besorgen, die Schwurgerichtskammer habe hinsichtlich der individuellen Vorhersehbarkeit des Todeseintritts zu hohe Anforderungen gestellt.“57 Damit bestätigte der BGH die erstinstanzliche Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung nach § 224 I Nr. 1 StGB. Hätte der BGH die für § 227 I StGB übliche strenge Formel zur Lebenswahrscheinlichkeit angewendet, hätte der Todeserfolg wohl als vorhersehbar gelten und zugerechnet werden müssen. Dabei ist insbesondere der im Urteil enthaltene Hinweis auf die Fälle medizinischer Rarität brisant: Nach Ansicht des BGH habe die Kochsalzintoxikation bei Kleinkindern zwar keinen entsprechenden Seltenheitswert wie etwa eine medizinische Rarität, die Vorhersehbarkeit eines derartigen Todesrisikos könne aber trotzdem nicht von der Mutter verlangt werden. Im Gegensatz zu dieser Feststellung hat die Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung gerade im Kontext der Fallkonstellationen mit medizinischen Raritäten gezeigt, dass über das Kriterium „jeder Lebenswahrscheinlichkeit“ vergleichbare Entwicklungen mit seltenen Kausalfaktoren als vorhersehbar gelten können. Unter Anwendung des im „Kochsalz-Fall“ verwendeten Vorhersehbarkeitskriteriums würde die Todeserfolge in Fällen medizinischer Rarität aufgrund mangelnder Vorhersehbarkeit nicht zugerechnet werden dürfen, sodass lediglich eine Bestrafung aus dem Grunddelikt erfolgen würde. Letztlich bleibt der Verdacht, dass im Kochsalzfall der erzieherisch-legale Kontext der Tat zu einem Zurechnungsausschluss geführt hat, während in anderen Fällen der deliktisch-illegale Kontext der Grunddeliktsverwirklichung zur Zurechnung des qualifizierenden Erfolgs geführt hat.

56 Ausführliche Besprechung etwa bei N. Bosch, JA 2006, 743 ff. und Pape, Jura 2008, 147 ff. 57 BGH NStZ 2006, 507; zusammenfassend bei N. Bosch, JA 2006, 745: „[…] mangels medizinischen Sonderwissens [sind] die Folgen des Salzkonsums bereits objektiv nicht voraussehbar.“

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

Ein Auslegungskonzept der Rechtsprechung, das eine klar nachvollziehbare Dogmatik58 unabhängig der legalen oder illegalen Tatmotive und des Kontextes im Einzelfall anwenden würde, könnte sich zwar unter einer moralischen Perspektive59 Kritik ausgesetzt sehen, doch würden die Ergebnisse nach den bewährten Qualitätskriterien Rechtssicherheit, Rechtsgleichheit und Einschränkung des richterlichen Gutdünkens genügen. Denn die Bedeutung der Rechtsprechung geht über die Entscheidung des Einzelfalls hinaus, wenn „nach der […] aufgestellten Maxime künftig jeder gleichartige Fall zu entscheiden ist“60 und die Judikate deshalb eine „Rechtserkenntnisquelle“61 bilden. Insofern würde die Anwendung einer klaren, nachvollziehbaren und strukturierten Strafrechtsdogmatik „ungeachtet gewisser mit ihr verbundener Gefahren eine wichtige gesellschaftliche Funktion, nämlich die Kontrolle der im übrigen unabhängigen Rechtsprechung“62 ermöglichen und damit gerade im Bereich der Erfolgsqualifikationen, einer Deliktsgruppe mit hohen Freiheitsstrafen, eine Garantie der Rechtsstaatlichkeit darstellen. Gleichzeitig kann darauf verweisen werden, dass eine unrechts- und schuldangemessene Sanktionierung auch bei Nichtanwendung der Todeserfolgsqualifikation möglich wäre – der Sanktionsrahmen des grunddeliktischen Tatbestandes sieht bereits eine angemessene Bestrafungsmöglichkeit vor. Zudem werden in vielen Fällen von Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nicht bloß einfach vorsätzliche Körperverletzungen i. S. d. § 223 I StGB, sondern qualifizierte Körperverletzungstatbestände wie etwa § 224 I StGB vorliegen, sodass prinzipiell ein angemessener

58 Vgl. Bydklinski, Juristische Methodenlehre, S. 9; sowie Donini, in: Vormbaum, Rechtstechnizismus, S. 106 ff. 59 Vgl. Deckers/Fischer/König/Bernsmann, NStZ 2014, 9, im Kontext der vorsätzlichen Tötung: „Tötungsdelikte gelten als die ,schwersten‘, das Sicherheitsgefühl am meisten beeinträchtigenden Delikte, und ihre Verfolgung und Bestrafung sind nicht selten und in vielen Gesellschaften Widerspiegelung und Gradmesser rechtspolitischer ,Überzeugungen‘, rechtsstaatlicher Standards und kriminal-politischer Konzepte.“ Und weiter auf S. 13: „Das öffentliche Interesse an Kriminalität findet seinen Höhepunkt in der Berichterstattung über Tötungsdelikte.“ 60 Larenz, S. 429; ähnlich auch Bydlinski, S. 508, wonach eine gefestigte und veröffentliche höchstgerichtliche Rechtsprechung „am stärksten geeignet [sei], die Erwartungen der Rechtsunterworfenen zu bestimmen.“ 61 Vgl. Bydlinski, S. 504 („Der herrschenden Ansicht erscheint die Rechtsprechung somit nur als Rechtserkenntnisquelle.“ – Hervorhebung im Original); H. Köhler, JR 1984, 48 („Präjudizien sind keine Rechtsquellen, sondern bloße Rechtserkenntnisquellen.“); Larenz, S. 432 („Präjudizien […] sind daher jedenfalls eine Rechtserkenntnisquelle.“) und ferner Duttge, Bestimmtheit, S. 257 f. m. w. N.; kritisch zur gegenwärtigen Mutation der Rechtsprechung von Rechtserkenntnisquelle zur Rechtsquelle: Donini, in: Vormbaum, Rechtstechnizismus, S. 113 ff. 62 So treffend Schünemann, FS Roxin (2001), S. 8 (eigene Hervorhebungen), der in diesem Kontext zur „Überfeinerung der Rechtsdogmatik, wie sie uns in der Entwicklung des deutschen Rechtsdenkens paradigmatisch entgegentritt“, räsoniert; vgl. auch Donini, in: Vormbaum, Rechtstechnizismus, S. 123.

B. Zur ratio essendi der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung

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Strafrahmen verfügbar ist. Insofern liegt es an der Rechtsprechung, das normative Angebot zur Strafrahmenmöglichkeit auch auszuschöpfen63. Letztlich scheinen die Auslegungstendenzen zur todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung davon abzuhängen, welche Funktion der Rechtsanwender dem Strafrecht an sich zuteilwerden lässt: So stehen Einzelfallgerechtigkeit und die Verfolgung kriminal-politischer Zielsetzung der Tendenz gegenüber, das Strafgesetzbuch als „magna charta des Verbrechers“64 aufzufassen65. Aufgrund aktueller Entwicklungen in Rechtspraxis und Gesetzestechnik im Zeitalter der Risikogesellschaft66 überzeugt die Ansicht, dass das Strafgesetz als „magna charta nicht in erster Linie des Verbrechers, sondern des Staatsbürgers“67 aufgefasst werden kann68.

B. Zur ratio essendi der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung Für eine Auslegung des todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungstatbestandes secundum legem (Deutschland) bzw. secundum constitutionem (Italien) sind die Fahrlässigkeitsvoraussetzungen zum Qualifikationserfolg zu beachten. Damit diese Haftungseinschränkung nicht zu einem reinen Lippenbekenntnis verkommt, scheint 63

Vgl. NK-Paeffgen, § 227 Rdn. 2: „Dass sich dahinter – nunmehr (wegen des Strafrahmens) – ein nur schlecht kaschierter Verdachts-Totschlag verbirgt, dessen subjektive Voraussetzungen ,bedauerlicherweise‘ nur nicht bewiesen werden können, kontrastiert freilich mit der Scheu der Judikative, diesen Strafrahmen [des § 227 StGB] im insinuierten Maße auszuschöpfen. Doch bleibt die klotzige Mindeststrafe ein Rocher de bronce iS des vom Gesetzgeber Intendierten.“ (eigene Hervorhebungen) 64 So das berühmte Zitat von v. Liszt, in: Strafrechtliche Aufsätze und Vorträge II, S. 80: „Nach meiner Meinung ist, so paradox es klingen mag, das Strafgesetzbuch die magna charta des Verbrechers. Es schützt nicht die Rechtsordnung, nicht die Gesamtheit, sondern den gegen diese sich auflehnende Einzelnen. Es verbrieft ihm das Recht, nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen und innerhalb der gesetzlichen Grenzen bestraft zu werden. Der Doppelsatz: nullum crimen sine lege, nulla poena sine lege – ist das Bollwerk des Staatsbürgers gegenüber der staatlichen Allgewalt, gegenüber der rücksichtslosen Macht der Mehrheit, gegenüber dem ,Leviathan‘. Ich habe seit Jahren das Strafrecht gekennzeichnet als ,die rechtlich begrenzte Strafgewalt des Staates‘. Ich kann jetzt auch sagen: das Strafrecht ist die unübersteigbare Schranke der Kriminalpolitik.“ (Hervorhebungen im Original) 65 Zum schwierigen Diskurs zwischen Wissenschaft und Praxis vgl. Fiandaca, in: Vormbaum, Rechtstechnizismus, S. 60 ff. 66 Vgl. Cornacchia, Concorso, S. 115 ff. sowie zur Ausdehnung im Bereich der Fahrlässigkeitshaftung jüngst Civello, passim. 67 So Puppe, GA 1974, 98; zustimmend Basile, La colpa, S. 763 und insbesondere Schünemann, FS Roxin (2001), S. 11. 68 Vgl. die Warnung bei Otto, GA 1981, 491: „Die Reduzierung der Schuld auf den zweckrationalen Aspekt der Strafbedürftigkeit eliminiert jedoch das eigentliche Humane aus dem Begriff der Straftat und damit aus der Strafe. Die Strafe wird bloßes zweckrationales Schutzmittel, der Straftäter, wie der Strafende selbst auch, zum ,ens zoologicum‘ degradiert.“

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

es wichtig, zunächst die ratio essendi dieser dogmatischen Voraussetzung zu ergründen: Worin liegt das Wesen des Fahrlässigkeitsunrechts allgemein und der Unrechtskern der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung im Speziellen? Bevor auf diese Fragestellungen eingegangen werden kann, bedarf es einer vorgelagerten Erörterung: Im italienischen Schrifttum finden sich Autoren – abgesehen von den Vertretern der Auslegung gemäß der Verantwortung wegen total unerlaubtem Risikos –, die der Konzeption eines Fahrlässigkeitsvorwurfs für den Bereich der res illicita kritisch gegenüberstehen: „[…] Im Falle der Fahrlässigkeit in unerlaubter Handlung kann das Zurechnungskriterium nichts anderes als die reine Erkennbarkeit sein […] zumal eine Sorgfaltsregel nicht konzipierbar ist“69 ; „Es ist sofort offenkundig, dass zu alternativlos verbotenen Verhalten auf rechtlicher Ebene […] keine Verhaltensregeln aufzustellen sind“70 ; „im Bereich der Fahrlässigkeit sind „Sorgfaltspflicht“ und „Regeln“ juristische Konzepte mit verbindlicher rechtlicher Wirkung, die (notwendigerweise) innerhalb der von der Rechtsordnung erlaubten Grenzen gelten“71; „ebenso wenig kann man für plausibel halten, dass eine kriminelle Handlung, die für sich absolut verboten ist, dann Gegenstand eines für die korrekte Ausführung zielgerichteten Verbots (rectius: Gebots) sein kann, so als ob der Gesetzgeber dem Täter auf der einen Seite befehlen würde, von der intendierten Aggression komplett abzusehen, und auf der anderen Seite verlangen würde, sie korrekt auszuführen, um einen größeren Schaden für das Opfer zu vermeiden“72; aus Gründen der Kohärenz sei es unmöglich, dass die Rechtsordnung ein bestimmtes Verhalten verbietet und für diese Tätigkeit gleichzeitig auf gewisse Sorgfaltsregel abstellt (generische Fahrlässigkeit) bzw. explizit benennt (spezifische Fahrlässigkeit)73 ; es sei absurd, einen sorgsamen Umgang im Hinblick auf weitere ungewollte Konsequenzen von demjenigen zu verlangen, der einem anderen mit physischer Aggression begegnet74. Neben diesem Haupteinwand75, dass bei der Begehung von Straftaten kein sorgfältiges Verhalten verlangt werden könne, stelle sich außerdem die Frage, wie in der Praxis eine Maßfigur für verbotenes Verhalten aufzustellen sei76, zumal bei Straftaten die einzigen Maßfiguren die Verbrecher selbst sein könnten: Müsste 69

So Bartoli, S. 131. Carmona, IP 2001, 237 sowie 223 ff. 71 Carmona, CP 2009, 4592 sowie 4586 ff. 72 Piccardi, CP 2004, 877. 73 Carmona, CP 2009, 4591; so bereits ders., IP 2001, 237; in diesem Sinne auch Di Giovine, S. 379; Giunta, Illiceità e colpevolezza, S. 366; Piras, CP 1999, 3442. 74 Cass. 6. 4. 2002 = CED 222054 = CP 2004, 874; ebenso Giunta, Illiceità e colpevolezza, S. 366 f. 75 Vgl. auch Castaldo, in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 317; ders., L’imputazione oggettiva, S. 177 FN 3; Di Giovine, S. 379 f. im Kontext zur Risiko-Dogmatik der Fahrlässigkeit; Giunta, Illiceità e colpevolezza, S. 366; ders., RIDPP 1999, 87 ff.; Piras, CP 1999, 3441 f.; Zuccalà, in: Crespi/Forti/Zuccalà, Commentario breve, S. 233. 76 Carmona, CP 2009, 4593; bereits ders., IP 2001, 229 f. 70

B. Zur ratio essendi der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung

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demnach bei der culpa in re illicita der Idealtyp eines maßgerechten Verbrechers festgestellt werden77 ? Insofern würde der Richter in Verlegenheit gebracht werden, wenn er die Maßfigur eines idealen Diebes, Räubers, Sachbeschädigers, Pyromanen usw. ermitteln müsste78. Mit einem derartigen Fahrlässigkeitsverständnis riskiere man, in die Absurdität abzudriften79. Mit der Widerlegung dieser Standpunkte hat sich jüngst Fabio Basile80 auseinandergesetzt, der von der Prämisse ausgeht, dass die culpa in re illicita nach den 77

Carmona, CP 2009, 4595. Di Giovine, S. 380; diesem Einwand zur Maßfigur zustimmend, im Übrigen aber die Möglichkeit der Fahrlässigkeit im Bereich deliktischen Verhaltens bejahend, die h. M., etwa: Canestrari, L’illecito penale, S. 129 :„Nel giudizio concernente il comportamento illecito si potrà accogliere unicamente la funzionalità dei canoni dell’evitabilità e della prevedibilità nella loro misura oggettiva […]“; S. 210:„Viceversa, in relazione ad una zona illecita, tale formula [il metro dell’homo eiusdem professionis et condicionis] di sintesi ,oggettivo-soggettiva‘ non potrà ,ontologicamente‘ mai prendere vita, … salvo optare per la creazione di diverse categorie di ,rei‘ le cui azioni potrebbero essere disciplinate; di conseguenza, nell’orbita di un comportamento criminoso sono inconcepibili regole di condotta codificate, espresse o meno da leggi penali“; Dassano, in: Scritti in memoria di G. Marini, S. 274: „Non vediamo sopratutto un agente ‘modello’ […] che svolga l’attività (per definizione a-specifica) di delinquente, cui poter riferire l’etichetta ‘professionalizzante’ dell’‘uomo eiusdem generis et professionis’. Non c’è nessun delinquente cui altro delinquente debba ispirarsi ‘idealmente’: non esiste e non deve esistere per il diritto penale il ‘rapinatore modello’ né lo ‘stupratore modello’, semplicemente perché non esiste il delinquente modello.“ (Kursive im Original); Donini, Teoria, S. 374 ff., zusammenfassend etwa auf S. 375: „Se si conviene che in un contesto illecito non è dato oggi ravvisare specifiche cautele doverose (e comunque ‘prescritte’) di esclusiva destinazione a chi delinque (non trovando ‘realisticamente’ riconosciuto la figura-‘modello’ dello stupratore o del bancarottiere prudente o diligente), si ammetterà che in re illicita prevale – accanto allo perdurante vigenza delle cautele che incombono su chiunque (e a cui spesso fa inconsapevolmente riferimento chi rivendica l’esistenza di ‘cautele’ anche in contesto illecito) – una dimensione eminentemente ‘psicologica’ della colpa (relativa alle concrete modalità illecite) come prevedibilità, piuttosto che come inosservanze di ‘regole’ specifiche“; ders., Illecito e colpevolezza, S. 64 FN 98, 424 FN 168, 428; Marconi, S. 220 ff., zusammenfassend etwa auf S. 222: „Nel giudizio concernente il comportamento illecito inserito nell’orbita del delitto doloso trovano così spazio unicamente i canoni della prevedibilità e riconoscibilità nella loro misura oggettiva; sicché l’obbligo cautelare sorge a prescindere da qualsiasi valenza soggettiva e la prospettiva di regole cautelari va fatta utilizzando il solo indice di misurazione oggettivo degli elementi di valutazione precauzionale e attentiva.“ Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 583: „L’idea che non sia possibile formulare un giudizio di colpa nei riguardi di un atteggiamento doloso, già contraddicibile alla luce del senso comune, onde vale l’osservazione secondo cui chi ‘ha solo l’intenzione di percuotere o di ferire deve pur porre attenzione, nell’eseguire il reato, a dirigere l’attività esecutiva in modo che dalla stessa non abbia a prodursi un evento più grave di quello voluto’, è definitivamente naufragata con la ‘scoperta’ nella colpa di una pluralità di dati costitutivi, il primo dei quali (la misura di diligenza dovuta dall’agente nella situazione data in relazione alle conoscenze e alle capacità dell’agente modello) non può non contrassegnare qualsivoglia comportamento, ivi compreso quello connotato in termini di dolo con riferimento alla lesione di un bene determinato.“ 79 Castaldo, in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 318; ähnlich auch Piras, CP 1999, 3442. 80 Basile, in: Studi in onore di M. Romano II, S. 727 ff.; s. bereits ders., La colpa in attività illecita, S. 298 ff. 78

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

gewöhnlichen Kriterien der allgemeinen Fahrlässigkeitsdogmatik zu strukturieren sei81. Es komme bei der Fahrlässigkeit auf das Verhalten des Täters selbst und nicht auf den erlaubten oder unerlaubten Kontext seines Verhaltens an82: So sei der Chirurg, der eine Hornhaut- oder Nierentransplantation im Zuge einer Lebendspende vornimmt, angehalten, diesen Eingriff gemäß der lex artis zum Schutz des Lebens des Organ- bzw. Gewebespenders auszuführen – unabhängig davon, ob der Eingriff in einem legalen Kontext (etwa durch die entsprechende Einwilligung des Spenders nach dem Transplantationsgesetz), oder aber in einem illegalen Kontext (etwa Organhandel) ablaufe83. Damit entspricht die Position von Basile einer 2009 ergangenen Entscheidung der Vereinigten Senate des Kassationsgerichtshofs zu Art. 586 iStGB, wonach der Täter bei der Ausführung eines vorsätzlichen Verbrechens durchaus gewisse Sorgfaltsregeln zur Vermeidung weiterer Erfolge beachten müsse: „[…] Bei der Gelegenheit der vorsätzlichen Ausführung eines Verbrechens kann der Täter auch Adressat von Sorgfaltsregeln zur Vermeidung weiterer Erfolge sein, selbstverständlich unter der Voraussetzung, dass diese Sorgfaltsregeln nicht automatisch und von vornherein feststehend aus der strafrechtlichen Verbotsnorm des vorsätzlichen [Grund-]Tatbestandes selbst zu entnehmen wären.“84

Im Hinblick auf das Problem zur deliktischen Maßfigur85 weißt Basile darauf hin, dass jedes menschliches Verhalten sowohl in einem erlaubten als auch in einem unerlaubten Kontext ausgeübt werden kann86. Deshalb befürwortet der Autor die 81 Basile, in: Studi in onore di M. Romano II, S. 746: „Vi è una sola strada da percorrere, a nostro avviso, per raggiungere tale risultato: riconoscere senza tentennamenti che la colpa ‘in attività illecita’ è la stessa cosa della colpa ‘normale’, della colpa, cioè, presente negli ordinari reati colposi“ (Hervorhebungen im Original); ausführlicher mit zahlreichen Fallbesprechungen bei ders., La colpa in attvità illecita, S. 277 ff.; a. A. etwa Donini, Illecito e colpevolezza, S. 59 ff., 421 ff.; ders., Teoria, S. 369 ff.; Loreto, IP 2007, 449 ff. 82 Basile, in: Studi in onore di M. Romano II, S. 728 ff. 83 Beispiel nach Basile, in: Studi in onore di M. Romano II, S. 728; s. S. 729 für weitere Beispiele. 84 Cass. Sez. Un. v. 29. 5. 2009 = CED 234585: „Ed infatti, il ritenere che non sia accettabile la tesi secondo cui ogni norma penale, nel momento in cui punisce una condotta, porrebbe anche una regola preventiva sulla pericolosità della condotta stessa, non significa affatto negare la possibilità che, in occasione della esecuzione dolosa di un reato, l’agente possa essere anche destinatario di regole cautelari per la prevenzione di ulteriori eventi, purché, ovviamente, non si pretenda di ricavare tali regole cautelari, in modo automatico e scontato, proprio dalla stessa disposizione penale incriminatrice della fattispecie dolosa.“ (eigene Hervorhebungen) 85 Der Autor kommt zum Ergebnis, dass zur Feststellung des Fahrlässigkeitsvorwurfs im Kontext von unerlaubten Verhaltens auf den Parameter der Maßfigur abzustellen sei, s. Basile, in: Studi in onore di M. Romano II, S. 733: „Se la colpa in attività ha gli stessi contenuti della colpa in attività lecita, anche per accertare la prima si dovrà fare ricorso al consueto parametro dell’agente-modello.“ (Hervorhebungen im Original); s. bereits ders., La colpa in attività illecita, S. 303 ff. 86 Basile, in: Studi in onore di M. Romano II, S. 733: „2) in secondo luogo, per superare l’obiezione dell’irreperibilità di un agente-modello per la colpa in attività illecita, occorre

B. Zur ratio essendi der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung

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Anwendbarkeit der fahrlässigen Maßfigur auch im deliktischen Kontext, wobei er nicht auf einen idealen Delinquentenmaßstab, sondern auf eine „homologe Maßfigur“ [agente omologo]87 i. S. d. reasonable man Tests88 abstellt. Zur Bekräftigung seines Standpunktes führt Basile aus, dass die Richter bereits im Rahmen anderer Rechtsinstitute und Vorschriften das Verhalten nach einer einheitlichen Idealfigur untersuchen würden89, so etwa bei den Feststellungen zum Notwehrexzess und zur Provokation hinsichtlich der mildernden Umstände in Art. 62. Nr. 2 iStGB bzw. im Kontext der Delikte gegen die Ehre gemäß Art. 599 II iStGB90. Unabhängig von Zustimmung oder Ablehnung des vom Autor vorgeschlagenen Prüfungsstandards der homologen Maßfigur bei der Untersuchung zur Fahrlässigkeit ist festzuhalten, dass Basile seine Ausführungen zur Maßfigur auf einer Grundlage entwickelt, die dem Strafgesetzbuch vorgelagert ist: Das Menschenbild, das dem Strafrecht immanent ist91. Wenn die Aufgabe des Strafrechts darin liegt, „seinen Bürgern ein freies und friedliches Zusammenleben unter Gewährleistung aller verfassungsrechtlich ga-

considerare che, in realtà, pressoché qualsiasi attività umana può essere esercitata sia in condizioni di liceità che in condizioni di illiceità.“ (Hervorhebungen im Original) 87 Basile, La colpa, S. 279 f. sowie die Ausführungen zu dieser Maßfigur auf S. 280 ff; zusammenfassend ders., in: Studi in onore di M. Pisani III, S. 226 f., sowie mit Bezug auf die präterintentionale Tötung: ders., in: Studi in onore di M. Romano II, S. 737, 747 ff. 88 So etwa Eser/Koch, ZStW 92 (1980), 537. 89 Basile in: Studi in onore di M. Romano II, S. 734: „3) in terzo luogo, e a conferma di quanto appena detto, si noti che a ben vedere i nostri giudici già ai fini dell’applicazione di altre norme e istituti si chiedono come si sarebbe comportato in un contesto di attività illecita un agente-modello (di volta in volta denominato persona ragionevole, o uomo normale, o uomo medio, etc.), per poi confrontare tale condotta con quella dell’agente reale.“ (Hervorhebungen im Original); kritisch zum Fahrlässigkeitsmaßstab der von Basile, La colpa, S. 312 entworfenen „einheitlichen Idealfigur“ [omologo agente ideale] für den deliktischen Bereich Canestrari, in: Dizionario V, S. 4486 f.; ders., L’illecito penale, S. 92 ff., 178 ff.; Loreto, in: Dizionario III, S. 2381 f.; ders., IP 2007, 446 f., 451 ff. (mit einer ausführlichen Kritik zur Fallstudie von Basile auf S. 453 FN 135). 90 Vgl. auch Eser/Koch, ZStW 92 (1980), 537 zur Feststellung der normativen Einschränkung des Affekts durch die Umstände „gerechtfertigt“, „entschuldbar“, „begreiflich“: „Denn sofern nicht eine abnorme Affekterregbarkeit vorliegt, die jedoch allenfalls nach den Regeln des Allgemeinen Teils als Schuldausschließungs- bzw. Schuldmilderungsgrund (§§ 20, 21 StGB) Berücksichtigung finden kann, wird zunächst einmal von einem gewissen Maß an zumutbarer Affektbeherrschung ausgegangen, wobei dieses häufig mittels eines ,reasonable man test‘ bestimmt wird: Ein (heftiger) Affekt gilt als entschuldbar, wenn auch ,ein anderer, ein an sich anständig gesinnter Mensch, in der betreffenden Situation leicht in einen solchen Affekt hätte geraten können‘.“ (eigene Hervorhebungen) 91 Dazu eingehend Auer, passim (insbesondere S. 179 ff.) Bettiol, ZStW 87 (1975), 167 ff.; Jescheck, Menschenbild, passim; Murmann, Selbstverantwortung, S. 216 ff.; Radbruch, Mensch, S. 16 ff., 45 f.; s. Arthur Kaufmann, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, S. 97 FN 237 m. w. N.

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

rantierten Grundrechte zu sichern“92, geht der Gesetzgeber von der Prämisse aus, dass die Menschen als Personen in einer Beziehung zueinander stehen93. So heißt es im Schrifttum: „Das Strafrecht hat in unserer Zeit nicht nur eine Güterschutzfunktion zu erfüllen, sondern ist zugleich Ausdruck der Erwartung sozialer Anspannung von jedermann zugunsten des Mitmenschen.“94 „Die Idee des Appells an Freiheit und Vernunft des Bürgers geht allerdings von einem bestimmten Menschenbild aus: Der Mensch wird als Person verstanden, der Würde zukommt, weil sie sich ihrer selbst in ihrer Eigenart bewußt ist, in Freiheit über sich bestimmen, ihre Umwelt gestalten, und mit anderen Menschen Gemeinschaft bilden kann.“95

Dementsprechend definiert die personale Unrechtslehre96 das Unrecht nicht schon über den Unwert des Erfolgs an sich, sondern setzt die Negation der Wertigkeit von Relationalität ins Zentrum des Verbrechensbegriff, da mit dem Verbrechen eine Tat verwirklicht wird, die eine Verantwortung des Täters für die Aggression auf das Gefüge der interpersonellen Beziehung – dem Fundament der Rechtsordnung – nach sich zieht97. Ausgehend von den geistesgeschichtlichen Wurzeln des Aufklärungsund Vernunftrechts98 basiert das Strafrecht insgesamt auf dem Leitbild des menschlichen Zusammenlebens in einer vernunftorientierten Gesellschaft99. 92

Roxin, AT I § 2 Rdn. 7 m. w. N.; ähnlich auch NK-Hassemer, Vorbem. § 1 Rdn. 105. Vgl. hierzu eingehend Auer, S. 27, 38 ff.; Jescheck, Menschenbild, S. 11, 20 f., 24 f.; Murmann, Selbstverantwortung, S. 216 ff.; Otto, GA 1981, 481; jeweils m. w. N. 94 Jescheck, Menschenbild, S. 11. 95 Otto, GA 1981, 481 (eigene Hervorhebungen); vgl. Auer, S. 128 f. 96 Eingehend Arthur Kaufmann, FS H. Mayer, S. 101; M. Köhler, Fahrlässigkeit, passim; Lampe, Unrecht, S. 199 ff.; Maihofer, FS Rittler, S. 152 ff., 163 f.; Otto, GA 1981, 486 f.; Zaczyk, FS Otto, S. 191 ff. 97 So die treffende Zusammenfassung von Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 74 f.; zur Relationalität im personalen Unrecht s. auch Castronuovo, RIDPP 2005, 330 f., 333 f., 335; ders., La colpa penale, S. 279 ff.; ders., RIDPP 2011, 1616 ff., 1632 ff.; Hirsch, ZStW 94 (1982), 270 f. (zusammenfassend etwa S. 271: „Der Unrechtsbegriff dient dazu, Verhalten der Rechtsgenossen zueinander zu regeln und zu bewerten. Sobald man ihn dieser sozialen Funktion entkleidet, wird auf einen zentralen Teil seines Wesensgehalts verzichtet.“); Arthur Kaufmann, FS H. Mayer, S. 114 ff.; ders., Rechtsphilosophie, S. 292 f.; ders., in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, S. 145 f.; Lampe, Unrecht, passim; ders., ZStW 83 (1971), 584 f.; Roxin, JuS 1966, 385 FN 25; Zaczyk, FS Otto, S. 191 („Als Rechtsbegriff verstanden, kann sich ,Personalität‘ nicht erschöpfen in der Anerkennung von Freiheit, Vernunft und Einsichtsfähigkeit der einzelnen Person, vielmehr muss zugleich eine Beziehung und ein Verhältnis zur Sozialität und der Gestalt dieser Sozialität begründet werden, das ebenfalls als freiheitlich verstanden werden kann.“). 98 Vgl. Murmann, Selbstverantwortung, S. 162; Roxin, AT I § 2 Rdn. 8; Tag, S. 4; Zipf, JBl. 1980, 186; vgl. auch Jescheck, Menschenbild, S. 24 f. mit dem Hinweis auf die christliche Lehre. 99 Vgl. etwa Jescheck, Menschenbild, S. 14; Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 102, 224 ff.; Zipf, JBl. 1980, 190 f.; eingehend jüngst Murmann, Selbstverantwortung, S. 10 ff., 216 ff. (deutlich auf S. 14: die „Vernunftgegründetheit des Rechts“ sowie auf S. 224 f: 93

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So wurde die Maßfigur zur Fahrlässigkeitsprüfung auf der Grundlage dieses Leitbildes100 der vernunftbegabten Person entwickelt101: Dies kommt par excellence in der englischsprachigen Literatur102 zum Ausdruck, die zur Fahrlässigkeitsprüfung den Standard der reasonable person bzw. des reasonable prudent man fruchtbar macht. Über die Spezifizierung dieser Maßfigur, die sich etwa im italienischen Schrifttum103 als homo eiusdem condicionis et professionis durchgesetzt hat, wird die Problematik zur Anwendbarkeit dieses Standards bei der culpa in re illicita offensichtlich. Beharrt man auf diesem Maßstab in seiner Allgemeingültigkeit – und insbesondere auf den Aspekt homo eiusdem professionis –, so wird klar, worin ein grundlegendes Missverständnis besteht, das zur Ablehnung der Fahrlässigkeitskonzeption im Bereich der res illicita führt: Die Einbeziehung der gewerblichen bzw. beruflichen Tätigkeit in die Maßfigur jeglicher Fahrlässigkeitsprüfung. Doch gerade dieser Berufsaspekt wird nicht in allen Bereichen der Fahrlässigkeit eine tragende Rolle spielen104. Wenn etwa die Handlung eines Ingenieurs untersucht werden soll, der auf einer stark frequentierten städtischen Straße zum Erreichen des Autobusses zu laufen beginnt und dabei eine ältere Frau anrempelt, die dadurch stürzt und sich ein Bein bricht, so hat der Beruf des Ingenieurs für die Bildung der konkreten

„Selbstbestimmung bedeutet […] gerade auch, daß die Person als Vernünftige sich in den Zusammenhang zu den anderen einordnet und sich damit auch selbst Grenzen setzt“). 100 Vgl. Kindhäuser, GA 1996, 208: „Maßfigur der Sorgfalt ist […] der vom Strafzweck vorausgesetzte rechtstreue und rational entscheidende Normadressat, freilich mit der physischen und intellektuellen Konstitution des Täters.“ Ähnlich Kienapfel/Höpfel/Kert, AT Z 15 Rdn. 9 („Hinter dem ,maßgerechten Menschen‘ steht das Menschenbild des StGB.“). 101 Zur Figur des „vernünftigen Menschen“ vgl. insbesondere Maihofer, FS Rittler, S. 154, 157 f.; ähnlich auch Otto, GA 1981, 487, wonach die Grundlage der besprochenen Schuldlehre „doch die als je einzigartig gedachte Fähigkeit der Person zu freier und vernünftiger Entscheidung“ sei; Mangakis, ZStW 75 (1963), 519: „Denn gemäß dieser Ansicht ist der Schuldvorwurf immer dann zu erheben, wenn der Durchschnittsmensch zwar in der Position und Situation des Täters, aber – und das ist das Entscheidende – als ,vernünftige Person‘, d. h. mit den durchschnittlichen Fähigkeiten gedacht, anders handeln konnte“; vgl. auch die ausführliche Auseinandersetzung zwischen objektiv-personaler Natur und subjektiv-personaler Natur des Unrechts bei Lampe, Unrecht, S. 68 ff., 78 ff. 102 Vgl. für das herrschende Schrifttum: Dressler, Understanding Criminal Law, S. 131, 134 f.; eingehend hierzu Gropp, FS Roxin (2011), S. 784 ff.; s. auch die Ausführungen und Nachweise bei Basile, La colpa, S. 290 ff.; Canestrari, Dolo, S. 283; Castronuovo, La colpa, S. 400, 406, 411; Nisco, S. 199; Veneziani, Regole cautelari, S. 50 FN 3. 103 In das italienische Schrifttum eingeführt durch die wegweisende Monographie von Marinucci aus dem Jahr 1965, jetzt abgedruckt in Marinucci, in: La colpa. Studi, S. 1 ff. (zur Maßfigur s. insbesondere S. 154 ff.); vgl. aktuell Marinucci/Dolcini, Manuale PG S. 317. 104 So bereits Mannheim, der die Formel des homo eiusdem professionis et condicionis für das Strafrecht fruchtbar gemacht hat: Mannheim, S. 47 ff. (insbesondere auf S. 48, wo der Autor außerhalb des Berufs seine Maßfigur auf den homo eiusdem condicionis und damit ohne Berufsbezug beschränkt); s. Basile, in: Studi in onore di M. Pisani III, S. 241 f., etwa im Fazit auf S. 242; vgl. auch ders., La colpa in attività illecita, S. 289 f.; Loreto, CP 2005, 2371; ähnlich auch Canestrari, in: Studi in onore di F. Coppi I, S. 74 ff.

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

Fahrlässigkeitsmaßfigur keine Bedeutung105. Vor diesem Hintergrund zeichnet sich im italienischen Schrifttum106 und in der höchstrichterlichen Rechtsprechung107 die Tendenz ab, den Kern der fahrlässigen Modellfigur i. S. d. reasonable man zu definieren, da sich dieser Maßstab bei der Fahrlässigkeitsprüfung in re illicita und insbesondere bei der Prüfung zur Vorhersehbarkeit durchaus anwenden lässt. Gleichzeitig wird damit keinesfalls eine Abkehr von der homo eiusdem professionis et condicionis Formel eingeleitet: Diese wird weiterhin als ein spezifischer Indikator des Leitbildes zum reasonable man verwendet108. So kann der folgenden These aus dem italienischen Schrifttum109 zugestimmt werden: Wenn eine Person mit ihrem Verhalten vorsätzlich gegen eine strafrechtliche Vorschrift verstoßt, verliert sie dadurch nicht sic et sempliciter den Verstand – vielmehr ist es situationsabhängig möglich, dass der Täter in der Begehung der Straftat angesichts der grunddeliktstypischen Gefahren des intendierten Vorsatzdelikts vernünftigerweise weitere schwere, nicht intendierte Erfolge wahrnehmen, anerkennen bzw. vorhersehen kann110. Kurzum: Auch in re illicita ist rationales Denken möglich111. 105 So das treffende Beispiel bei Basile, in: Studi in onore di M. Pisani III, S. 241; vgl. auch ders., Immigrazione e reati culturalmente motivati, S. 413 ff. 106 Vgl. etwa Canestrari, in: Studi in onore di F. Coppi I, S. 76; Dolcini, RIDPP 2000, 878 f.; M. Mantovani, in: Cadoppi et al., Introduzione II, S. 250; Marinucci/Dolcini, Manuale PG S. 315, 319, 336, 338 f., 342, 344, 347; Pagliaro, in: Grosso/Padovani/Pagliaro, Trattato PG S. 112; Putinati, S. 350 ff.; speziell zur Prüfung der Vorhersehbarkeit bei der präterintentionalen Tötung: M. Gallo, CrD 2006, 14. 107 Cass. Sez. Un. 29. 5. 2009 = CED 234585: „La circostanza che l’agente reali versi in un ambito di illiceità, dunque, non influenza la fisionomia della colpa ed il procedimento di individuazione dell’omologo agente modello. Ovviamente, si dovrà fare riferimento non già alla condotta di un ipotetico delinquente modello, bensì alla condotta che ci si poteva ragionevolmente attendere, in relazione all’evento non voluto, da un individuo medio e razionale, osto nella medesima situazione in cui si è trovato l’agente reale […] È poi evidente che per agente modello non si deve intendere uno spacciatore modello, ma una persona ragionevole, fornita, al pari dell’agente reale, di esperienza nel campo della cessione ed assunzione di sostanze stupefacenti e consapevole della natura e dei normali effetti della sostanza che cede.“ 108 Ähnlich bereits Castronuovo, La colpa, S. 503 zur Figur des reasonable man: „Attenzione, però, a non incorrere in un facile equivoco. Non si tratta ovviamente di una riedizione del parametro differenziato dell’homo eiusdem professionis et condicionis, del tutto consueto dell’area penalistica, quanto piuttosto di un criterio tanto elastico da poter condurre alla migliore soluzione ‘compensativa’ a seconda della situazione del danneggiante (o, nei casi di concorso di colpa, della vittima).“ (Kursive im Original) 109 Basile, in: Studi in onore di M. Romano II, S. 734; Loreto, IP 2007, 446 f.; Putinati, S. 350 ff. 110 Putinati, S. 353: „Perché un uomo ragionevole, che si ponga volontariamente contro l’ordinamento penale – e l’ancestrale precetto neminem ledere (se non per sopravvivere ad un’aggressione), schiaffeggiando il rivale o deteriorando una parte di una nave per danneggiarla, (non si vorrà sostenere che violando un precetto penale si perda sic et sempliciter la ragione!) ben può ragionevolmente percepire, riconoscere, prevedere, un esito (morte della vittima, naufragio della nave) che potrebbe andare oltre la sua volontà nel momento in cui tenga

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Es steht außer Frage, dass gerade die durch den Richter durchzuführende nachträgliche Beurteilung, insbesondere in der ex-ante-Perspektive zur Fahrlässigkeitsprüfung, im Rahmen der Fallprüfung besondere Herausforderungen beinhaltet112. Allerdings überzeugt die fundamentale Ablehnung jeglicher Prüfungsmöglichkeit von culpa in re illicita nicht. Der argumentative Fokus der Gegner der culpa in re illicita auf das Prüfungskriterium der Sorgfaltspflichtverletzung versperrt den Blick auf die eigentliche ratio essendi der Fahrlässigkeit; mit anderen Worten: Das Fahrlässigkeitskriterium der Sorgfaltspflichtverletzung ist nicht mit dem Wesen der Fahrlässigkeit gleichzusetzen. Für die weitere Untersuchung ist es daher notwendig, den „Kern des Fahrlässigkeitsunrechts“113 im Hinblick auf den Fahrlässigkeitsvorwurf zur Todesfolge, der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung zu ermitteln. Dafür bedarf es zunächst einer überblicksmäßigen Darstellung der allgemeinen Fahrlässigkeitsdefinitionen114.

I. Die Fahrlässigkeitsessenz im deutschen Schrifttum Grundsätzlich ist innerhalb des deutschen Schrifttums zwischen einem nichtpersonalisierten Begriff des Fahrlässigkeitsunrechts, der individuelle Faktoren erst im Rahmen der Schuld erörtert115, und einem personalisierten Fahrlässigkeitsbegriff zu unterscheiden, der alle typischen Merkmale der Fahrlässigkeit im Tatbestand sieht116.

la condotta illecita nucleare base (dolosa), già astrattamente pericolosa per il bene giuridico protetto dalla fattispecie aggravata. (Hervorhebungen im Original) 111 So Putinati, S. 353. 112 Dazu ausführlich Kuhlen, in: Jung/Müller-Dietz/Neumann, S. 341 ff., der grundsätzlich drei Fehlerquellen bei der Durchführung nachträglicher ex ante Beurteilungen sieht, nämlich erstens: die Beurteilungsdifferenz zwischen Akteur und Beobachter (S. 355 ff.); zweitens: den schleichenden Determinismus bei nachträglichen Prognosen (S. 358 f.); drittens: die Beeinflussung von Verantwortungsszuschreibungen durch die Schwere negativer Handlungsfolgen (S. 359 ff.). 113 Jescheck/Weigend, AT S. 565. 114 Für eine ausführliche Darstellungen zur Thematik im deutschen Strafrecht s. die Monographie von Duttge (2001), zum italienischen Strafrecht s. die Monographie von Castronuovo (2009); rechtsvergleichend zu den Legaldefinitionen der Fahrlässigkeit s. Castronuovo, RIDPP 2002, 496 ff. 115 Etwa Wessels/Beulke, AT § 15 Rdn. 667; Bockelmann, AT § 20 B I; ders., Verkehrsstrafrechtliche Aufsätze, S. 202; Fischer, StGB, § 15 Rdn. 12 ff.; Haft, AT 165 ff.; Jescheck/ Weigend, AT S. 577 ff.; Kühl, AT § 17 Rdn. 29 ff.; Roxin, AT I § 24 Rdn. 53 f.; LK-Schroeder, § 15 Rdn. 144 ff.; Schünemann, JA 1975, 512 ff.; S/S-Sternberg-Lieben/Schuster, § 15 Rdn. 111 ff.; Baumann/Weber/Mitsch, AT § 22 Rdn. 9 ff., 28. 116 Etwa MK-Duttge, § 15 Rdn. 104 ff., 199 ff.; Freund, AT § 5 Rdn. 22 ff.; Jakobs, AT 9/ 8 f.; Maurach/Gössel/Zipf, AT 2 § 42 Rdn. 30 f., § 43 Rdn. 85 ff.; Stratenwerth, FS Jescheck, S. 286 ff.; Struensee, JZ 1987, 53; Weigend, FS Gössel, S. 138 ff.

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

Nach weitverbreiteter Auffassung bildet die Verletzung einer Sorgfaltspflicht die „Essenz der Fahrlässigkeitsdelikte“117: Zu diesem Ergebnis, das bereits im älteren Schrifttum mit einteiligem Fahrlässigkeitsbegriff (also hinsichtlich des Verbrechensaufbaus auf Ebene der Schuld) vorzufinden ist118, kommt auch die „klassische“119 überwiegende Literatur mit komplexem Fahrlässigkeitsbegriff im Sinne der Kombination aus Unrecht und Schuld120. Das „entscheidende Element im Tatbestand der fahrlässigen Delikte“121 der Fahrlässigkeit bilde demnach die Verletzung der Sorgfalt(-spflicht)122, kurz: ein „Sorgfaltsmangelunwert“123. Neben dieser klassischen Auffassung findet sich ein zweites Meinungslager124, das – ohne „Risiko“-Bezug – in der Sorgfaltspflichtverletzung „nicht das Wesentliche“125 der Fahrlässigkeit erblickt126. So steht bei Eberhard Schmidhäuser die 117

Bockelmann, Verkehrsstrafrechtliche Aufsätze, S. 210: „Die Sorgfaltspflichtverletzung, welche die Essenz der Fahrlässigkeitsdelikte ist, hat zwei Seiten.“ 118 Vgl. die umfangreiche Aufarbeitung m. w. N. bei Duttge, Bestimmtheit, S. 42 ff. 119 So die Einteilung nach Duttge, Bestimmtheit, S. 41; s. auch die Feststellung bei Weigend, FS Gössel, S. 136, wonach „die Redeweise vom Sorgfaltsverstoß als Grundlage des Fahrlässigkeitsvorwurfs“ in der Rechtsprechung häufig Verwendung finde. 120 Vgl. die umfangreichen Nachweise bei Duttge, Bestimmtheit, S. 64 ff. 121 So Welzel, JuS 1966, 424. 122 So Wessels/Beulke, AT § 15 Rdn. 656; Blei, AT 264; Bockelmann, AT § 20 B I; Eser, Strafrecht, II Nr. 21 A 9, 12; Haft, AT S. 157, 161 ff.; B. Heinrich/Reinbacher, Jura 2005, 748; Hirsch, ZStW 93 (1981), 856 ff.; ders., ZStW 94 (1982), 251 f., 266 ff.; ders., FS Lenckner, S. 127; Jescheck/Weigend, AT S. 563, 565; Kindhäuser, GA 1994, 209 ff.; M. Köhler, AT S. 171 f., 173; Kudlich, in: Heintschel-Heinegg, § 15 Rdn. 31; Lackner/Kühl, StGB, § 15 Rdn. 35; Kühl, AT § 17 Rdn. 5 f., 22 ff.; Maurach/Gössel/Zipf, AT 2 § 43 Rdn. 17 ff.; Schünemann, JA 1975, 442 sowie ders., GS Meurer, S. 40 f.; S/S-Sternberg-Lieben/Schuster, § 15 Rdn. 116; Stratenwerth/ Kuhlen, AT § 15 Rdn. 3, 11; Baumann/Weber/Mitsch, AT § 22 Rdn. 10 ff.; vgl. dazu ausführlich Duttge, Bestimmtheit, S. 66 ff. m. w. N.; zu den Modifikation der ratio essendi der Fahrlässigkeit als objektive Sorgfaltswidrigkeit, nämlich im Sinne eines subjektiven Tatbestandsmerkmals (Bockelmann) bzw. die Einhaltung der Sorgfaltspflicht als Rechtfertigungsgrund (Welzel, Blei, Baumann, Weber), s. Duttge, Bestimmtheit, S. 73 ff. m. w. N. 123 So S/S-Eisele, Vorbem. § 13 Rdn. 56 („Entsprechendes gilt für die Fahrlässigkeitstat, deren Handlungsunwert in dem äußerlich in Erscheinung getretenen ,Sorgfaltsmangelunwert‘ besteht.“); dieser Terminologie zum Sorgfaltsmangel stimmen etwa Sauer, S. 65 (s. sogleich infra) und MK-Duttge, § 15 Rdn. 94 zu, wobei Letzterer einen typologisch geprägten Fahrlässigkeitsbegriff mit dem Leitmotiv des „triftigen Anlasses“ vertritt: instruktiv Duttge, Bestimmtheit, S. 412 ff., 430 ff., 437 f., 494 f. 124 Die Klassifizierung gründet auf Duttge, Bestimmtheit, S. 91. 125 So Hold von Ferneck, S. 65 FN 2; kritisch auch Schroeder, JZ 1989, 776, der die Definition von Fahrlässigkeit i. S. d. objektiven Sorgfaltspflichtverletzung als „Fehlentwicklung, die nicht nur überflüssig ist, sondern auch deutliche Schäden für die Beurteilung der Fahrlässigkeit nach sich gezogen hat.“ Ähnlich auch Mitsch, Ordnungswidrigkeiten, § 8 Rdn. 23, wonach die Charakterisierung der Fahrlässigkeit i. S. d. Sorgfaltspflichtverletzung „wenig hilfreich“ sei, vor allem wenn auch die vorsätzliche Tatbestandsverwirklichung als sorgfaltswidrig zu beurteilen sei (vgl. diesbezüglich § 8 Rdn. 16). 126 Eine ausführliche Darlegung dieser Konzeptionen findet sich bei Duttge, Bestimmtheit, S. 91 ff. m. w. N.

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Realisierung der Gefahr für ein geschütztes Rechtsgut in Form der Erfolgsverwirklichung, die der Täter durch sein Handeln geschaffen oder verstärkt hat, im Vordergrund der Fahrlässigkeitsdefinition127. Günther Jakobs sieht in der Fahrlässigkeit – in Abgrenzung zum Vorsatz – eine „Form der Vermeidbarkeit, bei der die aktuelle Kenntnis des zu Vermeidenden fehlt“128 und definiert sie dementsprechend „als individuelle Erkennbarkeit (gleichbedeutend: Voraussehbarkeit) der Tatbestandsverwirklichung“129. Wolfgang Mitsch befürwortet einen kognitiven Fahrlässigkeitsbegriff: Fahrlässiges Verhalten liege nicht im fehlerhaften äußeren Verhalten selbst, sondern in der „Verhaltensfehlsteuerung“130, die auf mangelhaftem Wissen bzw. einer Willensbildung auf mangelhafter Wissensgrundlage gründe131. Schließlich erarbeitet ein Teil des Schrifttums – in Ablehnung der Konzeption zur Sorgfaltswidrigkeit132 – die Fahrlässigkeitscharakteristik in Verbindung mit der 127

Schmidhäuser, FS Schaffstein, S. 132, 133, 135, 137; ders., JuS 1987, 377, speziell zur Körperverletzung mit Todesfolge: „Teleologisch ist diese Straftat jedoch leicht zu begreifen: im Unrechtstatbestand (des Handlungsdelikts) findet sich hier die für das Leben eines Menschen gefährliche Handlung des Täters, die Realisierung dieser Gefahr im Tode eines Menschen (mit dem notwendigen Durchgangsstadium der Körperverletzung) und damit der objektiv zurechenbaren Todeserfolg; im Schuldtatbestand ist hinsichtlich der Körperverletzung Vorsätzlichkeit als aktuelles Tat- und Unrechtsbewußtsein vorausgesetzt, hinsichtlich des Todeserfolges jedoch nur Fahrlässigkeit, also die Erlangbarkeit dieses Bewußtseins.“ 128 Jakobs, AT 9/4; durchaus ähnlich Kindhäuser, GA 1994, 204, der die Fahrlässigkeit als die zu verantwortende „Unfähigkeit zur Vermeidung der Tatbestandsverwirklichung“ definiert, allerdings in seine Definition den Aspekt der Sorgfaltswidrigkeit miteinbezieht, s. Kindhäuser, GA 1994, 210: Von Belang sei „nur die Sorgfalt […], welche die Unfähigkeit des konkreten Täters zur Abwendung der Tatbestandsverwirklichung im entscheidungsrelevanten Zeitpunkt verhindern soll.“ 129 Jakobs, AT 9/6 (Hervorhebung im Original); vgl. auch ders., AT 9/5: „Eine fahrlässige Handlung ist eine vermeidbare, aber nicht jedenfalls eine individuell sinnvoll zu meidende und auch nicht eine rechtlich jedenfalls zu meidende Handlung.“ (Hervorhebung im Original); noch weiter geht Schroeder, der in der Fahrlässigkeit die Kenntnis oder Erkennbarkeit der Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung in concreto sieht: Schroeder, JZ 1989, 779; LK-ders., § 16 Rdn. 157 ff. 130 Mitsch, Ordnungswidrigkeiten, § 8 Rdn. 24 (vgl. auch Rdn. 16). 131 Mitsch, Ordnungswidrigkeiten, § 8 Rdn. 23: „Der Täter sieht nicht die Gefahr der Tatbestandsverwirklichung, obwohl genügend Gefahrindikatoren vorliegen, von denen auf bevorstehende Tatbestandsverwirklichung geschlossen werden kann. Auf diesen Wissensmangel ist es zurückzuführen, daß der Täter den objektiven Tatbestand erfüllt, obwohl er dies nicht will“; ders., JuS 2001, 105 ff., etwa auf S. 106: „Das Versagen des Täters besteht nicht darin, seine Bewegungen risikobewusst in die falsche Richtung gesteuert zu haben, sondern darin, sich ohne die erforderliche Aufmerksamkeit für das Risikopotential der Situation in eine gefährliche Richtung bewegt zu haben“; zusammenfassend charakterisiert der Autor sein Fahrlässigkeitskonzept als „Nicht-Erkennen trotz Erkennbarkeit“: Mitsch, Ordnungswidrigkeiten, § 8 Rdn. 27; ders., JuS 2001, 106. 132 Vgl. Roxin, AT I § 24 Rdn. 12: „Das Merkmal der Sorgfaltspflichtverletzung führt also über die allgemeinen Zurechnungsregeln nicht hinaus. Es ist vager als diese und deshalb entbehrlich.“ Weigend, FS Gössel, S. 132: „Diese synthetische Auffassung der Fahrlässigkeit als Verletzung von Sorgfaltsregeln steht jedoch vor mehreren kaum überwindbaren Schwierigkeiten […]“; Wolter, GA 1977, 274, wonach die „sog. ,objektive Sorgfaltswidrigkeit‘ […]

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objektiven Zurechnung als „Prototyp der Risikodogmatik“133. So sieht Wolfgang Frisch über seinen verhaltensnormtheoretischen Ansatz134 das Unrecht des Fahrlässigkeitsdelikts in der individuellen Vermeidbarkeit (und damit Erkennbarkeit) der Risikoschaffung135, sodass bei den Fahrlässigkeitsdelikten entscheidend sei, „daß der Täter zu erkennen vermag, daß mit seinem Verhalten eine über das normale, tolerierte Lebensrisiko hinausgehende und (objektiv) im Tatbestand erfaßte Gefahr der Herbeiführung des tatbestandsmäßigen Erfolges verbunden ist.“136 Nach Claus Roxin bestehe die Charakteristik der Fahrlässigkeit in der Überschreitung des erlaubten Risikos137: Der Täter habe „eine durch kein erlaubtes Risiko gedeckte und vom Schutzzweck des Tatbestandes umfasste Gefahr geschaffen […] die sich in einem tatbestandlichen Erfolg verwirklicht hat.“138 Im Lichte eines finalen (Handlungs-) Konzepts139 findet Eberhard Struensee die Unrechtsessenz des Fahrlässigkeitsvorwurfs „in einer bestimmten Konstellation objektiver Umstände, die deshalb negativ bewertet wird, weil die Rechtsordnung an sie die Prognose möglicher Rechtsgutsverletzungen (Verursachung des tatbestandsmäßigen Erfolgs) knüpft und

keinen eigenen dogmatischen Stellenwert neben der ,objektiven Erkennbarkeit‘“ besitze (vgl. aber auch Duttge, Bestimmtheit, S. 113 FN 571, wonach laut Wolter „die Sorgfaltswidrigkeit […] im übrigen zumindest eine dienende Funktion […]“ besitze: Wolter, FS 140 Jahre GA, S. 311); a. A. aus diesem Meinungslager Schünemann, JA 1975, 442, der auf die objektive Sorgfaltswidrigkeit als Essenz der Fahrlässigkeit abstellt. 133 So die Klassifizierung von Duttge, Bestimmtheit, S. 108 ff. m. w. N.; zu diesem Meinungslager zählt etwa Gropp, FS Roxin (2011), S. 789: „Fruchtbar erscheint hier das Erfordernis eines substantial risk, abhängig von der hohen Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts und der Natur und dem Ausmaß des drohenden Schadens. Der tatbestandsspezifische Unwert des Fahrlässigkeitsdelikts besteht danach darin, dass der Täter einen ihm möglichen Standard nicht erfüllt und dadurch eine substantielle Gefahr schafft, die sich im Erfolg widerspiegelt.“ Weigend, FS Gössel, S. 133 f.: „Fahrlässigkeit ist Geringachtung fremder Rechtsgüter durch mangelnde Aufmerksamkeit […]. Konstitutives Merkmal des fahrlässigen Delikts ist […] nicht die Verletzung einer abstrakten Sorgfaltsregel, sondern das Eingehen eines erkennbaren […] unerlaubten Risikos für das Rechtsgut.“ 134 So Duttge, Bestimmtheit, S. 114 ff. m. w. N. 135 Frisch, in: Wolter/Freund, S. 194; s. auch ders., Vorsatz und Risiko, S. 101: „Der Täter muß sein Verhalten in der relevanten Risikodimension erfasst haben.“ (Hervorhebungen im Original) 136 Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten, S. 636; ähnlich Freund, AT § 5 Rdn. 87c: „Fahrlässig verhält sich, wer angesichts der vorgefundenen Sachlage die nach seinen individuellen Verhältnissen vorhersehbare, vermeidbare und von Rechts wegen zu vermeidende Möglichkeit der nicht gerechtfertigten Tatbestandsverwirklichung schafft oder nicht abwendet.“ 137 Roxin, AT I § 24 Rdn. 6: „Denn es steht außer Streit, dass in weiten Bereichen das erlaubte Risiko die Grenze bezeichnet, bei deren Überschreitung die Fahrlässigkeit beginnt.“ Ähnlich Stratenwerth/Kuhlen, AT § 15 Rdn. 19: „Die für die verschiedensten Tätigkeiten geltenden Sorgfaltsregeln (wie Verkehrsregeln, Regeln der ärztlichen Kunst, der Baukunst usw.) haben die Bedeutung, das Maß dieses erlaubten Risikos zu präzisieren.“ 138 Roxin, AT I § 24 Rdn. 12. 139 Vgl. Struensee, JZ 1987, 54.

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darum die finale Herbeiführung einer solchen Konstellation verbietet“140 – daher sei für den Fahrlässigkeitsbegriff insbesondere die Kenntnis des Täters über das ausreichende Quantum von Risikofaktoren, die nicht mehr von der Risikoerlaubnis gedeckt und damit der subjektive Tatbestand von besonderer Bedeutung seien 141.

II. Die Fahrlässigkeitsessenz im italienischen Schrifttum Die Legaldefinition der Fahrlässigkeit findet sich in Art. 43 iStGB: Art. 43: Psychologisches Element der strafbaren Handlung „Das Verbrechen ist […] fahrlässig oder gegen die Absicht, wenn der Erfolg, mag er auch vorausgesehen sein, vom Täter nicht gewollt ist und infolge von Nachlässigkeit, Unvorsichtigkeit, Untüchtigkeit oder auch Nichtbeachtung von Gesetzen, Verordnungen, Befehlen oder Regelungen eintritt.“142

Über diese gesetzliche Definition143 in Art. 43 iStGB, die eine Ausprägung der in Art. 42 I iStGB bereits vorgezeichneten voluntaristischen Auffassung der inneren Tatseite (Wissen und Wollen) darstellt, kommt der erste Wesenszug der Fahrlässigkeit in Form des Fehlens eines deliktischen Vorsatzes („wenn der Erfolg, mag er auch vorausgesehen sein, vom Täter nicht gewollt ist“) zum Ausdruck144 : Demnach stehen Vorsatz und Fahrlässigkeit in einem aliud-Verhältnis und schließen sich gegenseitig aus145. Ferner beinhaltet die Legaldefinition zur Fahrlässigkeit einerseits eine dreifache Umschreibung (negligenza, imprudenza, imperizia) der allgemeinen im Moment der Tat mangelnden Sorgfalt, die im italienischen Schrifttum als colpa generica be140

Struensee, JZ 1987, 58. Struensee, JZ 1987, 62. 142 Übersetzung nach Javers, in: Sieber/Cornils, AT III, S. 696; vgl. auch MK-Duttge, § 15 Rdn. 62, der die Textpassage anche se preveduto mit „obwohl vorausgesehen“ anstelle von „mag er ihn auch vorausgesehen“ und den Terminus imperizia mit „mangelnder Erfahrung“ anstelle von „Untüchtigkeit“ übersetzt; für einen methodischen Exkurs zur Übersetzung von Rechtstexten vgl. Schroeder, ZStW 117 (2005), 236 ff. 143 Durchaus kritisch zur Legaldefinition der Fahrlässigkeit in Art. 43 iStGB etwa Forti, Colpa, S. 133 („Pseudo-Definition“); vgl. dazu auch Jescheck/Weigend, AT S. 575 FN 63, wonach das italienische Strafgesetzbuch nur negligenza, imprudenza und imperizia nennt, aber keine Definition der Fahrlässigkeit gibt; vermittelnd dagegen Castronuovo, La colpa, S. 246 ff., wonach die Definition mit ihrem semantischen Minimalismus [minimalismo semantico] zumindest einige Parameter für die Sorgfaltspflicht [taluni parametri per l’individuazione della regola di comportamento doveroso] liefere. 144 So etwa Antolisei/Conti, Manuale PG S. 367; Canestrari, in: Canestrari/Cornacchia/De Simone, Manuale PG S. 414; Castronuovo, La colpa, S. 369; Forti, Colpa, S. 135; F. Mantovani, PG S. 338 f.; Ramacci/Guerrini, Corso S. 350 f.; M. Romano, Commentario sistematico I, Art. 43 Rdn. 60. 145 Vgl. stellvertretend Antolisei/Conti, Manuale PG S. 367 f.; Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 603. 141

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zeichnet wird146. Andererseits benennt Art. 43 iStGB die Missachtung gesetzlicher oder sonstiger (Sonder-)normen als eine weitere konstituierende Charakteristik der Fahrlässigkeitstat (inosservanza di leggi, regolamenti, ordini o discipline) – wobei die h. M.147 im Hinblick auf die Gefahr der Missinterpretation im Sinne einer verschuldensunabhängigen culpa in re ipsa verneint, dass die sog. colpa specifica148 in Form eines Regelverstoßes rein für sich genommen als Selbstläufer auf einen Fahrlässigkeitsvorwurf zwangsläufig schließen lässt. Schließlich ist allgemein anerkannt, dass die unbewusste Fahrlässigkeit – trotz anderslautender Legaldefinition, die sich mit Blick auf die Struktur der Vorschrift auf die bewusste Fahrlässigkeit beschränkt (anche se preveduto)149 – ebenso unter den Fahrlässigkeitsbegriff in Art. 43 iStGB fällt. Während in der Literatur strittig ist150, inwieweit die Fahrlässigkeit im Verbrechensaufbau ausschließlich ein Schuldelement151 oder auch ein Tatbestandselement152 sein kann, herrscht zur Fahrlässigkeitsessenz weitgehende Einigkeit153: Nicht nur im „klassischen“154 italienischen Schrifttum155, sondern auch in der zeit146

So Canestrari, in: Canestrari/Cornacchia/De Simone, Manuale PG S. 423 ff.; F. Mantovani, PG S. 341 f.; Palazzo, Corso PG S. 328 ff.; Ramacci/Guerrini, Corso S. 354; Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 609 ff. 147 Vgl. stellvertretend Antolisei/Conti, Manuale PG S. 369, 377 ff.; F. Mantovani, PG S. 342. 148 Vgl. Antolisei/Conti, Manuale PG S. 369; Canestrari, in: Canestrari/Cornacchia/ De Simone, Manuale PG S. 428 ff.; F. Mantovani, PG S. 342; Palazzo, Corso PG S. 325 ff.; Ramacci/Guerrini, Corso S. 354; Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 609 ff. 149 So MK-Duttge, § 15 Rdn. 63; F. Mantovani, PG S. 335 f. 150 Eingehend zu dieser Problematik Cornacchia, Concorso, S. 54 ff. sowie jüngst Castronuovo, La colpa, S. 135 ff. 151 So etwa Antolisei/Conti, Manuale PG S. 315 ff., 327, 360 ff.; De Francesco, Diritto penale, S. 391 f., 426 f.; F. Mantovani, in: Dig. disc. pen. II, S. 300; ders., PG S. 336 f.; Marini, Lineamenti, S. 275 ff., 281, 410 ff., 440 ff., 473 ff.; Nuvolone, Il sistema, S. 284 ff. 152 So etwa Canestrari, L’illecito penale, S. 98 ff.; Castronuovo, CP 2002, 3845 FN 29; Donini, Illecito e colpevolezza, S. 12 ff.; ders., Teoria, S. 360 ff.; Fiandaca/Musco, PG S. 194 f., 542 ff.; Forti, Colpa, S. 138 f., 141 f., 294 ff.; M. Gallo, in: ED VII, S. 636 f.; Giunta, Illiceità e colpevolezza, S. 125 ff., 150 ff.; Marinucci, La colpa. Studi, S. 186 ff.; M. Romano, Commentario sistematico I, Art. 43 Rdn. 69 f.; Veneziani, Regole cautelari, S. 8 f., für weitere Nachweise s. Castronuovo, La colpa, S. 40 f. (insbesondere FN 78 und 79). 153 Einen aktuellen Überblick über die wichtigsten Publikationen zur Fahrlässigkeit des italienischen Schrifttums bietet jüngst Castronuovo, RIDPP 2013, 1724 FN 2. 154 So Canestrari, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PG II S. 128 FN 1; hinsichtlich der „klassischen“ Literatur soll erwähnt werden, dass unter dem psychologischen Leitbild der Fahrlässigkeitsdogmatik die Fahrlässigkeitsessenz als Irrtum [errore] aufgefasst wurde, s. etwa Alimena, S. 27 ff. 155 So etwa Forti, Colpa, S. 141: „Quello così delineato è anche, in buona sostanza, l’orientamento sistematico oggi condiviso dalla dottrina tedesca del tutto prevalente e da sempre più ampi settori di quella italiana: la colpa, modello a sé stante di illecito penale, viene identificata come violazione di una doppia misura di diligenza, oggettiva e soggettiva, rispettivamente pertinenti al piano della tipicità e della colpevolezza.“ (eigene Hervorhebungen); ders., in:

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genössischen Literatur156 kommt die Charakterisierung der Fahrlässigkeit als Nichtbeachtung der gebotenen Sorgfalt zum Ausdruck. So definiert Stefano CaDizionario II, S. 947, 948 ff.; M. Gallo, in: ED VII, S. 624: „Qualificare antigiuridico un comportamento umano equivale ad accertare la violazione di un dovere; qualificarlo colpevole significa di più: e cioè che il comportamento costituisce violazione di un obbligo, vale a dire di una situazione la quale permetteva al soggetto uno spontaneo adeguarsi alla volontà normativa.“ Ders., Appunti II/2, S. 134; Giunta, Illiceità e colpevolezza, S. 2: „Così, mentre fino ai primi decenni del secolo (e segnatamente sotto perduranti condizionamenti ora della filosofia idealista, ora del pensiero naturalistico) gli epigoni della dottrina ottocentesca consideravano la colpa un mero difetto della volontà o un vizio dell’intelletto, è oggi largamente ammesso che il carattere fondante della responsabilità colposa consista nella violazione delle cautele doverose.“ (Hervorhebungen im Original), s. auch auf S. 75 f.; ders., DPP 1999, 1295; ders., RIDPP 1999, 86 ff.; F. Mantovani, in: Dig. disc. pen. II, S. 303: „Alla base della colpa stanno sempre la inosservanza di una regola doverosa di condotta, diretta a prevenire eventi dannosi, e la possibilità di pretenderne l’osservanza dal soggetto.“ (Hervorhebungen im Original); ders., PG S. 336 f.; Marinucci, in: La colpa. Studi, S. 91: „I reati colposi causalmente orientati come Pflichtdelikte, cioè come illeciti caratterizzati dalla violazione di un dovere: è questa la nozione che abbiamo costantemente sottinteso, o sostanzialmente anticipato, lungo tutto l’arco della precedente indagine.“ Und ausführlich auf S. 175 ff.; ders., Il reato, S. 158; Spasari, in: Studi in memoria di G. Delitala III, S. 1512: „Nei due paragrafi precedenti abbiamo tenuto l’indagine sulla colpa strettamente circoscritta al pinao delle contravvenzioni, […] perché ci sembra che giovi alla chiarezza di una ricerca razionale e dommatica della colpa averne isolato la pura essenza, sia nel profilo oggettivo-normativo sia nel profilo psicologico-valutativo, di condotta inosservante di norme preventive e di volontà (almeno nella sua genesi) consapevole di tale inosservanza, o, detto più semplicemente e sinteticamente, di volontaria inosservanza di cautele doverose […]“. 156 Aus dem unüberschaubaren Schrifttum s. exemplarisch etwa Altavilla, La colpa I, S. 314, 325 ff.; ders., La colpa, S. 25, 27; Antolisei/Conti, Manuale PG S. 369; Basile, La colpa, S. 5; ders., in: Scritti in onore di Pisani III, S. 211 f.; ders., in: Studi in onore di M. Romano II, S. 731; Bettiol, PG S. 474; Blaiotta, in: Lattanzi/Lupo, Codice penale I, S. 415; Cadoppi/Veneziani, Elementi PG S. 330; Carmona, IP 2001, 235; ders., CP 2009, 4593; Castaldo, L’imputazione oggettiva, S. 180 ff.; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 316 (vgl. aber S. 319, wonach die Verletzung einer Sorgfaltsregel nicht das Spezifikum des fahrlässigen Unrechts, sondern auch im vorsätzlichen Unrecht zu finden sei); Castronuovo, La colpa, S. 28, 150 ff., 279; ders., RIDPP 2011, 1633; ders., RIDPP 2013, 1725; Civello, S. 3; Cornacchia, Concorso, S. 54 ff., 485 ff.; De Francesco, DPP 2012, 666; ders., Diritto penale, S. 427 f.; De Marsico, ADPP 1940, 241; De Vero, Corso I S. 576; Delitala, in: Raccolta degli scritti I, S. 462; Di Giovine, S. 373; Donini, Verbrechenslehre, S. 85; ders., Teoria, S. 334 ff.; (wobei der Ansatz des Autors der oben erwähnten Risikodogmatik i. S. d. Überschreitung eines erlaubten Risikos zuzuordnen ist, vgl. nur aktuell Donini, RIDPP 2013, 151 ff.); Fiandaca/Musco, PG S. 545; Fresa, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PS VII S. 251; Grotto, S. 17, 30 f.; Loreto, IP 2007, 443; Lunghini, in: Dolcini/Marinucci, Codice penale commentato I, Art. 43 Rdn. 69; Manna, PG S. 214 f.; M. Mantovani, in: Insolera et al., Introduzione II, S. 199 f.; Marini, Lineamenti, S. 489 f.; Marinucci/Dolcini, Manuale PG S. 313; Nuvolone, Il sistema, S. 305; Padovani, Diritto penale, S. 210 f.; Pagliaro, in: Grosso/Padovani/Pagliaro, Trattato PG S. 110; ders., Principi PG S. 299; ders., in: Stile, Responsabilità oggettiva, S. 14; Palazzo, Corso S. 323; Pisani, S. 1 f.; Pulitanò, Diritto penale, S. 329; Ramacci/Guerrini, Corso S. 352 f.; Riz, PG S. 292, 296; B. Romano, PG S. 357 ff.; Tagliarini, S. 170; Veneziani, Trattato di diritto penale – Parte speciale III/2, S. 27, 32 ff., 168 ff., 369 ff., 584 ff., 692 ff.; ders., Regole cautelari, S. 3; Zuccalà, S. 70; kritisch zur Definition wegen der tendenziellen „Ultra-Normativierung [ultra-normativizzazione]“ mit äußerst objektivistischer Auffassung [nozione iper-oggettiva]:

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nestrari das fahrlässige Delikt als Verwirklichung des nicht gewollten Tatbestandes, die auf die Verletzung einer oder mehrerer Sorgfaltsregeln zurückgeht und dem Täter persönlich vorwerfbar ist157. Nach Mario Romano ist die Fahrlässigkeit das NichtWollen der Tatbestandselemente des historischen Sachverhalts, der dem gesetzlich bestimmten Modell der verbotenen Vorschrift entspricht, oder das Nicht-Wollen und Verwirklichen des Tatbestands eines Verbrechens durch den Täter, welches auf die Verletzung einer Sorgfaltsregel zurückzuführen ist158. Nach Mauro Ronco kann die Fahrlässigkeitsessenz – unter der Voraussetzung des Nicht-Wollens des verursachten Erfolges – als ein schädliches Ereignis für das geschützte Rechtsgut definiert werden, welches durch ein sorgfaltswidriges Verhalten verursacht wurde, wobei der Täter dieses Schadensereignis durch eine gewissenhaftere Reflexion über die Konsequenzen seines Verhaltens sowie durch aufmerksameren und effizienteren Einsatz seiner eigenen Fähigkeiten zur Intervention im Geschehensablauf hätte vermeiden können159 : Im Zentrum stehe insgesamt der Mangel an Sorgfalt160. Castronuovo, RIDPP 2011, 1607, 1615; ders., RIDPP 2013, 1725 f.; durchaus ähnlich kritisch etwa Civello, passim; Donini, Imputazione oggettiva, S. 96; Forti, Colpa, S. 201; Militello, Rischio, S. 130 f.; Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 581. 157 Canestrari, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PG II S. 127: „Il reato colposo è definibile, in prima approssimazione, come realizzazione del fatto tipico non voluta, collegata alla violazione di una o più regole cautelari e personalmente rimproverabile al soggetto.“ s. auch ders., Illecito penale, S. 94; 102, 110 ff.; ders., in: Canestrari/Cornacchia/De Simone, Manuale PG S. 407, 420; ders., in: Studi in onore di F. Coppi I, S. 74. 158 M. Romano, Commentario sistematico I, Art. 43 Rdn. 60: „La colpa è non volizione degli elementi del fatto storico congruenti con il modello legale descritto dalla norma incriminatrice, ovvero non volizione del fatto di reato e la sua realizzazione, rimproverabile a suo autore, a causa della violazione di una regola di diligenza.“ (Hervorhebungen im Original) 159 Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 605: „Alla luce delle permesse svolte è ora possibile definire positivamente la fattispecie del delitto colposo (sul presupposto della non volizione del fatto) come l’accadimento lesivo del bene giuridico cagionato da una condotta contraria a una regola di diligenza, accadimento che il soggetto avrebbe potuto evitare attraverso una più accurata riflessione sulle conseguenze del suo agire e con il più attento ed efficace uso delle proprie facoltà di intervento sul decorso degli avvenimento.“ (Hervorhebungen im Original); ders., in: Ronco/B. Romano, Art. 43 S. 329; kritisch zum Fahrlässigkeitskonzept von Ronco hat sich jüngst Castronuovo, La colpa, S. 32 f., 463 ff. geäußert, der hier eine Rückbesinnung auf einen psychologisch-fundierten Fahrlässigkeitsbegriff verortet („Nella letteratura più recente, deve tuttavia segnalarsi la decisiva riproposizione di una nozione psicologica di colpa come ,vizio di volontà‘ […] da parte di M. Ronco […]“); s. auch ders., RIDPP 2011, 1614 FN 54; Lunghini, in: Dolcini/Marinucci, Codice penale commentato I, Art. 43 Rdn. 70; dagegen repliziert Civello, S. XXVII FN 21, dass es sich hierbei nicht um ein psychologisches Fundament der Fahrlässigkeit handle: „[…] la (ri)scoperta della colpa quale disordine del volere non è alla ricerca di una radice psicologica, bensì di una radice conoscitiva (e dunque teoretica) della culpa, in cui dimensione volitiva e dimensione ,veritativa‘ si saldano, superando l’artificiosa dicotomia moderna tra ragion pratica e ragion pura, tra dover essere ed essere.“ (Hervorhebungen im Original) 160 Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 609: „In realtà non è il caso di sopravvalutare la differenza tra i due tipi di situazioni [cioè colpa generica e colpa specifica] perché a fondamento di entrambe sta il difetto di diligenza.“ (Hervorhebungen im Original); s. auch ders., in: Ronco/B. Romano, Art. 43 S. 329; ders., in: Studi in onore di M. Gallo, S. 269.

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III. Schlussfolgerungen für die Bestimmung der Unrechtsessenz der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung Die gängigen Leitmotive zur Charakterisierung der Fahrlässigkeitsessenz als Sorgfaltspflichtverletzung bzw. als Überschreitung des erlaubten Risikos offenbaren im deliktischen Kontext (etwa bei Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen) Schwachstellen: Sofern die „Verletzung der Pflicht“ als Bestandteil dieser Definition gesehen wird, kommt man in re illicita durch die bloße Verwirklichung des vorsätzlichen Grunddelikts faktisch immer zu einem Sorgfaltspflichtverstoß, sodass die Bejahung zum Vorliegen der Fahrlässigkeit auf dem Muster der culpa in re ipsa gründen würde161. Schwierigkeiten ergeben sich auch auf der Grundlage der Fahrlässigkeitsessenz als Überschreitung eines erlaubten Risikos, da gerade im Bereich der durch den schwereren Erfolg bedingten Qualifikationen mit der Verwirklichung des Grunddelikts bereits die Ebene des erlaubten Risikos verlassen wurde, wie bereits die Darlegungen von Antonio Pagliaro zur objektiven Verantwortlichkeit wegen eines völlig unerlaubten Risikos gezeigt haben. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass Vertreter der Fahrlässigkeitsstruktur i. S. d. Risikodogmatik bei den Zurechnungskriterien zum todeserfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikt nicht von einem erheblich gesteigerten Risiko hinsichtlich des Todeserfolgs sprechen, sondern zur Befürwortung der Letalitätstheorie neigen162. Aufgrund dieser Vorüberlegungen sind zwei wesentliche Aspekte zur Fahrlässigkeitsessenz festzuhalten: ¢ Die Verletzung einer Sorgfaltspflicht stellt sich nicht als ratio essendi der Fahrlässigkeit dar, sondern fungiert als ratio cognoscendi vornehmlich für die culpa in re licita, also jenem Bereich, indem prinzipiell eine Sorgfaltsregel und folglich eine rechtstreue Maßfigur ergründet werden kann. ¢ Die Definition der allgemeinen Fahrlässigkeitsessenz hingegen kann als „Sorgfaltsmangelunwert“163 bzw. als „das Zurückbleiben des Täters hinter einem Standard, den er erfüllen könnte“164 für die res licita ac illicita beschrieben werden. Damit wurde eine allgemeine Fahrlässigkeitsdefinition gefunden, die sich für das gesamte Spektrum der Fahrlässigkeitshaftung anwenden lässt. Die weitere Recherche konzentriert sich auf die Spezifikation der Unrechtsessenz der culpa in re 161 Treffend Gropp, FS Roxin (2011), S. 781: „Das Fatale an der Formulierung der h. M. ist aber die Aufnahme der ,Verletzung der Pflicht‘ bzw. ihrer ,Außer-Acht-Lassung‘ in die Tatbestandsmäßigkeit der strafbaren Handlung. ,Pflicht‘ bedeutet die Gebundenheit an ein Gebot, eine Norm.“ 162 So etwa Roxin, AT I § 10 Rdn. 115; eine Ausnahme bildet freilich Ferschl, die ihre Konzeption auf der Grundlage der Risikodogmatik entwickelt. 163 Terminus nach S/S-Eisele, Vorbem. § 13 Rdn. 56. 164 Gropp, FS Roxin (2011), S. 792; ähnlich auch Cornacchia, Concorso, S. 56.

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illicita und insbesondere auf den Unrechtskern der Todeserfolgsqualifikationen. Ein erster Ausgangspunkt zur Untersuchung findet sich im US-amerikanischen Strafrecht zur Definition der recklessness165: „Jemand handelt recklessly in Bezug auf ein Tatbestandsmerkmal, wenn er sich bewußt über ein beträchtliches und ungerechtfertigtes Risiko hinwegsetzt, daß das Tatbestandsmerkmal gegeben ist oder durch sein Verhalten verwirklicht wird. Das Risiko muss nach Art und Ausmaß so beschaffen sein, daß seine Mißachtung unter Berücksichtigung der Art und des Zwecks des Verhaltens des Täters sowie der ihm bekannten Umstände eine grobe Abweichung von dem Verhaltensmaßstab darstellt, den eine rechtstreue Person in der Situation des Täters beobachten würde.“166

Nach Auffassung im Schrifttum liegt recklessness vor, wenn der Täter „ein substantielles und ungerechtfertigtes Risiko missachtet, das ihm bewusst war“167 – mit anderen Worten: „Der Täter weiß, daß der Erfolgseintritt wahrscheinlich (aber nicht sicher) ist und […] handelt [dennoch]“168. Für den deutschen Rechtskreis hat Thomas Weigend hier einen Vorschlag zur Definition von Leichtfertigkeit im Sinne der recklessness erarbeitet: „[N]ach der hier vorgeschlagenen Begriffsbestimmung [handelt] derjenige leichtfertig, der die Verwirklichung des Tatbestandes nicht für (so gut wie) sicher, aber für möglich hält und dennoch handelt.“169 Gleichzeitig behält der Autor die „spezifische Art und Weise der Unrechtsverwirklichung“ im Blick, „durch die sich der leichtfertig handelnde Täter deutlich vom Vorsatz- ebenso wie vom Fahrlässigkeitstäter unterscheidet.“170 – mit anderen Worten: Die Charakteristik der recklessness als eigenständige Schuldform zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit lässt eine Anlehnung an den inhaltlichen Aufbau dieser Definition, angesichts der kontinentalen Tradition eines zweistufigen Modells der Schuldformen, nicht zu. Aus dem Fundus der beiden verglichenen Rechtsordnungen scheint die allgemeine Definition zur Essenz des Fahrlässigkeitsunrechts im unerlaubten Bereich als Missachtung einer universellen Verhaltensregel brauchbar, die von jedem vernunftbegabten Menschen erkennbar sei171. Dieses Erklärungsmodell würde sich als Leitmotiv für einen zu spezifizierenden Fahrlässigkeitsvorwurf bei den Todeserfolgsqualifikationen und im rechtsordnungsspezifischen Kontext als Unrechtsessenz des Auffangstatbestands in Art. 586 iStGB eignen, zumal sich der Täter durch die 165

Über die Schwierigkeiten der recklessness, die „nicht ohne weiteres in die Kategorien des deutschen Rechts einzuordnen ist“, vgl. Weigend, ZStW 93 (1981), 674 ff. 166 So die Übersetzung der Definition zu recklessness aus dem Model Penal Code von Weigend, ZStW 93 (1981), 674 f. 167 Vgl. für die h. M. Dressler, Understanding Criminal Law, S. 135: „Criminal recklessness requires proof that the actor disregarded a substantial and unjustifiable risk of which he was aware.“ (Hervorhebungen im Original); s. Canestrari, Dolo, S. 281 sowie Weigend, ZStW 93 (1981), 675, jeweils m. w. N.; für das englische Strafrecht s. die Nachweise bei Hörster, S. 11. 168 Weigend, ZStW 93 (1981), 675. 169 Weigend, ZStW 93 (1981), 688. 170 Beide Zitate nach Weigend, ZStW 93 (1981), 689. 171 Vgl. Loreto, IP 2007, 464 f.; Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 582 f.

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Begehung eines Vorsatzdelikts in der Regel auch fahrlässig hinsichtlich des schwereren Erfolges verhält, da „in jedem physischen Aggressions-Delikt oberhalb der Bagatell-Schwelle […] die Gefahr der Weiterung angelegt [ist]“172. Gleichzeitig erscheint es diskutabel, ob die culpa in re illicita bereits für sich und damit in jeder Sachverhaltskonstellation die materielle Unrechtsdimension einer groben Fahrlässigkeit erreicht. Dies wird folgendermaßen pointiert zusammengefasst: culpa dolo determinata semper colpam latam est173. Es spricht einiges dafür, dass der Verstoß gegen eine universell-geltende Verhaltensregel einen besonderen Unrechtsgehalt aufweist, der sich etwa in Art. 586 iStGB in Form einer Sanktionenerhöhung des fahrlässigen Körperverletzungs- bzw. Tötungsdelikts ausdrückt, zumal der qualifizierende Erfolg (Tod) eine besonders schwere negative Folge der grunddeliktischen Handlung des Täters darstellt174. Allerdings besteht hier die Gefahr einer überhöhten Bedeutung des Erfolgsunwerts bei gleichzeitiger vernachlässigter Berücksichtigung des Handlungsunwerts: Angesichts der Vielfältigkeit von vorsätzlichen Grunddeliktskonstellationen mit unterschiedlicher Handlungsunwertsdimension erscheint es unangemessen, bereits jeder Verwirklichung eines vorsätzlichen Grunddelikts den hohen Unrechtsgehalt der culpa lata, die der Todeserfolgsqualifikation immanent ist, zu unterstellen175. Hier offenbart sich eine deutliche strukturelle Disharmonie zwischen Unrechtsund Sanktionendimension der präterintentionalen Tötung nach Art. 584 iStGB: Der Grundtatbestand in Art. 581 iStGB unterscheidet sich von der zweiten Grundde172

NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 43. Aus dem deutschen Schrifttum vgl. Maiwald, GA 1974, 269, der die Leichtfertigkeit in die Nähe von Gesinnungsmerkmale („grausam“, „roh“, „rücksichtslos“) stellt: „Ist nun gar der Anlaß des Risikos für Dritte selbst eine rechtswidrige Tat, wie dies bei den erfolgsqualifizierten Delikten der Fall ist, so ist das Riskieren der Tötung der Opfer also stets als jene ,frivole Rücksichtslosigkeit‘ zu bezeichnen, von der die Begründung des E 62 spricht. Frivole Rücksichtslosigkeit deshalb, weil schon das deliktische Ziel der Verwirklichung des Grunddelikts für sich genommen negativ zu bewerten ist.“ Ähnlich auch Maurach, FS Heinitz, S. 417; im Ergebnis ähnlich aus dem italienischen Schrifttum Ronco, in: ders., Commentario sistematico II/1, S. 584: „Non v’è dubbio, dunque, che la radice e il fondamento dell’omicidio preterintenzionale stanno nella colpa grave dell’agente, in relazione al suo atteggiarsi imprudente nei confronti del bene della vita, messo in pericolo attraverso la realizzazione di una condotta dolosa, in sé e per sé già violatrice dell’incolumità individuale.“ (Hervorhebungen im Original) 174 Vgl. Kuhlen, in: Jung/Müller-Dietz/Neumann, S. 359 ff. 175 Im Ergebnis ähnlich Roxin, AT I § 24 Rdn. 89, der in Rdn. 85 den Ausführungen Maiwalds ein „merkwürdiges Ergebnis“ konstatiert, aber dem Autor zugute hält: „Eine Gefahrschaffung, die etwa bei einer sinnlosen Wettfahrt als leichtfertig angesehen werden muss, ist dies – trotz gleichen Risikos – noch nicht, wenn es um die Fahrt eines dringend benötigten Rettungswagen geht. Daraus folgt für die erfolgsqualifizierten Delikte – und insoweit muss man der Konzeption Maiwalds ein relatives Recht zugestehen – dass bei ihnen wegen der deliktischen Zielsetzung des Täters die Leichtfertigkeit zwar nicht bei jeder Fahrlässigkeit, aber doch schon bei verhältnismäßig geringen Steigerungsgraden anzunehmen ist. Entsprechendes gilt für den Wert des gefährdeten Rechtsgutes: Wo Menschenleben bedroht sind, ist die Leichtfertigkeit eher zu bejahten als dort, wo es um begrenzte Sachwerte geht.“ 173

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liktsvariante in Art. 582 iStGB über das besondere Negativmerkmal, „ohne daß die Tat eine körperliche oder geistige Erkrankung zur Folge hat“176. Unbestritten ist, dass beide Vorschriften das Rechtsgut der individuellen Unversehrtheit schützen177 – Art. 581 iStGB erstreckt dank seiner Komplementärfunktion zu Art. 582 iStGB den Schutzbereich der Unversehrtheit hin zu jeglicher Art eines gewalttätigen Angriffs gegen die Person, der zumindest geeignet ist, ein schmerzhaftes Gefühl hervorzurufen, wobei die subjektive Schmerzempfindung des Opfers kein konstitutives Element des Tatbestandes bildet178. Aufgrund dieser dualen Grunddeliktsstruktur mit ihrem weitläufigen Schutzbereich ist das präterintentionale Tötungsdelikt seinem Tatbestandsaufbau nach auf jeden vorsätzlichen Angriff anwendbar, ohne irgendeine Form der Selektivität hinsichtlich der Dimension des Handlungsunwerts vorzunehmen179. Es ist allerdings anzuzweifeln, ob die geringe Unrechtsdimension in Art. 581 iStGB als Grunddelikt zu Art. 584 iStGB in der konkreten Sachverhaltsperspektive eine entsprechend angemessen hohe Unrechtsessenz hinsichtlich des präterintentionalen Qualifikationstatbestandes in sich trägt und damit unter einen derart hohen Strafrahmen (zehn bis achtzehn Jahren Gefängnisstrafe!) fallen sollte180. Darauf ist noch zurückzukommen. Unstrittig dürfte die Annahme sein, dass sämtliche Fälle der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung bereits unter dem Aspekt der Idealkonkurrenz aus grunddeliktischer Körperverletzung und fahrlässiger Tötung erfasst werden sollten181: „Der Täter des Grunddelikts verwirklicht i. d. R. […] zumindest den Handlungsunwert des weitergehenden (fahrlässigen) Erfolgsdelikts, also des § 222 […]. Er begeht also, untechnisch gesprochen, einen Versuch des § 222. Trifft der Zusatz-Erfolgsunwert ein, so ist dieser an sich schon v. § 222 erfasst.“182

Hinsichtlich etwaiger Strafbarkeitslücken besteht also keine Notwendigkeit von Todeserfolgsqualifikation. Trotzdem sehen die Gesetzgeber den Deliktstypus der 176

Zitiert nach Riz/J. Bosch, S. 391. Zum Rechtsgut der individuellen Unversehrtheit vgl. insbesondere Palermo-Fabris, S. 57 ff. m. w. N. 178 Antolisei/Grosso, PS I S. 96; Basile, in: Dolcini/Marinucci, Codice penale commentato III, Art. 581 Rdn. 1, 4; Fiandaca/Musco, PS II/1 S. 65; Gallisai Pilo, in: NNDI – App. IV, S. 862; dies., in: Dig. disc. pen. VII, S. 394; Garavelli, in: Bricola/Zagrebelsky, Codice penale PS V, S. 563 f.; Manzini, Trattato VIII, S. 183; Marani, S. 78; Palermo-Fabris, S. 59, 60; Ronco, in: Ronco/B. Romano, Art. 581 S. 2654; Saltelli/Romano-Di Falco, Commento teoricopratico II/2, S. 912; eine Minderheitenmeinung dagegen will das konkrete Schmerzempfinden als Element des objektiven Tatbestandes ansehen: Galiani, in: ED XXIV, S. 141. 179 Ausführlich zur Problematik der Grunddeliktskonstellation von Art. 581 iStGB in Bezug auf Art. 584 iStGB: Preziosi, in: Ramacci, I delitti di percosse, S. 49 ff. 180 Vgl. bereits Canestrari, in: Dig. disc. pen. IX, S. 722; ders., L’illecito penale, S. 64, 277. 181 Vgl. dazu B. Heinrich/Reinbacher, Jura 2005, 748, die in ihrer Fallauswertung Beispiele aufzeigen, in denen § 222 StGB bejaht und § 227 StGB verneint wird. 182 NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 43. 177

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Todeserfolgsqualifikation bzw. der präterintentionalen Delikte vor und veranschlagen diese Delikte mit einem gegenüber der Idealkonkurrenz aus vorsätzlichen Grunddelikt und fahrlässigen Tötungsdelikt wesentlich gesteigertem Strafrahmen. Insofern kann zugestimmt werden, dass sich in dieser spezifischen Kategorie der Qualifikationstatbestände ein gegenüber der Idealkonkurrenzlösung gesteigerter Unrechtsgehalt manifestiert. Für die Charakterisierung dieser erhöhten Unrechtsessenz bietet das deutsche Schrifttum einige interessante Beiträge. So definiert HansUllrich Paeffgen den Unrechtskern der Todeserfolgsqualifikationen wie folgt: „Die Zurechnung des weitergehenden Erfolges in einer v. § 52 abweichenden, erheblich strafschärfenden Form kann deshalb nur dann stimmig gerechtfertigt werden, wenn die Unrechtsdimension über diesen Regelfall deutlich hinausragt. Die Lösung muss deswegen in einem gesteigerten Handlungswert liegen, der das Letalitäts-Risiko nicht als abstrakte Denkmöglichkeit, sondern als naheliegende Gefahr abdeckt (Letalitäts-Latenz). Diese Unwertssteigerung liegt in zureichend deutlichem Maße in dem generellen Erfordernis der Leichtfertigkeit als Träger eines erhöhten Handlungsunwerts.“183

Mit seiner Studie „Zur Bestimmung des Handlungsunwertes von Fahrlässigkeitsdelikten“184 liefert Gunnar Duttge einen Beitrag zur Fahrlässigkeitsdogmatik, den Henning Radtke zur Präzisierung der grunddeliktsspezifischen Gefährlichkeit der Erfolgsqualifikationen anpasst185 : Demnach liege „der Schlüssel für die Umsetzung der mit dem Leichtfertigkeitselement zugedachten strafbarkeitseinschränkenden Wirkung“186 von Erfolgsqualifikationen in der erhöhten Erkennbarkeit eines grunddeliktsspezifischen Todesrisikos. Für diese Erkennbarkeit genüge nicht bereits die Begehung des Grundtatbestandes an sich – vielmehr werden „typischerweise Umstände in der Handlungssituation des Täters [verlangt], die – außer der Begehung des Grunddelikts selbst – Anlass geben, die naheliegende Möglichkeit des Eintritts der schweren Folge zu bedenken.“187 Das deliktsspezifische bzw. deliktstypisch präzisierte Leichtfertigkeitsmerkmal i. S. d. Letalitäts-Latenz oder der erhöhten Erkennbarkeit würde der Sanktionendimension188 entsprechen, welche die beiden Rechtsordnungen diesem Delikt zu183 NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 44 (Hervorhebungen im Original); vgl. auch Kudlich, JA 2009, 247 im Kontext der Leichtfertigkeit: „[…] besonders gefährliche Verwirklichung des Grunddelikts […], bei welcher die Gefahr des Eintritts des qualifizierten Erfolges nahe liegt.“ LKVogel, § 15 Rdn. 297: „Zustimmung verdient demgegenüber die vordringende Lehre, die […] das Sich-Aufdrängen der Tatbestandsverwirklichung […] in den Mittelpunkt stellt. Dafür genügt besonders gefährliches Handeln als solches nicht, sondern nur, wenn sich die Gefährlichkeit aufdrängt.“ 184 So der Titel der Monographie von Duttge; vgl. MK-ders., § 15 Rdn. 192, der von einem „erhöhten Sorgfaltsverstoß im Sinne der Missachtung eines besonders gewichtigen, Veranlassungsmoments‘“ spricht (Hervorhebungen im Original). 185 Radtke, FS Jung, S. 747. 186 Radtke, FS Jung, S. 747. 187 Radtke, FS Jung, S. 748 (Hervorhebungen im Original). 188 Vgl. diesbezüglich auch Roxin, AT I § 10 Rdn. 110: „In dieser Form würden bei den im Vordergrund stehenden todeserfolgsqualifizierten Delikten als vorsätzliche Grunddelikte nur

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

grundelegen189, und ließe sich in Anlehnung des Schuldprinzips auf die folgende Formel pointiert zusammenfassen: Nulla maia poena sine maia culpa. Ein derartiges Verständnis zur Unrechtsessenz der Todeserfolgsqualifikation könnte sich schließlich als argumentum a fortiori auf das Leitbild der dogmengeschichtlichen Präterintentionalität (voluntas indirecta) stützen. Stimmt man dieser Auffassung zu, so zieht dies eine wichtige Konsequenz nach sich: Wenn der Regelfall der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung von grober Fahrlässigkeit charakterisiert ist, fällt die Fallkonstellation mit einfacher Fahrlässigkeit (rectius: Fahrlässigkeit ohne Letalitäts-Latenz bzw. ohne erhöhte Erkennbarkeit) aus dem Tatbild dieses Deliktstyps heraus und wird damit zum Regelfall der Idealkonkurrenz aus vorsätzlichem Grunddelikt und fahrlässigem Tötungsdelikt. Die Struktur der Erfolgsqualifikation als leichtfertiger Tötungstatbestand samt grunddeliktsspezifischer Letalitätslatenz setzt damit voraus, dass die Idealkonkurrenzlösung als konkurrierendes Haftungsmodell zu den Erfolgsqualifikationen hinzutritt und neben den erfolgsqualifizierten Delikten eine eigene Sachverhaltsstruktur mit geringer Unrechtsdimension erfasst. Daraus resultiert das folgende dreiteilige Haftungsmodell: (1) Liegt kein Fahrlässigkeitsvorwurf hinsichtlich der Todesfolge vor, ist lediglich eine Haftung aus dem vorsätzlichen Grunddelikt zu prüfen. (2) Liegt lediglich einfache Fahrlässigkeit (ohne deliktsspezifische Leichtfertigkeitsmerkmale) hinsichtlich der Todesfolge vor, muss die Anwendbarkeit der Idealkonkurrenz aus vorsätzlichem Grunddelikt und fahrlässigem Erfolgsdelikt geprüft werden190. (3) Sofern sich die Todesfolge als naheliegende Gefahr des spezifischen Grunddelikts präsentiert, ist hingegen die Anwendbarkeit der Todeserfolgsqualifikation zu prüfen191. Mit Blick auf den Strafrahmen der Tatbestände der beiden untersuchten Rechtsordnungen ist angesichts dieser Ergebnisse folgende Würdigung vorzunehmen: hochgradig lebensgefährliche Handlungen erfasst, die eine Zwischenstufe zwischen der vorsätzlichen und der schlicht fahrlässigen Tötung darstellen und einen besonderen Strafrahmen rechtfertigen.“ (eigene Hervorhebungen) 189 Vgl. Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 314: „Die Delikte nach dem Muster der §§ 177 Abs 3, 226, 251 StGB [a. F.] […] sind konsequent zu einer systemgerechten Zwischenstufe für leichtfertige Tötungen auszubauen und harmonisch zwischen § 222 StGB und die § 211 ff. StGB einzugliedern.“ 190 Vgl. das Beispiel zum Raub mit Todesfolge bei Radtke, FS Jung, S. 748 f. 191 So auch NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 47: „Fehlt dem grunddeliktischen Verhalten diese Todes-Leichtfertigkeit, so erlaubt selbst ein anschließendes leichtfertiges Sterben-Lassend es Opfers nicht, jenem Aggressionsakt den Tod iR des erfolgsqualifizierten Delikts zuzurechnen.“ (Hervorhebungen im Original)

B. Zur ratio essendi der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung

247

Da das todeserfolgsqualifizierte Körperverletzungsdelikt in § 227 I StGB de lege lata mit einer Sanktionendimension bedacht ist, die hinsichtlich der vorsätzlichen Tötungsdelikte den kompletten Strafrahmen des Totschlagsdelikts in § 212 I StGB enthält und darüber hinaus die Sanktionsobergrenze des minder schweren Totschlags in § 213 StGB um fünf Jahre überschreitet, ist dem Delikt eine hohe Unrechtsdimension systemimmanent, die sich in einem gesteigerten Fahrlässigkeitsniveau in Form grober Fahrlässigkeit (Leichtfertigkeit) äußert. Dementsprechend ist eine teleologisch restriktive Auslegung des Tatbestandes notwendig und sachgerecht. Sachverhalte mit geringem Handlungsunwert hingegen sollten unter die Idealkonkurrenz aus vorsätzlichem Grunddelikt und fahrlässigem Erfolgsdelikt fallen, wobei im Kontext der Körperverletzungsdelikte mit tödlichem Ausgang in dieser Haftungsvariante häufig nicht nur das einfach vorsätzliche Grunddelikt in § 223 I StGB, sondern die gefahrenerfolgsqualifizierte Körperverletzung in § 224 I StGB vorliegen wird. Damit ergeben sich sowohl zur todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung als auch zur Idealkonkurrenz aus vorsätzlicher Körperverletzung und fahrlässiger Tötung angemessene Rahmenbedingungen zur Sanktionsdimension im Einzelfall. Mit Blick auf den hohen Strafrahmen im präterintentionalen Tötungsdelikt nach Art. 584 iStGB ist ebenso ein erhöhter Fahrlässigkeitsstandard zu befürworten, zumal das Sanktionsniveau weit über jenem der einfachen fahrlässigen Tötung in Art. 589 I iStGB liegt. Gleichzeitig zeigt sich in der Grunddeliktsaufzählung das bereits angesprochene Problem der Kohärenz zur Unrechtsdimension192 mit Blick auf Art. 581 iStGB: Die reine Grunddeliktsverwirklichung nach Art. 581 iStGB wird im konkreten Einzelfall nur in seltenen Ausnahmefällen von Letalitätslatenz bzw. erhöhter Erkennbarkeit charakterisiert sein – vielmehr erscheint diese Vorschrift, vor allem durch ihre Nähe zur Realinjurie193, nach den hiesigen Überlegungen in ihrem Regelfall eher für das Haftungsmodell der Idealkonkurrenz aus vorsätzlichem Grunddelikt und fahrlässigem Erfolgsdelikt gemäß Art. 589 iStGB prädestiniert zu sein. Für die Harmonisierung von materiellem Unrechtsgehalt und Sanktionsdimension erscheint daher eine Reform der Grunddeliktsvarianten zu Art. 584 iStGB dringend notwendig194, die sogleich vorgestellt werden soll. Zunächst ist allerdings zu erwähnen, dass die legislative Ausgestaltung der Grunddeliktsvarianten zum präterintentionalen Tötungsdelikt in Verbindung mit dem hohen Strafrahmen ein gutes Beispiel für tendenzielle Zentralität des Erfolgsunwerts und der damit einhergehenden untergeordneten Rolle des Handlungsunwerts im codice Rocco darstellt195. Dieser Wesenszug des iStGB erklärt die Ausge192 Ebenso Manes, S. 268 („asimetria sanzionatoria“); im Ergebnis auch Canestrari, in: Dig. disc. pen. IX, S. 722. 193 Das ist freilich umstritten; zum Meinungsstand vgl. etwa Basile, in: Dolcini/Marinucci, Codice penale commentato III, Art. 581 Rdn. 18 f. m. w. N.; Palazzo, SI 1996, 1109. 194 So bereits Canestrari, L’illecito penale, S. 277. 195 Deutlich die Zusammenfassung bei Cadoppi, Introduzione, S. 136: „Unser Strafrecht ist traditionellerweise markant objektivistisch [marcatamente oggettivista], da es den Erfolgs-

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

staltung der vorgesehenen Grunddeliktsvarianten, die in ihrer zweiteiligen Struktur jeden direkten Angriff auf die körperliche Unversehrtheit ohne Erfordernis eines besonderen oder erhöhten Handlungsunwerts als Voraussetzung für Art. 584 iStGB zulassen. Ein Indiz für diesen Befund bildet der Vergleich der aktuellen Fassung der präterintentionalen Tötung mit der Vorschrift im vorher geltendenden codice Zanardelli: Während es in Art. 368 des Strafgesetzbuchs von 1889 im ersten Absatz hieß: „Wer durch Handlungen, die auf die Begehung einer Körperverletzung abzielen […]“, heißt es im aktuellen codice Rocco unter Art. 584 iStGB: „Wer durch Handlungen, die auf die Begehung eines der in den Artikeln 581 und 582 vorgesehenen Verbrechen abzielen […]“. Damit wurde die Einschränkung auf das Körperverletzungsdelikt aufgehoben und der Grunddeliktskatalog durch das 1930 neu geschaffene196 Schlagdelikt erweitert, weshalb der grunddeliktsspezifische Handlungsunwert angesichts des schweren Erfolgsunwerts (Tod des Opfers) offenbar eine untergeordnete Rolle spielt197. Für die Anpassung an die systemimmanente Unrechtsdimension, die in dieser Untersuchung herausgearbeitet wurde, ist gerade im Bereich der Todeserfolgsqualifikationen eine Aufwertung des Handlungsunwerts notwendig198. So zeigt Massimo Donini auf, dass sich im Kontext von Art. 584 iStGB (und auch Art. 586 iStGB) für die Feststellung eines spezifischen Fahrlässigkeitsvorwurfs hinsichtlich des ungewollten Erfolges – zur Vermeidung einer vermuteten und damit a priori vorausgesetzten Fahrlässigkeit – „zwangsläufig die Notwendigkeit der Feststellung eines größeren, dem nichtgewollten Erfolg gleichwertigen Handlungsunwerts, etwa einer in der strafrechtlichen Rechtswidrigkeit des Grundtatbestandes nicht angenommenen schweren Fahrlässigkeit [ergibt], die das Sanktionsmaß rechtfertigt.“199 Daher sind den Bedenken gegen einen zu starken Fokus auf den Erfolgsunwert bei einer vergleichsweisen Vernachlässigung des Handlungsunwerts beizupflichten200 und Tendenzen im Schrifttum zu befürworten, die sich für eine substantielle Anreicherung der Anforderungen zum Handlungsunwert aussprechen201. unwert gegenüber dem Handlungsunwert privilegiert.“ Zu dieser Einschätzung s. auch ders., in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PG I S. 58; Canestrari, L’illecito penale, S. 258 FN 32; Castronuovo, La colpa, S. 114, 123; Helfer, S. 197 ff.; Ronco, in: Studi in onore di M. Gallo, S. 250; differenzierend zwischen Allgemeinen und Besonderen Teil: Bettiol/Pettoello Mantovani, Diritto penale, S. 50 f. 196 So Alagna, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PS VII S. 406. 197 Zur normativen Entwicklung der Vorschrift in Art. 584 iStGB s. Caterini, S. 196 ff. 198 So auch Castronuovo, La colpa, S. 160 f.; Veneziani, Regole cautelari, S. 14 FN 12; ähnlich auch Manes, S. 266 f. sowie Palazzo, SI 1996, 1113. 199 Donini, Verbrechenslehre, S. 141; zustimmend etwa Cadoppi, Introduzione, S. 147; Castronuovo, CP 2002, 3843. 200 Etwa Frisch, Tatbestandmäßiges Verhalten, S. 25 f.; vgl. bereits Backmann, MDR 1976, 972 f. 201 Etwa Castronuovo, RIDPP 2013, 1751; Ronco, in: Studi in onore di M. Gallo, S. 264 ff.; vgl. auch Kindhäuser, BT I § 10 Rdn. 12: „Aufgrund der vorangegangenen Überlegung lässt sich festhalten, dass das gesteigerte Unrecht einer Körperverletzung mit Todesfolge durch

C. Zum Vorhersehbarkeitskriterium bei der Körperverletzung

249

Eine konkrete Maßnahme de lege ferenda könnte die Streichung des Art. 581 iStGB aus dem Fundus der Grunddeliktskonstellationen zu Art. 584 iStGB darstellen: Dies hätte eine systemlogische Aufwertung des grunddeliktischen Handlungsunwertes zur präterintentionalen Tötung zur Folge, ohne dass dadurch eine Strafbarkeitslücke entsteht, zumal Todesverursachungen nach Art. 581 iStGB in den Anwendungsbereich von Art. 586 iStGB fallen würden.

C. Zum Vorhersehbarkeitskriterium bei der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung Über die ausgewählten Fallstudien im Dritten Teil wurde gezeigt, wie die Rechtsprechung in beiden untersuchten Rechtsordnungen zu gewissen Fallkonstellationen eine flexible Handhabung des Vorhersehbarkeitskriteriums pflegt. So hat sich in gewissen Sachverhalten die Entscheidungspraxis des BGH nach dem Prüfungsmaßstab „jeder Lebenswahrscheinlichkeit“ durchgesetzt. Überaus vielfältig zeigen sich die italienischen Rechtsprechungs- und Lehrtendenzen, die Fälle problematischer Zurechenbarkeit über die objektive Verantwortlichkeit, der Verantwortung aus total unerlaubtem Verhalten bzw. wegen Missachtung einer strafrechtlichen Norm oder jüngst über die implizierte Vorhersehbarkeit lösen, im Ergebnis allerdings entgegen den Vorgaben der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts auf dem Zurechnungsniveau einer verschuldensunabhängigen Erfolgshaftung bleiben. Ein derartiges Verständnis zur Vorhersehbarkeitsprüfung, das jegliche dogmatische Nachhaltigkeit vermissen lässt, stellt sich allerdings in rechtsstaatlicher Hinsicht bedenklich dar: (1) Unter die (rectius: jede) Lebenswahrscheinlichkeit fällt per definitionem jede Möglichkeit der Erfolgsverwirklichung, sodass das Vorhersehbarkeitskriterium zu einem substanzlosen Lippenbekenntnis verkommt. Wo die Grenze zwischen der Lebenswahrscheinlichkeit und dem zurechnungsausschließenden Zufall verläuft, ist völlig unberechenbar. So stellte etwa Duttge in seiner Analyse zur Rechtsprechung treffend fest, dass der Maßstab der Vorhersehbarkeit des Erfolges, der sich an der allgemeinen Lebenserfahrung orientiert, eigentlich immer bejaht werden könne202. (2) Die logische Konsequenz dieses Kriteriums, für die Vermeidung eines Fahrlässigkeitsvorwurfs jede Lebenswahrscheinlichkeit zu bedenken, erscheint lestrenge Anforderungen an die konkrete Gefährlichkeit des Handlungsvollzugs sachgerecht erfasst werden kann.“ (Hervorhebungen im Original) 202 Duttge, Bestimmung, S. 280; vgl. die Kritik auch bei Freund, AT § 5 Rdn. 44; Frisch, Vorsatz und Risiko, S. 141; Jescheck/Weigend, AT S. 587; Maurach/Gössel/Zipf, AT 2 § 43 Rdn. 103; Baumann/Weber/Mitsch, AT § 22 Rdn. 43 FN 68.

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

bensfremd und unzumutbar203: „Müßte aber tatsächlich mit jeder nach der Lebenserfahrung nicht ausschließbaren Möglichkeit eines Unfalls jederzeit gerechnet werden, dann öffnete sich für die strafbare Fahrlässigkeit ein außerordentlich weiter, wenn nicht sogar grenzenloser Bereich.“204 Keinem Rechtsunterworfenen ist eine „lebenslängliche maschinenhafte Präzision“ abzuverlangen205. Die Kritik an der praktischen Umsetzung des Vorhersehbarkeitskriteriums und die mangelnde Überprüfung des Rahmens des konkret-möglichen Vorhersehbaren im Einzelfall wird somit auch nach der Einführung von § 56 StGB a. F. fortgeführt: Bereits Engisch kritisierte die damalige Rechtsprechung zur Fahrlässigkeitsprüfung206 : „Der unvermittelte Übergang von dem allgemein Vorhersehbaren zu dem für den Täter persönlich – gemäß dem subjektiven Maßstab der Fahrlässigkeit im Strafrecht – Vorhersehbaren, diese Verwischung der Grenzen zwischen Kausal- und Schuldhaftung kommt der vom BGH an der Revisionsbegründung zu Recht beanstandeten Verwechslung von Verursachungs- und Verschuldensfrage sehr nahe und verfällt damit dem eigenen Tadel. Selbst wenn das ,allgemein‘ Vorhersehbare praktisch häufig das individuell Vorhersehbare ist, darf man den grundsätzlich so wichtigen Unterschied nicht zur quantité négligeable machen.“207

203 Vgl. Kuhlen, in: Jung/Müller-Dietz/Neumann, S. 346; Stratenwerth/Kuhlen, AT § 15 Rdn. 54; Weigend, FS Gössel, S. 134 f.; diesbezüglich kritisch bereits Mannheim, S. 44. 204 So Duttge, Bestimmung, S. 282 (Hervorhebungen im Original); vgl. auch Castronuovo, Principio, S. 132 ff., 165 f. 205 Angelehnt an Roxin, AT I § 24 Rdn. 126; vgl. bereits Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 162: „Auch charakterlich einwandfreien Persönlichkeiten unterlaufen Unvorsichtigkeiten, die, wenn es das Pech will, zu bösen Erfolgen führen. Es wäre reine Selbstgerechtigkeit, wenn jemand glaubte, ihm könne dergleichen nicht passieren.“ Biblisch Hall, FS Mezger, S. 248: „Nicht der Vorsatz, sondern die Fahrlässigkeit kennzeichnet den Menschen. Der Mensch ist ein fahrlässiges Wesen. Und das ist – vielleicht – größere Schuld.“ 206 Engisch, JZ 1951, 787 f. (Hervorhebungen im Original). 207 Vgl. auch Engisch, Kausalität, S. 51 f. zum Vorhersehbarkeitskriterium der „gewöhnlichen Erfahrung“: „Dieses Erfordernis der Übereinstimmung des Kausalverlaufs mit der gewöhnlichen Erfahrung ist aber kein Verschuldensmerkmal mehr, sondern ein objektives Merkmal und zwar kein anderes als das der Adäquanz […]“; darauf repliziert Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 239 f., 246, dass es sich hierbei um ein Adäquanzurteil handle, das auf einer subjektiven Basis beruhte: Wenn allerdings der Maßstab der „gewöhnlichen Erfahrung“ das Maß der Adäquanz beschreibt, so dürfte das Kriterium „nicht außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit“ den Rahmen der Adäquanz sprengen; s. auch Boldt, ZStW 55 (1936), 54, der das Ausreichen einer generellen Unachtsamkeit oder Sorglosigkeit, ein ,versieren in culpa’, für die Zurechnung konkreter Erfolge kritisiert: „Denn bedeutet die Regel [des versari in re illicita] positiv, daß eine Folge schon um der Verbotenheit der ursächlichen Handlung willen zugerechnet werden darf, so besagt sie negativ, daß Fahrlässigkeit ein allgemeines Verhalten sei, welches anläßlich einzelner rechtswidriger Erfolge gestraft werden darf. Mit diesem Verzicht auf eine unmittelbare Beziehung zu einem konkreten Erfolg verläßt aber die Fahrlässigkeit ihre Stellung als Schuldform und wird zu einem allgemeinen Unterlassungsvergehen gestempelt.“ Ähnlich Rudolphi, JuS 1969, 551 f.

C. Zum Vorhersehbarkeitskriterium bei der Körperverletzung

251

Der Kern seiner Kritik scheint gerade für den Bereich der res illicita aktuell zu sein, in denen der Todeserfolg auf eine vorsätzliche Grunddeliktsverwirklichung zurückgeht: Es stellt sich die Frage, ob die Rechtsprechung unter Anwendung der Formel zur Lebenswahrscheinlichkeit tatsächlich voraussetzt, dass im Bereich der res illicita jedes unerwünschte Ergebnis unabhängig von den persönlichen Verhältnissen des Täters vorausgesehen werden muss208, während im Bereich der res licita präzisere Anforderungen an das Vorhersehbarkeitskriterium aufgestellt werden. Überhaupt birgt eine extensive Handhabung des Vorhersehbarkeitskriteriums das Potential einer unberechenbaren Grenzziehung zwischen Zufall und Fahrlässigkeit, wie etwa bei der italienischen erstinstanzlichen Entscheidung zur juristischen Aufarbeitung des Erdbebens in Aquila im Jahr 2009 nachgewiesen werden kann209. Treffend stellt Lothar Kuhlen fest, dass nachträgliche Prognosen, die etwa der Richter in der Situation des Strafprozesses zu treffen hat, aufgrund des bereits bekannten (feststehenden) Geschehensablaufs prinzipiell fehleranfällig sind, da sich diese Kenntnisse aus Sicht des Richters nicht so einfach ausblenden lassen: „Vielmehr ist alltagstheoretisch die Annahme plausibel, daß wir einer Gestaltung, die die Weihe der Faktizität trägt, im nachhinein eine unrealistisch große (ex ante bestehende) Wahrscheinlichkeit zuordnen, dementsprechend die damals gegebenen (erkennbaren) Wahrscheinlichkeiten für all die anderen Gestaltungen, die bloße Möglichkeit geblieben sind, unterbewerten.“210 Einen konkreten Problemaufriss zum Lebenswahrscheinlichkeitskriterium illustriert Hardtung im Kontext der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung211: T und O geraten auf einer Treppe vor dem Berliner Hauptbahnhof in Streit. T stößt O schließlich mit voller Wucht gegen die Schultern, sodass O rückwärts nach hinten auf die Treppenstufen stürzt. Obwohl dies eine an sich tötungstaugliche Vorgehensweise darstellt, verletzt sich O tatsächlich nur leicht. Doch er wird von einem Stahlträger erschlagen, den der Sturm Kyrill aus der Fassade des Bahnhofsgebäudes gelöst hat. Die Krux am Beispiel: Hätte T den O nicht gestoßen, so wäre der Stahlträger hinter O zu Boden gegangen, ohne ihn zu treffen. 208

In Anspielung auf Duttge, Bestimmtheit , S. 203: „Schließlich kann ja von niemandem verlangt werden, daß jedes unerwünschte Ereignis vorausgesehen und ggf. verhindert wird; denn niemand muß über hellseherische Fähigkeiten verfügen […]“; vgl. in diesem Zusammenhang auch Hassemer, in: Jung/Müller-Dietz/Neumann, S. 331. 209 Eine ausführliche Auseinandersetzung mit dieser Entscheidung findet sich bei Civello, S. 47 ff., 159 ff., 337 ff., 350; der Autor zeigt auf, wie die Kriterien der Rechtsprechung zur Vorhersehbarkeit des Erfolgs verschiedene Entwicklungsstufen durchliefen, nämlich Vorhersehbarkeit der Erfolgsgattung (S. 117 ff.); Vorhersehbarkeit der potentiellen Eignung der Handlung, eine Schadenssituation hervorzurufen (S. 125 ff.); Vorhersehbarkeit der Möglichkeit des verheerendsten Erfolges (S. 140 f.); Vorhersehbarkeit des Risikos des Erfolgs (S. 160 ff.); vgl. ferner Hassemer, in: Jung/Müller-Dietz/Neumann, S. 330, 331 sowie Castronuovo, Principio, S. 132 ff., 165 f. 210 Kuhlen, in: Jung/Müller-Dietz/Neumann, S. 358. 211 Hardtung, StV 2008, 410.

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

Die Vorhersehbarkeit des Todes könnte bejaht werden, sofern sich dieses Kriterium „nicht auf alle Einzelheiten des zum Tode führenden Geschehensablaufs zu erstrecken [braucht]; vielmehr genügt die Vorhersehbarkeit des Erfolgs im allgemeinen. Daß ein kräftiger Stoß gegen die Schultern eines auf einer Treppe stehenden zum Tode führen kann, ist im Hinblick darauf, daß bei solchen Stößen stets das Risiko schwerer Kopf- oder (insbesondere Hals-)Wirbelsäulenverletzungen besteht, regelmäßig vorhersehbar.“212 Der Autor zeigt aber auf, dass damit der Kern des Fahrlässigkeitsvorwurfs (rectius: der Schutzzweck der Norm) nicht richtig abgesteckt werde: „Warum verbietet die Rechtsordnung, einem anderen Menschen in den Bauch zu treten? Um den anderen vor all den Gefahren zu schützen, die bei einem solchen Tritt hinreichend wahrscheinlich sind. Und nur vor diese Gefahren. Die Gefahr, daß es so wie hier geschehen zu der medizinischen Rarität eines Herzstillstandes infolge von Nervenreizung, Alkoholisierung und Vorschädigung am Herzen kommen würde, war äußerst unwahrscheinlich. Deshalb war der Schutzzweckzusammenhang zwischen pflichtwidrigem Verhalten und Tod zu verneinen. Weil die erforderliche ,hinreichende Wahrscheinlichkeit‘, von der soeben beim Schutzzweckzusammenhang die Rede war, genau das ist, was die Dogmatik ,objektive Vorhersehbarkeit‘ zu nennen pflegt, sind Vorhersehbarkeit und Schutzzweckzusammenhang untrennbar miteinander verbunden: […] Fehlende Vorhersehbarkeit des konkreten Schädigungsverlaufes schließt Vollendungsstrafbarkeit aus.“213

Hält man also an einem Vorhersehbarkeitskriterium in der Gestalt „jeder Lebenswahrscheinlichkeit“ fest, so findet keine Zurechnungsbegrenzung nach der gesetzlichen Vorgabe in § 18 StGB bzw. secundum costitutionem statt, im Gegenteil: Der Zurechnungsradius kann auf Schadensereignisse ausgedehnt werden, die eigentlich wegen Zufall oder höherer Gewalt ausgeschlossen werden sollten. Würde ein derartiges Verständnis zur worst-case-scenary-Vorhersehbarkeit auf den Fahrlässigkeitsmaßstab bei den Todeserfolgsqualifikationen übertragen werden, so könnte der Haftungsradius entgegen den Legal- und Verfassungsvorgaben auf das ursprüngliche Niveau des Versari-Grundsatzes und darüber hinaus sogar unter Einbeziehung des Passus etiam pro casu zurückfallen214. Wie realistisch eine derartige Gefahr der Zurechnungsexpansion ist, zeigen die höchstrichterlichen Urteile zur Erfolgszurechnung bei Todesfällen unter Mitwirkung von „medizinischen Raritäten“, die an der Grenze der Zufallshaftung operieren: Treffend stellt hier Hardtung fest, dass es nicht ausreichen dürfe, „dass der Täter ,irgendwie‘ hinsichtlich

212

Hardtung, StV 2008, 410. Hardtung, StV 2008, 410 (Hervorhebungen im Original). 214 Vgl. Kuhlen, in: Jung/Müller-Dietz/Neumann, S. 363 in seinem Fazit zu den Attributionsfehlern: „Der schleichende Determinismus und die Beeinflussung der Verantwortlichkeitszuschreibung durch die Folgenschwere führen zu einem partiellen Rückfall auf das archaische Zurechnungsniveau einer Erfolgshaftung und damit ebenso zu einer nicht gerechtfertigten Ausdehnung der Strafhaftung wie das nicht gelingende Sich-Hineinversetzen in die Situation des Akteurs durch den Urteilenden.“ 213

C. Zum Vorhersehbarkeitskriterium bei der Körperverletzung

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des Todes fahrlässig gehandelt hat; vielmehr muss gerade die konkrete Todesverursachung fahrlässig gewesen sein.“215 In dogmatischer Hinsicht basieren die Rechtsprechungstendenzen zur Lebenswahrscheinlichkeitsformel bzw. der Formel zur impliziten Vorhersehbarkeit tendenziell auf den folgenden Überlegungen216 : Mit der intendierten Verwirklichung des Grunddelikts und der daraus resultierenden Todesfolge verletzt der Täter das grundlegende neminem laedere Gebot. Die Einhaltung dieser Maxime schützt vor jeder möglichen Gefahr für die körperliche Unversehrtheit. Deshalb hätte der Todeserfolg vermieden werden können, wenn sich der Täter an das Verbot der Körperverletzung gehalten hätte. Das neminem laedere Prinzip beinhaltet über seinen Niederschlag in den Körperverletzungsvorschriften auf Gesetzesebene das Gebot zur Vermeidung eines jeden Verhaltens mit Schadensmöglichkeit für die körperliche Unversehrtheit eines anderen Menschen, sodass der Täter in concreto davon enthoben ist, den Erfolg in seiner tatbestandsmäßigen Gestalt vorherzusehen: Vielmehr genügt die intendierte grunddeliktische Sorgfaltspflichtverletzung und der Zurechnungszusammenhang zwischen der tatbestandsmäßigen Handlung und der Todesfolge, um eine Verantwortlichkeit des Täters für den Tod zu konstatieren. Mit anderen Worten: „Verbietet der Gesetzgeber wegen irgendwelcher möglicher Folgen ein bestimmtes Verhalten, dann erstreckt sich die Schuld nicht nur auf das Verhalten, sondern auch auf die Folgen; denn diese sind, wenn nicht Schuldunfähigkeit im Augenblick des unrechtmäßigen Verhaltens vorliegt, auch persönlich vermeidbar.“217 […] „Bei vorsätzlichen Körperverletzungen kann leicht sehr viel Schlimmeres passieren, als man gewollt hat, ja auch als man im speziellen Fall hätte voraussehen können.“218 […] „Der Gesetzgeber ist berechtigt, bestimmte Verhaltensweisen, bei denen gewisse, wenn auch im Einzelnen nicht voraussehbare Folgen nicht unwahrscheinlich sind, mit der Maßgabe zu verbieten, daß für diese Folgen gehaftet wird. Diese Folgen will der Gesetzgeber vermieden wissen. Sie sind objektiv und bei Schuldfähigkeit auch subjektiv vermeidbar. Wer die Wahrscheinlichkeit auch solcher allgemeiner, aber doch typischer Folgen kennt oder hätte kennen können (und er hätte sie kennen können –, wenn er die Warnung des Gesetzes gekannt hätte), der führt die Folgen schuldhaft, nämlich persönlich vermeidbar herbei, wenn er schuldhaft etwas Verbotenes tut.“219 215

MK-Hardtung, § 227 Rdn. 6 (Hervorhebungen im Original). Das folgende Argumentationsmuster ist eine Adaptierung der Ausführungen von Puppe, GA 1974, 101, 103 f. und NK-dies., § 15 Rdn. 10. 217 Hardwig, GA 1964, 143. 218 Hardwig, GA 1964, 143; ähnlich auch ders., FS Eb. Schmidt, S. 469: „Wenn der Gesetzgeber schwere Erfolge z. B. bei der vorsätzlichen Körperverletzung so schwer bestraft, auch wenn sie nicht gewollt sind, dann liegt das daran, daß er davon ausgeht, daß bei vorsätzlichen Körperverletzungen die Folgen sich der Herrschaft des Täters entziehen könnten. Solche schweren Folgen können leicht eintreten.“ 219 Hardwig, GA 1964, 144; ähnlich auch ders., FS Eb. Schmidt, S. 429: „Mit der schweren Bestrafung warnt der Gesetzgeber den Rechtsunterworfenen und stellt ihm in Aussicht, ihn hart anzufassen, wenn er sich auf so gefährliche Verhaltensweise einläßt. Auch hier ist der schwere 216

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

Legt man diese Aussagen den vorher genannten Rechtsprechungstendenzen zugrunde, so zeigt sich, dass eine deutliche Nahebeziehung zur „Lehre vom riskanten Verhalten“220 besteht – die im Übrigen im Rahmen der „umstrittensten, wenn nicht gar die strittigste [Vorschrift] des ganzen Strafgesetzbuchs“221, dem Tatbestand des Vollrausch-Delikts in § 330a StGB a. F. (nunmehr § 323a StGB n. F.) entwickelt wurde. Übertragen auf die todeserfolgsqualifizierte Körperverletzung geht diese Lehre davon aus, dass es neben Vorsatz und Fahrlässigkeit noch eine weitere Schuldform gibt, die einerseits unterhalb der Schwelle des Fahrlässigkeitsvorwurfs steht222, andererseits aber noch dem Verschuldensgrundsatz entspricht223, da der Täter über die intendierte Begehung des Grunddelikts in schuldhafter Weise gegen die Vorschrift verstoßen hat, die per se als Ausdruck des neminem laedere Prinzips jede schwere Erfolgsmöglichkeit enthält, welche die körperliche Unversehrtheit betrifft und sich aus der intendierten Missachtung der grunddeliktischen Körperverletzungsvorschrift ergibt224. Es zeigt sich also, dass die Ausgestaltung des subjektiven Tatbestandes bei der culpa in re illicita im Wesentlichen von der Definition des Verschuldensprinzips abhängt und insbesondere davon, ob mit Verschulden der Fahrlässigkeitsstandard gemeint ist oder ob ein Verschulden unterhalb dieses Standards möglich ist. Akzeptiert man die Prämisse der Lehre vom riskanten Verhalten und insbesondere ihre Konformität mit dem Verschuldengrundsatz225, so offenbart sich, dass die Vorschrift Erfolgseintritt, sofern er der Verhaltensweise adäquat-kausal ist, verschuldet und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Täter selbst diese Folge hätte voraussehen können.“ 220 Vgl. hierzu Hardwig, GA 1964, 140 ff.; ders., FS Eb. Schmidt, S. 470; Puppe, GA 1974, 101, 104, 106; NK-dies., Vorbem. § 13 Rdn. 10; Schweikert, ZStW 70 (1958), 394 ff. 221 So LK-Spendel, § 323a Rdn. 1; zustimmend MK-Geisler, § 323a Rdn. 1; ähnlich auch Arthur Kaufmann, JZ 1963, 425, wonach hier „fast alle wichtigen strafrechtsdogmatischen Probleme wie Strahlen in einem Brennpunkt“ zusammenlaufen würden. 222 So Puppe, GA 1974, 104 FN 24 – a. A. Arthur Kaufmann, JZ 1963, 430, wonach „es sich dabei nicht um eine Schuldhaftung im strengen Sinn handelt“ […] und diesbezüglich auch auf S. 431: „Der abstrakte ,Vorsatz‘ und die abstrakte ,Fahrlässigkeit‘ […] sind identisch mit dem versari in re illicita.“ 223 Vgl. Hardwig, FS Eb. Schmidt, S. 470: „Die Schuld besteht nicht in einer Sorgfaltspflichtverletzung, sondern darin, daß der Täter ein Verbot übertritt und damit die Warnung des Gesetzgebers vor den Folgen eines solchen Verhaltens in den Wind schlägt. Deshalb ist das Verschulden in diesem Fall auch nicht eine bloße Abart der Fahrlässigkeitsschuld. Unser Recht kennt keine Fahrlässigkeitsart, bei der sich die Sorgfaltspflicht auf einen unbestimmten Erfolg beziehen könnte. Eine so weite Haftungsgrundlage wäre in ihren Folgen unübersehbar. An ihrer Stelle beschreibt unser Recht einzelne bestimmte gefährliche Verhaltensweisen, erklärt sie für unerlaubt, soweit sie es nicht schon ohnehin sind, und läßt den Verletzter des Verbots für die Folgen haften. Diese Haftung ist zugleich Schuld- und Risikohaftung, Schuldhaftung insoweit, als der Gesetzgeber mit seiner Bestimmung vor den Folgen gewarnt hat und der Täter diese Warnung (nicht etwa die Gefahr!) hätte erkennen müssen, und sie ist Risikohaftung insofern, als es nicht in der Herrschaft des Täter zu liegen braucht, was schließlich für ein Erfolg eintritt.“ 224 Vgl. Hardwig, FS Eb. Schmidt, S. 469 f. 225 Deutlich dagegen: Arthur Kaufmann, Jura 1986, 233: „Wird mit dem Schuldgrundsatz im Strafrecht Ernst gemacht, dann müssen alle Fälle der Risikohaftung beseitigt werden.“

C. Zum Vorhersehbarkeitskriterium bei der Körperverletzung

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in § 18 StGB in folgender modifizierten Form aufgefasst wird: „Knüpft das Gesetz an eine besondere Folge der Tat eine schwere Strafe, so trifft sie den Täter oder den Teilnehmer nur, wenn ihm hinsichtlich dieser Folge wenigstens ein Verschulden zur Last fällt“. Allerdings ist anzumerken, dass durch ein derartiges Verständnis der Haftungsstandard missachtet wird, der durch den Gesetzgeber in § 18 StGB bzw. der durch die Entscheidungen des italienischen Verfassungsgerichts aus dem Jahr 1988 auf dem Niveau der Fahrlässigkeit festgelegt wurde. Gleichzeitig ist hinsichtlich des neminem laedere Prinzips fraglich, inwiefern sich dieses Leitprinzip als konkreter Sorgfaltsmangelunwert i. S. d. Fahrlässigkeitsdogmatik eignet226. Unstrittig ist die Feststellung, dass neminem laedere als Leitmotiv und -inspiration der Straftaten gegen das Leben und die körperliche Unversehrtheit gelten kann. Seine inhaltliche Unbestimmtheit schließt jedoch seine Anwendbarkeit als konkrete Sorgfaltsregel für Delikte wie die fahrlässige Tötung aus: In seiner Allgemeingültigkeit würde neminem laedere als i. S. d. Fahrlässigkeit konstitutive Sorgfaltsregel Errungenschaften der Fahrlässigkeitsdogmatik, wie etwa den haftungseinschränkenden Schutzzweck der Norm, überflüssig machen227. Dieses Ergebnis gilt umso mehr für den Bereich der Erfolgsqualifikationen, in denen der qualifizierte Erfolg in einem grunddeliktsspezifischen (rectius: grunddelikts-begründeten) Verhältnis zum Grunddelikt stehen muss. Mit anderen Worten wird der weite Radius des neminem laedere Leitgedankens bei den Todeserfolgsqualifikationen auf die spezifische Gefahrensphäre des Grunddelikts beschränkt. Daher bleibt die Leistungsfähigkeit von neminem laedere auf die Funktion eines möglichen Indikators zum Vorliegen strafrechtlicher Verantwortlichkeit für einen schweren Erfolg beschränkt. Unabhängig davon kann festgehalten werden: Ein Vorhersehbarkeitskriterium, das darauf abzielt, dass der Täter nach jeder Lebenswahrscheinlichkeit den Todeserfolg nicht ausschließen kann, entspricht nicht dem Fahrlässigkeitsstandard228, der (Hervorhebung im Original); ausführlich auch ders., Schuld und Strafe, S. 269, 270, 280 ff.; vgl. auch Basile, in: Studi in onore di M. Romano II, S. 722, der davor warnt, dass diese Prämisse eine Alibi-Funktion für die Rechtsprechung bieten könnte. 226 Ausführlich zur Rolle des neminem laedere Prinzips in der Rechtsordnung: Cornacchia, Concorso, S. 105 ff. 227 Vgl. Rudolphi, JuS 1969, 549. 228 Civello kommt hier zur Konzeption der „Eventual-Fahrlässigkeit“, also einer Fahrlässigkeit, die nur scheinbar vorliege, in Wahrheit aber gar keine Fahrlässigkeit sei, vgl. etwa zusammenfassend Civello, S. 234: „Facendo ricorso ad un significativo ossimoro, per chi riconosca il nesso ontologico che avvince, in verità, la triade conoscenza-volontà-azione, la ‘colpa eventuale’ sembra rappresentare un mostruoso esemplare di ‘vizio non volontario’ o, come diremmo oggi, di responsabilità senza colpa (e dunque, senza autentica imputazione), poiché mentre il ‘conoscere’ si radica sempre nella sfera personale dell’agente (quale conformità dell’atto al pensiero, al volere e, poi, all’essere del soggetto), il ‘non conoscere/non poter escludere’ è un’entità, per così dire, virtuale, la quale non ha più nulla a che vedere con la realtà essenziale del soggetto, costituendo un parametro manifestamente alieno ed estrinseco alla persona umana.“

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

durch den Gesetzgeber in Deutschland normativ verankert bzw. durch das Verfassungsgericht in Italien dezidiert aufgestellt wurde. Der Zweck der Verbotsnormen im Strafrecht erstreckt sich grundsätzlich nur auf hinreichend wahrscheinliche Gefahren, nicht aber auf höchst unwahrscheinliche Gefahren229. Hier wird die Gefahr für Attributionsfehler offensichtlich, die Kuhlen schlagwortartig mit dem aus der Sozialpsychologie entlehnten Terminus der severity-responsability-relation umreißt230: Juristische Bewertungen (rectius: nachträgliche Beurteilungen aus der ex ante Perspektive) würden maßgeblich von der Schwere der negativen Handlungsfolgen abhängen, sodass hier die Gefahr einer Grenzüberschreitung in Richtung einer reinen Erfolgshaftung bestehe – mit Blick auf die Todeserfolgsqualifikationen besteht in Kriterien wie der Lebenswahrscheinlichkeit oder der impliziten Vorhersehbarkeit eine Gefahr der tendenziellen Reduzierung der Fahrlässigkeitsvoraussetzung auf ein substanzloses Lippenbekenntnis. Im Sinne einer Auslegung, die der hohen Unrechtsdimension dieses todeserfolgsqualifizierten Delikts gerecht wird, muss am Grad der Vorhersehbarkeit angesetzt werden231. Hier ist die Forderung von Hardtung zu unterstreichen: „Voraussetzung für die Fahrlässigkeitsstrafbarkeit ist, daß gerade der tatsächliche erfolgsverursachende Geschehensverlauf im wesentlichen (nicht im einzelnen) vorhersehbar ist; ob andere, hypothetische, aber irreal gebliebene Geschehensverläufe vorhersehbar gewesen wären, ist ohne Belang“232 und zusammenfassend: „Die tatsächliche Todesverursachung muß im wesentlichen vorhersehbar sein.“233

229

So treffend Hardtung, StV 2008, 410. Kuhlen, in: Jung/Müller-Dietz/Neumann, S. 359 ff. m. w. N.; zustimmend Radtke, FS Jung, S. 746. 231 Vgl. B. Heinrich/Reinbacher, Jura 2005, 747: „Es ist nämlich nicht davon auszugehen, dass im Rahmen der Leichtfertigkeit andere Sorgfaltspflichten gelten, vielmehr ist lediglich der Grad der Vorhersehbarkeit ein anderer. Es kommt also nicht darauf an, dass der Täter sich besonders pflichtwidrig verhält (Prüfungspunkt der objektiven Pflichtverletzung = Fahrlässigkeit), sondern, dass der Erfolg in höherem Maße voraussehbar war (objektive Voraussehbarkeit = objektive Zurechnung).“ s. auch weitergehend auf dies., Jura 2005, 748 f.; zustimmend wohl Basile, La colpa, S. 650 ff. 232 Hardtung, StV 2008, 411. 233 Hardtung, StV 2008, 411; vgl. auch De Francesco, SI 1996, 560: „In sostanza, le regole cautelari sono destinate a svolgere, in questo campo [delle attività pericolose autorizzate dall’ordinamento], il ruolo di individuare un limite entro il quale la stessa condotta dell’autore deve ritenersi lecita e consentita. Nel campo, viceversa, delle attività comunque illecite, le c.d. regole cautelari, essendo la condotta già di per se stessa oggetto di divieto, non potranno più assumere la medesima funzione di garanzia, quanto alle caratteristiche ed ai limiti concretamente intrapresa. Esse svolgeranno, invece, una funzione di limite, esclusivamente con riguardo al tipo di eventi (o comunque di fatti) suscettibili di venire addebitati al soggetto agente: e, rispetto a questi, esse verranno, allora, necessariamente a risolversi e ad ‘omologarsi’, per così dire, ad un giudizio in termini di ‘prevedibilità’ in concreto dello sviluppo causale da cui è scaturita l’(ulteriore) offesa.“ 230

D. Zum deliktsspezifischen Schutzzweck-Zusammenhang

257

Damit spricht der Autor einen „leitenden Gesichtspunkt“234 der Lehre der objektiven Zurechnung an, nämlich: „Eine Gefahr (bzw. ein Risiko) qualifizierter Art muss geschaffen bzw. erhöht worden sein, und gerade diese Gefahr und keine andere (bzw. dieses Risiko) muss sich im tatbestandsmäßigen Erfolg realisiert haben.“235 Dementsprechend ist bei der Prüfung zur Vorhersehbarkeit wesentlich, den Schutzzweckzusammenhang bzw. der Zusammenhang zwischen Fahrlässigkeit und Erfolg236 genauestens erheben. Die substantielle Fundierung dieses Kriteriums spiegelt die Anforderungen wieder, die an die Vorhersehbarkeit zu stellen sind237. Dies kommt bei Hardtung deutlich zum Ausdruck: „Warum verbietet die Rechtsordnung, einem anderen Menschen in den Bauch zu treten? Um den anderen vor all den Gefahren zu schützen, die bei einem solchen Tritt hinreichend wahrscheinlich sind. Und nur vor diesen Gefahren.“238

D. Zum deliktsspezifischen Schutzzweck-Zusammenhang Um zu klären, was bei der Prüfung der Vorhersehbarkeit im Wesentlichen wahrscheinliche Geschehensabläufe sind239, bedarf es zunächst einer Konkretisierung des Rechtsgutsbegriffs zur körperlichen Unversehrtheit. So muss zunächst der Schutzzweck der Körperverletzungsnormen im Allgemeinen untersucht werden, wenn der Prämisse gefolgt wird, dass der vom Täter herbeigeführte Erfolg für eine

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So Duttge, Bestimmtheit, S. 24. So die Grundformel bei Kühl, AT § 4 Rdn. 43 (eigene Hervorhebungen). 236 Instruktiv: Summerer, S. 223 ff., 335 ff. 237 Vgl. die treffende Zusammenfassung bei Puppe, JZ 1989, 733: „Das Vorhersehbarkeitserfordernis ist nichts anderes als die Kehrseite der Kausalität der Sorgfaltspflichtverletzung.“ 238 So Hardtung, StV 2008, 410 (Hervorhebung im Original), und weiter: „Die Gefahr, daß es so wie geschehen zu der medizinischen Rarität eines Herzstillstandes infolge von Nervenreizung, Alkoholisierung und Vorschädigung am Herzen kommen würde, war äußerst unwahrscheinlich. Deshalb war der Schutzzweckzusammenhang zwischen pflichtwidrigem Verhalten und Tod zu verneinen.“ Vgl. auch Kindhäuser, BT I § 10 Rdn. 12: „Zum einen muss der Täter die vorsätzliche Körperverletzungshandlung unter den gegebenen Umständen in einer Weise vornehmen, die das Opfer in eine konkrete Lebensgefahr bringt. Zum anderen muss sich im Todeserfolg gerade diese Lebensgefahr realisieren, es müssen also Umstände, die das Gefahrenurteil begründen, auch den Eintritt des Todeserfolgs kausal erklären.“ (eigene Hervorhebungen) 239 Vgl. Puppe, JZ 1989, 732, wonach ein Umstand des Kausalverlaufs dann wesentlich sei, „wenn er eine Sorgfaltspflicht des Täters konstituiert, die ohne diesen Umstand nicht gegeben wäre, m.a.W., wenn die Erwartung dieses Umstandes einen sorgfältigen Täter zu gewissen Vorkehrungen veranlaßt hätte, die im Einzelfall den Erfolg verhindert hätten, weil eben jener Umstand Bestandteil des Kausalverlaufs war.“ Kritisch zur Formulierung der „Erkennbarkeit des Kausalverlaufs in seinen wesentlichen Zügen“ wegen ihrer „unerträglichen Vagheit“ Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten, S. 636 (Hervorhebungen im Original). 235

258

4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

Subsumption unter die Todeserfolgsqualifikation nicht nur grunddelikts-adäquat, sondern grunddelikts-begründet sein soll240. In einem zweiten Schritt ist darzulegen, was eine gefährliche Körperverletzung im eigentlichen Sinn bedeutet, also welche Körperverletzungshandlungen hinreichend wahrscheinliche bzw. typische Gefahren schwerer Folgen beinhalten. Für die Klärung dieser Frage, die ihre Inspiration aus dem dogmengeschichtlichen Ursprung der Präterintentionalität, der Lehre zur voluntas indirecta, entnimmt, eignen sich prinzipiell die für die Körperverletzungsvorschriften deliktsspezifischen Gefahrenerfolgsqualifikation in § 224 I StGB. Anhaltspunkte zu dieser Untersuchung können auch die deliktsspezifischen erschwerenden Umstände im iStGB bieten, nämlich Art. 585 iStGB i. V. m. den Art. 576 sowie 577 iStGB. Da jedoch die Regelung im StGB dezidiert als den Verletzungs- und Todeserfolgsqualifikationen (§§ 226, 227 StGB) vorgelagertes gefahrenerfolgsqualifiziertes Körperverletzungsdelikt konzipiert ist und neben detailreicher Gliederung ein üppiges Maß an Judikaten und wissenschaftlicher Aufarbeitung bietet, soll die Gefahren-Latenz von Körperverletzungen anhand einer ausführlichen Darstellung zum Schutzzweck des § 224 I StGB erörtert werden.

I. Zum Schutzzweck der Körperverletzungsnormen im Allgemeinen Nach Auffassung der herrschenden deutschen Lehre bildet der menschliche Körper in seiner Unversehrtheit das geschützte Rechtsgut der Körperverletzungsdelikte241 und zeichnet damit den Schutzbereich für die körperliche Integrität und die Gesundheit vor242. In einer systematischen Betrachtung rangiert dieses Rechtsgut in der Rangstufe der persönlichen Rechtsgüter unmittelbar hinter dem eigens aufgezählten Rechtsgut Leben, das im – den Körperverletzungsvorschriften vorangehenden – 16. Abschnitt des StGB geschützt wird243.

240

So NK-Paeffgen, § 18 Rdn. 46. BT-Drs. 13/8587, S. 35; Amelung/Lorenz, FS Otto, S. 531; Fischer, StGB, § 223 Rdn. 2; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 245; SK-Horn/Wolters, § 223 Rdn. 2; Joecks, Studienkommentar, § 223 Rdn. 1; Lackner/Kühl, StGB, § 223 Rdn. 1; LK-Lilie, Vorbem. § 223 Rdn. 1; Murmann, Grundkurs, § 22 Rdn. 1; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 8 Rdn. 5; Wolters, JuS 1998, 582; weitergehend Kargl, GA 2001, 538, 552 („Körperinteresse“); Tag, S. 63 ff., 441 („Entfaltungsfreiheit, Selbstbestimmungsrecht“); gegen diese Ansicht allerdings die h. M. 242 Arzt/Weber/B. Heinrich/Hilgendorf, BT § 6 Rdn. 21; SK-Horn/Wolters, § 223 Rdn. 3; Kindhäuser, BT I § 7 Rdn. 1; NK-Paeffgen, § 223 Rdn. 2; s. auch Krüger, Jura 2011, 888, der nicht zuletzt auch auf den Wortsinn in der Rechtsgutsdefinition (körperliche Unversehrtheit) hinweist. 243 Vgl. Arzt/Weber/B. Heinrich/Hilgendorf, BT § 6 Rdn. 2: „Ausdruck einer elementaren Schutzbedürftigkeit“. 241

D. Zum deliktsspezifischen Schutzzweck-Zusammenhang

259

Im italienischen Schrifttum wird das Rechtsgut in Art. 581 und Art. 582 iStGB nicht schon als körperliche, sondern als individuelle Unversehrtheit definiert244 : Wie bereits vorher dargelegt, soll die Vorschrift in Art. 581 iStGB vor einem gewalttätigen Angriff gegen die Person schützen, der zumindest geeignet ist, ein schmerzhaftes Gefühl hervorzurufen, ohne dass die subjektive Schmerzempfindung des Opfers ein konstitutives Element des Tatbestandes bildet245. Gleichzeitig wird die Vorschrift in Art. 581 iStGB mit dem besonderen Negativmerkmal („ohne daß die Tat eine körperliche oder geistige Erkrankung zur Folge hat“246) gegenüber der Norm in Art. 582 iStGB247 definiert, sodass das herrschende Schrifttum hier ein schlichtes Tätigkeitsdelikt annimmt248. Aufgrund dieser dualen Struktur geht der Schutzbereich der beiden Vorschriften in seiner Gesamtheit über den pathologisch-objektivierbaren Bereich hinaus249. Das wird auch über die Definition des Verletzungserfolgs in Art. 582 iStGB deutlich, die normativ sowohl körperliche als auch geistige Erkrankungen [malattia nel corpo o nella mente] beinhaltet und damit auf den Schutz der Funktionalität des menschlichen Organismus – sowohl bereichsweise als auch in 244 Vgl. statt vieler Palermo-Fabris, S. 57 ff. m. w. N.; im Übrigen stellt Basile, in: Dolcini/ Marinucci, Codice penale commentato III, Art. 581 Rdn. 1 treffend fest, dass die Position von Preziosi, in: Ramacci, I delitti di percosse, S. 6 f., wonach der Rechtsgüterschutz in Art. 581 iStGB die „Unantastbarkeit [intangibilità] des menschlichen Körpers“ beinhalte, zu weit gehe; diesem Standpunkt von Basile zustimmend: Alagna, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/ Papa, Trattato PS VII S. 394. 245 Etwa Alagna, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PS VII S. 397 ff.; Antolisei/ Grosso, PS I S. 96; Baima Bollone/Zagrebelsky, Percosse e lesioni personali, S. 5; Basile, in: Dolcini/Marinucci, Codice penale commentato III, Art. 581 Rdn. 1, 4; Fiandaca/Musco, PS II/1 S. 65; Gallisai Pilo, in: NNDI – App. IV, S. 862; dies., in: Dig. disc. pen. VII, S. 394; Garavelli, in: Bricola/Zagrebelsky, Codice penale PS V, S. 563 f.; Manzini, Trattato VIII, S. 183; Marani, S. 78; Palermo-Fabris, S. 57 ff., 60 ff.; Ronco, in: Ronco/B. Romano, Art. 581 S. 2654; Preziosi, in: Ramacci, I delitti di percosse, S. 11 f.; Saltelli/Romano-Di Falco, Commento teoricopratico II/2, S. 912; eine Minderheitenmeinung dagegen will das konkrete Schmerzempfinden als Element des objektiven Tatbestandes ansehen: Galiani, in: ED XXIV, S. 141. 246 Zitiert nach Riz/J. Bosch, S. 391. 247 Zum Unterscheidungsmerkmal „Krankheit“ der beiden Tatbestände in Art. 581 und Art. 582 iStGB vgl. Alagna, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PS VII S. 396 f.; Baima Bollone/Zagrebelsky, Percosse e lesioni personali, S. 1; Galiani, in: ED XXIV, S. 141; Gallisai Pilo, in: NNDI – App. IV, S. 862; dies., in: Dig. disc. pen. VII, S. 395 f.; Marani, S. 77 f.; Palermo-Fabris, S. 62 ff.; Pannain, in: NNDI IX, S. 744, 745; ders., I delitti contro la vita, S. 180, 183 f.; Preziosi, in: Ramacci, I delitti di percosse, S. 4; Zagrebelsky, in: EGT XVIII, S. 2. 248 So etwa Baima Bollone/Zagrebelsky, Percosse e lesioni personali, 2; Basile, in: Dolcini/ Marinucci, Codice penale commentato III, Art. 581 Rdn. 4; Palermo-Fabris, S. 60; a. A. Gallisai Pilo, in: Dig. disc. pen. VII, S. 394. 249 So Alagna, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PS VII S. 395; Nisco, S. 201. Die psychische Komponente zum Rechtsgüterschutz im italienischen Rechtsterminus lesione personale wird bereits bei Carrara, Programma di diritto criminale II, § 1394 S. 50 f. deutlich: „Indubitatamente è nel cittadino il diritto che la protezione sociale estendesi alla difesa tanto della sua individualità psicologica quanto della sua individualità fisica; della sua attività interna, non meno che della sua attività esterna, contro gli attacchi di scelera nimicizia, o d’imprudente scioperataggine.“

260

4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

seiner Gesamtheit – vor direkten und indirekten Auswirkungen abstellt250. Auf diese Weise scheint der Fokus der italienischen Vorschriften auf jeglicher Form physischer Gewalt gegen die körperliche Unversehrtheit251 zu liegen, sodass nicht nur pathologisch objektivierbare Folgen, sondern auch psychische Folgen unter den einschlägigen Rechtsgüterschutz fallen252. Dieser Eindruck verstärkt sich beim Blick auf einzelne Entscheidungen, die einen äußerst weitreichenden Rechtsgüterschutz einräumen253. Andererseits relativiert sich diese Anschauung angesichts gewichtiger Entscheidungen, die auf einen überwiegend pathologisch-objektivierbaren Rechtsgüterschutz abstellen254. Unabhängig davon erringt die innere Tatseite im italienischen Strafrecht besondere Relevanz für die Anwendbarkeit der Körperverletzungstatbestände, da tätliche Übergriffe mit ausschließlichem Beleidigungsvorsatz – bei gleichzeitigem Ausschluss des Vorsatzes hinsichtlich eines schmerzhaften Gefühls – nicht unter den 250 So die zusammenfassende Feststellung bei Zagrebelsky, in: EGT XVIII, S. 2: „In conclusione ai fini della applicazione degli artt. 581 e 582 c.p. (nonché di quelle norme che prevedono la lesione personale come circostanze aggravante), può dunque definirsi come malattia lo stato di anormalità fisica o psichica che incida direttamente o indirettamente sulla funzionalità dell’organismo per compromissione di una sua parte o della sua totalità.“ (eigene Hervorhebungen); ausführlich zum Krankheitsbegriff im italienischen Strafrecht bei Galiani, in: ED XXIV, S. 144 ff.; Marini, Delitti contro la persona, S. 129 ff.; Pannain, in: NNDI IX, S. 746 ff.; Preziosi, in: Ramacci, I delitti di percosse, S. 8 ff. jeweils m. w. N. 251 Vgl. Basile, in: Dolcini/Marinucci, Codice penale commentato III, Art. 581 Rdn. 2; ders., Il delitto di rissa, S. 19 f., 51; Fresa, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PS VII S. 138; Gallisai Pilo, in: NNDI – App. IV, S. 862; dies., in: Dig. disc. pen. VII, S. 394 f.; Marani, S. 77, 78; Marini, Delitti contro la persona, S. 122; Palermo-Fabris, S. 60; Pannain, in: NNDI IX, S. 745; ders., I delitti contro la vita, S. 181; Ronco, in: Ronco/B. Romano, Art. 581 S. 2654; Saltelli/Romano-Di Falco, Commento teorico-pratico II/2, S. 914. 252 So Nisco, S. 203 ff. m. w. N.; deutlich auch bei Marinucci/Dolcini, Manuale PG S. 203, wonach der Rechtsgüterschutz bei Art. 582, 583 und 590 iStGB sowohl die physische als auch die psychische Gesundheit umfasst: „l’evento ‘malattia nel corpo o nella mente’ è il fenomeno che esprime la lesione della salute, fisica o psichica.“ – Hervorhebungen im Original; sowie Alagna, in: Cadoppi/Canestrari/Manna/Papa, Trattato PS VII S. 395: „I margini della sfumatura assiologica relativa alle percosse possono essere identificati nell’intromissione abusiva e violenta nella sfera fisica altrui, che oltre a determinare o a poter determinare una sensazione dolorosa nel fisico cagiona una sofferenza psichica per l’offesa alla personalità morale che vi accompagna.“ Auch im Kommentar von 1930 zum neuen StGB tritt dieser Gedanke deutlich hervor, Saltelli/Romano-Di Falco, Commento teorico-pratico II/2, S. 914: „Oggetto del delitto di lesione personale è l’interesse relativo alla protezione dell’integrità fisica o psichica o fisicopsichica delle persone (incolumità personale).“ (eigene Hervorhebungen); vgl. aber Zagrebelsky, in: EGT XVIII, S. 1: „L’elemento della violenza fisica, proprio delle percosse, esclude la rilevanza delle c.d. percosse psichiche.“ 253 So Fiandaca/Musco, PS II/1 S. 64 mit Hinweis auf die Entscheidung Cass. 22. 10. 1980 = CP 1982, 484 in der es nach den Sachverhaltsdarstellungen um das Überschütten mit Wasser und dem darauf folgenden Wurf des Wassereimers ging. 254 So die Leitentscheidung Cass. Sez. Un. 18. 12. 2008, Nr. 2437; kritisch zu diesem überwiegend funktionalen pathologisch-objektivierbaren Begriff der malattia: Fiandaca, FI 2009, II, 306, 310 ff.

D. Zum deliktsspezifischen Schutzzweck-Zusammenhang

261

Rechtsgüterschutz der Körperverletzungsdelikte fallen255. Aus diesem Grund ist nach h. M.256 das Abschneiden von Haar oder Bart nicht für die Grunddeliktsnormen des Art. 584 iStGB einschlägig, obwohl es sich prinzipiell um einen körperlichen Substanzverlust handelt. Bei der Diskussion zum Schutzzweck der Körperverletzungsdelikte ergibt sich mit Blick auf den deutschen Rechtskreis die häufig aufgeworfene Frage, ob der einschlägige Schutzbereich neben der körperlichen Komponente noch weitere Werte aufnimmt257. Exemplarisch sollen drei Positionen näher aufgezeigt werden: (1) So will Eser mit Blick auf die strafrechtliche Verantwortung von Ärzten dem Rechtsgüterschutz der Körperverletzungstatbestände auch das Selbstbestimmungsrecht der Patienten unterstellen: Dem Betroffenen sollen „keine materiellen Einbußen seines gesundheitlichen Wohls oder seiner körperlichen Verfassung ohne sein Einverständnis“ widerfahren258. (2) Einen weiteren Diskussionsbeitrag liefert Schroeder mit seiner Forderung, die körperbezogene Verletzung der Menschenwürde in den Rechtsgüterschutz des 17. Abschnitts mit aufzunehmen259.

255 So Baima Bollone/Zagrebelsky, Percosse e lesioni personali, S. 7; Galiani, in: ED XXIV, S. 142; Gallisai Pilo, in: Dig. disc. pen. VII, S. 396; Marani, S. 79 f.; Ronco, in: Ronco/ B. Romano, Art. 581 S. 2654; wohl zustimmend Fiandaca/Musco, PS II/1 S. 64; a. A. Manzini, Trattato VIII, S. 184 f. 256 So Baima Bollone/Zagrebelsky, Percosse e lesioni personali, S. 7; Galiani, in: ED XXIV, S. 142; Marani, S. 77; Pannain, in: NNDI IX, S. 746; Ronco, in: Ronco/B. Romano, Art. 581 S. 2654. 257 Instruktiv F. Knauer, S. 52 ff. m. w. N. sowie seine ausführliche Replik mit Kritik – sowohl an der h. M. als auch der Minderheitenansicht – auf S. 199 ff. mit ablehnendem Fazit auf S. 205 f. („Der Körperverletzungstatbestand ist auf Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit zu beschränken.“); prinzipiell kritisch gegenüber einem extensiven Rechtsgüterschutz der Körperverletzungstatbestände Jakobs, NJW 1974, 1830; Kargl, GA 2001, 553; NKPaeffgen, § 223 Rdn. 2. 258 Eser, ZStW 97 (1985), 2, 17 f.; zustimmend SK-Horn/Wolters, § 223 Rdn. 35; Tag, S. 68, 84; der Begriff der körperlichen Unversehrtheit in Art. 2 II Satz 1 GG beinhaltet auch dieses Selbstbestimmungsrecht, vgl. BVerfGE 128, 282, 302; Jarass/Pieroth, GG-Kommentar, Art. 2 Rdn. 83; hiergegen wird allerdings eingewendet, dass sich durch diese Interpretation Aspekte der Freiheitsdelikte in den Körperverletzungstatbestand aufgenommen werden: MKJoecks, Vorbem. § 223 Rdn. 9; LK-Lilie, Vorbem. § 223 Rdn. 1. 259 Schroeder, FS Hirsch, S. 725, 731 unter Hinweis auf den Fall in BGHSt 25, 277; vgl. auch für das österreichische Recht Maleczky, ÖJZ 1993, 626: „Ohrfeigen und Schläge sind nämlich vorsätzliche Misshandlungen, also Tätigkeiten, in denen die Roheit im Umgang mit anderen und die Mißachtung der Menschenwürde zum Ausdruck gebracht wird.“ (eigene Hervorhebungen); ähnlich im italienischen Recht Gallisai Pilo, in: Dig. disc. pen. VII, S. 395, wonach der Rechtsgüterschutz neben der körperlichen Unversehrtheit auch die Ehre und die Würde der Person [tutela dell’onore e della dignità della persona] erfassen würde; dagegen explizit Jakobs, NJW 1974, 1830 im Kontext der rohen Misshandlung des § 223b StGB a. F.: „§ 223b StGB schützt nicht vor dem Verlust der Würde, sondern vor Mißhandlung.“

262

4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

(3) Noch weiter geht Roxin, wenn er zum Schutzobjekt der Körperverletzungstatbestände nicht nur körperliche, sondern auch soziale Komponenten zählt und damit den Mensch als Person in seiner sozial- und rechtsethischen Dimension geschützt wissen will260. Diese Positionen hinterfragen, inwieweit gewisse Werte wie Menschenwürde oder die rechtsethische Dimension der Person einen effektiven (Individual-)Rechtsgüterschutz durch die Rechtsordnung bzw. speziell durch das Strafrecht erfahren. Im Vergleich zu den besonderen Beweggründen des Mordtatbestands in § 211 StGB fällt mit Blick auf die Körperverletzungstatbestände auf, dass die Begehungsmodalität der Körperverletzung „aus niedrigen Beweggründen“261 im StGB nicht vorgesehen ist. Der Grund hierfür könnte eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers sein, die „niedrigen“ Beweggründe über den Bereich der Strafzumessung ausreichend gewürdigt zu wissen, sodass der Begriff der Körperverletzung auf eine rein physiologische Definition reduzieren werden kann, zumal der Mensch als Person in rechtsethischer Hinsicht und in seiner Würde durch andere Normen, wie beispielsweise die der Volksverhetzung in § 130 StGB, der (tätlichen) Beleidigung in § 185 (2. Alt.) StGB oder im Rahmen der Straftaten gegen sexuelle Selbstbestimmung bzw. gegen die persönliche Freiheit geschützt wird. Damit wird aber den Werte-Begriffen Menschenwürde und Person der Schutz über die Körperverletzungsnormen im Ergebnis nicht versagt: Die vorher angeführte exemplarische Aufzählung von Strafbeständen schützt nicht die Menschenwürde an sich, sondern gewisse Teilaspekte davon262. Da die Unversehrtheit des menschlichen Körpers auch

260 Roxin, AT I § 13 Rdn. 14: „ […] selbst der Körper ist Schutzobjekt nicht als Anhäufung von Fleisch und Knochen, sondern nur in Verbindung mit dem Geist, der in ihm wohnt und ihn beherrscht.“ Direkte Replik zu diesem Standpunkt mit weitgehender Ablehnung: Amelung/ Lorenz, FS Otto, S. 530 ff.; wiederum dazu Stellung nehmend: Roxin, FS Amelung, S. 271 f., der seinen Standpunkt dahingehend präzisiert, dass das Rechtsgut nicht nur „aus seinem realen Substrat, sondern auch aus dem Stück persönlicher Autonomie“ besteht, weshalb die Grenzen der körperbezogenen Lebensgestaltung in den jeweiligen Einwilligungen nach §§ 216, 228 StGB liegen. Im Ergebnis würde diese Tendenz der Ausdehnung des Rechtsgüterschutzes auf die Persönlichkeitsrechte nach dem Vorbild des zivilrechtliche BGH-Rechtsprechung nahekommen; vgl. auch Taupitz, NJW 1995, 745 ff.; im italienischen Schrifttum findet sich eine vergleichbare Position bei Palermo-Fabris, S. 57 ff., die die individuelle Unversehrtheit als Eigenschaft der Persönlichkeit des Menschen [incolumità come attributo della personalità] auffasst. 261 Vgl. den Wortlaut des § 223a II RStGB, eingeführt durch das Gesetz vom 19. 6. 1912 (RGBl. I, 395), der eine „Körperverletzung mittels grausamer und boshafter Behandlung“ vorsah. Zum Gesetzesantrag des Landes Brandenburg v. 26. 9. 2000, der eine Einfügung eines neuen Qualifikationstatbestandes (§ 224a I StGB) vorsah: „Wer die Körperverletzung aus Hass gegen Teile der Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe oder sonst aus niedrigen Beweggründen begeht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft“, dazu Scheffler, NJ 2001, 13 ff. 262 Vgl. NK-Zaczyk, Vorbem. §§ 185 bis 200 Rdn. 1.

D. Zum deliktsspezifischen Schutzzweck-Zusammenhang

263

ein Teil der grundrechtlich verbrieften Wertegüter ist263, ist der Schutz des menschlichen Körpers in seiner physiologischen Dimension als Teil der Menschenwürde durch die Körperverletzungsvorschriften gewährleistet und steht gleichzeitig einem körperbezogenen, rein physiologischen Rechtsgutsverständnis nicht entgegen. Ein weiteres Argument gegen die Aufnahme weiterer Werte in den physiologischorientierten Rechtsgutsbegriff der Körperverletzungsvorschriften ist der Blick auf die historische Entwicklung des deutschen Rechtskreises im Bereich der Körperverletzungsdelikte, zumal die betreffenden Tatbestände seit dem Bayerischen StGB von 1813 stets einen Körperbezug aufweisen264. Konsequenterweise ist auch heute von einem vorwiegend physiologisch bezogenen Rechtsgüterschutz im 17. Abschnitt des StGB auszugehen, was nicht zuletzt durch die Formulierung der Überschrift dieses Abschnitts, nämlich „körperliche Unversehrtheit“, zumindest semantisch zum Ausdruck kommt265. Eine über die physiologische Betrachtungsweise hinausreichende Auffassung der Körperverletzungsdelikte läuft Gefahr, in die Definition der Körperverletzung (körperliche Misshandlung bzw. Gesundheitsschädigung) den Aspekt der Nicht- bzw. Missachtung der anderen Person mit aufzunehmen, welche durch die körperliche Misshandlung oder Gesundheitsschädigung zum Ausdruck kommt. Damit würde sich die Begriffsbestimmung in die Richtung der tätlichen Beleidigung (§ 185 2. Alt. StGB) bewegen266. Bezieht man die vorher genannten Gesichtspunkte in die Körperverletzungsdefinition mit ein, würde dies nicht nur die Aufgabe des Tatbestands der tätlichen Beleidigung bedeuten, sondern gegebenenfalls auf eine Definition nach dem römischrechtlichen Vorbild der (vorwiegend zivilrechtlich geprägten) iniuria hinauslaufen267. 263 Vgl. nur Art. 2 II Satz 1 GG, der das Recht auf Leben und das Recht auf körperliche Unversehrtheit beinhaltet. Dieser Aspekt des Grundrechts wird nach h. M. im biologischphysiologischen Sinn aufgefasst, weshalb das seelische und soziale Wohlbefinden nicht unter den Schutz der körperlichen Unversehrtheit im Sinne des Art. 2 II Satz 1 GG fällt, außer sie rufen zusätzlich körperliche Effekte hervor: vgl. hierzu BVerfGE 56, 54, 74; Di Fabio, in: Maunz/Düring, Art. 2 Rdn. 55 f.; Jarass/Pieroth, GG-Kommentar, Art. 2 Rdn. 83; Murswiek, in: Sachs, Art. 2 Rdn. 148 f.; Starck, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2 Rdn. 193. 264 Zur legislativen Entwicklung der Körperverletzungstatbestände s. F. Knauer, S. 16 f., 32, 52 sowie Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 8 I Rdn. 2; Simson/Geerds, S. 152 ff.; zur Begriffsentwicklung der Körperverletzung vgl. Schroeder, FS Hirsch, S. 725 ff.; inwieweit der Schutz der Psyche durch die Anwendung der Vorschriften in § 223 ff. StGB garantiert wird: F. Knauer, S. 32 ff., 84 f. 265 Ebenso Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 223 Rdn. 1; vgl. auch Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 8 Rdn. 5; zum Meinungsstand s. ausführlich F. Knauer, S. 53 ff. m. w. N. die italienische Rechtsordnung hat diesbezüglich, wie bereits erwähnt, durch die Definition des geschützten Rechtsguts als „individuelle“ Unversehrtheit, einen gewissen Definitionsspielraum. 266 Vgl. NK-Zaczyk, § 185 Rdn. 20: „Tätlichkeit ist eine unmittelbar auf den Körper des Opfers einwirkende Handlung, durch die der Täter zugleich seine Nicht- oder Missachtung zum Ausdruck bringt.“ 267 Vgl. Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 8 Rdn. 2.

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

Die gewichtigsten Argumente für einen überwiegend körperbezogenen Rechtsgutsbegriff268 und gegen eine Aufnahme weiterer Wertaspekte liegen aber, wie Florian Knauer treffend aufgezeigt hat, in einer bedenklichen Ausweitung des Körperverletzungstatbestands mit unerwünschten Folgen für die Rechtsunterworfenen269, die sich in der Unschärfe des einschlägigen Rechtsgutsbegriffs äußern und eine Unvorhersehbarkeit der Entscheidungspraxis mit sich bringen würde270.

II. Zum Schutzzweck der gefährlichen Körperverletzung in § 224 I StGB Die Gefahrenerfolgsqualifikation der Körperverletzungsvorschrift im deutschen Strafrecht bezieht ihre erhöhte Unrechtsdimension aus ihrer besonderen Begehungsweise und trägt hierbei dem Umstand Rechnung, dass durch gewisse Verhaltensweisen des Täters ein Schadenspotential losgetreten werden kann, welches in seiner Intensität vom Täter nicht beherrscht werden und deshalb zu schweren Erfolgen führen kann. Vor diesem Hintergrund wird mit Blick auf den Regelstrafrahmen dieses Delikts (sechs Monate bis zu zehn Jahre) offensichtlich, dass die Gefahrenerfolgsqualifikation den Verletzungs- und Todeserfolgsqualifikationen in gewisser Weise vorgelagert ist (§ 226 I StGB: Regelstrafrahmen von einem Jahr bis zu zehn Jahre; § 226a I StGB: Regelstrafrahmen von einem Jahr bis zu fünfzehn Jahre; § 227 I StGB: Regelstrafrahmen von drei Jahren bis zu fünfzehn Jahren). Die Vorschrift ist folgendermaßen aufgebaut: § 224 StGB: Gefährliche Körperverletzung (1) Wer die Körperverletzung: 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, 2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, 3. mittels eines hinterlistigen Überfalls 4. mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder 5. mit einer das Leben gefährdenden Behandlung begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. 268 Es wird bewusst von einem „überwiegend körperbezogenen“ Rechtsgutsbegriff gesprochen, um Überschneidungen im Rechtsgutsbegriff der §§ 223 ff. StGB sowohl mit der h. M. als auch mit der Minderheitenansicht zu vermeiden. Eine Präzisierung des Rechtsgutsbegriffs in § 223 ff. StGB wurde hier nicht versucht, sie würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. 269 So richtigerweise F. Knauer, S. 200 ff., resümierend etwa auf S. 203: „Die Auslegung durch die Minderheitenansicht […] begründet die Gefahr, erhebliche Teile des sozialen Zusammenlebens zu kriminalisieren.“ 270 Vgl. F. Knauer, S. 203 ff., der das Fehlen von klaren Kriterien für die Bestimmung der Strafbarkeit vermisst.

D. Zum deliktsspezifischen Schutzzweck-Zusammenhang

265

Gegenüber der einfachen vorsätzlichen Körperverletzung hebt sich der qualifizierte Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung nach § 224 I StGB wegen seiner gefährlichen Begehungsweise ab: Die aufgezählten Tatmodalitäten zeichnen sich dadurch aus, dass sie in ihrer Ausführung eine besondere Gefährlichkeit hinsichtlich großer Verletzungswirkung und eingeschränkter Verteidigungsmöglichkeiten beinhalten271. Manfred Heinrich definiert den gemeinsamen Leitgedanken der aufgezählten Handlungsweisen als den „bewußten Einsatz eines in besonderem Maße die Wirkungsmacht des Angriffs erhöhenden Faktors zum Zwecke der Körperverletzung“272. Diese Eigenschaften sind der Grund für die gegenüber § 223 I StGB erhöhte Strafwürdigkeit der gefährlichen Körperverletzung als Qualifikationstatbestand zur einfachen vorsätzlichen Körperverletzung. Die Frage nach dem Verhältnis zwischen der Körperverletzung mit Todesfolge und der gefährlichen Körperverletzung ist in Schrifttum und Rechtsprechung umstritten: Die Rechtsprechung273 und ein Teil der Lehre274 gehen davon aus, dass zwischen § 224 StGB und § 227 StGB Gesetzeskonkurrenz bestehen kann, wobei die selbstständigen Qualifikationstatbestände des § 224 StGB bei der Strafzumessung strafschärfend zu berücksichtigen sind275. Demgegenüber nimmt ein anderer Teil des Schrifttums an, dass die beiden Paragraphen im Verhältnis der Idealkonkurrenz gegenüberstehen, da die beiden Delikte einen jeweils unterschiedlichen Handlungsunwert aufweisen276. Bei der qualifizierten Körperverletzung nach § 224 I StGB handelt es sich um ein Gefährdungsdelikt, wobei eine Minderheitenmeinung277 insgesamt von einem abstrakten Gefährdungsdelikt ausgeht, einzelne Autoren278 vollumfänglich von einem konkreten Gefährdungsdelikt, die h. M. aber eine Differenzierung nach den einzelnen Tatmodalitäten vornimmt: So handelt es sich bei den Modalitäten in Nr. 1 und 2 um konkrete Gefährdungsdelikte, Nr. 3 und 4 hingegen sind abstrakte Gefähr-

271 Arzt/Weber/B. Heinrich/Hilgendorf, BT § 6 Rdn. 59; Eschelbach, in: HeintschelHeinegg, § 224 Rdn. 1 f., 4; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 2; Kretschmer, Jura 2008, 917; Krey/ M. Heinrich, BT 1 § 3 Rdn. 245a; LK-Lilie, § 224 Rdn. 1; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 2; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 9 Rdn. 11; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 1; Wegner, NJW 1967, 671. 272 M. Heinrich, JA 1995, 720 f.; zustimmend Gössel/Dölling, BT 1 § 13 Rdn. 8. 273 BGHSt 21, 194, 195; BGH NJW 1967, 297. 274 Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 12; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 16; Wegner, NJW 1967, 671. 275 BGHSt 1, 152; SK-Horn/Wolters, § 227 Rdn. 17; Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 12. 276 BGHSt 44, 199; LK-Lilie, § 224 Rdn. 41; Maatz, NStZ 1995, 210 f.; Schröder, JR 1967, 147 f. 277 MK-Hardtung, § 224 Rdn. 8, 19, 22, 25, 30; SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 3; Kindhäuser, BT I § 9 Rdn. 1. 278 Zieschang, S. 292 ff.

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

dungsdelikte279. Strittig ist die Einordnung der Tatvariante in Nr. 5: Ein Teil der Literatur280 sieht darin ein konkretes Gefährdungsdelikt, die Rechtsprechung281 und h. M.282 dagegen ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Im Zuge des 6. StrRG von 1998 wurde der Strafrahmen des neu geschaffenen § 224 StGB, der den ehemaligen § 223a StGB a. F. ersetzte und den umstrittenen § 229 StGB a. F. in veränderter Form aufnahm, gegenüber der ursprünglichen Vorgängernorm verdoppelt283. Für die Auslegung dieses Tatbestandes, die der Unrechtsdimension und der Sanktionssystematik gerecht wird, fordert die Literatur eine Verschärfung der Voraussetzungen zur Erfüllung des Tatbestandes284. Diese kann allerdings nicht in einem gesteigerten Verletzungserfolg liegen: Für die Tatbestandsmäßigkeit des § 224 I StGB genügt der Verletzungserfolg im Ausmaß einer einfachen Körperverletzung285. Deshalb befürworten einige Autoren, die Anforderungen an den Handlungsunwert zu erhöhen und damit eine hohe Gefährlichkeitsschwelle der tatbestandlichen Handlung vorauszusetzen, um eine angemessene restriktive Auslegung zu gewährleisten286. Der objektive Tatbestand des § 224 I StGB setzt voraus, dass der Täter einen anderen Menschen vorsätzlich körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, indem er besonders gefährliche Handlungsweisen anwendet: Durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen (Nr. 1), mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs (Nr. 2), mittels eines hinterlistigen Überfalls (Nr. 3), mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich (Nr. 4) oder mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (Nr. 5). So erfüllt auch ein Körperverletzungserfolg i. S. d. § 223 I StGB das Tatbild des § 224 I StGB, sofern dieser Verletzungserfolg durch eine der aufgezählten Handlungsalternativen verwirklicht wurde287. Beim Qualifikationstatbestand des § 224 I StGB handelt sich somit um eine Kombination aus Verletzungs- und Gefährdungs279

Fischer, StGB, § 224 Rdn. 2; Gössel/Dölling, BT 1 § 13 Rdn. 13 f.; LK-Lilie, § 224 Rdn. 2; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 3; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 2. 280 Backmann, MDR 1976, 976; Hirsch, ZStW 81 (1971), 153 f.; Küper, FS Hirsch, S. 596 ff.; Schlehofer, Jura 1989, 270 f.; Schröder, JZ 1967, 523 f.; Stree, Jura 1980, 291 f. 281 BGH NStZ 2007, 339. 282 Fischer, StGB, § 223 Rdn. 12; MK-Hardtung, § 224 Rdn. 30; SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 3; Hilgendorf, ZStW 112 (2000), 829; LK-Lilie, § 224 Rdn. 36; Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 8; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 9 Rdn. 18; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 2. 283 Kretschmer, Jura 2008, 917; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 1. 284 NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 4; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 1. 285 SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 2; MK-Hardtung, § 224 Rdn. 3; LK-Lilie, § 224 Rdn. 1. 286 So Kindhäuser, BT I § 9 Rdn. 1; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 4, 27; vgl. auch BGH NStZ 2002, 84; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 275; LK-Lilie, § 224 Rdn. 22; a. A. MK-Hardtung, § 224 Rdn. 7. 287 Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 5; SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 3; LK-Lilie, § 224 Rdn. 6; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 1.

D. Zum deliktsspezifischen Schutzzweck-Zusammenhang

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delikt288. Im konkreten Einzelfall können mehrere Qualifikationsgründe gleichzeitig vorliegen, z. B. die planmäßige heimliche Verabreichung (Nr. 3) eines gesundheitsschädlichen Stoffes (Nr. 1), die bei der Strafzumessung berücksichtigt werden289. 1. Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen (Nr. 1) Mit der Aufnahme des reformierten Vergiftungstatbestandes (§ 229 StGB a. F.) unter die Qualifikationsgründe des § 224 I StGB wurde der Forderung im Schrifttum Rechnung getragen, den als reines Gefährdungsdelikt konzipierten Vergiftungsparagraphen in § 229 StGB a. F. zu streichen290. Der neue Tatbestand setzt entgegen § 229 StGB a. F. nunmehr in seinem Kontext des § 224 I StGB (und damit als Qualifikation zur einfachen vorsätzlichen Körperverletzung) für die Tatbildlichkeit einen einfachen Körperverletzungserfolg im Sinne einer Gesundheitsschädigung (oder auch eines Misshandlungserfolgs) voraus291. § 224 I StGB nennt unter Nr. 1 zwei Gruppe von gesundheitsschädlichen Stoffen, nämlich „Gift“ und „andere Stoffe“. Unter dem Begriff Stoff ist jede Materie zu verstehen, wobei der Aggregatzustand des Stoffes keine entscheidende Rolle für die Begriffsdefinition spielt. Aus dem Stoff-Begriff fallen Strahlung (vgl. §§ 309 bis 311 StGB), Schallwellen und elektrischer Strom heraus292 – speziell die (radioaktive) Strahlung kann für § 224 I StGB dennoch eine Rolle spielen, wenn dem Opfer strahlenkontaminierte Substanzen beigebracht werden293. Ebenso fallen Teile des menschlichen Körpers aus dem Stoffbegriff, sofern sie mit dem Körper verbunden sind: Werden die Körpersubstanzen vom Körper getrennt (z. B. Blut), können sie rechtlich als Stoff angesehen werden294. 288 Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 6; MK-Hardtung, § 224 Rdn. 2; Joecks, Studienkommentar, § 224 Rdn. 1. 289 BGHSt 1, 152, 155; BGHSt 30, 166, 167; BGH NJW 1994, 2034; Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 9; LK-Lilie, § 224 Rdn. 40; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 15. 290 Arzt/Weber/B. Heinrich/Hilgendorf, BT § 6 Rdn. 52; Bottke, NStZ 1984, 166 f.; Freund, ZStW 109 (1997), 487; MK-Hardtung, § 224 Rdn. 7; Hörnle, Jura 1998, 178; Kreß, NJW 1998, 640; Kudlich, JuS 1998, 471; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 7; Rengier, ZStW 111 (1999), 6 f.; Sander/Hohmann, NStZ 1998, 275; Schall, JZ 1984, 339; Wolters, JZ 1998, 398; ders., JuS 1998, 583; vgl. ausdrücklich BT-Drs. 13/8587, S. 36; kritisch zur Neuformulierung dieser Begehungsweise durch das 6. StrRG: Beineke, JuS 2000, 1040. 291 Hardtung, JuS 2008, 964; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 266; SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 8; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 7. 292 Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 12; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 4; MKHardtung, § 224 Rdn. 5; Kindhäuser, BT I § 9 Rdn. 14; Kretschmer, Jura 2008, 17; S/S-Stree/ Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 2c; a. A. BGH NJW 1960, 2254. 293 Für ein Beispiel denke man an die 2006 bekanntgewordene Plutonium-Vergiftung des ehemaligen russischen Geheimdienstmitarbeiters Alexander W. Litwinenko. 294 MK-Hardtung, § 224 Rdn. 5; a. A. C. Knauer, GA 1998, 433.

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

Unter „Gift“ ist jeder anorganische oder organische Stoff zu verstehen, der unter bestimmten Bedingungen aufgrund seiner Dosis und der stoffimmanenten Toxizität durch chemische oder chemisch-physikalische Wirkung die Gesundheit schädigen kann295. Damit fallen beispielsweise tierische Gifte oder pflanzliche Gifte296, Pilzund Bakteriengifte, Schwermetalle, KO-Tropfen297 oder Säuren298 genauso unter den Giftbegriff wie Ammoniak, Kohlenstoffmonoxid oder Alkohol299. Die „anderen Stoffe, welche die Gesundheit schädigen können“ sind solche, die mechanisch oder thermisch wirken (z. B. gestoßenes Glas, zerkleinerte Rosshaare, heißes Wasser) oder krankheitserregende Lebewesen wie Bakterien oder Trichine sein300. Hierunter fällt nach h. M. auch das HI-Virus als krankheitserregender Mikroorganismus301. Der Schadstoff muss jedenfalls konkret geeignet sein, die Gesundheit zu schädigen302. Neben den typischen Schadstoffen können deshalb auch 295 Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 11, 12; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 3a; Gössel/Dölling, BT 1 § 13 Rdn. 20; MK-Hardtung, § 224 Rdn. 9; Joecks, Studienkommentar, § 224 Rdn. 6; Kindhäuser, BT I § 9 Rdn. 3; Kretschmer, Jura 2008, 916, 917; Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 1 a; LK-Lilie, § 224 Rdn. 8; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 7; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 9 Rdn. 13; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 2 b. 296 Vgl. BGH NJW 1979, 556; BGH NStZ 1985, 26. 297 BGH NStZ 2009, 506. 298 BGHSt 15, 113, 114; BGHSt 32, 130 (m. Anm. Bottke, NStZ 1984, 166 f.); BGH NJW 1976, 1851. 299 Für weitere Beispiele s. SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 8a; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 8. 300 Vgl. für die h. M. Kindhäuser, BT I § 9 Rdn. 3. 301 Fischer, StGB, § 224 Rdn. 4; Frisch, FS Szwarc, S. 520 f.; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 264, 268; Jäger, JuS 2000, 36; Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 1 a; LK-Lilie, § 224 Rdn. 9; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 11 Rdn. 13; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 9; Rengier, BT II, § 14 Rdn. 9; Schünemann, FS Eser, S. 1150; eingeschränkt unter Ausklammerung von Viren und Bakterien: Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 14, 18, da Viren und Bakterien Lebewesen, und keine Stoffe seien. Vielmehr wären Viren und Bakterien als Lebewesen wie Tiere zu klassifizieren und würden damit normativ unter das Tatbild des gefährlichen Werkzeugs fallen. Da Viren und Bakterien jedoch erst ihre (gesundheitsschädliche) Wirkung entfalten, wenn sie mit dem Körper im Sinne eines chemischen Prozesses interferieren und auf diese Weise als Krankheitserreger wirken, liegt es näher, sie unter das Tatbild in Nr. 1 zu subsumieren. Darüber hinaus muss angemerkt werden, dass nach biologischem Verständnis Viren keine Lebewesen sind, da sie keine eigene Replikation sowie keinen eigenen Stoffwechsel besitzen (deshalb sind sie auf eine funktionierende Wirt-Zelle angewiesen). Viren und Bakterien lediglich unter § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB zu erfassen, würde eine zu restriktive Auslegung dieser Fälle mit sich bringen, da das Tatbild in Nr. 5 eine lebensgefährdende Behandlung vorsieht; zweifelnd an der Einordnung als gesundheitsheitsschädlicher Stoff: C. Knauer, GA 1998, 433. 302 BGHSt 51, 18 = NJW 2006, 1822 = JuS 2006, 758; N. Bosch, JA 2006, 745; Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 16; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 3a; MK-Hardtung, § 224 Rdn. 8; ders., JuS 2008, 964; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 263; Kretschmer, Jura 2008, 917; Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 1 a; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 2; tendenziell anders, nämlich eine „abstrakt-generelle“ Eignung in dem Sinne, dass der Stoff bereits einmal als Ursachenfaktor für eine erhebliche Körperverletzung naturwissenschaftlich nachgewiesen wurde: SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 8a.

D. Zum deliktsspezifischen Schutzzweck-Zusammenhang

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Stoffe des täglichen Bedarfs einschlägig sein, die unter bestimmten Bedingungen gesundheitsschädlich wirken können, wie falsch dosierte Heilmittel, Zucker bei Zuckerkranken303 oder Kochsalz bei Kleinkindern304. Schließlich fallen auch Alkohol und strahlenkontaminierte Substanzen unter diesen Begriff305. Arzneimittel sind grundsätzlich keine gesundheitsschädlichen Stoffe, solange sie lege artis verwendet werden; bei zu hoher Dosierung oder kontraindizierter Verabreichung fallen sie jedoch unter den Tatbestand des § 224 I Nr. 1 StGB306. Was das Verhältnis des in Nr. 1 genannten Begriffspaars betrifft, wird nach h. M. angenommen, dass „Gift“ ein spezielles, geradezu typisches Beispiel eines gesundheitsschädlichen Stoffes darstellt, sodass in Anbetracht der Schwierigkeiten zur strikten Unterscheidbarkeit Wahlfeststellung zulässig ist307. Aufgrund der Formulierung setzt der Gesetzgeber für den Verletzungserfolg eine Gesundheitsschädigung oder einen körperlicher Misshandlungserfolg voraus. Für den Gefährdungserfolg hingegen genügt eine Eignung zur körperlichen Misshandlung nicht, vielmehr ist die Eignung zu einem Gesundheitsschaden erforderlich308. Die Eignung zur Schädlichkeit muss sich aus dem Stoff selbst begründen und darf sich nicht erst durch äußere Umstände der Beibringung, wie über zugeführte Bewegungsenergie (Hämmer, Messer, Äxte usw.) einstellen309. Im Sinne einer teleologisch-restriktiven Auslegung dieser Tatbestandsvariante, die dem Strafrahmen gerecht wird und die dem gegenüber dem Grunddelikt in § 223 I StGB erhöhten Handlungsunwert Rechnung trägt, kommt nicht jedes gesundheitsschädliche Wirkungspotential infrage, sondern es wird eine gewisse Erheblichkeit für die Eignung zur Schädlichkeit vorausgesetzt310. Die Gefahr einer erheblichen Verletzung liegt 303 LK-Lilie, § 224 Rdn. 9; für die Einordnung als Gift: S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 2b. 304 BGHSt 51, 18 = NStZ 2006, 506; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 3; Jahn, JuS 2006, 759 f.; Joecks, Studienkommentar, § 224 Rdn. 8; Kretschmer, Jura 2008, 917; Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 1 a; kritisch zur Einordnung von Kochsalz als gesundheitsschädlichen Stoff: N. Bosch, JA 2006, 745. 305 BGH NStZ 1986, 266; SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 8a; LK-Lilie, § 224 Rdn. 9; NKPaeffgen, § 224 Rdn. 9; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 2c. 306 Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 17; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 9; Tag, S. 426 ff. 307 Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 9, 10; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 3; LK-Lilie, § 224 Rdn. 10; im Ergebnis zustimmend S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 2b. 308 So Fischer, StGB, § 224 Rdn. 5; Hardtung, JuS 2008, 964. 309 MK-Hardtung, § 224 Rdn. 6; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 9 Rdn. 14. 310 BGH NJW 2006, 1822; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 5a; MK-Hardtung, § 224 Rdn. 7; ders., JuS 2008, 964; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 267; Jäger, JuS 2000, 35; Joecks, Studienkommentar, § 224 Rdn. 11; LK-Lilie, § 224 Rdn. 11; Kindhäuser, BT I § 9 Rdn. 5; Kretschmer, Jura 2008, 918; Krey/M. Heinrich, BT 1 § 3 Rdn. 301 f.; LK-Lilie, § 224 Rdn. 11; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 7; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 9 Rdn. 13; Rengier, ZStW 111 (1999), 8; Wallschläger, JA 2002, 391 f.; a. A. SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 8a, die die Lebensgefährlichkeit wie in § 224 I Nr. 5 StGB oder die Gefahr einer schweren Körperverletzung nach § 226 I StGB voraussetzen wollen.

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

dann vor, wenn sie nach Intensität oder Dauer überdurchschnittlich ist311 bzw. die Verletzung des Körpers „dessen Funktionen oder dessen Erscheinungsbild so einschneidend und nachhaltig beeinträchtigt, dass der Verletzte schwer getroffen ist und beträchtlich darunter zu leiden hat“312. Nicht erforderlich ist dagegen die konkrete Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung oder eines Erfolgs nach § 226 I StGB, ebenso wenig wie die Gefahr einer Gesundheitszerstörung wie in § 229 StGB a. F.313. Demnach fallen nicht alle Stoffe, die Gesundheitsschädigungen hervorrufen könnten, unter den Tatbestand des § 224 I Nr. 1 StGB: Wenn durch den Stoff ein Erfolg i. S. d. § 223 I StGB verwirklicht wurde, greift der Rechtsgüterschutz des § 224 I Nr. 1 StGB nur dann, wenn der Stoff aufgrund seiner Beschaffenheit und seiner Anwendung im Einzelfall unter Berücksichtigung von Konzentration, Menge, Konstitution des Opfers und dem betroffenen Körperteil konkret geeignet ist, erhebliche Gesundheitsschäden hervorzurufen314. Dementsprechend fällt das Verabreichen von Brechmitteln zur Erlangung von Kokainbömbchen aus dem Tatbild des § 224 I Nr. 1 StGB heraus, sofern neben der Missachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch ein Nachteil für die Gesundheit des Betroffenen ausgeschlossen ist315. Als Tathandlung setzt § 224 I Nr. 1 StGB das Beibringen des Giftes bzw. des gesundheitlichen Stoffes. Nach einhelliger Ansicht ist ein Stoff dann als beigebracht anzusehen, wenn dieser mit dem Körper auf eine Weise in Verbindung gebracht wird, dass er seine gesundheitsschädliche Wirkung entfalten kann316. Damit sind Trinken und Schlucken, Einspritzen, Einatmen oder Einführen in Körperöffnungen (z. B. über Sexualkontakt) tatbildlich317. Sofern erst durch eine wiederholte Verabreichung des Mittels ein erheblicher gesundheitsschädlicher Effekt erzielt werden kann, wird 311

MK-Hardtung, § 224 Rdn. 7. So Stree, Jura 1980, 287; zustimmend LK-Lilie, § 224 Rdn. 22. 313 So im Regierungsentwurf in BT-Drs. 13/8587, S. 6, 36, 60, 82; Bericht des Rechtsausschuss Bundestag BT-Drs. 13/9064, S. 15; vgl. § 229 StGB a. F.: „(1) Wer einem anderen, um dessen Gesundheit zu beschädigen, Gift oder andere Stoffe beibringt, welche die Gesundheit zu zerstören geeignet sind, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.“ 314 BGHSt 51, 18; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 5a; Jäger, JuS 2000, 35; Krey/M. Heinrich, BT 1 § 3 Rdn. 301; LK-Lilie, § 224 Rdn. 11; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 2a; Wolters, JuS 1998, 583; vgl. Kargl, NStZ 2007, 490 zur Verabreichung von Dopingmitteln als Beibringung von Gift im Sinne des § 224 I Nr. 1 StGB. 315 BVerfG NStZ 2000, 381 m. Amn. Naucke, StV 2000, 1 ff.; OLG Frankfurt StV 1996, 651; LK-Lilie, § 224 Rdn. 11; Rogall, NStZ 1998, 68; Schaefer, NJW 1997, 2438; Weßlau, StV 1997, 342. 316 BGHSt 15, 113, 114 f.; BGHSt 32, 130, 132 f.; BGH NJW 1976, 1851 f.; BayObLG NJW 1998, 3366 f.; Bottke, NStZ 1984, 166 f.; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 6; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 265; SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 8b; Kindhäuser, BT I § 9 Rdn. 6; LK-Lilie, § 224 Rdn. 12; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 9 Rdn. 14; Stree, JR 1984, 335 ff.; S/S-Stree/ Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 2d. 317 BGH bei Holtz, MDR 1986, 272, 273; BayObLG NJW 1998, 3366; LK-Lilie, § 224 Rdn. 13. 312

D. Zum deliktsspezifischen Schutzzweck-Zusammenhang

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die Tatbestandsmäßigkeit erst bei erfolgter Zuführung der ausreichenden Stoffmenge erreicht. In der Lehre ist umstritten, inwieweit sich das Tatbestandsmerkmal „Beibringung“ auf das Körperinnere bezieht und einen Gesundheitsschaden an der Körperoberfläche nicht unter § 224 I Nr. 1 StGB subsumieren will. Einige Autoren sprechen sich dafür aus, die Tatbildlichkeit nur auf Tathandlungen zu beschränken, deren Wirkung sich (zumindest) auf das Körperinnere bezieht318 – sie lassen aber auch die äußere Anwendung genügen, sofern sich nicht nur äußerliche Auswirkungen einstellen, sondern ein Gesundheitsschaden im Inneren des Körpers bewirkt wird, wie etwa beim Auftragen von giftigen Substanzen auf eine offene Wunde, die so in die Blutbahn gelangen können. Substanzen wie Säuren fallen unter die Tatbildlichkeit des Nr. 1, wenn sie über Körperöffnungen (z. B. Ohr, Nase oder Tränenkanal) ihre Wirkung im Inneren entfalten können. Des Weiteren werden Säureattacken für den Tatbestand in Nr. 1 nur dann relevant, wenn sie Blutgefäße, Organe, Hornhaut oder den Sehnerv angreifen. Dagegen werden Stoffe wie Säuren oder heißes Wasser als gefährliche Werkzeuge im Sinne des § 224 I Nr. 2 StGB dann erfasst, wenn sie ihre Wirkung nur an der Körperoberfläche (Verätzungen, Verbrennungen) entfalten319. Nach dieser Logik wird unsteriler Zitronensaft, der zur Wundbehandlung der Wunde beigebracht wird, nicht unter § 224 I Nr. 1 StGB, sondern unter Nr. 2 erfasst, da der Stoff seine Wirkung an der Oberfläche des menschlichen Körpers und nicht gegen das Körperinnere entfaltet320. Die Rechtsprechung sowie der überwiegende Teil des Schrifttums gehen hingegen davon aus, dass „Beibringen“ im Sinne von § 224 I Nr. 1 StGB keine Beschränkung auf die innere Wirkung kennt321. Aus dem Wortlaut ergebe sich kein derartiger Hinweis und unter Berücksichtigung der bereits erwähnten Erheblichkeit können äußere gesundheitliche Schäden der Gefährlichkeit einer inneren Wirkung gleichwertig sein. Dem ist grundsätzlich zuzustimmen, auch wenn der Gegenauffassung der Vorteil bei der Auslegung zugesprochen werden muss, dass mit der Ausklammerung von äußerlicher Wirkungsentfaltung aus dem Tatbild des § 224 I

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BGHSt 15, 113; Arzt/Weber/B. Heinrich/Hilgendorf, BT § 6 Rdn. 53; Bottke, NStZ 1984, 166; Eckstein, NStZ 2008, 126; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 6; Hilgendorf, ZStW 112 (2000), 828 f.; SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 8b; Jäger, JuS 2000, 35; Jahn, JuS 2006, 759; Joecks, Studienkommentar, § 224 Rdn. 13; LK-Lilie, § 224 Rdn. 15; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 10; Stree, JR 1977, 342 f.; ders., JR 1984, 335; Wallschläger, JA 2002, 392; offensichtlich neuerdings auch die Rechtsprechung: BGH NJW 2011, 1088 = NStZ 2011, 343. 319 LK-Lilie, § 224 Rdn. 15 f.; ähnlich Jäger, JuS 2000, 35. 320 Vgl. BGH NJW 2011, 1088 = NStZ 2011, 343. 321 BGHSt 15, 114 = NJW 1960, 2254; BGHSt 32, 130, 132 f.; BGH JR 1977, 341; Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 22; MK-Hardtung, § 224 Rdn. 10; ders., JuS 2008, 964; Kindhäuser, BT I § 9 Rdn. 7; Kretschmer, Jura 2008, 918; Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 1b; Lesch, JA 1998, 475; Meyer, JuS 1977, 519; Rengier, BT II § 14 Rdn. 20; Schall, JZ 1984, 338; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 9 Rdn. 14; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 2d; wohl auch Kreß, NJW 1998, 640.

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

Nr. 1 StGB eine schärfere Grenzziehung zwischen den Varianten Nr. 1 und Nr. 2 des genannten Paragraphen möglich ist. 2. Begehung mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs (Nr. 2) Mit dem 6. StrRG von 1998 wurde der Qualifikationsgrund des aktuellen § 224 I Nr. 2 StGB dahingehend reformiert, dass im Gesetzestext das Wort „Messer“ gestrichen und der Passus sprachlich umformuliert wurde322. Damit stellt der Gesetzgeber klar, dass die Waffe nur ein Beispiel des gefährlichen Werkzeugs ist, sodass letzteres als Oberbegriff aufzufassen ist323. Das gefährliche Werkzeug ist nach h. A. jeder Gegenstand, der unter Berücksichtigung seiner objektiven Beschaffenheit und der Art seiner Benutzung geeignet ist, erhebliche körperliche Verletzungen beim Angegriffenen hervorzurufen, wobei das Werkzeug konkret gefährlich sein324 und seine Wirkung unmittelbar entfalten muss325. Neben der Qualität des Werkzeugs kommt es hierbei insbesondere auf die 322

Vgl. § 223a StGB a. F.: „Gefährliche Körperverletzung. (1) Ist die Körperverletzung mittels einer Waffe, insbesondere eines Messers oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, oder mittels eines hinterlistigen Überfalls, oder von Mehreren gemeinschaftlich, oder mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung begangen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.“ 323 Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 25; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 7; ders., NStZ 2003, 570; Hilgendorf, ZStW 112 (2000), 811; Joecks, Studienkommentar, § 224 Rdn. 15; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 273; Kindhäuser, BT I § 9 Rdn. 9; Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 2; LK-Lilie, § 224 Rdn. 19; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 13; Rengier, ZStW 111 (1999), 5, 9; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 9 Rdn. 15; Stree, Jura 1980, 282; S/S-Stree/ Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 3; Wallschläger, JA 2002, 393. 324 BGHSt 3, 105, 109; BGHSt 14, 152, 154; BGHSt 30, 375, 377; BGHSt 44, 103, 105; BGH NStZ 1987, 174; BGH NStZ 1999, 616; BGH NStZ 2002, 86; BGH NStZ 2002, 594; BGH NStZ 2007, 95; BGH NStZ 2008, 95; BGH NStZ-RR 2009, 50; BGH StV 1998, 485, 486; BGH StV 1998, 486, 487; BGHR § 223a Abs 1 Werkzeug 4; Arzt/Weber/B. Heinrich/Hilgendorf, BT § 6 Rdn. 54; Baier, JA 2003, 363; Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 28; Hardtung, Versuch und Rücktritt, S. 127; Heintschel-Heinegg, JA 2010, 309; Hettinger, JuS 1982, 897; Hilgendorf, ZStW 112 (2000), 811 f.; SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 13; Joecks, Studienkommentar, § 224 Rdn. 16 ff.; Jung, JuS 1992, 133; Kindhäuser, BT I § 9 Rdn. 10; Kretschmer, Jura 2008, 918; Krey/M. Heinrich, BT 1 § 3 Rdn. 247; Küper, FS Hanack, S. 572; Küpper, JuS 2000, 226; Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 5; Lesch, GA 1999, 365; LK-Lilie, § 224 Rdn. 20; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 12; Reichert-Hammer, JZ 1988, 621; Rengier, BT II § 14 Rdn. 27; Rolinski, StV 1988, 63; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 9 Rdn. 15; Schröder, JZ 1967, 523 f.; Schroth, NJW 1998, 2864; Stree, Jura 1980, 282, 285 f.; S/S-Stree/ Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 3 f.; Wolski, GA 1987, 527; kritisch: M. Heinrich, JA 1995, 605 ff.; Lampe, ZStW 83 (1971), 188 f.; ebenso kritisch zur Formulierung dieser Begehungsmodalität Fischer, StGB, § 224 Rdn. 9e, der das Problem einer widersprüchlichen Auslegung desselben Begriffs ortet, zumal „sonstige Werkzeuge oder Mittel“ auch in § 244 I Nr. 1 Buchstabe b sowie § 250 I Nr. 1 lit. b) StGB verwendet wird. 325 Krüger, Jura 2011, 889: eine bloß psychisch vermittelte Wirkung durch den Einsatz des gefährlichen Werkzeugs genüge nicht.

D. Zum deliktsspezifischen Schutzzweck-Zusammenhang

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Widmung326 im Einzelfall an, also auf die Art und Zielrichtung seines Einsatzes, weshalb auch vermeintlich harmlose, alltägliche Gegenstände im konkreten Fall bei entsprechender Verwendung als gefährliche Werkzeuge i. S. d. § 224 I Nr. 2 StGB sein können: Straßen- oder Turnschuhe bei Tritten gegen das Gesicht oder anderen empfindlichen Körperstellen327, ein Kleiderbügel bei Schlägen ins Gesicht328 (nicht aber bei Schlägen auf Gesäß und Oberschenkel329), ein Schal, Damenstrumpf, Bindfaden oder eine Krawatte als Drossel-Werkzeug (nicht aber eine nur bis zur Nase über den Kopf gestülpte Plastiktüte)330 oder ein locker um den Hals gelegter (aber den Hals nicht berührender) Kabel331, eine Rohrzange als Schlagwerkzeug332, eine brennende Zigarette, die so am Opfer ausgedrückt wird, dass die Gefahr einer erheblichen Brandverletzung naheliegt333, die Verabreichung von Spritzen durch einen nicht approbierten Heilpraktiker334, ein Taschen- oder Küchenmesser335, nicht aber eine gegen das Tatopfer eingesetzte Pumpsprühflasche mit Haushaltsreiniger, die lediglich nicht näher konkretisierte Reizreaktionen auslösen kann336. Flüssigkeiten können hingegen aufgrund des Wortlautes der Vorschrift und wegen ihrer Konsistenz nicht unter das Tatbild des § 224 I Nr. 2 StGB subsumiert werden337. Aufgrund der Formulierung der Vorschrift (Körperverletzung mittels einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs) reicht nach h. L. die bloße Kausalität und Zurechnung zwischen dem Einsatz des Werkzeugs und dem Körperverletzungserfolg nicht aus, vielmehr wird vorausgesetzt, dass der Erfolg unmittelbar durch das vom

326 Baier, JA 2003, 363; Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 28; Hilgendorf, ZStW 112 (2000), 813; Kindhäuser, BT I § 9 Rdn. 11; Kretschmer, Jura 2008, 918; Rengier, BT II § 14 Rdn. 41; differenzierter SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 16, die die Einordnung des Gegenstandes als gefährliches Werkzeug unabhängig von seiner konkreten Benutzung dahingehend prüfen will, ob der Gegenstand allgemein geeignet scheint, erhebliche Körperverletzungen hervorzurufen. 327 BGH bei Dallinger MDR 1971, 16; BGH bei Holtz MDR 1979, 988; BGHSt 30, 375; BGH NStZ 1984, 328, 329; BGH NStZ 1999, 616. 328 BGH bei Dallinger MDR 1975, 367. 329 BGH MDR 1975, 365, 367. 330 BGH NStZ 2002, 594. 331 BGH NStZ 2010, 512; dazu Krüger, Jura 2011, 887 ff. 332 BGH GA 1989, 132. 333 OLG Köln StV 1994, 244, 246; weitergehend: BGH NStZ 2002, 30; BGH NStZ 2002, 86. 334 BGH NStZ 1987, 174; Arzt/Weber/B. Heinrich/Hilgendorf, BT, § 6 Rdn. 54; Hilgendorf, ZStW 112 (2000), 818; LK-Lilie, § 224 Rdn. 24; kritisch NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 17, da es auf die objektive situationsspezifische Gefährlichkeit und nicht auf die rechtliche Befähigung ankomme; zustimmend Wolski, GA 1987, 534. 335 Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 26; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 9d. 336 BGH 20. 3. 2012, 4 StR 20/12. 337 So Kindhäuser, BT I § 9 Rdn. 10 m. w. N.

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

Täter genutzte gefährliche Tatmittel verursacht wird338. Nach diesen Grundsätzen scheitert die Einordnung als gefährliche Körperverletzung nach § 224 I Nr. 2 StGB, wenn der Täter mit einer Schusswaffe auf die Reifen eines fahrenden PKWs schießt, sodass der Fahrer dadurch einen Unfall verursacht und nicht durch die Waffe, sondern infolge des Unfalls verletzt wird339. Körperteile des Täters scheiden grundsätzlich als gefährliche Werkzeuge nach § 224 I Nr. 2 StGB aus, auch wenn dadurch die Gefahr von erheblichen Verletzungen einhergehen kann, wie bei einem Stoß mit dem Knie oder einem Schlag mit der Handkante eines Karateschlägers340. Für die Tatbildlichkeit ist erforderlich, dass sich der Täter eines gefahrenerhöhenden Mittels bedient, um die Wirkung seiner Handlung zu verstärken, weshalb Boxhandschuhe341 im Gegensatz zu Quarzhandschuhen342 für § 224 I Nr. 2 StGB nicht einschlägig sind. Nach diesem Leitgedanken kann ein beschuhter Fuß einschlägig sein: Hierfür muss allerdings vorausgesetzt werden, dass der Schuh in seiner Beschaffenheit konkret geeignet ist, bei Tritten erhebliche Verletzungen hervorzurufen (z. B. Springerstiefel)343. So lässt die Rechtsprechung Tritte mit festen, schweren Schuhen immer genügen, während handelsübliche Straßen- und Sportschuhe nur bei Tritten gegen besonders empfindliche Körperteile (z. B. Genitalien) einschlägig sind344. Des Weiteren kommt es auf die konkreten Tatumstände an, aus denen sich das Verletzungspotential eines beschuhten Fußes ergibt, sodass im Einzelfall das Zusammenspiel von Beschaf338 BGH NJW 2010, 2968; Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 33; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 7a; MK-Hardtung, § 224 Rdn. 21; Joecks, Studienkommentar, § 224 Rdn. 22; Lackner/Kühl, StGB,, § 224 Rdn. 3; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 3; kritisch Eckstein, NStZ 2008, 127 f. 339 BGH NStZ 2006, 572; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 7a; Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 3; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 3; kritisch Eckstein, NStZ 2008, 125. 340 BGH GA 1984, 124, 125; OLG Köln StV 1994, 247; Arzt/Weber/B. Heinrich/Hilgendorf, BT § 6 Rdn. 54; Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 30; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 8a; MK-Hardtung, § 224 Rdn. 14; SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 13; Joecks, Studienkommentar, § 224 Rdn. 20; Kindhäuser, BT I § 9 Rdn. 12; Kretschmer, Jura 2008, 919; Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 3; LK-Lilie, § 224 Rdn. 25; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 14; Rengier, BT II § 14 Rdn. 36; Stree, Jura 1980, 282; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 3; eingeschränkt Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 9 Rdn. 16, der ein Körperteil dann als gefährliches Werkzeug ansieht, wenn es „wie beim Karate – seinem natürlichen Gebrauch völlig entfremdet wird.“ A. A. als die h. M. hingegen Hilgendorf, ZStW 112 (2000), 829 ff., 833, der auch Körperteile in den Werkzeugbegriff mit aufnehmen will. 341 Boxhandschuhe erhöhen die Verletzungsgefahr des Opfers nicht, sondern mindern das Verletzungsrisiko: Hilgendorf, ZStW 112 (2000), 818 f. 342 BGH NStZ 2012, 563. 343 BGH NStZ 2000, 30; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 9c; Heinke, NStZ 2010, 125 weist jedoch darauf hin, dass die Beschaffenheit des Schuhwerks keine ausschlaggebende Bedeutung für die Gefährlichkeit der Angriffshandlung hat; es hänge vielmehr häufig nur vom Zufall ab, ob durch Tritte lebensgefährliche oder aber nur leichtere, oberflächliche Verletzungen erzielt werden; dem prinzipiell zustimmend Fischer, StGB, § 224 Rdn. 9a. 344 BGHSt 30, 376 = NJW 1982, 1164 = NStZ 1982, 287; BGH NStZ 1984, 328, 329; BGH NStZ 1999, 616.

D. Zum deliktsspezifischen Schutzzweck-Zusammenhang

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fenheit des Schuhmaterials, Ausführung und Ziel des Tritts auf die betroffenen Körperteile und Konstitution des Opfers zu bewerten ist345. Besonders bei Tritten ins Gesicht kann eine Gefahr für erhebliche Verletzungen bestehen, sodass im konkreten Einzelfall auch ein leichter Schuh ein gefährliches Werkzeug darstellen kann346. Bei entsprechendem Einsatz kann auch ein Tier als gefährliches Werkzeug i. S. d. § 224 I Nr. 2 StGB sein, wie etwa der gehetzte Hund oder eine auf das Opfer geschleuderte Katze347. Ebenso kann ein Kraftfahrzeug als gefährliches Werkzeug eingestuft werden, wenn es als Mittel zur Körperverletzung eingesetzt wird348: Beschleunigt der Täter das Kraftfahrzeug auf eine entsprechende Geschwindigkeit und lenkt es dann gezielt mit der rechten Vorderfront gegen einen am Randstreifen stehenden Baum, um seinen Beifahrer zu verletzen, setzt er das Auto als gefährliches Werkzeug nach § 224 I Nr. 2 StGB ein. Die Subsumption unter die gefährliche Körperverletzung nach Nr. 2 scheitert hingegen, wenn das Fahrzeug nur bei der Gelegenheit einer Körperverletzung mitwirkt: Der Fahrzeughalter setzt sein Auto nicht als Tatmittel ein, wenn ihn ein Polizist aus dem Auto heraus festnehmen will und der Täter, um sich der amtlichen Maßnahme zu entziehen, das Fahrzeug in Gang setzt, wobei der Beamte aus dem Fahrzeug stürzt, als das Auto gegen ein Hindernis prallt349. Essenziell ist in diesen Fällen der unmittelbare Kontakt zwischen dem PKW als eingesetztes Werkzeug und dem Körperverletzungserfolg350. 345

BGHSt 30, 377; BGH NStZ 1999, 616; BGH NStZ 2003, 663; BGH NStZ 2010, 151. Hardtung, JuS 2008, 963; Heintschel-Heinegg, JA 2010, 309; Maurach/Schroeder/ Maiwald, BT I § 9 Rdn. 15; kritisch hierzu Hettinger, JuS 1982, 899 f., der treffend feststellt, dass speziell der Tritt ins Gesicht an sich bereits die Gefahr für erhebliche Verletzungen beinhaltet, unabhängig davon, ob die Ausführung des Tritts mittels eines beschuhten Fußes oder ohne Schuhe erfolgte. Es scheine, als knüpfe der BGH an die allgemeine Gefährlichkeit der Handlung an, nicht an die besondere Gefährlichkeit des Gegenstandes. Deshalb sei eine differenziertere Untersuchung der Gefährlichkeit des Werkzeugs zu befürworten, wonach sich die Gefährlichkeit aus dem Gegenstand selbst ableiten müsse oder aber beim Vorliegen einer an sich gefährlichen Grundhandlung weitergehend geprüft werden müsse, ob die Gefährlichkeit des Vorgangs durch den Einsatz des betreffenden Werkzeugs aufgrund seiner individuellen Beschaffenheit in einer Art vergrößert wurde, dass sie dem Unrechtsgehalt des § 224 I Nr. 2 StGB entsprechen würde. 347 BGHSt 14, 152; BGHSt 22, 235; 237; Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 30; MK-Hardtung, § 224 Rdn. 14; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 276; LK-Lilie, § 224 Rdn. 26; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 18; Stree, Jura 1980, 283; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 5; eingeschränkt Hilgendorf, ZStW 112 (2000), 816 f., der im Sinne des Leitbildes eines vom Täter gesteuerten Einsatzes des Tatmittels zwei Voraussetzungen für die Einordnung eines Tieres als gefährliches Werkzeug aufstellt, nämlich einerseits die Steuerung des Geschehens im Sinne des zweckgerichteten Einsatzes des Tieres (z. B. den Hund auf das Opfer hetzen), andererseits die Tatherrschaft in Form der durchgehende Kontrolle über das Tier, weshalb nach Hilgendorf eine Subsumption scheitert, wenn der Garant (durch Unterlassen) die Verletzungen nicht abzuwenden vermag, da er den Hund nicht (mehr) unter Kontrolle hat. 348 BVerfG NJW 2008, 3628; BGH StV 2013, 438; N. Bosch, JA 2009, 394; Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 30; Joecks, Studienkommentar, § 224 Rdn. 22a. 349 BGH NStZ 2007, 405; in diesem Sinne auch BGH NStZ 2006, 572; OLG Jena NStZ-RR 2008, 74; N. Bosch, JA 2009, 394; a. A. NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 12a, der hier das Fahrzeug 346

276

4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

Wird eine Waffe entgegen ihres bestimmungsgemäßen Gebrauchs als Schlagwaffe verwendet (z. B. Schlag mit dem Knauf eines Messers oder mit einer ungeladenen Schusswaffe), so stellt sie in diesem Zusammenhang bei entsprechendem Gefahrenpotential ein gefährliches Werkzeug dar351. Umstritten ist jene Tatvariante, in der das Opfer gegen das Werkzeug gestoßen wird. Eine breite Autorenschaft will hier nicht nur bewegliche, sondern auch unbewegliche Gegenstände als Werkzeug einstufen, da es sich auch bei letzteren um außerhalb der Täterperson liegende Tatmittel handelt352. Abweichend hiervon hält die Rechtsprechung353 und ein Teil der Lehre354 an der Ablehnung der Tatbildlichkeit für unbewegliche Gegenstände, wie eine Wand, ein Elektrozaun, ein fester Boden, eine heiße Herdplatte oder eine Heizung fest. Die Feststellung, dass anderenfalls eine Ausuferung dieser Begehungsalternative zu befürchten sei, hat durchaus Gewicht. Mit Blick auf das Gefahrenpotential von erheblichen Verletzungen, das derartigen Tatvarianten innewohnt, ist allerdings der Meinung zuzustimmen, welche auch unbewegliche Gegenstände in das Tatbild von Nr. 2 aufnimmt. Entscheidend für die Charakterisierung eines unbeweglichen Objekts als Werkzeug wird die Feststellung sein, dass der Täter den unbeweglichen Gegenstand als Werkzeug erkannt und

durch Beschleunigung, abruptes Bremsen und Schleuder-Lenkbewegung als „Katapult“ benutzt sieht; ähnlich auch Eckstein, NStZ 2008, 128 f. 350 BGH 14. 01. 2014, 4 StR 453/13; BGH NStZ-RR 2014, 141; BGH 20. 12. 2012, 4 StR 292/12. 351 Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 25; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 9a; Kindhäuser, BT I § 9 Rdn. 9. 352 Eckstein, NStZ 2008, 127; M. Heinrich, JA 1995, 725; Küpper, JuS 2000, 226; LK-Lilie, § 224 Rdn. 27; Rengier, BT II § 14 Rdn. 39; Schmitt, JZ 1969, 304; Stree, Jura 1980, 284 f.; eingeschränkt MK-Hardtung, § 224 Rdn. 15 (das unbewegte Werkzeug muss zumindest in Position gebracht werden); SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 18 setzen bei unbeweglichen Gegenständen voraus, dass diese vom Täter bewusst eingesetzt werden müssen, um einen erheblichen Körperverletzungserfolg zu verwirklichen. 353 BGHSt 22, 236 (feste Wand); BGH bei Holtz MDR 1979, 987 (festmontierter Zeltpfosten eines Bierzeltes); BGH NStZ 1988, 362 (Fußboden); BGH NStZ-RR 2005, 75 (Fußboden); BGH NStZ-RR 2012, 340 (Badewanne, Metallverstrebungen des Bettes sowie feste Wand). 354 Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 31; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 8; Hardtung, JuS 2008, 963; Hassemer, JuS 1988, 995; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 274; Hilgendorf, ZStW 112 (2000), 819 f.; Kindhäuser, BT I § 9 Rdn. 13; Kretschmer, Jura 2008, 919 f.; Krey/M. Heinrich, BT 1 § 3 Rdn. 248, 250; Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 4; NKPaeffgen, § 224 Rdn. 14; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 9 Rdn. 15; Schroth, NJW 1998, 2863; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 7; Wallschläger, JA 2002, 393; ebenso Joecks, Studienkommentar, § 224 Rdn. 22, der allerdings der M.m. zugesteht, dass diese Ansicht in gewissen Fallkonstellationen zu vermeintlich widersprüchlichen Ergebnissen kommt: So wird der Stoß gegen eine Kreissäge nicht vom Tatbild erfasst, jedoch fällt der Wurf mit einer beweglichen Kreissäge unter den Tatbestand.

D. Zum deliktsspezifischen Schutzzweck-Zusammenhang

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dementsprechend eingesetzt hat, um ein erhöhtes Verletzungspotential auszuschöpfen355. Ein gefährliches Werkzeug kann auch eine chemische oder ähnlich wirkende Substanz sein. In Abgrenzung zu § 224 I Nr. 1 StGB wird vorausgesetzt, dass es sich hierbei nicht um ein Gift oder einen anderen gesundheitsschädlichen Stoff handelt. Nach diesen Überlegungen fallen beispielsweise Reizgase wie Pfefferspray oder Tränengas unter das Tatbild des gefährlichen Werkzeugs356. Der Begriff „Waffe“ wird in § 224 I Nr. 2 StGB als technischer Begriff verwendet, sodass der Gegenstand generell zur Kampfunfähig-Machung, Verletzung oder Tötung bestimmt ist357. Damit umfasst der Begriff in erster Linie Schuss-, Hieb und Stichwaffen. Entscheidend für die Einordnung als Waffe ist seine objektive Beschaffenheit, sein Zustand zur Tatzeit sowie seine Eignung, bei bestimmungsgemäßer Verwendung, erhebliche Verletzungen herbeizuführen358. Für die Tatbildlichkeit ist erforderlich, dass die Waffe im Einzelfall in einer das Opfer gefährdenden Weise eingesetzt wird359. Der Waffenbegriff des § 1 II WaffG, der weitreichender definiert ist als jener des § 224 I Nr. 2 StGB, kann Indikator für die Einordnung eines Gegenstandes als gefährliches Werkzeugs sein, deckt sich allerdings inhaltlich nicht vollständig, da die beiden Gesetze eine andere teleologische Zielsetzung verfolgen: Geht es bei der Definition der Waffe im WaffG in erster Linie um die Beseitigung oder Herabsetzung der Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen, zielt der Begriff im Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung auf das erhöhte Verletzungspotential ab360. Unter den Waffenbegriff des § 224 I Nr. 2 StGB fallen jedenfalls geladene Schusswaffen361 (auch Jagdwaffen362), Messer363, Schlagringe, Gummiknüppel oder Teleskopschlagstöcke. Nach rezenter höchstrichterlicher Rechtsprechung fallen auch die zum Abschuss von Knallkartuschen bestimmten

355

So SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 18; LK-Lilie, § 224 Rdn. 27; Rengier, BT II § 14 Rdn. 39; Stree, Jura 1980, 284 f. 356 BGHSt 4, 125; BGHSt 22, 230; BGH GA 1962, 145; BGH GA 1962, 337; BGH NStZ 2000, 87; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 9b; Jesse, NStZ 2009, 365; LK-Lilie, § 224 Rdn. 28; a. A. Kretschmer, Jura 2008, 917, der Pfefferspray unter den Begriff des Giftes einordnet; ebenso Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 13. 357 BGH StV 2002, 21, 22; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 9d; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 273; Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 2; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 13; Rengier, BT II § 14 Rdn. 43. 358 BGHSt 44, 103, 105; BGHSt 45, 92, 93; BGHSt 48, 197, 200; BGH NStZ 1999, 302. 359 Eckstein, NStZ 2008, 127; Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 25; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 9d; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 273. 360 Vgl. hierzu Küper, FS Hanack, S. 569, 577, 585; ähnlich NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 13: Die Waffe in § 224 I Nr. 2 StGB muss nicht dem Waffengesetz entsprechen. 361 BGHSt 44, 103, 104; BGHSt 45, 92, 93. 362 Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 26; Hardtung, JuS 2008, 962. 363 BGH NStZ 1996, 80; BGH MDR 1997, 23; Hörnle, Jura 1998, 178.

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

Schreckschusswaffen unter den Waffenbegriff364, da sie im Vergleich zur Gaspistole „nach ihrer Beschaffenheit geeignet [sind], erhebliche Verletzungen hervorzurufen“ sowie „aus rechtsmedizinischer Sicht Schreckschusswaffen eigentlich genauso behandelt werden [müssen] wie scharfe Waffen“. Es komme nicht darauf an, ob bei Verwendung des Gegenstandes die konkrete Gefahr einer Körperverletzung entstehe, sondern darauf, ob sich „die von dem Gegenstand nach seiner Bauart und seiner bestimmungsgemäßen Verwendung als Schießwerkzeug ausgehende Gefahr grundsätzlich realisieren kann.“ Schwierigkeiten bei der Einordnung als Waffe bereitet das Elektroschockgerät (Taser), das auf die Beseitigung und Herabsetzung der Angriffs- oder Abwehrfähigkeit abzielt (vgl. § 1 WaffG), indem der Betroffene durch Zufügen von Elektroschocks bei einer Stromstärke von maximal 3,3 Ampere365 über dadurch erwirkte Muskelverkrampfungen handlungsunfähig gemacht wird. Die Einordnung dieser Elektroschockgeräte als Waffe i. S. d. StGB wurde im Rahmen des § 250 I Nr. 1 lit. a) StGB von der Rechtsprechung unterschiedlich bewertet: Während das LG Oldenburg dem Elektroschockgerät die Qualität eines gefährlichen Werkzeugs absprach366, spricht der BGH in diesem Zusammenhang von einem „anderen gefährlichen Werkzeug“367. Die Kernproblematik liegt in der Eigenschaft des Tasers, durch die Elektroschocks keine erheblichen Verletzungsschäden zu verursachen368, da beide Begriffe „Waffe“ oder „gefährliches Werkzeug“ im Sinne des § 224 I Nr. 2 StGB ein Risikopotential für erhebliche Verletzungen beinhalten müssen369 : So hängt die Klassifizierung davon ab, ob eine nach der Vorgabe des § 223 I StGB tatbildliche Einwirkung auf die körperliche Verfassung des Betroffenen durch 364 Allerdings nicht unter den Waffenbegriff des § 224 I Nr. 2 StGB, sondern unter § 250 II Nr. 1 StGB; BGHSt 48, 197, 201 = NJW 2003, 1677 = NStZ 2003, 606; in der Lehre zählt Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 27 die Schreckschusswaffe zu den Waffen in § 224 I Nr. 2 StGB; a. A. die frühere Rechtsprechung, etwa BGH NStZ 1998, 511; BGH NStZ 1999, 136; BGH NStZ 2001, 532; sowie die h. L. wegen der fehlender Bestimmung zur Verletzung von Menschen durch Schreckschusswaffen: Fischer, NStZ 2003, 571 ff.; Rengier, FGBGH, S. 473 f.; Schroth, NJW 1998, 2864; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 4. 365 Kritisch zu dieser Herstellerangabe eine Studie der Canadian Broadcasting Corporation von 2008, die im Zuge mehrerer Tests Spitzenwerte bis zu 5 Ampere nachgewiesen hat: vgl. http://www.cbc.ca/news/canada/some-tested-tasers-fire-stronger-current-than-company-sayscbc-radio-canada-probe-1.713034 (abgerufen am 17. 10. 2014). 366 LG Oldenburg StV 2002, 146: Ein Elektroschocker wird „[…] im allgemeinen nicht in einer Weise eingesetzt […], die zu erheblichen Verletzungen des Opfers führen kann. […] In der Regel ist deshalb der Einsatz des Geräts in der Weise, daß es länger als eine Sekunde an den Körper gehalten wird, was unter Umständen zu erheblichen Verletzungen führen kann, nicht erforderlich und nicht zu erwarten.“ 367 BGH NStZ-RR 2004, 169 = StV 2004, 380. 368 Amnesty International weist treffend darauf hin, dass Elektroschockgeräte durchaus Tötungspotential besitzen, weshalb die gängige Herstellerbezeichnung als „nicht letale Waffen“ fehlgeht: vgl. http://www.amnesty.org/en/news-and-updates/report/tasers-potentially-le thal-and-easy-abuse-20081216 (aufgerufen am 17. 10. 2014). 369 So etwa Fischer, StGB, § 224 Rdn. 7; LK-Lilie, § 224 Rdn. 30.

D. Zum deliktsspezifischen Schutzzweck-Zusammenhang

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den Taser erreicht wurde und gleichzeitig das Potential für ein dem Unrechtscharakter des § 224 I StGB entsprechend gesteigerten Gefahrenmoment aufweist. Grundsätzlich kann ein körperlicher Misshandlungserfolg auch durch Versetzen eines Stromstoßes verwirklicht werden370. Daher wird das Wirkungspotential des Elektroschockers, über die Zuführung von Strom starke Muskelverkrampfungen zu verursachen, im Hinblick auf die vorherigen Ausführungen für § 224 I Nr. 2 StGB ausschlaggebend sein. Bei der Frage, ob es sich bei diesen Geräten um ein „gefährliches Werkzeug“ oder aber um eine „Waffe“ handelt, ist die eigentliche Zweckbestimmung des Geräts relevant: Der Zweck des Einsatzes eines Elektroschockgeräts ist es, das menschliche Zielobjekt handlungsunfähig zu machen. Aus diesem Grund wird eine Einordnung als „Waffe“ im Sinne des § 224 I Nr. 2 StGB befürwortet. Dagegen spricht auch nicht, dass, im Unterschied zum Elektroschockgerät, das handelsübliche frei erhältliche Pfefferspray nicht als gefährliches Werkzeug klassifiziert wird371: Da dieses Pfefferspray zwar durchaus geeignet ist, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit herabzusetzen, ist es zumindest in der handelsüblichen Variante nicht dazu bestimmt, Menschen auf mechanischem oder chemischem Weg erheblich zu verletzen. Anders verhält es sich dagegen beim Polizei-Pfefferspray und beim Elektroschockgerät, welche zudem nicht nur die Eignung, sondern auch die Zweckbestimmung zur Herabsetzung der Angriffs- oder Abwehrfähigkeit beinhalten: Hier trifft die Gegenstandsbezeichnung „Waffe“ zu372. Legt man dem Waffenbegriff das Kriterium zugrunde, durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch letale Verletzungen zu provozieren, so fällt der Taser hingegen aus dieser Definition heraus, obwohl die letale Wirkung des Elektroschockgeräts nicht mit absoluter Gewissheit ausgeschlossen werden kann. 3. Begehung mittels eines hinterlistigen Überfalls (Nr. 3) Auf die eingeschränkte Verteidigungsmöglichkeit des Opfers und der damit einhergehenden Gefahr von erheblichen Verletzungen bezieht sich der dritte Qualifikationsgrund in § 224 I StGB, wenn er die Begehung einer Körperverletzung mittels eines hinterlistigen Überfalls normiert373. Das Tatbild weist daher im Vergleich zu Nr. 1 und Nr. 2 eine stärker ausgeprägte Opferperspektive auf. Unter dem Begriff „Überfall“ ist ein unvorhergesehener Angriff zu verstehen, auf den sich das Opfer nicht vorbereiten kann374. Die Charakterisierung des Überfalls als „hinter-

370

Vgl. BGH NStZ 1997, 123; BGH NStZ 2000, 584. Vgl. Jesse, NStZ 2009, 364 f. 372 Ebenso wohl auch Jesse, NStZ 2009, 366. 373 Kretschmer, Jura 2008, 920; LK-Lilie, § 224 Rdn. 32; Stree, Jura 1980, 288; S/S-Stree/ Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 10. 374 BGH GA 1961, 241; BGH GA 1989, 132; BGH StV 2012, 725; BGH StV 2013, 439; Arzt/Weber/B. Heinrich/Hilgendorf, BT § 6 Rdn. 55; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 10; SK-Horn/ Wolters, § 224 Rdn. 22; Kretschmer, Jura 2008, 920; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 22; Rengier, BT 371

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

listig“ ist dann gegeben, wenn der Täter planmäßig in einer auf Verdeckung seiner wahren Absicht berechneten Weise vorgeht, um dem Angegriffenen dadurch die Abwehr zu erschweren375. Dies beinhaltet zwar häufig eine Täuschung des Opfers durch den Täter – dieser Aspekt für sich würde allerdings dem äußerst vielfältigen Tatbild nicht vollumfänglich entsprechen376: So sind nach Entscheidungen der Rechtsprechung die planmäßige Beibringung von bewusstseinstrübenden Mitteln wie Beruhigungs-, Schlaf- oder Betäubungsmittel377, um den erwarteten Widerstand des Opfers bei einem geplanten Raub zu umgehen, das Auflauern hinter einem Baum, um das Opfer zu überfallen und zu vergewaltigen378 sowie das Anschleichen ans Opfer379 tatbildlich für § 224 I Nr. 3 StGB. Ebenso fällt ein scheinbar friedfertiges Verhalten gegenüber dem Opfer unter den Tatbestand, wodurch es in Sorglosigkeit gewiegt wird, wenn der Täter auf diese Weise einen überraschenden Angriff durchführen will380. Das Stellen einer Falle (z. B. Stolperdraht) als Teil eines durch den Täter vollzogenen Angriffsplans stellt geradezu den typischen Fall eines hinterlistigen Angriffs dar – das reine Fallen-Stellen ohne unmittelbare Einwirkung des Täters auf das Opfer genügt jedoch nicht381. Am Erfordernis der Planmäßigkeit scheitert die Subsumption, wenn beispielsweise der Täter bei seinen Einbruchsvorbereitungen den Hauseigentümer bemerkt, sich zunächst hinter einem Gebüsch versteckt und auf den Hauseigentümer, als dieser auf dieses Versteck zugeht, aus Angst vor der Entdeckung von hinten einschlägt382. Das Merkmal der Hinterlistigkeit deckt sich nicht mit dem Mordmerkmal der Heimtücke in § 211 StGB: Während für die Tatbestandsmäßigkeit des § 224 I Nr. 3 StGB eine planmäßige Vorgehensweise gefordert wird, reicht für die Heimtücke in

II § 14 Rdn. 44; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 9 Rdn. 16; Stree, Jura 1980, 288; S/SStree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 10. 375 BGH GA 1969, 61; BGH GA 1989, 132; BGH bei Holtz MDR 1989, 111; BGH NStZ 1992, 490; Arzt/Weber/B. Heinrich/Hilgendorf, BT § 6 Rdn. 55; Eschelbach, in: HeintschelHeinegg, § 224 Rdn. 35; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 10; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 279; SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 22; Joecks, Studienkommentar, § 224 Rdn. 28; Kindhäuser, BT I § 9 Rdn. 16, 17; Krey/M. Heinrich BT 1, § 3 Rdn. 251; Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 6; NKPaeffgen, § 224 Rdn. 22; Rengier, BT II § 14 Rdn. 44; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 9 Rdn. 16; Stree, Jura 1980, 288; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 10. 376 Vgl. diesbezüglich Bohnert, GA 1978, 364. 377 BGH NStZ 1992, 490; BGH NStZ-RR 1996, 101; a. A. für § 250 II Nr. 1 StGB wegen der besonderen Bedeutung jener Qualifikation BGH NStZ 2009, 505. 378 BGH GA 1969, 61. 379 BGH GA 1969, 62; BGH NStZ 2001, 478; BGH NStZ 2005, 40. 380 BGH bei Dallinger MDR 1956, 526; BGH bei Holtz MDR 1981, 267; BGH NStZ 2004, 93. 381 BGH bei MDR 1981, 267; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 22; Schild, JuS 1989, 653; S/SStree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 10. 382 BGH NStZ 2012, 698.

D. Zum deliktsspezifischen Schutzzweck-Zusammenhang

281

§ 211 StGB das (bewusste) Ausnutzen der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers aus383: Die Rechtsprechung lässt genügen, dass der Täter eine zufällig entstandene Situation der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers ausnutzt, indem er bei der heimtückischen Tatausführung eines Mordes ein Ausnutzungsbewusstsein aufweist384. Der Unterschied ergibt sich also aus dem Umstand, dass das Heimtücke-Merkmal des Tötungsdelikts ein überlegtes, den arg- und wehrlosen Umstand des Opfers eingeplantes Verhalten nicht vorausgesetzt385. Der spontan gefasste Entschluss zu einem plötzlichen Angriff reicht für die Qualifikation des hinterlistigen Überfalls nicht aus, es scheitert an der geforderten Planmäßigkeit und der zur Verdeckung der wahren Absicht berechneten Vorgehensweise386: Aus diesen Gründen ist das bloße Ausnutzen der Überraschung bei einem plötzlichen Angriff von hinten nicht tatbestandsmäßig387. Ein offenes feindliches Gegenübertreten scheitert für die Subsumption unter § 224 I Nr. 3 StGB am Begriff der Hinterlistigkeit388, es sei denn, das Opfer wurde in diese Situation gelockt389. Beim Qualifikationstatbestand des § 224 I Nr. 3 StGB handelt es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, das den hinterlistigen Überfall unter dem Aspekt der eingeschränkten Verteidigungsmöglichkeiten, die aus der Überraschung des Opfers resultieren, und der damit einhergehenden Gefährlichkeit würdigt: Damit kommt es

383 BGHSt 19, 321; Bachmann/Goeck, NJ 2011, 403; Dannhorn, NStZ 2007, 298 ff.; Fischer, StGB, § 211 Rdn. 34 sowie § 224 Rdn. 10; Geilen, GS Schröder, S. 246 ff.; Geppert, Jura 2007, 272; Joecks, Studienkommentar, § 224 Rdn. 27; Kretschmer, Jura 2008, 920; Otto, Jura 2003, 617 ff.; Schmoller, ZStW 99 (1987), 394 ff;. Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 2 Rdn. 43 sowie § 9 Rdn. 16; vgl. BGH NJW 2002, 3717, wonach das Vorliegen von Heimtücke bei der gefährlichen Körperverletzung strafschärfend bewertet werden kann; differenzierter NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 22: „In der Sache spricht aber nichts dagegen, sie [Heimtücke und Hinterlistigkeit] gleichsinnig auszudeuten als Manifestation einer verschlagen-tückischen TatPlanung bzw. -Ausgestaltung.“ 384 BGHSt 6, 120; BGHSt 22, 70; BGHSt 22, 80; BGHSt 39, 353; BGHSt 39, 369; BGH NStZ 1993, 341; BGH NStZ 1997, 491; BGH NStZ 2002, 540; BGH NStZ 2006, 502, 503; BGH NStZ 2007, 330, 331; BGH StV 1981, 339; zustimmend S/S-Eser/Sternberg-Lieben, § 211 Rdn. 25. 385 Kritisch zur Interpretation des BGH und deshalb ein planmäßiges Vorgehen fordernd: M. Köhler, JuS 1984, 765; Lackner/Kühl, StGB, § 211 Rdn. 9; Miehe, JuS 1996, 1003 f.; NKNeumann, § 211 Rdn. 72; Schild, JA 1991, 55; Schmoller, ZStW 99 (1987) 414 f.; Seebode, StV 2004, 597 f.; Spendel, JR 1983, 272 f.; ders., StV 1984, 46. 386 BGH GA 1961, 241; BGH GA 1968, 370; BGH GA 1969, S61; BGH NStZ 2005, 97; BGH NStZ 2007, 702; BGH NStZ-RR 2009, 42; BGH NStZ-RR 2009, 77; BGH bei Holtz MDR 1981, 267; BGH bei Holtz MDR 1989, 111. 387 BGH NStZ-RR 2013, 173. 388 BGH bei Holtz MDR 1981, 267. 389 BGHSt 22, 77, 78; BGHSt 32, 383, 384; BGH NJW 1991, 1963.

282

4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

im Einzelfall für die Tatbildlichkeit nicht darauf an, ob die Gefahr von erheblichen Verletzungen drohte oder dies auch nur beabsichtigt war390. 4. Begehung mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich (Nr. 4) Während vor dem 6. StrRG von 1998 in Schrifttum und Rechtsprechung umstritten war, ob die gemeinschaftliche Begehung auf Mittäter beschränkt sei oder auch Gehilfen bzw. Anstifter unter diese Tatbegehung fallen391, sollte die Neuformulierung den Streit beenden, indem der Begriff des „Beteiligten“ aus dem § 28 II StGB verwendet wurde. Nach h. L. fallen deshalb sowohl Mittäter392 als auch Teilnehmer im Sinne von Anstifter393 oder Gehilfe394 unter den in § 224 I Nr. 4 StGB bezeichneten Beteiligtenbegriff395. Dieses Qualifikationsmerkmal zielt im Kern auf das einverständliche Zusammenwirken der an der Körperverletzung beteiligten Personen ab, da eine derartige Situation typischerweise eine erhöhte Gefahr für das Opfer darstellt, wenn es mehreren Tätern körperlich gegenübersteht396. Die Übermacht der feindlichen

390 Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 36; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 10; MKHardtung, § 224 Rdn. 22; Joecks, Studienkommentar, § 224 Rdn. 29; Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 6; LK-Lilie, § 224 Rdn. 32; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 10; a. A. Hirsch, ZStW 83 (1971), 153 f.; SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 23; Lampe, ZStW 83 (1971), 195; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 22. 391 Vgl. Hassemer, JuS 1990, 67; Küper, GA 1997, 307 ff.; Schroeder, JuS 2002, 140. 392 Zur Mittäterschaft allgemein vgl. Wessels/Beulke, AT § 13 Rdn. 524 ff.; Jescheck/ Weigend, AT S. 674 ff. 393 Zur Anstiftung allgemein vgl. Wessels/Beulke, AT § 13 Rdn. 567 ff.; Jescheck/Weigend, AT S. 686 ff. 394 Zum Gehilfen allgemein vgl. Wessels/Beulke, AT § 13 Rdn. 581 ff.; Jescheck/Weigend, AT S. 691 ff. 395 BGHSt 47, 383; Arzt/Weber/B. Heinrich/Hilgendorf, BT § 6 Rdn. 56; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 11; MK-Hardtung, § 224 Rdn. 24; ders., JuS 2008, 964; B. Heinrich, JR 2003, 213 f.; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 281; Hörnle, Jura 1998, 178; Joecks, Studienkommentar, § 224 Rdn. 32 f.; Kretschmer, Jura 2008, 920; Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 7; Küper, GA 2003, 364; Lesch, JA 1998, 475; LK-Lilie, § 224 Rdn. 34; Otto, NStZ 1989, 531; Rengier, ZStW 111 (1999), 10; ders., BT II § 14 Rdn. 47; Schroeder, JuS 2002, 140; Stree, NStZ 2003, 203; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 11; Wallschläger, JA 2002, 394; a. A. Fabricius, JuS 1991, 397; SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 24b; Krey/M. Heinrich, BT 1 § 3 Rdn. 252b; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 24; ders., StV 2004, 78 f.; Schroth, NJW 1998, 2861 f.; ders., JZ 2003, 215 f.: Es sind mindestens zwei Mittäter zu fordern, um ein angemessenes Verhältnis von Unrecht und Schuld bzw. Rechtsvoraussetzungen und Rechtsfolgen zu gewährleisten. 396 BGHSt 23, 123; Arzt/Weber/B. Heinrich/Hilgendorf, BT § 6 Rdn. 56; Deutscher, NStZ 1990, 127; Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 37; Gerhold, Jura 2010, 380; Hassemer, JuS 1990, 67; Wessels/Hettinger, BT 1, § 5 Rdn. 262, 280 f.; SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 24b; Jäger, JuS 2000, 35; Joecks, Studienkommentar, § 224 Rdn. 31; Kindhäuser, BT I, § 9 Rdn. 19; Kretschmer, Jura 2008, 920; Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 7; Küper, GA

D. Zum deliktsspezifischen Schutzzweck-Zusammenhang

283

Personen birgt psychologische Gefahrenmomente im Hinblick auf die Verteidigungsmöglichkeit sowie schadensbezogene Gefahrenmomente mit Blick auf potenziell erhebliche Verletzungsfolgen397. Nach h. A. handelt es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, eine konkrete Gefahr erheblicher Verletzungen wird für die Tatbestandsmäßigkeit nicht vorausgesetzt398. Für die Einschlägigkeit wird eine unmittelbare Unterstützung an den Ausführungen und eine einverständliche Kooperation aller Beteiligten am Tatort vorausgesetzt399. Die Tatbildlichkeit wird daher nicht durch Vorbereitungshandlungen eines Beteiligten verwirklicht – andererseits muss nicht jeder Beteiligte ein Tatbestandsmerkmal verwirklichen oder eigenhändig teilnehmen: Es genügt, wenn mindestens zwei Personen zusammenwirken400. Nach Meinungen im Schrifttum ist es unerheblich, ob die Unterstützung vom Opfer wahrgenommen wird401; sie wird in ihrer Beschaffenheit im Normalfall physischer Natur sein, wie beim Festhalten des Opfers, beim Versperren des Weges oder im Zuge von tatunterstützenden Maßnahmen402. Sofern der Gehilfe seinen Beitrag (z. B. das Verschließen von Türen zur Flucht-Verhinderung) ohne Wissen des Täters leistet, scheidet die Gefahrenqualifikation nach Nr. 4 aus403. Psychische Beihilfe kann tatbildlich sein, sofern sie aktiv geleistet wird und das Opfer in seinen Verteidigungsmöglichkeiten dadurch eingeschränkt wird: Das Opfer 1997, 304; ders., GA 2003, 367 f.; Lampe, ZStW 83 (1971), 191; LK-Lilie, § 224 Rdn. 35; Rengier, BT II § 14 Rdn. 47; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 11. 397 Deutscher, NStZ 1990, 127; B. Heinrich, JR 2003, 214; Küper, GA 1997, 304; ders., GA 2003, 368 ff.; Sowada, Jura 2003, 551; ebenso Stree, Jura 1980, 289; ders., NStZ 2003, 203. 398 Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 40; Gerhold, Jura 2010, 380; MKHardtung, § 224 Rdn. 25; ders., JuS 2008, 965; Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 7; Küper, GA 2003, 368. 399 BGHSt 23, 122; Deutscher, NStZ 1990, 127; Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 38; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 11; MK-Hardtung, § 224 Rdn. 26; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 281; SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 24; Jäger, JuS 2000, 36; Joecks, Studienkommentar, § 224 Rdn. 33, 35; Kindhäuser, BT I § 9 Rdn. 19; Kretschmer, Jura 2008, 920; Lackner/ Kühl, StGB, § 224 Rdn. 7; Küper, GA 2003, 371; LK-Lilie, § 224 Rdn. 35; Maurach/Schroeder/ Maiwald, BT I § 9 Rdn. 17. 400 BGHSt 5, 345; BGH StV 1994, 543; BGH NStZ 2000, 195; OLG Düsseldorf NStZ 1989, 530; Hassemer, JuS 1990, 67; B. Heinrich, JR 2003, 214; Otto, NStZ 1989, 531; Schroth, NJW 1998, 2861 f. sieht gerade in der Gemeinschaftlichkeit ein ausschließliches Kennzeichen der Mittäterschaft; diesbezüglich ähnlich: Schroeder, JuS 2002, 140; Wolters, JuS 1998, 584; vgl. aber Küper, GA 1997, 307 ff.; ders., GA 2003, 375 ff.; der die Gemeinschaftlichkeit als gemeinsames Merkmal aller Konvergenz-Delikte sieht. 401 Vgl. BGH NStZ 2006, 572; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 11a; Kretschmer, Jura 2008, 921; Rengier, BT II § 14 Rdn. 46; a. A. BGH StV 1994, 543; Arzt/Weber/B. Heinrich/Hilgendorf, BT § 6 Rdn. 56; MK-Hardtung, § 224 Rdn. 26; LK-Lilie, § 224 Rdn. 35; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 25a. 402 Fischer, StGB, § 224 Rdn. 11a; B. Heinrich, JR 2003, 214 f.; Jäger, JuS 2000, 36; Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 7; Küper, GA 1997, 321 f.; LK-Lilie, § 224 Rdn. 35; a. A. für das Reichen von Tatwerkzeugen: Stree, NStZ 2003, 204. 403 Jäger, JuS 2000, 36.

284

4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

sieht sich zwei Tätern gegenüber und ist eingeschüchtert, die spezifische Gefährlichkeit der Begehungsvariante in § 224 I Nr. 4 StGB liegt aber objektiv bei mangelnder Einsatzbereitschaft des Gehilfen nicht vor404. Rein psychische Beihilfe wie Anfeuern hingegen genügt nach h. M. nicht, da in derartigen Fällen dem Opfer keine Übermacht an beteiligten Personen gegenübersteht405. Problematisch sind die Fälle, in denen die psychische Beihilfe in Form von „Aufschaukelungs-Risiko“ erfolgt: Während die h. M. eine Tatbildlichkeit verneint, befürworten einzelne Autoren406 die Tatbestandsmäßigkeit in diesen Fällen. Der Anstifter, der zwar am Tatort präsent ist, allerdings lediglich andere Personen zur Körperverletzung animiert oder bestimmt, erfüllt die Tatbildlichkeit der Qualifikation in § 224 I Nr. 4 StGB nicht, da sich das Opfer nur einer Person gegenüber sieht, die aktiv Körperverletzungshandlungen vornimmt, weshalb eine Auseinandersetzung mit mehreren Beteiligten in diesen Fällen fehlt407. Nach demselben Grundsatz scheidet die Qualifikation aus, wenn das Tatopfer des zweiten Beteiligten nichts weiß, dieser nicht am Tatort physisch präsent ist408 oder offensichtlich mit dem unmittelbar Handelnden nicht gemeinschaftlich kooperiert409. Wenn mehrere Täter jeweils verschiedene Opfer angreifen, sodass jedes Opfer absprachegemäß von nur einem Täter angegriffen wird, wird die Qualifikation in § 224 I Nr. 4 nicht erfüllt, da die Verletzungsgefahr für jedes Opfer nur auf einen Täter beschränkt bleibt und sich deshalb nicht jene Gefahr verwirklicht, die bei einem Zusammenwirken mehrerer aktiver Angreifer gegenüber einem Opfer auftritt410. 404 BGHR StGB § 224 Abs 1 Nr. 4 gemeinschaftlich 3; Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 38; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 11a; LK-Lilie, § 224 Rdn. 35; a. A. Küper, GA 2003, 379; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 11. 405 Deutscher, NStZ 1990, 127; B. Heinrich, JR 2003, 214 f.; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 281; Jäger, JuS 2000, 36; Krey/M. Heinrich, BT 1 § 3 Rdn. 252c f.; LK-Lilie, § 224 Rdn. 35; Schroeder, JuS 2002, 140; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 11; differenzierter Küper, GA 1997, 322; ders., GA 2003, 380, der die „technische Rathilfe“ am Tatort in das Tatbild mit einbeziehen will; a. A. die Rechtsprechung, die pauschal die psychische Unterstützung ausreichen lässt, etwa BGH GA 1986, 230; BGH NStZ 2006, 573; BGH JR 2003, 212; diesbezüglich der Rechtsprechung zustimmend Wallschläger, JA 2002, 394. 406 So Paeffgen, StV 2004, 79; ähnlich auch SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 26: „[…] wenn der Gehilfe den Willen des Täters durch seine Präsenz am Tatort stärkt.“ 407 Fischer, StGB, § 224 Rdn. 11a; B. Heinrich, JR 2003, 215; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 281; Jäger, JuS 2000, 35 f.; Kretschmer, Jura 2008, 921; Küper, GA 1997, 321, 323 ff.; LK-Lilie, § 224 Rdn. 35; a. A. BGH GA 1986, 229; BGH NJW 1998, 466; BGH NStZ 2006, 573. 408 Jäger, JuS 2000, 36; Stree, Jura 1980, 289; ders., NStZ 2003, 204; a. A. Hardtung, JuS 2008, 965: Wenn der Täter auf sein Opfer im vorbeifahrenden Auto schießt und den richtigen Moment zur Tatausführung nur durch die Mithilfe eines Gehilfen erfahren hat, der sich ein Stück weiter vorher auf die Lauer gelegt hat, so soll für den Beteiligten § 224 I Nr. 4 StGB anwendbar sein, auch wenn er nicht am Tatort anwesend war. 409 BGH StV 1994, 543. 410 Gerhold, Jura 2010, 380; MK-Hardtung, § 224 Rdn. 34; Stree, Jura 1980, 281, 290; a. A. Küper, GA 1997, 306.

D. Zum deliktsspezifischen Schutzzweck-Zusammenhang

285

5. Begehung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (Nr. 5) Das letzte Qualifikationsmerkmal des § 224 I StGB bildet wohl das wichtigste Kriterium im Hinblick auf § 227 I StGB: Treffend sprechen Horn und Wolters von einer Vorgehensweise, die auf den Kriterien des § 227 I StGB basieren, allerdings ohne dass der dort genannte Todeserfolg tatsächlich eintritt411. Das Qualifikationsmerkmal sieht die Begehung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung vor. Unter der Behandlung versteht der Gesetzgeber die Vorgehensweise des Täters412, sodass der Fokus der strafrechtlichen Untersuchung auf der Tathandlung und nicht auf dem Taterfolg liegt: Für Letzteren genügt ein einfacher Verletzungserfolg im Sinne des § 223 I StGB. Ein lebensgefährlicher Verletzungserfolg fällt allerdings auch unter die Begehungsvariante in Nr. 5, wenn er auf eine Handlungsweise des Täters zurückgeht413. Die Gefahr muss sich aufgrund des Wortlautes („mittels“) aus der Tathandlung selbst ergeben und darf nicht erst durch äußere Umstände eine lebensgefährliche Behandlung werden: Ein an sich nicht lebensbedrohlicher Faustschlag gegen das Opfer erfüllt dieses Kriterium nicht, wenn sich die Lebensgefahr erst durch den Umstand ergibt, dass sich das Opfer durch den Stoß auf einer befahrenen Autobahn befindet414. Dagegen greift der Tatbestand in Nr. 5 nach einschlägiger Judikatur, wenn Kinder in eiskaltes Wasser gestoßen werden415 ; bei Bedrohung mittels einer Waffe, sodass das Opfer einen Herzinfarkt erleidet416 ; bei Fußtritten gegen lebenswichtige Körperbereiche, den Kehlkopf oder

411

SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 30. BT-Drs. 13/8587, S. 84; Arzt/Weber/B. Heinrich/Hilgendorf, BT § 6 Rdn. 58; Baier, JA 2003, 364; N. Bosch, JA 2006, 901; Eschelbach, in: Heintschel-Heinegg, § 224 Rdn. 41; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 12; Frisch, JuS 1990, 365; Hardtung, Versuch und Rücktritt, S. 126 f.; ders., JuS 2008, 965; SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 3; Jahn, JuS 2007, 91; Kretschmer, Jura 2008, 921; Küper, FS Hirsch, S. 600 f.; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 27; Maurach/Schroeder/ Maiwald, BT I § 9 Rdn. 18; Stree, Jura 1980, 291; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 12. 413 Arzt/Weber/B. Heinrich/Hilgendorf, BT § 6 Rdn. 58; Frisch, JuS 1990, 365; Hardtung, Versuch und Rücktritt, S. 126 f.; Heintschel-Heinegg, JA 2009, 391 f. betont anhand des Beispiels von BGH NJW 2009, 863, dass die lebensgefährdende Körperverletzung in § 224 I Nr. 5 StGB auch im Falle einer dem Tatbild des § 226 I Nr. 3 StGB entsprechenden Verletzungserfolg einen eigenen, gesonderten Unrechtsgehalt aufweist, weshalb das Verhältnis zwischen den Vorschriften als Tateinheit zu klassifizieren sei, um nicht zuletzt der Klarstellungsfunktion des Schuldspruchs angemessen Rechnung zu tragen. 414 BGH NStZ 2007, 34 m. Amn. Jahn, JuS 2007, 89; Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 8; BGHR § 223 a Abs. 1 Lebensgefährdung 3; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 28a; vgl. ferner BGH NStZ 2010 276; a. A. N. Bosch, JA 2006, 901 f. unter Hinweis auf die in BGH NStZ 1986, 186, ergangene Rechtsprechung sowie der Feststellung, dass die abstrakte Eignung der Lebensgefahr angesichts des Stoßes auf die Fahrspur einer viel befahrenen Autobahn gegeben sei und eine konkrete Ungefährlichkeit nur dann anzunehmen ist, wenn – entgegen den im Urteil getroffenen Feststellungen zum Sachverhalt – zu diesem Zeitpunkt kein Fahrzeug in unmittelbarer Nähe gewesen ist. 415 LG Saarbrücken NStZ 1983, 414. 416 BGH NStZ 1986, 186. 412

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

den Solarplexus sowie in den Bauch einer Schwangeren417; bei massiven Schlägen gegen den Kopf418 ; bei einem kräftigen Faustschlag gegen die Schläfe und einem wuchtigen Fußritt gegen den Oberkörper419 ; bei der Kompression des Brustkorbes durch das Aufsetzen des 100 kg schweren Täters auf den Rippen- und Bauchbereich seines Opfers unter gleichzeitigem Zuhalten von Mund und Nase, wodurch die Atemluftzufuhr erheblich beeinträchtigt wird420; oder beim Würgen, sofern die Luftzufuhr bis zur Bewusstlosigkeit unterbrochen wird, ein Bruch des Kehlkopfknorpels bewirkt oder die Halsschlagader abgeschnürt wird421; – es komme jedenfalls auf die Dauer und Stärke der Einwirkung an422. Die Beispiele zeigen, dass das Tatbild in Nr. 5 bei gleichzeitigem Vorliegen anderer Qualifikationsmerkmale aus § 224 I Nr. 1 StGB gegeben sein kann. Der Gefahrenbegriff aus § 224 I Nr. 5 StGB beinhaltet die Gefahr für das Leben423 und geht damit im Vergleich zu den anderen Qualifikationstatbeständen in den Nr. 1 bis 4 des § 224 I StGB von einem höheren Gefahrenmaßstab aus. So werden „Umstände in der Tatausführung oder individuelle Besonderheiten beim Tatopfer voraus[gesetzt], welche das Gefahrenpotential der Handlung im Vergleich zu einer ,einfachen‘ Körperverletzung (§ 223 I StGB) deutlich erhöhen.“424 Während die anderen Tatbestände aufgrund besonderer Hilfsmittel (Nr. 1 und 2) und Methoden (Nr. 3 und 4) auf eine höhere kriminelle Energie abstellen425, muss eine systematischharmonisierte Auslegung dem Tatbestand in Nr. 5 einen gegenüber den anderen Tatvarianten erhöhten Gefahrenbegriff zugrunde legen, weshalb sich der Gesetzgeber für die Lebensgefährlichkeit entschieden und auf diese Weise ein Gleichgewicht zum Unrechtsgehalt der einzelnen Tatbestände des § 224 I StGB erzielt hat. Dieser besondere Gefahrenmaßstab gilt nur für die Variante in Nr. 5. Die anderen Begehungsweisen setzen lediglich die Gefahr von erheblichen, aber nicht lebensgefährdenden Verletzungen voraus426.

417

BGH NJW 2007, 2565; BGH NStZ 2004, 618; BGH NStZ 2008, 686. BGH NJW 1990, 3156; BGH NStZ 2005, 157. 419 BGH NStZ-RR 2013, 342. 420 BGH 10. 4. 2013, 1 StR 112/13. 421 BGH GA 1961, 241; BGH NStZ 2002, 594; BGH NStZ 2002, 646; BGH NStZ 2007, 339; BGH NStZ-RR 2007, 303; BGH NStZ-RR 2008, 194. 422 BGH NStZ 2013, 519; OLG Hamm, NStZ-RR 2013, 343; OLG Hamm NStZ-RR 2014, 110; BGH NStZ-RR 2014, 178. 423 SK-Horn/Wolters, in § 224 Rdn. 30 spricht hier von einer Vorgangsweise, die den Kriterien des § 227 StGB entsprechend, allerdings ohne dass der dort genannte Todeserfolg tatsächlich eintritt. 424 BGH StV 2013, 439. 425 M. Heinrich, JA 1995, 721 f., 723 ff. 426 MK-Hardtung, § 224 Rdn. 29. 418

D. Zum deliktsspezifischen Schutzzweck-Zusammenhang

287

Für die Feststellung der Lebensgefährlichkeit der Handlungsweise bedarf es nach dem Willen des Gesetzgebers der Würdigung der konkreten Tatumstände427. Aus dieser Erwägung darf jedoch nicht gefolgert werden, dass der Tatbestand in Nr. 5 ein konkretes Gefährdungsdelikt darstellt – es handelt sich nach h. M. vielmehr um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, dessen Tatbestandsmäßigkeit bei konkreter Ungefährlichkeit jedoch auszuschließen ist428. De facto kommt diese Begehungsvariante dem sog. „Eignungsdelikt“ nahe429. Ein konkret eingetretener (nicht lebensgefährlicher) Körperverletzungserfolg ist aufgrund des Unrechtsschwerpunktes, der bei § 224 I Nr. 5 StGB in der lebensgefährdenden Täterhandlung liegt, kein entscheidender Gesichtspunkt zum Ausschluss der Lebensgefahr430.

III. Zwischenergebnis Die unterschiedlichen Gefahrenquellen der gefährlichen Körperverletzung nach § 224 I StGB bilden die Ausgangsbasis zur Feststellung des Schutzzweck- und Risikozusammenhangs und damit zum Vorhersehbarkeitskriterium der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung, da auf diese Weise gewährleistet wird, die Trennlinie zwischen hinreichend wahrscheinlichen und unwahrscheinlichen Gefahren einigermaßen präzise zu umreißen. Auf diese Weise können jene typischen Gefahren detaillierter umschrieben werden, die einer grunddeliktischen Körperverletzung mit Letalitätslatenz tatsächlich innewohnen, sodass eine Abgrenzung zwischen Idealkonkurrenz aus vorsätzlicher Körperverletzung und fahrlässiger Tötung einerseits und der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung andererseits nachvollziehbar ausgestaltet werden kann. 427

BT-Drs. 13/8587, 83; vgl. BGHSt 36, 1, 9; Fischer, StGB, § 224 Rdn. 12; SK-Horn/ Wolters, § 224 Rdn. 30; Kretschmer, Jura 2008, 921; Küper, FS Hirsch, S. 601; Sander/Hohmann, NStZ 1998, 275; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I § 9 Rdn. 18. 428 BGHSt 2, 160, 163; BGH NJW 2002, 3265; BGH NStZ 2004, 618; BGH NStZ 2005, 157; BGH NStZ-RR 1997, 67; BGH NStZ-RR 2009, 15; BGH StV 1988, 65; MK-Hardtung, § 224 Rdn. 30; Wessels/Hettinger, BT 1 § 5 Rdn. 282; SK-Horn/Wolters, § 224 Rdn. 30; Jahn, JuS 2012, 368; Joecks, Studienkommentar, § 224 Rdn. 38; Krey/M. Heinrich, BT 1 § 3 Rdn. 253; Lackner/Kühl, StGB, § 224 Rdn. 8; LK-Lilie, § 224 Rdn. 3, 36; Rengier, BT II § 14 Rdn. 50; ders., ZStW 111 (1999), 11; S/S-Stree/Sternberg-Lieben, § 224 Rdn. 12; kritisch zur Würdigung der konkreten Gefährlichkeit: N. Bosch, JA 2006, 902; a. A. im Sinne eines konkreten Gefährdungstatbestand: Arzt/Weber/B. Heinrich/Hilgendorf, BT § 6 Rdn. 58; Kretschmer, Jura 2008, 921; NK-Paeffgen, § 224 Rdn. 27 f.; differenzierter hingegen Zieschang, S. 297 ff., der eine konkret gefährliche Handlung voraussetzt. 429 Fischer, StGB, § 224 Rdn. 12; unter „Eignungsdelikten“ werden die früheren abstraktkonkreten Gefährdungsdelikte verstanden, d. h. es sind Delikte, in denen die konkrete Handlung geeignet ist, einen entsprechenden Schaden zu verursachen, eine effektive Verletzung des Rechtsgutes ist nicht Bestandteil der Tatbildlichkeit. Für die Tatbestandsmäßigkeit gilt es deshalb zu fragen, ob Verhaltensweisen wie jene des Täters im konkreten Fall grundsätzlich und typischerweise geeignet sind, den einschlägigen Deliktserfolg herbeizuführen; vgl. Hoyer, S. 198; MK-Krack, § 309 Rdn. 5; Ostendorf, JuS 1982, 427; Schröder, JZ 1967, 522 ff. 430 OLG Köln StV 1994, 247.

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

Die Prüfung des Vorhersehbarkeitskriteriums sollte sich im Rahmen der Schutzzwecküberlegungen bewegen, die im Klammerzusatz bei § 227 I StGB aufgezählt werden. Dabei erscheinen insbesondere die Gefahrenerfolgsqualifikationen in § 224 I StGB als wegweisend. Über diese Zurechnungskriterien kann eine überprüfbare Ausgestaltung des objektiven und subjektiven Vorhersehbarkeitskriteriums besser erreicht werden als über das Kriterium zur Lebenswahrscheinlichkeit, das aufgrund seiner Unbestimmtheit nahezu immer bejaht werden kann und deshalb als Grundlage der Vorhersehbarkeitsprüfung nur geringe Leistungsfähigkeit aufweist.

E. Schlussbetrachtungen Die todeserfolgsqualifizierte Körperverletzung birgt aufgrund ihrer hohen Unrechtsdimension dogmatische Herausforderungen zur Umsetzung einer teleologisch restriktiven Interpretation. Die Untersuchung hat gezeigt, dass die vorgeschlagenen Zurechnungskriterien im Schrifttum zum grunddeliktsspezifischen Gefahrenzusammenhang der Todeserfolgsqualifikationen durch den gemeinsamen Leitgedanken charakterisiert sind, wonach die Anwendbarkeit dieser Deliktsgruppe von der Voraussetzung abhängen soll, dass sich der qualifizierende Erfolg als typische oder sehr wahrscheinliche Folge des grunddeliktischen Täterverhaltens darstellt – ein Leitbild, dessen Wurzeln in der voluntas indirecta Lehre des gemeinen Strafrechts liegen. Demgegenüber tendiert die Rechtspraxis in Deutschland und Italien zu einer funktionalen Auslegung der Todeserfolgsqualifikationen im Sinne eines Auffangtatbestands für nicht nachweisbaren Tötungsvorsatz. Das Kernproblem der todeserfolgsqualifizierten bzw. präterintentionalen Delikte liegt in der Umsetzung des Schuldprinzips nach den gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben, hinsichtlich des Todeserfolgs einen Fahrlässigkeitsvorwurf nachzuweisen, ohne diesbezüglich das Argumentationsmuster der versari in re illicita oder der culpa in re ipsa zu bedienen. Es hat sich gezeigt, dass insbesondere das Vorhersehbarkeitskriterium im Bereich der Todeserfolgsqualifikationen eine Herausforderung an die Rechtsdogmatik stellt, wenn es klar und nachvollziehbar gestaltet werden soll. Der in der Rechtsprechung geläufige Prüfstein zur „Lebenswahrscheinlichkeit“ muss sich den Vorwurf gefallen lassen, die Gratwanderung zwischen Fahrlässigkeits- und Zufallshaftung kriminal-politischen Bedürfnissen anzupassen, was im Sinne der Rechtsstaatlichkeit und -sicherheit äußerst bedenklich ist. Die hier erarbeitete Zurechnungskonzeption versucht, auf dem Boden der allgemeinen Fahrlässigkeitsdogmatik eine Auslegung zu skizzieren, die mehrere Teilaspekte der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung zusammenführt: Den systemimmanenten Grundgedanken einer grob fahrlässigen Tötung, die Inspiration aus der voluntas indirecta Lehre mit ihrem immediate et per se sequitur Konzept und schließlich die rezenten dogmatischen Entwicklungen der mitteleuropäischen Lehre

E. Schlussbetrachtungen

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zu den Todeserfolgsqualifikationen, zur Präterintention sowie zur Fahrlässigkeitsdogmatik. Der gemeinrechtliche Leitgedanke zur untersuchten Deliktgruppe, nämlich die Verantwortlichkeit wegen voluntas indirecta für jene Zusatzerfolge, die sich als typische bzw. wahrscheinliche Folgen der Tat präsentieren, ging zwar mit der Neuorientierung der Strafrechtsdogmatik im 19. Jahrhundert verloren, kann für die Zurechnungsdogmatik aber nunmehr unter dem Schlagwort der deliktsspezifischen Leichtfertigkeit inhaltlich der Fahrlässigkeitslehre neue Formen annehmen: In diesem Lichte charaktierisieren sich die Ausführungen des Schrifttums zur Leichtfertigkeit bei den Todeserfolgsqualifikationen, wenn der einschlägige qualifizierende Erfolg augenscheinlich, besonders naheliegend oder offensichtlich sein soll. Das wichtigste Kriterium für die teleologisch restriktive Auslegung der Todeserfolgsqualifikationen wird nach dem hiesigen Verständnis nicht im Unmittelbarkeitszusammenhang, sondern im Schutzzweckkriterium gesehen, das der allgemeinen Fahrlässigkeitsdogmatik entspringt. Die inhaltliche Ausgestaltung dieses Schutzzweckzusammenhangs wird bei der todeserfolgsqualifizierten Körperverletzung bereits durch die Systematik und insbesondere durch Normenstruktur von § 227 I StGB vorgegeben. Auf das Grunddelikt der einfachen vorsätzlichen Körperverletzung (§ 223 I StGB) folgt über die Gefahrenerfolgsqualifikation (§ 224 I StGB) eine erschöpfende Aufzählung von Tatbestandsvarianten, die der Gesetzgeber als besonders gefährliche Verhaltensweisen für die körperliche Integrität wertet. Nach dem Sondertatbestand in § 225 I StGB runden Erfolgsqualifikationen mit unterschiedlicher Dimension zum Erfolgsunwert (Verletzungen: § 226 I StGB; Tod: § 227 I StGB) das Qualifikationsspektrum der einfachen vorsätzlichen Körperverletzung ab. Mit Blick auf § 227 I StGB zeigt der Gesetzgeber in einer dezidierten Nennung der Grunddeliktstatbestände auf, welche für die lex specialis einer grob fahrlässigen Tötung in Frage kommen, nämlich §§ 223 bis 226a StGB. Für den Schutzzweck der Todeserfolgsqualifikationen ist die Frage bedeutend, inwiefern der qualifizierende Erfolg durch das Grunddelikt begründet wird – das bedeutet, die Vorhersehbarkeit muss sich im Bereich des Schutzzweckzusammenhangs der Körperverletzungsvorschriften bewegen. Dafür ist einerseits der Blick auf das geschützte Rechtsgut und andererseits auf die Gefahren notwendig, die durch gewisse Körperverletzungshandlungen ausgehen und die der deutsche Gesetzgeber in § 224 I StGB definiert hat. Die „gefährliche Körperverletzung“ beinhaltet nämlich Tatbestandsvarianten, die nach heutigem Verständnis aufzeigen, aus welchen Tathandlungen typischerweise bzw. wahrscheinlich schwerere Erfolge hervorgehen können. Daher hat die Prüfung der Vorhersehbarkeit zu den Qualifikationserfolgen in §§ 226 und 227 StGB auf der Grundlage der Schutzzwecküberlegungen zu § 224 I StGB zu erfolgen. Dieses Verständnis zur Vorhersehbarkeitsprüfung bietet gegenüber der „Lebenswahrscheinlichkeit“ eine bessere Basis zur Entscheidungsbegründung, da sie

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4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

den Richter veranlasst, seine Argumentation statt auf einer willkürlich dehnbaren Wahrscheinlichkeitsprognose auf dem Schutzzweck der den Todeserfolgsqualifikationen vorgelagerten Gefahrenerfolgsqualifikationen aufzubauen, um auf diese Weise eine besser überprüfbare Entscheidungsgrundlage zu erreichen. De lege ferenda hängt die Beibehaltung der todeserfolgsqualifizierten Delikte mit ihrer besonderen Unrechtsdimension vor allem davon ab, dass in der Praxis die Alternative zur Erfolgsqualifikation, nämlich die Idealkonkurrenz aus vorsätzlichem Grunddelikt und fahrlässigem Tötungsdelikt, eine effektive Prüfung erfährt: Der Unrechtsgehalt der Todeserfolgsqualifikationen muss bei der Entscheidung zur Anwendbarkeit Berücksichtigung finden. Daher soll unterschieden werden: (1) Liegt kein Fahrlässigkeitsvorwurf hinsichtlich der Todesfolge vor, ist lediglich eine Haftung aus dem vorsätzlichen Grunddelikt zu prüfen. (2) Liegt lediglich einfache Fahrlässigkeit (ohne deliktsspezifische Leichtfertigkeitsmerkmale) hinsichtlich der Todesfolge vor, so muss die Anwendbarkeit der Idealkonkurrenz aus vorsätzlichem Grunddelikt und fahrlässigem Tötungsdelikt geprüft werden. (3) Sofern sich die Todesfolge als naheliegende Gefahr des Grunddelikts präsentiert, ist hingegen die Anwendbarkeit der Todeserfolgsqualifikation zu prüfen. Das hier entworfene Auslegungskonzept lässt sich für die deutsche Rechtsordnung anwenden, zumal wichtige Voraussetzungen für die hier vorgeschlagene Auslegung bereits erfüllt sind: Einerseits ist die Möglichkeit der Unterscheidung zwischen der Todeserfolgsqualifikation und der Idealkonkurrenzlösung einhellig anerkannt und andererseits ist die dreistufige Systematik von Grunddelikt, Gefahrenerfolgsqualifikation und Todeserfolgsqualifikation im StGB bereits systemimmanent. Allerdings setzt sich die hiesige Konzeption mit der Befürwortung des gesteigerten Fahrlässigkeitsunrechts in Form der deliktsspezifischen Leichtfertigkeit mit Blick auf das 6. StrRG von 1998 über den erklärten Willen des Gesetzgebers hinweg, zumal für die Körperverletzung mit Todesfolge nicht Leichtfertigkeit, sondern einfache Fahrlässigkeit genügen sollte. Auf der Basis der Untersuchungsergebnisse ergibt sich folgender Reformvorschlag zu § 227 StGB: § 227 StGB neu: (1) Verursacht der Täter durch die Körperverletzung (§§ 223 bis 225) leichtfertig den Tod der verletzten Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei bis zwölf Jahren. (2) In minder schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu acht Jahren zu erkennen.

Neben der Aufnahme der Leichtfertigkeitsvoraussetzung wird durch diesen Vorschlag eine Änderung der Grunddeliktsaufzählung angeregt. Die Streichung der Erfolgsqualifikationen, die auf dem Körperverletzungsdelikt in § 223 I StGB aufbauen, soll den aufgezeigten Begründungsumweg vermeiden. Im Regelfall vermeidet die Sanktionendimension die mit dem vorsätzlichen Tötungsdelikt in § 212 I

E. Schlussbetrachtungen

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StGB identische Obergrenze im Strafrahmen. Die Strafrahmenuntergrenze im zweiten Absatz ermöglicht im niederen Unrechtsbereich der minder schweren Fälle eine angemessene Sanktionierungsmöglichkeit. Schwieriger ist die Anwendbarkeit des entworfenen Auslegungskonzeptes in der italienischen Rechtsordnung. Dies liegt bereits an der problematischen Vergleichbarkeit des Schutzzwecks der Körperverletzungsnormen in den beiden Rechtsordnungen: Während das geschützte Rechtsgut im StGB zugunsten eines körperbezogenen Rechtsgutsbegriffs ausgestaltet ist, zeigt die Gestaltung der Grunddelikte zu Art. 584 iStGB, dass der Schutzzweck über die körperliche Komponente hinausgeht. Des Weiteren ist der quantitative Unterschied im Unrechtsgehalt zwischen Erfolgsqualifikationen und Idealkonkurrenz aus vorsätzlichem Grunddelikt und fahrlässigem Erfolgsdelikt nicht grundsätzlich anerkannt. Schließlich eröffnet sich das Problem, dass über Art. 585 iStGB gewisse unrechtssteigernde Handlungsweisen zu einer Straferhöhung führen, während nach dem vorliegenden Verständnis der Präterintentionalität diese erschwerenden Umstände aufgrund ihrer typischen Gefährlichkeit in den Bereich der Regelfälle der präterintentionalen Tötung fallen würden. Für die Beibehaltung der Präterintention müssten diese Schwierigkeiten überwunden werden: Ein wichtiger Schritt wäre die Streichung des Art. 581 iStGB aus dem Fundus der Grunddeliktsvarianten zur präterintentionalen Tötung sowie die Streichung von Art. 584 iStGB aus der Aufzählung in Art. 585 iStGB. Dies hätte eine deutliche Steigerung der System- und Sanktionsharmonie bei gleichzeitiger Klarstellung des deliktsimmanenten hohen Handlungsunwerts zur Folge, wobei dank der Vollständigkeitsklausel in Art. 586 iStGB keine Strafbarkeitslücke entstünde, da Art. 581 iStGB in diesen Anwendungsbereich fallen würde. Gleichzeitig würde der Rechtsgüterschutz zur individuellen Unversehrtheit in der Praxis keine Änderung erfahren, da Art. 581 iStGB als Grunddelikt zu Art. 584 iStGB lediglich Ausnahmecharakter aufweist. Somit werden für eine Reform des aktuellen codice Rocco, die nicht auf eine komplette Neukodifikation abzielt, sondern lediglich einige Teilbereiche des Strafgesetzbuchs betrifft, folgende Maßnahmen befürwortet: (1) Die normative Festlegung des Verschuldensstandards im Strafgesetzbuch, etwa im Zuge einer Ergänzung bzw. Präzisierung von Art. 42 III iStGB im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs. Dies bietet den Vorteil, dass die wesentlichen Prinzipien der Entscheidungen seit 1988 in kodifizierter Form „die Legitimationsanforderungen an Rechtsentscheidungen in spezifischer Weise“ verkürzen431 und die Überwindung der verschuldensunabhängigen Erfolgshaftung fördern. Die Neufassung des Art. 42 III iStGB lautet: Art. 42 III iStGB neu: (3) Jedes der Elemente, die sich auf den Unrechtsgehalt des Tatbestands auswirken, muss notwendigerweise von Vorsatz oder Fahrlässigkeit umfasst sein. Das Gesetz bestimmt die Fälle, in denen der Erfolg dem Täter als Folge seiner 431

Hassemer, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, S. 256.

292

4. Teil: Rechtsvergleichende Würdigung

Handlung oder Unterlassung in anderer Weise zur Last gelegt wird. [(3) Ciascuno degli elementi che concorrono a contrassegnare il disvalore della fattispecie è necessariamente investito dal dolo o dalla colpa. La legge determina i casi nei quali l’evento è posto altrimenti a carico dell’agente, come conseguenza della sua azione od omissione.] (2) Die Ergänzung der Definition der präterintentionalen Schuldform in Art. 43 iStGB mit dem erhöhten Fahrlässigkeitserfordernis der Leichtfertigkeit: Art. 43 iStGB neu: Das Verbrechen ist: […] präterintentional oder über die Absicht hinausgehend, wenn durch die Handlung oder Unterlassung leichtfertig ein schädigender oder gefährlicher Erfolg herbeigeführt wird, der schwerer ist als der vom Täter gewollte. […] [Il delitto: […] è preterintenzionale, o oltre l’intenzione, quando dall’azione od omissione deriva per colpa grave un evento dannoso o pericoloso più grave di quello voluto dall’agente.] (3) Die Eliminierung des Art. 581 iStGB aus der Grunddeliktsaufzählung zu Art. 584 iStGB sowie die Streichung des Art. 584 iStGB aus der Aufzählung in Art. 585 iStGB. Bereits durch diese Maßnahmen würde die Präterintention dem Verschuldensgrundsatz in Art. 27 I iVerf besser entsprechen. Letztlich hängt die Existenzberechtigung der Todeserfolgsqualifikationen bzw. der präterintentionalen Delikte insbesondere von der Überwindung der Erfolgshaftung bzw. der erfolgshaftungsorientierten Ansätze ab. Dafür braucht es eine Rechtswissenschaft, die verschuldensunabhängige Tendenzen aufdeckt und ihrerseits Vorschläge zur Umsetzung einer culpa in re illicita entwirft, die dem Prädikat „fahrlässig“ effektiv entspricht, denn „die Zukunft gehört dem rein durchgeführten Schuldprinzip“432.

432

Löffler, ZStW 21 (1901), 560.

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Personen- und Sachverzeichnis Absorptionsprinzip 37, 43, 55, 57 – 60 Afrikanisches Tänzerpaar-Fall 177 Altenhain, Karsten 40, 81, 83 f., 153 f., 176 Ambos, Kai 18 f., 21, 43, 188 f., 196, 200 f. Aquin, Thomas von 89, 92 Aristoteles 89 Asperationsprinzip 43, 55, 59 Auffangtatbestand 66, 207, 212, 215 f., 221 Basile, Fabio 19, 46 f., 51 – 56, 59 f., 62 f., 66, 86, 89, 137, 181 – 184, 188 f., 193 f., 198, 200, 202 – 207, 214 f., 222, 225, 227 – 229, 231 f., 239, 244, 247, 255 f., 259 f. Beyer, Georg 76, 92 f., 105 Böhmer, Johann Samuel Friedrich von 76, 79 f., 85, 93, 95 – 98, 105 Boldt, Gottfried 40, 75 f., 78 – 80, 86, 88 f., 91 – 97, 105, 149, 159, 250 Bosch, Johanna 21, 49 – 52, 55, 63 f., 66, 123, 181, 183 f., 208, 244, 259 Bosch, Nikolaus 29, 34, 37, 39, 140, 176, 180, 216, 223, 268 f., 275, 285, 287 Canestrari, Stefano 19, 23, 46 – 48, 51, 53, 55, 58 f., 61 f., 85, 123, 135, 181 – 185, 188, 193, 196, 200 – 202, 214, 227, 229, 231 f., 237 – 240, 242, 244, 247 f., 259 f. Carpzov, Benedict 74 – 76, 82, 89 – 92, 94, 96, 98, 104 f., 149 Carrara, Francesco 60, 136, 204, 259 codice Zanardelli 131 Constitutio Criminalis Carolina 87, 95, 102 f. Corpus iuris civilis 71 Covarruvias y Leyva, Diego de 89, 92 culpa dolo – accedat 93 – determinata 93, 100 f., 107, 109 – 115, 132, 202, 243 – proxima 69, 158, 161 f.

culpa in re illicita 24, 205, 214, 227, 231, 233, 242 f., 254, 292

Decianus, Tiberius 72 – 74, 88 Delitala, Giacomo 89, 127, 136, 192, 239 Diez-Ripollés, José Luis 40, 42 f. doctrina Bartoli 88 Dolcini, Emilio 17, 20, 40, 46 – 48, 55 – 58, 60, 62 – 65, 85, 100 f., 106, 115 – 117, 123, 129, 136 f., 181 – 183, 193, 196 – 198, 202 – 204, 207, 231 f., 239 f., 244, 247, 259 f. dolus – determinatus 100 – indeterminatus sive eventualis 100 – indirectus 69, 89, 116, 128, 216 – manifestus 87 – praesumptus 87 dolus – eventualis 96 f., 220 – indirectus 89, 91, 95 f., 102 Donini, Massimo 200 Donini, Massimo 19 – 21, 46 – 49, 58 – 60, 62 – 64, 66, 73, 75, 85 f., 135 f., 186, 196 – 198, 200 f., 205, 216, 221 f., 224, 227 f., 238 – 240, 248 Duttge, Gunnar 25 – 28, 30 f., 35 f., 40, 82 f., 85, 96, 139, 146, 158, 215, 224, 233 f., 236 – 238, 245, 249 – 251, 257

Engisch, Karl 40, 45, 154, 250 Engländer, Armin 40, 162, 172 f., 176, 178, 180 Erfolgsqualifikationen – echte und unechte 28 – Gefahren- 66, 258, 264, 289 f. Erfolgsunwert 244, 248, 289 Eser, Albin 18 – 24, 29, 32, 50, 120, 220, 229, 234, 261, 268, 281 Exklusivitätstheorie 28, 38

Personen- und Sachverzeichnis Fahrlässigkeitsdefinition – als Prototyp der Risikodogmatik (Deutschland) 236 – als Prototyp der Risikodogmatik (Italien) 239 – ohne Sorgfaltspflichtverletzung und ohne Risikobezug 234 – Sorgfaltsmangelunwert 234, 240 f. – Sorgfaltspflichtverletzung (Deutschland) 234 – Sorgfaltspflichtverletzung (Italien) 239 Fenstersturz-Fall 176 Ferschl, Christine 26, 45, 61, 85, 154 – 157, 176, 180, 241 Feuerbach, Paul Johann Anselm 70, 80 – 85, 93, 99 – 104, 107 f., 110, 115, 132 Feuerbachs Paradigmenwechsel 99, 101 f., 132, 213 Finzi, Marcello 21, 53, 91, 123, 128, 130, 192 f. Freund, Georg 22, 40, 45, 119, 158, 162 f., 233, 236, 249, 267 Frisch, Wolfgang 19, 21 – 24, 32, 40, 45, 48, 64, 66, 83 f., 120, 158, 162 f., 236, 248 f., 257, 268, 285 Funktionalitätsprinzip 22 Geilen, Gerd 33, 35, 40, 147 f., 177, 180, 215, 281 Gläntzer, Christian Georg Eberhard 97, 149 Glossatoren 70 – 72, 87 Grotius, Hugo 77 f. Gummihammer-Fall 141 Handlungsunwert 160, 224, 234, 244, 247 f., 251, 265 f., 269 Hardtung, Bernhard 26 – 28, 30 f., 36, 38, 40, 138 f., 146, 150, 164, 168 – 171, 173, 176, 178, 180, 251 – 253, 256 f., 265 – 272, 274 – 277, 282 – 287 Heinrich, Bernd 32, 40, 44, 169, 180, 234, 244, 256, 258, 265, 267, 271 – 274, 279 f., 282 – 285, 287 Heinrich, Manfred 35, 147, 172, 177, 180, 216, 265, 269 f., 272, 276, 280, 282, 284, 286 f.

335

Hemmschwellentheorie 215, 217, 220 – 222 Herzinfarkt-Fall 145 Historische Ableitung der Letalitätstheorie 70, 102 Hobbes, Thomas 77 f., 81, 83 f. Hochsitz-Fall 140 Horn, Eckhard 31, 147, 172 – 174, 176, 178, 180, 258, 261, 265 – 274, 276 f., 279 f., 282 – 287 humanistische Rechtswissenschaft 72 Idealkonkurrenz 18, 28, 32, 34 – 37, 39 – 41, 43 – 45, 55, 57 – 62, 66, 68, 101, 109, 111, 114, 119, 147, 244 – 247, 265, 287, 290 f. Identitätskriterium 138, 183 immediate et per se sequitur 93, 98, 101, 132, 149, 288 Intensivierungpotential 153, 155, 172 intentio indirecta 97 Irregularitäten 85 Italienische Verbrechenslehre (Überblick) 135 Jakobs, Günther 26, 29, 31, 35, 38, 40, 44 f., 69, 85, 102, 113 f., 133, 147 – 149, 158, 161 f., 172, 233, 235, 261 Jescheck, Hans-Heinrich 18 – 24, 35, 40, 43, 46, 64, 73, 77, 85, 158, 219, 229 f., 233 f., 237, 249, 282 Judikate als Rechtserkenntnisquelle 224 Kant, Immanuel 81 – 83, 107 Kausalität – condicio sine qua non 116, 150 f. – hinreichende Bedingung 39, 151, 153 Kochsalz-Fall 222 f. Kollmann, Horst 86 Kombinationsprinzip 37 Kommentatoren 70 – 72, 88, 173 Konkurrenztheorie 36 Kötz, Hein 20, 22, 24 Kuhlen, Lothar 84 f., 222, 233 f., 236, 243, 250 – 252, 256 Lebenserfahrung 98, 140, 146, 152, 249 f. Lebenswahrscheinlichkeit 140, 143, 145 f., 216, 221, 223, 249 – 252, 255, 288 f.

336

Personen- und Sachverzeichnis

Lehre vom riskanten Verhalten 254 Leichtfertigkeit – Definition 158 – Tötung 163 Leitgedanke 63 f., 66, 74, 119, 134, 255, 265, 274, 288 f. Leone, Giovanni 51, 184, 192 – 194 Letalitätslatenz 246 f., 287 Leyser, Augustin von 76, 94, 97, 104 f. Liszt, Franz von 22, 113, 120, 225 Lorenzen, Claus 33 – 35, 39 f., 42 f., 62 magna charta – des Staatsbürgers 225 – des Verbrechers 225 Maiwald, Manfred 19, 34, 40, 46, 48 f., 52, 54, 64, 66, 135 – 137, 140, 147, 158, 220, 243, 258, 263, 265 f., 268 – 272, 274 – 276, 280 f., 283, 285, 287 Marinucci, Giorgio 46 – 48, 55 – 58, 60, 62 – 65, 136 f., 158, 181 – 183, 185, 188, 193, 196 – 198, 202 – 204, 207, 231 f., 238 – 240, 244, 247, 259 f. Maßfigur – homo eiusdem condicionis et professionis 231 – Homologe 229 – reasonable man 229, 231 f. Medizinische Raritäten als Kausalfaktoren 144 – 146, 223 Menschenbild 73, 78, 229 – 231 Menschenwürde 34, 261 f. Mitsch, Wolfgang 40, 148, 158, 176 f., 220, 233 – 235, 249 Moral 81 Mord 32, 67 neminem laedere 253 – 255 Nettelbladt, Daniel 97, 149 nulla maia poena sine maia culpa 246 nulla poena sine culpa 46, 60, 197 nulla poena sine lege 82, 85, 225 Objektive Verantwortlichkeit

47

Paeffgen, Hans-Ullrich 18 f., 26 f., 29 – 34, 36, 38, 40, 44 f., 63, 85 f., 102, 113, 115 – 117, 120, 137 f., 146 f., 150, 153, 158 –

161, 167, 176, 178, 180, 216 – 218, 220, 225, 243 – 246, 258, 261, 265 – 269, 271 – 277, 279 – 285, 287 Pagliaro, Antonio 20, 47 f., 53, 55, 59 – 62, 136, 187 – 192, 232, 239, 241 Parkplatz-Rambo-Fall 143 Personales Unrecht 230 poena extraordinaria 105 poena ordinaria 89, 93 f., 104 – 106, 149 Präterintention 17, 19 – 21, 48 f., 51, 53, 128, 131, 186 f., 201 – 203, 289, 291 f. Pufendorf, Samuel von 77 – 79, 81 Puppe, Ingeborg 25 f., 35, 37, 51, 81 – 84, 91 f., 95 – 97, 99 – 101, 115 f., 139, 141 f., 146, 149 – 154, 176, 178, 180, 196, 214 – 222, 225, 253 f., 257 Quistorp, Johann Christian Edler von

106

Radtke, Henning 29, 32, 64, 120, 158, 245 f., 256 ratio – essendi 226, 233 f., 241 – legis 29, 42, 183 – ultima 64 Rechtsgut der Körperverletzung – Menschenwürde 261 – Selbstbestimmungsrecht der Patienten 261 – soziale Komponente 262 Rechtssicherheit 79, 214 f., 219 f., 224 Rechtsvergleichung – funktionale Terminologie 24 – Methode 23 recklessness 242 Reflex-Tod-Fall 144, 146 Regelbeispiele – erfolgsqualifizierte 31 – gefahrenerfolgsqualifizierte 31 Regelstrafrahmen 29, 32, 37 f., 54 f., 59, 65, 121 f., 130, 264 Rengier, Rudolf 25 – 27, 29, 31 – 36, 38, 40, 44 f., 60, 98, 101 f., 106 – 108, 113, 115 – 117, 120, 139, 143, 146, 158, 161, 163 – 168, 176, 178, 180, 213 f., 246, 267 – 269, 271 – 274, 276 – 280, 282 f., 287 Romano, Bartolomeo 46 f., 51, 56, 60, 65, 123, 182 f., 202, 239 f., 244, 259 – 261

Personen- und Sachverzeichnis Romano, Mario 46 – 49, 51, 53, 86, 89, 99 f., 102, 136, 183 – 185, 187 f., 202, 206 f., 214, 227 – 229, 232, 237 – 240, 255 Römisch-kanonisches Prozessrecht 87 Ronco, Mauro 46 – 49, 51, 56 f., 60, 63, 65, 82 – 84, 87, 93, 99 f., 102, 123, 132, 135 f., 182 f., 186 f., 193, 202 – 205, 227, 230, 237 f., 240, 242 – 244, 248, 259 – 261 Rötzel-Fall 152, 175 – 177 Roxin, Claus 19 f., 26, 29 – 32, 35, 39 f., 46, 65, 82, 84 f., 116, 120, 138, 148 f., 158, 165 f., 172, 177, 180, 193, 222, 224 f., 230 f., 233, 235 f., 241, 243, 245, 250, 262

S-Bahn-Fall 179 Schaffstein, Friedrich 71 – 78, 80, 82, 85, 87 – 89, 96 – 98, 103 – 105, 235 Schmidhäuser, Eberhard 35, 40, 117, 133, 147 – 149, 234 f. Schröder, Horst 28, 34, 40, 150, 158, 178, 180, 265 f., 272, 281, 287 Schroeder, Friedrich-Christian 41, 140, 147, 150, 172, 220, 233 – 235, 237, 258, 261, 263, 265 f., 268 – 272, 274 – 276, 280 – 285, 287 Schubarth, Martin 39 – 43, 62, 85 Schuldprinzip 26, 30, 33, 40 f., 45, 48, 82, 117, 160, 188 – 190, 197, 199 f., 207, 213 – 215, 222, 230, 250, 292 Schweikert, Heinrich 188, 254 Sechstes Strafrechtsreformgesetz 27 – 29, 31 – 33, 36, 39, 66, 119, 134, 137 f., 163, 266 f., 272, 282, 290 Sekundenherztod-Fall 143 severity responsability relation 256 Sicherheit 79 f., 222 Sonderdogmatik 40, 138, 168, 213 f. Sonderkonstitution des Opfers 106, 149, 157 Sorgfaltspflicht 41, 158, 165, 169, 204, 206, 226, 234, 237, 241, 254, 257 Sowada, Christoph 26, 30, 35, 37, 39, 150, 158, 161, 171 – 173, 176, 178, 180, 215, 283 Sperrwirkung im Strafrahmen 37 Steinberg, Georg 139, 145 f., 164, 171, 217

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Strafgesetzbuch – codice Rocco 54, 63, 123, 131, 187, 193, 247, 291 – codice Zanardelli 129 – 132, 193, 248 – des Herzogstums PArma 125 – des Herzogtums Parma 125 – des Königreichs beider Sizilien 123 f. – für das Großherzogtum Baden 112 – für das Herzogtum Braunschweig 110 – für das Königreich Baiern 107 – für das Königreich Hannover 110 – für das Königreich Sachsen 112 – für das Königreich Württemberg 109 – für die herzoglichen Holstein-Oldenburgischen Lande 108 – Preußisches 113 – 116, 133, 216 – Preußisches Allgemeines Landrecht 98, 114 – Reichs- 116 – Sardisch-Italienisches 129 – Toskanisches 126 f. – von Modena und Reggio Emilia 128 Strafrahmendisharmonie 33, 37 f., 67 Struensee, Eberhard 233, 236 f. Stuckenberg, Carl-Friedrich 26, 38, 44 f., 69, 71, 78, 85 – 89, 91 f., 95 – 100, 102, 107, 113 f., 133, 158, 161 f.

Teigmaschinen-Fall 178 tertium non datur 48 f., 187 Theodoricus, Petrus 74 f. Theorie des psychologischen Zwangs 79, 84, 99 Thomasius, Christian 76, 81 Totschlag 32 f., 35, 38, 67, 90 – 92, 112, 115, 118, 121, 220, 225 – § 212 StGB 120 Trück, Thomas 217 – 220

Unmittelbarkeitszusammenhang 52, 84, 89 – 91, 101, 103, 107 – 109, 139, 141, 144 f., 148 f., 152 f., 155, 159, 161, 171, 175 – 177, 184, 258, 263, 272 f., 275, 280, 283 f. Unrechtsdimension 34, 67, 163, 243 – 248, 256, 264, 266, 288, 290

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Personen- und Sachverzeichnis

versari in re illicita 43, 48, 85 f., 88 f., 91, 130, 187, 200 – 202, 250, 254, 288 voluntas – indirecta 89 ff., 93 f., 132, 213, 246, 258, 288 f. Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination 30, 50, 93, 101, 128, 185, 187, 202 f., 209 Vorsatz-Leichtfertigkeits-Kombinationen 31 – 33 Vorsatz-Vorsatz-Kombinationen 36 vulnus lethale 103

Weigend, Thomas 18 f., 35, 40, 64, 85, 158, 219, 233 – 237, 242, 249 f., 282 Wolff, Christian 30, 77, 97 Wolter, Jürgen 40, 70, 140, 147, 158 – 160, 173, 178, 180, 235 f. Wolters, Gereon 31, 117, 147, 172 – 174, 176, 178, 180, 258, 261, 265 – 274, 276 f., 279 f., 282 – 287 Zweigert, Konrad

20, 22, 24