Der Krieg von 1866 in Deutschland und Italien, politisch und militärisch beschrieben


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Table of contents :
Front Cover
Der Wiener Frieden vom 30 Oktober 1864
Die Priegeriſchen Ereigniſſe auf dem nordweſtlichen Opera:
Ereigniſſe auf dem nordöſtlichen Operationstheater
Bordringen der Preußen auf Würzburg; Beſchießung der Feſte
Der Frieden Deſterreichs mit Italien
Der Gaſteiner Vertrag erweist fich als zwedlos
Die öſterreichiſchen Streitträfte
Die preußiſchen Streitfräfte
Die Streitfräfte der deutſchen Staaten außer Deſterreich und Preußen
Die Streitfräfte des Königreich 3talten
Der preußiſche Bundesreformvorſchlag
Das Ende des deutſchen Bundes
Der Ausbruch des Krieges
Die Befeßung Kurheſſens, Sachſens und Sannovers durch preußiſche
Der Kriegeſchauplaß
Uebergang der italieniſchen Hauptarmee über den Mincio
Anſtalten des Erzherzog8 Albrecht gegen das Vorrüden der italienis
Die Schlacht von Cuſtoza am 24 Juni 1866
Setundäre Operationen
Abſichten und Pläne der Preußen
Vormarſch der Elbarmee und der erſten Armee an die Iſerlinie
Ueber den Einfluß der preußiſchen Erfolge auf die europäiſchen Heere
Ordre de bataille des Hannover'ſchen Armeekorps in Thüringen
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Der Krieg von 1866 in Deutschland und Italien, politisch und militärisch beschrieben

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Der

Krieg

von

1866

in

Deutſchland

und

Italien,

politiſch -militäriſch beſchrieben

von

W.

Rüstaw ,

Ober ft.Brigadier.

Mit Kriegskarten .

Zürich , Druc und Verlag von Friedrich Schultheß. 1866.

Germ

.

,403

$

BIBLIOTECA

ATENSIS )

L

Krieg

Der

in

von

Deutſchland

1866

und

Italien .

Erſte Abtheilung .

Einleitung: vom Wiener - Frieden vom 30. Oktober 1864 bis zum Ausbruch tenden Parteien .

des

Krieges .

Die

Heere

der

ftrei

Der Kriegsſchauplaş; die erſten

Kriegsereigniſſe in Wordweftdeutſchland.

Bayerische Staatsbirliothek MÜNCHEN

1. Wer Wiener Frieden vom 30. Oktober 1864. Der Präliminarfrieden vom 1. Auguſt 1864 ward durch den Vertrag vom 30. Oktober in einen definitiven verwandelt. Grundbeſtimmung

des

legtern iſt

im

Die

dritten Artikel enthalten,

welder lautet : „ Seine Majeſtät der König von Dänemark verzichtet auf alle ſeine Rechte auf die Herzogthümer Schleswig, Golftein und Lauenburg zu

Gunſten

Ihrer Majeſtäten des Königs

von

Preußen und des Raiſers von Oeſterreich und verpflichtet fich , die Verfügungen anzuerkennen , welche die genannten Majes ftäten in Bezug auf dieſe Herzogthümer treffen werden . " Der König von Preußen und der Kaiſer von Deſterreich wurden ſomit Souveräne der Herzogthümer , wie es bis dahin der König Chriſtian IX von Dänemark geweſen war. Die Eigenſchaft Hols ſteins als deutſches Bundesland ward durch den Friedensſchluß nicht berührt . Der Wiener Frieden vom 30. Oktober ward noch vom Grafen Rechberg als Miniſter der auswärtigen Angelegenheiten Deſter reichs unterzeichnet; unmittelbar darauf überließ er ſein Portefeuille dem Grafen Mensdorff - Poully , wo ausdrücklich bemerkt ward , daß dieſes in den freundlichen Beziehungen Deſterreichs zu Preußen durchaus feine Aenderung hervorbringen werde. In der That einigten fich Preußen und Deſterreich ſogleich über einen gemeinſamen Antrag beim deutſchen Bunde, dem gemäß die Bundesexekution für gegenſtandslos erklärt und die 1 Rüftow , 8. Krieg. 1866.

Zurück

2

ziehung der ſächſiſchen und hannöverſchen Bundestruppen aus Holſtein angeordnet werden ſollte. Dieſer Antrag ward von der Bundesverſammlung angenommen, obwohl nicht ohne einiges Widers ſtreben . Die Hannoveraner und Sachſen verließen Holſtein . Preußen ſtellte in den Herzogthümern ſechs

Infanterie

regimenter, zwei Reiterregimenter und drei Batterieen auf, Deſter reich ließ nur die Brigade Ralik ,

nämlich zwei Infanteries

regimenter, ein Jägerbataillon , zwei Eskadrons und eine Batterie dort zurück. Die gemeinſame Regierung Deſterreichs und Preußens trat nun auch für $ olft ein ein ;

ſie ward von den Freiherrn von

Zedliß und Lederer verwaltet ; an des Lestern Stelle trat jedoch ſehr bald Herr von $ albyuber. Schleswig. Das

ganze

nunmehrige Verhältniß

Regierungsſiß ward

der Herzogthümer war

offenbar ein proviſoriſches und ward auch von aller Welt lediglich ſo angeſehen. Deſterreich und Preußen hatten indeſſen den Boden gewonnen , auf welchem ſie ſich nun ruhig darüber verſtändigen konnten, was weiter in den Herzogthümern begonnen werden ſollte. Deſterreich , welches kein nahes Intereſſe an dem Beſige der Herzogthümer hatte , von denen ſeine übrigen Länder ſo weit entfernt liegen, welches aber ein Intereſſe daran zu haben glaubte, daß Þr e ußen ſich nicht vergrößere , ſchlug am 12. November 1864 , alſo unmittelbar nach dem Abſchluß des Wiener Friedens die Ceffton

der durch dieſen Frieden erworbenen Souveränetätss

rechte an den Prinzen Friedrich von Auguſt e n burg vor. Die Anſprüche des Großherzogs von Oldenburg ſollten dann nachher geprüft werden. In Preußen hatte unterdeſſen die Meinung immer mehr Verbreitung gefunden , daß es am Vernünftigſten ſein würde, die

3 .

Herzogthümer einfach mit Preußen zu vereinigen. Regierung, auf die Zuſtimmung Oeſterreich

Die preußiſche

angewieſen , wußte

aber wohl , daß dieſes einer ſolchen einfachen Vereinigung wider ſtreben werde. Sie antwortete daher zunächſt: daß Preußen weder

TA

die Kandidatur der Auguſtenburger, noch der Oldenburger aus fchließe, daß indeſſen die brandenburgiſche Dynaſtie nad dem

lla

Legitimationsrecht habe und fich

ſelbſt Erbanſprüche auf die Herzogthümer

genöthigt ſehen werde , dieſe gleichfalls geltend zu

machen , wenn Preußen nicht durch die neue Geſtaltung der Re: gierung in den Herzogthümern die Bürgſchaft für eine Sicherung

1

1

11

.

ť

ſeiner meinen

ſta atliden

intereſſen

Intereſſen

und

Deutſchlands

der

allges

geboten

werde.

Preußen müſſe von dieſem Standpunkte aus verlangen , daß die Militärorganiſation

der Herzogthümer

in

ein

feſtes

Verhältniß

zu der preußiſchen geſegt werde , daß die Seeſtreitkräfte der Her zogthümer für die preußiſche Marine

nugbar

gemacht

und

die

Handels- und Schifffahrtsverhältniſſe Preußens zu den Herzogs thümern gegen fünſtliche Hemmungen geſchüßt werden . Die Berliner Regierung fündigte in ihrer Depeſche vom 13. Des zember zugleich an , daß ſie ihre Kronſyndici beauftragt habe , die Rechtsfrage näher zu prüfen . In der Erwiderung vom 21. Dezember 1864 machte das Wiener Rabinet geltend , daß der deutſche Bund darauf zu ſehen habe , ob der politiſche Zuſtand eines Bundeslandes den Grunds geſeßen des Bundes entſpreche oder nicht. Er dürfe nicht dulden, daß ein unſelbſtändiges Mitglied in den Verein ſeiner Sou veräne eingeführt werde.

Mit der vorgeſchlagenen Ceffion wolle

Defterreich feineswegs die Rechtsfrage entſcheiden .

Bei Prüfung

der legtern werde es aber a uch darauf ankommen, zu beſtimmen, ob Chriſtian IX die ganzen Herzogthümer habe mit Fug abtreten

4 können oder nur ſolche Landestheile, welche ihm auch abgeſehen von dem Thronfolgegeſeß von 1853 zugefallen ſein würden . Die Verwirrung wächst, wie man ſteht, beſtändig ; ſie wächst lediglich, weil Deutſchland nicht ein einheitlich konſtituirter nationaler Staat iſt.

Die Frage nach der Befugniß Chriſtians des IX war

eigentlich ſchon dadurch entſchieden, mußte wenigſtens für Preußen und Deſterreich ſchon dadurch entſchieden ſein, daß fie überhaupt den Wiener Frieden mit ſeinem ganzen Inhalt mit dem König Chriſtian IX von Dänemark abgeſchloſſen hatten. Indeſſen an die preußiſche Regierung trat jeßt allerdings die Forderung ſehr ſchart heran, gerade dieſe Frage nach der Befugniß aller Parteien, den Wiener Frieden endgültig abzuſchließen , der Prüfung ſeiner Kronjuriſten und ihre angemeſſene Beantwortung dieſen Kronjuriſten dringend zu empfehlen. Am 22. Februar 1865 theilte die preußiſche Regierung dem Wiener Rabinet mit, welche Beſchränkungen ſie dem zukünftigen Souverän Schleswig -Holſteins in ihrem eignen und im allgemeinen deutſchen Intereſſe zumuthen müſſe,

unter welchen Bedingungen

fie alſo mit Deſterreich über die Ceffion der Herzogthümer an einen eignen Souverän verhandeln fönne. Preußen verlangte Folgendes von dem neu zu gründenden Staate Schleswig - Holſtein : 1. Dasſelbe ſchließt ein ewiges Schuß- und Truß bündniß mit Preußen, durch welches Preußen fich zum Schus und zur Bertheidigung der Herzogthümer gegen jeden feindlichen Angriff verpflichtet, während die geſammte Streitkraft der Herzogthümer im Weſentlichen ein integrirender Beſtandtheil der preußiſchen Armee und Flotte wird. 2. Die preußiſche – in der angegebenen Art verſtärkte Flotte iſt zu freier und abgabenfreier Zirkulation und Stationirung

5

in allen ſchleswig -Holſteiniſchen Gewäſſern berechtigt und der preu Biſchen Regierung ſteht an den ſchleswig -Holſteiniſchen Küſten die Kontrole über das Lootſens, Betonnungs- und Erleuchtungsweſen zu. 3. Zur Unterhaltung ſeiner Streitkräfte zahlt Schleswig -Hols ftein an Preußen, welches ihre ganze Verwaltung übernimmt, einen Geldbeitrag, der nach billigen Grundſäßen zu bemeſſen ift.

Für

alle Transporte von Kriegsmaterial u. f. w. tritt die preußiſche Regierung den ſchleswig Holſteiniſchen Bahnen gleichen Rechte , in

gegenüber in die

denen fie gegenüber preußiſchen

Privateiſen

bahnen ſteht. 4. Das Befeſtigungsſyſtem der Herzogthümer wird nach Vereinbarung zwiſchen der preußiſchen und herzoglichen Regierung und nach dem von der erſtern für die allgemeinen militäriſchen Zwede anerkannten Bedürfniß geregelt. 5.

Die Pflichten des neuen Souveräng von Schleswig - Hols

ſtein gegen den deutſchen Bund bleiben für Holſte in die alten . Das Holſteiniſche Bundesfontingent ſtellt Preußen aus den Theis len ſeiner Armee, welche nicht ſein eignes Kontingent bilden . 6. Rendsburg ſoll in Uebereinſtimmung aller Betheiligten zur Bundesfeftung erklärt werden .

Bis dieß geſchehen iſt, bleibt

es von Preußen beſegt. 7.

Indem Preußen die Verpflichtung zum militäriſchen und

maritimen Schutz der Herzogthümer übernimmt ,

beanſprucht es,

daß ihm gewiſſe Territorien zur Anlage von Befeſtigungen mit vollem Souveränetätsrecht abgetreten werden und zwar mindeſtens : a ) Sonderburg mit Gebiet an beiden Ufern des Alsſun des und auf der Inſel Alſen, ſoweit, daß die Anlage eines Kriegs hafens im Hjörupshaff und deſſen Sicherung möglich wird ; b) das nothwendige Gebiet für die Sicherung des Hafens nebſt der Feſte Friedrichsort;

Rieler

6

c)

Territorien

an den beiden Mündungen des projektirten

Nordoſtſee-fanals und außerdem das Oberaufſichtsrecht über dieſen Ranal .

8. Schleswig -Holſtein tritt dem Zollverein bei und das ſchleswig -Holſteiniſche Telegraphen- und Poſtweſen wird mit dem preußiſchen verſchmolzen . Dieſe Forderungen Preußens beweiſen nur, wie viel einfacher die direkte Verbindung der Herzogthümer mit Preußen wäre. Graf Mensdorff antwortete am 5. März 1865 auf die preußiſchen Forderungen : ein Herzog von Schleswig -Holſtein, der mit den von Preußen verlangten Beſchränkungen eingeſeßt werde , fönne unmöglich als gleichberechtigtes und ſtimmfähiges Mitglied in den Kreis der Souveräne des deutſchen Bundes eintreten . Die Bedingnngen , welche Preußen ſtelle , Sonderintereſſe

im

Auge.

Es haben

hätten nur Preußens

aber Deſterreich und

der

deutſche Bund a uch Anſpruch auf die Leiſtungen Søleswig -Hols ſteins.

Deſterreich habe nun nichts dagegen , daß Rendsburg

zur Bundesfeſtung erklärt werde, daß Preußen den Kieler Has fen für ſeine Marine erlange ,

außerdem einen

Nordoſtſee.

Ranal anege und daß Schleswig -Holſtein in den Zollverein eintrete .

Aber weiter fönne es nicht gehen und überdieß fönnten

Deta ilverhandlungen erſt dann mit Nußen geführt wers den, wenn die Frage der Souveränetät entſchieden ſei. Deſterreich fönne demnach

das

Programm

Preußens

nicht

annehmen

und

ſchließe hiemit einen Abſchnitt der Verhandlungen, in welchem eine definitive Uebereinkunft überhaupt nicht möglich ſei.

2. Der Vertrag von Kaftein 14. Auguft 1865 . Deſterreich und Preußen hatten nun wohl mit großer Deuts lichkeit geſagt, was ſie wollten .

Ruhen konnte indeſſen die Frage

7

unmöglich , hätten auch die beiden deutſchen Großmächte ſie ruhen laſſen wollen . Sie in ußte ja theils beim deutſchen Bunde, theils in

der Verwaltung

der Herzogthümer

ſich

immer wieder

aufs

drängen . Am Bunde ſtellten die Hauptvertreter des deutſchen Partis kularismus , Bayern , Sachſen und Heſſen - Darmſtadt, oder um es präziſer zu ſagen, die Herren v. d. Pfordten, Beuft und Dalwigt, ſchon am 27. März 1865 den Antrag : „ Hohe Bundesverſammlung wolle unter Vorbehalt einer weis tern Beſchlußfaſſung die vertrauensvolle Erwartung ausſprechen, es werde den höchſten Regierungen Deſterreichs und Preußens ges fallen , dem Erbprinzen von Schleswig - Holſtein - Sonderburg - Augus ſtenburg das Herzogthum Holſtein in eigne Verwaltung nunmehr zu übergeben , bezüglich der wegen des Herzogthums Lauenburg aber unter ihnen getroffenen Vereinbarungen der Bundesverſamms lung Eröffnung zugehen zu laſſen . " Es iſt ſehr klar, daß dieſer Antrag im Sinne der leßten Ers flärungen Deſterreichs und durch aus gegen Preußen gerichtet war .

Er ward am 6. April 1865 von

mit 9 gegen 6 Stimmen angenommen.

der Bundesverſammlung Einen praktijähën Erfolg

konnte dieſer Beſchluß freilich nicht haben , indeſſen iſt zu fonſtast tiren , daß er immer mehr die Spiße des Partikularismus gegen Preußen zu kehren beitrug , beitrug alſo dazu , daß die preußiſche Regierung , welche immer ſie war, fiets mehr einſehen mußte , daß es in ihrem Intereſſe liege, dem Partifularismus, der dynaſti: den Zerſplitterung Deutichlands , feindlich gegenüber zutreten . In der Verwaltung Söhleswig -Holſteins ergaben ſich bedauers lithe aber nothwendige Konflikte zwiſchen dem preußiſchen miſſär Zedliß und dem öſterreichiſchen Halbhuber.

Kom

Der preußiſche

8

Grundgedanke , wie ſebr er in der Ausführung immer beſchränkt werden mochte, war doch der und mußte der ſein ,

Schleswig

Holſtein zu annektiren. Deſterreich hatte kein weiteres Intereſſe, als *

dieß zu hindern.

Preußen mußte

aftiv

vorgehen ,

Deſterreich

konnte fich darauf beſchränken , zu proteſtiren , die auguſtenburs giſche Agitation walten zu laſſen, dadurch fich immer mehr Freunde bei den Partikulariſten Deutſchlands , im dynaſtiſchen und im Las ger der Bourgeoiſie zu gewinnen. Preußen ließ ſich flottenmäßig im Hafen von Kiel häus lich nieder ; es ließ einen auguſtenburgiſchen Publiziſten , Namens May , gebornen Preußen ,

Redakteur der ſchleswig -Holſteiniſchen

Zeitung , durch preußiſche Soldaten zu Altona verhaften, ließ einen anderen gewiſſen Freeſe , Mitglied des preußiſchen Abgeordnetens Hauſes , aus Kiel ausweiſen,

lauter Dinge, von denen ſie wes

nigſtens die legtern hätte unterlaſſen fönnen. Die Verwaltungshäfeleien in Schleswig -Holſtein zwiſchen den Elementen einer Regierung , welche eine ſein ſollte und es doch nicht war, beſtimmten nun Preußen beſonders, neue Verhand lungen mit Defterreich anzuknüpfen .

Die Souveräne beider

Reiche trafen ſich ſchließlich perſönlich und es fam der Gaſteiz ner Vertrag zu Stande. Dieſer Vertrag , am 14. Auguſt 1865 abgeſchloſſen , am 20 . Auguſt ratiftzirt, enthält die folgenden Hauptbeſtimmungen : 1. Beide Mächte, Preußen und Deſterreich, reſerviren ſich die gemeinſchaftliche

Souveränetät

über

die

Herzogthümer

Schleswig und Holſtein , die Verwaltung von Holſtein übernimmt aber proviſoriſch Deſterreich, die Verwaltung von Schleswig über nimmt Preußen . 2.

Preußen

und Deſterreich

werden

beantragen ,

daß

eine

deutſche Flotte Hergeſtellt und Kiel zum Bundeshafen erklärt

9 werde.

Bis die betreffenden Beſchlüſſe des deutſchen Bundes zur

Ausführung gekommen ſind , benußen die Marinen von Preußen und Deſterreich den Kieler Hafen ; Preußen führt aber in dieſem Hafen das Kommando , übt dort die Polizei und alle Territorial rechte aus, die ihm zur Sicherung dieſes Hafens nothwendig über laſſen werden müſſen. 3. Deſterreich und Preußen werden in Frankfurt beantragen, daß Rendsburg zur Deutſchen Bundes feſte erklärt werde ;

bis die Eigenſchaft Rendsburgs als Bundesfeftung aner

fannt iſt, wird dieſer Plas gemeinſchaftlich von Oeſterreich und Preußen beſeßt. 4. So lange die Theilung der Verwaltung Schleswigs und Holſteins zwiſchen Preußen und Deſterreich dauert , behält Preu Ben zwei Etappenſtraßen

durch Holſtein ,

die eine von

Lübeck auf Kiel, die andere von Hamburg auf Rendsburg ; beſon dere Ronventionen beſtimmen das Nähere. 5. Preußen verfügt auf ſeine Weiſe über einen Telegraphen draht und eine Poſtlinie nadh Riel und nach Rendsbury ; für die Ausführung einer direkten Eiſenbahn von Lübeck über Riel durch Hofftein tritt Preußen ein, ohne Anſprüche auf Hoheitsrechte über die Bahnlinie zu erheben.

6. Schleswig - Holſtein ſoll ſchließlich dem zollverein bei : treten . Deſterreich erklärt ſich geneigt, auf Grund beſonderer Ver handlungen ,

dieſen Beitritt auch ichon während der Dauer des

durch dieſen Vertrag feſtgeſtellten Proviſoriums zu begünſtigen. 7.

Die Ausführung

des

Nordoſtſee - sanals mit den

daraus natürlich erfließenden Rechten wird Preußen überlaſſen . 8. Betreffs der finanziellen Leiſtungen , welche durch den Wiener Frieden vom 30. Oft. 1864 feſtgeſtellt find, bleibt Alles beim Alten . Nur ſoll das Herzogthum Lauenburg feinen

10

Beitrag zu den Kriegsfoſten liefern und die Beiträge Polſteins und Schleswigs ſollen auf dieſe nach dem Maße der Bevölkerung vertheilt werden .

X

t

9.

Das Herzogthum Lauenburg überläßt der Kaiſer

ron Deſterreich in vollen Rechten, wie ſie im Wiener Vertrag ers worben , an den König von Preußen, welcher dafür 24/2 Millionen däniſche Thaler in preußiſchem Silbergeld vier Wochen nach Ratis fifation des Vertrags bezahlt. Durch den Gaſteiner Vertrag war alſo die Verwaltung der Herzogthümer zwiſchen Preußen und Deſterreich territorial getheilt , Preußen hatte

außerdem gewiſſe Beſiß : und Verwal

tungsrechte von größter Wichtigkeit in dem der Verwaltung Deſters reichs zugefallenen Holſtein

erhalten und , was das Bedeutendſte

war, Deſterreich hatte alle ſeine Rechte auf Lauenburg an Preußen abgetreten . Es hatte damit ---- hierüber darf kaum ein Zweifel obs walten ,

zugegeben , daß es freies Verfügungsrecht über ſeinen

Antheil an der Eroberung habe ,

welche die beiden Mächte ges

meinſchaftlich gemacht hatten . Der Gaſteiner Vertrag ward von vielen Seiten anges fochten .

Die thüringiſchen kleinen Fürften von Weimar,

Coburg

und Meiningen

proteſtirten

gegen

die Verfügung über

Lauenburg und beantragten ein Austrägalverfahren . Die Natio , nalvereinspartei redete

von

Länderſchacher und behauptete,

daß durch den Gaſteiner Vertrag die Herzogthümer von einander geriffen ſeien .

Drouyn de Lhuys und Ruſſel ließen gleichs

falls vertrauliche Noten von Stapel , ihrer Beurtheilung unterwarfen.

in

welchen ſie den Vertrag

Späterhin griff auch das preu :

Biſche Abgeordnetenhaus die Stipulation wegen Lauenburgs an, da dieſes vorerſt ohne Zuſtimmung der Kammern vom Könige erworben ſei, welcher nach der Verfaſſung nicht Herrſcher „fremder

11 Reiche" ſein fönne, und weil aus der Erwerbung Lauenburgs Las ften für Preußen entſtehen könnten . Indeffen hatte der König von Preußen ſofort die ſtipulirte Abfindungsſumme aus ſeiner Privatkaſſe nach Wien bezahlt und am 15. September von Lauenburg Beſiß ergriffen , deſſen

Bevöl

ferung die Vereinigung mit einem großen Staate für einen Vors theil hielt . Die preußiſchen

Truppen ,

ſoweit ihr Verbleiben

hier

nicht

ausdrücklich beſtimmt war, zogen ſich aus Holſtein nach Schleswig und

Lauenburg

zurück,

die

öſterreichiſchen

fonzentrirten

fich

in

Holſt ei n . Zum Gouverneur des leßteren ernannte der Kaiſer von Deſterreich den General von Gablenz , dem zunächſt für die Zivilverwaltung

Herr von Halbhuber zur

Seite

blieb ;

indeſſen

ward dieſer bald durch Herrn v. $ ofmann erſeßt. Der König von Preußen ernannte zum Gouverneur

von Schle 8 wig den

General v. Manteuffel ; deſſen Gehülfe für die Zivilverwaltung blieb Herr v . 3 edli ß .

3. Der Gaſteiner Vertrag erweist ſich als zwedklos. Zunächſt machte der Gaſteiner Vertrag die Organe des Par tifularismus in Deutſchland verſtummen, welche von der preußiſch öſterreichiſchen Feindſchaft geredet und im Godſommer bereits weit läufige Ueberlegungen angeſtellt hatten, auf welche Seite fich Baiern, Sachſen , Heſſen u . ſ. w. zu ſchlagen haben werde, falls Oeſterreich und Preußen ſich im Waffenkampfe begegnen ſollten. Vorläufig war der Bruderkrieg abgedämmt; ja es fonnten wieder neue Vorfälle notirt werden, welche zum Beweiſe einer Eis nigung der beiden

deutſchen

Großmächte

herbeigezogen

werden

mochten . So richteten mit Bezug auf den Abgeordnetentag, der fich in

12

Frankfurt a . M. verſammelt und fich entſchieden gegen den Sa ſteiner Vertrag erklärt hatte, Deſterreich und Preußen nach Uebereinkunft warnende Noten an den Frankfurter Senat. Dann wieder als die Miniſter von der Pforten , Beuſt und Dalwigf, im November 1865 am Bundestage den Antrag ſtellten , Deſterreich

und

Preußen möchten

bald

eine

bolſteiniſche

Ständeverſammlung einberufen , die bei der Löſung der Herzogthümerfrage mitwirken könne, und dieſe deutſchen Großmächte ſollten die AufnahmeSchle 8 w ig 8 inden deutſchen Bund zu erwirfen ſuchen

da verhielten ſich auch dieſem Antrage ges

genüber Deſterreich und Preußen gleich abweiſend. Dennody konnte ſchon in dieſen Angelegenheiten ein uns terſchied des Auftreten 8 Deſterreichs einerſeits, Preußens andererſeits Niemandem verborgen bleiben . Der freilich, welcher nicht von

einem Tag

auf den andern

urtheilt , welcher alſo beis

ſpielsweiſe das Zuſammengehen Oeſterreichs und Preußens

1864

ſogleich nach ſeinem wahren Werth beurtheilt hatte, bedurfte feiner Beweiſe für die Fortdauer des Zwieſpaltes der beiden deutſchen Großmächte, doch

ſchon

aber ſelbſt der politiſchen Eintagsfliege bei

dem

gemeinſamen Vorgehen

der

mußten deutſchen

Großmächte einige Zweifel an der Dauer der alten Eintracht aufgehn. Das nicht gemeinſame Vorgehn war aber doch vollends nicht zu vernachläffigen.

In Bezug auf diefes bemerken wir hier

die außerordentlich natürliche Annäherung Preußen 8 an Sta : lien , - die unglücklichen Verſuche, welche Deſterreich - nach ſo vielen andern mißlungenen , machte, ſeine innern Ver . hältniſſe befriedigend zu geſtalten. Einen beſonders ſcharfen Ausdruck mußte der ewige Konflikt zwiſchen Deſterreich

und Preußen

oder zwiſchen Habsburg und

13

Hohenzollern doch wieder auf dem Punkte erhalten , auf welchem Fie beide unmittelbar neben einander ſtanden , in den Herzogthümern und der Sache der Herzogthümer. In dieſer Sache verfündete Anfangs Oftober 1865 Preus Ben das Gutachten ſeiner Aronjuriften , welches im Weſents lichen aus

darauf hinauslief ,

daß alles Recht über die Herzogthümer

dem Wiener Frieden vom 30. Oktober 1864 herfließe, daß

durch dieſen Frieden allein ſchon jedes Erbrecht der Auguſtenburger hinfällig geworden ſei, wenn jemals ein ſolches exiſtirt hätte, daß eß aber überhaupt auch niemals beſtanden hätte. Die

öſterreichiſche Verwaltung in Holſtein

dagegen duldete fortwährend, daß in der Preſſe und Vereinen das Recht des Prinzen von Auguſtenburg auf die Herzogthümer als ein unzweifelhaftes behandelt und für dasſelbe agitirt wurde , ſo ſehr von preußiſcher Seite die Anſicht geltend gemacht ward , daß dieſe Agitationen nicht anders denn als hochverrätheriſche angeſehen werden dürften , da ſie gegen das Anſehn der zeitigen Souveräne gerichtet wären . Endlich machte Bi 8 marf durch eine Note vom 20. Januar 1866 die öſterreichiſche Regierung darauf aufmerkſam , wie das Vers halten der holſteiniſchen Verwaltung die Beziehungen Preußens zu Deſterreich im Allgemeinen trüben müſſe.

Kaum aber war dieſe

Note abgegangen , als eine große Maſſenverſammlung ſchleswig holſteiniſcher Vereine zu Altona, in welcher Preußen aufs Heftigſte angegriffen

wurde , ihm ſchon Veranlaſſung gab , ' ihr eine zweite

vom 26. Januar nachzuſenden , welche von dem höchſten Inters eſſe ift. Bismark erinnert an die ſchönen Tage von Gaſtein und Salz burg ; er gab fich damals dem Glauben hin ,

daß Preußen und

Deſterreich nicht bloß in der Ueberzeugung von der Nothwendigkeit

14

des

Rampfes

gegen

die „ Revolution ",

ſondern auch

über den

Rampfplan einig ſeien . Dieſer ſchöne Glauben ward zwar ein wenig , doch nicht allzubedenklich , durch das Verfahren der öſters reichiſchen Regierung

in Sachen

der Noten an den Frankfurter

Senat erſchüttert. Jeßt aber nehmen die Dinge eine viel bedeuten dere Geſtalt an ; das Verhalten der holſteiniſchen Regierung muß geradezu ,

ſagt Bismark , als ein aggreſſives bezeichnet werden ;

die faiſerliche Regierung ſteht nicht an, genau dieſelben Mittel der Agitation

gegen Preußen ins Feld

zu führen ,

welche ſie

mit

Preußen gemeinſam zu Frankfurt bekämpfen wollte. Wenn man zu Wien der revolutionären Umwandlung des durch ſeinen konſervas tiven Sinn ausgezeichneten holſteiniſchen Volksſtammes ruhig glaubt zuſehen zu dürfen , ſo iſt Preußen entſchloſſen, dies nicht zu thun . Der Gaſteiner Vertrag hat nur proviſoriſch die Verwaltung der beiden Herzogthümer getheilt ; aber Preußen hat das Recht zu fors dern, daß Holſtein von Deſterreich während des Proviſoriums im status quo erhalten werde, ebenſo wie Preußen verpflichtet iſt, dies ſen Status in Schleswig zu erhalten .

Die preußiſche Regierung

bittet das Wiener Kabinet, das Verhältniß zu erwägen und danach zu handeln.

Sollte eine verneinende oder ausweichende Antwort

erfolgen, ſo würde Preußen die Ueberzeugung gewinnen, daß Deſter reich von einem traditionellen Antagonismus beherrſcht, nicht auf die Dauer mit ihm gehen wolle. Dieſe Ueberzeugung würde ſchmerz lich ſein ; aber Preußen müſſe endlich klar ſeben . Sei es ihm un möglich gemacht, mit Defterreich zu gehen , ſo müſſe es die volle

8 Freiheit für ſeine Politik gewinnen ,

um von derſelben den ſeinen

Intereſſen entſprechenden Gebrauch zu machen . Die verneinende und ausweichende Antwort erfolgte durch eine Note Mensdorff's vom 7. Februar. Der öſterreichiſche Miniſter lehnt in derſelben von Deſterreich die Verantwortlich feit dafür ab ,

1 15

daß die Elbherzogthümer fich noch immer im Proviſorium befinden.

Deſterreich wiſſe ſehr wohl , daß es Holſtein nicht als aber in der Verwaltung desſelben ſei

Eigenthum beſiße ,

. es ,

lange das Proviſorium dauere , vollkommen frei und könne

feine Rontrole dieſer Verwaltung von irgend einer Seite her zu : laſſen . Uebrigens fügt Graf Mensdorff noch hinzu, wie fönne Preußen fich über die Altonaer Verſammlung beklagen ? Dieſe Verſammlung würde nicht möglich geweſen ſein , wenn nicht eben Preußen fich dagegen geſträubt hätte, ein Verbot derartiger Verſammlungen von Bundeswegen und für das geſammte Bundesgebiet zu beantragen .

4.

Beginn der Rüftungen .

Durch den eben erwähnten Notenwechſel war der Antagonis , mus zwiſchen Deſterreich und Preußen zu Protokoll erklärt. Bismark ſchwieg. handeln werde.

Man mußte vorausſeßen ,

daß er nun

Die volle Freiheit ſeiner Politik hatte zufolge

den Erklärungen vom 26. Januar Preußen durch die öſterreichiſche Antwort zurück erhalten.

Welchen Gebrauch würde Preußen wohl

von dieſer Freiheit machen ? Die Löſung eines Konfliktes der Intereſſen verſchiedener Staaten beruht ſchließlich immer auf der Gewalt. Preußen wird alſo zunächſt ſeine Macht zu ſtärken ſuchen und zwar naturgemäß, nach dem es mit der einen Alianz zu Ende gekommen iſt, durch neue Allianze n . Wo aber dieſe finden ? In Deutſchland ? An die Re gierungen kann es fich dort ſchwerlich wenden ;

denn

dieſe

müſſen die Aufrechthaltung des Partikularismus wollen und in Preußens Intereſſe liegt es gerade , denſelben zu bekämpfen. Alſo an das Volt ? Aber wenn auch Bismarf es gar nicht verſchmähen follte, rich an das deutſche Volk zu wenden, wird ihm das deutſche

16

Volf glauben ? Ja, wenn es von ſeiner Ehrlichkeit auch vollkommen überzeugt wäre , ſo hat doch die öffentliche Meinung rich in den deutſchen Mittel- und Kleinſtaaten gerade in der ſchleswig -Hols ſteiniſchen Angelegenheit als entſchiedene Anhängerin des Partiku larismus bewieſen ! Wenn ſo für Preußen die Hoffnung auf Adianzen in Deutſch land nur eine wenig berechtigte

ſteht es dann außer

vorerſt jedenfalls

iſt, wie

Deutſchland ?

In der That dort ftehen die Dinge anders.

Abgeſehen von

allen Abmachungen , an welche man denken fönnte , hat Preußen dort eine ganz natürliche Allianz geradezu auf der Hand,

gerade

gegen Oeſterreich, - nämlich die mit Italien. In dem Maaße, in welchem Preußen an der Fortdauer eines wirklichen Bündniſſes mit Deſterreich zu zweifeln näherte eg dem jungen Königreich Italien.

veranlaßt war,

Schon vor der Mitte

des Jahres 1865 knüpfte es mit Italien Verhandlungen an über den

Abſchluß

eines

Bandelsvertrage $

zwiſchen

dieſem

und dem Zollverein. Die meiſten Mittels und Kleinſtaaten , welche dem Zollverein noch gar

angehören ,

nicht anerkannt ,

hatten

aber das Königreich Italien

fie hatten auch keine Luft ,

dies zu

thun , aus dynaſtiſchen Rückrichten. Denn was war die Anerkennung des Königreichs Italien im Grunde anders , als die Anerkennung der Ueberflüſſigkeit von Mittel- und Kleinſtaaten in Italien ? Daß aber nun dieſe Sache prinzipiell aufgefaßt und auch anderswo von dem neugewonnenen Prinzip eine praktiſche Anwendung gemacht werde, lng freilich nahe. Andererſeits machte nun Italien mit vollem Rechte geltend, daß es unmöglich mit Regierungen unterhandeln fönne, die es nicht anerkannt hätten. Preußen führte den

ollvereinsſtaaten die Berechtigung dieſer

annu

17

Anſicht

zu Gemüthe,

drohte

beiläufig

mit

Auflöſung des Zolls

vereins ; die Handelswelt in den Zollvereinsſtaaten, für ihre

In

tereſſen fürchtend, drängte ihre Regierungen und ſchließlich erkannten dieſe alle das Königreich Italien an und am 31. Dezember 1865 ward der

Handelsvertrag zwiſchen Italien

und dem Zollverein

unterzeichnet. Die Angelegenheit der

Durchtunnelung

der S d weizer :

Alpen gab neue Veranlaſſungen zu einem innigen Verkehr der preußiſchen und italieniſchen Regierung. Wenn nun vollends fich die Perſpektive eines Ariege 8 zwiſchen Deſterreich und Preußen aufthat, was konnte Italien fich Befferes wünſchen ? mußte

es nicht

den Moment

benußen , um ſich Venetien zu holen ? mußte es nicht den Bund mit Preußen ſchließen ? Solche Erwägungen mußten fich dem Wiener Kabinet nothwendig

aufdringen .

Eine

freundſchaftliche

Erkundigung des

Grafen Karolyi, öſterreichiſchen Geſandten in Berlin , bei Bismarf : was derſelbe unter dem Gebrauch verſtehe, den die preußiſche Res gierung von ihrer wiedererlangten politiſchen Freiheit in ihrem In tereſſe machen ſolle, beantwortete der preußiſche Miniſter freilich nicht damit , daß er alle ſeine Abſichten zum Beſten gab ,

er

erwiederte vielmehr nur : Deſterreich und Preußen träten nun eben in das Verhältniß zurück, in welchem fte ſich befunden hätten, bes vor fie 1864 gemeinſchaftlich

und engverbündet gegen Dänemark

vorgingen. Aber in der Sachlage

ändern einmal ſolche diplomatiſchen

Erkundigungen und Antworten ſehr wenig. Deſterreich , welches ſtets

eine große Zeit braucht , um ſeine

Armee mobil zu machen, begann zu rüſten ; ſchon im Februar 1866 wurden alle Vorbereitungen getroffen , auch Verſtändigungen 2 Küſtow , d. Krieg . 1866 .

18

mit den einzelnen und befreundetſten Mittel- und Kleinſtaaten an geknüpft. Anfang 8 März 1866 nahmen die Rüſtungen De ſte rs reichs einen Charakter an, daß Preußen ihnen nicht ſtill zuſehen fonnte. Die öſterreichiſchen Regimenter rückten eind auf das andere nach Böhmen und begannen ſich dort zu kompletiren . Auch in den übrigen deutſchen Provinzen ſammelten ſich

die

Regimenter, welche dort ihre Depots hatten. Fragte man nach dem Grunde dieſer außergewöhnlichen Be wegungen , ſo hieß es : in Böhmen ſeien Unruhen ausgebrochen, der Pöbel erhebe fich dort gegen die Juden und verfolge fie auf die grauſamſte Weiſe. Die Fuden müßten von der kaiſerlichen Res gierung beſchüßt werden. Dieſe Beſchüßung der jüdiſchen Unterthanen lag allerdings in der Pflicht der Regierung , auffallender Weiſe aber ſammelten fich die faiſerlichen Regimenter großentheils gegen die preußiſche Grenze, “an

welcher

feine

Juden verfolgungen

vorge .

kommen ware n . Während Deſterreich Böhmen und Mähren ſtark beſepte, rü ſtete es auch ſeine Feſtungen in Italien aus und traf Anſtalten zur Vertheidigung der iſtriſchen und dalmatiſchen Küſten . Der König von Preußen dagegen erließ zuerſt eine herausfordernde Verordnung, durch welche er alle Unternehmungen, welche darauf hinzielten ,

ſeine

und

des

Kaiſers von

Oeſterreich Souveränetät in den Elbherzogthümern zu unter graben , mit ſchweren Zuchthausſtrafen bedrohte. Dieſe Verordnung, am 11. März erlaſſen , ward von dem Ges neral v . Manteuffel für das Herzogthum Schle 8 wig am 13. März verfündet. Dies gab zu einer Anfrage des öſterreichiſchen Geſandten am

19

Berliner Sofe am 16. März Veranlaſſung: ob Preußen

beabſich

tige, den Gaſteiner Vertrag gewaltſam zu zerreißen ? marf

erwiderte darauf

mündlich

Nein !

und

mündlid fönne er nicht weitläufiger antworten ,

fügte

Bio hinzu,

weil ſolche

mündlichen Auseinanderſeßungen abzuleicht mißverſtanden und falſch ausgelegt würden. Verlange der öſterreichiſche Geſandte eine eingehen dere Erklärung, ſo möge er die Frage ſchriftlich formuliren. Dies geſchah nicht, indeſſen die Truppenbewegungen in Böhmen und Mähren wurden, weit entfernt, aufzuhören, immer bedrohlicher. Für Preußen lag die Erinnerung an das Jahr 1850, als es plößlich dem bis an die Zähne geharniſchten Deſterreich ungerüſtet gegenüberſtand und demſelben fich zu Olmüş demüthig

unter

werfen mußte, noch zu nahe . Man durfte fich einem ſolchen Schicks ſale nicht zum zweiten Mal ausſeßen. Obwohl nun Bismark ſehr wohl wußte, wie er mit den M its tel : und Klein ft aaten ſtand , ſchien es ihm doch immer paſſend, dieſelben frühzeitig zu einer Erklärung zu zwingen. Durch eine Depeſche vom 24. März fündigte er an , daß durch die Rü ſtungen der Deſterreicher nun endlich

a u ch Preußen zu An

ftalten zum Schuße Schleſiens gezwungen werde. wenn auch Deſterreich jeßt eine noch

Denn,

ſo friedliche Sprache führe,

ſei doch zu befürchten , daß es dieſe ändern werde, ſobald es mit ſeinen Rüſtungen zum Ende gediehen ſei. Preußen dürfe aber nicht bei den Maßregeln zu ſeinem a ugenbliďlichen Schuße ſtehen bleiben. Es müſſe auch in die Zukunft blicken und in ihr die Garantieen der Sicherheit ſuchen, welche es von dem Bündniſſe mit Deſterreich vergebens gehofft habe. Gewiß ſei nun Preußen dabei vorerſt auf die übrigen deutſchen Staaten , auf Deutſchland felbſt hingewieſen ; aber dabei dränge ſich die Einſicht immer ſchärfer auf, daß der deutſche Bund in ſeiner gegenwär's 2*

X

20

tigen Geſtalt ſeinem Zwecke nicht entſpreche , nicht einmal, wenn Deſterreich und Preußen einig , viel weniger , wenn fie uneins ſeien. Wenn Preußen jeßt von Deſterreich angegriffen werde, fönne es eine bundesmäßige Unterſtüßung nicht erwarten , vielmehr werde es lediglich auf den guten Willen der einzelnen Staaten rechnen müſſen , die ohne Rüdricht auf den Bundesweg ihm ihre Hülfe gewährten . Preußen frage deßhalb an, wie es mit dem guten Willen der einzelnen Staaten ſtehe.

Wie fich aber dieſes immer

erweiſen möge, dennoch werde Preußen

in jedem Falle eine

Reform der politiſchen und militäriſchen Vers hältniſſe des Bundes beantragen müſſen . Wir wollen hier ſogleich bemerken, daß Preußen wirklich ſchon am 9. April einen Reformantrag

am Bundestage ſtellte.

Deffen

nächſte Handlungen und Schickſale wollen wir erſt in einem ſpä teren Zeitpunkte beſprechen, um den Zuſammenhang nicht weiter zu unterbrechen , als es eben des Verſtändniſſes der Dinge halber durchaus nothwendig iſt. Auf die für den Augenblick hauptſächliche Frage Bismarks, wie die Mittels und Kleinſtaaten Deutſchlands fich verhalten würs den , falls der Kampf zwiſchen Deſterreich und Preußen wirklich ausbräche, antworteten jene mit der Verweiſung auf den 11. Artikel der Bundesakte, durch welchen die Bundesſtaaten ſich verpflichten, fich unter feinen Umſtänden zu bekriegen , vielmehr ihre Zwiſtigs keiten vor den Bundestag zu bringen, der dann ſeinerſeits vermits teln oder wenn dies nicht glücke ein Auſträgalurtheil veranlaſſen werde, dem ſich die ſtreitenden Parteien ohne Appel zu unterwerfen hätten. Wie nichtsbedeutend dieſer 11. Artikel gerade für die Fälle iſt, in denen man ihn am nothwendigſten brauchte , beweiſet nichts deutlicher als eben der jeßt hervortretende Streit zwiſchen Defters reich und Preußen.

21

Preußen ordnete nun durch Defrete vom 27. und 29. März ſeine erſten Rüſtungen an. Die Bataillone in den Provinzen, welche am meiſten bedroht waren , werden auf ihre größte Friedensſtärke gebracht, die Feldartillerie ebendaſelbſt auf den Ariegsfuß geſeßt, die Armirung der Feſtungen begonnen. Deſterreich erklärte darauf durch eine Note Mensdorffs vom 31. März , daß alle Bewegungen von Truppen in Böhmen ledig: lich in Folge der Judenverfolgungen ſtattgefunden hätten und daß der Raiſer Franz Joſeph niemals daran gedacht habe, Preußen an. zugreifen. Darauf wies Preußen am 6. April die Erklärung der Rüs ſtungen in Böhmen durch den Schuß, deſſen die Juden bedürften, entſchieden zurüd, hob Hervor, daß es nicht zuerſt gerüſtet und daß es auch jeßt nur defenſive Anſtalten getroffen. Dagegen wieder eine öſterreichiſche Note vom 7. April : es ſei in Deſterreich eine erhebliche Truppenkonzentration gar nicht vorgekommen , nichts von der Art , was nach der öſterreichiſchen Organiſation zur Vorbereitung auf einen großen Krieg gehöre, kein

ungewöhnlicher Anfauf von Pferden , feine Einberufung

von Urlaubern in nennen 8 werthem

Umfange.

Jede Diss

kuſſion über die Priorität von Rüftungen ſei des Weitern übers flüffig gemacht durch die Erklärung des Kaiſer8, daß er nie einen Angriff auf Preußen beabſichtigt habe. Das Wiener Kabinet habe nur eine gleiche Erklärung Seitens des Königs Wilhelm gewünſcht; jekt liege eine ſolche vor . Und da nun in Deſterreich gar keine Kriegsvorbereitungen ſtattgefunden hätten, fomme es nur noch dars auf an, daß Preußen die Rüſtungen rückgängig mache , welche es zugeſtandenermaßen ſeit dem 28. März in Gang gebracht.

Bismart fonnte nicht umbin, auf die zahlreichen Widerſprüche und Verklauſulirungen in der öſterreichiſchen Depeſche aufmerkſam

22

zu machen.

Indem er die öſterreichiſchen Rüſtungen

als fonſtatirt

annahm und ferner annahm, daß ſie den preußiſchen vorangegangen, wie es ſich auch wirklich verhielt, erwiderte er am 15. April, daß Defterreich mit den Ábrüſtungen den Anfang zu machen habe. Die Ausdrücke in den gewechſelten Depeſchen wurden immer „unparlamentariſcher“, pflegen.

wie

die Kammerredner

fich

auszudrücken

Die unparlamentariſche Ausdrucksweiſe fehlte auch nicht

in der Note Mensdorffs vom 18. April , durch welche Deſterreich verſprach, die „ Truppendislokationen " in Böhmen, welche Preußen für Rüſtungen gegen Schleften gehalten habe , vom 25. April ab rückgängig zu machen. Bismark bemerkte darauf am 21. April, daß auf authentiſche Nachrichten von der Abrüſtung Deſterreichs Preußen Schritt vor Schritt derſelben folgen werde.

Da nun erfolgte von öſterreichiſcher Seite die freilich über. rajdende Erklärung, daß Oeſterreich in Böhmen abrüſten werde, aber fich genöthigt fehe, in Venetien ſehr entſchiedene Vertheis digungsmaßregeln zu treffen. D6 Deſterreich 600,000 Mann im Süden oder im Norden der Donau vorläufig aufſtellte, dies war wirklich für Preußen unendlich gleichgültig; es konnte ſie von dorther gegen Preußen verwenden. Daß Italien nun auch gerüſtet hatte, ſtand freilich abſolut feft; eben ſo ſehr ſtand feſt, daß es gerüſtet hatte, um die guten Chancen zu benußen, welche ihm der Ausbruch eines Krieges zwiſchen Preußen und Oeſterreich bieten mußte und es wäre auch thöricht, etwa läugnen zu wollen, daß Abmachungen zwiſchen Preußen und Italien beſtanden. Aber zugleich iſt ſicher, daß auch Italien ſeine Rüſtungen erft angefangen hatte, nachdem Deſterreich damit vorgegangen war. Was alſo Bismark auf die öſterreichiſchen Eröffnungen vom 26. April in ſeiner Depeſche vom 30. April erwidern mußte ,

*

23

darüber fann fein Zweifel ſein. Er verlangte, daß über h a up t die kaiſerliche Armee auf den Friedensfuß geſtellt werde ; dann erft fönne auch Preußen ans Abrüſten denken. Er bedauerte, daß Defter reich nicht auf den preußiſchen Vorſchlag eingegangen fei, gemein , jam mit Preußen auch die andern Bundesregierungen zur Eins ſtellung ihrer friegeriſchen Rüſtungen

zu bewegen und zeigte bei

dieſer Gelegenheit an, daß fich Preußen allerdings bewogen gefühlt habe, an das benachbarte Sachſen eine dringende Anfrage zu rich ten, was ſeine kriegeriſchen Rüſtungen bedeuten ſollten, So trieb man dem Kriege zu ; es war ein „ alter Schaden“, der hier neu zum Ausbruch kain .

Obgleich wir noch lange nicht

an die Grenze des Notenwechſels gekommen ſind, wird es doch ges rathen ſein , daß wir hier unſeren Bericht über ihn unterbrechen , um uns die Kräfte der ſtreitenden Parteien ein wenig zu betrachten. Eingeführt haben wir ſie ja alle. In der Mitte ſteht Deſterreich. Von Norden und Süden her treten ihm Preußen und Italien gegenüber. Zur Seite noch, aber ſchon dringend eingeladen , in die Schranken zu treten , ſtehen die Mittel- und Kleinſtaaten des deutſchen Bundes .

5. Die öſterreichiſchen Streitkräfte. Das Raiſerthum Oeſterreich hat auf 11,762 geographiſchen Quadratmeilen über 35 Millionen Einwohner aller möglichen deut. ichen , romaniſchen , ſlaviſchen , magyariſchen u.

. w. Stämme und

aller möglichen Konfeffionen. Seine jährlichen Einnahmen belaufen fich auf 488,500,000 Gulden (der Gulden gleich Fr. 2. 50), ſeine Ausgaben auf nahezu 521 Millionen Gulden. Es exiſtirt alſo und zwar ſeit langen Zeiten – ein erhebliches Defizit.

Auf die

Landarmee und Marine werden jährlich etwa 117 Millionen Gulden verbraucht.

Die Staatsſchulden

beliefen fich im April 1864 auf

24 3096 Millionen Gulden und mögen

fich feitdem um mindeſtens

200 Millionen Gulden vermehrt haben . Die

öſterreichiſche

land macht beſteht

nach

der

neueſten Organiſation aus folgenden Truppentheilen :

Infanterie : 80 Linieninfanterieregimenter (von Nr. 1 bis 80) ; 1 Kaiſerjägerregiment; 32 Feldjägerbataillone (von Nr. 1 bis 32) ; 14 Grenzinfanterieregimenter (von Nr. 1 bis 14) ; 1 (Titler) Grenzinfanteriebataillon . Ravallerie : 12 Rüraſſier- Regimenter (Nr. 1 bis 12) ; 2 Dragoner -Regimenter (Nr. 1 und 2) ; 14 Huſaren-Regimenter (Nr. 1 bis 14) ; 13 Ulanen- Regimenter (Nr. 1 bis 13) . Artillerie : 12 Artillerie - Regimenter (Nr. 1 bis 12) ; 1 Rüſtenartillerie- Regiment.

Tedniſche Truppen : 2 Genieregimenter ; 6 Pionnirbataillons. Adminiſtration 8 truppen : 10 Sanitätskompagnieen ; 48 Transportesfadrons ; 10 Fuhrweſenſtandesdepots ; Die techniſche Artillerie; Perſonal der Pionnir-Zeugs- und Führweſen ,Materialdepots ; Montursbranche ; Geſtütsbranche; Perſonal der Spitalanſtalten ;

25 Handwerks-

und

Arbeitsperſonal

bei

den

Truppen-

und

Armeeanſtalten . Armee anſtalten : Allgemeine Armeeanſtalten , nämlich: Raſſenanſtalten ; Verpflegungs magazine; Montursanſtalten ; Spitalanſtalten ; Militärmedita mentenanſtalten ; Transportſammelhäuſer ; Fuhrweſens -Ergän . zungsdepots ;

Stockhäuſer;

Disziplinarkompagnieen ;

mobile

Manipulationsanſtalten . Beſondere Armeeanſtalten , nämlich : Bauverwaltungen ; Artilleries anſtalten für die Erzeugung und Verwaltung des geſammten Artilleriematerials ;

Fuhrweſen -Materialdepots ;

Pionnirzeug

depots ; Beſchäl- und Geſtütsanſtalten ; Invalidenhäuſer; wiſſens ſchaftliche Anſtalten ; Militärbildungsanſtalten Urtillerie -Reſerveanſtalten im Kriege, nämlich : Munitionsparks für die einzelnen Brigaden , die Armeeforps , die Armee ; in bes ſondern Fällen

auch für ſelbſtändige Infanterie- oder Stas

valleriedivifionen ; Armeemunitionsreſerveparks,

für beſons

2

dere Fälle Armee -Munitionsfelddepots, Artillerie -Belagerungs parks , Artilleriehauptfeld depots und Feldlaboratorien. Truppen

für den Sicherheitsdienſt im

Lande.

10 Regimenter Gensdarmerie ;

.

Das Militär- Polizeiwachekorps. Die Tyrol Vorarlberg'ice Landesvertheis

digung. Organifirte Landesſchüßen -Kompagnieen. Freiwillige Scharfſchüßen -Kompagnieen und Landſturm . Jedes Linien infanterieregiment zählt im Frieden 4 Feldbataillone und 1 Depotcadre.

Das 4te Bataillon , welchem

der Depotcadre beigegeben iſt, ſteht im Frieden ſtets im Ergän zungsbezirk des Regimentes und dient als Erſabbataillon, während

26

die drei erſten Bataillone meiſt in einer ganz

andern

Provinz

ſtehen als in derjenigen, aus welcher ſte ihre Refruten empfangen. Im Kriege wird der Depotcadre zu einer Depotdiviſion formirt (aus welcher auch ein fünftes Bataillon hervorgehen kann) ; das 4. Bataillon wird als Beſaßungsbataillon in einer Feſtung verwens det und die drei erſten Bataillone des Regiments find für die im freien Felde operirende Armee beſtimmt. Jedes Bataillon zählt im Kriege 1018 Kombattanten in Stab und 6 Kompagnieen.

Je 2 Kompagnieen bilden eine ſogenannte

Diviſion, die Rompagnie zerfällt in zwei Züge. Das Kaiſerjägerregiment hat im Kriege 6 Felds bataillone und 1 Depotbataillon ; jedes Feldbataillon zählt in 6 Kompagnieen 1011 Rombattanten ; dasſelbe gilt auch für jedes der 32 Feldjägerbataillone . Die

ſämmtlichen

Wehrpflichtigen

find in 3 Aufgebote eingetheilt.

der

Militärgrenze

Das erſte derſelben bildet die

regulären Grenzinfanterieregimenter und das Titler Bataillon ; das zweite

die bewaffnete Population

wird nach den Landesbes

zirken in Abtheilungen formirt; oes gehören dazu im Ganzen etwa 22,000 ; das dritte , der unobligate Grenzſtand, etwa 28,000 M. wird je nach den Umſtänden des Bedarfs beſonders formirt.

Die

beiden leßten Aufgebote werden nur in ihrem Lande verwendet. Im Kriege kommt jedes Regiment auf 3 Bataillons zu 6 Kompagnieen,

dazu tritt für 8 Regimenter noch je ein Bataillon

von 4 Kompagnieen (Depot), für drei andere Regimenter eine ſelbſt ſtändige Diviſion. Von dieſen Regimentern, zuſammen 11 , fönnen je 3 Bataillons , von den übrigen drei Regimentern je 2 Batail lons außer Landes verwendet werden , eben ſo das Titler Batail. lon . Sieben Regimentern iſt je eine Sereſchaner - Abtheilung von 3 Unteroffizieren und 30 Mann beigegeben.

27

Von der Infanterie ergeben ſich im Ganzen zur Bildung der Operationsarmeen :

240 Bataillone von 80 Infanterieregimentern, 38 Jägerbataillons, 29 Bataillons Grenzinfanterie, alſo 307 Bataillons mit in runder Summe 310,000 Rombattanten . Zum Beſaßungsdienſt 80 vierte Bataillone der Linieninfanterie, 11 Grenzbataillone, alſo 91 Bataillons oder 100,000 M.; wozu dann noch die in der Formation begriffenen oder ſchon fors mirten Depottruppen treten fönnen. Die Tyroler Landesvertheidigung ,

ſowie die

Grenztruppen , welche nicht ang ihrer Heimath ausrücken , fommen nur zu lofaler Verwendung , fönnen aber in ihren Bezir: fen allerdings auch im freien Felde gebraucht werden . Die Errich. tung von

Freilor p 8 gibt außerdem eine Verſtärkung der als

tiven Operationsarmee ab. Die Hauptwaffe der Linien- und der Grenzinfanterie iſt ein gezogenes Bajonnetgewehr nach Lorenz'ſchem Syſtem , die der Jäs ger ein Stußen , deffen Züge etwas ſtärkern Drall haben, als die des Infanteriegewehrs.

Uebrigens liegt die Bewaffnung , zunächſt

der Jäger, mit Hinterladungsgewehren in der Abſicht. Die Küraſſiere bilden die ſchwere , alle andern Reis tergattungen die leichte Ravallerie der öſterreichiſchen Ars mee. Bemerkenswerth iſt, daß für die Küraſflere der Küraß gänzlich abgeſchafft ift. Jedes Kürajfierregiment, nur mit Ausnahme des 8., des alten Dampierre’ſchen , welches nach ſeinem Privilegium von 1619 nie reduzirt werden darf und demgemäß 6 Eskadrons bat, beſteht aus 5 Eskadrons, jedes leichte Regiment aus 6 Eskadrong. Beim Aus

28

rüden im Kriege läßt jedes Reiterregiment eine ſeiner Estadrons als Depot zurück. Jedes leichte Regiment und ebenſo das Dampierre'ſche Küraſ fterregiment rückt alſo mit 5 , jedes andere Küraſſterregiment mit 4 Eskadrons aus. Die Eskadron zählt 149 Pferde. Die geſammte Reiterei führt alſo 29,000 Pferde ins Feld. Von

den

12

Artillerieregimentern

find

9

bes

ſtimmt, im Kriege den Infanteriearmeeforps beigegeben zu werden. Jedes dieſer Regimenter hat im Frieden 4 vierpfündige Fußbatterieen Nr. 1

bis 4 zu 8 beſpannten

Geſchüßen , 2 vierpfündige Fußbatterieen Nr. 5 und 6 zu 4 beſpannten Geſchüßen, 2 vierpfündige Kavalleriebatterieen Nr. 7 und 8 zu 8 bes ſpannten Geſchüßen, 2 achtpfündige Fußbatterieen Nr. 9 und 10 zu 8 beſpannten Geſchüßen , 1 Rafetenbatterie, 1 Park- und 4 Feſtungskompagnieen.

Aus den beiden Fußbatterieen Nr. 5 und 6 wird zum Kriege eine

Batterie

von

8 Geſchüßen

formirt;

der Reſt

an Mann

ſchaft mit neuen Pferden und Material verſehen wird zu Ausfalls, batterieen formirt. Es treten im Kriege zu jedem dieſer Regimenter noch ferner 1 Parts, eine Feſtungs- und eine Depotkompagnie.

An Feldbatterie en ſtellt alſo jedes dieſer Regimenter 10 zu 8 Geſchüßen d. 5. 80 Geſchüße auf.

Das fünfte Regis

ment hat außerdem im Frieden noch 2 , im Kriege 4 Gebirg8 batterieen zu 8 Geſchüßen , alſo 32 Geſchüße mehr als jedes der andern bisher erwähnten Regimenter.

29

Die drei Artillerieregimenter Nr. 6 ,

11 und

12 ſollen im

Kriege das Material für die Armeegeſchüßreſerven , die Reſerves favalleriediviſionen und ſonſtige getrennt operirende Diviſionen hers geben. Jedes dieſer Regimenter beſteht im Frieden aus 1 vierpfün. digen Fußbatterie Nr. 1 mit vier , 1 pierpfündigen Ravalleriebatterie Nr. 2 mit 4 beſpannten Ges düßen. 4 vierpfündigen Ravalleriebatterieen

mit 8 beſpannten Ges

idüßen, Nr. 3 bis 6. 4 achtpfündigen Fußbatterieen Nr. 7 bis 10 mit 8 Geſchüßen , 1 Parkkompagnie, 4 Feſtungskompagnieen. Im Kriege wird aus den beiden Batterieen Nr. 1 und 2 eine einzige zu 8 Geſchüßen formirt und der Mannſchaftsreſt zur Bils dung von Ausfallbatterieen benugt ; dagegen tritt nun für jedes Res giment noch eine Feſtungskompagnie und eine Depotkompagnie hinzu . Feldbatterie en ſtellt alſo jedes dieſer 3 Regimenter 9 mit zuſammen 72 Geſchüßen auf. Das Rüftenartillerieregiment zerfällt in vier Bas taillone. Das 1. und 2. Bataillon haben im Kriege jedes 5

Feld

fompagnieen , 2 Gebirgsbatterieen zu 8 Geſchüßen und 1 Depots kompagnie ; Das 3. und 4. Bataillon jedes 6 Feldkompagnieen und 1 Depotfompagnie. Die ich wer en Batterieen der Feldartillerie find mit gezo genen Achtpfündern , die leichten mit gezogenen Vierpfündern, die

Gebirgsbatterieen

mit

gezogenen

Dreipfündern

ausgerüſtet.

Dieſe ſämmtlichen Geſchüße find Vorderladungsgeſchüße.

Für

30 die naletenartillerie iſt ein neues Syſtem angenommen , Die Raketen find Rotationsrafeten ohne Stab mit Spißgeſchoſſen ſtatt der frühern Rundgeſchoſſe. Die Feſtungsartillerie ſoll der Hauptſache nach als Kanonen gezogene Hinterladungsgeſchüße führen, 6, 12, 24 und 48Pfünder. Vorläufig

kommen

aber

in den Feſtungsarmirungen noch viele

glatte Geſchüße - Kanonen und Haubigen – auch abgeſehen von den Mörſern vor. Jedes

der beiden Genieregimenter

(Sappeurs-Mi

neurs ) beſteht im Kriege aus 4 Bataillons (zu 4 Rompagnieen) und einer Depotdiviſion ; jedes Pionnirbataillon zählt 4. Feldkom pagnieen ,

eine Pionnirzeugreſerve und 1 Depotkompagnie.

Die

Pionnire haben die Brücken zu ſchlagen , Wege herzuſtellen und Feldbefeſtigungen anzulegen . Für die Operationen im freien Felde wird Deſterreid nad dem Vorigen ungefähr 340,000 M. Infanterie und Kavallerie mit 1000 Feld- und Gebirgsgeſchüßen aufſtellen können. Dieſe Zahl wag demjenigen gering erſcheinen , welcher daran gewöhnt iſt, beſtändig von der „Million Streiter“, unter welcher man es heute nicht gern thut , zu hören .

Indeſſen ſchwerlich wird

fie Deſterreich überſchreiten. Wir haben dabei auf die Lokaltruppen, die allerdings einige Verſtärkung im freien Feld gewähren fönnen, ſowie auf zu errichtende Freikorps keine Rücficht genommen , wir haben aber auch andererſeits die Differenz zwiſchen dem angeblichen und dem Rombattantenſtand, der ,

ein viel geringerer

fich

ſchon im erſten Gefecht als ſchreckliche Wirklichkeit herausgeſtellt, nicht in Anſchlag gebracht. Und ſchließlich iſt unſere Rechnung eher zu hoch als zu niedrig ; denn Deſterreich, welches , außerordentlichen " Anſtrengungen , z. B. durch Aufſtellung fünfter Bataillone für die Linieninfanterieregimenter , es auch machen möge, wird vielleicht viel

31

mehr Truppen , als normal dafür berechnet find ,

für den Bes

faßungsdienft in ſeinen großen Pläßen bedürfen. Die Hauptabtheilungen , in welche eine operirende Armee ge theilt wird, ſind die Arme e for p 8 ( Infanteriekorps ). Ein ſolches Armeekorps ſoll der Regel nach beſtehen : 1. aus 4 Infanteriebrigaden , 2. einer leichten Kavalleriebrigade, 3. einer Korps-Geſchüßreſerve, 4. an Geniè aus zwei Geniekompagnieen und 2 Pionnirkom pagnieen mit 4 Brüdenequipagen. 5. Den Verwaltungskolonnen und Anſtalten aller Art. Eine

Infanterie brigade beſteht aus 2 Regimentern

zu 3 Bataillons, einem Feldjägerbataillon und

1

vierpfündigen

Fußbatterie ; alſo 7 Bataillons mit 7000 M. und 8 Geſchüßen . Eine Kavallerie brigade beſteht aus zwei Regimen tern , alſo eine leichte Savalleriebrigade aus 10 Eskadrons nebſt einer 4Pfünder Ravalleriebatterie ,

1500 Pferden mit 8 Ges

јфреп. Eine for p 8 geſchüß reſerve wird gebildet aus 2 acht pfündigen Fußbatterieen , 2 Kavalleriebatterieen und 1 batterie ,

Rafeten

alſo 5 Batterieen mit 40 Geſchüßen , und das ganze

Korps kommt auf 28 Bataillone,

10 Eskadrons ,

10 Batterieen

oder 30,000 Mann Infanterie und Kavallerie mit 80 Geſchüßen. Giner Armee , welche aus 3 bis 7 derartiger Armeekorps zuſammengeſeßt wird, ſollen nun noch beigegeben werden :

eine oder zwei Reſervekavalleriediviſionen ; eine Armeegeſchüßreſerve ; eine Geniereſerve ; die nothwendigen Nachſchubs- und Verſorgungsanſtalten. Eine Rejervefavallerie diviſion beſteht normaler

32

Weiſe aus zwei ſchweren und einer leichten Kavalleriebrigade, alſo aus 26 Eskadrons und 3 Batterieen oder aus 3900 Pferden und 24 Geſchüßen . Die Armeegeſchüßreſerve foll doppelt ſo viel Batterieen ents halten , als die Armee Armeekorps hat.

Iſt alſo eine Armee bei

ſpielsweiſe aus 5 Armeekorps zuſammengeſeßt, lo zählt ihre Ges ſchüpreſerve 10 Batterieen (80 Geſchüßej, zur Hälfte ſchwere Achte pfünders, zur Hälfte Kavalleriebatterieen. Es werden in Deſterreich jedes Jahr 80,000 bis 85,000 M. zu den Fahnen ausgehoben . Die Dienſtzeit , d. h. die Verpflich tung zum Militärdienſt überhaupt, iſt auf 10 Jahre bezeichnet ; das von fallen die beiden legten Jahre auf die Reſerve zeit. Präſent im Dienſt find die Infanteriften von einem

bis

zu drei Jahren ; die Kavalleriſten 7 bis 8 Jahre, die Artilleriſten und Geniejoldaten drei Jahre. Von ihrem Austritt aus der Präs ſenz bis zu ihrem Eintritt ins neunte Dienſtpflichtjahr ( Reſerve) find die Soldaten Urlauber. Im Kriegsfál werden die Urlauber zunächſt zur Kompletirung der Feldabtheilungen einberufen, die Reſerviſten zur Aufſtellung der Depotabtheilungen. Die Mobilmachung der öſterreichiſchen Armee geht beſonders deßhalb ſo langſam von Statten, weil die Feldabtheilungen nie in *

den Ergänzungsbezirken ſtehen . Nach dem alten metters nich'ichen Grundſaß müſſen die Feldabtheilungen der Regimenter ſtets in andern Provinzen dislozirt ſein , als denjenigen, aus wels chen fte fich refrutiren . Um nun die Armee mobil zu machen, ſams mein - die Depotbataillone alle Urlauber und Reſerviſten für ihre

16 betreffenden Regimenter und ſchieben ſie nun entweder den entfern ten Feldbataillonen zu oder dieſe Feldbataillone bewegen ſich ihrers ſeits in die Nähe ihrer Ergänzungsbezirke und ihrer Depot ſtationen .

33

Welcher Modus gewählt werden ſolle, muß nach den jedesmaligen Verhältniſſen im einzelnen Falle berechnet werden nach dem Feind, welchen man vor fich hat , nach der Bevölkerung der Provinzen , in denen oder von denen aus der Krieg zu führen iſt. Unter allen Umſtänden tritt aber eine große Verzögerung der wirklichen Mo bilifirung ein, und dieſe Mobiliſirung iſt mit vielen Verluſten ver bunden, bevor es nur irgend zum Schlagen kommen kann. Für ſeine Marine hat Defterreich mehr gethan, als man bei der geringen Ausdehnung ſeiner Küſten und bei deren geringer Bedeutung

für den europäiſchen Handel hätte erwacten dürfen.

Defterreichiſche Schiffe haben mit großen Ehren, mit einem gewiſs ſen Glanz 1864 in den Gewäſſern der Nordſee gefochten , ja – wer hätte das vor zwanzig Jahren vorausſehen dürfen ?

das

erfte , allererſte Beiſpiel eines geregelten Seefampfes mit Dampfern geboten ! Die öſterreichiſche Marine zählt gegenwärtig : 1. an Seeſchiffen 28 Schraubenſchiffe , nämlich

1 Linienſchiff, 5 Fregatten , 7 Panzerfregatten, 2 Rorvetten , 7 Kanonenboote zweiter Klaffe, 3 Kanonenboote dritter Klaſſe,

3 Scooner ; 12 Rabbampfer ; 16 Segelſchiffe , nämlich : 2 Fregatten, 3 korvetten , 3 Briggs, Küflow , d. Krieg. 1866.

3

34 3 Goeletten, 5 Transportſchooner. 2. An Binnengewäſſerſchiffen auf der Donau , dem Gardaſee und in den Lagunen Venedigs :

10 Schraubendampfer, 16 Rabbampfer, 35 Poſitionsſchiffe. Die Dampfflotte für das offene Meer, welche weſentlich in Betracht kommt, zählt 40 Fahrzeuge mit 651 Kanonen, 11,475 Pferdekräften und 7772 Röpfen Bemannung ; die Segelflotte für die offene See, im Ganzen nur als Trans portflotte brauchbar , hat 16 Fahrzeuge mit 225 Kanonen und 1804 M. Bemannung .

Die 26 Dampfer auf den Binnengewäſſern haben zuſammen 72 Ranonen ,

1511 Pferdekräfte und 961

M. Bemannung; die

35 Pofitionsſchiffe 115 Kanonen und 1060 M. Bemannung.

6.

Die preußiſchen Streitkräfte.

Das Königreich Preußen hat auf 5094 Quadratmeilen eine Bevölkerung, welche jeßt 19 Millionen überſteigt.

Die jährs

lichen Einnahmen beliefen ſich nach den legten Büdgets auf 144 Millionen Thaler (zu 3. 75 Francs) und die Ausgaben famen eins ſchließlich

der Krondotation

den

Einnahmen

19 nahe gleich .

Die

Staatsſchuld belief ſich 1864 auf etwa 280 Millionen Thaler . Der Staatsſchaß wurde 1862 mit Einſchluß der Betriebsfonds in vers

5 ſchiedenen Kaſſen und der rückſtändigen Steuern 2. auf 50 Mill . Thaler in runder Summe berechnet.

In Bezug auf die Ordnung

ſeiner Finanzen ſtand Preußen bisher allen größeren Staaten Eus ropas voran .

Für die Landarmee wurden in der legten Zeit bei

35

herrſchender Ruhe jährlich 42, für die Marine 43 Millionen Thaler verausgabt.

Ueber die neue Heeresorganiſation hat fich die Regierung noch immer nicht mit der Landesvertretung geeinigt.

Doch dem Weſen

der Dinge nach beſteht die Heeresorganiſation , wie ſte im Jahre 1860 projeftirt wurde , jest thatſächlich. Das ſtehende Heer (Linie) zählt folgende Beſtandtheile : Infanterie. Garde :

4 Garderegimenter zu Fuß, 4 Gardegrenadierregimenter, 1 Gardefüſilierregiment, 1 Gardejägerbataillon , 1 Gardeſchüßenbataillon.

linie :

12 Grenadierregimenter (Nr. 1 bis 12), 8 Füfilierregimenter (Nr. 33 bis 40), 52 Infanterieregimenter (Nr. 13 bis 32 und Nr. 41

bis 72) , 8 Jägerbataillons. Die Regimenter haben

im Frieden ſämmtlich 3 Bataillons

und zwar die Füfilierregimenter 3 Füflierbataillons, die Gardes und Grenadierregimenter je 2 Grenadier- und 1 füflierbataillon ,

die

Linienregimenter je 2 Musketier- und 1 Füfilierbataillon. Im Kriegszuſtand tritt zu jedem Regiment noch ein viertes, Erſaßbataillon hinzu, für jedes Jäger- oder Schüßenbataillon noch eine Erſakkompagnie. Ein

preußiſches

Bataillon

auf dem Kriegsfuß

zählt

Rombattanten ( einſchließlich 22 Offtziere); man kann es

1025 alſo in

runder Zahl zu 1000 M. annehmen. Es wird in 4 Rompagnieen eingetheilt . Die preußiſche Infanterie mit Ausnahme nur der Jäs ger und Schüßen rangirt noch auf drei Glieder , indeſſen iſt das 3 *

36

auch nur nominell. Denn ſobald es zum Gefechte geht, wird aus dem

dritten

Glied

Schüßenzug formirt,

einer ſo

jeden daß

Kompagnie

nun das

ein

zweigliedriger

Bataillon ſtatt 8 dreis

gliedrige 12 zweigliedrige Züge Hat. Die Bewaffnung der Infanterie iſt durchaus mit Zündnadels gewehren oder Zündnadelbüchſen (für die Jäger und Schüßen ). Die Gewehre der Füfiliere ſind etwas kürzer als die der übrigen Infanterie und haben Haubajonnete , während die der Grenadiere und Musfetiere mit Stichbajonneten verſehen find. Füfiliere, Jäger und Schüßen haben ſchwarzes, die übrigen Infanterietruppen weis Bed Lederwerf. Es rüden nach dem Obigen von den Infanterie ins Feld 253 Bataillone mit etwa 260,000 Rombattanten , und

es bleiben an Erfaßtruppen , die theilweiſe zum Bes

faßungsdienſt gebraucht werden können, zurück 834/2 Bataillons mit 85,000 M. Ravallerie. Garde :

Linie :

1 Regiment Gardes du Corps, 1

Gardefüraſftere,

2

Gardedragoner,

1

Gardehuſaren ,

3

Gardeulanen .

8

Küraffiere,

8

Dragoner,

12

Huſaren ,

12

Ulanen .

Küraffiere und 'Ulanen werden zur ſchweren Kavallerie gerechnet, Dragoner und puſaren zur leichten.

Wir haben alſo 25 Regimenter ſchwere und 23 Regimenter

den leichte Ravallerie. Dies Verhältniß, welches für heutige Zeit etwas

37

ſonderbar erſcheinen könnte , wird doch dadurch modiftzirt, daß die 15 Ulanenregimenter eigentlich nur dem Namen nach zur ſchweren Ravallerie gehören . Das Regiment hat in der Regel vier Eskadrons, nur da die Umformation der Landwehrkavallerie bisher nicht vollendet iſt, giebt es jeßt 4 Huſarens und 4 Dragonerregimenter zu je 5 Eskadrons. Eine Feldeskadron ſtellt incl. 5 Offiziere 155 Reiter auf. Im Ariegsfall wird für jedes Regiment eine Erſaßeskadron gebildet, welche für die ſchweren Regimenter 200 M., für die leichten 250 M. zählt. Der geſammte ausrückende Stand der preußiſchen Kavallerie kommt auf 30,000 Pferde, alſo 1/8 bis 1/3 der Infanterie. Die Erſaßeskadrons haben zuſammen etwa 10,750 M. Artillerie : Garde : Eine Brigade.

Linie : Acht Brigaden. Jede Brigade beſteht aus zwei Regimentern , nämlich einem Feldregiment und einem Feftungsregiment. Das Feldregiment zerfällt in 4 Abtheilungen ; eine reis tende und 3 Fuß abtheilungen ; jede Abtheilung in vier Batterieen zu ſechs Geſchüßen. Die reitende

Artillerie

ſoll durchweg

mit gezogenen

Vier

pfündern bewaffnet werden, jede Fußabtheilung ſoll zwei Batterieen gezogener Sechspfünder und 2 Batterieen gezogener Dierpfänder erhalten. Die preußiſchen gezogenen Geſchüße find ſämmtlich Þinters ladungsgeſchüße. Die neue Bewaffnung iſt bisher feineswegs durch geführt. Es mag jeßt noch etwa ein Drittel aller Feldbatterieen mit glatten Zwölfpfündern bewaffnet ſein . Dies fann unter Umſtänden eher als ein Vortheil angeſehen werden.

Wenigſtens ſteht es feft,

daß in dem großen amerikaniſchen Bürgerkriege, in welchem alles

38

Mögliche und ohne die mindeſte Scheu vor rieſigen Koſten probirt wurde, in welchen man die vortrefflichſten gezogenen Geſchüße aller Art hatte, die Artilleriſten doch ſchließlich einſtimmig auf die Meis nung zurück kamen , man dürfe die glatten Geſchüße nicht gänzlich aus dem Artilleriematerial ausſchließen . Ein Feldregiment ſtellt nach dem Obigen 96 Geſchüße auf. Für die Munitionsverſorgung werden auf das Regiment 9 Mus nitionsfolonnen von je 23 bis 24 Fuhrwerfen gebildet. Die Erſapabtheilung zu vier Batterieen von je vier Geſchüßen fann die Ausfallsbatterieen für die Feſtungen ſtellen. Jedes Feſtungsartillerieregiment beſteht aus 2 Abtheilungen, deren jede vier Kompagnieen für den Dienſt der Vertheidigung und Belagerung ſtellt.

Teniſde Truppen : 1 Garde- Pionnirbataillon, 8 Linien - Pionnirbataillons.

Dieſe Truppen bedienen die Brückentrains, die Feldtelegraphen , beſorgen die Weg- und Schanzarbeiten und thun den techniſchen Dienſt bei Vertheidigung und Angriff der Feſtungen. Jedes Pions nirbataillon ſtellt bei der Mobilifirung eine Erfaßkompagnie auf. Irain : 1 Gardetrainbataillon , 8 Linientrainbataillons. Jedes dieſer Bataillone, welche zur Bildung des großen Trains für die Armeekorps , für das Verpflegungss, das Sanitätsweſen, zur Beſpannung

der Munitions-

und Brückenkolonnen

beſtimmt

find, beſteht aus 1229 Mann mit 1566 Pferden. Das preußiſche ſtehende beer bringt ſomit etwa 300,000 M. Infanterie, Kavallerie und Pionnire mit 864 Geſchüßen ins Feld.

Dazu kommt nun die Landweh r.

12

39

Die Landwehr des erſten Aufgebots ſollte nach dem urſprünglichen Reorganiſationsplane von 1860 nur noch bei ausgeſprochener Kriegserklärung aufgeboten und dann lediglich zum Befaßungsdienſte verwendet werden.

Daß dieß auf Widerſpruch

frieß, iſt vielleicht ein Glüd für die Lage , in welcher fich gegen wärtig Preußen befindet. Es beſtehen gegenwärtig von der Landwehr erſten Aufgebots, deren Verpflichtung bis zum 32. Lebensjahre geht, 2 Garde- und 2 Grenadierregimenter ; 32 Provinzialregimenter und 8 einzelne Bataillone; die Regimenter zu 3 Bataillons, alſo im Ganzen 116 Bataillons mit etwa 120,000 M. Infanterie;

ferner 12 Kavallerieregimenter ment ,

nämlich ein ſchweres Regis

1 Dragonerregiment , 5 Huſarenregimenter und 5 Ulanens

regimenter, mit zuſammen 48 Eskadrons, alſo etwa 7000 Pferden. Eine beſondere Landwehr- Artillerie und Pionnire giebt es nicht. Von der Landwehr zweiten Aufgebot 8', deren Verpflichtung bis zum 36 . 39. Lebensjahre

gefeßlich eigentlich noch bis zum

geht , beſtehen 116 Bataillone Infanterie zu

800 M. , - alſo 93,000 M. , und es fann für jedes Bataillon eine Schwadron von etwa 100 Pferden formirt werden . Die Lands wehr zweiten Aufgebotes ſoll gegenwärtig nur zur Landesvertheis digung in den Provinzen gebraucht und nur dann aufgerufen wers den, wenn der Feind die Landesgrenzen ſchon betreten hat. Die große Armeeeintheilung in 9 Armee for p 8 , wovon ein Gardekorps, beſteht der Hauptſache nach ſchon im Frieden. Im Kriege wird ein Armeekorps der Linie

etwa folgender

maßen zuſammengeſeßt ſein : 1 ) 2 Infanteriediviſionen ; jede derſelben enthält 2 Brigaden zu 2 Regimentern (6 Bataillons), der einen Diviſion fann ein Jägerbataillon , der andern unter Umſtänden ein füfilier

40

regiment zugetheilt werden ,

1 Kavallerieregiment zu 4 oder 5

Eskadrons, 1 Fußartillerieabtheilung mit 24 Geſchüßen. Die Ins fanteriedivifion zählt alſo 12 oder 13 oder 15 Bataillons (12 bis 15,000 M.) , 4 bis 5 Eskadrons (600 bis 750 Reiter), und 24 Geſchüße ;

2) 1 Ravalleriediviſion von 2 Brigaden zu 2 Regis mentern und 1 bis 2 reitenden Batterieen ; fte enthält 16 bis 18 Eskadrons (wenn wir zwei Regimenter zu 5 Eskadrons dabei an nehmen ), alſo 2400 bis 2700 Reiter mit 6 bis 12 Geſchüßen ; 3 ) 1 Artillerie reſerve von 4 Fußbatterieen und 2 bis 3 reitenden Batterieen, alſo 36 bis 42 Geſchüßen . Man darf wohl vorausſeßen , daß die Armeekorps für den Krieg auf ein Minimum reduzirt worden, daß man alſo für jedes nur 8 Infanterieregimenter beſtimmt.

Dann können die erſparten

7 Infanterieregimenter zuſammen mit Truppen der Landwehr des erſten Aufgebots ( Infanterie und Kavallerie) zur Bildung neuer Armeekorp8 benußt werden , für welche freilich die Artillerie was aber kaum Schwierigkeiten bieten fann - neu formirt werden müßte. Unter dieſer Vorausſeßung würde ein Armeeforps auf 25,000 M. Infanterie, 3600 Reiter und 96 Geſchüße zu berechnen ſein .

Wird nun bei beſondern Anſtrengungen Preußens angenommen , daß der Beſaßungsdienſt lediglich den Erſaßtruppen und der Lands 6 wehr zweiten Aufgebots übertragen werde , lo fann Preußen ein ſchließlich der Landwehr erſten Aufgebots ins Feld zu den Operationen ſtellen : 380,000 Mann Infanterie, 37,000 Reiter und

mindeſtens :

864 Geſchüße. G8 thut es alſo eher Deſterreich zuvor , als daß es hinter

$

41

demſelben zurückbliebe, wobei wir ganz davon abſehen wollen, daß feine Seldmittel weiter reichen, als die Deſterreichs. Preußen bat für ſeine Heeresergänzung als Grundlage die allgemeine Webrpflicht ;

die Präſenz bei den Fahnen

des ſtehenden Heeres iſt der Regel nach auf drei Jahre anges nommen. Die preußiſde Flotte , in raſchem , wenn auch durch verſchiedene Umſtände ſehr gehemmten Aufſtreben begriffen , zählt jeßt an Dampfern :

8 Schraubenkorvetten, nämlich : Arcona , 28 Kanonen, 400 Pferdekraft, Gazelle, 28

400

Vineta ,

400

28

Nymphe, 17

200

Auguſta, 14

400

ir

Viftoria, 14

400

28

400

Meduſa , 17

200

Bertha ,

11

8 Kanonenboote erſter Klaſſe zu je 3 Kanonen und 80 Pferdefraft, nämlich Camäleon , Comet , Cyclop , Delphin , Bafiſisk, Bliß,

Meteor, Drache ; 15 Kanonenboote

zweiter Klaſſe zu

je 2 Kanonen

und

60 Pferdefraft, nämlich Fuchs, Hay, Habicht, øyäne, Jäger, Krokodil, Natter, Pfeil , Salamander, Schwalbe, Skorpion , Sperber, Tiger, Wespe, Wolf; 4 Dampfaviſo’s, nämlich Adler,

4 kanonen, 300 Pferdetraft, 120 Loreley , 2 11

42

Greif,

2 Kanonen,

50 Pferdefraft,

160

Grille, 2

2 Panzerſchiffe, nämlich Arminius, 4 Kanonen, 300 Pferdefraft, Cheops,

300

3

(Widderſchiff .)

Wir haben alſo, um zu rekapituliren , eine Dampferflotte von 8 Sdraubenforvetten mit 174 Kanonen , 23 Ranonenbooten ( Schraube) mit 54 Kanonen . 4 Aviſo's mit 10 Ranonen , 2 Panzerſchiffen mit 7 Kanonen, ins Geſammt mit 245 Kanonen. Dazu kommen an Segelſchiffen : Die Fregatten : Gefion , 48 Kanonen,

3

Thetis, 36

Niobe,

26

die Briggs : Rover,

16 Kanonen ,

Mosquito,

16

Hela,

11

6

Die Schooner Iltis und Leopard, das Raſernens und Wachtſchiff Barbaroſſa mit 9 Kanonen . Ferner an Ruderfahrzeugen : 34 Ruderkanonenſchaluppen zu 2 Kanonen, 4 Ruderjollen zu 1 Kanone . Das Perſonal der Flotte iſt eingetheilt in eine Flottenſtamms diviſion (eigentliche Schiffsbemannung) von 1882 M. einſĐließlich Offiziere, Beamte und Schiffsjungen, eine Werftdivifion von 589 M. und die Marinetruppen ( Infanterie und Artillerie) von 952 M.

W

43

7. Die Streitkräfte der deutſchen Staaten außer

Defterreich und Preußen . Obgleich wir in unſerer Geſchicht8erzählung noch nicht bis zu der Kataſtrophe der faktiſchen und deklarirten Auflöſung des deuts ſchen Staatenbundes gekommen ſind, ergiebt ſich dieſelbe doch auch aus

dem

wendigkeit.

bisher Geſagten

ſchon

als

eine

unabwendbare

Noth

Die einzelnen Staaten müſſen ſich entſcheiden , ob ſie

mit Deſterreich oder mit Preußen gehen wollen , und da iſt von vornherein anzunehmen, daß die meiſten Staaten Deutſchlands mit Deſterreich gehen werden, das mit ihren Regierungen das Intereſſe gemein hat , an dem gegenwärtigen Staatenverband Deutſchlands feſtzuhalten . Nach ſekundären Rücfichten, ja ſogar nach beſtimmten Abſtimmungen am Bundestag fönnten wir ſofort eine Gruppirung dieſer Staaten — je nachdem ſie für Preußen oder für Deſterreich find oder fich gänzlich aus dem Spiel halten möchten, — vornehmen . Indeſſen da Furcht und Hoffnung auf dieſe Verhältniſſe wunderbar einwirfen werden , da namentlich Preußen in der Lage ſein wird, einen Theil ſeiner Feinde ſofort unſchädlich zu machen , ziehen wir es vor , die Streitkräfte der einzelnen deutſchen Staaten nach der hergebrachten Ordnung abzuhandeln. Auf die Bundeskontingente und auf die Bundesverfaſſung werden wir aber dabei durchaus feine Rücficht nehmen . Dies hieße in der ſchon durch unſere kurze Ge ſchichtserzählung genügend feſtgeſtellten Lage ein bloßes Spiel mit Borten und Formen treiben . Jeder deutſche Staat, der überhaupt noch in wenigen Wochen nach dem Kriegsausbruch frei über ſeine Kriegskraft verfügen fann , wird dringend veranlaßt ſein , dies ſelbe, ſei es für Preußen, ſei es für Defterreich,

freiben vermag – in die Wagimaale zu werfen. Gehen wir alſo an unſere Muſterung.

ſoweit er'8 zu

44 Bayern hat auf

1390

Quadratmeilen

4,700,000 Eins

wohner , ein Büdget von 47 Millionen Gulden (zu Fr. 2. 12 ), eine Staatsſchuld von 343 Millionen Gulden. Die Streitmacht beſteht aus 16 Infanterieregimentern (zu 3 Bat. zu 6 Romp.) 6 Jägerbataillons, 12 Ravallerieregimentern zu 4 Estadrons ( 3 Rüraffter , 6

Chevauflegers, 3 Ulanen ), 3 fahrenden und 1 reitenden Artillerieregiment, 1 Genieregiment von 8 Kompagnieen. Das Ganze kommt auf 55,000 M. Infanterie, 8000 M. Kavallerie und 18 Batterieen (zu 8 Geſchüßen) mit 144 Geſchüßen. Dies iſt die normale Anſtrengung für das Operationsheer; wir wiſſen ſehr wohl , daß jeder europäiſche Staat

das Bers

hältniß nach ſeiner Bevölkerung genommen , - viel mehr leiſten könnte. Indeſſen, wie einmal die Militärverfaſſung Bayerng iſt, und dasſelbe gilt für alle folgenden Staaten – können wir die „ möglichen“ Verſtärkungen hier nur in dem Sinne der Beſaßungs, truppen und Erſagtruppen zulaſſen , wie wir dieſen für Preußen und Deſterreich hingeſtellt haben. Sadſen hat auf 271 Quadratmeilen 2,225,000 Einw .; ein Jahresbudget von 13 bis 14 Millionen Thaler, 64 Millionen Thaler Staatsſchuld.

Es ſtellt an Infanterie 16 Linienbataillone

und 4 Jägerbataillone, an Kavallerie 4 Regimenter zu 5 Schwa dronen , im Ganzèn 20,000 M. Infanterie , 3200 Reiter und 50 Geſchüße. Hannover hat auf 698 QM. 1,890,000 E.; ein Büdget von 20/2 Millionen Thlr., eine Staatsiduld von 48 Millionen Thlr.

Es hat an Infanterie 8 Regimenter zu 2 Bataillons und

4 leichte Bataillons , an Kavallerie 6 Regimenter (2 Küraſſiere,

45

2 Dragoner, 2 Quſaren ) zu 4 Eskadrons, zuſammen 18,000 M. Infanterie, 3000 Pferde mit 50 Geſchüßen. Württemberg

hat auf 355 QM. 1,720,000 E. ,

ein

Büdget von 15/2 Millionen Gulden (zu Fr. 2. 12), eine Staats . ſchuld von 75 Millionen Gulden. Das kleine Königreich hat 8 Linien regimenter zu 2 Bataillons, dann 2 Jägerbataillons; an Ravallerie 4 Regimenter zu 4 Schwadronen , - e8 ftelt an Rombattanten 25,000 M. Infanterie, 3000 Reiter, dazu 52 Geſchüße. Baden mit 278 QM. 1,400,000 E. , einem Büdget von 17 Mil. Gulden (à Fr. 2. 12), einer Schuld von 108 Millionen Gulden , hält 5 Regimenter Infanterie zu 2 Bataillons, lierbataillons und

2 Füfts

1 Jägerbataillon , 3 Dragonerregimenter zu 4

Eskadrons , zuſammen 11,000 M. Infanterie,

1900 Reiter , 38

Feldgeſchüße. Großherzogthum Þefſen ( Darmſtadt) hat auf 152 QM. 860,000 E. , ein Büdget von 91/2 Millionen Gulden (zu Fr. 2. 12) ; eine Schuld von 20 Millionen Gulden , - an Milis tär 4 Regimenter Infanterie zu 2 Bataillons zu 5 Kompagnieen, 1 Jägerbataillon , 2 Regimenter Kavallerie zu 4 Eskadrons, zus jammen 9000 M. Infanterie, 1500 Reiter, 38 Geſchüße. iſt

nun neuerdings in Perſonalunion

Dazu

die Landgrafſchaft Beffens

Gomburg mit 5 QM ., 27,000 E. , einem Büdget von 400,000 Gulden, einer Staatsſchuld von 700,000 Gulden und einer Streits macht von 366 M. gekommen . Kurfürſtenthum Ⓡeiſen (Caſſel) hat auf 174 QM. 740,000 E. , ein Büdget von 5 Mill. Thlr. , eine Staatsſchuld von 14 Mill . Thlr., 4 Regimenter zu 2 Bataillonen Infanterie, 1

Jäger - und

1 Schüßenbataillon ,

2 Huſarenregimenter zu 4

Eskadrons , 2 Eskadrons Gardes du Corps , M. Infanterie, 1500 M. Reiter, 19 Geſchüße.

zuſammen 9000

46

Medlenburg - So werin mit 244 QM. mit 551,000 E. ,

einem Büdget von ungefähr 3,330,000 Thlr., einer Schuld

von 9 Miu. Thlr.

hat in 5 Bataillonen , 4 Estadrons und 2

Batterieen 4216 M. Infanterie, 672 Reiter und 16 Geſchüße. Medlenburg - Streliß

mit 491/2 QM. 99,000 E. ,

einem Büdget von 1 Mil . Thlr., einer Schuld von 1,655,000 Thlr. bat ein Bataillon von 1317 M. Schleswig - polſtein QM . mit 1,005,000 E.

und Lauenburg ,

3403/4

Dieſe Länder befinden fich jeßt ſämmts

lich im Befiße Preußens. Ihr Ausgabebüdget belief fich zulegt auf 11 Millionen Mark (zu Fr. 1. 50), ihr Einnahmebüdget war um 5 Mid . Marf größer.

Seit dem Jahre

1850 haben die Herzogs

thümer feine eigne Streitmacht mehr und jeßt müßte eine ſolche erſt ganz neu formirt werden . Luremburg und Limburg , E.

87 QM . mit 421,088

Dieſe Länder gehören außer zum Bunde zum Königreich der

Niederlande. Für den gegenwärtigen Krieg fallen ſte außer Betracht. Naiſa u hat auf 851/2 QM. 460,000 E.

Das Ausgabes

büdget beläuft ſich auf 4,659,360 Gulden (zu Fr. 2. 12) ; Einnahmen laſſen ein Defizit,

welches

die

allerdings leicht zu heben

wäre , wenn nicht die Landeseinnahme zu Gunſten der Einnahme des Landesherrn leiden müßte. Die Schuld des Landes ( einſchließs lich der herzoglichen ) beläuft ſich auf 37 Mill. Gulden. An Mili. tär find vorhanden in 5 Linien- und 1 Erſabbataillon , dann 2 Batterien, zuſammen 5711 M. mit 16 Geſchüßen. Braunſchweig ,

671/6 QM. mit 282,400 E. ,

einem

Büdget von 1,825,000 Thlr. , einer Schuld von 11 bis 12 Mid. Thlr. , hat in 3 Linien- und í Landwehrbataillon , 3 Linien- und 1 Landwehrſchwadron, 1 Linien- und 1 Landwehrbatterie 4000 M., 600 Reiter und 16 Geſchüße.

47

Oldenburg , 1141/4 QM. mit 295,242 E. hat ein Büds get von 1,570,000 oldenburgiſchen Thalern ( 16 oldenb. gleich 14 preuß. Thlr. ), eine Schuld von etwa 4,200,000 Thlr. und ſtellt 4 Bataillone Infanterie zu 5 Kompagnieen, 3 Schwadronen, 2 Bat terieen, d . 5. 3051 M. Infanterie, 509 Reiter, 16 Geſchüße. Sachſen -Weimar - Eiſenach hat 653/5 QM.

mit

273,000.E ., ein Büdget von 1,654,000 Thlr. pr., 4,200,000 Thlr. Schulden, -3685 M.

in

3 Bataillonen .

Sachſen -Meiningen -Hildburghauſen , 46 QM. mit 172,000 E., einem Büdget von 1,086,592 Gulden (ohne Rücks ficht auf die Domänenfaſſe ), einer Schuld von 4,600,000 Gulden, hat in 2 Bataillons zu 4 Rompagnieen 1726 M. Sachſen - Coburg - Gotha , 36 QM .mit 160,000 E., einem getrennten Bügdet für Coburg und Gotha von zuſammen etwa

14/2 Million Thlr.

einſchließlich

der

Domänenkaſſe,

einer

Schuld von etwa 6 Millionen . Das Herzogthum ſtellt 2 Bataillons zu 4 Linien- und

1 Erſakkompagnie, im Ganzen 2046 M. , es

hat eine Militärfonvention mit Preußen . Sachſen - Altenburg, 24 QM., 137,000 E., Budget 802,000 Thlr. , Shuld 1,047,000 Thlr . , Militär 2 Bataillons zu 4 Romp . ( 1800 M. ) ;

auch Altenburg hat eine Militärkonvention

mit Preußen . Reuß - Greiz , 63/4 QM . , 42,000 E. , Büdget 152,404 Thlr ., Schuld 500,000 Thlr. Reuß - Schleiz- loben ſte i n- Eberſtorf ,

15 QM .

mit 83,360 E., Budget 273,850 Thlr., Schuld 385,000 Thlr. Beide Reuß zuſammen ſtellen ein Bataillon von 1117 M. in 5 Kompagnieen . Lippe- Detmold , 201/2 QM. mit 108,513 E., Büdget 215,641 Thlr., Schuld 600,000 Thlr. ( einſchließlich der Domänen ſchuld ), Militär 1 Bataillon ron 840 M.

48

Saumburg - Lippe, 8

QM. , 30,774 E. , Budget

230,000 Thlr ., Domänenſchulden 2,700,000 Thlr ., Militär 385 M. in 4 Jägerkompagnieen. Waldeď , 201/3 QM. mit 58,604 E. , Büdget 530,000 Thlr. , Schulden 1,520,000 Thlr. , Militär 866 M. in 3 Koma pagnieen. Anhalt , 43/4 QM. mit 181,824 E., Budget 3,869,958 Thlr .!

Schuld 3,446,227 Thlr. , Militär 2 Bat. Infanterie und

2 Komp. Scharfſchüßen mit zuſammen 2000 M., Militärkonvention mit Preußen. Schwarzburg - Sonder8 h auſen ,

151/2 QM. mit

64,895 E., Büdget 611,354 Thlr ., Schuld 1,524,263 Thlr ., Mis litär 1 Bataillon mit 826 M. Sch w a rzburg Rudolft adt , 171/2 QM. mit 72,000 E., Büdget 260,000 Gulden , Schuld faſt 2 Millionen Gulden , Militär 1 Bataillon von 989 M. Liechtenſtein , 3 QM. mit 8000 E. , Büdget 42,000 öſterr. Gulden, 100 M. Bundeskontingent. Hamburg , 64/3 QM. mit 233,099 E., Budget 11 Mil. Marf Courant (zu Fr. 1. 50 ), Schuld etwa 85 Mil . Marf Cou . rant , Militär 2 Bataillone Linieninfanterie , 1 Jägerdetachement, 1 Pionnirdetachement, 2 Eskadrons, zuſammen 2163 M. Bremen , 4/2 QM. mit 104,004 E. , Büdget 1,773,215 Thlr. , nach dem neueſten Etat ſogar 2,306,000 Thlr ., Schuld gegen 12 Mil . Thlr., Militär 1 Bataillon von 809 M. Lübed , 6. QM. mit 51,000 E., Büdget 1,314,000 Mart ( à Fr. 1. 50), Schuld 20 Mill. Mark, Militär 679 M. Frankfurt

am

Main ,

Budget 2,849,000 Gulden , Schuld

14/5 QM. mit 83,400

E.,

17 Mil. Sulden , Militär

1 Bataillon mit 1044 M.

1

49

8. Die Streitkräfte des Königreichs Italien . Das Königreich Italien zählt auf 4670 QM. 21,776,953 Ginwohner.

Seit ſeiner Entſtehung im Jahre 1860 hat es noch

nicht vermocht , ſeine Finanzen ins Gleichgewicht zu bringen , obs wohl jeder neue Finanzminiſter mit einem vorgetreten

iſt,

welches

nun gewiß

wirken

neuen Projekt hers ſollte.

Im

Jahre

1864 fam auf eine Ausgabe von 927 Millionen Franken eine Einnahme von 672 Millionen .

Dieſes Deftzit von

nahezu 300

Millionen , welches ſtabil geworden iſt , aus dem Jahresbudget fortzuſchaffen , bisher ruhe ,

iſt noch

nicht

gelungen ,

und

obwohl

daran

noch unvollſtändige Konſtituirung des Reiches , in

welcher

es

erhalten

wird

dadurch ,

daß

die

die Uns

ihm

Rom

mitten in ſeinem Leibe und Venetien mit den drohenden öſterrei diſchen Stellungen noch entzogen ſind, zum Theil die Schuld trägt, liegt dieſelbe doch keineswegs darin allein , jehr

ſondern zu einem

großen Theile an dem falſchen Steuerſyſtem , welches durch

eine Unzahl von indirekten Steuern faſt alle Zweige freier menſch . licher Thätigkeit drückt und in der Entwidlung hemmt , und der unverhältnißmäßigen Anzahl von Leuten in Italien, die auf Koſten des Staates zu leben wünſchen, ohne dafür etwas Nennenswerthes

zu leiſten . Im Jahre

1864 wurden für die Landmacht 232 Millionen

Fr. und für die Marine 624/2 Millionen Fr. ausgegeben. find

zwar

Dann

die Voranſchläge, aber nicht die wirklichen Ausgaben

. herabgelegt worden . Die Landm acht des Königreichs Italien beſteht nach der neueſten Organiſation aus folgenden Truppentheilen : Infanterie .

8 Regimenter Grenadiere (Nr. 1 bis 8) , Küftom , d . Krieg . 1866.

50

72 Linie ninfanterieregimenter ( Nr. 1 bis 72), 5 Regimenter S düßen ( Berſaglieri, Nr. 1 bis 5).

Grenadiere und Linieninfanterie unterſcheiden fich durch nicht als einige Abzeichen an der Kleidung von einander. Ein Regiment Grenadiere oder Linieninfanterie beſteht nach der Organiſation von 1865 aus dem Regimentsſtab, 4 Bataillons und einem Depot. Die Bataillons ſind 4 Kompagnieen ſtark und die Kompagnie zählt auf dem Kriegsfuß 4 Offiziere und 149 M. Der ausrüdende Stand eines Regimentes kommt ſo mit den Stäben auf 81 Offiziere und 2453 M., zuſammen 2534 M., und die 80 Regimenter Grenadiere und Linieninfanterie ergeben im Ganzen

202,720 Rombattanten . Für das Depot des Regimentes wird im Kriege ein Stamm von 14 Offizieren und 61 M. aufgeſtellt. Dieß Depot ſammelt die Beurlaubten , die Refruten , bildet dieſe aus, ſchiebt fie den Feld. regimentern zu , fann auch neue Truppentheile formiren.

Ein bes

ſonderer Umſtand bewirkt, daß die Depotabtheilungen für die italies niſche Armee eine eigene Wichtigkeit erlangen.

Nachdem nämlich

das Königreich hergeſtellt war, hielt man es für flug, die verſchie denen Stämme des italieniſchen Bolfes, welche durch lange Trens nung einander entfremdet waren , zuerſt in der Armee und durch dieſelbe mit einander zu verſchmelzen.

Man gab daher jedes Ter .

ritorialſyſtem auf und ſeşte ein und dasſelbe Bataillon , ja eine und dieſelbe Kompagnie aus Piemonteſen und Sizilianern , fanern , Romagnolen , Lombarden u . ſ. w. zuſammen.

Tos

Soll dieſes

Prinzip nun aufrecht erhalten werden, ſo muß man ſchon den eins zelnen Depot8 Urlauber und Refruten aus allen Enden des Reis ches zuſchieben , und die Depots haben dann die Aufgabe, dieſe Maſſe erſt zu verſchmelzen ,

oder man läßt die Depots jedes

fiue

51

für fich territorial wirken ; ein Depot in Toskana zieht daher nur Toskaner ein,

ein anderes in Neapel nur Neapolitaner u.ſ.m.

Sol es nun die von ihm angeſammelten Leute verſchiedenen Re. gimentern zuſchieben oder einem , ſeinem Regiment ? Im erſteren Fall wird ſeine Aufgabe eine äußerſt ſchwierige und bei der Löſung iſt Verwirrung faſt nicht zu vermeiden , im andern Falle würde man dann aber doch wieder auf das Territorialprinzip thatſächlich zurüdkommen . Wenn man dieſe Dinge unbefangen betrachtet, ſo wird man fich ſagen müſſen, daß es mit den neuen fünften und ſechsten Bataillonen , welche die Depots für Felds und Feſtungsdienſt herausbilden ſollen, ſchwerlich viel auf fich haben kann. Wenn die Depots es dahin bringen , daß fte ihre Regimenter komplet erhal ten , ſo wird ihre Leiſtung bei den einmal gegebenen Umſtänden ſchon eine recht dankenswerthe ſein. Jedes der fünf Berſaglieriregimenter beſteht aus dem Stabe , 8 Feldbataillons zu 4 Kompagnieen und einem Des potcadre.

Die Kompagnieen der Berſaglieri find ebenſo ſtark als

die der Linieninfanterie. Der ausrückende Stand eines Regiments kommt auf 152 Offiziere und 4872 M., zuſammen 5024 M. Die fünf Regimenter geben daher 25,120 Rombattanten . Die

Ausrüſtung

äußerſt einfach ,

der

Grenadiere

Waffenröcke

tragen

und nur

Linieninfanterie

iſt

die Offiziere,

die

Mannſchaft hat lediglich den grauen Capot. Schußzelte werden von den Leuten mitgeführt. von

Außerdem haben ſie eine Sommerkleidung

ungebleichtem Drillich.

Als

die rechte italieniſche Nationals

infanterie gelten die Berſaglieri; fie tragen ſtatt der Käppis des übrigen Fußvolts runde Hüte mit großen Federbüſchen , weite blaue Fađen mit kurzem Schooß, weite blaue Hoſen, Glockenmäntel zum

52

Ueberhängen. Bewaffnet ſind die Berſaglieri mit Stußen mit Bau. bajonnet , die übrige Infanterie führt Miniégewehre mit Stich . bajonnet . Ravallerie. 4 Regimenter Linienfavallerie ( ſchwere ), 7 Regimenter Lanciers , 7 Regimenter leichte Reiter (Cavaleggeri), wovon eins die beſonders uniformirten ,

1859 entſtandenen buſaren

von Piacenza , 1 Regiment Guiden . Mit Ausnahme des Guidenregiments hat das Regiment 6 Feldeskadrons und einen Depotcadre. Die Eskadron zählt auf dem Kriegsfuß 5 Offiziere, 145 M. und 112 Pferde.

Der Stab hat 11 Offiziere, 7 Mann und 18

Pferde. Das Regiment zählt alſo im ausrüdenden Theil 41 Offt ziere, 877 M. und 138 Pferde. Von leßteren ſind 56 Zugpferde. Einſchließlich der Offiziere wird daher jedes Regiment ungefähr 700 Säbel ins Gefecht bringen können . Dieß gibt für die 18 Regimenter (ohne die Guiden) 12,600 Säbel .

Die italieniſche Reiterei iſt alſo von verhältnißmäßig ge.

ringer Stärke , genügt aber bei der Natur der Kriegsſchaupläße, auf welchen es die Armee wahrſcheinlich zu thun haben wird . Der Depotcadre eines Regiments beſteht aus 14 Offizieren und 59 M. Das Guidenregiment für den Ordonnanzdienſt der größeren Stäbe beſtimmt , beſteht aus 7 Eskadrons und hat im Ganzen 60 Offiziere, 1074 M. und 858 Pferde.

In Bezug auf die Bewaffnung der Kavallerie iſt beſonders zu erwähnen, daß außer den Lanciers auch die ſchwere oder Liniens favallerie die Lanze führt.

53 Artillerie . 1 Regiment Pontonnire (Nr. 1 ), welche hier ebenſo wie in Frankreich zur Artillerie gerechnet werden, 3 Regimenter Feſtungsartillerie (da piazza) , Nr. 2, 3, 4, 5 Feldartillerieregimenter (di campagna) , Nr. 5 , 6 , 7 , 8 und 9. 6 Rompagnieen Handwerker. Das

Pontonnirregiment

hat

9

Kriegskompagnieen ,

jedes

Feftungsartillerieregiment 16 Rompagnieen und 2 Depotkompag . nieen, jedes Feldartillerieregiment 16 Feldbatterieen und 2 Depots batterieen. Von den 16 Batterieen des Regimentes Nr. 5 find 2 der reitenden Artillerie.

Im Uebrigen hat die italieniſche Armee

nur fahrende Batterieen . Deren werden von den 5 Feldregimentern alſo noch 78 aufgeſtellt. Jede Batterie iſt zu 6 Geſchüßen. Es rüđen demnac 480 Feldgeſchüße aus. Die Geſchüße find durchweg gezogene ; in jeder Batterie iſt nur eine Geſchüßart vertreten , und zwar enthält ſie entweder ges zogene Achtpfünder oder gezogene Sechszehnpfünder. Die Zahl der Sechszehnpfünderbatterieen verhält fich zu derjenigen der Achtpfüns derbatterieen wie 1 : 2 .

Genietruppen . Zwei Regimenter Sappeurs ( Zappatori). Jedes Regiment hat auf dem Kriegsfuß 18 Feldkompagnieen und 2 Depotkompagnieen . Die Kompagnieen werden theils einzeln eingetheilt , theils in Bas taillone, nach Bedarf von 3 oder 4 Rompagnieen zuſammengeſtellt. Train . Drei Regimenter.

Jedes Regiment hat auf dem Kriegsfuß

8 Kompagnieen und 1 Depotkompagnie. Jede der Feldfompagnieen zählt 8 Offtziere, 330 M. und 420 Pferde.

54 Da8

adminiftrations for p 8 ,

neuerdings in 7 Kompagnieen vertheilt , enthält das Perſonal der Lazarethe, der Bädereien 2 . Der außrüdende Stand an Rombattanten ſtellt ſich nun für das reguläre italieniſche Seer in runden Zahlen auf 230,000 M. Infanterie und 13,000 Reiter mit 480 Geſchüßen. Wie man fteht, kommen auf je 1000 M. Infanterie oder Ra vallerie nur etwa 2 Geſchüße. Die Italiener ſagen mit Recht, daß, da die Beſchaffenheit des Bodens auf ihren wahrſcheinlichen Krieg8 ſchaupläßen der Aufſtellung zahlreicher Artillerie auf einem Punft meiſt große Hinderniſſe entgegenſtellt, es beſſer ſei, auf eine gute und durch die Schwere der Kaliber ſehr wirkſame,

als auf eine

außerordentlich zahlreiche Artillerie Werth zu legen .

Die Armee wird im Kriege in Diviſionen eingetheilt. Man rechnet in der Regel auf eine Diviſion : Zwei Brigaden Infanterie, wobei zu bemerfen iſt, daß dieſe

Brigaden zu je zwei Regimentern ſchon im Frieden bes ſtehen . Zwei Bataillons Berſaglieri. Drei Batterieen (nämlich 2 achtpfündige und 1 ſechszehns

pfündige ). Ein Regiment leichte Ravallerie. Eine Kompagnie Sappeurs. Eine ſolche Diviſton kommt dann auf ungefähr 10,000 M.

+ Infanterie und 700 Reiter mit 18 Geſchüßen . Mehrere Diviſtonen

der bisherigen Regel nach drei –

werden zu einem Armee for p 8 zuſammengeſtoßen .

Sjeti

Für dieſes

wird dann eine beſondere Reſerve gebildet , indem man nämlich von jeder Diviſion 1 Bataillon Berſaglieri, 4 Estadrons Reiterei und die Sechszehnpfünders Batterie hinwegnimmt.

‫ܫ‬ ‫ܕ‬

55

Hätte ein Armeekorps z. B. 4 Divifionen , ſo würde ſeine Reſerve beſtehen aus 4 Bataillons Berſaglieri, 16 Eskadrone Ras vallerie und 4 Batterieen , 2500 M. Infanterie ,

1700 Pferden ,

24 Geſcüße. Dazu kommt dann noch eine Kompagnie Sappeurs und eine Rompagnie Pontonniers mit einem Brüdenpark für 100 Metres Länge. Wird aus mehreren

Armeeforps eine Armee gebildet , ſo

erhält dieſelbe noch eine beſondere

Artilleries

und Geniereſerve,

einen Pontontrain für 200 Metres Länge ; ferner kann ihr eine Reſerveka valleriediviſion beigegeben werden, formirt aus den 4 , in zwei Brigaden zuſammengeſtellten Linienkavalleries regimentern und den beiden reitenden Batterieen der Armee. Die Infanterie eines ſolchen Armeereſervekorps würde man vorzugsweiſe den Grenadieren entnehmen. Die Ergänzung der italieniſchen Armee beruht auf der Konſfription mit Stellvertretung und den hergebrachten Ausnahmen. Es ſollen jährlich ungefähr 50,000 M. ausgehoben werden. Dieſe werden in zwei Kategorien getheilt , ziemlich zu gleichen Theilen, doch entſcheidet dabei weſentlich das Bedürfniß.

Die erſte Rates

gorie hat eine Dienſtzeit von 11 Jahren , wovon ihre Mitglieder die erſten fünf Jahre präſent bei der Fahne ſein ſollen ; die zweite Kategorie ſoll nur nothdürftig ausgebildet, dann entlaſſen werden, hat übrigens eine Dienſtpflicht von 5 Jahren und fann während dieſer Zeit unbedingt einberufen werden. Außer dem regulären Heere beſteht nun in Italien eine Nas tionalgarde. Dieſe hat im Allgemeinen nur die Eigenſchaften und die Beſtimmung einer Bürgerwehr ; indeſſen kann geſeßlich ein Ausſchuß aus ihr,

Mobilgarde , gebildet werden in der

Stärke von 220 Bataillonen

oder etwa 110,000 M.

Wenn wir

56

ſagen, ein Ausſchuß , ſo iſt das nur cum grano salis zu verſtehn , denn in der That würde die Mobilgarde durchaus andere Elemente enthalten, als die eigentliche fedentäre.Nationalgarde. Dieſe leptere iſt eine Bourgeoiswehr und die armen Leute oder Handarbeiter ( braccianti) ſind von ihr ausgeſchloſſen. Für die Mobilgarde beſteht nun Stellvertretung und es iſt anzunehmen , daß viele verpflichtete Bourgeois, wenn fte nicht etwa Luſt haben als Offtzier mitzuziehen , ſich einen Stellvertreter, gerade aus der Klaſſe der Braccianti anſchaffen werden . Uebrigens müſſen wir noch hinzufügen , daß das Inſtitut der Mobilgarde bisher weſentlich auf dem Papier geblieben iſt. Immers hin wird die Mobilgarde zum Beſaßungsdienſt formirt und dazu gebraucht werden können. Endlich iſt gegenwärtig wiederum an

eine Verſtärkung der

Armee durch Freiwillige in eigenen Korps (Volontärs) unter dem General Garibaldi die Hand gelegt worden. Es find bis jeßt 42 Bataillons defretirt. Was dabei Taugliche 8 herauss kommen wird, muß die Zukunft lehren .

Wir vermuthen , daß den

Erwartungen feineswegs entſprochen werde. Die Regierung, ſtatt, ſo lange fie das reguläre Heerweſen noch nicht auf einen Stando punkt erheben konnte , der allen Bedürfniſſen genügt ,

tüchtige

Elemente für ein fünftiges Freiwilligenkorps, insbeſondere an Offt. zieren herauszubilden und dadurch ihre Ehrfurcht vor dieſer Art militäriſcher, nationaler Betheiligung zu zeigen, hat alles Mögliche ſeit 1860 gethan , das Freiwilligenweſen bei Volf und Armee zu diskreditiren . Und mit einem entwürdigten, abſichtlich in der öffent lichen Meinung herabgeſepten Inſtitution dieſer Art wird man der Regel nad wohl nichts ausrichten . Erwähnen müſſen wir auch noch des Rorps

der

bara .

binieri ( Hensdarmen) , einer Polizeitruppe, welche in 14 les

57

gionen , wovon 13 aftive, über 20,000 M. zählt.

Aber für den

Kampf gegen den äußeren Feind fann dieſes an und für fich aus, gezeichnete Rorps ſchwerlich in Betracht kommen, da es aller Wahrs ſcheinlichkeit nach mit den inneren Feinden, beſonders in den Süds provinzen alle Hände voll zu thun haben wird. Die italieniſche Flotte beſteht aus : 1 Schraubenlinienſchiff, 13 Schraubenfregatten , wovon 5 gepanzert, 7 Dampffregatten zweiten Ranges , wovon 6 gepanzert, 2 Segelfregatten zweiten Ranges, 8 Dampfforvetten erſten Ranges, wovon 2 gepanzert, 2 Segeltorvetten erſten Ranges, 17 Rorvetten zweiten und dritten Ranges, 14 kleineren Schiffen , 8 Schraubenkanonenbooten , 1 Dampfwidder,

25 Transportfahrzeugen . Die Kanonenzahl beläuft fich auf 1524 ; die Bemannung der Schiffe beträgt etwa 14,000 Seeofftziere, Matroſen und Maſchiniſten . An Marineinfanterie beſtehen zwei Regimenter, ebenſo formirt wie die Linieninfanterie , bekleidet und ausgerüſtet ähnlich den Berſag, lieri.

9. Wer preußiſche Bundesreformvorſchlag. Nachdem wir unſere Ueberſicht über die Streitkräfte der bes theiligten Parteien dergeſtalt gegeben, daß wir uns leicht und ein fach für die nächſte Zeit auf ſie berufen können , kehren wir nun zu dem nicht angenehmen , aber durchaus nothwendigen Geſchäfte zurüd, die Entwidlung der Dinge bis zum Ausbruch des Krieges

1

zu verfolgen.

58 Wie bereits erwähnt worden iſt, brachte Preußen am 9. April einen Antrag auf Bundesreform bei der Bundesver ſammlung ein. Das Weſen des Antrages konzentrirte ſich in dem Verlangen, daß ein deutíde8 Parlament , aus allgemeinen und direkten Wahlen hervorgehend, berufen werde, um in die Zens tralgewalt diejenige Einheit zu bringen, welche der Bundesverſamm lung als einer Geſellſchaft inſtruktionsbedürftiger Standesgeſandten ganz abgehen muß und um das Liberum Veto auch der Kleinſten für alle Fälle, in denen es fich geltend machen konnte , zu ver bannen. Preußen verlangte zugleich, daß zuerſt der Tag der Zus ſammenberufung dieſes Parlamentes beſtimmt werde ; dann wollte es ſeine ſpeziellen Vorlagen machen.

Zugleich wollte es aber die

Zeit , welche bis zum Zuſammentritt des Parlaments verfließen mußte, benußen, um ſich ſoweit möglich mit den übrigen Bundes . regierungen über die Vorlagen an das Parlament zu einigen.

Der Antrag Preußens fam den übrigen Bundesregierungen zum größten Theile wenig gelegen . Indeſſen war es doch nicht gut möglich, ihn von vornherein gänzlich abzulehnen. Denn nachgerade hatten, wenige Ausnahmen vorbehalten, alle Regierungen , wie die Maſſe der Gebildeten des deutſchen Volkes, anerkannt, daß es mit dem deutſden Bunde in ſeiner gegenwärtigen Vers faſſung nicht ſo fortgehen fönne, ſolle nicht die deutſche Nation als ſolche untergehen.

Dem Verſuche des Kaiſers Franz Joſeph vom

Sommer 1863 war Preußen nur deßhalb entgegengetreten , weil es fich durch die öſterreichiſchen Vorſchläge in ſeiner Stellung als euros päiſche und als deutſche Großmacht beeinträchtigt glaubte. Aber für lebensfähig hielt den gegenwärtigen deutſchen Bund Niemand mehr. Was dem Antrage auch bei andern Leuten als den ſpezifiſchen Partikulariſten entgegenſtand,

das war

daß er von Preußen

und noch mehr , daß er vom Grafen Bis marf fam.

59

Indeſſen beſchloß

doch die Bundesverſammlung über die ges

fhäftliche Behandlung des Antrages am 21. April und zwar in dem Sinne , daß er einem beſonder 8 zu wählenden A u 8 ichuß , der nur mit ihm zu thun habe , überwieſen werden ſolle. Am 26. April ward dieſer Ausſchuß gewählt. Was nun ſehr vielen der deutſchen Regierungen mißftel, war, daß zu erſt der Tag für die Berufung des Parla , ments angelegt werden ſollte.

Sie hätten eine vorherige Einis

gung unter den Regierungen vorgezogen . Dieſe Anficht veranlaßte Bismark zu einer eignen Depeſche vom 27. April , in welcher er ausführte, daß die Betretung eines ſolchen Weges ſchwerlich eine andere Wirkung haben fönne ,

als die Verſchiebung der ganzen

Angelegenheit ad Calendas Graecas, während doch die Zeit dränge. Er wies auch die Meinung zurück, als

ſei dieſe Zeit wachſender

Feindſeligkeit ungeeignet zum Beginne und zur Betreibung dieſes Reformwerfes.

Er behauptete , von dieſem Werke hänge eben die

Erhaltung des Friedens ab, die Beſchwichtigung der Unruhe, welche alle Geiſter durchdringe. Dem erwählten Ausſchuſſe der Bundesverſammlung ließ er auch am 11. Mai vertraulich die Grundzüge des Vorſchlages mit theilen, welchen er zu machen gedachte. Vervollſtändigung der Zentral gewalt durch ein Parlament, Erweiterung der legislatoriſchen Koms petenz der neuen Zentralgewalt , Entfernung der Verkehrsſchranken aller Art, welche heute noch die Länder Deutſchlands von einander trennen, Organiſation eines gemeinſamen Schußes des deutſchen Þan dels im Auslande, Gründung einer deutſchen Kriegsmarine, beſſere Begründung

einer deutſchen Landarmee ,

ſo daß die

allgemeine Wirkungsfähigkeit derſelben verſtärkt , die Laſten aller einzelnen Staaten aber vermindert würden. Sicherlich waren dieſe Gedanken gute und tüchtige, aber der

60

unbefangene Beobachter der Dinge fonnte ſich nicht verheblen , daß ſehr verſchiedenartige Intereſſen in dieſer Angelegenheit einander gegenüber ftanden und daß die wahrhaft nüßliche Reform wohl in keinem Falle ohne Anwendung der Gewalt werde erreicht wers den fönnen. Wer fich dies flar machte, mußte annehmen, daß der Reforms vorſchlag des Grafen Bismark eher ein neues Element de $ Sriege 8 herzutrage, als ein ſolches entferne. In der That , während die Reform des Bundes von vorn herein auf den langſamſten der menſchlich denkbaren Wege verwies ſen ward , entwickelten ſich die friegeriſchen Vorbereitungen immer mehr , und immer giftiger wurde der von allen Seiten ges ſchürte Zwift.

Schon

ehe Bismark

ſeine Reformvorſchläge

der

Bundesverſammlung verkünden ließ, in den erſten Tagen des Mai, war ' endlich die vollſtändige Mobiliſirung der geſamm : ten preußiſchen Armee angeordnet worden .

10. Der Bruch des Gafteiner Vertrags .

Nachdem in Bezug auf die ſchleswig-Holſteiniſche Frage mit dem 7. Februar , abgeſehen von einigen mündlichen Auslaſſungen der Miniſter und Geſandten, zwiſchen Deſterreich und Preußen ein unheimliches Schweigen geherrſcht hatte, ließ ſich endlich Oeſters reich , als Preußen ſeinen Bundesreformvorſchlag eingebracht und denſelben

in

Verbindung

mit

der

ſchle 8wigsholſteinia

phen Sache geſtellt, auch in dieſer wieder vernehmen. Graf Mensdorff richtete an den Grafen Karoly i am 26. April eine Depeſche zur Mittheilung an Bismark, durch welche Preußen aufgefordert wurde , fich die ſchleswig -Holſteiniſche Ange legenheit noch einmal ernſtlich zu überlegen.

So verſöhnlich dieſe

61

Depeiche auch in der Form war , fonnte ſie der preußiſchen Res gierung doch der Sache nach nicht gefallen. Denn Deſterreich blieb auch jeßt darauf beſtehn ,

daß Schleswig -Holſtein dem Augu -

fenburger überliefert werde , ohne daß Preußen jene Zuges fändniſſe bewilligt würden , welche es für unerläßlich nothwendig in ſeinem eigenen und im Intereſſe Deutſchlands hielt, welche an. dererſeits nach Deſterreichs Meinung die Souveränetät des einzus jependen Fürſten in unzuläſfiger Weiſe verſtümmelten. B i.8 marf gab aufs Neue ſeine Anſicht von der Sache dem Baron Werther , preußiſchen Geſandten zu Wien , ichon durch ein Schreiben vom 1. Mai zu erkennen und formulirte ſie dann weiter in einer Note vom 7. Mai, welche lediglich als Grundlage vertraulicher Mittheilungen an den Grafen Mensdorff dienen ſollte, da, wie Bismarf jagt, es der preußiſchen Regierung auf eine ernſte Verſtändigung

mit Deſterreich ,

nicht

auf

die Captivirung der

öffentlichen Meinung um jeden Preis ankomme.

In dieſer Note

erflärte Bismarf aufs beſtimmteſte Preußens Willen , am Wies ner Frieden und am Gaſteiner Vertrag e feſtzuhalten , wodurch aber eben jede Einmiſchung eines Dritten , alſo auch des deutſchen Bundes, in die Ordnung der Regierung Schleswig - Hols ſteins ausgeſchloſſen werde ; er erklärte ferner, daß Preußen feine Neigung habe, auf ſeine an Schleswig - Holſtein erworbenen Rechte ohne Berückſichtigung ſeiner Intereſſen und der Intereſſen Deutſch , lands zu Gunſten eines Dritten zu verzichten.

Preußen ſei das

gegen immer bereit, mit Deſterreich über die Bedingungen zu vers bandeln , unter welchen dasſelbe auf ſeinen Antheil an dem durch den Wiener Frieden Erworbenen verzichten wolle. Endlich fügt der preußiſche Miniſter noch den Wunſch hinzu, daß Deſterreich in der Bundesreformfrage,

in welcher eigentlich die Entſcheidung liege,

mit Preußen zuſammengehen möge.

1

62

Hierauf folgte zunächſt von Oeſterreich feine Antwort.

In

deſſen hatten die Rüſtungen immer bedeutendere Dimenſionen an: genommen und dieſe Frage war eine immer dringendere geworden. Ganz

Deutſchland ,

Deſterreich

und

Italien waren ein großes

Heerlager und man fonnte mit immer mehr Recht vorausſehen, daß

ſelbft jeder Verſuch

einer

Vermittlung den

Ausbruch

des

Kampfes nur eher würde beſchleunigen können .. Defterreich hatte durch eine Note vom 4. Mai die Unterhands lung mit Preußen über die Abrüſtung gänzlich abgebrochen. Graf Mensdorff fündigte an, daß es überflüſſig ſei, über die Prioris tät der Rüftungen in Deutidland fortan zu ſtreiten. Es

ſei

gegenüber der Bewegung in

Italien

durchaus

für

Deſterreich unmöglich, dort abzurüſten ; Deſterreich vertheidigt dort nicht bloß ſeine eignen , ſondern auch deutſche Intereſſen und ein deutſcher Staat könne ihm ſchwerlich zumuthen , dieſelben unbeſchüßt

zu laſſen . Andererſeits war Sachſen durch die preußiſche Anfrage, wie es fich mit ſeinen Rüſtungen

verhalte

und die daran

ge

knüpfte Forderung, dieſelben abzuſtellen, im höchſten Grade aufges regt worden und ſtellte am 5. Mai zu Frankfurt den Antrag : „ Hobe Bundesverſammlung wolle ungeſäumt beſchließen , die preußiſche Regierung darum anzugehen , daß durch geeignete Ers klärung dem Bunde mit Rückricht auf Art. XI der Bundesakte volle Beruhigung gewährt werde.“ Obwohl der preußiſche Bundesgeſandte beſtritt, daß hier der Fall des Art. XI vorliege, da Preußen durchaus nicht die Abſicht habe, Sachſen anzugreifen , ſondern mit den militäriſchen Maß regeln , von welchen die Rede geweſen ſei , inſofern Sachſen nicht abrüſte ,

nur

Defenſiv maßregeln gemeint habe ,

fo

63 nahm doch die Bundesverſammlung

am 9.

Mai den fäcitiden

Antrag mit 10 gegen 5 Stimmen an . Indeſſen war es einzelnen Regierungen in Deutſchland, an deren Spiße die bayriſche ſtand, ernſtlich um eine Vermittlung zu thun.

Sie fühlten , daß , weil Preußen nicht allein gerüſtet

habe , es auch nicht allein um den Zweck ſeiner Rüftungen befragt werden dürfe und ſtellten daher beim Bunde den Antrag , daß alle Regierungen , welche gerüſtet hätten , zu Erklärungen aufges fordert werden ſollten. nommen und am 1.

Dieſer Antrag ward am 24. Mai ange: Juni ſollten die verlangten Erklärungen ab

gegeben werden. Dieſer Tag ſollte ein verhängnißvoller für die geſammte Ents widlung der Dinge werden. Doch ehe wir dieß erzählen, müſſen wir noch eines Verſuches erwähnen , welcher von außen her gemacht wurde , den Frieden zu erhalten. Frankreich , England und Rußland einigten fich nämlich

gegen Ende

Mai zu einem Vorſchlage

an Deſterreich,

Preußen und Italien betreffs einer Konferenz, an welcher außer den ſechs genannten Mächten auch der deutſche Bund betheiligt ſein ſollte. ferenz

Als wurden

Italiens ,

Gegenſtand Bezeichnet: die

der Verhandlungen dieſer Maßregeln

zur

Ron :

Beruhigung

ich le 8wig bolſteiniſche

und die Angelegenheit der Bundesreform ,

Sache

ſoweit dieſe in

internationale Verhältniſſe hinüberſpielten. Die Hoffnung, daß dieſe Konferenz, wenn ſie auch zu Stande täme, den Frieden bringe , war von Anfang an eine ganz außers ordentlich ſchwache. Diejenigen , welche ſich am meiſten von ihr vers ſprachen , hofften , daß fie etwa dazu beitragen werde, die Kampfs

64 objekte zu präziſiren und auf dieſe Weiſe das Kampffeld in etwas zu beſchränken . Wer Beſorgniß hatte , daß der Frieden könne erhalten werden , durfte fich dadurch nicht von dem Beſuche der Konferenz abhalten

laſſen.

Preußen

nahm

dieſelbe

am 29. Mai an,

ebenfo Italien , ebenſo der deutſche Bund. Aber als dies ſer Herrn v. d. Þfordten zu ſeinem Geſandten erwählte , war das Projekt bereits zu nichte geworden. Oeſterreich wollte nämlich die Konferenz nur dann be ſuchen , wenn auf derſelben von Gebietsveränderungen gar nicht die Rede ſein ſollte. So ſehr vorſichtig nun die Konferenzeinladung gehalten war , konnte doch kein Menſch daran zweifeln ,

daß bei

den Verhandlungen die Abtretung Venetiens an Italien werde zur Sprache kommen müſſen. Der von Oeſterreich geſtellten Bedingung gegenüber erklärten daher die Mächte, welche den Ron : ferenzvorſchlag gemacht hatten , ohne Weiteres , daß ſie von dem ſelben abſehen müßten und die

betheiligten ſtreitenden Parteien

ſomit die volle Freiheit ihres Şandelns zurüderhielten. So ſtanden die Dinge bereits am 1. Juni, als nun die deuts ſchen Mächte beim Bunde jene Erklärung abgeben ſollten, die durch Beſchluß vom 24. Mai über ihre Rüftungen verlangt wurden. Der öſterreichiſche Geſandte erklärte nun : Defter : reich fönne mit ruhigem Gewiſſen auf ſein beharrliches Streben zurückblicken, in der Elbherzogthümerfrage eine Einigung mit Preu ßen zu Stande zu bringen. Der Kaiſer Franz Joſeph ſei mit feinen Konzefflonen

ſo weit gegangen ,

als es

nur irgend

die

Würde Deſterreichs und das Recht des deutſchen Bundes erlauben . Preußen habe ungerechtfertigte Forderungen geſtellt und in ſteigen dem Maße die Neigung bethätigt , dieſe Forderungen rüdfichtslos und ſelbſt mit Gewalt durchzuſeßen .

Wie es nach

dem Wiener

65

Frieden gedroht , die Räv nung Holſteins von den Bundestruppen zu erzwingen , ſo habe

auch Defterreich gegenüber die Herzog

thümerfrage als Machif. je behandelt und ſich

dabei auf

die Hülfe a us wärtiger Gegner des Kaiſerfta a . tes geſtüßt. Schon zur Zeit des Gaſteiner Vertrages trat dieſes Streben Preußens hervor und erneuert dann, als Deſterreich Sols ſtein nicht nach den Prinzipien der Annexionspolitik verwalten wollte. Von zwei Seiten gefährdet, habe Deſterreich ſich in Vertheidigungs zuſtand geſeßt. rührt bleiben .

Die Vorkehren gegen Italien könnten hier unbe Gegen Preußen wolle Deſterreich

ſeine Armeeaufs

ſtellung rückgängig machen , ſobald es weder auf dem eignen Ges biet , noch auf dem ſeiner Bundesgenoſſen einen Angriff zu beſor gen habe und ihm Sicherheit gegen die Wiederkehr der Kriego gefahr geboten werde. Dieſe Sicherheit hänge für Deutſchland wie für Deſterreich davon ab , daß in Deutídland nicht Ges walt , ſondern Verträge und Recht regieren und daß auch Preußen , obwohl eine europäiſche Macht, Bundesfrieden und Bundesbeſchlüſſe achte , ferner davon , daß die ſchle 8 wig . holfte i niſche Frage nicht zu Gunſten einſeitiger Anſprüche, ſondern nach dem Landesrecht und dem Bundesrecht gelöſet werde. Am 24. Auguſt 1865 hätten Deſterreich und Preußen verſprochen, über das Reſultat ihrer Verhandlungen in Bezug auf Schleswig Holſtein dem Bunde Mittheilung zu machen.

Indem Deſterreich

dieſes Verſprechen nun erfüle , müſſe es erklären ,

daß ſeine Bes

mühungen um einen bundesgemäßen Abſchluß der Herzogthümer Frage fruchtlos geblieben ſeien, daß es nun 1 ) in Folge davon alles weitere

in dieſem Punkte den Bes

ſchlüſſen des Bundes anheimgebe , denen es fich fügen werde , und daß es 2) ſeinen Statthalter in Holſtein bereits angewieſen habe, die Nuftow , 6. Krieg . 1866. 5

66

holſteiniſchen Stände einzuberufen , damit die Wünſche und Rechts anſchauungen des Landes als ein berechtigter Faktor der Entſchei. dung geltend gemacht werden fönnten . Darauf erhob ſich der preußiſche Bundesgefandte Savigny und ſagte : Die Mobilmachung der preußiſchen Streit träfte habe lediglich in Folge der öſterreichiſchen Rüftungen ſtatt gefunden . Nur wenn dieſe rüdgängig gemacht würden, wenn zugleich die übrigen mit Deſterreich verbundenen deutſchen Staaten in ein bundesfreundlicheres Verhältniß zu Preußen zurückehrten , fönne Preußen entwaffnen, werde es dann aber auch ohne Weiteres thun. das Preußen habe ſtets nur Defenſivanſtalten getroffen. Wenn der Bund nicht im Stande ſei, Preußen Garantieen der Erhaltung des Bun desfriedens zu geben , wenn die Mitglieder des Bundes fich den allerſeits für

nothwendig

erkannten Reformen

entgegenſtemmten,

dann müſſe die preußiſche Regierung den Schluß ziehen, daß der Bund in ſeiner gegenwärtigen Geſtalt

ſeiner

Aufgabe nicht gewachſen ſei und ſeine oberſten 3 wede nicht erfülle , und ſie werde ihren wei , teren

Entſchließungen

eben

dieſe

rechtliche

U e berzeugung zu Grunde legen müſſen . Außerdem verwahrte der preußiſche Geſandte ſeine Regierung ausdrücklich gegen die ganze öſterreichiſche Auffaſſung von dem Verhältniß zu der ſchleswig- Holſteiniſchen Angelegenheit und ver wies dabei auf die vielen , offen daliegenden Erklärungen Preußens in eben dieſer Sache. Wir würden nur die Größe der Sache abſchwächen , wollten wir hier von den Erklärungen der kleinen und den Incidenzfällen reden. Bi$ marf ſab in dem Vorgehn Deſterreichs, in ſeiner Appels lation an den Bund, in ſeiner einſeitigen Einberufung

67

der holſteiniſchen Stände, in der Ankündigung dieſer Abricht einen flagranten Bruch des Vertrages von Gas ſte i n. Er richtete ſogleich einen Proteſt nad Wien , aber

in

Vorausſicht der Antwort, die er von dort empfangen würde, unter zeichnete er ſchon am 4. Juni eine Depeſche an die Bevollmäde + tigten Preußens bei den auswärtigen Mächten, welche ein in ſeiner Art einziges Aftenſtück durch die Ungenirtheit iſt, mit welcher der preußiſche Miniſterpräfident fich hier von den leiſetreteriſchen Ges bräuchen der europäiſchen Diplomatie logſagt. Graf Bismark beſchuldigt in

dieſem Schriftſtüc Deſterreich

der Provokation zum Kriege ,

und der

Abſicht,

den

Öſterreichiſchen Finanzen durch preußiſche ston : tributionen oder durd einen

e brenvollen "

Banferott Hülfe zu verſchaffen“. Kaum haben fich jemals zwei erboste Ronkurrenten , von denen man doch in den „ Tagblättern “, „ Intelligenzblättern “, „ Fremden blättern " und andern ähnlichen Reſultaten des modernen ,,Geiftes“ ganz bemerkenswerthe Specimina findet, dergleichen

Inſulten

ins

Geficht geworfen , wie jeßt Deſterreich und Preußen in ihren öffent lichen Erklärungen beim Bundestag und in den Noten , die für die ganze europäiſche Welt beſtimmt waren.

Außerordentlich lehr

reich für die Völfer, welche etwas lernen wollen . Troß Statthalter

des Bismarlichen Proteſtes erließ von Holſtein, General

von

der

öſterreichiſche

Gablen

,

am

5. Juni ein Defret , durch welches die holſteiniſchen Stände zum 11. Juni nach Ibehöe zuſammenberufen wurden . Aber

ſchon vorher war es in Berlin

daß Deſterreich im Verfolg

bekannt geworden,

ſeiner Erklärung vom 1. Juni beim

Bunde eine beſchleunigte Erekution gegen Preußen beans tragen werde , und daß es Danf ſeinen Vorarbeiten und der Ges 5*

68

meinſamkeit der Regierungsintereſſen alle Ausſicht habe mit ſeinem Antrage durchzudringen. In Folge deſſen ward gleichzeitig mit der auf Europa berech neten Note vom

4. Juni an

General von Gablenß

den

Statthalter von Schleswig,

Manteuffel ,

die holſteiniſchen

Stände

der Befehl erlaſſen, ſobald einberufe ,

in šolſtein

preußiſche Truppen einrüden zu laſſen , indem er den Deſterreichern freiſtelle , auch ihrerſeits wieder Garniſonen in Schleswig zu beziehen , ganz wie es vor dem Gaſteiner Vertrag geweſen war. Sobald nun Gableng ſein Defret erlaſſen hatte über die Eins berufung der Holſteiniſchen Stände, verfuhr Manteuffel ſeiner Ordre gemäß .

Er fündigte ſeine Abſicht dem öſterreichiſchen Statthalter

im Voraus an . Vom 7. Juni ab drangen die Preußen von Schless wig her in Holſtein ein .

Manteuffel richtete an Gablens gleich

zeitig die Aufforderung, mit ihm in Verbindung eine gemeins fame

Regierung

richten.

Die Deſterreicher beſtreiten, daß eine ſolche Aufforderung

für Schle 8 w ig - Holſtein

aufzu

ergangen ſei. Indeſſen iſt ſie, das ſteht feſt, wirklich ergangen . Es kann nur in Frage

geſtellt werden,

ob ſie an

ihre Adreſſe

ge

langte. Jedenfalls wollte Deſterreich auf die Herſtellung des Verhälts niſſes vor dem Gaſteiner Vertrag nicht eingehen ; die Dinge waren auch dazu ſchon viel zu weit gediehen .

Da es nun keinen Sinn

haben konnte, daß die ſchwache öſterreichiſche Brigade Aalik den weit überlegenen Preußen

etwa Gewalt entgegenſeße,

fo zog

General von Gablenß auf den Befehl ſeiner Regierung die öſters reichiſchen Truppen zuerſt in der ſüdweſtlichen Ecke Holſteins zu ſammen und dann über Hamburg und Harburg nach Hans nover zurück.

Das Zuſammentreten der holſteiniſchen Stände

69

ward von den Preußen verhindert.

Der Prinz von Augus

ftenburg verließ ſchleunigſt das Land. Die preußiſche Regierung ernannte darauf den Herrn

von

Sdeel - Pleiſen zum „ Oberpräſidenten “ von Schleswig -Hols ſtein.

Oberpräſident iſt der Titel des höchſten Zivilverwaltungs

Beamten einer preußiſchen Provinz, was beſondere Beachtung vers dient. Scheel -Pleſſen trat bereits am 11. Juni ſein neues Amt an . Mit dieſen Ereigniſſen trat Schleswig -Holſtein vorläufig in den Hintergrund . Die großen allgemeinen Verhältniſſe, die großen Unzuträglich feiten des deutſchen Bundes erſcheinen nun rein und frei auf der Bühne.

11. Das Ende des deutſchen Bundes . Auf den 11. Juni ward eine außerordentliche Bundesverſamm lung berufen. Der öſterreichiſche Geſandte führte in der Sißung aus , daß Preußen durch den Einmarſch ſeiner Truppen in Holſtein den Ga ſteiner Vertrag gebrochen und damit den Bundesfrieden geſtört habe ; er beantragte dann zur Herſtellung desſelben die Mobi : liſirung der geſammten Bundes armee mit Aus nahme

der

drei

von

Preußen

zu

ſtellenden

Armee for p 8 (des 4., 5. und 6.) in Hauptkontingent und Re ſerven binnen 14 Tagen , dergeſtalt daß dann in 24 Stunden der Ausmarſch erfolgen könne. Auf Erſaßkontingente ſolle Bedacht ge nommen , auch über den Oberbefehl alsbald Beſchluß gefaßt werden. Ueber die Ausführung im Einzelnen ſolle der Militäraus ſchuß der

Bundesverſammlung ſich mit der Bundes -Militärfom

miſfion ins Vernehmen ſeßen .

70

Der preußiſche Bundesgeſandte erklärte, daß er fich über den vorliegenden Antrag , deſſen Gegenſtand ihm völlig neu ſei, weder geſchäftlich noch fachlich zu einer Leußerung veranlaßt finde. Der öſterreichiſche Präfidialgeſandte verlangte darauf ſchleus nigſte

Beſchluß faſſung, und obwohl Meďlenburg

noch darauf aufmerkſam machte, daß die Bundesverſammlung auch auf den allerunbedeutendſten Gegenſtand , wo es fich nur um die Zahlung von hundert Gulden handle , drei Sißungen verwende, eine für den Antrag, eine für die Erörterung, eine für die defini tive Abſtimmung,

ward dennoch entgegen der Geſchäftsordnung

von der Majorität beſchloſſen , daß am 14. Juni über Deſterreichs Antrag definitiv abgeſtimmt werden ſollte. Wer erinnert fich dabei nicht der vielen Jahre , welche der Bund brauchte, um zu dem Grefutionsbeſchluß gegen Dänemarf zu gelangen !

Und wer

fich deſſen erinnert, der kann faum meinen, daß es die ſchlechten Eigenſchaften Preußens waren ,

welche dieſe ehrenwerthe

Geſell

jchaft zu ſo enthuſiaſtiſcher Eile entflammten ! Che noch der 14. Juni herankam , definitiven

Reformvorſchlag,

entſendete Bismark einen

der für dieſen Zweck bereit

lag , an die deutſchen Regierungen. Es war Fauftſchlag gegen Fauſt dlag. Der erſte Artikel dieſes Vorſchlages lautete :

„ Das Bundess

gebiet beſteht aus denjenigen Staaten , welche bisher dem Bunde angehört haben , mit Ausnahme der faiſerlich öſterreichiſchen und föniglich niederländiſchen Landestheile . " Während alſo Deſterreich den Arieg der Bundesregierungen gegen Preußen beſchließen laſſen wollte, wollte Preußen Deſterreich aus dem Bunde hinauswerfen, — freilich auch Holland , aber dieſes wünſchte fich vernünftiger Weiſe ſchon ſeit langer Zeit nichts Befferes, als aus dem deutſchen Bunde entlaſſen zu werden .

71

Die nächſten Artikel behandelten das Parlament, die Defini tion der gemeinſamen Angelegenheiten Deutſchlands, die Befugniſſe der Bundesgewalt.

Die deutſche Kriegsmarine mit gemein

deutſchem Budget, mit den Bundeshäfen von Kiel und dem Jah , deburen ſoll unter preußiſchen Oberbefehl geſtellt werden, wäh. rend die land macht des Bundes in zwe i B u ndesheere getheilt wird, eine Nordarmee und eine Südarmee. Obers feldherr der Nordarme e ſoll der König von Preußen , der Südarme e der König von Baiern ſein und zwar für Krieg und

Frieden . Im Frieden überwacht der Oberfeldherr

einer jeden Armee deren tüchtige Organiſation und Verwaltung ; in dringenden Fällen fann er jeden Theil ſeiner Armee innerhalb der betreffenden Hälfte des Bundesgebiets aufſtellen , vorbehältlich ſpäterer Genehmigung durch Bundesbeſchluß. Für jedes der beiden Bundesheere wird ein gemeinſchaftliches Militärbudget

für Feld

armee und Feſtungsweſen , mit der Nationalvertretung vereinbart und durch Matrikularbeiträge der Staaten, welche zu der betreffenden Armee ihre Kontingente ſtellen , beſtritten . Die Verwaltung jedes der beiden Bundesheere wird unter Leitung des Oberfeldherrn von einem , aus Vertretern der Kontingentsſtaaten gebildeten Bundess friegsrath

geführt, welcher der Nationalvertretung jährlich Rech

nung ablegt.

Jede Regierung macht vorbehältlich nachheriger Abs

rechnung die Auslagen für ihre Truppen ſelbſt.

Alle Erſpar

niſſe im Militärbudget fallen dem Bundeskriegsſchaße zu , welcher für jedes der beiden Bundesheere beſonders beſtellt wird. Die Bes ziehungen des Bundes zu den deutſchen Landestheilen des öft erreichiſchen Kaiſer ſtaates ſollen ſpäter durch Vereinbarung mit dem nächſteinzuberufenden Parlamente und durch beſondere Verträge geregelt werden .

Dies die Hauptpunkte des Bismart’ſchen Vorſchlages. Derſelbe

72

wird in der nächſten Geſchichte unter allen Umſtänden eine große Rolle ſpielen und es iſt daher gut , für ihn einen kurzen Verwei ſungstitel zu haben.

Wir

wollen ihn den Reformentwurf

vom 10. Juni nennen, weil das Begleitſchreiben, mit welchem er an die deutſchen Regierungen verſendet wurde, von dieſem Tage datirt iſt.

Bismart

ſagt

in

demſelben :

daß

Preußens

Antrag

vom

9. April auf Einberufung eines deutſchen Parlamentes den ges wünſchten Erfolg nicht gehabt habe , daß der bisherige Gang der Verhandlungen faum hoffen laſſe, der Antrag werde in dem zu ſeiner Berathung erwählten Neunerausſchuſſe eine rechtzeitige Ers ledigung finden. Dadurch ſehe fich Preußen veranlaßt , ſeine Vors ſchläge den Bundesgenoſſen direkte zn machen und bitte dieſelben für alle Fälle ſich zu entſcheiden , ob fte , wenn bei der drohenden Kriegsgefahr die bisherigen Bundesverhältniſſe fich löſen würden, geneigt wären, mit Preußen einen neuen Bund auf der mitgetheilten Bafis zu errichten. Die meiſten Regierungen wurden von der preußiſchen Mits theilung ſehr unangenehm überraſcht. Darüber kam der 14. juni heran , der Tag der Abſtim mung über den öſterreichiſchen Antrag vom 11. Juni . Der preußiſche Geſandte proteſtirte gegen jede geſchäftliche Behandlung des Antrages , daher auch gegen deſſen Ueberweiſung an einen Ausſchuß, weil er nach Form und Inhalt bundeswidrig ſei. Es

ward darauf abgeſtimmt.

Es ergab fich nach Erklärung

des Bundespräſidialgeſandten eine Majorität von 9 Stimmen gegen 6. Im Speziellen war das Verhältniß folgendes : Für den öſterreichiſden Antrag ſtimmten : die erſte Curie, Deſterreich ſelbſt, die dritte , Bayern,

73 die vierte , Sachſen , die fünfte , Hannover, die rechte , Würtemberg, die acte , Kurheffen , die neunte , Heſſen - Darmſtadt, die redh8zehnte (Lichtenſtein, Waldeck, die beiden Reuß, Lippe, Lippe-Schaumburg, Heſſen - Homburg ), von der dreizehnten Curie (Braunſchweig und

Naſſau) Naſſau, von der zwölften Curie (Sachſen -Weimar , Sach . ſen - Altenburg , Sachſen -Coburg und Sachſen -Meiningen)

Sachſen -Meiningen, von der ſiebenzehnten Curie (die vier freien Städte) Frankfurt Gegen den öſterreichiſchen Antrag ſtimmten : die ſiebente Curie, Baden, die elfte Curie, Luremburg und Limburg (Niederlande), die z wölfte Curie mit Ausnahme von Sachſen -Meis ningen, von der Dreizehnten Curie Braunſchweig ; die vierzehnte Curie, die beiden Mecklenburg, die fünfzehnte Curie , Oldenburg , Anhalt und die

beiden Sdwarzburg , die ſiebenzehnte Curie mit Ausnahme Frankfurts. Vermißt werden

in dieſer Abſtimmung noch die zweite

Curie, Preußen ſelbſt, welches , wie erwähnt, gegen jede Art geſchäftlicher Behandlung

des

öſterreichiſchen

Antrags

proteſtirt

hatte, und þolſtein - lau en burg , deſſen Stimme vorläufig ruht ( die zehnte Curie ). Die Abſtimmung der dreizehnten Curie wird zu einer

74

indifferenten , da Braunſchweig

gegen Naſſau ſtimmte und beide

gleichen Antheil haben. Als gegen Deſterreich , alſo für Preußen ſtimmend , dürfen wir , Preußen ſelbſt bei Seite gelaſſen , ohne Weiteres aufführen : die 7., 11. , 12., 14., 15., 17. Curie, alſo ſechs Curien, für Deſterreich, indem wir dieſes gleichfalls bei Seite laſſen : die 3. , 4. , 5. , 6., 8. , 9. Die

16. Curie dürfen wir nämlich nicht ohne Bedenken

für Deſterreich aufführen . Jeder

Die Sache verhält fich folgendermaßen .

der fieben kleinen Staaten , welche dieſe Curie ausmachen,

hat innerhalb derſelben gleiches Stimmrecht. in

Nach der Majorität

ihr wird die ganze Stimme abgegeben .

Nun erklärte am

14. Juni der ſtimmführende Geſandte (Schaumburg -Lippe), daß lippe- Detmold , Waldeď und Reuß jüngere li : nie gegen den öſterreichiſchen Antrag ſeien , alſo 3/7 Stimme, daß er zwar nicht vollſtändig inſtruirt ſei, aber doch die Geſammts ſtimme für den Antrag abgeben müſſe. Sobald dieß aber bekannt geworden war, benachrichtigte die ich a umburg - Lippe'iche Regierung das , preußiſche Kabinet , daß au dh ſie gegen den öſterreichiſchen Antrag ſei und dementirte alſo ihren eigenen Ges fandten . Auf dieſe Weiſen kamen 4/7 der Stimmen der 16. Curie für Preußen

heraus und erwägt man dieß und läßt die 10. und

die 13. Curie als indifferent nach dem früher Geſagten bei Seite, nimmt man ferner an , daß Preußen ebenſo wie Deſterreich mits ſtimmte, ſo würde fich als

faftiſde 8 Reſultat ergeben , daß

der öſterreichiſche Antrag mit 8 gegen 7 Stimmen verworfen ward. Unter den obwaltenden von uns aufgeführten Umſtänden er klärte der Präſidialgeſandte den öſterreichiſchen Antrag für mit 9 gegen 6 Stimmen angenommen .

Die neunte Stimme für Des

75

fterreich bleibt ,

wie ſich leicht ergibt , immer noch ſehr proble

matiſch. Es ſcheint uns, daß bei dieſem folgenſchwerſten Beſdhluß, den die alte deutídie Bundesverſammlung jemals gefaßt hat, auch die Kleinigkeiten ein wahrhaft geſchichtliches Intereſſe erhalten. Wir wollen deßhalb auch nicht vergeſſen , zu erwähnen , daß von den Regierungen, welche für den öſterreichiſchen Antrag ſtimm ten ,

doch

nur

eine

einzige ,

diejenige

von Würtem :

berg , ſich zugleich die öſterreichiſche Motivirung aneignete ;

fer

ner daß Baden , welches ſich gegen den öſterreichiſchen Antrag ausſprach ,

dod

deſſen

Verweiſung

an

einen

Au8 -

ſd uß zuließ. Nachdem

der

öſterreichiſche

mungsreſultat - 9 Stimmen

Präſidialgeſandte

das

Abſtim

für Deſterreich gegen 6 - verkün

det hatte, erklärte der preußiſche Bundesgeſandte : Er habe nun die Pflicht, der Bundesverſammlung die Entſchlüſſe Preußens anzuzeigen. Der Antrag Deſterreichs an ſich ſtehe im Widerſpruche zur Bundesverfaſſung und müſſe von Preußen als Bundesbruch

angeſehen werden . Das Bundesrecht fenne ges

gen Bundesglieder nur beſtimmte Formen öſterreichiſche

die

„ Egefution “,

vorgeſchrieben

Antrag

durchaus.

ſeien.

für welche ganz

Dieſe vernachläſſige

Außerdem

ſtehe

die

der

Stellung,

welche Deſterreich gegenwärtig in Holſtein einnehme, nicht im min deſten unter dem Schuß der Bundesverträge.

Eben deßs

halb habe Preußen es ſich verſagt, irgendwie auf den Ans trag Deſterreichs einzutreten , es habe ich nicht die leichte Mühe geben

dürfen ,

die Anſchauungen Deſterreichs in dieſer Anges

legenheit zu widerlegen. Bundesverſammlung

den

rechtlich zurückweiſen .

Nach der Anſicht Preußens mußte die Antrag von

vornherein

als

widers

Da dieß nun nicht geſchehen iſt; da im

76 Gegentheil Deſterreich zum Zweck der Selbſthülfe ſeit drei Monas ten rüſtet,

die andern Bundesglieder zum gleichen Zweck zu ſei

nem Beiſtand aufruft , da hienad von dem Werth des Artikel II der Bundesafte , der als das Hauptziel des Bundes deſſen innere und äußere Sicherheit hinſtellt, gar nicht mehr die Rede ſein kann , da dem

ganzen Verfahren Deſterreichs offenbar geheime

Verabredungen

mit

andern

Bundesgliedern

zu Grunde liegen, ſo fteht Preußen den Bundesbruch als volls zogen ,

den

Bund

für

aufgelöst

nicht zugleich die nationalen Grundlagen ,

an.

Doch es will

auf welchen der

Bund erbaut war, als zerſtört betra chten , vielmehr an dieſen und an der über vorübergehende Formen erhabenen Einheit der deuts ſchen Nation feſthalten und erklärt fich bereit , auf der Baſts des Reformentwurfes vom 10. Juni einen neuen Bund mit den jenigen Regierungen zu ſchließen, welche dazu geneigt ſind. Endlich behielt der preußiſche Geſandte ſeiner Regierung alle Anſprüche auf Eigenthum und ſonſtige Zuſtändigkeiten vor, welche jener aus dem alten Bundesverhältniß erwachſen ſeien , proteſtirte namentlich gegen die Verwendung von bisher bewilligten Bundes geldern ohne Zuſtimmung Preußens und verließ dann die Vers ſammlung. Der deutſche Bund von 1815 exiſtirte jest nicht mehr . Die Kriegserklärung zwiſchen ſeinen Gliedern war thatſächlich

vorhanden ,

was

immer

noch nöthig erſcheinen

mochte, fte formell herzuſtellen.

12. Wer Ausbruch des Krieges.

Es iſt uns ießt erlaubt ,

die Kräfte ein wenig zu meſſen .

Das ſchwierigſte Geſchäft dabei iſt dieſes, die Kräfte feſtzuſtellen ,

77

welche Preußen einerſeits , Deſterreich andererſeits aus der Abſtim mung der kleinen deutſchen Staaten beim Bunde erwuchſen .

Von dieſen Staaten liegen einige,

welche auch

gegen Preus

ßen ſtimmten, doch im Machtgebiet Preußens, mitten in ſeine Pros vinzen eingeklemmt, andererſeits liegt mindeſtens

ein ſolcher, der

für Preußen,

gegen da 8 -

jelbe ſtimmte, Preußens ,

aller wenigſtens nicht ganz

welches

außerhalb

wir

uns

des

im

natürlichen

Machtgebietes

Weſentlichen

durch

die

Mainlinie gegen Süden begrenzt denken .

das

Im Norden der ungefähr

angenommenen Grenzlinie für

preußiſche Machtgebiet liegen

von den Staaten ,

die für

Preußen oder gegen Oeſterreich ſtimmten : Luxemburg und Limburg (welche jedenfalls feine Streit fräfte für Preußen ins Feld ſtellen ). Die ſächſiſch - groß Herzoglichen

und

herzogli

den länder, jedoch mit Ausſchluß Sachſen Meiningens mit

7500 M.

Braunſch weig mit

4600

Die beiden Medlenburg mit

5500

Oldenburg mit

3500

Anhalt mit

2000

Die beiden Schwarzburg mit

1800

Lippe - Detmold und S da u mburg Lippe mit

1200

Waldeď mit

800

Reuß jüngere linie (Schleiz)

700

Die drei freien Städte $ amburg , lübed , Bremen Dieß gibt eine Summe von

Dazu kämen nun freilich noch golſtein , Sole

3600

31,200 M. w ig und

78

Lauenburg , welche mindeſtens

20,000 M. würden aufſtellen

fönnen. Indeſſen, da wir möglichſt rigoros verfahren wollen , wer den wir vorerſt auf dieſe Truppen ebenſo wenig Bedacht nehmen, wie überhaupt auf alle erſt zu

Er

organiſirenden

faßtruppen “. So ſehr es uns bekannt iſt, daß in der kurzen Zeit von einigen Monaten vollendet werden

allerdings

fönnen ,

neue Truppenformationen

die vollftändig

ihren Dienſt thun,

wiſſen wir doch auch , daß dieſe Truppenformationen gerade dort auf unendliche Hinderniſſe ſtoßen, wo man einmal in den gewöhn lichen Zeiten das Syſtem des ſtehenden Heeres als das einzig zu läſſige hingeſtellt hat. Inſofern Baden überhaupt für Preußen auftreten fann und ernſtlich will, würde dieß nocy 13,000 M. ins Feld ſtellen. Der höchſte poſitive Kraftzuwachs

aus

Deutſchland

für

Preußen ſtellt ſich nach dem eben Geſagten auf 44,000 M. und 86 Geſchüße,

wovon

ein

gutes

Viertel unter

allen

Umſtänden

unſider iſt.

Von den Staaten , welche für Deſterreich geſtimmt haben , wollen wir zunächſt diejenigen aufzählen, welche mindeſtens nicht mit ihrem Haupttheil zwiſchen preußiſchen Ländern liegen, von denen wir alſo annehmen fönnen , daß fie an das preußiſche Machtgebiet nur grenze n . Dahin dürfen

wir aber

höchſtens

drei

Staaten

rechnen ,

nämlich Bayern mit

63,000 M. 144 Geſchüßen

Württemberg mit

28,000

52

Heſſen - Darmſtadt mit

11,000

38

Für Oeſterreich zeigt ſich hier ein reiner Zuwachs an Streitkräften von 102,000 M. und 234 Geſchüßen . Zählen wir nun noch alle diejenigen Staaten auf, welche ſich

79

auf Oeſterreichs Seite geſtellt haben , aber innerhalb des preuß iſ

en M a chtgebiete 8 liegen . Sie find

Sad ſen mit Hannover mit

24,000 M. 50 Geſchüße 21,000 , 50

Þeſſen

11,000

Kaſſel mit

Naſſau mit

6000

Sachſen - Meiningen mit

2000

Reuß Greiz mit

19 16

400 11

lichten ſte i n mit frankfurt a . M. mit

,

1000

In dieſen Staaten hätten wir alſo noch einen militäriſchen Zuwachs von 65,000 M. mit 135 Geſchüßen für Deſterreich . Die geographiſche Situation dieſer Staaten veranlaßt uns ſofort zu einer Betrachtung. Sobald Preußen den deutſchen Bund für aufgelöst erklärt hat, muß es fich mit ihnen darüber auseinanderſeßen , wie ſie ſich ihm gegenüber verhalten wollen . Wenn es mit Ausſicht auf Erfolg Front gegen Oeſterreich an der Mainlinie machen will, ſo darf es nicht entſchiedene Feinde oder ganz unfichere Neutrale in ſeinem Rücken oder in den Flanken ſeiner Hauptoperationslinien und auf den Verbindungen ſeiner Seere laſſen.

Es muß daſelbſt

aufräumen und es darf damit nicht zögern , um ſo bald wie mög lich freie Hand für.den .Hauptkampf, für die eigent liden Entſcheidungen zu gewinnen. Preußen wird alſo dieſe unſichern Staaten auffordern, fich mit ihm zu verbünden , oder wird fie ſchleunigft angreifen, wenn fie dies verweigern. Dann find, was die Streitkräfte jener Staaten betrifft, drei Hauptfälle möglich :

80

1 ) entweder fie bleiben in ihrem Lande und ziehen fich in feſte Poſitionen zurück oder 2) ſte treten den Preußen im offenen Felde entgegen, oder 3) fie räumen das Land und ziehen fich in den Süden der Mainlinie einerſeits auf Baiern und Würtemberg , in den Süden des Erz- und Rieſengebirges auf Deſterreich andererſeits zurüd. Der erſte Fall iſt grade für die Staaten, um die es fich hier handelt, gar nicht denkbar, da es in dieſen Ländern Feſtungen, welche den Namen verdienen, faum giebt, – ein ungeheurer Vors theil für die Preußen , für welche das Eintreten dieſes Falles ſehr unangenehm geweſen wäre , weil es ihnen unter allen Umſtänden eine verhältnißmäßig große Truppenzahl neutraliſirt hätte. Im zweiten Fall iſt die Wahrſcheinlichkeit dafür, daß die Preußen mit überlegenen Streitkräften über die vereinzelten ihrer Gegner herfallen und fte aus dem Felde ſchlagen . Wir kommen nun alſo mit Wahrſcheinlichkeit auf den dritten Fall. Beim erſten Angriffsdrohen der Preußen werden die Hanno veraner, Sachſen u. ſ. w. ſich eiligſt ſüdwärts zurückziehen, um ſich an die in größeren Maffen zuſammengehaltenen Heere ihrer Verbündeten, Deſterreichs, Baiern8 u . f. w . anzulehnen, mit dieſen zu vereinigen . Auf dieſe Weiſe verſtärken ſie dann das Heer ihrer Partei und

Preußen

hätte

das

Intereſſe,

durch

Verſuche

zum

Abs

foneiden dies möglichſt zu verhindern. Wenn das den Preußen nicht glückt, ſo iſt es für fte offenbar ein Fehlſchlag. Aber der Werth desſelben mindert ſich ſehr bedeutend ab , wenn man erwägt, daß dieſe verſchiedenen

kleinen Truppenförper

höchft

verſchieden

ausgerüſtet und bewaffnet, bei einem eiligen Abzug aus ihren Läns dern fich kaum mit der nothwendigſten Munition und dergleichen ähnlichen Nothwendigkeiten werden verſehen können , daß fie auf der Baſis, gegen welche hin fie fich wenden, wiederum ganz andere

81

Ausrüſtungsverhältniſſe vorfinden als diejenigen, an welche fie ges wöhnt find , daß fie endlich von den Bewohnern dieſer Bafis , die für ihre eignen Staatsbedürfniſſe ſchon in der leßten Zeit übers mäßig angeſtrengt worden ſind, nur die allererſten Tage mit einiger Gutmüthigkeit betrachtet werden dürften.

Wenn die Wannoveraner

und beſſen ſich ohne Kampf nach Baiern , die Sachſen fich ohne Rampf nach Böhmen zurüđziehen ,

welde Reden werden da

wohl im Dorf in Baiern und in Böhmen geben ? Man nehme, um ſich dies annähernd klar zu machen, an, die Soweiz - welche nicht viel mehr Einwohner als das Königreich Sachſen hat,

befände fich im Kriege mit Deutſchland und hätte

Italien zum Bundesgenoſſen - (man fann den Fall nach Belieben auch umgekehrt ſeßen , denn es handelt ſich nur um ein Erempel) was würden nun wohl die Schweizer ſagen , wenn ihnen auss einandergeſegt würde, ihre Armee müſſe ſich vor allen Dingen ohne einen Schlag zu thun auf Italien oder mindeſtens in die Hoch alpen zurückziehen, um fich dort mit den Italienern zu vereinigen ? Und dennoch würde dieſer Rath allerdings der flügſte ſein, wenn die Schweiz eine ebenjolche politiſche und militäriſche Ors ganiſation hätte , wie das Königreich Sachſen , wenn ſie alſo nur etwa 25,000 Soldaten aufſtellen fönnte ! Wir wollen nun vorausſeßen , daß auch die zulegt von uns aufgezählten 65,000 M. fich mit den Deſterreichern vereinigen ; dann wird Deſterreich mit ſeiner Partei im Ganzen 507,000 M. mit 1369 Geſchüßen ins Feld ſtellen . Aus ofterwähnten , aber nicht oft genug zu erwähnenden Grüns den laſſen wir die Beſaßungstruppen aus dem Spiel. Obwohl in Defterreich die Errichtung der fünften Bataillone für die ſämmts lichen Infanterieregimenter angeordnet iſt, ſo daß man die vierten Bataillone zu den Feldtruppen ſtellen könnte, ſo nehmen wir keine Nüflow , d. Krieg. 1866. 6

82

Rüdficht auf fte. halten.

Es tommt darauf an , den gleichen Fuß feſtzu.

Wir werden alſo aucy, was Preußen betrifft , die Erfaßs

bataillone nicht berüdſichtigen, obgleich aus dieſen ſchon vierte Ba . taillone für die Infanterieregimenter gebildet werden, während neue Depots ihre Rahmen formiren ; wir werden feine Rückficht nehmen auf die fünften Bataillone und auf die mobilen Nationalgarden, welche Italien aufſtellen will und kann,

nirgends Rüdficht auf

die Freikorps . Denn dieſe Nach formationen heben ſich auf. Die Grundlage zu ihnen iſt in allen den Staaten , mit welchen wir

1 es zu thun haben , prinzipiell und abſichtlich vernachläffigt. Daher überall

ziemlich

gleiche Schwierigkeiten.

Der

belebende Geiſt

kann vieles thun. Wo aber wird er hiezu zuerſt die Kraft erhalten ? Dies iſt die große Frage. Mit ihr aber läßt fich vorerſt in einer Zeit, in welcher wir zwar viele Statiſtik des Materiellen ( bisweilen eine ſehr falſche), aber feine Statiſtiť des Geiſtes haben , nicht wohl rechnen.

Wir ſind bereit , vor dem überlegnen und beles

benden Geifte, wo immer er fich zeigen wird , den şut abzus nehmen . Aber wir müſſen damit warten . Nach dieſen Vorbemerkungen ſtellen wir nun mit gleichem Rechte und auf Grund unſerer früheren Erörterungen den 507,000 M. und 1369 Geſchüßen der öſterreichiſchen Partei gegenüber : Italiener

243,000 M. 480 G.

Preußen

417,000

Deutſche Verbündete Preußens (allerhöchſtens)

,, 864

44,000 1

86

Dies gäbe im Ganzen eine Macht von 704,000 M. und 1430 Geſchüßen. Das Kräfteverhältniß ſtellt fich demnach ungefähr wie 5 : 7 ; was die Geſchüß z a b 1 betrifft, ſo iſt das Verhältniß für Defters reich noch günſtiger.

Immerhin , wenn alle ſonſtigen Verhältniſſe

gleich wären, könnte man an einem baldigen Siege Preußens und

83

Italiens über Defterreich gar feinen Zweifel haben .

Es verlohnt

fich daher wohl , die andern Berhältniſſe noch in einer Zeit zu erwägen, die vor den Kriegsausbruch fält, in einer Zeit, in welcher die Erfolge eines Tages noch auf Niemand einen Einfluß üben fönnen . Wir wollen alſo zuerſt ſehn , welche Vortheile in Defter , reich 8 und ſeiner Partei Waagſchaale fallen. Sie ſind folgende : 1 ) Deſterreich ſteht in der Mitte zwiſchen ſeinen Gegnern at und hat alle die Vortheile im größeſten Maßſtabe, welche mili täriſch ſtets demjenigen zufallen , welcher auf der inneren Linie operirt. 2) Deſterreich hat mehr oder minder alle Regierungen in Deutſchland für fich , weil dieſe Regierungen aufhören , ſobald der Partikularismus nicht mehr von einer Großmacht beſchüßt wird. Preußen kann ihn,

was immer dynaſtiſche Intereſſen befehlen

möchten , nicht beſchüßen , einfach

der geographiſden Situation

wegen , welche ihm im Jahre 1815 geſchaffen worden iſt. Defter . reich fann ſich ſehr wohl , und ohne ſeine eigenen Intereſſen irgendwie zu verleßen, zum Schußherrn des Regierungspartikularis: mus aufwerfen . 3) Auch die Völfer in den meiſten deutſchen Staaten find gegen Preußen

alſo ſchließlich für Oeſterreich

geſtimmt.

Dies hat hauptſächlich die preußiſche innere Politif ſeit dem Jahre 1848 verſchuldet.

Nur in Folge dieſer iſt es möglich ges

worden , alle Ideen zu verkehren und Preußen aus

ſeinem Vers

ftändniß mit Italien einen Vorwurf zu machen, während es in der That feine natürlichere Allianz gibt, als die zwiſchen einem wirts lichen und unabhängigen Deutſchland und einem wirf , lidhen

und unabhängigen Italien.

Wie dieſe Seite der

Sache fich wende , ob zum Vortheil Preußens oder zum Vortheile 6 *

84

Deſterreiche, das hängt ſehr weſentlich einerſeits von den erſten Erfolgen, andererſeits von dem Benehmen Preußens dort , wo es militäriſche Vortheile erkämpft land

hauptſächlich

in Norddeutſchs

ab. 4) In dem Operiren auf der inneren Linie , in den

allergrößeſten Verhältniſſen iſt Deſterreich ungemein unterſtüßt durch die Beſchaffenheit ſeiner militäriſchen Stellung in Venetien. Wenn es dieſelbe verſteht, ſo muß es in Italien defenſiv auf treten und in Deutſchland offenſiv . Aber das Verſtändniß muß ein allgemeines ,

politiſches und

militäriſches ſein. Die foges

nannte „ rein militäriſche" Auffaſſung fommt, - die Vers nunft zeigt es

und die Erfahrung

beweiſet es

tauſendfältig

immer zu kurz. 5)

Die

öſterreichiſche Armee iſt

ohne

allen Zweifel von

oben bis unten friegserfahrner , als es die Armeen der Gegner find. Für die öſterreichiſche Armee als ſolche würde es fich eigentlich nur um die oberſte Führung handeln, die aber wieder nicht „ rein militäriſch " aufzufaſſen iſt.

Denn dieſes „ rein

militäriſch“ iſt ein abſtrakter Begriff, der fich in feine Real is tät einfügt, die ein Menſch erfinnen könnte.

Dieſe moderne Abs

ſtraktion , aus der Verdorbenheit , aus der Fäulniß der modernen Staatsverhältniſſe und der ihnen angepaßten theoretiſchen Staatss *

begriffe hervorgegangen, hat nicht den mindeſten Inhalt. Wie aber wird es mit der

oberſten Führung beſtellt ſein ?

Dieſe Frage iſt

nur zu beantworten , nachdem wir geſehen haben werden .

Sie

von vornherein zu ſtellen iſt vortheilhaft. Sehen wir uns nun auch die Vortheile der andern Seite, der Preußen und Italiener an.

Sie ſtellen fich folgenders

maßen dar : 1 ) Wenn man Preußen für fich und Italien für fich

. 85

nimmt, ſo iſt die Kraft jedes dieſer beiden Theile einheitlicher als die Deſterreichs.

Ein Ungarn und ein Venetien ,

feindlich gefinnte Reichstheile,

weſentlich

enthalten weder Preußen , noch

Italien . 2 ) Italien hat eine überlegene Flotte, welche große Dinge thun fann

und ihm gegenüber Deſterreich im adriatiſchen Meer

weſentliche Vortheile in die Hand giebt. 3 ) Preußen hat eine bedeutende finanzielle U eber , legenheit über Defterreich und kann dieſelbe noch dadurch ers höhen , daß es ſich ſchnell der Länder bemächtigt, die in ſeinem Machtgebiet liegen und deren Regierungen ihm feindlich ſind.

X

4) Jmlaufe der Zeit müſſen die Bölfer Deutſchlands begreifen , daß fie zwar für ihre Regierungen , aber nicht für fich

2 ſelbft etwas von Deſterreich, für ſich ſelbſt nur von Preußen etwas erwarten können. Faßt man alles Geſagte zuſammen, ſo wird man finden, daß die Vortheile Deſterreichs weſentlich im Anfange der Dinge liegen , während die Vortheile der Gegner Deſterreichs ſich wieder bei Nachhaltigkeit des Kampfes , in deſſen Dauer immer mehr

1 und mehr herausſtellen müſſen.

1 Wie werden fich nun die andern europäiſchen Mächte dem Kampfe gegenüber ſtellen ? Die Sauptmacht iſt Frankreich.

1 Napoleon III hat wiederholt erklärt, daß er fich abwars

į tend verhalten werde. Frankreich fann -

Dies liegt auch im Intereſſe Frankreichs. dem Rampfe zuſehn, unter allen Umſtänden -

i bis die fämpfenden Parteien ſich genügend geſchwächt haben und dann ſeine Partei wählen. Daß es ein ſtarkes, einiges Deutſchland

1 nid t will, haben alle Politiker Frankreichs,

welcher Partei fle

> ſonſt angehören mögen, zum Ueberdruß oft geſagt. Dies ſchließt aber nicht aus ,

daß Frankreich

eine Ver :

1

86

größerung

Preußen $

in

gewiffem Maaße

gerne

ſehe.

Viel hängt bei Allem davon ab, ob Napoleon III über den Krieg am Leben bleibt oder nicht. Wer wollte ſagen, welche inneren Bes ſchäftigungen ſein Tod für Frankreich bringt ! Rußland verhält fich zu der deutſchen Bewegung in allem Weſentlichen ebenſo wie Frankreich ; es hat mehr Sympathieen für Preußen als für Deſterreich , die nur freilich bald eine Grenze finden würden , wenn fich für Preußen fichere Ausſicht eröffnete, Deutſchland wirklich zu einem Staate zu machen. Rußland iſt für die Einigung Italiens indifferenter als für die Einigung Deutſchlands und indifferenter als Frankreich , welches das bisherige Einigungswerk Italiens allerdings hat vor ſich gehen laſſen, aber nicht, ohne in jedem Moment zu zeigen, daß ihm wenig damit gedient fei. England äußert jeßt nur einen geringen Einfluß auf Eu ropa.

Mehr als man gewöhnlich annimmt , folgt dieſes aus den

X militäriſchen Organiſationsverhältniſſen. Je weiter die Weltentwicks lung in Induſtrie und Sandel auf ihrer gegenwärtigen Bahn forts ſchreitet, deſto unmöglicher wird eß, eine nennenswerthe Armee aus geworbenen Soldaten , ohne Wehrpflicht, ohne Konſfription, oder wie man das ſonſt nennen will, zu ſchaffen und zu erhalten. Daß ſchließlich bei dem Stampfe der Deutſchen und Italiener jede der beiden Nachbarmächte Franfreich und Rußland an die eigne Vergrößerung denkt, liegt auf der Hand. Rußland ſucht ſeine Aequivalente “ im Intereſſe des europäiſchen Gleichgewichts am liebſten i m Often. Weit gefährlicher iſt ſowohl für Deutſchland als für Italien Frankreich durch die Richtung ſeiner Augen ſowohl als durch ſeine Kräfte. Als der Ausbruch des Krieges zwiſchen Deſterreich und Preußen immer unvermeidlicher erſchien , mußte man nothwendig ſeine Auf.

87

.

merkſamkeit noch auf ein Verhältniß richten , welches aus der ſons

}

derbaren ſtaatlichen Organiſation

des

deutſchen Bundes

hervorging. Dieſer Bund hatte fünf Bundes feſtungen : Mainz,

EM

ir

Tje

le,

kur e mburg , In

Landau ,

Raſtatt, uim.

Mainz und in Raſtatt ſtanden neben andern Truppen

Deſterreicher und Preußen zuſammen. Dieſe Gar niſonen

lieferten

ſtets ein treues Spiegelbild des Verhältniſſes,

welches im Augenblick zwiſchen den beiden Großmächten beſtand Trinfen aus demſelben Glas bis zur ſeligſten Waffen -Brüderſchaft,

ges

wenn Kaiſer und König fich umarmten , Trennung von Tiſch und

Jen

Glas und Steigerung dieſer Trennung bis zu den blutigſten Schlä

ning

gereien , ſobald Raiſer und König durch ihre Miniſter einander „ unparlamentariſch“ behandeln und Grobheiten ſagen ließen.

V:

den

id

jus

Ebenſo ſtand es mit der gemiſchten Garniſon der Bundesſtadt Frankfurt. Was ſollte nun daraus werden ,

wenn die gemiſditen

Garniſonen in den gegen die franzöſiſche Grenze gerichteten Bundesfeſtungen noch in dem

Augenblick beſtanden , da der offene

Krieg zwiſchen Deſterreich und Preußen ausbrach ? Dann blieb die

EN

Sache ichwerlich bei Prügeleien ſtehen und Blut und Eiſen wirth

ner

ſchafteten wider einander in den Straßen derſelben Feſten , auf

die

deren Wällen die ſich bekämpfenden Parteien dem gemeinen Landess

ime

feind hätten entgegentreten ſollen.

m

hen

Nun ſtellte Baiern , darüber mit Preußen einverſtan den , ſchon am 1. Juni den Antrag , es ſollten die Deſterreicher und Preußen aus den Feſtungen , in denen ſie zuſammenſtänden , und aus der Bundesſtadt Frankfurt zurückgezogen und in den erſtern

ell

durch Truppen anderer Bundesſtaaten, theile derjenigen , auf deren

cit

Gebiet fie lagen , theils von der Reſervediviſion erſeßt werden .

88

Dieſei Antrag wurd , wie es nicht wohl anders ſein konnte, allſeitig angenommen und es ward beſtimmt, daß die beſaßung von Mainz 7526 M.

Friedens

fünftig von Baiern , Sach

ſen -Weimar, Sachſen -Meiningen , Anhalt , Schwarzburg , Schaums burg - Lippe

und

Lippe - Detmold ;

diejenige

von

Raſtatt

5500 M. von Baden, Sachſen -Altenburg, Roburg- Gotha, Waldeck und

Reuß

geſtellt werden ſolle.

In Frankfurt

ſollte von

Bundestruppen nur das dort ſtationirte bairiſche Bataillon vers bleiben. Die öſterreichiſchen und preußiſchen Truppen wurden alsbald aus

den Bundesfeſtungen zurückgezogen.

Preußen

vereinigte

1 die ſeinigen zu einem Obſervationsforps unter dem General 0. Bey er bei Weşlar. Die Oeſterreicher ſchienen zuerſt die ihrigen vereint mit der Brigade Aalil ,

die aus Holſtein

zurückgegangen war , am Main vereinigen zu wollen , als Kern für die Armee, welche die ſüddeutſchen Staaten für Deſterreich ins Feld ſtellen ſollten .

In dieſem Sinne ward allgemein die Ernen nung des Prinzen Alexander von Heiſen ( Darmſtadt ), öſterreichiſchen Generals und bekannt aus dem Gefecht von Mons tebello 1859 zum Kommandirenden ſämmtlicher öſterreichiſcher Trup pen außerhalb Deſterreichs aufgefaßt. Indeſſen dieſe Dispoſitionen wurden ſehr bald wieder geändert und der Prinz trat dann an die Spiße des achten deutſchen Bundes for p 8 . Das erſte, was nun Preußen in Folge des Bundesbeſchluſſes vom 14. Juni that, innerhalb

war,

daß es an

ſeines Machtgebietes

lagen,

die

drei Staaten , welche

gegen es

geſtimmt hatten

und der Rede werth waren , nämlich an die Königreiche şans nover und Sachſen und an Kurbellen eine Aufforderung richtete: ihre Truppen ſofort auf den Friedensſtand vom 1. März zurückzuverſeßen und ſich dem neuen preußiſchen Bunde auf Grund

89

des Reformentwurfes vom 10. Juni anzuſchließen. Wenn die aufs geforderten Regierungen binnen zwölf Stunden ihre Zuſtimmung erklärten , ſo wolle ihnen Preußen ihre Souveränetätsrechte in den Grenzen des Reformentwurfs vom 10. Juni garantiren ;

andern

theils folle der Krieg erklärt ſein . Die ſämmtlichen drei Regierungen lehnten ab ; es erfolgte daher noch am Abend des 15. Juni die Arieg ser il är ung und am 16. Juni das Einrücken der Preußen in die nun als feindlich betrachteten Länder. Preußen hatte zu dieſer Invaſion bereit geſtellt :

1 ) gegen Sachſen die ſogenannte Elbarmee unter dem Ges neral Herwarth v . Bittenfeld , zuſammengeſept aus dem 8. Armeeforps , welches aus Rheinland hinweg gezogen und dort lediglich durch Erſaß- und Landwehrbataillone erſeßt war, aus einer der vierzehnten - vom ftebenten (weſtphäliſchen ) Diviſion Armeeforps und aus einem ſogenannten Reſerveforp8 ( Landwehren) . Die Elbarmee ſtand im ſüdöſtlichen Theil der preußiſchen Provinz Sachſen am linken Elbufer zwiſchen Torgau und Eilenburg ; 2) gegen Hannover a ) die Diviſion ,

welche der General von Manteuffel

in Schleswig mobil gemacht hatte , mit welcher er vom 7. Juni ab in Holſtein vorgedrungen war, die Oeſterreicher veranlaßt hatte, dieſes Land zu räumen und welche nun bei Haarburg ſtand, unter ftügt von einem Flottillengeſchwader

auf der Niederelbe und an

der Nordſeeküſte ; b) ein kleines Korps unter dem General Vogel v . Fal . fenft ein , deſſen Haupttheil die 13. Diviſion vom weſtphäliſchen Armeekoeps war, bei der Feſtung Minden in jenem Zipfel der Pro vinz Weſtphalen, der von Süden her in das Königreich Hannover eindringt ;

90 3 ) gegen Kurheijen das Rorps des Generals v . Beyer bei Weßlar in dieſer von den Heſſen und Naſſau eingeſchloſſenen preußiſchen Enklave. Bon dieſem Rorpe iſt bereits weiter oben die Rede geweſen . Dieſe Korp8 begannen ihre Operationen in der Frühe des 16. Juni, wie im nächſten Abſchnitt erzählt werden wird . Auf die Runde von der Kriegserklärung Preußens an Sachs fen , Hannover und Kurheſſen , zu deren Rechtfertigung Bismark am 16. Juni eine Note an ſämmtliche preußiſche Geſandte erließ, beantragte der

Oeſterreich

verſtümmelten

an

dem

eben

Bundesverſammlung

genannten

Tage

Frankfurt ,

zu

bei daß

Baiern ein Korps zur öſterreichiſchen Nordarmee in Böhmen ſende , um mit dieſer gemeinſchaftlich zur Befreiung Sachſens zu operiren . Preußen hatte gegen Deſterreich

zwei Armeen

in

Schleſien aufgeſtellt ; die eine unter dem Prinzen Frieds rich Karl, aus dem ſchleswig -Holſteiniſchen Kriege her bekannt, im

Weſten

prinzen

um

Görlik ;

die

andere

Friedrich Wilhelm

unter dem

frons

im Dſten , um Brieg.

Jene er ft ere beſtand aus drei Armee for p 8 , dem zweiten ( pommerſchen ), dem dritten (brandenburgiſchen ) und dem vierten (magdeburgiſchen ),

dieſe leßtere aus vier Armeekorp8,

dem erſten (oſtpreußiſchen ),

deu fünften (niederſchleſiſchen ), dem

ſechsten ( ichleſiſchen ) und der Garde. Volzählig nach dem Schema waren freilich dieſe Korp8 jämmts lich nicht , wie ſich leicht daraus ergiebt , daß noch das beſondere ſchleswig - Holſteiniſche Korps beſtand und jenes der Bundesfeſtungen unter dem General Beyer , zu welchem die urſprünglichen Korps Regimenter abgegeben hatten. yiezu konnte , mochten nun

die Sachſen geſchlagen werden

91 oder Fick auf die Deſterreicher, die Elbe aufwärts , zurückziehen, . die Elb armee Herwarths von Bittenfeld kommen. Dieſen preußiſchen Kräften ſtand öſterreichiſcher Seite , geſtüßt auf die Eiſenbahn von Krakau über Prerau, Dumüß, Pars dubiß bis Prag , gegenüber die Nordarmee unter dem Felds 1 zeugmeiſter Benedet , zuſammengeſeßt aus ſechs Armeeforps, dem erſten , zweiten , vierten , ſechsten , achten und zehnten , und einem ſtarfen Ravalleriekorps. Die Preußen hatten an Sachſen , Hannover , Kurheſſen Rriegserklärungen erlaſſen ;

an Deſterreich erließen

fie

feine ſolche; vielmehr wurden nur die Armees und Korpskoms mandanten

angewieſen ,

bei

den öſterreichiſchen Vorpoſten durch

Parlamentäre verkündigen zu laſſen , daß der König von Preußen die Erflärung und Forderung Deſterreichs zu Frankfurt am 16. Juni als eine an Preußen gerichtete Kriegserklärung anſehe. Dagegen erfolgte nun eine formelle Kriegserklärung Italiens an Oeſterreich am 20. Juni. Die Italiener hatten vier Armeekorps

gegen Deſterreich

aufgeſtellt:

das

erſte

unter Giovanni Durando mit vier Diviſionen und dem Hauptquartier

zu

lodi

gegen

den

Gardaſee

und

den

obern

Mincio , das zweite unter Cucchiari mit drei Diviſionen und dem þauptquartier Gremo na gegen Mantua und den untern Mincio , das dritte unter della Rocca mit vier Diviſionen hinter den beiden vorigen zu beiden Seiten des Po und mit dem Hauptquartier Piacenza , das vierte unter

C i aldin i mit

dem Hauptquartier zu Bologna und mit fünf Diviſionen gegen den untern Po und die untere Etſch. Defterreich hatte drei Armeeforps , das fünfte, fiebente und neunte ,

unter dem Oberbefehl des

Erzherzog8

Als

brecht, der bei Novara rich ausgezeichnet, dagegen aufgeſtellt; zwei

92

davon in den ſtarken Stellungen am Mincio und der Etſch in

dem vielberühmten Feſtungsviereck ;

eines

hielt

das

öftliche

Venetien und I ft rien . Ein weiteres Korps , das dritte , mit dem þauptquartier Layb a ch unter dem

Erzherzog Ernft , bildete eine allges

meine Reſerve, welche ſowohl nach Böhmen als nach Italien ges zogen werden konnte. Die Kriegserklärung Italiens an Deſterreich , von Cremona datirt , war vom General Lamarmora unterzeichnet und an den Erzherzog Albrecht gerichtet. Sie beſagte, daß Deſterreich dem Königreich Italien ſehr unangenehm ſei und dieſes jenem bei der erſten eintretenden Verwidlung in Europa nothwendig habe gegens überſtehen müſſen ;

in drei Tagen, wenn es dem Erzherzog bes

liebe , würden die Feindſeligkeiten beginnen ; habe der Erzherzog nicht Geduld , ſo lange zu warten , möge er es den General Las marmora wiſſen laſſen. Es regnete Manifeſten .

begreiflicher Weiſe

Da dieſe

im

die

gewöhnliche Fluth von

Grunde immer wieder dasſelbe ſagen

und außer den Völfern auch ſtets den lieben Gott in Anſpruch nehmen , auf den alle Parteien ſich mit der größten Beſtimmts heit berufen , da wir die Thatſachen , welche den Kriegsmanifeſten einigermaßen nach den Gefeßen der Vernunft zu Grunde gelegt werden konnten ,

hinreichend erörtert haben , ſo wollen wir mit

dieſen hergebrachten Gefühlsäußerungen Niemanden behelligen . Am 16. Juni eröffnete Preußen den Krieg gegen Aur herſen ,

Hannover

Feindſeligkeiten

gegen

und

Sachſen ;

Oeſterreich ,

am

am 21. Juni 23.

dasſelbe das Königreich Italien zum Krieg .

ſchritt

die

gegen

93

13. Die Befeßung Kurheſſens, Sachſens und Hannovers durch preußiſche. Truppen . In der Nacht vom 15. auf den 16. Juni konzentrirte der

*

preußiſche General v. Beyer ſein Korps an der heffiſchen Grenze nahe bei Gießen und begann um 2 Uhr Morgens ſeinen marſch in

das

furheffliche Gebiet.

Zu Gießen

erließ er

Ein eine X

Proflamation an die helftſchen Brüder “ , in welcher er bedauerte, daß Preußen durch die Weigerung

des Kurfürſten,

mit

ihm in

Gemeinſchaft eine neue Bundesverfaſſung aufzubauen , gezwungen worden ſei, dem Kurfürſten den Krieg zu erklären ; Preußen führe aber nur Krieg gegen die Regierung , nicht gegen das Volk Heſſens ; im Gegentheil dieſes ſolle nun beſſere Tage ſehen , auch werde der Verkehr nur ſoweit unterbrochen werden , als es milis täriſche Rückſichten gebieteriſch forderten. Am 16. erreichte Beyers Avantgarde Marburg.

Ueber

dieſe Stadt rückte der preußiſche General an den beiden folgenden Tagen

weiter

gegen

Raſſel

vor.

Er

detachirte

dabei rechts

gegen die Eiſenbahn , welche von Kaſſel über Bebra nach Herss feld und nach Eiſenach führt und ließ dieſelbe bei Melſungen unterbrechen .

Der nächſte Zweck dabei fonnte nur

der ſein, die

kurhefflichen Truppen, welche noch im Norden des Landes ſtanden, bei ihrem Rüdzuge gegen Süden zu hindern . Dieſer Zweck ward indeſſen nicht erreicht.

Kaſſel ward von ſeiner Garniſon ſchon

in der Nacht vom 16. auf den 17. Juni geräumt und das ganze furheffiſche Rorps, freilich in einem wenig mobilen Zuſtande, vers einigte ſich in den nächſten Tagen bei şanau , in dem ſüdlich. y ſten Winkel des Staates und trat dort in Verbindung mit den Heſſen - Darmſtädtern und den übrigen

Truppen des vormaligen

8. Bundesarmeekorps, mit denen fich alsbald wider urſprüngliches

94

Erwarten die Truppen Badens vereinigten , das ſeine Geſandten von Berlin und Florenz abrief. Am 19. Juni endlich

Abends und in der folgenden Nacht rückte

der Baupttheil des Beyerſchen Rorps

in

die

furheffiſche

Hauptſtadt Raſiel ein, welche von Weplar 16 deutſche Meilen, alſo fünf gute Märſche entfernt iſt. Der Surfürft , bekanntlich ein ſehr

exzentriſcher alter Herr,

davongezogen ,

war nicht mit ſeinen Truppen

vielmehr auf ſeinem Schloſſe

welchem vor fünfzig

bis ſechszig

Jahren

Wilhelmshöhe ,

der König

von

auf

Weſt

phalen, Jerome Bonaparte, ſeine Orgien feierte, zurüdgeblieben. Am 22. Juni machte ihm hier der preußiſche Geſandte General v. Röder neue Anträge : der Kurfürſt folle dem Bundesreform entwurf vom 10. Juni zuſtimmen und ein Miniſterium einſeßen, welches die Beobachtung der Verfaſſung von 1831 verbürge, dieſer Verfaſſung, an welcher die Kurheſſen ſtets mit einer Treue und Zähigkeit gehangen haben,

die man

in

ähnlichem Falle andern

deutſchen Voltsſtämmen nicht eben nachrühmen kann. Unter dieſen Bedingungen ſollten dann dem Kurfürſten von Preußen ſeine Sous veränetätsrechte und ſein Befißſtand garantirt werden. Der Kurfürſt ertheilte auf dieſe Anerbietungen eine abweiſende Antwort in der ihm eignen draſtiſchen Weiſe, welche an die ges drängte allitterirende Art des Althochdeutſchen erinnert. Daraufhin ward er am 23. Juni als Staatsgefangener nach der preußiſchen Feſtung Stettin abgeführt, wo man ihm zum Wohnfiß einen Theil des alten Schloffes der pommerſchen Herzoge anwies,

in welchem

die geſchiedene Gemahlin

des

nachmaligen

Königs Friedrich Wilhelm des zweiten, die braunſchweigiſche Prins zeſſin Eliſabeth ,

faſt fünfundfiebenzig Jahre ihres langen und

wunderlichen Daſeins zugebracht hatte.

Da in Stettin eben die

Cholera ausgebrochen war , ward dem Kurfürſten freigeſtellt, flich

95

nach Königsberg in Preußen zu begeben , vorläufig aber machte er von dieſer Erlaubniß feinen Gebrauch. Rurheffen war nun in preußiſcher Gewalt. Der General von Beyer aber ſollte bald weitere Arbeit erhalten.

Ehe wir davon

reden , müſſen wir zunächſt einige Worte über die Beſeßung des Königreichs Sachſen ſagen. In Sachſen rückte die Armee des General Herwarth v. Bittenfeld am 16. Juni in drei Kolonnen ein, welche am linken Elbufer fich über Strehla , Dahlen und Wurzen zogen. Am 18. Juni traf die Bauptkolonne verwarths zu Dresden ein. Die Sachſen hatten die Ankunft der Preußen nicht abgewartet.

$ Die Wagen , welche die Schäße des Staates und des Königlichen Fauſes trugen , ſtanden ſeit lange gepackt und ſchon am 15. , als die preußiſche Kriegserklärung noch nicht einmal erfolgt war , bes gann der Abmarſch dieſer Schäße und der fächfiſchen Armee, welche über Boden bach nach Böhmen ziehend, fich dort mit den Defter : reichern vereinigen ſollte. Am 16. Juni Morgens verließ auch der König Johann ſeine Hauptſtadt, um in Böhmen eine Zuflucht zu ſuchen .

Gleichzeitig mit dem Einrüden der preußiſchen Elbarmee in das Königreich Sachſen wurden auch von der Armee des Prinzen Friedrich Karl ,

welche ,

wie erwähnt ,

bei Görliß

ftand,

Avantgarden auf Löb a u und Herrnhut in die Laufiß , den öſtlichſten Theil Sachſens vorgeſchoben und über Baußen auf Dresden eröffnete der Prinz Friedrich Karl ſeine Verbindung mit dem Ges neral perwarth v . Bittenfeld. Binnen wenigen Tagen war ganz Sachſen ohne allen Widers ſtand in den Händen der Preußen.

bei pzig wurde erſt am

19. Juni wirklich von preußiſchen Truppen befeßt und zwar von dem 4. Garderegiment, welches eilig von Berlin über Torgau her: beigerufen worden war.

+ !

96

Die Sachſen hatten noch am 15. Juni die Eiſenbahnverbindungen unterbrochen ; insbeſondere hatten ſie die große Elbbrücke bei Rieſa ,

1. an dieſem wichtigen Eiſenbahnfnoten, abgebrannt. Die Bevölkerung des Königreichs war damit nicht beſonders zufrieden und wir meinen, fie ward in dieſer Beziehung von einem richtigen Inſtinkt geleitet. Es wird über ſo viele unwichtige Punkte des „Völkerrechts “ in „ gelehrten " Werfen hin- und hergeſtritten, – unwichtig, inſo fern als fie in der That lediglich nach dem Bildungsſtande der Völfer entſchieden werden können, welche einander befriegen. Ueber dieſen ſterilen geffen.

gelehrten Unterſuchungen wird das wichtigſte vers

Es iſt für ganz Europa nicht gleichgültig, ob ſeine wichs

tigſten Verbindungen , die es ſich mit vieler Arbeit geſchaffen, zer ſtört werden oder im Gange bleiben.

Kein vernünftiger Menſch

wird etwas einwenden auch gegen die empfindlidyfte

Zer

ſtörung, welche der Krieg mit ſich bringt , wenn dieſe Zerſtörung wirklich nothwendig war. Aber der geſunde Menſchenverſtand empört fich eben gegen alles Unnüße, gegen das Unfruchtbare. Man kann als die erſte Kriegsregel getroſt dieſe hinſtellen , ohne die mindeſte Beſorgniß , jemals widerlegt zu werden :

Ein

jeglicher Truppenkommandant folle, bevor er irgend etwas anords net , fich ſelbſt die Frage vorlegen , weßhalb und wozu er dieſes oder jenes anordne.

Wir haben dieſe Regel an die Spiße

unſerer „ Allgemeinen Taktif “ geſtellt und – es iſt darüber ges lächelt worden ; denn man hat geſagt, dies ſei eine Forderung des geſunden Menſchenverſtandes und wer ihr nicht nachkomme, gehöre ins Jrrenhaus.

Aber wer fich die Mühe giebt , die Fandlungen

der Menſchen genau zu beobachten , wird finden , daß unſere ein fache Forderung gerade

eine der höchſten iſt , die an

den Menſchen geſtellt werden können und daß unter Tauſend wohl ſchwerlich Einer iſt, der ihr ſtets genügt.

M

97

Die Sachſen haben fich am 15. Juni offenbar nicht gefragt, wozu fie die Eiſenbahnbrüde

von Rieſa zerſtörten.

Das Auf

reißen der Schienen und entfernen derſelben auf einige hundert Schritte der Bahnſtrecke hätte offenbar den preußiſchen Truppen, die ohnedies nicht die Bahn als Marſchweg benußen konnten, den Aufenthalt bereitet , welchen die Sachſen brauchten , um auf ihrem erwählten Rüdzugswege nach Böhmen den nothwendigen Vorſprung zu gewinnen. Auf lange hin fönnen im Uebrigen die Eiſenbahnverbindungen den Preußen gegenüber gar nicht unterbrochen werden, wenn nicht ausgezeichnete Kunſtbauten zerſtört werden, welche von dem betrieb ſamen Geiſte unſerer Zeit mit ungeheuren Koſten hergeſtellt,

auf

die Dauer von Jahrhunderten berechnet waren.

+ Bei jedem preußiſchen Armeekorps befindet ſich nämlich eine feld - Eiſenbahnfomm ifjon ,

aus tüchtigen Technikern

zuſammengeſeßt, zu deren Verfügung eine Sektion von beſonders für dieſen Zweck auserleſenen Pionniren ſteht.

Jene Eiſenbahn

kommiſſion ordnet die Zerſtörungen an und begutachtet ihre Noth wendigkeit innerhalb beſtimmter Grenzen. Sie ſorgt aber auch für die ſofortige Herſtellung der zerſtörten Objekte auf den in ihren Bereich

fallenden Bahnlinien , wenn auch nur für proviſoriſchen

Gebrauch und hat durch die Verbindung mit den Betriebsdirektionen der preußiſchen Bahnen ſogar die Mittel in der Hand , auf einer Bahn , auf welcher der Betrieb durch die alten Beamten gänzlich unmöglich geworden wäre , ſofort einen neuen Betrieb durch preu. Biſche Beamte herzuſtellen. Was die Zerſtörung der Rieſa er Brü de betrifft, ſo war die Eiſenbahn -Rommiſſion , in deren Bereich ſie ftel,

nicht dabei

ſtehen geblieben, die Möglichkeit dieſer Zerſtörung vorherzuſehen, ſte hatte ſogar für die nöthigen, richtig abgemeſſenen und beſchlagenen Rüflow , d. Rrieg. 1866. 7

Bayensche Staatsbibliothek MUNCHEN

98

Hölzer geſorgt,

um dem Schaden in fürzeſter Zeit abhelfen zu

fönnen . Dieſes möge hier ſofort erwähnt werden. Es giebt für eine Zeit wie die unſrige, in welcher ſo viel mit ,, Bildung " geprahlt wird , nichts Erbärmlicheres und Erniedrigenderes als den Vans dalis mus , die Zerſtörungswuth

ohne den geringſten Zweck.

Auf dem Grunde dieſer Einſicht fußte die Genfer Ronvention von 1864 über die Behandlung der Verwundeten , des Sanitätspers ſonals u. ſ. w.

Wir haben die Verſammlung einer großen Zahl

von Abgeſandten der verſchiedenſten Mächte damals mit großer Freude begrüßt , ohne uns indeſſen von ihrem Reſultat die über ſchwänglichen Vorſtellungen zu machen , welche wohl andererſeits erweckt werden ſollten.

Vergegenwärtigen wir uns heute die

Verhandlungen jener Konferenz, ſo finden wir allerdings in erſter Linie dort die Vertretung einer geläuterten humanen Richtung, der Achtung vor Leib und Seele des Menſchen ; aber einſeitig blieb das Streben , welches fich dort entwickelte, dennoch. Wir meinen, daß der gegenwärtige Krieg der Schweiz, welcher durch ihre Neutralität die ſchöne Rolle zugewieſen iſt, praktiſch an der Auf ſtellung der Grundlagen eines wirklichen neuen Völfers rechtes zu arbeiten , weitere Veranlaſſung geben wird , auf noch mehrere Dinge zurückzukommen,

die ungefähr in dieſelbe Reihe

fallen, wie der Gegenſtand der Genfer Konvention . Es handelt ſich um den höchſtmöglichen Schuß der menſch lichen Arbeit .

Morin ,

in welcher Art von Eigenthum

ſteckte wohl mehr Arbeit als in den großen Verbindungswegen , die unſer Jahrhundert geſchaffen hat. Wenn es nach beendetem Kriege gilt , das , was er zerſtört, ſolid und vollſtändig wieder aufzurichten , Beobachter

Gelegenheit haben ,

zu

ſehen ,

wird der aufmerkſame wie

mancher Þaupts

99

frage der

politiſchen Dekonomie

ganz

neue Seiten abgewonnen

werden . In das Königreich Hannover rückte am 16. Juni von Mins den 'her der General v. Falfe n ſt ein mit der 13. Divis fion ein ; am 17. Nachmittags um 5 Uhr zogen die erſten biſchen Truppen in die Stadt þannover ein.

preu

Der blinde König

Georg hatte dieſe bereits troß der Bitten der ſtädtiſchen Kolles gien verlaſſen , welche ihn beſtürmten , Entſchlüſſe zu faſſen , durch welche die preußiſche Kriegserklärung rückgängig gemacht werden fönne. Der König erwiderte , Preußen wolle ihn mediatiſiren und er fönne darauf nicht eingehen ; er ging mit dem Kronprinzen am 16. zu ſeinem Truppenkorps ab , welches in dem ſüdlichſten Theil des Landes, um Göttingen , verſammelt war. Der General von Manteuffel mit der aus Schless wig durch Holſtein herbeigezogenen Divifion ging bei Harburg ans (infe Elbufer und ließ dann zunächſt die fleine hannoverſche Feſtung Stade überfallen . Zu dieſem Zwede wurde ein Bataillon des 25. Infanteries regiments auf den beiden Fahrzeugen Loreley und Cyclop , die zu dem preußiſchen Geſchwader auf der Niederelbe und auf einem Hamburger Privatdampfer am um 10 Uhr bei Harburg eingeſchifft.

gehörten

17. Juni Abends

Die Schiffe

dampften nun

die Elbe hinab und famen um 1 Uhr Morgens am 18. bei Twie , tenfleth an. Hier wurde das Bataillon ausgeſchifft und ſeşte fich gegen Stade in Bewegung. An der Spiße marſchirte eine Ab theilung Matroſen von den Kriegsfahrzeugen , die als Pionnir ſektion dienen ſollte.

Gegen drei Uhr Morgens erreichte die kleine Rolonne die Nähe von Stade , als ſie von einem hannoverſchen Reiterpoſten bemerkt ward , der ſofort zurückſprengte , um die nichts ahnende

100

Garniſon zu allarmiren . Die Preußen folgten ſo raſch als möglich, fanden indeſſen beim Herankommen das Thor ſchon geſchloſſen. Die Matroſen brachen es auf und die Infanterie drang in die Stadt ein. Hier kam es zu einigem Herumſchießen mit einzelnen fich fams melnden Abtheilungen der Hannoveraner.

Sobald aber der Roms

mandant von Stade auf dem Plaß erſchien, ward eine Rapis tulation abgeſchloſſen. Die Preußen fanden in Stade viele Kanonen , wobei 8 ges zogene Zwölfpfünder, 7 gezogene Vierundzwanzigpfünder, 8 Hau: bißen , 6 Mörſer, 14,000 neue gezogene Gewehre , 2000 Zentner Pulver, eine Million fertige Patronen und manches andere Kriegs material. Während der Handſtreich auf Stade geführt ward, rüdte der General Manteuffel mit dem Gros ſeiner Truppen auf Lü neburg ab , wo er am 18. Juni anfam. Hier ſegte er am 19. zwei Bataillone des 25. Regiments auf die Eiſenbahn und führte fie nad Hannover . Es fam nämlich jest darauf an , fich um das Hannoverſche Truppenforps bei Göttingen zu bekümmern , welches die Abficht

AL

zeigte, nach Süden durchzubrechen, um ſich dort mit den Baiern zu vereinigen , von denen ein Korps über Lichtenfels nach Roburg vorgerüdt war und dieſe Stadt des mit Preußen verbündeten Her zog Ernſt beſeft hatte.

Von Göttingen bis Soburg oder

von Roburg bis Göttingen ſind 21 fieben Märſche.

geographiſche Meilen

oder

Allenfalls konnten die Hannoveraner in zwei Ges

waltmärſchen Eiſenach oder Gotha erreichen und zögerten fte damit nicht zu lange ,

ſo trafen ſte kaum auf Widerſtand.

Denn

an preußiſchen Truppen ftanden nächſt dieſer Linie nur Landwehrs und Erſaßbataillone

von

der Beſaßung der Feſtung Erfurt.

Dazu kamen dann die Bataillone des Herzogs von Roburgs

TO

.

.

$

101

Gotha. Rüdten zur Unterſtüßung der Hannoveraner die Baiern von Roburg vor, ſo war es wohl kaum möglich, daß die Preußen mit der geringen Macht, über die fie auf der Linie von der Werra bei Eiſenach bis nach Weimar hin verfügten, einen tauglichen Kors don bildeten . Am 20. Juni beſchloß der König Georg den Weg über langenſalza nach Gotha einzuſchlagen und ſeşte ſogleich die Avantgarde ſeines Korps , welches im Ganzen etwa 15,000 Kombattanten zählte, auf Heiligenſtadt in Bewegung. Am 21. folgte der König mit dem Gros ſeiner Truppen ; er nahm von ſeinem Volfe durch eine Proklamation vom gleichen Tage Abſchied , in welcher er die Hoffnung ausſprach , ſtegreich an der Spiße ſeines Heeres bald wieder in das Land einzuziehen , welches er jegt verließ. General

Arentſchild ,

Rommandant

des

hannoverſchen

Korp8, erließ, ſobald er bei Heiligenſtadt preußiſches Gebiet betreten hatte, eine Proklamation, in welcher er ſagte, daß er nicht als Feind komme, daß er nur ruhigen, ungeſtörten Durchmarſch verlange. Unterdeſſen wurden die Preußen auf allen Seiten allarmirt. General v. Beyer

mußte von Kaſſel aus die ſämmtlichen

Werra übergänge beſeßen laſſen , damit die Hannoveraner nicht durch Heſſen-Kaſſel entſchlüpfen könnten. Im Süden ſtell ten fich zwiſchen Eiſenach und Erfurt die Roburg -Gothaer und die Garniſon von Erfurt auf. Dazu ſtieß audy ein Bataillon des 4. preußiſchen Garderegiments, welches am 19. in Leipzig ans gefommen war. Ein Detachement desſelben machte ſchon am 20. Juni

2 den Tunnel der Werrabahn bei Eiſenach unfahrbar.

Von Often her, von der Elbe wurden andere Truppen durch

"3 dae Anhaltiſche gegen Worbis vorgeſchoben . Endlich brach auch ſchon am 19. eine aus den Truppen der

102

Generale 0. nirte

Manteuffel

und

v.

falfenft ein

Diviſion von Hannover über Nordheim

kombi:

nach Göttingen

auf , um die Hannoveraner von Norden her zu verfolgen . Diviſion , deren Reiteravantgarde der General Flie 8 dirte,

erreichte mit

ihrem Groß

am 24. Juni

die

Dieſe

komman

Gegend von

Nieder- Fefa ſüdlich Göttingen. Die Hannoveraner beſepten am 22. Mühlhauſen , die Stadt Thomas Münzers, am 23. Groß - Gottern . Avantgarden ſchoben ſie gegen

die

Eiſenbahn

Sie überzeugten fich ,

Ihre

einerſeits gegen Erfurt , andererſeits

zwiſchen

Eiſenach

und Gotha

daß dieſe Linie beſeßt

ſei.

vor.

Nun traf am

23. Juni der Major (Jacobi vom hannoverſchen Generalſtab zu Goth a ein , mit der Abſicht zu unterhandeln.

Auf die telegras

phiſche Nachricht von ſeiner Ankunft ſendete der König von Preußen ſofort von Berlin ſeinen Generaladjutanten den General v. Al . vensleben mit Vollmachten nach Gotha . Es ward ein Waffen , ſtillſtand abgeſchloſſen , der bis zum 25. Morgens dauern ſollte. Die Hannoveraner verlangten freien Durchzug nach Baiern , von wo fie, Italien

ohne

am

deutſchen Kriege theilzunehmen, ſich nach

begeben wollten,

um dort an der Seite der Defters

reicher gegen die Italiener zu kämpfen . Reminiszenzen an die bei den vergangenen Jahrhunderte, in denen die Kurfürſten von Hans nover ſo viele tauſende ihrer Unterthanen in den Dienſt der Res publik Venedig gegeben hatten, waren dabei wirkſam . Indeſſen der preußiſche Bevollmächtigte fonnte auf dieſe Propofitionen nicht eins gehen, wie ſich von ſelbſt verſteht, und die Unterhandlungen zer ſchlugen fich. Noch ehe der Waffenſtillſtand abgelaufen war , hatte in der Nacht vom 24. auf den 25. Juni die Avantgarde der Hans noveraner, deren Gros unterdeſſen bis nach Langenfalz a vors gerückt war, einen Verſuch gemacht, die Linie zwiſchen Eiſenach

103

und Gotha zu durchbrechen.

Dies ward von den Preußen vers

eitelt. Der Waftenſtilſtand ward deſſenungeachtet verlängert. Nun ward im Lager der Hannoveraner der Verſuch beſchloſſen , fich nach Sachſen durchzuſchlagen ; ſie waren am 26. Juni auf . dem Wege nach Sömmerda und Ten nſtedt, mit der Avantgarde

Falkenſteins

bei

als General Flies

langenſalza

eintraf

und die Arriergarde der Hannoveraner angriff. Abgewieſen zog der preußiſche General rich in der Richtung nach Gotha zurück bis Weſt hauſen

und

hier

vereinigte er

alle die preußiſchen und gothaiſchen Truppen, welche auf der Linie zwiſchen Eiſenach und Erfurt verfügbar waren. Nach einem unges fähren Anſchlag

befehligte er nun etwa 8000 M.

Mit dieſem

Korps rückte er am 27. Juni wieder nordwärts vor, und traf auf die Hannoveraner, welche ſofort ihren Marſch nach Tennſtedt wieder

3

eingeſtellt

hatten ,

zwiſchen

Langenſalza

und

dem

Dorfe

Mergleben , an der Unſtrut, mit ſeinem Kirchhofe in vors trefflicher Lage.

1

3 5

Es fam zu einem heftigen und blutigen Treffen , in welchem Flies den fürzeren zog.

Er mußte wieder in der Richtung au

Gotha , bis Warz a hinter den Neſſebach zurückgehen. Eine volle Woche waren nun die braven Hannoveraner ,

mit

dem Nothwendigſten nur ſehr dürftig verſehen , auf dem Marſde.

>

Wenn auch ernſtlich nur einmal angegriffen , waren ſie doch bes

1

ſtändig von allen Seiten her bedroht und bedrängt und daher in der Unmöglichkeit,

ſich

nur den Lebensunterhalt zu verſchaffen .

I

Munition war nicht viel vorhanden.

In der Führung zeigte ſich

1

ſehr viele erſt einberufene Leute befanden ,

mindeſtens Unſicherheit. Dennod , und obgleich fich beim Rorp8 die noch nicht hatten

uniformirt werden können, fam fein Marodiren, fein Zurückbleiben vor. Was läßt fich nicht mit ſolchen Soldaten machen ! iſt es nicht

104

XX ſchrecklich , ſolche Kraft und Tüchtigkeit , die wahrhaftig nicht auf der Oberfläche gemachter Diſziplin ſchwimmen fann , durch die Kleinſtaaterei vergeuden zu ſehen ?

Iſt nicht der Unterſchied zwis

ſchen dem , was in Deutſchland enthalten iſt, und dem , wie es 9

nach außen erſcheint, ein zu großer, ein z u unerträglicher ? Den Führern der Þannoveraner , auch dem blinden König Georg mußte , zumal der deutſche Bundesgenoß vom Süden fich gar nicht regte , doch wohl ein Licht aufgehen , daß es ſich nicht zieme ,

bloß für einen abentheuerlichen Königszug ſo

deutſches Blut zu vergießen.

koſtbares

Es famen neue Unterhandlungen zu

Stande. Hannoverſche Offiziere überzeugten ſich nach Uebereinkunft, daß allerdings die Preußen im Stande feien , zeſter Friſt eine Macht zu vereinigen , nicht gewachſen waren .

Am

binnen fürs

welcher die Hannoveraner

29. Juni Morgens ward dann eine

Kapitulation abgeſchloſſen , laut welcher alles Ariegsmaterial und Munition den Preußen übergeben ward ; die Mannſchaft wurde entwaffnet und in die Heimat entlaſſen , die Offiziere behielten ihre Degen und verpflichteten fich , dieſelben in dieſem Kampfe nicht gegen Preußen zu gebrauchen .

Dem Könige

Georg

und dem

Kronprinzen , welchen er mit ſich führte, ward geſtattet, fich dahin zu begeben, wo es ihnen beliebe.

14. Der Kriegsſchauplaß. Durch die Beſeßung von Hannover , Sachſen und Kurheſſen Hatten die Preußen ſo zu ſagen den Kriegsſchauplaş flar ge macht, die Verwirrung , welche einzelne Enflaven von Gegnern in die Operationen hineintragen konnten, beſeitigt. Es iſt alſo jeſt an der Zeit, einige Blicke zur Orientirung auf den Kriegsſchau plaß zu werfen . Wir wollen dabei allzu vieles Detail vermeiden und uns vorzugsweiſe an die großen allgemeinen Züge halten.

105

Der Krieg 8fdauplaß im Ganzen umfaßt alle Länder des früheren deutſchen Bundes ,

die außerdeutſchen Länder und

Provinzen Deſterreichs und Preußens , Schleswig, Italien , die italieniſchen und die deutſchen Meere. Aus dem Kriegsſchauplaße heben ſich für jeßt drei Ope : rationstheater heraus , nämlich ein nord weſtliches , ein nordöſtlides und ein

ſüdlide 8.

Das nordweſtliche wird bezeichnet durch die Läufe des Rheines und der Weſer ; das nordöſtliche durch diejenigen der Elbe und der Oder , das ſüdliche oder oberitaliſche durch den Lauf des Po. Dieſe Flüſſe ſind nicht Grenzen, ſondern Adern der Operationstheater. Auf dem

nordöſtlichen ſtehen die Hauptarmeen Preußens

und Deſterreichs einander gegenüber. Was ſie nach der Beſeßung Sachſens durch die Preußen trennt, iſt der Gebirgszug, welcher mannigfach geſtaltet, bald kettenförmig, vom

Fichtelgebirge

bis

zu

den

bald gruppenförmig fich Weichſelquellen

unter dem Namen des Erzgebirges , des Lauſißer Gebirges , des Rieſengebirges, der Sudeten von Weſten nach Oſten zieht. Nörds lich von dieſem Gebirgszuge liegen das Königreich Sad fen ,

die preußiſchen

Provinzen Schleſien ,

Bran ,

denburg , Sachſen , ſüdlich von ihm im Weſten Böh : men , im Oſten , von jenem durch das niedere mähriſche Gebirge geſchieden , Mähren und öſterreichiſch Schleſien . Die beiden Hauptflüſſe dieſes Operationstheaters, die Oder und die Elbe , entſpringen

im Süden

des Gebirgszuges und

durchbrechen ihn , jene in öſterreichiſch Schleſien ſchon nach furzem Lauf, dieſe nach längerem durch das Hügelland des nördlichen Böh mens.

Nördlich ſowohl als jüdlich des Gebirgszuges finden

wir einen

Eiſenbahnzug ,

welcher jenem ungefähr parallel

106

länft ;

nördlich

die

welche von Dppeln

Bahn ,

über

Brieg und Breslau bis Maltſch dem Oderthal folgt, dann quer durch über liegniß , Kohlfurth , Görliß und Baußen bei Dresden

das

Elbthal

erreicht ;

ſüdlich

die

andere,

welche von Prerau im Marchthal über Dllmüß aufwärts läuft, von da ſich gegen Weſten in das Thal des Adler wendet , bei Pardubiß das Elbthal erreicht und von Kolin ab gerade auf Prag an der Moldau im Mittelpunkt des böhmiſchen Refſels geht. Dieſe beiden Bahnlinien bieten fich von ſelbſt dar, um zu nächſt

die

Fronten

feindlichen Armeen

zu beſtimmen ,

die

an ihnen zu entfalten pre ußiſche an

und

ihre

der nördlichen,

ſchleſiſch -fächfiſchen , die öſterreichiſche an der ſüdlichen böh miſch-mähriſchen. Wenn die militäriſche Welt auch längſt davon zurückgekommen iſt ,

mittelſt der Eiſenbahnen ganze Armeekorps

aufs Schlachtfeld werfen zu wollen , hat ſie doch andererſeits deren Werth für die Erleichterung der Konzentrirungen und der

Ver

pflegung vollſtändig erkannt. Die ſüdliche Bahn wird durch ihre Verbindungen nach Süden , die nördliche durch ihre Verbindungen nach Norden aus dem Innern des Landes geſpeiſet. Jede Partei hat ein ſtarkes Intereſſe , der andern die Vor: theile ihrer Baſirungsbahn zu nehmen.

Die Eiſenbahnen werden

dadurch Objekte des Angriffes. Für dieſen werden aber wiederum die Querbahnen eine beſondere Bedeutung erlangen , welche die Baſirungsbahnen mit einander verbinden . Sowohl aus Schleſien als aus Böhmen ftrecken nun die beiden Bafirungsbahnen mehrere Zweige

gegen

den

trennenden Gebirgszug aus , aber nur an den äußerſten Enden überſchreiten fie ihn , ſtändig. den

nur

hier

iſt die Verbindung volls

Und zwar haben wir die nachfolgenden durchgehens

Eiſenbahnverbindungen zu bemerken :

107

1 ) im Weſten die Bahn von Prag nach Dresden , welche zuerſt der Moldau

bis zu

deren Mündung in

die Elbe,

dann die Bahn von Pardubiß

dann leßterem Strome folgt

nach Löbau , welche zuerſt die obere Elbe hinaufſteigt, nun fich der Zjar zuwendet, dieſe bei Turnau verläßt und in das Thal der Laufiger Neiſſe hinübergeht.

Die beiden eben erwähnten Bahnen

find noch einmal mit einander zwiſchen Turn a u und Prag verbunden , ſo daß Turnau ein beſonders wichtiger Punkt wird ; 2 ) im Oſten die Bahn aus dem Mardythalins Oderthal und dieſes abwärts, von Prera u über Schönbrunn ,Oderberg, Ratibor und Koſel nach O p p eln ; von derſelben zweigt ſich bei Oderberg die Bahn ins Weichſelthal über Oswiecim nach

1

Krakau ab und 0 swiecim iſt über M y 8 1 0 wice und

j

Tarnowiß mit

1

Oppeln , Oderberg und Krakau breitet ſich das oberſchleſiſche Bergs

3

baurevier aus , welches von vielen kurzen Bahnſtrecken durchzogen

K

iſt, die uns aber hier nicht intereſſiren fönnen .

Oppeln verbunden . In dem Dreiecť zwiſchen

Zwiſchen Löbau und Ratibor , auf einer Erſtreckung von 35 geographiſchen Meilen , haben wir feine Eiſenbahnverbindung, die das Gebirge vollſtändig durch ich neidet , ſo viele Zweige auch , namentlich von der preußiſchen Seite bis an ſeine Abhänge hinaufgeführt ſind. An Feſtungen ſind in erſter Linie zu bemerken ,

auf

.

öft erreichiſcher Seite vom rechten nach dem linken Flügel

.

Ara fau an der Weichſel, Olmüß an der March , Jos jep bſtadt

an der

obern Elbe,

Thereſienſtadt an der Eger, vom

linken

nach

dem rechten

Prag

an der Moldau und

auf preußiſcher Seite

Flügel :

Kojel

an der

Neiſſe an der Glaßer Neiſſe, Glaß , Sch weidniß

Oder, und

Torgau an der Elbe. Von Schweidniß, welches übrigens faum

108

noch eine Bedeutung als Feftung hat , bis Torgau find 33 geos graphiſche Meilen . Auf dem nordwetliden oder weſtdeutſchen Operas tions theater

kann

man

nach den

erſten Fortſchritten der

Preußen gegen Kurheſſen und Hannover die

Mainlinie als

die ſtrategiſche Grenze zwiſchen den beiden

feindlichen Parteien

betrachten.

Sucht man hier nach zwei Bahnen , die eine ähnliche

Bedeutung

für die

einander

gegenüberſtehenden Parteien haben

können, wie die ſchleſiſch- ſächſiſche und die böhmiſche für Preußen und Oeſterreich

auf dem

nordöſtlichen Operationstheater, fo fin .

det man im Süden des Mains die Bahnlinie , welche aus der bairiſchen Rhein pfalz über Bruchſal, Stuttgart, Nördlingen , Nürnberg , Amberg und Cham nach Prag über den Böhmer Wald läuft.

Auf dieſe Linie würden ſich das

ſtebente (Baiern) und achte Armeekorps des ehemaligen deutſchen Bundes , vereinigt unter dem greiſen Prinzen Karl von Baiern, Front gegen Norden ſtüßen .

Die Strece Cham-Prag hängt zu

gleich das nord weftliche mit dem nordöſtlichen Opes rationstheater zuſammen . Verbindung

Eine weiter rü c w ärts gelegene

dieſer beiden

Theater

geht über

Regensburg

und Linz nach Wien. Nördlich

des

Mains ,

alſo für die Preußen,

haben

wir zuvörderſt die Linie von Koblenz über Gießen , Gun : und

Erfurt

nach

Leipzig ,

tershauſen ,

Eiſenach

dann weiter r i

w ärt 8 diejenige von Köln über Wolfen :

büttel nach Magdeburg .

Die Querverbindungen zwiſchen dieſen Baftrung8s bahnen , welche als Angriffs- und Rüdzugslinien dienen fönnen, find in großer Zahl vorhanden. Der ganzen Natur der Dinge nach fann das nordweſt

1

109

lide ſein .

Operationstheater

nur

von

ſekund ärer

Bedeutung

Beide Theile haben hier Veranlaſſung, ſich zurüdhaltend zu

betragen , bis irgend eine große Entſcheidung auf dem nordöſts lichen, dem Hauptoperationstheater, gefallen iſt. Bei dieſer Abhängigkeit iſt anzunehmen , daß die beiden Theile hier fich mehr oft w ärt 8 als weſtwärts, mehr gegen den Böhs merwald , das Fichtelgebirge und die Weſer zu , als gegen den Rhein hin halten . In den Rheingegenden

liegen viele Feftungen ;

die Preußen haben dort Saarlouis , Koblenz , Köln , Weſel ;: - die Verbündeten Oeſterreich s die Bundess feſtungen Mainz , Landau und Raſtatt,

dann die bai.

riſche Feſtung Germersheim . Vom Rhein ab öft lidh find dagegen bis zur Elbe hin die Feſtungen dünn geſäet, der vielen fleinen Souveränetäten wea gen , welche fich dort befinden, und die Karte von Deutſchland ſehr bunt machen , ohne ſonſt irgend einen Zweck zu haben. Nörd lich

des M a in 8 finden wir hier nur

die p r e ußiſchen

Feftungen Erfurt und Minden , ſüdlich des Mains erft

an der Donau die Bundesfeſtung Ulm und die bairiſche

Feſtung Ingolſtadt.

Der verſchiedenen Zuchthäuſer , die

mit alten Wälen umgeben , von Invaliden beſeßt, in den kleinen deutſchen Staaten unter dem Titel von Feſtungen auftreten, dürfen wir wohl bei den großen Verhältniſſen, um die es fich heute han delt, nicht als ſolcher gedenken. Das füdliche oder oberitaliſche Kriegstheater iſt das betretenſte und durchdachteſte der neueren Zeit und man ſollte auf ihm einen Fehler für am meiſten unmöglich halten. Die bona partiſchen

Feldzüge von 1796 und

1797 , der Krieg von 1805 ,

von 1809, von 1814 und 1815, – als Murat feine Schwenkung

110

gegen Oeſterreich machte von

brachten hier Lehren, welche der Krieg

1848 vielfach beſtätigte, in Folge deſſen ſie nun

vollends

wiſſenſchaftlich entwickelt wurden. Dann gab wieder der Krieg von 1859 dringende Veranlaſſung, über die hier herrſchenden Verhält niſſe nachzudenken . Ein Dußend Feldzüge aus den leßten fiebenzig Jahren, der früheren nicht zu gedenken, knüpfen auf dieſem Boden an, einem klaſſiſchen Boden für Jedermann, der ſich nur irgends wie mit militäriſchen Dingen beſchäftigt hat. Die ſtrategiſche Grenze zwiſchen Deſterreich und Italien zieht fich ſeit dem Zürcher Frieden von den Gren zen der Schweiz und den Ortelesgebirgen, vom Stilffer Joch länge den Alpenketten gegen Trient hin , dann den Gardaſee

und

den Mincio ' hinab bis zu deſſen Mündung in den Po ; bis hieher macht Deſterreich Front gegen das Veltlin und die Lom bardei ;

an der Mincio- Mündung macht die Grenze ein Knie , fie

folgt nun dem Þo , und Deſterreich macht an dieſem nadı Süden gegen das Modeneſiſche und die Romagna Front. Suchen wir nach großen Straßen , alſo vornämlich Eiſen : bahnen ,

auf welche die zur Vertheidigung der öſterreichiſchen

Grenzen aufgeſtellten Truppen fich ſtüßen können, ſo haben wir da zunächſt die Bahn , welche von Wien über Graß und Lais bach

nach

Trieſt

hinabfommt,

dann

über

Nabreſina ,

Görz , udine und Treviſo nach Meſtre (Venedig) , nun endlich von Meſtre über Padua , Vicenza und Montes bello nach Verona und Peſchiera geht ; – im leßten Theil von Meſtre bis Peſchiera iſt dieſe Bahn der Linie des untern Po parallel. Parallel mit der Front des Gardaſee's und des Mincio andererſeits haben wir ferner die Bahn über den B re n ner.

Von München her bis Innsb rư đ

iſt ſte vollendet,

dann folgt die noch nicht ganz fertige Strecke über den Bren :

1

111 . ner ,

von Innsbruck nach Bogen.

Bei Bogen

beginnt die

Bahn wieder , läuft das Etſchthal hinab nach Verona und dann an den Mincio nach Mantu a . Figurirt man fich die Baſis der Deſterreicher nur des beſſeren Behaltens

wegen

durch

die

beiden

Eiſenbahnlinien Boßen's

Verona , Meſtre Trieſt , die alſo bei Verona im rechten Win fel zuſammentreffen und denen als vorliegende ſtrategiſche Grenzen die Garda- und Minciolinie und die untere Polinie entſprechen , ſo findet man gegenüber dieſer Baſis der Oeſterreich er eine umfaſſende Baſis der Italiener ,

deren Ecke bei

Piacenza liegt. Der nördliche Schenkel derſelben wird bes zeichnet durch die Eiſenbahn von Piacenza über Mailand nach Bergamo und Lecco , dann den Comerſee bis zum Ein gang ins Veltlin hinauf , der ſüdliche und öftliche Schenkel wird bezeichnet durch die Eiſenbahn von Piacenza über Parma, Modena , Bologna , Rimini nach Ancona , dieſem großen Kriegshafen Italiens am adriatiſchen Meer ,

dann die weite

Fläche des adriatiſchen Meere 8 .

Vorwärts der angezeigten

1

Eiſenbahnbaſis haben die Jta .

1

liener noch Verbindungen über den Po zwiſchen dem nördlichen

1

und ſüdlichen Schenkel vermöge der Brücken von Cremona und

-!

Caſalmaggiore auf eignem Gebiet. Das Spiel militäriſcher Kräfte auf einer umfaßten Bafis

1 iſt,

wenn dieſe gut vorbereitet wurde, verhältnißmäßig leicht;

-1

viel glänzender kann das Spiel militäriſcher Kräfte werden

1

von einer umfaſſenden Baſis aus gegen die umfaßte,

1.

aber freilich, damit es glänzend werde , muß das militäriſche Genie auftreten und ſelbſt das Genie des einzelnen Mannes , des Führers , a uch des größeften , genügt nicht; hier wird viel. mehr die Lebenskraft der ganzen Armee vom höchſten bis zum nies

+

112

derſten in Anſpruch genommen ; denn es kommt hauptſächlich auf die

ſchnellen Bewegungen an , um den Feind durch Zeigen von

Kräften in falſchen Richtungen über die wirklich beabfichtigte Ans griffsrichtung zu täuſchen, dann dieſe ſchnell einzuſchlagen. Die öſterreichiſche Minciofront iſt auf eine Weiſe für den Krieg vorgerichtet , wie das fich nicht zum zweiten Mal auf einem Operationstheater findet. Wir haben hier zunächſt an der Etſch auf beiden Ufern des Flufſes die wichtige Feſtung Verona , welche fünf Brüden ein ſchließt und mit einem durch detachirte Werke gebildeten verſchanzten Lager umgeben iſt , welches eine bequeme Stellung für eine ganze Armee abgiebt. Weiter abwärts an der Etſch liegt der kleine Plas legnago ,

am Ausfluß

des Mincio

aus

dem Gardaſee

Peſchiera , deſſen fortifikatoriſche Bedeutung neuerdings durch die Anlage von detachirten Werken gehoben iſt. An den ſeeartigen Erweiterungen des untern Mincio Mantu a mit ſeinem Haupts theile am rechten Ufer, mit der Zitadelle und dem Fort S. Giors gio am linken Ufer. Weiter iſt Borgoforte am Po befeſtigt; Verona iſt mit Peſchiera und Mantua durch Eiſenbahnzüge verbunden. Aufwärts von Verona an der Etſchlinie und zur Be wahrung der Hauptkommunikation, welche in ihr hinabführt, finden wir noch die Verſchanzungen von Paſtrengo,

von Cera .

dino und die Franzen & feft e nördlich von Briyen ,

lauter

Paßſperren. Weniger mit Feſtungen verſehen oder durch ſie geſchüßt iſt die Front des untern Þo.

Von Legnago oſtwärts ſtoßen wir

zuerſt nur auf den großen Seeplaß Venedig mit den Forts, welche die Zugänge zu ihm ſowohl von der Landſeite als von der Seeſeite her abſperren , jeßt freilich feit der Einführung der gezo genen Kanonen dem Feinde nicht mehr ſo unnahbar, als es noch

113

im Jahre 1849 der Fall war. Legnano ift von Venedig 11 Meilen (Deutſche) entfernt. Padua , welches mit den beiden genannten auf einer Linie liegt , iſt ebenſo wenig als Vicenza dahinter , als Rovigo davor , eine Feftung im eigentlichen Sinne.

Doch ſind alle dieſe

Städte durch ihre Mauern, durch ihre Bauart, durch ihre Lage feft und mit verhältnißmäßig leichter Mühe zu kräftiger , wenn auch nicht langdauernder Vertheidigung gegen einen förmlichen Angriff herzurichten. Im Innern des öftlichen Venetiens liegen Pal . ma nova und Oropo , dahinter am Iſonzo Gradis ca. Die ganze Rüfte Venetien 8 von den Mündungen des Po bis zu

derjenigen des

Iſonzo iſt

durch

ihre Beſchaffenheit,

Lagunen- und Sumpfbildung mindeſtens gegen ſolche feindliche Lan dungen geſchüßt, welche eine größere Bedeutung erlangen könnten. An der iſtriſchen Küſte

iſt Trieſt zwar kein Kriegshafen,

doch mit Strandbatterieen verſehn.

Der Hauptkriegshafen Deſter

reichs iſt das weiter füdwärts gelegene Pola.

An der dalmatis

ſchen Küſte liegen von eigentlichen Feſtungen Zara , Liffa auf der gleichnamigen Inſel, und Raguſa . Bemerkenswerthe

Verbindungen

zwiſchen

den

beiden

von uns bezeichneten Hauptkommunikationen der Deſterreicher auf ihrem Operationstheater in Venetien find :

1 ) Die Straße von Roveredo über Sdyio nad Vicenza ;

l

T

1

1 1

2) Die Straße durch die Val Sugana von Trient über Baſſano nach Padua ; 3) die Straße von Brigen aus dem Rienzthal ins

Drau

1 1

thal und dieſes abwärts über Villach nach Marburg ; in

1 ihrem öftlichen Theil , von Villach bis Marburg iſt dieſelbe ießt Eiſenbahn. Rüftow , 6. Rrieg. 1866 .

8

.

114

Sie hat noch mehrfache Verbindungen mit der Eiſenbahns linie Marburg- Laibach, Trieſt, Vicenza , nämlich : a . von Niederndorf und Inichen ins Thal der Piave nach Belluno , Feltre, Conegliano ; b. von Villa d

über Tarvis und Ponteb a ins

Fella

und Tagliamentothal nach Oſopo ; c. von Villach über Tarvis und den Predil ins Iſonzos thal nach Gö r z. Die großen Operationen des Feldzuges von bewundert , ſo wenig ſtudirt,

1797 , fo viel

drehen fich weſentlich um die mehr

oder minder geſchicte Benußung dieſer Querverbindungen von bei den Seiten . Daß jept the ilweiſe Eiſenbahnen in dieſes Syſtem von Kommunikationen eintreten, benimmt ihnen nichts von ihrem Werth . Man weiß

ja,

daß der Droſchkenkutſcher durch

die Lokomotive

nicht abgeſeßt, vielmehr wie durch Generatio aequivoca vermehrt worden iſt. Der Werth dieſer Querverbindungen für die Vertheidigung des venetiſchen Operationstheaters liegt weſentlich darin , daß fie eine Vertheilung der Reſerven auf den Hauptlinien mög lich machen, ohne daß deren Vereinigung im rechten Moment darum unmöglich werde. Die Italiener fönnen auf dieſem Kriegstheater auf zwei Haupt ſeiten,

nimmt man

aber die

ſekundären Operationslinien

hinzu,

im vollen Halbfreiſe angreifen. Sie haben die Wahl und folglich, wenn man es zulaſſen will, die Qual. Wenn jemals in

militäriſchen Dingen

etwas bewieſen

worden iſt, ſo iſt in der Kritif Williſeng über den italieniſchen Feldzug von 1848 bewieſen worden, daß die Hauptoperationslinie der Italiener gegen Venetien von Bologna

über den untern

115

Po , über Rovigo und Vizenza gehe. waren

Die Gründe dafür das Feſtungs ,

damal 8 , daß man nicht den Stier

viereck, das berühmte Quatrilatero an Mincio und Etſc , -- bei den Hörnern packen ſolle und daß ferner die bezeichnete Operations linie, wenn irgend eine, geeignet ſei, den Oeſterreichern ihre Ver bindungen mit ihren Lebensquellen, mit Inneröſterreich abzuſchneiden . Hiezu kommt noch , wenn auch erſt in zweiter Linie, daß es jeden falls leichter iſt, ſich legnagos zu bemächtigen , als Man : tu a

oder auch

Peſchiera s .

Aber , wenn ſchon damals der Williſen'ſche Saß richtig war, ſo iſt er es heute in weit höherem Grade und wir halten es für der Mühe werth, dies durch einige Aufſtellungen, die allges mein einleuchten werden, zu erweiſen . Sie ſind folgende : 1 ) Das Feſtungsviereck war im Jahre 1848 lange nicht das , was es heute iſt, Peſchiera und Verona haben ſich zu einem unend lich höheren Werthe aufgeſchwungen , namentlich das lektere , bei welchem im Jahre

1848 von dem heut exiſtirenden großen ver

ſchanzten Lager noch nicht die Rede war . Es iſt alſo beut viel weniger , als damals erlaubt, den Stier an den Hörnern paden

zu wollen . 2) Dama 18 war Italien ein

lojer Bund ; die

Ro

magna mit Bologna gehörte dem Papſt ; der eigentliche Kern , der wahre Inhalt

der

italieniſchen

Armee

war

dennoch

das

kleine piemonteſiſde Heer ; dieſes war in der Lombardei eingebrochen , ſeine Baſis lag am Teſſin , fonnte es dieſe ſo ohne Weiteres aufgeben ?

Es war von Weſten her gekommen ; durfte

es plößlich Front gegen Norden machen ? fich auf ganz unſichere Landſtriche ſtüßen ? ganz unſichere Landſtriche in ſeiner linken Flanke Laſſen ? veut gehört die Romagna , gehört Mailand dem König Viktor Emanuel, wie Verona dem Kaiſer Franz Joſepy,

116

nicht mehr Turin , ſondern

Florenz ,

mit Bologna in Eiſen

bahnverbindung, iſt die Hauptſtadt Italiens, und dieſes Italien iſt ein Reich, hat eine einheitliche Armee unter einem Kommando, aus einer Bevölkerung von 22 Millionen hervorgegangen , darauf angewieſen , in den Nothfällen ſeine Kraft aus dem Süden , nicht aus

dem Nordweſten zu ſchöpfen .

3 , Dama 18 gab es für die Italiener nur eine ſar . diniſche

Flotte ,

die wirklich ficher war ; was durfte der

einſichtige Mann von der neapolitaniſchen Flotte erwarten ? Auf eine Cooperation des Landheeres mit der Flotte durfte daher im Jahre 1848 nur ein beſcheidener Werth gelegt werden. Aber anders geſtaltet ſich dies Verhältniß im Jahre 1866 , nachdem eine Flotte des K ö nigreichs Italien , auf der Baſts einer Bevölkerung von 22 Millionen und einer der glücklichſten Küſten entwicklungen der ganzen Welt geſchaffen worden iſt, die,

aller

menſchlichen Berechnung nach , mindeſtens materiell , - der öſters reichiſchen Flotte weit überlegen ſein muß.

Unter ſolchen Um

ſtänden verlohnt es ſich wohl , an eine Cooperation des Land . heeres mit der Flotte zu denken. Eine ſolche Cooperation iſt aber unmöglich, wenn die Landarmee fich die Hauptoperationslinie Mais land- Verona wählt ; ſte wird dagegen ſehr wohl möglich , ja nothwendig , wenn die Landarmee auf der Hauptoperationslinie Bologna - V izenza , zur rechten Hand Venedig, vorſchreitet. 4) Im Jahre 1848 mochte man noch der Herrſchaft der Re miniszenzen napoleoniſcher Zeit , die ſich namentlich um Rivoli und die Etſchy oberhalb Veronas drehen, ſich hingeben. Aber ſchon das Jahr 1848 lieferte den Beweis , daß dies nicht recht erlaubt ſei, und wer mit offenem Blick die Dinge betrachtete, konnte nicht annehmen, daß hier bloß eine z ufällige Erfahrung gemacht ſei. Wer fich aber davon überzeugte, der mußte nun vollends einſehn ,

117

daß die Umſtände , welche ſchon

1848 auf die

Grenze des

unter n po hinweiſen , ſich bis 1866 fo entwidelt hatten ,

daß

gar fein Zweifel mehr bleiben konnte. Der Vortheil einer umfaſſenden Bafie ,

wie ſie die Italiener

gegen Venetien haben , liegt hauptſächlich darin , daß ſie geſtattet, den

Feind

über

die

pauptangrifførich tu ng

zu täuſchen , welche man wählen wird ; hier alſo darin , daß man den Feind durch die urſprünglichen Aufſtellungen darüber uns ficher macht,

ob man aus der Lombardei über den Mincio oder

aus der Romagna gegen den untern Po vorgehen will. Zum Zuſammenſtoß, zum wirklichen Angriff muß man fidy gegen eine der feindlichen Linien, entweder dieſe oder jene, konzentriren . Dies muß dann freilich ſchnell gehen, denn ſonſt dürfte man fic ja nicht einbilden , den Feind zu täuſchen. Braucht man Wochen lang zu den vorbereitenden Konzentrirungen , ſo gewinnt auch der Feind Wochen , um fte zu beobachten , ihre Abficht zu er: kennen, fich danach einzurichten . Nun find die beiden Theile der Baſis , von welchen die Italiener zum Angriff auf Venetien losgehen können, durch ein großes natürliches Þinderniß , den Þo , von einander getrennt. Aber über dieſen führen verſchiedene Brüden , welche theils ſchon durd

Befeſtigungen

der

Benußung des Feindes

entzogen

find,

theils bei der Vorbereitung des Operationstheaters durch verſchans zungen ihr entzogen werden konnten, ſo bei Piacenza , Ore . mona , Caſalmaggior e. Mittelſt der Eiſenbahn von Mailand über Pia e e nz a nach Bologna fönnen vom erſtern zum leßtern Punkt täglich zwei Infanteriediviſtonen , alſo in zwei Tagen vier dergleichen be fördert werden. Von Caſalmaggiore auf die emiliſche Straße und dann in die Gegend von Bologna gelangt ein

118

Armeekorps , wenn auch mit einiger Anſtrengung in drei Tagen . Die italieniſche Armee fann alſo zwiſchen Ferrara und Bologna in drei bie vier Tagen auch dann eine anſehnlidie Truppenmacht entfalten , wenn ſie anfänglich ihre Stellungen über die Lombardei, das Parmeſaniſche, Modeneſiſche und die Romagna vertheilt hat . Was wohl gegen gemacht

den Angriff über den untern Po geltend

worden , iſt dieſes ,

daß

man

dabei

die

lom :

barde i offen und ungedeďt laſſe. Dagegen iſt im Allgemeinen zu bemerken , daß wer Alle 8 direkt decken will, unfähig wird , irgend etwa 8 wirklich zu decken und noch viel mehr, handelnd etwas zu erreichen . Im Beſondern fommt dazu noch Folgendes : Oeſterreich von zwei Seiten her angegriffen, fann in Italien unmöglich eine numes riſche U e berm a dy t entwideln ; die Feſtungen des Vierecs , ein wie mächtiges Bollwerf fie bilden , wenn eine große Armee bei ihnen ſteht, verlieren doch ſehr an Kraft und an Werth , wenn man ihnen nur ganz nothdürftige Beſaßungen laſſen wollte.

In

dieſem Falle dürfte es ſelbſt nicht eben ſchwer fein, fich Veronas zu bemächtigen ; - von Legnago gar nicht zu reden . Ferner, iſt es denn nothwendig, die Lombardei ungedeckt zu nennen, wenn man die reguläre Hauptarmee auf der Hauptoperationslinie Bo logna, Ferrara verwendet ?

Die - 1 o mbardirden Städte

haben ſich im Straßenkampfe zu wiederholten Malen Heldenmüthig bewieſen.

Nun hat Italien wieder an die Bildung von Frei

willigendaaren die Hand gelegt . Welche beſſere Aufgabe im Intereſſe ſelbſt der Vervollſtäns fonnte man aber dieſen digung ihrer Organiſation

vorerſt wohl zuweijen, als der Ver

theidigung der Lombardei den nöthigen Stüßpunkt zu geben ? Den Sicherheitsdienſt ,' die Bevbachtung des Feindes im Großen fann man den Bürgern der einzelnen Städte nicht zuweiſen. Eben ſo

119

wenig fann man von ihnen fordern, daß ſte den vom Kampf um eine Stadt ermatteten , durch

dieſen Rampf

in Verwirrung gebrachten

Feind verfolgen, den Sieg ausnußen. Aber ein im Vorans for : mirtes Freiwilligenforps iſt dazu ganz vortrefflich. Wäre z. B. im Jahre 1848 nach dem Straßenfampfe von Mailand unmittelbar ein ſolches zur Þand geweſen, fo würden die Deſterreicher in jener Zeit noch viel größere Verluſte erlitten haben , als fte wirklich erlitten. So ergibt fich , daß die Sorge um die offene Lombardei in keinem Falle von dem richtigen Wege abzuleiten braucht. Es bleibt uns ſchließlich noch ein Gegenſtand zu beſprechen. In Gegend

allen

italieniſchen

weſtlich

vom

Kriegen

der

Gardaſee

neueren Zeit hat die und

nordwärts

hinauf

bis an die Grenze Graubünden 8 eine Rolle geſpielt, wenn auch immer nur eine ſekundäre. Eine italieniſche Armee , welche das öſterreichiſche Venetien angreift, kann in dieſen Gegenden mit Detachements auf verhält nißmäßig kurzen und ficheren Wegen

die wichtige öſterreichiſche

Verbindung des Etſchthales erreichen ; nämlich längs dem Garda ſee über Riva , oder längs dem Idroſee über den Caf faro in die Giudicarien , oder über den Tonal , ſowohl durch die Val Camonica , als aus dem Veltlin über Teglio und Edolo. Von der Paſſage aus dem Veltlin über das Stilf ſer Joch wollen wir abſehen. Demonſtrationen

gegen

Wegen find inſofern zweckmäßig , von

die

Etſchlinie

auf

als fte öſterreichiſche

dem venetiſchen Hauptſchauplaß fern halten.

dieſen Truppeu

Aber ſie laſſen

fich mit geringen Kräften ausführen und es können hier ſogar des Terrains wegen keine bedeutenden Streitfräfte verwendet werden .

Ein Eindringen der Staliener in Südtyrol mit der Abſicht, dieſes Land für

Italien zu erobern , iſt in der jüngſten Zeit

120

vielfach beſprochen worden.

Dies iſt ein Zweck, der viel weiter

geht , als der von uns erwähnte der Demonſtrationen , ein Zweck, Nun ſoll man deſſen Erreichung viel größere Mittel erfordert. aber nach allen Regeln der Kriegskunſt nie mehrere Hauptzwecke zu gleicher Zeit verfolgen ,

ſondern nur auf einen Bauptzweck

nach dem andern hinarbeiten. Eine Eroberung Venetiens feßt die und dies iſt eine Wegnahme des Feſtungsvierecks voraus , Arbeit , welche nicht blos alle Kräfte Italiens , ſondern auch viel Zeit in Anſpruch nimmt.

Wollte man da zu gleicher Zeit Süds

tyrol erobern , ſo würde man entweder die Kräfte dergeſtalt zer ſplittern , daß man auf allen Seiten zu ſchwach wäre oder man würde fich im Intereſſe dieſer falſchen Verbindung zweier Zwecke mit einander ſelbſt auf ganz falſche Operationswege verlođen laſſen ; Ž. B. in die Richtung Lodi-Verona ſtatt Bologna- Vicenza für die Fauptoperation. Die Italiener find aber noch viel weiter in ihren Präſumtionen gegangen , als bloß auf die Eroberung Südtyrols hinaus . haben von einem Marſche ihres

Sie

linken Flügels durch Tyrol

und Baiern geredet , um den deutſchen Feinden Preußens in den Rüden zu fallen .

Was wir von einer ſolchen Theilung der

Kräfte denken müſſen , iſt nach dem, was wir über die minder zer ſplitternde Operation zur Eroberung Südtyrols in Verbindung mit der jenigen zur Eroberung Venetiens geſagt haben, an und für ſich klar. Wenn früherhin Italien und deſſen Verbündete fich von einer Invaſion Südtyrols dadurch konnten abhalten laſſen , daß Tyrol dem deutſchen Bunde angehöre, ſo fädt allerdings dieſer Grund , die Invafton Südtyrols zu vermeiden , vollſtändig weg , nachdem Preußen

und mit ihm ſo oder ſo

ganz Nords

deutſchland fich von dem deutſchen Bunde losgeſagt haben.

SOL

Oesterreicher

a dustali b Respontantnog is , i cy Artаrrror d Brigade redes rup love

i

Meter

Bayerische Staatsbinliothek MUNCHEN

11



V

Der

Krieg

von

in Deutſchland

1866

und

Italien .

Zweite Abtheilung. Die kriegeriſchen Ereigniſſe auf dem ſüdlichen ſchen

italieni

und nordöſtlichen - böhmiſchen - Operations

theater von Eröffnung der Feindſeligkeiten bis zur Schlacht von Königgräß. — Napoleon III. tritt als Friedensvermittler auf.

6 € tt

1

I.

Ereigniſſe auf dem ſüdlichen

Operations

Theater. Während auf dem nordweſtlichen Operationstheater von den Preußen acht Tage lang vom 16. Juni ab, nur durch die Beine der Soldaten Großes gewonnen , der Rücken frei und die Front flar gemacht wurde , herrſchte auf den beiden andern Operations theatern zuerſt die Spannung , dann die Bewegung , welche dem Sturme vorhergeht. Aber , noch ſind im Nordweſten die Hannoveraner, obwohl aus ihrem Lande getrieben, nicht zur Rapitulation gezwungen, als im Süden das Gewitter lošbricht. Es erfolgt ein einziger Schlag, dann finken hier die Heere in Ruhe zurück. Kaum

haben ſie ſich

geſammelt

und

angemeſſene

Räume

zwiſchen einander gelegt , da wird es im Nordoften lebendig. Hier folgt blutiges Treffen auf blutiges Treffen , die ftegreichen preußiſchen Heere ſchließen fich,

faum find drei Tage vergangen ,

zu einer gewaltigen Maffe zuſammen und

ſtürzen fich auf den

Höhen von Königsgräß auf die öſterreichiſche Armee, welche gleich. falls zuſammengeballt hat, was für ihren Feldherrn verfügbar war. Die Preußen vervollſtändigen den Sieg , der durch zehn Haupts gefechte vorbereitet iſt, durch die gewaltige Schlacht und drohen raſtlos den faiſerlichen Schaaren bis

an die Ufer der Donau zu

folgen. Unter der Wucht des Eindruckes von König & gräß ents ſchließt fich der Kaiſer von Deſterreich zu einem dieſer diplomatiſchen Rüftow , d. Rrieg. 1866. 9

120 Dies iſt ein Zweck, der viel weiter

vielfach beſprochen worden.

geht , als der von uns erwähnte der Demonſtrationen , ein Zweck, Nun ſoll man

deſſen Erreichung viel größere Mittel erfordert.

aber nach allen Regeln der Kriegskunſt nie mehrere Hauptzwede ſondern nur auf einen Hauptzweck

zu gleicher Zeit verfolgen , nach dem andern hinarbeiten.

Eine Eroberung Venetiens ſeßt die

Wegnahme des Feſtungsvierecks voraus ,

und

dies

iſt

eine

Arbeit , welche nicht blos alle Kräfte Italiens , ſondern auch viel Zeit in Anſpruch nimmt.

Wollte man da zu gleicher Zeit Süds

tyrol erobern , ſo würde man entweder die Kräfte dergeftalt zer ſplittern , daß man auf allen Seiten zu ſchwach wäre oder man würde fich im Intereſſe dieſer falſchen Verbindung zweier Zwecke mit einander ſelbſt auf ganz falſche Operationswege verlođen laſſen ; z. B. in die Richtung Lodi-Verona ſtatt BolognaVicenza für die Hauptoperation . Die Italiener find aber noch viel weiter in ihren Präſumtioner gegangen , als bloß auf die Eroberung Südtyrols hinaus. haben von

einem Marſche ihres

Si

linken Flügels durch T y r o

und Baiern geredet , um den deutſchen Feinden Preußens i den Rüden zu fallen.

Was wir von einer ſolchen Theilung d

Kräfte denken müſſen , iſt nach dem , was wir über die minder ze ſplitternde Operation zur Eroberung Südtyrols in Verbindung mit di jenigen zur Eroberung Venetiens geſagt haben, an und für fich fl Wenn früherhin Italien und deſſen Verbündete fich von ei Invaſion Südtyrols dadurch konnten abhalten laſſen , daß Tr dem deutſchen Bunde angehöre , ſo fält allerdings di Grund , die Invaſion Südtyrols zu vermeiden , vollſtändig nachdem Preußen

und mit ihm ſo oder

ſo

i

ganz N

deutſchland fich von dem deutſchen Bunde losgeſagt haben,

Oesterreicher.

alustall aus Festiera b Resonaindan mediator i l Armerrerpos d Brigade raadser in II. voy ,

122

Verſuche, welche nur aus der Leidenſchaft

eines überwiegenden

Haſſes erklärt werden können . Er wil Venetien , das er bis jest fiegreich behauptet hat, – nicht an Italien, aber an Napoleon III

19

abtreten , um damit einen Waffenſtilſtand zur Sammlung und Stärkung und wo möglich einen Bundesgenoſſen gegen Preußen zu gewinnen . Aber der Schlag wirkt mindeſtens vorerſt nicht, die Preußen folgen nicht blos den Straßen nach Wien, auch auf dem nords weſtlichen Operationstheater haben ſie unterdeſſen ihre urſprüng

14

lich für mannigfache Nebenaufgaben getheilten Kräfte vereinigt und

ehen nun auch hier entſchloſſen zum Angriffe auf die Baiern und anderen Reichsvölfer über . Dies ſind die allgemeinen Umriſſe des Bildes , welches wir ießt zunächſt auszuführen haben.

Wir beginnen mit den Ereig

niſſen in Italien .

1. Uebergang der italieniſchen Hauptarmee über

den Mincio. Aus der urſprünglichen Aufſtellung der italieniſchen Armee, wie wir fie früher angegeben haben , konnte durchaus nicht auf ihre Abrichten geſchloſſen werden. Aus der verhältnißmäßigen Leichs tigkeit der Uebergänge über den Po folgte, daß die Italiener ihre Hauptmacht eben ſo wohl am unteren Po

zur Umgehung des

Feſtungsvierecks, als gegen die Minciofront zum Angriff auf das Feſtungsvierecť felbft konzentriren konnten . Das Allerunwahrſcheinlichſte geſchah. Und eben deshalb wollen wir die Thatſachen erzählen , dann erſt die Bemerkungen an fie knüpfen , welche wir auf das Vollſtändigſte durch unſere Betrachs tungen über den Kriegsſchauplaß vorbereitet haben.

2

123 Am 23. Juni Morgens ſollten nach der Ankündigung, welche der General

Lamarmora

dem

Erzherzog

Albrecht

hatte zukommen laſſen, die Feindſeligkeiten eröffnet werden . Auf die Nachricht, daß die Deſterreicher das Terrain zwiſchen Mincio und Etſch überhaupt Gegner erſt hinter

der

nicht

vertheidigen ,

ſondern ihren

Etſch empfangen würden , ward im

Hauptquartier des Königs Victor

Emanuel beſchloſſen, ges

rade über den Mincio vorzugehen und das von den Deſterreichern nicht vertheidigte Terrain zu beſeßen. Aus einer Stellung, welche man zwiſchen den Feſtungen des Vierecks nahm und durch welche man dieſe Feſtungen von einander iſolirte, wollte man dann, über die Etſch hinüber, dem General Cialdini die Hand reichen , ſobald dieſer den unteren Po überſchritten hätte.

Garibaldi

ſollte mit den noch ſehr unvollkommen organiſirten Freiwilligen, die er unter der Hand habe, Südtyrol beunruhigen. Der Hauptangriff ward , um es kurz zu ſagen, gegen Mincio und Etſch gerichtet und er ſollte

von der Hauptarmee

unter dem direkten Befehle des Königs Victor Emanuel geführt werden . Dieſe Hauptarmee ward zu dem Ende noch um eine Di viſion verſtärkt, ſo daß nun jedes der drei Korps , welche fte bildeten, vier Diviſionen enthielt, zu welchen dann die ſchwere Kavalleriediviſion hinzufam . Das erſte Korp 8 , Durando , beſtand aus den Dis viſionen Cerale , Pianelli , Sirtori und Brignone , das z weite Korps , Cucchiari , aus den Diviſionen

Angioletti ,

longoni,

Coſenz

und

Nunziante

(Duca di Mignano ), das dritte , Della Rocca , aus den Divifionen Cugia , Govone , Bigio und Kronprinz H u

-

bert. Nach unſeren früheren Auseinanderſeßungen darf man die Divifion Höchſtens zu 12,000 M. Infanterie, Berſaglieri und ka 9 *

124 vallerie mit

18 Geſchüßen annehmen. Die zwölf genannten Dis

viſionen kommen dann auf 144,000 M. und das Beer einſchließlich der Reſervefavalleriediviſion fommt auf etwa 146,000 M.

mit

228 Geſchüßen . In den Tagen, welche der Kriegserklärung unmittelbar folgten, ward dieſes Heer ſeiner Maſſe nach bis nahe an den Mincio vor: geſchoben.

Am 22. Juni

1. Armeeforp8

zu

befand

fich

das

Hauptquartier

Cavriana ,

das

des

3.

des

Armeeforps zu

8 oldo ; das des zweiten zu Caſtellucchio.

Die Res

ſervefavaleriediviſion ſtand bei Medole , und

das Hauptquars

Emanuel war zu

Canneto am

tier des König & Viktor Oglio.

In der Nacht vom 22. auf den 23. Juni ward dasſelbe

nach Cerlungo nördlich Goito vorgeſchoben , der König ſelbſt begab fich nach Goito. Der

u ebergang über den Mincio ſollte. von den

Truppentheilen, welche vorläufig überhaupt dazu beſtinimt wurden, am 23. Juni von Morgens fleben Uhr ab erfolgen. Dieſe Truppentheile waren vom 1. Korps

die Diviſionen

Cerale , Sirtori und Brignone , das ganze dritte Korps und die Reſervefavallerie , - alio bei Ans nahme der Vollzähligkeit 87,000 M. Infanterie und Ravallerie mit 138 Geſchüßen . Die Divifton Pianelli vom erſten Korps ſollte zunächft zur Beobachtung von Berchiera am rechten Mincioufer bei Ponti ſtehen bleiben . Vom zweiten Korps wurde die Diviſion Coſenz und eine Brigade der Diviſion Nunziante gegen Mantu a detachirt, theils an die Linie des Dſone bei Curtatone und Montanara, theils weiter ſüdlich gegen den Po hin ; die andere Brigade der Diviſion Nunziante ſtand am

rechten Ufer des Po zur Beobs

125

achtung von Borgoforte und zur Verbindung mit der Urmee Cialdinis . Die beiden Diviſtonen Angioletti und Longoni des zweiten Korps ſollten ſtehn bleiben ,

bis auf Weiteres bei Caſtelluccio

um , wenn nichts dazwiſchen fäme ,

am 24. bei

Goito den Mincio zu überſchreiten und die Unternehmungen der übrigen Korps zu unterſtüßen, welche bereits zwiſchen Mincio und Etich ſtänden . Am 23. Vormittags ging nun die Diviſion Cerale bei Monzambano über den Mincio, die Diviſion Sirtori bei Borghetto - Valeggio ,

die

Diviſion

Brignone

bei

Molini di Volta (Mühlen von Volta) zwiſchen Volta und Pozzolo. Bei Goito paffirte zuerſt die Reſerve kavalleries diviſion ,

dann folgten die vier Diviſionen des dritten

Armeekorps. Die beiden Diviſionen Bigio und Kronprinz yum , bert wurden nach ſchoben , die P0zz010 erſten

Rorps

Belvedere und

Roverbella Borges

Diviſionen Govone und Cugia lagerten bei und

Maſſimbona ,

biwakirten

die

am linken

drei

Diviſionen

Mincioufer

des

nahe ihren

Uebergangspunkten. Nur die Refervet av alleriediviſion , welche bis nad Villafranca Refognoszirungsdetachements vorſendete, ſtieß mit dieſen auf ſchwache Abtheilungen von öſterreichiſcher Reiterei. Wie am rechten Ufer des

Mincio um die ſüdliche Seite

des Gardaſees ſich ein Kranz von mehrfach aufgeſtaffelten niederen Höhen windet, der die legten Abfälle der Alpen zur großen

Po

ebene bildet, der mit der benachbarten Ebene im Jahre 1859 den Hauptſchauplaß der Shlacht von Solferino abgab, gerade ſo verhält es ſich auch am linfen Ufer des Mincio an der Süds ſeite des Garda, zwiſchen dem Mincio und der Etſch.

126

Der Höhenkranz hier , welcher auf der Linie Valeggio Cuſtoza , Somma - Campagna ,

Sona und Santa

Giuſt in a theils gegen Süden, gegen die Ebene von Villa , franca , theils gegen Often gegen Verona und das Etſch . thal abfällt, war der Schauplaß der Schlacht, welche am 25. Juli 1848 vom Marſchall Radepky dem König Karl Albert geliefert ward. Man hätte faum glauben dürfen , daß dieſe Schlacht von Cuſtoza fich wiederholen fönnte,

noch viel weniger durfte man

nach den Gefeßen der Vernunft glauben , daß ſie ſich mit gleich glücklichem Ausgange für die Defterreicher wiederholen könne unter ganz anderen Kräfteverhältniſſen ,

als fie im Jahre

1848

beſtanden , nachdem ein Königreich Italien gebildet war und zu einer Zeit , da Deſterreiche Kräfte auf einem andern Schauplaß von einem ſtarfen, einfichtigen und energiſchen Gegner zugleich in Anſpruch genommen waren. Indeſſen das unglaubliche hat fich ereignet. Da ſelbſt die am Weiteſten vorgeſchobenen Detachements der Reſerve favallerie nur auf ſchwache öfterreichiſche Reiters abtheilungen getroffen waren , ſchloß man im italieniſchen Haupts quartier, daß es fich ganz ſo verhalte, wie man früher gehört, daß der öſterreichiſche Feldherr, Erzherzog Albredyt, nicht das Gebiet zwiſchen Mincio und Etſch, ſondern nur jenes i enſeits der Etſch vertheidigen wolle. Wie dieſer Schluß möglich war, nach der Rolle ,

welche Verona ſchon im Jahre 1848 geſpielt

hat und die zu ſpielen es ſeitdem zehnmal fähiger gemacht worden iſt,

das mögen die Götter wiffen . Aber der Schluß war mögs

fid , – denn er ward wirklich gezogen und es ward nun bes ſchloſſen , am 24. Juni das die Feſtungen trennende Dreieck auf den Höhen des Kranzes an der Südſeite des Gardaſees zu bes feßen zwiſchen Valeggio ,

Caſtelnuovo und Sommacampagna.

127

Ein Dreieď gegen ein Vieređ !

3ft das die Kriegsfunft ?

Barum ſollten wir es dann nicht einmal auch mit dem Fünfect, etwa mit dem Pentagramma verſuchen, welches den Mephiſtopheles verhindert, Fauſts Zimmer zu verlaſſen ? Leider, leider ! iſt es noch immer fein Scherz, wenn wir uns genöthigt ſehen, gegen die erbärmliche Geheimnißkrämerei und gegen das Spiel aufzutreten, welches mit den ſogenannten ,, Krieg 8 . plänen " getrieben wird . — Wir haben den Kampf gegen dieſes Treiben ſeit mindeſtens zwölf Jahren ,

wir dürfen wohl ſagen

wader , weil lange Zeit ganz allein , geführt.

Im Jahre 1859

fennzeichneten wir das Spiel mit dem ſogenannten Giulay'ſchen Kriegøplan ; wir wußten damals noch nicht das Thatſächliche über denſelben , was wir heute

auch nur zufällig wiſſen,

und dennoch wußten wir Alles . Im Jahre 1866 fommt die ganze Preſſe wieder mit denſelben Zauberformeln .

Es iſt gerade , als

wenn es fich mit einem Kriegsplan verhielte, wie mit einer dieſer alten Beſchwörungsformeln zum Blutſtillen , gegen Brand , gegen Feuersgefahr, müffen,

die

auf geheimnißvolle Weiſe

überliefert

werden

am Kreuzweg, um Mitternacht, von einem alten Müts

terchen an einen jungen Anaben, wie w ir ſie vor vierzig Jahren im dunkeln Tannenwald beim Schein des untergehenden jungen Mondes erlernten, oder von einem weißbärtigen Alten an ein uns ſouldiges Mädchen von unter ſieben Jahren , wie es ausdrüdlich in den fabbaliſtiſchen Schriften heißt. Rein ! Kriegs. pläne find keine Augurenformeln, ſondern Reſultate der Einſicht. Dieſe Einficht iſt jeßt ziemlich , mindeſtens in den Heeren vers breitet,

es giebt eine Kriegswiſſenſchaft und wenn von huns

dert Offizieren eines ſtehenden Heere & nur einer dieſe Wiffen . ſchaft hat, ſo genügt das jedenfalls vollſtändig , mindeſtens alle Geheimnißkrämerei gewöhnlicher

Art im Kriege

als ridicul im

XX

128

Höchſten Maße hinzuſtellen. Wem , der an der Spiße eines Heeres

X

ſteht, der folglich auch die Mittel hat , - auch die Geldmittel hat, fich bei dem geſteigerten Verkehr der heutigen Zeit ale Nach richten zu verſchaffen, deren er bedarf, will man wohl etwas Bes deutendes , für ihn Bedeutendes verbergen ?

Nicht die Ges

heimnißkrämerei , ſondern die Oeffentlichkeit der Mitthei lungen ,

iſt heute, richtig angewendet, das Mittel der Täuſchung.

Nur ein Feldherr, der um mehrere Jahrhunderte hinter ſeiner

+ Zeit zurückgeblieben iſt , kann dieſe einfache Wahrheit verkennen . Nur der unglückliche Dualismus , welcher zwiſchen Staatsmann

1 .

und Feldherrn, Bürger und Soldat bis heute in ganz Europa ohne irgend eine A u $ n a 5 me

aufrecht erhalten wors

den iſt, macht es möglich , daß in der Preſſe dem Augurenthum in der Kriegskunſt noch heute ein Altar gewidmet iſt, welcher mit viel größerem Rechte dem Gotte des Blödfinnes gewidmet ſein *

würde. Achtzehn Jahre , ſo hieß es in der europäiſchen Preſſe, habe Lamarmora

an

ſeinem Feldzugsplane ſtudirt; der müſſe

alſo gut ſein. Iſt irgend eine Vernunft in dieſem Schluſſe ? Ganz gewiß nicht; nur der, welcher der Vernunft und ihren wohlthätigen Banden gänzlich entſprungen iſt, kann einen ſolchen Schluß ziehen. Wie ſehr ändern fich nicht in achtzehn Jahren die Verhältniſſe aller Völker und in allen Beziehungen ! Man kann achtzehn Jahre allen Aenderungen in den

Verhältniſſen der Völker folgen, um

deſto beſſer im Stande zu ſein , einen Feldzugsplan von Staat gegen Staat zu entwerfen ; – aber man fann unmög lidh achtzehn Jahre an einem Feldzug 8 plan arbeiten. Ein geſunder Menſch , - er braucht fein Genie

zu ſein

hat nicht mehr als 24 Stunden nothwendig, um einen

Feldzugsplan

nicht blos zu

entwerfen ,

ſondern auch

niederzus

ſchreiben ; vorausgeſeßt nur, daß er gehörig vorbereitet ſei.

+

129

X Für den 24. Juni erhielt das erſte Korps der italieniſchen Armee den Befehl, die Diviſion Pianelli am rechten Mincio: ufer zu laſſen, — ſein Hauptquartier nach Caſtelnovo zu vers legen , eben dahin und mit der Front nad Peſchiera ſollte auch die Diviſion Cerale vorrücken, die Divifionen Sirtori und Bris gnon e aber ſollten nach Sa. Giuſtina und Sona vordrins gen, um dort Front gegen Paſtrengo und Verona zu machen. Süd wärts ſollte dieſe Linie über Somma.6 ampagna und Villas franca vom 3. Armeekorps, dann weiter über Quaderni und M 0 33 e cane von der Reſervelavalerie verlängert werden . Die beiden Diviſionen Angioletti und Longoni des zweiten Korps ſollten am 24. bei Goito den Mincio überſchreiten und bei Marmirolo und Roverbella als Hauptreſerve Stels lung nehmen . Weiter ward noch angeordnet, daß bei Torre di Goito ( oberhalb Goito) eine neue Feldbrüde erbaut werde und daß dieſe, ſo wie die Feldbrücke bei den Molini di volta und die ſtes henden Brücken bei Monzambano , Borghetto

Valeg :

gio und Goito durch Brückenköpfe am linken Ufer des Mincio gedeckt würden.

Für die ganze Vorrüdung des erſten und dritten Korps ward die Annahme eines Reiſemarſhes gemacht. Es ſollten neue Stellungen zwiſchen Mincio und Etich , zwiſchen den beiden , ob wohl nicht gleich wichtigen, doch jedenfalls bedeutenden Feſtungen ohne Kampf eingenommen werden . Peſchiera oder Verona Der Tagsbefehl des Königs Viktor Emanuel, welcher die Truppen auf zu beſtehende Kämpfe vorbereiten

ſollte, ward nicht verleſen ;

die Truppen kochten vor dem Abmarſch aus dem Biwaſ nicht ab, fte wurden mit ein wenig Riſotto oder Polenta abgefüttert, wie es den Ariegskommiffaren der Diviſionen eben bequem war ;

i

130

fein Offizier bekümmerte fich darum, wie es feinen Soldaten ging. Keine Anrede erfolgte, wie fte für den italieniſchen Soldaten, wenn

auch in zwei Worten, fo bedeutungsvoll ſind. Die Hülfstrains mit dem Proviant, aus Landfuhrwerken , mit ſchlecht disziplinirten Fuhr fnechten ohne gehörige Aufſicht zuſammen geſeßt, mußten den Ros lonnen folgen , als handle es fich um einen Marſch von Turin nach S. Maurizio im tiefſten Frieden, nicht um einen Marſch mitten zwis fchen vier feindlichen Feſtungen. Der Infanteriſt keuchte unter ſei nem ſchweren, höchſt unvortheilhaft aufgeladenen Gepäd. Um den vollen Unſinn ſolcher Anſtalten zu begreifen , muß



man nur überlegen, daß Caſtelnovo von Perchiera wenig über eine halbe Meile und Sommacampagna von Verona wenig über eine Meile entfernt iſt. Bald begegneten denn auch die vorrückenden

Kolonnen den

Deſterreichern, welche zum Angriffe auf ſte von Verona Vorgebro chen waren .

2.

Anſtalten

des

Erzherzogs

Albrecht

gegen das

Vor

rüden der italieniſchen Armee. Der Erzherzog Albrecht, Oberfeldherr der öſterreis chiſchen Armee in Italien, hatte zu ſeiner Verfügung an Feldtrup , pen das 5. Armeeforps, Fürſt Friedrich Liechtenſtein , das 7. Armeeforps, FML. Maroičić di Madonna del Monte , das 9. Armeekorps

FME. Wartung ,

und eine

aus vierten

Bataillonen und Grenzern gebildete Reſerveinfanteries diviſion unter Generalmajor Rodich. Da dieſer leştere alss bald den Fürſten Liechtenſtein im Kommando des 5. Rorps ers feßen mußte , ſo erhielt General Rupprecht das Kommando der Reſervediviſion. Unmittelbar nachdem der Einmarſch der Preußen in Holſtein

4

131

bekannt geworden war, ward der größte Theil der aufgezählten Truppen zwiſchen Paſtrengo und S. Bonifacio um Ves rona dergeſtalt konzentrirt , daß er mit Leichtigkeit auf dem einen oder dem andern Ufer der Etſch zur Schlacht vereinigt werden konnte. Für eine ſolche blieben nach Abgang einzelner nothwendi ger Detachirungen von jedem der drei Armeekorps drei Brigas den und von der Reſervediviſion eine ſtarke Brigade, im Ganzen alſo 10 Brigaden , welche — vollzählig angenommen ein Total von 70,000 M. und mit der Reiterei

ein ſolches von

73,000 bis

74,000 M. ergeben, wozu 272 Geſchüße treten . Zur Zeit als die Italiener den Frieden auffündigten , ſtand die Referde infanteriediviſion bei Paſtrengo auf dem rechten Flügel und das 7. Sorp 8 bei S. Bonifacio auf dem linken Flügel, das 5. und 9. Korp

waren bei Ves

ron a konzentrirt, einzelne Brigaden waren gegen den unteren Bo zur Beobachtung Cialdinis vorgeſchoben und die leichte Kavalleries brigade des Oberſten Pulz gegen den Mincio.

Sie hatte den

Auftrag, die Armee unter dem direkten Befehl des Königs Viktor Emanuel zu beobachten und wenn dieſelbe den Mincio überſchritte, fich unter Vermeidung jedes ernften Gefechtes almälig über Vil . lafranca gegen Peron a zurüđzuziehen. Þulz zog ſchon am 22. Juni, als die Italiener ihre erſten Anſtalten zum Ueberſchreiten des Mincio trafen, ſeine Poſten vom Flufſe zurück und ging nach Villafranca.

Als ain 23. die

Italiener den Uebergang über den Fluß ausgeführt hatten und die Reſervefavalleriedivifion auf Villafranca losrü &te, retirirte die öſters reichiſche Ravallerie weiter. Es tam dabei nur zum Wechſel einis ger Kanonenſchüſſe zwiſchen Villafranca und Dorro buono ; am Abend des 23. fam die Brigade Pulz beim Fort Giſela vor Berona an, wo fte die Nacht über biwafirte.

132

Schon am Nachmittag des 23. Juni um 2 Uhr erhielt Erzs herzog Albrecht von einem Generalſtabsoffizier, welchen er nach Sommacampagna geſendet hatte,

die Meldung : Sommas

campagna und die Höhen ſüdwärts davon gegen Cuſtoza

ſeien

von den Italienern noch nicht beſeßt, dagegen bemerke man ſtarke Staubwolken ſüdlich

von Sommacampagna,

welche ſich

oft

wärts zögen, der Etſch zu . Nun war, wie wir hier bemerken müſſen, auf Grund einges gangener Kundſchaft im öſterreichiſchen Bauptquartier die Meinung verbreitet : der italieniſche Feldzugsplan beſtehe darin , daß König Viftor Emanuel nach dem Uebergang über den Mincio über Villas franca und Iſola della Scala ſchnell die Ebene zwiſchen dem eben genannten Fluß und der Etſch durchſchreiten , über die leßtere eine Brücke ſchlagen , dann dein über den unteren Po vors dringenden Cialdini die Hand reichen wolle.

Wir wiſſen bereits aus dem Vorigen , daß es ſich nicht ſo verhielt, 7 daß vielmehr

ein ſehr weſentlicher Unterſchied

Viktor Emanuel mit ſeiner Hauptarmee ſich zuerſt mitten zwiſchen den Feſtungen des Viereds feſtſeßen wollte, bevor er die weiteren Anſtalten treffe, um ſich mit Cialdini zu vereinigen. Indeſſen, wenn auch jener , von den Oeſterreichern vorausgeſeßte Plan beſtanden Hätte, ſo würde man ibn doch nicht billigen können .

Denn fich

zuerft theilen , auf die Gefahr hin, die einzelnen Theile ge trennt ſchlagen zu laſſen, um dann doch nicht

weiter als

die Vereinigung zu erreichen , die man auch ohne jene Ges fahr hätte haben können , das iſt jedenfalls ein ſchlechtes Syſtem . Die Beiſpiele dafür, daß es niemals zu etwas Gutem führt, find unzählbar ; eines der ſchlagendſten, weil es ſich auf verhältnißmäßig beſchränktem Raumę abrollt, iſt dasjenige der Schlacht von ID ſtedt. Aber die Italiener brauchten gar nicht ſo weit zu denken,

133

fie durften fich nur der Operationen erinnern, welche auf demſelben Operationstheater, auf welchem jeßt wieder gefochten werden ſollte, im Jahre 1848 der Schlacht von Goito folgten , in der Zeit der Einnahme Vicenzas durch Radesky); fie brauchten nur die das maligen Operationen Karl Alberts und Durando 1 & nach: zuſehen , um einen derartigen Plan als völlig werfen .

unzuläſſig zu vers

Wie dem nun immer ſein möge , die vorgefaßte Meinung, welche über den Operationsplan der Italiener im

öſterreichiſchen

Hauptquartier herrſchte, war nicht ohne Einfluß auf die Beobachs tungen , welche der nach Sommacampagna entſendete Offto zier des Generalſtabs, Oberſt Rueber, anſtellte und auf die Farbe, welche er ſeiner Meldung an den Erzherzog Albrecht gab, und dies

! ſer legtere wurde wiederum durch die empfangenen Meldungen in ſeiner Anſicht beſtärkt. Er beſchloß nun, die Italiener im Marſch an die Etich , in ihrer linken Flanke anzugreifen , in Vorbereitung dieſes Angriffes fich aber ohne allen Verzug des Höhenterrains zwiſchen Sommas campagna , Sona und Sa. Giuſtina einerſeits,

Va .

leggio , Monzambano , Peſchiera andererſeits zu bemäch tigen, kurz im Weſentlichen eine neue Vorſtellung der Schlacht von Cuſtoza vom 25. Juli 1848 zu geben . An Zeit zu den Vorbereitungen fehlte es ficher nicht.

Von

Goito bis Albaredo nämlich find ſechs Meilen und mehr ; die Italiener erreichten daher ſchwerlich vor dem 24. Abends 41 . baredo , wenn die öſterreichiſche Annahme richtig war , mußte die Brücke geſchlagen werden und der Uebergang

dann

über die

Etſch konnte von Seiten der Italiener ſchwerlich vor dem 25. Juni Morgens begonnen werden , er nahm Tag in Anſpruch .

ohne Frage dieſen ganzen

1

134 Die Böhenfette bei

Sona

und Sommacampagna

konnte mit den unter ſeiner Hand befindlichen Truppen der Erz Herzog Albrecht noch am 23. Juni befeßen. Aus dieſer Gegend bis nach Villafranca , wo man ſicher die Seitendetachements der Italiener treffen mußte , iſt wenig über eine Meile ; ſtarke öſter: reichiſche Truppen fonnten alſo

in den erſten Vormittagsſtunden

bei Villafranca angreifen. Zurückgehaltene Reſerven konnten von S a Lucia vor Verona zur ſelben Zeit bei Caſtel d'Aza z ano ſein und der kräftige Angriff dieſer Abtheilungen hätte alſo in den erſten Morgenſtunden des 24. Juni eine Stodung in die fupponirte Bewegung der Italiener bringen müſſen , durch welche alle nothwendige Zeit für die Entwicklung der Armee und die Rons zeption eines vollſtändigen Schlachtplanes gewonnen wurde. 1 Von dieſen Anſichten ausgehend ließ der Erzherzog noch am 23. Juni Nachmittags die Brigade des Oberſten Prinzen von Sachſen - Weimar von der Reſervediviſion aus dem Lager von Paſtrengo nach Sandra aufbrechen, dort ſollte ſie Stels lung nehmen und vorwärts gegen Caſtelnovo

Detachements

ausſenden . Das

fünfte

Arme eforps unter

General

Rodich

mußte am 23. Nachmittags von Verona nach Sona aufbrechen und von der dort genommenen Poſition aus ſeine Avantgarde nach Zerbare , alſo in der Richtung gegen C u ſt 0 33 a und Vas leggio vorſenden . Das neunte Armee forp8 , þartung , mußte fich ſofort bei Sa. Lucia vor Verona konzentriren , bente sorp 8 ,

das fies

Maroicic , von dem drei deutſche Meilen

von Verona entfernten S. Bonifacio ſchleunigft herbeigerufen, langte nach einem Höchſt beſchwerlichen , bei drückender Hiße und im dickſten Staube ausgeführten Marſch erſt am Abend

des 23.

135

bei St. Maſſimo vor Verona, nördlich Sa. Lucia an ; es bes durfte einer längeren Ruhe nothwendig und es ward ihm daher von vornherein die Rolle der Reſerve zugewieſen . Aus der den Armeekorps zugetheilten Kavallerie wurden noch 8 Escadrons herausgezogen und in eine Reiterbrigade unter dem Befehl des Kommandanten des Bujanovic8

11. Huſarenregiments , Oberſt

von Ugg Telef zuſammengeſtellt,

ießt zwei beſondere Reiterbrigaden hatte,

ſo daß

diejenige von

man

Pulz

und diejenige von Bujanovic 8. Der Erzherzog verlegte ſein Hauptquartier am 23. Abends nach S. Maffimo. Weiter aufgeklärt durch eingehende Nachrichten ord nete er an , daß am 24. Juni früh Morgens zunächſt die Linie Sandra ,

Sa.

Giuſtina ,

Sona ,

Somma

Cam -

pagna eingenommen und aus dieſer ſofort eine Linksſchwenkung unter Feſthaltung des Punktes Somma Campagna ausges führt werden ſolle,

welche

die

Truppen zunächſt

auf die Linie

Caſtelnovo , 1San Giorgio in Salice , Zerbare , Sommacampagna und Berettara führe , von welcher aus dann die einzelnen Korps, Diviſionen und Brigaden in den nunmehr genügend bezeichneten Richtungen

weiter gegen Süden

vorzugehen hätten. Die beiden Kavalleriebrigaden Pulz und Bujanovics ſollten die Bewegungen der übrigen Armee in der linken Flanke decken, indem ſie in der Ebene von S a . lucia aus über Gan : fardine ind Dojrobuono gegen Cuſtoz a und Villa : franca vorrückten . Ein gewaltiger Zuſammenſtoß war alſo von beiden Seiten durch die Diſpoſitionen der Hauptquartiere vorbereitet. Nach

den Nominafetats

mußten

die Deſterreicher,

wie wir

berechnet haben, mindeſtens 73,000 M. ins Gefecht bringen.

Es

136

famen dazu thatſächlich ſogar noch einige Bataillone der Beſaßung von Peſchiera, welche einen Ausfall machten. Wir dürfen alſo die Zahl der Defterreicher, welche ſich am 24. Juni ſchlugen, nad dem Nominaletat zu

75,000 M. mindeſtens

veranſchlagen oder ,

wenn wir für die Wirklichkeit

drei Viertel davon

vorausſeßen,

welche

272 Geſchüße

ins

Italieniſcher Seits waren

am 23. Juni ,

wie früher

auf 57,000 M. ,

als anweſend Feuer

bringen konnten .

gezeigt worden, bereits 87,000 M. mit 138 Geſchüßen ang linke Mincioufer übergegangen ; 24,000 M. , die Divifionen Angioletti und Longoni des 2. Armeekorps hatten Befehl , am 24. den Mincio zu überſchreiten. Mehr zufällig

nahm eine Brigade

der

Diviſion Pianelli auch noch an dem Kampfe des 24. Juni Theil. Rechnet man Alles zuſammen , was italieniſcher Seite am 24. Juni zwiſchen Mincio und Etſch ſchlagen konnte , ſo kommt man auf 117,000 M. mit ungefähr 192 Geſchüßen nach den Nos minaletats , alſo wenn man für die thatſächlich ins Feuer zu führenden Truppen den gleichen Abſtrich macht, wie für die Deſters reicher, auf etwa 90,000 M. mit 192 Geſchüßen. Gemäß dieſen Betrachtungen dürfen wir nun ohne reellen Jrr thum, mit höchſtmöglicher Annäherung an die Wahrheit, einer ſol. chen , wie ſie in den offiziellen Schlachtberichten fich nur in Auss nahmsfällen findet, ſagen ,

es ſchlugen am 24. Juni 1866 ges

gen einander 57,000 Deſterreicher mit 272 Geſchüßen und 90,000 Italiener mit 192 Geſchüßen . In früheren Zeiten war es nicht ungebräuchlich , etwa 8 Geſchüße einem Bataillon von 800 M. gleich zu rechnen. Obgleich dieſe Rechnung rationell fich nicht völlig begründen läßt , iſt fie doch auch keineswegs abſolut verwerflich. Es repräſentiren danach 272 Geſchüße 27,200 M. und 192 Ges ſchüße 19,200 M.

Wir kommen , indem wir dieſes Hülfsmittel

137 anwenden, zu dem Saße, es ſchlugen , fonnten oder mußten ſdhlagen am 24. Juni 1866 84,000 Deſterreicher gegen 110,000 Italiener. Wie immer wir alſo unſere Rechnung wenden, fie fommt darauf hinaus, daß ungefähr vier Deſterreicher fünf Italienern ger genüber ſtanden .

An Artillerie waren die Defterreicher den Jtas

lienern bedeutend überlegen. Infanterie und Kavallerie der Deſters reicher einerſeits, der Italiener andererſeits verhielten fich wie 2 : 3.

3. Die Schlacht don Cuſtoza am 24. Juni 1866. In der Nacht vom 23. auf den 24. Juni brach ein Gewitter log. Der Regen, den Truppen beider Theile freilich , ſo lange er dauerte, unangenehm, erfriſchte doch die Luft und ſchlug für den nächſten Morgen den in dieſen Gegenden ſo läſtigen Kalkſtaub der Straßen nieder. Noch ehe die Sonne

des

Tages

von Solferino

oder von

S. Martino, wie ihn die Italiener zu nennen pflegen, welche 1859 an der Seite der Franzoſen fämpften , aufging, am 24. Juni Mors gens um 3 Uhr brach das 9. Urmee for p & des öſterreichiſchen Heeres von Sa. Lucia nach

Sommacampagna

auf,

das

5 Arme e for p 8 , nur ein Detachement in Sona zurüdlaſſend, rüdte auf S. Giorgio in Salice , der verfügbare Theil der Referbediviſion von Sandra vollends auf 6 a ft elnuovo, – alle Avantgarden dieſer Armeetheile wurden gleichzeitig weiter vorgeſchoben und die Kavalleriebrigaden breiteten fich links vom 9. Armeekorps in der Ebene aus. Sie trafen zuerſt am Morgen des 24. Juni auf die Streits kräfte der Italiener und zwar insbeſondere auf die Reſerves favalleriediviſion , $ umbert , welche fic Ganfardine bewegten , Ruſow , d. Krieg. 1866.

auf die

Diviſion

von Villafranca

des

Kronprinzen

auf Doſſobuono und

dann auf die Diviſion Bigio , 10

welche

!

138

links der leßtgenannten folgte. Das Gefecht fam hier ſehr bald zum Stehen und

hielt fich

ohne Entſcheidung

Später, aber auch ernſter kam die Diviſion

den

ganzen Tag über .

6 ugia in den Kampf,

welche links von Bixio gegen Monte Torre und Staffalo vorrückte und hier alsbald mit den Truppen des öfterreichiſchen Korps von Hartung zuſammenſtieß. Laſſen wir einſtweilen das Eingreifen der Diviſionen Govo ne des 3. und Brignone des 1. Korps am öſtlichen Ufer des Tione bei Seite und beſchauen wir die Vorfälle auf dem weſtlichen Ufer des Tione, wo der Kampf von Morgens 7 Uhr ab fich aufs heftigſte entſpann. Zu dieſer Zeit ſtieß die Reſervediviſion bei Alza rea auf die Vorhut der Diviſion Cerale und zwang mit ihren überlegenen Kräften dieſelbe, zurückzuweichen. Der General Cerale offupirte nun Oliori ſtarf und nahm hier den Angriff der öſters reichiſchen Reſervediviſion an.

Der Erzherzog Albrecht

ließ außer

der Reſervedivifton auch noch die Brigade Piret des 5. Armees forps von der andern Seite des Tione her gegen Oliofi vors rüden , während die Brigaden Möring und Bauer des fünfs ten Korps gegen S. Rocco di Palazzuolo vordrangen. Die Verbindung zwiſchen dem fünften und dem neunten Korps ward zunächſt durch die Avantgardebrigade des über Sona vorgezogenen ſiebenten Rorps unter dem General Scudier hergeſtellt, der von Sona über 3 er bare marſchicte. Olioſ i ward von der zahlreichen Artillerie der Oeſterreicher in Brand geſchoſſen und General Cerale mußte es aufgeben . Unter fortwährenden Heftigen Kämpfen , bei welchen die Italiener nicht mindere Tapferkeit entwidelten als die Deſterreicher, zog der brave Cerale ſich gegen den Monte Vento zurück .

Er ſelbſt

ward verwundet, einer ſeiner Brigadekommandanten, General Vils lare y , ftel.

Die öſterreichiſche Reſervediviſion und die Brigade

4

139

Piret folgten gegen den Monte Vento . Es war gegen 1 Uhr Mits tags, als die Schlacht auf dieſem Flügel die für die Staliener ſo üble Wendung nahm . Die Diviſion Cerale war in einer jener las gen, in welchen die höchſte Tapferkeit wenig nüft. Sie ward nicht unterſtüßt, wie ſie unterſtüßt werden konnte.

Die Diviſion Sirtori

rüdte von Valeggio ziemlich

langſam nach S a. lucia am Tione *) vor und nahm hier Stellung ".

Sie fam allerdings noch zur rechten Zeit , um die

rechte Flanke der Diviſion Cerale, als dieſe fich am Monte Vento neu ordnete, zu decken . Aber die Divifton Cerale war fich ſo lange ſelbſt überlaſſen geblieben, daß fie nothwendig erſchüttert ſein mußte. Der Korpskommandant, Durando , fuchte ſelbſt die Diviſion Cerale wieder zu ordnen , indeſſen auch er ward verwundet und mußte bald das Gefecht verlaſſen.

Die Reſervediviſion und die

Brigade Piret ſtürmten etwa um zwei Uhr den MonteVento und die Diviſion Cerale mußte den Rückzug auf Valeggio an treten .

Sie ward aufgenommen von der Korpsreſerve des 1. Ars

meekorps, vier Bataillonen Berſaglieri, vier Batterien und der Kavalleriebrigade ; außerdem wurde die Verfolgung des rechten öſterreichiſchen Flügels durch einen andern Umſtand gehemmt; als nämlich der am rechten Mincioufer zurückgelaſſene General Pias nelli von dem ſchlechten Stand des Gefechtes bei Olioſi unters richtet ward, führte er ſofort eine Brigade ſeiner Diviſion bei Mon

*) Dieſes Sa. Lucia

eine Kapelle — iſt nicht mit dem Dorfe Sa. Lucia cm vor Verona, von welchem die Schlacht vom 6. Mai 1848 ihren Namen hat , zu verwechſeln. Wir können uns der Bemerkung nicht erwehren , daß in den erſten Berichten über die Schlacht vom 24. Juni 1866 dieſer Punkt abſichtlich im Un tlaren gelaſſen war , um bei der großen Maſſe des italieniſchen Publikums Vor ſtellungen von urſprünglichen großartigen Erfolgen der Armee zu erweden , welche nur mehr zufällig nachher verloren gingen. 10 *

140

jambano ang lin fe Ufer des Fluſſes und bedrohte die rechte Flanke der gegen den Monte Vento vordringenden Deſterreicher. Er übernahm auch, da Durando verwundet war , das Kommando über diejenigen Theile des erſten Korps , welche ihm unter die Hände famen ; aber dies war freilich nicht viel. As der Monte Vento von den Italienern geräumt war, rüdten die Brigaden Bauer uud Möring des fünften öſter reichiſchen Korps über S. Rocco di

Palazz u olo ernſtlich

gegen die Stellung Sirtoris bei Sa. Lucia vor. Sirtori räumte dieſe, da er in ſeiner linken Flanfe ſich nicht mehr gedeckt fühlte und trat vor drei Uhr den Rückzug über den Monte Ma maor , bis zu dieſem Heftig von den Deſterreichern gedrängt, auf Valeggio an . Während die Brigade Piret den Trümmern der Diviſton Cerale nur mäßig folgte

denn alle Truppen beider Parteien

waren von der drückenden Tageshiße aufs Neußerſte ermattet wendete die Reſervediviſion fich gegen Salionze und Mon zambano , um Pianelli zurückzumanövriren. Um drei Uhr Nachmittags war der linke Flügel der italienis ſchen Armee vollkommen

aus

dem Felde geſchlagen :

aber noch

brannte der Kampf heftig auf den Höhen am öſtlichen Ufer des Tione, wo er ſich ernſtlich

ſpäter entſponnen hatte.

Hier hatte öſterreichiſcher Seits das 9. Korps zunächſt nur den Befehl, ſich bei So mma Campagna zu halten. Als dann Morgens um acht Uhr die Diviſion Cugia über Madonna della Croce und den Monte Torre gegen Staffalo vordrang , ließ Feldmarſchalllieutenant Hartung

Caſa del

Sole und Berettara ſtarf beſeßen, namentlich mit Artillerie . Bald erhielt er auch den Befehl, thunlichſt gegen Cuſtoz a vor zudringen. Allein der tapfere Widerſtand der Diviſion Cugia, welche

141

rechts von der Diviſion des Kronprinzen hielt ihn auf.

unterſtüßt' ward,

Die leßtere Diviſion ward gleichzeitig heftig von

der Kavallerie des Gegners , den Brigaden Pulz und Bujanovics angegriffen und ihre Infanterie mußte zu wiederholten Malen Viers ede formiren, in deren einem vom 49. Regiment (Brigade Parma) der Kronprinz zeitweiſe Schuß fand. Links von Cugia, zwiſchen dieſem und Sirtori griff die Dis viſion Brignone in das Gefecht ein. Dieſelbe, wie wir wiſſen , zum erſten Armeekorps gehörig, beſtand aus den beiden Brigaden Sardinien.Grenadiere unter dem

General Gozzani di

Treville und lombardiſche Grenadiere unter dem Prins zen A mede u 8. Sie war urſprünglich zur Reſerve für die beiden ins Gefecht gezogenen Armeeforp8 beſtimmt. Nachdem ſie bei den Molini della volta den Mincio überſchritten hatte, marſchirte fte am Morgen des 24. Juni nach Valeggio und ward dann über den Tione nach 6 uſtoza beordert, wo Lamarmora felbft , der Rathgeber und nächſte Gehülfe des Königs , ſie in den Kampf führte. Ueber Cuſtoza rückte die Diviſion nach Monte Godio vor und ward hier alsbald von

der Brigade Scudier

des

7. öſterreichiſchen Korps angegriffen . Die Grenadiere von Italien entfalteten eine glänzende Tapferkeit, indeſſen ſehr ſchnell ſollten fie es mit einer weit überlegnen Zahl von Feinden zu thun bes kommen. Auch die beiden noch übrigen Brigaden des 7. Armees korps, diejenige des Oberſten To pl y von Hohenveſt und die des Grafen Welſer8 heim b wurden gegen ſie geworfen. Bis

kurz

nach

Mittag

behauptete

fich 1B rignone

am

Monte Godio ; dann , nachdem ſeine beiden Brigadekommandans ten, Gozzani und Prinz Amedeus verwundet waren, mußte er ſich gegen

Cuſtoza zurüđziehen.

Die

Diviſion

3. Rorps ward an ſeine Stelle vorgezogen .

Govone

vom

142 Die drüđende Hiße brachte dann und wann längere Pauſen in die Schlacht.

So in der Zeit , da die Diviſion Govone zur

Ablöſung Brignones über Cuſtoza vorrückte. Erſt nachdem die Diviſion Cerale den Monte Vento vers loren und nun auch die Diviſion Sirtori die Stellung von Sa. Lucia

aufgegeben

hatte ,

entbrannte das

Gefecht

zwiſchen

dem

Monte Godio , Staffalo und C u ſto za von Neuem. Das 7. öſterreichiſche Korp8 einerſeits unterſtügt durch die

E

Brigade vom linken Flügel des 5. Rorp8 , welche nach Sirtoris Abzug nichts mehr gegen ſich hatte, andererſeits durch die großen Batterieen des 9. Rorps bei baja del

Sole drang immer

mächtiger gegen Ca Bagolina und das dortige Wäldchen vor und entriß dieſe Punkte der Diviſion Govone. Nun mußte auch Cugia, in ſeiner Linken überflügelt nach und nad die Höhen des Monte Torre und

von

Madonna

della Croce aufgeben und um 5 Uhr Nachmittags ward der Rüdzug der Italiener allgemein.

Indeffen war es durchaus fein

eiliger, auch die Verfolgung der Deſterreicher war

durchaus feine

beſonders kräftige. Schritt für Schritt nur wich das dritte italieniſche Korps mit ſeinem linken Flügel über Cuſtoza auf Prabiano , mit dem rechten auf Villafranca . Erſt um fteben Uhr Abend8 beſegten die Deſterreicher das ihnen überlaſſene 6 uſtoz a. Den Rückzug decten in der Ebene zwiſchen Villafranca und Cuſtoza

die

Reſerve. Kavallerie diviſion ,

die

Ras

valleriebrigade des 3. Armeeforps und die Diviſion Bixio. Auch einzelne kleine Abtheilungen des zweiten Armeekorps kamen hier noch ins Gefecht. Die beiden Diviſtonen Angioletti und Longoni dieſes Armeeforp8 ſollten, wie erwähnt worden iſt, am 24. Juni aus der Gegend von Caſtellucchio über Goito über den Mincio nach

1

143 rücken . Da fte an den vorigen Tagen durchaus feine Anſtrengungen gehabt hatten, hätten fte jedenfalls ſehr früh am Morgen des 24 . von Caſtellucchio aufbrechen können und bei der Herrſchenden Hiße hätten ſie dies fogar thun müſſen. Marſchirten fte, wie z. B. das 9. öſterreichiſche Korps von 3 Uhr Morgens ab , ſo konnten fte ſehr wohl um 8 Uhr Vormittags den Mincio bei Goito hinter fich haben und in den erſten

Nachmittageſtunden

anſtrengung bei Villafranca ſtehn.

ohne

Uebers

Indeſſen, ſo verhielt es

fich nicht. Man fann nicht läugnen , daß die Italiener auf der Linie vom Montes Vento bis nach Staffalo und Gonfars dine fich mit großer Bravour und Ausdauer ſchlugen ; aber in jedem Momente des Rampfes fällt der Mangel an

Z uſam -

menhang , an tüchtiger Leitung auf und das Hervortreten einer ſchnellen Ermattung namentlich bei der Führung , der Mangel an Zähigkeit. Der General Lamarmora , welcher, nachdem er die Diviſion Brignone ins Gefecht gebracht, die Schlacht von der Gegend von La Gherla beobachtete, gab ſie ſehr früh verloren. Als die Diviſion Brignone gezwungen war zurückzugehn, beſtimmte er den König Piftor Emanuel , welcher der Schlacht in der Gegend zwiſchen Villafranca und Cuſtoza

beiwohnte ,

fich

nach

Valeggio und dort ans rechte Ufer des Mincio zu begeben. Er ſelbſt aber eilte naci Goito , um die Diviſionen Angios letti und Longoni

vorzuholen ;

ein ganz unbegreifliches

Verfahren, da nun erſichtlich jeder Oberbefehl auf dem Schlachts felde fehlte. Obgleich der General Lamarmora in ſeinem Bericht zu verſtehen giebt, als habe er noch darauf gerechnet, mit den Dis viftonen des zweiten Korps auf den Höhen von Cuſtoza den Sieg für die Italiener zu entſcheiden , während Bigio und Kronprinz. Humbert die rechte Flanke des dritten Korps in der Ebene dedten,

ſo geht doch aus ſeinem eigenen Berichte auch wieder deutlich hervor,

!

daß dies entweder gar nicht der Fall war , oder daß es in ſeinem Ropfe bedauerlich fonfus ausſah .

1 A8 Lamarmora zwiſchen drei und vier Uhr in Goito anfam , fand er dort von dem Korps Cucchiaris erſt eine ſchwache Avantgarde, welche ſofort gegen Villafranca weiter geſen . det ward und dort in der That noch an den legten Momenten des Rückzugsgefechtes theilnahm , deſſen legte Donner erſt um 9 Uhr Abends verhalten . Das Gros der Diviſionen Angioletti und Longoni batte fich gar

nicht von Caſtellucchio gerührt.

Dieſe üble

Erfahrung war es wohl , welche Lamarmora weſentlich beſtimmte, nur noch an den Rückzug zu denken. Er ſendete ſofort einen Offta zier nach Valeggio, um dieſen Uebergangspunkt fichern zu laſſen ; ein anderer mußte wahr

Alles Dieſes iſt ſehr ſchwer begreiflich, aber

nun von Goito nach

Cuſtoza zurü « febren ,

um dort Nachrichten über den Stand des Kampfes einzuziehen. Der Rückzug aus allen Stellungen erfolgte Seitens der

Jta

liener ohne Befehl von oben herab , angeordnet faum von den Korpskommandanten, hauptſächlich nur von den Diviſionskomman danten.

Dieſe haben fich mit Ausnahme Sirtoris ſämmtlich gut

benommen und beſonders auszuzeichnen ſind Cerale und Cus gia ; auch Pianelli iſt wegen ſelbſtſtändigen Entſchluſſes zu loben. Weniger fann es einleuchten , wie der Kronprinz Humbert und Bigio großes Ruhmes gewürdigt werden mögen, da ſie jedens falls an dieſem heißen Tage das leichteſte Spiel hatten .

Brigs

nones Soldaten leiſteten in tapferem Verhalten Großes. Vom erft en Armeekorps gingen die Diviſionen

Pianelli

auf Monzambano , Cerale und Sirtori auf Valega gio , Brignone auf Mofini della volta zurüd ; vom

.

145

dritten Korps die Diviſionen Govone und Cugia auf Valeggio , Kronprinz H umbert umd Bigio auf G o ito. Das erſte Korp8 räumte ſchon am Nachmittag und Abend des 24. das linfe Ufer des Mincio , das dritte Korps und die Res fervefavallerie in der Nacht auf den 25. 25. bei volta , dieſes

Jenes ſammelte fich am

zwiſchen Goito und Cerlungo ;

Kavallerieabtheilungen blieben gegen den Mincio vorgeſchoben . Die Brücke von Valeggio ward abgebrannt. Auf öfterreichiſcher Seite, wie auf italieniſcher waren die Vers lufte bedeutend.

Die Deſterreicher verloren nach ihren Vers

luſtliſten , welche nicht ganz vollſtändig erſcheinen , 960 Todte und 3690 Verwundete.

Dazu müſſen ungefähr 900 bis 1000 unver

wundete Gefangene gezählt werdeit,

ſo daß

verluſt auf etwa 5500 M. kommt.

der Geſammt ,

Es ging alſo nach unſerer

Rechnung etwa auf 10 M. , welche ins Gefecht famen, einer vers loren. Das fünfte Armeeforps batte 212 Todte und 904 Verwun dete, das 9. Armeeforps 313 Todte und

1163 Verwundete , das

7. Korp8 259 Todte und 816 Berwundete , der verfügbare Theil der Reſervediviſion , welcher urſprünglich einen ſo ſchweren Stand gegen die Diviſion Cerale hatte, verlor 164 Todte und 741 Bers wundete, die Reſervefavallerie 4 Todte und 28 Verwundete.

Der

Reft ward bei einem Ausfalle verloren, welchen die Bejagung von Peſchiera gegen die Diviſion Pianelli machte. Unter den Todten der Oeſterreicher finden wir 68 Offi fiere , einen auf 14 M., unter den Verwundeten 215 Offiziere einen auf 16 M. - Dieſer Verluſt an Offtzieren iſt als ein

ſehr großer zu betrachten, da die Deſterreicher gerade in dieſer Zeit bei den mannigfachen Bedürfniſſen der Neuorganiſation eher Man gel als Ueberfluß an Offtzieren hatten.

Er iſt wohl hauptſächlich

auf die Wirkung der italieniſchen Berſaglieri zu ſchreiben.

146

Das Verhältniß der Todten zu den Verwundeten ift wie 1 : 4. Ueberwiegen

In frühern Zeiten würde man daraus auf ein

des Infanteriegefecht8 haben ſchließen müffen.

Seit

der ausſchließlichen oder faſt ausſchließlichen Anwendung der

ges

zogenen Geſchüße , der Spißgranaten und Shrapnellgranaten iſt dieſer Schluß allerdings nicht mehr gerechtfertigt. Die Italiener verloren am 24. Juni an Todten 720 M., worunter 69 Offiziere, alſo 1 auf 11 M.; an Verwundeten 3112 M., worunter 203 Offiziere, 1 auf 15 M.,

an Vermißten

aller Art 4315 M. , worunter 63 Offiziere, - unter dieſen Vermißten waren auch noch manche Verwundete, welche auf dem Schlachtfelde liegen blieben. Der Totalverluſt der italieniſchen Armee an Soldaten beläuft fich auf 8147 M., wovon auf das 1. Armeekorps, insbeſondere die Diviſionen Gerale und Brignone 4991 M., auf das dritte, beſonders die Diviſtonen Cugia und Govone 2768 M., auf die Ras valleriereſerve 52 und auf die zuleßt noch vorgezogenen Abtheilungen des zweiten Armeekorps 11 M. kommen .

Auch bei den Italienern

verhalten ſich die Verwundeten zu den Todten etwa wie 4 : 1 , dad Verhältniß der todten und verwundeten Offiziere zu den Sol daten iſt bei den Italienern ungefähr dasſelbe wie bei den Deſters reichern, da jene erſteren auf eine gleiche Zahl von Soldaten eine größere Zahl von Offtzieren im Normaletat haben, als dieſe leßteren. Da die Diviſionen Angioletti und Longoni nur mit einem ſehr kleinen Theil ihrer Truppen ins Gefecht gelangten , man die Zahl der

thatſächlich

ins

Feuer

ſo darf

gefommenen

Italiener ſchwerlich auf höher als 66,000 M. anſchlagen. Es bes rechnet ſich dann auf etwa 17 M. der fämpfenden Truppen ein Todter oder Verwundeter und im Ganzen einſchließlich der Ges fangenen ging auf 8 bis 9 Kämpfer ein Mann verloren.

Wenn der Verluſt der Italiener auch bedeutend war, ſo war

147

er doch

nimmt man insbeſondere auf die Gefangenen feine

Rüdricht, feineswegs ſo bedeutend, daß er zum vollſtändigen Auf geben des Planes zwang. Bedenkt man die Verluſte, welche am 16. Juni

1815 ' die preußiſche Armee bei Ligny erlitt und daß

dieſelbe troßdem nur zwei Tage

ſpäter wieder bei Waterloo mit

Erfolg ins Feuer geführt wurde ,

ſo mag man den Stalienern

gern einige Tage Ruhe geſtatten , feßt aber unwillkürlich voraus, daß ſie dann wieder zum Angriffe übergeben werden . Indeſſen geſchah davon nichts; die Armee unter dem beſon deren Befehl des Königs Viktor Emanuel ward vollſtändig hins ter den Oglio zurückgenommen ; der König ſchlug ſein Haupt quartier zu Torre Malimberti bei Pescarolo auf ; Cials dini, welcher den Po noch nicht überſchritten hatte, der Uebergang ſollte erſt in der Nacht vom 25. auf den 26. Juni erfolgen , zog auf die Kunde von der Schlacht von Cuſtoza ſeine Truppen von dem Fluffe zurück und dehnte fich links gegen Cento ,

Mirandola

und Modena, wohin am 28. ſein Hauptquartier verlegt ward, aus, um in nähere Perbindung mit der Hauptarmee zu kommen. Die italieniſchen Blätter ſchwiegen faſt zwei Tage über die Schlacht von Cuſtoza, über deren Ausgang man in Frankreich und der Schweiz früher unterrichtet war , als in Mailand.

Die

erſten offiziellen Berichte ließen in Dunkel über die Abſicht, welche bei der Ueberſchreitung des Mincio geleitet hatte und über den Ausfall des Kampfes. Die Schlacht, hieß es, ſei weder gewonnen, noch verloren . Sie war in der That von den Italienern verloren, denn dieſe hatten ihren Zweck, fich mitten zwiſchen den Pläßen des Vier edes feſtzuſeßen nicht erreicht und hatten außerdem das Schlachtfeld geräumt. Es fehlt alſo kein Kennzeichen der Niederlage. Offiziell ward ferner verkündet, die Operationen würden bald in anderer Richtung , nach anderem Plan (con altro indirizzo ) wieder aufs

x

148

genommen werden.

Der urſprüngliche Plan alſo war aufges

geben. Dieſes plößliche Abſpringen von einem Plan , den zu überlegen man ſo lange Zeit gehabt hatte und der wohl um ſo mehr nach reiflicher Ueberlegung gewählt ſein mußte , da er allen gewöhnlichen

Regeln

der

Kriegskunſt

widerſprad ,

deutet

1 darauf hin, daß die Erſchütterung der Armee eine viel größere war,

14 als bloß nach den materiellen Verluſten geſchloſſen werden dürfte. Der leicht bewegliche Geiſt der italieniſchen Soldaten läßt file wie das Glück, ſo auch das Unglück, wie den Sieg ſo auch die Nieder lage ſchnell und ſtarf vergrößern und wie ſie geneigt ſind, den glüdlichen Führer in die Wolken zu erheben , ſo werden ſie gegen den unglüdlichen ſofort mit Mißtrauen erfült, ſprechen ihm jede Fähigkeit ab, wenn fte ihn nicht gar des Verrathes anklagen. Die Adminiſtration , ohnehin nicht die ſtarke Seite

der

italieniſchen

Armee, fommt vollends bei jedem außergewöhnlichen Ereigniß in Unordnung und dies trägt dann wieder dazu bei , die Bande der Kriegszucht zu lockern . Auch an gegenſeitigen Beſchuldigungen unter den höheren Führern des Heeres fehlte es feineswegs. So that denn allerdings eine längere Ruhe noth, damit man erſt wieder zur Beſinnung

fommen und die Dinge auf

den Stand vor dem Uebergang über den Mincio einigermaßen zu rückführen könne. Die Deſterreicher ließen dieſe Ruhe vollkommen ; öſterreichiſche Reiterabtheilungen

ans

rechte Ufer des Mincio und ſtreiften bis an den Chieſe.

Ihr

erſt am

30. Juni

gingen

ganzes Auftreten zeigte , daß der Erzherzog Albrecht nicht die Abſicht habe, die Offenſive in die Lombardei hinein zu ergreifen . Dies ward aus einer geheimen Verpflichtung erklärt, welche Oeſters reich gegen Frankreich übernommen habe. Indeſſen bei der Art, wie Deſterreichs Kräfte im Norden in Anſpruch genommen waren , bes darf es dieſer Erklärung kaum.

Bald nahmen in Folge des fiego

149

reichen Vorgehens der Preußen in Böhmen, wie wir ſehen werden , die Dinge noch eine ganz andere Geſtalt an.

4. Sekundäre Operationen. In der linken Flanke der italieniſchen Hauptarmee ſtanden die Freiwilligen Garibaldis , im Veltlin durch mobile Nationals garden aus dieſem Thale verſtärkt gegen die Päſſe von Südtyrol. Die wirkliche Organiſation der Freiwilligen ging nur langſam von ſtarten, da es an tüchtigen Offizieren und Verwaltungsbeamten ſehr fehlte. Nominell waren beim Ausbruch der Feindſeligkeiten wier Freiwilligenregimenter und zwei freiwillige Schüßenbataillone im Norden verfügbar ; zuſammen höchſtens 6000 M. Die Haupt maſſe der Freiwilligen ward am Idroſee bei Rocca d'Anfo zum Einbruch in die G iudicarien vereinigt ; ein Detachement ward durch die Val

Camonica gegen das obere Ogliothal

vorwärts Edolo und gegen den Ton alvorgeſchoben, ein anderes im Veltlin vorwärt : Tirano bis gegen Bormio . Auf dieſen ſämmtlichen drei Linien fam es in der Zeit vom 22. Juni theilung

bis

3. Juli

des Hauptforps

zu

verſchiedenen

der Freiwilligen

Gefechten. überſchritt

Eine

Ab

ſchon

am

22. Juni am Paß Bruffione (Monte Brugon) öſtlich von Storo die Tyroler Grenze und gab dadurch den Oeſterreichern zu der Klage Veranlaſſung, die Italiener hätten widerrechtlich vor der beſtimmten Zeit die Feindſeligkeiten eröffnet.

Im Veltlin und

am Tonal wurden verſchiedene Gefechte dadurch herbeigeführt, daß die Deſterreicher ihrerſeits mit Rekognoszirungsdetachements die Grenze über das Stilfjer Joch und über den Tonal überſdritten. Am Idroje e wurde am 25. Juni ein ſcharfes Ges fedt an der Grenzbrücke über den Caffarobac geliefert, dann am 3. Juli ein bedeutenderes weſtlich davon, in der Richtung von

150

Bagolino gegen Condino. baldi leicht verwundet.

In dieſem leßtern ward Garis

Entſcheidungen konnten übrigens auf allen

dieſen Punkten nicht herbeigeführt werden. Die Oeſterreicher hatten kein Intereſſe daran , hier durchzudringen , und das Þauptintereſſe Garibaldis mußte vorerſt dieſes ſein , ſeine Freiwilligen an das Feuer zu gewöhnen und ihre Organiſation insbeſondere durch Auss ſcheidung der ſchlechten Elemente zu befeſtigen. Die italieniſche Flotte ward von Mitte Mai ab zu Tarent

verſammelt und ihre Kommando dem Admiral Perſano übertragen . Perſano theilte die Flotte in drei Geſchwader. Das erſte oder Slachtgeſchwader ward aus den Panzerfregatten Re d'Itas lia ( Flaggſchiff), Re di Portogallo, San Martino, Ancona, Maria Pia, Caſtelfidardo und Affondatore (Widderſchiff) zuſammengeſeßt. Als Aviſo ward ihm der Meſſaggiero beigegeben. Das Rom mando über das Schlachtgeſchwader übernahm Perſano felbſt. – Eine Flottille beſtehend aus den Ranonen booten Mons tebello , Vinzaglio , Confienza, dem Aviſo Sirene und den Trans . portſchiffen Washington und Indipendenza ſollte zur unmittelbaren Unterſtüßung des Schlachtgeſchwaders dienen. Das zweite oder Hülføgeſchwader unter dem Vice - Admiral Albini ward aus nicht gepanzerten Segel- und Soraus benſchiffen gebildet ; nämlich aus den Fregatten Maria Adelaide ( Flaggſchiff), Duca di Genova, Bittorio Emanuele , Gaeta, Prins cipe Umberto , Carlo Alberto , Garibaldi ,

aus den Sorvetten

Principeſſa Clotilda, Etna, S. Giovanni, Guiscardo . Das

dritte , Küſten- oder Belagerungsgeſchwader -

unter dem Contreadmiral Vacca beſtand aus flachgehenden Panzerſchiffen , nämlich der Fregatte Principe di Carignano ( Flaggſchiff), den Corvetten Terribile und Formidabile, den Kanonens booten Paleſtro und Vareſe. Dazu kam als Aviſo der Esploratore.

A +

151 Das Transportgeſchwade r endlich, nicht zum Kampfs gebrauch, ward aus 15 Schiffen gebildet, welche etwa 20,000 M. zuſammen aufnehmen konnten, nicht für lange Reiſen, wie fich von felbft verſteht, aber für das Ueberſeßen über das adriatiſche Meer . Auf die Runde von der Kriegserklärung verließ

die Flotte

Perſanos am 21. Juni den Hafen von Tarent und ſteuerte nach demjenigen von Ancona ,

in welchem fte am 25. Juni vor

Anfer ging. Wie immer die Italiener über die Cooperation ihrer Flotte mit der Landarmee denken mochten, als ihre Flotte zu Ancona an fam , trafen dort auch die Nachrichten von der Schlacht von 6 u ſtoja , von der in Folge derſelben angeordneten Konzentrirung der Landarmee nach rückwärts ein.

Dieſe Nachrichten mußten auf

das Verhalten der Flotte einwirken, welche nun Veranlaſſung hatte, im Hafen von Ancona zu bleiben und dort erſt neue Nachrichten über die neuen Pläne der Landarmee abzuwarten. Perſano ließ nur den

Aviſodampfer Esploratore vor

dem Hafen freuzen . Ganz umgekehrt , wie auf die italieniſche Flotte , wirkte die Kunde von der Schlacht von Cuſtoza auf die öſterreichiſche. Contreadmiral Tegethoff , welcher in den Gewäffern von Helgoland im Jahre 1864 mit der jungen öſterreichiſchen Flotte fich ſo vortrefflich gegen die alte däniſche benommen hatte, obwohl er derſelben nicht Meiſter ward , lief am Abend des 26. Juni um 7 Uhr mit ſechs Panzerfregatten und ſieben leichten Holzſchiffen zu einer Rekognoszirung und Herausforderung gegen Ancona aus.

Der Raddampfer Eliſabeth , ein alter Bekannter aus

dem Dänenkrieg, namentlich von der Einſchließung des „ Tyrannen von Sylt“ , des däniſchen Kapitäns Hammer her , Ichwader als Späherſchiff voraus.

lief dem Ges

152

Am 27. Juni Morgens um 6 Uhr präſentirte ſich die öfters reichiſche Flotte vor dem Hafen von Ancona, außerhalb der größes ſten Kanonenſhußweite. Die Eliſabeth ſchoß fich mit dem E 8 ploratore herum und machte ſogar den Verſuch, demſelben den Rückzug in den Hafen abzuſchneiden.

Dieſes gelang nicht, da bei

der größeren Schnelligkeit des Esploratore die Eliſabeth , um ihren Zweck zu erreichen, fich den Hafenbatterieen zu ſtark hätte nähern müffen. Tegethoff ließ ſein Geſchwader angeſichts Anconas die Linie formiren, die Panzerſchiffe im erſten Treffen ,

die Holzſchiffe

im zweiten. Perjano ſeinerſeits ließ heizen und machte fich zum Auslaufen fertig. Ehe es aber dazu

fam,

trat die öſterreichiſche

Flotte den Rückzug gegen Norden an .

Wenn

die Strategiſ des Seefrieges zu

weſentlich darin beſtanden

allen Zeiten ſchon

hat , daß man nahe an einem eignen

Hafen oder mindeſtens an einer Küſte, welche man beherrſcht, den Feind zum Schlagen bringe ,

ſo tritt dies nur noch mehr hervor

ſeit der Einführung der Dampfer und der großen gezogenen Geſchüße, mit welchen gegenwärtig die Kriegsflotten bewaffnet werden. Tegethoff hätte in der That den Italienern feinen größern Gefallen thun fönnen , als wenn er

die Schlacht unter den

Kanonen von Ancona annahm , wo ihm der Sieg wenig nüßen konnte, da er an der Verfolgung ſehr bald gehindert werden mußte, wo die Niederlage ihm vollftändiges Verderben drohte, da er von Pola mindeſtens 70 Seemeilen entfernt war , die durchs ſchnittlich von unverlegten Kriegsdampfern in ſieben Stunden zu rüdgelegt werden, von verlegten, und wenn eine Anzahl der Schiffe zum Schleppen der andern benußt werden muß, angeſichts eines verfolgenden Feindes in viel längerer Zeit. Die italieniſche Flotte unternahm auch in der nächs

153

ften Zeit nichts.

Die Italiener waren äußerſt unzufrieden damit

und Mängel ihrer Flotte, welche ſie ſonſt nie zugeben wollten, wur den jeßt hervorgeſucht, die noch immer nicht vollendete innige Vers einigung der alten neapolitaniſchen mit der alten ſardiniſchen Mas rine, der Mangel des Aufſchwunges der eigenen Induſtrie Italiens, wonach dieſes , wie in allen techniſchen Zweigen , ſo auch für die Flotte noch immer mehr oder minder auf die Benußung fremder Kräfte angewieſen iſt. Diejenigen , welche von den Unvollkommenheiten der Flotte nicht reden mochten, klagten den ſonſt ſo viel gerühmten Perſano jeßt der Unfähigkeit an . Unſeres Erachtens genügt es zur Erklärung der Unthätigkeit der

italieniſchen Flotte volftändig , daß die Landarmee in

Ruhe zurückgefallen war. Die beſte Thätigkeit einer Flotte iſt ims mer diejenige , welche als Cooperation

mit einer Landarmee auf

tritt. Je ſelbſtändiger eine Flotte handelt, deſto unnüßer wird ihr Wirken und der Vernünftige entſớließt fich zu einem ſolchen ſelbs ſtändigen Wirfen der Flotte wohl nur, wenn die obwaltenden Ums ſtände nichts Anderes übrig laſſen und doch bewieſen werden ſoll, daß die Flotte nicht umſonſt da jei. Wir verlaſſen nunmehr das italieniſche Operationstheater vors läuftg, um uns das nordöſtliche oder böhmiſche zu betrachten .

II .

Ereigniſſe auf dem höhmiſchen Operations theater. 1. Abſichten und Pläne der Oeſterreicher. Das öſterreichiſche weer in Böhmen beſtand, als

die Preußen ihre Operationen gegen Sachſen, Hannover und Kur heſſen eröffneten , alſo um die Mitte des Juni aus ſechs vollſtäns 11 Rüftow , d . Krieg . 1866.

154

digen Armeekorp8 , zwei ſchweren und zwei leichten Reiterdivifios nen , abgeſehen von den Feſtungsbefaßungen . Die Armeeforpe waren das erſte oder böhmiſche unter dem Grafen C I am - Gallas , General der Kavallerie , das zweite, öſterreichiſch - ſteiriſche,

unter

dem

Feldmarſchallieutenant Grafen

Thun - Hohenſtein , das vierte, mähriſch -ſchleſtiche, unter dem FML. Feſtetics

de Tolna ; das fechste, ungariſche, unter

dem FML. Ramming

von Riedkirchen ; das achte unter dem

FML. Erzherzog Leopold ,

das zehnte unter dem FML. v.

Gablenz , hinreichend bekannt aus dem ſchleswig -Holſteiniſchen Kriege von 1864. – Die

beiden

ſchweren Kavaleriediviſionen

wurden kommandirt vom Prinzen Wilhelm zu Schle 8 wigs Holſtein - Glü #sburg , FML. ,

und

vom

Generalmajor

Karl Zaitſet von Egbell, die beiden leichten vom Fürſten Franz Lichtenſtein , General der Ravallerie und dem Ges neralmajor Prinzen Emerich von Thurn und Taxi 8. Jedes der ſechs Armeekorps zählt auf dem Normaletat an Kombattanten 30,000 M.

mit 80

Geſchüßen ; jede Kavalleries

divifion ſollte etwa 2700 Kombattanten mit 16 Geſchüßen zählen ; die Geſchüßreſerve der Armee 12 Batterieen oder 96 Geſchüße. Dieſe ganze Feldarmee fam demnach nach den Normals etats auf mindeſtens 190,000 M. mit 640 Geſchüßen ; ein weis teres Armeeforps ſollte ſpäter zu ihr ſtoßen , außerdem war verabs redet, daß auch das fächſiſche Armee for p & fich mit der öſterreichiſchen Armee von Böhmen vereinige, ſei es nun , daß dieſe lektere nach Sachſen vorrücke, ſei es, daß die Sachſen fich auf fie zurückzögen. Thatſächlich trai in Folge des raſchen Vorgehens der Preußen der lektere Fall ein. Die Sachſen wurden auf 23,000 M. mit 50 Geſchüßen berechnet; nach ihrer Heranziehung und der jenigen des erwarteten dritten Armee for p 8

fam alſo die

1

155

öſterreichiſche Şauptarmee auf mindeſtens 240,000 M. mit faſt 800 Geſchüßen . An die Spiße dieſer höchſt bedeutenden Armee ward der Feld zeugmeiſter B enede l geſtellt, der populärſte Mann des öſters reichiſchen Heeres, völlig rüſtig, obgleich nunmehr allerdings 62 Jahre alt. Er galt – und zwar nicht mit Unrecht

für einen Mann

des fühnen Draufgehens; er würde angreifen , er würde in Berlin einrücken , - das war ſo ungefähr die Anſicht, welche die öſters reichiſchen Soldaten

nicht bloß ,

welche

auch

die öſterreichiſchen

Bourgeois hatten und welche fie den naiven , tüchtigen , aber in Manchem zurückgebliebenen Völkern des Kaiſerſtaates mittheilten. Wir wiſſen nicht, welchen beſſeren Mann die öſterreichiſche Res X gierung für das Kommando der Nordarmee hätte finden können, als Benedef.

Aber ein Mann allein kann doch unmöglich Alles

beherrſchen ; er muß unterſtüßt ſein ; er muß Kräfte um fich ſehu, auf die er ſich verlaſſen kann . Und an dieſen fehlte es dem öfters reichiſchen Feldherrn.

Die Bildung , das Gefühl der Zuſammens

gehörigkeit, welche in der preußiſchen Heeresdisziplin Wunder thun und den Feldherrn durch die Thätigkeit ſeịner Untergebenen erſeßen, wo

auch der Feldherr gänzlich fehlt, - dieſe Dinge fehlten in

Deſterreich. Kleine Eiferſüchteleien gewannen hier mehr Kraft, als fie in Preußen jemals gewinnen konnten . Nach jeder ſeiner Niederlagen braucht Defterreich einen Süns denbock,

und da der Sündenbock weder in der Dynaſtie noch

im Syſtem , in der Unnatürlichkeit der Zuſammenwürfelung der vers ſchiedenartigſten Völkerſchaften geſucht werden darf – wie fich von Felbft verſteht,

ſo muß dann irgend ein General oder es

müſſen mehrere Generale herhalten .

Benedeľ wurde mit dem höchſten Vertrauen von denjenigen öſterreichiſchen

Völkerſchaften

empfangen ,

welche überhaupt 11 .

noch

156

einen Werth darauf legten, daß ein Kaiſerthum Defterreich beſtehen bleibe.

Man rühmte , daß er der Regierung , dem Miniſterium

Belcredi gegenüber völlig freie Hand gefordert und daß der Kaiſer Franz Joſeph dieſe Forderung zugeſtanden habe. Benedet, ſo ward verfichert, ſollte auf feine Weiſe, wie etwa Graf Giulay im Jahre 1859 von Wien aus beeinflußt werden, er ſollte ſogar ſeine Gehülfen frei wählen können . Allein es zeugt vielleicht nur für die naive Natur des Feld zeugmeiſters Benedek , daß er

eine ſolche Freiheit verlangte und

auf die Bewilligung ſeines Verlangens' einen bedeutenden Werth legte. Wenn er die Hofburg8- und die Heeresverhältniſſe würdigte, fo hätte er fich ſagen müſſen , daß die ihm gewährte völlige Freiheit des

Handelns vielmehr dazu dienen werde, im

Falle des Nichterfolgs ihm die ganze Verantwortlichkeit aufzubürden, als daß fie ihm zum Erfolge verhalf.

Es war doch faſt abſolut unmöglich, augenblicklich die ganze Generalität zu wechſeln und wenn Benedef nicht direkt beeinflußt ward, wer hinderte denn die Beeinfluſſung ſeiner Unterbefehlshaber von Wien her ?

Und wenn Benedets Popularität auch

Armee im Allgemeinen noch ſo groß war ,

ſo fehlte es ihm doch

in den Reihen der höheren Generalität nicht Neidern .

in der

Mit dem hohen Adel Defterreichs

an Gegnern und ftand er in feiner

Verbindung, vor allen Dingen nicht mit dem hohen „ Emigrantens adel ", der eine ſo bedeutende Rolle in

der öſterreichiſchen Armee

ſpielt. Auch das kam in Betracht, daß Benedef Proteſtant ift. Noch weit wichtiger iſt aber die Betrachtung, daß Benedek nicht zugleich Heerführer und Kriegsminiſter

und Finanzminiſter

ſein

fonnte.

Von den beiden leftgenannten blieb er unter allen Umſtänden abs hängig in Allem , was die Organiſation und Ausrüſtung ſeines Veeres betraf, und Kriegsminiſter und Finanzminiſter

ihrerſeits

157

blieben doch wieder von den Finanzen abhängig , deren Zuſtand ein kräftiges Vorgehen wenig geſtattete. Diejenigen, welche nicht gewohnt find , zuerſt jeden Mann, welcher in eine hohe Stellung

eintritt,

mit

unräſonnirtem und

enthuſiaſtiſchem Lobe zu überſchütten, um ihm dann ſpäter, wenn er der erregten Erwartung nicht entſpricht, weil er das einfach nicht fonnte , nie fonnte, mit eben ſo unräſonnirtem Tadel zu begrüßen , fragten von vorn herein , ob Benedek wohl aus freien Stücken Clam -Gallas, Thun Hohenſtein und den Erzherzog Leos pold als Korpskommandanten angenommen oder beibehalten habe, und fie zweifelten daran ; ſie ſahen in der Thatſache nur eben einen Beweis, daß fich die „ volle Freiheit “ des Handelns für den Obers Feldherrn der Nordarmee eben ſehr erheblich durch die gegebenen Verhältniſſe beſchränkte. Anders lauteten die Urtheile über das Verhältniß des Ge . neralſtab 8 chefe , des Freiherrn Alfred von Seniofftein von Seiten der Kundigen. Dieſem Manne iſt es nachher von den Leuten, die vor dem Unglück feinen

Geiſt

und

ſeine Renntniß

nicht

genug

rühmen

konnten , ſogar vorgeworfen worden , daß er jüdiſcher Ab ft a m mung ſei. Das iſt nun gar nicht zu leugnen. Der Groß vater des Freiherrn war der Jude König, welcher mit einem Schub und einem Stiefel und mit einem Sad auf dem Rücken , in welchem er altes Leder ſammelte , zur Zeit des flebenjährigen Krieges

in

Lemberg einwanderte, — don im Jahre 1784 aber erhielt er auch den

öſterreichiſchen Adel , freilich nur eine Zulage zu dem viel

älteren jüdiſchen , den er beſaß, zumal er dem Stamme Lev i an gehörte . Daß Jemand von jüdiſcher Abſtammung iſt, braucht bekanntlich ſeinen geiſtigen Fähigkeiten nicht im Mindeſten zu ſchaden .

Die

X 3

158

Spaßvögel, welche bemerkten, daß der Baron Henickſtein zum Ges neralſtabschef der öſterreichiſchen Armee in Böhmen ernannt wors den ſei, weil es ja nach den Erklärungen des Grafen Men 8 dorff fich bei deren Aufſtellung lediglich um den Schuß der böhs miſchen Juden gehandelt habe,

ſchoſſen auch vorbei.

Denn der

Freiherr von Hen i dſt e in war bereits vor dem Kriege Chef des Generalſtabs der Armee und es war daher ganz natürlich, daß er in derſelben Eigenſchaft zu der Hauptarmee trat , welche Deſterreich

aufſtellte, wenn nicht ganz beſondere Gründe obwals

taten, ihn zu entfernen und einen andern an ſeine Stelle zu ſeßen. Dieſe Gründe wären nun allerdings vorhanden geweſen, aber dies felben hätten ſchon verhindern ſollen , daß Henigſtein überhaupt zum Generalſtabschef der Armee ernannt wurde , und da fie dies nicht vermocht hatten, iſt ſchwer zu begreifen, wie ſie nun plößlich erkannt werden ſollten und wie nun plößlich nach ihnen gehandelt werden ſollte. X Şenifftein iſt nämlich ein ſehr geiſtreicher , wißiger Mann, aber von jenem zerlegenden Geiſt und Wiß , welcher allerdings ſeine Abſtammung verräth , folglich mehr Kritiker und Zerſtörer, als Ordner und Schöpfer , folglich ſo wenig als möglich brauch bar zum Chef des Generalſtabs einer großen Armee, welche zu P O *

ſitiver

Thätigkeit beſtimmt iſt.

Daß Benedef nicht

nach einem andern Generalſtabschef ſuchte, läßt fich abgeſehen von der Herrſchaft, die das einmal Beſtehende über jeden Menſchen übt, noch aus zwei Gründen erklären, nämlich einmal daraus, daß Benedek, ein Mann von ganz entgegengeſeßter Natur, einen Geiſt wie denjenigen Benidſteing gar nicht verſtand und in demſelben deshalb eine Fähigkeit ſah, die ihm nach allen Geſeßen der Natur gar nicht innewohnen fonnte.

Dieſe beiden Männer begegneten

fich eigentlich in keinem Punkte und deshalb ſchäßten fie

ein

159 ander . Sie verſtanden einander nicht im Mindeſten. Zweitens hat aber Henidſtein die Gabe geiſtreicher Schmeichelei und der Felds zeugmeiſter Benedef iſt der Sdhmeichelei durchaus nicht unzugängs lich, wie man das bei einer Menge von ſehr tüchtigen poſitiven, aber darum eben zu naiven Menſchen antrifft. Der General Sriømanich , Generalquartiermeiſter, von Benedef ſelbſt offenbar nur

nach alten freundlichen Erinnerungen

berufen , iſt ein bequemer Mann, ein türkiſcher Paſcha, dem Poſten , für welchen er beſtimmt ward, vollkommen gewachſen , wenn es fich um kleinere Verhältniſſe gehandelt hätte , nicht in einem Uygen blick, in welchem es ſich für Deſterreich um Sein oder Nicht fein handelte. Man darf ſich nicht verhehlen, daß von Öſterreichiſcher Seite der Gegner, mit welchem es Deſterreich zu thun hatte, weit unters fch äßt ward, - und aus dieſem Umſtande wird ſich im Verlauf der Dinge viel mehr erflären , als aus Zündnadelgewehren und anderem Aehnlichen. Die öſterreichiſche Preſſe behandelte die Preußen in einer Art, wie man das faum jemals erlebt hat. Ein ſehr entſchiedener Gegner Deſterreichs ſagte uns kurz vor dem gegenwärtigen Kriege : „ Woher ſtammt eigentlich der Ruf der öſterreichiſchen Armee ?

Von den Franzoſen !

Wenn die einen

Feind geſchlagen haben, erheben fie ihn ſtets in den Himmel ! " Uns ſcheint dieſes Syſtem der Franzoſen nicht eben ein dummes zu ſein .

Wir möchten noch hinzufügen, daß die Franzoſen dieſem

Syſteme auch in anderer Art getreu blieben .

Schon Napoleon I

hat ihnen das Beiſpiel gegeben, auch vor dem Kriege einen Feind, mit welchem man es wahrſcheinlich wird zu thun bekommen , nie zu verachten.

Im Gegentheil , er ſchraubte den wahrſcheinlich zu

bekämpfenden Feind ſtets im Voraus in die Höhe. Die Ehre wuchs dann mit dem errungenen Siege ; die etwaige Niederlage konnte

160

teinenfalls als eine ſchimpfliche erſcheinen. Der Lehre Napoleons I find die neueren Franzoſen mit großer Gewiſſenhaftigkeit und mit der Hochherzigkeit gefolgt, welche das Produkt jener vollkommeneren Bildung iſt, die aus Geiſt und Herz zuſammen ſtammt. Wie

ganz

entgegengeſegt war das Verhalten

reichiſchen Preiſe !

der öſters

Sie bediente fich über das preußiſche

Heer und über das preußiſche Volt der wegwerfendſten Ausdrüde ; fie erweckte dadurch in den öſterreichiſchen Völkern die Präſumtion fortwährender, unfehlbarer Siege, fte ſtimmte das Heer ſelbſt falſch, biegu dem Grade , daß in den untern Kreiſen des Heeres jeder Gedanke an die allernöthigſte Achtung vor dem Feinde, welche zum Siege führen kann, vernachläffigt ward. Man ſprach in der Preſſe Deſterreichs von den Preußen nicht anders , als von „ Schneiders geſellen“, man vergaß gänzlich, daß es in Preußen ein Volk giebt, welches ſchließlich im Heere vertreten iſt, einheitlicher als ein ſolches in Deſterreich exiſtirt, ein Volk, welches bis auf den legten Mann gegenüber ſolchen Angriffen

ſeine

überwiegende Kraft würde

beweiſen wollen, wie ſehr es theilweiſe dem herrſchenden politiſchen Syſtem der preußiſchen Regierung feindlich ſein mochte.

Von der

Eriſtenz eines ſolchen norddeutſchen Vulfes hatten eben

die öſters

reichiſchen Preßorgane feine Idee. Mochte man immerhin über den Ausſpruch jenes alten franzöfiſchen Schriftſtellers lächeln , daß die Mark Brandenburg die Heimath der großen Generale iſt, daß die Mark Brandenburg die Heimath tüchtiger Soldaten iſt, durfte doc Niemand beſtreiten . Und um dieſe Marf Brandens burg gruppirten ſich nun doch ſo viele andere Provinzen, die von uralters her durch ihre Männer friegsberühmt ſind, wie es ſonſt kaum Länder auf der Erde giebt. Der öſterreichiſche Kriegsplan mußte ein Angriffs plan ſein. Das hatte ſich doch von, Woche zu Woche, von Tag zu Tag

161

mehr feſtgeſtellt, daß es fich um die Frage handle, ob Deſterreich oder Preußen fortan in Deutſchland Herrſchen ſolle.

Wie konnte

aber Preußen ſeine Herrſchaft in Deutſchland aufgeben, ohne vernichtet zu

werden ?

De ſterreich konnte es ohne

Vernichtung, Preußen nicht. Auf die Vernichtung Preußens mußte alſo Deſterreich ausgehn , anerkennen.

wollte es

das Recht Preußens nicht

Dieſe war aber nur durch den Angriffskrieg zu ers

reichen . In der That verkündete auch die Wiener Preſſe tagtäglich den Siegesmarſch Benedek s nach Berlin ,

welches den Kroaten

zur Plünderung überlaſſen und dem Erdboden gleichgemacht werden ſolte. Der Generalſtab der öſterreichiſchen Nordarmee verhielt ſich freilich viel beſcheidner , als der Generalſtab der geiſtlichen und weltlichen Preſſe, aber der natürlichen Forderung konnte er fich doch nicht entziehen .

Proklamationen wurden gedruckt, welche

in Preußen verbreitet werden ſollten, ſobald die öſterreichiſche Armee den preußiſchen Boden betreten haben würde. Die Hauptmaſſe der Armee wurde vorwärts der böhmiſchen Baſirungsbahn an den weſts lichen Querverbindungen auf Dresden und Löbau , zwiſchen Thereſienſtadt, Prag , Joſephſtadt und Þardus biß vereinigt ; alſo an den fürzeſten Linien auf Berlin. dieſer Aufſtellung lag

In

der offenfidgedanke der Deſterreicher aus :

geſprochen. Hätten fie fich defenſiv verhalten wollen , ſo wäre es am natürlichſten geweſen, daß ſie ſich zur direkten Deckung der kürzeſten Linie auf Wien , alſo von Neiſſe auf Prerau , d . h . zwiſchen Brün'n und 011mü ß ſammelten. Sekundäre

Rückſichten

ſtimmten ebenſo

wohl für die

Offenſive als die Hauptrüdſicht. Der ganze Partikularismus Süd deutſchlands ſuchte ſeine natürliche Stüße in Deſterreich.

Defter.

reich mußte ſich militäriſch als Stüße e r weiſen ; dies geſchah

162

zunächſt,

wenn es Sachſen von den Preußen ,

die es übers

ſchwemmten , „ befreite" ; Deſterreich hatte ein dringendes Bedürf niß , mit ſeinen ſüddeutſchen Verbündeten in militäriſcher Verbin dung zu bleiben , mit Baiern und den Landen des 8. Armeeforps des deutſchen Bundes , die unter dem Eindruck der Ereigniſſe fich mehrten. Auch hiedurch ward die öſterreichiſche Nordarmee auf die weſtlichen Querverbindungen zwiſchen

den gegneriſchen Bas

firungsbahnen hingewieſen . Im Großen ſtellte ſich die Operation der öſterreichiſchen Nordarmee , der B aiern und der übrigen Süddeutſchen ſo dar, daß eine große Rechtsſch w enfung mit beweglichem rechtem Flügel ausgeführt ward. Die öſterreichiſche Hauptarmee ging dabei über Dresden und Görliß auf Berlin und gegen den rechten Flügel der in Schleſien konzentrirten preußiſchen Hauptarmee vor ; gleich zeitig

drangen

die

Baiern

mit

beſchleunigtem Schritt

Lichtenfels in die thüringiſchen Staaten ein, „ bundestreue Meiningen “

über

„ befreiten“ das

und die gleichfalls „ bundestreue ältere

Linie Reuß " . Mit noch mehr beſchleunigtem Schritt ging das achte Bundes forps , die eigentliche Reichsarmee,

nachdem

fie

fich

zwiſchen Frankfurt und Hanau konzentrirt hatte , zur „ Befreiung “ Kurheſſens vor. Von Norden her famen den Baiern und der Reichs armee die Hannoveraner zu Qülfe. Daß die Batern und die Reichsarmee, vorausgeſeßt es wären ſonſt alle Verhältniſſe gleich geweſen, wirklich den Schritt beſchleu nigen konnten , wie es dem ſchwenkenden Flügel zukommt, daran durfte niemand zweifeln.

Denn die ganze preußiſche Hauptarmee

mußte eben Benedef mit der öſterreichiſch-böhmiſchen Armee im Königreich Sachſen und in Schleſten auf ſich nehmen und da die Preußen ihm gegenüber faſt ihre ganze gerade ſchon organifirte

163

Kraft entfaltet hatten, ſo hatte er jedenfalls feinen leichten Stand, wie ſehr er die Baiern ,

Preußen

unterſchäßen mochte ,

Hannoveraner

und

dagegen

hatten

Reich & armee

aller

menſchlichen Berechnung nach allerdings einen leichten Stand , der ſehr wohl die Beſchleunigung des Schrittes erlaubte, gegenüber den allerhöchſtens 60,000 M., die ihnen Preußen hier im freien Felde zunächſt nur entgegenſtellen konnte. Nach den mittleren Rechnungen, ganz abgeſehen von den großartigen unbeſcheidenen mußten fie den 60,000 Preußen gegen 150,000 M. , eine erdrückende Uebermacht entgegenſtellen können. Die öſterreichiſchen und Reichsheere fonzentrirten ſich dann naturgemäß auf Berlin. Die Richtung , welche den Kräften gegeben wird, thut es nicht allein , die Kräfte dürfen überhaupt nicht

fehlen und

außerdem kommt es darauf an , ſie in der rechten Zeit zu benußen. Die große Maſſe der Menſchen hatte den ganz richtigen ſtinkt, daß Benedek ſchnell angreifen müſſe.

In

Als nun die Preußen

ſchon ihre Qperationen in Sachſen , Hannover und Kur , heſſen begonnen hatten und Benedek nichts that, machte fich in einem großen Theil der Defterreich geneigten Preſſe eine erhebliche Ungeduld bemerkbar , die um ſo erklärlicher war, da Oeſterreichs Finanzen jede Stunde überflüſſigen Stehens des Heeres auf dem Kriegsfuß verboten. Die öffiziöſe Preſſe, auch die militäriſche, wies

auf

einen

dunkeln

aber

ganz

unfehlbaren

Krieg 8 plan Benedet's hin , der freilich eben ,

weil er

unfehlbar ſei , nicht ſo leicht durchſchaut werden könne , deſſen für die Preußen erſchredliche Folgen man aber ſeiner Zeit ſchon ers fennen werde. In der That , wie fich wohl von ſelbft verſteht, war der

164

undurchſchaubare Kriegøplan Benedet’s nicht der Grund

feiner

Zögerung , fondern dieſelbe entſprang daher, daß wiederum noch nicht 8 völlig

fertig

vorbereitet war

tro

der langen Zeit, welche die Rüftung nun ſchon dauerte. Abgeſehen davon, daß der wirkliche Stand der Armeekorps hinter demjenigen, welchen fte nach den Normaletats haben ſollten, noch um Bieles zurückblieb , fehlte es auch noch an den nöthigen Trains , an den erforderlichen Magazinen , hauptſächlich weil es an gutem Gelde fehlte. Sah es in dieſer Hinficht ſchon bei der öſterreichiſchen Armee übel genug aus, ſo noch übler bei den Truppen der öfters reichiſchen Verbündeten , Baierns und namentlich des acten

Bundesarmeefor p 8.

der Länder

Die sturheiſen ,

die Naſſauer , welche fich mit einer abſolut mangelhaften Auss rüſtung an die Mainlinie zurückzogen , wurden eher ein Element der Schwäche, als daß ſie die Kraft des achten Bundesforps er höht hätten. Baden , zwiſchen die Hauptſächlichen deutſchen Vers bündeten Deſterreichs eingeklemmt , war zwar gezwungen worden, fich gleichfalls gegen Preußen zu erklären und gegen dieſeß aufzuſtellen.

ſeine Felddivifton

Aber die badiſche Regierung , wie man

fich leicht denken kann , war bei dieſer Şaltung nicht von Herzen betheiligt und auch das Volf war zum größten Theile nicht für Deſterreich eingenommen .

Möglicher Weiſe hätte Baden fich der

Mitwirkung bei der ſüddeutſchen Truppenaufſtellung an der Main linie entziehen können , indem es das Recht für fich in Anſpruch nahm , ſeine Kräfte für die Bereßung

der Rheinlinie

gegen eine auswärtige Einmiſchung intact zu erhalten ; ihre Schwierigkeiten hatte jedenfalls auch

indeſſen

eine ſolche Erklärung

Badens, wenn ſie öffentlich abgegeben werden mußte. Erwägt man

die Zuſammenwürfelung

des

achten Bundess

armeekorps, die natürliche Schwäche der Truppenforp8 aller fleinen

165

Staaten, welche ſelbſtſtändig feinen Krieg führen fönnen und dieſes feineswegs erhebende Bewußtſein ſtets mit fich umhers tragen,

den Mangel an materiellen Mitteln bei ihnen , ſo

wird es leicht zu begreifen, daß hier Alles ſehr langſam von Statten ging und dies würde kaum anders geweſen ſein, wenn auch ein talentvollerer Führer als der Prinz Alexander von Beſſen, der freilich unter der Mittelſorte zurückbleibt, an die Spiße des achten Armeekorps geſtellt worden wäre. Die Beobachtung

des mühſeligen

Ganges

Main ließ nun die öſterreichiſche

der Dinge

am

Regierung einen

Gedanken wieder aufnehmen , der eine Zeit lang, da ſte fich Beſſeres verſprachy, aufgegeben geweſen war, nämlich den , 15,000 Deſters reicher am Main zuſammenzuziehn, welche den Bundestruppen als Kern dienen ſollten . Dieſe 15,000 Mann fehlten dann, da ſie bes greiflicher Weiſe nicht an zwei Orten zugleich ſein konnten , in Böhmen, wo ſte doch keineswegs überflüſſig geweſen wären. Nun ſollten dieſe Truppen erſt bei der böhmiſchen Armee wieder erſetzt werden ; es waren, wie es immer iſt, wo verbündete Heere auftreten , viele Abreden nöthig, nicht blos mit dem Prinzen Karl von Baiern und dem Prinzen

ulerander von

Þeſſen , ſondern auch mit den einzelnen Regierungen. Kurz das Reſultat war : Benedet fonnte zu der Zeit , wo er eg vernünftiger Weiſe gejollt hätte, die Offenſive nicht ergreifen. Daran trug nicht er die Schuld , die Schuld fiel ledig lich auf die öfterreichiſche Diplomatie, auf die Regierung,

das ſo

gewaltig auspoſaunte Miniſterium Belcredi , welches das Uns mögliche leiſten ſollte und leiſten zu können erklärt hatte , dieſes Miniſterium der neuen Lera der Freiheit ohne Freiheit, der Ver waltung ohne Verwaltung, der Einheit ohne Einheit. Es unterliegt feinem Zweifel, daß Deſterreich Zeit gewinnen

!

166

tonnte, wenn es nicht allzufrech bei ſeinem Bundestag gegen Preußen vorging, wenn es dieſes nicht in den Krieg, vorzeitig für Defterreich , hineintrieb. Wunderbare Dinge ! zu Wien rechnete man auf München und Stuttgart , zu München und Stuttgart auf Wien. Ueberad tauchten Hunderttauſende von Soldaten a uf dem Papier auf ,

und obgleich jeder

von den Verbündeten hätte wiſſen ſollen , was er wirklich bes ſaß, glaubte doch Jeder , daß der Andere in Wirklichkeit habe, was er ſelbſt ficher nur auf dem Papier hatte. Ein wüthender Haß gegen Preußen verblendete Alle,

und

zwar auf die übelſte von allen Weiſen ; er ließ dieje Leute Preußen X

verachten.

Nach her mußte

Alles gethan haben .

das Zündnadelgeweber

Weil dies eben ſo wenig wahr iſt , als daß

die preußiſche Reorganiſation des Heeres vom Jahre 1860 die preußiſchen Siege herbeigeführt hat , iſt es vorerſt uns geboten , bei jeder einzelnen Gelegenheit auf die wahren Verhältniſſe auf merkſam zu machen , welche Preußen zum Siege führten.

Man

wird ſchließlich unſerer Meinung beiſtimmen, daß der überraſchend ſchnelle und glänzende Sieg der Preußen, welcher Alles überſtrahlt, was in dieſem ganzen Jahrhundert in den Kriegen vorgekommen iſt, mehr noch als auf anderen auf der Unnatürlichkeit der öſters reichiſchen Zuſtände und

der

Zuſtände

des

deutſchen

Bundes beruht, welche fich, je weiter die Entwidlung der gegen wärtigen Geſchichtsperiode fortſchritt, immer ſchärfer als unhaltbar herausſtellen mußten .

2. Abſichten und Pläne der Preußen . Die urſprüngliche preußiſche Stellung in Schleſien und der Marf , theilweis in der Provinz Sachſen war weſentlich auf die Defenſive berechnet.

Man hatte die Abſicht, abzus

167

warten , die Stellungen waren mit beſonderer Rückſicht auf die bequeme Verpflegung der Truppen und auf die Möglichkeit ihrer ſchnellen konzentrirung genommen . Der Bundesbeſchluß vom

14. Juni forderte Preußen

auf,

zuzugreifen und gab ihm, wenn es gerne zugreifen wollte , den flaren Anlaß dazu ; das Verhalten Deſterreichs zu jenem Bundes beſchluß war einer Kriegserklärung gegen Preußen zu achten .

Indem

die preußiſche Regierung

völlig gleich

einzelne Korps

in

Hannover, Kurheſſen und Sachſen einrücken ließ , mußte fte 3 u gleich auf Defterreich Bedacht nehmen . Es handelte ſich nun darum , ob die preußiſchen Heere den Angriff der Oeſterreicher in Sachſen und Schleften erwarten , oder ob fie ſelbſt die Offenſive ergreifen ſollten. Nachdem die politiſchen Gründe für die vorläufige Bewahrung der Defen five oder der abwartenden Stellung verſchwunden waren , handelte es fich

weſentlich um die Entſcheidung der Frage , was milis

täriſch das vortheilhaftere ſei. Das preußiſche Oberkommando entſchied ſich für die Offens five. Die Gründe, welche dazu beſtimmten , mögen

wir in fol

genden Ueberlegungen ſuchen : 1 ) die Herausforderung Oeſterreichs

iſt

ſon- x

nenflar und durch die Art, wie ſie angebracht worden iſt, hat das Gefühl derſelben das ganze p r e u Biſche

Voll mit Auss

nahme weniger unverbeſſerlicher Leute ergriffen , folglid die Armee.

a uch

Jeder Soldat wird jeßt den Deſterreichern bes

weiſen wollen, daß ſte zu ſolcher Herausforderung kein Recht hatten. Man muß dieſes Aufflammen des perſönlichen Zornes jedes eins zelnen Mannes benußen und draufgeh n. Die Erinnerungen an die Ariege Friedrichs

des

fie werden ihre Schuldigkeit thun.

Großen liegen nahe und

e

168 2) Nach den genauen Nachrichten , welche vorliegen

das

preußiſche Hauptquartier hatte in der That den Kundſchafterdienſt vortrefflich organiſirt, während bei den Deſterreichern gerade

das

Gegentheil der Fall war, – iſt die öſterreichiſche Armee noch nicht mit ihren Vorfehrungen fertig . Wes halb ſollte man ihr die Zeit laſſen, damit fertig zu werden ? 3) Warum ſollte

man

vor

allen

Dingen

den

Reich 85

truppen , dem 7. und 8. Armeekorps des ehemaligen deutſchen Bundes die Zeit laſſen , fich zu organiſiren und zu konſolidiren ? Mit der Zeit fonnte es ja doch zu einer gewiſſen Feſti gung dieſer Truppen kommen, deren Stoff wahrhaftig nicht ſchlecht war. Preußen hatte fich aber , um fich nicht in eine ſchlechte Pos ſition zu bringen , veranlaßt geſehn ,

faſt alles , was es in

erſter Linie hatte, an der Elbe und oder zu konzentriren. Nur geringe Streitkräfte hatte es in den Weſers und Rheingegenden laſſen fönnen .

Dieſe mochten völlig genügen, die Prinzen Karl

von Baiern und Alexander von Heſſen

in Schach

zu halten, ſo lange dieſelben noch mit den erſten Nothwendigkeiten der Organiſation zu thun hatten . Aber würde das auf die Dauer ſo bleiben ? Und wenn es nicht ſo blieb, würde dann nicht durch die Ereigniſſe auf dem nordweſtlichen Operationstheater ein nach . theiliger Einfluß auf diejenigen des nordöſtlichen in der Möglich feit liegen, ſogar wahrſcheinlich ſein ? Es gilt alſo hier die Maxime in Anwendung zu bringen ,

in der

Zeit nach ein ander

a uf verſchiedenen Punkten die größtmöglichen Erfolge

durd

größtmögliche

von Kräften zu erreichen .

Konzentrirung

War Deſterreich zurücks

gedrängt, ſo konnte ſelbſt ein einzelner Rüdſchlag auf dem nord weſtlichen Operationstheater nicht mehr viel ſchaden . 4)

Die

widerſtandsloſe

Belegung

Sachſen $

durch

die

169

preußiſche Elbarmee und einen Theil der Armee des Prinzen Friedrich Karl gab dem preußiſchen Heere eine umfaſſende Bafis , welche für den Angriff vortrefflich zu benußen war. 5) Die preußiſche Armee in ihrem gegenwärtigen Beſtande war jung ; ein verhältniſmäßig kleiner Theil ihrer Offiziere fannte den Krieg aus Erfahrung, ſelbſt bis in die höhern Grade hinauf, und Alle brannten danad), der Welt zu zeigen, daß die Erfahrung nicht abſolut nöthig ſei, um Truppen

fühn und geſdrickt auf dem

Schlachtfelde zu führen, wenn nur die Alten ihre Sachen verſtan . den, nicht unnüß opferten und koſtbares Blut nur an der guten und redyten Stelle ausgaben.

Da ſtand es ſicher und ohne allen

Zweifel zu ihren Dienſten . Ein gewaltiger Theil der Vortheile , deren ſich die Preußen X erfreuten , lag

wer wollte das verkennen ?

in der allges

meinen Bildung des Volfes , welche das Ehrgefühl bis in die unterſten Schichten hinab ſchärft, die Fläche, auf welcher es auftreten kann, verbreitert und es überhaupt erſt den Leitern mögs lid macht, an das Nationalgefühl und an hiſtoriſche Erinnerungen

mit

Erfolg

z11 ap pellire n .

Der Angriff war alſo beſchloſſene Sache.

Der König Wils

þeim ſelbſt, obwohl er noch in Berlin verweilte, wollte den Obers befehl der gegen Böhmen vereinigten Heere übernehmen. Der Kriegsa miniſter

General

v.

Roon ,

der Generalſtabschef der

Armee

General v . Multfe , der Miniſterpräſident Graf Biomark , Major im 7. ſchweren Landwehrreiterregiment, ſollten ihn auf den Kriegsſchauplaß begleiten .

Vorerſt fam es darauf an , die Armeen zn vereinigen , und zwar follten von der Elbarmee unter dem General $ erwarth von Bittenfeld drei Diviſionen, nämlid , das 8. Armeeforps und die vierzehnte Diviſion Küflow , d. Krieg . 1866.

(vom

7. Rorps ) in Aktion 12

treten,

170 bald

während das Reſerveforps

erſtes Reſerveforps ges

nannt - unter dem General v . d . Mü l be zur Beſeßung Sachs ſens zurückbliebe. Der aktive Theil der Armee des Generals Hers warth ſollte zunächſt über Rumburg in Böhmen einbrechen, dann

über

Hünnerwaſſer auf Münchengräß

an die

Iſer ziehn und den äußerſten rechten Flügel des Heeres bilden. Dem

Zentrum oder der

Armee

des

Þrinzen

Friedrich

Karl , nämlich dem 2., 3. und 4. Rorps und einem Reſerves favallerieforps unter dem Prinzen Albrecht von Preußen ward der Weg von Görliß und Löbau über Reichenberg auf Turnau angewieſen . – Von der Armee des fronprinzen ſtand das erſte Armeeforps am 20. Juni bei Landshut , das Gardekorps zum Nachrücken bereit bei Brieg , das fünfte Korps ſtanden bei Neiſſe.

das ſechste und

Dieſe Armee ſollte in

3we i þauptkolonnen , die eine von Landshut über Liebau und Trautenau , die andere über Glaß , Reinerz und

N a chod nach Böhmen und zunächſt an die obere Elbe

nach Arnau und Königinhof vorrüden. Waren dieſe Bewegungen ausgeführt, ſo ſtanden die Preußen erſtens ſüdlich der Gebirge und zweitens auf einer Front, die von der fler bei Münchengräß bis Königinhof an der Elbe nur etwa ſieben Meilen lang war.

Die ganze Armee war dann leicht im

Stande zuſammenzuwirken ; jeder ihrer Theile konnte binnen für: zeſter Friſt, falls ſich die Deſterreicher auf ihn warfen, von dem andern unterſtüßt werden . Jedes vollzählige preußiſche Infanteriekorps (Armeekorps) föns nen wir nach dem früherhin Erörterten

für den vorliegenden Fall

auf ungefähr 28,000 M. Infanterie und Ravallerie und 96 Ges ſchüße anſchlagen , wobei wir indeffen das Reſervekavallerieforps der Armee des Prinzen Friedrich Karl nicht beſonders berechnen .

171

Wir erhalten denn für die acht vollen Armeeforps nach den Nors malzahlen etwa 224,000 M. mit 768 Geſchüßen, und zählen wir dazit noch die abgeſonderte Diviſion des 7. Korps bei der Elb armee des Generals Herwarth (mit 12,000 M. und 24 Geſchüßen ), ſo kommt das ganze Hauptheer, welches König Wilhelm dem Feldzeugmeiſter Benedef entgegenführen wollte, auf 236,000 M. mit 792 Geſchüßen .

Für Benedeks Armee, einſchließlich des fäch

fiſchen Korps rechneten wir 240,000 M. mit faſt 800 Geſchüßen heraus . Hienach wären die Oeſterreicher ſtärker geweſen , als die Preußen . Ader Wahrſcheinlichkeit nach hat eher das entgegengeſepte Verhält niß ſtattgefunden , da bei den Preußen nach der ganzen Organis ſation ein geringerer Abgang an Combattanten für Nebendienſte, durch Krankheiten u. f. w . ſchon vor dem Eintritt in die Aktion anzunehmen iſt. Indeſſen als ſehr bedeutend darf die Differenz zu Gunſten der Preußen auf keinen Fall angeſchlagen werden. Die Operation der Vereinigung der Armeen hatte immerhin ihre

Schwierigkeiten ;

denn

von

Rumburg

Glagerland , wo man fich unmittelbar beim

bis

Lewin

im

Einbruch in Böhmen

den rechten und den linken Flügel denken muß , beträgt die Ent fernung faſt zwanzig Meilen , alſo für große Truppenmaſſen zehn Tagemärſche. Außerdem mußte

nach

dem

Plane der linke

Armee des fronprinzen gerade über

die

Flügel ,

die

ſchwierigſten

Cheile des Rieſengebirges vorbrechen . Sie hatte dafür freilich den kürzeren Weg bis in die Stellungen an der oberen Elbe , aus denen die Verbindung mit den Armeen des Prinzen Friedrich Karl und des General: Herwarth , wenn dieſe an der Iſer angelangt waren , unmittelbar bewerfftelligt werden

konnte.

Von

Liebau bis Arnau find faum vier Meilen, von Schlane y 12 *

172

an der Glaßer Grenze bei Nachod bis Königinhof iſt es auch nicht weiter. Dagegen haben wir von der fächfiſchen Grenze bei Rum burg über böhmiſd Leippa und Künnerwaffer bis München : gräß

faſt

neun Meilen

und

von

der ſächſiſchen Grenze bei

Oftriß und Seidenberg über Reichenberg bis Turn a u etwa fieben Meilen. Mit Rüdricht auf dieſe Verhältniſſe ward beſtimmt, daß der Prinz Friedrich Karl und der General $ erwarth ihren Einbruch in Böhmen drei Tage früher als die Armee des Krons prinzen beginnen ſollten. Sie ſollten in ſolcher Weiſe die Aufmerks ſamkeit Benedefs

auf fich ziehen und dadurch dem Arons

prinzen das Vorbrechen aus dem Glaßergebirge erleichtern. Andererſeits wollte der Kronprinz, da er mehrere Tage Vor ſprung in der Zeit hatte , auf ſeinem äußerſten linken Flügel eine ähnliche Demonſtration ausführen .

Er verlegte zu dem Ende am

21. Juni ſein Hauptquartier nach Ottmaca u und ließ am 22. die beiden Diviſionen des 6. Armeekorps, die 12. und 11., über Z uđmantel und Weidenau in öſterreichiſch Schleſien einrüden .

Gleichzeitig mußten

alle übrigen Korps

der zweiten

Armee recht 8 abmarſchiren , um die ihnen für den Einbruch in Böhmen angewieſenen Wege einzuſchlagen , nämlich das fünfte Korp 8 von Neiſſe auf Glaß , um von da nach Reinerz, Lewin und Nachod zu ziehn. Das Gardeforp 8 rückte von Brieg nach Münſterberg, von dort nach Frankenſtein , von wo es über Wüns ichelburg und Braunau einbrechen ſollte. konzentrirte ſich bei land 8 h ut.

In

Das erſte

Korp 8

allen Richtungen behielten

dieſe Korpå der Erleichterung ihrer Verpflegung halber ſo viel als möglich die Eiſenbahnenden hinter fich, welche die große ſchleſiſche Verkehrsader gegen das Rieſengebirge ausſtreckt.

Es ward mög

lichſt verbreitet, die Diviſtonen des ſechsten Korps ſeien die Avants

173 garden der Hauptarmee. Die Demonſtration ward nicht weit forts geſeßt; vielmehr ward alsbald das ſe cp 8 te Korps durch Rechts abmarſch dem fünften nachgezogen.

Alem Anſchein nach hat dieſe

Demonſtration auch auf die Deſterreicher gar keinen Einfluß ges äußert. Wir brauchen deshalb mit ihrem Thatſächlichen uns nicht weiter zu beſchäftigen.

Aber eine kurze Beſprechung

verdient file,

weil fie ſehr gut berechnet war, und daß fie nicht wirfte, lediglich an Umſtänden lag , die man nicht vorauszuſehen vermochte.

Dieſe

Demonſtration ward nämlich gerade auf der Linie unternommen, auf welcher die Preußen ihren Angriff hätten führen müſſen, wenn die Defterreicher nur Defenſivgedanken , nur die Dedung Wiens im Auge gehabt hätten ; ſie führte dann

auf den Eiſens

bahnknotenpunkt Þrerau , entweder auf das Zentrum oder auch auf die rechte Flanfe der öſterreichiſchen Armee.

Unter allen Ums

ſtänden war ſte ganz geeignet, die Aufmerkſamkeit der Deſterreicher, wenn dieſe weiter weſtlich ſtanden , auf fich zu lenken und ein Auss breiten derſelben nach Dſten zu veranlaſſen , welches den Durchs bruch aus dem Weſten der Grafſchaft Glaß erleichtern mußte. Sie maskirte ferner den Rechtsabmarſch der zweiten Armee. Wie es uns vorkommt, hielten die Preußen übrigens einen Angriff der öſterreis chiſchen Hauptarmee in der Richtung auf Neiſſe nicht für uns wahrſcheinlich und wollten dieſem etwas

in den Weg werfen, ſo

lange ſte ſelbſt noch nicht zum Angriff in den von ihnen gewählten Richtungen bereit wären. Zu jener Vorausſeßung war nun freilich nach den allgemeinen Daten, welche vorlagen, und ſogar nach den ſpeziellen Daten welche zu jener Zeit ſchon in weiteren Kreiſen als denen der Heerführung bekannt waren, fein Grund vorhanden ; wir glanben ſo ziemlich nachgewieſen zu haben, daß Benedet , wenn er rechtzeitig zum Angriff gerüſtet war, den Weg durch das König reich Sachen einſchlagen mußte und es auch aller menſchlichen

174

Berechnung nach

wenn man nämlich nicht zugeben will, daß

das öfterreichiſche Hauptquartier vorausſah, das öfterreichiſche Heer würde auf allen Schlachtfeldern geſchlagen werden, - durfte . In ſeinem Sinne mochte das Vorſtoßen des

ſe dy 8ten preußiſchen

Korps mehr wirken, wenn es weiter fortgeſeßt ward, als geſchah. So wie aber die Dinge fich geſtalteten, that es auch ohne dies den Dienft, der ihm zu thun allein blieb. Zur Deckung Oberſchlejiens gegen etwaige Beunruhi gungen durch die Oeſterreicher aus Krafau und Mähren wurden zwei kleine beſondere Detachements aufgeſtellt. Das eine unter dem General Grafen

Stollberg beſtand aus Landwehren und

Freiwilligen und zählte 6 Bataillone, 2 Reiterregimenter, 2 Jägers kompagnieen und eine Batterie . Es nahm ſeine þauptſtellung gegen My $ 10 w iß und Oswiecim bei Nicolai in der Gegend, wo die oberſchleftſchen Bahnen von Oppeln ,

Roſel und Ratibor

fich gegen die polniſche und weſtgaliziſche Grenze hin vereinigen ; das andere ſchwächere Detachement aus Linientruppen von der 12. Diviſion unter General v. Knobelsdorf ſtand gegen Oderberg bei Ratibor. Nachdem wir nun in allgemeiner Ueberſicht die Pläne und Anſtalten des preußiſchen Heeres aufgezeigt haben , fönnen wir in die Action ſelbſt eintreten . Wir beginnen mit den Operationen des Generals Herwarth Friedrich

von

Bittenfeld und des Prinzen

Karl .

3. Vormarſch der Elbarmee und der erften Armee an die Iſerlinie.

Gefechte von Liebenau, podol und Hünnerwaſſer.

Die Eibarmee des Generale Herwarth

überſchritt das

Gebirge mit der Þauptmacht bei Rumburg, mit einem Des

9

175

tachement

bei

Gabel ,

Leippa auf Nieme8 und von

da

und

rüdte

über Hayde und Böhmiſch

ünnerwaſſer vor.

auf München gräß

Sie konnte

oder Jung - Bunzlau fich

wenden, je nachdem es die Stellungen und Bewegungen des Feina des gebieten würden. Von der Armee des Prinzen Friedrich Karl ging das vierte Armeekorps an der Eiſenbahn über Zittau auf Reis chenberg vor ; das dritte Armeekorps weiter links von Gör li ß über Seidenberg über Schy ö n wald

einerſeits , Neu

ftadtl andererſeits , das zweite Armeeforps machte die Reſerve und folgte dem vierten . An der sierlinie ſtand von Deſterreichiſcher Seite das erfte Korps – Glam Galla 8 - mit den Hauptpoſten bei Münchengräß und Jung - Bunzlau.

Es war verſtärkt

einestheils durch die aus Holſtein ſeit Anfangs Juni zurückgezogene Beſaßungsbrigade, deren Chef, der General Ralik frank in Altona hatte zurüdbleiben müſſen und dort demnächſt auch ſtarb, — anderers ſeits durch das geſammte ſächſiſche

Arme e for p $ , welches

Anfangs auf unverantwortliche Weiſe durch Ordres und

Contres

ordres zwiſchen dem Elblauf in Böhmen und der Grenze des Kö nigreichs Sachſen umhergejagt worden war. Die ganze kleine Armee des Grafen Ciam Galla 8 fann man nach den Normaletats auf 60,000 M. anſchlagen. Preußiſcher Seits

ftanden ihr 120,000 M. gegenüber .

Clam Gallas konnte

alſo keine andere Aufgabe haben, als diejenige, dem Prinzen Fried rich Karl und dem General Herwarth möglichſten Aufenthalt zu bereiten. Dazu war er in der That ſtark genug. Aber man weiß, daß ſolcher Aufenthalt nicht bereitet werden kann, dadurch , daß man in einer Stellung feſthalten will, ſondern durch fühne Offens fivſtöße mit möglichſt verſammelter Macht einerſeits , durch ſo oft

176

als möglich wiederholtes Stellung nehmen andererſeits , ohne daß man ſich in ernſte Geſechte zu tief einlaſſe. alſo den Preußen

ſo

bald

als

Clai Gallas mußte

möglich

entgegenzutreten

ſuchen ; durch die oberen Läufe der Elbe und Iſer mit ihren zahl: reichen Uebergängen war er hinreichend gegen die Gefahr geſchüßt, daß er von der Hauptarmee Benedets getrennt oder gar bleibend abgeſchnitten werde , wenn er ſich auch einige Tugmärſche weſtlich und nördlich der Iſer vorwagte . Indeſſen Clam Gallas nahin an

der Iſer , Stellung “,

gerade als ob er dieſe Flußlinie ernſtlich vertheidigen wolle.

Er

vertheilte an ihr ſeine Truppen und ſchob vorwärts den Preußen entgegen nur ſchwache Detachements von Kavallerie und Jägern. Zunächſt fam

es alſo nur zu Reitergefechten zwiſchen den Spigen

der beiden Heere. Am 24. Juni beſeßte die Spiße der Armee des Prinzen Friedridi Karl , ohne noch auf das , was man im Kriege Widerſtand nennen darf, geſtoßen zu ſein, Reichenberg, der Bewohnerzahl nach die zweite , in induſtrieller Beziehung die erfte Stadt Böhmens . Nun ward von den Preußen die Eiſenbahn rückwärts über Löbau nach Görliß und Baußen ,

an mehreren

Stellen unterbrochen, ſchnell wieder hergeſtellt. Das vierte Urmees korps rückte auf Liebe na u vor. Artilleriekampf am

26. Juni.

Hier kam es zu einem kurzen

Die Oeſterreicher zogen ſich

theils

auf Turn all , theils über Þodol auf Münchengräß zus rück. Die Preußen folgten ; bei Turnau wurd eine Pontonbrüde über die Fſer geſchlagen und die Preußen beſeßten den Ort, ohne hier noch auf Widerſtand zu ſtoßen .

Die Diviſion porn des 4. Rorps (adyte Diviſton ) ward am Abend nach Swierzin , eine halbe Meile weſtlich von Turnau gezogen und ſollte fich von dort

aus des Dorfes Podol und

des dortigen flerüberganges bemächtigen .

Der Ortsname Podol

177

kommt in dieſen Gegenden ſehr oft vor ; er bedeutet nichts weis teres als Niederdorf , Ort im Thal , in der Tiefe.

Hier iſt das

Podol gemeint, bei welchem die Eiſenbahn von Turnau nach Prag die zjer überſchreitet. General forn entſendete gegen Podo1 2 Rompagnieen des 4. Jägerbataillons, 2 Bataillone des 31. und 1 Bataillon des 71. Regiments.

Die Deſterreicher

Brzezin a aus die Brigade

ſtellten

dieſen Truppen von

Poſda ch er entgegen , dieſelbe,

welche im ſchleswig- Holſteiniſchen Feldzug unter Gondrecourt fich beſonders durch den Sturm auf den Königsberg vor Schleswig den Namen der „eiſernen Brigade " erworben hatte.

Außer ihr,

die aus dem 18. Feldjägerbataillon, dem Regiment Martini Nr. 30 und dem Regiment König von Preußen Nr. 34 beſtand, fam hier noch ein Theil des Regiments Ramming Nr . 72 zur Verwendung . Das Wetter war hell, der Mond ging an dieſem Tage zwiſchen 3 und 4 Uhr Nachmittags auf, alſo am 27. erſt zwiden 3 und 4 Uhr Morgens unter . Tauſend Schritt weſtlich der Eiſenbahnbrücke trafen die preus Biſchen Jäger, welche die Avantgarde des Horn'ſchen Detachements bildeten, auf das erſte Gebäude des Dorfes Podol und damit auf die erſten Deſterreicher. Die Preußen , welche in der langen Dorfſtraße vordrangen , erhielten zu gleicher Zeit Feuer von den gegenüberſtehenden Deſter reichern, welche in gewiſſen Abſtänden die Dorfſtraße barrifadirten und aus den Bäuſern an der Straße , welche von öſterreichiſchen Jägertrupps beleßt blieben. Bald fam den preußiſchen Jägern ein Bataillon des 31. Infanterieregiments zu Hülfe und in kurzen Zeitabſtänden folgten auch die übrigen Truppen. Jeßt nahm der Kampf die Geſtalt an , daß die Preußen mit häufigen Ablöſungen in der engen ' Dorfſtraße gegen die Brücke vordrangen , auf einem

178 Terrain, wo Uebermacht nichts helfen fonnte, nur perſönliche Tapfers Lo

feit oder bei heutigen Zuſtänden die Ueberlegenheit der Feuerwaffe

entſchied ; daß die preußiſchen Reſerven fich ſeitwärts der Dorfs ſtraße ausbreiteten

und

an jeder paſſenden Stelle Detachements

gegen dieſelbe entſendeten , um die Vertheidiger der einzelnen Ges bäude aus dieſen zu vertreiben und dadurch die ſehr einſeitigen Vers barrikadirungen der Straße zu

umgehen , den in Front mit vers

nünftigen Ablöſungen fämpfenden Truppen das Vordringen immer mehr zu erleichtern. Auf dieſe Weiſe wurden die Deſterreicher auf dem Hauptwege, auf welchem ſie ihre bedeutendſte Kraft nublos zuſammen hielten , mit ſtets geſteigerter Schnelligkeit zurückgedrängt, mußten ſchließlich auch die Iſerb rüce aufgeben, welche von den Preußen beſeßt ward , und verloren als Gefangene alle die Leute , weldie fie in die einzelnen Häuſer am linken Iſerufer geſteckt hatten. Die Preußen hatten jeßt die beiden Zier -Uebergänge Turnau und Podol , alſo, um es kurz zu ſagen

von den

Lauf der Gjer, an deren beiden Ufern fte unzweifelhaft vors dringen fonnten, in ihrer Gewalt. Clam Galla 8 zog Alles, was er verfügbar hatte, in eine Stellung zwiſchen Münchens gräß und Ober- B außen , Front nach Norden , zuſammen ; am rechten 3ſerufer behielt er Klofter , gegenüber München gräß, beſeßt.

Um fich zu vergewiſſern, ob ihm in ſeiner linfen

Flanke irgend eine Gefahr drohe, ſendete er am 27. Juni Mora gens das 32. und das 39. Jägerbataillon, das leptere neu formirt, nebſt einigen Escadrons des

2. Huſaren - Regiments

( Großfürſt

Nikolaus) gegen Hünnerwaſſer vor.

Dieſe kleine Abtheilung traf bei dem genannten Orte auf die Avantgarde des Generals v. $ erwarth , welche an und

für

fich ſchon ſtärker als das öſterreichiſche Detachement, und bald noch

179

weiter verſtärkt, dieſes ohne Weiteres nach leichtem

Gefechte gegen

Kloſter zurücktrieb. General von Verwarth folgte den Deſterreichern ſofort an die Sjer auf Kloſter-Münchengräß.

In der Nacht vom 27. auf den

28. Juni ließ er eine leidyte Pontonbrücke oberhalb Münchengrä über die Iſer ſchlagen. Damit waren die Preußen in voller Bereits ſchaft, die ſonderbare Aufſtellung des Generals Clam -Gallas zwiſchen Münchengräß und Oberbaußen zu erdrücken . Turnau , wo Prinz Friedrich Karl ſeinen Hauptübergang gewonnen hatte , iſt von Þodol etwa 3/4 deutſche Meilen entfernt; ebenſoweit unters halb Podol hatte Herwarth ſeinen Uebergang über die Iſer ausgeführt.

Die 120,000 M. des Prinzen und Herwarths waren

alſo auf der Front eines ſehr kleinen Tagtrarſches vereinigt.

4. Gefechte von Münchengräß und Gitſchin. Am 28. Juni Morgens ließ Prinz Friedrich

Karl die

Diviſion Horn von Podol aus gegen die Front der Stellung vor gehen , welche Clam. Gallas zwiſchen Münchengräß und Ober -Baußen genommen hatte, eine Stellung, die nach den einfachſten militäriſchen Notionen durchaus zu nichts dienen konnte , wenn man ſie

nicht

einfach als erſte Aufſtellung für eine Offenſive an der Iſer aufwärts benußen wollte.

Die flebente Diviſion ( Franſedy )

der erſten Armee ward vom Prinzen Friedrich Karl von Turnau aus jogleich auf Koft , Oberb a ußen und Sobotta

ges

richtet, um die Poſition von Clam - Gallas, in welcher dieſer über haupt ſeine Truppen erſt noch zu vereinigen hatte , in die rechte Flanke zu faſſen. Gegen Münchengräş rückte ein Theil des Hers warth’ich e n Korps ; nach heftigen aber vereinzelten Kämpfen räumte Clam :Gallas mit vollſtändiger Umgebung in der rechten Flanke bedroht, ſo daß er bei längerem Zuwarten ſchwerlich ſeine

180

Verbindung mit der Þauptarmee Benedeď8 hätte

aufrecht ers

halten können , die Stellung von Münchengräß und zog ſich über Sobotta auf Gitſch in zurüd. Zur

Deckung ſeines Rüds

zuges hielt er nur noch Obers B außen zwiſchen Fürſtenbrud und Sobotka einerſeits und den Paß von Pod Poſt am Wege von Podol nach Sobotta feft. Der Paß von Podfoſt wurde in der Nadt vom 28. auf den 29. Juni von einem -Bataillon des zweiten Armeekorps, welches leştere als Reſerve des vierten herangezogen war, geſtürmt, worauf die Deſterreicher auch Oberbaußen und Sobotka völlig räumten . Nach für einzelne Theile ſeines Heeres Höchſt beſchwerlichem und angreifendem Marſche nahm Clam - Gallas noch am 28. Juni Abends eine neue Stellung nördlich und weſtlich von Gitidin am rechten Ufer des bei Nimburg in die Elbe mündenden Cz idlinafluiſes , dieſen und das ummauerte Gitſchin hins ter fidy.

1

Der rechte Flügel der Deſterreicher ſtand mit der Hauptſtärke bei Dileß , mit vorgeſchobnen Poſten bei Czidlina , auf den Höhen von Roz10 w und Tabor , das Zentrum hielt Ginoliß und Bra da und einen Theil der Prach o wer Höhens fette befeßt, der linke Flügel ſtand

bei lod o w

und

Wo -

h aweß , quer über die Straße von Sobotfa nach Gitſchin . Auf dem rechten Flügel bei Dilek ſtand auch eine fächſiſche Bri : gade mit drei Batterieen und vier Schwadronen. Auf dem

linken

Flügel war der öſterreichiſchen Brigade Ringelsheim das Jägers bataillon der ſächſiſchen Leibbrigade

und

das

3. Reiterregiment

beigegeben . Die Hauptmaſſe der Sachſen bildete die Reſerve der Stellung ſüdlich

von

Gitſin .

Nach den ungefähren natürlichen Grenzen hat dieſe Stellung

181

zwiſchen der Czidlina bei Eiſenſtadt rechts und den Þöhen und Sümpfen

bei Wabarziß

Ausdehnung von etwa einer

und

W ostru 8 z na

deutſchen Meile ;

links

eine

da Clam - Gallas

wohl höchſtens 50,000 M. einſchließlich der Reſerve bei einander hatte , war ſie eher ausgedehnt als beſchränkt zu nennen.

Ein

großes Kinderniß deckte ſie nicht. Die Richtung der Stellungsfront war ungefähr ſenfrecht zu der Straße von Gitſchin nach Königs gräß ,

der Rückzug der Oeſterreicher

war auf Königgräß

angenonimen. Während General Herwarth von Bittenfeld es vorläufig übers nahm, auf Mündengräß geſtüßt, die linke Flanke des ganzen preußiſchen Heeres zu fichern, indem er über Jungbunzlau Entſen dungen an die Elbe theils auf Alt-Bunzlau , theils auf Nimburg machte, ordnete der Prinz Friedrich Karl einen Linksabmarſch ſeiner Armee auf Gitich in an , um über dieſes auf Arnau der Armee des Kronprinzen, von welcher ſchon günſtige Nachrichten eingelaufen waren, die Hand zu reichen. Durch dieſen Linksabmarſch bekam der linke Flügel der Armee, das dritte Armeekorps die Spiße ; ed marſchitte bei Ros wens fo vorbei auf Libun und Gitic in , zunächſt rechts von ihm folgte durch den in der Nacht geöffneten Paß von Pod foſt über Sobotka auf Lochow und Gitſchin das zweite Armeekorps, das vierte, welchem bisher die Hauptarbeit zugefallen war, ward jeßt in die Reſerve geſtellt. Die fünfte

Diviſion , Generallieutenant von Tümp

ling, beſtehend aus der 9. Brigade (8. und 48. Infanterrieregi ment), der 10. Brigade ( 12. und

18. Infanterieregiment), dem

3. Ulanenregiment und der erſten Abtheilung des 3. Feldartilleries regiments hatte an dieſem Tage die Hauptarbeit. vifion ,

Die ſechste Dis

M a nſtein , folgte ihr in Reſerve; von ihr kamen nur

182

einzelne Abtheilungen , ebenſo famen auf dem rechten Flügel von der dritten Diviſion die 5. Brigade (2. und 42. Negiment) und Abtheilungen der ſechsten Brigade ( 14. und 54. Regiment) ins Gefecht. Die Avantgarde Tümplings ſtieß

in den

erſten Nachs.

mittagsſtunden mit den Vortruppen Clams in der Gegend von Libu n zuſammen.

Die preußiſchen Füſiliere erſtiegen nach län

gerem Hin- und Herſchießen die Höhen von Kozlow und drängten die öſterreichiſchen Jäger auf

6 zidli na zurück.

Nachmittags war die preußiſche Vorhut poſtirt. nachfolgende Artillerie Tümplings nahm

Gegen 5 Uhr

Die augenblicklich

günſtige Stellungen auf

den Höhen zur linken der Straße und hinter ihr entwickelte fich die

Hauptmacht

Brzes fa

Tümpling 8.

und

Deren

Klein Ginoliß

hin

rechter Flügel

gegen

ausgedehnt,

erhielt

einen ſchweren Stand gegen die öſterreichiſchen Jäger , welche die Prachower Höhenkette beſeft hatten und von daher auf ihn hineins hagelten. General Tümpling, der ſelbſt verwundet ward , verſuchte vers ſchiedene Stürme mit ſeinem rechten Flügel auf die Höhen von Praco w

ohne Erfolg , während

ſein

linker Flügel in einem,

wenn auch allmäligen , ſo doch entſchiedenen Vorgehn auf Ezid : lina und Dileß blieb . Der Kampf mochte haben, als über Samſ

auf dieſe Weiſe eine Stunde gedauert in und W ah arz iß die 5. Brigade

des zweiten (pommerſchen ) Armeeforps vordrang. Ihr warf fich das öſterreichiſche Regiment Giula y Nr . 33 mit großer Tapferkeit entgegen, unterſtüßt von ſächfiſchen Jägern und dem 3. ſächſiſchen Reiterregiment.

Bald aber wurden dieſe Truppen gezwungen , auf

Lo cho w , welches in Brand gerieth , und auf Woh a w eß zu weiden . Dies Weichen ward entſchiedener und beſchleunigter , ale

183

die 6. Brigade in Reſerve der 5. folgte. Sie war erſt um Mittag aus ihren entfernten Bivouaks aufgebrochen. Bei dieſem Vordringen der dritten preußiſchen Diviſion auf der

Straße

von Sobotka

Gitſchin

nach

und

da

auch

Tümplings linker Flügel ſtets energiſcher auf Dileß anſtürmte, durften die Deſterreicher ohne die ausgeſprochenſte Gefahr, hier zu Gefangenen gemacht zu werden, die Höhen von Þr a ch o w nicht länger halten.

Sie zogen ſich von da zuerſt nach Brada , dann

gegen Ribnicze f zurück. Jeßt mußte

Clam

die

Schlacht überhaupt

für

verloren

geben ; er befahl den allgemeinen Rückzug hinter Gitſchin , welches ordnungsmäßig beſekt zur Deckung der Retirade möglichſt lange gehalten werden ſollte. Sobald die Deſterreicher den Rückzug antraten, drängten die Preußen von allen Seiten nach ;

die

dritte Diviſion

in

vollen

Maſſen über das brennende Loch owund Hullin , der rechte Flügel Tümplings über die

Prach ower Höhen ,

der linke

Flügel, welcher troß ſchmerzlicher Verluſte das vollſte und unvers fümmertſte Siegesbewußtſein hatte

über Dile

,

die Artillerie

voran , welche in Batterieſtaffeln im Trabe aus einer Poſition in die andere immer wieder bis ins öſterreichiſche Gewehrfeuer vor . ging. Um

9 Uhr Abends

challte

die

ganze Front der Preußen

hinab der Siegesruf. Aber der Prinz Friedrich Karl war mit Recht der Mei nung , daß man ſofort noch die 6 zidlinalinie und Git . din in Beſiß nehmen müſſe. Im Dunfel der Nacht ſtürmten von

der Nordſeite her das

12. und 48. Regiment der fünften Diviſion und von der Weſt feite

her

das

2.

und 54. Regiment der

dritten Diviſion

184

Gitſdin.

Glam - Galla 8 zog ,

aber nicht ohne Häuſerkampf

nun auch ſeine leßten Truppen aus der alten Stadt. Es wird bes hauptet , daß auch die Bürger von Gitſchin aus den Fenſtern auf '?

die Preußen geſchoſſen hätten.. Dies iſt nicht aufgeflärt und wird auch ſchwer aufzuklären ſein. Ein Nachtkampf in den engen Gaſſen einer Stadt hat immer ſo viel Grauſiges an ſich, daß in den Geiſtern der fämpfenden Männer die materiellen und reellen Ges fahren viel drohendere Geſtalten annehmen , als in der That vors handen ſind. In der Nacht fämpft man ſtets mit Geſpenſtern und es gehört immer viel dazu , die Hülfe dieſer Geſpenſter für ſeine Seite zu gewinnen. Als der Morgen des 30. Juni graute , war Gitidin in der Gewalt der Preußen , die Armee des Prinzen Friedrich Karl fampirte am 30. rings um die Stadt und die Armee des Generals Clam - Gallas war , wenig verfolgt, in vollem Rüdzuge auf Ned an iß. Der theuer erkämpfte Sieg der Preußen bei Gitſchin war für jene von entſcheidender Bedeutung ; doch dies wird erſt klar her: vortreten , wenn wir die Ereigniſſe, welche bis zum 30. Juni bei der Armee des Kronprinzen vorkamen , aufgezeigt haben werden. Wir wenden ung alſo ießt dieſer Aufgabe zu.

5. Vormarſch der preußiſchen zweiten Armee. Gefechte von Uachod, wiſokow und Skaliß. Während Clam -Gallas in Folge der für ſeine Aufgabe unrichs tigen Dispoſitionen überraſchend ſchnell gegen die Elbſtrede zwiſchen Joſeph ſtadt und í ö nigsgräß zurückgedrängt ward , auf deren befeſtigte Punkte ſich der Þaupttheil von Benedef & Armee ſtüßte, ward auch dieſer von der Armee des Kronprinzen

185

von Preußen in die Enge getrieben .

Und man fann leicht

nachweiſen, daß die Anſtalten Benedefe daran einen großen Theil der Schuld trugen.

Wir wollen dieſes Urtheil ſogleich näher deft:

niren und dadurch beſchränfen. Benedef wußte, daß ein bedeutender Theil der · preußiſchen Armee aus dem Glaßer Gebirge

zwiſchen

Lewin und Landshut , auf einer Front von ſechs Meilen gegen ihn vor- und in Böhmen eindringen werde. Die Preußen hatten hier ſchwierige Gebirgsdefiléen zu paffiren ; in den Thälern der Metta u und A up a und der kleinern Flüſſe und Bäche, welche dieſen Gewäſſern und der Elbe zufließen .

Die

Hauptwege laufen theils in den Thälern, theils durchkreuzen ſie dies ſelben , doch ſuchen fie nothwendig immer wieder neue Haupt- oder Nebenthäler auf dem fürzeſten Wege auf. Die Ortſchaften ſind in die Thåler eingeklemmt und dehnen ſich in ihnen längs der Flüſſe und Bäche weit in die Länge aus.

Vieler Orten iſt ein Manövs

riren zu den Seiten der Hauptſtraßen, wenn nicht unmöglich, doch jedenfalls außerordentlich erſchwert. Bened e f hatte die ganz richtige Anſicht, daß er den Feind anfallen müſſe, wenn derſelbe fich aus den Defileen des Glaßer Gebirges eben herauswinden wolle. Indeſſen , um zweckmäßig zu handeln, muß man ftets vorher die wirkliche Lage erkennen. Dies iſt ein Saß, der wenn auch noch ſo einfach, doch immer noch nicht gehörig erkannt worden iſt,

gegen den wir auf jedem Schritt und Tritt fündigen ſehn,

ſobald es zur Handlung kommt.

Für die Offenſive iſt ſeine

Beachtung noch weniger wichtig als für die Defenſtve, da dort oft eine glückliche Inſpiration oder ein glücklicher Zufal Vieles aus, gleicht und es ſcheint uns, daß hierin keiner der unwichtigſten Vors theile der Offenſive liege. Benedef aber , nachdem er einmal von dem rechtzeitigen Rüſtow , d. Krieg. 1866 . 13

186

Angriff durch Sachſen hatte abſtehen müfſen , hatte ſich zur

Ver

theidigung, zum A b warten bequemt. Um nun ridtig zu er. kennen, mußte

er offenbar das Vorgehn des Feindes a ufzu s

halten ſuchen.

Bei der Beſchaffenheit des Terrains im Auge:

meinen , war dies mit fleineren Abtheilungen , z . B. ein zelnen Brigaden wohl möglich, namentlich wenn man das Verderben und Barrifadiren der Wege zu Şülfe nahm ,

welches hier nicht

ohne Früchte bleiben fonnte. Daß

die Deſterreicher von Befeſtigungen an den ein

zelnen preußiſchen Vormarſchlinien feinen Gebrauch machten , darf ihnen unſeres Erachtens nicht mit Recht vorgeworfen werden. Denn die kleineren Detachements, welche wir im Auge haben, welche ers kennen und aufhalten ſollen , ohne fich auf ernſte Gefechte einzu laſſen, können ihren Zweck nur durch große Beweglichkeit , Wirken auf die Flanken und gegen den Schweif der langen in die Gebirgsdefileen verwidelten Rolonnen bald auf dieſem , bald auf jenem Punkt erreichen. Befeſtigungen , welche an beſtimmte Punkte banden und doch jedenfalls leicht umgangen werden konnten , hätten von der Hauptaufgabe, wie fie richtig geſtellt werden mußte , nur abgezogen und alſo ihrer Löſung entgegengewirkt. Die einzelnen kleinen Detachements mußten nun eine Macht hinter ſich haben. Dieſe mußte ſoweit nur möglich zuſammen gehalten werden ; da von einer Ueberlegenheit der Deſterreicher über die Preußen nicht die Rede ſein konnte , was die Zahlen betraf, war an und für ſich möglichſtes Zuſammenhalten der Hauptkraft geboten.

Aufgabe dieſer Şauptfraft war es ,

preußiſchen Rolonnen nach

über die einzelnen

einander mit erdrüđender

Ueberlegenheit herzufallen , ehe fie fich zuſammenſchließen konnten . Gegen welche preußiſche Kolonne zu erſt vorgegangen werden mußte , darüber konnte wirklich ſo wenig als möglich ein Zweifel

187

herrſchen. Es war die linte Flügelfolonne der Armee des Kronprinzen , diejenige , welche den fürzeſten Weg nach fephſtadt und Königinhof hatte.

Jo

Von der preußiſchen Grenze bei

Nadod bis nach Jofeph ftadt find nicht völlig drei deutſche Meilen, von der preußiſchen Grenze bei Liebau über Trautenau nach Königin hof find über vier und

bis

Joſep 5 ſtadt

faſt ſieben Meilen . Gelang es den Deſterreichern am 27. den linken Flügel der Armee des Kronprinzen entſcheidend bei Stali ß zu ſchlagen, ſo konnten fie am folgenden Tage bei Eipel auf das Zentrum der fronprinzlichen Armee fallen , indem ſie die Aup a hinauf rükten. Zwei Siege dieſer Art würden ohne allen Zweifel genügt haben, die preußiſchen Operationen entſchieden zu ſtören und mindeſtens eine Pauſe des Befinnens auf preußiſcher Seite zu erwirken.

Es

iſt daher unnüß, das Spiel dieſer Möglichkeiten hier weiter zu ver folgen . Sehen wir uns die wirkliche Aufſtellung der Armee Benedef 8 zur Zeit an , da die Preußen aus den Glaßer Ges . birgen in Böhmen eindrangen, ſo finden wir auf dem rechten Flügel das

ſechste Corps -- Ramming

bei Neuſtadt an der

Mettan , dann folgt links bei Jaromierz das achte Armees forps - Erzherzog leopold ,

dahinter das zweite Korps

Thu n - Hohenſtein - bei Joſeph ft adt; weiter links, bei Königinhof - das 4. Rorp8, Feſtetics , dem äußerſten linken Flügel das zehnte Korps ,

endlich auf Gabien

- bei Arnau. Das ſechste , vierte und zehnte Rorps hatten offenbar in voller Stärke eine ganz feſte Beſtimmung, den Schluß der drei preußiſchen Hauptwege über Lewin , Brauna u und lieb a u .

Das zweite und achte Korps fonnten nach

dem Belieben des Oberkommandanten rechts oder links geworfen 13 *

188

werden . Während aber für den bloßen Schluß der Päffe und deren Beobachtung

zu viel Kräfte verwendet, folglich aus der Hand

gegeben waren, ward, was das achte und zweite Korps betraf, auf fie

vielzuſehr

ſtimmte

als

auf

eine

Fälle gerechnet,

þauptreſerve wie ſich aus der

für

unbes

Erzählung der

Ereigniſſe noch deutlicher ergeben wird. Wäre dies nicht der Fall geweſen , ſo Hätte man allerdings das ſechste, achte und zweite Korps, 90,000 M. gegen den linken Flügel der Armee des Kronprinzen , welcher auf etwa 56,000 M. fam , wenn das ſech ste preußiſche Armeeforps dem fünften auf dem Fuße folgte und welches nur 28,000 vorerſt zählte, wenn das fünfte Korps einige Zeit allein blieb, werfen können . Bei der Erzählung der Ereigniffe fommt es nun

beſonders

darauf an , den Zuſammenhang zwiſchen den einzelnen preußiſchen Kolonnen deutlich aufzuweiſen einerſeits, andererſeits aber auch die Beſchreibung der Thätigkeit der einzelnen Kolonnen möglichſt wenig zu unterbrechen. Um dies zu erreichen , wollen wir zunächſt das Vorrücken des fünften Korps der Preußen über Nach od und Skaliß ſchildern, dann zum erſten Korps übergehn, dies bei Trautenau auftreten , dann das preußiſche Gardekorps eingreifen laſſen . Das fünfte preußiſche Armeekorps, welches eine der ſchwierigſten Aufgaben dieſes ganzen Feldzuges zu löſen hatte, ftand unter dem Befehl des Generals von Steinmeß ,

vielleicht neben Vogel

V. Falfenſtein des tüchtigſten höheren Führers im preußiſchen Beere. Als junger Offizier hatte er bereits die Befreiungsfriege von 1813 bis 1815 mitgemacht, nach langer Ruhe kommandirte er dann 1848 im Feldzuge gegen die Dänen die beiden Bataillone des 2. Infans terieregiments (König Friedrich Wilhelm IV.) welche an dieſem Feld zuge theilnahmen ; 1855 erhielt er das Kommando einer Gardes

189

brigade ; während des Dänenkriegs von

1864 befehligte er das

2. Armeekorps, welches an demſelben nicht theilnahm , dann erhielt er den Oberbefehl über das 5. Armeeforps ., Am 26. Juni ſchob

er

die Avantgardebrigade

des Korps

unter dem General d. löw enfeldt, Kommandanten der 9. Diviſion ,

über die Grenze auf Nach od vor.

Die öſterreichiſche

Beſaßung räumte dieſen Ort nach kurzem Gefechte und zog ſich in der Richtung auf das ſechste öſterreichiſche Armeekorps gegen Neuſtadt zurück, während Löwenfeldt ſeine Vortruppen gegen Wyſoko w ,

an die

Eiſenbahnſtrecke vorgehen ließ ,

die von

Joſephſtadt nach Schwadowiß führt. Der Umſtand , daß die Deſterreicher nicht blog dem General Steinmeß, ſondern auch den übrigen Kolonnen der zweiten Armee gegenüber die Gebirgspäſſe ohne Vertheidigung aufgegeben hatten, erweckte in dem Hauptquartier des Kronprinzen die Vorſtellung, daß dies von Benedek angeordnet ſet, weil dieſer die Abſicht habe, fich mit ganzer Macht auf die Armee des Prinzen Friedrich Karl zu werfen .

Es ward daher ein möglichſt ſchleuniges

Vorgehen der Rolonnen der zweiten Armee beſchloſſen , um den Prinzen Friedrich Karl loszumachen , indem man Benedek für ſeinen Rüden Beſorgniſſe erwecke. Demgemäß ſollte General Steinmeß am 27. auf Sfalis vorrücken , um zunächft die ſchwierigen Deftleen des Mettaus fluſſe 8 hinter fich zu bringen. Als die Spiße von Löwenfeldt: Gros den Punkt erreichte, wo fich von der Nachod Skalißer Straße ſüdwärte diejenige nach Neuſtadt abzweigt, erſchienen in ſeiner linken Flanke die erſten öſterreichiſchen Truppen mit der offenbaren Abſicht,

die Preußen

an

der Entwidlung aus den engen und

ſchmalen langgeſtreckten Defileen von Nachod zu hindern.

ES

waren zwei Brigaden des Ramming'ſchen Korps , denen bald eine

190

dritte als Reſerve folgte und die Küraffierbrigade Solms der ſchweren Reiterdiviſion des Prinzen von Schleswig - Holſtein. Durch das Feuer der öſterreichiſchen Artillerie begrüßt, zog General v . löw enfeldt die wenigen Bataillone, welche er bes

17

reits aus dem Engwege heraus hatte, ſofort an der Straße nach Neuſtadt und vornämlich links ( öftlich) derſelben in die nächſten Waldſtücke. Die beiden einzigen Schwadronen , über welche er bereits ges bot, warf er der öſterreichiſchen Rüraſſierbrigade entgegen, welche ſich zum Angriff entwickelte und die erſten Batterieen, welche aus dem Paſſe herauszubringen waren , wurden gegen die weit überlegenen öſterreichiſchen in Thätigkeit geſeßt.

Wäre es den Defterreichern gelungen, Löwenfeldts Avantgarde in das Defilee zurückzuwerfen, ſo würde in dieſem , welches von den Truppen des Steinmey’ſchen Korps und von den Fuhrwerken dess ſelben vollgeſtopft war, da fich feine Möglichkeit zu einer Ausbreis tung an den Seiten fand, eine Heilloſe Verwirrung entſtanden ſein , die nur mit der entſchiedenſten Niederlage enden konnte. Dies mußte alſo um

jeden Preis vermieden werden. Löwen

feldt , der es wohl erkannte, ſtand daher auch keinen Augenblick an , ſeine einzigen beiden bereits verfügbaren Schwadronen gegen die acht Eskadrons öſterreichiſcher Müraffitere loszulaſſen , welche fich eben entwickelt hatten und langſam vorrückten . Die beiden preußiſchen Schwadronen durchbrachen die öfters reichiſche Linie im Centrum , wurden aber nun umfaßt von den unberührt gebliebenen Flügelſchwadronen und mit Verluſt zurücks geworfen. Aufgenommen von ihrer Artillerie und Infanterie fonnten fte fich wieder ordnen.

Gerade als ſie zum Rückzuge gezwungen wurden , traf auch der Kronprinz von Preußen von Braun a u her auf

I

191

dem Kampfplaße ein , wo ſich jchon früher Steinmeß eingefunden hatte. Der unglüdliche Angriff der preußiſchen Reiterei war dennoch nicht ohne Erfolg ; er diente ſeinem Zwecke , weil er den Beſter reichern den nothwendigen Aufenthalt bereitete. Steinme$ ordnete mit Ruhe das Vorziehen ſeiner Truppen an und wurde von dieſen ſelbſt und von den Offizieren vortrefflich unterſtüßt; ſobald die durch Nachod marſchirenden Bataillone und Schwadronen vorwärts das Feuer hörten, drängten fie weiter vors wärts, die Artillerie zog fich an eine Seite des engen Weges und machte die andere für die Infanterie und Kavallerie frei.

Rechts von Löwenfeldt gegen Wyſoko w Diviſion Kirchbach (die zehnte) vorgezogen ,

hin wurde die dann folgte der

Reſt der Diviſion Löwenfeldt, ſo daß dieſe nun den linken Flügel der Aufſtellung bildete und die Diviſion Kirchbach den rechten. Schließlich ward die ganze Artillerie des 5. Korps, 96 Geſchüße, in die Linie gezogen . Der Aufmarſch der Preußen ward erſt in den erſten Nachs mittagsſtunden an den beiden Straßen von Nachod nach Skaliß einerſeits, nach Neuſtadt andererſeits vollendet. Man kann wohl ſagen, daß mit ihm die Schlacht gewonnen war ; ihn zu ſtören war die Hauptaufgabe Rammings.

In die Zeit des Aufmarſches

fallen daher auch die glänzendſten Epiſoden des Gefechtes. Um 12 Uhr Mittags hatte Steinmeß die noch übrigen Schwas dronen der Kavalleriebrigade W nuď (weſtpreußiſches Ulanenregis ment Nr. 1 und zweites ſchleftſches Dragonerregiment Nr . 8) hers ausgebracht und ließ ſie zum Angriffe auf die öſterreichiſche Küraſ fierbrigade

Solm 8

vorgehen ,

welche

auf

dem

Plateau

von

Wenzeloberg die Entwicklung der Diviſton Kirchbach ſtörte und behinderte, welche bis dahin erft wenige Artillerie hatte vors ziehen können .

192

W nud mußte mit ſeinen ſechs Sdwadronen ,

von jedem

ſeiner beiden Regimenter waren nur noch drei verfügbar, — ſofort angreifen ; er ſchlug die numeriſch überlegenen Deſterreicher zurück und erleichterte dadurch weſentlich die Entwiďlung des preußiſchen fünften Armeekorps.

Beiden öſterreichiſchen Küraſferregimentern,

die übrigens, wie bekannt, ihren Namen wie lucus a non lucendo tragen, wurden ihre Standarten abgenommen , aber auch die preu Biſche Reiterei erlitt bedeutende Verluſte. General v. W n uď , die beiden Regimentskommandeurs , Oberſt v. Tres f o w dom erſten Ulanenregiment und Oberſtlieutenant v. W ich mann vom 8. Dra gonerregiment, wurden rerwundet. Major v. Na ßmer vom legt genannten Regiment blieb todt. Dieſe glänzende Attake hatte nun das vollſtändige Vorziehen der Artillerie des preußiſchen Armeekorps und die Entwicklung der ganzen Infanterie möglich gemacht.

Von der Infanterie des 5.

Armeekorps blieb nur noch das König & Grenadierregi ment

zweites weſtpreußiſches Nr. 7 – in Reſerve.

Nach

kurzer Arbeit ſeiner geſammten Artillerie ließ Steinmeß ſeine ganze Infanterielinie avanciren.

Ramming brachte auch ſeine lebte Bris

gade ins Gefecht; die Preußen aber ließen ſich troß der Verluſte, die ſte erlitten, nicht aufhalten. General v. Olle der

, Kommandant

17. Infanteriebrigade, Oberſt v. Walther , Kommandant

des 46. Infanterieregiments wurden hier ſchwer verwundet. Die

öſterreichiſche

Nüraffierbrigade

Solms ,

welche

fich

$

wieder geſammelt hatte , machte noch eine neue Anſtrengung, den Vormarſch der Preußen aufzuhalten ; dieſes gelang nicht; von den preußiſchen Ulanen in die Flanke genommen , mußte fte weichen .

1

Nur bei W y foto w , auf ihrem äußerſten linken Flügel, hielten die Oeſterreicher jeßt noch Stand , aber auch dieſes Dorf, welches lớne

in Brand geſchoſſen war, mußten ſie aufgeben.

1

193

Um drei Uhr Nachmittags war der Sieg der Preußen ents ſchieden. Ramming zog ſich auf Staliß zurück, über welches er die nächſten Unterſtüßungen zu erwarten hatte. Die Deſterreicher hatten in dieſem Kampfe ins Gefecht ges bracht das alte Hochberühmte Infanterieregiment Hoch- und Deutſch meiſter, welches ſeine Benennung ſeit dem Jahre ſeiner Errichtung, 1696 ,

nicht geändert hat , die Regimenter Gondrecourt Nr. 55,

Gorizutti Nr. 56, Waſa Nr. 60, Kronprinz von Preußen Nr. 20, Frank Nr. 79 , Hartmann Nr. 9 , Naſſau Nr. 15 ; die Feldjäger bataillone Nr. 17, 14, 6, 25 und 5, die Kürafflerregimenter Kaiſer Franz Joſeph Nr. 11 , Kaiſer Ferdinand Nr. 4 , Prinz Alexander von Heffen Nr. 6 und Abtheilungen des õuſarenregiments Groß fürſt Nikolaus von Rußland Nr. 2 ; zuſammen 29 Bataillone und mindeſtens 16 Schwadronen mit faſt 100 Geſchüßen. Das Regiment Deutſch meiſter, deſſen jeßiger Inhaber der Erzherzog Wilhelm ift, verlor eine Fahne. Auch eine Anzahl von Geſchüßen mußte zurüdgelaſſen werden.

Graf Alfons

von Wimpffen, der Rommandant des Infanterieregiments Kronprinz von Preußen Nr. 20 gerieth verwundet in Gefangenſchaft . Wir werden ſpäterhin Veranlaſſung nehmen müfſen ,

auf den

Antheil , den die preußiſche Bewaffnung auf die preußiſchen Siege hatte, näher einzutreten . Indeſſen müſſen wir doch ſchon hier fonſtatiren , daß mehrere tauſend unverwundete öſterreichiſche Ges fangene im Gefechte von Nach od in die Hände der Preußen geriethen , welche fich ſchwerlich aus dem Uebergewichte des Zünd nadelgewehres

erklären laſſen.

Sie waren zum

größeſten Theil

Ungarn und wurden nach Neiſſe gebracht , wo fich etwa die gute Hälfte dazu verſtand , in eine dort gebildete ungariſche

L'e

gion einzutreten , die unter den Auſpizien der Generale Klapka und Vetter formirt ward , die allerdings nicht länger leben wird,

194

als die ungariſche Legion von 1859 in Italien, die aber mindeſtens durch die Art ihrer Bildung auf gewiffe Pariſer Verbindungen Preußens ſehr deutlich hinweist. Das Ramming'ſche Korps war ſehr übel mitgenommen ; der Berluſt war groß , der bedeutende Verluſt an unverwundeten

1 Gefangenen zeigte eine vorhandene Demoraliſation an , erzeugte aber auch neue Demoraliſation.

Ramming wollte bei Stali

halten , meldete aber dem Feldzeugmeiſter Benedet , daß er dies ohne Unterſtüßung nicht fönne.

Er hatte etwa ein Sechstel des

T

Normalſtandes ſeiner Truppen eingebüßt. Nun

befahl

Benedek ,

daß

der Erzherzog

Leopold

zwei Brigaden ſeines, des achten , Korps von Jaromierz nach Skali ß führe, dieſe in die erſte Linie nehme und über die ges ſammten Kräfte, welche vom 28. Juni Morgens ab bei Skaliß in den Rampf kommen würden, das Kommando führe. Dieſem Befehle ward Folge geleiſtet, auch die übrigen Brigaden des achten Armees forps wurden vorbeordert und außer den Truppen des Rammings ichen Korps , welche am 27. bei Nach od und Wyſoko w fochten hatten , famen

am

ges

28. noch die Regimenter Großherzog

0. Toscana Nr. 77, Reiſchach Nr. 21 , Ferdinand v. Efte Nr. 32, Erzherzog Albrecht Nr. 44, Erzherzog Wilhelm Nr. 12, die Felds jägerbataillone Nr. 24 und Nr. 31 , das dritte Ulanenregiment Erzherzog

Karl Ludwig

und

das vierte Ulanenregiment Kaiſer

Franz Jofeph ins Gefecht. Erzherzog Leopold nahm mit den friſchen Truppen Stellung vorwärts Sfaliß und der Aupa zu beiden Seiten der Straße von Nachod und der Schwadowißer Eiſenbahn ;

nur etwa drei

Viertelmeilen von dem Schlachtfelde, auf welchem am vorigen Tage gekämpft worden war ; die Regimenter des Ramming'ichen Korps wurden in Reſerve geſtellt.

195

Preußiſcher Seite fonnte Steinmeß

außer

dem

einzigen

Königsgrenadierregiment feine friſchen Truppen vorführen. Indeſſen drang er am 28. Morgens unaufgehalten durch Wyſos fow vor und entwickelte ſein Rorps gegenüber der öſterreichiſchen Aufſtellung. Die Deſterreicher waren an dieſem Tage an Artillerie namentlich den Preußen weit überlegen und deren Wirkung vom linken Flügel her von den Höhen nördlich Skaliß an der Aupa brachte den Preußen ſchmerzliche Verluſte bei. Die preußiſche Ins fanterie verſuchte zu wiederholten Malen dieſe Höhen zu ſtürmen, wobei ihr die friſchen öſterreichiſchen Truppen energiſch entgegens traten . Viele Todte und Verwundete ſanken von beiden Seiten, auf der öſterreichiſchen war unter dieſen der Generalmajor v. Frag . nem , auf deſſen Leichnam die Preußen den Befehl Benedeks wegen Verſtärkung des 6. Rorps durch das achte und eine Proklamation Benedefe an die Bewohner der preußiſchen Bezirke fanden, deren Ges biet er zu betreten gedachte, dann der Oberſtbrigadier v. Kreyßern. Da die Truppen des

am 27.

geſchlagenen Ramming’ichen

Korps am 28. nur lau fochten , wurden die Kräfte des achten öſterreichiſchen Korps endlich erſchöpft und der Erzherzog Leopold ordnete den allgemeinen Rückzug gegen Jaromierz an , welcher an dieſem Tage noch bis auf die Höhen von Trebelow , Schweins ſchädel und Dolan fortgeſegt ward . Erzherzog Leopold ,

welcher leidend war ,

ward

ſchon

am

29. Juni von Benedef beurlaubt und im Kommando des achten Korps durch den Generalmajor Joſeph Weber erſeßt.

6. Gefecht von Trautenau am 27. Juni. Das

erſte preußiſche

Armeeforpe ,

General

der

Infanterie

v . Bonin , hatte ſeine Avantgarde am 26. Juni von liebau her über die Grenze nach Golden Delfe vorgeſchoben.

196

Am 27. Juni traf dieſe Avantgarde bei Trautena u auf die Avantgarde des 10. öſterreichiſchen Armeeforp8 - Gablen welches beſonders ſtarf war. durch Trautenau .

,

Bonin zog ſeine Avantgarde

Auf den Pöben ſüdlich der Stadt wollte er

Stellung nehmen , gegen die Brigaden des Gableng'ichen Korps, welche eine nach der andern theils von Gradliß über Prauß niß , theils von Arna u und Pilnifa u heranzogen. Die Brigade Mondel , die Avantgarde des Korps

von

Gableng ward glücklich gegen Hohenb r u ck und Aaltenhof zurückgedrängt uud Raum

für die Entwidlung des preußiſchen

Korps gewonnen. Sehr ſtörend ward für die Preußen das Feuern auf die durchziehenden Bataillone aus den Häuſern von Trautenau . Ob dies bloß von dort zurückgebliebenen Soldaten herrührte , iſt bis heute nicht aufgeklärt.

Von preußiſcher Seite wird behauptet,

daß die Bürger von Trautenau fich an dem Kampfe betheiligten und verſchiedene Lobeserhebungen der Wiener Zeitungen machen es wahrſcheinlich, daß die Sache fich wirklich ſo verhielt. Durch das ſehr entſchiedene Auftreten der Preußen ward dem Feuer aus den Häuſern von Trautenau bald nach Mittag ein Ende gemacht ; das berühmte Regiment Windiſch gräß Dragoner Nr. 2, welches dem Aufmarſche des erſten preußiſchen Korps noch einen ernſten Widerſtand entgegenzuſeßen drohte, ward durch einen kräftigen Angriff des litthauiſche Jungen , möchte faſt ſagen

1. preußiſchen Dragonerregiments , welche auf dem Pferde aufgewachſen ,

auf dem Pferde geboren find

lauter man

denn ihre

Mütter bringen Milch und andere Lebensmittel nach Gumbinnen und Inſterburg zu Pferd auf den Markt, – aus dem Felde ges fdlagen und um drei Uhr Nachmittag8 ſtand der Kampf für die Preußen außerordentlich günſtig. Um dieſe Zeit fam zum General Bonin ein Generalftabes

3

197

offizier des Garde forp 8 und meldete , daß bei Awaliſch (Qualiſch )

die erſte

Garde infanteriediviſion ſtehe

und bereit ſei, durch ihren Vormarſch auf Trautenau das Gefecht des erſten Armeekorps zu unterſtüßen. Qualiſ

ift von

Trautena u nur eine ſtarte Meile

entfernt; aber die erſte Gardedivifion hatte an dieſem Tage ſchon einen großen Marſch gemacht, Bonin glaubte fich des Sieges ficher und wollte den Garden nicht zumuttungen machen , die er für überflüſfig hielt. In dieſem Sinne ertheilte er ſeine Antwort. Kaum indeſſen hatte der Generalſtabsoffizier des Gardekorps ihn verlaſſen , als Gablenß , von Pilni fa u her , alle ſeine Kräfte entwickelte.

Die ganze Artillerie des 10. Armeekorps fuhr

gegen die Preußen auf ;

ſelbſt ein Theil des von Benedek gegen

Pra u $ niß vorgeſchobenen vierten öſterreichiſchen Korps fam noch ins Gefecht. Um

5 Uhr Nachmittags mußte Generalv.

Bonin

die

Schlacht für verloren geben und " trat , obwohl nicht ſonderlich bes läftigt und nachdem er auch die in der Schlacht gefangenen Deſter. reicher auf Liebau hatte zurüdbringen laſſen , feinen Rüdzug hinter Trautenau an . Gablenß hatte einen Sieg errungen ; er erhielt den Bes fehl, am 28. Juni rechts abzumarſchiren über Þra u s niß , und die Truppen der preußiſchen Armee , welche etwa zwiſchen Bonin und Steinmeß vorrücken könnten , aufzuhalten und, wenn möglich dem ſe dhe ten und achten Korps beizuſpringen, die für den 28. Juni dem preußiſchen Korps von Steinmeß gegen. übergeſtellt waren . Unterſtüßt und erleichtert ſollte dieſe Bewegung durch

das

vierte öſterreichiſche Korps werden, deſſen Avantgardebrigade unter dem Kommando des Generals Emerich v. Fleiſch hader bes

198

reits Þrauß niß und Staudenz beſeßt hatte.

Der Rechts

abmarſch des 10. öſterreichiſchen Korps ſollte allerdings ſehr erheb . lich geſtört werden . +

7. Gefecht von Burgersdorf und Soor am 28. Juni. Das preußiſche Gardeforp 8 rückte am 26. Juni über Braunau in Böhmen ein. Die erſte Gardediviſton hatte unter dem Befehl des Oberſten v . Refſel , Kommandanten des erſten Garderegiments zu Fuß, ihre Avantgarde aus den drei Füfllierbataillonen des 1. , 2. und 3. Garderegiments zu Fuß , dem 3. Bataillon des Gardefüfiliers regiments, den beiden erſten Kompagnien des Gardejägerbataillons, drei Escadrons des Gardehuſarenregiments, einer 4Pfdr. und einer 6Pfdr. gezogenen Batterie, 2 Pionierkompagnieen und einem leich ten Feldlazareth gebildet.

Dieſe Avantgarde hatte eine Stärke von faſt 5000 Mann Infanterie und Kavallerie mit 12 Geſchüßen . Sie rückte der Diviſton voraus am 26. Juni über Braunau hinaus bis Ober- und unter : Weď elsdorf, wo fte das Biwaf bezog. Am 27. Juni brach die 1. Diviſion der Garde zu nächſt nach Qualiſch auf , bei welchem Dorfe in den nächſten Stunden vor Mittag abgekocht ward ; bei Qualiſch hörte man das Feuer des gleichzeitigen Gefechts von Trauten a u . Um Mittag mußte die Avantgarde in der Richtung nach Trautenau aufbrechen ; da aber unterwegs die Nachricht fam , daß General v. Bonin der Unterſtüßung der erſten Gardediviſion nicht bedürfe, ſo ward dieſelbe nach den urſprünglichen Anweiſungen nach Eipel dirigirt, wo ſie mit vereinten Kräften das Biwal bezog. Die zweite Gardediviſion ging am 27. Juni nach Koſtel eß an die Schwadowißer Eiſenbahn vor , um dort die

199

Nacht zu

biwakiren.

Ihre Avantgarde war

aus

den

Füſilier

bataillonen des Gardegrenadierregiments und dem dritten Gardes ulanenregiment unter dem Befehl des Kommandanten des leßtern, Oberft Mirus , gebildet. Da man nach Mittag des 27. ſehr ſtark den Kanonendonner des Gefechtes herüberſchallen hörte , welches am bezeichneten Tage das fünfte preußiſche dem ſechsten öſterreichiſchen Rorps lieferte, ſo erhielt Oberſt Mirus die Anweiſung, in der Richtung von Roſtele auf Staliß eine Rekognoszirung vorzunehmen , um die Verbin dung mit dem 5. Korps aufzuſuchen und herzuſtellen. Um 21/2 Uhr brachy er mit ſeinen verfügbaren Truppen von Softeleß auf. Vom 3. Gardeulanenregiment hatte er in dieſem Augenblick nur 11/2 Eskadrons bei fich , die übrigen 21/2 Eska drons waren detachirt, erhielten aber Befehl, ſich ſo ſchnell als möglich der Brigade wieder anzuſchließen. Bei Woles niß ließ Mirus ſeine Infanterie und Artillerie ſtehen und ging mit den Ulanen verfügbar hatte ,

11/2 Eskadrons , welche er von ſeinen allein über 6 erwena hara auf der

# Straße nach Skaliß vor. Bald jenſeits des erſtgenannten Orts traf er auf eine Abs theilung des 8. öſterreichiſchen Ulanenregiments ,

Maximilian I.

Kaiſer von Mexiko. Es kam zu einem kurzen aber heftigen Gefechte, an dem ſich allmälig das ganze 3. Gardeulanenregiment ( 4 Eska drons )

preußiſcher

Seits

und

das

ganze

8.

( 5 Eskadrons) öſterreichiſcher Seits betheiligten. ſcheidung

fonnte

nicht

die

Rede

ſein ;

die

Ulanenregiment Von

einer Ents

Defterreicher ,

als

fie ihren Zweck der Dedung des Rüdzuges des Ramming Ichen gegen daß

Rorp 8

erreicht

Staliß der Feind

hatten ,

zurück , in

der

die

zogen

fich

Preußen ,

linken Flanke

länge welche

der Garde

der

Aupa

nun

wußten,

ſtehe,

aber

200

im

Rückzug, ſei,

gingen

nach

W oles niß

und

Koſtele

zurück. Am 27. Juni bende ſtand die

erſte Diviſion

des

preußiſchen Garde forp 8 bei Eipel , die zweite Diviſion bei koſtel eß

konzentrirt;

Steinme B

hatte das Gardekorps Verbindung , rechts war

links

mit

dem 5. Armeekorps

· Bonin – in Folge

die Verbindung mit dem 1 , Armeekorps

des Rückzuges desſelben hinter Trautenau auf Goldenöffe gänzlich

verloren

gegangen.

Es

fehlte

auch

an

jeder

ficheren

Nachricht. Bei dieſer Unficherheit der Lage auf der einen Seite beſchloß der Kommandant des Gardekorp& , Prinz A uguft von Wür . temberg ,

ſo

zu

operiren ,

daß

er

womöglich

das

erſte

Armee for p 8 frei mace , inſofern die fiegreichen Deſter reicher dieſem folgen wollten und daß er eine Vereinigung des Gablen B'ſchen Korp 8 mit denjenigen öſterreichiſchen Truppen verhindere, welche am 27. Juni dem General Steinmeß gegenüber geſtanden hatten. Es ward demnach befohlen , daß am 28. Juni Morgens die erfte

Gardediviſion

von

Eipel

über

Kogniß

auf

Burgersdorf einerſeits, über Kaatſch und Staudenz auf Pra uß niß andererſeits vorgehe. Die zweite Diviſion der Garde ſollte von Kofte les rechts

abmarſchiren ,

bei Eipel die Reſerve der erſten Diviſion

bilden , außerdem durch Belegung der Päſſe von Alt Sedlo : w iß und Alt Rogniß gegen Trautenau hin die rechte Flanke des Gardekorp8 decken ;

zu

dieſem leßteren Zwede

wurden

die

beiden Grenadierbataillone des Kaiſer Franz Gardegrenadierregi ments detachirt. Am 28. Juni Morgens um 5 Uhr brach die preußiſche Garde

201

aus ihren Biwaks auf. Die Avantgardebrigade Aefſel marſchirte alsbald auf den

Höhen

nördlich von Raatſch auf ,

ihre Ka

vallerie, die Gardehuſaren , patrcuillirte auf Burgersdorf. Durch die eingebrachten Gefangenen erhielt der Kommandant des Armecforps

eine

ziemlich

richtige

Vorſtellung

von

den Bewes

gungen der Deſterreicher, mindeſtens ſoweit es für ſeinen Zweck nöthig war. Gablenß hatte Trautenau nur mit einer Brigade beſeßt, im übrigen marſcirte ſein Korps brigadenweiſe auf der Straße von Trautenau auf Praußniß ,

um dort zunächſt mit dem

vierten Korps und zwar insbeſondere mit der Brigade Fleiſch h a cer in Verbindung zu treten. Bagagen und Train marſcirten über Burgersdorf und Weiberfränke auf K ö nigins bof.

Die

Brigade

Knebel ,

Windiſchgräß Dragoner und Staudenz ,

um

verſtärkt

durch

das

zwei Reſervebatterieen ,

die Bewegung des

10.

Regiment ging

über

Armeeforp8 in der

Flanfe zu decken. Der Prinz Auguſt von Würtemberg, ſobald er ungefähr dieſe Vorſtellung gewonnen hatte , ſion ,

ihre

gab der erſten Gardedivis

Hvantgardebrigade

voran ,

den

Befehl

zui

fos

fortigen Vorrücken von Raatich über Staudenz auf Bur : gerodorf. Die Avantgardebrigade rückte , mit dem Füſilierbataillon des 3. Garderegiments zu Fuß an der Spiße, vor. Als ſie die Gegend von Staudenz erreichte, erhielt ſie den erſten Kanonenſchuß von der Brigade des Oberſten Anebel , welcher ſeine ſämmtlichen 3 Batterieen, 24 Geſchüße, auf den Höhen nördlich von Staudenz aufgefahren hatte . Keſſel zog nun ſeine Artillerie, eine 6Pfdr. und eine 4Pfdr. Batterie vor

12 Geſchüße. Dieſe gingen über das

brennende Staudenz hinaus und Rüftow , d . Krieg. 1866.

auf nädyſte Diſtanz an die Deſter 14

202

reicher beran , mit denen ſie trop der Ueberlegenheit derſelben in Zahl und Kalibern das Gefecht aufnahmen. Gablenß , auf dieſe Weiſe überraſchend angegriffen , dirigirte ſogleich ſeine Trains , um

ſie in Sicherheit zu bringen und zus

gleich das Gefechtsfeld frei zu machen, auf die Straße nach Pil . nitau ; er verſtärkte die Brigade Knebel , namentlich zuerſt mit Artillerie, dann ließ er ſeine im Marſche befindlichen Brigaden Halt machen und fammelte fte bei Burgers dorf und Soor , Front gegen Oſten. Die nodi in Trautena u zurüdgebliebene Brigade Gri : v ich ich erhielt Befehl, dieſe Stadt zu räumen und zu einer Dis verfion gegen den rechten preußiſchen Flügel auf Alt Rogniß und Ait Sedlo w iß vorzugehen. Die ganze preußiſche erſte Gardediviſion -

General v.

Hiller – ward alsbald in das Gefecht verwickelt, ihre Artillerie, zu

welcher die Reſervebatterieen

des Korps

nicht herangezogen

werden fonnten , da ſie ebenſo wie die ſchwere Reſervefavallerie noch

um einen Tagmarſch

zurück waren ,

hielt fich

tro

ihrer

Schwäche wader und die Infanterie that Wunder der Tapferkeit. Die

zweite

Gardeinfanteriediviſion

ward,

während die erſte das Hauptgefecht aufnahm , über den Paß von Raatſch vorgezogen , um hier die Reſerve zu bilden .

Da vers

nahm man aus der Gegend von Alt Rogniß und Alt Seda 1 o wi B her Ranonendonner und ſtarkes Gewehrfeuer. Dort nämlich wurden die beiden Bataillone des Kaiſer Franz Grenadierregiments von der weit überlegenen öſterreichiſchen Bri gade Grivididh angegriffen. Der Prinz von Würtem , berg ließ nun alsbald die Infanterie der zweiten Gardediviſion bis auf ein Regiment , welches als Reſerve der erſten Diviſion zurückbehalten ward , rechts auf Alt Rogniß abmarſchiren , ebenſo

203

den größten Theil der Artillerie. Als dieſe Verſtärkungen bei Ult Rogniß

ankamen ,

hatten

die beiden Bataillone des

Franz

grenadierregiments bereits furchtbar gelitten. Das zweite Bataillon namentlich hatte todt und verwundet zwei Drittel ſeiner Offtziere, darunter den kommandeur, Oberſtlieutenant v . Gaudy , welcher an der Spiße ſeiner Soldaten ftel, dann ein ſtarkes Drittel ſeiner Mannſchaft verloren , es wieg nach dem Gefechte 7 Offtziere und faum 600 Mann dienſtbrauchbar auf. Die anrückenden Verſtärkungen entſchieden alsbald das Ges fecht zu Gunſten Preußens ; die öſterreichiſche Brigade ward auss einandergeſprengt, ihren legten Reſten Trautena u abgenommen . Auch auf dem Felde von Burgersdorf und soor war der Sieg ſchon

vor Mittag

für

die Preußen entſchieden.

Die

Oeſterreicher waren in eiligem und wenig geordnetem Rückzuge auf Pilnika u und Regel 8 dorf. Am Nachmittage des 28. Juni vermochte Gabiens die Trümmer feines , beſonders ſtarfen Armeeforps , welches auf die Hälfte ſeines Standes reduzirt war, im Biwaf von Neuſtadt und Neuſdloß , ſüdlich von Arnau zu ſammeln . Die

erſte

preußiſde

Gardediviſion

biwafirte

nad beendetem Gefecht bei Burgersdorf , die z w eite Dis vifton ſüdlich von Trautenau ; jene ſuchte die Verbindung mit dem heut bei Staliß Flegreichen fünften Armeekorps, dieſe die Verbindung mit dem am vorigen Tage von Trautenau zurüds gegangenen erſten Armeeforps auf. Deſterreichiſcher Seits famen am 27. und 28. Juni bei Traus tenau vorzugsweiſe ins Gefecht die Regimenter Graf Mazzuchelli Nr. 10 (Polen) , Parma Nr . 24 ( Polen) , Kaiſer Alexander von Rußland Nr . 2 (Siebenbürger),

Airoldi Nr. 23 (Militärgrenze),

Raiſer Franz Joſeph Nr. 1 ( Deutſche), Bamberg Nr. 13 ( Italiener),

14 *

204

Erzherzog Stephan Nr. 58 (Kroaten), die Jägerbataillone Nr. 12 (Polen), Nr. 16 ( Deutiche), Nr. 28 (Siebenbürger), Windiſchgräß : dragoner ( Deutſche, Böhmen ) und das 3. Artillerieregiment ( Deutſche und Ungarn). Auf denſelben Gefilden, auf welchen am 28. Juni die preußis ſchen Garden ihren erſten Sieg in dem Feldzuge von 1866 ges wannen , ſchlug Friedrich II. im zweiten ſchleſiſchen Krieg am 30. September 1745 mit 23,000 Preußen 33,000 Deſterreicher unter Karl von Lothringen .

Die Preußen lagerten 1745 vor der

Schlacht mit dem rechten Flügel gegen Burfersdorf (Burgerss dorf), mit dem linken hinter Raatſch , Staudenz vor ihrer Front. Prinz Karl von Lothringen hatte ſeinen linken Flügel hinter Burfersdorf (Burgersdorf), den

rechten

hinter Praußniß ;

Soor

(Sorr oder Sohr) hinter ſeinem rechten Flügel. Das entſcheidende Manöver Friedrid )e war an dieſem Tage eine Rechtsſchwenkung mit beweglichem Drehpunkt , durch welche er Burgersdorf vor ſein Zentrum brachte und zwiſchen Burgersdorf und Rogniß mit ſeinem rechten Flügel die Oeſterreicher überragte. Die Bewegungen der Ravallerie Friedrichs am 30. September 1745 feßen bei dieſem Terrain in Erſtaunen. Am 28. Juni

1866 waren die Preußen und Deſterreicher

nach den Verluſten , welche Gableng am 27. Juni gehabt hatte, ungefähr gleich ſtarf, 25,000 M. gegen 25,000 M. Bei genauerer Anſicht der Verhältniſſe wird es augenbliclich auffallen, daß Gablen ß verſäumte, fich auf ſeinem Marſche von Trautenau nach Praußniß in ſeiner linken öftlichen Flanke

auf

genügende Entfernung hin aufzuflären. In der That ward er von der Brigade Keſſel bei Staudenz geradezu überfallen. Und dies ward entſcheidend.

Alle Anſtrengungen Gableng's , alle ſeine Ein

ficht war nun vergebens . Er brachte immer nur eine Brigade nach

205

der anderen zum Vorſchein und konnte auf keinem Punkte das Gefecht völlig wiederherſtellen. Man kann Gablenß von dem Au genblick ab,

wo der Kampf bei Staudenz begann,

mehr nachweiſen ;

keinen

Fehler

ſein Fehler liegt vorher und er hatte offen

bar dieſelbe Urſache, wie ſo viele ähnliche unter ähnlichen Umſtäns den begangene. Am 27. Juni wirklich ſiegreich dachte am 28. Juni Gableng nicht genug an ſeine Sicherung.

8.

Gefechte von Königinhof, Schweinſchädel, Salner und

Jaromierz am 29. und 30. Juni.

Die erſte preußiſche Garde diviſion , welche nach voll endetem Sieg am 28. Juni , wie wir geſehen haben, bei Burgers dorf fampirte, hatte die Brigade Reifel an der Þauptſtraße v on Ir autenau

nach

Königinhof

vorgeſchoben.

Ober

Soor blieb die Nacht über auf den 29. noch von den Deſterrei chern und zwar von einem Theile der Brigade

Fleiſ

ha & er

des vierten Rorps beſetzt, welche von Prausniß abziehend Hier den Rückzug des zehnten Rorps deckte. Am frühen Morgen des 29. Juni räumte die Brigade Fleiſch hacker das Dorf Soor und marſchirte nach Königinhof, wo fie aufs

Neue Stellung

Morgen

des 29. ſeine

ftadil ,

um

nahm . Biwaks

über Maſtig,

Trzemeſchna und

Das zehnte Korps verließ bei

Neuſchloß

Böhmiſch

am

und Neu -

Praußniß ,

Weiß

Daubraw iß hinter Königinhof weg

gegen

Dubeneß zu ziehen . Am Vormittag des 29. Juni erhielt die

Brigade Reſs

ſel den Befehl, um Mittag aufzubredien und über Retten : dorf gegen Königinho f vorzugehen . Oberſt v. Reſſel ſuchte vor allen Dingen ſeine Verbindungen

206

nach links und rechts herzuſtellen. Während er nur eine Escadron ſeiner Gardehuſaren direkt zur Rekognos ziring gegen Königinhof entſendete, ließ er eine andere Schwadron

über Keßel 8 dorf

auf Neuſtadt1 gehen . Sie ſollte dort die Vortruppen des 1. Ars meeforp8

aufſuchen ,

welches

auf die Runde vom Gefecht und

vollends vom Siege der Garde bei Burgersdorf ſofort wieder von Golden ölje über Trautenau aufgebrochen war , um von da auf Pilnifau , Arnau und Dels zu marſchiren. Ein Zug Huſaren /

Schwadron ) ward von Reflel nach

Gradli ß entſendet, um die Verbindung mit dem bisher immer fiegreichen Korps von Steinmeß aufzuſuchen. Die direkt gegen Königinhof vorgeſendeten Huſaren meldeten alsbald, daß die Vors ftädte, die Obere Vorſtadt, die Podharder,

die Schindel- Vorſtadt

und die Gradlißer Vorſtadt ſtark von den Oeſterreichern beſeßt ſeien . E8 Preußen

ftand aus

dort das

Regiment

der Bundesfreundichaft

Coronini von

1864

Nr .

6,

den

wohl befannt.

Es war dasſelbe Regiment , welches zuerſt in die Stadt Schless wig einrüdte, nachdem de Meza

die Verſchanzungen des Dannes

werfs geräumt hatte, unterſtüßt ward dasſelbe von dem Regiment Mensdorff Ulanen * )

Nr . 9 - welches

als

Dragonerregiment

*) Inter Ulanen verſteht man heute ſtets Lanzenreiter, in Frankreich und Italien werden dieſelben auch Lanciers oder Lancieri genannt, wie ſie in Deutſchland noch zu Anfang des 17. Jahrhunderts Lanzirer geheißen wurden. Seit dieſer Zeit aber verſchwanden aus den Armeen des civififirten Europas die Lanzirer gänzlich ; die Kavallerie beſtand hier nun vorläufig nur aus Reitern ( Küraſſieren) und Dra gonern , die Rich aus der Truppe der Arkebuſiere zu Pferd als eine eigent liche leichte Kavallerie entwidelt hatten. Erſt am Ende des 17. Jahrhunderts tauchte wieder in den europäiſten Reiterelen eine neue leichte Kavallerie auf, und dieſe ward nach dem Muſter der Inſurrektions- oder Voltsreitereien zweier öſt= Ticher, minder civiltfirter Nationen gebildet. Nach dem Beiſpiele der ungariſchen Inſurrektion entſtanden die Huſaren (Huszaren), welde ihren Namen daher füh

207

fchon 1640 errichtet, dann unter dem Inhaber FM. Kinsky 1802 in ein Chevauxlegers-Regiment verwandelt, erſt 1851 Ulanenregis ment geworden iſt

– und von 2 Batterieen .

Sobald die Spiße der Brigade Keſſel auf die Höhen ſüdlich Rettendorf gelangte,

überſah fie das Thal der obern Elbe, beſſer

aber noch als das linke Elbufer und Röniginhof mit ſeinen weit läufigen

Vorſtädten

das

rechte Elbufer,

an

welchem eben

die

Brigade Mondel auf Lipniß und Daubrawiß im Marſch war. Kefſel ließ ſeine Artillerie an dem Abhang zwiſchen der Pod harder Vorſtadt und Neudorf auffahren, um

Königin

hof zu beſchießen, wobei von den weit gehenden Geſchoſſen mehr als Königinhof

die jenſeits

der

Elbe grad

vorübermarſchirende

Brigade Mondel abbekam. Die Infanterie der preußiſchen Avant gardebrigade mußte unterdeſſen vorgehen.

An ihrer Spiße befand

fich das 3. Bataillon des Gardefüfilierregiments nebſt den beiden erſten Kompagnieen des Gardejägerbataillons, vereint unter Befehl des Oberſtlieutenant Graf Walderſee

dem

vom Gardefüfiliers

regiment. Dieſer, ſobald er nahe genug gekommen, entwickelte ein heftiges Schüßenfeuer gegen die nördlichen Vorſtädte und begünſtigt von demſelben rückte nun auch die Artillerie weiter gegen Königins hof vor und beſchoß

dieſes ernfilich. Seine Infanterie entwickelte

Keſſel vorzugsweiſe an der Straße von Königinhof nach Grad , liß , alſo

auf ſeinem linken Flügel,

wo

die Oeſterreicher fich

in den hochſtehenden Kornfeldern eingeniſtet hatten. Die Preußen

ren , daß der zwanzigſte Mann von den Magnaten aufgeſtellt werden mußte ; nach dem Muſter des polniſchen Aufgebots ( Poſpolite rudzenie) entſtanden die Ulla- * nen, deren Name daher kommt, daß von jeder Sufe ein Mann geſtellt werden mußte. Die Deſterreicher ſchreiben Uhlanen. Dazu iſt kein Grund ; das ( im Ulan iſt ein hartes 1 und würde im Deutſchen noch viel eher durch ein doppeltes I (ll) als durch ein vorgeſdobenes h wiedergegeben werden .

208

*

warfen

hier ſtets kleine Schüßengruppen

ſchnell Terrain gewannen

vor,

und

ſobald dieſe

„ affenartig “, wie die höher gebildes

ten Journale Wiens fich ausdrückten,

erhoben fich die öſterreichis

fchen Soldaten um zurückzugehen. Die Preußen machten dann au: genblidlich Halt und gut zielend

ſtreckten ſie die nicht fliehenden,

ſondern einfach nach Vorſchrift weichenden, öſterreichiſchen Soldaten nieder. Wir erwähnen dies zufällig hier ; es kam aber das Gleiche in allen Gefechten dieſes Feldzuges in mehr oder

minder bedeus

tendem Umfange vor. Die Erfolge, welche dabei von den Preußen errungen wurden ,

kommen ſicherlich nicht allein auf das Zünda

nadelgewehr. Wir haben über den Gegenſaß, der auch hier wieder auftritt, einerſeits einer Truppe, in die der Gedanke des Vorwärts konzentrirens gelegt iſt, andererſeits einer ſolchen , in die der Ges danke des Rückwärtskonzentrirens gelegt iſt,

des

ewigen neuen

Stellungnehmens weiter rückwärts , uns deutlicher und eingehender auszuſprechen mannigfache Gelegenheit gehabt. namentlich

auf unſere

Darſtellung

Wir möchten hier

der Treffen

von Montebello

( 1859) und Calatafimi ( 1860) verweiſen . Mensdorff - ulanen

verſuchten

aufzuhalten, indeſſen dies

das

Vordringen der

Preußen

gelong ihnen nicht und die

Brigade

Reſſel drang nun vielmehr in die Stadt ein. Dieſe war von ihren Einwohnern faſt gänzlich verlaſſen ;

das Regiment

Coronini

hielt ſich mit einzelnen Abtheilungen in ihr. Die Preußen drangen ſchleunigſt durch die Hauptſtraße gegen die Elbbrücke vor, ein bes feſtigtes Haus ward geſtürmt, die Elbbrüđe beſeßt. Dadurch wur den alle noch in der Stadt befindlichen öſterreichiſchen Abtheiluns gen abgeſchnitten

und nun mit leichter Mühe gefangen

gemacht.

In dem Straßenkampfe erbeutete der Füfilier Bochnia des 1. Gardes regiments zu Fuß eine Fahne des Regiments Coroniui. Die Bris gade Keiſel nahm 'nach dem Gefect in und vor Königin

209

hof Stellung. Der Elbübergang war hier von den Preußen mit unglaublich geringen Opfern , 68 Todten , Verwundeten und

Ver

mißten erſtritten worden . Unmittelbar nach

der Erſtürmung von Königinhof formirte

die erſte Gardediviſion eine neue ſtärkere Avantgarde unter dem Befehle des General v . Alvensleben , während die Brigade Keiſel ward .

als leichte Brigade in

Am 30. Juni ging

die Diviſton

zurückgenommen

ein Theil des Gardeforps über Grad -

liß auf I u l u 8 vor und eröffnete hier ein Artilleriegefecht gegen die beiden Brigaden Saffran und Herzog Wilhelm von Würtemberg des 2. Armeekorps, welches Benedef von Joſephs ſtadt auf die Höhen von Sarney und Raſow vorgeſchoben hatte. Die Ranonade begann ſchon um fünf Uhr Morgens ; Benedeck ließ die Artillerie ſchübreſerve des

der beiden

genannten Brigaden durch die Ges

2. Rorps unterſtüßen

und die

Preußen,

welche

hier keinen ernſten Angriff beabſichtigt hatten, gingen über Grad liß auf Rettendorf zurück,

Vormittags um 7 Uhr. Nachmits

tags ſchoben ſie wieder eine kleine Abtheilung vor und

es

fam

abermals zu einer kurzen und unbedeutenden Kanonade. Das 6. und das 8. öſterreichiſche Korps hatten in den Tref fen vom 27. und 28. Juni bei Nachod und Staliß außerordents liche Verluſte gehabt. Benedef zog ſie daher am 29. aus der Stels lung von Trebelow

zurück.

Statt ihrer ſollte

das

vierte Armees

korps, Feſtetics , in dieſe Stellung vorrüden . Die erſten vers fügbaren Brigaden des vierten Korps, Þö ďf und Erzherzog Joſeph , von denen die erſtere auf der großen Straße von Ja romierz nach Skaliß, die lektere rechts davon vorging, trafen bei Dolan

mit ihrer Avantgarde

auf eine Refognoszirungsabthei

lung des preußiſchen Korps von Steinmeß .

210

Die öſterreichiſche Avantgarde wich auf ihr Gros zurück und die Preußen folgten ſephſtadt, liß retirirten .

bis in

das Geſchüßfeuer

der Feſtung 30s

aus welchem fte nach kurzer Kanonade gegen Sfa Das vierte Korps Benedeks

nahm darauf am 29.

Nachmittags zwiſchen Chwalfowiß , Trebeſow und Schwein : fchädel Stellung, den rechten Flügel an die 4 up a gelehnt. Das Korps von Steinme ß war begreiflicher Weiſe durch die harten Kämpfe gegen überlegne Streitkräfte, ſtehen gehabt hatte, ſerve

ſehr geſchwächt,

welche es zu bes

es ſollte daher

zurückgenommen und auf dem

in die Res

linken Flügel

des Heeres

des Kronprinzen durch das ſechste Rorp $ erſeßt werden , wels ches nach ſeiner Demonſtration in öſterreichiſch Schleſten hinein , ſo eben durch die Grafichaft Glaß nachrüdte.

Die erſte Brigade,

welche vom 6. Korps herankam, die zweiundzwanzigſte, ward vors läuftg dem Korps von Steinmeß zugewieſen .

Dieſer rückte darauf am

30. Juni Nachmittage

Stellung des öſterreichiſchen vierten Korps vor. gade

P ö cf marſchirte

die Brigade

gegen

die

Hinter der Bris

Brande n ſte i n ,

hinter

der Brigade Erzherzog Joſeph die Brigade Fleiſch hacer des genannten öſterreichiſchen Rorps auf.

Nach kurzer Kanonade

gin

gen die Oeſterreicher von Schweinſchädel auf Salney und

I a

romierz zurück. Benedef hatte

beſchloſſen,

alle ſeine Kräfte zu einer Haupts

chlacht zu konzentriren . Das zehnte, zweite, vierte, ſechste und achte Armeeforps ſtanden am 30. Juni Abends zwiſchen GroßsBürgs liß , Jaromierz und Joſeph ft adt.

9.

Rückblicke und Vorbliche.

Nachdem wir nun rein thatſächlich erzählt haben, wie fid, die Dinge vom 23. bis zum 30. Juli auf dem böhmiſchen

Kriegss

211

ſchauplaße geſtalteten,

iſt es an

zufaſſen und auch zu erwähnen ,

der Zeit,

ein wenig

zuſammen

wie die Dinge in Europa

ers

ſchienen , ſtets ein ſehr wichtiger Punft. Von der preußiſchen zweiten Armee, derjenigen des Kronprins zen , konnte nach dem

Siege der Garde bei Soor

am 28. Juni

das erſte Armeeforp8 , Bonin , welches am 27. bei Trantenau unterlegen war, ohne Anſtand vorgezogen werden . Pilnifau, beſepte Arnau und Neuſch 10 ß

Es ging über

und

ſchob

ſeine

Avantgarde nach Oberpraußnitz am rechten Ufer der Elbe ; es bildete den rechten Flügel der Armee des Kronprinzen. Das Zentrum derſelben hatte die Garde , welche nach dem fiegreichen Gefecht von Königinhof mit ihrer erſten Diviſion die Gegend der genannten Stadt beſepte, während ihre zweite Di viſion bei Rettendorf Stellung nahm. Auf dem das

linten Flügel ward am 30. Juni und 1. Juli

fünfte Ao r P 8

ſechste Korp 8

Steinmeß Mutius

allmälig

durch

das

abgelöſet und trat in die

zweite Linie zurück. Zugleich wurden

die Reſerven der Artillerie

und Ravallerie

an die Elbe nachgezogen .

So bei der Armee des Kronprinzen . Der Prinz Friedrich Karl rückte mit der erſten Armee nach dem ſiegreichen Treffen von Gitſchin vom 29. Juni mit ſeinen Vortruppen am 30. Juni und 1. Juli bis Ho rz iß vor. Der General Herwarth von Bittenfeld , noch bei Mün ch e ngräß und jungbunzlau

zurückgeblieben,

von

wo er ſüdwärts ftreifte, fonnte mit ſeiner Vauptmacht in einem ſtarfen oder zwei kleinen Märſchen in die Gegend von Gitſchin vorgezogen werden. Von Horziß , wo ſchon am 30. Juni die Vortruppen des

212

Prinzen Friedrich Karl ſtreiften , bis nach Böhmiſch - Prauß : niß , wo die Vortruppen des Bonin’ſchen Armeekorps

oder bis

Königinhof, wo die erſte Gardediviſion ſtand, beträgt die Entfer: nung nicht mehr als 14/2 deutſche Meilen . Gitdin , das Hauptquartier des Prinzen Friedrich Karl, war von Deutſch - Þra uß niß (nicht zu verwechſeln mit Böhs miſch - Praußniß oder Ober- Praußniß) nicht weiter entfernt als 5 deuts ſche Meilen , — 2 Stunden für tüchtige Ordonnanzreiter , wenn Relais eingerichtet find.

Dieſe Konzentration war am 30. Juni

bereits erreicht. Die Verbindung zwiſchen den beiden Armeen war durch Seitenforps völlig hergeſtellt und geſichert. Man fann ſagen, am 1. Juli konnte das geſammte preußiſche Heer, die Armee des Generals Herwarth nicht ausgeſchloſſen, von Smidar bis Jaromierz auf einer Front

von nicht mehr

als höchſtens 6 Meilen konzentrirt ſein . Am 30. Juni kam der König Wilhelm von Berlin in Reichenberg an, um nun in Perſon den Oberbefehl über die bereits konzentrirte Armee zu übernehmen ; noch an dem gleichen Tage ging er nad, dem Fürſtlich Rohan'ſchen Schloſſe Sidro w ( Sicherhoff) weiter, von wo er ſein Hauptquartier erſt am 2. Juli nach Gitſch in verlegte. Die vom 29. Juni, dem Tage des Tref fens von Gitſchin datirte Proklamation ward erſt am 3. Juli Mors gens den Truppen vorgeleſen. Mit ihr übernahm der König wirts lich den Oberbefehl. Benedef 8 verſchiedene Armeeforp8 hatten in der Zeit vom 26. bis 30. Juni ſämmtlich Schläge bekommen, der öſterreichiſche Feldzeugmeiſter war mit dem genannten Tage auf den beſchränkten Raum gebannt, welcher ſich am rechten Elbufer vor í ö.nig gräß zwiſchen der Elbe , der Trotinta und der Biſtri (Zufluß der Czidlina) ausdehnt.

213

Falſche Nachrichten

werden wohl in jedem Kriege verbreitet

werden , auch von wahrheitsliebenden Männern , ſehr gegen ihren Willen ;

es wird auch wohl ſtets von nicht wahrheitsliebenden

Männern über Kriegs ereigniſſe ſehr abſichtlich und aus ſehr be : ſtimmten Gründen gelogen werden . Aber ſo unverſchämt, wie über den Feldzug, deſſen Thatſachen mir bisher erzählt haben, iſt doch noch nie gelogen worden. Acht Tage lang ward ein ſehr großer Theil Europas in den Wahn gewiegt, die Deſterreicher ſeien durchaus fiegreich. Es war keineswegs die öſterreich iſdy e Preſſe allein , welche an die Siegestelegramme glaubte und ſie verbreitete ; im Gegen theil

es

war

beſonders

die

Preſſe

in

Süd-

und

Weſt

deutſchland , welche ingrimmig an der Täuſchung aller Welt arbeitete.

Wenn unſere Stammältern für ihre Neugierde durch Verjagung aus dem Paradieſe beſtraft wurden , ſo wurden die Wiener Jours naliſten für die ihrige durch die Verhängung des Belagerungs zuſtandes — feiner belcrediſch ausgedrückt : ,, Ausnahmezuſtandes " über das getreue Wien und Niederöſterreich, beſtraft. Aber dieſe Strafe fam erſt ſpäter ; Ende Juni und Anfang8 Juli war den Herren Auranda und Genoſſen

die geographiſche

Neugier noch nicht unterſagt. Wenn fie nun eine Karte betrachteten , ſo wurden ſie über ihre eigenen Telegramme ſtupig.

Woher kam es denn , daß jeder

Sieg eines öſterreichiſchen Rorpo dasſelbe um einen mäßigen oder auch unmäßigen Tagmarſch zurückbrachte ? Daß die ,,Strategie "

unergründliche Tiefen habe , war zwar

ein Troſt ; indeſſen mußte doch

auch dieſer bei der Betrachtung

ichwinden , mit welcher Geiſtloſigkeit und flagranten Unfenntniß die

militäriſden

Blätter Wiens ,

denen

man fo

gern

T

214 ,

ein beruhigendes Urtheil überlaſſen hätte , die Vorgänge auf dem Kriegsſchauplaß behandelten. „ Wir werden ſchlagen , wenn wir des Erfolges ficher find ; dann fann uns der Sieg nicht fehlen , “ ſagte eins

dieſer militäriſchen Blätter.

Ja ,

das wußte

ſo ungefähr

jeder Zeitungsſchreiber. Nun kam auch wieder der tiefe Plan Benedefe zur Sprache; aber was bedeutete alle „ Tiefe " noch neben ſo tiefen Ausſprüchen , wie fte ein militäriſches Fachblatt " von fich gab. nirt , den ; mit

Die Preußen daß

jie

ſie würden

hieß es — feien ganz fonſter :

gar

keinen

bald

fühlen.

ihrer Konſternirtheit,

fanden ,

eines

ſchönen

bloß

Tags

in

weil

für möglich ?

vor

fid

wenn

fäns

die Preußen

ſie keinen Feind vor fich

Wien

vielleicht die öſterreichiſche Regierung preußiſchen Verblüfftheit

Feind

Aber wie ,

einrückten ?

Hielt

nicht

ſelbſt derartige Folgen der Ließ fie

nicht mächtig bei

Florisdorf ſchanzen ? Indeſſen,

am

erſten Juli Morgens

Wien und ganz Oeſterreich

ward plößlich

jäh aus ſeinem Traume geriſſen. Es

war ein einfaches ſehr kurzes Telegramm

Benedefs ,

welches

dieſes Wunder bewirfte. Das Telegramm,

datirt

von Duben eß , zwiſchen Groß

Bürgliß und Jaromierz , den 30. Juni Nachmittags 6 Uhr mel dete, daß Benedef durch das Zurückweichen ( I am 8 und der Sachſen ſich genöthigt ſebe, ſeine Armee auf Königgräß zu konzentriren . Zu dieſem Telegramm, welches in der Geſchichte dieſes zuges wirklich Epoche

macht,

wüſſen wir

uns

Feld

nothwendig einige

Bemerkungen geſtatten . Jeder ,

der dem Gange unſerer Erzählung gefolgt iſt , weiß ,

daß dieſes Telegramm nicht die Wahrheit ſagte. Wäre die Hauptmaſſe der öſterreichiſchen Kräfte gegen die Armee des Krons

215

prinzen von Preußen ſiegreich geweſen, während Clam von der Armee des

Prinzen Friedrich Karl zurückgedrängt ward ,

ſo lag

durchaus kein Grund für Benedek vor, ſich auf Königgräß zu fons zentriren. I am - Galla 8 mit feinen 60,000 M. fonnte gegen die 120,000 M.des Prinzen Friedrich Karl und Herwarth 8 von

Bittenfeld

poſitive Siege erfechten.

unmöglid

Wohl

konnte er aufhalten und -- wir haben ſchon früher darauf auf. merkſam gemacht und wiederholen es andern Operationsſyſtem länger

er fonnte bei einem aufhalten,

als er

es gethan

hat. Indeſſen bei der Löfung ſolcher Aufgaben muß man ſtets dem Zufall ſeinen Antheil laſſen und es iſt die Pflicht des Oberfeldherrn, derartigen detachirten Korps eher zu wenig als zu viel zuzumuthen . Was hatte nun Benedet mit der Hauptmaſſe ſeiner Sträfte vom

26. bis 30. Juni gegen die

Armee des

Kronprinzen von

Preußen gethan ? Gegen ſich hatte er, da das 6. Korps noch nicht herangekom men war, höchſtens 90,000 M. Infanterie und Ravallerie. Er gebot über das 6. , 8. , 10 , 4. und 2. Korps, alſo über 5 Armeekorps und mehrere Ravalleriediviſionen.

Nach den Nor

maletats mußte er 160,000 M. gegen jene 90,000 Preußen haben. Will man von ſeinen Kräften 1/4 abſtreichen und annehmen , daß die Preußen ganz vollzählig waren , ſo ſei auch dies ! dann blieb Benedet immer noch mit 120,000 M. und 500 Geſchüßen gegens über 90,000 Preußen mit etwa 300 Geſchüßen. Es ftanden alſo, wenn wir nach früher geſagtem die Geldüße auf Mannſchaft res duziren, 170,000 Deſterreicher gegen 120,000 Preußen . Siegte nun Benedef mit

dieſer Uebermacht ?

Keineswegs !

Eines ſeiner Rorps nad dem andern ließ er von den Preußen dlagen . Nicht einmal brachte er eine entſchiedene Uebermacht vor ;

º

216

auch am 28. Juni bei Sfaliß nicht, an dem einzigen Tage, an welchem eine Ausſicht dazu vorhanden war. Dieſe fämmtlichen einzelnen Niederlagen der Hauptarmee Benedefs ,

nicht

das

Zurüdweichen

von Clam - Gallas ,

waren der Grund , welcher den Feldzeugmeiſter -Oberkommandanten zwang, feine Armee

auf Königgräß

rückwärts zu

fons

zentriren. Nachdem wir dieſe offenbare Unwahrheit in dem Telegramm gerügt haben, müſſen wir nun doch weiter ſagen, daß dasſelbe den niederſchlagenden Eindruck, welchen es auf die Wiener Bevölkerung und auf die Wiener Journaliſtik thatſächlich machte, uns möglich hätte machen fönnen , wären dieſelben bis dahin wahr gegen ſich ſelbſt geweſen. auch

Denn es blieb ja nun

nad

dem Telegramm

Benedefs noch immer jener große Moment der Entſcheidung, auf welchen das öſterreichiſche Volf ſtets verwieſen worden war ; in welchem fich der tiefe

Plan

enthüllen ſollte.

Die Zeit der Ents

ſcheidung war nur jeßt näher gerü đt. Welcher Grund lag alſo vor , gerade in Folge des Benedek'ſchen Telegramms plöblich zu verzweifeln ?

Die Verzweiflung war offenbar ſchon vorhanden

geweſen und man hatte ſie nur verſteckt. Bevor wir in unſerer Erzählung weiter gehen, wollen wir jeßt nur noch eines charakteriſtiſchen Vorfalles erwähnen, welcher in die leßten Junitage fällt. Zu dieſer Zeit ward nämlich in Wien ein preußiſches gezogenes Geſchüß herumgeführt, welches angeblich den Preußen abgenommen ſein ſollte. fangene verloren , wie es bei

Die Preußen hatten wohl Ges

den Gefechten in Dörfern und in

einem ſehr durchſchnittenen Terrain nicht gut anders ſein konnte, aber in äußerſt geringer Zahl. Trophäen , - Geſchüße oder Fahnen hatten fie aber gar nicht eingebüßt , auch das erſte Armeekorps

217

nicht, welches bei Trautenau. am 27. Juni zurückgeſchlagen nur in der größten Gefahr geweſen war , eine Fahne zu verlieren. Woher fam nun das preußiſche Hinterladungsgeſchüß, welches in Wien Triumphfahrten machte ?

Die preußiſche Regierung ließ

offiziell erklären : dieſes Geſchüß fönne kein anderes ſein als jenes, welches

der

König

von

Preußen

dem Kaiſer

Franz

Joſeph , da ſie noch gute Freunde waren , zum Geſchenk ges madt habe !

10. Die Schlacht von Königgräß am 3. Juli 1866. A. Stellungen der Armeen des Prinzen Friedrich Karl

.

und des Generals Berwarth von Bittenfeld am 2. Juli.

Entſchluß zum Schlagen .

Wir haben die Stellung der Armee des Prinzen Fried , rich Karl ſeit dem Treffen von Gitſchin bisher nur im udges meinen angegeben, ſoweit es nothwendig war, um ihren Zuſammens hang mit der Armee des Kronprinzen aufzuweiſen. Bei der wichtigen Rolle, welche ſie am 3. Juli ſpielte, wird es jeßt nothwendig, ihre Stellung am 2. Juli des Genauern aufzuführen. Vom linken Flügel angefangen ſtand das dritte Korp.8 mit der ſechsten Diviſion - Mannſtein , bei Miletin , mit der fünften Diviſion –· Tümpling , jeßt nach deſſen Verwun dung bei Gitſch in von General v. A amie nøfy fommans dirt — bei Dobe8 , mit der Reſerveartillerie bei Wilfa n o w und R I. Miletin ;

das vierte Armee for p 8 mit der ſiebenten Diviſion , Franſe of y , bei vorziß , mit der achten Diviſion - Horn , - bei Obergutwafier , mit der Reſerveartillerie bei şos ;

10 wou

das zweite Korps in Reſerve mit der dritten Diviſion, Trüftow , d. Krieg. 1866. 15

218 oft romer , mit der vierten und der Res

Werder , bei

ſerveartillerie bei Domos 1 a w i ß und A ujezd Syl war u ; das

Reſervefavallerie forps des

Prinzen Albrecht

zwiſchen Untergutwaſſer , lis fo w iß und Baſch ni B. Das Hauptquartier des Prinzen Friedrich Karl befand fich zu Kameni ß . Die Armee des Generals Herwarth v. Bittenfeld , unter den direkten Befehl des Prinzen Friedrich Karl geſtellt, fam am 2. von Münchengräb her nach Smidar. Der 2. Juli

König

Wilhelm

Morgens

von

Preußen

fein Hauptquartier

verlegte

nach Gitfchin.

am

Prinz

Friedrich Karl ließ den Befehl zu genauer Beobachtung des Feindes zurück und begab ſich nach Gitdin , um dem Rönig feine Mels dungen zu erſtatten und ſeine Befehle entgegenzunehmen. Im Hauptquartier

des Königs herrſchten

über die

Pläne

der Deſterreicher Anfichten , welche bis jeßt auch der Prinz Fried . rich Karl theilte. Die Kolonnen Benedeks ,

auf allen Linien zurückgeworfen,

konzentrirten fich, das war klar, — Benedef, ſo dachte man, würde eine neue

Aufſtellung

nehmen

für

eine

entſcheidende Schlacht.

Aber wo ? Im preußiſchen Hauptquartier ward angenommen , Benedek werde ſeine neue Aufſtellung für eine Defenſiv ſchlacht auf dem linken Elbufer nehmen und zwar zwiſchen den Feſtungen J0 fephſtadt und Königgräß , ſo daß er Front nach Weſten , die Elbe vor fich habe. Dieſe Stellung, welche man dem öſterreichiſchen Obergeneral, in der Vorausſeßung diftirte ,

erſchien

dem preußiſchen þaupt:

quartier ſehr ſtark. Wir unſererſeits vermögen dies nicht ganz zu verſtehen .

Bei

219

der Stellung der Armee des Kronprinzen an der obern Elbe war es dieſer leicht, durch einen Linfsabmaríd die öſterreichiſche Stellung in die rechte Flanke und den Rücken zu faſſen , ohne daß fie deß halb außer Verbindung mit der Armee des Prinzen Friedrich Karl und Herwarths fommen mußte, welche gegen die obere Elbe gleich falls links abmarſchiren konnten , ohne daß dies

übermäßige Ans

ſtrengungen vorausſeşte. Wir hatten, nach dem was uns bis zum erſten Juli über die Bewegungen der Armeen bekannt ward, die Anſicht, Benedet werde am rechten Elbufer Stellung nehmen, mit dem rechten Flügel gegen Königgräß , mit dem linken gegen Chlume3 hin an die Seen der untern Biſtriß in der Gegend von Altwaſſer ge lehnt ;

er würde ſeine Hauptreſerven hinter dem rechten Flügel

halten und für zahlreiche Brücken zwiſchen Königgräß und Pardu biß

einerſeits ,

zwiſchen

Pardubiß

und

Przelautſch

andererſeits

ſorgen . Pardubiß war der Hauptrückzugspunkt. Marſchirten

die Preußen jeßt rechts ab , um ihn in der

Front anzupacken , ſo war dieſe Stellung vortrefflich, auf ihrem ſinken Flügel faſt unnahbar, was geſtattete, daß Benedek auf dem rechten Flügel ſeine Hauptkräfte vereinigte und hier auf dem für die Preußen gefährlichſten Punkt bedeutende Erfolge gewann . Ward er geſchlagen ,

ſo

ging

ſein

Rückzug

über

Pardubiß , vor

welchem in paſſendſter Entfernung die Reihe der Teiche von Bohs daneß einen vortrefflichen großen Brückenkopf bildet. Wollten die Preußen mit ihrem Rechtsabmarſch an die Elbe nach Podiebrad

oder Stolin kommen ,

um unterhalb

der

Stellung Benedefs den Fluß zu überſchreiten , ſo mußten ſie zeit weiſe getrennt ſein und Benedek konnte auf einem Ufer über einen ihrer Theile herfallen. Marſchirten die Preußen links ab, um die Elblinie zwiſchen 15 *

220

Joſeph ſtadt und Königgräß zu umgehen , ſo konnte Bes nedef ihrem rechten Flügel mit überlegenen Streitkräften augen blicklich folgen , ohne die geringſte Gefahr, da ihm im Nothfall nodi der Rückzug über Kolin oder ſelbſt über Prag blieb, oder er konnte an’s linke Elbufer gehen und hier , auf die udler ges ſtüßt, wieder mit überlegenen Kräften die Spiße der Preußen angreifen.

Man ſieht alſo, daß dieſe Stellung für alle Fälle gut, wenn auch für den einen beſſer als für den andern war. Deßhalb glaubs ten wir, Benedek fönn e gar nichts Anderes thun als ſie wählen. Die ſtrategiſchen Vortheile lagen auf der Þand ,

für das Ges

fecht, inſofern die Preußen zum Angriff auf die Poſition ſchritten , war dieſelbe, richtig benußt , durchaus nicht ſchlecht. Gefect ließ fich viel aus ihr machen . Welche Stellung Benedef wirklich nahm , ſehen ,

welche Abſichten

man bei

ihm

Auch im

werden wir bald

am 2. Juli Vormittags

im preußiſchen Hauptquartier vorausſeßte, haben wir bereits

ges

ſehen. Auf Grund dieſes und da die preußiſchen Truppen in den leßten Tagen keineswegs Ruhe und Erholung gehabt hatten, viel mehr

ſehr bedeutend

angeſtrengt worden

waren ,

wünſchte

der

König von Preußen , ſeiner Armee einen oder auch zwei Ruhetage zu gönnen. Wartete Benedek hinter der Elbe , ſo verlor man dabei nichts, neue Verſtärkungen fonnte der Feind doch nicht mehr heranziehen. Prinz Friedrich Karl verließ Gitic in um Mittag des 2. Juli mit der Abſicht, für ſeine Armee in den Stellungen , die fie heute eingenommen hatte, einen Ruhetag zu befchlen . Er fam um 41/2 Uhr in ſein Hauptquartier Kameniß zurück und ward hier ſofort mit einer Anzahl von Meldungen bes

221

ſtürmt, welche den Dingen ein durch aus anderes Geficht gaben und nothwendig zu andern Entſchließungen führen mußten.

Von der ſiebenten Diviſion , welche von Horziß ihre Portruppen in der Richtung auf Gr. Jerziß gegen die Biſtriß vorgeſchoben hatte , war der Rapport eingelaufen , daß von 8 Uhr früh bis 3 Uhr Mittags eine ſtarke öſterreichiſche Rolonne durch Gerefwiß marſcirt ſei, um dann weiter ſüdlid bei lipa an der Straße von Königgräß gegen Forziß ein Lager zu beziehn . Man ſchäßte dieſe Kolonne auf 30,000 bis 35,000 M. Weitere Meldungen ließen keinen Zweifel darüber , daß zwis Ichen der Elbe und Biſtrig mindeſtens das 1. , 4. , 3. und 10. öſterreichiſche Armeekorps und die Sachſen ſtänden. Gleichzeitig erfuhr man , daß die Deſterreicher Detachements an's rechte Ufer der Biſtriß

vorſchoben

und

die

Dörfer

Czernutel , Dub und Mich an ſtarf beſepten . Ein preußiſcher Generalſtabsoffizier, der mit ſtarker Kavalleries bedeckung am 2. Juli Vormittags zum Rekognoſziren gegen Dub vorging, war dort in ein ſcharfes Gefecht mit öſterreichiſchen Ulanen verwidelt worden . Hielt man alle dieſe Wahrnehmungen zuſammen, ſo ergab fich flar, daß die Defterreider mit ſehr bedeutenden Kräften zwiſchen der Biſtriß und der Elbe ſtanden.

Die Frage fonnte nur

noch die ſein , ob ſie ſich dort , den preußiſchen Angriff abwartend, um demſelben dann vertheidigungsweiſe entgegenzutreten , verhalten wollten , oder ob ſie aggreſſiv vorgehen wollten , ſei es nun gegen die Armee des Kronprinzen , ſei es gegen dies jenige des Prinzen Friedrich Karl. Die Offenſivabſichten der Oeſterreicher lagen in der Möglich. feit und die Wahrſcheinlichkeit war dafür , daß

fie

eher mit

ihrer ganzen Macht ſich auf die Armee des Pringen Friedrich

222

Karl als auf diejenige des Kronprinzen ſtürzen würden .

Vox

Dub bis M ilo w iß , wo die preußiſchen Vorpoſten des

Sen

trums ſtanden , iſt nur eine kleine halbe Meile ; dreifach ſo groß aber war die Entfernung vom rechten Flüzel der Oeſterreicher, der etwa bei $ o rzen o wes angenommen werden mußte, bis an den Lauf der

obern

Elbe ,

an welcher

die

Armee

des

Rron

prinzen ſtand. Der Prinz machen ,

Friedrich Karl

mußte

ſich

alſo

darauf gefaßt

am 3. Juli an der Straße von Sadowa über Mi.

Io w i ß nach gorz iß angegriffen zu werden . Darauf hin traf er feine Anſtalten .

Die Truppentheile der

erſten Armee erhielten alſo den Befehl, noch in der Nacht vom 2. auf den 3. Juli vorgeſchobene Stellungen gegen die Biſtriß einzu nehmen, in denen ſie einen Angriff empfangen, aus denen ſie zum Angriff vorgehen fönnten, je nach den Umſtänden . General Hers warth v. Bittenfeld erhielt den Befehl, ſo früh als es ihm irgend möglich ſein werde, von Smidar aufzubrechen und gegen Nechanik zu marſchiren , um von dort aus auf die linke Flanke der Deſterreicher zu wirken ,

ſei es nun ,

daß dieſe zum Angriffe

ſchritten , ſei es, daß ſie am linken Ufer der Biſtriß den Ans griff erwarten wollten .

X

Endlich wurde von Kameniß ein Adjutant an den Krons prinzen von Preußen abgeſendet, der dieſen bitten ſollte, wenigſtens mit einem Armeekorps gegen den rechten Flügel der Deſterreicher vorzurücken, um der Armee des Prinzen Friedrich Karl Luft zu machen.

Befehlen konnte der Prinz Friedrich

Karl dem Kronprinzen nichts . Wir haben zu vielen Malen darauf aufmerkſam gemacht, daß die Eintheilung eines Veeres in zwei Haupteinheiten, zwei Armeen, durchaus nichts taugt. Der Erfolg war am 3. Juli für die Preußen ; der aufmerkſame Beobachter der

.

223

Dinge wird ſich aber leicht überzeugen, daß der Erfolg jene ſchlechte Eintheilung nicht im

mindeſten rechtfertigt.

Der

*

unübertrefflicher

Geiſt der preußiſchen Soldaten vom Tambour bis zum Diviſionss general hinauf machte Bieles gut , was nicht gut war.

in der Anlage durchaus

Ein wenig mehr Feuer auf öſterreichiſder Seite,

ein wenig mehr Geiſt hier , eine zufällige Verzögerung auf preußiſcher Seite , - vielleicht nur eine Stunde ,

und die

Schlacht vom 3. Juli war für Benedek gewonnen . Hier hing Alles an einem Haar und wenn nach dem Siege noch ſo viel davon geſchwaßt wird ,

derſelbe werde den vortrefflichen Operationen der

preußiſchen Generale oder der Armeeorganiſation von 1860 oder dem Zündnadelgewehr verdanft - - es iſt nicht wahr . Der ächte

x

deutſche Geiſt, der norddeutſche Geiſt mit Allem was er weckt, Muth und Ehrgefühl, Sinn für die Würde der germaniſchen Nation , dieſer Geiſt, den unſere großen Dichter und Denfer ges nährt haben, mochten fte in Deutſchland geboren ſein wo fle woll ten, dieſer Geiſt, der in Norddeutſchland eingedrungen iſt und ſeine Pflanzſtätten gefunden hat , er fiegte über

ein undefinirtes und

undefinirbares Völkergeheul , welches künſtlich zuſammengeſchweißt werden ſollte. — Unter den gemeinen Soldaten Preußens, welche den Heldentod ſtarben , waren junge Gelehrte , welche dem . ganzen gelehrten Troß , der in den verſchiedenen deutſchen Parlas mentern ſich breit macht, in Bezug auf Gelehrſamkeit dreiſt an die Seite treten fonnten , tüchtige Techniker , Männer , die fich in den verſchiedenſten Zweigen der Thätigkeit bewährt und einen Namen gemacht hatten.

Daß

eine

ſolche Beimiſchung ein ganzes Veer

heben muß, verſteht ſich wohl von ſelbſt. Prinz Friedrich Karl , welder wohl wußte , was er zu thun habe , aber nicht ermächtigt war , über die Armee des Kron prinzen zu verfügen , ſendete auch ſogleich ſeinen Generalſtabschef,

*

224

*

$ ,, an den König Wilhelm ; wäre R General v . Voigts - Rye derſelbe noch nicht beim þeere geweſen und hätte er noch nicht den allgemeinen Oberbefehl übernommen gehabt , wer weiß , was am 3. Juli geſchehen wäre. Voigts - Rhe $ kam am 2. Juli Abends um 11 Uhr in Gitſchin an.

Der König ertheilte den Anordnungen des Prinzen

Friedrich Karl ſeine Zuſtimmung , ſendete aber um Mitter nacht noch den Befehl an den Kronprinzen ab , nicht mit einem einzelnen Korps , ſondern mit ſeiner ganzen Armee ſo früh er fönne aufzubrechen und am linken Ufer der Biſtriß , zwiſchen dieſer und der untern Trotinka , ſüdwärts vorzu rücken , um über Cerekwiß dem Prinzen Friedrich Karl die Band zu reichen.

Der König felbſt wollte um 5 Uhr Morgens von

Gitſchin abfahren ; ſein Hauptquartier ſollte nach vorz i ß verlegt werden . Dem Prinzen Friedrich Karl wurde noch beſonders aufgetragen , inſofern er nicht ſelbſt angegriffen würde , den Feind nicht zu frühzeitig zu provoziren , damit die Armee des Kronprinzen erſt herankommen fönne. Der Kronprinz erhielt ſeinen Befehl am 3. Juli um 4 Uhr Morgens ; um 7 Uhr waren die meiſten Truppen in Marſch. B. Stellung der öſterreichiſchen Armee .

Bei dem Weiler Sadowa überſchreitet die Straße von Horziß nach Königgräß den Biſtriß fluß mittelſt einer ſteinernen Brücke.

Oberhalb bis Miletin , unterhalb Sadowa

bis Nech aniß wäre die Biſtriß an ſich nur ein unbedeutendes Hinderniß , aber ſie fließt in einem breiten ſumpfigen Thale und iſt deshalb

doch

immer nur

auf den Brücken und

Wegen

zu

überſchreiten . Am linken Ufer des Fluſſes, zwiſchen ihm , der Trotinta

225

und Elbe , breitet ſich ein unregelmäßiges Hügelland aus ;

die

Fügel und Hügelketten ſind durch viele Mulden von einander ges trennt, welche vortreffliche gedeckte Aufſtellungen für Reſerven , für augenblicklich nicht verwendete Truppen abgeben.

Dazu

kommen

Waldſtücke und Parts , von größerer Ausdehnung beſonders im Süden , um Nech an iß und Prz i m.

Die Dörfer Find

von

verſchiedenartiger Bauart, Fachwerkgebäude wechſeln , wie auch ſonſt gewöhnlich, mit maſſiven. So unregelmäßig das bezeichnete Hügel land iſt, wil man es in ſeinen Einzelheiten verfolgen , ſtellt es fich doch mit einem vollen und

einheitlichen Ausdruck dar , wenn

man es vom redten Ufer der Biſtri ß von Dub theater ,

betrachtet.

her , von der Föhe

Es erſcheint dann wie ein großes Amphis

deſſen höchſter Punkt an der Sauptſtraße

Chlum liegt und das ſeine Aeſte nordwärts bei

beim Dorfe G r. Bürg

li ß vorbei gegen vorziß , ſüdwärts über Problus gegen Nech an iß ausſtređt. Dieſes Terrain hatte ſich Benedek zur Stellung erſehen, in welcher er ſeine ganze Armee konzentrirte. die Front. Rechts und

links

der

Chauſſee

Die Biſtriß deckte

zwiſchen Sadow a

und

Chlum im Zentrum der ganzen Stellung war das 4. Korps poſtirt, nach rechts hin ſchloſſen ſich an dasſelbe gegen vorze : no w e8 und die Trotinta das 3. und 2. Rorp8 , links an das vierte Korps gegen Nech an iß hin ſchloß ſich das nuns mehrige Rorps von Gablen ß , welches aus den beiden Rorp8, die

am meiſten

zehnten ,

zuſammengeſchmolzen

gebildet worden war ,

waren ,

dem

achten

und

dann das ſächſiſche Armees

forps. In Reſerve ſtanden hinter Lipa und Chlum bei Ros , bieriß das diviſionen.

1. und das 6. Armeekorps , dann die Kavalleries

226 Die ganze Macht, welche Benedef in dieſer Stellung verei nigt hatte ,

wird nach

den geringſten Angaben auf 180,000 M.

mit 600 Geſchüßen geſchäßt. Die eigentliche Front der Stellung von der Trotinka bei Horzenow e s über

hlum bis N eu - Przim gegen Hras

def kommt auf etwa 15,000 Schritt, die Front war alſo ſehr ſtark beſeßt, mit mindeſtens 12 Mann auf den Schritt. Wenn man der Stellung, ſobald man fte ohne weitere Bezies hungen, nur als gegen einen Frontangriff gerichtet, indem man nur das lokale Gefecht in und vor der Stellung in Betracht zieht, eine große natürliche Stärke nachrühmen kann, wenn dieſe Stärke durch die zahlreiche Beſaßung noch wächst, ſo hatte Benedef es nun weiter nicht verſchmäht,

auch die Mittel der Kunſt zu Hülfe zu

nehmen. Beſonders war darauf Rückſicht genommen, der Artils lerie ein ausgiebiges Feld der Thätigkeit zu eröffnen. Die Bat terieen lagen insbeſondere bei Chlum und Lipa , wo das Ters rain es möglich mach te , in drei Terraſſen über einander , ſo daß file namentlich gegen den Uebergang von Sadov a ein verheeren des Feuer eröffnen fonnten. Um ihnen die Schublinien frei zu mas chen, waren Waldſtücke niedergehauen und die gewonnenen Bäume zur Anlage von Verhauen benußt worden, welche ſchon in der Ents fernung den ſich nähernden Feind aufhielten , während dann die Batterieen noch unmittelbar und in

der Nähe durch Erdaufwürfe

gedeckt waren . Die bloße Brauchbarkeit für ein einſeitig vorausgeſegtes Gefecht macht aber nid)t die Güte einer Stellung ; es wird darauf ankommen, dieſe Stellung mit Rückſicht auf die Situation , welche

wirklich vorlag , zu betrachten , auf die Situation , welche Be . nedef fennen mußte . Nehmen wir zuerſt einmal an, Benedek hätte es mit dem Prins

227

zen Friedrich Karl allein zu thun gehabt. Der Prinz

Fried

rich Karl konnte wohl am 3. Juli in den 9 Diviſionen, über welche er einſchließlich der 3 des Generals Herwarth verfügte und in dem Reſervefavallerieforps des Prinzen Albrecht höchſtens 110,000 M. mit 450 Geſchüßen in die Schlacht führen. Griff der Prinz damit die Front des Feldzeugmeiſters Bene def an, ſo mußte er ſchreckliche Verluſte durch die Artilleries wirkung der Deſterreicher erleiden. Die Oeſterreicher konnten wegen der gedeckten Aufſtellungen ihrer Reſerven

nicht beſonders viel

leiden . Benedef alſo , ohnedies Prinz

Friedrich

Karl ,

icon numeriſch viel ſtärker als fam

immer

mehr

in

Vortheil ;

er hatte vielleicht nach einigen Stunden des Rampfes über doppelt ſo viel Leute zu gebieten als der Prinz. Wenn dieſer Fall nun eintrat, wie ſollte der errungene Vors theil a u $ genußt werden ? Offenbar durch eine kräftige Offenſive, eine unerbittliche Ver folgung,

über die

Biſtriß

hinüber , insbeſondere vom rechten

Flügel ab über Benate f und Cere f w i ß mit Druck auf die Straße von Sadova nach şorz i ß . Dieſe Verfolgung ward nur ſehr erheblich erſchwert dadurch, daß man , um zu ihr zu gelangen , die ſumpfige Niederung der Biſtriß paſſiren mußte, Bewegungen

und

der

welche offenbar

die Schnelligkeit

zweckentſprechenden

Entwicklungen

Außerdem entwand jeder Schritt aus ſeiner Stellung dem zeugmeiſter Benedef die Vortheile,

welche ihm in

der

ſtörte. Feld

der Stels

lung ſeine zahlreiche Artillerie gab ; außerhalb der Stellung, auf der Verfolgung ans rechte Biſtrißufer konnte er vielleicht nur die Hälfte über

einander

der Batterieen hörte

natürlich

verwenden . auf ,

Denn

wenn

die

Aufſtellung

Benedef zum

Ans

228

griff auf die Preußen ſchritt , die mindeſtens doch mit ihrer Ars riergarde Stellung auf den Höhen von Dub ,

Milo w iß

und Horziß nahmen. Die Ueberlegenheit des preußiſchen Infan teriefeuers, wenn man ihr auch keineswegs die entſcheidende Kraft beimeſſen mag , wie die Deſterreicher eg thaten ,

um fich von der

Aufzählung der wahren Gründe zu entbinden , trat dann in ihre vollen Rechte. Man ſieht alſo, daß der Nußen der Stellung von 651um ſich auch unter den bisherigen Vorausſeßungen ſehr reduzirt. Wenn der PrinzFriedrich Karl nicht angriff, hörte dieſer Nußen ganz auf.

Aber nun kommt die Bauptſache,

Benedef hatte es nicht

mit dem Prinzen Friedrich Earl allein zu thun und er wußte die 8 , mußte es ſogar nach den Treffen von Nachod , Skali

, Trautenau , Burgersdorf und

Königin hof ſehr gründlich wiſſen. Seit dem 30. Juni ſtand faſt die ganze Armee des Arons prinzen von

von Preußen

Neuſchloß ,

an der obern Elbe

Königinhof ,

auf der Linie

Gradliß ,

Kuku 8 ;

die Vortruppen dieſer Armee waren ſämmtlich ſchon ang redte Elbufer hinübergeworfen. Daß dieſe Armee mit derjenigen des Prins zen Friedrich Karl in Verbindung ſei, mußte Benedef ſchließen , auch

wenn er es

nicht durch Rekognoszirungen wußte.

Zwei

zuſammengehörige Armeen konnten ja duch unmöglich mit ihren nächſten Flanken, bei Miletin und Königinhof , ſeit zwei Tagen auf eine einzige

deutſche Meile Entfernung

von einander

ſtehn ohne ganz nothwendig die innigſte Verbindung herzus ſtellen . Wenn alſo der Prinz Friedrich Karl am 3. Juli angriff, ſo mußte wohl auch der Kronprinz angreifen .

War

felbft – der ſchlimmſte Fal für die Preußen – der Angriff nicht

229

verabredet, ſo war es doch wohl ſicher, daß beim erſten Kanonens ichuß, der auf der Seite des Prinzen Friedrich Karl fiel, der Krons prinz ſeine ganze Armee durch den ſeit zwei Tagen ſicher herges ſtellten Feldtelegraphen allarmirte. Eine Stunde ſpäter konnten die Truppen unter

den Waffen ſtehn. Wie viel

hatten ſie

nun zu

marſchiren ? Von Königinhof bis Forzenowes, bis zur rechten Flanke der Benedet'ſchen Stellung

find

höchſtens

18,000 Schritt,

alſo drei

Stunden, rechnen wir noch eine Stunde Entwicklungszeit und eine Stunde Zeitverluſt im Allgemeinen , ſo fonnte mindeſtens ein Armeeforps des Kronprinzen ſechs Stunden nach dem erſten Kano nenſchuß, der bei Chlum

gefallen war , ins Gefecht eingreifen ;

zwei andere preußiſche Korps von der Urmee des Kronprinzen fonn ten eine Stunde ſpäter eingreifen.

Benedef mindeſtens hatte alle

Veranlaſſung, auf die äußerſten möglichen Leiſtungen ſeines Geg ners die Rechnung zu ſtellen. In dieſem für die Preußen ſchlimmſten Fall famen alſo zu den 110,000 M. des Prinzen Friedrich Karl etwa 70,000 bis 80,000 M. von der Armee des Kronprinzen 7

Stunden ſpäter

ins Gefecht. Supponiren wir nun ferner , es fiel um 6 Uhr Morgens in der Gegend von Dub und Sadova der erſte Kanonenſchuß , das Einleitungsgefecht zog ſich

zwei

Stunden hin,

dann überſchritt

Prinz Friedrich Karl mit ſeiner Macht die Biſtriß ; wieder zwei Stunden ſpäter mußte er mit großen Verluſten hinter den Fluß und in die Stellung von Dub zurückweichen ; Benedek folgte ihm über die Biſtriß und entwickelte ſich dort zum Angriff, ſo begann er wohl dieſen kaum ernſtlich vor der vollendeten ſiebenten Stunde, alſo vor 1 uhr N achmittags. Zu derſelben Zeit aber erſchie nen in ſeiner rechten ganz offenen Flanke die 70,000 bis 80,000 M.

230

des Kronprinzen,

völlig

friſche Truppen,

ein großer Theil von

denſelben fam noch viel früher . War hier ein öſterreichiſcher Sieg auch

nur möglich ? Und

nun fragen wir, ob wir für die Preußen irgend ein Verhältniß zu günſtig angenommen haben ,

ob wir

unzuläffige Zeitbeſtimmungen

herbeigezogen haben , ob wir irgend etwas als Benedef bekannt vorausgeſeßt haben, was ihm nicht bekannt ſein mußte.

Nichts

von alledem ! Wir haben ſogar gegen die Preußen Partei genoms men

mit

der Annahme , daß Prinz Friedrich Karl ganz

auf eigne Fauſt angriff ,

ohne fich um den Kronprinzen

troß deſſen Nähe im geringſten zu bekümmern.

Viel näher lag

offenbar die für die Preußen günſtigere Annahme, daß wenig ſtens Prinz Friedrich Karl nicht eher angriff, als bis er der Mit wirkung des Kronprinzen ganz ficher war , wenn er nicht gar dem Kronprinzen den erſten Angriff überließ , um erſt dann , wenn dieſer ihm Luft gemacht und den Uebergang über die Biſtriß ers leichtert hätte, auch ſeinerſeits zuzuſchlagen ! Eine wie „ſchöne Stellung " alſo auch die Stellung von Chlum ſein modie , wäre die Welt rings um ſie mit Brettern vernagelt gewefen ,

ſie wird geradezu unbegreiflich , wenn dieſe

Bedingung, die bei der Weite der Welt für feine Stellung exiſtirt, nicht zugelaſſen werden kann , wenn man dieſe Poſition mit Rüd ſicht auf das betrachtet,

was a ußer ihr , aber rings

um ſie beſtand , wenn man ſie alſo betrachtet, wie wir es eben gethan haben, wie man es nach den gemeinſten Gefeßen der Logik muß . Man vergleiche jept mit dieſer von Benedef gewählten Stellung von 6 hlum oder Sadu w a jene von uns früher be : zeichnete zwiſchen Königgräß

und

Altwaſſer

in

allen

einzelnen Punkten ! Wie nahe die Wahl der legteren lag, wird jeft Jedermann völlig klar ſein.

231

C. Vorrücken

des Prinzen

Friedrich

Karl

gegen

die

Biſtriţ . Kampf ſeiner Armee bis zum Eingreifen der Armee des Kronprinzen. Die Diſpoſition , welche der Prinz Friedrich Aarl für ſeine Armee ausgab, beſtimmte Folgendes : Vom

vierten

Armee for p 8

die

ſteht

8.

Diviſion,

porn , bisher bei Gutwaſſer, am 3. Juli Morgens 2 Uhr in Poſition bei Milo w iß ; die 7. Diviſton , Franſedy , geht bei Groß- Jerziß über die Biſtriß und ſtellt fich um 2 Uhr Mor gens beim Schloß von Cerek w i ß auf. Die

beiden

Diviſionen Manſtein

( Nr.

6)

und ſtas

miens ( y (Nr. 5, bisher Tümpling) brechen um 11/2 Uhr Mor: gens

aus

ihren Biwaks

auf und

nehmen ,

vereint unter dem

Rommando des Generals von Manſtein ſüdlich von Hors j iß eine Reſerveſtellung, die fünfte Diviſion auf dem rechten, die ſechste auf dem linken Flügel ; jene weſtlich, dieſe öftlich der Straße von Horziß nach Königgräß . Das zweite Armeeforp rechts von der Diviſion porn

nimmt um 2 uhr Stellung

mit einer Diviſion bei Brīdi

ft an , mit der andern bei Pich ane k. Das Rejer vef av allerie for p 8

ſattelt vor Tagess

anbruch und ſteht bei Tagesanbruch auf ſeinem Biwafplaß bei Baldniß in Bereitſchaft. Die Reſerve artillerie rückt bis Horziß vor, diejenige des 3. Armeekorps ſtellt ſich an der Straße nach Miletin , die des

4. Armeekorps

bei liboniß

an

der

Straße

nach

Git

chin auf. Der General von Herwarth marſdirt mit ſo viel Trup pen ,

als er verfügbar machen kann ,

ſo früh

als möglich von

232

Smidar

auf Nech a niß . Das

zweite Armeefor p 8

ſtellt ſchleunigſt die Verbindung mit Herwarth von Bittenfeld , die Divifion Franſe ck y ebenſo die Verbindung mit dem Kronprinzen her, welcher erſucht worden iſt, auf Groß- B ürgliß zu mars ichiren.



Es war am Morgen des 3. Juli ſehr ſchlechtes Wetter ; e8 regnete ſtarf.

Bis 51/2 Uhr blieben die Truppen des Prinzen

Friedrich Starl in ihrer Poſition. Dann , da der erwartete Angriff der Deſterreicher nicht ers folgte , ließ der Prinz zunächſt die Diviſion Horn von Milowig auf Dub und gegen die Biſtriß vorgehen ; bald mußten rechts die Diviſionen des zweiten Arme e for 8 von Brger.ch tan und Picha n e f über Mich an und

Lhota gegen Unter

Doh ali ß folgen . Die Diviſion Horn fand bei Dub feinen Widerſtand ; die Deſterreicher hatten dieſe Poſition in der Nacht vom 2. auf den 3. Juli geräumt, ein Umſtand, der das Hauptquartier des Prinzen Friedrich Karl in der ſchon früher gefaßten Idee beſtärkte, Benedek werde

den Angriff der Preußen

erſt am linken Elbufer

zwiſchen Joſephſtadt und Königgräß empfangen. doppelte Veranlaſſung , ſich

Man hatte alſo

der Uebergänge über die Biſtriß zu

bemächtigen. Die Diviſion Born

rückte

über Dub gegen Sadowa

vor ; als ſie ſich dieſem Orte näherte, ward ſie vom Artilleriefeuer der Oeſterreicher vor lip a empfangen. konnte Wetter.

man

nicht

erkennen

bei

dem

Wie

ſtark

dieſe feien,

nebligen

und

regneriſchen

Möglich war es immerhin noch , daß man es nur mit

einer Urriergarde zu thun habe.

Bald blieb indeſſen kein

Zweifel mehr darüber , daß die ganze Armee Benedets in der Stellung von Sadow a vereinigt ſei.

233

Nun ,

gegen

8

Uhr

Morgens

beſchloß

der

Prinz

Friedrich Karl zum ernſten Angriffe zu ſchreiten, namentlich durch ein ſtarkes Artilleriegefecht die Deſterreicher bei Lipa und Chlum , alſo in ihrem Centrum feſtzuhalten, ihre Aufmerkjamkeit auf dieſes hin und von den beiden Flügeln abzuziehen , damit die Wirkung Herwarths und des Aronprinzen

dort deſto

größere Gewalt erhalte. Die Diviſion porn ging alſo um 8 Uhr direft gegen Sa : dowa und die Biſtrißbrücke log und zog ihre Artillerie dort vor ;

rechts von ihr rückte

die vierte Diviſon

au

unter - Do haliß und rechts von dieſer die dritte Divis fion , Werder, auf Dohalib fa und M ofrow o u 8 vor. Die ſiebente Diviſion, Franfe & y , erhielt den Befehl, von Cerekwiß gegen Benatet , alſo ſüdwärts erſt dann anzutreten, wenn in der Front zwiſchen Sadowa und Mokrowous das Gefecht bereits engagirt wäre.

Das 3. Armeekorps , 5. und 6. Diviſion

jollte ſich in Marſch leben , um die 8. , 4. und 3. Diviſion unters ftüßen zu fönnen .

Es entwickelte fich nun in der Front ein gewaltiger Geſchüß kampf ; bald donnerten von beiden Seiten auf dem beſchränkten Raum zwiſchen Dub , Lipa und M

o f row ou 8 500 Ranonen

gegen einander. In dieſem Artilleriekampfe waren die Deſterreicher im Vortheil , nicht bloß durch die Ueberzahl ihrer Geſchüße, dern auch

weil ſie

in vorbereiteten ,

wohlbefannten

ſon

Stellungen

ftanden , aus denen fie die Hauptſchußrichtungen im Voraus be zeichnet hatten. Dieſes fam ihnen, weil der Regen jede Ueberſchau auf weite Diſtanzen abſolut unmöglich machte , ganz beſonders zu fiatten . A18 eben der Artilleriekampf in der Front fich entwickelte, fam der König Wilhelm , auf ſeinem ganzen Wege von dem Nüftow , d. Krieg. 1866. 16

234

Zuruf der rüdwärtigen Truppen begrüßt , bei Dub an und ſtieg zu Pferde, um das Oberkommando zu übernehmen . Obgleich der Regen nach gelaſſen hatte und der Nebel geſunfen war, ſay man doch von preußiſcher Seite wenig von den Deſterreichern, deren Invanteriereſerven in den

Mulden

des Hügellandes

hinter den verſchiedenen Waldſtüden wohl geborgen waren.

und Man

mußte den Feind nothwendig zur Entwidlung ſeiner Kräfte zwingen, denn wenn man dies nicht that oder nicht vermochte, wußte man immer nicht, ob er nicht durch einen fühnen Stoß fich die von den Flanken her drohende Gefahr auf einmal vom Halſe ſchaffe Der König Wilhelm ertheilte daher um 9 Uhr Vor mittags der 8. Diviſton und den beiden Diviſionen des 2. Armees forps den Befehl, mit der Infanterie über die B iſtri ß zu gehen . Die ſtebente Diviſion, Franſedy , ſollte nun auch gegen Be : nateľ vordringen. Die achte, dritte und vierte Diviſion überſchritten wirklich die Biſtriß , wurden aber nun hier in einen wenig zur Entſcheidung geeigneten Kampf in den bewaldeten Hügeln verwickelt. Man ſchoß fich mit der Infanterie in den Parfs von Sadow a und Do. haliß , weiter ſüdlich auf den Hügeln von Dohaliß fa und MoPro w ou 8 herum . freieren

Die preußiſche Artillerie wurde auf die

Stellen am linken Ufer der Biſtriſs vorgezogen und

nahm den Kampf gegen die weitüberlegene öſterreichiſche Artillerie auf. Sie mußte an dieſem Tage zwei Mal ihre Munition aus den Wagen der Munitionsfolonnen erſeken laſſen ! Ihr Schnellfeuer vermochte gegen die gedeckten Stellungen der Oeſterreicher wenig. Franſedy brach Infanterie

ward

füdwärts gegen

vortrefflich

von

den

Benatet auf ; ſeine anderen Waffen ,

insbes

ſondere auch von der Kavallerie , dem 10. Huſarenregiment unters ſtüßt. Viel Terrain zu gewinnen vermodyte er deſſenungeachtet nicht.

235

Nur langſam kam er vorwärts.

Eine Schwadron ſeiner Huſaren

ritt ein öſterreichiſches Bataillon nieder und nahm ihm die Fahne ab .

Das Gehölz zwiſchen Benate f und M as 10wied ward

genommen , die dreizehnte Brigade rückte auf Sadow a vor, um dort der Diviſion forn die Hand zu reichen .

Aber alles dieſes

entwickelte ſich ſehr langſam bei ſtarker Gegenwehr das Feindes, der hier angriffsweiſe auftrat, und unter erſchrecklichen Verluſten. Gleichzeitig ward in dem Polze

zwiſchen

Dohaliß , dann bei Dohalißfa und M bittert gefämpft.

Sadowa

und

o fro w o us era

War von den Preußen eine Poſition erſtritten,

ſo galt es nun, dieſelbe zu halten. Im Zentrum ward auf das Eingreifen der Flügel gewartet ,

und

mußte

darauf gewartet

werden . Ja ,

etwas

ichen Armeekorps

geringere · Ungeduld wohl

gut

gethan.

hätte

dem zweiten preußi

Es

brach aus dem Solze

von Dohaliß mit zu großen Ungeſtüm gegen Lipa und Lan . genhof vor und mußte von der Artillerie der Deſterreicher, des vierten und des Gableng'ſchen Korps viel leiden. Von dem Vordringen der Diviſion

Franſedy

ward

im

Zentrum troß der immer geringer werdenden Entfernung nur wenig verſpürt.

Das durchſchnittene Terrain machte es faſt unmöglich,

daß man Fühlung nahm. Die Diviſion Franſedy außerdem vergaß vielleicht über ihrem Kampfesmuth ihre Hauptaufgabe ein wenig, die Verbindung zwiſchen der Armee des Prinzen Friedrich Karl und der Armee des Kronprinzen herzuſtellen . Sie dachte nur noch ans Vorwärtsgehen.

Und dieſes Vorwärtsgehen erregte

Zweifel beim Stabe des Prinzen

Friedrich Karl ,

auch in

dem Augenblick, als ſchon die erſte Wirkung der Armee des Krona p ringen fich fühlbar machte , ob man wirflich auf deren Eins greifen rechnen fönne.

16 *

236 Gegen 10 Uhr trat die Elbarmee des Generals Şerwarth von Bittenfeld bei Nech a niß in Thätigkeit. Nachdem die Biſtrißbrüde bei Nechaniß hergeſtellt war , ſen hinüber

dete Herwarth zuerſt die 15. Diviſion

banftein

und ließ fie auf ørad e f vorgehen,

die 14. Diviſion , Graf

Münſter , M

e in hö vel , folgte, mit dem Befehle, über Lubno

auf Problus vorzugehen ; die 16. Diviſion, Eßel, mit der Res ſervefavallerie der Elbarmee ward vorläuftg in Reſerve zurüdbes halten, um ſpäter über Charbuſiß auf Brziſa zu folgen . Die Sachſen und ein Theil des Gablenß'ichen Korps leiſteten bis gegen Mittag der Elbarmee tapfern Widerſtand; dann aber wichen fie und Herwarth folgte und fonnte ihnen allmälig folgen. Im Zentrum hatte die Diviſion porn

und das zweite

Armeetorp & bedauerliche Verluſte erlitten , und das dritte Armeeforps ,

die neunte Brigade ,

Schimmelmann voran , mußte

über Sadowa vorgezogen werden . Dies war um Mittag . Die Ar. tillerie der 5. Diviſion , welche mit dieſer Brigade vorging , bes nahm ſich heldenmäßig ; obwohl es feine preußiſche Truppe an dies ſem glänzenden Tage an Heldenmuth fehlen ließ , darf man dies doch noch beſonders erwähnen * ) .

Die Deſterreicher fingen an zu

*) Der Verfaſſer hat in dem großen Juli 1866 ſeine beiden einzigen Brüder verloren, beide jünger als er. Alexander , 42 Jahre alt , Major im 3. Feldartil lerteregiment und Chef der Artillerie der Diviſion Tümpling , ward eben bei dem glänzenden Angriff der Batterieen, die er in dieſem Moment vorführte, durch eine öſterreichiſche Achtpfündergranate ſchwer verwundet; fie zerſchmetterte ihm den rechten

I

Unterſchenkel. Glüdlich überſtand der Brade die Amputation ; doch die Unruhe ſeines Geiſtes und der Umſchlag des Wetters, manche kleinere. anfangs überſehene Wunden, führten am 25. Juli Morgens ſeinen Tod herbei. Er ſtarb im Lazareth von Horziß und ward vorläufig auf dem Friedhof dieſer Stadt in Böhmen be graben. Daß er mit dem Gedanken an den Soldatentod völlig vertraut war, ver

237

weichen und blieben im Weichen. Kurz vorher war auch, wenn gleich noch entfernt, die Armee des Kronprinzen in die Aktion eingetreten, und die vierzehnte Brigade (von der Diviſion Franſedky) war in dem Wäldchen bindung getreten mit der Diviſion

nördlich von Sadowa in Vers or n .

Daß die Armeen des Prinzen Friedrich Karl und des Generals øer warth von Bittenfeld nichts Entſcheidendes gegen die Deſterreicher ausrichten konnten , iſt an ſich begreiflich, nach Allem , was wir über die wirkliche Lage ausgeführt haben ; daß fie ausrichteten , was ſie thaten , iſt bewundernswerth , da fie numeriſd faum halb ſo ſtarf waren als der Feind . Entdeiden konnte nur der Kronprinz !

Zu dem wollen wir uns nun wenden.

ſteht ſich von ſelbſt. Daß er ganz und gar ſeinen artilleriſtiſchen Maximen bis in den Tod treu blieb , iſt weniger bekannt. „Ich bin froh“, ſchrieb er mir , am 1. Mai 1866 , „daß ich in dieſem Feldzuge ganz genau weiß , was ich zu thun habe. Vorgehen ohne viel zu manövriren, und dann feuern .“ Mein Bruder Cäſar, 40 Jahre alt, fiel bei Dermbach am 4. Juli gegen die

Baiern . Zuerſt erhielt er eine Flintenkugel in den Unterleib ; von ſeinen Soldaten zum Verbinden hinter einen Heubaufen getragen , erhielt er dort auf dem Ver bandplaß noch eine Kugel in den Kopf. Nun war er augenblicklich todt ; dieſe legte Kugel befreite ihn von unnüßen Leiden. Wie Alexander erſt im Anfang des Jahres 1866 ſein Kommando über die Batterieen der 5. Diviſion übernommen hatte , jo Cäfar das Kommando über das 2. Bataillon des 15. Infanterieregiments ( Prinz Friedrich der Niederlande). Viele haben Freunde verloren, Niemand hat zwei ein zige Brüder verloren , die ſich bereits in der Welt einen Namen erworben und fich als Männer vor Europa bewährt hatten. So iſt es mir erlaubt, meiner Brüder an dieſer Stelle zu gedenten : Monumentum sit aere perennius !

238

D. Vorrücken der Armee des Kronprinzen . derſelben in das Gefecht.

Eingreifen

Wirkung auf den Kampf im

Zentrum und auf den rechten Flügel der Preußen . Der Kronprinz von Preußen ,

der, wie bereits ers

wähnt, den Befehl zum Vorrüden erſt am 3. Juli etwa Morgens um 4 Uhr erhielt, disponirte demgemäß ſogleich über ſeine Truppen.

Das erſte Armeeforps

Bonin

follte von Arnau

und Böhmiſch - Prausniß in zwei Kolonnen, mit dem rechten Flügel über Groß- Trotin , mit dem linken Flügel über 3 abrze 8 auf Groß-Bürgliß vorgehen ; ihm follte die Reſervekavalleriediviſion folgen. Das Gardeforps erhielt

den Befehl, feine Diviſionen

von Königinhof, wo fie ſeit dem 29. Juni ſtanden, über Ferzis czeck und lhota zu dirigiren . Das ſechste Armee for p 8 ſollte auf Welch o w mars ſchiren,

eine Abtheilung gegen Joſephſtadt vorſchieben, mit dem

noch verfügbar bleibenden Theile die Trotin fa überſchreiten und den linken Flügel der zweiten Armee bilden . Das fünfte Ko rp 8 follte zwei Stunden nach dem Aufbruche des rechsten aus ſeinen Biwafs vorgehen und, die Reſerve der zweiten Armee bildend, bei Chotieborek Stellung nehmen . Alle Trains und Bagagen der Armee des Kronprinzen wurden in den alten Stellungen zurückgelaſſen. Wie die Stellungen der Armee des Kronprinzen waren, konnte das Gardekor p 8 zuerſt auf dem Kampfplaße eintreffen , wie es fich denn auch wirklich verhielt. Von Königinhof, wo das Gardes korps vom 30. Juni ab vereinigt war, hatte es bie jerzi8 zek und

lhota

an der Trotinka ,

höchſtens

1/2 deutſche Meilen

15,000 Schritt, alſo drei Marſſtunden zurüdzulegen. Von da ab brauchte es aber in der That noch eine volle Stunde und bei Widers

239

ftand zwei volle Stunden, um bis Horzenowes vorzudringen , alſo einen wirklichen Einfluß auf den Gang der Schlacht zu äußern . Der Marſch des Gardekorps

war ſehr

beſchwerlich, da der

fchwere Lehmboden vom Regen aufgeweicht war und es beſtändig bergauf und bergab ging ; beſonders litt dabei die Artillerie. Die erfte

Gardediviſion

hatte

die Spiße ,

dann folgte die

Uvantgarde der zweiten Diviſion , dieſer die ichwere Ravalleriebrigade und

die

Reſerveartillerie,

endlich ſchloß das Gros der zweiten Gardediviſio n . Um 6 Uhr Morgens war das Korps alarmirt worden , bald nach 11 Uhr erreichte ſeine Spiße die Höhe von ref.

Chotie bo

Von hier konnte man zuerſt etwas von der öſterreichiſchen

Stellung ſehen ; der Kampf erſchien von hier aus am heftigſten zwiſchen Sowetiß und Sadow a. Andere Theile des Schlacht Feldes, namentlich weiter abwärts die Biſtriß, waren für die Garde durch die vorliegenden Höhen verdeckt.

( hotebore f war noch

zu weit von der öſterreichiſchen Stellung entfernt,

als daß man

von hier aus ſchon hätte den Kampf aufnehmen fönnen. Das Korps wurde daher zunächſt auf den Hügelrücken diris girt , der ſich am rechten Ufer der Trotinfa bei Zizielowes gegen ( er e fwiß ausdehnt. Der ſumpfige Grund der Trotinka fonnte nur auf den beiden Wegen über I erzicze f und Luzian überſchritten werden.

Sobald die erſte Gardediviſion auf der Höhe von

3 izie :

I owe 8 entwickelt war, ward ihren Truppen ein einzeln ſtehender Baum auf der Höhe ſüdöſtlich

von Hurzen o we8

punft angewieſen , auf welchen ſie losgehen ſollten.

als Richt

Die erſte Di

viſion rückte vor. Um Mittag eröffnete ihre Artillerie, bald unter : ſtüßt durch die Gardereſerveartillerie, ein heftiges Feuer gegen die Flankenſtellung, welche beim Herankommen der Garde das zweite

240

öſterreichiſche Korps zwiſchen Má

1 owied , Horzenow es

und Racziß hinter dem Bache, welcher bei legterem Orte der Trotinka zufließt, genommen hatte. Nach längerem Artilleriekampfe ging die Infanterie der erſten Gardediviſion vor ; unmittelbar folgten ihr das Gardehuſaren- und zweite Dragonerregiment.

Zum Aufgeben ihrer Stellung zwiſchen

Horzenowes und Raczik gezwungen , zogen ſich die Oeſterreicher, heftig von der preußiſchen Kavalerie verfolgt, welche durch die In-, tervallen der Infanterie vorging , in eine neue Stellung auf den Höhenzug zwiſchen M a $ 1 o wied und Sendraſch iß zurück. Während die erſte Gardediviſion fich zum Angriff auf dieſe Stellung

anſchidte , fam etwa um 2 Uhr Nachmittags

auch die z weite Gardediviſion bei Jerziczel über den Trotinkagrund ; auch ihr wurde zuerſt der einzelne Baum ſüdöſtlich Horzenowes als Richtobjekt bezeichnet ; als ſie aber die Höhen des leştgenannten Dorfes erreichte, mußte ſte rechts ſchwenken , ſich auf den rechten Flügel der erſten Diviſion ſeßen und die Richtung auf lip a nehmen . Ungefähr gleichzeitig mit der erſten Gardediviſion war auch ein Theil des ſechsten Armeeforp 8 , und zwar links von jener, zum Kampfe gekommen . Die zwölfte Diviſion brach zuerſt am früheſten Morgen von Gradliß auf und ging bei Kufu 8 auf Pontonbrücken über die Elbe , um dort vorerſt eine beobachtende Stellung gegen Jos feph ft adt zu nehmen, bis der linke Flügel des fünften Armees forps (Steinmej) herankomme, um fte hier abzulöſen. Die elfte Diviſion , Zaſtrow , um 6

Uhr allarmirt,

ging von Gradliß über die Brücken von Sd urz und Stan : gendorf.

Die leßtere war ſehr ſchadhaft und ihre nothwendige

Ausbeſſerung führte einen Aufenthalt für die Truppen Herbei , die

241

hier übergehen

ſollten.

Die Schwierigkeiten des Marſches waren

für das 6. Korp8 dieſelben wie für das Gardeforp8 , haupt für alle Truppen an dieſem Tage. kommen ,

vernahm

die

11.

Diviſion

wie übers

Bei Welch o w

den

ange

Kanonendonner

vom

Schlachtfelde her und der Richtung auf ihn folgend , rückte ſie in beſchleunigtem Schritte vor.

Gegen 12 Uhr

näherte ſie ſich der

Trotinka in der Gegend von Racz iß und nahm ſofort das Ars tilleriegefecht gegen den rechten Flügel der dortigen öſterreichiſchen Stellung auf, während weiter weſtlich gegen Borzenowe8 die 1. Gardediviſion fämpfte. Gleichzeitig mit dem Vorgehen der Infanterie dieſer leßtern, durchwatete die Infanterie der 11. Diviſion die Trotinfa bei Rac ziß. In dieſem Dorfe kam es zu erbittertem Gefecht.

Die beiden

Regimenter der 21. Brigade , das alte , 1 , ſchleſiſche Grenadiers regiment Nr. 10 und das junge, 3. niederſchleſiſche Infanterieregis ment Nr. 50, wetteiferten in Tapferkeit, viele Gefangene wurden gemacht, mehrere Geſchüße erobert. Das 50. Regiment nahm dem öſtreichiſchen 80. Infanterieregiment, Prinz zu Schleswig -Holſtein Glücksburg ( Italiener) eine Fahne ab .

1

Nachdem die Deſterreicher ſich in die neue Stellung bei Mass 1 o wied

und

Sendraſd i ß

zurückgezogen hatten ,

griff die

1. Gardediviſion dieſelbe bei Maslowied , die 11. Diviſion bei Sendraſchiß an .

Auch hier wurden die Deſterreicher geworfen .

Die erſte Gardediviſion formirte ſich darauf wieder ſüdöſtlich von Maslowied auf der dortigen Höhe, Front gegen die noch immer behauptete Poſition der Deſterreicher bei Chlum und Rosbie . riß ; linfs von der erſten Gardediviſion rüçte die 11. Divis flon nach Nedieliicht; rechts von ihr nahm die zweite Gardes diviſion die Richtung auf Lipa , die fiebente Diviſion , Frans fed y , fämpfte noch immer zwiſchen Benatef und Sadowa ; das

242 erfte Armeeforpe, Bonin , näherte fich bei Benatef vorbei, bald im Stande, einerſeits die flebente Diviſion, andererſeits die zweite Gardediviſion zu unterſtüßen. Es trat eine Pauſe in dem Vordringen der Armee des Arons prinzen ein, zwiſchen 2 und 3 Uhr Nachmittags, näher an 3 Uhr. Die Haupttheile dieſer Armee holten Athem und warteten auf ihre naben Verſtärkungen, um dann mit legter Kraft fich auf ihre legte Arbeit,

die Wegnahme der Höhen . von

Lipa ,

Chlum und

R08 bier iß zu ſtürzen . Die verhältniſmäßige Ruhe ward durch ſtarken Ranvnendons ner auf dem äußerſten

linken

Flügel der preußiſchen Armee

unterbrochen, dort nahe dem rechten Elb ufer drang Genes ral Pron dzy n $ fi , der nur wenige Truppen vor Joſephſtadt zurückgelaſſen , mit dem größten Theile ſeiner, der zwölften Divis fion, vor. Mit ſeinen beiden alten oberſchleſiſchen Regimentern Nr. 22 und 23 ſtürzte er ſich

auf Trotina ,

an

der Mündung

der

Trotinka in die Elbe und ſchlug die vielerprobte ſchwarzgelbe öfter: reichiſche Brigade, Regimenter Heſſen und Belgien, aus dem Dorf. Er drang ihr nach über die Trotinka und ſtürmte Loch eniß . Die Deſterreicher, welche noch vorwärts bei Chlum und Lipa und gegen Sadowa fämpften und welche über Königgräß noch zus rüdkommen wollten , hatten die höchſte Zeit ,

ſich endlich zurückzus

ziehen . Lip a iſt von Königgräß mehr als 5/4 Meilen, der nörds liche Theil von Locheniß , in welchen die Diviſion Prondzynski ſchon eingedrungen war, faum eine Meile entfernt. Zwiſchen 3 und 4 Uhr drang die 1. Gardediviſion gegen Chlum vor und ſtürmte die dortigen Batterieen , die 2. Diviſion , bald unterſtüßt von Bataillonen des

1. Armeeforp8 , drang auf

Lipa vor. Nach dem Sturme von Chlum wendete ſich die 1. Gardes diviſion gegen Ros bieriß , wo Benedef feine lebten Reſerven

243 vorführte. Die Reſerveartillerie der Garde fuhr öſtlich von Chlum auf und unterſtüßte den Kampf der Infanterie in der zweckmäßig ſten und tapferſten Weiſe. Bei Rosbieri ß fam der linke Flügel der 1. Gardedivi: fion in eine üble Lage ; die öſterreichiſchen Batterien der Reſerve donnerten

gegen

ſie und bald darauf gingen

ſtarke Infanteries

kolonnen der Deſterreider von Langenhof und Wſch eſt a ř gegen

fie

vor.

Rosbier iß

von der

men , mußte wieder aufgegeben werden.

Garde bereits genoms

Da kam Hülfe vom lin

fen Flügel her . General von gehabt hatte,

Mutius ,

welcher urſprünglich die Abſicht

die 11. Diviſion ſeines Korps

Z a ſt r o w

bei Nedieliſt halten zu laſſen, bis er die 12. Diviſion Prondzyn 8 fi

mit ihr vereinigen fönne , ging davon ab,

als er das immer heftiger werdende Artilleriefeuer bei Chlum , Rosbieriß und Lipa

hörte.

Er befahl

nun der Diviſion

Zaſtrow , ohne auf die zwölfte Diviſion zu warten , ohne weiters über Swieti in die rechte Flanke der bei Rosbieri ß

fäm .

pfenden Deſterreicher vorzugehen. Dieſer Befehl ward ausgeführt. Um 4 Uhr hatte die 11. Di , viſion Swieti bereits genommen und rückte auf Ro 8 bie riß , W ich eſtar und Roßniß los .

Jeßt waren die Deſters

reicher überall im Rückzug. Mit Ausnahme des 5. und einer Bri gade des 6. Armeekorps war die ganze Armee des Kronprinzen im Kampf. Die 2. Gardedivſton hatte , unterſtügt von der Spige des

1. Armeekorps Lipa ,

ſtürmt,

das 6.

die 1.

Gardediviſion

Chlum

Armeeforps Swieti und wiceſtar.

ges Die

Chauſſee von Sadowa nach Königgräß war gegen 5 Uhr Nachmit tags für die Deſterreicher faſt vollſtändig verloren . Das Vordringen des Kronprinzen über dieſe Chauſſee wird

244

jégt für uns gleichgültiger und es iſt wichtiger, daß wir zur Ar mee des Prinzen Friedrich Karl zurückkehren , um zu ſehen , wie fich dort und in den Augen des oberſten Führers der Armee, des Königs Wilhelm, die leßten entſcheidenden Momente darſtellten.

E. Entſcheidung des Sieges für die preußiſche Armee ,

Wir verließen die Armee des Prinzen Friedrich Karl bald nach Mittag ; zu dieſer Zeit rückten die erſten Truppen des bisher in Reſerve behaltenen dritten Armeekorps über Sadowa gegen z ifto w e 8 und Lipa vor. Das Vorziehen dieſer Truppen war nicht ohne vorgängige Bedenken angeordnet worden . Wir haben von dem Vorrüden der Armee des Kronprinzen erzählt.

Den erſten dünnen Einfluß äußerte dasſelbe thatſächlich

um 12 Uhr, aber vor 2 uhr fonnte der Oberbefehlshaber, Rös nig Wilhelm , davon kaum

etwas bemerken.

Erſt zu dieſer Zeit

ward man auf der Höhe von Dub , auf welcher der König mit ſeinem Stabe hielt, darauf aufmerkſam , daß ießt wohl die Armee des Kronprinzen

im glücklichen Vorrüden ſein

könne.

Jeßt erſt

ſchien es als richte ſich ein großer Theil des öfters reichiſchen Artilleriefeuers nach Norde n . Aus

unſerer

vorhergehenden Erzählung

wird man zweierlei

ſehen , erſtens, daß die Armee des Prinzen Friedrich Karl Wunders dinge geleiſtet hatte ; denn von 8 Uhr bis 12 Uhr war ſie ganz allein im Kampf und wenn wir die gewöhnliche Rechnung hier zulaſſen, nach welcher ſchon das erſte Einleitungsgefecht als Kampf gerechnet wird , ſo war fte von Morgens 6 Uhr ab mindeſtens allein im Kampf, alſo volle 6 Stunden gegen einen ungefähr dopa pelt überlegenen Feind. Es iſt wahrſcheinlich , daß bei dieſer Armee das Einge

fen

245

der Armee des Kronprinzen viel früher erwartet wurde, als es fich fühlbar machte. Figuriren wir uns zum Beiſpiel eine Touriſtenberechnung , wie fie auch von Militärs vielfach geleiſtet werden. Seit dem 30. Juni ſtand die Armee des Kronprinzen

an der Ober- Elbe , die Armee

des Prinzen Friedrich Karl vor Gitfc in .

Eine Telegraphens

verbindung zwiſchen Gitſchin , dem Hauptquartier des Königs Wils helm ,

Kameniß , dem þauptquartier

des Prinzen Friedrich

Karl , Deutſch - Pra ußniß , dem Hauptquartier des Kron prinzen von Preußen,

mußte in den zwei Tagen vom 30. Juni

bis 2. Juli nach allen den Wunderdingen, die man von den Feld telegraphen zu erzählen pflegt, ohne allen Zweifel Hergeſtellt ſein. Mitternacht vom 2. zum 3. Juli hatte der König von Preußen ſeine Befehle ausgefertigt. Telegraphiſch befördert mußten dieſelben um 1 Uhr Morgens am 3. Juli in den Händen der Korpskommandanten ſein. 2 Uhr Morgens

Um

ſpäteſtens fonnten nach dieſer Rechnung die vers

ſchiedenen Korps der Armee des Kronprinzen allarmirt werden . Um 3 Uhr Morgens fonnten ſie ihren Marſch antreten. Von K ö niginhof und Rettendorf , wo das Gardes forps konzentrirt ſtand, bis Horzenwwe8 , wo es in das Ges fecht eingreifen konnte , ſind durchſchnittlich zwei deutſche Meilen ; etwa die gleiche Entfernung ſtellte ſich für das ſechste Korps her aus, eine etwas größere für das erſte Korps. Der Touriſt rechnet auf zwei deutſche Meilen drei Marſchſtunden ,

nach der Rechnung

des Touriſten fonnte alſo das Sardeforp8 um 6 Uhr Morgens, das ſechste Korps um 71/2 Uhr Morgens und das erſte Korps um 7 oder 71/2 Uhr Morgens in das Gefecht eintreten . – Vers ſegen wir uns aus der Seite des Touriſten in die des verſtändigen Soldaten ,

aber

desjenigen ,

welcher

mit Schmerzen

auf eine

246

dringend nöthige Hülfe wartet , ſo werden

wir wohl annehmen

dürfen , daß bei der Armee des Prinzen Friedrich Karl das Ein greifen des Kronprinzen, wenn auch keineswegs um 6 oder 7 Uhr, ſo doch einige Stunden früher erhofft wurde, als es wirklich eintrat. Daraus erklärt es fich nun, daß noch vor der Mittag 8 ftunde in der Umgebung des Königs von Preußen einige Zwei fel auftauchten.

Es ward der Vorſchlag gemacht, man folle die

Truppen , welche im Zentrum von Sadow a bis M ofrow o us fämpften , an’s rechte Ufer der Biſtriß zurücknehmen. In den Motiven nahm dieſer Vorſchlag verſchiedene Geſtalten an . rend

die

einen

nur

daran

dachten ,

Wäh .

den erſchöpften Diviſionen

einige Ruhe und Zeit zum Sammeln zu ſchaffen , wollten andere zugleich durch den - verſtellten - R

đ t u 8 bie

Defter

reicher aus ihren Poſitionen heraus und zum Angriffe auf Dub vorloden, dem Kronprinzen alſo nur beſſeren Spielraum geben . Aus der ganzen Sache wurde nichts ; ward der praktiſche Einwand erhoben ,

gegen den Vorſchlag

daß die Diviſionen des

Zentrums fich viel zu ſtart in den Kampf verbiſſen hätten, um ſo ohne Weiteres herausgezogen werden zu fönnen, daß die Terrain : beſchaffenheit dieſes Herausziehen

auch

noch

beſonders ſchwierig

mace. Nun ward beſchloſſen , dafür lieber noch die Reſerve, das dritte Armee for p 8 , vorzuziehen , welches wir bereits zwis ſchen 12 und 1 Uhr haben in den Kampf treten ſehen . Dies war offenbar das Beſſere.

Ein Zurückziehen der Zens

trumdiviſionen würde aller Wahrſcheinlichkeit nach einen ſchlechten Eindruck auf die Truppen gemacht haben ;

ging es langſam von

ſtatten , ſo konnte es nicht viel helfen , ward es raſch ausgeführt, ſo fonnte bei der Durdyſchnittenheit und Bededtheit des Terrains im Zentrum es faum ausbleiben, daß einzelne kleinere Abtheilungen abgeſchnitten und gefangen gemacht wurden .

247

Daß Benedet über die Biſtriß

an’s rechte Ufer der:

ſelben nach folgte , was einige Vortheile hätte bringen können , iſt nicht einmal wahrſcheinlich. Wir ſehen bei ihm erſtens im gan zen Verlauf der Schlacht fein Beſtreben , aus der Defenſive herauszutreten ; zweitens aber auch, wie wir ſchon früher erörtert haben , war die Stellung der Oeſterreicher zu einer großen Of fenſive

über

die

Front

binaus

wenig

geſchaffen,

während ſie für die innere Offenſive allerdings Vortheile bot , die erhöht wurden, wenn die erſte preußiſche Armee ihr Zentrum zurücks zog und ihre Flügel , Bittenfeld

Franſedy einerſeits , Herwarth v.

andererſeits ,

noch

ohne Verbindung

am linken

Biſtrißufer zurückließ. Zur ſelben Zeit ,

da die Spiße des

dritten Armees

torp 8 , die Brigade Schimmelmann , an’s linke Ufer der Biſtriß vorrückte , deklarirten fich auch die erſten Anzeichen , oder ſchienen fich theilweis zu deklariren ,

daß die Armee des Krons

prinzen ernſtlich in's Gefecht eingreife. Nach Mittag ſchien es dem König Wilhelm und ſeinem Stabe ſo , als ob das öſterreichiſche Artilleriefeuer theilweiſe eine andere Richtung erhalte , theilweiſe fich gegen Norden wende.

Dies ver

hielt fich, wie wir wiſſen, wirklich ſo und es war auch wirklich die ganze Armee des Kronprinzen im Anmarſch); von Mittag ab war es etwa deren Hälfte, das Gardeforps und das 6. Korps, welche dieſe Wendung veranlaßte. Aber auf der Höhe von Dub fonnte man Gewißheit haben .

darüber

keine

Jedermann weiß aus Erfahrung , wie oft

man fich bei einem großen Brande über die Richtung und die Ents fernung nach dem Feuerſchein täuſcht.

Die Täuſchungen werden

aber noch viel großartiger , wo man mit ſeinem Urtheil , ſtatt es

248

auf den flaren Sinn des Geſichtes baſtren zu

fönnen , auf die

Grundlage des Gehöres angewieſen iſt. Der König Wilhelm und ſein Stab konnten unmöglich wiſſen ,

ob ſchon die Armee des Kronprinzen eingreife , oder ob

nicht vielleicht nur ein glückliches Vordringen der Diviſion Fran . peďy das öſterreichiſche Feuer auf rich lenke. Indeſſen den Befehlen an die einzelnen Korpskommandanten ward die erſt ere , günſtigere Annahme mit Recht zu Grund ges legt. General Herwarth v . Bittenfeld , welcher zu dieſer Zeit und noch keineswegs mit entſchiedenem Erfolg, mehrmals von glüdlichen Ravallerieangriffen der Oeſterreicher aufgehalten , auf der Höhen von Problu 8 und Przim kämpfte, wo die Sachſen , von G'ablenß unterſtüßt, fich wieder geſeßt hatten , ward bes nachrichtigt, daß der Kronprinz den Oeſterreichern die Verbin dung mit Joſeph ftadtabgeſchnitten habe und daß es nun darauf ankomme , durch lebhaftes Vordringen mit dem rechten preußiſchen Flügel, ihnen a uch den Rückzug nach Königgräß zu nehmen. Um 2 Uhr Nachmittags fonnte auch auf der Höhe von Dub kein Zweifel mehr darüber walten, daß der Kronprinz in’s Gefecht eingegriffen habe.

Zu dieſer Zeit entſchied fich der Kampf ganz

beſtimmt für die Preußen. Die zweite Gardediviſion , direkt

unterſtüzt von

ſtürmte über Sziſtoweg

den

erſten Bataillonen des erſten Korps

auf Lipa , indirekt ward ihr dabei von

der Diviſion Franſedy geholfen. Die erſte Gardedivis fion ward im Sturm auf 6 hlum und Ros bieri ß 6. Ar me efo rp

vom

unterſtüßt, welches über Swieti auf Wiches

ftar, Roßniß und Brziſa vordrang. In der Front, von S a dowa und Ober - Dohalik her drängte

die

Reſerve

des

Prinzen

' brandenburgiſche Korps .

Friedrich

Karl ,

das

249

Die Oeſterreicher verließen die Stellungen von Chlum, Rose bieriß und Smieti, um ſich auf die ſüdliche Seite der Straße von Sadowa nach Königgräß zurückzuziehen.

Dort wieder wurden fie

von der Armee des Generals erwarth v. Bittenfeld empfangen. Obgleich zwei Drittel derſelben , die beiden Divifionen Münſter und C an ſtein , noch immer ziemlich mühſelig bei Þrzim und Problus kämpften, drang doch nun die 16. Dis vifton , Eßel , über Chürburiß und Klazow immer ungehin derter gegen Brziz a dor. Um 3 Uhr Nachmittags

bemerkte der König Wilhelm und

ſeine Umgebung auf der Höhe von Dub ,

daß das Artilleriefeuer

in der Richtung auf Lipa immer ſchwächer werde. Wunder

Es war ' kein

Wir haben auf unſerem Plane die Stellungen dargeſtellt,

wie fie ungefähr ſchon um zwei Uhr Nachmittags waren. In der That fieht man da , wie die Deſterreicher zu dieſer Zeit bereits viel

toller eingefeilt waren ,

als Napoleon I. am 18. Oktober

1813 vor Leipzig; viel ſchlimmer ! Ihre Hauptreſerve hatte wohl kaum noch die Ausſicht, das Gefecht zu Gunſten Benedeks zu wenden ; dazu war es viel zu ſpät geworden ; fie fonnte höchſtens der bei lipa und Chlum

gegen Sadow a

vorgetriebenen

Keilſpiße den Rüđzug auf Königgräß einigermaßen er leichtern.

Weiter nichts .

Es war für dieſe Reilſpiße die höchſte

Zeit, den Rückzug anzutreten, wollte ſie nicht ganz unnük geopfert werden, und ſie entſchloß fich dazu, dieſen Rückzug anzutreten. Aber ihn auch nur zu erfechten, machte bedeutende Kämpfe nothwendig. Bald

nachdem

der König

Wilhelm

das

Schwächers

werden des Feuers im Zentrum der öſterreichiſchen Aufſtellung bemerkt hatte, kamen mehrere Generalſtabsofftziere und Adjuta nten auf der þöhe von Dub an, um das Vorrücken von Reiterei zu fors dern, welche den Sieg, der gewonnen war, verfolgen könne. Rüſtow , d. Krieg. 1866 . 17

250

Da , um 31/2 Nachmittags, ſeşte fich der alte König perſön сел ,

lich

an

die Spiße

des

Reſervefavallerieforp 8

der

Armee des Prinzen Friedrich Karl und ging mit ihm über Sadowa vor.

Ueberall traf er auf ſeine fiegreichen Truppen , zuerſt auf die

zweite Gardediviſion.

Alle empfingen ihn mit Jubel.

Seit den

Zeiten Napoleons I und des alten Blücher hatte ein Feldherr nie mals ſolchen Augenblick erlebt ;

Radepły’8 Triumph bei Novara

1849 war blaß dagegen. Muß nicht in ſolchen Stunden in Geiſt und Herz ein Licht aufgehen ? Das war ein Sieg des preußiſchen , des

norddeutſchen Bolfe 8 ! Man mochte die Todten beweinen,

man mußte ſte doch glüdlich preiſen . Der tapfere General Hiller von Gärtringen , der Führer der erſten Gardediviſion, war unter den Gefallenen.

Schwer verwundet war der junge Prinz

Anton von Þohenzollern - Sigmaringen , nant

im

Secondelieute

erſten Garderegiment, der ſchleunigſt von einer Orients

reiſe, auf der er ſich eben befand , heimgekehrt war, um an dieſem Kriege theilzunehmen . Vier Gewehrkugeln hatten ſeine Beine durch : bohrt.

Heldenmüthig erduldete er die Schmerzen , denen er doch

erliegen mußte . Aber wer denkt an alle dieſe einzelnen Leiden in dem Mo mente eines großen und guten Sieges ? Wer hätte ein Recht nur, in dieſem Momente an ſte zu denken ? Vor

den Augen

des Königs ſtürzte fich das Reſerves

favallerieforps des Prinzen Friedrich Karl , Brigade

des

Schwerin

Herzogs

Wilhelm

von

voran die

Meďlenburg

das 1. Gardedragonerregiment,

das 3. Hus

ſarenregiment, Ziethen'ſche Huſaren, – das 11. Ulanenregiment in der Richtung auf Strzelce tip

und Roßniß auf die

öſterreichiſchen Küraſſiere und Ulanen, welche den Rückzug der Jil fanterie und Artillerie, heldenmüthig fämpfend, zu decken ſuchten.

251

In der Verfolgung tavalleriekorps beſonders

gegen Königgräß von der Infanterie

ward

das

Reſerves

und Artillerie

des

3. A rmee for p 8 unterſtüßt, welches ſüdwärts der Straße vorging. Der König ſelbſt, außer von andern hervorragenden Perſön-

*

lichkeiten auch vom Miniſterpräſidenten Graf Bismark , Major im 7. ſchweren Landwehrreiterregiment begleitet , ging bei der

Ver

folgung bis unter die Kanonen der Feſtung Königgräß vor, unter welche der Haupttheil der öſterreichiſchen Armee fich flüchtete, um von da am linken Ufer der Elbe theils auf Pardubiß , theils auf Hohen maut h weiter zu ziehen. Ein anderer Theil insbeſondere von der Reſervekavalerie zog ſich am rechten Elbufer abwärts auf Pardubiß zurück. Auf dringendes Einſprechen Bismarfs entfernte fich König X Wilhelm aus dem Geſchüpfeuer der Befeſtigungen von König gräß und bei der weitern Beſichtigung des Schlachtfeldes fand er auch noch ſeinen Sohn , den Kronprinzen.

Dieſem hatte

er bereits nach den Gefechten von Nach od und Sfalis den Orden pour le mérite ertheilt. Der Kronprinz hatte aber die bes züglichen Mi ttheilungen gar nicht erhalten und ward jeßt ſehr über raſcht, als ihm der König felbſt den Orden überreichte. Mancher, der lieben Freunden und Verwandten in jenen Tagen nicht beis ſpringen konnte , wie er es wünſchte, wird ſich getröſtet fühlen, wenn er ſieht, wie ſogar in dieſen Regionen des preußiſchen Rönigs hauſes die Verbindungen unterbrochen waren, ſogar auf dem Kriegs ſchauplaße ſelbſt.

In der That glauben wir hier aus mehrfacher

eigner Erfahrung in den verſchiedenſten Fällen hinzufügen zu dürfen, daß die Feldbriefpoſt der preußiſchen Armee die Korreſpondenz des Königs vor der des einfachen Soldaten nicht im Geringſten bevors zugte ,

wie denn auch in den preußiſchen Verluſtliſten Offizier

und Soldat ganz genau neben einander hergehen, im großen Gegens ? 17 *

252

faß zu Deſterreich, welches erſt nur nothdürftig ſeine Stabsofftziere, dann noch nothdürftiger die Subalternoffiziere erwähnt und die Angehörigen der Soldaten auf

ſpätere Zeiten, wir glauben ſehr

ftark auf Niema 18 vertröſtet.

In Ungarn oder Venetien wird

eine alte verlaſſene Mutter zehn Jahre in der Ungewißheit bleiben, ob ihr einziger Sohn noch lebe , oder irgendwo in Böhmen oder Mähren todtgeſchoffen ſei! Um 4 Uhr Abends am 3. Juli war die Schlacht von den Preußen

vollſtändig gewonnen ;

um dieſe Zeit wußten das die

Deſterreicher, wie die Telegramme des Kommandanten von Königgräß nach Wien

genügend bewieſen ; erſt um 5 Uhr

wußten es die ftegreichen preußiſden Truppen , welche nun von allen Seiten gegen die Chauſſee von Sadowa nach Königgrätz vordrangen . Angeſichts

Königgräß ,

im Feuer der Befeſtigungen dieſes

Plaßes , mußten fle freilich die Verfolgung mit Infanterie und Ravallerie aufgeben , welche von den im Zuge ſeienden Bataillonen nur ungern eingeſtellt wurde , aber die preußiſche Artillerie donnerte noch in die Dunkelheit hinein bis 81/2 Uhr Abends auf die decimirten, fliehenden Brigaden Deſterreichs. Elf Fahnen, 174 Geſchüße, 18,000 unverwundete Gefangene Ftelen in die Hände der Preußen und bewieſen die Größe ihres Sieges.

Es iſt ein Wunder zu nennen , daß bei der Wahl der

X Stellung, welche Benedek getroffen und bei den Angriffsrichtungen der Deſterreicher die Ernte an Trophäen für die Preußen nicht noch reichlicher ausftel *). Der greiſe König Wilhelm fam erſt um 11 Uhr Abends in *) Im Anhang , wo wir auch über den Gebrauch der Reiteret in dieſem Ariege zu handeln haben , werden wir auch auf deren Gebrauch bei der Verfol gung von Königgräß zurüdkommen .

253

ſein Hauptquartier nach Horz i

zurüd, von wo er am 4. Juli

felbſt einen Bericht an die Königin nach Berlin ſendete. Blieb auch der Berluſt der Preußen weit hinter dem öſters reichiſchen zurück, ſo war er doch äußerſt ſchmerzlich ; das erſte Garderegiment mußte beiſpielsweiſe aus zwei Bataillonen ein einziges bilden.

Noch größer würde der Verluſt der Deſters

reicher geweſen ſein , wären die Preußen nicht durch das Dunkel der Nacht, durch die Elbe und das Terrain gegen Pardubiß an einer weiteren unmittelbaren Verfolgung

verhindert worden.

Aber auch ohne dieſe dachten viele öſterreichiſche Regimenter faum noch an das Zuſammenhalten und Sammeln. Jeder Krieg hat Veränderungen in der Bewaffnung und Tafs X tik zur Folge , da mit Vorliebe die Geſchlagenen

den Sieg des

Gegners in den Vortheilen von äußeren Formen ſuchen . Wenn wir nach der Bewegung urtheilen dürfen , welche fich jeßt durch ganz Europa bemerkbar macht, ſo wird niemals ein

Krieg in dieſer

Beziehung einen größern

als

Einfluß

geübt

haben

der

gegen

wärtige. Wir ſchöpfen daraus die Berechtigung, in einigen beſondern Artifeln am Schluſſe der geſammten Arbeit dieſe Verhältniffe näher zu beleuchten. Einem vernünftigen Urtheil muß da die Größe und Beſchaffenheit der Verluſte zu Grunde gelegt werden . Die Verluft verhältniſſe für den ganzen Krieg werden wir alſo auch in dieſen beſondern Schlußartifeln ſo genau als möglich feſtſtellen . Für jeßt hat das noch unüberwindliche Schwierigkeiten und wir haben uns überzeugt, daß wir den Abſchluß dieſer Abtheilung übermäßig hins ausſchieben müßten, wollten wir damit warten, bis ſie überwindlich erſcheinen .

Im Uebrigen kann es eher als ein Vortheil gelten,

daß die von uns bezeichneten Betrachtungen ein wenig ſpäter kom. men und in eine Zeit fallen , in welcher die erſte Hiße fich ein «

254

wenig abgefühlt hat und eine unbefangenere Auffaſſung fic Raum ſchaffen fann .

11. Eindruck der Schlacht von Königgräß.

Unmittelbare

Folgen . Berlin ward am Morgen des 4. Juli durch den Donner des Viktoriaſchießens im Luſtgarten aus dem Schlafe geweckt. Eine unabſehbare Menſchenmenge ftrömte vor dem Schloſſe zuſammen , wo die Königin Auguſt a zu immer wiederholten Malen das erſte Siegestelegramm , welches fie vom Könige erhalten hatte , vorleſen ließ, welches mit immer neuem Jubel begrüßt ward . „ Horziß , den 3. Juli.

Vollſtändiger Sieg über die öſter

reichiſche Armee nahe der Feſtung Königgräß zwiſchen Elbe und Biſtriß heute in achtſtündiger Schlacht erfochten. Verluſt des Fein des und Trophäen noch nicht gezählt , aber bedeutend. Einige und zwanzig Kanonen.

X

Alle acht Korps haben gefochten ; aber große,

ſchmerzliche Verluſte.

Ich preiſe Gott für ſeine Gnade ; wir find

Alle wohl. Wilhelm. Viftoria ſchießen .)"

(Zur Veröffentlichung ; der Gouverneur ſoul

Ganz Preußen jauchzte auf. Die Beſorgniſſe derjenigen, welche von dem Siege der Preußen über die Oeſterreicher Gefahren für die innere Freiheit in Preußen fürchteten, ſchwiegen . Denn man fragte ſich billig , was wohl aus Preußen , aus Deutſchland, aus deutſcher Nationalzuſammengehörigkeit, religiöſer und politiſcher Freiheit in Deutſchland geworden ſein würde — ſei es auch nur vorübergehend , doch wieder auf lange genug ,

wenn Defter ,

reidy 8 und ſeiner Verbündeten Heere den Sieg davon getragen hätten ! Die leßten Wochen hatten in dieſer Beziehung große Lehren gegeben , die Parteigänger Deſterreichs hatten in ihrem Uebermuth zu viel verrathen ! Eine neue Lehre ſollte bald folgen.

Minder

255

wurden zum Schweigen

gebracht die Beſorgniſſe Anderer ,

welche X

da meinten , Preußen werde ſeine Erfolge nicht genügend gegen Deſterreich und zum Heile Deutſchlands ausbeuten . Dieſe Männer verlangten hie und da zu viel von der preußiſchen Regierung. Man fann einen Sieg auf dem Schlachtfelde auch

überſchäßen ,

namentlich ſeine Kraft, auf weitere Beziehungen zu wirken.

Die

Schlacht von Königgräß ſtellte Preußen noch nicht außer und über Deutſchland. Wir haben wohl zuerſt, in einer Zeit, da noch keiner daran dachte, es als eine Pflicht Preußens hingeſtellt, die Elb herzogthümer mit ſeinen Ländern zu vereinigen , ſchreibung des deutſch -däniſchen Kriegs von Wort am 15. Auguſt 1864 geſchrieben ward ,

in unſerer Bes

1864 , deren leßtes wir haben uns

dort auch für den Weg entſchieden erklärt , der von Preußen jeßt gewählt worden iſt ,

wir haben ferner geſagt , daß es gut ſein

würde , ſich mit der Mainlinie zu begnügen , wenn ſonſt nichts zu haben ſei.

Es iſt, wie im Laufe unſerer gegenwärtigen Erzähs

lung ſich ergeben wird, erheblich mehr erreicht worden durch den Gang des

Krieges : der vorläufige Ausſchluß Deſterreichs

aus Deutſchland, alſo die Aufhebung des verderblichen Dualismus, den zwei Großm ä dy te in Deutſchland in dasſelbe

hinein

tragen mußten, ſtets fähig einander im Guten zu hindern, niemals fähig, Deutſchland zum Guten zu verhelfen. Die Schlacht von Königgräß hat Deutſchland ein natürliches Gravitationscentrum gegeben ; die erſte Bedingung eines engeren Zuſammenſchluſſes der

deutſchen Nation

iſt erfüllt.

Diejenigen,

welche beſorgten, daß Preußen ſeinen Erfolg nicht in zweckmäßiger Weiſe ausnußen werde , find, ſoweit ihre Forderungen für berech tigt gelten fönnen, beruhigt. In der Schweiz wie in Süddeutſchland beſorgt man gewöhn lich

von dem Zuſammenſchluß Deutſchlands um Preußen ,

von *

256

X

dieſer

,,preußiſchen “

Zentraliſation.

Einheit

eine

der

Freiheit

Man weist dabei auf den

ſchädliche

ich weizeri

fchen und auf den amerikaniſchen Föderativſtaat hin , der Kraft als Ganzes beweiſe , ohne die Freiheit der Individualitäten aller Stufen zu gefährden . Man vergißt dabei zwei Hauptſachen : Erſtens , daß wohl ein ſtarker und in Freiheit glüdlicher Bundesſtaatvon Republiken möglich iſt, aber nicht von dynaſtiſc regierten Ländern. man

das legitime

Wenn

Recht der kleinen Dynaſtieen anerkennt,

die

deutſche Nation ewig in der Spaltung zu erhalten , ſollte man dann nicht noch viel mehr nach allen Geſeßen der Logif das Recht der einzelnen Dynaſtie anerkennen , ihr Völfchen ,

welches fte

nur auf der Baſis des Zivilredte 8 beſißen kann, da eine völkerrechtliche Baſis für einen Staat nicht denkbar iſt, der nicht die Kraft bat, feine Selbſtändigkeit zu vertheidigen , zu behandeln , wie ſte Luſt hat ? Wo bleibt unter dieſer Vorauss reßung das Voltsrecht , alſo die Freiheit ? Beide föns nen gar keinen vernünftigen Grund haben .

1

Zweitens vergißt man, daß die Dezentraliſation im Blut der germaniſchen Völler liegt, ſcher „ Despotismus“

daß ein wenig zentraliftis

1

1

ihnen nichts fdaden fann , weil er nie bis

zur abtödtenden Verderblichkeit durchdringt. Die preußiſche Regierung würde niemals auf den Gedanken kommen, auf welchen feiner Zeit die piemonteſinde fam ,

fogar die Ammens

milch in Italien piemonteſiſch uniftziren zu wollen . ßiſchen Provinzen , welche

In den preus

ſchon ſeit 1815 zu einem Staat vers

fohmolzen find, herrſchen heute noch ſehr verſchiedene Rechte, die den Einzelnen gefallen, dem Staate nichts ſchaden.

1 Der Wider ft and der Maſſen iſt immer groß genug , um

257

zu verhindern , daß die Bäume in den Himmel wachſen. Wäre nur ihre Initiative ebenſo groß !

Seine Armee begrüßte der König Wilhelm von şors fiß am 4. Juli mit folgendem Tagesbefehl : „ Soldaten meiner

in

Böhmen verſammelten Armee !

Eine

Reihe blutiger und ruhmreicher Gefechte hat die rechtzeitige Ver. einigung unſerer ſämmtlichen Streitkräfte in Böhmen möglich ges macht.

Aus den mir vorliegenden Berichten erſehe ich , daß dies

Reſultat durch die fichere Führung meiner Generale und die Hins gebung und Tapferkeit fämmtlicher Truppen erreicht worden iſt. Unmittelbar darauf hat die Armee troß aller Anſtrengungen und Entbehrungen der vorhergehenden Tage unter meiner Führung den Feind in einer feſten Stellung bei Königgräß energiſch angegriffen , die gut vertheidigte Poſition nach heißem Kampfe genommen und einen glorreichen Sieg erkämpft. eroberte Kanonen ,

Viele Trophäen , über hundert

Tauſende von Gefangenen

geben

aufs Neue

Zeugniß von der Tapferkeit und Hingebung, in welcher alle Waffen mit einander ſchwere Opfer Armee , blidt.

gewetteifert haben . gefoſtet ,

Der Tag von Königgräß hat

aber er iſt ein Ehrentag für die ganze

auf welche das Vaterland mit Stolz und Bewunderung Ich weiß , ihr werdet auch ferner meinen Erwartungen ents

ſprechen , denn preußiſche Truppen wußten ftete mit dem Felden muth diejenige Mannszucht zu vereinigen, ohne welche große Erfolge nicht erkämpft werden können ." Man darf ſich wohl nicht verhehlen , daß dieſer

Tagsbefehl

etwas erzwungen Bureaukratiſches bat, und es iſt ſchwer zu glaus ben , daß er aus der Feder des Königs Wilhelm gekommen ſei, wenn man mit ſeiner Kälte die edle Wärme des Briefes vergleicht, welchen an demſelben Tage der König an ſeine Gemablin richtete, in welchem der gefallenen

Helden mit ganz anderem Gefühl, des

258

unſterblichen Eindrucks eines ſolchen Tages mit viel ergreifenderen Worten gedacht worden iſt. Sollte der König nicht die Armee, in deren Mitte er den ſchönſten Moment feines Daſeins erlebte , die ihn als den Triumphator auf den Schild erhob , welchen fte ihin erobert hatte, mit mindeſtens ebenſo warmen Worten begrüßt haben, als die entfernte Gemahlin, wie theuer ſte ihm ſein mochte ? Schwers lich hat er alſo dieſen Tagsbefehl ſelbſt geſchrieben ,, der aus den ,, Bureaur“ des Generals Moltke fam und den der greife König nur noch ermüdet unterſchrieb .

Doch der Soldat nimmt ſich aus ſolchen Tagsbefehlen was ihm paßt und ſchmückt die falten Worte mit ſeinen heißen Thaten aus ; bohrt in den grünen Tiſch des Generalquartiermeiſters die Spiße feines Bajonnettes mit ſolcher Kraft, daß auch jener roth glühend wird. Und ſo war es hier. So in Berlin, in Preußen, im preußiſchen Lager ! Wie anders an der alten lieben Donau !

Dort verfündete dem Volt ein Telegramm des

Feldzeugmei

ſters Benedef von şohen mauth ungefähr ſo viel ,

daß

Alles verloren ſei . Was half es, daß die öſterreichiſche Armee bis 2 Uhr Nachmittags im Vortheil geweſen ſei, wenn nun von da ab alle Vortheile, ſogar alle Hoffnungen verloren gegangen waren ? Der alte Napoleon hat geſagt: „ Deſterreidy fommt immer um eine Armee und eine Idee zu ſpát ." werden .

Dies ſollte wieder einmal wahr

So wahr es iſt, auch dies iſt wahr :

die öſterreichiſche

Regierung hat fich ſtets eingebildet, in zwei Stunden die Verſäums niſſe von ebenſo viel Jahren wieder gut machen zu können. Der Sieger von C u ft oz a ſollte das Rommando über die geſammte Armee übernehmen und ſogleich zu dieſem Ende vom ſüdlichen Operationstheater nach dem nördlichen eilen . Eben dahin follten ſeine

am Mincio

fiegreichen Armeeforps gezogen werden .

259

General von John , zum Feldmarſchallieutenant befördert, ſollte auch in der neuen Stellung dem Erzherzog Albrecht als General ſtabschef zur Seite bleiben. Dagegen wurde der Feldzeugmeiſter Benedef vom Ober kommando abgerufen , welches er nur noch fortzuführen hätte , bis der Erzherzog Albrecht anfäme.

General Clam - Gallas , der

Generalſtabschef Freiherr von Hen i fft ein , der Generalquartiers meiſter Ari8 manich wurden arretirt und nach Wien geſendet, um dort vor ein Kriegsgericht geſtellt zu werden. Der Miniſter Graf Mensdorff - Bouilly eilte zur Armee, um ſich von deren wirklichem Zuſtand zu überzeugen, nach Mähren . Es ward jeßt von einer Erhebung des Voltes in Maſſe geredet, als hätte man nicht ſeit Jahren her alle Keime und Möglichkeiten zu einer ſolchen erſtickt ; war doch kaum in Tyrol und Vorarlberg

das Landesſchüßenweſen

noch

ernſtlich gepflegt.

Einzelne Landesſtatthalter riefen den Landſturm wirklich auf ; freis lid mußten ſie ſchon am folgenden Tage ihre Aufrufe zurückneh. men, erklären, daß die Sache nicht ſo gemeint geweſen ſei, daß es ſich nur um die ordnungsmäßige Bildung von Freiforp 8 Handle. Unterdeſſen ward von der Armee in Mähren Kronland war ſie zurückgegangen

nach dieſem

der General v. G ableng

in das preußiſche Hauptquartier geſendet, um dort eine Waffen ruhe zu erwirfen . Er ward Biſche

abgewieſen ,

und

wahrhaftig , die preu

Regierung hatte nur zu viel Grund zu dieſer Abweiſung,

mochte die Perſon des Abgeſandten , der in Schlesw i g-xolſtein tapfer an der Seite der Preußen gefämpft hatte, dem König Wil: helm noch ſo angenehm ſein . Schon am 3. Juli nämlich ſagte die Wiener Preſſe : „ Nach dem die öſterreichiſche Armee in Italien jeden Verdacht, als fönnte

260

Deſterreich aus Furcht zu einem dauernden Friedensabſchluß mit Italien beſtimmt werden , gründlich beſeitigt hat , ſo hat dieſelbe nunmehr eine

andere Mifflon ,

nämlich

diejenige ,

rid

mit der Nordarmee zu vereinigen . "

Dies mochte für Manchen noch ein Rätſel ſein,

nachdem

aber auf Benedets Unglüdskunde von Königgräß die Telegramme zwiſchen Wien und Paris am 4. Juli einander förmlicy gedrängt hatten, brachte ſchon am 5. Juli der Pariſer Moniteur die Löſung des Rätſels. 58 hieß da : „ Ein wichtiges Ereigniß iſt eingetreten.

Nachdem der Kaiſer

von Deſterreich die Ehre ſeiner Waffen in italien gewahrt hat ,

ſtimmt er den vom

Kaiſer Napoleon in

deffen

Schreiben vom 11. Juni an den Miniſter des Auswärtigen auss geſprochenen Anſichten bei ,

tritt Venedig

dem Raiſer

der Franzoſen ab und nimmt deſſen Vermittlung an , um den Frieden unter den Kriegführenden herzuſtellen.

Der Kaiſer

Napoleon beeilte fic , dieſem Aufrufe zu entſprechen und wendete fich unmittelbar an die Könige von Preußen und Italien , um einen Waffenſtillſtand zu vermitteln . " Im preußiſchen þauptquartier wurden nun dieſe Dinge in ihrem Zuſammenhang in folgender, wohlberechtigter Weiſe überſekt: Nachdem Oeſterreich ſo lange behauptet hat, daß es Vene . tien nicht blos

in feinem eignen ,

ſondern auch im Intereſſe

Deutſchland 8 feſthalten müſſe ,

nachdem es mit dieſem

Vorgeben im Jahre 1848 in Deutſchland Propaganda gemacht, nachdem es 1859 wieder damit faſt ganz Deutſchland in Harniſch gebracht für fich, giebt es jeßt , da Preußen zum erſten Male ernſtlich und kräftig für deutſche Intereſſen tritt, den Po auf , zu hindern .

in's Feld

lediglich um Preußen in ſeinem Streben

Plößlich fann Venetien entbehrt werden ; der Rhein

261

braucht ießt nicht mehr am Po vertheidigt zu werden . Oder iſt vielleicht überhaupt in Deſterreichs Augen nicht mehr nöthig, daß der Rhein vertheidigt werde ? Die Provinz Venetien , in welcher es ſiegreich war , wird aufgegeben , damit Deſterreich auch gegen Preußen ſiegreich ſein fönne.

Für je wichs

tiger die Behauptung Venetiens bisher immer ausgegeben worden iſt, deſto größer muß wohl der baß, welchen die Lothringer gegen Preußen in ihrem Buſen nähren , ſein . Jeßt beantragt Deſterreich bei Preußen unter den Waffenſtilſtand !

genügend bezeichneten Umſtänden einen

Es hat die Naivetät, zu glauben , wir fönnen

dieſen Waffenſtillſtand nach unſeren Siegen bewilligen , der von Deſterreich nach ſeinen eigenen Erklärungen lediglich verlangt wird, damit es feine aus Venetien zurückgezogenen Legionen und an der Donau entgegen werfen , dadurch das Gleichgewicht wieder hers ſtellen und uns verhindern fönne , jene Friedensbedingungen durch. zuſeßen , welche wir im preußiſchen und im deutſchen Intereſſe vers langen müſſen ! " Auf Grund

dieſes

preußiſche Regierung

berechtigten Raiſonnements

mußte die

im preußiſchen Hauptquartier und ießt

mit dieſem identiſch • zu dem Schluſſe kommen , fie dürfe keinesfalls gegenwärtig auf einen Waffenſtilſtand eintreten. geſammte Lage mußte vielmehr

Die

Deſterreich gegenüber – für

die Preußen nur ein Sporn ſein, ſo ſchnell und überwältigend als möglich

auf Wien

zu marfch iren.

Ein Waffenſtilſtand

durfte nur auf Grund von Friedenspräliminarien bes willigt werden , welche alle Forderungen Preußens , die jeßt zu ſtellen möglich und nothwendig war, zugab. Die Lage in dieſer Zeit war durchaus feine einfache.

Wir

müffen uns mit ihrer Analyſe einigermaßen befaſſen , um nachher in der fortſchreitenden Geſchichte deſto kürzer ſein zu können.

x

262

Wir wollen uns demnach den legten Schritt Deſterreichs in , allen ſeinen einzelnen Wirkungen beſehen. Die Metternich'ſche Politif Deſterreidys hat Deſterreich gewiß viele Feinde gemacht, das Konkordat mit dem Papſt machte wies derum ganz Deutſchland, auch das fatholiſche, ſtubig. Indeſſen es tamen immer wieder Freunde und wir haben es ja noch in der leßten Zeit erlebt ,

daß in Südweſtdeutſchland nicht an einem

Ort , an vielen , nicht blog in Regierungskreiſen , ſondern in X

Volkskreiſen auch, ia ſelbſt von einzelnen Auswüchſen der preußis: ſchen Fortſchrittspartei Deſterreich als der Hort der wahren deutſchen Freiheit geprieſen ward ! Nie in der ganzen Geſchichte hat fich Deſterreidy in Deutſch land größeren Schaden gethan , als an dem für Deſterreich un glüdlichen, für Deutſchland ganz gewiß glüdlichen vierten fuli. Daß es die Provinz , die es für das höchſte Kleinod erklärt Hatte , nothwendiger noch für Deutſchland als für Deſterreich im engeren Sinne , jest opferte , daß es den Romanen , gegen die es fich früher als das einzige rechte Bollwerf ausgegeben , dieſe Pro vinz hinwarf , nur um den germaniſchen Brüdern deſto kräf tiger entgegenzutreten dies , es war freilich ſtarf, aber dies wäre der öſterreichiſchen Regierung noch allenfalls hingegangen. Aber das deutſche Nationalgefühl, auf wie manchem Jrrweg es noch hie und da umhertappen mag, ſoweit iſt es entwidelt, daß es ſich gegen die Anrufung fremder Einmiſdung in

‫د را کر۔‬ ſeine Angelegenheiten inſtinktiv empört.

Was war aber der legte

Schritt Deſterreichs anders als die verwirrendſte Anrufung Na poleons , fich in die deutſchen Angelegenheiten einzumiſchen ? Wie dem

Auguſt e n burger anfangs 1864 ſein wimmernder

Brief an Napoleon III. auch bei der größten Zahl ſeiner urſprüng

263

lichen Anhänger, die nicht abſolut verdorben waren, mehr als ſeine abſcheulichſten Eigenſchaften ſchadete, ſo ſchadeten jeßt wieder Deſter reich ſeine Transaktionen vom 4. Juli mehr als alle feine andern Fehler.

Wir ſprechen hier in vollſtändigſter Kenntniß der Sache;

auch in Süddeutſchland , ſelbſt in Schwaben , welches ſich in den wüthendſten Preußenhaß hineingeredet hatte, blieben Deſters reich faum andere Bundesgenoſſen als die Kolb , die Sonnemann, die Freeſe und Mai mit ihrem kleinen Anhang.

Auch der

ver

ranntefte Schwabe wurde ſtußig und wenn er auch noch nicht, auf hörte , an die baches

zu

ſelbſtändige Reichsherrlichkeit des duftenden Neſen

glauben ,

ging

ihm

doch

der

Treub und

mit

Oeſterreich gründlich in die Brüche. Preußen gewann hier

x

im Zuſehn. Allerding8 hörten ſelbſt von Seiten der Leute , welche fich ſchon vorher dafür entſchieden hatten , mit Preußen zu gehen, in Süddeutſchland Fragen wie dieſe nicht auf :

Aber wenn uns

Bismark thatſächlich dementirt ? wenn er doch das linke Rhein ufer an Frankreich abtritt ? Eine antworten : thun muß !

Wir konnten darauf nur das

Ihr zwingt ihn vielleicht noch dazu , daß er es

Wenn ihr ſagt, daß ihr für das Zuſammenhalten

Deutſchlands mit ihm einſteht, in welcher Form es nun vorläufig ſei, ſo fann er das linke Rheinufer nicht an Frankreich abtreten ! *

Dies die eine der Seiten dieſer Frage , welche noch lange nicht am Ende iſt. Gehen wir nun zu einer zweiten über. Wie ſollte ſich Preußen Frankreich gegenüber ver halten ? Napoleon erbot ſich als neuer Theodorich von Bern – als Friedensvermittler.

Dietrich

Er richtete ſeine Briefe a n

Italien und an Preuß e n . Wie ſollte fich nun zunächſt Preußen dieſem Anerbieten gegens über verhalten ?

264

X

Durfte es ohne Weiteres ablehnen ?

durfte es fagen :

wir werden mit den Angelegenheiten Deutſchlands zu Ende koms men, ohne irgend eine fremde Einmiſchung zuzulaſſen ? Leider nein ! entſchieden, #

es war in Deutſchland noch gar zu vieles uns

es war zu

wenig Einheit

des Willens da,

Preußen

ſtand zu ſehr allein , zu ſehr – gerade jeßt, da es fich groß zeigte - allein auf Deutſchland & Breſche, als dieſe Sprache

hätte führen

dürfen,

ſelbſt gegenüber

daß

es

dieſem viel

befeindeten , doch immer von der Ungeduld ſeiner Prätorianer ſehr abhängigen Napoleon III.,

der , wie er ſagte , nur im Geiſte

des Nationalitätsprinzips handelte, der

für Italien das Richt.

interventionsprinzip aufgeſtellt hatte und Annerion Savoyens und

Nizza 8

ſehn wir ab von der die Intervention in

Italien durch ſeine Offupation Roms permanent gemacht hatte. Nicht umſonſt ſagten die offiziellen und offiziöſen Journale Frankreichs , daß Preußen feine ganze verfügbare Militärmacht jeßt in Böhmen konzentrirt habe. vortheilhaft oder unvortheilhaft Wie man

über die

Reorganiſation der preußiſchen Armee denken mochte , gerade von jenem in Preußen ſelbſt ſo

enthuſiaſtiſch vertretenen Standpunkt

der Schwärmerei für die Reorganiſation von 1860 war dies völlig richtig. Nicht richtig war es nur für diejenigen, welche feinen Werth auf die Reorganiſation

legten

und

auf den militäriſchen

Geiſt in Preußen, aus welchem ſchon 1813 die erſte Reſerve und Landwehr hervorgegangen war , aus welchem 1866 eine ganz ans dere , eine gewaltigere zweite Reſerve und Landwehr hervorgehen fonnten , vertrauten .

Unter allen Umſtänden

aber war Preußen von der Klugheit

Mäßigung geboten. Preußen mußte die Vermittlung Napoleons

265

zulaſſen und

annehmen ; nur war es wünſchenswerth, daß

Zuſtandekommen des Waffenftillſtandes etwas

das

hinausge

ſchoben werde, damit Preußen die Zeit gewinne, die öſterreichiſche Armee noch mehr in die Enge zu treiben als bis jept geſchehen war, und zugleich ein größeres öſterreichiſches Gebiet zu beſegen, ein Pfand dafür, daß Deſterreich nicht blos in die billigen und nothwendigen

Forderungen

Preußens

willige ,

ſondern

auch

nicht etwa im weiteren Verlauf der Dinge von ſeinen Zugeſtänd niſſen zu rü & trete. War die 8 erreicht, eine feſte Grundlage für die nachfolgende preußiſche Politik, wozu dann noch mehr koſt bares Blut vergießen ? Nun war es nicht ſo ſchwer, durch Vorverhandlungen eine Zeit zu gewinnen , welche genügte , um die Preußen von den Ufern der Elbe an diejenigen der Donau , von den blutgetränk ten Feldern von Königgräß bis vor die Schanzen von Wien zu führen. Preußen mußte die Vorſchläge Napoleons empfangen, konnte daran ſeine Ausſtellungen machen, dieſe entwickeln und begründen, dann wieder das Urtheil Napoleons darüber mit freundlich lächeln dem Munde entgegennehmen .

Es mußte ſich auf Grund des von x

ihm im April mit Stalien geſchloſſenen Vertrages mit dieſem ins Einvernehmen ſeßen, konnte nicht einſeitig vorgehen, nnd von Italien

war zu

erwarten ,

daß es Einwände

worauf wir ſogleich weiter kommen werden .

erheben werde,

Und während ſo die

Depeſchen zwiſchen dem preußiſchen Hauptquartier und dem italie niſchen, zwiſchen dieſem und jenem und Paris , zwiſchen Wien und Paris hin und her liefen ,

marſchirten die preußiſchen Kolonnen

unverdroffen auf Wien. Daß die Befolgung

dieſes Syſtems von Seiten Preußens

nicht überflüfftg war, daß Deſterreich ernſtlich bedrängt werden mußte , ſollte es Preußen gerecht werden, zeigte die Profln Rüftow , d. Krieg. 1866 . 18

y

266

mation

des Kaiſer

acht Tage

alſo

nach

Franz Joſeph vom 10. Juli,

der Schlacht

von

Königgräß,

und da die

Preußen ſchon neue Fortſdritte gemacht hatten, erlaſſen . Dieſe Pro : flamation ' lautete :

,, An meine Völfer ! Das ſchwere Unglück,

welches

meine Nordarmee

trop

des

heldenmüthigſten Widerſtandes getroffen , die Gefahren, welche das durch für

das Vaterland

erwachſen,

die Kriegsbedrängniſſe ,

die

verheerend über mein geliebtes Königreich Böhmen fich ausbreiten und anderen

meines

Theilen

drohen ,

Reiches

die ſchmerzlichen,

unerſeßlichen Verlufte für ſo viele Tauſende von Familien , haben mein Herz, das ſo väterlich warm für das Wohl meiner Völker ſchlägt, auf das Tieffte erſchüttert. ,, Allein das Vertrauen ,

das ich

in

meinem

Manifefte vom

17. Juni ausgeſprochen, das Vertrauen auf euere unerſchütterliche Treue, Fingebung und Opferwilligkeit, das Vertrauen auf den ſelbſt im Unglück

nicht zu

brechenden Muth

meiner Armee,

das Ver

trauen auf Gott und mein gutes heiliges Recht iſt in mir feinen Augenblick wankend geworden. „Ich habe mich an den Kaiſer der Franzoſen um Vermittlung eines Waffenſtillſtandes

in Jtalien

gewendet.

Ich fand nicht

blos das bereitwilligſte Entgegenkommen , ſondern Raiſer Na poleon hat fich auch aus eignem Antriebe und in der edlen Abs ficht der Verhütung weiteren Blutvergießens zum Vermittler eines Waffenſtilſtandes mit Preußen und der Einleitung von Frie densverhandlungen anerboten .

„Ich habe dieſes Anerbieten angenommen . „Ich bin zu einem Frieden unter ehrenvollen Bedingungen bereit, um dem Blutvergießen und den Verheerungen des Krieges ein Ziel zu ſeßen ,

allein nie werde ich in einen Friedensabſchluß

267

willigen , durch welchen die Grundbedingungen der Madtſtellung meines Reiches erſchüttert würden . ,,In dieſem Falle bin ich zum Rampfe auf das Aeußerſte ents ſchloſſen und hierin der Zuſtimmung meiner Völfer gewiß . „ Alle verfügbaren Truppen werden zuſammengezogen und durch die angeordnete Refrutirung,

die zahlreichen Freiwilligen ,

welche

der neu auflebende patriotiſche Geiſt überall zu den Waffen ruft, ergänzen ſich die Lüden des Heeres. „ Deſterreich ward vom Unglücke ſchwer getroffen ; aber es iſt nicht entmuthigt, nicht gebeugt.

Meine Völfer ! vertrauet auf euren Kaiſer ! „ Deſterreichs Völker

haben fich nie größer

als im Unglück

gezeigt. ,, Auch ich will dem Beiſpiele meiner Ahnen folgen und mit unerſchütterlichem Gottvertrauen , mit Entſchloſſenheit und Beharr: lichkeit euch voranleuchten ." Dieſe Proflamation fordert allerdings zu einer Kommentirung heraus und

einige

Wiener

Straßengrößen

überließen

fich ihrer

Neigung, auf den an Wiens Straßenecken angeklebten Exemplaren Korrekturen, die ihnen nothwendig ſchienen und den unverwüſtlichen Wiener Humor befundeten, anzubringen. Wir haben uns begnügt, nur einige Worte , welche unmittels bar die Lage betreffen, durch den Druck Hervorzuheben. Welches find die Grundbedingungen der Machtſtellung Deſters reichs ?

Dies iſt wohl eine der dunkelſten Stellen .

daß fich in ganz Europa fein Menſch

Wir glauben ,

findet, den Verfaſſer der

Proklamation nicht ausgenommen, welcher dieſe Frage in präziſen, dürren Worten zu beantworten vermöchte.

Im Uebrigen führt uns

dieſe Proflamation unmittelbar auf

268

die Beziehungen Italiens zu der vom Kaiſer Franz Joſeph angerufenen Vermittlung Napoleons III. In Preußen ließen fich verſchiedene Stimmen vernehmen , --- die Modulationen waren wohl etwas verſchieden , aber die Sache tam immer auf dasſelbe heraus : „ Die Italiener haben

es gut ; weil wir

die Oeſterreicher

geſchlagen haben, bekommen ſie Venetien ! " Die Italiener waren gar nicht der Meinung, daß fie es gut hätten , – und in der That, fie hatten vollſtändig recht. Erſtens trat der Kaiſer Franz Joſeph Venetien nicht an das Königreich Italien, ſondern an den Kaiſer Napoleon III. ab . Aus deſſen Händen alſo hatte Italien , wie jeßt die Sachen ſtanden, Venetien zu empfangen , wie 1859 die Lombardei.

Damals aber

war es doch durchaus nicht ſo abſcheulich für Italien geweſen , als jeßt.

Denn im Jahre

1859

fämpfte Napoleon mit ſeinem

Heere an der Seite Sardiniens ; er ſtellte ſelbſt das größere Heer ; er führte das Oberkommando ; mit ihm mußte damals Deſterreich den Frieden ſchließen, wenn es den Krieg nicht fortführen konnte. Aber jegt ? Napoleon hatte keinen Mann marſchiren laf ſen ; die Italiener Hatten allein geſtanden worden.

und waren

geſchlagen

Siegreich an Napoleons Seite 1859 hatten ſie ihm dennoch 1860 Savoyen und Nizza abtreten müſſen dafür, daß ſie die Lom bardei aus ſeiner Hand, durch ſeine Vermittlung empfingen . Was ede er wohl jeßt dafür verlangen , wenn er nun das ihm jeßt ohne Bedingung, wie laut verkündet ward , abgetretene Venetien ihnen überließe ? Alle die alten

Ceſſionsgeſpenſter

tauchten aus

ihren dunkeln Höhlen wieder auf . Und wenn er nichts verlangte , und nach der Aequivalenten theorie nur die Okkupation von Rom , welches ja vom Parlament

269

für Italiens nothwendige Hauptſtadt erklärt worden war, dafür ver ewigte ?

Er wurde ja

durch eine ſolche gütige Ueberlaſſung nur

immer mehr „ Magnanimo. " Je gnädiger er war, deſto mehr Dant wurde ihm Italien ſchuldig, deſto abhängiger wurde es von ihm, um es deutlicher Herauszuſagen. Nun wollen wir auch einmal davon abſehen. ſollen auch daran nicht denken,

Die Italiener

dann bleibt es immer noch ein

höchſt drückendes Gefühl, daß fie nach erlittenen Niederlagen fich als Geſchenk von dem Magnanimo ſollen bieten laſſen, was fie To oft erklärt hatten , fich holen zu wollen. Venetien ſtehen geblieben ?

Und waren ſie etwa bei

Sie waren ja viel ſtolzer aufgetreten.

Ihre Freiwilligen ſtanden auf dem Boden des vielbegehrten Süds tyrols. Wenige Jahre vorher war durch die Reden in ihrem Par lament , welche Teſſin verlangten , die Schweiz aufgeregt worden . Die Leute hatten damals die Frage des italieniſchen Weiſen ganz vergeſſen :

Wollt ihr eine Lerche ( Teffin ) tödten , um eine Gans

( Piemont) damit zu füttern ? Weiter und weiter ſchweifte der Blick der Italiener .

Je mehr ihre Diplomätler ſich in das Geſchick füg

ten , unter den Fittigen des Magnanimo das Papſtthum im Leibe Italiens zu dulden , deſto mehr ließen fte es fich angelegen ſein, die Blice der naiven Maſſen auf fernere und geradezu unvernünf tige Ziele zu leiten ,

auf Iſtrien und Dalmatien.

und ernünftig iſt das Streben der Italiener nach dieſen Ländern unter allen Umſtänden , vorläufig í o unvernünftig , daß man es gar nicht begreifen fann !! Die langgeſtreckte Halbinſel Italien hat eine

Küſtenentwick

lung, welche ſchon jeßt in gar keinem Verhältniſſe zu dem Leibes inhalt ſteht. Flotten - Handelsflotten und Kriegsflotten fich nicht auf im Verhältniß zur Küſtenentwicklung.

bauen

Der Küſtens

270

entwidlung muß

die innere Ausbreitung und Kraft des Landes

entſprechen . Jtalien ,

wie die neueſten Ereigniſſe deutlich genug bewieſen

haben, - wie wir das ſchon drei Jahre früher deutlich und ges nügend entwickelten - hat noch nicht einmal vermocht, fich eine Flotte zu verſchaffen, die ſeiner jebigen Küſtenentwicklung entſprechen würde, theils weil es ihm , bei heutigen Verhältniſſen zumal , an dem nothwendigen vinterland gebricht, – theils weil es noch keine « eigene Induſtrie hat, die den Namen verdiente. Und nun wil man noch immer mehr Küſten ohne Hinterland ! Denn was iſt das Stre ben nach Iſtrien und Dalmatien anders ?

Gibt es denn wirklich

gar keine politiſche Einſicht ? Selbſt wenn Oeſterreich auseinanders Flele, wäre es immer noch vom Standpunkt der europäiſchen ſowohl als der ſpeziftſd italieniſchen Politik flüger, jene Küſtenländer etwa einem neu gebildeten ungariſch - ſlaviſchen oder einem ſchen

griechi

Balkanreiche zuzuweiſen. Vom Nationalitätsprinzip iſt hier gar nicht die Rede. Eine

halbe Stunde von Trieſt, Pola oder Zara verſteht kein Menſdy mehr italieniſch.

Stalieniſch iſt in dieſen Ländern die Handelos

ſprache, aber italieniſch iſt auch die Handelsſprache an den Küſten Egyptens, Syriens, Kleinaftens ! Nach dieſer Sorte von Theorie find auch Egypten, Syrien, Kleinaſien Länder, deren Annexion an Italien eine ſelbſtverſtändliche Sache wäre . Indeſſen ein Unſinn , der in naiven Völfern von nichts wes niger als naiven Tonangebern genährt worden iſt, läßt fich noch ſchwerer wieder austilgen als ein Sinn ! Alle dieſe Dinge mußten in den Maſſen in Italien eine große Aufregung hervorbringen , und es entſtand in der That ein fürch terliches Geſchrei: Italien dürfe fich nicht ſchenken laſſen, was es gelobt habe, ſich ſelbſt holen zu wollen.

271

Aber, wenn wir nun auch dieſes fanntlich ebenſo leicht ſich beruhigt , Seite laſſen ,

ſelbſt dem

Volksgeſchrei, welches be

als es fich erhebt ,

ganz bei

ernſteſten und denkendſten Staatsmann

mußten Bedenken übrig bleiben, und zwar auf ganz reellem Grunde : Erſtens mußte

Italien verlangen , daß Oeſterreich mit ihm

jelbſt direkte Verhandlungen anknüpfe und ihm auf Grund deren, nicht

durch

die Vermittlung

des

franzöſiſchen Kaiſers

Venetien

überlaſſe. Zweitens konnte Italien niemals auf einen einſeitigen Waf fenſtilſtand , wünſchte ,

wie

die

Wiener

eingehen . Es

Şofburg

ibn

eigentlich

konnte nicht ein Geſchenk annehmen,

welches ihm von Oeſterreich geboten wurde, lediglich damit Oeſter. reich freie Hand gewinne gegen Italiens treuen Verbündeten, gegen Preußen, gegen Norddeutſchland. Das ging gegen Italiens Ehre, und vom geringſten Bauer und Taglöhner durch ganz Italien ward das gefühlt. Aus dieſem Zuſammenhange der Dinge ergab ſich nun deut lich, was die Männer , weldie in Italien an der Spiße der Ges ſchäfte ſtanden , thun mußte n . Sie antworteten Napoleon : Rein Waffenſtilſtand ohne Preu Bens Einſtimmen ! wir wollen Venetien nur, wenn es uns direft, oder wäre dies nicht, in einer Form mindeſtens übergeben wird, die nicht

alles

bisher gebräuchliche

diplomatiſche

Schicklichkeits

gefühl beleidigt ! Napoleon , in Anbetracht der einfachen Richtigkeit dieſer An ficht, fopfíchüttelnd, wie es jeder verſtändige Menſch mußte — laſſe man auch die Ehre wo immer man fte wolle - über den legten Schritt Oeſterreichs,

in Erwägung des gehobenen Selbſtgefühles

der Preußen , in Erwägung , daß ja nothwendig , wenn nun noch weiter auf dem

fatalen Wege gegangen werde, den die Wiener

272

Hofburg

am

4.

Juli

betreten

Preußens Seite getrieben werde ,

hatte ,

ganz

Deutſchland

auf

Napoleon ſtimmte in

Er

wägung dieſer Dinge der italieniſchen Anſicht bei und lehnte die Vermittlung eines Waffenſtilſtandes, der nur zwiſchen Deſterreich und Italien abgeſchloſſen werde, ab . Er erbot ſich, zwiſchen Deſter reich einerſeits und Italien und Preußen andererſeits zu vermitteln . Wien mußte nun annehmen , aber alles , was Wien gewollt hatte, war damit freilich verloren. Wien war einfach bla mirt. Es hatte den Sperling in der Hand für die hundert Spaßen auf dem Dache fortgegeben. Italieniſche Blätter haben ſich nicht entblödet, das Mißlingen des italieniſchen Angriffes auf einen Feldzugsplan zu ſchieben , der angeblich in Berlin vereinbart worden ſei. – Der Unſinn ſolcher Behauptungen liegt auf der Hand. Wir haben in preußiſchen Zei tungen nie etwas Aehnliches gefunden, in den Zeitungen feiner Partei in Preußen.

Und - wir ſind deſſen ficher

aus Preußen , aus

Nord

deutſchland wird auch nie eine ſolche oder ähnliche Verleumdung Italiens kommen. Norddeutſchland fühlte ſich ſolidariſch mit Italien verbunden , und die Norddeutſchen , auch die ſchlechteſten unter ihnen, haben das Gute, daß bei ihnen immer noch Ja — fa und Nein – Nein ift. Sie halten ihr Wort ! Außerdem find fie gerechte Männer.

Sie

wiſſen, daß ihnen Italien troß ſeiner Niederlage geholfen hat und freuen fich deſſen, daß fie durch ihre Siege Italien geholfen haben . Die Norddeutſchen wiſſen , daß fte mit Italien immer zus ſammen gehen

können .

Es liegt an den Italienern , an ihnen

allein , dies Zuſammengehen nicht durch ein ganz unvernünf tiges Auftreten un möglich zu machen.

den Gefechten

den Gefechten

Bayerische Staatsia i vliek MUNCHEN

Der

in

Krieg

von

Deutſchland

1866

und

Italien .

Dritte Abtheilung.

Die Ereigniſſe auf dem nordweſtlichen

weftdeutſchen

— und auf dem ſüdlichen – italieniſchen

Operations

theater im Laufe des Monats Juli.

+ 37006tter

1.

Die

kriegeriſchen Ereigniſſe

weſtlichen Operationstheater

auf dem im Laufe

nord des

Monats Tuli.

1. Wie allgemeine Lage. Wir haben die kriegeriſchen Ereigniſſe auf dem nordöſtlichen Kriegstheater, demjenigen der Hauptentſcheidungen bis zum 3. Juli, dem Tage von Königgräß, fortgeführt ; wir haben entwickelt , aus welchen Gründen die preußiſche Regierung einerſeits auf die von Deſterreich angerufene Intervention Napoleons III Rückſicht nehs men, andererſeits aber wünſchen mußte, daß es nicht zu ſchnell zu dem von Oeſterreich

jeßt erſehnten Waffenſtillſtande komme.

Auch das haben wir ſchon beiläufig erwähnt , daß Preußen ers reichte, was es wünſchen mußte. Der Krieg ſpielte alſo auf dem nordöſtlichen Operationstheas ter fort. Röniggräß aber hatte hier ſeine Schuldigkeit gethan und wenn auch noch ſchöne Thaten in jenen Gegenden der Aufzeichnung harren, iſt doch von Hauptſchlachten , wie jene des 3. Juli , nicht mehr die Rede. Es genügt uns , fürs erſte zu erwähnen , daß die Preußen im Vormarſch von der Elbe an die Donau blieben, und wir können uns unterdeſſen demjenigen

den andern Operationstheatern,

im weſtlichen Deutſchland und demjenigen in Italien

zuwenden, ſehen, wie hier die Dinge theils troß , theils wegen der Einmiſchung Napoleons III verliefert, um dann endlich das þauptquartier des Königs Wilhelm wieder

aufzuſuchen

dieſem den Faden der Þauptentſcheidungen zu verfolgen. Rüftow , d. Krieg. 1866. 19

und in

274

Wir beginnen mit dem weſtlichen Deutſchland. Þier begann es zu derſelben Zeit Ernſt zu werden, da die Schlacht von Röniggräß geſchlagen ward. Die Verfolgung der Hannoveraner *), von welcher wir in der erſten Abtheilung dieſes Buches gehandelt haben , hatte den Anlaß gegeben , daß alle die Truppen , welche preußiſcher Seite urſprünglich zur Ottupation þannovers und Kurbeſſens beſtimmt worden waren , in der Gegend von Eiſenach fonzentrirt wurs den . Hier befanden fie fich, als am 29. Juni die Rapitulation mit den þannoveranern zu Stande

fam

und

wurden nun

zu

der

Mainarmee " unter dem General Bogel von Fallens ſt ein zuſammen geſtellt, welche die Beſtimmung hatte , von jeßt ab gegen die Baiern und den

Prinzen

Alerander von

þeiren , gegen das VII. und VIII . Rorps des ehemaligen deut ichen Bundes im freien Felde zu operiren. Die Mainarmee beſtand aus drei Divifionen, nämlich aus 1 ) der Diviſion

Göben mit

den Brigaden Kummer

und Wrangel – 13., 53., 15. und 55. Infanterieregiment, 8. Hus ſarens, 4. Rüraffierregiment,

4 Batterieen

13,000 M. und

24 Geſchüße ; 2) der Diviſion Beyer , 19., 20., 30., 70., 32. , 39. Ins fanterieregiment, 9. Huſarenregiment, 6 Batterieen,

18,000 M.

mit 36 Geſchüßen . *) Wir haben nach den ung vorliegenden Mittheilungen beim Abſchluß der erſten Abtheilung dieſes Werkes die Operationen der Preußen gegen die Hanno veraner nur kurz behandeln können . Einerſeits war es nothwendig, unſer erſtes Heft in abgeſchloſſener Geſtalt vorzulegen, andererſeits waren die Nachrichten doch damalé noch ſehr dürftig und widerſprechend. Der Leſer dieſer Blätter wird aber dabei nichts verlieren. Theils wird er in dieſer Abtheilung manche weitere Auf klärung finden , theils im Anhang, in welchem wir eine Relation des Herzogs Ernſt von Sachſen -Coburg-Gotha über die geſammten Ereigntfſe rom 20. bis 29. Juli mitzutheilen in den Stand geſeßt ſind.

275

3) der Diviſion Manteuffel, 11., 25., 36., 59. In fanterieregiment, 5. und 6. Dragonerregiment , 5 Batterieen, eins ſchließlich einer erſt aus

in Stade eroberten Geſchüßen

neu fors

mirten, 13,000 M. mit 30 Geſchüßen .

Hiezu traten 4)

2

Bataillone

lippe . Detmold

Coburg - Gotha

und ein

Bataillon

2500 M.

Die geſammte , zu den Operationen im freien Felde verfügs bare Mainarmee zählte ſomit 47,000 M. mit 90 Geſchüßen . Beſonders ſchwach war ſie an Ravallerie. Sie hatte nur 5 Regimenter oder 3000 Pferde, etwa 1/15 der Infanterie. Gegenüber dieſer fleinen preußiſchen Macht, welche eine große Aufgabe zu löſen hatte, ſtand das VII. und das VIII. B uns des armeefor p 8. Das VII. oder baieriſche Armee forps unter dem Prinzen Aarl , der zugleich die geſammte Reichsarmee

fom

mandirte, war in vier Infanteriediviſionen und eine Kavalleriedivis flon getheilt. Die Infanteriediviſionen Nr. 1 Stephan , Nr. 2 Feder , Nr. 3 Zoller und Nr. 4 Hartmann , hatten jede nicht mehr als 10,000 M. im Stande. Die Rejerbefaval . lerie unter dem Fürſten Thurn und Tagis wird auf höchs ſtens 4000

Pferde

veranſchlagt, ſo

daß die Baiern

nur etwa

44,000 M. mit höchſtens 144 Geſchüßen ins Feld ſtellten , alſo weit weniger noch als wir ihnen ſchon in der erſten Abtheilung, entgegen den gebräuchl iden prableriſchen Uns fündigungen , zutrauten. Generalſtabschef des Prinzen Karl war der Generallieu : tenant von der Tann , ſeit dem Jahre 1848 mit vollem Rechte einer der populärſten Männer Deutſchlands.

Im Jahre

1850 machte ihn General Widiſen zu ſeinem Generalftabschef in 19

276

Schleswig - Holſtein. Damals war unter den einſichtigen Freunden von der Tanns, wie in der Maſſe des Heeres , welche gewöhnlich inſtinktiv richtig urtheilt, nur eine Stimme darüber , daß Willis fen kaum einen größeren Fehler begehen konnte, als von der Tann, welchem von Rechtswegen das Kommando der Avantgarde gehörte, ✓ zu ſeinem Generalft a b 8 ch e f zu wählen.

Warum hört man

doch nie auf dieſe vernünftige Voltsſtimme, ſondern beruft ſich ſtets nur auf fte, wenn ſie ganz unvernünftig iſt ? Von der Tann koms mandirte vor dem Kriege von 1866 eine Diviſion , er ward kurz vor Kriegsausbruch von dieſem für ihn paſſenden Kommando ab, berufen und wieder an diejenige Stelle geſeßt, welche am wenig . ften für ihn paßt . Die bairiſche Feldarmee vereinigte fich im lebten Drittel des Juni an der Nordgrenze des Königreichs in Stellungen , welche darauf berechnet waren, dieſe nach allen Seiten hin zu deđen , insbeſondere gegen Norden und gegen Oſten ;

das

Hauptquartier fam nach B amberg , der äußerſte rechte Flügel ſtand um Hof , der äußerſte linfe am Einfluß der fränfiſchen Saale in den Main zwiſchen G emünden und Schweinfurt. Das

a dyte Bundeslorp8

beſtand aus

den drei ur.

ſprünglichen Diviſionen dieſes Korps und außerdem einer viers ten , welche aus den flüchtigen Truppen Naſſau $ , furbeſ. ſens und einer ſtarken öſterreichiſchen Brigade unter Feldmarſchalllieutenant Neipperg , dem Adlatus von Gablenß Feldzuge von

1864 – zuſammengeſeßt ward .

im

Die erſte Dis

viſion , Württemberger , wird in der Realitätauf 15,000 M. mit 42 Geſchüßen veranſchlagt; fie ſtand unter dem Genes ral von Bardegg ; die zweite Diviſion , Baden . ſer ,

unter

dem

Prinzen

Wilhelm ,

auf

10,000

M.

mit 30 Geſchüßen ; die dritte Diviſion , Darmſtädt'er,

277

unter General v. Berglas , auf 6000 M. mit 24 Geſchüßen, die vierte Diviſion ,

Oeſterreicer,

Aurheſſen

und Naſſauer auf 16,000 M. mit 48 Geſchüßen. Das ganze achte Bundeskorps oder die Armee des Prinzen Alexander von $ efſen kam ſomit 144 Geſchüßen.

Wenigſtens iſt

auf 47,000 M. mit

dies die höchſte Truppenzahl,

welche von dieſer eigentlichen Reichsarmee nach Abzug ſtungsbeſaßungen und nach Abzug tachements für die

Aktion

Detachirungen betrifft,

Fes

mancher ſehr überflüſſigen Des

im Feld

ſo wollen wir

darauf zurüdzukommen ,

der

bemerken ,

übrig blieb.

hier nur, daß

die

Was die

um nicht

wieder

Württemberger

am

26. Juni die zu Preußen gehörigen , unſchuldigen , durchaus nicht vertheidigten hohenzollernſchen Fürſtenthümer bes ſepten . Das Augsburger „ Weltblatt“ that fich nicht wenig darauf zu Gute, daß es dieſe höchſt nothwendige Maßregel zuerſt empfohlen habe. Die Württemberger fanden n ich t einmal Geld in Hohen . zollern ; denn die dortigen Beamten

flüchteten mit

den gefüllten

Kaſſen ſofort auf das nahe íchweizeriſche Gebiet und find von da mit dieſen gefüllten Raſſen in aller Ruhe und als friedliche Sieger früher zurückgekehrt, als irgend ein Menſch es vorausſehen durfte. Am 26. Juni verlegte der Prinz Alexander von Heſs ſen

ſein Hauptquartier nach

Friedberg ,

an der Eiſenbahn

von Frankfurt a . M. nach Gießen , und rings um Friedberg vers zettelte er nun ſeine Armee nach demſelben Syſteme, welches er ſchon als Brigadegeneral bei Montebello und welches

ihn nach

Generalſtabsoffiziers

dem Ausdruck eines damals dahin

brachte,

1859 befolgt hatte

alten

öſterreichiſchen

„ daß er mit ſeinem

Latein zu Ende war, als es ernſtlich zum Schlagen kam .“ Gerade ſo ging es auch hier , – als er hätte eingreifen ſollen , „war er mit ſeinem Latein zu Ende."

278

Seine Hauptaufgabe ſchien ihm , die Lande der

Groß

macht Heffen - Darmſtadt zu decken und zwar mit der Front

im

Allgemeinen

gegen Norden ,

fommen mußten .

wober

die

böſen Preußen

dudiy

So hatte er denn ſeinen rechten Flügel

in Oberheſſen, in dem Dreied zwiſchen Schliß , 418feld und Lauterbach konzentrirt ; – das Zentrum ftand im Nais jauiſchen an der Lahn und tiraillirte dort ſehr unſchuldig mit den preußiſchen Landwehrkompagnieen wir dürfen faum ſagen -Landwehrbataillonen, welche in die Gebiete Naſſau's ihre Pro menaden unternahmen, um ſich nach der Muße des Feſtungsdienſtes in Koblenz ein wenig die Füße zu vertreten ; der linke Flügel ſtand an der Nahelinie , um Rheinheffen zu decken ; die Re ſerve war um Frankfurt vereinigt zum Schuße des Bun destags und anderer auguſtenburgiſcher Größen gegen die Koſacken von der Spree, die „Weſtſlawen “ , wie das Mannheimer Wochens blatt die Deutſchen in der Mark, in Pommern, in Weſt- und Ofta preußen ,

die Deutſchen ,

welche deutſche Sitte und Ehre und

Sprache ſtets am heiligſten von allen deutſchen Stämmen bewahrt haben, zu bezeichnen ſich nicht entblödete. & 8 hätte gehen ſollen ! Die preußiſche Mainarmee des Generals Vogel von Falkenſtein Geſchüßen

47,000 M. mit 90

hatte doch immer , auch nach unſerer beſcheidenen

Rechnung , 91,000 M. mit 288 Geſchüßen im freien Felde gegen fich ; alſo die doppelte Uebermacht mindeſtens ! Aber es ging nicht! Die verhältnißmäßig geringe Streitmacht, über welche General Vogel von Falkenſtein in der Mainarmee verfügte , wies auf ein ſtrenges 3 uſammenhalten derſelben hin . Darüber war auch der Oberbefehlshaber völlig mit ſich einig. Aller Bewachungos und Beſaßungsdienſt auf dem weiten Gebiete zwiſchen dem Rhein und

279

der Elbe , welches die Preußen ießt inne hatten , ward lediglich den Erfaß- und

den

allmälig

gebildeten

Landwehrba .

taillonen überlaſſen , die wir übrigens zum Theil auch aktiv werden auftreten ſehen. Mit ſeiner Operationsarmee wollte

fich

General Vogel

von Falkenſtein zunächſt aus der Gegend von Eiſenach nach Fulda wenden , um nun von dieſem Mittelpunkte aus je nach den Umſtänden gegen den einen oder den anderen Flügel der gegneriſchen Macht aufzutreten und einen nach dem anderen über den þaufen zu werfen . Zuerſt ſollte der General und zwar noch ehe er Fulda erreicht hatte, mit den Baiern zuſammenſtoßen. Die Verhältniſſe, unter denen Baiern in den Krieg trat, find köchft charakteriſtiſch und lehrreich

für den Gang der Dinge in

dynaſtiſch regierten Kleinſtaaten überhaupt. Von den einfidhtigen Leuten in Baiern waren wohl nur ſehr wenige für den Krieg und viele waren gegen ihn , weil Alle annahmen , fogenannte

daß ganz ſelbſtverſtändlich Baiern nur für das

Bundesrecht,

folglich

für Oeſterreich

eintreten

fönne, wenn es überhaupt an dem Kriege theilnehme. Daß dieſe Frage. eine Diskuſſion zulaſſe, namentlich ſeit Preußens Reform . vorſchlag vom 10. Juni , welcher Baiern eine ſehr ſchöne Poſition in Ausſicht ſtellte, ward gar nicht in Betracht gezogen.

Der junge König Ludwig II . war entſchieden gegen den Krieg ; er wollte neutral bleiben , er haßte den Krieg wegen der Leiden, die er den Völkern bringe. Von den Gäuptern der Kathos liſchen und der Partikulariftenpartei ward ihm vorgeſtellt, daß die Bewahrung der Neutralität Baierns nicht von Baiern ab bänge , daß fie nichts gelte , wenn ſie nicht von Oeſterreich und Preußen anerkannt werde. Dieſe Häupter bearbeiteten

280

den König und die Regierung für den Krieg Baierns an Deſters reiche Seite gegen Breuße n . Diejenigen , welche den Krieg im Allgemeinen und beſonders dieſe'n Krieg nicht wünſchten , hofften lange , lange, daß er vers mieden werden könne. Völlig klar wurden ſie ſich über die Sach lage erſt, als die Preußen Þannover einrückten .

plößlich in Kurheffen , Sachſen und

Aber allerdings waren ſie bereits ſehr bes

ſtürzt, als am 11. Juni Oeſterreich beim Bundestag zu Frankfurt ſeinen Mobilifirungsantrag einbrachte.

Die baieriſche

Regierung hatte , vorher unterrichtet , mindeſtens auf ein Bins aus ſchieben desſelben um ſo mehr gedrungen , als Oeſters reich ſelbſt in München anzeigte, daß es vor Ende Juni oder Anfang Juli nicht bereit ſein werde, den Feldzug zu eröffnen. Die Armee , welche Deſterreich in Böhmen aufgeſtellt hatte, gab es in München , wo auf genaue Angaben gedrungen ward, durch ſeine Agenten ſelbſt nur zu 230,000 M. an und nachdem es auf die bairiſchen Warnungen und Mahnungen zum Aufichub nicht gehört , verlangte es nun von der baieriſchen Regierung, / dieſe ihre Feldar mee mit der öſterreichiſchen in

daß

Böhmen vereinige. Dies Verlangen , dem preußiſchen Kabinet bekannt geworden , konnte nur die Folge haben , treiben.

dieſes zu raſcherem Zugreifen zu

Indeſſen , wer ein wenig die Geſchichte der kriegeriſchen

Bündniſſe fennt, konnte kaum glauben, daß Preußen einen Grund habe, die Erfüllung der öſterreichiſchen Forderung zu fürchten , ſo vernünftig dieſelbe, an und für ſich betrachtet, war . Durfte ein ſchönes fleines Königreich wie Baiern , von faſt fünf Millionen

Einwohnern ,

alle

ſeine

Feldtruppen

aus dem Lande ſenden als bloßer Bafal Defterreich ? Baiern nicht ſeine eigenen Landesgrenzen decken ?

Mußte

Mußte es

281

nicht der Reidh s armee , dem alten VIII. Bundesforp8 , beis ſpringen ?

Dieſe Bedenken lagen zu nahe. Neben alem Dem hoffte man zu München noch immer auf irgend einen glücklichen Zufall, der wo möglich Alles wieder in's Gleiche bringen

ſollte.

Ronnte nicht

plößlich der greiſe König

Wilhelm ſterben, namentlich bei der Erregung, in welche doch auch ihn dieſe ihm vor Kurzem noch ſo ganz fernliegenden Verhältniſſe verſeßen mußten ? Wenn dann der Kronprinz zur Regierung fam , hatte man nicht Ausſicht, daß er den „böfen Bismart" ents ferne ? Man hoffte in München auf eine ſcharfe und gewaltige Einſprache von Paris 4 , – ja man hoffte , getäuſcht durch eine Revolus die Blätter der Fortſchrittspartei , auf tion in Berlin . fehr

die

ganze

Man Hatte gar keine Ahnung davon , wie

Maſſe

des

Volkes

in

Preußen

die

Sache 2

Deutſchland 8 ſchon zu ſeiner eigenen gemacht hatte. Furcht und Hoffnung, die Bedenken, welche das Zerren nach verſchiedenen Seiten hin in dem zentral gelegenen Baiern erregten, wirkten begreiflicher Weiſe auch auf die Rüſtungen zurück. Der Kriegsminiſter, General von luß , in ſeinem Her zen der Neutralität zugeneigt, war außerdem ein ſehr gewiſſen hafter Mann , welcher das baieriſche Volt nicht unnüş belaſten wollte. Sehr mit Unrecht hat man ihm die Schuld an dem Fehl ſchlagen des Feldzuges beigemeſſen .

Man hat ihn angeflagt , daß

er nicht 130,000 Baiern in's Feld ſtellte, als ob man dieſe aus dem Aermel ſchüttle, wo alle organiſchen Grundlagen eines ver, nünftigen Milizſyſtems feblen !

Man hat ihn angeklagt , daß er

offenbar unfähige Leute in ihren Poſten ließ , obwohl man doch wiſſen muß , daß ein Kriegsminiſter nicht in allen Menſchen ſteden kann , die zu ſeiner Verfügung ſtehen und obwohl vielleicht

282

grade die post festum für unfähig erkannten, vor dem großen S d auſpiel für glorioſe Größen ausgeſchrieen worden waren, von ganz den gleichen Leuten , welche nun auf einmal von ihrer linfähigkeit völlig überzeugt find. Was dem Kriegsminiſter in

die Schuhe geſchoben werden

jollte, war Folge der allgëmeinen lage , der Verhältniſſe. Wenn die Leute Ohren und Augen aufthun wollten , würden fie hier erfennen ,

daß eine große Nation nichts beſſeres zu thun

hat , als fich ft a atlidh , auch in der Form alſo , zu einigen, wenn fie ja ihrer ganzen Bildung nach ſchon geeinigt iſt, und da nicht ewige Bedenken zum Vorſchein zu bringen . In

den

urſprünglichen Plänen

Baiern lag es , nadidem nun

des

Prinzen

Karl von

einmal der Krieg ausgebrochen

war , das fiebente mit dem achten Armeeforps zu einer fräf tigen Offenſive gegen

die Preußen zu vereinigen .

Die Baiern ſollten mit ihrem linken Flügel über Fulda dem rechten Flügel der Reichstruppen Aleranders von Heſſen die Hand reichen.

Verzögerungen

der

Ausführung

dieſes

Vorhabens

wurden

einerſeits herbeigeführt durch die Verzettelung der Reich 8 = truppen , andererſeits durch die Befürchtung, daß die Elbarmee des Generals Herwarth von Bittenfeld über Hof in Baiern einbrechen werde.

Ueber dieſen

aus Sachſen Punkt ward

man, allem Anſchein nach, erſt am 25. Juni im baieriſchen Haupts quartier beruhigt;

erſt an dieſem Tage erfuhr man , daß die

preußiſche Elbarmee zum Einfall in Böhmen von der Elbe links abmarſchirt ſei. Unterdeſſen hatte fich aber eine neue Komplikation eingefun den .

Die Angelegenheiten der s annoveraner wirften ſchon

vom 21. Juni ab ſtarf auf alle Unternehmungen der Baiern ein .

283

Un dem ebengenannten Tage traf im Bauptquartier der baie riſchen Armee zu Bamberg ein Geſuch des hannover’ſchen Truppens Prinz Karl von Baiern möge doch ſogleich

fommando's ein :

eine Brigade nach Fuld a vorrücken laſſen, um dort den Þannos veranern die Hand zu reichen. Hienach hatten wohl die Hannoveraner, als ſie das Göttingiſche verließen, zu erſt die Abſicht, die geradeſte Straße nach Fulda einzuſchlagen ; daß ſie dies feineswegs thaten , iſt uns bereits bes fannt und es iſt wahrſcheinlich, daß fie durch die Bewegungen des Gener als von Beyer von ihrer urſprünglichen Abſicht ab : gebracht wurden. Der Prinz Karl aber ertheilte nun der 4. bairiſchen Di viſion , die um Schweinfurt ſtand , den Befehl, ſogleich in Eilmärſchen nach Fulda zu marſchiren und zu deren Unterſtüßung jendete er von Bamberg aus die 3. Diviſion nach Schwein furt ; ebendafelbſt konzentrirte er eine Brigade ülane n. Am 23. und am 24. Juni trafen nun im bairiſchen Haupts quartier verſchiedene Kundſchaften ein , die einander zu ergänzen und zu befräftigen ' ichienen . Aus denſelben ergab ſich, daß die Hans noveraner gar nicht auf Fulda marſchirt ſeien, vielmehr fich in der Gegend von Mühlhauſen und Langenſalza befanden . Ferner hieß es noch, die Hannoveraner ſeien ring 8 von den Preu : Ben eingeſchloſſen und zur Rapitulation gezwungen worden. Auf dieſe Nachrichten hin wurde der Marſch der vorgeſendeten bairiſchen Truppen eingeſtellt. Zu derſelben Zeit aber , da dieſe Nachrichten das bairiſche Hauptquartier Georg

von

in

Verwirrung

Hannover

brachten , einen

entſendete

Boten

an

der

das

König bairiſche

Þauptquartier, um mit demſelben die nothwendigen Vereinbarungen zu treffen.

284

In der Nacht vom 23. auf den 24. Juni verließ der hans növerſche Geheime Archivrath Dr. Onno alopp , neben andern Schriften Verfaſſer

von Tilly

im

dreißigjährigen Kriege,

Lan :

genſalza und traf am 24. Juni Abends an dem bekannten Eiſenbahnfnoten Liechtenfels ein. Der Bote war fonderbar gewählt; man hätte erwarten ſollen , König Georg

werde einen vertrauten höheren Offizier an den

Prinzen Karl ſenden , einen Offtzier, der mit allen Verhältniſſen wohl bekannt , auch ſofort unter ſeiner Verantwortlichkeit zwed's mäßige militäriſche Verabredungen treffen könne.

Als Dr. Klopp in Liechten fel 8 angekommen war , teles x

graphirte er ſogleich nach Wien , Frankfurt und München an die dortigen Regierungen :

„ Der König von Hannover, mit

19,000 M. den 24. in Langenſalza , bei Gotha und Eiſenach zu

beabſichtigt, preußiſche Linie

durchbrechen und hofft, daß Baiern,

die man in Roburg wähnt, von Süden her entgegenrücken. Sehr gebeten, dieſe ganz zuverläſſige Nachricht anzuzeigen .“ Dieſes Telegramm erhielt das bairiſche Hauptquars tier zu Bamberg über Frankfurt im Lauf des 25. Juni. Es erhielt bald darauf auch noch weitere Nachrichten , welche bes ſtimmt beſagten , daß die Hannoveraner nicht fapitulirt hätten, andererſeits aber auch , daß zwiſchen den Preußen und den Fans noveranern ein Waffenſtilſtand abgeſchloſſen ſei, unter deſſen Schuß Unterhandlungen gepflogen werden ſollten. Wie dieſe Nachrichten im bairiſchen Hauptquartier wirkten und wirfen mußten , kann man fich nur dann recht deutlich machen , wenn man weiß , was freilich alle offiziellen Rundſchaften verſchweigen, was wir aber im Intereſſe der hiſtoriſchen Wahrheit nicht verſchweigen dürfen ,

daß nämlich im bairiſchen Haupt

quartier es als eine ausgemachte Sache galt :

Preußen habe vers

285

rätheriſche Einverſtändniſſe mit Perſonen a u 8 der nächſten Umgebung des

Königs von

Bie dieſes hemmend

$ annover.

auf alle Maßregeln des Þrinzen

Rart einwirken mußte, iſt án fich klar. Am 25. Morgens , nachdem Dr. Klopp von Frankfurt die Radricht erhalten hatte, daß ſeine Depeſche nad Bamberg bes fördert worden ſei und daß er ſich ebendahin begeben folle , was er ohnedieß ſchon im Sinne hatte , reiſete er mit dem einzigen Zuge, der damals täglich von Liechtenfels nach Bamberg ging, ein Viertel vor zwei Uhr Nachmittags in das baieriſche Hauptquartier ab und begab fich vom Bamberger Bahnhofe ſogleich zum Geo neral von der Tann. Auf einen braven, offenen Soldaten wie von der Tann fonnte X die Wahl Klopp’s unmöglich einen wohlthätigen Eindruck machen , - und aus dieſer ſehr natürlichen Bemerkung ergiebt fich vielleicht eine beſſere Erklärung der mannigfachen nun eingetretenen Miß. verſtändniſſe als aus noch ſo vielen allgemeinen Verhältniſſen . Der brave General war natürlich höflich, wie er nicht anders ſein konnte ; er erwähnte zuerſt nur der Nachrichten , welche er habe und welche nicht ganz mit denjenigen Klopp8 übereinſtimmten. Er machte dem Tvne voll Autorität gegenüber, welchen Klopp an. ſchlug, darauf aufmerkſam , daß die Hannoveraner ganz ohne Noth

die

urſprünglich

verabredete

Richtung

auf Fulda aufgegeben hätten , und daß fich nach dieſem Vor. gange in der Zeit von 36 Stunden , ſeit welcher Klopp Langen. ſalza verlaſſen habe , dort wohl wieder vieles geändert haben könne. Klopp erklärte dies für unwahrſcheinlicy, erzählte außerdem von dem großen Vorſprunge, den die hannover'ſche Armee vor den nachrückenden Preußen habe und ferner , daß der Weg von Gotha nadh liechtenfels ganz frei ſei . 1

286

Von der Tann und Klopp fuhren zuſammen nach dem

Teles '

gra phenbureau und erſterer ließ in Eiſenach anfragen , wie es mit der Rapitulation der Hannoveraner

ſtehe.

Darauf erfolgten

1 allerlei verworrene Antworten . Es iſt uns wahrſcheinlich, daß dieſe

i unter preußiſchem Einfluß und mit Abfidtfonfus ertheilt Preußen beſeßt und es

wurden . Denn Eiſenach war von den fanden fich

an dieſem

und

Beyer

von

Tage ſogar

perſönlich dort.

durchaus nichts Beſtimmtes. Karl

von

die Generale

Baiern

Kurz, von der Tann erfuhr

Darüber fam

hinzu ,

von Göben

ließ

auch

ſich

auch

noch

der Prinz

ſeinerſeits

von

Klopp erzählen und ſagte endlich, da dieſer die Stärke der Hannos veraner auf 19,000 M. angab : „ Mit 19,000 M. ſchlägt man fich Durch !" Er verſprach außerdem , thun zu wollen, was in ſeinen Kräfs ten ſtände. Sein Hauptquartier verlegte

der Prinz

Karl

25. Abends von Bamberg nach Schweinfurt ,

noch

am

die bairiſchen

Truppen wurden in den folgenden Tagen langſam ans rechte Main ufer vorgezogen und

ſtanden

am 28. Juni

fränkiſchen Saale und dahinter .

am

obern

Lauf der

Die einzelnen Diviſionen

hielten vom rechten nach dem linken Flügel hin Königshofen, Lauringen ,

Mü nnerſtadt

und

Neuſtadt

an

der

Gaale befeßt, das Hauptquartier der Armee war noch in So weinfurt. Am 28. Juni fam nun hier eine Stunde über die Sdidjale der Hannoveraner an, welche a uch

rom

bairiſchen Hauptquartier

für ſider erkannt ward.

Danach hatten die Hannoveraner die . Preußen am 27. bei Langenſalza geſchlagen und hofften

fich dort acht Tage

halten zu

können , wenn die Lebensmittel

ausreichten und wenn ſie von den Bundestruppen kräftig unterſtüßt würden .

Es ward gebeten , die Baiern

möchten ſchnell vorgeben .

287

Nun ließ der Prinz Karl ſeine Armee wirklich nordwärts vorwärts vorgehen .

Am 30. ftanden die vier Infanteriediviſtonen

vom rechten nach dem linken Flügel bei Schleuſingen , Hilda burghauſen ,

Meiningen

und

Waſungen.

Nach

Meiningen verlegte an dieſem Tage der Prinz Starr fein Hauptquartier. richt von der am

Mit ihm aber faſt zugleich traf die Nach:

29. beſtimmt abgeſchloſſenen Stapitulation

der Hannoveraner ein. Dieſen nun weiter zu Hülfe ziehen zu wollen war überflüffig und der Prinz Karl fam auf den urſ p r ünglichen Plan zu rück, ſein Korps

mit dem VIII. Bundeskorps über Fulda

zu

vereinigen. Demgemäß erhielten die Infanterieidiviſionen den Befehl, fich nach dem linken Flügel aufWarungen und salten nordbeim zu fonzentriren, um von da auf Vaca und Geiſa am Ulfterfluſſe zu marſciren . Die Ravalleriediviſion Thurn und Taris wurde ſogleich auf Fulda gerichtet und bildete derges ftalt den äußerſten linken Flügel der bairiſchen Armee. Dieſe Bewegungen führten zu dem erſten Zuſammenſtoß der Baiern mit den Preußen . Wenn wir rüdmärts überſehen , was wir über das Verhälts niß

der bairiſchen Armee zu der hannoverſchen

geſagt haben,

ſo

iſt es uns unmöglich anzuerkennen, was von bairiider Seite behauptet worden iſt, was fie fonnte,

die bairiſche Armee habe

um die

hannoverſche

A11 € $ gethan,

loszumachen . Es iſt aller

dinge fehr wahrſcheinlich, daß fie auch in dem Falle zu ſpät fam , wenn fte alle ihre Kräfte

anſtrengte ; indeſſen

ficher iſt

dies ers

ftens nicht, denn ſchon eine größere Nähe der Baiern mußte auf die Entídlüffe des preußiſchen Oberbefehlshaber einen bedeus tenden Einfluß

üben und

zweitens

fteht dieſe Frage auf einem

288

ganz andern Blatt und darf mit jener erſteren durchaus nicht zus fammengeworfen

werden .

Daß

ihrerſeits

die Sannoveraner

fich

durchſchlagen konnten , wenn ſte damals ſtatt Dr. Klopp nach Bamberg vorzuſenden, mit geſammter Kraft in dieſer Richtung vors gingen, iſt ganz gewiß und die Bemerkung des Prinzen Karl von Baiern in dieſer Beziehung war durchaus richtig. Ohne das Kapitel der gegenſeitigen Vorwürfe anzuſchwellen, glauben wir mit unſerer Darſtellung ſchon jeßt , was die Baiern betrifft, erklärt zu haben , weshalb Alles ſo tam und kommen mußte, wie es kam ; im Anhang werden wir noch die andere Seite deutlicher hervortreten laſſen.

Nach unſerer tiefſten Ueberzeugung

müſſen wir unſere Darſtellung Jedermann die

hier vornämlich ſo einrichten , daß

große Wahrheit

erkenne , wie die

einzelnen

Perſonen , obwohl nicht vom Erfolge begünſtigt, id uldlos daſtehen können , während der unglückliche Bundeswirrwarr, eine fräftige und tüchtige Nation wie zu falſchem Thun

ſo

zu

uns

verdienter Niederlage verurtheilt e . Der Linksabmarſch der Baiern wird aufgehalten. Treffen

von Wermbach . Während die Truppen

der bairiſchen Armee

waren , traf eine Patrouille des ten Diviſion

in

1. Jägerbataillons von

zoller -

preußiſchen Patrouille zuſammen.

Bewegung der drits

am Abend des 2. Juli mit einer Die dritte Diviſion war von

Meiningen aus in das Thal der Felde *) auf Aaltens *) Sich einen Ueberblick über das Terrain in dieſen thüringiſchen Gegen den nat gewöhnlichen Karten zu verſchaffen, iſt nicht ganz leicht. Wegen der vielen durch einander gewürfelten Souveränitäten find die Karten dieſer Gegend von bunten Linten ganz durchzogen, welche beſtändig ſtören . Topographiſche Karten in größerem Maßſtabe ſind nur von den einzelnen Ländern vorhanden , enthalten das Terrain der angränzenden nicht. In jedem Augenblick hört da die Terrain zeichnung auf und die Karte zeigt „ Wüſten “ „fremder Staaten “, wo weder für

289

nordheim hinüber marſchirt, um ſich von da nach Geifa zu wenden. Die erwähnte Patrouille war rechts mit den Preußen bei Roßhof ſüdlich

entſendet und

Roßdorf

zuſammen .

Am gleichen Tage hatte die vierte Infanteriediviſion ma N 1

ihre Avantgarde unter

Aldoſſer

ſtieß

Haris

vom 9. Infans

terieregiment von Waſungen nach Wernshauſen im

Werra

thal vorgeſchoben. Aldoſſer ging auf die Nachricht, daß die Preußen auf der Linie lengsfeld

(an

der Felde),

Salzungen ,

Barmfeld ſtänden, am 2. Juli Abends um 9 Uhr mit 11/2 Roms pagnieen und 1 Eskadron Chevaurlegers von Werns hauſen nady Herrenbreitungen zu einer Rekognoszirung vor. In Herrenbreitungen hatten ſich keine Preußen gezeigt. Aidoffer *) rüdte nun nach Grumb a d vor ,

von wo

man die Biwaffeuer einer großen preußiſchen Abtheilung

etwa

1000 M. — die zwiſchen 3mmelborn und Ettmarsh a u ſen ſtand , bemerfte . Er beſchloß die Preußen zu allarmiten und den Bauer noch für den Soldaten ſolche Wüſten vorhanden ſind. Deshalb mag eine topographiſche Anmerkung hier bisweilen angebracht ſein. Die Werra und Fulda vereinigen ſich zur Weſer erſt bei Hannövriſch Münden ; die Felde ( nicht mit der Fulda zu verwechſeln , wie in Zeitungsberichten wohl geſchehen ) iſt ein linker Nebenfluß der Werra und mündet in dieſe bei Dorndorf oberhalb Vaca. *) Oberſt Aldoſler war neben von der Tann einer der erſten Offiziere ſte hender Truppen, welche von Enthuſiasmus für das erwachende Deutſchland ges trieben , im Jahre 1848 nach Schleswig -Holſtein eilten ; er erhielt damals eine Kompagnie in dem 4. ſchleswig -holſteiniſchen Freikorps, welches aus deutſchen Freis willigen aller Stämme zuſammengeſept, von von der Tann befehligt ward. Al doſſer ward von der Tanns Avantgardekommandant, vollführte manchen hübſchen Parteigängerſtreich und brachte in ſeine Kompagnie troß deren bunter Zuſammen : ſepung bald Mannszucht und militäriſchen Geiſt. Der damalige Hauptmann Al doffer ſtand damals nicht für das partikulariſtiſche Schleswig -Holſtein, ſondern für die deutſche Nation im Felde, an welche man damals glaubte. Ronnte der Oberſt Aldoſſer, wie viel Intereſſe er auch an dem Krieg an ſich nehmen mochte, wohl 1866 mit voller Seele bei dem Krieg des Partifulariomus gegen die deutſche Ration ſein ? Kuftony, d. Krieg . 1866. 20

290

führte dies auch ſofort aus, worauf er ſich nach Wernshauſen zurückzog. Er ſelbſt hatte bei dieſer Gelegenheit einen Schuß durch die pand erhalten. Auf die Ergebniſſe hin

der Rekognoszirungen

vom

2. Juli

beſchloß das bairiſche Armeefo mmando nord wärts vorzugeben , um hier erft die Preußen ,

die eben in dieſer Richtung

zu ſtehen

ſchienen , aus dem Wege zu drängen. Die Diviſion şartmann mußte ihre Avantgarde, deren Kommando an Stelle

des verwun

deten Aldoſſer der General Cella übernahm , in Werns ha il fen ſtehen laſſen und übrigens nach Roßdorf abrücken .

am frühen Morgen des 3. Juli

Das 5. Infanterieregiment von dieſer

Divifion ward zur Verbindung zwiſchen deren Gros und garde bei

Rofa

und Helmers im Grunde des

Avant

Roſabach :

aufgeſtellt. Links von Hartmann ſollte am 3. Juli die Diviſion Zoller von Raltennordheim im Feldethal auf Dermbad vorgeben, die Diviſionen Stephan

und

Feder ſollten

in

Reſerve

über

Helmershauſen und Ober- Aaß folgen . General Zoller bildete aus Abtheilungen des 14.

Infan

teries und des 2. Chevaurlegersregiments eine Avantgarde, welche er auf Dermbach vorausſchickte; dieſe Avantgarde fand Derm . bach von den Preußen beſeßt. Die Preußen hatten, wie bereits erwähnt, zu dieſer Zeit ihren Marſch von Eiſenach auf Fulda Bey er hatte die Spiße,

eben begonnen .

Die Diviſton

dann folgte die Diviſion

Göben ,

endlich die Diviſion Manteuffel. Die ganze Mainarmee ſtand zwiſchen Geiſa und Lengsfeld , auf einer Strecke von nicht ganz zwei deutſchen Meilen ;

machte ſie auf dem Marſche

links

um , jo ftand fie in Linie Front nach Süden, binnen höchſtens zwei

291

Stunden konnte ſie auf ihr Zentrum, binnen höchſtens fünf Stun den auf einen ihrer Flügel konzentrict ſein. Die Allarmirung des Schweifes der Mainarmee

durch A1 ,

doſier am 2. Juli Abends hatte zur Folge, daß Vogel von Falkenſtein Halt machen und die Front nach Süden nehmen ließ.

Auf allen Punkten wurden ſtarke Detachements vorgeſtoßen.

Auf ein ſolches von der Brigade Summer (Nr. 25 der Divi fion Göben )

ſtieß

die

Avantgarde

der

Diviſion

zoller

am

3. Juli bei Derm bach. Nach kurzem Kampfe wich fie vor den Preußen zurück. Auch bei Wieſenthal zwiſchen Dermbach und Roßdorf fam ein bairiſches Detachement in's Gefecht. Schließlich hielt nun am Abend des 3. Juli die Diviſion zoller Neidhardtshauſen ,

3 ella

und Diedorf

beſeßt ; ein Detachement war links nach Tann an der Ulſter ges ſchoben. Die Diviſion Hartmann kampirte mit der 8. Brigade bei Roßdorf , mit der 7. Brigade weiter öftlich bei Efardt 8 , Roſa ,

Helmers

und

dahinter

bei

Hümpfershauſen

und

Schwarzbach. Das Drängen der Baiern hatte fich den Preußen am 3. Juli beſonders im Feldet hal bemerkbar gemacht. Um ſeinen Marſch auf Fulda fortſeßen zu fönnen, hielt es nun Vogel von Fals fe nſte in für nothwendig , vor allen Dingen die Baiern zurüd zudrücken, und er ertheilte demgemäß der Zentrumdiviſion Göben den Befehl, am 4. Juli im Feldethal a ufwärtó zu rücken . General von Göben fonzentrirte die Brigade Aummer bei Dermbach , die Brigade Wrangel bei Dedſen. Kummer ſollte am Morgen des 4. Juli direkt auf Neidhardtshauſen und Zella vorgehn und ernftlich angreifen ; Wrangel ſollte ihm folgen, ihm die linke Flanfe decken und fich abwehrend vers halten. Rummer ließ vorläuftg zwei Bataillone vom 13. Regiment

20 *

292

unter Oberſt von Gellhorn an dem Feldeübergang bei Bil . ler 8 mühle öſtlich Dermbach ſtehen. Der Haupttheil der Brigade Rummer rückte in zwei Kolonnen vor , mit dem rechten Flügel über die Höhen von Föhlriß auf Zella ,

mit dem linken Flügel im Feldegrund

hardtshauſen.

auf Neids

Zella und Neidhardtshauſen , die ein jedes

von fleben bairiſchen Rompagnieen beſeßt waren , wurden von den Preußen erſt nach hartem Kampfe genommen

Eine Kompagnie im

Schloßgarten von Zella , welche den Rüdzug deckte , wehrte fich ſo hartnädig , daß nur 19 Mann mit einem Offizier von ihr übrig blieben . Die Preußen rückten nun gegen die 6. bairiſche Brigade vor, welche fich vor Diedorf konzentrirte und alsbald durch die 5. theils in Diedorf ſelbſt, theils auf den weſtlichen Höhen unter ftüßt ward. Nach

längerem Feuergefecht,

welches

bis

Mittag

dauerte,

drangen Kummer 8 Bataillone langſamer in der Front, mit mehr Kräften und Heftiger auf den Höhen zur Umgehung des linken bairiſchen Flügels vor. Dem rechten Flügel Rummers warf fich die bairiſche fünfte Brigade mit ſolcher Kraft und ſolchem Er folge entgegen , daß

der General von Göben ſich veranlaßt ſah,

noch drei Bataillone theils von der Brigade W ra ngel, theils vom Detachement

des Oberſt

von

Gellhorn

zur

Unterſtüßung

Kummers gegen Diedorf vorzuziehen. Dieſe ſtellten zuerſt das Ges fecht her und drängten dann die Baiern zurück , welche unter dem Schuß ihrer Artillerie ungefähr um 4 Uhr Nachmittags auf Bes fehl des Prinzen Karl den Rückzug antraten .

Die Preußen bes

gnügten ſich, denſelben nur durch ihre Artillerie zu ſtören und gingen im Uebrigen gegen Abend auf Derm b a ch zurück. Während bei Diedorf von der Brigade Kummer gegen die

293

Diviſion 3oller gefochten ward, hatte bei Wieſenthal und Roßdorf die Brigade Wrangel oder hatten vielmehr 5 Bas taillone unter dem General von Wrangel hier gekämpft.

Wrangel ließ als Avantgarde die 3. Eskadron des 8 . Huſarenregiments , Wolter , und das 2. Bataillon des 15.

Infan

terieregiments , C. Rüft o w , von der Billersmühle aus nord , wärts

der

Straße

gegen

die

Höhe

weſtlich

Wieſenthal

vorgehen. Noch ehe die Preußen auf die Höhe gekommen waren, wurden fie vom Heftigen Brigade ſtanden

Gewehrfeuer der Vortruppen der 8. bairiſchen

Sella

empfangen .

Zwei Bataillone derſelben

in Wieſenthal und hatten einige Geſchüße bei ſich .

Bes

günſtigt von Regen und Nebel, welche die Ueberſicht ſtörten, drang das Bataillon Rüſtow in Rompagniekolonnen nordwärts Wieſen thal über den Grund des Wieſenbachs vor und veranlaßte durch den Anfall von allen Seiten die Räumung des Dorfes. Die beiden bairiſchen Bataillone zogen ſich in der Richtung auf Roßdorf bis zum U ebelberge zurüd, wo ſie von dem ganzen Reſt der 8. Brigade aufgenommen wurden .

Dieſe Brigade , unterſtüßt von

vier glatten Zwölfpfündern, nahm am Fuße des bewaldeten Uebels berges und gegen den langen Rain hin Stellung. Wrangel hatte, ſobald ſeine Avantgarde in’s Gefecht fam, das 2. Bataillon

13. Regiments , Oberſtlieutenant Dürre , ſüdlich

von Wieſenthal, rechts dem Bataillon Rüſtow vorgehen laſſen , und im Zentrum grad auf Wieſenthal los mußte das 2. des 55. Regiments , Goßfow , folgen. welchen

die

gezogene

Vierpfünderbatterie

Bataillon

Dieſe drei Bataillone, Coefter

beigegeben

ward , wurden unter den Befehl des Oberſten von Gellhorn geſtellt. In Reſerve blieben bei Billersmühle und Linden a u noc

294

fünf Bataillone und eine glatte

12pfünder Batterie , wovon aber

drei Bataillone in den erſten Nachmittagsſtunden , wie wir ſchon geſehen haben, zur Unterſtüßung der Brigade Kummer auf Diedorf borgezogen wurden. , Gellhorn griff mit ſeinem Detachement, vortrefflich unterſtüßt von

ſeiner

Vierpfünderbatterie ,

die Stellung

der

Baiern

am

uebelberg mit Ungeſtüm an und hatte ſie in kurzer Zeit ges nommen, etwa um Mittag . Die achte bairiſche Brigade – 4. , 9. Infanterieregiment und 6. Jägerbataillon

zog fich auf Roßdorf zurück.

Hier aber

wurde ſie von den jeßt heranrückenden Truppen der fiebenten Bris gade ,

Fauſt , aufgenommen.

Von derſelben trafen zuerſt von

Eckardts 2 Bataillone des 5. Regiments mit einer halben Zwölfs pſünderbatterie ein ; dann kamen von Hümpfershauſen die zwei Bataillone des 13. Regiments und eine gezogene Sechspfünder Batterie. So verſtärkt, glaubte der bairiſche Diviſionskommandant, Ges neral von Hartmann

in

die Offenſive übergeben und den

Preußen den U ebelberg wieder abnehmen zu können. Er ließ das 5. Regiment nördlich und ſüdlich von Roßdorf zu deſſen Vertheidigung Stellung nehmen, ſtellte das 13. Regiment zwiſchen Roßdorf und Edardts in Reſerve; ſüdlich vom Roßdorfer Kirch hof mußte die gezogene Sechspfünder Batterie auffahren und nun führte Hartmann an der Straße von Roßdorf nad Wieſenthal die fünf Bataillone der achten Brigade perſönlich vor.

Er ward ſehr

übel empfangen ; ihm ſelbſt wurden zwei Pferde unter dem Leibe verwundet.

General Fauft,

welcher das

fünfte Regiment zur

Unterſtüßung heranbrachte, fiel. Indeſſen wurden die Preußen, nur etwa halb ſo ſtark als der Gegner, doch gezwungen , den U ebel . berg aufzugeben ; fie ſeşten fich wieder weſtlich Wieſens

295

thal und Gellhorn hatte ſogar die Abſicht, abermals zum Angriffe auf Roßdorf vorzugehen, als General W rangel den Befehl era hielt, jeden Angriff einzuſtellen . Hartmann traf nun Anſtalten, die Stellung der Preußen auf der Höhe von Wieſenthal anzugreifen, als er aus dem Haupt quartier Ober- Raß den Befehl zum Rückzuge erhielt. Es war noch nicht vier Uhr Nachmittags. Nicht beläſtigt von den Preußen ließ Hartmann ſeine Arriergarde am Uebelberg ſtehen, bis die Todten und Berwundeten zurückgebracht waren und ließ dann ſeine Truppen die Biwaks beziehen. Der Verluſt der Baiern bei Zella und Diedorf am 4. Juli wird auf 59 Todte und Verwundete, worunter 5 Offiziere, und

105 Vermißte,

worunter

zwei Offiziere,

bedeutender war er bei Wieſenthal preußiſcher Scits

die

Baiern verloren hier

weitaus

und Roßdorf ,

Viel

obwohl

dort

focht.

Die

worunter 9 Offiziere,

259

kleinere

162 Todte ,

angegeben .

Truppenzahl

Verwundete , worunter 16 Offiziere, und 265 Vermißte , worunter 2 Offiziere. Der Geſammtverluſt der Baiern an Todten und Verwundes ten am 4. Juli fommt auf 480 M. , einſchließlich 30 Offiziere ( 1 auf 16 M.) und 370 Vermißte, einſchließlich 4 Offiziere. Von höheren Offizieren blieben todt der General Fauſt und Major von Guttenberg . Die Preußen haben an Todten und Verwundeten ungefähr 400 M. die

verloren ,

Majors

C.

darunter Rüſtow

12 Offiziere.

und

Gontard ,

Zwei

Stabsoffiziere,

blieben

todt ,

zwei

andere , Oberſtlieutenant Dürre und Major Frankenberg , wurden verwundet. Die Baiern brachteti

an dieſem Tage etwa 20,000 M. in's

Gefecht; die Preußen höchſtens 12,000.

296

Die Baiern fanden durchaus nicht, daß das Zündnadels gewehr ihrem Podewild’ichen Vorderladungsgewehr überlegen

fei.

In der That dort , wo hauptſächlich Infanterie gegen Infanterie ſtand, bei Zella und Diedorf, iſt der bairiſche Verluſt geradezu unbedeutend zu nennen ;

aber ,

bei Wieſenthal und Roßdorf

darüber ſind Freund und Feind einverſtanden , war es

beſonders die geſchickt plazirte und energiſch gebrauchte Batterie Coeft er (gezogene Vierpfünder ), welche ſo erhebliche Lüden in die Reihen der tapfer vorwärts ſtürmenden Baiern riß . Der Rückzug

der Baiern ,

welchen der Prinz Karl

aus

ſeinem Bauptquartier Ober-Raß etwa um 3 Uhr Nachmittags ans ordnete, war durchaus nicht durch die Erfolge der Preußen auf dem Schlachtfelde erzwungen. Obgleich die einzige Diviſion Göben ſich auf's Heldenmüthigſte ſchlug und einer faſt doppelten Macht gegenüber Stand hielt , war doch nicht ſie es , welche den Rückzugsbefehl veranlaßte, ſondern es waren Detachements einerſeits der Diviſton Beyer , welche über Geiſa nach Tann an der Ulfter vors rückten, andererſeits der Diviſion Manteuffel , welche ſich von Lengsfeld gegen Bernhauſen bewegten. Das bairiſche Hauptquartier ſchloß aus dieſen Manövers mit Recht, daß es heute nicht die ganze preußiſche Mainarmee gegen fich gehabt hatte , wohl

aber ſte morgen gegen ſich haben könne

und beſonders machten ihm die Preußen in Tann bange , welche den Rüdzug ſchienen.

des bairiſchen Rorp8

an

den Main zu

bedrohen

Dazu kam , wie es ſcheint, daß man auf ein Eingreifen

des VIII. Bundeskorps gerechnet hatte, welches ausblieb. Daß der Prinz Karl für den folgenden Tag noch zwei ganze Diviſionen, die pälfte ſeiner Armee, intaft hatte , wenn er ſtehen bleiben oder ſelbſt zum Angriff vorgehen wollte, ward nicht weiter berückſichtigt,

297

ſondern die Retirade in eine Stellung an der fränkiſchen Saale *) angeordnet. Auch die gegen Fulda vorgeſchobene Kavalleriediviſion Thurn und Taxis erhielt noch im Laufe des Nachmittags des 4. Juli den Befehl, ohne jeden Verzug über Hättenhauſen , Gersfeld und

Biſchofsheim

vor der

Rhön

auf Neuſtadt an

der Saale

zurüdzugehen. Sie marſcirte theils über Gersfeld, theils über Döllbach und Brüden a u . Bei dieſer Gelegenheit ereignete fich ein Unfall, welcher in der ganzen Preffe einen ungeheuren Rumor gemacht hat, der noch nicht völlig aufgeklärt iſt und auch aller Wahrſcheinlichkeit nach niemals völlig aufgeklärt werden wird . Wir berichten über ihn ſo getreu, als es nach der aufzutreibenden Runde möglich iſt. Die

Urriergarde der Kavalleriefolonne ,

welche

über

Gersfeld nach Neuſtadt rückte , hielt Fürſt Thurn und Taxis in Hättenhauſen an und blieb ſelbſt bei ihr.

Vom Gros dieſer

Kolonne machte ein Küraſfterregiment unter einem Oberſten mit ominöſem Namen - Pechmann bei Gersfeld im Fuldas thal zwiſchen 10 und 11 Uhr des Abends einen Ruhehalt. Seine der gewöhnlichen durch die Reglements vorgeſchriebenen Vorfichts. maßregeln war getroffen. Da ſoll nun plöblich von den nächſten Höhen in die Küraſı fiere mit Kanonen hineingefeuert worden ſein ; – die einen ſagen : von Würtembergern , alſo Verbündeten , die andern ſagen von Preußen . Die Würtemberger ſind eine abſolute Unmöglichkeit, denn ihre äußerſten Poſten ſtanden zu dieſer Zeit bei Sdliß ,

*) Nebenfluß des Main , nicht mit dem gleichnamigen Nebenfluß der Elbe zu verwechſeln.

298

fünf geographiſche Meilen von Gersfeld.

Auch die Preußen

find' eine Unmöglichkeit, denn ihre äußerſten Detachements ſtanden am Abend des 4. Juli vor T ann an der Ulſter. eine Patrouille,

viel weniger eine von Artillerie

Nicht einmal begleitete

Ents

ſendung würde in der Nacht von 6 Uhr bis 10 Uhr Abends die drei Meilen bis Gersfeld haben zurüdlegen fönnen. Die größte Wahrſcheinlichkeit

hatte

noch

die

Annahme für

fich, daß es bairiſce Truppen , ein Seitendetachement der beis den Diviſionen

Feder und Stephan ,

der Reſerve

welche ſchon am Nachmittag des 4. Juli ihren Rückzug von Ral ten -Nordheim ,

Kalten - Sundbeim

und $ ilders antras

ten ,

geweſen ſeien, welche in der Nacht auf die bairiſchen Rüs

raſſiere

feuerten.

Von

Şilders

bis Gersfeld

ſind

nur zwei

deutſche Meilen . Ob überhaupt Artillerie die bairiſchen Kürafſtere erſchreckte, iſt nicht ſicher,

ficher iſt

nur,

daß

bairiſchen Kürafftere

die

in der

Nacht vom 4. auf den 5. Juli von einem paniſchen Schrecken ers griffen wurden ,

aus ihrem Ruhelager nach allen Seiten aus eins

ander ſtäubten und ſich nur zum Theil erſt am Abend des 5. Juli, mit Räubergeſchichten beladen,

in Mün nerſtadt

wieder ſama

melten . Es iſt uns unmöglich, dieſe Geſchichte, eine von denen, welche auch bei der tüchtigſten Armee hie und da vorkommen, ſo tragiſch zu nehmen, wie das wohl von der deutſchen Preſſe Aber zu einer Bemerkung dieſe :

fühlen wir

uns veranlaßt und es iſt

,, Die preußiſche Mainarmee war ſehr vallerie verſehen,

ſchwach

ſie hatte an Ravallerie 1/15

und abſolut gerechnet 3000 Pferde.

geſchehen iſt.

mit Ras

der Infanterie

Dennoch hat fie davon nie

einen Nachtheil gehabt, und dieſes, troßdem , daß ihr nach den

299

Etatszahlen die Baiern, Badenſer, Chur- und Darmſtädter-geſſen und Würtemberger mindeſten $ 15,000 Pferde entgegen ſtels len konnten, alſo das fünffache, und immer noch das vierface, wenn man von den Etatszahlen ein Erfleckliches abzieht. man denn über

dieſe Dinge nicht endlich

Sollte

die Augen aufknöpfen

und gemäß den Anleitungen handeln , die wir ſeit vielen Jahren für das Verhältniß der Ravallerie ,

nicht in Haß gegen dieſe

Waffe , ſondern mit entſchiedener Vorliebe für ſie und in ihrem Intereſſe aufgeſtellt haben ? Wir werden noch Veranlaſſung haben, zu zeigen , daß auch auf den andern Operationstheatern dieſes Krieges die Ravallerie ihre Tüchtigkeit zu beweiſen nur

immer in

kleinen Abtheilungen Gelegenheit hatte und daß da — die Miliz favallerie fich als die wahre Elitereiterei gegenüber der lange Jahre ichulmäßig eindreſſirten von

Edelsbeim

ſei's aud nach dem Syſtem des Herrn doch immer nur eindreſſirten ,

bewies. General Vogel von Falkenſtein hatte den Widerſtand der Baiern gefühlt und während dieſe an die fränkiſche Sa ale zurüdgingen, hielt er es für zweckmäßig ſeine ganze Macht zu konzentriren und bereit zu ſtellen . Am 5. Juli Morgens mußte demnach auf dem rechten Flügel Beyer ſeine Diviſion bei Seifa vereinigen ; Göben im Zen trum Dermbach und Oechſen beſeßt halten, Manteuffel Lengsfeld.

Starke Rekognoszirungen ſollten auf der

ganzen

nach Süden gewendeten Front in der Frühe des 5. Juli vorges jendet werden. Dieſe Rekognoszirungen ergaben das für die Preußen durchs aus unerwartete Reſultat, daß die Baiern

ſchon

weit

ſüd

wärts zurü c gegangen ſeien , und Falkenſtein ertheilte daher den Befehl, über Fulda , Schlüchtern und Geln .

300

auſen den Marſch auf Hana u fortzuſeßen ; unterwegs hoffte man mit der Reichsarmee des Prinzen Alexander von Beſo ſen zuſammenzutreffen. Die Diviſion B ey er rückte am 6. Juli in Fulda ein ; hinter ihr lagerte Göben bei

M arbad , Manteuffel bei

$ ünfeld . Am 8. Juli erreichte die Diviſion Beyer die Gegend von Orb und Sallmünſter, Göben die Gegend von Schlüch tern , Manteuffel Fulda. Auf die Reichsarmee waren die Preußen nirgends geſtoßen ; ſtatt in die rechte Flanke und den Rücken der Preußen zu ſtoßen, wie es angezeigt war,

hatte Prinz

Alexander den Saß

von der

Vorſicht, welche der Tapferkeit befter Theil iſt , zur oberſten Ma gime gemacht. Dagegen

erfuhr der

preußiſche Oberbefehlshaber ,

daß

die

Baiern neuerdings an der fränkiſchen Saale Stels lung genommen hätten .

3. Treffen

bei Kiſſingen

und an

der

fränkiſchen

Saale

am 10. Juli. Die

Diviſion

3oller und mit ihr vereinigt die

Reſerve

kavallerie ſtand am 10. Juli an den Hauptübergängen der Saale bei dem bekannten Badeort Siſſingen

und dem zwei ſtarke

deutſche Meilen weiter abwärts gelegenen Sammelburg ; die Diviſion Hartmann war von Münner ftadt gegen $ a u s ſen und Archach vorgeſchoben.

Das Gros der beiden Diviſtos

nen Stephan und Feder war bei Mün nerſtadt konzen trirt, hatte eine Vorbut bei Neuſtadt an der Saale und noch weiter vorwärts bei Biſchofsheim vor der Rhön das 7. Re : giment unter dem Oberſten Schleich.

301

Nachdem die Vereinigung der bairiſchen mit der Reichsarmee weiter nördlich bei Fulda mißlungen oder wenigſtens aufgegeben war, ſollte ſie nun weiter ſüdwärts, aber immerhin noch am recha ten ufer des Mains verſucht werden . Der Prinz Alexander hatte auf die Kunde ' vom Treffen von Derm bad

ſeinen rechten Flügel,

ohne damit freilich der

großen Zerſplitterung ſeiner Armee ein Ende zu machen , gegen den

Main

zurüďgebogen

und dieſer Flügel

ſtand um

den 8. Juli in der Gegend von Lohr am Main und von Orb , X auf bairiſchem Gebiet. Lohr iſt von Hammelburg 4 Meilen , Orb von Brückenau

eben ſo weit entfernt ;

einen Gilmarſch.

Ein

Zuſammenwirken der Baiern mit der Reichsarmee war daher vers hältnißmäßig leicht möglich . Vogel von Falfenſtein , von dieſen Dingen unters richtet, erkannte die Baiern mit Recht für den gefährlicheren Feind und beſchloß, ſte vorerſt noch

einmal zurückzutreiben,

ſich gegen die Reichsarmee wende ;

ehe er

in dem Vertrauen , daß die

Reichsarmee bei ihrer gründlichen Zerfahrenheit – wie vortreffs lid die einzelnen Elemente ſein mochten ,

ihn

in dieſem Beginnen nicht ſtören werde. Falkenſtein ließ alſo ſeine Armee am 9. Juli links über Brü đena u und über das R 5 ö ng ebirge abmarſchiren. Die Avantgardediviſion Beyer wurde von Brückenau auf Hammels burg an der fränkiſchen Saale, die Diviſion Göben , mit der Brigade Rummer an der Spiße , auf Kiſſingen gerichtet. In Reſerve folgte der Diviſion Göben die Diviſion Manteuffel . Am

10. Juli Morgens

fam

die Avantgarde der

Diviſion

Beyer etwa um 9 Uhr bei Hammelburg gegen die dort aufges ſtellte Brigade der bairiſchen Diviſion 3oller und zu der glei den Zeit die preußiſche Brigade Aummer der Diviſion Göben

302

bei Kiffingen gegen die andere Brigade der Divifion zoller in's Gefecht. Dieſes ſchwankte lange hin und her ; die zweite bai : riſche Diviſion , Feder , ward von Münnerſtadt vorgezogen. Auf preußiſcher Seite aber ward die Brigade Wrangel , welche der Brigade Rummer folgte, rechts oder ſüdlich von dieſer leßtern über Slimpfhof an die Saale dirigirt. Wrangel drang über Schlimpfhof und Garniß vor , nahm den Altenberg, ließ nothdürftig eine Brücke über die Saale ſüdlich Kiſſingen , welche von den Baiern zerſtört war, herſtellen, überſchritt die Saale und griff nun die eine Brigade der Diviſion Zoller, welche bei Kiffingen fämpfte und die ihr zu Hülfe eilende Diviſion Feder in der linken Flanke und im Rüden an.

Die

Baiern

räumten Kiſſingen

und

ſepten

fich

von

Neuem an der Straße von Kiffingen nach Nüdlingen auf den Höhen von Winfel 8 . Hier kam es zu neuem erbitterten Kampf ,

in welchem die

Diviſion Göben durch neu vorgezogene Truppen von der Diviſion Manteuffel , insbeſondere das 19. Infanterieregiment, unter: ſtüßt werden mußte. In dieſem Rampfe flel bairiſcher Seite der Rommandeur der 3. Divifton ,

Generallieutenant von Zoller , 57 Jahre alt ;

Neffe des Artilleriegenerals Rarl von Zuller, welcher als der Bes gründer des neuen

bairiſchen Artillerieſyſtems aus den vierziger

Jahren, das damals faſt allen europäiſchen Artillerieen weit voraus war, befannt iſt.

Zum Weichen gezwur:gen , lingen zurück ,

zogen fich die Baiern auf Nüd ,

etwa um 4 Uhr

Nachmittags.

Von da aber

gingen fte am Abend um 7 Uhr --- auch die Diviſion Stephan war jeßt vorgezogen – von Neuem zur Offenſive gegen Win . fel 8 vor. Die Preußen wurden in dem Momente überraſcht, als

303 fte eben bei Winfels ihre Biwaks beziehen wollten . Neue Reſerven von der Manteuffel'ſchen Divifion, jeßt das 36. Regiment und das Lippe . Detmold'de Bataillon , deſſen Rommandant, Major Rohdewald , hier blieb , mußten vorgerufen werden. Während

nun bei Kiffingen am Abend des

10. Juli das

Gefecht ſehr ſchwankend war, traf im bairiſchen Hauptquartier, wie es fich auch verhielt, die Nachricht ein , daß die preußiſche Diviſion Bey er mit weit überlegenen Kräften die dort aufgeſtellte einzige Brigade der Diviſion Zoller bei gammelburg

geworfen und

den Uebergang über die Saale erzwungen habe. Da ward der Rückzug hinter den Main

beſchloſſen.

Die Brigade, welche vereint mit Abtheilungen der Reſervefavallerie bei bammelburg gefochten , ging , als ſie fich

nicht mehr halten

fonnte, einfach auf Würzburg zurück. Die $ auptmacht der bairijden Armee , die 1. and 2. Diviſion ,

die bei Kiſſingen engagirt geweſene Brigade der 3 .

Diviſion, die 4. Diviſion, welche ihre vorgeſchobenen Detachements über Neuſtadt an der Saale einzog , ging noch in der Nacht vom 10. auf den 11. Juli , bei Nüdlingen fonzentrirt, theils auf Schweinfurt , theils auf Haßfurt an den Main zurück. Die vierte Diviſion Hartmann bildete die Arrier , garde. Im Ganzen verloren die Baiern in den Gefechten vom 10. Juli an der fränkiſchen Saale 1261 M. ( einſchließlich 43 Offt ziere

-

einer auf 30 M. -- ) , darunter waren 77 Todte ,

ein

ſchließlich 8 Offiziere (einer auf 9 Mann) , 392 Verwundete , ein ſchließlich 28 Offtziere

(einer auf 13 M.)

und 792 Vermißte,

darunter 7 Offiziere (einer auf 110 M. ). Die Baiern verloren von den Truppen, welde fie ernſtlich im Gefecht gehabt hatten ( 20,000 M. ) , etwa 1/16

An Todten und

304

Verwundeten verloren die Preußen nicht weniger. Die Vermiß : ten bilden allerdings bei den Baiern ein bedeutendes Kontingent, von dem die Preußen, weil ſie Sieger waren , nichts wußten . Die Preußen hatten an dieſem Tage eine Uebermacht, etwa 30,000 M. , im Gefecht. Daß aber die Baiern nicht die Ueber . macht hatten , rung .

war hier offenbar lediglich der Fehler ihrer Fühs

Sie hätten , wenn ſie gut geführt waren , die Preußen zur

ſammenhagen müſſen , wie tapfer dieſe waren. Davon , daß die Reichsarmee gar nicht eingriff, darf man nicht mehr reden . Daß fie eingreifen konnte , darüber darf kein Zweifel zugelaſſen wers den, ſo lange man nicht die Vernunft gänzlich aus der Kriegskunft ausſchließen will .

Wie es mit den kombinirten fleinſtaatlichen

Armeen immer ſtehen mochte, in ihren Elementen waren fie vortreff lich. Was ſte nicht leiſteten, das iſt die Schuld der Führung und der allgemeinen Verhältniſſe. Die Reichsarmee hatte fich nicht gezeigt und dadurch wurde nun das bairiſche Hauptquartier vornämlich beſtimmt, an's linke Mainufer zurückzugehen, um von dort auf die Verbindung mit der Reichsarmee herzuſtellen.

4. Sefechte von Laufach und Aſchaffenburg.

Der preußiſche Oberbefehlshaber beſchloß, die Baiern, wenn fie fich wirklich ernſtlich hinter den Main zögen, ihrem Sdid ſal zu überlaſſen und ſich jeßt zunächſt auf die Reich 8 arme e des Prinzen Alexander zu werfen . Gr bildete zwei þauptkolonnen .

Die rechte ,

die Diviſion

Beyer , mußte ſchon am 11. Juli von Hammelburg

auf

brechen, um über die Sinn, Orb und den Paß von Gelnhauſen auf H a n a u zu marſciren .

305 In der linken Kolonne

hatte die Diviſion Göber die

Spiße, die Diviſion Manteuffel folgte ihr. Göben marſchirte aus der Gegend zwiſchen Kiffingen und Münnerſtadt zunächſt nach * ammelburg, dann nach Lohr, um von hier an der Eiſen bahn

nad

Adaffenburg

weiter

zu

ziehen.

Manteuffel,

welcher Göben folgte, blieb am längſten den Baiern zunächſt, konnte ihre Bewegungen beobachten und, wenn fie Miene machten, etwa noch einmal am rechten Mainufer vorzugehen , ihnen den erſten Widerſtand entgegenſepen . Im achten Bundeskorps herrſchte gerade zu dieſer Zeit eine arge Konfufion. Die Badenſer , nicht beſonders geneigt , fich mit den Preußen zu ſchlagen , hatten auf eigene Fauft, als Falkens ſtein ſeinen erſten Vormarſch von Eiſen ad gegen Fulda bes gann ,

ihre Stellungen verlaſſen und waren zurücgegangen.

Zuſammenhang der Sache iſt nicht aufgeklärt worden ;

Der

aber die

entſchiedenen Gegner Preußens ſchrieen laut „ Berrath " . - Der Herzog von Naliau hatte ſein Kontingent ganz aus dem Vers band des Korps herausgeriſſen , um mit demſelben einen eige . nen Krieg zum Schuß ſeines Bandes Landwehr

zu führen , welche

gegen

die preußiſche

von Koblenz her

dort einges

fallen war. Ieder wollte kommandiren und dem Prinzen Alexander von Heſſen , ſtatt daß er die Fäden in der Hand haben ſollte, an denen er ſeine Untergebenen leitete, ſchien vielmehr nur ein Bündel Fäden an Hände und Beine gebunden zu ſein , an welchen ihn ſeine Untergebenen hin- und herzerrten . Nach dem Treffen bei Kiffingen richtete fich die Aufmerkſam feit der Reichsarmee in Erinnerung an die Banauer S dla ch t von 1813 vorzugsweiſe auf den Paß von Gelnha uſen ; da fam in der Nacht auf den 13. Juli plößlich die Kunde , Rüftow , d. Rrieg. 1866. 21

daß die

306 preußiſche Bauptmacht an der Eiſenbahn von Lohr auf a daf



fenburg über den Speſſart vorrüde. Nun wurden ſchleunigſt Befehle ertheilt , durch welche die herſen - darmſtädtiſche Diviſion ,

das öfterreid i ide Hülfeforps unter dem

Feld

marſchallieutenant Neipperg und die Pur befriſche Reiterei bei . Afcaffenburg konzentrirt wurden . erſt am

Die Deſterreicher fameu

13. Juli Abends gegen 8 Uhr mit der Eiſenbahn von

Franffurt bei Aſchaffenburg

an ;

die Darmſtädter waren daſelbſt

ſchon in den erſten Nachmittagsſtunden konzentrirt , befekten die Höhen öftlich Aſchaffenburg rechts und links der Eiſenbahn und des Aſchafffluſſes und ſchoben ihre Avantgarde

nach Laufach

und die Spiße über dieſes gegen Hain vor. Hier zwiſchen Laufach und Hain erfolgte nach vier ihr Nachmittags der erſte Zuſammens ſloß mit den Preußen . An der Spiße derſelben marſchirte die Brigade Wrangel. Ihre vorgeſchobene Abtheilung , das Füſilierbataillon des 55. Regiments und eine Huſarenesfadron griffen die Darmſtädter, fo bald fte deren anſichtig wurden ,

an , nahmen Laufach und bes

feßten die dortige Eiſenbahnſtation . Die Heſſen hatten fich zurückgezogen und die preußiſchen Truppen waren von ermüdet.

einem anſtrengenden Marſche außerordentlich

Sie waren ſeit 3 llhr Morgens , alſo faſt 12 Stunden,

auf den Beinen . W rangel beſchloß daher , das Gefecht nicht weiter fortzus führen , wenn er nicht dazu gezwungen würde , ſondern das kager zu beziehen, um zugleich das Berankommen der Brigade Aummer zu erwarten . Da aber der Feind in der Nähe war, ſollte eine ſtarte Vorpoſtenſtellung eingenommen werden . Oberſt von der Golß mit den drei Bataillonen des 13 . Regiments und der wuſarenesfadron follte diefelbe beſeßen, wogegen

307 dann das Füſilierbataillon des 55. Regiments zurückzuziehen wäre. Alle Truppen, welche nicht in der Vorpoſtenſtellung waren, wollten bei laufach das Biwak beziehen. Von der Goltz befekte das Dorf Frohnhofe n vor ſeiner Front mit drei Kompagnieen, und mit ſeinen übrigen Truppen die Höhen redt8 gegen Sailof, links gegen Steiger und unters Beijenbad . Das

Füfilier bataillon

des

55. Regiments

noch

war

nicht

zurückgezogen, als die preußiſchen Vorpoſten von Neuem durch die Zuſammen

Belien alarmirt wurden. Auf die Meldung von dem

ftoß bei Laufach führte General Pergias die ganze darmſtädtis ( che Diviſion vor. Von der Golt rückte ſofort in Stellung; da er noch über das Füſilierbataillon des 55. Regiments diſponirte, hatte er im Ganzen 16 Kompagnieen, von denen fech 8 nördlich, ſieben ſüdlich der Eiſenbahn ſtanden und drei Frohnhofen vertheidigten .

Die noch

übrigen Truppen der Brigade Wrangel ſtellten ſich dicht vor Laufad unter's Gewehr. Wrangel befahl, in der Defenſive zu verharren . Hauptangriff

der

Veſſen

war

auf

den

rechten

Flügel

Der der

Preußen gerichtet, wohin Wrangel ſogleich ſeine Huſarenſchwa: dron und ſeine Batterie ſendete. Die geſien benahmen fich ſehr brav ; von einem vernünftis gen Gebrauch der verſchiedenen Waffen ſcheint aber bei ihnen nicht im Mindeſten die Rede geweſen zu ſein . Golß machte mit ſeinem rechten Flügel , nachdem das Feuergefecht eine Zeit lang gedauert hatte , einen glücklidhen Stoß auf den Gegner und dieſer zog itch nun um 7 Uhr Abends gegen Aſchaffenburg zurück, wenig gedrängt von den ermüdeten Preußen , die allerdings nur geringe Verluſte gehabt hatten .

21 .

308

Die gegen Aſchaffenburg zurückgehenden Sefſen wurden dort von der unterdeſſen daſelbſt angefommenen Defterreidern aufgenommen . Feldmarſchallieutenant Neipperg war Oberkoms mandant der vereinigten Truppen , deren Stärfe auf mindeſtens 15,000 M. angegeben wird . Die Brigade W rangel erhielt Befehl, am 14. Morgens um 7 Uhr aus ihren Biwaks und Vorpoſtenſtellungen aufzubrechen und auf Aſchaffenburg zu rücken ; die Brigade Rummer , welche die Nacht in der Gegend von Wald - Uſchaff, ſüdlich von Gain, zubrachte, ſollte gleichfalls früh aus ihrem Lager abmarſchiren. Der Aufbruch der Brigade Wrangel verzögerte fich bis gegen acht Uhr.

Die am Morgen vorgeſendeten Refognoſzirungos

patrouillen meldeten , daß die gegneriſchen Vorpoſten ſich gegen Hö8bad zurückzögen . Brangel ſchickte darauf ſogleich die Huſareneskadron des Mittmeiſters Grodzki vor. Zugleich traten alle andern Truppen an. Als die Spiße der Brigade Wrangel über We iberhofen und die dortigen Mühlen hinaus an den Zuſammenfluß des Laufs acher Baches mit dem Aſchaffbach gelangte, traf ſie mit der Spike der Brigade Rummer zuſammen. Gleichzeitig

fam von den

Vortruppen Nachricht, daß die

Beffen von Aſchaffenburg wieder über f ö ø b ad vordrängen. Nun

mußte Wrangel

redte ,

nördlich ,

Rummer

linf & , ſüdlich der Eiſenbahn avanciren .

Auf dem äußerſten , rechten Flügel zog Söben ſeine ganze Kavallerie, das 8. Huſaren- und das 4. Küraffierregiment auf die freien Felder. Bis an die Holzmühle und die Faſanerie fanden die Preußen nur geringen Widerſtand ſeitens der heffilichen Vortruppen ; von da ab aber ging es ſcharf.

309 Die Maßregeln der Reichsarmee waren freilich ſchlecht genug getroffen. Die Stadt ufchaffenburg liegt am redten Ufer des Mains. Ueber die große Mainbrüde ging der einzige Rüdzug. Dicht vor dieſem einzigen Paß, etwa 1200 Schritt von ihm ward das ernfte Gefecht erſt aufgenommen . An eine Vervielfältigung der Nüdzugswege war gar nicht gedacht worden ; außerdem hatte man ganz unnüßer Weiſe noch einen großen Theil der Munitionspolons nen und ſonſtigen Trains in den Straßen der Stadt Aſchafs fenburg felbft aufgefahren. Die preußiſche Avantgarde bildeten nur 3 Kompagnieen des 15. Infanterieregiments, die Huſarenſchwadron Grodzki und die Batterie 6 öfter ( gezogene Bierpfünder). Von dem alten Thurm bei Damm her wurden die Preußeri durch eine gegneriſche Batterie ſtart beläftigt ; indeſſen ſo ſchlecht wurden auf Seiten der Reichstruppen die Waffen in Verbindung mit einander gebracht, daß die preußiſche Infanterie Rich ganz in der Nähe jener Batterie, ohne die mindeſte Störung einniften und fte nun durch nahes und ficheres Feuer

aus ihrer Stellung der :

treiben fonnte. Jeßt drangen bald und wenig aufgehalten die beiden preußis fchen Brigaden Wrangel und Kummer , die eine rechts, die andere links, nur wenig bei der Eiſenbahnſtation gehindert, gegen Aſchaffenburg vor und in die Stadt ein. alle der Mainbrüde zu.

Inſtinktiv ſtrebten

Die Artillerie Göbens wählte mit

richtigem Blick günſtige Stellungen, von denen aus fte die Main brüde in die Flanke nehmen konnte. Aůmälig ſtrebten die Reichs truppen dieſem heißen Punkte nicht mehr mit beſonderer Neigung zu . Gruppenweiſe vertheilten fte ſich in der Stadt.

Hier fam e8

zwiſchen denen, welche fämpfen wollten, und zwiſchen den nachdräns genden Preußen noch zu hartnäckigen , aber unfruchtbaren Gefechten ;

310 die Stadt litt dabei mehr als ſeit Menſchengedenken eine deutſche Stadt erfahren hat , daß auch der Unſchuldige beim Aufeinanders plaßen von Kriegerſchaaren leiden fönne. Aber nicht alle Reichtruppen wollten lämpfen. Geſtalten des dreißigjährigen Krieges tauchten nach zweihundert Jahren und mehr in der

alten deutſchen Stadt

wieder auf und

zeigten

ihre

blutige Schellenkappe. Unter den Reichstruppen befand ſich Regiment Wernhard , Nr. 16,

auch das öſterreichiſche

Jtaliener, aus Venetien, aus

dem Ergänzungsbezirk Treviſo. Zwei Bataillone dieſes Regiments ftanden an der rechten Mainſeite den Preußen gegenüber wunderbar flang es dem weſtphäliſchen Jungen ger Walde, als er fich plößlich mit den Klängen wenig anderer Art

und

vom Teutoburs . nur in ein

begrüßt ſah , über welche ſeine Voreltern

vor faſt 1900 Jahren bitter gelacht hatten . Evviva l'Italia ! Evviva la Prussia ! ſo ſchallte es durch die Gaſſen von Aſchaffenburg und Bernhardt Iteßen

1500 Treviſaner vom Regiment

fich von Göbens

Weſtphalen

vor der Main

brüde abfangen , Unaufhaltſam flohen jeßt die Deſterreider und gels fen am linken Mainufer auf Dieburg, die Weſtphalen ſtürm ten ihnen über die Mainbrücke nac ), voran ein Zug Paderbors ner gufaren ,

von denen mancher vielleicht noch ſo feſt,

Immermanns Hofſchulze

an das Schwert Karls

des Großen

wie in

ſeiner Rechten glaubte. Aber bald

rief Falke n ſtein

bis

auf die nothdürftigſten

Poſten drüben die unverwüſtlichen Söhne der rothen Erde zurüd. Denn ſein Sinn ſtand auf Frankfurt am Main , die Reſidenz des bisherigen Bundestages und der großen europäiſchen Geldmacht, welche ja nur zwei kleine Tagemärſche von Aſchaffenburg entfernt war,

311 Ein fleiner Theil der Reichstruppen war am rechten Mainufer nach Ⓡanau abgedrängt.

Die Verluſte der Preußen waren ges

ring ; groß diejenigen der Reich B truppen. Die Beffens Darmſtädter geben ihren Verluſt am 13. und 14. Juli bei Là ufadh und Aſchaffenburg

an auf 79 Todte , worunter

7 Offiziere ( 1/11) , 400 Verwundete , worunter 26 Offtziere (116) und 371 Vermißte ; im Ganzen auf mehr als 800 M. (etwa 1/10 der ganzen im Gefecht geweſenen Streitmacht).

Die Deſterreicher verloren außer den bereits erwähnten Gefangenen noch etwa 100 M, an Todten und Verwundeten . Sehr ſtarf iſt , wie man ſieht, der Berluſt der Heſſen an Offizieren ; von den Verwundeten ſtarb bald noch eine Anzahl. 5. Wie Okkupation Frankfurts. Die freie Stadt Frankfurt war der Hauptfiß der preußen feindlichen Tendenzen in Weſtdeutſchland. des Bundestags ,

der um ſich

Intereſſen gruppirt hatte, in welcher ein of reſidirt,

Sie war dies als Siß

eben ſo gut gewiſſe kleinere

wie dies in

jeder Stadt der Fall iſt,

fie war es ferner als Siß der in

Anleihen und ähnlichen Geſchäften ſpekulirenden hohen Finanz, welcher der geordnete Staatshaushalt Preußeng

viel weniger zu

verdienen gab als jener anderer deutſcher Staaten und namentlich Defterreiche.

Auch andere Elemente, welche unter „ Freiheit“

im

Weſentlichen die „ Aufhebung Preußens “ verſtanden und fich nur in

dieſem

Punkte vereinigten, während ſie im Uebrigen theils

fogenannte Großdeutſche, die um das Eingeben fleinſtaatlicher Pars lamente eine äußerſte Beſorgniß hatten , theils Agenten ' und Ans hänger des Auguſtenburgers waren ,

hatten fich mit Vorliebe

in Frankfurt niedergelaſſen und dort bildete ſich nun ein ganz an . muthiges Chaos . Ging man etwa auf die Analyſe der verſchiedes

312

nen Elemente ein , ſo mußte man über die vereinigende Kraft des Preußenbaſſes erſtaunen . In der leßten Zeit hatten auch die Frankfurter Behörden eine offene Feindſeligkeit gegen Preußen gezeigt; die preußiſche Teles graphenftation dort war zerſtört, die preußiſchen Beamten ſeit lan . ger Zeit in der alten Stadt angeſiedelt, waren nicht in der zartes ften Weiſe

ausgewieſen worden.

Feſthalten

am

alten deutſchen

Bunde wurde wiederholt verfündet, die Zuſtimmung zum Reforms entwurf vom 10. Juni ward zurüdgewieſen. Unter dieſen Umſtänden verſaben fich die Franffurter nichts Gutes , falls die Preußen etwa einrüden ſollten .

Ja es wurden

wunderbare Dinge, über die wir fliche Wahrheit hins * a u8 , von Frankfurt ſelbſt aus verkündet. Die reaktionäre Partei in Preußen, fo hieß es , wolle heut noch den Tod der Reichstages deputirten Auerswald und Lichnowski rächen, welche am 18. Sep tember 1848 in Frankfurt ermordet

worden waren , außerdem ſei

jene Partei äußerſt unzufrieden damit, daß die freie Stadt Frankfurt - man fand in der That in ihr ein wunderliches Stüd Freiheit

fich bisher ohne Fürſten beholfen habe, obwohl fie die

heißeſte Vertheidigerin des ,,legitimen “ Auguſtenburgers geweſen war. Weiter Operationen

ward

nun geſchloſſen ,

der einzige Gedanke

der preußiſchen Mai narmee

ſeit

der

der Befeßung

Kurheſſens und Hannovers ſei die Züchtigung" Frankfurts gewes fen. Dorthin habe Vogel von Falkenſtein von Anfang an geſtrebt und Alles,

was zwiſchen

der leßten Dekade des Juni

und der

Offupation Frankfurts liege, ſeien nur ſtörende Epiſoden geweſen. Zuerſt ſei

der König Georg

von Hannover dazwiſchen getreten,

dann ſeien die Baiern bei Dermbach gekommen , man habe ſie bei Seite geſchoben und wieder nur an der fränkiſchen Saale bei Seite geſchoben , als fle fich hier in der linken

Flanfe der preußiſchen

313

Mainarmee, die nichts Sehnlicheres wünſchte, als ungehindert Frant furt zu erreichen, zum zweiten Mal präſentirten. Als die Baiern vom Wege abgedrängt waren , furt,

immer vom Wege nach Frant

kamen wieder bei Laufach und Aſchaffenburg die geſſen

und Neippergo Oeſterreicher. Ein neuer Ellenbogenfioß ward nothwendig, um die Bahn nach Frankfurt frei zu machen. Er ward gethan ; jest war die Bahn frei. Wer unferer Darſtellung der

Begebenheiten mit einiger

Aufmerkſamkeit gefolgt ift, wird bemerken , daß dieſe -Anſchauung von den Operationen der preußiſchen Mainarmee nicht ſchwer plauſibel zu machen war. In der That hatte die preußiſche Mainarmee die Aufgabe, die Mainlinie für Preußen zu erobern , und dieſe Auf. gabe war im Weſentlichen

gelöst , wenn Falkenſtein länge dem

Main fiegreich bis Frankfurt und gegen Mainz vordrang. Prinz Ale fander von weiſen , welcher auf die Kunde vom Kampf an der fränkiſchen Saale ſein Hauptquartier ſchleunigſt nach Frankfurt am Main zurücverlegte , fündigte , als die Nachricht vom Gefechte von Laufach einlief, der Stadt und dem verſtümmelten Bundestage an ,

daß er fle nicht länger

ſchüßen

könne, ſondern an’s linte Mainufer zurüdgehen werde, um nun dort ſeine Vereinigung mit dem bairiſchen Korp8 zu Stande zu bringen . Große Unruhe in Frankfurt. Zunächſt reiste, am 14. Juli der Bundestag

mit bes

ſchleunigtem Schritte nach Augsburg ab. Die Trains der Reich 8 a r mee padten unmittelbar nat dem Bundestag auf.

Sie konnten nur nicht ſo ſchnell fertig

werden und zogen , ſo weit es ihnen möglich war , heilweiß nach Weſten nach Mainz a

nach Süden ,

314

Das ganze Zentrum und der ganze linke Flügel der Reiches armee , Alles, was nicht bei Laufach und Aſchaffenburg

geweſen

war, zog in ſtürmiſcher Eile durch Frankfurt , nach Süden ; die Reichsſturmfahne voran ,

in anderer Richtung als fie" gewohnt

war zur Zeit der Hohenſtaufen. Die Mannen waren die alten, die Führer aller Art aber anderen Gehaltes.

*

Bürgermeiſter

und Rath

der freien Stadt

Frankfurt erließen am 15. Juli , nachdem der ganze unnüße Ballaſt Deutſchlands bereits am linken Mainufer ausgeladen war, ein Proklam, welches wohl einſt von den Geſchichtsſchreibern neben jenes geſtellt werden wird , welches die preußiſchen Miniſter 1806 nach der Schlacht von Jena an die Straßeneden von Berlin nageln ließen. In dieſem Proklam von 1866 verſicherten Bürgermeiſter und Rath von Frankfurt, daß fie am deutſchen Bunde feſthalten würden, obgleich ſie nicht läugneten , daß derſelbe e iniger Vers beſſerungen

fähig

ſei.

„ Gott

beſchüße

und die freie Stadt Frankfurt" , ſo

das

deutſche Vaterland

ſchloß das Proklama vom

15. Juli 1866. Bürgermeiſter

und

Rath

ſchienen

auch

ſelbſt

darüber Bedenken gekommen zu ſein ; denn ehe file auf ihre höheren politiſchen Betrachtungen eingingen, verficherten ſie noch der Bürgers ichaft, daß Frankfurt eine offene Stadt ſei und als ſolche unter dem Schuße des durch die Anerkennung aller Nationen geheiligten Völkerrecht 8 ſtehe ; daß ſomit Leben und Eigens thum der Bürger und Einwohner ( man überſehe dieſe hier auffällige

Unterſcheidung

nicht)

in

feiner

Weiſe

bedroht

ers

idienen ! Während dieſes Proflam berathen ward und ehe es an die Straßenecen fam , ging der Durch- und Rützug der Hohen und

315

Höchften immer lebhafter.

Der þerzog von Naſſau fonnte nicht

umbin , ſeine Armee, welche zwei preußiſchen Landwehrkompagnieen bei Zorn in der Nähe von Schwalbach noch am 13. Juli

eine

„Schlacht" geliefert hatte, die in dieſen Annalen zu übergeben wir das Recht haben, a u ch an das linke Mainufer zurückzuziehen Darüber wurde nun ein zweites Proflama berathen und am

16.

Juli Mittags

angeſchlagen.

In

demſelben wurde

der

Bürgerſchaft und den Einwohnern mitgetheilt , daß preu. Biſche Truppen in das Gebiet Franffurts und die Stadt Frankfurt einrüden würden, unter ganz andern Verhältniſſen , als unter welchen fie früher in Frankfurt gebauſet hätten.

Bei

dieſen ganz veränderten Verhältniſſen ermahnte nun Bürgermeiſter und Rath , die Preußen freundlich zu empfangen.

Beiläufig ward

in dem Proflam die gute Diſziplin der preußiſchen Truppen ges rühmt .

Bon treuem Feſthalten am alten Bunde war begreiflich

nach dem Abzug des Bundestags nun feine Rede mehr. Bogel von Falkenſtein Hatte am 15. Juli die Dis viſion Göben von Aſchaffenburg

in . Eilmärſchen auf Frank .

furt gerichtet. Voran war die Stavallerie brigade, dann folgte

die Brigade Wrangel,

ſpäter die Brigade Aummer. detachemente

wurden

endlich um einen Tagemarſch

Quartiermacher und Avantgarde

auf die Eiſenbahn

geſeßt und trafen am

16. Juli um 4 Uhr Nachmittags auf Frankfurter Gebiet bei den Rieder höfen ein , wo fie die Waggons verließen , um in die Stadt zu rüder. Am Abend des 16. Juli famen ſehr ermüdet die Ravals x leriebrigade und die Brigade. Wrangel vor Frankfurt an und zogen nach fleben Uhr , den Oberbefehlshaber der Mains armee an der Spiße, durch die Thore der von feiner Reichsarmee vertheidigten Reichsſtadt,

316

Es iſt eine Eigenthümlichkeit des Generals Bogel von Fallenſtein , daß er überall, wohin er kommt, ſogleich feft. ſeßt, was feine Offiziere und Soldaten an Verpflegung zu ema pfangen haben , wie viel Fleiſch , Gemüſe, Wein oder Bier , wie viel Zigarren und von welcher Qualität, je nach dem Range des Empfängers. Offtziere und Soldaten pflegen dabei ſo reichlich als möglich bedacht zu werden , wohl etwas leiſten.

und das reiche Frankfurt fonnte

atra

Eine derartige Beſtimmung erließ nun alſo der General auch für

Frankfurt, nachdem er angekündigt hatte, daß er die geſammte

Verwaltung des Naſſauiſch en , der Meichsſtadt, der gefiis fchen und bairiſchen Landestheite, welche von preußiſchen Truppen befekt ſeien, in feine Hand nehme. Aber dabei blieb er hier nicht ſtehen.

Alle Pferde mußten

vorgeführt werden und die Preußen ſuchten fich einige hundert der beſten heraus. Weiter wurde der Stadt eine kontribution von ſechs Millionen Gulden auferlegt. Obwohl ſich ein ſehr großes Geſchrei darüber erhob und die ganze antipreußiſche Preſſe dieſe Summe für unerſchwinglich hielt, waren

doch

Müller ,

der Bürgermeiſter

Fellner

und

der Syndifus

die Vogel von Falkenſtein fich zu vermittlern mit

der Stadt erleſen, der Meinung, daß dieſe Summe allerdings leicht aufzubringen ſei. Am 19. Juli ward General Vogel von Falkenſtein vom Kommando der Mainarmee abberufen von Böb men ernannt.

und zum Gouverneur

Die Frankfurter meinten , dies geſchehe,

weil der General mit der Reichsſtadt zu ſcharf umgegangen ſei. Sie irrten fich.

An die Stelle Vogels von Falkenſtein trat

als Kommandant der Mainarmee der General von Manteuffel

317

und dieſer fügte zu den urſprünglich ausgeſchriebenen ſechs Millionen x alsbald noch fünfundzwanzig weitere hinzu. Begreiflich erregte dieſe neue Ausſchreibung noch größere Beſtüts zung und ein Senator ließ fich dadurch verleiten, auf eigne Fauſt im Namen Frankfurts eine Note an die Regierungen von Franks reiyr @ngland und Stußland zu richten und deren Eins miſchung in die deutſchen Angelegenheiten zu erflehen. Er verficherte in ſeiner Note, die Frantfurter Banquiers würden ihre Zahlungen in Deutſchland und im Ausland einſtellen, wenn es bei der Kontribus tion bliebe. Die Frankfurter Banquiers, welche ihren Vortheil beſſer kennen , waren ſelbſt unzufrieden mit den Verſicherungen ihres Freundes, und die Majorität des Senats erflärte fich im Weſentlichen für die Zah. lung, nicht ohne Hoffnung, immerhin einiges abhandeln zu können ; doch der geſeßgebende Körper wollte von der Sache nichts hören. Nachdem nun am 21. Juli der General von Röder, zum Stadtfommandanten und der Landrath von

Die ft zum Zivils

fommiffär für Frankfurt ernannt waren , wurden die Staatsförper ſämmtlich aufgelöst; nur die Senatoren ,

welchen

ämter übertragen waren , ſollten dieſelben fortführen. darauf ward

Verwaltungs Unmittelbar

3 w angs e inquartierung angedroht, wenn

die Zahlung nicht alsbald erfolge. Der arme Bürgermeiſter Fellner , gethan

hatte ,

um einerſeits

den

Preußen

der ſein Möglichſtes gerecht

zu

werden,

andererſeits aber der Stadt ſo viel Ungemad als thunlich zu er ſparen , gerieth in Verzweiflung , als er nun aufgefordert wurde, eine Liſte der Mitglieder des Staatsförpers mit beigeſeptem Vers mögen, als Grundlage für die Erefution einzureichen und entleibte fich in der Nacht auf den 24. Juli ſelbſt. Leider fallen immer die Beſten zum

Opfer.

318

Indeffen erfolgte die Eyefutionseinquartierung ; einzelne Leute erhielten bis zu 50 M.

Dabei ſollen , nun freilich Szenen vorges

kommen ſein , wie uns privatim vielfach verſichert worden iſt, die wir nicht billigen föunten ,

indeſſen müſſen wir doch

bei der

großen Feindſeligkeit, die gerade in Frankfurt gegen die Preußen genährt worden iſt, annehmen , daß mindeſtens in den uns mitges theilten Dingen vieles übertrieben iſt, und wir müſſen es Anderen überlaſſen, die einzelnen Anklagen zu veröffentlichen und gehörig zu begründen, ehe wir an ihre Wahrheit glauben mögen. Auf gute Worte hin wurden ſpäter die Forderungen Preußens an Frankfurt etwas ermäßigt und

endlich die ganze Sache

durch einfache Annexion Frankfurts in anderer Weiſe erledigt. Wir verlaſſen

nun

mit Befriedigung dieſen unerquidlichen

Gegenſtand , um die Operationen der Mainarmee weiter zu vers folgen .

6.

Operationen

der preußiſchen Mainarmee am

ufer des Mainſtroms.

linken

Gefechte an der Tauber .

Wie bereits erwähnt worden iſt übernahm am 19. Juli an Stelle

des Generals

Vogel von Falkenſtein der General von

Manteuffel das Kommando der Mainarmee.

Die bisherige

Diviſion Manteuffel ward dem General Flie $ übergeben. patte die preußiſche Mainarmee auf den Schlachtfeldern nicht eben erheblich gelitten, ſo hatte ſie doch durch ihre ſchnellen Märſche manchen Abgang gehabt. Die Diviſion Göben hatte in den les ten vier Wochen beiſpielsweiſe 70 geographiſche Meilen

zurüdge

legt, was auf jeden Tag für die geſammte Truppe faſt 2/2 Meis len bedeutet und für den einzelnen Soldaten idlecht gerechnet vier Meilen bedeuten mag. Auf Friede 118 m äriden rechnet man

319

beim einzelnen Bataillon nur 3 Meilen für den Tag und der vierte Tag iſt ein Ruhetag , ſo daß auf vier Tage auch da nur 9 Meis len kommen . Die Marſchleiſtungen der Mainarmee waren demnact ſehr bedeutende, viel größer als die der preußiſchen Armee in Böhmen . Die Mainarmee erhielt in den Tagen vom 16. bis zum 20. Juli verſchiedene Verſtärkungen , deren Vaupttheil die oldenburgiſch Hanſeatiſche. Brigade bildete; dazu famen preußiſche wehrtruppen , unter dieſen auch Kavallerie.

Land

Die geſammten Ver:

ſtärkungen mögen wir auf 10,000 M. , den bisherigen Abgang auf 5000 M. mindeſtens anſchlagen ; die geſammte jeßige Mains armee alſo auf 50,000 M. Davon mußten an der Mainlinie min. deſtens 10,000 M. als Beſaßungen zurückgelaſſen werden ; im freien Felde fonnte alſo Manteuffel wohl böchſtens über 40,000 M. vers fügen .

Die Macht , welche ihm gegenüber ftand , war wenigſtens

doppelt ſo ſtark und mit ihr auf ihrem eigenen Boden anzubinden wäre Unfinn geweſen , wenn ſie eben etwas anderes als eine eilende Reichshülfe geweſen wäre und wenn nicht die Rippenſtöße Vos gels von Falkenſte in vorausgegangen wären . Unter den gegebenen Bedingungen aber war 11es erlaubt. Da mit den Zuſchüben wieder höchſt verſchiedene Röde und Ropfbededungen angekommen waren , ſo daß man höchſt unſicher werden mußte, ob man nicht bei Gelegenheit die eigenen Bundess genoſſen todiſchieße, ſo ward als gemeinſames Erkennungszeichen eine weiße Armbinde verordnet , die derjenige, welcher ein weißes Taſcentuch führte, fich aus dieſem Herſtellen mochte , während ein Anderer zu gleichem Zwed fich etwa ſeines mitgenommenen

Ver

bandlinnens bediente. Vom 16. Juli ab ward die Diviſion ten Flügel um

oben auf dem rechy

Frankfurt, die Diviſion B ey er um ñanau

320

im Zentrum , und die Diviſion Fließ auf dem linken Flügel um Aſchaffenburg konzentrirt.

Die Baiern hatten fich in der Gegend von Würzburg konzentrirt; die Neichsarmee oder das VII . Bundesforps unter dem Prinzen Alexander zog ſich von Frankfurt und Uſchaffen. burg her über den D denwald zwiſchen Main und Nedar gegen die Linie der Tauber ( linker Nebenfluß des Mains) zurück, um fich der bairiſchen Armee zu nähern ,

fich auf dieſe zu flüßen und

wo möglich mit ihr vereinigt wieder einmal das Glück der Schlach ten zu erproben . Der Lauf des Mains iſt ein außerordeutlich gewundener ; von Mainz bis uichaffenburg aufwärts der Hauptſache nach von Oft nach Heft ; von Aſchaffenburg bis Miltenberg aufs wärts von Süd nach Nord, von Miltenberg bis Werth beim aufwärts von Oft nach Beft ; don Werthheim bis Gemünden aufwärts von Rord nach Süd ; von Gemünden über Würzburg bis och sfurt aufwärts von Süd nach Nord. Würzburg , Wertheim , Miltenberg , alle am Main , liegen ſo ziemlich in gleicher Breite, -- so weinfurt, Gemünden , Aſchaffenburg , panau , Frankfurt , auch am Main , zwiſchen und ſeitwärt8 der vorgenannten Orte, liegen wieder unter fich ziemlich in gleicher Breite, aber durchſchnitts lich vier Meilen nordwärts der zuerſt bezeichneten Orte. Dies komplizirt nothwendig die Operationen am Main , dies ſem Strome, welcher dem Anbau von jeher ſo günſtig war und an deſſen Ufern es nicht an Straßen fehlt , die ihn begleiten und die ihn freuzen . ulerander von weiſen hatte am 18. Juli ſein Haupt quartier zu Amorbach ; am 21. hatte er fein pauptquartier zu Tauberbiſch of 8 heim ,

vier Meilen weiter öftlich ; die

321 Preußen hatten ihn nicht gedrängt, er war aber hier näher den Baiern ;

Tauberbiſchofsheim iſt nur vier Meilen von

Würz

burg entfernt. Um 21. Juni, nachdem Alles geordnet war, nahm der preußis iche Oberbefehlshaber die Operationen wieder auf.

Die Meldungen von der Diviſton Flies bei ufcaffe na burg bejagten, daß die Baiern die Straßen zwiſchen Wü r za burg und Aſchaffenburg nicht beſeßt hätten, einſchließlich des Mainübergangs bei Heidenfeld ; das VIII. Bundeskorps gehe durch den Odenwald über þöchſt (am Mümlingfluß , nicht zu verwechſeln mit Höchft zwiſchen

Frankfurt und Mainz)

und

Miltenberg zurück. Manteuffel ſchloß , daß ein Theil des

VIII. Bundess

forps beſtimmt ſei die Nedarlinie zu halten , während nur ein anderer Theil ſich mit den Baiern bei Würzburg vers einigen wolle. Auf dem rechten Flügel rückte

am 21. Juli

die Diviſion

Göben von Frankfurt auf Darmſtadt; von Darmſtadt ſollte fie dann in den folgenden Tagen ſich auf König (am Mümling, ſüdlich von Höchſt) ziehen. Die Diviſton Flie & mußte am 21. Juli auf dem linken Flügel bei

uichaffenburg

and

linke Mainufer

gehen , um

über Obernburg und Wördt auf Miltenberg zu mars ichiren . Am gleichen Tage rückte die Diviſion Beyer von Has nan nach Aſchaffenburg, um dort am 22. ebenfalls den Main zu überſchreiten und der Diviſton Flies auf Miltenberg zu folgen. Ein ſtarkes

Detachement endlich

ſchob

Manteuffel

an der

geraden Straße von Aſchaffenburg nach Würzburg vor, um die Baiern zu beobachten, welche möglicherweiſe über þeidenfeld und lengfurt vordringen konnten . Nüftow , d. Rrieg. 1866.

22

322

Am 23. Juli,

als die Diviſion Beyer über

Lichaffenburg

nachgerüdt war, rüdte Flie & von Wördt auf Miltenberg , in deſſen Nähe die Erfa in den Main fällt, und ſendete von da ein Detachement, beſtehend aus den beiden Bataillonen Coburg . Gotha ,

einer

Eskadron

halben

Dragoner

und

zwei

glatten

Zwölfpfündern nach rechts , um die Verbindung mit der Diviſton Göben aufzuſuchen, welche gegenwärtig im Marſch auf Walls duern vermuthet ward . Das Detachement ging

bis

Eichenbühl die Erfa auf

wärts, und ſtieg dann am rechten Thalrand des Fluſſes nach N e una fir den hinauf.

In der Nähe dieſes Dorfes ward es mit Ges

ſchüßfeuer begrüßt.

Es ſtieß hier mit den Badenſern zuſammen, Die Badiſche Feld diviſion ſtand vom 21. Juli ab in und um Wertheim an der Mündung der Tauber in den Main , hatte auch Kreuzwerth heim am rechten Mainufer befeßt und ſtand von da aus in Verbindung mit den Vortruppen, welche die Baiern von Würzburg her über Lengfurt und Heiden feld vorgeſchoben hatten.

Am 22. Juli Abends erhielt der Prinz Wilhelm von Baden, Oberbefehlshaber der Diviſion , Bericht, daß bei Neuntirden bereits ein Zuſammenſtoß zwiſchen preußiſcher und heffiſcher Reis terei ſtattgefunden habe. liefen ein .

Verſchiedene ähnliche andere Meldungen

Der Prinz Wilhelm ließ dáher am 23. Morgens

um 21/2 Uhr die Diviſion alarmiren und ging

von Werthheim

über Dedengefäß auf Neunkirchen vor. Die

vorgeſendeten Reiterpatrouillen fanden zuerſt gar nichts

vom Feinde und die Badenſer wollten ſchon wieder in ihre Rans tonnirungen bei Werthheim zurückgeben ,

als

nad Mittag

323

die Meldung einlief , daß eine ſtarte feindliche Rolonne fich über Eichenbühl gegen Umpfenbach und Riedern bewege. Nun führte der Prinz Wilhelm ſeine Truppen füdwärts und ließ fte auf den Höhen

vor Hund heim und Steinbach

eine Stellung nehmen , die auf 1000 Schritt vor fich ringsum Mald hatte .

Mit einer fleinen Avantgarde von Infanterie und

Kavallerie , bei welcher fich auch zwei gezogene Geſchüße befanden, ging der Prinz ſelbſt an der Straße von Hundheim gegen Neuns firden vor und die erſten Schüſſe , welche das von uns ers denn dieſes war

wähnte Detachement der Diviſion Flie 8 , die

„ſtarke Kolonne“ ,

welche

fich

Umpfenbach und Niedern bewegte,

zufolge

der

Meldungen

auf

hörte , nicht fühlte , tamen

eben von jener badiſchen Avantgarde. Das zweite Bataillon Roburg - Gotha mit den Geſchüßen blieb

troß des

badiſchen

Geſchüpfeuere

großen Straße von Neunkirchen

im

Vormarſch

an

der

auf Kundheim , überſchritt

auf ihr den Grund beim Tiefenthaler Hof , gelangte in den Wald und erſt an deſſen öſtlichem Rand zum Gefecht mit den dorgeworfenen Abtheilungen der Badenſer. Während dieſes Gefecht fich lange hinzog , drang das erſte Bataillon Roburg-Gotha links vom zweiten in das Wäldchen bei den hinteren Stauden ein und dort füdwärts vor, in der Richtung von Sonderried auf Hundheim. Es padte die bei Birth of und gegen Tiefens thaler Bof verwendeten badiſchen Streitkräfte in die rechte Flanke. Nun warf der Prinz Wilhelm auch dorthin Truppen vor. In allen Waldgefechten kann man mit außerordentlich geringen Kräften ausreichen. In dieſer Beziehung iſt das Gefecht von Hund heim am 23. Juli eines der lehrreichſten. Der Prinz Wilhelm von Baden, welcher über mindeſtens 7000 M. verfügte und kaum 1500 gegen fich hatte, glaubte ſich doch von einer großen Uebermacht ans 22 *

324

gegriffen und ſendete um Unterſtüßung zu der würtembergis iden Diviſion , welche öftlich Küls beim berbiſchofsheim zu ſtand.

gegen Ta u .

Die Unterſtüßung fam freilich

nicht; indeſſen die Uebermacht der Badenſer war ſo groß , daß dem kleinen Detachement der preußiſchen Truppen wohl heiß wers den mußte. Der Lieutenant von Münchauſen vom 6. preußiſden Dras gonerregiment machte mit einem Zuge desſelben (V/A Eskadron ), etwa 30 Pferden, einen fühnen Angriff auf Gundheim . Die tapfere Wahrheit bekommt den Münchhauſens nicht. Der tüchtige Offizier gerieth zwiſchen zwei badiſche Bataillone und verlor 12 Pferde und 6 ſeiner Dragoner. Erſt nach fieben Uhr hörte das Gefecht, welches begreiflicher Weiſe von dem preußiſchen Detachement, unmöglich ſcharf verfolgt werden fonnte, auf. Die ſämmtlichen badiſden Truppen waren ein wenig engagirt geweſen. Die Badenſer erhielten den Befehl, fic nach Tauber . biſchofsheim zurückzuziehn und wurden dann am 24. abwärts Biſchofsheim bei ☆ och haufen und Werb ac poſtirt, wäh. rend bei Biſchofsheim ſelbſt die Würtemberger und

Beſſen

fick

vereinigten. Das Detachement der preußiſchen Diviſion Flies hatte fich beim Eintreten der Dämmerung, ſeine Schwäche erkennend, an den weſtlichen Rand des Grundes von Tiefenthaler øof zurüd , gezogen, trat aber am 24. Juli Morgens um 24/2 Uhr wieder an, um von Neuem nachzuſehen, was es vor fich finden werde. øundheim war ſtarf verbarrifadirt, aber von den Truppen des VIII. Bundeskorps verlaſſen ; das Detachement der Diviſion Flies ruhte nun gehörig aus und marſcirte dann links ab, unges fährdet,

denn gegen Mittag

des 24. Juli war

die preußiſche

325

Mainarmee vollſtändig theils an der Tauberlinie , theils gegen dieſelbe aufmarſchirt. Auf dem linken Flügel hatte die Diviſion Flies mit ihren Vortruppen Werth heim

beſeßt;

im Zentrum , rechts von

Flies , ging Beyer über Naſſig in der Richtung auf Niflas : hauſen vor ,

auf dem rechten Flügel Göben auf Bin

ſchofshauſen und Hochhauſen.

Ən Göbens Rolonne folgte auf die Brigade Wrangel die oldenburgiſhanſeatiſche Brigade ,

erſt neuerdings

der Diviſion zugetheilt. Da die Meldungen der Rekognoſzirungsdetachements ergaben, daß Biſchofsheim ſowohl als Werbach ſtark vom Feinde befekt

waren ,

ließ

General

von

Göben nur

die Brigade

Wrangel gerade auf Biſchofsheim vorgehen und die oldenburgiſd - Hanſeatiſche Brigade links ,

nord

wärts auf Hoch ha uſen ausbrechen , welches 6000 Schritt abs wärts von Biſchofsheim liegt . Die

würtembergiſche Diviſion

ſollte

nach

den

Befehlen aus dem Hauptquartier den Preußen das Debouchiren über die Tauber bei Biſchofsheim auf der großen Straße über Groß - Rinderfeld diſche

Diviſion

nach

ebenſo

Würzburg auf

verwehren ;

der Nebenſtraße

die ba :

über Unters

altertheim ; die vierte Diviſion der Reichsarmee war als Qauptreſerve aufgeſtellt. Nod nach zwei Uhr Nachmittags befand fich ein großer Theil der Würtemberger in der Stadt Tauberbiſchofsheim , als die Preußen ſich näherten und vom Stammberge her, wo die erſte Batterie der Brigade Wrangel fich aufgeſtellt hatte, ihre erſten' Schüſſe in die Stadt ſendeten . Die Würtemberger räumten die Stadt. Nur ein Jägerbataillon

326

ward noch als Nachhut weſtlich Tauberbiſchofsheim zurückgelaſſen, theils an der Straße nach $ undheim , theils an der gegen König heim , am Brehmbach ; zog ſich aber nach kurzem Feuer gleichfalls zurück. Die Brigade Wrangel drang darauf in die Stadt ein und beſeßte dieſelbe, ſowie die Linie der Tauber weiter oberhalb und unterhalb . General von Hardegg , ſobald er ſeine Truppen auf die Höhen an der Straße nach Groß- Rinderfeld gezogen hatte, ordnete

fie

hier

und

ließ

biſchofsheim machen.

fie

Front

gegen

Tauber

Die 1. und 3. Brigade der würtems

bergiſchen Diviſion ſtellten ſich an der Wü rzburger Straße ſelbſt auf , die zweite Brigade weiter füdlich an dem Wege , der von Tauberbiſchofsheim nach dem Edelberge hinaufführt. Die erſte Brigade, ohne daß ihr Angriff von Artillerie vors bereitet wäre , ſchritt zum Angriff auf die Stadt , wurde aber nicht blos von dem heftigſten Feuer der Preußen in Front ems pfangen, ſondern eine Abtheilung derſelben überſchritt auch oberhalb Biſchofsheim gegen Dittigheim zu die Tauber und ftel kier i

den Würtembergern in die Flanke. Darauf ging der Kampf in Feuergefecht über ,

an welchem

fich nun auch die würtembergiſche Artillerie betheiligte , die auf dem Edelberge aufgefahren war. Das Feuergefecht dauerte bis gegen fleben Uhr Abends ; die würtembergiſche Diviſion wurde aber ſchon um 6 Uhr gegen Großs Rinderfeld zurückgenommen , wofür die vierte Diviſion der Reichsarmee in die Nachhut rü&te. Auf prcußiſcher

Seite war um 6 Uhr

auch

die

Brigade

Rummer herangekommen und Hatte auf den Höhen am linken Tauberufer Stellung genommen .

327

Bald nachdem das Gefecht bei Tauberbiſchofsheim begonnen hatte, griff auch die oldenburgiſch - hanſeatiſche Bris gade Hochhauſen und Werb ad an . Prinz Wilhelm von Baden ſtand mit dem Gros ſeiner Diviſion bei Werbach hauſen und Brunnthal. baufen am linken Tauberufer hatte er mit 2 , rechten Ufer mit 6 Kompagnieen belegt.

moms

Werbach am

Im Laufe des Gefechtes

wurden außerdem von Werbachhauſen zwei Batterieen vorgezogen . Prinz Wilhelm hatte zwar den Befehl, den Uebergang von Werbach zu vertheidigen ; indeſſen er faßte mit Recht ſeine Aufgabe dahin auf, daß er den Preußen hier nur einen Aufenthalt bereiten, ihnen ein Arriergardegefecht liefern ſollte. Seine Meinung war ,

daß fich am nächſten Tage ,

am 25. ,

die geſammte

Reich s armee , einſchließlich der Baiern , auf dem Plateau von G er ch 8 heim

und

Altertheim vereinigen ſolle , um

den Preußen eine Hauptſchlacht zu liefern. Das genannte Plateau liegt ungefähr Würzburg ,

auf der Hälfte Wegs von der Tauberlinie nach von

jener und von

dieſem etwa

14/2 deutſche

Meilen entfernt. Das Korps des Prinzen Alexander war jeßt im Weſentlichen an der Straße, die von Biſchofsheim über Groß : Rinderfeld nach Würzburg führt, konzentrirt ; die Baiern fianden rechts davon an der Straße von Würzburg über lengo furt.

In der Gegend von Altertheim und Helmſtadt

find dieſe Straßen nur eine ſtarke Meile von einander entfernt. Auf dieſer Front fonnte der Prinz Karl von Baiern doch immers hin 70,000 bis 80,000 M. entwickeln und die Preußen fonnten ihm

jeßt

ſchwerlich mehr als die Hälfte dieſer Streitfraft ents

gegenſtellen.

Obgleich ſo die Entſcheidung durch die jeßt

bewerkſtelligte

Konzentrirung im Raume fich geradezu von ſelbſt auſdrängt, vers

328

miſſen wir dennoch immer i eden Gedanken in der Führung der Reichsarmee. Der eine Theil zieht troß der Nähe , in welcher alle bei einander ſtehen , dahin , der andere dorth i n.

Unter allen Umſtänden konnte eine hartnäckige Vertheidigung des Tauberüberganges bei Werb ach durchaus zu nichts führen , nachdem , wie wir geſehen , die Diviſion Flie 8 Werthheim und den dortigen Flußübergang ſchon am 24. ohne ſtand beſeßt hatte. offen ;

wie

bei

allen Widers

Damit war für die Preußen der Tauberfluß

Werthheim ,

konnten

fie

auch bei

Tauber

biſchof 8 heim debouchiren. Der Kommandant

der ' oldenburgiſch- Hanſeatiſchen

Brigade,

General von Welgien , eröffnete das Gefecht mit dem Feuer ſeiner beiden Batterieen, die er am linfen Thalrand der Tau . ber auffahren ließ , die gezogene Vierpfünderbatterie ſüdlich , die glatte Zwölfpfünderbatterie nördlich von Hochhauſen. Während des Artilleriegefechts,

welches

die Badenſer

auf

nahmen , ordnete Welgien unter dem Schuß der Waldungen auf den Höhen ſeine Infanterie : das 2. oldenburgiſch e Bataillon im Zentrum gerade gegenüber Berbach ; links davon das Bres mer Bataillon , rechts vom 2. , gegenüber Hochhauſen , das 1 . oldenburgiſche Bataillon, in Reſerve das 3. Bataillon . Die Infanterie ſcritt dann

in Kompagniekolonnen

formirt

zum Angriff, bei welchem ſie auch von einer Abtheilung der

Di

viſton Beyer ,

einer Kompagnie des

70. Infanterieregiments,

unterſtüßt ward.

Die Badenſer räumten Hochhauſen ſo:

gleich ; hartnädiger war der Kampf um Werbach und die vera barrikadirte Tauberbrücke.

Das Bataillon von Bremen überſchritt

die Tauber unterhalb Werbach und entſchied dadurch das Gefecht auch hier.

Die badiſche Beſaßung der beiden Dörfer zog

fich im Wels b achth al auf Werbachhauſen zurück, verfolgt von

329

dem

Feuer der

Oldenburgiſchen Artillerie,

die alsbald

an

das

rechte Ufer der Tauber vorgezogen ward.

7.

Vordringen

der Preußen auf Würzburg ;

Beſchießung

der Fefte Marienberg; Eintritt der Waffenruhe.

Die zweite Diviſion des VIII. Bundesforps ( Badenſer ) ging am Abend des 24. Juli bis Ober- und unter : A1 , tertheim zurück und ließ eine ſtarke Avantgarde bei Steins bachſtehen . Rechts von

ihr hatten die Baiern ihre Avantgarde nach

Helmft ä dt vorgeſchoben. bei

Roßbrunn

und

Dahinter ſtand ihr rechter Flügel

þettſtädt;

der linke Flügel

bei

Wallbrunn. Links von den Badenſern zwiſchen Groß -Rin derfeld, Klein-Rinderfeld und Ger ch 8 heim ( Gerichsheim ) fons zentrirten ſich die übrigen Diviſionen des VIII. Bundesforps, die erfte (Würtemberger), die dritte ( Heſſen -Darmſtädter) und die vierte (Deſterreicher, Naſſauer, furheffiſche Abtheilungen ). Im Hauptquartier ſchreckliche Verwirrung.

des Prinzen Alerander herrſchte eine Die Kriegskaſſe war ganz leer und

mit

leeren Taſchen läßt ſich niemals eine ſehr ſtolze Figur ſpielen . Die badiſde Diviſion , welcher die wichtige Aufgabe zu: fiel, die Verbindung zwiſchen der bairiſchen Armee und der Haupt: maďt des VIII . Bundeskorps herzuſtellen , erhielt binnen einer Stunde aus dem Hauptquartier Aleranders am 25. Juli drei einander widerſprechende Befehle. Zuerſt follte die badiſche Diviſion offenſiv gegen Wer : bach vorgehen ; dann ſollte ſie wieder im unmittelbaren Anſchluß an

den

rechten Flügel

des

VIII .

Armeeforps

Stellung

beim

Baiers thaler Hof zwiſchen Steinbach und Groß - Rinderfeld

330

nehmen .

Endlid aber ward ihr befohlen , bei Steinbach

und unteraltertheim ſtehen zu bleiben. Die Preußen rüdten am 25. auf allen Punkten vor. Die Diviſion Göben auf dem rechten Flügel nahm die Brigade Kummer auf der großen Straße von Biſchofsheim über Groß -Rinderfeld nach Gerichsheim an die Spiße ; dann folgte die oldenburgiſch-Hanſeatiſche

Brigade.

Die

Brigade

Wrangel ward

red to von Rummer, auf Ilmopan und Schönfeld entſendet. Auf dem linken Flügel marſcirte die Diviſion Beyer über Nitlashauſen und Neubrunn auf Helmſtädt. Die Diviſion Flies hatte nach der Befeßung von Werths heim noch mit der Aufklärung der äußerſten linken Flanke am rechten Mainufer über Kreuzwerthheim , am linken Mainufer gegen Remlingen und den Uebergang bei Lengfurt zu thun. Die einzige Brigade Kummer durchſchritt bald nach Mits tag des 25. Juli unaufgehalten die Waldungen , welche ſich zwis ſchen Groß - Rinderfeld und Gerich & heim

ausbreiten .

Als ſie

aber aus dieſen Wäldern Hervorbrechen wollte, ward ſie von einem außerordentlich genährten Artilleriefeuer empfangen. Der Prinz Alexander von Heſſen , jeßt nur noch zwei ſchwache Meilen von Würzburg entfernt, wohin er ſchon am folgenden Tage ſein Hauptquartier verlegte, entwicelte vor Ges richsheim ſeine geſammte Reſerveartillerie, um die Preußen zu bes grüßen .

Den 50 Geſchüßen , welche hier das VIII. Bundeskorps

von Anfang an ins Feuer brachte, konnte die Brigade Rummer vorerſt nur 12 gegenüber ſtellen, dann, als die oldenburgiſch -hans ſeatiſche Brigade herankam , noch 12 weitere , endlich brachte die Brigade Wrangel über Schönfeld in die linke Flanke der Reichs 4 armee vordringend noch

12 Geſchüße heran.

Mit ihrer Artillerie

war die preußiſche Armee, wie in Böhmen gegen die Deſterreicher,

331

ſo auch am Main gegen die

Reichstruppen , ſtets weſentlich im

Nachtheil. Sie warf ſtets ihre Avantgarden auf den Feind , Avantgarden führten

dieſe

freilich allen guten Grundſäßen , wie wir

fie ſeit langer Zeit in unſern militärwiſſenſchaftlichen Schriften ent wickelt haben , entgegen

immer nur leichte Batterieen .

Der

Gegner brachte aber mit ſeinen ewigen Rüdzugsgefechten immer ſeine Reſervebatterie en

Ichwere

ins Gefecht.

Die

meiſten preußiſchen Ranoniere waren noch am glatten Geſchüß auss gebildet worden und ſollten nun am gezogenen handtieren.

Und

wären ſie nicht gar zu pedantiſch am glatten Geſchüß ausgebildet geweſen, ſo hätten ſie wohl die nothwendige Freiheit fich bewahrt, um aud mit dem gezogenen auszukommen , was ja gar keine Hes gerei iſt,

aber die Vorbedingung war eben nicht erfüllt.

Troß ſeiner Ueberlegenheit ging Alexander von Beſs fen gegen Abend unverdroſſen zurüd ;

die badiſche

Divi ,

ſion mußte den Rüdzug deden . Dieſe Diviſion , als fte bemerkte, daß in ihrer rechten Flanke bei Helmſtädt fich ein heftiger Kampf entwickelte , welcher den Baiern nicht günſtig zu ſein ſchien, war in den erſten Nachmittages ftunden hinter Ober- Altertheim zurüdgegangen und hatte dann, als der Artilleriekampf der Reichsarmee gegen die preußiſche Diviſion G öben wüthete , mit zweien ihrer Batterieen an dems ſelben Theil genommen . Als die Hauptmacht Alexander & fich von Gerichsheim über I iſt zurückzog , blieb die badiſche Diviſion mit einem würs tembergiſchen und einem heſſen -darmſtädtiſchen Bataillon ganz allein an dem Waldrand nordöſtlich von Gerid 8.beim zurück und bezog endlich, nachdem fie ſich nicht ohne Mühe durch das vielfach von ſtehen gebliebenen Wagen und Geſchüßen verſtopfte Wald

332

defilee Bahn gebrochen hatte, am Morgen des 26. Juli um 3 Uhr nordwärts Rift , eine

ſchwache Meile von

Würzburg

das

Biwat. Beſonders angeſtrengt hatte fich die Reichsarmee wahrhaftig nicht ; von der badiſchen Diviſion wiſſen wir , daß ſte in den drei Tagen vom 23. bis 25. Juli einſchließlich, an Todten, Verwundes ten und Bermißten 211 M. verlor , alſo etwa 1/40 ihres Beſtans des und die Verluſte der andern Diviſionen des VIII. Bundes armeeforps

ſcheinen

nicht gerade größer

geweſen zu

ſein . Die

Badenſer hatten am 24. auch ein Geſchüß und zwei Ambulances wagen zurüdlaſſen müſſen. Nach dem Abzuge der Reichsarmee ſeßte die Diviſton Göben ihre Vorpoſten öſtlich Gerichsheim gegen Obers Altertheim und Klein

Rinderfeld aus.

Die Diviſion Beyer , links von Göben über Niklashauſen und Neubrunn vorrückend, traf am 25. Juli Nachmittags bei Helmſtädt auf die bairiſche Avantgarde. Beide Theile fdoffen und ſchlugen ſich fünf Stunden herum und nahmen dann beide die Stellungen wieder ein, welche ſie vor dem Gefechte gehabt hatten.

Am 26. rückte Beyer gegen die bairiſchen Stellungen von Noßbrunn und Waldbüttelbrunn vor , während die Diviſion Flies links oder nördlich von Beyer vordringend, jene Stellungen in die rechte Flanke faßte. Die Baiern brachten nicht einmal zwei ganze Diviſionen ins Gefecht, ein großer Theil ihrer Truppen ſtand hinter dem

Main und konnte nicht herankommen,

aber eine größere Zahl ihrer Reiterregimenter führten ſie in den Kampf und dieſe ſpielten der viel ſchwächeren preußiſchen Ravalle rie bei den Hedſtätter Höfen übel mit. Während ſo bei Roßbrunn und He d'ſtädt Heiß gefoch ten ward , zog ſich die Reichsarmee des Prinzen Alexander

333

fchon am Vormittag des 26. hinter den Main zurück, ohne ange . griffen zu ſein , theils durch Würzburg , theils unterhalb der Stadt.

Schlachtenmaler rühmen das

„Herrliche

friegeriſche“ Bild

dieſes Rückzuges : wie fich die Beſſen , Alexandern voran , in dicha ten Kolonnen über die Würzburger Mainbrücke drängten, wie mit raſender Geſchwindigkeit dort würtembergiſche Pionnire eine Felda brücke über den Strom warfen, hier badiſche Dragoner durch eine Furth gingen.

Wenn die Kriege blog der Schlachtenbilder wegen

geführt würden, möchte dies auch ganz ſchön ſein. Nach dem Rückzuge der Reichsarmee zogen dann auch die Baiern ab . Am Nachmittag des 26. Juli rückte die Diviſion Göben auf der großen Straße von Gerichsheim bis A iſt vor , wo die Avantgardebrigade Aummer die Vorpoſten ausſeşte. Am 27. Juli erhielt dieſe Diviſion den Auftrag , eine große Rekognoszirung

gegen

die

Feſte Marienberg

auszuführen.

Die Brigade Kummer rückte darauf an der großen Straße vor ; in

Reſerve

folgte ihr die

Oldenburger

Brigade

bis

Hochberg , Wrangel ward rechts von Kummer durch das Guttenberger Holz der Feſtung die

vorgezogen.

Dann

wurde angeſichts

ganze Artillerie der Diviſion Göben aufgeſtellt ;

die der Brigade Kummer links der Hauptſtraße, die der Olden burger rechts und diejenige der Brigade Wrangel auf dem äußer ften rechten Flügel, und es begann Nachmittags eine Beſchießung der Feſte. Die Bundestruppen nahmen den Artilleriefampf auf , nicht blos mit den Geſchüßen der Feftung, ſondern öfterreichiſchen ,

badiſchen

und

würtembergiſchen

auch mit den

Feldbatte :

rieen , die am rechten Mainufer aufführen . Bei der ſehr ausgeſprochenen Minderzahl der preußiſchen Ar

x

334

tilerie und ihren geringeren Kalibern konnte ſie begreiflicher Weiſe nichts

Entſcheidendes

ausrichten.

Doch ſchoß

fie

immerhin das

Dach des Zeughauſes in Brand , mit welchem auch eine Menge Gewehre und andere Waffen verbrannten. Als das Feuer zwei gute Stunden gedauert hatte , fam aus dem bairiſchen Hauptquartier Kiſſingen die Nachricht, daß im Þauptquartier des Königs Wilhelm zu Nifo 1 8 burg zwi fchen Preußen und Baiern eine Vereinigung über eine proviſori ſche Waffenruhe getroffen worden ſei, welche bis zum 2. Au. guſt laufen ſollte, während welcher Friſt man einen völligen Wafs fenſt illſt and ſchließen zu können gedachte.

Darüber wurden

nun Unterhandlungen angeknüpft. Der General von Manteufs fel , der ſeinerſeits noch keine Nachricht hatte, ging vorläufig nur auf eine vierundzwanzigſtündige Waffenruhe ein , während welcher er Kunde einzog. Die erhaltene ſtimmte mit der aus dem bairis Ichen Hauptquartier gekommenen überein und ſo ward denn eine lokale Waffenruhe vereinbart ; nur für dieſen Theil des Kriegs ſchauplaßes und nur ſoweit Manteuffel gebot und für die Baiern , welche ihm gegenüberſtanden. Auf die Bundestruppen des

VIII . Armeeforp8 hatte dieſer

Waffenſtilſtand an und für ſich keinen Bezug; doch hatten andererſeits auch die Preußen feinen Grund, fich um dieſelben zu befümmern.

Die

Länder des

VIII.

Bundesforp8 hatten auch

ſchon ſämmtlich Agenten in Nikolsburg , um ihren Frieden mit Preußen

zu

machen .

Die Badenſer

marſchirten

ſchon

am

30. Juli in ihre Heimat ab ; die Würtemberger , welche am gleichen Tage noch bei Marktbreitungen ſtanden , ſchlugen gleichfalls den Weg nach Süden und ins Schwabenland ein ; die Oeſters reicher zogen über München ab ; die Herſen's Darmſt ä d ter mit der Eiſenbahn über Mannheim nach Rheinheſſen.

Am

335

Uebelſten waren die Heimatlos gemachten Naſſauer und Rur , herren dran . Wie die verſchiedenen Einzelfrieden mit Preußen geſchloſſen wurden und unter welchen Bedingungen , das werden wir in einem ſpätern Kapitel in aller Kürze zu erwähnen haben. Hier genügt es nachzuweiſen , daß General von Manteuffel feine Veranlaſſung hatte, der von ihm befehligten Mainarmee eine Ruhe zu verſagen , welche ihr wohl gebührte. Er ließ fie alſo in dem Mainwinkel zwiſchen Mühlbad , y Wintershauſen ,

Biſchofsheim

(an

der

Tauber),

Wertheim und Lohr Kantonnirungen beziehen. Sein Haupts quartier verlegte er nach şeidingsfeld ſüdlich Würzburg.

8. Vorrüden des

zweiten preußiſchen Reſervekorps nach

Baiern .

Als nach der Schlacht von Königgräß Oeſterreich Miene machte, fich grade aufs Feindſeligſte gegen Preußen zu ſtellen und mit dieſem den Kampf aufs Meffer zu führen , als es nun deſto nothwendiger erſchien , den deutſchen Verbündeten Deſterreichs die Luft zu verderben, ferner mit dieſem gegen Preußen zu geben , da ward im preußiſchen Hauptquartier beſchloſſen , eine

neue Armee

zuſammenzuziehen , welche unter dem Titel eines zweiten Res ſerve armeet or p 8 – das erſte haben wir als einen Beſtands theil der Armee , mit welcher General Herwarth von Bittenfeld ins Königreich Sachſen einrüdte, fennen gelernt – und unter dem Medienburg des Großherzog 8 von

Oberbefehl

So werin , des Stifters jenes Ordens von 1864, mit welchem er

ſich ſelbſt zu erſt dekorirte, bei Leipzig zuſammengezogen

werden ſollte.

336

Dies zweite preußiſche Reſervearmeekorps hatte folgende Bes ſtandtheile : 1 ) Die fombinirte Gardeinfanteriebrigade , Oberſt von Tres fow , zuſammengeſeßt aus dem vierten Gardes regiment zu Fuß,

mit vier Bataillonen und

Garderegiment (die vierten Bataillone des

einem

kombinirten

1., 2. , 3. Garderegis

ments zu Fuß und des 4. Gardegrenadierregiments

Königin

Auguſta ); 1 2) die Brigade Oberft Schuler von Seuden , zuſam mengeſept aus den vierten Bataillonen der pommerſchen Regimen ter Nr. 2, Nr. 9, Nr. 14, Nr. 42 und Nr. 61, aus zwei Batail, lonen Anhaltiner und einem neu gebildeten preußiſchen Reſerves jägerbataillon ; 3) Die preußiſche R a valleriebrigade : 1 Reſerves landwehrhuſarenregiment und 1 Reſervelandwehrulanenregiment; 4)

Zwei

mit zuſammen Batterieen ;

preußiſche

Artillerieabtheilungen

5 vierpfündigen und 3 ſechspfündigen gezogenen

5 ) Die Brigade Mecklenburg -Schwerin , Genes ral von Bilauer , eines

Jägerbataillons ;

5 Bataillons Infanterie , einſchließlich 4

Eskadrons,

2 Sechspfünderbatterieen ,

1 Pionnirabtheilung, ein Feldbrückentrain ; 6 ) Die braunſchweigiſch , iachſen -altenburgis ice Brigade , 4 Bataillons,

1 Regiment Þuſaren ,

1 Batterie,

1 Pionnirabtheilung. Im Ganzen zählte demnach das 2. preußiſche Reſervearmee forps 25 Bataillons, 16 Eskadrons und 11 Batterieen oder 20,000 M. 66 Geſchüßen .

Infanterie, 2000 Reiter , ſonach 22,000 M. mit

337

Dem Großherzog von Meďlenburg - Schwerin ward unter dem Titel eines Befehlshabers der in dem Korps enthaltes nen preußiſchen Truppen , ſpäterhin eines Inſpekteurs der Ins fanterie,

der Generallieutenant von porn zur Seite geſtellt,

welchen wir bereits in der vorigen Abtheilung als den ruhmges frönten Führer der 8. preußiſchen Diviſion im böhmiſchen Felds zuge fennen gelernt haben . Beſtimmung des 2. Reſervearmeeforp8 war es, von Nord often her in Baiern einzubrechen und dadurch der Mainarmee gegen die vereinigten Bundestruppen Luft zu machen . Am 20. Juli, alſo ungefähr zu derſelben Zeit, zu welcher die x Mainarmee ihre ernſthaften Operationen am linken Mainufer gegen den Prinzen Karl von Baiern und den Prinzen Alexander von Heſſen begann, brach das 2. Reſervearmeekorps von Leipzig auf. Ueber Werdau und şof gelangte es am 28. Juli nach Baireuth. An dieſem Tage hatte Manteuffel ſeine Ronvention über eine vorläufige Waffenruhe mit dem Prinzen Karl von Baiern abgeſchloſſen . Trop der allgemeinen Uebereinkunft von Nikolsburg war dies ſer Vertrag lokal und hatte gar keinen Bezug auf die Unter. nehmungen des 2. Reſervearmeekorps. Aber der jeßt im ſüdweſtlichen Deutſchland Herrſchende Wirts warr war wohl geeignet, auch den Beſten fonfuß zu machen. Das 4. Bataillon

des

bairiſden

Leibregiment 8

rückte am 27. Juli in Baireuth ein , verließ die Stadt aber alsbald wieder auf die Runde

vom Berankommen

der Preußen

und zog fich nach Kirchenlaibach an der Straße nach Sems nat zurüt.

Kurz darauf kam die Nachricht von dem Abſchluß

der Waffenruhe von Würzburg . Nun ging das bairiſche Bataillon küftow , d. Krieg. 1866. 23

x

338

wieder gegen Baireutý vor und dann , als die Preußen in Baireuth von der Waffenruhe nichts, wiſſen wollten, auf St. I Os bann , Weiden und Weidenberg zurück. Der Großherzog von Medlenburg war ſehr un zufrieden damit, daß gerade , als er auf dem deutſchen Kriegs ſchauplaß anfam , in Deutſchland Frieden eintreten und feine Ges legenheit mehr geboten ſein ſollte, den Selbſtorden der wendiſchen Strone auszutheilen. Erließ deshalb mit großer Uebermacht am arme bairiſche Bataillon gloriam überfallen.

29. Juli das

bei St. Johann in majorem

dei

Dieſes Bataillon wehrte ſich mit verzweifelter

Tapferkeit, wurde indeſſen unnüßer Weiſe zuſammengehauen und verſprengt, ſo daß der Selbſtherrſcher aller Wenden nun Flegreich über Erlangen in Nürnberg einrüden und dort Triumph , rebuen abhalten konnte , ſo viel es ihm beliebte. Der wirkliche Eintritt allſeitiger Waffenruhe ward ihm nun offiziell angekündigt und er mußte auf fernere Waffenthaten , wie diejenige von St. Johann, bei welcher, wie es ſcheint, preußis de Truppen glücklicherweiſe nicht betheiligt waren , zu ſeinem großen Leidweſen verzichten . Das zweite Reſervearmee forp $ beſefte die Ses gend von Nürnberg und traf Anſtalten, ſich dort zu befeſtigen , für den Fall, daß Preußen und Baiern über einen defini tiven Frieden fich nicht verſtändigen fönnten .

339

II.

Die

Ereigniſſe

rationstheater

9.

Allgemeine den

auf dem italieniſchen Ope =

im Laufe

Verhältniſſe.

po .

Formation

des Monat Juli.

Uebergang des

Cialdini's

über

ſogenannten

Expeditionskorps. Unmittelbar nachdem der Kaiſer Franz Joſeph

dem Kaiſer

Napoleon III. Venetien offerirt hatte, wurde der größte Theil der öſterreichiſchen Feldarmee aus dieſem Lande z u rü ďgezogen behufs

der Verwendung im Norden : ſo

namentlich das fünfte

Rorps, Rodich , und das neunte Korps, þartung. Außer den öſterreichiſchen Feſtungsbeſaßungen blieb in Ves netien nur das Korps des Feldmarſchallieutenants Maroi 3 ch ich zurüd, in Tyrol eine an regulären Truppen ſehr ſchwache, durd Landesſchüßen verſtärkte Abtheilung unter dem Generalmajor Kuhn von Kuhnenfeld. In der oberſten Führerſchaft des italieniſchen Heeres waren ſehr bedauerliche Konflikte ausgebrochen und wie es

im Unglü &

wohl zu geſchehen pflegt, beſchuldigte einer den andern und niemand wollte auch nur den geringſten Schein der Schuld auf rich nehmen, machte vielmehr Anſpruch darauf , als der einzige Vernünftige an erkannt zu werden. Da Lamarmora ſo ſchlimm debutirt batte , ſo war es nach dem hergebrachten Gange der Dinge

nur natürlich,

daß jeßt alles von Cialdini einerſeits , von Perſano und der Flotte andererſeits erwartet wurde.

Cialdini hat Glüd. Es war entſchieden , daß er nun ſein Glüd verſuchen ſolle , indem er über den untern po ginge , 23 *

340

und gerade zu dieſer Zeit räumten die Deſterreicher Venetien , ſo daß man nun wohl leicht in dieſem Lande als Eroberer auftreten konnte. Die Deſterreicher, indem fie fich einestheils nach Tyrol , andererſeits an den Iſonzo zurüdzogen, begnügten ſid inners halb Venetien 8 mit der Zerſtörung der Brüden, der Wege, der Pläße, welche nie viel bedeutet hatten. Von Kriegsthaten iſt alſo hier kaum etwas zu erzählen ; nur am Iſonzo und in Tyrol hatten die Italiener ernſten Wider. ſtand zu erwarten . Deſterreich, welches der Erzherzog Albrecht immer mehr von der Idee abbrachte, den Krieg mit Preußen forts zuführen, nachdem er fich von dem Zuſtande der Nordarmee durch perſönliches Beſchauen überzeugt hatte, welches, nachdem es einmal Benetien dem Raiſer Napoleon cedirt hatte , unmöglich verhindern konnte, daß dieſer es nun ſeinerſeits Italien cedire,

nach der welches andererſeits den endlich gewünſchten Frieden and — mit Preußen Anſicht der Wiener einen bloßen Waffenſtilſt nicht haben konnte , wenn es Venetien nicht an Italien ab. trat, fam zu dem Entſchluſſe , fich in dieſes Unvermeidliche zu füs gen , da nun der Streich vom 4. Juli doch einmal mißlungen war und man nicht gut öffentlich mit dem prahlen konnte , was man mit ihm eigentlich gewollt hatte . Dagegen wollte es, nun wenigſtens nicht weiter gehen ,

. nicht etwa auch Iſtrien und Südtyrol abtreten, und es glaubte , nicht mit Unrecht, in dieſem Punkte der Unterſtüßung Preußens, wie Frankreichs ficher zu ſein. Hätten die Italiener nur einigermaßen Siege erfochten , ſo ſcheint es uns ficher, daß Preußen bei ſeinen Punktationen mit Defterreich

eine Abtretung Süd .

tyrols bis zu einer Nordgrenze , die etwa vom Stilffer Joch nad Feltre gezogen ward, unterſtüßt hätte. Aber bei der Schwäche

341

der italieniſchen Erfolge ward dies für Preußen unmöglich, ebeuſo unmöglich ward es unter den obwaltenden Umſtänden für Napo. leon III.

Der Verluſt der Seejdlacht von liría , don

welcher wir noch in dieſer Abtheilung zu handeln haben , machte es vollends ſchwer, die italieniſchen Anſprüche zu befriedigen. In den italieniſchen Regierungskreiſen ward dies auch ſtart genug empfunden , und die Regierung von Florenz arbeitete in ihren offiziöſen Blättern mit einer Million Pferdefräften daran, dem italieniſchen Volke flar zu machen, wie ſehr i edes Intereſſe den Friedensſchluß diktire , wenn man durch denſelben nur V e netien im eigentlichen

Sinne erhalte , wie unklug es

ſein würde , auch dieſes , welches man haben f ö nne und haben werde , wiederum auf die Spiße des Schwertes zu ſeßen, wels dhes von ungeſchicten, obgleich vielgeprieſenen Händen geführt, fich ſo über alles Erwarten , auch über alles erwarten der Gegner, fdwad erwieſen hatte. Am ſchwierigſten war es für die italieniſche Regierung, dem Volfe flar zu machen, daß man auch auf Südtyrol werde ver . zichten müſſen . Das Volt , welches ſeiner großen Maſſe nach weder ſchreiben noch leſen kann, weiß noch viel weniger einen Zirkel in die Hand zu nehmen uud

mit demſelben geographiſche Betrachtungen ans

zuſtellen. Wenn es von Garibaldi hörte, ſo dachte es immer nur an deſſen hundertmeiligen Eroberungsmarſch von Marſala bis an den Garigliano.

Welcher Unterſchied zwiſchen damals und jeßt !

Das ganze d ie 8 malige Eroberungsgebiet zwiſchen der Caf . farobrüde , Riva und dem obern Chiefe umfaßt höch , ftens 8 Quadratmeilen und das ganze Dordringen beſchränkt fich auf drei bie vier Meilen .

Aber wie ſollte auch das italieniſche

342

Volt das begreifen, wenn es von täglichen Gefechten dort in Süd tyrol hörte und wo möglich jedes kleine Gefechit dreimal bis zehnmal, nur mit verſchiedener Sauce, aufgetiſcht bekam ? dieſer Beziehung zu wenig geſchehen war , viel gethan .

Was 1860 in

deſſen ward

1866 zu

Diejenigen, welche die Verhältniſſe fannten, fonnten die dies : maligen

unendlich

geringen

Erfolge

Garibaldi's

nicht Wunder

nehmen .

Er ſelbſt war phyſiſch geſchwächt, konnte ſeinen großen

perſönlichen Einfluß nicht ſpielen laſſen , das Freiwilligeninſtitut war in den Augen der Armee herabgeſeßt.

lama r mora , mit

ſeinen Korporaløanſichten , obgleich er nicht wagte , wie er es ges mußt hätte ,

ſich

überhaupt der

Bildung

eines

Frei .

willigenfor p 8 entgegenzuſtellen , bemühte fich doch für eine möglichſt ſchlechte Ausrüſtung desſelben Sorge zu tragen. Garibaldi war ſchlecht unterſtüßt, wie es nach dem Vorhergeganges nen nicht anders ſein konnte, offenbar von miſerabeln Intriguanten umgeben.

Von ſeinen beſten Oberofftzieren waren diejenigen noch

am glüdlichſten , welche, wie der. braven Chiaſſi , eine öſters reichiſche Kugel traf , – denn fie fonnten wenigſtens nicht, wie Spinazzi , auf die Denunziationen von Phraſendreſchern vor Kriegsgerichte geſtellt werden, die aus eben dieſen faulen Phraſens dreſchern zuſammengeſegt wurden . Die Maſſe des Volfes in Italien

wußte nichts

von

den

wirklichen Zuſtänden im Freiwilligenkorps, wußte in Folge deſſen und

in Folge

zahlreicher verwirrender Berichte

nichts

von der

erzeffiven Geringfügigkeit der Erfolge des Freiwilligenforps ; im Gegentheil mußte das Volk

durd

die

verwirrenden Berichte

auf den Gedanken gebracht werden, daß in derſelben Zeit, da die Schlacht von 6 u ſto za von der regulären Armee verloren ward, Südtyrol von den Freiwilligen ſo gut wie erobert war.

343

Die Regierung hatte durch ihr falſches Verfahren nicht wenig dazu beigetragen, die Verbreitung derartiger Begriffe zu befördern. Wenn fie gar nichts that, den Freiwilligen in die Hände zu arbeiten , ſo ward fie

offenbar, angeklagt , daß nur durch ihre

Schuld Südtyrol in den Händen Deſterreichs bleibe.

Aber

dieſe

Dinge lagen im Reiche des Idealen. Kehrte aus dieſem die Regies. rung von Florenz in das Reich der Realitäten zurück,

ſo

mußte fle fich immer mehr ſagen, daß fie Südtyrol gar nicht einmal dürfe - erobern wollen. Daher nun auf der einen Seite eine ſogenannte Kombis nation der Bewegungen des regulären Heeres mit den Operas tionen Garibaldi's, auf der andern Seite dieſe ro ro w ach , daß im Weſentlichen nichts dabei herauskommen konnte. Wir machen vorläufig nur Sermide

am Po

über

darauf aufmerkſam ,

Rovigo ,

Padua ,

daß

von

Vicenza

durch die Val Sugana bis Trient nicht mehr als 27 Meilen find, alſo wenn keine feindlichen Truppen oder keine nennenswerthen entgegentreten, neun Tagemärſche. Wir bitten nun datauf zu achten, an welchem Tage der Uebergang über den Po ſtattfand, an welchem Tage die vielberühmten Kämpfe von Levico etwa einen Tagemarſch öftlich Trient. Cialdini fonzentrirte zum 5. Juli eine bedeutende Ar tilleriemaſſe gegen die Werke von Borgoforte , um hieher die Aufmerkjamfeit der Deſterreicher zu lenfen , und ließ dieſe Werke tapfer bombardireu. Nach einigen Stunden aber ließ er das Feuer einſtellen ,

übergab der vierten Diviſion

unter dem Kommando

Nunziantes die Beobachtung und Belagerung Borgofors tes und begab fich weiter unten an den Po , wohin unterdeſſen ſeine übrigen Diviſionen marſchirt waren. Er hatte vorerſt

neun Diviſionen

unter ſeinem Befehle.

344

Späterhin, wie wir hier ſogleich bemerken wollen, ward durch könig liches Defret das ſogenannte Expeditionskorp8 ' für Venetien unter dem Kommando Cialdini's auf 14 Diviflonen gebracht und in fünf Armeekorps organiſtrt , nämlich in vier Armeekorps der Linie zu je drei Diviſtonen unter dem Befehl der Generale Cadorna , Pianelli, Brignone und Petitti , armeeforp8,

deſſen

þauptbeſtandtheil die

und ein Reſerves

beiden

Grenadierdivi.

fionen und die Kavallerie unter Moriß de Sonnaz der italienis ſchen Armee ausmachten . Dieſe Wandlung vollzog ſich in der dritten Woche des Juli. Die Erklärung für

fie liegt

moraliſch immer mehr Terrain mehr Terrain verlor.

lediglich

darin ,

daß Cialdini

gewann , Lamarmora immer

Die Korpskommandanten Cialdini's , wenn

man allenfalls Pianelli und Cadorna ausnimmt, waren Nullen : der Dragoner de Sonnaz, der Grenadierunteroffizier Brignone, der Kirchenvater Petitti.

Am 7. Juli Hatte Cialdini fteben ſeiner Diviftonen, die ganze Armee , welche er damals noch befehligte , mit einziger Ausnahme der Diviſion Franzini , welche bei Ferrara vor Ponte Lagoscuro ,

und

der Diviſion Nunziante ,

welche bet

Suzzara , gegenüber Borgoforte ſtand , auf einer Fronte von faum 11/2 deutſchen Meilen hinter Carbonara und Felos nica konzentrirt.

Das Hauptquartier war zu Roverſella.

Ebenda , dann dahinter bei Pilaſtri und S. Martino in Spino war auch die Artillerie vereinigt. Nachdem am Abend des 7. Juli verſchiedene Abtheilungen Berſaglieri an’8 linke Ufer des Po übergeſeßt worden waren , die dort bei Mafía einige verſpätete öſterreichiſche Poſten gefangen machten , wurden in der Nacht auf den 8. Juli drei lange Schiff brüden über den Po geworfen.

345

Fede dieſer Brüden hatte eine Länge von durchſchnittlich 1100 Fuß. Die des linken Flügels, wurde bei Carbonarola , die des Zentrums bei Sermide , die des rechten Flügels bei Fes Ionica erbaut. Um fleben Uhr Morgens am 8. Juli waren

die Brüden

vollendet und der Uebergang der ſeit der Dämmerung des Morgens bereit geſtellten Truppen begann ſogleich. Ueber die Brüde von Carbonar o la gingen die Diviſtos nen Mezza capo und Chiabrera ,

über die Brüde von

Sermide die Diviſionen Ricotti und Medici und eine Abtheilung der Reſerveartillerie, über die Brüde von Felonica die Diviſionen della Chieſa , Caſanova und Cadorna und die pauptartilleriereſerve. Die ganze Uebergangsſtrecke der

Italiener war durch

die

Sümpfe der Balli grandi Veroneſi gedeckt, welche einen träftigen Widerſtand der Deſterreicher ſelbft dann unmöglich ge macht hätten, wenn die Deſterreicher an einen ſolchen gedacht hätten, was, wie bereits hinreichend erörtert, durchaus nicht der Fall war. Sie machten aber auch ein träftiges direftes Vordringen der Stas liener unmöglich . Indeffen wollte Cialdini vorerſt nichts anderes, als unter dem Schuße jener Sümpfe das linke Ufer des Po gewinnen, dann unter dem Schuße derſelben , der Etſch, der vielen Kanäle, welche das Gebiet zwiſchen der unteren Etſch und dem unteren Po durchſchneiden , mit ſeiner Hauptmacht durch einen Rechts abmarſch die große Straße von Ferrara über Rovigo nach Padu a gewinnen. Sobald dieſer Flantenmarſch in Gang gebracht war , wurden auch auf der geraden Straße von Ferrara auf Rovigo Militärs brücken zwiſchen Ponte Lagoscuro und Santa Maria über den Po geworfen.

346

In der Nacht vom 9. auf den 10. Juli ſprengten die Defter. reicher die Werke von

Rovigo und die Eiſenbahnbrücke von

Boara über die Etſch. Am nädyſten Tage verlegte Cialdini ſein Hauptquartier nach Rovigo.

Nachdem der Etſchübergang

bewerkſtelligt war, ließ er am 14. Juli Padua beſeßen, - ohne Widerſtand.

10. Eroberung von Borgoforte durch die Italiener.

Vor

marſch Cialdini's von Padua . Unvolftändigkeit der Organiſation.

Wir haben geſehen, wie Cialdini, als er den Vormarſch über den Po beginnen wollte, dem General Nunziante , Herzog von Mignano, die Belagerung von Borgoforte übertrug . Nunziante hatte 74 Geſchüße, zur Hälfte ſchweren Kalibers, zu ſeiner

Verfügung ; er ſtellte am 5. Juli ſeine Vorpoſten an

dem todten Poarme Zara , ſüdlich Borgoforte auf und erwartete das Herankommen der ihm verſprochenen Verſtärkungen an Genie und Artillerie.

Bis zum 9. Juli , an welchem Tage die reguläre

Belagerung von Borgoforte begann , erhielt er drei Geniekompag nieen und ebenſoviele Artilleriekompagnieen. Am frühen Morgen des 10. Juli ſchob N unziante einen ſtarken Poſten am nördlichen Ufer des Zarafanals gegen den eigentlichen Brüdenkopf von Borgoforte, das Fort Motteg . ai 4 n g por. Unter dem Schuße dieſes Detachements wurde nun der Bau von acht Batterieen auf beiden Uferdämmen des Zarafanale bes gonnen, einerſeits gegen den Brüdenkopf , das Fort Monteggiana am rechten Poufer, andererſeits gegen die beiden Forts am linken Poufer, Rocchetta

und Bocca di Gauda , welche das

347

erſtere dergeſtalt unterſtüßten , daß es von den Italienern , wenn auch verlaſſen, nicht hätte befeßt werden können , wären nicht jene außer Thätigkeit gefeßt geweſen. Erſt in der Nacht vom

16. auf den

17. Juli wurden die

italieniſchen Batterieen vollſtändig armirt und begannen nun bei Sonnenaufgang des

17. ein heftiges Feuer.

Um 11 Uhr mußte

das Fort Monteggiana, von dieſem unterdrückt, vollſtändig ſchweigen. Gegen Abend waren auch die Forts Rocchetta und Bocca di Gauda zum Schweigen

gebracht und die öſterreichiſche Bes

ſaßung von Borgoforte verließ ihre Stellung in der Nacht auf den 18., um ſich nach Mantu a zurückzuziehen.

Die Italiener konns

ten Borgoforte beſeßen , wo ſie außer Magazinen verſchiedener Art auch über 70 Geſchüße vorfanden . Cialdini unterdeſſen hatte ſeine alten Diviſionen , ſoweit fie nicht vor Borgoforte

beſchäftigt oder bei Ferrara am Po

zu

rückgelaſſen waren , um Padu a vereinigt. Die in der dritten Woche des Juli defretirte neue Organis ſation des Erpeditionsforp8 war doch in der That nicht voll , endet ; feiner der neu ernannten Armeeforpskommandanten außer Cadorna war noch auf ſeinem

Poften , als Gialdini am 19. Juli

ſeine Vorwärtsbewegung von Padua aus begann. Ginerſeits mochte es Cialdini recht lieb

ſein , ohne die ihm

befannten und der großen Mehrzahl nach nicht vortheilhaft befann ten neuen Korpskommandanten zu handeln , andererſeits drängte auch die Zeit Italien ; Napoleon III wünſchte, es ſollte Waffen ſtillſtand

ſchließen , wie Preußen es bereits wollte , um über den

Frieden zu verhandeln ; Napoleon der dritte ſchickte den Vetter, den Prinzen Jerome Napoleon in das italieniſche Hauptquartier, das Hauptquartier des Königs Ⓡiftor Emanuel ,

welches

nach Ferrara verlegt und in welchem ſich neben andern großen

348

Diplomaten auch der jeßige italieniſche Miniſterpräfident, der ſtets . theaterpringlich redende Ricaſolt und der Miniſter des Auss wärtigen , der kleine Schlaukopf V is contis Venoſt a befanden. Lamarmora , ſeit dem 24. Juni ſehr in den Augen aller

geſunken, auch derjenigen , welche fein. ,, energiſches“ Auftreten mit 60,000 Mann gegen 1500 halb verhungerte Freiwillige vom Jahre 1862 ſo erſchredlich bewundert hatten , immer noch Ehrenminiſter, wie nach Napoleons III Plänen der Papft Ehrenpräſident Italiens werden ſollte, hatte ich aus dem Hauptquartier , wo er ſo viele fchiefen Blice und unangenehme Redensarten zu ertragen hatte, entfernt, um ſein Obſervationskorps gegen die Feſtungen zu übernehmen , dieſe Invalidenſtellung anzutreten , welche ihm auch nur „ ehrenhalber“ halber “

-

denn Alles geſchah ießt hier nur „ ehrens

übertragen war.

Napoleon , der Prinz, nahte ; was er bringe, wußte man voraus , daß er fich nicht ſo lange unterwegs werde aufhalten föns nen, als es im Jahre 1805 Saugwiß that, als er von Berlin in das Hauptquartier Napoleons I entſendet ward, konnte man auch wohl wiſſen . Gin Waffenſtilſtand, und ein Waffenſtilſtand, der zum Fries den führen ſollte, ſtand alſo in naher Ausſicht und daß er auf der Bafts des militäriſchen Uti possidetis abgeſchloſſen werden würde, war mindeſtens wahrſcheinlich. Für Cialdini war alſo Grund vorhanden , noch ſo viel Terrain als nur möglich, dor dem Abſchluß des Waffenſtilſtandes zu beſeßen. Bei der Schwäche der öſterreichiſchen Feldtruppen, ihrer materiellen Schwäche, nachdem das 5. und 9. Rorps an die Donau hinabgezogen waren, ihrer moraliſchen Sdwäche, nachdem der Rais fer Franz Joſeph ja ſchon Venetien an den Kaiſer Napoleon abgetreten hatte, da die Wiener Geldpolitit bereits fragte, ob nun

349 Deſterreich noch die aus Venetien rekrutirten Regimenter unterhals X ten müſſe, ob dies Geſchäft nicht vielmehr ſogleich Napoleon III aufzuladen ſei, der ja Venetien proviſoriſch ſchon übernommen hatte, unter dieſen Umſtänden lief Cialdin i feine Gefahr bei ſeis nem Vorrüden, auch wenn er nicht das Geranfommen der ihm als Verſtärkung nach der neuen Organiſation zugewieſenen Diviſionen erwartete. Er hatte mindeſtens 70,000 M. audi in ſeinen alten Diviſionen ; die Deſterreicher konnten ihm im freien Felde ießt hoch gerechnet 35,000 Mann entgegenſtellen. Verſtärkten fie fich nun audy ihrerſeits , ſo hatte in der gleis chen Zeit Cialdini wieder etwa 7 neue Diviſtonen , alſo wieder 70,000 M. zu erwarten, welche ſich unterdeſſen als große Reſerve um Padua fammeln fonnten. Am 19. Juli begann demnach Cialdini ſeine

Bewegungen.

Eine Diviſion wurde nach Vicenza geſchoben, welches von einer ichwachen Avantgarde bereits ſeit dem 15. Juli beſeft war . Alle übrigen verfügbaren Truppen rücten ang linfe Ufer der Brenta . Der redte Flügel unter dem proviſoriſchen Befehl 6 ug i a & marſchirte nach M eft re , um Benedige Lagunen von der Lands ſeite her einzuſchließen ;

die Flotte , von der wir alsbald

weitläuftger Handeln müſſen , lag ießt vor der dalmatiſchen Inſel lipſa , nach deren erhoffter Wegnahme fie vor Venedig erſcheinen ſollte, um Cugia von der Seefeite her fräftig zu unterſtüßen. Cialdinis Zentrum , dem Befehle Cadorna 8 anvertraut, des einzigen der neuernannten Armeekorpskommandanten , welcher fich ſchon bei dem neuformirten Expeditionsforps befand, ſollte über Noale , Treviſo längs der großen Eiſenbahn an den Iſonzo und wo möglich über denſelben vorrüden . Der linte Flügel ſollte im Belluneſtſchen fich aufſtellen .

gegen Tyrol

x

350 Die Reſerve , welche fich erſt aus den neu für Cialdini bes ſtimmten Diviſtonen gebildet hatte , erhielt die Beſtimmung , die Etſch linie zu beobachten. Die Diviſion Medici, am 20. bei Vigo d'Arzere ang elangt, ward auf Primolano gerichtet und ſollte durch das obere Brentathal, die kriegsberühmte Bal Sugan a von Oſten her in Südtyrol und auf Trient vordringen , während die Freiwilligen Garibaldi s ebenſo von Weſten her , insbeſondere durch die Giudicarien Trient zu ihrem Ziele wählten. Da Südtyrol auf dem ſüdlichen Operationstheater das eins zige Objekt war, welches zu halten die Deſterreicher noch ernſtlich geſonnen waren, ſo wollen wir nun vor allen Dingen die Opera tionen Medicis und der garibaldiſden Freiwillis gen bis zum Eintritt der Waffenruhe verfolgen.

11. Die Operationen der Italiener gegen Südtyrol im Laufe des Juli.

Das Korps der Freiwilligen Garibaldis, ſoweit es gegen Süd tyrol diſponibel war , war gegen die Mitte des Juli auf 10 Res gimenter und 2 Scharfſchüßen- ( Berſaglieri) bataillone gebracht, welche in fünf Brigaden formirt wurden .

Das 1. Scarfichüßen

bataillon ward der 4. Brigade, das 2. der 2. Brigade beigegeben . Eine Schwadron Guiden war die ganze Kavallerie, einige Battes rieen der regulären Armee machten die Artillerie aus. Obwohl die Regimenter vier Bataillone haben ſollten, darf man doch das ganze Korp8 zu dieſer Zeit wohl faum auf 12,000 M. anſlagen . Die Þauptoperationslinie des Korp8 ging durch die Giudis carien , zuerſt den Chieſe vom Idrore e ab aufwärts, dann über den Sattel von Bondo zwiſchen Agrone und Tione ins

351

Sarcatbal , gegen Trient .

aus dieſem über Stenico und über Vezijano

Die Linien gegen und über den Tonale , gegen und über das Stilfſer foc fonnten immer nur Nebenlinien ſein , auf denen ſich einzelne Detachements zum Beobachten und Abwehren umhertrieben. Erſter Grundlaß des Gebirgskrieges, wie er hier zu führen war, iſt die Bewegung.

Garibaldi war gerade der Befeb18,

haber für dieſe , aber durch ſeine Wunden war

er ſehr behindert

und ſeine nächſten Gehülfen bedeuteten ſo wenig, daß fie ſein per: ſönliches Erſcheinen nicht im mindeſten erſeßen konnten . Die Oeſterreich er hatten in dieſen Gegenden die Päſſe befeſtigt.

Wir legen ſehr geringen Werth auf dieſe Befeſtigungen .

Wenn wir jeßt einige Worte über dieſelben ſagen , ſo geſchieht es lediglich der Orientirung halber auf einem nicht ganz einfachen

Terrain und dann um zu zeigen, wie dieſe Befeſtigungen eher zur Bewegung der Maſſen Herausfordern mußten ,

als daß fie zum

,methodiſchen " Rriegführen Veranlaſſung geben fonnten . Südlich von Lardaru , etwa 700 Schritt vom Dorfe, folg. lich erſt recht ſüdlich von der Waſſerſcheide von Bondo , über die man aus dem Chieſes ins Sarcathal fommt, lag, die Straße ſper, rend, das Fort Lardaro , ein gemauerter vierediger Thurm mit einer anſchließenden Palliſadirung.

Drei andere fleine Schanzen

vervollſtändigten das Syſtem dieſer Paſſperre. Wenn man von der Caffarob rü de an der italieniſch öſterreichiſchen Grenze den Chieſe hinaufſteigt, ſo gelangt man eine fleine Stunde abwärts nach Storo , in dieſem kleinen Kriege oft genannt, länger als gut war, Hauptquartier des Freiwilligenforps. Noch ehe man aber nach Storo kommt, blidt man rechts ges mendet, nad Often, in das Thal des Balneo - Baces , wels

352

ches in ſeinem obern Theil Thal Ampola heißt.

Aus dieſem

Thal gelangt man über eine leichte , durch einen kleinen See bes zeichnete Waſſerſcheide in die Bal di Ledro und in dieſem Thal über Tiarno , Bececca , am See von Ledro vorbei bei Ponale , eine halbe Stunde unterhalb Riva an den Gardaſee. Die Val Ampola war nun auch in der Gegend, wo von Süden her die Val lorina in fie einfällt, durch ein fleines Fort, Fort Ampola, in Mauerwerf abgeſperrt. Dasſelbe liegt faum eine halbe deutſche Meile von der italieniſchen Grenze entfernt. Wir notiren ſolche Entfernungen ausdrüclich aus Gründen , die fich aus vorhergegangenen Bemerkungen von ſelbſt ergeben. Im untern Ledrothal auf der eben von uns bezeich. neten Straße nahe gegen den Gardaſee hin liegt noch das Fort S. Theodoſio. Wer es nicht nehmen will, fann doch nach der Wegnahme des Fort Ampola durch die Val di Conze i ( Valle de' Configli) und am Monte Piche a vorbei nach Riva gelangen. Die Befeſtigungen des kleinen Gardaſeehafens von Riva ſelbſt und des Loppiothals gegen Roveredo hin fönnen wir hier vollſtändig übergehen . Die Sarca mündet öſtlich von Riva in das nördliche Ende des Gardaſees , unfern Torbole ; geht man nun von Torbole aus den Fluß aufwärts , - drei kleine deutſche Meilen ftößt man bei alle Sarde auf die Fauptſtraße

fo

nach Trient

und läuft man auf dieſer nach Nordoſten , ſo findet man alsbald den See von Doblino und in ihm auf einer Inſel das alte Raftell von Doblino , welches die Deſterreicher neuerdings wieder hergerichtet und armirt haben. Dieſes Kaſtell fann man als den Zentralpunkt für die vorgeſchobenen öſterreichiſchen Bertheidis gungsfäden anſehn, von denen der eine fich ſüdwärts, das untere Sarcathal hin a b an's Nordende des Gardaſee's, der andere

353

das Sarcathal aufwärts durch die Giudicarien an den Idroſee zieht. Folgt man von Doblino

weiter

über Vezzano der.

großen Straße nach Trient , ſo findet man noch eine Befeftis gung , welche das Loch von Vala ( Buco di Vala ) , einen engen Paß weſtlich Cadine verſperrt.

Dieſe Befeſtigung liegt

faum dreiviertel Meilen von Trient, welches feinerſeits wieder mit verſchiedenen Befeſtigungen umgeben iſt.

X Garibaldi , nachdem er am 13. und 14. Juli die Grenze überſchritten hatte , verlegte fein Hauptquartier nach Storo ; er felbft nahm ſeine Wohnung in dem dicht dabei gelegenen Darzo. Er mußte fich unzweifelhaft der beiden Straßen , die er unmittelbar vor fich hatte , verſichern , derjenigen durch die G i u dicarien und

derjenigen

war die wichtigere,

durch Val Ampola.

Die erſtere

ſobald die Operationen nur irgendwie einen

entſcheidenden Charakter annehmen ſollten. Die zweite mußte aber mindeſtens als Nebenlinie geklärt und für die Operation durch die Giudicarien unſchädlich gemacht werden .

Die nächſte Arbeit für die Garibaldiner war daher unzweifel haft die Wegnahme des Forts Ampola . Ehe die Bewegungen zu dieſem Behuf unternommen wurden, ward am 16. Juli ein Gefecht auf der andern Linie dadurch hers beigeführt, daß eine öſterreichiſche Abtheilung einen Ausfall aus Fort Lardaro machte und gegen Storo vordrang . Zwiſchen Storo

und Condino an der V al Soring und der Rocca

Pagana kam es zu einem lebhaften , aber furzen Feuergefecht. Die Oeſterreicher, welche weſentlich des Refognoſzirens Halber vor: gegangen waren , zogen fich, ſobald ſie dieſen Zweck erreicht hatten, zurück. Am 19. Juli ließ Garibaldi Rüſtow , d. Krieg. 1866.

das kleine Fort A mpola 24

*

354

beſdießen, welches mit 130 M. Landesſchüßen und 20 Artilleriften zur Bedienung der beiden Stüde beſeßt war.

Um Mittag fapitus

lirte die Beſaßung, ſie ward entwaffnet , erhielt aber im übrigen freien Abzug. Nach der Einnahme von Ampola wollte Garibaldi fich weiter des Ledrothale8 bemächtigen und ſchob zunächſt die Brigade Haug über den Eingang der Val di Conze i bis an den Ledroſee vor. Dieſe Brigade zerſplitterte ſich in den Gebirgen am Ledroſee beträchtlich. Am 20. erhielt nun Garibaldi die Nachricht, daß ſich im Rücken der Brigade Þaug über die Pfade des Monte Gaver , dina Deſterreicher , die auch Rafetenartillerie bei fich führten , in die Val di Conze i hinabſenften. Er ſendete daher zur Unters ſtüßung die Brigade Orſini --- 5. Regiment, Chiafii , und 9.

Regiment,

Menotti

Garibaldi ,

nach

Bececca ,

welches Dorf den ſüdlichen Eingang der Val di Conzei faſt abſperrt. biaiſi , welcher in erſter Linie in Bececca am Abend des 20. Juli anfam, ſendete bei Tagesanbruch ein Bataillon vorwärts gegen Locca auf die Göhen am öftlichen Thalrand der Val di Conzei . Bei der

Stapelle

von Locca

wurde

dies Bataillon

plöblich von überlegenen öſterreichiſchen Kräften angegriffen und auf das Gros des 5. Regiments zurücgeworfen , welches nun bei Bececca den Kampf aufnahm , unterſtüzt zunächſt von 3 Geſchüßen in der linken Flanke. Obwohl noch weitere Unterſtüßungen

an Infanterie , 2 Bus

taill one vom neunten, einige Kompagnieen von der Brigade Haug und einige Rompagnieen von der Brigade Nicotera

heran

famen , mußte dennoch auch die Poſition von Bececca aufges geben reiden .

355

Indeſſen ſeßten fich die Freiwilligen bei Santa Luzia öſtlich Tiarno di ſotto und erhielten hier die Unterſtüßung einer neuen Batterie , die auf ihrem rechten Flügel auffuhr.

Abs

geſehen davon , daß dieſe den Deſterreichern manchen Verluft bes reitete , durften dieſelben , da ſte im Ledrothal die Brigade Haug, - etwa 2500 M. — im Rüden hatten , nicht daran denken, den Truppen Garibaldi’s weiter zu folgen. Denn jene Brigade mochte fich doch mit der Zeit ſammeln . Um Mittag traten daher die Deſterreicher ihren Rückzug die Val di Conze i aufwärts an und die Spiße der Garibaldiner rüdte ihnen bis über Locca und Engu iſo nach. Der Verluſt der Freiwilligen an dieſem Tage war ſehr bes deutend.

Sie zählten etwa 500 Todte und Verwundete und eine

große Zahl von Gefangenen , wenn ſich dieſe auch nur auf die Sälfte der von den Deſterreidern angegebenen

tauſend ,

belaufen ſcheinen . Die Zahl der Deſterreicher, welche am 21. in's Gefecht famen , kann bei dem damaligen Truppenſtand in Tyrol faum größer geweſen ſein als die der engagirten italieniſchen Freiwilligen . Am gleichen Tage , an welchem das Gefecht in der Valle di Conzei und bei Bececca ſtattfand , machten die Oeſters reicher auch wieder einen Ausfall aus Fort Lardaro. Sie wurden vom 8. Regiment von der Brigade Nicotera 01 bei dino aufgehalten . Hiemit endeten die Waffenthaten in dieſen Gegenden.

Garis

baldi ſuchte noch ſo viel Terrain als möglich zu beſeßen, bevor der unvermeidliche Waffenſtilſtand einträte. viel.

Jndeſſen war dies nicht

Im Chieſeth al ging er bis Pieve di buono vor,

bis zu dein Punkte , wo der Chieſe aus ſeiner weſtöſtlichen Richa tung

in

die von Norden nach Süden wendet .

Pieve di Butono 24 *

356 liegt noch eine fleine Wegſtunde füdlich von Lardaro und

nur

z wei deutſche Meilen vorwärts der italieniſch -öſterreichiſchen Grenze an der Caffarobrücke. Durch die Val di Conz ei über die Hänge des Monte Pich e a ward ein Bataillon der Brigade Haug bis Campi , eine halbe Meile nördlich von Riva , vorgeſchoben ; ein anderes Bataillon ging durch die Val di Ledro bis gegen das Fort S. Teodofio vor. Erleichtert wurden dieſe Bewegungen ſämmtlich dadurch , daß General Kuhn

beim

Anrücken

Medici’s

durch

die Val

Sugana alle Abtheilungen , die nicht zur nothdürftigſten Bes feßung der Forts beſtimmt waren, aus dem Weſten zurüdrief. Das

vierte

Freiwilligenregiment

und

das

2.

Berſaglieri

bataillon von der Brigade Picch i waren unter dem Oberſt Ca dolini anfangs bei Vezza gegen den Tonale aufgeſtellt,

um

einen Einbruch der Deſterreicher über den genannten Paß in die Val Camonica zu verhindern. Nachdem dies Detachement am 4. Juli ein ziemlich unglückliches Gefecht beſtanden hatte, nahm es auf's Neue Stellung zwiſchen Vezza und Edolo bei Incudine. Dort blieb es ungeſtört bis zu dem Zeitpunkt , da Garibaldi auf Storo vorging ; nun erhielt es Befehl - am 16. Morgens nach Cedego lo zurück und von dort auf die Höhen von Val di Lag an der Tyroler Grenze zu marfchiren.

Auf dieſen unwirth

lichen Höhen , auf welchen das Detachement ein trauriges Leben führte , ſcheint es nun von Garibaldi's Generalſtab gänzlich ver geſſen worden zu ſein.

Erſt nach Eintritt des Waffenſtilſtandes,

am 26. Juli ward es in das Thal hinabgezogen. Raum geräumt ,

hatte als

am

Cadolini 21.

Juli

die

Stellung

von

Incudine

einige Kompagnieen Deſterreicher 1

357

einen Beſuch in Edolo abſtatteten , wohin fie vom Tonale hinabſtiegen, ohne ſich indeſſen dort längere Zeit aufzuhalten. Bei Bormio im Veltlin fam es bis zum Abſchluß des Waffenſtilſtandes nur noch am 16. Juli zu einem fleinen Schar müßel an der vierten Cantonniera, deſſen wir nur erwähnen, weil es den Jtalienern in Folge höchſt liederlicher Berichte und der Verwechslung von zwei der ebenſo häufigen Sa. Maria’8 als die bisweilen mit Vorliebe verwechſelten Sa. Lucias' häufig find,

Ver

anlaſſung zu unbegründeten Anklagen der ſchweizeriſchen Grenzbes wachung an der dortigen Grenze gab. Auf dem Gardaſee behauptete dieſe ganze Zeit über die kleine öſterreichiſche Flottille, deren Hafen Peschiera war, unter dem Rorvettenkapitän Monfroni von Monfort die unbes dingte Herrſchaft, wozu freilich bei den ſchwachen Anſtalten der italieniſchen Regierung , deren Schwäche gar nicht zu rechtfertigen iſt,

falls es ihr mit den Anſprüchen auf Südtyrol Ernſt war,

wenig gehörte. Nachdem wir nun geſehen haben , wie viel oder wie wenig Garibaldi auf ſeiner Seite in Südtyrol ausrichtete, wollen wir dem Marſche Medici’s folgen. Wie bereits erwähnt worden iſt, erhielt derſelbe am 20. Juli bei Vigo d ' Arzere an der Brenta den Befehl, durch die Val Sugana gegen Trient vorzudringen. Er marſchirte über Cittadella nad Baſſano , wo er am 21. Juli anfam . Er hatte 18 Bataillone, 2 Schwadronen , 3 Batterieen . Dies hätte nach den Etatszahlen etwa 12,000 M. mit 18 Geſchüßen

geben ſollen.

Die Diviſion Medici wird aber bei

Baſſano nur zu 10,000 M. angegeben , ſo daß das Bataillon auf wenig über 500 M. berechnet iſt. Dies entſpricht ganz unſeren Beobachtungen über die italieniſchen Armeeverhältniſſe, ſtimmt aber

338

feineswege zu den offiziellen Angaben ,

wie ſie ſtets vor dem

Kriegsausbruch gemacht werden. Man bedenke wohl , daß die Dis viſion Medici bisher nicht das mindeſte Scharmüßel, ja kaum einen irgendwie anſtrengenden Marſch gehabt hatte. Medici brach am Abend des 21. Juli von Baſſano auf und marſdirte nach Carp ano. Von dort detachirte er ein Regiment am rechten , ein anderes am linken Brentaufer über die Höhen ; dieſe beiden Detachements

ſollten

die Verſchanzungen

umgehen,

welche die Deſterreicher bei dem Grenzdorfe Primolano vor dem Knoten der beiden Straßen von Feltre und von Trient her angelegt hatten. Die Detachements ſollten im Rücken der öſters reichiſchen Verſchanzungen bei le Tezze in das Brentathal wieder hinabſteigen . Mit ſeiner Hauptmacht marſchirte Medici am 22. Morgens über 6 i 8 mone und durch den Kofelpa B (Covolo) gegen die Front der öſterreichiſchen Verſchanzungen.

Die ganze Macht

der

Deſterreicher , welche zu deren Vertheidigung und überhaupt zur Vertheidigung der untern Val Sugana verfügbar war , beſtand in einem 4 Kompagnieen (höchſtens 700 M.) ſtarken Bataillon des Regiments Erzherzog Rainer Nr. 59 (Ergänzungsbezirk Salzburg) unter dem Major Pichler. Dieſer empfing den Frontangriff Medici’8 , aber ſobald er von deffen Umgebungsbewegungen Kenntniß erhielt , mußte er bes greiflicher Weiſe die Verſchanzungen von Primolano räumen. Fünftauſend Mann in der Front und fünftauſend Mann im Rüden bringen ſiebenhundert Mann immerhin in einige Verlegenheit. Pichler ging

alſo

zunädyſt

auf Grigno

dort von Neuem Stellung

und

Trient ,

Verſtärkungen.

verlangte

zugleid)

machte

zurück ,

ſeine Meldungen Da

ihm

dieſe

nahm nach vers

359

heißen wurden , rückte er ihnen

nach Borgo di Val Su :

gana entgegen , wo er die Nacht zubrachte. zwei Bataillone ( 12 Kompagnieen) wurden ihm zugeſendet, von den Regimentern Hartmann Nr. 9 und Rainer Nr. 59. Aber nur eins dieſer Bataillone erreichte am Vormittag des 23., bevor Medici wieder angriff, Borgo di Val Sugana , das andere war noch weit zurük bei Pergine. die Deſterreicher bei Borgo di Val Sugana am

Somit hatten

23. der Diviſion

Medici 2000 M. höchſtens ( 10 Kompagnieen ) entgegenzuſtellen. Medici , welcher

die Nacht

vom 22. auf den

23. zwiſchen

Grigno und le Tezze zugebracht hatte , brach am 23. Mors gens um 8 Uhr aus ſeinen Biwaks wieder auf ;

1 '/2 deutſche

Meilen weiter aufwärts erreichte er die Brüde über den Strig nos bac , welche verbarrifadirt aber nicht vertheidigt war. Das Auf räumen der Verbarrifadirung hielt ein wenig auf, dann wurde der Marſch auf Borgo di Val Sugana angetreten und um 3 Uhr fonnten die Italiener

zum Angriff auf dieſen

Flecken

ſchreiten.

Dabei beläſtigte das Feuer einer Raketenbatterie, welche bei Caſtel S. Pietro nördlich Borgo aufgeſtellt war. Sie ward von einem Berſaglieribataillon genommen ; um 5 Uhr Nachmittags

drangen

die Italiener in Borgo ein ; in demſelben fam es noch zu vers ſchiedenen Straßenlämpfen.

Die Berſaglieri Medicis , durch dieſe

ein wenig ins Feuer gerathen ,

verfolgten

die Deſterreicher

auf

levico und Medici, der jeßt nicht wohl anders konnte, ließ ſeine ganze Diviſion dahin abrüden . Die Deſterreicher räumten bei einbrechender Dunkelheit auch Levico , welches Medici bejegte. Die Italiener waren am 23. durchſchnittlich vier Meilen mars ſchirt und hatten dabei verſchiedene Kämpfe beſtanden , gewiß eine ſchöne Leiſtung, wenn auch die Kämpfe gegen einen viel ſdywächeren

x

360

Feind feine beſondere Bedeutung hatten und nur einzelne italienis ſche Abtheilungen ernſthaft beſchäftigten. Nun aber waren die Trups pen ermüdet, fte bedurften daher einiger Ruhe und Medici unters nahm deshalb am 24. Juli nichts weiter, als daß er ſeine Spißen von Levico einerſeits auf Pergine an der Oſtſeite des See 8 von

Caldonazzo und nur eine ſtarke deutſche Meile von

Trient, andererſeits füdwärts des Sees von Caldonazzo auf Vis golo vorſchob, von wo man über Val Sorda nach Mataa rello an der Eiſenbahn von Trient nach Verona nur eine fleine Meile bat. General Kuhn war im Laufe des 23. wirklich auf die Bes wegungen Medicis aufmerkſam geworden und rüſtete ſich, nicht blos Trient zu vertheidigen , ſondern auch die Offenſive zu ergreifen . Man ſieht leicht ein , daß die Vertheidigung Trients an fich wenig Bedeutung haben konnte , wenn man ſich nur die Wechſel fälle der Kriege von 1796 und 1797 ins Gedächtniß zurüdruft. Für die Deſterreicher galt es, wenn ſie Südtyrol behaupten wolls ten , Medici in die Val Sugana zu rück zuwerfen und ihm eine ernſtliche Niederlage beizubringen. Dies war nicht unmöglich, aber es galt , alle überhaupt vers fügbaren Truppen zu dem Zweck zu vereinigen. Deßhalb ließ Ges neral Kuhn, ein ruhiger , aber im Augenblicke, wo es darauf an kommt , entſchloſſener Mann , den Telegraphen nach allen Seiten ſpielen, insbeſondere nach Verona und nach dem Kaſtel von Doblino. Verona, augenbliclich, wie man wußte, nicht bedroht, konnte von ſeiner etwa noch 20,000 M. ſtarken Garniſon gewiß 5000 M. und im Nothfall noch mehr entbehren ; aus dem Weſten waren wohl 3000 M. heranzuziehen , wenn man nur die Befeſtigungen -nothdürftig beſegt ließ und General Ruhn glaubte dies für einige

361

Tage ſchon wagen zu dürfen , namentlich in Folge des Ausgangs des Rampfes bei

Bececca

am

21.

Juli.

Dieſe

8000 bis

10,000 M. von Verona und aus dem Weften vereinigt mit den etwa 4000 M. , welche gegenwärtig in der Nähe von Trient ſtanden, geben eine Streitmacht, welche der Diviſion Medici übers legen war und von welcher man höchſtens

1500 M. in Trient

zurüdlaſſen mußte, um dieſe Stadt im Zaum zu halten .

A un ließ durch Maueranſchläge den Trientinern verfündis gen , daß er entſchloſſen ſei die Stadt zu halten und ſuchte ſie durch Drohungen zur Ruhe zu beſtimmen . Auffällig iſt es uns, aber beſtätigt von allen Seiten , daß die Südtyroler fich ſo wenig regten. Nach der Meinung der Sta: liener im Augemeinen war es gerade Südtyrol, welches ſich am meiſten nach der Vereinigung mit Italien ſehnte.

Wenn wir aber

die Thatſachen unbefangen anſehen, ſo finden wir, daß ſie der Meis nung wenig entſprechen. Wäre dieſe richtig geweſen , ſo hätte Gas ribaldi troß der Hemmniſſe, die in ſeinem förperlichen Zuſtand, in der ſchlechten Unterſtüßung,

die ihm ſeine bevorzugten Umges

bungen gewährten , in der Mangelhaftigkeit der Elemente , welche ſein Korps zuſammenſekten, lagen, doch viel größere Reſultate ers zielen müſſen , als er erzielte.

Wir haben dieſelben geographiſch

getreulich begrenzt und jeder kann ſich darüber ohne Weiteres ſein Urtheil ſelbſt bilden. Die öffentliche Meinung in Italien, ſo glau ben wir , war irre geführt durch einige energiſche junge Männer aus Südtyrol, welche weil ſie Gut und Blut an die Vereinigung Südtyrols mit Italien ſepten und auf allen Schlachtfeldern

Ita

liens in den vorderſten Reihen zu finden waren , glaubten , daß alle ihre Landsleute eben ſo dächten als ſie ,

und wenn ihnen die

Gelegenheit nur näher rückte , auch ebenſo handeln würden . Dieſer rühmliche Glaube ward durch das Verhalten der Südtyroler nicht

362

im mindeſten bekräftigt. In dieſem

Falle darf man nicht von der

erdrückenden materiellen Gewalt reden . Den ganzen Juli hindurch war die materielle Gewalt Deſterreichs gerade in Südtyrol a ußers ordentlich ſchwach und eine Volkserhebung dort hätte ſo viele Chancen für fich gehabt, als ſie je nur geboten werden können. An dieſe Bemerkung wollen wir noch eine andere , um damit

t aufzuräumen , anreihen.

Es iſt in der italieniſchen Preſſe vielfach

die Rede davon geweſen , daß ein badiſde8 Truppenforps in Südtyrol geſtanden habe.

Es war

kein

einziger badiſcher

Soldat in Südtirol . Dieſes viel gehegte Gerede fann bloß darauf beruhen , daß ein Bataillon des öſterreichiſchen Regiments Nr. 50, Großherzog von Baden in Siebenbürgen

Ergänzungsbezirk Karlsburg

von den Italienern dort angetroffen wurde.

Am 25. Juli fand noch ein Zuſammenſtoß bei Val Sorda zwiſchen den von Vigolo vorgehenden Italienern

und

einem

öſterreichiſchen Detachement ſtatt, welches ſich unterdeſſen bei Ma : tarello hatte.

an der Eiſenbahn von Verona nach Trient geſammelt

Auch darüber ſind höchſt abenteuerliche Nachrichten in Ums

lauf geſeßt. Es war ein zufälliges und höchft unbedeutendes Tref fen ; die Deſterreicher verloren in demſelben an Todten , Verwun deten und Vermißten im Ganzen ſiebenzehn Mann, die gta Tiener cher weniger als mehr. M e dici fonnte von dieſem Treffen ſchwerlich Kunde haben, als er die Nachricht von der verabredeten Waffenruhe erhielt , die er nun auch ohne Zögern dem General Kuhn zukommen ließ. Die nothwendigen auf die Lokalverhältniſſe bezüglichen Verab redungen über die Waffenruhe wurden nun zwijchen Medici und Kuhn ſofort eingeleitet ,

auch Garibaldi von dieſer Seite her

über das Ereigniß ohne Verzug unterrichtet.

363

12. Die Operationen zur See : fchen flotte auf Liſſa,

der Angriff der italieni

die Schlacht von Lfſa.

Der

Eintritt des Waffenftillftandes auf allen Punkten .

A. Der Angriff der italieniſchen Flotte auf die dalma : tiſche Inſel Lifia . Während die eben erzählten Ereigniſſe und andere alsbald zu erwähnende fich zu Lande zutrugen , ward

ein Seekampf geliefert,

wie die Geſchichte ihn noch nicht geſehen hat und in welchem das zu Land in Böhmen ſo unglückliche, wider aller Erwarten ſchnell aus dem

ſo

Feld geſchlagene Oeſterreich einen der glänzendſten

Siege errang, die auf dem Meere jemals vorgekommen ſind. Die allgemeine Bedeutung und die Neuheit der Sache recht fertigen wohl, daß wir ſie durch eine genauere Erzählung dem alla gemeinen Verſtändniſſe näher zu rüden ſuchen. Wir haben

den

Admiral

Perfano mit der italieniſchen

Flotte auf der Rhede und im Hafen von Ancona verlaſſen, mit manchen Schwierigkeiten fämpfend, die den Eintritt der Flotte in die Aktion verzögerten . Die Zögerung erweckte Unruhe und Perſano ward endlich von der öffentlichen Meinung nicht blos, ſondern auch von der Regierung gedrängt, in See zu ſtechen. Es blieb ihm, als Ci aldin i ernſtlich in Venetien vorging, nichts anderes übrig als zu gehorchen oder zurückzutreten . Er wählte das erſtere. Als nächſte Aufgabe war ihm geſtellt, die Inſel Liiſa wegzunehmen. liſſa liegt etwa 5 Meilen ſüdweſtlich von

Spalato ;

zwiſchen ihr und dem Feſtlande befinden fich zunächſt noch die Inſeln Lefina ,

Brazza und Solta

Leſina iſt von Liffa

durch einen Kanal von drei Meilen Breite getrennt.

364

Die Inſel, welche ſchon im Alterthum als Flottenſtationspunkt eine Rolle ſpielte, um welche ſich im Anfang unſeres Jahrhunderts Ruſſen, Engländer und Franzoſen ſtritten , ging endlich im Jahre 1815 mit Dalmatien an Oeſterreich über ; ſeitdem hat fie von ihrer Blüthe viel verloren ; während man auf ihr um 1815 etwa 20,000 Einwohner zählte, hat ſie deren jeßt nur noch 7000. Sie iſt von Oſten nach Weſten nicht ganz zwei Meilen lang und von Norden nach Süden im Durchſchnitt 5/6 Meilen breit.

Sie hat

außer mehreren kleineren Buchten zwei Haupthäfen ; der eigentliche Kriegshafen iſt der von S. Giorgio und liegt an der nordöſt lichen Seite der Inſel, in welche er

wohl vertheidigt , tief ein

ſchneidet, der andere größere befeſtigte Hafen , viel flacher als der erſtere liegt an der Weſtſeite;

es

iſt der Hafen Comiſa .

Deſterreicher haben auf Liſſa Depots von Rohlen ,

Die

Lebensmitteln,

Munition und ſonſtigen Ausrüſtungsgegenſtänden für die Flotte. Durch einen ſubmarinen Telegraphen iſt die Inſel zunächſt mit Leſina und dann weiter mit dem Feſtland bei Spalato verbun den .

Nächſt Liſſa auf einer Linie etwa , die man von hier nach

Ancona ziehen würde , liegen noch die kleinen Felsinſeln Buji , St. Andrea und Meliſello .

Pomo ,

nördlich von St. Andrea ferner

Buſi liegt ganz nahe an der Weſtſeite von Liſſa ,

Pomo iſt von legterem am weiteſten, ſechs deutſche Meilen entfernt. Die Inſel Lifſa alſo ſollte der Admiral Perſano zunächſt wegnehmen.

t

Am 16. Juli um 3 Uhr Nachmittags ging er von Ancona in See. Die Flotte, welche er zunächſt mit fich führte, beſtand aus 28 Fahrzeugen ; darunter waren 11 Panzerſchiffe, 4 Schrauben fregatten, 1 Shraubenforvette, 2 Räderkorvetten, 4 Aviſo's, 4 Ras nonenboote, 1 Hoſpitalſchiff und 1 Proviantidiff. In Ancona ward behufs nöthiger Reparaturen die Fregatte

365 Garibaldi und als Wachtſchiff, um vor dem Hafen zu freuzen , der Aviſo Criſtoforo Colombo zurückgelaſſen. Der Aviſo Flavio Gioja ward nach dem Vorgebirge Gargano geſendet um dort zu freuzen und mehrere Schiffe, die noch von Tarent und Brindiſi erwartet wurden und urſprüng lich nach Ancona beſtimmt waren, nach Liſſa zu weiſen , unter dieſen insbeſondere das Widderſchiff Affondatore , von dem man ſich für den Fall einer Seeſchlacht die allergrößten Vortheile verſprach . Als die Flotte die Anker lichtete ,

verließ zunädjft der Gene

neralſtabschef Perſanos , d'Amico , den Hafen.

Er hatte ſich

verfleidet auf einem Trabakel *) eingeſchifft, um auf Liſſa zu landen und fich dort ungeſtört von der Beſchaffenheit der Werke und über die beſten Landungspläße zu unterrichten.

Bis in die Nähe von

Lifſa wurde der Trabafel von dem Aviſodampfer Meſſagiero remorquirt . Das Gros der italieniſchen Flotte richtete ſeinen Lauf zunächſt auf die Inſel Loffin , alſo ungefähr nach Nordoſten , um falls dem Feinde Nachrichten von Ancona zufämen, eben durch dieſelben ihn irre zu führen. Erſt nachdem die Nacht eingebrochen war , ward der Kurs geändert und auf Lifſa genommen .

Am

17. Juli bei Sonnen :

untergang traf d'Amico die Flotte auf dem verabredeten Punkte und berichtete über die Batterieen

der Häfen

von S. Giorgio

und 6 o miſa und die Zahl ihrer Kanonen, ſowie über die ſons ftigen Ergebniſſe ſeiner Rekognoszirung .

*) Trabafel , trabaccolo , nennt man auf dem adriatiſchen Meer ein dort, namentlich an der dalmatiſchen und iſtriſden Küſte ſehr gebräuchliches tooner artiges Handelsfahrzeug. Um leichteſten erkennt man es an der Stellung der Maſten ; der vordere Maſt ( Fockmaſt) ſteht ganz ſenkrecht, der hintere, große Maſt etwað nach hinten über geneigt.

366

Darauf hin ertheilte Perfæno folgende Befehle : Der Rontreadmiral Vacca mit den Panzerſchiffen Prin : cipe di Carignano ,

Caſtelfidardo

und

Ancona

und der Räderforvette Guiscardo Follte den Hafen Porto Comira beſchießen ; das Gros der Flotte , acht Panzerſchiffe ; die Räderkorvette Ettore Fieramos ca und der Aviſo Meſſagiero , unter Perla no ſelbſt ſollte ich vor den Haupthafen S. Giorgio legen und dieſen angreifen ; der Viceadmiral Albini mit den øolzfregatten Maria Adelaide ,

Gaeta ,

Duca

di Genova ,

Vittorio

Emanuele und der Rorvette S. Giovanni ſollte den Vers ſuch machen , die Landung zu bewerkſtelligen und zwar bei dem kleinen Pafen Porto Manego an der äußerſten Nordoſtecke der Inſel, im Rüden des øafens von San Giorgio .

Die Landung8s

truppen ſollte der Kommandant Mon ale befehligen ; der Kommandant Sandri mit den

Kanonenbooten ſollte

fich nach Leſina begeben, den ſubmarinen Telegraphen und ſonſt alle Zeichen und Verbindungen zerſtören und unterbrechen ; von den Aviſos wurde der Erploratore beauftragt, im Norden zwiſchen Pomo und dem dalmatiſchen Feſtland an der Spiße von La Bianca bei Alt Trau zu freuzen , die Stella d'Italia zwiſchen Sant Andrea Süden ;

und

Pelagoſa

im

das Hoſpitalſchiff Washington und das Proviantſchiff indipendenza ſollten bei Bufi in Bereitſchaft bleiben . In der Morgendämmerung des 18. Juli ſollten alle Abtheis lungen an ihrem Poſten ſein, es tam indeſſen 11 Uhr Vormittags heran, bevor dem Befehl und den Inſtruktionen Folge geleiſtet war. Die Verbindung zwiſchen den einzelnen Poſten war bei dem

367

geringen Umfang der Inſel nicht ſehr ichwer. zehn Anoten ( 10 Seemeilen

Ein Aviſo, der nur

60 auf den Aequatorialgrad

in der Stunde) macht, umſchifft ſie in zwei Zeitſtunden.

Dennoch

tam in den Befehlen und ihrer Uebermittlung eine große Ronfus fton vor. Vacca begann die Werke des Hafens Comiſa

zu

bom

bardiren, ſah aber bald, daß er damit bei ihrer hohen Lage über dem Meeresſpiegel wenig ausrichte. Dieß tritt bei jedem Angriff durch Schiffe Werke ein.

auf hochgelegene

Will man nahe herangehen , ſo müßte man eine Eles

vation haben, die faum dentbar iſt; bleibt man weit genug ab, um noch etwas zu ſehen, ſo wird die Entfernung zu gewaltig, als daß man noch etwas wirken könnte.

Bei Panzerſchiffen mit einer eins

zigen Geſchüßlage (Batterie) , die niedrig über dem Waſſerſpiegel liegt, macht fich dieſer Uebelſtand noch bemerkbarer. In Frankreich hat man deßhalb Panzerfregatten mit

we i

Batterieen über einander gebaut , z. B. die Magenta und den Solferino , aber man hat

dieſelben nicht ganz

panzern

fönnen, ſondern nur in der Waſſerlinie , dicht ober und unterhalb derſelben und an den Stüdpforten der obern Batterie , um ihre Tragfähigkeit nicht allzu ſehr zu beſchränken . Vacca , als er die Unfruchtbarkeit ſeines Verſuchs erkannte, ließ alsbald von dem Beginnen gegen Porto Comiſa ab und ſteuerte nach Porto Manego gerade in der Zeit , da ihm . Perſano den Befehl ſendete , wenigſtens ein Schiff vor Porto Comiſa zurüdzulaſſen , um dort die Garniſon andauernd zu beſchäf tigen und

ſie

an

der Verſtärkung der Garniſon ron Porto

S. Giorgio zu verhindern . albini bei Porto Manego hatte sus ähnlichen Gründen,

1

368

wie Bacca , auch nichts ausgerichtet, hatte die Landung nicht bes werkſtelligen fönnen, und Vacca ſteuerte nun zu Perſano. Perſano ſeinerſeits hatte gegen 11 Uhr Vormittags die Beſchießung des Hafens von S. Giorgio begonnen . Die Hälfte feines Geſchwadere , vier Panzerſchiffe unter dem Kommandanten Ribotty ließ er von Often her gegen die nördlichen Werke des þafens vorgehen , er ſelbſt behielt fich die ſüdlichen vor.

Zu

ihm ſtieß alsbald die Fregatte Garibaldi von Ancona her. Um

14/2 Uhr Nachmittags flog ein Pulvermagazin in den

Werfen am Eingang des Hafens auf, eine Batterie der Deſterreis cher ward dadurch vernichtet.

Dieſes war von den Schiffen Pers

ſanos bewerkſtelligt; um drei Uhr erfolgte eine andere Explofton, die man dem Feuer der Schiffe Ribotty 8 verdankte und die öſterreichiſchen Forts am Eingang des Hafens ſchwiegen , ausges nommen nur die hochgelegene Batterie des Telegraphenthurms. Jeßt fam Vacca heran . Perſano befahl der Formidabile , ſich im Eingang des Hafens vor Anker zu legen , die Maria Pia und der San Martino follten in den Hafen eindringen und deſſen innere Batterieen zum Schweigen bringen, Vacca ſollte mit ſeinen Schif fen das Fort des Telegraphenthurms beſchäftigen. Dieſe Befehle wurden ſehr langſam ausgeführt ,

ſo daß es

darüber Abend wurde und Perſano das Weitere auf den folgenden Tag verſchob . Die Landung bei Porto Manego wurde auf gegeben und ſollte ſtatt deſſen am 19. Juli bei Porto Caro : bert , im Süden von S. Giorgio verſucht werden.

Am Abend des 18. um 6 Uhr wurde demnach faſt die ganze italieniſche Flotte auf der Höhe des pafen8 S. Giorgio vers einigt, auch der Rapitän Sandri mit ſeinen Ranonenbooten fam von leſina zurück, nachdem er ſeinen Auftrag ausgeführt hatte.

369

In der Nacht auf den 19. ſtießen noch die Schraubenfregatten Principe Umberto und Carlo Alberto , die Räder: forvette Governolo und das Widderſchiff affondatore , von Brindiſi und Ancona kommend, zur Flotte. Mit dieſen Schiffen famen zum Theil auch neue Landungstruppen , ſo daß deren für den 19. Juli im Ganzen 2200 M. bereit waren. Noch am 18. Abends erhielt Perſan o eine Nachricht, daß die öſterreichiſche Flotte von der Rhede von Fafan a gegen ihn auslaufe.

Er legte dieſe Nachricht ſo aus , als ob die Flotte der

Deſterreicher ſchon am Nachmittag des 18. ausgelaufen ſei , wäh. rend das in der That unrichtig und die Nachricht dahin zu ver ſtehen war , daß die Deſterreicher fich zum Auslaufen gegen Liſſa rüſteten . Von der Rhede von Faſana bei Pola

bis gegen Liſja find

150 Seemeilen (60 auf den Aequatorialgrad).

Wenn daher ein

Schiff in der Zeitſtunde 10 Knoten macht, legt es dieſe Strecke in 15 Stunden zurück, macht es 8 Knoten in 19 Stunden, macht es 6 Knoten in 25 Stunden. Eine Flotte ſteuert ſtets langſamer als das einzelne Schiff, ſelbſt als das ſchlecht gehende. Dampfflotten gilt dies mindeſtens eben ſo ſehr als

Für die für die

Segelflotten . Die Flotte muß zuſammenbleiben. Es folgt daraus , daß die langſamſten Schiffe den Gang angeben ; auch muß man ſich hin und wieder umſehen und auch

die ſchnellſten Schiffe müſſen zu

dieſem Behuf den Gang verzögern. Dann kommen hie und da auch bei den beſten Dampfern, wenn auch nur unbedeutende, Störungen , an der Maſchine vor . So wird man wohl im Durchſchnitt rechnen fönnen, daß eine Flotte auch der beſten Fahrzeuge , in der Stunde nicht mehr als fieben Knoten mache. Hüftow , b. Krieg . 1866.

25

x

370

War wirklich die öſterreichiſche Flotte gegen Abend des 18. Juli von der Rhede von Faſana abgegangen , ſo war ſte ſchwerlich vor dem 19. Abends bei Liſſá zu erwarten und gegen das Eintreten der Dunkelheit enthielt ſte fich

aller Wahrſcheinlichkeit nach des

Rampfe8. Ein ernſter Verſuch auf Lifſa am 19., ein zweiter Verſuch, war daher der italieniſchen Flotte erlaubt, – und nicht blos dies, er war indizirt. Denn war Liſſa von den Italienern erobert, bevor die öſterreichiſche Entſafflotte eintraf , ſo hatte dieſe einen außers ordentlich ſchweren Stand. Schlug ſie nämlich ſelbſt die italieniſche Flotte auf offenem Meere , ſo mußte ſte nun dennoch die von den Italienern beſegten Feſtlandswerke der Inſel angreifen , um ihr Ziel zu erreichen, und hatte es dabei dann mit den Landbatterieen und mit der italieniſchen Flotte zu thun , die, obwohl geſchlagen, unter dem Schuß der Inſel fich leicht wieder ſammeln fonnte. Für

den

19. Juli

ertheilte demnach Perſano

folgende

Befehle : Albin i mit dem Geſchwader der Holzſchiffe und den kleinen Kanonenbooten des Kommandanten Sandri ſollte die Landung verſuchen ; die flachgehenden Panzerſchiffe Terribile und Vas reje ſollten Porto Comila beſchießen , um die dortige Bes ſaßung zu beſchäftigen. Das Panzerſchiff (ſchwimmende Bat terie) Formidabile ſollte in den Hafen von S. Giorgio einlaufen und verſuchen, die innern Batterien desſelben zum Schwei gen

zu

bringen ;

Vacca

mit

dem

Principe

di

Caris

gnano , Caſtelfidardo und Ancona ſollte die Formidas bile unterſtüßen , während der Re di Portogallo und die Paleſtro mit ihren ſchwerſten Geſchüßen ein heftiges Feuer gegen das Telegraphenfort unterhielten, und Perſano ſelbſt mit dem

Re d'italia ,

San

Martino

und

der

Maria

371

Pia die etwa noch thätig bleibenden öſterreichiſchen Batterieen verhindern werde, der Landung albini's entgegenzutreten. Die Ausführung dieſer Diſpoſitionen wurde von Stunde zu Stunde verſchoben, da Perſano am Vormittage beſorgte, Tegethoff fönne doch heranfommen und dann die italieniſche Flotte getheilt bei ihrer Beſchäftigung treffen . Endlich als am Nachmittag die Kreuzer, welche zum Auslugenx beſtellt waren , wiederholt fignalifirten , daß weit und breit fein Dampfwöllchen am Horizont zu entdecken ſei , ging man Nachs mittags um drei Uhr an's Werk. Die Formidabile , an deren Bord der Kapitän Saints Bon fommandirte, lief brav und ſtolz in den Hafen S. Gior : gio ein und legte fich , obwohl vom heftigſten Feuer aller innern Hafenbatterieen begrüßt , der Hauptbatterie der Oeſterreicher an der Wurzel des Hafens auf nur etwa 400 Schritt Abſtand ges rade gegenüber . Die Formidabile litt dabei beträchtlich , namentlich von einer Batterie an der Nordſeite des Hafens, welche ſie der Länge nad faßte und der die Formidabile ihrerſeits nichts an haben konnte. Perſano

befahl,

daß

der Affondatore

durch

den

Hafeneingang ſeine Dreihundertpfünder gegen jene Batterie ſpielen faſſe.

Freilidh konnte dies bei der allgemeinen Lage feinen großen

Erfolg haben. Nun formirte Vacca ſeine drei Panzerſchiffe in Kielwaſſer finie , drang in die Hafenmündung ein und eröffnete auch ſeiners feits ein

heftiges Feuer auf die innern Batterieen ;

aber weſent.

lich konnte er die Formidabile nicht unterſtüßen , einestheils , weil dieſe ſelbſt die öſterreichiſchen Batterieen dedte, andererſeits wegent der Schwierigkeit des

Manövrirens

im Hafen ,

der 25 *

bei

einer

372

Tiefe von ungefähr 4000 Schritt, meiſt nicht über 400 Schritt breit iſt. Im Allgemeinen manövriren wegen ihrer großen Länge Panzerſchiffe

ſchwerfälliger,

wenden

lehwieriger

als

die die

Holzſchiffe, ſelbſt diejenigen von viel mehr Kanonen . Wir wollen , um dies zu vergegenwärtigen , hier nur einige fichere Zahlen aus den Verſuchsergebniſſen der franzöſiſchen Flotte anführen. Der Napoleon der franzöfiſchen Flotte iſt ein Holz ſchiff, hat 90 Kanonen und eine Länge von 71 Metres bei einer Breite von 16,80 M. Die Couronne derſelben Flotte iſt ein ein. dediges Panzerſchiff, hat 40 Ranonen und eine Länge von 80 Metres bei einer Breite von 16,70 M. Sie war dasjenige Panzer ſchiff des Verſuchsgeſchwaders , welches am leichteſten dem Steuer gehorchte und wendete ungefähr mit dem Napoleon gleich auf einem Wendungskreiſe von etwa 305 Metres Halbmeſſer, während die minder gehorſamen Panzerſchiffe von 52 Geſchüßen bis zu 380 und 400 Metres Halbmeſſer des Wendungsfreiſes bedurften. Hie. nach kann man

die Schwierigkeiten des Manövrirens

ermeſſen ,

welche Vacca in dem engen Bafen von S. Giorgio zu übers winden hatte. In der That verließ er denſelben auch ſehr bald wieder und kurze Zeit darauf folgte ihm auch die Formidabile nach tapferem , ruhmvollen Kampf , aber ohne ihren Zweck vollſtändig erreicht zu haben. Auch aus der Landung ward am 19. wieder nichts.

Der

Wind blieg den ganzen Tag über friſch aus Südoſt und ward am Abend noch ſteifer. Die Brandung war ſtark und die Boote konnten ſchwer an die Küſte kommen. Da nun über dieſen Schwierigkeiten die Dämmerung einbrach , befahl Perſano , die Landungsoperationen ganz einzuſtellen und auf den nächſten Tag zu verſchieben.

373

Die Formidabile hatte am 19. Juli an Todten und Verwundeten etwa 60 M. verloren und war ſo übel zugerichtet, daß fie Befehl erhielt, ſich nach Ancona zurückzuziehen. Auf der Ancona - von Vacca's Abtheilung

Kapitän Piola , hatte

eine öſterreichiſche Granate 23 M. getödtet und verwundet ; außer dem war auf dieſem Panzerſchiffe Feuer ausgebrochen, welches mit Mühe gelöidyt ward. In der Nacht vom 19. auf den 20. Juli mußten alle vers fügbaren Panzerſchiffe fich in Schlachtordnung auf der Rhede vor dem Eingang des Hafens von San Giorgio halten . In

der Morgendämmerung

Schraubendampfer

des

20.

Juli

Piemonte

dungstruppen mit.

heran und Perſano verfügte jeßt S

kommenen eingerechnet

fam

brachte

noch der neue Lans

alle neu hinzuges

über 34 Fahrzeuge.

Das Wetter war am 20. Morgens geradezu ſtürmiſch ges worden ; eg regnete ſchon in der Nacht, zeitweiſe ftark. Der Wind ſepte mehrmals unregelmäßig um.

. Tro ß dem ordnete nun früh Morgens

um 3 Uhr

Perſano wieder einen ernſten Landungsverſuch an .

Es iſt uns

begreiflich , wie dies geſchehen konnte , wie man bei ſo ungünſtig veränderten Umſtänden einen Verſuch mit aller Kraft aufnehmen zu können gedachte , der unter viel günſtigere n Umſtänden am 19. Juli , den die Italiener ganz für ſich hatten , mißlungen war. Am Morgen des 20. um 3 Uhr wurden alle Fahrzeuge Als bini’s allarmirt, die Boote wurden ausgeſeßt, konnten aber die Brandung nicht durchbrechen. Gleichzeitig

wies

Perſano

durch

den

Gui8 cardo die

beiden Panzerſchiffe Terribile und Vareſe an ,

ihre Bes

ſchießung des Hafens von Comira wieder aufzunehmen.

374

Ade Schiffe ſollten fid; zum Angriff auf Liſja wieder auf ihre alten ihnen befannten Poſten begeben , Am Morgen um 8 Uhr befand fich die italieniſche Flotte in folgender Stellung und Verfaſſung :

Albini und Sandri mit Holzſchiffe

und

der

dem

Geldywader der großen

kleinen Kanonenboote

waren

bei

Porto

Carobert mit ihren Landungsverſuchen beſchäftigt.

Terri :

bile und Varere ſchitten

ſich an ,

Porto Co miſa zu

bombardiren. Die Formidabile brachte ihre Verwundeten auf das Hoſpitalſchiff Waſhington hinüber , der Re di Pora togallo und der Caſtelfidardo ſignaliſirten þavarien an ihren

Dampfmaſchinen .

Di Die

übrigen Panzerſchiffe

lagen unter

Dampf vor der Rhede von S. Giorgio feſt und erwarteten nähere Befehle. Da fam in

einem

ſtarfen Regenſturm

aus Nordweſt

der

Esploratore , welcher, wie erwähnt worden, zwiſchen Pomo und La Bianca freuzte , gegen Liſſa geſteuert und ſignalifirte zuerſt : „Verdächtige Fahrzeuge !" dann „ Feinde von Norden !“ In der That näherte

ſich der Admiral Tegethoff zum

Entſaße der Inſel Liſſa mit der ganzen verfügbaren öſterreichi. ſchen Flotte.

B. Die Secichlacht von Lifia . Contre- Admiral Tegethoff erhielt vom 17. Juli ab auf der Rhede vun Faſan a mehrfache Telegramme über die Bes wegungen der von Ancona ausgelaufenen italieniſchen Flotte, dann über den Beginn des Angriffs auf Liffa .

Anfänglich hielt er

dieſen nicht für ernſt gemeint, ſondern für eine Demonſtration, welche ihn von der iftriſchen Küſte weglocken und dadurch den Italienern in jenen

Gewäſſern

freie Hand

ſchaffen

ſolle.

Am

375

19. Juli aber famen neue Telegramme vom öſterreichiſchen Generals kommando in Zara , die feinen Zweifel darüber ließen , daß die Italiener wirklich auf die Einnahme von Liſſa ausgingen, und nun entſchloß fich Tegethoff auszulaufen und den Gegner anzugreifen , um Liffa zu entſeßen. Die Flotte war in drei Diviſionen eingetheilt , nämlich : 1 ) Die erſte Diviſion beſtehend aus den Panzers diffen

Erzherzog

Habø burg ,

Ferdinand

Mag

(Flaggſchiff),

Kaiſer Mag , Don Juan d'Auſtria ,

Prinz Eugen , Salamander und Drache. Sie ward von Tegethoff ſelbſt geführt ; 2) die zweite Diviſion , beſtehend aus den ſchweren Holzſchiffen , und zwar dem Schraubenlinienſchiff Kaiſer , den Schraubenfregatten Novara , Fürſt Schwarzenberg, Graf Rade ß fy , udria und Donau und der Schraubens forvette Erzherzog Friedrich. Führer dieſer Diviſion war der Kommodore Linienſchiffs-Kapitän Peß und Flaggſchiff das Linienſchiff Kaiſer ; 3 ) die dritte Diviſion , beſtehend aus den leichten Bolzidhiffen , und zwar

aus

den

Schraubenkanonenbooten

zweiter Klaſſe Hum , Dalmat , Refa , Streiter , Sees hund , Velebich und W a 1 I. Jede Diviſion der Flotte zählte ſomit ſieben Fahrzeuge .

Als

Aviſos waren ihr die vier Raddampfer Kaiſerin Eliſabeth , Andreas Hofer ,

Stadion

und

Greif

( Dampfyacht)

beigegeben. Die ganze Flotte hatte demnach 25 Fahrzeuge mit etwa 500 Ranonen. Tegethoff verließ die Rhede

von Faſana

am

19. Juli

ungefähr um Mittag . Am 20. Juli Morgens um ſieben Uhr meldeten ihm ſeine

376

Aviſos mehrere feindliche Schiffe in Sicht. fie aber nur den

Wahrſcheinlich haben

freuzenden Esploratore an verſchiedenen

Stellen nach einander bemerkt. Es war um dieſe Zeit ein ſtürmis ſches regneriſches Wetter ,

nur bisweilen drang die Sonne durch

die Wolfen , dann ſah man Schiffe vorübergehend, dann auch wohl erkannte man vorübergehend die Felſeninſeln Þomo , Sant Ans dre a und Meliſello in der Ferne. Der Wind ging ſo ſtart aus Südweſt und trieb die Wellen ſo hoch auf, daß die vier fleis

1 neren Panzerſchiffe der öſterreichiſchen Flotte ihre Stüdpforten ſchließen mußten. Tegethoff ſteuerte, ungefähr der dalmatiſchen Küſte , doch in gehörigem Abſtand, folgend, von Nordweſt gegen Südoſt, erſt auf der Höhe von Zirona und Solta nahm er einen Kurs, wels cher fich mehr der Richtung von Norden nach Süden näherte. Nun legte fich nach und nach der Wind , feßte nach Nord weſt um , es wurde hell und plößlich ſah ſich die öſterreichiſche Flotte der italienifchen gegenüber. Perſano , ſobald er durch den Exploratore die Nach richt von der Annäherung der Feinde erhalten hatte, gab den Bes fehl eine Frontlinie zu formiren, doch ſollten die Holzichiffe , welche Albini unter ſeinem Befehl hatte, vor Adem das bereits ausgeſchiffte Material wieder einſchiffen. So, und da die Vareſe und Terribile detachirt waren, ereignete es fich, daß von itas lieniſcher Seite nur z e h n Panzerfchiffe für den eigentlichen Kampf bereit waren , als dieſer begann . Perſano hatte dieſen Schiffen die Richtung nach Weſts Südweſt für ihre erſte Formation angegeben. Dieſe Schiffe waren zwiſchen neun und zehn Uhr in der Richs tung von Weſt-Südweſt nach Oſt-Nordoſt folgendermaßen geordnet :

Maria

Pia ,

Vareſe ,

Re

di

Portogallo ,

377

S. Martino , Paleſtro, Affondatore , Red'fta , lia ,

Ancona ,

6 aftelfidardo, Principe

di

Gas

rignano. Von dieſen zehn Schiffen waren nur drei leichte, Carin , gnano , Paleſtro und Vareſe , alle übrigen ſchwere. Die Schiffe befanden ſich noch nicht in Kielwaſſerordnung, ſondern ſtrebten ihr erſt zu, die Diſtanzen waren nicht geſchloſſen, ſondern ſollten erſt geſchloſſen werden .

Die Erfüllung dieſer Bes

dingungen gehört nothwendig zur Herſtellung der Schlachtordnung. Aber auch mit ihrer Erfüllung war die Schlachtordnung noch nicht gemacht, dazu gehörte nach der traditionellen Ordnung noch ,

daß

der Principe di Carignano die Spiße hatte und alle andern Fahrzeuge feinem Kielwaſſer folgten. Jedes einzelne Fahrs zeug mußte alio, um nach den alten Gefeßen die Schlachtordnung herzuſtellen ,

eine

ganze

Wendung

auf der Stelle

machen . Bis jegt haben wir drei Gruppen von Schiffen , die nach Weſt -Südweſt ſteuern. Die erſte dieſer Gruppen iſt eigentlich die Arrieregarde , fie iſt aber jegt an der Spiße ; ſte beſteht aus den Schiffen Maria Pia , Vareſe und Redi Bor togallo. Leşterer iſt das Flaggenſchiff dieſer Gruppe oder Diviſion. Auf ihm hat der Kommodore Kapitän Ribotty ſeine Flagge gehißt. Die zweite Gruppe beſteht aus dem S. Martino , Paleſtro , Affondatore und Re d'Italia ; ſte bildet das Gros ; Flaggenſchiff iſt der Re d'Italia ,

er führt die

Flagge des Oberbefehlshabers der ganzen Flotte , des

Admirals

Perſano.

Die dritte Gruppe , zuſammengeſet aus der Ancona , dem Caſtelfidardo und Principe di Carigno ſollte

378

eigentlich die Avantgarde ſein , iſt aber jeßt am Schweif der Ros lonne.

Auf dem Flaggſdyiff Principe di Carignano bes

fehligt der Kontreadmiral V acca . Auf verſchiedene Meldungen hin ließ Perſano den Kurs aus der ſüdlicheren etwas mehr in die weſtliche Richtung nehmen, ſo daß nun die Flotte der Panzerſchiffe faſt von Oſten nach W eft en ſteuerte. Aber noch immer hatte die Maria Pia die Spiße der Kolonne und der Carignano war am Schweif derſelben. Nun beim Aufhellen des Wetters, da Perſano den Feind verhältnißmäßig ſehr nahe ſah und zugleich erkannte, daß die drei einzelnen Gruppen ſehr weit von einer getrennt und die Vaccas am entfernteſten ſei, ſignaliſirte Perſano, daß jedes einzelne Schiff die ganze Wendung mache und A11e 8 dem Sie Iwaſſer des Principe

di

Carignano

Schlachtordnung

hergeſtellt,

folge.

Dadurch

vorausgeſeßt

nur ,

ward daß

die and

noch rechtzeitig die Diſtanzen geſchloſſen wurden . Dieſe Bedingung ward, wie wir ſehen werden, nicht erfüllt. Aber jedenfalls ſteuerte jeßt die Flotte ſtatt früher von Oſt nach Weſt, ungefähr von Weſt nach O ft . Der Principe di Carignan o war Fühs rer, die Maria Pia war am Schweif. *

Indem Perſano die Schlachtordnung herſtellte, begab er fich zugleich mit ſeinem Generalſtabschef Amico und zwei Subalterns offizieren ſeines Stabes, den Schiffslieutenants Gaudiano und de Luca von ſeinem Admiralſchiff, dem Re d'Italia a uf das Widderfchiff uffondatore (Verſenter, Grundbohrer) und zog den Affondatore hinter die Linie zurück, ſo daß in dieſer jeßt nur noch neun Panzerſchiffe, getheilt in drei gleiche Gruppen zu drei Schiffen, verblieben.

Unter den vielen bitteren Anklagen, welche nach der Schlacht von liſſa wegen derſelben gegen den Admiral Perſano erhoben

379

wurden, beziehen ſich die bitterſten gerade auf ſein Verfahren mit dem Affondatore. Faſt alle Journale behaupteten geradezu, Perſano habe den Aufenthalt auf dem Affondatore

ſeiner perſönlichen Sis

cherheit halber geſucht. In dem offiziellen Rapport heißt es über dieſen Gegenſtand : „ Es war das erſte Mal , daß in einer Seeſchlacht fich die neuen Streitmittel des Seefriegs gegenüber befanden. Dem foms mandirenden Admiral ſchien es daher paſſend , daß er ſich auf einem Panzerſchiff von großer Geſchwindigkeit außer : halb der Linie befinde, damit er einerſeits fich darbietenden Falls in das heftigſte Gefecht eingreifen ,

andererſeits eiligſt die

nothwendigen Befehle zu den verſchiedenen Theilen der Flotte bringen und dieſe gemäß dem Bedürfniß bewegen könne.

Zu

ſolchem Ende wählte der Admiral den uffondatore , auf wel chem er ſeine Flagge aufhißte und auf den er den Chef des Ges neralſtabs , einen der Signaloffiziere und einen der ſeinem Stabe beigegebenen Subalternoffiziere mitnahm .“ Man muß wohl zugeben, daß alles dies nicht ſehr konkludent iſt. Einmal ſoll danach der Affondatore den Dienſt eines Aviſos oder auch einer Repetitions fregatte thun. Aber dazu iſt dieſes koſtbare Schiff nicht erbaut worden , ſeine Geſchwindigkeit hat es nicht erhalten , damit es als Poſt ſdiff brauchbar ſei, fondern damit es einen deſto wirkſameren Stoß

in die

Flanken des Gegners thun fönne. Außerdem machen die bekannten Mittel der Befehlsgebung es durchaus überflüſſig, daß der foms mandirende Admiral fich auf dem Aviſo befinde. Andererſeits ſoll nun der Uffondatore den Dienſt eines Reſerveſ chiffs thun ; der Admiral will aufpaſſen , wo der Stoß des Widders am zweckmäßigſten und dann dreinfahren .

angebracht werden könne

Dazu iſt allerdings

der Affondatore ganz

380

gemacht und das wäre auch nicht zu mißbiligen, daß fich der Ad miral zu ſolchem Zwede auf ihm aufhielte. Aber die beiden erwähnten Beſtimmungen ſchließen einander ganz aus .

Entwes

der ward der Affondatore als Reſerveſchiff gebraucht, oder als Aviſo. A18 beide 8 zugleich fonnte er nicht dienen . Als

Reſerveſchiff hat thatſächlich

der

Affondatore

in

der.

Schlacht von Lifſa feine Dienſte gethan. Man könnte dies nur damit entſduldigen, daß dem Admiral Perſano eben der Moment zum Einſchreiten niemals günſtig ſchien.

In wie weit eine ſolche

Entſchuldigung ſtichhaltig wäre , wird der Verlauf der Dinge zeis gen. Sehr erſchwert werden die Anklagen gegen den Admiral Pers * fano durch die Behauptung, derſelbe habe die Admirals flagge auf dem Affondatore gar nicht geh ißt , ſondern dieſelbe ſei auf dem Re d'Italia geblieben, eine Bes hauptung, die allerdings offiziell beſtritten wird , aber die in eins zelnen Vorgängen der Schlacht eine große Unterſtüßung findet, wie ſehr flar werden wird . Immer, man möge über den ganzen traurigen Vorgang dens ken, wie man wolle, kann man nicht läugnen, daß die Ueberſiedlung Perſanos auf den Affondatore gerade i m Augenblid , da die Schlacht bevorſt and , eine ganz unzuläſſige Maßregel war, welche zu Konfufionen faſt führen mußte . Als Tegethoff die feindliche Flotte deutlich entdeckte , ſteuerte die Linie der italieniſchen Panzerſchiffe, wie wir erwähnten , unges fähr von W eſt en nach Often ein wenig nordwärts abgelenkt. Jedes einzelne Schiff hatte eben die ganze Wendung aus der ents gegengeſepten Richtung gemacht, einige waren noch nicht vollſtän dig fertig , aufgeſchloſſen waren die Schiffe noch nicht, namentlich waren die einzelnen Gruppen noch weit von einander getrennt. Aber auch die Schiffe in den einzelnen Gruppen, welche bei ihren Wens

381

dungen nicht völlig gleiche Bogen beſchreiben konnten, da die Größe der Wendung, wie bereits erwähnt, von der Wirkung des Steuers, von der Länge des Schiffe und der Thätigkeit der Maſchine abs hängt, waren nicht auf ihrem richtigen Abſtand.

Wäre die Linie der Panzerſchiffe völlig nach den Hergebrach ten Maßen geſchloſſen geweſen , ſo hätte ſie ungefähr eine Länge von 9000 Fuß ( 1/2 Seemeilen oder 3600 Schritt) müſſen.

einnehmen

Jeßt war ſie wohl noch doppelt ſo weit aus einander

gezogen. Außer der Linie der neun italieniſchen

Panzerſchiffe

bemerkten die Oeſterreicher bei ihrer Annäherung noch eine zweite italieniſche Linie , welche wie es ihnen ſchien nach der Vereinigung mit der Panzerflotte ſtrebte. liche Auffaſſung.

Dies war eine irrthüm

Dieſe zweite Linie war nämlich das Geſchwader

des Admirals Albini.

Derſelbe hatte mit dem Einſchiffen des

Landungsmaterials wenig zu thun gehabt , weil noch wenig aus geſchifft war und folgte nun dem erſten Befehl Perſanos, die Linie mit dem Vordertheil etwa nach W eft en , etwas gegen Süden, zu bilden. Als die beiden Flotten ſich deutlich erkannten , war das der Panzerflotte nächſte Schiff Albinis etwa 4/3 Sees meilen von jener entfernt. Albini hatte acht ſchwere Holzſchiffe und mehrere kleinere bei einander. Die italieniſche Holzflotte nahm ſo gut wie gar nicht am Kampfe Theil , nur durch einige aus großer Ferne Salven gegen die Deſterreicher.

Man vermißt auch

geſendete

hier ſehr bes

denklich den Einfluß guter Leitung, wie wir ihn zu Lande in der Schlacht von Cuſtoza vermißten. Dies fällt hier um ſo mehr auf, da der öſterreichiſche Admiral wirklich einen vortrefflichen Gebrauch von ſeinen Holzfchiffen , in ihrer Verbindung mit den Panzer ſchiffen machte.

382

t

In der That fämpften 2 1

öſterreichiſche gegen 9

italieniſche SĐiffe , – denn auch der Affondatore kommt nicht in Betracht. Aber das Verhältniß hätte ein ganz an: deres ſein müſſen , wenn der italieniſche fommandirende Admiral ſtatt des Beſtrebens vom Affondatore aus den Wechſelfällen einer Seeſchlacht mit den modernſten Streitmitteln fen ,

vielmehr das

zuſchauen zu

wols

andere gehabt hätte , unter allen Umſtänden

ſeine modernen Streitmittel zur Erringung

des Sieges

zll

ges

brauche11. Ueberraſcht fonnte er durch den öſterreichiſchen Angriff uns möglich werden ,

wie zur Genüge aus unſerer bisherigen Darſtels

lung, der Erwähnung der frühzeitigen Nachrichten, welche er über Tegethoff's

Abrichten

erhielt ,

hervorgeht.

Er hatte

mindeſtens

24 Stunden, um Alles gehörig vorzubereiten . Die Ordnung der öſterreich iſden Flotte war folgende: ſte war in drei linien hinter einander ; die erſte Linie bilde: ten die Panzerſchiffe, die zweite die ſchweren , die dritte die leicha ten Holzſchiffe.

Da nach dem vorigen jede der drei Linien oder

Diviſionen ſteben Schiffe zählt, kann man die Schiffe einer jeden Diviſion vom rechten nach dem linken Flügel hin von Nr. 1 bis Nr. 7 numeriren ; das Schiff Nr . 4 hat dann alſo die Mitte ſeis ner bezüglichen Diviſion . Die Schiffe Nr. 1 der zweiten und dritten Diviſion ſteuerten demnach im Kielwaſſer des Schiffs Nr. 1 der erſten Diviſion ; die Schiffe Nr. 2 der zweiten und dritten Diviſion im Kielwaſſer des Schiffs Nr . 2 der erſten Diviſion und ſo fort bis zu Nr. 7. Jede einzelne Diviſion der öſterreichiſchen Flotte war aber nicht in gerader Front entwickelt, ſondern in Jagds ordnung , im ausſpringenden Winkel , ſo daß das mittlere Schiff Nr. 4 die Spiße hatte, die Schiffe Nr. 3, 2 und 1 rechts

383

abftelen und die rechte Flante bildeten ,

die Schiffe Nr. 5,

6 und 7 ſinfe abftelen und die linke Flanfe bildeten . Dieſe Ordnung bot für den Angriff große Vortheile ,

die

nächſt bei einander befindlichen Panzerſchiffe, zwei oder drei, fonn ten einander gut zum Anfall auf ein einziges feindliches Schiff unterſtüßen ;

die Diviſion

fonnte zum Manövriren

in

der That

geſchloſſener bleiben , als wäre ſie beiſpielsweiſe in Rielwaſſerlinie formirt geweſen.

Die widerſtandsfähigen Panzerſchiffe gaben den

erſten Stoß , empfingen auch den erſten Stoß ;

dann aber , wenn

durch dieſen ſchon einige Ravage beim Feinde eingeriſſen

war ,

konnten auch die Holzſchiffe minder gefährdet und doch wirf eingreifen .

ſam

. Tegethoff wollte zuerſt das Signal geben : „ Muß Sieg * bei Liſſa werden ! " und hatte es ſchon vorbereitet ; doch unterließ er es , um fich

auf die nothwendigeren Diſpoſitionen zit

beſchränken, denn unverſehens war ihm der Feind ſchon ganz nahe gefommen . Perſano, auf ſeinem Affondatore hinter der Linie der Panzerſchiffe, erkannte wenig von dem , was beim Feinde vorging. Und hierin iſt ein guter Grund zu finden , weßhalb nach altem Gebrauch bei einer Flotte der Admiral , - da er nicht wohl vor der eigentlichen Schlachtlinie ſein kann , doch wenigſtens in ihr ſein muß .

Der Vergleich mit der Landſchlacht iſt hier durch

aus nicht zuläſſig.

Auf dem Meere giebt es keine anderen Höhen

als die gleichmäßigen Höhen der Wogen ; der Admiral fann fich feine zu feſtem Stand und zur Ueberſchau auswäşlen, die Wogen. höhen thun nichts anderes , als daß fie um ſo mehr verdeden , je mehr ihrer zwiſchen dem

Standpunkt des Beſchauers und den zu

beſchauenden Objekten liegen. Aber Vacca erkannte die Situation und richtete den Cari :

384

gna no ein wenig mehr nach Norden aus der öſtlichen Richtung ; dadurch fam die Diviſion Vacca's ungefähr parallel zu der linken Flanfe der öſterreichiſchen Panzerdiviſion ,

welcher fie nun vorbeis

zuſteuern ſtrebte, Lagen mit ihr wechſelnd.

Denn Vacca hatte die

Abflicht, um die Panzerdiviſion berum auf die Holzs iciffflotte der Deſterreicher zu fallen.

Zugleich freilich vergrößerte ſich durch Vacca's Manöver der Abſtand zwiſchen ſeiner Diviſion und

der zweiten oder Zentrum

diviſion , welche von dem Re d'Italia geführt ward , welchen Perſano verlaſſen hatte. Während dieſes auf italieniſcher Seite geſchah, ertheilte Te gethoff an ſeine Flotte zuerſt den Befehl, daß in jeder einzelnen Diviſion die Schiffe guten Schlußabſtand nehmen , die Intervalle ſchließen ſollten , dann daß die hinteren Diviſtonen auf die vorderen gut aufſchließen , richtige Diſtanz nehmen ſollten , endlich daß die Panzerdiviſion den Feind anlaufen ſolle , um deſſen Schiffe zum Sinfen zu bringen . Tegethoff ſtürzte ſich mit ſeiner Panzer- Diviſion auf die lü de zwiſchen Vacca und der italieniſden zen , trumdiviſion und auf dieſe legtere ſelbſt.

Beſonders war

der Re.d'Italia ſein Ziel und man ſollte daraus faſt ſchließen , daß wirklich auf ihm noch die Admiralsflagge geweht habe. Der Re d'Italia auf's tapferſte,

von

Kapitän Fa a d i Bruno , wehrte ſich drei öſterreichiſchen Schiffen zugleich

anges

griffen ; unter dieſen zeichnete fich das Flaggſchiff Tegethoff's, von dieſem ſelbſt und ſpeziell von dem Linienſchiffskapitän Daublebsky von Sterneck geleitet , der Erzherzog Ferdinand Mag , bes ſonders aus ;

es rannte den Re d'Italia mehrmals an und

brachte ihm verſchiedene Wunden bei.

Faa di Bruno ſuchte

zuerſt mit aller Dampffraft die Ancona

zu erreichen und auf

385

dieſe Weiſe fich der Diviſion des Admirals Bacca anzuſchließen. Aber ſein Steuer war unbrauchbar geworden. Befehl zum Entern.

Nun gab er den

Da drang in die Seitenwände , die der

Ferdinand May eingeſtoßen hatte, mit Macht das Waſſer ein und in wenigen Minuten war das Meeres verſunken .

ſchöne Schiff auf den Grund des *

Nur ein kleiner Theil der Bemannung ward

gerettet . Der Paleſtro , dem Re d'Italia zunächſt, hatte verſucht, demſelben zu Şülfe zu kommen , Ferdinand

Mag

aber alsbald ward auch er vom

angegriffen ,

angeſtoßen ,

mehrere

öſter.

reichiſche Panzerſchiffe famen auf ihn los, auch ein Holzſchiff. Der Paleſtro gerieth in Brand und ftel nun gegen die Inſel Leſina ab , etwa gegen deren Nordweſtſpiße, auch er konnte von ſeinem Steuer feinen Gebrauch mehr machen. Später ſendete Perſano dem Paleſtro den Governo lo zu Şülfe, damit dieſer die Mannſchaft des erſteren aufnehme, falls der Brand nicht zu bewältigen ſei. Der Rommandant des

Paleſtro ,

Kapitän

C a pellini ,

vers

weigerte es für ſich und ſeine Mannſchaft, das Schiff zu verlaſſen und verlangte werden.

nur ,

unter Wind der Panzerflotte geſchleppt zu

Dies geſchah. Zum Governolo geſellte ſich als Beiſtand

auch noch die Indipendenza .

Dabei paffirte der Paleſtro

auch den Affondatore , der beharrlich, ſelbſt in dem ſpäteren Moment der Schlacht, von welchem wir jekt vorgreifend reden, ſeinen Sicherheitspoſten hinter

der

Kampflinie bewahrte .

Bald

nachdem der Paleſtro beim Affondatore vorbeigekommen war, flog er in die Luft. Das Feuer war nicht bewältigt worden, und hatte endlich die Pulverkammer erreicht. Von der Zentrumsdiviſion der in Thätigkeit gekommenen ita lieniſchen Panzerflotte waren alſo zwei ſchöne Schiffe

verloren,

Re d'Italia und Paleſt ro. Das dritte Schiff dieſer Dis Rüftow , d. Krieg . 1866. 26

386

vifton , der S. Martino , Rommandant Roberti , gab fich keine beſondere Mühe .

Zwar wollte es angeblich

d'Italia zu Hülfe fommen ,

auch dem Re

indeſſen in den Thatſachen läßt fich

vom Ernſt dieſer Beſtrebungen nichts

entdecken,

aus dieſen iſt

vielmehr nur zu ſchließen , daß der S. Martino Alles that , Fich felbft in Sicherheit zu bringen. Gegen die drei Schiffe der Zentrumsdiviſion der italieniſchen Flotte waren die ſämmtlichen ſieben Panzerſchiffe der

öſterreichiſchen

erſten

Diviſion

und

außerdem

öſterreich iſ che şolziciffe in’s Gefecht gekommen. italieniſche Zentrumsdiviſion

drei Die

drei Schiffe gegen zehn – unters

lag und ſte unterlag glorreich.

Ihre einzelnen Schiffe kämpften

Heldenmüthig , der Re d'Italia und der Paleſtro haben , obwohl vernichtet, ihre Stelle in der Geſchichte. Aber was iſt das für eine Führung, die mit einer Uebers legenheit an Schiffen und Kanonen , wie ſie Perſano hatte, eine ſolche Minderheit gegen den ſchwächeren Feind bringt ? welche auf ſolche Weiſe jede Tapferkeit unnüş macht ?

Daß alle übrigen

Schiffe der italieniſchen Flotte ſo gut wie gar nichts thaten , wird fich aus ihren unglaublich geringen Verluſten ergeben. Nachdem wir nun den Kampf der zweiten italieniſchen Divis fion erzählt , vorgreifeud dabei auch des Schickſals des Paleſtro erwähnt haben ,

welches

erſt in

einen

ſpäteren Zeitraum fällt,

müſſen wir von der erſten, dann von der dritten italieniſchen Di viſion ſprechen , dann von dem Einfluſſe, welchen ihr Verfahren auf Tegethoff's Entſchlüſſe äußerte. Die italieniſche Avantgardediviſion

unter Admiral Vacca ,

Schiffe Principe di Carignano , Caſtelfidardo, Anfona , - war - Kurs beinahe Nordoſt - ) länge der linken Flanke der öſterreichiſchen Panzerdiviſion hingeſteuert; wobei

387

verſchiedene Salven gewechſelt wurden.

Dann als der Carignano

über die Linie der Panzerflotte hinaus war , befahl Vacca die Wendung links und Kontremarſch, ging z w iſchen der zwei : ten und dritten öſterreichiſchen Diviſton, derjenigen der ſchweren und der leichten Holzſchiffe, etwa Kurs gegen Weſten nehmend, hindurch, was ihm dadurch erheblich erleichtert ward, daß die dritte öſterreichiſche Diviſion noch nicht gehörig aufgeſchloſſen hatte und behagelte dabei nicht über die zweite öſterreichiſche Diviſion.

Namentlid litt ſchon jeßt das Linienſchiff Raifer ,

Flaggſchiff der zweiten Diviſton, Kommodore B eß . Dann , da Vacca fah , daß alles durch einander ging und das Oberfommando fehlte -- er mochte denken, obgleich dies ſchwers lich offiziell geſagt werden wird, daß Perſano mit dem Re d’Ita lia auf den Boden des Meeres gefunken ſei

gab er das Sigs

nal : formirt ſchnell eine Rielwaſſerlinie ohne euch um den Poſten in der Ordnung zu bekümmern ! Dieſe Kielwaſſerlinie der italieniſchen Panzerflotte wäre von Oft nach Weſt gerichtet geweſen, der Carignano ihr Führer und zwiſchen ihr und lifſa hätte fich nun die Hauptmacht der öſterreichiſchen Flotte befunden, wenn auch dieſe aus dem Gewimmel fich ſammelte. Die Afrie regardediviſion , Kommodore Ribotty , beſtehend aus den Schiffen Re di Portogallo ,

Vareſe

und Maria Pia , als ſie die Zentrumdiviſton engagirt ſah, ftel aus dem Kurs gegen Often nordwärts ab und ſtürzte fich auf die Diviſionen der öſterreichiſchen Holzfchiffe, welche ſo zwiſchen zwei Feuer famen ; Ribotty mit dem Re di Pors togallo, dem die Maria Pia zu Hülfe eilte, wählte fich das Linien ſchiff Raiſer , Rommodore Petz , zum Objekt.

Þeß ließ ſein

großes Holzſchiff, es ſo wie ein Widderſchiff gebrauchend, gegen

26 *

388

die linke Seite des Re di Portogallo mit höchſtem Dampf anrennen und legte ſich dann an die Seite des italieniſchen Schif fes. Indeſſen noch von der Maria Pia angegriffen , ward der Kaiſer übel zugerichtet.

Er verlor ſein Bugſpriet , der Bug ward

zertrümmert, der Focmaſt ſtürzte über den Schornſtein, riß dieſen um und blieb über ihm liegen , ſo daß die Gefahr eines großen Brandes drohte. Unter ſolchen Umſtänden durfte Peß nicht mehr an den Ans griff denken , mußte vielmehr darauf finnen , wie er den „ Kaiſer “ rette. Von den übrigen öſterreichiſchen Holzſchiffen famen beſonders die Novara und der Raddampfer Kaiſerin Eliſabeth in Gefahr. Indeſſen erſchien bald die Hülfe.

Der Re d'Italia war ges

ſunken, der Paleſtro trieb brennend gegen Leſina.

Die öſterreichis

ſchen Panzerſchiffe hatten die italieniſche Zentrumdiviſion unſchäds lich gemacht. Tegethoff ward noch dadurch aufgehalten, daß er einen Theil der Mannſchaften des verſunkenen Re d'Italia zu ret: ten ſuchte, aber wie die offtziellen

öſterreichiſchen Berichte

fagen, wurde er dabei durch den Umſtand behindert, daß die Stas liener auf die ausgeſeßten Boote ſchoſſen.

Die Italiener bes

ſchuldigen dagegen die Deſterreicher, dieſe hätten die Männer vom Re d'Italia , welche auf Schiffstrümmer fich gerettet hatten und mit dieſen herumſchwammen , der Hülfe Harrend, verhöhnt und bes ſchoſſen. Das gewöhnliche Spiel gegenſeitiger Beſchuldigungen, die man ſtets mit aller Reſerve aufnehmen muß, woher ſie auch kommen und gegen wen ſie gerichtet ſein mögen. Es wird eben im Kampfe immer gar verſchieden und gar Verſchiedenes geſehen und die Neis gung , ein einzelnes Faktum als ein allgemeines Verfahren

hinzus

ſtellen , wenn es gerade paßt , iſt ſtets vorhanden . Tegethoff , als er ſeine Panzerſchiffe ziemlich außer Thäs

389 tigkeit ſah, dagegen bemerkte , wie die dritte italieniide Diviſion auf die öſterreichiſchen Holzida iffe logging, gab , um dieſe loszumachen, ſeinen Panzerſchiffen den Befehl, gleichfalls nach Norden zu wenden . Die Panzerreiter des Meeres ſtürzten ſich

auf das Signal

von Neuem in den Kampf, unter deſſen Schuße das linienſchiff Kaiſer gegen Liſſa hin in Sicherheit gebracht werden konnte. Dieſer nun beginnende Kampf iſt nur mit dem Handgemenge von Reiterſchaaren im Landkriege zu vergleichen.

Alles war auf

verhältnißmäßig kleinem Raume durch einander. Geordnet waren nur drei Schiffe, die Vacca in Linie geſams melt hatte

abgeſehen natürlich von dem italieniſchen Holz

geſchwader und von dem Affondatore, der eine weiſe Entfernung liebte. Dichter Pulverdampf hüllte den Kampfplaß ein. Die Verdunkelung, welche dieſer hervorbrachte, und die Beſchränkt heit des Kampfplaßes, welche die Wendungen ungemein erſchwerte, machte es ſehr leicht möglid ), daß Schiffe derſelben Partei an eins ander rannten . Dabei famen nur die verſchiedenen Uniformen der Schiffe, die italieniſchen Panzerſchiffe hatten nämlich grauen , zu ftatten , die öſterreichiſchen ſchwarzen Anſtrich

Denn von den Flaggen war kaum etwas zu ſehen . Bald fühlten beide Parteien das Bedürfniß , den Knäuel zu löſen . Tegethoff ſignaliſirte die Formation in drei Kolonnen , mit Kurs gegen Nordoſt , ſo daß die Panzerdiviſion die nörds lichſte, den Italienern nächſte Kolonne bildete, die beiden Diviſio nen der Folzſchiffe fich aber hinter ihr in den beiden andern Kolonnen ſammelten. Die öſterreichiſche Flotte fain durch die Auss führung dieſes Manövers ungefähr vor den Kanal zwiſchen lifia und leſina zu ſtehen , nordoſtwärts

Liſſa .

Der

Raddampfer

*

390

Eliſabeth erhielt den Befehl, dem Linienſchiff Kaiſer beis zuſpringen. Gleichzeitig

gehorchten

die

noch

thätigen

Panzerſchiffe der

Italiener dem Signal Baccas , fich auf ihn in Kielwaſſerlinie zu ſammeln . Vacca vereinigte bald den Principe di Carignano , Caſtelfidardo ,

Re di Portogallo

und

Vareſe ,

ſpäter kamen hinzu die Ancona ', der S. Martino , zulegt erſt die Maria Pia. Der Kurs dieſer Linie war nach W eft , fie ſteuerte aber langſam , um zuerſt noch den Paleſtro aufnehmen zu fönnen, den man damals noch zu retten glaubte .

Bald, wie wir ſchon ers

wähnt haben, flog dieſer in die Luft. Es war ungefähr zwei Uhr. Die Linie Vaccas ſteuerte nun lebhafter nach Weſten ; das Ges fecht hatte damit ein Ende ; die Linie Vaccas war zu dieſer Zeit etwa 3 bis 4 Seemeilen von der vorderſten Diviſion Teget hoffe entfernt, der Panzerdiviſion. Um 101/2 Uhr waren die erſten Schüſſe zwiſchen dem Principe di Carignano und der linken Flanke der öſterreichiſchen Panzerdiviſion gewechſelt worden .

Der ganze

Kampf hatte alſo ungefähr 4 Stunden gedauert. Wir ſagten, etwa um 2 Uhr war das Gefecht zu Ende. deſſen mit unſerem Berichte find wir noch nicht zu Ende.

In Jeder

mann wird erwarten , daß wir zunächſt noch einige Worte über Perjano und den uffondatore ſagen. Nun , während der ganzen Rampfzeit, die wir als ſolche bes zeichneten , war der Affondatore nicht ein einziges mal in ſeiner eigentlichen Eigenſchaft als Reſerveſdiff und Wids dericiff aufgetreten. Sein ganzes Eingreifen in dieſer Zeit beſtand darin, daß er dann und wann aus großer Entfernung eines der Geſchoſſe feiner Rieſengeſchüße gegen dieſes oder jenes öfters

391

reichiſche Schiff ſchleuderte. Der Raifer ſcheint eines dieſer Ges ſchoffe in den Leib befommen zu haben ,

vielleicht auch der Fers

dinand Max , im Uebrigen haben ſie nur die obern Theile der Bemaſtung und das

Tafelwerk getroffen , welches allerdings

bei mehreren öſterreichiſchen Schiffen ſehr gelitten hatte. Erſt zu dem Zeitpunkt, in welchen wir das Ende des Ram. pfes jeßen, ſehen wir - nach ſeinen eignen Angaben -

den Obers

admiral Perſano wieder als Befeh 18 h aber eingreifen . In

dieſem Zeitpunkt wechſelte die Maria Pia , welche

fich zulegt an die Linie Baccas anſchloß , noch Schüſſe mit den Schiffen des öſterreichiſchen linken Flügels oder ihres Schweifes, wie man es nehmen will, kurz mit den am meiſten weſtlichen. In demſelben Zeitpunkt eilte Perſano mit dem Affondatore hinter Vacca's nach Weſten gerichteter Linie vorbei, ſegte ſich an deren Spiße nachy allen

und

ſo ſchien es wenigſtens

und befahl

den zuverläſſigſten Privatberichten

ſeinen

Bewegungen zu folgen . Das fonnte aber unter den gegebenen Umſtänden

nichts an:

deres heißen, als daß die Panzerſchifflinie den Kampf aufgeben ſolle, denn, wenn ſie Perſano 8 Bewegung nach W eſt en folgte, ſo entfernte fie ich eben von den Deſterreichern. So ward auch Perſano's Befehl aufgefaßt. Zu mehrerer Aufflärung wollen wir indeſſen hier den offiziel. len Bericht, dem mindeſtens hauptſächlich die Angaben Perſano's felbſt zu Grunde liegen , für dieſen wichtigen Zeitpunft wörtlich überſeben und nur mit

einigen Anmerkungen ihn begleiten , um

weitere Schlüſſe zu ziehen. ,, Der uffondatore ( Rommandant Martini) , nachdem er ſeine erſte Kugel gegen das feindliche Admiralſchiff *)

entſendet,

*) Von dieſer ganzen Geſchichte weiß die Gesichte nichts ; fein Deſterreiter,

392

nahm die Richtung zum Anfall auf dasſelbe.

Aber das feindliche

Schiff, welches dieſes bemerkte, lief mit aller Gewalt auf den Mits telbord des Affondatore lo$ ,

der mitten zwiſchen den feinds

lichen Panzerſchiffen hindurch Bord an Bord mit dem Admiralſchiff abftel und auf ungefähr 40 Metres von demſelben eine volle Lage und ein gehöriges Gewehrfeuer empfing, während er mit ſeinem Vordergeſchüß (Buggeſchüß) antwortete. Der Affondatore wen dete links und lief mit ganzer Kraft durch die Linie der öſterreis chiſchen Holzſchiffe *) , welche ſeinem Stoß auswichen , und richtete dann wieder den Bug auf das linienfchiff, welches vom Hintertheil des Re di Portogallo abftel und mit ſeiner rechi, ten längs dem Affondatore hingleitend, deſſen Stoß gleichfalls auss wich. So nun aus dem Pulverdampfe Herausgekommen, zur Rech ten

des

Gefechts

wendete

ſich

der

Affondatore unſerem

gepanzerten Geſchwader zu , und hißte das Signal : den Feind a n ! “ liche

nicht

Greift

und darauf: ,, Doublirt die feind .

Arrieregarde ! “

d. h. den Theil der Panzerſchiffe,

welchen die Maria Pia in Front beſchoß ** ). kein Italiener weiß davon . Der Zeitpunkt des Sauſpiels iſt das große Gemenge ; das öſterreichiſche Admiralſchiff, von welchem hier die Rede iſt, iſt der Kaiſer. Daß der Affondatore dieſem auf 40 Metres vorbeigegangen iſt, iſt ſehr möglich. aber es war ſehr zufällig. Die Schiffe glitten hier einander zufällig noch viel näher vorbei. Die ganze Darſtellung iſt auf die Verdunkelung der Tþatſachen berechnet. Auf einmal taucht der Affondatore wieder auf der Rechten des Gefechtes ( sulla dritta dell'azione) aus dem Rauch auf , was nichts anderes heißt als wohlgeborgen durch Baccas Linie. * ) Die öſterreichiſchen Holzſchiffe find im italieniſchen offiziellen Bericht bes harrlich „bastimenti misti“ genannt ; gemiſchte Schiffe nannte man Anfangs die Schraubendampfer, weil man bei ihnen ſtark neben der Dampfkraft auf die Segel wirkung zählte. Im llebrigen iſt die Benennung i et lange in den þintergrund gedrängt ; fie kann hier nur gebraucht ſein , um die Vorſtellung zu erweden , als ſeien die öſterreichiſchen Schiffe, welche nicht Panzerſchiffe waren, wenigſtens halb e Panzerſchiffe geweſen. **) Von dieſen Signalen weiß außer Perſano Niemand etwas. Alle Schiffe

393

„ Ießt *) ſah der Admiral-Oberbefehlshaber, wie die Holzſchiffe des Feindes mit dem Linienſchiff auf der äußerſten Rechten ſich nach Often wendeten , unter dem Schuß der erſten Gruppe , der Panzerſchiffe, während die zweite Gruppe, die mit aller Macht fich auf ſeiner linken ** ) wieder zu formiren ſuchte, von unſerer Avant garde *** ) bedroht ſchien , welche fich zu ſammeln ſtrebte, um dieſe anzugreifen. In dieſem Augenblick urtheilte der Admiral, daß eine ſchnelle Bewegung den Feind trennen könne , indem man ſich zwis ſchen ſeine Panzerſchiffe und ſeine Holzſchiffe werfe. Er ſignaliſtrte demnach: „ Jagd machen mit Freiheit der Richtung (del camino) und der Manöver ,

Richtung auf die Spiße

der feindlichen Linie" 1) .

von Vaccas Linie haben verſtanden, ſie ſollten ihm gegen Weſten hin alſo ausweichend , folgen. *) Jeßt , - nämlich als Tegethoff mit Kurs gegen Nordoſt ſeine Flotte nördlich vom Kanal von Lifſa in drei Kolonnen wieder ſammelte und die Gegner fich deutlich von einander ſchieden . **) Rechten ! (inken ! Man vermeidet ſchon bei der Beſchreibung von Ereig

niſſen des Landkrieges dieſe unbeſtimmten Bezeichnungen , welche ſtets die Vorſtel lung von zwei Standpunkten vorausſeßen. Im Seekriege , in einem Bericht über Ereigniſſe des Seekriegs follte man das noch viel mehr thun und es iſt ja hier leicht. Dem Admiral Perſano ſcheint alles, obwohl doch der offizielle Bericht ſehr lange auf fich warten ließ und es ſehr leicht geweſen wäre, die Anſchauungen eines Seeſchlachtenmalers, den die täuſchende Perſpektive leitet, in die deutlichen Begriffe aufzulöſen , die der kommandirende Seeoffizier haben muß , die er fich folglich augenblidlich verſchaffen muß, um fommandiren zu können. ***) „ Unſere Avantgarde" , das können nur die drei Panzerſchiffe ſein, welche Vacca urſprünglich unter ſeinem Kommando hatte. Es iſt ſchwer zu glauben, daß es auch nur ſo wſcheinen " konnte , als bedrohe Vacca jeßt die öſterreichiſche Linke , da er vielmehr mit vollem Recht darauf bedacht war , die disponibeln Schiffe zu ſammeln , um die Ordnung herzuſtellen. * ) Von dieſem Signal weiß wieder außer dem offiziellen Bericht Niemand etwas. An wen gab außerdem Perſano die Signale ? Aus ſeinem eigenen Bericht, dem freilich wohl mit Abficht alle Präziſion des Ausdrucks benommen iſt, muß gefolgert werden , daß er ſie an das Geſchwader Albini's , das Geſchwader der

394

„ Der Principe Umberto (Kommandant Wilhelm Actor ) richtete ſich zuerſt gegen die öſterreichiſche Flotte und auf Schuß weite herangekommen eröffnete er das Feuer , welches das ganze feindliche Geſchwader beantwortete.“ „ Der Uffondatore fehrte

nun zur

Flotte * ) zurück,

um Alen das Signal zur Jagd zu zeigen und deſſen ſofortige Ausführung zu fordern.

Indeſſen der günſtige Moment war

vorüber, da es dem Feinde gelungen war, ſeine Holzſchiffe zu decken und die . Panzerſchiffe hinter ihnen zu vereinigen **).

„ Der Oberadmiral gedachte daher die ganze Flotte neu zu ordnen , um ſie wieder zum Angriffe vorzuführen. Auch der Feind ordnete fich wieder , Bug nach Norden ***) , die Panzerſchiffe zur linken

und

wendete

ſich

darauf mit

Contremarſch

links

gegen

Lifja +) . Um 3 Uhr 20 Minuten war die Flotte in der Formation

Bolzſchiffe richtete. Und nun ſoll geſagt werden, daß dieſes Geſitwader gehorchte , an der Spiße der Principe Umberto. Aber nach allen nicht zugerichteten Rappor ten ſcheint es, daß der Principe Umberto lediglich auf eigne Fauſt oſtwärts ſteuerte, um die Schiffbrüchigen vom Re d’štalia zu retten . *) Zur Flotte ? Soll heißen zu den von Vacca verſammelten Panzerſchiffen ; denn vorher hatte fich Perſano mit dem Affondatore eben entfernt in der Rich tung auf das Holzgeſhwader unter Albini hin, alſo weſtwärts, jeßt fehrte er nad Oſten zurück, um auch die Panzerſchiffe zur Jagd , alſo zur Verfol gung , die man ſonſt gewöhnlich nur nach einem Siege unternimmt, aufzufor dern. Wieder weiß Niemand etwas davon. Das Ungenaue des Ausdruckes fält hier überall ſehr unangenehm auf. Man muß vermuthen , daß alle die Signale, von denen hier Rede iſt, im Gehirne des Admirals Perſano ſtecken blieben, auch jenes , welches er gab, als er erfannte, daß der günſtige (opportuno) Mo ment vorüber war. ** ) Die Folzſchiffe wurden gerade umgekehrt von den Panzerſchiffen gedeckt. ***) Genauer nach Nordoſten. Dteſe kleinen Abweichungen find aber hier frei= lich ſehr verzeihlich, da die genaue Richtung einer Flotte aus der Ferne nach dem bloßen Augenſchein ungemein ſchwer zu unterſcheiden iſt. +) Diejen Contremarſch in der Richtung von Nordoſt nata Südweſt führte begreiflicher Weiſe , wie es bergebracht iſt, jede der drei öſterreichiſchen Rolonnen

395

in zwei Kolonnen *) neuerdings

der

Das Geſchwader der Holzſchiffe, in welchem

Principe

Umberto

ſeinen

nommen hatte , ftand zuir rechten , Bug gegen Liffa.

Poſten

einges

Der Affonda

tore ſtand an der Spiße der Kolonne und richtete ſich gegen das feindliche Geſchwader, gegen welches er ſeine Artillerie ſpielen ließ, während dieſes ſeine Bewegung zwiſchen Liſſa und Leſina fortſeşte “. Kurz, noch einmal, fecht zu Ende ,

um 2 Uhr Nachmittags war das Ges

von allen den ſchönen Manövern , welche der

italieniſche offizielle Bericht erwähnt , bemerkte Tegethoff nicht einmal etwas .

Er fah nur im weſentlichen , daß die italieniſche

Flotte ſich nach Weſten entfernte und

da ſah er recht.

Kugeln, welche der Affondatore , nachdem er ſich

Die um den

Rüdzug anzugeben -- an die Spiße der Holzſchiffe der italieniſchen Flotte geſegt hatte , noch auf fünf Seemeilen Diſtanz entſendete, bemerkten die Deſterreicher nicht. Es war genug , daß die beiden Abtheilungen der italieniſchen Flotte, freilich anfangs langſam ſteuernd und folglich noch bis zur - Nacht in den Gewäſſern von Liffa verbleibend, ſich doch ganz ent ſchieden aus dieſen Gewäſſern entfernten .

für fich aus , ſo daß die Panzerdiviſion , wie fle in der neuen Formation (wie in der alten) die nächſte am Feinde war, es auch blieb. *) Hier iſt wieder alles unklar. Von Anfang an war die italieniſche Flotte in zwei Kolonnen , aber jeßt ebenfowenig als im Beginne in dem gewöhnlichen Sinne dieſes Wortes. Sie war nicht in zwei parallelen Kolonnen , ſondern file war getrennt in zwei Abtheilungen , die gar nichts mit einander zu thun hatten , die Abtheilung der Panzerſitiffe, die jest Vacca gehorchte und allmälig weſtwärts ſteuerte, die Abtheilung der Holzſchiffe , welche fich anfänglich von Nordweſt gegen Südoſt auf Liſſa richtete und an deren Spiße fich freilich jeßt der Affon datore ſeşte , aber mit feinem Gedanken an einen Angriff, ſondern nur, damit Perſano dieſes koſtbare Schiff, welches nur beim Rückzug leitete , auch noch mit einigen, das Urtheil irre führenden ungenauen Redensarten, die dem großen Pub lifum falſche Vorſtellungen erweckten , in den Schlachtbericht hineinbringen könne.

396

Ganz abgeſehen von allen anderen Umſtänden hätte Tegethoff an eine Verfolgung der Italiener ſchon deshalb nicht denken können , weil ſeine Schiffe den italieniſchen in der Durchichnitts. geſchwindigkeit

durchaus

nicht gleich

kamen.

Am

Morgen des

20. Juli, als er wollte die Diſtanzen in den Diviſionen und zwis ſchen den Diviſionen ſchließen laſſen ,

mußte er eine allgemeine

Geſchwindigkeit von fechs Knoten ( recho Seemeilen oder

15,000

Schritt in der Stunde) ſignaliſiren . Als es demnach ſicher war, daß die Italiener ſich nach An con a hin entfernten ,

noch bis zur Abenddämmerung entdeďte

man ihre Schiffe am orizont, während am 21. Juli Morgens nichts mehr von ihnen zu entdecken war , - ließ Tegethoff feine Flotte in den Hafen von Liſja einlaufen ,

einerſeits , um nicht

unnüß die Kohlenvorräthe der Fahrzeuge zu verſchwenden ,

welche

aus den Depots von Liſſa nur ſchwer zu erſeßen waren , anderers ſeits damit die Fahrzeuge die Möglichkeit erhielten , ihre Schäden auszubeſſern. Ueber dieſen Ausbeſſerungen ging faſt der ganze 21. Juli hin . Unterdeſſen freuzten der Dalmat " und die Kaiſerin

Eliſabeth "

vor dem Hafen von S. Giorgio

und retteten noch manchen der Schiffbrüchigen von den unterges gangenen italieniſchen Schiffen Re d'Italia und Paleſt ro. Einen lato ;

Aviſodampfer

ſendete Tegethoff ſofort nach Spa -

von da wurde telegraphiſch nach Wien berichtet.

Wien fam augenblicklich ein Telegramm des Kaiſers:

den Sieg und die Ernennung Tegethoff's zum Vizeadmiral. Dampfer Venezia

brachte von Spalato

Von

Dank für Der

dieſe Botſchaft und

nahm dafür die transportabeln Schwerverwundeten auf , um fie theils nach Spalato ,

theils

nach Zara

zu

bringen.

Die

Todten wurden auf Liſſa beſtattet , die nicht transportabeln ſchwer Verwundeten in den Spitälern der Stadt untergebracht.

397

Am 21. Abends war auch das Linienſchiff Raifer wieder

x

hergeſtellt; da es nun feſtgeſtellt war , daß die Italiener die Gewäſſer von Liffa völlig verlaſſen hätten, ſtach am Abend zwiſchen 8 und 9 Uhr auch Tegethoff mit ſeiner ganzen Flotte, an wel . der fein Sciff fehlte , wieder in See , um fich nach der Rhede von Fafana zurückzubegeben . Die Mannſchaftsverluſte der Deſterreicher waren nicht unbes deutend , der „ Kaiſer “ allein hatte 22 Todte , 82 Verwundete, 1/8 ſeiner Mannſchaft verloren . Viel bedeutender allerdings waren die Mannſchaftsverluſte der Italiener, ſie werden auf 900 M. angegeben. Davon kommt aller ding8

der

weitaus

d'Italia

größte Theil

und den

Schiffe verloren ,

auf den

untergegangenen Re

aufgeflogenen Paleſtro.

Ale übrigen

was unter den gegebenen Umſtänden

nicht

beſonders für ſte ſpricht, zuſammen nur 8 Todte und 40 Vers wundete, worunter 4 Offiziere.

von der Mannſchaft des untergegangenen Re d'Italia wurden im Ganzen nur 172 M. gerettet , wenn man , wie dies ſonderbarer Weiſe im offiziellen Bericht geſchehen, Perſano und die drei Begleiter , welche er mit ſich auf den Affondatore hinübers nahm, auch einzählt. Die meiſten Schiffbrüchigen rettete der Prins cipe Umberto, eine kleinere Zahl ward vom Meſſaggiero, der Stella d'Italia und dem Affondatore aufgenommen . Von der Mannſchaft des verbrannten Paleſtro famen nur 16 M. , worunter ein Offizier mit dem Leben und der Freiheit davon.

In den erſten Tagen nach der Schlacht von Lifja ward den Italienern von offizieller und nicht offizieller Seite dieſelbe als ein großer Sieg , den die italieniſche Flotte erfochten habe , dargeſtellt:

danach hatte dieſe den Kampfplaß behauptet

,

398

und war nur hinweggeſteuert, als längeres Verweilen vor Liſſa gänzlich

überflüſſig

geworden

war ;

dan ach

hatten

auch

die

Defterreicher mehrere Schiffe verloren , unter denſelben ihr Linien. chiff Kaiſer. Vier Tage lang bejubelte Italien den Sieg von Liiſa und ſah in ihm eine Satisfaktion für Cuſtoza, freute ſich der ans geblichen Erfolge ſeiner ſtarken, mit ſo großen finanziellen Opfern hergeſtellten Flotte , freute ſich dieſer Opfer ſelbſt, da fte ein ſo Herrliches Reſultat gehabt hatten. Nun aber fam der hinkende Bote nach : ſo verklauſulirt immer auch die folgenden Berichte ſein mochten , die Thatſachen traten doch für jeden , der ſich nicht abſolut die Augen verbinden mochte, flar genug hervor. Sie waren dieſe: Tegethoff hatte Liſſa entſegt , die Jtaliener hatten es nicht erobert. Perſano hatte die Gewäſſer von Liſja noch in der Nacht vom 20., dem Schlachttage, auf den 21. geräumt , vollſtändig, und hatte den Kurs nach dem Sicherheitshafen von Ancona genommen . Die Oeſterreider hatten fein einziges Schiff verloren ; denn obgleich ihr Linienſchiff Raiſer in Hartem Rampf übel zuges richtet worden war, war es doch durch die unverdroſſene Kühnheit feines Kommandanten, aller Offiziere und Mannſchaften und durch die rechtzeitige Hülfe, welche der kommandirende Admiral gewährte, vor dem Untergange bewahrt worden.

Dagegen hatte die italieniſche Flotte zwei ihrer ſchön ſten Panzerſchiffe, Re d'Italia und Paleſtro, wirklich und

un

zweifelhaft in der Schlacht verloren , mit vielen tapferen Männern an Bord, und verlor noch ein drittes , ihren Stolz, den Affon . datore , welcher im Hafen von Ancona nach der Rücfehr ſanf. Man hoffte den Affondatore wieder zu heben .

Aber daß er

399

gerade dort im Hafen geſunken war, erſchwerte die Sadylage. Was brachte ihn zum Sinken ?

War es nicht dieſem oder jenem zum

Vortheil und erwünſcht, daß er , dieſer Affondatore, dieſes in der elften Stunde zum Flaggſchiff erkorene Fahrzeug, ſanſ ? Unter der Wucht dieſer nicht zu verbergenden und nicht zu verdeckenden Umſtände

entrang

fich

der

Bruſt des

italieniſchen

Volfes ein Schrei des Entſegens, ein Ruf um Rache ! Man verlangte eine genaue Unterſuchung, ein Strafgericht über die Schuldigen. Sündenbod.

Man

Alles richtete die Augen auf Perſano als erzählte von ihm die unglaublichſten Dinge,

Z. B., daß nach ſeiner Rückkehr in den Hafen von Ancona es ſein erſtes Geſchäft geweſen ſei, zu fordern, daß ihm fein reiches golds gerändertes Porzellanſervice, - welches mit manchem tapferen itas lieniſchen Seemann zugleich

auf dem Re d'Italia

in

den

Grund des Meeres verſunken war , und ein foſtbarer Parfumeries behälter, der ſich in dem gleichen Falle befand, erlegt werde. Die vielen Züge von Tapferkeit, welche von einzelnen lieniſchen

Kommandanten und

Matroſen

nicht minder

als

ita von

öſterreichiſchen mit voller Wahrheit erzählt werden konnten, und von der offiziellen italieniſchen Preſſe aufgetiſcht wurden , um die Auf merkſamkeit des Volfes von dem entſcheidenden Punkte abzulenken, erfüllten in ihrer Zubereitung und bei der leicht erkennbaren Ab ficht durchaus nicht ihren Zweck. Im Gegentheil ! je mehr man die Tapferkeit, die Fingebung , die Umſicht der unteren Führer und Mannſchaften anerkannte, deſto größer ward die Erbitterung gegen die oberſten Befehlshaber und ein ſtrenges Strafgericht ward vers 'langt über diejenigen , welche ſo viel Tapferkeit, Hingebung und Umſicht, wie es ſchien , muthwillig geopfert hatten. Die Regierung konnte nicht

ausweichen . Ein Kriegsgericht

über Perſano mußte angeordnet werden , und Perſano reiste

400 am 30. Juli von Ancona nach Florenz ab , um ſich diejem zu ſtellen , wohl wiſſend, daß es ihm feine Unannehmlichkeiten ernſter Art bereiten werde .

Die Klagen gegen Perſano wurden in die

nachfolgenden vier Punkte formulirt , die wir zur Erbauung der Betheiligten und Unbetheiligten wieder mit einigen Bemerkungen begleiten wollen , welche zugleich den Abſchluß unſerer Darſtellung bilden . 1. ,, Wie fonnte es der Flotte nach den bekannten ungeheuren Ausgaben für ſie am nothwendigen Material , naments lich auch an der erforderlichen Artillerie armirung fehlen ?“ Darauf hätte man nun ſehr leicht erwidern können und ſehr richtig , nämlich dieſes : das kommt von eurem nichtsnußigen Sy ſtem des Nepotismus in der ganzen Verwaltung , daher , daß ihr die unbrauchbarſten Menſchen zu Dußenden anſtellt in einem Amt , wo ein tüchtiger Mann vollſtändig ausreichte , daher , daß euer ganzer Regierungsmechanismus darauf eingerichtet iſt , nicht Beamte für die Befriedigung des Volfs und ſeiner Bedürfniſſe zu haben , ſondern Aemter zu ſchaffen für eure Günſtlinge

und

die

Günſtlinge eurer Günſtlinge, daher, daß dieſes Nepotenſyſtem die Staatsgelder

auffrißt und zur Befriedigung der Staats

bedürfniſſe nichts von ihnen übrig bleibt. Aber Perſano , – eine der Hauptſtüßen des Verwaltungs, Repotismus und Satrapismus

konnte der auf ſolche Weiſe

antworten ? Seine vorausſehbaren Richter waren übrigens in dem gleichen Fall.

Er mußte ſich mit ihnen jedenfalls durch einen

Blick darüber verſtändigen fönnen, daß dieſe partie honteuse nicht zu berühren ſei, wenn er dafür auch wieder geſchont, und über die Schonung hinaus – verherrlidt werde . Für Alles, was er verſäumt hatte , verdiente er den Lorbeerfranz, weil das durch nur verdeckt wurde , was ſeine moraliſchen Kompagnons zu

401

größerem Ruhm ihres Beutels ſeit Jahren verſäumt und vers dunfelt hatten . 2. „ Warum hat Perſano Lilſa , und nicht Pola angegriffen , da doch das eigentliche Kriegsobjekt 3 ſtrien war ?" Dieſe Frage und Klage beruht auf einem großen politiſchen Irrthum . Wir glauben hinlänglich durch alle unſere vorhergegange nen Betrachtungen gezeigt zu haben , daß

wenn Iſtrien

über

haupt im Allgemeinen ein vernünftiges Kriegsobjekt Italiens ſein konnte (was wir entſchieden negiren) , es nach der Einmiſchung Napoleons III , alſo ſeit dem 4. Juli , im Speziellen ein ſolches nicht mehr ſein konnte, daß auch ſeitdem die italieniſche Regierung Iſtrien durchaus nicht mehr ernſtlich als Kriegsobjekt behandelte. Was dieſen Punft betrifft, fonnte Perſano fich jedenfalls leicht durch poſitive Befehle ſeiner Regierung reinigen , wenn er es wollte oder überhaupt eine ſolche Kraftanſtrengung für nöthig hielt. 3. „ Warum hat Perſano fich vom Admiralſchiffe Re d'Italia an Bord des affondatore begeben und auf dieſe Weiſe alle Bewegungen der Flotte gehemmt ?" Dieſe Frage, wie man ſieht, iſt mit bedauernswerth geringer Präziſion geſtellt. Wir haben ſie bereits viel präziſer formulirt, das bei nachgewieſen , welche Nachtheile dieſe Ueberſiedelung gerade in dem gegebenen

Moment

und unter den gegebenen

Umſtänden haben mußte. Für die Ueberſtedelung einen vernünf tigen Grund aufzufinden, war uns unmöglich. Den Grund, wels den die italieniſchen Journale

faſt ohne Ausnahme

an

führten, Perſano habe ſeine Perſon möglichſt in Sicherheit bringen wollen, haben wir nur erwähnt, ohne uns irgend ein Urtheil über dieſe freilich abſcheuliche Anklage zu erlauben. 4. „ Warum hat Perſano, da er doch die Angriffspläne des Gegners fanuts, durch die gleichzeitigen Rüſtow , d. Krieg. 1866.

Angriffe auf Porto 27

ń

402

S. Giorgio , Porto Comiſa und die Landu n g 8 vers ſuche die Flotte getheilt ? " In dieſer Frage

liegt unſeres

Erachtens

der Schwerpunkt

aller Anklagen , die wegen der Seeſchlacht von Liſſa

gegen

Perſano erhoben werden können . Daß die Oeſterreicher einen Verſuch zum Entſaß der Inſel Liffa machen würden , das fonnte Perſano nicht blos " vorauss feßen, das mußte er nicht bloß nothwendig annehmen, das wußte er , wie vollſtändig durch ſeine eigenen Berichte , ganz abgeſehen von allem andern fonſtatirt iſt. Von ſeinen Panzerſchiffen , zwölf , brachte er nur zehn ins Gefecht, wenn man den Affondatore und die Vareſe hinzurechnen Die Formidabile war dienſtunbrauchbar vom vorigen

will.

Tage her, die Terribile war nach Porto Comiſa abgegangen ; eben dahin war die Vareſe beſtimmt, welche jedoch noch am Kampfe Theil nahm. Von den Holzſchiffen der Italiener fam fein einzige 8 ins Gefecht, mindeſtens ins ernſte Gefecht, und dieſes muß um ſo übler auffallen, wenn man erwägt, welch ſchönen , obwohl unſerer Anſicht nach keineswegs vollkommenen Gebrauch Tegethoff von ſeis nen Holzſchiffen zur Unterſtüßung der Panzerſchiffe machte,

wenn

man ferner erwägt, daß Albini mit dem Geſchwader der Holz ſchiffe in den Momenten, die unmittelbar dem Beginn des Gefecha tes vorangingen , nur höchſtens 4000 Schritte von dem Panzers geſchwader entfernt war , nung,

wenn man

annimmt, die ſtunde

auch

geringſte ,

alſo nach

aller

menſchlichen

Berech

nur eine Geſchwindigkeit von 6 Anoten die man ſeben darf,

die Panzerſchiffe unterſtüßend

in einer Viertel

an Ort und Stelle

ſein konnte ; wenn man ferner erwägt, daß die ganze Nordküſte der Inſel Liſſa, vor welcher das Gefecht fich bewegte, nicht länger als

403

17,000 Schritt iſt, 7 Seemeilen, eine Entfernung, die von einigers maßen ſteuernden Fahrzeugen in einer kleinen Stunde zurüdgelegt wird und die nicht einmal zurückgelegt zu werden brauchte von den meiſten der italieniſchen Holzſchiffe, wollten fie überhaupt der Pan zerflotte zu Hülfe fommen . Dabei dauerte das Seegefecht zwiſchen den Panzerſchiffen der Italiener und der öſterreichiſchen Flotte doch ungefähr vier Stun den, wie wir geſehen haben. Wem ftelen hiebei nicht des großen Albini Leiſtungen an den Küſten Siziliens im Jahre 1862 ein ? Damals ſagten die „ Gebildeten “, d. h. diejenigen Leute, welche es nicht gerne mit irgend Einem verderben, ſo lange fie nicht wiſ, ſen , daß fie es ganz gefahrlos thun fönnen , Albini habe Garis baldis Uebergang nach Kalabrien begünſtigt. Würden ſie jeſt nim wohl ſagen wollen : Albini. habe darauf hingearbeitet, daß Þerſano von den Oeſterreichern geſchlagen werde ? Eine böſe Frage ,

deren Beantwortung

wir gerne Andern

überlaſſen . Unter denen , welche mit dem Re d'Italia untergingen , war auch der Deputirte Boggio , wahrhaftig un 8 keine ſympathiſche Figur. Aber es war ein ehrlicher Mann, und als ſolchem muß ihm hier ein Denkmal geſegt werden.

Er hatte fich auf die italieniſche

Flotte begeben, um von deren erwarteten Siegen zu berichten. Am 20. Juli zog er ſeine Nationalgardeuniform an, um als See ſoldat zu fechten.

Er weigerte fich , Perſano auf den Affondatore

zu begleiten, und ging brav mit dem Schiffe unter, auf welches er fich mit den Pflichten und dem Bewußtſein eines einfachen Käms pfers begeben hatte.

404 c . Vorrüden Cialdint's in Venetien . Waffenſtillſtand. Während M edici in die Valsugana eindrang, Pers fano bei Liſſa eine mehrere Tage verheimlichte, Anfangs ſogar in einen Sieg verfehrte Niederlage erlitt , räumten die Defter . reider , bis auf die Feſtungen , Venetien.

Nach und nach

zog ſich Maroidy ich hinter die Piave , die Livenza , den Ta , gliamento , überall die Eiſenbahnbrücken ſprengend, und ends lich an den 31onzo zurück. udine und O lo po wurden von den Deſterreichern in der * Nagit vom 21. auf den 22. Juli und am 22. Juli geräumt. Das Zentrum Cialdini's ,

das iepige 7. Armeekorps unter

Cadorna und das 6. unter Brignone folgte ihnen . Udine ward am 24. von den Italienern beſegt und am * 26. Juli verlegte Cialdini ſein Hauptquartier dahin.

Palmas

nov a blieb wie die Feſtungen des Quadrilatero von den Defter: reichern beſeßt. Es hatte eine Garniſon von ungefähr 3500 M. Von ſeinem linken Flügel ſchob Cialdini neben der Diviſion Medici, deren Thätigkeit wir genügend verfolgt haben , Abtheiluns gen theils über Valdagno , Recoaro und Sdio gegen Roveredo , theils an der obern Piave über Belluno

und

Auronzo gegen die Alpenpäſſe nach dem Puſterthal vor.

İm

Cadore ſammelten fid Abtheilungen von Freiwilligen, mit der Abficht, fich dem regulären italieniſchen Heere gegen die Deſterreis cher anzuſchließen . Auf dem rechten Flügel Cialdini's zog Cugia fchwere Ars tillerie heran , um die Forts

Brondolo

por

Chioggia und

Malghera vor Venedig zu beſchießen , in Erwartung

Per

ſano's , von welchem man vermuthete und hoffte, daß er mit Lifſa bald zu Ende gelangen und dann Venedig von der Meers feite her angreifen werde .

405 Die Reſerven Cialdini's, voran das 3. Korps, della Rocca, rüdten unterdeſſen über den Po.

Am 22. zog die erſte Diviſton

des 3. Korps , Prinz Humbert , mit Jubel empfangen , in Efte ein , am 28. breitete fte ſich bis Vicenza aus. Das Korp8 della Rocca's war beſtimmt, Verona und legnano zu beobs achten, zu beſchäftigen, ihre Garniſon von andern Punkten abzuziehen. Nachdem zwiſchen Preußen und Deſterreich eine Wafs fenruhe vereinbart war , die vom 2. Auguft ab in einen Waffen ſtilſtand übergeben ſollte, trat dieſelbe auch zwiſchen den Italienern nd Deſte rreichern ein.

Wir haben bereits geſehen , wie zwiſchen

Medici und Kuhn die betreffenden Verträge ſchon am 25. Juli abgeſchloſſen wurden . - Im Oſten

Venedigs fam es dagegen

noch am 26. Morgens zwiſchen Visco und Verſa zu einem heftigen Zuſammenſtoß der Vortruppen Cialdini's einerſeits ,

Ma

roichiche andererſeits. Nun trat auch hier die Waffen ruhe ein ,

aber fie

blieb lange Waffenruhe von acht zu acht Tagen verlängert , ehe ſite in einen Waffenſtilſtand verwandelt ward , welches erſt am 12. Au guſt geſchah . Italien wollte ſich dem von Preußen abgeſchloſſenen Waf fenſtillſtand anſchließen unter folgenden Bedingungen : 1. Die Truppen halten während des Waffenſtilſtandes die Poſitionen befeßt, welche ſie jest inne haben. 2. Das Gebiet Venetiens wird ohne Bedingungen und ohne Ausgleichungen mit Italien vereinigt (nach anderer Verſion : direkt an Italien abgetreten )

3. Volksabſtimmung. 4. Verhandlungen über die Reftifikation der Grenzen werden für die Friedensverhandlungen vorbehalten. Dieſer vierte Punft machte die meiſten Schwierigkeiten , von

406

italieniſcher Seite war es dabei , wie man wohl erkennt, haupts fächlich auf Südtyrol gemünzt.

Die Schwierigkeiten wurden

indeſſen durch präziſe Erklärungen Frankreich : ſowohl als Preußens ziemlich raſch beſeitigt. Ueber die Demarkation 8 linie an der öftlichen Grenze Venetiens wurden die nothwendigen Verabredungen am 29. Juli getroffen und zwar auf Grund der Stellungen , welche die Pars teien am 25. Juli Morgens 4 Uhr inne gehabt hatten . Die Ver handlungen wurden zu Ponte Brazano am Judrio bes gonnen , zu Sant Andrat beendet . Die Linie des Judrio ward im Allgemeinen als Demarkationslinie angenommen , die Straße von Görz nach Palmanova blieb den Deſterreichern frei. Sobald dieſe ihren Waffenſtilſtand mit Preußen geſchloſſen hatten und außerdem wußten, daß Preußen die Anſprüche Italiens auf Südtyrol nicht unterſtüßen werde , ſchoben fte das aus alss Rodich

Italien an die Donau gezogene 5. Armeekorps

f

bald über Salzburg wieder nach Tyrol. den lebten Tagen des Juli.

Bartung

wurde auch das 9. Korps an die Donau beordert

Ties geſchah noch in

In den erſten Tagen des Auguſt

wieder über

gleichfalls vorher

G r äß und Laybach

an den Iſonzo zurückgeſchoben . Alle

italieniſchen

Truppen

wurden

alsbald

aus

Südtyrol

zurückgezogen. Um zu zeigen, wie unzuverläſfig das Auftreten der italieniſchen Regierung nach allen Seiten hin von Beginn des Krieges ab, bes ſonders aber in der Frage Südtyrols war , mögen hier noch einige wohlverbürgte Einzelheiten ihren Plaß finden . Bei Gelegenheit, da wir die Schlacht von Cuſtoza erzähl ten , haben wir ſchon darauf aufmerkjam gemacht, in eine wie tiefe Muthloſigkeit und Niedergeſchlagenheit, welche durch die materiellen

407

Verluſte in dieſem Grade nicht gerechtfertigt war, das italieniſche Hauptquartier

durch

den Ausfall

jener

Schlacht verſeßt ward,

und wir haben an den Thatſachen gezeigt , wie Lamarmora ſchon fehr

früh

im

Verlaufe der Schlacht völlig

den Kopf verloren

haben mußte. Dies wird nun in flarſter Weiſe dadurch beſtätigt, daß Las marmora unmittelbar nach der Schlacht an Garibaldi telegraphicte : „Nicht gut zu machendes Unglü

!

(disastro irreparabile ),

decken Sie den Rückzug und Brescia !" und an ialdini: „Nicht gut zu machendes Unglüd ! decken Sie die Haupts ſtadt ( Florenz) !"

Von mehreren Seiten wird behauptet, Lamarmor a babe dieſe Telegramme entſendet, um das Volk wie die Armee der fran zöfiſchen Intervention günſtiger zu ſtimmen und ihre Anforderungen an die Erfolge dieſes Krieges von vornherein herunterzuſchrauben. Dies iſt uns unwahrſcheinlich : denn obwohl allerdings die frans zöſiſche Intervention längſt angetragen war, obwohl wir auch völlig überzeugt ſind , daß die italieniſche Regierung entſchloſſen war, fie freudigſt anzunehmen, ſobald ſte fäme , trat doch der Moment, da dieſe Intervention Boden gewann, an's Licht zu kommen, erſt nach der Schlacht von Röniggräß , alſo zehn volle Tage nach der Schlacht von 6 uſtoz a ein. Nachdem C i aldini den Po überſchritten und Rovigo bes feßt hatte , erhielt er , ſowie Garibaldi , den perſönlichen Beſuch Ricaſoli's.

Der

Miniſterpräſident

ſagte

beiden

Generalen

übereinſtimmend : die Diplomatie erfenne nur vollendete Thatſachen an , beide möchten fich alſo beeilen ,

Trient zu nehmen ;

die

Diplomatie werde dann den Befiß anerkennen . Kaum aber waren Garibaldi und Medici in Südtyrol eins

408

gebrochen, als die Mahnungen von Paris , den Waffenſtilſtand abzuſchließen, dringend wurden und zugleich von dort aus verfündet ward :

die Italiener

ſollten

ſich

feine Rechnung

auf Südtyrol

machen, fte würden dasſelbe nicht empfangen und in dieſem Punkt weder von Frankreich, noch von Preußen unterſtüßt werden. Darauf telegraphirte auf Befehl des König& Ricaſoli an Medici und an Garibaldi , dieſelben möchten ſich augens blidlich aus Südtyrol zurüdziehen , geſchloſſen und

an Medici

der Waffenſtilſtand ſei abs

ergingen noch überdies Telegramme

dringendſter Art : Garibaldi ſei bei Bececca auf & paupt ges ſchlagen , er ſei im vollen Rückzuge und Medici würde ſich allein dem Angriffe der geſammten öſterreichiſchen Macht in Tyrol auss geſeßt ſehen. Nachdem nun Tyrol von den Italienern geräumt war , wäh. rend der unſichern Waffenruhe, erhielt Garibaldi durch Vermitts lung eines Offiziers ſeiner Guiden eine ſonderbare Mittheilung. Der Oheim des genannten Offiziers, Graf M., ein Konſervativer, ausgewanderter Trientiner, ſchrieb au ſeinen Neffen : er habe mit dem Prinzen Napoleon und mit V i8 contis V en oſt a zu Ferrara geſprochen und dieſe hielten es für zwedmäßig, daß Garibaldi einige Hundert ſeiner Freiwilligen als Bauern vers fleidet in’8 Trientiniſche ſende, wo dieſelben einen Bandenkrieg beginnen müßten , als handle es ſich um eine inſurrektionelle Er hebung der Südtyroler gegen Deſterreich. den Friedensverhandlungen

Man würde dann bei

auf dieſe Inſurrektion hinweiſen

und fte geltend machen fönnen , um ein Stüd Südtyrol für Italien zu erwerben . Es iſt wohl

etwas ſehr ſtarf,

enthuſiaſtiſche junge Leute,

die man eben verhindert hatte , als ehrliche Soldaten zu fämpfen und zu fallen , nun zu einem Brigandenkrieg verwenden , fie eins

409

fach dem Spidfal ausfeßen zu wollen , als Räuber gehängt zu werden ! unglaublich geradezu ſcheint uns , was uns doch der .

fichert wird , daß Garibaldi fich dieſer Prozedur nicht abgeneigt erklärt, ſondern nur für ihre Ausführung Maßregeln vorgeſchlagen habe , die jede Kompromittirung des italieniſchen Gouvernements verhindern ſollten .

Nadträgliche Bemerkung : Auf den Seiten 366 und 368 find Un richtigkeiten ſtehen geblieben, die wir den Leſer hienach zu forrigiren bitten : Porto Manego, wo Albini urſprünglich landen ſollte, liegt an der Südoſtede der Inſel, füdlich vom Safen von S. Giorgio. Porto Carobert oder Rarober liegt im Nordoſten der Inſel, nahe beim Bafen von S. Giorgio und weſtlich von dieſem .

27 *

4.

Briersche Staaisi kuuek MÜNCHEN

C

T 1

ISSA

am

20 Juli

1866 . KARTE V

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Lippo Pellegri Canno di lesina di Volnjak :Somke samme 1.Clemente(leme im 6 Marinkovic Isole Spalmadore -Carall

Bayerische Staatsbibliothek MÜNCHEN

!

Der

in

Krieg

von

Deutſchland

1866

und

Italien .

Vierte Abtheilung. Leßte Ereigniſſe auf dem nordöftlichen Operationstheater. Ende des Kriegs.

Anhang.

I. Ereigniſſe auf dem nordöſtlichen Operations theater bis

1.

Rückzug

von der Schlacht von Königgrät zum Eintritt der

der

Oefterreicher

Waffenruhe.

auf Olmüß

und

Brünn.

Vormarſch der Preußen auf Olmüş , Brünn

und Iglau.

Zum größten Theil in voller Unordnung waren am 3. Juli von dem Schlachtfelde von Königgräß die Deſterreicher an's linke Elbufer zurüdgegangen .

Am 4. Auguft ordnete Benedek

ſeine geſchlagenen Truppen und zog dann in Eilmärſchen mit der Hauptmacht nach dem 17 deutſche Meilen

entfernten

Imü ß

und deſſen verſchanztem Lager ab ; nur das 10. Armeeforp8 , wels dhes nunmehr einer beſonders ſtarken Auflöſung verfallen war und die Reiterdiviſion des Prinzen von Sd1 e 8 wig -Holſtein wurden auf Brünn geſendet, um ſich von dort weiter direkt nach Wien zurückzuziehen und hier mit den aus Italien herbeibeorders ten Armeekorps am Donaulauf und in den Florisdorfer Verſch anzungen zu vereinigen. Die Eile des Rückzugsmarſches war den öſterreichiſchen Korps nicht beſonders förderlich. Man hätte erwarten ſollen, daß Benedet eine bedeutende Arriergarde in dem mähriſchen Gebirge zurück laſſe, welches Böhmen , das er verließ , von Mähren trennt, wohin er ſich begab. Dieſes Gebirge iſt zwar nicht hoch, ſeine Kämme und Gipfel 28 Nüftow , b. Krieg. 1866 .

m

412

erheben ſich auf der Linie , auf welcher es die Preußen mit ihrer Hauptmacht aller Wahrſcheinlichkeit nach überſchreiten mußten, nur 1500 bis 2000 Fuß über den Meeresſpiegel, alſo nur höchſtens tauſend Fuß über die Thalſohlen der Flüſſe,

aber das Gebirge

iſt unwirthſam und unwegſam und die Preußen hätten hier immers hin ,

ohne daß die Deſterreicher bedeutende Streitfräfte opferten,

durch Beunruhigung, mittelft Verwendung der guten leichten Truppen, die Deſterreich unbeſtreitbar befißt, welche wir aber in dieſem Kriege überal vermiſſen , vier oder fünf Tage aufgehalten werden können , die wohl zu benußen waren , um Benedeks Armee zu Olmüş zu reorganiſtren, vielleicht ſogar noch Verſtärkungen von der Donau mittelſt der Eiſenbahn heranzuziehen , dann durch Flankenangriffe dem Gegner das Vordringen auf Wien ſauer zu machen . Wenn nun von allem Dem , was der geſunde Menſchenverſtand fordert, durchaus

nichts geſchah , ſo

läßt ſich dieſes nur daraus

erklären, daß alsbald niemand mehr wußte, wer Koch, wer Kellner ſei.

Benedef ward ja ſogleich nach der Schlacht von König

gräß abberufen vom Oberkommando , der Erzherzog Albredt , welcher es übernehmen ſollte, mußte doch vor allen Dingen erſt aus Italien zurüdkommen . Die preußiſchen Truppen bedurften am 4. Juli noth . wendig eines Ruhetages ; der 5. ward mit dem Uebergang über die Elbe verloren , bei der raſenden Eile , mit welcher Benedek zurüdging , war es ſehr erklärlich , daß den Preußen die Fühlung mit ihm verloren ging. Im Allgemeinen ſollte freilich auf Wien , alſo ſüdwärts vorgegangen werden. Nach dieſer allgemeinen Anſicht wurden auch die preußiſchen Truppen diſponirt, ſobald ſie an's linke Elbufer kamen.

Aber es kam nun darauf an , genauere Diſpoſitionen

zu treffen .

413 Genes

Die Reſervefavalleriediviſton der zweiten Armee

ral von Hartmann -- beſtehend aus zwei leichten Brigaden, worunter eine Landwehrbrigade, – und einer ſchweren oder Küraſ Flerbrigade, im ganzen aus ſechs Regimentern mit zuſammen höchſtens 3000 Pferden, ward demnach vorgeſchoben , um wo möglich nähere Nachrichten aufzutreiben. Zwiſchen Mähriſch Tribau und Mügli ß

erwiſchte

ein Detachement der Diviſion Hartmann eine einfache öſterreichiſche Feldpoſt ohne Eskorte , welche alle Befehle an die einzelnen detachirten Abtheilungen mit fich führte.

Jedenfalls war es ein

ungeheurer Leichtſinn , die Befehle auf dieſe Weiſe zu befördern . Man weiß nicht, wo einem der Verſtand ſteht, wenn man dieſen Leichtfinn mit der Geheimnißkrämerei vergleicht, deren fich Benedets bauptquartier in allen großen , allgemeinen , mit einem Worte viel gleichgültigeren Verhältniſſen befleißigte.

Die Preußen hätten

wohl auf den Gedanken kommen müſſen , ſie ſollten irre geführt werde n. Indeſſen im gegebenen Fall war das nicht möglich : denn die Feldpoſt führte zugleich eine Menge Privatbriefe, welche die offtziellen Befehle beſtätigten in der verſchiedenſten Form und von denen nicht wohl anzunehmen war , daß fte alle mit Abs ficht über denſelben Leiſten geſchnitten ſeien. Nun alſo wurden vom preußiſchen Hauptquartier die noth wendigen Befehle mit großer Leichtigkeit und Sicherheit ausgegeben. Im Zentrum ſollte die erſte Armee

des Prinzen

Friedrich Karl - über Chrudim und Neuſtadtl gerade auf Brünn gehen ; auf dem rechten Flügel die Elbarmee des Generals Herwarth von Bittenfeld auf Iglau ; auf dem linken Flügel die zweite Arme e Kronprinzen von Preußen

auf Dimü ß

des

oder vielmehr auf

28 *

414

Pros n iß ,

an der aus dem Jahre 1805 ſo viel berühmten

Straße von Olmüß nach Brünn , an welcher fich einerſeits das Lager von Olſchan an der Blatta , andererſeits das Schlachtfeld von Auſterlitz befindet. Die Armee des Kronprinzen ſollte dem nach Olmüß zu ihrer Linfen oder im Oſten behalten. Vor

den

blieb nur

Feſtungen

Joſephſtadt

das ſechste Armeeforps

zurück ; und zwar vor

und Röniggräß

Mutius

vorläuftg

Joſep hſtadt mit den Vorpoſten bei

Jaromierz , die 12. Diviſion – Þrond ; y nofi -, vor Kös niggräß mit dem Bauptquartier zu Brziſa die 11. Diviſion 3 aſtrow .

Die Preußen hofften ,

daß

ihnen Joſephſtadt

und

Königgräß ſofort übergeben werden würden und wurden in dieſem Glauben beſtärkt, als der öſterreichiſche Kommandant von Königs gräß Unterhandlungen anbot .

Derſelbe hatte damit nur bezwedt,

das große , vor dem befeſtigten Plaß zurüdgelaſſene Material der flüchtigen Truppen in Ruhe in Sicherheit zu bringen , was ihm auch gelang . 3 aſtrow , welcher nun mit eroberten öſterreichiſchen Geſchüßen Königgrätz leicht bombardirte , erhielt ſchon am 8. Juli Morgens den Befehl, der zweiten Armee auf Olmüß zu folgen , dann erhielt denſelben Befehl die Diviſion Prondzynski . Die Bes obachtung der böhmiſchen feſten Pläße ward

den

nachrückenden

preußiſchen Erfaßtruppen überlaſſen. Ķerwarth von Bittenfeld drang ohne allen Wider ſtand auf ſeiner Linie vor ; von Iglau ging er nach 3 n ay m weiter und in dieſe leßtere Stadt, in gerader Linie nur 9 Meilen von Wien , berühmt durch Treffen und Waffenſtilſtand vom 11 . Oktober 1809, rückte ſeine Avantgarde ſchon am 14. Juli ein . Die Armee des Prinzen Friedrich Karl traf erſt an der böhmiſch mähriſchen Grenze auf die Oeſterreicher. Nördlich Saar an der Sazawa fand die Avantgarde unter

415

dem $ erzog Wilhelm von Medlenburg , an deren Spiße fich das zweite pommer'ſche Ulanenregiment Nr. 9 befand, öſterreichiſche Huſaren , vom Regiment Heſſen -Kaſſel Nr. 8 , trieb fie gegen die Stadt zurück und hatte in dieſer ſelbſt noch kleine Gefechte zu beſtehen. Die Heſſen - Raſſel- Huſaren, obwohl gering an Zahl , wehrten fich an einigen Punkten ſo gut , daß die Preußen meinten, fie hätten Infanterie vor fich .

Nachdem aber einmal der

Ort von den Deſterreichern aufgegeben war, mußten dieſe fich auch bald weiter ſüdwärts zurückziehen. Das Gefecht von Saar fand am 10. Juli ſtatt, am folgenden Tage kam es zu einem neuen Avantgardegefecht für die Preußen, Arriergardegefecht für die Deſterreicher bei und in Tiſch n o wiß am Zuſammenfluß der Bobruwna und der Schwarza. Jeßt, am 11. Juli , hatte der Herzog Wilhelm das zweite Gardedragonerregiment an der Spiße. Am

Vormittag

des

12.

Juli

rüďte

die

Avantgarde

der

preußiſchen erſten Armee in Brünn ein , höflichſt begrüßt von dem Bürgermeiſter der Stadt , dem vielgenannten öſterreichiſchen Abgeordneten Dr. Gisfra , der ebenſo viel gewandt als genannt iſt, freundlich aufgenommen von der weſentlich deutſchen Bevölkes rung, insbeſondere von den Frauenzimmern, welche nun einmal das Fremde lieben . Am 12. Juli erreichte auch noch die 6. Divifton Brünn , am 13. kam daſelbſt die 5. und die 7. Diviſion an. Das X a uptquartier des Königs Wilhelm , welches am 6. Juli nach Pardubiß verlegt war , kam am 9. nach Hohen ma uth , am 11. nach 3 wittau , am 12. über Briſau nach Czer n a

ora und ward dann am 13. auf die Nachricht

vom Einrücken der Avantgarde Friedrich Karls in Brünn nach dieſer lepteren Stadt verlegt .

416

Aus der Gegend von Königgräß bis Brünn find in gerader Linie 16 Meilen. Wir müſſen bisweilen eine Erinnerung an dieſe Zahlen bringen , um eine richtige Vorſtellung von der wirklichen Schnelligkeit der preußiſchen Armee zu erweden , die denn doch ſo gewaltig groß nicht war, wie ſie wohl gemacht worden iſt.

Die Armee des Aronprinzen von Preußen mars ſchirte aus der Gegend

von Königgräß

über Hohenmauth

und

Tribau auf Proßniß , nicht von den Deſterreichern aufgehalten , wohl aber ſehr behindert durch die Schwierigkeit der Wege, welche das herrſchende ſchlechte Wetter erhöhte. Am 14. Juli erreichte die Avantgarde des 1. Armeekorps, des Bonin’ſchen, die Brigade Buddenbrod , verſtärkt durch Artillerie und

das

1.

Leibhuſarenregiment,

Proßniß ,

21/2

Meilen ſüdweſtlich Olmüş, und da fich feindliche Kavallerie zeigte, erhielten die Huſaren den Befehl, ſofort auf W ra how iß vors zugehn.

Sie trafen auf ſächſtſche Dragoner , vertrieben dieſelben

aus Wrahowiß , Czechuwel und Kral iß und verfolgten fie bis Bis f up iß gegen die Blatta. An demſelben Tage wurde im Hauptquartier des Kronprinzen von Preußen ein bedeutender Entſchluß gefaßt. Der

Generalſtabschef des Kronprinzen ,

General bon

Blumenthal , einer der bedeutendſten Köpfe der preußiſchen Armee, unterſtüßt vom Herzog Ernſt von Sachſen -Roburg Gotha , entwiđelte die Anſicht, man folle vor Olmüß nur ein Rorps zur Beobachtung der Feſtung und des verſchanzten Lagers zurüđlaſſen , mit der Hauptmacht aber vorwärts marſchiren , um einerſeits fich der Eiſenbahn zwiſchen Prerau und Wien zu bes mächtigen , andererſeits in Verbindung mit der Armee des Prins zen Friedrich Karl erleichtern .

zu bleiben und

deren Vormarſch

zu

417 Der Kronprinz ſtimmte dieſer Anſicht bei. Derſelbe wird von allen denjenigen gelobt, welche mit ihm in dieſem Kriege zu thun hatten, nicht blog wegen ſeiner Kaltblütigkeit im Gefecht und ſeiner guten und herzlichen Art , mit dem Soldaten umzugehen , ſondern auch wegen ſeiner Fähigkeit, guten Rath ruhig zu hören und ihm , wenn er wirklich gut iſt, ohne Weiteres zu folgen. Während nun am 15. die zweite preußiſche Armee vorwärts ging , ſollte ein Theil des

1. Armeeforps und die Reſerves

favallerie diviſion von Proßniß einen Stoß gegen Þr es rau thun , welcher, wirklich unternommen , zu dem Gefechte von Tobitfch a u führte.

Ehe wir dieſes erzählen , müſſen wir nur

noch einige Vorbemerkungen machen. 2. Waffenftillftandsverhandlungen.

Was Gefecht von

Tobitſchau und der Abmarſch Benedeks von Olmüş . Obwohl der König von Preußen nach den eigenthümlichen Nachrichten über die Ereigniſſe vom 4. und 5. Juli direkte Vers handlungen mit Deſterreich

über eine Waffenruhe zurückgewieſen

hatte und hatte zurüdweiſen müſſen, ruhten doch die indirekten Verhandlungen nicht.

Napoleon III wollte zuerſt nur eine dreis

tägige Waffenruhe vermitteln.

Zu einer ſolchen erklärte ſich der

König Wilhelm , da er einen Waffenſtillſtand

ohne Ein

willigung Italiens nicht abſchließen konnte, unter Beding u n gen , bereit. Die Bedingungen, welche der franzöſiſche Botſchafts ſekretär lefevre

dem öſterreichiſchen

Armeefommando

in der

Nacht vom 12. auf den 13. Juli überbrachte, waren folgende : 1. Die öſterreichiſche Armee ſollte ſofort das Gebiet räumen, welches fle noch nördlich der Thay a beſeßt hielt. Die Thaya, ein rechter Nebenfluß der March bildet ungefähr die Grenze zwiſchen

418

Mähren und Niederöſterreich.

Die

Deſterreicher ſollten alſo mit

andern Worten Mähren (bis auf die Feſtung Olmüß jedoch) aufgeben ; 2. abgeſehen von der Beſtimmung des vorigen Punktes ſolls ten alle Truppen beider Parteien an den Orten ftehen bleiben, an denen fte fich am Tage der wirklichen Unterzeichnung der Uebereins tunft befinden würden ; 3. die preußiſchen Truppen ſollten während der Dauer der Waffenruhe Olmüß nur auf drei Meilen nahe kommen ; 4. die Eiſenbahn zwiſchen Dresden und Prag folite für die Proviantzufuhren der Preußen offen ſein . Die Kommunikation auf dieſer Eiſenbahn fonnte nämlich von der Feſtung Königſtein her, welche noch von den Sachſen bes feßt war , und von der Feſtung Thereſienſtadt her , welche noch von den Deſterreichern befeßt war , beunruhigt werden . Der Kaiſer von Deſterreich wies die Vorſchläge zurück, weil, wie er ſagte, die aufgeſtellten Bedingungen nur für die Preußen , aber nicht für die Deſterreicher Vortheile hinſtelten.

Wenn die

Preußen z . B. fich auch drei Meilen von Olmüş halten ſollten, fo ſei damit nicht ausgeſchloſſen , daß ſie auf dieſe Entfernung der Feſtung rings um alle Verbindungen nähmen .

Da die dreis

tägige Waffenruhe nicht auch für Italien gelte ,

vielmehr nur

benußt werden ſolle, um Preußen die Zeit zur Verſtändigung mit Italien über einen Waffenſtilſtand zu gewähren, ſo ſeien die Sta. liener gar nicht am Vormarſch gehindert ; die im Marſch befindli chen Korps der öſterreichiſchen Südarmee ſollten dagegen ſtehen bleiben , wo ſie ſich befänden und fämen dadurch in ganz entſchies denen Nachtheil. Auf Grund dieſer Betrachtungen machte der Kaiſer von Defters reich den Vorſchlag einer Demarkationslinie zwiſchen den

419

beiden Parteien, die feine derſelben überſchreiten folte. Dieſe Des markationslinie ſollte an der Quelle der T h a y a beginnend dieſem Fluſſe bis in die Gegend von A uſpiß , zwei Meilen oberhalb, alſo weſtlich von Lundenburg folgen ,

dann nordwärts abbiegend,

parallel der Eiſenbahn von Lundenburg nach Olmüş , immer zwei Meilen weſtlich von derſelben abbleiben ( ſo daß fie alſo etwa durch die Orte G a y a , 3 daunek und Proß niß bezeichnet würde), endlich ſollte ſie zwei Meilen nördlich und öſtlich von den vorges ſchobenſten Werken der Feſtung Olmüş abbleiben. Innerhalb der

Grenzen ,

die ihnen dieſe

Demarfation 8 .

linie anwies , ſollte jede der beiden Parteien ſich ungehin dert bewegen fönnen.

Stimme der König von Preußen dieſem

Vorſdlage bei, ſo wolle der Raiſer von Oeſterreich mit dem König von Saden ſich darüber verſtändigen , daß der Verkehr auf der Eiſenbahn zwiſchen Prag und Dresden für die Preußen eröff net werde und der König von Preußen werde im genannten Fall erſucht, ſofort feine Kommiſſarien nach Raigern , ſüdlich von Brünn zu ſenden . Der Kaiſer von Oeſterreich , ward noch hinzugefügt, * lege einen beſonderen Werth darauf , daß die Waffenruhe audy zugleich

für

die

bairiſchen

und

die

Truppen

des

VIII. Bundes for p 8 abgeſchloſſen werde. Wir haben zu dem öſterreichiſchen Vorſchlag nur zu bemerken, daß derſelbe Deſterreich die völlig freie Benußung der Bahn von Olmüş über Lundenburg nach Wien und Presburg ſichern wollte. Auf dieſe Angelegenheit wird bald ein weiteres Licht fallen. Der König von Preußen lehnte den öſterreichiſchen Vorſchlag ab

und zwar beſonders

deshalb ,

weil danach die öſterrei .

chiſche Südarmee die volle

Freiheit

ihrer Bewegungen

behalten ſollte und weil es den Preußen verweigert werden ſollte,

420

die Tha yalinie bis zu dem Eiſenbahnknoten Lundenburg zu beſegen. ,, Man merkt die Abficht und man wird verſtimmt !"

Defters

reich wollte ich durch ſeine Vorſchläge nur die Freiheit bewahren , binnen drei Tagen ſeine geſammte verfügbare Armee am March felde zu konzentriren ! in aller Ruhe , mit den bequemſten Mit teln ! Und was n adher ? Darüber gibt wohl der folgende Tagesbefehl, mit welchem der Erzherzog Albrecht am 13. Juli , an demſelben Tage , an welchem der Kaiſer Franz Joſeph die preußiſchen Vorſchläge abwies , ſein neues Oberkommando antrat, den beſten Aufſchluß. „ Seine Majeſtät der Kaiſer

haben

allergnädigſt

mir das

Kommando der geſammten operativen Armee anzuvertrauen geruht und

ich übernehme dasſelbe mit heutigem Tage.

Soldaten vom

Norden und vom Süden ! treue wadere Verbündete aus Sachſen ! Vereint , wie unſere Gefühle ftet 8 geweſen, wird nun auch unſer Wirten ſein !

Mä сh tiger als je zuvor ſammelt

fich eine Armee aus fampfgeübten , an Tapferkeit und Ausdauer gleich bewährten Kriegern, die mit dem Bewußtſein einerſeits ſchon errungenen Sieges , und andererſeits mit dem

heißen Verlangen,

ein unverdientes Mißgeſchick zu rächen , ſich nach der Gelegenheit ſehnen , dem u ebermuth des Feindes ein Ende zu machen. Laßt uns mit „ vereinten Kräften “ ( viribus unitis) das große Werk vollbringen und uns hiebei ſtets in Erinnerung

hal

ten, daß der Erfolg demjenigen zu Theil wird, der Kopf und Herz zugleich am rechten Fleck hat, der gleichzeitig ruhig zu denken und energiſch zu handeln weiß, und daß

möge das Glück begünſti.

gen , wen es wolle — nur derjenige verloren iſt, der fich einſchüch tern läßt und fich ſelbſt aufgibt!

Laßt uns alſo unerſchütterlich

vertrauen auf Gott, der die gerechte Sache ſchüßt, auf unſere

421

Monarchen, welche von uns

die Wohlfahrt ihrer Völ .

ter erwarten, laßt uns vertrauen auf unſere eigene Kraft, die fich mit jeder neuen Aufgabe neu belebt, und dann getroſt zum Ents ſcheidungskampfe ſchreiten, mit dem alten Rufe : E8 lebe der Kaiſer ! Wien, 13. Juli. Erzherzog Albrecht m. p. FM . “ Gleichzeitig mit dieſem Tagesbefehl ſendete Erzherzog Albrecht an Benedef nach D 1 m ü ß die Didre , die Feſtung und das verſchanzte Lager ſtark beſeßt zu laſſen, mit Adem aber , was ihm danach verbliebe, nach W i en aufzubrechen, ſo ſchleunig als möglich . Benedet folgte dieſem Befehle. Einige Abtheilungen hatte er ſchon früher mit der Eiſenbahn nach Wien geſendet.

Als er den Befehl des Erzherzogs Albrecht

erhielt, verfügte er etwa noch über 100,000 M. in und bei 01 . müß .

Ein Korps von 25,000 M. mußte dort zurückbleiben ,

der Reſt 75,000 M. in drei Armeekorps ſollten am 15. Juli aufs brechen und in Bilmärſchen einen Punkt an der Eiſenbahn ſüdlich des von den Preußen beſepten Terrains gewinnen , um theils mit der Eiſenbahn, theils zu Fuß längs derſelben weiter zu ziehen .

Die Brigade des Generals Rothkirch und Panthen , beſtehend aus dem Regiment Mamula Nr. 25 (Ungarn), Großs herzog von Tos fan a Nr. 71 (Ungarn), einem Jägerbatail lon, 1 Eskadron des Ulanenregiments Erzherzog Karl Luda wig Nr. 3 und einer Vierpfünderbatterie, verſtärkt durch

zwei

andere Batterieen ward frühzeitig von Olmüş ſüdwärts auf T 0 bitſch a u geſchoben , um hier, wo viele Gewäſſer , die Mard , die Blatta , die Wallowa , die Becz w a fich vereinigen, den Abmarſch der Þauptfolonne gegen Þrer a u zu decken . Ledig lich mit Rüdſicht auf die beſſeren Wege, aber ohne Erwägung der Nähe der Preußen, ließ Benedef auch einen bedeutenden Theil ſeis nes Artillerietrains auf der Straße am recten Ufer

422

der March , zwiſchen dieſer und der Blatta , von Olmüß auf Tobitſchau ziehn. Wie ſchon aus den Angaben des vorigen Abſchnittes erhellt, mußte es hier zu einem bedeutenden Zuſammenſtoß kommen. Während am 15. Juli das Gros des 1. preußiſchen Armees forp8 ſich ſüdwärts über Urtſch i ß auf Ottas I a w i ß bewegte, mußte die 3. Infanteriebrigade, General Malotki von Trzes biato w 8 ki , beſtehend aus

dem 3. oſtpreußiſchen

Grenadier

regiment Nr. 4 , dem 7. oſtpreußiſchen Infanterieregiment Nr. 44 und der Vierpfünderbatterie Magnus, bei Tagesanbruch von Plus mena u oſtwärts aufbrechen ; ſte hatte den Auftrag, fich der Orte Tobito au

und

Tr a ubeđ zu bemächtigen ,

damit

Reſervefavalleriediviſion $ artmann den Weg nach

der

Prera u

zu öffnen und die Päſſe über die Blatta , March und Becz w a ſo lange feſtzuhalten , bis die Kavalleriediviſion von einer großen Rekognoszirung auf Prerau , die ſie uuternehmen ſollte, glüdlich zurückgekommen ſei. Von Plumenau über Proßniß nach Hrubích iß ſind zwei Meilen .

Malotfi erreichte die Höhen von Qrubſchiß

ſechs Uhr Morgens .

bald

nach

Von da überſah er einen Theil der Straße

von Olmüß nach Tobitidau und auf derſelben die nach legtes rem Orte ziehenden Deſterreicher. Er entwickelte ſeine Brigade

öſtlich

Brubích iß ,

das

44. Regiment im erſten , das 4. Regiment im zweiten Treffen ges gen den W i flißer Hof und das Dorf Klopoto w i ß. Auf dem rechten Flügel des 44. Regiments war deſſen Füſllierbataillon, dann folgte das 1., dann das 2. Musketierbataillon. Auf dem linken Flügel der Infanterie aber noch ſüdlich Klos potowiß fuhr ſpäter die Batterie Magnus auf. Rothkird ließ alsbald auf den Şöben nördlich von Tos

423

bitſchau zwiſchen der Blatta und der March drei Batterieen, 24 Geſchüße auffahren

und faßte mit denſelben ' die Preußen in

die Flanke .. Das erſte Infanterietreffen Malotti’s ging mit der Baupts richtung nach dem Willißer Hof gegen die Blatta hinab, die nach den Regengüſſen der legten Zeit eine bedeutende Breite und Tiefe hatte. Das Füſilierbataillon des 44. Regiments , welches auf

der

dortigen Brüde zunächſt den Fluß überſchritt, traf am linken Ufer desſelben auf die Vortruppen Rothkirche , zwei Kompagnien , warf dieſelben in das Wäldchen an der Blatta nordweſtlich von To , bitſch a u zurück und begann nun gegen dieſes ein Tiraillirgefecht. Die übrigen Bataillone des 44. Regiments folgten ; das 1. Bas taillon ward links rom Füfilierbataillon herausgezogen , das zweite in Reſerve behalten . Alles formirte Kompagniekolonnen ; jedes Bas taillon hatte zwei Kompagnieen vorwärts im Gefecht, zwei zuſam mengeſchloſſen im Rüdhalt. Ueber die Brücke bei Wiflißer Hof folgte dem 44. Res giment auch das vierte. Zwei Kompagnieen vom Füſilierbataillon des legtern wurden ſofort nach Tobití

a u geſendet, um dieſes zu

beſeßen ; die übrigen Kompagnieen folgten dem 44. Regiment. Nun wurden die Oeſterreicher, welche fich hartnäckig gewehrt hatten, aus dem Wäldchen an der Blatta geworfen und zogen fich gegen die Straße von To bitſchau nach Dlmüß und gegen W iero w ann an der March zurück. Von da machte Rothkirch einen Angriff auf das Wäldchen, um die Preußen wo möglich über die Blatta zurückzuwerfen . Dieſer Angriff aber mißglückte.

Hier wirfte das Schnellfeuer des

preußiſchen Zündnadelgewehrs. Kurz nachdem der öſterreichiſche Angriff abgeſchlagen war, hat ten die Preußen in dem Wäldchen an der Blatta fich geſams

424

melt und gingen nun ſelbſt in die Offenſive über ; ſte nahmen die Dörfer wierowann und Rafodau

am rechten Marcufer

nach einander, wobei die Batterie Magnus tapfer mitwirfte. Wir werden ſogleich ſehen , wie auch die Küraſſterbrigade der Reſervefavalleriedivifion artmann ſehr weſentlich und Hülfreich in den bisher erzählten Kampf eingriff, wie die Batterieen dieſer Kavalleriedivifton das Gefecht namentlich unterſtüßten, welches auf den bisher genannten Punkten etwa um 12 Uhr Mittags ein Ende hatte. Wir müffen aber zuvor noch einige Worte über die

Thätig

keit des rechten Flügels der Brigade Malotki ſagen. Es iſt bereits erwähnt worden ,

daß bald nach dem Anfange

des Gefechtes um das Wäldchen an der Blatta zwei Rompagnieen des Füfilierbataillons vom 4. Regiment gegen Tobitſchau des tachirt wurden. Zur Verſtärkung folgten ihnen bald die beiden an. dern Kompagnieen dieſes Bataillons und das 2. Bataillon des 4.

Regiments . Dieſe Truppen

vertrieben die Deſterreicher aus

Cobitida u und nachher auch aus Traubed – eine Meile weſtlich Brerau, . ſo daß in der erſten Nachmittagsſtunde Genes ral Malotti von Trzebiatowski ſein Zentrum in Tobitſchau , ſeine vorgeſchobene Front aber auf der Linie Traube

- W iero w a n ns

Rafodau hatte. Gleichzeitig mit dem Vorrüden Malotki’s war in deſſen lin. ker Flanke ein Detachement unter dem Befehl des Oberſtlieutenant Kehler , Kommandeur des 1. Leibhuſarenregiments von Proß, niß über Wrabowiß gegen Dub an der March vorgeſchoben. Dies Detachement beſtand aus dem 1. Leibhuſarenregiment, einer Vierpfünderbatterie und dem Füfilierbataillon des Regiment8 Nr. 5. Deſtlich von Wrahowiß ſtieß es auf den Feind , ging , da dieſer überlegen ſchien, ſehr bald hinter die Wallow a zurück und eröffs nete nun von dem rechten Ufer aus ein Geſchüpfeuer gegen die

425

Deſterreicher , welches

wenigſtens einen Theil

der der

Brigade

Rothkirch beigegebenen Artillerie in dieſer Gegend feſthielt. Am Morgen des 15. Juli, kurz nachdem die Brigade Malotki gegen den Willißer Hof aufmarſchirt war , rangirten fich hinter und neben ihr auch die drei Brigaden der Reſervekavalleries diviſion , gegen Klopoto w iß und B is fup iß , nämlich die Teid te Landwehrbrigade

2. Landwehr-Huſarenregi

ment ( Polen ) und 1. Landwehr-Ulanenregiment (Polen) , leichte Linienbrigade ,

die

2. Leibhuſarenregiment (Rron

prinzeſſin , Polen) und 10. Ulanenregiment (Polen) ,

dann die

ſchwere Brigade oder füraiſierbrigade (Schleſier), nämlich das 1. Rüraſfterregiment (Prinz Friedrich von Preußen) *) und das 5. Küraffierregiment (Großfürſt Nikolaus von Rußland) ** ). Hartmann zog , während ſeine Diviſion zwiſchen Klos potow iß , B is f up iß und Hrubich iß im Aufmarſch war, die beiden reitenden Batterieen derſelben, die 2. des 6. und die 3. des 5. Feldartillerieregiments gegen Klopotowiß nördlich der Batterie Magnus an eine Stelle vor , von welcher aus ſie eine vortreffliche Ueberſicht über den Kampfplatz der Brigade. Malotki am linken Blattaufer,

namentlich

auch

über das Wäldchen

hatten, welches das nächſte und wichtigſte Kampfobjekt der Brigade Malotfi bildete , ſo daß

fie

deren Vordringen weſentlich

unters

ftüßten. Um aber dem Feind, der von Tobiti da u nordwärts gegen Olmüş

am rechten Marchufer zurückwiche, möglichſt

großen

*) Dieſes Regiment iſt eines der älteſten in Preußen. Seinen Stamm bilden die beiden Rompagnieen Hofſtaats- und Rüchen dragoner, welche im Jahre 1672 errichtet wurden. 1674 wurde der Stamm vermehrt und auf ein Regiment ge bracht, welches nun den Namen „ leibdragonerregiment" erhielt. **) Früheres 2. weſtpreußiſches Dragonerregiment.

426

Schaden zu thun, gedachte Hartmann, die Küraſſierbrigade, welche auf feinem äußerſten linken Flügel fland, über die Platta vors zuſchieben . Rekognoszirungen zeigten alsbald, daß die Oeſterreicher fich um die Uebergänge über die Blatta gar nicht bekümmert hatten, und es wurde nun zum Uebergang über den Fluß die Brüde bei Bi 8 f up iß erwählt , welche freilich in einem ſehr ſchlechten Zu ftande war. Als das 5. Kürafſterregiment über die Brücke hinüber war und den Thalrand am linken Ufer der Blatta erſtiegen hatte, bes merfte man in der Gegend von Nena to w iß und Dub auf der Straße von Olmüß nach Tobitſchau einen ſtarken öſterreichis fchen Artillerietrain , der in Folge des Gefechtes , in welches die öſterreichiſche Brigade Roth fir ch mit der preußiſchen Brigade Malotfi verwickelt war, Halt gemacht hatte, und wie es ſchien , ohne alle Bedeckung war. Der Oberſtlieutenant von Bredow ſuchte nun bei General Hartmann die Erlaubniß nach, jenen Geſchüßtrain angreifen zu dürfen, welche auch ertheilt ward. Indeſſen waren die Deſterreicher auf die Rüraſſiere aufmerf ſam geworden ; beſſer als das 5. Regiment bemerkten fte aber das 1. Küraffierregiment, welches ſich noch bei Bis f up iß auf dem rechten Ufer der Blatta befand; fie proßten ab und begannen dasſelbe mit Granaten zu bewerfen , allerdings auf eine etwas große Entfernung, ungefähr 5000 Schritt. Bredow rüdte mit ſeiner 1. , 2. und 4. Eskadron völlig auf die Höhe und formirte fich dort ſo , daß die erſte Eskadron als Flankendedung rechts herausgezogen ward, während die zweite gerade auf die Geſchüße des Gegners losgehen und die vierte ihr als Reſerveſtaffel links folgen ſollte. Die zweite Eskadron ſtürzte fich , obwohl auf 1000 bis 800

427

Schritt von Granatenfeuer begrüßt, unterſtüßt von einem Zug der vierten Eskadron , auf die öſterreichiſchen Geſchüße und eroberte 18 Geſchüße, 7 Munitionswagen ,

168 Pferde, machte außerdem

170 Gefangene, wobei zwei Offiziere. Sie ſelbſt verlor dabei nur 12 Mann und 8 Pferde, da ſte in dem welligen Terrain von den Deſterreichern gerade aus der Nähe meiſtentheils überſchoſſen ward. Von

den 18 eroberten Geſchüben wurden 17 nach Proßniß

gebracht, eines mußte man ſtehen laſſen , weil es zu ſehr beſchädigt war, um transportirt werden zu fönnen . Während die Preußen Anſtalten trafen, die eroberten Geſchüße fortzubringen, wurden ſie noch von Nena fo w i ß her von einer öſterreichiſchen Eskadron angegriffen , dieſe aber alsbald von der 1. Schwadron des 5. Küraſſterregiments unter perſönlicher Füh rung Bredow’s zurückgeworfen. Dieſes ganze Gefecht der Kürafftere fällt in den Vormittag, in die Zeit, da die Brigade Rothkirch das Wäldchen an der Blatta nordweſtlich von Tobitſdau geräumt hatte und ſich bei Wieros wann neu formirte. Die Brigade Rothfirch befand fich dems nach zu dieſer Zeit z w iſchen der preußiſchen Brigade Malotki und den preußiſchen Küraſſieren.

Nachdem

Malotki ’ & rechter Flügel Tobitſchau genommen

hatte und als er nun gegen T r a ube f vorging, wurden von der leichten Reiterei der Diviſion Hartmann zuerſt das 2. Lands wehrsø uſarenregiment und

dann dieſem folgend das

2. Leib h uſarenregiment Kronprinzeſſin auf Traube ť vorgezogen. Bei dem Angriff auf dieſes ſtieß die 1. Eskadron des zweiten Landwehr-Quſarenregiments mit einer Eskadron öſterreichis ſcher Kürafftere zuſammen und warf dieſelbe. Nachdem Traube f genommen war und die Truppen ein wenig geruht hatten , küftow , d. Krieg . 1866.

wurden die beiden Quſarenregimenter mit 29

428

einer reitenden Batterie und einer auf Wagen gefepten Füfiliers kompagnie weiter gegen Prera u vorgeſchoben. Da anfange nichts zu ſehen war , ſo ward bei dem Walde von

Şentſchelsdorf am

linken

oder

ſüdlichen Ufer

der

Becz w a wieder ein Halt gemacht, um den Pferden und Leuten, die feit faſt zwölf Stunden auf den Beinen waren , einige Ruhe zu gönnen . Es war gegen zwei Uhr Nachmittags.

Bald aber bemerkte man am rechten Ufer der Beczwa zwiſchen Groß Teini ß und Prer a u öſterreichiſche Trains und Trups pen , welche nach legterem Orte abzogen. In der That waren jeßt Benedet’s legte Rolonnen im Abmarſch begriffen. Benedek ſelbſt mit ſeinem Stabe zog eben dieſe Straße.

Er hatte nicht darauf verzichtet , die Eiſenbahn , für den

Transport ſeiner Bagagen mindeſtens, zu benußen , aber er wollte erft einen ſüdlicheren Punft an der Eiſenbahn erreichen , der außer dem Bereiche der nächſtſtehenden preußiſchen Truppen läge. Bei

den preußiſchen Quſaren

traf zu dieſer Zeit General

Hartmann ein und fragte fte, ob ſie wohl noch Kraft genug Hätten , einen gehörigen Reiterſtreich gegen die Kolonnen jenſeits der Becz w a auszuführen. Die Frage ward jubelnd bejaht. Die beiden Huſarenregimenter ſammt der ihnen mitgegebenen reitenden Batterie gingen weiter gegen Prer au vor und ſeßten zwiſchen W r bo w eß und Dluhon i ß über die Beczwa, wo fich ihnen bald noch eine nachgekommene Schwadron des 10. Ulanens regiments anſchloß. Die 1. , 2. und 3. Eskadron des 2. Landwehr-Huſarenregis ments , welche zuſammen kaum 200 Pferde zählten , da die am meiſten erſchöpften Reiter und Pferde beim Walde von Hentſchels dorf zurückgelaſſen waren , dirigirten ſich unter dem Regimentos kommandeur , Oberft von Glaſen app , auf Roketniß ,

429 während die 4. Eskadron unter dem Rittmeiſter von Seidlik rechts auf DIuhoniß geſendet ward . Glaſenapp attaquirte ohne Weiteres die Bedeckung der öfter, reichiſchen Wagenkolonne , auf welche es weſentlich abgeſehen war. Die Infanteriebedeckung , den eiligen Abzug der Wagen deđend, herzhaft angegriffen , formirte ſich ſchnell in kleine geſchloſſene Abs theilungen. Doch wurden dieſelben auseinander geſprengt und dabei 250 Gefangene gemacht. Nachdem dieſe unter Eskorte zurüdgeſchidt waren, hatte Glaſenapp nur noch 170 Reiter unter der Hand. Mit denſelben eilte er der öſterreichiſchen Trainfolonne nach und es ges lang ihm, noch einen Theil derſelben abzuſchneiden. Unterdeſſen waren die Deſterreicher überall allarmirt worden . Bon Prerau wurden Kürafftere zurückgeſchickt; eine Batterie proſte auf den nächſten Höhen auf ; 4 Eskadrons Faller Huſaren Nr. 12 brachen zum direkten Schuß des Feldzeugmeiſters Benedef aus der Schlucht zwiſchen Roketniß und Prerau vor. Die preußiſchen Landwehrhuſaren wurden bei ihrem Vorgehen gar nicht unterſtüßt, wehrten ſich aber doch tapfer gegen die vierfache Uebermacht der öſterreichiſchen Reiter.

Die Offiziere von

beiden Parteien voran wütheten mit Revolver und Säbel einander.

gegen

Als auch noch die 5. Eskadron Haller Huſaren in der

Flanke der Preußen erſchien, mußten dieſe endlich zurück. Nur 125 Pferde kamen von den drei erſten Schwadronen des zweiten Lands wehrhufarenregiments glücklich an’s linke Ufer der Beczwa zurück. Dieſe drei Schwadronen hatten drei ſchwer verwundete Offiziere, worunter 50 Mann

der an

Regimentskommandeur , Todten ,

und

Verwundeten und

einen

Verluſt

Gefangenen ,

von

welcher

durd 250 gefangene Oeſterreicher und 32 Beutepferde kompens firt ward. Der Rittmeiſter

von Seidliß

mit der 4. Schwadron 29 *

430 hatte beim Angriff auf ein öſterreichiſches Infanteriebataillon bei Dluhoniß 80 Gefangene gemacht. Während Rothfir

Benedek

ſüdwärts

abmarſchirte ,

die

Brigade

Panthen ſich vor der preußiſchen Brigade Mas

lotfi über Dub und Rafodau an's linfe Marchufer auf Rofor abs zog ,

und da nun die Preußen über Traubel gegen

vorgingen ,

Þrera u

befahl der öſterreichiſche Oberkommandant , daß eine

beträchtliche Abtheilung der Garniſon von D Imüß und des dors tigen

verſchanzten

Lagers

einen

Ausfall

in

der

Richtung

auf

Tobitida u mache. Zu dem Ende rückten aus Olmüş 6 Bataillons , eine Batterie und zwei Schwadronen aus und um 2 Uhr Nachmittags wurden dieſe Truppen von den Vorpoſten der Brigade Malotfi , die bei Dub und Rafoda u ſtanden , wahrgenommen . Zu derſelben Zeit aber rückten auch preußiſche Verſtärkungen heran . Einige Befehlshaber der preußiſchen Truppen waren von fich aus dem Kanonendonner nachmarſcirt. General Malotki Wäldchen

bald

nach

von Tobitſchau

dem

Im Uebrigen

hatte

Gefechtes

beim

Beginne des

den General Bonin

benachrichtigen

laſſen, daß er überlegene Streitfräfte gegen ſich habe. In der That hätte er ſehr überlegene Streitkräfte gegen fich gehabt ,

wenn

Benedef Alles, was er am Vormittag in dieſer Gegend hatte, zus ſammengerafft hätte und damit über wäre.

Tobitidau hergefallen

Indeſſen ſo wenig Benedek daran dachte , ſo wenig wußte

Malotfi von dem wirklichen Hergang der Dinge. Stärke der Brigade Roth fir ch

weit

Daß

überſchäßte ,

er die

war

ganz

natürlich, da die Deſterreicher zwiſchen Dub und Wierowann mindeſtens 32 Geſchüße in’s Feuer brachten, wonadh man getroft auf 16,000 bis 20,000 Mann Infanterie und Ravallerie hätie ſchließen fönnen .

431

Bonin ließ auf die Meldungen Malotti's ſofort die Bria gade Barnet o w , nadierregiment Nr. 3 ,

beſtehend aus dem 2. oſtpreußiſchen Gres dem 6. oſtpreußiſchen Infanterieregiment auf Biskupiß abmarſchiren ;

Nr. 43 und einer Batterie Alles mußte Salt machen .

Barnefo w traf etwa um 2 Uhr bei B is fupiß ein ; zugleich erhielt Malotfi eine direkte Verſtärkung in einer ges zogenen Vierpfünderbatterie und einer Schwadron Ulanen.

Alle

dieſe Truppen

und

entwickelten

B is fup iß ,

ſich

nun zwiſchen

Rafodau

zwiſchen der Marc und der Blatta — in dem.

ſelben Moment, da die aus Olmüß ausgefallenen Oeſterreicher ihre Artillerie bei Dub auffuhren. Bald ſahen die Deſterreicher, daß ſie eine entſchiedene Uebers legenheit gegen ſich hätten und da nun auch in nicht kurzer Zeit die Nachrid)t

eintraf,

daß

der preußiſche Kavallerieangriff bei

Kofetniß abgeſchlagen ſei, ſo zogen fie fich, ohne ſich in ernſts lichen Kampf einzulaſſen, nach Olmüß zurück. Im Ganzen hatten die Deſterreicher an dieſem Tage etwa 1000 M. verloren , worunter etwa 500 unverwundete Gefangene; dazu 17 Geſchüße. Der preußiſche Verluſt mag auf 300 Todte, Berwundete und Vermißte kommen . der Oberſtlieutenant von

Behr ,

Unter den Todten war auch Kommandant des

füflliers

bataillons vom 44. Infanterieregiment, ein allgemein betrauerter Ofrizier. Beſonders

intereſſant

iſt

das

Gefecht von

Tobitích a u

wegen des Auftretens der Reiterei , die in dieſem ganzen Kriege keine Gelegenheit ähnlicher Art hatte , eine hervorragende Rolle zu ſpielen.

In dieſer Beziehung iſt das Gefecht typiſch

und wir werden daher im Anhange , wo wir von der Art der Wirkſamkeit

der preußiſchen

Reiterei reden ,

uns

auf dasſelbe

432

berufen können , nachdem wir hier alle Thatſachen gewiſſenhaft zus fammengetragen haben. Anſcheinend und an ſich war das Gefecht von Tobitſchau nicht eben von entſcheidender Kraft für die Preußen ; dies folgt auch ſchon daraus, daß fie erſt zwei Tage ſpäter, erſt am 17. Juli das von den Deſterreichern vollſtändig geräumte Prera u beſeßten. Aber dennoch äußerte es zen Gang der Dinge ,

einen großen Einfluß auf der gans

indem es die Vereinigung der 75,000 M.

Benedeks mit der Armee des Erzherzogs Albrecht bei Wien ſo weit hinausſchob, daß die Preußen gegen dieſe legtere noch lange völlige Freiheit des Handelns gehabt haben würden . Benedef nämlich, welcher am 15. noch der Eiſenbahn über Prerau bis ø ulein folgte , bog

eben in Folge des Gefechtes

von Tobitſchau von derſelben ab und faßte den Entſchluß, über die Karpathen ins Waagthal zu ziehen. Am

16. Juli um 11 Uhr

Vormittags erreichten ſeine Kolonnen Freiſtadtl und wolles ſchau größtentheils erſt nach einem Marſche von 21 Stunden. Am 17. ward über Wifo w i ß

und S1 a wifch in weiter ges

zogen, am 18. überſchritten die Deſterreicher auf den abſcheulichſten Wegen und unter den größten Beſchwerden den Ramm der Kars pathen und ſenkten ſich nach Trentſch in hinab, von wo ſie nun der Waag

abwärts

folgten, um endlich

von Leopoldſtadt über

Tyrn a u und Böſing nach Presburg zu marſchiren , wos ſelbſt angekommen ſie mit der Armee, die der Erzherzog Albrecht bereits bei Wien vereinigt hatte, in Verbindung geweſen wären. 3.

Vorrücken der Preußen gegen

Wien

und

Presburg.

Gefecht von Blumenau vor Presburg und Abſchluß einer fünftägigen Waffenruhe. Sobald der König von Preußen die öſterreichiſchen Vorſchläge

433

wegen einer Waffenruhe verworfen hatte , ließ er den Vormarſch ſeiner Korps fortſeßen. Die Elbar mee ging am 15. Juli von 3 n ay m

über

3 es el 8 dorf , wo es zu einem unbedeutenden Vurpoftenſchars müßel fam , in der Richtung auf Rornneuburg vor ; rechts detachirte fte gegen Rrem 8 , links gegen Wilfersdorf , um die Verbindung mit der Armee des Prinzen Friedrich Karl zu erhalten . Von dieſer leßtern marſchieten die Avantgarde , ſowie die 6. und 7. Diviſion 'am 15. auf Lundenburg , dieſen wichtigen Eiſenbahnfnoten ab , welchen die öſterreichiſche Brigade Mondel am 16. bei der Annäherung der Preußen ohne Widerſtand räumte. Gleichzeitig war die 8. preußiſche Diviſion nördlich Lundenburg auf Göding vorgeſchoben ; ihre Avantgarde überſchritt hier am Abend des 16. die March und beſepte noch Holitſch und Spas 1ib.

Ein öſterreichiſcher Eiſenbahnfonvoi, der eben von Olmüş

über Prera u fich näherte ,

fehrte ſchleunigft nach Olmüß um ,

welches er auch glüdlich erreichte, da die Armee des Kronprinzen erſt am 17. Juli mit ihrem rechten Flügel øradiſch, mit einem Theil ihres linken Prera u befekte. Am 16. zog der ganze Reſt der Armee des

Prinzen

Fried

rich Karl von Brünn gegen Lundenburg ab. Prinz Fried rich Karl nahm am 18. fein Hauptquartier zu ☆ o henau , am 19. zu Dürnkrut an der March und der großen

Eiſen

bahn. Ebendaſelbſt befand fich am gleichen Tage auch der größte Theil der 7. Diviſton. Gänſerndorf , die Station, von wels der die Eiſenbahnlinie einerſeits

nach Wien , andererſeits nach

Pre8 burġ geht , ward alsbald beſeßt, ebenſo der Marchübers gang bei Marchegg. Der König Wilhelm verlegte ſein þauptquartier am 17.

434

Abends nach N ifol8burg.

Er nahm daſelbſt ſeine Wohnung

in dem alten Schloſſe der Fürſten Dietrichſtein und ſchlief in dem ſelben Zimmer , in welchem Napoleon I

1805

nach der Schlacht

von Auſterliß und vor ſeinem Einzug in Wien am 9. Dezember zubrachte. Urſprünglich

hatte

der

König

bereits

am

Vormittag

des

17. Juli von Brünn abreiſen wollen ; indeſſen die telegraphi fchen Nachrichten , welche von der Mainarmee , insbeſondere über die erfolgte Belegung

Frankfurt8 und die ſich daran

knüpfenden Verhältniſſe einliefen , hielten ihn noch mehrere Stuns den in Brünn zurück. Schon bevor er nun in Nikolsburg antam, war dort der fran zöſiſche Botſchafter Benedetti eingetroffen.

Napoleon III gab

nämlich ſeine Friedensvermittlung troß des Scheiterns der erſten Verſuche nicht auf ; die militäriſche Poſition der Preußen hatte ſich unterdeſſen wieder um Vieles gebeſſert und das Wiener Kabinet zeigte ſich bedeutend gefügiger. Dazu trug wohl viel die Beſorgniß bei , daß die Preußen eine Vereinigung Benedets mit dem Erzherzog Albrecht bei kräftiger Fortſeßung ihrer Opera tionen leicht ganz hindern fönnten , eine Beſorgniß , welche gar nicht ungegründet war. Auch mußte das Wiener Kabinet nachgerade einſehen , daß Preußen vor feinem Mittel zurückſchreden werde , Oeſterreich herunter zu bekommen, wenn dieſes hartnäckig auf der Fortführung des Krieges beſtände; daß Preußen namentlich nationale Beſtres bungen in den einzelnen Kronländern, welche der Wiener Zentrals regierung nicht geneigt waren , begünſtigen werde. Dies zeigten verſchiedene Proklamationen , welche an die Bes wohner Böhmens erlaſſen wurden, eines Landes, welches Preußen gewiß ſich

nicht ſelbſt aneignen wollte,

deſſen Losreißung

von

435

Deſterreich es aber unter Umſtänden mit Vorliebe betrieben haben würde ; dies zeigte das Verfahren mit der ungariſchen Le : gion , welche zu Neiſſe formirt, unter dem Befehle Klapka's , freilich nur 1500 M. ſtark, ſich eben jegt anſchickte über den f as blunta paß in Ungarn einzufallen . Die öſterreichiſche Regierung, welche fich nicht völlig rein wußte, fürchtete wohl mehr von dieſen Prozeduren, als ſie zu fürchten Grund hatte ; – doch ſie fürchtete und wer konnte auch ſagen , wie raſch die Reime der Unzufriedens heit wachſen mochten . Kurz ,

das Wiener Rabinet erklärte fich am Abend des

21. Juli zum Abſchluß einer Waffenruhe auf fünf Tage auf Grund der preußiſchen Bedingungen bereit und am früheſten Morgen des 22. Juli ward zu Nicols burg vereinbart, daß am 22. Juli Mittags jene fünftägige Waffenruhe beginnen ſolle. Am 21. Juli , alſo als der Kampf zu Ende ging , erklärte Deſterreich auch ſeinen Zutritt zur G'enfer Konvention von 1864, den es ſo lange verweigert hatte , auch noch auf die leßten dringenden Anſuchen des ſchweizeriſchen Bundesrathes , welche von Frankreich unterſtüßt wurden, kurz vor dem Ausbruch des Krieges. Die Preußen hatten die Ausführung der Genfer Konvens tion im vollſten Umfange angeſtrebt; ſie hatten ihr ärztliches Pers ſonal bei den Truppen ſelbſt und in den rückwärtigen Spitälern ſo weit verſtärkt als es irgend möglich war, namentlich durch Hers beiziehung junger Mediziner, zum Theil noch ſtudirender; die Kran. tenträgerkorps waren vermehrt worden ; aller Orten

bildeten fich

Privatvereine zum Nachihub von Lebensmitteln , Verbandſtücken , Erfriſchungen u. ſ. w. in die Spitäler auf dem Kriegsſchauplaß ; auf dieſem ſuchte der Johanniterorden unter der Leitung des Gras fen Eberhard von Stolberg , Präſidenten des preußiſchen Herren hauſes , die Bemühungen der Aerzte und Lazarethbeamten , welche

436 freilich immer das beſte thun müſſen und werden, kräftig zu unters ſtüßen. Auch die Deſterreicher wurden von den Preußen nicht vers nachläſſigt. Indeſſen iſt es wohl natürlich, daß die preußiſchen An ſtalten zunächſt zu Gunſten der preußiſche'n Soldaten benußt wurden und

die

armen

verwundeten Deſterreicher litten ,

da die

Preußen ſtet8 ftegreich vordrangen , ſehr unter dem Umſtande, daß Deſterreich der Konvention nicht beigetreten war. deſſen verließen die öſterreichiſchen Aerzte ,

Denn in Folge

ſobald ihre

Truppen

theile zurüdgingen , ſtets die Verwundeten und dieſe waren nun , mehr ganz auf die Hülfe angewieſen , welche ihnen die preußiſchen Sanitätsanſtalten leiſten konnten . Der Genfer Verein , welcher den Gedanfen der Konvention zuerſt angeregt hatte, ſendete nach Beendigung des Krieges Herrn Dunant , der ſich um dieſe Sache die hervorragendſten Verdienſte erworben hat, nach Berlin , um der preußiſchen Regierung und dem preußiſchen Volke den Dank der Genfer zu bringen für die voll ſtändige Art, in welcher fte den Gedanfen der Konvention troß der Schwierigkeiten ausgeführt hatten, welche die zahlreichen Opfer, die dieſer große Krieg in kurzer Zeit forderte , bereiten mußten. Die 8. preußiſche Diviſion , nachdem ſie bei Göding die March überſchritten hatte, rüdte am linken Ufer dieſes Fluſſes auf ungariſchem Gebiet über

St. Johann ,

Gruß -Schüßen

und Malacz fa ſüdwärts und erreichte am 21. Juli Stam pfen , über welches ſie ihre Vortruppen hinausſchob. Am 21. überſchritt auch die 7. Diviſion bei M a r chegg die Mard und trat mit der achten in Verbindung . Der Prinz Friedrich Karl , zu deſſen Armee dieſe Dis viſionen gehörten, war ſchon am 21. davon unterrichtet, daß aller Wahrſcheinlichkeit nach am 22. Juli eine Waffenruhe werde abges

437 ſchloſſen werden . Er ordnete indeſſen eine Rekognoszirung an und beſtimmte zugleich, daß , wenn fich gute Ausſichten böten , die 7. und 8. Diviſion , verſtärkt durch die Kavalleriediviſion des Generals þann von Weyhern ernſthaft gegen Pre 8 , burg vorgehen follten .

In der That, wenn aus der Waffenruhe

nicht ein Waffenftilſtand und dann endlich ein Friede ward , war es für die Preußen unter allen Umſtänden höchſt vortheilhaft, daß fie fich jeßt ſchon Presburgs bemächtigten ; aber welchen Quer ſtrich Fte damit den Deſterreichern machten ,

das wußten fie gar

nicht. Benedet brachte nämlich am 22. erſt die Spiße der Armee, welche er von Olmüş entführt hatte ,

nach Presburg , das

zweite Armeekorps und mit dem Reſte hätte er wohl über Ko . morn ziehen müſſen , wenn die Preußen am 22. Juli Presburg beſeßten. General Franſedyy übernahm am 21. Abends den Ober befehl über die ganze am linken Marchu er vereinigte preußiſche Macht,

Horn ward gerade zu dieſer Zeit auf ſeinen neuen

Poſten im 2. Reſervearmeeforp8 abberufen . Franſedy hatte die beſte Abſicht,

ſich am 22. noch der ,

Stadt Preßburg zu bemächtigen. Er brach deshalb früh auf. Seine Avantgarde, beſtehend aus dem 72. Infanterieregiment (von der 16. Brigade) und dem

10. Huſarenregiment ließ er an

der großen Straße von Stampfen nach Presburg gerade gegen den Paß vorrüden, welchen öſtlich der Gamſenberg , weſtlich die Höhen von Theben begrenzen . Der Avantgarde folgten an derſelben Straße die 13. Brigade, Sors Groß von Schwarzhoff – und die 14. Brigade Don endlich in Reſerve der Reſt der 16. Brigade und die

Reſervefavallerie. Die Brigade Boſe , die fünfzehnte , ward links gegen den

438

G amſenberg detachirt, um dieſen zu erſteigen und dann von ihm aus dicht vor Presburg den Deſterreichern in die rechte Flanke und den Rücken zu fallen . Um 61/2 Uhr Morgens ſtieß die Avantgarde Franſedy’8 mit der Brigade Mondel zuſammen und es entwickelte ſich hier ſos gleich ein heftiges Feuergefecht. Franſedy wollte ſeine Truppen in der Front nicht eher ſcharf engagiren, als bis Boſe ſeine Umgehungsbewegung vollen det habe . Nun erhielt er um 71/2 Uhr Morgens die Nachricht, daß wirklich eine Waffenruhe auf fünf Tage abgeſchloſſen ſei und fie um 12 Uhr

Mittags

beginne.

Er hatte

daß

alſo noch ungefähr

4 Stunden Kampfzeit vor fich. Er beſchloß nun einerſeits kräftiger vorzugehen, andererſeits aber hielt ihn die Rücficht auf Boſe doch immer noch zurück. Auf öſterreichiſcher Seite famen zur Verſtärkung Mondels nach und nach alle Brigaden des 2. Armeeforp8 heran . Boſe , der mit großen Schwierigkeiten des Vorwärtskommens zu kämpfen hatte ,

traf auf den Höhen des Gamſenberg 8 ,

von wo man die Stadt Presburg überſchaute, auf den erſten öſters reichiſchen Widerſtand nicht vor 11 Uhr. gegen das

Nun drang er abwärts

Jäger haus an der Chauſſee nur 3/8 Meilen vor

Presburg vor . Franſedy , der mit ſeinem Gros , indem er namentlich viele Artillerie vorzog , wenn auch

langſam doch ſtetig vorgerügt

war , warum Mittag bis in die Nähe des brennenden Dorfes Blumena u gekommen, als ein öſterreichiſcher Parlamentär ein traf und verlangte, daß der abgeſchloſſene Waffenſtilſtand reſpefs tirt werde. Da über die Bedingungen dieſes Waffenſtilſtandes oder viel mehr dieſer Waffenruhe bisher noch gar nichts Spezielles bekannt

439

war , ſo knüpfte nun Franſe d y ſofort mit dem öſterreichiſchen Oberkommandanten Thun -Huh e nſte in Verhandlungen über die Beſtimmung der Demarkationslinie an .

Erſt als dieſe Verhandlungen bereits im Gange waren , traf die Meldung von General Boſe ein , daß er vom Gamſenberge hinab im Vordringen auf Presburg ſei. Dann aber Nachricht von einem Telegramm , welches Thun

Hohenſtein ſo eben em

pfangen hatte und aus dem hervorging, daß ſchon am Morgen des 22. eine allgemein gültige Uebereinkunft über eine Des markationslinie getroffen war. Demgemäß hatten Franſedy und Thun -Hohenſtein lokal nichts mehr über ihre ſpezielle Demars fationslinie zu verfügen , ſondern ſie mußten ſich den allgemeinen Anordnungen bequemen. Dieſen gemäß mußte Franſedy zurückgehen, damit es aber nicht ſo ausſehe, als ſei er zurückgeſchlagen worden, machte er ſich zur Bedingung, daß die Brigade Boſe noch 24 Stuns den auf dem Punkte

ſtehen bleibe ,

bis

zu welchem ſie vorges

drungen war. Dies

geſchah ; und die öſterreichiſchen Truppen , welche bei

Blumenau gefochten hatten , zogen mitten durch die Brigade Boſe nach Pre 8 burg zurück.

4.

Vorgänge

im

Rücken

der

preußiſchen

Hauptarmee :

in Böhmen, Mähren , öſterreichiſch Schleſien und an der

galiziſchen Grenze . Die Ereigniſſe, welche ſich im Rüden der preußiſchen Ars mee auf dem nordöſtlichen Operationstheater begaben , nachdem dieſe ernſtlich in Aktion getreten war, verſchwinden zwar faſt vollfommen gegen den Eindruck, den der Beobachter von dem empfängt , was in den vorderen Linien ſich zutrug, indeſſen verlangt ſchon die Ges rechtigkeit, daß wir ihrer erwähnen und weiter

geben ſie uns die



440

Gelegenheit , einen Blic auf die Volkskraft zurückzuwerfen , aus welcher doch allein Heere ſich ergänzen, deren militäriſch bürgerliche Organiſation der Art , daß weder die Freiheit der Bürger , noch die Kraft des Staates leidet , ja die große Aufgabe dieſes Jahrs hunderts iſt, welches den Dualismus von Bürger und Soldat zn einer Zeit vernichten ſoll, da das Inſtitut der Sklaverei , welches dieſe Aufgabe freilich ſehr erleichterte, nicht mehr beſteht und nir gends mehr anerkannt iſt. As die Armee des Kronprinzen von Preußen in Böhmen aus Schleſien eindrang, regte ſich auch das preußiſche Grenzbewachungskorps des Grafen Stollberg gegen Gas lizien hin ernſtlicher. Am 26. Juui führte Graf Stolberg das Gros ſeines Korp8 , welches bei Nifolai fampirte, gegen die obere Weichſel in den Jedliner Wald vor und überſchritt mit ihm am 17. Juni Morgens zwiſchen Jedlin und Plawy die Weichſel, um auf Brzczins fa und O 8wien cim vorzudrins gen , während die bei Alt Berun und M y 8 1 0 w i ß aufges ſtellten

preußiſchen

Vorpoſtendetachements

zugleich

demonſtrative

Bewegungen über die Przemra (linken Nebenfluß der Weichſel) ausführen mußten .

Es ging an dieſem Tage ziemlich heiß zu , die

Preußen verloren über 200 Mann und ein einziges Landwehrbatail. lon , welches beim Ausrücken etwa nur 550 Mann zählte , verlor 71 Mann. Auf ein Eindringen der Preußen in Galizien konnte es . begreiflicher Weiſe nicht abgeſehen ſein . Bald

darauf

brannte

ein

öſterreichiſches

Detachement

das

preußiſche Vorwerk Zabrzeg nieder ; um dafür Genugthuung zu holen unternahm Stolberg am 4. Juli , als ſchon der Sieg von Königgräß bekannt war , einen Streifzug von Pleß aus über Goczalfo w iß gegen die reichen Fabrikſtädtchen Bieliß und Biala , welche nahe bei einander, doch das erſtere in öſterreichiſch

441

Schleffen, das andere in Galizien , das erſtere weſtlich, das zweite öſtlich des Bialaflüßcheng liegen . Er erhob hier eine Kontribution von 60,000 Gulden und führte auch mehrere Geiſeln mit ſich heim , de aus den Haufen der fich anſammelnden Arbeiter auf ſeine Sols daten mit Steinen geworfen worden war. An dieſer Grenze fam es noch zu mehreren Scharmüßeln, namentlich am 16. und 17. Juli zwiſchen Dziedziß und G Ds czalko w i B. Trop pau ,

die

Þauptſtadt

von

öſterreichiſch

Sóleſten

wurde erſt am 9. Juli von einer kleinen Abtheilung des preußi ſchen Detachements des Generals von Knobelsdorf beſeft. Zum Zivilfommiſſär für öſterreichiſch Schleſien ward der Landrath von Selch o w eingeſeßt. Hier blieben die Befißverhältniſſe ſtets ſehr unſicher.

Als die große preußiſche Operationsarmee immer

weiter nach Süden vorrückte, mußten ihr Truppen nachgeſchoben werden , um die Beobachtung der Feſtungen und die Bewachung der Eiſenbahnlinien zu übernehmen. Vom Hauptquartier der preußis ſchen Armee aus fonnte man die Befehle nicht ſo genau bemeffen , daß da nicht mitunter ein Zivilkommiſſär ohne alle Bedeckung ges blieben wäre. So mußte z. B. auch

Selch o w

Trop p au ſehr bald

wieder räumen , während ein öſterreichiſches Detachement von dem galiziſchen Korps dort einzog. Dann ging dies wieder zurück und Selchow kam am 20. Juli wieder in Troppau zum Vorſchein. Selbſt noch

einmal nach Abſchluß der

Waffenruhe ,

als er außer einigen Gensdarmen gar feine bewaffnete Macht mehr zu ſeiner Verfügung hatte , ward er aus ſeiner Ruhe aufgeſtört durch einen öſterreichiſchen Oberlieutenant , der mit einer halben Kompagnie in Troppau einrüdte und dort – freilich nur auf ſehr kurze Zeit

das Oberkommando an ſich nahm.

442 In Böhmen rückte nach der Schlacht von Königgräß zu: nächſt

das

1.

preußiſche

Reſerve armeeforp8

ein,

welches wir bereits als einen Beſtandtheil der Elbarmee bei deren Einmarſch in das Königreich Sachſen kennen gelernt haben. ſchnelle Formation der Erſabbataillone nen

Die

zu vierten Feldbataillos

und der Landwehrbataillone (die mit Vorliebe Reſerves

bataillone genannt wurden) , der Baſis des

Prinzipes

dieſe Formation , welche nur auf der

alten Landwehrverfaſſung möglid)

war, während die dreijährige Dienſtzeit nichts damit zu thun hat, geſtattete es Preußen , nicht blos ſeine Operationen ziemlich auf ihrer urſprünglichen Stärke zu erhalten, ſondern auch für die noth: wendigen Unterſtüßungen im Rüden der Operationsarmee in fol. chem Maße zu ſorgen , daß mindeſtens bis an die Donau hin der alte Schaden des Saßes von der „ Kulmination des Sieges “ oder der „ Kulmination des Angriffs" fich nicht leicht fühlbar ma chen konnte. Man kann nicht ſagen , daß die Preußen urſprünglich freunds lid in Böhmen empfangen wurden. Die Vorfälle in Trautes nau und Gitidin ,

wie vieles dabei von preußiſcher Seite

übertrieben ſein mag , ſprechen in dieſer Beziehung deutlich genug . Aber bald geſtaltete das Verhältniß der Böhmen , der Deutſch , böhmen ,

wie der Czechen , zu den Preußen ſich viel freundlicher

und wir dürfen uns kaum verhehlen , daß nicht blos das beſchei dene Auftreten des preußiſchen Soldaten , welches den Behauptun gen der Wiener Judenpreſfe ſo eklatant widerſprach ,

daran

die

Schuld trug, ſondern namentlich auch das Verfahren der öſter reichiſchen

Landesbeamten .

Dieſe

räumten

faſt alle,

lange bevor die Preußen noch herankamen , ihre Pläße und brach ten fich in Sicherheit. Anweiſung.

Wie ſie ſagten , geſchah dieſes auf höhere

Aus der Ferne aber bedrohten ſie die Bevölkerungen

443

der bisher von ihnen verwalteten Landesſtriche: aus der Entfers nung auch wache das Auge der Behörde über die Völker ; man würde auch aus der Entfernung die Ungetreuen bemerken, die etwa mit dem Feinde gemeinſchaftliche Sache machten oder ihn unters ftüßten !

Ein ſehr dehnbarer Begriff !

Daß die ganze zivile Landesverwaltung in einem vom Feinde nahe bedrohten oder ſchon beſeßten Landſtriche aufhört , kann nur dort einen Sinn haben, wo ein eigentlicher Volfs frieg im weiteſten Umfange, ein Guerillaskrieg geführt werden ſoll und kann. In Böhmen war aber ein ſolcher

auf keinen Fall zu

erwarten . Die Regierungsweiſe war nicht dazu angethan geweſen, Selbſtthätigkeit in dem Volfe Böhmens zu erwecken und organiſa toriſche Kräfte im Volk zu erziehen ; dazu fehlte es an Waffen, an allem Nothwendigen.

Der þaß der Böhmen gegen die Preußen,

welchen die Regierung neuerdings erregt hatte, konnte fich alſo aktiv nur wenig und vereinzelt äußern. Es blieben ſomit nur die Nachtheile des Verſchwindens der Behörden.

Die Preußiſche Armee mußte begreiflicher

Mittel Böhmens in Anſpruch nehmen.

Weiſe

die

Wären die öſterreichiſchen

Behörden an Ort und Stelle geweſen, ſo konnten die zu tragenden Laſten gleichmäßig

auf das

ganze Land vertheilt werden ;

da ſte

fehlten, waren die Preußen gezwungen , ſich ſtets an die einzelnen Städte und Gemeinden zu halten und zwar hielten fie fich natür licher Weiſe an diejenigen , welche zunächſt an ihren Marſch- und Etappenſtraßen lagen. Die Striche an dieſen wurden daher beſon ders ſtarf gedrückt und ausgeſaugt. Aus Prag entflohen die geſammten öſterreichiſchen Landes behörden ſogleich, nachdem die Kunde vom Treffen von Gitſch in in der Hauptſtadt Böhmens eingetroffen war und fie ihre Koffer gepadt hatten , und ſchlugen ihr Hauptquartier in Pilſen auf. Rüftow , d. Krieg . 1866 . 30

444

Dieſe Flucht erfolgte ſchon am 1. und 2. Juli ; erſt am 9. Juli ward Prag von preußiſcher Gardelandwehr des 1. Reſerveforps befekt. Nachdem am 19. Juli, wie wir bereits früher erwähnt haben, Vogel von Falfenſte in zum Gouverneur von Böhmen berufen war ,

ſchuf derſelbe in kurzer Zeit aud ohne öſterreichiſche

Behörden ſo viel Ordnung, als fich unter den gegebenen Umſtän. den billiger Weiſe erwarten ließ . In der Nacht vom 28. auf den 29. Juli, alſo lange nachdem nicht blos die Waffenruhe, ſondern auch , wie wir ſehen werden, der Waffenſtilſtand eingetreten war , unternahm die öſterreis diſche Befazung von Thereſienſt adt einen großen Aus fall gegen die Eiſenbahn von Turnau nach Brag und die zu deren Bewachung aufgeſtellten preußiſchen Detachements. Die Deſters reicher nahmen dabei dem 15. preußiſchen Landwehrregiment meh rere hundert Gefangene ab, welche indeſſen , nachdem der frrthum aufgeklärt worden war , ſchon am 30. Juli ihrem Truppentheil wieder zurückgeliefert werden mußten. Dieſer Ausfall aus Thereſtenſtadt und

der früher erwähnte

Einfall eines öſterreichiſchen Detachements in Tro p p au waren die leßten militäriſchen Ereigniſſe auf dem nordöſtlichen

Opera

tionstheater. Schon Anfangs Juli brach in den Heeren, die einander feinds lich auf dem nordöſtlichen Operationstheater gegenüberſtanden, die Cholera aus. Bei der preußiſchen Armee zeigte ſte fich, wenig ſtens ſo weit es derzeichnet iſt, zuerſt zu leitomiſchl in Böh men, nahe der mähriſchen Grenze, am 12. Juli. Dieſer Krankheit, welche auf beiden Seiten viele Opfer forderte , erlag unter Andes rem der Generallieutenant F. W. von Clauſewiß , Sohn des berühmten Verfaſſers des Buchs „ vom Kriege“ , 59 Jahren zu Tſcheitſch in Mähren am 31. Juli.

im

Alter von

445

An einem hißigen rheumatiſchen Fieber ſtarb am 6. Auguſt zu

Auſterliß

der kommandirende

General

des

6.

Armeekorps

♡ on Mutius , im Alter von 69 Jahren ; 53 Jahre hatte er der preußiſchen Armee und insbeſondere der preußiſchen Reiterei angehört.

II .

Die friedensſchlüſſe.

5. Wer Frieden zwiſchen Preußen und Oefterreich. An dem gleichen Tage noch, an welchem durch franzöſiſche Vermittlung die Waffenruhe auf dem nordöſtlichen Opera. tionstheater zu Stande gebracht war , am 22. Juli erſchienen zu Nikolsburg vom Kaiſer von Deſterreich geſendet Graf Aloys Karoly , früherer Geſandter in Berlin, Freiherr von Brenners Fel 8 adh , früher bei der Bundesgeſandtſchaft zu Frankfurt am Main ,

und

Feldzeugmeiſter

Graf Degenfeld -Son ,

burg , früherer Kriegsminiſter, um über einen Präliminar , frieden und eine Waffenſtillſtandskonvention zu verhandeln. Beide wurden am 26. Juli zu Nikolsburg unterzeichnet , der Präliminarfrieden von Raroly , Brenner und Bismark , die Waffenſtillſtandskonvention von Moltke und Degenfeld. Der Präliminarfrieden ſtellte feſt: 1. Bis auf das lombardiſch - venetianiſche Königreich (über wels ches der Kaiſer Franz Joſeph bereits anderweitig verfügt hatte) bleibt der Territorialbeſtand Deſterreich 8 unverän dert und der König von Preußen zieht ſeine Truppen nach dem definitiven Frieden & abſchluß

vom

öſterreichiſchen

Gebiete 30 *

zurüd ,

446 wobei nur die Maßregeln vorbehalten werden , welche zur Garans tie der Kriegsentſchädigung zu verabreden find. 2. Der Kaiſer von Oeſterreich erkennt die Auflöſung des deutſchen Bunde 8 an , ſtimmt einer Neugeſtaltung Deutſch . 1 lands mit Ausſchluß Deſterreichs zu, verſpricht den engern nords deutſchen Bund und einen etwa fich bildenden ſüddeut : ſchen Bund anzuerkennen und der Verſtändigung dieſer beiden Bünde die Feſtſtellung ihrer gegenſeitigen Beziehungen zu überlaſſen. 3. Der Kaiſer von Deſterreich tritt ſeine Rechte an $ 01 . ft ein und Schle 8 wig an den König von Preußen ab, wobei die Wiederabtretung derjenigen nordſchleswig'ſchen Bezirke , welche fich in freier Abſtimmung ihrer Bevölkerungen dafür entſcheiden ſollten , an Dänemark ftipulirt wird. 4. Deſterreich zahlt an Preußen 40 Millionen Thaler Arieg 8 , foftenentſchädigung , davon aber baar nur 20 Millionen ; für 15 weitere Millionen dagegen gelten als Uequivalent die ab getretenen öſterreichiſchen Rechte auf die Elbherzogthümer und für 5 Millionen als Lequivalent die Koſten der freien Verpflegung, welche die preußiſche Armee auf öſterreichiſchem Gebiet bis zum Friedensſchluſſe zu empfangen hat. 5.

Auf beſonderen

Wunſch

Oeſterreich

will

Preußen das

Königreich Sachſen in ſeinem bisherigen Territorialbeſtand beſtehen laſſen, behält ſich aber vor , durch beſondern Vertrag mit Sachſen die von dieſem zu zahlende Ariegskoſtenentſchädigung und ſeine Stellung im norddeutſchen Bunde zu regeln.

Oeſterreich das

gegen verſpricht, alle neuen Einrichtungen Preußens in Norddeutſchs land einſchließlich aller Territorialveränderungen anzuerkennen. 6. Der König von Preußen macht ſich

an Heiſchig, die Zu

ſtimmung des Königs von Italien zu den Friedensprälis minarien und dem auf ſie zu gründenden Waffenſtilſtande zu bes

447

ſchaffen, ſobald das wenetianiſche Königreich von Na poleon III zur Dispoſition des Königs Viktor Emanuel geſtellt ſein wird. 7. Die Ratifikationen ſollen binnen

längſtens zwei

Tagen in Nikolsburg ausgetauſcht werden. 8. Unmittelbar darauf ſollen die Unterhandlungen über

den

Definitivfrieden beginnen. 9. Zu deren Schuß wird ein Waffen ſtill ſtand geſchloſs. fen, der am 2. Auguſt beginnt , bis zu welchem Tage die am 22. eingetretene, urſprünglich nur für 5 Tage geltende Waffenruhe ver längert wird . Der (vom 2. Auguft ab beginnende) Waffenſtilſtand wird zu Nikolsburg zugleich mit Baiern abgeſchloſſen ; der Oberbefehlshaber der Mainarmee, General von Manteuffel , wird beauf tragt, auch mit Würtemberg, Baden und Heſſen -Darmſtadt auf der Grundlage des militäriſchen Beſizes einen vom 2. Auguſt begin nenden Waffenſtilſtand zu ſchließen, wenn dieſe es verlangen. Die ſich an den Präliminarfrieden anſchließende Waffen ſtill ſtand ofonvention beſtimmte folgendes : 1. Die während des Waffenſtilſtandes geltende Demarfa tionslinie geht von Eger über Pilſen , Neuhaus , Z labings , folgt dann der die March,

dann der M a r ch

T h ay a bis zu ihrer Mündung in bis

Napajedl ,

endlich einer

geraden Linie, die von Napajedl nach oderberg an der preußi. ſchen Grenze gezogen wird, 2. Um jede der öſterreichiſchen Feſtungen

inner

halb des von den Preußen beſeßten Gebiets bleibt ein Kreis von den Preußen unbeſeft, aus dem jene Feſtungen fich verproviantiren fönnen . Um Dimüß hat dieſer Kreis zwei Meilen , um 30s feph ft adt , Königgräß und Thereſienſtadt je eine

448

Meile Halbmeſfer. Die Feſtung Olmüş erhält außerdem eine von den Preußen frei zu laſſende Etappenſtraße über Weißkirchen nach Meſeritſch. (Alſo gegen die ungariſche Grenze hin .) 3. Für den Marſch aus ihren jeßigen gegen die Donau vors geſchobenen Stellungen hinter die Demarkationslinie zurüď werden den

preußiſchen Truppen

ausdrücklich

auch

die Etappenſtraßen

a. über M a iſſau , Scheitelsdorf, Wittingau nach Tabor und b. über Malacz fa und Skaliß nach Napajedl mit einem zweimeiligen Belegungsrayon *) ( ſoll wohl heißen mit dem Recht, fich mit den Marſchquartieren jederſeits zwei Meilen – oder nur zuſammen an beiden Seiten ? — auszubreiten), vorbehalten. 4. Innerhalb des den preußiſchen Truppen zugewieſenen Ges bietes ſteht denſelben die Benußung aller lands und Waf. ſerſtraßen frei, fie dürfen an derſelben durch die Feſtungen in feiner Weiſe behindert werden . Einzig ausgenommen wird die Strecke der Bahn von Böhmid

Tribau nach Prerau ,

welche

durch den Feſtungsrayon von Olmüş läuft. 5. Die öſterreichiſchen Truppen dürfen die am 22. Juli verabs redete (nur für die Zeit der Waffenruhe beſtimmte und näher ges gen die Donau gelegene) Demarfationslinie nicht eher überſchreiten , als bis der dyweif der preußiſchen Truppen hinter die Tha ya zurück iſt. Der betreffende Termin wird der öſterreichiſchen Regies rung alsbald mitgetheilt werden .

6. Den Kranken und den Aerzten und Pflegern , welche die Preußen vorwärts ihrer Demarkationslinie zurücklaſſen, bleiben die

*) Das Wort Rayon wird nachgerade durch Mißbrauch zu einem so unbes ſtimmten, daß man es mindeſtens amtlich nicht mehr anders gebrauchen ſollte als in Fällen , für welche es reglementariſch definirt iſt. Genau genommen heißt es doch nur Strahl, alſo Halbmeſſer und wird erſt abgeleitet für einen Kreis, der zu dem betreffenden Halbmeſſer gehört , gebraucht.

449

Räume, welche fie inne haben.

Auch wird ihnen die Unterſtüßung

der öſterreichiſchen Behörden in Betreff von Transportmitteln und Verpflegung zugeſichert. Dem Rücktransport der Kranfen 2. in die Heimat, welcher von Preußen baldmöglichſt bewerkſtelligt werden foll, dürfen von den Deſterreichern weder während des Waffenſtill fiandes noch nach demſelben Hinderniſſe bereitet werden. 7. Die Verpflegung der preußiſchen Truppen wird von den Landestheilen geliefert , welche von ihnen beſeft find.

Gelds

kontributionen werden nicht erhoben . 8. Defterreichiſches Staatseigenthum , ſoweit es nicht ſchon vor dem Waffenſtilſtand in Beſiß genommen wurde, foll von den Preußen nicht mit Beſchlag belegt werden. 9. Die öſterreichiſche Regierung wird dafür ſorgen, daß ihre Zivilbeamten fich baldmöglichſt auf ihre Poſten zurück begeben, um bei Verpflegung der Preußen mitzuwirken.

In einem Additionalartifel ward noch ausgemacht, daß in der Zeit vom 27. Juli bis 2. Auguft die öſterreichiſchen und fächſiſchen Truppen fich von der am 22. feſtgeſtellten proviſoriſchen Demars fationslinie, ſoweit dieſelbe am linken Donauufer läge, überall eine halbe Meile entfernt halten ſollten , während dieſe Demarkations linie von den Preußen nicht werde überſchritten werden. Ueber den nun zu ſchließenden Definitiv frieden ward zu Prag verhandelt. Defterreich war bei dieſen Verhandlun gen durch den Baron Brenner , Preußen durch den

Frei

herrn von Werther , früheren preußiſchen Geſandten zu Wien vertreten, da B is mark nach dem Abſchluß des Präliminarfriedens alsbald mit dem Rön ige nach Berlin abgereist war, um der Eröffnung des Landtages beizuwohnen, der am 5. Auguſt zuſammentrat. Die Unterzeichnung erfolgte am 23. Auguft.

des

Definitiv friedens

450

Dieſer Frieden iſt in 14 Artikel gefaßt. Art. 1 enthält die gewöhnliche Formel über ,,ewigen “ Frieden und Freundſchaft, nur bedienten fich diesmal die Unterhändler ftatt des Worte8 ,,ewig ", des Wortes ,, beſtändig " . Art. 2 ſeßt mit Beziehung auf die Art. 1 und 6 des Präs liminarfriedens feft : nachdem der Kaiſer Napoleon III am 29. Juli zu Nikolsburg habe erklären laſſen , daß , und ſoweit es von ihm abhänge , Venetien Italien gehören und ihm beim Friedensſchluß überliefert werden ſolle, -

trete auch der Kaiſer

Franz Joſeph dieſer Erflärung ſeinerſeits bei.

Der Kaiſer

von Deſterreich gibt feine Zuſtimmung zur Vereinigung des lom bardo-venetianiſchen Königreichs mit dem Königreich Italien ohne andere läſtige Bedingungen als die Liquidirung derjenigen Schul den , von welchen anerkannt wird , daß ſte auf den abgetretenen Landestheilen haften . Darüber wird nach dem Vorgange des Zürcher Friedens geurtheilt werden. Art. 3. Die Kriegsgefangenen werden beiderſeits ſofort freis gegeben. Art. 4. entſpricht dem Artikel 2 des Präliminarfriedens, nur iſt hier in Betreff des zu bildenden ſüddeutſchen Bundes die Klauſel hineingebracht , daß derſelbe „ eine internationale , unabhängige Exiſtenz“ haben wird . Art. 5

entſpricht

dem

Artikel

3

des

Präliminarfriedens;

Art. 6 dem Artikel 5 des Präliminarfriedens. Art. 7 beſtimmt, daß ſpäteſtens fechs Wochen nach der Ras tiftfation des Vertrages in Frankfurt a. M. eine Kommiſſion zuſammentreten ſoll, bei welcher ſämmtliche Forderungen und Ans ſ prüche an den alten deutſchen Bund anzumelden und binnen ſechs Monaten zu liquidiren ſind. Preußen und Deſterreich

451

werden ſich in dieſer Kommiſſion vertreten laſſen und allen Regies rungen des früheren Bundes ſteht es frei, dasſelbe zu thun. Art. 8. Deſterreich kann ſein Eigenthum aus den früs Heren Bundes fe ftungen und von dem beweglichen ſonſtis gen Bundeseigenthüm ſeinen und darüber verfügen ;

matrifelmäßigen

Antheil wegführen

dasſelbe gilt von dem ganzen bewegli

den Vermögen des Bundes . Art. 9 fichert den etatsmäßigen Beamten, Dienern und Pen ftonirten des alten Bundes die ihnen gebührenden , bezie hungsweiſe ſchon bewilligten Penſionen pro rata der Matrikel zu. Die bisher aus der Bundesmatrikularkaſſe beſtrittenen Penſionen von Offizieren des früheren ſol eswigsholſte is niſchen

Heere 8 und

deren $ interlaſſenen

über

nimmt aber von nun an die preußiſche Regierung allein . Art. 10. Der Bezug der von der f. k. öſterreichiſchen Statt halterſchaft in Holſtein zugeſicherten Penſionen bleibt den Ins tereſſenten bewilligt. Die noch im Gewahrſam der k. f. öſterreichi ſchen Regierung befindliche Summe von 449,500 Thaler däniſcher Reichsmünze in vierprozentigen däniſchen Staatsobligationen, welche den bolſte i niſden Finanzen

angehört,

wird denſelben

unmittelbar nach der Ratifikation des gegenwärtigen Vertrags zu rüderſtattet.

Kein

Angehöriger

der Herzogthümer Holſtein und

Schleswig und fein Unterthan II . MM . des Königs von Preußen und des Kaiſers von Deſterreich wird wegen ſeines politiſchen Ver haltens während der legten Ereigniſſe und des Krieges verfolgt, beunruhigt oder in ſeiner Perſon oder ſeinem Eigenthum beanſtan det werden. Art. 11 entſpricht dem Artikel 4 des Präliminarfriedens ; nur wird noch hinzugefügt, daß die eine Hälfte der von Deſterreich baar zu zahlenden 20 Millionen Thaler gleichzeitig mit dem Auss

452

tauſch der Ratiftfationen, die andere Hälfte drei Wochen ſpäter in Oppeln abzuliefern ſei. Art. 12. Die Räumung der von den preußiſchen Truppen

befesten öſterreichiſchen Territorien

wird innerhalb drei Wochen nach dem Austauſch der Ratiftfationen des Friedensvertrages vollzogen ſein .

Von dem Tage des Ratift

fationsaustauſches an werden die preußiſchen Generalgouvernements ihre Funktionen auf den rein militäriſchen Wirkungskreis beſchräns fen . Die beſonderen Beſtimmungen , nach welchen dieſe Räumung ſtattzufinden hat, ſind in einem abgeſonderten Protokolle feſtgeſeßt, welches eine Beilage des gegenwärtigen Vertrages bildet. Art. 13. Ade zwiſchen den hohen vertragſchließenden Theilen vor

dem Kriege abgeſchloſſenen Verträge und

uebereinfünfte werden , inſofern dieſelben nicht ihrer Natur nach

durch

die

Auflöſung

der deutſchen Bundesverhältniſſe ihre

Wirkung verlieren müſſen, hiemit neuerdings in Kraft gefeßt.- Ins beſondere wird die allgemeine Kartellfonvention zwiſchen den deutſchen Bundesſtaaten vom 10. Februar 1831 dazu gehörigen Nachtragsbeſtimmungen

ihre

fammt den

Gültigkeit

zwiſchen

Preußen und Deſterreich behalten . Jedoch erklärt die faiſerlich öſterreichiſche Regierung , daß der am 24. Januar 1857 abgeſchloſſene Münzvertrag durch die Auflöſung des deutſchen Bundesverhältniſſes ſeinen weſentlichſten Werth für Deſterreich verliere und die preußiſche Regierung erklärt fich bereit, in Verhandlungen wegen Aufhebung dieſes Vertrags mit Deſterreich und den übrigen Theilnehmern an demſelben einzutre ten.

Desgleichen behalten die hohen Kontrahenten fich vor , über

eine Reviſion des Handels , und 3 ollvertrage $ vom 11. April 1865 im Sinne einer größeren Erleichterung des gegens ſeitigen Verkehrs ſo bald als möglich in Verhandlung zu treten .

453

Einſtweilen ſoll der gedachte Vertrag mit der Maßgabe wieder in Kraft treten, daß jedem der hohen Kontrahenten vorbehalten bleibt, denſelben nach einer Auffündigung von ſechs Monaten außer Wirts ſamfeit treten zu laſſen . Nach Art. 14 endlich ſollen die Ratifikationen in einer Friſt von acht Tagen oder wo möglich noch früher zu Prag ausge wechſelt werden . Dem Friedensvertrage ward dem Art. 12 desſelben gemäß ein Protokoll über die Modalitäten der Räumung des öfter . reichiſchen Gebiet 8 und über die Art der Aus wech lung der Kriegsgefangenen und außerdem eine Erklä rung beigelegt , durch welche die kontrahirenden Parteien ſich ver pflichteten , die Herſtellung einiger durchgehenden Eiſenbahnen über das ſchleſiſch -böhmiſche Gebirge zu begünſtigen. Die Ratifikationen des Friedensvertrages wurden bereits am 29. Auguſt zu Prag ausgewechſelt und alle diejenigen Artikel, welche überhaupt einer ſchnellen Erledigung fähig waren, wurden mit äußers ſter Raſchheit ausgeführt. Mit Erſtaunen ſaben die an das Papier gewöhnten Völker Deſterreichs, wie aus den Kellern der Bank zu Wien in kürzeſten Zeiträumen nach einander 20 Millionen Thaler in ſchönem blanken Silbergeld auftauchten , um auf lange Eiſenbahnzüge verladen zu werden und alsbald jenſeits der preußiſchen Grenze zu verſchwinden. Die

A u 8 wechſelung der Kriegsgefangenen

erfolgte gleichfalls ſchnell. In öſterreichiſchen Händen befanden ſich überhaupt nur etwa 1600 Preußen , die auf einmal zu Oderberg abgegeben werden konnten ; dagegen war die Zahl der in die Hände der Preußen gefallenen Deſterreicher ſo groß , daß man in dem eben erwähnten Protokoll ausdrücklich beſtimmen mußte, die Deſter reicher ſollten immer nur in Staffeln von je

1000 M. am Oders

454

berger Bahnhof abgeliefert werden und es ſollten binnen 24 Stuns den nicht mehr als ſechs ſolcher Staffeln einander folgen. Die ganze Operation dauerte ungefähr eine Woche. Auch die Räumung des öſterreichiſchen Gebiet8 Seitens der Preußen erfolgte ſehr prompt, ſo daß am 20. und 21. September bereits die

preußiſchen

Garden

und

fombinirte

Bataillone und

Schwadronen als Repräſentanten der übrigen Truppen ihren feier lichen Einzug in Berlin halten fonnten. Wie es übrigens mit dem „beſtändigen “ Frieden und der be: ſtändigen

Freund ich aft

zwiſchen

Preußen

und

Deſterreich

eigentlich gemeint ſei, darüber wurden – auch ſehr bald – einige Zweifel durch einen freilich noch nicht dageweſenen Umſtand rege. Der Kaiſer von Deſterreich befahl nämlich ſtelltem Frieden - ,

daß

diejenigen

nach herges

Regimenter,

welche den

König von Preußen , preußiſche Prinzen und Preußen befreundete Fürften zu Inhabern hätten , die ihnen daher kommenden Benens nungen

ablegen ſollten .

Die

ihrer Inhaberſtellen enthoben .

betreffenden Inhaber

wurden alſo

Unter denſelben war auch

der

Großherzog von Baden, deſſen Truppen im beendeten Krieg an der Seite der Deſterreicher gefämpft hatten !

Wäre die Maßregel vor

Ausbrudy des Krieges getroffen, ſo wären mindeſtens die Italiener nicht in den Fall gekommen , in Südtyrol badiſche Soldaten zu vermuthen .

6. Der Frieden Preußens mit den füddeutſchen Staaten . Mit den ſüddeutſchen Staaten Baiern , Würtemberg , Baden , Heiſen - Darmſtadt

hatte

Preußen

durch

den

Oberfommandanten der Mainarmec, General Manteuffel , in den drei erſten Auguſttagen Waffenſtilſtandskonventionen abges ſchloſſen, welche weſentlich die Demarkationslinie feſtſtellten , dann

455

Privatentſchädigungen für in Verluſt gekommene preußiſche Beamte. und ſonſtige Unterthanen ausmachten, endlich die Räumung der Bundesfeſtung Mainz von ſüddeutſchen Truppen und den freien Ausmarſch der norddeutſchen Kontingente mit Preußen ver bündeter Staaten aus den ſüdlichen Bundesfeſtungen regelten . Die Waffenſtillſtände liefen bis zum 22. Auguſt. In dem gegebenen Zeitraum wurden auch die Friedensſchlüſſe meiſt zu Wege gebracht; nur Darmſtadt blieb nod im Rüdſtand: Der Frieden mit Baiern ward am 22. Auguſt zu Berlin unterzeichnet, preußiſcher Seits von Bismarf und dem früheren Bundesgeſandten Savigny , bairiſcher Seits von

von der

Þfordten und dem Grafen Bray - Steinburg . Der Vers trag enthält 18 Artifel. Art. 1 iſt die gewöhnliche Friedensformel; laut Art. 2 und 3 zahlt Baiern an Preußen 30 Millionen Gulden Krieg 8 foften : entſchädigung in drei Raten , die legte Rate ſechs Monate nach Austauſch der Ratifikationen. Art. 4 handelt vom ſtaffelweis ſen Rüdmarſch der preußiſchen Truppen aus Baiern .

Durch Ars

tifel 5 tritt Baiern dem Präliminarfrieden von Nikolsburg mit Deſterreich bei und erkennt deſſen Beſtimmungen beſonders in ſoweit ſie ſich auf die fünftige Konſtituirung Deutſchlands beziehen, an. Art. 6 behält die Regulirung der Eigenthumsverhältniſſe des früheren deutſchen Bundes einem beſondern Abkommen vor. Art. 7 beſtimmt den vorläufigen Fortbeſtand des 3 ollverein 8 . vertrag 8 von 1865 mit Vorbehalt ſechsmonatlicher Auffündis gung. Art. 8 ſept alle früheren Verträge und Uebereinkünfte wieder in Kraft.

Durch Art. 9 verpflichten ſich die beiden Regierungen,

den Eiſenbahnverkehr zwiſchen ihren Gebieten möglichſt zu fördern und zu heben .

Nach Art. 10 ſollen die Schiffahrts ab gas

ben auf dem Rhein und Main von 1867 ab aufhören,

oweit fie

456

bisher noch beſtanden . - Art. 11. läßt die bairijden Teles graphen ſtationen , welche fich im Gebiet des norddeutſchen Bundes

im Großherzogthum Heſſen befinden , an Preußen

und

übergehen. Art. 12. Baiern liefert die im Bamberger Archiv befindlichen Urkunden u . . w ., welche eine beſondere und ausſchließ. liche Beziehung auf die ehemaligen Burggrafen von Nürnberg und die

Markgrafen von

Brandenburg

fränkiſcher Linie

haben ,

Art. 13. Preußen erhebt Anſprüche auf die früher

Preußen aus.

in Düſſeldorf befindliche, ſpäter nach München gebrachte Ges mäldegallerie . Baiern wird drei deutſche Appellationsgerichte bezeichnen, aus denen Preußen eines wählt , welches den Schieds ſpruch über ſeine Anſprüche fällen ſoll. Art. 14. Zur Wahrung der ſtrategiſchen und Verkehrsintereſſen findet eine Grenzregulis rung ſtatt. Zu dem Ende tritt der König von Baiern an Preußen das Bezirksami Gersfeld , einen Bezirk um Orb und die Enflave Raulsdorf ab .

Art. 15. Unmittelbar nach der

Ratifitation wird

alles weggeführte Material von Staats- und Privateiſenbahnen freigegeben und nöthigenfalls in Hof , Lichtenfels und Aſchaffen . burg abgeliefert. Art. 16 handelt von der Auswechslung der Kriegs. gefangenen.

Nach

Art. 17 erſtattet Preußen

an Baiern ſofort

33,000 Gulden in Obligationen , welche die preußiſchen Truppen aus

der Bruderſchaftsfaſſe des

Vereins

der Salinenarbeiter in

Kiſſingen entnommen haben. Art. 18. Die Ratifikation erfolgt bin nen 12 Tagen . Beigefügt ward dem Vertrag ein beſonderes Abkommen in 11 Punk ten, welches die Verhältniſſe der Uebergabe jener von Baiern ab getretenen Landestheile , dann der Räumung des bairiſchen Ges biets und des Verfahrens mit den auf bairiſchem Gebiet nod befinds lichen furheilifden und nafſauifden Truppen regelte. Mit Würtemberg ward der Frieden ſchon am 13. Aus

457

guft zu Berlin abgeſchloſſen , preußiſcher Seits von den ſchon genannten Bevollmächtigten, würtembergiſcher Seits von dem Mis niſter von Varnb üler und dem General von Hardegg. Der Friedensvertrag

enthält 10 Artikel.

wöhnlich die Friedensformel.

Art. 1 iſt wie ges

Nach Art. 2 , 3 und 4 zahlt Wür

temberg an Preußen binnen zwei Monaten acht Millionen Gulden Krieg 8 f o ſte nentfädigung. Art. 5 handelt vom Rüd marſch der preußiſchen Truppen vom würtembergiſchen Gebiet.

Die Artikel 6 und 7 entſprechen den gleichen Nummern

des Vertrags mit Baiern , ebenſo der Art. 8 dem Artikel 9 und der Artikel 9 dem

Artikel 5 des Vertrags mit Baiern .

Art. 10

feßt die Auswechslung der Ratifikationen auf den 21. Auguſt. Der

Friedensvertrag

mit

Baden ,

für

dieſes

von

H. von Freydorf , für Preußen von Bismart am 17. Xu. guſt zu Berlin unterzeichnet, enthält eilf Artikel. Die Artifel

Nr. 1 , 5 , 6 , 7 und 8

entſprechen

ganz den

gleichnumerirten des Vertrags mit Würtemberg, ebenſo die Art. 10 und 11 den Artikeln 9 und

10 des Vertrags mit Würtemberg.

Laut Art. 2, 3 und 4 zahlt Baden an Preußen binnen zwei Mos naten 6 Millionen Gulden Kriegs to ſte nentſchädigung. Art. 9 enthält die Uebereinkunft über die Aufhebung der noch bes ftehenden Schiffahrteabgaben auf dem Rhein . Der Frieden mit þeiſen - Darmſtadt wurde erſt am 3. September zu Berlin unterzeichnet, preußiſcher Seits von B i 8s marf und Savigny , heffiſcher Seits von Dal wig l und dem Legationsrath ☆ offman n . Nach Art. 2 , 3 und 4 zahlt Heſſen -Darmſtadt binnen zwei Monaten an Preußen 3 Millionen Gulden Kriegskoſtenentſchädi gung ; die Art. 5, 6 und 7 entſprechen den

gleichnumerirten des

Vertrags mit Würtemberg, Art. 8 und 9 den gleichnumerirten des

458

Vertrages mit Baiern .

Durch Art. 10 erklärt fich Heſſen - Darms

ſtadt im Voraus mit dem Abkommen einverſtanden, welches Preußen mit dem fürſtlichen Şauſe Taris wegen Beſeitigung des Thurn

X und Taxis’ſchen Poſtweſens wird

das

geſammte

Preußen übergehen.

trifft. In Folge dieſes Abkommens

Poſtweſen Art. 11.

im

Großherzogthum

Heſſen

an

Heſſen verpflichtet fich , in Mainz

keine andere als eine preußiſche Telegraphenſtation zu dulden und räumt Preußen auf ſeinem ganzen Gebiet das unbeſchränkte Recht ein, Telegraphenlinien und Telegraphenſtationen zu errichten . Art. 12 entſpricht dem Artifel 10 des Vertrags mit Baiern , Art. 13 dem Artifel 5 des Vertrags mit Baiern . Nach Art. 14 tritt der Großs Herzog von Heffen an den König von Preußen ab die Landgraf ſchaft Heſſen - Bomburg einſchließlich des Oberamtsbezirks Meiſen heim , jedoch ausſchließlich der beiden in der preußiſchen Provinz Sachſen gelegenen heſſenhomburgiſchen Domanialgüter Hötensleben und Debisfelde ; er tritt ferner ab von der Provinz Oberheffen den Kreis Biedenkopf, den Kreis Böhl einſchließlich der Enklaven Eimels rod und Höringhauſen, den nordweſtlichen Theil des Kreiſes Gießen mit den Orten Frankenbach, Krummbach , Königsberg , hauſen , Bieber , Haina ,

Fellings

Rodheim , Waldgirmes , Naunheim und

Hermannſtein und deren Gemarkungen ,

den Ortsbezirl Rödel

heim und den unter heffiſcher Souveränetät ſtehenden Theil des X *

Ortsbezirkes Nieder -Urſel. - Mit ſeinen ſämmtlichen nördlich des Mains liegenden Gebietstheilen tritt Heſſen -Darmſtadt auf Grund des Reformentwurfes vom 10. Juni in den norddeutſchen Bund und das für dieſe Gebietstheile auszuſondernde Kontingent tritt unter den Oberbefehl des Königs von Preußen.

Art. 15. Der

König von Preußen tritt an den Großherzog von Heſſen behufs Herſtellung territorialer Einheit in Oberheſſen ab a . von vormals furheſſtichem Gebiet den Diſtrikt Kaßenberg mit den Ortſchaften

459

Dhmes, Bockenrode, Ruhlfirchen und Seibelsdorf, das Amt Nau. heim ,

weiter Treis

der Lumde,

an

den

Domanialwalddiſtrikt

zwiſchen Altenſtadt und Bönſtadt, den Ortsbezirk Maſſenheim , den vormals furheffiſchen Gebietstheil des Ortsbezirks Mittel-Gründau , und am linken Mainufer den

Ortsbezirk Rumpenheim ; b . von

Naſſauer Gebiet das Amt Reichelsheim und den Ortsbezirk Haars heim ; c . von früher frankfurtiſchem Gebiet die Ortsbezirke Dortels weil und Nieder- Erlenbach. Art. 16. Die Auseinanderſeßung bes züglich der gegenſeitig

abgetretenen Gebiete , Archive, Beamten,

Militärs 2c. bleibt beſonderer Verſtändigung durch beiderſeitige Rom miffarien vorbehalten. Art. 17 handelt von der Zurückerſtattung von Büchern , Handſchriften 2c., welche ſich bis 1794 auf der Kölner Doms bibliothek befanden und ſpäter in das Heſſen -darmſtädtiſche Muſeum und die heſſen -darmſtädtiſche Bibliothek übergingen. Art. 18 bedingt die Verlängerung eines Kontraktes aus, welcher zwiſchen einer Ans zahl Badhausbeſißern in Kreuznach und der großherzoglichen Saline Karl- Theodors -Halle über die Lieferung von Soole und Mutters lauge ſeitens der legtern an die erſteren abgeſchloſſen war.

Nach

Art. 19 ſollen die Ratifikationen bis ſpäteſtens den 15. September ausgewechſelt werden . An baarem Gelde gewann Preußen durch ſeine Friedensſchlüſſe mit Deſterreich und den ſüddeutſchen Staaten die ſchöne Summe von 82 Millionen Gulden, alſo faſt 173 Millionen Francs. Nimmt man an , es habe außer den Truppen, die es gewöhnlich im Fries den unterhält, behufs der Kriegführung noch ungefähr 400,000 M. unter die Waffen gerufen, ſo erhielt es für jeden Mann 400 Francs . Es

möchte wohl Manchem

Darmſtadt als Würtemberg,

die

auffallen , fich

doch

daß ſtets

ſowohl Beffens als

beſonders

preußenfeindlich erwieſen hatten, ziemlich glimpflich bei ihren Fries densichlüſſen davon famen . Rüftow , d. Krieg. 1866 .

Heſſen -Darmſtadt hatte den Feldherrn 31

1 460

des achten Armeekorps geſtellt; Würtemberg hatte die Oktupation Hohenzollern8 vollzogen , freilich nicht allein , denn wie wir nach träglich erfahren haben , betheiligten fich an der Exekution auch 14 betrunkene Lindauer Bürger, welche die preußiſch hohenzollern'ſche Enklave Achberg ,

11/2 Stunden von Lindau , überftelen und zu

Bundeseigenthum

erklärten ,

für

welche

bundesfreundliche

That

fte nun zur Belohnung den bayeriſchen Gerichten überwieſen wors den find. Würtemberg , wie şeiſen - Darmſtadt verdankten die glimpfliche Behandlung, welche fie erhielten , der ruſſiſchen Verwandtſchaft und Fürſprache, welche namentlich für leßteres ſehr ſcharf auftrat. Unter dem Fordern und Abhandeln verzögerte fich eben der Friedensſchluß

mit Herſens Darmſtadt ſo lange.

þat er

etwas Haltbares geſchaffen , indem er das Großherzogthum mit einem Fuß auf ſüddeutſchen Boden, mit dem andern in den norddeutſchen Bund ſtellte ? Der Reſtitution Hohenzollerns an Preußen iſt in den Friedensinſtrumenten gar keine Erwähnung gethan, fie iſt als eine felbſtverſtändliche Sache behandelt. Ebenſo iſt auch das ausſchließs liche Beſaßungsrecht der Preußen in Mainz nicht in dem Friedens. vertrage mit Heſſen - Darmſtadt erwähnt ; dieſe Angelegenheit war ſchon durch den Waffenſtilſtand erledigt, und am 26. Auguſt rüds ten bereits die erſten Preußen

eine Brigade — in Mainz ein,

wo fich außer verſchiedenen Offizieren der fr überen Feſtungsbehör. den nur noch furheffliche und naſſauiſche Truppen befanden. Wie Preußen dazu fam, über furberliſche, naſſauiſce und frankfurtiſche Diſtrifte zu Gunſten Heſſen - Darmſtadts zu verfügen, werden wir demnächſt ſehen.

461

7.

Der Frieden Oefterreichs mit Italien.

Der förmliche Waffen ſtillſtand , welcher zwiſchen der öſterreich iſden

und

italieniſchen

Armee geſchloſſen

ward, begann mit dem 13. Auguſt Mittags und ſollte unter allen Umſtänden vier Wochen , bis zum 9. September , dauern.

Die

Feindſeligkeiten ſollten nur auf zehntägige Kündigung wieder bes ginnen dürfen , dergeſtalt, daß wenn feine derartige Kündigung erfolgte , der Waffenſtilſtand ſelbſtverſtändlich fortdauere. Unter dem Schuße dieſes Waffenſtilſtandes , auf Grund der zwiſchen den Kaiſern von Deſterreich und Frankreich ausgewechſelten Erklärungen und der bezüglichen, in den Nikolsburger Präliminar. frieden

aufgenommenen

Beſtimmung

wurden

nun

alsbald die

Friedensverhandlungen zu Wien begonnen und öft ero' reichiſcher Seits vom Grafen Felix Wimpffen , ita . lieniſcher Seite vom Geniegeneral Grafen Men abre a geführt. Die Differenzen , welche am meiſten zu ſchaffen machten , bes zogen ſich auf den Geld p un ft. Preußen intervenirte auf Grund des inzwiſchen abgeſchloſſenen Prager Friedens lebhaft zu Gunſten der italieniſchen Anſchauung; der Waffenſtilſtand ward nicht gekündigt und

am 3. Oktober ward

endlich

der Wiener

Frieden unterzeichnet. Merkwürdig iſt zunächſt die Eingangsformel , welche alſo lautet : „ Im Namen der allerheiligſten und untheilbaren Dreieinigkeit. Da Ihre Majeſtäten der Kaiſer von Oeſterreich und der König von Italien beſchloſſen haben, zwiſchen ihren beiderſeitigen Staaten einen aufrichtigen und dauerhaften Frieden zu befeſtigen ,

nachs

dem S. Maj. der Kaiſer von Oeſterreich an S. Maj. den Kaiſer 31 *

X

462

der Franzoſen das lombardo-venetianiſche Königreich abges treten hat, – und nachdem ſeinerſeits S. Maj . der Kaiſer der Franzoſen ſich

bereit erklärt hat , die Vereinigung beſagten

lombardiſch -venetianiſchen Königreiche mit den Staaten S. Maj . des Königs von Italien anzuerkennen, unter Vorbehalt der Zuſtim mung der gehörig befragten Bevölkerungen ,

ſo haben u . 1. w.

u. f. w . “ Der Inhalt der eigentlichen Friedensartikel iſt dann folgender : Art. 1. Die Friedensformel. Art. 2 verordnet ſofortige Auswechs lung der Gefangenen. Art. 3. S. Maj. der Kaiſer von Oeſter reich ſtimmt der Vereinigung des lombardiſch -venetianiſchen König reichs mit dem Königreich Italien zu.

Urt. 4. Die Grenze des

abgetretenen Gebiets iſt durch die gegenwärtigen Vers waltungsgrenzen des lombardiſch -venetianiſchen Königreichs beſtimmt. Art. 5. Die Räumung des abgetretenen Gebiets beginnt ſogleich nach Unterzeichnung des Friedens und unter näher zu vers einbarenden Modalitäten. Art. 6. Die italieniſche Regie rung übernimmt zu ihren laſte n 1. den Theil des Monte Lombardo - Veneto ,

welcher ,

laut der Mailänder Konvention von

1860 und in Ausführung des Art. 7 des Züricher Vertrags, Deſters reich verblieb ; 2. die Schulden, welche vom 4. Juni 1859 bis zum Abſchluß des gegenwärtigen Vertrags zum Monte Lombardo- Veneto hinzugekommen ſind ; 3. die Summe von 35 Millionen öſterreichis ſchen Gulden in Baar als Antheil Venetiens an der Anleihe von 1854 und als Bezahlung des nicht transportablen Kriegsmaterials. Art. 7. Die Auseinanderſeßung wegen der beiden erſten Punkte des Art. 6 wird eine beſondere Kommiſſion übernehmen. Art. 8. Die itas lieniſche Regierung tritt in die Rechte und Pflichten der öſterreichis ſchen Regierung bezüglich aller Verwaltungskontrakte für das Venetia niſche ein.

Art. 9 betrifft die Auseinanderſeßung über die

von

463

Gemeinden, öffentlichen Anſtalten und religiöſen Körperſchaften an die Verwaltungen der beiden Regierungen gemachten Zahlungen ; Art. 10 die Auseinanderſeßung über die Eiſenbahnen auf venetianiſchem Gebiet. Die nächſten Artikel beziehen ſich theils auf denſelben Gegenſtand , theils auf die Feſtſtellung der Freiheit der einzelnen Individuen, ſich ihr neues definitives Vaterland zu wähs len, bhne dabei Nachtheile an ihrem Vermögen zu erleiden . Beamte, Offtziere, Penſionäre werden dabei , wie begreiflich , beſonders bes rückſichtigt. Art. 18 beſtimmt im Anſchluß an die vorhergehenden über den Verbleib der Archive, øypotheken dokumente und ähnlicher.

Durch Art. 19 verpflichten ſich die fontrahirenden

Parteien , ihren Grenzbevölkerungen die möglichſte Verkehr 8 , freiheit

ren .

Freiheit von Zollpladereien u . ſ. w. - zu gewähs

Art. 20 handelt vom Fortbeſtand der durch den Züricher

Frieden von 1859 ſanktionirten Verträge bis auf weitere Auseins anderſebung und Prüfung , die binnen einem Jahre eintreten ſoll. Laut Art. 21 werden Italien und Deſterreich demnächſt über einen g „ auf breiteſter Handel 8s und Schifffahrtsvertra Baſis“ verhandeln . vom 18. Oktober

Bis dieſer geſchloſſen iſt, bleibt der Vertrag

1851

(zwiſchen Sardinien und Deſterreich ges

ſchloſſen ) in Kraft und wird auf das geſammte Königreich Italien A ausgedehnt. Art. 22 fichert die Privatrechte öſterreichiſcher Þrin . zen und Prinzeſſinnen auf Eigenthum auf abgetretenem Gebiet. Art. 23 handelt von einer allgemeinen Amneſtie, und Art. 24 verlangt die Ratifikation binnen ſpäteſtens vierzehn Tagen. Ein Zufaßartikel beſtimmt Näheres über die Art der Zahs lung der 35 Millionen Gulden , von denen der Art. 6 des Vers trages ſpricht. Die Ratiftfation erfolgte in großer Eile und darauf ward auch ſogleich zur Ausführung des Friedens geſchritten. Der öſters

*

464 reichiſche Kommiſjär, General M öring , übergab dem franzöſi fden Kommiffär, General Leboeuf , die Gemeinden u . 1. 7. Der General Leboeuf gab den Gemeinden ihre „ Freiheit“ , darauf folgte die Volksabſtimmung – das Plebiszit , - welche natürlich in Uebereinſtimmung mit der geſtellten Frage fich für den Anſchluß Venetiens an das Königreich Italien unter Viftor Emanuel und deſſen Nachfolger ausſprach. — Und — die Sache war ſo ungefähr abgemacht.

Bemerkenswerth ſcheint uns nur , daß während der Friedens unterhandlungen die wahrhaft gräulichen Unruhen auf Sicilien ausbrachen ,

daß in derſelben Zeit die zu Antibes

formirte

päpſtlich franzöſiſche Legion zu Ro m einzog — „ um die Ausführung der Räumungskonvention von 1864 vorzubereiten " und daß auf der Inſel Sardinien eine lebhafte „ Agitas tion “ für den Anſchluß an Franfreich bemerkbar ward. Aber das find ja nur Streiflichter ,

die

auf nachfolgende Ges

ſchichten fallen ! Ein wirklicher Gewinn für das Königreich Italien liegt in der nun erfolgten Anerkennung Deſterreichs. 8.

Beginn

der

Konſtituirung des neuen Bundes .

norddeutſchen

Der norddeutſche Bund ſollte nach dem allgemeinen Plane , wie er in dem Reformentwurf vom 10. Juni hervortritt, ſo wie in den Forderungen, die am 15. Juni an þannover , Kurheiſen und Sachſen geſtellt wurden , aus Preußen als dem Hegemonenſtaate und den kleineren deutſchen Ländern nördlich des Erzgebirgs und des Mains als Staaten mit beſchränkter Sous veränetät beſtehen . Durch den Krieg hatte ſich Manches geändert ; es fragte ſich, ob Preußen nach demſelben ebenſo eintreten ſolle, als es vor

465

dem Krieg hätte eintreten müſſen, oder, direkt bedeutend vergrößert durch einen Theil der Eroberungen, die es gemacht habe. Die Regierung des Königs von Preußen entſchied fich für das Ieştere und namentlich für die Annexion des Königreichs Hans Rurfür ſtenthum 8 Heſſen , des thums Naſſau und der freien Stadt Frankfurt ,

nover , des

Herzog dann

der Herzogthümer Schle 8 wig und þolſte i n. Bereits am 17. Auguſt legte B is mark den beiden Häuſern des ſeit dem 5. Auguſt verſammelten Landtages das Gefeß über die Annexion von Bannover , Aurbeſſen , Naſſau und Frankfurt vor.

Preußens Recht zur Annexion , ſagte x

er , beruhe darauf, daß jene Länder die Entſcheidung durch das Schwert

herausgefordert

haben

und daß

dieſelbe für Preußen

gefallen ſei , die Nothwendigkeit der Annexion folge dars aus, daß Preußen nicht abermals fich der Gefahr ausſeßen könne, in einem Momente, da es ſeine ganze Kraft zuſammenraffen müfle, Feinde in ſeinem Rücken zu laſſen .

Das Herrenhaus war immer mit der Regierung gegans gen , das Abgeordnetenhaus hatte ihr ſeit vier Jahren feindlich gegenüber geſtanden. Jeßt, nach dem friegeriſchen Erfolge der Regierung war es anders geworden.

Das Abges

ordnetenhaus bewilligte der Regierung Indemnität für die vierjährige büdgetloſe Verwaltung, einen bedeutenden Kredit , insbeſondere zur Auffüllung des Staatsſchaßes ,

damit Preußen

vollenden könne, was es begonnen hatte. Das Abgeordnetenhaus nahm auch

das

Annerion 8

gefe ß “ mit einer glänzenden Majorität , 273 von faum 300 Stimmen an. nünftig ,

So erfreulich uns dies Reſultat ſcheint, ſo vers

mag es doch befremden , daß dieſelben Abgeordneten,

welche fich 1864 und 1865 ſo ſehr für das legitime Recht des

466

A uguft e n burger 8 ereifert hatten , 1866 das legitime Recht des Königs von Hannover, des Kurfürſten von Heſſen 2c. plöglich ſo leicht nehmen konnten . Von der Annexion S dle 8 w ig 8 und $ olfte ing ward vorläufig noch

nicht geredet ,

da

am

17. Auguſt Preußen den

Frieden mit Defterreich noch nicht abgeſchloſſen hatte.

Da das alte Preußen

mit

ſeinem ganzen Ländergebiet,

nicht bloß mit den bisher ſchon zum deutſchen Bunde ges hörigen Provinzen , ſondern auch mit der Provinz Preußen und der Provinz Poren in den norddeutſchen Bund eintreten zu wollen erklärt hatte, ſo wäre es auch ohne die Annexionen mit 5094 Quadratmeilen und 19 Millionen Einwohnern herangekoms men.

Nach der Anneğion aber von Hannover, Kurheſſen ,

Naſſau, Frankfurt, Schleswig -Holſtein und Lauenburg trat es mit der impoſanten unmittelbaren Macht von 6400 Quadratmeilen und mehr als 23 Millionen Einwohnern ein, ſelbſt wenn nach den Bes ſtimmungen des Prager Friedens mit Deſterreich einige nord le 8 wig'ſche Gebiete an Dänemark abgetreten wurden . Keiner der Staaten , welche beſtimmt waren , in den nord deutſchen Bund einzutreten , konnte ſich auch nur entfernt mit ihm meſſen.

Sachſen , der größefte dieſer Staaten , hatte auf 271

Quadratmeilen 2,225,000 Einwohner.

Dem Flächeninhalt nach

ging alſo Sachſen 23 Mal und der Einwohnerzahl nach über zehns mal in das neue Preußen hinein. Auf Sachſen folgt zunächft das Großherzogthum Medlenburg - Schwerin

mit nur

244

Quadratmeilen und 552,000 Einwohnern ; noch mehr als dieſes verſchwinden die übrigen für den norddeutſchen Bund beſtimmten Staaten gegen

das neue Preußen.

Die überwiegende

Gewalt

Preußens muß fich in dem neuen norddeutſchen Bunde naturs gemäß geltend machen und die Einheit dieſes Bundes

ift

467 damit faktiſch

hergeſtellt, was auch theoretiſch feſtgeſeßt wers

den möge . Die norddeutſchen Staaten, welche alsbald auf die Intentionen Preußens

eingingen ,

waren

Meďlenburg - Schwerin ,

Sachſen - Weimar, Meďlenburg - Streliß , Oldens burg , Braunſchweig, Sachſen - Altenburg, Sad )s fen - Coburg - Gotha , h a uſen ,

Schwarzburg - Sonder 8 -

Schwarzburg - Rudolſtadt,

Waldeď ,

Reuß jüngere Linie , S c a umburg - Lippe , Lippe Detmold , Lübec , Bremen und Hamburg.

Mit

denſelben ſchloß nun Preußen ſogleich im Auguft einen

borläufigen

Bündnißvertrag , der folgende Beſtims

mungen enthält : 1. Das Bündniß ſoll ein Schuß- und Trußbündniß ſein. 2. Die Zwecke des Bündniſſes follen definitiv auf der Baſis des preußiſchen Reformentwurfes vom 10. Juni feſtgeſtellt werden unter Mitwirkung eines gemeinſchaftlich zu berufenden Parlaments . 3.

Alle zwiſchen den Verbündeten beſtehenden Verträge und

Uebereinkünfte bleiben in Kraft, ſoweit ſie nicht durch gegenwärtiges Bündniß ausdrücklich modiftzirt werden. 4. Die Truppen der Verbündeten ſtehen unter dem Oberbefehl des Königs von Preußen.

Die Leiſtungen während des Krieges

werden durch beſondere Verabredungen geregelt. 5. Die verbündeten Regierungen werden gleichzeitig mit Preußen die auf Grund des Reichswahlgeſeßes vom 12. April 1849 vor zunehmenden Wahlen der Abgeordneten zum Parlament anordnen und legteres gemeinſchaftlich mit Breußen einberufen . Zugleich wers den fie Bevollmächtigte nach Berlin ſenden, um nach Maßgabe der Grundzüge vom 10. Juni 1866 den Bundesverfaſſungsentwurf feſtzu ſtellen, welcher dem Parlament zur Berathung vorgelegt werden ſoll

468 6. Die Dauer des Bündniſſes iſt bis zum Abſchluß des neuen Bundesverhältniſſes , eventuell auf ein Jahr feſtgeſeßt, wenn der neue Bund nicht vor Ablauf eines Jahres geſchloſſen ſein ſollte. 7. Der vorläufige Bündnißvertrag ſoll ratiftzirt und die Ras tifikationsurkunden ſollen ſo bald als möglich, ſpäteſtens aber inner. halb drei Wochen vom Daium des Abſchluſſes an in Berlin aus gewechſelt werden . Dem

preußiſchen Landtage

ward

von der

Regierung das

Reich & w abigere ß für das zu berufende Parlament vorgelegt und mit kleinen Modifikationen von jenem angenommen.

X

Außerhalb des vorläuftgen Bündniſſes blieben von den für den norddeutſchen Bund beſtimmten Staaten jeßt nur noch Reuß ältere linie , SadiensMeiningen und das Königreich Sachſen. Die Regentin Karoline von Reuß , eine eben ſo fluge als eigenſinnige Frau, legte ſich bald zum Ziele. Statt einer Kriegs entſchädigung verpflichtete fte fich bei ihrem Eintritt in den nords deutſchen Bund einen Beitrag von 100,000 Thalern an die preu . Biſche Militär- Wittwens und Invalidenfaſſe zu zahlen, und um dieſe Summe zu deden , machte fie eine Anleihe von 120,000 Thalern, ſo daß auch ſie von der Sache einen angenehmen Vortheil hatte. Mit S a dyfen - Meiningen erfolgte die Ausgleichung dadurch, daß am 20. September der Herzog Bernhard Erich Freund , der fich nicht dazu bequemen konnte , die neuen Zus ſtände anzuerkennen , die Regierung ſeines Ländchens niederlegte, die er volle 45 Jahre geführt hatte, und ſie ſeinem Sohne Georg übertrug.

„ Die Regierung ,

ſagte der alte Herzog in ſeinem

Abſchiedsproklam , – geht auf meinen Sohn, den Erbprinzen Georg über, dem Gott beiſtehen möge auf ſeinen ſchweren Wegen .

Ders

felbe tritt mit rüſtiger Kraft in die neue Zeit und wird fidh

469

ihr beſſer anzupaſſen verſtehen , als wie es mir möglich geweſen wäre." In der That erklärte ſich auch der neue Şerzog Georg ſofort bereit, dem norddeutſchen Bunde beizutreten. So draußen. durch

blieb jeßt Mit

den

Frieden

nur noch

demſelben

zogen

Nito 18 burger

das Königreich fich

die Friedensverhandlungen,

Vertrag

und den

vorgeſehen , ungemein in die Länge.

manchen Seiten daran

gezweifelt,

Sachſen

Prager

Es ward von

ob der Friede überhaupt zu

Stande komme , ob der König Johann auf die Forderungen Preußens eingehen werde. Aber wenn nicht, was dann ? Der König Johann entließ ſeinen Staatsminiſter v. Beuſt , und dies konnte als ein Schritt betrachtet werden der Annäherung an Preußen . Onein ! ward darauf erwidert , Beuſt wird aus dem ſächſtſchen Staatsdienſt nur entlaſſen , weil ihn der Kaiſer von Oeſter , reich zu ſeinem Miniſter der auswärtigen Angelegenheiten machen will, um Preußen zu ärgern.

Allerdings eine eigenthüms

liche Art, den Nachbar zu ärgern, daß man fich einen unglücklichen Miniſter nimmt. Unwillkürlich wird man dabei an den Schmerzenos ſchrei jenes frierenden Berliner Jungen erinnert:

„ Es geſchieht

meinem Vater ganz recht, daß ich friere; warum fauft er mir keine Sandſchuhe ? “ *)

Allerlei Konjunkturen tauchten auf über das

zukünftige Schidſal des ſächſiſchen Heeres , falls der Fries den nicht bald abgeſchloſſen werde. Es ſollte, ſagte man, in Deſters reich folonijirt werden, etwa in Siebenbürgen, bei den andern Sachſen dort.

Wie fich dies mit neuern ſtaatsrechtlichen und

*) Wirklich iſt Beuſt Ende Oktober zum öſterreichiſchen Miniſter der aus wärtigen Angelegenheiten ernannt worden. Deſterreich ſucht fich mühſelig Inglüde vögel aus Europa zuſammen , während es die beſten Leute, die es hat , fortſchidt.

«

470

völkerrechtlichen Begriffen vertragen würde , danach ward nicht ges fragt. – Thatſache war, daß die Unterhaltung des fähfiſchen Heeres auf öſterreichiſchem Grund und Boden ſehr läftig ward. Man griff

f

daher zu dem Auskunftsmittel, eine Menge von Soldaten nach Sachſen zu „ beurlauben ".

Der preußiſche Gouverneur von

Sachſen verordnete ſofort, daß dieſe „ Beurlaubten “ verhaftet wers den ſollten , wo man ſie beträfe, -- allerdings eine gebotene Maßs regel, wie man begreifen wird, wenn man ſich eine ſolche Beurlaubung mit feſtem Plane denkt. Man ftelle fich nur vor, die Deſterreicher hätten während der Friedensverhandlungen hunderttauſend Mann in den Rücken der Preußen ,beurlaubt“ , um fte dort auf Dlmüß und andere Feſtungen geſtüßt, zu formiren ! Endlich am 21. Oktober ward denn wirklich der Frieden zwiſchen Preußen

und Sachſen zu Berlin unters

zeichnet, preußiſcher Seits von Savigny , lächfiſcher Seits vom Finanzminiſter

Baron

Frieſen und dem Geheimrath Grafen

wobenthal. Gine wichtige Stelle Artifel ein ,

im Friedensvertrag nehmen diejenigen

welche Sachſen & Eintritt in den nords

deutſchen Bund und im Zuſammenhang damit die Siches rung

der

militäriſchen Poſitionen

Sachſens

für Preußen

feft:

ſtellen . Im Einzelnen iſt der Inhalt des Friedens folgender: Art. 1.

Die Friedensformel verkündet zwiſchen Preußen und

Sachſen „ Friede und Freundſchaft auf ewige Zeiten “. Art. 2 handelt von dem Eintritt Sachſens in den norddeuts ſchen Bund. Nach Art. 3 bilden die ſächſiſchen Truppen einen integrirenden Theil der norddeutſchen Bundesarmee, treten ſomit unter den Oberbefehl des Königs von Preußen und werden nach den allgemeinen Beſtimmungen für die norddeutſche Bundes,

471 armee reorganiſirt , ſobald dieſe auf Grund des Reformentwurfs Nach Art. 4 ſollen beſondere Bes .

vom 10. Juni feſtgeſtellt find. ſtimmungen die

Beſaßungsverhältniſſe der Feſtung Königa

ft ein , die Rückkehr der fächfiſchen

Truppen nach Sachſen und

ähnliche darauf bezügliche Dinge regeln .

Durch Art. 5

erflärt

Sachſen , daß es auch in Bezug auf ſeine zukünftige diplomas tiſche Vertretung

den

fich

allgemeinen Normen

für die

Staaten des norddeutſchen Bundes unterwirft. Nach Art. 6 , 7 und 8 zahlt Sachſen in drei Raten eine Kriegsfoftenentſchädigung X von zehn Millionen Thalern , die leßte Rate am 30. April 1867. Von der Geſammtſumme geht aber nach Art. 14 und 15 eine Mil lion ab dafür, daß die fächſiſche Regierung ihren Antheil an dem Eigenthum an der Dresden . Görlißer Eiſenbahn , ſos weit ſie auf preußiſchem Gebiete liegt, an Preußen abtritt. Art. 9. Nach Austauſch der Ratifikationen tritt das preußiſche Militärs gouvernement für Sachſen und

das

preußiſche Zivilkommiſſariat

in Dresden außer Wirkſamkeit, ſoweit nicht die Erläuterungen zum Artikel 4 Anderes beſtimmen .

Auch hört dann die Zahlung der

10,000 Thaler täglich auf, welche bisher Sachſen an das preußiſche Zivilkommiſſariat zu zahlen hatte. Art. 10 handelt von der Aus , einanderſeßung über das Eigenthum des alten Bunde8 , wobei Sachſen vor allen Dingen auf 200,000 Thlr . Anſpruch erhebt, die es für die Bundesexekution in Holſtein 1864 aufgewendet.

Art. 11 handelt von der vorläuftgen Wiederherſtel

lung des Zollvereins ;

Art. 12 von der Herſtellung aller

alten Verträge , ſoweit ſie nicht naturgemäß in Folge der Aufrich tung des norddeutſchen Bundes dahin fallen .

In Art. 13 vers

ſprechen ſich die Kontrahenten die Begünſtigung des Baues einer direften Eiſenbahn von Leipzig nach 3 e i B. Durch Art. 16 verpflichtet ſich der König von Sachſen, durch feinerlei bes

x

472

zügliche Verträge der allgemeinen Ordnung des Poſt w efen 8 für den norddeutſchen Bund vorgreifen zu wollen ; nach Art. 17 gehen alle fächſiſchen Telegraphen

an Preußen über ; vors

behalten iſt , daß alle Depeſchen des fächſiſchen Königshauſes und der öffentlichen Behörden gegenüber Privatdepeſchen dieſelben Vors züge haben , wie ſie beziehungsweiſe in Preußen beſtehen.

Den

fächfiſchen Eiſenbahnverwaltungen wird ein Betriebstelegraph zur Benußung geſichert. Nach Art. 18 wird das Salzmonopol in Sachſen aufgehoben, ſobald dies in Preußen audy geſchieht. Art. 19 handelt von einer vollſtändigen A mnefti e für alle Perſonen, die fich während des Kriegszuſtandes nach einer oder der andern Seite hin kompromittirt haben.

Art. 20 überträgt das

ausſchließliche

Recht der Aufhebung u . an den geiſtlichen Stiften von ehemals ,

an denen Sachſen noch einen Antheil hatte ,

auf den

König von Preußen. Art. 21 feßt die A u 8 pfarrung verſchies dener preußiſcher Gemeinden aus fächfiſchen Parochieen , zu denen fie bisher gehörten, feſt. Art. 22 handelt von der Zurückgabe wegs genommenen ſächſiſchen Staatseigenthums , und Art. 23 beſtimmt, daß die Ratifikationen des Vertrags ſpäteſtens bis zum 28. Oktober ausgewechſelt werden ſollten . Von den beſonderen beigeſchloſſenen Protokollen ordnet das eine näher das Verhältniß der diplomatiſchen Vertretung bei auswärtigen Staaten, inſoweit ſie einerſeits Sachſen noch vers bleiben , andererſeits auf den zu gründenden norddeutſchen Bund übergehen ſoll; ein anderes handelt von den militäriſchen Verhälts niffen, die zu nä сh ft in Sachſen eintreten werden.

Danach wird

in der Hauptſache die Feſtung Königſte in den Preußen über liefert ,

welche Garniſon hineinlegen.

Dresden ,

während

der Kriegszeit in einen preußiſchen feſten Plaß verwandelt, behält nach dem Friedensſchluß eine halb preußiſche, halb ſächſiſche Bes

473

faßung; die leştere foll, aber 3000 M. nicht überſteigen. Für dieſe gemiſchte Befaßung ernennt der König von Preußen den Gouvers neur (Oberkommandanten) und der König von Sachſen den Kom. mandanten (Unterkommandanten ). Der preußiſche General, welcher in Sachſen fortfährt,

das

höchſte Kommando zu führen ,

wird

auch über die Vertheilung 2. derjenigen ſächſiſchen Truppen bes ſtimmen , welche nicht zur Friedensgarniſon Dresdens gehörend, aus Deſterreich zurückkehren. So lange die Reorganiſation der ſächſiſc en Truppen nach den Normen des norddeut fchen Bundes nicht geordnet iſt, hält Preußen von ſeinen Truppen eine für deſſen Beſeßung angemeſſene Zahl im Königreich Sachſen. So der Friedensvertrag zwiſchen Preußen und Sachſen mit ſeinen Beigaben , durch welchen endlich die friedliche Begründung des norddeutſchen Bundes a ngebahnt ward ; Deſterreich freis lich verſtärkte in Folge eben dieſes Friedensſchluſſes ſeine Befaßuns gen in den böhmiſchen Feſtungen. Preußen ließ es ich nun vor allen Dingen angelegen ſein , die militäriſche Organiſation

der neuen Pro :

vinzen und der bundesverwandten Länder zu ordnen. Dies war auch das Nothwendigſte

was dazu immer

oder der Uebermuth ſagen mochte.

die Gutmüthigkeit

Eine Periode von drei Jahren

ward für die Ordnung dieſer Verhältniſſe in Ausſicht genommen. Wird fte ohne neuen Krieg für Preußen vorübergehen ?

Weiter

ward ein Werth auf die Berufung des deutſchen Parlaments ges legt. Wir fönnen vorläufig feinen Werth darauf legen . Aller Wahrſcheinlichkeit

nach kommen in dieſes Parlament dieſelben ges

ſinnungsloſen und prinziploſen doktrinären und nicht doktrinären Elemente , welche nun ſeit zwanzig Jahren bei dem Syſteme der Mabifiltration die norddeutſchen Rammern gefüllt haben . Wie die Dinge einmal ſtehen , – ſeit , begünſtigt von den

474

Regierungen, die Kammerwahlen auch zu einer Art von „ Geſchäfts chen“ geworden ſind , da eine große Zahl von vernünftigen und gerade von den Leuten ,

welchen

die

Einheit Deutſchlands

wahrhaft und immer am Herzen lag, gefeßlich noch immer auss geſchloſſen iſt von der Wählbarkeit , bei dem Mangel einer wirf lichen Preßfreiheit und wirklichen Verſammlungsfreiheit, darf man fich von dem norddeutſchen Parlament nichts verſprechen . In zwanzig Jahren vielleicht kann, wenn nicht große gewalt ſame Umwälzungen dazwiſchen treten , von den direkten , alls gemeinen und heimlichen Wahlen für ein deutſches Bars lament etwas Vernünftiges erhofft werden. Die Geſchichte hat kein Ende, aber die Geſchichten , welche in Büchern erzählt werden, müſſen ein Ende haben , und ſo ſchlies Ben wir unſer Buch mit dieſer Vindeutung auf künftige Ereigniſſe. Vermochten wir das , was wir wollten , ſo haben wir eine wahre Geſchichte dieſes Krieges • von 1866 niedergeſchrieben , und haben ein Weniges dazu beigetragen , die deutſchen Stämme unter einander durch die einfache Darlegung der Wahrheit zu nähern , ftatt fie einander zu entfremden . Jedenfalls iſt nun unſerer Hoffnung und unſerer Ueberzeu gung nach endlich einmal das Fundament für die volle und vernünftige Einigung Deutſchlands zu einer Einheit gelegt, wenn wir auch keineswegs die Meinung

der Optimiſten theilen , daß

dieſe Einheit jeßt ohne fernere Kämpfe werde erzielt werden.

Anhang. I. Eine große politiſche Umwälzung muß ftet8 Rechte und Intereſa ſen verlegen ; ohne das iſt ſie nicht möglich. Es iſt in der Geſchichte nur ſelten vorgekommen , daß Einzelne und ganze Klaffen großherzig ihre hiſtoriſchen Rechte freiwillig der Geſammtheit und deren Intereſ fen zum Opfer brachten. Meiſtentheils ftemmten ſich wie die Einzelnen, wie die Klaſſen der Macht der Umſtände ſo lange entgegen als ſie konnten und, auch beſiegt, erkannten ſie die neue Geſtaltung nicht an, fondern proteſtirten gegen diefelbe. Die italieniſchen Fürſten , welche im Jahre 1859 und 1860 ihre Länder im Intereffe der erſtellung einer nationalen ſtaatlichen Einheit verlieren mußten , erhoben ſich dagegen mit ſcharfen Proteſten und haben dieſelben bis auf die heutige Stunde nicht eingeſtellt. Wenn der Boden für ſie auch immer ungünſtiger geworden iſt, haben ſie doch noch

lange nicht alle Hoffnung aufgegeben , daß

auch für fie

noch einmal wieder ein günſtiger Moment kommen könne.

Die Hoff

nung namentlich des König 8 von Neapel iſt keine paſſive; fie zeigt ſich bis heute ſehr lebendig in den Ereigniffen, wie diejenigen des September 1866 in Palermo. Ades dies iſt naturgem äß ; ebenſo naturgemäß iſt es, daß nach , X dem Preußen den günſtigen Moment ergriffen hat, durch direkte Anne rionen ſich zu vergrößern und ſo einen wahrhaft lebensfähigen Macht kern jenes einigen, einheitlichen Deutſchlands zu bilden, welches damit wirklich aus dem Gebiet der Träume und unvoltommenen Verſuche der Realität plößlich näher gerüđt iſt, die Fürſten und regierenden Behörden, welche im Intereffe dieſer neuen Geſtaltung depoffedirt wers den mußten , dieſe

nicht ruhig hinnahmen , ſondern für fünftige Zeiten

ſich ihre verlornen Rechte vorbehielten. Mit den übrigen hat die preußiſche Regierung nicht viel zu thun ; 32 Rüſtow , d. Krieg . 1866 .

$

476

ihr wichtigſter Feind unter den entſegten Fürften iſt der König von Hannover . Während der Kurfür ft von $ effen durch die Zuſicherung perſönlicher Vortheile fich leicht hat beſtimmen laſſen , mit ziemlicher Geräuſchloſigkeit vom Schauplat abzutreten und ſein Gefängniß in Stettin

mit der

angenehmen

Muße eines

wohlthuenden Privats

Lebens zu bertauſchen , hat der König Georg

von Hannover von

Wien aus ein heftiges Manifeft geſchleudert, eine Brandfadel , die ſicherlich von dem warmen Bertheidiger Tillye angezündet worden iſt, wenn ihm auch der Brandſtoff dazu von anderer Seite geliefert wurde . Es iſt nicht zu beſorgen , daß ſich in dem ruhigen annover eine Brigandage nach Art der neapolitaniſchen entwidle , und . es

x

iſt zu hoffen, daß Preußen auf dem Wege einer ruhigen und gemäßig

1 ten Unifitation die Widerſtände überwinde, die ihm jebt entgegentreten. Aber es ift nicht gleichgültig , in welcher Zeit dies geſchehe. •

Je

früher deſto beffer, Unnüßer Widerſtand reizt oft die neuen Herrs ſcher, insbeſondere dann, wenn ſie ſich guter Abſichten bewußt ſind, derführt ſie dann zu übereilten Maßregeln , reizt dadurch auch die und die wahre Beruhigung Gegenpartei und vergrößert diefelbe , der Gemüther, im Intereſſe des Ganzen wünſchengwerth , wird damit

X

hinausgeſchoben. Man müßte die Geſchichte wenig tennen , wenn man auf das Schüren innerer Brände von außen her legen wollte.

einen zu geringen Werth

Der König von Hannover , indem er wiederholt und immer wiederholt an die Hannoveraner gegen Breußen appellirt, tann ſich dabei auf Vorurth eile ſeiner früheren Unterthanen ftüßen , welche ſo wenig ſie vor dem ruhigen Verſtande beſtehen doch , weil einmal die Völter nicht lauter verſtand " ſein können, ein gewaltiges, thatſächliches Gewicht erlangen . Er tann ſich auch auf viele intereſa ſen ſtüßen.

Und wenn wir davon reden , ſo haben wir nicht blos

die Hoflieferanten oder den armen Adel im Auge , welcher , indem er felbft den Thron ſtüßt, ſich wieder von ihm unterſtüßen laſſen will. Wir benten vielmehr dabei an ein Intereffe , welches mehr , als ge.

477

wöhnlich bemerkt zu werden pflegt, mit dem Anſpruch eines geiſti, gen auftritt. Cäfar ſagte , er wolle lieber der erſte in jenem armen Alpen dorfe, als der zweite in Rom ſein . Dergleichen Cäſar8 gibt es nun gewaltig viele ; Kirchthurmspolitiker aller Art, die Hauptſtüßen der Kleinſtaaterei. In großen Staaten müſſen fle nothwendig verſchwin den,

und weil dieſes das größte Unglück für ſie wäre , verſchwin

den zu müſſen, wo, um nicht zu verſchwinden , eine reelle Auszeich. nung irgend welcher Art verlangt wird , flüßen ſie mit allen ihren tauſendfüßigen Kräften die kleinſt a aterei . Für ihre Beſtrebungen führen ſie an, daß die vervielfachte Mög . lichkeit, „ heraufzukommen " , viele Kräfte in Bewegung feße und belebe . Und das darf man nicht fo ohne Weiteres verneinen . Aber wohl darf man behaupten , daß

je weiter die materielle

Entwicklung der Welt fortgeſchritten iſt,

welche ſich

namentlich

in der Verminderung der Verkehrsſchranken dokumentirt, deſto weniger von den Vortheilen der Kleinſtaaterei geblieben iſt, deſto mehr von ihr nur die grellen Schatten eines jeder Entwicklung feindlichen , um jo anmaßenderen und unterdrüderiſchen , je unbedeutenderen , Dorfmagna. tenthums übrig geblieben ſind. Der König von Hannover hat ſich nicht damit begnügt, ſich auf Vorurtheile und auf Intereffen zu berufen , die mit den ſeinigen zugleich verletzt ſein konnten , er hat auch Preußen und einen ſeiner Verbündeten der Täuſchung in derjenigen Zeit beſchuldigt, welche der Kapitulation der hannoveriſchen Truppen vorausging . Dieſes Mit tel zur Aufregung iſt nicht ungeſchidt gewählt.

Indeſſen gibt es uns

doppelte Veranlaſſung zur Mittheilung des nachfolgenden Aftenſtüde, deſſen Benupung und geſtattet worden iſt. Dieſes hiſtoriſche Dokument hat, abgeſehen von den Nachrichten, die es über die Truppenbewegun gen gibt , eine unſchäßbare und von teinem anderen zu erreichende Bedeutung dadurch, daß es niedergeſchrieben wurde gleichzeitig mit und theilweiß unmittelbar nach den Begebenheiten , alſo teine & weg 8 unter dem Eindrude einer gereiztheit , welche wohl ſpäs ter

in

Folge

der

hannover'ſchen

Angriffe entſtehen 32 *

478

Ponnte , daß es eine einfache jedes Schmuđes einer etwaigen „ Vers theidigung “ enttleidete „ Erzählung “ iſt, welche, zuſammengehalten mit dem, was wir gleichfalle nach authentiſchen Quellen ſchon im 3. Heft über die hannover'ſche Angelegenheit vorzubringen im Falle waren, eine volftändige Aufklärung über jene wichtige Epiſode der deutſchen Geſchichte liefert , welche eben Epiſode bleiben möge .

Vielleicht trägt

zur Erfüllung dieſes Wunſches unſere Behandlung der Sache Einiges bei , ebenſo wie die Mittheilung , die wir nun ohne Weiteres folgen laſſen , der Relation des

$ erzog Ernſt von Sachfen Roburg Gotha über Operationen des hannober'ſchen Truppentorpe.

die

Am

von

frühen Morgen

des 20. Juni meldete mir berſt

Fabec in Gotha , daß er nach einem telegraphiſchen Befehle von Berlin ein Kommando nach Martſuhl zur Zerſtörung der Werrabahn zu fenden und mit ſeinem Regimente ſowie einem Detachement der Er furter Garniſon nach Eiſenach per Eiſenbahn zu gehen habe, um ſich dem etwaigen Anmarſch der Sannoveraner entgegen zu ſtellen. Das Detachement aus Erfurt beſtand aus 3 Landwehrbataillonen und der Ausfalbatterie ( 2 Sech &pfünder und 2 Fünfpfünder baus bißen ), dazu die Erfaßſchwadron des 12. Landwehr-Huſarenregiments ( Premierlieutenant Schmik ). Die Landwehrbataillone waren mit Minié . gewehren ausgerüſtet à Mann 15 Batronen . Die Ausfalbatterie führte nur die Proßmunition mit ſich. Am 20. Abends waren dieſe Truppen mit dem Roburg - Gothai. ichen Regiment ,

welches

an

dieſem Tage feine Referden und

die

Pferde zur Mobilmachung in Gotha empfangen hatte , in Eiſenach vereinigt. Das 1. Bataillon Gotha , dazu ein Landwehrbataillon , 1 Zug Artillerie, 1 Zug Huſaren nahmen noch in der Nacht eine Avantgardes Stellung auf der Straße gegen Kreuzburg , ungefähr 4000 Schritte vor Eiſenach, unter Oberſtlieutenant von Weſternhagen. An demſelben Tage war in Folge eine

Befehler von Berlin ein

Parlamentär ( Hauptmann von Ziehlberg ) zum König von Hannover

479

geſchidt worden , um wegen Waffenſtreďung zu verhandeln , da ſte cernirt feien. Am 21. Mittag8 erfolgte die Ablöſung der Avantgarde ,

die

anderen Truppen lagerten zum Theil am Bahnhof , zum Theil waren fie in der Stadt einquartiert. Im Laufe des Vormittags des 21. gingen telegraphiſche Nachrichten ein ,

wonach

die þannoveraner ſoeben in

Heiligenſtadt eingerüđt waren und den Telegraphen okkupirt hatten. Andererſeits erreichte den Oberſt von Fabeď ein Schreiben des Ges neral8 von Glümer mit der Mittheilung, daß der General ſeine Bri gade

bei Kreuzburg

tonzentrire,

um von

da

nach Umſtänden zu

operiren. Der Oberft von Fabed nahm an, baß der Feind durch Sin- und Hermärſche uns über den Punkt ſeines Durchbruch

würde irre zu

führen ſuchen und behielt ſeine Aufmerkſamkeit auf Kreuzburg gerichtet. Am 22. Juni gegen Mittag tam die telegraphiſche Nachricht von Mühlhauſen an mich , daß die Avantgarde del Feindes daſelbſt eia . rüđe. An demſelben Morgen war Oberſt von Fabeck von Eiſenach aufgebrochen in der Richtung nach Mihla ; er hoffte mit General Glümer die Verbindung zu finden und mit ihm gegen die Chauſſee Mühlhauſen - Langenſalza vorgehen zu können. ( Die Verbindung mit General Glümer wurde nicht hergeſtellt und von ſeinem Anmarſch war auch nichts zu erfahren . )

Am Nachmittage meldete ſich bei mir Ritts

meiſter von Wydenbrück , der mit einer Estadron Landwehrdragoner von Erfurt aus eine Retognoſzirung in die Gegend nach langenſalza gemacht hatte ; er nahm mit ſeiner Schwadron Quartier in der Stadt. Ich ließ ſofort einen Theil der Mannſchaft wieder außrüden und bes gab mich mit dem Rittmeiſter auf die Straße von Langenſalza , um bei Warza und den daneben gelegenen Höfen eine Feldwache aufzu. ſtellen, und ordnete Nachtpatrouillen an. Gegen Abend ſchidte ich den Oberſtlieutenant von Reuter nach Eiſenach, um ſich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen und eventuell das Detachement Fabed nach Gotha zurüdzuziehen. In Eiſenach fand der Oberſtlieutenant von Reuter das Detaches ment Fabed ſehr fatiguirt von ſeinem Vormarſche zurüdgekehrt. Weder

480

vom Feinde noch vom General von Glümer war Etwas in Erfahrung gebracht worden . Ein Landwchrbataillon ( Detinger ) war in Kreuzburg geblieben, ein anderes (de Niem) auf Vorpoſten gegen Mihla . Der Telegraph in Langenſalza war noch thätig und meldete : eine feindliche Avantgarde in Großengottern.

Nach der Lage der Dinge

fchien die Richtung des Feindes in der Wahl zwiſchen Eiſenach und Gotha noch nicht ſo feſt beſtimmt, daß eine ſofortige Verſegung des Detachements von Eiſenach nach Gotha geboten war. In der Nacht erhielt ich aber die Nachricht, daß der Feind Vors poſten bis gegen Warza borgeſandt habe unter Abſperrung von Langens falza, deſſen Telegraphen er ungeſtört fortarbeiten ließ, während ſtarke Kolonnen vor der Stadt linte auf Dödſtädt ausgebogen wären, wahrs ſcheinlich um zwiſchen Gotha und Erfurt durchzubrechen . Auf dieſe Nachricht hin ließ ich ſofort eine Lokomotive heizen und fuhr perſönlich nach Eiſenach, um Oberſt Fabeck zu inſtruiren. 23. Juni. Es ſchien mir geboten, dem Feinde mittelft der Eiſen. bahn zuvorzufommen . Nachdem ich Lieutenant von Gollar mit Extra poft über Kreuzburg auðgefandt , um

General Glümer aufzuſuchen

und ihn zum Nachrüđen auf Eiſenach reſp. Gotha aufzufordern , ließ ich mit Tagellanbruch allarmiren .

Die Bahnzüge waren inzwiſchen

bereit gehalten und alles ſo angeordnet, daß ſchon gegen 8 Uhr früh der Oberſt von Fabec mit ſeinen Truppen in Gotha eintreffen konnte . Zwanzig Minuten nach 8 Uhr ſtand beſagter Dberſt mit den Truppen an der Chauſſee nach Langenſalza. Es gieng hier die Nachricht ein , daß der Feind nur Fouras gierung8 -Detachement8 nach links entſendet habe, während er mit ſeinen Hauptkräften in den Dörfern zwiſchen Langenſalza und dem Hainich fantonnirte,

Unter dem Schuße einer Vorpoſtenſtellung wurden die Truppen nunmehr in Gotha einquartiert.

Doch idon den Nachmittag wurde

gemeldet, daß die feindlichen Kolonnen über Tüngeda auf Wangenheim ( 1/4 Meile von der Stadt Gotha) vormarſchirten. In Folge deſſen wurde alarmirt und das Detachement nahm Stellung bei Remſtädt, das Füſilierbataillon Roburg in Rompagnie.

481 kolonnen auf den Grenzberg vorgeſchoben . Am Nachmittag langten per Eiſenbahn die beiden reitenden Batterieen des Majors Bekel , don e von Gotha an . Ich hatte ſie al Dresden tommend , auf dem sBahnhof dorten erwartet und führte ſie ſelbſt in eine geeignete Stellung auf der Straße von Goldbach vor. Eiſenbahn von Berlin

Zu gleicher Zeit erhielten wir per

das 4. Garderegiment zu Fuß

als Succurs

( 1 Bataillon war davon in Weimar zurüdgelaffen worden ) . Ich ließ dasſelbe ſofort nach Eiſenach durchfahren , um dieſen Plaß zu ſichern und befahl, eine ſtarte Feldwache bei Sättelſtädt am Hörfelberge auf zuſtellen. Von dem Anmarſch der feindlichen Rolonnen war vom Grenz . berge aus nicht

zu bemerken. Nur unſere Kavalerie-Vedetten wurden

ab und zu mit feindlicher leichter Ravalerie handgemein , wobei nicht unerhebliche Verwundungen vortamen .

Noch ehe und die Dunkelheit

zwang , die eingenommene Stellung zu verlaſſen , erſchien ein Parla mentär vor dem Oberſt von Fabec - Major Jacobi dom hannöders fchen Generalſtab

mit Legitimation des General: von Arnſchild,

worin auf die Sendung des Hauptmanne

von Ziehlberg Bezug ges

nommen war ; derſelbe ſei bis jegt wegen mangelnder Legitimation im hannöver’ſchen Hauptquartier zurückgehalten worden , man ſei aber beo reit, nunmehr zu Unterhandlungen überzugehen. Demgemäß marſchicten die Truppen in ihre Quartiere zurüd. 3ch ordnete jedoch an , daß die Eingänge der Stadt zu verbarris kadiren wären und die Vorſichtsmaßregeln zu verdoppeln , da über Waffenruhe und Verbleiben in den Stellungen nicht

feſtgelegt war.

Der Major Jacobi begab fich mit dem Oberſt von Fabec nach dem Telegraphenbureau in Gotha , um dort in der nun folgenden Nacht mit dem General von Moltre telegraphiſch zu verhandeln. Er verblieb bis gegen Morgen und fuhr dann wegen mangelnder Antwort zurüd , nachdem er das Verlangen geſtellt, daß man han növer'ſcher Seite von dem Thatbeſtande der Cernicung Augenſchein nehmen dürfe. 24. Juni. Am Vormittag des 24. gegen 11 Uhr tehrte Major Jacobi nach Gotha zurüd ; mit ihm tam

Oberft Dammers, General

482

adjutant des Könige , um meine Vermittlung bei Sr. Majeſtät, dem Könige von Preußen , in Anſpruch zu nehmen ; Dammere hatte turz vorher nach Berlin telegraphirt. Ich

erklärte mich zur Vermittlung bereit und befürwortete nach

Berlin die mit Oberſt Dammere verabredeten Artikel, wonach den Hannoveranern freier

Abzug nach Süden gewährt wurde , mit der

Verpflichtung der Neutralität für ein Jahr und des Aufenthalts der hannover'ſchen Armee an denjenigen Buntten , welche der König von Preußen beſtimmen werde . Hierauf zuſtimmende Antwort aus Berlin, nur wurde Garantie verlangt für die Neutralität. Kaum hatte fich Dberft Dammer8 mit dieſen Bedingungen ents fernt , als der hannöver’ſdhe Rittmeiſter o . d. Penſe von den Garden huſaren eintraf, um die Verhandlungen wegen der ausgebliebenen Ant wort abzubrechen und die Unterhändler zurüdzurufen . Gleichzeitig erfolgte von Eiſenach die Meldung des Oberſt 0. d. Often :

die Stadt Eiſenach würde hannover’ſcher

Seite bombardirt

werden, wenn dem König von Hannover mit ſeiner Armee nicht freier Durchzug nach

Süden

geſtattet

werde.

Auf dieſe

Meldung

reiste

Major von Jacobi fofort wieder ab , in Begleitung des Rittmeiſters v. 0. Benje , retabliren .

um

ſeinen

König

aufzuſuchen und

die Sachen zu

Es tam nun Alles auf den Erfolg meiner Vermittlung an. Major Jacobi tehrte gegen 6 Uhr zurück , ohne den König ges

1 funden zu haben ; bald darauf auch mit der an mich ſchriftlich

wieder Rittmeiſter o . d. Benſe

gerichteten Antwort des König

auf die

Bedingungen, welche Oberft Dammers mitgenommen hatte. Der König lehnte ab wegen der vom Grafen Biømark geforderten Garantie , wollte aber gern mit dem inzwiſchen aus Berlin mir ans gemeldeten Generaladjutanten von Alvensleben unterhandeln zur Vers meidung des Blutvergießens. Gegen 7 Uhr Abend

traf der General

adjutant von Aldensleben in Gotha ein. Unter den obwaltenden Um ſtänden hielt er es nicht für geeignet, ſich zum Rönig von þannover zu begeben, vielmehr überließ er es dem Letteren, zu ihm nach Gotha zu ſchicken , im Falle er noch verhandeln wolle.

Mit dieſer Mittheis

483

lung wurde der Rittmeiſter b . d . Penſe in das hannover'ſche Saupt= quartier entlaſſen. Unterdeß fandte ich den Lieutenant bon pochwächter vom 7. Ar tillerieregiment ab, um den General Beyer aufzuſuchen. Derſelbe findet Regteren

um Mitternacht im Biwat vor Kreuzburg ,

von wo der

General ſofort nach Eiſenach aufbricht. Während der Verhandlungen dieſes Tages hatte der Feind wiederum ſeine Marfchrichtung geändert und anſtatt direkt auf Gotha vorzurüđen, fuchte er augenſcheinlich durch ſeine Richtung anf Mechterſtädt zwiſchen Gotha und Eiſenach durchzubrechen . Er befekte obiges Dorf mit ſeinen Bortruppen und zerftörte die Eiſenbahn und den Telegraphen .

Auch

ſuchte er in den Baß von Sättelſtädt einzubringen , wurde aber hier von der 1. Kompagnie des 4. Garderegiments zu Fuß mit Verluſt einiger Todten und Verwundeten zurüdgewieſen. Die Avantgarde des Feindes ſtand am Abend in Saina, ſein Gros biwafirte bei Großenbehringen , woſelbſt der König in Quartier lag. Die telegraphiſche Verbindung zwiſchen Gotha und Eiſenach ging nunmehr über Berlin . Eine Erklärung für die wechſelnden Entſchlüſſe deß hannover. Ichen Hauptquartiers an dieſem Tage findet ſich wohl darin, daß nach Abſendung der Bevollmächtigten die Nachricht von der ſchwachen Bes ſeßung Eiſenachs mit nur 2 Bataillonen zum Feinde gelangte. Daher die Sendung des Rittmeiſter8 d . d . Benſe , daher die Bedrohung Eiſenache durch ein Bombardement und der Vormarſch gegen die Eiſenbahn , daher endlich die Ablehnung der Bedingungen , welche der feindliche Bevollmächtigte ſelbſt an General von Moltte telegraphirt hatte unter dem nichtigen Vorwande der Garantie. Forderung von Seite Breußens . Hierbei verdient außerdem bemerlt zu werden , daß in der lebten Nacht, während Major Jacobi auf Grund ſeiner Vollmacht von Gotha aus telegraphiſch mit General von Moltke verhandelte , der hannover. ſche Archivrath Dr. Onno Klopp, nach deſſen eigener ſpäteren Ausſage in den bayeriſchen Zeitungen, in das bayeriſche Hauptquartier geſandt wurde, um die Bayern zum Unmarſch aufzufordern .

484

25. Juni.

Am Morgen des 25. Juni hatten wir in Gotha

die Nachricht , daß die Generale von Göben und Beyer in Eiſenach eingetroffen wären. General von Aldensleben ließ an dieſem Morgen eine Stellung zur Vertheidigung von Gotha nehmen , bis weitere Verſtärkungen ihn zum Angriff berechtigen würden.

Gegen 7 Uhr traf aber wiederum der Oberft Dammer: ein mit königlicher Equipage ,

um den General von Alvensleben zum König

einzuladen und mitzunehmen . Der General fuhr zu den Verhandlungen hinaus , gewährte dem Rönig 24 Stunden Bedentzeit in Betreff ſeiner Bedingungen und ge ſtand eine Waffenruhe mit dreiſtündiger Kündigung zu. Von dieſem Umftand ſcheint aber feine Mittheilung nach Eiſenach gelangt zu ſein , denn gegen Abend erreichte uns eine Depeſche vom General von Göben ,

wonach ſeine Brigade Aummer die Bäſſe des

Thüringer Waldes von Eiſenach bis Waltershauſen befekt habe , die Beſaßung lekterer Stadt aber dem gothaiſchen Detachement überlaffen wurde . Mit den übrigen Kräften würde der General mit Tagesanbruch zum Angriff vorgehen. Bon dieſer Depeſche wurde ſofort dem General von Moltte Mite theilung

gemacht,

um in Betreff

der Waffenruhe

die nothwendige

Uebereinſtimmung auf der ganzen Linie herbeizuführen. Gegen Abend traf das Infanterieregiment Nr. 11 mit 4

ge

zogenen Geſchüßen des 6. Artillerieregiments (Hauptmann von Blott nit ) per Eiſenbahn in Gotha ein und marſcirte weiter nach Walters, hauſen .

Mit dem Regiment fam auch der General von Flies und

übernahm das Rommando in Gotha . 26. Juni.

Um 3 Uhr Morgens ſchicte ich in Folge telegra.

phiſcher Depeſche aus Berlin Oberftlieutenant von Reuter zum König von Hannover, um bis 10 Uhr Vormittags einen definitiven Entſchluß des Königs auf die Bedingungen des Generals von Aldensleben herbeis zuführen . Es wurde hinzugefügt, daß die Waffenruhe nebſt Kündigung nur inſoweit ihre Geltung habe, ale keine Umſtände von Außen hinzutreten würden , welche eine Beſchleunigung der Operation erfordern tönnten .

485 Der König erwiderte ,

daß er ſich

ganz auf dem Boden der

Aldene leben'ſchen Verhandlungen befände, daß er demgemäß mit ſeinen Truppen , wie ſich der Offizier in dieſem Augenbliď überzeugen fönnte, in FriedenØmärſchen

auf Langenſalza

zurüdgienge ,

woſelbſt er ſich

konzentriren wolle, um die Beendigung der Verhandlungen abzuwarten . Schon geſtern Nachmittag habe er ſeinen Oberſtlieutenant von Rudorf mit dem Antwortſchreiben nach Berlin geſendet , derſelbe ſei aber in Eiſenach durch den General von Faltenſtein feſtgehalten und zurüd geſchickt worden . Er würde aber dieſen Offizier ſofort von Neuem aba ſchiden und zwar dieſes Mal über Gotha. Der Oberſtlieutenant von Reuter überzeugte ſich von der rüd gängigen Bewegung des Feindes in Frieden &märſchen auf Langenſalza , forderte aber ſchließlich zu einer telegraphiſchen Benachrichtigung der preußiſchen Regierung über die definitiven Entſchlüſſe bis 10 Uhr auf, da er im anderen Fall über die weitere Fortſegung der Waffenruhe teine Verſicherung geben könne. Unterdeß war von Berlin aus der Dberſt von Döring (vom Generalſtab) mit einem Ultimatum in Gotha eingetroffen und begab fich nach Langenſalza zum Rönig . Ihm folgte der General von Flies nach , verſtärkt durch 2 Bataillone des Regiment8 Nr. 25 , welche im Laufe der Nacht in Gotha eingetroffen waren , und nahm eine Auf ftellung gegen Henningsleben . dieſem

Vormarſch ,

um

Ich

begleitete den General

perſönlich

die

Stellung

des

Flie

Feindes

rekognoſziren . Der General Flies hatte jegt unter ſeinem Kommando :

2 Bataillone Roburg- Gotha ; 3

M

2

11

11. Regimente ; 25 . I

5-6 Landwehr- oder Erfaßkompagnieen ; 2 reitende Batterieen des 7. und 8. Artillerieregimento ; 4 gezogene Geſchüße des 6. Artillerieregimente ; 4 Geſchüße der Erfurter Ausfalbatterie ; 2 Estadrons der Erfurter Beratung ;

auf zu

486

die Depotſchwadron des 10. Huſarenregiment (welche ſeit wenigen Tagen erft formirt, nicht verwendet werden konnte). Der Oberft von Döring tehrte ſehr bald ohne irgend einen Erfolg von Langenſalza zurüc. Der Feind nahm eine Arrieregardeſtellung bei Henningsleben, ſtart mit Artillerie beſeßt, die Kavalerie vorgeſchoben. General Flies beſchloß mit meinem vollſtändigen Einverſtändniſſe aber an dieſem Tage nicht anzugreifen, da das 11. Regiment in ſeis nem Anmarſch von Waltershauſen noch zu weit zurüđ war und über . dies die Nachricht einging , daß der General Göben an dieſem Morgen durch eine Depeſche aus Berlin in ſeiner Offenſive unterbrochen wor. den und auf das Gericht vom Herannahen der Bayern von Eiſenach nach Gerſtungen zurüdgegangen ſei. Der General Flies befand ſich ſomit iſolirt und ging in eine Stellung bei Wefthauſen zurüc. In der darauf folgenden Nacht gingen Depeſchen von Berlin aus an die Generale von Falkenſtein und von Flies ein, wonach die Hans noveraner coute qu'il coute anzugreifen und zur Rapitulation zu zwins gen wären ohne jede Rüdſicht auf die Reichsarmee. Unterbeß war auch der General Göben mit einem Theile der Eiſenacher Truppen von Gerſtungen nach Eiſenach zurüdgekehrt, ohne etwas von den Bayern bemerkt zu haben. Da die Stellung des Generals Flies eine ſehr pretäre war, um ſo mehr, als er durch den Befehl von Berlin veranlaßt zu einem Un griff fich entſchließen mußte , fo fuhr ich noch dieſelbe Nacht auf der kaum nothdürftig hergeſtellten Bahn nach Eiſenach , um mich wegen eines Sutkurſe für General Flies, ſowie wegen der weiteren Opera. tionen mit General- lieutenant von Göben zu verſtändigen. In Eiſenach angekommen erfuhr ich , daß General Faltenſtein ſelbſt ſoeben eingetroffen ſei . Ich verfügte mich ſofort zu ihm und ſuchte ihn zu bewegen , im Laufe des folgenden Morgen

einige Bataillone

nach Gotha zu ſenden und beſprach das Weitere für den Fall, daß der Feind ſich in dem Unſtrutthale in öftlicher Richtung gedächte.

abzuziehen

487

27. Juni.

Am folgenden Morgen ging der General von Flies

auf Grund der legterwähnten Depeſche gegen den Feind vor , welcher am linten Ufer der Unſtrut bei Merrleben eine feſte Stellung genom. men hatte, zugleich aber das Terrain zwiſchen Merrleben und langen falza durch Artillerie und Vortruppen zu halten ſuchte. Es iſt nicht bekannt , ob der General Flies eine Meldung von ſeinem Vorhaben nach Eiſenach geſchickt hatte.

Jedenfalls erſchien an

dieſem Morgen anſtatt der gewünſchten Bataillone nur der Hauptmann don Jena von Eiſenach her in Gotha, um ſich im Auftrag des Generals von Faltenſtein zunächſt nach der Stellung des Feindes zu erkundigen. Zu dieſem Zwede fuhr er in das Bimat des General & Flies , welches Leßterer jedoch bereits am frühen Morgen verlaſſen hatte und fich auf dem Bormarſch gegen Langenſalza befand. Hauptmann von Jena . traf Flies erſt vor Langenſalza , bei der Einleitung des Gefechts gegen 1/212 Uhr Mittag8 . Auf die Mittheis lung, daß General von Flies auch ohne Sulfurs abzuwarten und ohne ſich irgend auf Reſerven ftüßen zu können, die feindliche Stellung ans gegriffen habe, eilte ich zum Gefecht und traf vor Langenſalza gegen 2 Uhr ein . Ich fand unſere Truppen gerade, wie ſie ſich fechtend aus den ſchon zum Theil genommenen Stellungen hinter der Unſtrut durch Langenſalza zurüd zogen . Der Monient war ein kritiſcher , da bei dem langen Vormarſch, dem ſeit Stunden anhaltenden Gefecht und der an dieſem Tage ungewöhnlichen Hiße die Truppen auf das Zeußerſte er ſchöpft waren und ſich nur mühſam , oft ungeordnet zurüdbewegen tonnten . Viele von den Leuten ftürzten aus Ermattung ohnmächtig zu Boden . Dennoch gelang es mir, die nächſten Truppen, Bataillone bom 11. und 25. Regiment, auf einer kleinen Höhe vor der Stadt zu ſame meln und eine regelrichtige Stellung zur Aufnahme der übrigen , im heftigſten Geſchütfeuer zurüdgehenden Truppen einzunehmen . Die rechte Flanke unſerer Stellung ( eine weite Hügelebene) wurde äußerſt bedroht durch

unausgelegte

Angriffe

dreier feindlicher

Savallerieregimenter.

Es mußten ſtet8 Carreß und Klumpen formirt werden , um die an : dringende feindliche Reiterei zurüczuweiſen , was auch meiſt mit dem größten Verluſt für den Feind erfolgte.

488

Beſonders gefährdet war das Der Oberftlieutenant

1

1. Bataillon des 11. Regiments.

del Barres mit

2

Kompagnieen diefe8

Bataillong gegen Cambridge -Dragoner , der Hauptmann von Roſens berg mit den beiden andern Rompagnieen gegen die Garde du Corp8, indem ſie ihren Rückzug ganz iſolirt auf dem äußeren rechten Flügel

1 zu bewerkſtelligen und

eine große Unzahl verſprengter Landwehrleute

in ihre Carres aufzunehmen hatten . Der Angriff der feindlichen Reiterei

erfolgte mit einer ſolchen

2 T

Vehemenz , daß die getödteten Pferde, indem ſie in die Carres hineins ftürzten , noch mancherlei Verwundungen unſerer Leute verurſachten. Ein Rittmeiſter von Cambridge-Dragonern wurde in der Mitte des Carres,

1 1

in welchem fich Oberſtlieutenant des Barres befand , niedergeftochen . Leider gingen beim Rüdzug von Langenſalza 2 Geſchüße der Ausfalbatterie , welche ſich verſchoſſen hatten , verloren .

Sie waren

halb demontirt in einem Graben ſteden geblieben und trot des Ver. ſuche, den der Lieutenant von Hochwächter und die Erfurter Dragoner auf meinen Wunſch im heftigſten feindlichen Feuer machten , konnten ſie nicht zurüdgeſchleppt werden .

Unterdeß hatte ich Oberſtlieutenant

von Reuter nach Gotha geſchickt, um 2 Bataillone von den Eiſenacher Truppen, welche am Bahnhofe in Gotha nun endlich angekommen ſein

1

follten, zur Aufnahme vorzuführen.

1 Bei der Ankunft des genannten Offizier8 waren aber dieſe Ba . tailone ſoeben nach Eiſenach zurückgenommen worden, weil das Gefecht von Langenſalza nur als ein Arrieregarde- Gefecht des Feindes

zu

betrachten ſei . Unter dieſen Umſtänden war es um ſo günſtiger, daß der Feind an teine weitere Offenſive dachte, als die eben erwähnten Attaquen ſeiner Ravalerie. (Hätten die Hannoveraner anſtatt erſt mit einzelnen Schwadronen zu attaquiren , mit mehr Umſicht und in einer beſſern taftiſchen Form ihre Angriffe ausgeführt, ſo würde unſer Rückzug ſehr gefährdet geweſen ſein . ) Das feindliche Geſchüpfeuer ließ allmälig nach und ſo gelang e8 dem General von Flies gegen 6 Uhr nun wieder vollſtändig geordnet in ſeine urſprüngliche Aufſtellung zurückzugehen.

1

489

Da e8 gänzlich an 3ntendanturbeamten mangelte, und Broviants tolonnen fehlten, foʻkonnte die Verpflegung durchaus nicht geordnet ſein . Ein Gleiches war in Betreff des Umbülance weſens der Fal . Von Seiten der Stadt Gotha mußte daher Alles geſchehen , um ärztliche Hülfe, Nahrungemittel und Erfriſchungen aller Art den Trup. pen zu bringen . Mein Leibarzt, Dr. Þaſſenſtein , übernahm das provis foriſche Lazareth in der Stadt, welches fich ſehr ſchnell mit zahlreichen Verwundeten füllte. Die Truppen mußten biwatiren, waren aber in einem ſolchen Grade ermüdet und ermattet , daß für den folgenden Tag gegen das etwaige Nachdringen des Feindes der Rückzug auf Erfurt zu erwarten ſtand. Ich telegraphirte daher nach Berlin und nach Eiſenach um Un terſtüßung für den General Flies.

Die Antwort des Generallieutes

nants von Göben lautete aber ungünſtig , da der Feind ſoeben von bayeriſcher Seite vor Eiſenach erſchienen und nichts von dort detachirt werden könne .

Glüdlicherweiſe ftellte ſich dies aber als ein falſcher

Alarm heraus und ſchon um 2 Uhr Morgens trafen die erſten Ba taillone der Brigade Rummer in Gotha ein. 28. Juni.

Gegen 8 Uhr Morgens war die Brigade Rummer

mit 2 Batterieen in Gotha vereinigt und nahm alsbald

eine Aufſtel

lung zur unmittelbaren Vertheidigung der Stadt , während

General

von Flies weiter vorgeſchoben blieb auf dem Grenzberg bei Barza . Gleichzeitig rüdte General von Göben von Eiſenach her gegen den Feind

vor

und

andererſeits

war

die

Avantgarde

des

Generals

don Manteuffel bis Rothenheiligen und Alt-Gottern gekommen.

Der

Feind hatte gedroht , Gotha zu bombardiren und mit ſeiner ganzen Macht durchzubrechen , wenn ihm nicht freier Durchzug nach Süden gewährt werde . Der Tag verging daher in Erwartung des Kampfes, biß abermals gegen Abend ein Parlamentär bei dem General von Flies in Warza erſchien . Die Verhandlungen nahmen nunmehr einen rapiden Berlauf und endigten ſchon am folgenden Morgen durch Vermittelung der Generale von Göben und von Manteuffel mit der bekannten Kapitulation vom 29. Juni.

490

11.

Ueber den Einfluß der preußiſchen Erfolge auf die europäiſchen Heere. Im Jahre 1741 führte Friedrich der Große das Heer, welches ihm fein Vater hinterlaſſen hatte , gegen Defterreich den Kampf und ſiegte.

Seine

in

3 nfanterie, die Schöpfung des

alten Deſſauer & mit ihrer Zucht und Ordnung , ihrer Mas növrirfähigkeit ,

ihrem Schnellfeuer , welches durch den Gebrauch des

eiſernen ladeſtođe möglich geworden war, erwies ſich der öſterreichiſchen weit überlegen . Friedrich ruhte nicht auf ſeinen Lorbeeren, fondern ſuchte den Mängeln feines Heere& abzuhelfen , welche er tennen gelernt hatte.

Beſondere

gelang e8 ihm ,

in turzer Zeit eine

vortreffliche

Sa ballerie zu ſchaffen , welche es nicht blog mit derjenigen feiner Feinde aufnahm , ſondern dieſelbe übertraf. mit der Artillerie , an

Minder glüdlich war er

welcher beſtändig herumprobirt wurde.

Der mindere Erfolg , deſſen fidy Friedrich bei ſeinen Beſtrebungen, die Artillerie zu heben , erfreute , iſt wohl zum Theil auf Rechnung des Umſtandes zu feßen , daß im Laufe der Kriegojahre die Infanterie innerlich immer mehr verlor und die Artillerie fie immer mehr erlegen follte.

Wir ſagten , die Infanterie verlor ihrem innern Sterne nach.

Friedrich hielt es entweder für unmöglich , dieſem Uebelſtande abzu helfen oder auch theilweiſe für unnöthig ; ihre äußeren Vorzüge ſuchte er ihr aber auf alle Weiſe zu bewahren und wenn er es nicht in der Hand hatte , die Kraft ihres Feuers weſentlich weiter zu heben , ſo legte er nun den höchſten Werth auf die beſtändige Steigerung der Manövrirfähigteit.

Die Erfolge der Preußen in langen und ſchweren Kriegen der anlaßten die übrigen Mächte , die Formen des preußiſchen Heeres möglichſt nachzuahmen , und Friedrich verabſäumte es nicht, ſich ſo recht eigentlich als Ariege ich ulm eifter Euro pa's zu etabliren . Wie das immer geſchieht, machte man dem alten Friß viel Unweſentliches nach und verſäumte , ihm manches Weſentliche nachzu .

491

ahmen.

In den Botedammer Manövero ſollte die geſammte Kriege

kunft fteđen .

Nicht bloß im Auslande ſah man auf dieſe Weiſe , in

Preußen

felb ft. Auch hier blieben nach Friedrichs Code von

ſeinem Erbe meiſt nur die Seußerlichkeiten und am fefteſten die ſchlechs teften haften ; alle Entwidlungsfähigkeit ward verbannt mit dem Glauben und dem Vorgeben , daß trefflich fei .

Friedrich

Schöpfung unübers

So wurde fie ein todtes Modell und brach beim

erften ernften Anſtoß zuſammen . Aus der drangvollen und großen Zeit, welche nun folgte, blieben für die ſpäteren , meiſtentheils für den Preußen , der ſein land liebte, höchft traurigen Dezennien große Errungenſchaften übrig , militäriſchen Dingen :

a uch in

eine Annäherung an das Miliz .

ſyſtem , wie ſie keines der ftehenden Heere der andern Hauptſtaaten kennt, eine Einfachheit des Mechanismus , wie ſie gleichfalls anderswo nicht bekannt iſt, -- wir erinnern nur an das vortreffliche Infanterieererzierreglement, welche

ein ewiges Muſter bleiben wird,

welches die andern getroft abſchreiben tönnten , ohne ſich damit abzu quälen , wie ſie neue Weisheit hineintragen wollen ; eine Oro nung und Sparſamteit im Staatshaushalt , welche in großen Momenten zu außerordentlichen Anſtrengungen befähigt . Dieſe großen Errungenſchaften konnten nicht mehr gänzlich vers loren gehen , wie groß mitunter der Wille der Regierenden war , fie für nicht vorhanden oder gar für ſchädlich zu erklären, und ſie erwieſen ihre Macht auch wieder in dem leßten Kriege , der die Bahn zur Größe geöffnet hat. Von den Feinden des Grafen Bismark , den früheren , die fich auf einmal bekehrt haben, man weiß eben ſo wenig warum dies , als warum fie früher ſeine Feinde waren, wenn fie ſich bekehren woll . ten, hört man gerade jegt die Lehre predigen, — e $ iſt unglaublich aber wahr, die geſammte preußiſche Politik der legten feche oder ſieben Jahre ſei ein zuſammenha nguolle 8 Ganze , die Armees reorganiſation ſei lediglich mit Rüdſicht auf das Ziel , welchem die preußiſche Politit ießt ſichtbar zuſteuert, unternommen worden , und dieſe Armeeorganiſation habe ich als die -- dentbar beſte erwieſen . Küftow , d. Krieg . 1866. 33

492 Eben ſo viele 3rrthümer alø Behauptungen ! Wer ell nicht ders ſchmäht, die Thatſachen zu betrachten , die Zeiten zu vergleichen , wer da weiß, wie leicht es für Defterreich geweſen wäre, dieſen Arieg



zu vermeiden , tro Bismart& guten Willens, ihn zu haben, der wird das wohl begreifen. Auf die genaueren Enthülungen durdy Dokumente werden freilich die Leute, welche abſolut , Dotum ente " brauchen , um zu ſehen , noch ein Menſchenalter warten tönnen . Aber was war es mit allen Hoffnungen ohne diefen Krieg ? Bismart hatte ihn benußt , fo gut es einem Menſchen möglich war , - ob er dabei ein Deutſchland fd affen oder nur Preußen bers größern wollte – eine der modernen Feinheiten der politiſchen Sprache,

iſt ganz gleichgültig , weil beides naturgemäß auf das.

ſelbe hinausläuft. Aber wie fonnte Bismart den Krieg benußen , wenn derſelbe gar nicht fam ?

Und wie nahe er daran war , daß ihm der Krieg

aus den Händen gewunden ward , nicht einmal, ſondern zehnmal, das wir hoffen es wenigſtens, wird er ſelbſt wohl einmal ſpäter der zu überflüſſigem Erſtaunen geneigten Welt erzählen. Nur nicht dieſe Fluntereien in der Weltgeſchichte !

X

Was die erfolgreiche Ariegführung der Preußen betrifft , ſo wird ſie nicht blog Nachahmer preußiſcher Militäreinrich tungen weden , ſondern hat dieſelben ſchon geweđt. Es iſt daher ge. wiß von großem Intereſſe , daß der Verfaſſer dieſer Blätter - bon einer Warte aus, die über der Zinne der Partei fich befindet indem er fich nämlich ſo weit thunlich im Hintergrunde hält , Einiges über dieſen Punkt zuſammenträgt , was , richtig angeſehen , dom höchften Intereſſe für weitere und weiteſte Kreiſe fein fann . Zwei Dinge ſind es , die bei dem böhmiſchen Feldzug den euros päiſchen Staaten und Heeren beſonders imponirt haben : das Zünda nadelgewehr und die Annäherung an da 8 Mi. ti 8 9 ft e m ! Von dieſen beiden Dingen wird der Verfaſſer

zu reden haben.

Aber , weil es immer wichtig iſt, einmal einen allgemeinerea Blid in die Dinge zu thun , bevor man auf die Spezialitäten

493 eintritt, wendete er fich an einen Mann , der mit dem Entwidlungs , gang der

beiden Heere, die in Böhmen einander gegenübertraten ,

auch auf neueſter Zeit genau vertraut, zugleich in hoher Stellung im Stande war, unbefangen zu beobachten , mit einer Anzahl von Fragen, und läßt nun hier die Antworten , aus welchen ſich die Fragen von felbft ergeben , folgen , ſoweit ſie mitgetheilt werden können.

Daran

ſollen dann einige Bemerkungen auf Grund anderer Mittheilungen ges knüpft werden . „ Das 3 ü non adelgewehr hat einen wichtigen Einfluß auf die Kriegführung gehabt, wenn auch nicht einen ſo wichtigen , als es don öſterreichiſcher Seite dargeſtellt worden iſt.“ ,, Geſchwindfeuer und Salten haben am Meiften gewirkt und das Zurüdgehen der feindlichen Infanterie . ftets zur Folge gehabt ; auch gegen Savalerie und Artillerie hat ſich die Waffe ftets bewährt. Das bayeriſche Bodewil&gewehr iſt gut , tommt aber gegen das Zündnadel. gewehr nicht auf. “ „Die preußiſche Artillerie hat verhältnißmäßig wenig geo leiftet. Die Urſachen find folgende :

a ) die meiſten Gefechte ſind Gefechte der Avantgarde gewefen ; die Reſerveartillerie fonnte wenig verwendet werden ; umgekehrt brachten die Defterreicher ihre Reſerveartillerie , da e& lauter rüdgängige Bes wegungen waren, vorzugsweiſe ins Feuer ;" „ b) das preußiſche Geſchüß iſt zu leicht.

Bierpfünder kommen

gegen Achtpfünder nicht auf ; " FC) die glatten Geſchüße find gegen gezogene gar nicht mehr zu verwenden ; " „ d) bei der Jugend der Mannſchaft, der geringen Dienſtzeit und dem Umſtand, daß durch die große Vermehrung der Artillerie für den Krieg ein großer Theil der Bedienungsmannſchaft bei gezogenen Ges ſchüßen verwendet wurde , der bei glatten ausgebildet war , konnte die Präziſion des Schießens nicht verlangt werden. Die öfterreichiſche Ar. tillerie zeigte ſich der preußiſchen weit überlegen. “ „ Bon Bayonnetangriffen der Deſterreicher haben wir

nichts geſehen ; im Gegentheil hat unſere muthige junge Mannſchaft 33 *

494

ftets durch ihr raſches und unaufhaltſames Vorgehen , durch ihr fiches res Schießen und ihre geiſtige und moraliſche Ueberlegenheit die Haupts ftege veranlaßt oder wenigſten vorbereitet. " „ In der preußiſchen Infanterie wie auch in den andern Waffens gattungen war kein Enthufia & mu8 ,

tein Rauſch , daher auch

teine gefährliche Reaktion . Die Truppen ſchlugen fich, wie ſie es ſtets beim Manöver thaten , ohne Rüdfight auf die feindlichen Geſchoſſe. Sie waren ftets guter Laune, dabei aber überlegt und kaltblütig.“ „ Obwohl Sie mich nicht über die R av allerie fragen, tann ich dieſelbe doch nicht übergehen . “ , 3m großen Ganzen ift fte i da ledyt geführt worden , größten Glück auf preußiſcher, wie öſterreichiſcher Seite.

gum

Maſſen .

weiſe wurde ſie nicht verwendet, ſo daß unſere ſchweren Brigaden kaum ins Feuer gekommen ſind.

Dagegen wurde fie regimente, und

ichwadronsweiſe viel zu viel verwendet. Sie hat dabei Wunder der Tapferkeit volbracht, weit über alle Erwartung. Die preußiſche Ravallerie hat fich beinahe überall der öſterreichiſchen überlegen gezeigt. Schwache Landwehr- Ravallerieregimenter haben öſterreichiſche Brigaden geworfen. Beinahe nie ift attatirt worden , ohne daß die beiderſeitigen Truppen volftändigſt handgemein wurden.

Die Offiziere haben

in

ritterlichen Heldenthaten nur zu viel zu leiſten verſucht, oft zum Nach. theil einer überlegten Führung. Es iſt unwahr, daß größere Ravalleries gefechte ftattgefunden haben , ſowie auch , daß bei Röniggräß die Reſervelavallerie die Verfolgung übernommen hätte.

Wäre dies ges

ſchehen, ſo würde der Tag ein noch viel entſcheidenderer geworden ſein . Die preußiſche Armee wurde im Geiſt des großen Napoleon geführt, wohl etwas waghalſig und leichtſinnig, in richtiger Würdigung aber des ſchwerfälligen und mit wenig Unternehmung @geift begabten Feindes. " Der vielgerühmte Edelsheim ,

der Ziethen der öſterreichiſchen

Armee , wie er ſich ſelbft nennt , hat nichts geleiſtet ; die vorzüglichen öfterreichiſchen leichten Truppen wurden ſoviel wie nicht verwendet. " Nun ſtehenden .

einige

Bemerkungen

von

unſerer Seite

zu

dem

Vors

495

Zunächft müſſen wir ſagen, daß vor dem Ariege die preußiſchen Artillerieoffiziere faft durchweg der Meinung waren , ihre Kaliber ge . nügten überall.

Ja , viele und nicht unbedeutende , behaupteten , man

tõnne bei der Länge des preußiſchen Geſchoffes ohne Bedenken den Dreipfünder ftatt des Bierpfünder8 adoptiren . Der Sechspfünder ſtehe ohne alle Frage dem Achtpfünder. Dieſes waren Antworten , die wir auf unſere Bedenken hin erhielten , die nicht nachhintten , ſondern vorhertamen . Ob überhaupt noch glatte Geſchüße beizubehalten wären , darüber waren die Meinungen ſehr getheilt.

Wir ſelbſt hatten

dårüber troß der Mühe, welche wir uns gaben , tlar zu werden und von

allen Seiten Nachrichten

einzuziehen ,

keine

beſtimmte

Anſicht,

neigen uns aber auch jegt nach Adem, was wir in Erfahrung bringen tonnten ,

der Unficht zu , daß , wenn

ebenbürtige Armeen einander

gegenübertreten , das glatte Geſchüß gegen das gezogene nicht mehr auftommen tann. Daß man in den Avantgarden nur leichtes Geſchüß mits führt, iſt unſeres Erachtens ein großer Fehler. nicht post festum ;

Und wir ſagen dies

denn in allen unſeren wiſſenſchaftlichen Werken

haben wir nachgewieſen, wie wichtig es ſei den Avantgarden nicht blos eine an Zahl ftarke Artillerie, ſondern auch große Kaliber beizugeben ; wir haben auch zu verſchiedenen Malen darauf hingewieſen , daß eben eine möglichſte Mobiliſirung der ſchweren Kaliber eine wichtige Aufgabe für die dentenden Artilleriſten ſei. Laſſen wir nun einmal in allgemeinen Zügen einen preußiſchen Difizier über die preußiſche Artillerie reden .

Derſelbe ſchreibt

( Mitte Auguſt 1866 ) : „ Wenn wir jett täglich in den Zeitungen mehr oder weniger ausführliche Berichte über die Geldenthaten unſerer braven Truppen lefen , ſo muß e

uns auffallen , daß darin der Artillerie , von

deren Vortrefflichteit doch Jedermann Großeß erwartete , nur ſpärlich hie und da Erwähnung geſchieht.

Hier hat eine Eskadron in ſtürmi.

( chem Unlauf den Feind geworfen , dort ein Bataillon mit Hurrah Geſchüße und Fahnen erobert, – von der Artillerie ließt man nichts. Aber freilich ,

Heldenthaten in dieſem Sinne kann fte nicht vera

496

richten , da ja ihr Wefen und ihre Stärte gerade nicht im wilden Daraufſtürmen , ſondern vielmehr in der Ruhe liegt! Und wie , tapfer fich dieſe unſere Artillerie in dem eben beendeten glorreichen Kriege überall gezeigt , wie die tapferen Ranoniere troß der ſie umſauſenden Granaten und Sprengſtücke mit Kaltblütigkeit und Unerſchrodenheit ihre Geſchüße bedient , wie ſie ſo ftundenlang . faft möchten wir ſagen , unbeweglich - dem feindlichen Geſchoffe ihre Bruſt dargeboten, das zu erwähnen halten wir um ſo mehr für unſere Pflicht, als S. M. der König felbft durch den Dant , den er wenigſtens der uns näher angehenden Abtheilung geſandt, jene Verdienſte anzuerkennen ges ruht hat.

Und wahrlich ,

wer wie wir , trosdem wir nicht Artilleriſt

find , Gelegenheit hatte , zu ſehen , wie z. B. bei Königgräß und Blumenau die feindlichen Geſchoſſe maſſenweiſe in die aufmarſcirenden Batterieen ſchlugen , wie dieſe troßdem unerſchrođen ihre Poſitionen einnahmen, wie ſie hier durch Stunden muthig aushielten und feuerten, der wird unſerer Artillerie eine gerechte Bewunderung nicht verſagen fönnen .

Oder ſollen wir noch die einfache Chatſache anführen , daß

3. B. bei Blumenau eine einzige unſerer Batterieen über die Hälfte der Mannſchaften und über die Hälfte der Pferde verlor und doch nicht zurüdging, ſondern bis zum leßten Augenblid feuerte ? Indeß es war nicht die Ruhe allein , die uns imponirte , es war auch die Kühnheit, mit der die Batterieen gegen die zum Theil in verſchanzten Stellungen ſtehende öſterreichiſche Artillerie vorgingen. Natürlich ſchoß diefe, da ihr die Entfernungen bekannt ſein mußten , faft überall gut und genau ; troßdem rüďte die unſrige almälig immer weiter vor , um dieſen ges fährlichen Feind ſicher zu treffen und zu ſchlagen. da 8 gelang ,

dabon

Und

wie

ihr

liefern nicht nur die vielen

Gefüße den Beweis , die unſere Infanterie und Ravallerie zum Theil ohne großen Berluſt nehmen tonnte , e $ bezeugt die 8 ebenſo das A u 8 . ſehen

jener

verlorenen

Batterieen *) .

Zerſchoſſene

*) Dieſes iſt ein durchſchlagendes Argument , welches jede Aufmerkſamkeit verdient. Anm . d. Derf.

497 Proßen und Räder, eine Menge getödteter Pferde,

wir fahen z. B.

bei Königgräß von mehreren Geſchüßen faſt fämmtliche Zugpferde berſtümmelte und toðte Artilleriſten , Alles gab niedergeſchmettert, beredte Runde von der fürchterlichen Wirkung unſerer Geſchoffe.

Und

wem dies noch nicht genügt , der frage nur die Infanteriebataillone, welche jenen feindlichen Batterieen näher ftanden und ſo den Effekt nnſerer Geſchüße bor Augen hatten ; ſie werden ihm , wie ſie ung ges than , derſichern , daß dieſer ein enormer, furchtbarer geweſen ſei ; der fehe ſich bei Königgräß und Blumen a u die Poſitionen der öſterreichiſchen Artillerie an , aus denen ſie auf die unſrige wie aus einer Feſtung herabſchoſſen ; der leſe in dem Schlachtbericht von Blumenau , wie bei Beginn der Waffenruhe von uns 40 durch Gra : naten ſchwer verwundete öſterreichiſche Artiửeriſten aufgefunden wurs den. Wahrhaftig wir haben ein Recht auf unſere Artillerie nicht wes Die Sicherheit und

niger ftolz zu ſein als auf die anderen Tapfern.

Beſonnenheit ihrer Führer, die Ruhe und Kaltblütigteit der Bedienung, die Unerfchrodenheit und der Muth jedes Einzelnen, — fie haben uns ſerer Artillerie von Neuem unvergängliche Lorbeeren erworben und ſie berechtigt, auch

einen Antheil an den herrlichen Siegen für fich in

Anſpruch zu net nen .“ Wenn auch die Referbeartillerie der Preußen in den meis ften Gefechten nur ſparſam , an einzelnen Orten gar nicht zur Verwendung fam, fo fpielte ſie doch eine große Rolle und leiſtete Bieles bei Königgräß . Wir wollen in dieſer Hinſicht nur die nachfolgende , Berichtigung “ zitiren , welche ſich auf einen vorhergegangenen Rapport bezieht, der ans gedeutet hatte, die Reſerve - Artillerie der Garde habe am 3. Juli nicht herantommen können . Die Garde-Reſerveartillerie war auf der Höhe von Chlum zur Stelle, die ermüdeten Pferde waren im Stande , die Höhe zu erreis + chen , der Erfolg gegen die intatte öſterreichiſche Reſerve , welche bei Rodbieriß und wcheft ar ftand , war ein furchtbarer. Ganze feindliche demontirte Batterieen lagen im Thalteſſel von Wiches ftar, Maffen von Leichen und durch Granatſplitter ) Verwundeter der öſterreichiſchen Infanterie und Ravallerie bei Rosbieriß und Wſcheftar

498

bededten das Schlachtfeld und gaben Zeugniß von der Verheerung, welche die Garde.Referbeartillerie unter den feindlichen Maffen erzeugt. Die Garbe,Referveartillerie hat, bis fte ihre leßten Granaten berſchoffen, mit ihren

24.Geſchüßen gegen 120 öſterreichiſche Geſchüße

nahezu

14/2 Stunden gekämpft , und zwar bis zum gänzlichen Rüdjuge des Feindes mit Erfolg getämpft. Die Garde-Referbeartillerie verlor in dieſem ungleichen Geſchüßtampfe den ſecheten Theil der im Feuer ftes henden Mannſchaften und den vierten Theil jämmtlicher Bferde , im Verhältniß daher eben ſo viel als das erſte Garde- Regiment. “ In dieſer Berichtigung iſt ein ſehr wichtiger Bunkt ,

wenn

auch nur beiläufig berührt. Es wäre von der ungemeinſten Wichtigkeit zu wiſſen : in wel : chem Verhältniſſe die Berwundungen, welche durch

3 nfa n

teriegeschoſſe erfolgten, zu denjenigen ſtehen , welche durch Ar tilleriegeſchoire erfolgten , natürlich für beide Theile. Das triegøwiſſenſchaftliche Intereſſe iſt hiebei tein geringe , aber praktiſch näher liegt vielleicht das

humanitariſche Intereſſe. Für alle

diejenigen, welche ſich mit der Pflege der Verwundeten auf dem Schlacht felde ſelbſt und nachher in den Spitäler n befaſſen , iſt es von der größten Bedeutung, von welcher Art die Mehrzahl der Verwun. dungen iſt, alſo auch von welcher Art von Waffen die Mehrzahl der Berwundungen herrührt , welches die Verhältniſſe find , in denen die verſchiedenen möglichen Arten der Verwundung zu einander auf treten. Nach den gewöhnlichen Verluftliften, wie ſie mitgetheilt zu werden pflegen , mit welcher dantenowerthen Genauigkeit fie immer geführt ſein mögen ,

läßt ſich hier nichts ſchließen ; denn begreiflicher Weiſe ſind

diefe Verluſtliſten nur darauf berechnet, den Angehörigen der Verwuns deten eine ungefähre Mittheilung über das Schidfal derſelben ſo ſchnell als möglich zukommen zu laſſen. Aber die Sache, von welcher wir hier reden , müßte a uf ganz genauen Vorarbeiten beruhen ; approximative Schäßungen dürften eher von der Wahrheit ab als ihr zuführen . Wenigſtens iſt die Gefahr vorhanden, daß e$ fo tomme.

499

Une ſcheint,

daß die geeignetſte

Sammelbehörde für die hier

nothwendigen Daten eine folche ſein würde, welche aus den Förderern der Genfer Ronvention hervorginge .

Worauf es nun , um

allen hier vorliegenden Zweden zu entſprechen, antäme , das wäre etwa folgendes : a. Auswahl von etwa drei Truppentörpern jeder Waffengattung : Infanterieregimentern, Ravallerieregimentern, Artillerieabtheilungen bon jeder der feindlichen Parteien, alſo beiſpielsweiſe hier von Deſterreichern und Preußen. b. Genaue Feſtſtellung des Standes an Pferden und Menſchen , mit welchem jede dieſer Abtheilungen in ein beſtimmtes Gefecht ging . c . Jede einzelne Abtheilung wird für den vorliegenden Zwed nur in ihrer paffiven Rolle betrachtet. d . Es wird konſtatirt, wie lange fie fich etwa nur im Artilleries feuer, wie lange nur im Inſanteriefeuer , wie lange in beiden zuſam . men befand , ob und in welcher Urt fie es mit Ravalerieangriffen zu thun hatte. e. Für jeden Todten und Verwundeten wird beſtmöglichſt feftge. ſtellt, durch welche Art von Waffen, Artilleriegeſchoß, Infanteriegeſchoß , Bajonnet, Säbel er verletzt ward.

f. Es wird ferner feſtgeſeßt, welcher Art nach mediziniſchen Bes griffen die Verwundung war , tödtlich durch augenblidliche Verlegung edler Theile , Zerſchmetterung u. f. w ., ob Amputationen unvermeidlich waren, oder nicht. g . Fienach ſtellt man Ueberſichten zuſammen , theils nach den Waffengattungen , theils ohne Rüdſicht auf deren Unterſchiede, theile um das Verhältniß der auf verſchiedene Weiſe Verwundeten, das Vers hältniß der Berlegten zu den ins Gefecht Gegangenen, die Folgen der Verwundungen zu tonſtatiren. b. Der Nußen dieſer ſchematiſchen Ermittlung und Zuſammens ſtellung iſt an ſich tlar oder man müßte wenigſtens darauf verzichten , durch weitläufigere Erörterung ihn denjenigen klar zu machen , welche ihn bisher nicht begriffen haben . Schwierigteiten der Ausführung find vorhanden, die Unmöglichteit iſt aber nicht vorhanden. Wird die Sache

500

nicht allzu ſpät in die Hand genommen , ſo kann man ftet8 in Bezug auf die Todten auf das Zeugniß der Kameraden mit ziemlicher Sis cherheit rekurriren . Ungenauigkeiten werden nicht zu vermeiden ſein, aber, wenn die Nachforſchungen nicht in einem zu beſchränkten Streife bleiben , heben fie fich - ſoweit nothwendig

auf , da fie in vers

fchiedenen Richtungen vorkommen . i. Lazarethliften und Nachforſchungen und Zuſammenſtellungen über alle diejenigen Berleßten , welche in beſtimmte Lazarethe aufges nommen wurden , auß dieſen entlaſſen

oder in

ihnen geſtorben ſind,

können unmöglich dieſelben Dienſte leiſten , welche wir von den von uns angeregten Ermittlungen hoffen und fordern , Lazarethen genauere Beobachtungen möglich ſind ,

aber , da in den als in allen Lagen

außerhalb derſelben , tönnen ſie außerordentlich erwünſchte Ergänzungen liefern , die feineswege vernachläſſigt werden , hauptſächlich

aber nur

zur Kontrolle hinzugezogenwerden dürfen. Die geringe Dienft zeit tann allerding8 noch ein Hinders niß für die reguläre Ausbildung einer tüchtigen Artillerie ſein , ſo lange man an dem Prinzip der ſtehenden Heere als einer unausweich lichen Nothwendigkeit feſthält , ftatt ernſtlich daran zu arbeiten , den freiheits . und entwidlungsfeindlichen Dualismus von Bürger und Sol. dat aufzuheben und ein auf eine rationelle militäriſch -bürgerliche Ju . genderziehung begründetes Milizſyſtem zu gründen , welches freilich noch nirgend& exiftirt, welches aber eben ſo wenig ein „, Traum “ iſt als der Staat überhaupt , als der Staat , welcher mit der Geſellſchaft eing iſt , ftatt fich entweder von ihr berdrängen zu laſſen oder ſie in die Unterthanenſchaft zu verwandeln. Vielfache Erfahrung lehrt uns , eigne und fremde , daß gerade verhältnißmäßig bei den modernen Verhältniſſen nicht

leichter iſt, als

eine gute Artillerie in furzer Zeit zu bilden. Denn es kann da weſentlich immer nur an dem Material fehlen, lebenden und todten . Und dies iſt unter den heutigen Verhältniſſen ſchneller und beffer her: beizuſchaffen als in frühern Jahrhunderten .

Die Idee der

Arbeits

theilung iſt in der heutigen Zeit tiefer in alle Schichten der Geſells ſchaft eingedrungen,

als es früherhin der Fall war und militäriſch

501

läßt ſie ſich gerade für die Artillerie beffer auðnußen als für irgend eine andere Waffe. Die Geſchichte des neueſten Seriege8 liefert übrigens auch in dieſer Beziehung ein Beiſpiel, welches der Erwähnung würdig ift. Wir meinen die ſogenannte Stader ſech op fündige Battes rie . Sie ward aus dem zu Stade vorgefundenen hannober'ſchen Artileriematerial gebildet, erhielt erft am 23. Juni 1866 ihre Leute, Pferde und Fuhrwerte , ſtand ſchon am 28. Juni tampfbereit in der von Langenſalza , machte in ehrenvoller Weiſe am 10. Juli das Treffen von Rillingen mit und trat dann eben ſo

Gegend

ehrenvoll am 25. Juli bei Uettingen und Roßbrunn zwiſchen dem rechten Ufer der Tauber und dem Main auf. Verlaſſen wir hiemit die Artillerie und gehen wir zur Saval. Ierie über.

Was unſer Gewähremann über dieſe fagt ,

wird wohl

von Jedermann und am allererften von den preußiſchen Kavalerieoffis zieren unterſchrieben werden.

Eine Waffe an ſich und in ihrer Art

mag ſie die allervortrefflichſte ſein, ſicherlich iſt ſie doch an die allges meinen Bedingungen ihres Daſeine gebunden und fann über dieſe nicht hinaus.

Wir haben zu vielen verſchiedenen Malen und bei den

verſchiedenſten Gelegenheiten theils wiſſenſchaftlich nachgewieſen , theils erfahrungsmäßig begründet, daß der Maſſengebrauch der Ravallerie in heutiger Zeit nicht mehr in dem alten Sinne möglich iſt. neue Kultur , die neue Entwiclung

des

Feuergefechte

Die

verbieten ihn

eben abſolut. Wir haben dagegen auch zu eben ſo vielen Malen und in eben ſo verſchiedener Weiſe entwidelt , daß heute die Kavallerie eben ſo unentbehrlich und eben ſo nüglich iſt, als früher, daß fie heute aber ihren Nußen immer nur in kleineren Abtheilungen und in um ſo höherem Maße aufzeigen wird, je beſſer ſie es verſteht, ſich den Wir tungen der andern Waffen anzuſchließen und ihre Wirkungen mit dene felben zu vermählen . Wir haben daraus gefolgert :

a. die gänzliche Abſchaffung der

ſchweren Savallerie, welche al& folche durchaus teinen Werth mehr hat, b. die Reduktion des numeriſchen Verhältniſſes der Rav alle rie überhaupt und deren Verwendung in fleineren , den Divi.

502

fionen oder Brigaden zugetheiltea Abtheilungen, c. in Folge davon die Formation von ſtarten, in fich geſchloſſenen, gliederungsfähigen Sch w as dronen

ſtatt der Regimenter ,

die

Vereinigung mehrerer ſolcher

Sdwadronen in Brigaden , welche eine jede 4 bis

8 Schwadronen

(bis zu 2000 Pferden ſtark) einer ſelbſtändigen Armeediviſion oder einem felbftändigen Armeetorp8 beigegeben werden , ſo daß der Roms mandant der Mavalleriebrigade, nachdem er an die einzelnen Infantes riebrigaden, ſoweit nöthig, einzelne Schwadronen abgegeben hat , noch eine verfügbare Referbe von 2 bis 4 Schwadronen behält. Die Richtigkeit dieſer Anſichten iſt durch die Ereigniſſe des legten Feldzug8 nur beſtätigt worden. Nirgende konnte die Kavallerie M in Maffen “ auftreten .

Es ging eben nicht.

Daß bei Königs

gräß die Refervetavallerie der erſten Armee dirett nicht weit vom Schlachtfeld verfolgen konnte , lag in den gegebenen Verhältniſſen Elbe und Feſturg Königgräß

welche in dieſer

Beziehung unter

allen Umſtänden und zu allen Zeiten – auch vor hundert Jahren – denſelben Einfluß geäußert haben würden. Daß dieſe Reiterei auch auf dem Schauplaß, welcher ihr wirts lich geöffnet war , nur ich w adron 8 weiſe zum Einhauen tam, lag in den gegebenen modernen Berhältniſſen , über welche weder Göts ter noch Menſchen hinauslommen. Wir haben , als wir von der preußiſchen Mainarmee redeten, darauf aufmertſam gemacht, wie wenig hier der ungeheur e Uns terſchied der abſoluten Stärke

der Reiterei auf den beiden feind

lichen Seiten zum Nachtheil der Preußen ins Gewicht fiel. Eben ſo wichtig iſt eine andere Bemerkung.

Freund und Feind

ſtimmen in ihren Berichten, was dieſe Thatſachen betrifft, völlig übers ein. Ein beliebiges preußiſches Landwehrreiterregiment mit 300 bis 400 Pferden

auf dem

Plat

warf fich

auf eine öſterreichiſche

Brigade von 1000 bis 1200 Pferden und zerſprengte fte. Dies ift nicht einmal, es iſt mehrmale in dem Leßten kurzen Feldzug vorge. tommen . Wenn fich die Güte einer Truppe nach der Länge der unaus geſeßten Dienftzeit bei der Fahne richtete ,

wie wäre

es wohl

503 möglich geweſen ?

Die öſterreichiſchen Reiter dienen mindeſtens ſteben

Jahre und in den Feldſchwadronen find entweder gar feine oder doch ſehr wenige Urlauber vorhanden geweſen. Im Gefechte von Tobiti

au war es don

bornherein auf

eine Handlung einer größeren Rad alleriemasſe abgeſes hen. In dieſer Beziehung tritt das genannte Gefecht aus dem ganzen Feldzuge als einzig hervor.

Dennoch ſehen wir auch hier die Hand

lung, ſobald ſie beginnt , fich vereinzeln.

Sicherlich iſt das nicht zu

überſehen. Die preußiſche Infanterie ſollte nach der Behauptung der Defterreicher lediglich durch das Zündnadelgewehr geſiegt haben. Wenn nun auch von preußiſcher Seite zugegeben wird, daß das Zünds nadelgewehr große Vortheile gewährt , ſo wird es doch entſchieden beo ftritten , daß aus ihm allein die U eberlegenheit des preußi. den Fußvoltes hervorgegangen ſei. Eine Relation über die Schlacht von Königgräß ſpricht ſich in dieſer Beziehung folgendermaßen aus : „Die Siege

Preußen

und

das Zündnadelgewehr werden jeßt

von vielen Seiten in eine Verbindung gebracht, die eine volle Aners tennung unſerer vortrefflichen Bandwaffe zeigt , auf der andern Seite aber eine Untenntniß über die wahre Grundlage der preußiſchen Erfolge derräth , die in Berwunderung feßen muß . Viele Berichterſtat ter aus dem gegneriſchen Lager ſuchen die Motive der erlittenen Nies derlagen aus Umſtänden herzuleiten, deren Unhaltbarkeit fie ſelbſt nicht bezweifeln tönnen .

Es ſcheint ihnen weniger unangenehm , durch die

mörderiſche Wirkung einer Waffe überwunden zu ſein , die ſie zwar noch nicht beſigen , die ſie ſich

aber über kurz oder lang verſchaffen

können, um ſich dann auf gleichem Niveau mit der preußiſchen Armee zu befinden, als durch das Uebergewicht militäriſcher Eigenſchaften der preußiſchen Truppen , durch ihre überlegene Leitung und durch ihre ſhlagfertige Präziſion, die bis jegt taum jemals übertroffen iſt.“ „ Es iſt unzweifelhaft wahr , daß das Zündn adelgewehr durch feine Trefffähigteit und beſondere durch die Schnelligkeit ſeiner

x x

504 Chargirung allen Borderladung & gewehren überlegen iſt *) und eo muß anerkannt werden, daß dieſe Ueberlegenheit in einzelnen Momens ten der ſtattgehabten Kämpfe x

zur Wirtung gelangt, ſo überraſchend

glänzende Reſultate hatte , daß dergleichen einzelne Epiſoden weſentlich dem Zündnadelgewehr allein zugeſchrieben werden müſſen. Dahin gehören z . B. die in linie vom Leibregiment und dem 35. Res giment wiederholt abgeſchlagenen heftigen Ravallerie- Attaten der Defters reicher.

Aber dieſe Momente ftehen im Bilde der gelieferten Gefechte Man kann wohl mit Recht behaupten , daß die

nur einzeln da .

Eigenſchaften des Zündnadelgewehre unſeren Truppen ein morali . fce8 Uebergewicht gegeben haben , während fte den Gegner im hohen Grade deprimirten und ſo den Sieg erleichterten ; aber es muß behauptet und es kann erwieſen werden, daß unſere Trup . pen in den ſtattgehabten Gefechten a uch ohne da 8

?

3 ü non adelgewehr gefiegt haben würden , wie dies jedem einſichtsvollen Militär nicht verborgen geblieben ſein kann, wenn er aus den bereits vorliegenden Schlachtberichen die Elemente zuſam , menſtellt, die zur Entſcheidung führten. Der ſehr geringe Munis tion 8v erbra u ch bei unſerer Infanterie ( e8 find im Ganzen bei der

erſten

Armee

nur 60,000 Batronen ,

alſo

die

Chargirung für ein Bataillon nachträglich ausgegeben worden ) ift allein ſchon geeignet, die Wahrheit des oben Geſagten zu beweiſen, wenn dieſer Beweis fich nicht mit höherer Sicherheit aus den Vorbes reitungen zu unſern Schlachten und aus der Art und Weiſe herleiten ließe, wie dieſelben durchgeführt worden ſind ." „ Wir wollen den Beweis für dieſe Behauptungen nur aus einer der gelieferten Schlachten , aus der bei Röniggräß herleiten , weil der , felbe dort befonder8 evident hervortritt.

Wir wählen außerdem gerade

dieſe Schlacht, weil das 3 ü n d n adelgewehr in derſels ben am wenigſten wirtſam war , weil e$ nur in fehr uns tergeordnetem Grade in Anwendung tam , weil alle lokalen Vortheile

* ) In ſeiner Trefffähigkeit nicht ; da ſtehen die Waffen kleineren Kalibers voran . Anm. d. Verf.

1

505

auf Seiten unſerer Feinde waren und weil ihr Feuer aus vorher mit vieler Sachkenntniß fortifitatoriſch eingerichteten Poſitionen , von einer vortrefflich konſtruirten und ausgezeichnet bedientea Artillerie auf genau präzifirte Diſtanzen abgegeben , dem unſern nothwendig überlegen ſein mußte. Wer mit dem Auge des unbefangenen Renners dieſes Schlacht feld überblicte, der mußte fich ſagen , die Defterreicher hatten Cotal eine ganz vorzügliche Poſition gewählt und ſie hatten lange vorher dieſe Poſition zu unſerem Empfang vorbereitet , um ihre Waffen in voller Geltung zur Wirkung zu bringen. Sie hatten ihre Batterieen fo plazirt, daß ſie von ſicheren erhöhten Standpunkten aus nach allen entſcheidenden Buntten ſchlugen , fte hatten lange Adleen von ſtarten Dbftbäumen an den Straßen niedergehauen, um freie Ausſicht zu ge . winnen , ſie hatten Waldſtüđe ausgerodet und den Boden planirt , fie hatten Durchfichten

eröffnet,

Batterieen zu haben.

Ale8 , um freien Strich für ihre

Sie hatten die Zugänge zur Poſition zerſtört,

fie hatten Berhaue in den Wäldern und den Gärten der Dörfer her: geſtellt, die den Zugang verhinderten , ſie hatten an paſſenden Stellen Schüßengräben eingeſchnitten und durch Bruſtwehren die Fronten und Flanten der vertheidigungsfähigen

Dörfer

verſtärkt

und verlängert.

Ihre Waffen waren nach der Eigenthümlichteit des Terrains und die Rollen für die bevorſtehende Schlacht waren mit entſprechender Kennts niß der

perſönlichen und National- Eigenthümlichteit ihrer

vertheilt. Alles war vorbereitet , abgewogen , durchdacht;

Truppen

da war von

keinem überraſchenden 3mpromptu die Rede und Ades, was die Defter: reicher lange Zeit hindurch vorbereitet hatten , das iſt auch zur voll, ſten Geltung gekommen , das hat ſich reichlich bezahlt gemacht durch bergoffenes preußiſches Blut . Und wer wollte es läugnen , daß unſere Gegner ſich in ihrer vortrefflichen *) Poſition brav geſchlagen haben, wie wir es nicht anders erwarteten ; ſchmer und Schritt vor Schritt find ſie gewichen , und wer dies Schlachtfeld vol Leichen , Blut und Trümmer geſehen hat , der mußte fich fagen :

hier

iſt ein Kampf

*) Lotal vortrefflichen , wie der Verfaſſer der Relation vorher mit Recht fagte. Man vergleiche unſere Darſtellung der Schlacht von Königgräß. Anm. 8. Verf.

506

geliefert, der beiden Parteien zur Ehre gereicht, dem Sieger, wie dem Beſiegten ." „ Und wenn wir uns fragen , was hat uns dieſen glänzenden Sieg gegeben , was hat ſo große Schwierigkeiten überwinden tönnen , jo ift die Antwort darauf :

Es war neben der überlegenen bewußtea

Führung die große Manövrirfähigteit unſerer Armee , die Singebung

How '

unſerer Soldaten , ihre Bildung und Ausbildung, ihr Enthufiasmus, ihr Patriotismus und ihre Treue und Liebe zu ihrem Könige und Kriegsherrn. “ „ Der unerſchütterliche Wille zu fiegen ſprach ſich überall aus und trat beſonders

glänzend bei der fiebenten Diviſion hervor, ehrendole und ſchwere Aufgabe geworden war , ſelbſtändig und iſolirt auf dem linken Flügel der erften Armee bei Benatet die der die

Verbindung mit der Armee des Stronprinzen zu ſichern. Während eines lange und heiße Stunden währenden Kampfer gegen doppelte Uebers legenheit , von dernichtendem Granatfeuer überſchüttet und decimirt, hielten dieſe braven Truppen aus und ermunterten ſich durch den ftehen , hier ſterben ! Nie hat eine Truppe

Zuruf : Hier

glänzender ihre Aufgabe gelöst ; ihre enormen Verluſte beweiſen , was fie geleiſtet, was ſie gelitten !" Es folgt nun eine kurze gedrängte Darſtellung der Schlacht von Röniggräß mit beſonderer Rüdſicht auf die erfte Armee und mit noch ſpeziellerer auf die ſiebente Diviſion , auf deren Leiſtungen einen ausgezeichneten Werth

zu

legen allerdings nothwendig iſt und auf

welche auch wir noch zurüdtommen müſſen . Es heißt dann am Schluſſe der Relation : C „ Wir glauben ,

daß nach der kurzen Darſtellung der Begeben.

heiten Niemand mehr im Zweifel ſein wird, daß nicht die mörderiſche Wirtung einer Waffe der preußiſchen Armee den Sieg

gab , ſondern

daß ſie ihn dem lebendigen , geiſtigen Hauch verdankt , der ſie durch, weht , den Eigenſchaften , die ihr eigen und eigenthümlich ſind , dem gegenſeitigen Vertrauen , das ſie mit ihren Führern verbindet , ihrer Leitung , ihrer Diſziplin und Allem , das ihren königlichen Oberfeld herrn mit ihr vereint , den ſie als den ihrigen betrachtet und mit dem

507

fie fich verbunden fühlt in gegenſeitiger Liebe und þingebung , wie es in Preußen immer war und ſein wird, ſo lange unſere Fahnen wehen, ſo lange unſere Könige die erſten Soldaten unſerer Armee ſind und ſo lange

wir in Demuth

erkennen , daß das Glüđ der Schlachten

eine Gnade von Gott iſt und nicht ein Verdienſt, deffen wir uns übers heben dürfen. “ Die Relation, aus der wir zitirten , iſt, wie wir nur noch einmal ausdrüdlich erwähnen wollen , darauf berechnet, der erſten Armee ( des Prinzen Friedrich Karl ) , welche in den offiziellen Berichten ein wenig ſehr ſtiefmütterlich behandelt wurde, auf einem Umwege ihr Recht zu wahren. Dieſe Relation redet auch vom Enthuſiasmus der Preußen, während der früher von uns erwähnte Gewährsmann dieſen ausdrüd lich exkludirte und den Mangel des Enthuſiasmus gerade als einen Vortheil hervorhob , da nun auch keine gefährliche Reaktion erfolgt ſei .

Die Anſichten darüber laſſen fich , wie wir meinen , wohl

vereinigen. Daß die preußiſchen Soldaten , zu zwei Dritteln bei der Aufo ſtellung des Beered von Hof und Haus abberufen , woran die Reorganiſation von 1860 nicht &

geändert hat und nicht

X

ändern

konnte , nicht mit beſonderer Vorliebe in den Krieg gingen , ver ſteht ſich wohl von ſelbſt. Es iſt auch gut, daß es fich fo verhält ; es iſt eben bei jedem Milizſyſtem ſo , und bei der gewaltigen Kraft entfaltung, zu welcher fich Preußen gezwungen ſah , mußte jeßt der Charakter des Miliziy ft em & hervortreten und es war gut , daß die Elemente noch vorhanden waren , welche ihn hervortreten laſſen konnten , was ganz ſicher nicht der Fall wäre , w är e die Abſicht der reinen Militär partei ſeit 1820 und in beſonder 8 p r ägnanter Weiſe

ſeit

18 60

nicht auf Widerſtand geſtoßen. Vergeſſe man dieſe Wahr heit doch um Gottes willen nicht ! Es könnte ſonſt üble Folgen haben . – Ein ſehr bedeutender Theil der Breffe in Deutſchland bers dammte , wie bekannt genug , vor dem Kriege dieſen Krieg als einen Bruderkrieg , – leider ſind die Brudertriege immer noch die noth. Rüſtow , d. Krieg. 1866. 34

A

508

X

xwendigſten für die menſchliche Entwidlung ; man ſehe die Schweiz 1847, Italien 1860, Amerita 1861 bis 1865. Daß dieſe Verdammung des bevorſtehenden Krieges auf die preußiſchen Soldaten ohne alle Wir tung blieb, iſt nicht zu behaupten. Wie es aber auch mit dem Grade dieſer

Wirkung

ſtand ,

die

perſönlichen Verhältniſſe der

preußiſchen Soldaten in ihrer größten Maffe würden ed allein ſchon erklären , daß ſie nicht mit allzugroßer Vorliebe in den Krieg gingen. Es ſteht auch feſt, daß die Uebriggebliebenen, als der eigentliche Krieg vorüber war, ſich in die Heimat ſogleich zurüdehnten. Aber als dieſe Soldaten , Referviften und Landwehrmänner, nun einmal bei der Fahne verſammelt waren , da wußten fie, daß fie um ſo früher heimkehren würden , je beſſer ſie ihre Sache machten. in Norddeutſchland bis auf den heutigen Tag Das Pflichtgefühl, in allen Klaſſen des Voltes hoch entwidelt, – that ſeine Schuldigteit.. Die Schimpfereien der Gegner und die Erinnerungen an die preußi. ſchen Zeiten von vor hundert Jahren traten hinzu und nun erzeugte Enthufia & m u 8 ! Nun fich wirtlich in den Soldaten ein gingen die Soldaten ſogar gern in den Krieg, immer mit dem Vors behalt , daß fie ſo bald als möglich heimkehren möchten , - aber ruhmreich , Schidfale.

nicht

Vielmehr

gleichgültig

gegen

ihr Vaterland

nun die durchbrang nun durchdrang

Soldaten wahrhaft das

Reihen

der

und

deſſen

preußiſchen

Gefühl, daß jeder Einzelne für Ade eins

ſtehen müſſe. X

M a c chiavelli, der große Staatsſchreiber von Florenz , als er gegen die torrumpirten Heeresverhältniffe ſeiner Zeit und ſeines Landes eiferte, als er dagegen ein vernünftiges Milizſyſtem , auf welches doch alle Zeiten immer wieder zurüdtommen müſſen , empfahl, ſprach *

das Wort von tiefer Bedeutung: der Soldat dürfe weder abſolut ges zwungen , noch abſolut freiwillig in das Feld gehen , wenn das Feer

ein gutes fein ſolle. Auf dieſem Worte ruht jedes Milizſyſtem in Kraft und Herrlich , teit.

Und dieſes Wort bekundete fich auch in der Kraft , die das

preußiſche Heer bewieſen hat. Nun macht ſich der norddeutſche Enthuſiasmus, welcher eben der

509

norddeutſch e bleibt , nicht gerade in Gejárei und Worten breit. 12 x Das iſt nicht feine Art und ein ungeheuer lauter Zubel läuft an den Geftaben der Oſts und Nordſee eher als irgend anderswo Gefahr, lächerlich zu erſcheinen . Bei uns " ſagte jüngſt ein tüchtiger 3taliener

, herrſcht

in allen großen Momenten Theilung der Arbeit ; die einen ſchreien , die andern müſſen handeln.

Die da ſchreien , h a na

deln gewiß nicht, die da handeln , ſchreien nicht. der erſteren noch immer die größeſte Menge."

Aber leider iſt

Dieſe keineswegs nütliche Theilung der Arbeit,

man ſieht,

daß auch dieſes der menſchlichen Entwidlung fo nüßliche Prinzip falſch angewendet werden kann, - herrſcht glüdlicher Weiſe in Norddeutſch, land in den großen Momenten noch nicht. Es kann da wirklich Ents huſiasmus für eine Sache vorhanden fein ; er macht ſich ohne Geſchrei nur als ernſtes Streben nach ernſtem Ziele bemerkbar. Rehren wir von dieſer nicht überflüſſigen Note zurüd zu der Sache, welche uns hier im materiellen Sinne näher beſchäftigt. Nach den jeßt bekannt gewordenen Nachweiſungen iſt der Muni , tion 8 v er bra u ch der preußiſchen Infanterie ein unglaubo lich geringer geweſen , viel geringer als man e$ irgend hätte annehmen dürfen. Die geſammte Infanterie der preußiſchen Feldarmeen, erfte Armee , zweite Armee und Mainarmee, zählte 268,000 Gewehre, wovon 109,000 auf die erſte (einſchließlich der Elbarmee ), 119,000 auf die zweite und 40,000 auf die Mainarme e tommen . Bei den fämmtlichen 268,000 Gewehren wurden nun nicht mehr a [8 1,850,000 Patronen verbraucht, verbraucht einſchließlich der ungenußt verloren

gegangen e n .

Wollte man annehmen , daß dieſe gar nicht in Betracht fielen, was doch wohl nicht möglich iſt, da die Patronen der Gefangenen und zum großen Theil auch die der Todten verloren gehen , ſo wäre dieſer Verbrauch doch immer noch ein ſelten geringer. auf jedes Gewehr nur 7 Batronen im Durchſchnitt ! 34 *

Es

kommen

510

Bei der Main armee war der Verbrauch ein größerer , 11 Patronen auf das Gewehr, was ſich wohl hauptſächlich aus der verhältniſmäßigen Schwäche dieſer Armee , alſo aus dem öfter nothwendig gewordenen Gebrauch derſelben Mannſchaft erklären läßt. Bei der erſten

und

zweiten Urmee geht nun aber der

Verbrauch noch unter den Durchſchnitt zurüd ; er tommt nur auf 6 Patronen für jedes Gewehr ! Selbſt

Bataillone ,

welche

in längere

Feuergefechte

verwidelt wurden, haben in dieſen feinen erheblichen Patronenverbrauch gehabt. Es wird in dieſer Beziehung angeführt, daß ein Bataillon in folcher Lage bei Nach od und Staliť 23,000 , ein anderes bei Nach od 22,000 und ein drittes bei Trautena u gleichfalls etwa 22,000 Batronen verſchoß. Nimmt man das Bataillon

nur zu 800 berfügbaren Feuers

gewehren an , fo tommen hier doch auf das Gewehr höchſten $ 27 bis 28 Patronen in einem Gefecht. Beim glatten Gewehr rechnete man im Gefecht bei den niedrigſten Annahmen Treffer ,

1/20 Prozent Treffer ,

alſo auf 2000 Schuß

einen

nach den höchſten Annahmen 1/4 Prozent , alſo auf 400

Schuß einen Treffer. Bei dieſer Annahme tämen auf 1,850,000 verſchoſſene Patronen 4625 Treffer. Bei den neueren gezogenen Gewehren rechnete man in leßter Zeit im Gefecht durchſchnittlich 7/10 Prozent Treffer , alſo auf 143

Schuß.

Unter

Anwendung

dieſer

einen Treffer

Unnahme

1,850,000 berichoſſene Patronen etwa 13,000 Treffer.

tämen

auf

Hienach

ſcheint es , daß jenes Verhältniß ſich auch im leßten Ariege wieder ungefähr bewährt habe. Es bleibt dann noch eine ganz erkledliche Wirtung für die preußiſche Artillerie . Dieſe führte etwa 900 Feldgeſchüße mit ſich und verbrauchte 36,000 Schuß , alſo im Durchſchnitt auf das Geſchüß 40 Schuß. Der relative Verbrauch

iſt wieder am größten

bei der Mainarmee,

hier kommen 53 Schuß auf jedes Geſchüß. Dann folgt die erſte ( einſchließlich der Elbarmee) mit 48 Schuß

511 auf das Geſchüß und endlich die Armee des Kronprinzen mit nur 28 Schuß auf das Geſchüß. Dieſer Abſtand iſt ein ſehr merkwürdiger, auf den erſten Blid , nämlich wenn man von der Schlacht von Röniggrät abſieht. Außer

an dieſer war

die Armee des

Prinzen

Friedrich

Karl und Herwarths an größeren Gefechten nur betheiligt bei Podol (wo es auf Artillerie nicht antam) , Gitfchin , Blumen a u .

dann bei Münchengrå

,

Die Armee des Kronprinzen tritt dagegen auf mit den bedeutung @vollen Treffen von Nachod , Stalit , Schwein Ich ädel ,

Burgersdorf ,

Trautenau ,

Tobiti

a u.

Der große Unterſchied iſt alſo, wie klar einleuchtet, in der Schlacht von Königgräß zu ſuchen , – wie wir glauben ,

eine nicht un.

wefentliche Beſtätigung unſerer Auffaſſung und Darſtellung von deren Berlauf. Die

Zahl von 1,850,000 Zündnadelpatronen repräſentirtein

Bleigewicht von

etwa

114,700 Zollpfunden.

36,000

Schuß

der

preußiſchen Artillerie wird man , auch wenn die Reſerveartillerie nur ſehr wenig zur Wirkſamkeit gelangte , mindeſtens zu 300,000 Zoll, pfunden Metallgewicht anſchlagen müſſen. Leiſtete die Artillerie im Vers hältniſ zu dieſem Metallgewicht eben ſo viel als die Infanterie ? Wir ſtellen die Frage, ohne ſie beantworten zu wollen, da es uns an dem nothwendigen Material dazu fehlt.

Die Sache iſt nicht einfach.

Nur

darauf möchten wir aufmerkſam machen, daß die Zerſtörung feindlichen Materiale durd Flintenfugein nicht möglich iſt ,

ſondern durch die

Artillerie geſchehen muß. Welches Verhältniß will man da nun für die Abſchägung des Wirkungswerthes der verſchiedenen Waffen annehmen ? Faſt ſcheint ex ung - nach dem Vergleiche der ſämmtlichen Bes richte, die uns unter die Augen gekommen , all habe die preußiſche Artillerie faſt ausſchließlich die öſterreichiſche Artillerie betämpft. Die & mochte durch die verhältnißmäßige numeriſche Schwäche, mit welcher die preußiſche Artillerie in den meiſten Treffen del höhmiſch, mähriſchen Feldzuges auftrat, bedingt werden , aber zum Prinzip darf e8 gewiß nicht erhoben werden .

512

Gegen früherhin muß die Artillerie jest im Verhältniß zum ver hoffenen Metallgewicht unbedingt größere Reſultate erzielen, weil ihre Geſchofſe faſt durchweg als Sprenggeſchoſſe wirken. Die

Х

Treffer za hl von 710 Prozent bei der heutigen 3 n

fanterie , wie ſehr ſie diejenige der alten glatten Gewehre übers trifft , kann doch allerdings nicht als eine höchfte mögliche Leiſtung angeſehen werden.

Elemente der Steigerung mögen in zweďmäßiger

Verwendung der Truppen , in der Erleichterung ihrer Belaſtung , ſo daß nicht die Hauptkraft der Leute für die bloße Fortbewegung in Anſpruch genommen wird und in einer boltommeneren A u 8bil , dung geſucht werden .

Dieſe leştere aber wird ſich ſicherlich nicht

dadurch bewerkſtelligen laſſen , daß man die Ausbildungepräſenz des jungen Soldaten von zwanzig Jahren auf mehrere Jahre anfeßt, nach dem man ſich von ſeiner Geburt an bis dahin gar nicht um feine Entwidlung bekümmert , ſondern alles dem Zufall überlaſſen hat. Es kann vielmehr auch das einſeitige militäriſche Ideal nicht anders erreicht werden , als durch die Herſtelhung der innigſten Harmonie der militäriſchen und bürgerlichen Erziehung, die Aufhebung des rein fünfte lichen Dualismus dieſer beiden Richtungen , durch eine

die Begründung

wahren Milizſyſtemes , nicht des Dinge , dem man wohl

dieſen Namen gibt, um dann das Milizſyſtem überhaupt für verwerf lich

3

zu erklären und die Exiſtenz anderer , ſchlechter Einrichtung als

angebliche Nothwendigkeit zu begründen . Auf lange hin noch wird es wahr ſein , daß mehr auf die Zahl der Schüſſe ,

die in

einer beſtimmten Zeit abgegeben

werden tönnen , gerechnet werden muß , als auf die verhältniſmäßige Vergrößerung der Ein

ſchnell

Treffer za hl.

zu ladende

Gewehr iſt demnach bis

ießt generaliter im Vortheil. Darüber waren auch die Leute feit zehn Jahren in Europa , in den europäiſchen Heeren nicht mehr im Zweifel. Dennoch

ſträubte man ſich überall gegen die Einführung des

preußiſchen 3 indnadelgewehr8.

Bei teiner großen

Macht ward dieſes oder ein ähnliches eingeführt.

1+

513 Man fürchtete die Gebrechlid teit de8 Mechanis mus ; diefe Meinung war überall verbreitet, - und was das preußis ſche Zündnadelgewehr betrifft , würde man nach den bisherigen kurzen Erfahrungen auch immer noch ein Recht haben , die Beforgniß zu bewahren.

Es hilft dagegen nichts , daß man ſage :

wir machen

eben mit dem Zündnadelgewehr kurze Kriege. Laſſen wir dieſe Auf ſtellung zu, ſo lange nur die eine Partei das Zündnadelgewehr hat, fo würde ſte doch nicht nothwendig beſtehen bleiben müſſen , wenn die Bewaffnung geſtellt ift.

zwiſchen

den

Parteien

gleich -

Ein anderer ſehr verbreiteter Einwand gegen das Zündnadels gewehr war der, daß die Truppen ſich zu leicht verfdießen würden.

Darauf ward - und dieſes mit einem großen Antheil

von Recht - erwidert, daß, wer es vermöge, auf türzeſte Zeiträume überwältigende Erfolge zuſammenzudrängen , ſich auch wohl ſchnell ver Wenn bis zu dem Momente , bis zu welchem die Entſcheidung gewonnen ſei, die Batronen auch verzehrt wären , ſo würde

ſchießen dürfe.

dies nicht eben viel ausmachen. Die Bemerkung iſt, wie bereits zugegeben, richtig; indeffen - in ihrer Prägnanz , gilt ſie doch auch wieder nur ſo weit als eben die eine Partei ein überlegenes Gewehr hat. zwei in Bezug auf die Güte ihrer Gewehre

Denten wir uns das Schnelfeuer

gleiche Parteien gegenüber, während nur der Effekt gegen frühers hin vielfach geſteigert iſt,

wie ſtellt ſich dann die Sache ?

Auch das mag man nicht überſehen , daß die Infanterie nicht einzeln daſteht, ſondern mit anderen Waffen zuſammenwirken muß, und man mag es nicht überſehen , daß beiſpielsweiſe auch die Ur tillerie im Laufe der Zeit, in welcher die Diskuſſion über die ges zogenen und glatten, die Vorder- und Hinterladungswaffen der Infan terie eröffnet iſt, gewaltige Umwandlungen durchgemacht hat. Wer fich nicht blog ſtoßweiſe, ſondern zuſammenhängend, nicht blos einſeitig, ſondern nach allen Seiten ' umblidend , mit den Dingen des Krieges beſchäftigt, der kann unmöglich über die nächſten ihm aufſtoßenden Erſcheinungen mit voller Sicherheit urtheilen.

Die Folgerungen

514

aus dem Augenblic find eben noch niemals Folgerungen geweſen , welche die Vernunft zu den ihrigen machen konnte. In Bezug auf die heutige Infanteriebewaffnung , in Bezug auf die Beſtrebungen , welche ſich um fie drehen , ſteht es feft: 1 ) daß auf das Schnellfeuer überal Bedacht genommen

werden wird , daß man folglich über all Gewehre mit Hinterladung ( Kammerladung) und Einheit 8 patronen einführen wird. Unter Einheit &patronen werden ſolche verſtanden , bei denen Kugel, Pulver ladung und Zündmaſſe in einem Körper vereinigt ſind , ſo daß das Aufſeßen von Zündkapſeln oder ähnliche Manipulationen überflüffig werden ; 2 ) daß man nirgends berſäumen wird , auf das kleine Ra : liber der Gewehre die größte Rüdſicht zu nehmen, um die Vortheile raſanter Flugbahnen und des größtmöglichen Muni , tion & orrathes für den einzelnen Mann zu erzielen. In

allen dieſen Beziehungen ſind

die

neueren

Modelle

don

Hinterladung8gewehren bereits über das preußiſche Zündnadelgewehr hinaus. Der Verfaſſer hat ſich nicht ohne Lengſtlichkeit gefragt , wie weit

die Sache getrieben

werden tönne ?

Durch Vereinfachung des Mechanismus ſind , -

ganz abges

ſehen von den Repetitions- oder Magazing e w ehren , die zuerſt in A merita in Anwendung kamen, mehrere Handgriffe beim Laden überflüſſig geworden ; alſo eine ſchnellere Ladung wurde möglich . Das große Kaliber , wie es urſprünglich für das preußiſche Zündnadel gewehr angenommen ward, — durch welches dann ſpäter der Notho behelf des ſogenannten angoleis erforderlich wurde , iſt bei den neueren Konſtruktionen überall verworfen. Preußen tann alſo unmöglich auf ſeinen Lorbeern ruhen und tann nicht bei

ſeinem Zündnadelge wehr ſtehen bleiben . Es iſt heute nicht wie vor hundert oder auch nur wie vor dreißig

Jahren , daß man auf die Anfertigung einer halben Million Gewehre zehn Jahre hätte warten müſſen und Preußen wird wahrſcheinlich teine Luft haben , ſich in die mechaniſchen Schloſſergeſellenwertſtätten des alten Dreyſe auf ewige Zeiten einſperren zu laſſen.

515

Der Verfaſſer beſchäftigte ſich ſehr ernſtlich mit dieſen Gebanken, als er im September 1866 mit einer der erſten Autoritäten im Ges the biete der Waffentechnik, Şauptmann d . Plönnie 8 , zuſammentraf. Die wichtige Frage wurde nun gründlich durchgeſprochen.

Herr

d . Plönnies bemerkte vor allen Dingen , der Verfaſſer habe auf die Waffenfrage immer vorherrſchend nur in ſofern Werth gelegt , als durch die gute Beſchaffenheit der Waffe, alſo dadurch , daß man dem Soldaten die möglich beſte Waffe in die Hand gebe , das Heer mo raliſch gehoben werde * ), es ſei aber doch auch ein anderer , Punkt der Berückſichtigung werth : da es nämlich in den militäriſchen Berhältniſſen ſo viele Dinge gebe, die man zu leiten nicht immer ber. möge, müſſe ein beſonderer Werth auf diejenigen wichtigen Dinge gelegt werden , die man wirklich beherrſchen könne , alſo auf die techniiden. Und nun machte Herr . B. den Verfaſſer darauf auf. mertſam ,

daß

eigentlich derſelbe Gedanke ſchon von dem

erſten

Manne au @ geſprochen ſei , der ung über Artillerie wiſſens Ichaft etwas Wiſſenswerthes geſagt hat , vom şeron , der vor mehr als 2000 Jahren lebte. Die Stelle, die Einleitung zu Heron & Lehre vom Geſchügbau **) ift wahrhaft mertmürdig und es verlohnt ſich wohl, daß wir ſie hiehera feßen. Sie lautet : ,, Der wichtigſte und

nothwendigſte Theil

der Weltweisheit

ift

derjenige , welcher von der Seelenruhe handelt , über welche die meiſten Unterſuchungen von den praktiſchen Weltweiſen gepflogen worden find und bis auf den heutigen Tag gepflogen werden, und ich glaube , daß die theoretiſche Unterſuchung darüber auch niemals ein Ende neh men wird. Aber die Mechanit fteht höher als die theoretiſche Lehre von der Seelenruhe ; denn fie lehrt allen Menſchen die Wiſſenſchaft, durch einen einzigen und beſchränkten Theil

*) Dies iſt richtig . Die Wahrheit der Anſicht des Verf. wird übrigens alsbald wieder deutlich hervortreten, wenn eine gewiſſe Gleichheit in der Bewaffnung der europäiſchen Heere, wie das nicht ausbleiben kann, erzielt iſt. **) Vgl. Griechiſche Kriegsſchriftſteller, - griechiſch und deutſch von $. Rödly und W. Rüſtow . Leipzig, Engelmann. I. Band. 1853.

1

516

von ihr , in Seelen ruhe zu leben ; ich meine nämlich den Theil , welcher von dem ſogenannten Geſchüß b a u handelt. Durch ihn wird man in den Stand gefeßt , weder in Friedenszeiten jemals vor den Angriffen von Gegnern und Feinden zu erbeben, noch beim Ausbruch eine

Ariege 8 zu erbeben durch die Weltweisheit,

welche derſelbe durch ſeine Maſchinen lehrt . Deßhalb muß man jederzeit dieſe Sache in Ordnung halten und auf das Sorgfältigfte in Dbacht nehmen . Denn gerade im tiefſten Frieden fann man eben dann hoffen , daß derſelbe ſich immer mehr befeftigen werde , wenn man mit dem Geſchüßbau fich gehörig abgiebt und ſelbſt in dieſem Be wußtſein

ſeine

Seelenruhe

beh a uptet; und

wenn

diejenigen , welche Uebles im Schilde führen , die Sorgfalt in Bezug darauf wahrnehmen , ſo werden ſie keinen Angriff wagen .

Vernach .

läſſigt man dies aber , ſo wird jeder Anſchlag, wenn er auch an und für fich noch ſo unbedeutend iſt, Erfolg haben, wenn in den Städten die betreffenden Anſtalten nicht vorhanden ſind .“ An dieſe Lehre von der fanoniſchen Seelenruhe nun anknüpfend ſuchte Herr v . $ . den Verfaſſer auch wegen der Beforgniß zu bes ruhigen, daß in kurzer Friſt durch neue Wandlungen in der Waffen . technit das Verhältniß zu Ungunſten der Preußen erheblich verändert werden könne , wiewohl auch er der Meinung war , daß Preußen auf ſeinen Zündnadellorbeeren keineswegs ausruhen dürfe. Der Verfaſſer aber , der Meinung, daß e8 auch für diejenigen Kreiſe , welchen dieſe techniſchen Fragen ferner liegen , intereſſant ſein werde, den gegenwärtigen Stand der Handfeuerwaffenfrage in Kürze und mit Sicherheit tennen zu lernen , bat Herrn v . P. um eine kurze Darſtellung derfelben für dieſe Blätter. Dieſer Bitte wurde freundlich entſprochen und wir geben nachſtehend den betreffenden Artikel : „Was die Hinterladung im legten Kriege wirklich ges leiſtet hat , haben Sie jedenfalls ſchon hinreichend konſtatirt; für die Löſung der techniſchen Frage iſt es auch gar nicht entſcheidend , bis z u welchem Grade die preußiſchen Erfolge aus der Natur der Waffe herzuleiten ſind. Es iſt eine ſchlechte Entſchuldigung vieler Leute für ihre frühere Mißachtung des Prinzips ,

wenn ſie ſich jeßt zu bes

517

weiſen bemühen, was jeder Techniker vorher wußte : daß nämlich das Sündnadelgewehr nicht allein die Schlachten gewinnt und daß das preußiſche Heerweſen nicht in Sömmerda erfunden wurde. “ „ In der That fragt es ſich nur , ob das Hinterladungsgewehr überhaupt irgend ein erheblicher Faktor der Kriegstraft ſei ? Wer dies zugibt , kann ohne

weitere Spekulationen getroſt zu dem

neuen Syſteme übertreten , weil eben die techniſchen Grundlagen des Kriegsweſens gerade diejenigen ſind, auf die man mit Zuverſicht recha nen , deren man ſich im Voraus berſichern tann . Das Schnellfeuer 4 bietet aber ohne Zweifel ein Element, welches bei mittlerer ( nicht bei geringſter) Qualität der Truppen und der Führung die Gefechts Leiſtung kräftig hebt und weiterhin

die Unterſchiede in jenen

Qualitäten in eigenthümlicher Weiſe ſteigert.

Es iſt auch mit der

neuen Waffe recht möglich, wenig oder faſt nicht

im Gefecht zu leis

ften , z . B. wenn das Feuer zu früh oder ohne Objekt , oder ohne alles Zielen , oder in Folge der Dispoſition überhaupt nicht abgegeben wird .

Für Truppen und Führer unter mittlerer Qualis

tät exiſtirt wirklich und in hohem Grade dag Bedenken eines unnüßen Verſchießend der Munition, die ohnehin immer in verhältniſmäßig zu geringer Menge verfügbar iſt, während der genial geführte und mo. raliſch höher ſtehende Gegner gerade im raſchen und

tüdrichtsloſen

Berbrauch ſeiner Patronen den türzeſten Weg zum Siege findet. Der General , der ſich raſch beſinnen kann , die Armee , die ſich vorwärt8 zu konzentriren ſtrebt, hat weit mehr wie früher die Abwidlung des Gefechtes in der Hand, die Kriſis des Stampfes im eignen Willen ." „ Das preußiſche Zündnadelgewehr war in Flugs 4 bahn und Streuung den öſterreichiſchen und ſüddeutichen Waffen nahezu gleich , den engliſchen und ruſſiſchen Bora derladung &gewehren um Weniges , den alten franzöſiſch en lin niengewehren größten Kalibers um vieles überlegen.

Allen

dieſen Gewehren gegenüber fam die dreifache Feuergeſchwindigkeit in Betracht, auf welcher bei rapider und eratter Führung der Truppen eine

enorme

Ueberlegenheit

auch

1

bei

beiderſeits

gleicher

disponibler

1

518

Munitionsmenge gefolgert werden tonnte.

Was ich vor zwei Jahren

darüber ſchrieb, ift Ihnen bekannt *) . “

form „ Das

neue franzöſiſche Zündnadelgewehr

von

Chaffepot

(Ordonnanz vom 30. Auguſt 1866 ) iſt dem preußiſchen bedeu tend überlegen. Man wird an der Seine die Zündnadel leichter und beſſer in Szene fetgen als „la landwehr“ . Man hat dort und anders wärts au geführt, was ich ſeit Jahren in Deutſchland bergeblich vorſchlug : die Kombination des fleinen Kaliber8 ( Chaſſepot 11 Milli. meter,

Schweiz

10,5

Millimeter)

mit der Hinterladung, d . h .

die

größefte Anzahl raſanteſter Bahnen in türzeſter Zeit ) alſo die weiteſte Ausdehnung

des

Wirkungskreiſes

des

eigentlich praktiſchen Maffen

feuers ( in halb gelöster Ordnung) , die möglichſte Emanzipation vom Zielen und genauen Diſtanzeſchäßen , die Beruhigung des Mannes durch die Idee, daß er immer zum Feuern bereit ſei , die Konzentris rung intenſiven Feuers auf kurze blutige Momente . Eine bedeutende Erleichterung der Patrone geht damit Hand in Hand , um doch auch mehrere folche Momente , auch bei etwas zu hißigem Munitions verbrauch ,

beſtreiten zu

tönnen .

Die

Chaſſepot-Patrone

wiegt

31 Grammes ( Geſchoß 24, Pulver 5,5) , die preußiſche 41 , alſo ein Drittel mehr bei evident geringerer Leiftung.“ ,, Aus der unten ſtehenden Tabelle ergibt ſich , wie ſich etwa die Viſirwinkel des Chaſſepotgewehres im Vergleich zu denen des ſchweis zeriſchen Infanteriegewehrs m /63 und wehrs m /41 ſtellen ." Viſirwinkel in

des

preußiſchen Zündnadelges

Minuten

für Gewehr. Chaffepot

Entfernungen in Metres . 100 200 300 400 500 600 700 800 12

Schweiz. Infanterieg. Preuß . Zündnadelg .

25

40

37,5 66,8

57

76

96

98,5 142

900

1000

120 145 175

207

183,5

225,8

* ) Es ſteht in W. v. Plönnies : Das Zündnadel - Gewehr. Beiträge zur Kritik der Hinterladungswaffe. Bei dieſer Gelegenheit machen wir alle, die fich

519

,, Die F lugbahn der franzöſiſchen Projektile wird alſo

hin.

ſichtlich der beſtrichenen Räume bis auf 800 Schritt den Leiſtungen der fchweizeriſchen Geſchoffe mindeſten

gleichtommen und

dieſelben auf den weiteren Diſtanzen noch etwas übertreffen , während der Vergleich mit dem preußiſchen Langblei auf allen Diſtanzen ſehr ungünſtig für das legtere ausfällt. “ „ Bei gleicher Belaſtung des Mannes mit Munition verhalten ſich die disponiblen Patronenmengen der franzöſiſchen und preußis fchen Waffe, wie 4 : 3 ; die Feuergeſchwindigteit des Chaſſepotgewehre iſt dem preußiſchen gegenüber ungefähr in dem gleichen Verhältniß , 4 : 3, geſteigert, indem man die Bewegung der , Rammer “ beim Deff nen und Schließen verlürzt , das ſogenannte „ Schlößchen “

entfernt

und das Spannen der Spiralfeder beſeitigt hat. Der Feuer effekt in gleicher Zeit und bis

zum beiderſeitigen Verbrauch der ganz e n

Munition würde daher etwa wie 4 : 3 zu fegen ſein, wenn die Bahns kurven ungefähr dieſelben wären. Dies iſt jedoch keineswegs der Fall, wie aus den übrigens nur approximativen Zahlen der untens ſtehenden Tabelle hervorgeht. " Höchſte Grhes bung des Ges ſchoſſes über die Viſirlinie für 600 Metres in Sentimetres .

Beſtrichener Raum auf den Infanteriſten von 170 Sentimetres Höhe für 600 Metres in Metres.

Marimum des beſtrichenen Rau mes (Grenze für die Anwendbar feit eines feſten Standviſirs) in Metres .

Chaſſepot

490

45,5

338

Schweiz. Infanteriegewehr m/63

537

40,2

340

Preuß. Zündnadelgewehr m /41

656

37,1

274

Ruſſiſches Infanteriegewehr

681 625

35,0

273

34,9

315

924

24,4

253

Für das Gewehr :

Süddeutſches

Altes franzöſ. Infanteriegewehr

gründlicher unterrichten wollen , auf Plönnies' neueſtes Werk : Neue Hinter 1 adung & gewehre , nach offiziellen Berjuden beurt heilt , Darm ſtadt und Leipzig 1867, aufmerkſam , von welchem die erſte Hälfte bereits erſities nen iſt und die zweite Hälfte noch im Laufe des Jahres (1866) erſ (keinen wird. W. R.

520

„ Ich glaube , daß während der Dauer eines längeren Gefechtes ebenſo leicht etwa 10 Prozent der franzöſiſchen Chaſſepotgewehre durch mechaniſche Mängel momentan außer Funktion tommen tönnen , als etwa 5 Prozent der preußiſchen Zündnadelgewehre. Dieſer Unterſchied , wenn er wirklich eintritt, iſt aber nicht erheblich genug, um neben den andern Verſchiedenheiten ſehr in Frage zu kommen . “ Man wird ſchließlich die Beträge der wahrſcheinlichen Feuer wirkung beider Zündnadelgewehre im Gefecht im Großen und Ganzen inſoweit ſich überhaupt ungefähr wie 5 gegen 3 tariren können , ein ſolches Verhältniß aus der Beſchaffenheit der Waffe herleiten und in Zahlen ausdrüden läßt. Es iſt hiebei einerſeits abge ſehen von ſolchen Situationen , in welchen die Beſchießung von Artils ſerie oder Reſervetruppen nur noch mit der beſſeren franzöſiſchen Waffe mit Erfolg unternommen werden fann , andererſeits von der etwas geringeren Streuung (größeren Präziſion auf bekannte Diſtans zen ) , welche das preußiſche Zündnadelgewehr voraus hat und in ein. zelnen Fällen auf geringe Entfernung geltend machen wird. “ „ Ich behalte mir für eine beſondere Monographie des Chaſſepots gewehres die er alte Vergleichung beider hier nur in

allgemeinen

Zügen charakteriſirter Modelle vor, glaube jedoch nicht , daß das Era gebniß dieſer ſtrengeren Unterſuchung von dem Urtheil weſentlich abweichen wird. "

oben ausgeſprochenen

,, Sie wiſſen, daß von den neuen Modellen a meritaniſcher Gewehre

hauptſächlich

diejenigen

bon

Peabody

und Re .

mington für neue Anſchaffungen in Betracht tommen . Der Uebers gang zum kleinſten Kaliber wird auch bei dieſen Waffen ausgeführt werden, welche die belannten ,

fehr zwedmäßigen Kupferpatro ,

nen * ) ſchießen und in Bezug auf die Schnelligkeit des Feuer preußiſchen Zündnadelgewehr mindeſtens

gleichſtehen.

Daß

man

dem in

Preußen eine Waffe bom kleinſten Kaliber wenigſten 8 als fets

*) An die Stelle der bis in die neueſte Zeit ausſchließlich gebrauchten Pa pierhülſen tritt hier eine Kupfahülſe, welche außer der Ladung am Boden, ſei’s in der Mitte, ſei's am Rande, zugleich die Zündmaſſe enthält. W. R.

521 • tige & Modell bereit haben werde , muß wohl angenommen wer den, wenn auch nichts darüber verlautet. “ „, 418 eine höchſte und vorläufig leßte Stufe des tech , niſchen Fortſchritts betrachtet man betanntlich die Repetition 8 gewehre oder Mi a gaz in 8 w affen , welche für die Entleerung de 8 vorher

geladenen

Magazins

im Schnellfeuer auf die

Scheibe nur etwa 3 Sekunden auf den Schuß erfordern . von dieſer

Es liegen

Kategorie hauptſächlich zwei triegstaugliche amerikaniſche

Modelle vor, nämlich das von Spencer Schüſſe im Kolben , und das von

mit Magazin für ſieben

enry (verbeſſert von Win ,

chefter) mit Magazin für vierzehn Schüffe unter dem Rohr. Die Konſtruktion beider iſt im Verhältniß zu ihrer Leiſtung nicht tom . plizirt, die Behandlung ziemlich einfach, die Reparaturbedürftigkeit nicht groß, die Zerlegung freilich ( beſonders was das Henry-Gewehr betrifft) nicht jedem Soldaten anzuvertrauen.

U8 Infanteriegewehr iſt Spens

cers Waffe um deswillen nicht zu empfehlen, weil ſie gar nicht Schuß für Schuß, direkt aus der Taſche und ohne Vermittlung des Maga zins geladen werden ta n n. Kommt nämlich für eine längere Serie von Schüſſen das Füllen des Magazine mit in Rechnung ( wobei am Spencergewehr eine Röhre mit Spiralfeder herausgenommen und wieder eingelegt werden muß ) , ſo ſtellt ſich eine ſichere Ueberlegenheit des Schnellfeuers gegenüber den Modellen ohne Magazin nicht mehr heraus.

Für Reiterei mag es genügen , mit 7 oder 8 im raſcheſten

Tempo abzugebenden Schüſſen gerüſtet zu fein ; an ein Repetitions, liniengewehr muß dagegen die Forderung geſtellt werden , daß es im gewöhnlichen Gang des Gefechts wie eine gewöhnliche Hinterladungs waffe behandelt werden kann , während der Magazinvorrath als eine beſondere Reſerve (eiſerner Beſtand) für kritiſche Gefechtsmomente eine å u Berfte Steigerung des Feuer8 ermöglicht.

Man tann noch die

Forderung beifügen, daß das Füllen des Magazins ohne Hera u ga nehmen oder , u mſtändlicher Deffnen beſonderer Theile in der felben Art muß bewirkt werden können , wie das gewöhnliche Paden , in der Art alſo , daß die Batrone immer in dieſelbe Lades öffnung eingelegt wird , mag ſie nun augenblidlich verfeuert werden

522

oder handelt es ſich um die Ergänzung des Magazinvorraths oder um das völlige Füllen des Magazins. - Die Manipulationen des la . den8 ſollen mit einem Worte die gleichen fein für alle Umſtände, in denen man ſich den Soldaten oder die Truppe vorſtellt , ohne Rüd . ficht auf die taftiſche Situation und den daraus hergeleiteten Gebrauch der Waffe zum Feuer n . " Dieſen Forderungen entſpricht das Fenty -Wincheſter- Gewehr von kleinem Kaliber , wie ſolches ganz neuerding8 (6. Oktober) der eidge nöffiſchen Kommiſſion vorgelegt wurde. Die Patronen, deren e $ viers zehn im Magazin faßt, müſſen natürlich kurz , alſo mit geringer Ladung (höchſtens 3,25 Grammes) verſehen ſein . Die Bahn der ſchweis zeriſchen und franzöſiſchen ( Chaffepot) Waffe wurde daher nicht völlig erreicht, wenn auch diejenige des preußiſchen Zündnadelgewehre übers boten wurde.

Man kann aber die Batronen länger , die Flugbahn

flacher machen , wenn man ſich auf acht oder neun Referveſchüſſe beſchränken will , was bei der oben erwähnten Leichtigkeit des Nacha füllens wohl zuläffig iſt.

Dieſen Weg hat in der That bereits die

franzöfiſche Militärbehörde eingeſchlagen , um demnächſt, wenn die Re fultate völlig befriedigen , dieſe ameritaniſche Waffe neben dem Chaſſes pot- Gewehr zu verwenden. “ ,, Sie find wohl mit mir der Anſicht, daß man bei vorſtehendem Sachverhalt ein ſolches Modell ſowohl für die Linieninfanterie als für Jäger und Scharfſchüßen

und zwar für jede

tung aus eigenthümlichen Gründen

empfehlen könnte.

Infanteriegat Die Wahra

heit iſt doch einfach dieſe, daß jeder Infanteriſt eine ſo fanell und ſo gut als möglich ſchießende Waffe brauchen kann , daß aber die Repetirwaffe — in ihrer jeßigen Beſchaffenheit mehr talte8 Blut beim Gebrauch und mehr mechaniſches Geſchick zur Konſervirung alſo mit einem Wort einen etwas beſſeren Soldaten erfordert, als gewöhnliche Şinterladung&gewehr.

Da nun das Repetirgewehr

außerdem erheblich theurer iſt als das

das

gewöhnliche Hinterladungoges

wehr, ſo wird ſeine Anſchaffung in beſchränkter Zahl Hand in Hand gehen mit ſeiner Verwendung bei irgend welchen Elite . Truppen , mögen dieſe nun als „ſchwer“ oder „ leicht“

u. ſ. w . u. f. w ., mit

523

dieſem oder jenem Namen bezeichnet, durch dieſe oder jene Kragen unterſchieben ſein . " „ Sie wiſſen , daß England ſeine Enfield gewehre nach dem Syſtem von Snider umändert. Die durch dieſe Transformation gewonnes nen Waffen haben eine Verſchlußvorrichtung, die an Solidität und Einfachheit wenig

oder nichts

dauerhafter erſcheint,

läßt , und

insbeſondere

als der preußiſche Mechanismus.

zu

wünſchen

Die Feuers

geſchwindigfeit iſt derjenigen des preußiſchen Zündnadelgewehre mine deftens

gleich ;

die

Elevationswintel und

Streuung@ größen

ſcheinen

nach den neueſten Berſuchen von den Leiſtungen der preußiſchen Waffe nicht mehr weſentlich berſchieden zu ſein . Auch in England ftudirt und tonfurritt man natürlich ſchon längſt an

einem

Model bon teinem

Kaliber . Doch wird dasſelbe bis jeßt noch nicht für die Armee fabri . zirt. Rußland beabſichtigt, von feinen den engliſchen ſehr ähnlichen Borderladungogewehren don

innerhalb

Jahresfriſt 150,000

Stüd

in Hinterlader umzuändern. “ , Die werden ft en

öſterreichiſchen

dem

preußiſchen

und

ſüddeutſchen

Gewehre

3 ündnadelg ewehr. minde .

gleichtommen , ſobald ſie eine ſolide Umänderung erfahren und

eine Einheit&patrone erhalten haben. Zu dieſer Umänderung, welche auf jedes Gewehr 15 bis 20 Francs foftet, gibt e8 , außer Snider Methode noch einige andere gute Syſteme, z. B. Chabot , Joslyn, Milbant-Amsler , welches legtere bio jeßt in der Schweiz die meiſten Chancen hat. “ Profeffor

møler in Schaffhauſen hat auch ein beach

tenswerthes neues Repetir- Gewehr tonftruirt, bei welchem immer ſieben Patronen zugleich in einem Bündel eingeſchoben werden , - ein Verfahren, welches die Eigenthümlichkeit des M a gazing ewehr & mit der des gewöhnlichen Sinterlader & tombinirt . "

( Geſchrieben am 12. Oktober 1866.“ ) Aus dem Vorſtehenden ergibt ſich der heutige Stand der Frage vom Zündnadelgewehr, oder um genauer zu reden von dem Hinter . Iadung & gewehr mit der Einheit 8 patrone. Denn die Zündnader iſt durch Rüftow , d . Krieg . 1866.

die neueren Konſtruftionen bereits entſchies

35

524 den überwunden. Wir haben in der allerlegten Zeit an tauſend Drten, zum Theil, wo man am alerwenigſten dergleichen Erörterungen ſuchen follte, geſchichtliche Nachrichten über þinterladung & gewehre und Hinterladungsgeſchüße gefunden, die dem preußiſchen weit voraus gehen in der Zeit.

Dergleichen hiſtoriſche Erinnerungen ſind ſtets

allgemein ges

nommen – von Intereſſe , denn ſie helfen wenigſtens daran denken , daß es nichts Neues unter der Sonne gibt. Aber wenn man mit dies ſen Erinnerungen ſagen will, wie es faſt ſcheint, daß dieſe Erinnes rungen etwas ganz Neues ſeien oder wenn man mit ihnen das Verdienſt

Preußens , fich das Zündnadelgewehr angeeignet zu haben , verkleinern möchte, ſo irrt man ſich doch . Denn es iſt allerdings gedem , der ſich nur einigermaßen mit der Waffentechnik beſchäftigt hat, immer bekannt geweſen, daß e& feit vielen

X

Jahrhunderten Hinterladungswaffen gegeben hat , wenn das auch der alte Dreye Preußen8 militäriſcher Luther !" wie ihn ein weit verbreitetes Blatt nennt ,

nicht gewußt haben ſollte, als ihm

der Anblid . einer mit Spiralfeder verſehenen Flinte , wie man ſie den Kindern zu Weihnachten ſchenkt, zuerſt ein Licht aufgehen ließ . Für uns ſteht es nach den alten Nachrichten , die freilich dunkel ſind , ſogar feft, daß die erſte Ladungsweiſe der Fernwaffen , bei denen

die

Pulverkraft ale

treibende

Kraft

angewendet

ward ,

die

Hinterladung war. Dies ſtimmt auch ganz damit überein , daß man alle vorhergehenden Waffen , bei denen die Triebfraft der Elas ſtizität von Sehnen oder Stahlbogen entnommen ward , naturgemäß von hinten lud . Von den alten Stein ft i den kleinen Kaliber 8 (Pierriers ), welche im 15. , 16. und 17. Jahrhundert beſtanden , zu legt noch als Drehbaſſen

auf den Galeeren aushielten , findet man

Exemplare in allen Zeughäuſern , die überhaupt nur noch

einige

Alterthümer bewahren . Aber gegen dieſe alten Hinterlader waren die Vorderlader ein wahrer Fortichritt geweſen und ſind es Jahrhunderte lang ge blieben , bis in ganz anderer Weiſe wieder die Hinterladung einen techniſchen Fortſchritt repräſentiren tonnte .

Außerdem indeſſen bleibt

525

ſtets ein großer Unterſchied zwiſchen der einzelnen Waffe, die zulegt zur

Rurioſität “

führung Armee.

werden kann und

zwiſchen der maſſenhaften Ein

einer Waffe , als prinzipielle Geſammtwaffe für eine große

Stärker als

das Zündnadelgewehr imponirte vieler Orten und

namentlich in Frankreich die große M a

tentfaltung , deren

fich Breußen fähig erwieſen hatte. Bor dem Beginne der Rüftungen hatte Preußen etwa 220,000 M. wirklich auf den Beinen. Nun wurden zuerſt die linien truppen törper auf die volle frieg & ft ärte gebracht, wobei man auch die jüngſten Jahrgänge der Landwehr zu Hülfe nahm .

In dieſem

Feldheer , welches mit Artillerie und Train ungefähr 330,000 M. zählte , beſtand 27

Jahren .

für

die

die Maſſe der Mannſchaft au& Leuten von 21 bis Zugleicher

Linie formirt ,

Landwehrleute benußte.

Zeit

wurden

wobei man auch

die

Erfaßtru p p en

zur Bildung

Die Erfaßtruppen berſahen ,

der Kerne

abgeſehen

von

dem Augeyerziren der neu eingeſtellten Refruten , auch den Garai. ſongdienſt. Unmittelbar darauf wurde die landwehr erſten A uf. gebote , zuerſt die Infanterie mit Bataillonen von 800 M. , dann die Savalerie mit Schwadronen von etwa 120 M. gebildet. Wo Leute des erſten Aufgebote fehlten , ward auf die jüngeren Jahrgänge des zweiten Aufgebot

zurüdgegriffen.

Die Landwehrtruppen wurden theils in die Feſtungen verlegt, theils aber auch

zur Bildung

des Rernes

der

beiden

ſogenannten

Reſerve a r meet orpe benußt , welche einerſeits durch Sachſen in Böhmen einrückten , um dort im Rücken der Feldarmee das Land zu otkupiren , theils nach Bayern vorgingen , um der Mainarmee die Sand zu reichen . Von der Landwehrtav allerie ward fofort eine Anzahl Regimenter zur operirenden Feldarmee gezogen, weil man urſprünglich glaubte , der öſterreichiſchen Savalerie nicht gewachſen zu fein , - von der ja ein ganzes Rorp8 von 20,000 Pferden – fo erzählten die Wiener Zeitungen , an der preußiſch -ſchleftfchen Grenze bereit ſtand, um auf den erſten Wint in das geſegnete Schleſien eina 35 *

526

zubrechen und die Schleſier

zu belehren , daß fie

abgefallene Defter.

reicher ſeien . Bald zeigte ſich die alte Wahrheit , die in friedlichen Zeiten ſo oft abgeläugnete ,

daß man nie genug Soldaten haben kann.

Da

erging der Befehl, aus den Erfaßbataillonen neue Feldbataillone zu formiren , für jedes Infanterieregiment ein viertes Bataillon . Nach , dem die nothwendigen Cadres für die neuen Erſatbataillone, die fünften , aus den alten , den nunmehrigen vierten Feldbataillonen ausgeſchieden waren , wurde, der Abgang in diefen durch das Aufgebot von Landwehrleuten wieder ausgefüllt. X 3m Ganzen waren bis zum Abſchluffe der Waffenruhe auf den verſchiedenen Kriegeſchaupläßen von Preußen etwa 650,000 M. auf geſtellt und deren Zahl hätte unbedenklich leicht vermehrt werden können. Dieſe Leiſtungen wurden möglich

durch

die Annäherung

an das Milizſyſtem , deren ſich Preußen mehr als ein anderer europäiſcher Staat erfreut , – durch die Reorganiſation von

1860

nur inſoweit , als dieſe in einer Richtung eine weitere Annähes rung an das Milizſyſtem geſchaffen hatte, indem ſie nämlich ſtatt der jährlichen Aushebung von wenig über 40,000 M. eine ſolche vou 63,000 M. anordnete.

Daß aber damit der Vorrath auszubildender,

kriegstüchtiger Mannſchaft in Breußen noch lange nicht erſchöpft iſt, iſt bekannt genug. Wenn in Preußen, wie es in den Jahren unmittel. bar vor ſeiner Vergrößerung durch die neueſten Unnexionen war, jährs lich 180,000 M. das 20. Lebensjahr erreichten , ſo haben ſelbſt die. jenigen , welche unſer Prinzip der militäriſchen Jugenderziehung als eine Pflicht des Staates, der nicht das zufällig vorhandene nehmen, ſondern von Anbeginn ſorgen ſoll, daß etwas tüchtiges vorhanden ſei, nicht anerkennen, zugegeben, daß wenn man nur auf die Körperlänge zurüdgehe , welche in Frantreich einen brauchbaren Soldaten macht, in Preußen jährlich 110,000 M. für das Heer ausgehoben werden tönnten . Die Reorganiſation iſt bei wenig über der Hälfte ſtehen

geblieben .

Weßhalb ?

Weil fie

an

der

dreijährigen

Dienſtzeit, d . h . an dem Prinzip de 8 ftehenden Heere 8 $

feſthielt

und

weil ſie

mit

dieſem Prinzip

fich den Kopf an dem

527

Roftenpuntte ſtieß , der nun doch ewig ein wichtiger bleiben muß . X da fich in dem aufzubringenden Geld ſchließlich immer die Kräfte eines Boltes einfach reſumiren . Man hat geſagt : „ noch niemals iſt die Mobiliſirung der preußi fchen Armee ſchneller bewerkſtelligt worden , als im Jahre 1866, noch

nie m al 8 ſo

ſchnell.“

Das iſt wahr ; wer wollte e8 läugnen . Aber wenn man behaup . tet , daß dies durch die Reorganiſation von 1860 zu erklären ſei , fo irrt man ſich. Man gebraucht das Argument : post hoc, ergo propter hoc.

Man vergißt , daß die Benußung der Eiſenbahnen , die

Benußung der neu en þ andeløb er hältniſſe noch niemals fo nüglich hervortreten fonnten , als dieſes Mal. Das alte Terris torialſyſtem ,

welches im Anſchluß an das Milizſy ft e m

immer in Breußen für die militäriſche Organiſation beibehalten worden ift, bewies ſeinen Nußen .

Es bewies ſeinen Nutzen der Staat 8 -

ich a t , der es geſtattete, im entſcheidenden Moment ohne Weiteres baare Au @ gaben, - 3. B. für Pferdeanläufe - zu machen. Dieſe Dinge find völlig un a bhängig von der Reorgani ſation ; die dreijährige Dienſtzeit that nichts. danken der Reorganiſation von

Von dem ganzen Ges

1860 blieb ale nüßlich nur das

übrig , daß ſeitdem von der wehrpflichtigen Mannſchaft Preußens ſtatt 40,000 jährlich 63,000 M. zur militäriſchen Ausbildung eingeſtellt wurden, alſo jener Puntt , in welchem die Reorganiſation einzig dem Milizſyſtem näher trat. Bei einem der Idee nach innigeren Anſchluß an das Milizſyſtem würde man noch viel weiter gekommen ſein und auch einem ftebenjährigen Krieg, wenn er nothwendig ward, haben frei ins Antlit ſchauen können . — E8 zeigte ſich ein bedentlicher Mangel an Offio zieren in den legten Organiſationen . Weßhalb ? Weil man die vortreffliche Inftitution der Landwehroffiziere, ftatt ſie a u 8 jubil , den , unterdrüdt hatte , unterdrüdt immer mehr , von Jahr zu Jahr mehr, unterdrüdt, hauptſächlich durch die Rea organiſation von 1860 . Wenn jeßt behauptet werden ſoll, diere habe geſiegt,

ſo bes

528

X

haupten wir dagegen und wollen es an jeder Stelle beweiſen , wo es unſerer würdig iſt , wir behaupten : e8 war ein Glück für Preußen , daß die ſogenannte Reorganiſation , wie ſie

im

Jahre

gebern

und

gedacht ward ,

führung

volte

bewahrte ſich

18 6 0

nicht

tam , fondern

ftande de 8

fung ,

18 5 9

von

zur

an dem

den

Ton a n

völligen

Xu 8 .

gefunden

Vera

cheiterte.

Das preußiſche Volk

den Gedanken

der Landwehrverfafs

wenn ſonſt nichts.

Dies war feine Größe.

Dadurch

machte es dieſen Krieg von 1866 möglich , wie er geführt worden ift. Und auf dieſem Boden muß es ſtehen bleiben , um weiter zu tommen, auf dem Boden der immer weiteren Annäherung an das Milizſyſtem mit allen ſeinen Vortheilen, ohne ſeine Mängel. In dem kurzen Krieg konnte es nicht zur Erſcheinung tommen, welcher Nachtheil daraus erfolgte, daß man ſehr mediocre Leute, welche einmal Linienoffiziere gewefen waren , wieder anſtellte, ftatt aus der reichen Quelle vortrefflicher Landwehroffiziere für alle Grade zu ſchöpfen , welche man hätte haben können , wenn die Reorganiſation auf höhere Grundfäße geſtüßt geweſen wäre.

In einem langen

Kriege würde ſich das ganze Uebel enthüllt haben.

Und wäre der lange Krieg ausgeſchloſſen ? Sehen wir ab von der überlegenen Waffe, welche ja nicht ewig überlegen bleiben kann , laſſen wir einmal gleiche Waffen einander gegenübertreten , - nicht die einheitlich organiſirten Breußen den Völkern Deſterreiche , in welchem zwanzig Sprachen und zwanzig Gefeße herrſchen , ſondern den ebenſo einheitlich zoſen

organiſirten Frans

im langen Krieg !

| Es iſt nicht nöthig , bieſes Bild

auszumalen .

Der Vernünftige

hat es nach den gegebenen Umriſſen dor fich. Durch die Annäherung an das Milizſyſtem , welche ihm ſelbſt die Reorganiſation erhielt, behielt Preußen jene Vortheile, welche ihm ſelbſt die Reorganiſation von 1860 nicht rauben konnte , wie das ge . wiß geſchehen wäre, wenn ſie ihrer eigentlichen Abſicht gemäß durch . gefekt wäre . – Wunderbare oder auch – nicht mehr wunderbare

529 es werden ießt viele Leute

Erſcheinung, da fie ſo oft vorkommt !

geprieſen und mit Lorbeern getrönt dafür, daß ſie das Schädliche, was ſie ernftlichſt wollten ,

nicht

haben .

gefonnt

Durch ſeine, in keiner Weiſe mehr auszurottende Annäherung an das Milizſyſtem , die Belohnung für die Befreiungøfriege, welche für Preußen wirkliche Befreiungskriege waren, imponirte Preußen jeßt den Anderen , – vor allen Dingen auch den Franzoſen , deren Preſſe fich nun in einem wahrhaft

häßlichen Lichte zeigte , da ſie nach

der Behauptung , daß Frantreiche eigentliche Miffion die Durchſeßung des Nationalitätsprinzips ſei , - jeßt, nachdem die Deutſchen nur eben begonnen hatten , bei ſich das Nationalitätsprinzip durchzuſeßen , der , fündete , Frankreich dürfe Dem allerdings nicht ruhig zuſehen. Der Kaiſer mußte ſeine eigene Preſſe, d. h . die acht Millionen Stimmen ,

welche

im

zweiten Kaiſerreich

die

,wahre Demokratie "

erkannt hatten , beſchwichtigen , da es ihm wirklich für den Augenblic u n möglich war, von der neu geräucherten deutſchen Speckſeite das ihm gebührende " Zehntſtüc abzuſchneiden . Leider war er ja – er bedauerte das jegt längſt, der Beſchüßer des modernſten Fernand Cortez von Miramare. Die Beſchwichtigung hatte große Eile . Drouyn de l'huyo , deſſen Politit für den Augenblick gar nicht mehr ſtimmen wollte, hatte müſſen entlaffen werden .

De M o uftier , fein Nachfolger, konnte

nicht ſofort in Paris ſein.

Da mußte denn , eben weil es ſo große

Eile hatte , der proviſoriſche Miniſter des Au& wärtigen , las valette , ſofort ein Zirkular an die Agenten Frankreichs richten, um dieſen fogleich die Wege anzufündigen , welche vorerſt nun die Politit des zweiten Kaiſerreich

zu wandeln habe.

In dieſem Manifeſt befindet ſich auf

die

Regelung

der

auch eine Stelle, welche ſich

fünftigen

niſſe Frankreichs bezieht.

þeer e8verhält .

Das Manifeſt iſt vom 16. Sep.

tember und die bezügliche Stelle lautet : „ Frankreich tann nur ſolche Gebietsvergrößerungen wünſchen, welche ſeinen fräftigen inneren Zuſammenhang nicht ändern . Es muß

530

aber ſtets an ſeiner moraliſchen oder

politiſchen Vers

größerung arbeiten, indem es ſeinen Einfluß den großen Intereſſen der Ziviliſation dienſtbar macht.

Seine Aufgabe iſt, das Einverſtändniß

unter allen den Mächten zu befeſtigen, welche zugleich das Prinzip der Autorität aufrecht halten und

den Fortſchritt fördern wollen .

Eine ſolche Verbindung wird der Revolution den falſchen S dh'immer nehmen , welchen ſie ſich dadurch aneignen möchte, daß ſie die Sache der Volfsfreiheit zu ſchüßen behauptet, und ſie wird den großen zivilifirten Staaten die weife Leitung der demotrati . fchen Bewegung vorbehalten , welche ſich überall in Europa funds giebt. “ „ Indefſen liegt in der Aufregung , welche ſich des Landes bemächtigt hat , ein legitimes Gefühl , welches man anzuerkennen und nur näher zu beſtimmen hat. Die Erfolge des legten Krieges enthalten eine ernſte Lehre ; unſere Waffenehre iſt dabei nicht ins Spiel gekommen ; aber ſie zeigen und die Nothwendigteit , zur Bertheidigung unſere & Gebiete 8 unſere militäriſche Organiſation under . z üglich zu vervollſtändigen . nicht entziehen.

Die Nation wird ſich dieſer Pflicht

Für Niemand kann eine Drohung darin liegen.

Die Nation iſt mit Recht ftolz auf die Tapferkeit ihrer Armee ; ift ihre Empfindlichkeit gemedt, ſo iſt ſie es durch die Erinnerung an ihre militäriſchen Großthaten, durch den Namen und die Thaten des Herrs ſchers, welcher fie regiert ;

dieſe Empfindlichkeit iſt nur der Ausdrud

ihres energiſchen Willens, ihren Rang und ihren Einfluß in der Welt ohne Verminderung zu behaupten. " Dieſes Zirkular oder Manifeſt hat durch die rege Thätigkeit im Pariſer Kriegøminifterium , welche ihm folgte , eine eigene Bedeutung erhalten. Frankreich arbeitet daran , ſich mit ſeinen militäriſchen Inſtitutionen dem Milizſyſtem zu nä her n . Bekanntlich, aber nein, möge dieſes Wort auf ewig verbannt ſein , denn wir laſen jüngſt allzuviel bekanntlich , 3. B. auch daß der Umfang der Erde , bekanntlich " 71,982 geographiſche Meilen beträgt. – Kurz, der Kaiſer Napoleon III. war vor Zeiten ein glühender Uns

531

hänger des Landwehrſyſtems. Dies war aber in Zeiten, da er noch nicht Kaiſer , ſondern Prätendent war und

da es feine

Haupt

beſchäftigung ausmachte, ſogar vom Gefängniß zu H a m aus, die Res gierung des Königs Ludwig Philipp auzugreifen . Damals beſtand auch in Preußen noch das alte Landwehrſyſtem . -

Der damalige Prinz

Napoleon griff die Regierung Ludwig Philipps wegen aller

Inſtitu

tionen an, welche ſie einführte oder auch nur überkommen hatte, wegen jeder ihrer Thätigkeiten .

Er griff ſie auch deswegen an , weil ſie das

franzöſiſche Heerweſen nicht dem preußiſchen Landwehrſyſtem annäherte .

Man hätte nun denken ſollen , als er zur Regierung tam, würde er ſogleich an dieſe Arbeit gegangen ſein .

Reine Täuſchung ;

er arbeitete ſogar in volltommen entgegengeſeptem Sinne . Denn er vernichtete die Nationalgarde , und man möge über dieſes Inſtitut denken , wie man wolle , eine mächtige und zu vielen Dienſten von Anfang an brauchbare Armeereſerve gab es doch. Nichts war ſeidhter a18 leiſtungen Altersklaſſe

zu frieg & zeiten die zu fett für militäriſche

Dienſt

gewordenen Bourgeois für

bloße

au8zuſcheiden oder in eine höhere Gemeindedienſte zu verlegen und die Lüden

durch kriegstüchtige Arbeiter aller Art auszufüllen. Jedenfalls ward durch den Nationalgardedienſt ein großer Theil der Bevölkerung an die er ft en militäriſchen Elemente gewöhnt und mit ihnen bekannt gemacht, und er bildeten ſich adres, in denen viele Spreu ſein mochte, die doch auch immer einigen nicht gerade zu vera achtenden Weizen enthielten . Dieſe Nationalgarde alſo, ſtatt ſie zweđmäßig zu ent wiđein , vernichtete der Vertheidiger des Milizſyſtems, ſobald es ihm möglich geworden , als Kaiſer , und außerdem führte er von dem Milizſyſtem die Franzoſen immer weiter ab durch die Gründung der U r me edotation et aiſe und die damit zuſammenhängende , immer mehr überwuchernde Ausbildung des Einſte her ſy ft e m 8 . Das einzige , waß er auf dem Wege der Annäherung an das Milizſyſtem that , reſerve

war die Einführung

im Jahre 1860.

der ſogenannten Armee bis dahin alle Leute

Während nämlich

532

des Aushebungetontingents jedes Jahres, welche nicht a ugenblids lich nothwendig waren , um den Friedenøſtand des Heeres auf die herkömmliche þöhe zu ergänzen , ohne Weiteres beurlaubt wurden, ward nun feſtgeſetzt, daß dieſe Leute drei Jahre nach einander exerzirt werden ſollten , und zwar im erſten Jahre drei , im zweiten zwei , im dritten einen Monat. Die Zahl dieſer Leute betrug in den legten Fah ren zwiſchen 30,000 und 35,000 M. für jeden Jahrgang . Sie muß fich ftätig etwas vermehren, weil bei dem Syſtem der Armeedotations, taſſe der Theil des Heere& durch alle Grade , welcher aus „ Beruf &. ſoldaten “ beſteht, beſtändig wächst. den

leßten

Jahren

Die franzöſiſche Armee hatte in

auf einen ſogenannten Friedensſtand

von etwa

400,000 M. etwa 200,000 Berufsſoldaten !! Wir haben noch neuerding8 , aber lange vor dem gegenwärtigen Ariege nachgewieſen * ), wie ſchlecht es eigentlich mit dem legal vora handenen Vorrath zur Bildung großer Heere bei der jepigen franzöſiſchen Organiſation ausſehe . Wären alle die 200,000 Beruf8a ſoldaten im Heere fähig,

zu komma ndiren , oder gewiſſe noth

wendige Verwaltung & poften zu verſehen , ſo würde ſich das freilich anders verhalten ; eine große organiſatoriſche Kraft würde in ihnen liegen.

Aber da beim jetzigen

Friedens ſtand des französ

fiſchen Heeres etwa auf jeden Ronſfribirten ein Berufsfoldat fommt, iſt ohne weiteres zu begreifen, daß von dieſen Berufsſoldaten allers höchften

der vierte Theil auf die Klaſſe der Difiziere und Unter

offiziere tommt ; und daß ein vierzehn- oder zwanzigjähriger Dienſt als gemeiner Soldat nicht beſonders bildend einwirkt, kann ſich Jeders mann vorſtellen, ohne darüber lange und tiefe Studien zu machen. Unter dieſen Umſtänden iſt es begreiflich, daß die Kraftentwidlung

* ) S. Internationale Revue : Dag Heerweſen der wichtigſten europäiſchen Staaten außerhalb Deutſchlands I. Die franzöſiſche Armee 18 und 28 Heft ( Juli und Auguſt). Wir bemerken bei dieſer Gelegenheit, daß die fänmtlichen fünf Arti fel über das franzöſiſche , italieniſche, engliſche, ruſſiſche und ſchweizeriſche Heerwe ſen ſchon im April vollendet waren , weil urſprünglich die „ Internationale Re vue" ſchon vom April ab erſcheinen ſollte, und daß wir prinzipiell nichts daran ändern werden.

533

Breußen & im Kriege von 1866 in Frankreich gewaltig ims ponirte.

Eine Aenderung des militäriſchen Syſtems ward für noth .

wendig erkannt. Sie kann doch füglich in nichts Underem beftehen als in einer Annäherung an das Milizſy ft e m . Nun iſt aber dieſe gerade durch den von Napoleon gebahnten Weg , die enorme Auss bildung des Einſte h erſ y ft e m & behindert. Preußen hatte ja

noch lange nicht ſeine ganze Kraft ents

widelt. Es hatte zuletzt etwa 3 Prozent ſeiner Bevölkerung unter den Waffen und im Jahre 1813 ſtellten mehrere der alten Brovinzen 7 Prozent der Bevölkerung auf . Für das heutige Frankreich entſprächen drei Prozent einer Maffe von 1 Million und 200,000 Rriegern ; ſieben Prozent einer Maſſe von 2 Millionen 800,000 Ariegern . Welch' überwältigende Macht und wie weit bleibt das heutige Frankreich hinter dieſer Möglichkeit zurück

lediglid in Folge der herrſchenden Organiſation !

Ein revolutionäres Frankreich würde allerdings eine ſolche Kraft leicht entwickeln können ; aber an den geordneten Staat ſollte man doch vielmehr die Anforderung ſtellen , daß er die Leiſtungen möglich mache, welche überhaupt möglich ſind. Indeſſen hat ſich ſchon bei der erſten Ankündigung der Abſichten der Regierung, das franzöſiſche Wehrſyſtem dem preußiſchen anzunähern , in der Preſſe ein heftiger Widerſtand gezeigt. Die allgemeine Wehrpflicht, welcher perſönlich Genüge gethan werden muß , wil der franzöſiſchen Bourgeoiſie nicht in den Kopf, und doch wird ohne ſie auf dem bezeichneten Wege ſchwerlich etwas auszurichten ſein. Eben dieſe allgemeine Wehrpflicht, ſeit den Befreiungekriegen in das preußiſche Volt eingelebt , hat dem preußiſchen Dienſte geleiſtet.

Heer ſo große

Die Nachweiſe über die Verluſte der preußiſchen Armee im legten Ariege ſind zwar noch immer ſehr mangelhaft, indeſſen einige Schlüſſe laſſen ſich aus den bekannten Daten doch ziehen. Nach einem fummariſden Nachweiſe im preußiſchen Staate anzeis ger verloren die Breußen und deren Verbündete, d . 5. deren deutſche Berbündete, die Italiener ſind nicht mitgerechnet :

534 Todt vor dem Feinde

164 Dffiziere 143

Todt in Folge von Wunden

2,573 M. 5,454 14,630

Verwundet vor dem Feind 562

Summa 869 Offiziere 22,657 M. Ob die Verwundeten nicht zum Theil , nämlich in ſofern ſie in Folge ihrer Wunden ſtarben, doppelt gerechnet ſind , läßt fich aus dem Nachweiſe nicht erſehen ; e8 tommt aber darauf nicht beſonders an.

Hier fäme nun auf 26 bis 27 Unteroffiziere und Soldaten ein

Offizier. Bei der preußiſchen Feld armee wird man aber wohl durch ſchnittlich annehmen können , daß auf 28 bis höchſtens 30 M. ein Offizier ins Gefecht ging . Nehmen wir noch Zahlen vorliegen.

einen beſonderen Fall , für welchen präziſere

Es handelt ſich um

die vier Infanterieregimenter

der ſiebenten Diviſion in der Schlacht von Röniggräß .

Dieſelben verloren hier das 26. Infanterieregiment 24 Offiziere das 27. 27 n das 66 . 13 m

16

das 67.

682 M. 497 11 464 401

Zuſammen 80 Offiziere 2044 M. Hier fommt auf 25 bis 26 todte und verwundete Leute ein toda ter oder verwundeter Offizier . Das allgemeine Reſultat, welches wir erhalten , iſt dieſes , daß das preußiſche Offizierforp8 verhältnißmäßig nur wenig, wenig mehr Verluſte hatte als die Mannſchaft. Es gibt aber kein höheres Lob als dieſes für den allgemeinen Geift der Truppen . Denn im Weſentlichen heißt dies

nichte Anderes ,

als daß die Difiziere nicht nöthig hatten , ſich außerordentlich zu eru poniren,

um ihre Leute do r wärts zu bringen oder

a m Fleđ zu erhalten. Beſonders ſchön tritt dies bei der ſi es benten Diviſion in der Schlacht von Röniggrät hervor. Die ſchwere Aufgabe ,

welche dieſe Diviſion zu löſen hatte , iſt aus

unſerer Darſtellung bekannt.

Hier kam es darauf an , lange ; lange

535

Stunden faſt iſolirt gegen eine Uebermacht theils feſtzuſtehen , theils vorzubringen und dennoch iſt der verhältnißmäßige Mehrverluſt an Offizieren ein gerade zu unbedentender. Was die Defterreicher und deren Verbündete auf den deutſchen Operationstheatern an Todten

und Verwundeten verloren haben , ift

freilich noch gar nicht in einigermaßen genauen Zahlen bekannt und , was O efterreich betrifft , werden wir auch wohl für alle Zeiten darauf verzichten müſſen , einigermaßen Genaues zu erfahren .

3ft der x

Sturm vorüber, ſo wird Manches zurecht gemacht und ein Jahr nach dem Sturm bleibt meiſt von der Wahrheit nur noch wenig übrig , doch ſcheint es ziemlich feſtzuſtehen, daß die Feinde Preußens auf den deutſchen Krieg & theatern etwa 3000 Offiziere todt und verwundet verloren. Wäre nun das Verhältniß der todten und verwundeten Manns ſchaften auf Seite der Defterreicher und ihrer Verbündeten ungefähr das Gleiche, wie bei den Preußen , ſo müßten ſie gegen 80,000 M. an Todten und Verwundeten verloren haben , wa8 – zuſammen mit den etwa 36,000

unverwundeten Gefangenen einen Geſammtverluſt

von etwa 120,000 ergäbe. Auf dem Hauptkriegeſchauplaß in Böhmen ſtellt ſich aber nun mit ziemlicher Sicherheit einſchließlich der under wundeten Gefangenen ein Geſammtverluſt der Defterreicher und Sachs ſen an Mannſchaften von h ö dh ſten $ 60,000 M. heraus und e8 läßt ſich daraus ſchließen, daß die Defterreicher und ihre Berbündeten weita u8 einen größeren verhältniſmäßigen Verluſt an Offizieren hatten, als die Preußen , daß alſo auf öſterreichiſcher Seite die Offi giere vielmehr veranlaßt waren , voranzugehen , ſich zu exponiren, mit der eigenen Şaut zu zahlen , als die

auf preußiſcher Seite nö .

thig war. Die preußiſche ftebente Diviſion verlor bei Königgräß über ein Standes . Von den öſterreichiſchen Regimens

Fünftel ihre

tern, die in derſelben Schlacht thätig waren , fönnen wir im Durch ſchnitt annehmen , daß fie mit 70 bis 80 Difizieren und

2100 bis

2200 Feuergewehren in den Kampf gingen . Das Regiment Nr. 46 Herzog Bernhard von Sachſen -Meinin gen ( Ilngarn) verlor bei Königgräß an Offizieren

13

Todte,

536

13 Vorwundete , 21 Vermißte .

Von den legtern können wir getroft

auch noch 10 zu den Todten und Verwundeten zählen und tommen dann auf einen Verluft an toðten und verwundeten Offizieren von 46, alſo weit über die Hälfte . An todten und verwundeten Mann ſchaften ſcheint aber feines der öſterreichiſchen Infanterieregimenter bei Königgräß mehr ale 400 oder 500 M. verloren zu haben ; weitaus die meiſten Regimenter tönnen nicht mehr äl$ 200 todte und verwun. dete Soldaten gehabt haben . Hier mußten alſo die offiziere gehös rig herhalten ! Das Regiment Coronini Nr. 6 ( Banater ) verlor bei Köni ginhof an Offizieren 10 Todte, 7 Verwundete und 8 Vermißte, dann wieder bei Königgrät 3 Todte, 28 Verwundete, 7 Vermiſte, im Gans zen alſo 65 Offiziere, von denen mindeſten8 55 für toðt und verwun det zu achten ſind, gute zwei Drittel des Offizierstorp8 !

Wer denkt

daran, daß dieſe8 Regiment im gleichen Verhältniß verwundete und todte Mannich aften haben fonnte ? Hier kam auf 8 oder höchſtens 10 todte und verwundete Soldaten 1 Offizier im gleichen Fall .

Das Regiment Deutſch meifter Nr. 4 (Wiener) verlor bei Stalit am 27. Juni 5 todte 10 verwundete Offiziere, bei Könige gråt 4 todte 20 Verwundete 3 vermißte, zuſammen 42 Offiziere, über die Hälfte ! Das

Regiment

Alerander ,

Großfürſt

Thronfolger

von

Rußland ( Banater von Temeſchwar), hatte bei Königgrät einen darunter waren faſt die Hälfte !

Berluſt von 37 Offizieren ,

12 Todte. Das Regiment Erzherzog Karl Ferdinand Nr. 51 ( Siebenbürger) verlor bei Königgr å $ 49 Offiziere , einige Vers ( uſte hatte es ſchon bei Schweinſchädel am 29. Juni gehabt. Doch es iſt wohl genug an dieſen Aufzählungen, um zu zeigen, wie viel mehr als die Preußen deren Gegner an Offizier en ders Coren, um wie vieles beſſer alſo der allgemeine Stoff des þeer es der Preußen ſein mußte ! Wunderbar iſt der Gang der Weltgeſchichte und die Macht der in ihr mit Nothwendigkeit wirkenden Momente . 3ft einmal ein Prins

537

zip in ihr erkannt, ſo arbeitet es ſich durch und ſelbſt die anſcheinenden Hemmungen und Hinderniſſe helfen ihm . fortſchreitenden

So ſteht es auch mit der

Annäherung

der

europäiſchen

Heere an das Milizſy ft e m . Wie ſehr ſich die Schöpfer der preußiſchen Heere $ reorganiſation von 1860 darüber verwundern und ſich dagegen ſtemmen mögen, daß ſie an der Unnäherung der zivili. firten Völter an das Milizſyſtem gearbeitet haben, dennoch iſt es wahr. • Zunächſt wird freilich von den Regierungen der Nachbarn nichts weiter geſchehen ,

als daß ſie

ihre verfügbaren

militäriſchen Kräfte

numeriſch weiter heraufzuſchrauben ſuchen ; teine andere Inten . tion wird ſie beherrſchen.

Wie das in Frankreich , wie es in

Defte rreich , welches eine neue politiſche Probe vor fich hat, ver , lucht

werde ,

wie in

Rußland , welches

an dem Losringen der

Maſſen ſeines Volte aus der Leibeigenſchaft arbeitet , wer wollte dies im Voraus ſagen ?

Mindeſtens iſt hier nicht der Plat ,

auch nur

die im Voraus zu ſchauenden Nothwendigkeiten deutlich und weil die pro. genau zu erörtern. Indeffen , wie es immer geſchehe, duzirende Kraft und folglich die Finanzen des Staates in einem nicht zu vernachläſſigenden Verhältniß zu dem im Frieden vorhandenen Hees resſtand ſtehen , fann es gar nicht anders geſchehen als durch Annä . herung an das Milizſyſtem , alſo durch Verkürzung der Ausbildunge . präſenz und durch das Suchen nach Xequivalenten. Dieſe Aequivalente aber, wir haben es oft ausgeſprochen und entwidelt, tönnen wieder nur in der Verbreitung und meinerung der

fortſchreitenden Ver allge ,

militäriſchen Bildung

im Volke

nach allen Richtungen hin gefunden werden . Am deutlichſten und erſten tritt dies in der Nothwendigkeit hervor , Offiziere heranzubilden , welche nicht Berufsoffiziere find , wobei es ganz gleichgültig iſt, ob man dieſelben Landwehroffiziere, beurlaubte Offiziere oder wie ſonſt im . mer nenne. Daß die preußiſchen Landwehroffiziere

im leßten Kriege ihren

Plaß voltommeu aufgefüllt haben, wird wohl niemand leugnen. Wenn darauf erwidert werden ſollte : dies fommt daher, daß wir ſie auf die ſubalternen Stellen einſchränt ten ! nun ſo heißt die Antwort : vers

X

538

fucht es doch einmal , dieſen Männern den Weg frei zu machen und viele, ebenſo viele , ſchlecht geſagt , wie unter euern finien offizieren werden ſich darunter finden, denen ihr unbedingt auch größere Truppentörper al8 Rompagnieen anvertrauen dürft ! Warum alle Wege verſperren und daraus , daß fie abſolut verſperrt ſind , ſchließen , daß fie Niemand betreten würde , wenn fie offen wären ? Biomark , der den König von Preußen als Miniſterpräſident in den Krieg begleitete , iſt vom Landwehrmajor zum General befördert. Wir haben ſicher nichts dagegen und al8 General

ſeinen Plas

beſſer

ſind

ausfüllen

der gegenwärtigen preußiſchen Generale. Unicum ?

überzeugt ,

daß er auch

würde als die Mehrzahl

Aber iſt Biomart etwa ein

Preußen iſt vorläufig am wenigſten veranlaßt , an ſeinem Militärſyſtem in der Richtung , welche wir ſo eben beſprechen , etwas zu ändern. Denn erſtens war es unter den

europäiſchen Großmächten dies

jenige, welche ſchon ſeit lange dem Milizſyſtem berhältniß . mäßig am nächſten ſtand, und zweitens iſt ſeine Scieg 8macht durch die Annexionen und durch die Dispoſitionsfähigkeit, welche es über die Streitkräfte der norddeutſchen a u dh bei

nicht anneftirten Staaten erlangt hat,

der Sup poſition der Beibehaltung des

gegenwärtigen Wehrfy ft e mø , bedeutend geſteigert. Ronnte es bis jeßt in erſter Linie 300,000 M. 3nfanterie und Kavallerie mit von

nun

ab

etwa 1000 Geſchüßen ins Feld ſtellen ,

ſo wird es

etwa 400,000 M. mit 1200 Geſchüßen in die erſte

Linie bringen können und die Organiſation von einer Million Streitern wird verhältnißmäßig über

das

leicht zu einer Wahrheit zu machen

Papier hinausgeht.

Was aber ein

ſein ,

die

ſolcher Macht

zuwachs, der eine Wahrheit " iſt, bei den jeßigen europäiſchen Verhältniſſen zu ſagen

hat, das

ſollte

auch der leßte Arieg wieder

gelehrt haben . Bei der militäriſchen Vereinigung der neuerworbenen Länder mit den alten wird das ießt herridende militäriſche Syſtem Preußens die Grundlage bilden und auch , wer keineswegs dazu flimmen kann,

539

daß dieſes Syſtem den Forderungen unſere Jahrhunderts wird

dieſes

fûr

das zweđmäßigfte halten.

entſpricht,

Denn ein großer Krafts

zuwach8 muß zuerſt in der nun einmal gegebenen Weiſe berdaut werden . Eine große Reform in einem weſentlichen Theile des Staatslebeng mit der Verdauung einer bedeutenden hinzugekommenen Kraft vereinigen, iſt ſchwierig .

Screen Italien , welches unter beſonders günſtigen Verhältniſſen um das tſeine Piemont zuſammenwuchs, wäre in der Lage geweſen , eine große welterſchütternde militäriſche Reformation mit der politis fchen Revolution

zu verbinden . Es fehlte feinen Leitern dazu

der nothwendige Geiſt, und Italien ſchuf fich fein Heer nach Piemonte Ebenbilde. Die Gefahren, welchen das aufwachſende Breußen nicht von innen, aber von außen her entgegenſieht,

mindeſtens vorläufig ſind ,

auch die gutmüthigen höhern Politiker ſich

einbilden

was

mögen , viel

größer als diejenigen, von welchen das ſeit 1859 erwachſende 3ta . lien in ſeiner Wiege umgeben war.

Die Urſachen liegen

nahe. —

Außerdem aber ſteht der preußiſche Rern zu dem anſchließenden Theile Deutſchlands in einem ganz andern urſprünglichen Stärke . verhältniß als das kleine Piemont zu dem ihm 1859 und 1860 zufallenden Italien. Wenn wir es nun hienach nicht bloß für natürlich , fondern auch für durch a u 8

3 we d m äßig

halten , daß die militäriſche

Organiſation der neuerworbenen, ſo wie der zum norddeutſchen Bunde dereinigten Länder einfach nach

dem Ebenbilde der militäriſchen Oro

ganiſation der bisherigen preußiſden Urmee vorläufig gemodelt werde, ſo ſind wir doch deſſen ganz gewiß , daß in nicht allzu langer Zeit die vergrößerte neue preußiſche Armee Umwandlungen erleben werde, die dem Milizſyſtem abermal

näher führen .

Wie die Intelligenz des Volkes , deſſen geiſtige Entwiđlung , in Preußen

dem Heere zu Gute fam , darauf haben wir an vielen Punt ten dieſer Blätter aufmertſam zu machen Gelegenheit gehabt. Wir erkannten e$ in dem Verhältniß der Führer zu den Geführten bei der Betrachtung der Verlufte. Wir fahen es an der energiſchen Aus, Rüſtow , d. Krieg. 1866 . 36

540

nußung der Eiſenbahnen

für

den Dienſt der Armee , an den

Detachemente zur Herſtellung der Eiſenbahnen und den Kommiſſionen zur ſchleunigen Herſtellung des Betriebes. Wir ſahen es an der Durch , führung der Genfer Kondention nach

allen Richtungen und

troß der Schwierigkeiten, welche theils aus der großen Zahl von Vers wundeten hervorgingen ,

welche Preußen in der neuen Zeit hier zum

erſten Mal auf ſeinem Wege fand , theils daraus hervorgingen , daß der mächtigſte von Preußens Gegnern jener Konvention während der Dauer des Kriege

noch nicht beigetreten war.

Die Verpflegung der preußiſchen Armee ward der Haupts fache nach auf das Syſtem der Lieferungen

durch Lieferanten

baſict. Bei den heutigen leichteu Verbindungen nach allen Seiten hin und von jeder Art, bei den heutigen Verhältniſſen des Kredites läßt ſich dass felbe, ſo lange ein Staat Rredit und die Möglichkeit hat, den ents ſtehenden Forderungen in kurzer Friſt gerecht zu werden , mit Leichtige keit praktiziren

und

begünſtigt in ſofern die Einheit und Ein .

fachheit der Operationen in ähnlicher Art , wie dies bei der Herrſchaft des Syſtems der Magazino erpflegnng der Fall war.

Das leßtere wird um ſo mehr überboten , je mehr die leichten

Kommunikationsſtraßen , breiten.

alſo vornämlich die Eiſenbahnen ,

So weit die Macht

der Lieferanten

ſich aus .

und des Syſtems

der

Lieferungen durch Lieferanten reicht , bleibt den Beamten der Intens dantur oder des Kommiſſariate

lediglich die Diſtribution der

erlangten Bedürfniſſe an die Truppen ,

ihr Dienft iſt erleichtert und

dadurch deſſen ausreichende Sicherheit zu Gunſten der Truppen verbürgt. Nur reicht dieſes Syſtem auch bei der größten Ausdehnung und Vervolkommnung der Kommunikationen nicht überall aus ; theils iſt es auf einzelne Arten von Bedürfniſſen gar nicht anwendbar, theils auf

andere

nicht

unter

gewiſſen

mußten alſo nothwendig nachhelfen.

Umſtänden.

Requiſitionen

Dazu , daß ſie nicht über

das

Unvermeidliche hinaus ſchwer auf den Bevölkerungen lafteten , trug die Einſeßung preußiſcher Zivilfommiſſäre weſentlich bei.

und

Zivilverwaltungen

ſehr

Waren die Preußen mit ihrer Bewaffnung im Ganzen zufrieden,

541

ſo mußten doch andererſeits manche Uebelflände der A u & r üſtung und verſchiedener Verwaltung & einrichtungen immer noch auffallen . Dem Helm wird nun wohl das Urtheil geſprochen ſein ; ſogar die preußiſchen Feldmüßen , in denen die Soldaten jeßt, wie ſchon im Dänenkriege von 1864 , vorherrſchend auftraten ,

ſind zu ſchwer

befunden worden und man ſcheint ſich endlich zu der ſehr natürlichen Anſicht bekehrt zu haben, daß es darauf ankomme , für den Soldaten eine einzige und leichte Kopfbedeđung zu haben. Die Helme find in dem leßten Kriege von vielen Soldaten abſichtlich verloren " worden , und was dies heißen will, ergibt ſich, wenn man die Kürze diefe& Feldzuges bedenkt und fid etwa einen vorſtellt, der nur dreifach Unangenehm wurden weiter oder ſechefach ſo lange dauern fönnte . die Stehkragen an den Waffenröden und die Enge dieſer lettern im Allgemeinen , – die man immer für nöthig erflärt hatte , um einen „ adretten Soldaten " herzuſtellen .

Die Fußbekleidung hatte nicht ſo

viel Angriffe zu erdulden, wie in dem Winterfeldzuge von 1864 , ſeit welchem übrigens auf ſie auch ſchon beſonders die Aufmertſamkeit ges richtet war. Das alte Leid der modernen Soldaten, der Tor nifter , machte ſich dagegen wieder außerordentlich fühlbar. Wo es irgend ging, wur den die Torniſter den Soldaten nachgefahren , vor dem Gefecht wurs den ſie in der Regel abgelegt.

Nun haben die Preußen dieſes Mal

darunter freilich nicht gelitten. Aber wer möchte dafür bürgen, daß fte ftet® nur Siege erfechten ?

und wie verhält es ſich mit dem Ablegen

der Torniſter im Fall einer Niederlage , die ja doch auch in den glüdo lichſten Feldzug mitten hineinfahren kann ? Wird das Nachfahren der Torniſter ſtets anwendbar fein , - auch wo man teine Wagen dazu hat oder dieſelben nothwendiger zu andern Dingen braucht ? Ja ! hat nicht dieſes Nachfahren der Torniſter ſchon 1866 auch ſeine nach theiligen neben den guten Wirkungen geäußert ? Man betrachte ein wenig

näher

die drei Tage ,

welche

unmittelbar der Schlacht von

Königgräß vorhergingen ! Man ſpricht ießt in Preußen davon , den Brotbeutel als 36 *

542

eine Art waſſerdichte Reiſetaſche herzuſtellen ,

welche das „ Nothwen.

digfte “ enthalte, ſo daß der Torniſter auf längere Zeit ohne Beſchwer entbehrt werden tönne. Uns ſcheint dies ein falſcher Weg . auf

dem Rüđen

iſt

jedenfalls

die

Die Tragweiſe

bequemſte, die

foll alſo an ihr feſthalten , ſo lange als möglich und gen fragen ,

ob

nicht erſtens

das

von

Laſten

es gibt.

Man

vor allen

Traggefäß , der

Din

Tornifter,

mit allem Zubehör , Riemenzeug u . , bedeutend zu erleichtern ſei, dieſer Torniſter , welcher heute 5 bis 6 Pfund wiegt. Bei den Fortſchritten der Technit in der Herſtellung ſeidhter barer Stoffe iſt dieſe Frage unbedingt zu bejahen.

und

doch

halt

Zweitens ſoll man fragen , ob nicht der Inhalt des Tornifter & erheblich beſchränkt werden könne ? Auch dieſe Frage muß bejaht werden . Um nur auf die Hauptfachen aufmertſam zu machen , fo iſt klar , daß alles Referdegepäd , Erſaßſtü de , die ſonſt der Mann mitſchleppen mußte , gegenwärtig bei dem Eiſenbahnverkehr, beſchränkt werden kann . Mußte man noch vor dreißig Jahren daran denten, den Mann perſönlich

mit Adem zu belaften ,

was er auf vier Wochen

hinaus bedurfte , ſo reicht man gegenwärtig gewiß ,

wenn

man ihm

den nothwendigſten Wechſel in Kleidungeſtüden auf acht Tage hinaus fichert, indem man ihn perſönlich mit dem Erſat beladet. Einen nicht unbedeutenden Theil der Belaſtung machen die ſoges nannten Putz euge , mit denen ein unbegreiflicher Lurus noch immer getrieben wird .

Nicht einmal eine zweckmäßigere Einrichtung verſchies

dener Betleidungsſtüde würde

nothwendig

ſein , um viel von dieſem

Bugzeug entbehrlich zu machen. Es genügt ſchon , daß man einen für vollſtändig erkannten Apparat ,

flatt jeden einzelnen Mann damit zu

belaften, auf eine Kameradſchaft von mehreren Leuten vertheile. So große Sorgfalt bei der preußiſchen Armee auf den Sani , tät & dienft verwendet war , iſt doch allen Anforderungen , die man gerne ſtellen möchte, immer noch nidjt entſprochen worden . Die aller größte Schwierigkeit liegt unbedingt in dem Dienft auf dem Schlacht felde, wenn der Tod viele Opfer fordert. Daß man mit eigenthümlich für dieſen Zwed organiſirten Sanität 8tr up pen niemals allein

543

ausreichen könne , wenn die Verwundeten zuſtrömen , ift immer mehr anerkannt worden. Aus jedem tämpfenden Truppentheil ſelbſt entnom, mene Soldaten müſſen nothwendig den Sanitätstruppen in die Sände arbeiten , wenn etwas möglichſt vollſtändiges geleiftet werden ſoll. Die Preußen hatten in dieſem Sinne im legten Kriege ihre Hülføfrankens träger aufgeſtellt. Wir glauben aber, daß dieſes Syſtem noch vollfläns diger entwidelt werden tann . Bemertengwerth ſcheint es, daß man vom Gebrauch der Feld telegraphie ſo wenig vernommen hat. Wir reden hier nicht von dem Gebrauch der Feldtelegraphen auf dem Schlachtfelde, denn ſchwerlich hat man in Preußen die Idee gehabt, welche anderer Orten ſo viel gehegt wurde, die Armeetorp8 und Diviſionen auf dem Schlachts felde

mittelft des Telegraphen leiten zu wollen . Aber wir vermiſſen

die Anwendung des Feldtelegraphen auch zur Verbindung von Baupt ſtellungen , z. B. zur Verbindung der Armeen des Kronprinzen und des Prinzen Friedrich Karl in den Tagen , welche der Schlacht von Königgräß unmittelbar vorausgingen. War es hier die Feindſeligkeit der Bewohner jener Gegenden, welche hindernd eintrat ? Ade dieſe Dinge werden nun wieder in Preußen und außerhalb Preußens ſtudirt werden ; aber weitaus die wichtigſte Wirkung diefes Krieges wird in den Verſuchen aller Mächte liegen, ſich dem Milizo ſy ſteme zu nähern . Wir werden

dabei

viel Unglüdliche

heraus .

kommen ſehen, aus dem einfachen Grunde, weil die Regierungen wohl die Vortheile des Milizſyſtems in Bezug auf deſſen Leiſtungefähigteit in der Truppenlieferung haben möchten , aber nicht die Nachtheile, welche das Milizſyſtem ihrer Meinung nach hat, indem e8 der Bolte freiheit

einen

nichts

helfen ;

unläugbaren Vorſchub man

wird

leiſtet. – Es wird aber Ades

von Jahrzehnt zu Jahrzehnt mehr alle

Konſequenzen der Sache anerkennen und mitnehmen müſſen .

x

544

III . Berichtigungen und Zuſäße verſchiedener Art.

1. Zur Schlacht von Eu ftoj a (nach Nr . 87 der öfters reichiſchen Militär -Zeitung " ). Zu S. 131.

Die Reſervediviſion Rupprecht trat mit 2 Briga

den ( Bento und Prinz Weimar) auf.

Die

öſterreichiſche

zählte daher 11 Infanteriebrigaden im freien Felde.

Südarmee

Dagegen hatte

fte nicht 272 , ſondern nur 168 Gefch ü ßc. 3ede Infantes riebrigade hatte eine Batterie, die Ravalleriebrigade eine Batterie, jedes Armeeforp

3 Referdebatterieen ,

eine Armeegeſchüşreferbe war nicht

vorhanden. Zu S.

141.

Der

italieniſchen Diviſion Brignone

ſtand

bis

ein Uhr nur die Brigade Scudier des 7. Rorps , 6 Bataillons, gegenüber, welche schon vor 10 Uhr den Monte Godio genommen hatte . Erft als Govone und Brignone Ca Bagolino belegt hatten und bis zum Staffalothal vordrangen, wurden ſie oon den Brigaden Wel. fersheimb und Töply angegriffen und

neuerdings zum Rüdzug

auf

Cuſtoza gezwungen . Zu S. 142.

Allerdings war um 5 Uhr etwa der Rüdzug der

Italiener undermeidlich geworden . Aber Abtheilungen von der Diviſion Cugia tämpften noch gegen 7 Uhr auf dem Monte Torre mit den Truppen des öſterreichiſchen 9. Rorp8. Zu S. 144 wird bezweifelt, daß Lamarmora im Ernſte glauben konnte, dem Kampf eine günſtige Wendung geben zu können, wenn er die Diviſionen Angioletti und Pongoni in Goito gefunden hätte ( mas auch wir, wie man bei einiger Aufmertſamteit finden wird, ſehr dahin geſtellt ſein laſſen ). Es heißt dann zum Schluß der Randbemerkungen in der Militärzeitung : „ Ueberhaupt war es ein großes Glüd für die Italiener , daß unſer rechter Flügel wegen

großer Erſchöpfung am 24. Nachmittags

Valeggio : fich nicht bemächtigt und über Foroni gegen Goito nicht vorpouſſirt hat.

Wäre dies geſchehen und gleichzeitig ein Theil der

Mantuaner Befaßung

bis

Marmirolo

und

Marengo

vorgeſchoben

1

545

worden , ſo war eine Kataſtrophe bei der italieniſchen Armee under meidlich . " , Dieſe Gefahren konnten Lamarmora unmöglich entgehen , daher die Annahme, daß derſelbe noch um 4 Uhr Nachmittags an die Mög lichteit eines Siegee dachte und ſich deshalb perſönlich nach Goito ( bei zwei Meilen vom Schlachtfelde) begab ,

um die Diviſionen Angioletti

und Longoni herbeizuholen , faum zuläſſig erſcheint.

Mit weit mehr

Berechtigung dürfte angenommen werden, daß eben die Erkenntniß der durch den Rüdzug ſeines linken Flügels feinen Verbindungen drohens den Gefahren Lamarmora bewogen habe , den allgemeinen Rüdzug anzuordnen und für ſeine Perſon fich unverzüglich nach

Goito zu

begeben , um die zur Sicherung der Uebergangepunkte und Dedung des Rüdzuges erforderlichen Maßregeln rechtzeitig zu treffen ." 2. 3 uden Operationen der A r mee de 8 Kron : prinzen . von Preußen und insbeſondere de 8 6. A rs me e for p 8 (nach brieflichen Mittheilungen). Zu S. 90.

Zu Ende Mai ſtand das Gardetorp 8 bei

Brieg ; vom 6. Korps die ft ein und in der

Grafſchaft

11. Diviſion bei Franken . Glaß , die

12.

Diviſion

bei

Neiſſe. Anfang Juni wurde das 6. Korps bei Waldenburg , das 5. Korps bei Landshut fonzentrict .

Nach Eintreffen des erſten

und Gardetorp8 und nachdem ſich die Armee des Brinzen Friedrich Karl links geſchoben, ward die Armee des Kronprinzen um Neiſſe kons gentrirt, in welche Feſtung das Hauptquartier tam . Das ſe ch & te A r meetorp 8 war ſehr geſchwächt.

Es gin

gen von demſelben ab :

das 11. Infanterieregiment bei der Mainarmee ; das 62. Infanterieregiment , 2. Ulanenregiment und 1 Batterie als Detachement des Generals d . Knobelsdorf bei Ratibor ;

das 63. Regiment als Feftungsbeſaßung ; das 1. Müraſſierregiment mit einer reitenden Batterie zur Ka. valeriediviſion der Armee.

Das Groß des Korpå bezog Biwaks ſüdlich Neiffe.

546

Die Retog no8zirungodetachement8 ( ogl . S. 172), welche am 22. Juni auf 3 uđmantel, Freiwald au und Friedberg vorgingen , trafen überall nur auf öſterreichiſche Hus ſarenabtheilungen, Finanzwächter u. 1. w . Bom 23. Juni ab matſchirten die andern Rorps hinter dem 6. Korps rechts ab , auf Landshut ( 1. Korps), Braunau ( Garde), Nachod ( 5. Rorpå ) . Das 6. Korp8 folgte am 25. Juni über Batſatau und Glaß. Von Batch tau aus wurde die 22. Infanteriebrigade (38 .

und 51. Regiment), das 8. Dragonerregiment und 2 Batterieen dem 5. Armeetorps in Eilmarfchen nachgefendet. Das 8. Dragonerregiment focht ſchon bei Nachod (27. Juni) mit ; die 22. Infanteriebrigade am 28. Juni bei Stalik ; das 38. Res giment hatte dabei ſtarte Verluſte (vgl. S. 189 ff.). Das Gros del 6. Korps maridhirte am 27. nach $ abel. Ich wert und Mittelwalde , ſendete Detachements auf Wils den ich wert vor, ward am 28. nach Reinerz, am 29. nach Stas liſ, am 30. Juni nach Br83 iß zwiſchen Chwaltowiß und Braußs nig geſendet, ſollte am 1. Juli die Höhen bon Kutus nehmen , fand dieſelben verlaſſen und trat nun bei Gradlig in Verbindung mit dem 5. Rorpe , welches bis Mittag den 29. Juni bei Stalig geſtanden hatte und nach dem Abfochen über Schweinſchädel und Ehwaltowi nach Gradliß gehen ſollte , um hier mit den andern Korp8 in Vers bindung zu treten . Bei Soweinſchädel ( ogl. S. 210) tam die

Avantgarde

des

5. Korp8 ( 19. Infanteriebrigade, 6. und 46. Regiment) in ein hefs tiges Gefecht mit dem 4. öſterreichiſchen Korp8, Feſtetice ; das Gefecht dauerte den ganzen Nachmittag und endete mit Zurüdwerfung

der

Defterreicher. Das Artilleriefeuer dauerte noch bis in die Nacht. Gegen Abend fette das 5. Rorps, in der Seite gebedt von der 22. Infanteriebrigade, ſeinen Flantenmarſch gegen Gradlitz fort. Die legten Abtheilungen tamen erſt zwiſchen 2 und 3 Uhr Morgen

bei

Gradlit an und bezogen Biwaks , welche aber , wie man bei Tagesa anbruch ertannte, von den Höhen von Kutu & völlig eingeſehen wer

547 den tonnten . In Benußung dieſes Umſtandes begannen die Defterreicher von jenen Höhen von 4 Uhr Morgens ab eine heftige Ranonade. Stein . met ging dor ; ſeine Truppen erlitten unbedeutende Berluſte, um 7 Uhr Bormittag8 ich wieg das Feuer.

Am Nachmittag wiederholte ſich dies

felbe Sache ohne irgend einen Erfolg ; vom Tein Mann dabei.

Gardetorp 8 war

Bei Königgräß ſind alle Truppen des 6. Armeetorps im Feuer geweſen ( vgl. S. 243 ) , vom 1. Urmeetorp8 dagegen war nur eine Brigade im Feuer ; die ganze Referdetavalleriediviſion der zweiten Armee (des Kronprinzen) tam nicht ins Gefecht. Bom 6. Sorp & ſind wenigſtens zwei Batterieen bei kön i ga gråş früher im Gefecht geweſen als das Garbetorp

(vgl. S. 238

ff.). Es war 101/2 Uhr Vormittags als das 6. Korps zwiſchen Hus ſtirzan und Luzian hinter der das Schlachtfeld verdedenden Höhe eintraf. In dieſem Augenblick erſchien ein

Adjutant mit der Nachricht,

daß die fiebente Diviſion ſcharf im Gedränge ſei . Der tommandirende General 0. Mutius befahl darauf, daß zwei Batterieen (gezogene Geo ſchüße) und das 4. Huſarenregiment im Trabe dorgehen ſollten. Dies geſchah über die Brüde von { uzia n und es war 11 °/4 Uhr Vormittage, als fie auf der Höhe jenſeits dieſes Ortes auffuhren und ihr Feuer in der Richtung auf Horzenowell eröffneten. Die Infanterie, welche quer über die Höhe und durch die Trotinka ging, tam erſt faſt eine Stunde ſpäter zum Gefecht. Was das Detachement des Grafen Stolberg betrifft (vgl. S. 174), ſo hatte dasſelbe nur eine Fägerkompagnie und teine Batterie. Zeitweiſe hat der General von nobelsdorff einige Geſchüße ſeiner Batterie an Graf Stolberg überlaſſen. 3. Z uden Operationen de 8 VIII. B unde & to rp 8 ( S. 305 ff.). Ueber die Operationen der VIIL Bundeslorp8 unter dem Prinzen Alexander von Heſſen iſt jegt bereits eine ganze Litteras tur von Broſchüren erſchienen , weſentlich veranlaßt durch den foges nannten badiſchen Berrath .

Dieſer Litteratur und ergänzenden brief

fidhen Mittheilungen entnehmen wir lediglich die Hauptthatſachen , welche zur Ergänzung

unſerer Darſtellung beitragen können , ohne auf die

548

Polemit einzutreten , welche uns bei der nothwendigen und folglich voraußzuſehenden Stellung Badens zu dieſem Kriege und der durch die Zuſammenwürfelung lo verſchiedener Beſtandtheile und durch die Schwäche des

Oberbefehls

veranlaßten

Ronfuſion

ſehr

überflüſſig

erſcheint. Am 28. Juni ward für das achte Armeekorp8 eine Schlacht ordnung erlaſſen , welche dieſes Korps in eine Vorhut, ein Schlacht torp8 und eine Reſerve periheilte. Die Borhut hatte die Diviſion von Heſſen

Darmſtadt;

im Schlachttorp 8 ſollten den rechten Flügel die Würtem berger , das Zentrum die öſterreichiſche Brigade Hahn, den linken Flügel die N aſſauer bilden. Die Infanterie der Reſerve fouten die Badenſer ausmachen, die nicht bei den Diviſionen eingetheilte Ravalerie und Artillerie wurde in die Reſerven dieſer Spezialwaffen gewieſen. Die Kurheiſen bis auf zwei Huſarenestadrons wurden von vornherein nach Mainz geſchickt,

um ſich dort feldmäßig einzurich

ten und bis dies geſchehen fei, die Feſtungebeſagung zu verſtärken. Weder dieſe Schlachtordnung, noch die etwas ſpätere , welche wir weiter unten nach offiziellen Quellen mittheilen und welche zu: gleich die Stärkeverhältniſſe ergibt, iſt jemals wirklich hergeſtellt worden. Um 2. Juli follte das Gros urſprünglich die Linje Grüne , berg - Gießen erreichen , die Würtemberger rechte , die Badenſer linte , während die Vorhut (Heſſen - Darmſtädter) über Ruppertenrod mit Sicherung gegen Alsfeld und Ulrichſtein vorrüdte. Die 4. Divis fton ( Deſterreicher und Naſſauer) war noch zwiſchen Wiesbaden und 1 Frankfurt . Nach der Kapitulation der Hannoveraner befahl der Prinz Karl von Baiern die Vereinigung des 7. und 8. Korp8 bei Fulda ; das 8. Korp8 ward demnach am 2. Juli aus der nördlichen in die öftliche Richtung geworfen , über den Vogelsberg . Die zweite , badiſche Diviſion , unterſtüßt von der Res ſerbereiterei ſollte durch Befeßung von Gießen und Weßlar die linte Flante des 8. Rorps und deſſen Rüđzugslinie gegen Frankfurt fichern,

549

wäre ſie zum Rüdzug gezwungen

ein ale unwahrſcheinlich bezeich

neter Fall – ſo ſollte ſie denſelben in die Stellung vor Frankfurt, hinter der Nidda, bei Bilbel , antreten . Am 5. Juli , dem Tage nach dem Treffen bei Dermbach , hatte das Korps zufolge den ergangenen Befehlen folgende Stellungen : Hauptquartier : Eiſenbach bei Lauterbach ; die 3. Diviſion bei Großen- Lüder gegen Fulda , mit einem Detachement bei Alsfeld ;

die 1. Diviſion bei Lauterbach mit Patrouillen gegen Schlit ; die 4. Diviſion bei Nidda und Hungen ( alſo in Reſerve); die 2. Diviſion gegen Weßlar und Gießen . Am 5. lief nun die Nachricht zu Eiſenbach ein , daß das bairis ſche Korp & fich auf Biſchofsheim vor der Rhön und Neuſtadt zurüdzieh Es wurde für das Gros des VIII . Rorp8 der Marſch bon Lauterbach über Schlüchtern auf Brüden a u angeordnet, zur Ver einigung mit den Baiern.

Das Hauptquartier Alexander& fam am

6. Juli nach Krainfeld zwiſchen Lauterbach, und Schlüchtern. Aber ſchon am 6. Juli erfolgten Befehle zum Rüdmarſch des 8. Korps in die Stellung zwiſchen Hanau und Frankfurt , alſo zur Entfernung von den Baiern . Das Hauptquartier, am 6. Juli in Rra infeld , war am 7 . in Ortenberg , am 8. in Nieder- Wölftäbt an der Eiſenbahn zwia ſchen Vilbel und Friedberg , am 9. in Bornheim bei Frankfurt , wo es nun bis zum 13. einſchließlich verblieb . Um 6. Juli war die badiſche Diviſion ohne Anweiſung hins ter die Nidda bei Vilbel zurückgegangen .

Am 10. Juli ,

dem Tage

des Treffens von Kiſſingen hatten die Diviſionen des 8. Korps nach den ihnen zugegangenen Befehlen einen Ruhetag und zwar in fols genden Stellungen : die 1. Diviſion bei Hanau ;

die 3. Diviſion bei Bergen ; die 2. Diviſion bei Eſchersheim , zwiſchen Frankfurt und Homburg ; die 4. Diviſion bei Bodenheim weſtlich Frantfurt ; die Referbereiterei vorgeſchoben bei Bruchenbrüden ;

550

die Referbeartillerie,

zur üdgenommen ,

ſeit dem

7.

Juli bei

Offenbach am linken Mainufer. Für den 10. Juli erhielt die 1. Diviſion noch den beſonderen Befehl zum Vorrüden von Hanau gegen Schlüchtern .

ein

Am 10. Juli erhielt die zweite , badiſche Diviſion den Befehl, Detachement bis Bußbach und Gießen ich waches

vorzuſchieben. Am 12. wurde die 1. Brigade der 3. Diviſton mit der Eifen bahn nach Aſchaffenburg geſendet , am 13. folgte die 2. Brigade 2c. der Diviſion dahin nach .

Man bereitete ſich an dieſem Tage auf die W û r zburg vor.

Vereinigung mit den Baiern bei

Am 13. ward

das Treffen von laufach geliefert. Nun folgten noch an demſelben Tage verſchiedene

Befehle ,

welche

darauf berechnet

waren ,

theils

affenburg zu halten , theils die Verbindung mit den Baiern

Af

bei Schweinfurt zu erzielen . Am 14. ſollte ſich zunächſt die 1. Diviſion bei panau tongens die zweite Diviſion bei Frankfurt , die 3. bei Aſchaffenburg, um dies zu behaupten ; die 4. Diviſion follte die Brigade Hahn mits

triren,

telft Eiſenbahn nach Aſchaffenburg ſenden, die Brigade Roth bei Höchſt ſammeln. Die Referbereiterei ſollte ſich bei Vilbel tonzentriren. Am gleichen Tage Abends erhielt die zweite Diviſion Befehl, auf der Eiſenbahn am 14. nach Babenhauſen zu gehen . Am 14. nahmen die Preußen

felben Tage verlegte Alerander

u ſchaffenburg

an

dem

von Heſſen fein Hauptquartier nach

Dieburg ; nun folgte der Marſch durch den Odenwald , zur Vers einigung

mit

den

Baiern bei

Würzburg , unbehelligt acht

Tage lang von den Preußen . Alexander

Hauptquartier befand

fich am

15. Juli zu

Große

Umſtadt, am 16. und 17. zu Fürftenau bei Michelftadt; am 18. zu Amorbach ,

am 19. zu Walldürn , vom

20. bis

23. zu Tauber .

biſchofsheim . Nach dem Operationsbefehl vom 23. Juli ſollte ſich das Armees torps am 24. in einer tonzentrirten Stellung fammeln, um

551

entweder dem von Walldürn und Miltenberg anrüđenden Feind ents gegenzutreten oder eine Operation in ſeiner Flante auszuführen . Die 1. Diviſion follte ſich bei 3mpfingen und Biſchofsheim ton zentriren ; die 2. Diviſion bei Brunnthal und Werbachhauſen , indem ſte Hochhauſen und Werbach bereßt; die 3. Diviſion bei Großrinders feld, die 4. Diviſion zwiſchen Paimar und Grünfeldshauſen . Es ward hinzugefügt, daß die 1. Diviſion ( Würtemberger bei Biſchofsheim )

als Vorhut ,

die 2. und 4. ( badiſche

und

kombinirte

öſterreichiſch -naſſauiſche) als Schlachtforp8, die 3. ( hefſen -darmſtädtiſche) Diviſion als Reſerve zu betrachten ſei, von der bairiſchen Armee werde eine Diviſion gegen Werthheim , dirigirt werden. Es folgten nun

eine Reiterbrigade gegen Altertheim

die Gefechte an der Tauber und

zwiſchen

dieſer und Wü r zburg , von denen hinlänglich geredet worden iſt.

IV . Ordre de bataille des bairiſchen (ſiebenten Bundes-) Armeekorps .

( Juli 1866. Nach offiziellen Angaben und ergänzenden briefs lichen Mittheilungen. ) Kommandirender General : Feldmarſchau Brinz Raul von Baiern. Chef des Generalſtabø : Generalieutenant Freiherr v. 0. Tann . Felbartilleriedirektor : Generalieutenant v. Brodeſſer. Feldgeniedirettor : Dberſt Buz.

I.

Infanteriediviſion .

Kommandant : Generalmajor Stephan.

Generalſtab : Major

Diehl . 1. Infanteriebrigade : Generalmajor Steinle. Leibinfanterieregiment : Dberſt Freiherr v. Franth . 1. Infanteriecegiment : Oberſt Beſeneder. 2. Jägerbataillon : Major v . Orff. 2. 3nfanteriebrigade: Generalmajor b . Welſch . 4. Jägerbataillon : Major Hebberling. 2. Infanterieregiment : Oberſt Dietl.

552

8. Infanterieregiment: Oberft Freiherr b . Sedendorff. 3. Chev a urlegersregiment: Oberſtlieutenant Freiherr 0. Leonrod .

Artilleriediviſion : Major Balder eine gezogene 6Pfdr. Batterie (Hutten ), eine glatte 12Bfdr. Batterie (Muſſinan ). II. infanteriediviſion . Kommandant : Generallieutenant d . Feder.

Generalftab: Oberſt

lieutenant d . 8. Tann. 3. Infanteriebrigade : Generalmajor Schumacher. 7. Jägerbataillon : Major Yſenburg. 9. Infanterieregiment : Oberſt Hößlinger. 12. Infanterieregiment : Oberft Freiherr v . Leoprechting. 4. Infanteriebrig ade : Generalmajor Şanſer. 7. Infanterieregiment : Oberſt v . Schleich. 10. Infanterieregiment : Oberſt Graf Foner. 3. Jägerbataillon ; Major Höggen :Stadler. 1. Chev a urleger & regiment: Oberſtlieutenant C. Freis herr v . Leonrod. Artillerie diviſion : Oberſtlieutenant Vogel I eine gezogene 6 Pfdr . Batterie (Zeller), eine glatte 12Pfdr. Batterie ( Kirchhofer). III. 3 nfanteriediviſion . Rommandant : Generallieutenant Freiherr v . Zoller. - General ftab : Major v . Hedel. 5. Infanteriebrigade : Generalmajor b . Ribaupierre. 5. Jägerbataillon : Kommandant Deßloch . 11. Infanterieregiment : Oberſt Straub. 15. Infanterieregiment : Oberſt Schweizer. 6. Infanteriebrigade: Generalmajor Walther.

6. Infanterieregiment : Oberſt Brüdner. 14. Infanterieregiment : Oberft Schiber. 1. Jägerbataillon : Kommandant Göriz. 2. Chev a urlegerøregiment: DberſtlieutenantHoradam .

553

Artillerie diviſion : Oberſtlieutenant Mud eine gezogene 6Pfdr. Batterie (Lottersberg) , eine glatte 12Pfdr. Batterie (Boppelt ). IV. infanteriediviſion . Rommandant : Generalieutenant v . Hartmann . .

Generalftab :

Oberft Dietl. 7. Infanterie brigade: Generalmajor Fauft. 8. Sägerbataillon : Rommandant Rudolf.

5. Infanterieregiment : Oberſt Byot. 13. Infanterieregiment: Oberft Freiherr v. Reichlin. 8. 3nfanteriebrigade: Generalmajor Cella. 4. Infanterieregiment : Oberft 1. Mann.

9. Infanterieregiment : Oberſt Aldoffer. 6. Jägerbataillon : Rommandant Guttenberg . 6. Cheo auflegerøregiment; Oberſt d . Tauſch . Artilleriediviſion : Major Feiligidh, eine gezogene 6pfdr . Batterie (Königer ), eine glatte 12PFdr. Batterie (Haug). Ravallerie : Referbetorp 8.

Kommandant : General der Stavallerie Fürſt Taxis . – General ftab : Oberſtlieutenant Weiß . 1. Rad alleriebrigade : Rummel.

Generalmajor

von

Freiherr

1. Küraſſierregiment : Oberſt v . Schubart. 2. Küraſſierregiment: Oberſtlieutenant Graf Tattenbach.

3. Küraſſterregiment : Oberſt d . Mayer. 2. Ravallerie brigade : Generalmajor Serzog Ludwig . 1. Ulanenregiment : Oberft Korb .

3.

2. Ulanenregiment : Oberſt Freiherr v . Diez. Generalmajor Graf Ravalleriebrigade :

Bapa

penheim. 5. Chevaurlegerøregiment : Oberſt Freiherr v . Bechmann . 3. Ulanenregiment : Oberſt Freiherr v . Brüd. rtilleriediviſion : Major Freiherr v . Forn. A

1 554

1. reitende Batterie (Muc). 2. reitende Batterie (Maffenbach ). Artillerie reſerve. Kommandant: Generalmajor Graf Bothmer ; zugetheilt Oberft Luß. 2 reitende Batterieen (Hellingrath und Lepel). 4 glatte 12Pfdr. Batterieen (Rösler , Gramich , Mehler , Hols lenbach ). 2 gezogene 6 Pfor . Batterieen (Redenbacher, Girl). Die

Infanteriebataillone zählten 800 M. , die Jägerbataillone

550 M. , die Estadron8 110 Reiter , battanten .

alles

einſchließlich Nichttoms

Für den Gefechtsdienſt fann man 10 Prozent abftreichen.

Die Infanteriedivifion tommt auf 6400 M.

8 Infanteriebataillons 2 Jäger bataillons . .

1100

N

440

4 Estadrons

und 16 Geſchüße oder auf 7940 M. mit 16 Geſchüßen und Prozent auf 7200 M. mit 16 Geſchüßen.

nach Abſtrich

vor 10

Demnach geben 4 Infanteriediviſionen 28,800 M. mit 64 Ges düßen . Das Reſervelavallerietorp8 hat in 28 Estadions und 2 reiten den Batterieen 3080 Reiter und 12 Geſchüße; nach Abſtrich von 10 Prozent, noch etwa 2800 Reiter. Die Artilleriereſerve zählt in 2 reitenden und 6 fahrenden Bats terieen 60 Gefchüße. Nach unſerer in dieſem Buche immer feftgehaltenen Rechnungs weiſe , derzufolge wir nur die Kombattanten der Infanterie und Has vallerie aufzählen und dazu die Geſchüße, erhalten wir für das bairis ide Armeetorp8 höchſten $ 32,000 M. mit 136 Geſchüßen. Zwiſchen dem 1. und 12. Juli ward die hier aufgeführte Armiee noch durch 6 weitere Linienbataillone detſtärkt , welche einzeln bei den Divifionen

eintrafen ,

wie fie durch neuerrichtete vierte Bataillone in

den Feſtungen abgelöst wurden . Es ward ferner

auf acht abgelösten Befaßungebataillonen bei

1

555

Bamberg eine Reſervediviſion Batterieen und 2 Estadrong

formirt, welche zwei weitere gezogene des 1. Chevaurlegerøregiments erhielt

( 9. Juli). Dieſe Verſtärkung von 14 Bataillone, 2 Estadron8 und 2 Bat

terieen machte nach Abſtrich der 10 Prozent 10,300 M. mit 16 Ges füßen aus. Durch Armeebefehl vom 13. Juli wurde die Referbediviſion auf, gelöst : 2 Bataillone

ihr

von

bildeten

nun

ein

fliegendes Rorp8 in

Oberfranken ; 2 Bataillone wurden in die Diviſionen der aktiven Armee ein . getheilt, ſo daß nun jede derſelben 10 Linienbataillons und 2 3äger bataillons hatte ; 4 Bataillons wurden zu einer Reſerveinfanteriebrigade formirt, welche alle kleineren Detachements, Bedeđungen sc . ftellen mußte . Dies ſer Reſervebrigade wurde ſerbeartillerie

zugetheilt ,

glatte 12Pfdr . Batterie aus der Res während dafür in die Referbeartillerie die eine

beiden gezogenen Batterieen der Referbediviſion eintraten . Diefe Formation behielt die bairiſche Armee bio gegen Ende des Waffenſtilſtandes, 23. Auguft. Sie hatte alſo nun 46 Linienbataillons, 8 Jägerbataillons, 46 Estadrons , 16 fahrende und 4 reitende Batterieen , alfo – nach dem zehnprozentigen Abſtrich - 37,000 M. Infanterie, 4600 Reiter, 152 Geſchüße. Am 23. Auguſt

erfolgte

eine

abermalige Verſtärkung von 12

aus Referviften gebildeten Bataillons , 12 Eskadrons und 4 gezogen nen Batterieen : 9000 M. Infanterie, 1200 Reitern und 32 Geſchüßen. Der höchſte erreichte Stand der bairiſchen Feldarmee kommt fo. nach biß zum Friedensabſchluß auf 46,000 M. Infanterie, 5800 Reiter ( 1 Reiter auf 8 M.) und 184 Geſchüße ( 31/2 Geſchüße Rüftow , d. Krieg . 1866.

auf 1000 M.) .

37

556

V. Ordre de bataille des VIII. deutſchen

Armeekorps.

( Nach offiziellen Angaben und ergänzenden brieflichen Mittheilungen .) Oberbefeh 18h a ber : Prinz Alexander von Beffen, General der Infanterie. Chef des General ft ab 8 : Generallieutenant » . Bauer . unter chef de 8 Generalft ab 8 : Major Rraus.

Bor hut. Kommandant : Generallieutenant Prinz Wilhelm von Badea . Chef del Generalftab8 : Oberft Reller . II. ( Großherzogliche 1.

badiſche )

Feld diviſion .

3 nfanteriebrigade : Generalmajor v. Laroche. Fågerbataillon . 5. Infanterieregiment. 1. ( Leibgrenadiers) Regiment.

1. gezogene 6Pfdr. Batterie (Hinterlader). 2. Jnfanterie brigade : Dberft v . Neubronn. 2. Füfilierbataillon. 3. Infanterieregiment. 2. Infanterieregiment. 5. gezogene 6Pfdr . Batterie ( Hinterlader ).

Ravallerie . 2. Dragonerregiment. 3. Dragonerregiment. 2. gezogene 6Pfdr. Batterie ( Hinterlader ).

Dazu Feldpionnire und Sanitätstompagnie . Zuſammen 10 Bataillons, 8 Estadrons und 18 Geſchüße.

I.

( Röniglich

Schlacht - kor p 8. Würtembergifde )

Felddiviſion.

Rommandant : Generallieutenant von Hardegg. Chef des Generalftabe : Generalmajor von Rallee. 1. Infanteriebrigade , Generalmajor von Baumbach. 5. Infanterieregiment.

557 1. 3nfanterieregiment .

3. Fågerbataillon. 2. Infanterie brigade, Generalmajor von fiſcher. 7. Infanterieregiment. 2. Infanterieregiment.

2. 3ågerbataillon. 3. Infanteriebrigade, Generalmajor von þegelmaier. 8. Infanterieregiment. 3. Infanterieregiment. 1. Jägerbataillon. Artillerie . 1. reitenbe Batterie. 6. und 7. Fußbatterie. Kavallerie 1. und 4. Reiterregiment. Dazu eine Bionnirdiviſion und eine Sanitätekompagnie .

Zuſammen 15 Bataillons, 9 Estadron8 und 24 Geſchüße, leße tere fämmtlich 6Ffdr. gezogene Hinterladungøgeſchüße. III. ( Großherzoglide hesſische) Felddiviſion . Kommandant : Generallieutenant d . Berglas. Chef des Generalſtab8: Oberft Beder. Scharfſchüßenbatailon . 1. Infanteriebrigade, Generalmajor Frey . 2. Infanterieregiment. 1. Infanterieregiment. 1 2.

tombinirte Fägerkompagnie.

Infanteriebrigade, Generalmajor von Stoďhauſen .

4. Infanterieregiment. 3. Infanterieregiment. 1 kombinirte Fägerkompagnie. A rtillerie

3. Fußbatterie (gezogene 6pfdr . Borderlader ). 2. Fußbatterie (gezogene 6Pfdr. Hinterlader). Ravallerie . 1. Reiterregiment . Dazu Pionnirdetachement und Sanitätsabtheilung .

Zuſammen 9 Bataillons, 4 Estadrons und 12 Geſchüße.

558

IV. ( Ro mbinirte t. t. öſterreichiſche und herzoglich naſſauiſche ) Feld diviſion. Rommandant : FML . Graf von Neipperg. Chef des Generalftabø : Sauptmann Radſchiller. t. t . öſterreichiſche Infanteriebrigade , General major Sahn . Infanterieregiment Wernhard Nr. 16 ( 3 Bataillone). 3. Bataillon de

Infanterieregiments Reiſchach Nr . 21 .

3. Bataillon des 3nfanterieregiments þeß Nr . 49 . 3. Bataillon des Infanterieregiments Nobili Nr. 74 . 35. Jägerbataillon.

1 gezogene 4pfdr . Batterie ( Borderlader ) . Herzoglich 'naiſauiſche Generalmajor Roth."

Infanterie brigade,

2. Infanterieregiment . 1. Infanterieregiment . Fägerbataillon.

1

1. und 2. Halbbatterie ( gezogene 6 Pfør. Hinterlader) . Reiterei.

2 Estadrond turheffiſche Huſaren. Referbes Artillerie. Eine öſterreichiſche gezogene 8Pfdr. Batterie (Vorderlader). Dazu

ein

Zug

naſſauiſche Sanitätetruppen

und ein naſ

ſauiſches Pionnirdetachement. Zuſammen 12 Bataillons, 2 Estadrons , 24 Geſchüße.

Referbe-Reitere i. Kommandant : Generallieutenant Entreß von Fürſteneck. Würtembergiſches 3. Reiterregiment (5 Estadrong). Badiſches .1. ( Leibs) Dragonerregiment. Heffiſches 2. Reiterregiment . Würtemburgiſche 2. reitende Batterie (gezogene Vorderlader

4 Bfdr. ). Zuſammen 13 Eskadrons, 8 Geſchüße.

559 Artillerie Reſerve. Kommandant: Artilleriedirettor Generallieutenant von Faber. 1. würtembergiſche Fußbatterie (8 glatte 12 Bfdr .) 4. würtembergiſche Fußbatterie (8. glatte 12Pfdr .) Badiſche reitende Batterie (6 glatte 6 Pfor.) Badiſche 3. Fußbatterie (6 gezogene Hinterlader 6Pfør.) Şeffiſche reitende Batterie ( 6 glatte 6Pför . ) 1. heffiſche Fußbatterie (6 glatte 12pfdr .) Naſſauiſche Fußbatterie ( 8 glatte 6pfdr . ) 4 Munitionstolonnen (von Würtemberg , Baden ,

Heffen

Darmſtadt, Deſterreich ,Naſſau ). 3 Brüdenzüge (von Würtemberg, Baden u. Heffen - Darmſtadt). Zuſammen 7 Batterieen mit 48 Geſchüßen. Zum Armeetorp8 gehörten ferner noch 4 Brovianttolonnen und 4 Aufnahms- und Hauptſpitäler. Das ganze Armeetorps kommt nun auf 46 Bataillons, 36 E8 tadrons und 134 Geſchüte (in 20 Batterieen) . Unter den Batterieen nur 6 don glatten Geſchüßen und dieſe ſämmtlich in der

waren

Referve. Das Bataillon muß durchſchnittlich zu 800 M. , die Estadron zu 106 Pferden angenommen werden . Die Stärke des VIII. Bundestorp8 tommt demnach auf 37,000 M. Infanterie, 3800 Reiter ( 1 Reiter auf etwa 9 M. Infanterie) und 134 Geſchüße ( 31/4 Geſchüß auf 1000 M ). Rechnet man hiezu die im freien Felde ſtehenden bairiſchen Streits träfte, — ſoweit fie im Verlauf des Feldzug& noch disponibel wurden, mit 37,000 M. Infanterie , 4600 Reitern und 152 Geſchüßen , ſo erhält man für die weſtdeutſche Armee überhaupt : 74,000 M. Infanterie , 8400 Reiter und 286 Geſchüße oder 82,000 M. mit 286 Sejdüßen .

Rechnen wir

ohne den

10s

prozentigen Abſtrich , den wir für die Baiern angenommen haben , ſo erhalten wir für dieſe noch 4000 M. mehr. Verpflegungsſtand zurüdgehen ,

Wollen wir auf den

ſo müſſen wir für jedes disponible

Feldgeſchüß noch etwa 20 M. und auf den Train mindeftens 5 Bros

560

zent der Geſammtſumme rechnen.

Dies giebt für die Artillerie in

runder Summe noch 5800 M. und für den Train dann 4600 M. Unter dieſen Borausſeßungen kommt demnach die Stärte der geſammten weftdeutſchen Armee auf ' 96,000 M.

VI .

Ordre de bataille des

fächfiſchen Armcekorps

in Böhmen . Sorp 8 - Kommandant : Kronprinz Albert. Chef de 8 Generalſtab 8 : Generalmajor von Fabrice. Sou8 chef de 8 Generalft a 68 : Major Funte . 1. Infanteriediviſion ,

Generallieutenant

von

Schimpf.

Stabschef Major von Seidlig . 2.

Infanteriebrigade ( Prinz Friedrich Auguft ). Rommandant : Oberft von Haate . 5. bis 8. Infanteriebataillon. 2. Jägerbataillon.

3. infanteriebrigade (Prinz Georg) . Kommandant : Generalmajor don Carlowig . 9. bis 12. Infanteriebataillon.

3. Jägerbataillon. 2. Infanteriediviſion , Generallieutenant von Stiegliß. 1. Infanterie brigade ( Aronprinz Albert ). Rommandant : Dberft o . Borberg . 1-4. Infanteriebataillon . 1. Fågerbataillon . 4. Infanteriebrigade (Leibbrigade) . Rommandant : Oberft von Saufen .

13-16 . Infanteriebataillon. 4. Fägerbataillon . 3edes Infanteriebataillon zählte beim

Auðmarſch aus Sachſen ,

einſchließlich 14 Offiziere, 937 Rombattanten , jedes Jägerbataillon , einſchließlich 16 Offiziere , 933 Kombattanten , ſo daß die geſammte Feldinfanterie auf 18,700 M. kommt.

561

Reiterdiviſion , Generallieutenant von Frikich. 1. Brigade , Kommandant : Generalmajor Prinz Georg. 2. Regiment Oberft von Ludwiger .

3. Regiment Oberft von Beulwiß. 2. Brigade , Rommandant: Generalmajor Frhr. v . Biedermann . 1. Regiment. Gardereiterregiment Oberft Graf zur Lippe. Fedes Regiment hatte in 4 Schwadronen etwa 600 Pferde ; ſo daß die Feldreiterei auf 2400 Pferde tommt. Artillerietorp 8 , Generalmajor Schmalz. Fußartillerie regiment, Kommandant :: Oberft Röhler . 1. Artilleriebrigade , Major von Waßdorf. 1 gezogene 6 Pfdr. Batterie.

1

12 Pfor. Granatlanonenbatterie.

2. Artilleriebrigade , Oberſtlieutenant Weigel. 2 gezogene 6 Pfir. Batterieen . 1 12Pfdr. Granatlanonenbatterie. 3. Artillerie brigade , Oberſtlieutenant von Grünewald . 2 gezogene 6pfdr. Batterieen . 1 12 Pfor. Granattanonenbatterie. Reitende Brigade , Major Albrecht. 2 gezogene 6Pfdr. Batterieen .

þauptpart , Oberftlieutenant Freiberg . 9 Offiziere 409 M. aus den Mannſchaften der aufgelöøten

9. und 10. Fußbatterie gebildet. Zuſammen 10 attive Batterieen zu 6 Geſchüßen , alſo 60 Ge . ſchüße.

Die Fußbatterieen hatten etwa 160 , die reitenden 180 M.

einſchließlich 4 Offiziere. Zu dieſen Truppen tommt nun noch Das Genietorp $ , Oberftlieutenant Rühnel. Pionnirabtheilung 148 M. ( inkluſive 3 Offiziere). Bontonnirabtheilung 248 M. (mit 4 Dffizieren ) . Rommiſſariatøtrain , Oberſtlieutenaut Schmalz. 334 M. ( iutluſive 5 Offiziere).

562

Drei Ambulancen und drei Feldipitäler , endlich die

Depotbrigade : Generalmajor von der Planit . Depotinfanteriebrigade Oberſtlieutenant von Haate. 4 Infanteriebataillons, 1 Jägerbataillon. Reiterdepot Oberftlieutenant Prengel von Penzig. 4 Estadrons. Artillerie depot Major Dertel . Die ganze Depotbrigade zählte etwa 6000 M., worunter 5000 M. Infanterie. Die aktiven Truppen kommen auf 21,100 M. Infanterie und Ravalerie mit 60 Geſchüßen. Auf 8 M. Infanterie kommt ungefähr 1 Reiter. Auf 3 Geſchüße.

1000

M. Infanterie und Ravallerie tommen faſt

Der Verpflegungeftand, die Artilleries, Train- und Depotmannſchafs ten mit 9300 M. berechnet ſtellen ſich auf ungefähr 30,400 M. heraus. Eine permanente Zutheilung von Kavallerie und Artillerie zu den Infanteriediviſionen oder Infanteriebrigaden hatte nicht ſtatt, die Spezialwaffen wurden vielmehr nach dem jedesmaligen Bedürfniß der Infanterie beigegeben . VII. Ordre

de bataille des

Hannoverſchen

Armeekorps

in Thüringen . ( Nach einer ſehr empfehlenswerthen Specialſchrift: Die þanno , veraner in Thüringen und die Schlacht bei Langenſalza ; Langenſalza, Klinghammer .“ Das Buch rührt von einem Nichtſoldaten und Augen . zeugen der Begebenheiten her , ſchildert ſehr anſchaulich den ganzen Eindruck , den der mehr oder minder romantiſche Zug auf das Bolt in Thüringen machte und läßt ſomit auch einen allgemeinen Einblick in die Auffaſſung des Voltes in Deutſchland überhaupt bon dem großen Ariege Deutſcher gegen Deutſche thun. Ein Ueberfidhtotärtchen und ein ſehr ſauber ausgeführter Plan des Treffens von Langenſalza flad beigefügt.)

563 Kommandiren der General :

Generallieutenant von

Arentsſchildt. Chef des General ſt a b 8 : -Oberft Cordemann. Chef der Urtillerie : Oberft von Stoltenberg . Chef der ingenieure : Oberſtlieutenant Oppermann . Erſte Brigade : General von dem Aneſebed. Garde-Regiment. Leib Regiment. Garde- Jägerbataillon. Königin -Huſarenregiment. Leichte glatte 12Pfór. Batterie.

3 weite Brigade : Oberft de Vaur. Zweites Infanterieregiment. Drittes Infanterieregiment. Erftes 3ägerbataillon. Regiment Herzog von Cambridge-Dragoner. Gezogene 6Pfor . Batterie.

Dritte Brigade : Oberſt von Bülow - Stole. Biertes Infanterie. Regiment . Fünftes Infanterieregiment . Zweites Jägerbataillon . Regiment Kronprinz Dragoner. Gezogene 6 Pfdr. Batterie.

Vierte Brigade : Generalmajor v . Bothmer . Sechstes Infanterieregiment. Siebentes Infanterieregiment . Dritte

Jägerbataillon .

Regiment Garde-Huſaren . Gezogene 6pfdr. Batterie (4 Geſchüße ). Reitende Batterie ( 4 Geſchüße).

Referbetavallerie : Dberſtlieutenant von Geyſo . Regiment Garde du Rorp8. Regiment Garde- Rüraſſiere. Reitende Batterie (4 Geſchüße).

564 Reſerveartillerie : Major Sartmann.

Gezogene 6Pfdr. Batterie. þaubißbatterie. Außerdem wurden im Reſervepart 10 Geſchüße mitgeführt, welche wegen Mangels an Beſpannungen und Bedienungømannſchaften nicht aktiv werben tonnten . Die 3nfanterieregimenter hatten 2 Bataillons ,

das Bataillon

4 Kompagnieen. Dbgleich die Kriegsſtärke eines Bataillons 1009 M. betragen ſollte , kann man doch bei dem Zuge durch Thüringen nach zuverläſſigen Privatnachrichten an formirter Mannſchaft nicht mehr als höchftene 650 M. auf das Bataillon rechnen. Dies ergibt für 20 Bataillong 13,000 M. Die Kavallerieregimenter hatten 4 Estadrons , ihre Kriegsſtärke follte einſchließlich der Reſerviſten auf 541 M. tommen, in der That zählte aber das Regiment nicht mehr als höchſtens 420 berittene . Rom. battanten, ſo daß für 6 Regimenter 2520 Pferde herauslommen. Die Batterieen hatten mit Ausnahme derjenigen ,

bei welchen

4 Geſchüße bemerkt ſind , 6 derſelben. Das Pionnirtorpå beſtand aus zwei Kompagnieen. Das ganze Korp8 zählte fomit 15,500 M. mit 42 (attiven) Geſchüßen. Uuf 5 Infanteriften, tam ein Reiter und tamen nicht volle 3 Geſchüße.

Das Material der Verwaltung & jweige

auf 1000 M.

war ſehr

unvollſtändig

beftelt. Zum Schaden deoſelben nahm der wandernde Hof mit einem tleinen Heer von Dienerſchaft aller Art und jeden Orades eine Menge von Wagen und Beſpannungen für ſich in Anſpruch. VIII. Ordre de bataille der norddeutſchen Mainarmee vom 27. Juli 1866. Oberbefehlshaber : Generallieutenant Frhr von Manteuffel. Chef des Generalſtab8 : Oberft von Kraag :Roſchlau. Oberquartiermeiſter : Oberſt von Strang. Rommandeur der Artillerie : Oberft von Decker . Erfter Ingenieur. Offizier : Oberſt Schulz I.

565 Diviſion

generallieutenant 8

de 8

Don

Göben.

25. Infanterie brigade, Generalmajor von Rummer. 5. Weſtphäliſches Infanterieregiment Nr. 53. 1. Weſtphäliſches Infanterieregiment Nr. 13. 26. infanterie brigade , Generalmajor Frhr. v. Wrangel. 6. Weſtphäliſches Fafanterieregiment Nr. 55 . 2. Weſtphäliſches Infanterieregiment Nr . 15. 2. Bofenſches Infanterieregiment Nr. 19 . Füfilierbataillon Lippe. Detmold . 1 3. Kavallerie brigade , Generalmajor von

Trestow .

1. Weſtphäliſches Suſarenregiment Nr . 8 ( 5 Estabrons ) . Weſtphäliſches Kuraſſierregiment Nr. 4. Reitende Batterie Metting . Artillerie (3. Fußabtheilung des weſtphäliſchen Felbartilles rieregiments Nr. 7), Major von Drabich. 12 Pfdr. Batterie von Eynatten II. 6 Bfdr. Batterie vou Synatten I. Batterie Coefter.

4pfdr.

4Pfdr. Batterie Weigelt. 4. Rompagnie des weſtphäliſchen

Pionnirbatail .

lon8 Nr. 7 mit biragoſchem Brüdentrain. D1denburgiſch - h anſeatiſche

Brigade ,

Generalmajor

von Welgien. Infanterieregiment.

Oldenburgiſche

Hamburgiſches Infanterieregiment ( 2 Bataillons ). Bataillon Bremen. Bataillon Lübed . 2 Estadrous Hamburg. 3 Estadrong Oldenburg. 8Pfdr. Batterie Nieper. 12 Pfor. Batterie von Baumbach. Diviſion

de

Generalmajor 8

von

Beyer.

3 2. Infanteriebrigade , Generalmajor von Schachtmeyer.

8. Rheiniſches Infanterieregiment Nr. 70. 4. Rheiniſches Infanterieregiment Nr. 30.

566

Rombinirte Infanterieb rigade, Generalmajor v. Glümer. 2. Thüringiſches Infanterieregiment Nr. 32. 3. Brandenburgiſches Infanterieregiment Nr. 20. Niederrheiniſches Füfilierregiment Nr. 39. Ravallerie . 2. Rheiniſches Huſarenregiment Nr. 9 (5 Eskadr .) 10. Landwehr- Huſarenregiment ( 2 Estadrons). Artillerie . Abtheilung des Major Stumpf.

4Bfdr. Batterie Schmidt. 12pfor. Batterie Richter. 12pfdr. Reſerve-Batterie Hoffbauer. Abtheilung des Major Betel. 12 Pfdr. Reſerve - Batterie von Horn. 12Pfor. Referbe.Batterie o. Baſtineler. 6Pför. Batterie Breuſing. 6 Pfór. Reſerve - Batterie Waſſerfuhr. Diviſion des generalmajor & v. Flie 8. 1. Kombinirte

infanterie . Brigade :

General

major 0. Freihold . Magdeburgiſches Füſilier :Regiment Nr. 36 . 1. rheiniſches Infanterie - Regiment Nr. 25. 2. Kombinirte infanterie - Brigade : Generalmajor 0. Korth. 4. poſen'ſches Infanterie- Regiment. Nr. 59. 2. ſchleſiſches Genadier-Regiment Ar. 11. Infanterie. Regiment Koburg- Gotha. (2 Bataillone .) 9. Jägerbataillon . Kombinirte Ravallerie - Brigade :

Generalmajor

v . Below .

Rheiniſches Dragonerregiment Nt. 5 . Magdeburgiſches Dragonerregiment Nr. 6 . Reitende Batterie König (vom 7. Art.-Reg. ) . Artillerie ( 3. Fußabtheil. des ſchlef. Feldart.- Reg. Nr. 6 ) Major . Seel. Gezogene 4pfdr. Batterieen Tempsky und v. Blottniß .

567 Gezogene 6 Pfdr. Batterie

. 0. Golz .

12pfdr. Batterie Gärtner. Gezogene 6 Pfor. Batterie Looſe

( neu formitt zu Stade).

2. Reſervepionnirtompagnie. Bodbrüdentrain. Pontonnirtompagnie Nr . 7. Bemerkung .

des

7. Pionnirbataillone. Bonton -Rolonne

Ade Batterieen hatten 6 Geſchüße; die Ras

valerieregimenter, von denen nicht das Gegentheil bemerkt ift, hatten 4 Estadrong, die

Infanterieregimenter , bei denen es nicht anders bes

merkt, hatten 3 Bataillons. Die 6pfd. Batterie

Looſe , die

beiden 6pfdr. Reſerbebatterieen

der Abtheilung des Majors Pekel , die 2. Reſerve-Pionnirkompagnie, das 9. Jägerbataillon , die Truppen von Oldenburg und Bremen famen erſt nach dem 20. Juli , - die Samburger und Lübeder erſt am 27. Juli zur Armee. &

Inhalt.

Erſte Abtheilung . Einleitung: vom Wiener: Frieden vom 30. Ottober 1864 bis zum Ausbruch des Krieges . Die Heere der ſtreitenden Parteien . Der Krieges ſchauplak; die erſten Arieggereigniffe in Nordweſtdeutſchland. Der Wiener Frieden vom 30. Oktober 1864 . Der Vertrag von Gaſtein 14. Auguſt 1865 Der Gaſteiner Vertrag erweist fich als zwedlos Beginn der Rüftungen Die öſterreichiſchen Streitträfte Die preußiſchen Streitfräfte Die Streitfräfte der deutſchen Staaten außer Deſterreich und Preußen Die Streitfräfte des Königreich 3talten Der preußiſche Bundesreformvorſchlag Der Bruch des Gaſteiner Vertrags Das Ende des deutſchen Bundes Der Ausbruch des Krieges Die Befeßung Kurheſſens, Sachſens und Sannovers durch preußiſche Truppen 14. Der Kriegeſchauplaß 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.

Seite 1 6. 11 15 23 34 43 49 57 60 69 76 93 104

Zweite Abtheilung . Die triegeriſchen Ereigniſſe auf dem füdlichen - italieniſchen – und nordöftlichen

böhmiſchen

Operationstheater von Eröffnung der

Feindſeligteiten bis zur Schlacht von Königgräß . Napoleon III. tritt als Frieden &vermittler auf. 1. Ereignifie auf dem italieniſchen Operationstheater 1. Uebergang der italieniſchen Hauptarmee über den Mincio . 2. Anſtalten des Erzherzog8 Albrecht gegen das Vorrüden der italienis ſchen Armee . 3. Die Schlacht von Cuſtoza am 24. Juni 1866 4. Setundäre Operationen

1 II . Ereigniſſe auf dem böhmiſchen Operationstheater. 1. Abfichten und Pläne der Deſterreicher 2. Abſichten und Pläne der Preußen . 3. Vormarſch der Elbarmee und der erſten Armee an die Iſerlinie. Ges . fechte von Liebenau , Podol und Hünnerwaſſer

121 122 130 137 149

153 166 174

569

5. 6. 7. 8.

9. 10.

11.

Gefechte von Münchengråß Bormarſch ter preußiſchen zweiten Armee. Gefechte von Macob, Die ſofow und Staliſ Gefecht von Trautenau am 27. Juni Gefecht von Burgersdorf und Soor am 28. Juni Gefechte von Königinhof, Schweinſcâtel, Salney und Jaromierz am . 29. und 30. Juni Rückblide und Vorblide Die Schlacht von Königgräß am 3. Juli 1866 . A. Stellungen der Armeen des Prinzen Friedrich Karl und des Generals Berwarth von Bittenfeld am 2. Juli . Entſchluß zum Schlagen . B. Stellung der öſterreichiſchen Armee C. Vorrüden des Prinzen Friedrich Karl gegen die Biſtriß. Kampf ſeiner Armee bis zum Eingreifen der Armee des Kronprinzen D. Vorrüden der Armee des Kronprinzen . Eingreifen derſelben in das Gefecht. Wirkung auf den Kampf im Zentrum und auf dem rechten Flügel der Preußen E. Entſcheidung des Sieges für die preußiſche Armee . Eindruck der Schlacht von Königgräß. Unmittelbare Folgen

Seite. 179

184 195 198 205 210

217 224 231

238 2 44 254

Dritte Abtheilung . weſtdeutſchen und auf Die Ereigniſſe auf dem nordweſtlichen . dem ſüdlichen italieniſchen Operations theater im Laufe des

Monats Juli. 1. Die Priegeriſchen Ereigniſſe auf dem nordweſtlichen Opera : tionstheater im Laufe des Monats Juli. 273 1. Die allgemeine Lage 288 2. Der Linksabmarſch der Baiern wird aufgehalten. Treffen von Dermbach 300 3. Treffen bei Kiffingen und an der fräntiſchen Saale am 10. Juli 304 4. Gefechte von Laufach und Aſchaffenburg 311 5. Die Difupation Frankfurts 6. Operationen der preußiſchen Mainarmee am linten Ufer des Main ſtroms. Gefechte an der Tauber 318 7. Bordringen der Preußen auf Würzburg ; Beſchießung der Feſte Mas 329 rienberg; Eintritt der Waffenruhe 335 8. Vorrüden ted zweiten preußiſchen Referveforpe nad Baiern 11. Die Ereigniſſe auf dem italieniſchen Operationstheater im Laufe des Monats Juli. 9. Allgemeine Verhältniſſe. Uebergang Cialdini's über den Po. Forma tion des ſogenannten Expeditionstorps

339

570 Seite. 10. Eroberung von Borgoforte durch die Italiener. Vormarſch Sialdini's von Padua . Invollſtändigkeit der Organiſation 11. Die Operationen der Italiener gegen Sütyrol im Laufe des Juli 12. Die Operationen zur See : der Angriff der italieniſchen Flotte auf Lifja, die Schlacht von Liffa. Der Eintritt des Waffenſtilſtandes auf allen Punkten. A. Der Angriff der italienift, en Flotte auf die dalmatiſche Inſel Liſſa B. Die Seeſchlacht von Liffa C. Vorrüden Cialdini’s in Venetien . Waffenſtilſtand

346 350

363 374 404

Vierte Abtheilung . Leßte Ereigniſſe auf dem nordöſtlichen Operationstheater.

Ende

des Krieges. - Anhang. 1. Ereigniſſe auf dem nordöſtlichen Operationstheater von der Schlacht von Königgräß bis zum Eintritt der Waffenruhe. 1. Rücfzug der Deſterreicher auf Olmüß und Brünn . Vormarſch der . . Preußen auf Olmüş , Brünn und Iglau 2. Waffenſtilſtandsverhandlungen. Das Gefecht von Tobitſchau und der . Abmarſch Benedets von Olmüß 3. Vorrücken der Preußen gegen Wien und Preeburg, Gefecht vor Presburg und Abſchluß einer fünftägigen Waffenruhe 4. Vorgänge im Rücken der preußiſchen Hauptarmee : inBöhmen , Mah. ren , Öſterreichiſch Schleffen und an der galiziſchen Grenze

5. 6. 7. 8.

II. Die Friedensſchlüſſe . Der Frieden zwiſchen Preußen und Deſterreich Der Frieden Preußens mit den ſüddeutſchen Staaten Der Frieden Deſterreichs mit Italien Beginn der Konſtituirung des neuen norddeutſchen Bundes

411 417

432

439

445 454 461 464

Anhang . 1. ) Relation des Herzogs von Sachſen -Coburg über den Zug der şans noveraner durch Thüringen II. Ueber den Einfluß der preußiſchen Erfolge auf die europäiſchen Heere III. Berichtigungen und Zufäße verſchiedener Art IV. Ordre de bataille des bairiſchen ( flebenten Bundesa) Arm eekorps V. Ordre de bataille des VIII. deutſchen Armeekorps VI. Ordre de bataille des fächſiſchen Armeetorps in Böhmen VII. Ordre de bataille des Hannover'ſchen Armeekorps in Thüringen VIII. Ordre de bataille der norddeutſchen Mainarmee

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